Die Kriegführung im Frühjahr 1917

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Die Kriegführung im Frühjahr 1917

Table of contents :
Die Kriegsführung im Frühjahr 1917
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Einführung zum zwölften Band.
Inhaltsverzeichnis.
Beilagen.
Abkürzungen.
I. Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.
A. Grundgedanken der künftigen Kriegführung.
B. Vorbereitung der Abwehr.
1. Ausbau der Rüstung.
a) Vermehrung und Gliederung des Heeres.
Die Divisionen.
Armeegruppen und Heeresreserven.
Die Luftstreitkräfte.
Schwierigkeiten der Ersatzlage und ihre Folgen.
b) Bewaffnung und Ausrüstung.
Weiterentwicklung des Gerätes.
[Tabelle]: Vergleichsangaben: [Geschütze]
Vermehrung des Gerätes.
[Tabelle]: Monatl. Rohstal-Erzeugung von August 1916 bis April 1917 in 1000 Tonnen (nach Stellwaag, Die deutsche Eisenbahnwirtschaft während des Krieges):
[Tabelle]: Es wurden geliefert: Munitionszüge für
2. Entwicklung der Abwehr im Stellungskrieg.
a) Der Stand der Abwehr Ende August 1916.
Stellungsbau.
Infanterie.
Artillerie.
Luftstreitkräfte.
b) Erste Weisungen der Dritten Obersten Heeresleitung.
Die Verfügung vom 25. September.
Verschiedene Ansichten über Aufgaben und Unterstellung der schweren Artillerie.
c) Vorschriften für die Abwehrschlacht vom Winter 1916/17.
Stellungsbau.
Die Infanterie-Division als Kampfeinheit.
Artillerie und Minenwerfer.
Das elastische Kampfverfahren.
Luftstreitkräfte.
Ergebnis.
3. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kampfkraft.
4. Ausbau rückwärtiger Stellungen.
C. Entwicklung der Gesamtlage.
1. Auffassung der Obersten Heeresleitung Anfang Februar.
2. Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges.
Anfang Februar. [General Ludendorff, Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht].
15. Februar. [General Ludendorff, Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht].
21. Februar.
22. bis 25 Februar. [General Kuhl, Charleville, General Ludendorff, Laon].
3. Neugliederung des Westheeres.
4. Auffassung der Obersten Heeresleitung Ende Februar.
22. bis 25. Februar [Roye - Amiens, General Ludendorff].
26. Februar. [General Ludendorff].
5. Auffassung der Obersten Heeresleitung im März.
4. bis 11. März. [Heeresleitung Kronprinz Rupprecht, Roye - Amiens, Ypern- und Wyschaete-Front, Somme-Front].
12. März.
13. bis 17. März. [Petersburg, Revolution].
18. März. [Wimy-Höhe, Arras - Cambrai, Somme-Front].
19. März. [Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht].
II. Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.
A. Gesamtlage beim Jahreswechsel 1916/17.
1. Möglichkeit eines deutschen Angriffs durch die Schweiz.
2. Mitwirkung Italiens - Konferenz in Rom.
3. Mitwirkung Rußlands - Konferenz in Petersburg.
4. Lage am Balkan und an den Fronten der Türkei.
5. Fragen des See- und Wirtschaftskrieges.
B. Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.
1. Der Plan des Generals Nivelle.
2. Die Frage des einheitlichen Oberbefehls.
a) Erste Konferenz in London am 15. Januar.
b) Konferenz in Calais am 26. Februar.
26. Februar.
27. Februar.
4. bis 10. März. [Feldmarschall Haig].
c) Zweite Konferenz in London am 12. und 13. März.
12. März. [Ribot, General Lyautey, Admiral Lacaze, Thomas, General Nivelle, Premierminister Lloyd George].
13. März. [Calais, Feldmarschall Haig, General Nivelle].
14. März.
3. Das Erkennen des deutschen Rückzuges auf die Siegfried-Stellung.
Herbst 1916.
Januar/ Februar 1917. [St. Quentin, Morcourt, Vendhuile, Bapauma - Cambrai, Bertincourt, Inchy].
22. Februar [St. Gobain, St. Quentin, Cambrai, Lille].
24. Februar. [General Nivelle, General Robertson]. 25. Februar. [Warlencourt, Miraumont, Le Transloy - Ligny-Thilloy - Bucquoy].
4. bis 7. März. [Laon, Arras, General Nivelle].
10. und 11. März. [Bailly - Anizy, General d'Espèrey]. 12. und 13. März. [Grévillers].
13. März. 15. März. 16. März.
III. Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.
A. Der Bau der Stellung
September 1916. [Arras, Cambrai, St. Quentin, Laon].
Oktober 1916.
November/ Dezember 1916.
Januar 1917. [Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht].
4. Februar. [Kaiser befahl Rückzug].
B. Die Alberich-Zeit.
Februar/März.
[Tabelle]: Verteilung der schweren und schwersten Flachfeuer-Batterien (15 cm-Bttrn. mit je 2, die übrigen mit je 1 Geschütz):
23. Februar. [Bapauma, Burcquoy, Le Transloy].
12. März.
14. März. [Le Transloy, Fresnes, Mons, Tournai, Solesmes, Marle, St. Quentin, Le Cateau].
C. Das Zurücknehmen der Front. 16. bis 19. März.
16. März.
Am ersten Marschtage, dem 16. März, standen auf der zurücknehmenden Front der 6., 1., 2. und 7. Armee zwischen Arras und Soissons 29. Divisionen.
17. März.
18. März. [6. u. 7. Armee, Siegried-Stellung].
19. März. [St. Quentin, Beaurains, Bapaume, Rocquigny, Templeur, Péronne].
D. Die Kämpfe vor der Siegfried-Stellung. 20. März bis Ende Juni.
16. März. [General Ludendorff].
20. bis 22. März. [Beaurains, Beaumetz, Arras, Bapaume, Cambrai, Aubigny, Ham, St. Quentin, Noreuil, Lagnicourt].
22. März. [25. Infanterie-Division, 47. Landwehr-Division, La Fére, Somme].
23. bis 31.
Ende März.
April. [Hénin - Doignies, Gouzeaucourt].
Mai. [Arras, Aisne, Champagne].
Juni. [Bapaume - Cambrai, Havrincourt, St.Quentin].
IV. Neue Lage für die Westmächte.
A. Veränderte Gesamtlage.
1. Der Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg.
Herbst 1914. [Woodrow Wilson].
Bis Herbst 1915.
Anfang 1916.
Frühjahr 1916.
Bis Herbst 1916. [Woodrow Wilson].
November 1916. Dezember. Januar 1917.
Februar.
März. April.
April/Mai.
2. Die Revolution in Rußland.
3. Besorgnisse Italiens.
20. März. [General Cadorna, Trentino, Isonzo].
28. März.
8. April. [General Foch, General Cadorna].
4. Auffassung bei den Westmächten, Regierungswechsel in Frankreich, Bedenken gegen das Nivellesche Angriffsverfahren.
B. Der Einfluß der Siegfried-Bewegung.
1. Anpassung an die veränderte Lage.
16 März. [General Nivelle, Hindenburg-Linie, General Micheler, 5. und 6. Armee, Reims, Soissons, Laon, La Fère, General Franchet d'Esperey, 1. und 3. Armee, Amiens-Roye]
18. März. [Feldmarschall Haig, General Nivelle].
21. März. [General Micheler]
27. März. [General Nivelle, Feldmarschall Haig]. 31. März. 1. April. [General Michelers].
4. April. [General Nivelle, Compiègne].
6. April. [Poincaré, Compiègne].
2. Die Heere der Westmächte bei Beginn der Offensive.
a) Die Streitkräfte und ihre Vorbereitung für den Angriff.
Das Französische Herr.
Das Englische Heer.
b) Gliederung der Gesamtfront am 9. April.
Französisches Herr.
Englisches Heer. Belgische Armee.
V. Die Schlacht bei Arras.
A. Die Vorbereitungen für die Abwehr.
1. Bis zum Siegfried-Rückzug.
Bis Februar 1917. [Arras, Loretto-Höhe, Souchez].
12. Februar. [Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht].
1. März. [Vimy-Höhen, Arras, St. Pol, Lens, Generaloberst von Falkenhausen]. 16. März. [Siegfried-Rückzug, 1. Armee, Tilloy-Ficheux, Bullecourt].
18. März. [Siegfried-Bewegung].
20. März. [St. Martin, Gruppe Souchez, Arras und Vimy].
[Tabelle]: Gliederung der 6. Armee am 20. März:
22. März. [Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, La Bassée].
2. Nach dem Siegfried-Rückzug.
23. bis 27. März. [Angres, Souchez, Neuville, Vitasse].
29. März. [1. u. 6. Armee, La Basée].
30. März. [Loos, Neuville, Vitasse].
31. März. [Vimy-Höhen, Loos, St. Martin].
1. April.
2. bis 5. April.
3. Die letzten Tage vor dem Angriff
5. bis 8. April.
7. April.
6. bis 8. April.
B. Der englische Angriffsplan.
Bis Mitte März. [Feldmarschall Haig, 3. Armee, Arras, Neuville, Vitasse].
23. März. [Feldmarschall Haig, Scarpe, Quéant, Vimy-Höhen].
Anfang April. [General Nivelle, Cambrai, Douai, Lens-La Bassée].
An Truppen waren für den Angriff bestimmt:
C. Die Schlacht vom 9. bis 13. April.
1. Der englische Großangriff am 9. April.
a) Die deutschen Truppen der Abwehrfront.
7. und 8. April. [General von Kuhl, 6. Armee].
9. April.
[Tabelle]: Am Morgen des 9. April standen in dem vom englischen Angriff bedrohten Raume südlich des La Bassée-Kanals:
b) Die Ereignisse bis 11.00 vormittags.
c) Die Kämpfe am Mittag und Nachmittag.
An den Vimy-Höhen.
Bei Arras.
d) Maßnahmen der höheren Führung.
2. Fortgang der Kämpfe bis zum 13. April.
a) Der 10. April.
b) Der 11. April.
c) Der 12. und 13. April.
3. Bisherige Absichten und Maßnahmen des Gegeners.
4. Umfang und Ursachen des Mißerfolges.
D. Die englischen Großangriffe Ende April und Anfang Mai.
1. Abflauen der englischen Angriffe und Kampfpause bis 22. April.
13. April. [Engländer, Vis-en Artois, VII u. VI. Korps, Chérisy-St. Rohart-Bois du Sart, Sensée, Boiry-Notre Dame].
14. April [Generalleutnant von Wenninger, Monchy].
15. April. [35. Infanterie-Division, Guémappe, Generalleutnant von Moser, Cambrai-Bapaume, Lagnicourt-Hermies].
Bis 22. April [Lens, Scarpe, Generaloberst von Falkenhausen, Bullecourt, Quéant].
2. Neue englische Großangriffe vom 23. bis 29. April.
a) Die Vorbereitungszeit.
15. April. [Feldmarschall Haig, Guémappe, Roeux-Plouvain, Bois du Bert, St. Rohart, Chérisy, Sensée].
16. April. [Lens-Chérity].
20. April. [Lens, Loos, Avion, Arleux-en Gohelle, Croisilles, 27. Infanterie-Division, 2. Garde-Reserve u. 3. Garde-Infanterie-Division].
21. und 22. April. [Roeux, 18. Infanterie-Division, Loos, 8. Infanterie-Division].
b) Der Angriff am 23. und 24. April.
23. April. [Lens, Bullecourt].
[Tabelle]: Zu dieser Zeit war die Front wie folgt besetzt:
24. April. [Scarpe, 208. Infanterie-Division, Generalmajor von Groddeck, 17., 18. und 185. Infanterie_Division].
c) Neue Vorbereitungen und der Angriff am 28. und 29. April.
25. bis 27. April. [Roeux, Scarpe, 26. Infanterie-Division, Monchy-Pelves, 221. Infanterie-Division].
28. April. [Loos, Riencourt, Acheville-Roeux, Lens].
29. April. [Oppy, 1. Garde-Reserve-Division, Scarpe].
3. Der letzte englische Großangriff am 3. Mai.
30. April bis 2. Mai.
3. Mai. [Souchez, 56. Infanterie-, 80. Reserve- und 4. Garde-Infanterie-Division, Vimy, 15. Reserve-, 1. Garde-Reserve- und 208. Infanterie-Division, 6. bayerische Reserve-Division].
4. Mai. [9. Reserve-Division, Scarpe, Bullecourt, 27. Infanterie-Division, General von Maur].
E. Abklingen der Schlacht und Lage in Flandern.
1. Ereignisse vom 4. bis 21. Mai.
a) 4. bis 8. Mai.
b) 9. bis 21. Mai.
9. Mai. [Wytschaete-Bogen, Lens, Quéant]. 10. Mai. [Generalleutnant Freiherr von Stein, General von Fasbender].
11. Mai. [Lens, Arras, Quéant, Monchy, Bullecourt].
11. bis 21. Mai. [Lens-Bogen, Scarpe, Roeux, Gavrelle, Bullecourt, Arras-Cambrai].
19. bis 21. Mai. [Acheville, Quéant].
2. Entwicklung der Lage bis Anfang Juni.
22. Mai. [Oberst von Loßberg]. 23. Mai.
24. Mai. [Arras-Cambrai, Oberst von Loßberg].
26. Mai.
27. Mai. [General Otto von Below, Oberst von Loßberg].
28. Mai. [Arras]. 29. Mai. [Wytschaete-Bogen].
30. Mai. [Gavrelle, 50. Reserve-Division, Oberst von Loßberg, General von Kuhl].
31. Mai. 1. und 2. Juni. [Wytschaete].
3. Juni. [Arras].
4. Juni. [Arras]. 7. Juni [Wytschaete-Bogen].
3. Maßnahmen des Gegeners seit Ende April.
F. Betrachtungen.
[Tabelle]: Die deutschen Verluste hatten nach den zehntägigen Verlustmeldungen der 6. Armee bei den Gruppen Loos, Souchez, Vimy, Arras und Quéant betragen (englische Verluste dahinter in Klammern) vom:
VI. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.
A. Vorbereitungen für die Abwehr.
1. Bis zum Siegfried-Rückzug.
Mitte Februar 1917. [3. Armee, Ostchampagne, Ferme Maisons de Champagne, Ripont, 51. Reserve-Division, Generalleutnant Balck, 52. Reserve-Division].
2. Hälfte Februar. [Soissons, Reims, französische XX., I. und VI. Korps].
Ende Februar. [Soissons, Reims, Asne].
Anfang März. [General Ludendorff].
März. [Stenay, Charleville, Soissons, Reims].
2. Vom Siegfried-Rückzug bis zum 6. April.
März. [Ostchampagne, Ferme Maisons de Champagne, 51. Reserve-Division].
Ende März.
4. April. [Gruppe Eberhardt, Aisne, Marne-Kanal, Sapigneul, le Godat, 10. Reserve-Division, Generalleutnant Dallmer, 21. Infanterie-Division, Generalmajor Suter].
6. April. [Soupir, Suippes].
3. Der Artilleriekampf vom 7. bis 16. April.
7. April. [Aisne, Soupir, Reims, Sapigneul, Montecornet, Rethel].
8. April. [Reims, Suippes].
9. bis 12. April. [Arras, Soupir, Reims, Aubérive, Chemin des Dames, Cerny].
12. April. [Berry au Bac, General Fritz von Below, Major von Klüber, Brimont, Reims, Prosnes].
13. und 14. April. [Sapigneul, Reims, Aubérive].
15. April. [
[Tabelle]: Als der französische Angriff wie vorausgesagt am 16. April früh einsetzte, war die Kräfteverteilung und Aufstellung der deutschen Truppen auf der Abwehrfront von der Oise bis zur Suippes folgende:
B. Angriffsziele und Bereitstellung der Franzosen.
2. Hälfte März.
4. April.
Bis Mitte April. [Laon, 5. Kavallerie-Division, Bruyères, Barenton, Pont à Bucy, St. Cobain, Marle, General Mangin].
13. April. 15. April. [Tabelle]: Am Vorabend der Schlacht, dem 15. April, standen zum Angriff bereit auf der Front von der Ailette bis Reims:
C. Der französische Durchbruchsangriff am 16./17. April und die anschließenden Kämpfe.
1. Kampfgelände und Vergleich der Streitkräfte.
[Tabelle]: Auf der Schlachtfront von der Ailette (bei Vauxaillon) bis zur Straße Neuchâtel - Reims standen bei Beginn des Infanterieangriffs - ungerechnet die als Heeresreserve hinter der Front stehende französische 1. Armee - einander gegenüber:
2. Der Ansturm gegen die 7. Armee am 16. April.
16. April.
a) Die kämpfe bei den Gruppen Bailly und Liesse.
b) Die Kämpfe bei den Gruppen Sissonne und Brimont und am äußersten rechten Flügel der 3. Armee.
c) Ergebnisse des ersten Schlachttages.
3. Ausdehnung des Angriffs auf die 1. und 3. Armee am 17. April.
a) Absichten der Franzosen.
b) Deutsche Abwehrmaßnahmen.
c) Fortgang der Kämpfe bei der 7. Armee.
d) Die Kämpfe bei der 1. und 3. Armee.
4. Die Kämpfe vom 18. bis 21. April.
a) Absichten auf französischer und deutscher Seite.
b) Die Kämpfe bei der 7. Armee.
18. April. [7. Armee, Gruppen Bailly und Liesse, Cerny, Ostel, Braye, Gréslines].
19. April. [Gruppe Bailly, Condé, Chemin des Dames].
20. April. [I. Kolonialkorps, Vauxaillon, Laffaux, 211. Infanterie-Division]. 21. April.
c) Die Kämpfe bei der 1. Armee, ohne Gruppe Prosnes.
18. April. [Französische 5. Armee, XXXII. Korps, VII. Korps, IX. Korps].
19. April. [Gruppe Aisne, Brimont].
d) Die Kämpfe der Gruppe Prosnes und des rechten Flügels der 3. Armee.
18. April. [General Pétain, X. Korps, General Micheler, 4. Armee, marokanische Division Aubérive].
19. April. [General de Beaulieu, Prosnes].
20. April.
D. Der zweite französische Durchbruchsversuch.
1. Vorbereitungen und Kämpfe bis Ende April 1917.
21. April. [7. Armee, Aisne, Brimont, 1. Armee].
23. April.
21. April.
22. bis 25. April.
[Tabelle]: Am 29. April standen in Erwartung des französischen Angriffs:
2. Der Großangriff am 30. April.
30. April. [7. Armee, Hurtebise-Ferme, Craonne, Juvincourt].
30. April bis 2. Mai. [Cornillet].
3. Die Schlacht bis zum 8. Mai.
a) Die Kämpfe der 7. Armee.
3. Mai. [Braye, Vauclerce, Winterberg].
4. Mai.
[Tabelle]: Danach stand die 7. Armee am Morgen des 4. Mai wie folgt:
Die Kämpfe bei den Gruppen Bailly und Liesse.
5. Mai. [Chemin des Dames].
6. Mai. [Elsetal, Vauxaillon, Laffaux, Pargny, Filain].
7. Mai. 8. Mai.
Die Kämpfe am Winterberg und bei der Gruppe Sissonne.
5. Mai. [2. Garde-Infanterie-Division, 28. Reserve-Division].
6. Mai. [Generalmajor Weber, Aizelles, Corbeny].
7. Mai. [Winterberg].
8. Mai. [
b) Die Kämpfe der 1. Armee.
1 bis 3. Mai.
Der Angriff gegen die Gruppen Aisne und Brimont.
4. Mai. [Reims, Aisne, Berméricourt].
5. bis 8. Mai. [Ferme Ste. Marie].
Der Angriff gegen die Gruppe Prosnes.
4. Mai. [Gruppe Prosnes].
5. Mai.
6. Mai. 7. Mai. [Cornillet, Pöhlberge]. 8. Mai. [Keilberg, Pöhlberg].
4. Fortsetzung der Kämpfe bis Ende mai.
a) Absichten auf französischer und deutscher Seite.
9. Mai. [XIV. Korps, III. Korps, XXI. Korps, IV. Korps].
b) Die Kämpfe der 7. Armee. 9. bis 31. Mai.
c) Die Kämpfe der 1. Armee.
15. Mai. [Pöhlberge, Gruppe Prosnes, General von Below].
20. Mai.
21. Mai. [242. Infanterie-Division, Cornillet].
22. und 23. Mai. [General von Below, Reims].
25. Mai.
27. Mai. [54. Reserve-Division, Pöhlberg].
31. Mai. [51. Reserve-Division, Hochberg - Bärenburg].
E. Die Ereignisse im Juni.
1. Die Kämpfe der 7. Armee.
2. Die Kämpfe der 1. Armee.
F. Die Ereignisse am linken Flügel der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und bei der Heeresgruppe Herzog Albrecht.
1. Der linke Flügel der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
Januar/Februar. [General von Francois, Maas, General von Gallwitz].
März. [Maas, Pfefferrücken, Samogneux].
April. [2. Landwehr-Division, Malancourt].
Mai. [Baux-Kreuz, General von Gallwitz, 228. Infanterie-Division].
Juni. [General Ludendorff, Oberst Graf Schulenburg, Stenay].
2. Die Heeresgruppe Herzog Albrecht.
Bis April. [Generalfeldmarschall Albrecht Herzog von Württemberg, Generalleutnant Kraff von Dellmensingen].
Februar bis Juni. [St. Mihiel-Bogen, Siegfried-Rückzug, Generalleutnat Fuchs, General von Boehn].
G. Betrachtungen.
VII. Das Ende der französischen Offensivpläne.
A. Die ersten Wirkungen der Mißerfolge an der Aisne und in der Champagne.
19. bis 24. April. [General Nivelle, General Cadorna].
26. April. [Feldmarschall Haig]. 29. April. [General Pétain, General Robertson].
B. Sorgen der Engländer und Besprechung in Paris.
Ende April. [Palästina-Front].
1. Mai. [Lloyd George].
4. Mai. [Ribot, Painlevé, Admiral Lacaze, General Nivelle, General Pétain, Lloyd George, Robert Cecil, Feldmarschall Haig, General Robertson, Admiral Jellicoe].
C. Die letzten Maßnahmen des Generals Nivelle.
5. Mai. [Feldmarschall Haig, General Nivelle]. 10. Mai.
11. Mai. [St. Quentin, Bellicourt, Banteux, Havrincourt]. 15. und 17. Mai.
Mitte Mai. [General Nivelle, Verdun].
D. Das französische Heer unter General Pétain. Die Meutereien.
18. Mai. [General Pétain, Feldmarschall Haig, Amiens, St. Quentin, General Nivelle].
4. Mai.
Mai/Juni.
VIII. Der Verlust des Wyschaete-Bogens.
A. Die 4. Armee bis Ende April.
1. Die Stellungen und ihre Besetzung im März.
2. Ereignisse im März und April.
3. Die Besprechung am 30. April.
30. April. [Gruppe Wytschaete, Generalleutnant von Kuhl, General Sixt von Armin, General Ilse, General von Laffert].
1. bis 3. Mai.
B. Entwicklung der Lage bis zum Vorabend der Schlacht.
1. Bis zum Beginn des englischen Vorbereitungsfeuers.
2. Bis zum Vorabend des Infanterie-Angriffs.
C. Die Angriffsvorbereitungen der Engländer.
Bis Januar 1917.
7. Mai. [Doullens, Messines-Wytschaete-Rücken].
20. Mai bis Anfang Juni.
D. Die Schlacht.
1. Gliederung der 4. Armee am 7. Juni.
2. Die Kämpfe am 7. Juni.
3. Die Kämpfe bis zum 16. Juni.
8. Juni. [Messines, Lille].
9. Juni. [204. Infanterie-Division, Gruppe Ypern, Comines, 7. Infanterie-Division, Hollebeke].
10. Juni.
11. bis 14. Juni.
15. und 16. Juni.
E. Betrachtungen.
IX. Der Krieg im Osten.
A. Bis zum Ausbruch der russischen Revolution.
1. Die Front der Mittelmächte.
Februar 1917.
[Tabelle]: Das Kräfteverhältnis - wie es sich den Mittelmächten darstellte - bot nach Durchführung der von der Obersten Kriegsleitung befohlenen Abgaben folgendes Bild:
27. Februar. [Sereth-Front].
3. bis 10. März. [Heeresgruppe Mackensen, Sereth, Putna].
2. Russische Angriffspläne.
B. Der Ausbruch der russischen Revolution und ihre Wirkung auf die Kriegführung.
1. Die Front der Mittelmächte.
a) Der Entschluß zur Förderung der russischen Revolution durch Propaganda.
b) Die Lage an der Front bis Mitte Mai.
Ende März und Anfang April.
Einnahme des Brückenkopfes Toboly.
Februar/März.
2. April.
3. April. [General von Jacobi].
4. bis 6. April. [Toboly].
Fortsetzung der Propaganda. Oster-Waffenruhe.
9. bis 12. April. [Zloczow, Kowel].
Mitte April.
Nach der Oster-Waffenruhe.
17. April. [Oberst Hoffmann].
20. April.
21. April. 28. April. [Smorgon, Krewo, Narocz-See, Brzezany, Brody].
Ende April/Anfang Mai. [Erzherzog Josef, General von Seeckt].
10. Mai. [Dünaburg, General Dragomirow].
14. Mai. [Generalfeldmarschall Prinz Leopold, General Dragomirow].
Bis 22. Mai. [General Dreagomirow, General von Seeckt].
c) Weiterentwicklung der Lage seit dem Auftreten des Kriegsministers Kerenski.
Nachlassen der Propaganda-Wirkung im Mai.
16. Mai. [Kerenski].
26. Mai.
28. Mai. [General von Arz].
Militärische Lage und Propaganda bis Mitte Juni.
Mai. [Major Wetzell].
Ende Mai.
Anfang Juni.
7. Juni.
2. Das russische Heer und die Revolution.
8. bis 13. März. [Gereal Alexejew].
15. März. [Zar dankt ab].
24. März. [Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch].
28. März. [Petersburg, Molodeczno, Tarnopol, Proskurow, Dünaburg, Riga].
29. März. 2. April. [General Lukomski].
3. April. [General Alexejew].
12. April.
Anfang Mai.
13. bis 17. Mai. [Kerenski, General Alexejew, General Brussilow].
3. Juni. [General Alexejew].
General Alexejew als Feldherr.
X. Die Ereignisse an der italienischen Front, am Balkan, in der Türkei, zur Luft und zur See.
A. Die Kämpfe an der italienischen Front.
1. Die zehnte Isonzo-Schlacht, 12. Mai bis 5. Juni.
a) Vorbereitung und Anlage der Schlacht.
b) Die Kämpfe vom 12. Mai bis 5. Juni.
12. bis 17. Mai. [Gruppe Görz, Mt. Santo, Mt. S. Gabriele, General Capello, Plava].
20. Mai. [VII. und VIII. Korps].
23. Mai. [Plava, Feldmarschalleutnant Schenk, XXIII. Korps].
4. und 5. Juni. [9. Infanterie-Division, Generalmajor Ritter von Gruber, Feldmarschalleutnant Schneider Edler von Manns-Au, General Cadorna]
2. Die Juni-Schlacht in den Sieben Gemeinden. 10. bis 30. Juni 1917.
B. Die Kriegsführung Bulgariens und die Kämpfe an der Mazedonischen Front.
Anfang 1917. [Kronprinz Boris, General Jekow, Pleß].
1. März. [Generalfeldmarschall von Hindenburg, General Jekow].
11. März. [Ochrida- und Prespa-See, Monastir, Generalleutnant von Webern]. 24. März. [Bardar und Dojran-See].
5. Mai. [Bardar, General von Scholtz, General von Below, Cerna-Bogen, General Surén].
23. Mai. [Sofia].
24. Mai. [General von Scholtz]. 4. Juni. [General Ludendorff].
12. Jumi. [König Konstantin, Venizelos, Thessalien].
C. Der Krieg der Türkei.
5. März. [Enver Pascha]. 20. März. [Bagdad, Enver Pascha, Kreuznach, Irak, Palästina-Front]. 5. April. [Enver Pascha, Prinz Said Halim Pascha].
20. April. [Türkei, Enver Pascha, General von Falkenhayn, Irak].
Ende Mai. [General von Falkenhayn, Bagdad].
D. Der Krieg zur Luft.
Frühjahr 1917.
Unternehmungen gegen England.
E. Der Krieg zur See.
XI. Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.
A. Erwägungen und Maßnahmen auf militärischem Gebiet - Die Frage des Gegenangriffs an der Westfront.
1. Vorschläge und Auffassungen der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz bis Mitte Mai.
April.
Mai. [Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, Aisne, General Ludendorff].
8. bis 16. Mai.
21. Mai. [General Ludendorff, General Kuhl].
2. Denkschrift des Majors Wetzell.
21. Mai.
27. Mai. [Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, Aisne, Arras].
29. Mai. 30. Mai. [Verdun].
2. Juni. [General Ludendorff, Oberst Graf Schulenburg].
Befehl zum Ausbau der Hunding/Brunhild-Stellung.
3. Neue Angriffsvorschläge der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
a) Stimmung im französischen Heer Anfang Juni.
8. Juni. [Aisne, Champagne].
9. Juni.
12. Juni. 14. Juni.
16. Juni.
b) Die Eingabe der Heeresgruppe vom 19. Juni.
19. Juni.
20. Juni. [Major Wetzel, Aisne, Champagne].
22. Juni.
c) Bitte der Heeresgruppe um Entscheidung über den Angriff oder Ausweichen.
28. Juni. [Kronprinz Wilhelm].
4. Möglichkeit und Aussichten eines deutschen Gegenangriffs.
B. Entwicklung der Gesamtlage.
März. [Reichskanzler von Bethmann Hollweg, Graf Czernin]
3. April. [Kaiser Karl, General Arz von Straußenburg, Kaiser Wilhelm].
5. April. 7. April.
10. bis 14. April.
14. April. [Generaloberst von Plessen].
15. April.
20. bis 23. April.
11. Mai. [Kaiser Wilhelm, Kaiser Karl].
12. Mai.
18. Mai. [Kreuznach].
25. Mai.
Erste Juni-Hälfte.
19. Juni. [Generalfeldmarschall von Hindenburg].
Nachweis des wesentlichen Schrifttums.
1. Deutsches Schrifttum.
2. Französisches Schrifttum.
3. Englisches Schrifttum. 4. Russisches Schrifttum.
5. Amerikanisches Schrifttum.
Personenverzeichnis.
[Adams - Auer]
[Bacmeister - Busse]
[Cadorna - Duchêne]
[Eberhardt - Füßlein]
[Gabain - Gutschkow]
[Haesten - Hutier]
[Ilse - Joffre]
[Karl - Küster]
[Lacaze - Lyautey]
[Mackensen - Nivelle]
[Oetinger - Rußki]
[Said Halim Pascha - Sturdza]
[Talaat Pascha - Tuscheck]
[Venizelos - Zoellner]
Truppenverzeichnis.
Deutschland.
Österreich-Ungarn.
Bulgarien.
Türkei. Belgien.
England.
Frankreich.
Griechenland. Italien.
Portugal. Rumänien. Rußland. Serbien. Vereinigte Staaten von Amerika.
Sonstiges.
[Karten]
[Karte]: Beilage 1. Die Front gegen Frankreich. Stand am 19. März 1917.
[Tabelle]: Beilage 1 a. Die Front gegen Frankreich am 19. März 1917.
[Karte]: Beilage 2. Angriffspläne des Feindes 1917. Der französisch-englische Angriffsplan im Frühjahr.
[Karte]: Beilage 2 a. Angriffspläne des Feindes 1917. Die Verletzung der Schweizer-Neutralität.
[Karte]: Beilage 3. Gebaute und geplante Stellungen bei der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.
[Karte]: Beilage 4. Die Siegfried-Bewegung 1917. Die Lage am 17. März morgens.
[Karte]: Beilage 5. Die Siegfried-Bewegung 1917. Die Lage am 18. März morgens.
[Karte]: Beilage 6. Die Siegfried-Bewegung 1917. Die Lage am 19. März morgens.
[4 Karten]: Beilage 7. Die Siegfried-Bewegung 1917. Besetzung der Siegfried-Stellung. Ende März. Ende April. Ende Mai. Ende Juni.
[Karte]: Beilage 8. Die Schlacht bei Arras 1917. Lage am 9. April.
[Karte]: Beilage 9. Die Schlacht bei Arras 1917. Die Kämpfe am 9. April morgen.
[Karte]: Beilage 10. Die Schlacht bei Arras 1917. Die Kämpfe vom 11. bis 15. April.
[Karte]: Beilage 11. Die Schlacht bei Arras 1917. Die Kämpfe vom 23. bis 27. April.
[Karte]: Beilage 13. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage am 16. April.
[Karte]: Beilage 14. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Ziele des französischen Angriffs und sein Ergebnis.
[Karte]: Beilage 15. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage bei der 7. Armee am 16. April abends.
[Karte]: Beilage 16. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage am linken Flügel der 7. Armee am 16. April abends.
[Karte]: Beilage 17. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage am linken Flügel der 1. Armee am 17. April abends.
[3 Karten]: Beilage 18. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Der Wechsel in der Truppenverteilung. 3. Mai. 20. Mai. 31. Mai.
[Karte]: Beilage 20. Die Schlacht im Wytschaete-Bogen im Juni 1917.
[Karte]: Beilage 21. Die Schlacht am Wytschaete-Bogen. Die englischen Sprengungen bei Spanbroekmolen am 7. Juni 1917.
[Karte]: Beilage 22. Die Schlacht im Wytschaete-Bogen. Die Lage am 12. Juni 1917.
[Karte]: Beilage 23. Die Ostfront. Stand Anfang April 1917.
[2 Karte]: Beilage 24. Die Ostfront 1917. a. Angriff bei Labusy - Darewo am 26. März. b. Einnahme des Brückenkopfes von Toboly am 3. April.
Beilage 25. Die Streirkräfte der Mittelmächte im April 1917.
1. Die Westfront
2. Der Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung und des Grenzschutzes gegen Holland.
3. Die Ostfront.
4. Die Front in Albanien und Mazedonien: 5. Die öst.-ung. Südwestfront gegen Italien, 6. Die Fronten der türkischen Heeresleitung
[Tabelle]: Beilage 28. Deutsche und feindliche Artillerie in den Frühjahrsschlachten im Westen
[Tabelle]: Beilage 29. Zeittafel des Kriegsverlaufs von Februar bis Juni 1917.
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Der Weltkrieg J9I4 bis

8

?m Auftrage des

Oberkommandos des Heeres bearbeitet und herausgegeben von der

Kriegs geschichtlichen Forschungsanftalt des Heeres

Die militärischen (Operationen zu ^ande

Zwölfter Band

Verlegt bei E. G. Mittler

Berlin im Jahre

Gohn

Die Kriegführung im Frühjahr

Mit einunddreißig Beilagen, davon

26AartenundSkizzen

Verlegt bei E. G. Mittler 6c Sohn Berlin im Jahre J 939

|| 25684

If! Wo

Alle Rechte aus dem Gesetze vom 1$. Juni J?OJ

sowie das Übersetzungsrecht sind vorbehalten, lernst Siegfried Mittler und Sohn, Buchdruckerei, Berlin. Copyright 1939 by E. S. Mittler &. Sohn, Berlin. Printed in Germany.

Einführung zum zwölften Band. Der Vand behandelt die Ereignisse der Monate Februar bis Juni 1917 auf allen Kriegsschauplätzen. Es ist die Zeit, da die maßgebenden Stellen von Staat, Heer und Marine ihre Hoffnung in erster Linie auf die Wirkung des uneingeschränkten Unterseekrieges gesetzt hatten, während die Landkriegführung angesichts der engbegrenzten eigenen Mittel genötigt war, sich mit Abwehr der feindlichen Massenanstürme zu begnügen. Im Vordergrunde der Darstellung steht dementsprechend die planmäßige Vorbereitung und Durchführung der Abwehr, und zwar vor allem im Westen, wo die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne den

Höhepunkt des kriegerischen Geschehens bildete und mit vollem deutschen Erfolg abschloß. Daneben waren das Ausweichen in die Siegfried-Stellung, die Abwehrschlacht bei Arras und der Verlust des Wytschaete-Bogens als

wichtigste militärische Ereignisse des Landkrieges zu schildern. Angesichts der großen Bedeutung für Dauer und Ausgang des großen Ringens, die der Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg gehabt hat, ist diesem ein besonderer Abschnitt gewidmet worden. Ebenso war der Einfluß der russischen Revolution auf die Kriegführung und das Verhalten ihr gegenüber darzustellen, sowie auch die Kriegführung am Valkan und in der Türkei. Die Kämpfe des österreichisch-ungarischen Heeres wurden nur kurz geschildert — und das wird auch künftig so gehalten werden —, da sie in dem inzwischen

abgeschlossenen Werke des ehemaligen Wiener Kriegsarchivs: „ÖsterreichUngarns letzter Krieg" bereits eine eingehende und würdige Darstellung

gefunden haben. Dem operativen Luftkrieg wie dem Seekrieg sind kurze

Abschnitte gewidmet. Der folgende XIII. Vand wird die Ereignisse von Juli 1917 bis Frühjahr 1918 umfassen und soll mit einem Rückblick über die Zeit seit Herbst 1916 abschließen. Die Offensive 1918 und ihre Vorbereitung bleibt dem XIV. Bande vorbehalten. Für den vorliegenden Band sei der Historical Section, Gommittee of Imperial Defence in London und dem Service Historique, l'Etat Major de

1'Armee in Paris, die in entgegenkommendster Weise Unterlagen für die

Darstellung gegeben haben, Dank ausgesprochen.

Inhaltsverzeichnis. Die Kriegführung im Frühjahr 1917 Seite

I. Die

Oberste

Heeresleitung

vor

den

Frühjahrs-

kämpfen A. Grundgedanken der künftigen Kriegführung

1

B. Vorbereitung der Abwehr 1. Ausbau der Rüstung

a) Vermehrung und Gliederung des Heeres Die Divisionen

4

Armeetruppen und Heeresreserven Die Luftstreitkräfte

6 8

Schwierigkeiten der Ersatzlage und ihre Folgen ..... d) Bewaffnung und Ausrüstung

10

.

12

Weiterentwicklung des Gerätes Vermehrung des Gerätes 2. Entwicklung der Abwehr im Stellungskrieg a) Der Stand der Abwehr Ende August 1916

13 18 26

Stellungsbau

27

Infanterie

28

Artillerie

29

Luftstreitkräfte

-

31

b) Erste Weisungen der Dritten Obersten Heeresleitung Die Verfügung vom 25. September

32

Verschiedene Ansichten über Aufgaben und Unterstellung der schweren Artillerie

34

c) Vorschriften für die Abwehrschlacht vom Winter 1916/17 ... Stellungsbau

38 40

Die Infanterie-Division als Kampfeinheit

42

Artillerie und Minenwerfer

43

Das elastische Kampfverfahren

.

45

Luftstreitkräfte

.

48

Ergebnis 3. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kampf¬

50

kraft 4. Ausbau rückwärtiger Stellungen

62 61

C. Entwicklung der Gesamtlage 1. Auffassung der Obersten Heeresleitung Anfang Februar 2. Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges 3.

Neugliederung

64 68

des

West Heeres

.

.

.

.

,

.

.

.

74

Inhaltsverzeichnis.

VIII

Seite

4. Auffassung der Obersten Heeresleitung Ende Februar 5. Auffassung der Obersten Heeresleitung im März II. Die Angriffspläne der

75

81

Entente bis Mitte März

A. Gesamtlage beim Jahreswechsel 1916/17 1. Möglichkeit eines deutschen Angriffs durch die Schweiz

87

2. Mitwirkung Italiens — Konferenz in Rom

91

.

.

89

3. Mitwirkung Rußlands — Konferenz inPeters -

bürg 4. Lage am Balkan und an den Fronten der Türkei

95 98

5. Fragen des See- und Wirtschaftskrieges.

99

.

.

B. Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich 1. Der Plan des Generals Rivelle

100

2. Die Frage des einheitlichen Oberbefehls a) Erste Konferenz in London am 15. Januar b) Konferenz in Calais am 26. Februar c) Zweite Konferenz in London am 12. und 13. März 3. Das Erkennen des deutschen Rückzuges auf die

Siegfried-Stellung

106 107 112

114

III. Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung A. Der Bau der Stellung

119

B. Die Alberich-Zeit 9. Februar bis 15. März

130

C. Das Zurücknehmen der Front 16. bis 19. März

138

D. Die Kämpfe vor der Siegfried-Stellung 20. März bis Ende Juni

146

IV. Reite Lage für die West mächte A. Veränderte Gesamtlage 1. Der

Eintritt

der

Vereinigten

Staaten

von

AmerikaindenKrieg 2. Die Revolution in Rußland 3. Besorgnisse Italiens

156 167 .

168

4. Auffassung bei den West mächten, Regierungs¬ wechsel in Frankreich, Bedenken gegen das Rivellesche Angriffsverfahren

170

B. Der Einfluß der Siegfried-Bewegung auf den Operationsplan 1. Anpassung an die veränderte Lage

173

Inhaltsverzeichnis.

IX Seite

2. Die

Heere

der

West mächte

bei

Beginn

der

Offensive a) Die Streitkräfte und ihre Vorbereitung für den Angriff Das französische Heer Das englische Heer b) Gliederung der Gesamtsront am 9. April

179 180 181

V. Die Schlacht bei Arras

A. Die Vorbereitungen für die Abwehr 1. Vis zum Siegfried-Rückzug 2. Nach dem Siegfried-Rückzug 3. Die letzten Tage vor dem Angriff

183 187 197

B. Der englische Angriffsplan

204

C. Die Schlacht vom 9. bis 13. April

1. Der englische Großangriff am 9. April

a) Die deutschen Truppen der Abwehrfront

209

b) Die Ereignisse bis 11° vormittags c) Die Kämpfe am Mittag und Nachmittag

212

An den Vimy-Höhen

.

Bei Arras

216

d) Maßnahmen der höheren Führung

218

2. Fortgang der Kämpfe bis zum 13. April a) Der 10. April b) Der 11. April c) Der 12. und 13. April 3. Bisherige Absichten und Maßnahmen

221 226 231

des

Gegners 4.

Umfang und

214

233 .

234

I). Die englischen Großangriffe Ende April und Anfang Mai 1. Abflauen der englischen Angriffe und Kampfpause bis 22. April

239

2. Neue

Ursachen

englische

des

Mißerfolges

Großangriffe

vom

.

.

23.

.

bis

29. April a) Die Vorbereitungszeit

245

b) Der Angriff am 23. und 24. April c) Neue Vorbereitungen und der Angriff am 28. und 29. April.

.

248 252

.

256

3. Der letzte englische Großangriff am 3. Mai.

.

E. Abklingen der Schlacht und Lage in Flandern 1. Ereignisse vom 4. bis 21. Mai a) 4. bis 8. Mai b) 9. bis 21. Mai 2.

Entwicklung der Lage bis Anfang Zuni

261 263 .

3. Maßnahmen des Gegners seit Ende April

F. Betrachtungen

.

.

.

267

.

.

271

273

Inhaltsverzeichnis.

X

Seite

VI. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne

A. Vorbereitungen für die Abwehr 1. Vis zum Siegfried-Rückzug

279

2.

Vom Siegfried-Rückzug bis zum 6. April.

.

.

.

285

3.

Der Artilleriekampf vom 7. bis 16. April.

.

.

.

289

B. Angriffsziele und Vereitstellung der Franzosen

299

C. Der französische Durchbruchsangriff am 16./17. April und die an-

schließenden Kämpfe 1. Kampfgelände und Vergleich der Streitkräfte

307

2.

309

Der Ansturm gegen die 7. Armee am 16. April

.

.

a) Die Kämpfe bei den Gruppen Vailly und Lieste

310

b) Die Kämpfe bei den Gruppen Sistonne und Brimont und am äußersten rechten Flügel der 3. Armee

316

c) Ergebnisse des ersten Schlachttages

325

3. Ausdehnung

des

Angriffs

.

.

.

auf

die

1.

und

3. Armee am 17. April a) Absichten der Franzosen .

326

b) Deutsche Abwehrmaßnahmen

327

c) Fortgang der Kämpfe bei der 7. Armee . d) Die Kämpfe bei der 1. und 3. Armee 4. Die Kämpfe vom 18. bis 21. April

331 334

a) Absichten auf französischer und deutscher Seite

339

b) Die Kämpfe bei der 7. Armee c) Die Kämpfe bei der 1. Armee, ohne Gruppe Prosnes ...

341 344

d) Die Kämpfe der Gruppe Prosnes und des rechten Flügels der 3. Armee

345

D. Der zweite französische Durchbruchsversuch 1. Vorbereitungen und Kämpfe bis Ende April 1917 2. Der Großangriff am 30. April 3. Die Schlacht bis zum 8. Mai a) Die Kämpfe der 7. Armee

351 356

Die Kämpfe bei den Gruppen Vailly und Lieste Die Kämpfe am Winterberg und bei der Gruppe Sistonne b) Die Kämpfe der 1. Armee

359 361 367 370

Der Angriff gegen die Gruppen Aisne und Brimont ...

372

Der Angriff gegen die Gruppe Prosnes 4. Fortsetzung der Kämpfe bis Ende Mai a) Absichten auf französischer und deutscher Seite b) Die Kämpfe der 7. Armee c) Die Kämpfe der 1. Armee E. Die Ereignisse im Juni 1. Die Kämpfe der 7. Armee 2. Die Kämpfe der 1. Armee

373

376 379 384

390 391 394

Inhaltsverzeichnis.

XI

F. Die Ereignisse am linken Flügel der Heeresgruppe Deutscher Kron¬ prinz und bei der Heeresgruppe Herzog Albrecht 1. Der linke Flügel der Heeresgruppe Deutscher

Kronprinz 2. Die Heeresgruppe Herzog Albrecht

396 401

Gr. Betrachtungen

403

VII. Das Ende der französischen Offensivpläne A. Die ersten Wirkungen der Mißerfolge an der Aisne und in der Champagne

412

B. Sorgen der Engländer und Besprechungen in Paris

413

C. Die letzten Maßnahmen des Generals Rivelle

417

v. Das französische Heer unter General Petain. Die Meutereien .

.

421

.

425

VIII. Der Verlust des Wytschaete-Vogens A. Die 4. Armee bis Ende April 1. Die Stellungen und ihre Besetzung im März

2. Ereignisse im März undApril 3.

Die Besprechung am 30. April

429 .

.

431

B. Entwicklung der Lage bis zum Vorabend der Schlacht 1. Vis zum Beginn des englischen Vorbereitungs2.

seuers Vis zum Vorabend des Infanterieangriffs .

.

C. Die Angriffsvorbereitungen der Engländer

435 438

446

v. Die Schlacht 1. Gliederung der 4. Armee am 7. Juni 2. Die Kämpfe am 7. Juni 3. Die Kämpfe bis zum 16. Juni

E. Betrachtungen

IX. Der Krieg im Osten A. Bis zum Ausbruch der russischen Revolution 1. Die Front der Mittelmächte 2. Russische Angriffspläne B. Der Ausbruch der russischen Revolution und ihre Wirkung auf die

449 453 463

467

477

480

Kriegführung 1. Die Front der Mittelmächte a) Der Entschluß zur Förderung der russischen Revolution durch Propaganda

483

b) Die Lage an der Front bis Mitte Mai

Ende März und Anfang April

485

Einnahme des Brückenkopfes von Toboly

489

Fortsetzung der Propaganda. Oster-Waffenruhe Nach der Oster-Waffenruhe

492 494

Inhaltsverzeichnis.

XII

Seite

c) Weiterentwicklung der Lage seit dem Auftreten des KriegsMinisters Kerenski Nachlassen der Propaganda-Wirkung im Mai

499

Militärische Lage und Propaganda bis Mitte Juni . 2.

Das russische Heer und die Revolution

.

.

.

.

502

.

.

506

General Alexejew als Feldherr

511

X. Die Ereignisse an der italienischen Front, am Bal¬ kan, in der Türkei, zur Luft und zur See

A. Die Kämpfe an der italienischen Front 1. Die zehnte Isonzo-Schlacht, 12. Mai bis 5. Juni a) Vorbereitung und Anlage der Schlacht b) Die Kämpfe vom 12. Mai bis 5. Juni 2. Die Juni-Schlacht in den Sieben Gemeinden, 10. bis 30. Juni 1917

513 515 517

B. Die Kriegführung Bulgariens und die Kämpfe an der Mazedonischen

Front

519

C. Der Krieg der Türkei

527

D. Der Krieg zur Luft Unternehmungen gegen England

529 533

E. Der Krieg zur See

536

XI. Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrs-

kämpfe A. Erwägungen und Maßnahmen auf militärischem Gebiet — Die Frage des Gegenangriffs an der Westfront

1. Vorschläge

und

Auffassungen

der

gruppe Deutscher Kronprinz bis Mitte Mai .

.

2. Denkschrift des Majors Wetzell Angriffsvorschläge

der

544

548

Befehl zum Ausbau der Hunding/Vrunhild-Stellung ...

3. Neue

542

Heeres¬

553

Heeresgruppe

Deutscher Kronprinz a) Stimmung im französischen Heer Ansang Juni

554

b) Die Eingabe der Heeresgruppe vom 19. Juni c) Bitte der Heeresgruppe um Entscheidung über Angriff oder

556

Ausweichen 4. Möglichkeit und Gegenangriffs

559 Aussichten

eines

B. Entwicklung der Gesamtlage

Nachweis des wesentlichsten Schrifttums Personen Verzeichnis Truppenverzeichnis

deutschen

561 566

580 584 593

Inhaltsverzeichnis.

XIII

Beilagen. A. Kriegsleitung. Beilage 1:

Die Front

gegen Frankreich.

Stand am 19.März 1917.

1 : 1 000 000.

Beilage 1a: Die Front gegen Frankreich am 19.März 1917. Beilage 2: Angriffspläne des Feindes 1917. Der französisch-englische Angriffsplan im Frühjahr. 1 : 750 000. Beilage 2a: Angriffspläne des Feindes 1917. Die Verletzung der

Schweizer-Neutralität.

B. Westen. Beilage 3:

Gebaute und geplante Stellungen bei der Heeres¬

Beilage 4:

Die Siegfried-Vewegung morgens. 1 : 300 000.

1917.

Die Lage am 17. März

Beilage 5:

Die

1917.

Die Lage am 18. März

1917.

Die Lage am 19. März

gruppe Kronprinz Nupprecht.

Siegfried-Vewegung

morgens. Beilage 6:

Die

Siegfried-Vewegung

morgens. Beilage 7: Die Siegfried-Vewegung 1917. Besetzung der Siegfried-Stellung Ende März bis Ende Juni. Beilage 8: Beilage 9: Beilage 10:

Beilage 11:

Die Schlacht Die Schlacht 1 : 75 000 (mit Die Schlacht 1 : 75 000 (mit Die Schlacht

bei Arras bei Arras Nebenkarte). bei Arras Nebenkarte). bei Arras

1917. Die Lage am 9.April. 1 :200 000. 1917. Die Kämpfe am 9.April morgens. 1917. Die Kämpfe vom 11. bis 15.April.

1917. Die Kämpfe vom 23. bis 27.April.

1 : 75 000.

Beilage 12:

Die Schlacht bei Arras 1917. Die Kämpfe vom 28.April und

Beilage 13:

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage am 16.April. 1 :200000. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champa-

3. Mai.

Beilage 14:

gne 1917. Die Ziele des französischen Angriffs und sein Ergebnis. Beilage 15:

Beilage 16:

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage bei der 7. Armee am 16. April abends. 1 : 50 000. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champa¬ gne 1917. Die Lage am linken Flügel der 7. Armee am 16. April abends. 1 : 75 000.

Inhaltsverzeichnis.

XIV Beilage 17:

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champa¬ gne 1917. Die Lage am linken Flügel der 1. Armee am 17. April

Beilage 18:

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champa¬

Beilage 19:

gne 1917. Der Wechsel in der Truppenverteilung. Die Schlacht im Wytschaete-Vogen 1917.

abends. 1 :50 000.

Die Lage in

Flandern am 7. Juni. 1 : 200 000.

Beilage20:

Die

Schlacht im Wytschaete-Bogen

im

Juni

1917.

1 :50 000.

Beilage21: Die Schlacht im Wytschaete-Bogen. Die englischen Spren¬ gungen bei Spanbroekmolen am 7. Juni 1917.

Beilage22:

Die Schlacht im Wytschaete-Bogen. Die Lage am 12. Juni 1917. 1 : 50 000.

C. O ft e n. Beilage23: Die Ostfront. Stand Anfang April 1917. Beilage24: Die Ostfront 1917. a) Angriff bei Labusy—Darewo am 26. März. b) Einnahme des Brückenkopfes von Toboly am 3. April.

D. Allgemeines. Beilage25:

Die Streitkräfte der Mittelmächte im April 1917.

Beilage26: Truppenverschiebungen zwischen den Kriegsschau¬ plätzen. Beilage 27:

Wechsel von Divisionen an der We st front im Frühjähr 1917.

Beilage28: Deutsche und feindliche Artillerie jahrsfchlachten im Westen. a) Schlacht bei Arras.

in

den Früh-

b) Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

c) Verlust des Wytschaete-Bogens. Beilage29:

Zeittafel des Juni 1917.

Kriegsverlaufes vom Februar bis

Abkürzungen. A.Abt.

....

Abt A. Gr A.K

= Armee-Abteilung = Abteilung = Armeegruppe — Armeekorps

A.O.K.

...

— Armee-Oberkommando

Art bayer.

= Artillerie

Brig Btl Bttr

= Brigade

Du> Ers Esk

= Division

= bayerisch

kauk Kav K. D Kdr K.K k.k K. Kdo Komm. Gen.

— Bataillon

= Batterie

Felda Feldmlt.

...

...

Kuban

= Feldartillerie

k. u. k

kaiserlich und königlich (Truppen des gemein-

= Feldmarschalleutnant

samen österr.-ung. Heeres) im Unterschiede

^ finnländisch

von k. k. (kaiserl.-königl.-

^ Feldkanone (7,7 cm)

österr.) und k. (königl.-

= Flugabwehr-Kanone

Ldst

= Fußartillerie

l.F.H

gem

= gemischt

Gen.

= General

Gen. Feldm.

= Generalfeldmarschall

Gen. Kdo. ..

= Generalkommando

Genlt

= Generalleutnant

M.G M.W Mrs

...

= Generalmajor

O. B. Ost ..

..

= Generaloberst

Off

Genst

— Generalstab

O.H.L.

G. K. Gr. Gren

^ Gardekorps

Op. Abt.

^ Gruppe

österr.

Haub Hgr

^ Haubitze

Teile des ö.-u. Heeres,

^ Heeresgruppe

„Landwehr"-, seit Som-

^ Höherer Kavallerie-

mer 1917 „Schützen"-

Division, -Brigade usw.

Kommandeur

Honved, ungarische Teile des österr.-ungar. Heeres

I. Br

^ Infanterie-Brigade

I.D Inf

= Infanterie-Division

Kan.

genannt ö.-u.

— Kanone

österreichisch-ungarisch, Bezeichnung für die Teile des gemeinsamen (k. u. k.) österr.-ung.

Heeres

.= Infanterie ......

^ ^ ^

ungar.) Truppen Landsturm Landwehr leicht leichte Feldhaubitze (10,5 cm) Maschinengewehr Minenwerfer Mörser (21 cm) Oberbefehlshaber Ost Offizier Oberste Heeresleitung Operations-Abteilung österreichisch, Bezeichnung für die österr. (k. k.)

Grenadier

Honv

Kriegstagebuch

Kr. Tgb.

Kub

Ldw l

...

s. unter k. u. k. Korpskommando Kommandierender General

— Eskadron

= Garde

H.K.K.

Kavallerie-Korps

— Ersatz

G

Gen. Ob.

Kavallerie-Division Kommandeur

Kosaken

= Flieger

Genmaj.

Kavallerie

Kompanie

Komp. Kos

(österr.-ung. Bezeich¬ nung für Genlt.)

finnl F.K Fl Flak Fuha

kaukasisch

Pi

Abkürzungen.

XVI R. Br.

= Reserve-Infanterie-

sib.

----- sibirisch

Brigade

Terr

= Territorial

== Reserve-Division

turk

= turkestanisch

Regt

= Regiment

ung

= Bezeichnung für die unga¬

Res

= Reserve

R. K.

----- Reservekorps

R. L>.

Schütz selbst. s. F. H

= Schützen = selbständig > ----- schwere Feldhaubitze

(15 cm)

rischen Teile (Honved) des ö.-u. Heeres Uss verst.

z. b. V zsgs

= Xlssuri ......

= verstärkt

---- zur besonderen Verfügung = zusammengesetzt

Auf Karten und Skizzen sind teilweise noch weitergehende Abkürzungen angewendet. So bedeuten dort arabische Ziffern (je nach ihrer Größe): Armeen, Divisionen, Brigaden oder Regimenter — römische Ziffern: Korps oder Bataillone;

alles Weitere ergibt sich aus dem Text.

I. Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrs-

kämpfen. A. Grundgedanken der künftigen Kriegführung. Im Herbst 1916 war es Generalfeldmarschall von HindenburgWinter1916/17. und General Ludendorff gelungen, dank der Tüchtigkeit und dem

Opfermut ihrer Truppen alle Anstürme der gewaltigen feindlichen Äbermacht abzuschlagen und darüber hinaus den neuen Gegner Rumänien durch rasche Schläge niederzuwerfen. Das war ein militärischer und moralischer Erfolg von größter Bedeutung, und doch genügte er nicht, die Gesamtlage der Mittelmächte zu ändern. Das von ihnen beherrschte Gebiet glich trotz unge-

heurer räumlicher Ausdehnung nach wie vor einer belagerten Festung, die von der Außenwelt abgeschnitten war, während die Gegner bald gegen diese, bald gegen jene Front des Verteidigers anrannten. Mit Bestimmtheit wurde

erwartet, daß ihre Heere nach kurzer, durch Erschöpfung und Winter bedingter Ruhepause im Frühjahr 1917 ihre Angriffe und Durchbruchsversuche mit noch stärkeren Mitteln und noch größerer Wucht überall wiederaufnehmen würden. Es stand — wie der Generalfeldmarschall bereits im Oktober 1916

dem Reichskanzler geschrieben hatte') — ein Kampf bevor, der „über Sein und Nichtsein des deutschen Volkes entscheiden wird. Wir werden nur dann nicht unterliegen, wenn wir alle — aber auch alle — Kräfte anspannen".

Dementsprechend wurden die Vorbereitungen getroffen. Der Gedanke, durch eigenen Angriff zu Lande den Gegnern zuvor-

zukommen, mußte zurücktreten. Crfatzlage, Munitionsfertigung, Pferdebestand und vieles andere, aber auch Ausbildung und Schlagkraft der Truppen genügten dafür nicht. Die feindliche Übermacht war viel zu groß. Daher galt es, nach Möglichkeit haushälterisch zu wirtschaften, dem Feinde Verluste beizubringen, die eigene Kraft aber zu schonen und aufzusparen in der Hoffnung, das Verhältnis dadurch allmählich günstiger zu gestalten^). So hatte man in operativer Hinsicht einstweilen wenig Wahl und Möglichkeiten. Es ergab sich die Lage, daß das Heer die Abwehr der erwarteten neuen und ver]) Bd. XI, S. 38 f. (ähnlich schon am 14. Sept. an Kr. Min., ebenda S. 42).

-) Vgl. 6.57. Weltkrieg. XII. Band.

I

2

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Eintet i9i6/t7. stärkten feindlichen Anstürme zu übernehmen hatte, bis die Marine durch den

uneingeschränkten Unterseekrieg „unsere Unterlegenheit ausgeglichen'") habe. Der Gedanke, daß dann vielleicht noch eine große Schlußoffensive zu Lande nötig sein werde, ist nach Ansicht des damaligen Leiters der Operationsabteilung I, Majors Metzels), „im Winter 1916/17 niemals erörtert" worden; es handelte sich vielmehr darum, wie man „die Gesamtspannung, die ja offensichtlich vor uns lag, bei unserer personellen und materiellen Unterlegenheit überwinden konnte". Dabei rechnete General Ludendorff ernstlich damit, daß schon der Unterseekrieg allein — wenn vielleicht auch

nicht in fünf Monaten, wie der Admiralstab als sicher in Aussicht gestellt hatte, so doch im Laufe des Jahres — ein Nachgeben Englands und damit

auch den Frieden bringen werdet. Cr war aber doch auch darauf gefaßt, daß sich der Krieg vielleicht noch in das Jahr 1918 hineinziehen könne: „Ich glaube an Kriegsschluß 1917, bereite mich aber gleichzeitig auf 1918 vor'"). Bei seinen Beratern^) gingen die Meinungen auseinander. Während die Chefs der Operationsabteilung II und der Militärpolitischen Abteilung, Oberstleutnant Bauer und Oberst von Vartenwerffer, schon vom Untersee-

krieg allein den vollen Sieg erwarteten, hegten die Chefs der Operationsabteilungen I und Balkan, Major Wetzell und Oberstleutnant Ritter Mert? von Quirnheim, in dieser Hinsicht erhebliche Zweifel. Für den Landkrieg sah Oberstleutnant Bauer das Heil in stärkstem Ausbau der Rüstung, Abgabe der hierzu nötigen Kräfte auch aus der kämpfenden Truppe und dementsprechend, zum mindesten im Westen, einstweilen reiner Abwehr, nötigenfalls verbunden mit Ausweichen an der Front. Major Wetzell dagegen drängte auf mehr aktive militärische Kriegführung. Er sagte sich"), „daß es schon aus psychologischen Gründen notwendig sei, den Angriffsgedanken bei Führung 1) Denkschrift des Gen. Ludendorff vom 4. Febr. 1917 (23b. XI, S. 514). 2) Mitteilung des Gen. d. Inf. a. D. Wehell vom Dez. 1938. — Dort heißt es

ferner: „Ich hatte durch meine Westerfahrungen den Eindruck, daß wir zu Anfang des Jahres 1917 keineswegs nach dem siegreichen und auf die Entente moralisch sehr stark wirkenden Erfolg in Rumänien uns in einer schlechteren Lage befanden als Falkenhayn zu Ansang wie während des ganzen Kriegsjahres 1916. Vor allem war mir aber auch

klar, daß sowohl das französische wie das englische Heer durch die unerhörten Verluste, die sie bei den verschiedenen großen Angriffen auf der Westfront erlitten hatten, sich durchaus in keinem besseren Zustand befanden wie wir. Gewiß war ihre zahlenmäßige und materielle Überlegenheit vorhanden, aber auch besonders bei der englischen Armee die Unzulänglichkeit der Truppenausbildung und der oberen Führung." -) Bd. XI, S. 465 f. und 477 ff. i) Gespräch mit Gen. von Moser am 24. Febr. 1917 (General Otto von Moser:

„Feldzugsauszeichnungen", S. 253). 5) Stellenbesetzung bei der O. H. L. Vd. XI, Anl. l.

Grundgedanken der künftigen Kriegführung.

Z

und Truppe nicht außer acht zu lassen. Dies um so mehr, weil ja keineswegs vorauszusehen war, ob uns im Kriegsjahr 1917 an der West-, Ost- oder

italienischen Front nicht doch eine Gelegenheit geboten würde, der Entente erneut einen schweren Schlag zu versetzen". Im Osten und in Italien schien ihm das durchaus wahrscheinlich. In politischer Hinsicht traten Oberst von Bartenwerffer und ihn bestärkend Oberstleutnant Bauer, ihrem Glauben an die vernichtende Wirkung des Anterseekrieges entsprechend, für weitgesteckte Kriegsziele ein. An Generalfeldmarschall vonHindenburg und General Ludend o r s f trat diese Verschiedenheit der Anschauungen kaum heran, denn jeder Berater wurde im allgemeinen nur über das von ihm zu bearbeitende Gebiet

gehört. Immerhin kam sie in den jeweils gemachten Vorschlägen gelegentlich zutage. Der Erste Generalquartiermeister stand selbständig urteilend und entscheidend über seinen Abteilungschef, ebenso, mit ihm in allen wesentlichen Fragen völlig übereinstimmend, der Generalfeldmarschall. Beide rechneten mit Bestimmtheit auf entscheidende Schwächung der feindlichen Kraft durch den Anterseekrieg. General Ludendorff hat seine Auffassung nach dem Kriege mit folgenden Sätzen ausdrücklich festgestellt'): „Mit der Abwehr des großen feindlichen Ansturms auf allen Fronten und der Eroberung der Walachei in entschlossen geführtem Angriff war Ende 1916 der erste Abschnitt der Kriegführung der Dritten Obersten Heeresleitung beendet und die militärische Grundlage für den zweiten Abschnitt gewonnen. Dieser begann mit dem Einsetzen des uneingeschränkten 5l-Voot-Krieges in Sperrgebieten um England, Frankreich, Italien und den übrigen Teilen des Mittelländischen Meeres. Die deutsche Kriegführung hatte damit wieder, freilich nur in gewisser Weise, die Vorhand an sich genommen. Während sie zu Lande gegenüber den mächtigen Rüstungen der Feinde in der reinen Abwehr verharrte, gespannt, wo der Feind zum Angriff ansetzen würde und wohin sie Reserven werfen müßte, war sie zur See zum entscheidungsuchenden Angriff übergegangen,

allerdings nicht zur unmittelbaren Herbeiführung der Waffenentscheidung, sondern einer Entscheidung, die zunächst auf wirtschaftlichem Gebiet lag." Die Oberste Heeresleitung hoffte zuversichtlich, unter Ausnutzung dieser Wirkung den Krieg im Laufe des Jahres zu einem für die Mittelmächte 0 „Politik und Kriegführung", S. 186 f. In demselben Sinne heißt es dort S. 194: „Wir trieben reine »Abwehrstrategie« zu Lande und nahmen jetzt den Ver-

nichtungsgedanken in die Kriegführung unserer Seestreitkräfte auf, um die wirtschaft¬ liche Kraft und damit mittelbar auch den Geist der feindlichen Völker zu treffen." — Vgl, ferner Bd. XI, S. 503, 507 und 509.

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpsen.

4

Winter

günstigen Abschluß zu bringen. Diese Zuversicht bildete die Grundlage für alle Entschlüsse, die sie hinsichtlich der Führung des Landkrieges wie der bald darauf an sie herantretenden Kriegszielfrage zu fassen hatte. Während zu Lande die militärische Lage nur noch Abwehr gestattete, schienen die Aussichten des Anterseekrieges zu weitgesteckten Kriegszielforderungen zu be-

rechtigen.

B. Vorbereitung der Abrvehr. J. Ausbau der Rüstung", a) Vermehrung und Gliederung des Heeres. Die Divisionen. Einen unmittelbaren ansehnlichen Zuwachs erhielt das Heer durch die im Winter 1916/17 errichteten 13 neuen Infanterie-Divi-

sionen (231.bis242.und 15.bayerische), deren Einheiten zum größten Teil in der Heimat unter Heranziehung des Rekrutenjahrgangs 1898 neu

aufgestellt waren2). Anfang März wurden die inzwischen auf TruppenÜbungsplätzen zusammengezogenen Divisionen durch kriegserfahrene Generale besichtigt. Ihr Arteil lautete im allgemeinen zufriedenstellend. Bemängelt wurden hauptsächlich die unzureichende Gewandtheit der meist sehr jugendlichen Führer und Unterführer sowie die vielfach ungenügende Berücksichtigung der neuesten Kriegserfahrungen; auch Mannszucht und körperliche Leistungsfähigkeit der jungen Mannschaft ließen noch manches zu wünschen übrig. Die Besichtigenden bezeichneten es daher als erwünscht, die neuen

Divisionen zur Vertiefung der Ausbildung vorerst an ruhigen Kampffronten

einzusetzen. Neben dieser Neuschöpfung war die Bildung weiterer Divisionen durch

Zusammenfassung bereits bestehender Truppenteile und ergänzende Neuaufstellungen fortgesetzt worden. Auf diese Weise entstanden bis zum April 1917 weitere 20 Divisionen3). Damit erhöhte sich die Gesamtzahl i) Eine ausführliche Darstellung bleibt der Sonderreihe „Kriegsrtistung und

Kriegswirtschaft" vorbehalten. -) Bd. XI, S. 43 f. 3) November 1916 : 205., 225. (bisher Detachement Melior) und 226. I.D.; Dezember: 362.I. D. und 2. bayer. Ldw. D.; Januar 1917: 5. Garde-, 219. (sächs.), 226., 255., 16. bayer. I. D.; 26. (württ.) Ldw. D.; Februar: 227.I.D.; 21. und 45. (sächs.) Ldw.D.;

März: 46. (sächs.) Ldw. D.; April: 228.1. D.; 22., 23., 38. und 44. Ldw. D. Die 8. Crs. Div. wurde in 243. (wüitt.) I. D. umbenannt.

Ausbau der Rüstung. Zahl und Gliederung der Divisionen.

5

der im Felde befindlichen Divisionen (einschließlich zweier Marine-Divifionett1)) von 199 auf 232. Daneben waren noch drei Divisions-Kommandos

(251. bis 253.) für den heimatlichen Küstenschutz gebildet worden. Von den bei Kriegsbeginn vorhandenen elf Kavallerie-Divis i o n e n hatten drei (4., 5. und 9.) im Herbst 1916 die Pferde größtenteils

abgegeben und fanden infanteristische Verwendung, eine (3.) war im November 1916 aufgelöst worden.

Hand in Hand mit der Vermehrung der Divisionen ging die Vereinheitlichung ihrer Organisation, Bewaffnung und Ausrüstung, so daß in dieser Hinsicht zwischen Infanterie-, Reserve-, Landwehr- und Ersatz-Divisionen kein Unterschied mehr bestand. Aber auch für den Kampfwert gaben diese Bezeichnungen vielfach keinen Maßstab mehr ab. Die Kriegsgliederung einer Division, wie sie bei der großen Mehrzahl bis zum Frühjahr 1917 durchgeführt war, wies folgende Teile auf: Infanterie: Drei Regimenter^) zu je drei Bataillonen, jedes zu vier

Infanterie-Kompanien und einer Maschinengewehr-Kompanie (mit sechs M. G. 08)3), außerdem bei jedem Bataillon vier leichte Minenwerfer, die meist durch Abgaben der zur Pionierwaffe gehörenden selbständigen Minenwerfer-Kompanien gewonnen waren. Die Ausstattung der Insanterie-Kom-

panien mit je drei leichten Maschinengewehren (M. G. 08/15)4) und zwei leichten Granatwerfern war in die Wege geleitet, steckte aber noch in den Anfängen. Man kam damit hinsichtlich der Maschinengewehre bei jeder Division auf einen Sollbestand von 54 schweren Maschinengewehren (eine Zahl, die an Hauptkampffronten durch Zuteilung von Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen°) erhöht werden konnte) und 108 leichten Maschinengewehren, blieb aber noch weit zurück hinter der Ausstattung der Gegner; denn die englische Division hatte 64 schwere und 192 leichte, die französische sogar 88 schwere und 432 leichte (fusils mitrailleurs) Maschinen-

gewehre. Kavallerie: eine Schwadron Divisionskavallerie. ') Eine dritte „Mar. I. D." wurde im Juni aufgestellt. 2) Insgesamt standen, einschließlich Jäger, rund 71V Regtr. im Felde. 3) Vielfach hatten die M. G. Kompn. mehr Maschinengewehre als die etatsmäßig

zuständige Zahl. 4) S. 13 und 258. -) S. 7.

6

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wwterisls/,7.Artillerie: ein Feldartillerie-Regiment zu drei Abteilungen, jede zu drei Batterien mit vier Geschützen; zwei Abteilungen waren mit Feldkanonen, eine mit leichten Feldhaubitzen bewaffnet'). Die Ambewaffnung mit neuem Gerät, Feldkanone 16 und leichter Feldhaubitze 16*), war im

Gange. Die leichten Munitionskolonnen, bisher feste Bestandteile der Abteilungen, waren Armeetruppen geworden. Dem dadurch erreichten Vorteil leichterer Verschiebbarkeit der Divisionen mit der Eisenbahn stand der Nachteil gegenüber, daß ihre Feldartillerie im Kampf auf Munitionszufuhr durch nicht mit ihr eingespielte Kolonnen angewiesen war. Durch Schaffung der Stelle eines Artillerie-Kommandeurs, unter Verwendung der bei den aktiven

Infanterie-Divisionen vorhandenen Feldartillerie-Brigade-Kommandeure sowie von „Generalen der Fußartillerie", erhielt jede Division ein Befehlsorgan, das Einsatz und Verwendung der gesamten ihr angehörenden oder bei

Bedarf überwiesenen leichten und schweren Artillerie zu regeln hatte'). Pioniere: ein Bataillonsstab mit in der Regel zwei Pionier-Kompanien, einem Scheinwerferzug und einer Minenwerfer-Kompanie mit acht mittleren und vier schweren Minenwerfern. Nachrichtentruppen: eine Divisions-Fernsprechabteilung; Blinkerzüge, Funker-Kleinabteilungen, Brieftaubenfchläge wurden nach Bedarf zugeteilt. Die Nachrichtenmittel der Kampftruppen (Fernsprecher, Blinkgerät, Meldehunde) waren vermehrt und vervollständigt. Kolonnen und Trains: eine Divisions-Kraftwagen-Kolonne, eine

Sanitäts-Kompanie, zwei Feldlazarette, ein Pferdelazarett. Armeetruppen und Heeresreserven. Alle nicht zur Kriegsgliederung der Divisionen gehörenden Formationen waren Armeetruppen oder Heeresreserven.

Sie wurden den Gruppen

(Generalkommandos) und Divisionen nach Bedarf zugeteilt. Armeetruppe war insbesondere die gesamte Schwere Artillerie; für später war die Eingliederung eines Teiles in die Divisionsverbände

geplant. Die inzwischen weit fortgeschrittene Neuorganisation dieser Waffe erstreckte sich hauptsächlich auf Zufammenfasiung der zahlreichen in den ersten i) Cs standen 266 Regtr. mit 781 Abtlgn. und 2322 Bttrn. (rd. 9300 Geschütze) im Felde. Die Neugliederung der Feldartillerie in Regimenter zu je drei Abteilungen und neun Batterien war somit bis auf einen geringen Rest durchgeführt. Außer Regimentsverband waren noch rund 220 Bttrn. mit rund 1000 Geschützen (reitende Artillerie, Gebirgsartillerie, Rahkampf-Batterien, Tankabwehr-Artillerie usw.). -) S. 13 s. 3) S. 35.

Ausbau der Rüstung. Die einzelnen Waffen.

7

Kriegsjahren errichteten Einzel-Batterien zu Bataillonen; von diesen sollten künftig die zu Bestandteilen der Division bestimmten Bataillone je drei schwereFeldhaubitz- oder zwei schwere Feldhaubitz-Batterien und eine 10 cm* Kanonen-Batterie haben, die übrigen (ebenfalls zu je drei Batterien) wie bis-

her einheitlich bewaffnet sein'). Eine Heeres-Feldartillerie-Reserve von etwa 34 Regi-

mentern (teilweise nur zu je zwei Abteilungen) stand der Obersten Heeresleitung in den bei Divisionen überzählig gewordenen Feldartillerie-Regimentern zur Verfügung^).

An weiteren, meist aus den Bedürfnissen des Stellungskrieges hervorgegangenen Kampf- und Hilfstruppen waren u. a. vorhanden:

17 Sturm-Bataillone verschiedener Stärke^), 5 Radfahrer-Bataillone, 81 Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen, meist zu drei Kompanien, 75 Licht- und 127 Schallmeßtrupps, 10 Minenwerfer-Bataillone mit mittleren und schweren Werfern,

2 Gas- (Pionier-) Regimenter (zwölf Kompanien), 12 Flammenwerfer-Kompanien, im Garde-Reserve-Pionier-Regiment ver-

einigt, 45 Pionier-Mineur-Kompanien. Zu den grundsätzlich bodenständigen Armee - und Heerest r u p p e n gehörten schließlich:

Von den Nachrichtenformationen, deren oberster Waffenvorgesetzter der Chef der Feldtelegraphie im Großen Hauptquartier war. 1) Von den insgesamt vorhandenen rund 1625 schw. Bttrn. waren etwa zwei Drittel in 323 23tle. zusammengefaßt; außerdem waren 96 Fußa. Regts.-Stäbe vor-

Händen. Mit neuzeitlichen Geschützen deutscher Konstruktion waren bewaffnet: 582 Steilf. Bttrn. (466 mit s. F. H. 62 oder 13, 122 mit Mrs.), 186 Flachs. Bttrn. (156 mit 16 oin-Kan. 64 oder 14, 13 mit 13 oin-Kan., 11 mit

15 vin-Kan. 16); 57 Bttrn. waren mit schwersten Flach- und Steilfeuergeschlltzen (21 bis 42 cm)

ausgestattet. Die übrigen Batterien waren teils mit älteren deutschen, teils mit erbeuteten

Geschützen bewaffnet. Die Gesamtzahl der im Felde stehenden schweren Geschütze betrug 7136; davon waren rund die Hälfte neuzeitliche deutsche Geschütze, von dem Rest etwa zwei Drittel ältere deutsche und ein Drittel Beutegeschütze.

2) S. 6, Anmerkung ')• 3) Das stärkste, Sturm-Btl. 5 (Rohr), hatte fünf Sturm-, zwei M. G.-, eine M. W. Komp., eine l. Geb. Kaub. Bttr. und einen Flammenwerfer-Trupp. — Vgl.

S. 59 f.

s

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

nütttet i9i6/i7. bie bei den höheren Kommandobehörden bis zu den Generalkommandos ein-

gesetzten Stäbe und Einheiten von Fernsprechern und Funkern sowie die

„Arend-Abteilungen" für den Abhördienst im Schützengraben. Die Kraftfahrtruppen (mit Ausnahme der Divisions-KraftwagenKolonnen) unter dem Chef des Feld-Krastsahrwesens im Großen Hauptquartier. Ihre Sonderformationen dienten vor allem den Bedürfnissen der schweren Artillerie und dem Sanitätsdienst. Die „Armee-KrastwagenKolonnen" standen als bewegliche Transportreserve zur Verfügung. Munitionskolonnen und Trains (einschl. Vrückentrains),

die nach Bedarf unter Staffelstäben zusammengefaßt wurden. Arbeitstruppen und Ctappensormationen, wie Armie-

rungs-Vataillone, Kriegsgesangenen-Arbeiter-Vataillone, Straßenbau-Kompanien, Starkstrom-Abteilungen, Wirtschasts-Kompanien usw. Selbständig war nach wie vor das Feldeisenbahnwesen mit

zahlreichen Behörden und Truppen (Cisenbahn-Bau- und Vetriebs-Kom-

panien, Feldbahn-Vetriebs-Kompanien, Seilbahn-Betriebs-Trupps, Eisenbahn-Hilss-Vataillonen usw.); auch dieses hatte einen den wachsenden Vedürsnissen entsprechenden Ausbau erfahren. Die Luftstreitkräfte. Neben der Vermehrung und Neuorganisation der erdgebundenen Waffen war mit besonderer Tatkraft der Ausbau der Luftstreitkräfte betrieben worden,

die zu einer der wichtigsten Hauptwaffen wurden. Die Entwicklung betraf in erster Linie die Fliegertruppe, dann die Flugabwehr- (Flak-) Artillerie, in geringerem Maße die Feldluftschiffer, während die Lenkluftschiffe fast nur noch bei der Marine weiterverwendet wurden'). Die im Oktober 1916 durchgeführte Zusammenfassung der Flieger, Luft¬ schiffer und Flugabwehrmittel in Feld und Heimat sowie der Beschaffung und Weiterentwicklung des gesamten Gerätes in der Hand des K o m m a n -

dierendenGenerals der Luftstreitkräfte^) hatte die Vorausfetzungen geschaffen für zweckmäßige organisatorische und vor allem durch¬ greifende technische Weiterentwicklung der Luftwaffe. Auf völlig neue Grundlagen gestellt, war der Ausbau, soweit es Rohstofflage und Leistungsveri) Bd. X,S. 621 f. — Im April 1917 waren noch 15 Heeresluftschiffe vorhanden.

Davon flogen vier für die Marine, zwei gingen im August an sie über, der Rest wurde

abgerüstet. -) Bd. XI, S. 424.

Ausbau der Rüstung. Die Luftstreitkräfte.

S

mögen der heimischen Kriegsindustrie gestatteten, im Winter 1916/17 unter

Anspannung aller Kräfte „in allen wesentlichen Punkten'") in dem vom Kommandierenden General beabsichtigten Rahmen durchgeführt und die Luftwaffe nach den Erschütterungen des Hochsommers 1916 zu einem Kriegsinstrument von außerordentlicher Schlagkraft ausgebaut worden. Bei der Fliegertruppe waren die den Armeen zugeteilten, bisher nur beratenden „Stabsoffiziere der Flieger" in „Kommandeure der Flieger", unter ihnen nach Bedarf Gruppenführer bei den Generalkommandos, umgewandelt, die nach Weisung der Kommandobehörde den Einsatz der Flieger-

formationen zu regeln sowie für Ausbildung, Ersatz und Nachschub zu sorgen hatten. Man unterschied im Frühjahr 1917: Flieger-Abteilungen, vornehmlich zur Vilderkundung, Herstellung der Verbindung und Bekämpfung von Erdzielen, je eine für jedes ArmeeOberkommando und Gruppen- (General-) Kommando. Flieger-Abteilungen (A) mit zugeteilten „Schutzstaffeln", vorzugsweise zur Unterstützung der Feuerleitung der Artillerie, möglichst eine für jede Division an Kampffronten. Jagdstaffeln mit besonders schnellen, gut steigenden und stark bewaff¬ neten Einsitzern zur Bekämpfung feindlicher Flugzeuge und Fesselballone, im allgemeinen zur Verfügung der Armee-Oberkommandos.

Kampfgeschwader der Obersten Heeresleitung mit besonders tragfähigen Flugzeugen für weite Flugstrecken zur Führung des operativen Luftkrieges durch Bombenabwurf. Bei der Vorbereitung größerer Kampfhandlungen sollten die Luftstreitkräfte der Armeen durch Abgaben von anderen Armeen sowie durch Zu-

teilung von Kampfgeschwadern wesentlich verstärkt werden^). Die Flugabwehr-Artillerie,bis dahin teils Armeetruppe, wie die Kraftwagen- und die 3,7 om-Maschinenkanonen-Flak-Bat>) Schreiben des Komm. Gen. d. Luftstreitkräfte an den Chef d. Genst. d. Feld¬ heeres vom 24.März 1917. 2) Anfang April 1917 zählte die Fliegertruppe neben entsprechenden

Kommandostellen und Bodeneinrichtungen: 49 Flieger-Abtlgn. zu je 6 Flugz., 93 Flie¬ ger-Abtlgn. (A) und 30 Schutzstaffeln zu ebenfalls je 6 Flugz., 37 Jagdstaffeln zu je 14 Flugz., 2Riefenflugz.-Abtlgn. zu je 2 Flugz., 3 Kampfgeschwader der O. H. L. mit 18 Staffeln zu je 6 Flugz., 3 Reihenbildzüge zu je 3 Flugz.; ferner 11 Kampfeinsitzerstaffeln des Heimatgebietes zu je 8 Flugz. Der Sollbestand betrug 1683 Frontflugzeuge, dazu 509 der Armee-Flugparks und 88 der Kampfeinsitzer-Staffeln, so daß der Gesamtsollbestand sich auf 2271 Flugzeuge belief.

An Feldluftschiffer-Formationen befanden sich 159 Vallonzüge mit je einem Ballon an den Fronten.

10

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpsen.

Wwter lSls/17. terien oder -Züge, teils Feldartillerie-Regimentern der Divisionen als Pferde-

bespannte Flak-Einheiten angegliedert, wurde mit den Flak-ScheinwerferEinheiten unter eigenen Waffenvorgesetzten bei Heeresgruppen, Armeen, nach

Bedarf auch Gruppen, zusammengefaßt. Ein Kommandeur des Heimatluftfchutzes wurde neu geschaffen. Im Frühjahr 1917 waren rund 1600 Flak eingesetzt, davon rund 1100 an der Front.

Schwierigkeiten der Ersatzlage und ihre Folgen. Der beträchtliche Bedarf an Ossizieren und Mannschaften für die zahlreichen Neu- und Umbildungen hatte ohne übermäßige Beeinträchtigung der Crsatzversorgung zahlenmäßig ausgebracht werden können, da der Ausfall in den verhältnismäßig ruhigen Wintermonaten an allen Fronten gering gewesen war, bei der Infanterie überdies die Sollstärken herabgesetzt

und auf diese dann noch Teile der ins Feld gesandten garnisonverwendungsfähigen Mannschaften angerechnet wurden. Im ganzen bedeutete das aber zusammen mit der Abgabe vieler besonders brauchbarer Kräfte für neu auf¬ gestellte Stäbe aller Art, für Sonderformationen und vor allem für die Fliegerwaffe eine entschiedene Schwächung der Gefechtskraft insbesondere der Infanterie. Das konnte für den Kampf, besonders in der Abwehr, durch

vermehrte Zuteilung von Maschinenwaffen künftig ausgeglichen werden; die für Patrouillen- und Stoßtrupp-Unternehmen wie für Arbeitsdienste verfügbaren Kräfte waren aber erheblich kleiner geworden. Dieser Nachteil mußte unter den gegebenen Verhältnissen in Kauf genommen werden zu-

gunsten größerer Handlichkeit des organisatorisch nunmehr einheitlicher und auch reicher gegliederten Kriegsinstrumentes und der überragender Bedeutung des Ausbaus der Luftwaffe.

Nach Einziehung des Rekrutenjahrganges 1898 waren im Januar 1917 rund 1,3 Millionen Ersatzmannschaften vorhanden gewesen, ungerechnet die

infolge des Hindenburg-Programms ständig zunehmende Zahl zurückgestell¬ ter Wehrpflichtiger, die rund 1,6 Millionen, davon 1 Million Kriegsverwendungsfähige, betrug. Anfang April wiesen die Ersatzformationen noch rund 900 000 Mann auf. Da mit Beginn der Großkämpfe eine wesentliche Steigerung des Ersatzbedarss zu erwarten war, mußte damit gerechnet werden, daß der Bestand nur noch wenige Monate reichte. Dann blieben außer Wiedergenesenen im wesentlichen nur noch der nächste Rekrutenjahrgang 1899 (18jährige) sowie die in der Kriegswirtschaft zurückgestellten und

die noch bei rückwärtigen militärischen Diensten, kriegswirtschaftlichen Organi-

Ausbau der Rüstung. Crsatzlage.

11

sationen, Zivilbehörden usw. tätigen feldbrauchbaren Wehrpflichtigen zur Verfügung. Diese Ersatzquellen waren indessen wenig ergiebig, recht unsicher oder einstweilen überhaupt noch nicht ausfchöpsbar. Dem immer dringlicher wiederholten Verlangen der Obersten Heeresleitung und des KriegsMinisteriums, die zahlreichen auf gefahrlosen Posten hinter der Front oder in der Heimat beschäftigten Wehrpflichtigen durch Hilfsdienstpflichtige oder Frauen abzulösen, war bisher nur ganz unzulänglich Folge gegeben worden. Seit Erlaß des Hilfsdienstgesetzes, das gerade hierin eine fühlbare Entlastung des Feldheeres hatte bringen sollen, waren bisher noch keine 100 000 Wehrpflichtige für den Frontdienst frei gemacht worden, wobei wenig stichhaltige Gründe oder gar Vorwände vielfach eine recht unrühmliche Rolle spielten. Im übrigen war Einschränkung der Zurückstellungen in der Kriegswirtschaft ohne Beeinträchtigung der Versorgung mit Kriegsbedarf nur möglich, wenn der Ausfall durch gleichwertige Ersatzkräfte ausgeglichen werden konnte.

Gegen vorzeitige Einberufung des Rekrutenjahrgangs 1899 hatte der Kriegsminister, General der Artillerie von Stein, zunächst Bedenken gehabt, weil — wie er schrieb'): „die für einen Feldsoldaten erforderliche moralische

Reife schon jetzt bei diesen jungen Leuten kaum angenommen werden kann und das Kriegsministerium vermeiden wolle, daß der aus dem Friedens-

angebot") gefolgerte Rückschluß unserer Feinde auf die Erschöpfung unserer Wehrkraft neu bestärkt würde". Die Oberste Heeresleitung teilte diese Be-

denken, meinte aber doch, daß sich die junge Mannschaft bei der Truppe in regelmäßigem Ausbildungstraining und bei ausreichender Verpflegung bester entwickeln werde als im Berufsleben. Auch sei zu bedenken, daß die Ausbildungszeit nicht lang genug bemesien werden könne"). Sie schlug daher vor, die Einberufung des Rekrutenjahrganges 1899 nach Beendigung der land-

wirtschaftlichen Frühjahrsbestellung in Aussicht zu nehmen. Anfang April wurde mit seiner Musterung begonnen. Als sonstige Maßnahmen zur Überwindung der Ersatzschwierigkeiten zog der Kriegsminister weitere Herabsetzung der Gefechtsstärken, Auflösung je einer Kompanie bei allen Infanterie- und Iäger-Bataillonen nach erfolgter Ausstattung mit leichten Maschinengewehren sowie aller in die Kriegssormation des Heeres noch nicht etatsmäßig eingegliederten Truppenteile in Erwägung. Mit solchen Maßnahmen vermochte sich die Oberste Heeresleitung jedoch nicht zu befreunden, wenn sie es auch unter den obwaltenden Schreiben vom 16. Jan. an die O. H. L.

-) 23b. XI, 6.456 f. 3) Schreiben vom 26. Jan. an das Kr. Min.

12

Wwter

Die Oberste Heeresleitung vor den Frllhjahrskämpfen.

Verhältnissen für unvermeidlich hielt, daß „vom April des Jahres ab die Gefechtsstärken der Truppen langsam sinken werden". Mit dieser Lage müsse man sich abfinden; ihr Ernst werde dadurch etwas gemildert, daß die ein-

geleitete Vermehrung der Maschinengewehre, Minenwerfer und Geschütze, „wenn auch nicht in dem erhofften Maße, so doch einen gewissen Ausgleich schaffen werde". Nicht minder ernst als die Frage der Zahl war die der Güte des

Ersatzes. Die Klagen der Front über mangelnde körperliche Leistungssähigkeit der ins Feld gesandten Mannschaften mehrten sich, ebenso über ihren unzulänglichen Ausbildungsstand. War die körperliche Schwäche eine Folge zunehmender Crnährungsschwierigkeiten, so litt die Ausbildung vor-

nehmlich darunter, daß das äußerst knapp bemessene Ausbildungspersonal der heimischen Ersatztruppenteile für seine sehr schwierige Aufgabe vielfach nicht ausreichend vorgebildet oder auch sonst minder geeignet und dabei über Gebühr angestrengt war. Vorzüglich bewährten sich die Feld-

rekrutendepots'). Die Frage des Nachwuchses an Offizieren war ebenfalls Gegen-

stand ernstester Sorge. Angesichts des gewaltigen Bedarfs hatten die überkommenen bewährten Grundsätze für Eignung und Vorbildung, Alter und Lebenserfahmng schon längst nicht mehr voll aufrechterhalten werden können. Am Hebung und Förderung der Ausbildung waren die verantwortlichen Stellen tatkräftig bemüht*). Am schwierigsten war die Aufgabe der TruppenKommandeure, denen der Kampf nur zu oft ihre Besten entriß, die aber den immer wieder neuen Nachwuchs durch Vorbild und Erziehung in das eherne

Gefüge des Offizierkorps so geschmeidig und fest einzugliedern und so mit ihm zu verschmelzen hatten, daß dieses trotz zahlenmäßiger Aufblähung keine ernste Einbuße an seinem bisher unübertroffenen Werte erlitt.

d) Bewaffnung und Ausrüstung^). Es handelte sich darum, das im großen und ganzen durchaus bewährte Gerät des Heeres entsprechend den seit Kriegsbeginn vielfach veränderten und gesteigerten Anforderungen weiterzuentwickeln und zahlenmäßig zu vermehren. Richtunggebend waren dabei in erster Linie die Bedürfnisse des Stellungskrieges. ') ©. 53.

2) ©.53 f. 3) Vgl, Bd. IX, S. 378.

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

13

Weiterentwicklung des Gerätes.

Völlige Neukonstruktionen, so wünschenswert sie bei manchem Kampfmittel waren, kamen aus Mangel an Arbeitskräften, Herstellungsmitteln und Rohstoffen, aber auch an Zeit für Versuche und Erprobungen, nur in be-

schränktem Umfange in Frage. Man mußte sich im wesentlichen damit begnügen, vorhandenes Gerät so zu vervollkommnen, daß es den gesteigerten

Ansprüchen der Kriegführung genügte. Die entscheidenden Schritte auf diesem Wege waren unter der Zweiten Obersten Heeresleitung bereits getan, und die wesentlichsten Verbesserungen waren bis zum Sommer oder Herbst 1916

bereits eingeführt; mit der Massenanfertigung hatte man gerade begonnen oder war im Begriff, es zu tun. Die Ausgabe an die Truppe war aber doch

erst ganz allmählich zu erwarten, so daß die neuen Waffen für die Frühjahrskämpfe des Jahres 1917 tatsächlich noch kaum eine Rolle spielten. Immerhin müssen sie hier behandelt werden. Schon frühzeitig hatte sich das Bedürfnis ergeben, neben dem bewährten schweren Maschinengewehr ein leichteres zu haben, wie es die Westgegner seit langem besaßen. Cs war im Sommer 1916 eingeführt, konnte aber vorerst nur in ganz geringem Umfange ausgegeben werden. Dieses „MG. 08/15" wog nur ein Drittel des schweren Maschinengewehrs; dafür

war allerdings feine Treffgenauigkeit geringer. Bei den Geschützen handelte es sich vor allem um Erhöhung der Schußweiten. Sie wurde dadurch erreicht, daß man an dem vorhandenen Gerät unter Beibehält der Kaliberabmessungen Änderungen vornahm. Diese

bestanden neben beträchtlicher Verlängerung der Rohre auch in der Wahl günstigerer Geschoßformen bei Herabsetzung der Geschoßgewichte. Bei der Feldartillerie erhielten Kanone und Haubitze die gleiche Lafette, die der ersteren das Schießen mit wesentlich größerer Erhöhung gestattete. Die mit den Gesamtänderungen verbundenen, recht beträchtlichen Gewichtserhöhungen verminderten zwar die Beweglichkeit, namentlich der Feldkanone; das aber konnte, vor allem im Stellungskriege, ohne ernsten Nachteil in Kauf genommen werden. Entscheidend blieb die Steigemng der Schußweiten. Nach Abschluß befriedigend verlaufener Truppenversuche waren die neuen Geschütze im Sommer 1916 als „F e l d k a n o n e 16" und „leichte

Feldhaubitze 16" eingeführt worden. Im Herbst begann die Massen-

Herstellung. Bei der schweren Artillerie waren die Schußweiten der beiden Haupt-

geschütze, schwere Feldhaubitze (15 ein) und Mörser (21 ein), bereits früher als bei der Feldartillerie gesteigert worden. Die umgeänderten Geschütze

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

14

Winter ISIS/17, hatten die Bezeichnung „lange schwere Feldhaubitze 13" und „langer Mörser" erhalten').

Während das deutsche Heer mit einer wesentlichen Überlegenheit an Steilfeuer in den Krieg eingetreten war, hatte sich allmählich eine solche seiner Westgegner an weittragendem schweren Flachfeuer herausgebildet. Durch Einsatz von Veutegeschützen und Geschützen der Marine (10 ein.- und 15 ein-

Geschütze), für die aber erst entsprechende Lafetten, teilweise auch Bettungen herzustellen waren, fowie durch Verwendung meist älterer Festungsgeschütze hatte man dem Mangel nach Möglichkeit abzuhelfen gesucht. Von den neuzeitlichen deutschen Flachfeuergeschützen hatte sich die 10 ein-Kanone (04 und 14) vollauf bewährt. Versuche, die nicht voll befriedigende 13 einKanone, die übrigens nur in ganz geringer Zahl vorhanden war, durch eine leistungsfähigere und wirkungsvollere 15 em-Kanons zu ersetzen, reichten bis

in die Vorkriegszeit zurück. Nach Kriegsausbruch wieder aufgenommen, brachten sie nach Abschluß eingehender Truppenversuche im August 1916 die Einführung der sehr leistungsfähigen „15 ern - K a n o n e 16" mit

22,8 Kilometer Schußweite. An schwer st emFlachseuer besaß das Heer einige von der Marine abgegebene und auch von Marine-Sonderkommandos bediente 35 ern- und

38 ein-Geschütze, ferner eine 21 ein-Kanonen-Batterie mit Vettungsschießgerüst. Die Abgabe weiterer Rohre des 17-, 21- und 24-ein-Kalibers von der Marine und ihr Einbau in Schießgerüste waren in die Wege geleitet. Das

Auftreten auf Eisenbahnwagen montierter schwerster Flachfeuergeschütze beim Westgegner im Herbst 1916 führte zu ähnlicher Verwendung von 24 eini) Vergleichsangaben: Gewicht des Ge¬

Geschütz

Länge des Rohrs

schützes in Feuer-

in Kalibern

stellung (bei Mörsern

Größte Schutzweite

mit Nadgürtel) F. K. 96 n/A F. K. 16

l. F. H. 98. 09

l.F.H.16 s. F. H. 02

s. F. H. lge. s. F. H. 13

Mrs lg. Mrs

L/27 L/35

1020 kg 1325 kg

7 800 m

L/12 L/22

1225 kg 1380 kg

6 300 m

L/12 L/14 L/17

2035 kg 2135 kg 2190 kg

7 450 m

L/12 L/14

7380 kg 7550 kg

9 400 m 10 200 m

9100 m

8 400 m

8 500 m 8 800 m

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

15

Rohren auch auf deutscher Seite. Das erste solche Eisenbahngeschütz mit 16,2 Kilometer Schußweite kam Anfang 1917 an die Front; weitere folgten in den nächsten Monaten.

Zur Ergänzung der Artillerie-Feuerwirkung auf nahe Entfernungen war der Minenwerfer im Verlauf des Stellungskrieges aus einem Sonder-

gerät der Pioniere zu einer wichtigen und unentbehrlichen Nahkampfwaffe geworden. Dem trug seine Weiterentwicklung Rechnung, durch die die Wirkung beträchtlich erhöht wurde'). Der im Frühjahr 1916 eingeführte leichte Minenwerfer „neuer Art" war zugleich für Flachbahnschuß eingerichtet und damit, als später Tanks austraten, auch gegen diese behelfsmäßig verwendbar. Mehr noch als die Weiterentwicklung des Gerätes selber hatte die der Munition unter Rohstoffschwierigkeiten zu leiden. Das galt besonders für die Fertigung von Pulver und Sprengstoffen. Es war schon eine außer-

ordentliche, nur durch unermüdliche Versuche und angespannteste Bemühun¬ gen erzielte Leistung, daß es im allgemeinen gelungen war, Aushilfsmittel und Ersatzstoffe so zu vervollkommnen, daß der Bedarf an Treibmitteln ohne allzu fühlbare Beeinträchtigung der Güte der Munition gedeckt werden konnte. Bei den Sprengstoffen mußte dagegen eine erhebliche Minderung der Brisanz in Kauf genommen werden. Weniger eng begrenzt waren die Möglichkeiten für Leistungserhöhungen von Geschossen und Zündern. Freilich zwang auch bei ihrer Fertigung der Mangel an ausländischen Rohstoffen zur Verwendung von Stoffen geringerer Güte, so von Zink und Eisen an

Stelle von Kupfer für Gefchoßführungsringe. Auch hatten sich, da die Stahlerzeugung infolge Versiegens der Zufuhr hochwertiger Auslandserze und der zur Stahlbereitung nötigen Zusatzmetalle (Mangan, Nickel, Chrom usw.) mehr und mehr auf die Verhüttung inländischer Eisenerze angewiesen war, die Geschoßkonstruktionen durch Wand- und Bodenverstärkungen der ver-

minderten Stahlqualität anpassen müssen. Der Technik gelang es jedoch, dieser Schwierigkeiten Herr zu werden und darüber hinaus sogar noch Fortschritte zu erzielen. So konnten die Schußweiten dadurch weiter gesteigert werden, daß man dem Geschoß eine Form gab, die den Luftwiderstand leichter überwand. Solche „OGeschosse" wurden zunächst bei der Feldartillerie Anfang 1917 eingeführt. Sie ermöglichten die weitere Steigerung der Schußweiten, bei der Feldkanone 16 von 9100 auf 10 700, bei der leichten FeldHaubitze 16 von 8400 auf 9700 Meter. x) Die günstigsten Schußentfernungen des verbesserten Geräts lagen beim

l. M.W.(Kal.^ 7,5cm, 0,62kgSprengldg. der Mine) zwischen225u. 1212(früher 1050)m, m.M.W. (Kal. 17 cm, 13 f. M. W. (Kal. 25 ein, 50

kg Sprengldg. der Mine) zwischen 260 u. 1150 (stüher 768) m, kg Sprengldg. der Mine) zwischen 290 u. 970 (früher 563) m.

16

Wiater,»i6/,7.

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Auch auf dem Gebiete der Zünderkonstruktion entstanden Neuerungen. Durch Einfügung einer besonderen Sicherung wurde die Häufigkeit von Rohrzerspringern beträchtlich herabgesetzt. Wichtiger noch war die Schaffung eines verbesserten empfindlichen Aufschlagzünders, der den von den Franzosen schon seit langem verwendeten an Brauchbarkeit und Sicherheit übertraf. Vermittels eines aus der Geschoßspitze herausragenden Holzstiftes trat dieser Zünder bereits in Tätigkeit, bevor die Geschoßspitze in den Voden eindrang, so daß die Sprengstücke flach über den Voden hinstrichen. Nebenher ging die Entwicklung von Sondergeschosien, von denen Nebelgeschosse und insbesondere die Gasmunition zunehmende Bedeutung gewannen. Nachdem die Franzosen Anfang 1916 zur Verwendung des vergiftend wirkenden Phosgens als Kampfstoff übergegangen waren, wurde auch auf deutscher Seite an Stelle der bisherigen Reizstoffe eine chemische Ver-

bindung mit Giftwirkung (Perstoff) eingeführt und nach dem Crkennungszeichen auf dem Geschoßmantel „Grünkreuz" genannt. Die Suche nach neuen, noch wirksameren Kampfstoffen wurde fortgesetzt. Beim Vau von Heereskraftwagen wurde besonderes Gewicht

auf Vereinheitlichung der Typen gelegt, um die Herstellung dem zunehmenden Bedarf entsprechend zu beschleunigen sowie Bedienung, Unterhaltung und Instandsetzung zu vereinfachen. Mit der Konstruktion von Tanks war nach dem ersten Auftreten dieses neuartigen Kampfmittels beim Westgegner bereits im Herbst 1916 begonnen worden. Das im Frühjahr 1917 der Obersten Heeresleitung vorgeführte erste Versuchsmodell befriedigte aber wenig. Die Arbeiten an seiner

Weiterentwicklung wurden vorerst hinter dringlicher erscheinende Aufgaben zurückgestellt).

Die Schaffung besonderer Abwehrmittel war noch im

Stadium der Versuche. Die Tankabwehr blieb daher einstweilen den vor-

handenen Waffen, namentlich Feldkanonen und leichten Minenwerfern, überlassen. Von den Nachrichtenmitteln war namentlich das Funkgerät wesentlich vervollkommnet worden, wenn seine Verwendung auch einstweilen noch auf den Verkehr hinter der Front und in begrenztem Maße auf den mit Flugzeugen beschränkt blieb. Optische Hilfsmittel, Meß- und Nichtgeräte, Scheinwerfer, Signalmittel, Lichtbildgerät, Abhörgerät und vieles i) „Möglich, daß ich schärferen Druck hätte ausüben müssen" — schrieb Gen.

Ludendorff nach dem Kriege („Meine Kriegserinnerungen", S. 463) —; „ich weiß aber

nicht, welchen Heeresbedarf wir dafür hätten zurückstellen sollen."

17

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

andere waren neu entwickelt worden. Auch die Bekleidung und Ausrüstung

des einzelnen Mannes hatte Änderungen erfahren, deren wichtigste die inzwischen allgemein durchgeführte Ausstattung mit dem Stahlhelm und der Gasmaske war.

Die weitaus stärkste Entwicklung war auf dem Gebiet des FlugWesens vor sich gegangen. Die vielseitigen Aufgaben der neuen Waffe nötigten zur Spezialisierung des Flugzeugbaus, der sich auch die Motorenkonstruktion anpassen mußte. Die zur Nahaufklärung und Artillerie-Veobachtung bestimmten „Arbeitsflugzeuge" waren zur Mitnahme von Beob-

achtungs-, Bild- und Funkgerät eingerichtet. Mit wachsender Bedeutung der Fernerkundung traten neue Forderungen auf. Außer langer Flugdauer wurden große Steigfähigkeit und Schnelligkeit verlangt. Stärkere Motoren wurden nötig. Zur Ausstattung gehörten Lichtbildgerät von großer Brennweite oder Reihenbildkammern. Zu einem besonderen Typ wurde das dem Schutz der Luftaufklärung und -beobachtung dienende „Schutzflugzeug", bei dem es außer auf Wendigkeit und Schnelligkeit hauptsächlich auf die Vewaffnung ankam. Aus ihm hatte sich bereits das „Schlachtflugzeug" zu entwickeln begonnen, das, ausgerüstet mit Maschinengewehren und Abwurfmunition, zum Eingreifen in den Crdkampf befähigt war. Für Bombenangriffe gegen Anlagen im feindlichen Hinterlande waren

zweimotorige „Großflugzeuge" und mehrmotorige „Riesenflugzeuge" entstanden. Bei ihnen stand die Forderung nach großer Tragfähigkeit im Vordergrunde, um neben einem möglichst hohen Gewicht an Bomben die Aus-

stattung mit Maschinengewehren und die Mitnahme von Bedienungspersonal zu ermöglichen.

Die schnellste und fortschrittlichste Entwicklung erfuhr das einsitzige „Jagdflugzeug", desien Aufgabe der Kampf in der Luft war. Cr verlangte

große Steigfähigkeit und Wendigkeit, hohe Geschwindigkeit, gutes Sichtvermögen sowie eine starke und zuverlässig arbeitende Schußwaffe. Wohl mehr noch als auf irgendeinem anderen Gebiete ergab sich hier ein Wettlauf mit den Neukonstruktionen der Gegner. So gab der französische NieuportDoppeldecker, der dem deutschen Fokker-Kampseinsitzer flugtechnisch überlegen war, den Anstoß zum Bau des einsitzigen Albatros-Doppeldeckers, der sich lange Zeit als Spitzenleistung behauptete. Dieser Entwicklung des Flugwesens entsprechend war die Forderung

nach leistungsfähigen Flugabwehr-Geschützen (Flak) gestiegen, hatte aber lange Zeit hinter der nach Vermehrung und Verbesserung der leichten und schweren Geschütze für den Crdkampf zurückstehen müssen, die das Weltkrieg. XII. Band.

2

18

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wwter ists/17. Fertigungsvermögen der Waffenfabriken vollständig in Anspruch nahmen.

Man hatte zu Aushilfsmitteln gegriffen. Außer älteren deutschen Feldgeschähen (9 ein-Kanonen) und von der Marine zur Verfügung gestellten 3.7 oin-Mafchinenkanonen waren vor allem aus Veutegerät vermittels einiger

konstruktiver Änderungen zahlreiche brauchbare Abwehrgeschütze geschaffen, die ständig vermehrt und soweit möglich verbessert wurden. Ortsfest eingebaut oder auch beweglich, hatten sie in kurzer Zeit mit geringem Aufwand an Material und Arbeitskräften den Aufbau eines einigermaßen wirksamen Luftschutzes im Felde und in der Heimat ermöglicht. Daneben waren Kanonen der Feld- und schweren Artillerie behelfsmäßig als Flak verwendet worden.

Die Fertigung eigens für die Luftabwehr eingerichteter Sondergeschütze nach einem schon im Frieden durchgebildeten und inzwischen verbesierten Muster (7,7 ein-Kraftwagen- und 7,7 oin-Sockel-Flak) war erst allmählich in Gang gekommen. Ihre ballistischen Leistungen (größte Steighöhe 4250 Meter) erwiesen sich jedoch bald als nicht mehr ausreichend. Man verlangte vor allem Verkürzung der Flugzeit, Vergrößerung der Reichweite und größere Wirkung des Einzelschusies. Von den Versuchsgeschützen verschiedenen Kalibers (8 cm> 8,8 cm und 10,5 cm) bewährte sich am besten die 8.8 cm-Ffa? auf Kraftwagen, die eine Feuergeschwindigkeit von zehn Schuß in der Minute und eine Steighöhe von 6850 Metern (größte Schußweite 10 800 Meter) im Vrennzünderfchuß erreichte. Diese ballistischen Leistungen gestatteten die Bekämpfung feindlicher Flieger in den im Frühjahr 1917

größten Flughöhen, von niedriger fliegenden Aufklärungs- und Veobachtungsfliegern meist auch, wenn sie jenseits der deutschen Linien blieben. Durch Trennung des Geschützes in Geschützwagen und Zugmaschine war die Veweglichkeit derart, daß das Geschütz in jedem Gelände benutzt werden konnte. Cs wurde in zugweiser Verwendung das Hauptkampfgeschütz der Flugabwehr-Artillerie.

Vermehrung des Gerätes.

Mit Übernahme ihres Amtes hatte die Dritte Oberste Heeres¬

leitung sofort scharf auf beschleunigte Verstärkung der materiellen Kampf¬ kraft des Heeres gedrängt. Denn darin lag die einzige Möglichkeit, den Gegnern gewachsen zu bleiben, die im Westen auf demselben Wege bereits vorangegangen waren. Diese Erkenntnis lag dem Hindenburg-Programm')

zugrunde, das für Waffen, namentlich für Maschinengewehre, Geschütze und i) Vd, XI, ©. 32 ff.

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

19

Minenwerfer, sowie für Munition bis zum Frühjahr 1917 eine Verdoppe¬

lung, teilweise sogar Verdreifachung der bisherigen Fertigung verlangt hatte. Die Erfüllung war abhängig von der Vermehrung der Fertigungsmöglichleiten, da die vorhandenen Waffen- und Munitionsfabriken bereits bis zur Höchstgrenze ihrer Leistungsfähigkeit ausgenutzt waren. Vetriebserweiterun-

gen und Heranziehung geeigneter weiterer Fabriken genügten nicht, vielmehr mußten Erzeugungsstätten in großer Anzahl neu errichtet werden, nicht allein zur Fertigung des Kriegsgerätes selbst, sondern auch von Maschinen, Apparaten und sonstigen Betriebsmitteln zu dessen Herstellung. Ebenso mußte die Erzeugung von Vorprodukten, Roh-, Bau- und Werkstoffen aller Art gesteigert werden'). Wohl stellte sich zwar bald heraus, daß das KriegsMinisterium auf allen diesen Gebieten schon weitgehend vorgearbeitet hatte; das genügte aber in keiner Weise für die jetzt geforderte gewaltige und Plötzliche Mehrleistung auf sämtlichen Gebieten der Kriegsindustrie. Die Erfüllung des Hindenburg-Programms erforderte als Erstes den Einsatz großer Mengen neuer Arbeitskräfte. Ihre Aufbringung aber stieß auf ganz außerordentliche Schwierigkeiten. Die ErWartungen, die man auf den Vaterländischen Hilfsdienst gesetzt hatte, erwiesen sich schon bald als trügerisch. Tatsächlich war die weit überwiegende

Mehrzahl der vorhandenen leistungsfähigen Arbeitskräfte schon vorher in der Kriegswirtschaft tätig, deren Umkreis das Hilfsdienstgesetz^) nun auch

noch auf Berufs- und Vefchäftigungszweige ausdehnte, die mit Kriegsbedürfnissen teilweise nur in sehr losem Zusammenhang standen. Die Zahl der noch außerhalb dieser weitverzweigten „Kriegswirtschaft" in entbehr-

lichen Gewerbezweigen tätigen hilfsdienstpflichtigen Arbeitskräfte (männliche Arbeitsfähige vom 17. bis 60. Lebensjahr) war nur gering. Dazu kam, daß Beispielsweise mußten allein zur Verdoppelung des „Pulverprogramms" zahlreiche neue Anlagen zur Herstellung von synthetischem Ammoniak, Salpetersäure, Oleum, Schwefelsäure, Schwefeläther, sllr Denitrierung und Konzentration von Säuren geschaffen, wegen des Mangels an natürlichem Glyzerin neue große Fabriken und Destillationen zur Gewinnung synthetischen Glyzerins (aus Zucker) und von Glykol errichtet, um die Versorgung der Landwirtschaft mit Stickstoff angesichts des Mehrbedarss der Munitionsfertigung nicht in Frage zu stellen, die Produktion der Kalkstickstossäbriken vervielfacht und zum Transport von Säuren und sonstigen Flüssigkeiten in

großen Mengen Transportmittel (Kesselwagen, Zinksässer usw.) gebaut werden. Ferner mußten zur Erhöhung der Gewinnung von Schwefelkies neue Gruben erschlossen, wegen

Verknappung der Phosphate längst verlassene Phosphor-Gruben wieder ausgebaut und wegen ihrer geringen Ausbeute zugleich die Einrichtungen zur Erzeugung von amorphem Phosphor sowie von Arsen zur Streckung von Phosphor vermehrt werden. -) Bd. XI, S. 39 ff. 2*

20

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

astete» 1916/17. i>a§ im Gesetz vorgeschriebene verwickelte Verfahren die Heranziehung noch

verfügbarer Hilfsdienstpflichtiger und ihren Einsatz in der Kriegswirtschaft sehr erschwerte und Drückebergern allerlei Wege offen ließ. So standen zur Deckung des Mehrbedarfs im wesentlichen nur noch Frauen und Jugendliche zur Verfügung, von denen aber ebenfalls schon vorher ein erheblicher Teil in der Kriegswirtschaft tätig war. Daß sich solche „Ersatzkräfte" auch weiterhin in großer Anzahl zur Aufnahme von Wegswirtschaftlicher Arbeit bereit fanden, trug zwar dazu bei, den Arbeitermangel zu mildern; ihn zu beheben vermochte dieser zahlenmäßige Zuwachs meist ungelernter Arbeitskräfte aber nicht. Die Kriegsindustrie brauchte fachlich geschulte Kräfte und hatte jetzt weniger denn je Zeit und Gelegenheit, Ersatzkräste anzulernen. Versuchen, die Erzeugung durch Nationalisierung des Herstellungsganges zu steigern, waren nach Lage der Dinge ebenfalls verhältnismäßig enge Grenzen gezogen, oder sie bedurften, wie das bei der

Gewehr-, Maschinengewehr- und Geschützfabrikation in die Wege geleitete Verfahren der Arbeitszerlegung — Herstellung von Teilfabrikaten in einer

großen Anzahl dazu geeigneter Betriebe —, zeitraubender Vorbereitungen und Umstellungen. Zu alledem wurde die Leistungsfähigkeit der Arbeiter durch die wachsende

Lebensmittelknappheit ernstlich beeinträchtigt, deren nachteilige Wirkungen auch durch bevorzugte Nahrungsmittelzuteilung (Schwerarbeiterzulagen) nicht zu beseitigen waren, und schließlich begann auch politische Verhetzung den Arbeitswillen zu lähmen. Der für die Kriegsindustrie erforderliche Mehrbedarf an Facharbeitern ließ sich in der Hauptsache nur dadurch ausbringen, daß man im vermehrten

Umfange zur Zurückstellung Wehrpflichtiger vom Militärdienst griff. Selbstverständlich konnte die Anwendung dieses die lebendige Kampfkraft der Front schädigenden Mittels, durch das bis zum Frühjahr 1917 bereits 15 v. H. der

Gesamtzahl der Wehrpflichtigen') beansprucht wurden, nicht beliebig weiter ausgedehnt werden. In der Facharbeiterfrage gerieten somit die Forderungen nach Stärkung der materiellen und nach Hebung oder gar nur Erhaltung der

personellen Kampfkraft des Heeres miteinander in Widerstreit.

Der zweite große Hemmschuh für die Durchführung des HindenburgProgramms war die R o h st o f f k n a p p h e i t. Sie zu beheben, war nach wie vor das unausgesetzte Bemühen der unter der bewährten Leitung des ») S. 10.

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

21

Oberstleutnants Koeth stehenden Kriegsrohstoffabteilung, der auch nach Eingliederung in das Kriegsamt die zentrale Bewirtschaftung der kriegswichtigen Rohstoffe oblag. Ihre Tätigkeit beschränkte sich keineswegs mehr nur auf

straffe haushälterische Regelung des Verbrauchs schwer erhältlicher ausländischer Rohstoffe; sie hatte sich auch nicht mehr damit begnügt, die Gewinnung von Ersatz- und AusHilfsstoffen aller Art sowie ihre Verwendung bei der Herstellung von Kriegsmaterial zu fördern, sondern sie hatte schon vor Erlaß des Hindenburg-Programms auch solche Rohstoffe in die behördliche Rohstoffwirtschaft einbezogen, deren Beschaffung man wegen der reich-

lich zur Verfügung stehenden inländischen Erzeugung während der beiden ersten Kriegsjahre ohne „Zwangsmaßnahmen" als ausreichend gesichert an-

gesehen hatte. Reben Kohlen waren insbesondere Eisen und Stahl die

wichtigsten Grundstoffe der kriegswirtschaftlichen Produktion. Wohl war deren Erzeugung nach den schweren Rückschlägen der ersten Kriegsmonate wieder so angestiegen, daß sie nicht nur allen Rüstungs- und sonstigen kriegs-

wirtschaftlichen Bedarf gedeckt hatte, sondern sogar noch beträchtliche Mengen zum Austausch gegen andere Kriegsbedürfnisse der Ausfuhr zur Verfügung

stellen konnte. Für den durch das Hindenburg-Programm entstehenden Mehrbedarf reichte aber diese Erzeugungshöhe bei weitem nicht aus, selbst nicht bei Einschränkung der Ausfuhr auf dasjenige Mindestmaß, das zum Bezug kriegswirtschaftlich unentbehrlicher Güter unbedingt erhalten bleiben mußte. Zwar traf man alsbald nach Erlaß des Hindenburg-Programms alle nur erdenklichen Maßnahmen, um die Gewinnung von Eisen und Stahl noch zu

steigern; man drosselte rücksichtslos jeden nicht rein kriegswirtschaftlichen Verbrauch. Aber alle diese Maßnahmen beanspruchten, ehe sie wirksam werden konnten, mehr oder minder lange Zeit. Unter diesen Umständen war

es ein folgenschwerer Fehler, daß die eisenschaffende Industrie ebenfo wie die Mehrzahl der anderen durch das Rüstungsprogramm zu Leistungssteigerungen angetriebenen Industriezweige Erweiterung und Ausbau ihres Pro-

duktionsapparates nicht schrittweise, sondern sogleich in vollem Umfange in Angriff nahmen. Diese mehr durch stimmungsmäßige Antriebe als nüchterne Erwägungen bestimmte Produktionspolitik führte nicht allein zu uferloser Bautätigkeit, sondern setzte die Eisen- und Stahlindustrie zugleich auch dem ungehemmten Ansturm der verschiedenen Beschaffungsstellen aus, von denen jede ihre Anträge auf bevorzugte Belieferung für die wichtigsten und dring-

lichsten hielt. Zu dem Mangel an Arbeitskräften und Rohstoffen trat als drittes und

wohl schwerwiegendstes, zudem völlig unvorhergesehenes Hindernis der

22

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wwtertsi«/». rechtzeitigen Durchführung des Hindenburg-Programms die im Winter 1916/17 aufkommende Verkehrs not. Sie war zunächst eine Folge der Überanstrengung und Abnutzung des Eisenbahnmaterials, wurde aber

durch den ungewöhnlich strengen und lang andauernden Frost aufs äußerste

verschärft. Infolge außerordentlich starker Beanspruchung waren die Eisenb a h n e n in ihrem derzeitigen Zustande ohnehin kaum in der Lage, zusätzlich

noch die gewaltigen Transportleistungen des Rüstungsprogramms zu bewältigen. Nahmen doch schon die militärischen Operationen auf den weit voneinander entfernten und ausgedehnten Kriegsschauplätzen einen immer größeren Teil des rollenden Materials in Anspruch. Weitere beträchtliche Mengen erforderten der Verkehr mit den besetzten Gebieten und den verbündeten Ländern

sowie die Ausdehnung des mitteleuropäischen Wirtschaftsraumes auf Gegenden, deren wenig entwickeltes Verkehrsnetz der Unterstützung durch deutsche Mittel und Kräfte bedurfte. Mit dieser Steigerung der Verkehrsbedürfnisse hatte der Ausbau des Verkehrsapparates längst nicht Schritt halten können, da die Beschaffung neuer und Wiederherstellung abgenutzter Verkehrsmittel zugunsten der unmittelbaren Bedürfnisse der Kriegführung eingeschränkt worden waren. Jetzt, wo neue, größere Leistungen von der Eisenbahn verlangt

wurden, verhinderte wochenlanges Zufrieren von Flüssen und Kanälen ihre

Entlastung durch den Wasserweg; Schneeverwehungen riefen langdauernde Störungen hervor. Der an zahlreichen Stellen eingeschaltete Fuhrverkehr, durch Mangel an Pferden und Kraftwagen in der Heimat ohnehin begrenzt, versagte trotz weitgehender Aushilfen durch das Militär, weil Eis und

Schnee die Straßenbenutzung außerordentlich erschwerten. Die dadurch verursachten Stockungen in der Entladung der Güterzüge riefen Verstopfungen auf den Bahnhöfen hervor und legten zahlreiches rollendes Material über-

Haupt still. Anter diesen außergewöhnlichen Behinderungen litt vor allem die Besörderung von Massengütern der Eisenindustrie, von Erzen, Kohlen und

Koks, so daß die Verkehrsnot unmittelbar auf die Erzeugung zurückwirkte. Roh- und Betriebsstoffe konnten nicht zueinander gebracht werden. Auf den Zechenplätzen und in den Erzgruben stauten sich gewaltige Mengen an Kohlen und Erz; Raummangel verbot schließlich weitere Stapelung, so daß die Förderung eingeschränkt werden und die Belegschaften feiern mußten. Zahlreiche Hochöfen, die auf Grund des Rüstungsprogramms in Betrieb gesetzt waren, mußten wegen unzureichender Belieferung mit Erzen und Kohlen wieder abgedämpft, andere, die betriebsfertig bereit standen, konnten nicht angeblasen werden. Alle Bemühungen, diese vor allem durch die

23

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

Wetterlage aufs äußerste verschärfte schwere Verkehrs- und Transportkrise zu beheben und ihre Wirkungen abzuschwächen, schufen nur geringe Er-

leichterung. Die Folge aller dieser Schwierigkeiten und unvorhergesehenen Hemmungen war, daß die E i s e n - und S t a h l e r z e u g u n g die zur Durch-

führung des Rüstungsprogramms erforderlichen Mehrleistungen nicht nur nicht erzielte, sondern im Winter 1916/17 sogar noch hinter dem bereits früher Erreichten zurückblieb"). Damit wurde aber auch die Durchführung des Hindenburg-Programms in der von der Obersten

Heeresleitung geforderten Zeit unmöglich. Die Fertigung von Waffen und Munition blieb daher mit wenigen Ausnahmen weit hinter den Forderungen zurück. Verbesserungen und Ver¬ mehrung der Bewaffnung des Heeres, die seit langem in Aussicht genommen waren, wie die Ausstattung der Infanterie mit leichten Maschinengewehren'), die Ambewaffnung der Feldartillerie^) und die Verstärkung des schweren Flachfeuers^), steckten noch in den Anfängen. Am meisten Sorge bereitete das starke Zurückbleiben der Munitionsfertigung, die bis zum Frühjahr nicht Monatl. Rohstahl-Crzeugung von August 1916 bis April 1917 in 1099 Tonnen

(nach Stellwaag, Die deutsche Cisenwirtschast während des Krieges): Mehr oder Monat

1916 August

Tatsächliche

weniger gegen-

erzeugung

Erzeugung

jeweiligen Bedarf

1400

1412 1393 1424 1372 1332

September

von da ab

Oktober November

wachsend bis

Dezember 1917

Soll-

Januar

Februar März

April -) S. 13. 3) Ebenda, 4) S. 14.

1650

1391 1187 1451 1440

über dem

~r

8,1

+ +

7,8 5,2



25,0



38,4

— 132,5 — 252,0

— 200,— —

94,3

24

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wime» lg,«/ l?. verdoppelt, sondern nur um ein geringes über den schon im Herbst 1916

erreichten Stand gesteigert werden konnte^). Vorerst sah sich die O b e r st e H e e r e s l e i t u n g jedenfalls genötigt,

ihre Forderungen unter Anpassung an die tatsächlichen Herstellungs-

Möglichkeiten herabzusetzen. Bereits Anfang Februar 1917 hatte sie dem Kriegsministerium mitgeteilt, daß möglichst baldige Steigerung der Fertigungshöhe auf das lV'afache wichtiger sei als volle Durchführung des Rüstungsprogramms bis zum Jahresende. Neuanlagen, deren Vau bereits so weit fortgeschritten war, daß sie im Frühjahr in Betrieb genommen werden konnten, sollten so schnell wie möglich vollendet, Neubauten, mit deren Fertigstellung einstweilen oder in absehbarer Zeit nicht zu rechnen war, eingestellt werden. Das bedeutete stufenweise Erledigung der begonnenen Bauvor¬

haben, dementsprechend auch allmähliche Durchführung des RüstungsProgramms. Man kehrte zurück zu dem bisherigen Verfahren des KriegsMinisteriums, zu einer den tatsächlichen Crzeugungsverhältnissen angepaßten schrittweisen Steigerung der Kriegsmaterialfertigung, wie sie Ausdruck fand in dem bereits seit langem laufenden „Pulverprogramm", dem Schrittmacher für die gesamte Munitionsfertigung, mit einer allmählichen Erhöhung der Monatserzeugung von 6000 über 8000 auf 10 000 Tonnen. Der Schaden

aber, den die überstürzte Inangriffnahme des Vollprogramms der Obersten Heeresleitung angerichtet hatte und der sich darin äußerte, daß beispielsweise in der Munitionsindustrie auf Grund des Hindenburg-Programms an *) Cs wurden geliefert: Munitionszüge für

Schutzzahl je Munitionszug

1916 August September Oktober November Dezember

1917 Januar

Februar März April Mai

.

.

.

10 cm-

Feldkan.

l. F. H.

s.F.H.

Mrs.

26 880

12 000

6 000

2 000

122 160 163 145 137

113 130 138 140 112

185 180 168 152 150

70 73 80 82 80

23 27 26 27 27

104 84 132 137 154 168

99 97 141 139 210 136

171 126 148 198 200 201

75 61 66 86 82 81

24 30 35 41 51 51

Kan. 10 000

Funi Die Schwankungen in der Fertigung einzelner Sorten ergaben sich dadurch, daß die Fertigung je nach Bedarf auf Kosten anderer Sorten gesteigert oder auch ge¬ drosselt wurde.

Ausbau der Rüstung. Bewaffnung und Ausrüstung.

25

Arbeitskräften für Errichtung von Bauten, Herstellung von Maschinen und Apparaten sowie für Montage von Munitionsfabriken mehr als dreimal so viel eingesetzt worden war wie für die Munitionsfertigung selber, ließ sich nicht wieder gutmachen.

Das Zurückbleiben der Waffen- und Munitionslieferungen hinter den Erwartungen der Obersten Heeresleitung wirkte sich auch in ihren operativen Erwägungen und Entschließungen aus. Am 16. Februar wies General Ludendorff in einem Schreiben an das Kriegsamt') darauf hin, daß die

geringen Leistungen der Kriegsindustrie „Zustände geschaffen" hätten, „die die Operationsfreiheit des Feldheeres erheblich" beschränkten; um so weniger könne die Oberste Heeresleitung daher die „jetzige verringerte Produktion" etwa als ausreichend ansehen. Am 16. März schrieb der GeneralfeldMarschall an Kriegsminister von Stein, daß der „an und für sich" als „hoch-

bedauerlich" zu bezeichnende Rückzug in die Siegfried-Stellung „im wesentlichen" wegen der Unzulänglichkeit der Munitionslieferungen notwendig

geworden fei2). Mit gleicher Sorge verfolgte die Oberste Heeresleitung auch die sich bereits sehr bemerkbar machenden schädlichen Auswirkungen des Hilfsdienstgesetzes,die trotz dauernder Lohnsteigerungen in gelegentlichen Streiks und wachsender Tinruhe innerhalb der Arbeiterschaft zutage traten. In einem Schreiben vom 9. März an den Reichskanzler und den Kriegsminister legte der Generalfeldmarschall dar, daß die „f o r t g e -

setzten Lohnsteigerungen außerordentlich verbitternd auf unsere Soldaten einwirken", die „mit wenigen Groschen gelöhnt", an der Front „Leben und Gesundheit" einsetzen, „während der Fabrikarbeiter daheim allmählich Löhne bezieht, die vielfach das Gehalt der höheren Beamten usw.

überschreiten". Die gleiche Mißstimmung werde durch diese Lohnpolitik aber auch in der Heimat hervorgerufen, „wo Hilfsdienstpflichtige und Frauen mit militärisch Eingezogenen oder mit Beamten nebeneinander arbeiten und die elfteren bei geringerer Leistung und Verantwortung oft das Vielfache an Lohn erhalten, wie die anderen". Nicht minder ernste Gefahren ergäben sich aus den „durchweg erfolgreichen Streiks", die „von gewissenlosen Hetzern"

angezettelt, schwere Beunruhigung in die Arbeiterschaft hineintrügen. An diesen Zuständen sei die „unglückliche Fassung des Hilfsdienstgesetzes wesentlich mit schuld. Das Gesetz sollte ursprünglich die Pflichten gegen das ») Vollständiger Wortlaut bei Ludendorff: „Urkunden der Obersten Heeres¬ leitung", S.159 ff. -) Bd. XI, S. 513.

26

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Vaterland betonen; statt dessen ist es ein Kampfmittel für sogenannte Arbeiterrechte geworden. Daß in einer Zeit, wo der Ausgang des Krieges durch die Leistungen der Nüstungsindustrie wesentlich beeinflußt wird, Streiks in größerem Umfange ausbrechen und bedingungslos ihre Forderungen durchsetzen, ist tief bedauerlich und ein schlechtes Zeichen für das Pflichtgefühl der Streikenden.... Dieser Zustand ist auf die Dauer unhaltbar. Ihm muß entgegengetreten werden, sonst gehen wir an ihm und durch

die inneren Zustände zugrund e'").

2. Entwicklung der Abwehr im Stellungskriegs, a) Der Stand der Abwehr Ende August 1916.

August "glß

Als im November 1914 die Westfront zum Stellungskrieg erstarrte, war General von Falkenhayn der Meinung gewesen, daß dieser Zustand nicht über das Frühjahr 1915 hinaus währen dürfe. Vald aber hatte sich ergeben, daß der Stellungskrieg eine Erscheinung von Dauer wurde, daß es sich nicht nur um „Gefechtswinterquartiere" handelte, sondern daß das Jahr 1915 schwere Kämpfe um den Besitz der Stellungen bringen werde. Damit trat die Frage auf, mit welchen Mitteln man sich gegen einen Durchbruch

durch die langgestreckten, dünnen Linien sichern könne, in denen das Westheer stand. Im Gegensatz zu den Anschauungen mehrerer Armee-Oberkommandos führte General von Falkenhayn alsbald eine starke Gliederung nach der Tiefe herbei. Neben den Grundsatz, daß die vorderste Linie mit äußerster Kraft verteidigt und im Falle des Verlustes wiedergenommen werden

müsse, trat die Erkenntnis, daß diese Forderung nicht immer zu erfüllen sein werde und daß man sich dann mit mehr oder weniger tiefen Einbuchtungen

abfinden müsse. So entstand seit den ersten Monaten des Jahres 1915 teils auf Drängen der Obersten Heeresleitung, teils aus eigenem Entschluß der Truppen ein System von hintereinanderliegenden Gräben („Linien") und Stellungen. Nach den Erfahrungen der ersten Abwehrkämpfe wurden dann seit der zweiten Hälfte des Jahres 1915 für Einzelgebiete des Stellungskrieges Vorschriften aufgestellt, die in Zukunft bindend sein sollten, aber immer wieder Änderungen und Zusätze erfahren mußten, da auch die Kampfbedingungen sich änderten und neue Kampfmittel auftauchten. Die Waffenwirkung hatte sich bis zum August 1916 bedeutend verstärkt. Die Zahl der schweren Geschütze, zumal die anfangs nur geringe 1) Vollständiger Wortlaut bei Ludendorff: „Urkunden", S. 136 f. 2) Im Anschluß an Vd. VI, S. 394 bis 404. Im nachstehenden wird nur die Abwehr behandelt; der Angriff im Stellungskriege wird in einem späteren Bande dargestellt werden.

Entwicklung der Abwehr. Steigerung der Waffenwirkung.

27

auf feiten der Gegner, war mächtig gewachsen. Gesteigerte Beweglichkeit gestattete schnelleres Zusammenziehen größerer Massen von schwerer Artillerie. Ihre Reichweite hatte zugenommen. Auch wirksamere Geschosse waren an die Front gekommen, nachdem die schlimmsten Krisen in der MunitionsHerstellung überwunden waren. Gleichzeitig waren die meist schon bekannten Mittel, um den Standort der Ziele erkunden und kartenmäßig festlegen zu können, weiter entwickelt worden. Die Möglichkeit, diese wirksam zu be-

kämpfen, war daher wesentlich gestiegen. Zur Verwendung auf nahen Entfernungen waren jetzt Minenwerfer aller Art — beim Feinde „Graben-

mörfer" genannt — in großer Zahl vorhanden. Sie kamen den Geschützen an

Zerstörungskraft nahe und erreichten auch, falls die Schwierigkeiten der Heranfchaffung der Munition überwunden werden konnten,eine befriedigendeFeuer-

gefchwindigkeit. Weniger Bedeutung hatte einstweilen der erstmals im Sommer 1916 in geringer Zähl beiFranzosen und Engländern verwendete „Tank".

Die Abwehrkraft der Infanterie war durch Vermehrung der Maschinengewehre wesentlich gesteigert worden. Für den meist auf

nahen und nächsten Entfernungen sich abspielenden Kampf erwiesen sich Faustwaffen (Pistole und blanke Waffe), vor allem aber die Handgranate, daneben auch Granatwerfer als besonders geeignet. Der Gebrauch des Gewehrs trat mehr und mehr zurück. Mit der Fertigung eines leichten Maschinengewehrs, wie es die Gegner besaßen, und einer Maschinenpistole war begonnen worden. Der G a s k a m p f war vom Abblasen des Gases fast ganz zum

Schießen von Gasgeschossen aus Geschützen und Minenwerfern übergegangen.

Das lange Gegenüberliegen auf nahen Entfernungen führte an vielen Stellen, zumal der Westfront, zum Minenkrieg, bei dem in überaus mühseliger und Kräfte verzehrender Arbeit Hunderte von Meter lange Stollen tief unter der Erde angelegt wurden, um schließlich mit zum Teil

außerordentlich hohen Ladungen die feindlichen vorderen Gräben nebst ihren Besatzungen in die Luft zu sprengen. Wesentliche taktische Ergebnisse waren damit bisher nirgends erzielt worden. Wohl aber hatte die Gefahr, unterminiert zu werden, zu entsprechend umfangreichen unterirdischen Abwehrmaßnahmen gezwungen.

Stellungsbau. Die Steigerung der Waffenwirkung bildete den wichtigsten materiellen Faktor in der Entwicklung des Stellungskampfes. Sie veranlaßte den Verteidiger nicht nur zur Anwendung stärkerer Deckungsmittel und zur Tarnung

der Anlagen, sondern auch dazu, sein Abwehrverfahren biegsamer zu gestalten.

28

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Bis Ende Sie zwang ihn ferner, mehr als bisher auf Mittel zu sinnen, um die Wirkung A«g«st im .jngkejont>ere der feindlichen Artillerie an der Wurzel, alfo in ihren Geschütz-

stellungen selbst zu unterbinden. Während anfangs verhältnismäßig einfache Cindeckungen mittels des an Ort und Stelle greifbaren Materials genügt hatten, sah man sich

angesichts der feindlichen Feuerwirkung sehr bald genötigt, tiefer in den . Voden hineinzugehen, um durch eine stärkere Erddecke Schutz zu erlangen.

Wo das nicht möglich war, weil Fels oder Wafferandrang hinderten, mußten schon frühzeitig kräftigere Baustoffe verwendet werden. Die Rolle von Holz und Erde wurde an den Hauptkampffronten in zunehmendem Maße durch Eisen und Veton übernommen. Diese Baustoffe boten gleichzeitig den Vor-

teil, die mannigfachen Unzuträglichkeiten, die mit tiefliegenden Unterständen verknüpft waren, zu mindern, sie ließen sich indessen wegen der Schwierigkeit ihrer Vereitstellung und Heranschaffung nur an besonders wichtigen Stellen verwenden. Im allgemeinen waren daher Bauten aus Veton oder durch Eisen verstärktem Veton nur in zurückliegenden Teilen der Stellungen möglich. In vorderster Linie ließen sie sich nur unter günstigen Verhältnissen und

in beschränktem Umfange durchführen. Hier wurde der Schutz der Besatzung immer schwieriger. Die zahlreichen Anlagen, für die auf widerstandsfähige Bauweise verzichtet werden mußte, konnten nur durch dem Gelände angepaßt zer st reute

Lage und sorgfältige Tarnung einigermaßen gegen Erkundung und Feuer geschützt werden. Doch ließen sich die Kampfgräben, deren BeibeHaltung aus Gründen der Disziplin, der einheitlichen Leitung und der Versorgung erwünscht war, sowie die eingeschnittenen Zugangswege, auf die man

gleichfalls nicht verzichten konnte, der Sicht nicht entziehen. Zu Beginn des Stellungskrieges hatte eine einzige, wenn auch schon bald in zwei bis drei oder mehr Linien gegliederte Stellung als ausreichend gegolten. Nur für alle Fälle war dahinter eine II., wenn möglich

auf den Hinteren Hängen von Bodenerhebungen, angelegt worden. Die gesteigerte Tiefenwirkung der Artillerie machte solche II. und III. Stellung aber bald zur Notwendigkeit. Um sie nicht von vornherein wirksamem Feuer auszusetzen, war ausreichender Abstand von der davorliegenden notwendig. Der Feind mußte gezwungen werden, vor einem Angriff auf die II. oder eine weitere Stellung seine Artillerie vorzuziehen und dadurch Zeit zu verlieren, die dem Verteidiger zugute kam.

Infanterie. Immer deutlicher stellte sich heraus, daß angesichts der gewaltig angewachsenen Wirkung der feindlichen Artillerie, der die „Grabenmörser"

Entwicklung der Abwehr. Der Infanteriekampf.

29

zur Seite standen, eine starke infanteristische Besetzung der vordersten Linien nicht ratsam sei. Sie wurde zerschlagen, bevor sie den feindlichen Sturm abwehren konnte, der meist erst nach langer, unter sehr großem Munitionsaufwande durchgeführter Beschießung losbrach, oder sie geriet in Gefangenschaft, falls sie nicht rechtzeitig die tiefen Unterstände verließ. Andererseits brachte auch für den Angreifer der Einbruch in die gegnerische Stellung meist eine Zeit geringerer Widerstandsfähigkeit, da er kein schützendes Hindernis mehr vor sich hatte, seine artilleristische Abwehr

und seine Vefehlsübermittlung noch nicht geordnet waren. Gegen st öße des Verteidigers versprachen daher Erfolg, wenn sie sofort und in genügender Stärke ausgeführt wurden. Obgleich solches Verfahren sich bereits oft genug als wirkungsvoll gezeigt hatte, war ihm allgemeine Gültigkeit bisher nicht zugebilligt worden. Andererseits fehlte bei den geringen Kräften, mit denen die deutsche Verteidigung fast überall zu rechnen hatte, meistens die Möglichkeit, stärkere Truppenmengen zu größeren, durch Artilleriefeuer einheitlich vorbereiteten Gegenangriffen anzusetzen. Mit solchen hatte indessen auch der Gegner nur wenig Erfolg gehabt. Ein wirklicher Durchbruch war auf der Westfront, seit die Stellungsfront den ganzen Kriegsschauplatz durchzog, nirgends gelungen. Jeder darauf abzielende Angriff hatte sich nach Anfangserfolgen, auf die man allerdings fast immer gefaßt fein mußte, in der Tiefe der feindlichen Anlagen fest-

gelaufen. Maschinengewehre, verhältnismäßig leicht der Sicht zu entziehen, hatten sich dabei als ein überaus gefährlicher Gegner erwiesen. Ihre tiefgestaffelte Aufstellung war in zunehmendem Maße als wirkungsvoll erkannt. Aus der vordersten Linie wurden sie dagegen bis auf wenige zurückgenommen, um vorzeitiger Zerstörung oder Verlust vorzubeugen.

Im ganzen bot sich das Bild, daß der Verteidiger durch immer tiefere Gliederung feiner Anlagen den Angriff zum Versickern brachte und daß er

andererseits sich bemühte, durch rasch geführte Gegenstöße oder größere, tage¬ lang vorbereitete Gegenangriffe dem Feinde bereits verlorenen Boden wieder zu entreißen. Mit dieser Entwicklung hatten die von oberster Stelle gegebenen

Weisungen allerdings nicht Schritt gehalten. Meinungsverschiedenheiten der unteren Kommandostellen hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens waren daher unvermeidlich.

Artillerie, feindliche die war Verteidigers des Feind gefährlichste Der

Befehls-wege, Verkehrsmittel Schützengräben, und Unterstände die

Versorgungseinrichund Reserven der Unterbringungslager selbst stellen, schwer Verteidigers des Widerstandskraft die damit und zerschlug tungen

Artillerie.

30

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Bis Ende schädigte. Indessen war die Aufgabe, diese Artillerie wirksam zu

August im«. j,ejßmps:en^ außerordentlich schwierig. Zwar hatten die Mittel zur Erkundung der feindlichen Artillerieverteilung wie zur Beobachtung des

eigenen Schusses so bedeutende Fortschritte gemacht, daß die Abhängigkeit von der mit zunehmender Schußweite immer weniger ausreichenden unmittel-

baren Erdbeobachtung weitgehend überwunden war. Im Zusammenwirken mit Vermessungs- und Kartierungsarbeiten, die seit dem Juli 1915 durch den „Kriegsvermessungschef" geleitet wurden, begannen Meßtrupps und Flieger eine entscheidende Rolle zu spielen. Indessen erschwerte die dauernd zunehmende Zahl feindlicher Batteriestellungen, die bald besetzt waren, bald nicht, die Festlegung ganz außerordentlich. Ob eine Stellung beseht war, war in der Regel nur zu erkennen, wenn aus ihr gefeuert wurde. Zu ihrer

Bekämpfung mußten die eigenen Flugzeuge trotz feindlicher Abwehr vom Boden und in der Luft meist über die eigenen Linien vordringen. Aber selbst wenn es dem Artillerieflieger dann gelang, die Schüsse ins Ziel zu bringen, blieb die Wirkung oft fraglich; ein klarer Beweis für den Erfolg war nur selten zu erbringen. Wo deutsche Batterien durch Zerstörung des Gerätes oder Vernichtung der Bedienung zum Schweigen gebracht worden waren, hatten außerordentlich hoher Munitionsaufwand des Feindes oder sonstige

besondere Umstände mitgewirkt. Dagegen hatte die Beschießung mit Gas bisweilen — so im Juni 1916 vor Verdun — erkennbar hervorragende Ergeb-

nisse gehabt, indem sie eine große Zahl feindlicher Batterien zeitweise außer Gefecht setzte. Indessen verstärkte auch der Gegner seine Schutzmaßnahmen gegen Gas. Die Aussichten auf wirksame Bekämpfung der feindlichen Artillerie blieben daher umstritten.

Enge Zusammenarbeit zwischen Infanterie und Artillerie war seit langem zum Grundsatz geworden. Im allgemeinen arbeitete innerhalb jeder Division jedes Insanterie-Regiment mit einer Feldartillerie-Abteilung zusammen, bei Entsendung zu selbständiger Verwendung galt es bald als selbstverständlich, daß ihm eine solche Abteilung zugeteilt wurde'). Die unmittelbare Unterstützung der eigenen Infanterie durch Beschießen der feindlichen Stellungen bot bei ausreichender Beobachtung schießtechnisch keine Schwierigkeiten. Sie war immer angezeigt, wenn beim Feinde die Bereitstellung zum Sturme zu erkennen war. Aber schon dieses Erkennen war oft schwierig. Ebenso wie bei der Abwehr des Sturmes durch Sperrs e u e r gegen oder vor die vordersten feindlichen Linien gelang es nur selten,

die Feuersteigerung zum richtigen Zeitpunkt auszulösen. Bald wurde die Lage i) Wo in der weiteren Darstellung einzelne Infanterie-Regimenter auftreten, ist — soweit nicht anderes ausdrücklich bemerkt ist — anzunehmen, daß ihnen eine

Abteilung Feldartillerie zugeteilt war.

Entwicklung der Abwehr. Der Artilleriekampf.

ZI

nicht rechtzeitig erkannt, bald versagte die Übermittlung der Feueransorderung. Vorkehrungen, um aus der vordersten Linie bei gestörten Fernsprech-

Verbindungen das Artilleriefeuer rechtzeitig anzufordern, wurden seit langem erprobt. Leuchtzeichen verschiedener Art, von Zeit zu Zeit in ihrer Bedeutung

wechselnd, erwiesen sich, da funkentelegraphische Verständigung noch nicht zur Verfügung stand, und bei der noch geringen Zahl von Fliegern, als das sicherste Mittel. Doch genügte die bisher dazu benutzte Leuchtpistole bald nicht mehr, um bei starker Staub- und Rauchentwicklung die Leuchtzeichen der rückwärts stehenden Artillerie erkennbar zu machen. Für die deutsche Verteidigung war es häufig nicht leicht, den A b st a n d der Artillerie von den Kampf st ellungen richtig zu bemessen. Seitens der Obersten Heeresleitung wie seitens der Armee-Oberkommandos ist mehrfach darauf gedrängt worden, gerade die weitreichenden Geschütze möglichst weit vorwärts in Stellung zu bringen, während die Sturmabwehr-Artillerie mehr rückwärts belasten werden konnte.

Endlich bedurften die sehr verschiedenen Ansichten über die Anterst e l l u n g der Artillerie, besonders der schweren, einer Klärung und Ent¬

scheidung. Während die Friedensvorschriften im allgemeinen die Anterstellung der im Abschnitt einer Division eingesetzten Artillerie unter diese

vorsahen, sprachen schmale Gefechtsstreifen einerseits, gesteigerte Schußweiten andererseits dafür, die schweren Batterien unter den Befehl des Generalkommandos, die schwersten unter den des Armee-Oberkommandos zu

stellen. Indessen überwogen die Stimmen, die die Unterstellung der gesamten Artillerie — mit Ausnahme der schwersten — unter die Division empfahlen.

Luftstreitkräfte. Die Bedeutung der Fliegerwaffe war entsprechend dem An-

wachsen ihrer Aufgaben gestiegen. Voran standen Erkundung und Beobachtung. Daneben wurden Feuerleitung und Bombenabwurf auf weit zurückliegende Truppen- und Munitionslager des Feindes, seine Verbindungen, Eisenbahnen, Flughäfen, Werkstätten ebenso wichtig wie gegen Truppen und Stellungen. Der Flieger traf indessen bald auf wachsenden Widerstand in der Luft wie von der Erde. Aus dem Kampf einzelner wurde das Luftgefecht ganzer fliegender Einheiten. Als Erfahrung vor allem der

Somme-Schlacht erwies sich die Behauptung der Überlegenheit in der Luft, zum mindesten über dem eigenen Gebiete, als eine der wichtigsten Vor-

aussetzungen für erfolgreiche Abwehr. Damit gewann auch die FlugabwehrArtillerie (Flak) an Bedeutung. Neben dem Flugzeug leistete der F e s s e l b a l l o n vor allem für die artilleristische Beobachtung nach wie vor wert--

volle Dienste.

32

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpsen.

Anter der anfangs völlig unzureichenden Zahl der Luftstreitkräfte, die überdies an Ausbildung und Ausrüstung dem angreifenden Gegner nach-

standen, hatte die deutsche Somme-Front lange aufs schwerste gelitten. Indessen hatte die Abstellung dieser Schäden im Nahmen des Möglichen bereits begonnen, als Ende August der Wechsel in der Obersten Heeresleitung eintrat.

b) Erste Weisungen der Dritten Obersten Heeresleitung. Die Verfügung vom 25. September. Winter lglK/,7.

Als am 8. September 1916 in Cambrai die erste Aussprache der Dritten

Obersten Heeresleitung mit den Westsührern stattfand'), war bereits die Notwendigkeit erkannt, in der Taktik wie in Organisation und Bewaffnung eine Reihe von Änderungen einzuführen. Nach fast zweijährigem Stellungs¬ krieg war eine Anzahl von Fragen reif für einheitliche Regelung. Zudem standen jetzt die Erfahrungen aus den bis dahin größten und heftigsten Schlachten des Krieges, der Schlacht vor Verdun und der an der Somme, zur Verfügung. Fortlaufend war in der Operationsabteilung II der Obersten Heeresleitung, aber auch bei den beteiligten Oberkommandos von Heeresgruppen und Armeen schon bisher an der Sammlung und Auswertung dieser

Erfahrungen gearbeitet worden. Irgendwelcher Abschluß war aber bisher nicht erreicht. Viele Fragen waren noch strittig. Hier nahm kurz nach der Eambrai-Vesprechung die neue Oberste Heeresleitung den Faden auf. Vorwärtstreibend und richtunggebend war dabei vor allem Oberstleutnant Bauer. Die Aufgabe war schwierig, da gegen die wohl entscheidendste

Neuerung, die beweglichere Art der Verteidigung der Infanterie, gerade erfahrene und anerkannte Truppenführer und Generalstabschefs ernste Vedenken vorbrachten. Die Entscheidung aber lag bei General Ludendorff, der — selber zunächst ohne Erfahrung im westlichen Stellungskrieg — das

Richtige der Vauerschen Vorschläge alsbald erkannte und ihnen gegen alle

Widerstände Geltung verschafftes. Nach einigen Auslaffungen von minder allgemeiner Bedeutung beantwortete die Oberste Heeresleitung mit der Verfügung vom 25. Sept e m b e r eine Reihe von Fragen grundsätzlich. Dabei beschränkte sie sich, '

i) Bd. XI, S. 10 ff.

2) Aufschluß über diese Zusammenhänge gaben durch Mitteilungen vom Dez. 1938 in erster Linie die damaligen Mitarbeiter des Obstlt. Bauer, der jetzige Major a. D. von Harbou und Gen. d. Inf. Geyer, von denen letzterer die Hauptarbeit bei der

endgültigen Abfassung der Vorschriften geleistet hat. Vorübergehend ist im Oktober Gen. d. Art. Ritter von Hoehn beratend herangezogen worden. — Vgl. auch: Oberst

Bauer: „Der große Krieg in Feld und Heimat", S. 118 f.

Entwicklung der Abwehr. Erste Weisungen der Dritten O. H. L.

33

den nächsten Erfordernissen der Lage entsprechend, zunächst auf die Abwehr. Die Verfügung legte eingangs die wichtigsten Erfahrungen der Somme-Schlacht dar: „1. Dem Gegner ist es wiederholt und verhältnismäßig leicht gelungen, nach eingehender Vorbereitung durch Artillerie und Minenwerfer in die mit allen Mitteln der Feldbefestigung ausgebaute Stellung des Verteidigers einzudringen. Die in Unterständen untergebrachte Besatzung der ersten Linie war durch das oft tagelang andauernde feindliche Feuer kampfunfähig geworden, oder sie konnte nicht mehr rechtzeitig die Ausgänge gewinnen. Je mehr Kräfte in der ersten Linie angehäuft waren, desto größer waren die Verluste.

2. Feindliche Angriffe find häufig im Feuer einer gut geleiteten Artillerie und aus Maschinengewehren, die rückwärts der ersten Linie aufgestellt waren, völlig zusammengebrochen. Flankierendes Feuer erwies sich erneut als ganz

besonders wirksam. 3. Gegenangriffe sind meist nur dann gelungen, wenn

sie sofort nach feindlichem Einbruch erfolgten, der feindliche Erfolg auf die erste Linie begrenzt blieb, die Artillerie die Einbruchsstelle nach dem Feinde zu abriegelte, und die Truppe in der Durchführung der Gegenangriffe ausgebildet war; entschlossen geführte und gut ausgerüstete kleinere Abteilungen

haben meist alles erreicht, zum Massenstoß eingesetzte Kräfte wurden fast immer zusammengeschossen. 4. Der feindlichen Artillerie ist es mehrfach gelungen, unsere Artillerie schwer zu schädigen, so daß starke Teile für die Abwehr des feindlichen Angriffs

ausfielen. Diese Erfolge verdankte der Feind vorwiegend seiner überlegenen

Luftbeobachtung. 5. Die Wirkung der feindlichen Minenwerfer war außerordentlich groß;

die Gegenwirkung unserer Minenwerfer blieb meist gering. 6. Der eigene Kräfteverbrauch war außerordentlich hoch." Aus diesen Erfahrungen wurden folgende Lehren gezogen: 1. Grundsätzliche Einstellung der Verteidigung in der großen Abwehrschlacht auf den raschen Gegenstoß selbständig handelnder kleiner Reserven. Die vorderste Linie hat nur noch die Bedeutung von Vorposten, wenn auch das Wort nicht verwendet wird. „Es ist f a l f ch", sagte die Verfügung, „die Verteidigung einer Stellung lediglich auf die Stärke des Ausbaus der 1. Linie und die Widerstandskraft ihrer Besatzung zu gründen." Bei planmäßigen, durch tagelang andauerndes Artilleriefeuer vorbereiteten Angriffen könne die Stellung vielmehr nur gehalten werden durch Gegenstöße aus den Hinteren Linien und durch gut geleitetes, möglichst von seitlich rückWeltkrieg. XII. Band.

3

34

Winter

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

wärts kommendes Artillerie- und Maschinengewehrfeuer. Über den Gegen¬ angriff stärkerer Kräfte — eine der schwierigsten Fragen — wurde nur gesagt,

daß die für die Vorbereitung erforderliche Zeit auf „mehrere Tage" zu

bemessen sei. 2. Sperrfeuer ist Sache der Feldartillerie, wenn möglich durch Minenwerfer und Maschinengewehre verstärkt. Es darf nur drei Minuten dauern, sofern es nicht neu angefordert wird. 3. Bekämpfung der feindlichen Artillerie ist eine der Hauptaufgaben der

schweren Artillerie. „Niederkämpfen" wird für möglich gehalten, nicht nur

zeitweises Ausschalten durch Gasmunition. Voraussetzung ist die „Planmäßige Ausnutzung der Luftbeobachtung". Eine Entscheidung über die Unterstellung der schweren Artillerie, die bisher verschieden gehandhabt wurde, wurde noch nicht gefällt. 4. Die Tiefe der Stellungen ist bedeutend gewachsen und muß, wenn vorn

Teile verlorengehen, durch Neubau weiter rückwärts wieder gewonnen werden.

5. Zur Übermittlung von Nachrichten auf dem Gefechtsfelde müssen neue technische Mittel ausgenutzt werden. Mit diesen Lehren wurde der Tmppe nur insofern Neues gesagt, als das zum Teil bereits als richtig Erkannte und in Übung Befindliche, anderenorts aber Bestrittene, gutgeheißen wurde. Eine solche Klärung war notwendig gewesen. Ob bereits General von Falkenhayn — der in seiner gmndsätzlichen Stellungnahme zurückhaltend gewesen ist — eine Festlegung des

allmählich herausgebildeten Verfahrens hätte vornehmen können, steht dahin. Trotz der schon seit dem Jahre 1915 sich steigernden Waffenwirkung ist erst die Somme-Schlacht zur eigentlichen hohen Schule des deutschen Heeres für den Abwehrkampf im Stellungskrieg geworden; erst dort hat sich die Feuerwirkung der angreifenden Feinde zu voller Höhe entwickelt.

Verschiedene Ansichten über Aufgaben und Unterstellung der schweren Artillerie. Derjenige Grundsatz der obigen Lehren, der am meisten angefochten wurde, war die Niederkämpfung der feindlichen Artillerie; bisher war sie nicht gelungen, wenn man von einzelnen erfolgreichen Gasbeschießungen absah. Selbst wenn die Luftbeobachtung leistete, was man von ihr erwartete, schien

die Hoffnung sehr weit gespannt. Das ändert nichts daran, daß der Dritten Obersten Heeresleitung das Verdienst zukommt, einen an sich richtigen Ge-

Entwicklung der Abwehr. Unterstellung der schweren Artillerie.

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danken, selbst wenn er mit den zur Zeit vorhandenen Mitteln erst unvoll-

kommen durchführbar war, mit allem Ernste wieder ausgesprochen zu haben. Es konnte indessen auch nicht ausbleiben, daß Führer an der Front, die für das Gelingen der Abwehr in erster Linie die Verantwortung trugen, auf Grund eigener Erfahrung von der Wirksamkeit der Artilleriebekämpfung

nicht überzeugt waren, oder daß sie die Lösung anderer Aufgaben für noch wichtiger ansahen. Beispiele für die damalige Beurteilung dieser Frage und der in engem Zusammenhang mit ihr stehenden Unterstellung der schweren Artillerie sind in den nachstehenden, aus Berichten entnommenen Aus-

sührungen enthalten, die gleichzeitig auf die überragende Bedeutung der Unterstützung durch Luftstreitkräfte eingingen. Das Oberkommando der Heeresgruppe KronprinzRupprecht wies in einem längeren Bericht vom 27. September 1916 über die Lage an der Somme darauf hin, daß die Besehlsverhältnisse der schweren Artillerie bei der 1. und 2.Armee nicht ganz gleichmäßig seien. Bei der 1. Armee erfolge die Feuerleitung durch den beim General- (Gruppen-) Kommando befindlichen Kommandeur der schweren Artillerie, neben dem nur für

gewisse, rasches Eingreifen erfordernde Fälle den Divisionskommandeuren ein Verfügungsrecht zugestanden sei. Bei der 2. Armee sei dagegen die schwere Artillerie den Divisionen unterstellt, wobei den höheren Führern naturgemäß das Recht bleibe, sie für bestimmte, von ihnen selbst auszuwählende Fälle unter besonderem Befehl zusammenzufassen. Die Heeresgmppe war der Ansicht: „Die Masse der schweren Artillerie ist, ebenso wie die Feldartillerie, den Divisionen zu unter st ellen; der

Divisionskommandeur ist für die Erfüllung der verschiedenen Kampfaufgaben in seinem Abschnitt voll verantwortlich. Der je nach den Forderungen der Lage wechselnd zusammengefaßte Rest bleibt in der Hand des Kommandierenden Generals zu dessen freier Verfügung; er regelt auch das Zusammenwirken der schweren Artillerie der Divisionen zu gemeinsamem Gefechtszweck." Doch wurde dem Verfahren der I.Armee, wo die Divisionen sehr rasch wechselten, die Berechtigung — aber nur unter den derzeit herrschenden

Bedingungen — nicht abgestritten. Diese Armee hatte mittlerweile emp-

fohlen, bei den Divisionen einen für schwere und Feldartillerie gemeinsamen feuerleitenden Artilleriekommandeur einzusetzen, und dadurch das Zusammenwirken gesichert. Hinsichtlich der Bekämpfung der feindlichen Artillerie legte der Bericht das bisherige Verfahren dar, durch das man bemüht war, sich der Lage anzupassen: In den Tagen vor feindlichem Angriff werde die planmäßige Bekämpfung der Artillerie des Gegners mit besonderem Nachdruck betrieben. 3*

36

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wt«t«r l«s/,7. Anmittelbar vor Durchführung des feindlichen Angriffs aber träten alle son-

stigen Aufgaben zurück hinter der wichtigsten, d. h. der Zertrümmerung der feindlichen Infanterie und des Schutzes der eigenen. „Hierzu ist die g e s a m t e Feld- und schwere Artillerie einzusetzen."

Der Bericht wandte sich dann der Zusammenarbeit mit Luft st reitk r ä s t e n zu: „Nur taktische Unterstellung der Artillerieflieger-Abteilungen

unter bestimmte artilleristische Führer schafft Abhilfe" der Unzuträglichkeiten. Die Ausbildung der Artillerieflieger sei teilweise nicht auf erforderlicher Höhe. Auch bei der Artillerieführung seien Mängel festzustellen. „Der Vorsprung unserer Gegner auf diesem Gebiet muß so bald als möglich wieder ausgeglichen werden." Nur möglichst starke Zuweisung von Kampfeinsitzern könne uns in die Lage setzen, die feindlichen Artillerieflieger in ihrer für uns so verderblichen Tätigkeit ernstlich zu stören. „Die große Schwierigkeit in den Kämpfen an der Somme besteht darin, daß die Führung wie die Artillerie die eigenen Infanteriestellungen in dem wechselnden Kampf nicht rechtzeitig erkennen kann. Das einzige Mittel dazu bieten

Infanterieflieger", deren Verwendung freilich durch gewisse Schwierigkeiten im Verkehr mit der Infanterie leide. Eine kurze Anweisung über die vor-

handenen Mittel, ihre Vor- und Nachteile und ihre Anwendung erscheine nötig. In einem wenig später, am 4. Oktober, an die Oberste Heeresleitung gerichteten neuen Schreiben fand die Heeresgruppe noch lebhaftere Worte: „Alle erörterten Maßnahmen, so wichtig sie an sich sind, treten zurück vor dem Kernpunkt der ganzen Frage: der Beherrschung der Luft durch den Feind. Hierdurch ist es dem Feind erst möglich, die

Überlegenheit seiner Artillerie und Munition zur vollen Geltung zu bringen und für unsere Infanterie den Kampf so schwer und verlustreich zu gestalten." Cin Erfahrungsbericht des Generalkommandos des XXVI. Reservekorps von Ende Oktober nach Rückkehr aus der

Somme-Schlacht') sprach dagegen sehr bestimmt Ansichten aus, die in mancher Beziehung von denen der Heeresgruppe abwichen. Cr behandelte dabei aber

nicht allein die Aufgaben der schweren Artillerie, sondern das gesamte Abwehrverfahren. Er verlangte zwar ebenfalls, daß die schwere Artillerie den Divisionen unterstellt werde und daß der Fußartilleriekommandeur beim Generalkommando nur eine beratende, die Artillerie überwachende

Stellung habe. Dagegen hieß es über die Abwehr eines feindlichen Angriffs: „Es ist der gewaltig überlegenen Artillerie mit unerhörtem Munitionseini) Solche Berichte waren von jedem ausscheidenden Truppenverbande verlangt.

Entwicklung der Abwehr. Aufgaben der Flieger.

37

sah nicht gelungen, unsere schwache Artillerie auszuschalten. Cs gelang nur eine vorübergehende Schädigung. Am so weniger wird es unserer an Zahl

unterlegenen Artillerie mit ihrer wenigen Munition gelingen, die feindliche Artillerie auszuschalten. Das ist für sie eine gänzlich unlösbare Aufgabe. Es ist also falsch, wenn sich unsere Artillerie in der Hauptsache mit der feindlichen Artillerie beschäftigt, der sie doch nicht beikommen kann. Sie muß die

feindliche Infanterie zermürben und zermalmen. Gelingt ihr dies, so ist damit auch jeder Bodengewinn für den Feind unmöglich. Denn nicht die feindliche Artillerie, sondern die feindliche Infanterie tritt letzten Endes den Weg über unsere Stellungen an. Das ist der Hauptgesichtspunkt und die

Hauptrichtlinie, nach der sich die gesamte Artillerie und die obere Fühmng

während des ganzen Kampfes richten müssen. Menschen zerschlagen, nicht Material!"

Weiter sagte der Bericht, die Flieg erwaffe müsse angehalten und erzogen werden, als ihre wichtigste Aufgabe die Leitung des Zerstörungsfeuers und des Trommelfeuers der eigenen Artillerie anzusehen. Abschießen

feindlicher Flugzeuge und Cinschießen einzelner Batterien habe sie als Nebenaufgaben zu betrachten, die der Hauptaufgabe stets nachzuordnen seien. „Naht die Entscheidung heran, so darf mit dem Zerstörungs- und Trommelfeuer nicht gewartet werden, bis rote Leuchtkugeln hochgehen. Die Truppenführer zusammen mit den höheren Artillerieführern müssen selbständig das eigene Feuer zu größter Heftigkeit anschwellen lassen, um die zum Angriff bereitgestellte feindliche Infanterie zu fassen. In niedrigen Höhen fliegend haben die Flieger unser Zerstörungsfeuer auf diese Infanterie zu lenken und sie überwalzen zu lassen." Sobald erkannt werde, daß der Feind sein Trommelfeuer als Sperrfeuer hinter unfere vorderen Gräben legt, müsse das

Zerstörungsfeuer zum Sperrfeuer übergehen. „Das Zerstörungsfeuer ist die offensive Gegenvorbereitung gegen den feindlichen Angriff. Das Sperrfeuer ist die defensive Abwehr des feindlichen Angriffs im Augenblick des Herauskommens aus den Gräben. Cs soll sich nicht auf die feindlichen Gräben, sondern vor die eigenen Gräben legen, so nahe, als es die Sicherheit der eigenen Infanterie erlaubt."

Hier wurde somit sehr deutlich der Nachdruck auf das Zerstörungsfeuer (später „Vernichtungsfeuer" genannt) gegen die feindliche Infanterie gelegt. Diese Ansicht war mit der der Heeresgruppe insoweit zu vereinigen, daß es nicht ratsam sei, den Kampf gegen die feindliche Artillerie — über dessen Wirksamkeit die Meinungen freilich auseinandergingen — so weit auszu¬

dehnen, daß darüber die wichtigste Aufgabe, die Vereinigung aller Kräfte zur Abwehr eines drohenden Infanterieangriffs, verpaßt werde.

38

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

e) Vorschriften für die Abwehrschlacht vom Winter 1916/17. Winter wi(i/i7.

Die „Lehren" der Obersten Heeresleitung vom 25. September 1916

sollten zunächst nur einzelnen neuen Gedanken, die, lange vorbereitet, jetzt reif waren, zum Durchbruch verhelfen. Das umfangreiche Werk der Vearbeitung neuer Vorschriften wurde gleichzeitig scharf vorwärts getrieben. Eine große Zahl von Erfahrungsberichten von höheren Stäben, Truppen¬ teilen und einzelnen Frontoffizieren gab die Grundlagen. Die Ansichten

waren naturgemäß keineswegs einheitlich. Je nach Kampfverhältnissen, Ort und Zeit und auch persönlicher Einstellung der Berichtenden standen oft die

verschiedensten Meinungen gegeneinander. Die maßgebenden Führungsvorschriften schuf die Oberste Heeresleitung selbst, einige andere, vor allem neue Ausbildungsvorschriften, wurden in ihrem Auftrage von Armee-Oberkommandos usw. ausgearbeitet. Der Kriegs-

läge entsprechend standen alle Vorschriften, soweit sie die Kampfführung betrafen, einstweilen fast ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Abwehr im Stellungskriege, die nur kleinere Angriffsunternehmungen zuließ. Sie setzten die bereits unter General von Falkenhayn begonnene Sammlung von

„Vorschriften für den Stellungskrieg für alle Waffen" fort. Von diesen waren bisher fertiggestellt: „Minenkrieg", „Leuchtmittel", „Stellungsbau", „Nahkampfmittel", „Der Infanterieflieger und der Infanterieballon", „Nachrichtenmittel und deren Verwendung". Es folgten unter der neuen Obersten Heeresleitung bis zum Frühjahr 1917 am: 1. November 1916: „Verwendung und Tätigkeit der Artillerieflieger im

Stellungskrieg", 13. November: „Allgemeines über Stellungsbau" (Neuausgabe), 15. November: „Die Minenwerfer", I.Dezember: die entscheidende Vorschrift: „Grundsätze für die Führung in der Abwehrschlacht im Stellungskrieg" (Neuausgabe am 1. März 1917; diese ist im folgenden zugrunde gelegt), 15. Dezember: „Einzelheiten über Stellungsbau" (Neuausgabe) und „Betonbauten", sowie „Nachrichtenmittel und deren Verwendung", 1, Januar 1917: „Verbindung der Infanterie mit Fliegern und Fesselballonen" (Neuausgabe) und „Nahkampfmittel". Die Gesamtheit dieser Vorschriften gibt ein Bild der Abwehrschlacht, wie die Oberste Heeresleitung sie sich im Frühjahr 1917 dachte. Zweck der Reglementierung war vor allem die Ausschaltung unnötiger und schädlicher

Reibungen, die aus unausgeglichenen Anschauungen bemhten und immer

Entwicklung der Abwehr. Vorschriften für die Abwehrschlacht.

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wieder auftraten. Dem entsprach es, daß die ausgegebenen Vorschriften teilweise in rascher Folge durch neue ersetzt worden find*).

Grundsätzlich stand die Dritte Oberste Heeresleitung dem AbwehrProblem anders gegenüber als General von Falkenhayn. Für ihn war die

befestigte Stellung des Westheeres die unter allen Umständen festzuhaltende Ausgangslinie gewesen, von der aus einst der durchbrechende Stoß zu führen war. Daneben stand die Erwägung, daß der Wille der Truppe, keinen Fußbreit des Errungenen aufzugeben, die wichtigste Voraussetzung für das Halten überhaupt sei, und daß dieser Wille keinerlei Erschütterungen erleiden dürfe. Daher hatte er auch mit Strenge daran festgehalten, daß kein Teil der vorderen Linie verlorengehen dürfe. Für die Dritte Oberste Heeresleitung mußte die Schonung der Menschenkräfte dem Festhalten von Boden vorgehen, soweit der Endzweck des Krieges es erlaubte. Es mußte ihr daher

erwünscht erscheinen, soweit wie möglich schwer haltbare Stellungsteile rechtzeitig aufzugeben. Bereits am 5. Oktober 1916 und am 6. Januar 19172) waren Verfügungen an beide Heeresgruppen des Westheeres und an die 4. Armee ergangen, in denen ihnen freiwilliges

Aufgeben schwer zu haltender Stellungsteile nahegelegt wurde. Es kam hinzu, daß die Dritte Oberste Heeresleitung im Heere nicht mehr dasselbe Kriegswerkzeug besaß wie noch General von Falkenhayn, als er den Entschluß zum Angriff auf Verdun faßte. Sie konnte nicht an der Beobachtung vorbeigehen, daß im Herbst 1916 an der Somme und vor

Verdun sich deutliche Anzeichen einer geminderten Widerstandsfähigkeit gezeigt hatten. Die Abnutzung des Heeres — auf die der Feind deutlich ausging — hatte einen nicht ungefährlichen Grad erlangt, und das im Angesicht einer gegen die ersten Kriegsjahre ganz außerordentlich ge-

steigerten Wucht des Angriffs, vornehmlich der feindlichen Artilleriewirkung. Der Gedanke, die Abnutzung beim Feinde noch wesentlich größer als bei den eigenen Truppen zu gestalten, wurde beherrschend. In der Vorschrift für die Abwehrschlacht wurde daher das Ziel gesetzt, „den Angreifer sich abringen und sich 1) Für die „Grundsätze für die Führung in der Abwehrschlacht im Stellungskrieg" vom I.Dez. 1916 brachte die Neuausgabe vom I.März 1917 bereits eine Reihe von

Änderungen. Am 1». Juni wurden in einem „Sonderheft" auf Grund der Erfahrungen des Frühjahrs weitere, zum Teil grundsätzliche Änderungen den Truppen mitgeteilt. Ihnen folgte am 1. Sept. eine völlige Reubearbeitung, zu der schon wenig später wiederum Deckblätter nötig wurden. Das alles innerhalb von neun Monaten.

2) Bd. XI, S. 83 und 500.

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wwt«lgls/l7.verbluten

zu

lassen,

die

eigenen

Kräfte

aber

zu

schone n". Dem entsprachen die leitenden Gesichtspunkte: a)Bei der Führung des Kampfes darf der Verteidiger nicht auf Z n i t i a t i v e verzichten.

b) Die Verteidigung ist nicht durch Einsatz einer möglichst großen Zahl lebender Kräfte, sondern vorwiegend durch Maschinen (Artillerie, Minen-

werfer, Maschinengewehre usw.) zu führen. c)Die höhere Führung hat am Geländebesitz nicht unbedingt starr fe st zuhalten. Sie soll den Verteidigungskampf so führen, daß der eigenen Truppe das günstige, dem Angreifer das ungünstige Gelände zufällt. d) Für den Stellungsbau und für die Verteilung der Kräfte ist die G l i e -

derung nach der Tiefe leitender Gedanke. Von einem Äbergang zum eigenen Angriff sprach die Vorschrift an keiner Stelle. Es mag in erster Linie an dem gegebenen Kräfteverhältnis

gelegen haben'), daß von Gegenangriffen nach gelungener Abwehr kein dem Einsatz entsprechendes Ergebnis erwartet wurde.

Stellungsbau. Die allgemeinen Grundsätze für Anlage von Stellungen

zeigen deutlich, daß man sich in einem Übergangs st adium befand. Man wollte nicht von der „Linie", das heißt dem durchlaufenden Graben, lassen und war doch gezwungen, dem Umstände Rechnung zu tragen, daß im Großkampf ein so klar erkennbares, unmöglich zu tarnendes Ziel wie ein

langer, der Front annähernd paralleler Graben notwendig zerstört werden mußte. Auf der anderen Seite boten durchlaufende Gräben, solange es nicht zum Großkampfe kam, für Beaufsichtigung und Versorgung der Truppe, sowie Erkennen der vordersten Linie durch eigene Artillerie und Flieger Vorteile, die man sich mit Recht zu erhalten wünschte. Indessen wurde der Grund-

satz der Tiefenverteidigung durch wesentlich größere Tiefenabstände der einzelnen Linien und Stellungen schärfer als früher zum Ausdruck gebracht: „Zunächst am Feinde ist eine erste, tiesgegliederte und stark ausgebaute Stellung zu schaffen. Sie besteht aus einem Grabensystem von mehreren durchlaufenden, nicht parallelen Linien in Abständen von etwa 150 bis 300 Meter"

(bisher 50 bis 100 Meter). Zahlreiche Verbindungswege waren anzulegen. Hinter der I. Stellung war wenigstens eine rückwärtige Stellung, für die gleiche Grundsätze galten, anzulegen. Der Abstand der II. von der I. Stellung war so zu bemessen, daß gleichzeitiger Artillerieangriff auf beide ') Aber unzureichende Angriffsfähigkeit der Truppe vgl. S. 72.

Vorschriften für die Abwehrschlacht. Der Stellungsbau.

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ausgeschlossen war; er sollte vier bis zehn Kilometer betragen (bisher ein bis zwei oder mehr Kilometer). Gleichzeitig sollten zwischen den einzelnen Linien der Stellungen, zwischen den Stellungen und rückwärts der letzten Stellung Stütz- und Anklammerungspunkte angelegt und allmählich untereinander

durch Schützengräben, Hindernisse, Annäherungswege verbunden werden, so daß „neue Linien entstehen und eine breite befestigte Zone gebildet wird". Die Forderung nach weitem Schußfeld für die Infanterie war schon längst dem Bedürfnis gewichen, die Stellungen zum mindesten der feindlichen Erdbeobachtung zu entziehen. Das hatte zur Bevorzugung von Hinterhangstellungen mit oft nur geringem Schußfeld geführt. Gleichzeitig war gegenüber dem Gewehr des einzelnen Mannes das Maschineng e w e h r weit in den Vordergrund gerückt. „Das Gerippe aller Infanterie-

kampflinien bilden die Aufstellungspunkte der Maschinengewehre sowie die Unterstände. Als frontales Schußfeld genügen 100 Meter und weniger." In der vorderen Linie sollten nur wenige Maschinengewehre sein, die „ihre Stärke in der Beweglichkeit zu suchen haben". Der Infanterie-Kampfgraben, der früher — abgesehen von Rücksichten auf die Artillerie — der gesamten

Stellung das Gepräge gegeben hatte, war also in seiner Bedeutung zurückgetreten gegen die keineswegs an den Graben gebundene Aufstellung der

Maschinengewehre. Dementsprechend war die Bedeutung des vordersten Grabens gesunken. Es hieß aber doch noch: „Die erste Linie ist so auszubauen und mit Infanterie und Maschinengewehren zu besetzen, daß die Besatzung jedem überraschenden Angriff gewachsen ist." Das war — sofern starke Hindernisse fehlten und bei geringem Schußfeld — eine oft kaum erfüllbare Forderung, denn — so hieß es weiter: „Die Masse der Besatzung (einschließlich der Maschinengewehre) ist in den rückwärtigen Linien, in deren Zwischengelände, in den Verbindungsgräben und im Gelände hinter der

I. Stellung unterzubringen." Dementsprechend wurde für die hinteren Linien stärkerer Ausbau vorgeschrieben. Schwierig war auch die Frage der Einbauten zu regeln. Auf der einen Seite waren zu schwache, aber auch zu tiefe Einbauten, jedenfalls an Hauptkampffronten, unhaltbar, auf der anderen Seite konnte man der Truppe

nicht das Recht nehmen, sich so gut wie möglich zu schützen. Die Vorschrift verlangte Einbauten, die gegen Dauerfeuer mindestens aus 15 «m-Rohren Schutz boten. Sie sollten, wie fchon an vielen Stellen der Front, statt tiefer Minierung aus festem Material, Beton und Eisenbeton, hergestellt werden. Eine allgemeine Beseitigung der tiefen Unterstände in vorderer Linie ließ sich aber doch nicht durchführen. Sie sollten indessen bei Trommelfeuer und im Kampf nicht benutzt werden, ein Befehl, dessen Befolgung in der Wirklichkeit allerdings nicht immer zu erwarten war.

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WinterI91S/I7.

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Die Infanterie-Division als Kampfeinheit.

Fast durchweg bot die Einleitung der Abwehrschlachten in den ver¬ gangenen Iahren einschließlich derjenigen der Somme-Schlacht das Bild zu spät veranlaßter Maßnahmen. Demgegenüber verlangte die Dritte Oberste Heeresleitung, daß der Verteidiger sich die Vorhand nicht rauben lassen dürfe, daß er vielmehr „mit den Abwehrmaßnahmen dem Feind

rechtzeitig begegnen und in der artilleristischen Kampferöffnung zuvorkommen" solle. Dazu war Vereitstellung und Aufmarsch entsprechender Kräfte erforder¬ lich. Über den Bedarf gab die Vorschrift einige Zahlen als Anhalt. Grundlegend war die Breite der Divifions-Gefechtsstreifen. Sie sollte auf den Kampffronten einer Abwehrschlacht im allgemeinen 2500 bis über 3000 Meter

betragen. Die Oberste Heeresleitung schloß sich also nicht den ziemlich zahlreichen Stimmen an, die schmalere Divisionsabschnitte gefordert hatten. Sie wollte „... nur soviel Divisionen in die Kampffront einsetzen, als unbe-

dingt nötig sind, und hinter der Front möglichst viel geschlossene Divisionen bereitstellen; sie dienen gleichzeitig zur Ablösung ermüdeter Divisionen aus der Front". Entsprechend dem Verfahren in der Somme-Schlacht war mit A b -

löfung der Infanterie der Divisionen „nach kürzerer Zeit" zu rechnen; mit der der Artillerie wegen der damit verbundenen „erheblichen

Störungen in der Kampftätigkeit" weniger rasch. Vor Verwendung einer Division an anderer Stelle sollte sie indessen wieder vereinigt werden. Das mußte freilich zu einer Stockung im Abfluß der Divisionen führen, ergab aber andererseits eine dringend nötige längere Ruhepause für die Infanterie. Die Artillerie sollte so verstärkt werden, „daß an den Brenn-

punkten des Kampfes im Durchschnitt für jeden Kilometer fünf bis sieben Sperrfeuer-Vatterien (dabei unter Umständen auch schwere) und vier bis sechs schwere Batterien für sonstige Aufgaben verfügbar" waren, von letzteren wenigstens ein bis zwei Batterien schweres weittragendes Flachfeuer. Das war etwa anderthalbmal soviel oder mehr, als in der Somme-Front am 2. September 1916') an Artillerie eingesetzt gewesen war.

Die Frage, ob und inwieweit die nicht zur Kriegsgliederung der Divi-

sionen gehörigen Truppen, in erster Linie also die schwere Artillerie, diesen unterstellt werden sollten, wurde dahin entschieden, daß die Division innerhalb ihres Abschnittes die V e r a n tw o rt un g trage

und ihr daher auch die dazu erforderlichen Mittel unterstellt werden müßten, also auch die schwere Artillerie. Zu dieser Ansicht war die Dritte Oberste Heeresleitung bereits während der Herbstkämpfe gekommen; der Verlauf der ') Vd. XI, S. 58.

Vorschriften für die Abwehrschlacht. Die Infanterie-Division.

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Dezemberschlacht vor Verdun mußte sie darin bestärken^). Die Vorschrift enthielt deshalb die strenge Weisung: „Eine Unterstellung von Artillerie unmittelbar unter die Armeen und die Gmppen kann nur für weittragende

schwerste Batterien in Frage kommen, bei denen einheitliche Zusammenfassung unter gemeinsamen Vefehl mit besonderem Nachrichtennetz zweckmäßig ist." Im übrigen blieb es selbstverständlich Recht und Pflicht der Gruppen, das Feuer der Artillerie mehrerer Divisionen zu gegenseitiger Unterstützung oder für besondere Zwecke zusammenzufassen. Die Division wurde somit endgültig zur eigentlichen Kampfeinheit der Schlachtfront: „Ihre Aufgabe ist die unmittelbare Gefechtsführung und die Sicherheit des Zusammenwirkens der Waffen für Nah- und Fernaufgaben."

Artillerie und Minenwerfer. Für die Aufstellung der Artillerie blieben die Gefechtsaufgaben und die Schußweiten maßgebend. Der Neigung, die Artillerie weit zurückzuhalten, wurde entgegengetreten. „Feuerstellungen der Artillerie gehören, wo es auf Ausnutzung der Schußweiten ankommt, möglichst nach vorwärts. Gerade die am weitesten schießenden Geschütze müssen also so weit vorn stehen, wie es die Lage gestattet." Anders bei den Sperrfeuer-Vatterien, die nicht zu weit nach vorn genommen werden durften, um nicht vorzeitig von

der feindlichen Artillerie zerschlagen zu werden-). Im übrigen wurde für sie häufiger Stellungswechsel empfohlen, um dem Feinde die Erkundung zu

erschweren. Die wichtigsten Beobachtungsstellen sollten so weit zurückliegen, daß sie dem gegen die vordere Stellung gerichteten Artilleriefeuer entzogen wären. Von den Minenwerfern sollten sich die leichten an der Sturmabwehr beteiligen; sie waren entsprechend weit rückwärts einzubauen, die mittleren und schweren dagegen so weit vorn, als das Gelände den schwierigen Antransport von Gerät und Munition zuließ. Den Ausbau des Feld- und Förderbahnnetzes hatte bereits

eine vorhergehende Vorschrift als „besonders dringlich" bezeichnet. Jetzt ging man noch weiter: „Nur mit Hilfe der Feld- und Förderbahnen ist die

Versorgung der Truppen möglich. Pferdekolonnen reichen nicht aus." Schon in der Verfügung vom 25.September 1916 hatte sich die Oberste

Heeresleitung mit Lebhaftigkeit für den Kampf gegen die feindC i et) c Artillerie eingesetzt. Dabei blieb sie auch jetzt. Dazu hieß es erläuternd: „Eine völlige Niederkämpfung der gesamten Artillerie ist kaum

erreichbar. Durch fortgesetzte Verluste... kann aber... schließlich auch 1) Bd. XI, S. 149" 2) S. 30.

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frllhjahrskämpfen.

Wwterisl«/l7. dauernd eine solche Verringerung der Kampfkraft der feindlichen Artillerie

erreicht werden, daß sie ihre Hauptaufgabe, die Vorbereitung des feindlichen Infanterieangriffs, nicht ausreichend zu lösen vermag. ... Die Bekämpfung

der feindlichen Artillerie ist daher eine ungemein wichtige artilleristische Aufgäbe." Cs war klar, daß sie nicht früh genug begonnen werden konnte. Wenn also der Grundsatz aufgestellt war, daß der „Verteidiger mit den Abwehrmaßnahmen dem Feind rechtzeitig begegnen und in der artilleristischen Kampferöffnung zuvorkommen" müsse, so war damit in erster Linie die Bekämpfung der feindlichen Artillerie gemeint. Für diese Aufgabe aber war Mitwirkung der Luftstreitkräfte von ausschlaggebender Bedeutung'), sie konnte durch Artilleriemeßtrupps nur unter günstigen Verhältnissen ersetzt werden. Von Zerstörung der feindlichen Infanterie st el° l u n g e n und Bekämpfung ihrer Besatzung erwartete man keine ent-

scheidenden Erfolge. Das Feuer sollte daher nur auf die wichtigeren Anlagen gerichtet werden und auch nur dann, wenn Nebenwirkung gegen die Besatzung zu erwarten war. Die mittleren und schweren Minenwerfer hatten mitzuwirken.

Das Bild änderte sich, sobald es galt, den feindlichen Infan -

teriean griff abzuwehren. Der Artilleriekampf trat dann zurück gegenüber der offenbaren Notwendigkeit, mit allen Kräften der eigenen Infanterie unmittelbar zu helfen. Alle Geschützarten waren dazu heranzuziehen,

doch sollte vorzeitiges Unterbrechen der Artilleriebekämpfung vermieden werden: „Die artilleristische Sturmabwehr erfolgt durch: 1. das »Ver-

nichtungsfeuer«, das... bei drohendem feindlichen Angriff auf diejenigen Gräben, Unterstände, Annäherungswege, Mulden gelegt wird, wo die Angriffsinfanterie in Versammlung vermutet oder erkannt wird; 2.das »Sperrfeuer«, das den zum Angriff ansetzenden Feind zusammenschießen soll... Vernichtungs- und Sperrfeuer haben sich bei feindlichem Angriff gegenseitig zu ergänzen; sie lassen sich nicht scharf voneinander trennen." Vom Zerstörungsfeuer gegen die feindlichen Stellungen unterschied sich das Vernichtungsfeuer vor allem durch seine Stärke. Cs sollte, um ver-

nichtend zu wirken, räumlich und zeitlich zusammengefaßt, also in kurzen,

gleichzeitigen Feuerüberfällen möglichst zahlreicher Batterien durchgeführt werden. Beim Sperrfeuer, das in erster Linie Aufgabe der Feldartillerie blieb, sollte unter allen Umständen jede Gefährdung der eigenen Grabenbefatzung ausgeschloffen sein. Cs sollte daher nur „bei mittleren Grabenentsernungen von etwa 150 bis 200 Meter" auf oder dicht vor den feind-

lichen vordersten Gräben liegen. Bei geringeren Entfernungen hatten Minen- oder Granatwerfer die Nahaufgaben zu übernehmen. Vernichtungs') Näheres 6.48."

Vorschriften für die Abwehrschlacht. Der Artilleriekampf.

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feuer und Sperrfeuer zusammen sollten den feindlichen Angriff zerschlagen. Doch wurde die Infanterie davor gewarnt, zu viel zu erwarten.

Den Kamps gegen Panzerwagen, ein „neues, bislang wenig

bekanntes Kampfmittel", hatte die Artillerie, soweit nicht schon Vernichtungsund Sperrfeuer die Mehrzahl der Wagen zum Halten brachte, teils durch Infanterie- und Nahkampfgeschütze mit Sondergeschossen, die aber einstweilen nur in ganz geringer Zahl an der Front waren, teils durch vorher dazu be-

stimmte schwere Steilseuer-Batterien im Salvenfeuer zu führen. Schwere und mittlere Minenwerfer hatten mitzuwirken. Störungsfeuer gegen Arbeiten und Verkehr hinter der feindlichen Front wurde besonders für die Nacht als wichtig bezeichnet. Für diese Aufgabe kam vor allem schweres Flachfeuer in Betracht, dessen „einheitliche Zusammenfassung auf großen Kampffronten zur Steigerung der Wirkung sehr oft geboten" sein würde. Da die Artilleriewirkung, insbesondere im Kampf gegen die feindliche Artillerie, in steigendem Maße von dem die Ziele feststellenden und die

eigene Schußlage beobachtenden Flieger abhängig war, wurde die Verkoppelung der Artillerie mit den für sie beobachtenden Fliegern, schon von General von Falkenhayn angestrebt, nunmehr bindender Grundsatz. Die Zahl der Artillerieflieger -Abteilungen, deren jede eine Schutzstaffel angegliedert erhalten sollte, war bedeutend erhöht worden. Mindestens eine solche Abteilung sollte jeder Division der Kampffront und der zur Verfügung des Gruppenkommandos stehenden (schwersten) Artillerie zugeteilt werden. Ihre Aufgabe war, „die Ziele zu erkunden, zu überwachen, im Lichtbild festZuhalten und das Schießen zu beobachten". Das führe den Artillerieflieger ebensoweit hinter die feindliche Front wie den zu anderer taktischer KleinErkundung entsandten Flugzeugbeobachter. Der Versuch des Feindes, die Tätigkeit der Artillerieflieger zu stören, könne diese auch zu Lustkämpfen

Mingen. „Sie müsien sich jedoch stets bewußt sein, daß für sie die artilleristische Beobachtung die vorherrschende Aufgabe ist." Zur Verständigung .zwischen Flieger und Feuerleitung dienten neben Leuchtzeichen funkentelegraphische Rufe; drahtloses Fernsprechen war noch nicht möglich. Allerdings entstanden bei Verwendung mehrerer nahe beieinander und gleichzeitig

funkenden Flieger oft Schwierigkeiten, die auch durch bessere Ausbildung und Vervollkommnung der technischen Mittel erst ganz allmählich überwunden werden konnten.

Das elastische Kampfverfahren. Die beherrschende Frage der Infanterieverteidigung war, wie die Stellungsbesatzung bis zum feindlichen Sturm kampfkräftig zu

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wim« MK/^.erhalten sei. Solange es möglich schien, das auch in vorderster Linie zu erreichen und rasches Herauskommen aus den Unterständen sicherzustellen, war kein Anlaß vorhanden, die Verteidigung elastisch zu führen. So war es an einer Reihe von Abschnitten der großen Stellungsfronten auch im Winter 1916/17 durchaus möglich gewesen, in alter Weise die Verteidigung in der vordersten Linie zu belassen, da dort nicht damit zu rechnen war, daß be-

sonders starke feindliche Waffenwirkung zur Geltung kommen werde. Dagegen mutzte das in der großen Abwehrschlacht mit Sicherheit erwartet

werden. Die Vorschrift sagte: „Setzt ein feindlicher Angriff mit langanhaltender kräftiger Feuervorbereitung durch schwere und schwerste Artillerie und Minenwerfer ein, so vollzieht sich bald der Übergang der vordersten Gräben in Trichterstellungen. In ihnen entstehen Schützennester von einzelnen Gruppen, die sich um die Postenstände und die Unterstände, soweit solche noch vorhanden sind, bilden." Damit ergab sich notwendigerweise auch ein anderes Kampfverfahren: „In solcher Gefechtslage ist ein Verdichten der Besatzung der Kampflinie und ein wiederholtes Auffüllen nicht mehr zweckmäßig Die Gewähr für das Festhalten der vordersten Kampflinie ist durch starre Abwehr, verbunden mit Auffüllen der vorderen Kampfbesatzung, allein nicht gegeben." Das neue Kampfverfahren bestand in folgendem: Die Besatzung der vordersten Linie ist nicht mehr unbedingt an ihren Platz ge-

bunden, sondern darf stärkstem feindlichen Feuer „in räumlich beschränkten Grenzen" ausweichen. Unterstützt durch Vernichtungs- und Sperrfeuer setzt die Besatzung der vordersten Linie, soweit sie erhalten geblieben ist, alles daran, aus eigener Kraft den Sturm des Feindes zum Scheitern zu bringen. Bricht der Feind in die Stellung ein, so kommt es darauf an, die eingedrungenen Teile zu isolieren und durch G e g e n st o ß, der aufs rascheste

erfolgen muß und der daher nicht durch Befehle höherer Vorgesetzter herbeigeführt und geleitet werden kann, zu vernichten. „In solcherArt wird sich der Kampf nicht in, sondern um die vorder st e Linie

vollziehe n." Gelinge der sofort einsetzende Gegenstoß nicht, so müsie er in größerem Stile mit den inzwischen herangekommenen Reserven wiederholt werden. Sie seien einheitlich zum Angriff anzusetzen, solange der Gegner in dem fremden Grabensystem die Verteidigung noch nicht vorbereitet habe und noch im Kampfe mit den örtlichen Reserven stehe. Dabei sollte die

Artillerie zunächst das Nachrücken feindlicher Reserven verhindern. Im übrigen sei durch Erd- und Luftbeobachtung sichere Verbindung mit der Infanterie herzustellen, der eingedrungene Gegner mit Vernichtungsfeuer zu belegen. Rechtzeitiges Vor- und Zurücklegen des Feuers sei nötig, damit

die Gegenstöße unserer Infanterie nicht durch eigenes Feuer gestört würden.

Vorschriften für die Abwehrschlacht. Das elastische Kampsverfahren.

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Dabei bildete allerdings rasches Erkennen der tatsächlichen Lage die leider

nur selten erreichbare Voraussetzung.

Die Vorschrift sagte weiter: Bleibt der Gegenstoß trotz Einsatz der nächsten Reserven ohne Erfolg, so wird er abgebrochen; dann „führt nur

planmäßig angelegter Gegenangriff zur Wiedereroberung". Diese sollte aber nicht mehr wie früher unter allen Umständen versucht werden. Es hieß vielmehr: „Nicht immer ist indes die Wiedereroberung verlorengegangener Stellungsteile geboten, sondern es muß die Wichtigkeit des beabsichtigten Geländegewinns im richtigen Verhältnis zu dem zu erwartenden Verlust an Menschen und dem erforderlichen Munitionseinsatz stehen." Bei planmäßigen Gegenangriffen fiel der A r t i l l e r i e eine Aufgabe

wie in der Angriffsschlacht zu: „V o r dem Angriff muß das Angriffsziel,

die feindliche Artillerie und die Besatzung, durch stärkstes Feuer zermürbt werden. Besonders wichtig ist die Ausschaltung der das Angriffsfeld beherrschenden Maschinengewehre. Ferner sind Anschlußfronten, die den eigenen Angriff flankieren, niederzuhalten. Während des Angriffs muß das Angriffsziel und die feindliche Sperrartillerie — diese häufig durch Gas — niedergehalten, das Hintergelände für feindliche Reserven abgeriegelt

werden. Nach gelungenem Angriff ist noch für längere Zeit starker Munitionseinfatz zum Schutz der genommenen Stellung nötig. Der Einsatz von zu schwacher Artillerie und von zuwenig Munition ist ein unverzeihlicher grober Fehler, der entweder viel Blut kostet oder das Unternehmen zum Scheitern bringt. Sind ausreichende Artillerie und Munition nicht mit

Sicherheit und für genügend lange Zeit vorhanden, so wird man meist gut tun, auf Gegenangriffe zu verzichten." Beurteilte die höhere Führung die Lage dahin, daß die Opfer eines größeren Gegenangriffs nicht im Verhältnis zum Gewinn ständen oder daß die Mittel ungenügend seien, so sollte ein ganzer Entschluß gefaßt werden. Dann kam in Frage, freiwillig noch weitere Teile des Geländes zu räumen und „die Truppe in weiter ab vom Feinde gelegene Riegelstellungen zurück-

zunehmen". Wurde das hier geschilderte Kampfverfahren als ein elastisches bezeichnet, so war das zutreffend. Die Freiheit, auszuweichen, konnte aber doch nur für zwei Stellen gegeben werden: einmal für Teile der Besatzung der vordersten Linie, ohne daß sie deshalb von ihrer Aufgabe, diese Linie zu verleidigen, entbunden wurde, und zweitens für die höhere Führung von der Division aufwärts, die von Wiedereroberungsversuchen Abstand nehmen

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frllhjahrskämpfen.

Winter ISIS/,7. konnte, wenn sie der Meinung war, daß der mögliche Erfolg den Einsatz

nicht lohne. Im übrigen lag die Entscheidung bei der Obersten Heeresleitung. Die Vorschrift erkannte aber auch klar die außerordentlichen Schwierigleiten, die der Leitung des Kampfes, vor allem seiner Unterstützung durch die Artillerie von dem Augenblick an erwuchsen, da die eigene Infanterie nicht

mehr die ihrer Lage nach bekannte vorderste Linie hielt, sondern ausweichend und gegenstoßend im Zwischengelände kämpfte. Dabei waren ihre Lage und ihre Absichten erfahrungsgemäß nur zu oft viele Stunden lang völlig unbe-

kannt. Hier sollten „Infanterie-Flieger" Wandel schaffen, die durch Feststellung des jeweiligen Verlaufs der vorderen Linie, Übermittlung von Befehlen und Nachrichten sowie Anfordemng von Sperrfeuer die Verbindung zwischen der vorn kämpfenden Infanterie einerseits, der Führung und der Artillerie andererseits herzustellen hatten. Sie sollten den Divisionen an den Hauptkampffronten zugewiesen werden. Der Verkehr vom und zum

Flugzeug hatte durch Auslegen von Signaltüchern, Signallampen, Leucht¬ zeichen, abzuwerfende Nachrichten zu geschehen; für „dringende Meldungen, die sofortige Maßnahmen erfordern", namentlich für Sperrfeueranforderung, stand dem Flieger Funkentelegraphie zur Verfügung. Ähnliche Aufgaben sollten „in beschränktem Maße" die den Divisionen zuzuteilenden InfanterieBallone erfüllen.

Luftstreitkräfte. Die Aufstellung der Grundsätze für die Abwehrschlacht fiel in eine Zeit, da die F l i e g e r w a f f e sich entsprechend ihrer zunehmenden Bedeutung

für die erfolgreiche Durchführung der Kampfhandlungen eine Stellung als selbständige Kampftruppe zu erringen begann. Das war darin

begründet, daß die Flieger, soweit sie nicht als Artillerie- und Infanterieflieger unmittelbare Hilfstmppen des Erdkampfes waren, nunmehr den Kampf in der Luft, das heißt gegen die feindlichen Flieger — auch wenn er nicht

Selbstzweck war —, doch als ihre vornehmste Aufgabe aufzufassen begannen; denn ohne ihre Lösung waren auch alle sonstigen Aufgaben nicht mehr zu erfüllen. Damit wurde eine besondere Lufttaktik mit allen daraus sich

ergebenden Folgerungen notwendig. Die Oberste Heeresleitung hatte daher auf Grund der aus den bisherigen schweren Abwehrkämpfen gewonnenen Erfahrungen sowie aus der sorgfältigen Beobachtung der Kampftaktik der Gegner die ersten Vorschriften erlassen, die in bindender Form die Grundsätze festlegten, die für die Durchführung operativer und taktischer Erkundung, für den Kampf um den Luftraum sowie gegen Erdziele von Bedeutung waren.

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Vorschriften für die Abwehrschlacht. Die Luftstreitkräfte.

Dort, wo entscheidende Kämpfe sich anbahnten, mußte auch der Gegner in der Luft zu finden sein. Dementsprechend sollten die an Aufklärung und Kampf in der Lust beteiligten Formationen rechtzeitig an den bedrohten Kampffronten zusammengefaßt werden: „Eine sehr erhebliche Vermehrung der Luftstreitkräfte — Erkundungs- und Artillerie-Beobachtungsflugzeuge, Kampfeinsitzer, Fesselballone, Flugabwehrmittel — schon vor Beginn der

eigentlichen Abwehrschlacht ist notwendig, weil der feindliche Angriff als erstes Ziel die unbeschränkte Herrschaft in der Luft erstreben wird. Dies muß frühzeitig verhindert werden. ... Weniger wichtige Fronten müssen rück-

sichtslos von Fliegern, Ballonen und Flugabwehrmitteln entblößt werden." Die Fernaufklärung durch Flieger anzusetzen, blieb Aufgabe der Armee-Oberkommandos oder Generalkommandos. Sie hatte vor allem den

feindlichen Bahn- und Straßenverkehr und größere im Hinterlande ent-

stehende Anlagen aller Art vornehmlich durch Lichtbildaufnahmen festzustellen. Ob dies „durch einzelne schnelle Flugzeuge aus großer Höhe oder

durch geschlossene Geschwader, begleitet durch Kampfeinsitzer, ausgeführt" werde, sollte von der Art der feindlichen Luftgegenwehr abhängen. Indessen war elfteres Verfahren schon mit Rücksicht auf die geringe Zahl verfügbarer Kräfte anzustreben. Die Nahaufklärung durch Flieger und Ballone, die in der Regel von der Division zu leiten war, hatte — hauptsächlich durch dauernde BildMeldungen — Klarheit über Ausbau der feindlichen Stellungen und Unter-

künfte, Bereitstellung von Angriffstruppen, Batteriestellungen, Erweiterung des Feldbahnnetzes und damit über die Absichten der feindlichen Führung zu schaffen. Die Nahaufklärung diente auch der Feststellung der vorderen eigenen Linien. Stand der feindliche Angriff unmittelbar bevor, so sollten alle verfügbaren Flugzeuge eingesetzt werden, „um das eigene Artilleriefeuer — besonders auf Nahziele — zu beobachten und um den Luftraum über dem

Schlachtfeld von feindlichen Fliegern und Ballonen zu säubern". Bombenangriffe und Maschinengewehrfeuer auf feindliche Truppen — so hieß es weiter — „sind von großer moralischer Wirkung".

Bombenangriffe der Kampfgeschwader der Oberst e n Heeresleitung gegen festgestellte feindliche Ausladepunkte, Muni-

tionslager, Flughäfen, Verpflegungsmagazine konnten bei planmäßiger starker Durchführung zu einer erheblichen Verzögerung und Störung der feindlichen

Angriffsvorbereitungen führen. Die Unterbindung der feindlichen Lufterkundung „für längere Zeit und große Räume" wurde als nicht erreichbar bezeichnet. Dauernde Luftsperre wurde abgelehnt. „Das beste Mittel zur Crringung und Behauptung der Luftherrschaft" — so hieß es — „sind die in Staffeln Weltkrieg. XII. Band.

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wwt«,sie/1?, und Gruppen zusammengefaßten Kampfeinsitzer, denen bestimmte Kampfräume dauernd zugewiesen werden und die die Fesselballone und Flugzeuge

des Gegners über den feindlichen Linien aufsuchen, vernichten oder vertreiben.

Rein defensive Abwehr der feindlichen Fliegertätigkeit führt nicht zum Ziel." Hier wurde also der Luftkampf, und zwar im Verbände geschulter

Iagdkräfte, „über den feindlichen Linien" gefordert.

Die Luftabwehr, einschließlich der Beschießung feindlicher Ballone, lag in erster Linie den „Flak" (Flugabwehrkanonen, häufig noch einzelne Geschütze) ob. Sie waren in einer oder mehreren Abwehrlinien zu verteilen, von denen die vorderste so nah wie möglich an die Infanterie-

stellungen herangeschoben wurde, um auch in den Luftraum über der feindlichen Front wirken zu können. Daneben sollten Scheinwerfer zur Fliegerabwehr durch Anstrahlung verwendet werden.

Ergebnis. Die Oberste Heeresleitung hatte die Wintermonate 1916/17 zu einer

die bisherigen Erfahrungen verwertenden, in strittigen Fragen entscheidenden Arbeit verwendet, die dem deutschen Heere bis dahin fehlende einheitliche Vorschriften über den Stellungskrieg gab. Freilich waren sie fast ausschließlich auf die Abwehr an der Westfront zugeschnitten. Sie sagten kaum etwas vom Angriff, nichts vom Kampf im Gebirge oder in den Verhältnissen des Ostens. Das lag in der dringenden Notwendigkeit begründet, zunächst ein-

mal das Westheer auf den bevorstehenden, nach Meinung der Obersten

Heeresleitung entscheidenden Abwehrkampf vorzubereiten. Vorschriften für den Angriff sollten folgen. Es konnte auch nicht erwartet werden, daß mit den Vorschriften ein endgültiges Ergebnis erreicht und überall schon das

Richtige getroffen sei. Daraus ergab sich, daß in kurzen Zwischenräumen Ergänzungen und Änderungen herausgegeben werden mußten. Die Reibungen, die dabei durch Umlernen entstanden, waren in Kauf zu nehmen. Das Ganze war eine ebenso berechtigte wie notwendige Festlegung

dessen, was nach mehr als zwei Jahren Stellungskrieg im Westen für zweckmäßig gehalten wurde. Es war keine Vorschrift für alle Fälle und auf weite Sicht, fondern eine Anweisung für die wichtigste der unmittelbar bevorstehenden Aufgaben.

Gewiß war schon wertvolle Vorarbeit unter General

von Falkenhayn geleistet worden. Das große Verdienst, alle schwebenden Fragen in kürzester Frist soweit möglich geklärt und das Ergebnis der Gefamtheit des Heeres trotz aller Gegenströmungen in einheitlicher und eindeutiger Form übermittelt zu haben, gebührt aber in erster Linie General

Vorschriften für die Abwehrschlacht. Ergebnis der Neuregelungen.

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Ludendorff. Er hat damit einem bei Führung und Truppe gleichermaßen empfundenen Mangel wirksam abgeholfen. Jetzt erst war es möglich, Truppen aus den verschiedensten Armee-

bereichen auszuwechseln, ohne daß sie grundsätzlich Neues zu lernen hatten. Visher hatten die Armeen sich selber geholfen und vielfach, besonders die an der Somme-Schlacht beteiligten, umfangreiche Mappen mit grundlegenden Befehlen, zum großen Teil taktischer Art, zusammengestellt, die den neueintreffenden Truppen ausgehändigt wurden und von diesen erst zu verarbeiten waren, bevor sie den Kampf im Sinne der verantwortlichen Leitung führen konnten. Das fiel nun weg oder beschränkte sich auf die Kenntnisnahme von

Anordnungen für besondere örtliche Verhältnisse. An allen Abschnitten der Westfront — an den übrigen in entsprechend abgeänderter Form — war künftig auf Grund der neuen Vorschrift die

Abwehr nach einheitlichen Gesichtspunkten vorzubereiten. Von den WestArmeen forderte die Oberste Heeresleitung hierüber am 19. Januar 1917 Berichte in Form von Kartenausschnitten, die zum I.Februar vorzulegen waren. Die allmähliche Vervollständigung dieser schriftlich niedergelegten

Vorbereitungen führte zu sehr umfangreichen Arbeiten mit zahlreichen Karten. Dabei war notwendig: Errechnung des Bedarfs an Divisionen,

Artillerie, Luftstreitkräften usw. sowie Vorbereitungen für den Einsatz dieser Kräfte; Einteilung der Abschnitte für den Großkampf, Festlegung aller Gefechtsstände, der zu vermessenden Batteriestellungen nebst Beobachtung, des erforderlichen Fernsprechnetzes für Infanterie, Artillerie und Flieger, der Unterbringung usw. Dies alles war, soweit möglich, im Gelände festzulegen, das Ergebnis schriftlich mit Planeinzeichnungen (dabei Skizzen für das Zusammenwirken der Batterien wie der Minenwerfer in die verschiedenen möglichen Sperr- und Vernichtungsfeuerräume) niederzulegen und den vor-

gesetzten Dienststellen zur Prüfung einzureichen. Die so entstehenden, meist überaus umfangreichen schriftlichen Arbeiten mit zahlreichen Skizzen belasteten die Stäbe, die daneben mehr oder weniger durch Kampfaufgaben in

Anspruch genommen waren, fehr erheblich und gaben Anlaß, sie durch Personal aus der Front zu verstärken. Dieser unerwünschten Wirkung stand gegenüber, daß die Führer aller Grade und ihre Gehilfen an ruhigen Fronten, wo sie kaum Gelegenheit hatten, sich mit den Erfordernissen des Großkampfes vertraut zu halten, Anlaß fanden, sich mit ihnen eingehend zu beschäftigen. Insgesamt waren die erwarteten großen Abwehrkämpfe, soweit das

durch Festlegung des anzuwendenden taktischen Verfahrens möglich war, gründlicher und einheitlicher vorbereitet als bisher. 4*

52

Die Oberste Heeresleitung vor den Frllhjahrskämpfen.

Z. Maßnahmen zur Wiederherstellung der Kampfkraft. WwterMs/l7.

Bereits bei der Besprechung in Eambraiam8. September 19161) war seitens der zugezogenen Generalstabschefs mehrfach die Frage der Ausbildung berührt worden, insbesondere von dem der 2. Armee, Oberst

Bernhard Vronsart von Schellendorff, der ausführte: Der junge Ersatz habe vor dem Einsatz weder genügend Ruhe noch Ausbildung gehabt und darum sich auch „nicht voll bewährt. Die Leute wären den geübten Franzosen frag-

los unterlegen. Darauf sei das Nichtglücken der Gegenangriffe zurückzu¬ führen. Es fehle an Ausbildung. Das gute Material könnte mehr leisten, wenn es besser ausgebildet werde und genügend Ruhe hätte". General

Ludendorff hatte zugestimmt: Für die Ausbildung der zurückgezogenen Teile müffe mehr getan werden^). Das aber war schwieriger als bei den

Gegnern, die bei großer Überlegenheit an Zahl ihren Truppen mehr Zeit zu Ruhe und Ausbildung geben konnten, als das auf deutscher Seite möglich war; denn hier wurde jeder Mann und jedes Geschütz bis in den Winter hinein immer wieder alsbald zum Einsatz an der Front gebraucht. Es kam hinzu, daß die mit dem Juli 1916 begonnene Aufstellung einer großen Zahl neuer Divisionen — bis zum 1. März 1917 sind ihrer 53 gebildet worden —

sowie zahlreicher Einzelsormationen, besonders an Artillerie und technischen Truppen, und der Ausbau der Luftstreitkräfte zwar einen zahlenmäßigen Zuwachs brachte, daß aber auf der anderen Seite die bestehenden Formationen in bedeutendem Umfange wertvollstes kriegstüchtiges Personal

abzugeben hatten. Es konnte nicht ausbleiben, daß dementsprechend fast alle Truppen an innerem Wert einbüßten. Das mußte durch Ausbildung und

Erziehung soweit möglich wettgemacht werden; sie wurden mitten im Kriege zu Aufgaben von äußerster Wichtigkeit. Die neue Oberste Heeresleitung hat die Aufgabe alsbald in großem

Maßstabe in Angriff genommen. Indessen hatte sie auch hierbei nicht von Grund auf Neues zu schaffen, sondern konnte sich vielfach auf Maßnahmen stützen, die in den beiden vorhergehenden Kriegsjahren seitens der Heeres¬ leitung bereits veranlaßt oder der Initiative der Armee-Oberkommandos und der Truppen entsprungen waren und nun systematisch vereinheitlicht und

ergänzt wurden. Diese weitgreifende Tätigkeit drängte sich in die Wintermonate 1916/17 zusammen. Sie umfaßte die Ausbildung von Führern aller Grade wie auch die der Truppe und alles, was dazu an Vorschriften, Äbungsgelegenheiten usw. notwendig war. -) Bd. XI, S. 10 ff. 2) Vgl. S. 4 und 10 ff.

Wiederherstellung der Kampfkraft. Mannschafts- und Anterführer-Ausbildung. 53

Schon bald nach Beginn des Stellungskrieges hatte man angefangen, die Rekrutenausbildung zum Teil hinter das Kampfgebiet zu verlegen. Daraus waren für die Infanterie „Feldrekrutendepots", bei jeder Division eines, entstanden, die schließlich einen kriegsgliederungsmäßigen Bestandteil der Divisionen bildeten. Bei ihnen wurden die Rekruten nach der ersten Ausbildung in der Heimat kriegsmäßig weiter ausgebildet. Da die Rekrutendepots aber gleichzeitig den ersten Ersatzbedarf zu decken hatten, war die Ausbildung während der Großkämpfe des Jahres 1916 vielfach zu kurz gekommen. Jetzt wandte die Oberste Heeresleitung darüber hinaus der Ausbildung der Unterführer ihr besonderes Augenmerk zu. In einer Verfügung vom 29. September 1916 wurde gesagt: „Die Kämpfe bei Verdun und an der Somme haben eindringlich die hohe Bedeutung der unteren Führung, vom Kompanieführer abwärts, klar erkennen lassen. Unsere Leute

bedürfen gerade in schweren Kämpfen mehr denn je der Fühmng. Der durch die schweren Verluste eintretende Mangel an erfahrenen, energischen und

gut ausgebildeten Unterführern macht sich zur Zeit in empfindlicher Weise fühlbar. Den hierin eingetretenen unvermeidlichen Schwierigkeiten läßt sich nur durch erweiterte Ausgestaltung der Ausbildungs- und Mungskurfe aller

Art und durch stete Weiterbildung der Dienstgrade begegnen. Jede Gelegenheit muß dazu ausgenutzt werden." Insbesondere wurden die Bataillons-, Kompanie- und Batteriesührer auf die Weiterbildung der ihnen unterstehenden Unterführer bis zum Gmppen- und Geschützführer hinunter hingewiesen.

Sie sollten „dieser wichtigen, ja ausschlaggebenden Frage" ihre ernsteste Aufmerksamkeit zuwenden. Am 9. Oktober folgte eine an sämtliche Heeresgruppen und Armeen

gerichtete Verfügung, die „soweit es noch nicht geschehen sei" besondere Ausbildungskurse für Kompanie- und Batteriesührer bei jeder Division forderte, „um die sachgemäße Durchbildung der meist sehr jung in diese Stellung kommenden Offiziere zu gewährleisten und um bei eintretendem Ausfall

ständig eine Anzahl geeigneter Offiziere zum sofortigen Ersatz zur Verfügung zu haben". Etwa gleichzeitig schlug die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz vor, ortsfeste Kompanie- und Zugführerschulen zu errichten, und zwar möglichst bei jeder Armee: „Die von den Korps und Divisionen getroffenen

Maßregeln erfüllen den Zweck häufig nicht in ausreichendem Maße." Diefe Schulen wären etatsmäßig zu machen und bedürften einer aus allen Waffen zu bildenden Äbungstruppe. Der an ihnen durchzumachende Kursus follte mindestens einen Monat dauern. Die Oberste Heeresleitung ging alsbald auf diesen Vorschlag ein und ordnete am 12.Oktober die zunächst behelfsmäßige Aufstellung je einer

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

.solchen Feld-Kriegsschule bei den beiden Heeresgruppen des Westens und bei der 4. Armee an. Die Mitte November einlaufenden

Meldungen über die bei den Armeen, Korps und Divisionen schon bisher stattfindenden Ausbildungskurse aller Art ergaben im übrigen das Bild

einer sehr lebhaften Tätigkeit, so daß Generalfeldmarschall von Hindenburg dem Gesamtheere am 18. November nach Vortrag beim Kaiser dessen be-

sondere Anerkennung für das Geleistete aussprechen konnte. Ilm diese Zeit sind dann die Feld-Kriegsschulen eingerichtet worden. Als Schüler waren z. V. bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz 100 Offiziere und 100 Unter-

offiziere (Offizieranwärter und geeignete Unteroffiziere) auf fünf bis sechs Wochen kommandiert. Indessen wurden die Schulen vom I.Februar 1917 ab in die Heimat verlegt, wo inzwischen seitens des Kriegsministeriums

geeignete Maßnahmen getroffen waren. Gleichzeitig mit dem Drängen auf vermehrte Ausbildung der Unter-

führer hatte die Oberste Heeresleitung auch auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Divisionen nach den schweren Tagen vor Verdun und an der

Somme, die den Grundstock der Infanterie verschlungen hatten, in ihrer Kampfkraft wiederherzustellen. Bereits die Verfügung vom 29. September hatte gesagt: „Die Ruhezeit muß zur seelischen Auffrischung und Erholung der Leute und zur intensivsten Ausbildung der Truppe unbedingt verwertet werden. Weichheit gegen die vielleicht bald vor schwere Aufgaben gestellte Truppe schädigt diese sicherlich mehr als eine mit allen Mitteln und in umsichtigster Weise durch Ausnutzung der verfügbaren Zeit betriebene Stählung des Körpers. Neben den rein militärischen Albungen

verweise ich hierbei auf die hohe Bedeutung der Sportspiele und auf die Überwindung von Hindernissen. Für beides lassen sich in der Nähe aller Unterkünfte ohne viel Arbeit geeignete Plätze finden." Am 5. Oktober wandte sich General Ludendorff an die beiden Heeresgruppen des Westens und die 4. Armee mit einer Verfügung, in der — neben

Mahnungen zur Schonung der Truppen durch rechtzeitiges Aufgeben ungünstiger Stellungsteile — darauf hingewiesen wurde, daß Divisionen, die durch einen Großkampf gegangen seien, die nötige Ruhe gewährt werden müsse:

„Erster Grundsatz muß bei diesem Zustand der Truppe bleiben, daß mit allen Mitteln ihr innerer Wiederaufbau betrieben wird, sowohl vorne in der Stellung, wie in Reserve und im Ruhequartier." Schonung abgekämpfter

Divisionen sei auch beim Stellungsbau erforderlich. Am 8. Oktober folgte ein Erlaß des Generalfeldmarschalls, der nachdrücklich auf die Ausbildung der Truppen hinwies: „Die Lage verlangt, daß wir, unter rücksichtslosem Einsatz aller geistigen und physischen Kräfte der Führer und Truppe, die

Wiederherstellung der Kampfkraft. Die Division.

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Armee auf der Höhe halten, die nötig ist, um in den zur Zeit noch andauernden Kämpfen durchzuhalten und den in der Folge noch zu erwartenden schweren Aufgaben gewachsen zu sein. Für das nächste Frühjahr müssen wir mit einer

letzten, noch größeren Kraftanstrengung unserer sämtlichen Gegner rechnen. Hierauf uns schon jetzt vorzubereiten, durch intensivste Ausbildung den inneren Wert unseres Heeres zu steigern, bleibt eine unserer wichtigsten Aufgaben ..

Beigelegt war eine von der Obersten Heeresleitung gutgeheißene

Verfügung des Armee-Oberkommandos 6, die den Inhalt der zu betreibenden

Ausbildung umriß. Nach dem ersten schweren Rückschlag vor Verdun erging dann am 3.November ein Erlaß des Kaisers'), der mit großem Ernst auf die Wichtigkeit der Ausbildung hinwies: Den Führern aller Grade erwachse die „Pflicht, ... auf die Ausbildung der Truppe, beginnend mit der des

einzelnen Mannes, mit allen Kräften hinzuwirken ... Ich erwarte, daß die

höheren Führer sich der ihnen hieraus erwachsenden Aufgaben voll bewußt bleiben und es ihrer Tatkraft gelingt, die Truppe auf der vollen Höhe zu erhalten, wobei ich der Förderung der Dienstfreudigkeit bei Führern und Truppe einen ganz besonderen Wert beimesse". In der Heimat hatten die stellvertretenden Kommandierenden Generale in demselben Sinne zu wirken.

Besonders wichtig, aber auch besonders schwierig war es, den Truppen die erforderliche Zeit zur Ausbildung zu verschaffen. Zu diesem Zweck sollte im Winter 1916/17 nach Möglichkeit jeder Kampfdivision des Westheeres eine dreiwöchige Pause gewährt werden. Soweit es die Bedürfnisse der Kampffront, daneben gelegentlich auch Notwendigkeiten des Stellungsbaues, gestatteten, ist das durchgeführt worden. Die lange Dauer der SommeSchlacht (bis in den November hinein), die Rückschläge vor Verdun im Oktober und Dezember und endlich die Strenge des Winters 1916/17 waren

allerdings recht störend. Die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, die den dreiwöchigen Turnus angeregt hatte, sagte in einem Bericht vom 5. Januar: „Die Ablösungen werden vom Februar ab nach dem Grundsatz durchgeführt, daß die Divisionen nach dreiwöchiger Ausbildungszeit sofort wieder eingesetzt werden, um möglichst vielen Divisionen die Ausbildung zu ermög-

lichen. Die Reihenfolge im einzelnen läßt sich noch nicht übersehen. Es sollen die erprobten Divisionen in erster Linie berücksichtigt werden. Das Verhältnis der Zahl der Frontdivisionen zu den dahinter stehenden Ab-

löfungsdivisionen ergibt, daß sich die volle Durchführung der Ablösungen etwa bis April—Mai hinausziehen wird." Immerhin kann gesagt werden, daß eine erhebliche Anzahl von Divisionen des Westheeres und einzelne ') Bd. XI, S. 481. Dort steht irrtümlicherweise S. Nov. als Ausgabetag.

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpsen.

WwterlSls/l7. aus dem Osten dazu kommende eine drei Wochen währende, zusammen-

hängende Zeit zugewiesen erhalten haben, die von vornherein für Ruhe und Ausbildung bestimmt war. Dabei mag es manchmal zu einer Überspannung durch die von den höchsten Stellen zu lebhaftester Tätigkeit angetriebenen Truppenbefehlshaber gekommen sein, denn General Ludendorff nahm am 9. Januar 1917 Gelegenheit, vor einem Zuviel zu warnen.

Auch für die Ausbildung der Artillerie') ist durch Zurückziehen der eingesetzten schweren Batterien und der Reserven der Obersten Heeresleitung an Feld- und schwerer Artillerie nach Möglichkeit gesorgt worden. Am 22.November 1916 hatte sich Generalfeldmarschall von Hindenburg als Chef des Generalstabes mit einer größeren Verfügung: „Kriegführung und General st ab" an „sämtliche Chefs der General-

ftäbe, Abteilungschefs und Divisions-Generalstabsossiziere" gewandt und damit die Ausgabe der neuen Vorschrift über die Abwehrschlacht vorbereitet.

Er stellte zunächst fest, daß die Friedensausbildung des Heeres auf den Angriff gerichtet gewesen sei, bei dem der Infanterie die Hauptrolle zufiel, und daß die Bekanntschaft „mit Einsatz und Wirkung der Artillerie" nicht allgemein gewesen sei. „Kenntnisse auf dem Gebiet der technischen Waffen galten als wenig wichtig. Dafür gab es einzelne Spezialisten." Dieses „System" habe sich bei Kriegsbeginn bewährt. „Der Krieg wurde dann zum Stellungskriege. Für seine Eigenart waren wir weniger ausgebildet, aber

trotzdem anfänglich unseren Gegnern voraus, weil die bessere allgemeine und

einheitliche militärische Durchbildung, die Disziplin und der Drill, den Ausschlag gaben. Seit der Verdun- und Somme-Schlacht aber müssen wir erkennen, daß Engländer und Franzosen — unsere anderen Feinde können

hier unberücksichtigt bleiben — uns in manchen Punkten zu überholen beginnen."

Die Verfügung sprach dann in einem ersten Abschnitt über das Thema: „Die Mittel der Kriegführung haben sich geändert." Man dürfe sich der Tatsache nicht verschließen, daß es trotz aller Anstrengungen nicht in vollem Amsange gelingen werde, die Kampfkraft der Insanterie und des einzelnen Infanteristen durch sorgsame Ausbildung zu stärken und zu erhalten. Was fehle, müsse durch die neuen technischen Kriegsmittel ersetzt werden. „Diese Entwicklung ist noch in vollem Fluß ... Wir müssen also schnell lernen und wieder umlernen, um neue Mittel neuen Verhältnissen entsprechend auszugestalten und anzuwenden ... Es wäre eine Selbsti) Näheres hierüber wird die in Arbeit befindliche amtliche „Geschichte der Fußartillerie" enthalten.

Wiederherstellung der Kampfkraft. Kriegführung und Generalstab.

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täufchung, wollten wir uns verhehlen, daß wir in manchem langsamer gelernt haben als unsere Gegner." Wir „müssen über unsere eigenen Erfahrungen hinaus voraus denken, Taktik und Technik in dauerndem Fortschreiten halten ... Diese Arbeit zu leisten, ist und bleibt die verantwortungsvolle

Aufgabe der Generalstabsoffiziere". Die Einseitigkeit der „Spezialoffiziere" verlange eine Zentralstelle, die „zugleich dem Kampfe am nächsten steht, alle Sonderwaffen gleichmäßig beherrscht. . .

Die gesamten Einzel-

kräfte zu einheitlicher Wirkung zu bringen, dazu ist — seiner Bezeichnung entsprechend — der General-

stabsoffizier da". Ein zweiter Abschnitt stand unter dem Kennwort: „Der Charakter des Krieges hat sich geändert." .hier wurde eingangs ausgeführt: „Der Krieg ist in der Hauptsache auch in militärischer

Beziehung ein Crfchöpfungskrieg geworden. Der Vernichtungsgedanke sucht so sein Ziel zu erreichen ... Ansere an Zahl überlegenen Feinde suchen uns

durch ... Verluste (Verdun und Somme) zu zermürben." Infolgedessen sei, da wir vorläufig nicht in der Lage wären, den Charakter des Krieges zu

ändern und ihm „durch schnelle gewaltige Schläge und durch Bewegung sein früheres richtiges Bild wiederzugeben", haushälterischer Einsatz von Menschen und überhaupt die Vermeidung jeder Verschwendung von Mitteln aller Art dasjenige Moment, dem alle militärischen Erwägungen Rechnung zu tragen hätten. Trotzdem: „Der in der Bewegung und in großen Schlach¬ ten Entscheidung suchende Angriffskampf mit Armeen, die... wir richtig zu verwenden wissen, bleibt unser militärisches Zukunftsideal, auf das sich Deutschlands Zukunft auch weiterhin aufbauen wird." Ob und wann es

sich verwirklichen lasse, müsse dahingestellt bleiben. Der dritte Abschnitt: „Unsere besondere Stärke war die

Einheitlichkeit der Auffassung und Ausbildung des General st abes" behandelte als vornehmsten Gesichtspunkt die Vielfeitigkeit der Ausbildung der Generalstabsoffiziere: „Die von der Obersten Heeresleitung herausgegebenen allgemeinen Weisungen und Vorschriften bedürfen ernsten Studiums."

Daß die Ausbildung der Generalstabsoffiziere nach zwei Iahren Krieg der Förderung bedurfte, war zweifellos richtig, denn die Erfahrungen der meisten konnten doch nur lückenhaft sein. Bemerkenswert war aber auch die

von höchster Stelle hier wohl erstmals ausgesprochene Auffassung, „daß wir in manchem langsamer gelernt haben als unsere Gegner", und ebenso die Schilderung der Lage, in der sich die Oberste Heeresleitung befand, die im Angriff des Bewegungskampfes „das Zukunftsideal" sah, aber für unbe-

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Die Oberste Heeresleitung vor den Frllhjahrskämpfen.

Wwter 1916/17. stimmte Zeit nicht vermochte, es zu verwirklichen. Die Verfügung enthielt im übrigen Dinge, die nicht nur die Generalstabsoffiziere, sondern ebensosehr die verantwortlichen Kommandeure angingen, so die Mahnung, mit

Menschen und Material haushälterisch umzugehen und diesem Moment bei allen militärischen Erwägungen Rechnung zu tragen. Daß eine solche Verfügung, die grundlegende Anschauungen über die Kriegführung enthielt, nicht an die Kommandeure, sondern an deren General st absoffiziere ging und diesen aufgetragen wurde, ihren Kommandeuren über den Inhalt Vortrag zu halten, konnte auffallen, bezweckte aber sicherlich nicht, die Generalstabsoffiziere mehr als ihre Kommandeure zu Trägern der Verantwortung zu machen. Wenn nach Mi߬

erfolgen schon seit langem und bei zahlreichen Gelegenheiten häufiger der Generalstabsoffizier als der Kommandeur seiner Stellung enthoben worden war, so war dieses Verfahren in den gegebenen Verhältnisien begründet; denn einen Wechsel der ihm unterstehenden Generalstabsoffiziere vermochte der Generalfeldmarschall als Chef des Generalstabes jederzeit zu erreichen, den von Kommandeuren nur sehr viel schwerer. Für erstere gab es reichlich andere Verwendungsmöglichkeiten, für letztere kaum noch. Nur rücksichts-

lose Verjüngung der Kommandeure hätte helfen können. Dagegen bestanden aber bei Militär-Kabinett und Kriegsministerium Bedenken, mit denen der Chef des Generalstabes sich abfinden mußte. So war es nur natürlich, daß er sich, soweit er nicht in besonderen Fällen die Mitwirkung des Obersten KriegsHerrn in Anspruch nehmen wollte, in erster Linie an die Generalstabsoffiziere als die ihm unterstehenden Stelleninhaber wandte. Bereits am 9. Oktober, also noch vor der Herausgabe der oben be-

sprochenen Verfügung vom 22., hatte die Oberste Heeresleitung alle ArmeeOberkommandos darauf hingewiesen, das gegenseitige Verständnis für das Zusammenwirken der Waffen und den Gebrauch der vielen neuen technischen Hilfsmittel dadurch zu fördern, daß Vorträge vor den dazu versammelten älteren Offizieren, etwa vom Regimentskommandeur aufwärts, gehalten würden. Sie wies dabei auf das vier-

tägige Programm einer im Osten bei der Heeresgmppe Eichhorn stattgehabten Besprechung hin mit dem Zusatz: „Die Maßnahme erscheint zweckmäßig und wird an ruhigen Teilen der Heeresfront auch ohne weiteres durchführbar fein." Am 17. November wandte sich der Chef des Generalstabes an das Kriegsministerium und teilte ihm den Entschluß mit, eine Übungsdivision

zusammenzustellen, die die Kampftätigkeit einer Division in der Verteidigung im Zusammenwirken mit den verschiedenen Crkundungs- und VeobachtungsMitteln zu Lehrzwecken vorzuführen hätte. — Das Kriegsministerium sollte

Wiederherstellung der Kampfkraft. Ausbildung der Führer.

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einen geeigneten Übungsplatz auf dem westlichen Kriegsschauplatz vorschlagen. Jedoch wurde dessen Vorschlag: Veverloo, nicht angenommen, sondern die Oberste Heeresleitung verlangte eineinhalb Monate später, am 26. Dezember, von der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht einen Vorschlag zur Abhaltung eines solchen Kursus für Kommandeure und General-

stabsoffiziere. Diese schlug den Feldartillerie-Übungsplatz Solesmes und Generalleutnant von Moser als Leiter vor. Nach den nötigen Vor-

bereitungen konnte Anfang Februar der erste Lehrgang mit 80 Teilnehmern, Generalen, Regimentskommandeuren und Generalstabsoffizieren, beginnen.

Unterdessen hatte die Heeresgmppe Kronprinz Rupprecht bereits die Schaffung eines zweiten Lehrgangs an anderer Stelle angeregt, da einer

nicht genüge. Dementsprechend wurden bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz im März in Sedan ein „Führer-Kursus", ähnlich dem in Solesmes (später Valeneiennes), aber mit schwächerer Lehrtruppe geschaffen, daneben später ein „Generalstabs-Kursus" für jüngere Generalstabsoffiziere und Anwärter, die nicht die Kriegsakademie besucht hatten; der erste dauerte jeweils rund eine, der letztere drei Wochen. Den Lehrstoff bot in erster Linie die Vorschrift über die „Abwehrschlacht im Stellungskriege". Daneben wurden Scharfschießen sowie in der Einführung begriffene technische Neuerungen von Waffen und Gerät gezeigt.

Während die zurückgezogenen Divisionen für ihre Übungen auf die Ausnutzung des Geländes in der Nähe ihrer Unterkunftsorte verwiesen werden konnten, bedurfte die Artillerie zur weiteren Ausbildung im scharfen Schießen besonderer Übungsplätze. Sie wurden bis

zum Frühjahr 1917 soweit vermehrt, daß allein hinter der Westfront für Feld- und schwere Artillerie im ganzen neun zur Verfügung standen. Auf diese Schießplätze wurden unter besonderen Ausbildungsstäben die der

Obersten Heeresleitung unterstehenden Reserven an Artillerie, soweit sie in der Front entbehrt werden konnten, verteilt. General der Artillerie von Lauter hatte als neu ernannter General-Inspekteur der Artillerie-Schießschulen für

gleichmäßige Ausbildung beider Zweige der Artilleriewaffe Sorge zu tragen.

Für Gebirgsartillerie, Meßtrupps, Minenwerfer, Flammenwerfer und andere Sonderformationen entstand eine Anzahl kleinerer, aus geeigneten

Übungsplätzen untergebrachter Schulen. Die Anfänge einer ausgesuchten und besonders ausgebildeten Sturmt r u p p e lagen fast zwei Jahre zurück. ImMai 1915 hatte General vonFalkenHayn unter Anerkennung der Leistungen des Sturmbataillons des Haupt-

60

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Wi»ter,9l«/i7. manns Rohr befohlen, daß von jeder Armee oder Armee-Abteilung des

Westens je zwei erfahrene Offiziere und vier Unteroffiziere auf 14 Tage zu diesem Bataillon zu kommandieren seien und nach Rückkehr Sturmabteilungen auszustellen und auszubilden hätten, so daß „jede Division im Laufe der Zeit in der Lage ist, für schwierige Angriffsaufgaben eine aus ausgesuchten und

besonders vorgebildeten Offizieren und Mannschaften bestehende Kerntruppe zusammenzufügen". Mehrere Jäger-Bataillone wurden unter Zuteilung von Hilfswaffen zu Sturmbataillonen ausgestaltet. Am 23. Oktober 1916 nahm General Ludendorff die eingeleitete, aber noch nicht voll durchgeführte Ent-

Wicklung wieder auf: „Wie in den Kämpfen vor Verdun, so haben sich auch in der Somme-Schlacht die Sturmbataillone und die nach ihren Grundsätzen ausgebildeten Sturmabteilungen und Trupps bewährt." Es sollten daher bei allen Armeen und Armee-Abteilungen des Westens sowie bei den Heeresgruppen des Ostens Lehrtruppen gebildet werden. Konnte nicht ein ganzes

Bataillon aufgestellt werden, dann sollten doch wenigstens Sturmabteilungen in Stärke von ungefähr zwei Kompanien mit den nötigen Hilfswaffen

(Maschinengewehr-Kompanien, Insanterie-Geschütz-Batterien, Minenwerser- und Flammenwerfer-Trupps) geschaffen werden. Auf diesem Wege sind eine große Zahl von Sturmformationen verschiedenen Umfangs bis herauf zum verstärkten Bataillon entstanden. Sie sind teils als fechtende

Truppe zur Lösung schwieriger Angriffsaufgaben, teils als Lehrformationen verwendet worden. Für die eigentlichen „Sturmbataillone", Truppenteile mit besonderem Etat, wurden, da die Zuführung geeigneten Ersatzes großen Schwierigkeiten begegnete, im Frühjahr 1918 eigene Rekrutendepots aufgestellt. Im Osten hatte schon Mitte September 1916 ein Austausch von Osfizieren mit dem österreichisch-ungarischen Heere begonnen. Am die gleiche Zeit verständigte man sich über die Einrichtung gemeinsamer Ausbildungslager für den neu ins Feld kommenden Ersatz sowie für junge Offiziere und Offizieranwärter deutscher und österreichischungarischer Truppenteile. Nachdem ein deutscher und ein österreichisch-ungarischer Offizier Ausbildungsstätten beider Heere bereist hatten, kam es Ende Oktober zu einer Einigung über gemeinsame Ausbildung. Die entsprechenden Maßnahmen sind daraufhin für die deutsche Front durch den Oberbefehlshaber Ost getroffen worden; an der österreichisch-ungarischen Front wurde der deutsche Einfluß in diesen Fragen durch General von Geeckt gewahrt. Es entstanden in einem den Ostverhältnissen angepaßten Rahmen ähnliche Einrichtungen wie an der Westfront. Deutsche Vorschriften und deutsches Lehrpersonal waren dabei auch für das verbündete Heer wegweisend. Allerdings

Wiederherstellung der Kampfkraft. Sturmtruppen.

öl

bedursten die für die Westfront erlassenen Weisungen unter den besonderen Verhältnissen des Ostkrieges mancher Einschränkung und Abwandlung. Insbesondere erwies sich das elastische Verteidigungsverfahren der Infanterie vielfach als nicht anwendbar. Geländegestaltung und Ausbau der Oststellungen mit in sich geschlossenen Stützpunkten sprachen dagegen, für die öfterreichisch-ungarischen Verbände, wie General von Geeckt meldete, auch Psychologische Erwägungen, die freiwillige Aufgabe von Stellungsteilen keinesfalls

gestatteten. überblickt man die für Ausbildung und Wiederherstellung der Kampfkraft des Heeres in den Wintermonaten 1916/17 durch die Oberste Heeresleitung und unter ihrer Einwirkung seitens der Führer aller Grade und der Truppen vollbrachte Arbeit, so ergibt sich eine bewundernswerte L e i st u n g. Sie hat die schweren Einbußen an Kraft, die das deutsche Heer

im Jahre 1916 erlitten hatte, zu einem großen Teile wieder wettgemacht und das Kriegswerkzeug damit zu erfolgreicher Abwehr der für 1917 erwarteten neuen schweren Abwehrkämpfe befähigt.

4. Ausbau rückwärtiger Stellungen. Sofort nach Übernahme der Geschäfte hatte die Oberste Heeresleitung den Bau großer rückwärtiger Stellungen im Weste n') in Angriff nehmen lassen. Es waren Maßnahmen, wie sie der Generalfeldmarschall und General

Ludendorff im Osten schon im Herbst 1914 in den Dienst ihrer Operationen gestellt hatten. Gerüchten über Rückzugsabsichten, die sich jetzt im Westen daran knüpften, war General Ludendorff bereits Ende November 1916 mit

der Feststellung entgegengetreten: „Ebenso wie wir Festungen im Frieden bauen, so bauen wir jetzt rückwärtige Stellungen. Ebenso wie wir uns von unseren Festungen frei gemacht haben, so werden wir uns von diesen rück-

wältigen Stellungen fernhalten. Diese Stellungen geben unseren Operationen größere Sicherheit und tragen den Möglichkeiten Rechnung, die eine sich

ihrer Verantwortung bewußte Heeresleitung in Betracht ziehen muß. Nur wenn man absolut fest steht und alles voraus durchgedacht hat, kann man

schlagen." Dahinter stand der Gedanke, daß die Schwierigkeit der Ersatzlage wie der Ergänzung von Munition und Gerät unter Umständen dazu zwingen könnte, die Front zu verkürzen oder feindlichen Angriffen auszuweichen, um Kräfte zu sparen oder für andere Aufgaben frei zu machen. Die zuversichtliche ') Vgl. Bd. XI, S. 513 und dortige Karte 2 a.

62

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

Winter lsis/l7. Hoffnung auf die noch im Laufe des Jahres 1917 zu erwartende Wirkung

des Anterseekrieges ließ planmäßiges Zurückgehen, wenn es nötig wurde, auch operativ unbedenklicher erscheinen als früher. Seit dem Herbst 1916 waren unter Ausnutzung aller Erfahrungen der

Somme-Schlacht folgende große rückwärtige Stellungen festgelegt: „Flandern-Stellung" hinter der 4. Armee, nur fünf bis zehn Kilometer hinter der Kampffront von der Küste nach Lille verlaufend; der

Ausbau war Anfang Februar über Anfänge noch nicht hinaus. „Wotan-Stellung" hinter der 6. und dem rechten Flügel der 1. Armee, östlich von Armentiöres beginnend und mit durchschnittlich 15 Kilo-

meter Abstand hinter der Front zu den Kampfstellungen nördlich von Pßronne verlaufend; der Ausbau war Anfang Februar ebenfalls noch in den Anfängen. „Siegfried-Stellung" hinter dem linken Flügel der 6., der 1., 2. und dem rechten Flügel der 7. Armee, bei Arras an die Kampfstellungen anschließend, bei Qusant die Wotan-Stellung kreuzend und über St. Quentin zur Chemin des Dames-Stellung östlich von Soissons verlaufend; diese

Stellung, für die Arbeitskräfte und Baustoffe planmäßig in weit größerem Maße als für irgendeine andere eingesetzt wurden, war am weitesten fort-

geschritten und sollte Mitte März einigermaßen verteidigungsfähig sein'); sie war damit die erste und einzige, die demnächst beziehbar war. „H u n d i n g - S t e l l u n g" hinter der 2., 7., 3. und 5. Armee, an die

Wotan-Stellung bei Peronne anschließend und über La Fere (Kreuzung mit der Siegfried-Stellung)—Rethel zu den Kampfstellungen nordöstlich von Verdun verlaufend; die Stellung war bisher nur erkundet. Der hinter

der 3. Armee liegende Abschnitt wurde später „Vrunhild-Stell u n g", der hinter der 5. Armee „K r i e m h i l d - S t e l l u n g" benannt.

„M ichel-Stellung" hinter der Armee-Abteilung C zum Ab¬ schneiden des St. Mihiel-Vogens, an die Hunding-Stellung anschließend und zu den Kampfstellungen südlich von Metz verlaufend; die Fertigstellung war nicht vor Beginn des Sommers zu erwarten.

Hinter dem linken Heeresflügel, den Fronten in Lothringen und im Elsaß, konnten große rückwärtige Stellungen aus Mangel an Kräften einstweilen nur geplant werden. Wohl aber setzten hier die er-

weiterten Anlagen der Festungen Metz, Straßburg und Neubreisach in Ver-

bindung mit dem Rhein jeder feindlichen Angriffsoperation Grenzen. Im Osten war der Vau operativer rückwärtiger Befestigungsanlagen in den weiten im Jahre 1915 eroberten Gebieten über erste Anfänge nicht

hinausgekommen^). -) Näheres S. 119 ff. 2) Vgl. Teil IX: „Der Krieg im Osten".

Ausbau rückwärtiger Stellungen. Arbeitskräfte.

SZ

Neben den genannten großen operativen Bauvorhaben, die im Westen zusammen eine Länge von weit über 500 Kilometer hatten, waren an allen

Fronten Arbeiten zur Verstärkung oder Wiederherstellung des vorderen

Stellungssystems zu leisten. Sie verbrauchten unverhältnismäßig viel Kräfte, konnten aber, solange man die Stellungen halten wollte, nicht eingestellt werden. Für diese, namentlich an Großkampffronten überaus schwierigen

Arbeiten hatte die Oberste Heeresleitung zeitweise recht erhebliche Arbeitstruppen, soweit es Ausbildung und unumgängliche Ruhe zuließen, auch Teile der Heeresreserven, zur Verfügung gestellt. Und doch hatte es kaum irgendwo hingereicht, den Ausbau im Laufe des Winters so weit zu fördern, wie es erwünscht gewesen wäre, denn es galt, große Entfernungen bis zu den Vaustellen zu überwinden; man konnte vielfach nur bei Dunkelheit zu ihnen gelangen und dort arbeiten, und allzuoft störte der Feind. Der Einsatz von

Arbeit und Baustoffen stand in ungünstigem Verhältnis zum Ergebnis. Die Schwierigkeiten der Beschaffung von Arbeitskräften wuchsen dauernd angesichts der Ansprüche der Heimat („Hindenburg-Programm") wie der Front. Die Hoffnung, aus der Masie der belgischen Arbeitslosen eine größere Zahl Zivilarbeiter anwerben zu können, wurde enttäuscht. Insgesamt waren im März rund 370 000 Mann Pioniere, Landstürm,Armierungssoldaten,angeworbene Zivilarbeiter und Kriegsgefangene^) beim Stellungs-, Straßen- und Bahnbau sowie in Parks und technischen Betrieben der Westfront beschäftigt. Davon arbeiteten an rückwärtigen Stellungen schätzungsweise etwa 170 000 Mann, ein gewaltiges Arbeitsheer und doch gering für die zu bewältigende Aufgabe. Auch die Heranführung

der Baustoffe stieß angesichts der ernsten Transportkrise des Winters^) auf große Schwierigkeiten. Gleichzeitig zwang der Frost dazu, alle Crd- und besonders die Betonierarbeiten längere Zeit zu unterbrechen. Die völkerrechtlich festgelegte Bestimmung der „Ordnung der Gesetze und Gebräuche des Landkriegs", daß Kriegsgefangene nur zu Arbeiten herangezogen werden dürfen, die „in keiner Beziehung zu den Kriegsunternehmungen stehen", ist von beiden

kriegführenden Seiten nicht beachtet worden. Welche Seite den Anfang gemacht hat, ist nicht festzustellen. Die deutsche Forderung, die bei Geländearbeiten verwendeten Kriegsgefangenen 30 Kilometer hinter die Front zurückzuziehen, andernfalls Vergeltungsma߬ nahmen in Aussicht gestellt wurden, wurde von der englischen wie von der französischen

Heeresleitung auf der Konferenz in London (S. 112) am 12./13. März 1917 abgelehnt, da sie diese Arbeitskräfte nicht entbehren zu können glaubten (Franz. amtl. Werk, Vd. V, 1, S. 425). Roch viel weniger aber konnten die Mittelmächte bei eng begrenzter

Menschenzahl auf sie verzichten. 2) S. 22.

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

64

C. ZLntrvicklung der Gesamtlage. Beilagen 1 und 23 sowie Karte 1 von Band XI.

J. Auffassung der Obersten Heeresleitung Anfang Februar. SfebriMr.

Am 1. Februar hatte der uneingeschränkte Unterseekrieg eingesetzt; am

3. Februar brach Amerika die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland ab*). In denselben Tagen war bei der Obersten Heeresleitung der Entschluß gereift, sich dem drohenden feindlichen Ansturm an der Westfront durch Aufgäbe der taktisch ungünstigen Stellungen des Somme-Kampsgebietes, des gesährdetsten Abschnittes der Front, und Ausweichen in die Siegfried-Stellung zu entziehen. Nur nach hartem inneren Kampfe hatte sich die Oberste Führung zu diesem Entschluß durchgedrungen, denn er überließ erobertes Gelände freiwillig dem Feinde. Mit dem Beginn des

uneingeschränkten Anterseekrieges, der das Kriegsende in absehbare Nähe zu rücken schien, hatten der Generalfeldmarschall und General Ludendorff aber doch den Zeitpunkt für gekommen erachtet, angesichts der gewaltigen Übermacht der Gegner an Menschen und Gerät aus der Siegsried-Stellung

Nutzen zu ziehen. Sie schoben damit einerseits den Cntscheidungskampf zu Lande hinaus, andererseits verkürzten sie die Front, schufen einen fürs erste schwer angreifbaren Abschnitt von ansehnlicher Breite und bekamen dadurch Reserven frei. Am 4. Februar war der Befehl zur Durchführung der entsprechenden Maßnahmen gegeben worden. Es mußten aber noch etwa sechs Wochen vergehen, bis die alten Somme-Kampsstellungen geräumt werden konnten.

Wie die Oberste Heeresleitung zu dieser Zeit die militärische Gesamtläge beurteilte, ergibt sich aus der Denkschrift des Generals Ludendorff für den Vortrag beim Kaiser am 4.Februars. Dort hieß es, daß eine große feindliche Offensive „zunächst in Italien, dann wohl im Elsaß und an drei weiteren Punkten der Westfront, etwas später ... an der

Ost- und Siebenbürgischen Front" zu erwarten sei; schon im März werde der Kampf an der West- und Ostfront in vollem Gange sein. Im einzelnen sah man die Lage wie folgt an: Im O st e n war die russische Front mit der rumänischen zu einer Ein-

heit zusammengewachsen. Das russische Heer konnte sich von den schweren Verlusten des Vorjahres wieder erholt haben. Zahlreiche neue Verbände 0 6.156 ff. -) Vd. XI, S. 314 ff.

Gesamtlage Anfang Februar.

S5

befanden sich in der Aufstellung. Wenn die Divisionen dabei auch durch Herabsetzung von 16 auf 12Bataillone an Kopfstärke abnahmen, so wurde

das Kriegsinstrument doch sehr viel handlicher. Auch mit starker Vermehrung der Artillerie und ihrer Munitionsvorräte war zu rechnen. Die Wieder-

Herstellung der Kampfkraft des rumänischen Heeres war im Gange, französische Offiziere wirkten dabei leitend mit. Die Frage des Angriffsbeginnes aber klärte sich bereits am 6. Februar durch abgehörte feindliche Funksprüche dahin, daß Rußland nicht schon im März, sondern erst Ende April bereit zu sein hoffte'). Dann allerdings war ein erneuter gewaltiger Maffenansturm

gegen die deutsche und österreichisch-ungarische Ostfront zu erwarten. Der Schwerpunkt der Abwehr aber mußte im Westen liegen, „auch wenn es im

Osten noch so heiß herging"2). Vollends spielten die Front in Mazedonien, seit Rumänien niedergeworfen war, und erst recht die weit vorgeschobenen Außenfronten der T ü r k e i für die Kämpfe in Mitteleuropa bis auf weiteres keine ent-

scheidende Rolle. Immerhin verlangte das gerade jetzt wieder einsetzende Vordringen der Engländer im Irak und gegen Palästinas Beachtung, und

schließlich zehrte jeder feindliche Einbruch, auch an den entferntesten Fronten, irgendwie an der Gesamtkraft der Verteidigung. Der heldenhafte Kampf endlich, den eine kleine Schar in Deutsch-Ostafrika noch fortsetzte, stand zu den Ereignissen in Europa nur insofern in Beziehung, als er ebenso

wie die Balkan- und die türkischen Fronten feindliche Kräfte fesselte, die sonst an anderer Stelle zur Wirkung gekommen wären. Die Auffassung, daß zunächst eine Offensive der Italiener — in der Ludendorffschen Denkschrift an erster Stelle genannt — bevorstehe, beruhte

auf Nachrichten, die sich zwei Tage später, am 6. Februar, als nicht zutreffend herausstellten; nach den erwähnten aufgefangenen feindlichen Funksprüchen war der italienische Angriff nicht vor Mitte April zu erwarten. Im übrigen aber lebte noch der Gedanke, so wie es Feldmarschall von Conrad befürwortete, den Italienern durch eigenen Angriff am Isonzo unter Mithilfe von

zwölf deutschen Divisionen, die ja beim Siegfried-Rückzug frei werden

konnten, zuvorzukommen^). Im Westen ergab sich die Annahme einer Bedrohung des Elsaß aus der Versammlung starker französischer Kräfte im Räume von Belfort ') Bd. XI, S. 495. Cs handelte sich um Funkmeldungen, die der Vertreter Italiens gelegentlich der in Petersburg tagenden Konferenz der Entente-Mächte (S. 95 ff.) nach Rom gab. 2) Ludendorff, „Kriegserinnerungen", S. 319. o)Bd.XI, S. 419 ff. *) Bd. XI, S. 494 ff. Weltkrieg. XII. Band.

6

66

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

und südlich längs der Schweizer Nordwestgrenze. Es lagen auch Nachrichten vor über eine bevorstehende französische und vielleicht zugleich italienische Offensive durch die Schweiz. Die daraufhin von deutscher und öfter-

reichisch-ungarischer Seite mit dem Schweizer Generalstabschef, Oberst Sprecher von Vernegg, geführten Verhandlungen^) ergaben, daß die Schweiz in solchem Falle die Masse ihrer Streitkräfte, 21 Brigaden, gegen die Franzosen, drei Brigaden als Rückendeckung gegen die Italiener einsetzen und im

übrigen deutsche Hilfe erbitten würde; entsprechende Eisenbahntransporte wurden vorbereitet. Die Verstärkung der Truppen und Arbeitskräfte an der

deutschen Elsaß-Front hatte im Rahmen des Möglichen schon stattgefunden. Vor allem lagen jetzt stets einige Divisionen der Heeresreserve hinter dieser Front. Auch wurde im südlichen Schwarzwald an Stellungen zur Verteidi¬ gung des Oberrheins zwischen Basel und Vodensee gearbeitet. Eine Offensive mit weitgestecktem Ziele gegen den deutschen linken Heeresflügel war

aber doch recht unwahrscheinlich; sie mußte sich an Rhein und Schwarzwald festlaufen. Wohl aber lag ein Versuch der Franzosen, das Elsaß in Besitz zu bekommen, angesichts der französischen Kriegsziele durchaus im Vereich der Möglichkeit. Mit den „drei weiteren Punkten der Westfront" waren vermutlich die Arras- und die Somme-Front sowie die nach Süden gerichtete Front beiderseits von Reims, vielleicht auch das Küstengebiet gemeint), wo mit dem

Versuch einer englischen Landung bei gleichzeitigem Landangriff seit Beginn des uneingeschränkten Unterseekrieges in vermehrtem Maße gerechnet werden mußte.

Beurteilungen der Lage von allen Heeresgruppen und Armeen vom 1.

und 3. Februar, die General Ludendorff für die Denkschrift vom 4. Februar

vorgelegen haben dürften, ergaben, daß die erwartete große feindliche Offensive jedenfalls noch nicht nahe bevorstand. Das deckte sich mit der schon seit langem bei der Obersten Heeresleitung bestehenden Auffassung, daß die Heere -) Vd. XI, S. 510; österr. amtl. Werk, Vd. VI, S. 10. Gleichartige Verhandlungen führte die Schweiz unter der Annahme eines deutschen Einbruchs in ihr Gebiet mit Frankreich (S. 89 f.). 2) In einer Denkschrift der Nachrichtenabteilung vom 31. Dezember 1916 hatte es geheißen: „Als Hauptangriffsabschnitt kommt erneut das Somme-Gebiet in

Betracht. Ferner in erster Linie für die Franzosen die Champagne, für die Engländer der Raum Arras—Lille, oder — falls politische Rücksichten vorliegen — sür die

französische Offensive Lothringen mit Nebenangriff im Oberelsaß, für die englische das belgische Gebiet (Wytschaete-Bogen und Küste)."

Gesamtlage Anfang Februar.

S7

der Westmächte vor dem 1. März nicht angriffsbereit sein würden^), und wurde am 6. Februar bestätigt durch die schon erwähnten Funksprüche, nach denen der Angriff der Franzosen sogar vor Ende März nicht beginnen sollte. Man hatte also wahrscheinlich noch Zeit, wenn auch Teilvorstöße der Gegner jederzeit möglich blieben und vor allem an der Somme-Front der Druck fast

ununterbrochen anhielt. Aus den Funksprüchen ergab sich, daß die Franzosen diesmal in der gewaltigen Breite von 70 bis 80 Kilometern mit etwa

100 Divisionen angreifen wollten. Uber die Stelle, gegen die Engländer und Franzosen ihre Hauptangriffe richten würden, konnte man nur Vermutungen anstellen, da ihre Angriffs-

Vorbereitungen fast an der gesamten Westfront so weit gediehen waren, daß aus ihnen kaum noch Schlüsse gezogen werden konnten; wahrscheinlich würden die Gegner auch nicht nur an einer, sondern an zwei oder noch mehr Stellen

zugleich ernstlich anpacken. Ihre Überlegenheit an Zahl gestattete das. Ob sie allerdings gerade das verwüstete Somme-Kampsgebiet wieder als Angriffsfeld wählen würden, begann schon zweifelhaft zu werden. Taktisch günstiger und operativ wirksamer mußte es für sie sein, wenn die Engländer ihren Schwerpunkt etwas weiter nördlich, die Franzosen den ihrigen weiter südlich legten. Sie konnten dabei, vor allem im Zusammenwirken mit gleich-

zeitigem französischen Angriff beiderseits von Reims, gegen den dazwischen weit vorspringenden Vogen der deutschen Front zu einer vielleicht aussichtsvollen Zangenoperation kommen. Gerade aus diesem Vogen aber sollte nach dem am 4. Februar erlassenen Befehl in die Siegfried-Stellung zurückgegangen werden. Damit mußten sich auch die Angriffsmöglichkeiten für den Feind anders gestalten.

Am 5. Februar meldete die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, daß die Durchführung der mit dem Zurückverlegen der Front in die

Siegfried-Stellung verbundenen Räumungsarbeiten (Deckname „Alberich") am 9. Februar beginnen würde und daß der 15. März als „Erster

Marschtag" für das Zurücknehmen der Kampffront in Aussicht genommen sei; drei Tage später sollte die Siegfried-Stellung in ihrem ganzen Verlaufe erreicht sein. Mit der Wahrscheinlichkeit, daß der Gegner die Räumungsmaßnahmen vorzeitig erkannte, war zu rechnen und weiter auch mit der Möglichkeit, daß er dann, ohne die Beendigung seiner Vorbereitungen abzuwarten, sofort zum Angriff schritt. Es geschah daher alles nur Erdenkliche, die Alberich-Arbeiten, soweit das angesichts der mit ihnen verbundenen umfangreichen Maßnahmen verschiedenster Art möglich war, zu verschleiern, zum mindesten aber den Gegner irrezuführen. ') Denkschrift der Nachr. Abt. vom 31. Dezember 1916.

68

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

2.Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges. Anfang Febrnar.

Nach der Denkschrift des Generals Ludendorff vom 4. Februar sollte der Siegfried-Rückzug auch dazu dienen, „die Möglichkeit zu taktischen, wenn

möglich zu strategischen Erfolgen zu verschaffen"; es müsse angestrebt werden, „selbst anzugreifen". Das schien möglich, da der Rückzug — wie die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht errechnet hatte — 13 Infanterie-Divisionen

und 50 schwere Batterien frei machte. Die Gesamt st ärke der deutschen Streitkräfte an der Westfront betrug am Z.Februar 1917 137 deutsche Divisionen, davon 112 eingesetzt

und 25in Reserve, denen nach Berechnungen der Rachrichten-Abteilung der Obersten Heeresleitung 179 feindliche, davon etwa 109 eingesetzt und 70 in Reserve, gegenüberstanden^). Dabei war zu berücksichtigen, daß die englischen Divisionen, etwa 60 an der Zahl, mit immer noch zwölf Bataillonen den deutschen an Stärke überlegen waren; die französischen sollten bereits wie die deutschen auf neun Bataillone herabgesetzt oder in der Umwandlung

begriffen sein. Von der Ostfront konnten die Mittelmächte nichts Rennenswertes mehr wegziehen. Dort standen nach einer Berechnung der Obersten Heeresleitung vom 25.Januar2), abgesehen von Kavallerie, 1223) Divisionen, davon 40 österreichisch-ungarische, gegen 157 russische und rumänische, wobei die russischen Divisionen noch mit je 16 Bataillonen angenommen waren.

Ihre im Gange befindliche Herabsetzung auf zwölf Bataillone bedeutete keineswegs eine Verminderung der Gesamtstärke, sondern eher das Gegenteil, denn dementsprechend waren neue Divisionen in der Bildung"). Alles in 1) Der Berechnung nach Divisionen haften Mängel an. Sie kann nur selten ein einwandfreies Bild der Stärkeverhältnisse geben. Die Zahl der Cin-

heiten ist bei den Divisionen verschieden, erst recht aber deren jeweilige Kopfstärke, Bewaffnung, Zusammensetzung nach Altersklassen, Ausbildungsstand, Können der Dienstgrade und nicht zuletzt hinsichtlich des Geistes, der in ihnen lebt. Diese Fehlerquellen haften aber auch einer Berechnung nach Bataillonen, Schwadronen, Batterien an und ebenso einer summarischen Berechnung nach Gewehren und Geschützen oder gar

nach Kopfstärken. Für solche Berechnungsarten fehlen zudem die Unterlagen. Da auf einen Vergleich der Stärken aber nicht ganz verzichtet werden kann, wenn man die

Größe des Geleisteten werten will, so bleibt nur die Berechnung nach Divisionen,

gegebenenfalls unter Hinweis auf die Verschiedenartigkeit ihrer Zusammensetzung. Sie ist auch deswegen allen anderen vorzuziehen, weil die O. H. L. fast ausschließlich diese Art angewendet hat. 2) Bd. XI, S. 495. 3) Das österr. amtl. Werk, Bd. VI, Beil. 1, errechnet 128'/- Divisionen. 4) Das österr. amtl. Werk, Bd. VI, Beil. 1, rechnet daher mit 232, statt 157 gegne-

rischen Divistonen.

Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges.

69

allem konnten auch die bei den Mittelmächten wie bei der Entente demnächst noch zu erwartenden Neubildungen an dem Gesamtstärkeverhältnis nichts Entscheidendes ändern. Es bestand allein an der Westfront eine überlegenheit der Gegner um etwa 45in Reserve befindliche und damit für den großen

Angriff frei verfügbare Divisionen. Erschwerend kam für die deutsche Seite der einstweilen noch völlig unbefriedigende Stand der Munitionslieferungen hinzu. Sie betrugen bisher nur etwa die Hälfte von dem, was das Hinden-

burg-Programm liefern sollte'). Trotz so ungünstiger zahlenmäßiger Stärkeverhältnisse und obgleich sich die deutsche Oberste Heeresleitung darüber klar war, daß im großen bis auf weiteres nur Abwehr in Frage komme, wurde an dem Gedanken, wenn nicht in Italien, so doch an der einen oder anderen Stelle der Westfront anzu-

greifen, noch durchaus festgehalten. Cr hatte vor allem im Chef der Operationsabteilung I, Major W e tz e l l, einen steten und nachdrücklichen Befürworter, der in seiner Denkschrift vom 2. Februars die „Operative Ausnutzung des Zurückgehens in die Siegfried-Stellung" eingehend behandelt hatte. Cr sah in den zwei bis drei Wochen, in denen der Feind noch

nicht wieder eingegraben gegenüberstehen werde, eine „nie wiederkehrende günstige Gelegenheit zu operativ offensivem Handeln". Mit Sicherheit sei anzunehmen, daß der Gegner unser Ausweichen als Schwäche auslegen und alsbald auf der ganzen Front, wenn auch zunächst nur tastend, an unsere neue

Stellung herangehen werde. „In diesem sehr erheblichen Schwächezustand uns gegenüber überfallartig an der schwächsten, für uns operativ günstigen Stelle gegen den Franzosen vorzubrechen und ihn zu schlagen", erscheine

erwägenswert. Cr empfahl einen „übersallartig überraschenden, mit stärkster Artillerie zu führenden Angriff südlich von St. Quentin in der Zeit der französischen Änfertigkeit, das heißt in den Tagen, in denen der Franzose sich vor der Siegfried-Stellung langsam einzurichten beginnt, und in denen die

Truppe sich im Gelände noch nicht auskennt, Munition, Drahtverbindungen und anderes noch fehlen". Den Hauptangriff wollte er mit 14 Divisionen südlich der Oise führen, einen etwas später einsetzenden Nebenangriff mit

sechs Divisionen nördlich des Flusies, begleitet von einem „demonstrativen Ausfall" aus St. Quentin hart nördlich der Somme. Ziel des Hauptangriffs ') Am 1. März sagte Gen. Ludendorff zu Gen. von Krafft, der sich als Genst.-Ches

der neugebildeten Hgr. Herzog Albrecht (S. 74) in Kreuznach meldete: „Das Schmerzlichste ist die Munitionsfertigung. Ich hätte in diesem Monat (gemeint war offenbar Februar) 340 Munitionszllge (gemeint war offenbar für Feldart.) bekommen sollen, habe aber nur 170 erhalten — also gerade die Hälfte!" (Mitteilung des Gen. von Krafft

vom Dez. 1938 nach seinem Tagebuch). -) Bd. XI, S, 613.

70

5ebr«ar.

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

sein, den Gegner im Dreieck zwischen Oise und Aisne zu schlagen und dann mit starken Kräften über die Oise beiderseits von Chauny nach Norden einzuschwenken gegen Flanke und Rücken der zwischen Oise und Somme

stehenden Teile des Gegners, die inzwischen durch den Nebenangriff auch in der Front gefaßt wurden. Die insgesamt erforderlichen 20Divisionen nebst entsprechender Artillerie könne die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht aus eigenen Kräften stellen; sie werde dann immer noch elf Divisionen hinter der 1., 2. und 7. Armee in Reserve haben, während im ganzen hinter der Westfront noch 3V Divisionen verblieben, dazu elf in der Heimat in der

Aufstellung begriffene. Major Wetzell knüpfte an seinen Vorschlag aber noch weiterreichende

Erwägungen: Gelinge der Angriff, so laste sich seine „weitere Auswertung in der Richtung Ham—Amiens oder Noyon—Compiögne, wozu Reserven noch zur Hand wären, nicht übersehen". Cr hielt es für möglich, dem Kriege dadurch „vielleicht eine ganz andere Wendung zu geben", jedenfalls aber den Gegnern „bestimmt das Konzept ihrer weitreichenden Angriffspläne zu verderben". Andererseits würde man nach einem Erfolg, der „nach Möglichkeit den Feind schädigt", bestimmt die Freiheit haben, auch ungestört wieder in

die Siegfried-Stellung zurückzugehen. 1Z.Februar.

Man muß annehmen, daß diese Niederschrift General Ludendorff bei Abfassung seiner Denkschrift vom 4. Februar vorgelegen hat'). Am 15. Februar, also etwa zwei Wochen nach Abfassung der Wetzellschen Schrift, entsandte er Major Mende zur Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht mit der Anfrage: „Ob wir nach dem Rückzug in Siegfried nicht gegen den vielleicht unvorsichtig nachdrängenden Feind eine Offensive machen können. Das wäre nur südlich St. Quentin möglich"^. Daß dabei der Wehellsche Plan mitgeteilt worden wäre, ist nicht ohne weiteres an-

zunehmen, da die Heeresgmppe auf ihn in ihrer Stellungnahme mit keinem Worte einging. Im übrigen beurteilte sie das voraussichtliche Verhalten des Gegners anders als Major Wetzell. 21. Februar.

Wie die Heeresgruppe am 21. Februar schrieb, werde der Feind, „wenn

er richtig handelt, alles vermeiden, was ihn gegenüber unserer vorbereiteten

und stark besetzten Siegsried-Front in ungünstige Kampfverhältnisse bringen ') Sicheres war nicht festzustellen. Die Denkschrift trägt von der Hand des Gen. Ludendorff nur den Vermerk „23.9.", ein Datum, das sich auch auf einer ganzen Reihe anderer Wetzellscher Denkschriften findet, die der General also vermutlich im

Herbst nochmals im Zusammenhange gelesen haben dürfte. 2) Tagebuchaufzeichnung des Gen. von Kühl vom 15. Februar 1917.

Angriffspläne anläßlich des Siegfried-Rückzuges.

71

kann". Rasches Nachdrängen, um den Angriff gegen die neue Stellung fort-

zusetzen, sei „technisch und zeitlich nicht möglich". Wohl aber sei damit zu rechnen, daß der Gegner, sobald der deutsche Abmarsch begonnen habe, baldigst die anschließenden Fronten der 6. und 7. Armee angreifen werde. Diese Möglichkeit sei auch bei Prüfung des Angriffsvorschlages zu berücksichtigen. Die Heeresgruppe erörterte dann folgende drei Fälle: 1. „Große Offensive beiderseits der Oise." Dafür seien die „Aussichten nicht günstig. Nur wenn der Feind mit starken Kräften über die Kanäle') bis zur Siegfried-Stellung nachdrängen und sich dicht vor ihr eingraben würde, be-

stünde Aussicht auf Erfolg". 2. Kleinere Ausfälle beiderseits der Oise, um den Gegner in die Somme oder in die Kanäle zu werfen, erschienen ebenfalls nur erfolgversprechend, falls der Gegner tatsächlich mit starken Kräften — nicht nur mit Vorposten —

über diese Abschnitte vorgegangen sei; ob er das tue, sei aber durchaus

fraglich. 3. Offensive aus der Siegfried-Stellung nördlich und südlich von St. Quentin, um den Feind zwischen Psronne und Ham in die Somme zu werfen, und dann, je nach der Lage, Angriff nach Norden gegen die vor der I.Armee stehenden Kräfte oder Zurückgehen in die Siegfried-Stellung. Ein solches Unternehmen wurde befürwortet und dabei neben anderen Gründen als be-

sonders günstig hervorgehoben, daß man den Südflügel der Engländer treffe. Die erforderlichen 21 Divisionen könnten aus den im Vereich der Heeresgruppe stehenden Reserven genommen werden.

Abschließend wies die Heeresgruppe aber doch nochmals auf die Wahrscheinlichkeit starker feindlicher Angriffe bei der 6. und 7. Armee hin und stellte im Anschluß daran fest, daß die zu einem Unternehmen aus der Sieg-

fried-Stellung heraus eingesetzten deutschen Divisionen wohl nicht vor Mitte April wieder frei werden könnten und dann zunächst mehrwöchiger Ruhe bedürfen würden. Damit waren auch die Bedenken angedeutet, die im Rahmen

der Gesamtlage gegen das Angriffsunternehmen bestanden. Am Abend nach Abfasiung dieser Stellungnahme fuhr der Generalstabs22*6ia chef der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, General von Kühl, nach 25*®e0 Divisionen neu hinzugekommen, 6

-

noch zu erwarten (Neuaufstellungen),

16 Divisionen. 3

-

im Austausch an die Ostfront abgegeben oder noch abzugeben,

13 Divisionen Zuwachs für die Westfront (vgl. Beil. 27).

86

Die Oberste Heeresleitung vor den Frühjahrskämpfen.

tg.MSrz. an Menschen wie an Rohstoffen herrschenden Knappheit nicht jede For-

betung, nicht jeder Wunsch der Obersten Heeresleitung erfüllen lassen. Was aber geschehen war auf dem Gebiete der Rüstung, des Stellungsbaues und

der Ausbildung, berechtigte zu der Hoffnung, daß das Heer seine Fronten gegen alle Anstürme der feindlichen Übermacht halten würde, bis die Wirkungen des Anterseekrieges auch die Lage zu Lande erleichterten'). i) Die Maßnahmen der O. H. L. auf operativem und taktischem Gebiet sind weiterhin der Darstellung der Hergänge an der Front eingefügt.

II. Die Angriffspläne der Entente bis Mtte März. A.Gesamtlaye beim Jahreswechsel Beilagen 2 a und 23; Karte 1 von Band XI.

Auf der Konferenz von Chantilly') am 15. November 1916 hatten die

verbündeten Mächte ihre Aussichten noch recht günstig beurteilt. An der Westfront schien der Gegner durch die Kämpfe bei Verdun und an der

Somme schwer mitgenommen, und auch seine Ostfront war durch die Brussilow-Ofsensive stark erschüttert worden. Am Balkan hoffte man trotz aller Rückschläge noch auf Sieg. Bei Beginn des neuen Jahres zeigte sich aber die allgemeine Lage in wesentlich trüberem Lichte. Der Zusammenbruch Rumäniens bedeutete mehr als eine örtliche Schlappe; er entschleierte

Rußlands Ohnmacht. Wenn aber das Gewicht der russischen Angriffskraft fortfiel, so war der gesamte Osten lahmgelegt: Rumäniens Armee durfte dann von Glück sagen, wenn es ihr gelang, sich hinter dem Sereth zu behaupten, während General Sarrails Offensive gegen Bulgarien ohnehin schon aussichtslos geworden war. Griechenland hoffte man noch zur vollen Teilnahme am Kriege zu bringen. Als Folge der veränderten Lage an der Ostfront rechneten die militä-

rifchen Kreise der Verbündeten damit, daß die Mittelmächte zu Beginn des Feldzuges von 1917 den Balkan abriegeln und sich — möglicherweise durch Schweizer Gebiet und unter Ausweichen an der Westfront — auf Italien

werfen könnten. Auch schien es, wenn schon die schweizerische Neutralität verletzt wurde, nicht ausgeschlossen, daß der deutsche Stoß von vornherein die Richtung gegen Frankreich, auf Lyon, bekam. Rechnete man die beängstigende Zunahme der Schiffsverluste durch die deutschen Unterseeboote hinzu, so zeigte das Verlustkonto der Verbündeten ein bedenkliches Anschwellen. Auf der Gewinnseite konnte nur das Friedensangebot der Mittelmächte gebucht werden, aus dem eine gewiffe KriegsMüdigkeit zu sprechen schien. Auch der im November eingetretene Thron-

Wechsel in Österreich-Ungarn ließ vielleicht günstige Cntwicklungsmöglichleiten erwarten. Der Friedensvorschlag des Präsidenten der Vereinigten Staaten wurde dagegen als unbequem empfunden; denn ein Friede auf der

Grundlage der derzeitigen Machtverhältnisse schien gleichbedeutend mit dem 1) Bd. XI, S. 433 ff.

Linter

88

Wwter 1916/17.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Eingeständnis der Niederlage. Auf einer Konferenz, die vom 26. bis 28. Dezember in London tagte, wurden sich die Staatsmänner der Entente

darüber einig, daß alle Friedensvorschläge abzulehnen seien"). So war am Anfang des Jahres 1917 der am Horizont allmählich

drohend sich abzeichnende Ausfall Rußlands der eine die Gesamtlage ent¬

scheidend beeinflussende Faktor, die undurchsichtige Haltung des amerikanischen Staatspräsidenten war der andere. Da zu weites Hinauszögern der Entscheidung das Kräfteverhältnis, wie es schien, nur verschlechtern konnte,

galt es, den Krieg zu beendigen, solange Rußland noch angriffsfähig war^). Also blieb nur möglichst baldige entscheidungsuchende Offensive, an der sich

alle Verbündeten zu beteiligen hatten. Die Grundlage hierfür bildeten die in Chantilly getroffenen Vereinbarungen: Vereitstellung der verbündeten Armeen von Mitte Februar ab, um sich unter allen Umständen die Vorhand

zu sichern; gleichzeitiges, höchstens um drei Wochen auseinanderliegendes Losschlagen zu einem von den verbündeten Oberbefehlshabern verabredeten

Zeitpunkte; wechselseitige Unterstützung bei vorzeitigem feindlichen Angriff, entweder mittelbar durch Vorgehen aus der eigenen Front oder unmittelbar

durch Verstärkung des angegriffenen Partners. Unterdessen hatte in Frankreich die Unzufriedenheit mit den langwierigen, entscheidungslosen und verlustreichen Ermattungskämpfen des Iahres 1916 dazu geführt, General R i v e l l e, den Sieger der beiden Herbstschlachten vor Verdun, zum Obersten Befehlshaber zu ernennen'). Er übernahm von Marschall Ioffre den Plan der großen, gemeinsam mit den Engländern gegen die deutsche Westfront zu richtenden neuen Offensive,

doch wollte er sie nicht wieder, wie sein Vorgänger, in langsamem Durchnagen der feindlichen Front, sondern in einem einzigen raschen Gewaltstoße führen. Von dieser Offensive, für deren Beginn er den 1. Februar in Ausficht nahm, erwartete er die Entscheidung des Krieges. Demgegenüber traten alle Vorgänge an anderen Fronten zurück. Die dortigen Operationen waren

der Hauptoffensive nutzbar zu machen, zum mindesten mußten sie zuverlässig verhindern, daß der Gegner diese störe, wie im Frühjahr 1916 durch den

Verdun-Angriff. Abgesehen von der Planung und den Vorbereitungen für die große

Westoffensive selber") beschäftigten vor allem die französische Heeresleitung als die in Landkriegsfragen maßgebendste Stelle auch die nachfolgend erörterten Verhältnisse. Bd. XI, S. 457 f. und 462. *) Painlevö: „Comment j'ai nomme Foch et Petain", S. 4.

3) Vb. XI, S. 440. 4) S. 100 ff.

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

89

I. Möglichkeit eines deutschen Angriffs durch die Schweiz^. Die Frage der Schweizer Neutralität war für Frankreich wie für Italien von Bedeutung. Seit dem 24. Dezember 1916 beschäftigte sich General F o ch auf General Nivelles Befehl mit der Möglichkeit eines deutschen Angriffs durch die

Schweiz auf Lyon. Aus Besprechungen, die der französische Militärattache mit maßgebenden militärischen Persönlichkeiten der Schweiz geführt hatte, ging hervor, daß die Bundesregierung einen deutschen Einmarsch als politischen Fehler und somit als unwahrscheinlich ansah, daß sie ihn aber wegen der militärischen Vorteile, die er bieten konnte, auch nicht für ganz unmög-

lich hielt. Am I.Februar 1917 legte General Foch eine erste Studie über die zu

treffenden Abwehrmaßnahmen, vor allem die Versammlung entsprechender Kräfte, vor. Er ging von dem Gedanken aus, daß der Bewegungskrieg im deutschen Interesse liege. Eine Überraschung der Schweizer Regierung sei wahrscheinlich, und in den ersten Tagen dürfe man kaum mit Schweizer

Widerstand rechnen. Der Angriff auf Frankreich durch den Schweizer Iura, vom deutschen Generalstab in allen Einzelheiten bearbeitet, würde sehr schnell fortschreiten. In drei Tagen könnten die Deutschen die französische Grenze

südlich von Belfort, nach fünf bis sieben Tagen Pontarlier und Genf erreichen und durch Vorwerfen schneller gemischter Abteilungen sogar die Versammlung der französischen DeÄungstruppen stören. Bestenfalls dürfe man damit rechnen, dem Feinde an der Grenze entgegenzutreten. Nur wenn die Schwei-

zer Armee den Einbruch aufhalte, würden die Berechnungen günstiger. Darum müffe man zu gesicherten Verabredungen mit der Bundesregierung kommen.

Mit dem Schweizer Generalstab sei dann die spätere gemeinschaftliche Operation in der Ebene zwischen Genfer und Neuenburger See zu vereinbaren.

Die Aufgabe der französischen Führung sei zunächst Deckung des französischen Bodens, dann Säuberung der Schweiz vom eingedrungenen Feinde. Zur Sicherung der Grenze zwischen Genf und Belfort hielt General Foch nahe herangehaltene Deckungstruppen in Stärke von vier Infanterieund zwei Kavallerie-Divisionen mit den nötigen Luftstreitkräften für erforder-

lich. Die Grenzbefestigungen sollten instand gesetzt und durch feldmäßige Anlagen ergänzt werden. Dahinter wären drei Armeen zu versammeln:

Armee von Genf (elf Divisionen) bei Bourg, Jura-Armee (neun Divisionen) bei Befantzon, Armee von Belfort (zehn Divisionen) bei Montbvliard. General N i v e l l e war mit diesen Gedankengängen einverstanden. Am -) S. 64 ff. und Bd. XI, S. 437.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

so

Wwter 1916/1?*

19. Januar wurde General Foch für den nach Petersburg entsandten General de Castelnau') Oberbefehlshaber der Heeresgruppe Ost, deren Front von der Schweizer Grenze bis St. Mihiel reichte. Am 20. Februar erhielt er die Bestimmung, im gegebenen Augenblick die Führung einer an der Schweizer Grenze neu zu bildenden Heeresgruppe zu übernehmen, die aus

der 7., 10. und I.Armee mit zusammen 30 Divisionen Infanterie be¬

stehen sollte. Die Vorbereitungen waren inzwischen weiter gefördert worden. Es erwies sich aber als recht störend, daß die Anfangsaufgaben der Armeen in völliger Abhängigkeit von dem unbekannten Faktor der Haltung der Schweiz standen und daß deren Vundesbehörden allen Sondierungen gegen¬ über sich vorsichtig zurückhielten. Die Schweiz bezeichnete es als ihren vornehmsten Wunsch, außerhalb des Krieges zu bleiben, und setzte am 16. Januar zwei ihrer sechs Divisionen auf Kriegsfuß^). Erst am 21. Februar gelang es, das Schweizer Einverständnis zu Besprechungen über militärische Hilfe-

leistung zu erhalten. Beunruhigende Nachrichten über deutsche Pläne, die Anfang März an die Bundesregierung gelangten, veranlaßten sie, sowohl die Mobilmachung des Restes der Armee zu beschleunigen als auch General Weygand, den Generalstabschef des Generals Foch, in Bern zu empfangen. In einer Unterredung zwischen diesem und dem Schweizer Generalstabschef, Oberst Sprecher von Bernegg, am ö. und 6. April 1917 wurde abgemacht,

daß die französische Armee nur auf Wunsch der Bundesregierung die Grenze überschreiten dürfe und daß dieser Wunsch nur ausgesprochen werden würde, wenn die Deutschen ein Ultimatum an die Schweiz richten oder bedrohliche

Massen an der Grenze zusammenziehen sollten. Die für diesen Fall zu tref¬ fenden Abwehrvorbereitungen der Schweiz kamen aber nicht so schnell in Gang, wie es nach französischer Ansicht nötig gewesen wäre. Mit dem Bau der geplanten Stellungen wurde erst am 11. Mai begonnen. In der Zwischenzeit hatte General Foch am 14. März die Vor-

bereitungen für die Versammlung seiner Heeresgruppe beendet.

Man

begann mit der Anlage von Feldbefestigungen an der Grenze. zwei Millionen Granaten, Taufende von Tonnen Pioniermaterials wurden auf-

gestapelt, Stellungen für Geschütze aller Kaliber und Maschinengewehrnester längs der Grenze ausgesucht, Schußtafeln aufgestellt, Panoramafkizzen angefertigt, optische und telephonische Verbindungen vorbereitet. Zum Abschluß aber kamen alle diese Arbeiten erst im Laufe des Sommers

oder noch später. ') e.95ff. 2) Vd. XI, S. 510.

S1

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

2.Mitwirkung Italiens — Konferenz

Rom.

Als General Ioffre den in Ehantilly aufgestellten Feldzugsplan den in Paris versammelten Chefs und Vertretern der verbündeten Regierungen mitteilte, hatten diese beschlossen, ihn vor endgültiger Genehmigung nochmals in Petersburg vorzulegen. Vorher wollten aber die Westmächte mit Italien eine Einigung, besonders im Sinne einer Vereinheitlichung und Beschleuni¬

gung künftiger militärischer Beschlüsse herbeiführen; sie hofften, dann in Petersburg leichteres Spiel zu haben. Das Kriegsjahr 1916, mit dem Rückschlag an der Tiroler Front, dem

geringen Erfolge am Isonzo und dazu hohen Verlustziffern hatte die Stimmung im italienischen Volke nicht verbessert. Ende des Jahres hatten in den Städten mehrfach Kundgebungen gegen den Krieg stattgefunden. Offene Angriffe in der Kammer gegen die Kriegsparteien blieben nicht ohne Wirkung auch auf das Heer'). An der Front ruhten die Feindseligkeiten des Wetters wegen seit Ende Dezember. Für das Frühjahr war als Ergänzung der großen Offensive in Frankreich die italienische am Isonzo in Aussicht genommen. Aber die Niederlagen Rumäniens hatten Italien stark beeindruckt, und auch Marschall Ioffre hatte einen deutsch/österreichisch-ungarischen Angriff auf den Verbündeten seither für möglich gehalten. Eine noch von ihm entsandte Abordnung, die dem italienischen Generalstab die Erfahrungen aus den letzten Schlachten an der Westfront darzulegen hatte, stellte Mitte Dezember fest, daß die Gedanken des Verbündeten durch die Sorge vor einem solchen Angriff, aus dem Trentino und am Isonzo zugleich, erheblich belastet waren. Der italienische Oberbefehlshaber General GrafEadorna hielt

seine Reserven für zu schwach und wünschte französisch-englische Verstärkungen in solcher Höhe, daß er, wenn das deutsche Eingreifen gegen Italien ausblieb, einen entscheidenden Schlag am Isonzo führen könnet; andernfalls seien sie auch für die Abwehr erwünscht. Er konnte dabei auf die unzureichenden Bahn-

Verbindungen, zwei eingleisige Linien, von Frankreich nach Italien hinweisen ') Geloso: „Le Battaglie di Gorizia e della Bainsizza", 0.120. — Österr.

amtl. Werk, Bd. VI, S. 15. 2) Franz. amtl. Werk, Bd. V, 1, S. 197. — General Cadorna hat nach dem Kriege

geschrieben („La Guerra alla Fronte italiana", Bd. II, ©.35): „Unsere siegreichen Operationen von 1916 hatten bewiesen, was unser Heer hätte leisten können, wenn es von den Verbündeten gebührend mit Truppen und schwerer Artillerie verstärkt worden

wäre. Andererseits stellte die verhältnismäßige Nähe der beiden Operationsziele Trieft und L a i b a ch Ergebnisse von großer Bedeutung in Aussicht. Hingegen lagen an der sranzösisch-englischen Front die wichtigen Ziele fern, und glückliche Operationen würden höchstens zur Zurückgewinnung eines Teiles verlorenen französischen Landes

geführt haben."

92

Ww«er

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

und auf die infolgedessen lange Transportdauer, so daß der italienische Kriegsschauplatz als isoliert anzusehen sei. Französische Offiziere prüften daher die Frage einer Überführung französisch-englischer Hilfskräfte nach Oberitalien. Dabei fanden sie die Sicherung der Grenze gegen die Schweiz in wenig befriedigendem Zustand. Acht Divisionen der italienischen 3. Armee waren zu ihrer Verteidigung in Aussicht genommen, konnten aber nicht vor Ablauf von

14 Tagen versammelt sein, so daß Mailand bedroht schien. Die entsandten Offiziere befürworteten bei einem Angriff der Mittelmächte aus dem Trentino die Ausladung der Verstärkungen um Verona, bei deutschem Vorgehen durch die Schweiz um Mailand oder Turin.

Vom 4. bis 7. Januar 1917 vereinigten sich in einer Konferenz zu Rom die leitenden Männer der verbündeten Westmächte. Italien war

durch Außenminister Sonnino und General Eadorna, Frankreich durch Ministerpräsident Vriand, Kriegsminister General Lyautey und Munitionsminister Albert Thomas, England durch Premierminister Lloyd George, Lord Milner, Reichsgeneralstabschef General Robertson und Kabinettssekretär Hankey vertreten. Der englische Premierminister Lloyd George machte zu allgemeiner Überraschung den Vorschlag, den Feind „zur Abwechslung einmal nicht da anzugreifen, wo er am stärksten sei, näm-

lich an der französischen Front, sondern da, wo sich die günstigste Siegesausficht biete"; das sei am Isonzo. Der Gewinn von Istrien und Pola, die Bedrohung des Weges nach Wien könne dem Unternehmen entscheidende

Bedeutung geben, zumal da der Gegner auf diese Wendung nicht gefaßt sei. Der Angriff müsie noch im Winter stattfinden. England, das Truppensendungen nach Italien bisher abgelehnt hatte'), sei bereit, dazu 300 schwere Geschütze zur Verfügung zu stellen, und hoffe, daß auch Frankreich sich beteilige. Breche Österreich-Ungarn nieder, so ziehe das mit Notwendigkeit auch den Niederbruch Deutschlands nach sich. Es stehe also ein wertvolleres Ergebnis in Aussicht, als die paar Somme-Dörser, die man dem Feinde um den Preis von 600 000 Mann im letzten Jahre abgenommen habe. Die

Schwierigkeiten seien nicht unüberwindlich. Die Schiffsraumnot, an der das Saloniki-Unternehmen kranke, spiele bei dieser Lösung keine Rolle. England stelle 20 000 Eisenbahnwagen für Überlandtransport zur Verfügung; die von ihm gegebene Artillerie müsse allerdings zur Frühjahrsoffensive wieder in

Frankreich zurück sein, und das sei auch möglich. Freilich müßten die Regierungen die Entscheidung treffen; denn kein General würde jemals zugeben, daß sein Kriegsgebiet weniger wichtig sei als irgendein anderes. ') Bd. XI, S. 437.

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

93

Frankreichs Ministerpräsident Vriand — sonst ein Anhänger des

Gedankens, den Feind nicht durch Angriff an der starken deutschen West¬ front, sondern durch Umfassung an den schwächeren Nebenfronten niederzuzwingen — entgegnete, daß das von Lloyd George vorgeschlagene Anter-

nehmen monatelange Vorbereitungen beanspruchen und darum mit Sicherheit die große Frühjahrsoffensive beeinträchtigen würde, von der General Nivelle entscheidende Ergebnisse erwarte. Aber Lloyd George meinte, daß man solche Versprechungen auch von Marschall Ioffre gehört habe; man solle einmal ebenso von der Überraschung Gebrauch machen, wie die Deutschen bei Verdun, bei Gorlice und in Rumänien.

Auf Vorschlag des italienischen Außenministers Sonnino wurde General Eadorna gehört. Der aber äußerte mit Rücksicht auf seine vom Trentino her gefährdeten Verbindungen Bedenken gegen einen Angriff am Jsonzo. Er zweifelte auch an der Möglichkeit einer Überraschung des Feindes sowie rechtzeitiger Rückgabe der schweren Artillerie und erklärte gründ-

liche militärische Prüfung des Planes, wie sie Ministerpräsident Briand anregte, für unerläßlich. Diese ergab wenige Tage später, daß Vorbedingung des Angriffs immer die zuverlässige Deckung gegen das Trentino bleibe.

Ohne Verstärkungen erklärte sich die italienische Heeresleitung außerstande, über den Monte Hermada nordwestlich von Trieft vorzudringen. Wenn der

Angriff Erfolg haben solle, müßten zwischen die am Isonzo stehende italienifche 3. und 2.Armee drei bis vier Korps^) und 300 schwere Geschütze eingeschoben werden. Dieser Aufmarsch ließe sich nicht vor dem 1. Mai, dann

aber in verhältnismäßiger Sicherheit, bewerkstelligen, da zu diesem Zeitpunkt die gemeinschaftlichen Offensiven auf allen Fronten bereits im Gange sein würden. Der Plan des englischen Premierministers wurde an die militä-

tischen Berater zurückverwiesen, was seiner Ablehnung gleichkam, denn diese zu seiner Ansicht zu bekehren, konnte nicht gelingen. Die Vereinbarungen von Chantilly aber durften, wie sie gemeinsam gefaßt worden waren, auch nur gemeinsam abgeändert werden. Über die Behandlung der Rußland und den Balkan betreffenden Fragen wurde man einig. Zur Regelung der Schiffahrtsfragen sollte möglichst bald eine neue Konferenz in London zusammentreten^). Zwecks beschleunigter

Herbeiführung gemeinsamer Entschlüsse wurden alle zwei Monate stattfindende Konferenzen der leitenden Minister und weiterhin die Bildung eines interalliierten Generalstabes ins Auge gefaßt. 1) In einer am 17. Januar an den italienischen Außenminister eingereichten

Denkschrift verlangte Gen. Cadorna mindestens acht Divisionen. 2) S. 99.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

94

Winter 1916/17.

Am 20.Januar legte General Fo ch der Heeresleitung eine Denkschrift ^ jjbn ^e Möglichkeit eines deutschen Angriffs auf Italien durch die Schweiz. Da die Deutschen in der Lage seien, binnen 48 Stunden vier Divisionen über Gotthard und Simplon in den Raum nördlich von Mailand heranzuführen, sei — ganz abgesehen von einem fran-

zöfischen Vorgehen durch die Schweiz gegen die 190 bis 160 Kilometer langen deutschen Verbindungen — unmittelbare Unterstützung Italiens unerläßlich. Gegenüber von Gotthard und Simplon könnte nach acht Tagen die erste

französische Division eintreffen, jeden weiteren Tag eine neue. Weit gefährlicher als der Angriff durch die Schweiz erscheine aber der aus dem Trentino. Hätten schon die Österreicher und Ungarn vor etwa einem Jahre die Italiener fast niedergerungen, so müßte ein Angriff «ä l'Allemande» bei den gün¬ stigen Ausgangsstellungen mit Sicherheit zu ihrem völligen Niederbruch führen. Die näheren Bedingungen einer Hilfeleistung in diesem Abschnitt müßten von den verbündeten Generalstäben genau untersucht werden. Bei einer neuen Besprechung, zu der General Nivelleam2. Februar

im italienischen Hauptquartier Udine eintraf, gab er der

Erwartung Ausdruck, daß die in Chantilly verabredete italienische IsonzoOffensive noch vor dem 1. Mai beginne. Im übrigen wurde festgestellt, daß Italien aus eigener Kraft in der Lage sei, die 420 österreichisch-ungarischen Bataillone im Trentino im Schach zu halten; wenn freilich Deutschland hier mit 20 Divisionen eingriffe, so würde sranzösisch-englische Unterstützung unvermeidlich. Da jedoch die Operationen dort nicht vor Mai beginnen könnten,

sei auch die Unterstützung nicht vor diesem Termin nötig. Bis dahin aber würden die gemeinschaftlichen Offensiven dafür sorgen, daß Deutschland keine Kräfte zu einer solchen Unternehmung mehr übrig habe. Demgegenüber hatte General Cadorna nach den bisherigen Kriegserfahrungen kein Ver¬ trauen dazu, daß ein Angriff der Mittelmächte gegen Italien durch eine Offensive der Alliierten an anderen Fronten aufgehalten werden könne. Am

21. Febmar kam er auf die Erörterungen nochmals zurück. Cr befürchtete jetzt, daß der im Gange befindliche Ausbau des Heeres ihn am rechtzeitigen

Beginn der Isonzo-Offensive hindern könne und daß die ständige Verstär¬ kung der Österreicher und Ungarn die Aussichten seines Angriffs beeinträchtigen werde. Cr erklärte schließlich, daß nur bei unmittelbarer Unterstützung

durch Franzosen und Engländer ein feindlicher Stoß aufgefangen werden

könnet. General F o ch, dem diese Äußerungen Anfang März zugeleitet wurden, hielt die Lage jetzt für einfacher als zur Zeit seines Gutachtens vom 20. Januar, da die Wahrscheinlichkeit eines deutschen Angriffs durch die ') Franz. amtl. Werk, Bd. V,

1,S.201.

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

96

Schweiz sich verringert habe. Es sei nur die Offensive aus dem Trentino zu fürchten, diese allerdings sehr. General Cadorna legte seine Auffassung am 7. März in einer Veurteilung der Lage^) dahin fest, daß er an sich zu baldigem Angriff bereit sei. Er gab aber zu bedenken, daß von allen alliierten Fronten die italienische die gefährdetste sei, daß sie vom schwächsten der verbündeten Heere verteidigt und

gleichzeitigem Angriff der Österreicher und der Deutschen ausgesetzt sei. Daher könne man nicht verlangen, daß Italien sich in eine große Offensive am Isonzo einlasse, bevor nicht alle verbündeten Heere in großen (offensiven oder defensiven) Operationen eingesetzt seien und bevor nicht mit Eintreten der guten Jahreszeit aus dem Fehlen großer Vorbereitungen im Trentino sich ergebe, daß der Feind darauf verzichtet habe, die „Strafexpedition" vom Mai 1916 zu wiederholen.

Z. Mitwirkung Rußlands — Konferenz in Petersburg. In Chantilly hatte man eine neue Konferenz in Petersburg in Aussicht genommen, auf der die Fragen des östlichen Kriegsschauplatzes, sowohl die Unterstützung Rußlands durch die Verbündeten als insbesondere Rußlands Hilfe für Rumänien, erörtert werden sollten. Die französische

Oberführung hielt den rumänischen Kriegsschauplatz für besonders wichtig, weil dort mehr als an der russischen Front zu jeder Jahreszeit militärische Unternehmungen und damit das Wirksamwerden der zahlenmäßigen russi-

schen Übermacht möglich feien. In Petersburg wurde die französische Regierung durch Kolonialminister Doumergue und General de Castelnau, die englische durch Lord Milner und

General Wilson, die italienische durch Minister ohne Portefeuille Scialoja und General Graf Ruggieri-Laderchi vertreten. Die Verhandlungen begannen am 1. Februar. Während französischerfeits für den Angriff an der franzöfifch-englifchen Front inzwischen der 1. April als spätester Anfangstermin in Aussicht genommen war*), stellte General Gurko, der den erkrankten russischen Generalstabschef, General Alexejew, vertrat, jetzt die Frage, ob es nicht zweckmäßig sei, von entscheidenden Operationen überhaupt abzusehen, bis die geplante Neuaufstellung von etwa 60 russischen Divisionen beendet fei. Das aber konnte noch viele Monate, bei dem großen Mangel an Waffen und Ausrüstung vielleicht sogar ein Jahr dauern. Der Vorschlag stieß daher auf den einheitlichen Wideri) Cadorna, Bd. II, S. 42. -) S. 107.

SS

Winter 1916/17»

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

spruch der verbündeten Delegierten. Dem gab General Gurko nach, erklärte a£er e|ncn sicheren Operationsbeginn als am 1. Mai an der Ostfront für unmöglich. Würde auf der Westfront erst im Laufe des Monats April los-

geschlagen, fo sei also die Einheitlichkeit der Angriffe noch gewährleistet, denn der Zeitabstand von drei Wochen zwischen West- und Ostoffensive werde

nicht überschritten. Ließen die Westmächte ihre Offensive jedoch schon Anfang April beginnen, so sei Rußland nur durch kleinere Kampfhandlungen zu helfen imstande, die den Feind so lange festhalten müßten, bis der große Angriff stattfinden könne. Französischerseits aber wünschte man durchaus einen früheren Operationsbeginn als zum I.Mai, zum mindesten am süd¬

lichen, rumänischen Teil der Front; denn die kurze heftige Durchbruchsschlacht, die General Nivelle anstrebte, erforderte auch einen kürzeren Zeitabstand zwischen den verschiedenen Offensiven, als man bisher zugestanden hatte. Aber schließlich konnte man sich den russischerseits vorgebrachten Gründen nicht entziehen, und so erklärte General de Castelnau, daß General Nivelle um den 1. April angreifen werde, wenn die Russen sich verpflichteten, es am I.Mai zu tun. Andererseits waren diese bereit, schon vorher einen

„wuchtigen Schlag" an der rumänischen Front zu führen. Weiter wurde die Belieferung des Zarenreiches mit Geschützen und Munition erörtert, die nach wie vor das Kernproblem des Ostkrieges bildete.

Bereits in Rom hatten sich die Verbündeten verpflichtet, hierfür alle Kräfte anzuspannen. Jetzt beschäftigte sich eine Sonderkommission mit dem Artillerieprogramm, das Rußland seinen Verbündeten vorgelegt hatte, um die Ausfälle zu ersetzen und die Ausstattung der neu zu schaffenden Verbände sicherzustellen. Japan war bereit, 115 schwere Geschütze zu liefern. Die

übrigen sehr weitgehenden Forderungen, die Rußland stellte, standen aber in offenkundigem Gegensatz zu der Unzulänglichkeit der russischen Häfen und Eisenbahnen, die nicht einmal ausreichten, das bisher Gelieferte zu faffen und zu verteilen.

Die innerpolitische Lage Rußlands sah man in sehr düsteren Farben. Am 12. Februar deutete der englische Botschafter Sir George Buchanan gelegentlich einer Audienz beim Zaren an'), daß eine Regierung geschaffen werden müsse, die den Krieg zum siegreichen Ende bringe. So¬

lange Protopopoff Innenminister bleibe, sei „Zusammenarbeit zwischen Re¬ gierung und Duma unmöglich; gerade sie sei aber eine wesentliche Vorbedingung für den Sieg". Der französische Botschafter Paleologue äußerte i) Sir George Vuchanan: „My Mission to Russia and other Diplomatie Memories", Vd. II, S. 42 ff.

97

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

zu Minister Doumergue: „Alle Sprungfedern des Regierungsmechanismus, das ganze Räderwerk der Verwaltung geht Stück für Stück aus dem Leim.

Die klarsten Köpfe sind sich darüber einig, daß Rußland dem Abgrunde zuwankt. Wir müssen uns eilen." Minister Doumergue benutzte zwei Audienzen beim Zaren, um den französischen Standpunkt schnellen und kräftigen Handelns darzulegen. Dabei gelang es ihm, das schriftliche EinVerständnis der russischen Regierung zu Frankreichs Kriegsziel, der Crwerbung Elsaß-Lothringens und des linken Rheinufers, zu gewinnen. Einige der Konferenzteilnehmer benutzten die Gelegenheit, sich im Lande umzusehen. General de Castelnau reiste vom 9. bis 15. Februar nach dem rumänischen Kriegsschauplatz und gewann dort allerdings die Überzeugung, daß es unmöglich sei, im Monat März mehr als ganz unbedeutende Angriffe durchzuführen; vor allem aber gewann er Klarheit über den kläglichen

Zustand des Eisenbahn- und Wegenetzes. Nach Rücksprache mit General Verthelot, dem Chef der französischen Militärmission bei der rumänischen Armee, meldete er, daß letztere nicht vor dem 13. Mai reorganisiert sein würde, und daß dann der größte Teil der 232 Instruktionsoffiziere zurückgezogen werden könne.

Die bereits aus der Konferenz von Rom in Aussicht genommene

häufigere Fühlungnahme der leitenden Minister zwecks Vereinheitlichung und Beschleunigung notwendiger Entschlüsse fand allgemeine Zustimmung. Im übrigen wurden aber die Ergebnisse der jetzigen Konferenz von allen Teil-

nehmern als unbefriedigend empfunden. Was sie in Rußland gesehen hatten, hatte sie tief niedergedrückt. Lord Milner glaubte nicht mehr an eine Niederläge Deutschlands im Felde und war bereit, den Friedensschluß ins Auge zu fassen. General de Castelnau wies in seinem Schlußbericht an den fran-

zöstschen Kriegsminister am 9. März darauf hin, daß der Zar sowohl wie auch General Gurko für 1917 die größten dem Lande noch möglichen An-

strengungen zugesagt hätten. Immerhin gäbe es einflußreiche Persönlichkeiten, die angesichts der gewaltigen Verluste und des Mangels an Kriegs-

Material für einen Aufschub der großen Operationen stimmten. Es sei auch nicht zu verkennen, daß die russische Heeresleitung nicht gänzlich gegen den Strom der öffentlichen Meinung schwimmen könne, die eine erfolglose und verlustreiche Offensive nicht verstehen würde. So müsse man sich damit abfinden, daß bei aller Tapferkeit das russische Heer zwar imstande sei, die ihm gegenüberstehenden Kräfte zu binden, nicht aber entscheidende Schläge zu

führen. Als General de Castelnau dies berichtete, kündeten Meutereien in Petersburg auch bereits den Beginn der russischen Revolution an. Weltkrieg. Xll. Band.

7

98

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

4. Lage am Balkan und an den Fronten der Türkei. Wwter

Eine Sonderstellung nahm der Balkan insofern ein, als hier die Belange

aller verbündeten Mächte zusammentrafen, allerdings mit recht verschie¬ denen Zielen. Seit dem Zusammenbruch der rumänischen Front war die Möglichkeit, Bulgarien, wie in Ehantilly beschlossen, von Norden und Süden her anzugreifen und matt zu setzen, fortgefallen. Die Offensive der Saloniki-Armee unter General Sarrail war bereits am 7. Dezember ange-

halten worden. Dafür stieg die Hoffnung, Griechenland') endgültig zu gewinnen. Wenn sich auch König Konstantin gegen die Vergewaltigung seines Landes immer noch wehrte, so betrachteten sich doch in Nord-Griechenland Venizelos und sein Anhang seit Ende November als im Kriegszustand mit Deutschland und Bulgarien befindlich. Rußlands Einwirkung auf den Balkan war völlig gelähmt, wenn es auch seine Ansprüche auf Konstantinopel aufrechthielt. England war allzu schroffem Vorgehen gegen Griechenland abgeneigt. Es hatte weniger Interesse an Saloniki als an der Sicherheit der

französischen Front und der Wege nach Indien, zumal ihm die Seetransportfrage Sorge machte. Italien wiederum wollte die griechische Dynastie schonen, weil es den Ehrgeiz eines Venizelos fürchtete. Nur Frankreich war zu den schärfsten Maßregeln gegen Griechenland bereit. Durch sein rücksichtsloses Eingreifen wurde denn auch König Konstantin Anfang Januar 1917 zum Nachgeben gezwungen. Mit der Zurücknahme aller griechischen Truppen nach dem Peloponnes war jede Gefahr im Rücken der Saloniki-Armee

beseitigt. Diese Armee war schon bis Anfang Dezember durch zwei französische und eine englische Division verstärkt worden, denen im Januar zwei weitere französische folgten. Bei allen Transporten nach Saloniki bereiteten aber in zunehmendem Maße die deutschen Unterseeboote Sorge, die im Mittelmeer seit einiger Zeit besonders erfolgreich waren. Daher wollte man eine vor¬ wiegend über Land führende Verbindung nach Mazedonien schaffen, die nur zwischen Brindisi und der albanischen Küste das Adriatische Meer zu kreuzen hatte. General Sarrail wurde die Aufgabe gestellt, den Angriff gegen Bulgarien wieder aufzunehmen, sobald die Verhältnisse an der rumänischen

Front sich besserten. Als dann Anfang Februar in Petersburg die russische Heeresleitung sich geneigt erklärte, einen Schlag an dieser Front zu führen, wurde er vom französischen Kriegskomitee aufgefordert, Stoßrichtung und

Zeitpunkt seines Angriffs zu melden. Auf weitere Verstärkungen hatte er allerdings nicht zu rechnen, denn weder England noch Italien waren bereit, ') Bd. XI, S. 344 f.

99

Gesamtlage beim Jahreswechsel.

dort mehr Kräfte einzusetzen. Ein Angriff der Rumänen aber kam — wie

sich bald herausstellte — zunächst überhaupt nicht in Frage. Die in den asiatischen Gebieten der Türkei') in langsamem Fort-

schreiten befindlichen Operationen der Engländer und die für das Frühjahr dort in Aussicht genommenen der Russen konnten auf die bevorstehenden Cntscheidungskämpfe in Mitteleuropa unmittelbar keinen merkbaren Einfluß ausüben.

5. Fragen des See- und IVirtschafrskrieges. Als besonders gefährliches Kampfmittel hatten sich die deutschen Unterseeboote erwiesen, denen immer größere Teile des dringend benötigten Schiffsraums zum Opfer fielen. Schon Ende Oktober 1916 hatte Admiral Iellieoe, der Chef der englischen Hochseeflotte, von der ernsten Gefahr gesprochen, daß die fortgesetzten Schiffsverluste und die dadurch hervorgerufene Drosselung der Einfuhr im Frühsommer 1917 zu einem schlechten Frieden zwingen könnten. Anfang November hatte der Handelsminister Runeiman erklärt, daß lange vor dem Juni 1917 die Schiffahrt einen völligen Zusammenbruch erleiden werde. In der Tat hatte England von den 11 Millionen Tonnen seines Gesamtschiffsraums bis Ende 1916 mehr als 2 399 999 Tonnen ein-

gebüßt. Nach englischer Auffassung fehlten Ende des Jahres 1916 gut 59 v. H. der zur Bewältigung der unerläßlichen Einfuhr nötigen Tonnage. Die ersten acht Monate des Jahres 1916 hatten 699 999 Tonnen gekostet, die letzten vier aber 632 999 Tonnen. Hinter diesen Verlusten blieben die monatlichen Neubauten von etwa 52 999 Tonnen um die Hälfte bis ein Drittel zurück.

Ein wirksames Gegenmittel gegen die Unterseeboots-Waffe war noch nicht gefunden; die Admiralität zweifelte, ob es überhaupt eines gäbe. Für die britische Regierung, die neben der eigenen Lebensmittel- und Rohstoffeinfuhr ihre überseeischen Kriegsschauplätze und die Verbündeten mit dem nötigen Kriegsbedarf versorgte, waren das sehr trübe Aussichten. Vis ein wirksames Mittel gegen den Unterseekrieg gefunden wurde, mußte man versuchen, der Schiffsraumnot durch Beschränkung der Einfuhr zu be¬ gegnen. Da am eigentlichen Kriegsbedarf nicht gespart werden konnte, im Gegenteil eher mit einer Steigerung gerechnet werden mußte, konnte die

Drosselung nur bei weniger lebenswichtigen Stoffen, wie Zucker, Früchten, Gemüsen, Futtermitteln, Holz, Papier, Glas und Luxuswaren einsetzen. Daneben gab es nur den mit Tatkraft beschrittenen Weg, durch Steigerung der Selbstversorgung und sparsame Bewirtschaftung der im Lande vorhandenen Nahrungsmittel die Schiffahrt zu entlasten und durch zweckmäßigere

Verteilung des verfügbaren Schiffsraumes sowie durch verstärkten Neubau 9 Vd. XI, S. 418 ff. 7*

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

100

Wwter

im eigenen Lande und in Amerika der Raumnot zu steuern. Letztere Aufgabe,

von der auch eine Bremsung der schnell steigenden Frachtkosten und Lebensmittelpreise abhing, übernahm ein Ende Dezember ins Leben gerufenes

Schiffahrtsministerium. Im Verfolg einer am 23. Januar in London abgehaltenen Konferenz entwickelte man als wirksamste Sicherung gegen Anterseeboots-Angriffe das System der Geleitzüge, zunächst im Mittelmeer und im Kanal, vom Mai

ab auch im atlantischen Verkehr. Gleichzeitig wurde die ganze Deutsche Bucht zwischen Dänemark und Holland vom 7. Februar ab für gefährdet erklärt, und am 21. Februar verkündete die Admiralität den Durchsuchungszwang für

alle neutralen Schiffe. Im übrigen wurden Fesselballone, Wasserflugzeuge, Patrouillenboote in steigendem Maße zur Aufklärung und Sicherung eingesetzt; die Bewaffnung der Handelsschiffe machte schnelle Fortschritte. Als besonders bedrohte Meeresteile erschienen die Gewässer um Irland, der Kanal und der Golf von Viscaya.

B. Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich. Beilagen 1, 2 und 4.

l. Der Plan des Generals Nivelle. Die grundlegende Neuerung, durch die General Nivelle den Sieg auf dem Hauptkriegsschauplatze zu erringen hoffte,war die Abkehr von dem

allzu langsam wirkenden bisherigen Angriffsverfahren. Wohl hatte bereits Marschall I o s s r e einer Beschleunigung das Wort geredet, wenn er der Truppe als Ergebnis der in der Somme-

Schlacht gemachten Erfahrungen breite Angriffsfronten, tiefe, mindestens bis zur feindlichen Artillerie reichende Angriffsziele und schnelle Angriffsfolge ans Herz legte. Noch deutlicher zeigte sich die beginnende Abkehr von dem Grundsatze des langsamen Durchnagens der feindlichen Stellungen in der von ihm gegebenen Anregung, gerade General Nivelle an die Stelle des Generals Foch zu setzen und ihn damit zum Führer der mit dem Hauptangriff des Jahres 1917 zu betrauenden Heeresgruppe Nord zu machen. General Nivelle stand im hellen Lichte seiner jüngsten Erfolge bei Verdun und galt der „jungen Schule" der Generalstabsoffiziere als Ergründet des großen, bisher nicht gelösten Rätsels, wie man mit erträglichen Verlusten das feindliche Stellungssystem überwinden und zum operativen Durchbruch kommen könne.

Mit der Ernennung zum Obersten Befehlshaber der französischen Armeen in Frankreich hatte er zu dem von seinem Vorgänger für das Jahr

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

101

1917 entworfenen Operationsplan Stellung zu nehmen^). Marschall Ioffre hatte den Hauptangriff zwischen der Oise und den Vimy-Höhen geplant. An ihm sollten die Heeresgruppe Nord und die Masse des englischen Heeres teilnehmen. 14 Tage später hatte die Heeresgruppe Mitte mit ihrer 5. Armee, etwa 50 Kilometer abgesetzt vom Hauptangriff, nordwestlich von

Reims zum Angriff auf die deutsche Aisne-Front anzutreten. In diesem Plan sah General Nivelle den Keim zu einer neuen Somme-

Schlacht, die ihm weder taktisch noch operativ schnelle Erfolge zu versprechen schien. Auf solche kam es ihm aber an, auch deswegen, weil die zahlenmäßige Überlegenheit der Verbündeten angesichts der Ersatzschwierigkeiten in Frankreich und des Erlahmens Rußlands zurückzugehen drohte und in dieser Hinsicht die Zeit für den Feind zu arbeiten schien. Die Gegend der Somme-Schlacht selber kam nach seiner Ansicht für das neue Unternehmen überhaupt nicht in Frage; sie war „verbraucht", die feindliche Gegenwirkung dort zu stark. Von allen übrigen Abschnitten der Front schienen nach Geländegeftaltung, frühzeitiger Gangbarkeit und Aussicht auf strategische Wirkung die Aisne-Front Reims—Soisions und das Nordufer der Oise für den französischen, die Gegend von Vapaume—Arras für den englischen Angriff am geeignetsten zu sein.

Taktisch glaubte der französische Führer mit seinem bei Verdun zweimal erprobten Verfahren zum Ziele zu kommen. Er hielt es für möglich, unter Beschäftigung der Nebenfronten mit Hilfe allerftärksten Artillerie-

einsatzes durch überraschenden, beschleunigten AngriffMehrere hintereinanderliegende Stellungen des Gegners in einem Zuge zu erobern. Das, wozu man bisher einen Monat gebraucht hatte, wollte er in ein bis zwei Tagen er-

reichen. Dem Durchbruch durch die Stellungen sollte die Entscheidungsschlacht im offenen Felde folgen. Den Hauptangriff wollte General Nivelle in den Raum Reims—

Soifsons legen und bei ihm stärkste Kräfte zum operativen Durchbruch über den Chemin des Dames einsetzen, um im Zusammenwirken mit dem Angriff nördlich der Oise die deutsche Front bis gegen Arras hin zum Einsturz zu bringen. Im einzelnen war der Verlauf des Angriffs in folgenden drei

„Phasen" gedacht: 1. Die feindlichen Kräfte werden durch einen französischen Angriff zwischen Oise und Somme (Noyon—P6ronne) sowie einen englischen zwischen Vapaume und Arras gefeffelt. 2. Die französische 5.Armee (15 Divisionen) zerbricht das deutsche Stellungssystem zwischen Reims und Soiffons. i) Gliederung des Heeres im großen noch wie auf Karte 2,Bd. XI.

102

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Winter

Z. Zwei französische Reserve-Armeen folgen durch die hier geschlagene

1916/17.

dresche, um zur Entscheidungsschlacht zu gelangen.

General Nivelle konnte die für die Operation notwendigen französischen Kräfte aber nur zusammenbringen, wenn die Engländer weitere Teile seiner

bisherigen Front übernahmen. Das französische Heer zählte an Feldtruppen einschließlich derer, die bis Anfang April durch Umbildung bestehender Verbände noch hinzukommen sollten, unter Anrechnung von elf selbständigen Brigaden und zwei russischen Brigaden'), im ganzen 121% Infanterie- und 8 KavallerieDivisionen, von denen 115% Infanterie- und 7 Kavallerie-Divisionen in Frankreich standen, der Rest von sechs Infanterie- und einer Kavallerie-

Division in Mazedonien. Auf zahlenmäßige Vermehrung der Divisionen war angesichts der im wesentlichen erschöpften Menschenreserven nicht mehr zu rechnen. Das englische Heer zählte an Feldtruppen einschließlich der indi¬ schen und der von den Dominions aufgestellten Verbände 94 Infanteriesowie 13 Kavallerie- und „berittene" Divisionen. Davon standen in Frankreich oder waren dort bis Anfang April zu erwarten: 62 Infanterie- und S Kavallerie-Divisionen, darunter vier kanadische, fünf australische und eine neuseeländische Infanterie-Division. Der Rest von 32 Infanterie- und 6 Ka¬ vallerie- und berittenen Divistonen war auf Heimat und andere Gebiete ver¬

teilt). Der Ausbau des Heeres stand trotz noch vorhandener Menschenreserven seit dem Tode des Kriegsministers Lord Kitchener (Juni 1916) still. Sein Nachfolger, der nunmehrige Premierminister Lloyd George, schon durch parlamentarische Bindungen behindert, war gegen weitere Anspannung der Menschenkräfte seines Landes zu kriegerischem Einsatz. Cr stand damit in schroffem Gegensatz zu General Sir Douglas H a i g, der das englische Heer in Frankreich befehligte, wie zum Chef des Neichsgeneralstabes General Sir William Robertson. General Nivelle machte dem englischen Oberbefehlshaber nach einem persönlichen Antrittsbesuch am 21. Dezember 1916 den Vorschlag, die 1) Bd. XI, S. 350. 2) Es standen in: England 9 Inf. Div., 3 beritt. Div. (darunter 1 kanad. F.D.); Mazedonien

6





Ägypten

5



„ , 2

;

grak

5



„ , 1 Kav. Div.

Indien

7



„ (darunter 4 ind. I. §>.).





(



2 austr. ber. D.);

(



4 ind. F. D., 1 ind. K. D.);

Zusammen 32 Inf. Div., d Kav. u. beritt. Div. Ostafrika: Besondere Verbände, vor allem aus indischen und afrikanischen Truppen.

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

103

englische Front bis Noye auszudehnen, und zwar sollte die Ablösung bis spätestens 15. Januar 1917 beendet sein. Cr sprach dabei von der Bildung einer operativen Gruppe („masse de manoeuvre"), deren Aufgabe es sei, den Durchbruch auszunutzen, und die er nunmehr in drei Armeen zu drei

Korps mit insgesamt 27 Divisionen zu gliedern gedachte. Diese Gruppe stehe andererseits auch bereit, einem etwaigen deutschen Angriff durch die Schweiz zu begegnen. Wenn General Haig auf diesen Vorschlag eingehe,

so erübrigten sich die früher erbetene') Hilfeleistung bei deutschem Angriff durch die Schweiz und ebenso die Fortführung der englischen Angriffe während des Winters, wie sie die Konferenz von Chantilly vorgesehen hatte. General Haig aber hielt eine Ausdehnung seiner Front über Peronne hinaus sowohl wegen der Zahl als auch wegen des Gesundheitszustandes seiner Truppen für bedenklich und legte die Frage dem englischen Kriegskomitee vor. Zugleich bat er um beschleunigte Zuführung der für die kom-

Menden Operationen nötigen Verstärkungen. Inzwischen verfolgte General Nivelle sein Ziel auf anderem Wege weiter. Ohne die unmittelbaren Ver-

Handlungen mit dem englischen Oberbefehlshaber einschlafen zu lasien, veranlaßte er den Kriegsminister, General Lyautey, bei der englischen Regierung und ihrem Reichsgeneralstab vorstellig zu werden. Daraufhin gab der englische Premierminister Lloyd George gelegentlich der in der Friedensfrage Ende Dezember nach London berufenen Konferenz^) zu er-

kennen, daß England durchaus bereit sei, die auf Frankreichs Schultern ruhende Last zu erleichtern, und daß Sir Douglas Haig, am 27. Dezember zum Feldmarschall ernannt, aufgefordert werden würde, den Wünschen des

französischen Oberbefehlshabers möglichst nachzukommen. Inzwischen war General Nivelle bemüht, in seinem eigenen Vefehlsbereich die Vorbereitungen für die geplante Operation vorwärtszutreiben. Wesentliche Änderungen traten in den oberen Führerstellen ein. General Foch, zeitweilig kränkelnd und schon mit General Ioffre nicht immer ganz einig, gab die Heeresgruppe Nord an General Franchet d'Csperey ab und bearbeitete seitdem die Vorbereitung der Sicherung an der Schweizer Grenze^), um demnächst die dort stehende Heeresgruppe Ost zu übernehmen. Zum Führer der für den Durchbruch bestimmten Heeresgruppe, als „G. A.R." bezeichnet), war ursprünglich General Potain ausersehen. Davon war General Nivelle aber abgekommen, als er merkte, daß seine Gedanken bei ') Vd, XI, S. 437. 2) 6.88. 3) 6.89. 4) „G. A. R." bedeutete an sich: „Croupe d'armees de Reserve", in diesem Falle aber für Eingeweihte: „Croupe d'armees de Rupture".

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

104

Winter 1916/17.

diesem General nicht solchen Anklang fanden, wie er wünschte. So behielt @eneraj cpetain die Heeresgruppe Mitte, aber ohne die am Angriff beteiligte

5. Armee. Die zum Durchbruch bestimmte Heeresgruppe erhielt General

Micheler. Die große Offensive dachte General Rivelle folgendermaßen zu führen: Zunächst sollten die Heeresgruppe Nord mit der 1. und 3. Armee zwischen der Oise und der Linie Montdidier—Roye, der rechte Flügel der Engländer (Teile der 5., die 3. und 1. Armee) zwischen Vapaume und Arras angreifen, um die deutschen Reserven auf sich zu ziehen. Dann erst

hatte der Hauptangriff einzusetzen, und zwar sollte die Heeresgruppe Durchbruch, von der die 5. Armee bereits jetzt die Aisne-Stellung besetzt

hielt, die 6. und 10. (letztere nach Ablösung durch die Engländer) demnächst herangeführt wurden, zwischen Reims und Soupir (östlich von Vailly) zum Angriff antreten. Dabei hatten zwei Armeen (5. und 6.) durch das ganze feindliche Stellungssystem bis über die Artilleriezone hinaus durchzustoßen und die Lücke dann nach rechts (5. Armee) beiderseits der Aisne, nach links (6. Armee) in der Richtung auf Laon—St. Quentin zu erweitern, während die 10. (Manövrier-) Armee, sich zwischen beide einschiebend, so rasch wie möglich über Craonne in der Richtung auf Guise vorgehen sollte. In welchen Hoffnungen man sich dabei hinsichtlich der Schnelligkeit des Durchbruchs wiegte, zeigt die Zuversicht des Führers der 6. Armee, Generals Mangin, der bereits am Morgen nach dem Angriffstage in Laon sein wollte. Die 4. Armee hatte die Aufgabe, östlich von Reims zur Unterstützung der

5. Armee zwischen Souain und Prunay möglichst tief in das feindliche Stellungssystem vorzustoßen und auch weiter östlich den Gegner zu beschäf¬ tigen. Räch gelungenem Durchbruch sollten sich alle Armeen dem rücksichts¬

losen Vorgehen anschließen. Die am Angriff nicht unmittelbar beteiligten Armeen hatten den vor

ihrer Front befindlichen Feind zu seffeln und in Atem zu halten, doch wurden in den nächsten Monaten die hierfür bestimmten Kräfte durch die sehr rege deutsche Kampftätigkeit, z. 23. an der Höhe 304 vor Verdun') und bei Ripont in der östlichen Champagne^), teilweise stark mitgenommen. Es blieben nur bei der 8. Armee ein Angriffsunternehmen zweier Divisionen auf dem linken Mosel-Afer und bei der 7. A r m e e ein Divisionsangriff in der Rich-

tung auf Colmar in Vorbereitung. Diese Armee erhielt außerdem einen

Sonderauftrag: Falls der Hauptangriff fehlschlug, sollten ihr alle verfügbaren Truppen zugeführt werden, um mit etwa 14 Infanterie- und drei Kavalleriei) Bd. XI, S. 183. -) Teil VI, F.

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

105

Divisionen überraschend im Ober-Elsaß durchzubrechen. Dieser Plan, desien Ziel wohl kein operatives, sondern nur die Eroberung des Elsaß sein konnte, war damit in gewisser Hinsicht das Gegenstück zu dem englischerseits — wie noch zu schildern — unter der gleichen Voraussetzung in Aussicht genommenen

Angriff in Flandern. Hier sollten sich die belgische Armee und das französische XXXVI. Korps mit Rücksicht auf die in ihren Abschnitten im Frühjähr besonders schwierigen Bodenverhältnisse am Angriff zunächst nicht beteiligen, im übrigen war das französische XXXVI. Korps zur Unterstützung etwaiger englischer Flottenunternehmungen gegen Zeebrugge und Ostende in Aussicht genommen. Im großen und ganzen waren in den ersten Ianuartagen die beteiligten Stellen über diese Pläne unterrichtet. Sie unterschieden sich von denen des Marschalls Ioffre durch die Verlegung des Schwerpunktes vom SommeSchlachtfeld nach der Aisne-Front und durch ein Angriffsversahren, das das

langsame Durchnagen durch das feindliche Stellungssystem verwarf, dafür aber das lockende Ziel eines schnellen, überraschenden Durchbruchs aufstellte.

Die Engländer hatten sich mit der ihnen hierbei zugewiesenen Rolle abgefunden, doch trat der insgeheim stets gehegte Gedanke einer Offensive zur Wiedergewinnung der belgischen Küste immer wieder zutage. Die zu-

nehmende Wirkung des Anterseekrieges hatte im Herbst 1916 die englische Marineleitung veranlaßt, die Notwendigkeit dieses Besitzes der Heeres¬ leitung gegenüber nachdrücklich zu betonen, und am 1. Dezember war der

Reichsgeneralstabschef, General Robertson, an Marschall Ioffre mit der Bitte herangetreten, in den Angriffsplan für 1917 eine Operation gegen Zeebrugge und Ostende einzugliedern, die von einem Landungsunternehmen begleitet sein sollte. Der Marschall war mit einigen Vorbehalten bereit gewesen, auf den Plan einzugehen, General Rivelle aber lehnte ihn am 21. Dezember eindeutig ab, da er von seiner großen Offensive, wenn sie gelang, mit Recht auch die Wiedergewinnung Flanderns erwartete. Als dann aber Feldmarschall H a i g von ihm am 2. Januar 1917 eine kurze Skizze der 2. Januar isi?.

geplanten Offensive mit ihren drei Phasen erhielt, entnahm er aus einer

darin enthaltenen Wendung, daß General Rivelle doch mit einer langdauernden Schlacht rechne. Darauf aber wollte er sich in keinem Falle einlassen. Was England unbedingt und spätestens bis zum Sommer brauche — so bemerkte er dazu —, sei der Besitz der belgischen Küste mit den deutschen

Anterseebootsstützpunkten; drohe der französische Angriff steckenzubleiben, so würde er die englischen Divisionen nicht in die „Dritte Phase" eintreten lassen, sondern an die Flandern-Front abbefördern und bei der französischen

Regierung die Ablösung der englischen Verbände bis zur Ancre beantragen.

loa

2.samtfl» 1917.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Das Mißverständnis bezüglich der Schlachtdauer klärte General

Nivelle alsbald auf. Es sei in Aussicht genommen: Erste Phase (Ablenkung) acht bis vierzehn Tage, Zweite Phase (Durchbruch) ein bis zwei Tage, Dritte Phase (Ausnutzung) unbegrenzt. Das Ziel bleibe, die Cntscheidung mit allen Kräften zu suchen. Das Versprechen, einen Teil der englischen Front zu übernehmen, wenn der Plan fehlschlüge, könne er jetzt noch nicht geben. Was den Zeitpunkt des Angriffs betreffe, so käme es auch auf den Kräftezuwachs beim Feinde an. Unter Berücksichtigung aller Umstände halte er es für die beste Lösung, sich vom 15. Februar ab bereit zu halten; das war zwei Wochen später als ursprünglich beabsichtigt.

Nichtsdestoweniger erließ Feldmarschall Sjaig in Vorbereitung seines Cventualplanes am 6. Januar Richtlinien für eine große Flandern-

Operations. Diese Richtlinien ließen erkennen, daß auch englischerseits eine Abkehr von dem an der Somme angewandten Kampfverfahren ein-

getreten war. Als Vorbedingungen für den Erfolg nannte man: sehr große

Überlegenheit, anderweitige Bindung des Feindes, Überraschung, gewaltsamen Durchbruch, hierzu Einsatz von Tanks. Vermeiden wollte man das schleppende Tempo einer „Somme-Schlacht", die dem Feinde Zeit zur Ver-

stärkung lasse. Angestrebt müsse vielmehr werden: entscheidende Niederlage des Feindes und Befreiung der belgischen Küste. Was den Beginn der

zunächst aber doch im Vordergrund stehenden großen Nivelle-Offensive betraf, so neigte Feldmarschall Haig nicht so sehr zu frühzeitigem Losschlagen als zur Versammlung möglichst starker Kräfte, die — wie er schon im November in Ehantilly dargelegt hatte — bei ihm erst um den 1. Mai erreicht

sein werde. Cr hatte den Bedarf an Divisionen in Frankreich im ganzen auf 62 berechnet, davon 35 für den Angriff an der Front Bapaume—Vimy; zur Zeit verfügte er aber erst über 56 Divisionen.

2. Die Frage des einheitlichen (Oberbefehls, a) Erste Konferenz in London am 15. Januar.

Um sich der englischen Mitwirkung vollends zu versichern, veranlaßte General Nivelle die Berufung einer Konferenz mit Feldmarschall Haig IS. Januar, und dem Kriegskabinett^) nach London. Hier legte er am 15. Januar seine

von starker Zuversicht getragene Ausfasiung eingehend dar. Da Feldmarschall Haig und General Robertson hinsichtlich des Operationsbeginns auf ihrem abweichenden Standpunkt beharrten, vertagte Lloyd George die Versammlung, um zunächst noch einmal mit den beiden Generalen allein zu beraten. -) Teil VIII. -) Bd. XI, S. 438.

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

107

Am 16. Januar einigte man sich schließlich, nicht ohne Mühe, auf den I.April als äußersten Termin für die Offensive und auf die erste Märzwoche, wenn möglich schon den 28. Februar, für die Ablösung der französischen 10. Armee durch englische Truppen bis zur Straße Amiens—St. Quentin. Dazu sollten, „ungeachtet der Gefährdung der Heimat bei einem deutschen Einfall", die Kräfte in Frankreich auf 62 Divisionen') gebracht werden. Die Konvention wurde von General Nivelle,

Feldmarschall Haig und General Robertson unterzeichnet. Bald jedoch mußten neue Verhandlungen einsetzen, besonders um den

immer fühlbarer werdenden, alle operativen Entschlüsse gefährdenden Mangel an Transportmitteln im nördlichen Frankreich zu beseitigen. Am 29. Januar trafen sich in Veauvais (seit dem 6. Januar 1917 M. Januar.

Sitz der französischen Heeresleitung) General Nivelle und Feldmarschall Haig, um diese Frage zu untersuchen und die Einigkeit in den operativen Anschauungen zu vertiefen. Aber alle hier und bald daraus am 16. Februar in Montreuil gefaßten Entschlüsse, das Bahnnetz zu entlasten, die Gleise zu verdoppeln und eine bessere Verteilung der Häsen vorzunehmen, genügten nicht, um die herrschenden Übelstände aus der Welt zu schaffen. Die von den

Engländern geforderte wöchentliche Leistung von 290 OVO Tonnen konnte frühestens am 1. April erreicht werden. Bei überanstrengtem Personal, ab-

genutztem Material, ungenügenden technischen Einrichtungen brauchte es Zeit, um den Betrieb auf die Höhe der Leistungsfähigkeit zu bringen, die

die bevorstehende Offensive forderte. General Nivelle konnte sich je länger, je weniger der von Feldmarschall Haig immer wieder geäußerten Meinung verschließen, daß der Zeitpunkt der Frühjahrsoffensive nicht innegehalten werden könne. Er gab die Zusicherung, daß von den Verbündeten der Angriff erst dann erwartet werde, wenn ihre Wünsche hinsichtlich der Transportmittel erfüllt wären. Am 20. Februar entschloß er sich, auch unter dem Einfluß der Petersburger Verhandlungen'), die Operationen er st um den 10. April beginnen zu lassen.

b) Konferenz in Calais am 26. Februar.

Am gleichen Tage schlug die englische Negierung der französischen eine neue Konferenz vor, in der die zwischen ihnen schwebenden operativen und verkehrstechnischen Fragen einer endgültigen Lösung zugeführt werden sollten. Sie trat am 26. Februar in Calais zusammen. ') Tatsächlich traten bis zum Beginn der Offensive zu den vorhandenen 56 Divisionen hinzu: 57., 58., 59., 62.,66. Terr.-Div. aus der Heimat, 42. Div. aus Ägypten; eine portug. Div. stand zum Anlernen hinter der Front. -) S. 95 ff.

26.Februar.

108

2S. Februar.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Bezüglich der Eisenbahnlage gab der französische Sachverständige die Zusicherung, daß den englischen Forderungen von Ende März ab Genüge geschehen würde. Was die zur Vorbereitung der Offensive notwendige Zeit betraf, so rechnete Feldmarschall Haig mit drei Wochen von dem Augenblick ab, an dem die volle Eisenbahnleistung erreicht sei. General Nivelle hielt diese Frist für unnötig lang. Cr benutzte die Gelegenheit, um nochmals zu betonen, daß von endlosen Kämpfen wie in der Somme-Schlacht keine Rede sein könne; entweder wäre innerhalb von 14 Tagen der Durchbruch geglückt, oder die ganze Operation würde angehalten. Infolgedessen brauche man

auch nicht mit übermäßiger Dauerbeanspruchung der Bahnen zu rechnen. Im Anschluß hieran äußerte sich General Nivelle auf Wunsch des englischen Premierministers über den britischen Angriffsentwurf, der erst fürzlich zu seiner Kenntnis gekommen war.

Feld-

Marschall Haig gedachte den Hauptangriff mit seiner 3. Armee beiderseits der Searpe über die Linie Neuville-Vitaffe—Fampoux zu führen, wobei er

südlich des Fluffes acht, nördlich davon vier Divisionen einsetzen und nach gelungenem Durchbruch die deutsche Front südwärts in der Richtung auf Eroisilles und Vulleeourt aufrollen wollte. Links davon war ein Reben-

angriff von fünf Divisionen der 1. Armee gegen die Vimy-Höhen vorgesehen, rechts des Hauptangriffs sollte ein zweiter von zwölf Divisionen der 5. Armee beiderseits der Ancre zwischen der Straße Albert—Vapaume und Hebuterne ablenkend wirken. Diese Absichten entsprachen aber nicht ganz den Gedankengängen des Generals Nivelle. Der französische Oberbefehlshaber hätte es lieber gesehen, daß auf den Angriff gegen die Vimy-Höhen

verzichtet und dafür die Kräfte für den Angriff in der Richtung auf Vapaume entsprechend verstärkt wurden. Den Hauptangriff wünschte er nicht beiderseits, sondern nur südlich der Searpe auf Eroisilles zu führen. Auch schien es ihm vorteilhaft, den englischen Stoß vier oder fünf Tage vor dem An-

treten der französischen Heeresgruppe Nord beginnen zu lasten. Feldmarschall

Haig wollte jedoch auf die Wegnahme der Vimy-Höhen nicht verzichten, da ihr Besitz in jedem Falle von größter Bedeutung sei. Im übrigen wies er darauf hin, daß alle südlich der Ancre eingesetzten Kräfte sich bald vor

der starken „Hindenburg-Linie"') festlaufen würden, deren Vorhandensein bereits bekannt war.

Die Verschiedenartigkeit des britischen und französischen Standpunktes in dieser operativen Frage benutzte Lloyd George zur völligen Überraschung seiner militärischen Berater dazu, die Einheit des Oberbefehls >) Gegnerische Bezeichnung für die „Siegfried-Stellung".

Die Vorbereitung der grohen Offensive in Frankreich.

m

zur Erörterung zu stellen. Sowohl Ministerpräsident Vriand wie General Nivelle griffen diesen Gedanken, über den sie vom britischen Premierminister bereits vorher verständigt worden waren, sofort auf, und General Nivelle

konnte auch schon den Text einer entsprechenden Vereinbarung vorlegen, die im wesentlichen auf Einsetzung eines französischen Generals als gemeinsamen Oberbefehlshabers (General Nivelle) und eines englischen als gemeinsamen Generalstabschefs (dafür hatte Lloyd George General Sir Henry Wilson in Aussicht) hinauslief. Danach blieb von der Kommandogewalt des britischen Oberbefehlshabers nicht mehr viel übrig. Da dieser sowohl wie der Reichsgeneralstabschef erklärten, lieber ihr Amt niederlegen zu wollen, als sich solchen Bedingungen zu fügen, wurden einige besonders schwer tragbare Vestimmungen gemildert. Die auf diese Weise zustande gekommene K o n v e n -

tion von Calais trug die Unterschrift des Feldmarschalls Haig, aber

auch seinen feierlichen Protest. Sie bestimmt, daß für die bevorstehende Offensive die oberste Leitung dem franzöfischen Oberbefehlshaber zustehe, da das französische Heer das stärkere und es Aufgabe der Operation sei, französisches Land zu befreien. Die englische Führung müsse also ihren Operationsplan mit dem Gesamtplan des französischen Oberbefehlshabers in Einklang bringen und während der ganzen Vorbereitungsperiode sich dessen Anschauungen anbequemen. Nur falls die Sicherheit des englischen Heeres in Frage gestellt sei — so hieß es in dem später noch oft herangezogenen § 3 —, dürfe der englische Oberbefehlshaber, unter sofortiger Meldung an seine Regierung, eigene Wege gehen. Vom Beginn der Offensive bis zu ihrer Beendigung habe er in allem, was die Operationen betreffe, die vom Führer der französischen Armeen gegebenen Befehle zu befolgen. Rur innerhalb des ihm zugewiesenen Ope-

rationsraumes behielt Feldmarschall Haig freie Hand für die Verwendung seiner Trnppen. Nach Beendigung der Offensive — diesen Zeitpunkt sollte jede Regierung für sich bestimmen dürfen — traten beide Oberbefehlshaber wieder in ihr altes Verhältnis zueinander zurück. Die damit neu geschaffene Einheit des Kommandos ließ man sogleich

der immer noch nicht gelösten Transportfrage zugute kommen:

Frankreich sollte die Grenze seiner Leistungsfähigkeit, England seinen Mindestbedarf melden, und in letzter Instanz sollte General Nivelle die

Entscheidung fällen. Trotz des Übereinkommens gelang es General Nivelle aber auch ferner

nicht, seinen Willen voll durchzusetzen. Feldmarschall Haig änderte nichts an

seinem bisherigen Angriffsplan.

110

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Unterdessen mehrten sich die Anzeichen dafür, daß der Gegner seine vorderen Stellungen im alten Somme-Kampfgebiet aufgeben, vielleicht sogar auf die weiter rückwärts bereits im Vau erkannte „Hindenburg-Linie" ausweichen werde'). Das konnte möglicherweise erhebliche Änderungen am bis-

herigen Operationsplan nötig machen. Schon mit dem beginnenden Ausweichen des Gegners verschob sich nach der Auffassung des FeldMarschalls Haig die Lage, während General N i v e l l e am bisherigen

Plane so lange wie möglich festzuhalten gewillt war, denn mit dem Abgehen von ihm wurde auch die unmittelbare Mitwirkung der Engländer und

schließlich der soeben geschaffene einheitliche Oberbefehl mehr oder weniger 27. Februar, in Frage gestellt. Am 27. Februar, dem Tage nach der Konferenz von Calais,

teilte er Feldmarschall Haig mit, daß der Angriffsplan trotz des deutschen

Ausweichens bestehen bleibe; das Angriffsziel der Engländer sei Cambrai, und ihr Angriff solle am 8. April beginnen. Er drängte auf unverzügliche

Meldung über die englischerfeits getroffenen Anordnungen und erklärte, daß in der Frage der Transportmittel Frankreich nicht über die in der Konferenz

gemachten Zugeständnisse hinausgehen könne, denn England forderte für sein Heer weit mehr Material, als dem doppelt so starken französischen Heere zur Verfügung stand'). Schließlich aber verlangte General Rivelle beschleunigte Aufstellung einer englischen Verbindungsmission bei der französischen Heeresleitung, zu deren Führer er sich General Wilson wünschte. 4. bis Feldmarschall Haig war nicht bereit, diese Entscheidungen und For,o.Mär,. Hungen ohne weiteres hinzunehmen, auch fühlte er sich durch den wenig rücksichtsvollen Ton der Weisung verletzt. In seiner Antwort vom 4. März vertrat er den Standpunkt, daß nach einem etwaigen Rückzug der Deutschen für das englische Heer nur noch der Angriff der 3. und 1. Armee beiderseits der Scarpe in Frage komme und daß somit Cambrai kaum das richtige Ziel

sei. Cr bedauerte die französische Entscheidung in der Transportmittelfrage, zweifelte an der rechtzeitigen Beendigung der Angriffsvorbereitungen und ließ feine Abneigung gegen die englisch-französische Verbindungsmission durchblicken, von der er mit Recht eine Gefährdung seiner Führerselbständigkeit befürchtete, zumal da er in General Wilson einen Vertrauensmann des

Premierministers erblickte'). Dem Schreiben war die Abschrift einer an General Robertson ge-

richteten Denkschrift vom 2.März beigefügt, in der Feldmarschall Haig seine Auffassung noch schärfer zum Ausdruck brachte. Es hieß darin, daß i) Näheres S. 114 ff. °) Franz. amtl. Werk, Bd. V, 1, S. 414, Anm. 2. ') Gen. Wilson war schon 1914/15 der franz. Heeresleitung zugeteilt, dann Kom. General und zuletzt nach Petersburg entsandt gewesen (S. 9S).

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

111

der deutsche Rückzug zahlreiche Divisionen frei machen würde. Diese kämen einer Offensive zugute, die Deutschland für eine schnelle Entscheidung ange¬ sichts seiner sinkenden moralischen Kräfte notwendig brauche. Seine Offensive würde einsetzen, wenn sich Engländer und Franzosen im verwüsteten Gebiet vor der mächtigen „Hindenburg-Linie" festgelegt hätten, und zwar sei nach den neuesten Nachrichten die Gegend zwischen Lille und dem Meere, also Apern, das wahrscheinliche Ziel, eine Richtung, die um so empfind¬ licher sei, als man sich dort auf die Belgier verlassen müsse. Gelänge den Deutschen der Durchbruch längs der Küste, so würden die britischen Armeen von Dünkirchen, Calais und Voulogne abgeschnitten, was mit den Zielen

des deutschen Unterseekrieges vortrefflich übereinstimme. Feldmarschall Haig hielt es daher für notwendig, den Schwerpunkt seiner Kräfte nach Flandern zur 2.Armee zu verlegen. Wenn ihm auch durch die Konvention von Calais

die Hände gebunden seien, so stünde hier doch die Sicherheit der britischen Armeen in Frage, und in diesem Falle gäbe ihm § 3 der Konvention die Selbständigkeit wieder. Cr beschwor General Robertson, dafür zu sorgen, daß das Kriegskabinett seiner Auffassung beitrete, und schloß mit der Vemerkung, daß der ihm von General Nivelle befohlene Frühjahrsangriff möglicherweise aufgegeben werden müsse. General Nivelle war aber zu dieser Zeit noch nicht geneigt, an

eine größere deutsche Rückzugsbewegung zu glauben, und für den Fall ihres wirklichen Eintritts zwischen der Oise und Arras dachte er doch nur an eine

zusätzliche Verwendung der dann auch auf der eigenen Seite frei werdenden Kräfte östlich von Reims und nördlich von Arras. So ist die Wirkung der

englischen Absage hinsichtlich des gesamten Planes auf den französischen Oberführer leicht zu ermessen. Als Antwort legte er in einer Weisung vom

6. März dar, daß auch der Angriff auf die „Hindenburg-Linie" den Charakter einer Zangenoperation behalte und daß es sich für die britische Heeresleitung höchstens darum handeln könne, auf die Mitwirkung ihrer 5. Armee zu verzichten und von dieser sechs Divisionen zur Verstärkung des Stoßes bei Arras einzusetzen. In einem beigefügten Schreiben bemühte er sich ferner, die englische Sorge um Apern zu zerstreuen und Feldmarschall Haig bei der Mitwirkung an der großen Offensive festzuhalten. Cr teilte ihm mit, daß er die Denkschrift dem französischen Kriegsminister weiter-

gegeben habe. Diesen Vorstellungen blieb der Erfolg versagt. Feldmarschall Haig schloß seine Erwiderung vom 9. März mit den Worten: „Von meiner Verantwortung gegenüber meinem König, meinem Lande, den Offizieren und Mannschaften unter meinem Befehl kann mich meiner Ansicht nach nichts

112

4. bis 10. März.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

befreien, solange ich mit der Führung der Armeen Seiner Majestät in FrankFlandern betraut bin."

Nunmehr erbat General Nivelle am 10. März die Mitwirkung

des französischen Kriegskomitees, um zu erreichen, daß der britische Führer seine Befehle ausführe. Da die Zeit der Operationen begonnen habe, könne

sich dieser in seiner Verantwortlichkeit durch ihn gedeckt fühlen. Pläne und Befehle habe er der französischen Heeresleitung einzuschicken und schnellstens für die Aufstellung der Verbindungsmission Sorge zu tragen. Inzwischen hatte das französische Kriegskomitee bereits am 6. März die Haigsche Denkschrist erhalten und noch an demselben Tage den Botschafter in London an-

gewiesen, der englischen Regierung eine Note zu überreichen, in der die drohende Gefahr für das Zusammenwirken der verbündeten Heere und für das Cinheitskommando eingehend und nachdrücklich dargelegt wurde. Der englische Premierminister schlug daraufhin vor, die Streitigkeiten auf einer zweiten Konferenz in London zu klären. Diesen Gedanken lehnte aber der französische Ministerpräsident als unnötig zunächst ab. Cr sah die Abmachungen von Calais als ausreichend an und wünschte nur, die britische Heeresleitung bei ihnen festgehalten zu sehen. Als aber vom britischen Kriegskomitee ein neues Schreiben eintraf, in dem die Wahrscheinlichkeit einer Einigung der militärischen Spitzen bezweifelt, andererseits die Notwendigkeit einer beiden Regierungen genehmen Lösung betont wurde, und dann noch die Bitte des Generals Nivelle vom 19. März einging, gab Ministerpräsident Briand seine Einwilligung zu einer neuen Konferenz. c) Zweite Konferenz in London am 12.und 13. März.

12. März.

Am 12. März trafen der französische Finanzminister Nibot, dieser als

Vertreter des durch Kammersitzungen verhinderten Ministerpräsidenten, Kriegsminister General Lyautey, Marineminister Admiral Laeaze, Munitionsminister Thomas und General Nivelle in London ein.

Als ersten Punkt stellte Premierminister Lloyd George die Frage der britischen Militär- (Verbindungs-) Mission zur Crörterung. Über ihre Zusammensetzung wurde bald Einigkeit erzielt. Die

einzige, für den englischen Oberbefehlshaber aber sehr wesentliche Änderung, die am französischen Entwurf vorgenommen wurde, besagte, daß der Chef der Mission nicht unmittelbar an den Reichsgeneralstab, sondern an Feld-

Marschall Haig zu berichten habe. In der Frage des Verhältnisses des englischen Oberbesehlshabers zu General Nivelle brachte die Verhandlung zunächst keine Klärung. General Nivelle forderte freie Verfügung über alle

113

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

englischen Reserven während der Schlacht. Feldmarschall Haig verlangte die Einschränkung: „Falls die Sicherheit der englischen Armeen nicht dadurch berührt werde." Unter Berufung auf § 3 der Konvention von Calais be-

kämpfte General Nivelle diesen Zusatz als überflüssig, fand aber bei den englischen Generalen zähen Widerstand besonders in der immer wieder betonten Auffassung, der englische Oberbefehlshaber sei in der Zeit der Angriffsvorbereitungen keineswegs dem französischen — wie der Ton der bisher erhaltenen Befehle vermuten lasten könnte — unterstellt. Die Ent¬

scheidung wurde auf den nächsten Tag verschoben. Lord Milners Versuch, inzwischen die Franzosen zu weiterem Nachgeben in der Transportmittelfrage zu veranlasten, scheiterte; die Verhandlungen darüber sollten aber demnächst in Paris wieder aufgenommen werden. Am 13. März erklärten die militärischen Führer, daß über ihr Ver- ». März,

hältnis zueinander Einigkeit hergestellt sei mit Ausnahme des einen Punktes, daß nach § 3 der Konvention von Calais Feldmarschall Haig unter Umständen berechtigt sei, die Angriffsvorbereitungen zu unterbrechen und darüber dem Reichsgeneralstabschef zu berichten. Man einigte sich schließlich dahin, daß er die angeordneten Angriffsarbeiten nur dann ausnahmsweise unterbrechen dürfe, wenn die Sicherheit seiner Armeen oder der Erfolg seiner

Operationen ernsthaft in Frage gestellt

fei.

General Nivelle bot an, auch über die vielleicht nötig werdende Ände-

mng des Operationsplanes Auskunft zu geben. Lloyd George hielt das aber nicht für nötig, denn er sei vollauf befriedigt, wenn die beiden militärischen Führer im Einklang miteinander handelten. Die Wiederherstellung der Einigkeit fand ihren Ausdruck in folgender

Vereinbarung: „Der französische Oberkommandierende verhandelt mit den britischen Armeen nur durch Vermittlung des englischen Oberbefehlshabers. Dieser teilt ihm seine Operationsbefehle mit, ebenso wie alle

für ihre Ausführung nötigen Anordnungen. Alle britischen Truppen in Frankreich verbleiben unter dem Befehl ihrer eigenen Vorgesetzten. Zwingt die Entwicklung der Lage den französischen Oberbefehlshaber, die Abgabe britischer Verbände für Sonderaufgaben abseits vom Gros des englischen Heeres zu erbitten, so wird der englische Oberbefehlshaber dem nach Möglich¬ keit nachkommen; in diesem Falle können die entsandten Kräfte ihre Operationsbefehle unmittelbar vom französischen Hauptquartier erhalten." Die

Militärmission sollte bloßes Verbindungsglied sein: „Alle Anordnungen und Mitteilungen an Sir Douglas Haig werden grundsätzlich von General

Nivelle unterzeichnet." Aufgabe der Mission sei, die Führer über Absichten, Lage der Armeen und Entwicklung der Operationen wechselseitig zu unter¬

richten. Weltlrieg. Xll. Band.

8

Die Angriffsplänc der Entente bis Mitte März.

114

13. März.

Seiner Unterschrift unter das Protokoll der Vereinbarungen sehte FeldMarschall Haigdie Worte hinzu: „Ich nehme diesen Akkord an, aber unter

der Voraussetzung, daß, wenn ich auch völlig entschlossen bin, die Konvention von Calais dem Geist und Buchstaben nach zu erfüllen, das Britische Heer und sein Führer von General Nivelle als Verbündete und nicht als Untergebene angesehen werden, außer während der besonderen Operationen, die er

auf der Konferenz von Calais auseinandergesetzt hat." Seine Zustimmung zu den Aufgaben der britischen Mission beim französischen Hauptquartier wollte er dahin verstanden wissen, daß sie „Änderungen unterliegen können, ,4. März.

deren Notwendigkeit erst die Erfahrung ergeben wird". Am Tage darauf, am 14. März, betonte Feldmarschall Haig dem eng.

tischen Kriegskabinett gegenüber nochmals'), daß, falls er bei Arras nicht durchdränge, er einen Angriff aus der Gegend von Messines—Vpern zur Ge¬

winnung der belgischen Küste unternehmen wolle.

Z. Das Erkennen des deutschen Rückzuges auf die Siegfried-

Stellung. s-rbst i9i«.

Schon im Herbst 1916 hatte die französische Heeresleitung Nachrichten bekommen, daß auf deutscher Seite eine rückwärtige Stellung im Entstehen sei, in die Teile der Kampffront zurückgenommen werden könnten. Im Oktober meldete der Crkundungsdienft, daß die Deutschen an der Maas starke Verschanzungen anlegten, und daß in Offizierkreisen von der

Möglichkeit gesprochen werde, durch Zurücknahme der Front einige 20 Divisionen einzusparen. Ende des Monats und Anfang November ging aus britischen Crkundungsflügen hervor, daß zwischen St. Quentin und Arras am

Bourlon-Wald, bei Queant, Bullecourt, Neuville-Vitasse eine rückwärtige Stellung gebaut werde; bei St. Quentin sollten 2000 Unterstände im Entstehen sein. Diesen Angaben wurde aber zunächst noch keine Bedeutung bei-

gemessen. In den folgenden Monaten waren es hauptsächlich Heimkehrer aus den

besetzten Gebieten, gelegentlich auch Gefangene und Uberläufer, die von Schanzarbeiten auf dem Plateau von St. Gobain westlich von Laon, längs des Somme-Kanals sowie zwischen Cambrai und Arras sprachen; zahlreiche Ortschaften würden geräumt, an der Oise Überschwemmungen vorbereitet,

Militärwerkstätten, Hospitale, Flugparks zurückverlegt. Die Lufterkundung vermochte des schlechten Wetters wegen diese Angaben nur selten nachzu-

prüfen. Dazu kam, daß die deutschen Flieger, wenn sie sich im allgemeinen ') 6.111.

115

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

auch zurückhielten, doch nachdrücklich und bei der neuerlichen Überlegenheit ihrer Maschinen mit großem Erfolg ein überfliegen der eigenen Linien ver-

wehrten. Im Laufe des Januar 1917 trafen weitere Meldungen über bedeutende Januar/ Schanzarbeiten längs der Oise und Serre bei La Fsre ein. Besonders stark 5c6tuat l917> schien der Westrand von St. Quentin befestigt zu werden. Betonierte Gräben sollten von Morcourt (fünf Kilometer nordöstlich von St. Quentin)

bis Vendhuille laufen. Sehr stark sollten auch die Anlagen beiderseits der

Straße Bapaume—Cambrai zwischen Bertincourt und Inchy sein. Im Februar brachten Heimkehrer aus der Gegend von Guise, St. Quentin und Cambrai weitere Nachrichten über Räumung von 25Ortschaften, Ausbau des rückwärtigen Bahn- und Straßennetzes und Einrichtung von Etappenmagazinen in Bavai und Maubeuge. Auch sei die Rede von der Rückverlegung der Hauptquartiere des Kronprinzen Rupprecht von Bayern von Douai nach Valenciennes und Möns, der 2.Armee von St. Quentin nach le Cateau, der 1. von Cambrai nach Valenciennes, der 6. von Douai nach Tournai. Ein Dolmetscher, der bei der Kommandantur Cambrai beschäf¬ tigt gewesen war, meldete den Wortlaut von vorbereiteten Maueranschlägen, in denen die Bevölkerung zur Ruhe ermahnt wurde, für den Fall, daß die Deutschen die Stadt freiwillig räumten und diese zwischen die beiden Kampflinien zu liegen käme. Aber gerade diese Nachricht erinnerte an einen Befehl aus der Zeit vor der Somme-Schlacht, der in allen Einzelheiten

durchgearbeitete Rückzugsanordnungen des deutschen XVII. Armeekorps enthalten hatte, ohne daß der Rückzug dann eintrat'). Die Heeresgruppe Nord meldete mehrere Brückensprengungen südlich von Noyon und gründ¬ liche Straßenzerstörungen, besonders auch vor der nördlich anschließenden englischen Front. Dort wie vor der Heeresgruppe Nord selber wurde eine Schwächung der deutschen Artillerie bis zur Hälfte ihrer bisherigen Stärke festgestellt. Andererseits hatte man von der vorderen Infanterielinie den Eindruck erhöhter Tätigkeit, sowohl was den Ausbau der Stellung als auch was

Patrouillenunternehmungen anbetraf. Am

22.Februarfaßte eine Denkschrift des 2. (Nachrichten-) Büros der

französischen Heeresleitung die Erkundungsergebnisse folgendermaßen zusammen: Eine zusammenhängende und ernsthaft ausgebaute Linie

zwischen St. Gobain, St. Quentin, Cambrai, Lille sei nicht bestätigt, sondern nur Teile, die vielleicht einmal eine rückwärtige Front bilden könnten. Man

dürfe nicht voreilig einen freiwilligen Rückzug der Deutschen vor einem ') Franz. amtl. Werk, Vd. V, 1, Ann. 731. Cs handelte sich um einen Befehl der 35.1. D. vom 26.Juni 1916, der auf höhere Weisung zurückging, aber nicht zur Aus-

iührung kam. 8*

Februar,

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

116

französischen Angriff erwarten. Wie die Deutschen diese Möglichkeit beurteilten, sei ganz unsicher. Grundsätzlich könnte sie verlockend erscheinen, aber die großen Opfer an Material, zu denen der Gegner sich verstehen müsie, wenn die Bewegung ungestört vor sich gehen solle, sprächen gegen solchen 24. Februar. Entschluß. Zwei Tage später, am 24. Februar, erhielt General Nivelle von

General Robertson Abschrift einer für das englische Kriegskabinett bestimmten Beurteilung der Lage, in der auch er die Wahrscheinlichkeit eines

deutschen Rückzuges bestritt. Es scheine gewiß, daß der Feind hartnäckig seine Stellungen halten werde. Der Besitz von Nordost-Frankreich und Belgien sei zur Zeit sein wertvollstes Pfand; er würde sicher große Opfer bringen, um es sich zu erhalten.

Als diese Gedanken niedergeschrieben wurden, setzten vor dem rechten Flügel der englischen 5. Armee des Generals Sir I. Gough die ersten örtlichen Rückzugsbewegungen der Deutschen') ein. Eine Operation größeren Ausmaßes wollte General Nivelle in ihnen aber noch nicht erkennen. Bei jener Armee, besonders an der Ancre, war im Einklang mit den Absichten der sranzösisch-englischen Führung die Kampftätigfeit niemals ganz abgerissen. Run hatten am 24. Februar Patrouillen bei Miraumont und Serre mehrere tausend Meter des vordersten deutschen 25. Februar. Grabens frei gefunden, und am 25. Februar abends konnten Warlencourt,

Pys, Miraumont und Serre besetzt werden. General Gough glaubte, daß der Feind auf eine neue Front in der Linie Le Transloy—Ligny-Thilloy—

Bucquoy zurückgehe, und ttaf Vorbereitungen zum Angriff auf einen vorspringenden Stellungsteil, das Waldstück westlich von Grovillers, für den 1. oder 2. März. Die Durchführung aber verzögerte sich infolge der deutschen

Straßenzerstörungen. Zahlreiche Brände und Explosionen vor der britischen Front ließen es dem Oberbefehlshaber der 3. Armee jetzt fast als gewiß erscheinen, daß die Deutschen etappenweise bis in die „Hindenburg-Linie" zurückgehen würden. Auch General Nivelle begann, mit der Möglichkeit deutschen Ausweichens zu rechnen, wollte aber auch in solchem Falle den Plan für den

Angriff unverändert lassen. Die Vorgänge an der englischen Front hatten den Oberbefehlshaber

^4. vis

7. März.

der französischen Heeresgruppe Nord, General Franchet d'Esperey, veranlaßt, seit Ende Februar in zahlreichen kleineren Unternehmungen auch vor seiner Front stehenden deutschen Armeen abzutasten. Am 4. März

mejketc er der Heeresleitung seine Überzeugung, daß der Gegner zwischen ') S. 136.

Die Vorbereitung der großen Offensive in Frankreich.

117

Laon und Arras ein Ausweichen in die etwa 20 Kilometer weiter rückwärts

gelegene „Hindenburg-Linie" vorbereite, daß aber über die Art und den Zeitpunkt dieser Bewegung noch nichts gesagt werden könne. General N i v e l l e lehnte diese Auffassung am 7. März zwar nicht völlig ab, be-

zweifelte aber die Wahrscheinlichkeit eines freiwilligen deutschen Rückzuges, warnte vor vorzeitigen Angriffen und entschied abermals, daß der Angriffsplan unverändert bleibe. Immerhin ließ er jetzt seine Operationsabteilung ftir alle Fälle die etwa doch nötig werdenden Änderungen prüfen und ordnete

dauernde Erkundungen sowie sofortiges selbständiges Folgen für jeden Verband an, der feindliches Zurückgehen erkenne.

Auch vor dem linken Flügel der Heeresgruppe Durchbruch hatten sich inzwischen die Anzeichen für ein Ausweichen der Deutschen dauernd gemehrt. Sie gipfelten am 10. März in zahlreichen Bränden in der Linie Vailly—Anizy. Bei der Heeresgruppe Nord befahl General Franchet d'Esperey am 11. März ein größeres gemeinschaftliches Unternehmen seiner l. und 3. Armee; es sollte den Gegner zwingen, Farbe zu bekennen, und gegebenenfalls seine Abmarschanordnungen über den Haufen werfen, aber zunächst nicht über die Fortnahme der deutschen I. Stellung

hinausgehen. Die Angriffsinfanterie sollte schwach gehalten werden, die Artillerievorbereitung am 17. März beginnen und 36 Stunden dauern. Am 12.März waren die Vorbereitungen der englischen 5. Armee zum Angriff auf den Wald westlich von Grevillers beendet, aber bereits

während der Artilleriebeschießung räumte der Feind die Stellung. Ein hier am folgenden Tage aufgefundener Befehl der 1. Garde-Referve-Division vom 5. März brachte Gewißheit über die deutschen Absichten. Es hieß darin: „Der Rückzug geht in zwei Sprüngen vor sich. —

Am Ersten Marschtage gehen die rückwärtigen Bataillone jedes Regiments nach Cambrai. Die Ri-Linie') bleibt bis zum Abend besetzt, die Anterstützungsbataillone stehen in der R--Linie. Nach Einbruch der Dunkelheit (9° abends) rückt die Besatzung hinter die R--Linie ab. Die R°-Linie bleibt

von Nachhuten (500 Mann, zwölf Maschinengewehre, sechs Feldkanonen je Diviston) gesichert, die Patrouillen bis in die Ri-Linie vorschicken. — Den

ganzen nächsten, Zweiten Marschtag und die darauffolgende Nacht halten diese Nachhuten den Feind auf und täuschen ihn. — Früh am Dritten

Marschtag werden diese Truppen durch die zur Besetzung der SiegfriedStellung bestimmte Division durchgezogen, die ihrerseits die R,3-Linie ') R,-Linie — Wald westlich von Grsvillers—Achiet-le Petit, Rz-Linie — 23a»

paume—Achiet-le Grand, Rz.Linie

Beugny—Jtres.

118

lz. März.

Die Angriffspläne der Entente bis Mitte März.

Das Verfahren des Rückzugs in drei Tagen war hiermit bekannt. Cs

handelte sich nur noch um die Feststellung des Ersten Marschtages, an dessen Mend die R.-Linie geräumt werden sollte. Letzteres war bereits am

12.März abends geschehen. Der Rückzug schien demnach schon im Gange, als der Befehl am 13. März gefunden wurde'). Aber auch auf dem nördlichen Oife-Ufer sowie beiderseits der Avre wurden in den Nächten zum 13. und 14. März die vordersten deutschen Gräben leer gefunden. Hingegen war südlich der Oise die Aufmerksamkeit des Feindes noch rege. Statt des geplanten Angriffs nahm General Franchet d'Efperey nunmehr Verfolgung in Aussicht. Als dann in der Nacht zum tz.März. 15. März auch bei Lassigny (westlich von Noyon) die vordere deutsche Stellung geräumt gefunden wurde, wies er seine beiden Armeen an, die Ver-

folgung so schnell wie möglich aufzunehmen. Nunmehr war auch General N i v e l l e davon überzeugt, daß der

Gegner die Schlacht in seiner jetzigen Stellung nicht annehmen werde. Am 1«. März.

16. März schloß er eine auf die veränderte Lage zugeschnittene Verfügung

mit den Worten: „Der Gegner weicht zurück, der Bewegungskrieg hat be»

gönnen." *) Tatsächlich wurde der Rückzug erst am 16. März abends angetreten (S. 138).

III. Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung. A.Der Bau der Stellung. Beilagen 3 und 4.

Operative rückwärtige Stellungen hatten an der Westfront bis zum Herbst 1916 gefehlt. Die Schwierigkeiten der Gesamtlage, dabei vor allem der Lage im Westen und hier wieder der im Kampfgebiet an der Somme, hatten die Dritte Ober sie Heeresleitung bereits unmittelbar nach Übernahme ihres Amtes veranlaßt, am 5. September 1916 auf die Anlage solcher Stellungen zu dringen'). Damit war aber keineswegs die

Absicht verbunden, auch in die neu geschaffenen Stellungen zurückzugehen. Sie sollten nur Sicherheit für alle Fälle geben^). Am 9. September erhielt die Heeresgruppe Kronprinz eept^'et Rupprechtden Befehl, „eine Stellung in ungefährer Linie östlich Arras — westlich Cambrai — westlich St. Quentin — westlich Laon erkunden zu

lasten". Die Stellung sollte die Möglichkeit geben, sich dem übermächtigen feindlichen Druck an der Somme-Front nötigenfalls zu entziehen. Am

15. September folgte die Weisung, die ersten Vorbereitungen für den Vau zu treffen, die sich auf die Heranführung der notwendigen Handwerkszeuge und der Baustoffe, die Vereitstellung von Fahrzeugen und Pferden, die Unterbringung und Verpflegung der demnächst zuzuweisenden Arbeitskräfte und anderes mehr erstrecken sollten. In der Absicht, auch für den nördlichen Teil ihrer Front, hinter der 6. Armee, eine rückwärtige Stellung zu gewinnen, schlug die Heeresgruppe den Ausbau einer Linie Lille—Douai—Cambrai— St. Quentin—St. Simon am Crozat-Kanal und weiter, wie von der Ober-

sten Heeresleitung in Aussicht genommen, vor. Diese Stellung sollte die Möglichkeit schaffen, dem Feinde auch die Ausnutzung seines vorbereiteten Angriffsgeländes zwischen La Bassse und Arras zu verwehren und für die

wegen des hohen Grundwafferstandes sehr ungünstigen eigenen Stellungen nördlich von La Vassse bessere Stellungen einzutauschen, die mit den Kanälen als Fronthindernis durch die Natur geschützt waren. Die Einbeziehung der genannten Städte in die Verteidigungslinie sollte den Feind zwingen, den Angriff nur gegen die Zwischenabschnitte zu führen, wenn er die Städte ') Bd. XI, S. 9. !) S. 61. Weisung vom 26. November 1916.

120

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

nicht zerstören wollte. Die Oberste Heeresleitung hielt es jedoch für notwendig, sich mit Rücksicht auf den Bedarf an Arbeitskräften und Baustoffen aus den Ausbau der Stellung Arras—Laon zu beschränken. Als Ergebnis der ersten Erkundungen schlug die Heeresgruppe am 18. September eine Linie vor, die zwischen Arras und La Fere im allge¬ meinen fünf bis zehn Kilometer westlich der später gewählten verlief, weiter südlich auch den Westteil des bewaldeten Höhengeländes um St. Gobain mit einschloß, bei Couey-le Chateau hinter dem Oise/Aisne-Kanal nach Osten abbog und bei Cerny in die bisherige Stellung mündete. Nach der Meldung der Heeresgruppe war die Stellung im ganzen, besonders aber in

ihrer nördlichen Hälfte, durch das Gelände wenig begünstigt, bot eine Front¬ verkürzung von rund 45 Kilometer (141 Kilometer gegen 186) und ließ eine

Kräfteersparnis von wenigstens acht bis zehn Divisionen zu. Die Oberste Heeresleitung erklärte sich mit den Vorschlägen einverstanden und gab grund¬ sätzliche Anweisungen für den Bau. Die Infanteriestellung sollte aus zwei durch Hindernisse geschützten, möglichst auf dem Hinterhang liegenden Linien mit einem Mindestabstande von 200 Meter bestehen. Die zweite Linie war

als Hauptkampflinie auszubauen; besonderer Wert sollte auf die Möglich¬ keit gelegt werden, das Vor- und Hintergelände der Stellung und das Gelände zwischen den beiden Linien zu flankieren. Als erstes sollten an den

wichtigsten Punkten Hindernisse im Zuge beider Linien, Postenunterschlupfe, Unterstände, Befehls- und Artilleriebeobachtungsstellen geschaffen und für die übrigen Anlagen die Baustoffe bereitgelegt werden. Demnächst war an den Vau der Zwischenfronten, der Unterstände für die Batteriebefatzungen und

anderes heranzugehen, die Schützengräben selbst sollten erst in letzter Linie ausgehoben werden. Gegen Ende September meldete die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht die endgültig gewählte Linienführung der „SiegfriedS t e l l u n g". Sie schnitt den zwischen Arras und Soissons vorspringenden

Frontbogen mit dem äußersten Südflügel der 6. Armee, der ganzen Front der 1. und 2.Armee und mit etwa der Hälfte des Raumes der 7.Armee ab.

Weiter zurückliegend als die anfangs ins Auge gefaßte Stellung gewährleistete sie im Hinblick auf die zur Zeit noch andauernde Somme-Schlacht in höherem Maße einen ungestörten Ausbau und nützte namentlich in der süd¬ lichen Hälfte die Geländevorteile besser aus. Die nunmehr als vorspringende

Bastei in die Verteidigungslinie selbst einbezogene Stadt St. Quentin mußte dem Feinde den Angriff erschweren, dem Verteidiger ein wertvoller StützPunkt werden. Der teilweise Ausfall der leistungsfähigen zweigleisigen Strecke Douai—Cambrai—St. Quentin—Tergnier und ihrer großen Bahnhöfe mit

Die Festlegung der Stellung.

121

ausgedehnten Betriebsanlagen und zahlreichen Ein- und Auslademöglichleiten war ein Nachteil. Von La Före aus sollte die Linie nicht mehr nach

Südwesten über Eoucy-le Ehöteau, sondern in südlicher Richtung weiter verlaufen. Das Bedürfnis, den Bahnhof Laon auch fernerhin ausnutzen zu können, führte dazu, südlich des Oise/Aisne-Kanals die beherrschenden Höhen bei Laffaux und die nördlich von Vailly, den Ehemin des Dames, einzubeziehen. Hier konnte eine von Laffaux nach Osten laufende, bereits vorhandene Stellung verwendet werden, die — wie die bisher geplante — bei Eerny in

die jetzige Kampfstellung einmündete. Diese Linienführung ergab bei Laffaux eine gegen Soiffons vorspringende Spitze in der sonst möglichst geradlinig gehaltenen Stellung. Die kürzeste Linienführung St. Quentin—Laon— Reims scheint aus Rücksicht auf das taktisch wichtige Höhengelände westlich und südlich von Laon nie erwogen worden zu sein. Vielmehr dachte man zeit-

weise daran, den Feind, soweit er östlich von Vailly noch auf dem Nordufer der Aisne stand, von dort zu vertreiben (Unternehmung „Blücher")'). Am !. Oktober erklärte die Ober st e Heeresleitung ihr Einverständnis oitobe» igi«.

mit der neu gewählten Linienführung, machte aber auf die Folgen aufmerksam, die sich für die rückwärtigen Verbindungen daraus ergeben müßten, daß

der Bahnhof Cambrai im Bereich des feindlichen schweren Flachfeuers liegen und der von St. Quentin ganz ausfallen werde.

Inzwischen war auch die Frage erwogen worden, welche vorbereitenden Maßnahmen für eine Zurücknahme der Front in die

Siegfricd-Stellung zu treffen seien. Die Erfahrungen, die GeneralfeldMarschall von Hindenburg und General Ludendorff im Osten im Herbst 1914 beim deutschen Rückzüge aus Polen und im Sommer 1915 bei den Verfolgungskämpfen durch das von den Ruffen verwüstete Land gemacht hatten,

hatten klar gezeigt, welche Schwierigkeiten durch gründliche Zerstörungen dem Gegner bereitet werden konnten. Wenn das Zurückgehen in die Sieg-

fried-Stellung einmal wirklich ausgeführt werden sollte, dann mußte schon vorher alles geschehen sein, um dem Gegner jede Möglichkeit raschen Nachdrängens und baldigen Angriffs zu nehmen, ihm Bewegung, Nachschub, Unterkunft, Deckung und Beobachtung aufs äußerste zu erschweren. Zu dem Entschluß, sich der dazu nötigen umfassenden Zerstörungen als Kampfmittel zu bedienen, rangen sich die verantwortlichen Führer trotzdem nur unter Zurückstellung schwerster Bedenken durch. Andererseits wurde er ihnen da-

durch auch wieder erleichtert, daß große Teile des zu räumenden Gebietes durch das Feuer des Feindes und durch seine Luftangriffe bereits verwüstet waren. Man setzte also nur das Zerstörungswerk fort, das Engländer und -) Bd. XI, S. 506 und 508.

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

122

Oktober ISIS. Franzosen auf französischem Voden bereits begonnen hatten. So wies die Oberste Heeresleitung die Heeresgruppe bereits am 1. Oktober auf die Not-

wendigkeit hin, alle Bahnen, Straßen, Brücken, Unterkünfte und dergleichen westlich der neuen Stellung im Falle des Zurückgehens auf das gründlichste zu zerstören, und verlangte eingehende Vorbereitungen hierfür. Nähere Weisungen folgten am nächsten Tage. Die militärischen Anlagen hinter der jetzigen Front sollten möglichst unauffällig und allmählich in das Gebiet hinter der rückwärtigen Stellung verlegt, die Vorräte des Landes und alles, was sonst dem Heere von Nutzen sein konnte, zurückgeführt werden. Der Gegner müsse „ein völlig ausgesogenes Land vorfinden, in dem seine Bewegungsmöglichkeit auf das äußerste erschwert ist". Bei der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht wurde daraufhin erwogen, welche Zerstörungen aus militärischen Gründen unbedingt geboten seien und wieweit man sie aus Menschlichkeit einschränken könne, ohne die Erreichung des Zwecks der ganzen Unternehmung in Frage zu stellen. Mit dem Zurückschaffen des Kriegsgerätes sollte schon jetzt begönnen werden. Für die Zerstörungen waren alle Vorbereitungen zu treffen, die Ausführung mußte aber schon aus Rücksicht auf die Geheimhaltung in die letzte Zeit vor dem Zurückgehen und in die Rückmarschtage selbst verlegt werden. Unbrauchbarmachen von Brunnen durch Gift wurde ausdrücklich verboten.

Bald war zu übersehen, daß die Erfüllung der Forderung der Obersten Heeresleitung, in dem zu räumenden Gebiet alle Straßen gründlich zu zer-

stören, auf Schwierigkeiten stoßen mußte. Bei dem sehr engmaschigen Wegenetz in einem meist offenen und nur leicht gewellten Gelände mit fast überall

festem Untergrund waren von Slraßenunterbrechungen große Crgebnisie nicht zu erwarten. Man konnte solche nur an Straßenkreuzen, Dämmen und Hohl-

wegen, im übrigen durch Sprengung der wenigen Kunstbauten in Aussicht nehmen. Bei weiteren Erwägungen entschloß man sich auch, von einer

völligen Zerstörung aller Ortschaften abzusehen. Es sollten lediglich die Orte im Räume 10 bis 15 Kilometer vor der neuen Stellung gründlich zerstört, Städte wie Noyon und Ham geschont, die Einwohner aus dem zu räumenden Gebiet rechtzeitig abgeschoben werden. Im übrigen war dem

Feinde, soweit irgend durchführbar, jede Unterkunftsmöglichkeit zu nehmen. Die Frage der Behandlung von St. Ouentin und seiner Bewohner bedurfte

besonderer Klärung. Mitte Oktober waren die Vorbereitungsarbeiten für den Vau der

Siegfried-Stellung wie die Organisation des gesamten Ausbaus,

Festlegung der Linien, Einzelerkundungen, umfangreiche Unterkunftsbauten

Der Beginn des Baues.

123

für die Arbeitskräfte, Parkeinrichtungen usw. größtenteils beendet, die Crkundung der Artilleriestellungen und der Antransport von Baustoffen im Gange. Unternehmer, die Zivilarbeiter warben, waren verpflichtet. Der Stellungsbau selbst hatte mit dem Vau der Hindernisse und der Unterstände sowie dem Ausheben der Baugruben begonnen. Den Gesamtausbau leitete die Heeresgruppe, den Bau innerhalb jeder Armee deren Oberkommando. Gruppen- (General-) Kommandos und Divisionsstäbe wurden nur für die Anschlüsse an die alte Stellung bei Arras und südlich von Laon mit heran-

gezogen. Die Armeen hatten die Stellung innerhalb ihrer Bereiche in Ab¬

schnitte eingeteilt; in ihnen leiteten besondere Vaustäbe, bestehend aus Pionier- und Artillerieoffizieren sowie aus Truppenoffizieren der Infanterie und der Nachrichtentruppe, den Vau. Die Heranführung der Baustoffe aus der Heimat und aus Belgien bereitete zunächst Schwierigkeiten, besonders deshalb, weil die Transporte zu einer Zeit erfolgen mußten, in der die

Bahnen schon durch den vermehrten Nachschub für die noch in der SommeSchlacht stehende 1. und 2. Armee und die durch die Kämpfe bedingten um-

fangreichen Truppenverschiebungen stark in Anspruch genommen waren. Neben den Eisenbahnen konnten Wasserwege in weitgehendem Umfang ausgenutzt werden. Die der Heeresgruppe für den Ausbau der rund 150 Kilometer langen Front zur Verfügung stehenden Arbeitskräfte an Pionier-, Armiemngs-, Park- und Landsturmformationen sowie an Kriegsgefangenen — also ohne Zivilarbeiter — beliefen sich auf 40 000 bis 45 000 Mann.

Die Werbung von Zivilarbeitern durch die Unternehmer im General-

gouvernement Belgien stieß auf Hindernisse. Ende Oktober hatte die Heeresgruppe über die Durchführung der in Angriff genommenen und der für die Zukunft geplanten Arbeiten bereits größere Klarheit gewonnen. Sie glaubte, die schon jetzt vorzunehmenden

vorläufigen Näumungsarbeiten mit den verfügbaren Transportmitteln im allgemeinen bis zum Jahresschluß beenden zu können. Bis zum gleichen Zeitpunkt waren auch die Vorbereitungen für die notwendigen Zerstörungen und für die vor allem an dem Kanal nördlich von St. Quentin und an der

Oise nördlich und südwestlich von La Fere geplanten Überflutungen auszuführen. Für die Rückverlegung von Heereseinrichtungen und für die letzten Räumungsarbeiten, die erst beginnen konnten, wenn der Entschluß zum

Ausweichen in die neue Stellung gefaßt war, erschienen weitere fünf Wochen erforderlich. Dieser Zeitraum, „A l b e r i ch - Z e i t" genannt, war auch

für die dann erst auszuführenden Sprengungen ausreichend. Danach konnte der Rückmarsch frühe st ens Anfang Februar beginnen, der Cntschluß zu ihm mußte fünf Wochen vorher gefaßt sein. Aus taktischen Gründen sollte die Rückverlegung der Front bei allen beteiligten Armeen gleichzeitig

124

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

durchgeführt werden. Sie kam aber, wie die Heeresgruppe erneut') betonte, zur Zeit nicht in Frage. Die Oberste Heeresleitung war mit den getroffenen und geplanten Maßnahmen, im besonderen auch mit der beabsichtigten Zeiteinteilung einverstanden. Der Vesehl zum Rückmarsch sollte fünf Wochen vor seinem Beginn bekanntgegeben werden. Dezember W16.

3m November und Dezember 1916 besserte sich die Heranführung der

Baustoffe, erreichte aber wegen der beschränkten Leistungsfähigkeit der Verkehrsmittel doch nicht die erhoffte Höhe. Auch die Zuleitung von Baukräften erfuhr eine erwünschte Steigerung, sie betrugen Ende November einschließlich des Bewachungspersonals der Kriegsgefangenen 70 000 Mann. Mitte Dezember war aber zu übersehen, daß bis Anfang Februar, dem als frühestem Rückzugstermin in Aussicht genommenen Zeitpunkt, mit den bis¬ herigen Kräften und Mitteln weder die Unterstandsanlagen für die beabsichtigte Besatzungsstärke fertiggestellt noch auch der Ausbau der 2.Linie und der Batteriestellungen vollendet sein würden. Die Heeresgruppe hoffte jedoch, von Beginn der Alberich-Zeit ab starke Baukräfte und Transportmittel freimachen und die Materialzufuhr') steigern zu können, um den Ausbau der Siegfried-Stellung alsdann mit erhöhter Beschleunigung zu Ende zu führen.

Die schwierigste Räumungsmaßnahme bildete der Abschub der Einwohner. ÜberihreDurchführungwarderGedankenaustauschd Heeresgruppe mit der Obersten Heeresleitung einerseits und den ArmeeOberkommandos andererseits besonders rege. Aus dem zu räumenden Gebiet

bis fünf Kilometer rückwärts der Siegfried-Stellung sollte die arbeitsfähige Bevölkerung in das Gebiet der Etappe und des Generalgouvernements Belgien abgeschoben, die nicht arbeitsfähige Bevölkerung dem Feinde in bestimmten, von der Zerstörung auszunehmenden Orten wie Ham und Noyon überlassen werden. In diese Maßnahme sollten trotz der Bedenken, die von den Armee-Oberkommandos und der Heeresgruppe wegen Geheimhaltung der Stellungsbauten geäußert wurden, auch die Einwohner aus dem engeren Gebiet beiderseits der Siegfried-Stellung einbegriffen werden. Ihre Kenntnisse konnten nach Ansicht der Obersten Heeresleitung bei dem Stande der

feindlichen Luftaufklärung keine solche Bedeutung haben, daß die mit dem Abschub zum Feinde verbundenen wirtschaftlichen Vorteile hätten zurück') Bd. XI, S. 12. 2) In der Zeit von Mitte Oktober 1916 bis Mitte März 1917 wurden Bau-

stoffe und Vaugeräte in 50 000 Eisenbahnwagen (gleich 1250 Eisenbahnzüge zu 40 Wagen) und 450 Kähnen herangeführt.

Der Abschub der Einwohner.

125

treten müssen. Besondere Schwierigkeiten bereitete die Frage, was aus der Einwohnerschaft von St. Quentin werden solle. Die 2. Armee machte gegen das von der Obersten Heeresleitung geplante Belassen der 40 000 Köpfe in der Stadt ernste Bedenken geltend. Alle Matznahmen der Kampfführung in der dicht um St. Quentin herumlaufenden vorgeschobenen Verteidigungslinie mußten durch die enge räumliche Vereinigung von 40 000 Richtkämpfern unmittelbar hinter der Stellung eine außerordentliche Behinderung erfahren. Dazu mußte die Verpflegung einer solchen Menschenmenge zu einer Zeit, in der sämtliche Zugänge der Stadt im Feuerbereiche des Feindes lagen, zu großen Schwierigkeiten führen, ebenso auch ihre Unterbringung, wenn die

schußsicheren Räume für die kämpfende Truppe benötigt wurden. Diesen Bedenken, denen die Heeresgruppe zustimmte, konnte sich auch die Oberste

Heeresleitung nicht verschließen. Der Abschub der gesamten Einwohnerschaft aus dem zu räumenden Gebiete bedurfte umfangreicher Vorarbeiten. Alle Abzuschiebenden — es waren dies weit über 100 000 Köpfe — mußten in namentliche Listen ein-

getragen werden, getrennt in Arbeitsfähige und Nichtarbeitsfähige. Cntsprechend diesen Feststellungen wurde der Abtransport vorbereitet. Es mußte für die Unterbringung im rückwärtigen Räume und in den zu schonenden Orten des zu räumenden Gebietes sowie auch für die Verpflegung der großen Menschenmenge daselbst vorgesorgt werden. Wille der Führung war es, die

an sich harte Maßnahme möglichst zu mildern. „Was geschehen kann, den Ärmsten ihr Los erträglicher zu gestalten, wird geschehen ..schrieb Kron¬ prinz Rupprecht in seinem Tagebuch'). Ein Zerreißen der Familienverbände sollte bei der Scheidung in Arbeitsfähige und Nichtarbeitsfähige nach Möglichkeit vermieden werden, die Einwohner einer Ortschaft nach demselben Zielpunkt kommen. Landbevölkerung sollte in ländliche Gebiete, Stadtbevölkerung nach Städten abgeschoben, Wagenkolonnen zum Abtransport an die Bahn zur Verfügung gestellt werden. Für Verpflegung während der Fahrt und für ärztliche Hilfe wurde gesorgt. Daß die Einwohner nur einen geringen Teil ihrer Habe mitnehmen konnten, war durch die Lage erzwungen. Die ganze Transportbewegung war dadurch wesentlich erschwert, daß der Abschub aus Rücksicht auf die Geheimhaltung möglichst spät und daher zeit-

lich möglichst zusammengedrängt erfolgen mußte. Im November wurde sich die Heeresgruppe auch über die taktische Durchführung des Rückmarsches klar und gab den Armeen ent¬ sprechende Weisungen. Trotz aller Vorsicht — so glaubte man — würden

') Kronprinz Rupprecht von Bayern: „Mein Tagebuch", Bd. II, S. 98.

126

Dezembe^'N«

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

Ausweichabsichten dem Feinde nicht verborgen bleiben'), doch war zu ' hoffen, daß es gelingen werde, ihn über den Zeitpunkt des Zurückgehens im unklaren zu lassen. Dies war aber nur dann zu erreichen, wenn die Herr-

schast im Luftraum über dem Rückzugsgebiet behauptet werden konnte. Angesichts der starken zahlenmäßigen Überlegenheit der feindlichen Luft¬ streitkräfte — für Anfang Dezember wurden 950 bis 1425 feindliche Flug¬ zeuge gegen 552 deutsche errechnet — hielt das Heeresgruppenkommando vor allem eine möglichst weitgehende Verstärkung an Kampfflugzeugen für

erforderlich, doch konnte die Oberste Heeresleitung mit Rücksicht auf die Gesamtlage diesem Wunsche nicht nachkommen. Waren aber dem Gegner die Ausweichabsichten nicht zu verbergen, dann mußte es besonders wichtig sein, so zeitig wie möglich von Gegenmaßnahmen des Feindes Kenntnis zu erhalten. Vor, während und nach der Rückzugsbewegung sollte die durch Kampf zu erzwingende Fliegererkundung das Gelände hinter der feindlichen Front auf Verschiebung von Truppen, auf Verlegung der Mumtions- und Geräteniederlagen sowie auf neue Bahn- und Straßenanlagen dauernd über¬

wachen. Nach Beziehen der Siegsried-Stellung mußte frühzeitig festgestellt werden, ob sich der Feind gegen diese zum Angriff entschloß oder die vor der Front der 1. und 2. Armee angestauten Kräfte zur Verwendung an anderer

Stelle abfließen ließ. Auch die eigene Truppe mußte aus Rücksicht auf die Geheimhaltung der Operation so lange wie möglich in Unkenntnis über den Zeitpunkt des

Zurückgehens bleiben. Sie mußte sich bis zuletzt so verhalten, als ob kein Rückmarsch stattfinden sollte. Besonders mußte vermieden werden, daß Ge¬ fangene dem Feinde in die Hände fielen. Weithin hörbare Sprengungen, Abbrennen von Gebäuden und ähnliche Maßnahmen durften besonders in der Nähe der Front erst nach Beginn des Zurückgehens erfolgen. Das Loslösen vom Feinde hatte auf der ganzen Front von Arras bis Soiffons in der gleichen Nacht zu beginnen, und es mußte erstrebt werden, noch in dieser ersten Nacht einen so großen Abstand vom Gegner zu gewinnen, daß die Masse der Kräfte dem wirksamen Vereich der feindlichen Artillerie entzogen war. Je nach der Entfernung der Siegfried-Stellung von der bisher gehaltenen Linie wurden ein bis zwei Nachhutstellungen in Aussicht ge¬ nommen. Außer ihnen konnten bei 2. und 7. Armee zwischen St. Quentin

und Couey-le Chateau unter Umständen länger zu haltende Vorstellungen in Betracht kommen, um die gründliche Zerstörung des Angriffsfeldes unmittelbar vor der Siegfried-Stellung und das Wirksamwerden der geplanten i) Ende Oktober/Anfang November stellten englische Flieger die Anfänge der neuen deutschen „Hindenburg-Liuie" fest (vgl. S. 114).

Erwägungen über Durchführung des Zurückgehens.

127

Überflutungen zu sichern. Die Nachhuten der Divisionen sollten etwa ein Drittel der Gefechtsstärke betragen, einzelne weittragende Batterien und Geschütze sowie Kommandos für die letzten Zerstörungen beim Zurückgehen ihnen beigegeben werden. Ernstere Rückzugskämpfe waren zu vermeiden. Es kam nach Ansicht der Heeresgruppe mehr darauf an, die Siegfried-Stellung

unversehrt zu erreichen, als darauf, während des Rückzuges dem Feinde durch Kämpfe noch Aufenthalt zu bereiten. Diesen sollte er durch die Zerstörung des Gebietes finden. Besonders gefährdet erschienen während und nach der Rückzugsbewegung die an die Siegfried-Stellung beiderseits anschließenden Frontteile. Dorthin waren daher rechtzeitig Verstärkungen zu führen, Nordund Südflügel der Siegfried-Stellung waren schon in den letzten AlberichTagen mit Infanterie und Artillerie zu besetzen. Auch wurde gegen Ende Dezember — wenngleich die Förderung des Baues der Siegfried-Stellung die dringlichste Aufgabe blieb — der nördlich an sie anschließende Teil der

hinter der 6. und 1. Armee geplanten „W otan-Stellun g"1) in Angriff genommen. Es handelte sich bei dieser um eine Anlage im Sinne der von der

Heeresgruppe bereits im September vorgeschlagenen Stellung^), nur wesent-

lich näher der bisherigen Front. Man hoffte, im Februar so weit zu sein, daß alsdann der Vau der Wotan-Stellung in ihrer ganzen Ausdehnung von Lille bis nördlich von Psronne in den Vordergrund treten konnte. Ob und in welche Stellung einmal zurückgegangen werden sollte, war noch nicht ent-

schieden. Die Auffasiung der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht, wie sie in einem Januar

„Vorschlag für die Operationen auf dem westlichen Kriegsschauplatz im Frühjahr 1917" der Obersten Heeresleitung Mitte Januar vorgelegt wurdet, erfuhr bis zum Ende dieses Monats eine wesentliche Änderung. Während die Heeresgruppe bei den Erwägungen zu diesem Vorschlag von der Voraussetzung ausging, daß „wir uns im wesentlichen in den gegenwärtigen bis zum Frühjahr instand zu setzenden Stellungen behaupten wollen

und daß nicht in die »Siegfried—Wotan-Stellungen« zurückgegangen werden soll", machten gegen Ende Januar die Folgen der ungewöhnlich ungünstigen Witterung eine erneute Prüfung der Lage und damit auch eine Prüfung der Frage der Ausnutzung der großen rück-

wärtigen Stellungen im Frühjahr 1917 erforderlich"). Die Siegfried-Stellung war, wenn auch ihr Ausbau in den letzten Wochen ') 6. 62. -) S. 119.

3) Bd. XI. 6.503 ff. 4) Vd. XI, 6.510 ff.

128

Januar,

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

wesentlich raschere Fortschritte gemacht hatte als früher, im Sinne der An¬ weisungen der Obersten Heeresleitung vom September 1916') noch keines¬ wegs fertig; scharfer Frost hemmte alle Arbeiten. Die 1. Linie mit teilweise sehr starken Hindernissen und einer Anzahl betonierter Unterstände konnte als verteidigungsfähig angesehen werden, die 2. Linie und die Artillerie-Veobachtungsstellen waren teilweise ausgebaut, die Vatteriestellungen festgelegt, einzelne im Bau; eine Artillerie-Schutzstellung und eine rückwärtige Stel¬ lung waren erkundet. Die nächste Zeit ließ, sobald milderes Wetter eintrat, weitere gute Fortschritte erwarten, und schließlich konnte man — wenn der

Rückzug beschlossen wurde — für die vier bis fünf Wochen, die zwischen

diesem Entschluß und seiner Ausführung liegen mußten, starke, auch der Truppe entnommene Kräfte neu zum Vau einsetzen^). Die Siegsried-Stellung

konnte daher nach Ansicht der Heeresgruppe in den ersten Märztagen bezogen, der Entschluß dazu mußte am I.Februar gefaßt werden. Durch die Ver¬ kürzung der Front und schwächere Besetzung der neuen Linie waren nach neu

aufgestellten Berechnungen 13 Divisionen sowie starke schwere Artillerie und Feldartillerie zu ersparen, später vielleicht noch ein bis zwei weitere Divi¬ sionen für die Ausbildung freizumachen. Bei einem Zurückgehen in die Siegsried-Stellung überwogen in operativer und taktischer Beziehung die Vorteile, in moralischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht bestanden aber schwerwiegende Bedenken. Daneben wurden noch andere Möglichkeiten erwogen. Ein Beziehen der Wotan-Stellung Lille—Peronne, deren Bau erst vor einigen Wochen begonnen hatte, kam für den Anfang des Frühjahrs noch nicht in Betracht. Dagegen stand zur Frage, nur den besonders ungünstigen vorspringenden Vogen südlich von Arras abzuschneiden, indem man die Siegfried—WotanStellung Arras—Qusant—Sailly-Saillisel bezog. Diese war in ihrer

Nordhälfte (Siegfried) gleich den anderen Teilen der Siegsried-Stellung im Vau, in ihrer südlichen Hälfte (Wotan) in fünf bis sechs Wochen in feldmäßiger Weise fertigzustellen. Der Rückzug in diese Linie konnte frühestens am 10. März erfolgen. Die Frontverkürzung betrug ungefähr 13 Kilometer, die Kräfteersparnis vier bis sechs Divisionen'). Vor- und Nachteile waren beim Rückzug in die Siegfried—WotanStellung, die nur einen kleinen Vogen abschnitt, geringer, beim Rückzug in die Siegsried-Stellung größer. Dieser Rückzug erschien der Heeresgruppe 0 S. 120. -) S. 124. 3) In Vd. XI, S. 513, Zeile 5 und 6 von oben, sind irrtümlicherweise als Er¬

sparnis für die Siegfried—Wotan-Stellung elf Divisionen angegeben.

Der Entschluß zum Zurückgehen.

129

daher als „ein schwerer, aber ganzer Entschluß". In diesem Sinne meldete sie der Obersten Heeresleitung. Diese allein konnte übersehen, welcher Ent¬ schluß gefaßt werden tmtfjte1). Die Entscheidung ist ihr nicht leicht geworden: „Der Entschluß, die Front zurückzunehmen" — so urteilte General Ludendorff nach dem Krieges — „war ungemein schwer. Es lag darin ein Eingeständnis unserer Schwäche, das beim Feinde erhebend, bei uns niederdrückend wirken mußte." Am 4. Februar fiel die Entscheidung3). Der Kaiser befahl das 4.Februar.

Zurückgehen in die Siegfried-Stellung. Die Heeresgmppe bestimmte den 9. Februar als „Ersten Alberich-Tag" und nahm für das Zurückgehen den 15. März als „Ersten Marschtag" in Aussicht. Der Weiterbau der Wotan-Stellung bei der 6. und 1. Armee wurde zurückgestellt,

die dadurch frei werdenden Arbeitskräfte sollten zum beschleunigten Ausbau der Siegfried-Stellung herangezogen werden. Zu gleicher Verwendung stellte die Oberste Heeresleitung wesentliche Teile ihrer im Bereiche der Heeresgruppe befindlichen Reserven zur Verfügung. Als nunmehr feststand, daß die Siegfried-Stellung demnächst tatsächlich bezogen werden sollte, brachte die 1. Armee, die noch am 3. Februar bei einer Besprechung in Eambrai für Stehenbleiben in den bisherigen Stellungen eingetreten war, Bedenken gegen die Linienführung von größeren Teilen der Siegfried-Front innerhalb ihres Armeebereichs zur Sprache. Am

5.Februar legte sie in gleichzeitigen Schreiben des Oberbefehlshabers und des Generalstabschefs dar, daß „die vorderste Infanteriekampflinie an vielen Stellen über die jetzt bestehende Linie erheblich herauszuschieben" sei, um ihr genügenden Abstand von den wichtigsten Artillerie-Beobachtungsstellen zu geben. Sie beantragte hierzu ein Mehr von 33 000 Mann an Arbeits-

kräften. Die Heeresgmppe, die der Obersten Heeresleitung soeben, am 2. Februars, gemeldet hatte, daß die Stellung Mitte März bezogen werden könne, auch wenn der die Arbeiten seit etwa zehn Tagen aufhaltende Frost weiter andauere oder der Feind inzwischen angreife, war durch diese Anträge sehr überrascht. Sie mußte nach Prüfung die Notwendigkeit der vor-

geschlagenen Verbesserungen für manche Stellen anerkennen, die geforderten Arbeitskräfte könne sie aber nicht geben. Die Zeit drängte. Kronprinz Rupprecht verlangte daher Beschränkung der Änderungen auf ein Mindestmaß und die Versicherung des Armee-Oberbefehlshabers, daß die Stellung bis zum 1) 2) 3) 4)

23b. XI, 0.510 ff. „Kriegserinnerungen", S. 322. Bd. XI, 0.514 ff. Bd. XI, S. 513.

Weltkrieg. XII. Band,

9

130

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

15. März so weit fertiggestellt sein würde, daß sie bezogen werden könne. General der Infanterie Fritz von Below sicherte am 8. Februar die Erfüllung

dieser Forderungen zu.

B. Die Alberich-Zeit. 9. Februar bis 15. März. Beilagen 3 und 4.

Im Heeresgruppenbesehl vom 4.Februar ordnete Kronprinz Rupprecht an: „Seine Majestät der Kaifer hat das Zurücknehmen der Front in die Siegfried-Stellung von Arras bis Laon befohlen. Starke Kräfte werden damit freigemacht. Sie sichern den Erfolg auf anderen Fronten. Die Aufgäbe der nächsten Wochen ist die Durchführung der planmäßig niedergelegten Alberich-Vorbereitungen. " Alle Kräfte und Mittel wurden nunmehr zusammengefaßt, um inner¬

halb der am 9. Februar beginnenden „Alberich-Zeit", also innerhalb der

fünf Wochen, die bis zum Beginn des Rückmarsches noch verfügbar waren, den Ausbau der Siegfried-Stellung mit möglichster Be¬ schleunigung zu fördern. Die bisher beim Vau der Wotan-Stellung ver¬ wandten Arbeitskräfte wurden auf die vier Armeen verteil?), die von der Obersten Heeresleitung für den Vau zur Verfügung gestellten Reserven in Stärke von insgesamt vier Divisionen herangezogen. Auch alle sonst ver-

fügbaren Kräfte: Stellungs- und Ruhedivisionen, Rekrutendepots, Sanitätsund Wirtschaftskompanien, Kommandos aus Kolonnen- und Etappenformationen, Kriegsgefangene'), Landeseinwohner usw. wurden zum Ausbau der Siegfried-Stellung und der Nachhutstellungen sowie zum Instandsetzen

und Bezeichnen der Rückmarschstratzen organisiert und eingesetzt. Das Ziel des Ausbaus blieb: Fertigstellung zweier verteidigungsfähiger Linien mit starken Hindernissen und zahlreichen Unterständen, mit den wichtigsten Nachrichtenverbindungen und mindestens je einem Ver-

bindungsgraben für jedes Regiment, Fertigstellung der Batteriestellungen und Beobachtungsstellen für die planmäßig vorgesehene Armierung und Bau einer Artillerie-Schutzstellung, die aus einem Schützengraben mit Hinder¬ nissen und einigen Unterständen bestehen sollte. Der seit dem 22.Januar anhaltende Frost beeinträchtigte alle Betonierungs-, Crd- und Hindernisarbeiten sehr. Auch entstanden durch die not-) S. 129. -) S. 63.

Alberich-Zeit: Stellungsausbau.

131

wendigen Ablösungen und Verschiebungen der von der Obersten Heeresleitung zur Arbeit zur Verfügung gestellten Reserven Verzögerungen. Cs ließ sich infolgedessen bald übersehen, daß das erstrebte Ziel bis zum Ersten Marschtage Mitte März nicht ganz erreicht werden konnte. Die Heeresgruppe war jedoch der Ansicht, daß es auch nach Beziehen der Siegfried-

Stellung noch möglich sein werde, bestehende Mängel ohne wesentliche Störung durch den Gegner auszugleichen, denn sie rechnete für die zweite Märzhälfte nur mit Angriffen des Feindes gegen die Flügel der Stellung und gegen die nördlich und südlich anschließenden Fronten. Dort sollte alsdann die Masse der Arbeitskräfte eingesetzt werden. Auf dem rechten Flügel, bei der 6. Armee, war das vordere Stellungssystem bei Arras stärker auszubauen und in der Wotan-Stellung durch etwa 30 000 Arbeiter aus Militär- und Gefangenenverbänden eine

große rückwärtige Stellung zu schaffen. Auf dem linken Flügel, bei der 7. Armee, war die bei Laffaux nach Osten auf Cerny umbiegende Ecke die schwächste Stelle der Siegfried-Stellung. Darauf wies die Oberste Heeresleitung schon am 5. Februar hin. Sie regte an, die von Natur starke

bisherige Stellung auf dem nördlichen Aisne-Afer nicht ohne Not aufzugeben und den Anschluß an die Siegfried-Stellung dadurch zu finden, daß eine Verbindungslinie von Laffaux nach Süden, wenn auch nur behelfsmäßig, ausgebaut werde; der Rückzug aus der Aisne-Stellung auf den SiegfriedAbschnitt Laffaux—Cerny bleibe immer noch möglich. Der ganze Winkel Laffaux—Cond«—Cerny sollte in eine befestigte Zone mit einer neuen rück¬ wärtigen Stellung hinter dem Oise/Aisne-Kanal verwandelt werden, an diese alsdann die zur Nachbararmee überleitende Stellung Guignicourt— Vazancourt und der Aisne-Riegel Guignicourt—Chkteau-Poreien sich an-

schließen, auf deren Ausbau die Oberste Heeresleitung angesichts der Angriffsvorbereitungen des Gegners westlich von Reims besonderen Wert legte. Den Ausbau der Hunding-Stellung La Fere—Rethel') sah die Heeresgruppe als weniger dringlich an; die Vorarbeiten sollten hier fort-

geseht werden. Auf eine hinter der Siegfried-Stellung geplante operative rückwärtige

Stellung

Douai — Solesmes — Le Cateau — Guife — Marle

(Notung-Stellung) verzichtete sie. Sie nahm statt dessen für die Zeit nach dem Rückmarsch die Verstärkung der Siegfried-Front der 1. und 2. Armee nach der Tiefe durch eine „III. Stellung" — die Artillerie-Schutzstellung war dabei als „II. Stellung" gerechnet — in Aussicht, die im Norden an die

Wotan-Stellung der 6. Armee und im Süden an die Hunding-Stellung der

7. Armee Anschluß erhalten sollte. ') S. 62. 9*

132

Februar/März.

Das Ausweichen in die Siegsried-Stellung.

Die Rückzugsvorbereitungen, die in einer Art von Ter¬

minkalendern festgelegt waren, setzten mit Beginn der Alberich-Zeit in vollem Umfange ein; nur die Räumung der zunächst noch vereisten Kanäle ver¬ zögerte sich. Die Rückführung aller wertvollen Geräte, Materialien, Lebens¬

mittel, landwirtschaftlichen Erzeugnisse und dergleichen verlief trotz schwieriger Straßenverhältnisse planmäßig. Feld- und Förderbahnen wurden bis Mitte März abgebaut, nur der Rückbau der Vollbahnen war zu dieser

Zeit an einzelnen, bis zuletzt in Betrieb gehaltenen Strecken noch nicht ganz beendet. Dank der sehr sorgfältigen Vorbereitungen waren die EinwohnerVerschiebungen in den ersten Märztagen bei allen Armeen reibungslos durchgeführt bis auf die Räumung von St. Quentin, die als letzte erst einige Tage nach dem Antreten zum Rückzug beendet sein sollte. 126 000 Personen wurden in östlicher Richtung abgeschoben, 14 000 in dem zu räumenden Gebiet den eigenen Landsleuten überlassen. Im ganzen wurden während der Alberich-Zeit 37 100 Wagen (über 900 Züge) mit Kriegsgerät und Eisenbahnmaterial, Landesvorräten und Landeseinwohnern abgefahren.

Die Zerstörungsarbeiten waren seit Anfang März in großem Umfange aufgenommen. Die Einrichtungen im neuen Operationsgebiet hinter der

Siegfried-Stellung konnten so weit gefördert werden, daß die ersten Bedürfnisse der Truppen sichergestellt zu sein schienen. „Der Hauptzweck der Operation ist: »Einsparen an Truppen und Mitteln aller Art«" hieß es in einer Weisung des Kronprinzen Rupprecht vom 13. Februar. Für die erste Besetzung der Siegfried-Stell u n g bestimmte das Heeresgruppenkommando 21 Divisionen mit einer

durchschnittlichen Frontbreite von sechs bis sieben Kilometer. Davon entfielen auf den Abschnitt der 6. Armee zwei, der 1. Armee acht, der 2. Armee sieben, der 7. Armee vier Divisionen. Das bedeutete im Vergleich zum bis-

herigen Stand zunächst eine Ersparnis von zehn Divisionen; weitere zwei bis drei Divisionen konnten voraussichtlich schon bald nach Einrücken in die neue Stellung herausgezogen werden'). An Artillerie sollte jede Stellungs-

division neben ihrer Feldartillerie über drei schwere Feldhaubitz-Batterien, eine Mörser-Batterie, drei Flachbahn-Batterien (darunter eine 10 ein- oder

13 em-Batterie), außerdem über Veutegeschütze verfügen. Als Verstärkung sollte darüber hinaus jede Armee einige Abteilungen der Heeresfeldartillerie erhalten. An weittragenden, teilweise zur gegenseitigen Unterstützung der Armeen bestimmten Flachbahn-Batterien (15 om) wurden insgesamt elf zugewiesen, außerdem für die Rückmarschtage 19 schwerste Flachbahn-Batterien i) S. 120 und 128.

Alberich-Zeit: Vorbereitung des Zurückgehens.

133

mit einer Reichweite bis zu 30 Kilometer und darüber'). Die drei Divi-

sionen des rechten Flügels bei Arras (zwei der 6., eine der 1. Armee) und die zwei Divisionen des linken Flügels bei Laffaux—Eondö erhielten je eine schwere Feldhaubitz-Batterie und eine Mörser-Batterie mehr. Später sollten dann eine große Zahl von Feld- und Fußartillerie-Vatterien frei-

gemacht und auch noch einzelne Frontdivisionen durch Landwehrtruppen abgelöst werden. Zur Geheimhaltung der RüÄzugsabsichten und zur Täuschung des Feindes über den Rückzugstermin wurden alle nur irgendwie geeignet

erscheinenden Maßnahmen getroffen. Der Abmarschtag sollte den Truppen so spät wie möglich bekanntgegeben werden. Zur Täuschung des Feindes wurde ein falsches Datum (28. März) von Heeresgruppe und Oberster Heeresleitung gesprächsweise verbreitet. Diese befahl die völlige Sperrung der belgisch-holländischen Grenze vom 5. März an für 14 Tage. Major

Nicolai, Chef der Abteilung III b der Obersten Heeresleitung, erhielt Weisungen zur Irreführung des Feindes durch besondere Nachrichten, die diesem zuzuleiten waren. Er und die Militärische Stelle beim Auswärtigen Amt sollten auf die eigene wie die neutrale Presse einwirken, um den Eindruck eines Eingeständnisses von Schwäche weder im eigenen Lande noch beim

Feinde aufkommen zu lassen. Die Heeresgmppe war sich darüber klar, daß trotz dieser Maßnahmen in der langen Vorbereitungszeit viel bekannt geworden war. Es bestand

daher die Möglichkeit, daß der Feind durch vorzeitigen Angriff die Pläne der Heeresgruppe zu stören oder zu vereiteln suchte^). Am ihn beim Verschieben von Kräften und Vorbereiten eines Angriffs möglichst zu stören,

belegten Flieger der 2. Armee in der ersten Hälfte Februar wiederholt den Bahnhof von Amiens sowie andere wichtige Bahnhöfe, Truppen- und ') Verteilung der schweren und schwersten Flachfeuer-Vatterien (15 em°23ttrn. mit je 2, die übrigen mit je 1 Geschütz): 15 cm

6. Armee (nur linker Flügel)

.

1. Armee 2. Armee 7. Armee (nur rechter Flügel) .

zusammen 30 Battrn., davon:

21 cm

24 cm

1 3 4 3

1 2 1

2 6 2 3

11

4

13

35 u. 38 cm

2 —



2

2) Gegen Ende Februar war der französischen und britischen Heeresleitung der Verlauf der „Hindenburg-Linie" stückweise bekannt. An die Wahrscheinlichkeit eines freiwilligen Rückzuges der Deutschen glaubte man aber nicht (S. 116).

134

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

F«br«ar/März.Munitionslager im feindlichen Hinterlande nachts mit Spreng- und Brandbomben.

Für besonders schwierig und voraussichtlich verlustreich hielt die Heeres¬ gruppe das Zurückgehen, falls es aus einer schon ent-

brannten Abwehrschlacht erfolgen müsse'). Cs sollte daher feindlichen Angriffen planmäßig ausgewichen und in den rückwärtigen Teilen der alten Verteidigungsfront dem Gegner so lange Aufenthalt bereitet werden, bis der Zeitpunkt für das Einrücken in die Siegfried-Stellung gekommen war. Dieses planmäßige Ausweichen sollte aber möglichst spät und im Zusammenhang der Armeen untereinander erfolgen. Die Heeresgruppe regelte die Vereinbarungen der Armeen für alle Angriffsmöglichkeiten des Feindes und bezeichnete dabei als besonders wichtig, daß die 6. Armee die nördlich an die Siegsried-Front anschließende Front bei Arras, die 7. Armee die Ecke von Conds unbedingt behaupteten.

Für die Durchführung des Zurückgehens richtete sich das Heeresgruppenkommando in all seinen Maßnahmen auf scharfes Nachdrängen des Feindes als den schwierigsten Fall ein. Dieser erschien freilich nur dann zu erwarten, wenn der Gegner schon vor dem Beginn des Rückmarsches zu stärkeren Angriffen gegen Teile der alten Front schritt. Leitender Gedanke blieb, die Truppen in einem Zuge und möglichst unversehrt in die neue Stellung zu-

rückzuführen. Ernstere Kämpfe sollten vermieden werden. Auch auf ein längeres Halten der Nachhutstellungen verbunden mit Gegenstößen gegen den folgenden Feind, wie es von der Obersten Heeresleitung aus Rücksicht auf die Gesamtlage und zum Zwecke der Täuschung des Gegners angeregt wurdet, verzichtete man.

Um diesem das Herandrängen an die Siegfried-Stellung gleichzeitig mit den zurückgehenden deutschen Truppen verwehren zu können und um allen

Wechselfällen in Rückzugskämpfen gewachsen zu sein, erachtete die Heeres¬ gruppe es der Obersten Heeresleitung gegenüber als nötig, daß die alte Front bis zum Ersten Marschtag in der bisherigen Stärke besetzt bleibe und auch nach dem Antreten zum Rückmarsch keine Schwächung der Kräfte eintrete, bis die neue Stellung fest in die Hand genommen sei. Im übrigen rechnete sie damit, daß der Feind insbesondere im Räume der 2. Armee mit starker Kavallerie nachdrängen würde, um die Nachhutstellungen zu durchbrechen i) Die Auffassung, daß das Loslösen schwer gewesen wäre, wenn es nach Beginn des feindlichen Angriffs hätte erfolgen müssen, wurde von feiten des Chefs des Generalstabes des Feldheeres später (bei Besprechung der Erfahrungen der Rückzugsbewegung

im Juni 1917) stark eingeschränkt. -) ) Aus dem am 13. März westlich von Bapaume aufgefundenen Befehl war den

Gegnern die Vermutung eines deutschen Rückzuges zur Gewißheit geworden, der ZeitPunkt war ihnen unbekannt geblieben (S. 117 f.).

142 17. März.

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

Auf dem Nordflügel der 2. A r m e e hatten die zurückgelassenen Ver-

schleierungsabteilungen in der Nacht zum 17. März erst die ursprünglichen vordersten Stellungen westlich von Pöronne geräumt. Die letzten SommeBrücken wurden zerstört. Wie bei der Nachbararmee folgten auch hier die Engländer zunächst nur vorsichtig mit Kavallerie- und Radfahrerabteilungen, begleitet von einzelnen Geschützen. Vor dem linken Armeeflügel besetzten die schärfer nachdrängenden Franzosen am 17. März die Stadt Roye und überschritten, wie von den Fliegern festgestellt wurde, an mehreren Stellen die

nach Noyon führende Chaussee. An Artillerie schienen sie bisher nur einzelne Batterien nachzuziehen. Die Erste Nachhutstellung erhielt kaum Feuer. Das Zurücknehmen des rechten Flügels der 7. A r m e e war den Fran-

zosen anscheinend verborgen geblieben. Ihre Infanterie arbeitete weiter an Stellungen und Hindernissen, ihre Artillerie beschoß den Tag über in der üblichen Weise die von den Verschleierungsabteilungen noch gehaltenen

vordersten deutschen Gräben. Mit sämtlichen übrigen Kräften hatten die Divisionen der Gruppe Kathen am Morgen des 17. März die Erste Nachhut-

stellung planmäßig erreicht und mit den Gros ungestört überschritten. i«. März.

In der Nacht zum 18. März vollzog sich das Zurückgehen — bei 6. und

I.Armee in die Siegfried-Stellung, bei 2. und 7. Armee in die Zweite Nachhutstellung — in ähnlicher Weise wie der Rückmarsch in der Nacht vor-

her. Auch diese Bewegungen störte der Feind nicht. Bei der 6. A r m e e hatten sich die Verschleierungsabteilungen noch bis zum Morgen des Tages in der alten vordersten Linie halten können und

gingen erst dann allmählich in die Nachhutstellung zurück. Die Engländer besetzten im Lause des Tages südlich von Arras den Ort Veaurains und schanzten gegen Abend dort und in den früheren rückwärtigen deutschen Kampflinien; englische Kavallerie wurde bei Voisleux beobachtet. Die Batteriestellungen der Siegfried-Stellung lagen nachts unter lebhaftem Streufeuer der englischen Artillerie. Die 1. Armee setzte in der Nacht zum 18. März den Rückmarsch bis in die Siegfried-Stellung, mit der Masse ihrer bisherigen Frontdivisionen darüber hinaus fort. Diese Divisionen erreichten Unterkünfte an und östlich der Straße Douai—Eambrai—Guife. Die bisherige Gruppe A wurde auf¬ gelöst, die Gruppe N in A umbenannt. Die für das Halten der SiegfriedStellung bestimmten Divisionen übernahmen am Morgen das Kommando in ihren Abschnitten. Das Gebiet vor ihren Vorposten war nunmehr von zurückgehenden Truppen geräumt. Den von den Siegsried-Vorposten vor-

geschobenen Patrouillen und Postierungen fiel die Aufgabe zu, die Fühlung mit dem Feinde zu halten. Sie standen im Südteil des Armee-Abfchnittes

Der Rückmarsch.

143

noch in und vor der Ersten Nachhutstellung. Der Feind drängte nur bei Vapaume etwas schärfer nach. Am Abend stand er mit Kavallerie, Rad-

fahrern und schwächeren Infanterieabteilungen in der Linie Voisleux—

Vaulx-Vraucourt—Pöronne. Auch dem Nordflügel der 2. Armee folgten die Engländer nur langsam. Sie besetzten Pöronne und gingen südlich davon bis an die Somme heran. Die Wiederherstellung der Brücken wurde durch Maschinengewehrund Artilleriefeuer der deutschen Nachhuten gestört, Übergangsversuche des

Feindes auf Flößen wurden verhindert. Nennenswerte englische Kräfte kamen daher an diesem Tage noch nicht über die Somme herüber. Vor den

im Südteil des Armeebereichs auch weiterhin lebhafter nachdrängenden Franzosen wichen die Nachhuten der Gruppen Q und R allmählich auf die Zweite Nachhutstellung zurück. Der Feind, der schon in der Nacht zum 18. März die Stadt Noyon besetzt hatte, erreichte im Laufe dieses Tages mit Anfängen — schwache Infanterieabteilungen mit einzelnen Geschützen — die Somme

östlich von Nesle, Guiscard und die Gegend östlich von Noyon. Die deutschen

Besatzungen der Zweiten Nachhutstellung hatten keine Gefechtsberührung mit dem Feinde. Bei der 7. Armee gingen die Nachhuten in die Zweite Nachhut-

stellung hinter dem Oife/Aisne-Kanal zurück; starke Kräfte besetzten die Siegfried-Stellung zusammen mit den von rückwärts eingeschobenen Divisionen, frei werdende bereiteten ihren Weitermarsch in rückwärtige Unterbringungsräume vor. Das Folgen des Feindes machte sich erst gegen Mittag fühl-

bar, jedoch konnten sich die deutschen Kavalleriepatrouillen und Iagdkommandos zwischen Oise und Soissons noch weit vor dem Oise/Aisne-Kanal be-

haupten. In der Nacht zum 19. März wurde das Zurückgehen in die Siegfried- w.März.

Stellung ohne jede Störung durch den Feind planmäßig beendet. Nur zwischen St. Quentin und der Oise hielten die Gruppen Q und R der 2. Armee noch die Dritte Nachhutstellung hinter der oberen Somme und dem Crozat-Kanal. Die Vorposten standen fast überall mit dem Feinde in enger Fühlung. Die aus der Front zurückgezogenen Divisionen marschierten weiter ihren Bestimmungsorten zu. Die Engländer folgten wie bisher nur vorsichtig den deutschen Sicherungsabteilungen und erreichten nach kleineren Gefechten, bei denen nun auch englische Artillerie in Tätigkeit trat, vor der 6. und 1. Armee die Linie

Veaurains (südlich von Arras)—Völu (östlich von Vapaume)—Roequigny—Templeux (nordöstlich von Pöronne). Am Nachmittag lagen im Abschnitt der 6. Armee Teile der Siegsried-Stellung unter Artilleriefeuer. Vor

144

t9. Miirz.

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

der 2. Armee überschritten die Engländer in breiter Front die Somme und

schoben ihre vordersten Abteilungen bis in die Linie Templeux—Aubigny (nordöstlich von Kam) vor. Die englischen Flieger zeigten sich an diesem

Tage sehr tätig; tief hinuntergehend beschossen sie mehrfach die deutschen Vor¬ posten mit Maschinengewehren. Der Südflügel der 2.Armee konnte den Rückzug aus der Zweiten in

die Dritte Nachhutstellung ungestört vollziehen. Gefechtsberührung mit den Franzosen trat erst ein, als der Gegner am Nachmittag südlich der oberen Somme mit gemischten Abteilungen bis zur Linie Aubigny—Viry (nordöstlich von Ehauny) gefolgt war und nun gegen den Erozat-Kanal vor¬

fühlte. Weiter rückwärts im Räume Roye—Resle—Guiscard—Royon wurden durch die deutschen Flieger etwa drei feindliche Divisionen festgestellt. Der rechte Flügel der 7. Armee, der für die Siegfried-Maßnahmen

bisher noch der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht unterstand'), hatte nunmehr die Rückzugsbewegung planmäßig beendet und die neue Stellung in der nördlichen Hälfte mit der Gruppe Kathens, in der südlichen mit der Gruppe P des Generalleutnants Kühne (Generalkommando XI. Armee¬

korps) besetzt. Am Oise/Aisne-Kanal hielten sich Ausklärungs- und Verschleierungsabteilungen. Die deutschen Vorposten beherrschten das Vorfeld der Siegfried-Stellung. Gegen den Kanal und weiter südlich bei Laffaux— Conds fühlten die feindlichen Vortruppen im Laufe des Tages vor. Die deutschen Luftftreitkräfte,die schon in der vorangegangenen Zeit im Ringen um den Lustraum dem an Zahl weit überlegenen Gegner

den Einblick in die deutschen Maßnahmen mit bestem Erfolge streitig gemacht hatten^), waren auch während der Rückmarschtage in vorbildlichem Angriffsgeist bestrebt, die Luftherrschaft zu behaupten. Unter erbitterten Kämpfen drängten sie die feindlichen Geschwader zurück, welche die abmarschierenden deutschen Kolonnen anzugreifen versuchten und dabei Flugzettel mit politischem Inhalt abwarfen; sie verwehrten ihnen auch jetzt den Einblick in die deutsche Rückwärtsbewegung. Trotz Sturm und Regen und tiefhängenden Wolken griffen sie die vorgehenden Kolonnen des Gegners und seine Unterkünste an und suchten sein Folgen durch Bombenwurf und Maschinengewehrfeuer sowie Beobachtung für die eigene Artillerie zu erschweren. Ihre Erkundung hielt die deutsche Führung an den Rückzugstagen und in der folgenden Zeit über das allmähliche Herankommen der Feinde an die Siegfried-

Stellung gut unterrichtet. i) S. 137. -) S. 138. 3) Die Gegner büßten im Februar/März im Bereiche der 6., 1., 2. und 7. Armee 157 Flugzeuge ein, die Deutschen demgegenüber nur 21.

145

Der Erfolg des Zurückgehens.

Kronprinz Rupprecht zollte seinen Truppen die berechtigte Anerkennung in folgendem Heeresbefehl: „Der Abmarsch in die Siegfried-Stellung ist beendet. Die Operationen haben sich vollkommen planmäßig und ungestört von dem nur vorsichtig

folgenden Feind vollzogen. Wo feindliche Angriffe unmittelbar vor unserem Abmarsch bevorstanden, ist es durch geschicktes und rechtzeitiges Ausweichen in rückwärtige Stellungen gelungen, den Feind zu täuschen und unser glattes Loslösen vorzubereiten.

Wir sind aus verschlammten Trichterstellungen in gute, von langer Hand vorbereitete Stellungen gegangen. Der Feind wird viel Zeit und große Anstrengungen aufwenden müssen, bis er unsere neue Front angreifen kann. Wir haben starke Kräfte aller Art eingespart, die wir nun an den ent-

scheidenden Stellen zusammenfassen können. So können wir den zu erwarten-

den großen Kämpfen mit vollster Zuversicht entgegensehen. Die feindlichen Angriffspläne gegen unsere bisherige Front sind durchkreuzt. Der Feind ist sich dieser Bedeutung unserer wohl gelungenen Operation wohl bewußt, wenn er auch äußerlich bemüht ist, sich aus unserem Abmarsch einen Erfolg

zuzuschreiben. Der glatte planmäßige Verlauf ist der sorgfältigen Vorbereitung und der gewandten Ausführung aller Maßnahmen sowohl seitens der Führung wie der Truppe zuzuschreiben. Meine besondere Anerkennung daher allen Führern und Truppen, nicht zum wenigsten auch jenen Führern der kleinen Sicherungsabteilungen, die in frischem Angriffsgeiste dem Feinde vielfach empfindliche Verluste zugefügt und in zahlreichen Einzelkämpfen unsere unbedingte Über¬ legenheit über den Feind erneut dargetan haben." Der Abmarsch der 29 deutschen Divisionen aus enger Gefechtsfühlung mit dem Feinde war geglückt. „Die ganze Bewegung war eine glänzende Leistung der Führer und Truppen und legt Zeugnis ab von der sorglichen, vorausschauenden Arbeit des deutschen Generalstabes" — urteilte nach dem

Kriege General Ludendorff'). Auf die Stimmung, die sich schon während der Alberich-Zeit fühlbar gehoben hatte, wirkte der Abmarsch keineswegs niederdrückend, eher belebend und erfrischend. Alles rollte wie ein Ahrwerk

ab. Die Truppe hatte das Gefühl, von sicherer Hand geleitet zu sein, und

Vertraute darauf, daß der Abmarsch durch höhere Absichten der Führung bedingt sei. Die Entente sandte wohl Siegesbotschaften in die Welt und trium-

Phierte, daß ein großer Teil französischen Bodens „zurückerobert" sei. Die als notwendige Kriegshandlung berechtigten Zerstörungen und die aus i) „Kriegserinnerungen", S. 323. Weltkrieg. XII. Band,

10

146

>9. März.

Das Ausweichen in die Siegsried-Stellung.

Gründen der Menschlichkeit einerseits und der Notwehr andererseits unver-

«leidlichen Verschiebungen der Einwohner gaben, wie erwartet, der feindlichen Weltpropaganda aufs neue willkommenen Anlaß, die Deutschen den Hunnen gleichzusetzen. All dies aber geschah, um die eigene bittere Ent¬

täuschung zu verbergen. In der deutschen und der neutralen Presse war wirkungsvoll vorgearbeitet worden. Es gelang nicht, die Zurücknahme der deutschen Front zu einem großen Erfolg der Entente zu stempeln. Es war nicht fortzuleugnen, daß der deutsche Abmarsch ohne Zwang unternommen und in voller Ordnung ohne irgendwelche nennenswerte Einbuße an Menschen oder Material durchgeführt worden war. Die Pläne der Entente für ihre große Frühjahrsoffensive waren gestört, Richtung und vielleicht auch Zeitpunkt der

beabsichtigten Angriffe unmöglich gemacht. Auf Monate hinaus war die Front zwischen Arras und Soissons als Ziel für Entscheidung suchende Angriffe der Gegner ausgeschaltet. Die franzöfifch-englische Heeresleitung war vor neue Entschlüsse gestellt.

Die eigenen Truppen standen in ihrer neuen Stellung unter geringerem

Kräfteeinsatz gesicherter, gefestigter und geschlossener als in ihrer bisherigen. Was die Oberste Heeresleitung bezweckt hatte, war erreicht. Die späteren Abwehrerfolge der deutschen Waffen gegen die Engländer bei Arras, gegen die Franzosen an der Aisne und in der Champagne sind nicht zuletzt der durch

die Siegfried-Vewegung erreichten operativen Stärkung und Vewegungsfreiheit des deutschen Westheeres zu danken.

D. Die Kämpfe vor der Giegfried-Gtellung. 20. März bis Ende Juni. Beilagen 1 a, 4, 6, 7 und 27.

Am Morgen des Ersten Marfchtages, des 16. März, hatte General

Ludendorff den Generalstabschef der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht angerufen. Cr war auf den schon früher erörterten Gedanken zurückgekommen, die ungünstigere Lage des folgenden oder nachdrängenden Gegners

zu einem Schlage auszunutzen'). „Die Heeresgruppe sollte Offensivstöße machen, aber erst aus der Siegfried-Stellung heraus, also wie Ausfälle aus einer Festung"^). Am nächsten Tage forderte die Heeresgruppe in ihren Weisungen an die Armeen, daß der planmäßige Abzug durchgeführt, die 1) S. 68 ff. und 134. 2) Tagebuchaufzeichnung des Gen. von Kühl vom 16. März 1917.

Die Front nach dem Rückmarsch. Gegenangriff bei St. Quentin.

147

Siegfried-Stellung im allgemeinen erreicht und ihre Behauptung unbedingt gewährleistet sein müsse, ehe die sehr erwünschten Vorstöße gegen den folgenden Feind unternommen würden. Im besonderen sollte von der 2. Armee ein längeres Halten der Dritten Nachhutstellung an Somme und CrozatKanal, von der 7.Armee längerer Widerstand hinter dem Oife/Aisne-Kanal erwogen werden. Als erfolgversprechend erscheine es, den Feind beim Ubergang über diese Abschnitte mit stärkeren Kräften anzugreifen. Als am 19. März die Rückführung der Truppen beendet war, ging bei der Heeresgruppe ein Telegramm des G en era lf e ld mars ch a ll s ein: „Seine

Majestät sind über den planvollen Verlauf der durchdachten Operation, die mit der Besetzung der Siegfried-Stellung ihren vorläufigen Abschluß gefunden hat, hochbefriedigt und erwarten jetzt, daß das Vorfeld der Stellung dem Feinde, möglichst auch in örtlich offensiver Betätigung, streitig gemacht und so lange wie angängig gehalten wird." Die Engländer gewannen am 20.März nur wenig Raum, sie erreichten die Linie Veaurains (südlich von Arras)—Beaumetz (an der

Straße Bapaume—Cambrai)—Aubigny (an der Straße Ham—St. Quen¬ tin). Angriffe englischer Kavallerie bei der 6. Armee gegen Croisilles und englischer Infanterie auf dem Nordflügel der 1. Armee bei Ceouft-St. Mein, Noreuil und Lagnieourt wurden von den deutschen Vorposten abgewiesen. Starke Fliegerverbände des Feindes versuchten über den Verbleib der

deutschen Truppen Klarheit zu schaffen. Die Schwierigkeiten, die das völlig zerstörte Gelände den Engländern für das Nachführen der Artillerie, die Unterbringung der Truppen und die Regelung des Nachschubs bereitete, machten sich bemerkbar. Es trat ein Stillstand in ihren Bewegungen ein, nur

ihr Südflügel schob sich am 22.März in der Richtung auf St. Quentin noch bis Etreillers vor. Inzwischen war es an Somme und Crozat-Kanal mit

den Franzosen zum Kampf gekommen. General von der Marwitz hatte am 19. März der Gruppe Q unter Generalleutnant Fleck (Generalkommando des XVII. Armeekorps) befohlen, den Feind anzugreifen, wenn er über den Crozat-Kanal unvorsichtig nachdränge. Am eine einheitliche VerWendung der in und vor der Siegfried-Stellung stehenden Truppen hierzu zu gewährleisten, wurde der Gruppe Q auch der Befehl über den Abschnitt R

(bisher Generalkommando des Gardekorps) übertragen. Am 20.März schoben sich die Franzosen, die an der Straße Ham—St. Quentin an die Engländer anschlössen, nach Fliegermeldungen in einer Stärke von vier bis fünf

Divisionen, an Somme und Crozat-Kanal heran, deren Niederungen hier

tief eingeschnitten das Höhengelände unterbrechen. Die deutschen Truppen

148

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

räumten abends ihre Stellungen von Contescourt an der Somme bis

Tergnier westlich von La Före; nur Sicherungen blieben stehen. Generalleutnant Fleck stellte auf Befehl des Armee-Oberkommandos bei Dunkelheit die Hauptkräfte der 35. und 36. Infanterie-Division und der 44. ReserveDivision in der Linie Essigny—Vendeuil bereit. Der Gegner begann in der Nacht zum 21.März den Kanal bei St. Simon und Iussy zu überschreiten und setzte sich im Lause dieses Tages mit Vortruppen einige Kilometer öst¬ lich der Somme und des Erozat-Kanals in der Linie Eontescourt—östlich 22. März, von Iussy fest. Am Vormittag des 22.März begann der deutsche Gegen¬ angriff. Die 25.Infanterie-DivsionderGruppe P deckte an der Somme die rechte Flanke, die 47. Landwehr-Division bei La Fere die linke. Der Gegner wurde teils nach heftigem Kampf, teils ohne ernsten Widerstand an und über Somme und Kanal zurückgeworfen. Am Abend wurde Artemps im Sturm genommen. Eine Fortsetzung des Angriffs über den Kanal hinaus lag aber nicht in der Absicht der Führung und versprach angesichts der inzwischen

eingetroffenen feindlichen Verstärkungen keinen Erfolg. Auch konnten die Truppen am Kanal oder an den zu ihm abfallenden Hängen, die völlig

vom jenseitigen Höhenrande beherrscht werden, nicht stehenbleiben. General von der Marwitz befahl, den Angriff nach Einbruch der Dunkelheit abzu¬ brechen, die Höhen zwischen Kanal und Siegfried-Stellung besetzt zu halten und im übrigen in diese zurückzugehen. Die Beute war gering, das Ergebnis des Angriffs befriedigte nicht. Auch der Eindruck auf den Gegner scheint nicht groß gewesen zu sein, denn das Unternehmen wird im französischen amtlichen Werk kaum erwähnt. In der Nacht zum 23. März gingen die deutschen Kräfte zwischen St. Quentin und La Före in die Siegfried-Stellung zurück; einzelne Bataillone mit Artillerie blieben zunächst noch zwischen Contescourt, Essigny und Vendeuil stehen. Ob angesichts des durchaus planmäßigen und vorsichtigen Verfahrens, mit dem die Franzosen sich über die Fluß- und Kanalniederung vorschoben, mehr zu erreichen gewesen wäre, steht dahin. Einen größeren Erfolg hätte es versprochen, wenn man den Gegner weiter vorkommen ließ, dann aber

auch stärkere eigene Kräfte einsetzte. Das hatte jedoch an der Forderung seine Grenzen, daß das Herausziehen der freiwerdenden Divisionen nicht unter¬ brochen werden durfte. Auch blieb es immer eine mißliche Sache, in die

scharf vorspringende und daher beiderseits flankierte Ecke zwischen Somme und Erozat-Kanal vorzustoßen. Den Nachhuten des rechten Flügels der 7. Armee war der Gegner am

20. März, ohne zu drängen, bis zur Linie östlich von Quiercy (an der Oise)— Miffy (an der Aisne östlich von Soiffons) gefolgt. Er schob in den nächsten

Tagen seine vordersten Truppen über den Oise/Aisne-Kanal herüber.

Die Front nach dem Rückmarsch. Gegenangriff bei St. Quentin.

149

Die Engländer nahmen erst am 26.März auf der ganzen Front ihre Cinzelangriffe gegen die von den deutschen Sicherungsabteilungen noch gehaltenen Örtlichkeiten vor dem linken Flügel der 6., vor der 1. und dem

rechten Flügel der 2.Armee wieder auf, nachdem sie anscheinend ihre Kavallerie in vorderster Linie durch Infanterie abgelöst und Artillerie nachgezogen hatten. Die Vorstöße erfolgten nunmehr meist nach starker ArtillerieVorbereitung. Die deutsche Infanterie zeigte sich dem Gegner im Nahkampf überlegen. Bei der 6. Armee scheiterten am 28. und 31. März seine Angriffe gegen Hönin und Eroisilles. Auf dem rechten Flügel der 1. Armee wurde am

26. März die deutsche Besatzung aus Lagnicourt herausgedrängt, Eeoust und Roreuil blieben noch in deutscher Hand. Vor dem linken Flügel der 1. Armee schoben sich die Engländer bis zum Monatsende mit überlegenen Kräften unter Kämpfen in die Linie Ruyauleourt—östlich von Roisel vor. Letzterer Ort war am 26. März durch einen Angriff, bei dem der Feind auch Panzerwagen eingesetzt hatte, dem rechten Flügel der 2. Armee entrissen worden. Vor

diesem zogen die Engländer stärkere Kräfte zu einheitlichem Vorgehen nach und drückten die deutschen Vorposten unter Kämpfen weiter zurück. Am 31. März befahl General von der Marwitz, nunmehr die Linie Villeret— Pontruet—Fayet und von da eine Stellung ein bis zwei Kilometer vorwärts der Stadtverteidigung von St. Quentin bis Grugies im Somme-Tal zu

halten. Südlich davon entwickelten sich nach dem deutschen Gegenangriff durch das Nachrücken der Franzosen und durch deutsche Gegenstöße heftige Kämpfe, in deren Verlauf die deutschen Nachhuten in die Linie Grugies— Arvillers—Alaincourt und südlich davon hinter die Oise zurückgedrückt wurden. Nach dem 26. März trat eine mehrtägige Kampfpause ein. Die Stärke der hier folgenden Franzosen wurde auf 11 bis 13 Divisionen

geschätzt. Vor dem rechten Flügel der 7. Armee gingen die deutschen Vorposten bis zum Monatsende nach teilweise heftigen Kämpfen in die SiegfriedStellung zurück. Die deutsche Artillerie störte den Ausbau der feindlichen Infanterie- und Artilleriestellungen. Ende März erreichten die Kämpfe vor der neuen Front der 7.Armee ihren Abschluß.

Nach der Art des Vorgehens der Feinde hatte dieObersteHeeresl e i t u n g Ende März die Auffassung, daß die Gegner sich über die Absichten

der Deutschen nach Beziehen der Siegfried-Stellung noch im unklaren seien. Die Engländer mochten vielleicht einen überraschenden deutschen Angriff an anderer Stelle erwarten und sich zunächst auf dessen Abwehr vorbereiten. Von den Divisionen, die vor Beginn der Bewegungen in der Front Arms—Roye

150

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

««de Mär,, gestanden hatten, konnten bis Ende März acht bis zehn Divisionen heraus¬ gezogen sein. Ihr Verbleib war unbekannt. Ebenso lagen auch über die acht Divisionen, die früher beiderseits der Somme in Reserve angenommen worden

waren, keine Nachrichten vor. Vei den Franzosen schienen wesentliche Ver¬ änderungen in der Truppenverteilung bisher nicht eingetreten zu sein. Sie waren aus ihrer Angriffsfront zwischen Avre und Oise mit den Hauptkräften gefolgt, vermutlich mit dem Ziele, das deutsche freiwillige Zurückgehen in einen verlustreichen Rückzug zu verwandeln. Ein Angriff gegen die nunmehr wohl erkannte Siegfried-Front war einstweilen unwahrscheinlich. Es erschien aber möglich, daß die Franzosen in Verbindung mit ihrem westlich von Reims geplanten Hauptangriff einen Nebenangriff gegen die SiegsriedFront der 7.Armee unternehmen würden').

April.

Unterdessen hatte man auf deutscher Seite damit begonnen, weitere Kräfte aus der Front zu ziehen, Divisionen auszutauschen und Reserven nach bedrohten Fronten zu verschieben, doch durften dabei die Vorfeldkämpfe, wie die Oberste Heeresleitung am 26. März auf eine Anfrage der Heeresgruppe entschied, nicht durch Abgabe von Artillerie beeinträchtigt werden. Entsprechend dem Zurückgehen der 2. Armee aus der Dritten Nachhutstellung zwischen St. Quentin und La Före in die kürzere Siegsried-Stellung konnten von den bisher dort eingesetzten sechs Divisionen nunmehr drei eingespart werden^). Ende März standen in der Siegfried-Front nur noch 21 Divisionen. Damit war die fürs erste in Aussicht genommene Kräfteersparnis erreicht^. Entsprechend dem Nachrücken stärkerer, mit Artillerie reicher aus¬

gerüsteter Kräfte führten die Engländer ihre Angriffe im Vorfelde der Siegsried-Stellung im April immer mehr mit größeren Verbänden und nach planmäßiger Artillerievorbereitung. Am 2. April setzten sie sich vor den inneren Flügeln der 6. und 1. Armee trotz zähen deutschen Widerstandes nach heftigen Kämpfen in den Besitz der Ortschaften an der einige Kilometer vor

der Siegfried-Front entlangführenden Straße Hönin—Doignies. Weiter südlich drückten sie zwei Tage später die deutschen Vorposten in die Linie Doignies—Gouzeaueourt zurück, ihre Artillerie beschoß an diesem Tage zum ersten Male die Siegsried-Stellung der Gruppe B. Vom 5. April ab ver¬

stärkte sich das Feuer gegen den rechten Flügel der 1. Armee zusehends, auch die Tätigkeit der feindlichen Flieger nahm erheblich zu. Die Gruppe A wurde immer mehr in den Bann der Ereignisse gezogen, die sich gegen die

6. Armee seit den ersten Apriltagen bei Arras offensichtlich vorbereiteten. ») S. 175. 2) Beilagen 6 und 7. 3) S. 132.

Die Front nach dem Rückmarsch. Einwirkung der Schlacht bei Arras.

151

Cs erschien nicht ausgeschlossen, daß die Engländer ihre Offensive auch auf den rechten Flügel der 1. Armee ausdehnen würden. Als sie am 9. April

tief in die Front der 6. Armee einbrachen, griffen sie zugleich mit mehreren Regimentern die Vortruppen der Gruppe B der 1. Armee beiderseits der Straße Vapaume—Cambrai an und nahmen die rund drei Kilometer vor

der Siegfried-Stellung gelegenen Orte Voursies, Demicourt und Hermiss. Damit war der Zeitpunkt gekommen, alle noch nördlich der Bahn Vapaume— Cambrai stehenden Vorposten in die Hauptstellung zurückzunehmen. Die Bewegung wurde in der Nacht zum 10. April ohne Störung durchgeführt. Vom 11. April ab setzten nach stärkster Artillerievorbereitung und unter Ver¬ wendung von Panzerwagen Angriffe auch gegen den rechten Flügel der Gruppe A ein, die an diesem Tage zur 6. Armee übertrat'). Die Angriffe endeten mit einer schweren Niederlage des Feindes^). Am 12.April wurde die 1. Armee aufgelöst. Die Gruppen B und C wurden der 2. Armee zugeteilt. Das Oberkommando (General der

Infanterie Fritz von Velow) trat zur Heeresgruppe Deutscher Kronprinz3), der Chef des Generalstabes, Oberst von Löhberg, zum Armee-Oberkommando 6"). Die 2. Armee umfaßte von nun ab: Gruppe Cambrai (bisher B,

Generalkommando des IX. Armeekorps), Gruppe Caudry (bisher C, General¬ kommando des XIII. ^württembergischen^ Armeekorps), Kanalgruppe (bisher 0, Generalkommando des YI. Reservekorps^)), Gruppe St. Ouentin (bisher P, Generalkommando des XVIII. Armeekorps) und Gruppe Oise (bisher Q, Generalkommando des XVII. Armeekorps). Am 15. April be¬ teiligte sich der rechte Flügel der 2. Armee, 38. Infanterie- und 4. ErsatzDivision der Gruppe Cambrai, an einem im Zusammenhang mit den Vorgängen bei Arras unternommenen Vorstoß beiderseits der Chauffee Cambrai —Vapaume°). Am Abend wurden die Truppen planmäßig wieder in die

Siegfried-Stellung zurückgenommen. Weiter südlich bis an St. Ouentin heran suchten die Engländer während des April in gewohnter Weise in sehr häufigen, örtlich begrenzten Angriffen die sich zähe an die Ortschaften anklammernden deutschen VorDie weiteren Ereignisse bei dieser Gruppe werden zusammen mit den Kämpfen bei Arras behandelt. 2) S. 224 und 228. 3) S. 229. 4) S. 292 und 328. 5) Ansang April hatte das Gen. Kdo. VIII. R. K. mit dem Gen. Kdo. VI. R. K.

getauscht. °) S. 241 f.

152

April.

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

Posten langsam zurückzudrücken. In diesen täglichen Vorfeldkämpfen erlitt der Feind durch das Feuer der deutschen Artillerie und durch gewandt

fechtende kleine Infanterie-Abteilungen nicht unerhebliche Verluste, fast täglich wurden ihm Gefangene abgenommen, die wertvolle Aufschlüsse über die Kräfteverteilung und den Zustand der Truppe auf gegnerischer Seite gaben. Aber auch die deutschen Verluste waren nicht gering. Am Monatsende hielten sich die deutschen Vorposten südlich der Bahn Cambrai— Vapaume bis nach St. Quentin hin noch einige Kilometer vorwärts' der

Siegfried-Stellung. Westlich und südlich von St. Quentin schienen die Engländer undFranzosen stärkere Kräfte zum Angriff zusammengezogen zu haben. Ihr Ziel war offenbar, wie auch Gefangenenaussagen bestätigten, die baldige

Inbesitznahme der Stadt, wobei Prestigegründe maßgebend sein konnten, aber auch die Annahme, daß die vorspringende Stadtstellung nicht hartnäckig verteidigt werden würde. Demgegenüber bestand auf deutscher Seite die Absicht, die Stadt so lange wie möglich zu halten. Daß dies bei ihrer der Umfassung

durch den Feind ausgesetzten Lage auf die Dauer nicht möglich sein würde, war klar. Vorkehrungen für rechtzeitige Zurückführung der Artillerie aus der

Stadt und für abschnittsweise Verteidigung waren getroffen. In den ersten Apriltagen erlitten die Feinde hier bei ihren wiederholten Angriffen gegen die deutschen Vorposten in sehr heftigen Nahkämpfen schwere Verluste; vor der Südwestfront der Stadt wurden dabei Truppen dreier Divisionen, einer eng-

tischen und zweier französischen, festgestellt. Um weiteren überlegenen Angriffen auszuweichen, wurden die Vorposten vor der Stadt in der Nacht zum 3. April eingezogen; dasselbe geschah in der folgenden Nacht südlich der Stadt bis zur Oise hin. Der Angriff, den die Franzosen dort gegen die geräumte Vorpostenlinie Grugies—Urvillers—Alaincourt am 4. April nach mehrstündiger Artillerievorbereitung unternahmen, wurde ein Luftstoß. Der Feind grub stch ein. Die folgende Zeit brachte alle Anzeichen für einen neuen, größeren Angriff gegen St. Quentin und die deutsche Stellung südlich der Stadt. 5>es-

tiges, planmäßiges, sich steigerndes Feuer leichter, mittlerer und schwerer Kaliber richtete sich gegen die Stadtstellung und die südostwärts bis zur Oise anschließende Front. Auch das Innere der Stadt wurde immer mehr in Mitleidenschast gezogen, die Kathedrale wiederholt getroffen. Starke Fliegerverbände stießen über die deutschen Linien vor und warfen Bomben ab. In zahlreichen Luftkämpfen hatte der Feind schwerere Verluste als die deutschen Flieger. Zwei Angriffe, die die Franzosen am 13. April nach starker Artillerie¬ vorbereitung beiderseits der Somme gegen die Südwestfront von St. Quentin mit Truppen zweier Divisionen unternahmen, kamen danach nicht über¬

Die Front nach dem Rückmarsch. Kämpfe vor der Siegfried-Stellung.

153

raschend. Sie wurden von der 25.(hessischen) Infanterie-Division unter Generalmajor von Dresler und Scharfenstein abgewiesen. Aber auch weiter-

hin schien der Feind seine Absicht, die Stadt in Besitz zu nehmen, nicht aufgegeben zu haben; es blieb jedoch bis zum Monatsende bei Angriffs-

Vorbereitungen. An der Oise-Front von Alaincourt bis La Före ereignete sich während des Monats April nichts Wesentliches; La Fere erhielt hin und wieder stärkeres Feuer. Auf der südlich von La Före anschließenden Siegfried-Front der 7. Armee ging es sehr viel lebhafter zu. Von Anfang April an machte der

Gegner fast täglich gegen Laffaux und die anschließenden Frontabschnitte einen oder mehrere Angriffe, die häufig zu heftigen Nahkämpfen führten, aber ohne Erfolg blieben. Im Zusammenhang mit dem englischen Angriff bei Arms und in Vorbereitung ihrer eigenen großen Offensive gegen die Aisne-Front steigerten die Franzosen vom 9. April ab auch ihre Gefechts-

tätigkeit gegen die nach Westen gerichtete Front der 7.Armee, besonders gegen deren südlichen Teil'). Von den in der Siegfried-Front eingesetzten deutschen Divisionen blieben nur einige wenige den April über in ihren Abschnitten stehen, die meisten wurden nach und nach zu den Kämpfen bei Arras herangezogen und

durch ruhebedürftige Divisionen ersetzt). Die Gesamtzahl der Divisionen konnte, abgesehen von den Verstärkungen für die durch die Kämpfe in den Nachbarabschnitten in Mitleidenschaft gezogenen äußersten Flügel, um weitere zwei Divisionen verkleinert werden. Mit dem Fortschreiten der Angriffe der Engländer beiArras und der französischen Offensive an der Aisne und in der Champagne wurde es im Mai an

der Siegfried-Front ruhiger. Die Engländer versuchten zwar auch weiterhin, die deutschen Vorposten auf die Hauptstellung zurückzudrücken, zu größeren, nach Artillerievorbereitung einheitlich geführten Angriffen kam es aber nur noch selten. Die Vorfeldkämpfe ließen auf der ganzen Front erheblich nach. Auch die im April von den Franzosen noch sehr häufig unternommenen Angriffe gegen die Laffaux-Stellung blieben fast ganz aus. Die Artillerietätigkeit überschritt an der englischen wie auch an der französischen Front nur

selten das übliche Maß, das Stadtinnere von St. Quentin und seine Käthe-

drale erhielten jedoch auch weiterhin vielfach das Feuer französischer schwerer ') Die weiteren Vorgänge an diesem Frontabschnitt werden im Zusammenhang mit den Kämpfen an der Aisne geschildert.

2) Beilage 27.

Mai.

154

Ma«.

Das Ausweichen in die Siegfried-Stellung.

Artillerie. Wie von der deutschen Luftaufklärung festgestellt wurde, waren die Gegner eifrig mit dem Vau von Stellungen und Bahnen beschäftigt.

Besonders weit vorgeschritten war der Stellungsbau der Franzosen südlich von St. Quentin zwischen Somme und Oise. Ob dies mit Abwehr- oder mit

Angriffsabsichten zusammenhing, war noch nicht zu entscheiden. Gegen Ende Mai wurde es aber immer klarer, daß die Gegner von der Siegfried-Front

Kräfte fortzogen. Die Engländer verkürzten ihren Südflllgel, der bisher west¬ lich von St. Quentin gestanden hatte, bis Pontruet am Omignon-Vach, sieben Kilometer nördlich von St. Quentin, und schoben von hier nordwärts bis Vendhuille Kavallerie in die vorderste Linie. An keiner Stelle der ganzen

Siegfried-Front waren Anzeichen für einen bevorstehenden Angriff zu er-

kennen. Auch ein Angriff der Franzosen auf St. Quentin schien zunächst auf¬ gegeben zu sein. Es wurde immer wahrscheinlicher, daß der tiefgegliederte Ausbau der Stellungen des Gegners zwischen der Somme und der Oise vor-

zugsweise Abwehrzwecken diente. Dieser Auffassung der Lage entsprach es, wenn man auf deutscher Seite

fortfuhr, kampfkräftige Divistonen aus der Front zu ziehen und sie durch ruhebedürftige zu ersetzen. Auch in der Schwächung der Frontbesetzung konnte man jetzt noch weiter gehen. Der Abschnitt der Gruppe Cambrai, der bisher von drei Divisionen besetzt war, wurde von Mitte Mai ab nur

noch von zwei Divisionen gehalten, am 23. Mai wurde die Kanal-Gruppe

aufgelöst. Der Ausbau der Siegfried-Stellung ging weiter und erforderte auch im

Mai noch beträchtliche Arbeiten. Größere Tiefengliederung sollte dabei dadurch erreicht werden, daß die bislang noch gehaltenen und zum großen Teil schon verteidigungsfähigen Vorpostenstellungen von den Gruppen Caudry und St. Quentin nach Süden hin bis an die Stadtstellung von St. Quentin

Juni.

heran zusammenhängend ausgebaut werden und besetzt bleiben sollten. Die dadurch verminderte Gefahr nördlicher Umfassung erleichterte die Lage in der Stadtstellung wesentlich. Ostlich von St. Quentin machte der Ausbau rück¬ wärtiger Stellungen gute Fortschritte, besonders nachdem vom 25. Mai ab eine Landwehr-Division zur Arbeit zur Verfügung stand. Im Juni blieb die Lage die gleiche. Weder bei den Engländern noch bei den Franzosen war eine wesentliche Änderung in der Kräfteverteilung

festzustellen. Auf deutscher Seite wurde der Tausch frischer Divisionen gegen

abgekämpfte weitergeführt. Mit dem Fortschreiten der Angriffspläne der Engländer in Flandern wurden Nebenangriffe der Verbündeten mit dem Zweck, deutsche Kräfte zu

binden, auch auf der Siegfried-Front wieder wahrscheinlicher. Die Eng¬ länder schienen südlich der Straße Vapaume—Cambrai bei Havrincourt

Abklingen der Kämpfe vor der Siegfried-Stellung.

155

Angriffsvorbereitungen zu treffen, die Franzosen die ihrigen bei St. Quentin

wieder aufzunehmen. Anzeichen für unmittelbar bevorstehende Angriffe lagen aber nicht vor. Auf deutscher Seite standen zur Abwehr je eine Division bei den Gruppen Caudry und St. Quentin als Heeresgruppenreserve hinter der Front. Ferner wurde auf Befehl der Obersten Heeresleitung hinter dem rechten Flügel der 7. Armee eine Division so bereitgestellt, daß sie im Bedarfsfalle innerhalb eines Tages nach St. Quentin herangeführt werden konnte. An den beiden bedroht erscheinenden Stellen wurde für Verstärkung an Artillerie und Fliegern Sorge getragen.

IV. Neue Lage für die Westmächte. A.Veränderte Gesamtlage. J. Der Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Rrieg^). Herbst Igl».

Der Präsident der Vereinigten Staaten WoodrowWilson war

ebenso wie wesentliche, und zwar politisch und wirtschaftlich führende Schichten ihrer Bevölkerung durch gleiche Kultur und gleiche Sprache, verwandtes Vlut und gleichgerichtete politische Denkweise England enger verbunden als

irgendeinem anderen Lande. Daneben herrschte in den Staaten eine tiefwurzelnde Vorliebe für Frankreich, Über die Verhältnisse in Europa war

man fast ausschließlich durch die englische Presse unterrichtet. Präsident Wilson selber schwebte der Gedanke eines künftigen Bundes aller Nationen der Erde vor, der Kriege verhindern, in dem aber auch sein Land eine führende Rolle spielen sollte. Aus dieser Einstellung heraus war im August 1914 sein nächstes Streben darauf gerichtet, daß der Krieg in Europa mög-

lichst rasch zum Abschluß komme, daß Amerika nicht in ihn verwickelt werde, aber auch, daß möglichst er selber als Friedensstifter und Schiedsrichter auftreten könne. Dabei kam allerdings ein Friede zum Nachteil der Westmächte für ihn nicht in Frage. Der Neutralitätserklärung vom 4. August 1914 schloß er die Mahnung an, im Geiste und im Handeln strikte Neutralität zu wahren. Im übrigen bot er den Kriegführenden seine Vermittlung an, die zu dieser Zeit aber bei keiner Partei auf Annahme rechnen konnte. Anfang September, als Deutschland im Osten wie im Westen siegreich war

und sein Botschafter Graf Vernstorff erklärte, daß es Amerikas Vermittlung annehmen würde, billigte Wilson einen neuen Versuch des Staatssekretärs

Vryan, begegnete jedoch bei der Entente völliger Ablehnung.

Landwirtschaft, Industrie und Handel der Vereinigten Staaten, die bei Kriegsbeginn unter einer schweren Depression litten, hatten inzwischen begierig die Möglichkeiten aufgegriffen, die das außerordentliche Warenbedürfnis der Kriegführenden bot. Die Regierung legte ihre Reutralitätserklärung dahin aus, daß der freie Handel mit den Kriegführenden nicht auf¬ i) Vd. VIII, 6.15 ff., 605; Bd. IX, S. 493; Bd.X, S. 15, 21 f., 305 ff.; Bd. XI, S. 443 ff, 454, 457, 461, 464, 470 ff.

Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg.

157

gehoben sei; jeder amerikanische Bürger habe das Recht, was und an wen er wolle, zu verkaufen, nur mit der Einschränkung, daß er für Konterbande nicht den Schutz der Regierung beanspruchen könne; lediglich für den Staat wäre der Handel mit den Kriegführenden unerlaubt. Angesichts der Machtverhältnisse zur See bedeutete diese nach dem Buchstaben des Völkerrechts einwand-

freie Auslegung in ihrer Wirkung die einseitige Unterstützung der Entente. Zwar machte Präsident Wilson den aussichtslosen Versuch, im Interesse des freien Handels die Anerkennung der Londoner Seerechts-Deklaration auch von England zu erreichen, als dann aber dieses Land völkerrechtswidrig am 2. November die ganze Nordsee zum Kriegsgebiet erklärtes, begnügte er

sich mit einem wirkungslosen Einspruch. Die Auslegung international anerkannter Neutralitätsbräuche während des Krieges zu ändern, lehnte er ab, da das als unneutrale Handlung ausgelegt werden würde. Nachdem über diese Fragen Klarheit geschaffen war, liefen gegen Ende

des Jahres 1914 große Aufträge der Entente-Mächte auf Kriegsmaterial, Lebensmittel und anderes ein. Die wirtschaftliche Lage in den Staaten besserte

sich merklich. Widersprüche, die gegen den Handel mitKriegsmateri a l laut wurden, verstummten angesichts der wachsenden „Prosperität" des

wirtschaftlichen Lebens und der eindeutigen Haltung der Regierung. In eng- Se(^81915. stem Zusammenhange mit dieser Entwicklung des Handels nach den EntenteLändern stand deren finanzielle Unterstützung. Nachdem der Präsident sich zunächst auf den Standpunkt gestellt hatte, daß Kredite an kriegführende Mächte wider den Geist wahrer Neutralität gingen, hatte er auf Grund einer

von Lanfing, dem Justitiar des Staatsdepartements, aufgestellten Denkschrift bereits im Oktober 1914 auch diesen Grundsatz preisgegeben. Am 4. Februar 1915 eröffnete Deutschland, in Beantwortung der engtischen Kriegsgebietserklärung vom November, unter Errichtung einer Kriegszone um England gegen dessen Handel den Unterseekrie g2). Darauf antworteten die Vereinigten Staaten bereits schärfer als auf die vorhergegangene englische Maßnahme. In einer Note vom 10. Februar

bezeichneten sie das deutsche Vorgehen als gegen das Völkerrecht verstoßend und erklärten Deutschland für „voll verantwortlich", falls amerikanische Handelsschiffe zerstört und Amerikaner dabei getötet würden. Damit hatte Präsident Wilson sich auch in dieser Frage einseitig in einer Richtung festgelegt, die für Deutschland volle Ausnutzung der einzigen ihm gegen England zu Gebote stehenden wirksamen Waffe unmöglich machte. Da aber aus dieser ') Bd. VI, S. 425. 2) Bd. VIII, S. 15.

158

Neue Lage für die Westmächte.

Herbstes. Erklärung bei dem geringsten Zwischenfall auch für die Staaten ernsteste Folgen entstehen konnten, versuchte er, die erwachsenden Spannungen zu mildern, indem er am 20.Februar England wie Deutschland vorschlug, den

Gebrauch von Minen und Unterseebooten sowie den Mißbrauch neutraler Flaggen einzuschränken und die Lebensmittelzufuhr nach Deutschland unter amerikanischer Aufsicht zuzulassen. Dieser Vorschlag scheiterte — wie vorauszusehen war — an der Weigerung Englands').

Nachdem bereits die Versenkung der „Falaba" am 28. März, bei der ein Amerikaner ertrank, sowie zwei weitere Zwischenfälle, bei denen ebenfalls Amerikaner ums Leben kamen, erhebliche Erregung und Debatten

darüber hervorgerufen hatten, ob „volle Verantwortlichkeit" hier gegeben wäre, führte am 7. Mai die Versenkung der „L u s i t a n i a" mit einem Ver-

lust von 124 Amerikanern zu folgenschwerer Krise"). Am 13. Mai wurde die

erste Lusitania-Note abgesandt. Sie stritt die Rechtmäßigkeit des Unterseekrieges grundsätzlich ab und verlangte Garantien dafür, daß solche Vorfälle sich nicht mehr ereignen könnten, ferner Eingeständnis der Ungesetzmäßigkeit des Handelns, Übernahme der vollen Verantwortung und Schadenersatz. Als daraufhin am 29. Mai Deutschland sein Bedauern aussprach und Schadenersatz anbot, die übrigen amerikanischen Forderungen aber ablehnte, kam es zu so ernsten Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Präsidenten und dem

zum Einlenken geneigten Staatssekretär Vryan, daß dieser zurücktrat. Nachfolger wurde L a n s i n g , der den Standpunkt verfocht, daß die Vereinigten

Staaten je eher desto besser an der Seite der Entente in den Krieg eintreten sollten. So weit ging Präsident Wilson allerdings nicht, denn die aktive Teilnahme am Kriege wünschte er feinem Lande nach wie vor zu ersparen. Cr lehnte es ab, den Lusitania-Fall als Kriegsgrund anzusehen, wies aber ebenso bestimmt alle Vorschläge zurück, die die Reisen von Amerikanern auf

Schiffen der kriegführenden Mächte fowie die Verschiffung von Waffen und Munition auf Passagierschiffen verhindern wollten. In der am 9. Juni ab-

gesandten zweiten Lusitania-Note bestand er auf seinen Forderungen. Als dann Deutschland am 8. Juli Sicherheit für besonders gekennzeichnete Passagierschiffe anbot, wenn Gewißheit gegeben würde, daß sie keine Konter¬ bande führten, gestand der Präsident zu, daß Unterseeboote nach den Regeln des Kreuzerkrieges Handelskrieg führen dürften. Das aber war eine Vestimmung, die die wirksamste Verwendung der neuen Waffe ausdrücklich

ausschloß. Am 19. August kamen bei Versenkung der „Arabie" abermals Ameri¬ kaner ums Leben. Da die Versenkung den gegebenen Befehlen nicht ent¬ Vd. VIII, S. 17. 2) Ebenda.

Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg.

159

sprochen hatte, wurde der Fall durch Nachgeben der deutschen Regierung beigelegt, die ihr Bedauern aussprach, Schadenersatz zusagte und den Anterseekrieg in der Nordsee einstellen ließ'). Im Mittelmeer brachte unterdessen Ende 1915 die Versenkung der „Ancona" und der „Persia" auch Konflikte mit Österreich-Ungarn, die aber ebenfalls beigelegt wurden.

Inzwischen hatte Präsident Wilson auf dringendes Anraten seines Freundes Oberst House den Gedanken der Friedensvermittlung weiter verfolgt und ihn dazu im Februar 1915 nach Europa entsandt. Ihm gegenüber hatte Anfang Juni — es war nach den Erfolgen der Mittelmächte in Galizien und den Mißerfolgen der Westmächte in Frankreich — der

englische Außenminister Sir Edward Grey die Frage der Vermittlung und einer Vereinigung der Nationen zur Verhinderung künftiger Kriege aufgeworfen. Dabei war er bestrebt, die Vereinigten Staaten enger an die En-

tente zu binden und dadurch die angebliche deutsche Gefahr für die Welt zu bannen. Am 22.September hatte er gefragt, wie weit Wilson zur Sicherung gegen künftige Angriffe gehen würde, gleichzeitig aber auch die Beteiligung der Vereinigten Staaten am Kriege auf feiten der Entente angeregt. Oberst House konnte antworten, der Präsident werde zu einem der Entente ge-

nehmen Zeitpunkt Deutschland den Entschluß mitteilen, zugunsten des Friedens zu intervenieren, und es dann auf Grund vorher mit den Alliierten vereinbarter Bedingungen zum Frieden zwingen. Diese Antwort war aber

für Sir Edward Grey nicht bestimmt genug; er ließ die Erörterungen zunächst wieder einschlafen. Inwieweit seine Bemühungen mit der im Herbst 1915 für die Entente bedrohlichen Lage an den Kampffronten: Niederlage Rußlands und Serbiens und neue Mißerfolge im Westen, zusammengehangen

haben, steht dahin. Um die Verbindung nicht abreißen zu lassen, sandte Präsident Wilson Oberst House nochmals nach Europa, wo er nunmehr klarstellen sollte, daß die Vereinigten Staaten an rein europäischen Fragen, wie

Entschädigungen, Gebietsabtretungen usw., nicht interessiert seien, sondern nur am künftigen Weltfrieden und an Garantien für diesen.

Die wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und der Entente hatten sich unterdesien enger gestaltet. Als im August 1915 ernste Schwierigkeiten für die Finanzierung der Kriegs-

lieferungen entstanden waren, hatte der Präsident auch der Auflegung öffentlicher Anleihen an kriegführende Mächte zugestimmt und damit der rasch

anschwellenden finanziellen Stützung der Entente den Weg geebnet. Ein') Bd. IX, S. 493.

160

Neue Lage für die Westmächte.

setsft 1915. sprüche der Mittelmächte gegen den Handel mit Kriegsmaterial hatte er da¬

gegen als unberechtigt zurückgewiesen. Damit entwickelten sich die Vereinig¬ ten Staaten zum Großversorger der Entente mit Kriegsbedürfnissen aller Art. Cs wuchs eine riesenhafte Industrie empor, die fähig war, höchste An-

forderungen der Kriegführenden zu befriedigen^), und es ergaben sich allmählich so innige wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen, daß auch auf politischem Gebiet die Entschlußfreiheit der amerikanischen Regierung ernstlich in Frage gestellt war. Je mehr die amerikanischen Kriegslieferungen für die Entente an¬ schwollen, um so stärker wuchs der Unwille des zahlenmäßig allerdings nur schwachen deutsch-amerikanischen Vevölkerungsteiles und machte sich in Abwehrmaßnahmen propagandistischer und materieller Art Luft. Die daraus sich ergebenden Reibungen, von der feindlichen Propaganda außerordentlich

aufgebauscht, verschärften die Lage, so schon im Herbst 1914 die Aufdeckung eines Sabotageversuchs gegen den Welland-Kanal, der die großen Binnen¬

seen verbindet, aber auf kanadischem, nicht auf Staaten-Gebiet liegt, weiter¬ hin alle Störungen, die in den Materiallieferungen an die Entente auftraten

und stets „deutschen Agenten" zugeschrieben wurden. Zu den unerlaubten Störungen rechnete man sogar den in großem Maßstabe für deutsche Rech¬ nung betriebenen Aufkauf von Kriegsmaterial und das Herausziehen von

Arbeitern deutscher und öfterreichifch-ungarischer Staatsangehörigkeit aus den Rüstungsbetrieben und nötigte im Zusammenhang mit allen diesen Vor¬ gängen bereits im Dezember 1915 den deutschen Militär- wie den Marine-

Attache zum Verlasien des Landes^). Anfang isi«.

Am 18. Januar 1916 machte der Präsident den Vorschlag, einerseits die

Handelsschiffe zu entwaffnen, andererseits den Unterseekrieg als Kreuzerkrieg zu führen. Diese Lösung lehnte die Entente ab. Als dann aber Deutschland im Zusammenhang mit der im Westen geplanten Entscheidungsoffensive am 11. Februar mitteilen ließ, daß es vom 1. März an bewaffnete Handelsschiffe

als Kriegsfahrzeuge ansehen und ohne Warnung versenken werdet, legte 1) 0.162. 2) Der nach dem Kriege zur Untersuchung der Sabotagefälle eingesetzte Senatsausschuß hat festgestellt, daß bei fast tausend untersuchten Fällen nur bei ganz wenigen die Mitwirkung Reichsdeutscher nachgewiesen werden konnte. Aber — so schrieb der damalige Militär-Attachs, jetzige Botschafter von Papen im Jan. 1939 — „auch diese

hatten ohne amtlichen Auftrag oder doch in Überschreitung der ihnen gegebenen Instruktionen gehandelt. Denn seitens der O. H. L. war ausdrücklich jede Tätigkeit untersagt worden, die auf amerikanischem Boden gegen die Gesetze des Landes verstoßen und als unneutraler Akt hätte gekennzeichnet werden können". ») Bd. X, S. 291.

161

Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg.

Oberst Houfe als Ergebnis eines neuen Meinungsaustausches mit Sir Edward Grey eine Denkschrift vom 22. Februar vor, die besagte: Präsident

Wilson solle eine Konferenz einberufen, sobald England und Frankreich den Augenblick für günstig hielten; falls Deutschland dann die ihm zu stellenden Bedingungen nicht annähme, würden die Vereinigten Staaten an der Seite der Entente zur Erzwingung des Friedens

in den Krieg gegen Deutschland eintreten. Diesen Plan schwächte Wilson nur darin ab, daß er das Wort „wahrscheinlich" für Amerikas Eintritt in den Krieg einfügte. Die Versenkung des französischen Dampfers „Sussex" am 24. März') Frühjahr ww.

führte zu neuer schwerer Krise. Wilson drohte mit Abbruch der diplomatischen Beziehungen, bis die deutsche Regierung am 4. Mai mitteilte, daß sie den Unterseekrieg künftig nach den Regeln des Kreuzerkrieges führen werde.

Die Gefahr, daß England durch den Unterseekrieg zum Erliegen gebracht werde, schien damit ausgeschaltet. Es war im übrigen die Zeit, da der deutsche Angriff auf Verdun bereits erlahmt war, die große englisch-sranzösische Offensive an der Somme und die der Russen im Osten dicht bevor¬

standen. Die Entente hoffte auf Sieg aus eigener Kraft. Präsident Wilson ließ England einen neuen Vorschlag wegen Errichtung einer Liga der

Rationen und Herbeiführung einer Friedenskonferenz machen. Aber Sir Edward Grey wich aus: Die Zeit sei noch nicht gekommen; eine von den

Vereinigten Staaten herbeigeführte Konferenz ohne vorherige Festlegung der Friedensbedingungen würde als Versuch einer Lösung zugunsten Deutschlands ausgelegt werden. Diese englische Absage wirkte in Amerika verstimmend. Am 27. Mai verkündete Präsident Wilson der Welt: Die Ver-

einigten Staaten wollten nichts weiter als den Frieden herbeiführen und ihn in Zukunft gesichert wissen. Sie schlügen eine Vereinigung aller Nationen zur Aufrechterhaltung der Freiheit der Meere und zur Verhinderung künftiger Kriege vor. Cr selber sei bereit, einen solchen Frieden zu vermitteln. England antwortete mit einer schroffen Absage und warnte vor vorzeitiger Ein-

Mischung, die als Begünstigung Deutschlands angesehen werden müßte. In dieser Zeit führten Unruhen in M e x i k o, bei denen Aufständische auch das Gebiet der Vereinigten Staaten betraten, zur Versammlung von Teilen der insgesamt rund 80 000 Mann starken „Regulären Armee" unter General Perfhing an der mexikanischen Grenze. Vorbereitungen für weitere militärische Maßnahmen wurden getroffen. Im Zusammenhang hiermit, aber .

auch, um auf jeden Fall vorbereitet zu sein für ein über kurz oder lang vielleicht ') Vd. X,S. 305. Weltkrieg. XII. Band.

11

Neue Lage für die Westmächte.

162

notwendiges Eingreifen in Europa, legte der Präsident dem Kongreß ein Gesetz über Verstärkung des Heeres vor. Nach langen Verhandlungen kam es im Juni zustande. Innerhalb von fünf Iahren sollte die Reguläre Armee auf 234 000 Mann gebracht werden, die „Nationalgarde", eine Miliz der einzelnen Staaten, die bisher wohl etwas über 100 000 Mann stark war, auf 444 000 Mann. Bis

Herbst 1916.

In den nächsten Monaten war Woodrow Wilson, dessen Präsident¬ schaft im März 1917 ablief, durch die im November bevor st ehende Neuwahl stark in Anspruch genommen. Doch ließ er sich Anfang September wegen der auch den Handel der Vereinigten Staaten schädigenden

Übergriffe Englands (Aufstellung „schwarzer Listen", Durchsuchung der Post und Verwendung der dabei gewonnenen Kenntnisse für den eigenen Handel,

wochenlanges Festhalten amerikanischer Schiffe in englischen Häfen) die Ermächtigung zu Vergeltungsmaßregeln geben. Da aber das Handelsdepartement abriet, weil die eigenen Belange dabei schwerer geschädigt würden als die englischen'), machte er von der Ermächtigung keinen Gebrauch. Als dann im Oktober Deutschland eine Friedenskonferenz bei ihm anregte"),

da es sich durch die dauernden Rechtsverletzungen Englands sonst gezwungen *) Im Jahre 1916 betrug die Ausfuhr nach Deutschland 0,68 v. H. der Aussuhr des Jahres 1914, während sich die Ausfuhr nach den Ententel ä n d e r n vervierfacht hatte.

Die Ausfuhr nach Holland, Schweden und Norwegen war von 249 Millionen Dollar im ersten Kriegsjahr (Juli 1914/Iuli 1915) auf 188 im zweiten gesunken; sie sank im dritten Kriegsjahr (Zuli 1916/Juli 1917) weiter aus 69 Millionen Dollar. Das waren aber völlig bedeutungslose Zahlen im Vergleich zur Ausfuhr in die Cntenteländer, die in je IS Monaten allein an

reinem Kriegsbedarf betrug (Zahlen nach: "Monthly Summary of the Foreign Commerce of the United States", der Vergleichsfähigkeit halber soweit nötig in Dollar umgerechnet) in Millionen Dollar: von August 1914 bis Dezember 1915 188

Munition

Waffen Flugzeuge und Flugzeugteile Sonstige Erzeugnisse der Metallindustrie sowie chemische Kriegsstoffe

Getreide

-) Bd. XI, 6.447 f.

15,4 5,6

von Januar 1916 bis März 1917 514

77,8 4,6

299,2

1675,3

508^2

2271,7

1913/14

1914/15

1915/16

1916/17

112,2

444,1

340,2

338,9

Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg.

163

sehe, den Unterseekrieg wieder mit größerer Schärfe zu führen, erblickte der

Präsident in diesem Schritt lediglich eine Drohung. Erst nach seiner Wiederwähl, am 7. November, nahm er seine Friedenspläne von neuem auf. Am

13. November äußerte er zu Oberst House, daß der Unterseekrieg die Ver-Nov-mber,ms. einigten Staaten in den Krieg ziehen würde — was er zu vermeiden

wünschte —, wenn nicht sofort eine Friedensaktion eingeleitet würde. So konnte der Botschafter Graf Vernstorff am 21. November nach Berlin berichten'), daß der Präsident in Kürze einen Friedensschritt unternehmen wolle.

In einem eigenhändig aufgesetzten Entwurf forderte Wilson Beendigung des Krieges, ehe es zu spät sei, unter Zugrundelegung folgender Punkte: Wiedergutmachung der verursachten Schäden, Friedensschluß auf Grund der Rechte der Schwachen und Starken, der Völker und Regierungen, Schaffung einer Liga der Nationen zur Sicherung des Weltfriedens. Um das zu erreichen, schlug er eine allgemeine Konferenz vor, aus der dann die Friedenskonferenz

hervorgehen sollte. Angesichts dieser Pläne empfand Präsident Wilson die deutsche Dezember. Friedensnote vom 12.Dezembers, die seinem eigenen Schritt zuvorkam, zu¬ nächst als Störung, hielt sie dann aber doch für nicht ungünstig und erklärte sich bereit, sie weiterzuleiten. Sein eigenes Vorhaben führte er daneben weiter durch; er sandte am 18. Dezember an alle Kriegführenden die Auf-

fordemng, ihre Kriegsziele bekanntzugeben'). Obgleich nun die Antworten der Entente auf die deutsche wie auf die amerikanische Note jede Friedensbereitschaft vermissen ließen und auch die deutsche Antwort auf letztere seiner Auffassung nach völlig unbefriedigend war, machte Wilson einen weiteren Versuch, die Kriegführenden an den Verhandlungstisch zu bringen. Am 22. Januar 1917 richtete er an den Senat eine Adresse, in der er für einen Januar 1917.

„Frieden ohne Sieg" eintrat, denn nur ein solcher könne von Dauer sein. Als er am 27. Januar dem deutschen Botschafter ein neues Vermittlungs-

angebot") machte, waren die Boote zur Aufnahme des uneingeschränkten Unterseekrieges bereits ausgelaufen und konnten nicht mehr erreicht werden. Am 31. Januar teilte der deutsche Botschafter dem Präsidenten die

Eröffnung des uneingeschränkten Unterseekrieges mit und gleichzeitig auch Deutschlands Bereitschaft, ihn einzustellen, sobald volle Sicherheit geboten sei, daß „die Bemühungen des Präsidenten zu einem für uns annehmbaren Frieden führen würden." Präsident Wilson aber brach am 3. Februar die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland ab. In den >) 2) 3) 4)

Bd. XI, Bd. XI, Bd. XI, Bd. XI,

S. 454. S. 456. S. 457 ff. S. 476.

Februar.

Neue Lage für die Westmächte.

164

Februar.

Staaten sah man darin den ersten Schritt zum Kriege. Man begrüßte ihn

fast allgemein, denn die Verkündung des uneingeschränkten Unterseekrieges wirkte zunächst wie eine Blockade-Erklärung. Die Reeder weigerten sich, Schiffe nach Europa auslaufen zu lassen; die Ausfuhr von Kriegsbedarf, die seit 1914/15 auf mehr als das Dreifache gestiegen war'), drohte zum Erliegen zu kommen. Stürmisch wurde die Bewaffnung der Handelsschiffe gefordert. Am 10. Februar nahm der Kongreß mit überwältigender Mehrheit das bisher größte Flottengesetz an. Präsident Wilson kam die zur Schau getragene kriegerische Stimmung ungelegen, denn noch immer hielt er es für möglich, ohne Krieg zum Ziele zu kommen. Wohl traf er Vorbereitungen für den Krieg, nach außen in Erscheinung tretende Maßnahmen wünschte er aber zu

vermeiden, auf jeden Fall wollte er „offene feindliche Akte" von seiten Deutschlands abwarten. So hatten die militärischen Behörden sich einstweilen auf Ausarbeitung eines Dienstpflichtgesetzes, Anordnungen zum Schutze gegen Spionage und Sabotage, Mobilisierung der Wirtschaft usw. zu beschränken. Auch veranlaßte ihn eine Note des österreichisch-ungarischen Außenministers Grafen Czernin vom 5. Febmar, der die Hoffnung aussprach, daß Präsident Wilson seine Bemühungen trotz allem nicht aufgeben würde, mit London in Verbindung zu treten, um das Hindernis für den Abschluß eines Friedens mit Wien, die von der Entente geforderte Aufteilung der Donau-Monarchie, aus dem Wege zu räumen. Als er schließlich am 20.Februar erfuhr, Lloyd

George glaube, daß einer Belassung Böhmens und Ungarns bei Öfterreich nichts im Wege stehen würde, leitete er mit Wien Besprechungen ein^). Sie scheiterten, da Graf Czernin nicht ohne seine Verbündeten zu verhandeln bereit war.

Gerade in diesen Tagen aber hielt England am 25.Februar die Zeit

für gekommen, einen deutschen Funkspruch vom 16. Januar nach Washington mitzuteilen, den es bereits seit Wochen entziffert in der Hand hatte. Es war eine Note des deutschen Auswärtigen Amtes an den Gesandten in

Mexiko. Sobald der Krieg mit den Vereinigten Staaten sicher sei, sollte er ein Bündnis vorschlagen, Staatengebiet als Gewinn in Aussicht stellen und Mexiko auffordern, den Beitritt Japans zu diesem Bündnis zu vermitteln. Das Bekanntwerden der Note löste in den Vereinigten Staaten, deren Truppen noch an der mexikanischen Grenze und in Bekämpfung von Banden teilweise sogar auf mexikanischem Boden standen, die englischerseits erwartete Empörung aus. Sie trieb den bisher noch zögernden Präsidenten vorwärts. Am 26. Februar forderte er vom Kongreß die Ermächtigung zur Bewaffnung -) S. 162, Siran. 1. y Vgl. S. 167.

Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg.

ISS

der Handelsschiffe. Als die Zustimmung versagt wurde, ordnete er am 12. März aus eigener Machtvollkommenheit die Bewaffnung durch die

März.

Marine an.

Am 14. März wurde die Torpedierung eines amerikanischen Dampfers und am 18. die von drei weiteren amerikanischen Schiffen mit erheblichem Verlust an Menschenleben bekannt. Damit waren nach Wilsons Ansicht

„offene feindliche Akte" gegen die Vereinigten Staaten begangen. Nachdem sich das Kabinett am 20.März einstimmig für Erklärung des Kriegszustandes ausgesprochen hatte, berief der Präsident den Kongreß zu einer Sondersitzung ein und verlas vor ihm am 2. April eine Adresse, die in der Feststellung

gipfelte, Deutschland habe durch sein Verhalten den Krieg gegen die Vereinigten Staaten eröffnet. Er erbat die Zustimmung des Kongresses zu dieser Auffassung. Nachdem beide Häuser mit überwältigender Mehrheit den Standpunkt der Regierung gebilligt hatten, proklamierte der Präsident am 6.April den Kriegszustand mit Deutschland. Am 10. April folgte der Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Österreich-Ungarn, am 20. brach die Türkei die Beziehungen zu den Vereinigten Staaten ab. Nur

Bulgarien hielt sie auch weiterhin aufrecht. Vom Beginn des uneingeschränkten Anterseekrieges bis zur Kriegserklärung der Vereinigten Staaten an Deutschland waren zwei Monate

vergangen. In ihren letzten Wochen aber hatte sich die Lage der Westmächte unerwartet verschlechtert, indem die russische Revolution die Mittelmächte im Osten entlastet und gleichzeitig der Siegfried-Rückzug deutsche Kräfte im Westen freigemacht hatte, während die Schiffsverluste der Entente und der Neutralen unheimlich anschwollen. Inwieweit diese Notlage der EntenteLänder, die den Vereinigten Staaten jetzt nicht weniger als zweieinhalb

Milliarden Dollar, also annähernd elf Milliarden Goldmark, für Kriegslieferungen schuldeten, bei den letzten Entschließungen des Präsidenten mit-

gesprochen hat, steht dahin. Von aufrichtiger Neutralität, die beiden kriegführenden Parteien nicht nur dem Buchstaben nach, sondern auch in der Wirkung gleiches Recht zukommen läßt, konnte bei seinem Verhalten nicht wohl die Rede sein. „England kämpft unseren Kampf", und er werde ihm „in der gegenwärtigen Weltlage keine Hindernisse in den Weg legen", hatte er bereits im Mai 1915 seinem Privatsekretär Tumulty gegenüber geäußert^. Dem eigenen Lande die Opfer aktiver Beteiligung am Kriege, wenn irgend möglich, zu ersparen, war der eine Leitgedanke seines Handelns; der zweite *) Charles Callan Tanfill: "America goes to War", 2lnt. A.

April,

166

Neue Lage für die Westmächte.

Aprll/Mai. wurde, den Sieg Deutschlands zu verhindern. Hinter beiden aber stand die Hoffnung, selber als Friedensvermittler die Völkerbundsideen zu verwirklichen, für die er als Ergebnis theoretischer Studien schon lange vor dem Kriege in Schriften und Vorträgen eingetreten war. Cr handelte so, wie er die Belange seines Landes am besten gewahrt glaubte, war dabei aber von

Kriegsbeginn an stets der Freund der Entente, niemals der Mittelmächte, vor allem nicht Deutschlands. Vor dem Senat sprach er im August 1919 als seine Ansicht aus, daß die Vereinigten Staaten zum Kriege mit Deutschland gekommen wären, auch wenn dieses keine „feindlichen Handlungen" gegen

die Staaten begangen hätte. An der Kriegführung konnte sich zunächst nur die Flotte beteiligen, vor allem indem sie bei der Sicherung des Weges über den Atlantik mitwirkte. Ebenso war neben dem Frachtraum der amerikanischen Handelsflotte der-

jenige der zahlreichen in Häfen der Staaten festliegenden deutschen Schiffe von Wert, wenn es auch bei vielen von ihnen noch rechtzeitig gelungen war,

die Maschinen unbrauchbar zu machen. Die Unterstützung auf dem Gebiet der Kriegswirtschaft konnte durch unmittelbares Zusammenwirken der nun¬

mehr verbündeten Regierungen planmäßig geordnet, aber kaum mehr wesentlich gesteigert werden, da jetzt auch die Bedürfnisse der amerikanischen Kriegsührung eine Rolle zu spielen begannen. Vom amerikanischen Heere hatte die Reguläre Armee seit Sommer 1916, vor allem durch übertritt von der

Nationalgarde, eine Iststärke von rund 133 000 Mann erreicht, diese zählte dafür nur noch gegen 70 000 Mann, beide waren also von der zu erreichenden

Sollstärke (234 000 und 440 000 Mann) noch weit entfernt. Beide ergänzten sich aus Freiwilligen durch Werbung. Vis aus solchen über das weite Land zerstreuten und kaum in größere Verbände gegliederten Truppen für den Kampf in Europa verwendbare Formationen aufgestellt und ausgebildet sein konnten, mußte viel Zeit vergehen. So lag der unmittelbare Gewinn für die Entente zunächst im wesentlichen auf moralischem Gebiet. Der Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg stärkte die Hoffnung auf den End¬

sieg selbst für den Fall, daß die unmittelbar bevorstehende große Offensive gegen die deutsche Westfront den erhofften Erfolg nicht bringen sollte. Unterdessen war Marschall Ioffre in den Vereinigten Staaten ein¬ getroffen, um die Entsendung von Truppen nach Europa zu betreiben. Am 2. Mai wurde er von Wilson empfangen. Zu dieser Zeit aber stand bereits

fest, daß die große Durchbruchsoffensive der Westmächte gescheitert war; amerikanische Truppenhilfe schien nötiger denn je. An demselben Tage, an dem der Präsident den französischen Marschall empfing, gab er auch die ersten Weisungen für Aufstellung eines Expeditionskorps.

(Eintritt der Vereinigten Staaten in den Krieg. Revolution in Rußland.

1H?

2. Die Revolution in Rußlands. Der strenge Winter und die daraus entstehenden Verpflegungs- und Transportschwierigkeiten hatten in Rußland die seit langem unter der Ober-

fläche schwelende revolutionäre Bewegung in bedrohlichster Weise genährt. Schon unmittelbar nach der Abreise der zur Konferenz in Petersburg anwesenden Vertreter der Westmächte geschah von russischer Seite ein Schritt, um angesichts der unhaltbar gewordenen inneren Lage zum Frieden zu kommen: Am 26. Februar hatte der amerikanische Botschafter in Wien 2«. Februar,

dem Außenminister Graf Czernin die Mitteilung zu machen^), daß „aus St. Petersburg via Washington an Wien die verzweifelte Bitte um

Frieden eingelangt" sei; dabei wurde Geheimhaltung auch gegenüber den Alliierten gefordert; andernfalls sollte das Angebot hinfällig sein. Ob dieser Fordemng entsprochen wurde und von wem das Angebot ausgegangen ist,

ist nicht bekannt). Bevor aber dieser Faden weiter gesponnen werden konnte, kam am 13. März die revolutionäre Bewegung zum offenen Ausbruch. Am 15.März dankte Zar Nikolaus II. ab. Am 18.März trat die Duma für Fortsetzung des Krieges ein. An die Spitze des Heeres trat bald

,z^srz.

darauf der bisherige Generalstabschef, General Alexejew, ein unbedingter Anhänger des Zusammengehens mit den Westmächten, der gewillt war, alles zu tun, um das Heer schlagkräftig zu erhalten und sobald als mög-

lich zur Offensive anzusetzen. Im Innern des Landes aber machte die

Friedensbewegung täglich Fortschritte. Am 21. März drängte General R i v e l l e auf Beginn der russischen 21. März.

Offensive Anfang oder Mitte April als besten Gegenmittels gegen die drohende Auflösung des Heeres, aber der französische Militärbevollmächtigte bei der

russischen Heeresleitung gab nur wenig Hoffnung auf einen Erfolg dieses Schrittes. General Alexejew hielt angesichts der Transportschwierigkeiten die Verschiebung des Operationsbeginnes bis zum 15. Mai für nötig. Aber

die Hoffnung, das Heer würde die Krisis überwinden, erfüllte sich nicht. Ende März glaubte er, daß vor Juni oder Juli an Operationen von irgend-

welcher Bedeutung russischerseits nicht zu denken sei, und warnte unter diesen Umständen einstweilen auch vor entscheidungsuchenden Kämpfen an der Front der Westmächte. General Nivelle andererseits wurde durch die Ver') Anschluß an ©.95 ff.; Näheres Teil IX: „Der Krieg im Osten". -) Frhr. von Werkmann: „Deutschland als Verbündeter", S. 183; Ottokar Czernin: „Im Weltkriege", S. 192 f. ') Cs ist immerhin möglich, daß die Westmächte von dem Schritte doch etwas erfahren haben und seitdem an der Beseitigung des Zaren und feiner Ersetzung durch

zuverlässige Freunde, Großfürst Michael Alexandrowitsch und General Alexejew, besonders stark interessiert waren.

168

Neue Lage für die Westmächte.

Ende Mär,. Hältnisse in Rußland nur in dem Entschluß bestärkt, alsbald mit allen Kräften loszuschlagen; das hielt er auch für das beste Mittel, Nußland in seiner Not zu helfen. Denn in ihrer ganzen Bedeutung war zu dieser Zeit die revolutionäre Bewegung noch nicht erkannt; an vielen Stellen gab man sich

der Hoffnung hin, daß ein neues, gestärktes Rußland aus ihr hervorgehen würde. Die diplomatischen Vertreter der Westmächte unterstützten die neue Regierung. Allein am 30. März gestand der Kriegsminister Gutschkow, daß deren Einfluß mehr und mehr abnähme, wenn ihm das Volk auch in seiner

Maffe bereit schien, den Krieg fortzuführen. Aber schon die nächsten Tage zeigten, daß er über den Kampfwillen von Volk und Heer sich Täuschungen hingab. Der deutsche Angriff am Stochod') führte am 3. April zu schwerer örtlicher Niederlage, was — entgegen den Erwartungen mancher Kreise —

ein weiteres Absinken der kämpferischen Stimmung zur Folge hatte. Obgleich das russische Heer jetzt über weit mehr Divisionen verfügte als je zuvor, war

es infolge fehlender Ausrüstung sowie verzweifelter Verpflegungs- und Transportlage, wozu noch die Schneeschmelze trat, auf lange Zeit bewegungs¬ unfähig. Die Erschütterung des russischen Heeres wirkte auf die r u m ä n i s ch e

Armee zurück; ihre Führung glaubte sogar, mit der Möglichkeit eines Äbertritts rumänischer Kräfte zu den Deutschen und dann mit einem rumä-

nisch-deutschen Angriff rechnen zu müssen. Wenn die französische Militär-

Mission diese Schwarzseherei auch bekämpfte, so mußte doch auch sie zugeben, daß Hunger und Entbehrungen sowohl bei den zurückgezogenen Armeeteilen wie unter den 300 000 geflüchteten Einwohnern zahllose Opfer forderten. So schienen die Mittelmächte an der gesamten Ostfront für absehbare Zeit entlastet. Ihre dort eingesetzten Kräfte waren offenbar nicht mehr in voller Stärke gebunden. Frei werdende Teile konnten an anderen Fronten auftreten.

Z. Besorgnisse Italiens Beilage 2 a und Band XI, Skizze 26.

Der Siegfried-Rückzug und die russische Revolution ließen der ita¬ lienischen Heeresleitung die Lage an ihrer Front noch gefährdeter als bisher erscheinen. Die Gegner hatten jetzt Kräfte frei, die sie gegen Italien einA>. März,

setzen konnten. Am 20. März eröffnete General E a d o r n a der französischen

Militärmission, daß die Dinge, die sich im Trentino vorbereiteten, ihm nicht mehr gestatteten, an eine Offensive im Isonzo-Gebiet zu denken'). Er müsse ') Teil IX: „Der Krieg im Osten". -) Anschluß an S. 91 ff. 3) Wer Versuche, zum Frieden mit Österreich-Ungarn zu kommen, vgl. S. 171.

Revolution in Rußland. — Vesorgnisie Italiens.

ISS

etwa vom 15. April ab auf einen Angriff von annähernd 80 deutschen und österreichsch-ungarischen Divistonen gefaßt sein. General R i v e l l e wandte sich an den italienischen Kriegsminister, damit General Cadorna sich „den

früher getroffenen Entscheidungen anpasse"'). Bei einer neuen Besprechung in Udine am 23. März mußten aber die dorthin entsandten Generale Robert-

son und Weygand die gleichen Einwände hören. General Cadorna stellte jetzt die klare Forderung nach direkter Hilfe; sonst könne er genötigt sein, den Rückzug hinter den Tagliamento und vielleicht den Piave ins Auge zu fasten. Daraufhin forderte General Nivelle die englische wie auch die französische Regierung auf, die Bedingungen zu nennen, unter denen französische und englische Truppen an der italienischen Front eingesetzt werden könnten. Den italienischen Oberbefehlshaber bat er am 28. März um die Zustimmung dazu,

28. März,

daß sich einer seiner Generale über die taktischen Verhältniste des Einsatzes französischer Kräfte an Ort und Stelle unterrichte; als Gegenleistung erwarte er möglichst starke Mitwirkung an der großen allgemeinen Offensive vom ll). April ab. Für die gegebenenfalls Italien zu leistende Hilfe schlug er fol-

gende Formel vor: „Im Falle einer starken Offensive im Trentino verpflichtet sich die französische Regierung, die italienischen Armeen direkt zu unterstützen, wenn die Lage an der sranzösisch-englischen Front in diesem Augenblick die Entnahme der nötigen Verbände erlaubt." Es sollte dann sofort der Kom-

mandostab nach Italien abgehen, darauf die schwere und schwerste Artillerie, endlich eine gewisse Anzahl von Insanterie-Divisionen folgen. Der Zeitpunkt der Entsendung sollte dem Ermessen der französischen Heeresleitung überlasten bleiben. Das französische Kriegskomitee sandte General Foch nach Italien, der vor allem seinen Einfluß im Sinne einer energischen Beteiligung an der

allgemeinen Offensive zur Geltung bringen sollte; England schickte eine Militärmission mit gleichen Weisungen. Die Aussprache zwischen den Generalen Foch und Cadorna fand am 8. April statt, als bei Arras die große

englische Offensive gerade beginnen sollte und die französische an der Aisne und in der Champagne nahe bevorstand. Damit waren die deutschen West-

kräfte gebunden; die Gefahr für Italien war so gut wie beseitigt. Trotzdem kam man zunächst nur zu folgendem Ergebnis: Da die Lage des italienischen

Heeres sich durch Schaffung neuer Divisionen, Vermehrung der Artillerie und Verstärkung der Verteidigungseinrichtungen gebessert habe, könne es einem österreichisch-ungarischen Angriff durch das Trentino nunmehr mit eigenen Kräften begegnen. Wenn aber deutsche Truppen an diesem Angriff teilnähmen, so sei erfolgreicher Widerstand nur drei Wochen lang möglich. 0 Cadorna, Bd. II, S. 47.

». Apru.

170

Neue Lage für die Westmächte.

Das würde aber genügen, um von den verbündeten Heeren die notwendigen

Verstärkungen heranzuführen. Auf aktive Beteiligung Italiens an der allgemeinen Offensive war jedenfalls erst zu rechnen, wenn die Offensive der Westmächte sich weiter entwickelt hatte und damit die Gefahr eines Angriffs ig. Apru.

aus dem Trentino endgültig beseitigt war. Am 19. April gab General Eadorna die ersten Weisungen für die

nächste Isonzo-Offensive. Sie konnte nach der nötigen Umgruppierung etwa Mitte Mai beginnen.

4. Auffassung bei den N?estmächren^), Regierungswechsel in

Frankreich, Bedenken gegen das t^ivellesche Angriffsverfahren. März.

C n g l a n d war von den Wirkungen des uneingeschränkten Untersee-

krieges am stärksten betroffen; die Versenkungsziffern schwollen gewaltig an. Der monatliche Durchschnittsverlust an Schiffsraum, der im zweiten

Halbjahr 1916 210 000 Tonnen betragen hatte, stieg im Februar 1917 einschließlich der versenkten neutralen Schiffe auf mehr als das Doppeltes. Andererseits war man in England der Ansicht, daß die in Deutschland seit dem Herbst herrschende Knappheit an Nahrungsmitteln sich im Mai voll aus¬ wirken werde. Nun schien aber Deutschland neuerdings vor allem aus

Schweden, Dänemark und Holland, deren Verbindungen nach England jetzt aufs äußerste erschwert waren, die Erzeugnisse dieser Länder wie auch dorthin eingeführte Handelsgüter der Entente in verstärktem Maße zu beziehen. Um dies zu unterbinden, wie auch zur Sicherung des eigenen Bedarfs, einigten

sich die Alliierten Ende März auf eine noch schärfere Drosselung jeder Einfuhr nach neutralen Ländern. Wenn im übrigen gewiß weite Kreise Ent¬ täuschung über den Verlauf des Krieges und Zweifel an seinem Ausgang zeigten, so herrschte doch im Kriegskabinett Lloyd George der unbeirrbare Wille zum Siege. Als die leitenden Männer der Dominions und Indiens, deren Leistun¬ gen man auf größtmögliche Höhe zu bringen wünschte, Ende März in London zu einer Reichskriegskonferenz versammelt waren, führte Staats¬ sekretär des Äußeren Valfour am 26. März vor ihnen aus, daß die Friedens-

bedingungen, auf die sich Großbritannien seinen Verbündeten gegenüber festgelegt habe, die Fortsetzung des Krieges forderten. Ohne endgültigen Sieg sei die Zergliederung der Türkei, die Aufteilung Österreich-Ungarns unter seine Nachbarn, die Wiederaufrichtung Polens, die Rückgabe Elsaß-Loth-) Anschluß an S. 87f. und 99 ff.

2) Deutscherseits war der im Februar 1917 versenkte Schiffsraum auf 781000

Tonnen, also noch wesentlich höher, berechnet worden (S. 83).

Siegeswillen in England. Kaiser Karls Friedensfühler.

171

ringens an Frankreich undenkbar. Gerade letzteres müsse ein Hauptziel Englands bleiben, um Deutschlands wirtschaftliche Vormachtstellung zu brechen

und das europäische Gleichgewicht wiederherzustellen. „Man hat mir gesagt", äußerte der Staatssekretär, „daß die Kriegsmüdigkeit in gewissen Kreisen der französischen Gesellschaft infolge der furchtbaren Verluste und der allgemeinen Lasten, die der Krieg ihnen auferlegt hat, so groß ist, daß sie, wenn sie einen ehrenvollen Frieden ohne Clsaß-Lothringen oder nur mit einem

kleinen Teil von Clsaß-Lothringen haben könnten, auch damit zufrieden sein würden. Für mich wäre es eine große Enttäuschung, wenn dieser Krieg ohne

die völlige Wiederherstellung der alten Grenzen Frankreichs enden würde".

Unterdessen schienen die Verhältnisse in Österreich-Ungarnfür die Entente günstige Aussichten zu bieten. Bereits am 10. Februar hatte Lloyd George dem amerikanischen Botschafter, der wegen der beabsichtigten

Aufteilung der Donau-Monarchie vorsprach'), sagen können^): „Der neue Kaiser sei des Krieges, den er nicht herbeigeführt, sondern ererbt habe, besonders müde. Außerdem sei Österreich auf jeden Fall genötigt, ihn einzustellen. Sollten die deutschen Mächte gewinnen, so würde es zu einem Vasallen Deutschlands werden, was für das Land schlimmer sein würde als ein Sieg der Entente. Ästerreich werde heute von Deutschland geführt und

regiert. Sogar seine eigenen Heere würden von Deutschen befehligt. Am meisten leide es unter dem wirtschaftlichen Druck. »Ich weiß, daß es den Krieg einzustellen wünscht.«" Am 5. März hatte dann Präsident Poin car« durch den Besuch des Prinzen Sixtus von Parma, Schwager Kaiser Karls, aus Wien Nachrichten vom 21. Februar erhalten, die nicht nur das

Friedensbedürfnis Österreich-Ungarns klar hervortreten ließen, sondern auch die Geneigtheit seines Herrfchers zeigten, sich Deutschland gegenüber für Frankreichs Interessen einzusetzen^). Der Präsident der Republik spann diesen Faden durch Rückfragen weiter und erfuhr dabei, nachdem Prinz Sixtus am 2Z./24. März nochmals bei Kaiser Karl gewesen war, einerseits,

daß Italien versucht habe, mit Österreich-Ungarn zu Friedensbesprechungen ») S. 164. 2) Publications of the Departement of State (U.S.A.) in Verl. Mon. Hefte

1937, S. 395 ff. 3) Eine Niederschrift Kaiser Karls in der vom Prinzen Sixtus niedergelegten Fassung (den Urtext hatte er vernichtet) enthielt unter anderem die Sätze: „Wir werden Frankreich unterstützen und mit allen Mitteln einen Druck auf Deutschland ausüben ...

Wir hegen die größte Sympathie für Belgien und wissen, daß es ungerecht behandelt worden ist. Die Entente und wir werden die von ihm erlittene ernste Unbill wieder gut-

machen ... Wir sind durchaus nicht den Befehlen Deutschlands unterworfen und haben

ja auch gegen Deutschlands Wunsch die Beziehungen zu Amerika nicht abgebrochen."

172

März,

Neue Lage für die Westmächte.

zu kommen, andererseits, daß eine Offensive der Mittelmächte gegen Italien nicht zu erwarten sei.

In Frankreich bereitete sich ein Regierungswechsel vor. Dem Kriegsminister, General L y a u t e y, war es weder gelungen, zum Großen

Hauptquartier noch zum Parlament gute Beziehungen herzustellen. Anmittelbare Fühlungnahme mit einzelnen Heeresgruppen- und Armeeführern hatten bei ihm Zweifel an der Ausführbarkeit der Nivelleschen Pläne erweckt und

ihn Anfang März sogar einen Wechsel im Oberkommando ins Auge fassen lassen. Andererseits hatten ihn sein „militaristisches Wesen", sein Eintreten für General de Eaftelnau, dem er die Stellung eines Generalstabschefs der Armee zugedacht hatte, sein Mißtrauen gegen die Verschwiegenheit von

Abgeordneten über Geheimsitzungen der Kammer den linksstehenden Kreisen des Parlaments verhaßt gemacht. Nach einem heftigen Zusammenstoß in der Kammersitzung des 14. März trat General Lyautey als Kriegsminister zu¬ rück, am 17. März folgte ihm das ganze Kabinett Vriand. Am 20. März bildete Ribot eine neue Regierung, in der Painleve das Kriegs-

Ministerium übernahm. Die schärfere Zusammenfassung der Kriegsleitung, wie sie Vriand angestrebt hatte, war damit wieder aufgegeben. General Nivelle hatte in Vriand seine beste Stütze verloren. Die Regierung sah die G e s a m t l a g e überaus ernst an: Rußlands Er¬

lahmen hatte Rumäniens Ohnmacht, General Sarrails Bewegungslosigkeit und Italiens vorsichtige Zurückhaltung zur Folge. Kein Einsichtiger zweifelte daran, daß, wenn die französischen und englischen Armeen angriffen, sie allein angreifen würden^). Es war nur ein schwacher Trost, daß die Vereinigten Staaten, deren gewaltige Produktion den Verbündeten schon bisher uneingeschränkt zur Verfügung gestanden hatte, die diplomatischen Beziehungen zu

Deutschland abgebrochen hatten. Vis sie ein für den Krieg in Europa geeignetes Heer zur Verfügung haben würden, konnte der Krieg verloren sein. Am so mehr hielt das neue Kabinett, das seit der Verabschiedung des Marschalls Ioffre wieder die volle Verantwortung für die Kriegsleitung beanspruchte, sich für verpflichtet, über die Aussichten des NivelleschenPlanes Klarheit zu gewinnen. Cr befragte aber nicht nur General Nivelle selber, sondern auch unmittelbar seine Unterführer, vor allem die Generale Franchet d'Efperey, Micheler, Pßtain, und gewann dabei nicht die Überzeugung von der unbedingten Zuverlässigkeit der Rechnung^). Aber die

Notwendigkeit des Angriffs herrschte bei den Heeresgruppenführern Einigkeit, denn wenn man den Feind nicht fessele, müsse man eine Armee nach ') Painlevs, S. 31. -) Vgl. S. 101 und 104.

Regierungswechsel in Frankreich. — Bedenken gegen Nivelles Plan.

173

Italien schicken; aber die weitgehenden Hoffnungen des Generals Nivelle teilte keiner. Noch bedenklicher wurde die Regierung, als am Z.April

Z.AP«.

Kammer- wie Senatspräsident nach einem Besuch bei der Heeresgruppe Durchbruch berichteten, daß man dort nicht sehr zuversichtlich sei, und am 5. April vom früheren Kriegsminister Oberst Messimy, zur Zeit InfanterieFührer bei einer Division der 10. Armee (Heeresgruppe Durchbruch), eine

Denkschrift einlief, die unter dem Einfluß „einer höheren Stelle (Micheler)'") geschrieben zu sein schien und unter eingehender sachlicher Begründung von der geplanten Offensive abriet. Ministerpräsident Ribot sah sich veranlaßt, zum 6. April eine außerordentliche Besprechung bei der Heeresleitung anzu-

beraumen, in der General Nivelle seinen Heeresgruppenführern gegenübergestellt werden sollte2).

B. Der Einfluß der Giegfried-Bervegung auf den Gperationsplan^. J. Anpassung an die veränderte Lage. Beilagen 1, 1 a und 2.

Am 16. März hatte General Nivelle die Überzeugung gewonnen, is.Mä»z. daß die Deutschen im Begriff seien, auf der ganzen Front von der Oife südwestlich von Noyon bis gegen Arras hin sich dem Angriff zu entziehen und auf die „Hindenburg-Linie" zurückzugehen4). Zu dieser Zeit standen die zum Angriff bestimmten französischen und englischen Kräfte wie folgt bereit: Heeresgruppe Durchbruch unter General Micheler zwischen Reims und Soiffons mit 5. und 6. Armee in vorderer Linie, 10. als Hauptreserve der Heeresleitung dahinter, um am 10. April anzugreifen und, mit dem

linken Flügel über Laon auf La Före, tief in den Rücken der nach Westen weit vorspringenden deutschen Front zu stoßen. Heeresgruppe Nord unter General Franchet d'Csperey mit 1. und 3. Armee zwischen Soiffons und der Straße Amiens—Roye, um bereits am

3. April (zwei Tage vor der Heeresgruppe Durchbruch) anzugreifen und mög-

lichst starke Kräfte des Gegners auf sich zu ziehen. Südflügel des e n g l i f ch e n H e e r e s mit 4., 5. und 3. Armee anschließend

daran bis zu den Vimy-Höhen nördlich von Arras, um ebenfalls schon am

8. April anzugreifen und zum Zusammenwirken mit der Gruppe Durch-

bruch die Richtung auf Cambrai zu nehmen. *) Franz. amtl. Werk, Bd. V, 1,S. 562. 2) Weiteres hierüber S. 178. 3) Anschluß an S. 100 ff. 4) S. 118.

174

,6. März.

Neue Lage für die Westmächte.

Diesen Plänen war durch den deutschen Rückzug die Unterlage entzogen. Die Heeresgruppe Nord und im wesentlichen auch die Engländer kamen voraussichtlich ohne ernsten Kampf in den Besitz ihrer ersten Angriffsziele. Ihre weitere Vorwärtsbewegung aber mußte sich an der deutschen „Hinden-

burg-Linie" festlaufen, die wahrscheinlich nicht ohne sehr gründliche und langwierige Vorbereitungen angegriffen werden konnte. Zwischen Oise und Arras, wie es geplant war, durch früheren Angriff als an der Durchbruchs-

front feindliche Kräfte nicht nur zu fesseln, sondern solche geradezu dorthin zu ziehen, konnte also nicht mehr gelingen. Dort mußten vielmehr durch die Verkürzung der Front deutsche Reserven frei werden. Doch es wurden auch ebenso viele oder fogar noch mehr eigene Kräfte frei zu anderer Verwendung. Das glich sich also aus. Mehr fiel ins Gewicht, daß die beabsichtigte operative Wirkung des Angriffs der Heeresgruppe Durchbruch gemindert war. Ihr Stoß zielte jetzt weniger in die Tiefe der deutschen Front als in die Flanke der neuen Stellung und mußte, um wirksam zu sein, weiter nach Osten ver¬

schoben werden. So sah sich General Nivelle durch den Siegfried-Rückzug gezwungen, feinen Operationsplan in wesentlichen Punkten zu ändern. Die bei der Heeresgruppe Nord frei werdenden Kräfte, neun In¬ fanterie- und zwei Kavallerie-Divisionen, konnte man der Heeresgruppe Durchbruch zuleiten, oder man konnte mit ihnen die Heeresgruppe Mitte

verstärken und diese zum Angriff mit heranziehen. Die hierzu nötigen Vor¬ bereitungen hätten aber eine Verschiebung der ganzen Offensive erfordert. Auch mag General Nivelle Bedenken getragen haben, ob General Petaitt die ihm zuzuweisenden Kräfte taktisch so verwenden werde, wie er selber es für angemessen hiew). So entschied er sich zwar für die erste Lösung und damit für die Bildung einer neuen Reserve hinter der Heeresgruppe Durchbruch, aber auch der Heeresgruppe Mitte gab er Weisung, sich vom 10. April ab wenigstens westlich der Suippes mit noch näher zu bestimmenden Verstärkungen angriffsbereit zu halten. Die Heeresgruppe Nord sollte dem Feinde an der Klinge bleiben, aber die „Hindenburg-Linie" bis auf weiteres

nicht angreifen. Die künftige Angriffsfront des französischen Heeres erstreckte sich damit von Aubsrive (an der Suippes) bis westlich von Soisfons. Wenn die neu zu bildende Reservearmee (1. Armee) hinter der Heeresgruppe Durchbruch eingetroffen war, sollte die 10. Armee ganz in den Verfügungsbereich

des Generals Micheler übergehen. Mit der Mitteilung dieser Absichten an Feldmarschall H a i g am 16. i8. März, und 18. März verband General Nivelle die Bitte, die englische Operation

darauf abzustimmen, insbesondere die englische 4. Armee auf gleicher Höhe -) S. 104.

Einfluß des Siegfried-Rückzuges aus den Operationsplan.

175

mit dem französischen linken Flügel dem Feinde dichtauf folgen zu lassen, um

seine Kräfte zu fesseln und weitere planmäßige Zerstörungen im Rückzugsgebiet zu verhindern. Zu weiteren Änderungen mußte General Nivelle sich verstehen, als am

18. März der Feind auch nordwestlich von Soissons, vor dem linken Flügel

der Heeresgruppe Durchbruch zurückging. General Micheler erhielt Befehl, sich zum Angriff nicht erst am 10. April, sondern spätestens am 8. April bereitzustellen. Wo auch immer der Gegner vorher die Stellung zu räumen beginne, sollte er sofort mit allen Kräften nachstoßen; beschränke sich der

Rückzug des Feindes auf die Front zwischen Vailly und Soissons, so habe sein linker Flügel bis zur „Hindenburg-Linie" zu folgen. Die Heeresgruppe

Nord sollte den abgekürzten Angriff (attaque brusquee) auf die „Hindenburg-Linie" zwischen Oise und Somme vorbereiten. Feldmarschall H a i g wurde gebeten, sich nach diesen Bewegungen zu richten und spätestens am 8. April bei Arras anzugreifen. Über diese Änderungen hinaus beschäftigte sich General Rivelle aber auch schon mit der Frage, wie er sich bei einem deutschen Rückzüge über die

„Hindenburg-Linie" hinaus zu verhalten habe. Zu den Abschnitten, die der Feind sicher nicht räumen würde, rechnete er die Stellungen im Ober-Elsaß, in Lothringen und vor Verdun. Er befahl daher General Foch, für die Heeres¬ gruppe Ost östlich der Maas eine Operation mit etwa 40 Divisionen vorzubereiten, um den im Ober-Elsaß ohnehin beabsichtigten Angriff zu erweitern. General Petain mit der Heeresgruppe Mitte sollte zwei Operationen ins Auge fassen: eine nach Nordosten in der Richtung auf Spincourt—Longwy, eine andere nach Norden in der Richtung auf Montmsdy und Stenay. In dem Gedanken, daß sein Offensivplan um so weniger vom Feinde

durchkreuzt werden könne, je schneller er zur Ausführung käme, schärfte General Rivelle allen Stellen beschleunigte Förderung der Vorbereitungen ein. Am 21. März bestimmt er als Angriffstag (X-Tag) den 8. April für 21. März,

die Heeresgruppe Durchbruch, den 10. April für die Heeresgruppe Mitte. Nunmehr brachte aber General M i ch e l e r zur Sprache, daß überraschendes, kräftiges Zuschlagen zwar am Platze gewesen wäre, solange der Gegner noch mit schwachen Kräften in nur zwei Linien stand; jetzt habe er aber vier Linien

ausgebaut und zahlreiche Divisionen hinter der Front zusammengezogen, sei also auf den Angriff vorbereitet. Schneller Durchbruch sei daher unwahrscheinlich und seine Ausnutzung, so wie geplant, zweifelhaft. Ungünstig sei ferner, daß jetzt das Vorgehen der Engländer für den gleichen Tag wie der Durchbruchsangriff seiner Heeresgruppe in Aussicht genommen sei, also nicht

Reue Lage für die Westmächte.

176

27.Miirz.

mehr den Charakter der Ablenkung trage. Diesen Bedenken trug General Nivelle Rechnung, indem er am 27.März bestimmte, daß bei normaler Wetterlage der 8. April der Tag X bleibe, daß aber die Heeresgruppe Nord

am (X + 2)ten, die Heeresgruppe Durchbruch am (X + 4)ten, die Heeres¬ gruppe Mitte am (X + 5)ten Tage angreifen solle. Gleichzeitig ersuchte er Feldmarschall H a i g in dem Gefühl, daß die englische Mitwirkung bei der französischen Operation allzusehr eingeschrumpft sei, um eine kräftige artilleristische Demonstration im Vereich der britischen 4. Armee für den

(X -f 2)ten Tag. Zl. März.

Am 31. März schien es, als ob der deutsche Rückzug auch auf den Abschnitt von Arras selbst übergreifen werde. Für diesen Fall nahm General Nivelle früheres Losschlagen aller Heeresgruppen in Aussicht. Als sich die

-.April.

Vermutung dann als irrig erwies, kam er am I.April mit Nachdruck auf

seinen alten Standpunkt zurück, daß sich an der Operation im großen nichts geändert habe und der Durchbruch noch immer den Charakter der „brutalen" Kraft und Schnelligkeit tragen müsse. General Michelers Wunsch, angesichts des stärker gewordenen Feindes die Infanterie methodischer und nur mit starker Artillerieunterstützung vorgehen zu lassen, fand ebensowenig seine Zustimmung, wie Anordnungen des Generals Petain, die den Anschein erweckten, als sei eine sofortige Ausnutzung des „Durchbruchs" bei der 4. Armee nicht beabsichtigt und ihr ganzer Angriff gegenüber dem Auftrage der Heeresgruppe Durchbruch nur von untergeordneter Natur.

4. Apr«r.

Am 4. April faßte General Nivelle, der an diesem Tage sein Haupt-

quartier von Veauvais nach Compiögne vorverlegte, in einer gemeinsamen Anweisung für die eigenen Heeresgruppen, das englische Heer und die bel-

gische Armee seine Ansichten nochmals zusammen.

Über die „All-

gemeinen Bedingungen der Offensive" war darin gesagt, das Ziel bleibe, die Hauptmasse des Feindes an der Westfront zu vernichten. Die Offensive werde mit einem längeren Kampf beginnen, in dessen Verlaus die feindliche Front durchbrochen und die freien Kräfte des Gegners geschlagen werden sollten; es folge dann eine Phase intensiver Ausnutzung, an der alle verfügbaren Kräfte der Alliierten beteiligt sein würden. Über die einleitenden Angriffe hieß es: Der erste Stoß

sei konvergierend gedacht, indem die englischen Armeen sowie die französischen Heeresgruppen Nord und Durchbruch ihre gemeinsamen Anstrengungen gegen einen Raum richteten, der für die rückwärtigen Verbindungen des Gegners

besonders wichtig sei. Den englischen Armeen, die einige Tage vor den französischen anzugreifen hatten, falle der Durchbruch zwischen Ouöant und Givenchy zu; in unmittelbarem Anschluß daran müßten die

177

Einfluß des Siegfried-Rllckzuges auf den Operationsplan.

Reserven auf Cambrai und Douai vorgetrieben und die Bresche sowohl nach Süden, um die „Hindenburg-Linie" herum, als auch nach Norden, hinter die Front Lens—La Vassße, erweitert werden. Auf dem rechten englischen Flügel sei es Aufgabe der 4. Armee, im Einklang mit der französischen Heeresgruppe Nord vorzugehen und möglichst starke feindliche Kräfte zu fesseln. Die Heeresgruppe Nord, deren Angriff dem der Engländer nach zwei Tagen folgen sollte, müsse zunächst die deutsche vorgeschobene Stellung südlich und westlich von St. Quentin, dann die Front Harly—Alaincourt angreifen und mit allen Mitteln das Vorgehen der

Heeresgruppe Durchbruch erleichtern. Die Heeresgruppe Durchbruch, die abermals zwei Tage später zum Angriff antreten sollte, habe nach Durchstoßen des deutschen Stellungssystems am Chemin des Dames ihre Operationen mit Rücksicht auf das Ausweichen des Feindes in die „Hindenburg-Linie" in der Richtung auf Guise, Vervins und Hirson zu

führen. Die HeeresgruppeMitte,die wiederum einen Tag nach der Heeresgruppe Durchbruch anzugreifen hatte, sollte westlich der Suippes vorstoßen; nach Wegnahme des Massivs von Moronvilliers müßten die Divisionen des linken Flügels die Richtung nach Norden nehmen, um sich längs der Suippes zum weiteren Vorgehen auf Vouziers und Attigny bereit-

zustellen. Über die Ausnutzung des Erfolges war gesagt, sie habe sich dem Durchbruch durch die feindliche Front sogleich anzuschließen; auch die bisher abwartenden Teile sollten dabei mitmachen. Die englischen Armeen würden mit dem rechten Flügel an der Sambre in der Richtung über Valen-

ciennes auf Löwen, mit dem linken (2.Armee) in Verbindung mit der belgischen Armee aus der Z)pern-Front über Roulers auf Gent vorgehen, während weiter nördlich das Ziel des französischen XXXVI. Korps Ostende und

Brügge seien; hierbei müßten die britischen Kräfte bestrebt sein, im Vorschreiten ihren Druck immer mchr nach Norden auszudehnen. Den französischen Heeresgruppen Nord und Durchbruch falle beim Vorgehen der Raum zwischen der Sambre und der allgemeinen Linie Verry au Vac—

ChAteau Porcien—Sedan zu, der Heeresgruppe Mitte der Raum südlich dieser Linie. Die Ausnutzung des Durchbruchs sei im weitesten und kühn st en Sinne zu verstehen. Der Feind müsse durch

schnelles, gewaltsames Vorgehen aller verfügbaren Kräfte gegen die empfindlich st en Punkte seiner rückwärtigen Verbindungen völlig in Unordnung gebracht und zum überstürzten Rückzüge gezwungen werden.

Wenn General Nivelle hiernach auch, besonders im Punkte des rück-

sichtslosen Angriffswillens, durchaus an seiner bisherigen Auffassung festWeltkrieg. XII. Band.

12

Neue Lage für die Westmächte.

178

hielt, so ermahnte er die Heeresgruppenführer — offenbar ihren Bedenken Folge gebend — in einem gleichzeitigen Schreiben doch, daß „Kühnheit

nicht mit Leichtsinn" verwechselt werden dürfe, daß ein Führer, der ohne die nötige Vorsicht und Vorbereitung zum Angriff schreite, schwerste Verantwortung auf sich lade und daß der Erfolg nicht nur von der Kühnheit des Planes und der Kraft der Ausführung abhänge, sondern auch von der Sorgfalt der Vorbereitungen. «.April.

Zwei Tage nach Erlaß dieser Weisungen, am 6.April, trafen der

Präsident der Republik Poinearö, der Ministerpräsident, die Minister des Krieges, der Marine und der Bewaffnung, zu einer Besprechung in

Compiögne ein, bei der, allen militärischen Gepflogenheiten zuwider, die Heeresgruppenführer ihrem Höchstkommandierenden gegenübergestellt wurden'). Kriegsminister Painlevö wies darauf hin, daß die Sorgen des russischen und italienischen Verbündeten sowie die eigene schlechte Ersatzlage im Augenblick zur Vorsicht mahnten, während der Eintritt Amerikas in den Krieg, der sich an diesem Tage vollzog, die besten Aussichten für die Zukunft

böte. Demgegenüber betonte General Nivellein gewohntem Optimismus die Notwendigkeit eines alsbaldigen Angriffs, der, bis ins letzte vorbereitet, Rußland sowohl wie Italien aufs wirksamste entlasten würde. Amerikas

Hilfe sei fern, der Anterseekrieg auf der Höhe seiner Wirksamkeit, die Zeit arbeite nicht mehr für die verbündeten Mächte. Alle Heeresgruppenführer pflichteten dieser Ansicht ihres Vorgesetzten bei, nur glaubten sie nicht an ein größeres Ergebnis als die Fortnahme der ersten beiden deutschen Stellungen. Besonders General Franchet d'Esperey, dem die jüngsten Erfahrungen vor der „Hindenburg-Linie" zu Gebote standen, warnte vor zu weit gespannten

Erwartungen. Der Präsident der Republik faßte die Ergebnisse der Ausspräche dahin zusammen, daß die unbedingte Defensive ebenso abzulehnen sei, wie die Durchführung der Schlacht mit allen Reserven bis zu deren

Erschöpfung, daß andererseits vorsichtiger Einsatz der Reserven bei gelungenem Durchbruch oder, wenn dieser nicht im ersten Anlauf auf breiter Front erreicht würde, der Abbruch der Schlacht ins Auge gefaßt werden müsie. Daraufhin bot General R i v e l l e seinen Rücktritt an. Die Regierung

aber weigerte sich, diesen Schritt auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Ein

nochmaliger Wechsel in der militärischen Leitung und ein Verzicht auf die so laut verkündeten Angriffspläne in einem Augenblick, da bei Arras die

englischen Geschütze die große Offensive bereits einleiteten, waren unmöglich. i) S. 173.

Einfluß des Siegfried-Rückzuges auf den Operationsplan.

179

Die Konferenz löste sich mit der stillschweigenden Kapitulation vor der Ansicht des Generals Nivelle auf. Am Tage nach dieser für den Obersten Befehlshaber, auch wenn er sich

behauptet hatte, doch recht peinlichen Aussprache traf ihn die unerfreuliche Nachricht, daß am 4. April nordwestlich von Reims mit dem Angriffsplan eines dort eingesetzten Bataillons wichtige Einzelheiten über die Offensive

der Heeresgruppe Durchbruch in deutsche Hände gefallen waren'). Eine Änderung des Angriffsplanes hatte dies nicht mehr zur Folge.

2. Die Heere der N?estmächre bei Beginn der Offensive, a) Die Streitkräfte') und ihre Vorbereitung für den Angriff.

Das Französische Heer. Vis Anfang April war die Zahl der Insanterie-Divis i o n e n in Frankreich durch Umwandlung zweier Territorial-Divisionen in aktive Divisionen auf 107 gestiegen; es blieben nur noch zwei Territorial-

Divisionen bestehen. Dazu kamen zwei aktive, neun Territorial- und zwei

russische selbständige Brigaden sowie sieben Kavallerie-Divisionen. Die Länge der mit diesen Truppen besetzten Front war seit Januar durch Abgabe an die Engländer von 607 auf 574 Kilometer zurückgegangen. Die Kräfte

verteilten sich wie folgt:

Angriffsfront (einschließlich Reserven): 72 Infanterie-Divisionen; 2 russische Brigaden; 7 Kavallerie-Divisionen. Übrige Front: 35 Infanterie-, 2 Territorial-Divisionen; 2 aktive, 9 Territorial-Brigaden.

Bei der Infanterie hatte jede Kompanie 15 (früher acht) leichte Maschinengewehre (fusüs-mitrailleurs). Die Ausbildung an dieser Waffe war immer eifriger gefördert worden. Jede Kompanie besaß außerdem 16 Granatwerfer, jedes Bataillon acht schwere Maschinengewehre (mitrailleuses) und eine 37 inm-Kanone. Sieben FlammenwerferKompanien standen der Heeresgruppe Durchbruch zur Verfügung. Die Kavallerie war 428 Schwadronen stark, davon 64 zu Fuß.

Sie wurde in verstärktem Maße für das Fußgefecht ausgebildet. Die Artillerie zählte: 6623 Feldgeschütze, 4151 schwere, 312 schwerste Geschütze, dazu 3222 Minenwerfer. Die Division hatte im allgemeinen drei Abteilungen Feldartillerie, das Korps vier Abteilungen schwerer Artillerie. Eine „Generalreserve" der schweren Artillerie war im ') S. 288. — 2) Vgl. S. 102.

180

Reue Lage für die Westmächte.

««fang April. Januar geschaffen worden. Sie umfaßte die schwerste Artillerie und acht schwere Regimenter mit Kraftzug, zwei weitere solche Regimenter waren in

der Aufstellung begriffen. Rund 180 Kampfwagen standen zur Verfügung. Davon waren acht Gruppen zu je 16 Wagen der 5. Armee, drei Gruppen der 4. Armee unterstellt. Am 22.März hatte General Nivelle die Herstellung von 2500 weiteren Wagen gefordert. Die Flieg erw affe war in der Umbildung begriffen. Die Zahl der Flugzeuge sollte von 1950 im August 1916 auf 2665 gebracht werden. Sie zählte Anfang April 1917 etwa 45 Geschwader bei den Korps und 120 Geschwader bei den höheren Verbänden, mit einer Sollstärke von je 15 Flug¬ zeugen^); inwieweit diese tatsächlich erreicht war, steht dahin. An der Angriffsfront waren 60 Geschwader der Heeresgruppe Durchbruch, 23 der 4. Armee und 19 der Korps verfügbar mit zusammen wohl 1000 Flugzeugen. Eingehende Vorbereitungen waren für Nachschub- und Sanitätsdienst getroffen. Cin Heer von Arbeitern (auf 170000Mann ge¬ schätzt) war auf den rückwärtigen Verbindungen tätig.

Die Verbindung der verschiedenen Dienststellen und Waffen untereinander war vervollkommnet worden.

Daß eine besondere Ausbildung oder Ausstattung der Truppen für den im Anschluß an den Durchbruch beabsichtigten VeWegungskrieg stattgehabt hätte, ist nicht bekannt. Die Vorübungen beschränk¬ ten sich auf den Angriff im Stellungskriege. Den Bewegungskrieg glaubte man wohl zu beherrschen. Mit Pferden und Fahrzeugen waren die Truppen fo gut ausgestattet, daß in dieser Hinsicht besondere Maßnahmen nicht er¬ forderlich gewesen sein mögen.

Das Englische Heer. In Frankreich standen 62 Infanterie-Divisionen (darunter vier kana¬ dische, fünf australische, eine neuseeländische) und 5 Kavallerie-Divisionen. Eine portugiesische Division war Mitte Januar im rückwärtigen Gebiet eingetroffen und vollendete dort ihre Ausbildung. Die Gesamtfront war seit Januar von 125 auf rund 160 Kilometer gewachsen. Von den englischen Divisionen waren 32 Infanterie- und 4 Kavallerie-

Divisionen zum Angriff bestimmt, während 30 Infanterie- und eine Kavallerie-Division die übrige Front hielten. Jedes Infanterie-Vataillon verfügte über 16 leichte (Lewis-), jede Brigade (vier Bataillone) und jede Division außerdem über 16 schwere (Vickers-) Maschinengewehre. i) Franz. amtl. Werk, Vd. V, 1, S. 579.

Die Heere der Westmächte bei Beginn der Offensive.

181

Die Feldartillerie hatte insofern eine Amorganisation erfahren, als jede Division ein Viertel ihrer Geschütze abgegeben hatte, um hieraus Armee-Feldartillerie-Abteilungen zu bilden, die als be-

wegliche Reserve den Armeen unterstanden. Jede Division besaß jetzt zwei Abteilungen mit je drei Batterien zu sechs 18-Pfündern (8,4 ein) und einer Batterie zu sechs 4,5"- (12 cm--) Haubitzen. Die schwere Artillerie war namhaft verstärkt worden und zählte an 1500 Geschütze, davon 972 auf der Angriffsfront Croisilles—

Arras—Souchez. An Kampfwagen waren 70älteren und 50 neueren Modells vor¬ handen, von denen man aber nicht viel erwartete. Ein weiter verbessertes Modell „Mark IV" war noch nicht an der Front.

Die Flugwaffe hatte 50 Geschwader (squadrons) mit insgesamt rund 700 Flugzeugen; davon waren 24 Geschwader mit etwa 400 Flug-

zeugen der eigentlichen Angriffsfront zugeteilt. Hinsichtlich der Ausbildung und Ausrüstung gilt das über das französische Heer Gesagte.

Die Belgische Armee zählte sechs Infanterie- und zwei Kaval-

lerie-Divisionen. b) Gliederung der Gesamtfront am 9. April.

Französisches Heer')> ObersterBefehlshaber: General Rivelle, Chef des Generalstabes: Generalmajor Pont; Hauptquartier seit 4. April: Compiögne. Heeresgruppe Ost: Seit 31. März wieder unter General deCastelna u2), von der Schweizer Grenze bis St. Mihiel ausschließlich: 7. Armee (7 Divisionen, 1 Territorial-Brigade), General Debeney; 8. Armee (8 Divisionen, 2 Territorial-Brigaden), General Görard.

HeeresgruppeMitte: General Pstain, bis Reims ausschließlich: 2. Armee (13 Divisionen, 2 selbständige Infanterie-, 1 Territorial-Brigade), General Guillaumat; 4. Armee (12 Divisionen, 1 Territorial-Brigade), General Anthoine. ') Franz, amtl. Werk, Vd. V, 1,Ann. 1187. Gliederung am 5. April, 2) Gen. Foch, der die Hgr. Ost erst am 19. Jan. von Gen. de Castelnau übernommen hatte (S. 90), stand mit dem Stab der „Hgr. Schweiz" in Senlis zur Verfügung der

Heeresleitung.

182

Neue Lage für die Westmächte.

Anfang April. Heeresgruppe Durchbruch: General Micheler, bis Soissons

einschließlich: 5. Armee (16 Divisionen, 1 Territorial-Division, 2 russische Brigaden, 1 Kavallerie-Division), General Mazel; 6. Armee (17 Divisionen, 1 Territorial-, 1 Kavallerie-Division), General Mangin;

dahinter in Reserve: 10. Armee (12 Divisionen, 2 Kavallerie-Divi¬

sionen), General DuchZne; Heereskavallerie: 3 Kavallerie-Divisionen; ferner zur Verfügung der Heeresleitung: I.Armee (13 Divisionen), General Fayolle. Heeresgruppe Nord: General Franchet d'Esperey, bis St. Quentin ausschließlich: 3. Armee (8 Divisionen, 4 Territorial-Vrigaden), General Humbert.

Englisches Heer (62 Infanterie-Divisionen')). Oberbefehlshaber: Feldmarschall Sir Douglas Haig, Chef des Generalstabes: Generalleutnant Kiggel; Hauptquartier: Montreuil. 4. A r m e e (4 Korps), General Sir H. Rawlinson, von St. Quentin bis

zur Bahnlinie Bapaume—Cambrai; 5. A r m e e (2 Korps), General Sir H. Gough, bis Croisilles ausschließlich; 3. A r m e e (16 Divisionen), General Sir C. Allenby, bis Arras einschließ-

lich; 1.Armee (4 Korps), General Sir H. S. Hörne, bis zehn Kilometer südlich von Armentiöres; 2. A r m e e (4 Korps), General Sir H. Plumer, bis Boesinghe.

Belgische Armee (6 Divisionen). Oberbefehlshaber: König Albert, Chef des Generalstabes: General Ruquoy^); bis Nieuport ausschließlich.

Französisches XXXVI. Korps (1 Division) bis zur Küste. Zahlenmäßige Verteilung der Divisionen auf die einzelnen Armeen nur teilweise bekannt. -) Gen. Wielemans war am 5.Januar gestorben.

V. Die Schlacht bei Arras. A.Die Vorbereitungen für die Abrvehr. Beilagen 8 und 9.

J. Bis zum Siegfried-Rückzug. Um den Raum von Arras war schon seit dem Herbst 1914 besonders 5e6r^al®1917 erbittert gekämpft worden. Bei den Umfassungsversuchen der beiderseitigen Heere nach dem deutschen Rückzug in der Mitte des September 1914 war es den Franzosen gelungen, die große Stadt Arras selbst festzuhalten; seitdem bildete sie einen starken Stützpunkt in der gegnerischen Front. Weiter nördlich hatten die Deutschen damals mehr Gelände gewinnen und sich unter anderem auf der Loretto-Höhe nordwestlich von Souchez festsetzen können, die den Kampfraum weithin beherrschte. In den großen englisch-sranzösischen Offensiven des Frühjahres und des Herbstes 1915 war die deutsche Linie aber erheblich zurückgedrückt worden. Vor allem waren die Loretto-Höhe und

Souchez in Feindeshand gefallen. Die deutschen Stellungen zogen sich seitdem teils auf dem schmalen Kamm, teils am Westhange der Vimy-Höhen entlang. Dieser von Souchez nach Südosten verlaufende langgestreckte Rücken

mit mehreren besonders in die Augen springenden Kuppen fällt nach Osten steil ab, überragt in dieser Richtung das Land um rund 60 Meter und ver-

wehrte damit den Engländern jeden Einblick in das Hintergelände der deutschen Stellungen. Räch Westen neigt er sich allmählich und geht in unübersichtliches Land mit vielen flachen Erhebungen über. Ging er verloren, so bekam der Gegner volle Einsicht in das offene Gelände bis gegen Douai.

Nördlich der Vimy-Höhen erstreckt sich unübersehbar das Häusermeer des Kohlen- und Industriegebietes von Lens mit seinem Gewirr von VergWerksanlagen und Vergarbeiterstädten, Zechenhalden und Fördertürmen. Hier war im Herbst 1915 im Raum von Loos eine tiefe Beule in die deutsche Front gestoßen worden. Roch weiter nach Norden schließt sich, etwa bei La Vassse beginnend, das sumpfige, von Gräben und Kanälen durchzogene

flandrische Tiefland an mit seinen zahlreichen Ortschaften und Einzelgehöften, Waldstücken, Hecken und Vaumgruppen; der Grundwasserstand reicht dort bis dicht unter die Erdoberfläche. In diesem Räume war im Frühjahr 1915 bei Neuve Ehapelle und La Vassee schwer gerungen worden. Das Gebiet östlich von Arras wird durch die von West nach Ost fließende Searpe geteilt. Es zeigt weiträumige Rücken und Mulden, einige besondere

184

Die Schlacht bei Arras.

Erhebungen mußten bei etwaigem Großkampf Bedeutung erlangen. Die Februar 1S17. gfa^ Arras bot den Engländern vielfache Möglichkeiten zur schußsicheren Unterbringung von Reserven und verdeckter Aufstellung von Artillerie. Ein

Stoß von dort nach Südosten war geeignet, die hier ansetzende deutsche Siegfried-Stellung aus den Angeln zu heben. Der Kampfraum von La Vassee bis Arras trug jedoch nicht nur die

Narben J>er großen Schlachten des Jahres 1915. Auch später hatten dort fast ständig erbitterte Kämpfe stattgefunden. Seit langem herrschte scharfer unterirdischer Minenkrieg, und in den ersten Monaten des Jahres 1917 hatten die Engländer unter Einsatz sehr großer Munitionsmengen mit kleineren und größeren Abteilungen, schließlich bis zu Vataillonsstärke, Erkundungsvorstöße gegen die deutschen Linien unternommen. Der Abschnitt La Vafföe—Arras lag im Gebiet der 6. Armee des

Generalobersten Freiherrn von Falkenhausen (Generalstabschef Generalmajor Freiherr von Nagel zu Aichberg). Die Armee hatte am I. Februar auf einer rund 75Kilometer langen Front fünf Gruppenabschnitte') mit insgesamt 12V- Divisionen in vorderer Linie, drei weitere

Divisionen standen zur Verfügung der Obersten Heeresleitung hinter der Front. Etwa gleich starke englische Kräfte, am dichtesten anscheinend bei Arras selbst, standen gegenüber. Die Vorbereitungen für die Abwehr eines Großangriffes waren den Weisungen der Obersten Heeresleitung entsprechend in Angriff genommen und schriftlich niedergelegt. In ihnen rech¬ nete man für den am meisten bedrohten Frontabschnitt von Souchez bis

Arras mit mehr als dem doppelten der bisherigen Kräfte. Die Durchführung der für ihren Einsatz erforderlichen Arbeiten im Gelände scheiterte aber am

Mangel an Arbeitskräften. Hinter der Kampfstellung waren eine, allerdings wenig ausgebaute II. und eine ebensolche III. Stellung vorhanden. In durchschnittlich 15 Kilo¬ meter Abstand von der vorderen Linie lief die „Wotan-Stellung". Ihr noch in den Anfängen steckender Ausbau wurde Anfang Februar zugunsten der

Siegsried-Stellung eingeschränkt. i2.Februar.

Am 12.Februar erbat die Heeresgruppe Kronprinz Rupprechtbei der Obersten Heeresleitung für Ende des Monats die Verfügung über eine rückwärtige Division zum Einschieben in den Abschnitt Lens—

Arras, „da auf dieser Front mit dem Herannahen von »Siegfried« mit feind') Bd. XI, Skizze 16. Die Bezeichnung „Gruppe" ist erst Anfang April eingeführt worden, wird hier der Einfachheit halber aber schon vorher angewendet.

Die Front der 6. Armee. Abwehr feindlicher Vorstöße.

185

lichem Angriff gerechnet werden müsse". Ein Generalkommando und eine Division konnten daraufhin Ende Februar nordöstlich von Arras in die

Front eingeschoben werden, eine weitere Division wurde Anfang März

hinter den Vimy-Höhen bereitgestellt. Unterdessen nahmen feindliches Feuer und feindliche Vorstöße an der Front, vor allem an den Vimy-Höhen, immer mehr zu. Am 1. März schlugen

März,

die 16. bayerische Infanterie- und die 79. Referve-Division bei Souchez einen Angriff ab, an dem vier kanadische Bataillone beteiligt waren. Man machte Gefangene und zählte Hunderte von Gefallenen vor der Front. Unter der anhaltenden Kampftätigkeit, verbunden mit stärkstem Artillerie- und Minenfeuer, und bei ständig nasser Witterung litten die eigenen Truppen und Stellungen ganz erheblich. Vis Mitte März war eine bemerkenswerte Verstärkung des Gegners

erkannt; die englischen Divisionen schienen in schmalen Abschnitten und tief gegliedert zu stehen. Im Räume nordwestlich von Arras bis St. Pol herrschte reger Straßen- und Vahnverkehr zur Front, weite Truppenlager waren stark belegt. Die Tätigkeit der feindlichen Flieger hatte zugenommen; ihr Schwerpunkt lag eindeutig auf dem Raum zwischen Lens und Arras. Generaloberst von Falkenhausen rechnete mit einem Angriff gegen die Vimy-Höhen, der jedoch noch nicht unmittelbar bevorstehe und wohl nur den Besitz der Höhen, jedoch nicht einen operativen Durchbruch zum Ziele haben werde; für einen solchen bedürfe der Gegner weiterer Vorbereitungen. Vom 16.März an nahm der linke Armeeflügel am SiegfriedRückzüge teil, indem er unter Hinzutritt einer Division der südlich anschließenden 1. Armee aus der Front Tilloy—Ficheux in die vier Kilometer

ig.Marz.

längere Linie Tilloy—Bullecourt (ausschließlich) zurückschwenkte. Hier stand er in der dem Gelände sorgfältig angepaßten, aber doch noch recht unfertigen Siegfried-Stellung. Vor der Front wurden die Orte in der Linie NeuvilleVitasse—Croisilles von Vortruppen gehalten. Das Hauptquartier der 6. Armee wurde von Douai nach Tournai und damit hinter den rechten

Flügel verlegt. Für den linken Armeeflügel hatte sich die Gesamtlage durch das Zurückbiegen wesentlich ungünstiger gestaltet. War bisher die Stadt Arras von den deutschen Stellungen umfaßt und daher ein Angriff aus ihrem Räume kaum zu erwarten gewesen, so hatte jetzt die deutsche Front südöstlich davon einen Knick, so daß der Feind zu umfassendem Angriff ansetzen konnte. Die Stadt Arras selbst wurde für ihn ein wertvoller Bereitstellungsraum zu solchem Angriff. Am 18. März, als die Siegsried-Bewegung in vollem Gange war,

urteilte dieObersteHeeresleitun g'), an der englischen Front könne ') S. 83 f.

i«. Marz,

Die Schlacht bei Arras.

186

der augenscheinlich bei Arras und gegen die Vimy-Höhen bisher vielleicht nur als Nebenhandlung geplante Angriff zum Hauptangriff werden und sich von Arras nach Norden bis etwa La Vassöe ausdehnen. Doch glaubte sie, daß Franzosen und Engländer zunächst einen deutschen Angriff erwarten würden; die Verschiebung ihrer Kräfte werde daher voraussichtlich erst ganz allmählich erfolgen. Auf Darlegungen des Generalobersten von Falkenhausen bei persönlicher Anwesenheit des Generals Ludendorff bei der 6. Armee und

auf Antrag der Heeresgruppe stellte sie weitere Kräfte zur Verfügung. 2«.März.

Visher standen auf der rund 29 Kilometer breiten Front südwestlich von Loos bis St. Martin in den Gruppen Souchez, Vimy und Arras sechs Divisionen in der Front'). Jetzt wurden zwei weitere eingeschoben, in den nächsten Tagen drei Divisionen, die bisher keine Ausbildungs- und Ruhe-

zeit gehabt hatten, durch frischere ersetzt, ein Generalkommando und vier Divisionen als Heeresreserven herangeführt. Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen, zwölf Feld- und elf schwere Batterien wurden zugeführt, weitere wie auch Minenwerfer- und Flak-Formationen bei der

Heeresleitung erbeten. Die Munitionsausrüstung sollte auf Antrag der Heeresgruppe auf dreieinhalb bis vier „Tagesraten"^ erhöht, außerdem eine 1) Gliederung der 6. Armee am 20. März (vgl. Veil. 1 a und 27): Frontbesetzung: Res. der Hgr. u. O. H. L.:

49. R. D. !bayer. I. D, 38. Ldw. Brig.

3. bayer. I. D.

5. bayer. I. D.

Gruppe Aubers, Gen.Kdo. III. bayer. A.K. J

6. bayer. 3- D, 6. bayer. R. D.

Gruppe Loos, Gen.Kdo. IV.A.K.

j

Gruppe Souchez, Gen. Kdo. VI. R. K.

{ >!

7. 3- D. 8. 3. D. 11.91. D. ^ bayer 3 D

80. R. D.

{79.1." bayer R. D. R. D s

24.R.D.

Gruppe Arras,Gen. Kdo. XII.(sächs,)R.K. \ 23. R. D, ( 220. 3- D, (ab 18. 3.)

11.3- D.

2) Die Munitions-Tagesraten gaben nur einen Anhalt. Sie durften an Kamps-

tagen unbedenklich weit überschritten, an ruhigen Tagen aber auch nicht annähernd ver-

schössen werden. Sie betrugen je Geschütz: bei Feldkan. und l. F. H bei s. F. H bei Mrs bei 10 cm-Kan

250 125 100 150

Schuß, Schuß, Schuß, Schuß.

Verstärkung der Front gegen Überraschungsangriff.

187

Reserve bereitgelegt werden, die der höchsten Tageszuweisung während der Somme-Schlacht entsprach'). An Luftstreitkräften sollte die 6. Armee derart

verstärkt werden, daß sie über 17 (bisher zehn) Flieger-Abteilungen (darunter

zwölf für Artillerie), sieben (bisher zwei) Schutzstaffeln, sechs (bisher drei) Jagdstaffeln und sieben Lustschiffer-Abteilungen mit 19 (bisher 14) Ballonen verfügte. Auch einige Arbeitskräfte wurden zugewiesen, so daß sich außerhalb der Divisionsverbände 28 Pionier-, 14 Mineur-, 58 Armierungs-Kom¬ panien, siebeneinhalb Gefangenen- und zwei Zivilarbeiter-Vataillone bei der Armee befanden. Fernsprechtruppen und -Gerät sowie Kraftwagenkolonnen rollten gleichfalls heran. Damit hatte die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht der 6. Armee, wie sie ihr am 22. März schrieb, alle Verstärkungen zukommen lassen, die sie zum sicheren Abweisen eines feindlichen Äberraschungsa n g r i f f s für erforderlich hielt. Mehr erschien zunächst nicht notwendig.

Zwar könne der Feind, der durch die Siegfried-Bewegung ebenfalls Kräfte freibekomme, sich demnächst umgruppieren und zum Durchbruchsangriff gegen die 6. Armee ansetzen. Dazu seien aber gewaltige und lange andauernde Vorbereitungen nötig, die bei aller Geheimhaltung nicht verborgen bleiben würden. Sobald sich Anzeichen dafür zeigten, müßten alle für eine Abwehrschlacht nötigen Kräfte eingesetzt werden. Der Bedarf sei für die bedrohte Front von La Vassse bis südöstlich von Arras zu berechnen und zu melden.

2.

VlaA)demSiegfried-Rückzug.

Wenn sich in den nächsten Tagen eine zunehmende Verstärkung der

feindlichen Front herausstellte, so nahm sie doch noch kein solches Ausmaß an, daß die 6. Armee oder die Heeresgruppe mit einem unmittelbar bevor-

stehenden Durchbruchsangriff rechneten. Hinter der feindlichen Front wurden durch die Luftaufklärung starker Eisenbahn- und Straßenverkehr und eine weitere Vermehrung der Anterkunftsanlagen erkannt und bei Arras dank reger Patrouillentätigkeit der Infanterie das Einrücken als gut bekannter

britischer Divisionen festgestellt. Das vier bis fünf Divisionen starke Kanadische Korps, das früher in etwa 14 Kilometer Breite zwischen den Straßen Lens—VZthune und Lens—Arras gestanden hatte, schob sich nach Süden vor den Vimy-Höhen zusammen; es war — wie sich aus einer schon am 12. März

bei einem Gefangenen gefundenen Aufzeichnung ergeben hatte — für einen

Angriff ausersehen, bei dem das nördlich anschließende englische I. Korps ') 14V- Munitionszüge mit 107 000 Schuß für Feldkan., 42 000 Schuß für l. F. H., 24000 Schuß für f. F. H., 4000 Schuß für Mrs., 10 000 Schuß für lO om-Kan.

188

Die Schlacht bei Arras.

zwei oder drei Tage später mitwirken sollte. Beiderseits von Arras wurde

„eine ganz dichte Massierung" englischer Divisionen festgestellt; vor dem elf Kilometer breiten Abschnitt von Ecurie bis Neuville-Vitasse standen neun „gute" Divisionen in der Front, eine dahinter in Reserve. Die feindliche Infanterie- und Artillerietätigkeit nahm zu. Die 6. A r m e e meldete am

24. März, daß ein englischer Angriff gegen die Front La Bassse—Neuville-

27^MLrz

^^asse möglich erscheine und daß die Vorbereitungen dafür im Fortschreiten seien; doch habe der Feind trotz der Verdichtung seiner Front die Gliederung für einen großen Durchbruchsangriff noch nicht durchgeführt. Nördlich von Angres (nördlich von Souchez) und südlich von Neuville-Vitasse sei infanteristisch kein Angriff vorbereitet, der Raum Angres—Neuville-Vitasse aber sei zu schmal für einen großen Durchbruch; auch das spreche dafür, daß ein solcher noch nicht gleich bevorstehe. Mit örtlichen Unternehmungen als Vor¬ bereitung für die Schlacht müsse aber sowohl gegen die Vimy-Höhen wie bei Arras gerechnet werden. Auch der Heeresgruppe schien es nach der

Gesamtlage noch wenig wahrscheinlich, daß schon jetzt ein Großangriff auf dem schmalen Raum bei Arras erfolge; wahrscheinlicher sei, daß der Feind seine Angriffsfront erst noch verbreitere. Auf die Abwehr eines mit den gegenwärtigen Mitteln einsetzenden Angriffs sei man eingerichtet. Bereite der Feind einen Durchbruchsangriff vor, so werde man das erkennen. Die Vorbereitungen für die dann nötige weitere Verstärkung der 6. Armee waren

in Angriff genommen. Die Ober st e Heeresleitung hatte inzwischen den Hauptmann im Generalstabe Geyer entsandt, um ein eigenes und unmittelbares Bild von

den Verhältnissen zu gewinnen. Dabei handelte es sich um die schon in ihrer

Lagenbeurteilung vom 18. März') angedeutete Auffassung, daß die Engländer ihre Truppen an der Arras-Front vielleicht nur deswegen verstärkten, weil sie

einen deutschen Angriff mit den durch den Siegfried-Rückzug freigewordenen Kräften erwarteten, vor allem aber um die Frage der Abwehr eines feind-

lichen Großangriffs« wobei auch die Möglichkeit etwaigen Ausweichens zu berücksichtigen war. Schließlich spielte noch ein von der 6. Armee geplantes

Unternehmen „München" eine Rolle, durch das die Stellung östlich von Souchez verbessert werden sollte. Am 23. März hatte Hauptmann Geyer gemeldet: „Die Ansichten, ob die Engländer bei Arras einen Angriff von uns fürchten oder ob sie selbst angreifen wollen, sind nicht geklärt. Für einen Angriff (ihrerseits) spricht die sehr starke Massierung bei Arras, dagegen das langsame Folgen gegenüber dem zurückgebogenen Flügel des XII. Reservekorps") und die häufigen Patrouillenunternehmungen. Möglichkeit eines *) S. 84.

2) Gruppe Arras, linker Flügel der 6. Armee.

Erwägungen über Ausweichen vor feindlichem Angriff.

189

baldigen Angriffs liegt stets vor. Weitere unmittelbare Anzeichen sind jedoch nicht gemeldet." Räch eingehender Erkundung der Verhältnisse in den vor¬ deren Stellungen wie im Hintergelände folgte am 27. März eine abschließende Meldung über die drei Gruppen des linken Armeeflügels, also von Angres

einschließlich nach Süden: „1. Gegen den ersten Anprall eines starken Angriffs ist die Armee, wenn

die laufenden Verstärkungen eingetroffen und eingespielt sind, im allgemeinen fertig, also in etwa fünf bis acht Tagen. (Bs besteht Hoffnung, daß der Engländer uns so lange Zeit läßt. Daß er — wenn überhaupt — hier an-

greifen wird, scheint aus operativen und taktischen Gründen sowie nach den Aufklärungsergebnissen kaum zweifelhaft. 2. Für eine Abwehr-Dauerfchlacht sind Verstärkungen, vor allem aber Ab-

lösungen unentbehrlich. 3. Führen wir die Abwehr-Dauerschlacht in der jetzigen Stellung, so kämpfen wir auf dem linken Flügel — bis etwa Thelus — nicht unter wesentlich

ungünstigeren taktischen Bedingungen als der Gegner. Nördlich davon sind wir — mit oder ohne »München« — ausgesprochen taktisch im Nachteil.

4. Trotzdem sind Heeresgruppe und Armee-Oberkommando der Ansicht, die Abwehrschlacht in der jetzigen Stellung annehmen und bis zu Ende durchkämpfen zu müssen. Ein Abbrechen und Ausweichen während der Schlacht

sei nicht möglich, auch nicht zweckmäßig, da »Wotan« völlig unfertig sei. Meines Crachtens muß die Schlacht, wenn sie bald kommt, vorne angenommen werden. Es besteht gute Aussicht zu erfolgreicher Abwehr. Es muß aber für den Fall, daß die Armee doch, gezwungen oder freiwillig aus anderen Gründen, zurückgehen muß, »Wotan« mit allen Mitteln gefördert

werden, selbst auf Kosten der vorderen Linien (letzterem Zusatz widersprechen Heeresgruppe und Armee-Oberkommando; ich begründe ihn damit, daß sonst »Wotan« im Drange der Schlacht leicht zu kurz kommt und daß jede Arbeitskraft vorne sich um ein Vielfaches schlechter verwertet als hinten; eine wirkliche Verkürzung der vorderen Stellungen kann naturgemäß nicht in Frage

kommen). Ferner kommt meines Erachtens für Oberste Heeresleitung, Heeresgruppe und Armee-Oberkommando schon jetzt eine gewisse Vorbereitung des etwaigen Rückzugs in Betracht, die aber den Umfang und die Wirkung von

»Alberich« kaum haben kann." Unterdessen hatte die Lagenbeurteilung der Obersten Heeresleitung vom 24. März die Frage, ob die Engländer bei Arras einen deutschen Angriff erwarteten, noch offen gelassen und sich im übrigen auf die erwähnten Urteile der Heeresgruppe und der 6. Armee gestützt, dabei aber darauf hingewiesen, daß die geringe Breite der feindlichen Divisionsabfchnitte, nur 1000 bis

Die Schlacht bei Arras.

190

1200 Meter, weder dem französischen noch dem englischen Angriffsverfahren entspreche. Es fei daher möglich, daß ein Teil der Divisionen vorläufig nur eingefetzt fei, um sich mit zukünftigen Angriffsabschnitten vertraut zu machen. Mer Zeitpunkt und Ausdehnung des Angriffs lasse sich noch nichts Vestimmtes sagen. So entschied sie denn auch am 26. März hinsichtlich der Heranziehung schwerer Artillerie von der 1. und 2. Armee (andere Armeen kamen dafür kaum in Frage), daß die Vorfeldkämpfe der Siegfried-Front

nicht eingeschränkt werden dürften; auch sollten alle Batterien zunächst zur Ruhe, Ausbildung und Instandsetzung des Gerätes für zwei Wochen auf Übungsplätze verlegt werden. Die Lage verschärfte sich dann aber zusehends. Das feindliche Artilleriefeuer wurde auf der Front von Lisvin (westlich von Lens) bis Tilloy an der Straße Arras—Eambrai schon vom 26. März ab immer stärker, die Zahl der erkannten feindlichen Batterieftellungen und die Tätigkeit der Minenwerfer nahm erheblich zu; auch der Schwerpunkt der feindlichen Fliegertätigkeit lag ausgesprochen über diesem Raum. Bei Loos und an den Vimy-

Höhen schien der Feind angriffsweise zu minieren. 2».März. Aber auch am 29. März übersah die Heeresgruppe noch nicht klar, ob die Engländer von der Somme her mit ihren Hauptkrästen der 1. Armee folgten oder ob sie sich zum Angriff gegen die 6. Armee umgruppierten; wahr¬ scheinlicher sei das letztere. Stelle sich dies klar heraus, so werde die volle Ausstattung der 6. Armee für die Abwehrschlacht not-

wendig. Über das Ausmaß dieser Verstärkung hatte die Armee bereits am 25. März befehlsgemäß für den Raum von La Baffee bis zur südlichen Armeegrenze gemeldet. In diesem etwa 45 Kilometer breiten Abschnitt standen zu dieser Zeit die Gruppe Loos mit zwei und die Gruppen Souchez, Vimy und Arras mit je drei Divisionen. Das Armee-Oberkommando forderte nunmehr entsprechend den in der Vorschrift über die Abwehrschlacht gegebenen Anhaltspunkten nicht weniger als fünf neue Divisionen zum Ein¬ schieben in die Front, dazu 13 Maschinengewehr-Scharffchützen-Abteilungen, 126 leichte, rund 100 schwere Batterien, 75 Pionier- und Armierungs-Kom-

panien sowie sonstige Arbeitskräfte, außerdem zahlreiche Flieger-, Flak-, Ballon- und Nachrichteneinheiten, Kolonnen und Trains und eine entsprechende Zahl von Stäben aller Art. Eine derartige Ausstattung war aber

mit Rücksicht auf den Gefamtbedarf des Heeres nicht verfügbar zu machen. Auch schien ein Dauerangriff der Engländer auf der ganzen Front von La Bassee bis zur südlichen Armeegrenze nach den ihnen zur Verfügung stehenden Kräften nicht wahrscheinlich. Die Heeresgruppe hielt es

Ausstattung der Front für die Abwehrschlacht.

191

daher für ausreichend, die Abwehr in voller Stärke zunächst nur auf der Front von Lens bis Arras ausschließlich vorzubereiten, die Flügelgruppen Loos und Arras also zunächst weniger stark auszustatten. Für den Fall aber,

daß die Abwehrschlacht schließlich doch auf breiterer Front vorbereitet werden müsse, was aber noch nicht sicher sei, forderte sie am 29. März bei der Obersten Heeresleitung auch je eine Division zum Einschieben bei den Gruppen Loos und Arras an, im übrigen drei bis fünf Divisionen als Reserven hinter der Armee, vier Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen, 66 Feld-,

89 schwere Batterien'), elf Pionier-Kompanien, zahlreiche Flieger-Einheiten, Nachrichtentruppen und Kolonnen.

Inzwischen hatte sich die Auffassung über den bevorstehenden Angriff weiter geklärt. Bei einer Reihe sehr heftiger, mit teilweise ganz erheblichen

Kräften geführter englischer Vorstöße hatte sich eine wesentliche Verstärkung der feindlichen Artillerie, vor allem beiderseits von Arras, ergeben. Vor den Vimy-Höhen war eine weitere kanadische Division in der Front erschienen.

Die deutschen Infanterie- und Vatteriestellungen wurden in zunehmendem

Maße planmäßig bekämpft, weitreichendes Störungsfeuer lag auf den Straßen im rückwärtigen Gelände. Hinter der feindlichen Front stellten Flieger zahlreiche neue Lagerbauten und starken Verkehr fest. Das für diese Tage beabsichtigte Unternehmen „München" wurde wegen völlig aufgeweichten Bodens bis auf weiteres verschoben. Am 30. März meldete die Heeresgruppe der Obersten Heeresleitung, daß der Angriff auf der Front von Loos bis Reuville-Vitasie, also noch über Arras hinaus, zu erwarten sei; diese Frontausdehnung, etwa 25Kilometer, würde den Verhältnissen für einen Durchbruchsangriff entsprechen. Von den 23englischen Divisionen, die vor dem Siegfried-Rückzuge in der Front südlich von Arras gestanden hatten, seien zwölf „sicher gefolgt, zwei oder drei könnten in ungeklärten Abschnitten in der Front angenommen werden, der Rest, acht bis neun Divisionen, befinde sich in Reserve".

Anzeichen für das unmittelbare Bevorstehen eines entscheidenden Angriffs gegen die 6. Armee seien zwar noch nicht vorhanden, doch seien die feindlichen Vorbereitungen derart im Fortschreiten, daß es erforderlich werde, die bisher nur gegen Überraschungen gesicherte Abwehrfront nunmehr auf volle Abwehr-

bereitfchaft zu bringen. Auch die Ober st e Heeresleitung rechnete jetzt mit einem englischen Durchbruchsangriff an der Arras-Front, doch war ihres Erachtens noch nicht zu übersehen, wann er einsetzen, und ob er sich nach Norden auf die *) Bei der 6. Armee waren bereits 33Batterien der Heeres-Feldartillerie-

Reserve eingesetzt, ferner an schwerer Artillerie bei den Gruppen Loos, Souchez, Mmy und Arras 54 Steil- und 31 Flachfeuer-, zusammen 85 Batterien.

192

Die Schlacht bei Arras.

z«. März, ganze Front der Gruppe Loos oder, was ebenso möglich bleibe, nach Süden auch auf den Abschnitt Ader 1. Armee ausdehnen werde. Die Verstärkungs-

forderungen aber vermochte sie auch in dem von der Heeresgruppe schon eingeschränkten Umfange nur teilweise zu erfüllen. Sie entschied: Mit Rücksicht auf die sonstigen Kampfmöglichkeiten an der Westfront müsse die Heeresgruppe mit den ihr unterstellten und den hinter ihrer Front zur Zeit befind¬

lichen Divisionen der Obersten Heeresleitung zunächst auszukommen suchen, auch für den Fall, daß gegen die eine oder andere ihrer Armeen ablenkende

feindliche Teilangriffe stattfänden. Nach Durchführung der im Gange befindlichen Verschiebungen ständen hinter der 6. Armee fünf Divisionen inReserve. Nach Einschieben von zwei Divisionen in die Front könne diese Reserve aus den hinter der 1. und 2. Armee stehenden kampfkräftigen Divisionen der

Obersten Heeresleitung unschwer auf sieben Divisionen erhöht werden. Inner¬ halb des feindlichen Durchbruchsangriffs werde sich aller Voraussicht nach der Hauptstoß gegen die vier Divisionen des Abschnittes Lens—Roclincourt

(das hieß: Arras ausschließlich) richten. Cs sei also erforderlich, sobald sich die Anzeichen des Durchbruchsangriffs weiter verdichteten, hinter diesen vier Divisionen je eine Ablöfungs-Divifion bereitzustellen und deren Feldartillerie ganz oder mit Teilen zur Artillerieverstärkung einzusetzen. Cs blieben dann

bei sieben in Reserve gehaltenen Divisionen der Obersten Heeresleitung immer noch drei anderweitig verfügbar. Zu den sonstigen Forderungen ent¬ schied die Oberste Heeresleitung, daß die Heeresgruppe ihre 13 Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen sämtlich zur 6. Armee heranziehen solle; das sei ausreichend. Aus der Heeresfeldartillerie-Reserve stellte sie drei Regimenter (zu je zwei Abteilungen) zur Verfügung, die Heeresgruppe sollte ihrerseits ein weiteres, bereits überwiesenes Regiment zur 6. Armee heran¬ ziehen. Damit waren 24 von den 66 geforderten leichten Batterien gewonnen, aus der Feldartillerie von vier Ablösungs-Divisionen konnten bis zu 36 wei-

tere Batterien entnommen werden, so daß die Forderung annähernd erfüllt wurde. Dann aber hieß es, die Zuweisung schwerer Batterien, von denen 89 erbeten waren, sei abhängig vom Zeitpunkt des eintretenden Bedarfs. Träte er erst in drei bis vier Wochen ein, so werde voraussichtlich die beantragte Zahl annähernd überwiesen werden können, und zwar um so sicherer, je schneller die schwere Artillerie bei der 1. und 2. Armee freigemacht und in den

Werkstätten instand gesetzt werde. Hierfür sei zu prüfen, wieviel Batterien an der Siegfried-Front in nächster Zeit — ohne Einschränkung der Vorfeldkämpfe — freigemacht werden könnten. Träte der Bedarf bald ein, so könne

eine geringe Verstärkung überwiesen werden, im wesentlichen aber müffe die erforderliche Artillerie durch Verschiebung von der 1. und 2. Armee gewonnen werden. Pionier-Kompanien und Kolonnen könnten nicht überwiesen werden,

193

Erwägungen über etwaiges Ausweichen.

Heranziehung von anderen Armeen der Heeresgruppe wurde empfohlen. Nachrichtentruppen wurden zugeteilt, von den erbetenen Flieger-Einheiten nur der vierte Teil.

Gleichzeitig mit den Forderungen für die Abwehrschlacht hatte die Heeresgruppe auch die Frage aufgeworfen, ob die Reserven der

Obersten Heeresleitung überhaupt ausreichen würden, um nötigenfalls zwei große Abwehrschlachten zugleich, gegen die Engländer bei Arras, gegen die Franzosen an der Aisne, und daneben vielleicht noch feindliche Ablenkungsangriffe an anderen Abschnitten durchzuhalten. Sie kam auf den schon von Hauptmann Geyer im Auftrage der Obersten Heeresleitung geprüften Gedanken zurück, ob nicht für die 6. Armee unter Umständen im Lause des Kampfes ein Ausweichen auf die Wotan-Stellung in Frage käme. Es könne sich dabei nicht um planmäßige Räumung wie bei „Alberich" handeln, sondern nur um Ausweichen in einer Kampfpause, wie sie auch in der großen Abwehrschlacht immer wieder einträten. Gewiß werde solches Zurückgehen verlustreich sein, aber doch immer noch weniger, als wenn man versuche, die Schlacht mit unzureichenden Kräften durchzukämpfen. Rotwendig sei daher, daß das Ausweichen vorher durchdacht und die WotanStellung beschleunigt ausgebaut werde. Mit den jetzt verfügbaren Arbeitskräften (22 000 Mann) würde sie erst in etwa drei Monaten beziehbar sein; wenn aber die Oberste Heeresleitung zwei Divisionen zur Arbeit zur Verfügung stelle, könne sie bis Mitte Mai fertig werden. Es handele sich lediglich um eine Sicherheitsmaßnahme, es solle „nur die Möglichkeit geschaffen werden, im Notfalle, wenn die Kräfte nicht reichen, auf einer Kampffront ausweichen zu können. Es könnte ein Versäumnis bedeuten, wenn man diese Möglichkeit nicht geschaffen hätte". Mit diesen Erwägungen war General Ludendorff durchaus einverstanden. Den Gedanken des Ausweichens noch vor dem englischen Angriff hatte er nicht mehr weiter verfolgt. Jetzt gab er am 31. März zwei Divisionen für Arbeiten an der Wotan- 31. Mär,.

Stellung frei. Die Ober st e Heeresleitung rechnete in der Lagenbeurteilung an diesem Tage, dem 31. März, damit, daß aus der ehemaligen Somme-

Front acht bis zehn englische Divisionen herausgezogen sein könnten. Ihr Verbleib war unbekannt, ebenso der von acht weiteren Divisionen, die dort

als Reserven hinter der Front gestanden hatten. Mit entsprechender Verstärkung an der Arras-Front war also zu rechnen. Vor den Vimy-Höhen waren anscheinend bereits ein bis zwei Divisionen neu eingeschoben worden. Die 6. Armee meldete: Sie erwarte nunmehr den Angriff auf der ganzen Front von Loos bis St. Martin, also noch zwei Kilometer über Weltkrieg. XII. Band.

13

194

Die Schlacht bei Arras.

zi. März. Neuville-Vitasse hinaus. Wenn auch ein großer Durchbruchsangriff noch nicht unmittelbar bevorzustehen scheine, so könne er doch binnen kurzem ein¬

setzen. Auch müsse mit vorherigen örtlichen Angriffen gerechnet werden. Als Stellen dafür, aber auch als Brennpunkte des großen Angriffs könnten nach der begonnenen planmäßigen Zertrümmerung der deutschen Stellungen und Bekämpfung der Artillerie die Vimy-Höhen von Givenchy bis La Folie, sowie nördlich und östlich von Arras die Räume um Roelincourt und Tilloy angesehen werden; wahrscheinlich sei außerdem noch ein Stoß von Loos nach Süden. Es sei jetzt die Zeit gekommen, „den Einsatz der für die Abwehrschlacht verfügbaren Kräfte aller Art nicht länger hinauszuschieben, damit sich alles in die neuen Verhältnisse noch einigermaßen einspielen kann, bevor der große Angriff beginnt, und ... dem Feind möglichst viel Schaden bei

seinen Vorbereitungen zugefügt werden kann". Die Heeresgruppe teilte diese Auffassung und erbat die Zu¬

stimmung der Obersten Heeresleitung zu entsprechender Verwendung der Apru.

bereit gehaltenen Divisionen. Vorerst befahl sie am I.April das Heraus¬ lösen von 26 schweren Batterien aus der Siegfried-Front (15 bei der 1., elf bei der 2.Armee) unter gleichzeitiger Meldung an die Oberste Heeresleitung,

daß beide Armeen auf die daraus folgende Beeinträchtigung der Vorfeldkämpfe hingewiesen hätten; baldige Verstärkung der 6. Armee werde aber für so dringlich angesehen, daß trotzdem die Abgabe der Batterien der 2. Armee bis zum 5., der 1. Armee bis zum 8. April aufgetragen worden fei, da sie — wie befohlen — vor Wiedereinsatz noch instand gesetzt werden sollten. 2. bis s. April.

Nachdem die Ober st e Heeresleitung am 2. April die Ver-

Wendung der hinter der Front bereit gehaltenen Divisionen genehmigt hatte, befahl die Heeresgruppe das Einschieben einer Division bei der Gruppe Arras; bei der Gruppe Loos sollte eine Division nur bereitgestellt, aber noch nicht eingeschoben werden; zwei Divisionen wurden zum Ausbau der WotanStellung bestimmt. Den Zeitpunkt für das von der Obersten Heeresleitung

angeregte Bereitstellen je einer Ablösungs-Division hinter den besonders bedrohten vier Stellungs-Divisionen, unter gleichzeitigem Einsatz ihrer Feld-

artillerie, hielt die Heeresgruppe noch nicht für gekommen; diese Divisionen bedurften noch dringend der Ruhe und Ausbildung. Doch wurde die 6. Armee

angewiesen, ihr näheres Heranziehen „zeitgerecht" zu beantragen; einzuweisen waren sie schon jetzt. An Artillerie wurden der 6. Armee außer den 24 Batterien der Heeresseldartillerie-Reserve zunächst nur drei schwere Batterien zugewiesen. Darüber hinaus war mit 34 schweren Batterien (einschließlich der 26 von der 1. und 2. Armee) zu rechnen, jedoch erst innerhalb

der nächsten zehn Tage, nach ihrer Instandsetzung in den Werkstätten. Weitere schwere Artillerie würde erst in etwa 14 Tagen überwiesen werden.

Verstärkung der Front.

ISS

Drei Maschinengewehr-Scharfschützen-Abteilungen, fünf Pionier-, sieben Armierungskompanien hatten die Rachbar-Armeen abzugeben, außerdem Scheinwerfer, Flammenwerfer, Nachrichtenformationen und vor allem Luft-

streitkräfte. Unterdessen waren die für die Abwehrschlacht vorbereiteten Maßnahmen in vollem Gange. Am 2. April übernahm das Generalkommando des IX. Reservekorps die Gruppe Arras, am 3. das Generalkommando des VIII. Reservekorps die Gruppe Souchez, am 4. begann die 18. Reserve-Division bei

der Gruppe Arras sich einzuschieben. Da die bisherige 1. Armee aufgelöst werden sollte, wurde ferner der übertritt ihrer Gruppe A zur 6. Armee vor-

bereitet. Hinter der Front trafen sechs Divisionen als erste Ablösungen in der Linie Lille—Douai—Eambrai ein oder waren alsbald zu erwarten.

Eine von ihnen war vorübergehend zusammen mit einer Landwehr-Division

zum beschleunigten Ausbau der Wotan-Stellung bestimmt, eine weitere lag als Reserve östlich von Lille1).

Auch Artillerieverstärkungen trafen nach und nach ein. An Munition hielt die 6. Armee in den Feuerstellungen zwei bis

zweieinhalb Tagesraten für ausreichend. Das entsprach den Erfahrungen der Somme-Schlacht; damals waren zwei Raten im allgemeinen als genügend erkannt und auch bei höchster Feuersteigerung niemals an einem

Tage verbraucht worden^). Je eine weitere Tagesrate sollte bei den Divisionen, den Gruppen und der Etappe bereitliegen. Doch fehlte es einstweilen an der Möglichkeit, diese Mengen zu lagern. Die Zuführung von Muniüon war daher in entsprechend engen Grenzen gehalten worden. Erst vom

3. April ab wurde Munition reichlicher überwiesen. Für die Zufuhr zu den Ausgabestellen an die Truppen sollten bei etwaigen Vahnzerstörungen lei-

stungssähige Kraftwagenkolonnen zur Verfügung stehen. Für die Abwehr mußte es entscheidend werden, ob es gelang, die

Kraft der feindlichen Artillerie zu lähmen.

Schon Anfang Februar hatte die Oberste Heeresleitung darauf hingewiesen, daß ein zu geringer Teil der verschossenen Munition zum Wirkungsschießen, das

heißt zu völliger Niederkämpfung feindlicher Batterien, oder zu Zerstörungs*) Gliederung und Stärke der Abwehrfront bei Beginn der Schlacht S. 210. 2) Zwei Tagesraten betrugen im Höchster Tagesverbrauch in der SommeApril 1917: Schlacht war gewesen: je Feldkan. 500 Schuß 393 Schuß je l. F. H.

500

je s. F. H. je Mörser

250 200

-

310

-

207

-

145

-

13*

196

Die Schlacht bei Arras.

Bis 5. ApM. feuer gegen wichtige Anlagen der feindlichen Infanteriestellungen, verwendet

worden sei, der größere Teil aber für Einschießen, Sperrfeuerprüfung, Übungsschießen, Störungsfeuer und dergleichen. Am 20.März hatte Generaloberst von Falkenhausen für den Abschnitt von Lens bis NeuvilleVitasse planmäßiges Zerstörungsfeuer gegen die feindlichen Batterien an¬

geordnet. Die Ausführung stieß aber auf Schwierigkeiten, da das meist unsichtige Wetter die ohnehin geringen Veobachtungsmöglichkeiten weiter verschlechterte, außerdem aber die damals technisch noch nicht genügend durch¬ gebildeten Nachrichtenmittel nur zu oft versagten. Zahlreiche Schießen mit Fliegerbeobachtung mußten abgebrochen werden, weil die Verständigung zwischen Batterie und Beobachter nicht gelang oder dieser durch die in den

eigenen Luftraum vorstoßenden feindlichen Flieger in der Cinfchießtätigkeit behindert wurde. Auch hatten Oberste Heeresleitung und Heeresgruppe lange Zeit zur Sparsamkeit mit Munition gemahnt. So war von elfterer noch am 30. März eine allerdings schon am 21. ausgegebene Verfügung eingetroffen, die sich an die „besonders bedrohten Armeen" wandte und auch sie auf „Haus-

halten mit Munition" hinwies'). Heeresgruppe und 6. Armee rechneten nunmehr bestimmt mit feindlichem Angriff gegen die ganze Front von Loos bis St. Martin. Wenn der Gegner die Vorbereitungen dazu noch nicht überall beendet, insbesondere im Norden zwischen Loos und Angres noch keine Verdichtung der Infanterie vor-

genommen habe, so scheine sein großer Angriff, wenn auch nicht unmittelbar, so doch nahe bevorzustehen. An der Front nahm der Kampf äußerste Schärfe an. Im Süden eroberten am 2. April starke englische Kräfte nach anfänglichem Mißerfolg Hsnin und Croisilles sowie anschließend daran bei der 1. Armee Eeoust und Noreuil und drängten die deutschen Vorposten bis auf wenige hundert Meter an die Siegfried-Stellung zurück. Das Feuer steigerte i) Die Verfügung, vom 21.März datiert, war in Tausenden von Abdrücken versandt worden und bis zu den Insanterie-Regimentern und Batterien zu verteilen. Sie

begann: „In letzter Zeit sind den besonders bedrohten Armeen sehr erhebliche Munitionsmengen überwiesen, damit sie in der Lage sind, bei plötzlich einsetzendem feindlichen Angriff ein kräftiges Feuer aufzunehmen und zu unterhalten. Die reichliche Munitionsauffüllung scheint aber stellenweise zu der falschen Auffassung geführt zu haben, als ob Haushalten mit Munition nicht mehr notwendig sei. Das ist unzutreffend. Nur

gegen wichtige und lohnende Ziele ist entsprechender Munitionseinsatz gestattet und geboten. ... Ich bitte zu sorgen, daß diese so oft wiederholten Grundsätze Gemeingut der Führer aller Dienstgrade werden." Weiter hieß es: Mit Gasmunition sei ganz besonders zu sparen, „da der Nachschub beschränkt" sei. Schließlich wurde aus trockene Lagerung der Munition bei den Batterien hingewiesen und gesagt: „Das Borschaffen von Munition in die Feuerstellung und deren Nähe muß unbedingt mit der

!lnterbringungsmöglichkeit in Einklang stehen."

Steigerung der englischen Kampftätigkeit.

197

sich auch hier und hielt an. Immer mehr Batterien, auch schwersten Kalibers, und Minenwerfer traten beim Feinde auf. Ihr Feuer lag vom 4. April ab mit nur selten verminderter Heftigkeit Tag und Nacht von Angres bis

Neuville-Vitasse als planmäßiges stärkstes Zerstörungsfeuer auf den Stellungen der Infanterie, später auch auf einem Teil der Beobachtungsstellen und Batterien der 6. Armee sowie auf Straßen und rückwärtigen Ortschaften. Fernfeuer schlug bis zur Linie Henin-Lißtard—Viache. Die — wie man

annahm — mehrere Tage währende Feuervorbereitung für den Angriff hatte

offenbar begonnen. Vis zum 5.April hatte sich der tägliche Munitionsaufwand des Gegners im Vergleich zu dem im März nahezu verdoppelt. Die deutschen Gräben wurden vielfach in Trichterstellungen verwandelt, die Hindemiffe zerstört. Die englischen Infanterievorstöße dauerten an. Stellenweife handelte es sich um größere, mehrfach wiederholte Angriffe, die aber sämtlich abgewiesen wurden. Vor den Vimy-Höhen waren jetzt vier kanadische Divisionen eingerückt; ihnen abgenommene Gefangene hatten den Angriff auf die Vimy-Höhen für die nächsten Tage angekündet. Beiderseits von Arras, im Raum von Eeurie bis St. Martin, standen anscheinend vier

englische Generalkommandos^). Z. Die leyten Tage vor dem Angriff. Aus der Gesamtheit der Vorgänge und Nachrichten ergab sich im Laufe des 5. April, daß der englische Angriff nicht — wie bisher für möglich gehalten — erst in Wochen, sondern offenbar schon in den allernächsten Tagen

zu erwarten sei. Die ObersteHeeresleitung sorgte für Beschleunigung aller zu treffenden Maßnahmen. Am Nachmittag ließ General Ludendorff nach dem Stande der Artillerieverstärkung fragen. Als sich dabei ergab, daß von den zugewiesenen Batterien der größte Teil noch fehlte2), drängte er auf beschleunigtes Bereitmachen der zur Instandsetzung auf Übungsplätze gesandten Batterien. Am 6. April vormittags forderte er schärfere Bekämpfung der feindlichen Artillerie. Auch die Heeresgruppe drängte nunmehr auf größeren Munitionseinsatz. General von Kühl zeichnete für eine an diesem Tage stattfindende Besprechung auf: „Ludendorff sagt, es kann mehr geschössen werden." Bei der Besprechung, die mit den Generalstabschefs der 6. Armee und ihrer Gruppen in Douai stattfand, handelte es sich im übrigen um die gesamte Organisation für die Abwehrschlacht, vor allem um Ver-

Wendung von Artillerie, Gasmunition und Infanterie-Fliegern. :) XVII., VI., VII. und (irrtümlich angenommen) XIX. Korps. 2) Mitteilung des Obersten z. 03. von Tylander, damals Erster Genst. Offz. des A. O. K. 6, vom Februar 1939.

ISS

z. bi« 8. April.

Die Schlacht bei Arras.

Am 6. April zeigten sich beim Feinde erstmals Anzeichen für die An¬

wesenheit von Kavallerie. Durch rücksichtslosen Einsatz starker Fliegerkräfte suchten die Engländer sich die Überlegenheit über dem Schlachtfelde zu sichern und durch Bombenabwürfe die deutschen rückwärtigen Verbindungen zu

stören, erlitten dabei allerdings durch die anZahl schwächeren deutschen Flieger in täglichen Luftkämpfen sehr schwere Verlustes. Das feindliche Zerstörungsfeuer hielt Tag und Nacht an und steigerte sich zeitweise zum Trommelfeuer. Schwerste Kaliber traten auf. Steigerung des feindlichen Artillerie- und Minenwerferfeuers auch gegen den rechten Flügel der Armee und Ver¬ mehrung der dortigen Ballone wurden nur als Ablenkungsversuche ange-

sprachen. Für die Tage vom 29. März bis 5. April war der Munitionsauf w a n d des Gegners vor der ganzen 6. Armee auf etwa 320 000 Schuß gegen

180 000 im gleichen Zeitraum vorher geschätzt worden; dabei hatte die feind¬ liche Feuertätigkeit auf dem Nordflügel bis zur Gruppe Loos einschlie߬ lich abgenommen. Der eigene Munitionsverbrauch hatte 161 000 Schuß gegen 116 000 in der Vorwoche betragen^). Nunmehr befahl Generaloberst von Falkenhausen nochmals ausdrücklich, die Bekämpfung der feindlichen Artillerie und ihrer Beobachtungen in den Vordergrund zu stellen; die erforderliche Munition stehe ohne weiteres zur Verfügung. Nur die erst geringen Bestände an Gasmunition hielt die Armee noch zurück, um mit ihr beim Einsetzen des Angriffs die feindliche Artillerie lahmzulegen. Eine Menge in Höhe von zwei Tagesraten und darüber war dafür vorgesehen. Frühere Verwendung von Gasmunition wurde ausdrücklich verboten, vor allem um sie „für diesen großen Schlag", daneben für ein größeres Gas- und Brisanzschießen gegen die Stadt Arras aufzusparen, wo sich nach Gefangenen-

aussagen zahlreiche Truppen befinden sollten. Nachdem noch einige Pionier- und Armierungskompanien von den Nachbar-Armeen eingetroffen waren, arbeiteten vom 5. April ab bei der 6. Armee außer den Truppen der Divisionen 44 Pionier- und Mineur- sowie 50 Armierungs-Kompanien. Kolonnen und Trains kamen in reichlicher Zahl heran; vom 10. April ab sollte die Armee im ganzen mit 233 pferdebefpannten und 28 Kraftwagenkolonnen rechnen können. In den Tagen vom 1. bis 9. April wurden 50 feindliche Flugzeuge als ab-

geschossen gemeldet. Tatsächlich waren die englischen Verluste noch weit höher (S. 209). 2) Vei den fünf im späteren Angriffsraum Givenchy—Tilloy eingesetzten Divifionen wurden verfeuert: am 4. April 23 000 Schuß gegen 79 000 Schuß (geschätzt!) des Gegners, am S.April 30 000 Schuß gegen 90 000 (geschätzt!) des Gegners, am 6.April 24 000 Schuß gegen 80 000 (geschätzt!) des Gegners. Dabei entfiel auf deutscher Seite ein sehr großer Teil auf Sperr- oder Vernichtungsfeuer gegen ausgeführte oder

erwartete feindliche Unternehmungen.

Die letzten Tage vor dem Angriff.

ISS

Die S t e l l u n g e n der 6. Armee waren im Sommer und Herbst 1916

angesichts der Anforderungen der Somme-Schlacht im Ausbau zurückgeblieben. In der letzten Zeit hatten sie an der gesamten voraussichtlichen Kampffront bei lehmigem Untergrund und ständig nasser Witterung durch fortgesetzte Beschießung schwer gelitten. Die meist aus drei hintereinanderliegenden Gräben bestehende I. Stellung hatte sich bereits vielfach in Trichtergelände verwandelt, die Reste waren wie auch die Annäherungsgräben völlig verschlammt, die Hindernisse zerschossen. Die Unterstände, nur tiesminierte Stollen, lagen, den früheren Grundsätzen entsprechend, noch meist im vorbersten Graben, weitere in den hinteren Linien und vor allem im Zwischen-

gelände waren im Vau noch weit zurück. Auch der bei Tilloy anschließende Teil der Siegsried-Stellung entbehrte der Tiefe und hatte größere Stärke erst am äußersten linken Armeeflügel, wo man außerhalb des feindlichen Feuers hatte arbeiten können. Das Auseinanderziehen der Batterien in die Tiefe war erst eingeleitet, der Ausbau der Beobachtungsstellen und Batteriesiellungen, bei diesen vor allem der Munitionsräume, noch zurück. Die östlich von Arras vorhandene Zwischenstellung sowie die hier wie weiter nördlich rückwärts der vordersten Kampfzone verlaufende II. Stellung bestanden nur aus einem Graben, ein zweiter dahinter war erst im Entstehen. Sie lagen

der feindlichen Sicht völlig offen, bis auf den hinter den Vimy-Höhen liegenden Teil der II. Stellung, der aber die hochragenden Höhen so nahe vor sich hatte, daß er bei ihrem Verlust nicht auf die Dauer gehalten werden konnte. Der Verlauf der III. Stellung entsprach noch dem der deutschen Front vor dem

Siegfried-Rückzug. Diese Stellung ging auf dem Südflügel—hier als MonchyRiegel bezeichnet—in die Siegfried-Stellung über. Ihr Ausbau war veraltet. Von der nur für den äußersten Notfall in Frage kommenden WotanStellung') war der Abschnitt hinter der bedrohten Front von Loos bis Queant in beschleunigtem Ausbau, ebenso im Bereich der Gruppe Loos ein nach Hulluch zum vorderen Stellungssystem abzweigender Riegel. Eine nochmals rund zehn Kilometer weiter rückwärts geplante Wotan II-Stellung wurde erkundet.

Am 7.April war der Aufmarsch der Truppen für die Ab-

wehrschlacht bis auf die Artillerie im wesentlichen abgeschlossen. Bei dieser fehlte vor allem von den zugeteilten schweren Batterien noch eine große Zahl, die erst instand gesetzt wurden und zum Teil erst am 10. April oder noch später

fertig sein sollten. Zwei gegen die widerstandsfähigen Schutzräume innerhalb der Stadt Arras bestimmte 42 ., S. 90).

218

Die Schlacht bei Arras.

g. Apr» vo« i)tm der 220.Infanterie-Division entsandt, kamen abends heran. Zwei englische zum Abend. Kavallerie-Divisionen, die nachmittags im Räume nördlich und südlich von

Tilloy eingetroffen waren, hatten keine Möglichkeit zum Eingreifen gefunden. Gegen die vormittags noch nicht angegriffene 18. Reserve-Division des Generalleutnants von Mündt hatte sich das schon seit der Nacht anhaltende schwere englische Feuer gegen Mittag zum äußersten gesteigert. Der An¬ marsch feindlicher Truppen wurde erkannt. Der Angriff schien bevorzustehen. Bedenklich war, daß die Artillerie durch Feuer zur Unterstützung des nörd¬ lichen Nachbarn auch hier den größten Teil ihrer Munition bereits verbraucht hatte. Trotzdem konnte die Division bei den nunmehr beginnenden

mehrfachen Angriffen, auch mit Tanks, ihre gut ausgebaute Stellung halten. Nur der äußerste rechte Flügel wurde schließlich infolge des tiefen Einbruchs bei der 17. Reserve-Division zurückgedrückt. Einzelne Batterien hatten sich verschossen; es gelang erst am späten Nachmittag, wenigstens den dringendsten

Munitionsbedarf heranzubekommen. Verstärkungen hatte die höhere Füh¬ rung nicht zuführen können. Doch war die Division allein imstande, englische Massen, die um 7° abends zu einem letzten Angriff vorbrachen und zum Teil in den vordersten Gräben eindrangen, durch Gegenstöße bis auf ein unbe¬ deutendes Cngländernest am linken Flügel wieder hinauszuwerfen.

Die links benachbarte 220. Infanterie-Division unter Generalmajor

von Baffewitz hatte nachmittags mehrere feindliche Vorstöße abgewiesen; nur an einer schmalen Stelle hatte sich der Feind im vordersten Graben festsetzen können. Statt der abgegebenen Kräfte waren ihr nachmittags drei Bataillone der 26. (württembergischen) Reserve-Division zugewiesen worden.

kl) Maßnahmen der höheren Führung. Auf den Flügeln der britischen Anstürme, bei den Gruppen Loos im Norden und Aim Süden, war es am 9. April zu keinen größeren Kämpfen

gekommen. Der Angriff hatte im Norden über Givenchy, im Süden über Croisilles nicht hinausgegriffen; der erwartete Vorstoß von Nordwesten auf Lens war ausgeblieben. Die ständigen Besorgnisse der 6. Armee und der

Gruppe Souchez') hatten sich in dieser Hinsicht als unbegründet erwiesen. Doch hatte sich bei Lens das Feuer gegen die 80. Reserve-Division und bei Bullecourt—Queant gegen die Gruppe A zu großer Heftigkeit gesteigert. Der ganze Ernst der Lage war erst spät erkannt worden, denn der Feind hatte in den ersten Stunden des Angriffs durch sein Artilleriefeuer einen

nahezu „undurchdringlichen Vorhang" hinter das vordere Kampfgelände gezogen^). Die Führung lag, soweit sie unter den gegebenen Verhältnissen l) S. 188 und 191 ff. — 2) Schreiben des damaligen Generalstabschefs der Gruppe Arras, Oberst a. D. von Thaer, vom Februar 1939.

Erkennen der Tiefe des feindlichen Einbruchs.

219

überhaupt möglich war, allein bei den Divisionen. Aber auch bei ihnen waren Meldungen vom Verlust der vorderen Linie erst von 10° vormittags ab eingegangen. Sie erst hatten die Möglichkeit gegeben, die Reserven den bedrohten Punkten zuzuführen und der erhalten gebliebenen Artillerie neue Befehle zu erteilen. Die Kommandierenden Generale der Gruppen Vimy

und Arras hatten sich auf Vorschieben ihrer geringen Reserven und Heranholen erreichbarer Einheiten von Nachbar-Abschnitten beschränken müssen. Von den rückwärtigen Divisionen hatte bei Beginn des

englischen Angriffs die 3. bayerische Infanterie-Division noch bei Roubaix gelegen, die III. Insanterie-Division war im Antransport von der Sieg-

sried-Front hinter die Gruppe Loos in den Raum von Attiches—Wahagnies und rückwärts, das Garde-Reservekorps (1. Garde-Reserve- und 4. Garde-

Infanterie-Division), für die weniger betroffene Gruppe Souchez bestimmt, hatte, abweichend vom Befehl des Armee-Oberkommandos^), den Vormarsch aus der Gegend von Tournai auf Orchies erst am 9. April früh angetreten, da es Zwischenquartiere in den engbelegten und von den Einwohnern noch nicht geräumten Ortschaften vermeiden wollte und seine Marschziele auch in einem Tagemarsch erreichbar waren. So befanden sich seine mit in erster Linie zum

Eingreifen in Frage kommenden Truppen noch weit zurück. Die 18. Infan¬ terie-Division lag in Douai und nordöstlich davon, die 17. InfanterieDivision mit vier Bataillonen in Vitry und südlich bis Dury, mit dem Rest rund zwölf Kilometer nordöstlich von Cambrai. Die 26. Infanterie-Division hatte in der Nacht bei und nordöstlich von Cambrai gelegen, zwei InfanterieRegimenter waren im Weitermarsch in den Raum zwischen Douai und Cambrai. Das Armee-Oberkommando 6 hatte noch nach 9°vormittags aus Grund der bei ihm eingegangenen Nachrichten an die Heeresgruppe gemeldet, daß über die Gesamtausdehnung des feindlichen Angriffs bisher keine Klarheit herrsche. Zwei Cinbruchsstellen seien sicher vorhanden, von denen die nördliche westlich von Thölus von geringerer Bedeutung sei; der Feind solle dort bis an Les Tilleuls herangekommen sein; Gegenstoß sei im Gange. An der Searpe habe der Feind den Bahndamm westlich von Athies überschritten; wie weit sich der Angriff hier nach Norden ausdehne und ob er

auch südlich der Searpe erfolgt sei, sei noch unklar. Die Gruppe Vimy werde durch zwei Bataillone der Armeereserve und das von der Heeresgruppe zur

Verfügung gestellte vorderste Regiment der 18. Infanterie-Division verstärkt und beabsichtige einen einheitlichen Gegenstoß dieser fünf Bataillone nördlich der Scarpe. Die Armee habe dann noch ein Bataillon als Reserve bei

Vitry verfügbar. Bald darauf meldete die Gruppe Arras, der Feind habe i) S. 202.

220

». April,

Die Schlacht bei Arras.

auf der ganzen Front zwischen Scarpe und Neuville-Vitasse angegriffen und sei am rechten Flügel der 11. Infanterie-Division in die vorderen Gräben

eingedrungen; „genug Artillerie noch vorhanden, Gegenstöße befohlen". Die besonders betroffene 14. bayerische Infanterie-Division war noch um 1015 vor¬ mittags der Ansicht, daß der Feind in ihrer Mitte und am linken Flügel den

Bahndamm erreicht, dort aber haltgemacht habe. Zu gleicher Zeit meldete die Gruppe Arras, die 11. Infanterie-Division kämpfe mit dem rechten Flügel am Bahndamm, links in den vorderen Linien. Tilloy sei verloren und wiedergenommen worden. Weiter südlich werde noch in der ersten Linie

gekämpft, in Neuville-Vitasie sei der Feind eingebrochen. Der Gegenstoß der Abschnittsreserven sei in gutem Vorschreiten, ebenso anscheinend auch der bei der 14. bayerischen Infanterie-Division nördlich der Scarpe. Die

Lage schien danach bei der Gruppe Arras nicht ernstlich gefährdet zu sein. Bei der durch zugeteilte Kräfte bereits gestützten Gruppe Vimy hatte sich inzwischen herausgestellt, daß der Gegenangriff nördlich der Scarpe „gegen den Bahndamm" erst gegen Abend wirksam werden könne.

Die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht hatte um 12™ mittags, also anscheinend noch vor dem Bekanntwerden des Verlustes

der Südostkuppe der Vimy-Höhen (Telegraphen-Höhe), des Dorfes Thelus, des Bahndammes nördlich und der Höhe 94 südlich der Scarpe — wovon die

Armee erst zwischen II30 und 1220 Meldung erhielt —, die III., 1. Garde-

Reserve-, 4. Garde-, 18., 17. und 26. (württembergische) Infanterie-Division der 6. Armee zum Einsatz zur Verfügung gestellt und ihr Heranschieben dicht hinter die angegriffenen Divisionen zur unmittelbaren Unterstützung und für spätere Ablösungen befohlen, ferner bald darauf auch den Antransport der 3. bayerischen Infanterie-Division zur Gruppe Arras und der 35. Insanterie-Division von der 2. Armee hinter die Gruppe A angeordnet. Weiterhin hatte die Heeresgruppe, außer einer bald nach Mittag ein¬ gegangenen Meldung der Armee über den Verlust der Telegraphen-Höhe, des Dorfes Thelus, des Bahndammes und der Höhe 94, um 4™ nachmittags

von der Gruppe Arras unmittelbar erfahren: „Es steht ungünstig, sehr schwere Verluste, viel Artillerie verloren. Munitionsmangel (sie konnte nicht vorgebracht werden wegen des schweren Feuers). Drei Bataillone und eine

Batterie von Gruppe A (26. Reserve-Division) sind geschickt worden. Munition und Reserven sind nötig ... Das Feuer war nach Maffe und

Kaliber weit stärker als in der Somme-Schlacht. 15 Tanks sind zerschossen, und es sind noch viele da'"). Daraufhin hatten Heeresgruppe und Oberste

Heeresleitung noch weitere Kräfte für die angegriffene Front bestimmt. Crstere teilte der 6. Armee um 730 abends mit, daß für sie eine zweite ') Vortragsnotizen des Gen. von Kühl vom 9. April.

Beginnende Festigung der deutschen Front.

221

Ablösungswelle von fünf Divisionen in Aussicht stehe. Sie sollten bis auf «ine Division, die bei der 4. Armee transportbereit zu halten war, sofort

hinter die Divisionen der ersten Ablösungswelle herangezogen und ohne Rück¬

sicht auf Unterkunstsschwierigkeiten hart hinter diesen untergebracht werden. Die 6. Armee bestimmte eine Division zur Gruppe Loos, bei der mit Angriff auf Lens immer noch gerechnet wurde, zwei zur Gruppe Vimy, eine zur Gruppe Arras. Im Laufe des Abends war die angegriffene Front nach schwersten Einbüßen an Kampfkraft bei Artillerie wie Infanterie allmählich zum Still-

stand gekommen. Der Durchbruch war dem Feinde nicht gelungen. Zahlreiche Tanks wurden als zerstört gemeldet. Auf deutscher Seite begannen die rückwärtigen Divisionen einzutreffen. Vor Mitternacht hatte das GardeReservekorps den Raum um Orchies, seine vorderste Infanterie Bersse und Faumont erreicht. Von der zur Ablösung der 79. Reserve-Division an den Vimy-Höhen bestimmten III. Infanterie-Division waren Teile mit Last-

kraftwagen und Bahn nach Henin-Liötard und Beaumont gefahren worden, zwei Bataillone befanden sich im Vormarsch auf Droeourt. Von der 17. Infanterie-Division war ein Regiment bereits bei der 1. bayerischen

Reserve-Division eingesetzt worden, für den noch nordöstlich von Cambrai liegenden Rest war Bahntransport nach Douai in den ersten Morgenstunden des 10. April eingeleitet. Zur Ablösung der bei Arras kämpfenden Divisionen waren die 18., 26. (württembergische), 3. bayerische und 35. InfanterieDivision bestimmt. Von der 18. stand ein Regiment bereits im Kampf bei der 14. bayerischen Infanterie-Division, die beiden anderen marschierten an; von der 26. und 3. bayerischen Infanterie-Division war je ein Regiment mit der Bahn nach Vitry und Douai anbefördert worden und marschierte auf Roeux und Hamblain vor. Der Antransport der zum Ersatz der 18. ReserveDivision vorgesehenen 35. Infanterie-Division von Guise in den Raum zwischen Cambrai und Valeneiennes hatte abends begonnen. Von den noch -erwarteten schweren Batterien waren im Laufe des Tages acht herangekommen und hatten bereits eingegriffen.

2. LortMNF der Rümpfe bis zum 5Z. April. Beilagen 9 und 10.

a) Der 10. April. Für die weitere Kampfführung hatte Generaloberst von Falkenhausen lo.Apru. am 9. April, um 4° nachmittags, befohlen, daß beiderseits von Vimy die

II. Stellung, südlich der Searpe der Monchy-Riegel unbedingt zu halten, wo verloren wiederzunehmen und dahinter die Tiefengliederung auch durch

Die Schlacht bei Arras.

222

l«. April.

Anlage zahlreicher Riegel vorzubereiten sei. Die angegebene Linie war aber bereits in breiter Front durchstoßen, ihre Wiedernahme durch die sehr ge-

schwächten Stellungs-Divisionen nicht zu erwarten. In der Nacht zum 10. April flaute das feindliche Artilleriefeuer ab und lag nur noch in Gestalt von Feuerüberfällen auf den Stellungen und dem

Hintergelände der Kampffront. Die feindliche Infanterie drängte nicht mehr weiter vor. Auf den Vimy-Höhen stieß der Feind am 10. April gegen die 16. bayerische Infanterie-Division erst gegen 4° nachmittags mehrfach vor. Er wurde meist durch Gegenstöße abgewiesen, die bisherige Linie auf der

Gießler-Höhe und südwestlich von Givenchy gehalten. In der Nacht rückten zwei Bataillone der 4. Garde-Insanterie-Division in die vordere Linie ein.

Die 79. Referve-Division hielt sich nach nächtlichen Kämpfen hart hinter dem Höhenrande und am Südrand von Vimy. Die ersten Teile der I I I.Insan-

terie-Division schoben sich ein. Mehrsache, nach Trommelfeuer vorgetragene englische Angriffe wurden abgewiesen, nur am äußersten rechten Flügel gingen einige Gräben verloren. Spät abends wurde die Verteidigung des rechten Flügels in die II. Stellung, der Mitte an den Westrand von Vimy

zurückverlegt.

Die Infanterie der 79. Reserve-Division wurde bis auf

schwache Teile herausgezogen, die noch einen Tag länger die Stellungen am

Hange hart östlich von La Folie hielten. Im Abschnitt der 1. bayerischen Reserve-Division, die außer durch die drei Bataillone der nördlichen Korps durch weitere Teile der 17. Insanterie-Division gestützt wurde, hatte der Feind frühmorgens nach schwerem Feuer wieder angegriffen und westlich von Bailleul in der II. Stellung stehende Reste bayerischer Kompanien zum Bahndamm zurückgedrückt. Nachts wurde dorthin auch die übrige Linie zurückgenommen, die letzten bayerischen Bataillone wurden durch die 17. Insanterie-Division unter Generalmajor von Gabain abgelöst. Die 1. Garde-Reserve-Division war östlich von Lens, vorderste Teile bei Harnes

und Fouquisres eingetroffen. Im Kampfraum von Arras waren nördlich der Scarpe bei der

14. bayerischen Insanterie-Division der Gruppe Vimy noch in der Nacht weitere Teile der 18. Insanterie-Division herangekommen; die auf dem rechten Flügel noch vor der III. Stellung haltenden Kräfte waren in diese zurückgegangen. Als um 11° vormittags der Befehl im Abschnitt aus die 18. Infanterie-Division unter Generalmajor Bloch von Blottnitz überging,

hatte der Feind noch nicht wieder angegriffen, doch war Verstärkung seiner vorderen Linien erkannt. Von 2° nachmittags ab erschienen im Hintergelände

Kolonnen und Kavallerie^), die durch Artilleriefeuer zerstreut wurden. Zwei i) Teile der engl. 1. K. D.

Ablösungen und Abwehr weiterer Angriffe.

225

schwere, nachmittags und spät abends gegen die deutschen Linien bei und

nördlich von Roeux geführte Angriffe brachen im Abwehrfeuer unter blutigen Verlusten zusammen. In der Nacht dehnte sich die Division auf Weisung des Generals von Fasbender nach rechts bis hart an Vailleul heran aus und

nahm die Infanterie der 14. bayerischen Infanterie-Division bis auf ein

Bataillon zurück. Bei der Gruppe Arras war die Ablösung der 11. Infanterie-Division durch die 26. (württembergische) Infanterie-Division fchon am 9. April abends eingeleitet worden. Über die Lage an diesem Abschnitt der Front war das Generalkommando aber zunächst falsch unterrichtet, anscheinend

durch Meldungen der südlich anschließenden Divisionen: Die eigenen Truppen sollten über den Monchy-Riegel zurückgedrückt, das Dorf Monchy bedroht sein. Generalleutnant Dieffenbach hatte deshalb um 7" abends das in Vitry erwartete vorderste Regiment der 26. Infanterie-Division zur Verfügung der 11. Infanterie-Division gestellt und besohlen, es im nördlichen

Teile des Divisionsstreifens einzusetzen; es habe sich „auf dem Höhenrücken nordwestlich Roeux" einzugraben. Mit den zur Zeit westlich von

Roeux befindlichen Teilen der 11. Infanterie-Division sei der „Höhenrücken im Anschluß daran zu halten und auszubauen". Dieser Befehl führte unbeabfichtigterweife zur Räumung der wichtigen Höhe 102 nordwestlich von Monchy. Gegenbefehle kamen zu spät. So zog sich am Morgen des 10. April die Kampflinie auf der Höhe hart westlich von Roeux nach Süden zu dem von der Searpe gebildeten großen Teich und dann auf dem zum Dorfe Monchy ansteigenden Hang nach Südwesten. Reste der 11. InfanterieDivision und Teile der 26. und 220. Infanterie-Division zwangen den Feind, der von der Höhe 102 und von Nordwesten her mehrfach zum Angriff an-

setzte, zu Boden. Mittags sichtbar werdende englische Schwadronen zer¬ stoben im Artilleriefeuer. Der Kommandeur der 26. Infanterie-Division, Generalleutnant von Hofacker, hatte inzwischen den Befehl im Abschnitt übernommen. Die Räumung der Höhe 102 hatte weitere Folgen. Schon in der Nacht hatte die 17. Reserve-Division ihren rechten Flügel zurückgebogen. In den Vormittagsstunden räumte sie bei diesiger Luft und Schneetreiben planmäßig auch den Monchy-Riegel. Damit war, ohne daß der Gegner unmittel-

bar drängte, die letzte einigermaßen ausgebaute Linie preisgegeben. Gegen die neue Verteidigungslinie westlich von Monchy setzte der Feind gegen 2° mittags mit starken Kräften zum Angriff an. Wenn auch die noch immer unzureichende Artilleriemunition bald verschossen war, so gelang es in den folgenden Stunden doch, die auch von Tanks begleiteten weiteren Angriffe

der Engländer unter blutigsten Verlusten abzuweisen. Auf dem Kampffeld

224

z«. April,

Die Schlacht bei Arras.

erscheinende Schwadronen wurden zusammengeschossen. Ein letzter schwerer

Angriff am späten Abend brach ebenso nieder wie die ersten. Nachts rückte das vorderste Bataillon der zur Ablösung bestimmten 3. bayerischen Insanterie-Division in die Kampflinie ein. Die 18. Reserve-Division hatte in der Nacht den in der Richtung auf Neuville vorspringenden Frontbogen planmäßig geräumt. Sie hielt den Südteil des Monchy-Riegels bis zur Einmündung in die Siegsried-Stellung und diese selbst. Die neu entstandene tiefe rechte Flanke war noch durch ein Bataillon der 26. (württembergischen) Reserve-Division gestützt worden. Am Vormittag wurde vorfühlende englische Infanterie abgewiesen. Bald

nach Mittag setzte eine Reihe sehr heftiger Angriffe sowohl von Nordwesten auf Wancourt als auch weiter links gegen die Siegsried-Stellung ein. Sie wurden in teilweise erbitterten Nahkämpfen abgewiesen; nur einige Kom¬ panien, die noch vor dem Südflügel des Monchy-Riegels standen, wurden zurückgedrückt. Als zwischen 5und 6° nachmittags mehrere englische Kaval-

lerie-Regimenter, dahinter Infanterie in Kolonnen, sich Wancourt näherten, erlitten sie besonders schwere Verluste. Die 18. Reserve-Division hielt abends das Südende des Monchy-Riegels und die Siegsried-Stellung. Das an der

linken Divisionsgrenze noch verbliebene Engländernest wurde gemeinsam mit der linken Nachbardivision beseitigt. Die in der Siegsried-Stellung links anschließende 220.InfanterieDivision hatte um 630 morgens einen gegen ihre linke Hälfte gerichteten eng¬

lischen Angriff abgewiesen und am Nachmittag feindliche Ansammlungen vor der Front mit Vernichtungsfeuer belegt. Weitere Angriffe folgten nicht. Auf dem rechten Flügel der Gruppe A der 1. Armee hatte die 27. (württembergische) Infanterie-Division unter Generalmajor von Maur, die erst in den letzten Tagen in die vordere Linie eingerückt war, in den frühen

Morgenstunden einen englischen Angriff auf Vullecourt abgewiesen^). Das schwere feindliche Feuer dauerte aber noch an. Aus die anschließende 2. Garde-Reserve-Division hatte der Infanteriekampf nicht übergegriffen. Dank der zähen deutschen Gegenwehr war es dem Feinde am zweiten

Angriffstage trotz Einsatzes frischer Truppen und trotz großer blutiger Opfer nicht gelungen, über die bisher erreichte Linie wesentlich hinaus zu kommen, geschweige denn die dünne deutsche Front zu durchbrechen. Doch waren die Divisionen im vorspringenden Vogen westlich von Lens seit dem Verlust der Vimy-Höhen nicht nur dem stets befürchteten feindlichen Stoß von NordWesten über Loos, sondern auch einem solchen von Südwesten über Vimy i) Der hier beabsichtigt gewesene englische Angriff mit Tanks war verschoben worden (S. 209).

225

Entschluß zur Geradelegung der Front.

ausgesetzt. Die nunmehr unmittelbar am Fuße der Vimy-Höhen liegende vordere Linie, hinter der das Gelände weithin vom Gegner eingesehen wurde,

war aus die Dauer unhaltbar. General von Fasbender drang auf baldiges Absetzen von den Höhen. Ähnlich gefährdet war im Süden die durch Aufgeben des Monchy-Riegels entstandene vorspringende Ecke von Heninel. Generaloberst von Falkenhausen hatte zunächst einen Gegenangriff betrieben. Als ihm dann vormittags die Aufgabe der Höhe 102 und des Monchy-Riegels gemeldet wurde, hatte er die Führer der Gruppen Souchez, Vimy und Arras aufgesucht. Das von General von Fasbender vorgeschlagene Zurücknehmen der Gruppe Vimy in die III. Stellung M6ricourt—Arleux—Gavrelle lehnte er ab, forderte vielmehr bei der Heeresgruppe Artillerieverstärkung zum „planmäßigen Angriff" an. Erst als General von Kühl den Armee-Generalstabschef am Fernsprecher auf die große

Gefahr hinwies, daß der Feind angreife, bevor der beabsichtigte eigene Angriff zustande komme, und daß man dann aus der gegenwärtigen unhaltbaren Aufstellung unter schweren Verlusten in die rückwärtige Stellung geworfen werde, entschloß sich der Armeeführer zur Zurücknahme der Linie an beiden Flügeln der Einbruchsfront. Im Einvernehmen mit der Heeresgruppe gab er abends Befehl zum Ausweichen, das planmäßig auf weiteren Vesehl in der Nacht zum 12. oder 13. April auszuführen sei. Die neue Hauptverteidigungslinie sollte südlich von Loos von der dort festzuhaltenden I. Stellung zum Avion-Riegel abzweigen und in der bisherigen III. Stellung über Arleux zur gegenwärtigen vorderen Linie bei Roeux, dann westlich an Monchy vorbei über Guömappe zur Siegsried-Stellung nördlich von Croisilles verlaufen. Vortruppen hatten am Feinde zu bleiben. Greife dieser vorher an, so sollte schon dann in die neue Stellung ausgewichen werden; den Befehl dazu behielt sich der Oberbefehlshaber aber ebenfalls vor. Als besonders wichtig wurde bezeichnet, am Südflügel zwischen III. und

Siegsried-Stellung, wo bisher jegliche Anlagen fehlten, möglichst bald eine widerstandsfähige Verteidigungslinie zu schaffen. Die Anlage von Riegelstellungen von Gavrelle über den Westrand von Plouvain nach Pelves und anschließend über Vis zur Wotan-Stellung westlich von Cagnicourt war bereits am 9. April mittags befohlen worden.

Die Oberste Heeresleitung genehmigte die Zurücknahme der Front widerstrebend'), und nur unter der Bedingung, daß durch Angriff beiderseits der Scarpe auf Fampoux und die Höhe 102 die dortige Stellung

verbessert werde. Um gleichzeitige und einheitliche Durchführung dieses Unternehmens zu sichern, unterstellte Generaloberst von Falkenhausen die Gruppe Arras für Vorbereitung und Durchführung des Angriffs dem Kom') S. 276, Anm. 2. Weltkrieg. XII. Band.

15

226

Die Schlacht bei Arras.

mandierenden General der Gruppe Vimy, General von Fasbender. Der

Angriff sollte nach Vereitstellung der Kräfte möglichst bald erfolgen. b) Der 1l. April. 11. April.

Der 11.April verlief bei Regen undSchnee an den V i my-H ö h e n ohne

ernstere Kämpfe. Weitere Teile der 4. Garde-, III. und 17. Infanterie-Division kamen heran. Spät abends lösten sich die östlich von La Folie am Höhenrand noch ausharrenden letzten Kompanien der 79. Reserve-Division befehlsgemäß vom Feinde, die vordere Linie verlief fortan auch hier in der II. Stellung. Die Rückverlegung der Front an den Westrand von Lens und in die III. Stellung wurde vorbereitet, Batterien und andere Kampfmittel zurückgeführt. Bei Arras führte der Feind den Angriff fort. Der Südflügel der neu eingesetzten 18. Infanterie-Division wurde mittags nach Trommelfeuer von einem schweren Stoß getroffen. Nördlich von Roeux drangen die Engländer

ein, wurden jedoch durch sofortigen Gegenstoß wieder hinausgeworfen; etwa 500 Tote wurden vor der Front liegend gemeldet. Am frühen Nachmittag schien der Feind weitere Angriffe zu beabsichtigen. Zusammengefaßtes deutsches Artilleriefeuer hielt ihn nieder; letzte Vorstöße um 6°° und 11° abends, diese gegen den rechten Flügel, wurden abgewiesen. Gegen den anschließenden Nordflügel der Gruppe Arras, 26. (württem-

bergische) Infanterie-Division, hatte der Feind schweres Feuer gerichtet. Sein mit großem Kräfteeinsatz geführter Angriff galt dem Räume von Monchy. Nördlich des Ortes wies ihn die bereits schwer mitgenommene 17. Reserve-Division ab, südlich drang er in die deutsche Linie ein, rollte sie nach Norden auf und nahm das beherrschend liegende Dorf Monchy.

Ein Gegenstoß drang nicht durch, doch konnten weitere englische Angriffe, bei denen auch Kavallerie anzureiten versuchtes, unter Mitwirkung des linken Flügels der 26. Infanterie-Division abgewiesen werden. Die Lage war aber ernst, da sich die Artillerie schon gegen 8"° vormittags nahezu ver¬ schossen hatte. Um 9"° wurden starke Infanterie- und Kavalleriemassen im Vorgehen von der Höhe 102 erkannt. Von der auf deutscher Seite Heraneilenden 3. bayerischen Infanterie-Division hatten bisher nur zwei Bataillone am Kampf teilgenommen, ihre übrigen Teile waren noch weit zurück. Als sich gegen Mittag feindliche Infanterie und Kavallerie am Ostrande von Monchy zeigten und damit ein neuer Angriff bevorzustehen schien, wurde auch das Feuer der Artillerie beider Nachbardivisionen auf das Dorf gelegt und das Vorgehen damit unterbunden. Für 1° mittags hatten 17. und 18. Reserve*) Nach englischen Berichten ritt die engl. 3. K. D. beiderseits von Monchy vor.

Da sie nicht durchzudringen vermochte, fand sich ihre Masse schließlich im Dorfe selbst zusammen, wo sie schwer unter dem deutschen Artillerieseuer zu leiden hatte.

Weitere Kämpfe. —

Zurücknahme der 18. Reserve-Division.

227

Division einen gemeinsamen Stoß auf Monchy verabredet. Er unterblieb ebenso wie ein vom Kommandeur der 3. bayerischen Infanterie-Division, Generalleutnant Ritter von Wenninger, der inzwischen den Abschnitt über-

nommen hatte,für S°nachmittags angesetzter Gegenangriff,weil dieKräfte und vor allem die Munition zur Vorbereitung fehlten. Mit dem Herankommen

weiterer Teile der Bayern begann sich die Lage zu festigen. In der Nacht konnte die letzte Infanterie der 17. Reserve-Division herausgezogen werden. Die 18. Reserve-Division war durch den Frühangriff mitbetroffen, ihr rechter Flügel bis zur Windmühle südöstlich von Monchy zurückgedrückt worden, wo Teile der 26. Infanterie-Division nachmittags die Lage wiederherstellten. Die Mitte und der linke Flügel der Division, die vorwärts von Gusmappe und westlich von HZninel noch immer dicht hinter und in der Siegfried-Stellung standen, waren in den frühen Nachmittagsstunden ebenfalls von starken Kräften, und zwar mehrmals, umfassend angegriffen worden. Von etwa zehn hier anfahrenden Tanks wurden vier durch Artilleriefeuer erledigt. Der äußerste Vorsprung der Stellung ging verloren, Wancourt und Heninel wurden aber gehalten. Die Lage der 18. Reserve-Division war schwierig, selbst wenn Monchy,

wie mehrfach gemeldet, wieder in deutscher Hand sein sollte. Ihre Stellung sprang noch immer weit aus den anschließenden Linien vor. Generalleutnant

Dieffenbach hatte daher schon um 9° vormittags bei der ersten Nachricht vom Verlust von Monchy der Armee gemeldet, daß die Division nachts zurückgenommen werden müffe, wenn Monchy nicht zurückerobert werden könne. Am 7° abends holte er die Ansicht des Divisionskommandeurs ein. Generalleutnant von Wundt sprach sich für Ausweichen aus. Als die Gruppe dann um 10° abends die Räumung bis zum Morgen des 13. April anordnete

und gleich darauf Nachricht kam, Monchy sei endgültig verloren und feindliche Kolonnen marschierten gegen die Nordflanke an, befahl er sofortiges Zurückgehen in die Linie Gusmappe—Höhe 92. Starke Sicherungen sollten in der bisherigen Linie zurückbleiben, Teile der inzwischen herankommenden

35. Infanterie-Division den rechten Flügel stützen. Das Ausweichen konnte, vom Gegner ungestört, ausgeführt werden. Von dieser Zurückverlegung wurde auch die 220. Infanterie-Division betroffen, die selbst tagsüber nicht angegriffen worden war. Sie bog in der Nacht zum 12. April ihren rechten Flügel zurück.

Abgesetzt von diesen Angriffen führten die Briten weiter links einen sehr heftigen, aber örtlich begrenzten Stoß gegen die G r u p p e A,die schon an diesem Tage von der aufzulösenden 1. Armee') zur 6. Armee übertrat. S. 151

228

11. Apru.

Die Schlacht bei Arras.

Der Angriff der hier angesetzten Teile der englischen 5. Armee') war bereits für die Nacht zum 10. April beabsichtigt gewesen, doch hatten die

Tanks nicht rechtzeitig herangebracht werden können, so daß kurz vor Hellwerden die Infanterie wieder zurückgenommen worden war. Dabei hatte die

62. Division, die den Aufschub des Angriffes zu spät erfuhr, bereits empfind¬ liche Verluste erlitten. Der Angriff war dann auf den Morgen des 11. April

festgesetzt worden. Nach kurzem, schlagartig einsetzendem Trommelfeuer trat die 4. australische Division mit acht Bataillonen, unterstützt von zwölf Tanks, um 5™ morgens gegen die Siegfried-Stellung bei und östlich von Vulleeourt zum Sturm an. Stellenweise gingen bis zu IS Angriffswellen hinterein¬ ander vor.

Der Angriff, der die 27. (württembergische) Infanterie-Division des Generalmajors von Maur in ihrer ganzen Ausdehnung traf, wurde vor den breiten Hindernissen der Siegfried-Stellung an den meisten Stellen unter

schwersten blutigen Verlusten abgewiesen, an einigen aber gelang dem Gegner mit Hilfe der Tanks der Einbruchs). Die Lage wurde kritisch, doch

brachten rückwärtige Kräfte durch ihr Feuer das Vorgehen der Australier zum Stehen. Die Maffe der Tanks war bereits ausgefallen. Die Württemberger wandten sich gegen den eingedrungenen Feind. Sie waren darin

besonders geschult, da sie in den letzten Wochen die Lehrtruppe für den Aus-

bildungskurfus höherer Führer bei Solesmes') gestellt hatten. So warfen sich jetzt die Sturmtrupps der Infanterie von beiden Seiten auf den zahlenmäßig weit überlegenen Gegner, während Maschinengewehrfeuer sein Ausweichen nach rückwärts verhinderte und das Sperrfeuer der Artillerie auch der beiden Nachbar-Divisionen die Einbruchstelle abriegelte. Dadurch wurde gegen 11° vormittags ein nochmaliger, einheitlich mit sehr starken Kräften und auch wieder mit Tanks vorgetragener englischer Angriff noch vor der

ursprünglichen Stellung der Division blutig abgewiesen. Unterdessen kämpf¬ ten die Sturmtrupps in stundenlangem Handgranatenangriff die ein¬ gedrungenen Teile nieder; diese erlitten schwerste Verluste, der Rest ergab sich. Um 4° nachmittags hatte die Division ihre ursprüngliche Stellung völlig

zurückerobert. Spätere Versuche des Gegners, nach starker Artillerievor¬ bereitung noch einmal gegen sie anzulaufen, wurden schon im Keime erstickt. Die Division hatte an 1200 Gefangene und 53 Maschinengewehre erbeutet.

Sie meldete, daß die Zahl der australischen Toten, die das Schlachtfeld be¬ deckten, die Zahl der Gefangenen wahrscheinlich noch übersteige. Nach englischen Angaben haben die Australier rund 3300 Mann verloren. Die Verluste der Württemberger betrugen etwa 750 Mann. i) S. 208 f. — 2) Nebenskizze auf Beilage 19. — 3) S. 59.

Tankangriff bei Bullscourt. —

Wechsel des Generalstabschefs der 6. Armee. 229

Vei der Ober st en Heeresleitung war man angesichts des

überraschend großen feindlichen Erfolges am ersten Angriffstage schwer betroffen gewesen. General Ludendorff selber hatte, wie er nach dem Kriege schrieb'), „dem erwarteten Angriff mit Vertrauen entgegengesehen" und war nun „tief niedergeschlagen". Nach den beiden schweren Rückschlägen vor Verdun gegen Ende des Jahres 1916 bildete der 9. April einen schlechten Beginn des Entscheidungskampfes im Jahre 1917. Die Sorge drängte sich auf, ob die in den letzten Monaten festgelegten Grundsätze für die Abwehr feindlicher Großangriffe die Probe bestehen würden. Die Gründe für den tiefen feindlichen Einbruch konnten aber nicht sofort erkannt werden. Man glaubte sie in nicht glücklichen Maßnahmen des Armee-Oberkommandos 6 zu erkennen und erwog seinen Ersatz durch das an der Siegfried-Front frei-

werdende, für die Champagne bestimmte Armee-Oberkommando 1. Doch wies deffen Chef, der in Abwehrkämpfen als besonders erfahren geltende Oberst von Löhberg, darauf hin, daß das Oberkommando 6 in die Kampfverhältnisie bei Arras eingearbeitet sei. So unterblieb ein vollständiger Wechsel, doch wurden am 11. April vormittags der Generalstabschef und der Erste Generalstabsoffizier der 6. Armee durch Oberst von Löhberg mit

seinem bisherigen Ersten Generalstabsoffizier erseht. Die im Anschluß daran vom Generaloberst von Falkenhausen vorgebrachte Bitte, auch ihn als den

verantwortlichen Oberbefehlshaber seiner Stellung zu entheben, wurde vom Obersten Kriegsherrn abgelehnt, der ihn weiter seines vollen Vertrauens versicherte.

Im übrigen stand die Oberste Heeresleitung vor der schwierigen Aufgäbe, eine Einbruchsstelle von rund 18 Kilometer Breite und bis zu sechs

Kilometer Tiefe nach sehr hohem Ausfall an Menfchen, Geschützen und Munition durch neue, für weitere Großkämpfe geeignete Kräfte wieder zu schließen. Dabei mußte die Abwehr, wenn man nicht auf die noch völlig unfertige Wotan-Stellung ausweichen wollte, künftig zumeist in einem Gelande geführt werden, in dem jegliche vorbereitete Stellung fehlte. Angesichts des noch bevorstehenden Ansturms der Franzosen an der Aisne und in der Champagne war daher besonders sorgfältige Regelung des Einsatzes von Tmppen und Munition dringendes Gebot.

Aus dem Verlauf der Kämpfe am 11.April hatte die Gruppe Arras, die an diesem und dem Vortage vom feindlichen Hauptstoß getroffen war, den Eindruck gewonnen, daß der Feind am 9. April abends

seinen unbestreitbar großen Erfolg nicht genügend ausgenutzt habe, daß er ') „Kriegserinnerungen", 6.334.

230

Die Schlacht bei Arras.

n. April, aber seit dem Mittag des 10. April die Offensive planmäßig und großzügig mit immer wieder neuen Masten weiterführe, dabei allerdings auch bereits schwerste Verluste erlitten habe. Beiderseits der Scarpe war die letzte der

vorbereiteten deutschen Stellungen verlorengegangen, dem Feind also die

Durchbrechung des Stellungssystems tatsächlich gelungen. Die Schlacht hatte, wie Generalleutnant Dieffenbach in einem Vesehl aussprach, jetzt in einem Teil des Gruppenabschnittes „den Charakter der Feldschlacht angenommen".

Oberst vonLoßberg hatte sich den Tag über durch Rücksprache mit den Generalkommandos und mehreren Divisions-Stäben über die Lage an

der Kampffront unterrichtet und auch die Geländeverhältnisse erkundet. Die Notwendigkeit einer Zurückverlegung der Front drängte sich dabei auch ihm auf. Am Abend meldete er sich in Tournai bei Generaloberst von Falken-

Hausen, wobei auch der Generalstabschef der Heeresgruppe, General v o n K u h l, anwesend war. Eine Aussprache ergab volle Übereinstimmung

der Ansichten. Den Befehl zur Ausführung des geplanten Zurückgehens auf beiden gefährdeten Flügeln, auf Lens—Arleux-en Gohelle und auf Guemappe, hatte Generaloberst von Falkenhausen, noch auf Vortrag des General¬ majors von Nagel, bereits um 10° vormittags für die Nacht zum 13. April gegeben. Die künftige Führung der Abwehr war damit auf eine neue Grund¬

lage gestellt. Änderungen wurden nicht mehr befohlen. Die Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht meldete nun¬ mehr der Obersten Heeresleitung: „Nach dem Mißerfolg am 9. April kommt es darauf an, den englischen Stoß aufzufangen. ... Eine Verbesserung der

zur Zeit nicht haltbaren Stellung ist nur durch planmäßiges Ausweichen möglich. Dazu hat die Armee befohlen, daß nördlich der Scarpe die Linie Westrand Lens—Avion—III. Stellung bis Gavrelle in der Nacht vom 12. zum 13. April eingenommen wird. Von dort nach Süden bis zur SiegfriedStellung ist eine ausgebaute Linie nicht vorhanden. Nach dem Verlust von

Monchy, dessen Wiedernahme wenig wahrscheinlich ist, wird auch die im spitzen Winkel in die Siegfried-Stellung über Gusmappe laufende Linie als lange zu verteidigende Stellung nicht in Betracht kommen. Sie wird in dem im Vau befindlichen Vis-Riegel (Pelves—Vis—Qusant) gefunden werden. Vis der Ausbau dieses Riegels vorgeschritten ist, muß vorwärts Gelände gehalten werden. Die Aufgabe der Siegfried-Stellung zwischen St. Martin und Qusant ist ein schwerer Entschluß, aber nur so ist es möglich, ohne die neu eintreffenden Kräfte einzeln in den Kampf zu werfen und so einzeln zu

verbrauchen, die Organisation der Verteidigung auf eine neue, feste Grund¬ lage zu stellen ... Der Kräfteverbrauch in den bisherigen Kampftagen war

ein sehr großer. Ihn zu vermindern und gleichzeitig den feindlichen Stoß

Erwägungen über weiteres Ausweichen.

231

aufzufangen, scheint nur in der vorgetragenen Weise möglich: nämlich ord¬ nungsmäßiger Aufbau der neuen Kräfte in einer zu haltenden Linie und

Ausbau rückwärtiger Stellungen. Diese bisherige Auffassung der Heeresgruppe deckt sich auf Grund der in Tournai heute abend stattgefundenen Besprechung in allen Punkten mit der Auffassung des Oberst von Löhberg." Die Ober st e Heeresleitung erklärte sich am nächsten Vormittag mit diesen Absichten einverstanden und wies auf dauernde Aufmerksamkeit am Nordteil der 6. und Südteil der 4. Armee sowie in der Gegend zwischen St. Quentin und der Oise hin. e) Der 12. und 13. April. Am 12. April kam es bei Wind, Schnee und Regenschauern an den Vimy-Höhen nur bei der G r u p p e S 0 u ch e z vor Angres und Givenchy

zu heftigen Kämpfen. Hier griff der Feind frühmorgens nach schwerem Vorbereitungsseuer an. Vorwärts von Angres wurde er von der 80. Reserve-

Division restlos abgewiesen. In dem von Teilen der 4. Garde-Infanterie-

Division gestützten Abschnitt der 16. bayerischen Infanterie-Division drang er in die vordersten Gräben ein. In stundenlangem Kampf ging die Gießler-

Höhe schließlich verloren. Vorwärts von Givenchy hielt sich die Truppe. Schweres Feuer lag bis in die Nachtstunden immer wieder auf den deutschen Linien. Am Südflügel der Gruppe Vimy und bei der Gruppe Arras führte der Feind seine schweren Angriffe weiter. Vei der 18.Infanterie-Division konnte um 1'° mittags ein erster, gegen ihre Mitte gerich-

teter Stoß im Nahkampf abgewiesen werden. Am 4" nachmittags hier und am linken Flügel anstürmende starke feindliche Kräfte, etwa eine Division, wurden von der Artillerie und Infanterie noch vor Erreichen der deutschen Linien zusammengeschossen, ein zweiter Ansturm eine Stunde später erlitt das gleiche Schicksal. Als um 7°° abends abermals Ansammlungen in den eng-

lischen Gräben erkannt wurden, legte die Artillerie Vernichtungsfeuer dorthin und unterband damit weitere Angriffe. Der rechte Flügel der Gruppe Arras,

26. (württembergische) Infanterie-Division, hatte vormittags schweres Feuer erhalten. Als dann um 6'° abends der Gegner nach starker Artillerievorbereitung in mehreren Wellen hintereinander gegen die ganze linke Divisionshälfte und den rechten Flügel der 3. bayerischen Infanterie-Division anstürmte, wurde er schon durch Feuer abgewiesen. Die 18. Reserve-Division stand morgens in der neuen Verteidigungslinie Gusmappe—Höhe 92, Vorposten noch in der bisherigen Stellung. Gegen diese setzte der Feind am Nachmittag zum Angriff an und nahm Wancourt. Weitere Angriffe blieben vor der neuen Abwehrfront liegen. Da inzwischen die Masse der 35. Infanterie-

12. April.

232

12. April.

Die Schlacht bei Arras.

Division herangekommen war, konnte die Ablösung von Teilen der schwer

getroffenen Infanterie eingeleitet, die von den Nachbarabschnitten zugeteilten Bataillone konnten diesen wieder zurückgegeben werden. Die 220. Infanterie-Division und die 27. (württembergische) Infanterie-Division der Gruppe^ wiesen abends kleinere Vorstöße ab; bei der 2. Garde-ReserveDivision verlief der Tag ruhig. Der Kommandierende General der Gruppe A, Generalleutnant von Moser, rechnete mit Fortsetzung der Angriffe bei Bulleeourt nach Ablösung der abgekämpften feindlichen Truppen und weiterer Verstärkung der Artillerie. Er erbat das Einschieben einer Division unter Hinweis auf die von Fliegern bereits am 11. April festgestellte außerordentliche Vermehrung englischer Lager bei und nördlich von Vapaume. Die Heeresgruppe hatte schon am 10. April eine Verstärkung der

tags zuvor bereitgestellten zweiten Welle von Ablösungs-Divisionen durch vier an nicht gefährdeten Frontstellen herauszulösende und durch zwei weitere hinter ihrer Front stehende Divisionen befohlen. Außerdem hatte sie der bedrohten Front am 9. und 10. April 59 Batterien, davon 41 schwere, und

andere Verstärkungen zugewiesen. Die Ober st e Heeresleitung hatte eine weitere Division zur Verwendung hinter der Gruppe Azur Ver¬ fügung gestellt. Das Herankommen dieser neuen Kräfte erforderte jedoch Zeit, und so mußte der von der Obersten Heeresleitung geforderte Vorstoß gegen Fampoux und Höhe 102*) noch hinausgeschoben werden.

In der Nacht zum 13. April führten die Gruppen Souchez und V i m y ihre Truppen abschnittsweise und vom Feinde unbemerkt in die für die fernere Abwehr vorgesehenen Stellungen hart westlich von Lens und in die III. Stellung zurück. Sicherungen blieben in den verlassenen Linien

stehen. Die Bewegung vollzog sich planmäßig bis aus feindliches Störungsfeuer und stellenweife Behinderung durch den Abschub von bisher in Lens noch zurückgebliebenen rund 3000 Einwohnern. Geringes Kampfgerät und einige wenige zerschossene und gesprengte Geschütze blieben zurück. Die beiden bedrohten Schulterpunkte der Kampffront waren einem konzentrischen Angriff jetzt entzogen. Aber auch in der Mitte, beiderseits der Searpe, war der

Feind genötigt, seine Batterien und die unentbehrlichen Munitionsmaffen näher heranzuschieben und den Nachschub über das verschlammte und zer¬ schossene Kampffeld sicherzustellen, bevor er an weitere Berennung der von

Tag zu Tag stärker werdenden deutschen Front denken konnte. 13. April.

Am 13. April früh stand die deutsche Front ausgerichtet und neugegliedert. Die vom ersten Stoß getroffenen Divisionen waren bis auf die -) S. 225.

Zurücknahme der Front vor Lens.

233

18. Reserve-Division, deren Ablösung aber auch bereits im Gange war, durch frische ersetzt'). Da die Gruppe Ader bisherigen 1. Armee zur 6. Armee übergetreten war, lag die Leitung der Abwehr des feindlichen Angriffes, der von Lens bis Vullecourt ausgegriffen hatte, fortan in einer Hand.

Z. Bisherige Absichten und Maßnahmen des Gegners^). Beilagen 9 und 10.

Der erste Stoß von 14 britischen Divisionen hatte am 9. April einen

9-blä

tiefen Einbruch, aber noch keinen Durchbruch erreicht. Auch der Einsatz zweier 12' April,

ein Ballon der 7. und 3. Armee zum Opfer. Augenscheinlich war dieser An-

griff aus die deutsche Luftbeobachtung die letzte Vorbereitung für den Beginn der die Offensive einleitenden Artillerieschlacht. Sie wurde von diesem Tage an mit sich steigernder Wucht fortgeführt. Die deutschen Batterien nahmen

den Kampf auf.

Z. Der Artilleriekampf vom 7. bis

April.

Die Oberste Heeresleitung beurteilte die Lage am 7.April

«pru.

dahin, daß der Angriff an der Aisne-Front nahe bevorstehe; daß die fran¬ zösische Artillerie mit dem 6. April an der ganzen Front Soupir—Reims zum

Wirkungsschießen übergegangen und gleichzeitig der Angriff auf die deutschen Ballone erfolgt sei, mache dies wahrscheinlich; nach dem bei Sapigneul erbeuteten Befehl scheine der Durchbruch „hauptsächlich nördlich der Aisne, etwa in Richtung Monteornet—Rethel" beabsichtigt zu sein, während der Brimont wohl nur zur Sicherung der rechten Flanke des Angriffs genommen

werden solle. Reu war, daß jetzt auch in der westlichen Champagne die Zusammenziehung einer Angriffsgruppe vermutet werden konnte. Mit einer Ausdehnung des Angriffs dorthin müsse also gerechnet werden, wenn er auch nach der augenblicklichen Frontbesetzung wie dem Stande der Arbeiten nicht unmittelbar bevorzustehen scheine; vielleicht werde er sich erst nach Ein¬ leitung des Angriffs an der Aisne entwickeln. Der Artilleriekampf wurde von den Franzosen anfangs noch nicht mit großer Heftigkeit geführt, reichte aber von Beginn an weit in das Hintergelände hinein. Wie lange er dauern würde, war ungewiß; nach einer Gefangenenaussage sollte er in fünf Tagen die deutschen Batterien nieder-

kämpfen und in weiteren fünf Tagen die Infanteriestellungen sturmreif machen. Das ergab, vorausgefetzt, daß der 6. April richtig als Anfangstag der Artillerieschlacht angesehen wurde, als ersten Tag des Infanterieangriffs den 16. April. Doch mußte auch mit früherem Beginn gerechnet werden. Am 8. April erreichte das französische Feuer vor der 7. Armee bereits große Stärke. Aber auch bei der 3. Armee befestigte die wachsende Zahl der feindlichen Batterien zwischen Reims und der Suippes und ihr zunehmendes Feuer den Eindruck der Angriffsvorbereitung. Die deutschen Batterien erWeltkrieg. XII. Band.

IS

«.April,

290

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

litten zwar manchen Ausfall an Geschützen, konnten aber durch häufigen Stel¬

lungswechsel ihre volle Kampfkraft erhalten. Ihr Feuer richtete sich nach den Befehlen der Heeresgruppe in starkem Maße auch auf die Gräben und Annäherungswege der französischen Infanterie, um deren Sturmvorbereitungen zu zerstören und ihre Angriffskraft möglichst schon vor dem Sturm zu brechen. 8. bis Am 9. April, dem Tage des englischen Angriffsbeginnes bei Arras, und am 12. April. ^ steigerte sich das französische Feuer weiter auf der ganzen Linie von Soupir über Reims bis Aubsrive. Die deutschen Batterien lagen häufig unter Gasbeschuß. An der Front der 7. Armee zeichnete sich die Chemin des

Dames-Stellung von Cerny bis einschließlich Craonne als das Hauptfeld kommender Kämpfe deutlich ab; die Gegend von Cerny selbst, die schmälste Stelle des Landrückens bei der Hurtebise-Ferme und sein östlicher Ausläufer, die von der deutschen Truppe als „Winterberg" bezeichnete Hochfläche nörd¬ lich von Craonne'), schienen Brennpunkte werden zu sollen. Auch die Stel¬ lungen beiderseits der Waldhöhe von La Ville aux Vois, ostwärts bis zur Aisne und links des Flusses bis nach Courey am Vrimont hin lagen unter

stärkstem Feuer. Nach rückwärts reichte die schwere Beschießung bis auf den hohen Nordrand des Ailette-Tales, bis Berrieux, Guignicourt (an der Aisne), Pont Givart (an der Suippes) und Bourgogne (östlich des Bri-tmmt)2). Das weitere Hintergelände erhielt meist nur Streufeuer. Die fran¬ zösische Artillerie vor der 3. Armee bemühte sich hauptsächlich noch um die

Niederkämpfung der deutschen Batterien, die aber auch hier kampfkräftig blieben. Vom 11. April ab erreichte und behielt das feindliche Feuer auf die Infanteriegräben und Bereitschaftsräume der 7. Armee Trommelfeuerstärke. Die Grabenlinien der I. Stellung litten sehr erheblich und verwandelten sich insbesondere unter der Wirkung des jetzt mit großer Heftigkeit einsetzenden

schweren Minenwerferfeuers schnell in Trichterfelder. General von Boehn rechnete vom 12. April ab damit, daß der In-

fanterieangriff jederzeit losbrechen könne, und setzte seine Gruppen in „volle Kampfbereitschaft". Im Abwehrabschnitt der 3. A r m e e hatte sich das jetzt

auch hier zu größter Heftigkeit gesteigerte französische Artillerie- und Minenfeuer fast ganz auf den Ostflügel des VII. Reservekorps und vor allem auf

den Abschnitt des XIV. Armeekorps zusammengezogen. Im letzteren Abschnitt war außer den Gräben der vordersten Stellung die auf der Höhenkette südlich von Rauroy und Moronvilliers laufende Zwischenstellung2) stärkstem Feuer ausgesetzt. Diese Höhen waren offensichtlich französisches Angriffsziel. 1) Französischerseits „Calisornie" genannt. 2) Das entsprach dem Ziel des ersten französischen Angriffssprunges (S. 301 f.). 8) Gleichzeitig „Artillerie-Schutzstellung"; bei der Z.Armee als R1-Stellung be¬

zeichnet.

Der Artilleriekampf.

291

Unterdessen hatte die Oberste Heeresleitung am 9. April genehmigt, daß geringe Teile der hinter der Front stehenden Divisionen bei Schlachtbeginn in die II. und III. Stellung vorgezogen würden, dagegen hatte sie abgelehnt, für jede Gruppe eine Division zu Gegenstößen zur Verfügung zu stellen. Am 19. April, dem Tage nach dem Mißerfolge von Arras,

gab sie jedoch alle im ersten Treffen hinter der Front stehenden Divisionen frei. Am 12.April teilte sie die Erfahrungen von Arras mit: Frontdivi-

sionen, deren Kampfkraft bereits gelitten hatte, seien nicht rechtzeitig abgelöst, die Artillerie in den Tagen des feindlichen Vorbereitungsfeuers nicht aus-

reichend verwendet und Kampfreserven sowie hinter der Front stehende Divisionen für rechtzeitige Gegenangriffe zu weit zurück gehalten worden. Die

Heeresgruppe gab daraufhin nochmals scharfe Anweisungen für kräftigsten Einsatz der Abwehrartillerie, und zwar immer wieder gegen die Anlagen der feindlichen Infanterie auch in der Nacht und namentlich in den

ersten Morgenstunden. Die Stellungs-Divisionen sollten ihre Reserven so weit vorziehen, daß sie in kürzester Frist in den Kampf um den vordersten Graben eingreifen könnten. Für die Reserven der Heeresgruppe und der Obersten Heeresleitung wurde engere Versammlung nach vorwärts angeordnet und von ihnen jedem Gruppenabschnitt (diese erhielten in diesen Tagen Ortsnamen)') eine „Eingreif-Division" zugeteilt), deren vorderste Teile bis an die II. Stellung (bei der 3. Armee „R 2-Stellung") vorgezogen und deren Feldartillerie zu zwei Dritteln alsbald in Stellung gebracht wurde. Der Einsatz der Eingreif-Divisionen in die Schlacht sollte in der Hand der Armee-Oberkommandos liegen. Gegenüber der vermuteten Cinbruchsftelle der Franzosen, zwischen La Ville aux Bois und dem Vrimont'), wurden drei weitere Divisionen in oder dicht hinter die Linie der Eingreif-Divisionen

vorgezogen. Die restlichen Divisionen blieben außerhalb des wirksamen feindlichen Feuerbereichs; dieses letzte Treffen zählte zur Zeit vier Divisionen, weitere vier Divisionen waren im Antransport. Der Gruppe Prosnes (XIV. Armeekorps) wurden noch eine Division und einige schwere Batterien ') Da die bisher meist übliche Buchstabenbezeichnung, mehrfach wiederkehrend, zu Verwechselungen geführt hatte, wurden alle Gruppen nach Srtlichkeiten benannt: Die bisherige Gruppe Kathen (XXIII.R.K.) wurde Gruppe Crspy, °

-

2) 6.296. —

°

Plüskow (XI.A.K.)

°

-

Vailly,

°

Liebert (Gkdo. 54)

.

.

Lieste,

Höhn (XV. baher. R. K.)

-

-

Siffonne,

Cberhardt (X. R. K.)

°

-

Vrimont,

VII. R. K.

-

-

Reims,

-

XIV. A. K.

-

-

Prosnes,

°

XII. A.K.

.

Py.

») 6.288.

19*

292

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

zum sofortigen Einsatz in die Kampffront zugeteilt, nachdem jetzt so gut wie zweifelsfrei feststand, daß auch sie ein starker französischer Angriff tref¬ fen würde. Der Obersten Heeresleitung lag daran, die Heeresgruppe angesichts der bevorstehenden schweren Abwehrkämpfe von Nebenaufgaben nach Möglichkeit zu entlasten. Sie hatte daher einem Vorschlage der Heeresgruppe Herzog Albrecht zugestimmt, nach dem die Armee-Abteilung 0 zu dieser Heeresgruppe übertreten sollte, damit eine einheitliche Vefehlsführung auf beiden Afern der Mosel hergestellt würde. Dementsprechend trat lZ. April, die Armee-Abteilung am 12. April zur Heeresgruppe Herzog Albrecht, doch

sollte die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz im Bedarfsfälle auf die damit abgegebenen Kampfreserven zurückgreifen können. Andererfeits galt es, im Bereiche dieser Heeresgruppe die Verteidigung des Frontabschnittes beider¬ seits des Aisne-Laufs von Berry au Vae aufwärts unter einheitliche Füh¬

rung zu bringen. Dem Antrage der Heeresgruppe entsprechend, gab die Oberste Heeresleitung dazu das Generalkommando des Gardekorps frei. Cs sollte die Abschnitte der 5. bayerischen Reserve-Division westlich und 10. Re¬ serve-Division östlich der Aisne als neue Gruppe Aisne übernehmen. Die Vefehlsübernahme konnte aber erst am 17. April geschehen'). Unterdessen

hatte die Gesamtbreite der Abwehrfront dazu geführt, daß die Oberste Heeres¬ leitung das an der Siegfried-Front entbehrliche Oberkommando der I.Armee — General der Infanterie Fritz von Velow mit Major von Klüber als Generalstabs-Ches — zum Einsatz an der Abwehrfront überwies. Es

sollte den Hauptabwehr-Abschnitt an der Grenze der 7. und 3. Armee mit den

Gruppen Aisne, Vrimont, Reims und Prosnes übernehmen. General von Velow traf am 12. April in Rethel, dem neuen Armee-Hauptquartier,

ein. Die Vefehlsübernahme wurde nach einer für die Unterrichtung im Ab¬

schnitt gelassenen Zeitspanne auf den 16. April festgesetzt. Während Oberste Heeresleitung und Heeresgruppe so die letzten Vor¬ bereitungen für die Abwehrschlacht trafen, war der Artilleriekampf ohne Unterbrechung weitergegangen. Auch die Kathedrale von Reims, von deren Türmen offensichtlich das feindliche Artilleriefeuer geleitet wurde, konnte jetzt nicht mehr geschont werden. Nach vorübergehender Abschwächung des iz. und 14. April.

französischen Feuers am 13. April — wie man annahm, durch eine Stockung Munitionszufuhr veranlaßt — stieg es vom 14. April ab wieder zu

voller Stärke an. Dem seit dem Unternehmen von Sapigneul bekannten frani) Eine ähnliche für die Fronten beiderseits der Suippes von Aubörive abwärts geplante Maßnahme kam nach Beginn der Schlacht und in Rücksicht auf ihren Verlauf nicht mehr zur Ausführung.

Der Artilleriekamps,

293

zösischen Angriffsplan im Raum nordwestlich von Reims entsprechend, ließen Lage und Heftigkeit der feindlichen Beschießung eine Aussparung des Frontabschnitts der Gruppe Reims deutlich erkennen. Dafür machte sich eine Ausbreitung des Feuers nach Osten auf den Abschnitt der östlich von Aubörive in der Front stehenden 30. Infanterie-Division der Gruppe Py bemerkbar. Die Heeresgruppe stellte daraufhin der 3. Armee eine weitere Division als Cingreis-Division zur Verfügung. Am 15. April nachmittags schien sich die is. April. Gewalt des französischen Feuers nochmals zu steigern. Es legte sich bis zum Einbruch der Dunkelheit mit überwältigender Wucht auf alle sturmreif zu machenden deutschen Linien. Die deutschen Batterien antworteten noch immer kräftig und mit beobachteter Wirkung; sie niederzukämpfen war dem Feinde nicht gelungen. Dieser Eindruck stärkte auch die Widerstandskraft der Infanterie, die trotz nicht unerheblicher Verluste und weitgehender Stellungszerstörungen in zuversichtlicher Stimmung dem Angriff entgegen-

sah. Am gleichen Nachmittage wiederholte sich der Angriff französischer Flieger auf die deutschen Fesselballone, blieb aber bei der Aufmerksamkeit der Vallonbesatzungen und der schnell einsetzenden Gegenwirkung der eigenen Flieger ergebnislos.

Während des Artilleriekampfes hatten häufig französische Patrouillen gegen die deutsche Stellung vorgefühlt und waren abgewiesen worden. Auch Vorstöße größerer Abteilungen, wie am 7. April bei Laffaux gegen die 211. Infanterie-Division, am 10. bei Sapigneul gegen die seit ihrem erfolgreichen Angriff am 4. April hier besonders heftig beschossene 10. ReserveDivision, am 11. April westlich von Craonne gegen die 5.Garde-InfanterieDivision, am 12. wieder bei Laffaux, waren in gutem Zusammenwirken mit

dem Sperrfeuer der Artillerie restlos abgewiesen worden. Am 15. April wurde nach besonders heftigem und schwerem Feuer wiederum die 211. Infanterie-Divifion, diesmal in der Gegend von Vauxaillon, von starken, far-

bigen1) französischen Kräften angegriffen; auch dieser Angriff wurde, im Gegenstoß, abgeschlagen; Wiederholungsversuche erstickten im Abwehrfeuer. Die 10. Referve-Divifion der Gruppe Vrimont hatte in den Kämpfen

bei Sapigneul und durch die seither andauernde heftige Beschießung so erhebliche Verluste erlitten, daß sie, in der Nacht zum 15. April beginnend, durch die 4. Infanterie-Division, bisher Eingreif-Division, abgelöst wurde. Eigene Patrouillen waren mehrfach und an fast allen Frontstellen in die französischen

Gräben vorgestoßen. Durch Gefangene hatte dabei die Kräfteverteilung auf feindlicher Seite weitgehend geklärt und der Einsatz der Angriffstruppen festgestellt werden können. 0 Das I. Kol.-Korps war hier an Stelle der franz. 21.und 22. Div. des XI. Korps

eingesetzt worden, s. S. 294.

294

15. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Aus allen Beobachtungen und Nachrichten formte sich das V i l d der

Lage im Oberkommando der Heeresgruppe Deutscher Krön-

Prinz') folgendermaßen: Vor dem rechten Flügel der 7. Armee in der Siegfried-Stellung zwischen Oise und Ailette war kein größerer Angriff zu erwarten; zwischen Ailette und Condö-Ecke waren Teile des frisch eingesetzten französischen I. Kolonialkorps am 15. April schon gegen Vauxaillon und Laffaux an¬

gelaufen. Das Korps wird den Angriff voraussichtlich fortsetzen. Gegenüber der Südfront von Conds bis zum Vrimont war eine auffällige

Verschiedenheit in der Gliederung der französischen Korpsabschnitte zu bemerken. Man wußte von der Conds-Ecke bis östlich von Cerny das VI. Korps und das II. Kolonialkorps in breiter Aufstellung eingesetzt) und ebenso das VII. und XXXVIII. Korps etwa zwischen le Godat (östlich von Cormicy) und der in der Gegend von Prunay richtig angenommenen Ostgrenze der französischen 5. Armee mit allen ihren Divisionen in vorderster Linie. Dazwischen waren drei Korps — das I., V. und XXXII. — in schmalen Ab-

schnitten und tief gegliedert festgestellt. In diesem Korps wurde die eigentliche Angriffsgruppe gesehen, deren entscheidender Stoß zum Durchbruch etwa zwischen Cerny und dem Vrimont in den Rücken der Siegsried-Stellung

führen sollte. Östlich von Reims, vor der 3. A r m e e, waren zwischen Prosnes und

Aubsrive in den letzten Tagen drei bewährte Angriffsdivisionen, 33., 45. und marokkanische Division, festgestellt worden. Mit gleichzeitigem, wenn auch bei kürzerer zur Verfügung stehender Zeit vielleicht weniger gründlich vorbereitetem Angriff aus dem genannten Frontabschnitt war sicher zu rechnen;

seine etwaige weitere Ausdehnung nach Osten blieb vorläufig ungewiß. Auch in der Lücke zwischen beiden Angriffsfronten, beiderseits und vorwärts von Reims, würde der Feind voraussichtlich nicht untätig bleiben. Zum min¬ desten war zu erwarten, daß er hier — vielleicht mit Unterstützung von Tanks — vorgehen würde, um die deutschen Truppen zwischen dem Vrimont

und den Höhen von Verru zu fesseln, bis ihre beiderseitige Umfassung wirksam werden konnte.

Nach Ansicht der Ober st en Heeresleitung konnte der Gegner für den Angriff an der Aisne und in der Champagne zur Zeit insgesamt etwa 50 Divisionen in und hinter der Front bereit haben. 1) Wochenbericht an O. H. L. vom 15. April 1917. 2) Die Aufstellung des XX. Korps zwischen VI. Korps und II. Kol.-Korps war

noch nicht erkannt worden; es wurde hinter der Front Prunay—Aubsrive in Reserve vermutet.

Der Artilleriekampf.

295

Dieses Gesamtbild der Lage kam den tatsächlichen Verhältnissen und den Absichten der französischen Führung^) sehr nahe. Die zur Zeit tobende Artillerieschlacht mochte noch einige Zeit anhalten und vielleicht zu einer noch gewaltigeren Steigerung führen, denn der Feind mußte aus dem Ergebnis seiner Erkundungsvorstöße und aus der Wirkung des deutschen Artilleriefeuers erkennen, daß sein Gegner noch keineswegs erschüttert war. Bei der

deutschen Kampftruppe herrschte die entschiedene Empfindung, daß der fran¬ zösische Infanterieangriff unmittelbar bevorstehe. Diese Auffassung wurde bestätigt durch eine am 15. April abends von der Obersten Heeresleitung

übermittelte Agentennachricht, derzusolge die große französische Offensive zwischen Vailly und Reims am 16. April bei Sonnenaufgang beginnen

sollte. Als erste Gegenmaßnahme wurde für die gesamte Abwehrartillerie der 7. Armee die Abgabe eines kräftigen Vernichtungsfeuers von einviertel-

stündiger Dauer in den frühen Morgenstunden des 16. auf die französischen

Sturmausgangsstellungen befohlen. Man sah dem kommenden Cntscheidungsangriff des französischen Heeres mit dem Bewußtsein entgegen, alles nur Mögliche getan zu haben, um den

gewaltigen Ansturm abzuwehren. Die Truppe war, soweit sich das feststellen ließ, voller Zuversicht. Major Bramsch, der als Abgesandter der Obersten Heeresleitung in den letzten Tagen die am meisten bedrohten Abschnitte der

7. Armee, Gruppen Lieste und Siffonne, besucht hatte, berichtete: Die Stimmung der Truppe werde überall als gut angesehen, die Divisionen noch als kampfkräftig für den Beginn der Abwehrschlacht, wenn auch der Gesund-

heitszustand durch schlechte Unterkunftsverhältnisse und Näsie in den Stellungen sich zu verschlechtern beginne. Die Verluste hätten am 9. und 10. April, also in zwei Tagen, bei drei Divisionen, über die Angaben vorlagen, bereits je 100 bis 159 Mann betragen. Die Grabenstärken der Insanterie-Kompanien betrügen 90 bis 100 Mann. Baldiger Beginn des Angriffs, dem sich die Truppe durchaus gewachsen fühle, werde überall als

erwünscht bezeichnet, denn der jetzige Zustand hoher Alarmbereitschaft und steter Erwartung des Angriffs zehre an den Kräften. Die Verluste der

Artillerie seien nicht unbeträchtlich, größeren Einbußen habe sie sich bisher durch häufigen Stellungswechsel zu entziehen vermocht, der aber viel Kräfte koste. Die Kampfkraft sei jedoch noch durchaus ausreichend, sie sei bei der Gruppe Siffonne infolge der immer wieder eintretenden Geschützaussälle durch feindliches Feuer auf etwa 80 v. H. zu veranschlagen. Die Breite der Sperrfeuerräume schwanke von 250 bis 400 Meter. Die feindliche Artillerie werde

nach Kräften bekämpft, eine wesentliche Beeinträchtigung ihrer Feuerkraft sei aber nicht zu erkennen. ') S. 299 ff.

T

1

296

iß. Apm.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Als der französische Angriff wie vorausgesagt am 16. April früh ein¬

setzte, war die Kräfteverteilung und Aufstellung der deutschen Truppen auf der Abwehrfront von der Oise bis zur Suippes folgende: 7. A r m e e, General der Infanterie vonBoehn,

Chef des Generalstabes: Oberstleutnant Reinhardt. In der Kampffront:

Cingreis- Divisionen

Reserven der Heeres-

und Armeereserven:

gruppe und Obersten

Heeresleitung: Gruppe Cr 6 py (Gen.Kdo. XXIII. R. K.) Gen. d. Ins. von Kathen: 46. Res. Div., vorwärts von St.

Gobain, eingesetzt seit 3. Febr. " 13. Ldw. Div., bis zur Ailette,

eingesetzt seit 15. März

Gruppe Vailly (Gen.Kdo. XI. A. K.) Genlt. Kühne: 211. Inf. Div., gegenüber von Vau-

44. Res. Div., zwi° schen Marle und

xaillon—Laffaux, verstärkt durch

Laon

i/jj 45. Res. Div., eingesetzt seit 19. Nov. 1916 222. Inf. Div., an der Conde-Ccke,

eingesetzt seit 15. März

lich von Laon,vor-

25. Ldw. Div., von Vailly bis Sou-

pir, eingesetzt seit 29. August 1916 183. Inf. Div.,

von

Soupir

2/3 45. Res. Div., süd¬ derste Teile an der

Ailette bei Filain und Truey

bis

Veaulne, eingesetzt seit 5. März

Gruppe Liesse (Gen.Kdo.z.b.V.54) Gen. d. Inf. von Liebert: 16. Res. Div., beiderseits Cerny en

Laonnois, eingesetzt seit 2. Dez. 1916 19. Res. Div., am Chemin des Dames südlich von Ailles bis zur

20. Inf. Div., füdöstlich vonLaon, vor¬ derste

Teile

bei

Colligis und Neuville

Hurtebise-Ferme einschließlich, eingesetzt seit 2. März 5. Garde-Inf.Div.,von der Hurtebise-Ferme bis westlich vonCraonne,

eingesetzt seit 9. März

1. Garde-Ins. Div., südlich Ne De de

Liesse,

vorderste

Teile bei Arrancy und Aubigny

(33. Res. Div., im An¬ rollen nach Marle ab 18. April)

297

Gliederung der Abwehrfront. In der Kampffront:

Cingreif- Divisionen und Armeereserven:

Gruppe Sissonne (Gen.Kdo. XV. bayer. R. K.) Gen. d. Art. Ritter von Höhn: Bayer.Crs.Div., in und östlich von

Craonne, eingesetzt seit 23. Nov. 1916 9. bayer. Res. Div., bis einschlie߬

Reserven der Heeres¬ gruppe und Obersten

Heeresleitung: 213. Inf. Div., süd¬ westlich von Sif-

sonne,

2. Garde-Ins. Div. um Sifsonne

vorderste

Teile beiVerrieux

lich des Waldes von La Ville

aux Vois,

um

21. Res. Div., südlich

Malmaifon,

vonMontcornet in

50. Inf. Div.,

La

eingesetzt seit 7. Febr. 5. bayer. Res. Div., bis zur Aisne bei Verry au Bac,

eingesetzt seit 25. März

vorderste Teile bei

Versammlung

Amifontaine und

Prouvais

I.Armee (Vefehlsübernahme am 16. April, 2° nachmittags), General der

Infanterie Fritz von Velow, Chef des Generalstabes: Major von Klüber. Von7.Armee:

Gruppe Vrimont (Gen.Kdo. X.R.K.)

28. Res. Div., süd-

Gen. d. Inf. von Cberhardt:

10. Res. Div., südlich der Aisne bis le Godat,

eingesetzt seit 3. März, in Ablösung durch die

54.Inf.Div., um Asfeld-la-Ville, vor¬

21. Inf. Div., bis Loivre ein-

derste

schließlich, eingesetzt seit 26. Febr. 43. Res. Div., beiderseits

4.Inf.Div.,umReufchätel Teile

bei

Avaux Garde-Crs.Div.,zwivon

schen Aisne und

Courcy,

Suippes, vorderste

eingesetzt seit 22. Febr.

Teile bei Orainville und Aums-

Von 3. Armee:

nancourt

GruppeNeims (Gen.Kdo.VII.R.K.) Gen. d. Inf. Freiherr von Soden:

19. Inf. Div., zwischen der Straße Neuschatel—Reims

und

der

Eisenbahn Rethel—Reims, eingesetzt seit 12. März 223. Inf. Div., bis Cernay

bei

34. Inf. Div., zwi¬ schen Suippes und

13. Res. Div., bis zum Straßen-

vorderste Teile bei

Reims, eingesetzt seit 19. Febr. kreuz Reims—Prosnes, Beine

—Sillery, eingesetzt seit 25. Dez. 1916

Retourne - Bach,

Pomacle

östlich von Monteornet in Ver-

sammlung (243. [württ.] Inf. Div., im Anrollen, ab 19. April nördlich von Rethel) (7. Ref. Div., im Anmarsch, ab 18.April östlich von Rethel)

298 iß. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

In der Kampffront:

Cingreis- Divisionen

Reserven der Heeres¬

und Armeereserven:

gruppe und Obersten

Heeresleitung:

Gruppe Prosnes (Gen. XIV. A. K.) Genlt. Chales de Beaulieu: 14. Res. Div., südlich von Beine, eingesetzt seit 25. Dez. 1916 29. Ins. Div., südlich von Nauroy, eingesetzt seit 12. April 214. Inf. Div., südlich von Moron-

villiers, eingesetzt seit 27. Febr. 58. (sächs.) Inf. Div., bis zur SuipPes bei Auberive,

32. (sächs.) Inf. Div., zwischen Suippes

5. Inf. Div., im An¬

transport,sammelt

und Retourne-

sich zwischen Rethel und Iuniville

Bach, südwestlich vonIuniville,vor-

derste Teile bei Cpoye und südlich vonPontFaverger und Vetheniville

eingesetzt seit 27. März 3. A r m e e, Generaloberst von Einem,

Chef des Generalstabes: Oberst Martin Freiherr von Olders-

Hausen. Von der Gruppe Py (Gen.Kdo. XII. [sächs.] A. K.) Gen. d. Ins. Cdler von der Planitz: 30. Inf. Div., ostwärts von Aubsrive,

eingesetzt seit 26. Jan.

23. (sächs.) Inf. Div., südwestlich von Machault, vorderste Teile im

6. Inf. Div., im An-

Waldgelände östlich vonSt.Hilaire le Petit (an der

transport,sammelt sich nördlich von

Machault

Suippes)

Die Ausstattung der gesamten Abwehrfront mit Artillerie^) betrug bei Beginn des Infanterieangriffs am 16. April: 293 Feld- und 228 schwere

Batterien mit zusammen 2431 Geschützen, ungerechnet Fliegerabwehrgeschütze und Minenwerfer. In den beiden letzten Tagen des vorbereitenden Artilleriekampfes hatten die deutschen Batterien an Munition verbraucht: die Feldartillerie am 14. April rund 105 700 Schuß, am 15. April rund 177 700 Schuß; die schwere Artillerie am 14. April rund 41 700 Schuß, am 15. April rund 101 300 Schuß.

An Luftstreitkräften verfügten am 16. April: die 7. Armee über 1 Kampfgeschwader (zu 6 Kampfstaffeln), 18 Fliegerabteilungen, 8 Schutz- und 6 Jagdstaffeln; i) Beilage 28.

Gliederung der Abwehrfront.

299

die 1. Armee über 1 Kampfgeschwader, 17 Fliegerabteilungen, 9 Schutzund 6 Jagdstaffeln; die 3. Armee für ihren rechten Flügel über 7 Fliegerabteilungen, 1 Schutzund 3 Jagdstaffeln. Das bedeutete für die gesamte Abwehrfront in 87 Fliegerverbänden rund 640 Flugzeuge.

B. Angriffsziele und Bereitstellung der Franzosen". Beilagen 2, 13 und 14.

Bereits im Januar hatte General M i ch e l e r als Oberbefehlshaber

der Heeresgruppe Durchbruch die grundlegenden Befehle für den Angriff gegeben. Er setzte die 6. Armee unter General Mangin mit dem VI., XX., II. Kolonial-, XI. Korps und der ö. Kavallerie-Division westlich einer Trennungslinie an, die die Kampffronten bei der Hurtebise-Ferme westlich von Craonne schnitt, östlich davon die 5. Armee unter General Mazel mit dem I., V., XXXII., VII. Korps und der 6. Kavallerie-Division. Als zunächst nicht mitangreifende Stellungstruppe wurde der 6. Armee noch das XXXVII., der 5. Armee das XXXVIII. Korps zugeteilt. Die Linien-

führung der Kampffronten brachte es mit sich, daß der nach Norden gerichtete Angriff der 6. Armee und der mehr nach Nordosten führende Stoß der 5. Armee die geschlossene Angriffsfront bald auseinanderreißen mußten. In die entstehende Lücke wollte General Micheler die 10. Armee unter General Duchßne einrücken lassen, um den Durchbruch zu vollenden und auszunutzen. Dazu sollte sie über das XVIII., II., IX. und III. Korps sowie das I. und

II. Kavalleriekorps verfügen. Diesem Plan entsprechend formierten sich nun allmählich die Armeen und lebten sich in die ihnen zufallenden Aufgaben ein. An diesen änderte sich auch nichts Grundlegendes, als in der zweiten Hälfte des Monats März die deutsche Siegfried-Bewegung die allgemeine Lage einschneidend verschob; wohl aber wurden bei der Heeresgruppe Nord das Oberkommando der I.Armee und drei Korps frei. Damit ließ sich die Offensive noch weiter ausbauen. Für die 6. Armee, deren linker Flügel durch das I. Kolonialkorps verstärkt wurde, trat zu dem von Süden nach Norden gerichteten Hauptstoß noch ein Angriff in westöstlicher Richtung hinzu gegen die neue deutsche Front zwischen Aisne und Ailette, so daß die scharfe Ecke von Conds in die Zange genommen wurde. Im Nachdrängen hinter dem unter lebhaften

Kämpfen in die Siegsried-Stellung ausweichenden rechten Flügel der *) Anschluß an S. 173 ff.

2> W*e 9Marä*

300

2. Hälfte 9Mar3*

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

deutschen 7. Armee entwickelten sich bereits die Grundlagen dazu. Das X. und das XXI. Korps sollten sich unter dem Oberbefehlshaber der 1. Armee, General Fayolle, als Sonderreserve der Heeresleitung hinter der Durchbruchsfront an der Marne zwischen Cpernay und Chkteau Thierry ver-

sammeln. Zugleich erhielt General Potain als Führer der Heeresgruppe M i t t e den Auftrag, östlich von Reims, etwa zwischen den Straßen Souain —Somme Py und Thuizy—Nauroy, mit den dort stehenden, noch zu ver¬ stärkenden Teilen der 4. Armee des Generals Anthoine einen Vorstoß zur Verlängerung des Angriffs der 5. Armee vorzubereiten. Am 19. März erhielt

die Heeresgruppe Durchbruch den Befehl, spätestens bis zum 8. April zum Angriff bereit zu sein. 4. Apm.

Am 4. April legte General Nivelle noch einmal fest, wie er sich den

Ablauf der allgemeinen Offensive dachte*). Danach sollte der Angriff des englischen Heeres am 9. April beginnen, die französische Heeresgruppe Nord am 12.April die deutschen Stellungen west¬ lich und südlich von St. Quentin angreifen^) und dann, weiter vordrückend, mit allen Mitteln den Stoß der Heeresgruppe Durchbruch erleichtern. Diese sollte am 14. April mit dem Angriff beginnen und ihre

Durchbruchs-Operation in der allgemeinen Richtung auf Hirson—Guise weiterführen. Der Angriff derHeeresgruppeMitte,der ursprüng¬ lich gleichzeitig mit dem der Heeresgruppe Durchbruch beabsichtigt war, sollte auf dringende Vorstellungen des Generals Petain einen Tag später, am 15. A P r i l, westlich der Suippes einsetzen und nach Wegnahme des Höhengeländes von Moronvilliers—Nauroy weiter gegen den Aisne-Abschnitt Vouziers—Rethel vorgetrieben werden.

General Nivelle hatte, entgegen manchem Zweifel seiner Unterführer, insbesondere des Generals Micheler, unbedingtes Vertrauen zum schnel¬ len und durchschlagenden Erfolg der Durchbruchsoffensive. Cr betonte immer wieder, daß sich nichts in den Bedingungen für den Durchbruch geändert habe. Sein Gelingen liege in der Überraschung sowie in der Gewaltsamkeit und Schnelligkeit des Vorstürmens der Infanterie bis in die III. und IV. feindliche Stellung und in den größten Teil der Artillerie-

ftellungen. Entscheidenden Wert legte General Nivelle darauf, daß dem

gelungenen Durchbruch ohne Aufenthalt die strategische Ausnutzung folge. Dazu sollte dafür gesorgt werden, daß die 19. Armee dicht hinter der 5. und 6. Armee nachdrängte und über sie hinweg ihr Vorgehen mit Kühnheit und

Schnelligkeit fortsetzte. *) 6.176. 2) Näheres S. 152.

Angriffsziele und Bereitstellung der Franzosen.

301

Die Einzelheiten für den Angriff der Armeen waren

folgendermaßen festgelegt worden: Im Westen beginnend, hatte die 6. A r m e e die Aufgabe, die deutschen

Stellungen zwischen Soupir und der Hurtebise-Ferme zu durchbrechen, unterstützt durch den Angriff zwischen der Ailette und Laffaux. Dem Durchbruch hatte die Ausnutzung des Erfolges in der Richtung auf Laon und danach gegen den Unterlauf der Serre westlich von Marle unmittelbar zu folgen. Dazu hatte die Armee auf der Hauptfront von Soupir bis zur HurtebiseFenne zum Angriff angesetzt: das VI., XX. Korps und das II. Kolonialkorps mit je zwei Divisionen in vorderster Linie; das XI. Korps zunächst hinter der Mitte zurückgehalten. Der Durchbruch wurde in drei, mit jedesmaligem Zeitabstand von drei Stunden sich folgenden Sprüngen angestrebt. Der am x-Ta g e um y= U,hr losbrechende Sturmangriff sollte im ersten Sprung bis auf den Höhenrücken südwestlich von Braye') und bis an die Nordhänge des AiletteTals zwischen Truey und Vouconville vorgetragen werden, also die deutsche

Artillerie-Schutzstellung2) nehmen. Am y + 3 U h hatte der zweite Sprung zu folgen, dessen Ziel am Westrande des breiten Höhenrückens nördlich von Vailly und jenseits der deutschen II. Stellung nördlich der Ailette lag. Gleichzeitig hatte der Nebenangriff beiderseits der Ailette zwischen Vrancourt und Laffaux einzusetzen. Cr sollte vom I. Kolonialkorps mit zwei Divisionen geführt werden und in seinem ersten Sprunge Vrancourt und die Hochfläche westlich und südlich von Pinon gewinnen. Bei der geringeren Tiefe dieses Sprunges war der Beginn des nächsten schon auf y + 430 Uhr angesetzt mit dem Ziele der Wegnahme von Anizy, Pinon und des Höhengeländes südöstlich von Pinon. Damit hatte man die Conds-Ecke der deutschen Front abgeschnürt und konnte das weitere Vorgehen gegen Laon im Zusammenhang mit der Hauptangriffsfront einrichten. An dieser sollte um y + 6 il h r, nachdem das XI. Korps eine seiner drei Divisionen zwischen das XX. und II. Kolonialkorps eingeschoben hatte, zum dritten Sprung bis an den Nordrand des Verglandes südlich und südöstlich von Laon, etwa bis in die Linie

Laval—Vruyeres und weiter ostwärts, angetreten werden. Mit seinem Gelingen war das offene Gelände erreicht, aus dem nur noch der von der

Stadt Laon gekrönte Vergklotz herausragt, und das gesamte System der deutschen Stellungen vorwärts von Laon durchstoßen. ') Auf dessen höchstem Punkt stand das „Croix sans Tete", nach dem die Fran¬ zosen ihn bezeichnen. 2) Auch als „Zwischenstellung" bei der 7. Armee oder K. 1-Stellung bei der 3. Armee

bezeichnet.

302

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

!is Mitte Noch am Abend des ersten Angriffstages wollte General Mangin die * ' Divisionen der vordersten Linie durch frische Kräfte ablösen lassen, die dann auch südwestlich von Laon das noch von der Ebene trennende Vergland

überwinden und auf Laon selbst und östlich davon vorstoßen sollten. Auch sollte jetzt die 5. Kavallerie-Division über Bruyöres vorbrechen, um am fol¬ genden, x + 1 Tage den Serre-Abfchnitt zu überschreiten und den Über¬

gang der Infanterie zwischen Varenton und Pont ä Bucy sicherzustellen, der noch für diesen Tag geplant wurde. Hierzu wurden angesetzt: das I. Kolonialkorps durch den Wald von St. Gobain auf den Übergang bei Pont ä Vucy, das XX.und XI. Korps sowie das II. Kolonialkorps auf die Übergänge zwischen diesem Ort und Varenton südwestlich von Marke. Das VI. Korps

wollte General Mangin, nachdem es die beherrschenden Höhen südwestlich vonLaon genommen hatte,alsReferve zurückbehalten. Dem XXXVII.Korps würde die Aufgabe zufallen, zusammen mit dem XXXIII. der 3. Armee die ausgedehnten Wälder von St. Gobain zu säubern. Das Tagesziel des x + 1 Tages war für die Vorhuten der vier vorwärts drängenden Korps in

einer Linie etwa fünf Kilometer jenseits der Serre, für die Divisionen zweiter Linie in Höhe von Laon festgelegt. Über den x + 1 Tag hinaus gab General Mangin keine Weisungen; das Verhalten des Feindes mußte dafür be-

stimmend sein. Von der ö. Armee wurde gleichfalls erwartet, daß sie in einem

schnellen, kraftvollen Stoß zwischen der Hurtebise-Ferme und Reims über alle feindlichen Stellungen hinweg den Durchbruch verwirkliche. Anschließend bestand ihre Aufgabe in der Deckung des Vorrückens der 6. Armee in seiner östlichen Flanke und im eigenen weiteren Vorgehen im Raum von Reims gemäß der entstandenen Lage und im Zusammenwirken mit der östlich von

Reims angreifenden 4. Armee. Zum eigentlichen Durchbruchsstoß zwischen der Hurtebise-Ferme und Courey nördlich von Reims wurden von der

5. Armee angesetzt (von Westen nach Osten) das I., V., XXXII. und VII. Korps mit elf Divisionen und einer russischen Brigade in erster Linie.

Auf dem rechten Armeeflügel hatte das XXXVIII. Korps den Auftrag, zunächst die Angriffsflanke zu decken. Auch die S. Armee sah für den ersten Angriff drei Sprünge vor, deren erster, um y«il h losbrechend, im An¬ schluß an das Vorgehen des rechten Flügels des II. Kolonialkorps der 6. Armee bis über die Ailette führen, weiter ostwärts die Orte Corbeny— Iuvineourt—Conds f. Suippes nehmen und am rechten Angriffsflügel etwa

die Bahnstrecke über Bermörieourt und das Dorf Courey gewinnen sollte. Der zweite Sprung sollte sich zwischen y-I-3 und y + 4 tlhr an¬ schließen und die deutsche II. Stellung in der Linie Arraney—Berrieux—

Angriffsziele und Bereitstellung der Franzosen.

303

Amifontaine—Prouvais—Reufchktel—Orainville erreichen sowie den Bergblock des Vrimont und die hohen Kanalwälle östlich von Courey nehmen. Zwischen y + 6 und y + 7 Uhr sollten die Angriffswellen zum dritten Sprung vorbrechen, um auch hier mit dem Westflügel den Nordrand des Höhengeländes südöstlich von Laon bei Festieux und Rameeourt zu erreichen

und nach Osten hin beherrschende Geländepunkte südlich von La Malmaison und nördlich von Proviseux hinter der III. deutschen Stellung in Besitz zu nehmen. Der rechte Angriffsflügel sollte mit Rücksicht auf den späteren Angriff der 4. Armee etwa in Höhe der großen Straße Reufchatel—Reims angehalten werden. Drei Divisionen und eine russische Brigade wollte die

Armee sich zunächst als Reserve zurückhalten. Der Armee waren achtGruppenPanzerwagenzuje 16 Tanks

zugeteilt worden. Davon wurden drei Gruppen dem V.,fünf Gruppen dem

XXXII. Korps überwiesen, deren Angriffsfeld das offene Gelände zwischen Craonne und der Aisne stromaufwärts von Berry au Bae war.

Für den x + 1 Tag bestand die Absicht, den linken Flügel (I. und Teile des V. Korps) an der Straße Ramecourt—La Malmaison so lange festzuhalten, bis die 10. Armee in die Höhe der Durchbruchsarmeen eingerückt war, dann das I. Korps als Reserve nach Amifontaine heranzuziehen. Die 6. Kavallerie-Division sollte über Chkteau Porcien und Rethel vorgehen und weiter nordöstlich den Eisenbahnverkehr lahmlegen. Der Armeemitte (V. und XXXII. Korps) war die weitere Vormarschrichtung längs der Aisne auf

ihrem Nordufer gewiesen; der rechte Flügel (VII. und XXXVIII. Korps) hatte rechts einschwenkend die Eisenbahn Reims—Rethel auf dem südlichen Suippes-Ufer zu erreichen, um im weiteren Angriffsverlauf zusammen mit dem linken Flügel der 4. Armee das Bergmassiv von Verru durch Umfassung zu Fall zu bringen. Über den Abend des x + 1 Tages hinaus gab auch General Mazel

keine Befehle. Die 10. Armee sollte am Morgen des x - T a g e s mit ihren vor-

bersten Teilen (XVIII. und II. Korps) zwischen Vesle und Aisne, mit dem Rest ihres Gros (III. und IX. Korps) südlich der Vesle versammelt sein; das I. Kavalleriekorps hatte auf der linken Flanke, das II. Kavalleriekorps auf der rechten an der Vesle zum Vormarsch bereitzustehen. Die Armee hatte nach gelungenem Durchbruch der 6. und 5. Armee, noch am x - T a g e

etwa zwischen y + 9 und y + 10 Ahr, auf den inneren Flügeln dieser Armeen das II. Kolonial- und das I. Korps abzulösen, in die Front einzunicken und amx>1Tage den Vormarsch in der allgemeinen Richtung gegen den Serre-Abschnitt Varenton—Marle—Monteornet zu beginnen.

304

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Bis Mitte ^ erstes Tagesziel wurde für die Korps der Raum etwa halbwegs zwischen den Linien R° D° de Lieste—Sissonne und Marle—Monteornet festgelegt. Das I. Kavalleriekorps war auf Marle und Monteornet angesetzt, von wo

Aufklärungsabteilungen in der Richtung auf Hirfon und Guise vorzutreiben sein würden. Das II. Kavalleriekorps hatte als Aufgabe die Deckung der rechten Flanke der Operationen nach gelungenem Durchbruch. Dazu sollte das Korps atnx + l Tag die Gegend nördlich der Bahn Laon—Guignieourt

erreichen. Sein weiteres Verhalten hing von den Erfolgen der 5.und 10. Armee ab, während das I. Kavalleriekorps atni + 2 Tag im Nach¬ rücken seine Aufklärungsabteilungen in nordöstlicher Richtung weiter vorzutreiben hatte. Die Armee hatte dann südlich der Serre aufzumarschieren, mit dem XVIII. und II. Korps nach Norden, mit dem IX. Korps nach Osten gerichtet, das III. Korps in Reserve. Der Serre-Abschnitt westlich von Marle bis Monteornet und von da eine Linie über Ssvigny nach Süden war durch Vorhuten zu sichern. In dieser Aufstellung wollte man die Armee

je nach Entwicklung der Lage in gleicher Weise zur Schlacht oder auch zum

Weitermarsch bereit haben. Der 4. Armee der Heeresgruppe Mitte war die Aufgabe

gestellt, die deutschen Stellungen im Suippes-Vogen durch Fortnahme des Höhenzuges südlich von Moronvilliers zu durchstoßen. Die erste Ausnutzung des Erfolges sollte darin bestehen, im Zusammenarbeiten mit dem rechten Flügel der 5. Armee die deutsche Verteidigung vor Reims und auf dem

überragenden, sehr stark ausgebauten Vergblock von Verru abzuschnüren. Im Verlauf einer glücklichen Gesamtoperation war dann das weitere Ziel, den ganzen Aisne-Vogen von Rethel über Vouziers weiter nach Süden vom

Feinde zu säubern. Die Armee hatte 24 Stunden später als die 5. anzutreten, damit diese die nötige Zeit gewann, ihre Artillerie zur Niederkämpfung des Verru-Vlocks einzusetzen. Der Angriff des VIII. und XVII. Korps mit zusammen fünf Divisionen in vorderer Linie von Prunay bis Auborive war für den x + 1 Tag befohlen. Östlich der Suippes war die 24. Division des

XII. Korps zum angriffsweisen Flankenschutz angesetzt. Hinter den Angriffstruppen standen zwei weitere Divisionen und gesammelte Kavallerieverbände bereit. Es waren zwei Sprünge im Angriff in Aussicht genommen. Der erste sollte unter Aussparung der vorspringenden Stellung um den Ort Auberive

über den stark befestigten Mont sans Rom („Fichtelberg") hinweg bis auf die zusammenhängende Höhenkette südlich von Rauroy und Moronvilliers: Mt.Eornillet—Mt. Blond (Luginsland)—Mt.Haut (Hochberg und Bären-

bürg)—Le Easque (Keilberg)—le Töton (Pöhlberg)') führen. Der zweite, *) Beil. 17.

Angriffsziele und Bereitstellung der Franzosen.

305

um y + 3 Uhr beginnende Sprung hatte die deutsche II. (R 2) Stellung zwischen dem genommenen Höhenzuge und der Suippes zum Ziel unter gleichzeitiger Wegnahme von Auberive durch Abschnürung. Dann sollte sich etwa von y + 6 £l h r ab die Ausbeutung des Erfolges anschließen durch Aus-

breitung nach Nordwesten zur Umklammerung des Berru-Blocks und durch weiteres Vorgehen gegen den Suippes-Abschnitt zwischen St. Masmes und Vötheniville. Als noch amx + 1 Tage zu erreichende Mindestziele waren die Besetzung von Beine und Epoye im Nordwesten und von Pont Faverger im Norden vorgesehen. Vom x 2 Tag wurde die Erweiterung der Einbruchsstelle und zusammen mit den rechten Flügelkorps der 5.Armee die end¬

gültige Einkreisung des Verru-Blocks erhofft. Nach desien Fall war die Säuberung des Aisne-Bogens durchzuführen. Dazu sollten das VII. und XXXVIII. Korps der 5. Armee unter den Befehl der 4. Armee treten.

Geplant war, das VII. Korps gegen den Abschnitt EHAteau Poreien— Rethel, das VIII. und XVII. Korps gegen den Abschnitt Rethel—Voneq und anschließend das fünf Divisionen starke XII. Korps gegen die Aisne beiderseits von Vouziers vorgehen zu lasien. Das XXXVIII. Korps sollte als Reserve folgen. Der ursprünglich auf den 14. April als x-Tag angesetzte Angriffsbeginn iz. April, wurde auf dringenden Wunsch der um die ausreichende Wirkung des Vor-

bereitungsfeuers besorgten Heeresgruppenführer noch in letzter Stunde, am 13. April, um zwei Tage hinausgeschoben, so daß die Heeresgruppe Durchbruch nunmehr am 16. (x-Tag), die Heeresgruppe Mitte am 17. April

(x+1 Tag) anzutreten hatte. Am Vorabend der Schlacht, dem 15.April, standen zum Angriff i».April, bereitauf der Front von der Ailette bis Reims:

Heeresgruppe Durchbruch, General Micheler, in vorderster Linie

als Korpsreserve:

als Armeereserve:

die 6. A r m e e,

General Mangin, I. Kolonialkorps, 3., 2. Kolonial-Division VI. Korps, 127., 56. Division XX. Korps, 39., 153. Division

II. Kolonialkorps, 15., 10. Kolonial-Division Welttrieg. XII. Band.

158. Division

12., 166. Division

XI. Korps, 133., 21., 22. Div. XXXVII. Korps,

11., 168. Division

ohne Truppen 5. Kav. Div.

38. Division 20

306 15. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

als Korpsreserve:

in vorderster Linie

als Armeereserve:

die 5. Armee,

General Mazel, I. Korps, 162., 1., 2. Division

51. Division

66. Division

V. Korps,

10., 9. Division

125. Division

XXXII. Korps, 69., 42., 40. Division VII. Korps, 37., 14., 41. Division russ. 1. Brigade

165. Division

russ. 3. Brigade 6. Kav. Div.

XXXVIII. Korps,

161. Division Als Heeresgruppenreserve war um Fismes versammelt: die 10. A r m e e, General Duchöne, mit

dem II. und XVIII. Korps auf dem Nordufer, dem XI., III. Korps, I. und II. Kav. Korps auf dem Südufer der Vesle.

Auf der Angriffsfront östlich von Reims waren in der Linie Prunayöstlich von Aubörive bereitgestellt: als Korpsreserve:

in vorderster Linie:

als Armeereserve:

von der 4. A r m e e, General Anthoine,

VIII. Korps, 16., 34. Division XVII. Korps,

45., 33., marokkanische Division

169. Division 128. Division

vom XII. Korps, 24. Division

An der Marne, zwischen Chateau Thierry und Epernay, stand die I.Armee, General Fayolle, mit dem X. und XXI.Korps zur Ver¬

fügung der Heeresleitung. Insgesamt waren für die Durchbruchsoffensive 59 französische Divisionen, zwei russische Brigaden von annähernd Divisionsstärke und sieben Kavallerie-Divisionen bereit.

Die Angriffsartillerie der Heeresgruppe Durchbruch zählte 2000 Feldgeschütze, 1650 schwere, 160 schwerste Geschütze, zusammen 381V Geschütze; dazu kamen noch 24 englische sechszöllige Mörser. Bei einer Frontbreite des Hauptangriffs der 6. und 5. Armee von rund 40 Kilometer

ergab sich eine fast um ein Drittel stärkere Artillerieausstattung als auf gleicher Frontbreite vor der Somme-Schlacht (3000 französische und englische Geschütze). 1550 Minenwerser waren eingesetzt, so daß je etwa ein leichtes

Gliederung der Angriffsfront.

307

und ein schweres Geschütz und ein Minenwerfer auf 20 Meter kamen. Der Angriffsflügel der 4. Armee war mit rund 960 Geschützen fast ebenso reichlich

ausgestattet. Die gewaltige Artilleriemasse konnte aber doch nicht ausreichen, um — wie geplant — stellenweise bis zu acht Kilometer Tiefe alle deutschen

Stellungen sturmreif zu machen. An Luftstreitkräften verfügten die Heeresgruppe Durchbruch und der Angriffsflügel der 4. Armee über etwa zwei Drittel der gesamten sranzösischen Frontverbände mit etwa 1000 Flugzeugen').

C. Der französische Durchbruchsangriff am I6./17. April und die anschließenden Rämpfe. Beilagen 13—17.

I.Rampfgelände und Vergleich der Streitkräfte. Der Teil der deutschen Front, den General Nivelle für den Haupt-

durchbruchsstoß gewählt hatte, bot in seiner westlichen Hälfte ein Ang r i f f s f e l d, das zu den schwierigsten der ganzen Westfront gerechnet werden konnte. Hier war ein eigenartiges, durch scharf in die Hochfläche

eingeschnittene, steilwandige Täler und Schluchten zerklüftetes Gelände in einer Tiefenausdehnung von acht bis zehn Kilometern zu durchschreiten. Von Vailly am Nordrand des Aisne-Tals über Chavonne—Soupir und weiter

durch Schluchten und über Höhenrücken hinaufkletternd, erreichte die vorderste deutsche Verteidigungslinie bei Cerny en Laonnois den ausgeprägtesten der schmalen, nur stellenweise eine größere Breite annehmenden Landrücken, auf dem von Laffaux her, an Fort Malmaison vorbei, zur Hurtebise-Ferme der „Chemin des Dames" läuft, der dem ganzen Schlachtfelde den Namen gab.

Ihm folgte die deutsche Stellung über Hurtebise-Ferme hinaus bis zu seinem gleichfalls scharf abfallenden Ende bei Craonne. Etwa zwei Kilometer weiter nördlich fließt in einer breiteren, aber durchweg sumpfigen Talsenke die

Ailette nach Westen zur Oise. Hinter der Ailette wiederholt sich noch zweimal der Wechsel, zwischen steil aufsteigenden Landrücken und scharf eingeschnittenen Senken in ostwestlicher Richtung verlaufend. Auf den hohen Landrücken lagen die rückwärtigen deutschen Stellungen. Die zahlreichen in den weichen Stein getriebenen Gänge und ausgedehnten natürlichen Höhlen gewährten dem Verteidiger gute und oft völlig schußsichere Unterkünfte. Die Steilhänge waren meist von dichtem Unterholz bedeckt, das sie selbst für Infanterie schwer gangbar machte. Dieses Gelände selbst gegen einen völlig niedergekämpften Verteidiger mit der Schnelligkeit von 100 Meter in drei

~) Vgl. S. 18o7

308

i5. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne And in der Champagne.

Minuten, wie es General Mangin für die Sturmwellen vorgesehen hatte, zu

überwinden, war gewiß nicht wenig verlangt. Vor der östlichen Hälfte der Angriffsfront, zwischen Craonne und Reims, bot das Gelände keine be¬ sonderen Schwierigkeiten; hier hatten die Franzosen den Vorteil besserer Beobachtung von den Höhen nordwestlich von Reims aus. Rur der über¬ ragende und mit ständigen Werken der Festung Reims') versehene Vergblock

des Vrimont machte besondere Maßnahmen für den Angriff nötig. Im Angriffsfeld der 4. A r m e e erforderte das ebenfalls mit ständigen

Werken versehene Höhenmassiv von Verru ähnliche Maßnahmen wie der Vrimont auf der anderen Seite von Reims. Ausgedehnte Waldungen machten das Gelände unübersichtlich und erschwerten ein schnelles Durchstoßen, das auch an den querlaufenden Abschnitten der Suippes, des Retourne-Vachs und schließlich der Aisne ernsthafte Hindernisse finden konnte. Von der Seite des Verteidigers gesehen, bereitete das zerschnittene Gelände südlich von Laon, in dem die Stellungen des Westabschnitts der 7. Armee lagen, insbesondere das die vorderste Stellung scharf von den rückwältigen abtrennende Ailette-Tal für die Versorgung der Kampftruppen wie

für das Heranführen der Reserven ebenso große Schwierigkeiten wie dem Angreifer für das schnelle Vorwärtskommen. Auf der übrigen Abwehrfront der 7. Armee lagen die Verhältnisse für die Verteidigung im allgemeinen

nicht ungünstig. Auf der Schlachtfront von der Ailette (bei Vauxaillon) bis zur Straße Reufchktel—Reims standen bei Beginn des Infanterieangriffs — unge-

rechnet die alsHeeresreferve hinter der Front stehende französische I.Armee —

einander gegenüber: 47 französische Divisionen (einschl. 2 rus° fische Brigaden)

27 deutsche Divisionen

davon in vorderer Linie:

201/2 französische Divisionen (einschl.

14 deutsche Divisionen

1 russische Brigade)

östlich von Reims standen sich in der Linie Prunay—Aubörive

gegenüber: 8 französische Divisionen

9 deutsche Divisionen

davon in vorderer Linie:

6 französische Divisionen

5 deutsche Divisionen

i) Da die allgemeine Front der Werke nach Nordosten gerichtet war, hatten fie für die deutsche Verteidigung nur beschränkten Wert.

309

Vergleich der Streitkräfte.

Gegenüber dem französischen Artillerieeinsatz von rund 4800

Geschützen aller Kaliber auf beiden Angriffsfronten zählte die deutsche AbWehrartillerie insgesamt 2431 Geschütze aller Kaliber. Dabei überwog auf französischer Seite insbesondere das schwere Flachfeuer sehr beträchtlich'). Etwa 1000 Flugzeuge standen der französischen Führung für die Aufgaben der Luftwaffe vor und in der Schlacht zur Verfügung gegenüber 640 Flugzeugen auf deutscher Seite. Trotz solcher zahlenmäßigen Unterlegenheit hatten die deutschen Flieger bisher durch größere Aktivität die Vorherrschaft in der Luft behaupten können. Ihre Erkundungstätigkeit war fast unbehindert und nahm dem französischen Angriff frühzeitig eine der Grund-

bedingungen für seinen Erfolg, die Überraschung. 2. Der Ansturm gegen die 7. Armee am

April.

Am Abend des 15. April war das französische Zerstörungsfeuer merklich abgeflaut. Es nahm auch in der Nacht zum 16. April, die dunkel und i«. April,

regnerisch war, nur in einigen heftigen Feuerüberfällen mit Gasgranaten auf die Batterien größere Stärke an. Diese Vergasung konnte jedoch die deutsche Artillerie nicht hindern, beim Morgengrauen des 16. April planmäßig ein

viertelstündiges Vernichtungsfeuer auf die französischen Sturmausgangsstellungen zu legen, nach späteren Gefangenenaussagen mit guter Wirkung. Trotz schlechtesten Wetters in aller Frühe startende Flieger erkannten und meldeten Truppenanhäufung und auffällige Bewegung in den feindlichen Linien. Man war auf deutscher Seite des Angriffs gewärtig, als gegen 6° morgens schlagartig stärkstes Trommelfeuer auf die ganze Front der 7. Armee einsetzte und den unmittelbar bevorstehenden Infanteriesturm ankündigte. Um 7° morgens brachen bei gleichzeitigem Vorverlegen des Artil-

leriefeuers die französischen Angriffswellen gegen die Front zwischen Ehavonne (westlich von Soupir) und Eourey (nördlich von Reims) vor. Der

in dichten Massen vorgetragene Sturmanlauf der französischen 6. und 5. Armee traf zwar auf eine in ein Trichterfeld verwandelte, in ihren einzelnen Linien kaum noch erkennbare Verteidigungsstellung, aber auf eine Besatzung, die durch die zehntägige schwere Beschießung in ihrer Kampfkraft nicht entscheidend erschüttert war. Auch die deutsche Artillerie war in der Hauptsache kampfkräftig geblieben, und in der Tiefe der Abwehrzone waren viele Maschinengewehre der Vernichtung entgangen. Der in raschem Sprung überall in die vordersten Linien einbrechende Gegner wurde meist mit Ge-

wehr und Handgranate zu wütendem Nahkampf empfangen. In die über die

I.Stellung hinweg vorwärtsstürmenden Wellen schlug Maschinengewehrfeuer, Reserven der Stellungstruppe warfen sich ihnen entschloffen entgegen.

^Beil?28.

310 is. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Die nachfolgenden Sturmabteilungen wurden vom deutschen Sperrfeuer ge¬

faßt und erlitten schwere Verluste. So blieb der französische Angriff an vielen Stellen noch innerhalb der I. Stellung stecken. In zähem und erbittertem Ringen suchte man sich gegenseitig jeden Schritt Vodens abzugewinnen.

a) Die Kämpfe bei den Gruppen Vailly und Liesse. Beilagen 13 und 15.

Auf der West flanke der?. Armee war zunächst kein Angriff erfolgt. Hier stießen erst um 10° vormittags — planmäßig drei Stunden nach dem Hauptangriff — nach längerer, kräftiger Artillerievorbereitung die beiden

Divisionen des französischen I. Kolonialkorps zwischen Vauxaillon und Laffaux vor. Die 211. Infanterie-Division der Gruppe Vailly unter Generalmajor von Lewinski, dabei Teile der 45. Reserve-Division, konnte ihren Angriff bald zum Stehen bringen. Vor Vauxaillon waren die Fran¬

zosen in den vordersten deutschen Graben eingebrochen. Die Versuche, sie in Gegenstößen wieder hinauszuwerfen, führten zu heftigen, zunächst entfcheidungslosen Kämpfen. Die Stellung bei und nördlich von Laffaux hatten die Franzosen nicht nehmen können. Auch ein am Nachmittage nach neuer

Artillerievorbereitung wiederholter Angriff brachte ihnen keinen größeren Erfolg; vielmehr gelang es der 211. Infanterie-Division, in den bis in die

späten Abendstunden dauernden Kämpfen ihre Stellung bei Vauxaillon bis auf einen kleinen Teil wiederzunehmen. Die der deutschen Aisne- und Chemin des Dames-Front in ihrer rechten Flanke drohende Gefahr war zunächst abgewendet.

An der Hauptangriffsfront waren der linke Flügel der

Gruppe Vailly und fast die gesamte Breite der Gruppe Liesse von dem einheitlichen Stoß der französischen 6. Armee mit dem VI. und XX. Korps sowie dem II. Kolonialkorps auf der Linie von Chavonne bis zur Hurtebise-Ferme am Chemin des Dames getroffen worden. Die an ihrem linken Flügel vom Angriff noch gefaßte 25. LandwehrDivision unter Generalleutnant von Dreising und der rechte Flügel der 183. Infanterie-Division des Generalmajors von Schüßler gegenüber von

Soupir fingen den ersten Angriffsstoß der französischen 127. Division (VI. Korps) schon in den südlichsten Häusern von Chavonne und auf den bewaldeten Hängen westlich und nördlich von Soupir auf. In der Mitte der 183. Infanterie-Division war die französische 56. Division (VI. Korps) längs des Oise/Aisne-Kanals etwas tiefer eingebrochen, wurde aber durch

rasch eingreifende Reserven noch südlich von Vraye zum Stehen gebracht. Auch die französische 39. Division (XX. Korps), die zu beiden Seiten des

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppen Vailly und Liesse.

311

„Veaulner Rückens'") angegriffen hatte, war auf der Westseite des Rückens in dem Talkessel der Les Grölines-Ferme zwar bis in Höhe von Vraye eingebrochen, dann aber hier wie auf dem Veaulner Rücken selbst und an seinem

Osthange nicht mehr weiter vorwärtsgekommen. Sehr fühlbar wurde dagegen der Einbruch der französischen 153. Division (XX. Korps), die bei Chivy durchstoßend und sich im sogenannten Paradies-Grunde nordwärts wendend, mit überraschender Schnelligkeit in einem Angriffsschwung bis auf die Höhenlinie des Chemin des Dames westlich von Cerny gelangt war. Dort hatten die Franzosen noch in etwa 1500 Meter Breite die 1., hart westlich der Zuckerfabrik südlich von Cerny auch ein größeres Stück der 2.Linie der längs des Chemin des Dames nach Westen auf Laffaux zu laufenden „Mal-

maison-Stellung" genommen und schickten sich an, weiter durchzustoßen. Damit war für die ganze Westhälfte der 16. Reserve-Division des Generalleutnants Sieger, die zwar überrannt worden war, aber mit Teilen

bis in die Mittagsstunden tapfer kämpfend sich noch in den vordersten Linien hielt, die Gefahr groß geworden, abgeschnitten zu werden. Die Division war zugleich auch östlich von Cerny sehr heftig angegriffen worden. Hier hatte das II. Kolonialkorps mit der 15. Kolonial-Division, selbst schon auf der Höhe des Chemin des Dames liegend, in einem kurzen, schnellen Ansturm ebenfalls alle Linien der vordersten Stellung durchstoßen und bedrohte Cerny von Osten. Als dann die Reserven der bewährten 16. Reserve-Division

beiderseits von Cerny zum Gegenstoß vorgingen, wurde der Gegner zum Halten gebracht, auf der Osthälfte der Divisionsfront wieder bis in die alte 2. Linie zurückgedrückt und der Besitz von Cerny und der als Verteidigungs-

stützpunkt besonders ausgebauten, südlich davon gelegenen Zuckerfabrik gesichert. Westlich von Cerny führten die erbitterten Kämpfe nur dazu, dem Feinde weiteres Vorwärtsdringen zu verwehren; es gelang aber nicht, ihn aus der Chemin des Dames- (Malmaison-) Stellung wieder hinauszuwerfen. Der Kampf ging an dieser Stelle weiter, denn auch die Franzosen versuchten, durch immer neue Kräfte ihren Erfolg zu vervollständigen. Die links anschließende 19. Reserve-Division unter General der Infanterie von Wartenberg wurde hauptsächlich von der 10. Kolonial-Division an-

gegriffen und auf ihrer ganzen vordersten Front vom ersten, in dichten Angriffskolonnen vorgetragenen Ansturm überlaufen. Die beiderseitigen Fronten hatten sich auf dem Nordteil der breiten und tiefen Hochfläche von Paisiy am Ehemin des Dames dicht gegenüber gelegen; der Westflügel der 19. Reserve-Division hatte im Anschluß an die 16. Reserve-Division den Nordrand des Landrückens mit schroff zum Ailette-Tal abfallendem Steil0 Vom Landrücken des Chemin des Dames ausgehende, westlich an Veaulne vor-

bei auf Moussy zu streichende schmale Hochfläche.

312

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

i«. April, hang') dicht hinter sich. Am östlichen Divisionsflügel zeigte der Chemin des Dames-Rttcken in der Gegend der Hurtebise-Ferme eine seiner schmälsten Stellen. Dem am Südrand der Hochfläche liegenden Verteidiger blieb bei La Creute-Ferme nur ein Kampfraum von knapp 200 Meter Tiefe, an der

Hurtebise-Ferme selbst noch weniger. Danach bedurfte es sowohl für den süd¬ westlich von Ailles vorbrechenden Gegner wie auch für den aus der tiefen Senke von Oulches und Vallöe Foulon überraschend auftauchenden Angreifer nur eines kurzen, kräftigen Stoßes, um die Flügel der 19. Reserve-Division von der Hochfläche hinunterzuwerfen und auf diese Weise die unter gün¬

stigeren Verhältnissen kämpfende Mitte abzuschneiden. Angeachtet der ihnen im Sturmanlauf zugefügten schweren Verluste standen denn auch die fran¬ zösischen Farbigen-Bataillone sehr schnell südwestlich von Ailles und beider¬ seits der Hurtebise-Ferme am Nordrande des Hochrückens und begannen, die Steilhänge ins „Clse-Tal" und in der Richtung auf das ehemalige Kloster

Vauclere herabzusteigen. Sofortige Gegenstöße der 19. Reserve-Division konnten den Feind zunächst nur an weiterem Vordringen hindern, nicht aber die an beiden Flügeln verlorene Hochfläche wiedergewinnen. Die Hurtebise-

Ferme selbst wurde trotz immer wiederholter Verennung von der tapferen

Besatzung noch gehalten. Im übrigen klammerte sich die deutsche Kampflinie mit zäher Ausdauer an die mit dichtem Gestrüpp bewachsenen Nordhänge an. Südlich und südöstlich von Ailles gelang es, die Franzosen wieder zurück-

zudrücken und auf der Hochfläche eine Abwehrlinie herzustellen. Die fran¬ zösische 10. Kolonial-Divifion hatte außerordentlich hohe Verluste erlitten — ihre Brigade- und drei Regimentsführer waren gefallen —, ihre Stoß-

kraft war gebrochen; ihr Angriff blieb zunächst in den erreichten Linien liegen. Der Ostflügel der Gruppe Lieste, die 5. Garde-Infanterie-Division unter Generalmajor von der Osten, hatte den Angriff der Hauptmasse des französischen I. Korps (162. und 1. Division, denen die 51. Division dicht aufgeschlossen folgen sollte), am linken Flügel der französischen 5. Armee, abzuwehren. Cr richtete sich auf dem „Oulcher Rücken", nordöstlich von Oulches, und aus dem Talgrunde zwischen Craonnelle und Craonne heraufkommend mit besonderer Wucht gegen den beherrschenden Teil der Hochfläche, auf dem die Mühle von Vauelerc stand. Die 5. Garde-Division hatte nur zwei Regimenter in ihrer bis hart westlich von Craonne reichenden Front, das dritte war bei Boueonville in Reserve zurückgehalten. Der auch hier in dicht auf¬ geschlossenen Wellen angreifende Feind konnte schon vor Erreichen der deutschen vordersten Linie mit einem verheerend wirkenden Infanterie- und Artillerieabwehrfeuer empfangen werden, in dem sein Angriff bald ins Stocken geriet, nachdem er nur am Oulcher Rücken und nördlich der Mühle von Vau0 Von der deutschen Stellungstruppe als „Clse-Tal" bezeichnet.

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppen Vailly und Liesse.

313

clerc vermocht hatte, bis in den zweiten deutschen Kampfgraben vorzudringen. Hier stand der Kampf. Die Lage im Divisionsabschnitt schien bis auf den rechten Flügel gesichert. Unterdessen hatte General von der Osten zum Schutz seiner rechten Flanke gegen den französischen Einbruch östlich der HurtebiseFerme sogleich sein zurückgehaltenes Regiment zum Gegenangriff nach vorn gerufen, auch hatte ein Gegenstoß örtlicher Reserven über die Divisionsgrenze hinweg am Nordhange des Landrückens entlang die Franzosen wieder etwas

zurückdrücken können. In der Folge wurde durch flankierendes Infanterie- und Maschinengewehrfeuer ihr weiteres Durchstoßen auf Vauclerc verhindert. So hatte sich bis etwa um die Mittagszeit an der gesamten Aisne- und

Chemin des Dames-Front der französische Angriff festgelaufen, und auch dort, wo größere Erfolge ihn hätten weitertreiben sollen, waren die Angriffstruppen aus Erschöpfung und unter dem Eindruck außerordentlich hoher Ver-

luste liegengeblieben. Die französische Artillerie, deren schnell fortlaufender Feuerglocke die Sturmtruppen an den meisten Stellen nicht hatten folgen können, bemühte sich jetzt, das Zerstörungsfeuer gegen die neuen deutschen Kampfstellungen wieder aufzunehmen, um weitere Angriffe vorzubereiten. Das Oberkommando der 7. A r m e e hatte bereits vor Angriffsbeginn

allen Gruppen die vordersten Teile der hinter ihnen stehenden Eingreif-Divisionen für den Notfall zur Verfügung gestellt. Es hatte frühzeitig Meldüngen über die ersten Kampfereignisse erhalten, aus denen es schließen konnte, daß trotz überall errungener Angriffserfolge der Franzofen eine ernstHaft bedrohliche Lage nur an der Front der Gruppe Liesse entstanden war. Dort hatte der Feind die Stellung längs des Chemin des Dames nicht nur da,

wo sie vorderste Kampfstellung war, mehrfach durchstoßen, sondern in besonders empfindlicher Weise auch westlich von Eerny, wo sie Rückhalt und Hauptwiderstandslinie sein mußte, wenn etwa der Stellungswinkel Laffaux— Conds—Eerny einmal nicht mehr zu halten sein würde. Unbedingtes Festhalten der Stellung am Chemin des Dames in ihrer ganzen Längenausdehnung war für die Armee im Augenblick wichtiger als die restlose Wiedergewinnung der verlorenen vordersten Kampflinien. Deshalb sollte der eingedrückte linke Flügel der Gruppe Vailly, die 183. Infanterie-Division, den Kampf vorwärts von Vraye zunächst mit eigenen Kräften durchhalten. General von Voehn befahl das Vorziehen des Restes der 45. Reserve-Division') in die Gegend von Lierval—Grandelain hinter den linken Flügel der 183. Infanterie-Division und unterstellte ihn der Gruppe Vailly, gab ihn aber zum *) Da ein Drittel der Division bei der 211.1. D. eingesetzt war, nur noch vier Vtle, und vier Vttrn.

314

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

,6. April. Einsatz in den Kampf noch nicht frei. Dagegen erhielt die Gruppe Lieste sofort die Verfügung über den Rest der 20.Infanterie-Division'), um sie im Ab¬

schnitt der 16. Reserve-Division nach Bedarf einzusetzen. Zugleich wurden ihr auch zwei Drittel der 1. Garde-Infanterie-Division unterstellt, um die Lage bei der 19. Reserve-Division wiederherzustellen; ein Regiment der Division wurde als Armeereserve vorläufig noch zurückgehalten. Unterdessen war in den frühen Nachmittagsstunden von den nach vorn geworfenen Reserven der Kampf um die alten Stellungen überall lebhaft

aufgenommen worden. Bei der Gruppe Vailly hatten Reserven der 183.InfanterieDivision in harten Kämpfen südlich und östlich von Vraye den Feind wieder etwas zurückdrücken können, dabei aber auch ihre eigenen Kräfte stark ver-

braucht. Die Artillerie der Division hatte fühlbare Ausfälle, bei drei Bat¬ terien auf dem rechten Flügel waren alle Geschütze zerschossen oder verschüttet. Zur Unterstützung griffen Batterien der 45. Reserve-Division des General¬ majors Walter von Cberhardt aus der Gegend von Lierval in die Kämpfe

ein, in denen am späteren Nachmittage die frifch verstärkten Franzosen wieder heftig andrängten. Demgegenüber konnten die gelichteten Regimenter der 183. Infanterie-Division die Erfolge ihrer Gegenstöße nicht überall behaupten. Als die Infanteriekämpfe mit der Dunkelheit allmählich an Heftig¬ keit verloren, hielt der linke Flügel der 25.Landwehr-Division den Hauptteil von Chavonne, die 183. Infanterie-Division im Anschluß daran die Hoch¬ fläche südwestlich von Brahe, Brahe selbst und mit ihrem linken Flügel nach Verlust des Beaulner Rückens die Chemin des Dames- (Malmaison-) Stel¬ lung bis südlich von Courteeon. Diesen Flügel und den Anschluß zur 16. Re¬ serve-Division stützten die am Spätnachmittage von der Gruppe Lieste auf die Malval-Ferme vorgezogenen Bataillone der 45. Reserve-Division. Der

Feind drängte hier nicht mehr nach. Bei der 16. Reserve-Division der Gruppe Liesse war unter hin

und her gehenden Kämpfen bis in den späten Nachmittag hinein die Lage im wesentlichen unverändert geblieben. Die Division hatte mit Zähigkeit Cerny mit der Zuckerfabrik und weiter im Osten rückwärtige Teile der vordersten

Kampfstellung gehalten. Alle Reserven hatte General Sieger seinem rechten Flügel zugeschoben, um die verlorengegangenen Teile der Chemin des Dames-

Stellung westlich von Cerny wiederzunehmen. Die Franzosen hatten hier aber bereits Maschinengewehre und leichte Minenwerfer in Stellung gebracht und schlugen jeden Vorstoß ab, andererseits blieb auch ihren wiederholten Noch fünf Vtle., dazu drei Vttrn. der 44. R. D.

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppen Vailly und Liesse.

215

Versuchen, den Angriff weiter vorzutragen, der Erfolg versagt. Der Anschluß der 16. Reserve-Division zur linken Nachbar-Division war abgerissen, da deren rechter Flügel den Hochflächenrand südwestlich von Ailles noch nicht

hatte zurückgewinnen können. Die der 16. Reserve-Division zugeführten Teile der 20.Infanterie-Division kamen nicht mehr zum Einsatz, da die Lage

sich einigermaßen gefestigt hatte, als die Dunkelheit auch hier größeren Kampfhandlungen ein Ende machte. Es wurde geplant, am kommenden Morgen mit fünf Bataillonen der 20.Division die Franzosen endgültig aus der Chemin des Dames-Stellung wieder hinauszuwerfen.

Die Lage der 19. Reserve-Division hatte sich weiter zugespitzt. Alle ihre Reserven waren in den Kampf geworfen worden und hatten zähen Widerstand am Rande der Hochfläche oder weiter unterhalb an den steilen, unweg-

samen Nordhängen unter den schwierigsten Kampfbedingungen ermöglicht. Irgendwelche Vorteile hatten sie aber nicht erkämpfen können. Als dann gegen 4° nachmittags die Franzosen mit frischer Kraft von neuem vorstießen, gelang es ihnen, auf Ailles und über die Hurtebise-Ferme, die selbst noch bis gegen 530 nachmittags aufs tapferste verteidigt wurde, etwa 600 Meter weit gegen Vauclerc vorwärtszukommen. Zur 5. Garde-Infanterie-Divifion klaffte in der Kampflinie eine Lücke von noch unbekannter Ausdehnung. Unterstützung war dringend nötig geworden, als der Division zwei Regimenter der 1. Garde-Insanterie-Division des Obersten Eitel Friedrich Prinz von Preußen zur Verfügung gestellt wurden. Ehe deren Hilfe aber hätte wirksam werden können, war eine Besserung an der Front eingetreten. Die UnÜbersichtlichkeit der Lage an den Nordhängen des Chemin des Dames-Rückens

und die allgemeine Erschöpfung der französischen Angriffstruppen hatten bewirkt, daß die für die Verteidiger gefahrvollsten Augenblicke vom Gegner

nicht genutzt wurden. Unterdessen machte die Dunkelheit größeren Kämpfen ein Ende. Die in den verschiedenen rückwärtigen Stellungen nach der Tiefe

und seitlich über zwei Divisionsabschnitte weit auseinandergezogenen Regimenter der 1. Garde-Division waren beim Marsch nach vorn durch schweres Feuer auf den Rücken von Vöve Ehüteau und auf die Wege durch das versumpfte und von den Franzosen ständig unter Gas gehaltene Ailette-Tal aufgehalten worden. Strömender Regen und das Fehlen von Nachrichten

über die tatsächliche Lage, dazu die hereinbrechende Dunkelheit ergaben, daß an ein sofortiges Eingreifen vorn nicht mehr zu denken war. Die 19. Reserve-

Division setzte deshalb den Gegenangriff der beiden Regimenter für den nächsten Morgen an. Vor der 5. Garde-Infanterie-Division brachte der Gegner nach dem fast

restlosen Mißlingen seines ersten Anlauss erst am späten Nachmittage nochmals die Kraft zu einem stärkeren Vorstoß westlich von Eraonne auf, dessen

316

ik. Aprtl.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Anfangserfolg ihm aber auch bald wieder entrisien wurde. Im übrigen hatten

sich die heftigen Nahkämpfe um einzelne Grabenteile fortgesetzt, ohne die Lage im ganzen zu verändern. Das von rückwärts herangeholte Regiment

war nach zeitraubender Überwindung der gleichen Schwierigkeiten wie bei der 1. Garde-Division nicht mehr zum geschlossenen Gegenstoß gelangt, hatte aber mit einzelnen Teilen die Kampflinie vorn und die Flankensicherung nach Westen verstärkt. Als die Nacht hereinbrach und der Kampf nachließ, war in diesem Abschnitt die Höhenlinie des Chemin des Dames-Rückens fest in

deutscher Hand. b) Die Kämpfe bei den Gruppen Sissonne und Vrimont und am äußersten rechten Flügel der 3. Armee. Beilagen 13, 15 und 16.

Die Masse der französischen 5. Armee hatte auf der Linie von Craonne bis nach Reims hin angegriffen. Der Ort Craonne liegt auf einer Terrasse am Südosthang des „Winterberges", des östlichen Abschlusses der Chemin des Dames-Hochfläche. Cr bildete den Vruchpunkt der deutschen Abwehrfront aus der westöstlichen Linienführung in die südöstliche auf Reims zu. Craonne war stark zur Verteidigung ausgebaut; es beherrscht nach Osten und Südosten weithin das Gelände und bildete eine starke Flankierungsanlage für den gegen die Straße Corbsny—Reims zurückgebogenen Frontteil. Die Bayerische Crsatz-Division des Generalleutnants Vurkhardt brachte in ihrer günstigen Verteidigungsstellung am Westflügel der Gruppe

Sissonne den rechten Angriffsflügel des französischen I.Korps (1. und 2. Division) verhältnismäßig leicht zum Halten. Aber die vordersten Gräben gelangte der Feind nirgends hinaus, erlitt aber schwere Verluste und wurde in lebhaften Nahkämpfen bis gegen Mittag fast überall wieder aus der Stellung hinausgedrückt. Die Lage änderte sich hier auch im weiteren Tagesverlauf nicht. Offenbar fand der Gegner nicht mehr den Schwung zu neuem

Angriff. Auch sein Artilleriefeuer flaute merklich ab. Auf die Wiedernahme einiger vorgeschobener Stellungsteile von geringerer Bedeutung im SüdWesten von Craonne wurde freiwillig verzichtet. Der Anschluß zur Gruppe Liesse war vorhanden, nach Osten zur 9. bayerischen Reserve-Division mußte er im Zurückbiegen des linken Flügels gefunden werden. Die Kampfstellungen der 9. und der links anschließenden 5. bayerischen Reserve-Division, bis zur Aisne hin lagen auf dem offenen Hange des vom Aisne-Tal nach Nordosten zu allmählich bis auf die Höhen von Amifontaine und Prouvais ansteigenden Geländes. Der linke Flügel der 9. bayerischen

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppe Sissonne.

317

Reserve-Division hielt die bewaldete Kuppe südwestlich von La Ville aux Vois besetzt, die, als Einzelerhebung das Kampffeld nach Nordwesten,Westen und Süden beherrschend, zu einem starken Stützpunkt ausgebaut war. Zwischen La Ville aux Vois und der Aisne zog sich senkrecht zur Stellung das eingeschnittene, nur dem unmittelbaren Einblick offene Tal des Miette-Vachs aus Iuvincourt zu, das ein wichtiger Punkt an der Grenze zwischen den beiden Divisionen war. Das gesamte Kampffeld hinter der vordersten deutschen Stellung war von den Höhen zwischen Amifontaine und Prouvais aus klar zu überblicken. Offenbar hatten die Franzosen beabsichtigt, die Höhen und das Waldgelände von La Ville aux Vois, in beiden Flanken durchstoßend, abzuschnüren. Dementsprechend griff ihr V. Korps mit der 10. Division nordwestlich der Waldhöhe an, während die 9. Division gegen die Stellungen um La Ville aux Vois selbst vorzugehen und mit einer starken Stoßgruppe zwischen diesem Orte und dem Miette-Bach durchzubrechen hatte. Zwischen Miette und Aisne waren zwei Divisionen des XXXII. Korps

(69. und 42.Division) zum massierten Angriff eingesetzt. Unterstützt wurde der Gesamtstoß zwischen Craonne und der Aisne durch eine aus der zurück-

gehaltenen 19. Armee außerordentlich verstärkte Artillerie und durch Tanks, von denen drei Gruppen zu je 16 Wagen nordwestlich von La Ville aux Vois

im Angriffsstreifen der 10. Division und fünf Gruppen zwischen Miette und Aisne am linken Flügel des XXXII. Korps die Sturminfanterie vorreißen

sollten. Die 9. bayerische Reserve - Division unter Generalleutnant Ritter

von Clauß wurde an ihrem rechten Flügel von den französischen Angriffswellen überrannt und bis an die Straße Corbeny—Reims zurückgeworfen.

Dort konnte die durch Reserven gefestigte Front weiteres Vordringen des Feindes verhindern. 48 französische Tanks, die im Walde südlich von Craonne in der Nacht vor dem 16. April bereitgestellt worden waren, hatten schon dabei acht Kampfwagen verloren'). Von hier erst nach Angriffsbeginn

über le Temple Ferme in nordöstlicher Richtung auf Amifontaine vorfahrend, wurden sie alsbald erkannt und von der deutschen Artillerie unter heftiges Feuer genommen. Bereits in Höhe der alten vordersten deutschen Kampflinie

waren 32Tanks durch Treffer zerstört oder unbeweglich geworden, die übrigen machten kehrt; nur acht erreichten stark beschädigt wieder den VereitstellungsPlatzt). Der Tankangriff war völlig gescheitert. Auf ihrem linken Flügel hatte die bayerische Division die feste Stellung auf der Waldkuppe von La Ville ') Genmaj. Heinz Guderian: „Achtung — Panzer!", nach Revue d'Infanterie vom l. April 1936: „Le premier engagement des chars fran^ais" von Obstlt, Sperre.

2) Franz, amtl. Werk, Vd. V, 1,Ann. 1661.

318

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

,s.April. auxVois nach stundenlangem, erbittertem Ringen dem Feinde überlassen müssen. Den Ort selbst, das Waldgelände im Süden und Südosten sowie die anschließende Stellung bis zu ihrem linken Flügel hielt sie fest. Die 5. bayerische Reserve-Division des Generalleutnants Ipfelkofer war von einem besonders wuchtigen Stoß getroffen worden. Teile der französischen 9. Division des V.Korps westlich des Miette-Vachs und zwei Divisionen des XXXII. Korps zwischen Miette und Aisne hatten nach einer unerhört heftigen Beschießung die in allen ihren Grabenlinien völlig zerstörte

deutsche I. Stellung und deren sehr gelichtete Besatzung in dichten Masten glatt überrannt und waren, mit starken Kolonnen im Grunde des Miette-

Vachs und am westlichen Aisne-Afer entlang nachstoßend, im ersten Sprung bis an die Artillerie-Schutzstellung (Zwischenstellung) südwestlich von Iuvincourt—Conds (an der Suippes) vorgedrungen. Alles, was sich noch tapfer kämpfend in der vordersten Stellung hielt, wurde umfaßt und allmählich erledigt. Der Einsatz aller Kampfreserven der Division führte zu heftigen, hin und her wogenden Kämpfen in und um die Artillerie-Schutzstellung, die aber schließlich in Feindeshand blieb. Jetzt war der Zeitpunkt gekommen, zu dem nach der Absicht der fran¬

zösischen Führung der Sturmangriff der Infanterie durch Tanks zum Durchbruch weiter vorgetragen werden sollte. Die zu diesem Zweck in der Nacht zum 16. April bei Pontavert bereitgestellten 80 Kampfwagen waren in langer Kolonne planmäßig auf Guignicourt angetreten, hatten aber nach mancher Stockung auf der von vorwärtsstrebenden Truppen überfüllten Straße erst verspätet die Sturmausgangsstellungen überschritten, um sich dann zum Angriff zu entfalten. Gegen 11° vormittags war die vorderste

Gruppe im Miette-Grund in Höhe der Mauchamp-Ferme aufmarschiert und zum Angriff in der Richtung auf Prouvais angetreten. Sofort gab es schwere Verluste durch deutsches Artilleriefeuer; ein Volltreffer setzte den Führerwagen in Brand und tötete den Führer des gesamten Tankverbandes. Der

nun führerlose Angriff zerfiel in Einzelvorstöße der aufeinanderfolgenden Tank-Gruppen, die nirgends durchschlagenden Erfolg hatten. Etwa in der Mitte zwischen Miette-Vach und Aisne gelang es zwar, Infanterie bis dicht an die deutsche II. Stellung vorzureißen, eine Tank-Gruppe brach sogar durch die II. Stellung bis an die Eisenbahnstrecke südwestlich von Prouvais durch, da aber keine Infanterie gefolgt war, ließ sich der Geländegewinn nicht halten.

Dagegen wurden deutsche Gegenstöße mehrfach durch das Feuer vereinzelt auf dem Gefechtsfelde umherfahrender oder durch Artillerietreffer bewegungsunfähig gewordener Tanks aufgehalten. Der letzte Tankvorstoß erfolgte gegen 3° nachmittags auf Guignicourt und wurde ebenfalls zusammengeschossen.

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppe Sissonne.

319

Im ganzen waren also die Panzerangriffe auch hier unter schweren Ver-

lusten (25v. H. der Besatzungen und 57v. H. der Kampfwagen)') gescheitert. Inzwischen war die französische Infanterie, aus dem Miette-Tal auf dem westlichen Bachufer vorstoßend, bis nach Iuvincourt hinein und damit in die offene Flanke der 9. bayerischen Reserve-Division vorgedrungen. Mit schnellem Entschluß warf diese ein hinter ihrem Ostflügel in der II. Stellung befindliches Bataillon der Eingreif-Division (50. Infanterie-Division) zum Gegenstoß vor. Die Franzosen wurden bis in die Artillerie-Schutzstellung wieder zurückgetrieben. Auch an der Aisne versuchten sie immer wieder weiter vorzustoßen, gelangten auch zeitweise bis in den Schloßpark von Guignicourt, wurden aber dann doch wieder von eingreifenden letzten Reserven zurückgedrückt. Deutschs Batterien wurden dabei mehrfach verloren und wiedergewonnen. Schließlich aber bildete sich auch an dieser Stelle eine wenn auch schwache Widerstandsfront. Der französische Angriff war zum Stehen gekommen.

Das von den Vorgängen bei der Gruppe Sisionne alsbald unterrichtete Oberkommando der 7. Armee hatte ihr sogleich die Verfügungsfreiheit über die beiden in ihrem Abschnitt aufgestellten Cingreif-Divifionen gegeben. Von diesen standen die 213. Infanterie-Division in der Gegend der Ferme Solferieourt südlich von Sisionne, die 50. Infanterie-Division um La Malmaison verwendungsbereit versammelt). Noch am Vormittage hatte der Kommandierende General, General der Artillerie Ritter von Höhn,

beiden Divisionen ihre Angriffsrichtung zum Gegenstoß gegeben, der 213. Insanterie-Division hart östlich an Eorbeny vorbei gegen die Einbruchsstelle bei der 9. bayerischen Reserve-Division zwischen Craonne und La Ville aux Vois, der 50. Insanterie-Division über das Waldstück an der Eisenbahn westlich von Prouvais gegen die Einbruchsstelle zwischen Miette-Bach und Aisne

im Abschnitt der 5. bayerischen Reserve-Division. Als kurz nach 12° mittags die 213. Infanterie-Division unter Generalmajor von Bernuth westlich von Amifontaine die Eisenbahn Laon—Reims überschritt, hatte die Lage der 9. bayerischen Reserve-Division an der Reimser Straße sich bereits gefestigt und bot dank dem Festhalten von La Ville aux Vois keinen Anlaß zur Besorgnis mehr. Die Gefahr lag in der linken Flanke ') S. 317, Anm. 1. 2) Die 213. I. D, mit fünf Btln. und drei Bttrn., zu denen später noch zwei weiter vorwärts aufgestellte Vtle. stießen; die 50. I. D, mit vier Vtln. und drei Vttrn. (vgl. S. 313).

320

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

l«. Apm. der Division, wo der Druck der Franzosen auf Iuvineourt gerade sehr stark war. Das wurde Anlaß, der 213. Infanterie-Division eine mehr südöstliche Richtung gegen den Miette-Abschnitt zu geben. Als gegen 3° nachmittags die vorderste Welle ihres ersten Treffens die Zwischenstellung (Artillerie-

Schuhstellung) westlich von Iuvineourt erreicht hatte, verursachte das über¬ schreiten der Drahthindernisse Stockungen. Die Hinteren Treffen liefen auf; die Gefechtsgliederung geriet um so mehr in Anordnung, als die Truppe von den Kämpfen bei Iuvineourt angezogen von selbst die Richtung dorthin nahm. Cs war eine übermäßig dichte Gefechtsfront, die etwa um 6° nach¬ mittags den Weg La Ville aux Vois—Zuvincourt überschritt. Im Bajonett¬

angriff warf sie den gerade vom Miette-Vach nach Nordwesten vordringen¬ den Feind zurück. Als dann aber französische Flieger starkes Artilleriefeuer auf die Angriffsfront lenkten, auch heftiges Maschinengewehrfeuer vom öst¬ lichen Miette-Ufer her in die dichten Linien schlug, kam das Vorgehen zum Stehen. Die unmittelbare Gefahr für die Flanke der 9. bayerischen ReserveDivision war ausgeschaltet, den schwerwiegenden französischen Einbruch zwischen Miette-Vach und Aisne aber hatte das tapfere Draufgehen der 213. Infanterie-Division nicht ausgleichen können. Sie wurde dem Kom¬ mandeur der 9. bayerischen Referve-Division unterstellt, der den Befehl über alle Truppen westlich des Miette-Bachs übernahm. östlich vom Miette-Vach hatte sich die 5. bayerische Referve-Division in den Nachmittagsstunden des unablässigen Andrängens der Franzosen erwehrt und mit Einsatz ihrer letzten Kraft — zum Teil mit Erfolg — ver-

sucht, im Gegenstoß Gelände zurückzugewinnen. Unterdessen war die 50. In¬ fanterie-Divifion unter Generalleutnant von Cngelbrechten, durch starkes französisches Feuer aufgehalten, etwa um 4° nachmittags entfaltet im Vor¬

gehen über den Weg Zuvincourt—Guignieourt. In zwei Angriffsgruppen stieß sie von Norden und von Nordosten gegen die Mauchamp-Ferme vor.

Die Nordgruppe nahm in raschem Anlauf die hier das Gelände beherrschende Höhe 141 südöstlich von Iuvincourt, blieb dann aber im feindlichen Maschinengewehrfeuer liegen. Sie mußte alle Kraft einsetzen, um die sich immer wieder¬

holenden Vorstöße der Franzosen abzuwehren. Die Nordostgruppe war, dem ausweichenden Feinde nachstoßend und die Reste der Stellungstruppen mit vorreißend, bis auf etwa 600 Meter an die Mauchamp-Ferme, etwas weiter

südlich sogar bis fast an die Artillerie-Schutzstellung herangekommen. Dann fand auch ihr Vorgehen ein Ende im Anprall frischer französischer Angriffs¬ wellen, deren Druck erst in den späten Abendstunden nach verlustreichen Kämpfen erlahmte. Die deutsche Abwehrlinie der 5. bayerischen Reserveund 50. Infanterie-Divifion war an einzelnen Stellen wieder etwas zurück-

gedrückt worden, hatte im ganzen aber gehalten. Die hier am bedrohlichsten

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppen Sissonne und Vrimont.

321

nahegerückte Durchbruchsgefahr war durch den Gegenstoß der 50. Infan-

terie-Diviston gebannt, aber erst gegen Mitternacht schaffte beiderseitige Crschöpfung Ruhe an der Kampffront. Alle zwischen Miette-Vach und Aisne im Kampfe stehende Truppen wurden dem Kommandeur der 5. bayerischen

Reserve-Division unterstellt. Links der Aisne hatte die Gruppe Vrimont zwischen dem Fluß und dem Bergklotz des Vrimont ihr gesondertes Schlachtfeld. Die Ver¬ teidigung der vordersten Kampflinie war ebenso wie der Angriff gegen sie beeinflußt durch den teils vor, teils hinter den beiderseitigen Stellungen lausenden Aisne/Marne-Kanal. Am rechten Gruppenflügel bei der 10. ReserveDivision konnte sich die Verteidigung mit Vorteil auf die hinter der vordersten Stellung ansteigenden Höhen 108, 91 (Mont Sapigneul) und 100 (Mont Spin) stützen. Die I. Stellung der 21. Infanterie-Division lag tiefer als die französische Linie, und die Führung der Verteidigung war durch den dicht hinter der vordersten Linie laufenden Kanal behindert. Rur der äußerste linke Flügel hatte das Dorf Loivre als Stützpunkt hinter sich, die übrige Front fand im Gelände — von einigen kleineren Waldstücken abgesehen —

erst am Damm der Eisenbahnstrecke Guignieourt—Reims einen Rückhalt. Sehr wertvoll war die Flankierung des Abschnitts vom Vrimont her. Gün-

stiger lagen die Kampfverhältnisse bei der 43. Reserve-Division, deren Stellungen in etwas größerem Abstand vor dem Kanal und mit dem Dorfe Courcy

hinter ihrer Mitte, südwestlich und südlich des sich mächtig aus seiner Umgebung heraushebenden Vrimont verliefen. Ihr linker Flügel lehnte sich an die hohen Wälle, die den Kanal südöstlich von Courcy zu beiden Seiten begleiten. Das rückwärtige Gelände der Gruppe Vrimont war wellig und

hügelig ohne schroffe Formen, wenig bedeckt und bot viele gute BeobachtungsPunkte. Taktische Wichtigkeit hatten die mit der vordersten Stellung fast gleichlaufenden, das Gelände zerteilenden Abschnitte der Suippes und des Retourne-Baches sowie die Aisne als Schutz der rechten Flanke. Alle diese Wasserläufe waren mit Zahlreichen Übergängen versehen, wie überhaupt ein gut ausgebautes Wegenetz die Verbindung zur Front und seitlich im Abschnitt erleichterte. Dem Angreifer bot das hinter seinen Linien ziemlich schroff ansteigende, die deutschen Stellungen einschließlich des Vrimont bis zu 100 und mehr Meter überhöhende Berggelände nordwestlich von Reims weiten Einblick in das deutsche Kampffeld. Gegen diesen Teil der deutschen Front waren am 16. April morgens die französische 40. Division des XXXI I. Korps und das VII. Korps mit der 37., 14. und 41. Division und der russischen 1. Brigade angelaufen. Weltkrieg. XII. Band.

21

322

is. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Zwischen der Aisne und dem Gehöft Le Godat am Kanal, ostwärts von

Cormicy, prallten die französische 40. und 37. Division auf die 10. ReserveDivision des Generalleutnants Dallmer. Ihm unterstellt, befand sich der größte Teil der Infanterie der 4. Infanterie-Division des Generalleutnants Freyer zur Ablösung bereits im Kampfraum, war teilweise sogar schon in vorderer Linie eingesetzt. In gemeinschaftlicher Abwehr wurde der Angriffsstoß noch innerhalb

der vordersten Stellung aufgefangen und der eingedrungene Feind in schnellen Gegenstößen und heftigen Nahkämpfen fast im ganzen Divisionsabschnitt in seine Ausgangsstellungen zurückgeworfen. Noch mehrfach im Laufe desTages stießen die Franzosen nach neuer Artillerievorbereitung zum Angriff vor; jedesmal wurden sie, wenn der Einbruch gelungen war, von den Hängen der Höhen 91 und 100 wieder hinuntergefegt. Nur am äußersten rechten Flügel konnten sie auf der Höhe 108 einen kleinen Vorteil festhalten. Am linken Flügel zwangen aber die Kampfereignisse bei der Nachbardivision, die Front später doch noch gegen die Höhe 100 etwas zurückzunehmen. Während das

heftige Artilleriefeuer bis tief in die Nacht hinein anhielt, hörten die Infanterieangriffe mit Eintritt der Dunkelheit auf. Die an Stelle der 4. Infanterie-Division der Gruppe Vrimont als Ein-

greif-Division zur Verfügung gestellte 54. Infanterie-Division war im Laufe des Tages näher an die Schlachtfront herangezogen worden. Sie stand mit ihrer Masse bei Vieux les Asfeld und Avaux und hatte einzelne Teile zur Flankensicherung in die Gegend von Guignicourt vorgeschoben. Ihr Ein-

greifen in die Schlacht war nicht notwendig geworden. Der Angriff der französischen 14. und 41. Division gegen die Front der 21. Infanterie-Division, die seit wenigen Tagen Generalmajor Graf von Moltke befehligte, zwischen Le Godat und Loivre einschließlich stieß zum Teil tief in die deutschen Linien hinein. Der frontale Anlauf wurde zwar fast auf der ganzen Linie noch innerhalb der I. Stellung aufgefangen, eine starke Angriffskolonne hatte aber dort, wo die französische Stellung den Kanal kreuzte, tiefer einbrechen können und war sofort ostwärts weiter durch¬ gestoßen. Den Widerstand der örtlichen Reserven in den Waldstücken zwischen dem Kanal und der Eisenbahnlinie nach Reims schnell über¬ wältigend, waren die Franzosen über die an der Bahnstrecke entlanglaufende

Zwischenstellung (Artillerie-Schutzstellung) bis in die deutschen Batteriestellungen gelangt. Dann erst wurde das weitere Vordringen des allmählich

immer schmaler gewordenen Angriffskeils durch das Feuer angehalten, das ihm aus rückwärtigen Maschinengewehren und Batterien mit zum Teil aus

den Deckungen gezogenen Geschützen im direkten Schuß wirkungsvoll in Front und Flanken schlug. Andere, den so erfolgreichen Sturmwellen unmittelbar

Der Ansturm gegen die 7. Armee, Gruppe Vrimont.

323

folgende französische Abteilungen hatten sich an der Einbruchsstelle südwärts gewendet und begannen die noch standhaltenden vorderen deutschen Linien zu beiden Seiten des Aisne/Marne-Kanals gegen Loivre hin aufzurollen.

Noch am Vormittag hatten die Franzosen Vermsricourt in Besitz genommen, am frühen Nachmittag fiel auch Loivre, von Norden umfaßt und zugleich von Süden erneut angegriffen, in ihre Hand. Weder der tapfere Widerstand der Stellungsbesatzung noch auch die Gegenstöße der Kampfreferven waren imstände gewesen, den Verlust des gesamten Geländes bis an die Reimser Eisenbahn zu verhindern. Letzte in den Kampf geworfene Reserven vermochten nur, weitere Vorstöße der Franzosen über Vermörieourt und Loivre

hinaus anzuhalten. Die lebhafte Kampstätigkeit setzte sich ohne Unterbrechung fort. Inzwischen hatte der Kommandierende General der Gruppe Vrimont, General Magnus von CberHardt, das Eingreifen der rückwärtigen Reserven auf deutscher Seite vorbereitet. Ihm war die hinter dem linken Gruppen-

flügel aufgestellte Garde-Ersatz-Division^) als Cingreis-Division so frühzeitig zum Einsatz freigegeben worden, daß er ihr schon gegen 10° vormittags, als sie im Waldgelände nordöstlich von St. Etienne an der Suippes marschbereit stand, den Vesehl geben konnte, sich zum Gegenangriff gegen den Nordwestlich des Vrimont eingebrochenen Feind bereitzustellen. Roch während des Vormarsches in die Gegend südöstlich von Aumsnancourt le Petit folgte auf Grund der inzwischen verschärften Lage der weitere Vefehl, zur Unterstützung der 21. Infanterie-Division den Angriff durchzuführen. Kurz nach 2° nachmittags war die Garde-Ersatz-Division unter Generalleutnant von Larisch entwickelt und trat zum Angriff an, um zunächst Vermsricourt und die ver¬

lorene Eisenbahnstellung wiederzunehmen. In breiter Front und in zahlreichen Angriffswellen hintereinander überschritt sie gegen 4° nachmittags die Straße Neufchatel—Reims. Nachdem zwei bereits in den Orainviller Wald vorgeschobene Bataillone von da aus gegen Vermsricourt vorgebrochen waren

und die Franzosen auf beiden Seiten der Bahnstrecke zurückgedrängt hatten, brachte die trotz feindlicher Feuerwirkung in mustergültiger Ordnung vorwärtsstrebende Angriffsfront der Garde-Ersatz-Division die Entscheidung. Von zwei Seiten gefaßt, mußten die Franzosen das ganze Gelände östlich der Eisenbahn und auch noch ein gutes Stück auf deren Westseite wieder

preisgeben. Mit zäher Hartnäckigkeit verteidigten sie aber, durch frische Kräfte verstärkt, das Dorf Vermsricourt. Erst in der Dunkelheit räumten sie die

letzten bis dahin noch gehaltenen Häuser, setzten sich aber hart südlich davon an der eingeschnittenen Eisenbahnstrecke wieder fest. In einer Linie, die am ') Ohne die vorherigen Abgaben an die Stellungsdivisionen noch sieben Vtle. und drei Bttrn. stark.

324

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

»«.Aprtl. Westrand der Waldstücke zwischen Eisenbahn und vorderster Stellung entlang auf Vermsricourt und von dort auf die Nordwestecke des VrimontWaldes zuführte, kam der Kampf allmählich zum Stehen. Die Gruppe Vrimont hatte unter dem Eindruck des erfolgreichen Vorgehens der Garde-Crsatz-Division an diese und die 21. Infanterie-Division

nochmals befohlen, den Angriff nach entsprechender Artillerievorbereitung bis zur Wiedernahme der vordersten Stellung weiter vorwärtszutragen. Die Durchführung scheiterte aber an der Erschöpfung der Truppe und an der

hereinbrechenden Dunkelheit. Wenn auch das letzte Ziel nicht erreicht war,

so hatte die Garde-Ersatz-Division den Durchbruchsstoß doch kräftig zurück¬ gewiesen und den Franzosen an 600 Gefangene sowie eine größere Zahl

schwerer und leichter Maschinengewehre abgenommen. Die Nacht blieb unruhig durch die nicht aufhörenden Handgranatenkämpfe der sich dicht gegen¬ überliegenden Linien und der beiderseits vorfühlenden Patrouillen. Die im Laufe des Schlachttages hinter den rechten Flügel der 21. Infan¬ terie-Division herangeführten Teile der 54. Infanterie-Division waren süd¬ lich der Suippes angehalten worden, da sich die Lage inzwischen bereits

gefestigt hatte. Der linke Flügel der Gruppe Vrimont, 43. Referve-Division unter Generalmajor von Runkel, wurde bis zum Aisne/Marne-Kanal von der

dem französischen VII. Korps zugeteilten russischen 1. Brigade (diese an¬ nähernd eine Division stark), zwischen dem Kanal und der Straße Reufchatel —Reims von Teilen der französischen 151. Division des XXXVIII. Korps angegriffen. Dem französischen Angriffsplan entsprechend, der hier am Dreh¬ punkt der Angriffsfront der 5. Armee keine weiten Ziele gesteckt hatte, waren die Russen und die 151. Division auf breiterer Front auseinandergezogen.

Ihr erster Sturmanlauf löste sich noch innerhalb der vordersten deutschen Linien in erbitterte Nahkämpfe auf. Unter Stößen und Gegenstößen wurde

dabei der deutsche rechte Divisionsflügel, gegen den sich auch ein starker Flankendruck von Loivre her fühlbar machte, allmählich hinter den Kanal zurück¬ gedrängt. Der nach dem Ausweichen der 21. Infanterie-Division zwischen dem Kanal und dem Vrimont zunächst ohne Anschluß freistehende Flügel mußte im Laufe des Nachmittags wiederholte, starke Angriffe aus Loivre und von Norden her an der Eisenbahn entlang abwehren. Dabei konnte der mehr¬ mals bis an den Westrand des Vrimont vordringende Gegner immer wieder

bis hinter die Eisenbahn zurückgeworfen werden. Zähes, wütendes Ringen entbrannte um die Dorftrümmer von Eourey, die nach wechfelvollen Kämpfen am Abend des Schlachttages den Russen überlassen werden mußten. Südöst¬ lich von Eourcy und beiderseits des Kanals brach sich die Kraft des feind¬

lichen Angriffs noch innerhalb der deutschen I. Stellung. Auch späterem

Der Ansturm gegen d. 7. Armee, Gruppe Brimont, u. d. rechten Flügel d. 3. Armee. 325

flankierenden Druck von Courcy her wurde nur wenig nachgegeben und bis zum Einbruch der Dunkelheit und damit Abflauen der Kämpfe noch ein be-

trächtliches Stück Gelände auf dem westlichen Kanalufer festgehalten. Der

Angreifer hatte sichtlich schwerste Verluste gehabt. Aus eigener Kraft, wenn auch unter empfindlichen Verlusten, hatte die

43. Reserve-Division den feindlichen Angriff zum Stehen gebracht. Als Unterstützung waren im Laufe des Tages Teile der 34. Infanterie-Division, die als Eingreif-Division hinter der Gruppe Reims der 3. Armee stand, von

letzterer nach Bourgogne in den Abschnitt der Gruppe Vrimont herüber¬ geschoben worden. Sie bildeten einen erwünschten Rückhalt für die erschöpften Regimenter der 43. Referve-Divifion.

Der Angriff der französischen 151. Division hatte auch den rechten Flügel der 19. Infanterie-Division des Generalmajors Walter von Hülsen von der Gruppe Reims der 3. Armee berührt. Der in geringer

Breite östlich der Straße Reufchötel—Reims erfolgende französische Cinbruch war ebenfalls noch innerhalb der I. Stellung aufgefangen worden. Trotz wiederholter Gegenstöße war es aber bis zum Dunkelwerden nicht gelangen, die Franzosen aus den genommenen Stellungsteilen restlos wieder

hinauszuwerfen. Am Abend erlosch die Kampftätigkeit auch hier. Rückwärtige Reserven waren nicht eingesetzt worden. Die Verbindung zur 43. ReserveDivision war jederzeit aufrechterhalten geblieben. Auf der übrigen Abwehrfront der 3. Armee bis östlich von Aubörive war

den ganzen Tag über ein heftiger Artilleriekampf geführt worden. Im Abschnitt der Gruppe Prosnes, insbesondere an ihrem linken Flügel gegen die

58. (sächsische) Infanterie-Division, hatte die französische Beschießung größte Stärke angenommen und bis über die Kammlinie der Höhenkette von Rauroy und Moronvilliers in das rückwärtige Gelände hineingegriffen.

c) Ergebnisse des ersten Schlachttages. Räch dem Abflauen der schweren Kämpfe des ersten Schlachttages konnte deutscherseits als ihr Endergebnis festgestellt werden, daß der erste französische Ansturm trotz Masseneinsatzes von Kräften und großer Energie des Stoßes nirgends entscheidende Erfolge errungen hatte. Die 7. Armee hatte sich in ihrer vordersten Stellung oder in Abriegelungen dicht dahinter behauptet. Wo die Franzosen tiefer eingebrochen waren, hatte der Einsatz der EingreisDivisionen sie angehalten und teilweise zurückgeworfen. Eine unmittelbare Durchbruchsgefahr lag an keiner Stelle vor. Hinter der angegriffenen Front

326

>7^April

Die Doppelschlacht an der Msne und in der Champagne.

^an^en noch fünf Eingreif-Divisionen, von denen erst geringe Teile eingesetzt waren, und als zweites Treffen vier weitere Divisionen verwendungsbereit

oder doch fast völlig versammelt. Dem Feinde waren sehr schwere blutige Verluste zugefügt und an Gefangenen, soweit zu übersehen, mehr als 2000 Mann abgenommen worden. Beim Oberkommando der 7. Armee wie

bei der Heeresgruppe festigte sich in der Nacht zum 17. April nach Eingang der letzten Meldungen von der Kampffront der Eindruck eines vollen Abwehr-

erfolges. Freilich waren auch die eigenen Verluste, zumal an den Stellen

tieferen französischen Einbruchs, recht erheblich. Der französische Heeresbericht meldete am folgenden Tage eine Beute von über 10 000 Gefangenen').

Z. Ausdehnung des Angriffs auf die l.und Z.Armee am 17. April. Beilagen 13 bis 17.

a) Absichten der Franzosen. Der 'Versuch, das ganze deutsche Stellungssystem in einem einzigen großen Gewaltsturm zu durchstoßen, war mißlungen. Der Angriffserfolg des

16. April war hinter den weitgesteckten Zielen so fehr zurückgeblieben, daß General Micheler, der ohnehin zu dem Nivelleschen Plan des raschen Gewaltstoßes kein volles Vertrauen gehabt hatte*), die Weiterführung der Offensivoperation auf eine ganz neue Grundlage stellte. Noch am 16. April abends hatte er seiner 6. und 5. Armee als nächste Aufgabe engbegrenzte

Angriffsziele gesteckt. Die 6. A r m e e sollte sich in ihrer Hauptstoßrichtung nach Norden darauf beschränken, den Höhenrücken des Chemin des Dames in seinem mittleren Teile durch Einnahme der am Nordabhang gelegenen Orte Ailles, Eerny und Eourteeon völlig in die Hand zu bekommen. Westlich davon hatte das VI. Korps den Höhenrücken zwischen Vraye und Ehavonne zu gewinnen und damit den Vorstoß über den Chemin des Dames-Rücken nach Westen zu decken, das I. Kolonialkorps erneut zu versuchen, auf der Hochfläche östlich von Laffaux und Vauxaillon vorwärtszukommen. Erst nach festem Halt auf dem Chemin des Dames-Rücken glaubte General Micheler den weiteren Angriff über den Ailette-Abschmtt führen zu können. Angriffsobjekte der 5. Armee waren zunächst nur Craonne und die

dahinterliegende Hochfläche des „Winterberges" für den linken Flügel (I. Korps), La Ville aux Vois für die Mitte (V. Korps), die Höhen östlich 1) Das franz. amtl. Werk gibt die Zahl der deutschen Gefangenen ebenso mit 10 500 Mann an, davon 3500 bei der franz. 0. und 7000 Mann bei der 5.Armee.

2) S. 173.

Ausdehnung des Angriffs auf die 1. und Z. Armee.

327

und südöstlich von Sapigneul für den rechten Flügel (XXXII. und VII. Korps); der Vorstoß dieser beiden Korps war zugleich als Vorbereitung

des späteren Angriffs auf den Vrimont gedacht. Die französische Heeresleitung konnte erst in der Nacht zum 17. April vollen Überblick über die Ergebnisse des ersten Schlachttages geWinnen. Angesichts des unerwartet hartnäckigen deutschen Widerstandes war auf rasches Vorwärtskommen insbesondere der 6. Armee kaum noch zu

rechnen. General Nivelle befahl deshalb der Heeresgruppe Durchbruch, unter Ausnutzung der besseren Erfolge der 5. Armee den Schwerpunkt des Angriffs zu dieser und die Stoßrichtung damit nach Nordosten zu verlegen. Die 6. Armee solle sich auf die Eroberung des Chemin des Dames-Rückens beschränken und damit das Vorgehen der 5. Armee decken. Diese Anweisung bedeutete eine völlige Änderung des ursprünglichen Offensivplanes. Auf Grund des etwa um 11° vormittags am 17. April erhaltenen Befehls gab General M i ch e l e r entsprechende neue Weisungen an seine Armeen.

Für die 6. Armee bedurfte es keiner wesentlichen Änderung der bereits gegebenen Anordnungen. Vei der 5. Armee, die durch das IX. Korps der 10. Armee verstärkt wurde, befahl General Mazel die Fortsetzung des An-

griffes auf der ganzen Front und mit besonderem Nachdruck in dem offenen Gelände zwischen Eorbeny und der Aisne. Eine gründliche Vorbereitung durch Artillerie sollte vorausgehen. Die 10. Armee wurde angewiesen, sich mit zwei Korps im ersten und einem Korps im zweiten Treffen zu schnellem Nachfolgen hinter der 5.Armee bereit zu halten. Von der 4. Armee war der Angriff des VIII. und XVII. Korps

aus der Front Prunav—Aubsrive gegen die Höhen südlich der Linie Beine—Nauroy—Moronvilliers auf den frühen Morgen des 17. April angesetzt. Er sollte östlich der Suippes von einem Vorstoß der 24. Division des XII. Korps begleitet werden.

b) Deutsche Abwehrmaßnahmen. Vei der bisher fast ausschließlich vom Angriff getroffenen 7. Armee hatte General von Voehn bereits am Morgen des 16.April in vor-

sorgender Weise, bald nachdem er den Einsatz der Eingreif-Divisionen frei¬ gegeben hatte, bei der Heeresgruppe beantragt, die Divisionen der Heeresreserve näher an das Schlachtfeld heranzuziehen. Mit Einverständnis der

Obersten Heeresleitung waren noch am Vormittage die entsprechenden Befehle ergangen. Die 44. Reserve-Division war auf Laon in Marsch gesetzt worden, die 2. Garde-Infanterie-Division hatte enger um Sissonne aufgeschlossen. Die 21. Reserve-Division, deren Antransport nach Mont-

328

z7^Apr»

Die Doppelschlacht an der Msne und in der Champagne.

ct)rne* gerade beendet war, wurde südwärts auf La Selve und Rizy le Comte (östlich von Sissonne) vorgezogen. Der 28. Referve-Division, die erst am Abend südöstlich von Montcornet zur Verwendung bereit sein konnte, wurde der Vormarsch in den Raum von Le Thour—Sövigny—Seraincourt (links neben die 21. Reserve-Division) für die Nacht zum 17. April befohlen. Damit waren schon während der Kämpfe des 16. April neue, schnell eingreifbereite Reserven hinter den am meisten bedrohten Frontstellen eingetroffen. Als am Abend dieses Kampftages die Lage und der Verbrauch der Cingreif-Divisionen klar zu übersehen war, erbat General von Voehn die

Verfügungsfreiheit auch über die genannten Heeresreserven als Ersatz für die in die Schlacht geworfenen Eingreif-Divifionen. Cr beabsichtigte, die 44. Referve-Division durch Laon hindurch mit ihren vordersten Teilen bis Ureel (am Gabelpunkt der Straße nach Laffaux und Vailly) vorzuziehen, um sie je nach Bedarf zur Unterstützung der Front Vauxaillon—Laffaux in der Westflanke der Armee oder zur Stärkung der Südfront der Gruppe Vailly im Abschnitt Chavonne—Brahe zu verwenden. Von der 2. Garde-Infanterie-Division hatte noch in der Nacht ein Regiment im Walde nordöstlich von Iuvineourt zur Abriegelung der Ostflanke der Gruppe Sissonne einzutreffen. Die 21. Reserve-Division wurde als Eingreif-Divifion hinter der 5. bayerischen Reserve-Division in Aussicht genommen und sollte in den Raum Prouvais—La Malmaison vorgezogen werden. Die 28. ReserveDivision, die nach dem ihr aufgegebenen Nachtmarsch erst am Nachmittage des 17. April wieder marschfähig sein würde, hatte sich dann ebenfalls als Cingreif-Division in der Gegend um La Selve zwischen die 2. Garde-Infanterie-Division und die 21. Reserve-Division in den Kampfabschnitt der

Gruppe Sissonne zu schieben. Nach Genehmigung seitens der Obersten Heeresleitung erklärte sich die Heeresgruppe mit den geplanten Bewegungen einverstanden, nicht ohne darauf hinzuweisen, daß es sich um die letzten vorläufig verfügbaren Reserven hinter der 7. Armee handele. Erst am 18. April war mit dem Eintreffen der ersten Teile der in Aussicht gestellten 33. ReserveDivision bei Marke zu rechnen. Unterdessen war zwischen der 7. und 3. Armee aus Abgaben beider die I.Armee gebildet worden. Am 16. April um 2° nachmittags hatte General der Infanterie FritzvonBelow mit Major von Klüber als General-

stabschef den Befehl über die Abschnitte der Gruppen Brimont (bisher 7. Armee), Reims und Prosnes (bisher 3. Armee) übernommen. Am späten Abend war auch bereits das Generalkommando des Gardekorps, General der Infanterie von Quast, für die auf dem rechten Flügel der Armee neu zu bildende Gruppe Aisne in Tätigkeit getreten. Ihm war aber unter vor-

Ausdehnung des Angriffs auf die 1. und 3. Armee. Deutsche Abwehrmaßnahmen.

329

läufiger Velassung bei der 7. Armee zunächst nur der Abschnitt der 5. baye-

rischen Reserve-Division (bisher Gruppe Sissonne) übergeben worden, während die 10. Reserve-Division einstweilen noch bei der Gruppe Vrimont blieb, um den Zusammenhang des Schlachtablaufs innerhalb dieser nicht zu

zerreißen. Der französische Angriff gegen die Gruppen Reims und Prosnes der neugebildeten I.Armee und gegen den jetzt bei AubZrive an der Suippes anschließenden rechten Flügel der 3. A r m e e stand nach einer Gefangenen-

aussage für den frühen Morgen des 17. April bevor. Als Rückhalt für diesen Frontabschnitt waren von den im Aisne-Tal östlich von Rethel in der Aus-

ladung begriffenen beiden Divisionen der Heeresreserve die bereits verfügbaren Teile der Feldartillerie der 5. Infanterie-Division noch am 16. April

bis nach Iuniville herangezogen worden, die der 6.Infanterie-Division folgten bis zum Morgen des 17. April nach Machault. In seinem Abendbefehl an die 7., 1. und Z.Armee betonte KrönPrinz Wilhelm im Hinblick auf die mit Sicherheit zu erwartenden

weiteren Angriffe frischer französischer Kräfte die dringende Notwendigkeit, die im Kampf und durch den Einschub von Eingreiskräften durcheinandergemischten Truppenverbände schnellstens zu ordnen und straffe, klare Befehlsverhältnisie, zumal an den Einbruchsstellen, zu schaffen. Die Artillerie der Zeeresreserve-Divisionen gab er allgemein zur Vereitstellung hinter den be-

sonders bedrohten Frontteilen den Armeen frei. Die Aufgaben für die Abwehrfront lagen im ganzen fest. Es kam vor

allem darauf an, daß die sichere Führung des Abwehrkampfes überall durch klare Gliederung in den Kampfstreifen der Divisionen gewährleistet war und

daß die schwachen Frontstellen durch hinter ihnen aufgestellte, eingreifbereite Kräfte so gut wie möglich gesichert wurden. In diesem Sinne hatte der Armeebefehl des Generals von Boehn am 16. April abends den Gruppen der 7. A r m e e ihre Einzelausgaben gestellt.

Die schwierige Lage, in der die Gruppe Vailly sich durch den Zangenangriff gegen die Flanken ihrer Winkelstellung befand, forderte eine Entscheidung. Die Ober st e Heeresleitung war sich von vornherein darüber klar

gewesen, daß diese vorgebogene Stellung ihre Gefahren in sich trug. Sie sah als wesentlich an, daß die Ehemin des Dames-Stellung gehalten wurde. So wurde nach Ferngesprächen zwischen der Obersten Heeresleitung, der Heeresgruppe und der 7. Armee entschieden, daß die Ecke von Conds rechtzeitig aufgegeben, aber nur langsam dem feindlichen Druck entsprechend geräumt werden sollte. Die Aufgabe der vordersten Ecke bis zu einer Riegelstellung zwischen

330

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

,7. April. Ranteuil (südöstlich von Laffaux) und Vailly unter Zurücklasiung schwacher

Sicherungen befahl der Kommandierende General der GruppeVailly, General¬ leutnant Kühne, bereits für die Nacht zum 17. April. Die entscheidende hartnäckige Verteidigung lag von jetzt ab auf dem Chemin des DamesRücken von Laffaux über Cerny bis Craonne. In diesem Sinne war der

Anschlußflügel zur Gruppe Liesse noch in der Nacht durch Besetzung der Chemin des Dames-Stellung im Abschnitt der 183. Infanterie-Division mit verfügbaren Bataillonen der 45.Reserve-Division gestützt worden. Die Gruppe Liesse hatte die Aufgabe, mit den ihr bereits zugewiesenen Kräften, 20. und zwei Drittel der 1. Garde-Infanterie-Division, ihre Stellung auf dem Chemin des Dames-Rücken und die Anschlüsse innerhalb der Gruppenfront und zu denRachbargruppen festzuhalten oder wiederzugewinnen. Ein Drittel der 1. Garde-Division blieb als Armeereserve bei Aubigny, hinter dem Ostflügel. Die Gruppe Sissonne mußte ihre Stellung von Craonne bis einschließlich La Ville aux Bois festhalten und am linken Flügel mit mög¬

lichst starken Kräften die Flanke zur Gruppe Aisne sichern. Diese Gruppe erhielt noch von der 7. Armee den Auftrag, die ehemalige Artillerie-Schutzstellung zwischen dem Miette-Bach und der Aisne wieder fest in die Hand zu nehmen. Ihr wurde die 21. Reserve-Division unterstellt, die inzwischen

Befehl erhalten hatte, auf Amifontaine und Prouvais vorzumarschieren. Bei der 1. Armee ergab sich die Kampfaufgabe für die Gruppe Vrimont ohne weiteres aus der Endlage des ersten Schlachttages. Der Gruppe standen neben fünf Divisionen in der Front als Eingreif-Kräfte zur Ver¬ fügung: die 54.Infanterie-Division, von der zwei Drittel bis dicht hinter den rechten Flügel vorgezogen waren, und ein Drittel der 34. InfanterieDivision östlich des Vrimont. Die Gruppen Reims und Prosnes, ebenso der rechte Flügel der 3. A r m e e (30. Infanterie-Division unter dem Ge¬

neralkommando des XII. ^sächsischen^ Armeekorps als Gruppe Py) standen in Erwartung des französischen Angriffs auch gegen ihre Front. Die Eingreifkräfte waren so verteilt, daß je ein Drittel der 34. Infanterie-Division hinter den Flügeln der Gruppe Reims bei Voult und Warmeriville auf dem südlichen Suippes-Ufer stand. Hinter der Gruppe Prosnes war die 32. (sächfische) Infanterie-Division ohne die vorgeschobenen Bataillone bis zum 17. April morgens bei Pont Faverger und Bstheniville versammelt. Die 23. (sächsische) Infanterie-Division war vom frühesten Morgen ab gefechts¬ bereit im Waldgelände südlich von Eauroy hinter dem äußersten rechten Flügel der 3. Armee; ein Regiment dieser Division und ihre gesamte Feldartillerie waren bis an die von der Suippes gebildete Grenze zwischen 1. und 3. Armee in die Gegend von St. Hilaire le Petit vorgezogen.

Ausdehnung des Angriffs auf die 1. und 3. Armee.

331

c) Fortgang der Kämpfe bei der 7. Armee. Beilagen 13, 15, 16.

Der zweite Schlachttag brachte an der Abwehrfront der 7.Armee keine

zusammenhängenden Kampfhandlungen größeren Ausmaßes, wohl aber fast überall Teilkämpfe meist sehr heftiger Art. Eine ungewöhnlich finstere Nacht hatte die völlige Klärung der Lage an der vordersten Front für beide Gegner sehr erschwert. Infolgedessen war auch das seiner Ziele unsichere Artillerieseuer auf die Kampflinien der Infanterie am Vormittag nur mäßig stark. Gegen die Westflanke der Armee erneuerte das französische I. Kolonial-

korps seine Angriffe zunächst nicht wieder. Es herrschte hier im allgemeinen Kampfruhe, von örtlichen Nahkämpfen abgesehen, bei denen die 211. Infan¬ terie-Division derGruppeVailly einen Teil ihrer von den Franzosen

noch gehaltenen vordersten Linie bei Vauxaillon zurückgewann. Vor der Front von Chavonne bis östlich von Cerny, und damit schon auf dieGruppeLieffe übergreifend, wurde es von Mittag ab lebhafter, und

das französische Artilleriefeuer auf die Kampfstellungen der 183. Infanterieund 16. Referve-Division nahm bald große Heftigkeit an. Gegen 4° nachmittags brach bei und westlich von Cerny ein Angriff vor. Der in dichten

Wellen vorgetragene Stoß der französischen 153. Division (XX. Korps) wurde blutig abgewiesen. Nach weiterer heftiger Beschießung der gesamten Kampflinien von Chavonne über Vraye bis einschließlich Cerny folgte um 9° abends ein zweiter starker Angriff, der sich diesmal gegen die ganze Front der beiden genannten Divisionen und den linken Flügel der 25. Landwehr-

Division richtete. Erbitterte Nahkämpfe entbrannten allenthalben. Die 25. Landwehr-Divifion verlor Chavonne, die 183. Infanterie-Division wurde zwischen Cour de Soupir und Vraye bis in die Riegelstellung südlich von Ostel zurückgedrückt und mußte die den Talgrund von Les Grölines be-

herrschende Vergnase östlich von Vraye dem Feinde überlassen. Den fortgesetzten Anstrengungen der Franzosen gelang es schließlich, gegen Mitternacht auch die Riegelstellung von Ostel zu durchstoßen und Vraye zu nehmen. Der zähe Widerstand der Division an anderen Stellen, die inzwischen ein-

getretene nächtliche Dunkelheit und die Angeklärtheit der Kampflage im einzelnen verhinderten es, daß der Feind noch weiter vorwärtsdrang. Die 16. Reserve-Division hatte ihre Stellungen halten können. Östlich von Cerny hatte sie in örtlichen Gegenstößen ihre Kampflinie sogar wieder etwas vor¬ geschoben. Die noch zurückgehaltenen Teile der 2V. Infanterie-Division

hatten nicht einzugreifen brauchen.

332

,7. Apm.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Die Erfolge des Gegners machten es nötig, die Räumung der gesamten Winkelstellung der Gruppe Vailly noch in der Nacht zum 18. zu befehlen. Die drei Divisionen der Südfront, 222. Infanterie-, 25. Landwehr-, 183. In-

fanterie-Division, hatten ihre Hauptverteidigungslinie sogleich in die Chemin des Dames-Stellung von der Mennejean-Ferme östlich von Laffaux über Fort Malmaison—Royöre-Ferme—Froidmont bis zum Anschluß an die 16. Reserve-Division südlich von Courteeon zurückzuverlegen. Die Räumungsbewegung sollte am rechten Flügel und in der Mitte planmäßig und unter Zurücklasiung starker Verschleierungs- und Sicherungsabteilungen ge¬ schehen, bei der 183. Infanterie-Divifion so, wie es die Kampflage zuließ unter Ausnutzung jeder Gelegenheit, das Nachfolgen des Feindes zu ver-

langfamen. Im Abschnitt dieser Division hielten Teile der 45.ReserveDivision die Chemin des Dames-Stellung bereits besetzt. Auf erneuten drin¬

genden Antrag bei der Obersten .Heeresleitung hatte der Gruppe Vailly auch die 44. Reserve-Division als Cingreif-Division zur Verfügung gestellt werden können. Teile dieser Division wurden noch in der Nacht bis in die Chemin des Dames-Stellung der 25.Landwehr-Division südlich von Filain vor¬ gezogen, der Rest erhielt Befehl, sich am frühen Morgen des 18. am Ailette-

Abschnitt eingreifbereit aufzustellen. An der weiteren Abwehrfront der Gruppe Lieste war kein einheitlicher

Angriff der Franzosen erfolgt. Dagegen hatte sich die 19. Reserve-Division in örtlichen Nahkämpfen südwestlich von Ailles wieder auf den Rand der Hochfläche hinaufarbeiten können. Der auf den Morgen des 17. April ver¬ schobene Gegenangriff von Teilen der 1. Garde-Infanterie-Division zur Wiedergewinnung der Höhenlinie auch südöstlich von Ailles hatte in der

Richtung auf die Hurtebise-Ferme einige Fortschritte gebracht, die trotz wiederholter französischer Gegenstöße behauptet werden konnten. Räch links zur 5. Garde-Infanterie-Division fehlte noch der unmittelbare Anschluß. In deren Abschnitt war die Kampflage trotz heftiger Handgranatenkämpfe, besonders bei der Mühle von Vauelere, den Tag über im wesentlichen unver¬

ändert geblieben. Erst am späten Nachmittage setzten dieFranzosen (I.Korps) nach heftigem Artilleriefeuer mit starken Massen zum Angriff gegen Craonne und die beiderseits anschließenden Stellungen der 5.Garde-Infanterie- und der Bayerischen Crsatz-Division an. Der Angriff, der damit auch auf die

Gruppe Siffonne übergriff, wurde im ganzen sehr blutig abgeschlagen, doch konnten die Franzosen sich im Südteil von Craonne festsetzen. Ihre bis in die Nacht hinein wiederholten Anstrengungen, weiter vorwärts und damit auf

die Hochfläche des Winterberges zu gelangen, führten nicht zum Ziel; die

deutsche Linie hielt stand.

Forlgang der Kämpfe bei der 7. Armee.

333

Die 16. und 19. Reserve-Division hatten in den aufreibenden, Verlustreichen Kämpfen an ihrer Gefechtskraft merkliche Einbuße erlitten. Der Kommandierende General, General von Liebert, befahl deshalb den Einsatz eines frischen Regiments der 20.Infanterie-Division am rechten Flügel der 16. Reserve-Division. Für die 19. Referve-Divifion wurde ihm das bisher als Armeereserve noch zurückgehaltene Regiment der 1. Garde-Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Damit begannen 29. und 1. Garde-InfanterieDivision die beiden erschöpften Frontdivisionen abzulösen.

Bei der Gruppe Sissonne vermochte die Bayerische ErsatzDivision sich aller französischen Vorstöße zu erwehren. Die 9. bayerische Reserve-Division hatte gehofft, am Morgen des 17. April das Gelände südlich von Juvineourt bis an den Miette-Vach durch Angriff der inzwischen wieder geordneten 213. Infanterie-Division vom Feinde säubern zu können und so der von Umklammerung bedrohten Besatzung von La Ville aux Bois Halt zu geben. Unter der Wirkung des sehr heftigen französischen Artillerieund Maschinengewehrfeuers, das den ersten Angriffswellen der Division

sogleich entgegenschlug, blieb aber der Anlauf in seinen Anfängen stecken. Auch ein nach ausgiebigerer Artillerievorbereitung am Nachmittage wiederHolter Versuch führte nur zu geringem Gelündegewinn. Inzwischen hatte General von Voehn angesichts der äußerst bedrohlichen Lage der bei La Ville aux Vois noch standhaft aushaltenden Teile

der 9. bayerischen Reserve-Division die Räumung dieses vorspringenden Stellungsteiles genehmigt und befohlen, daß die Verteidigung der Gruppe Sissonne in die Linie Chevreux—Juvineourt zurückgenommen werden sollte. General von Höhn wollte unter dem Schutz der Dunkelheit zuerst die Infanterie der 213. Infanterie-Divifion zurückführen und die neue Front ord-

nungsmäßig besetzen lassen, danach sollten die Kampftruppen der 9. bayerischen Reserve-Division durch sie hindurchgezogen werden. Aber noch ehe diese Bewegungen angetreten waren, stieß die frisch eingesetzte französische 125. Division (V. Korps) vom Miette-Vach her mit starken Kräften nördlich der Straße Berry au Vae—Corbeny vor und gelangte bis etwa an den Weg Iuvincourt—La Ville aux Vois vorwärts. Den tapferen, nunmehr fast völlig eingekreisten Verteidigern bei La Ville aux Vois konnte nur

noch durch Lichtspruch der Vefehl übermittelt werden, sich rückwärts durchzuschlagen. Teilen gelang die Ausführung, andere fielen in französische Gefangenschast. Die Zurücknahme der 213. Infanterie-Division und der übrigen Teile der 9. bayerischen Reserve-Division vollzog sich nach Abflauen der Kämpfe glatt. Beim Morgengrauen des 18. April stand die neue Kampffront im Anschluß an die Bayerische Crsatz-Division fest.

334

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

6) Die Kämpfe bei der 1. und 3. Armee. Beilagen 13, 16, 17.

17, Aprti.

Vor dem rechten Flügel der 1. Armee, den Gruppen Aisne und

Vrimont, hatte sich die Vereitstellung der Franzosen zum Angriff nach den Kämpfen des Vortages und infolge der auch am 17. April anhaltenden

schlechten Wittemng sehr verzögert. Auch sah General Mazel die Artillerie¬ vorbereitung noch als nicht genügend an. Der neue Großangriff des V., XXXII. und VII. Korps zu beiden Seiten der Aisne wurde deshalb für den 17. April aufgegeben. Cs kam an diesem Tage nur zu örtlich begrenzten und nur zum Teil mit stärkeren Kräften ausgeführten Teilvorstößen, insbesondere in der Gegend von Courcy südlich des Vrimont, wo die deutsche Stellung vorwärts des Aisne/Marne-Kanals zum Angriff lockte. Bleibenden Er¬

folg hatten die Vorstöße nirgends. Ihrerseits angriffsweise vorzugehen, um das tags zuvor verlorene Gelände wiederzunehmen, waren die deutschen Divisionen nach den aufreibenden Kämpfen des 16. April nicht imstande.

Wohl aber gab das unerwartete Ausbleiben großer französischer Angriffe beiden Gruppen die erwünschte Zeit, Verbände und Vesehlsverhältnisse zu ordnen und die Tiefengliederung wiederherzustellen. General vonVelow, dem vom 17. April ab auch die Gruppe Aisne unterstand, war nicht ge-

willt, sich mit dem tiefen, wenn auch schmalen Einbruch der Franzosen zwischen Miette-Vach und Aisne abzufinden. Die Gefahr eines Abbröckelns nicht nur des zunächst noch bei La Ville aux Vois haltenden Ostflügels der Gruppe Sissonne, sondern auch des Nordflügels der Gruppe Vrimont an der Aisne verlangte baldigen Gegenangriff. Die dafür in Frage kommende 21. Reserve-Division der Gruppe Aisne war aber nach beschwerlichem Nachtmarsch mit dem größten Teil der Infanterie erst am Nachmittag in der Gegend von Amifontaine versammelt, während der vereinzelte Angriff der

213. Infanterie-Division auf dem westlichen Miette-Afer inzwischen liegen¬ geblieben war. Mit der dann für die Gruppe Sissonne befohlenen Zurücknähme der Front in die Linie Chevreux—Iuvincourt war aber die Lage völlig verändert. Statt des gemeinsamen Angriffs auf beiden Miette-Ufern konnte nur ein Gegenangriff der 21. Reserve-Division zur Sicherung und Ver¬ besserung der eigenen Kampfbedingungen, und zwar erst für den Nachmittag des 18. April, festgesetzt werden. Unterdessen wurden die am linken Flügel der Gruppe Vrimont von der

43. Reserve-Division bisher standhaft verteidigten Stellungsteile westlich des Aisne/Marne-Kanals nach Einbruch der Dunkelheit befehlsmäßig geräumt, da sie für die allgemeine Verteidigung nutzlos geworden waren, der Besatzung

Die Kämpfe bei der 1. Armee, Gruppe Prosnes.

335

aber ein ähnliches Geschick bringen konnten, wie den tapferen Verteidigern von La Ville aux Bois.

Im Abschnitt der Gruppe Reims wurde, von Kleinkämpfen am

äußersten rechten Flügel abgesehen, nur ein Artilleriekampf wechselnder Stärke geführt. Für die Gruppe Prosnes — Generalkommando XIV.Armeekorps unter Generalleutnant Chales de Veaulieu — wurde der 17. April zum

Großkampftag. Die Gruppe stand mit vier Divisionen, 14. Reserve-, 29., 214. und 58. (sächsischer) Infanterie-Division, in der Front und 32. (säch-

sischer) Infanterie-Division als Cingreif-Division dahinter verteilt, in reichlich 20 Kilometer Breite auf den vielfach bewaldeten, zur Vesle abfallenden Hängen in günstiger Stellung. Der rechte Flügel war durch das von der

Gruppe Reims verteidigte, bewaldete und mit französischen permanenten Vorkriegs-Vesestigungen versehene Bergmassiv von Verru gedeckt, der linke lehnte sich bei Aubsrive an den von der Suippes gebildeten Abschnitt. Etwa zwei bis drei Kilometer hinter der Mitte der Front (östliche Hälfte der 29. und ganze Breite der 214. Infanterie-Division) zog sich fast gleichlaufend mit der vorderen Stellung eine zusammenhängende Kette von ausgeprägten

Höhenkuppen hin, über die eine Zwischenstellung („R1-Stellung") lief. Diese Höhenkette von etwa sieben Kilometer Längenausdehnung, Cornillet—Lug ins Land—Hochberg—Bärenburg—Keilberg—Pöhlberg, bildete das Rück-

grat der Verteidigung. Im östlichen Divisionsabschnitt (58. sächsisches Infanterie-Division) stieg etwa einen Kilometer hinter der vordersten Linie der Fichtelberg aus dem welligen Gelände zu größerer Höhe an. Er war als

Stützpunkt ausgebaut. Der rückwärtige Teil des Kampffeldes der Gruppe war bis zur Suippes hin vielfach bewaldet und mit einzelnen verstreuten

Anhöhen besetzt. Das Gelände bot hier sowohl gute Artilleriestellungen wie

günstige Anmarschwege und Aufstellungsplätze für Reserven. Des nahe bevorstehenden französischen Angriffs gewärtig, waren alle Divisionen von 4° morgens ab gefechtsbereit, auch hinter dem rechten Flügel der 3. Armee die 23. (sächsische) Insanterie-Division auf dem östlichen

Suippes-Ufer, die inzwischen Hand auf die Flußübergänge gelegt und ihre gesamte Feldartillerie südöstlich von St. Hilaire le Petit (an der Suippes) in Lauerstellungen gebracht hatte. Von den frühesten Morgenstunden ab lag wieder stärkstes Artillerie- und

Minenfeuer auf der I. Stellung, hinübergreifend auch auf die 30. InfanterieDivision der 3. Armee östlich der Suippes. Nach rückwärts reichte es in voller Heftigkeit bis auf die Höhenkette vom Cornillet bis zum Pöhlberg füd-

336 17. April,

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

östlich von Moronvilliers. Ohne vorher merkbare Feuersteigerung setzte dann

zwischen 6° und 7° morgens derfranzösischeInfanterieangriff ein. Die deutsche Front vom linken Flügel der 14. Neserve-Division bis ein¬ schließlich der 30. Infanterie-Division wurde von starken, dichten Angriffswel¬

len berannt. Heftiges Schneegestöber hatte vielfach die der Vernichtung durch Feuer entgangenen Beobachtungsstellen, Nahkampfgeschütze und Maschinengewöhntester ebenso wie die Lichtverbindung nach rückwärts außer Wirkung gesetzt, so daß das deutsche Sperrfeuer nicht rechtzeitig ausgelöst wurde und das Nachfluten der hinteren Sturmwellen nicht aufhalten konnte. Dadurch gelangten die Franzosen an manchen Stellen zu einem größeren Erfolg. Der Angriff des französischen VIII. Korps hatte mit der 16. Division die inneren Flügel der 14. Neserve-Division des Generalleutnants Loeb und der 29. Infanterie-Division des Generalmajors von der Heyde, mit der 34. Di¬

vision die übrige Front der 29. Infanterie-Division und den rechten Flügel der 214. Infanterie-Division des Generalmajors von Brauchitsch getroffen. Der Stoß wurde westlich der Straße Nauroy—Thuizy noch vor dem „Hauptriegel", dem in größerem Abstand von den vorderen Linien gezogenen dritten

Kampfgraben, aufgefangen. Östlich der genannten Straße aber ging nach heftigen Nahkämpfen gegen den in überlegener Stärke aufs schärfste vorwärts drängenden Feind die ganze vordere Stellung verloren. Schon am Vormittage erreichten die Franzosen den Cornillet und Lug ins Land, deren Sicherheit?besatzungen, ebenso wie die der Verteidigungsanlagen im Zwischengelände,

durch die vorangegangene Beschießung fast völlig außer Gefecht gesetzt worden waren. Vom Cornillet warf sie ein Gegenstoß sofort wieder hinunter, den Lug ins Land konnten sie behaupten und versuchten nun, sich von hier aus nach beiden Seiten zum Cornillet und zum Hochberg auszubreiten. Diese Ver¬ suche wurden in kräftigen Gegenstößen gerade eintreffender Reserven blutig abgewiesen. Gegen Mittag hielt die deutsche Front den Südgraben am Cor¬ nillet, die Verbindungslinie und den Nordgraben am Lug ins Land und wiederum den Südgraben am Hochberg fest. Auf der weiteren Front der

214. Infanterie-Division waren die Kämpfe ähnlich verlaufen. Die hier angreifenden französischen Divisionen (45. und 33. vom XVII. Korps) hatten gleichfalls unter schweren Kämpfen den hartnäckigen Widerstand in der vor¬

dersten Stellung und im Hauptriegel gebrochen. An die Höhenlinie Höch¬ berg—Pöhlberg waren sie aber nicht herangekommen, da auf deren Südhängen in Blockhäusern, Maschinengewehrstützpunkten und einzelnen Graben¬

stücken erfolgreich Widerstand geleistet wurde. Die Front der 58. (sächsischen) Infanterie-Division unter Generalmajor von der Decken war nur in ihrer westlichen Hälfte von der marokkanischen

337

Die Kämpfe bei der 1. Armee, Gruppe Prosnes.

Division (XVII. Korps) angegriffen worden. Dabei hatte der gegen die deutschen Stellungen südlich des Fichtelberges gerichtete Stoß einen überraschend schnellen und weitreichenden Erfolg gehabt. In einem Anlauf war der Feind, von keinem Abwehrfeuer gehindert, durch die gesamten Linien der vordersten Stellung bis auf die beherrschende Höhe des Fichtelberges vorgedrungen. Dort erst machte sich Widerstand bemerkbar, der aber vergeblich dem gegnerischen Ansturm Halt zu gebieten versuchte. Erst etwa halbwegs zwischen dem Fichtelberg und der vom Pöhlberg ostwärts sich fortsetzenden rückwärtigen Stellung kam der in breiter Front nachdrängende Feind zum Stehen. Noch weiter nach Osten hin war sein Vorstoß vor einer Widerstandslinie liegengeblieben, die sich in Anlehnung an Waldstücke

(Mittelwald) und Verbindungsgräben gebildet hatte und standhielt. Die vordersten Vatteriestellungen waren in Feindeshand gefallen. Der linke Flügel der 58. Infanterie-Division war nicht ernstlich angegriffen worden. Dagegen hatte die 30. Infanterie-Division des Generalleutnants von Gontard östlich der Suippes den Angriff der französischen 24. Division des XII. Korps abzuwehren gehabt. Dabei war der äußerste rechte Flügel unmittelbar am Fluß in etwa ein Kilometer Breite aus dem Ostteil von Aubörive und den

vordersten Kampfgräben heraus in einen rückwärtigen Riegelgraben gedrängt worden. Auf der übrigen Front hatte die 30. Division den Feind, wo er eingedrungen war, in Gegenstößen bald wieder hinausgeworfen.

Der Kommandierende General der Gruppe Prosnes, Generalleutnant de Veaulieu, hatte etwa um 9° vormittags Meldungen von der Kampfläge an seiner Gruppenfront und daraus ein Bild von dem bedenklich tiefen,

noch nicht aufgehaltenen feindlichen Einbruch am Fichtelberge erhalten, während auf der ganzen übrigen Front in den Linien der I. Stellung noch ohne Entscheidung gerungen wurde. Cr überwies das bei Vstheniville bereit¬ gestellte Cingreif-Regiment der 32. (sächsischen) Infanterie-Division der 58. Division und befahl ihr, den Fichtelberg wiederzunehmen. Als dann einige Stunden später die Meldungen von der Front, über die tatsächlichen

Geschehnisse hinausgehend, den Eindruck erweckten, daß die entscheidende Höhenkette in ihrer ganzen Breite bedroht, ja zum größten Teile schon vom Feinde genommen sei, setzte General von Veaulieu die übrigen Teile der 32. Division über Pont Faverger in der Richtung auf Moronvilliers zur 214. Infanterie-Division in Marsch. Gleichzeitig beantragte er bei der Armee die Vereitstellung der 23. (sächsischen) Infanterie-Division auf dem östlichen Suippes-User südlich von Vstheniville zum Gegenangriff in südwestlicher Richtung über den Fluß und regte an, die anrollende 5. Infanterie-Division Weltkrieg. XII. Band.

22

338

17. AP»»,

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

so schnell wie möglich gegen den Suippes-Abschnitt heranzuführen. Nach

Zustimmung der Heeresgruppe wurde alsbald entsprechend befohlen. Auch die im Antransport befindliche 6. Infanteriedivision wurde unter Übertritt von der 3. zur 1. Armee nach Iuniville vorgezogen. Beide Divisionen blieben Heeresreserve, sollten aber Teile bis an die Suippes zwischen Gelles und Vstheniville vorschieben und das Angriffsgelände südlich davon erkunden; sie wurden am Nachmittag der 1. Armee zur Verfügung gestellt.

Inzwischen hatten sich die schweren und blutigen Kämpfe auf der ganzen Gruppenfront in den Nachmittag hinein fortgesetzt, ohne daß die Lage eine grundlegende Änderung erfahren hätte. Zwischen 2°und 3° nachmittags waren die den Frontdivisionen überwiesenen Teile der 32. Insanterie-Divifion hinter der 214. Infanterie-Divifion an der II. Stellung nördlich von Moronvilliers, hinter der 58. Infanterie-Divifion in Höhe der Straße von

Moronvilliers nach St. Martin angelangt. Beim Feinde beobachtete Bewegungen ließen darauf schließen, daß er sich zu einem neuen starken Angriff in breiter Front gegen die Höhenkette vorbereitete. Auf die Meldung hiervon entschloß sich General von Velow, dem jetzt offenbar drohenden

Durchbruch bei der Gruppe Prosnes durch „einheitlichen Gegenangriff von Front und beiden Flanken her" zu begegnen. Cr befahl dazu gegen 4° nach¬ mittags, daß sich bereitstellen sollten: Ein Drittel der 34. Infanterie-Divifion der Gruppe Reims und ein noch nicht in den Kamps an der Front verwickeltes Drittel der 32. Infanterie-Divifion um Cpoye in der Westflanke der Gruppe Prosnes, die 5. und 6. Infanterie-Divifion nebeneinander nördlich des Suippes-Abschnitts von St. Masmes bis Vstheniville der vermuteten

Durchbruchsstelle frontal gegenüber und schließlich die 23. Infanterie-Divifion auf dem östlichen Suippes-Ufer dort, wo sie zur Zeit stand, mit der

Front nach Westen. Der erwartete große Angriff kam nicht, wohl aber setzten sich die örtlichen Teilkämpfe, von den Franzosen mit frischen Kräften wieder aufgenommen, fast ohne Pause fort. Nur an der Front der 14. Reserve- und der 29. In¬ fanterie-Divifion trat am späteren Nachmittag merkliche Kampfruhe ein; das

französische VIII. Korps hatte seine Angriffe eingestellt, nachdem alle Versuche der 34. Division, am Cornillet und Lug ins Land weiter vorwärtszu¬

kommen, gescheitert waren. Auf der übrigen Front der 214. Infanterie-Divifion hatte sich die deutsche Kampffront vorwärts der Höhenstellung halten können. Die Stellungstruppe war aber jetzt am Ende ihrer Kräfte. Die zur

Unterstützung vorgeschickten Teile der 32. Infanterie-Divifion waren zur unmittelbaren Sicherung der Höhenstellung selbst dort verblieben. Der von der S8. Infanterie-Divifion zur Wiedernahme des Fichtelberges angesetzte Gegenangriff war nach dreistündiger Artillerievorbereitung von Norden her

Die Kämpfe der 1. Armee, Gruppe Prosnes, und am rechten Flügel der 3. Armee.

339

planmäßig begonnen worden und etwa 1000 Meter über den Weg Moronvilliers—St. Martin hinausgekommen, bis er im feindlichen Abwehrfeuer

liegenblieb, zumal da der von Osten angesetzte, gleichzeitige Angriff sich verspätet hatte; er mußte angesichts der inzwischen eingetretenen Dunkelheit schließlich unterbleiben. Immerhin war die weit klaffende Lücke zwischen dem linken Flügel der 214. Infanterie-Division am Südhang des Pöhlberges und dem nach Nordosten zurückgedrängten rechten Flügel der S8. Infanterie-

Division teilweise wieder geschloffen, zwei stehengebliebene deutsche schwere Batterien waren zurückgewonnen worden. Die 58. Division wollte den be-

gonnenen Gegenangriff am folgenden Morgen weiter durchführen. Das gegen Osten nur noch durch die Suippes geschützte Aubörive mit den westlich

anschließenden Grabenlinien hielt sie fest. Der 30. Infanterie-Division der 3. A r m e e war es bis zum Abend

nicht gelungen, die östlich der Suippes in ihre vordersten Kampfgräben eingebrochenen Franzosen wieder zu vertreiben. Die Lage hatte sich nicht verändert.

Nach Abschluß der Kämpfe des Tages stand fest, daß die Franzosen auch gegen die Gruppe Prosnes und die rechte Flügel-Division der 3. Armee ihr Angriffsziel nicht erreicht hatten. Sie mußten sich mit dem Gewinn des Vorgeländes der erstrebten Höhenkette und dem begrenzten Einbruch am Lug ins Land begnügen. Aber die Lage auf der deutschen Seite war doch recht schwierig geworden. Die Verluste waren erheblich.

4. Die Rümpfe vom 58. bis

April.

Beilagen 13,15,16 und 17.

a) Absichten auf französischer und deutscher Seite. Der allgemeine französische Plan für die Weiterführung der 17 bis Offensive stellte den Armeen der Heeresgruppe Durchbruch und der 4. Armee 19'mpnl" für die nächste Zeit keine neuen Aufgaben. Für die 6. Armee und den linken Flügel der 5. Armee blieb das nächste Ziel die völlige und gesicherte Inbesitznahme des Chemin des Dames-Rückens. General Micheler fügte am 19. April die ausdrückliche Weisung hinzu, dem weichenden Feinde zwar an der Klinge zu bleiben, Angriffe gegen ernsthaft gehaltene Stellungen nördlich der Ailette aber zu unterlassen. Die Aufgaben der 5. Armee blieben vorläufig die Eroberung von Craonne und der Ostausläufer des Ehemin des Dames-Rückens, der Linie Corbeny—Guignicourt sowie der Höhen südöstlich der Aisne bis zum Vrimont einschließlich. Um

zwischen der nach Nordosten gerichteten Hauptfront der Armee und ihrem nach Norden strebenden linken Flügel den Zusammenhalt zu wahren, schob 22*

340

17. bis w. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

General Micheler am Vruchpunkt der Front das zusammengesetzte IX. Korps ^ unj) gg Division) zwischen das I. und das V.Korps ein. Die 4. Armee

hatte zunächst ihr altes Angriffsziel, die Höhenkette im Abschnitt der deutschen Gruppe Prosnes, zu erreichen. Die gemeinschaftliche Operation mit dem rechten Flügel der 5. Armee zur Abschnürung des Vergmassivs von Verru blieb für später aufgeschoben. Die 10. und 1. Armee, zusammen 18 Divi¬

sionen, standen einstweilen noch einsatzbereit hinter der Front. Nur ihre Artillerie hatte in den bisherigen Kämpfen teilweise mitgewirkt. Bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz war man sich — wie am 17. April der Obersten Heeresleitung gemeldet wurde —

darüber klar, daß der Gegner noch starke Reserven bereit habe, um „auf beiden

Kampffronten weitere, kraftvolle Angriffe schnell aufeinanderfolgen zu lasten". Weiter nach Osten werde sich die französische Offensive aber schwerlich ausdehnen, denn sie habe jetzt schon eine Gefamtbreite von rund 6V Kilometer. Dagegen fei „mit Angriff gegen unsere Mitte aus Reims heraus früher oder später zu rechnen". Die eigenen Kräfte, einschließlich der bei der ArmeeAbteilung C verfügbaren, waren beschränkt. Linter der Voraussetzung, daß alle vom feindlichen Angriff getroffenen Divisionen innerhalb von 14 Tagen — wobei die Erfahrungen der Somme-Schlacht zugrunde gelegt waren —

ablösungsbedürftig sein würden, reichten die für den Großkampf in Frage kommenden Divisionen bis gegen Ende Mai; dann müßten abgekämpfte Divisionen zum zweiten Male herangezogen werden. Die O b e r st e

Heeresleitung griff daher auf Divisionen der Heeresgruppe Herzog Albrecht zurück, bei der vorerst kaum Angriffe zu erwarten waren. Diese Heeresgruppe sollte zunächst vier Divisionen bereitstellen und dabei den Ab¬ transport — wie es jetzt allgemein Regel wurde — so vorbereiten, daß

jeweils eingreifbereite gemischte Abteilungen, ein Infanterie-Negiment und eine Abteilung Feldartillerie, eintrafen. Das entsprach den Bedürfnissen der

Kampfführung, wie sie sich allmählich klar herausgebildet hatten. Hinter jeder Gruppe der Angriffsfront wollte die Heeresgruppe auch weiterhin dauernd mindestens eine Eingreif-Division bereit haben, von der etwa ein Drittel als erster Rückhalt dicht hinter der Kampffront, etwa in der II. Stel-

lung, unterzubringen war, ferner hinter jeder Armee eine weitere voll kampf¬ kräftige Division. Mit dieser Gliederung, die auch einer von der Obersten

Heeresleitung inzwischen erlassenen allgemein gültigen Verfügung entsprach, glaubte die Heeresgruppe, allen Wechselfällen gewachsen zu sein. Die Kampfaufgaben der Armeen an der Abwehrfront lagen fest: Halten der neuen Verteidigungslinien und Wiedernehmen verlorener, soweit sie für

Absichten auf französischer und deutscher Seite.

341

die weitere Abwehr wichtig waren. An frischen Kräften standen hinter der 7. Armee am 18. April morgens zwei Divisionen verwendungsbereit, die ihr aus den Heeresreserven zur Verfügung gestellt worden waren: die 44. Re-

serve-Division bei Laon und die 2. Garde-Infanterie-Division südwestlich von Sissonne. An der Grenze zur 1. Armee war die 28. Reserve-Divifion in der Versammlung begriffen. Bei der 1. Armee waren noch die 54.

und 7s 34. Infanterie-Division hinter dem rechten Flügel und der Mitte

verfügbar. Alle übrigen Reserven, einschließlich derjenigen der Heeresgruppe, waren bereits für ihre alsbaldige Verwendung angesetzt. Für die Heeresgruppe waren zwei frische Divisionen im Anrollen oder Anmarsch (33. und 7. Reserve-Division), mit deren teilweiser Verwendungsbereitschaft an der Front frühestens vom 19. April ab zu rechnen war.

b) Die Kämpfe bei der 7. Arniee.

Auf französischer Seite hatte General Mangin für den 18. April befohlen, daß das XX. Korps zwischen Vraye und Cerny weiter gegen den Chemin des Dames vordrücken sollte; das II. Kolonialkorps hatte ihm zu Helsen, die bisher unbezwungene Zuckerfabrik bei Cerny endlich

fortzunehmen. Das VI. Korps sollte seinen rechten Flügel entsprechend den Erfolgen des XX. Korps vorschieben, das I. Kolonialkorps sich weiter bemühen, im Vorgehen von Westen her dem VI. Korps die Hand zu reichen. Dem I. Korps (5. Armee) war von General Mazel für den 18. die Fortsetzung des Angriffs auf Craonne und die dahinter ansteigenden Höhen, dem V. Korps die Wegnahme von La Ville aux Vois befohlen worden. In Ausführung dieser Befehle war die französische Artillerie am frühen Morgen des 18.April gegen die Südfront der deutschen 7. Armee wieder recht lebhaft geworden, während an der Westflanke die Kampfruhe andauerte. Im Laufe des Vormittags mußten die Divisionen der G r u p -

Pen Vailly und Liesse an verschiedenen Stellen örtlich begrenzte

Teilvorstöße zurückweisen. Erst am Nachmittag schritten die Franzosen nach längerer Feuervorbereitung von größter Heftigkeit zu einem breiteren Angriff bei und westlich von Cerny. Er wurde von der 16. Reserve-Division

aufgefangen und zurückgewiesen. Anterdes schob sich der Gegner im Abschnitt der 183. Infanterie-Division über Ostel gegen Vraye und im GrslinesGrunde näher an die Chemin des Dames-Stellung heran. Weiter westlich

konnten 25. Landwehr- und 222. Infanterie-Division die befohlene Ausweich-

bewegung nach dem Chemin des Dames ungestört durchführen. Östlich von Cerny bis Craonne wurden unter lebhaften Kämpfen von

beiden Seiten Anstrengungen gemacht, auf der Chemin des Dames-Front

April,

342

i«. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Stellungsverbesserungen und Geländevorteile zu erringen. Schon in frühester

Morgenstunde begannen bei der Gruppe Liesse Kämpfe zur Wieder¬ gewinnung der Höhenstellung südlich von Ailles. Teile der 19. ReserveDivision von Westen und der 1. Garde-Infanterie-Division aus östlicher

Richtung konnten in härtestem Ringen, dem erst die Dunkelheit ein Ende machte, fast den ganzen Nordrand der Hochfläche den Franzosen wieder ent¬ reißen. Dagegen vermochten die zur Wiedernahme der Hurtebise-Ferme angesetzten Teile der 1. Garde-Division das Angriffsziel nicht zu erreichen. Nach diesen Kämpfen war das schon zuvor sehr mitgenommene französische II. Kolonialkorps nicht mehr kampffähig und mußte durch das XI. Korps abgelöst werden. Die Stellungen der 5. Garde-Infanterie- und der Baye¬

rischen Crsatz-Division der Gruppen Liesse und Sissonne beider¬ seits von Craonne waren nach heftiger Artillerievorbereitung am Vormittag von Sturmabteilungen des I. Korps vergeblich angegriffen worden. Der Angriff wurde nach abermaligem stärksten Trommelfeuer am späteren Nach¬ mittage wiederholt. Vis zur Dunkelheit waren die Franzosen auf der Hoch¬ fläche bei der Mühle von Vauclere restlos zurückgeschlagen, in Craonne hatten sie unbedeutende Fortschritte gemacht; der Winterberg war fest im Besitz der deutschen Divisionen. Immerhin erschien es General von Voehn nötig,

ein Regiment der ihm zur Verfügung gestellten 2.Garde-Infanterie-Division mit Nachtmarsch bis dicht an den Nordhang des Winterberges vor¬

zuschieben. Gegenüber der 9. bayerischen Reserve-Division hatte der Gegner die Zurücknahme der deutschen Front in die Stellung zwischen Chevreux und Iuvineourt anscheinend noch nicht erkannt. Er besetzte La Ville aux Bois und führte einen Artilleriekampf, der zum Teil recht lebhafte Form annahm. Im Laufe des Tages war die 28. Reserve-Division bis in die Gegend südlich von Sissonne gezogen worden und hatte Vortruppen auf Corbeny vor¬ geschoben. Einen weiteren Rückhalt erhielt die 7. Armee durch die zunächst noch als Reserve der Heeresgruppe nordöstlich von Laon mit zwei Drittel

ihrer Kampftruppen inzwischen versammelte 33. Reserve-Division. Am Abend des 18. April übernahm das Generalkommando z. b. V. 65 unter Generalleutnant Graf Eberhard von Schmettow den Befehl über die

Gruppe Sissonne, desgleichen die 213. Insanterie-Division den Befehl über den bisherigen Abschnitt der aus der Front gezogenen 9. bayerischen Reserve-

Division. ig. April.

Am 19. April setzten sich die Kämpfe unter den gleichen Bedingungen und in der gleichen Weise fort. In dem von der Gruppe Vailly geräumten Gelände des Condö-Winkels folgten die Franzosen langsam. Weiter östlich

Die Kämpfe bei der 7. Armee.

343

schoben sie sich vorsichtig an den Chemin des Dames heran. Cin kräftiger französischer Vorstoß gegen die Stellung nördlich von Vraye wurde blutig abgewiesen. Vei Ailles gelang es den dort erbittert ringenden Teilen der 19. Re-

serve- und 1. Garde-Division erst spät in der Nacht zum 20., die erstrebte geschlossene Kampflinie am Rande der Hochfläche selbst herzustellen. Bei Cerny wurden mehrfach vorgetragene Angriffe der Franzosen abgeschlagen; bei Craonne, wo der Feind in die Stellung eingebrochen war, wurde er unter

Mithilfe von Teilen der 2.Garde-Infanterie-Division restlos wieder zurückgeworfen. Das französische I. Korps erlitt hierbei sehr schwere Verluste. Auf der weiteren Front bis Iuvincourt fanden nur zum Teil heftige Artillerie-

kämpfe statt. Auch am 20.April erschöpfte sich die französische Angriffskraft in Teil- 2«. April,

angriffen. Das I. Kolonialkorps versuchte wieder, aus der Front von Vauxaillon bis Laffaux vorzukommen, wurde aber schon durch das Abwehrfeuer der 211. Infanterie-Division zurückgehalten. Nur die in der Nacht zum 20.freiwillig geräumte deutsche Stellung vorwärts von Laffaux und der Ort selbst konnten von den Franzosen besetzt werden. Die Kampflinie der

211. Infanterie-Division lag hier künftig in der ursprünglich vorgesehenen Hauptwiderstandslinie der Siegfried-Stellung auf der Hochfläche östlich von Laffaux. Nördlich von Vailly hielten sich Nachtruppen der bereits in der Chemin des Dames-Stellung stehenden 222. Infanterie- und 25.LandwehrDivision noch in der Linie Sancy—Iouy—Höhe südwestlich der RoyereFerme. Der Gegner folgte vorsichtig. Auf der Front von Vraye bis Iuvincourt steigerte sich sein Artilleriefeuer nach verhältnismäßig ruhigem Vormittag wieder zu großer Heftigkeit. Gegen Abend griff er bei Vraye, östlich der Hurtebise-Ferme und bei Chevreux östlich von Craonne an. Die 45. Re-

serve-Division, die mittags den Abschnitt der 183. Infanterie-Division übernommen hatte, wies bei Vraye und südlich der Malval-Ferme den Angriff

der frisch eingesetzten französischen 11. Division ab. Auch östlich der Hurtebise-Ferme und bei der Vauclerc-Mühle wurde der von den Franzosen mehr-

mals bis in den späten Abend hinein vorgetragene Ansturm völlig zurückgeschlagen. Südlich von Chevreux war er schon im Abwehrfeuer zusammen-

gebrochen. Der 21. April brachte an der ganzen Schlachtfront der 7. Armee ein merk-

liches Nachlassen der französischen Kampftätigkeit; die feindliche Artillerie beschränkte sich auf einzelne Feuerüberfälle. Erst gegen Abend lebte das Feuer an der Front von der Hurtebise-Ferme bis an den Winterberg wieder

auf. Die hier nach Ablösung der 19. Neserve-Division befehlführende 1. Garde-Infanterie-Division wies einen Teilvorstoß in Gegend der Hurte-

bise-Ferme blutig zurück.

21. April,

344

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

c) Die Kämpfe bei der 1. Armee, ohne Gruppe Prosnes. 18. April.

Von den der deutschen 1. Armee gegenüberstehenden Teilen der f r a n -

zösischenS. Armee hatte das XXXII. Korps, dessen Kampfabschnitt nach Abgabe der 40. Division an das VII. Korps nur noch bis zum Aisne-Kanal

südlich von Verry au Vac reichte, zunächst keine Angriffsaufgabe erhalten. Das geplante gemeinschaftliche Vorgehen des IX., V. und XXXII. Korps gegen und über die Linie Corbeny—Iuvineourt—Guignieourt sollte erst später beginnen. Dem VII. Korps hatte General Mazel als nächste Ziele die Wegnahme der Höhen 91 und IVO, nordöstlich von Sapigneul und

La Neuville, gegeben. Dementsprechend herrschte im Kampfabschnitt der Gruppe Aisne am 18. April zunächst fast völlige Kampfruhe. General der Infanterie von Quast leitete den Gegenangriff zur Wiedergewinnung mindestens der alten Artillerie-Schutzstellung ein. Vor allem auf diese, als die vermeintliche Hauptwiderstandslinie der Franzosen, legte die Artillerie ein dreistündiges,

kräftiges Zerstörungsfeuer. Die Angriffsinfanterie stand mit zwei Regi¬ mentern der 21. Reserve-Division in der Linie Iuvineourt—Bahnwald (west¬ lich von Prouvais) zum Vorstoß nach Süden bereit, mit Teilen der 54. Infanterie-Division bei Guignicourt zum Vorgehen an der Aisne entlang. Den

um 5° nachmittags vorbrechenden Angriffswellen schlug schon nach kurzer Zeit sehr heftiges Infanterie- und Maschinengewehrfeuer aus Stellungen entgegen, die noch vorwärts der Artillerie-Schutzstellung lagen und vom

Feuer der Angriffsartillerie kaum getroffen waren. Die angreifende Infanterie erlitt bald so empfindliche Verluste, daß sie über die augenblickliche deutsche Frontlinie nur wenig hinauskam. An der Front der Gruppe Vrimont hatte die Kampftätigkeit ebenfalls erst am Nachmittage zugenommen. Heftigem Artilleriefeuer waren französische Teilangriffe gefolgt. Die 21.Infanterie-Division schlug einen starken Vorstoß östlich von Le Godat mit schweren Verlusten für die Franzofen ab. Die 43. Referve-Division mußte ihnen südwestlich vom Vrimont ein bedeutungsloses Stellungsstück zwischen dem Kanal und der Eisenbahn bei der Batterie von Loivre überlaffen. Die Gefechtskraft beider Divisionen war durch die neuen Kämpfe weiter geschwächt, bei der 21. Insanterie-Division betrugen die Gefechtsstärken der Regimenter nur noch 280, 400 und 580 Gewehre. ,g. April.

Der 19. April brachte für die Gruppe Aisne keine neuen Kämpfe.

Dagegen setzte bei der Gruppe Vrimont in der Mittagsstunde eine heftige Beschießung der gesamten Front ein, die sich von Stunde zu Stunde bis zum

Die Kämpfe bei der 1. Armee.

345

Trommelfeuer steigerte. Der dem französischen VII. Korps befohlene Angriff bereitete sich vor. Gegen 4° nachmittags wurde bei der 4. Insanterie-Division der erste Angriffsstoß gegen die Höhe 91 (Mont Sapigneul) abgewiesen.

Ihm folgte alsbald ein Angriff starker Kräfte gegen die ganze Gruppenfront. Fast überall kam es zu erbitterten Nahkämpfen, aber nach dreistündigem, hartem Ringen waren die Franzosen zurückgeschlagen, alle Einbruchsstellen wieder gesäubert. Bei Vermßricourt wurden die eingedrungenen Franzosen weit über die eigene vorderste Linie hinaus von nachstoßenden Teilen der

Garde-Ersatz-Division verfolgt, die erst unter dem Schutz der Dunkelheit wieder zurückgenommen wurden. Am späten Abend stieß der Gegner nochmals vergeblich gegen die Höhen östlich von Sapigneul vor. Auf der ganzen Gruppenfront waren die Stellungen restlos gehalten worden. Die Franzosen

hatten schwerste blutige Verluste erlitten, einige hundert Gefangene und eine größere Anzahl von Maschinengewehren zurückgelassen. Nach den mehrtägigen schweren Kämpfen ruhte am 20.und 21. April2».«.2,.Apru. die Kampftätigkeit bei den Gruppen Aisne und Brimont fast völlig; ersterer wurde jetzt auch die 4. Infanterie-Division unterstellt.

6) Die Kämpfe der Gruppe Prosnes und des rechten Flügels der 3. Armee. Auf französischer Seite hatte General Nivelle der Heeresgruppe i».Apr.-. des Generals Pstain das X. Korps der 1. Armee zur Verfügung gestellt in

der ausgesprochenen Erwartung, daß die Offensive fortgesetzt werde. Gleichzeitig hatte auch General Micheler darauf gedrängt, daß die 4. Armee ihre ursprünglich festgelegten Angriffsziele erreiche. Daraufhin hatte General Anthoine den Vefehl erhalten, am 18. April erneut gegen die Höhenkette von Moronvilliers vorzugehen. Cr ordnete an, daß das XVII. Korps mit der 45. und 33. Division zunächst das Vorfeld vor dem Höhenzuge, mit der marok-

kanischen Division Auberive und die westlichen Anschlußlinien nehmen solle; erst dann — etwa zwischen 6° und 7°abends — sollte der gemeinschaftliche

Angriff des VIII. und XVII. Korps auf die Höhen angesetzt werden.

Bei der Gruppe Prosnes hatte auch die Nacht den schweren Kämpfen des 17. April kein völliges Ende gemacht. Das Artilleriefeuer war

beiderseits lebhaft geblieben, die Nahkämpfe der ineinander verbissenen Gegner hatten sich an vielen Stellen fortgesetzt. Dabei hatte die 214. In-

fanterie-Division das Vorfeld der Höhenstellung verloren. Zwischen ihrem linken Flügel am Pöhlberge und dem rechten der 58. (sächsischen) InfanterieDivision nördlich des Fichtelberges klaffte immer noch eine erhebliche Lücke. Nach Feuervorbereitung begannen am 18. April um 5° morgens deutsche

346

,8. Apr».

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Gegenangriffe gleichzeitig auf dem Lug ins Land und gegen den Fichtelberg. Am Lug ins Land brachte die 214. Infanterie-Division die Höhenkuppe und den Südgraben wieder in ihren Besitz. Sie konnte hier Resten der vordersten Kampftruppen die Hand reichen, die sich in der Nacht hierher rückwärts durch¬ geschlagen hatten. Der am Vortage nicht zur vollen Durchführung gelangte Gegenangriff der 58. (sächsischen) Infanterie-Division gegen den Fichtelberg blieb trotz einigen Geländegewinns auch diesmal ohne Erfolg. Unterdessen war das Feuer der französischen Batterien auf die ganze Breite der Höhenstellung heftiger geworden und ließ sich als Vorbereitung eines neuen starken Angriffs erkennen. Gegen 1° nachmittags brach er los.

Vor der 29. Infanterie-Division genügte das Vernichtungsfeuer der deutschen Batterien, die gegen den Cornillet angesetzten Truppen niederzuhalten. Bei der 214. Infanterie-Division gelang es den Franzosen, nach stundenlangem Nahkampfringen und immer wiederholtem Vortreiben neuer Sturmwellen, den Lug ins Land bis zum Nordgraben wiederzunehmen und auch auf dem Hochberg Fuß zu faffen. Bärenburg, Keilberg und Pöhlberg wurden ge¬ halten. Zum nochmaligen Gegenstoß am Lug ins Land fehlte die Kraft, vom Hochberg aber wurden die Franzosen wieder hinuntergestoßen. Der auch jetzt noch offene rechte Flügel der durch Teile der 32. (sächsischen) InfanterieDivision verstärkten 58. Division nördlich des Fichtelberges war inzwischen, von Westen umfaßt, unter hartnäckigen Kämpfen weiter nach Nordosten zurückgedrängt worden. Damit war der Pöhlberg und seine nur dünn be¬

setzte, östliche Anschlußlinie längs des Weges Moronvilliers—St. Martin ernstlich bedroht. Auch am linken Flügel der 58. Infanterie-Division drückte der Gegner stark und machte langsam Fortschritte. In dem fast umklammer¬ ten Orte Aubsrive wurde die Lage immer schwieriger.

Während dieser Kampfvorgänge hatte General von Below in

Erweiterung der tags zuvor erlassenen Anordnungen schon bald nach 8° vor¬ mittags befohlen, daß die 5. und 6. Infanterie-Division am Suippes-Abschnitt Celles—Bötheniville nach vorwärts aufschließen sollten. Gegen 3'" nach¬ mittags war ein weiterer Befehl gefolgt, der das bei Epoye bereitgestellte Regiment der 34. Infanterie-Division nach Beine heranrief und die 5. und 6. Infanterie-Division mit ihren vordersten Teilen bis in die II. Stellung zwischen der Warsovie-Ferme (Warschauer Hof), nordöstlich von Beine, und dem Wege Pont Faverger—Moronvilliers vorzog. Die 23. (sächsische) Infanterie-Division sollte sich östlich von Moronvilliers mit der Front nach Westen aufstellen. Alle diese Truppen wurden dem Kommandierenden General der Gruppe Prosnes, General de Beaulieu, unterstellt mit dem

Die Kämpfe der Gruppe Prosnes und am rechten Flügel der 3. Armee.

347

Austrage, zum Angriff — möglichst von drei Seiten — vorzugehen, falls das

Höhengelände verlorengehen sollte. Unterdessen ließen die Meldungen von der Front bald die Bedrohung der Stellung auf den Höhen bedenklicher erscheinen, bald die Durchbruchsgefahr bei der 58. Insanterie-Division und damit die Bedrohung sowohl für den linken Flügelstützpunkt der Höhenfront — den Pöhlberg — als auch für die rechte Flanke der 30. Insanterie-Divi-

sion und damit der 3. Armee. Die Notwendigkeit des Einsatzes der heranmarschierenden Reserven noch in der Nacht, entweder um die Höhenstellung zu halten oder auch zum sofortigen angriffsweisen Zurückwerfen des gegen die

Suippes-Linie von Westen vorstoßenden Feindes, wurde ins Auge gefaßt und durch Befehle vorbereitet. Die erfolgreiche Abwehr eines gegen 7° abends von den Franzosen nach

erneuter stärkster Feuervorbereitung nochmals in breiter Front vorgetragenen Angriffs brachte für diesen Tag die Klärung der Lage. Gegenüber dem Cornillet war der Angriff wiederum durch das Feuer der deutschen Artillerie im Entstehen erstickt worden. Bei der 214. Insanterie-Division war am Lug ins Land die Lage unverändert geblieben. Der Hochberg war be-

sonders heftig umkämpft worden, bis schließlich die Franzosen die Kuppe behaupteten, die deutsche Verteidigung sich aber am Nordhang festgeklammert hielt. Ostwärts bis einschließlich des Pöhlberges hatte der Ansturm abgeschlagen werden können. Auch die 58. Insanterie-Division hatte im allgemeinen standgehalten, insbesondere aber war es den im Norden und Nord-

osten des Fichtelberges kämpfenden Truppen gelungen, das weitere Vordringen der Franzosen gegen die Stellung östlich vom Pöhlberge und gegen die Suippes abzuwehren. Weiter südöstlich hatte die Division den Mittelwald-Stützpunkt und einiges Gelände bei Auberive verloren. Dieser Ort wurde noch immer behauptet und erst auf Befehl der Armee in der kommen-

den Nacht geräumt. Die Gruppe Prosnes hatte ihre Stellungen im wesentlichen gehalten, Mar mit Einsatz der Eingreis-Division (32. Insanterie-Division), aber doch ohne daß die Hilfe weiterer Reserven nötig geworden wäre. Am rechten Flügel der 3. A r m e e hatte die 30. Insanterie-Division im

Laufe des Tages mehrere französische Vorstöße an der Einbruchsstelle auf dem östlichen Suippes-Afer abgewiesen. Südlich von Vaudesincourt wurde der Anschluß an die 58. Insanterie-Division hergestellt. Am späten Abend des 18. April meldete General de Beaulieu der Armee seinen Entschluß, am nächsten Morgen mit den ihm zur Versügung gestellten Kräften — V3 der 34., 5. und 6. Division — anzugreifen, um

die Verteidigungsstellung wieder auf mindestens 500 Meter über die Höhenlinie nach Süden vorzuschieben. Zugleich sollte die 23. Insanterie-Division

348

i8. April,

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

den Fichtelberg wiedergewinnen. General von Velow gab sein Einver¬

ständnis. Als Ersatz für die aus der Hand gegebenen Armeereserven konnte er zunächst nur mit der 7.Reserve-Division rechnen, deren Marschziele für den 19. April in der Gegend südwestlich von Rethel lagen.

Auf seiten der Franzosen hatte der am 17. gegebene Angriffsbefehl des Generals Anthoine weiter Gültigkeit behalten. Der Entschluß beider Gegner, über den Besitz der Höhenkette von

Moronvilliers durch Angriff zu entscheiden, mußte zum Zusammenstoß starker Kräfte auf diesen Höhen führen. 's.April.

General de Veaulieu hatte den Angriff auf 8°vormittags ange¬ setzt und dazu in der Frühe des Tages die 5. und 6. Infanterie-Division dicht hinter der II. Stellung in den Abschnitten der 29. und 214. Insanterie-Divifion zum Stoß nach Süden bereitgestellt. Der Weg von Pont Faverger am

Hochberg westlich vorbei nach Prosnes bildete die Trennungslinie. Der 5. Division war das Regiment der 34. Infanterie-Division auf ihrem rechten Flügel angegliedert worden. So waren die ersten Angriffsziele für die 5. Infanterie-Division der „Lange Rücken" (Ausläufer des Cornillet nach Westen), der Cornillet und der Lug ins Land, für die 6. Division der Hochberg, der Keilberg und der Pöhlberg. Die 23. (sächsische) Infanterie-Division hatte sich nach inzwischen abgeändertem Befehl in der Nacht zum 19. April mit der Masse ihrer Infanterie westlich von St. Martin an der Suippes aufgestellt, um die Anschlußfront vom Pöhlberg nach Osten zu sichern. Den nunmehr befohlenen Angriff in südwestlicher Richtung gegen den Fichtelberg konnte sie daher zunächst nur mit einem Regiment in der Front führen. Noch ehe die deutsche Feuervorbereitung in Wirkung getreten war, kamen die Franzosen dem Angriff mit einem überraschenden Vorstoß gegen die ganze Höhenfront zuvor. Am Cornillet und am Langen Rücken kam

der schnell erkannte Angriff im Abwehrfeuer der 29. Infanterie-Division nicht zur Entwicklung. Auf der übrigen Front bis zum Pöhlberg entbrannten sehr bald heftige Handgranaten- und Nahkämpfe. Bereits kurz nach 7° morgens stand es fest, daß der Gipfel des Hochberges wie auch des Pöhlberges verlorengegangen waren. Über die Lage zwischen diesen beiden Höhen bestand keine Klarheit. Während die Franzosen ihr weiteres Vor¬ gehen durch heftiges Artilleriefeuer auf die Nordhänge der Höhenkette, auf Moronvilliers und die von Norden heranführenden Verbindungswege vor¬

bereiteten und sich offenbar auch anschickten, ihren Angriff nach Osten in der Richtung auf die Suippes zu verbreitern, näherte sich das vorderste Treffen

Die Kämpfe der Gruppe Prosnes.

349

der deutschen 5. und 6. Infanterie-Division der Straße Nauroy—Moronvilliers und kam damit in den Bereich des starken französischen Artillerieseuers. Die 5. Division unter Generalmajor von Wedel, vor deren Front Langer

Rücken und Cornillet in deutscher Hand waren, kam glatt vorwärts und hatte gegen 10° vormittags die Stellung der 29. Infanterie-Division dort erreicht oder überschritten, als starkes Flankenfeuer vom Lug ins Land her sie zum Stehen brachte. Diese Höhe wurde erst gegen Mittag im Sturm genommen. Weiter kam der Angriff hier aber auch zunächst nicht, da er durch Flankenfeuer vom Hochberg festgehalten wurde. Die 6. Division unter Generalleutnant Herhuth von Rohden hatte stärker vom französischen Artilleriefeuer zu

leiden gehabt und sich nach überschreiten der Straße Nauroy—Moronvilliers mühsam auf dem Nordhang der Höhen vorwärtsarbeiten müssen. Dabei hatte sich die Divisionsfront zu weit nach links gezogen, der Hochberg war von Norden her unangegriffen geblieben und übte nun eine sehr lästige Flankierung nach beiden Seiten aus, die jede weitere Vorwärtsbewegung

einstweilen zum Stillstand brachte. Heftiges Feuer der französischen Vatterien auf die Nordhänge der umkämpften Höhen und in das weitere Hintergelände erschwerte das Herankommen der hinteren Angriffswellen besonders bei der 6. Infanterie-Division. Die 23. (sächsische) Infanterie-Division unter Generalleutnant Bärensprung war zur befohlenen Zeit mit ihrem Westflügel angetreten und hatte

in raschem Vorgehen die Vortruppen der marokkanischen Division, die sich an die Zwischenstellung östlich vom Pöhlberg herangeschoben hatten, über¬ rannt. Dann war die Vorwärtsbewegung auch hier in flankierendem

Maschinengewehrfeuer, vom Pöhlberg her, zum Stehen gekommen. Gegen 9° vormittags lag die Angriffsfront etwa 1000 Meter südlich der Zwischenstellung fest. General de V e a u l i e u, der zu dieser Zeit davon Kennt-

nis hatte, daß die Franzosen auf der Höhenlinie standen und im Begriff waren, weiter nach Norden vorzudringen, befahl der 23. Infanterie-Division, beschleunigt und kräftig südlich des Pöhlberges vorzustoßen, um der 6. Infanterie-Division das Vorwärtskommen zu erleichtern. Das war aber jetzt um so weniger ausführbar, als sich gerade der feindliche Druck im ganzen

Kampfstreifen der 58. Infanterie-Division vom Poehlberg bis Vaudesincourt sehr erheblich verstärkte. Vom Angriff der 6. Infanterie-Division von Norden her gegen den Pöhlberg war noch nichts zu bemerken. Die von der 23. Infanterie-Division zum Wiedervorreißen ihres Angriffs von der Suippes heranbefohlenen Divisionsteile waren noch zu weit zurück, um ein-

greifen zu können; es wurde 1° nachmittags, bis sie herankamen. Da setzte ein zweiter, starker Angriffsstoß der Franzosen auf der ganzen Höhenfront und ostwärts bis zur Suippes ein. Cr wurde bis etwa 5° nachmittags nicht

350 19. April,

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

nur abgewehrt, sondern im Gegen- und Nachstoß wurden von deutscher Seite

verschiedentlich Vorteile erkämpft. Cornillet und Lug ins Land wurden be¬ hauptet, die Kampflinie am Hochberg auf den Südhang vorgetragen. Weiter ostwärts bis zum Keilberg hatte die Front gehalten, auch die Kuppen des Keil- und Pöhlberges schienen in deutscher Hand zu sein; den Süd- und

Südosthang des letzteren hielten die Franzosen noch zähe fest. Südöstlich von Vaudesincourt war ein feindlicher Einbruch durch örtliche Reserven

sogleich aufgefangen worden. £lm 6° nachmittags setzte der rechte Flügel der 5. Infanterie-Division noch einmal zum Vorgehen an, sah sich aber nach anfänglichem Gelände-

gewinn bald durch einen starken feindlichen Gegenangriff angehalten. Nach kurzer, kräftigster Feuerwelle waren die Franzosen zum dritten Male an diesem Tage zu einem geschlossenen Angriff aus der ganzen Front der Gruppe Prosnes vorgebrochen. Dabei gingen die Kuppen des Lug ins Land und des

Hochberges wieder verloren. Auf dem östlichen Teil des Höhenzuges blieben die Kampffronten ineinander verstrickt. Am Abend konnte festgestellt werden, daß die Höhe des Lug ins Land wieder deutscher Besitz geworden war, daß die 6. Infanterie-Division auch von der Kuppe des Hochberges die Fran¬ zosen wieder hinuntergedrängt und am Keil- und Pöhlberge verlorenes Ge¬ lände wiedergewonnen hatte. Nur in einzelnen Nestern waren Franzosen

auf der Höhenlinie sitzengeblieben; die Kuppe des Pöhlberges war Nie¬ mandsland geworden. Zwischen Pöhlberg und Aubsrive hatte der französische Angriff verhältnismäßig leicht abgewehrt werden können. Am rechten Flügel der 3. A r m e e, bei der 30. Infanterie-Division,

war es trotz zeitweise heftigster Beschießung zu Infanteriekämpfen nicht

gekommen. Das Ergebnis des schweren Schlachttages war, daß weder die Franzosen die erstrebten Höhen von Moronvilliers hatten nehmen können, noch die deutschen Divisionen das verlorene Gelände südlich und südöstlich der

Höhenkette wiederzugewinnen vermocht hatten. 20. April.

Anunterbrochen ging auch während der Nacht zum 20.April der Artil¬

leriekampf weiter. Am Morgen setzte sich die Schlacht fort, zersplitterte aber in Teilangriffe von nur örtlicher Bedeutung. Zuerst ging der rechte Flügel der 23. Jnfanterie-Divifion gegen den Osthang des Pöhlberges zum Angriff vor; sein Geländegewinn war gering. Ein französischer Vorstoß zwischen Hochberg und Keilberg wurde abgewiesen. Im Laufe des Nachmittags griffen die Franzosen die Mitte der 58. Jnfanterie-Divifion an, hatten aber

Die Kämpfe der Gruppe Prosnes und am rechten Flügel der 3. Armee.

351

kaum nennenswerten Erfolg. Etwas später drängten sie die Verteidigungsfront vom Hochberg wieder auf den Nordhang zurück. Am Abend wurde ein

Angriff gegen Vaudesineourt zurückgewiesen. Am 21. April ließ die Kampftätigkeit der Franzosen auch auf diesem 21. April. Teil des ausgedehnten Schlachtfeldes fühlbar nach. Rur in der Gegend des Cornillet hatte die 5. Infanterie-Division noch einen Angriff abzuschlagen.

Die Gruppe Prosnes hielt die Linie: Langer Rücken—Südhang des Cornillet—Höhenkamm des Lug ins Land—Nordhang des Hochberges—Südrand der Värenburg—Südrand der Keilbergkuppe—Höhenkamm und Ost-

hang des Pöhlberges; von hier bog sie nach Südosten auf Vaudesineourt. Der Feind lag an den meisten Stellen dicht gegenüber.

D. Der zrveite französische Durchbruchöversuch. Beilagen 13—17.

I. Vorbereitungen und kämpfe bis iLnde April 1957. Nach fünftägigem, hartem Ringen schien der Gegner eine Atempause nötig zu haben, denn eine große einheitliche Fortführung des am 16. und

17. April steckengebliebenen französischen Durchbruchsangriffs war nicht mehr zum Ausdruck gekommen. Die Teilangriffe der letzten Tage hatten in

schweren, verlustreichen Kämpfen den geringen Anfangserfolg nicht erweitern können'). Gleichwohl war die deutsche Führung der Überzeugung, daß die Franzosen trotz Mißerfolges und schwerer Verluste den Angriff wiederholen würden. Am 21.April meldete die Heeresgruppe der Obersten Heeresleitung, daß von 68 französischen Angriffs-Divisionen bisher 38 aufgetreten seien;

sechs Divisionen des ersten Angriffs seien durch frische ersetzt, 14 weitere seien nach Gefangenenaussagen ablösungsbedürftig. Danach standen der französischen Heeresleitung noch Reserven in ausreichender Menge zur Verfügung, um den Durchbruchsversuch in kurzer Frist und in gleichem Umfange, auch mit der gleichen Wucht des Stoßes wie am 16. April noch einmal zu

wiederholen, in verringertem Maße vielleicht sogar noch ein drittes Mal. Die merkliche Ruhe, die eingetreten war, ließ auf Ablösung der erschöpften i) Eine Berechnung der franz. Verluste in den zehn Tagen vom 16. bis 25.April

burd) die Kriegsgeschichte Abteilung des franz. Generalstabes (Service Historique) fommt auf rund 134 000 Mann, davon 30 000 Tote, rund 100 000 Verwundete und

4000 Vermißte. Da vom 20. bis 25.April kaum noch größere Verluste eingetreten sein dürften, entfällt fast die ganze Zahl auf die Tage der großen Durchbruchsversuche.

352

2t. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Angriffs-Divisionen schließen. Die Heeresgruppe glaubte, daß bei Fortsetzung des Angriffs der stärkere Druck wie bisher gegen die 7. Armee und die Gruppen Aisne und Vrimont der 1. Armee gerichtet sein werde, wäh¬ rend die ebenfalls mit Bestimmtheit erwarteten Angriffe in der Champagne mehr den Zweck haben würden, deutsche Kräfte vom Hauptkamps fernzuhalten.

Auf Grund dieser Auffasiung stellte KronprinzWilhelm seinen Armeeführern allgemein die Aufgabe, „dem Feinde überall da Geländevorteile zu entreißen, wo sie günstige Vorbedingungen für die Fortsetzung der feindlichen Angriffe geschaffen haben". Wo das zur Zeit nicht möglich sei, müßten die „feindlichen Vorteile durch Tiefenstaffelung der Verteidigung und zusammengefaßte Artilleriewirkung" ausgeglichen werden. Die Frage größerer Artillerieverschiebungen in diesem Sinne und etwa erforderlicher Verstärkungen der Abwehrfronten war zu prüfen. Erste Maßnahme zu letzterem Zweck war es, den Austausch abgekämpfter Frontdivisionen durch noch kampfkräftige, wie er bereits an einigen Stellen eingeleitet war, oder

durch frische Divisionen fortzusetzen und überall wieder eine klare Gliederung

herbeizuführen. General Nivelle hoffte, daß der sichtlich schwächer gewordene Angriffsschwung der Heeresgruppe Durchbruch durch den Cinfatz der 10. Armee in die Angriffsfront neu belebt werden würde und war entschloffen, weiter

um den Durchbruch zu kämpfen. Der 10. Armee sollte der Angriff über die Linie Craonne—Berry au Vac in nordöstlicher Richtung auf Monteornet zufallen, während die 5. Armee gemeinsam mit der 4. Armee südlich der Aisne die Offensive fortzusetzen hatte. General M i ch e l e r äußerte jedoch Be¬ denken gegen den Durchbruch nach Nordosten, weil er die 10. Armee mit

ungesicherten Flanken in die Ebene um Amisontaine führen würde, die offen unter der Feuerwirkung von den sie umschließenden Höhen liege. Er wies

auch auf die schlechte Munitionslage und darauf hin, daß seine Reserven nach Ablösung der verbrauchten Einheiten auf vier Divisionen zusammen¬ geschmolzen seien. Cr sprach sich dafür aus, die Ziele auf Festhalten des eroberten Geländes und Abnutzung des Feindes zu beschränken. General Nivelle, innerlich schon am Erfolg seines großen Planes zweifelnd, nahm diese Gedanken bereitwillig auf. Nach Aussprache mit den Führern der 23.April.

Heeresgruppen gab er am 23. April die Weisungen für die Fortsetzung der

Offensive. Cr stellte zwei Aufgaben: völlige Besetzung des Chemin des DamesRückens und „Entlastung von Reims". Das bedeutete einerseits gemeinsames Vorgehen der 6. und 10. Armee an der Chemin des Dames-Front, anderer¬

seits gemeinsamen Angriff der 5. und 4. Armee gegen die Höhen östlich von

353

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Vorbereitungen.

Sapigneul—le Godat, den Vrimont und die Höhen von Moronvilliers, später auch gegen das Bergmassiv von Verru. Als Zeitpunkt war Ende April für den Angriff der 5. und 4. Armee vorgesehen; für das Vorgehen der 6. und 10. Armee sollte die Vereitschaft der letzteren maßgebend sein. Cs mußte also eine größere Angriffspause eintreten, die im übrigen auch durch die Munitionslage geboten war. Unterdessen hatte am 21. April die 10. Armee den

21. April.

Frontabschnitt von der Hurtebise-Ferme nach Osten bis zur Aisne übernommen; ihr unterstanden das XVIII.'), IX., V., XXXII. und III. Korps, dazu zwei Kavalleriekorps. Bei der S. Armee blieben das II., VII. und XXXVIII. Korps, die beiden russischen Brigaden und eine Kavallerie-Division. General Mangin hatte am 21. erneuten Angriff seiner 6. Armee auf dem Chemin des Dames befohlen, sich dann aber wegen mangelnder Munition auf zeitweilige Abwehr umstellen müssen. Die Munitionszuführung — für alle Armeen gleichzeitig nicht möglich — beeinflußte überhaupt in hohem Maße die Festsetzung der Angriffstermine, die schließlich bis in den Anfang des Monats Mai hinausgeschoben werden mußten. Nur die 4. Armee sollte bereits am 30. April wieder angreifen; ihr wurde das X. Korps (von der

1. Armee) zugeteilt. Unterdessen führten die gespannte Lage und die enge Gefechtsfühlung an

22. vis

vielen Stellen der Schlachtfront zu täglichen Plänkeleien, Handgranaten- 251 und Nahkämpfen oft ernster Art, die, wenn auch nur von örtlicher Bedeutung, die Kräfte der Truppe stark in Anspruch nahmen. Am 25. April kam es an der Front der 7.Armee bei der Hurtebise-Ferme zu einem heftigen Gefecht. In den Morgenstunden brachen dort Teile der 1. und weiter ostwärts auch der 2. Garde-Infanterie-Division in die feindliche Stellung ein. Die Trümmer der Hurtebise-Ferme selbst konnten die Franzosen allerdings im Gegenstoß wiedernehmen, sonst verlorene Stellungsteile aber nicht zurück-

gewinnen. Bemerkenswert schien die Beobachtung, daß die französischen Batterien zum Teil weiter vorwärts in Stellung gebracht worden waren, sich neu ein-

schössen und die deutschen Infanterie- und Artilleriestellungen sowie das Hintergelände mit planmäßigem Zerstömngsfeuer zu belegen begannen. Vom 25. April ab war eine tägliche Steigerung dieses Feuers, an dem sich jetzt

auch Minenwerfer beteiligten, festzustellen. Auch vor der Westflanke der 7. Armee, vom Oise/Aisne-Kanal bis Laffaux, war der Feind viel reger ') Das XVIII. Korps hatte das I. Korps abgelöst. Weltkrieg. XII. Band.

23

354

25.bis

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

geworden. Am 29. April schwoll das feindliche Feuer hier und auf der ganzen pt

'Südfront der 7. Armee zeitweise zu Trommelfeuer an. Alles verstärkte den

Eindruck, daß der erwartete zweite Großangriff nahegerückt war. Auch bei der 1. Armee waren örtliche Vorstöße und Handgranatenkämpfe an der Tagesordnung.

Am Nachmittag des 22. April hatte die 6. Infanterie-Division ihre Linie über die Kuppe und auf dem westlichen Hang des Hochberges etwas vorschieben können. Dabei eingebrachte Gefangene waren von der neueingesetzten französischen 131. Division des X. Korps. Am 28. April nachmittags schwoll das französische Artilleriefeuer gegen den Vrimont und die südöstlichen Anfchlußstellungen zum Trommelfeuer an, am Abend stießen hier stärkere Kräfte zum Angriff vor. Die Stellung am Vrimont wurde von der 34. In-

fanterie-Division ohne Geländeeinbuße gehalten; die vorderste Linie der 19. Infanterie-Division erlitt zwischen dem Kanal und der Straße Pont Givart—Reims eine unbedeutende Einbeulung. Auch die Stellungen der 4. Infanterie-Division südöstlich von Verry au Bac hatten an diesem Tage und in der folgenden Nacht unter starkem Feuer gelegen, dem gegen Morgen des 29. April im Aisne- und Kanalwinkel ein starkerAngriff gegen die Höhe 108 folgte. Der Feind drang in die deutsche Stellung ein, wurde aber trotz wieder¬

holten Ansturms nach mehrstündigem Kampfe völlig wieder hinausgeworfen. In diesen Kämpfen war die französische 4. Division vom II. Korps, ebenfalls neu in der Front, festgestellt worden. Die Beobachtung hatte auch hier, wie vor der 7. Armee, das nähere Heranschieben eines Teils der französischen Artillerie festgestellt. Einschießen neuer Batterien und kräftiges, in den

letzten Apriltagen sich erheblich steigerndes Wirkungsfeuer gegen die Gruppen Aisne, Brimont und Prosnes wurden täglich gemeldet. Auf dem rechten Flügel der 3. Armee hatte sich in den Tagen bis gegen Ende April nichts von Belang ereignet. Vom 28. April ab war aber

auch hier eine Zunahme des französischen Feuers zu bemerken, das am 29. April zu großer Heftigkeit anwuchs. Das Wetter hatte in diesen Tagen beiden Gegnern starken Einsatz von Flugzeugen gestattet. Die französischen Flieger, die bisher die deutsche Front fast nur zu nächtlichen Bombenabwürfen im Hintergelände überflogen hatten,

zeigten sich jetzt sehr viel angriffslustiger. Aus allen Beobachtungen und Feststellungen der letzten Tage mußte der Schluß gezogen werden, daß der erwartete zweite große Schlag der

Franzosen nahe bevorstände.

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Vorbereitungen.

355

Am 26. April hatte die Heeresgruppe darüber an die Oberste Heeresleitung gemeldet: Vei der 7. Armee ließen feindliche Kräfteverschiebungen darauf schließen, daß sich der kommende Angriff bis zum linken Flügel der 13. Landwehr-Division nördlich von Vauxaillon ausdehnen werde. Im übrigen werde er wieder die ganze Südfront dieser Armee und den rechten

Flügel der 1. Armee nördlich der Aisne treffen. Zwischen Aisne und Reims

sei die Lage noch ungeklärt; es sei sehr wohl möglich, daß es hier ebenso wie im Abschnitt Reims—Prunay ruhig bleibe. Dagegen werde am linken Flügel der 1. Armee mit Fortsetzung des Angriffs und übergreifen auch auf

den rechten Flügel der 3. Armee gerechnet. Aufgabe der Verteidigung sei es, schon jetzt die feindliche Angriffskraft durch kräftiges Störungs- und Zerstörungsfeuer zu brechen. Der Beginn des neuen Angriffs follte nach Aussagen gefangener Franzosen auf den 30. April festgesetzt sein. Am ihm wiederum mit Erfolg begegnen zu können, waren bei der 7. Armee zwei, bei der 1. Armee eine Division neu in die Front eingeschoben worden. Am 29. April standen in Erwartung des französischen Angriffs: In der Kampffront:

Eingreif-Divisionen:

Heeresgruppen- und

Heeresreserven:

7. Armee

Gruppe Cröpy (Gkdo. XXIII. R. K.) 46. Res. Div.

211. Ins. Div.

13. Ldw. Div.

Gruppe Vailly (Gkdo. XI. A. K.) 33. Res. Div. 222. Ins. Div. 44. Res. Div. 45. Res. Div. 113. Ins. Div.

206. Ins. Div. 10. Inf. Div. (im Antransport)

Gruppe Liesse (Gkdo. 54) 20. Inf. Div. 1. Gd. Inf. Div. 2. Gd. Inf. Div.

11. bayer. Inf. Div. 5. Gd. Inf. Div.

Gruppe Siffonne (Gkdo. 65) 28. Res. Div. 213. Inf. Div. 62. Inf. Div.

14. Inf. Div.

9. Inf. Div.

50. Inf. Div. 23*

2g. April.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

356 April.

Eingreis-Divisionen:

Fn der Kampffront:

Heeresgruppen- und

Heeresreserven:

1. Armee

Gruppe Aisne (Gkdo. G. K.)

243.(württ.)Ins.Div.

21. Res. Div. 4. Inf. Div.

Gruppe Vrimont (Gkdo. X. R. K.) 52. Res. Div.

54. Inf. Div. Gd. Crf. Div. 34. Inf. Div.

39. Inf. Div.

Gruppe Reims (Gkdo. VII. R. K.) 19. Inf. Div. 7. Res. Div. 13. Res. Div. 14. Res. Div.

Gruppe Prosnes (Gkdo. III.A. K., seit 26. 4.) 223. 5. 6. 23.

Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div.

10. Crf. Div.

33. Inf. Div.

(fächf.) Inf. Div. Von der 3. Armee

Gruppe Py (Gkdo. XII. [fachf.] A. K.) 54. Ref. Div.

30. Inf. Div.

Als weitere Reserven standen die 187. und 242. (württembergische) Infanterie-Division in Aussicht, die von der Obersten Heeresleitung herangeführt wurden.

2. Der Großangriff am Zo. April. Beilagen 13—17. April.

Die gesamte Kampffront der 7. A r m e e war vom frühen Morgen ab

in „voller Kampfbereitschaft". Das feindliche Artilleriefeuer nahm von 4° morgens ab wieder beträchtliche Stärke an. Die Stellungen von Vauxaillon bis Laffaux und die anschließende Chemin des Dames-Stellung bis nach

Cerny hin lagen unter schwerem Feuer, während auf der übrigen Front nur die Gegend der Hurtebise-Ferme, Craonne und Iuvincourt mehrfach starke Feuerüberfälle erhielten. Cs wurde bald deutlich, daß die Franzosen mit dem Infanterieangriff noch zögerten, so daß die erhöhte Gefechtsbereitschaft bereits im Laufe des Vormittags wieder aufgehoben werden konnte. Die

feindliche Beschießung blieb heftig. Anders wurde es bei der 1. Arme e.

Der zweite französische Durchbruchsversuch.

557

Hier hatte auf französischer Seite General Anthoine für den Zö. April den neuen Angriff auf die Höhen von Moronvilliers befohlen. Dazu waren angesetzt: X. Korps mit 20. und 19. Division gegen die Front Langer Rücken—Cornillet—Lug ins Land, XVII. Korps mit 131., 33. und 128. Division gegen die Linie Hochberg—'Pöhlberg—Vaudestncourt.

Das starke französische Feuer hatte während der Nacht ohne Unterbrechung angehalten und sich am frühen Morgen des 30. April zum Trommelfeuer von außerordentlicher Stärke gesteigert. Kurz nach 5° vormittags wurde im Abschnitt der 4.Infanterie-Division der Gruppe Aisne Sperrfeuer angefordert. Der Feind war südöstlich von Verry au Bae wie schon am Vor-

tage gegen die Höhe 108 zum Sturm vorgebrochen, wurde aber durch Abwehrfeuer von Artillerie und Maschinengewehren zurückgeschlagen; nur an einigen Stellen kam es zu Handgranatenkämpfen. Ein gegen Abend wiederholter

Vorstoß brach ebenso zusammen. Auf der gesamten übrigen Front der Grup¬ pen Aisne und Vrimont lag den ganzen Tag über das feindliche Feuer in unverminderter Heftigkeit und richtete an den Kampfgräben beträchtliche Schäden an. Die deutschen Batterien erwiderten trotz wiederholter Vergasung

kräftig. Infanterieangriffe erfolgten nicht. Für den linken Flügel der Gruppe Reims, vor allem aber für die Gruppe Prosnes, die seit dem 26.April unter dem Befehl des Generalleutnants Freiherrn von Lüttwitz (Generalkommando des III. Armeekorps) stand, wurde der 30. April zu einem Großkampftage. Die ganze

Nacht hindurch hatte ein schwerer Feuerkampf getobt, in dem die deutschen Batterien sich mit großem Munitionseinsatz bemüht hatten, die Infanterie zu entlasten und die vermutete Bereitstellung der feindlichen Sturmtruppen zu behindern. Anter der Wirkung dieses Feuers kam ein französischer Infanterieangriff am Vormittag nur in einigen schwachen Sturmwellen zur EntWicklung. Wo die französische Infanterie aus ihren Gräben herauskam, faßte sie sogleich das Sperrfeuer der Artillerie und Maschinengewehre und zwang sie zu schneller Umkehr. Daraufhin nahmen die französischen Batterien ihr

Wirkungsschießen in höchster Stärke wieder auf. Am 2° nachmittags brachen starke Angriffe gegen die 14. Reserve-Diviston der Gruppe Reims und die ganze Gruppe Prosnes los. Diesmal

drangen die Franzosen fast überall in die deutschen Verteidigungslinien ein, überrannten sie zum Teil und stießen weiter nach Norden durch. Unter dem

zähen Widerstand der Grabenbesatzungen und den energischen Gegenstößen der Abschnittsreserven entbrannten überall heftige Kämpfe. Vom westlichen Angriffsflügel bis zum Lug ins Land einschließlich war nach mehrstündigem

358

bis ^Mai

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

der Angriff der französischen 20. und 19. Division zurückgeworfen. Nur unbedeutende Grabenstücke blieben vorläufig in Feindeshand. Cin am Abend wiederholter Vorstoß der Franzosen gegen den Eornillet brach im Sperrfeuer zusammen, ehe er an die deutschen Kampfgräben herangekommen

war. Am Ostflügel hatte die 23. (sächsische) Infanterie-Division den Angriff teils im Sperrfeuer, teils im Nahkampf gleichfalls abweisen können; weiter ostwärts bei der 3. Armee war kein Angriff erfolgt. Nicht so schnell entschied sich in der Mitte der angegriffenen Front der Kampf um die Höhenstellung vom Hochberg bis zum Pöhlberg. Ersterer blieb bei erbitterten Kämpfen längere Zeit im Besitz der Franzosen. Unter Einsatz der Reserven der 5. Infanterie-Division und später auch von Teilen der 10. Ersatz-Division des Generals der Infanterie Freiherrn von Gayl wurde der Feind dann aber bis über seine Sturmausgangsstellung zurück¬ geworfen, diese selbst genommen und gehalten. Schwer und zeitweise kritisch entwickelte sich die Schlacht an den inneren Flügeln der 5. und 6. Infanterie-Division sowie bei letzterer. Hier hatte der Feind am weitesten durchstoßen können. Mer die von schwerstem Feuer völlig zerschlagene Vorderhangstellung am Keilberge und über die deutschen Gräben westwärts bis zur Värenburg waren seine Angriffswellen hinweggeflutet und hatten die vordersten Kampfreserven dicht hinter der 1. Linie im „Kipsdorfer Tunnel" eingeschlossen. So waren die Franzosen fast bis an die Straße von Nauroy nach Moronvilliers gekommen, ehe sich ihnen andere Reserven entgegenwarfen. Der linke Flügel der 5.Infanterie-Division hatte sich am Nordwesthang der Värenburg gehalten und von hier scharf zurückbiegend eine neue, nach Osten gerichtete Front gebildet. Zum Keilberg hin¬ über und nach Norden hin klaffte eine große Lücke. In hartem Ringen kämpfte sich bis zum Abend der rechte Flügel der 6. Infanterie-Division wieder auf den Nordhang des Keilberges vor; die Höhenkuppe selbst hielt der Feind fest. Die Verbindung zwischen Keilberg und Värenburg wiederherzustellen, war

nicht gelungen und damit auch nicht die Befreiung der im „Kipsdorfer Tunnel" eingeschlossenen zwei Kompanien. Die Kampfkraft der 6. Infanterie-Division war am Abend nahezu erschöpft, ihre Verluste — wie auch die der 5. Infan¬

terie-Division — waren sehr erheblich. Für einen in der Nacht nochmals

unternommenen Versuch, zum Kipsdorfer Tunnel vorzustoßen, wurden Teile der 10. Ersatz-Division eingesetzt, die aber auch nicht zum Ziel gelangten. Eine weit nach Norden ausholende, dünne Kampflinie entstand in der Nacht zur Verbindung der auseinandergerissenen Flügel beider Divisionen. Die Tunnelbesatzung mußte nach dem Fehlschlagen eines am 1. Mai nochmals

unternommenen Entsatzversuches verloren gegeben werden; sie wehrte sich noch bis zum 2. Mai.

Der zweite französische Durchbruchsversuch.

ZSg

Am Pöhlberg hatte die 6. Infanterie-Division alle französischen Angriffe im allgemeinen zurückgeschlagen. Die südliche, überhöhende, der beiden Vergkuppen war in Händen der Franzosen geblieben. Der mit großem Munitionsaufwand vorbereitete und mit frischen, an

Zahl stark überlegenen Infanteriekräften geführte Angriff der Franzosen hatte dank der zähen Tapferkeit der deutschen Divisionen, die durch ihre Artillerie unermüdlich und kräftigst unterstützt worden waren, nicht den erstrebten Erfolg gehabt. Wohl standen die Franzosen auf den meisten der Höhen, ihr Besitz war aber noch keineswegs gesichert. Die Verluste waren auch auf sran-

zösischer Seite sehr hoch. Der heftige Artilleriekamps hielt am Brennpunkt der Schlacht noch längere Zeit an. Auf der übrigen Front flaute er allmählich ab.

Z. Die Schlacht bis zum 8. Mai. Beilage 13,15—18.

Die neuen von General Nivelle befohlenen Angriffe sollten nach mancherlei Hin und Her der zeitlichen Festsetzung nach den endgültigen Befehlen am 4. Mai beginnen und für die 6. und 10. Armee zunächst zur völligen Inbesitznähme des Chemin des Dames-Rückens, für die 5. und 4. Armee zur „Entlastung von Reims" führen. Die noch verbleibenden Tage wurden durch

Vorbereitungsfeuer der Artillerie und Minenwerfer ausgefüllt und brachten einige Veränderungen und Auffrischungen im französischen Kräfteeinsatz. a) Die Kämpfe der 7. Armee.

Das feindliche Feuer lag in ständig gesteigerter Heftigkeit und jetzt auch nachts kaum unterbrochen auf der Gesamtabwehrfront der 7. Armee. Dabei zeichneten sich deutlich als Brennpunkte kommender Großkämpfe der Abschnitt Vauxaillon—Laffaux, die Chemin des Dames-Stellung nördlich von Ostel und Braye und die Gegend östlich der Hurtebise-Ferme bis einschließlich des Winterberges ab. Wie in den Tagen vor dem 16. April machte sich die allabendliche Vergasung des Ailette-Grundes und das weit in das Hinter-

gelände reichende schwere Feuer auf Unterkünfte und Wegeverbindungen wieder sehr störend fühlbar. Die deutschen Batterien führten den Kampf mit im wesentlichen ungeschwächter Kraft. Am 3. Mai fühlten die Franzosen an verschiedenen Stellen mit stärkeren Abteilungen vor, so nordwestlich von Braye, an der Mühle von Vauelere

und am Winterberg. Der Augenblick des französischen Angriffs schien nahe¬

z. Mai.

360

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

gerückt. Letzte Verschiebungen der Reserven hinter der Armeefront wurden 4. Mai.

durchgeführt. Danach stand die 7.Armee am Morgen des 4. Mai wie folgt: In der Kampffront:

Cingreif-Divisionen:

Reserven der Heeresgruppe und Obersten Heeresleitung:

Gruppe Crepy (Gkdo. XXIII. R.K.) 46. Res. Div.

211. Ins. Div. im Räume

Cröpy—Crecy 13. Ldw. Div. 5. Garde-Ins. Div. nörd-

lich von Ne De de Liesse, mit vorgeschobenen Teilen westlich von Laon

Gruppe Vailly (Gkdo. XI.A.K.) 33. Res. Div. 222. Ins. Div. 44. Res. Div. 45. Res. Div.

206. Inf. Div. in und süd¬ westlich von Laon

113. Ins. Div.

Gruppe Liesse (Gkdo. 54) 20. Inf. Div. 1. Garde-Ins. Div. 2. Garde-Ins. Div.

Gruppe Sissonnt (Gkdo. 65) 28. Res. Div. 213. Ins. Div. o2. Inf. Div.

10. Inf. Div. mit vordersten Teilen bei Vruyöres südöstlich von Laon

11. bayer. Inf. Div. füdöstlich von Laon im Räume

Vievres—Eppes 14. Inf. Div. im Räume

Arrancy—Festieux—Mar¬ chais 9. Inf. Div. in und süd¬ westlich von Sissonne 50. Inf. Div. bei Amifontaine und La Malmaifon

37. Inf. Div. im AntransPort und in Versammlung südwestlich von Montcornet

Seit frühestem Morgen tobte wiederum ein Feuerorkan über den Kampfstellungen der Armee. An einzelnen Frontteilen von Feuerpausen unterkrochen, die zu Vorstößen stärkerer Erkundungsabteilungen ausgenutzt wurden, hielt die Beschießung in unverminderter Heftigkeit bis zum Abend an. Dann setzten an mehreren Stellen gleichzeitig Teilangriffe starker sranzösischer Kräfte ein. Vei der Mühle von Laffaux wies die 33. Reserve-Divi¬ sion, bei der Royöre-Ferme am Chemin des Dames südlich von Filain die 44. Reserve-Division, bei Cerny die 20. Infanterie-Division feindliche Vor¬ stöße ab-

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 7.Armee.

361

Mit besonderer Wucht waren die Franzosen über Craonne gegen die

inneren Flügel derGruppenLiesse undSissonneauf dem Winterberg vorgestoßen. Hier hatte die 36. Diviston des französischen XVIII. Korps (10. Armee) angegriffen, um dem Korps für den Hauptstoß am nächsten Tage bessere Ausgangsstellungen zu schaffen. Die Ausgänge eines unter dem Ostrand der Winterberg-Hochfläche angelegten Tunnels gerieten durch das von Fliegern zielgenau geleitete Feuer in Brand; an 200 Mann der dort untergebrachten Kampfreserven konnten sich nicht mehr retten. Die vordersten Stellungsbesatzungen der 2. Garde-Infanterie-Division und der 28. ReserveDivision auf dem Winterberge wurden überrannt, wobei der durch den Tunnelbrand verursachte Ausfall an Kampfreserven entscheidend mitsprach. Erst hart vor dem Nordrand der Hochfläche wurde der Stoß aufgefangen, doch warf der stark nachdrängende Feind den rechten Flügel der 28. Neferve-Divi-

sion auf der Ostseite der Hochfläche den Hang hinunter. Energisch geführte Gegenstöße und erbitterte Nahkämpfe verhinderten, daß die Franzosen die ganze Winterberg-Höhe wegnahmen; der Ort Craonne aber war jetzt restlos

in ihrem Besitz. Die Kämpfe setzten sich die ganze Nacht hindurch fort. Unter dem Eindruck, daß die Schlacht wieder in vollem Gange sei, hatte General von Boehnam Nachmittage Befehl gegeben, die Cingreifkräfte näher heranzuziehen. Die Kampffront der Gruppe Lieste wurde durch Einsah von Teilen der 11. bayerischen Infanterie-Division im Abschnitt der 2t). und Teilen der 14. Insanterie-Division im Abschnitt der I.Garde-Infanterie-Division unmittelbar gestützt. Am linken Flügel hatte die Gruppe Sisionne in ihren beiden Cingreis-Divisionen ausreichende Reserven zur Hand, um notfalls die bedrohte Frontstelle Winterberg—Chevreux zu verstärken. Mit Zustimmung der Heeresgruppe ordnete General von Voehn auch engeres Aufschließen der 10. Infanterie-Division südöstlich von Laon an.

Die Kämpfe bei den Gruppen Vailly und Liesse. Nach den Befehlen des Generals Mangin hatte die französische 6. Armee am 5. Mai mit dem I. Kolonialkorps, dem XXXVII. und VI. Korps die

Linie Pinon—Chavignon—Filain—Nordhang des Chemin des DamesRückens nördlich der Froidmont-Ferme zu erreichen; XX. und XI. Korps sollten die Nordhänge des Hochrückens vor ihrer Front gewinnen. Mit Tagesgrauen wurde am 5. Mai die Artillerieschlacht wieder mit

größter Heftigkeit aufgenommen. Von Vauxaillon über die Mühle von

Laffaux und längs des Chemin des Dames bis östlich des Winterberges

s. Mai.

362

s.Mat.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

stand alsbald eine hohe Rauch- und Nebelwand. Hinter ihrem Schleier entwickelte sich der französische Infanterie-Angriff auf der ganzen Front. Vei der Gruppe V a i l l y brachen gegen 6° morgens nördlich von

der Laffaux-Mühle bis nach Vauxaillon hinauf das I. Kolonialkorps (3. Kolonial-Division und Division Brecard, aus drei Kürassier-Regimentern zusammengestellt) gegen die 33. Reserve-Division des Generalleutnants Bausch und östlich der Mühle bis über die Mennejean-Ferme hinaus gegen die 222. Infanterie-Division des Generalmajors Küster Teile des XXXVII.

Korps (158. Division) in starken Sturmwellen vor. Der Angriff zerschellte bei Vauxaillon schon vor der deutschen Stellung im Abwehrfeuer. An der Laffaux-Ccke selbst und östlich der Mennejean-Ferme wurden die vordersten Linien der 33. Reserve- und 222. Infanterie-Division überlaufen. Doch konnte der Stoß noch auf der Hochfläche östlich von Laffaux sowie südlich der Straße Soisions—Laon aufgefangen, teilweise auch zurückgeschlagen werden. Die Mennejean-Ferme war gehalten worden. Erst als die Franzosen hier und an der Laffaux-Mühle Tanks einsetzten, konnten sie sich in den bisherigen vordersten deutschen Gräben endgültig behaupten. Stundenlang wogten die Kämpfe hin und her. Das entscheidende Gelände wurde gehalten. Daran änderte auch ein am Abend nochmals über die Linie Vauxaillon—Laffaur

vorgetragener starker französischer Angriff nichts mehr, ebensowenig ein letzter, schon in der Dunkelheit ausgeführter Vorstoß westlich der Mennejean-Ferme. Auf Pinon herangezogene Teile der 206. Infanterie-Division kamen nicht mehr zum Einsatz. Auf der ostwärts anschließenden Chemin des Dames-Front begann der

französische Angriff einige Stunden später. Am 10° vormittags sprang das Feuer der französischen Batterien und Minenwerfer von den völlig zerstörten deutschen Infanterie-Stellungen auf die Nordhänge des Chemin des DamesRückens vor und gab der Sturminfanterie den Weg frei. Im gleichen Augen¬ blick brachen gegen die Linie Fort Malmaison—Royöre-Ferme—FroidmontFerme die Angriffswellen des VI. Korps, anschließend bis südlich von Courtecon die des XX. Korps und über Cerny—Ailles bis zur Hurtebise-

Ferme solche des XI. Korps fast gleichzeitig auf der ganzen Front in starken Massen vor. Nach leicht errungenem Anfangserfolge stießen die Sturmtruppen überall auf hartnäckigen Widerstand. Schwere, blutige Kämpfe füll¬ ten den ganzen Tag; ihr Endergebnis war ein neuer Fehlschlag für die

Franzosen. Auf der Osthälfte der Gruppe Vailly war die 44. Reserve-Division des Generalmajors von Foelkersamb von den hinter der Rauch- und Staubwand

hervorbrechenden, dichten, stürmenden Mafien des VI. Korps (166. und

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 7.Armee.

363

12. Division) im ersten Anlauf überrannt worden; der Feind hatte den Nordrand des Chemin des Dames-Rückens gewonnen. Südlich von Pargny wurde

eine nach Norden vorspringende Vergnase (Beauregard) noch gehalten. Die in der Richtung auf Filain vordringenden Sturmwellen brachen sich an der Royere-Ferme, die allen Angriffen standhielt; sie fluteten aber zu beiden Seiten daran vorbei den Nordhang der Hochfläche hinab bis nahe an Filain heran. An der Naht zur 45. Reserve-Division leisteten in der Wittenberg-

Höhle eingeschlossene Kampfreserven hartnäckigen Widerstand. Dieser und das tapfere Aushalten der Besatzung der in einem Dreiviertelkreis umklam-

merten Royere-Ferme, verbunden mit frontalen Gegenstößen, hemmten das Vordringen der Franzosen so, daß es etwa auf dem halben Hange zum Stehen kam. Südlich von Filain hielt der Feind mit Ste. Berthe einen das Hang-

gelände nach Osten und Westen flankierend beherrschenden Punkt zähe fest. Beim Abschluß der schweren Kämpfe war die 44. Reserve-Division fast völlig vom Chemin des Dames-Rücken heruntergestoßen; nur ihr äußerster rechter Flügel und die Mitte in der fast eingeschlossenen Royöre-Ferme standen noch auf der Hochfläche. Ein Regiment der 206. Infanterie-Division, das der 44. Reserve-Division zur Verfügung gestellt worden war, wurde beim Vormarsch durch das vergaste Ailette-Tal und durch das zu Umwegen nötigende Staubecken des Oife/Aisne-Kanals nördlich von Filain stark behindert. Seine einzeln vorgeworfenen Bataillone konnten keine Änderung

der Lage mehr herbeiführen. Weiter ostwärts hatte der Ansturm der Divisionen des französischen XX. Korps (11., 168., 133. Division) zunächst auch die fast völlig zerstörten Verteidigungslinien der 45. Reserve-Division unter Generalmajor Walter von Cberhardt im ersten Anlauf größtenteils überrannt. Bei der 113. Infan¬ terie-Division des Generalmajors von Bergmann dagegen hatte das Sperr¬ feuer so rechtzeitig eingesetzt, daß der Angriff in der Hauptsache vor der deut¬

schen Stellung zusammenbrach. Der eingedrungene Feind wurde durch ört¬ liche Kampfreserven beider Divisionen überall wieder hinausgeworfen. Bis zur Mittagsstunde war die Stellung von der Froidmont-Ferme bis südlich

von Courtecon wieder fest in deutscher Hand. Ein später einsetzender zweiter Angriff der Franzosen wurde nach anfänglichen Erfolgen abermals über den Ehemin des Dames zurückgeworfen.

Noch während der Nachmittagskämpfe hatte General vonBoehnder 45. Reserve-Division ein Regiment der anrückenden 10. Infanterie-Division zugeteilt zur Sicherung der rechten Flanke, die durch den Kampfverlauf bei der 44. Reserve-Division stark bedroht schien. Die ersten verwendbaren Teile des Regiments trafen am späten Abend am Nordeingang des Kanaltunnels, süd-

364

S.Mai,

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

lich von Ehevregny, ein und traten noch in der Nacht um 1" mit Teilen der

45. und auch der 44. Reserve-Division zum Angriff in der Richtung auf die Wittenberg-Höhle an. Die Stellung an der Höhle wurde genommen, eine

größere Zahl deutscher Soldaten befreit und der mit großem Schneid geführte Stoß bis in die verlorene vorderste Linie am Ehemin des Dames vorgetragen.

Dann zwang flankierendes Feuer, bis an die Höhle wieder zurückzugehen.

Auch die Divisionen der Gruppe Li esse hatten schwere Kämpfe zu bestehen. Der erste Anlauf des französischen XI. Korps (21. und 22.Divi¬ sion) wurde vom rechten Flügel der Infanterie-Division unter General¬ leutnant Wellmann teils im Abwehrfeuer, teils in Gegenstößen zum Stehen

gebracht, östlich von Cerny dagegen und hinübergreifend in den Abschnitt der 1. Garde-Infanterie-Division bis etwa an den Weg Ailles—Paissy

gewannen die Franzosen mehr Boden. Bei Cerny wurde die Front in den Talgrund nördlich des Dorfes heruntergedrückt; im Dorfe selbst und in den Resten der Zuckerfabrik hielt sich die deutsche Besatzung. Auf der Hochfläche östlich davon wurde in harten Kämpfen, die stundenlang und mit wechselndem Erfolge hin und her wogten, gerungen und der Nordrand schließlich im wesentlichen gehalten. Westlich von Cerny blieb der französische Geländegewinn geringer. Besonderes Verdienst erwarben sich hier — wie das amtliche französische Werk schreibt — die deutschen Batterien, die der stürmenden

französischen Infanterie schwerste Verluste zufügten. Erst am späten Abend trafen die ersten Unterstützungen von der 11. bayerischen Infanterie-Division des Generalleutnants Ritter von Kneußl nord¬ östlich von Cerny ein. Am 11° abends traten sie zum Gegenstoß an, der aber

nicht bis Cerny durchzudringen vermochte. Im Laufe der Nacht herankommende weitere Teile der Division stützten die Front hinter den Einbruchsstellen ab. Die 1. Garde-Infanterie-Division unter Oberst Eitel Friedrich Prinz von Preußen hatte unter schweren Kämpfen bis zum späten Nachmittag die

beim ersten französischen Ansturm verlorenen Stellungsteile fast restlos wiedergewonnen. Am äußersten rechten Flügel allerdings vermochte ihre Kampflinie sich nur mit größter Mühe am Nordhang unterhalb der ver-

lorenen Randstellung festzuklammern und die bis in die Dunkelheit hinein immer wiederholten Vorstöße der Franzosen unter Einsatz des letzten Mannes und letzter Kraft abzuwehren. Mit besonderer Erbitterung und Zähigkeit war auch westlich der Hurtebise-Ferme um die dortige „Drachenhöhle", wohl

die ausgedehnteste der unterirdischen Verteidigungsanlagen, gekämpft worden. Jeder Angriffserfolg wurde dem Feinde wieder abgerungen. Hier

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 7. Armee.

365

hatten schon Teile der 14. Infanterie-Division des Generalmajors von Versen mit eingegriffen. Andere wurden in der Nacht an den dringend der Unter-

stühung bedürftigen rechten Flügel gezogen; ihnen gelang es im Morgengrauen des 6. Mai, die auf dem Nordhang des Hochrückens (im Elsetal) eingenisteten Franzosen zu vertreiben und die alte Randstellung auf der Höhe nunmehr restlos wieder in Besitz zu nehmen.

Allgemeine Erschöpfung und strömender Regen ließen die Kampftätigkeit auf französischer Seite am Vormittag des 6. Mai nur langsam wieder

erwachen. Deutsche Gegenstöße, die von der 33. Reserve-Division auf der Hochfläche östlich von Vauxaillon und Laffaux und von der 44. ReserveDivision südlich von Pargny und Filain unternommen wurden, brachten nur geringe Erfolge.

Erst am frühen Nachmittage schwoll das französische Feuer auf der ganzen Front wieder zu höchster Stärke an und bereitete heftige Angriffe vor.

Die Gruppe Vailly mußte sich gegen Vorstöße zur Wehr setzen, die auf ihre Südfront von Laffaux bis zur Malval-Ferme nördlich von Vraye gerichtet waren. Aus beiden Flanken der Laffaux-Ecke wurden die 33. Re-

serve- und 222. Infanterie-Division gleichzeitig angegriffen. Die KürassierDivision Vröcard stieß den linken Flügel der 33. Reserve-Division beim Gehöft La Motte nordöstlich von Laffaux von der Höhe herunter; der erbittert fortgesetzte Kampf wurde erst nach Einbruch der Dunkelheit durch die Wiedernähme von La Motte zugunsten der 33. Reserve-Division entschieden. Die 222. Infanterie-Division wies alle bis zum späten Abend wiederholten An-

griffe beiderseits der Mennejean-Ferme zurück. Einen weiteren starken Vorstoß hatten die Franzosen östlich der Royöre-Ferme angesetzt, die als vorgeschobenes Vollwerk allein noch auf dem Ehemin des Dames-Rücken von

der 44. Reserve-Division gehalten wurde. In gemeinsamer Abwehr durch die an dieser Frontstelle vermischten Teile der 44. Reserve-, 206. Infanterie-, 45. Reserve- und 10. Infanterie-Division wurden der erste Angriff und seine bis zum Abend mehrmals folgenden Wiederholungen nicht nur zurück-

geschlagen, fondern die eigene Stellung bei der hartumkämpften WittenbergHöhle Verbeffert und gefestigt. Große Anstrengungen machte auch das franZösische XX. Korps, nördlich von Vraye vorwärtszukommen. Mehrfach stießen seine Sturmtruppen bis zur Malval-Ferme vor; jedesmal warfen die Bataillone der 43. Reserve-Division und der 113. Infanterie-Division den Feind im Gegenstoß und in wütenden Nahkämpfen wieder zurück.

Am Abend des schweren Kampftages hatte die Gruppe Vailly ihre Stellung behauptet; der Gegner hatte erneut schwere Verluste erlitten.

Mai.

366

6. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

An der Front derGruppeLiesse setzten stärkere französische Teilangriffe erst am späten Nachmittage oder am Abend ein. Vei Cerny und auf der östlich davon gelegenen Hochfläche kam es zu keinem größeren Vorstoße, die Handgranatenkämpfe rissen aber an allen Stellen naher Gefechtsberührung nicht ab. Von größter Lebhaftigkeit waren wiederum die Kämpfe, die sich an der Front der 14. Infanterie-Division (bisheriger Abschnitt der 1. GardeInfanterie-Division) westlich der Hurtebife-Ferme um den Besitz der

„Drachenhöhle" abspielten. Vis in die Nacht hinein bemühten sich die fran¬ zösischen Sturmabteilungen vergeblich, hier Vorteile zu erringen oder vor¬

übergehende Erfolge zu behaupten. Im allgemeinen hatte die Kampflage auf dem Frontteil der Gruppe Liesse westlich von der Hurtebife-Ferme keine Änderung erfahren. ?. Mai.

Mit dem Morgengrauen des 7. Mai lebte der Artilleriekampf zwar wieder auf, die Stärke der Vortage erreichte er aber nicht mehr. Auch die an einzelnen Frontstellen immer von neuem unternommenen Vorstöße der Franzofen waren schwächer. Wo es zu Nahkämpfen kam, wie bei der Mühle von Laffaux und an den Einbruchsstellen am Chemin des Dames zwischen

der Mennejean- und der Hurtebife-Ferme, brachten sie keine die Gefamtlage

beeinflussende Veränderungen. Ein Gegenangriff, den die 20. Infanterie-Division zusammen mit Teilen der 11. bayerischen Infanterie-Division am frühen Morgen auf der Hochfläche östlich von Cerny begonnen hatte, blieb sehr bald im Feuer des Gegners liegen. Abends antwortete dieser mit starken Vorstößen, die an der LaffauxEcke und an der Roytzre-Ferme wiederum im deutschen Abwehrfeuer zu¬

sammenbrachen; bei Ailles und an der Hurtebife-Ferme führten sie zu hef¬

tigsten Kämpfen, bis der Feind gegen Mitternacht auch hier blutig abgewiesen war.

Die Front von Vauxaillon bis zur Hurtebife-Ferme hatte sich jetzt soweit gefestigt, daß im Laufe der kommenden Nacht die begonnenen und

geplanten Ablösungen von sechs abgekämpften Frontdivisionen') fortgesetzt werden konnten.

Die Teilangriffe der letzten Tage hatten den Franzosen nur geringen Geländegewinn, aber aufs neue sehr erhebliche blutige Verluste gebracht. Wo sich die Gegner eng ineinander verbissen hatten, setzten sich die örtlichen «. Mai.

Kämpfe mit Tagesanbruch des 8. Mai fort, ohne aber die Lage zu verändern. 1) 33.R. D., 222. I.D., 44. und 45.R.D., 20. und 1. Gd. I. D. durch 211., so. 206., 10., 11. bayer. und 14. I. D.

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 7. Armee.

5(37

Die Kämpfe am Winterberg und bei der

Gruppe Sissonne. Am5.Mai sollte der Hauptstoß der französischen 10. Armee des Generals Duchßne beginnen. Sein Ziel war der Winterberg und die Anschlußstellungen über Chevreux nach Osten bis etwa zur Straße Corbeny— Reims. Dazu sollte am ersten Tage das XVIII. Korps (35., 36. Division) das Plateau der Mühle von Vauelere, die Südhälfte des Winterberges und die Anschlußlinien bis Chevreux nehmen. Der 6. Mai sollte der weiteren artilleristischen Vorbereitung dienen, am 7. Mai hatte das IX. Korps (17.,

18., 66. Division) die vorderste deutsche Stellung südöstlich von Chevreux anzugreifen, am 8. schließlich sollte von beiden Korps das Endziel des An-

griffs erreicht werden. Am linken Flügel der Gruppe Liesse hatte die 2.Garde-Infanterie-Division unter Generalmajor von Friedeburg während der Großkampf-

tage im unmittelbaren Zusammenhang mit der ostwärts anschließenden Gruppe Sissonne gekämpft, deren rechte Flügeldivision, die 28.Reserve-Divifion des Generalmajors Ziethen, auf dem Winterberg mit ihr unmittelbare Fühlung hatte. Daß die Divisions- und Gruppengrenze das Kampffeld mitten durchschnitt, war dabei nachteilig. In der Frühe des 5. Mai

konnte der linke Flügel der 2. Garde-Infanterie-Division seine tags zuvor

verlorene Stellung auf der Höhe des Winterberges vorübergehend wiedergewinnen, mußte sie aber, in seiner westlichen Flanke bedrängt, bald wieder aufgeben, weil der von der 28. Reserve-Division angesetzte Gegenstoß sich verspätete. Inzwischen bereitete sich gegen beide Divisionen bereits der neue

große Angriff des Gegners vor. Seit 6° früh hatte die Beschießung der Stellungen der 2. Garde-Infanterie- und der 28. Reserve-Division in voller Stärke wieder eingesetzt, sie steigerte sich nach einiger Zeit zum Trommelfeuer. Etwa um 10° vormittags brach der Massenstoß des französischen XVIII. Korps von der HurtebiseFerme bis östlich von Craonne vor. Der rechte Flügel der 2. Garde-Division konnte sich am Nordhang des Chemin des Dames-Rückens nordöstlich der

öurtebise-Ferme halten. Weiter ostwärts ging die Hochfläche verloren. Nur an zwei schmalen Stellen, dem Nordausgang eines langen Tunnels dicht westlich der Vauelere-Mühle (Kaisertreu-Tunnel) und in einem Stützpunkt nordöstlich davon, hielten sich Teile noch an ihrem Nordrand unter unausgesetzten Handgranatenkämpfen bis in die Dunkelheit. Nördlich der VauelereMühle bis zum Winterberg war die deutsche Front größtenteils bis an den

Nordrand der Hochfläche zurückgedrängt worden.

s. Mai.

368

5. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

General von Liebert hatte bald nach Angriffsbeginn ein Regiment der

14. Infanterie-Division der 2. Garde-Division unterstellt und in der Rich¬ tung auf die Mühle von Vauelere in Marsch setzen lassen. Wie alle von rückwärts herangeführten Reserven, die das versumpfte und vergaste, unter

ständigem schweren Beschuß liegende Ailette-Tal durchqueren mußten, traf aber das vorderste Bataillon dieses Regiments erst nach langen Stunden und in auseinandergerissenen Teilen gegen 10° abends an der Kampffront ein, gerade noch rechtzeitig, um einen heftigen Abendangriff der Franzosen zum

Stehen zu bringen. An eine Wiedernahme der Stellung auf dem Hochrücken war aber vorerst nicht zu denken.

Kritisch hatte sich die Lage auf dem Winterberg entwickelt, gegen den die französische 36. Division des XVIII. Korps angriff. Sie hatte die schon erheblich geschwächte deutsche Linie nach Norden und Nordwesten von der Hochfläche heruntergeworfen. Der Ostflügel der 2. Garde-Division konnte sich in einer scharf zurückgebogenen Frontlinie gerade noch am Hange halten, der Westflügel der 28. Reserve--Division gab nach Norden bis über die St. Victor-Ferme und östlich davon nach. Die Franzosen hatten gleich im ersten An¬ lauf das ihnen erst für den 8. Mai gesteckte Endziel erreicht. Sie stießen zunächst nicht weiter vor und erlitten, auf dem Winterberg zusammengedrängt, durch Artilleriefeuer schwere Verluste. Die an der ganzen Front immer wieder

lebhaft aufflackernden Nahkämpfe fanden auch nach Einbruch der Dunkelheit kein Ende. Chevreux und die Anschlußstellung bis hart östlich von Craonne waren fest in deutscher Hand. Zur Rückeroberung des Winterberges waren

frische Kräfte und ein planmäßiger Gegenangriff erforderlich. General vonVoehn betraute mit dieser Aufgabe den Kommandierenden General

der Gruppe Sissonne, Generalleutnant Eberhard Graf Schmettow, und stellte ihm dazu die 9. Infanterie-Division und zwei Bataillone der 14. InfanterieDiviston zur Verfügung. Die Ausführung wurde für den kommenden Tag in Aussicht genommen. Die 9. Infanterie-Division unter Generalmajor Weber stand in der 6, Mat.

Nacht zum 6. Mai in der II. Stellung beiderseits Aizelles (nördlich von

Eorbeny) mit vorgeschobenen Teilen bei Eorbeny in der Artillerieschuhstellung. Um 6° morgens begann die Artillerievorbereitung des von General

Ziethen geleiteten und von der 9. Infanterie-Division durchzuführenden Gegenangriffs. Die Infanterie stellte sich mit den Hauptkräften der Nordseite, mit schwächeren Flügeln der Nordost- und Westecke des nach Norden etwas herausspringenden Winterberges gegenüber bereit. Dies geschah unter großen Schwierigkeiten, die das Gelände mit sich brachte, und unter fühl¬

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 7. Armee.

ZöS

baren Verlusten durch das Feuer des Gegners, der das Aufmarschgelände einsehen konnte. Gegen 10° vormittags traten die Angriffswellen an. Die

Verluste mehrten sich, doch blieb die Bewegung im Fluß, und schon nach einer knappen halben Stunde war in rücksichtslos schneidigem Ansturm von

Norden her der Berghang erstiegen. Der weichende Feind wurde über die Höhenlinie des Vergplateaus hinaus verfolgt. Die Flügel kamen nicht ganz so weit mit. Schnell einsetzende französische Gegenstöße brachten dann den Angriff zum Stehen und drückten die Mitte der Angriffsfront wieder bis in die vor dem Nordrand der Hochfläche laufende „Winterberg-Linie" zurück, die in erbitterten Nahkämpfen festgehalten wurde. Viermal rannte die französische 36. Division dagegen an; als auch ihr letzter, am späten Abend vorgetragener Angriff blutig abgeschlagen war,räumten die Franzosen denNordteil der Hochfläche. Die Scheitellinie selbst blieb unbesetzt zwischen den

Fronten. Der rechte Flügel der 2. Garde-Infanterie-Division hatte unterdessen vergeblich versucht, die noch am Nordrande des Chemin des Dames-Nückens

nordwestlich von der Vauclerc-Mühle sich haltenden Verteidigungsnester aus der Umklammerung zu befreien. Die Kampflinie von der Hurtebife-Ferme bis an den zwischen ihr und dem Winterberge nach Norden vorspringenden Vuckel des Hochrückens hing nur noch am unteren Verghange. Von da an bis fast zur Südwestecke des Winterberges wurde der Nordrand gehalten. Am Morgen des 7. Mai versuchten die Franzosen nach kräftigem Feuerstoß noch einmal gegen die neue deutsche Linie auf dem Winterberg

7. Mai.

vorzugehen. Wo der Angriff nicht schon im Abwehrfeuer zusammenbrach, wurde er im Nahkampf blutig zurückgeschlagen. Tagsüber lag lebhaftes Artilleriefeuer auf der deutschen Stellung. Cin am Abend wiederholter fran-

zösischer Vorstoß hatte das gleiche Schicksal wie der Morgenangriff. Die Lage blieb unverändert. Der für den 7. Mai angesetzte Angriff des französischen IX. Korps gegen Chevreux und die Stellungen südöstlich des Ortes war auf den 8. verschoben worden. Die schweren Verluste der französischen 36. Division am

Winterberge hatten ihre Ablösung durch die 154. nötig gemacht. Mit dieser Division und der 18. des IX. Korps setzten die Franzosen am 8. ihre Angriffe

fort. Nach ruhigerem Artilleriefeuer am Vormittag legten sie im Laufe des Nachmittags heftigstes Trommelfeuer auf die Front vom Winterberg einschließlich bis zur Straße Corbeny—Verry au Vae. Am 6° nachmittags brach der erste Angriff auf der ganzen Linie vor; bis etwa 10° abends folgten wieder-

holte Vorstöße frischer Sturmwellen. Auf dem Winterberge wurde der An-

greiser jedesmal unter schweren Verlusten glatt abgewiesen, bei Chevreux Weltkrieg. XII. Band.

24

«. Mai.

370

8. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

und ostwärts, soweit er hatte einbrechen können, wieder hinausgeworfen. Nur in einer Kiesgrube am Wege Corbeny—Pontavert, am rechten Flügel der

213. Infanterie-Division, konnte er sich festsetzen. Der Artilleriekampf kam erst gegen Mitternacht zum Schweigen. An der übrigen Front der Gruppe Sisionne bis nach Iuvineourt waren — entsprechend dem französischen Angriffsplan — keine Angriffe erfolgt.

General vonBoehn hatte schon am 7. Mai mit Einverständnis der Heeresgruppe die ersten verfügbaren Teile der von der Obersten Heeres¬

leitung nach Monteornet heranbeförderten 2. bayerischen Infanterie-Division mit Eisenbahn und Kraftwagen bis in die Gegend von Mauregny hinter die 2. Garde-Division vorgezogen. Der Austausch dieser beiden Divisionen

begann in der Nacht zum 9. Mai. Am rechten Flügel der Gruppe Sisionne wurden die von den fast pausenlosen und verlustreichen Kämpfen am Winterberg mitgenommenen Regimenter der 9. Infanterie- und 28. Reserve-Division durch noch kampfkräftige Teile beider Divisionen abgelöst. Die 28. Reserve-Division übernahm damit wieder den alleinigen, verantwort¬ lichen Befehl an diesem Teil der Kampffront, die 9. Infanterie-Division mit den herausgezogenen Teilen die Aufgaben der Eingreif-Division hinter der Front vom Winterberg bis Iuvincourt. Die aufreibenden Kämpfe der letzten Tage hatten die Reserven der 7. Armee fast ganz aufgezehrt. Eine Weiterverwendung der aus der Front gelösten Divisionen in der Schlacht war für längere Zeit nicht denkbar. Abgesehen von der schon festgelegten 2. bayerischen Insanterie-Division hatte die Heeresgruppe hinter der 7. Armee nur noch die 37. Infanterie-Division zur Verfügung, die inzwischen östlich von Laon bereitgestellt war. Anderer¬ seits bestand aber beim Oberkommando der 7. Armee am 8. Mai der Ein¬

druck, daß auch der zweite große Offensivstoß der Franzosen mit einem ausgesprochenen Mißerfolge geendet hatte. Nach dem großen Fehlschlage der Schlacht vom 16. bis 20. April, die mit weitgesteckten Zielen begonnen worden war, hatten die Franzosen diesmal — nach den Aussagen Gefan¬ gener — mit ganz beschränkten Zielen angegriffen: nur der Rücken des

Chemin des Dames hatte genommen werden sollen. Aber auch dieses nahe gelegene Angriffsziel war nur an einzelnen Stellen und unter abermals sehr

hohen Verlusten erreicht worden. b) Die Kämpfe der 1. Armee, bis z. Mai.

Auf der Gesamtfront der 1. Armee herrschte in den ersten Maitagen

eine recht lebhafte Feuertätigkeit der französischen Artillerie. Es war deutlich erkennbar, daß der Feind einen neuen, breit angelegten Angriff vorbereitete.

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpse der 1. Armee.

371

Tatsächlich war auch die gemeinschaftliche neue Offensive der französischen 5. und 4. Armee „zur Entlastung von Reims" auf den 4. Mai endgültig festgesetzt worden. Die Angriffsaufgabe der 5. Armee war dahin

begrenzt worden, daß sie durch Fortnahme des Mont Sapigneul (Höhe 91) und des Mont Spin (Höhe 100) sowie von Vermöricourt ihre Front verbessern und das spätere Vorgehen gegen den Vrimont vorbereiten sollte.

Daneben blieb ihr Auftrag in Geltung, die rechte Flanke der vorgehenden 10. Armee zu decken. General Mazel verfügte dazu über das II. Korps (4., 3. und 167. Division), das VII. Korps (41., 152. und 46. Division) und über das XXXVIII. Korps (151. Division und 4. Kavallerie-Division des 11. Kavalleriekorps). Das Angriffsziel der 4. Armee war der unbestrittene Besitz der Höhenkette vom Cornillet bis zum Pöhlberge geblieben. Darüber hinaus beabsichtigte General Anthoine eine Sicherungslinie etwa 500 Meter

nach Norden vorzuschieben. Zuerst sollte das X. Korps (20. und 19. Division) den Cornillet und den Lug ins Land nehmen, danach das XVII. Korps (131.,

8.'), 128. Division) die Angriffsfront nach Osten verlängern. Durch stärksten Artillerieeinsatz hoffte man die bisherigen hohen Verluste der Infanterie möglichft zu vermeiden.

Diesen Plänen entsprechend lag heftiges Feuer insbesondere auf dem deutschen Frontabschnitt von der Aisne bis nördlich des Vrimont und auf dem Höhenzuge im Abschnitt der Gruppe P r o s n e s , hier in erster Linie

auf dem Cornillet und dem Langen Rücken. Vom 2. Mai ab steigerte sich das feindliche Feuer zum Trommelfeuer und hielt, auch nachts nur wenig abgeschwächt, den 3. Mai über in unverminderter Stärke an.

Unterdessen hatte die 14. Reserve-Division am 1. Mai den größten Teil der vom Vortage her noch in Feindeshand verbliebenen Stellungsteile ihres linken Flügels in harten Nahkämpfen wiedernehmen können. Dagegen war der von der 6. Infanterie-Division an diesem Tage nochmals unternommene Versuch, am Westhange des Keilberges Gelände zurückzugewinnen, ge-

scheitert. Die Lücke zwischen der 5. und 6. Infanterie-Division mußte weiter rückwärts abgeriegelt werden. Während der Trommelfeuerpausen vorfühlende

französische Abteilungen wurden überall abgewiesen. Im Abschnitt der 223. Insanterie-Division gab man einige vor die eigentliche Widerstandslinie am Langen Rücken vorspringende, bei ernstlichem Angriff nicht zu haltende Stellungsteile freiwillig auf; sie wurden am 2. Mai von den Fran-

zosen besetzt. x) An Stelle der 33. Div. eingesetzt. 24*

372

i. bi» z. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Die sehr schweren und verlustreichen Kämpfe der letzten Zeit hatten

sowohl die 5. wie die 6. Infanterie-Division stark mitgenommen. Generalleutnant Freiherr von Lüttwitz hatte deshalb am 1. Mai ihre sofortige Ab¬ lösung durch die ihm zur Verfügung gestellte 33. Infanterie-Division des Generalmajors Scheuch und durch die 10. Crfatz-Division des Generals der Infanterie Freiherrn von Gayl befohlen. AlsCingreif-Division für die Gruppe Prosnes wurde bis zum 4. Mai frühmorgens die 54. (württembergische) Reserve-Divifion aus dem Kampfgebiet der 3. Armee über die Suippes in die Gegend von Pont Faverger und Betheniville gezogen. Die Heeres¬ gruppe stellte ferner die 242. (württembergische) Infanterie-Division dem General von Velow zur Verwendung als Cingreistruppe zur Verfügung; sie sollte bis zum 4. Mai morgens um Epoye und St. Masmes an der Naht der

Gruppen Reims und Prosnes mit ihren fechtenden Teilen versammelt fein. General von Velow erwartete den Sturmangriff der Franzosen am

4. Mai und sollte sich nicht getäuscht sehen. Der Angriff gegen die Gruppen Aisne und Vrimont. «. Mai.

Gegen 8° morgens am 4. Mai brachen nördlich von Reims die Sturm-

kolonnen des französischen II. Korps und der 41. Division des VII. Korps gegen die Front der 4. und 54. Infanterie-Division sowie der Garde-ErsatzDivision von der Aisne bis Vermöricourt einschließlich vor. In der dichten Rauch- und Staubwolke wurden die vordersten deutschen Linien überrannt,

dann fing sich der Stoß im Feuer der nicht niedergekämpften Maschinen¬ gewehre und an dem schnell erstarkten Widerstand der Stellungsbefatzungen. Heftigste Nahkämpfe, von beiden Seiten durch nachdrängende Angriffswellen

und gegenstoßende Kampfreserven genährt, entbrannten. Nach stundenlangem Ringen war der Angreifer wieder zurückgedrängt; am rechten Flügel der 54. Infanterie-Division war ein unbedeutendes Stellungsstück südlich der Ferme Ste. Marie beim Abschluß der Infanteriekämpfe am Abend in feiner Hand geblieben. Nur das südlichste Angriffsziel, den dicht vor der Sturmaus-

gangsstellung gelegenen Ort Bermöricourt, hatte das französische VII. Korps mit der 41. Division erreichen können; am Nachmittage war der Feind aber

auch hier von der Garde-Crsatz-Division wieder hinausgeworfen worden. Alle Versuche, die die Franzosen im Laufe des Tages gemacht hatten, den Angriff durch Vorwerfen frischer Kräfte wieder in Fluß zu bringen, zerflatterten im wirksamen Feuer der deutschen Batterien. Die Niederlage war so verlust¬ reich, daß General Mazel von weiteren größeren Angriffen an dieser Front

zunächst Abstand nahm.

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpse der 1. Armee.

373

Aber auch auf deutscher Seite war die Kampfkraft der seit Beginn der Aisne-Schlacht in der Front eingesetzten 4. Infanterie- und Garde-ErsatzDivision nunmehr erschöpft. Noch in der Nacht zum 5. Mai ließ General von Quast (Gruppe Aisne) die Ablösung der ersteren durch die 52.ReserveDivision beginnen. Für die Garde-Crsatz-Division ordnete General von Eberhardt (Gruppe Brimont) die Ablösung durch die 39. InfanterieDiviston für die Nacht zum 6. Mai an. Als neue Eingreif-Division hatte General vonBelowder Gruppe Brimont die 187. Infanterie-Division unterstellt, die noch bis zum Abend des 4. Mai an den Retourne-Bach-Abschnitt östlich von Neufchktel vorgezogen wurde. Im Laufe des S. Mai ließ die nach den lebhaften Kämpfen des Vor-

tages auf beiden Seiten noch bestehende Spannung allmählich nach, und die Gefechtstätigkeit kam zu merkbarer Beruhigung. Am 6. Mai wurden die

französischen Batterien wieder lebhafter. Örtlich begrenzte Versuche der Franzosen, ihre Cinbruchsstellen vom 4. Mai südlich der Ferme Ste. Marie zu erweitern, wurden von der 34. Infanterie-Division des Generalmajors Freiherrn von Watter leicht zurückgewiesen. In ausgedehnterem Maße und

nach heftigerer Beschießung der deutschen Stellungen gegenüber La Neuville und Le Godat (Höhe 100) gingen die Franzosen am Nachmittag des 7. Mai gegen die hier zusammenstoßenden Flügel der 52.Reserve- und der 54. Infan-

terie-Division vor. Auch dieser Angriff wurde abgeschlagen. Gleichen Mißerfolg hatten zu später Abendstunde nochmals wiederholte Vorstöße. An einzelnen Stellen dauerten die Kämpfe bis in die Nacht hinein, dann war der Feind restlos zurückgewiesen. Der Artilleriekampf blieb auch am 8. Mai noch

recht lebhaft; mit weiteren Versuchen der Franzosen, hier doch noch vorwärtszukommen, mußte gerechnet werden. Die Widerstandsfähigkeit der Gruppen Aisne und Brimont durfte als ausreichend angesehen werden, wenn auch die

54. Infanterie-Division nicht mehr ihre volle Kampfkraft besaß. In der 243. (württembergischen) und der 187. Infanterie-Division verfügte jede der beiden Gruppen über ausreichende Eingreifkräfte. Nördlich von Nethel wurde die 41. Infanterie-Division, in der Nacht zum 9. Mai beginnend, ausgeladen und hinter dem rechten Flügel der 1. Armee als Heeresreserve versammelt.

Der Angriff gegen die Gruppe Prosnes.

Im Abschnitt der Gruppe Prosnes setzten die neuen Infanteriekämpfe erst gegen Abend des 4. Mai ein. Vis dahin hatte der Artillerie-

kämpf mit größter Heftigkeit getobt. Sehr empfindlich machten sich die franzöfischen Flieger bemerkbar, die infolge zahlenmäßiger Überlegenheit den Luftraum zeitweise völlig beherrschten und das Feuer ihrer Batterien wirksam

4. Mai.

374

«. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

leiten konnten. Ein besonders starkes Zerstörungsfeuer war auf den Frontteil

vom Cornillet bis zum Hochberg gerichtet gewesen und hatte sich etwa von 6° abends ab zum Trommelfeuer von kaum noch zu überbietender Stärke gesteigert. Am Cornillet und Lug ins Land waren die Besatzungen der 223.

und 33. (dabei Teile der 5.)Infanterie-Division bis auf schwache Posten dem Feuer ausgewichen. Um 7°abends brach dann die französische 19. Division des Korps zum Angriff gegen die Stellungen am Cornillet, Lug ins Land und Hochberg vor. Ohne nennenswerten Widerstand zu finden, flutete sie über die Höhen des Cornillet und Lug ins Land hinweg und die Nordhänge hinab. Dann warfen sich ihr die durch ihr Ausweichen vor dem Trommelfeuer kampfkräftig

gebliebenen Stellungsbefatzungen und Kampfreserven entgegen. In schwer¬ sten, von beiden Gegnern mit größter Tapferkeit und zäher Verbissenheit geführten Kämpfen wurden die Franzosen allmählich über die Höhenkuppen bis in ihre Ausgangsstellungen wieder zurückgedrängt. Am späten Abend ver¬ suchten sie noch einmal am Cornillet vorzustoßen. Wiederum wurden sie abgewiesen. Teile der 223. Infanterie-Division des Generalmajors Hävernick verfolgten den abgeschlagenen Gegner bis in seinen vordersten Graben, den sie aber wegen des eigenen Artilleriefeuers wieder aufgeben mußten. Die erbitterten Kämpfe dauerten stellenweise bis zur Mitternacht; dann war die

bisherige Stellung überall restlos und sicher wieder in deutscher Hand. Am Hochberg hatte inzwischen das wirksam einsetzende Feuer von Batterien der 5. und 33. Infanterie-Division den französischen Angriff zusammenbrechen lassen, noch bevor er die deutsche Verteidigungslinie hatte erreichen können. Vom Hochberg ostwärts waren der außerordentlich heftigen Beschießung keine Insanterieangriffe gefolgt. Der französische Angriff war abgeschlagen, ohne daß die nach vorwärts in Bewegung gesetzten rückwärtigen Reserven zum Eingreifen gekommen wären, s. Mat.

Am 5. Mai setzte sich die Schlacht zunächst nur als Artilleriekampf fort,

wobei auf französischer Seite wiederum eine besonders große Zahl von Flug¬ zeugen eingesetzt wurde. Sie leiteten den überwiegenden Teil des feindlichen Feuers auf die deutschen Batterien, in deren bisher nicht gelungener Niederkämpfung wohl eine Hauptursache des Mißerfolges gesehen wurde. Erst am Nachmittage erhielten die Infanteriestellungen der 223. Infanterie-Division am Langen Rücken heftigeres Feuer, das bald zu großer Stärke anwuchs.

Cin räumlich begrenzter Vorstoß folgte. Nach mehrfach wiederholtem An¬ rennen hatten die Franzosen am späten Abend den rechten Flügel der 223. In¬ fanterie-Division um einige hundert Meter zurückgedrückt. Im übrigen ver-

lief der Tag ohne bemerkenswerte Kämpfe.

Der zweite französische Durchbruchsversuch. Kämpfe der 1. Armee.

375

2lud) der 6. Mai brachte die erwartete Fortsetzung des breiten fran-

«. Mai.

zösischen Angriffs noch nicht. Vielmehr ließ die Tätigkeit der feindlichen Artillerie merkbar nach. Nur die französischen Flieger zeigten sich wieder zahlreich. Auf deutscher Seite versuchte die 223. Infanterie-Division, die am Vortage verlorenen Stellungsteile in planmäßig vorbereitetem Gegenangriff wiederzunehmen, und konnte die Einbeulung durch den feindlichen Einbruch dabei einigermaßen wieder ausgleichen. In der Nacht zum 7. Mai verstärkte sich die Beschießung der ganzen Höhenfront vom Cornillet bis zum Pöhlberge wieder erheblich und hielt auch den Tag über lebhaft an. Mit besonderer Heftigkeit lag das Feuer auf den Kampffronten der 33. Infanterie- und 10. Ersatz-Division; im übrigen setzte es, wie jetzt alltäglich von zahlreichen Fliegern gelenkt, den Batterien aller vier Stellungsdivisionen der Gruppe Prosnes stark zu. Trotzdem ant-

?. Mai.

werteten diese mit so kräftigem Feuer auf die feindlichen Infanterieftellungen, daß der offenbar vorbereitete Angriff erst am Abend und nur am Pöhlberge

zur Entwicklung kam. Der stellenweise einbrechende Feind, die erstmalig an der Front festgestellte französische 8. Division, wurde von der 10. Crfatz-Divi-

sion zurückgeschlagen. Für den Morgen des 8. Mai hatte die 10. Ersatz-Divifion einen eigenen

Vorstoß auf der Front vom Keilberg bis zum Pöhlberg geplant, um die seit den Kämpfen vom 30. April recht ungünstigen Kampfbedingungen für die Division zu verbessern. Dem Feinde sollte der offene Einblick in die deutschen Stellungen von den Kuppen des Keilberges und Pöhlberges aus genommen werden. Aber gerade die Beobachtung von diesen Höhen vereitelte die beabsichtigte Überraschung, so daß die vorbrechenden Sturmtrupps von sofort einsetzendem Feuer empfangen wurden. Die Angriffsflügel kamen nicht vorwärts, allein die Mitte konnte die französische Linie erreichen. Hier wurde sie aber derart mit Handgranaten und Gewehrfeuer überschüttet, daß sie den gewonnenen Boden nicht halten konnte, als sehr bald der französische Gegenstoß erfolgte. Das Unternehmen war gescheitert. Im übrigen war der 8. Mai nur durch Artilleriekämpfe ausgefüllt. Allgemein konnte auch für die Schlachtfront der 1. Armee mit dem 8. Mai der zweite französische Großangriff als beendet angesehen werden. Seine Ziele, Wegnahme der Höhen zwischen der Aisne und dem Brimont einerseits und der Höhenkette südlich von Moronvilliers andererseits, hatte w nicht erreicht. Doch war die Kampflage im Abschnitt der Gruppe Prosnes

für beide Gegner nachgerade so unerträglich geworden, daß sie zwangsläufig weitere Kämpfe bringen mußte.

s. Mai.

376

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

4. Fortsetzung der kämpfe bis Ende Mai. a) Absichten auf französischer und deutscher Seite. Vei einer Besprechung der führenden Staatsmänner und Generale der Westmächte am 4. Mai in Paris^) war inzwischen festgestellt worden, daß

der Durchbruch durch die deutsche Front nicht gelungen sei. Es sollte sich künftig nur noch darum handeln, das deutsche Heer durch unauf¬ hörliche Angriffe mit beschränkten Zielen und unter

weitest gehender Artillerieverwendung abzunutzen. Die der französischen Heeresgruppe Durchbruch gestellte Aufgabe war damit endgültig abgetan. Die zu ihr gehörigen Armeen hatten im Gang der Ereignisse ohnehin bereits Einzelaufträge erhalten für die Fronten, an denen sie im Kampf standen, die 6. und 10. Armee die Gewinnung des Ehemin des Dames-Nückens und des Gebietes zwischen Corbeny und Guignicourt, die 5. Armee und der Westflügel der 4. Armee die Entlastung von Reims durch Vorschieben ihrer Fronten bis zur Umklammerung des Vrimont- und des Verru-Vergblockst. Die am 8. Mai verfügte Auflöfung der Heeresgruppe Durchbruch entsprach den neuen Aufgaben. Die 6. und 10. Armee gehörten fortan zur Heeresgruppe Nord, die S.Armee zur Heeresgruppe Mitte. Am 17. Mai übernahm General Pet ainalsNachfolgerdesGeneralsNivelle°)dieFührungdesfran¬

zösischen Heeres.

s. Mai.

Auf deutscher Seite hatten die Meldungen von der Front in den letzten Kampftagen und nach dem 8. Mai ergeben, daß am Winterberg und

weiter östlich sowie bei Cerny frische französische Divisionen, zum Teil vom französischen XIV. Korps, aufgetreten waren. Daneben war aber auch mehr¬ fach der Wiedereinsatz von Divisionen erkannt worden, die schon an der April-Schlacht teilgenommen hatten. Alles in allem errechnete die Oberste

Heeresleitung, daß nach dem Einsatz des XIV. Korps noch mindestens zehn Divisionen der französischen Angriffsreserven, darunter das III. und das XXI. Korps, frisch zur Verfügung standen. Außerdem war das fran¬ zösische IV. Korps mit ein bis zwei Divisionen aus Lothringen nach der Champagne herangezogen worden. Den Zweck der französischen Teilvorstöße vor dem 5. Mai hatte die Oberste Heeresleitung in der Gewinnung beHerr-

schender Veobachtungshöhen für den bevorstehenden großen Angriff gesehen. Jetzt hatte sich gezeigt, daß auch mit dem letzten Großangriff anscheinend nur 1) S. 415 f. 2) S. 352 f. 3) S. 419 und 421 f.

Fortgang der Kämpfe. Beiderseitige Absichten.

377

das nahe Ziel der Einnahme der Höhenstellungen auf der Hochfläche östlich von Vauxaillon und Laffaux und auf dem Chemin des Dames-Rücken er-

strebt worden war. Infolgedessen rechnete die Oberste Heeresleitung zwar mit

Fortsetzung der örtlichen Kämpfe, nicht aber damit, daß größere Angriffe unmittelbar bevorständen. Heeresgruppe und Armee-Oberkommandos waren anderer An-

ficht. Ihnen schienen neue, starke französische Angriffe durch das Auftreten frischer Angriffsdivisionen an verschiedenen Stellen der Kampffronten mit

großer Wahrscheinlichkeit bevorzustehen. Aus dieser Auffassung heraus hatte Kronprinz Wilhelm am 9.Mai an die 7. und 1. Armee befohlen,

daß sie die ihnen bis zum nächsten, größeren französischen Angriff gelassene — voraussichtlich nur kurze — Zeit in jeder Weise ausnutzen sollten, um für

die infanteristische und artilleristische Verteidigung möglichst günstige Vorbedingungen zu schaffen. Diese könnten im einzelnen durch örtlichen Gegenangriff oder freiwillige Räumung unhaltbarer Stellungsteile erreicht werden. In jedem Falle sei verantwortlich zu prüfen, ob Kräfteverbrauch oder Geländeaufgabe durch den erreichbaren Gewinn zu rechtfertigen wäre. Kurz danach wies Kronprinz Wilhelm aber auch darauf hin, daß die Kämpfe den Charakter einer Dauerschlacht annehmen könnten'), und daß die Oberste Heeresleitung künftig kaum mehr imstande sein werde, den Truppenverbrauch, der in den schweren Maikämpfen zumal bei der 7.Armee einen ganz be-

deutenden Umfang angenommen hatte, wie bisher durch frische Kräfte zu ersetzen. Man werde vielmehr in der Mehrzahl auf bereits eingesetzt gewesene Divisionen angewiesen sein. Diese Lage könne dazu zwingen, größere eigene Angriffsunternehmungen zunächst zurückzustellen; maßgebend bleibe „nur der eine Gesichtspunkt, daß der Hauptwiderstand unter möglichst ungünstigen Kampfverhältnissen für den Feind geführt" werde, damit sein erneuter An-

stürm wiederum verlustreich zusammenbreche. Bei der 7. A r m e e beurteilte General v o n V o eh n am 12. Mai die

Lage dahin, daß der Schwerpunkt der weiteren französischen Angriffe in der Gegend von Cerny und am Winterberg verbleiben werde; hier war der

Einsatz frischer Divisionen erkannt worden. Vielleicht würden sie ihre Angriffsfront dabei nach Osten bis Iuvineourt ausdehnen, sicher aber zugleich die Ecke von Laffaux anfassen. Die Lage der Armee war durch die Erfolge der Franzosen gerade auf dem östlichen Teil des Chemin des Dames-Rückens erschwert; östlich der Hurtebise-Ferme bis zum Winterberg hatten sie den Höhenrücken bis an seinen Nordrand in Besitz, und sie hatten auch westlich der Ferme an mehreren Stellen, wie bei Ailles, östlich von Cerny sowie südlich von Filain und Pargny, die Verteidigung auf die Nordhänge zurücki) S. 546.

378

zz. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

gedrückt. Aber auch da, wo der Nordrand des Hochrückens noch gehalten

wurde, fehlte der deutschen Stellung die für eine Dauerstellung notwendige Tiefe, und der Feind hatte die guten Beobachtungsstellen in und über das Ailette-Tal in seiner Hand. Um den Chemin des Dames-Rücken für die Dauer halten zu können, erachtete General von Voehn es für unbedingt er¬ forderlich, nicht nur seinen Nordrand überall wieder in Besitz zu nehmen, sondern „wenigstens noch eine Grabenstellung weiter vorwärts nach dem Scheitel hin" durch eine Reihe von Teilangriffen, wiederzunehmen. Die

Erfüllung dieser berechtigten Forderung hätte aber den Einsatz so bedeutender Kräfte verlangt, wie ihn der Zwang, damit hauszuhalten, einfach nicht zu¬ ließ. General von Voehn hatte seinen Gruppen daher befehlen müssen, daß „bei einem neuen feindlichen Angriff die jetzigen Stellungen zu halten" feien. „Wo der Nordrand des Hochrückens in Feindeshand, muß eine zusammenhängende Waldstellung südlich der Ailette gehalten und an die festgehaltenen

Randstellungen angeschlossen werden." Die Wiedereroberung unentbehr¬ licher Teile des Hochrückens war von den Gruppen unter Zusammenfassung

stärkster Artilleriewirkung und aller Hilfskräfte der Gruppe anzuordnen. Die Genehmigung solcher Unternehmungen behielt sich General von Voehn vor. An der Front der 1. A r m e e waren die Kämpfe um die Höhenkette von

Moronvilliers mit dem 8. Mai noch nicht zur Ruhe gekommen. Plan¬ mäßige Bekämpfung der deutschen Batterien auch auf der übrigen Armeefront und zeitweise sehr heftiges Zerstörungsfeuer gegen die Infanteriestellungen mußten bei General v o n B e l o w den Eindruck verstärken, daß die

Angriffstätigkeit der Franzosen vor der Front seiner Armee noch keineswegs abgeschlossen sei. Gegenüber der Gruppe Prosnes wurde überdies noch eine Vermehrung und zugleich näheres Heranschieben der französischen Bat¬ terien beobachtet. Trotzdem schien eine große, einheitliche Offensive des Feindes nicht wahrscheinlich, wohl aber wurden kräftige Teilangriffe an den Frontstellen erwartet, an denen bisher noch ohne Entscheidung um den Vesitz wichtigen Geländes gekämpft worden war. Demgegenüber war die

Lage der Verteidigung auf dem rechten Armeeflügel im allgemeinen erträg¬ lich und gefestigt, am linken Flügel jedoch durch die letzten Kämpfe recht ungünstig geworden. Die Versuche der Frontdivisionen, ihre Stellung auf den Höhen von Moronvilliers mit eigenen Kräften zu verbessern, waren mißlungen. Sie würden vermutlich auch künftig ohne Erfolg bleiben, da der Gegner gute Beobachtungsstellen in das Kampfgelände nördlich des Höhen¬ zuges in der Hand hatte und in seiner Stellung schon fest eingenistet war. Ihn zu verjagen und dann den Geländegewinn auf die Dauer fest¬

zuhalten, hätte einen Kräfteeinsatz verlangt, der zur Zeit nicht verfügbar war.

Fortgang der Kämpfe. Lage an der deutschen Front.

579

Auch die 1. Armee, insonderheit ihre Gruppe Prosnes, mußte also vorläufig im großen auf Abwehr eingestellt bleiben, was nicht ausschloß, daß jede Möglichkeit ausgenutzt werden sollte, durch gut vorbereitete, örtliche Vorstöße Stellungsverbesserungen zu erkämpfen. Lage und Kampfverhältnisse am rechten Flügel der 3. Armee hatten sich nicht geändert. Dort neu eingesetzte französische Kräfte wurden nicht als

Angriffstruppen gewertet. Bei allen Armeen der deutschen Schlachtfront bestand der dringende Wunsch nach Verstärkung der L u f t st r e i t k r ä f t e, da sich feit einiger Zeit

die Überlegenheit der französischen Flieger empfindlich fühlbar machte. Sie hinderten die Tätigkeit der eigenen Artillerieflieger sowie die Fernaufklärung und ermöglichten dem Feinde wirksame Bekämpfung der deutschen Batterien. Dieser Umschwung gegenüber der in der Vorbereitungszeit der Schlacht geübten Zurückhaltung und der einwandfreien Unterlegenheit in der ersten

Kampfzeit hatte sich mit der Verstärkung der französischen Iagdkräfte (SpadKampfeinsitzer) vollzogen. Trotz Einsatzes bis zum letzten und hervorragender Leistungen konnten die deutschen Flieger bei starken eigenen Verlusten die Überlegenheit in der Luft nicht mehr aufrechterhalten. Die Armeen suchten

sich durch jeweilige Zusammenfassung von Jagdstaffeln zu Iagdgruppen sowie durch nachbarliche Unterstützung zu helfen. Die Vermehrung im besonderen der Jagdstaffeln wurde dringlich. Die Oberste Heeresleitung konnte aber eine Erhöhung des durch Anspannung aller Kräfte der Industrie erreichten Bestandes von 37 Jagdstaffeln nicht in baldige Aussicht stellen und

sagte, zunächst gelte es, die großen, durch die wochenlangen, schweren Kämpfe hervorgerufenen Ausfälle zu ersetzen und wieder eine dem Abgang entsprechende Reserve zu schaffen; erst dann würde die Aufstellung weiterer

Jagdstaffeln angeordnet werden; unterdessen müsse versucht werden, der zah¬ lenmäßigen Überlegenheit der feindlichen Flieger durch Zusammenfassung von Jagdstaffeln — wie bereits mit Erfolg geschehen — und durch rücksichts¬

los Entblößung der Nebenfronten zu begegnen. b) Die Kämpfe der 7. Armee. Lebhafte Kämpfe dauerten auch nach dem 8. Mai an der ganzen Schlacht- s. bis 31. Mai. front der 7. Arm e e fort, vor allem in der Gegend des Winterberges, wo

die frisch eingefetzten französischen Divisionen zunächst weiter angriffen. Etwa vom 12. Mai ab ließ die Kampftätigkeit der Franzosen aber merklich nach, um erst gegen Ende des Monats am Winterberg noch einmal heftig

aufzuflammen. In der Zwischenzeit entfalteten die deutschen Kampfdivisionen an verschiedenen Frontstellen eine lebhafte Initiative in örtlich begrenzten Vorstößen. Im einzelnen waren die Vorgänge folgende:

380

S.bis Zl. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne,

An der Westflanke der Gruppe Vailly, wo seit dem Scheitern

des französischen Angriffs am 6. und 7.Mai keine größeren Kämpfe mehr stattgefunden hatten, stießen am frühen Morgen des 16. Mai nach kurzer, kräftiger Artillerievorbereitung Sturmabteilungen der 211. Infanterie- und 33. Reserve-Division gegen den auf der Hochfläche östlich von Vauxaillon und Laffaux in beherrschender Stellung liegenden Feind vor. Rund 300 Gefangene konnten zurückgebracht werden, ehe die französische Gegen¬ wirkung einsetzte. Sie entfesselte heftige Nahkämpfe, die erst am Abend endeten. Die deutsche Kampflinie hatte sich bei der Mühle von Laffaux und weiter nördlich bis etwa in Höhe der La Motte-Ferme um 200 Meter vor¬

schieben und behaupten können; vor Vauxaillon war sie wieder in ihre Aus¬

gangsstellung zurückgedrückt worden. Mehrfache Versuche der Franzosen, das verlorene Gelände wiederzunehmen, blieben ohne Erfolg. Vom 21. Mai ab trat Ruhe ein. Östlich vom Fort Malmaifon war die 206. Infanterie-Division des Generalleutnants von Etzel bemüht, ihre von der 44. Reserve-Division über-

nommene Kampfstellung südlich von Pargny und Filain wieder auf den Hochrücken des Chemin des Dames hinaufzuschieben. Nach einem Mißerfolg am 9. glückte es ihr am 14. Mai, dem heftig Widerstand leistenden Feinde Ste. Berthe südwestlich von Filain zu entreißen und gegen alle Gegenstöße zu halten. Am 16. und 17. Mai hatte auch der linke Flügel der 206. Infan¬

terie-Division bei überraschend und kräftig geführten Vorstößen östlich der Royöre-Ferme Erfolge. Sie kosteten den Franzosen über 150 Gefangene und gaben der eigenen Stellung, die sich hier noch an den Nordrand des Hochrückens anklammerte, festeren Halt. Noch einmal wurde es am 25. Mai an diesem Frontabschnitt recht lebhaft, als die 206. Infanterie-Division am

frühen Morgen südlich von Pargny vorstieß und sich in energischem Anlauf der für die Verteidigung wertvollen Steinbrüche am Straßenkreuz südlich des Ortes bemächtigte und gegen 600 Gefangene einbrachte. Die neue Linie wurde gegen alle Wiedereroberungsversuche gehalten. Nach dem 26. Mai

flaute die Kampftätigkeit stark ab. Auch von der ostwärts anschließenden 10. Infanterie-Division des Ge¬ neralmajors Freiherrn von Diepenbroick-Grüter, die die 45. Reserve-Division abgelöst hatte, waren am 18. Mai in der Gegend nordwestlich der Froidmont-Ferme am Chemin des Dames in raschem, entschlossenem Vorstoß etwa 250 Meter des vordersten französischen Kampfgrabens fortgenommen und eine Anzahl von Gefangenen gemacht worden. Schließlich aber mußte

der Geländegewinn unter französischen Gegenstößen doch wieder preisgegeben werden. In der Nacht zum 21. Mai griff die Division noch einmal über¬ raschend an, konnte den sich hartnäckig wehrenden Feind überwältigen und sich

Fortgang der Kämpfe. 7. Armee.

231

in einer günstigen Kampflinie zwischen der Froidmont-Ferme und den viel-

umkämpften Wittenberg-Höhlen (östlich der Royere-Ferme) festsetzen. Alle französischen Gegenstöße sowie ein am 23. Mai nach starkem Artilleriefeuer in breiter Front dreimal unternommener Gegenangriff wurden abgewiesen.

Der Kampfstreifen der 37. (bisher 113.) Infanterie-Division am linken Flügel der Gruppe Vailly wurde am 15. Mai zur Gruppe L i e s s e

geschlagen, über die inzwischen Generalleutnant von Staabs (Generalkommando XXXIX. Reservekorps) den Vesehl übernommen hatte. Bei dieser Gruppe war es am alten Brennpunkt Cerny immer lebhaft geblieben.

Nach dem Verlust fast der ganzen Hochfläche nordöstlich von Cerny war die Stellung der jetzt dort kämpfenden 11. bayerischen Infanterie-Division des Generalleutnants Ritter von Kneußl recht ungünstig geworden. Um ihr wieder mehr Tiefe zu verschaffen, hatte die Division einen planmäßigen Angriff für den 11. Mai vorbereitet, der nach kurzer Feuervorbereitung anfangs schnelle Fortschritte machte, dann aber vor starkem französischem Widerstand in heftigen Nahkämpfen zum Stehen kam. Er war auf die frisch eingesetzte französische 28. Division vom XIV. Korps gestoßen, die durch das deutsche Artilleriefeuer nicht ausreichend erschüttert worden war, da der Verlauf der vordersten feindlichen Kampflinie nicht zutreffend erkannt war. In den bis zum Abend währenden Kämpfen machten die Bayern zwar rund 350 Gefangene, mußten aber das bereits gewonnene Gelände bis auf einen kleinen, immerhin nützlichen Teil an der Nordostecke der Hochfläche wieder aufgeben. Auch westlich von Cerny war durch einen gleichzeitigen Nebenangriff eine geringe Stellungsverbesserung erkämpft worden. Am 20.Mai

wiederholte die Division den gleichen Angriff nach längerer, kräftiger Artil¬ lerievorbereitung. Unter schweren Kämpfen hatte sie bis zum Abend ihre Frontlinie nur auf der Nordwestecke der wiederum zäh verteidigten Hochfläche ein Stück vorschieben können. Der Gewinn stand in keinem Verhältnis zu den gebrachten Opfern. Am gleichen Tage führte die 1. bayerische Infanterie-Division des

Generalmajors Dänner, die die 14. Infanterie-Division abgelöst hatte, dicht westlich der Hurtebise-Ferme ein Angriffsunternehmen zur Verbesserung ihrer Stellung bei der vielumstrittenen „Drachenhöhle" erfolgreich durch. Dank guter Unterstützung durch ihre Artillerie konnte die Division ihren

Grabengewinn gegen mehrfache französische Gegenstöße festhalten. Als Gegner wurde die auch zum XIV. Korps gehörige 27. Division festgestellt. Das Schwergewicht aller Kämpfe an der Südfront der 7. Armee lag, wie vorauszusehen, am Winterberg und seinen Anschlußstellungen. In diesem heißumstrittenen Gelände hatte eine am 11. Mai in Kraft ge¬ tretene Änderung der Abschnitts- und Vefehlsgrenzen die nötige Einheit der

382

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

S. bis Zl. Mai. Vefehlsführung gebracht. Die Gruppe Liesse hatte, an ihrem rechten Flügel

wie erwähnt durch Zuteilung der 37. Infanterie-Division verlängert, den Abschnitt der 2.bayerischen Infanterie-Division (bisher der 2. Garde-Infanterie-Division) zwischen Hurtebife-Ferme und Winterberg an die Gruppe S i s s o n n e abgegeben. Bereits am 9. Mai abends hatte diese Division

unter Generalmajor Zoellner einen auf heftigste Beschießung folgenden starken Infanterieangriff westlich des Winterberges und auf dessen Westteil abzuwehren. Dreimal brachen die französischen Sturmwellen, von Flammen¬ werfern unterstützt, vor, wurden aber jedesmal mit schweren Verlusten zu¬ rückgeschlagen. Erst die Dunkelheit beendete das erbitterte Ringen. Am

folgenden Tage lag Feuer höchster Stärke wiederum auf dem Winterberg selbst und weiter nach Osten bis zur Straße Eorbeny—Berry au Vae. Gegen

Abend folgte ein breiter und kräftiger französischer Angriff auf dieser Frontstrecke. Die Regimenter der 28. Reserve- und 213. Infanterie-Division warfen den wiederholt in neuen Wellen andrängenden Feind in schweren Nahkämpfen zurück. Ostlich von Chevreux mußte bis in die Morgenstunden des folgenden Tages gekämpft werden, um die Franzosen, die sich in einigen begrenzten Einbruchsstellen festgesetzt hatten, wieder zu vertreiben. In den nächsten Tagen beruhigte sich die Kampftätigkeit wesentlich, und am 12. Mai konnte die 2. bayerische Infanterie-Division ihre Kampfstellung nördlich der Vauelere-Mühle um 100 bis 200 Meter vorverlegen, ohne wesentlichen

Widerstand des Feindes zu finden. Der Artilleriekampf blieb in der Winterberg-Gegend immer lebhaft, doch war auch hier eine merkbare Abfchwächung

des französischen Angriffsdranges festzustellen. Die ObersteHeeresleitung hatte von den bisherigen Kämpfen und aus dem dabei gezeigten Kräfteeinsatz der Franzosen den Eindruck geWonnen, daß der Gegner mit Kräften sparen wolle. Sie mutmaßte, daß der

inzwischen bekanntgewordene Wechsel im französischen Oberbefehl, die Er¬ setzung des Generals Nivelle durch General Pstain, und die Ernennung des Generals Foch zum Chef des Generalftabes im Kriegsministerium auch eine

Änderung der französisch-englischen Offensivpläne zur Folge haben werde. Es schien möglich, daß die Durchbruchsversuche an den bisherigen Kampffronten aufgegeben würden. Dann aber würde ihre Einstellung allmählich erfolgen, und es mußte vorläufig mit Fortsetzung der starken Teilangriffe gerechnet werden. Diese Auffassung, die übrigens von der Heeresgruppe und den Armee-

Oberkommandos geteilt wurde, fand ihre erste Bestätigung in demnächst ein¬ setzenden neuen französischen Angriffen am Winterberge und in seiner Umgebung. Vom 19. Mai ab begann das französische Feuer auf die 1. und

2. bayerische, 9. (bisher 28. Neserve-Division) und 213. Infanterie-Division,

Fortgang der Kämpfe. 7. Armee.

383

von der Hurtebise-Ferme über den Winterberg bis zur Straße Corbeny— Verry au Vae sich wieder zu höchster Stärke zu steigern und hielt so auch in den folgenden Tagen an. Am Nachmittage des 22.Mai brachen dann starke französische Sturmwellen gegen die deutschen Stellungen vor. Trotz ausgiebigster Feuervorbereitung konnte der Angriffsstoß bereits in den vorder-

sten deutschen Linien aufgefangen werden. Die auf der ganzen angegriffenen Front entbrennenden Nahkämpfe endeten aber erst mit der Dunkelheit. Vor dem linken Flügel der 1. bayerischen Infanterie-Division, wie vor der 2. baye¬

rischen und 9. Infanterie-Division bis einschließlich Chevreux war den Franzosen jeder Erfolg versagt geblieben. Östlich von Chevreux waren sie an der Straße Corbeny—Pontavert, der Grenznaht zwischen 9. und 213. Infan¬

terie-Division, tiefer eingebrochen. In kräftigen Gegenstößen warf die 9. Infanterie-Division sie wieder zurück und nahm ihre Stellung restlos wieder in Besitz. Dem rechten Flügel der 213. Infanterie-Division gelang dies nicht; nach Abbruch der Kämpfe in der Nacht zum 23. Mai hatte er seine vorderste Grabenstellung dem Feinde überlassen und selbst in die nächste, etwa 500 Meter rückwärts gelegene Linie ausweichen müssen. Hieran hatte auch das Vorwerfen von Teilen der 15. bayerischen Infanterie-Division des Generalmajors Ritter von Tutscheck, die seit dem 18. Mai hinter der Gruppe Sissonne als Eingreif-Division aufgestellt war, nichts mehr zu ändern vermocht. Der Anschluß an die 9. Infanterie-Division blieb vorläufig offen.

General Graf Schmettow hatte die ihm inzwischen zur Verfügung gestellte 41. Infanterie-Division bis in die Gegend nordwestlich von Corbeny hinter den rechten Gruppenflügel vorgeschoben. Ihr Eingreifen in den Kampf war hier aber nicht erforderlich geworden. Am 23. Mai nahmen die Franzosen das Artilleriefeuer auf der ganzen Angriffsfront des Vortages mit Heftigkeit wieder auf und ließen es am Nach-

mittage abermals zum Trommelfeuer anschwellen. Vorstöße französischer Sturmtruppen erfolgten aber erst nach Einbruch der Dunkelheit und nur nördlich der Mühle von Vauelere und auf dem Winterberge gegen die

2. bayerische und 9. Infanterie-Division. Soweit sie nicht schon im Abwehrfeuer zerschellten, wurden sie im Nahkampf abgewiesen; das gleiche wiederholte sich am folgenden Tage, dem 24. Mai. Nur der seit dem 22. Mai in

der Luft schwebende linke Flügel der 9. Infanterie-Division hatte sich nicht länger halten können und war unter Wiederherstellung des unmittelbaren Anschlusses an die 213. InsanterieDivision in die nächste rückwärtige Graben-

linie zurückgenommen worden. Der Feind drängte nicht nach. Weiter östlich bis zur Gruppen- und Armeegrenze hatten nur Artilleriekämpfe stattgefunden. Diese drei Großkampftage an der Front der Gruppe Sissonne hatten

den Franzosen trotz sehr starken Artillerieeinsatzes und kräftig vorgetragener

384

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

s. bt« Zi. Mai. Infanterieangriffe nur geringe örtliche, allgemein bedeutungslose Erfolge,

dagegen wiederum schwere Verluste gebracht. Der Artilleriekampf lief noch lebhaft weiter, Infanterieangriffe, von rein örtlichen Zusammenstößen ab¬

gesehen, fanden einstweilen nicht mehr statt. c) Die Kämpfe der 1. Armee. An der Front der 1. Armee war nach dem Mißlingen des zweiten französischen Durchbruchsversuchs die allgemeine Lage eindeutig klar. Ein neuer Großangriff war zunächst nicht zu erwarten, dagegen rechnete General von V e l o w fest mit Fortsetzung der Kämpfe um die Höhenstellung der

Gruppe Prosnes. Tatsächlich hatte General Anthoine Vefehl gegeben, durch Handstreiche den westlichen Teil der Höhenlinie in Besitz zu nehmen. Auf der anderen Seite hatte sich die Verteidigungsstellung der Gruppe

Prosnes zumal auf der Osthälfte der Höhenkette so ungünstig gestaltet, daß sie der Verbesserung durch eigene Angriffsunternehmungen durchaus bedurfte. Generalleutnant von Lüttwitz erhielt deshalb Vefehl, solche vorzu¬ bereiten. Für die übrige Armeefront bestand keine Besorgnis. Nördlich der Aisne war fast völlige Kampfruhe eingetreten, und die Franzosen — noch immer die Kampftruppe vom 16. April — hatten sich ganz zur Verteidigung

in der damals gewonnenen Linie eingerichtet. Zwischen der Aisne und dem

Vrimont erschien die deutsche Stellung gegen gelegentliche französische Vor¬ stöße durchaus widerstandsfähig. Solche Vorstöße fanden in den Tagen bis zum 18. Mai mehrfach und von beiden Seiten aus statt:

Bei derGruppeAisne mußte die 52.Reserve-Division des Gene¬ ralleutnants Waldorf am 11. Mai einen durch heftiges Feuer vorbereiteten Angriff gegen die Höhe 108, hart südlich der Aisne, abwehren. Hier war der

schon früher geführte unterirdische Minenkrieg von deutscher Seite lebhaft wieder aufgenommen worden und flammten noch mehrfache Kämpfe auf, bis die Division am 31. Mai nach größeren Minensprengungen die alte Stellung wie vor dem 16. April zurückgewann. Bei der Gruppe Vrimont war der Abschnitt östlich der Linie La Neuville—Le Godat Schauplatz zum Teil recht schwerer Kämpfe. Bereits am 9. Mai wurde die 54.Infanterie-Division heftig angegriffen; es gelang ihr, den eingebrochenen Feind in stundenlangen Nahkämpfen bis auf ein

verbleibendes, größeres Franzofennest zurückzuwerfen. Hierbei wirkten auch schon Teile der zur Ablösung einrückenden 187. Insanterie-Division des Generalleutnants Sunkel mit. Einige Tage später ging diese zum Angriff über, nahm das Franzosennest in etwa 600 Meter Breite und machte rund 150 Gefangene. Dann flauten die Kämpfe ab. Bei der G r u p p e R e i m s

385

Fortgang der Kämpfe. 1. Armee.

ging die Kampftätigkeit über einen mäßig lebhaften Artilleriekamps und

gelegentliche Patrouillenvorstöße nicht hinaus, soweit nicht der äußerste linke Gruppenflügel von den Kämpfen bei der Gruppe Prosnes mit berührt wurde.

Die nachhaltigsten Kämpfe wurden bei der Gruppe Prosnes um die Höhenkette von Moronvilliers geführt. Das Feuer der zahlreichen, sichtlich noch vermehrten französischen Artillerie war immer lebhaft. Es richtete sich planmäßig und unter beträchtlichem Munitionsaufwand gegen die deutschen Batterien im ganzen Abschnitt, daneben besonders gegen die Insanteriestellungen am Cornillet und auf dem Langen Rücken, wo die 223. Infanterie-Division einen schweren Stand hatte. Schon am 9. Mai kam es hier zu mehreren Teilvorstößen der Franzosen, die abgewiesen wurden. Sie wiederholten sich am folgenden Tage heftiger, und es glückte dem Gegner, in Handgranatenkämpfen den rechten Divisionsflügel etwas zurückzudrücken. Ein wenige Tage später durchgeführter, vorbereiteter Gegenangriff blieb ohne Erfolg. Die Kampfkraft der 223. Infanterie-Division war verbraucht, sie wurde durch die 242. (württembergische) Infanterie-Division des Generalmajors von Erps, bisher Eingreif-Division hinter der Gruppe Reims, abgelöst. Unterdessen hatte etwa vom 15. Mai ab die Beschießung der ganzen

is. Mai.

Höhenfront bis zum Pöhlberge, die bald auch nachts in fast unverminderter Stärke anhielt, den Charakter einer Angriffsvorbereitung angenommen. Die Batterien der Gruppe Prosnes erlitten durch das feindliche Feuer erheblichen Ausfall an Geschützen; am 17. Mai wurde die Zahl der nicht feuer-

bereiten schweren Geschütze auf durchschnittlich 25v. H. des Bestandes angegeben. Trotzdem war die Artillerie dauernd bemüht, die Infanterie zu ent-

lasten. Gleichzeitig aber begann sie bereits mit den Vorbereitungen für einen eigenen Angriff, der nach Weisung des Generals von Velow in den

letzten Maitagen ausgeführt werden sollte. Es handelt sich darum, in zwei Teilvorstößen am Pöhlberg und am Keilberg bessere Ausgangsstellungen für einen späteren größeren Angriff zu gewinnen, der die ganze Höhenstellung wieder in die Hand der Gruppe Prosnes bringen sollte.

In diese Vorbereitungen hinein traf der erwartete französische Angriff. Nach stärkster Steigerung am 19. Mai war die Beschießung der deutschen Infanteriestellungen an der ganzen Höhenkette in der folgenden Nacht heftig

fortgesetzt worden und bei gleichzeitiger ausgiebiger Vergasung der deutschen Vatteriestellungen am 29.Mai wieder zu Trommelfeuerstärke angewachsen. Die letzten Unterstände in den vordersten Linien wurden eingedrückt, am Cor-

mllet die Decke eines Tunnels für Stoßreserven durchschlagen und seine Eingänge verschüttet; etwa 490 Mann der 242. (württembergischen) InsanWeltkrieg. XII. Band.

25

2«. Mai.

386

2». Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

terie-Division fanden durch Erstickung einen tragischen Tod. Die Wider-

standskraft der Stellungsdivisionen wurde auf die schwerste Probe gestellt. Endlich, am Nachmittage des 20. Mai, liefen die Angriffswellen von vier französischen Divisionen gegen die Front der 242. und 33. Infanterie- und der 10. Ersatz-Division an, am westlichen Angriffsflügel auch noch Teile der 14. Reserve-Division fassend. Die vordersten deutschen Linien wurden über-

rannt; Cornillet, Hochberg, Keilberg und Pöhlberg gingen verloren. Dann prallte der Angriff auf die sich ihm entschlossen entgegenwerfenden Kampfreserven. Auf der ganzen Linie wurde in wütender Verbissenheit gekämpft; Hochberg und Pöhlberg wurden den Franzosen wieder entrissen und gegen alle bis zur Dunkelheit wiederholten starken Vorstöße frischer französischer Angriffswellen behauptet. 14. Reserve- und 242. Infanterie-Division konnten ihre Stellungen am Langen Rücken wiedernehmen. Am Cornillet aber hatte

der erste feindliche Sturmanlauf über die Verghöhe hinweg, deren vorderste

Verteidigungstruppe durch die tagelange, schwerste Beschießung fast auf¬ gerieben war, weit auf Rauroy zu Raum gewinnen können. Vis die deutschen Stoßreserven sich wieder an die Höhe vorgekämpft hatten, war den Franzosen Zeit geblieben, sich im weiten Vogen auf dem West-, Nord- und Osthang des Berges so fest einzunisten, daß der Gegenstoß sie von dort nicht mehr zu vertreiben vermochte. Der Cornillet blieb in Händen der Franzosen. General v o n V e l o w hatte, sobald er über die ersten Vorgänge unter¬

richtet war, bei Cpoye hinter dem linken Flügel der Gruppe Reims stehende Teile der 13. Reserve-Division der Gruppe Prosnes zur Stützung der 242. Infanterie-Division zur Verfügung gestellt. Alsbald herangezogen, kamen sie für sofortigen Gegenstoß nach der inzwischen entstandenen Kampf¬ tage allerdings zu spät, brachten aber der Frontdivision, die alle ihre Reserven

eingesetzt hatte, die sehr notwendige frische Kraftzufuhr. Weiter nach Osten hin hatte die 33. Infanterie-Division am Lug ins Land wie auf dem Hochberg in schweren Kämpfen ihre Stellung wiedergenommen. Auf der Ober-Värenburg war die vorderste Truppe in der seit dem französischen Einbruch vom 30. April nur dünn geschlossenen Riegel¬ stellung weiter nach Westen und Norden zurückgedrängt worden und damit auch diese Höhe im Besitz des Feindes. Weiter in die hier neuerlich auf¬

gerissene Lücke hineinzustoßen, wurde den Franzosen aber durch flankierendes Feuer aus der zäh gehaltenen Stellung am Westhange des Keilberges ver-

wehrt. Die in den Kampf geworfenen Reserven der 33. Infanterie-Division, dabei auch Teile der Eingreif-Division (54. Reserve-Division) vermochten nur der bedrohten Front Halt zu geben, bei inzwischen eingetretener Dunkelheit aber nicht, den Gegner wieder zurückzutreiben. Auch am Keilberg und

Pöhlberg hatten sich schwere Kämpfe entwickelt. Aber den Keilberg hinweg

387

Fortgang der Kämpfe. 1. Armee.

und zwischen beiden Höhen waren die gegen die 10. Ersatz-Division gerichteten Angriffswellen des Gegners bis nahe an Moronvilliers geflutet, ehe

ihr Stoß aufgefangen werden konnte. Linter Einsatz aller Kampfreserven bildete sich etwa 200 Meter südlich des Ortes eine neue Widerstandslinie, die am Westhang des Keilberges Anschluß an den linken Flügel der 33. In-

fanterie-Division und auf dem Pöhlberg an die alte Stellung fand. Alle

Versuche, das verlorene Gelände wiederzugewinnen, schlugen fehl. Auch in der Nacht eingeschobene Teile der 54.(württembergischen) Reserve-Divi¬ sion des Generalleutnants von Knoerzer konnten die Lage nicht wesentlich ändern. Der Keilberg und seine Hänge nach Norden und Nordosten blieben

verloren. In der Nacht fanden die Infanteriekämpfe auf der ganzen Angriffsfront allmählich ihr Ende, während die Artillerie beiderseits noch lebhaft weiterfeuerte. Die Unterstützung durch die Schwesterwaffe wurde gerade an diesem Tage von der beteiligten deutschen Infanterie besonders anerkannt. Starke Luftstreitkräfte, die die Franzosen auf der ganzen Angriffsfront zur

Unterstützung der Sturminfanterie in Tätigkeit gebracht hatten, störten dagegen sehr, bis sie von den sich rücksichtslos einsetzenden deutschen Fliegern in schweren Luftkämpfen allmählich vom Kampffeld zurückgedrängt werden

konnten'). Am späten Nachmittag des 20. Mai hatte General von V e l o w der

Gruppe Prosnes weitere Teile der 13. Reserve-Division zum Einsatz am Cornillet „im äußersten Notfalle" unterstellt. Zur Sicherung der Lage an der Värenburg und am Keilberge ließ er den im Kampfraum der 33. Insanterie- und 10. Erfatz-Division bereits eingesetzten Teilen der 54. ReserveDivision auch den Rest dieser Division über die Suippes bis in die Gegend südöstlich von Pont Faverger folgen. Ebendahin war von der 51. ReserveDivision, die Kronprinz Wilhelm der Armee freigegeben hatte, zunächst ein Drittel vorgezogen worden. Somit waren fürs erste genügende Reserven zur Hand. Am 21. Mai lebte mit Tagesbeginn der nur für kurze Stunden ge-

mäßigte Artilleriekampf wieder auf. Französisches Feuer höchster Stärke lag sehr bald auf der Kampffront der 242. Infanterie-Division und ver¬ hinderte den Gegenangriff, den die Division am Cornillet mit den inzwischen

herangekommenen Verstärkungsbataillonen der 13. Reserve-Division führen wollte. An seiner Statt brach schon zwischen 5° und 6° morgens starke französische Infanterie auf dem Langen Rücken vor, wurde aber im Nahkampf zurückgeworfen. Neuer, stärkster Beschießung folgte gegen 9° vormittags ein ') Insgesamt wurden im Mat über dem Kampfraum der 7., 1. und Z.Armee

65 französische und 26 deutsche Flugzeuge als abgeschossen gemeldet. 25*

21. Mat.

388

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

zweiter Vorstoß, der den gleichen Mißerfolg hatte. Danach gab der Gegner seine Angriffe hier vorläufig auf. Auch die Heftigkeit seines Artilleriefeuers flaute allmählich ab. Vor der 33. Infanterie-Division zeigte sich der Abwehrerfolg des Vortages so nachhaltig, daß es zu keinem neuen Angriffsversuch der Franzosen kam. Die neue Kampflinie der 10. Ersatz-Division südlich von

23'Mai

Moronvilliers erhielt heftiges Feuer, das gegen Mittag zu Trommelfeuerstärke anwuchs. Am späten Abend erst folgte ihm ein Infanterieangriff, der im Abwehrfeuer völlig scheiterte. Danach ließ auch an dieser Stelle die KampfTätigkeit nach. Bei schlechtem, unsichtigem Wetter ging sie am 22. Mai nickt über örtliche Handgranatenkämpfe hinaus. Erst vom 23. ab wurde das beiderfeitige Artilleriefeuer wieder heftiger. Zu Infanterieangriffen kam es weder an diesem noch am folgenden Tage, doch ließ die Stärke des französischen Feuers solche bald erwarten. In dieser Erwartung befahl General v o n B e l o w die Ablösung der

abgekämpften 33. Infanterie- und 10. Ersatz-Division durch die 51. und 54. Reserve-Division. Die 227. und 239. Infanterie-Division wurden als

neue Eingreif-Divisionen hinter die Gruppe Prosnes und den linken Flügel der Gruppe Reims gezogen. Weitere Absicht des Generals von Velow war,

die Divisionsabschnitte durch Cinschub der 13. Reserve-Division zwischen die 242. und 33. Infanterie-Division so schmal zu machen, daß die Divisionen längere Zeit mit eigenen Mitteln aus der Tiefe fechten konnten. Die Ausführung war durch den bereits erfolgten Einsatz von Teilen der 13. ReserveDivision am Cornillet eingeleitet.

Inzwischen hatte die seit dem 22. Mai herrschende größere Kampfruhe wieder mehr an das durch die letzten Stellungseinbußen nur noch dringlicher

gewordene eigene Angriffsunternehmen denken lassen. Die unterbrochenen

artilleristischen Vorbereitungen für den ersten Teilangriff wurden wieder aufgenommen. Er sollte am 27. durch die 54. (württembergische) ReserveDivision am Pöhlberge durchgeführt werden. 25. Mai.

Ehe es dazu kam, legten die Franzosen am 25. noch einmal heftigstes

Feuer auf die Linie Langer Rücken—Hochberg und brachen am Nachmittage in starken Wellen über den Lug ins Land und den Hochberg vor. Weiter westlich war der Angriff offenbar im starken deutschen Antwortfeuer nicht zur Entwicklung gekommen. Nahkämpfe von außerordentlicher Heftigkeit und Erbitterung entbrannten. Dreimal wiederholten die Franzosen ihre Vor¬ stöße, nun auch gegen den Langen Rücken und über den Cornillet vorstürmend. Spät am Abend waren sie auf der ganzen Linie zurückgeworfen. Am Höch¬ berg gelangten Abteilungen der 13. und 51. Reserve-Division im Nachstoß vorübergehend bis in die feindliche Sturmausgangsstellung.

Fortgang der Kämpfe. 1. Armee.

389

Nach verhältnismäßiger Kampfruhe am 26. folgte am festgefetzten Tage, dem 27. Mai, der Gegenschlag der 54. Reserve-Division am Pöhlberg.

27. Mai.

Nach starker Vergasung der französischen Batterien durch die gesamte Artillerie der Gruppe und einstündigem Wirkungsschießen auf die feindlichen Infanteriestellungen traten die Sturmtruppen um 9° vormittags an und

brachen in schnellem Anlauf die Hänge hinauf in die vorderste französische Linie ein. Die Angriffsfront hatte sich unvorhergesehen nach Westen bis vor den Keilberg verlängert, wo Teile der Frontbesatzung der 51. ReserveDivision des Generalleutnants Valck sich aus eigenem Entschluß dem Sturm

angeschlossen hatten. Die französische Stellung wurde vom Keilberg bis östlich des Pöhlberges in etwa 20(10 Meter Breite genommen. Heftigste Gegenstöße, an einzelnen Stellen bis zu siebenmal wiederholt, wurden in der

Hauptsache abgeschlagen. Anter der Wirkung des außerordentlich heftigen Feuers, das die französische Artillerie dann auf die verlorengegangenen Linien legte, mußten aber die Sturmkompanien südlich von Moronvilliers und auf der Pöhlbergkuppe in der Dunkelheit wieder zurückgenommen werden, östlich vom Pöhlberg wurde der Geländegewinn festgehalten; rund 300 Gefangene der französischen 124. Division blieben in deutscher Hand.

Der Artilleriekamps ging in den folgenden Tagen lebhaft weiter; sonst brachten sie keine Gefechtstätigkeit von besonderer Bedeutung. Auf deutscher Seite hatten die artilleristischen Vorbereitungen für den zweiten Teilvorstoß begonnen, den Teile der 51. Reserve-Division am 31. Mai gegen die fran-

zösische Front Hochberg—Värenburg führten sollten. Das Unternehmen begann noch vor Morgendämmerung wiederum mit einem umfangreichen Gas-

schießen auf die feindlichen Vatteriestellungen. Nach kurzem Wirkungsfeuer sollte der Sturmangriff folgen, aber dicker Nebel hinderte die Beobachtung und damit die richtige Lage des vorbereitenden Zerstörungsfeuers; auch die

Nachrichtenübermittlung versagte. Die Sturmtruppe stieß sogleich aus starken Widerstand. Der Vorstoß blieb bis auf die Gefangennahme von etwa 60 Mann der französischen 72. Division ohne Erfolg.

Die der Gruppe Prosnes zur Verfügung stehenden Angriffsmittel hatten sowohl am 27. wie am 31. Mai nicht ausgereicht, um gegenüber der

überlegenen französischen Artilleriemaffe und der Widerstandskraft der französischen Infanterie Erfolge von Dauer zu erkämpfen. Die Kampftätigkeit der Franzofen war auf großen Teilen der Schlachtfront offensichtlich schwächer geworden, und doch waren die Kämpfe im Abschnitt Cerny—Winterberg sowohl wie im Höhengelände von Moronvilliers

si.Mat.

390

zi. Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

schwer gewesen. An beiden Stellen war auf ein Nachlassen der Kämpfe zu-

nächst nicht zu rechnen, da hier wie dort keine Entscheidung erreicht war. Auf den Höhen von Moronvilliers insbesondere war die Lage so, daß keiner der

beiden Gegner sich mit ihr für die Dauer abfinden konnte.

E. Die Ereignisse im Juni. Beilagen 13 und 18.

Zuni.

Die Anfang Juni bei der Heeresgruppe und der Obersten

Heeresleitung vorliegenden Nachrichten gaben kein sicheres Bild der Kräfteverteilung bei den Franzosen; Aufklärung durch Feststellungen an der Front war dringend erforderlich. Die auffallende Zurückhaltung der fran¬ zösischen Infanterie, das Nachlassen des feindlichen Artillerie- und Minen-

feuers auf großen Teilen der Front, die bekanntgewordene Abbeförderung zurückgezogener Divisionen, vielleicht auch schwerer Artillerie, mußte den Eindruck erwecken, daß die Franzosen die Fortführung ihrer großangelegten Offensive gegen die 7. und 1. Armee aufgegeben hatten, mithin d i e S ch l a ch t

im großen beendet sei. Andererseits war zu erwarten, daß die Fran¬ zosen die sich vorbereitenden neuen englischen Angriffe in Flandern unter¬ stützen würden, und dafür kam nach wie vor in erster Linie die Aisne/Champagne-Front in Betracht, wo ein großer Teil der Divisionen, die an der Schlacht teilgenommen hatten (in erster Linie das I., I. Kolonial- und II. Kolonialkorps, die 10., 37., 45. und Marokkanische Division), in einiger Zeit wieder

angriffsfähig sein konnte. In jedem Falle mußte die deutsche Führung be¬ strebt sein, die jetzige, im Kampfe entstandene und daher vielfach recht ungünstig liegende Front baldigst in eine Dauerstellung zu verwandeln, die einerseits für neue Abwehr-Großkämpfe geeignet war, andererseits in ruhigen Zeiten mit einem Mindestmaß von Kräften gehalten werden konnte. In diesem Sinne hatte Kronprinz Wilhelm schon in den letzten Maitagen eine Stellungnahme der 7. und 1. Armee vor allem darüber eingefordert, ob eine

solche Dauerstellung in ihrem Bereich vorteilhafter durch angriffsweise Ver¬ besserung der augenblicklichen Kampfstellung oder durch Einnahme einer geeigneten rückwärtigen Linie zu erreichen sei. Beide Armeen hatten sich für Halten und, da wo es nötig war, Verbesserung der augenblicklichen Kampf¬ stellung durch Teilangriffe entschieden, weil die Abwehrbedingungen in der

nächsten vorbereiteten, rückwärtigen Stellung weder im Berggelände südlich von Laon noch zwischen den Höhen von Moronvilliers und der Suippes

wesentlich besser sein würden. Die Heeresgruppe schloß sich dieser Auffassung an. Dementsprechend entwickelten sich die Kämpfe im Monat Juni.

Fortgang der Kämpfe.

391

J. Die Rümpfe der 7. Armee. General von Voehn hatte denGruppenCröpy,Vailly undLiesse bei Monatsbeginn die Aufgabe gestellt, sich in der nächsten Zeit durch kleinere Angriffe wieder in den vollen Besitz des Chemin des Dames-Rückens und der im Westen anschließenden Hochfläche östlich von Laffaux und Vauxaillon zu setzen, um dort eine dauerhafte Kampfstellung zu schaffen. Ob es nötig sein würde, auch die Hurtebise-Ferme wiederzunehmen, blieb vorläufig offen. Die bisherigen Großkämpfe schienen erwiesen zu haben, daß ihr Besitz dem Feinde nicht gestattete, an dieser Stelle weiter durchzustoßen, solange im Westen der Hochrücken südlich und südöstlich von Ailles, im Osten die Hochfläche der Vauclerc-Mühle und vor allem der Winterberg festgehalten

wurden. Letzteres sicherzustellen war Aufgabe der Gruppe Siffonne; sie konnte aber nur durch weiteres Hinaufschieben auf die Hochfläche, also durch

Angriff gelöst werden.

Im Kampsbereich der Gruppen Crepy und Vailly, deren gemeinsame Abschnittsgrenze seit Ende Mai um eine Divisionsbreite südlich der Ailette verlegt war, entbrannten die ersten Kämpfe schon in der Nacht zum 1. Juni auf der Hochfläche östlich von Laffaux. Sturmabteilungen der jetzt hier eingesetzten 78.Reserve- und der links anschließenden 50. Jnsanterie-Division hatten in der mondhellen Nacht in überraschendem Stoß den vordersten französischen Graben westlich von Allemant in rund 1000 Meter Breite genommen und hielten ihn, von der Artillerie sehr gut unterstützt, gegen alle Gegenstöße, tlber 100 Gefangene waren gemacht. Am 20.Juni konnte sich die 78. Referve-Division des Generalmajors von Stolzmann auch mit

ihrem Nordflügel durch einen Einbruch in die feindliche Stellung östlich von Vauxaillon in etwa 1500 Meter Breite weiter auf der Hochfläche vorwärts-

schieben. Die Franzosen versuchten in heftigsten Gegenangriffen, die sich noch bis zum 24.Juni fortsetzten, den verlorenen Boden wiederzugewinnen, was ihnen aber nur zu geringem Teile gelang. An der Südfront der Gruppe Vailly galt es vor allem für die Divi-

sionen, deren Kampflinie füdlich von Pargny bis zur Froidmont-Ferme sich zu großen Teilen noch an den Nordhang des Chemin des Dames-Rückens

anklammerte, ihre Stellung zu verbessern. Hier brachen in der Nacht zum 4. Juni Stoßkompanien der 10. Infanterie-Division nordwestlich der Froidmont-Ferme in etwa 1000 Meter Breite in den vordersten französischen Graben ein und behaupteten ihn gegen alle feindlichen Wiedernahmeversuche;

392

Juni.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

mehr als 140 Gefangene waren die Beute. Am 6. Juni gelang es Sturm¬

abteilungen der östlich von der 50. Infanterie-Division neu eingeschobenen 103. Infanterie-Division unter Generalmajor von Auer und der 206. Infan¬

terie-Division, südlich von Pargny und Filain trotz heftigsten feindlichen Widerstandes fast 2000 Meter der französischen Stellung am Nordrande des Hochrückens zu nehmen und sich dort so festzusetzen, daß keine der mehrfachen und sehr heftigen Bemühungen der Franzosen sie wieder vertreiben konnte. Fast 500 Gefangene fielen in deutsche Hände und ergaben die äußerst wert¬ volle Feststellung des Einsatzes von Divisionen des III. und XXI. Korps,

zweier bisher zurückgehaltener französischer Angriffskorps. Danach und ange¬ sichts des immer recht lebhaften und häufig zu höchster Kraft gesteigerten Feuers der französischen Artillerie schienen feindliche Angriffsabsichten größeren Ausmaßes in dieser Gegend wahrscheinlich. General vonVoehn gab deshalb Befehl, eine Anzahl schwerer Batterien näher an die Front vor¬ zuziehen, um durch zusammengefaßtes Feuer die feindlichen AngriffsVorbereitungen möglichst wirksam bekämpfen zu können. Auch wurde in den nächsten Tagen die 206. Infanterie-Division, die sich während ihres Einsatzes gut geschlagen hatte, aber nunmehr abgekämpft war, durch die 46. ReserveDivision abgelöst. Das weitere Verhalten des Gegners gab freilich bald immer weniger Anlaß, auf einen großen Angriff zu rechnen, so daß die eigenen Unternehmungen zur Gewinnung besierer Kampfstellungen fortgesetzt werden konnten. Die 46. Reserve-Division unter Generalleutnant von Wasielewski führte am 22. Juni östlich der Royöre-Ferme einen Angriff durch, nahm in 1500 Meter Breite und 500 Meter Tiefe die französischen Gräben und hielt sie gegen mehrere Gegenstöße fest. Rund 300 Gefangene waren gemacht und

dem teilweise über freies Feld flüchtenden Gegner schwere blutige Verluste beigebracht worden. Bei der Gruppe Liesse blieb die Gegend beiderseits von Cerny

Schauplatz lebhafterer Kämpfe. Am 10. Juni nahmen Sturmtrupps der 37. Infanterie-Division des Generalleutnants von Müller und der 13. Infanterie-Division des Generalmajors von Vorries hart westlich von Cerny den französischen Graben in etwa 300 Meter Breite. In harten Kämpfen konnte der Gewinn behauptet werden. Gegen Ende des Monats am 28. Juni

führte die 13. Infanterie-Division auch östlich von Cerny noch einen gut vorbereiteten, kräftigen Angriffsfchlag. Etwa 1000 Meter feindlichen Grabens und ein zäh verteidigter Tunnel wurden genommen und trotz zahlreicher Gegenstöße der Franzosen festgehalten; etwa 150 Gefangene wurden ein¬ gebracht. Am folgenden Tage nahm die Division am Ostrande der Hoch¬

Fortgang der Kämpfe. 7. Armee.

393

fläche von Cerny etwa 1300 Meter der französischen Kampfstellung bei der la Vovelle-Ferme und erreichte damit eine wesentliche Stellungsverbesserung. Cm französischer Gegenangriff wurde am 30. Juni abgeschlagen; ein ent-

schlossener Nachstoß bis in die zweite feindliche Linie brachte 200 Gefangene und einen Stellungsgewinn von weiteren 1000 Meter Breite. Die örtlichen

Kämpfe setzten sich östlich von Cerny bis in den Monat Juli hinein fort. Unterdessen hatte am linken Flügel der Gruppe Liefse nordwestlich der Zurtebise-Ferme die 1. bayerische Infanterie-Division am 16. Juni in kräftig vorbereitetem Vorstoß eine Vergnase genommen, von der aus die Franzosen

den Hang nach beiden Seiten flankierten. Gegenstöße und wiederholte kräftige Gegenangriffe in den folgenden Tagen wurden abgeschlagen. Am 25.Juni aber gelang es den Franzosen, nach besonders starker Feuervorbereitung, die Vergnase der inzwischen dort eingesetzten 14. Infanterie-Division wieder zu entreißen und dabei auch die in früheren Kämpfen hart umstrittene „Drachenhöhle" westlich der Hurtebise-Ferme zu nehmen.

Die Gruppe Sissonne hatte den ihr aufgetragenen Vorstoß zur Wiedernahme des Winterberges auf den 3. Juni angefetzt. Sturmtruppen der 15. Infanterie-Division des Generalmajors von Goetzen und der 41. Infanterie-Division des Generalleutnants Schmidt von Knobelsdorf waren

daran beteiligt. Die kurz nach Tagesanbruch vorbrechenden Kompanien kamen aber sogleich in sehr heftiges Abwehrfeuer und stießen auf hartnäckigen Widerstand. Die Mitte der Angriffsfront blieb liegen, nur die Flügel drangen in die französischen Gräben ein, machten dort über 170 Gefangene und hielten sich bis zum Abend. Dann wurde nach hartem Ringen auch der

östliche Angriffsflügel wieder in seine Ausgangsstellung zurückgedrückt, so daß sich der Geländegewinn auf einen Teil der westlichen Verghochfläche beschränkte. Da mit Kräften gespart werden mußte, sah General von Voehn von einer Wiederholung des Angriffs ab. Die Kampflage auf dem Winter-

berg blieb fortan unverändert. Auf der Osthälfte der Gruppenfront machten Sturmtrupps der 15. bayerischen Infanterie-Division am 29. Juni südöstlich von Corbeny einen auf breiter Front angesetzten Erkundungsvorstoß, der die

wertvolle Feststellung erbrachte, daß die französische Frontbesetzung gegenüber der Gruppe Siffonne sich um eine Division geschwächt hatte. Inzwischen hatte die ausfällige Untätigkeit der französischen Infanterie üotz Einsatzes der besten Angriffsdivisionen durch das Bekanntwerden der inneren Schwierigkeiten des französischen Heeres eine Erklärung gefunden. Danach schien für die nächste Zeit an der Chemin des Dames-Front kein

Großangriff mehr zu drohen.

2g.J««i.

394

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

2. Die kämpfe der J. Armee. 3»»«.

Vei den Gruppen Aisne und Brimont war die Schlacht in

einen Stellungskampf von wechselnder Lebhaftigkeit, aber ohne Gefechts-

Handlungen von wesentlicher Bedeutung ausgelaufen. Für die Gruppe Reims bestand wie bisher die Gefahr, daß ihr Ostflügel durch die Kämpfe derGruppeProsnesin Mitleidenschaft gezogen werden konnte. Vei dieser Gruppe wurde mit Fortdauer der Kämpfe um die Höhen von Rauroy— Moronvilliers unbedingt gerechnet, wenn es auch schien, als ob die Fran¬

zosen ihre Angriffe zur Zeit nicht über die Höhenlinie hinaustragen wollten. Augenblicklich hatten sowohl Franzosen wie Deutsche einen Teil der Höhen¬ linie in der Hand, keiner aber hatte seinen Höhenbesih so weit sichern können, daß geordnete Beobachtung und Feuerleitung von ihm aus möglich gewesen wäre. Dieser Zustand bot auf die Dauer keine Sicherheit, für die deutsche Seite um so weniger, als die Lage dem Feinde die größeren Vorteile gab. Brachte er sich durch örtliche Unternehmungen allmählich ganz in den Besitz der Höhen, so gewann er Einblick in die deutschen Infanterie- und Artillerie¬ stellungen bis zu den Waldhängen nördlich der Suippes. General von V e l o w kam danach zu dem Entschluß, die Schwierig¬

keit der Lage für die Gruppe Prosnes durch volle Wiedergewinnung der Höhenlinie zu lösen. Er glaubte, an Artillerie stark genug zu sein, und be¬ antragte die Heranführung von drei frischen Divisionen zur Ablösung der Angriffstruppen und die Zuweisung des errechneten Munitionsbedarfs. Die

Heeresgruppe trat seiner Ansicht bei, hatte aber Zweifel, ob die geforderte, sehr beträchtliche Munitionsmenge zur Verfügung gestellt werden könne. Die Oberste Heeresleitung entschied dahin, daß „mit Rücksicht auf die Gesamtlage an der Westfront und auf die Munitionslage von den beabsich¬

tigten Teilangriffen Abstand zu nehmen" sei. Die Gruppe Prosnes sollte sich „auf das Halten ihres vorderen Stellungssystems beschränken und den Ausbau einer Dauerstellung fördern". Kleine Unternehmungen zur Verbefferung örtlicher Schwierigkeiten — wie bei der 7. Armee — unter Einsatz

beschränkter Munitionsmengen wurden freigestellt. Im übrigen hatten sich die Bedingungen für die Verteidigung der Gruppe Prosnes inzwischen durch Einschub der 13. Reserve-Division des Generals der Kavallerie von Kühne am Eornillet günstiger gestaltet; dabei war der westlich an¬

schließende Abschnitt der 242. Infanterie-Division am Langen Rücken zur

Gruppe Reims geschlagen, ferner in der Front die 54.durch die 7. ReserveDivision abgelöst worden. Vom 3. Juni an richtete sich sehr heftiges Artilleriefeuer der Franzosen gegen die noch von der Gruppe Prosnes gehaltenen Teile der Höhenkette, im besonderen gegen die Stellungen am Eornillet und Lug ins Land. Zugleich

Fortgang der Kämpfe. 1. Armee.

395

wurden die deutschen Vatteriestellungen mit, außergewöhnlicher Heftigkeit und großem Munitionsaufwand planmäßig bekämpft. Diese Bekämpfung setzte sich mit unverminderter Heftigkeit tagelang fort und verursachte mehrfach empfindliche Verluste an Menschen, Gerät und Munition. Vis zum 10. Juni war die 19. Infanterie-Division des Generalmajors Walter von Hülsen in die Front am Hochberg (bisher 51. Reserve-Division) eingerückt und die 187. Infanterie-Division als Eingreif-Division hinter die Gruppenfront gezogen worden.

Nach einigen Tagen geringerer Kampftätigkeit steigerte sich vom 16. Juni ab das französische Feuer wieder zu großer Stärke. Am 18. morgens brach

feindliche Infanterie zwischen dem Cornillet und Lug ins Land (am Hexensattel) und auf dem Lug ins Land selbst zum Angriff vor. Sie wurde von der

hier soeben für die 13. Reserve-Division neu eingesetzten 231. InfanterieDivision des Generalmajors Bernhard von Hülsen im allgemeinen zurückgewiesen, nur am Hexensattel blieb der Feind in geringer Breite in der

deutschen Linie. Am 21.Juni konnten die Franzosen diesen Erfolg nach Breite und Tiefe erweitern. Es gelang nicht, sie durch Gegenstöße wieder zurückzuwerfen, doch wurden sie in den nächsten Tagen durch zusammengefaßtes Artilleriefeuer der Gruppe Prosnes gezwungen, ihren Gewinn zum großen Teile wieder aufzugeben. Die nachrückende 231. Division konnte am 23.Juni einige der verlorenen Grabenteile wieder besetzen. Das Artilleriefeuer flaute dann ab.

Auf der übrigen Höhenfront hatte sich die Gefechtstätigkeit auf zeitweise recht heftigen Artilleriekampf beschränkt. Nur die 7. Reserve-Division unter General der Infanterie Graf von Schwerin hatte ihre Stellung am Pöhlberge durch einen örtlichen Vorstoß etwas verbessert. Am Ende des Monats wurde festgestellt, daß der Feind seine Front um eine Division geschwächt hatte. Weitere Angriffsabsichten schien er also vorläufig nicht zu haben. Es war ohne Zweifel ein günstiger Zeitpunkt, um den Franzosen im Angriff zuvorzukommen und ihnen die ganze Höhenkette wieder abzunehmen. General von Velow nahm den Gedanken an eigenen

Angriff wieder auf und beantragte erneut die Mittel dazu. Die Gesamtlage zwang aber zu vorläufiger Ablehnung aller größeren Angriffspläne^). Vielmehr mußte die Armee jetzt zwei Divisionen sowie eine größere Zahl von Feld- und schweren Batterien zur Verwendung an anderer Stelle frei

machen. Die große Abwehrschlacht an der Aisne und in der

Champagne war beendet. ') Näheres S. 542 ff.

396

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

F.Die Ereignisse am linken Flügel der Heeresgruppe

Deutscher Rronprinz und bei der Heeresgruppe

Herzog Albrecht. Je mehr sich im Februar das Bild der Lage dahin geklärt hatte, daß die große Offensive der Franzosen gegen die Fronten der 7. und Z.Armee gerichtet sein werde'), um so mehr war die Bedeutung des nach links bis zur Schweizer

Grenze anschließenden Heeresflügels zurückgetreten. Gewiß blieben über¬ raschende Teilangriffe gegen ihn immer noch möglich, der Schwerpunkt der künftigen Kämpfe war hier aber sicherlich nicht mehr zu erwarten. Mit Be¬ ginn der großen Abwehrschlacht an der Aisne und in der Champagne diente der linke Heeresflügel in erster Linie als Kräftereservoir für die Hauptkampffront. Fast alle kampfkräftigen Verbände wurden ihm genommen und ab¬

gekämpfte dafür zugeführt).

J. Der linke Flügel der Heeresgruppe Deutscher Rronprinz. Skizze 11 in Band XI und Beilage 1.

Von der 3. A r m e e des Generalobersten von Einem wurde der rechte

Flügel schon am 16. April von der großen Abwehrschlacht mit betroffen und am gleichen Tage als Teil der neu gebildeten 1. Armee abgetrennt. Seitdem

war nur noch die äußerste rechte Flügel-Division der Armee hart östlich von Aubßrive an der Suippes an den Kämpfen beteiligt^). An der übrigen Armee-

front herrschte im wesentlichen Ruhe. Bei der 5. Armee, die seit dem zweiten schweren Rückschlag vor Verdun am 15. Dezember 1916 unter General der Artillerie von Gallwitz

stand, mit Oberst Bernhard Bronsart von Schellendorff als Generalstabschef, war der Raum um die große französische Festung immer ein Gefahren-

Punkt. Hier blieb schärfste Aufmerksamkeit dauernd geboten, stets mußten wenigstens einige kampfkräftige Divisionen bereit gehalten werden. Die ') S. 75 ff. 2) Beil. 27.

3) Die Hergänge sind im Zusammenhang mit der großen Schlacht geschildert.

Ereignisse bei 3. und 5. Armee.

397

Armee hatte Anfang Februar vier Generalkommandos mit zusammen zwölf Divisionen in der Front, drei als Reserve dahinter^). Die von General von Franyois Ende Dezember und am 25. Januar

3mwat/

aus dem Westufer der Maas angesetzten erfolgreichen Teilangriffe^) hatten die Eindrücke der vorhergegangenen schweren Rückschläge so weit wieder ausgeglichen, daß das Armee-Oberkommando in der Beurteilung der Lage vom 27. Januar über „auffallende Minderwertigkeit der französischen Infanterie (32. und 55. Division)" berichtete. General von Gallwitz sah in der „vorzüglich gelungenen Unternehmung einen erneuten Beweis für die Überlegenheit eines planmäßig vorbereiteten Angriffs über die Verteidigung".

Im Februar wurde durch Gefangene festgestellt, daß auf der Nordostfront von Verdun den fünf deutschen Divisionen nur zwei französische gegenüber-

standen; auch wurde wieder von schlechter Stimmung zweier französischer Divisionen (55. und 123.) berichtet. Starke Teile der eigenen schweren Artillerie wurden in Ruhe zurückgezogen. Am 20. Februar war der allgemeine Eindruck, daß der Feind an Munition spare. Ob die jedesmal bei

eintretender Sicht einsetzende erhöhte Artillerietätigkeit ein Cinschießen bedeute oder Täuschung bezweckte, war nicht klar. Teilweise bestand der

Eindruck, daß eine verhältnismäßig geringe Zahl von Batterien bald dahin, bald dorthin ihr Feuer zusammenfasse. Im übrigen war festgestellt, daß schon Anfang des Monats eine Division aus der französischen Nordfront östlich der Maas herausgezogen und daß auch auf dem Westufer die Besetzung verringert worden war. Ein Angriff des Gegners schien also in nächster

Zeit nicht wahrscheinlich. Man begann, weitere schwere Artillerie zugunsten der vom Hauptangriff bedrohten Armeen auszusparen. Vis zum 9. März wurden ein

Generalkommando und zwei Divisionen aus der Nordostfront herausgezogen. Gleichzeitig wurde in Ausführung der Weisung der Heeresgruppe vom *) Gliederung der 5. Armee Anfang Februar (spätere Ab- und Zugänge Beil. 27) westlich der Maas: Gen.Kdo. des VII.A.K. mit 2.Ldw.D., 28.R.D., 13. I.D., 10.R.D., dazu

75 schw. Vttrn.; östlich der Maas: Gen. Kdo. des V. R. K. mit 103. I. D., 25., 43. R. D. Gruppe Hardaumont (Gen. Kdo. des XIV. A. K.) mit 54. (württ.) R. D., 10. Crs. D. Gruppe Vaux (Gen. Kdo. des XVIII. R. K.) mit 192. (sächs.) I. D., 19. (sächs.) Crs. D. Reserven: 14., 58. (sächs.), 228. I. D. 2) Bd. XI, ®. 180 und 183.

dazu 45 schw. Vttrn.

März.

398

März.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

21.Januar') die Verteidigung, wo sie östlich der Maas im Gelände be-

sonders ungünstig lag2), zurückgenommen. So wurde die Hauptkampfstellung vom Pfefferrücken in die Samogneux-Stellung zurückverlegt. Der Talou-Rücken und das Gelände südlich des Granaten-Tales blieben nur

durch vorgeschobene Sicherungen besetzt. Die neue Hauptkampfstellung be° deutete für die Infanterie-Verteidigung eine entschiedene Verbesserung, die wertvolle Artilleriebeobachtung vom Talou-Rücken war aber aufgegeben.

Auch konnten die Stellungen des Westufers künftig durch Flankenfeuer vom Südhang des Talou-Rückens her besonders in ihren rückwärtigen, durch das Tal des Forges-Vaches führenden Verbindungen schwer bedroht werden. In der Woövre-Ebene wurde die Hauptkampfstellung aus der bisher dicht östlich der Cötes in versumpfter Niederung verlaufenden Linie in die ausgebaute frühere III. Stellung östlich der Straße Azannes—Fresnes en Woevre zurückgenommen. Vortruppen blieben auch hier in der bisherigen Linie. Inzwischen waren feit Ende Dezember im ganzen sieben AngriffsUnternehmungen vorzüglich gelungen. Sie hatten wertvolle StellungsVerbesserungen besonders auf dem Westufer bei Höhe 3043) und östlich der Maas am Vaux-Kreuz ergeben und bei geringen eigenen Verlusten mehr als 2000 Gefangene und gegen 60 Maschinengewehre als Beute eingebracht. Die feindliche Gegenwirkung war stets gering gewesen. Am 18. und 19. März'') gelangen auf dem Westufer bei der 28. Reserve- und der 13. Infanterie-Divifion wiederum gut vorbereitete Teilangriffe, die besonders am Toten Mann und bei der Höhe 304 die deutschen Stellungen verbesserten und abermals 550 Mann und zehn Maschinengewehre als Beute einbrachten.

In den nächsten Tagen einsetzende feindliche Gegenangriffe waren erfolglos, doch blieb das Artilleriefeuer bis zum Monatsende lebhaft. April.

Am 6. April machte der Feind gegen die von der 2. Landwehr-Division

verteidigte Südostecke des Waldes von Malaneourt drei vergebliche Vorstöße. Diese Unternehmung und die auch sonst erhöhte Tätigkeit des Gegners

schienen mit der bevorstehenden großen französischen Offensive zusammenzuhängen. Zu ihrer Abwehr mußte die 5. Armee zwei weitere Divisionen, viel Artillerie, Flieger und sonstige Formationen abgeben. Verdun wurde jetzt tatsächlich zur Nebenfront, und doch blieb die Möglichkeit eines Über-

rafchungsangriffs angesichts der vorhandenen Großkampfvorbereitungen des Gegners unverändert bestehen. 1) 2) 3) 4)

Bd. XI, S. 182. Skizze 13 in Bd. XI. Skizze 17 in Bd. X. Gliederung zu dieser Zeit Beil. 27.

Ereignisse bei der 5. Armee. Verdun.

399

Nach dem Zusammenbruch der ersten französischen Anstürme an der Aisne und in der Champagne sagte am 23.April ein Überläufer aus, daß aus

der Nordostfront von Verdun ein Angriff kleineren Umfangs beabsichtigt sei; rege Arbeit an Verbindungen und Artilleriestellungen wiesen in die gleiche

Richtung. Am 28. April sagten französische Gefangene den Angriff für Anfang Mai voraus. Die Abwehr wurde nach Kräften vorbereitet. Die Oberste

Heeresleitung wies die Armee-Abteilung Can, bis auf weiteres sechs Bataillone bereit zu halten, um notfalls die 5. Armee zu unterstützen.

Andererseits ließ die Heeresgruppe im Zusammenhang mit den Kämpfen in der Champagne auch Vorbereitungen treffen für einen Angriff mit begrenztem Ziel in der allgemeinen Richtung auf die Bahn Clermont—Dombasle, der vom rechten Flügel der 5. Armee zusammen mit dem linken der

Z.Armee geführt werden sollte. In der ersten Maiwoche bestätigten die Aussagen weiterer Gefangener und andere Wahrnehmungen das Bevorstehen eines Angriffs auf die Höhe des Vaux-Kreuzes; feindliches Artilleriefeuer und Patrouillentätigkeit wurden stärker. General von Gallwitz regte durch persönliche Rücksprache bei den unterstellten Führern einen Vorstoß in die feindlichen AngriffsVorbereitungen an, denn er war nach den bisherigen eigenen Erfahrungen vor

Verdun und vollends nach den Vorgängen bei Arras der Überzeugung, daß man sich keineswegs auf reine Abwehr beschränken dürfe; ein gut vor-

bereiteter Angriff habe stets größte Wahrscheinlichkeit des Gelingens für sich und koste weniger als die Abwehr'). Am 6. Mai wurde die 228. Infanterie-

Division als Cingreif-Division nahe hinter die beiden bedrohten StellungsDivisionen gezogen, gleichzeitig aber auch eine Unternehmung gegen den Cauriöres-Wald vorbereitet. Da erfuhr man am 9. Mai von Gefangenen,

die bei Louvemont eingebracht waren, daß für den 5. Mai zwar ein Angriff

auf die Vaux-Kreuz-Höhe angesetzt gewesen sei, infolge der Mißerfolge an der Aisne seien aber frische Truppen nicht verfügbar gewesen. Gleichzeitig waren zwei feindliche Divisionen, die als Reserven bei Verdun gestanden hatten, an anderen Fronten festgestellt. Mit französischem Angriff wurde daher von jetzt ab nicht mehr gerechnet. Die Unternehmung gegen den Caurieres-Wald wurde aufgegeben, da ausreichende Munition nicht zur Verfiigung gestellt werden konnte. Bis zum 20. Mai änderte sich das Bild der Lage erneut. Verstärktes

feindliches Artillerie- und Minenfeuer vor allem gegen die Infanteriestellungen vom Toten Mann bis in die Gegend von Ornes, auffallend rege ') Schreiben an Kronprinz Wilhelm vom 12.April 1917 (S. 543).

Mai.

400

Mai.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Flieger- und Funkertätigkeit vor der Nordostfront, verbunden mit Angriffen

auf jeden aufsteigenden Ballon, erweckten den Eindruck, daß der Feind vielleicht doch noch einen Angriff beabsichtige. Da aber die Artillerie noch gar nicht beschossen worden war und auch die Stellungen noch nicht wesentlich gelitten hatten, schien er nicht unmittelbar bevorzustehen. Auch General Ludendorff war am 21.Mai der Ansicht, daß nach der Gesamtlage ein großer Angriff kaum zu erwarten sei; aber auch ein kleiner Mißerfolg dürfe bei Verdun nicht eintreten. Er ließ ein Mörser-Vataillon zur Verfügung stellen. 9° abends vergaste der Gegner die deutschen Batterien sowie Mulden und Schluchten im Räume Eaures-Wald—Herbebois—Höhe 307 nordöstlich von Ornes, erzielte jedoch wegen starken Regens nur geringe Wirkung. Ein

Angriff, der vermutlich für 11° abends geplant gewesen war, scheint durch zufällig aus dieselbe Zeit angesetztes Zerstörungsfeuer der bei Ornes eingesetzten 28. Infanterie-Division im Keime erstickt worden zu sein. Der Gegner kam nicht aus den Gräben, wohl aber fanden vorstoßende Sturmtrupps der Division die Stellung, entgegen der französischen Gewohnheit, dicht besetzt und brachten einen Gefangenen einer erst vor wenigen Tagen

hier eingesetzten französischen Division ein. Bis zum 30. Mai verdichtete sich die Auffassung auf Grund der Ver¬

schiebung französischer Kräfte aber doch wieder dahin, daß ein starker Angriff aus Verdun heraus bevorstehe. Die Heeresgruppe befahl, die Front der 5. Armee für die Abwehrschlacht vorzubereiten. Andererseits trug sich General von Gallwitz, seiner Grundanschauung entsprechend, vielleicht aber auch unter dem Eindruck der inzwischen zahlreich vorliegenden Nachrichten über Nachlassen der Manneszucht und Meutereien im französischen Heere, mit dem Gedanken, dem Gegner durch eigenen Angriff zuvorzukommen. Er dachte dabei an das seit Ende April am rechten Armeeflügel vorbereitete Juni.

Unternehmen. Zur Aussprache über die Lage kamen am 3. Juni General Ludendorff und Oberst GrasSchulenburgin das Armee-Haupt-

quartier nach Stenay. Ein Angriff wurde dabei unter Hinweis auf die herrschende Munitionsknappheit abgelehnt; es könne sich auch weiterhin nur um Abwehr handeln, diese sei allerdings aktiv zu führen. Im übrigen stand nach Fliegerbeobachtungen und Funkerfeststellungen jetzt die Ansicht im Vordergrunde, daß sich ein feindlicher Angriff in der Hauptsache nicht gegen die 5.Armee selbst, sondern gegen die Armee-Abteilung 0, und zwar von Süden und Westen her, also gegen den St. Mihiel-Vogen, vorbereite. Die Armee sollte daher noch zwei Infanterie-Divisionen als Reserve aus der Front ziehen; andererseits erhielt sie, nachdem jetzt über den völligen Zusammenbruch der großen französischen Offensive kein Zweifel mehr sein

konnte, zahlreiche Artillerie, Nachrichten- und Funkerformationen sowie

Ereignisse bei der S. Armee und der Heeresgruppe Herzog Albrecht.

401

Luftstreitkräfte zugewiesen, die allerdings abgekämpft und ruhebedürftig waren.

Zu den erwarteten feindlichen Angriffen kam es nicht. Dagegen führte die 5. Armee nach gründlicher Vorbereitung gegen Ende des Monats Juni noch einige Unternehmungen zur Verbesserung der Stellungen vor allem bei der Maas-Gruppe West des Generals von Frangois durch. Am 28. Juni abends erstürmten zwei Regimenter der 10. Reserve-Division des Generalleutnants Dallmer südwestlich der Höhe 304 beiderseits der Straße Haucourt—Esnes französische Gräben in zweieinhalb Kilometer Breite und mehreren hundert Meter Tiefe. Am 29. früh nahmen Sturmtruppen der 2.Landwehr-Division des Generals der Artillerie Franke in 300 Meter Breite und etwa 150 Meter Tiefe die feindlichen Gräben am Südrand des Waldes von Malancourt. Schließlich wurden am Abend des 29. am Ost-

hang der Höhe 304 weitere feindliche Stellungen in 1000 Meter Breite und IS» Meter Tiefe genommen und mit dem tags zuvor erreichten Angriffsziel verbunden. Auch östlich davon gelang bei der 6. Reserve-Division eine kleinere Unternehmung. Die feindliche Gegenwirkung dauerte bis zum 2. Juli an, ohne indessen wesentliche Erfolge zu erzielen. Die Maas-Gruppe West hatte fast 900 Gefangene, 6 Minenwerfer und 19 Maschinengewehre erbeutet bei einem eigenen Verlust von 1200 Mann. Die Tiefengliederung des vorderen Grabensystems war besonders bei der Höhe 304 verbessert.

2. Die Heeresgruppe Herzog Albrecht^). Beilage 1 und 1 a.

Am 7. März übernahm der bisherige Oberbefehlshaber der 4. Armee, Bis April.

Generalfeldmarschall Albrecht Herzog von Württemberg (mit Generalleutnant Krafft von Dellmensingen als Generalstabschef), in Straßburg den Befehl zunächst über die Armee-Abteilungen A und B; die Armee-Abtei¬ lung C trat im April hinzu. Die Möglichkeit eines französischen Angriffs im

Sundgau und durch die Schweiz hatte seit Januar in zunehmendem Maße eine Rolle gespielt und zu Sicherheitsmaßnahmen Veranlassung gegeben. Mit dem Herannahen der großen französischen Offensive gegen die Aisne/ Champagne-Front trat diese Möglichkeit in den Hintergrund. Die A r m e e - A b t e i l u n g C, seit 27. Januar unter General der

Infanterie von Voehn (wie bisher mit Oberstleutnant Freiherr von Lede') Anschluß an Bd. XI, S. 183 ff. Weltkrieg. XII. Band.

26

402

Februar

Die Toppclschlacht an der Aisne und in der Champagne.

bur als Generalstabschef) gehörte zunächst noch zur Heeresgruppe Deutscher

vis J«»t. ^xonprinz. Bei ihr blieb die Lage im allgemeinen unverändert. Die Frage der Räumung des St. Mihiel-Vogens kam im Februar — vermutlich im Zusammenhang mit dem Siegfried-Rückzug — zur Erörterung; die Oberste

Heeresleitung entschied, daß der Bogen zunächst zu halten sei. Mitte März gab General von Voehn, der an die Spitze der 7. Armee trat, den Befehl an

Generalleutnant Fuchs, bisher Führer des XIV. Reservekorps, ab. Am 12. April trat die Armee-Abteilung von der Heeresgruppe Deutscher Kron¬ prinz zur Heeresgruppe Herzog Albrecht. Aus der Front wurden alle er¬

probten West-Divisionen nach und nach abgelöst und teils durch Neuaufstellungen ersetzt, teils durch Divisionen, die im Osten frei geworden waren. Das Artilleriefeuer wechselte je nach Sicht und etwaigen besonderen Auf¬ gaben zwischen mäßiger und geringer Stärke. Im übrigen beschränkte sich die Kampftätigkeit aus kleinere Unternehmungen von beiden Seiten, die der

Feststellung des gegenüberstehenden Feindes dienten. Auch bei der Armee-Abteilung^. unter General der Infanterie von Mudra (mit Major von Klüber, vom 10. April an Major Freiherr

von Esebeck, als Generalstabschef), Hauptquartier St. Avold, und der Armee-AbteilungL unter General der Infanterie von Gündell (mit Oberst Renner, vom 22. April an Oberstleutnant Drechsel, als Generalstabschef), Hauptquartier Colmar, kam es im Frühjahr zu keinerlei Kampfhand¬

lungen, die über Patrouillen-Unternehmungen hinausgingen; doch schwoll das feindliche Artilleriefeuer im Zusammenhang mit der großen französischen Offensive vorübergehend an. Auch der Gedanke, daß der Gegner einen Angriff im Sundgau führen könne, trat gelegentlich wieder zutage, erwies sich aber

jedesmal als irrig. Dagegen unternahmen französische Flieger mehrfach Angriffe auf Industrieanlagen und Städte hinter der Front'), dabei zum ersten Male auch auf die bisher geschonten elsässischen Orte Colmar und

Mülhausens. Alles in allem war die Gesamtfront der Heeresgruppe Herzog Albrecht dauernd nur schwach besetzt. Aber die Franzosen waren darin noch weiter gegangen, was ihnen durch ihre Grenzfestungen allerdings erleichtert wurde.

16 französischen Divisionen standen Mitte Mai 22 deutsche gegenüber (davon neun abgekämpfte von der Aisne/Champagne-Front); dahinter lagen

weitere abgekämpfte Divisionen, ebenso wie auf französischer Seite, in wechselnder Zahl zur Ruhe und Ausbildung. >) S. 535.

2) Ein Angriff auf den Bahnhof Mülhausen hatte schon 1916 stattgesunden.

Heeresgruppe Herzog Albrecht. — Betrachtungen zur Aisne/Champagne-Schlacht. 403

G. Betrachtungen. Während die Abwehrschlacht gegen die Engländer am 9. April bei Arras mit einem überaus ernsten Mißerfolg begonnen und zu einer operativ bedenklichen Lage geführt hatte, war an der Aisne bei der Abwehr des sehr viel stärkeren und taktisch geschulteren französischen Heeres bereits am Abend

des ersten Kampftages erkennbar, daß der feindliche Angriff als operativer Durchbruch gescheitert war, und nicht anders war es tags darauf in der Champagne. Die deutschen Truppen bei A r r a s standen ihrem Kampfwerte nach auf gleicher Höhe wie die an der Aisne und in der Champagne. Bei

Arras schritten in vorderster Linie 15 englische Divisionen gegen 10, zudem an Kopfzahl wesentlich schwächere deutsche zum Sturm, an der Aisne

201/2 französische gegen 14, in der Champagne sechs gegen fünf je etwa gleichstarke deutsche. Das infanteristische Kräfteverhältnis des ersten Kampftages war also in beiden Schlachten etwa gleich. Die Bedingungen aber, unter denen die deutsche Abwehr zu leisten war, waren recht verschieden: 1. Der Angriff der Engländer traf die deutsche Front, bevor sie für die

Wwehr ausreichend vorbereitet war, drei Wochen nach dem Siegsried-Rückzug. Der Angriff der Franzosen stieß erst eine Woche später auf eine bis ins letzte für den Großkampf eingerichtete Front. Dabei war der Mißerfolg der Wwehr bei Arras eine Warnung gewesen; mit verdoppelter Aufmerksamkeit und auch an einigen Erfahrungen reicher, im übrigen weitgehend unterrichtet durch die bei Ripont und Sapigneul erbeuteten Schriftstückes, erwartete man den Angriff an der Aisne und in der Champagne. Bei Arras war man über

den Zeitpunkt des feindlichen Angriffs lange durchaus im unklaren, erst drei Tage vor seinem Beginn erkannte man, daß er dicht bevorstehe. An der Aisne lagen über den Tag und sogar die ungefähre Stunde des Angriffs glaubhafte Nachrichten vor"). Das gerade auf die letzten Stunden vor dem

französischen Sturm gelegte Vernichtungsfeuer der gesamten Artillerie der 7.Armee konnte die feindliche Bereitstellung treffen. 2. Bei Arras wurde in weithin übersichtlichem und, abgesehen von Ort-

schaften und tief minierten Stollen, deckungslosem Gelände eine wenig tief gegliederte deutsche Front getroffen. An der Aisne und in der Champagne ') S. 75.Deren Auswertung bei der O.

L. 6.76 f. und 79 ff.

2) Gefangenenaussagen hatten zehntägige Artillerievorbereitung der Franzosen in Aussicht gestellt. Man kam damit etwa auf den 16. April als Angriffstag (S. 289). Diese Rechnung stimmte zwar damals nicht, denn Gen. Rivelle wollte schon am 14. April angreifen, er verschob den Angriff aber dann aus den 16. (S. 305), so daß der Tag tatsächlich der deutschen Annahme entsprach. Diese aber wurde am IS. April auch noch bestätigt durch eine von der O. H. L. eingehende Agentennachricht, die den Angriff für

den 16. April bei Sonnenaufgang voraussagte (S. 295). 26*

404

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

waren die Anlagen des Verteidigers sehr viel weiter nach der Tiefe ausein-andergezogen. An der Aisne boten Steilhänge und Schluchten des unüber¬

sichtlichen und höhlenreichen Berglandes natürliche Deckung gegen Sicht wie gegen Feuer; im großformigen Höhengelände der Champagne waren die Verhältnisse für die am flach ansteigenden Vorderhang liegenden deutschen Stellungen ungünstiger. Aber hier wie dort erleichterten die Bodenverhält¬ nisse die Anlage jeder Art von Deckungen, und abgesehen von der vordersten Kampfzone schützte Wald vielfach noch gegen Sicht. Die Masse der Artillerie mußte an der Aisne schon aus Geländerücksichten weit zurück hinter dem sumpfigen Ailette-Grund stehen, während umgekehrt bei Arras das Gelände zum Zusammenhalten weiter vorn verleitet hatte. 3. Bei Arras war der Artilleriekampf deutscherseits vor der Schlacht nicht mit der Planmäßigkeit geführt worden, wie wochenlang an der Aisne. Daß man das von General Nivelle beabsichtigte Angriffsverfahren von Verdun her und dann wieder aus erbeuteten Befehlen in vielen Einzelheiten vorher kannte, hatte für diese und manche andere Abwehrmaßnahme der

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz anregend mitgewirkt. 4. Bei Arras eröffnete der Gegner die Schlacht mit etwa 400 gegen rund

200 Flugzeugen durch eine gewaltige Luftoffensive, die französischen Flieger an der Aisne und in der Champagne hielten sich trotz zahlenmäßig etwa

ebenso großer Überlegenheit (etwa 1000 gegen 640) wesentlich mehr zurück. 5. Bei Arras bereiteten am 9. April 2800 englische Geschütze den Sturm

vor, indem sie ihr Feuer vor allem gegen die vordersten deutschen Infanterie-

linien aufs schärfste zusammenfaßten; auf jeden Kilometer Stellungsfront kamen etwa 125 Geschütze. An der Aisne und in der Champagne war die

Aufgabe der feindlichen Artillerie wegen der großen Tiefe des deutschen Stellungssystems schwieriger. Dieses aber nahmen z. B. an der Aisne am

16. April 3800 französische Geschütze von Haus aus in seiner ganzen Tiefe

gleichzeitig unter Feuer, obgleich auf jeden Kilometer der Stellungsfront nur 91 Geschütze kamen. Damit war ihr Feuer, gemessen an dem

nach Zeit und Raum scharf zusammengehaltenen der Engländer, nicht nur schwächer, sondern auch mehr zersplittert. 6. Bei Arras wie an der Aisne kostete der erste Tag den Verteidiger rund 14 000 Gefangene, denn auch an der Aisne gab es vor allem zwischen Craonne und Berry au Bae und bei Bermsricourt tiefe Einbrüche. An

Geschützen aber gingen hier nur etwa 70, größtenteils Nahkampfgeschütze'), verloren gegen 233 bei Arras, einmal weil die Artillerie an der Aisne aus¬

reichende Tiefengliederung hatte, die bei Arras fehlte, zum anderen weil 0 An der Aisne und in der Champagne waren allein etwa 160 9 cm= und franz.

90 inm-Geschütze zum Nahkampf eingebaut gewesen, bei Arras nur 34.

Betrachtungen.

405

starke Teile der rückwärtigen Divisionen zu sofortigem Eingreifen in den Kampf des ersten Tages weit nach vorn gezogen waren und damit dem

feindlichen Einbruch frühzeitig Halt geboten. Faßt man zusammen, so sind die Gründe für den entscheidenden ersten Abwehrerfolg an der Aisne, die in sehr vielem auch für den 17. April in der Champagne Geltung haben, zu einem großen Teil auf die schon an sich erheb-

lich günstigeren Gefamtverhältnisse zurückzuführen,mindestens ebensosehr aber auf die gründlicheren Vorbereitungen, die das Oberkommando der

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz hatte treffen können und auch getroffen hatte, und die nach seinen Weifungen die Oberkommandos der 7. und 3. Armee mit den ihnen unterstehenden Stäben und Truppen in vorbildlicher Weife in die Tat umgesetzt hatten (das der 1. Armee trat erst bei

Beginn des Kampfes selbst in Tätigkeit). Maßgebend für alle Vorbereitungen waren die Bestimmungen der Vorschrift über die Führung der Abwehr-

schlacht im Stellungskriege gewesen sowie die daran anknüpfenden ergänzenden Hinweise und Anordnungen der Obersten Heeresleitung, deren leitende Hand nicht nur in der Vorbereitungszeit, sondern auch während der Schlacht selbst immer wieder zu spüren war. Während das Oberkommando der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht bis in das letzte Märzdrittel durch den Siegfried-Rückzug und die an-

schließenden Vorfeldkämpfe voll in Anspruch genommen gewesen war, hatten sich Kronprinz Wilhelm und der feit Ende November ihm zur Seite stehende

Generalstabschef Oberst Graf Schulenburg nach den schweren Rückschlägen vor Verdun im Oktober und Dezember 1916 ganz der Vorbereitung der

Abwehr widmen können. Unermüdlich waren sie darauf bedacht gewesen, ihre Front auf Grund der gemachten Erfahrungen in jeder nur denkbaren

Weise für den schweren Kampf vorzubereitenden sie kommen sahen. Vollends erblickten sie in diesen Vorbereitungen ihre Aufgabe, seit die am 15. Februar bei Ripont erbeuteten Befehle und Anweisungen Einblick in Ziel und Um-

fang des feindlichen Angriffs und das dabei beabsichtigte Verfahren gewährt hatten. Manche Anregungen und Vorschläge gingen, vor allem auf Grund dieser Beutestücke, von der Heeresgruppe aus. Sie betrafen unter anderem

den Gedanken eines Vorfeldes, sofern es sich nicht um entscheidende Stel-

lungsteile handelte, weitest gehende Tiefengliederung, offensive Führung des Artilleriekampfes sowie das Vorschieben starker beweglicher Reserven von Infanterie und Artillerie nahe an die Kampffront. Hier entstand schon in den Monaten vor der Schlacht der Begriff der späteren „Eingreif-Divi-

sionen". Durch fast tägliche Besuche und Besprechungen bei nachgeordneten Stellen bis zu einzelnen Regimentern wußten der Oberbefehlshaber und sein

406

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Chef diese Lehren und ihre sinnvolle Anwendung entsprechend dem Gelände und der jeweiligen Lage zum Gemeingut aller an ihrer Front eingesetzten Verbände zu machen. Dabei hatte die Übernahme des bisher ruhigen und im Ausbau zurückgebliebenen Abschnittes der 7. Armee in den letzten sechs Wochen vor dem Angriff die Arbeit noch besonders vermehrt. Aber gerade hier fand sie durch die Neubesetzung des Oberkommandos mit dem tatkräftigen General von Voehn und dem rastlos tätigen, gedankenreichen Oberstleutnant

Reinhardt als Generalstabschef auch besonders wirksame Unterstützung. Der französische Gewaltstoß traf eine in jeder Hinsicht und in allen ihren Gliedern aufs beste vorbereitete, zuversichtliche deutsche Führung und Truppe. Die Hoffnung des Generals Nivelle, mit einem einzigen Angriffsschlage im Laufe von höchstens 48 Stunden die deutsche Front zu zerreißen und damit zum Durchbruch und zu entscheidendem Siege zu kommen, zerrann angesichts der Kraft der deutschen Verteidigung. Am 18. April stand für die

französische Führung unweigerlich fest, daß ihre Offensive, soweit sie den operativen Durchbruch und weit gesteckte Ziele erreichen sollte, völlig ge¬ scheitert war, und daß nur noch Angriffe mit beschränktem Ziel in Frage kämen. Sie haben zu einer langen Reihe weiterer schwerer Kämpfe geführt, die sich — wenn man von den durch das Gelände bedingten Abweichungen

absieht — für die deutsche Seite taktisch unter ähnlichen Bedingungen voll¬ zogen und zu ähnlichen Erfahrungen führten wie die Kämpfe bei Arras nach

dem ersten Einbruch. Der Erfolg der deutschen Abwehr wird vor allem der offensiven Tätigkeit der Artillerie vor Beginn des Angriffs zugeschrieben. Es war ein

„unbestreitbares persönliches Verdienst" des Grafen Schulenburg, daß er als

Grundsatz aufstellte: „Die feindliche Artillerievorbereitung ist nicht nur kräftig zu erwidern, sondern schon vorher sind so früh wie möglich alle erkannten feindlichen Angriffsvorbereitungen mit zusammengefaßter Artilleriewirkung zu zerschlagen"'). Diese Feuertätigkeit hat den Gegner empfindlich gestört; eindeutige Beweise für Erfolge gegen die feindliche Artillerie fehlen allerdings^). Wenn auch die eine oder andere deutsche Batterie gelegentlich kräftig zugedeckt wurde, so gewährte doch die Artillerie in ihrer Gesamtheit der eigenen Infanterie eine mit dankbarer Genugtuung empfundene Entlastung 1) Kronprinz Wilhelm: „Meine Erinnerungen aus Deutschlands Heldenkamps", S. 269.

2) Bekannt ist nur, daß bei dem östlich von Vailly angreifenden französischen VI. Korps während des zehntägigen Vorbereitungsfeuers mehr als ein Viertel seiner ISS nun-Haubitzen beschädigt worden sei. Das amtl. franz. Werk schreibt über den 16. April: Die deutsche Artillerie schien zu zwei Dritteln stark gelitten zu haben, und ihre Gegenwirkung ließ in der Nacht vom 1S./16. April fühlbar nach.

Betrachtungen.

407

und moralische Unterstützung in der aufreibenden Zeit des Wartens auf den feindlichen Angriff und konnte ihr, als dieser losbrach, mit meist kaum verminderte? Kraft helfen. Der Tiefengliederung von Infanterie und Maschineng e w e h r e n standen auf dem schmalen Rücken des Chemm des Dames viel¬

fach Schwierigkeiten entgegen. Dafür aber boten die ausgebuchteten Steilhänge seines Nordabfalles zahlreiche sich gegenseitig flankierende und vom feindlichen Artilleriefeuer kaum zu fastende Anklammerungspunkte. An keiner der Stellen, an denen der Gegner die deutsche Kampslinie von der Hochfläche

heruntergestoßen hatte, gelang es ihm trotz immer wiederholter Versuche, im Flankenfeuer der an den rückwärtigen Steilhängen eingenisteten Maschinengewehre weiter vorwärtszukommen. Die seit dem ersten Angriffsstoß behaupteten Verteidigungslinien an den Nordhängen bei der Hurtebise-Ferme, später beiderseits der Royöre-Ferme und in der Gegend der Mühle von

Vauclerc zeigten eine erstaunliche Widerstandsfähigkeit. Zahlreiche Höhlen und durch deren Erweiterung in das Gestein gearbeitete „Tunnels" bildeten wertvolle geschützte Unterbringungsmöglichkeiten für starke Reserven, wurden aber in den Kampftagen auch zu gefährlichen Fallen für die Besatzung, die mit einem Schlage zum Verlust von Hunderten von Kämpfern führten (mehr als 200 Mann im Kipsdorfer Tunnel, etwa ebensoviel im WinterbergTunnel und schließlich 400 im Cornillet-Tunnel). 128 französische K a m p f w a g e n, die am 16. April in dem für ihre

Verwendung recht geeigneten Gelände südöstlich von Craonne und westlich von Verry au Vac zum Angriff eingesetzt worden waren, hatten noch weniger erreicht als die englischen bei Arras. Sie wurden auch bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz nach der erfolgreichen ersten Abwehr nicht mehr als

wirklich gefährlicher Gegner gewertet. Die angriffsweise Betätigung der dem Feinde technisch und taktisch überlegenen deutschen Jagdflieger hatte den weit zahlreicheren Fliegern des Gegners in den Monaten vor der Schlacht und auch während der ent-

scheidendsten Kampfwochen die Herrschaft im Luftraum streitig gemacht und damit den Artillerie-, Infanterie- und Aufklärungs-Fliegern ihre schwere Aufgabe in ganz anderem Maße erleichtern können, wie das bei Arras möglich gewesen war"). Das Blatt begann sich aber zu wenden, als

in einem späteren Abschnitt der Schlacht auch der Gegner technisch leistungs-

fähigere Jagdflugzeuge einzusetzen vermochte. ') In den „Erfahrungen aus den Kämpfen an der Aisne" der 1. G. I. D. vom

25. Mai 1917 hieß es: „Besondere Anerkennung verdiene die Tätigkeit der Flieger. 3hr sei es „vornehmlich zu danken, wenn in der Truppe auch während des schwersten feindlichen Feuers niemals derart verzweifelte Stimmung aufkommen konnte wie

während der Somme-Schlacht".

408

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

Die Eingreif-Divisionen waren je nach Lage und Gelände verschieden verwandt worden. Bei den Gruppen Vailly und Liesse der 7. Armee hatte der sumpfige und meist vergaste Ailette-Grund ihr rechtzeitiges und einheit¬ liches Vorkommen am ersten Kampftage verhindert; sie waren nur in der

Lage gewesen, die schon erheblich zurückgedrängte deutsche Front zu stützen, nicht aber, sie wieder vorzureißen. Im Gegensatz hierzu stand der sichtbare Erfolg der 50. Infanterie- und Garde-Ersatz-Division, die bei den Gruppen Sissonne und Vrimont einheitlich zum Gegenangriff angesetzt wurden. Bei der Gruppe Prosnes wiederum zersplitterte sich am 17. April bei ungünstigen

Geländeverhältnissen die Stoßkraft durch Verteilung des Einsatzes auf den ganzen schwer bedrohten Abschnitt; hier wären zwei Eingreif-Divisionen nötig gewesen, um die Aufgabe zu lösen. Insgesamt haben nahes Heranhalten und frühzeitiger Einsatz starker Eingreif-Kräfte zum Gegenangriff entscheidend dazu beigetragen, dem Vordringen des Gegners ein Ziel zu

setzen und damit wichtige Geländepunkte festzuhalten oder zurückzugewinnen. Das gilt vor allem für den Kampf um entscheidende Abschnitte des Ehemin des Dames-Rückens und um die Höhen von Moronvilliers. Die erste Probe,

die „Eingreif-Divisionen" hier bestanden, führte dazu, daß dieser Begriff auch in die Vorschriften der Obersten Heeresleitung aufgenommen wurde. Für den Großkampf sollte künftig möglichst in jedem Gruppenabschnitt eine solche Division bereit stehen, dahinter weitere Reserven der Heeresgruppe und

Obersten Heeresleitung. Frühzeitiges Hineinwerfen immer wieder frischer Kräfte in den Kampf hat aber auch zu einem außerordentlich hohen Verbrauch anTruppen und im Zusammenwirken mit der offensiven Führung des Artilleriekampfes

zu einer so gewaltigen Steigerung des Munitionseinsatzes geführt, wie er nur ganz vorübergehend, nicht aber für längere Zeit geleistet werden konnte. So mußte die Heeresgruppe ihren Armeen bereits am 7. Mai

mitteilen, daß wieder ganz bedeutende Abstriche an den Munitionsanforderungen gemacht worden seien und daß Forderungen, wie in der letzten Zeit, künftig nicht mehr erfüllt werden könnten. Wenn auch „selbstverständlich an Großkampftagen mit Munition nicht gegeizt" werden solle, so sei doch an anderen Tagen und „auch innerhalb der Kampf-Armeen an nicht unmittelbar angegriffenen Abschnitten" eine ganz erhebliche Verminderung des Ver¬

brauchs nötigt). Hinsichtlich der Eingreif-Divisionen mußte die Heeresgruppe 0 Zwei Tage darauf hieß es in einer Verfügung der O. H. L.: „An der Westsront sind im Monat April zehn Millionen Artillerieschuß verschossen worden Der Feind hat in der gleichen Zeit vielleicht 200 000 Mann verloren, von denen jedenfalls nicht mehr als die Hälfte der Artillerie zugeschrieben werden können. Wenn demnach auf Ivü Schuß nur ein Toter oder Verwundeter entfällt, so kann von guter Ausnutzung

der Munition nicht gesprochen werden" (wobei allerdings die moralische Wirkung unbe-

Betrachtungen.

409

ihren Armeen am 12. Mai mitteilen, daß diesmal noch eine Neuausstattung mit kampffrischen Divisionen möglich gewesen sei, künftig aber würden nur

noch Divisionen verfügbar sein, die bereits einmal durch den gleichen Großkämpf gegangen seien. Mit diesen Mahnungen zu sparsamerem Krästeverbrauch war gewiß nichts gegen die taktische Zweckmäßigkeit des angewandten Verfahrens an sich gesagt — es behielt auch künftig allgemein anerkannte Gültigkeit —, es

konnte aber doch fraglich erscheinen, ob die Mittel reichen würden, es noch lange durchzuhalten. Indessen waren mit dem Großangriff, der am 8. Mai

abgeschlagen wurde, auch des Gegners Kräfte erschöpft. Seitdem handelte es sich für beide Seiten nur noch um örtliche Stellungsverbefserungen. Das

französische Heer war so schwer getroffen, daß der Abwehrerfolg der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz als ein voller Sieg angesprochen werden konnte. Ihn im Nachstoß zur Vernichtung des Gegners auszugestalten, fehlten allerdings die Kräfte2). Cs liegt nahe, den französischen Mißerfolg an der Aisne und in

der Champagne mit den glänzenden Erfolgen desselben Angriffsverfahrens vor Verdun zu vergleichen. Die Verhältniffe waren aber doch recht verschieden. Die Auffassung, das bei Verdun bewährte Verfahren habe bei der Frühjahrsoffensive versagt, ist nur beschränkt zutreffend. Da¬ mals handelte es sich um Angriffe mit beschränktem Ziel, das mit einem einzigen Einbruch von etwa drei Kilometer Tiefe erreicht war. Jetzt lagen die

Ziele des ersten Angriffstages bis zu zwölf Kilometer jenseits der Front; bei Verry au Bac erreichte der Einbruch drei Kilometer Tiefe, im übrigen allerdings nicht mehr als zwei. Die Gründe des Mißlingens sind im übrigen

folgende: 1. Das deutsche Abwehrverfahren war seit Herbst 1916 entscheidend verbessert und zudem gerade auf das französische Angriffsverfahren eingestellt, das man seit Dezember in allen Einzelheiten kannte. Die Truppe war dem-

entsprechend planmäßig ausgebildet worden. rücksichtigt gelassen war). Eine sprunghafte Steigerung der Fertigung sei nicht zu erwarten; die gewaltigen Anforderungen der letzten Zeit aber überstiegen die Neufertigung um ein Mehrfaches und brächten die Reserven zu schnellem Schwinden. — Räch einer Mitteilung des Komm. Gen. der Gruppe Prosnes, Gen. der Inf. a. D. Freiherrn von Lüttwitz, vom März 1939 sind allein bei seiner Gruppe vom 26. April bis zum 4. Juli I 900 000 Schuß verfeuert worden.

2) Näheres über diese Frage S. 542 ff.

410

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne.

2. Vor Verdun hatte sie nach den Dauerkämpfen des Jahres 1916 nicht mehr ihre volle Widerstandskraft besessen. Im Frühjahr 1917 war sie ausgeruht und wieder voll kampfkräftig. 3. General Nivelle hat sich an der Aisne und in der Champagne gegen das

bis zu acht Kilometer tief gegliederte deutsche Stellungssystem artilleristisch zuviel auf einmal vorgenommen und damit die Wirkung zersplittert.

4. Neben schnellster Durchführung des Angriffs galt ihm Überraschung als entscheidendste Voraussetzung des Erfolges. Sie ist ihm vor Verdun ge¬ glückt, in den größeren Verhältnissen des Frühjahrs 1917 aber nicht. Insgesamt war die Schlacht, deren Endkämpfe sich noch weit in den Juni hineinzogen, von 66 deutschen Divisionen bestritten worden, denen 68 französische gegenübertraten. Der beiderseitige Einsatz an Divisionen wies damit ein ähnliches Verhältnis auf wie in der gleichzeitigen Dauerschlacht bei Arras und auch 1916 an der Somme. Entscheidend für die Be¬ urteilung aber ist, daß nur rund 2400 deutsche Geschütze einer Übermacht von 4500 der Franzosen gegenüberstanden. Der deutsche Gesamtverlust betrug bis Ende Juni 163 000 Mann, da¬ von 37 000 Vermißte, der französische dürfte zwischen 250 000 und 300 000 Mann liegen1), von denen 10 500 als Gefangene in deutsche Hand gefallen waren. Die Franzosen hatten dem Verteidiger 29 000 Gefangene und

187 Geschütze abgenommen, angesichts des großen deutschen Gesamterfolges Zahlen von geringer Bedeutung. Es waren Verluste, mit denen bei feind¬ lichen Großangriffen stets zu rechnen war, wenn dem Feinde der Einbruch

gelang. Sie sagen daher auch nichts gegen den unübertroffenen Kampfgeist und Widerstandswillen der deutschen Truppen. In Granattrichtern dem oft ohne Unterbrechung über sie dahinrasenden feindlichen Artilleriefeuer und nachts den Bombenabwürfen von Fliegern ausgesetzt, haben sie in Wochenlangem Ringen alle Gewaltstürme des Gegners immer von neuem abge¬

wiesen und ihm in heldenmütigen Gegenangriffen manches Stück bereits ver¬

lorengegangenen Bodens wieder abgenommen.

0 Zuverlässige Angaben waren nicht zu ermitteln. General Nivelle meldete am 13. Mai (franz. amtl. Werk, Vd. V,1,Annexe1914und1917)allein

bis 25. April, also für die ersten zehn Tage, 161 766Mann. Die Kriegsgeschichtliche Abteilung des franz. Genst. (Lervioe Historique) errechnet für die gleiche Zeit 134 000 Mann; eine Studie des franz. Genst. von 1920 gab die Verluste vom 16. April bis 16. Mai aber nur mit 139 666 Mann an. Andererseits ergibt sich aus einem Aufsatz: „Les pertes des nations belligerantes au cours de la grande guerre" in: »Les

Archives de la grande guerre", Jahrgang 1921, für die ganze Schlacht eine Gesamtsumme von 271 666 Mann.

Betrachtungen.

411

Führer und Truppen aller deutschen Stämme hatten Anteil am Ruhm der großen Abwehrschlacht an der Aisne und in der Champagne. An Krön-

prinz Wilhelm als Oberbefehlshaber der Heeresgruppe telegraphierte der Kaiser: „Ich beauftrage Dich, allen Führern und Truppen, die in den schweren Wochen ihr ganzes Wollen und Können, ihr Blut und Leben einsetzten, und an deren stahlhartem Willen des Gegners Ansturm zerschellte, meinen und des Vaterlandes Dank zu übermitteln. Die deutsche Heimat ist stolz auf ihre tapferen Söhne und voll Vertrauen, daß neue Kämpfe auch neue Siege bringen werden."

Die zielbewußte Gesamtleitung der Schlacht hatte in der Hand des Oberkommandos der Heeresgruppe gelegen, das in dauernder engster Zusammenarbeit mit der Ober st e n Heeresleitung die Abwehr vorbereitete und dann neben rechtzeitiger Zuführung und Freigabe

frischer Reserven und Herbeischaffung der alle bisherigen Maße übersteigenden Munitionsmengen die Führung der gewaltigen Doppelschlacht dauernd

fest in der Hand behielt, das Aufgeben unhaltbar gewordener Stellungsteile ebenso eindeutig befahl, wie — innerhalb der verfügbaren Mittel — die

Wiedernahme verlorengegangener. So stellt die erfolgreiche Abwehr der

großen französischen Offensive operativ wie kampftechnisch eine Glanzleistung dar. Der Ausgang des erbitterten Ringens aber war für die Gesamtlage des

Frühjahrs und Sommers 1917 schlechthin entscheidend. Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne war aber bis-

her auch die größte, die von Anfang bis zu Ende unter der Dritten Obersten Heeresleitung durchgeschlagen worden war. Als der Kaiser am 2. Juni

General Ludendorff in Anerkennung seiner Verdienste ä la suite des

von ihm im Frieden befehligten Niederrheinischen Füsilier-Negiments Nr. 39 stellte, begründete er es mit den Worten:

„Die deutschen Heere haben im Westen den in diesem Frühjahr von den Franzosen und Engländern mit starker Übermacht und allen Mitteln der Kriegführung unternommenen gewaltigen Ansturm siegreich abgewiesen und die Erreichung der weitgesteckten Ziele des Feindes verhindert. Dieser großartige Erfolg ist neben der unvergleichlichen Tapferkeit und der beispiellos zähen Ausdauer der beteiligten, aus allen deutschen Gauen stammenden Truppen und ihrer umsichtigen und tatkräftigen Führung durch die Generale und Offiziere aller Dienstgrade den vom Generalstab vorgeschlagenen und von allen mitwirkenden Stellen mit ein-

dringendem Verständnis und freudiger Hingebung durchgeführten, weit vorausschauenden vorbereitenden Maßnahmen, die hauptsächlich in Ihrer Hand lagen, zu verdanken."

VII. Das Ende der französischen Offensivpläne. A.Die ersten Wirkungen der Mißerfolge an der Aisne und

in der Champagne. Bereits nach dem ersten unbefriedigend verlaufenen Gewaltangriff hatte is. bis 24. April,

sich General Rivelleam 19. April und den nächstfolgenden Tagen an die und italienische Heeresleitung gewandt, um beschleunigten Beginn

der von diesen beabsichtigten Offensiven zu erreichen. Unterdessen war am 20.April von General Eadornadie Mitteilung eingegangen, daß er mit 30 Divisionen und 1300 schweren Geschützen in der ersten Maiwoche den Angriff am Isonzo beginnen werde. Am Balkan stand ein neuer Angriff der Armee Sarrail bevor. Die Nachrichten aus Rußland klangen jedoch

wenig ermutigend. Ilm der englischen Mitwirkung sicher zu bleiben, aber auch um der Stimmung von Heer und Volk willen, zeigte sich General Nivelle nach außen hin von den bisherigen Angriffsergebnissen befriedigt. Innerlich war er sich aber klar darüber, daß der beabsichtigte schnelle Erfolg nicht erreicht war.

„Welche Wandlungen" — so schrieb er in diesen Tagen nieder —

„auch dem Operationsplan durch die Ereignisse aufgezwungen werden, die Parole bleibt immer: Tätigkeit, Tätigkeit, Tätigkeit. Die Erschütterung des Feindes muß ausgenutzt werden." Feldmarschall Haig hatte er dementsprechend mitgeteilt, daß sich an den allgemeinen für die Offensive erlassenen Weisungen nichts ändere, vor allem sei keine Verlangsamung des Angriffs beabsichtigt. Eine solche Mitteilung schien um so nötiger, als inzwischen der englische Oberbefehlshaber in Amiens am 24. April schon erklärt hatte, er müsse die belgische Küste — wenn die gegenwärtige gemeinsame Offensive sie ihm nicht bringe — durch eine selbständige Operation den Deutschen noch vor dem Herbst entreißen.

Die französische Regierung sah in dem bescheidenen Ergebnis der Offensive eine Bestätigung ihrer schon lange gehegten Besürchtungen. So unerwünscht Eingriffe der Politik in die militärische Führung sein mochten, so wenig an einen Wechsel der Heeresleitung mitten in der großen Offensive zu denken war, so schien es doch Pflicht, im Rahmen des Möglichen Schaden zu verhüten. Die Schwere der Verluste, die allmählich

Erste Wirkungen des Mißerfolgs der französischen Offensive.

413

zur Kenntnis der Öffentlichkeit kam, ermutigte nicht zur Wiederholung der Angriffe. Aber einerseits konnten die Armeen nicht in den augenblicklich

erreichten, für die Abwehr ganz ungeeigneten Stellungen stehenbleiben, andererseits durfte man die Engländer, die am 24. April zu neuem Schlage

ausholten, nicht im Stich lassen. Als am 26. April Feldmarschall Haig nach 26April. Paris kam, gab die Regierung, um ihn zu beschwichtigen, die Zusicherung, daß innerhalb von acht Tagen die Offensive fortgesetzt werden würde. In der Sitzung des Kriegskomitees, die diese Fragen behandelte, zeigte General Nivelle aber nichts mehr von seiner bis dahin noch zur Schau getragenen Zuversicht. Cr bot seine Entlassung an, wenn sie im Interesse des Ganzen nötig sei, und empfahl die Ernennung des Generals Potain zum Chef des General st ab es beim Kriegsminister. Die Regierung nahm das Rücktrittsgesuch nicht an, sprach aber am 29. April die vor-

geschlagene Ernennung des Generals P 6 tain aus. In der neuen Stellung, zu der bisher nur ein bescheidener Aufgabenkreis gehörte, sollten ihm ähnliche Machtbefugnisse zustehen wie General Robertson in England. Als miliMischer Ratgeber hatte er den Kriegsminister und das Kriegskomitee über alle wichtigen Fragen zu unterrichten, unter anderem über Operationspläne, Zusammenwirken mit den Verbündeten, Verteilung der Streitkräfte auf die

verschiedenen Kriegsschauplätze, Personalfragen der Generale, Kriegsmaterialbeschaffung und Benutzung der Transportmittel. Der bisherige Generalstabschef des Generals Nivelle, General Pont, wurde durch General Debeney, bisher Oberbefehlshaber der 7. Armee, ersetzt.

B. Gorgen der Engländer und Besprechungen in Paris. Auch in England sah man mit Sorge auf den unbefriedigenden Verlauf der Operationen in Frankreich. Auf einer Konferenz in Paris sollte die Lage besprochen werden. Vorher entsandte das Kriegskabinett den anläßlich der Reichskriegskonferenz') in Europa weilenden Präsidenten der Südafrikanischen Union, General S m u t s, zu Feldmarschall Haig. In einem Ve-

richt vom 29. April stellte dieser fest: Von den Kriegszielen Großbritanniens sei die Zerstörung der deutschen Kolonialmacht und die Sicherung der Verbindungswege im britischen Weltreich erreicht, die Räumung der von Deutschland besetzten Gebiete stünde aber noch aus. Diese ließe sich nur durch einen militärischen Erfolg erzwingen. Ihn herbeizuführen müßten alle Kräfte zusammengefaßt werden. Es empfehle sich darum, das Saloniki-Unternehmen ') S. 170 s.

2g. April,

414

Das Ende der französischen Osfenfivpläne.

Ende April, aufzugeben und die dortigen Truppen an der Palästina-Front gegen die Türken oder an der Hauptfront einzusetzen. Hauptfront bleibe die in Frank¬

reich, auf der leider Englands Hauptmacht festgelegt sei. Jeder Engländer müsse die diplomatische und militärische Abhängigkeit, in der sich Gro߬ britannien seit Kriegsbeginn befände, bedauern. Eine Änderung dieses Zuftandes käme aber jetzt in Frage und sei um so nötiger, als die Regierung

Frankreichs, durch die Ergebnisse der Nivelle-Offensive enttäuscht, dazu neige, allen Angriffsplänen zu entsagen und sich auf die Defensive zurück¬ zuziehen, bis die amerikanische Hilfe wirksam werde. Ob man aber bis dahin

sich halten könne, sei zweifelhaft, denn eine solche Beschränkung im dritten Kriegsjahre käme dem Eingeständnis der Niederlage nahe. Auch Angriffe mit begrenztem Ziel, wie sie anscheinend General Pstain befürwortete, be° deuteten nichts anderes wie Verzicht. Falls sich in Frankreich diese klein¬ mütige Auffassung durchsetze, müsse England die Offensive auf die eigenen Schultern nehmen, und zwar in Flandern, unter Abgabe ruhiger Frontteile an die Bundesgenossen. Hand in Hand damit habe die Aufstellung einer für

alle Zufälle verfügbaren Reserve-Armee zu gehen. Mit diesen Darlegungen traf General Smuts durchaus die Ansichten aller maßgebenden britischen Generale. General Robertson, dem der Bericht zugeleitet wurde, unterstrich die Notwendigkeit, an der Westfront') offensiv zu bleiben, denn auf wirtschaftlichen Zusammenbruch Deutschlands dürfe man nicht rechnen. Deutschland wolle die verbündeten Mächte bis zur Entscheidung durch den Unterseekrieg hinhalten. Amerikas Eingreifen hänge von dem ganz unsicheren Faktor des verfügbaren Schiffsraums ab. Rußland und Italien aber könnten nur durch Angriff an der Westfront einigermaßen geschützt und beim Bündnis erhalten werden. An diese Offensive dürfe man

freilich nicht mehr die Hoffnung auf einen Durchbruch knüpfen, sondern man müsse sich mit der allmählichen Zermürbung des Feindes begnügen. Cr

fordere keineswegs sofortiges eigenes Vorgehen ohne französische Hilfe, sondern empfehle nur, die Vorbereitungen dazu fortzusetzen und sich für günstige Fälle bereit zu halten. Premierminister Lloyd George war mit den Auffassungen der i« Mai.

Generale nicht einverstanden. In einer Kabinettssitzung am 1. Mai gab er

zu bedenken, daß die Franzosen gegen Fortsetzung der Offensive im Westen gar manches einwenden könnten: Die unbedingt notwendige Überlegenheit an Truppen und Material fehle zur Zeit, 1918 aber würden die Vereinigten i) Hinsichtlich des Saloniki-Unternehmens war er bereits seit langem derselben

Ansicht wie General Smuts. Cr sah in ihm nur noch die Festlegung starker verbündeter Kräfte gegenüber einem Feinde (Bulgarien), der ohne diese Bedrohung vielleicht längst aus dem Bunde der Gegner ausgeschieden wäre.

Sorgen der Engländer und Besprechungen in Paris.

415

Staaten eine halbe Million Soldaten im Feld haben und auch die Blockade

würde weiter schwächend auf die Mittelmächte gewirkt haben. Man solle also im Westen in der Abwehr bleiben und die überschüssigen Kräfte unterdessen z. 23. in Syrien gegen die Türkei, demnächst gegen Bulgarien und

schließlich vielleicht sogar gegen Österreich-Ungarn einsetzen. Man müsse aber auch mit der Möglichkeit rechnen, daß man in einigen Monaten genötigt sein könne, Frieden zu schließen. Wenn Rußland zusammenbreche, würde es über unsere Kraft gehen, Deutschland niederzuringen, da die Blockade dann großenteils unwirksam und die gesamte deutsche Streitmacht gegen die Westmächte frei werde. Man könne aber nicht in Friedensverhandlungen mit einem Feinde treten, der weite Gebiete des eigenen Landes besetzt halte, ohne daß man Mesopotamien und Syrien in Besitz habe. Cs käme hinzu, daß, wenn Frankreich wirklich nicht mitmachen wolle, England gar nicht die Kräfte habe, allein vorzugehen, denn die Ersatzlage werde sich durch das SchiffsbauProgramm in nächster Zeit weiter versteifen. Der Premierminister blieb aber mit seiner Auffassung allein. Die Mehrheit des Kabinetts erklärte, daß Rußland und Italien Anspruch auf

tatkräftige Hilfe hätten; noch stünden die Verbündeten auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Ob diese aufrechterhalten werden könne, sei angesichts der Schiffsverluste fraglich. Ein Zurückgehen auf die Defensive müsse die moralische Widerstandskraft erschüttern; in Frankreich hätten bei Ablehnung der Beteiligung an der internationalen, sozialistischen Konferenz in StockHolm jetzt schon in der Kammer nur zwei Stimmen den Ausschlag gegeben.

Wenn nicht die Front des Gegners, so müsse wenigstens seine Kampffreudigkeit durch Fortsetzung der Offensive zerbrochen werden. Für eine bevorstehende Aussprache mit der französischen Regierung wurde festgelegt: Die Franzosen sollten gedrängt werden, ihre Offensive fortzusetzen; ließen sie sich dazu nicht im gewünschten Maße bestimmen, so wäre völlige Handlungsfreiheit für England und Wiederbesetzung der im Winter übernommenen Frontteile

durch das französische Heer zu fordern. Die Aussprache fand am 4. Mai in Paris statt. Französischer-

seits nahmen daran teil: Ministerpräsident Ribot, Kriegsminister Painlevs, Marineminister Admiral Laeaze, die Generäle Rivelle und Pstain; englischerseits Premierminister Lloyd George, der Vertreter des Auswältigen Amtes Robert Cecil, Feldmarschall Haig, General Robertson, Admiral Iellicoe. Nachdem die Minister und militärischen Befehlshaber zunächst gesondert verhandelt hatten, verlas General Robertson folgende Erklärung: Die Generale Pötain und Rivelle, Feldmarschall Haig und er selbst seien nach Prüfung der Lage „in voller Übereinstimmung zu dem

4.Mai.

416

4. Mai.

Das Ende der französischen Offensivpläne.

Schluß gekommen, daß es unerläßlich ist, die Offensiv-Operationen an der

Westfront fortzusetzen. Die französisch-englischen Angriffe haben bereits das Ergebnis gehabt, einen guten Teil der deutschen Reserven zu verbrauchen.

Lassen wir dem Gegner Zeit, sich zu erholen, so gehen wir dieses Vorteils verlustig. Der Feind könnte nach Belieben Rußland oder Italien angreifen, und keines dieser beiden Länder ist in diesem Augenblick in der Lage, einer

kräftigen Offensive zu widerstehen". Der Plan der im April in Frankreich

begonnenen Offensive sei unwirksam geworden. Der Durchbruch durch die feindliche Front sei nicht mehr ins Auge zu fassen, und es handele sich nicht mehr um weitgesteckte Ziele.

Es handele sich jetzt vielmehr darum, den

Gegner durch einzelne Schläge abzunutzen; dazu seien alle Kräfte einzusetzen. Eine Zwischenlösung zwischen diesem Verfahren und einer defensiven Hal¬ tung, die nichts weniger als ein Eingeständnis der eigenen Niederlage be¬ deuten würde, gebe es nicht. Die Generale seien „alle der Ansicht, daß wir

den Enderfolg durch unaufhörliche Angriffe mit beschränkten Zielen und durch weitest gehende Verwendung unserer Artillerie erreichen können. Wir hoffen, auf diesem Wege mit einem Mindestmaß von Verlusten zum Ziele zu kommen". Zusammenfassend stellte General P e f a i rt fest, daß eine fort¬

gesetzte Offensive, aber mit beschränkten Zielen, notwendig sei. Mit dieser Erklärung der Generale waren die nächsten Ziele der Krieg¬

führung eindeutig festgelegt. Lloyd George bemühte sich, die Zuversicht der französischen Regierungsvertreter zu heben. Er unterstrich den unzweifel¬ haften Wert der Rivellefchen Erfolge, betonte aber auch, daß unter einer „begrenzten Offensive" nicht etwa der Angriff von nur zwei oder drei Divi¬ sionen zu verstehen fei. Es müsse Einigkeit herrschen über die Intensität der während des ganzen Sommers zu führenden Angriffe. Volle Überein¬ stimmung wurde aber doch nur darüber erreicht, daß rein defensive Haltung eine große Unklugheit sein würde.

Die große gemeinsame sranzösisch-englische Enischeidungs-Offensive war mit dieser Aussprache endgültig

aufgegeben. Die Engländer ließen keinen Zweifel darüber, daß sie sich von den bisherigen Vereinbarungen entbunden fühlten und den Schwerpunkt

ihrer Angriffe nach Flandern verlegen würden.

Insgesamt befanden sich die Westmächte angesichts der zunehmenden Erfolge des Unterseekrieges, des Zusammenbruchs Rußlands und des völligen Mißlingens der Offensive in einer recht schwierigen Lage. Trotzdem waren sie entschlossen, durchzuhalten. Am 19. April waren die leitenden Staatsmänner von England und Frankreich in St. Jean de Maurienne an

Besprechung in Paris. —

Fragen der Gesamtkriegführung.

417

der italienischen Grenze mit Sonnino zusammengekommen. Eine wesentliche Rolle hatten dabei die durch Prinz Sixtus übermittelten Friedensfühler Kaiser Karls^) gespielt. Lloyd George war sehr geneigt gewesen, sie weiter zu verfolgen; er versprach sich von einem Sonderfrieden mit Österreich-Ungarn den Abfall Bulgariens und der Türkei und damit das Ausscheiden jeder Anterfeeboots-Gefahr im Mittelmeer. Eine Einigung wurde aber nicht

erzielt, da dieser Sonderfriede nicht zu haben war, ohne daß Italien auf wesentliche, ihm im Bündnisverträge vom April 1915 zugesicherte Gebiete verzichtete. Damit aber war der Gedanke des Sonderfriedens erledigt, wenn

auch die Vermittlungsversuche des Prinzen Sixtus noch einige Zeit weitergingen. Lloyd George, der im Unterseekrieg eine Gefahr sah, die ihn ebenso wie die Admiralität mit ernstester Sorge erfüllte, war bestrebt, den Wirkungen der Versenkungen mit allen nur erdenklichen Mitteln zu begegnen. Nach außen hin aber zeigte er ebenso wie Ribot nur Zuversicht und Ent-

schlossenheit. Beide verstanden es, die weit überwiegende Masse ihrer Völker dabei hinter sich zu halten. An der sozialistischen Friedenskonferenz in StockHolm im Mai nahmen die englische und französische Sozialdemokratie nicht teil, und am 4. Juni bekannte sich die französische Kammer mit 467 gegen

52Stimmen zur Erwerbung Elsaß-Lothringens als Kriegsziel. Politik und Kriegführung der Westmächte waren sich einig in dem unbedingten Willen, den Krieg durch Sieg zu beenden.

C.Die letzten Maßnahmen des Generals Nwelle. Beilagen 1 und 2.

Als die Engländer Anfang Mai zum dritten Male in vier Wochen gegen die deutschen Linien anrannten, waren französische Angriffe teils noch im Gange — wie bei der 4. und 5. Armee zur Entlastung von Reims,

bei der 10. und 6. Armee zur Gewinnung der Höhen des Ehemin des Dames —, teils seit geraumer Zeit geplant — wie bei der 7. und 8. Armee

im Ober-Elsaß (14 Divisionen), der 2. Armee in der Richtung auf Vriey zur Abschnürung des Vogens von St. Mihiel (40 Divisionen)^), der 3. Armee in Verbindung mit der britischen 4. Armee gegen die „Hindenburg-Linie" zwischen St. Quentin und der Oise und beim XXXVI. Korps an der Küste. Auch die 1. Armee, die inzwischen herausgezogen war und neun Divisionen stark bei Ehkteau-Thierry zum Einsatz bereitstand, kam in Betracht. Aber

bereits Mitte Mai hatten sich alle im Gang befindliche Unternehmungen tot gelaufen. Von den geplanten Angriffen erforderten die der 7. und 8. Armee 0 S. 171 und 567. — 2) Franz. amtl. Werk, Bd. V, 1,S. 790. Weltkrieg. XII. Band.

27

418

5. Mat.

Das Ende der französischen Offensivpläne.

sowie der der 2. Armee längere Vorbereitungen. Günstiger schien es mit dem Angriff der 3. Armee zwischen St. Quentin und der Oise zu stehen, zu de« jedoch englische Mitwirkung nötig war. Diese aber war noch keineswegs sicher. Mit der Pariser Besprechung vom 4. Mai war die Bahn frei geworden für selbständige, rein englische Unternehmungen. Am 5. Mai entwickelte Feldmarschall H a i g seine Gedanken hierüber in einem Schreiben an General Nivelle. An die Spitze stellte er die Notwendigkeit, noch in diesem Sommer die belgische Küste zu befreien, um der immer ernster werdenden

Bedrohung durch die deutschen Unterseeboote wirksam zu begegnen. Die nötigen Kräfte hoffte er dadurch zu erhalten, daß die Franzosen einen Teil der englischen Front wieder übernähmen. Die Angriffe bei Arras wollte er

fortsetzen, wobei er auf französische Mitwirkung, wie sie soeben in Paris zugesagt worden sei, rechnete. Die Flandern-Operation sollte Anfang Juni mit dem Angriff von 16 britischen Divisionen gegen den Wytschaete-Vogen beginnen; sei hier die rechte Flanke gesichert, so wollte er zur eigentlichen Befreiung Belgiens schreiten. Cr bat zunächst um Ablösung der englischen

Truppen im Abschnitt St. Quentin—Omignon-Bach bei Bellenglise (acht Kilometer Front). Die Deutschen würden dies als Vorbereitung zu weiteren Angriffen bei Arras deuten und könnten in dieser Ausfaffung bestärkt werden,

wenn die Franzosen gleichzeitig St. Quentin bedrohten. Für die große Flandern-Offensive, die wahrscheinlich einige Wochen nach dem Angriff gegen den Wytschaete-Vogen folgen werde, forderte Feldmarschall Haig weitere Ablösung englischer Kräfte bis Havrincourt (nochmals 25Kilometer Front); dafür wären die Engländer bereit, den Küstenabschnitt von NieuPort zu übernehmen. Der Truppenaustausch zwischen St. Quentin und

Omignon-Bach müsse sofort, der bis Havrincourt und der bei Nieuport zwischen dem 7. und 20. Juni stattfinden. Die Angriffe bei Arras würden

durch die zwischen Omignon-Bach und Havrincourt abgelösten Kräfte bis nach dem Angriff bei Wytschaete fortgeführt werden; dabei sei zu hoffen, daß der Gegner in diesem letzteren nur einen Ablenkungsangriff für die Kämpfe bei Arras erblicken werde. Zum Schluß bat der Feldmarschall um Mitteilung

der französischen Angriffspläne. w.Mai.

Am 10. Mai sagte General N i v e l l e die erbetene Ablösung bis zum

Omignon-Bach zu. Für das Zusammenwirken mit dem englischen Heere und der belgischen Armee beim Angriff müsse er aber erst die Genehmigung des Kriegskomitees einholen. Diesem schlug er vor, weiterer Ablösung der Engländer nur bis Hargicourt (16 Kilometer Frontbreite weniger als verlangt) zuzustimmen, im übrigen von der britischen 4. Armee kräftiges Anfassen

der „Hindenburg-Linie" zu fordern, um den in Vorbereitung befindlichen

Englische Pläne. Letzte Maßnahmen des Generals Nivelle.

419

französischen Angriff beiderseits St. Quentin zu erleichtern. Am 11. Mai regte er bei der Heeresgruppe Nord eine Erweiterung dieses Planes dahin an, daß die französische Z.Armee südlich von St. Quentin, eine gleichstarke nördlich davon zwischen Bellicourt und Vanteux und die britische 4. Armee

noch weiter nördlich, linker Flügel bei Havrincourt, angreifen sollten.

Unterdessen war das Vertrauen zur Führung des Generals Nivelle zusehends geschwunden, im Heere fast noch mehr als im Volke. Die Flut von Mitteilungen, die der Regierung über den Verlauf der Schlacht, über die Verhältnisse an der Front und in der Etappe zugingen und sämtlich auf die Unzulänglichkeit, Unbelehrbarkeit und Selbstherrlichkeit des Generals hin-

wiesen, machten es unmöglich, ihn noch länger zu halten. Unbeschadet seiner Verdienste um Verdun schien er der Negierung seit Übernahme der obersten

Führung in allem fehlgegriffen zu haben: in Zeit, Ort und Anlage des Angriffs, im Verkennen der Alberich-Vewegung und ihres Einflusses auf die

Verstärkung der bereits festungsartig ausgebauten deutschen Abwehrfront, in der Überschätzung der artilleristischen Möglichkeiten und in der Unterschätzung der Wetterverhältnisse. Er hatte sich viel zu stark auf den entscheidenden Erfolg seiner Offensive festgelegt, als daß man deren dürftige Ergebnisse hinnehmen konnte. Der Kriegsminister sah klar, daß die Operation wieder in die Zermürbungsschlacht einlenkte, die gerade hatte vermieden werden sollen. Cr wußte um das Mißtrauen, das die Generale gegenüber den Fähigkeilen des Obersten Befehlshabers schon vor Beginn der Offensive gehegt hatten und jetzt erst recht hegten, und ebenso um die neuen Gegensätze, die sich daraus ergaben, daß General Nivelle die Schuld am Mißlingen der

Offensive verfehlten Maßnahmen seiner Unterführer zuschrieb.

Seine

Stellung war unhaltbar geworden. Am l l. Mai berief ihn Kriegsminister Painlevg nach Paris und forderte ihn auf, seinem Anerbieten vom 25.April entsprechend nunmehr zurückzutreten und wieder das Kommando bei Verdun zu übernehmen. Dazu aber war General Nivelle jetzt nicht mehr bereit. Seine Freunde in der Regierung traten gegen den Kriegsminister mit der Begründung für ihn ein: Der Abgang Painleves wäre das Ende einer Partei, der Abgang Nioelles das Ende Frankreichs. Es bedurfte des energischen Eintretens des greisen Ministerpräsidenten Ribot für den gefährdeten Kriegsminister, um in einer stürmischen Sitzung des Kriegskomitees noch an demselben Tage den Fllhrerwechsel durchzusetzen. Am 15. Mai legte ©eneral Nivelle sein Kommando nieder, am 17.wurde General Petain fein Nachfolger. Generalftabschef beim Kriegsminister wurde General F o ch. 27*

n. Mau

Das Ende der französischen Offensivpläne.

420

Mi«« Mat.

Mit General Rivelle trat eine Persönlichkeit von der militärischen

Bühne ab, deren Bedeutung trotz aller Umstrittenheit seiner operativen Gedanken und der Art, wie er sie durchsetzte, nicht verkannt werden darf. Bei Kriegsbeginn noch Führer eines Artillerie-Regiments hatte er als Ab-

schnittskommandeur vor Verdun durch die Energie seiner Kampfführung aller Augen auf sich gezogen, so daß er am 1. Mai 1916 an Stelle des zum

Heeresgruppenführer ernannten Generals Petain an die Spitze der Armee von Verdun gestellt worden war. Hier wurde der Erfolg seiner Abwehr um

so sichtbarer, je mehr der deutsche Angriffsschwung erlahmte. Die außer¬ ordentlichen Erfolge der aufs genaueste vorbereiteten großen Gegenangriffe vom 24. Oktober und 15. Dezember ließen ihn nach dem Kräfte verzehrenden, aber operativ ergebnislosen Ringen an der Somme als den General er-

scheinen, der endlich den Weg zum Durchbruch im Stellungskrieg gefunden habe, und damit als die geeignetste Persönlichkeit zur Übernahme des obersten

Befehls. Mit seiner jugendlichen, soldatischen Erscheinung, seiner Energie, seinem Selbstvertrauen, nicht zum wenigsten mit der Beherrschung des Wortes und der Eindringlichkeit seiner Beweisführung schien er alle dafür erforderlichen Eigenschaften zu besitzen. So war er am 26. Dezember 1916

Oberbefehlshaber über die Armeen in Frankreich geworden. Die militärische Lage brachte es mit sich, daß ihm in dieser Stellung von Anfang an ein höheres Maß von Einfluß zufiel, als es selbst Marschall Ioffre besessen hatte. Aber die neue Stellung verlangte neben der Veherrschung des weitgespannten militärischen Gebietes Vorsicht im Umgang mit der Volksvertretung, Takt in der Behandlung der Verbündeten sowie ein hohes Maß von innerer Überlegenheit gegenüber den größtenteils dienstälteren Heeresgruppen- und Armeeführern. Stellung und Aufgabe waren unendlich viel schwieriger als die Armeeführung vor Verdun und wurden durch das hinter dem Rücken des Obersten Befehlshabers stattfindende Zusammenspiel seiner Unterführer mit Vertretern der Regierung nicht erleichtert. General Rivelle ist mit Tatkraft und Selbstvertrauen an seine Aufgabe herangegangen und würde sich behauptet haben, wenn er mit seinem Angriffsverfahren nur einigermaßen Erfolg gehabt hätte. Sein Irrtum war, daß er glaubte, die im Herbst bei Verdun angewandte Angriffsart ein halbes Jahr später unter wesentlich veränderten Kampfbedingungen') wieder anwenden zu können, und daß er die berechtigten Bedenken und Zweifel der Unterführer wie der eigenen Regierung entschieden zurückwies. So konnte er nicht mehr an der Spitze des Heeres bleiben, als seine Offensive unter ungeheuren Verlusten steckengeblieben war. Seine Rolle als Heerführer war ausgespielt. Erst unter der Regierung Elemeneeau ist er in Nordafrika wieder verwendet worden. >) 6.409.

Würdigung des Generals Rivelle. Der Nachfolger General Pstain.

421

D. Das französische Heer unter General petain. Die Meutereien. Es war kein leichtes Crbe, das General Pstain antrat, handelte es sich doch darum, das erschütterte Vertrauen im Heere, im Volke und bei den Bundesgenossen wiederherzustellen. Am 18. Mai traf er zur Aussprache mit

Feldmarschall Haigin Amiens ein. Die Heeresgruppe Nord hatte gemeldet, daß die Bedingungen für den noch von General Nivelle ins Auge gefaßten Angriff nördlich von St. Quentin und damit in unmittelbarer Anlehnung an die Engländer außerordentlich ungünstig lägen. General Petain versicherte aber auf Befragen, daß er ermächtigt sei, im übrigen die volle Hilfe des französischen Heeres, wie sie am 4. Mai in Paris in Aussicht genommen

war, zuzusagen; Feldmarschall Haig könne den Küstenabschnitt übernehmen und über die dort frei werdenden französischen Kräfte verfügen. Die Ablösung bis Havrineourt dürfe er ihm zwar nicht zugestehen, wolle dafür aber vier weitere französische Divisionen nach Flandern senden. Die Fortführung

der französischen Offensiven mit beschränkten Zielen sei gewährleistet. An die französischen Heeresgruppen- und Armee-Führer wandte sich General Pötain mit einem geheimen Erlaß, der den Niederschlag seiner operativen Grundsätze und zugleich die offene Abkehr von den Ansichten des Generals Nivelle darstellte. An der Spitze stand der entscheidende Satz, daß bei dem zur Zeit an der ganzen Front herrschenden Gleichgewicht der Kräfte

ein Durchbruch mit darauffolgender strategischer Ausnutzung nicht in Frage komme; es könne sich nur um möglichst starke Abnutzung des Feindes unter Schonung der eigenen Kräfte handeln, aber nicht mehr um große Operationen

mit weiten Zielen. Diese erforderten, da auf Überraschung im großen nach Lage der Dinge nicht zu rechnen sei, eine außerordentliche Überlegenheit an Menschen und Material und seien unter allen Umständen verlustreich. Angriffe mit beschränkten Zielen, aber mit stärkster Artillerie und überraschend

eröffnet, führten weiter. Solche Angriffe müßten sich in kürzester Folge an geeigneten Frontteilen wiederholen. Hauptaufgabe der Führung sei es, die Vorbereitungen dazu in den ausgewählten Abschnitten von Stund' an in die Hand zu nehmen. Die Arbeiten kämen nicht nur der Offensive zugute,

sondern seien auch der beste Schutz gegen Überraschungen durch den Feind, der jederzeit anderwärts freiwerdende Divisionen an der französischen Front

einsetzen könnte. Dringend nötig schien ihm ferner Anpassung des Angriffsverfahrens an die neue deutsche Abwehr, deren Überlegenheit man soeben schmerzlich emp¬

i«. Mai.

422

Das Ende der französischen Offensivpläne.

funden hatte. Dies und die Schwierigkeiten der Ersatzlage forderten ver° mehrte Ausstattung mit Artillerie, Maschinengewehren und Tanks.

Unterdessen hatten sich die inneren Verhältnisse im Heere in einer Richtung entwickelt, die seinen Einsatz zum Angriff vorerst aus-

schloß, ja teilweise sogar seine Abwehrbereitschaft fraglich erscheinen ließ. Schon Anfang 1916 hatte pazifistische Propaganda mit Druckschriften und Zeitungen für die Beendigung des Krieges zu wirken begonnen. Im Februar 1917 hatte General Nivelle den Kriegsminister darauf hinweisen

müssen, daß internationale Revolutionäre, Anarchisten und Arbeitersyndikate in wesentlich gesteigertem Maße bemüht seien, durch Wort und Tat, durch Streiks und Sabotage die Kriegführung lahm zu legen. Da der Innenminister Malvy diesen Kreisen politisch nahestand, wurde gegen ihr Treiben nicht viel unternommen. An der Front machten sich die Wirkungen zunächst nur wenig bemerkbar. Erst die Erschöpfung des gesamten Heeresorganismus durch die große Offensive, vollends die Enttäuschung über den Mißerfolg,

hohe Verluste und angeblich unzulängliche ärztliche Vorkehrungen brachten einen Umschwung und ließen die Nachrichten der Zeitungen und Flugblätter in anderem Lichte erscheinen, die in Lazaretten, Ruhequartieren und Unterständen von Hand zu Hand gingen. Die Soldaten wollten nicht mehr dafür bluten, daß die Regierung annexionistische Ziele erreiche, und vollends nicht, damit England die deutsche Konkurrenz los würde. Aber auch das Vertrauen zu den Generalen war erschüttert.

Mai.

Am 4. Mai ereignete sich bei zwei Regimentern einer Kolonial-Division, die tags darauf am Großangriff teilnehmen sollte, der erste schwere Fall ge¬ meinsamer Weigerung, in die Gräben zu gehen. Mit dem Rufe: „Nieder mit dem Kriege! Tod den Verantwortlichen!" zogen die Meuterer durch die

Straßen, ließen sich aber durch gütliches Zureden ihrer Offiziere wenigstens dazu bereden, die Gräben zu besetzen. Beim Angriff dagegen mußten in Eile

herangeführte Kavallerie-Regimenter sie ersetzen'). Vierzehn Tage später schlug die Flamme des Aufruhrs cm allen Ecken und Enden empor, und in kürzester Zeit war die gesamte Front bis in die ruhigsten Teile des Elsaß angesteckt. Alle Grade der Widersetzlichkeit traten in Erscheinung, von leich¬

teren Fällen angefangen, bei denen die Offiziere mit Achtung behandelt und nur die Beteiligung an Angriffsunternehmungen abgelehnt wurde, bis

zu revolutionären Kundgebungen mit schweren Sabotageakten, offener Meuterei und Ermordung von Vorgesetzten.

Am gefährlichsten gestaltete sich die Lage in der Nähe der Hauptstadt. Ein in Soissons liegendes Regiment schlug einen Regimentsarzt nieder, i) Vgl. S. 362.

Meutereien im französischen Heere.

423

hing drei Feldgendarmen auf und bemächtigte sich mit dem Rufe: „Nieder mit dem Krieg! Auf nach Paris! Holt die Deputierten aus dem Parlament!" eines Cisenbahnzuges. Da es gelang, rechtzeitig Kavallerie heranzuholen, konnte der Zug unter Feuer genommen und angehalten werden. Die Meuterer mußten sich ergeben. Ein kleiner Teil, der sich mit der Waffe in der Hand in ein Wäldchen geworfen hatte, hielt sich dort noch drei Tage, bis der

Hunger auch ihn zur Übergabe zwang. In Paris selber schössen am 4. Juni anamitische Kolonialtruppen, die im Sicherheitsdienst Verwendung fanden, auf einen angreifenden Volkshaufen, ein Vorgang, der die Aufregung in der Front noch steigerte. Eine russische Brigade bot das Bild völliger Zersetzung, nachdem sie noch am 16. April — trotz aller Veeinflussungsversuche aus ihrer

Heimat — sich aufs tapferste am Angriff beteiligt hatte; die französische Etappe verbrüderte sich mit den Meuterern. Von treu gebliebener Artillerie wurde das Lager der Russen umzingelt und zusammengeschosien. Anfang Juni legte der Kriegsminister dem Kriegskomitee einen Bericht des Generals Petain vor, nach dem in 16 Armeekorps bei 45 Divisionen ) S. 432.

444

Anfang^J«ni

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

feindlichen Linien angelegten neuen Graben einmündeten. Dadurch ' war eine als Sturmausgangsstellung geeignete Anlage geschaffen.

Die

Gruppe Npern legte, entsprechend der Gesamtlage, den Schwerpunkt ihrer artilleristischen Tätigkeit auf die Unterstützung der Gruppe Wytschaete und setzte in verstärktem Maße die Bekämpfung der feindlichen Batterien fort, vor allem derjenigen, die gegen den Wytschaete-Vogen wirkten. Sie traf

ferner Maßnahmen, um ihr flankierendes Feuer vor der südlichen Nachbar¬ gruppe zu verstärken, worauf das Armee-Oberkommando großen Wert legte. Gegen den rechten Flügel der G r u p p e L i l l e bis in Höhe des Ploeg-

steert-Waldes war das feindliche Feuer annähernd ebenso stark wie gegen

den Abschnitt Wytschaete. Anzeichen für eine Ausdehnung der feindlichen Offensive nach Süden über diesen Wald hinaus lagen aber nicht vor. Die

Gruppe hatte die Aufgabe, bei einem Angriff gegen die Gruppe Wytschaete deren Flanke zu schützen durch Abwehr feindlicher Vorstöße im DouveGrund und südlich davon sowie durch Niederhalten der feindlichen Artillerie an der Nachtigall-Höhe, am Ploegsteert-Wald und bei Armentiöres. Dem

entsprach die Führung ihres Artilleriekampfes. Nach der Gesamtlage vor seiner Front rechnete das Oberkommando Kronprinz Rupprecht seit Ende Mai mit der Möglichkeit, daß nicht nur ein Nebenangriff bei Z)pern—Wytschaete, sondern eine große Offen¬ sive des Feindes gegen die gesamte flandrische Front in Aussicht stehe. Die Engländer hatten fast vor dem ganzen Abschnitt der deutschen 2. Armee ihre kampfkräftigen Divisionen herausgezogen. Gegenüber der 6. Armee*) waren in letzter Zeit nur Truppenteile ausgetreten, die schon ein- oder mehrmals in

der Schlacht gekämpft hatten. In England sollten noch frische Divisionen bereitstehen. Daß ein neuer großer Angriff auf dem bisherigen Kampffeld der 6. Armee erfolgen werde, hielt die Heeresgruppe allmählich für wenig wahrscheinlich. Für einen Angriff an anderer Stelle kam aber nur die Front der 4. Armee in Betracht, und zwar nach dem Gelände und den derzeitigen

Wasierverhältnisien die Strecken vom Meer bis etwa Schoorbakke (sechs Kilometer südöstlich von Nieuport) und von Bixschote bis zum Ploegsteert-

Wald, für einen örtlichen Vorstoß vielleicht noch die Gegend von Dixmude.

Nach der Ausdehnung des planmäßigen britischen Zerstörungsfeuers schien sich der erste, seit langem vorbereitete Schlag gegen den Abschnitt zwischen der Doppelhöhe 60 (südöstlich von Zillebeke) und dem Ploegsteert-Wald zu richten und unmittelbar bevorzustehen. Truppen zur Verstärkung der 4. Armee konnten der Lage nach im wesentlichen nur von der 6. Armee ') S. 266 ff.

Verstärkung der Abwehrfront.

445

genommen werden, wenngleich auch hier die Lage keineswegs einfach und das Oberkommando dieser Armee noch am 27.Mai der Ansicht war, der „große Angriff" könne jeden Augenblick kommen. Wohl waren der Armee gegen-

über seit einiger Zeit frische feindliche Divisionen nicht mehr festgestellt worden, die Zahl der Divisionen hatte sich aber anscheinend nicht vermindert. Es war also immerhin möglich, daß die Engländer die starken Teilangriffe,

die sie hier seit einiger Zeit führten, fortsetzen würden. Infolgedessen mußte auch die 6. Armee auf genügender Abwehrbereitschaft gehalten werden; bei dem Fortziehen von Truppen aus ihrem Bereich war ein gewisses Maßhalten geboten. Erst am 30. Mai brachten Gefangenenaussagen Klarheit darüber, daß im Räume von Arras ein großer Angriff nicht mehr zu erwarten war. Die Heeresgruppe konnte ihre ganze Aufmerksamkeit und Kraft der Flandern-

Front zuwenden. Einschließlich der als Reserven der Heeresgruppe und der Obersten Heeresleitung bestimmten Truppenteile wurden der 4.Armee vom I.Mai bis zum 7. Juni 13 Infanterie-Divisionen neu überwiesen. Da zwei von

ihnen mit ihren Anfängen erst am 7.Juni morgens eintrafen und zwei bisherige Divisionen der Armee inzwischen nach einem anderen Kriegsschauplatz

abbefördert wurden, betrug die Verstärkung neun Infanterie-Divisionen'). Die meisten von ihnen hatten kurz vorher an größeren Kämpfen teilgenommen und ihre Gefechtskraft noch nicht völlig wiederherstellen können. Abgesehen von den mit der Gruppe Lille übergetretenen und den kriegs-

gliederungsmäßig zu den neu überwiesenen Divisionen gehörigen Truppen waren der Armee insgesamt 106 Batterien (davon 85 schwere), einige Maschinengewehr-, Pionier- und Rachrichten-Cinheiten, Kolonnen und Trains sowie Armierungstruppen zugeführt worden. Unzureichend war, trotz eindringlicher Anträge des Armee-Oberkommandos, die Verstärkung an

Luftstreitkräften (acht Flieger-Abteilungen, sechs Jagd-, zwei Kampf- und fünf Schutzstaffeln, dazu Ballone und Flugabwehr-Kanonen) geblieben. Vom Gegner wurden vor der Landfront der 4. Armee angenommen:

An der Küste eine französische Division, daran anschließend bis in die Gegend von Boesinghe die Belgier mit fünf Divisionen und Teilen einer Kavallerie-Division. Weiter nach Süden bis zur Südgrenze der 4. Armee 16 britische Divisionen in der Front und elf in Reserve. An der Front zwischen Zillebeke und dem Ploegsteert-Wald schienen gegen fünf deutsche

Divisionen elf bis zwölf britische eingesetzt zu sein. Dabei hatten die deutschen Divisionen je neun, die britischen je zwölf Infanterie-Bataillone; auch war die Gefechtsstärke eines britischen Bataillons etwa um ein Fünftel höher als die eines deutschen. ') Beilage 27.

446

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

C. Die Angriffsvorbereitungen der Engländer. Beilagen 1, 19, 20 und 21.

Ianuar^igl?

Bereits bei Übernahme des Oberbefehls über die britischen Truppen

' auf französisch-belgischem Voden war Feldmarschall Haig von der Not¬

wendigkeit überzeugt gewesen, den Höhenrücken bei Messines wiederzuerobern und die Deutschen von der belgischen Küste zu vertreiben. Wenige Wochen darauf, am 14. Januar 1916, hatte er den Oberbefehlshaber der englischen 2.Armee, General Sir Herbert Plumer, mit Klärung der Frage beauftragt, wie der Angriff gegen die Höhen von Messines und Wytschaete zu führen sei, und am 10. April, nach Prüfung der eingereichten Vorschläge, der 2.Armee den Befehl erteilt, mit den Angriffsvorbereitungen zu beginnen. Sie wurden, mit Ausnahme der Minierarbeiten, wegen der Somme-Offensive

vorübergehend eingestellt, aber im Spätherbst 1916 wiederaufgenommen und dann ohne Unterbrechung auch während der Arras-Schlacht fortgesetzt, obgleich diese große Ansprüche an Material und Arbeitskräfte stellte. Am 6.Januar 1917 hatte Feldmarschall Haig Richtlinien für eine große Flandern-Operation erlassen, von der er die Befreiung der bel-

gischen Küste erhoffte. Dem Hauptangriff, der zwischen Hooge und Steenstraate in der Richtung auf Noulers und Thourout beabsichtigt war, sollte die Wegnahme der Höhen von Messines—Wytschaete vorausgehen. Früher als alle übrigen Vorkehrungen für die Offensive waren umfang¬ reiche Arbeiten unter der Erde angefangen worden. Schon im Juli 1915 hatten die Briten einen tiefen Minierangriff gegen die deutsche Stellung an der Eisenbahn Comines—Z)pern begonnen. Im Januar 1916 faßten sie den Entschluß, gegen den ganzen WytschaeteVogen unterirdisch vorzugehen. Die Leitung übernahm der Inspekteur des

Minenwesens, General Harwey, der aus geeigneten Fachleuten, namentlich Bergarbeitern, Tunnelbau-Kompanien zusammenstellte'). Diese, die von Geologen beraten wurden und denen alle neuzeitlichen Hilfsmittel der Technik zu Gebote standen, trieben aus größerer Entfernung tief unter der Crdoberfläche Stollen vor, während sie gleichzeitig durch ihre Tätigkeit in den oberen Minier-Stockwerken die deutschen Mineure beschäftigten. Sie setzten die Arbeiten auch fort, als im Frühjahr 1916 der Angriff in Flandern wegen der i) Anfang März 1917 hatten die Engländer auf der Angriffsfront 6V- Tunnelbau-Kompanien. Die Stärke einer Kompanie betrug 18 Offiziere, 530 Mann, außerdem wurden ihr als Hilfsarbeiter 216 Infanteristen dauernd zugeteilt. Zeitweise wuchs die Kopfstärke auf über 1000 Mann an. Jede Kompanie verfügte über einen Geologen. Ende März wurde die Zahl der Kompanien um zwei vermehrt.

Angriffsvorbereitungen der Engländer.

447

mit den Franzosen vereinbarten gemeinsamen Offensive im Somme-Gebiet zurückgestellt werden mußte. Es gelang ihnen, unbemerkt die deutschen Linien an sieben Stellen zu unterfahren, ihr Angriffssystem schon im Juni 1916 zum größten Teil fertigzustellen') und IS sehr starke Minen zu laden.

Als Feldmarfchall Haig nach dem Scheitern der gemeinsamen französisch-englischen Frühjahrsoffensive Anfang Mai freie Hand bekam für die Operation in Flanderns waren die Vorbereitungen dort so weit gediehen, daß er dem Entschluß bald die Tat folgen lasten konnte. Am 7. Mai ver-

sammelte er die Oberbefehlshaber seiner fünf Armeen in Doullens und eröffnete ihnen, daß er das Schwergewicht der Kampfhandlungen nach Norden verlegen werde. Die Operation sollte Anfang Juni mit dem Angriff der 2.Armee auf den Messines—Wytschaete-Nücken beginnen. Einige Wochen

später sollte der Durchbruch durch die deutschen Stellungen nördlich davon folgen. Um die nötigen Kräfte freizumachen, waren die Franzosen aufgefordert und bereit, Teile der englischen Front zu übernehmen'). Dadurch wurde die englische 5. Armee frei, die bis Ende Mai an die Z)pern-Front

übergeführt wurde. Ferner war die Beteiligung französischer Truppen und der belgischen Armee an der Flandern-Offensive beabsichtigt. Die Angriffe bei Arms sollten bis nach der Durchführung des Angriffs gegen den WytschaeteVogen fortgehen. Diesen würden die Deutschen dann, wie Feldmarschall 5>aig hoffte, anfänglich nur für eine Nebenhandlung halten, die den Zweck habe, sie zur Entsendung von Kräften von der vermeintlichen Hauptkampffront bei Arras nach Flandern zu veranlassen.

Nachdem der endgültige Entschluß zum Angriff gefaßt war, wurden die Vorbereitungen mit Hilfe der nun bei Arras freigewordenen Arbeitskräfte

beschleunigt zu Ende geführt. Es entstand schließlich ein Minensystem, dessen Gänge ungefähr 7300 Meter lang waren und in dem sich auf der Anariffsfront unter der I. deutschen Stellung 20, mit etwa 450 Tonnen Sprengstoff geladene Minen befanden. Durch deutsche Sprengungen wurde eine Mine vernichtet, zu fünf anderen wurden die Zugänge zerstört. Letztere Schäden konnten aber rechtzeitig behoben werden, bei einem Minengang nach außerordentlichen Anstrengungen erst am Vortage des Angriffes4). Auch der großzügige Ausbau des Eisenbahn- und Wegenetzes sowie die sonstigen Vorbereitungen für den Angriff wurden fristgerecht beendet, die in den Schlachten an der Somme und bei Arras gemachten Erfahrungen dabei verwertet. Zahl*) «Journal Eoyal United Service Institution", February 1935, Nr. 517, S. 25. 2) S. 418. 3) Ebenda und Beilage 2. 4) Unter Höhe 73 (Spanbroekmolen) S. 441 und Beil. 21.

7* Mai.

448

'Anfang"zulU

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

xtifyeCntladebahnhöfe mit Depots für Munition^) und andere Kriegs' bedürfnisse waren entstanden, Materialien dicht hinter der Front bereit¬

gelegt, um einzelne Straßen sofort nach gelungenem Angriff in das eroberte Gebiet hinein fortzuführen. Mit besonderer Sorgfalt traf das Oberkommando der britischen 2.Armee Maßnahmen für die Wasserversorgung. Von weit hinter der Front gelegenen Seen und von Wasserstellen aus, die auf dem Kemmel hergestellt worden waren, legte man nach vorne leistungsfähige

Wasserleitungen, für deren schnelle Verlängerung in das Angriffsgebiet man umfassende Vorkehrungen traf. Trägerabteilungen und Packtiere waren bereitgestellt, um den angreifenden Truppen schnell Wasser, Verpflegung und

sonstigen Bedarf nachzuführen. Durch ausgiebige Beschießung mit Artillerie und Minenwerfern sollten die Stellungen der Deutschen sturmreif gemacht, ihre Batterien niedergekämpft und dadurch sowie durch die im Augenblick des Sturms vorgesehenen gewaltigen Sprengungen der britischen Infanterie der Weg gebahnt werden. Da nach englischen Angaben das „Bombarde¬ ment die beispiellose Länge von 17 Tagen" gehabt hat*), kann man als An-

sangstag der eigentlichen Feuervorbereitung den 20.Mai bezeichnen. Dem Oberbefehlshaber der britischen 2.Armee standen für den Angriff, der am 7. Juni stattfinden und den Abschnitt zwischen St. Aves, am Nordostrand des Ploegsteert-Waldes, und dem Mount Sorrel (füdöst-

lich von Zillebeke) umfassen sollte, drei Korps mit zusammen zwölf Divi¬ sionen zur Verfügung. Das endgültige Angriffsziel war die Oosttaverne-

Linie (deutsche Bezeichnung: Sehnen-Stellung). Von Mitte Mai an hatte die Armee sehr erhebliche Verstärkungen an Artillerie erhalten. Nach deren Eintreffen verfügte sie auf der Angriffsfront über mehr als 2200 Geschütze, darunter mehr als 800 schwere.

„Noch niemals hatte an der britischen Front eine derartige Konzentration

stattgefunden""). An Minenwerfern standen im Angriffsabfchnitt 64 fchwere und 240 mittlere.

An Fliegern standen am 7. Juni 18 Geschwader mit zusammen 300 Flugzeugen bereit, von denen etwa ein Drittel Kampfeinsitzer waren. Zwei weitere Kampfgeschwader (36 Flugzeuge) wurden von der britischen 1. Armee zur Unterstützung des Angriffes der 2. in deren Bereich eingesetzt. 1) Allein in der Zeit vom 26. Mai bis 6. Juni wurden für den Angriff auf den

Wytschaete-Vogen 3l/2 Millionen Schuß Artillerie-Munition von England nach dem

Festland gebracht. 2) C. R. M. F. Cruttwell: The Campaign in Flanders 1917. 3) „Official history of Australia in the war of 1914—1918", 23b. IV, S. 580 f. —

Vgl. ferner Gegenüberstellung der beiderseitigen Artillerien Veil. 28.

Angriffsvorbereitungen der Engländer,

449

Für den Sturm am 7.Juni stellte General Plumer seine Truppen

folgendermaßen bereit'): II. Australisch-Neuseeländisches Korps, Generalleutnant Sir A. I. Godley, etwa vom Ploegsteert-Wald bis nördlich der Straße Wulverghem— Wytschaete mit 3. australischer, neuseeländischer, 25.Division in der Front, mit 4. australischer Division in Reserve. IX. Korps, Generalleutnant A. Hamilton-Gordon, anschließend bis etwa halbwegs der Straßen Groote Vierstraat—Wytschaete und St. Elvi—Wytschaete mit 36., 16., 19. Division in der Front, mit 11. Division in Reserve. X. Korps, Generalleutnant Sir T. L. N. Moreland, bis zum Mount Sorrel mit 41., 47., 23. Division in der Front, mit 24. Division in Reserve.

D. Die Schlacht. Beilagen 1, 19 und 20.

I.Gliederung der 4. Armee am 7. Juni. Am 7. Juni morgens bei Beginn der Wytschaete-Schlacht waren Stärke

und Kräfteverteilung bei der deutschen 4. Armee in großen Zügen folgende: Gruppe Nord unter Admiral von Schröder, mit der 1. Marine-

und Teilen der neugebildeten 3. Marine- (Infanterie-) Division im Küstenabschnitt, mit den Hauptkräften dieser Division und der 2. Marine-Division

auf der Landfront. Gruppe Dixmude unter Generalleutnant Ehales deBeaulieu mit der 20.und 19. Landwehr-Division. Dahinter war seit dem 6. Juni die 49. Reserve-Division bei Thourout im Eintreffen begriffen. Sie war

Heeresgruppenreserve und zur Verwendung im Landabschnitt der Gruppe Nord bestimmt. GruppeJpern unter General der Artillerie von Kirchbach, mit der 80. Reserve- sowie der 233. und 119. Infanterie-Division, dahinter als Heeresgruppenreserven westlich von Roulers die 195. Infanterie-Division, die der Armee zum Einschieben zur Verfügung gestellt worden war, und bei

Ledeghem als Eingreis-Division die 11. Infanterie-Division. Gruppe Wytschaete unter General der Kavallerie von Laffert,

mit 204.(württembergischer), 35., 2. und 40. (sächsischer) Infanterie-Division. Die Stellungsdivisionen dieser Gruppe hatten nicht nur erhebliche Ver-

luste durch das starke feindliche Feuer, sondern infolge der geschilderten zermürbenden Einflüsse teilweise auch bedenkliche Einbuße an Kampfkraft ') Nach einer Skizze in „Sir Douglas Haig's Despatches". Da in ihr keine Grenzen zwischen den Korps und Divisionen eingezeichnet sind, können die Abschnitte nicht genau angegeben werden. Weltkrieg. XII. Band.

29

7- 3««t.

450

7.Z«»i.

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

erlitten. Die am I.Mai in die Front eingeschobene 24. (sächsische) Insan¬ terie-Division^) war Ende dieses Monats durch die 35. Infanterie-Division

ersetzt worden. Diese sowie die 204. (württembergische) Insanterie-Division bezeichnete das Armee-Oberkommando am 2. Juni als voll kampfkräftig. Die 40. (sächsische) Insanterie-Division hatte nach kurzer Ruhepause am 21. April wieder ihren Frontabschnitt im Wytschaete-Bogen übernommen und seitdem bis zum 3. Juni etwa 1300 Mann verloren. An diesem Tage bat die Division

um Ablösung und meldete, es sei fraglich, ob die sehr mitgenommene Truppe einen starken Stoß aushalten werde und einen kräftigen Gegenstoß führen könne. Die 2. Insanterie-Division hatte seit dem 25. März, an dem sie in ihre Stellung eingerückt war, Verluste von annähernd 2000 Mann gehabt, aus ihrem Rekrutendepot aber nur rund 800 Mann einstellen können. Sie legte am 4. Juni einen ähnlichen Bericht vor wie die 40. Infanterie-

Division und beantragte, ein Infanterie-Regiment sofort, die übrigen Trup¬ pen in spätestens vier Tagen abzulösen. Die Ablösungen wurden genehmigt. Cs sollten stattfinden der Ersatz der 40. durch die 3. bayerische InfanterieDivision vom 5., der der 2. durch die 24. Infanterie-Division vom 7. Juni abends ab. Diese erst seit kurzem zurückgezogene Division war, wie ihr Kom-

mandeur, Generalmajor Hammer, in der Nacht zum 4. Juni auf Befragen erklärte, wieder voll kampfkräftig. Da die 2. Infanterie-Division nochmals vorstellig wurde und erklärte, daß sie zur Führung des Abwehrkampfes der sofortigen Unterstützung durch ein Regiment bedürfe, ließ General von Laffert drei Bataillone der 24. Infanterie-Division so vorführen, daß sie im Abschnitt der 2. Infanterie-Division hinter der III. Stellung am frühen Morgen des

7. Juni bereitstanden. Im Divisionsabschnitt Messines war in der Nacht zum 7. Juni die Ablösung der letzten drei, noch in der Stellung befindlichen Bataillone der 40. Infanterie-Division im Gange. Sie war aber bei Beginn

des Sturms noch nicht überall durchgeführt, so daß die Infanteriebesatzung aus der 3. bayerischen und Teilen der 40. (sächsischen) Infanterie-Division bestand. Der Wechsel der Artillerie sollte am Abend beginnen.

An Eingreis-Divisionen befanden sich hinter der Gruppe Wytschaete die 7. Infanterie-Division bei Menin, die 1. Garde-Referve-Division, die an die Stelle der 3. bayerischen Infanterie-Division trat und den Anter-

bringungsraum dieser Division um Wervieq entsprechend derem Vorrücken einnahm, ferner die 22. Referve-Division, die, seit dem 4. Juni von der 6. Armee herangeführt, der 1. Garde-Referve-Division in die Gegend von

Tourcoing nachrückte. Infolge der im Gange befindlichen Ablösungen waren die Befehlsverhältnifse am und hinter dem linken Flügel der Gruppe Wyt¬ schaete sehr verwickelt. Als der englische Sturm losbrach, befanden sich im -) S. 434.

Gliederung der 4. Armee bei Beginn der Schlacht.

4SI

Kampfabschnitt Mefsines die Infanterie der 3. bayerischen und die Artillerie der 40. (sächsischen) Infanterie-Division unter dem Befehl des Kommandeurs der letzteren Division. Die 1. Garde-Reserve-Division war noch nicht vollzählig bei Wervieq eingetroffen. Cs unterstanden ihre bereits dort angelangten Truppen dem Kommandeur der 3. bayerischen Infanterie-Division, die Truppen der 22. Reserve-Division, soweit sie die Gegend bei Tourcoing schon erreicht hatten, dem Kommandeur der 1. Garde-Reserve-Division. Gruppe Lille unter General der Kavallerie von Stetten, mit der

4. und 16. bayerischen Infanterie- sowie der seit Anfang Juni hier neueingeschobenen 9. Reserve-Division. Die 4. bayerische Infanterie-Division hatte unter dem starken britischen Feuer zwar gelitten, war jedoch, wie das ArmeeOberkommando am 2. Juni nach dem Einsatz der 9. Reserve-Division urteilte,

„nach Verschmälerung ihres Abschnittes den kommenden Anforderungen wieder gewachsen". Gruppe Gent') unter Generalleutnant von Moser, mit der 3. Reserve-Division (diese zum Austausch gegen die 199. Infanterie-Division im Abtransport zur 2. Armee) bei Brügge, der 23. (sächsischen) ReserveDivision bei Gent, der 121. Infanterie-Division bei Audenarde und zwei Dritteln der 2. Kavallerie-Division im Grenzschutz gegen Holland. Als Verstärkung für die 4. Armee war ferner die 17. Infanterie-Divifion bestimmt, die im rückwärtigen Raum der Gruppe Z)pern vom 7. Juni an

eintreffen sollte. Außerdem hatte die 6. Armee zwecks rascher Verschiebung zur 4. die 207. Infanterie-Division bereit zu halten und von den noch hinter

ihrer Front stehenden Divisionen die beiden kampfkräftigsten. Die Ausstattung an Artillerie bei denjenigen Gruppen der 4. Armee, die von dem bevorstehenden englischen Angriff in erster Linie bedroht waren oder mit ihren Geschützen auf das voraussichtliche Kampffeld zu wirken vermochten, war durchschnittlich etwa folgendes:

Gruppe?)pern auf einen Kilometer 2,7 schwere Batterien, Sperrfeuerbreite für die Feldartillerie-Vatterie 480 Meter.

GruppeWytfchaeteauf einen Kilometer 3,5 schwere Batterien, Sperrfeuerbreite für die Feldartillerie-Vatterie 300 Meter. Wegen des beschränkten Raumes im Wytschaete-Bogen und um die Flankierungs-

Möglichkeiten auszunutzen, standen fünf schwere Batterien und eine schwerste Batterie der Gruppe im Bereich der Gruppe Z)pern. Gruppe Lille auf einen Kilometer 2,1 schwere Batterien, Sperrfeuerbreite für die Feldartillerie-Vatterie 380 Meter. Dabei war die Aus') S. 436. 2) Gesamtstärke der Artillerie Beilage 28. 29*

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

452

7,gui»t.

stattung des rechten Divisionsabschnittes, von dem man annahm, daß er vom

Angriff noch betroffen werden würde, erheblich stärker als bei den anderen Divisionen. Es standen im Bereich der 4. bayerischen Infanterie-Division auf einen Kilometer 3,4 schwere Batterien, die Sperrfeuerbreite betrug etwa 250 Meter. Außerdem wurde dieser Division einige Tage vor Beginn des

feindlichen Angriffes aus der Heeresreserve das Feldartillerie-Regiment 600

(nur zwei Abteilungen) zugeteilt. Diese Zahlen geben jedoch ein zu günstiges Bild, da durch den Kampf mit der stark überlegenen feindlichen Artillerie, besonders bei der Gruppe Wytschaete, große Materialverluste eingetreten waren, die auch nicht an¬ nähernd hatten ersetzt werden können. So waren von dieser Gruppe am Morgen des 7.Zum bei der Feldartillerie fast ein Viertel, bei der schweren

Artillerie fast die Hälfte der Geschütze ausgefallen^), wobei die 204. Infan¬ terie-Division erheblich weniger als die drei anderen betroffen war.

In der Armeereserve befanden sich zwei Feldartillerie-Regimenter (davon eins mit nur zwei Abteilungen), ein Bataillon schwerer FeldHaubitzen, drei Mörser-Batterien und eine 13 erci-Kanonen-Batterie. Außer¬ dem wurden von der Heeresgruppenreserve neun schwere Bat¬

terien herangeführt und der 4. Armee zur Verfügung gestellt. Bei Beginn

der Wytschaete-Schlacht waren sie indessen noch nicht angelangt. An Land-Fliegerverbänden verfügte die 4. Armee über 17 Flieger-

Abteilungen, fünf Schutzstaffeln, acht Jagdstaffeln, zwei Kampfstaffeln, eine Kampfeinsitzerstaffel. Die Stärke der Flieger war jedoch erheblich geringer, als aus diesen Zahlen hervorzugehen scheint, da sie meist den Sollbestand an Flugzeugen bei weitem nicht hatten^). Bei den Gruppen Z)pern, Wyt¬

schaete und Lille befanden sich zusammen zehn Ballonzüge. Zur Flugabwehr -)F.K

Soll 118

l. F. H Mrs

Ausfall 22

60 -18

-

20 8

f.F.H

-

92

-

45

15 vm-Kan

-

6

--

1

10 ciu-Kan

-

24

-

11

Die Veutegefchütze hatten wegen geringer Munitionszufuhr für die Abwehrschlacht mindere Bedeutung. Bei ihnen war der Ausfall an frz. 155 mm-5?cm. ver¬

hältnismäßig groß (Soll 6, Ausfall 5). 2) Davon bei der Gruppe Wytschaete fünf Fl. Abt., zwei Schuhst., eine Iagdft, Diese besaß statt 14 nur fünf Flugzeuge, von denen eines nicht mehr leistungsfähig war, drei einem für Haupkampffronten nicht geeigneten Typ angehörten. Eine der Schuhst, hatte nur drei statt sechs Flugzeuge. Die Gruppe Wytschaete konnte aber bei einem Angriff des Gegners noch die übrigen bei der Armee befindlichen sieben Jagd-

staffeln zur „Sperre" heranziehen.

Ausstattung der 4. Armee bei Beginn der Schlacht.

452

hatte die Gmppe Wytschaete 27 Rohre'), von denen jedoch ein Teil infolge

feindlicher Beschießung und übermäßigen Gebrauchs nicht feuerbereit war. Eine Verstärkung der Luftstreitkräfte hatte die Heeresgruppe am 6. Juni

angeordnet). 2.Die Rümpfe am 7. Juni. Am 7. Juni morgens, als der Infanterieangriff begann, hatte das umfassende, weit überlegene Feuer des Gegners nicht nur große Teile der in dem ausspringenden Wytschaete-Vogen eng zusammengedrängten Artillerie mit ihren Beobachtungsstellen niedergekämpft, sondern auch die Infanteriestellungen sturmreif gemacht. Vis zur Sehnen-Stellung waren die Kampf-

anlagen gründlich zerstört, die Befehlsstellen zum großen Teil zerschossen. Rur die in letzter Zeit erbauten Vetonunterstände hatten planmäßiger Beschießung standgehalten. Am meisten hatten die Besatzungen der zu Stützpunkten ausgebauten Trümmer von Wytschaete und Messines gelitten, da hier ein Ausweichen nicht möglich war. Verhältnismäßig günstig lagen die Verhältnisse auf dem Nordflügel der Gruppe Wytschaete im Abschnitt der

204. (württembergischen) Insanterie-Division. In ihm hatten wenigstens diejenigen Unterstände und in Betonklötzen befindlichen Maschinengewehrnester, die im Gelände zerstreut und gegen Fliegersicht geschützt waren, die Beschießung überdauert und die Besatzung kampffähig erhalten. Bei der Gruppe Lille war in der nördlichen Hälfte der rechten Flügeldivision die Kampfzone bis zur II. Stellung ebenfalls in ein Trichterfeld verwandelt worden. Von 4° morgens ab kreisten feindliche Flieger in großer Zahl über den deutschen Infanterie- und Artillerie-Stellungen. Vis etwa zehn Kilo¬ meter hinter der deutschen Front beherrschten sie vollkommen die Luft. Gegen 4'° morgens eröffneten die Engländer nach einer verhältnismäßig

ruhigen Nacht den Angriff durch 19 gewaltige Sprengungen, die in und hinter der vordersten deutschen Linie von der Eisenbahn Comines—Apern bis etwa St. Z)ves erfolgten. Der Eindruck war überwältigend. „Man sah 19 riesige »Rosen mit karminroten Blättern« oder ungeheuere »Pilze« langsam und majestätisch aus dem Boden aufsteigen. Sie brachen dumpf brüllend aus-

einander, gleich darauf schössen leuchtende mehrfarbige Feuersäulen und Rauch empor, dunkles Material flog durch die Feuersäulen gen Himmel""). ') Ohne Vehelssflak. -) Von der 6. Armee zwei Fl. Abt., drei Schuhst, und zwei Iagdst. Vom 8. Juni an trafen bei der Gruppe Wytschaete auch nicht unwesentliche Verstärkungen an Flugabwehrkanonen ein. 3) Major a. D. Dr. Walter Kranz, Württ. Landesgeologe, „Minierkampf und

Kriegsgeologie im Wytschaete-Bogen". Vierteljahreshefte für Pioniere. 2. Jahrgang (1935), 3. Heft.

454

7.3»,rf.

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

Die Erschütterung der Crde ist angeblich noch in 32 Kilometer Entfernung spürbar gewesen. Von den Sprengungen wurden alle Divisionsabschnitte der

Gruppe Wytschaete und die rechte Flügeldivision der Gruppe Lille betroffen. Die meisten erfolgten im Abschnitt der 2., demnächst in dem der 40. (säch¬ sischen) Infanterie-Division, deren Infanterie bereits zum größten Teil durch die der 3. bayerischen Infanterie-Division abgelöst worden war'). Gleichzeitig mit den Sprengungen setzte Trommelfeuer von höchster Stärke ein. Kurz darauf brachen die ersten englischen Angriffswellen zum

Sturm vor. Infolge des beispiellos großen feindlichen Minierangriffes, dessen moralische Wirkung anscheinend noch verhängnisvoller war als die durch ihn verursachten Verluste, und wegen der unzureichenden Stärke des Abwehrfeuers der geschwächten deutschen Artillerie, gelang es dem Gegner, auf der ganzen Angriffsfront an vielen Stellen in die erste Stellung einzubrechen und die übrigen Teile dann durch Umfassung in Besitz zu nehmen. Die Engländer machten dabei mit Erfolg von Rauch- und Nebelgeschossen

Gebrauch, um das Feuer der noch kampffähig gebliebenen deutschen Maschinengewehre auszuschalten. An mehreren Stellen wurde der Angreiser zwar durch Gegenstöße zurückgeworfen, die Lage in ihrer Gesamtheit konnte dadurch aber nicht gewendet werden. Mit Ausnahme des rechten Flügels der 204. (württembergischen) Infanterie-Division, wo größere Teile der I. Stellung noch lange gehalten wurden, und abgesehen von einzelnen Punkten im Vereich der anderen Divisionen, wo die Besatzung noch in der vorderen Kampfzone Widerstand leistete, waren die Briten zwischen 5° und 6° morgens überall im Vorgehen gegen die II. Stellung. Bei dem Kampf um diese — südlich des Kanals Z)pern—Eomines bei der Gruppe Wytschaete meist Höhen-Stellung genannt — waren die bereits stark geschwächten Stel-

lungsdivisionen im wesentlichen auf ihre eigenen Kräfte angewiesen. ') Die Sprengungen waren auf die Divisionsabschnitte folgendermaßen verteilt: 204.1. D.

1 Sprengung mit etwa 24Tonnen Ladung 1

35. 3. D, 2. 3- D.

-

über 31

1

43

5 Sprengungen unter je 16 2 über je 39

40.3- D. (3. b a y e r. 3- D.) 1 Sprengung

2 Sprengungen 2

4. bayer. 3- D,

-

3

1 Sprengung

über 41

mit je 22—28 -

13,6

-

16—23-

mit

9

-

Der erste Tag der Schlacht. Ereignisse an der Front.

455

Am linken Flügel der Gruppe Z)pern war der Versuch des Gegners, von der Doppelhöhe 60 her in die Stellung der 119. Infanterie-Division des Generalmajors Grünert einzudringen, gescheitert. Ebenso waren im Z)pernVogen Teilangriffe in der Gegend von Hooge und im Nordabschnitt ab-

gewiesen worden. Trotz dieser Vorstöße des Feindes vermochte die Artillerie der Gruppe Zlpern die 204. (württembergische) Infanterie-Division des Generalmajors von Stein wirksam in ihrem Kampfe zu unterstützen. So konnte diese Division, der General von Lästert um 6'2" morgens zwei als

Gruppenreserve ausgeschiedene Bataillone zurückgab, eine Anzahl von krästigen Gegenstößen ausführen. (Es kam zu hin- und herwogenden Kämpfen. Um 2°nachmittags hielt die Division in dem nördlichen ihrer beiden Negimentsabschnitte noch Teile der I. Stellung, auf dem äußersten rechten Flügel

sogar noch die vorderste Linie besetzt. Im südlichen Abschnitt bog die Kampffront in die II. Stellung zurück. Ein Einbruch in diese war aber den Engländern nirgends gelungen; auch das Vorgelände der II. Stellung befand

sich hier noch großenteils in deutscher Hand. Bei der 35. Infanterie-Division des Generalleutnants von Hahn hielten die Besatzungen der Stützpunkte beiderseits des Kanals Apern—Comines ebenfalls vor der II. Stellung stand. Auch südwestlich davon ist in dem Waldstück bei Rabschloß') an der Höhen-Linie hartnäckiger Widerstand, anscheinend bis in die späten Nachmittagsstunden, geleistet worden. Südlich davon scheinen die Engländer aber bereits gegen 9° vormittags in den Besitz der II. Stellung gelangt zu sein°). Der Kampf wurde hier um die SehnenStellung und deren Vorfeld geführt. Um 7°vormittags wurde der Division aus der Gruppenreserve eine Abteilung Feldartillerie überwiesen, die sich

jedoch erst im Anmärsche auf Tenbrielen befand. Die 2.Infanterie-Division unter Generalmajor Reiser erhielt von der Gruppe Wytschaete ebenfalls eine Feldartillerie-Abteilung und außerdem eine Maschinengewehr-Scharffchützenabteilung, die indessen beide vom Gefechtsfclde noch weit entfernt waren, und deren Eingreifen daher zunächst nicht in Frage kam. Eine schnellere Unterstützung hätte durch die hinter der III. Stel-

lung befindlichen drei Bataillone der 24. (sächsischen) Infanterie-Divifion gebracht werden können. Diese waren auch gleich nach Beginn des Angriffes alarmiert worden und hatten Befehl erhalten, die II. Stellung beiderseits von Wytschaete zu erreichen, doch gelang es ihnen nicht, das Sperrfeuer des Gegners zu durchschreiten. Sie kamen nur mit Anfängen über die Sehnen') Englische Bezeichnung: Ravine Wood. 2) Eine genauere Feststellung der Kampfhergänge ist in vielen Fällen nicht mögWcf), da ausreichende deutsche Unterlagen sehlen und der Teil des englischen amtlichen

Werkes, der diese Kämpfe behandelt, noch nicht erschienen ist.

456

7.1«»i.

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

Stellung, zum großen Teil aber nicht über die III. Stellung hinaus. Die Höhen-Stellung sudlich von Wytschaete ist, alles Anschein nach, in der Zeit von 8° bis 8°° vormittags vom Gegner genommen worden, und zwar nicht

durch frontalen Angriff, sondern durch Umfassung von Süden her. Die Be¬ satzung von Wytschaete verteidigte die Trümmer dieses Ortes in zähem, stundenlangem Kampf, bis die Engländer zwischen 10" und 1030 vormittags, unterstützt von Tanks, vom Rücken her in den Stützpunkt einzudringen ver¬ mochten. Bald nach dem Falle von Wytschaete ist dann auch die Höhen-Stellung nordöstlich dieses Dorfes verlorengegangen. Doch haben Teile der Infanterie den Rondell-Wald') dicht östlich dieser Linie noch lange behaup¬ tet; er scheint erst zwischen 2°und 4° nachmittags in die Hände der Engländer gefallen zu sein. Von der schon vor Schlachtbeginn sehr geschwächten Infanterie der 2.Infanterie-Division^) waren nach diesen Kämpfen nur noch Trümmer vorhanden. Von dem Stabe und zwei Bataillonen des rechten Regiments kehrten nur ein Offizier und drei Melder zurück, von acht Kom¬ panien des mittleren einige Leute; von neun Kompanien des linken Regi¬ ments entkam niemand.

Im Abschnitt Messines, in dem die Infanterie der 3. bayerischen sowie Teile der Infanterie und die Artillerie der 40. (sächsischen) Infanterie-Divi¬

sion unter dem Befehl des Kommandeurs letzterer Division, Generalmajors Meister, standen, erreichten die englischen Sturmtruppen vor 7°vormittags den Ostrand von Messines. Im Inneren des Ortes haben sich aber offenbar noch Teile der Besatzung behauptet, denn nach englischen Angaben ist die Einnahme dieses Ortes über eine Stunde später erfolgt3). Die II. Stellung beiderseits von Messines ging etwa um 7° vormittags verloren. Die

Engländer zogen schnell beträchtliche Verstärkungen nach, richteten sich in der gewonnenen Linie ein und gingen in zahlreichen Wellen in der Richtung auf die Sehnen-Stellung weiter. Gegen 9° vormittags wurden Kampfwagen auf

der Straße Messines—Wytschaete beobachtet. Auch im Abschnitt Messines waren die Verluste der Infanterie ungemein groß. Nach einem Bericht des Kommandeurs der 3. bayerischen Insanterie-Division sollen die drei in der

vordersten Stellung befindlichen Kampfbataillone schon durch die Spren¬ gungen und den ersten Sturmanlauf des Gegners bis auf drei Offiziere und 30 Mann vernichtet worden sein. Die erste Unterstützung brachte der süd¬ liche Nachbar, die 4. bayerische Insanterie-Division. Ihr Kommandeur hatte unmittelbar nach den Sprengungen seine etwa drei Kilometer südlich von i) Englische Bezeichnung: Oosttaverne Wood. ")S.450.

3) „Sir Douglas Haig's Despatches." Danach ist Messines von neuseeländischen Truppen um 7°genommen worden, nach deutscher Zeit also etwa um 8'° vormittags.

Der erste Tag der Schlacht. Ereignisse an der Front.

457

Comines befindliche Reserve, ein Infanterie-Regiment und eine Feldartil¬ lerie-Abteilung, nach dem Nordufer der Lys in Marsch gesetzt und ihr um 7° vormittags befohlen, bei Wiedergewinnung der verlorenen Stellungen zwischen Messines und Douve-Grund mitzuwirken. Wenn sie auch dazu nicht kam, weil vor Beginn des Gegenangriffes ihr Eingreifen südlich der Douve nötig wurde, so hat sie doch im Abschnitt Messines den wankenden linken Flügel in und vorwärts der Sehnen-Stellung zu stützen vermocht. Bei der Gruppe Lille hatte der feindliche Angriff nur die auf dem rechten

Flügel stehende 4. bayerische Infanterie-Diviston des Generalmajors Prinz Franz von Bayern, und zwar hauptsächlich ihr rechtes Flügelregiment, getroffen. Der Gegner war hier aber nicht wesentlich über die I. Stellung hinausgekommen. Sein Versuch, das südlich anschließende Regiment von Norden her aufzurollen, wurde durch einen Gegenstoß vereitelt. Sofort nach Beginn des Angriffes hatten der Oberbefehlshaber der Armee, General Sixt von Armin, und General von Laffert

Anordnungen zur Unterstützung der Kampffront getroffen. Am 4°° morgens waren die Eingreif-Divisionen alarmiert. Die für die Gruppe Wytschaete

bestimmten beendeten ihre planmäßige Bereitstellung: 7. Infanterie-Division östlich von Gheluvelt um 9° vormittags,

l. Garde-Reserve-Diviston (ohne ihr Feldartillerie-Regiment, aber mit dem der Z. bayerischen Infanterie-Division) südwestlich von Houthem um 10° vormittags.

General von Laffert hatte ursprünglich geplant, im Falle eines feindlichen Angriffs die 7.Infanterie-Division gleich nach dem Alarm in die Gegend von Kortewilde und Houthem, also näher an das vermutliche Gefechtsfeld heranrücken zu lassen. General Sixt von Armin hatte aber diese Absicht nicht gebilligt, sondern am 3. Juni befohlen, die Bereitstellung der Division zum Gegenstoß bei und östlich Gheluvelt so vorzubereiten, daß ein Eingreifen sowohl in der Richtung Z)pern als auch über den Kanal Apern— Comines flankierend in den Wytschaete-Bogen hinein stattfinden könne. Am 7.Juni um 7° vormittags stellte das Armee-Oberkommando die 7.Infanterie-

Division und die 1. Garde-Reserve-Division der Gruppe Wytschaete zum Gegenangriff zur Verfügung. Die vorderen Teile der 7. Infanterie-Divifion hatten von Gheluvelt nach dem Gefechtsfeld einen Anmarsch von ungefähr zehn Kilometer, wobei der unter feindlichem Feuer liegende Kanal Z)pern— Comines überschritten werden mußte. General von Laffert hielt es deshalb siir nötig, diese Division zunächst in Bewegung zu setzen. Am 710 vormittags befohl er ihr durch Fernsprecher, über Zandvoorde auf Hollebeke vor-

458

?. Juni,

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

zumarschieren, um den südlich des Kanals eingedrungenen Feind im flankierenden Gegenstoß zu werfen. Um 7^ vormittags erteilte er dann dem

Kommandeur der 3. bayerischen Infanterie-Division, Generalleutnant von Wenninger, den Auftrag, den bei Messines eingedrungenen Gegner zurückzuwerfen, und regelte dabei die Vesehlsverhältnisse im südlichen Teil des Wytschaete-Vogens. General von Wenninger, dem bei Beginn der Schlacht nur die Truppen im früheren Unterbringungsraum seiner Division unterstanden (schon dorthin vorgezogene Teile der 1. Garde-Reserve-Division und noch nicht eingesetzte Teile seiner eigenen Division')), wurde nunmehr auch der Befehl im Divisionsabschnitt Messines übertragen, in dem der Stab der 40. Infanterie-Division unter ihm eingesetzt blieb. Ferner wurde

ihm der Stab der 1. Garde-Reserve-Division unterstellt. Er befahl daraufhin um 730 vormittags der 1. Garde-Reserve-Division, sich im Abschnitt

Messines dicht östlich der III. Stellung zum Angriff auf Messines sowie auf das Höhengelände nördlich und südlich davon bereitzustellen. Die Division sollte die bisherige I. deutsche Stellung wiedererobern und darüber hinaus in die feindlichen Ausgangsstellungen nachstoßen. Sie hatte, mit Ausnahme von Sicherheitsbesatzungen, alle Truppen zum Angriff mit¬

zunehmen, auf die sie bei ihrem Vorgehen stieß. Zur Unterstützung des Angriffes wurde das Zusammenwirken der im Abschnitt Messines eingesetzten Artillerie mit der der Nachbardivisionen geregelt. Es verging jedoch erhebliche Zeit, bis die Angriffsbewegung der beiden Eingreif-Divifionen in Gang kam. Auch für den Gegenangriff, der nördlich des Abschnittes Messines er-

folgen sollte, mußten einheitliche Vefehlsverhältnisie geschaffen werden. Gegen 12° mittags wurde daher durch einen Befehl der Gruppe Wytschaete aus der 35., 2. und 7. Infanterie-Division unter dem Kommandeur der 35. Infanterie-Division, Generalleutnant von Hahn, die „Kampfgruppe Hahn" gebildet. General von Laffert wies ihr die Aufgabe zu, mit den zur

Verfügung gestellten Kräften in erster Linie die Division Wytschaete (2. In¬ fanterie-Division) zu entlasten. Hierzu sollte sie die bereits im Anmarsch begriffene 7. Infanterie-Division^) zum einheitlichen Gegenstoß ansetzen in allgemeiner Richtung auf Wytschaete und südlich davon, mit dem rechten Flügel über Hollebeke, mit dem linken Flügel aus der Gegend nördlich von

Houthem. Bei der Gruppe Wytschaete waren somit drei Unterabschnitte ent-

standen: i) 6.451. ') S, 457.

Der erste Tag der Schlacht. Ansatz der Cingreif-Divisionen.

459

204. Infanterie-Division. Kampfgruppe Hahn: 35. und 2.Infanterie-Division, zum Gegen¬ stoß die 7. Infanterie-Division. Kampfgruppe Wenninger: Stab und Artillerie der 40., Infanterie der 3. bayerischen, untermischt mit Teilen der 40. Infanterie-Division; femer zum Gegenstoß die 1. Garde-Reserve-Division mit der Artillerie der 3. bayerischen Infanterie-Division. das kriegsgliederungsgemäß zu ihr gehörende Feldartillerie-Regiment konnte die 1. Garde-ReserveDivision noch nicht verfügen, es unterstand noch der 22.Reserve-Division'); erst um 1°° nachmittags erhielt die 1. Garde-Reserve-Division vom Armee-

Oberkommando die Genehmigung, das Regiment heranzuziehen.

Während sich bei der Kampsgruppe Hahn der Angriff noch verzögerte, hatte bei der Kampfgruppe Wenninger die 1. Garde-Reserve-Division des

Generalmajors Tiede ihre Ausgangsstellung für den Gegenstoß dicht hinter der III. Stellung gegen 12° mittags eingenommen und ging nun in Rich-

tung auf Messines vor. Etwa von 1° nachmittags an griff vom südlichen Afer

der Lys her die 4. bayerische Infanterie-Division dadurch in den Kampf ein, daß sie, obwohl selbst angegriffen, das Feuer eines großen Teils ihrer Artillerie auf das Gelände zwischen Messines und Douve lenkte. Zwischen 2° und 230 nachmittags überschritt die Infanterie der 1. Garde-Reserve-Division die Sehnen-Stellung, blieb trotz des starken englischen Artilleriefeuers in raschem Vorgehen und warf den ihr gegenüberstehenden Feind auf die Höhenstellung zurück, wo er durch herangeführte Verstärkungen aufgenommen wurde. Der deutsche Angriff gelangte fast bis an die östlichen Gehöfte von Messines, kam jedoch dort infolge von schwerem Artilleriefeuer, feindlichen Gegenstößen, besonders aber von heftigem Flankenfeuer aus der Richtung von Wytschaete, gegen 4° nachmittags zum Stehen. Bald darauf führten die Engländer mit starken Kräften einen wuchtigen Gegenangriff gegen die rechte Flanke der 1. Garde-Reserve-Division und gingen gleichzeitig auch vom Douve-Grund her gegen den linken Flügel der Division vor. Sie wurde auf

die Sehnen-Stellung zurückgedrängt, mußte ihren rechten Flügel weit zurückbiegen und ihre letzten Reserven einsetzen, behauptete sich aber dann gegen wiederholte starke feindliche Angriffe. Gegen 7° abends erhielt sie die Verlügung über drei als Sicherheitsbesatzung nach der III. Stellung vorgezogene Bataillone der 40. Infanterie-Division, wodurch ihr eine Staffelung nach der

Tiefe ermöglicht wurde. Der Rückschlag auf dem rechten Flügel der 1. Garde-Reserve-Division war dadurch entstanden, daß der Angriff der 7. Infanterie-Division auf ') S. 451.

460

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

Wytschaete noch nicht zur Durchführung gekommen war. Erfolgte er nicht bald, so mußte die Lage äußerst bedrohlich werden, denn in den Abschnitten der 35. und 2. Infanterie-Division war es inzwischen um die Sehnen-

Stellung zu schweren Kämpfen gekommen, bei denen die Engländer Kampf¬ wagen und auch Kavallerie einsetzten. Ein entschlossen durchgeführter Gegen¬ stoß der bei der 2.Infanterie-Division befindlichen drei Bataillone der 24. (sächsischen) Infanterie-Division scheiterte infolge schweren Feuers und der Überzahl des Gegners. Den Engländern gelang es, an verschiedenen Stellen über die Sehnen-Stellung hinaus vorzustoßen. Es war zu be¬

fürchten, daß sie die Mitte der Gruppe Wytschaete durchbrechen und den rechten Flügel der 1. Garde-Reserve-Division umfassen würden. Diese Gefahr wurde aber durch das Eingreifen der 7. Infanterie-Division unter Generalmajor von der Esch gerade noch rechtzeitig abgewendet. Gegen

2° nachmittags hatten die Spitzen dieser Division begonnen, zwischen Hollebeke und Houthem den Kanal Z)pern—Eomines zu überschreiten. Ihr An¬ marsch war dem Gegner dank seiner unbedingten Luftüberlegenheit nicht verborgen geblieben. Die 7. Infanterie-Division erhielt daher beim Ufer-

Wechsel besonders starkes Feuer, das ihr beträchtliche Verluste zufügte und den Übergang verzögerte. Inzwischen aber war unmittelbar südlich des Kanals bei der 35. Infanterie-Division, die alle Reserven eingesetzt hatte, ein schweres Gefecht im Gange und ein Durchbruch zu befürchten. So schwenkten erhebliche Teile der 7. Infanterie-Division, nachdem sie den Über¬ gang vollzogen hatten, in den Gefechtsraum der 35. Infanterie-Division ein. Zum einheitlichen Angriff auf Wytschaete kam es nicht, und die in erster Linie geplante Entlastung der 2. Infanterie-Division gelang nur unvoll¬ kommen. Erst gegen 530 nachmittags erreichte das linke Flügelregiment der 7. Infanterie-Division im Kampfe gegen die eingedrungenen Engländer die Sehnen-Stellung östlich von Oosttaverne. Zwischen dem linken Flügel der Division und der 1. Garde-Reserve-Division bestand noch eine beträchtliche Lücke, in der die Reste der 2. Infanterie-Division sich kaum des Ansturmes der Gegner zu erwehren vermochten.

Als sich übersehen ließ, daß die Gruppe Jpern einen Angriff des Gegners nicht zu erwarten habe, hatte das Armee-Oberkommando gegen 12° mittags der Gruppe Wytschaete als Reserve die 11. InfanterieDivision des Generalmajors von Etzel zur Verfügung gestellt, die mit einer

vorgeschobenen gemischten Abteilung bei Vecelaere, mit der Masse um Ledeghem stand. General von Laffert befahl ihr, in eine Vereitstellung östlich des Kanals Z)pern—Eomines in die Gegend Zandvoorde—Kortewilde zu rücken. Ilm 5° nachmittags wurde eins ihrer Regimenter der 204. Infanterie-

Das Ende des ersten Tages der Schlacht.

461

Division unterstellt, die bisher mit ihren eigenen Kräften hatte auskommen müssen. Mit seiner Hilfe sollte der eingedrungene Gegner wieder hinausgeworfen werden. Dazu kam es indessen nicht mehr, denn das Regiment traf erst nach 8° abends ein. Jedoch vermochte die 204. Infanterie-Division um diese Zeit einen gegen ihre ganze Front gerichteten Angriff aus eigener Kraft

abzuschlagen. Ihre Widerstandskraft war aber infolge der fast ununterbrochenen Kämpfe des Tages jetzt so geschwächt, daß bei einem erneuten Ansturm des Gegners der Verlust der II. Stellung zu befürchten war. Durch ein Bataillon des zugeteilten Regiments wurde die Front gestützt, die beiden anderen Bataillone wurden dahinter als Reserve bereit gehalten. Als

artilleristische Verstärkung traf in der Nacht eine Feldartillerie-Abteilung der 11. Infanterie-Division ein.

Auch bei den Kampfgruppen Hahn und Wenninger sowie auf dem rechten Flügel der Gruppe Lille hatten die hin- und herwogenden Kämpfe bis in die Dunkelheit angedauert. An einzelnen Stellen hatten die Engländer noch Erfolge; im allgemeinen waren aber ihre letzten Vorstöße gescheitert. Am Ende des Tages war der Verlauf der vorderen Linie bei

der Gruppe Wytschaete etwa folgender: Am rechten Flügel war der Anschluß an die I. Stellung der Gruppe Apern erhalten geblieben. Von dort zog sich die Kampffront in und vor der II. Stellung der 204. InfanterieDivision bis zum Kanalknie hin und ging südlich des Kanals in die SehnenStellung über. In diese waren die Engländer anscheinend zwischen dem Park westlich von Hollebeke und Wambeke eingedrungen, so daß hier eine flache Einbuchtung bis zu ungefähr 500 Meter Tiefe bestand. Von Wambeke nach Süden zu war die Sehnen-Stellung wieder in deutscher Hand. An

der südlichen Gruppengrenze bestand Anschluß an die 4. bayerische Insanterie-Division, deren vorderste Linie im Abschnitt des rechten Regiments im allgemeinen in der bisherigen II. Stellung verlies und dann in die alte

I. Stellung überging. Die deutschen Luftstreitkräfte hatten sich während der Schlacht rücksichtslos eingesetzt und trotz der großen Überlegenheit des Gegners an Fliegern eine rege Erkundungstätigkeit entfaltet. Ihre Meldungen sowie die der

Veobachtungswarten und Meßstellen haben wesentlich dazu beigetragen, daß die Führung im allgemeinen über den Verlauf der Schlacht zutreffend unterrichtet war. Mit einer Fortsetzung des englischen Angriffes in der Nacht oder am

frühen Morgen des 8. Juni wurde gerechnet, zumal in den Abendstunden der Vormarsch starker Kräfte des Gegners, besonders von Südwesten her aus Messines, beobachtet worden war. den Hang südlich von Messines

462

7. sät«,

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

war abgesessene englische Kavallerie vorgegangen. General Sixt von Armin

befahl 1 l45abends, die Stellungen zu halten, in denen die Truppen am Abend des 7. Juni standen. Am gesährdetsten war die Strecke zwischen der 7.Infanterie-Diviston und der 1. Garde-Reserve-Division. Um den dort

drohenden Durchbruch verhüten, Tiefengliederung schaffen, die Verbände ordnen und abgekämpfte Teile herausziehen zu können, beschloß General von Laffert im Einvernehmen mit dem Armee-Oberkommando, an dieser Stelle die 11. Infanterie-Division einzusetzen; sie erhielt eines der an die

204. Infanterie-Division abgegebenen Bataillone zurück. Die noch im Wytschaete-Bogen stehende Artillerie wurde auf Befehl des Armee-Ob erkommandos in der Nacht hinter die III. Stellung, und zwar mit starken Teilen hinter den Kanal Z)pern—Comines, zurückgenommen, ihre Masse in und hinter eine Linie, die vom Westrand von Comines nach Norden verlief.

Als Armee-Kampfreferven (Eingreif-Divisionen) hatten am 8. Juni vormittags zu stehen: Die voll kampfkräftige 195. Infanterie-Division in der Gegend Passchendaele—Beeelaere. Die 24. (sächsische) Infanterie-Division, verstärkt durch Teile der 40. (säch¬

sischen) Infanterie-Division und ein Bataillon schwerer Feldhaubitzen, in der Gegend Gabrielenhof—Mai Cornet (nordwestlich und westlich von Comines). Die 24. Infanterie-Divifion war zwar am 4. Juni von ihrem

Kommandeur als voll kampfkräftig bezeichnet worden'), drei ihrer Bataillone hatten aber in den Kämpfen des 7.Juni erheblich gelitten. Die 22. Referve-Diviston südlich von Comines. Die Division hatte ihre in den Kämpfen bei der 6. Armee geschwächte Kampfkraft noch nicht völlig

wiederherstellen können^). Heeresgruppen-Reserven waren:

Die 49. Reserve-Division, die sich nordwestlich von Westroofebeke bereit-

zustellen hatte. Ferner in der Anbeförderung oder im Anmarsch begriffen: Die 17. Insanterie-Division in die Gegend von Roulers, die 38. in die von Ingelmunster, die 207. in die von Roubaix. 8.1«»t.

Aus dem am 8. Juni um 7° morgens von Paris ausgegebenen britischen

Heeresbericht ergab sich, daß der Gegner seinen Angriff südlich von Z)pern als völlig gelungen ansah. Bis 430 nachmittags sollten bereits mehr als

5000 Gefangene eingebracht worden sein. 0 S. 450. 2) S. 445. Die Division bedurfte bei ihrem Eintreffen bei der 4. Armee (vom 4. Juni ab) nach dem Urteil des 21.O. K. einer Ausbildung von zwei Wochen.

Lage am Abend des ersten Tages der Schlacht.

463

Während die deutschen Truppen besonders große Verluste in der I. Stellung erlitten hatten, scheint der Einbruch in diese die Engländer nur

geringe Opfer gekostet zu haben. Das deutsche Abwehrfeuer ist offenbar anfänglich nur schwach gewesen, weil die gewaltigen Sprengungen Verwirrung hervorriefen, die deutschen Batterien zum großen Teil niedergekämpft und ihre Mannschaften durch den siebzehntägigen Kampf gegen die sehr große Übermacht der feindlichen Artillerie erschöpft waren. Infolgedessen haben die Briten auch ihre Verstärkungen mehrfach fast unbeschossen vorführen können. Bei den Kämpfen um das Gelände zwischen der I. und der

Sehnen-Stellung haben sie aber, wie verschiedene deutsche Truppenmeldungen

besagen, stellenweise erhebliche Verluste gehabt'). Z. Die Rümpfe bis zum

Juni.

Beilagen 19, 20 und 22.

In der Nacht zum 8. Juni fanden, außer starken Vorstößen von Messines her, keine größeren Angriffe gegen die Gruppen Wytschaete und Lille statt. Wie sich am Morgen herausstellte, hatte der Gegenangriff der 7.Infanterie-Division die Engländer doch so weit zurückgedrängt, daß das verlorengegangene Stück der Sehnen-Stellung größtenteils wieder in deutschem Besitz war. Nur östlich von Messines befand sich eine mehrere hundert Meter breite Strecke in der Hand des Gegners. Der Vormittag und

die ersten Nachmittagsstunden verliefen ruhig und wurden für Neuordnung der Verbände, Schaffung von Tiefengliederung und Umgruppierung der Artillerie ausgenutzt. Die 11. Infanterie-Divifion, die gegen 530 morgens den Kanal Dpern—Comines erreicht hatte, rückte in die Front ein und übernahm am

Nachmittag als linke Flügeldivision der Kampfgruppe Hahn den bisherigen Abschnitt der 2. Infanterie-Divifion. Diese, die 3. bayerische, die noch in der Stellung befindlichen Teile der 4V. und dann die 35. Infanterie-Divifion wurden aus der Front gezogen und östlich des Kanals untergebracht. Die drei Bataillone der 24. Infanterie-Divifion, die an den Kämpfen des 7. Juni beteiligt gewesen waren, lösten die Teile der 40. Insanterie-Division ab, die als Sicherheitsbesatzung noch in der III. Stellung standen. Die 1. Garde-

Reserve-Division hatte bereits den Abschnitt Messines übernommen. Am Spätnachmittag lebte das Artilleriefeuer der Engländer gegen die Gruppe Wytschaete und den rechten Flügel der Gruppe Lille wieder auf und steigerte sich stellenweise zum Trommelfeuer, dem starke, bis in die Nacht ') S. 471 f.

464

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

hinein dauernde feindliche Angriffe folgten. Die 204. und 7. InfanterieDivision wiesen sie, zum Teil im Nahkampfe, ab. Bei der 11. InfanterieDivision wurden auf die falsche Meldung hin, daß der Gegner in Hollebeke eingedrungen sei, die Truppen in die III. Stellung zurückgenommen. Infolgedessen konnte der Gegner den rechten Flügel der 1. Garde-Reserve-Division umfassen, die gleichzeitig in der Front angegriffen wurde und in eine schwierige Lage geriet. Sie bog ihren rechten Flügel bis zur III. Stellung zurück; im übrigen vermochte sie standzuhalten. Südlich der Douve griffen die Engländer den rechten Flügel der 4. bayerischen Insanterie-Division wiederholt an und brachen an mehreren Stellen in die deutschen Linien ein. Cs gelang aber schließlich, die verlorenen Stellungsteile durch Gegenstöße

wiederzugewinnen. Die 11. Insanterie-Division erhielt Befehl, den durch

ihr Zurückweichen entstandenen, nach Osten einspringenden Bogen durch Angriff zu beseitigen. Das Wiedergewinnen der Sehnen-Stellung gelang indessen nicht. s. Ju»i.

Am 9. Juni verlief die vordere Linie der 204. Infanterie-Division längs

der früheren II. Stellung, zu der die Gruppe Apern auf ihrem linken Flügel den Anschluß hergestellt hatte, nach dem Knie des Kanals Z)pern—Comines. Die 7. Infanterie-Division schloß daran an und hatte ihre Stellung bis in die Gegend westlich von Hollebeke behauptet. Von dort zog sich nunmehr die vordere Linie zwischen Sehnen- und III. Stellung, näher der ersteren, hin und erreichte an der Gruppengrenze die alte II. Stellung der Gruppe

Lille. Bei dieser hatten die nächtlichen Kämpfe keine Änderung verursacht Infanteristische Kampfhandlungen fanden nicht statt. Der Tag war der Neuordnung der Verbände, die bisher nicht überall geglückt war, und der

Umgruppierung der Artillerie gewidmet. Nachdem die Kampfgruppen Hahn und Wenninger aufgelöst waren, standen in der Front der Gmppe Wytschaete nunmehr unmittelbar unter dem Gruppenkommando von Norden

nach Süden: die 204., 7., 11. Infanterie-Division und die 1. Garde-NeserveDivision. Als Gruppen-Neferve stand in der Gegend von Houthem ein Regi¬ ment der 24. Infanterie-Division und ein Bataillon schwerer Feldhaubitzen. In der Nacht vom 9. zum 10. Juni begann die Ablösung der abgekämpften 204. Infanterie-Division durch die 195. Für diese rückte die 38. InsanterieDivision als Cingreif-Division in den Raum um Dadizeele—Ledeghem an

die Grenze zwischen den Gruppen Apern und Wytschaete vor.

Heeresgruppe, Armee und Gruppe Wytschaete rechneten mit Fort¬ setzung des englischen Angriffes. Cs galt, sich darüber klarzuwerden, w i e die Schlacht fortgeführt werden solle. Die Oberste Heeresleitung drängte auf baldige klare Cntschlußsafsung. Dem Gedanken sofortigen

Kämpfe zwischen der Sehnen- und der III. Stellung.

465

weiteren Absehens vom Feinde war sie entgegengetreten'). Nach einer Vesprechung mit General von Kühl beim Armee-Oberkommando am 9. Juni

erließ General Sixt von Armin den dafür grundlegenden Befehl, der sich auf

folgenden Erwägungen aufbaute: Die Linie, die von den deutschen Truppen zur Zeit gehalten wurde, war der Längsbestreichung zwar weniger ausgesetzt, als es die I. und

II. Stellung gewesen waren, immerhin lag auch sie von beiden Seiten her unter flankierendem Artilleriefeuer. Auch sonst war sie, nach Ansicht des Armee-Oberkommandos, ebenso wie die III. Stellung, nicht geeignet zu nachhaltigem Widerstand während einer Dauerschlacht^). Es kam dann die „Kanal/Lys-Stellung" in Frage, die sich am Ostufer des Kanals Npern— Comines bis Houthem hinzog, dort auf das andere Ufer überging, bei VasWarneton die Lys erreichte und sich dicht östlich dieses Flusses über Deülemont erstreckte. Auch diese Stellung schien nur als Zwischenstellung brauchbar zu sein, vor allem wegen der schlechten Artilleriebeobachtung zwischen Houthem und Warneton. Zur hartnäckigen Verteidigung im Großkampf geeignetes Gelände lag erst in der Linie Tenbrielen-Riegel, FlandernStellung von Wervieq bis Linselles, Flandern-Riegel bis in die Gegend südöstlich von Armentieres. Diese Stellung konnte jedoch nicht sofort eingenommen werden, da der Ausbau der Tiefenzone und die Vorbereitung der

Abwehr mindestens 14 Tage erforderte. Diese Zeit sollte durch Halten der Kanal/Lys-Stellung gewonnen werden. General Sixt von Armin befahl daher, die Stellungsdivisionen in der Nacht vom 10. zum 11. Juni dorthin zurückzunehmen. Die Bewegung hatte unter dem Schutz von Nachhuten zu

erfolgen, die die III. Stellung besetzten und Vorposten in der bisherigen Kampflinie stehen ließen. Den Befehl zum Zurückziehen der Nachhuten behielt sich das Armee-Oberkommando ausdrücklich vor. Setzten die Engländer die Offensive in der bisherigen Richtung fort und führten sie den nächsten großen Ansturm aus, bevor die Verteidigung in der Tenbrielen/ Flandern-Stellung geregelt werden konnte, so mußte der Angriff in der Kanal/Lys-Stellung angenommen werden. Griffen die Engländer jedoch erst an, nachdem die gewählte Dauerstellung ausgebaut worden war, so war Ausweichen in diese geplant. Verlegte der Gegner aber, was als

wahrscheinlich angesehen wurde, nunmehr seinen Schwerpunkt nach Norden an die Dpern-Front, dann sollte die Kanal/Lys-Stellung weiter gehalten

') Näheres hat sich nicht feststellen lassen. 2) Beurteilung der Sehnen- und III. Stellung S. 432 und 434. Weltkrieg. XII. Band.

30

466

s.Z«»i.

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

Inzwischen waren zwei weitere Divisionen ablösungsbedürftig ge¬ worden: die 1. Garde-Reserve-Division, deren Verluste seit dem 7. Juni über 2000 Mann betrugen, und die 4. bayerische Division, von der erhebliche Teile schon unter dem Vorbereitungsfeuer der Engländer stark gelitten und

während der Schlachttage in schwerem Kampfe gestanden hatten. Des¬ halb wurde durch den Armeebefehl, der die zukünftigen Abwehrmaßnahmen regelte, der Gruppe Wytfchaete die 207. Infanterie-Division zur Ablösung der 1. Garde-Reserve-Division, der Gruppe Lille die 22. Reserve-Division zur Ablösung der 4. bayerischen Infanterie-Division unterstellt. Die ab¬ lösenden Divisionen hatten sogleich die Stellungen zu besetzen, in die die Abwehr während der Nacht zum 11. Juni zurückverlegt werden sollte. io. J«ni.

Am 10. Juni lebte das feindliche Artilleriefeuer gegen verschiedene Teile

der Armeefront auf. In den ersten Morgenstunden gingen die Engländer gegen Teile der 7. Infanterie-Division und der 1. Garde-Reserve-Division vor, wurden jedoch abgewiesen. Am stärksten war der Artilleriekampf am Spätnachmittage und nachts am rechten Flügel der Gruppe Lille und im

Douve-Grund, wo mehrfach nach heftigem Zerstörungsfeuer englische Infanterie-Abteilungen in Kompaniestärke gegen den linken Flügel der Gruppe Wytschaete und den rechten der Gruppe Lille vorstießen, aber keinen Erfolg errangen. Ferner scheiterte ein Vorstoß des Gegners gegen Mitte und linken Flügel der 7. Infanterie-Division. In der Nacht zum 11. Juni konnten die schwierigen Bewegungen, die durch die von der Armee befohlene Zurück¬ nahme der Truppe und die gleichzeitig beginnende Ablösung der I.GardeReserve- und der 4. bayerischen Infanterie-Division bedingt waren, von den

Gruppen Wytschaete und Lille ohne Störung durch den Feind ausgeführt werden.

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16'3mU*

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

468

Iunt.

in der Flanke gefaßt werden konnte, war dem Gegner entrissen, eine der

wichtigsten Vorbedingungen für eine erfolgreiche Offensive in Flandern ge¬ schaffen. Die Briten verdankten diesen Gewinn nicht nur der Überzahl an

Menschen und Material, die sie einzusetzen vermochten, sondern auch der Gründlichkeit und Sorgfalt, womit sie alle nur erdenklichen Vorkehrungen

für den Angriff seit dem Januar 1916, also fast anderthalb Jahre lang, getroffen hatten. Es war alles geschehen, um die große eigene Übermacht voll zur Geltung zu bringen. Solche umfangreichen Vorbereitungen waren natürlich nicht verborgen geblieben. In einer Beziehung war es aber doch

gelungen, die Deutschen sehr empfindlich zu überraschen: durch die Größe eines in der Kriegsgeschichte einzigartig dastehenden Minierangriffs. Diese Überraschung gelang, weil deutscherseits die geologischen Crkundungen im Wytschaete-Bogen und die darauf beruhenden, einheitlichen Abwehrmaßnahmen zu spät vorgenommen worden waren'). Der Komman-

deur der Mineure der 4. Armee, Oberstleutnant Füßlein, rechnete allerdings damit, daß die Engländer ihren großen Schlag in Flandern mit einem Angriff unter der Crde verbinden würden. Cr hat darüber berichtet und sich bemüht, die Truppenführung über die Lage auf dem laufenden zu halten, den vollen Umfang der unterirdischen Tätigkeit des Gegners aber doch nicht erkannt. Das lag an folgenden Umständen: Als er die Leitung des Minier-

krieges übernahm, hatten die Briten fünf tief liegende Minen bereits geladen; andere Stollen waren weit vorgetrieben. Einen Teil ihrer Arbeiten konnte

er daher gar nicht mehr feststellen, vor allem nicht südlich der Douve, weil die Gruppe Lille erst im Mai 1917 zur 4. Armee trat^). Den Vorsprung,

den die Engländer gewonnen hatten, vermochte er, trotz des aufopfernden Einsatzes der deutschen Mineure, nicht einzuholen, weil diese den britischen

zahlenmäßig erheblich unterlegen und außerdem die Bodenverhältnisse für sie ungünstiger waren. Die britischen Stellungen lagen fünf bis zehn Meter tiefer als die deutschen. In ihrem Bereich war die wasserführende Schicht von geringerer Mächtigkeit als in der Höhenstellung des Wytschaete-Bogens und die feste Tonschicht leichter zu erreichen. Sie hatten geringere Höhen¬ unterschiede zu überwinden^) als die Deutschen, und so war auch das viele Kräfte beanspruchende, zeitraubende Herausschaffen der Erdmassen, des sogenannten Miniergutes, aus den Gängen für sie erheblich leichter. Den Engländern standen also die Vorteile des Zeitvorsprunges, des Geländes und der Wahl der Angriffspunkte zur Seite. In dem vermeintlichen Nachlassen der Tätigkeit des Gegners unter der Erde feit Ende April 1917 sah 1) S. 428. 2) S. 435. Hier waren die vier englischen Minen bereits 1916 geladen worden.

3) Beilage 21.

Betrachtungen.

469

Oberstleutnant Füßlein begreiflicherweise in erster Linie einen Erfolg der eigenen Abwehr. Daß trotzdem an mehreren Stellen noch Sprengungen zur Einleitung des Sturms der feindlichen Infanterie zu erwarten seien, hat er erkannt und die Führung darüber unterrichtet. Schon im März hatte er veranlaßt, daß an die Truppen ein Merkblatt ausgegeben wurde, in dem er

auf die Gefahr feindlicher Sprengungen hinwies und Anweisungen gab, wie sich die Truppe dabei zu verhalten habe. War auch die ganze Ausdehnung der feindlichen Anlagen nicht erkannt, so wußte die Führung doch, daß Teile der Front durch tiefe Minieranlagen bedroht waren. Die darin liegende Gefahr hat sie aber wohl geringer eingeschätzt, als es gerechtfertigt gewesen wäre. Bezeichnend ist, daß am 3V. April bei der. Besprechung über etwaige Räumung des Wytschaete-Bogens der Minierkrieg — soweit bekannt — überhaupt nicht erwähnt worden ist, und

daß der Kommandeur der 3. bayerischen Infanterie-Division nach dem Kampf berichtete, er wie sein Kommandeur der Pioniere hätten auf Anfragen die

übereinstimmende Auskunft erhalten^), daß nach den erfolgreichen deutschen Quetschungen die Engländer jede Miniertätigkeit eingestellt hätten. Während die Engländer an der Somme und bei Arras den Angriff in

großer Breite angesetzt hatten, vereinigten sie bei Wytschaete die ganze Wucht auf einen Stellungsvorsprung von geringer Breite und Tiefe. Linter diesen Umständen und bei einem ganz außerordentlichen Munitionsaufwand konnten sie Infanterie und Artillerie, vordere Linien und Bereitschaften mit einem Feuer belegen, dessen Stärke und Wirkung das Feuer an der Somme und auch das bei Arras weit übertraf. Die Wirkung wurde dabei noch erhöht durch die bedeutende Überlegenheit des Gegners an Fliegern. Sie ermöglichte es, die deutschen Infanterie- und Batteriestellungen bis ins ein-

zelne festzustellen und fast jede Bewegung zu erkennen. Infolgedessen gelang es den Engländern, die deutschen Anlagen bis weit in das Hintergelände hinein zum großen Teil zu zerschlagen. Lage und Gestaltung der Stellung des weit ausspringenden Wytschaete-Bogens ermöglichten es dem Angreifer, eine Artilleriemasse umfassend ins Feuer zu bringen, die den zwangsläufig auf engem Raum zusammengedrängten deutschen Batterien schließlich fast vierfach2) überlegen war. Da die Artilleriebeobachtung des Verteidigers, namentlich gegen sich bewegende Truppenziele, im wesentlichen auf die dicht hinter der vordersten Linie gelegenen Höhen von Wytschaete und Messines

beschränkt war, vermochte sie der Angreifer in kurzer Zeit auszuschalten oder doch ihre Verbindung nach rückwärts zu unterbrechen. Auch für die deutsche Infanterie waren die Verhältnisse sehr ungünstig. Ihre Masse lag auf dem ') Wer diese Auskunft erteilt hat, war nicht festzustellen. 2) Beil. 28.

470

3«»t.

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

Vorderhang, der von der englischen Erdbeobachtung aus fast überall ein¬ gesehen werden konnte. Cs war daher vorauszusehen, daß die Kampfanlagen,

Befehls- und Beobachtungsstellen bald zusammengeschossen sein würden. Dazu kam die Gefahr des Minierangriffs. Sehr ungünstig wurde die Abwehr dadurch beeinflußt, daß der Ansturm des Gegners in die noch im Gang befindliche Ablösung der 40. durch die 3. bayerische Infanterie-Division hineinstieß. Die durch diese Ablösung bedingten, unklaren Befehlsverhältnisse') auf dem linken Flügel am Morgen des 7. Juni hatten Reibungen und Verzögerungen zur Folge. Außerdem mußte der Gegenstoß nun von der mit den Kampfverhältnissen und dem Gelände in keiner Weise vertrauten 1. Garde-Reserve-Division geführt werden, während die bis kurz vor Beginn des Angriffs als Cingreis-Divi-

sion bestimmte 3. bayerische Infanterie-Division wochenlang gründlich für diese Aufgabe ausgebildet worden war und sich auf die verschiedenen im Wyt-

schaete-Bogen möglichen Fälle aufs sorgfältigste vorbereitet hatte. Die 1. Garde-Reserve-Division hatte dagegen keine Gelegenheit gehabt, die mannigfachen Maßnahmen zu treffen, die notwendig waren, um einen ein-

heitlichen Gegenangriff in kürzester Frist auszuführen. Als sich das ArmeeOberkommando zum Einsatz der 3. bayerischen Infanterie-Division in der Front entschloß, war kaum anzunehmen, daß es der 1. Garde-Reserve-Divi-

sion noch möglich sein werde, sich für ihre Aufgabe als Eingreif-Division ausreichend vorzubereiten. Cs ist daher fraglich, ob es nicht zweckmäßiger ge¬ wesen wäre, diese Division statt der 3. bayerischen zum Ablösen zu verwenden. Unter den geschilderten Umständen kam der Gegenstoß der 1. GardeReserve-Division einige Stunden später zur Ausführung, als es bei einer

hierauf besonders vorbereiteten Division möglich gewesen wäre. Dadurch ist der Erfolg, wenn er auch anfangs recht beachtlich war, beeinträchtigt worden. Am schwersten geschädigt wurde er aber dadurch, daß das Ein-

greifen der 7. Infanterie-Division noch erheblich später wirksam wurde. Wenn der Angriff der beiden Divisionen früher, gleichzeitig und unter ge¬ meinsamer Führung stattgefunden hätte, wäre es vielleicht geglückt, die Höhenlinie Wytschaete—Messines wiederzugewinnen. Die 7. InfanterieDivision stand aber so weit ab vom Gesechtsseld, daß gleichzeitiger Angriff erst in den späten Nachmittagsstunden hätte erfolgen können; das aber wäre unbedingt zu spät gewesen, denn bis dahin konnte der Gegner auf dem linken

Flügel der Gruppe Wytschaete über die Sehnen-Stellung hinaus tief in die deutsche Artilleriezone eingedrungen sein. Auf den Vorschlag des Generals von Laffert, die 7. Infanterie-Division von vornherein am Kanal Pipern— Comines bereitzustellen, war General Sixt von Armin aber nicht ein') S. 450 f. und 456.

Betrachtungen.

471

gegangen, weil er sich die Möglichkeit offenhalten wollte, sie auch in der Richtung auf Apern einzusetzen. Auch soll bei der Aufstellung der Division in der Gegend von Gheluvelt die Absicht eine Rolle gespielt haben, einen s l a n -

kierenden Vorstoß in den Wytschaete-Vogen hinein zu führen und nötigenfalls die 204. Infanterie-Division schnell zu unterstützen^). Zusammenfassend kann man über den Verlauf der Schlacht sagen: Die

Führung hat, soweit die verfügbaren Mittel dafür ausreichten, alles Crforderliche getan, um den Wytschaete-Vogen zu behaupten; die Truppe hat in der schwierigen Lage ihr Möglichstes geleistet. Das Mißlingen ist verursacht worden:

1. Durch die Überzahl an Truppen und Kampfmitteln, die dem Gegner zur Verfügung standen und die er dank der Ausbuchtung der deutschen Front und sehr sorgfältigen, seit mehr als Jahresfrist betriebenen Vorbereitungen

wirksamst zur Geltung brachte. Die feindliche Artillerie, die sehr viel schwere Kaliber hatte, besaß mit 2200 Geschützen gegen 600 eine erdrückende Über-

macht. Noch schwerwiegender erwies sich, wie in fast allen Berichten über die

Schlacht hervorgehoben wird, die Übermacht der englischen Luftstreitkräfte. 2.Durch die Sprengungen, die nach Zahl und Größe alles bisher Dagewesene um ein Vielfaches übertrafen. Sie haben trotz der vorausgegangenen Velehrungen die Truppen in vorderer Linie überrascht und zum Teil schwer erschüttert. Der Widerstand in der I. Stellung hat darunter gelitten, ist im

Vereich einzelner Sprengungen wohl sogar ganz ausgefallen. 3. Durch die ungünstige Lage der Infanteriestellungen am Vorderhang. 4. Durch den geringen Cntwicklungsraum für die deutsche Artillerie, die von beiden Seiten umfaßt wurde.

5. Durch das späte Eintreffen der Eingreif-Divisionen. Diesen für den Verteidiger überaus ungünstigen Verhältnissen entsprachen seine Verluste. Sie betrugen vom 2I.Mai bis 10.Juni (= 21 Tage) für die Gruppen Apern, Wytschaete und Lille über 25 000 Mann, davon mehr als 10 000 Vermißte; von letzteren nach englischen Angaben^) 7200 als Gefangene. Die sonstige Beute geben die Engländer mit 67 Geschützen, 94 Minenwerfern und 294 Maschinengewehren an. Diesen Verlusten aber — wenn man von Material-Verlusten absieht — standen etwa ebenso hohe

des Angreifers gegenüber, denn die englische 2. Armee verlor in der Zeit vom 18. Mai bis 14. Juni (— 28 Tage) etwas über 28 000 Mann, davon ') Mitteilung des Obst. a. D. Stapff vom Okt. 1938.

2) Haig'g Despatches, S. 108.

472

z««i.

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

über 3000 Vermißtes. Diese Gegenüberstellung zeigt klar, wie schwer die

deutschen Truppen bei aller Ungunst der Verhältnisse dem Gegner den Erfolg

gemacht haben. Es drängt sich aber auch die Frage auf, ob es nicht doch richtiger gewesen wäre, den Wytschaete-Vogen vor dem englischen An-

griff zu räumen. Die gesamten feindlichen Angriffsvorbereitungen, insbesondere die jahrelangen mühsamen Arbeiten unter der Erde, würden dadurch mit einem Schlage entwertet worden sein. Der Oberbefehlshaber der 4. Armee, der Kommandierende General des XIX. Armeekorps und ihre Chefs der Stäbe, die sich am 30. April 1917 sehr entschieden gegen den Vorschlag des Chefs des Generalstabes der Heeres¬ gruppe, den Wytschaete-Vogen zu räumen, aussprachen, konnten indessen für ihre Ansicht gewichtige Gründe anführen^). Außer der Ungunst des rück¬ wärtigen Geländes sprach auch der Umstand gegen die Räumung, daß beim Aufgeben dieses Teiles der Front der Gegner kampflos die Grundlagen zur Durchführung der von ihm erstrebten Hauptoperation gewonnen hätte und somit von vornherein den größten Teil seiner unverbrauchten Mittel und Kräfte zum entscheidenden Stoß weiter nördlich einsetzen konnte. Vorbedingung war allerdings, daß man überzeugt war, die vorspringende Stellung auch wirklich halten zu können. Da Gmppe und Armee bestimmt glaubten, daß dies gelingen werde, hatte sich die Heeresgruppe mit der Absicht einverstanden erklärt, einen etwaigen Angriff in der bisherigen Hauptkampfzone anzunehmen. General Ludendorff schrieb darüber nach dem Kriege'): „Ein abgeschlagener Angriff ist für jeden Verteidiger wegen der damit ein¬

tretenden, unendlich schweren Verluste des Gegners wertvoll, so stimmten die Heeresgruppe und auch die Oberste Heeresleitung dem Halten des

Bogens zu." Die Ansicht des Oberkommandos der 4. Armee und des General-

kommandos Wytschaete, die Stellung könne behauptet werden, ist offenbar durch die Überzeugung beeinflußt worden, daß von dem britischen Minierangriff keine ernstliche Gefahr mehr drohe, nur ein Nebenangriff erfolgen und es der deutschen Artillerie, trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit, gelingen werde, die feindliche durch planmäßiges Bekämpfen erheblich zu schwächen und mindestens das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten4). Am 30. Mai waren

aber klare Anzeichen vorhanden, daß in Flandern keine Nebenhandlung des 1) Mitteilung der brit. Historical Section vom Jan. 1939.

2) 6.432. 3) „Kriegserinnerungen", ®. 340. 4) S. 432 f.

Betrachtungen.

473

Gegners, sondern ein großer Angriff zu erwarten sei und der erste Schlag gegen den Wytschaete-Vogen unmittelbar bevorstehe. Man konnte sich auch nicht mehr verhehlen, daß die Hoffnungen trügerisch gewesen waren, die man auf die Wirkung der eigenen Artillerie gesetzt hatte. Stellenweise war ihre Kampfkraft derart geschwächt, daß sie schon damals bei einem feindlichen Angriff die Infanterie kaum noch genügend zu unterstützen vermocht hätte. Selbst wenn die Auffassung zutreffend gewesen wäre, daß feindliche Sprengungen keinen entscheidenden Einfluß auf die Kampfhandlungen haben würden, war doch Aussicht, den Wytschaete-Vogen zu halten, kaum noch vorhanden, als die eigene Artillerie gegen die überlegene englische nicht mehr aufkam, vor allem als, wie das Generalkommando des XIX. Armeekorps im Bericht über die Schlacht sagt, der Gegner am 3. Juni artilleristisch völlig die Oberhand gewonnen hatte. Man muß sich fragen, warum nicht jetzt noch das Ausweichen in eine rückwärtige Stellung angeordnet worden ist. General von Laffert, der sich des Ernstes der Lage wohl bewußt war, hat die Räumung des Vogens nicht vorgeschlagen'), vermutlich weil er glaubte, mit den in Aussicht gestellten Verstärkungen eine Wendung zum Besseren herbeiführen zu können. General Sixt von Armin scheint diese Hoffnung geteilt, die Lage als weniger bedrohlich angesehen, dagegen das Zurücknehmen der Truppe unter dem Feuer einer stark überlegenen feindlichen

Artillerie für fehr bedenklich gehalten zu haben. Jedenfalls hat sein Chef des Stabes letztere Ansicht vertreten. Der am 15. Juli 1917 von Major S t a p f f verfaßte „Entwurf einer Äußerung, betreffend die Kämpfe um den

Wytschaete-Vogen" enthält folgende Sätze"): „Nachdem einmal die den feindlichen Infanterieangriff vorbereitende Artillerieschlacht im Gange war, konnte meiner Ansicht nach die eigene vordere Kampflinie ohne schwere Nachteile nicht mehr zurückverlegt werden. Cs lag zunächst auch keine Veranlassung dazu vor, die wohlerwogenen, auf

gründlicher Kenntnis aller örtlichen Verhältnisse beruhenden, seit Monaten eingeleiteten und eben vollendeten Vorbereitungen für die Abwehrschlacht kurzerhand umzustoßen ... Es kam hinzu, daß es sich bei etwaigem Zurückverlegen der Hauptkampflinie nicht um eine geringfügige Abschrägung, sondern um einen ausgesprochenen Rückzug unter Stellungswechsel der gesamten Artillerie mindestens dreier Divisionen handelte ...

Gab man die Wytschaete-Stellung auf, so war anzunehmen, daß der Feind

sogleich folgen und nach Umgruppierung seiner Artillerie in kurzer Zeit den 0 S. 443. 2) Maj. Stapff war inzwischen als Genst.-Ches zur 6. Armee versetzt worden. Seine Niederschrift gibt, wie Genmaj. von Voß, damals Erster Genst. Off. beim A. O. K. 4, int Okt. 1938 mitteilte, durchaus die Auffassung des Gen. Sixt von Armin wieder.

474

z«ni.

Der Verlust des Wytschaete-Bogens.

Angriff gegen die neue Stellung durchführen würde. Das Abbrechen des Gefechts unter dem Feuer einer voll entwickelten feindlichen Artillerie und gedrängt von einem zum Angriff entschlossenen, noch ungeschwächten Gegner mußte zu erheblichen Verlusten an Menschen und Gerät führen und kam einer Niederlage gleich, die dem Feind nichts kostete und uns nicht einmal

Zeitgewinn verschaffte. Der Feind hätte kampflos die Grundlagen für die Durchführung seiner Hauptoperation gewonnen, die er erstrebte...

Wir selbst haben jedenfalls durch die Kämpfe um den Wytschaete-Bogen Zeit gewonnen, um unseren Aufmarsch für die kommende Entscheidungs¬ schlacht in einer ganz anderen Weise zu vollenden, als es bei vorherigem Aufgeben des Wytschaete-Bogens möglich gewesen wäre ...

Daß unsere Artillerie in den letzten Tagen vor dem 7.Juni so rasch durch die feindliche überflügelt wurde und am 7.Juni morgens teilweise nieder¬ gekämpft war, lag an der überwältigenden Übermacht der feindlichen Luft¬ streitkräfte. Wäre es möglich gewesen, der 4. Armee nur acht Tage früher die

nach der Schlacht eintreffenden Verstärkungen an Fliegern zuzuführen, so hätte unsere Artillerie trotz ihrer Anterlegenheit an Zahl die Bekämpfung der feindlichen mit Erfolg fortsetzen können. Nach meiner festen Überzeugung wäre die Schlacht dann wesentlich günstiger verlaufen." Dieser Auffassung steht entgegen, daß Feldmarschall H a i g nur die eine Besorgnis hatte, die Deutschen könnten vorzeitig ausweichen; andern¬ falls glaubte er sich des Erfolges sicher. Wären die Deutschen, als erkannt war, daß der englische Angriff dicht bevorstand, unter Belastung von Postierungen in der alten Stellung freiwillig ausgewichen, zunächst in die

II. (Höhen-) Stellung Wytschaete—Messines, so hätten sie gewiß erhebliche Mengen von Material und Munition liegen lasten müssen. Daran aber, daß

die Truppen, Infanterie wie Artillerie, ohne große Verluste zurückgekommen wären, kann nach allen sonstigen Erfahrungen des Krieges kein Zweifel sein. Es haben doch auch bis zur Nacht zum 7. Juni noch Ablösungen statt¬ gefunden. Daß der Gegner die Bewegung rechtzeitig erkannt und in sie hinein scharf nachgestoßen hätte, ist kaum anzunehmen. Sicher aber wäre der schwere Rückschlag des 7. Juni dem deutschen Heere erspart geblieben. Die Lage hatte sich eben seit der Entscheidung vom 30. April grundlegend geändert, indem — wie das Gruppenkommando Wytschaete am 3. Juni meldete —

der Gegner artilleristisch völlig die Oberhand gewonnen hatte, und gleich¬ zeitig die eigenen Luftstreitkräfte als durchaus unzureichend erkannt waren. Am 3. Mai hatte die Heeresgruppe, wie man rückschauend wohl sagen kann,

zutreffend geschrieben: „Behalten wir artilleristisch die Vorhand", so wird der Angriff abgewiesen werden. Was geschehen sollte, wenn die Vor¬

bedingung sich nicht erfüllte, scheint seinerzeit nicht erörtert worden zu sein.

Betrachtungen.

475

Sonst wäre man vielleicht doch auf ein Ausweichen noch in letzter Stunde gekommen, wie es unter ähnlichen Verhältnissen an der Somme schon in den Tagen vor Beginn des Siegfried-Rückzuges mit Erfolg angewandt worden war') sowie später bei Arms") und an der Aisne3), in diesen beiden Fällen, nachdem die Schlacht bereits entbrannt war. Ohne die Frage des Ausweichens in letzter Stunde zu berühren, hat sich am 18. Juni General vonKuhlin einem Erfahrungsbericht darüber geäußert, ob das Halten des Wytschaete-Vogens richtig war oder nicht: „Der von mir rechtzeitig unter eingehender Begründung gemachte dringende Vorschlag, den Wytfchaete-Bogen zu räumen, wurde vom Armee-Oberkommando 4 aufs entschiedenste mit der Begründung abgelehnt, daß die rück-

wältigen Stellungen unbrauchbar seien und daß die Verteidigung des Vogens keineswegs aussichtslos sei"). Der Verlauf der nächsten Kämpfe muß zeigen, ob die jetzt eingenommene Stellung brauchbar ist oder nicht. Trifft ersteres zu, so wäre der Entschluß zur Räumung des WytschaeteVogens seinerzeit der richtige gewesen." Da die Engländer die „jetzt ein¬ genommene Stellung" im wesentlichen nicht mehr angegriffen haben, bleibt

auch hier die Frage offen. Denselben Einblick in die Verhältnisse wie die Heeresgruppe hatte durch fast tägliche unmittelbare Ferngespräche mit dieser wie mit dem ArmeeOberkommando 4 die Ober st e Heeresleitung. Älber die in der

Besprechung vom 30. April, der ihr Nachrichtenoffizier, Major Mende, beigewohnt hat, zutage getretenen Meinungsverschiedenheiten war sie unterrichtet. Aber ebenso wie die Heeresgruppe ihre Bedenken der 4. Armee und

der Gruppe Wytschaete gegenüber zurückstellte, hat auch sie nicht gegen die Ansicht der örtlichen Befehlshaber entscheiden wollen. Daß ihr eigener Nachrichtenoffizier in voller Übereinstimmung mit diesen berichtete, mag dabei mitgesprochen haben. General Ludendorff „vertrat den Standpunkt, daß die örtlichen Kommandostellen in solchem Falle wie hier zu entscheiden haben"^). Nach dem Kriege schrieb General von Kühl abschließend^: „Es war ein Fehler des Oberkommandos der Heeresgruppe, daß es nicht trotz aller

Einwendungen die Räumung einfach befahl. Eine der schlimmsten Tragödien des Weltkrieges wäre dem deutschen Heere erspart geblieben." ') S. 134 ff. 2) S, 232. 3) S, 329 und 341.

4) Das bezog sich auf die Besprechung vom 3t). April (S, 432). 5) Mitteilung des Gen. Wetzell vom Okt. 1938. °) von Kühl, „Der Weltkrieg 1914—1918", II. Band, S. 114.

476

z««i.

Der Verlust des Wytschaete-Vogens.

Gegenüber aller rückschauenden Kritik bleibt aber doch auch zu erwägen, ob nicht die schweren blutigen Verluste, die die Engländer am 7. Juni bei

der Einnahme des Wytschaete-Vogens erlitten, dazu beigetragen haben, ihren Aufmarsch für die große Schlacht in Flandern zu verzögern. Wenn das richtig ist, so hat das Halten des Wytschaete-Vogens auch Nutzen gebracht: Die 4. Armee gewann Zeit, die Abwehr in Flandern ausreichend vor¬

zubereiten und die englische Offensive dann so aufzuhalten, daß sie schlie߬ lich im Sumpf des flandrischen Spätherbstes erstickte.

IX. Der Arieg im Osten. Beilage 23 und Band XI, Karte 1.

A. Bis zum Ausbruch der russischen Revolution. I.DieFrontderMittelmächte. Das Ostheer der Verbündeten, vom Schwarzen Meer bis zur Ostsee, Febrnar m7.

wie bisher in die Heeresgruppe Mackensen, die Heeresfront Erzherzog Josef und die Front des Oberbefehlshabers Ost gegliedert), stand im Februar 1917 abwehrbereit in seinen Dauerstellungen. Der Abstand vom Gegner war an weiten Strecken der Front recht groß. Die Kampftätigkeit war gering. Das Kräfteverhältnis — wie es sich den Mittelmächten dar» stellte — bot nach Durchführung der von der Obersten Kriegsleitung be¬

fohlenen Abgaben^) folgendes Vild: N,!ss

Witt elf!lachte Kav. Div. Znf. Div.

K Heeresgruppe Mackensen .

Heeresfront Erzh. Josef .

n

8 3 6 17

i "E 3

3

S

17 23

n

1 7

1

Kav. Div.

Ins. Div.

1

n> 2 7

12 24

2 2 3 3

ett

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f

12 30

8 7

32 27 20 42

32 27 20 42

5 6 7 5

19 157

6 163

38

6

Oberbefehlshaber Ost Hgr. Linsingen Hgr. Woyrsch Hgr. Eichhorn

8 14 12 10 16 1 25

Gesamte Ostfront

75 45

Hgr. Böhm Ermolli ...

2

3

24 22 17 25

5 128

1 3 3

2 1

7 11

1

Auf weiten Strecken der Front hatten die zahlenmäßige Schwäche der eingesetzten Kräfte und die Eigenart des Geländes, vielfach Gebirge oder sumpfiges Niederungsland, den Ausbau zusammenhängender V e r t e i»

digungsstellungen nicht gestattet. Man mußte sich mit stützpunktartigen Anlagen begnügen. Umfangreicher Ausbau rückwärtiger Stellungen, wie er im Westen seit dem Herbst 1916 im Gange war, war im Osten bei der dünnen Besetzung der Front und dem Fehlen von Arbeitskräften vollends

nicht möglich. Man hatte sich fast durchweg darauf beschränken müssen, eine einzige Abwehrstellung in möglichster Tiefe auszubauen und die in dem ') Anschluß an Bd. XI, S. 407; Einzelheiten der Gliederung Vd. XII, Veil. 25. 2) Bd, XI, 6.322 f., 328, 394, 396, und Vd. XII, Veil. 26.

478

Der Krieg im Osten.

Februar 1917. meist schwierigen Niederungsgelände für den Transport zur Front und für seitliche Verschiebung von Reserven unbedingt nötigen Wegebauten, daneben

zahlreiche Förderbahnbauten für den Nachschub, unter Heranziehung der russischen Zivilbevölkerung vorzunehmen. Die auf Westverhältnisse zugeschnittenen Vorschriften fürdie Abwehr im Stellungskriege sollten auch für die Ostfront nutzbar gemacht werden. Wegen der dortigen Ausbauverhältnisse konnte aller-

dings eine so elastische Führung der Verteidigung wie im Westen nicht durchgeführt werden. Vorarbeiten für die „Abwehrschlacht" wurden aber, wenn auch in entsprechend abgewandelter Form, in Angriff genommen. Vei der dünnen Besetzung der Front war ein Zurückziehen von Kampf¬ truppen aus ihren Stellungen zu Ruhe und Ausbildung nur be°

schränkt möglich, meistens aber überhaupt nicht durchführbar. Andererseits ließ die geringe Kampftätigkeit vielerorts eine Ausbildung der Truppe in beschränktem Amsange auch in der Nähe ihrer Stellungen zu. Schon im Januar war bekanntgeworden, daß eine weitgehende Neu¬ gliederung des russischen Heeres durch Schaffung neuer Divisionen aus abzugebenden vierten Bataillonen der Infanterie-Regimenter beschlossen und sogleich in Angriff genommen war. Im Laufe des Monats Februar gingen dann die schon erwähnten Nachrichten über die Konferenz der Alliier¬ ten in Petersburg') ein. Da diese — so hieß es — beabsichtigten, die Ent¬

scheidung im Jahre 1917 an der Westfront zu suchen, sollte die an Rußland

zu gewährende Materialhilfe auf das geringste Maß beschränkt werden. Trotzdem sei von ihm möglichst kräftiges Anpacken auf seiner Front verlangt worden, um das Abziehen von Kräften nach dem Westen zu verhindern.

Gegenüber der Forderung, hierzu bereits in den ersten Tagen des April offensiv zu werden, hätten die russischen Generale aber die Unmöglichkeit betont, schon zu dieser Zeit etwas Entscheidendes zu unternehmen. Als frühesten Termin habe der Generalstabschef, General Gurko"), Ende April 27. Fedruar. genannt. Am 27. Februar kam die Nachricht, daß in rumänischen Offizierskreisen davon gesprochen werde, im Augenblick des Beginns der großen Cntenteoffensive eine russische Offensive großen Stils an der Sereth-Front

in Gang zu setzen. Sie sollte nach Möglichkeit auch auf die siebenbürgische Front ausgedehnt werden, „um die Armee Aiz3) zu überrennen und den

Kampf wieder auf fiebenbürgischen Boden zu verpflanzen". Da zur Zeit wesentliche Teile des russischen Heeres an der rumänischen und sieben-) S. 65 und S. 95 ff. -) Bd. XI,S.391. 3) Ö,°u, 1. Armee.

Die Front der Mittelmächte.

479

bürgischen Front standen und geeignetes Wetter hier im Süden eher als im Norden zu erwarten war, schien solcher Plan durchaus möglich. Die Heeresgruppe Mackensen sagte in einer Beurteilung der Lage vom 3. März, für baldigen russischen Angriff spräche zwar, daß zur 3-m Zeit die deutschen und österreichisch-ungarischen Stellungen nur wenig wider- 10,sraäta*

standsfähig sein könnten und daß Geländeschwierigkeiten bei festgefrorenem Voden und zugefrorenen Flüssen nicht beständen. Dagegen spräche aber, daß bei plötzlich eintretendem Tauwetter die Lage der über den Sereth/

Putna-Abschnitt vorbrechenden Kräfte bedenklich werden könnte, denn nach den gewaltigen Schneestürmen der ersten Märztage wäre mit starkem Hochwasser zu rechnen. Am 7. März berichtete die Heeresgruppe: „... Die gegen¬

überstehenden russischen Truppen haben sich nicht vermindert. Es werden auch hier von ihnen Vorbereitungen für eine Frühjahrsoffensive getroffen. Hinter der russischen Front sind sechs Divisionen in Reserve, sicher eine in der Neubildung. Ihre Zahl steht noch nicht fest. Rumänische Armee, die zum größten Teil auch in der Neuorganisation begriffen ist, dürfte an anderer Stelle als der Heeresgruppe gegenüber wohl nicht eingesetzt werden. Cs ist also hier im Frühjahr mit einem Angriff des Gegners mit ziemlicher Gewiß-

heit zu rechnen. Wahrscheinlich wird sich der Stoß auf Foesani richten, vielleicht verbunden mit einer Nebenunternehmung über den unteren Sereth. Die Kräfte, die dem Feinde hierzu zur Verfügung stehen, sind schon jetzt ohne die neu formierten russischen Teile und ohne die rumänischen der Heeresgmppe überlegen. Wird sie weiter geschwächt und erfolgt der Stoß, so wird sie verstärkt werden müssen." Daraufhin konnte die Ober st e Heeresleitun g aber schon am 8. März mitteilen, „daß nach zuverlässigen Nach-

richten (Agenten) in nächster Zeit eine feindliche Offensive in Rumänien unwahrscheinlich" sei. Am 10. März machte Tauwetter das Cis auf Donau, Sereth und Pruth brüchig; das Wasser stieg und trat weithin über die Ufer. Damit war hier jede unmittelbare Gefahr beseitigt. Auch an der gesamten übrigen Front schien es einstweilen ruhig bleiben zu wollen. Trotzdem waren bei den gegebenen Stärkeverhältnisien Abgaben für andere Kriegsschauplätze, abgesehen von den der Heeresgruppe Macken-

sen bereits befohlenen, nicht möglich. Die Oberste Heeresleitung war im Gegenteil bestrebt, der Ostfront angesichts der im Frühjahr erwarteten Angriffe auch einige Verstärkungen zuzuführen'). In ihrer Eigenschaft als Oberste Kriegsleitung erklärte sie am 9.März auf die schon Ende Januar und nun nochmals vorgebrachte Bitte der österreichisch-

ungarischen Heeresleitung um kampfkräftige Ost-Divisionen zur Stützung der Front gegen Italien, daß „mit Rücksicht auf die jetzt klar zu ') S, 85.

4S0

Der Krieg im Osten.

übersehenden außerordentlich umfangreichen russischen Neubildungen" namhafte österreichisch-ungarische Kräfte nicht abgegeben werden könnten. Am i"°mt ^ste die Heeresgruppe Mackensen an, zwei geschlossene DivitS* sionen als Reserve hinter der Front bereitzustellen. Am 19. März teilte sie ihr mit, daß die 212. Infanterie-Division vom Westkriegsschauplatz zu-

geführt würde; das Alpenkorps sei abzugeben.

2. Russische Angriffspläne^). 2"breswechsel

Bei Abschluß der Kämpfe im Januar 1917 war das russische Heer aufs

äußerste erschöpft. Nach Berechnungen der Heeresleitung waren seit 1914 insgesamt 14Millionen unter den Fahnen gewesen, von denen 4y2 Mil¬ lionen durch Tod, Gefangenschaft (dadurch allein etwa 2 Millionen^)) oder Verwundung ausgefallen waren. Von den übrigen 10 Millionen standen 7y2Mil ionen an der Front, 2y2 waren in den Depots. Cs fehlte aber an ausgebildeten Mannschaften und vor allem an Artillerie und Munition,

wenngleich die Erzeugung von Kriegsgerät im eigenen Lande seit Beginn des Jahres weitere gute Fortschritte gemacht hatte. Nur für die Ausstattung mit schwerer Artillerie war man nach wie vor im wesentlichen auf Lieferungen

der Bundesgenossen angewiesen. So hatte General Iofsre im Oktober 1916 die sofortige Zuführung von 100 15,5 cm» und 90 12 ein-Kanonen mit je 100 Schuß Munition angekündigt, wobei es sich aber vermutlich um älteres Gerät gehandelt hat; was aus dieser für mehr als 40 schwere Batterien aus-

reichenden Lieferungen geworden ist, ist nicht bekannt. Im übrigen sollen') große Mengen zugeführten Materials infolge ungenügender TransportMöglichkeiten vor allem an der Murman-Küste und in Archangelsk festgelegen

haben, ebenso auch in Wladiwostok, wo fast täglich vollbeladene Schiffe mit Kriegsmaterial aus Amerika ankamen.

Am 30. und 31. Dezember hatte im Großen Hauptquartier Mogilew unter dem Vorsitz des Zaren eine Besprechung mit den Ober-

besehlshabern der Heeresgruppen stattgefunden, die General Gurko in Vertretung des krankheitshalber beurlaubten Generalstabschefs Generals Alexejew leitete. Es handelte sich um die für die Operationen des Jahres 1) Wesentlichste Quellen: Amtl. russ. Werk, Teil 7;Wassili Gurko, Gen. d. Kav,: „Rußland 1914—1917. Erinnerungen an Krieg und Revolution." 2) Sir George Buchanan: „My Mission to Eussia and other diplomatic

memones", ©.53. 8) Generalmajor Sir C. C. Callwell: „Field-Marshal Sir Henry Wilson*, Bd. I, S. 302 f.

Russische Angriffspläne.

481

1917 notwendigen Neuformierungen, den Plan des Frühjahrsfeldzuges und die Frage kurzer Vorstöße im Februar in Verbindung mit Angriffsunternehmungen der Verbündeten in Frankreich. Die von General Gurko beabsichtigten Neuformierungen be-

trafen die Umwandlung der bisher aus zwei Divisionen bestehenden Korps in solche zu drei Divisionen. Dabei sollten die bestehenden Divisionen von 16 auf 12Bataillone herabgesetzt werden. Aus diesen Abgaben und vier bei jedem Korps neu aufzustellenden Bataillonen sollten neue Divisionen ge¬ bildet werden. Auf diese Weise wollte man eine Vermehrung des Heeres um insgesamt etwa 70Infanterie-Divisionen') erreichen. Die notwendige

Artillerie konnte allerdings erst nach und nach geschaffen werden; nötigenfalls sollten an ruhigen Fronten zunächst unbefpannte Batterien aushelfen, denn an Pferden und Pferdegeschirr war erheblicher Mangel. Das machte sich vor allem bei der Kavallerie bemerkbar. Daher, sowie mit Rücksicht

auf die durch den Stellungskrieg völlig veränderten Kampfverhältnisse war bei 40 Kavallerie-Divisionen je ein Kavallerie-Schützen-Regiment aufzustellen. Andererseits sollten aus den bisher als Divifions-Kavallerie ver-

teilten Kosaken-Regimentern zweiter Ordnung zur Verwendung in Persien und gegen die Türken im Irak vier bis fünf neue Kosaken-Divisionen gebildet

werden. Die größte Schwierigkeit machte der Ausbau der schweren Artillerie, dabei war er, wie klar erkannt wurde, am allerdringendsten. Geschütze von 15 bis 30 viQ-Kaliber wurden aus den verbündeten Ländern erwartet,

davon viele mit mechanischem Zug. Aus diesen, verstärkt durch schwere Geschütze von allen Fronten, begann man eine Heeres-Artillerie-Reserve

(„XXXXVHL Korps") zu bilden. Die ganze ^Informierung konnte vor Mai nicht abgeschlossen sein, und damit war auch der früheste Zeitpunkt für die große Offensive des Jahres 1917 gegeben. Der Angriffsbeginn im Mai entsprach im übrigen auch den voraussichtlichen Witterungs- und Bodenverhältnissen des Kriegsschau-

Platzes. Während über diese Punkte volle Einigkeit herrschte, wurde die Cntscheidung über die für den Hauptangriff zu wählende Richtung und über die im Februar zu führenden kurzen Vorstöße auf später verschoben, denn noch vor Schluß der Besprechungen am 31. Dezember traf die Nachricht von der

Ermordung Rasputins ein. Der Zar reiste sofort nach Petersburg ab. Erst nachdem auch General A l e x e j e w vom Urlaub aus in einem Bericht vom

22.Januar 1917 zur Frage des Feldzugsplanes Stellung genommen hatte, genehmigte der Zar am 6. Februar den von General Gurko vorgetragenen e tubts zu weiteren bereits vorbereiteten größeren Angriffsunternehmungen in den 12*

Abschnitten Zloczow und Kowel versagt. Am 10. April folgte die Weisung,

jede eigene Gefechtstätigkeit zu unterlassen, soweit sie nicht durch die Russen selbst herausgefordert würde; ebenso wurden Bombenabwürfe auf russische Städte bis auf weiteres verboten. Die österreichisch-ungarische Heeresleitung

erließ für ihren Vereich entsprechende Anordnungen. Unterdessen hatte der Oberbefehlshaber Ost auf Grund der bisher an der Front gewonnenen Erfahrungen am 8. April ebenfalls „Richtlinien zur Propagandatätigkeit an der russischen Front" aufgestellt. Die Oberste Heeresleitung genehmigte sie am 12. April und übertrug nunmehr in

ihrer Eigenschaft alsObersteKriegsleitung dem Oberbefehlshaber Ost die Propagandatätigkeit für die gesamte Ostfront. Aufgabe des Auswältigen Amtes und des Oberstleutnants von Haeften sollte es sein, auch weiterhin Unterlagen für die Propaganda zu beschaffen und dem Ober-

befehlshaber Ost zuzuleiten. Für die russischen Ostertage (15. und 16.April) wurde völlige Kampfruhe an der Front der Verbün-

deten befohlen, in der Erwartung, daß an diesen hohen Festtagen zahlreiche Unterhändler erscheinen würden.

494

Mitte April.

Der Krieg im Osten.

Inzwischen hatte aber die russische provisorische Regierung durch die im Kriegszielmanifest vom 10. April') verkündete Absicht eines Friedens ohne Annexionen und auf Gmnd des Selbstbestimmungsrechtes der Völker eine gefährliche Gegenpropaganda eingeleitet. Gleichzeitig hatte die russische Heeresleitung — wie man erfuhr — strengste Verbote gegen jede Ver¬

brüderung an der Front erlassen. Trotzdem kam es an den verschiedensten

Stellen zu Unterhandlungsversuchen, an denen sich auch russische Offiziere beteiligten. Der Gegensatz zwischen Vorgesetzten und Untergebenen sowie zwischen den Truppen in den vorderen Gräben und der rückwärts stehenden Artillerie, die immer wieder die Unterhandlungen durch Feuer zu stören suchte, trat deutlich in die Erscheinung. Bei den Oster-Zusammenkünften, bei denen man nach russischer Sitte auch Geschenke austauschte, wurde ein deutsches Flugblatt verteilt, das die Bereitwilligkeit betonte, mit dem freien Rußland in unmittelbare Verhandlungen einzutreten. Auch sollte, um die

bei den russischen Truppen bereits einsetzende Frontflucht zu verstärken, bei

Zusammenkünften auf die in Rußland bevorstehende Landverteilung hingewiesen werden, zu der die Frontkämpfer'leicht zu spät kommen könnten. Bei der ö.-u. 3. Armee gelang es deutschen Rachrichten-Offizieren, sich über den Dniester zum Feinde zu begeben und dort die erste „mündlicheVer-

ständigung über gegenseitige Waffenruhe" zu erreichen. Aber auch in den meisten anderen Abschnitten der Kampffront von der Donau

bis zur Ostsee ruhte infolge der Annäherungsversuche der russischen Infan¬ terie und der sich dabei ergebenden Verhandlungen mit russischen SoldatenDeputierten die infanteristische Gefechtstätigkeit fast ganz. Von höheren russischen Führern beteiligte sich aber nur der Oberbefehlshaber der russischen 4. Armee, General Ragosa, an diesen Annäherungen; ob freiwillig, steht dahin. Er ließ am 16. April den Oberbefehlshaber der deutschen 9. Armee, General von Falkenhayn, bitten, einen Parlamentär zu ihm zu ent-

senden. Dieser stellte jedoch anheim, statt dessen am 17. April einen russischen Parlamentär nach Focsani zu schicken; der aber traf nicht ein.

Nach der Ofter-Waffenruhe. Der Oberbefehlshaber Ost hatte aus dem Verlauf der Ostertage den Eindruck gewonnen, daß die Waffenruhe an vielen Stellen der

Front Formen angenommen habe, die auf die Dauer keinesfalls geduldet werden konnten.

Am 17. April wurde Oberst Hoffmann zum Vortrag nach Kreuznach befohlen. Er legte seine „Auffassung über die russische Armee und deren i) 6.510.

Die Oster-Waffenruhe.

495

Kampfkraft dahin dar, daß ihre Moral und damit ihre Kampfkraft durch die Revolution naturgemäß stark erschüttert sei, daß man jedoch nicht damit rechnen könne, sie bei etwaigen deutschen Angriffen kampflos weggehen zu sehen, sondern daß sie sich unbedingt noch wehren würde. Zu einem Angriff großen Stils besitze der Oberbefehlshaber Ost nicht die erforderlichen Reserven. Wolle also die Oberste Heeresleitung den Versuch machen, durch Offensive an einer oder mehreren Stellen der Ostfront die russische Linie zum

Weichen und Niederbrechen zu zwingen, so müßte sie ihr einige Divisionen zur Verfügung stellen'"). Daran aber konnte die Ober st e Kriegsl e i t u n g zur Zeit nicht denken. Sie brauchte alle Reserven im Westen.

An der russischen Front mußte es im wesentlichen bei dem bisherigen Verfahren bleiben. Angriffsunternehmungen unterlagen auch weiterhin der Genehmigung der Obersten Kriegsleitung; nur etwaigen russischen Kampf-

Handlungen hatte eine deutliche Vergeltung sofort zu folgen. Die Waffenruhe wurde aber, dem Vorschlag des OberbefehlsHabers Ost entsprechend und mit Einverständnis der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, gekündigt. Offiziere hatten den Russen an der gesamten

Front bekanntzugeben: „Die verbündeten deutschen und österreichisch-ungarischen Tmppen haben entsprechend den Weisungen ihrer Vorgesetzten während der Ostertage gezeigt, daß Deutschland und Österreich-Ungarn bereit sind, den Krieg zu beenden. Cs ist jetzt Rußlands Sache, ob es die Hand zum Frieden bieten will. Einstweilen befinden wir uns noch im Kriege. Es kann

deshalb den russischen Soldaten nicht länger erlaubt werden, sich ungehindert außerhalb ihrer Gräben zu bewegen, wie es während der Ostertage gestattet wurde. Vom 23. April ab wird wieder auf jedes Ziel geschossen werden. Nur diejenigen russischen Deputierten, die bei Tageslicht mit weißen Parkmentärabzeichen kommen, werden nach der Verhandlung wieder zurückgelassen werden. Alle anderen werden als Feinde behandelt."

Die nächste Zukunft mußte zeigen, wie der Kampf der für den Frieden werbenden linksradikalen russischen „Volschewisten" („Maximalisten") gegen die Regierung sich auswirken würde, die den Krieg fortzusetzen gewillt war.

Dieser innerpolitische Kampf mußte einen beträchtlichen Auftrieb erfahren durch die Ankunft des bolschewistischen Führers Lenin in Rußland, der von der Schweiz aus schon bisher die Fäden aller russischen revolutionären Vewegungen in der Hand gehalten hatte. Am 20.April berichteten Agenten 20. Apru.

über den „allerbesten Eindruck", den sein Eintreffen in Rußland gemacht habe; es sei auch unbedingt nötig gewesen, nachdem England die sozialistische Gruppe Plechanow, die Hetzer für Fortsetzung des Krieges, mit Sonderboot ') „Die Auszeichnungen des Generalmajors Max Hoffmann", herausgegeben von Karl Friedrich Nowak, II. Bd. S. 171.

496

Der Krieg im Osten.

über Norwegen nach Rußland befördert habe. Oberst Hoffmann glaubte in diesen Tagen, daß man „dem Frieden im Osten ziemlich nahe'") sei. 21. April.

Am 21. April teilte die Oberste Kriegsleitung der öfter-

reichisch-ungarischen Heeresleitung und dem Oberbefehlshaber Ost mit, daß die Lage es erforderlich mache, geeignete deutsche O st- Divisionen im Austausch gegen abgekämpfte We st- Divisionen her¬ auszuziehen. Dagegen lehnte sie Anträge der verbündeten Heeresleitung auf

gleichzeitige Hergabe österreichisch-ungarischer Divisionen zugunsten der Front gegen Italien ab, da dort noch Ruhe herrschte und außer für die West¬ front auch Kräfte an die Türkeis abzugeben waren. Im übrigen wies sie 2«. April, am 28. April darauf hin, daß die Russen vielleicht, stark gedrängt von den

Westmächten, unter Ausnutzung ihrer früheren Angriffsarbeiten bei Smorgon angreifen würden. Zwischen Krewo und dem Raroez-See ständen acht mssische Divisionen in der Front und zehn dahinter, also auf 60 Kilometer 18 Divisionen. Käme es hier zum Angriff, dem mit Ruhe entgegengesehen würde, so seien auch an der Front Vrzezany—Vrody Angriffe zu erwarten. Am dieselbe Zeit trat bei der Heeresgruppe Mackensen ein Wechsel in der Führung der 9. Armee ein. General vonFalkenhayn wurde zum

türkischen Kriegsschauplatz abberufen^); mit feiner Vertretung wurde Gene¬ ral Kofch (Generalkommando 52) beauftragt. Ferner übernahm General von Hutier die 8. Armee für den zum Oberbefehlshaber der Balkan-Front ernannten General von Scholtz, für jenen General Graf von Kirchbach die

Armee-Abteilung D. Ende April/ Anfang Mai.

Am 29. April trat der Chef des Generalstabes der Heeresfront General von Geeckt, mit Bedenken auch gegen

die jetzt befohlene Art der Propaganda hervor. Cr versprach sich vom Ver¬ kehr von Graben zu Graben keinen Erfolg, vielmehr befürchtete er in voller

Übereinstimmung mit der österreichisch-ungarischen Heeresleitung, daß namentlich die slawischen Elemente des verbündeten Heeres die „kriegerische Stimmung und Gesinnung" unter den unklaren Waffenruhe-Vestimmungen einbüßen könnten. Cr schlug vor, gleichzeitig an allen Fronten des Ostens

den Russen ein von den Befehlshabern ausgehendes förmliches WaffenruheAngebot zu machen. Dies würde auf die Masse des russischen Heeres eine starke Wirkung ausüben können. Um dieselbe Zeit regte Oberstleutnant vonHaeftenan, den Russen nahezulegen, sie möchten von ihren Führern i) Tagebuch-Aufzeichnung des Gen. Feldm. Prinz Leopold von Bayern vom 26. April 1917. -) S. 528. — 3) S. 529.

Fortsetzung der Propaganda. Vorbereitung eines Waffenstillstandes.

497

zur Teilnahme an den inzwischen anberaumten allgemeinen Wahlen einen

Waffenstillstand von drei bis vier Wochen fordern. Am 2. Mai trat die österreichifch-ungarifche Heeresleitung ebenfalls mit dem Vorschlag eines allgemeinen Waffenruhe-Angebots an die Oberste Kriegsleitung heran. Sie bat, den Text für ein solches Angebot schon jetzt vorzubereiten. Die Ober st e Kriegsleitung beauftragte daraufhin am 3. Mai den Oberbefehlshaber Ost mit der Ausarbeitung von Waffen still st ands-Bedingungen, die für etwaige spätere Verhandlungen als Unterlage dienen sollten. Als wichtigste Bestimmung war auszunehmen, daß nach Einstellung der Feindseligkeiten die Mittelmächte ihre Truppen nicht verstärken und keine TruppenVerschiebungen für einen Angriff gegen Rußland vornehmen würden. Die Heeresleitungen der vier verbündeten Mittelmächte stimmten dem zu. Für ein offizielles allgemeines Waffenftillstands-Angebot hielt aber die Oberste Kriegsleitung die Zeit noch nicht für gekommen, denn noch standen die von der Entente, und zwar — wie es schien — vor allem von England, beein-

flußten höheren russischen Führer allen Verhandlungen ablehnend gegenüber. In einem am 30. April bekanntgewordenen Funkspruch hatte der

Nachfolger des Zaren als Höchstkommandierender, General Alexejew, dem englischen Oberbefehlshaber an der Westfront mitgeteilt: „Russisches Heer wird nicht versäumen, Engländern mit aller ihm zu Gebote stehenden Macht zu Helsen durch Einsetzen einer Offensive, sobald es die Wit-

terungsverhältnisse gestatten." General Alexejew gab sich also der Hoffnung hin, daß sich bis zum Zeitpunkt dieses Angriffs die Kampfkraft seiner Truppen wieder gehoben haben würde. Anfang Mai sich häufende russische ArtillerieFeuerüberfälle und lebhafte Tätigkeit französischer und englischer Flieger schienen solcher Aussasiung recht zu geben. Man vermutete, daß der Gegner Vergeltungsfeuer herauslocken wolle, um dadurch zunächst einmal die Ruhe an der Front zu stören und den Verhandlungen von Graben zu Graben ein

Ende zu machen. Für die Artillerie der Mittelmächte wurde daher befohlen, Vergeltungsfemr^stets nur auf die russische Artillerie abzugeben, die russische Infanterie aber zu schonen. Ein geregelter Verkehr zwischen den beiderseitigen Gräben blieb aufrechterhalten. Zahlreiche Zettel und Briefe wurden an dafür besonders bestimmten Stellen ausgetauscht. Die Friedenswilligkeit des russischen Frontsoldaten schien wieder im Wachsen. Der mehrfache Wechsel in der Art der Frontpropaganda stellte aber eine nicht leicht zu leistende Aufgabe für die eigene Truppe dar, und auch für sie bedeutete der Angriff auf die militärische Disziplin des Gegners in zunehmendem Maße eine Gefahr. So erhoben sich auch wieder warnendeStimm e n. Generaloberst GrafvonVothmer, Oberbefehlshaber der SüdWeltkrieg. XII. Band.

32

498

Der Krieg im Osten.

armee, berichtete am 7. Mai: Nur bei völliger Untätigkeit des Feindes könne

den Forderungen der Politik auf Waffenruhe militärischerseits entsprochen werden, da sonst auch die deutsche Front eingeschläfert werden und der Zer¬ setzung anheimfallen könne. Er regte an, die volle Kampftätigkeit wieder-

aufzunehmen. 10. Mai.

Am 10. Mai fand im Hauptquartier der russischen 5. Armee in Düna-

bürg eine Besprechung deutscher Rachrichten-Offiziere mit General Dragomirow statt, zu der dieser durch seine Truppen gezwungen worden war. Sie

verlief ohne Erfolg, da der General sich völlig ablehnend zeigte, vor allem den Gedanken eines Sonderfriedens bestimmt zurückwies. Die Möglichkeit, auf dem vorgeschlagenen Wege vielleicht doch noch mit der russischen Heeres¬ leitung oder mit Regierungsstellen in Verbindung zu kommen, wurde aber vom Oberbefehlshaber Ost im Einvernehmen mit der Obersten

Kriegsleitung weiterverfolgt, die Absicht, mit gleichlautenden Waffenstillstands-Angeboten auf der Gesamtfront an russische Divisionen und Korps

heranzutreten, indes zurückgestellt. ,4. Mai.

Am 14. Mai wurde ein vom Generalfeldmarschall Prinz Leopold von

Bayern selbst unterzeichneter Brief durch Parlamentär an General Dragomirow abgesandt. Das Schreiben knüpfte an eine Äußerung des Generals vom 10. Mai an, nach der er erwartet hätte, daß die deutschen Offiziere Vorschläge für Beendigung des Krieges überbringen würden, und führte aus: „Wenn es der Wunsch Euerer Exzellenz ist, unsere Ansicht und unsere

Bedingungen über die Möglichkeit einer wenigstens vorläufigen Beendigung der Feindseligkeiten entgegenzunehmen und weiterzuleiten, so bin ich bereit, diesem Wunsche nachzukommen und einen von der deutschen Obersten Heeres¬ leitung beglaubigten und bevollmächtigten Offizier mit Begleiter zu entsenden. Dieser Offizier würde berechtigt sein, unsere WaffenstillstandsBedingungen Euerer Exzellenz oder einem bevollmächtigten Vertreter der russischen Obersten Heeresleitung bekanntzugeben und über die Möglichkeit des Abschlusses eines Waffenstillstandes zu verhandeln." Dabei würde es

sich jetzt nicht um Vorschläge zu einem Sonderfrieden handeln, sondern zunächst um die vorläufige Einstellung der Feindseligkeiten, also um die „Erfüllung eines Wunsches, der aus den Reihen der russischen Armee in der letzten Zeit an zahlreichen Stellen uns übermittelt worden ist und der vom deutschen Volk und seinen Verbündeten geteilt wird". Für den Fall der Annahme dieses Vorschlages war Generalmajor von Winterseldt durch

Generalfeldmarschall von Hindenburg für die Verhandlungen bevollmächtigt und der Text eines Waffenstillstands-Vertrages von der Obersten Kriegs-

leitung entworfen worden. Nach Eintritt völliger Waffenruhe sollte in der

Versuch zu Waffenstillstands-Verhandlungen zu kommen.

499

Stärke der beiderseitigen gegenüberstehenden Kräfte nichts mehr geändert werden. Cin Ablösen von Truppen und die Änderung ihrer Unterbringung aber sollte vorbehalten bleiben. Das Schreiben wurde von einem russischen Armee-Deputierten entgegen- Bis 22. Mai. genommen, da General Dragomirow — wie es hieß — die Annahme ver¬

weigere'). Eine Antwort kam nicht und ebensowenig auf ein Schreiben an die russische 4. und 6. Armee, durch das bei der Heeresgruppe Mackensen am 22. Mai nochmals versucht wurde, die Verbindung mit den höheren Kom-

mandostellen aufzunehmen. Inzwischen hatten sich aber bereits am IS. Mai die ö st e r r e i ch i s ch -

ungarische Heeresleitung und ebenso General von Geeckt emeut dafür eingesetzt, daß jetzt, da die obere russische Führung anscheinend nicht zu Verhandlungen bereit sei, der Augenblick gekommen wäre, mit den vorgeschlagenen Waffenstillstands-Verhandlungen an der gesamten Front unmittelbar an die russischen Truppen heranzutreten. Die Oberste Kriegsleitung war auch damit einverstanden und gab nunmehr gewisse

Unterlagen für spätere Friedensverhandlungen für die Frontpropaganda frei. Gleichzeitig entschloß sie sich, bei der französischen Frühjahrs-Offensive gefangengenommene russische Soldaten, die über die Behandlung in Frank-

reich schwere Klage führten, durch die russischen Linien in ihre Heimat zu

entlasten. Die Besprechungen an der Front wurden zusehends seltener und schwie-

riger. Dazu entsandte Nachrichten-Offiziere wurden als Gefangene festgehalten. Russische Scharfschützen und Iagdkommandos suchten die Ver-

brüderung zu verhindern. Aus Abhörergebnissen ging hervor, daß für das Zurückhalten deutscher Unterhändler Geldbelohnungen ausgesetzt waren. Selbst die russischen Soldatenkomitees wandten sich jetzt an vielen Stellen gegen die Schützengraben-Vesprechungen. Nur noch Zeitungs- und BriefPropaganda blieb allgemein möglich.

c) Weiterentwicklung der Lage seit dem Auftreten des Kriegsministers Kerenfki. Nachlassen der Propaganda-Wirkung im Mai. Unverkennbar hatten die Anstrengungen der Entente, das russische Heer zur Entlastung anderer Kampffronten zum Widerstand zu veranlassen, sich seit Anfang Mai verstärkt. Die sozialistifche Richtung, die Anschluß an die ') Cr war inzwischen Oberbefehlshaber der Nordfront geworden und tatsächlich

gar nicht mehr in Dünaburg. 32*

500

Der Krieg im Osten.

westliche Demokratie suchte und durch Sieg den Frieden zu erreichen hoffte, hatte die Oberhand gewonnen gegenüber der extrem kommunistischen. Die russischen Führer schienen ihre Truppen mehr und mehr wieder in die Hand zu bekommen. Die Bearbeitung der Soldaten durch ihre Vorgesetzten schien Früchte zu tragen. Russische Gegenpropaganda versuchte sogar auf die Truppen der Mittelmächte zersehend zu wirken. is. Mai.

Am 16. Mai war die Führung des Krieges, wie man erfuhr, in die

Hand von Kerenski gekommen, der wohl öffentlich für „Frieden ohne Annexionen und Entschädigungen" eintrat, aber keine Niederlage wolle, sondern den Sieg. Als Kriegsminister habe er diktatorische Vollmachten und suche mit äußerster Tatkraft das Heer aus seiner Erschlaffung aufzurütteln. Deputierte der Arbeiterausschüsse erschienen an der Front, um bei den Soldatenkomitees im Sinne der Wiederherstellung der Disziplin und der Notwendigkeit einer großen Offensive zu wirken. Äußerungen Kerenskis

fanden Verbreitung, daß demnächst an verschiedenen Frontteilen Angriffe stattfinden sollten, die infolge ungeheuerer Artillerieüberlegenheit ohne große Verluste den Sieg bringen würden; das sei die einzige Möglichkeit, zum Frieden zu kommen. Auch die russische Presse warnte vor der Zerrüttung der Armee. In einem Zeitungsartikel vom 7. Mai, „Deutsche Siege", hatte

es geheißen, daß die Deutschen wohl ihre Gewehre schweigen ließen, aber sie hätten eine andere Waffe in der Hand, die „Verbrüderung". Das russische Heer sei in einen Schraubstock hineingezwängt; im Rücken wie an der Front suche man es zur Verbrüderung mit dem Feind zu überreden. Die MahnWorte Hindenburgs und Lenins seien die gleichen; wenn auch ihre Ziele ver¬

schieden seien, so würden doch für Rußland die Ergebnisie die gleichen sein. Dann wurde ein Tagesbefehl des Generals Brussilow angeführt: „Anter dem Schein des Wohlwollens und des aufrichtigen Gefühles der

Brüderschaft verbirgt der Feind seine provokatorische Tätigkeit, die unsere Soldaten als gutgemeint hinnehmen, die aber zu den traurigsten Folgen für uns führen kann"; mit dem Zerfall des Heeres würde auch das Reich auseinanderfallen, das Volk würde vom Feinde erniedrigt und geknechtet werden;

den Deutschen würden unblutige Siege geschenkt. Es war hiernach klar, daß in der Wirksamkeit der deutschen Propaganda W. Mai.

ein Wendepunkt eingetreten war. Sie sollte trotzdem weitergeführt werden. Der Oberbefehlshaber Ost gab am 26. Mai folgenden Befehl:

„Die Grundlagen der Propagandatätigkeit haben sich durch eine zur Zeit sehr kräftige feindliche Gegenwirkung und durch einzelne Mißgriffe und bedauerliche Ungeschicklichkeiten völlig verschoben. Während es anfangs die Russen waren, von denen der Wunsch nach Waffenruhe und Unterhand¬ lungen ausging, ist in den letzten Tagen von unserer Seite die Propaganda

Auftreten Kerenskis. Nachlassen der Propaganda-Wirkung.

501

stellenweise in einer beinahe aufdringlichen Art betrieben und die nötige Vor-

ficht außer acht gelasien worden. Die Festnahme mehrerer Offiziere und Dolmetscher sowie blutige Verluste waren die Folge. Die Russen versuchen

offenbar, durch besonders geschickte Verhandlungsführer unsere Nachrichtenund Dolmetscher-Offiziere zu unklaren und für die Gegenpropaganda nütz-

lichen Angaben herauszufordern." Größte Vorsicht bei der Propagandatätig¬ keit sei daher notwendig. Entsendung von Unterhändlern in die feindlichen

Gräben bedürfe in jedem Falle der ausdrücklichen Genehmigung ihrer Heeresgmppe, vor Verhandlungen mit höheren Stäben sei die Genehmigung des Oberbefehlshabers Ost einzuholen. Verhandlungen von Graben zu Graben blieben unter den nötigen Vorsichtsmaßregeln gestattet. „Cs kommt darauf an, daß unsere Propaganda dort, wo sie Fuß gefaßt hat, den Voden nicht wieder verliert ... Es ist vorauszusehen, daß dadurch auch zunächst der persönliche Propagandaverkehr eine Einschränkung erleiden wird. Um so mehr muß die schriftliche Propaganda (durch Zeitungen, Vriefverkehr und Vriefübermittelung an russische Angehörige im besetzten Gebiet) ausgebaut werden. Gleichzeitig muß unser taktisches Verhalten den Willen erkennen lassen, Waffenruhe zu halten und die Kampftätigkeit auf Vergeltung zu

beschränken." Auf einen etwas anderen Standpunkt stellte sich der ö st e r r e i ch i s ch -

ungarische General st abschef, General von Arz. Cr schrieb am 28. Mai an den österreichisch-ungarischen Minister des Äußeren: „Die

Mittel der verbündeten Armeen zur Fortsetzung der Friedenspropaganda

sind nunmehr erschöpft." Erhöhter Einfluß der russischen Offiziere lasse es „ratsam erscheinen, nunmehr die großzügige militärische Propaganda, die verbraucht ist, fallen zu lassen und sich wieder auf die Frontpropaganda kleineren Stils zu beschränken"'). Es blieb aber einstweilen bei dem bisherigen Verfahren.

Einer ursprünglich von russischen Unterhändlern ausgehenden Anregung folgend, entschloß sich die O b e r st e K r i e g s l e i t u n g zu einem neuen

Versuch, zu einer Funk-Propaganda durch gleichzeitige Sendung eines mit „Der Oberbefehlshaber der Ostfront" unterzeichneten aufklärenden Aufmfs „An Alle" an der gesamten Front der Verbündeten. Der gleiche

Aufruf sollte auch als Flugblatt und im „Russkij Westnik" verbreitet werden. Im übrigen sollte versucht werden, die Kluft zwischen russischer Führung und Fronttruppen wieder zu erweitern. Klar sollte ausgesprochen werden, nur bevollmächtigten Vertretern Rußlands könnten die Bedingungen der Mittelmächte für einen für beide Teile ehrenvollen Frieden übermittelt werden, Einzelheiten seien aber nicht Sache der Soldaten, sondern der beiderseitigen 0~Öftrn. amtl. Werk, Bd. VI, S. 221.

28. Mai.

502

Der Krieg im Osten.

Regierungen. Einmischung in innerrussische Verhältnisie sei nicht beabsichtigt; ebenso müsse jedoch verlangt werden, daß auch Rußland sich nicht in die inneren Verhältnisie der Mittelmächte einmische. Bei Gesprächen mit russischen Soldaten sollte immer wieder betont werden, daß unsere Friedensbedingungen sich verschärfen müßten, je länger wir gezwungen würden, zu

kämpfen. Militärische Lage und Propaganda bis Mitte Juni. Ma«.

Die durch die russische Revolution geschaffene Lage hatte inzwischen gestattet, in zunehmendem Maße abgekämpfte Truppen der Westfront wie auch der italienischen Front durch Verbände der Ostfront abzulösen') und auch Materialreserven vom Osten nach dem Westen zu verschieben. Dem Chef der Operationsabteilung I der Ober st en Heeresleitung,

Major Wetzell, schien es allerdings noch verfrüht), auf Rußlands Zu¬ sammenbruch weitgehende Hoffnungen aufzubauen. Die Oberste Heeresleitung, so urteilte er, müsse unbedingt den ungünstigsten Fall einsetzen, daß nämlich der jetzige latente Zustand andauere und nach wie vor starke Kräfte binde; selbst bei einem Waffenstillstand würden solche nur ganz allmählich frei werden, da bei dem russischen Chaos jederzeit mit plötzlichem Wechsel und neuer Lage gerechnet werden müsse. Vei der Heeresgruppe Mackensen boten die warmen Maitage mit Temperaturen bis zu 28 Grad endlich die Möglichkeit, den Aus¬ bau der Stellungen einigermaßen vorwärtszubringen. Mangel an Holz und Material für Vetonbauten machte sich aber weiter fühlbar. Seit Monats-

anfang war erhöhte Fliegertätigkeit infolge Zuteilung französischer und eng¬ lischer Flieger beim Feinde zu bemerken gewesen. Größere Bewegungen, namentlich vor dem Nordflügel der 9. Armee, schienen mit der Neuordnung der russischen Verbände zusammenzuhängen. Am 15. Mai aber war die Heeresgruppe doch der Ansicht, daß dort eine neue Offensive beabsichtigt sei.

Auch im Abschnitt Galaz—Nanesti glaubte man Angriffsvorbereitungen zu erkennen. Damit stimmte ein aufgefangener Funkspruch des italienischen Botschafters in Petersburg überein, nach dem der russische Höchstkommandierende zwischen dem 20.und 30. Juni eine Offensive in Rumänien plane; allerdings wurden dabei einige Zweifel in den moralischen Zustand des

Heeres gesetzt. Am 26.Mai wurde der an die Gruppe Gerok der ö.-u. I.Armee an-

schließende wichtige linke Flügelabschnitt der 9. Armee durch Ablösung einer ') Beil. 26. — -) Denkschrift vom Mai (S. 549).

Lage an der Front.

503

österreichisch-ungarischen Division ganz von deutschen Tmppen übernommen. Generalfeldmarschall von Mackensen meldete aber, daß weitere

Abgaben zur Zeit nicht möglich seien; die schon jetzt stark gespannten Verhältnisse würden erst gemildert, wenn die überwiesenen abgekämpften Divisionen wieder volle Kampfkraft gewonnen hätten. An der Heeresfront Erzherzog Josef hatten in den ersten Tagen des Mai noch vergebliche feindliche Vorstöße gegen die Gmppe Gerok stattgesunden. Bemerkenswert war, daß diese Angriffe von Truppen

ausgeführt wurden, die bisher durch Unterhandlungen mit deutschen Truppen nicht beeinflußt waren. General vonSeeckt hatte aber den Eindruck, daß die Russen zu einem Angriff großen Stiles noch nicht wieder fähig seien. Dagegen war die ö.-u. 1. Armee Mitte Mai der Auffassung, daß mit einer

Offensive der Rumänen zu rechnen sei unter Mitwirkung der anschließenden russischen Truppen, mindestens bis zum Ojtoz-Abschnitt; die rumänischen

Truppen seien völlig in der Hand ihrer französischen Führung. Um so mehr müsse die Propaganda bei den russischen Verbänden zielsicher durchgeführt werden. Vor der ö.-u. 7. Armee waren nirgends Angriffsabsichten zu er-

kennen, vielmehr schien sich der Feind hier zugunsten der galizischen Front geschwächt zu haben. Der Austausch von Tmppen durch abgekämpfte Divisionen minderte aber auch hier die Kräfte. Zudem hatte der schwere Winter im Gebirge den Pferdebestand derart mitgenommen, daß teilweise Unbeweglichkeit der österreichisch-ungarischen Artillerie die Folge war. AnderFrontdesOberbesehlshabersOst war zu Beginn des Monats Mai bei der Heeresgruppe Vöhm-Crmolli, namentlich vor der Deutschen Südarmee, eine erhebliche Verstärkung der feindlichen Fliegerkräfte festgestellt worden. Hier und im nördlich anschließenden Abschnitt Zloczow lebte allmählich die Gefechtstätigkeit der Russen wieder auf. Auch vor der Heeresgruppe Linsingen zeigten sie sich gegen Monatsende wieder reger. Vor der Heeresgruppe Woyrsch schienen Anfang Mai die Verhältnisse sich wieder zu ordnen, die Truppen wieder in der Hand der Führung zu sein. Auch die russische Infanterie wurde wieder kampflustiger. Transporte an dieser Front entlang nach Norden vor die Front der Heeresgruppe Eichhom dauerten an. Hier war die feindliche Tätigkeit bei Smorgon—Düna¬ burg, bei Iakobstadt und westlich von Riga lebhaft. Die feindlichen Truppenanfammlungen bei Smorgon blieben bestehen. Namentlich vor der 8. Armee hatte sich die Zahl der Flieger und Flugabwehrbatterien erhöht; auch machte sich in den letzten Wochen des Mai vor Riga lebhaftere feindliche Feuertätigkeit aller Waffen bemerkbar. Neger Verkehr hinter dieser Front und

erhöhte Arbeitstätigkeit wurden beobachtet und als unzweideutige Zeichen russischer Angriffsabsichten angesehen.

504

End« Mai.

Der Krieg im Osten.

Am 31. Mai beurteilte der Oberbefehlshaber Ost die Lage dahin: „Die

russische Feuertätigkeit ist auch an Frontteilen, wo seit Ostern nahezu völlige

Waffenruhe bestand, aufgelebt... Auch die Tätigkeit der russischen Infan¬ terie ist durchweg lebhafter geworden; es blieb aber, abgesehen von zweck¬ losem Infanterie- und Maschinengewehrfeuer, bei kleinen und erfolglosen

Patrouillenunternehmungen. Die bisher genannten Angriffstage (28. Mai bei Riga und 29. Mai im Abschnitt Lipa)^ haben, wie zu erwarten, einen

Angriff nicht gebracht. Auch der vor der Südarmee genannte Angriffstermin, 7. Juni, ist unwahrscheinlich. Glaubhafter klingt eine Nachricht aus guter Quelle, daß der Angriff auf Ende Juni—Ansang Juli verlegt worden ist. Das würde im Einklang stehen mit den Eindrücken der Front, wonach die

russische Infanterie im allgemeinen noch nicht als angriffsfähig angesehen wird. Vielleicht erhoffen die Russen von der Frontreise Kerenskis einen

Umschwung. Als wahrscheinliche Angriffsräume kommen jetzt folgende Abschnitte in Betracht: Südarmee, Abschnitt Zloezow, Vrody, westlich Luck, Smorgon, Riga. Dort mehren sich die Beobachtungen, die als AngriffsVorbereitungen angesprochen werden können. Dort sind auch die allgemein gesteigerte russische Fliegertätigkeit und das Flakfeuer besonders stark." Auch General Ludendorff rechnete jetzt wieder mit der Möglichkeit größerer russischer Offensivunternehmungen und hatte der österreichisch-ungarischen Heeresleitung gegenüber daher schon am 27. Mai Bedenken gegen weitere Schwächung der Ostfront geltend gemacht. A»fa«g Juni.

Anfang Juni berichtete die Abteilung Fremde Heere der Obersten Heeresleitung über die Wirkung der Frontpropaganda:

„Die Gegenwirkung gegen unsere Propaganda ist stärker geworden, sie beweist die Nützlichkeit unserer Bestrebungen und zeigt, wie unangenehm sie den russischen Führern sind. Die Gegenpropaganda hat zwar das Mi߬ trauen der russischen Soldaten gegen uns neu belebt, sie hat aber auch eine große Verwirrung in den Köpfen der Soldaten hervorgebracht und das Ver¬

hältnis zwischen Offizieren und Mannschaften verschlechtert. Gelingt es unserer Propaganda, die Friedenssehnsucht im russischen Soldaten wachzu¬ halten und sein Vertrauen zu erringen, so wird sie trotz der starken Gegen¬ wirkung in der Lage sein, den Zustand stillschweigend vereinbarter Waffen¬

ruhe aufrechtzuerhalten bzw. herbeizuführen." Als am 3. Juni die vorbereitete F u n k p r o p a g a n d a an der ge¬

samten Ostfront aufgenommen wurde, antwortete der russische Arbeiter- und Soldatenrat mit einem Aufruf an das Heer, in dem ein „Sonderfriede mit dem Kaiser ... mit Entrüstung abgelehnt" wurde. ') Agentennachrichten und Gefangenenaussagen.

Anzeichen bevorstehender russischer Offensive.

505

Auch bei der rum änis ch en Armee wurde jetzt mit planmäßiger

Propaganda der Anfang gemacht. In den hierfür bei der Obersten Heeresleitung ausgearbeiteten Richtlinien wurde auf die Pläne des Obersten

Sturdza') hingewiesen, der als rumänischer Edelmann zum Wohl seines Vaterlandes gehandelt habe und noch handele. Die Truppe wurde aufgefordert, nicht weiter für die Entente Kriegsdienste zu leisten. General von Geeckt war am 10. Juni der Ansicht, daß diese Propaganda bereits anfange, auf die Rumänen zu wirken.

Der Monat Juni brachte nun aber die Frontreife der Kriegsministers

Kerenski, der in zündenden Ansprachen die russischen Truppen zu Disziplin und neuer Angriffslust anspornte. General Alexejew war als Höchstkommandierender durch General Vrussilow ersetzt worden. Es wurde ange-

nommen, daß durch diesen der Offensivgedanke energischer und rücksichtsloser vertreten würde. Sowohl bei der russischen Heeresleitung wie bei den zur Zeit maßgebenden Regierungsstellen war der Wille zu neuer Offensive also

offensichtlich vorhanden. Ob die Masse der russischen Infanterie folgen würde, war abzuwarten. Jedenfalls nahm aber im Verlauf des Juni die Gefechtstätigkeit weiter zu, namentlich an der Front der Heeresgruppe VöhmErmolli. Seitens der Mittelmächte unterlagen auch weiterhin alle KampfHandlungen noch Beschränkungen. So hieß es in einem Vesehl des Oberbefehlshabers Ost vom 7.Juni: „Jede Kampfhandlung soll die Ver-

geltung für eine russische Kampfhandlung sein. Möglichst nach jeder KampfHandlung ist den Russen bekanntzugeben, daß es sich um eine Vergeltung

ihrer eigenen Kampftätigkeit handelt." Man war auch keineswegs gewillt, wegen etwaiger feindlicher Angriffe an einem Frontteil die ganze Propaganda einzustellen. Vielmehr sollte dann an allen anderen Fronten in der deutschen Propaganda darauf hingewiesen werden, daß die russische Kampftätigkeit und die Angriffsvorbereitungen vor der Heeresgruppe Vöhm-Ermolli im österreichischen Galizien mit den rusfischen Erklärungen und Wünschen nach einem Frieden ohne Annexionen2) nicht vereinbar seien. Als sich aus Frontunterhaltungen ergab, daß mit baldiger Abtrennung der ukrainischen Truppenteile von den großrussischen zu rechnen und daß bei den Ukrainern der Friedenswille besonders stark aus-

geprägt sei, wurde versucht, diese Gegensätze durch ein Flugblatt zu vertiefen. Auch die Verschiedenheit der russischen Interessen von denen der Entente wurde den russischen Soldaten durch periodisch erscheinende Zeitungen immer wieder vor Augen geführt. Alle derartigen Druckschriften wurden von den ~7) Vd. XI, S. 396. 2) S. 494 und 500.

7.Z«nt.

506

I«»t.

Der Krieg im Offen.

Russen auch weiterhin abgeholt oder im Verkehr von Graben zu Graben beim Tauschhandel und Auswechseln von Briefen verteilt. Der Briefwechsel wurde

auf russische Kriegsgefangene in Deutschland ausgedehnt. Unterdessen aber mehrten sich die Anzeichen dafür, daß die große russische Offensive tatsächlich zur Ausführung kommen werde. Die Feuertätigkeit des Gegners nahm zu. Immer deutlicher zeichnete sich die Front der deutschen Südarmee sowie der beiderseits anschließenden österreichisch-ungarischen Armeen und damit Lemberg als Ziel des russischen Hauptangriffs ab. Mitte Juni begann die Oberste Kriegsleitung, die Verstärkung der Ostfront vor¬

zubereiten. 2. Das russische Anfang März.

^8. bis

und die Revolution.

In den ersten Märztagen war General A l e x e j e w von seinem

Krankheitsurlaub zurückgekehrt und hatte die Geschäfte des Generalstabschefs wieder übernommen. Am 8. März begannen Unruhen in Petersburg,

ri'am12.wurden die aufständischen Arbeiter und die zu ihnen übergegangenen Truppen bereits Herren der Stadt. Am 13. März liefen in Mogilew die ersten amtlichen Nachrichten über die ausgebrochene Revolution ein und wurden von diesem Zeitpunkte ab auf dem Dienstwege auch den Tmppen laufend bekanntgegeben. Man hielt das für nötig, um die Soldaten, die unter der Wirkung von Nachrichten aus der Etappe und von Berichten zurück¬ kehrender Urlauber zum Teil schon von allgemeiner Unzufriedenheit erfaßt waren, rechtzeitig beeinflussen und dadurch in der Hand behalten zu können. Die unter einem früheren „Kadetten"-Führer, Fürst Lwow, neu gebildete Provisorische Regierung mit Gutschkow als Kriegsund Marineminister verlangte die Abdankung des Zaren und drohte im Falle der Weigerung, die Zufuhr von Verpflegung und Munition für das Heer zu unterbinden. General A l e x e j e w, der schon bisher in engstem Zu¬

sammengehen mit den Westmächten, aber auch in einem mehr liberalen Regiment im Innern das Heil des Reiches gesehen hatte, riet zur Thront5.März, entsagung. Nach einigem Zögern dankte der Zar am 15. März ab und entband die Truppen ihres Eides. Zu seinem Nachfolger als Oberstem Befehlshaber des Heeres bestimmte er den Oberbefehls-

Haber der Kaukasus-Front, Großfürsten Nikolaus Nikolajewitfch, der diese Stelle bis zum Herbst 1915 bereits innegehabt hatte. Neben der Provisorischen Regierung, die mit den Westmächten inniges Einvernehmen zu halten suchte und gewillt war, den Krieg bis zum siegreichen

Das russische Heer und d-ie Revolution.

507

Frieden fortzusetzen, hatte sich ein Rat der Arbeiter- und Soldaten-Abgeordneten gebildet, der bald die Macht an sich riß und verlangte, daß alle Verfügungen an das Heer und an militärische Behörden von seiner Zustimmung abhängig sein sollten. So hatte schon am Tage vor der Abdankung des Zaren der Petersburger Arbeiter- und Soldatenrat den „Befehl Nr. 1"') an die Soldaten des Standortes zur sofortigen Ausführung und an die Arbeiter zur Kenntnisnahme ausgegeben. Cr enthielt die Ve-

stimmung, bei allen Truppenteilen aus gewählten Vertretern Komitees zu bilden und auch Vertreter in den Arbeiterrat zu entsenden. Die Truppenteile sollten sich in politischer Beziehung dem Rat der Arbeiter und Soldaten und ihren Komitees unterordnen, alle Mißverständnisse zwischen Offizieren und Soldaten sofort zur Kenntnis der Komitees bringen und nur solche Befehle der „Kriegskommission der Reichsduma" ausführen, die den Vefehlen und Erlassen des Arbeiter- und Soldatenrats nicht zuwiderliefen. Dieser Befehl fand im ganzen Lande und auch an der Front, ohne daß Provisorische Regierung oder Heeresleitung es zu hindern vermochten, weiteste Verbreitung. Mit ihm zogen die politischen Leidenschaften in die Truppen ein und untergruben die Stellung der Offiziere. Am 24.März wurde Großfürst Nikolaus Nikolajewitsch, ohne die

März.

Stellung als Oberster Befehlshaber wirklich übernommen zu haben, auf Drängen des Arbeiter- und Soldatenrates wieder abgesetzt. General A l e x e j e w wurde sein Nachfolger. Cr hatte sich dem Kriegsminister gegen-

über schon am 22.März sehr deutlich über die dauernd abnehmende Kampffähigkeit des Heeres geäußert und dabei darauf hingewiesen, daß die Deut-

schen vor der Nordfront Angriffsvorbereitungen träfen. Petersburg sei bedroht; der Verlust der Hauptstadt aber, in der die hauptsächlichste Munitionserzeugung zusammengedrängt war, bedeute an sich schon „unsere Niederlage, das Ende des Krieges, blutigen Bürgerkrieg und das Joch Deutschlands". Er hielt es daher für unabweislich, das Heer wieder kämpffähig zu machen, die Disziplin in der Truppe und bei den Volksmassen wieder aufzurichten, das Vertrauen der Soldaten zum Offizier wieder zu festigen und nicht weiter Nachsicht zu zeigen gegenüber dem zersetzenden Einfluß des Arbeiter- und Soldatenrates. Die Sorge um Petersburg') gab Veranlassung, die Nordfront mit Tmppen von der West- und Südwestfront zu verstärken. Zwei Divisionen waren bereits von Molodeezno in den Raum von Riga in Marsch

gesetzt, zwei Korps von Tarnopol und Proskurow nach Dünaburg folgten am 28. März. Auch innerhalb der Nordfront erfolgten Umgruppierungen 28. M»r,. ') 3. N. Daniloff, „Dem Zusammenbruch entgegen", S. 171. — 2) Vgl. S. 486.

508

Der Krieg im Osten.

28. März, und Truppenanhäufungen bei Dünaburg. Der völlig hoffnungslose Zustand der Ostsee-Flotte, die von den Wirkungen der Revolution besonders schlimm mitgenommen war, und Nachrichten über deutsche Absichten gegen Ssel führten daneben zur Verstärkung der mit der Verteidigung des MoonSundes betrauten Streitkräfte und zwangen, auch Finnland, das nur schwache Besatzung hatte, in den Kreis der Sicherheitsmaßnahmen einzubeziehen. Unter

diesen Umständen hielt der Oberbefehlshaber der Nordfront, General Rußki, die anrollenden Verstärkungen für unzureichend und bat um Uberweisung eines Armee-Oberkommandos zu einheitlicher Leitung der Verteidigung an der Seefront nördlich von Riga und in Finnland sowie von noch vi?.r weiteren Korps. Gleichzeitig schlug er aber auch vor, bei günstiger Gelegenheit den Schwerpunkt der künftigen Operationen an die Front Riga—Dünabürg—Molodeezno zu verlegen. General Alexejew entschied jedoch am 29. März. 29. März, daß die der Nordfront zur Verfügung stehenden Truppen, die mehr als doppelt so stark wie ihr Gegner waren, völlig ausreichend seien, und lehnte auch ab, den Operationsplan zu ändern. 2. April. In einer Denkschrift vom 2.April zeichnete der Generalquartiermeister, General Lukomski, abermals ein trostloses Bild der Verhältnisse: Die Q3et--

pslegungsvorräte der Intendantur reichten nicht einmal für den täglichen Bedarf, an die Bildung von Vorräten an der Front war nicht zu denken, die

Brot- und Fleischportionen mußten herabgesetzt werden. Die Munitions-, Gewehr- und Geschützherstellung litt unter dem Mangel an Kohlen und

Metall sowie unter der Zerrüttung des Transportwesens. Truppenverschiebungen mit der Bahn waren undurchführbar. Infolge der Gärung bei den Ersatztruppenteilen war die Mannschaftsergänzung für die Front in den nächsten Monaten in Frage gestellt. Ähnlich stand es mit dem Pferdeersatz, da jegliche Aushebung von Pferden aufgehört hatte; gleichzeitig waren aber auch die Hafer- und Heurationen gekürzt worden. Die Stimmung von Offizieren und Mannschaften sank weiter, die Fahnenflucht nahm zu. Bei der Ostsee-Flotte bestand keine Hoffnung, die verlorengegangene Kampffähigkeit in absehbarer Zeit zurückzugewinnen. xApril.

Dazu kam die schwere Niederlage im Bereich der 3. Armee am 3. April bei Toboly. Sie brachte mehr als 12 000 Mann Verluste, hauptsächlich Ver¬

mißte, und führte dazu, daß dort alle höheren Führer ihrer Stellung enthoben wurden. Der Kriegsminister ordnete eine eingehende Untersuchung an.

Trotz alledem hielt General Alexejew an der den Westmächten gegebenen Zusage einer großen Offensivoperation fest. Da aber das Heer unter den gegebenen Verhältnissen bestenfalls in drei bis vier Monaten operationsbereit sein konnte, wollte er den Beginn auf Anfang Juli ver-

Operative Pläne und Maßnahmen der russischen Heeresleitung.

509

schieben und bis dahin etwaigem feindlichen Angriff nur rein defensiv be-

gegnen. Die Unterstützung der englisch-französischen Offensive sollte einstweilen auf demonstrative Unternehmungen beschränkt werden. An der Kaukasus-Front waren die in Persien begonnenen Operationen weiterzuführen. Das Drängen des Oberkommandos der Nordfront auf Verstärkung, der immer weiter um sich greifende Verfall des Heeres, der sich unter anderem

in der Weigerung ganzer Truppenteile äußerte, Gefechtsbefehlen nachzukommen, die begonnene Verbrüderung mit den Gegnern an der Front und schließlich der Inhalt von Berichten, die von den Fronten einverlangt waren, um die Bedeutung der revolutionären Bewegung wie auch der schlechten

Versorgungslage aus die militärischen Entschlüffe zu klären, veranlatzten General Alexejew am 12. April, eine Weisung zu erlassen, die folgende i?. April. Hauptpunkte enthielt: „Das Festhalten am Angriffsgedanken ist um so not-

wendiger, als der Gegner durch Verkürzung seiner Westfront bedeutende Reserven frei gemacht hat und mit diesen gegen uns offensiv werden kann, um den Schwächezustand auszunutzen, den er bei unserem Heere und Reiche voraussetzt. Ansere Verbündeten haben am 9. April entscheidende Operationen gegen die Deutschen an der Westfront begonnen. Anter Berück-

sichtigung der gegenwärtigen Lage, des Zustandes des Heeres und seiner Versorgung sowie unserer Verpflichtungen den Verbündeten gegenüber" war er entschlossen, an dem Grundgedanken der Offensive festzuhalten und unter

günstigen Verhältnissen möglichst Mitte Mai „eine Reihe von Angriffen" auszuführen. Sollte der Gegner mit dem Angriff zuvorkommen, so beabfichtigte er sogar, an allen Fronten, mindestens aber an zweien, an denen die

Vorbereitungen am weitesten vorgeschritten sein würden, sofort zur Offensive uberzugehen. Die Fronten mußten dabei aber mit den Kräften auskommen, die sie gerade zur Verfügung hatten; nur der Nordfront wurde noch eine, wenn auch geringe Verstärkung von der Kaukasus-Front zugesagt. Diesen Plänen stimmten die Oberbefehlshaber der Fronten, die an-

scheinend zur Stellungnahme aufgefordert wurden, nur teilweise zu. Während General Rußki als Oberbefehlshaber der Nordfront für die nächsten Monate

lediglich Vorbereitungen zu hartnäckiger Verteidigung treffen wollte, sprachen sich sowohl General Gurko, der inzwischen für General Cwert die Westfront übernommen hatte, wie auch General Brufsilow, der Oberbefehlshaber der

Südwestfront, für alsbaldige entschiedene Offensivoperationen aus. Ihrer Auffassung schloß sich General Alexejew nunmehr an, indem er darauf hinwies: Je geringer die Standhaftigkeit der Truppen wäre, um so mehr müffe man mit ihnen aktive Operationen führen. Dadurch unterstütze man am fühlbarsten die Verbündeten und trage zur Hebung der Stimmung bei. Je eher die Truppen wieder an die Kampfarbeit gewöhnt würden, desto schneller

510

12. April,

Der Krieg im Osten.

würden sie von den politischen Leidenschaften abgelenkt. Ende April folgte der bereits erwähntes Funkspruch an den englischen Oberbefehlshaber in

Frankreich, in dem russische Waffenhilfe mit allen zu Gebote stehenden Mit¬ teln zugesagt wurde, sobald es die Witterung erlaube.

Unterdessen hatte am 10. April Fürst Lwow unter dem Drucke des Rates der Arbeiter und Soldaten ein K r i e g s z i e l m a n i f e st in die Welt

hinausgehen lassen, das im Gegensatz zur Einstellung der bisherigen Regie¬ rung Eroberungen ablehnte und als Grundlage des Friedens das Selbstbestimmungsrecht der Völker verlangte. Mitte April war dann Lenin in Petersburg angekommen, wo er aber zunächst abgelehnt wurde, selbst vom

Arbeiter- und Soldatenrat. Immerhin wurde sein Eintreffen dem fran¬ zösischen Botschafter als „die schwerste Prüfung" dargestellt, die der russischen Revolution auserlegt werden könne'). Andererseits versuchten von England über Norwegen entsandte sozialistische Agitatoren im Sinne der Fortführung des Krieges zu wirken.

Diese Bemühungen übten auf die Entwicklung der Lage im Heere einst¬ weilen keinen merkbaren Einfluß. Ebensowenig war es der bereits im März

von der Regierung eingesetzten Kommission zur Resormierung des Heeres unter General Poliwanow gegenüber dem Druck des Arbeiter- und Soldatenrates gelungen, die dauernd sinkende Moral der Truppen für den Kampf Anfang Mai. wieder zu heben. Vis Anfang Mai hatte sich der innere Zustand des Heeres

durch die deutsche Propaganda und weiteres Eindringen politischer Einflüsse zusehends verschlechtert. Die Disziplinlosigkeit hatte infolge der Verhetzung der Soldaten gegen ihre Vorgesetzten vielfach so weit um sich gegriffen, daß man Offiziere festsetzte, verjagte und in einigen Fällen bei der Nordfront sogar ermordete. Die Zahl der Fahnenflüchtigen, die das Land durchzogen und den Vahnverkehr lahmlegten, schätzte man auf mehr als 1 20V 000S).

Der Zusammenbruch schien in bedrohliche Nähe gerückt. General Alexej e w bat den Kriegsminister dringend um Abhilfe. Vor allem verlangte er

neben der Wiederherstellung der Disziplin die Wiederheranziehung der Mannschaften, die sich eigenmächtig in die Heimat begeben hatten, und der entlassenen älteren Leute, ferner die Wiederaufnahme der gänzlich eingestellten Ergänzungstransporte und die Verbesserung der Zufuhr an Verpflegung und Futter. 1) S. 497. 2) Aufzeichnung des Botschafters vom 18. April 1917 (Palvologue, Bd. III, S. 396). -) Ebenda, S. 324.

Ausscheiden des Generals Alexejew.

SN

Kriegsminister G u t s ch k o w besaß jedoch nicht die Macht, hier durchzugreifen. Als er einer neuen „Verordnung über die Soldaten-

rechte" zustimmen sollte, die die Provisorische Regierung unter dem Einflusse des Arbeiter- und Soldatenrates veröffentlichen wollte, ohne das Urteil der militärischen Führer zu hören, trat er am 13. Mai von seinem Posten

».bis

zurück. Nachfolger wurde der bisherige Iustizminister, frühere sozialistische

17,9B9,7. Schiffahrt abzuschrecken, mußte unterbleiben, da die militärischen Voraus¬

setzungen für diese Unternehmung, wie Sicherung durch Luftaufklärung, sich nicht erfüllten, ebenso ein vorbereiteter Vorstoß in die Hoosden (Seegebiet zwischen Holland und England), um einem erwarteten Angriff englischer

Seestreitkräfte auf die flandrischen Häfen zu begegnen, der aber nicht stattfand. Neben Unternehmungen von Torpedoboots-Streitkräften in der Nord¬

see und Einsatz von Luftschiffen zum Angriff auf England') entwickelte sich eine lebhaftere Tätigkeit der See- und Luftstreitkräfte des Marinekorps gegen

den englischen Seeverkehr im Flandern-Gebiet. Durch Zuteilung einer Torpedoboots-Flottille der Hochseeflotte wurden die Flandern-Streitkräfte verstärkt. Sie hielten den Gegner durch erfolgreiche Angriffe auf feindliche Vewachungsstreitkräfte sowie Beschießung der Küstenplätze Margate (in der Themse-Mündung), Dünkirchen, Calais und Dover in Atem. Cr antwortete

mit gesteigerter Tätigkeit, insbesondere auch Luftangriffen auf die FlandernStützpunkte, ohne aber deren Verwendungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Die O st f e e war nach wie vor von deutschen Seestreitkräften beherrscht, die den Verkehr nach Schweden und damit vor allem die Zufuhr der für die

Rüstungsindustrie unentbehrlichen Erze sicherten. Der Zusammenbruch der russischen Ostsee-Flotte durch die Revolution erleichterte die Aufgabt). Der uneingeschränkte Unterseekrieg wurde am I.Februar mit einem Gesamtbestande von 105 Unterseebooten^) begonnen. Vis zum Mai einschließlich überstieg die Indienststellung von Neubauten die Verluste, mit 41 gegen 17 Voote. Von den vorhandenen Booten waren insgesamt jeweils gleichzeitig etwa 40 Voote im Handelskrieg tätig, im Juni stieg die Zahl auf 60; der Rest befand sich zu Instandsetzungen auf den Wersten oder zu

vorbereitenden Albungen auf ihren Stützpunkten. Reichlich zwei Drittel aller Voote wirkten von der Deutschen Bucht und der flandrischen Küste aus vor >) 6.533 s. 2) Die Lage im Schwarzen Meer ist im Zusammenhang mit der Kriegführung der Türkei behandelt (S. 529).

3) Verteilung:

Nordsee Flandern Februar 1. März

1. April I.Mai

1. Funi

46 52 54 56 59

23 31 33 34 31

Ostsee 10 7 5 7 8

und ein Untersee-Kreuzer

Adriat. Meer 23 24 25 26 27

Konstantinopel 3 3 3 3 3

Zu¬

sammen 105 117 120 126 129

Der Unterseekrieg.

539

allem gegen die auf England selbst fahrenden Schiffe, etwa ein Fünftel arbeitete im Mittelmeer, denn auch alle hier verursachten Schiffsverluste mußten sich schließlich in der Minderung des feindlichen Gesamt-Schiffsraumes fühlbar machen; einige wenige Voote standen in der Ostsee und im Schwarzen Meer. In einer Niederschrift der Obersten Heeresleitung vom 11. Mai ging man von der Annahme aus, daß England am 1. Februar 1917 eine Handels-

flotte von noch rund 19V- Millionen Vrutto-Register-Tonnen besaß, wovon

nach Abzug der Küstenschiffahrt (rund 272 Millionen Tonnen) und der sehr großen Zahl der für staatliche Zwecke (Transporte, Heeresversorgung, Wachtdienst usw.) requirierten Schiffe nur 7'/-Millionen Tonnen für den Güterverkehr verfügbar blieben. Es lagen aber auch Angaben aus englischer Quelle vor, die noch geringer lauteten. Um England zum Einlenken zu bringen, hielt es der Admiralstab sür ausreichend, wenn vom feindlichen und neutralen Schiffsraum, also nicht nur vom englischen, monatlich insgesamt rund 699 999 Tonnen, im ersten Monat etwas weniger'), in fünf Monaten also gegen 3 999 999 Tonnen, versenkt wurden, denn — so nahm er an — das Inselreich könne es aufs

äußerste nicht ankommen lasien. Auch die moralische und psychologische Wirkung von dauernden Schiffsverlusten^) war nach den schon bisher vorliegenden Nachrichten ernstlich in Rechnung zu stellen. Die bis zum Mai monatlich steigenden Versenkungsziffern, die sich aus den Meldungen der Unterseeboots-Kommandanten und sonstigen Nachrichten ergaben, wurden für Februar auf rund 789 999, März 869 999, April 1099999, Mai 879 999, zusammen etwa 3 699 999 Tonnen berechnet und übertrafen damit die gehegten Erwartungen erheblich3). Auch die aus dem Auslande weiterhin einlaufenden Berichte ließen die Hoffnung berechtigt

erscheinen, daß die erstrebte entscheidende Wirkung des Unterseekrieges, wenn auch noch nicht zum 1.Juli oder I.August, so doch im Laufe des Jahres erreicht werden würde. Wie man an maßgebenden Stellen die Wirkungen und Aussichten des

Unterseekrieges im einzelnen beurteilte, zeigt die oben erwähnte Denkschrift der Obersten Heeresleitung vom 11. Mai, wenn auch zu berücksichtigen bleibt,

daß sie ihrer Bestimmung entsprechend vielleicht bewußt zuversichtlich abge9 S. 83. — *) Vgl. S. 99.

3) S.83. — Hinter diesen Zahlen blieben die tatsächlichen Schiffsverluste (einschl. größerer Beschädigungen, die durchschnittlich etwa 10 v. H. ausmachten) um

reichlich 20 v. H. zurück (S. 83); sie betrugen im Februar 630 000, März 640 000, April 930 000, Mai 650 000, zusammen 2 850 000 Tonnen (Mitteilung der Kriegswiss. Abtlg.

der Marine).

540

11. Mai

Die Ereignisse zur See.

faßt ist'). In ihr waren die in der Dezember-Denkschrift des Admiralstabes

enthaltenen Voraussagen, den inzwischen vorliegenden Versenkungsmeldungen entsprechend, wie folgt weiter entwickelt:

»Im Februar/April sind etwa 1,7 Millionen Tonnen englischer Schiffe durch kriegerische Einwirkungen zerstört, also in drei Monaten 23 v. H. des dem Güterverkehr noch dienenden englischen Schiffsraumes. Man kann annehmen, daß der Verlust in sechs Monaten (bis 1. August) rund 50 v. 9).ausmachenwirb2).MittelzurAbhilfegibt es nicht: Die militärische Notwendigkeit verlangt immer neue Requisitionen; die Neu-

bauten erreichen noch nicht einmal die Ziffer des normalen, d.h. nicht durch den Krieg verursachten Abganges von Schiffen; die Einschränkung der Einfuhren kann nichts von Belang helfen; ebensowenig ist Amerika imstande, in einem irgend nennenswerten Umfange Schiffe zur Verfügung zu stellen.

Die amerikanischen Werften sind ohnehin schon überlastet. Wichtig ist auch der außerordentliche Arbeitermangel in Amerika.

Die obige Rechnung läßt nun noch außer acht, daß England durch den Verlust an Schiffen seiner Verbündeten, ja sogar durch den Verlust neutraler Schiffe unmittelbar getroffen wird, weil es angesichts des allgemeinen Mangels an Schiffsraum überall mit seinem eigenen Bestände einspringen muß. Als maßgebend muß man deshalb nicht die Zahl der englischen Handelsflotte, sondern die Zahlen des eng-

lischen Seeverkehrs (d.h. des gesamten auf England fahrenden Schiffsraums) einsetzen. Auf Grund der amtlichen englischen Angaben läßt sich berechnen, daß der Seeverkehr auf England im Januar 1917 von rund 9-/4 Millionen Vrutto-Register-Tonnen-Schiffen versehen worden ist, wovon etwa 2,36 Millionen Tonnen auf neutrale Schiffe entfallen. Im Februar/

April sind insgesamt 2,67 Millionen Tonnen versenkt worden, entsprechend 28 v. H. des englischen Seeverkehrs; in sechs Monaten (bis 1. August) 1) Die Denkschrift wurde an die Oberkommandos der Heeresgruppen und Armeen zur !lnterrichtung der höheren Stäbe bis zu den Divisionen sowie an die militärischen

Vertreter bei den Verbündeten verteilt, nachdem sie zunächst aller Wahrscheinlichkeit nach als Unterlage für eine vom Kaiser an Kaiser Karl zu erteilende Antwort () Vgl. S. 544, Anm. 3. 2) Dies Ziel ergibt sich aus den von der 7. Armee geforderten und am 30. Juni

eingereichten Angrifssberechnungen. 3) Ähnlich heißt es in dem noch zu erwähnenden Schreiben der Hgr. vom 28. Zum:

„Ich muß aber wiederholen, daß nach den bisherigen Erfahrungen und den vorliegenden Meldungen mit einer fortschreitenden inneren Zersetzung des französischen Heeres nicht gerechnet werden kann." Vgl. hierzu ferner die Denkschrift der Abt. Fremde Heere der O. H. L.: „Die Stimmung im französischen Heere und Volk" vom 30. Juni, in der solche

Entwicklung als möglich hingestellt wird.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz, Vorschlag für Angriff mit beschränktem Ziel. 557

haben. Der abwartenden Haltung der Obersten Heeresleitung setzte die Heeresgruppe entgegen: „Die Unklarheit der Lage macht es wünschenswert, jetzt das Gesetz das Handelns an sich zu reißen und durch starken Angriff mit beschränktem Ziel dem Feinde zuvorzukommen. So wird der Feind gezwungen, seine Kräfte da einzusetzen, wo die deutsche Heeresleitung es will." Der Angriff gelinge, wenn er eingehend vorbereitet und mit ausreichenden Mitteln geführt werde, aber nur die Oberste Heeresleitung könne beurteilen, ob nach der Gesamtlage Kräfte und Munition in erforderlichem Umfange zur Verfügung ständen. Dabei falle ins Gewicht, daß Verluste an Menschen und Material bei gelungenem Angriff erfahrungsgemäß weit hinter denen einer Abwehrschlacht zurückblieben'), wenn das Angriffsziel — nach den ver¬

fügbaren Angriffsmitteln und unter Berücksichtigung der Lage nach gelungenem Angriff — von vornherein klar begrenzt werde. Keinesfalls dürfe

der Vorstoß zu einer Abnutzungsschlacht führen, wie 1916 vor Verdun.

Nach der mißlungenen gegnerischen Frühjahrsoffensive werde ein deutscher Erfolg seinen Eindruck nicht verfehlen, jede Einbuße an Gefangenen und Material müsse die französischen Angriffsvorbereitungen empfindlich stören. Bei der 7. und 1. Armee könne der deutsche Angriff „bald und überraschend" erfolgen.

Diese „Beurteilung der Lage" wollte die Heeresgruppe, sofern die

Oberste Heeresleitung einverstanden fei2), ihren Armeen zugehen lassen, damit sie ermittelten, welche Kräfte sie äußerstenfalls freimachen könnten, um sie „der Obersten Heeresleitung zur Verfügung" zu stellen*). 7. und 1. Armee sollten die Möglichkeit „größerer Angriffe mit beschränktem Ziel" in ihren Abschnitten prüfen, um den Feind „zu schlagen und auch weiterhin starke Kräfte vor ihrer Front zu binden". Dann aber hieß es, offenbar im Zusammenhang mit der inzwischen verminderten Zuversicht zur raschen Wirkung des Unterseekrieges"): Für die „Frage, ob der Angriff zu führen ist oder nicht, wird neben der großen Lage die Wirkung des U-Boot-Krieges von ausfchlaggebender Bedeutung sein. ... Zwingen die U-Boote den Feind, die Cnt-

scheidung noch in diesem Jahr zu suchen, so scheint der Augenblick zum Zufassen gegeben. Können unsere Gegner aber wirtschaftlich den Winter überdauern, so wird die Notwendigkeit mitsprechen, ausreichende Kräfte zur Ab') Vgl. ®. 543 (Brief des Gen. von Gallwitz). 2) Dieses Einholen des Einverständnisses zu einer Maßnahme, zu der die Hgr. an sich ohne weiteres berechtigt war, läßt vermuten, daß über die Angriffsabsichten Mischen O. H. L. und Hgr. bereits gesprochen, aber keine Einigkeit erzielt worden war. 3) Damit war gesagt: Also gegebenenfalls auch zur Verwendung an anderer Stelle. 4) Vgl. S. 577.

558

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

wehr einer späteren, mit weit verstärkten Massen und Mitteln geführten

Offensive bereitzustellen. Diese Frage, sowie die Gesamtlage im großen, im Felde und in der Heimat, vermag ich nicht zu übersehen".

2«.Juni.

In einer Denkschrift des Majors Wetzell vom 20.Juni, in der die Fragen der künftigen Gesamtkriegführung erörtert wurden'), hieß es über die Verhältnisse an der Westfront nur: „Im Westen steht eine starke englische Durchbmchsoffensive in Flandern erneut bevor. Der Franzose wird sie vielleicht durch Teilangriffe unterstützen. Es ist aber auch möglich, daß er nach dem schweren Mißerfolg seines Aisne/Champagne-Durchbruchsversuches unter dem Druck der Mißstimmung im Heer und Volk frische Kräfte für später sammelt und dem Engländer allein für die allernächste Zeit das Feld der Kampfbetätigung überläßt. Unsererseits auf der West¬

front Offen fiv-Unternehmungen grötzeren Stils zu versuchen, kann aus vielerlei Gründen nach wie vor nicht empfohlen werden"^). Diese Gründe waren'), daß es zum Angriff „nicht nur an infanteristisch ausgebildeten und kampffähigen Divisionen, sondern auch an der entsprechenden Artillerie, vor allem aber an der dazu nötigen Munition fehlte". Man war sich darüber klar, daß „ein

Anfangserfolg unter Umständen möglich fei, daß dann aber das dicke Ende

nachkam". 1) Die Denkschrift wird im Zusammenhang in 23d. XIII gebracht werden.

2) Sperrung durch Kriegsgesch. Forsch. Anst. s) Mitteilung des Gen. Wetzell vom Febr. 1939. Dort hieß es ferner: „Wie unsere Armeen nach dem Arras- und Nivelle-Angriff aussahen, das wußten wir bei der O. H. L. ganz genau. Wir wußten aber auch, daß ein wirklich großzügiger Angriff, selbst wenn man ihm nur ein beschränktes Ziel wie die 7. Armee (Aisne) gegeben hätte, monatelange Vorbereitungen und eine viel stärkere Artillerie verlangt hätte, als die

Armee anforderte" (S. 564). Gen. d.Art. Freiherr von dem Vusfche (damals Genft. Hptm. bei der O. H. L.) schrieb im Aug. 1938: Man sei froh gewesen, die Schlacht überstanden zu

haben, hätte nicht die erforderlichen Kräfte besessen und diese, selbst wenn sie verfügbar gewesen wären, nicht beweglich machen können. Der Angriffsgedanke sei daher seines Wissens ernsthaft gar nicht erwogen worden. Gen. d. Inf. Geyer (damals ebenfalls Genft. Hptm. bei der O. H. L.) vertritt

dieselbe Ansicht. Im übrigen hätten alle Angriffe, die nicht kriegsentscheidende Erfolge bringen konnten, als zweckwidriges „Bataillieren" abgelehnt werden müssen. Oberst a. D. vonRauch, damals Chef der Abt. Fremde Heere, äußerte sich in demselben Sinne wie die beiden Vorgenannten und bemerkte, daß der Gegner — wenn

er auch nicht angriffswillig war, so doch in der Verteidigung sich sicher gut geschlagen

hätte.

Ablehnung der Angriffspläne der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.

559

Die ObersteHeeresleitung antwortete durch ein Fernschreiben vom 22. Juni auf die Eingabe der Heeresgruppe vom 19. Juni, gab aber

außerdem mündliche „Orientierungen". Im Fernschreiben sprach sie sich keineswegs so unbedingt ablehnend aus wie die Wetzellsche Denkschrift. Sie mag es für bedenklich gehalten haben, ihre Karten im schriftlichen Verkehr ganz aufzudecken, denn sie dachte bereits ernstlich daran, daß der Einsatz der

wenigen verfügbaren frischen Kräfte') gegen die inzwischen drohende Offensive der Russen unter Kerenski bald nötig werden würde. Im übrigen waren

Aufstellung von Angriffsentwürfen und Vorbereitungen zu Angriffen stets wertvoll; nur durch sie konnte in der Zeit dauernder Abwehr der Angriffsgedanke wach erhalten werden, manche Fragen wurden geklärt, und es entstanden Unterlagen, die immer einmal gebraucht werden konnten und später auch tatsächlich oft von Nutzen gewesen sind. So war die Oberste Heeresleitung mit der von der Heeresgruppe beabsichtigten Ausgabe ihrer Veurteilung der Lage an die Oberbefehlshaber der Armeen und mit Vor-

bereitungen für einen Angriff einverstanden, behielt sich jedoch in jedem Fall die Entscheidung vor, ob Rücksicht auf die Gesamtlage und auf den Einsatz an Kräften und Munition die „Durchführung auch eines an sich erfolg-

versprechenden Unternehmens rechtfertigt". Auf den Gedanken, „jetzt das Gesetz des Handelns an sich zu reißen und durch starken Angriff mit beschränktem Ziel dem Feinde zuvorzukommen", ging sie in ihrer Antwort nicht ein. Wohl aber gab sie in den nächsten Tagen ergänzende „Orientierungen", nach denen „Mittel zu einem großen, geschlossenen Teilangriff nicht zur Ver¬ fügung" ständen; es kämen nur noch die „zum Erreichen einer Dauerstellung

nötigen Angriffe" in Fraget. c) Bitte der Heeresgruppe um Entscheidung über Angriff oder Ausweichen. An demselben Tage aber, an dem die Oberste Heeresleitung ihre Antwort erteilte, am 22. Juni, bestimmte auf ihren Befehl die Heeresgruppe, daß die Vorarbeiten für den Gudrun-Rückzug möglichst bis zum 1. August ab') Gen. Wetzell teilte im Aug. 1938 mit, man habe immer darauf gehalten, für alle Fälle eine Reserve von fünf bis sechs kampfkräftigen Divisionen bereit zu haben. 2) Aus dem nachfolgend erwähnten Schreiben der Hgr. an d-ie O. H. L. vom

A. Juni, in dem diese „Orientierungen" als schon gegeben bezeichnet wurden. Sie sind vermutlich mündlich durch einen zur Hgr. entsandten Generalstabsoffizier der §• £• gegeben worden, der nach mehreren übereinstimmenden Mitteilungen vom Aug. 19Z8 und Febr. 1939 in Gegenwart aller Generalstabsoffiziere der Hgr. vorgetragen habe, warum die O. H. L. keine Kräfte zum Angriff geben könne; dabei soll sowohl auf den Kräftebedarf in Flandern wie auf die Notwendigkeit des Kräfteeinsahes gegen Rußland hingewiesen worden sein. Weiteres hat sich nicht mehr fest-

stellen lassen.

22. Juni,

560

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

geschlossen sein sollten, wenn auch zur Zeit „keinerlei Gründe" vorlägen, mit der Ausführung der Bewegung zu rechnen. Immerhin wurde für alle Fälle

„schon jetzt unausfälliges Zurückschaffen" von entbehrlichem Kriegsgerät, Vorräten und anderem verlangt. Am volle Klarheit über die nächsten Aufgaben zu gewinnen, daneben vielleicht auch, um die eigene Auffassung festzulegen'), wandte sich K r o n -

Prinz Wilhelm am 28.Juni in einem zusammenfassenden Bericht nochmals schriftlich an die Oberste Heeresleitung. Er legte dar, daß die Stellungen der 7. und 1. Armee nach den Geländeverlusten der Frühjahrs-

kämpfe „erheblicher Berichtigungen" bedürften, wenn sie auf die Dauer „mit normalen Kräften und ohne ungewöhnlichen Kräfteverbrauch gehalten" werden sollten. Die Heeresgruppe stehe vor der Entscheidung, ob „die not¬ wendigen Dauerstellungen im Angriff zu nehmen" seien, oder ob nach Bedarf „unter dem Schutze der jetzigen vordersten Linien eine rückwärtige Dauerstellung auszubauen" sei, in die die Masse der Truppen zurückgeführt werde, während die alten Stellungen als Vorstellungen besetzt blieben. Erwünscht sei allerdings, die Stellungen im A n g r i s s zu verbessern. Dann hieß es weiter:

„Die augenblicklichen Zustände in der französischen Armee sind für ein Zufassen besonders günstig^). Ich muß aber wiederholen, daß nach den bis¬ herigen Erfahrungen und den vorliegenden Meldungen mit einer fort-

schreitenden inneren Zersetzung des französischen Heeres nicht gerechnet werden kann. Ich bin vielmehr überzeugt, daß die Franzosen bereits in den nächsten Monaten in alter Stärke auf dem Schlachtfelde erscheinen können, um die ersehnte Entscheidung zu erringen. Soll der erwartete Schlag in

gleicher Weise pariert werden wie im April, so müssen wir über die gleichen Mittel zur Abwehr verfügen." Nach den gegebenen „Orientierungen" kämen zwar nur noch die zum Erreichen einer Dauerstellung nötigen Angriffe in

Frage, aber auch diese würden erheblichen Kräfteeinsatz erfordern. „Bleiben wir aus Mangel an Truppen oder Munition auf halbem Wege stehen, so begeben wir uns in ähnliche Verhältnisse wie vor Verdun, wo der Herbst

1916 die deutschen Truppen in einer Lage fand, die schließlich zu schweren

Rückschlägen führte." Wie man um diese Zeit die Stimmung im französischen

Heere und Volke beurteilte, zeigt eine Zusammenstellung der Abteilung -) Vgl. S. 544, Anm. 3. 2) Im Kr. Tgb. der Hgr. heißt es: „Der Zustand der französischen Armee reizt gerade jetzt zur angriffsweisen Verbesserung." Hiermit wurde — soweit aus den Akten nachweisbar — zum ersten Male der Angriffsvorschlag eindeutig auch mit dem Zustand des Gegners begründet.

Ansichten über Stimmung und Zustände im französischen Heer.

561

Fremde Heere der Obersten Heeresleitung vom 26. Juni. Nach ihr waren von Meutereien vor allem die Truppen betroffen, die am Chemin des Dames

vergeblich angegriffen hatten. Es lagen Nachrichten über Vorkommnisse bei zwölf von insgesamt 109 Divisionen vor. Das Schlußurteil ging dahin, daß

die Bewegung „wohl für bedenklich, jedoch noch keineswegs für kritisch" gehalten werde, „insbesondere da bei dem Temperament der Franzosen durch einen geschickten Zug der Regierung oder der Regierungspartei jederzeit ein plötzlicher Amschwung der Stimmung eintreten kann". Diesen Bericht versah General Ludendorff wie frühere mit dem Vermerk: „Für Haesten sehr geeignet", wollte ihn also für die Propaganda verwertet wisien. Daß jedes Zurücknehmen der deutschen Front dem Gegner die Handhabe geboten hätte, die verlorene Frühjahrsschlacht doch noch zu einem großen Erfolge zu stempeln, war klar; die gesunkene Moral des französischen Heeres und Volkes konnte einen mächtigen Auftrieb erfahren. So kam freiwilliges Aufgeben heiß umkämpften Bodens jetzt keinesfalls in Frage. Gerade zu

dieser Zeit stellte sich aber auch heraus, daß die bisherige feindliche Angriffsfront sich zu lockern begann; die Zahl der eingesetzten Divisionen war von 27

bestimmt auf 24, wahrscheinlich auf 23 gesunken. Die Oberste Heeresleitung entschied, daß die jetzigen Stellungen durch örtliche Angriffe so zu verbessern seien, daß sie als Dauerstellungen gehalten werden könnten.

4. Möglichkeit und Aussichten eines deutschen Gegenangriffs. General Ludendorff schrieb nach dem Kriege über die französischen Verluste in den Frühjahrskämpfen'): „Sie waren so groß gewesen, daß die Moral der Armee zu leiden begann und Meutereien vorkamen, von denen

allerdings nur spärliche Nachrichten nach und nach zu unserer Kenntnis gelangten. Erst spät sahen wir klar." Daraus und vollends aus späteren fran-

zösischen Veröffentlichungen ist der Schluß gezogen worden, daß hier eine Gelegenheit versäumt worden sei, weil der Nachrichtendienst nicht gut gearbeitet und die Führung bis zur vollständigen Klärung der Lage gewartet habe; hätte sie die Lage rechtzeitig durchschaut und danach gehandelt, so wäre ihr ein großer Erfolg möglich gewesen. Tatsächlich war aber die Lage erheblich anders, als bei solchem Arteil angenommen wird. Die Meutereien im französischen Heere begannen etwa Anfang Mai und

erreichten ihren Höhepunkt gegen Mitte Iuni^). Kriegsminister Painleve schrieb nach dem Kriege, daß am 4. Juni zwischen Soissons und Paris, also *) „Kriegserinnerungen", 6.338. 2) S. 422 ff. Weltkrieg. XII. Band.

36

562

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

h i n t e r der Front, nur noch zwei völlig zuverlässige Divisionen gestanden

hätten'). Die Disziplin besserte sich dann aber bald wieder. Auf deutscher Seite findet sich die erste Zusammenstellung über größere Ausmaße der Meutereien im Bericht des Nachrichtenoffiziers der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz vom 8. Juni. Es folgten am 12. Juni die Nachricht aus Madrid

über schlechte Lage in Frankreich und weiterhin Einzelmeldungen. Die Aus¬ arbeitung der Abteilung Fremde Heere der Obersten Heeresleitung vom 26. Juni, also zu einer Zeit, da der Höhepunkt der Krise bereits überschritten war, beurteilte die Lage im französischen Heere als „wohl bedenklich, jedoch keineswegs kritisch". Erst eine Denkschrift derselben Abteilung vom 3v.I««t. 30.Juni: „Die Stimmung im französischen Heere und Volk e", die das Ergebnis aus allen bisherigen Nachrichten zog, kam zu

einem recht ungünstigen Gesamturteil. Sie ging davon aus, daß nach allen Erfahrungen früherer Jahre die Stimmung „selbst unter dem Eindruck ver¬ lustreicher Durchbruchs-Offensiven nur vorübergehend niedergedrückt wurde". Dann aber hieß es: „Noch nie ist ein solch jäher Wandel der Stimmung an der F r o n t beobachtet, wie er in zahlreichen Gefangenenaussagen und Briefen

jetzt zum Ausdruck kommt. Kriegsmüdigkeit und geringes Vertrauen auf einen guten Ausgang wird von allen Teilen der französischen Front ge¬ meldet ... Darüber hinaus sind ... schwere Ausschreitungen vorgekommen.

Es handelt sich anscheinend nicht mehr um Einzelfälle, die auch früher gelegentlich vorkamen. Vielmehr ist festgestellt, daß bei 19 Divisionen teils Weigerungen, in Stellung zu gehen oder anzugreifen, teils Tumultszenen oder eigenmächtige Entfernungen vorgekommen sind ... Daneben wird für

noch zehn Divisionen die Moral als besonders schlecht bezeichnet. Von im ganzen 109 Kampf-Divisionen in Frankreich sind also zur Zeit 28 (das heißt

ein Viertel) als moralisch erschüttert anzusehen. Selbst französische Zeitungen äußern sich letzthin unumwunden über den Tiefstand der Moral an der Front ...

Die Stimmung der Bevölkerung hat sich im ganzen trotz

wachsender Lebensmittelknappheit auch nach der Offensive zunächst noch behauptet. Die immer wieder aufgebauschten englisch-französischen Anfangs-

erfolge haben die Hoffnung auf glückliche Beendigung des Krieges hoch¬ gehalten, bis etwa vom 20. Mai ab in Marseille, Toulon, Cette, Bordeaux,

Lyon, St. Etienne, Grenoble, Avignon, Rennes, Rouen und namentlich in Paris Unruhen einsetzten. Die Meldungen hierüber sind zwar unvollständig, sie lassen aber doch erkennen, daß die Bewegung nicht nur durch Wirtschafti) Painleve, S. 143: ,,A ce moment entre Soissons et Paris, il n'y avait plus que deux divisions, sur lesquelles on püt absolument et integralement compter.

Möglichkeit und Aussichten eines Gegenangriffs.

563

liche Nöte, sondern zum großen Teil auch durch allgemeine Unzufriedenheit und Kriegsmüdigkeit veranlaßt worden ist ... Ob die Ausschreitungen zur

Zeit noch andauern, ist nicht festgestellt. Volk und Heer stehen am Ende des dritten Kriegsjahres in einer Art Krise.

Eine Friedens-Propaganda ist am Werk; sie scheint sich mit Flugschriften bis in die Front zu erstrecken; soeben ist dem Parlament ein Gesetz zur

Bekämpfung vorgelegt. Bezeichnend für die Lage find die Erklärungen des Kriegsministers Painlevö in der Kammersitzung vom 14. Juni, der zur Ruhe mahnt und versichert, daß künftig sparsam mit Menschenleben umgegangen werden solle ... Die Regierung versucht ... die Stimmung zu heben; sie

beginnt wieder den Sieg zu verkünden, der Clsaß-Lothringen der Republik zurückbringen werde ... Cs ist möglich, daß die augenblicklichen Zustände sich weiter verbreiten und dann die Aktionsfähigkeit des Heeres in Frage

stellen. Einstweilen ist es noch nicht so weit. Weniger als je zuvor darf jetzt aber die feindliche Propaganda Gelegenheit finden, an der Hand von Nachrichten über die inneren Verhältnisse der Mittelmächte') oder über ihre mili-

täusche Lage die Stimmung im feindlichen Heere und Volk aufzurichten." Während diese Nachrichten ein recht ungünstiges Licht auf die Kampffähigkeit des französischen Heeres warfen, wurden von der Front immer

wieder, wenn auch nur örtliche, französische Angriffe gemeldet; eigene An-

grifssunternehmungen stießen auf meist hartnäckigen Widerstand, scheiterten zum Teil sogar. Niemals ist von der Front berichtet worden, daß die feind-

liche Widerstandskraft nachgelasien habe und daß daher Hoffnung auf leichten Erfolg bei eigenem Angriff bestünde. Dieser hätte sich nur durchführen lassen, wenn starke frische Kräfte dazu eingesetzt werden konnten. Daran aber

fehlte es nach den schweren und verlustreichen Abwehrkämpfen durchaus. Alle Reserven waren auf die Heeresgruppen verteilt. Auf die der

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht war angesichts der bevorstehenden engtischen Offensive in Flandern nicht zu rechnen. Bei der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz waren nach den Wochenmeldungen der Armeen vom 23. Juni im ganzen 23 Divisionen „vollkampfkräftig" oder „noch vollkampfkräftig",

bei der Heeresgruppe Herzog Albrecht eine, zusammen 24. Dabei mußten die als „noch vollkampfkräftig" bezeichneten Divisionen, die sämtlich an der bisherigen Hauptkampffront eingesetzt waren, über kurz oder lang verbraucht sein, kamen also für einen größeren Angriff nicht mehr in Frage. Ob von den zur Zeit „ruhe- und ausbildungsbedürftigen" Divisionen der beiden Heeresgruppen eine entsprechend große Zahl inzwischen wieder soweit sein konnte,

daß sie mit Aussicht auf Erfolg zum Angriff eingesetzt werden konnten, steht ') S. 579. 36*

564

3». Zun«,

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

dahin. Von den kampfkräftigen Divisionen aber lag ein Teil an wichtigen Frontabschnitten, darunter auch an Teilstücken der Fronten vor Verdun und

im Oberelsaß, fest und war dort auch nicht zu entbehren. Zudem hatte die

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht bereits acht Divisionen Verstärkung für Flandern angefordert. Wenn man im ganzen etwa 15 einigermaßen

angriffsfähige Divisionen zusammenbekam, so wäre das schon ein recht gutes

Ergebnis gewesen. Tatsächlich hat die Oberste Heeresleitung mit einer so großen Zahl derfügbarer Reserven seit Beginn der Frühjahrsschlachten niemals gerechnet. Sie war zwar bestrebt, für alle Fälle eine Reserve von wenigstens fünf bis

sechs sofort verwendbaren Divisionen stets bereit zu Habens, und das ist ihr auch notdürftig gelungen. Für einen Angriff, der die Lage im Westen hätte ändern können, hätten diese Kräfte in keiner Weise ausgereicht, denn an dem

von der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz für den Angriff in erster Linie in Aussicht genommenen Abschnitt der 7. Armee standen 15 französische Divisionen allein in der Front gegenüber. Das Oberkommando dieser Armee berechnete den Bedarf für den bis zur Aisne durchzuführenden Angriff auf 30 Divisionen, 170 schwere Batterien (davon 100 an der Angriffsfront bereits vorhanden) und drei Millionen Schuß Artillerie-Munition, denn — so begründete sie die Forderung: „Die Durchführung des Kampfes bis zur Aisne erfordert sehr starke Kampfmittel, da erwartet werden muß, daß man auf dem Wege zur Aisne allmählich die gesamte französische Armee schichtweise vor die Klinge bekommen wird. Als ein Teilunternehmen von

nur örtlicher Bedeutung kann dieser Angriff nicht angesehen werden. Ein schnelles Durchdringen ist nicht zu erwarten." Für diesen Angriff reichte also schon die Zahl der Divisionen bei weitem nicht aus. Mit schwerer Artillerie stand es nicht besser. Bereits am 17. Mai hatte die Oberste Heeresleitung der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht keine schwere Artillerie mehr zum Austausch geben könnnen. Am

22.Juni wies sie alle Heeresgruppen darauf hin, daß fast die gesamte schwere Artillerie auf die Armeen verteilt sei, und machte ihnen zur Pflicht, durch Ausscheiden von Reserven für deren Kampffähigkeit zu sorgen. Mitte Juni hatten bereits elf Batterien nach dem Osten abgegeben werden müssen. Die Munition war nach wie vor knappt). Wenn auch der Verbrauch seit Anfang Mai zurückgegangen war, so genügte die Neuerzeugung doch nur, ©.559, Anm. 1; die Divisionen mußten Ende Juni nach dem Osten gegeben werden. 2) Die Lieferungen waren zwar im Ansteigen, aber einstweilen doch nur um 20 bis 30 v, H, gegenüber dem September 1916 gewachsen, also noch lange nicht um 100 v. Ö— wie es die Oberste Heeresleitung bereits für das Frühjahr 1917 verlangt hatte.

Vgl. Verficht der Munitionserzeugung auf ©.24.

Möglichkeit und Aussichten eines Gegenangriffs.

565

um bei haushälterischem Verbrauch den laufenden Bedarf der Abwehr zu decken. Ernste Munitionssorgen lasteten auf der Führung. Dazu kam noch die Schwierigkeit, daß die Truppen zwar für die Abwehr-

Macht, nicht aber für einen Angriff im Westen geschult und ausgerüstet) waren. Für die große Offensive des Frühjahrs 1918 haben die in dieser Richtung getroffenen Vorbereitungen viele Monate gedauert. Daß man einige wenige Divisionen im Herbst 1917 schneller auf Angriff in Italien

vorbereiten und gute Westdivisionen auch fast ohne längere Vorbereitung gegen die morsche russische Front ansetzen konnte, beweist hiergegen nichts. Der Zustand des französischen Heeres aber wurde trotz der über Meutereien vorliegenden Meldungen bei der Obersten Heeresleitung wie bei der

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz und ihren Armeen zu keinem Zeitpunkt als so schlecht angesehen, daß er einen Angriff mit vielleicht unzureichenden Mitteln gerechtfertigt hätte. So berechtigt es war, daß die Heeresgruppe nach ihrem großen Abwehrerfolge den Gegenangriff vorschlug und an diesem Gedanken bis zur end-

gültigen Entscheidung der Obersten Heeresleitung Ende Juni festhielt, so muß abschließend doch gesagt werden, daß, von der höheren Warte der Obersten Heeresleitung gesehen, für einen Gegenangriff im Westen, der Aussicht

auf wesentliche, geschweige kriegsentscheidende Erfolge geboten hätte, die Vorbedingungen nicht gegeben waren. Rückschauend urteilte General Ludendorff über die Gesamtlage: „Das Nichteintreten von russischen Angriffen ließ es im Frühjahr 1917 trotz allen Ernstes der Lage an unserer Westfront nicht zu einer allgemeinen Krise in der Gesamtlage kommen, wie wir sie im September 1916 erlebt hatten ...

Zm April und Mai des Jahres 1917 hat uns trotz unseres Sieges in der Aisne/Champagne-Schlacht allein die russische Revolution vor Schwerem

bewahrt"^). Diese unmittelbar nach Kriegsende niedergeschriebenen Sätze geben ein unverfälschtes Vild von den schweren und berechtigten Sorgen, die damals auf der Obersten Heeresleitung lasteten. Wohl waren die Verluste

von Engländern und Franzosen in den bisherigen Kämpfen weit größer gewesen als die der Deutschen. Es waren aber bei Arras sowie an der Aisne

und in der Champagne keinesfalls mehr feindliche Divisionen eingesetzt und im Kampfe mehr oder weniger verbraucht worden als deutsche (34 englische und 68 französische, zusammen 102, gegen 103 deutsche). Die ursprüngliche Überlegenheit der Westgegner um etwa 35 Divisionen bestand nach wie vor. Es wäre unter diesen Umständen kaum zu verantworten gewesen, wenn

die Oberste Heeresleitung ihre geringen letzten Reserven trotz der in Flan') S. 40 und 72.

*) „Kriegserinnerungen", S. 338 f.

566

»>. Juni,

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

dern, im Osten und schließlich auch in Italien drohenden neuen feindlichen Massenangriffe zu Angriffsunternehmungen am Chemin des Dames verausgabt hätte, für die sie schon nach den Berechnungen der 7. Armee bei weitem nicht ausreichten und deren Dauer und schließlicher Kräftebedarf im voraus

überhaupt nicht zu übersehen war. Die letzten Reserven hätten festgelegen oder wären verbraucht gewesen, wenn es galt, in Flandern die Stützpunkte des Unterseekrieges gegen den Ansturm der Engländer zu verteidigen und die österreichisch-ungarische Ostfront gegen die Kerenski-Offensive vor dem Zusammenbruch zu retten'). Wenn nur die Möglichkeit dazu bestanden hätte, wäre gewiß niemand eher bereit gewesen, wieder anzugreifen, wie die Oberste

Heeresleitung.

B. Entwicklung der Gesamtlage. März.

Am 16. März, kurz nach Bekanntwerden der russischen Revolution, war Reichskanzler von Bethmann Zollweg auf Grund einer Mit-

teilung des österreichisch-ungarischen Außenministers GrafenLzernin, daß Friedensmöglichkeiten mit Frankreich beständen, in Wien gewesen. Graf Czernin hatte bei dieser Gelegenheit dargelegt, wie schwer die Lage der Doppelmonarchie sei, und im Zusammenhang damit die Möglichkeiten und Bedingungen eines etwaigen Friedensschlusses erörtert. Dabei war für ihn maßgebend gewesen, daß Österreich-Angarn an sich keinerlei Feindschaft gegen die Westmächte hegte. Von seinen Gegnern waren Serbien, Montenegro, Rumänien niedergeworfen; mit Rußland hoffte man, sich zu einigen. Als einziger Feind blieb Italien; ihm gegenüber war man zu keinerlei Zugeständnissen bereit. In Verfolg der Gedanken, die Kaiser Karl und Graf Czernin am 21. Februar dem Prinzen Sixtus mitgeteilt hatten*), suchte Graf

Czernin zu ermitteln, welche Stellung Deutschland in der elsaß-lothringischen Frage einnehme, ohne deren Lösung ihm ein allgemeiner Friede nicht erreichbar schien. Cr beabsichtigte, wie er sagte, durch den früheren österreichischungarischen Botschafter in London, Grafen Mensdorff, mit einem Vertrauens¬ mann in Frankreich Fühlung aufzunehmen, und wünschte zu wissen, welche Forderungen Deutschland an Frankreich zu stellen gedenke. Der Reichskanzler nannte neben solchen auf kolonialem und wirtschaftlichem Gebiet die Abtretung des Erzbeckens von Vriey-Longwy, nötigenfalls gegen Austausch mit elsaß-lothringischen Gebietsteilen. Cs wurde vereinbart, daß etwaige

sonstige Neuerwerbungen für Deutschland im Osten liegen sollten, für öfterreich-Ungarn am Balkan. Am 26. März wurde die Aussprache in Verlin ') Weiteres hierzu wird Vd. XIII enthalten. -) S. 171.

Gesamtlage. — Besuch Kaiser Karls in Homburg.

567

sortgesetzt. Von der inzwischen weiterlaufenden Vermittelungstätigkeit des Prinzen Sixtus erfuhr der Kanzler nichts; sie verbarg sich hinter den mit Frankreich bestehenden „Friedensmöglichkeiten'"). Dagegen wurden die aus der russischen Revolution sich ergebenden Folgerungen besprochen und hierüber Einigkeit in dem Sinne erzielt, daß man die Entwicklung nicht stören,

sondern durch Propaganda fördern wolle. Am 3.April traf Kaiser Karl, begleitet vom Außenminister und vom Generalstabschef (seit dem 27. Februar General der Infanterie Arz von Straußenburg), zum Besuch beiKaiserWilhelm inHombürg vor der Höhe ein. Gras Czernin hoffte bei dieser Gelegenheit, den Deutschen Kaiser und den Kanzler davon zu überzeugen, daß ÖsterreichUngarn bald zum Frieden kommen müsse. Ein allgemeiner Friede sei aber nur möglich, wenn Deutschland in der elsaß-lothringischen Frage Zugestand-

nisse mache. Daneben sollte selbstverständlich die Einwirkung der russischen Revolution auf die Gesamtlage besprochen werden, wobei Kaiser Karl wegen

ihrer Rückwirkungen aus die Verhältnisse in Österreich-Angarn besonders besorgt war. Generaloberst von Plessen gegenüber, der ihm zum Ehrendienst

entgegengefahren war, hatte er sich schon auf der Bahnfahrt dahin geäußert, daß man „lieber Frieden anbieten könnte'"). Vor Beginn der gemeinsamen Besprechung^) legten der Generalfeldmarschall und General Ludendorff dem öfterreichifch-unga>) Prinz Sixtus war am 2Z./24.März nochmals von Kaiser Karl emp-

sangen worden (S. 171), der ihm sagte, er halte es für wichtig, unverzüglich Frieden zu schließen. Cr habe vergeblich versucht, Deutschland sür einen Verständigungsfrieden zu gewinnen, würde aber — sollte es ihm nicht gelingen, Deutschland „zur Annahme gerechter und billiger Bedingungen zu bewegen" — „lieber einen Separatfrieden

schließen, als die Monarchie den preußischen Bestrebungen opfern" (Lloyd George, a.a.O., S.420ff.). Beim Abschied hatte Prinz Sixtus ein an ihn selber gerichtetes Handschreiben des Kaisers mit auf den Weg erhalten, von dessen Inhalt er Poincare

Kenntnis geben sollte. In diesem Schreiben hieß es einleitend über Frankreich: Dem Kaiser sei es „besonders angenehm zu sehen, daß, obgleich wir derzeit Gegner sind, keine wirkliche Verschiedenheit in den Auffassungen und Bestrebungen mein Reich von Frankreich trennt". Der Kaiser werde die „gerechten Rückforderungsansprüche Frank¬ reichs mit Bezug auf Clfaß-Lothringen" bei Deutschland unterstützen; Belgien und Serbien sollten wiederhergestellt werden (photographische Wiedergabe des ganzen Brieses bei Prinee Sixte de Bourbon: „L'offre de Paix separee de l'Autriche"). —

Die erste Meldung über Besuche des Prinzen Sixtus in Wien erstattete Gen. v o n C r a m o n der O. H. L. am 28. Mai.

2) Tagebuchauszeichnung des Gen. O. von Plessen vom 3. April 1917.

2) Vgl. Ludendorff: „Kriegserinnerungen", S. 350 f., und „Kriegführung und Politik", S. 266, sowie Cramon: „Bundesgenosse", S. III ff.

Z.April,

568

z. April,

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

rischen Generalstabschef dar, daß sie die Lage wohl ernst, aber doch „zuver-

sichtlich" ansähen. Sie hofften für die nächste Zeit die Entente-Angriffe abzuwehren. Im übrigen müsie man die Wirkung des Unterseekrieges und die Entwicklung der Verhältnisse in Rußland abwarten. General von Arz, der dem deutschen Militärbevollmächtigten auf der Bahnfahrt mitgeteilt

hatte, er müsie die Lage auf Wunsch seines Kaisers als so schwierig hin¬ stellen, daß mit Durchhalten nicht mehr zu rechnen sei, teilte die Hoffnungen der deutschen Führer, setzte aber hinzu, daß das österreichisch-ungarische Heer nur noch bis zum Winter kämpfen könne. Mer die Notwendigkeit, zunächst den Krieg mit aller Energie fortzuführen, bestand kein Zweifel. Auf die vertrauliche Frage des Kanzlers, der inzwischen mit Graf Czernin gesprochen hatte, an General Ludendorff, ob er die Zeit zu einem Friedensschritt für geeignet halte, verneinte dieser das im Hinblick auf die nahe bevorstehende

englisch-französische Offensive im Westen. Bei der gemeinsamen Besprechung schilderte Graf Czernin die Lage in den düstersten Farben. Er regte an, Elsaß-Lothringen an Frankreich abzutreten; dafür würde Österreich Galizien an Polen geben und für engen Anschluß Polens an Deutschland bestrebt sein. Elsaß-Lothringen aber war bis auf geringe Grenzgebiete deutsches Land, dessen Abtretung in der damaligen Lage außer jeder Erörterung stand. Es war — wie General Ludendorff nach dem Kriege schrieb') — „für uns ein Ehrenpunkt, zur Verteidigung dieses Besitzes bis zum äußersten zu kämpfen; darin waren sich alle Parteien des Reichstages

bis auf die Unabhängigen Sozialdemokraten stets einig gewesen. Jede Regie¬ rung und auch die Oberste Heeresleitung, die das verkannt hätten, wären damals mit Recht von dem empörten Volkswillen weggefegt worden". Über

die weiteren Besprechungen sind Einzelheiten nicht bekannt. Das Ergebnis war, daß die Wünsche der Donaumonarchie in der elsaß-lothringischen Frage abgelehnt wurden. Generaloberst von Pleffen zeichnete nach der Besprechung auf: Der Generalfeldmarschall und General Ludendorff hätten dem öfterreichisch-ungarischen Außenminister und dem Oberhofmeister des Kaisers, die wegen der russischen Revolution dessen Stellung in Gefahr sahen, „klargemacht, daß davon gar keine Rede sein könnte; der beste Schutz für das monarchische Prinzip sei der Waffenerfolg, und den würden wir bis zum

Herbst sicher erzielen^). Angeblich haben sich die Österreicher beruhigt". Das traf allerdings nicht zu. Vielmehr verfolgten Kaiser Karl und Graf Czernin ihr Ziel mit stärkeren Mitteln auf Umwegen weiter. *) „Kriegserinnerungen", 6.351. 2) Vgl. Randbemerkung Kaiser Wilhelms zur Denkschrift des Grafen Czernin vom 12. April (S. 570).

Besprechung in Homburg. — Politische Lage.

569

Im Anschluß an die Aussprachen in Homburg schrieb der G e n e r a l f e l d m a r s ch a l l am 5. April an den Kanzler: „Die Entscheidung des

s. April.

Krieges wird sich voraussichtlich in diesem Jahre vollziehen, Friedensverhanlungen stehen in absehbarer Zeit in Aussicht. Ihr Beginn kann durch die Ereignisse in Rußland beschleunigt werden." Wir müßten zunächst uns selbst baldigst darüber klarwerden, was wir fordern wollten, darauf uns mit den Bundesgenossen verständigen. Von den Vereinbarungen, die der Kanzler im März bereits mit Graf Ezernin getroffen hattet, wußte die Oberste

Heeresleitung nichts. Der Reichskanzler zögerte, der Anregung des GeneralfeldMarschalls zu entsprechen. Es waren die Tage, da Amerika in den Krieg eintrat. Vor allem aber drückten den Kanzler innenpolitische Sorgen. Die Ernährungslage war schwierig geworden; die Lieferungen aus den Vorraten Rumäniens blieben hinter den Erwartungen weit zurück. Man stand vor einer Herabsetzung der Brotration. Die Stimmung war in weiten Kreisen

der Bevölkerung im Sinken. Reichskanzler von Bethmann Hollweg, gehemmt durch die Verfassung, vor allem aber durch seine eigenen Anschauungen von Welt und Staat, suchte sich durch Entgegenkommen auf innenpolitischem Gebiet zu helfen und geriet dadurch in immer schärferen Gegensatz zur Obersten Heeresleitung, die in unerschütterlichem Siegeswillen bei straffster Zügelführung im Innern die einzig mögliche Lösung sah. Am 7. April wurde durch die „Osterbotschaft" eine den Anschauungen weiter Volkskreise

entgegenkommende Änderung des preußischen Wahlrechtes in Aussicht gestellt. Dieser Schritt brachte jedoch, statt zu beruhigen, neue Unruhe und war damit den Erfordernissen der Kriegführung durchaus abträglich. In denselben Tagen bildete sich die „Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands", die, von der Regierung ungehindert, Kampf für den Umsturz und gegen Fortsetzung des Krieges auf ihre Fahnen schrieb. Unterdessen errangen die Engländer am 9. April bei Arras einen Erfolg,

dessen Auswirkungen noch nicht klar zu übersehen waren. Der wahrscheinlich noch erheblich stärkere Ansturm der Franzosen war täglich zu erwarten. In

diese Tage höchster Spannung fiel das Kriegszielmanifest der russischen provisorischen Regierung vom 10. April, das jede Eroberungspolitik ablehnte und das Selbstbestimmungsrecht der Völker als Friedensgrundlage in den

Vordergrund rückte. Der Reichskanzler wollte dieses „indirekte Friedensangebot" mit Rücksicht auf die Stimmung im eigenen Volke nicht unbeant') Das hierüber am 27. März aufgesetzte „Resums" („Wiener Dokument") ist, wie Gen. Ludendorff schreibt („Kriegserinnerungen", S. 350; „Kriegführung und Poli¬ tik", S. 265), der O. H. L. und auch den Staatssekretären erst im Februar 1918 „durch

Zufall" bekannt geworden.

i. April,

570

i4°Aprtt

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

lassen. Die Oberste Heeresleitung war anderer Ansicht. Auch Zar Ferdinand von Bulgarien warnte telegraphisch vor weiteren fried¬ lichen Erklärungen. Der Kaiser lehnte das Vorhaben des Kanzlers ab. Als es von Wien aus am 13. April nochmals an ihn herangebracht wurde, bemerkte er am Rande: „(Es muß durchgehalten und gesiegt werden. Die

Österreicher muffen durchhalten und die Nerven behalten".

Am14.AprilerhieltKaiserWilhelmein Schreiben Kaiser Karls, der nochmals auf die große Gefahr der internationalen Revolution hinwies, die in der allgemeinen Hungersnot ihren stärksten Verbündeten finde, und daher „rasche Beendigung des Krieges — eventuell unter schweren Opfern"

anregte. Dem Schreiben lag eine Denkschrift desGrasenCzernin vom 12. April bei, in der gesagt war, daß ein weiterer Winterfeldzug „vollständig ausgeschlossen" sei, „mit anderen Worten, daß im Spätsommer oder Herbst um jeden Preis Schluß gemacht werden" muffe. Man müsse die Friedensverhandlungen zu einem Zeitpunkt beginnen, in dem „unsere er¬

sterbende Kraft den Feinden noch nicht zum vollen Bewußtsein gekommen" sei. Die Hoffnungen auf den Unterseekrieg seien trügerisch; der erwartete und

vorausgesagte Erfolg sei nicht eingetreten'). Doch sei es möglich, daß England trotzdem zum Frieden bereit sei, wenn man ihm entgegenkomme. Dann

sei der Augenblick gekommen für „weitgehende, schmerzliche Opfer". Alle Versuche der Entente, Österreich-Ungarn von Deutschland zu trennen, hätten Kaiser Karl und er selber abgelehnt). „Wir können" — so schloß Graf Czernin — „noch einige Wochen warten, ob sich Möglichkeiten ergeben, mit

Paris oder Petersburg zu sprechen. Gelingt dies nicht, dann müssen wir

noch rechtzeitig unsere letzte Karte ausspielen und jene äußersten Prä¬ positionen machen, die ich im früheren angedeutet habe." Das waren die Vorschlüge vom 3. April.

In dieser Denkschrift und dem Begleitschreiben Kaiser Karls erblickten Kaiser Wilhelm und seine Berater das Streben, durch äußerste Schwarzmalerei einen Druck auf die Entschließungen Deutschlands auszu¬ üben, das sich der Donaumonarchie 1914 in der Stunde der Rot zur Seite gestellt, dank der überlegenen Kraft seiner Waffen auch deren Grenzen ge-

schützt hatte und noch schützte. Die Gedankengänge Wiens fanden unbedingte Zurückweisung. Zu dem Satze, im Spätsommer oder Herbst müffe um jeden Preis Schluß gemacht werden, bemerkte der Kaiser: „Schon in Homburg besprochen, der F. M. (Feldmarschall) sagte, im Herbst ist der Krieg zu Ende", ,4. April, und Generaloberst von Plessen zeichnete am 14. April auf: „Diese schwäch') Für diese Auffassung fehlten zu jener Zeit alle Unterlagen (S. 83 und 571). 2) Soweit bekannt, war Graf Czernin über das, was der Kaiser dem Prinzen

Sixtus mitgeteilt hatte, nicht vollständig unterrichtet.

Denkschrift des Grafen Czernin.

571

lichen Anschauungen (der Denkschrift) werden von uns nicht geteilt. Nach der Katastrophe in Rußland haben sich unsere Chancen verbessert, und weder die Lebensmittelfrage noch Amerika sind imstande, uns zum Nachgeben zu

nötigen." Den Eintritt der Vereinigten Staaten von Amerika in den Krieg hatte man erwartet. Cr konnte um so weniger nachhaltigen Ein-

druck machen, als der Admiralstab für den Monat März eine noch wesentlich höhere Versenkungsziffer als die schon unerwartet hohe für Februar (860 000 gegen 780 000 Tonnen) bekanntgab'). Vollends schien nicht ins Gewicht zu fallen, daß weiterhin unter dem Einfluß Nordamerikas zunächst P a n a m a und Kuba sich den Gegnern anschlössen und dann auch V r a s i -

l i e n sowie nach und nach noch eine Reihe meist kleinerer Staaten: Haiti,

Honduras,Liberia,Bolivien,Nikaragua,Ko st arika, Guatemala, San Domingo, die diplomatischen Beziehungen zu Deutschland abbrachen. Das Eingreifen amerikanischer Truppen in den Krieg zu Lande schien vor dem Winter 1917/18, wahrscheinlich sogar vor dem Frühjahr 1918, nicht möglich. Vis dahin aber, hoffte man, würde der

Krieg beendet sein, und, wenn nicht, so doch der Schiffsraum fehlen zur Werführung nennenswerter amerikanischer Truppen nach Europas. Der Gedanke, daß die Vundesgenoffenschaft eines so großen und mächtigen Landes für die Entente eine starke moralische und wirtschaftliche Stütze sein könne, trat in den militärischen Erwägungen vorerst kaum zutage. Die Schwierigkeiten der Ernährungslage hoffte man zu überwinden, wenn auch am 15. April die Brotration von 200 auf 170 Gramm

Mehl für den Kopf und Tag herabgesetzt werden mußte; nur für die Kampffront und für die Schwerarbeiter in der Heimat blieb sie höher. Die Maßnähme wirkte sich aber sofort in Streiks aus, die ohne Rücksicht auf den Munitionsbedarf der gerade zu dieser Zeit schwer ringenden Front unter der Parole: „Friede, Freiheit, Brot" in Verlin, Leipzig und anderen Orten ins Werk gesetzt wurden. Da die Stellvertretenden Kommandierenden Generale

durch Einführung des Militärbetriebes in kriegswichtigen Anlagen rechtzeitig eingriffen, konnte eine nennenswerte Minderung der Munitionslieferungen -) Vgl. S. 539. 2) Denkschrift des Adm. St. Chefs (Bd. XI, S. 466), sowie Ludendorff: „Kriegserinnerungen", S. 249. — Gen. Ob. von Einem zeichnete am 39. Mai 1917 auf: „Luden-

dorff nimmt an, daß die Amerikaner erst in zehn Monaten soweit sind, Truppen nach Frankreich zu verschiffen. Dann würde ihnen aber der Schiffsraum zum Transport ihrer Heere fehlen" (Einem, S. 313. — Ähnliche Auffassung der Entente S. 414 f.

is. April.

572

Die Oberste Heeresleitung während der Frühjahrskämpfe.

IS. April, und damit unmittelbare Schädigung der militärischen Kriegführung ver-

mieden werden. Von dieser hing zunächst alles ab.

Der glänzende Abwehrerfolg der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz an der Aisne und in der Champagne wirkte in diesen Tagen höchster politischer und militärischer Spannung wie eine Erlösung. Da sich auch bei Anas die Lage gefestigt hatte, war der große Plan der mit gewaltigem Krafteinsatz unternommenen gemeinsamen französisch-englischen Offensive operativ als er-

ledigt anzusehen. Zugleich schien die Zersetzung des russischen Heeres durch die Revolution Fortschritte zu machen. Als der Generalstabschef des Oberbefehls¬ habers Ost in diesen Tagen General Ludendorff in Kreuznach Vortrag hielt, wurde zwischen ihnen bereits die Frage erörtert, ob es nicht „möglich sei, falls die russische Armee infolge der Revolution oder von uns in späterer Zeit zu unternehmender Angriffe zum Niederbrechen käme und der Oberbefehlshaber Ost dann erhebliche Truppenmengen an die Westfront abgeben könne, mit dem Westheer in einem großen Offensivstoß an irgendeiner Stelle die feindliche Front zu durchbrechen und damit die Entscheidung des Feldzuges zu sichern". Beide waren der Ansicht, daß dieses Ziel mit allen Mitteln

erstrebt werden müsse'). Allerdings glaubten Oberste Heeresleitung wie Oberbefehlshaber Ost und auch die österreichisch-ungarische Heeresleitung nach den bisher gemachten Erfahrungen, daß man Rußland gegenüber auf

!o. vis 23. April,

dem Wege der Propaganda allein nicht weiter komme, wenn nicht auch etwas über die Bedingungen gesagt werde, unter denen der Friede zustande kommen solle. Indessen lehnte der Reichskanzler die von der Obersten Heeresleitung erbetene Festsetzung von Mindestforderungen in der Kriegszielfrage mit der Begründung ab, sie seien so wesentlich von der dann bestehenden militärischen Lage abhängig, daß Veratungen über sie zwecklos wären. Damit aber gab sich die Oberste Heeresleitung nicht zufrieden. In ihrer Antwort vom 20. April wies sie darauf hin, daß vor allem Rußland gegenüber Klardarüber nötig sei, was wir wollten. So wurden denn am 23. April im

Großen Hauptquartier unter Vorsitz des Kaisers in Aussprachen der leitenden Stellen von Politik, Heer und Marine die künftigen Friedensbedingun-

gen festgelegt. Verhandlungen mit Wien sollten folgen. Für den Osten, der in dem hier behandelten Zusammenhang allein in Frage kommt, wurde angenommen, daß Österreich-Ungarn bereit sei, gegen Entschädigung am Balkan auf die noch in russischer Hand befindlichen Teile von Ostgalizien und der Bukowina zu verzichten. l) Hoffmann, a, a. €>., 6.171.

Kriegszielfrage. —

Denkschrift über die Gesamtlage.

573

Bevor es zu den hierüber beabsichtigten Verhandlungen mit Wien kam, antwortete Kaiser Wilhelm am 11. Mai in ermutigendem Sinne auf das Schreiben Kaiser Karls. Die Unterlage bildeten dabei unter anderem die

Denkschrift der Obersten Heeresleitung vom 11.Mai über den Unterseekrieg') und eine von ihr erst mit dem Datum

des 12.Mai ausgegebene Denkschrift über die Gesamtlage. „Die Mittelmächte" — so begann die Denkschrift über den Unterseekrieg —

„können, wenn auch knapp, aus sich selbst leben und mit eigenen Mitteln

Krieg führen. Von unseren Feinden bedürfen England, Frankreich und Italien, um zu leben, der Zufuhr von Nahrungsmitteln aus Amerika, Asien, Australien; ebenso bedürfen diese Staaten und auch Rußland der UberseeZufuhr, um den Krieg weiter zu führen." Die Denkschrift schloß, wie bereits

erwähnt: „Wir können warten, unsere Feinde nicht." In der Denkschrift über die Gesamtlage, die von General Ludendorff auch der österreichisch-ungarischen Heeresleitung zugesandt wurde, war aus-

geführt: „Die vier großen Angriffe der E n g l ä n d e r2) sind einander mit so

kurzen Zwischenräumen gefolgt, daß die Gründlichkeit der Vorbereitungen darunter leiden mußte. Ich sehe darin ein untrügliches Zeichen politischer und wirtschaftlicher Zwangslage: Die Wirkung des U-Boot-Krieges. Die beginnende Rationalisierung der Lebensmittel und die drohende Einführung von Karten in England deutet auf größte Sorge um die Ernährung. England hat bereits bei Frankreich um Verpflegungsaushilfe nachgesucht. Die Siegeshoffnung der Franzos enist trotz des Mißlingens der beiden großen Angriffe an der Aisne/Ehampagne-Front nicht zerstört. Auf gleichzeitige Fortsetzung der Offensive muffen wir rechnen, an den gleichen oder an anderen Stellen.

Das Mißlingen der Westoffensive muß die Willenskraft der Entente lähmen. Frankreich und England haben eine Kraftanspannung geleistet, die bald nachlassen und sich in kürzerer Zeit voraussichtlich nicht wiederholen wird. Da Rußland erlahmt und Amerika in absehbarer Zeit nicht Helsen kann, so ist bei der stetig fortschreitenden Wirkung des U-Boot-Krieges die Zeit unser

neuester Bundesgenosse geworden. Rußlands Wirren haben uns in der Verteidigung der Westfront unschätzbare Dienste geleistet. Das russische Heer ist in absehbarer Zeit zur Offensive nicht befähigt. Daran wird auch die emsige Organisations-Tätigkeit der Cntente-Vertreter an der Front und in der Verwaltung nichts ändern. Wir ') s.J«»t.

In einem ausführlichen Schreiben vom 19. Juni machte Gene-

ralfeldmarschall vonHindenburg den Kanzler darauf aufmerksam, daß „in der Heimat in weitem Maße die Ansicht verbreitet ist, der Krieg würde spätestens im Herbst ein Ende finden". Er erblicke in solchen „Hoffnungen, die sich an bestimmte, dicht bevorstehende Zeitpunkte knüpfen, eine erhebliche Gefahr". Der Unterseekrieg werde mit Sicherheit unsere Feinde, oder wenig¬ stens einen Teil von ihnen, zum Frieden zwingen, wenn er „mit genügender

Energie und genügend lange" fortgesetzt werde. Vor allem England, Frank¬ reich und die Vereinigten Staaten rechneten aber darauf, daß „der Zu¬ sammenbruch Deutschlands und seiner Bundesgenossen vor dem eigenen" erfolge. Sie erwarteten ihn militärisch vom Siege zu Lande, vor allem aber

„durch Ernährungsfchwierigkeiten und Rohstoffmangel, durch Uneinigkeit, Unzufriedenheit und den Sieg der deutschen radikalen Sozialdemokraten". Sie bauten dabei auf das Nachlassen der inneren Widerstandskraft, das Anwachsen internationaler Strömungen und unsere „leider von vielen Stellen laut verkündete Friedenssehnsucht". Sie würden — solange sie einen baldigen Zusamenbruch unsererseits erwarten — auch Hungersnöte überstehen. Einlenken würden sie erst, wenn ihre Lebensbedingungen vor der Zer*) Gen. Ob. von Plcssen erwähnt in seinem Tagebuch am 11. Zum das Eintreffen eines österr.-ung. Genst. Hptm., der einen Vries Kaiser Karls an Kaiser

Wilhelm überbrachte, und bemerkt dazu: „Cs munkelt, daß die Österreicher dringend Separatfrieden machen wollen." Cs entwickle sich „ein Drängen nach Frieden in bedrohlicher Weise". Am 12. Juni heißt es: „Österreich will Frieden machen; sich mit dem Status quo ante begnügen. Man soupyonniert, daß England dahintersteckt, und daß Österreich den Wunsch hat, Deutschland nicht zu groß werden zu lassen. Ein Brief des Kaisers Karl mit solchen Friedensideen soll energisch abgewiesen werden. Der König von Bulgarien" (der in diesen Tagen in Kreuznach weilte) „spricht sich entrüstet über Wien aus, gibt sich ganz in unserem Sinne." Am 14. Zuni bestehen die „Besorgnisse

in der Politik bezüglich Österreich weiter. Man gewinnt den Eindruck, daß Österreich kein Interesse mehr an einem deutschen Sieg hat ..."

Mahnung zur inneren Geschlossenheit des Volkes.

579

störung ständen. „Wann dieser Zeitpunkt eintritt, ob im Herbst, im Winter oder im nach st en Frühjahr, kann

niemand mit Gewißheit angeben. Sicher ist nur, daß wir im stände sind,den Erfolg in Ruhe zu erwarte n"1). Cs gelte bei uns und unseren Verbündeten, die Geschlossenheit im Inneren zu stärken und den Willen zum Durchhalten wach zu halten. Das sei nicht schwer, wenn jedermann klargemacht werde, daß „die Zeit für uns spricht, daß wir eher einen weiteren Winter überstehen können als unsere Feinde, daß ein vorzeitiges Nachgeben den Zusammenbruch sowohl des Staates wie des einzelnen bedeutet". Ein Erstarken unserer inneren Kraft, so schloß das Schreiben, werde die Gegner am ehesten von der Nutzlosigkeit weiterer Kriegfllhrung überzeugen. „Hingegen wird jede Klage über fehlge¬ schlagene Hoffnungen, ein jeder Ausdruck von Crschöpfung und Friedenssehnsucht bei uns und unseren Verbündeten, jedes Wort über eine angebliche

Unmöglichkeit, einen weiteren

Winterfeldzug

zu

überstehen, mit Sicherheit kriegsverlängernd wirken." i) Dieser und folgender Sperrdruck durch die Forsch. Anst.

37*

Nachweis des wesentlichsten Schrifttums. Die Verzeichnisse der früheren Bände gelten auch für den vorliegenden Band. Nur einige grundlegende Werke sind nochmals aufgeführt.

1. Deutsches Schrifttum. „Schlachten des Weltkrieges 1914—1918." Herausgegeben unter Mitwirkung des

Reichsarchivs:

Band 28 und 29: „Die Osterfchlacht bei Arras 1917." I. und II. Teil. Olden¬

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„Österreich-Ungarns letzter Krieg 1914—1918." VI. und VII. Band. Herausgegeben vom Österreichischen Vundesministerium für Heerwesen und vom Krieasarchiv.

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581

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Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.

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4. Russisches Schrifttum. (Soweit nicht anders vermerkt, nur in russischer Sprache.)

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zur Erforschung und Auswertung der Erfahrungen des Weltkrieges und des Bürgerkrieges: „Strategischer Überblick des Krieges 1914—1918." (Rufs. amtl. Werk.) 7. Teil. A. M. Sajontschkowski: „Der Feldzug 1917." Moskau 1923. Die Briese des Vertreters des Ministers des Äußeren bei der russischen Obersten Heeresleitung an den Minister des Äußeren vom 5. Januar bis 1. Juni 1917.

Abgedruckt in Kraßny-Archiv, historische Zeitschrift, herausgegeben vom Zentralarchiv der Sowjetrepublik. Band 30. Moskau/Leningrad 1928. J.R. Daniloff: „Dem Zusammenbruch entgegen." Hannover 1928. (Deutsche Ausgabe.)

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Nachweis des wesentlichsten Schrifttums.

583

397.

XXIII. Reservekorps (s. auch Gr. Kathen u. Gr. Crepy) 138. 282. 291. 296.

VII. Armeekorps (s. auch Maas-Gr. West)

XXIV. Reservekorps (s. auch Gr. Gerok)

397. IX. Armeekorps (s. auch Gr. A, B u. Gr. Cambrai) 138. 151.

487. XXVI. Reservekorps 36.

XI. Armeekorps (s. auch Gr.?, 7. Armee, Gr. Plüskow u. Gr. Vailly) 144. 282. 287. 291. 296.

XII. (sächs.) Armeekorps (s. auch Gr. Py) 291. 298. 330.

XXXIX. Reservekorps (s. auch Gr. Liesse» 381.

XXXX. Reservekorps (s. auch Gr. Litzmann) 487. I. bayer. Reservekorps (s. auch Gr. Vimy u. Gr. Aubers) 186. 210. 248. 263.

Truppenverzeichnis.

595

XV. bayer. Reservekorps (f. auch Gr. Höhn

Gruppe Arras (Gen. Kdo. XII. [säd)f.]

u. Gr. Sissonne) 283. 287. 291. 297.

R. K., feit 2. 4. IX. R. K.) 186. 188. 190 f. 194 f. 200 f. 211 f. 214. 216 f. 219 ff. 223. 225 ff. 229. 231. 240. 243. 247 ff. 254. 257. 259 s. 262 s. 265. 269 ff. 275 f. Gruppe Aubers (Gen. Kdo. III. bayer. A. K., später I. bayer. R. K.) 186. 256. 263.

Alpenkorps s. unter Ins. Div. Asienkorps 529. Landwehrkorps 487. Marinekorps (s. auch Gr. Nord) 425 f. 429. 435 f. 538.

Gruppe Vrimont Generalkommando z.b.V.54 (s. auch Gr. Liebert u. Gr. Liesse) 283. 287. 291. Generalkommando z. b. V. 61 522. 525. Generalkommando z. b. V. 62 522. 524.

(Gen.Kdo. X.R.K.)

291 ff. 297. 316. 321 ff. 328 ff. 334. 344 s. 352. 354. 356 s. 372 s. 384. 394. 408.

Gruppe Cambrai (Gen. Kdo. IX. A. K.) 151. 154. 241. (s. auch Gr. B).

Generalkommando z.b.V.65 (s. auch Gr. Sissonne) 342.

Gruppe Caudry (Gen. Kdo. XIII. [württ.] A.K.) 151. 154s. (s. auch Gr. C). Gruppe Crepy (Gen. Kdo. XXIII. R. K.)

Gruppe A (Gen. Kdo. IX. A. K., später

Gruppe Dixmude (Gen. Kdo. XIV. A. K.)

291. 296. 355. 360. 391.

XIV. R.K.) 138. 142. 150 s. 192. 195. 202. 211. 218. 220. 224. 227. 232 s.

240s. 243 (s. ferner unter Gr.Queant). Gruppe B (Gen. Kdo. G. R. K., später IX. 21. K.) 138. 150 f. (s. ferner unter Gr. Cambrai). Gruppe C (Gen. Kdo. XIII. [mürtt.] A. K.) 138. 151. (f. ferner unter Gr. Caudry). Gruppe N (Gen.Kdo. XIV.R.K.) 138. 142. (f. ferner unter Gr. Queant). Gruppe 0 (Gen. Kdo. VIII. R. K., später VI.R.K.) 138. 151. (s. ferner unter Kanal°Gr.). Gruppe P (Gen. Kdo. XVIII. A. K., 2. Ar¬ mee) 138. 148. 151. (f. ferner unter Gr. St. Quentin). Gruppe P (Gen. Kdo. XI. A. K., 7. Armee) 144. 282. 287. (s. serner unter Gr.

Plüskow). Gruppe Q (Gen. Kdo. XVII. A. K.) 143. 147. 151. (s. ferner unter Oise). Gruppe K (Gen. Kdo. G. K.) 138. 143. 292. (f. ferner unter Gr. Aisne). Gruppe Aisne (Gen. Kdo. G. K.) 292.

138. Gr. 147.

328. 330. 334. 344 f. 352. 354. 356 f. 372 f. 384. 394.

Gruppe Antwerpen 437.

435. 443. 449.

Gruppe Eberhardt (Gen. Kdo. X. R. K.) 282. 287 f. 291 (s. ferner unter Gr.

Vrimont). Gruppe Gent (Gen.Kdo. XIV.R.K.) 436. 451.

Gruppe Gerok (Gen.Kdo. XXIV.R.K.) 486 f. 502 f. Gruppe Hardaumont (Gen. Kdo. XIV. A.K.) 397 (f. auch Gr. Prosnes und Gr. Dixmude). Gruppe Höhn (Gen. Kdo. XV. bayer. R.K.) 287. 291 (f. ferner unter Gr.

Sissonne). Gruppe Kathen (Gen.Kdo. XXIII.R.K.) 138. 142. 144. 282. 291 (f. ferner unter

Gr. Crepy). Gruppe Liebert (Gen. Kdo. z. b. V. 54) 287. 291 (f. ferner unter Gr. Liesse). Gruppe Liesse (Gen. Kdo. z. b. V. 54, spä¬ ter XXXIX.R.K.) 291. 295f. 310.

312 ff. 316. 330 ff. 341 f. 355. 360 f. 364. 366 f. 381. 391 ff. 408. Gruppe Lille (Gen. Kdo. II. bayer. A. K.) 186. 256. 434 f. 437 f. 440. 444 f. 451 ff. 457. 461. 463 f. 466 ff. 471.

Gruppe (Armeegruppe) Litzmann (Gen. Kdo. XXXX.R.K.) 487.

Truppenverzeichnis.

506

Gruppe Loos (Gen. Kdo. IV. A. K.) 186. 190 ff. 194. 199 f. 210. 218 f. 221. 248. 254. 258. 276.

Gruppe Rord (Marinekorps) 425. 435. 443. 449.

Gruppe Oise (Gen. Kdo. XVII. A. K.) 151 (f. auch Gr. Q). Gruppe Plüskow (Gen. Kdo. XI. A. K.) 282. 287. 291 (s. ferner unter Gr.

Vailly). Gruppe Prosnes (Gen. Kdo. XIV. 21. K., seit 26. 4. III. A. K.) 291 f. 298. 325. 328 ff. 335. 337 ff. 344 ff. 350 f. 354. 356 f. 371 ff. 375. 378 f. 384 ff. 394 f.

408 f.

Gruppe Py (Gen.Kdo. XII.

440 ff. 444. 449 ff. 457 s. 460 f. 463 f 466 f. 470 ff. 474 f. Gruppe Ypern (Gen. Kdo. IX. R. K, später XII. [fach}] R.K.) 426ff. 434f. 437. 440. 443 f. 449. 451 s. 455. 460 s 464. 471.

Kanal-Gruppe (Gen. Kdo. VI. R. K.) 151. 154 (s. auch Gr. 0 und Gr. Souchez). Maas-Gruppe West (Gen. Kdo. VII. A.K) 401. Kampsgruppe Hahn 458 f. 461. 463 f. Kampsgruppe Wenninger 459. 461. 464.

1. Garde-Inf. Div. 296. 314ff. 330. 332f.

A.K.)

291. 293. 298. 330. 356.

Gruppe OuSant (Gen. Kdo. XIV. R. K., später G. R. K.) 211. 247 ff. 257. 259 f. 262 f. 267. 270 f. 276. Gruppe St. Quentin (Gen. Kdo. XVIII.

342 s. 353. 355. 360 f. 364. 366. 408. 2. Garde-Inf. Div. 138.297.327 f. 341 ff. 353. 355. 360 f. 367 ff. 382. 3. Garde-Inf. Div. 241 ff. 246. 248. 250. 260. 264.

A.K.) 151. 154s. (s. auch Gr. P, 2. Armee).

4. Garde-Ins. Div. 138. 202. 219 f. 222. 226. 231. 248 f. 257. 332. 338. 5. Garde-Ins. Div. 4. 283. 287. 293. 296.

Gruppe Reims (Gen. Kdo. VII. R. K.) 291 ff. 297. 325. 328 ff. 335. 338. 356 f.

2. Inf. Div. 85. 439. 449 s. 454 ff. 458 ff.

372. 384 ff. 388. 394.

Gruppe Sisionne (Gen. Kdo. XV. bayer. R. K., seit 18.4. Gen. Kdo. z. b. V. 65) 291. 295. 297. 316. 319. 328 ff. 332 ff. 342. 355. 360 f. 367 f. 370. 382 f. 391. 393. 408.

Gruppe Souchez (Gen. Kdo. VI. R. K, ab 3. 4. VIII. R. K.) 186. 190 f. 195. 201. 210. 212 s. 215. 218 s. 231 f. 240 s. 248 f. 254. 257. 262. 270 f. 276.

Gruppe Vailly (Gen. Kdo. XI. A. K.) 291. 296. 310. 313 f. 328 ff. 341 f. 355. 360 ff. 365. 380 f. 391. 408.

Gruppe Vaux (Gen.Kdo. XVIII.R.K.) 397.

Gruppe Mmy (Gen. Kdo. I. bayer. R. K, später III. bayer. A. K.) 186. 190 f.

312. 315. 338. 342. 355. 360.

463. 4. Inf. Div. 293. 297. 322. 345. 354.

356 f. 372 f. 5. Inf. Div. 298. 329. 337 f. 346 ff. 356. 358. 371 f. 374. 6. Inf. Div. 298. 329. 338. 346 ff. 354. 356. 358 f. 371 f. 7. Ins. Div. 186

210. 248. 257. 450.

457 ff. 462 ff. 466. 470 f. 8. Inf. Div. 186. 210. 247 f. 267. 9. Inf. Div. 355. 360. 368. 370. 382 f. 10. Inf. Div. 355. 360 f. 363. 365 f. 380. 391.

11. Inf. 216. 13. Inf. 14. Ins.

Div. 220. Div. Div.

138. 186. 201. 211 f. 214. 223. 434. 449. 460 ff. 392. 397 f. 355. 360 f. 365 f. 368. 381.

200 ff. 210. 212 ff. 216. 219 ff. 225 s. 231 f. 240 f. 243. 248 f. 254. 257. 259. 263. 267. 270 f. 276.

17. Inf. Div. 138. 201 f. 210. 214 ff. 219 ff.

Gruppe Westfalen 437. Gruppe Wytschaete (Gen. Kdo. XIX. lfächs.f A. K.) 426 ff. 430 f. 433 f. 437 f.

226. 248 f. 251. 254. 451. 462. 18. Inf. Div. 158. 202 f. 210. 214. 216. 219 ff. 226. 231. 241. 247 ff. 251 f. 275.

393. 397.

15. Inf. Div. 393.

Truppenverzeichnis. 19. Inf. Div. 283. 287. 297. 325. 354. 395. 20. Inf. Div. 296. 314 s. 330 f. 333. 360 f. 364. 366. 21. Ins. Div. 282. 287 s. 297. 321 ff. 23. (fächf.) Inf. Div. 138. 298. 330. 338. 346 ff. 356. 358.

356.

355. 344. 335.

24.(fach?.) Inf. Div. 433 f. 450. 355. 460. 462 ff. 25. Inf. Div. 138. 148. 152.

26. (württ.) Inf. Div. 138. 202 f. 211. 219 ff. 223. 226 f. 231. 248 ff. 27.(württ.) Inf. Div. 138. 211 f. 224. 228. 232. 240. 246 ff. 257. 260. 28. Inf. Div. 349. 400. 29. Ins. Div. 298. 335 s. 338. 346. 348. 30. Inf. Div. 293. 298. 330. 335 ff. 339. 347. 350. 356. 32. (fächf.) Inf. Div. 138. 298. 330. 335.

337 f. 346 f. 350. ZZ. Ins. Div. 341. 356. 372. 374 f. 386 ff. Z4. Inf. Div. 297. 325. 330. 336. 338. 341.

346 ff. 354. 356. ZS. Inf. Div. 115. 138. 148. 220 f. 227. 231. 241. 248 ff. 449 f. 454 f. 458 ff. 463. 36. Inf. Div. 138. 148. 37. Inf. Div. 360. 370. 381 f. 392. 38. Inf. Div. 151. 241 f. 264. 462. 464. 39. Inf. Div. 356. 373. 40. (fächf.) Inf. Div. 430. 433. 449 ff. 454. 456. 458 f. 462 f. 470. 41. Inf. Div. 85. 373. 383. 393. 50. Inf. Div. 297. 319 f. 355. 360. 366. 391 f. 408. 52.Inf. Div. 355. 360. 54. Inf. Div. 297. 322. 324. 330. 341. 344. 356. 372 f. 384. 394. 55. Inf. Div. 138. 210. 215. 240. 248 f. 257. 262. 68. (sächs.) Inf. Div. 287. 298. 325. 335 ff. 345 ff. 349 f. 397. 86. Inf. Div. 490. 91. Ins. Div. 490. 101. Inf. Div. 522. 524. 103. Inf. Div. 392. 397. Hl. Inf. Div. 1?8. 202. 210. 212. 219 ff. 226. 248 f. 254.

597

113. 119. 121. 183.

Inf. Div. 355. 360. 363. 365. 381. Inf. Div. 449. 455. Inf. Div. 451. Inf. Div. 283. 287. 296. 310. 313 f. 330 ff. 341. 343. 185. Inf. Div. 243 f. 248 f. 251. 254. 257. 187. Inf. Div. 85. 356. 373. 384. 395.

192. (fächf.) Inf. Div. 397. 195. Inf. Div. 449. 462. 464. 199. Inf. Div. 248. 251 f. 254. 257. 260. 451.

204. (württ.) Inf. Div. 430. 449 f. 452 ff. 459 ff. 464. 471. 205. Inf. Div. 4. 206. Inf. Div. 355. 360. 363. 365 f. 380. 392. 207. Inf. Div. 254. 257. 260. 362. 451. 462. 466. 208. Inf. Div. 248. 250 f. 254. 257. 260. 211. Inf. Div. 138. 282. 293. 296. 310. 313. 331. 343. 355. 360. 366. 380. 212. (fächf.) Inf. Div. 85. 283. 480. 213. Inf. Div. 138. 297. 319 f. 333 f. 342. 355. 360. 370. 382 f. 214. Inf. Div. 283. 287. 298. 335 ff. 345 ff. 217. Inf. Div. 486. 219. (fächf.) Inf. Div. 4. 220. Inf. Div. 4. 138. 186. 211 f. 218. 223 f. 227. 232. 240 f. 247 f. 250. 253 s. 269. 221. Inf. Div. 138. 248. 251 f. 254. 257. 260. 222. Inf. Div. 296. 332. 341. 343. 355. 360. 362. 365 f. 223. Inf. Div. 283. 287. 297. 356. 371. 374 f. 385. 225. Inf. Div. 4. 226. Inf. Div. 4. 227. Inf. Div. 4. 388. 228. Inf. Div. 4. 397. 399. 231. Inf. Div. 4. 85. 395. 232. Inf. Div. 4. 233. Inf. Div. 4. 85. 449. 234. Inf. Div. 4. 85. 235. Inf. Div. 4. 85. 236. Inf. Div. 4. 85. 237. Inf. Div. 4. 238. Inf. Div. 4. 85.

598 239. 240. 241. 242.

Truppenverzeichnis. Inf. Div. 4. 85. 388. Inf. Div. 4. 85. Inf. Div. 4. (württ.) Inf. Div. 4. 85. 356. 372.

16. Res. Div. 282 f. 287. 296. 311. 314 f 331 ff. 341. 17. Res. Div. 211 f. 214. 217 f. 223. 226 f. 18. Res. Div. 196. 211 f. 214. 218. 221. 224. 226 f. 231 f. 240. 249. 257. 19. Res. Div. 282 f. 287. 296. 311 f. 314 f

385 ff. 394. (württ.) Inf. Div. 4. 297. 356. 373. Inf. Div. 5. 437. 332 f. 342 f. Inf. Div. 5. 437. 21. Res. Div. 297. 327 f. 330. 334. 344. 356. Inf. Div. 5. 437. Inf. Div. 4. 22. Res. Div. 138. 450 f. 459. 462. 466. Inf. Div. 4. 23. (sächs.) Res. Div. 138. 186. 451. 1. bäyer. Inf. Div. 381 ff. 393. 24. (sächs.) Res. Div. 186. : 25. Res. Div. 397. 2. bayer. Inf. Div. 370. 382 f. 3. bayer. Inf. Div. 186. 210. 212. 219 ff. 26. (württ.) Res. Div. 138. 211 f. 218. 224. 226 f. 231. 240. 248 ff. 275. 434. 220. 224. 450 f. 454. 456 ff. 463. 470. ; 28. Res. Div. 297. 328. 341 f. 355. 360 f. 4. bäyer. Inf. Div. 186. 451 f. 454. 456 f. 367 f. 370. 382. 397 f.

243. 251. 252. 253. 255. 302.

459. 461. 464. 466.

;

33. Res. Div.

' 5. bayer. Inf. Div. 186. 258. 262.

6. bayer. Inf. Div. 186. 254. 268. 11. bayer. Inf. Div. 355. 360 f. 364. 366.

334. 344. 397. 44. Res. Div. 138. 148. 296. 314. 327 s. 332. 341. 355. 360. 362 ff. 380. 45. Res. Div. 138. 296. 310. 313 f. 330. 332. 343. 355. 360. 363 ff. 380. 46. Res. Div. 296. 355. 360. 392. 49. Res. Div. 186. 253 f. 257. 462. 50. Res. Div. 249. 254 f. 257. 269. 51. Res. Div. 279. 286. 387 ff. 395. 449.

216. 220 ff. 15. bayer. Inf. Div. 4. 85. 383. 393.

16. bayer. Inf. Div. 4. 185 f. 210 f. 213 ff. 222. 231. 451.

1. Garde-Ref. Div. 117. 138. 141. 202. 219 f. 222. 248. 251. 254 f. 257. 260. 450 f. 457 ff. 462 ff. 466. 470. 2. Garde-Ref. Div. 138. 211 f. 224. 232. 241 f. 246. 248. 3. Res. 6. Res. 7. Res. 9. Res.

Div. Div. Div. Div.

451. 401. 297. 341. 348. 356. 394 f. 248. 253 f. 257. 260. 451.

10. Res. Div. 282. 287 f. 292 f. 297. 321 f. 329. 397. 401. 11. Res. Div. 186. 13. Res. Div. 283. 287. 297. 356. 386 ff.

394 f. 14. Res. Div. 283. 287. 298. 335 f. 338. 356 f. 371. 386. 15. Res. Div. 138. 248. 254. 257. 260.

342. 355. 360.

: 43. Res. Div. 282. 287. 297. 321. 324 f.

381. 14. bayer. Inf. Div. 138. 210. 212. 214.

Alpenkorps 480. 486.

296 . 328.

362. 365 f. 380.

^

52. Res. Div. 279. 356. 373. 384.

54. (württ.) Res. Div. 356. 372. 386 ff. 397. :

76. Res. Div. 486.

78. Res. Div. 391.

79. Res. Div. 185 f. 210 f. 213. 215. 221 f. 226. 80. Res. Div. 186' 210. 215. 218. 231. 240. 248 f. 257. 262. 449.

1. bayer. Res. Div. 186. 210 f. 213. 215 f. 221 f. 5. bayer. Res. Div. 287. 292. 297. 317 ff. 328. 6. bayer. Res. Div. 186. 255. 257. 9. bayer. Res. Div. 282 f. 285. 287. 297. 316 f. 319 f. 333. 342.

Garde-Erf. Div. 372 f. 408.

297.

323 f.

345. 356.

Truppenverzeichnis. 4. Ers. Div. 151. 241 f. 254 f. 257. 8. Ers. Div. 4. 10. Ers. Div. 356. 358. 372. 375. 386 ff. 397. 19. (sächs.) Ers. Div. 397. Bayer. Ers. Div. 282 s. 287. 297. 316. 332 f. 342.

1. Ldw. Div. 489 ff. 2. (württ.) Ldw. Div. 397 f. 401. 3. Ldw. Div. 488. 13. Ldw. Div. 296. 355. 360. 15. Ldw. Div. 85. 138. 19. Ldw. Div. 435. 449. 20. Ldw. 21. Ldw. 22. Ldw. 23. Ldw.

Div. Div. Div. Div.

435. 449. 4. 211. 243. 248 f. 257. 268. 4. 4.

25. Ldw. Div. 282 f. 310. 314. 331 f. 341. 343. 26. (württ.) Ldw. Div. 4. 38. Ldw. Div. 4. 44. Ldw. Div. 4.

45. (sächs.) Ldw. Div. 4. 296. 46. (sächs.) Ldw. Div. 4. 47. Ldw. Div. 148. 211. 243. 248 s. 257. 268. 2. bayer. Ldw. Div. 4. Div.Kdo.251 Div. Kdo. 252 Div. Kdo. 253 Div. Kdo. z. b. 2. Kav. 3. Kav. 4. Kav. 5. Kav. 7. Kav. 9. Kav.

Div. Div. Div. Div. Div. Div.

5. 5. 5. 03.302 522. 525. 135. 451. 5. 5. 5. 135. 5. 490.

Bayer. Kav. Div. 490 s. 1. Marine-Div. 5. 449. 2. Marine-Div. 5. 449. 3. Marine- (Ins.-) Div. 5. 449. 3. Ins. Vrig. 439.

172. Zns. Vrig. 490. 38. Ldw. Vrig. 186.

599

Füsilier-Regt. 39 411. Sturm-Vtl. 5 (Rohr) 7.

Kommandierender General der Luststreit-

kräste 8 s. 530. Luftstreitkräfte 8 ff. 17. 30 ff. 34 ff. 40. 44 ff. 48 ff. 78. 81. 115. 126. 133. 135. 140 ff. 144. 147. 152 s. 155. 187. 190 s. 193. 195 ff. 209. 212. 232. 251 f. 260. 262. 265. 267 f. 271. 275 f. 280 ff. 286. 288 f. 293. 298 f. 309. 379. 387. 398. 400 f. 404. 407 f. 426. 429. 432. 435. 438. 440 ff. 445. 452 f. 461. 467. 474. 486. 488. 490 ff. 522 s. 529 s. 532. 535. 538. Jagdstaffeln 9. 49. 275. 379. 530 f. Feldflieger-Abteilung 19 534.

Feldflieger-Abteilung 40 531 f. Kampsgeschwader 9. 49. 531 f. 534 f. Flugabwehr- (Flak-) Artillerie 8. 10. 17 f. 31. 49 f. 135. 186. 190. 298. 441. 445.

452 f. 467. 535 f. Luftsperrabteilungen 536. Heeresluftschiffe 536. Feldluftschiffer 8 f. 31. 38. 49. 190. 289. 293. 440. 445. 452.

Kraftfahrwesen 8. 16. 22. 187. 197. 199. Feldeisenbahnwesen 8. 22. 43. 49. 63. 132. 139.

Festungen: Metz 62. 74. Neubreisach 62. Straßburg 62. 74.

Grenzschutz gegen Holland 451. Etappenverwaltung der Dobrudscha 520. 527.

Vrunhild-Stellung 62. 553. Flandern-Stellung 62. 427. 432. 434. Gudrun-Stellung 553. 559.

Holland-Stellung 436. Hunding-Stellung 62. 131. 550. 553.

Kriemhild-Stellung 62.

Truppenverzeichms.

600

Michel-Stellung 62. Siegfried-Stellung 25. 62. 64 f. 67 ff. 77. 81. 83 ff. 109 ff. 114. 116 ff. 124. 126 ff. 139 ff. 165. 168. 173 ff. 177 f. 183 ff. 187 ff. 194 ff. 199. 205. 207 f. 211 f. 219. 224 f. 227 ff. 233 f. 236. 238. 241. 244. 247. 262 ff. 270. 276. 279. 283. 285. 287. 292. 294. 299. 343. 402 f. 405. 417 f. 475. 532. 542. 550.

Wotan-Stellung 62. 127 ff. 136.184.193 ff. 197. 199. 201 f. 211. 214. 225. 229. 233. 243 f. 247 ff. 252. 257. 262. 268. 270 f.

Seestreitkräfte 3. 14. 158. 426. 429. 443.

537 f. Hochseeflotte 537 f. U-Vootflotte 83. 98 f. 158. 163. 425 f. 436. 525. 532 ff. 537 ff. 547. 557. 576 f. Kl. Kreuzer „Breslau" 529. Luftstreitkräfte der Marine 533. Marine-Luftfchiffe 8. 533 f. 536. 538. Luftschiff L 39 533. Unterseekrieg 1 ff. 62. 64. 66. 75 f. 83. 86 f. 100. 105. 111. 157 ff. 161 ff. 165. 170. 178. 414. 416 ff. 425. 436. 485. 525. 527 f. 534. 536 ff. 547 ff. 551. 557. 566. 568. 570 f. 573 f. 576 ff.

276. 550.

Seekriegsleitung (Chef des Admiralstabes) 2. 83. 426. 533 f. 536 f. 539 f. 571. 577.

Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika 65.

Österreich-Ungarn. Heeresleitung (Armeeoberkommando) 73.

"V II. Korps 516.

85. 479. 485. 487. 493. 495 ff. 499. 504. 514. 521. 547. 572 f. Heer 60. 171. 485. 522. 568.

XIX. Korps 521 f. XXIII. Korps 516.

Kav.-Korps Hauer 489 f. Heeresfront Erzherzog Josef 477. 486 f. 496. 503.

Südwestfront 515. 518 f. Heeresgruppe Vohm-Ermolli 477. 487 f. 503. 505.

Heeresgruppe Conrad 515. 517. I.Armee 478. 486f. 502f. 3. Armee 494.

6. 7. 9. 10. 16. 91. 92.

Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div.

519. 516. 517. 516. 516. 490. 490.

9. Kav. Div. 490. 26. Ldw. Div. 490.

S.Armee 515ff. 7. Armee 487. 503. 19. Armee 515. 517.

Luftstreitkräfte 515. 530.

III. Korps 519.

Polnische Legion 487.

Bulgarien (f. auch Heeresleitung 497. 520 f. 526. Heer 520.

606).

1. Armee 520 f. 523 f. 2. Armee 520 ff. 3. Armee 520.

Truppenverzeichnis. I.Inf. Div. 2. Inf. Div. 3. Inf. Div. 4. Inf. Div. 5. Ins. Div. 6. Inf. Div. 7. Ins. Div. 8. Inf. Div.

486. 520. 520. 520. 520. 520. 520. 520.

9. 10. 11. 12. 14.

520. 523 525. 525.

Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div. Inf. Div.

601 520. 520. 520. 520. 520.

Zfgf. Div. 520. 1. Kav. Div. 520.

524.

Türkei Solesmos

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.

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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.

et 157. 5. Kav.

164.

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46.

australisch; neus.

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113.

58. 47. XXXIV.

6. S*iiu.

6.

13. 134.

52.

43.

37.

^ neuseeländisch; maroc. — marokkanisch;

Kolonialtruppen; T. — Territorialtruppen.

III.

b. — bayerisch;

^ = im Abtransport.

Abschnittsgrenzen s. Beil. 1.

Angriffspläne des Feindes 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914-1918.

Der französisch»englische Angriffsplan im Frühjahr.

Zwölfter Band.

Beilage 2.

Ostendt

Erläuterungen: 3 JoffresAngriffsplan

\lusati Nivelles „Stellung der Mündeten vor der Alberich -Bewegung

Dünkirchen Dixmuc/e

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E S. Mittler & Sohn, Berlin.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.

Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.

Angriffspläne des Feindes 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914—1918.

Die Verletzung der Schweizer-Neutralität.

Zwölfter Band.

Beilage 2 a.

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler & Sohn, Berlin.

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100 Km

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner),'Berlin.

Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Gebaute und geplante Stellungen bei der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht oGrammont

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Braisne Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E.S. Mittler &. Sohn, Berlin.

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Braisne

Braisne Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner, Berlin.

Die Schlacht bei Arras 1917. Lage am 9. April.

Beilage 8.

Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zwölfter Band.

Zusammendruck aus der Topograph. Spezial-Karte von Mittel-Europa 1:200000. Hergestellt vom Reichsamt für Landesaufnahme, Berlin 1936. Alle Rechte vorbehalten. Verlegt bei E. S. Mittler u. Sohn, Berlin.

Höhenzahlen in Metern.

Nachdruck und Vervielfältigung jeder Art, auch einzelner Teile, sowie die Anfertigung von Vergrößerungen oder

Maßstab 1 ZOO 000 der TiatürL Länge.

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Verkleinerungen sind verboten und werden gerichtlich auf 1 geogr. Meile - IbZO.»» Meter.

Grund des Urheberschutzgesetzes verfolgt.

Die Schlacht bei Arras 1917 Die Kämpfe am 9. April morgens.

Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zwölfter Band.

Das engl. Grabengewirr vor den Vimy- Höhen

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Heeresreserven am 9.4. vorm.

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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten, Verlegt bei JE. S. Mittler &. Sohn, Berlin.

10 km

Forschungs.inst.ilt des Heeres. Druck : Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.

Die Schlacht bei Arras 1917 Die Kämpfe vom 11. bis 15. April.

Zu: Der Weltkrieg 1914 — 1918. Zwölfter Band,

Beilage 10,

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Ausgebaute deutsche Stellungen

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Deutsche vorderste Linie am 114 morgens

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Raum derArtillerieaufstellung.

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten, Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.

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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Eorschungsanstalt des Heeres. Druck : Dietrich Keimer (Andrews & Steiner), Berlin.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Die Lage am 16. April.

Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Beilage 13.

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Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.

Druck: Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Die Lage bei der 7- Armee am 16. April abends.

Beilage 15.

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler Cx Sohn, Herlin.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck : Dietrich Reimer (Andrews 6. Steiner), Berlin.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Die La§e am linkea Flügel der 7-Armee am 16- APril abends.

Beilage 16.

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Nachdruck und Vervielfältigung verboten.

Verlegt bei E. S. Mittler G. Sohn, Berlin.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck : Dietrich Reimer (Andrews & Steiner), Berlin.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

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Beilage 17.

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Hntwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.

Die Doppelschlacht an der Aisne und in der Champagne 1917. Der Wechsel in der Truppenverteilung.

Beilage 18.

Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

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Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E. S. Mittler &. Sohn, Berlin.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres.

Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.

Die Schlacht im WytschaetesBogen. Die englischen Sprengungen bei Spanbroekmolen am 7. Juni 1917. Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Beilage 21.

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Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten. Verlegt bei E.S; Mittler L. Sohn, Berlin.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (AndrewsG.Steiner), Berlin.

Die Schlacht im Wytschaete* Bogen. Die Lage am 12. Juni 1917.

Zu: Der Weltkrieg 1914-1918. Zwölfter Band.

Beilage 22.

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Ploegsteert Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung verboten.

Entwurf und Zeichnung in der Kriegsgeschichtlichen

Verlegt bei E. S. Mittler k Sohn, Berlin. q

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4

.5 km

Forschungsanstal. des Heeres. Druck: Dietrich Reimer (Andrews &. Steiner), Berlin.

Die Ostfront. Stand Anfang April 1917.

Zu: Der Weltkrieg 1914—1918. Zwölfter Band.

Beilage 23.

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Vorgänge auf den Kriegsschauplätzen

und deren zwischenstaatliche

Russisch-rumänische

Beziehungen

Front

Türkei

Balkan

eingeschränkten Unterseekrieges.

14. Franz., engl., russ.Vertrag betr. Els.-Lothr. und Rheingrenze.

im O st e n

bis einschl. O st a s i e n 1917

1.—20. Konferenz in Pe¬

1. Beginn des un-

4. Abbruch der diplom. Beziehungen zu

Militärpolitische Vorgänge

Februar

tersburg.

4. Ende der Winterfchlacht an der Aa.

4. Entschluß zum Zurückgehen in die Siegfried-Stellung.

Deutschland.

-a

24. Verlust von Kut-el-

23. Lloyd George kündigt

umfassende Einschrän-

et

kungen für England an.

Amara. Die Türken

räumen Persien.

83-

27. Osterr. ung. Genst.-Chef Feldm. von Conrad durch Gen. von Arz ersetzt.

März JQ

u

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ii.

x

3

11. Fall von Bagdad.

11. Russ., franz., engl. Ver-

trag über russ. Westgrenze.

14. Franz. Kriegsmin. Lhautey tritt zurück.

Angriffe

16.—19. Zurückgehen in die Siegfried-Stellung.

der Armee Sarrail abgewiesen.

17. Franz. Kabinett Briand

tritt zurück. 19. Franz. Kabinett Ribot,

Kriegsmin. Painlevs.

23/Verstärkung

12. öeginn der russ. Revolution.

ä !->

ö?

15. Abdankung des russ.

14. China bricht diplom. Bezie¬ hungen zu

Deutschland ab.

Zaren.

23. Osterr. Friedensbesprechungen

der englifchen Nord-

Kaiser Karl — Prinz Sixtus

(„Sixtusbrief").

seesperre.

26. Deutscher Vorstoß 26.

26. Türk, erster Sieg

bei Gaza.

an der Schtschara.

24. Gen.

Alexejew wird

russ.

Höchstkomman-

dierender.

a

5. USK.-ttriegserklärung an

6. Gründung der deutschen

u

Deutschland.

Großangriff.

•+*

reich-Ungarn ab. Kuba

£

und Panama erklären

3

Deutschland den Krieg.

U. S. P. D. 7. OsterbotschaftdesKaisers betr,

9. Erster britischer

O

9. USA. bricht diplom. Beziehungen zu Oster-

boly.

n

10. Russ. Kriegszielmani-

§5

fest.

12. Geheimbericht Graf Czernin über Osterr. ung. Lage. 13. Herabsetzung der deutschen

vien und Guatemala

Brotration. Streiks.

brechen die diplomatischen Beziehungen zu 16. Deutsche Trup¬ Deutschland ab.

Schlacht

pen dringen in

bei

Portug. - Süd¬

afrika ein.

Arras

3. Erweiterung der engli-

schen Nord¬

seesperre. Potain erhält

Etwa IS. Lenin trifft in Rußland ein. 03

16.— 20. Mgemeine

franz. Großangriffe.

23. Zweiter britischer

c

Großangriff.

28. Weiterer

briti-

scher Angriff.

franz. Oberbefehl.

a>

Änderung des Wahlrechtes.

12.—27. Brasilien, Boli-

18. Gen.

April

u

3. Eroberung des russ. Brückenkopfes To-

3. Letzter britischer

Großangriff.

11.—27. Britische

Teilanariffe.

17. Honduras bricht die diplom. Beziehungen zu Deutschland ab.

&

Doppelschlacht an der

Kisne

und

Dames und beiderfeits von Reims.

am

Chemin

ab.

des

Angriffe

12.

der Armee

in der

Siwnantr abgewiesen.

20.—27. Kämpfe am Chemin des Dames

16. Kerenski

wird

Kriegsminister.

18.

russ.

Zehnte JsonzoSchlacht.

(Winterberg) und in der Champagne



20. Türkei bricht diplom. Beziehungen zu U.S.A.

Mai

4—9. Großkämpfe

gne

im franz. Heer.

bei Gaza.

30. Franz. Großan¬ griffe östlich Reims.

Ehampa-

20. Beginn der Meutereien

19. Türk, zweiter Sieg

(Moronvillers).

Ol

C

Juni

3. Gen. Brusstlow wird

3. Italienisches Protekto-

russischer Höchst-

rat über Albanien.

kommandierender.

3 10. Brit. Offensive von Lindi aus.

7. Verlust des Wytschaete-Bogens. 10.

11. Franz.Trnppenlanden in Griechenland. 12. König Konstantin von

Italienische Angriffe 21. Osterr. Kabinett Seidler.

16. Engländer räumen die untere Struma-

in den

„Sieben Gemeinden".

29. Päpstliche Friedensbotschaft 29. Artillerievorbereian Deutschland.

30.

tung fiir die Ke-

renski-Offensive in

Ostgalizien.

gegend.

Griechenland dankt ab.

18. Japan besetzt

Charbin.

27. Griechenland (Venizelos) tritt auf die Seite der Entente.