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German Pages 360 [364] Year 1996
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agenda Geschichte 10 Ulf Sommer
Die Liberal-Demokratische Parteı Deutschlands
Eine Blockpartei unter der Führung der SED
agenda Geschichte 10
Ulf Sommer
Die Liberal-Demokratische
Partei Deutschlands Eine Blockpartei unter der Führung der SED
A agenda Verlag Münster 1996
Das Titelbild zeigt prominente FDP- und LDPD-Politiker während einer gemeinsamen Tagung in Weimar im Oktober 1956. V.l.n.r.: Erich Mende, Walter Scheel, Wolfgang Döring (alle FDP), Harald Werthmann, Rudolf Agsten, Manfred Gerlach (alle LDPD).
Diese Arbeit wurde durch ein Promotionsstipendium der Friedrich-Naumann-Stiftung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft gefördert.
Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Sommer, Ulf:
Die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands : eine Blockparteı unter der Führung der SED / Ulf Sommer. Münster : Agenda-Verl., 1996
(Agenda Geschichte ; 10) ISBN 3-929440-88-1
NE: GT
© 1996 Thomas Dominikowski agenda Verlag Münster Hammer Str. 223, D-48153 Münster,
Tel.: (0251) 79 96 10, Fax: (0251) 79 95 19 Alle Rechte vorbehalten Umschlagbild: Privatbesitz Prof. Dr. Manfred Gerlach Printed in Germany ISBN 3-929440-88-1
Inhalt
Vorwort
1
Einleitung 1.1.
Fragestellung . 2...
2. Con oeeeneruneneeennn
1.2 1.3 1.4
Forschungsstand... 2.2.2.2... oo corner Vorgehensweise .... 2.2.2 oun nennen Definitionsansätze: Nonkonformität, Verweigerung, Protest und
1) 27.12 727.7.7 1.5
Quellen
.....
22: o Coon
nennen
I
Rahmenbedingungen
2
Aufdem Weg zum sozialistischen Mehrparteiensystem 2.1 2.2 2.3
Parteienbildung ın der Sowjetischen Besatzungszone ......... Die Entwicklung der SED zur »Partei neuen Typus... ..... Die Liberaldemokraten von 1945 bis 1950/51: Zwischen Etablierung, Opposition und Anpassung ......... 2...
2.3.1
Äußerer Druck der SMAD und SED auf die Liberalen 2.3.1.1 2.3.1.2
.
Gelenkte Parteigründung ............. Halbfreie Wahlen... ...... 22.222.200:
2.3.1.3 | 2.3.2 2.3.3 2.34 2.3.5 u
Veränderung des Kräfteverhältnisses durch die Deutsche Wirtschaftskommission . . ...... Profillosigkeit und innerparteiliche Differenzen Scheitern der Westanbindung
Die LDPD in Opposition. .... 22.2.2220. Identitätsverlust der LDPD und Angleichung an die SED - Zwischenresümee
Hauptteil Interne Verbindungen der SED zur LDPD 3.1 3.2 3.3
Erste Berichte fürdieSED.........
2.2.2.2...
Der SED-Sektor >Befreundete Organisationen .......... Stimmungsberichte und Analysen über die LDPD: Versuch der quellenkritischen Einordnung... ... 2... 222.220 rene.
Inhalt 4
Die sozialistische Metamorphose der LDPD im Gefolge der 2. Parteikonferenz der SED
70
4.1 4.2
Voraussetzungen... 2.222222 eneeeeeenen een. Erste Parteiumstrukturierungen inder LDPD ............
70 72
4.3
Öffentliche Reaktionen des LDPD-Vorstandes auf die SED-Tagung
4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9
......:. 2... Ener
Interne Reaktionen und Kontroversen in der LDPDFührungsspitze. ..... 2.2.22 2oneeeeerneeennen: Die Stimmung in der Parteibasis ......... 2.2.2220. Die Verhaftung des Parteivorsitzenden ..... 2... 2.2.2220. Fallbeispiel I: Widerspruch und illegale Parteiarbeit ın Dresden . Fallbeispiel II: Politische Repressalien ohne Opposition in Greiz Fallbeispiel III: Der 1. Bezirksparteitag ın Gera ..........
Die LDPD auf der Suche nach einem neuen Selbstverständnis 5.1 5.2 5.3
Orientierungslosigkeit nach der 2. SED-Parteikonferenz. ....... Die politische Stellung ım sozialistischen Mehrparteiensystem
Programmatische Erneuerungsversuche . .. .... 22.2.2... 5.3.1
Exkurs: Liberalismus in der sozialistischen Historiogra-
5.3.2
0) VE Liberalismus-Diskussionen in der LDPD
6.2
Die Idee der Eliteparteıi: Manfred Gerlach und sein 10-PunkteProgramm ..... 22222 nnne ernennen
Die Überprüfungskommissionen . . 22... - 2222220000: 6.2.1.
Die Zentrale Überprüfungskommission
6.2.2
Exkurs: Arbeits- und Aufgabenfelder der Überprüfungskommission . . 22.2.2222 oo Die »Überprüfungskommission bei der Parteileitung- ..
6.2.3 6.3
....-...--
Der 5. Parteitag der LDPD im Zeichen derSED..........
6.3.1
77 82 89 98 109 112 121 121 122 129 130 131
Disziplinierung und Überwachung bis zur Selbstaufgabe 6.1
74
136 136 138 140 141 143 148
Organisatorische und personelle Vorbereitungen unter der Leitung derSED
.......... 2. nn
6.3.2
Personalpolitik der SED: Die >Fälle< Ralph Liebler und
6.3.3
Johannes Dieckmann .......... 2.2.2... Verweigerung und Protest der Delegierten... ........
149 155 162
Die Juni-Ereignisse 1953: Ziel- und Hilflosigkeit der LDPD
166
741 7.2
166 169 169 172 174
Exkurs: Stalıin-Kult Der »Neue Kurse...
7.2.1 7.3
.. 2.2.2220 oo oo nennen. 222.2 oo onen.
Vorbemerkungen...
... 2.222222
72.2 Passivitätder LDPD.............2 nn... Der Volksaufstand . 22:22 2 oo oo nennen.
Inhalt
731 73.2
Rahmenbedingungen ...... 2.222.222. Die LDPD-Führung und ihre Mitglieder
174 179
Der Aufstieg Manfred Gerlachs
189
8.1 8.2
189
Die Neuordnung des Sekretarsates . ... 22.222202. Sekretariat und Kollegium in der Gunst und im Schatten der »Staatssicherheit« . . 2... 2220 o no eee nee en
Die »Konsolidierung< der LDPD
200
9.1
Die innerparteiliche Situauion seit 1954
9.2
Fallbeispiel IV: Immanente Kritik in Hirschfelde
9.3
Die Jahreshauptversammlungen 1955: Der Austausch der Kreisund Bezirksfunkuionäre .... 2... 2222er eeenn Umtausch der Mitgliedsausweise und Brigadeeinsätze: Kontrolle
9.4
. 2... 22.22.20...
der Mitglieder und Verjüngung der Vorstände
9.5
.........
...........
Fallbeispiel V: Massenverhaftung ın Pritzwalk ...........
10 Profilsuche der LDPD
10.1
200 202 209 219 224 229
Voraussetzungen: Der XX. Parteitag der KPdSU und die Veränderungen in den sozialistischen Staaten... .........
10.2 »Tuchfühlung« mit den polnischen Liberalen
............
10.3 Die Gespräche mitderFDP............2200 r00.n 11 Die LDPD im Sozialismus
229 234 237 246
11.1 Die innerparteiliche Arbeit...
11.1.1.
192
... 22.222222.
Die Schulung der Mitglieder...
.........
2.2.2.0.
11.1.2 Die Gespräche mit dem Mittelstand... ......... 11.2 Die außerparteiliche Arbeit
zwischen Partizipation und Ohnmacht: Von den Verstaatlichungen zur Krise 1960/61
246 246 252 256
12 Die LDPD
12.1 Die Vollendung des Sozualismusc.....
2.2... 22.002...
12.2 Exkurs: Die Massenflucht und ıhre Ursachen 12.3
Der Bau der Mauer
13 Ergebnisse
260 269 274 284
13.1 Diskrepanz zwischen Parteiführung und Mitgliedern... ......
13.2 Disziplinserung der Liberaldemokraten ............... 13.3
260
Die LDPD als Partner der SED?
14 Ausblick: Die LDPD von 1962-1990 14.1
LDPD-FDP-Kontakte
....2.2 222 2er.
14.2
Die Verstaatlichungen 1972
285 287 290 293
Inhalt
14.3 Distanz und Befürwortung: Die ambivalente Haltung des Parteivorsitzenden seit 1979... .. 2.2.22 ennn 14.4 Von zaghafter zur offenen Kritik: Die LDPD bis zum Sommer 161: 5
DE
14.5 Verlust des Reformvorsprunges der LDPD während der politischen Wende... . . 2... 222er
298 301 307
14.6 Von der Zersplitterung der Liberalen bis zum Vereinigungspartei-
tag
309
15 Anhang
312
15.1 Statistiken und Grafiken über die LDPD 15.2 Kurzbiographien ......... 2.2220 crreeneenennen 15.3 Ausgewählte Daten zur Geschichte der LDPD 16 Archiv- und Literaturverzeichnis
2... 2. oo onen ernennen nennen 16.1 Archive 16.2 Befragungen 16.3 Zeitungen . 22er 16.4 Gedruckte Quellen und Literatur... .... 222.222.
17 Abkürzungsverzeichnis
312 316 329 336 336 336 336 337 359
Wo Nachrichten fehlen, wachsen die Gerüchte. (Alberto Moravia)
Vorwort Der Gedanke für die Arbeit, die von der Philosophischen Fakultät der Westfalischen Wilhelms-Universität Münster im Februar 1996 als Dissertation angenommen wurde, entstand in den Wochen vor und während der friedlichen Revolu-
tion in der ehemaligen DDR. Damals schickte sich die SED-loyale LDPD an, elementare Politikfelder ın Frage zu stellen. Der Gedankenaustausch mit einem Rostocker Bezirksfunktionär und dessen »Geständnis< der Mitverantwortung für
das gerade untergehende SED-Regime gaben den Anstoß, die Idee auch umzusetzen. Ganz
herzlich danken
möchte
ich meinem
»Doktorvater«, Herrn
Professor
Dr. Jochen-Christoph Kaiser, für die dreijährige Betreuung dieses Vorhabens. Dazu gehörte nicht nur, mit (wissenschaftlichem) Rat zu helfen. Ohne seine bıs-
weilen sehr offenen Worte wäre die Aüfgabe nicht geglückt. Danken möchte ich auch den Mitarbeitern der Partei- und Staatsarchive, wobei
ich Herrn Dieter Sandler besonders hervorhebe. Ohne seine Geduld hätte ich
die Strukturen der Liberaldemokraten auch nicht annähernd durchschaut. Die unzähligen Akten waren Mein Dank gilt allen Art und Weise zur Seite Murken, Dr. Damian van
und sind kein Freunden und standen: Rita Melis, Robert
Ersatz für das persönliche Gespräch. Helfern, die mir auf recht verschiedene Cremering, Claudia Schwalfenberg, Jens Poggemann, Andreas Grömping, Kathrin
Sendrowski, Gabriela Paschke, Hans-Ulrich Pott, Thomas Großbölting, Susanne
Blechschmidt - vor allem aber meinem Freund und >Archivgenossen« Dr. Jürgen Louis, dem ostdeutschen Rheinländer, und natürlich meiner Freundin Marton
Frings.
Schließlich danke ich meinen Eltern, die mir überhaupt erst das vorangegangene Studium ermöglicht haben.
Kapitel 1
Einleitung 1.1
Fragestellung
Der Zusammenbruch der DDR im Herbst 1989 hat die deutsche Zeitgeschichte in den Blickpunkt des Interesses gerückt. Mit einem Mal wurden die Quellen über die Epoche eines Staates von seiner Entstehung bis zu seinem Niedergang freigegeben — ein Ereignis, das in diesem Jahrhundert nur mit dem Ende des
nationalsozialistischen Regimes vergleichbar ist und nun den Ausgangspunkt für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte bilder. ' In dem 40 Jahre währenden Mangel an originären Dokumenten
liegt eine
wesentliche Ursache für die Defizite der bisherigen Forschung über die Strukturen des Herrschaftssystems der DDR. Wissenschaftliche Werke beruhten häufig auf
Hypothesen, denn bis zur »Wende« war es- von wenigen Ausnahmen abgesehen nicht möglich, in den Archiven der DDR Themen der Nachkriegsgeschichte aufzubereiten.? Die systematische Fälschung statistisch relevanter Daten durch die DDR-Behörden trug darüber hinaus zu einem verzerrten Bild über den sozialistischen Staat bei.? So ließ das (westdeutsche) Vertrauen in die wirtschaftliche
Prosperität und in die politische Dauerhaftigkeit der sozialistischen Republik die Ostberliner Regierung gefestigter erscheinen‘, als es ın all den Jahren der Fall war. Ein weiterer Grund für die irrige Annahme ökonomischer und politischer Sta-
bilität ıst ın den sozialwissenschaftlichen Forschungsansätzen der siebziger und achtziger Jahre auszumachen. Historiker und Politologen orientierten sich vielfach an der Urbanisierung, an der Bildungsexpansion und an den für alle Industrienationen typischen Modernisierungsprozessen, um die jeweils ermittelten Daten miteinander zu vergleichen und daraus gesellschaftspolitische Aussagen über die Wirkung bzw. Akzeptanz des Regierungssystems zu gewinnen. Die methodischen Vorgehensweisen und die meist in den westlichen Ländern gewonnenen Ergeb-
nisse wurden dabei vorschnell auf die quellenmäßig nicht erschlossene DDR-Entwicklung übertragen.5 Auf dieser Basis herrschte beispielsweise Konsens darüber, 1 Vgl. Jürgen Kocka: Die Geschichte der DDR als Forschungsproblem, Einleitung, in: Historische DDR-Forschung, Aufsätze und Studien, hg. v. dems., Berlin 1993, S. 10-11. 2 Eine seltene Ausnahme
stellte beispielsweise Siegfried Suckut dar, dem
die staatlichen Behörden
der DDR in den achtziger Jahren die Genehmigung erteilten, die Sirzungsprotokolle des »Einheitsfront-Ausschusses«, des späteren Demokratischen Blocks der Parteien und Massenorganisationen auszuwerten. Vgl. Siegfried Suckut: Blockpolitik in der SBZ/DDR 1945-1949, Die Sitzungsprotokolle des zentralen Einheitsfront-Ausschusses, Quellenedition, Köln 1986.
3 Vgl. Gerhard Simon: Die Osteuropaforschung, Das Ende der Sowjetunion und die neuen Nationalstaaten, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 52-53/1992, $. 32-33.
4 Die westdeutschen Historiker verließen sich auf die (gefälschten) Wirtschaftsdaten (vgl. beispielsweise Christoph Kleßmann: Zwei Staaten, eine Nation, Deutsche Geschichte 1955-1970, Bonn 1988, S. 310), die sie zum Teil auch nach der Wende nicht hinterfragten, sondern »den Angaben der DDR« (Hermann Weber: Die DDR 1945-1990, 2., überarb. u. erw. Aufl., München 1993, $. 48) entnahmen.
5 Vgl. exemplarisch: Bundesrepublik Deutschland - DDR, Die Wirtschaftssysteme, Soziale Marktwirt11
Einleitung daß sich die Bevölkerung mit dem angeblich konsolidierten System mehr und mehr arrangiert habe.® Bei allen Versuchen, die DDR und ıhre Geschichte transparent zu machen, wurden wesentliche Polıtikfelder »herausdiskuuert«’7, weil ihre Strukturen weni-
ger bekannt waren. Hierzu gehörten der innere Aufbau der SED und des von ihr ınstrumentalisierten Ministeriums für Staatssicherheit (MfS), aber auch die
Rolle der übrigen Parteien und schließlich der Einfluß der Sowjetunion, die alleın die Existenz der DDR sicherte, wie ıhre Repräsentanten in den achtziger Jahren
schmerzhaft erfahren mußten. 3 Die KPdSU lieferte seit 1945 den Bauplan für die politische Ordnung ın der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ). Alleın mit Hilfe Moskaus errang die SED sukzessive die Macht, veränderte das System nach dem Vorbild der UdSSR und drängte die einst konkurrierenden Parteien - LDPD und CDU’? - zurück. Als diese 1952 die Vorherrschaft der SED uneingeschränkt anerkannten, gaben sie
damit das Signal für ihre politische Selbstaufgabe. Die ın den vierziger Jahren in der Tradition des 19. und frühen 20. Jahrhunderts etablierte Liberaldemokratische Parteı Deutschlands (LDP/LDPD)'!® existierte jedoch fast vier Jahrzehnte weiter — ungeachtet ıhres Bekenntnisses zum Sozia-
lismus und der »Stillegung«'! ihres Programms. Bei den westlichen Historikern fanden die Liberaldemokraten und die übrigen Blockparteien!? mit ihren rund schaft und sozialistische Planwirtschaft im Systemvergleich, hg. v. Hannelore Hanel, 4., überarb. u. erw. Aufl., München 1983; Gisela Helwig: Frau und Familie, Bundesrepublik Deutschland - DDR,
2., völlig überarb. Aufl., Köln 1987. 6 Vgl. exemplarisch: Kurt Sontheimer/Wilhelm Bleek: Die DDR, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, 5.,
erw. und neubearb. Aufl., Hamburg 1979, S. 56-62; Weber (1993), S. 48. 7 Simon (1992), $. 33.
8 Wenig hilfreich für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte sind globale Schuldzuweisungen, wie sie Jens Hacker (Deutsche Irrtümer, Schönfärberei und Helfershelfer der SED-Diktatur im Westen, Frankfurt ?/1992, 5. 394-439, bes. S. 394-402) vornimmt, der sich zum Richter über die westdeutsche
Wissenschaft erhebt und die Historiker hinsichtlich ihrer Fehleinschätzungen über die DDR und ihre Geschichte kritisiert. 9 Vgl. Kap. 2.1 dieser Arbeit. 10 In der Literatur ist die Liberal-Demokratische Partei Deutschlands (LDPD) bis Anfang der fünfziger
Jahre als LDP abgekürzt worden. Dabei war bislang nicht bekannt, wann und warum sich die LDP umbenannt hat. Das Quellenstudium im ZPA der LDPD ergab, daß die Änderung auf eine Diskussion im Zentralvorstand vom 27.10.1951 zurückging. Die Mitglieder einigten sich auf einen vom Vorsitzenden Hans Loch aufgegriffenen Vorschlag, künftig nicht mehr von der »LDP«, sondern nur noch von der»LDPD: zu sprechen (vgl. ADL/LDPD, 8423, Sitzung des ZV v. 27.10.1951, Diskussion,
Bl. 39/3-49/1). Einen entsprechenden Beschluß bzw. eine öffentliche Bekanntmachung darüber gibt es nicht. Den Hintergrund der »lautlosen« und stillen Umbenennung bildete die Absicht, mit dem »D« den gesamtdeutschen Anspruch der-LDPD zu verdeutlichen und gleichzeitig eine Auseinandersetzung in der Mitgliedschaft und mit der SED zu verhindern. Politisch neuartige Konzepte waren mit dieser Entscheidung nicht verbunden. Die Namensänderung setzte sich im innerparteilichen Sprachgebrauch rasch durch: Bereits das nächste erscheinende Parteiorgan hieß LDPD-Informationen (LDPD-Informationen 19/1951) und nicht mehr LDP-Informationen. Die SED kritisierte die Modifikation zwar nicht, doch beschränkte sie sich - wie auch das MfS - in Zukunft in internen
Analysen, Briefwechseln etc. weiterhin auf das Kürzel »LDP«. In dieser Arbeit soll durchgehend der Parteiname LDPD verwendet werden. 11 Peter Joachim Lapp: Die »befreunderen Parteien« der SED, DDR-Blockparteien heute, Köln 1988, 5. 22. 12 Neben der SED zählten in der DDR vier weitere Parteien, die LDPD, NDPD, CDU
12
und DBD, als
Fragestellung 500.000 Mitgliedern kaum Beachtung: Folgt man den wenigen Darstellungen, so entsteht der Eindruck, daß die LDPD ideologisch, personell und organisato-
risch der SED gleichgeschaltet war.!? Die Sozialisten hatten demnach die Macht übernommen und die LDPD
zu einem »Iransmissionsriemen« ihrer Ideologie
umfunktioniert. Liberaldemokratische Vorstandsmitglieder wurden nach allgemeiner Auffassung zu Handlangern und Erfüllungsgehilfen degradiert, und die Basıs ließ sich bereitwillig auf die präsentierten sozialistischen Leitbilder ein. Derartıge Deutungen beruhten jedoch auf Zahlen, die von der ostdeutschen Historiographie kolportiert wurden, und auf Vermutungen, die nicht verifiziert werden
konnten. Angesichts der ın großem Ausmaß vorhandenen Quellen besteht seit 1990 ein erheblicher Nachholbedarf an empirischer DDR-Forschung. Es ist deshalb eın zentrales Anliegen, das geringe Wissen über den innerparteilichen Zustand der
LDPD nach ihrer vermeintlichen »Gleichschaltung« mit der SED zu erweitern, um damit eine Ausgangsbasıs für umfassende Strukturanalysen zu schaffen. Die vorliegende Arbeit soll einen Beitrag zur Parteien- und Herrschaftsgeschichte der DDR leisten. Zwei wesentliche Einschnitte ragen heraus und grenzen
deshalb die Untersuchung zeitlich ein: 1952 beschloß die LDPD, die Hegemonie der SED und ihre Beschlüsse Jetzt und in Zukunft anzuerkennen '*, d.h. die Liberaldemokraten gaben zu diesem Zeitpunkt, nach außen hin sichtbar, das Signal für ihre politische Selbstaufgabe. 1961 beging die DDR mit dem Bau der Mauer ihren »heimlichefn] Gründungstag«'? mit der Konsequenz, daß sich die Bewohner nun
mit dem Regime arrangieren mußten; die Abstimmung »mit den Füßen< wurde beendet. Die SED brauchte nicht mehr die Flucht unzufriedener Mitglieder der einst pluralistisch-demokratisch ausgerichteten LDPD zu fürchten und konnte einen Neubeginn in der Behandlung der Blockparteien wagen. Berücksichtigung findet also jene Phase, ın der sich die SED-Herrschaft bereits Mitglieder des »Demokratischen Blocks der Parteien und Massenorganisationen« zu den Blockparteien. Im herkömmlichen Sprachgebrauch und zum Teil auch in wissenschaftlichen Abhandlungen wurde die SED in der Regel nicht zu den Blockparteien gerechnet. Vgl. Lapp (1988), S. 30. Auch in
dieser Arbeit sollen mit dem Begriff der »Blockparteien« nur die vier Parteien LDPD, NDPD, CDU und DBD gemeint sein. 13 Der Begriff der »Gleichschaltung« knüpft an das »Vorläufige Gesetz zur Gleichschaltung der Länder mit dem Reich v. 31.03.1933< (RGBl. 1, S. 153) an. Mit Hilfe weiterer Gesetze und Verordnun-
gen begann die personelle und institutionelle Anpassung der gesellschaftlichen Organisationen im ‚Dritten Reich: an die Strukturen und Politik der NSDAP. In diesem Prozeß wurde die narionalsozialistische Ideologie zur Maxime staatlichen Handelns erklärt. Vgl. Rudolf Echterhölter: Das öffentliche Recht im nationalsozialistischen Staat, Stuttgart 1970, S. 15, 74-75.
Westliche Historiker bieten keine Definition für den Begriff der Gleichschaltung im Zusammenhang mit der LDPD an. Vgl. Norbert Mattedi: Gründung und Entwicklung der Parteien in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands 1945-1949, Bonn/Berlin
1966, S. 57, 120-123; Harald
Krieg: LDP und NDP in der »DDR« 1949-1958, Ein Beitrag zur Geschichte der »nichtsozialistischen« Parteien und ihrer Gleichschaltung mit der SED, Köln 1965, S. 11. Vgl. aber auch Sigrid Meuschel: Legitimation und Parteiherrschaft, Zum Paradox von Stabilität und Revolution in der DDR 1945-1989, Frankfurt 1992, S. 51,56. Ohne den Begriff der Gleichschaltung zu definieren bzw. einzugrenzen, bezieht Meuschel ihn hinsichtlich der ostdeutschen Liberal- und Christdemokraten auf das Jahr 1948.
14 Vgl. Kap. 4 dieser Arbeit. 15 Adolf M. Birke: Nation ohne Haus, Deutschland 1945-1961, London 1989, S. 484.
13
Einleitung durchgesetzt hatte und hinsichtlich der staatlichen Willkür und des Personenkultes um Josef Stalin ihren Höhepunkt überschritt. Stützen dieser Regierungsgewalt
waren eine an der Sowjetunion ausgerichtete Ideologie des Marxismus-Leninismus und eine zunehmend straffer organisierte SED mit dem ıhr unterstellten
Staatsapparat. Auch nach dem Tod Stalins blieb in der DDR der Anspruch des Sowjetkommunismus bestehen. Die fortschreitende und konsequent betriebene
Technisierung perfektionierte in den folgenden Jahrzehnten die Überwachung und Manipulation der Bevölkerung sogar noch weiter. Inwieweit sich Liberaldemokraten dieser politischen Praxis widersetzten, sıe tolerierten oder aktiv unterstützten und in ıhr eingebunden waren, soll Gegen-
stand und zugleich Leitfrage der Abhandlung sein. Diese will aber auch die Geschichte einer Organısation erhellen, die nicht isoliert vom gesamtdeutschen Parteiensystem betrachtet werden kann. Nahezu 200.000 Mitglieder gegen Ende
der vierziger Jahre und ein Ergebnis von durchschnittlich 24,5 Prozent bei den Landtagswahlen im Oktober 1946 lassen vermuten, daß sich die Liberalen - bei einer freien Betätigung — gemeinsam mit der CDU zu einem Sammelbecken für alle parlamentarisch-demokratischen Kräfte entwickelt und womöglich auch die Strukturen der Freien Demokratischen Partei (FDP), die in der Wählergunst deut-
lich schlechter abschnitt und sich nie eines so hohen Organisationsgrades erfreute, beeinflußt hätten. Die politische Etablierung vieler geflüchteter Liberaldemokraten ın der FDP, die Kontakte beider Parteien während der gesamten Phase der deutschen Teilung und nicht zuletzt die Vereinigung von LDPD und F.D.P. am 11./12. August 1990 dokumentieren eine gewisse Verwandtschaft trotz 40jährigen Sozialismus< ın der ehemaligen DDR.
Aufmerksamkeit gilt insbesondere den liberaldemokratischen Orts- und Kreisverbänden sowie der mittleren Führungsschicht in den Bezirken. Wie aus der »Nach-WendeBlock« Einfluß auf die Politik ın der SBZ zu nehmen, bot deshalb nur den Anschein des
demokratischen Pluralismus. Zur Durchsetzung ihrer Interessen bediente sich die KPD zudem ihrer engen
Verbindungen zur SMAD, um auf diese Weise die von ihr gewünschten Entscheidungen herbeizuführen.2° Wichtige Beschlüsse, wie »der Übergang zur langfristigen Wirtschaftsplanung[...] und die Ausarbeitung einer Verfassung für den späte-
ren ostdeutschen Teilstaat«?”, waren am >Block« vorbei und ohne seine Beteiligung gefällt worden.
2.2
Die Entwicklung der SED zur »Partei neuen Typus«
Ansätze eines pluralistischen Parteiensystems wurden mit der Vereinigung von KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) beseitigt. Für die Kommunisten schied damit der erste und wichtigste Konkurrent ım Parteiensystem der SBZ aus.28 Die SMAD hatte auf den Zusammenschluß gedrängt, nachdem sie erkennen mußte, daß die KPD keinen bestimmenden Einfluß ın der
Bevölkerung erringen konnte; zu sehr wurde deren Politik mit der der Besatzungsmacht identifiziert.2° Doch auch die kommunistischen Wahlniederlagen ın
Österreich und Ungarn im November 1945 ließen die Chance auf eine parlamentarische Mehrheit für die Kommunisten immer geringer erscheinen.?? Nach massıvem Druck der Besatzungsmacht gegen die SPD°', die sich mehr-
heitlich der Vereinigung widersetzte, schlossen sich beide Parteien am 20./21. April 1946 zur SED zusammen. Allerdings machten die Kommunisten ideologische 25 Die KPD besetzte in den Ländern - mit Ausnahme von Brandenburg — durchweg das Amt des Vizepräsidenten und des späteren Innenministers. In diesem politisch sensiblen Bereich wurden wichtige Fragen entschieden, die das Polizeiwesen, die Entnazifizierung, die Bodenreform und die personellen Säuberungen betrafen. Vgl. Barbara Feit, Landesregierungen und -verwaltungen, in: SBZ-Handbuch (1990), S. 73-74.
26 Vgl. Koch (1982), S. 284-285.
27 Suckut (1986), $. 39. 28 Vgl. im folgenden: Weber (1993), S. 14-17; Staritz/Suckut (1990), S. 437.
29 Angesichts des engen Zusammenspiels zwischen der KPD und der Besatzungsmacht distanzierte sich die SPD wieder von den Kommunisten und drängte nicht mehr auf den Zusammenschluß mit der KPD. Die Kommunisten arbeiteten jedoch auf die Vereinigung mit der SPD hin, seitdem sie erfahren mußten, daß sich die Sozialdemokraten des größeren Zuspruchs in der Bevölkerung erfreuten. Vgl. Hermann Weber: Geschichte der SED, in: Die SED in Geschichte und Gegenwart, hg. v. Ilse Spittmann, Köln 1987, 5. 8. 30 Vgl. Weber (1988), S. 13. 31 Die Sowjets reagierten bei einer ablehnenden Haltung der Sozialdemokraten zur Vereinigung mit
Redeverboten und Verhaftungen gegen die Widersacher. Vgl. Weber (1987), S. 12-13. Anders bei: Manfred Wilke/Peter Erler: Grotewohl beschwor eine große und gewaltige Zukunft, Unterwerfung im Einverständnis: Die Vorgeschichte der Vereinigung von SPD und KPD in der Sowjetischen Besatzungszone, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung v. 10.05.1995, S. 10.
33
Auf dem Weg zum sozialistischen Mehrparteiensystem Zugeständnisse, um den Widerstand gegen die Parteienverschmelzung zu mini-
mieren: Die neue Partei berief sich wie zuvor dieSPD ausschließlich auf Karl Marx und Friedrich Engels.?? Die SED lehnte den sowjetischen und von Stalin prakti-
zierten Kommunismus ab und favorisierte statt dessen den »besonderen deutschen Weg zum Sozialismus«°3. Schließlich wurden alle Vorstandsposten paritätisch mit ehemaligen SPD- und KPD-Funktionären besetzt. In dieser Zeit stieß die junge
SED auf Zustimmung in der Bevölkerung, zumal die Kommunisten - ebenso wie die Sozialdemokraten - für sıch ın Anspruch nehmen konnten, mit ihrer Warnung vor Hitler als Kriegstreiber recht behalten zu haben.?* 1947 gab die Einheitspartei jedoch die von Anton Ackermann propagierte Maxime auf, derzufolge jedes Land aufgrund seiner spezifischen Gegebenheiten und Geschichte eigene Wege zum Sozialismus gehen konnte.?® Die Ursache für diesen Kurswechsel bildete die Änderung der sowjetischen Politik gegenüber
allen kommunistisch ausgerichteten Parteien ihres Einflußbereiches. Die KPdSU drängte seit dem Konflikt mit Jugoslawien und der Verschärfung des »Kalten Krie-
gesGibt es einen besonderen deutschen Weg zum Sozialismus?«, in: Einheit 1/1946 [Februar 1946], S. 22-28.
34 Vgl. zur Klientel der SED, den Hoffnungen der Mitglieder und der Akzeptanz der SED-Politik bis 1947: Erhard Crome: Die SED, Umrisse eines Forschungsproblemes, in: Deutschland Archiv 12/1992, S. 1288-1292, Wolfgang Zank: Die Gesellschaftspolitik der KPD/SED 1945-1949, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 11/1990, 5. 52-62. 35 Der einstige Moskauer Emigrant Anton Ackermann widerrief 1948 seine Thesen: Vgl. Anton Ackermann: Über den einzig möglichen Weg zum Sozialismus, in: Neues Deutschland v. 24.09.1948, S. 1. Vgl. auch Theo Rütten: Deutschland- und Gesellschaftspolitik der Ost- und Westdeutschen Liberalen in der Entstehungsphase der beiden deutschen Staaten, Diss. [masch.-schriftl.], Bonn 1984, S. 396.
36 Erstmals wurde der Terminus 1947 in den USA verwendet, um die aggressive und expansive Politik der UdSSR zu charakterisieren. Vgl. Josef Foschepotrh (Hg.): Kalter Krieg und Deutsche Frage, Deutschland im Widerstreit der Mächte 1945-1952, Einleitung, Göttingen 1985, $. 14-15. Foschepoth liefert eine knappe Darstellung der Kontroversen um die Deutung des Begriffes (ebd.,S. 11-31). KarlDietrich Bracher (Die Krise Europas 1917-1975, Frankfurt 1976, S. 251) wertet die Truman-Doktrin
als Signalwirkung für die Verschärfung des »Kalten Krieges«. Mit dem in der historisch-politischen Literatur häufig verwendeten, jedoch unscharf definierten Begriff des »Kalten Krieges< wird die Ost-West-Konfrontation nach dem 2. Weltkrieg charakterisiert. Kennzeichnend für die Konfliktlage war, daß sich zwei Staaten gegenüberstanden, die jeweils von der Allgemeingültigkeit ihres Gesellschafts-, Wirtschafts-, und Wertesystems überzeugt waren. Während die »traditionalistische« Forschung die machtpolitische Expansion der UdSSR und das verspätete Reagieren der USA mit ihrer Strategie der Eindämmung als Hauptmerkmal des Kalten Krieges« bezeichnete, stand die zeitlich später einsetzende »revisionistische« Schule in den USA im Zeichen des Viernam-Krieges: Danach galt die USA als Verursacher des »Kalten Krieges«, weil sie aufgrund ihres Anspruches, stärkste Macht der Welt zu werden, die Sicherheitsinteressen der Sowjetunion in Frage gestellt und dadurch deren Gegenreaktionen provoziert hatte. Vgl. Christoph Kleßmann: Die doppelte Staatsgründung, Deutsche Geschichte 1945-1955, 5., überarbeitete u. erw. Aufl., Bonn 1991, S. 177-179. Dagegen werden in der Literatur der achtziger Jahre mehr die wechselseitigen Wirkungen der Politik seitens der USA und der UdSSR berücksichtigt. Vgl. Ute Daniel: Dollardiplomatie in Europa, Marshallplan, Kalter Krieg und Außenwirtschaftspolitik 1945-1953, Düsseldorf 1982; 34
Die Entwicklung der SED zur »Partei neuen Typus ziel zwar nach wie vor die gesamtdeutsche Lösung und die Übertragung ihrer Ordnungsvorstellungen bis an den Rhein, orientierte sich angesichts der zunehmenden Spannungen mit den Westalliierten jedoch gleichzeitig stärker auf die von
ihr beherrschte Zone und auf die prononciertere Durchsetzung ihrer Politik.7 Auf dem 2. Parteitag der SED im September 1947 ließ der stellvertretende Parteivorsitzende Walter Ulbricht keinen Zweifel mehr an der Absicht, sich an der
Polıtik, Ideologie und Organisation der KPdSU auszurichten, als er die Forderung nach einer >Partei neuen TypusStalinismus« zu überwinden, so wurden weder der Abso-
lutheitsanspruch der kommunistischen Parteien noch die Machtvollkommenheit der von der Parteı beherrschten Apparate ın Frage gestellt. In der DDR blieben nach dem Tod Stalins die politischen Veränderungen marginal.*° Wesentliche Ele-
mente des »Stalinismus«, wie die Beherrschung der zentralistisch verstaatlichten bzw. kollektivierten (Land-) Wirtschaft und der Personenkult, wurden sogar erst nach 1953 eingeleitet bzw. noch forciert und bis zum Ende des politischen Systems nicht beseitigt. Sich eng an Stalin und der KPdSU orientierend *, transformierte sich die SED seit 1947 in eine Partei mit stalinistischen Charakterisuka* und beanspruchte mit zunehmender Tendenz, die Führung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
zu übernehmen.*? Eigenständige Institutionen wıe Vereine und Verbände ver-
schwanden zugunsten von einheitlich ausgerichteten Organısationen. Der Staat fungierte künftig als Instrument der Partei, und seine Organe, wie die Regierung, die Justiz, die Polizei und die Kommunikationsmittel dienten zur Stabilisierung der Macht. °°
Die SED setzte ihre Politik gegenüber allen Subsystemen durch die Verbindlichkeit ıhrer Beschlüsse für alle öffentlichen Organe und durch die personelle Verschmelzung von Partei- und Staatsführung um.®! Dies erreichte sie mittels der Einführung zweier Herrschaftsprinzipien, die bis zum Ende der DDR uneingeschränkte Gültigkeit behielten: 45 Vgl. zu den stalinistischen Merkmalen in der DDR: ebd., S. 116. Meuschel bezeichnet die SED als »stalinistische Partei« (ebd.) und hebt wesentliche Züge des »zentral geplanten Sozialismus sowjetischen Typs« (ebd.) hervor: »die Vorherrschaft einer zur Einheitlichkeit gezwungenen Partei über eine machtlose, weil eigenständiger Institutionen beraubte und durchorganisierte Gesellschaft, die Mobilisierung der Massen, die Ideologie und der Terror« (ebd.). 46 Für die Historiker in der DDR blieb die Entstalinisierung tabu. Vgl. Christoph Kleßmann: Das Problem der doppelten »Vergangenheitsbewältigungs, in: Die Neue Gesellschaft, Frankfurter Hefte 12/1991, S. 1102-1103.
47 Stalin weitere das für Rußland entwickelte Revolutionskonzept auf die übrigen Länder Osteuropas aus. Seinen Vorstellungen zufolge sollten »Parteifeinde« ohne Diskussion ausgeschlossen werden. Allein die Partei kombiniere die Einheit des Willens mit der des Handelns. Daraus folgerte Stalin eine notwendige Unterordnung jedes Menschen unter alle Parteibeschlüsse, um so Geschlossenheit zu demonstrieren. Die Politik müsse erziehen, disziplinieren und vor schädlichen Einflüssen bewahren. Vgl. Eckart Förtsch: Die SED, Stuttgart 1969, S. 25.
48 Die Mehrheit der Historiker und Politologen gelangte zu dieser Wertung, ohne jedoch den Begriff des Stalinismus« zu erläutern. Vgl. beispielsweise Meuschel (1992), die keine Definition anbietet, obwohl der »Stalinismus« eine zentrale Stellung (S. 29-116) in ihrer Arbeit einnimmt.
49 Vgl. Weber (1988), S. 21-32. 50 Vgl. Weber (1991), 5. 41.
51 Vgl. Marquardt (1986), $. 33.
37
Auf dem Weg zum sozialistischen Mehrparteiensystem 1. Die SED besetzte einflußreiche Positionen ım Partei- und Staatsapparat sowie
in den Massenorganisationen durch fach- und herrschaftstechnisch relevante Personen, den ıdeologisch geschulten »Kadern«. 5? Ihrem Selbstverständnis nach waren diese als »Leiter, Funktionäre und Spezialisten in allen Bereichen der Gesellschaft
aufgrund ihrer politischen, fachlichen u.a. Fähigkeiten und Eigenschaften tätig«”
und zeichneten sich »vor allem aus durch: unbedingte Treue zur Arbeiterklasse, ihrer Partei und zum Marxısmus-Leninismus sowie ihren konsequenten Kampf um die Erfüllung der Beschlüsse«*. Dieser zahlenmäßig großen und inhomogenen Personengruppe war das Merkmal der SED-loyalen Haltung gemeinsam. Nachdem in den fünfziger Jahren alle Blockparteien das »Kaderprinzip< der SED übernommen hatten, konzentrierte sich die SED - und auch das Ministerium für Staatssicherheit - darauf, die Rekru-
tierung der »Kader« zu kontrollieren und herausragende Positionen gegebenenfalls mit eigenen Funktionären zu besetzen.” 2. Der demokratische Zentralismus regelte den innerparteilichen Willensbildungs- und Entscheidungsprozef, bestimmte aber auch die Organisation von
Staat, Gesellschaft und Wirtschaft. Zentrales Prinzip war dabei die Verbindlichkeit der Beschlüsse seitens der Parteiführung. Im einzelnen verlangte der demokratische Zentralismus, daß
»a) alle Parteiorgane von unten bis oben demokratisch gewählt werden; b) daß die gewählten Parteiorgane zur regelmäßigen Berichterstattung über ihre Tätigkeit vor den Organisationen verpflichtet sind, durch die sie gewählt wurden; c) daß alle Beschlüsse der höheren Parteiorgane für jede untere Organisation verbindlich sind, straffe Parteidisziplin zu üben ist und sıch die Minderheit der Mehrheit unterordnet.«°°
Als »demokratisch« wurde ın diesem Zusammenhang allein die Wählbarkeit der Führungsorgane bezeichnet, die jedoch den Prinzipien der »Kaderpolitik< einschließlich der strengen Vorauswahl aller Funktionäre durch die übergeordneten Gremien unterworfen war. ’? 52 Vgl. Hartmut Zimmermann: Überlegungen zur Geschichte der Kader und der Kaderpolitik in der SBZ/DDR, in: Sozialgeschichte der DDR, hg. y. Hartmut Kaelble/Jürgen Kocka/Hartmut Zwahr,
Stuttgart 1994, $. 322-332. Vgl. ausführlich zu den »Kadern« und der »Kaderpolitik« der SED: GertJoachim Glaeßner: Herrschaft durch Kader, Leitung der Gesellschaft und Kaderpolitik in der DDR am Beispiel des Staatsapparates, Opladen 1977. Vgl. zur Definition von »Kadern« ebd,, 5. 18-20. 53 »Kader«, in: Wörterbuch der marxistisch-leninistischen Soziologie, hg. v. Georg Aßmann
u.a., 2.,
überarb. Aufl., Ostberlin 1977, S. 325. 54 »Kaders, in: Kleines Politisches Wörterbuch, 7., vollständig überarb. Aufl., Ostberlin 1988, S. 467. 55 Vgl. Glaeßner (1989), S. 104; Zimmermann (1994), S. 327-332.
56 Statut der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, Beschluß des IV. Parteitages v. 30.03.06.04.1954, in: Dokuniente der SED, Bd. 5, Berlin 1956, $. 100. 57 Vgl. Glaeßner (1989), S. 100-102. Vgl. ausführlich zu den innerparteilichen Wahlen bei den Liberal-
demokraten Kap. 9.3 dieser Arbeit. 38
Die Entwicklung der SED zur »Partei neuen Typus
Nach dem Selbstverständnis kommunistischer Parteien wurden die Mitglieder mit Hilfe des demokratischen Zentralismus indoktriniert, mobilisiert und kontrolliert. Doch auch auf die Gesellschaft wurde die Maxime übertragen, indem
der zentralen Staatsgewalt gegenüber den kommunalen Einrichtungen die absolute Vorherrschaft zukam und der Föderalismus keine Bedeutung besaß. ® Seine Begründung fand der demokratische Zentralismus ın den Schriften »Was tunEin Schritt vorwärts, zweı Schritte zurück«
von
1904,
in denen Lenin sein Konzept von der revolutionären Kaderpartei entwickelte, die von ihren Mitgliedern strenge Disziplin verlangte. Nur eine zentralistisch
organisierte Partei war nach Lenin dazu in der Lage, das Ziel des Klassenkampfes und des Umsturzes der bestehenden Verhältnisse zu erreichen. Innerparteilich zentralisierte die SED ihren Aufbau, indem sie ihr 1950 gebildetes Zentralkomitee (ZK) - anstelle des Parteivorstandes —- zu einem bloßen Akklamationsorgan degradierte. Seit 1949 gewannen das Politbüro - als leitendes Gremium für die politische Arbeit - und vor allem das Sekretariat - als Organı-
sator der täglichen Arbeit - den bestimmenden Einfluß innerhalb und außerhalb der SED.°! Die ungenaue Abgrenzung der Kompetenzen zwischen Polıtbüro und Sekretariat führte besonders bei innerparteilichen Machtkämpfen zu einem Dualismus, in dem es Generalsekretär Walter Ulbricht seit 1952 immer erfolgreicher
gelang, seine Interessen mit Hilfe des ıhm ergebenen Sckretariates durchzusetzen.
Zur ideologischen Umorientierung der SED zählte der ım Juli 1948 gefaßte Vorstandsbeschluß zur »Ausmerzung von schädlichen und feindlichen Elementen« in der Partei. Umgesetzt wurde dieses Vorhaben, indem jedes Mitglied persön-
lich seine Parteidokumente umtauschen mußte. In den dabei geführten politischen Überprüfungsgesprächen genügte der Verdacht des »Sozialdemokratismus«® oder der partei- und sowjetfeindlichen Einstellung, um als »Agent«°* erkannt und aus
der SED ausgeschlossen zu werden. In der Folgezeit übernahm die ım September 1948 als Dauereinrichtung ınstallierte Zentrale Parteikontrollkommission (ZPKK) unter der Leitung von Hermarın Matern diese Aufgabe. Zehntausende früherer Sozialdemokraten wurden 58 Vgl. Manfred Spieker: Demokratischer Zentralismus, in: Staatslexikon, Recht, Wirtschaft, Gesellschaft
in fünf
Bänden,
hg. v. d. Görres-Gesellschaft,
7., völlig
neu
bearb.
Aufl,
Bd.
1, Frei-
burg/Basel/Wien 1987, Sp. 1201-1202. 59 LW, Bd. IV, 2. 60 Ders.: Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück, in: LW, Bd. 7, September 1903 — Dezember 1904, 5.197430.
61 Vgl. im folgenden: Monika Kaiser: Die Zentrale der Diktatur — Organisatorische Weichenstellungen, Strukturen und Kompetenzen in der SBZ/DDR 1946-1952, in: Historische DDR-Forschung, Aufsätze und Studien, hg. v. Jürgen Kocka, Berlin 1993, S. 60-82; Helmut Alt: Die Stellung des
Zentralkomitees der SED im politischen System der SED, Köln 1987, 5. 38-44 und 80-105. 62 »Für die organisatorische Festigung der Partei«, Beschluß und Anweisung des Parteivorstandes, beschlossen auf der 12. Tagung des Parteivorstandes v. 28.-29.07.1948, abgedruckt in: Dokumente/Flechtheim, Bd. 5 (Aufbau und Arbeitsweise der deutschen Parteien), 2. Teil (1966), $. 407.
Vgl. auch im folgenden: ebd.; Weber (1988), S. 17-21. 63 Parteimitglieder, die parlamentarisch-demokratische Gedanken hegten und einst der SPD angehörten, wurden des »Sozialdemokratismus« bezichtigt und politisch verfolgt. 64 Der Begriff des »Agenten« war weit gefaßt und wurde je nach Bedarf auf alle Parteimitglieder ange wendet, die als Gegner der Entwicklung in der SED galten.
39
Auf dem Weg zum sozualistischen Mehrparteiensystem
aus der SED verbannt und Tausende inhaftiert. Allein bei der Überprüfung in den Jahren 1950/51 schloß die Führung auf Vorschlag der Kontrollkommission 150.000 Mitglieder aus, darunter Paul Merker‘®, Leo Bauer und Willi Kreikemeyer.°° Zwischen dem 1. Januar und dem 31. Juli 1951 arbeiteten über 30.000 SEDMitglieder als Instrukteure ın rund 6.000 Kommissionen, die sich mit der Vergan-
genheit und der politischen Einstellung der Genossen auseinandersetzten.° Aus den zeitlich intensiven Gesprächen resultierte die Disziplinierung der verbliebe-
nen Mitglieder und dıe weitgehende Ausschaltung aller Oppositionellen. Bis zur Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 konsolidierte sich die SED mit
Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht als führende Partei. Ausschließlich SEDFunktionäre bekleideten die wichtigsten Funktionen ın der Regierung: Wilhelm Pieck wurde Präsident, Otto Grotewohl Ministerpräsident, und Walter Ulbricht übernahm das Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten. Die Volkskammer und damıt das Parlament ging nicht aus Wahlen, sondern aus dem von den Parteien und Massenorganisationen gebildeten Volkskongreß”° hervor. Mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht gelang es der SED, den gesamten Staatsapparat und die von ihr gelenkten Verbände wie den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund (FDGB), die Freie Deutsche Jugend (FDJ) und den Kulturbund mit eigenen
>Kadern« auszustatten. CDU’! und LDPD wurden schrittweise in das sozualıstische Parteiensystem hineingeführt, das die SED mit Hilfe ihres demokratischen Zentralismus beherrschte und kontrollierte. Aufkommende Opposition ın der Bevölkerung unterdrückte die SED mit der kasernierten Volkspolizei’?, der ein Jahr nach Gründung der DDR rund 50.000 65 »Überprüfung der Parteimitglieder und Kandidaten sowie Umtausch der Parteimitgliedsbücher und Kandidatenkarten«, Beschluß des Zentralkomitees v. 27.10.1951, in: Dokumente der SED, Bd. 3
(1952), 5.239.
66 Vgl. Jeffrey Herf: Antisemitismus in der SED, Geheime Dokumente zum Fall Paul Merker aus SEDund MfS-Arcchiven, in: VfZ 4/1994, 5. 635-667. 67 Vgl. Weber (1988), 5. 30.
68 Vgl. Angelika Klein: Die Überprüfung der Mitglieder und Kandidaten der SED in Sachsen-Anhalt 1951, in: BzG 1/1992, S. 20.
69 Vgl. ebd., S. 27; Dies.: Richtlinien zur Parteiüberprüfung 1950/51, Dokumente und Materialien, in:
BzG 6/1990, S. 779-791. Die Kriterien für die Überprüfung der Parteimitglieder wurden in der SED geheim gehalten. 70 Der von der SED initiierte und von ihr beherrschte Deutsche Volkskongreß setzte sich aus Delegierten der Parteien und Massenorganisationen der SBZ zusammen. Aus den Westzonen erschienen angesichts der SED-Vorherrschaft nur wenige Politiker. Die ursprüngliche Zielsetzung der ersten Tagung vom 06./07.12.1947, eine Stellungnahme zur Londoner Außenministerkonferenz abzugeben, wurde durch die Forderung nach Einheit und gerechten Frieden« im Sinne der sowjetischen Deutschlandpolitik erweitert. Im März 1948 wählte der 2. Volkskongreß den Deutschen Volksrat, nachdem in den Westzonen die Teilnahme an dem Gremium verboten worden war. Aus dem 3. Volkskongreß im Mai 1949 ging der 2. Deutsche Volksrat hervor, der den Entwurf der DDR-Verfassung annahm. Im Oktober 1949 konstituierte sich der Volksrat als provisorische Volkskammer der DDR. Ausführlicher zum Volkskongreß: Manfred Koch: Volkskongreßbewegung und Volksrat, in: SBZ-Handbuch
(1990), 5. 345-357.
71 Vgl. zur sozialistischen Metamorphose der CDU: Michael Richter: Die Ost-CDU 1948-1952, Zwischen Widerstand und Gleichschaltung, 2., korrigierte Aufl., Düsseldorf 1991.
72 Vgl. zur kasernierten Volkspolizei und zu den Anfängen der Armee in der DDR: Volksarmee schaffen - ohne Geschrei! Studien zu den Anfängen einer verdeckten Aufrüstung« in der SBZ/DDR 1945-1952, hg. v. Bruno Thoß, München 1994. 40
Die Entwicklung der SED zur »Partei neuen Typus Mann angehörten, und mit dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS).”? Als
selbständiger Apparat unterstand das am 8. Februar 1950 gebildete MfS allein den Weisungen der SED und den Beschlüssen des Politbüros. Der Minister für Staatssicherheit und seine Stellvertreter waren stets Mitglieder des ZK der SED,
und die Bestätigung der MfS-Generäle erfolgte immer durch das Politbüro.”* Alle hauptamtlichen Mitarbeiter des MfS mußten vor ihrem Dienstantritt eine Verpflichtungserklärung unterzeichnen, die sıe auf die Politik und Ideologie der SED festlegte. ”? Ohne gesetzlich verankerte Kompetenzen’® überwachte die Staatssicherheit künftig mit einem weitverzweigten Netz von hauptamtlichen und inoffiziellen Mitarbeitern’? das öffentliche Leben ın der DDR.’3 Nur interne und geheimgehaltene Richtlinien in Form von Befehlen und Statuten regelten die Zuständigkei-
ten des MfS. 7? Vor allem den »Informellen< kam die Aufgabe der flächendeckenden Überwachung aller Bevölkerungskreise zu. Im Mittelpunkt ihrer täglichen Arbeit stand weniger die Enttarnung (vermeintlicher) oppositioneller Kräfte, sondern 73 Vgl. Weber (1993), S. 30. Als Vorläuferorganisation des MfS wirkten die Politische Polizei - als Unterorganisation der Kriminalpolizei - und der von Erich Mielke geleitete »Ausschuß zum Schutz des Volkseigentums« bei der DWK. 74 Vgl. Clemens Vollnhals: Das Ministerium für Staatssicherheit, Ein Instrument totalitärer Herrschaftsausübung, in: Sozialgeschichte der DDR, hg. v. Hartmur Kaelble/Jürgen Kocka/Hartmut Zwahr, Stuttgart 1994, S. 499. Ebenso wie auf der Zentralebene gehörten die Leiter der MfS-Bezirks- und Kreisbehörden der SED an. 75 Wörtlich heißt es in der Verpflichtungserklärung: »Bei der Abgabe dieser Verpflichtung bin ich mir bewußt, daß das Ministerium für Staatssicherheit ein zuverlässiges und der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands treu ergebenes Organ des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik ist [..., und] ich verpflichte mich [...,] die Beschlüsse der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands [...] einzuhalten und mit schöpferischer Initiative durchzuführen« (Gill/Schröter,
1991, S. 28). Fast das gesamte Personal des MfS war Mitglied der SED. Vgl. Fricke (1992), S. 5-6. 76 Das einstimmig 1950 von der Volkskammer beschlossene Gesetz über die Bildung des MfS bestand aus zwei Paragraphen: Neben der Umwandlung der bislang dem Innenministerium unterstellten Hauptverwaltung zum Schutz der Volkswirtschaft in ein selbständiges Ministerium wurde das Inkrafttreten des Gesetzes am Tag seiner Verkündigung angeordnet. Vgl. Karl Wilhelm Fricke: Das Ministerium für Staatssicherheit als Herrschaftsinstrument der SED, in: Sozialismus und Kommunismus im Wandel, Hermann Weber zum 65. Geburtstag, hg. v. Klaus Schönhoven und Dietrich Staritz, Köln 1993, 5. 400.
77 Vgl. ausführlich zur Tätigkeit der inoffiziellen Mitarbeiter: Die Inoffiziellen Mitarbeiter, Richtlinien, Befehle, Direktiven, Reihe A: Dokumente, Nr. 1, Bd. I und II, hg. v. Bundesbeauftragten für
die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Abteilung Bildung und Forschung, Bonn 1992. Die älteste Richtlinie v. 20.09.1950 über die »Erfassung der geheimen Mitarbeiter, der Informatoren und der Personen, die konspirative Wohnungen unterhalten« (ebd., Bd. 1, S. 1), belegt, daß schon 1950 mit dem Aufbau eines flächendeckenden
Informationsnetzes begonnen wurde. 78 Neben den herkömmlichen Geheimdienstaufgaben wie Auslandsspionage, Funkaufklärung und Terrorabwehr war das MfS für die Sicherung der Staatsgrenze, für die Paß- und Zollkontrolle sowie für die
Aufsicht über die Grenztruppen verantwortlich. Im Mittelpunkt der Tätigkeit stand jedoch die Überwachung der DDR-Bevölkerung, erwa durch das Abhören des Telefonverkehrs und die Überprüfung aller personellen Entscheidungen in den Parteien, Organisationen und staatlichen Unternehmen. Vgl. Vollnhals (1994), S. 500.
79 Vgl. auch im folgenden: David Gill/Ulrich Schröter: Das Ministerium für Staatssicherheit, Anatomie des Mielke-Imperiums, Berlin 1991, S. 17-89; Karl Wilhelm Fricke: »Schild und Schwert der Partei«, Das Ministerium für Staatssicherheit - Herrschaftsinstrument der SED, in: Aus Politik und Zeitgeschichte B 21/1992, S. 3-10. 41
Auf dem Weg zum sozialistischen Mehrparteiensystem vielmehr die Informationsbeschaffung über Institutionen und Personen, die der »feindlichenMf% bzw. der Kurzbegriff >Staatssicherheit« oder die Bezeichnung »Ministerium für Staatssicherheit« benutzt werden. 82 Objektdienststellen waren MfS-Büros in einzelnen Großbetrieben (z.B. das Kernkraftwerk Greifs-
wald und die Technische Universität Dresden), die ihrer politischen Bedeutung nach den Kreisdienststellen gleichkamen. Vgl. Gill/Schröter (1991), S. 56. 83 Vgl. Wilfriede Otto: SED und MfS, Zur Rolle einer stalinistischen Grundstruktur (Manuskript), Berlin 1991, S. 5, zitiert nach: Fricke (1993), S. 413; Siegfried Suckut: Die Geschichte des Staatssicherheitsdienstes als Teil der DDR-Geschichte, in: Wann bricht schon mal ein Staat zusammen! Die
Debatte über die Stasi-Akten und die DDR-Geschichte auf dem 39. Historikertag 1992, hg. v. KlausDietmar Henke, München 1993, S. 60; Ministerium für Staatssicherheit, Aufbau und Arbeitsweise,
hg. v. der Kampfgruppe gegen Unmenschlichkeit, Berlin 1957, S. 11. Kurz vor Auflösung des MfS arbeiteten rund 100.000 hauptamtliche Mitarbeiter in der Behörde. Vgl. Suckut, 1993, S. 60. Die Zahl der informellen Mitarbeiter (IM) wird in der Literatur sehr unterschiedlich angegeben: Suckut (1993, S. 61) geht von ca. 109.000 Inoffiziellen aus, und Gil/Schröter (1991, S. 96), halten es für »wahrscheinlich, daß ihre Zahl wesentlich höher war«. 84 Vgl. Weber (Hig., 1982), S. 4849. 42
Die Liberaldemokraten von 1945 bis 1950/51
stische Umgestaltung« bezeichnet — wer diese befürwortete, galt als »fortschrittlich; wer sie ablehnte, war ein »AntidemokratWendeallgemeinen Monatsberichten« forderte die SED darüber hinaus Statistiken und »Sonderberichte< über herausragende Ereignisse an, die telefonısch oder per Kurier übermittelt werden mußten - so beispielsweise zur Staatsgründung am
7. Oktober 1949 oder zu den Volkskammerwahlen.?
3.2
Der SED-Sektor »Befreundete Organisationen«
Der entscheidende Durchbruch zu einer »gläsernen LDPD« gelang der SED am 15. Januar 1952 mit dem Politbüro-Beschluß über die Konstituierung der » AbteiJung Leitende Organe der Partei und Massenorganisationen beim ZK der SED«'°. Mit Hilfe dieser Einheit, die auf Zentral-, Landes- und Kreisebene tätig wurde,
baute die SED ihr Informationssystem weiter aus und verschaffte sich zugleich auch direkten Einfluß auf die übrigen Parteien. Die SED begründete die Etablierung dieser neuen Organisationsform mit dem aus ihrer Sicht erforderlichen »Kampf um Frieden und um die Einheit Deutschlands«!". 6 Ebd., Schreiben v. 12.08.1946.
7SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/5/31, Richtlinien über Abfassung, Absendung und Auswertung von Berichten, 23.07.1948. 8 SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/15, Abteilung Werbung, Presse, Rundfunk, Schreiben v. 26.04.1948
an Otto Grotewohl, Die Lage in den bürgerlichen Parteien. 9 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/5/31, Richtlinien über Abfassung, Absendung und Auswertung von Berichten, 23.07.1948. 10 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/5/19, Beschluß des Politbüros v. 15.01.1952. Die Abteilung ging aus
der ehemaligen SED-Gliederung »Staatliche Verwaltung« hervor. 11 Ebd.
60
Der SED-Sektor »Befreundete Organisationen Die neugegründete Abteilung gliederte sich in die Sektoren »Leitende Partei-
kader«, »Gewerkschaft«, »Jugends, >Sport< und »Befreundete Organisationen«. Zur Arbeitsweise der Sparte »Befreundete Organisationen«, der ZK- und Politbüromitglied Hermann Matern vorstand, hieß es in dem Beschluß: »Der Sektor beschäftigt sich mit den Problemen der ideologischen, politischen, organisatorischen Arbeit der Blockparteien.«'!? Sowohl auf Zentral- als auch auf Bezirksebene'? arbeiteten jeweils ein Leiter und vier Instrukteure, die ständige Verbindung zu den Leitungsgremien der Block-
parteien hielten. !* In unregelmäßigen Zeitabständen, die zwischen wenigen Tagen und einigen Wochen betrugen, trafen sıch die SED-Funktionäre mıt einzelnen Vertretern der Führungen aus den anderen Parteien. Bei den Liberaldemokraten
wurde die SED besonders häufig — manchmal täglich - vom Parteivorsitzenden Hans Loch, dessen persönlichen Referenten Harald Werchmann und vom Generalsekretär Herbert Täschner — nach dessen Ausscheiden (1954) von seinem Nachfolger Manfred Gerlach - informiert. '5 Es spricht für die professionelle
Führung dieses SED-Sektors, daß es gelang, den Vorsitzenden Loch und seinen Referenten Werthmann gegeneinander auszuspielen, ohne daß der eine von der
Kollaboration des anderen wußte. !® Werthmann, den das MfS sehr treffend als intrigant, opportunistisch, gefühlskalt und skrupellos charakterisierte!?, hielt die intensivsten Verbindungen zur SED und berichtete über das gesamte Parteileben, angefangen von den Lehrmethoden an der Parteischule und den Referatsinhalten der Zentralvorstandsmitglieder bis
hin zu den Ausschlußverfahren der Zentralen Überprüfungskommission. ' Die Gewährsmänner bewerteten die politische Tätigkeit und die Einstellung der übrıgen Vorstandsmitglieder zur Politik der SED, gaben personelle Vorschläge
für die Jahreshauptversammlungen und charakterisierten neue Führungskräfte. Neben den internen Arbeitsplänen und den neuen Statuten wurden der Abteilung auch Referatsentwürfe für Konferenzen und Vorstandssitzungen vorgelegt. Dies reichte ın Einzelfällen sogar soweit, daß Werthmann der SED die geplante Rede
12 Ebd. 1955 wurde der Sektor »Befreundete Organisationen aus der Abteilung >Leitende Organe der Partei und Massenorganisationen« ausgegliedert und (direkt) Hermann Matern unterstellt. Vgl.
13 14
15 16
SAPMO/ZPA DY 30/] IV 2/3/460, Protokoll Nr. 11/55 der Sitzung des Sekretariats des ZK v. 11.03.1955. Inhaltliche Änderungen in der Arbeit des »Sektors« waren damit nicht verbunden. Im folgenden soll durchgehend von der Situation nach der Verwaltungsreform ausgegangen werden: Anstelle der Länder übernahmen die Bezirke die Aufgaben im Zusammenhang mit der Abteilung Leitende Organe der Partei und Massenorganisationen« und dem Sektor »Befreundete Organisationen«. Vel. im folgenden: SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/2 und SAPMO/ZPA DY 30/IV 23/15/73. Auf Bezirksebene führte die SED monatlich Besprechungen mit den Führungen von CDU, LDPD, DBD und NDPD. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/3, Entwurf für einen Bericht über die Arbeit der anderen Parteien, 0. J. [08/1952]. Vgl. exemplarisch für die Arbeit auf der Bezirksebene: ThSTA Meg,, BPA SED Suhl, IV 2/15/1389; ThSTA, BPA SED Suhl, IV 2/15/1316. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/2 und SAPMO/ZPA DY 30/IV 27/15/73. Vgl. ebd.
17 Vgl. BStU MfS AP 14321/92, Bl. 13-16, Suchzertel über Harald Werthmann, 02.04.1954, betr. Anwer-
bung. Nach dem aus den Akten (ADL/LDPD; SAPMO/ZPA) gewonnenen Eindruck erscheint Werthmann als rücksichtsloser Karrierist, der sich stets bemühte, seine Parteikollegen zu denunzieren. 18 Vgl. exemplarisch SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/78. 61
Interne Verbindungen der SED zur LDPD
seines Vorgesetzten und Parteivorsitzenden Loch vorlegte, die dieser auf dem LDPD-Kreisparteitag in Leipzig halten wollte.” Im Alltag nahmen die Instrukteure entweder noch unmittelbar während der Gespräche ihre (politischen) Korrekturen vor oder verwiesen die Vorlagen zur
Neufassung zurück. In den Gesprächen?® teilte die SED den Liberaldemokraten ihre personellen und organisatorischen Anweisungen mit, die sich meist auf anstehende Parteitage?', auf Auswechslungen in den Vorständen?? bezogen. In Spannungszeiten wie bei dem Bau der Mauer am 13. August 1961 wurden die liberaldemokratischen Funktionäre täglich mehrfach einbestellt, damit sie ihre
Anweisungen entgegennehmen konnten.? Wie groß die Unselbständigkeit der LDPD war, zeigte sich beispielsweise darin, daß um die Erlaubnis für parteiinterne Konferenzen und für den Besuch des FDPParteitages ın Oldenburg am 25. Februar 1955 ebenso nachgesucht wurde wie um
die Terminierung der Jahreshauptversammlungen.?* Nahezu absurd mutete die Frage des Parteivorsitzenden Loch ım Dezember 1954 an, ob er zu Weihnach-
ten den Besuch seines Bruders und seiner Schwägerin aus der Bundesrepublik empfangen dürfe. Die Aufgaben des Sektors: beschränkten sich jedoch nicht nur auf die Kontaktpflege mit den Funktionären in den anderen Parteien. Die Kontrollmechanismen
wurden auch auf die unteren Parteigliederungen ausgedehnt. Die SED-Instrukteure ermittelten in mehrwöchigen Eıinsatzfahrten die politische Stimmung und die organisatorische Arbeit ın spezifisch ausgewählten Parteiverbänden.?° Dabeı fuhr das Einsatzkommando vor allem in jene Einheiten, bei denen der Verdacht der oppositionellen Arbeit bestand. Gegebenenfalls unterbreiteten die Mitarbeiter des
>Sektors< ihrer SED-Zentrale Empfehlungen für personelle Umbesetzungen oder führten diese bei einem entsprechendem Auftrag selbst herbei. Arbeitsinformationen erhielten die Instrukteure sowohl von den Grundeinheiten der SED und dem Ministerium für Staatssicherheit als auch von den kontrollierten Gliederungen 19 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/73, Notiz über eine Besprechung zwischen Harald Werthmann und dem Sektor Befreundete Organisationen v. 12.02.1953. 20 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/2 und SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/73. 21 Vgl. ausführlich zu den Einflußnahmen des SED-Sektors auf den 5. Parteitag der LDPD in Kap. 6.3 dieser Arbeit. 22 Vgl. Kap. 6.3 und 9.3 dieser Arbeit. 23 Vgl. Kap. 12.3 dieser Arbeit. 24 Vgl. die zahlreichen Notizen der Abteilung Leitende Organe der Parteien und Massenorganisationen (ALOPM), in: SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/1572. 25 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/TV 2/15/2, Schreiben der ALOPM an Hermann Matern v. 03.12.1954. 26 Vgl. auch im folgenden: SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/4 und SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/5 und SAPMO/ZPA DY 30/IV 27/15/73, Berichte über die Instrukteureinsätze der ALOPM, Sektor Befreundete Organisationen, 1952/53; SAPMO/ZPA
DY 30/IV 2/15/3, Entwurf für einen Bericht
über die Arbeit der anderen Parteien, 0. ]. [08/1952]; SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/14, Künftige Aufgaben des Sektors Befreundete Organisationen, Grundsätze des Demokratischen Blocks, 12.05.1952.
Bei den Inspektionsfahrten überprüften die Instrukteure auch die Bezirks- bzw. Kreisleitungen ihrer eigenen Partei. Sie kontrollierten dabei insbesondere, ob die SED-Kreisleitungen den von ihrer Zentrale gewünschten Kontakt zu den anderen Parteien besaßen. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/1575. Bericht über die Arbeitstagung der BL Potsdam mit den mitverantwortlichen Instrukteuren für Befreundete Organisationen der KL v. 07.03.1955; ebd., Bericht über den Instrukteureinsatz im Kreis
Herzberg in der Zeit v. 25.01.1954 bis 06.02.1954. 62
Der SED-Sektor »Befreundete Organisationen« selbst, bei denen sıe Einsicht ın die Personalakten nahmen, sıch mit den Funk-
tionären besprachen und einzelne Mitglieder regelrecht verhörten. Die SED ließ sich umfassend über die politischen Einstellungen und beruflichen Werdegänge der LDPD-Politiker bis hin zu ihren Verwandtschaftsverhältnissen und etwaigen Alkoholproblemen informieren.?” Auf diese Weise konnten alle Funktionäre ın
den innerparteilichen Vorständen, im Staatsapparat, in den Volksvertretungen und in den Massenorganısationen - die von der SED als Kader bezeichneten Mitglieder -, politisch und charakterlich klassifiziert werden. Nur ein Jahr nach dem Polıtbüro-Beschluß intensivierte die SED ım Februar
1953 ıhre Kontrolle über die LDPD. Sie verpflichtete ihre Kreisleitungen, künftig regelmäßig Besprechungen mit kooperationswilligen Kräften aus den Reihen der anderen Parteien zu führen.?® Hierfür eigneten sich aus Sicht der SED ın erster Linie die Kreisvorsitzenden und -sekretäre, aber auch einfache Mitglieder,
sofern sich die Vorstände ılloyal verhielten.?? Zugleich bevollmächtigte die SED ihre Kreisleitungen, mehr Einfluß auf die Parteitage der LDPD auszuüben und eigenständig personelle Umbesetzungen vorzunehmen. ?° Hintergrund dieser ver-
schärften Überwachung war die aus Sicht der SED politisch desolate Lage in den anderen Parteien.?!
27 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/72,1, Sektor Befreundete Organisationen, 13.03.1961, Einschät-
zung des Apparates des Zentralvorstandes der LDPD. 28 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV] 2/2/260, Sitzung des Politbüros des ZK v. 03.02.1953, Beschluß zur Durchführung der Blockarbeit; SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/4, Erläuterung des ZK-Beschlusses v. 03.02.1953. Vgl. auch ThSTA Meg., BPA SED Suhl, IV 2/15/1299, BL Suhl, Schreiben der Abt.
Staatliche Organe v. 24.03.1953, betr. Maßnahmen zur Verbesserung der Blockarbeit, Beschluß des Politbüros v. 03.02.1953; ThSTA Rud., BPA SED Gera, IV 2/15/1221, BL Gera, Aufgabenstellung
der verantwortlichen Instrukteure für das Aufgabengebiet Befreundete Organisationen, Arbeitsbesprechung v. 23.04.1953 mit den veranrwortlichen Instrukteuren aus den Kreisen. Vgl. auch SäSTA Leip., BPA SED Leipzig, IV 2/15/653 ff., Verbindungen der SED-BL zu den Blockparteien. Vgl. exemplarisch die Kontakte der SED-KL Eilenburg zur LDPD: SäSTA Leip., BPA SED-Leipzig, IV 4/06/228 ff., KL Eilenburg. 29 Der Beschluß des Politbüros wurde umgesetzt, und die SED zeigte sich künftig mit der Einflußnahme ihrer Kreisleitungen auf die Politik der LDPD zufriedener als bisher. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/15/18, Auswertung der 29. Tagung des ZK und der Beratung mit den 1. Kreissekretären, 05.12.1956. Vgl. die zahlreichen Berichte der SED-Bezirksleitungen über die Lage in den Blockparteien: SAPMO/ZPA
DY 30/[V 2/15/18; SÄHSTA Dres., BPA SED Dresden, IV 2/15/004,
Einschätzung der Lage in den einzelnen Parteien, November 1953 - Dezember 1959; SAHSTA Dres., BPA SED, IV 2/15/004, IV 2/15/006, Berichte über die Arbeit der NDPD
und LDPD im Bezirk
Dresden, 1953-1960. Vgl. auch die Beurteilungen der SED-Bezirksleitungen über die LDPD-Funktionäre: ThSTA Rud., BPA SED Gera, IV 2/15/1227-1228, BL Gera; ThSTA Meg., BPA SED Suhl,
IV 2/15/1389, ThSTA Meg., BPA SED Suhl, IV 2/15/1309. Vgl. exemplarisch 'ThSTA Meg., BPA SED Suhl, IV 2/15/1299, BL Suhl, Schreiben der KL Hildburghausen v. 07.10.1953 an die BL Suhl,
betr. Einschätzung der Kreisvorstände der einzelnen Blockparteien, Bl. 3-4; ThSTA Meg., BPA SED Suhl, TV 2/15/1382, BL Suhl, Bericht über die Lage in der LDPD in Suhl v. 11.05.1955.
30 Die SED-Bezirksleitungen berichteten in der Folgezeit von personellen Wechseln bei den Liberaldemokraten, die ausschließlich aufgrund des Eingreifens der SED-Kreisleitungen vollzogen wurden. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/5/21, Berichterstattung über die Lage in den anderen Parteien, BV Neubrandenburg v. 30.12.1954. Vgl. auch ThSTA Meg., BPA SED Suhl, IV 2/15/1382, BL Suhl, [Einschätzungen der Kreis- und Bezirksparteitage der Blockparteien]. 31 Vgl. Kap. 4.5 und 4.6 dieser Arbeit. Vgl. zur Situation bei der CDU zu Anfang des Jahres 1953: Haupts (1992), S. 383-388.
63
Interne Verbindungen der SED zur LDPD
Angesichts ihres umfassenden Einflusses auf die (personellen) Strukturen der Liberaldemokraten sah die SED die Gefahr,
»daß durch plumpes Auftreten unserer Genossen feindlichen Kräften dieser Parteien [CDU, LDPD] Unterstützung für ıhre gegnerischen Argumente gegeben wird.«?2 Deshalb verlangte der »Sektor< von seinen Verbänden einen behutsamen Umgang mit den bürgerlichen Parteien, um auf diese Weise den Führungsanspruch der
SED wirkungsvoll durchzusetzen. Keineswegs befürwortete die SED beispielsweise den Vorfall aus Schwerin, wo der zuständige SED-Kreissekretär dıe Vertreter der übrigen Parteien ın sein Büro einbestellte und ihnen in militärischer Ausdrucksform mitteilte, daß seın Büro künftig das »Hauptquartier bildet und [die] Vorsitzenden der LDP und CDU die Offiziere«?? darstellen.
Die SED wollte taktisch geschickt an möglichst viele parteiinterne Informationen gelangen und versuchte so die Kontakte zu den anderen Parteien zu optimieren. Auf Bezirksebene trafen sich regelmäßig die SED-Instrukteure mit Vertretern des ZK und tauschten ihre Erfahrungen aus. Großen Anklang fand dabei die Schilderung einer Instrukteurin aus Halle: »Wir haben folgende Methode bei Aussprachen und Zusammenkünften mit Vertretern der kleinbürgerlich-demokratischen Parteien angewandt: Wir
haben ıhnen etwas vorgesetzt, 1 Gläschen Schnaps, damit wollten wir sıe natürlich nıcht betrunken machen, aber es löste im gewissen Sinne die Zunge doch und hat sich bewährt. - Wir stellten dabei keine Tagesordnung auf. Wir
haben um Aufklärung gebeten, was es bei ihnen Neues gibt, alle Büromitglieder haben daran teilgenommen. Wir führen also persönliche Besprechungen durch, dadurch hören wir Meinungen, die sie sonst im Block oder bei Tagun-
gen nicht zum Ausdruck bringen.«°* Ein Potsdamer Parteikollege ergänzte die Ausführungen mit einer ähnlichen Anregung:
»Man muß sie [die anderen Parteien] aus ihrer Reserviertheit herauslocken. Man sollte Aussprachen mit dem Vorsitzenden, mit vielleicht einem Glas Wein und Zigaretten, führen. So haben wir es gemacht, und es war eine sehr
gelockerte Aussprache.«”
32 SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/14, Sektor Befreundete Organisationen: Überblick über die Lage in den einzelnen Parteien, o.J. [07/1953], Bl. 4. 33 Ebd.
34 SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/4, Auszüge aus Diskussionsreden der Arbeitstagung des Sektors Befreundeter Organisationen beim ZK v. 03.10.1956, Ausführungen der Genossin Köttig, Halle,
Bl. 35 SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/4, Auszüge aus Diskussionsreden der Arbeitstagung des Sektors Befreunderer Organisationen beim ZK v. 03.10.1956, Ausführungen des Genossen Bold, Potsdam,
Bl. 2. 64
Stimmungsberichte und Analysen über die LDPD
3.3
Stimmungsberichte und Analysen über die LDPD: Versuch der quellenkritischen Einordnung
Mit Hilfe ihrer Kontroll- und Einflußmechanismen war die SED ständig über die innerparteilichen Vorgänge in der LDPD informiert. Zusätzlich zu den eigenen Recherchen standen ihr aber auch jene Aufzeichnungen zur Verfügung, die die Liberaldemokraten über sich selbst erstellten. Die parteieigenen Recherchen
nahmen ın den fünfziger Jahren ein immer größeres Ausmaß an und lieferten der SED Hinweise auf politische Strömungen und ihre Veränderungen. Ab August 1952 verlangte die liberaldemokratische Zentrale von ihren Ortsgruppen, Kreis- und Bezirksverbänden das monatliche Ausfüllen umfangreicher
Berichtsbögen. ?° Diese wurden umgehend an die SED?’ und an das Mfs?® weitergeleitet. Darin finden sich Statistiken mit Angaben über die alters- und berufsmäRige Zusammensetzung der Partei sowie über die ständige Mitgliederbewegung. Außerdem wurde über die Mitarbeit der jeweiligen Parteieinheit im »Block«, ın der Nationalen Front, ın der Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft (DSF) und in den kommunalen Behörden berichtet.
Diese sehr formal gehaltenen Tätigkeitsmeldungen bieten wenig Aufschluß über das Parteileben ın den untersten liberaldemokratischen Verbänden.” Daneben wurden aber auch detaillierte »Arbeitsberichte« # verfaßt, die Hinweise auf
Grundströmungen in der Partei enthalten. Jeder Kreissekretär war verpflichtet,
die Sorgen, Nöte und Hoffnungen der Mitglieder sowie die Stimmung in seinem Verband zur aktuellen Politik der SED und der LDPD-Führung niederzuschreiben. Aus diesen Aufzeichnungen erstellten der zuständige Bezirksverband und anschließend die Ostberliner LDPD-Zentrale jeden Monat eine Gesamtanalyse
über den politischen und organisatorischen Zustand der Partei. *' Diese Einschätzungen vermitteln einen anschaulichen Eindruck über die Liberaldemokraten, wenngleich der Quellenwert der Dokumente nicht zu hoch veranschlagt werden darf. Wiederholt kritisierte die liberaldemokratische Parteileitung 36 Grundlage für das Anfertigen dieser Berichte war die Anleitung zum Ausfüllen des Berichtsbogens«. Vgl. ADL/LDPD, 21708, »Parteileitung: Anleitung zum Ausfüllen des Berichtsbogens A« für den BV Leipzig. 37 Vgl. die Bestände in SAPMO/ZPA, Sektor Befreundete Organisationen. 38 Insbesondere Kurt Wünsche, der seit 1954 gemeinsam mit Manfred Gerlach denı zentralen Sekretariat vorstand und später stellvertretender Parteivorsitzender sowie Justizminister der DDR wurde, belieferte das MfS regelmäßig mit Interna aus der LDPD. Vgl. BStU MfS AIM
12982/63 P; BStU
MfS AIM 12982/63 A, Bd. 1-3. Vgl. dazu ausführlicher Kap. 8.2 dieser Arbeit. 39 In der Regel wurde aufgelistet, wann welche Parteizusammenkunft stattfand und wie die Tagesordnung aussah. Vgl. exemplarisch ADL/LDPD, 23489, BV Potsdam, Arbeitsberichte und Analysen des BV Potsdam; ADL/LDPD, 20027, Analyse der Arbeit der Partei im Monat August 1953 auf der Grundlage der Berichte der Bezirksverbände; ADL/LDPD, 21708, BV Leipzig. 40 Vgl. ADL/LDPD, 23489, BV Potsdam, Arbeitsberichte und Analysen des BV Potsdam, September 1952; ADL/LDPD, 21708, Stiimmungsbericht BV Leipzig, September 1952.
41 Der Aktenbestand an Analysen der Bezirksverbände für die fünfziger Jahre ist im ADL/LDPD unüberschaubar groß. Vgl. beispielsweise ADL/LDPD, 20072, 20027, 21708. 23489. Vgl. exempla-
risch zu den Gesamtanalysen der Parteiführung: ADL/LDPD, 20027. Vgl. auch die zahlreichen Analysen zur Lage in der Partei nach dem 17. Juni 1953: ADL/LDPD, 2111. 65
Interne Verbindungen der SED zur LDPD die »Schönfärberei«* ın den »Hofberichten«* und forderte die Kreisverbände auf, »die Situation real einzuschätzen«**, »negative Erscheinungen« # aufzuführen
und die Zurückhaltung bei der namentlichen Auflistung oppositioneller Mitglieder aufzugeben#. Stets ging die LDPD-Spitze davon aus, daß sich die Stimmung in den Verbänden schlechter darstellte als es die schriftlichen Aufzeichnungen
suggerierten. Der Vorsitzende Loch mahnte seine Bezirkssekretäre: »Sie können sıch darauf verlassen, daß wir diese Berichte an der Basıs über-
prüfen werden. Nicht umsonst habe ıch den Parteifreund abberufen, nıcht umsonst ist Parteifreund [xy]? versetzt worden.«*°
Die Befürchtungen der Parteileitung waren nicht unbegründet und müssen bei der Auswertung der Aufzeichnungen berücksichtigt werden. Hintergrund sind
die sehr unterschiedlichen Intentionen der Verfasser, in der Regel die Kreis- und Bezirkssekretäre: Schickte der Beauftragte seiner übergeordneten Leitung allgemeingehaltene Ausführungen, ohne die Kritiker zu benennen, wurde er rasch der geschönten und gefälschten Berichterstattung verdächtigt. Nur allzu oft mochte die LDPD-Parteileitung den zustimmenden Resonanzen, die von ihren Sekretären gemeldet wurden, nicht trauen: »Wir haben schon oft darauf hingewiesen, daß es gerade in den Bezirksvor-
ständen wichtig ist, die Situation real einzuschätzen. Aber nicht nur der Vorsitzende des Bezirksvorstandes Potsdam, sondern eine Reihe leitender
Parteibeauftragter in den Bezirksvorständen schätzten die Stimmung und Meinungsbildung in ihren Verbänden nach dem 13. August [1961] zu positiv ein. Man konnte doch nicht sagen, daß die Mehrheit der Parteifreunde voll
hinter den Maßnahmen unserer Regierung steht.«* Schilderte der Parteiangestellte dagegen die Stimmung sehr negativ, so wie es möglicherweise seinem Eindruck entsprach, und listete Oppositionelle auf°®, erschien er bei seinen Mitgliedern als Denunziant. Zugleich galt er bei der Ostberliner Zentrale als »Miesmacher«, dem es nicht gelang, die Mitglieder vom
Kurs der
Regierung bzw. der LDPD-Spitze zu überzeugen’°!. 42 Vgl. ADL/LDPD, 20019, Sitzung des PA-ZV v. 15.09.1953, Ausführungen von Herbert Täschner, Bl. 1/38.
43 ADL/LDPD, 2898, Sitzung der Bezirkssekretäre v. 15.01.1954, Ausführungen von Hans Loch, Bl. 10/2. 44 ADL/LDPD, 19992, Sitzung des ZV v. 26.09.1961, Ausführungen von Manfred Gerlach, Bl. 46. 45 ADL/LDPD, 20019, Sitzung des PA-ZV v. 09.02.1954, Ausführungen von Johannes Dieckmann, Bl. 3/1. 46 Ebd., Ausführungen von Hans Loch und Johannes Dieckmann, Bl. 8/1.
47 Aus Gründen der Persönlichkeitsrechte soll die Identität der »einfachen« Mitglieder geschützt bleiben. 48 ADL/LDPD, Protokoll über die Besprechung der Bezirkssekretäre am 15.01.1954, Ausführungen von Hans Loch, Bl. 10/3. 49 ADL/LDPD, 19992, Sitzung des ZV v. 26.09.1961, Ausführungen von Manfred Gerlach, Bl. 46. 50 Die Bezirksvorsitzende in Halle, Gertrud Sasse, nannte in den Sitzungen des ZV und des PA-ZV
häufig >reaktionäre« Mitglieder namentlich und versuchte dadurch, »wahrheitsgetreu< zu berichten. Vgl. beispielsweise ADL/LDPD, 20019, Sitzung des PA-ZV v. 09.02.1954, Ausführungen von Gertrud Sasse. Innerparteilich wurde Sasse auch als »Rote Nelke« tituliert und war als Denunziantin gefürchtet. 51 Der Rostocker Bezirksvorsitzende Harry John wurde 1953 für die »feindlichen« Diskussionen in der
Ortsgruppe Schönberg, BV Rostock, verantwortlich gemacht. Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/IV 2/15/73, 66
Stimmungsberichte und Analysen über die LDPD Die Qualität der heute zur Verfügung stehenden Informationen litt von Anfang an unter den sehr subjektiven und der zum Teil bewußt verfälschten Wiedergabe der Situation vor Ort. Dementsprechend schätzte die LDPD-Spitze drei Jahre
nach Einführung des Berichtssystems den Wert so gering ein, daß sie auf weıtere Analysen dieser Art verzichtete.?? Statt dessen beauftragte sie ab 1955 ihre Bezirks- und Kreissekretäre, zu jeweils vorgegebenen Detailfragen die Stellung-
nahmen der Mitglieder einzuholen.?? Thematisch standen innen- und außenpolitische Ereignisse wie die Noten der Sowjetunion über die Berlin-Frage oder
die Kollektivierung der Landwirtschaft im Vordergrund. Im Gegensatz zu den bisherigen Berichten wurden von nun an monatlich oder gar wöchentlich Zitate einzelner Mitglieder aneinandergereiht und als »Situationsbericht« an die Zentrale geschickt. Doch dieser Weg aus der Anonymität heraus führte dazu, daß die Meldungen
ım Gegensatz zu den bisher üblichen Analysen noch »frisierter< und weniger aussagekräftig wirkten. Sie lassen deshalb nur schwer Rückschlüsse auf den Zustand in der Partei zu. Kaum ein Bürger konnte es sıch politisch, beruflich und gesellschaftlich leisten, Kritik zu äußern, die zudem noch offiziell über den Parteiweg nach Ostberlin und damit auch zur SED und zum MfS gelangten. Angesichts die-
ser ın der Mitgliedschaft stets vermuteten Verbindungswege verwundert es nıcht, daß beispielsweise der Kreisvorsitzende von Zwickau-Land, Hein, nur »positive< Berichte über die Meinungsbildung in seinem Verband übermitteln wollte. °* Parallel zu den oben beschriebenen Analysen und »Situationsberichten« for-
derte die Parteiführung bei herausragenden Ereignissen sogenannte >»SonderberıchteSektor< eingegangenen Hinweise aus und verfaßte mehrmals jährlich den »Bericht über die Lage in den anderen Parteien«°*, der
dem Politbüro® bzw. dem Sekretariat‘ vorgelegt wurde. Durch das Gegenüberstellen und Auswerten der unterschiedlichen Analysen zu inhaltlich verwandten oder gleichen Fragestellungen ist es möglich, innerparteiliche Strömungen und politische Stimmungen bei den Liberaldemokraten zu erfassen. Auf diese Weise lassen sich Fehlbewertungen qualitativ und quantıtativ
minimieren. Im Kontext der nachfolgenden Untersuchung über die Parteientwicklung und -strukturen muß die Existenz des mehrschichtigen (LDPD- und) SED-Systems der Informationsbeschaffung, des Anweisens und des Eingreifens mitbedacht werden. Nur so lassen sich (scheinbar) eigenständige Entscheidungen
der LDPD-Spitze inhaltlich einordnen.
64 Vgl. SAPMO/ZPA DY 30/1V 2/15/3, Bericht über die Lage in den anderen Parteien nach der Il. Parteikonferenz, 16.08.1952.
65 Vgl. beispielsweise SAPMO/ZPA DY 30/] IV 2/2/260, Sitzung des Politbüros des ZK der SED v. 03.02.1953, betr. Blockarbeit.
66 Vgl. beispielsweise SAPMO/ZPA DY 30/] IV 2/3/358, Sekretariat des ZK der SED v. 29.01.1953, Bericht über die Lage in den anderen Parteien. 69
Kapitel 4
Die sozialistische Metamorphose der LDPD im Gefolge der 2. Parteikonferenz der SED 4.1
Voraussetzungen
Nach der Anpassung der Liberaldemokraten an die von der sowjetischen Besatzungsmacht geschaffenen Strukturen markierte die 2. Parteikonferenz der SED den Beginn eines neuen Abschnittes in der DDR-Geschichte. Als Mitglied des Mehrparteiensystems! blieben auch die Liberaldemokraten von den Ereignissen
ım Juli 1952 nicht unberührt: Der personellen folgte nun die organisatorische Ausrichtung an die Prämissen und Ziele der SED.
Die SED-Konferenz und die mit ihr verbundene »Proklamation des Sozialısmus< resultierte vor allem aus der veränderten Außenpolitik Stalins. Die bislang zweigleisige Politik - Übertragung des sowjetischen Gesellschaftssystems auf die
DDR und Offenhalten der Option eines geeinten und von Moskau beeinflußten Deutschlands - wich in Folge des »Kalten Krieges