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German Pages 40 Year 1900
DIE
-ANPFLANZUNG KAUTSCHUCK UND
GEWINNUNG. EINE
STUDIE VON
JULES
' JBOSOH.
TIIEIL.
ERSTER
I.
Einleitung. Es mag unzweifelhaft Verwunderung erwecken, dass Botaniker , welche sich bemüht haben , eine auf wissen¬ schaftlichen Grundsätzen beruhende Kautscliuckgewinnung zu lehren und zu handhaben , durch ihre Studien nicht von selbst dahin geführt worden sind , als Ausgangs¬ punkt ihres Denkens und ihrer Versuche den engen Rahmen anzunehmen , der durch die Anforderungen — sowohl mit Bezug auf den Baum, als auf die aus ihm zu gewinnende Productmenge —, welche an ein rationelles Gewinnungsverfahren zu stellen sind , scharf vorgezeich¬ net ist. Schlägt man die Litteratur über diesen Gegenstand nach , dann springt der Mangel genügender Unterlagen in die Augen, mit denen man eine nutzbringende Arbeit beginnen könnte. Das ist der Grund , weshalb noch immer nach Angaben über ein gutes Gewinnungsverfahren gesucht wird, so dass Gelehrte die selbst- an der Möglichkeit zweifeln, der allgemein befolgten Ablassmethode durch Verbesse-
4 rang den Schein eines Vorzuges zu geben, jetzt ver¬ suchen , auf chemischem Wege den Kautchuck aus dem Bast zu gewinnen und darin die Lösung der Frage ge¬ funden zu haben glauben. Dem ist ferner zuzuschreiben , dass der nicht bota¬ nisch denkende Kautschuckpflanzer , der sich auf die ihm ertheilten Lehren beharrlich verlässt , wild darauf los arbeitet ; dass er, der noch nicht das Geheimniss kennt, in welchem Maasse das rohe Behandeln des Baums und das Schlagen tiefer Wundem seinem gewinnbringenden Eigenthum Schaden verursacht , sich seine Pflanze nicht anders vorstellen kann als ein wildwachsendes Gesträuch und seine Kultur als in extensiver Form bestehend, nämlich als Buschgewächs. Der über die finanziellen Erfolge seines Unterneh¬ mungsgeistes und seiner Arbeit enttäuschte Pflanzer verlor seinen Glauben an die Allmacht der Wis¬ senschaft , die ihm in seiner Noth Plilfe bringen sollte ; dazu gesellte sich der Zweifel, dass eine Renta¬ bilität des Kautschuckbaums als Culturobject sich erzielen lasse. Wohl erschallt lauter und lauter der Ruf , mehr und billigeren Kautschuck zu gewinnen und dies gab dem Gelehrten wie dem Pflanzer erneute Anregung , nach einer Lösung dieses Problems zu streben ; jedoch . . . . das „Ich habe es” wurde bisjetzt noch nicht ver¬ nommen. Meine Kenntniss des Chinabaumes als Kulturpflanze und eine durch Uebung geschärfte Veranlagung und Neigung für Naturbeobachtung vereinigten sich mit meinen Interessen als Pflanzer und erweckten in mir vor einigen Jahren das Verlangen , mich dem Studium der Kautschuckfrage zu widmen um auch meinerseits
5 zu versuchen , einen Beitrag zu ihrer Lösung zu liefern 1) Ich hatte die Ueberzengung gewonnen , dass ich darin einen Erfolg erzielen werde, gleich wie es mir geglückt ist, mit Bezug auf die Frage „wie die Uebertragung des Fruchtstaubes auf die Chinablüthe auf künstlichem Wege praktisch auszuführen ist”. Ich .ging also an die Arbeit und nach gewissenhaften Untersuchungen kann ich jetzt das Ergebniss meiner Beobachtungen in Nach¬ stehendem veröffentlichen. 1) Bei Dr. K. W . van Gorkum , in früheren
Jahren Director der
Gouvernements -Chinapflanzungen auf Java, machte ich meine ersten Studien über die Kultur des Chinabaumes. Dankbar erinnere ich mich bei Veröffentlichung dieser Studie der Anregung , die der vielverlangende , jedoch hochgeschätze Lehrmeister mir gab und wodurch in mir die Liebe zur Naturbeobachtung er¬ wachte und sich entwickelte ; der Werth , der vielleicht in dieser Arbeit verborgen ist, hat nur seinen Ursprung in dem seiner Zeit von diesem Gelehrten empfangenen Unterricht.
II.
in Beziehung Das Ernteinstrument Anpflanzung.
zur
Ein Jeder , der seine Kräfte an die Lösung einer ver¬ wickelten und schwierigen Aufgabe setzt, pflegt anfäng¬ lich in einer Richtung vorzugehen , welche ihn eher vom Ziele abführt als diesem näher bringt. Auch mir erging es so. Viele meiner Untersuchungen haben mir in Folge dessen auch nur die Ueberzeugung verschaffen können, in welcher Richtung ich mich nicht länger zu bewegen habe , und so haben alle die negativen Ergebnisse , zur Vermeidung weiterer nutzloser Arbeit , mich dahin ge¬ leitet, eine logische Unterlage zu schaffen, auf der neu in Angriff genommene Arbeiten aufgeführt werden konnten. Ich versuchte zuerst mir eine klare Vorstellung zu verschaffen über die Struktur des Bastes, über die Art und Weise, wie der Kautschuck sich darin entwickelt, wie die Zelle nach ihrer mechanischen Oeffnung ihn ausstösst, aus welchen Geweben der Bast seine Nahrung erhält ; wie die Heilung der gespaltenen Zelle stattfindet etc. — anderseits überlegte ich , wie der Pflanzer zu handeln hat , um auf mechanischem Wege, ohne den
7 Baum unnütz zu schädigen , aus ihm die möglichst grösste Menge zu gewinnen. Dem Baum mit seinem kostbaren dem Auge verbor¬ genen und niemals freiwillig zu erlangenden Produkt steht der Mensch gegenüber , dessen Interessen mit¬ bringen , dass übermässige oder rohe Behandlung bei der Abzapfung vermieden werde, damit der grossgezogene Baum nicht in Gefahr kommt oder der Erschöpfung ausgesetzt wird. Wie sind diese widerstreitenden Interessen auf gute, passende Weise mit einander in Uebereinstimmung zu bringen ? Ich gab mir Mühe, in das Wesen des Baums mich hineinzudenken , mit ihm zu leben, und legte mir zu diesem Zwecke folgende Fragen zur Selbstbeantwor¬ tung vor : 1°. Ist es wahr , dass das Productionsvermögen des Kautschuckbaum .es durch sachgemässe Kultivirung erhöht werden kann ? 2°. Ist es wahr , dass jüngere Zellen wände im höheren Masse Dehnbarkeit und Spannkraft besitzen, als alte ? 3°. Ist es wahr , dass bei vermehrter Spannung in Folge zunehmender Saftbewegung die Zellen wände sich ausdehnen können und wieder zu ihrer früheren Aus¬ dehnung zurückgehen , sobald die Spannung auf hört ? 4°. Ist es wahr , dass auch bei dem Kautschuckbaum ein Lebensalter sich bemerkbar macht , in dem die Zel¬ lenwand die Eigenschaft verliert , sich ausdehnen zu können ? 5°. Ist es wahr , dass durch das Cultiviren des Baumes mehr Saftzufluss stattfindet , wodurch die Zellenfiüssigkeit zunimmt ? 6°. Ist es wahr , dass durch die vermehrte Saftbewegung
8 und die Zunahme der Zellenfeuchtigkeit bei jüngeren Zellen wänden das Cultiviren befördert werden kann ? 7°. Ist es wahr , dass das Sonnenlicht eine beschleu¬ nigte Bildung der Bastrinde befördert ? 8°. Ist es wahr , dass die Bastrindenbildung auf Kosten der Dehnbarkeit und Spannkraft desjenigen Theils der Zellen stattfindet , aus welchen das zweite Bastgewebe entsteht ? 9°. Ist es wahr , dass in dem Baumbast die Zellen verborgen liegen, in welchen der Kautschuck ange¬ troffen wird ? 2) 10°. Ist es wahr , dass die Zellen ihre Nahrung aus dem Pflanzengewebe — dem Cambium — erhalten und dass dieses zur Bildung neuen Bastgewebes beiträgt ? 11°. Ist es wahr , dass die den Auf bewahrungsraum des Kautschucks bildenden Zellen auf eine durchaus ge¬ eignete Weise geöffnet werden müssen, um aus ihnen ein Maximalprodukt zu erhalten ? 12°. Ist es wahr , dass wenn man auch tiefere Theile angreift , dieses tiefere Eingreifen (Verwunden ) dem Baum nutzlos Schaden zufügen muss ? Diese Fragen , die ich gewissenhaft im bejahenden Sinne beantworten kann , gaben mir ein für mein Ziel genügendes Bild von den Lebensbedingungen des Kaut¬ schucks in dem Bast ; sie haben mir zugleich den Weg angedeutet , auf welchem der Kautschuckentwickelung 2) In dem Blatt , im Mark, in allen Zweigen und in dem Bast der dünnen Zweige ist natürlich auch Kautschuck enthalten. Diese Theile des Baumes bleiben hier ausser Betrachtung , weil sie nicht oder kaum hei der Gewinnung durch «Afzapfung » ins Ge¬ wicht fallen . Bei dem Ausziehen des Saftes würden diese Theile in gleichem Maasse ihr Recht beanspruchen als der Baumbast.
9 Vorschub geleistet werden kann und bestimmten , welche Gewebe vollkommen intakt gelassen werden müssen, um bei möglichst geringer Störung des Lebensprozesses der Zellen aus diesen das Produkt zu gewinnen. Neben diesen zwölf Fragen habe ich mir die folgenden drei Vorbedingungen gestellt, welche mir als unabweis¬ bare Forderungen bei einer rationellen Methode zur Gewinnung des Kautschucks an dem lebenden Baum erschienen : 1°. Das Mittel, um den Bast zur Abgabe seiner Milch¬ säfte zu veranlassen , muss derartig angewendet werden können , dass das Produktionsvermögen des Baumes nie ernstlich dadurch beinträchtigt oder verzögert wird. 2°. Die zu erzielende Produktmenge muss dem in dem Bast verborgenen Gesammtquantum (Kautschuck ) mög¬ lichst nahe kommen. 3°. Die theoretische Grundlage für die Gewinnungs¬ methode muss eine solche sein, dass mit ihrer Hülfe eine Anpflanzung ins Leben gerufen werden kann , aus der bei gleicher Ausdehnung der bepflanzten Boden¬ fläche eine belangreich grössere Produktmenge erzielt werden muss, als bei der jetzt beobachteten Ernte - und Pflanzweize möglich ist. Diese Fragen und Vorbedingungen bildeten die Aus¬ gangspunkte für meine Versuche und Entschliessungen. Sollte auch zwischen beiden Gruppen nicht sogleich ein Zusammenhang zu erkennen sein, weil die erstere mehr die botanische Seite der Frage behandelt , die zweite dagegen mehr auf dem Gebiet der LandbauTechnik liegt, so sind sie doch thatsächlich die unver¬ rückbare Grundlage , auf der meine Arbeit sich aufbaut. Unabhängig von einander geschaffen, kamen sie doch im Verhältniss des Vorschreitens der Arbeiten , sich
10 mehr und mehr näher , bis sie endlich zuzammenschmolzen, um als Ergebniss der theoretischen Voraussetzungen das Ernteinstrument zu erzeugen. Eine Beschreibung dieses Werkzeuges zu geben, ist nicht meine Absicht . Ich begnüge mich mit der Mit¬ theilung , dass es jetzt möglich geworden ist, beider Ernte : lo. ohne Bescliaedigung des Cambium den Bast dennoch bis in die untersten Lagen seiner Kautschuck enthaltenden Zellen zu treffen : 2°. die Wundfläche nach dem Lebensalter des Baumes einzurichten ; 3°. das Eindringen der Feuchtigkeit zu vermeiden. Die Vortheile , welche dadurch erzielt werden , sind: a. dass der Baum die erhaltenen Wunden besser über¬ steht und dadurch schneller gesundet; die vollständige Zuzammenschliessung der b. dass Gewebe wieder eine schnelle Kautschuckbildung ermög¬ licht ; behufs der Bästoberfläche c. dass eine grössere kann. werden ausgenützt Ernte War es bisher allgemein Gebrauch , den Baum mit Kapmessern oder kleinen Beilen anzukappen , das heisst zu behacken , wodurch ausser dem Bast auch das darunter liegende Pflanzen - und Holzgewebe verwun¬ det wurde, — mit meinem Instrument können diese Gewebe vor jeder Verletzung bewahrt bleiben , wodurch der Eingriff mehr den Charakter einer Kunstoperation erhält. Von jetzt ab also, um mich eines rechten Ausdrucks zu bedienen , keine „Säbelhiebe” mehr dem Baum ver¬ setzt auf einen Abstand von nicht mehr als 1 bis 2 Fuss von einander , aus Furcht dass dichter zusammen¬ liegende Wunden nich mehr zweckmässig überstanden
11 werden können —• sondern feine 'Einschnitte auf Ab¬ ständen von 2 bis 3 centinieter aufeinander folgend, wodurch die Zusammenziehung der Zellen erreicht wird. 3) Mit diesem Ernteinstrument erzielt man die günstig¬ sten Resultate bei seiner Anwendung auf eng aneinander geplanzte gehörig gepflegte Bäume. Solche Bäume sind meist einstämmig , gerade hoch¬ geschossen, sich oben über dem Boden verzweigend und enthalten einen weichen zarten kautschuckreichen Bast, ein Kulturergebniss , welches der Mensch an der Pflanze zum Vorschein rufen muss, um sie zu einem nach allen 3) Der Kautschuckpffanzer , der sich mit Beobachtungen beschäf¬ tigt hat , wird sicher bemerkt haben , dass ein erster Schnitt oder eine Einkappung in den Bast ein reichliches Fliesscn des Milch¬ saftes erzeugt , das dagegen ein zweiter in der Nähe ausgeführter Schnitt nicht mehr dasselbe Ergebniss hat oder ganz zwecklos ist. Die Gründe hierfür sind , das die Zelle, durch die zugebrachte Ver¬ wundung zum Zusammenschluss und gleichzeitiger Ausstossrung des Milchsaftes veranlasst , beim Erreichen ihres Zusammenziehungs¬ vermögens die anderen Säfte in ihrer Nähe festhält. Indem man bei dem ersten Einschnitt untersucht , welche Grenze für das Aufhören des Zusammenschlusses besteht , weiss mann , wo der nächstfolgende Einschnitt angebracht Averden muss, um ein ebenso reichliches Ausfliessen des Milchsaftes zu erzielen . Diese Un¬ tersuchung Avird den Pflanzer überzeugen , dass der gegenseitige Abstand der Einschnitte nicht 2 selbst nicht einem Fuss betragen braucht. Bei meinem Ernteinstrument , das einige hintereinanderliegende Einschnitte beinahe gleichzeitig ausführt , findet die Zusammen¬ ziehung fast in demselben Augenblick statt. Die angeschnittenen Zellen bethätigen dadurch eine gleichzeitige Zusammenziehung, Avelche Folgen sich bei den Zellen zAvischen den verschiedenen Ein¬ schnitten bemerkbar machen . Wir erhalten dadurch ein Auslassen gleichmässiger Mengen Milchsaft aus jedem Einschnitt.
12 Richtungen hin geeigneten Operationsobject zu machen und dem Instrument seinen höchsten Erfolg zu sichern. Kehren wir nun wieder zurück zu unsern botanischen Fragestellungen , dann ersehen wir aus dem eben Mitgetheilten , dass bei der Construction des Instruments sorgfältig die Anleitung befolgt worden ist, welche in den Nummern 9, 10, 11 und 12 gegeben ist, während durch das Cultiviren des Baums Dasjenige erreicht und angestrebt werden kann , was sub 1 bis einschliesslich 8 angedeutet ist . Durch geeignetes Zusammenwirken wird es ermöglicht , die Vorbedingungen 1 bis 3 ins Praktische zu übertragen und dadurch der India -Rubbercultur Ren¬ tabilität zu sichern , selbst bei bedeutender Werth Ver¬ minderung des Produkts. Um alle diese Dinge hat sich die alte Abzapfmethode nicht gekümmert . Sie hatte kein Auge dafür ; sie gab sich keine Rechenschaft von den Fehlern , welche ihr anhafteten , und bewies damit den Mangel jedes wissen¬ schaftlichen Einflusses. Wie konnte es auch anders sein ! Hervorgegangen aus dem einfältigen Gedanken des tropischen Buschbewohners musste die Methode erst durch westlichen Einfluss verbessert werden , um die geeignete Form zu erhalten , der der Gelehrte sein wis¬ senschaftliches „Credo” nicht mehr versagen konnte, und die dem Kapitalisten vertrauenswürdig genug erscheint zur Geldanlage.
III. Die
Anpflanzung.
Auf Grundlage der neuen Gewinnungsmethode ist die India -Rubber -Cultur geeignet , aus ihrer extensiven Form in die intensive , d. h. aus dem Buschbau in den Land¬ bau überzugehen . Der Baum , der heute noch dem frei¬ willigen Wachsthum überlassen ist, wird dann die Gestalt und Verhältnisse einer wohlversorgten Pflanze annehmen 4). Es ist keine Wahnvorstellung , die mir den sachgemäss geleiteten Aufwuchs als den für unsere Zweck einzig richtigen erscheinen lässt. Ebenso wie ursprünglich wild wachsende Bäume durch Cultur veredelt worden sind und zu grösserer Frucht¬ barkeit geführt haben , ebenso wie der Chinabaum vom Waldbaum mit geringem Chiningehalt zu einer Culturpfianze mit grossem Gehalt umgeschaffen ist, so wird auch der Kautschuckbaum unter Umständen gedeihen, welche mehr und in Besonderen auf seinen Zellenbau und die Entwickelung seines Milchsaftes d. li. auf sein producirendes Vermögen angepasst sind. Was die Frucht (das Produkt ) bei dem Fruchtbaum 4) Wir haben hier die Ficus Elastica im Auge.
14 bedeutet , dass ist der Milchsaft bei der India -Rubberpflanze, weil diese zu derjenigen Baumart gehört , „deren Zellen die Vor bestimmun g haben , einen oder anderen besonderen Stoff , zum Bei¬ spiel Milchsaft, aetherisch.es Oel, Farbstoffe, Fiebe¬ rige Stoffe etc. zu erzeugen, während andere als Auf¬ bewahrungsplatz für Kristalle von doppeltsaurem oder kohlensaurem Kalk dienen ”. Der Unterschied ist, dass der Fruchtbaum sein Pro¬ dukt sichtbar dem Auge darbietet während der Rubber¬ baum es verborgen hält. Sehen wir an dem Aeussern der Frucht , wenn sie zum Pflücken reif ist, oder verräth sich die Blumen¬ entwickelung und Fruchtentfaltung durch Farbenwechsel oder Abfallen des Blattes bezw. der Blütlie, bei unserem India -Rubberbaum bemerken wir nichts davon ; der in dem Bast verborgene Milchsaft kommt nur gezwungen zum Vorschein. Gleich wie beim Kaffee der Pflanzer auf Fruchtent¬ wickelung bedacht ist, beim Thee auf Bildung junger Blätter , bei dem Chinabaum und Zuckerrohr auf Ver¬ mehrung des Chinin - und Zuckergehaltes , so muss der India -Rubber -Pflanzer nach einer Erhöhung des producirenden Vermögens des Baums streben , indem er die Bildung junger Zellen wände befördert. Nicht Mistanwendung ist hier als Hauptmittel am Platz , sondern die Pflege des Stammes in einer Atmos¬ phäre , wo der Sonnenstrahl nur mässig durchdringt. Diese Betrachtung bringt uns von selbst auf den geschätzten Hinweis , der durch die Lehren des Direk¬ tors des Reichsbotanischen Gartens in Buitenzorg , Prof. Dr. M. Tjreub, vor einigen Jahren dem Pflanzer gegeben worden ist, nämlich dass dieser nicht allein Maximal-
15 und Minimalfactoren im Pflanzenreich im Auge haben muss, als vielmehr — und vor Allem — den dazwischen liegenden guten Mittelweg. Indem wir den Mittelweg aufsuchen und nutzbar für Grenzen machen , erreichen wir die richtigen Pflanzer dem es Licht , Luft ' und Raum, welche ermöglichen werden, thatsächlicli intensiven Landbau zu betreiben. Der „Mittelweg” ist denn auch die Achse, um die sich der rationelle Landbau dreht. Dass eine Cultur der anderen nicht vollkommen gleich ist, da jede sich nach der Pflanze richten muss, liegt auf der Hand. Wie müssen wir nun bei einer India -Rubber -Anpflan¬ zung verfahren , um den Mittelweg zu finden und ein¬ zuhalten ? Aus unseren botanischen Fragestellungen wissen wir, dass der Zutritt vielen und scharfen Lichts nachtheilig auf die Zellen wirkt , die die grosse Vorrathskammer für das Produkt bilden ; dass junge Zellen wände dehnbar und spannkräftig sind ; dass sie durch Zunahme der Spannung der Zellenfeuchtigkeit sich ausdehnen können und geräumiger werden, jedoch wieder nach Aufhören der Spannung ihre vorige Ausdehnung einnehmen ; und endlich , dass mit dem Alter diese Eigenschaften abneh¬ men und sich zuletzt nicht mehr wieder zum Vor¬ schein bringen lassen. Wir müssen also behufs Beförderung der Milchsaft¬ bildung dem Zellenbau unserer Pflanze zu Plülfe kommen. Und dies geschieht indem: Bäume dicht an einander gepflanzt und nach a. die Massgabe des Wachsthums gelichtet werden; Unterhaltung des Bodens beobachtet und b. gute
einer kräftigen Saftbewegung Vorschub geleistet wird. Uebermässiger Einfluss vielen und scharfen Lichts, das wie oben bereits erwähnt nachtheilig für die Milch¬ saft enthaltenden Zellen ist , wird durch enges Anein¬ anderpflanzen , wodurch die Stämme in ein geeignetes Halbdunkel versetzt werden , vermieden. Ist auf diesem Wege die Dehnbarkeit und Spannkraft der Zellwände befördert , dann ist die Hauptbedingung erfüllt , um die Zelle zur reichlichen Bildung und be¬ quemen Ablassung des Milchsaftes geeignet zu machen. Durch Angabe von Beispielen hoffe ich deutlicher her¬ vorheben zu können , welchen grossen Einfluss das Jung¬ erhalten der Zellen wände bewirkt , um einen Rückgang des Schaffungsvermögens des Baumes zu verhindern. Aus dem „Indischen Mercuur ” vom 21 Januar 1899 ersehen wir, dass in der Reichsgartenbauanstalt zu Buitenzorg eine 20jährige Ficus Elastica 925 gramm Kautschuck hervorgebracht hat und 3jährige (eigent¬ lich 8jährige ) gleichnamige Bäume 30 bis 915 gramm geliefert haben. Dass eine 8jährige Ficus beinahe ebensoviel geleistet hat als eine 20jährige , trotzdem seine erntefähige Bast¬ oberfläche soviel geringer ist, muss seinen Grund haben in der theilweisen Verwandlung des Aufbewahrungs¬ raums des Milchsaftes in secundäre Bastgewebe, was auf die Produktion nachtheilig einwirkt. Darin liegt meines Erachtens die Erklärung für die an dem Chinabaum wahrgenommene Erscheinung , dass bei vorgerücktem Lebensalter ein Zurückgehen des Chinin¬ gehalts eintritt , obgleich diese Bäume als Saatgewinner für junge Anpflanzungen mit hohem Chiningehalt vortheilhaft sind. Die nachstehend aufgeführten Analysen — (durch
17 Dr. Swaters , chemischer Sachverständiger an dem Labo¬ ratorium der Firma Rathkamp & Go . in Batavia auf¬ gestellt) — sprechen deutlich für das Jungerhalten der Zellenwände. Analysen von Blättern , Bast und Schösslingen. 3.8 pCt. Kautschuck , von einem frischen Blatt berechnet » » getrockneten » » » 7.1 pCt. » » frischen » » » 2.4 pCt. Altes Blatt . » » getrockneten » » » 3.7 pCt. » . » » » frischen » » » 2.9 pCt. Blätter alte und Gemischte junge » » getrockneten » » » 4.1 pCt. » » » » » » » frischen » » » Stammhast v.jungen Schösslingen 4.1 pCt. » » getrockneten » » » 8.3 pCt. » » » 7eines Baumes. jährigen » » frischen » » » Gemischter junger und alter Bast 4.7 pCt. » » getrockneten » » » » 7.8 pGt. » » » »
1. Junges Blatt . » . » 2. 3. 4. 5.
i eines Stecklings 6. Stammbast eines 3-jährigen Baumes (Marc °Ge) deseinem frischen Bast berechnet ( selben 5.1 pCt. Kautschuck , von 7-jahril 17 gen Baumes. | » » getrockneten » » » 10.7 pCt.
Hieraus folgt, dass solange die Zellen sich im jungen Zustande befinden , der Kautschuckgehalt nach Verhältniss des Bastgewichts sehr hoch ist. Es muss mithin unser Bestreben sein selbst bei alten Bäumen die Zellen jung zu erhalten. Dass bei diesem Pflanz-System und unser Ziel im eine grosse Auge behaltend das Schneidemesser Leser aufmerksamen dem wird , hat erfüllen Rolle zu nicht entgangen sein, ebenso, dass eine gute Wahl des Bodens und Klimas ’ ein nothwendiger Nebenfactor ist um aus der Anpflanzung das grösst möglichste Produkt zu erhalten 5). 5) Boden und Klima beeinflussen indirect den Reichthum des Milchsaftes und die Bildung , desselben ; je fruchtbarer also der 2
18 Für unseren indischen Archipel würde ich die Ficus Elastica als Haupt -, die Castilloa als Neben- und Zwischen¬ pflanze anempfehlen. Erstere muss Hauptpflanze bleiben wegen ihres werthvollen Produkts ; die minderjährige Castilloa darf nur als zeitliche Zwischenpflanze geduldet werden, um die Bedingungen erfüllen zu helfen für Innehaltung des „Mittelweges” und um durch sein schnelles Wachsthum und seine frühere Erntereife beizutragen , die Kosten Boden und poröser der Untergrund ist, um so schnelleres Waclistlium is zu erwarten. Das schnelle Wachsen geht Hand in Hand mit grosser Saftan¬ sammlung in den Zellen, woraus aber noch nicht eo ipso zu folgern ist, dass der Saft viel Kautschuck enthält . Im Gegentlieil, je höher im Gebirge, je wasser = (saft) reicher die Zelle; jedoch auch um so weniger Kautschuck findet sich im Milchsaft. Die Erklärung hierfür findet man in dem Einfluss, den das scharfe Sonnenlicht auf den Saft ausübt sowie in dem Wärmegrad des Bodens. Es kann also Vorkommen, dass ein Kautschuckbaum im Gebirge, obgleich er seinem Aeussern nach mit einem in Flachlande gezogenen gleichwertig ist, doch wenig Jiautscliuck hervorbringen wird ; und zwar weil er daselbst nicht in dem Boden und in dem Klimat gedeiht , die für Erlangung einer grossen Productmengegeeignet sind. Diese Betrachtung gilt natürlich nicht allein für den Baum , der uns besonders beschäftigt ; sie kann auch im Allgemeinen ange¬ wendet werden. Castilloa’s gedeihen in warmen Bergstrecken besser als in kühlen. In der Umgegend von Batavia habe ich Exemplare gesehen, die mir den Beweis lieferten , dass der Baum dort gerade seinen wahren Boden und sein geeignetes Klima hat . Zusammengedrängt , also zu geselligem Waclisthum gepflanzt, hatten 3 jährige Bäume bereits ein kräftiges Aussehen . Die Castilloa hat einen geradaufgescliossenen Stamm mit wenigen Zweigen und eignet sich deshalb ausgezeichnet als Zwischen-Anpflanzung . Im 3ten Jahr ist er bereits zur Ernte geeignet.
19 des Unternehmens theilweise bald wieder einzubringen. Die Ficus würde ich, ebenso wie die Castilloa, beson¬ ders um einen guten Mittelweg im Auge zu behalten, auf 6 X 12 Rheinland . Fuss vertheilen. Auf den Schlag erhalten wir dann 2000 Bäume und zwar 1000 von jeder Sorte. Viele möchten diese Pflanzenstellung zu eng erachten und befürchten dass die Bäume, anstatt kräftig entwic¬ kelte Stämme zu werden, zu dünnen schwankenden Ruthen ausarten könnten. Diese Befürchtung ist indessen unbegründet . Wenn die Bäume bei dieser Raumeintheilung und unter Berück¬ sichtigung des Zweckmässigkeitsprincips , zeitig gelichtet und beschnitten werden, der Boden gut trainirt wird etc., dann wird der Erfolg lehren , dass sie nicht in schmäch¬ tiger Form hochwachsen , sondern als kräftige Stämme gedeihen. Dass ich hier den Nachdruck auf gehörige Cultivirung unter lege, ist wohl begreiflich, denn nur allein das von mir erwartete kann Bedingung dieser Resultat erhalten werden. Was ich hier behaupte , ist keine blosse Annahme, sondern eine durch Erfahrung gewonnene Thatsache. Man prüfe einmal das Wurzels}7stem der Ficus und der Castilloa und frage sich dann , ob beide in nächster Nachbarschaft sich nicht gut vertragen können ! Je nachdem die Entwickelung der Ficusstämme vor sich geht, werden die Castilloa’s nöthigenfalls ausge¬ rodet . Die örtlichen Umstände müssen natürlich den Maasstab dafür liefern, wann mit dem Ausroden be¬ gonnen werden kann und wieviel Exemplare jedes Jahr geopfert werden müssen. Nach 15 bis 20 Jahren werden auch die Ficusstämme
20 zu ihrer Entwickelung einer Auslichtung bedürfen. Dauernd würden sie dann auf einem Raum von 12 X 12 Rheinland . Fuss stehen können , wodurch wTir pro Schlag 500 Bäume behalten. Ich erachte es als nothwendig , dass neben der An¬ pflanzung eine Baumschule eingerichtet wird, in welcher hauptsächlich Sämlinge gezogen werden müssen , weil es allein durch Kreuzung möglich ist, Exemplare zu ziehen, die besser für die Kultur geeignet sind , als die jetzt bekannten Arten . Man reservire dazu jedes Jahr
% Schlag, bis eine Audehnung von z. B.
10
Schlägen
bepflanzt ist, bestimme von 3, 4, 5 und 6jährigen Bäumen den Kautschuckgehalt durch chemische Analysen sowie das durch „Abzapfen” zu gewinnende Productquantum . Aus dem Verhältniss der gewonnenen Zahlen wdssen wir dann welche Exemplare einen reichlichen und dicken Milchsaft enthalten und diesen bequem von sich geben ; diese Pflanzen werden dann durch markottiren oder durch Stecklinge vermehrt , während die geringeren Sorten ausgerodet und durch eine andere Kreuzungsart ersetzt werden. Da es uns hier darum zu thun is, Bäume zu besitzen, vom denen ein grosse Anzahl Markotten ausgewählt werden können , muss man auf die Zweigbildung bedacht sein und aus diesem Grunde die Entfernung zwischen den Pflanzen reichlich bemessen z. B. 18 X 18 Rheinländ. Fuss. Auf dieser Weise erhalten wir nebenher eine Anpflan¬ zung, deren junge Bäume uns gute Ernten versprechen.
7
I IV.
Die Ernte. Die Kultur des India -Rubberbaums bat mit der Chinakultur gemein , dass bei beiden der Zeitpunkt der ersten und der darauf folgenden Ernten und somit die jähr¬ liche Gewinn men ge sich nicht an dem Aeussern des Baumes bestimmen lassen, wodurch sie mehr als bei anderen Culturen von der Fürsorge des Pflanzers ab¬ hängig bleibt. Dieser Umstand hat viel verschiedene Meinungen hervorgerufen , was um so begreiflicher wird, wenn man im Auge hat , dass Unternehmen , deren Bäume äusserlich gleich zu sein scheinen , doch sehr abweichende Ergebnisse mit Bezug auf das Produktquantum liefern können . Die Erklärung hierfür liegt, wie wir bereits oben erwähnten , hauptsächlich in dem verschieden gearteten Boden, Klima , der Bastconstruction , sodass die Basis für eine Ernteschätzung hier sehr schwierig wird. Ich habe wohl einmal die Meinung vertheidigen hören, die auch ohne Widerspruch in einer der Landbauzeit¬ schriften Eingang gefunden hat , dass die India -Rubber nicht vor erreichtem Reifezustand geerntet werden kann. Diese Meinung beruht auf Irrthum Gleich wie PallasV
22 Athene in voller Waffenrüstung und ansgestattet mit Weisheit und Kraft ans dem Haupte des Zeus hervorge¬ gangen ist, ebenso ist bei der ersten Entwickelung des Pflänzchen das in ihm bereits vorhandene Kautschuck vollkommen gleich demjenigen , welches in der ausge¬ wachsenen Pflanze sich vorfindet. Darum ist es unrichtig , dem Kautschuck grössere oder geringere Grade der Keife zuzuschreiben und den Zeit¬ punkt der Ernten nach den, — wenn sie wirklich beständen , doch immerhin unsichtbaren — vermeintlichen Entwickelungsphasen bestimmen zu wollen. Bei der Chininpflanze hatte sich die Ansicht Geltung verschafft, dass der Baum bis zu einem 10- oder mehr¬ jährigen Lebensalter heran wachsen muss, um für die Ernte reif zu sein ; seitdem die Erfahrung gelehrt hat, dass er sich mit gleichem Erfolge im jüngeren Lebens¬ alter ernten lässt, ist man von der anfänglichen Annahme gänzlich zurückgekommen und , merkwürdig, die Umkehr hat stattgefunden , nachdem der Chinin¬ baum — (anfänglich in einzelnen Waldgegenden des Plochgebirges der Preanger -Regierungsbezirke angepflanzt, um ihn soviel wie möglich unter gleichen Lebensbedin¬ gungen wie in seiner Heimath Süd-Amerika aufziehen zu können ) — einer geregelten Kulturbehandlung un¬ terworfen worden ist. Für den Kautschuckpflanzer ist darin eine Lehre ent¬ halten , die sich zu Nutze zu machen , ihm nur em¬ pfohlen werden kann.
23 Betrachten wir die Ernteergebnisse der bestehenden Anpflanzungen , dann erscheinen sie thatsächlich noch nicht derartig , dass die Wahl solcher Unternehmungen für Kapitalsanlage günstig wäre und wir begreifen wohl die Behauptung , dass die gegenwärtige Erntemethode nur zulässt, Anpflanzungen anzulegen , deren allgemeine Kosten geringe Belastung verursachen. Hiernach ist es verständlich , dass z. B. auf Java allein möglich erachtet wird, auf sogenannten „Privatländereien” und da nur mit Hülfe der herrendienstpflichtigen Arbei¬ ter mit Aussicht auf Erfolg eine Kautschuck -Anpflanzung zu betreiben. Dieser Standpunkt kann aber als überwunden betrach¬ tet werden, wenn die noch bestehende Erntemethode durch die von mir empfohlene ersetzt wird. Noch zutreffender werden die Resultate sich gestalten, wenn damit das Pflanzen des Kautschuckbaums nach den Regeln eines rationellen Landhaus Hand in Hand geht. In diesem Lichte betrachtet , wird die Rentabilität einer India -Rubber -Unternehmung eine nicht mehr zu bestreitende Thatsache werden.
Die Lehre der Chemie, welche bei der Chininpflanze durch Scheidung des Alcaloid von dem Bast ein unent¬ behrlicher Factor geworden ist, spielt bei unserer RubberCultur noch eine untergeordnete Rolle ; denn bei dieser handelt es sich immer nur um Gewinnung des Milch¬ saftes aus dem Bast bei gleichzeitiger Erhaltung des Baumes. Vorläufig muss nur eifrig angestrebt werden, eine gute
24 Wahl von Mutterbäumen zu treffen ; dann kann erst die Chemie bei der Rubberkultur die hohe Stellung ein¬ nehmen , die sie bei dem Chinin inne hat und wenn ausserdem feststeht, dass sie mit gleichem Vortheil den Kautschuck aus dem Bast zu gewinnen vermag , als es durch eine rationelle Abzapfmethode möglich ist. Für jetzt ist daran gleichwohl nicht zu denken und wir werden deshalb diesen Weg des Ernteverfahrens ausser Betracht lassen ; entschliessen wir uns also zu der anbefohlenen Erntemethode. Angenommen , wir haben es mit einer kultivirten 4jährigen Anpflanzung zu thun . Ehe die Einschnitte des Instruments auf die erforderliche Tiefe geregelt werden , prüfen wir zuvor die Baststärke des Baums , die bei regelmässiger Anpflanzung keinen nennenswerthen Unterschied aufweisen wird. Geübte Personen erkennen schnell auf dein ersten Blick an dem Lebensalter , Umfang und der Höhe des Baumes die Stärke des Bastes ; in Zweifelsfällen kann die Tiefe für den Einschnitt mit einem scharfen Messer oder Pfriemen festgestellt werden. Wir setzen ferner voraus , dass die Baststärke 4 rnillimeter beträgt. Um sicher zu gehen , dass bei der Ausführung des Einschnitts das Cambium unbeschädigt bleibt , stellt man das Instrument auf 3 bis 3V2millimeter Tiefe. Ist dies geschehen , dan erntet man eine Seite des Baums auf der ganzen oder halben Stammlänge ab ; zwei Monate später kommt die andere Seite des Baumes an die Reihe und so fährt man fort, bis der Baum rund herum bearbeitet ist. Ich würde dafür sein, nach Maassgabe des Lebens¬ alters die Bäume 4 bis 6 Mal jährlich zu ernten , zu
welchem Zweck eine ideale Vertheilung des Stammes in 4 bis 6 Ernteflächen angenommen wird. Der Baum verträgt leichter geringe Verwundungen, die jährlich einige Male geschehen können , als bis auf das Holz durchgehende Säbelhiebe, wenn diese auch nur jährlich oder alle zwei Jahre einmal ausgeführt werden. Da jede Wunde , selbst die geringste , stets eine ört¬ liche Störung verursacht , ist es erwünscht , nicht eher zu einer Abzapfung der nächsten Baumseite zu schreiten, als bis die von früheren Abzapfungen herrührenden Gewebeschnitte einer anderen Baumseite vollkommen geheilt sind. Bei den mit meinem Instrument gemachten Ein¬ schnitten erscheint ein Zeitraum von etwa 60 Tagen für die Ausheilung ausreichend zu sein. Da der Ausfluss aus den dicht bei einander liegenden Einschnitten sehr reichlich ist, so ist es nöthtig , den fliessenden Saft in Schüsseln aufzufangen . Diese werden an den Baum befestigt, und müssen an den Stamm gut anschliessen , auch natürlich verstellbar sein. Kommen bei der Ernte schief oder wagerecht stehende Zweige in Betracht , so werden die Behälter mit Bändern daran befestigt. Wenn man die Arbeiter in zwei Abtheilungen ver¬ theilt . dann kann die eine sich ausschliesslich mit der Ernte beschäftigen , während die andere das Anbringen und Abnehmen der Behälter besorgt. Nachdem die Anwendung des Ernteinstruments aus vor¬ stehender Anleitung bekannt ist, wollen wir untersuchen, welche Schritte nöthig sind , um aus der Unternehmung ein voraus bestimmtes Productquantum zu ernten. Wir setzen voraus , dass das Unternehmen in gutem
26 Zustande sich befindet, aus regelmässigen Complexen besteht und mit Bäumen bepflanzt ist, welche einen bekannten und gegenseitig gleichen , oder nahezu gleichen Kautschuckgelialt sowie regelmässig normalen Wuchs haben. Als bekannt setzen wir ferner voraus , dass nach den an den Verwundungen gemachten Erfahrungen jeder Einschnitt nach Verhältniss seiner Tiefe ]/4, lj2bis 1 Gramm Kautschuck abgeben kann . Man Überschläge dann das Gesammtgewicht des trockenen erntefähigen Baumbastes jeder Fläche 6) ; ist der mittlere Kautschuckgehalt der Bäume des Complexes, aus chemischen Ana¬ lysen bekannt , 4 °/0, dann enthalten jede 100 Kilo trockenen Bastes 4000 Gramm Kautschuck ; durch Ver¬ vielfältigung wissen wir dann die Gesammt-Kautschuckmenge des Complexes. Will man nun davon z. B. 25 °/0ernten , dann wird das Instrument derartig gestellt, dass die gesammten Einschnitte nicht mehr ausfliessen lassen als der ver¬ anschlagte Gesammtbetrag Kautschuck. Gehen wir von diesem allgemeinen Beispiel zu einem concreten über. Zu diesem Zweck stellen wir uns eine gut gewachsene und gepflegte 3jälirige Ficus Elastica mit einer ernte¬ fähigen Stammlänge von 4 Metern bei einem Umfange von 32 Centimetern auf 1 Meter Entfernung über dem Boden vor. 6) Um z. B. 1 Schlag der Anpflanzung für specielle Prüfungen abzuschätzen und das Ergehniss tabellarisch zu ordnen , lernt man nach obigen Angaben das Schätzen des Gewichts des nassen Bastes sehr schnell ; — indem man ferner einen durch Versuch zu bestimmenden Prozentgehalt annimmt , erfahren wir das Gewicht des Bastes in trockehem Zustande.
27 Durch chemische Analyse wird der Prozentgehalt an Kantschuck von dem Baum ermittelt und durch Schät¬ zung das Gesammtgewicht des trockenen Bastes. Angenommen der Kautschuckgehalt stellt sich auf 5 °/0und das Gewicht trockenen Bastes auf 20 Kilo, dann enthält der Baum 1 Kilo Kautschuck . Um davon 25 °/0oder 250 Gramm zu ernten , wird das Instrument derartig gebraucht , das innerhalb eines Jahres an dem Baum — bei einem Ausfluss von ]/4Gramm Kautschuck — 250 X 4 oder 1000 Einschnitte auf den Einschnitt ■ gemacht werden. Welcher Prozentsatz von der in der Anpflanzung vorausgesetzten Gesammt-Kautschuckmenge für die Ernte in Betracht kommt , ohne letztere ernstlich zu gefährden, ist vorläufig beim Fehlen jeder Anhaltspunkte nicht zu sagen. Durch Versuche werden wir dieses lernen müssen. Da die Zahlen für das Ernteergebniss sich in Schran¬ ken bewegen werden, die von dem ernstlichen Erkranken des Baumes abhängig sind , so ist es wünschenswerth zu wissen, mit welchem Prozentsatz die GesammtKautscliuchmenge in dem Baum ihre Grenze erreicht hat 7). Der Eigenthümer kommt dadurch zu der Erkenntniss, wieviel Kautschuck er nöthigenfalls auf einmal aus seiner Anpflanzung gewinnen kann , wenn er sich zu einer Ausrodung entscliliessen möchte. 7) Bei unserer Methode kann von einer Raubernte bis zur Er¬ schöpfung des Baums keine Rede sein. Ras unbeschädigt bleibende Cambium wird ungestört seine heilende Wirkung auf die durch¬ schnittenen Gewebe ausüben können . Wohl wird der Baum durch tausende Einschnitte zeitlich kränkeln können, aber ein Absterben wird nicht zu befürchten sein.
28 Es ist in der That bedauerlich , dass die bestehenden Kantschuckplantagen von so geringem Nutzen gewesen sind , dass sie in Ansehung der besprochenen Fragen so wenig zu unserer Belehrung beigetragen haben. Wohl sind Ertragsziffern per Schlag bekannt , auch die Erträge per Baum im Mittel angenommen , jedoch von dem Prozentgehalt einer Anpflanzung verlautet nichts oder wenig ; jetzt wenigstens hat man keine An¬ gaben darüber. Und doch würde das Bekanntsein des Prozentgehalts seinen nicht zu unterschätzenden Werth gehabt haben. Würde man die Ernteziffern eines einzelnen Baumes oder Baumcomplexes bei verschiedenen Lebensstufen gegenseitig mit den geschätzten Gesammt-Produktmengen im Bast haben vergleichen können , dann würden un¬ zweifelhaft Resultate bekannt geworden sein, die mehr als jetzt die grosse Mangelhaftigkeit der gebräuchlichen Abzapfmethode an ’s Licht gezogen hätten. Man würde alsdann vielleicht in der Kautschuckkultur die wesentlich mit der Chinapflanze übereinstimmenden Lebensbedingungen entdeckt und sowohl die Art der Anpflanzung wie die Erntemethode einer allgemeinen Revision unterworfen haben. Ich vermuthe , dass man dann zu Resultaten gelangt sein würde, welche die Kantschuckpflege ein bedeutendes vorausgebracht hätten über den Stand der heutigen Kultur. Zur Befestigung einer oder der anderen Behauptung stützen wir uns wiederum auf die im „Indischen Mer¬ kur ” vom 21 Januar 1899 veröffentlichen Mittheilungen der Reichs-Gartenbauanstalt. Eine 20jährige Ficus Elastica würde danach 926 Gramm und eine 8jährige etwa 915 Gramm Kautschuck geliefert haben.
Stellen wir uns den 20jährigen Baum als eine kräftig aufgewachsene Pflanze vor, deren trockener Bast 100 Kilo wiegt, worin durch chemische Analyse ein Kautschuckgehalt von 5 % ermittelt worden ist. Diese 100 Kilo enthalten dann 5000 Gramm Kautschuck , sodass die Erntemenge reichlich 18 % der Gesammtmenge beträgt (5000 gr . : 926 gr. = 100 : X ). Der 8jährige Baum soll ebenfalls als eine stark ent¬ wickelte Pflanze mit zahlreichen erntefähigen Zweigen gedacht werden, dessen trockener Bast 75 Kilo wiegt und 5 % Kautschuck enthält . Das erhaltene Produkt repräsentirt dann reichlich 24 % der in dem Bast befind¬ lichen Gesammt-Kautschuckmenge (3750 Gr. : 915 = 100 : X ). Wie kommt es nun , dass man bei einer gleichen Ab¬ zapfmethode von dem 20jährigen Baum flr 18 °/0zu 24 % . ziehen vermag und aus dem 8jährigen Baum Welche Faktoren sind von Einfluss gewesen auf das so abweichende Ergebniss ? Wir können das nicht beurtheilen , weil die KeichsGartenbauanstalt sich nur auf die nakte Wiedergabe von Zahlen beschränkt hat , welche sich auf die Lebensalter der Bäume und das von ihnen gezogene Produkt be¬ ziehen, ohne nähere Angaben oder Betrachtungen hin¬ zuzufügen 8). Soviel ist jedoch sicher, dass aus ihnen genügend her¬ vorgeht , wie unvollkommen die bis jetzt befolgte Ab¬ zapfmethode ist und wie dringend sie einer Verbesserung bedarf. 8) Wir haben deshalb für den Kautschuckgehalt und das Gewicht des trocknen Bastes dieser Bäume Zahlen annehmen müssen, die in den Grenzen der Wahrscheinlichkeit liegen.
30 Dass Bäume von jüngerem Lebensalter nach Prozent¬ sätzen berechnet ein grösseres Produktquantum würden liefern können als ältere Bäume, kann man im Allge¬ meinen als eine feststehende Regel annehmen. Ebenso wie die Analyse an ein und demselben Baum bei jungem Zweigbast höheren Kautscliuckgehalt nacliweisen wird als bei Stammbast , so wird von einem jungen Baum prozentweise mehr geerntet werden können als von einem alten. Hier stehen wir also gerade vor dem Gegentheil von dem, was bei der Chininpflanze zutrifft, bei der der Stammbast verhältnismässig mehr Alcaloide enthält als der junge Zweigbast. Die Erklärung für diese scheinbar sonderbare Thatsache suchen wir in der Baststruktur des Kautschuckbaums ; bei jungem Bast hat sich nämlich noch wenig secundäres Gewebe entwickelt , das, wie wir wissen, aus dem tiefer liegenden und Kautschuck enthaltenden Zel¬ lengewebe dieses Bastes gebildet wird . Wo dieses sekun¬ däre Gewebe sich unter dem Einfluss reichlichen und scharfen Lichts bereits stark entwickelt hat , werden die Folgen sich auch gleich an dem prozentischen Kautschuckgehalte des Bastes darthun. Bei Absenkern oder Stecklingen von z. B. 5 °/0Gehalt wird, einmal zum Baum entwickelt , dadurch in dem Stammbast eine sogenannte Zurückbildung entstehen ; sie werden wahrscheinlich nicht mehr als 4 °/0Kaut¬ schuck enthalten , während es sehr gut möglich ist, dass in den kleinen Zweigen des Baumes der ursprüngliche an dem Absenker oder Steckling wahrgenommene Gehalt wieder zum Vorschein kommen wird. Unsere Theorie gründet sich auf das ungeschmälerte Erhalten der Kautschuckfassenden Gewebezellen, auf die
31 Jungerhaltung der Zellwände dieser Gewebe und auf die möglichste Abwehr aller der Umstände , welche eine übermässige Bildung secundären Bastgewebes befördern, zu welchem Zweck der Kautschuckbaum in engen Reihen gepflanzt und Aussclineidung sowie Auslichtung unter Beobachtung des gehörigen Maasses eingeführt werden muss. Bei gelegentlichen Beobachtungen habe ich wahrge¬ nommen , dass eine Wunde , welche in nächster Nähe eines kaum geheilten Einschnittes zugebracht wurde, einen Milchsaft von derselben Consistenz als die anderen Enschnitte hergab , während die nicht vollkommen ge¬ heilten Einschnitte bei erneutem Eingriff einen dünnen Milchsaft lieferten . Hieraus schliesse ich dass, sollte auch bei der alten Wunde bereits t heil weise Zusam¬ menschliessung der Gewebe stattgefunden haben , doch eine gewisse Zeit vorübergehen muss, damit der Milchsaft seine ursprüngliche Dick§ wieder erhalten kann . Das darin sich vorfindende Kautscliuck hat zwar die gefor¬ derte Zusammensetzung , aber das Quantum ist bedeu¬ tend geringer und dadurch erklärt sich, dass der Saft dünn ist. Es scheint also, dass die Bildung neuen Produkts gleichzeitig und ohne Mitwirkung der Nebenzellen statt¬ findet ; oder mit anderen Worten , dass jede Zelle ihre eigene Werkstatt und Vorrathskammer ist. Sie erhält von ausserhalb keinen neuen Vorrath , sie muss den Stoff selbst erzeugen aus der Grundquelle , welchem im Cambium liegt. Ob ein Baum, der durch stets erneute Einschnitte gezwungen wird, ein ganz neues, also junges Kautscliuck haltendes Zellgewebe zu bilden , denselben Kautschuckgehalt haben wird, als sein junger Zweigbast — oder
32 dass dieser Baum mit seiner neuen Kautschuckhaut höheren Kautschuckgehalt aufweisen würde, als ein niemals unter dem Messer gewesenes Exemplar von gleichem Lebensalter — ferner , ob derselbe Baum, welcher auf einer Seite zu neuer Gewebebildung ge¬ zwungen wird, in dieser Seite mehr Kautschuck enthalten wird als in den anderen gänzlich intakt gebliebenen Stammbasttheilen , auf alle diese Fragen wird bei dem Mangel an Versuchen erst die Folgezeit genügende Ant¬ wort geben können. Ist die Kautschuckbildung in den Zellen eine derartig örtliche , als ich auf Grund meiner Beobachtung vermuthen musste, dann würde aus der Thatsache sich eine Bestätiging meiner Vermuthung herleiten lassen. Wir würden dann , wenn wir dies nicht schon wüssten, auch auf diesem Wege den Beweis erhalten , dass sich junge Bäume ebenso gut , wenn nicht besser, eignen um mit Aussicht auf Gewinn abgeerntet zu werden. Die Kautschuckkultur , bisher noch im wilden Zustande befindlich und ohne jegliche Grundregeln betrieben, bietet ein so weites Feld für Beobachtungen , dass sie nicht dem ersten Besten anvertraut werden kann , will man aus dem Baum das gewinnen , was in ihm sitzt. Man sollte die Pflege hauptsächlich solchen Perso¬ nen anvertrauen , die mit Liebe und Hingabe für das Werk Verständniss für Beobachtung auf dem Gebiet des Landbaues vereinigen. Es wird eine dankbare Aufgabe sein, eine fast ganz neue Kultur auf rationeller und wissenschaftlicher Grundlage zu pflegen, denn ein sicherer Erfolg wird das Werk krönen. AVerden die Niederlande in dieser Sache die Bahnbrecher sein, um vor anderen Ländern die Vortheile der neuen
33 Kultur zu gemessen oder muss ein Fremder auftreten, der uns die Mittel an die Hand giebt, wie man die Früchte einer neuen Unternehmung pflücken kann ? Fürwahr eine schwierig! Antwort auf eine einfache Frage , deren Lösung der Initiative und Energie der¬ jenigen überlassen bleibt , die an der Spitze von Handel, Landbau und Industrie stehen ! Haag,
den . 25 Januar 1900.
ZWEITER
THEIL
V.
Die
Rentabilität.
Ist man bei der Aufstellung von Rentabilitätszahlen für eine Kultur -Untersucliung stets zu grosser Vorsicht gezwungen , dann muss, wenn man sich auf ein so unbekanntes Feld , wie das Kautschuckgebiet begiebt, diese Vorsicht in doppeltem Maasse beobachtet werden. Immerhin haben wir für eine Berechnung Anhalts¬ punkte , welcke uns Bürgschaft leisten, dass keine Resul¬ tate , deren Verwirklichung ausserhalb des Gebietes der Möglichkeit liegen, hervorgezaubert werden können. Bei den „Ausgaben ” werden wir eine Kaffeeanpflan¬ zung als Grundlage annehmen . In der Wirklichkeit werden sie sich als geringer darstellen ; aber indem wir dieselben mit Vorbedacht höher anschlagen , beugen wir unangenehmen Enttäuschungen vor und bei der Schät¬ zung der Ernte des Produkts von jedem Kautschuckbaum wird ein Anhaltspunkt gegeben für den Ertrag aus der ganzen Anpflanzung. Wir gehen ferner von der Annahme aus, dass wir eine gut gepflegte Hauptanpflanzung von Ficus Elastica
35 mit Castilloa Elastica als Nebenpflanze vor uns haben. Die Anpflanzung beider Sorten hat mit 6 X 12 Rhein¬ land . Fuss Entfernung stattgefunden und nach Verhältniss der Zunahme des Baumes an Umfang musste eine Lichtung der Castilloa geschehen. Die Praxis wird ergeben, dass die Ficusbäume die Castilloa’s ersticken werden, und dass der Kampf um das Bestehen solange geführt wird, bis neben der vollen Anzahl von Ficusstämmen die übrigbleibenden Castilloa’s friedlich fortbestehen können. Für diejenigen , die annehmen möchten , dass eine so enge Anpflanzung eine Ungereimtheit ist, theilen wir mit , dass zu Poerwokarta (Krawang ) eine Gouverne¬ mentsplantage mit Ficusbäumen besteht , die auf 6 X 6 Rheinland . Fuss gepflanzt worden sind, worüber Dr. P. van Romburgh
in der Zeitschrift „Teysmannia ”, 9 Jahr¬
gang , 11 und 12 Lieferung , das Zeugniss ausstellt, dass der Wuchs der Bäume befriedigt genannt werden , kann. Die Ficusbäume und Castilloa’s sind gesellig wachsende Pflanzen , die sich als Nachbaren gut vertragen . Der zuzammengedrängte Wuchs soll sie zwingen, sich aufrecht zu entwickeln , während das schnell sich bildende Laub¬ dach die Stämme in ein fortwährendes Halbdunkel hüllt, Dr. P. van Romburgh hat sich einen wohlverdienten Namen envorhen durch seine in der Zeitschrift «Teysmannia » veröffentlich¬ ten Monographien und Mittheilungen über den Kautschuck und die Getali pertjali liefernden Bäume in Niederländisch Indien. Mit unverdrossenem Eifer ist von diesem Landbau -Ghemiker eine Vermehrung unserer Kenntnisse über die Gummibäume in diesen Gegenden angestrebt worden und kein Schreiber kann sich mehr rühmen , ein vollständiges Werk über den Kautschuck und die Getali pertjah -Bäume und alles was damit zusammenhängt geliefert zu haben — es müsste denn sein, dass Andere fleissig das von Dr. Romburgii
gesammelte
Material
benutzt
haben.
36 das für die Geschmeidigkeit des Bastes aussergewöhnlich dienlich ist . Auf die Bildung und Erhaltung der letzteren Eigenschaft muss unser Bestreben gerichtet sein, wenn es möglich sein soll, aus dem Bast mühelos einen reich¬ lichen und dicken Milchsaft zu gewinnen. Bei der Ernteschätzung gehen wir von der Annahme aus, dass ausschliesslich S t a m m hast abgeerntet wird. Die Zweigbildung bleibt bei unserer auf die Zucht von Stammbäumen nach den Kulturregeln eingerichteten Anpflanzung von verhältnissmässig weniger Bedeutung. Wenn eine vortheilhaft ausführbare und billige Methode der Kautschuckgewinnung auf chemischem Wege bekannt wäre, dann würden wir auf den Bast der Aeste und Zweige die Auslaugungsmethode anwenden und das zu gewinnende Produkt bei unserer Zahlenaufstellung mit berücksichtigen ; da aber dies nicht der Pall ist, werden wir ausschlieslich die mit dem Ernteinstrument zu erhal¬ tenden Resultate für die Ernteschätzung zu Grunde legen müssen. Wird die Urbarmachung in der Mitte des Jahres in Angriff genommen , sodass die Anpflanzung der ersten hundert Schläge beim Beginn des nachfolgenden Jahres ausgeführt sein kann , dann werden diese Bäume nicht eher abgeerntet , als bis sie volle drei Jahre im Boden gestanden haben ; die erste Ernte findet also im vierten Verwaltungsjahre statt.
i
Erläuterungen.
Die in den Colonnen 3 und 4 erwähnten Maasse sind für Bäume von dem in Colonne 2 angegebenen Lebensalter der Wirklichkeit entnommen. In einer gut gepflegten Anpflanzung , in der hauptsächlich auf die Entwicklung von Stamm und Bast hingearbeitet wird , können die Angaben sehr wohl als Durchnittszahlen für eine ganze Anpflan¬ zung gelten. Kolonne 5. Der Ausfluss pro Einschnitt ist bei der Castilloa doppelt so hoch angenommen als bei der Ficus , weil erstgenannter Baum sich kräftiger uad schneller entwickelt und auch einen dickeren und reichlicheren Milchsaft erzeugt. Von der Umsicht des Pflanzers wird es ahhängen , in wieviel Ernte¬ flächen er sich den Stamm des Baumes eingetheilt denkt , um mit Bezug auf den angegebenen Ausfluss pro Einschnitt die. verlangte Kautschuckmenge zu ernten. Kolonne 6 erfordert keine nähere Erläuterung. Kolonne 7 bis einschl . II . Ein Gehalt von 4 pCt. ist eine Durch¬ schnittzahl , die mit Sicherheit angenommen werden kann , ohne zu Enttäuschungen Veranlassung zu geben. Die Bastgewichte von 20 Kilo und 10 Kilo entsprechen denen von 00 Kilo und 30 Kilo im nassen Zustande . Es ist daher auf eine Eintrocknung von 2/3 oder 66 pCt. gerechnet. Wenn die gegenseitige Entfernung der Einschnitte , die erntefähige Stammlänge und der Ausfluss pro Einschnitt bekannt sind, wenn wir ausserdem die Gesammt-Kautscliuckmenge in dem Bast kennen ge¬ lernt haben , so vermag man die zu erwartende Produktmenge (Kolonne 10) bequem berechnen ; ist letztere bekannt , dann lässt sich der in Kolonne 11 erwähnte Prozentsatz von selbst bestimmen.
Erläuterungen. Die sub 3 bis einschliesslich 18 aufgeführten Haupttitel geben eine Uebersicht der Verwaltungskosten unabhängig von der Ernte. Der Betrag der Ausgaben für diverse Posten ist ungefähr der¬ jenige einer Kaffeeplantage auf Mittel-Java ; an sich erfordern diese Posten sowie die dafür angesetzten Beträge keine besondere Er¬ läuterung. Ob die Ausgaben unter dem Titel «Anpflanzungskosten » zu hoch oder wohl zu niedrig veranschlagt sind, wird die Zeit lehren müssen. Man erwäge hierbei , dass wir es mit einer Kultur zu thun haben, für die wir noch keine Erfahrungen ins Feld führen können , sodass es sehr wohl möglich ist, dass die Anschläge der Ausgaben bei einigen Titeln viel zu hoch gegriffen sind, andere dagegen wieder zn gering ; das eine wird sich gegen das andere ausgleichen. Für die Erntekosten etc. habe ich die Summe von fl. 30 als Durchschnittszahl angenommen . Vermuthlich wird auch dieser Be¬ trag sich als zu hoch heraussteilen , jedoch scheint es gut vorsichtig vorzugehen und die Ausgaben hoch zu veranschlagen , um Enttäu¬ schungen zu entgehen. Für den Marktpreis des Kautschuck habe ich, da die Castilloa eine minderwerthige Waare erzeugt als die Ficus , für die erste Ertragsziffer den Durcbschnittsbetrag von fl. 180 pro Pikol ange¬ nommen , und die Zahl zugleich herabgesetzt nach Maassgabe des Steigens der Produktion . Die Preise für die verschiedenen Productionsjalire stellen sich dann : fl. 180 für das le Jahr , fl. 150 für das ‘2e Jahr , fl. 125 für das 3e Jahr etc. Indem wir die Ausgaben für die ersten 4 Yenvaltugsjahre auf¬ stellen und die Hälfte der Gesammtausgaben (Verwaltungs - und hinzufügen , erhalten Ernteunkosten ) für das 5te Verwaltungsjahr wir in runden Zahlen eine Gesammtsumme von ± 11. 226000, ein X Jahre vertheilt , ausreichend ist um damit die Betrag der , auf 4 A Verwaltung des Unternehmens zu beginnen und zu einem guten Ende zu führen. Nach Abzug aller Ausgaben wird alsdann das Unternehmen im 6n Verwaltungsjahre schuldenfrei dastehen und noch einen mässigen Ueberschuss aufweisen . Für die folgenden Verwaltungsjahre lassen die Zahlen auf so glänzende Ergebnisse scliliessen, dass sie dann erst ihre Bedeutung verlieren , wenn soviel Kautschuck erzeugt und angeboten wird , dass der Preis unter fl. 1 'A pro Kilogramm steht. Die ersten Kautschuckunternehmer , die nach meinen Anweisungen zu Werke gehen, werden sich dieselben grossen Vortheile sichern können , welche den Chininpflanzern auf Java zu Theil wurden , als diese Kultur noch im Entstehen war ; es kommt dabei der Umstand noch in Betracht , dass verhältnissmässig der Ivautschuckpreis nie so fallen wird , als der für Chinin, weil es kein Medikament ist, wohl aber ein Produkt , dessen Verbrauch fast unbegrenzt erscheint.