Die Inderfrage in Afrika [Reprint 2021 ed.]
 9783112426760, 9783112426753

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DIE I N D E R F R A G E IN A F R I K A VON

M I N I S T E R I A L R A T DR. OSKAR K A R S T E D T

I. A L L G E M E I N E S Der Ausbruch des Weltkrieges fiel mit einem Zustand der nationalen Gärung im Indertum zusammen, die auch auf Afrika ausstrahlte. Der neu erwachende Nationalismus hatte sich nicht zuletzt zum Wortführer vor allem auch der Interessen der indischen Auswanderer gemacht, weil um diese Zeit noch die Ausfuhr von Kulis, also die Indentured Labour, eine erhebliche Rolle spielte. Der zu den National-Gemäßigten zählende Gopal Krishna Gokhale, in gewissem Umfang der Entdecker Gandhis, bis 1912 eng mit den Dingen in Südafrika verbunden und 1913 in Indien gestorben, hatte 1910 in sehr temperamentvoller Weise den Kampf gegen Indentured Labour aufgenommen. Mit auf Gandhis Betreiben verbot die Regierung 1916 als Kriegsmaßnahme und für Kriegsdauer die Arbeiterausfuhr nach Trinidad, Guayana, Jamaika und den Fidschiinseln, eine Maßnahme, die bereits ein Jahr später auf alle übrigen Gebiete ausgedehnt wurde. Die indischen Gesetze von 1922/32 machten dann endgültig der Ausfuhr von Menschen als Kulis — unskilled labour — ein Ende. Wenn sich der nationale Kampf in erster Linie auch naturgemäß in Indien selbst abspielte, so lag die Front, soweit der Schutz der Ausgewanderten in Betracht kam, naturgemäß im Ausland und nicht zuletzt in Afrika, wo vor allem im Süden das Auftreten von Mohandas Karamchand Gandhi den Auseinandersetzungen ihre Note gab. Den Rückhalt lieferten dabei vor allem Organisationen wie der 1885 aus kümmerlichen Anfängen entstandene und inzwischen zur Macht gewordene Indische Nationalkongreß und die das indische Volkstum im Ausland umfassende Imperial Indian Citizenship Association, die im November 1914 auf der Grundlage eines zur Unterstützung der südafrikanischen Inder geschaffenen Kampffonds entstand. Afrika war dabei aber nicht der einzige Kriegsschauplatz, denn beispielsweise hatte sich in Kanada gerade kurz vor Kriegsausbruch jener kennzeichnende Vorfall ereignet, den die Inder als Komagata Maru-Fall im Gedächtnis tragen. Kanada, in dem gegenwärtig etwa 1600 Inder leben, verbot durch Verordnung vom Mai 1907 als eine wesentlich gegen Asiaten gerichtete Maßnahme die Landung solcher Einwanderer, die auf anderem Wege als dem unmittelbar von ihrem Heimatland nach Kanada kamen. Im März 1914 taten sich350Sikhs von Hongkong usw. zusammen und machten eine durchgehende Reise, indem sie das japanische Schiff Komagata Maru mieteten. Als sie im Mai 1914 im 265

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Hafen von Vancouver in der Erwartung eintrafen, den kanadischen Gesetzen entsprechend gehandelt zu haben, wurde ihnen die Landung untersagt und es ihnen verboten, sich mit ihren Landsleuten in Kanada oder mit ihrem eigenen Rechtsberater in Verbindung zu setzen. Angeblich hatten sie für die Reise 57 000 Dollar zusammengebracht. Auch zur Besprechung mit den Mittelsleuten, die die Angelegenheit vor das zuständige Gericht gebracht hatten, erhielten sie keine Genehmigung, wie sie auch mit ihrem Anwalt nicht verhandeln durften. Nachdem das Gericht gegen sie entschieden hatte, erhielt ihr Rechtsvertreter die Erlaubnis, sie zu besuchen, und er erfuhr nunmehr, daß eine Reihe von Gesichtspunkten vorlag, die er bisher nicht hatte verwenden können. Die Sikhs erklärten sich bereit, unter der Bedingung abzureisen, daß ihre inzwischen erschöpften Vorräte ergänzt würden. Die Einwanderungsbehörden verweigerten das jedoch und versuchten, den Kapitän des Schiffes zu zwingen, sofort abzufahren. Dem Befehl konnte er aber nicht Folge leisten, weil ihn die Sikhs gewaltsam hinderten. Nunmehr wurden 175 Polizisten mit einer Feuerspritze gegen die Inder aufgeboten, aber diese wehrten sich mit Kohlenstücken und anderen Waffen. Daraufhin setzten die kanadischen Behörden ein Kriegsschiff ein, um die Rebellion gewaltsam zu unterdrücken. Inzwischen mochten ihnen aber selbst Bedenken gekommen sein, denn sie erklärten sich plötzlich bereit, Lebensmittel zu liefern, ein Versprechen, das die Sikhs aber nach allem, was vorgefallen war, nicht ernst nahmen. Daraufhin wurden die Geschütze des Kriegsschiffes gegen den Dampfer gerichtet, wo die Sikhs Barrikaden errichtet und die unter ihnen befindlichen Schmiede Schwerter und Lanzen hergestellt hatten. In dieser Lage nahmen die kanadischen Behörden Fühlung mit den ortsansässigen Sikhs, und einer von diesen entsandten Abordnung gelang es, ihre Landsleute davon zu überzeugen, daß die Behörden es diesmal ernst meinten. Ende Juli dampfte das Schiff ab. Bei seiner Ankunft in Kalkutta kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mehrere Todesfälle zur Folge hatten. Im östlichen Afrika war von einem Inderproblem bis Kriegsausbruch kaum die Rede. Die etwa 30000 Inder auf Sansibar, in Kenya, Deutsch-Ostafrika und Uganda, um die hauptsächlichsten Verbreitungsgebiete zu nennen, waren zahlenmäßig und wirtschaftlich selbst unter Berücksichtigung der viel geringeren Weißenzahlen im ganzen doch noch bedeutungslos, zumal sie in der überwiegenden Mehrzahl als bescheidene Kleinhändler und Handwerker wirkten, als Kaufleute allerdings wirtschaftlich eine Funktion erfüllten, in der sie weder von Eingeborenen noch Arabern noch Weißen zu ersetzen waren. Immerhin blieb namentlich das Arabertum, so sehr es sozial und wirtschaftlich seit Beginn der Sklavenbefreiung abgesunken war, stark genug, um ein gewisses soziales Gegengewicht gegen das Indertum zu bilden. Für dessen Erstarkung war es aber bezeichnend, daß in Kenya schon 1909 ein indisches Mitglied des Gesetzgebenden Rats ernannt wurde, eine Maßnahme, die später allerdings zunächst nicht wiederholt wurde. Insgesamt aber machte die 266

Allgemeines

rassenmäßige Arbeitsteilung, wie sie sich historisch und fast zwangsläufig entwickelt hatte, Gegensätze kaum bemerkbar. Lediglich in Deutsch-Ostafrika machten sich unter den Weißen gewisse Stimmungen gegen die Inder geltend, die vor allem Erwägungen hygienischer Art und dann solchen des Schutzes der Eingeborenen gegen Übervorteilung und Auswucherung entsprangen. Die deutsche Regierung lehnte aber grundsätzlich in Hinblick auf ihre Verpflichtungen gegenüber den Freihandelsbestimmungen der Kongoakte eine diff erenzierende Behandlung der Inder ab, wenn diese rechtlich allerdings im allgemeinen auch den Eingeborenen gleichgestellt blieben. Politische Bedeutung zu gewinnen, erschwerte vor dem Weltkrieg den Indern in Ostafrika nicht zuletzt ihre religiöse und damit soziale Zerklüftung, während anderseits von einem einigenden nationalen Band noch kaum die Rede sein konnte. Nichts Gemeinsames bestand zwischen den meistens Banyanen genannten Hindus und den mohammedanischen Indern, wohl aber latente Gegnerschaft, obgleich die ersteren meistens Handwerker usw., die letzteren überwiegend Kaufleute waren, wirtschaftliche Gründe also ausschieden. Ausgesprochene Feindschaft, die häufig Anlaß zu gegenseitiger wirtschaftlicher Vernichtung wurde, bestand dagegen zwischen den einzelnen mohammedanischen Indersekten, vor allem den hauptsächlichst vertretenen beiden schiitischen Richtungen der Ismaili (Aga Khan) und der Thenascheri. Der Gegensatz zwischen ihnen beruhte letzten Endes auf dem 1866 vom Obergericht in Bombay zugunsten der Ismaili gefällten Urteil in einem grundlegenden religiösen Streit und entwickelte sich im wirtschaftlichen und sozialen Leben zu einer Brutalität, die häufig auch der Autorität der Verwaltung gefährlich wurde. Die religiösen Differenzen zwischen diesen beiden Gruppen gingen so weit, daß jede die Mitglieder der anderen als ketzerisch und verächtlich bekämpfte, und die wenige Jahre vor dem Kriege kodifizierten Laws and Bye-Laws des Schia Ismailia Council in Sansibar, die für sämtliche Aga Khan-Gläubigen in Ostafrika Geltung haben, untersagten beispielsweise jeden Verkehr und jede Gemeinschaft mit den Thenascheri. Nur sehr wenige indische Firmen, unter denen etwa die weitverbreiteten Unternehmen Nassor Virji und Alidina Visram mit ihren jährlichen Millionenumsätzen zu nennen wären, lagen über dem Klein- und Kleinsthändlertum. Eine landwirtschaftliche Betätigung der Inder bestand nur im westlichen Kenya, nachdem der um die Jahrhundertwende gemachte Versuch, eine Hinduansiedlung bei Tanga zu schaffen, fehlgeschlagen war. Soweit auf Sansibar und an der Kiiste kleine Pflanzungen in indischem Besitz waren, war ihr Erwerb durchweg weniger die Folge eines Dranges zur landwirtschaftlichen Betätigung, als eine solche der leichtsinnigen Darlehnsaufnahme durch Araber und Eingeborene. Auf die Politik irgendwelchen Einfluß zu gewinnen war den Indern schon tieshalb versagt, weil ihnen geistige Führer fehlten. Sozial war und ist noch heute im ostafrikanischen Block eins der hervor287

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stechendsten Merkmale des Indertums seine geringe Seßhaftigkeit, geboren aus der Tatsache, daß der nach Ostafrika auswandernde Inder weder Landwirt ist noch meistens den Wunsch hat, sich dauernd niederzulassen. Gewiß gibt es indische Familien, die in ununterbrochener Folge seit 100 Jahren und mehr auf Sansibar oder an der Küste ansässig sind. Aber ihre Zahl ist gering gegenüber den vielen fluktuierenden Elementen, die auf dem Wege des Handwerks oder noch mehr des Handels nur die Möglichkeit erwerben wollen, das Vermögen oder den Unterhalt zu finden, den ihnen in der Enge der Heimat zu erreichen verschlossen ist, um heimzukehren, sobald es die Umstände erlauben. Dem ostafrikanischen Inder fehlt nun einmal die Befähigung zum Kolonisator, denn dazu mangelt es ihm an allen Voraussetzungen: der Härte, des Unhändlerischen und vor allem des Muts zum physischen Wagen. So ist er immer und bis auf die heutige Zeit nur im Schlepptau europäischen Vordringens denkbar, um dann allerdings durch seine händlerische Fähigkeit und seine Anspruchslosigkeit der bevorzugte Nutznießer der Kolonisation zu werden. Wie wenig gerade der Inder die Absicht hat, das Neuland zur Heimat werden zu lassen, dafür ist das Mißverhältnis zwischen der Zahl der Männer und der Frauen kennzeichnend. Die Gesamtzahl der in Afrika einschließlich der Inseln Madagaskar, Mauritius, Réunion, Sansibar und den Seychellen lebenden Inder wird man zur Zeit mit 600000 bis 6 1 0 0 0 0 veranschlagen können, von denen mehr als zwei Drittel auf Mauritius und die Südafrikanische Union entfallen. An dritter Stelle steht bereits Kenya, an vierter Deutsch-Ostafrika. Die Zahl ist nicht besonders groß, wenn man berücksichtigt, daß die Malaienstaaten etwa 517 000 Inder beherbergen, die Fidschiinseln fast 80000, Trinidad und Tobago 140000, Britisch-Guayana rund 132 000 und Holländisch-Guayana 38 000. Bei der Inderauswanderung nach den Malaienstaaten, den Fidschiinseln und Amerika handelte es sich aber fast ausschließlich ebenso wie im Fall Mauritius und Natal um ungelernte Kontraktarbeiter und ihre Nachkommen, während die nach dem übrigen Afrika gegangenen eine Sonderstellung einnehmen. Wie wenig indessen Indien selbst daran denkt, in Ostafrika ein Auswanderungsland im Sinne der an anderer Stelle zu erwähnenden Johnstonschen Auffassung zu erblicken, beweist die im Verhältnis zur Bevölkerung Indiens verschwindend kleine Zahl der Inder in Ostafrika. Auf eine Darlegung des Wandels, die der Weltkrieg demlndertum brachte, kann hier verzichtet werden, da das Erforderliche besser in den einzelnen Abschnitten zu sagen ist. Zur Klarstellung sei bemerkt, daß unter „Inder" in dieser Darstellung nur britische Inder verstanden sind, da die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der portugiesischen Inder, der christlichen Goanesen, zu wenig Gleiches mit denen der britischen Inder haben, als daß eine gemeinsame Betrachtung möglich wäre. Insoweit die kolonialen Statistiken allgemein nur von Asiaten sprechen, habe ich nach Möglichkeit Araber, Goanesen usw. ausgeschieden. 268

II. DIE I N D E R F R A G E IN DEN E I N Z E L N E N LÄNDERN 1.

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Die Eigeneinnahmen Sansibars stiegen von 248000 £ im Jahre 1913 auf 494000 £ im Jahre 1937, und dabei ist das Protektorat wohl das einzige afrikanische Gebiet, das frei von jeder öffentlichen Schuld ist. Auf der anderen Seite ist der Wert der Ausfuhr an Eigenerzeugnissen, von denen Nelken und Kopra zuletzt 82 v.H. ausmachten, ziemlich konstant bei 600 000 bis 700000 £ geblieben. Wenn die Statistik gleichwohl größere Wertschwankungen nachweist, so liegt das ausschließlich an der Preisempfindlichkeit der Nelken, den wechselnden Ernteerträgen und der Monopolstellung Sansibars im Nelkenhandel. Beispielsweise haben die Erträge der Nelkenbäume in den Jahren 1897 bis 1932 bei annähernd gleichbleibender Zahl der Bäume zwischen Extremen von 162 000 Frasilah (je 35 Ibs.) und 990000 Frasilah geschwankt. Das gleiche Bild zeigen die Preise: seinen niedrigsten Stand hatte das Frasilah 1896/97 mit 3,90 Rupien und seinen höchsten 1920 mit 30,17 Rupien. In einem Jahr, 1933, pendelte es zwischen 7 und fast 10 Rupien. Wenn gleichwohl die finanziellen Einnahmen des Protektorats eine so günstige Entwicklung nahmen, so muß, weil mangels genügenden geeigneten Landes eine Vergrößerung der Anbauflächen von Nelken und Palmen schon seit langem nicht mehr möglich ist, der Grund darin liegen, daß, trotzdem Sansibar seinen Charakter als Umschlagplatz zugunsten der Festlandshäfen mehr und mehr verloren hat, der Handel mit den hauptsächlichsten Erzeugnissen immer mehr intensiviert und gleichzeitig die Kaufkraft der Bevölkerung verstärkt worden ist, zu schweigen von den allgemeinen Verbesserungen, die die englische Verwaltung in Gestalt von Wegebauten, auf hygienischem Gebiet, Erziehungsmaßnahmen usw. eingeleitet und durchgeführt hat. Zum Verständnis der Lage der Wirtschaft Sansibars muß kurz auf die Struktur des Nelken- und Palmenanbaues eingegangen werden. Soweit er nicht in den Händen der Regierung liegt, die den Privatbesitz des Sultans käuflich übernahm, liegt der Anbau fast restlos Eingeborenen und Arabern ob, wobei die letzteren im allgemeinen die größeren Besitzer sind. Man darf sich unter 269

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den Anlagen nun nicht geregelte Pflanzungen im europäischen Sinne vorstellen, sondern ein parkartiges Gemisch von Palmen, Nelken, Mangobäumen usw. mit dazwischenliegenden Kleinflächen, die dem Anbau von Nahrungspflanzen dienen, das Ganze, hin und wieder von ein paar Quadratmeter Bananenstauden, Apfelsinenbäumen usw. unterbrochen, um das Haus des Besitzers oder Verwalters gruppiert. Nicht selten haben mit oder ohne Erlaubnis des Besitzers auch Fremde eine kleine Fläche mit Nahrungsmitteln bestellt, zumal die Eigentumsverhältnisse bei der Sorglosigkeit der Bevölkerung durchweg völlig ungeklärt sind und Niederlassungen auf öffentlichem Land häufig als gutes Recht der Okkupierenden angesehen werden. Wenn deshalb gelegentlich angeführt wird, Sansibar verfüge über soundso viel Acres Nelkenpflanzungen, so ist das irreführend, weil, soweit privater Besitz in Betracht kommt, geschlossene größere Bestände einer Baumart nicht die Regel sind. Näher kommt man den Tatsachen nur, wenn man von der Zahl der Bäume ausgeht, die auf etwa 3,5 Millionen Nelkenbäume und auf 3,8 Millionen Kokospalmen veranschlagt wird. Die Zahl der Nelkenbaumbesitzer wird mit rund 18000, die Anzahl der Besitzungen an Nelkenpflanzungen auf 32 000 geschätzt. Roh gerechnet entfallen also nur 100 Bäume auf die einzelne Pflanzung; aber auch das gibt kein richtiges Bild, weil Pflanzungen mit nur einem Dutzend Bäume neben solchen mit Hunderten liegen. Der Bartlett-Last-Bericht von 1934 untersucht die Verhältnisse von 5432 verschuldeten Pflanzungsbesitzern und kommt dabei auf 2703 Schuldner, deren landwirtschaftlicher Besitzwert nicht 400 Rupien übersteigt, 2458 mit einem Besitzwert von je 400 bis 4000 Rupien und nur 271 mit einem Landwert von über 4000 Rupien. Der Verkaufswert eines Nelkenbaumes wird je nach Größe, Alter, Pflege, Lage der Pflanzung und Lage des Marktes auf 5 bis 14 Rupien zu veranschlagen sein, so daß die Nelkenwirtschaft insgesamt also überwiegend aus Zwergwirtschaften bestehen dürfte. Die Verschuldung der Nelkenbauern liegt zunächst einmal in ihrer geschäftlichen Unfähigkeit, dann aber in der Bargeldarmut der Eingeborenen und Araber begründet, die so lange kaum in Erscheinung trat, als die Bauern mit Sklaven arbeiteten, die keinen Barlohn erforderten, während ihnen Behausung und Verpflegung von den Herren ohne Mühe sichergestellt werden konnte. Nachdem 1911 die von der englischen Verwaltung ziemlich überstürzt durchgeführte Sklavenemanzipation beendet war, mußten Lohnarbeiter vom Festland her für die Pflege und vor allem die Ernte verwandt werden. Aber das Bargeld zu ihrer Entlohnung war häufig genug nicht vorhanden, so daß entweder die Pflege und gelegentlich sogar eine ordnungsmäßige Aberntung unterblieb oder aber Vorschüsse beim Händler aufzunehmen waren. Die folgerichtig einsetzende Vernachlässigung der Pflanzungen war es, die die Regierung 1922 mit Prämien für den Ersatz überalteter Bäume usw. eintreten ließ, während die dringende Arbeiternot sie veranlaßte, die Mehrzahl der Besitzer 1927 in der von ihr kontrollierten Clove Growers Association (CGA.) zusammenzu270

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schließen. Die Not war inzwischen um so größer geworden, als die hohen, nach dem Kriege erzielten Preise inflatorische Erscheinungen hervorgerufen hatten, denen die unkapitalistischen und leichtfertigen Araber und Eingeborenen nur zu leicht erlagen, deren Opfer sie aber zu werden drohten, als eine Reihe obendrein ungünstiger Ernten nur stark abgesunkene Preise erzielten. 1933 lag auf den Palmen- und vor allem den Nelkenbauern eine jährliche Zinsenlast von 1,5 Millionen Rupien bei einem Ausfuhrwert an Nelken von gleichzeitig etwa 7,5 Millionen Rupien. Da dieser letztere Wertansatz neben einer Wertabgabe von 20 v. H. an das Sultanat auch alle Zwischengewinne vom Erzeuger bis zum Exporteur umfaßt, so ergibt sich ein ganz ungewöhnliches Verhältnis zwischen der Zinsenlast und dem Erlös des Erzeugers. Die englische Verwaltung hatte keinerlei Maßnahmen getroffen, um durch Schaffung von gemeinnützigen Krediteinrichtungen die Ernten bevorschussen zu können. Zugute zu halten ist ihr allerdings, daß infolge der Unklarheit hinsichtlich des Landbesitzes usw. einem Realkredit die größten Schwierigkeiten um so mehr entgegenstanden, als das mohammedanische Erbrecht die Aufteilung von Landbesitz in Kleinstflächen fördert, und so wurden die Pflanzungsbesitzer zu dem indischen Kaufmann als Kreditgeber gedrängt, dessen Geschäftsmethoden allerdings der Ruin des Bauern wurden. Bevor diese Entwicklung eingehender geschildert wird, mag ein kurzer Abriß des Werdens des indischen Elements auf Sansibar Platz finden. Schon in der voreuropäischen Zeit hatte sich eine eigenartige Wirtschaftssymbiose zwischen Arabern und händlerischem Indertum entwickelt mit dem Ergebnis, daß dieses der Geldgeber des arabischen Sklavenhandels wurde, nachdem vor allem Konsul Rigby, der England von 1858 bis 1860 auf Sansibar vertrat, den Indern als britischen Untertanen die Beteiligung am Sklavenhandel wie auch das Halten von Sklaven verboten hatte. Der Inder blieb aber auch nach dem Erlöschen des Sklavenhandels der Geldmann für den legalen Handel der Araber und kam dabei so sehr auf seine Kosten, daß die Zahl der Inder dauernd stieg, zumal sie ihren Einfluß als Zollpächter und Finanzberater des Sultans auszunutzen wußten. Auch hier wurden sie immer mehr zum letzten Saugrohr für das Erfassen der eingeborenen Erzeugnisse und zum Kanal für die Versorgung der Eingeborenen mit all dem, was von außen her eingeführt werden mußte. Und ihre Stellung blieb insoweit auch ungebrochen, als das gegenüberliegende Festland deutsch geworden war; im Gegenteil: ihr Wirkungsbereich vergrößerte sich in dem Maße, als immer weitere Festlandsgebiete befriedet und dem Kleinhandel eröffnet wurden. Solche Eindrücke vom Inder und seinen wirtschaftlichen Funktionen waren es, die Sir John Kirk und anderen zu der im Abschnitt Kenya erwähnten Überbewertung des Indertums Veranlassung gaben. ; Über die Zusammensetzung der Bevölkerung Sansibars und damit auch des Anteils der indischen Bevölkerung haben wir erst von 1910 ab die ersten und von 1921 ab einwandfreie Angaben. Als in der Person Hamertons 1841 271

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der erste ostindische Agent bzw. englische Konsul nach Sansibar kam, schätzte er die dort und auf Pemba wohnenden Inder auf nur einige Hunderte. Rigby nahm offenbar viel zu hoch 5000 bis 6000 an und veranschlagte das damals von ihnen investierte Kapital bereits auf 1,5 Millionen £ . Ein amtlicher englischer Bericht nahm 1870 für die Insel Sansibar allein 3710 Inder an. Für das Jahr 1912 werden sie für das gesamte Protektorat ungefähr richtig mit 8000 veranschlagt werden können. Seitdem haben sich die Zahlen für sie und die Araber folgendermaßen gestaltet, wobei allerdings Vorsicht insofern geboten ist, als der Begriff „Araber" nicht einwandfrei deutlich zu umreißen ist: 1921 1931

Inder 12 588 14 242

Araber 18884 33396

1931 lebten von der Gesamtzahl auf der Insel Sansibar 11954 Inder und von ihnen in der Stadt Sansibar allein 10926 = 91 v.H., d.h. ungefähr jeder vierte Einwohner der Hauptstadt ist ein Inder. Wie unstet dieser Bevölkerungsteil aber auch jetzt noch ist, beweisen folgende Zahlen über den Gang der indischen Ein- und Auswanderung: 1932 1937

Eingewanderte Inder 5818 7152

Ausgewanderte Inder 5060 7346

Über die berufsmäßige Gliederung der Inder ebenso wie über die religiöse liegen keine ausreichenden Angaben vor; man wird jedoch kaum fehlgehen, wenn man von den erwachsenen männlichen Indern 75 v. H. als Händler annimmt. Der Verfall Sansibars als Umschlagplatz für das afrikanische Festland hat nicht gehindert, daß trotz des weitgehenden Ersatzes Indiens als Lieferant von Baumwollstoffen durch Japan und des Niedergangs der früher großen Reiseinfuhr die Handelsbeziehungen dorthin nicht wesentlich geändert sind, soweit die Ausfuhren in Frage kommen. In den Jahren 1933/36 gingen regelmäßig 25 bis 29 v. H. der Ausfuhren dorthin, und insbesondere für Nelken drückten Indien und Holländisch-Indien die alten Abnehmerstaaten immer mehr in den Hintergrund. 1935 beispielsweise gingen von 188 771 Cwt. Nelken 79824 bzw. 73414 nach Holländisch-Indien und nach Britisch-Indien. Inwieweit das mit der Tatsache zusammenhängt, daß die europäischen Firmen mehr und mehr ihren Schwerpunkt nach dem Festland hin verlegten und an ihre Stelle indische große Handelsunternehmungen traten, ist nicht feststellbar. Auf alle Fälle liegt das Schwergewicht jetzt bei diesen, und es ist bezeichnend, daß damit vielfach auch die Vertretungen großer europäischer Dampferlinien, für die Sansibar seine verkehrstechnische Bedeutung behalten hat, in ihre Hände überging. In Sansibar traf das Indertum auf eine petrefakte und patriarchalische 272

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Wirtschaftsform, deren Vertretern es in allen Stücken geistig turmhoch durch seine Beweglichkeit ebenso wie durch seine Skrupellosigkeit überlegen war. Das Bauernlegen wurde ihm leicht genug gemacht, weil keine Verwaltung rechtzeitig genug einzugreifen bereit oder in der Lage gewesen war und sie gegenüber der Verschuldung der Eingeborenen und Araber die törichtste Politik trieb, die es geben kann, nämlich die des Ignorierens. So entstanden die gekennzeichneten Verhältnisse, die im einzelnen nunmehr noch ihre weitere Beleuchtung erfahren mögen. Der schon erwähnte Bartlett-Last-Bericht gibt Beweise dafür, daß das Schicksal des arabischen und ihm sozial gleichstehenden eingeborenen Landbesitzers zu einem tragischen Gemisch von eigener Schuld und Unverständnis gegenüber kapitalistischer Wirtschaft wurde, er stellt aber auch klar heraus, wie es indischer Händlergeist war, der die Tragödie auf ihren Höhepunkt trieb. Er läßt keinen Zweifel darüber, daß es die indischen Geldverleiher waren, die, gleichgültig ob sie als solche konzessioniert waren oder nicht, die Grundbesitzer in ein Netz des Wuchers verstrickten, aus dem ein Entrinnen unmöglich war, wenn er auch zugibt, daß auch einige wenige Araber sich solche Praxis zu eigen gemacht haben. Einige Beispiele mögen das Verfahren beleuchten: Die gesetzliche Vorschrift, Verträge vor der Behörde registrieren zu lassen, wird besonders in den abgelegenen Teilen des Protektorats ignoriert. Kleine Vorschüsse gibt der Geldgeber oder Händler her, indem er als Anerkennung des Schuldners diesen unter eine in Guzerati verfaßte, also ihm auf alle Fälle unverständliche Schrift seinen Daumenabdruck oder drei Kreuze setzen läßt. Für Rückzahlungen wird nur in den seltensten Fällen eine Empfangsbescheinigung gegeben, und wenn sie erfolgt, entspricht sie nicht der vorgeschriebenen oder üblichen Form. In vielen Fällen nimmt der Geldgeber auch die dokumentarischen Landbesitznachweise in Verwahrung. Wenn der Darlehensnehmer in Verzug gerät, ist es allgemein üblich, die Bäume oder das Land den Darlehnsgebern zu verpfänden, oder es erfolgt ein Scheinverkauf in Gestalt einer fiduziarischen Eigentumsübertragung. An Zinsen berechnet der Verleiher selten unter 15 v. H., meistens aber mehr, wobei auch Sätze von 100 v. H. vorkommen, wenn die Provision, Kommission usw. eingerechnet wird. Bei 3926 auf Pemba untersuchten Fällen lagen die Zinsen nur 37 mal unter 10 v. H., 165 mal bei 10 bis 15 v. H., 211 mal über 15 v. H., 1556mal über 25 v. H., 35mal über 50 v. H., 678mal über 75 v. H. und 924mal sogar über 100 v. H. Solche Feststellungen werden allerdings begreiflich, wenn der gleiche Bericht mitteilt: „Der Ladeninhaber oder (nicht konzessionierte) Geldverleiher .verkauft' an den Geldbedürftigen auf Kredit einen Posten Nelken zum Zwei- oder Dreifachen des Marktwertes. Der Entleiher verkauft sie nun zum Marktwert entweder wieder an den Verkäufer oder an einen Dritten. Der Kredit wird durch einen fiktiven Verkauf der Pflanzung gesichert, wobei von deren Wert wieder Provision und anderes abgesetzt 18

Afrika X V I I I : Karstedt u. v. Werder

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werden." Es war wohl richtig, wenn der Bericht weiterhin feststellt, daß das gewaltige Steigen der Verschuldung weniger an der Inanspruchnahme neuer Leihgelder als an der raschen und unaufhörlichen Zunahme der rückständigen Zinsen, Amortisationen und Zinseszinsen liege. Als Landwirt spielt der Inder auch auf Sansibar keine Rolle, und der Bartlett-Last-Bericht bestätigt das ausdrücklich, indem er feststellt, daß die Geldverleiher die auf dem gekennzeichneten Wege an sie übergegangenen Anlagen meistens rasch und mit Gewinn wieder abstoßen, während andere sie durch die bisherigen arabischen und eingeborenen Eigentümer verwalten lassen. Diese Dinge eingehender zu behandeln, war aus doppelten Gründen nötig: einmal ist es zum Verständnis der späteren Vorgänge auf Sansibar erforderlich, dann aber auch, weil die von dem Bericht geschilderten Wuchermethoden an sich nichts für Sansibar Charakteristisches darstellen. Ähnliches gilt überall von Ostafrika, wo der kleine indische Wucherer über den unterlegenen Eingeborenen Macht gewinnt, auch wenn außerhalb Sansibars die Dinge noch nicht so scharf und dokumentarisch ins Tageslicht der amtlichen Berichterstattung gerückt sind. Die Folge solcher Zustände kam darin zum Ausdruck, daß, während 1923 erst 152000 Nelkenbäume Eigentum von Indern gewesen waren, ihre Zahl 10 Jahre später schon 502 000 betrug, während ihnen weitere 309 000 Bäume verpfändet waren. In den Jahren 1927 bis 1934 war Land im Wert von 2 807 000 Rupien aus Araber- und Eingeborenenbesitz an Inder übergegangen, umgekehrt aber nur für 872 000 Rupien. Es war bei dieser Bauernlegerei nicht erstaunlich, daß die Landflucht namentlich. unter der jüngeren Generation der Araber und Eingeborenen immer mehr zunahm. Angesichts solcher unhaltbarer Zustände griff die Regierung 1934 endlich mit der Bestimmung ein, daß Land aus dem Besitz von Eingeborenen und Arabern nur mit ihrer Genehmigung an Nichtaraber und Nichteingeborene übergehen könne. Die Schuldner erhielten ein Moratorium, das wiederholt verlängert wurde, und die Übertragbarkeit von Hypotheken wurde eingeschränkt. So sehr das lediglich ein selbstverständlicher Ausfluß des Verantwortungsbewußtseins der Verwaltung gegenüber den alten Besitzern war, sahen die Inder darin nur die Schädigung eigener Interessen und bekämpften die Anordnungen, wenn auch vergeblich, mit allen Mitteln, denn die Regierung ging ihren Weg und organisierte im gleichen Jahr die CGA. mit dem Hinweis um, daß diese allein es gewesen sei, die soeben den völligen Zusammenbruch des Nelkenmarktes verhindert habe. Die CGA. erhielt zwar kein Monopol, aber erweiterte Befugnisse, die ihr das Recht gaben, Nelken aufzuspeichern, den Pflanzern zinslose Vorschüsse zu geben, ihre Ernten frei einzulagern usw. Damit wurde eine größere Preisstetigkeit erzielt, der Zwischenhandel weitgehend eingedämmt und den Bauern ein besserer Erlös gewährleistet. Die Erfahrungen der nächsten beiden Jahre, die nur kleine Ernten brachten, schie274

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nen die Richtigkeit der getroffenen Maßnahmen zu bestätigen, und so ging der englische Resident einen Schritt weiter. Auf seinen Antrag entsandte der Kolonialstaatssekretär 1936 einen Sachverständigen, der nicht nur die vom Residenten eingeführten Ausfuhrkonzessionen billigte, sondern einen weiteren Ausbau der CGA. zu einer Art Monopolverwaltung vorschlug, den Aufkauf der Nelken ausschließlich von ihr konzessionierten Agenten vorbehalten wollte, der CGA. das Preisfestsetzungsrecht zu übertragen vorschlug und schließlich eine radikale Lösung der Schuldenfrage dahin anregte, daß die Hypotheken aus Regierungsmitteln übernommen werden sollten, und zwar gegen den mäßigen Zinssatz von 6 v. H. und Amortisation in kleinen Teilbeträgen. Der Resident und London billigten diese Vorschläge in ihren wesentlichen Zügen, und damit schienen der endgültigen Sanierimg der Nelkenwirtschaft die Wege gewiesen zu sein. Jeder Schutz der Bauern mußte, auch wenn das nirgend gesagt war, einen Einbruch in die Überfremdungstendenzen der Inder und ihre schädlichen Geschäftsmethoden bedeuten. Zunächst war die 1914 gegründete Sansibar Indian National Association vorgestoßen, hatte damit aber kein Glück beim Kolonialstaatssekretär gehabt. Deshalb wurde nun die indische Regierung mobilisiert, die sich unter platonischer Anerkennung der Notwendigkeit der Maßnahmen zum Schutz der Bauern doch voll für die Inder einsetzte und sogar zwei Beamte zur Untersuchung der Angelegenheit nach Sansibar entsandte, die in völliger Verkennung der Sachlage berichteten, die Inder hätten in Sansibar schwer unter Ungerechtigkeiten zu leiden. Schuld seien der Neid einiger europäischer Handelshäuser und die Voreingenommenheit einiger übereifriger Beamter, denen der vorgeschobene Schutz der Araber nur ein Deckmantel sei, um die Inder wirtschaftlich zu vernichten, deren Verdienst es doch allein sei, wenn der Nelkenhandel einen so gewaltigen Aufschwung genommen habe. (The Gazette of India, Extraordinary, 24. 6. 1935). Die darauf von der indischen Regierung eingeleiteten Verhandlungen brachten in Einzelheiten Zugeständnisse seitens der Verwaltung, aber im ganzen hielt Sansibar an der einmal eingeschlagenen Richtung fest, zumal ihr der Sachverständigenbericht inzwischen neue Motive und Argumente für die Vertretung ihrer Ansprüche gegeben hatte. Im Juli 1937 nahm der Gesetzgebende Rat von Sansibar die Clove Marketing Bill an, die der CGA. das Monopol des Ankaufs der gesamten Nelkenernte sicherte und ihr das Preisbestimmungsrecht und die Zulassung der Händler und Exporteure übertrug. Die durch die vorhergegangenen Ereignisse hervorgerufene wilde Stimmung der Inder ließ es nun zu einer Machtprobe kommen. Das indische Mitglied des Legislativrats verließ nach der Verkündigung des Gesetzes den Rat mit der Erklärung, die Regierung habe sich lediglich von inderfeindlichen Motiven leiten lassen. Die indische Regierung ihrerseits intervenierte in London, und der Vorsitzende der Imperial India Citizenship Association fand mit seinen heftigen Anklagen sogar Zugang zu den Spalten großer 18»

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englischer Zeitungen. In Indien wurde ein Boykott der Nelken durchgeführt, bei dem man soweit ging, in Bombay alle von Sansibar einlaufenden Schiffe durch Agenten der Boykottbewegung auf Nelkenladungen durchsuchen zu lassen, und die indische Regierung verhängte einen Strafzoll auf Nelken. Sie erklärte ferner, die Möglichkeit des Anbaus von Nelken auf indischem Boden prüfen lassen zu wollen. Und während in Indien die Kongreßpartei und die Presse die Angelegenheit nicht zur Ruhe kommen ließen, in London sogar das Ober- und Unterhaus sich mit der Angelegenheit beschäftigte, traten die Inder in Sansibar in den „passiven Widerstand", erklärten auch ihrerseits den Nelken den Boykott und schlössen ihre Geschäfte. Die Folgen waren verhängnisvoll genug. Die Ausfuhren des Protektorats, die 1936 801286 £ betragen hatten, gingen im nächsten Jahr auf 663258 £ zurück, und wenn 1936 noch 205 687 Cwt. Nelken ihren Weg nach Indien gefunden hatten, so waren es im nächsten Jahr nur noch 121128. Der Anteil Indiens an den Ausfuhren Sansibars sank, trotzdem der Boykott erst im Juli einsetzte und sich voll erst später auswirkte, von 25,67 v. H. auf 9,48 v. H. Es bestand Klarheit, daß, wenn der indische Druck weiterging, eine völlige Zerrüttung des Finanzwesens des Protektorats vorauszusehen war. Die Verwaltung konnte gleichwohl von ihrem Standpunkt kaum abgehen, zumal die ganze Angelegenheit allmählich zu einer Frage des Prestiges geworden war. London sah die Entwicklung so ernst an, daß es im Frühjahr 1938 den Unterstaatssekretär im Kolonialamt im Flugzeug nach Sansibar entsandte, und als Ergebnis seiner Verhandlungen kam im Mai des gleichen Jahres nach einem fast einjährigen Handelskrieg ein Abkommen auf mittlerer Linie zustande. Die Monopolrechte der CGA. wurden insoweit eingeschränkt, als es den Erzeugern frei stand, an sie oder beliebige andere zu verkaufen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß die der Regierung infolge der Hypothekenübernahme Verschuldeten soviel Nelken zu liefern hatten, um durch die CGA. die Zinsen und Amortisationsraten zu decken. Das Recht der Preisfestsetzung blieb der CGA. im Grundsatz erhalten. Der Ankauf von Nelken sollte durch zugelassene Händler erfolgen, während die CGA. darauf verzichtete, selbst Aufkäufer zu unterhalten, aber weiter berechtigt blieb, Vorschüsse auf die Ernten zu geben. Selbst zu exportieren war ihr versagt, jedoch muß ein bestimmter Anteil jeder auszuführenden Partie, der zunächst auf 50 v. H. festgesetzt wurde, von ihr entnommen werden. Und schließlich erklärte sich die Verwaltung bereit, von der Indian National Association, also einer rein politischen Körperschaft, in Gemeinschaft mit der Handelskammer eine Liste von Vorzuschlagenden entgegenzunehmen, aus der sie dann die indischen Mitglieder für die Verwaltungsbeiräte der CGA. entnehmen würde. Anscheinend hatten lediglich die bedenklichen Folgen des Streites beide Verhandlungspartner zu dem Kompromiß gebracht, der im Grunde keine Partei befriedigen konnte. Die Verwaltung hatte in den letzten Jahren mit Mühe die Organisation der CGA. über das ganze Protektorat entwickelt, um nun er276

Deutsch-Ostafrika

kennen zu müssen, daß wertvolle Eckpfeiler aus dem Gebäude herausgebrochen waren; voll gerettet hatte sie dagegen ihre Politik hinsichtlich des Schutzes der Bauern. Die indischen Händler andererseits hatten zwar das Vollmonopol der CGA. zum Scheitern gebracht, es aber nicht erreicht, das für sie so bequeme und einträgliche frühere Laissez faire wieder herzustellen. Ob die Vereinbarungen vom Mai 1938 infolgedessen von Dauer sein werden, erscheint fraglich. 2.

Deutsch-Ostafrika

Eine Sonderstellung nimmt im Rahmen der Inderfrage Deutsch-Ostafrika ein, und zwar ausschließlich aus politischen Gründen. Abgesehen davon, daß hier im Gegensatz zu Südafrika und Kenya jede politische Willensbildung einer nennenswerten weißen Bevölkerung fehlte, die ein Gegengewicht für das Indertum hätte bilden können, gewährleistet der Artikel 7 des Mandatsstatuts den Indern weitestgehende Gleichberechtigung mit den Weißen, denn danach ist der Mandatar gehalten, den Angehörigen aller Staaten, die Mitglieder des Völkerbundes sind, die gleichen Rechte wie seinen eigenen Bürgern im Mandatsgebiet zu gewähren, sowohl was die Zulassung und Niederlassung anbetrifft wie auch den Schutz für ihre Person und ihr Eigentum, den Erwerb von beweglichem und unbeweglichem Vermögen und die Ausübung jeder Art von Gewerbe oder Handel, lediglich mit der Einschränkung, daß sie mit den Erfordernissen der öffentlichen Ordnung und den verwaltungsmäßigen Vorschriften in Übereinstimmung stehen. Da Indien Mitglied des Völkerbundes ist, sind damit von vornherein der Verwaltung auch für den Fall die Hände gebunden, daß sie aus irgendwelchen Gründen der Ausbreitung des Indertums entgegenzutreten beabsichtigen sollte^ Die weiße und indische Bevölkerung entwickelte sich folgendermaßen: 1912 1921 1931 1936 Weiße 5336 2247 8228 8926 Inder 8784 9411 25144 23400* In den Jahren 1925 bis 1931, den Haupteinwanderungsjahren, wanderten 11110 Inder gegen nur 7025 Weiße ein. Seitdem ist unter dem Einfluß der Weltwirtschaftskrisis ein kleiner Rückschlag eingetreten. Die religiöse und berufsmäßige Gliederung des Indertums ist ungefähr die gleiche geblieben wie in deutscher Zeit, d. h.: es werden auf die Mohammedaner etwä drei Viertel und auf die Hindus ein Viertel entfallen, während der Anteil der jüdischen Inder nach wie vor bedeutungslos ist. Daß das indische Schwergewicht trotz des großen Landbesitzes auch weiterhin imwesent* Diese Zahl ist geschätzt.

277

Die

Inderfrage

in den

einzelnen

Ländern

liehen im Handel liegt, geht aus der Statistik hervor, die das Indians Abroad Directory 1934 veröffentlichte. Danach waren tätig in der Fischerei in der Landwirtschaft in der Metallindustrie im Schneidergewerbe in der Holzbearbeitung im Verkehrswesen im Handel im Regierungsdienst im Schreiberdienst usw.

12 124 256 252 660 265 3957 1197 1051 7774

Somit entfiel mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen auf den Handel; in diesem Wirkungszweig hat das Indertum in Deutsch-Ostafrika allerdings einen erheblichen Wandel erlebt. War vor dem Kriege seine eigentliche Handelsdomäne der Zwischen- und Kleinhandel gewesen, während in Ein- und Ausfuhr der Großhandel überwiegend den europäischen Firmen oblag, so hat es seitdem auch den größeren Teil dieses Zweiges erobert, gleichzeitig aber noch den Kleinhandel vervielfältigt. Dabei verdient darauf hingewiesen zu werden, daß der Handelsanteil Indiens an den Ein- und Ausfuhren offenbar sinkt. Er fiel in den Jahren 1929 bis 1937 von 12,4 auf 5,4 v. H. in den Einfuhren, eine Folge vor allem des Wettbewerbs der japanischen Industrie, während andererseits die Ausfuhr nach Indien 1937 nur noch 8,4 v. H. ausmachte, also weniger als die nach Deutschland (10,1). Nur in der Aufnahme von deutsch-ostafrikanischer Baumwolle hat Indien seine Vormachtstellung bewahrt und erweitert. Wie sehr auch in Deutsch-Ostafrika die Inder Stadtbewohner sind, zeigt folgende Aufstellung, die allerdings unter Asiaten nicht nur die Inder, sondern auch Goanesen und Araber umfaßt: Daressalam Tanga Lindi Tabora Kigoma Bukoba

Weiße 1341 585 96 230 45 96

Asiaten 9072 3483 832 1623 273 704

Afrikaner 22 232 12000 3818 15000 ? ?

Von größerer wirtschaftlicher und damit auch politischer Bedeutung ist die Tatsache, daß der Weltkrieg, nachdem bis zu seinem Ausbruch der indische Landbesitz nur einige hundert Acres betragen hatte, den Inder zu einem der größten Plantagenbesitzer in Deutsch-Ostafrika hat werden lassen. Hier 278

Deutsch-Ostafri

k\t

ist zum erstenmal auf afrikanischem Festlandsboden dem Indertum gelungen, was ihm aus politischen, Rasse- und anderen Gründen sonst fast überall versagt geblieben war, und somit erlangt dieser Erfolg eine über die Grenzen Deutsch-Ostafrikas hinausgehende allgemeine Bedeutung für die Zukunft Afrikas. Der Krieg hatte den indischen Kaufleuten eine hervorragende Konjunktur geschaffen, zumal alle Zufuhren mit Kriegsausbruch praktisch erloschen waren. Insoweit ihnen Verluste an barem Geld, aus Hinterlegungen, militärischen Requisitionen usw. entstanden waren, hatte sie der Treuhänder für das deutsche Vermögen aus dessen Erlös zum guten Teil anerkannt und befriedigt. Die Inder werden also finanzielle Schäden aus dem Kriege kaum zu beklagen gehabt haben, waren andererseits aber in den Besitz hoher Barbeträge gekommen. Dieser Umstand erlaubte es ihnen, bei dem Zwangsverkauf des deutschen Besitzes um so stärker als Erwerber in Erscheinung zu treten, als er in einer Zeit wirtschaftlicher Depression sehr billig zu haben war. Überdies hatte der Treuhänder bald auch Ratenzahlungen zugelassen, die sich über 4 bis 5 Jahre erstrecken konnten. Als die Liquidation 1929 abgeschlossen wurde, ergab sich, daß 1196900 Acres deutschen Landbesitzes 1344 604 £ erbracht hatten. Davon hatten Inder 258560 Acres für 374 571 £ erworben, Inder in Gemeinschaft mit anderen Staatsangehörigen 51 200 Acres für 55390 £ . (Auf Araber und Eingeborene entfielen nur 4480 Acres für 8800 £ , auf Deutsche 28160 Acres für 21007 £ , auf Engländer [ohne Südafrikaner] 551720 Acres für 705434 £ . ) Die Entwicklung des Landbesitzes in Acres nach den einzelnen hauptsächlichst beteiligten Staatsangehörigen gestaltete sich folgendermaßen: Engländer Inder Deutsche

1924 1108073 266154 —

1929 745029 310422 361827

1933 689000 321000 436000

1936 675153 282 843 453611

Der Rest verteilte sich auf Griechen, Missionen usw. Für den 31. Dezember 1937 stellte das zuständige Land and Mines Department folgende Zahl der Besitzer und der gesamten Grundfläche (Leasehold und Freehold) bei insgesamt 2068083 Acres fest: Engländer Inder Deutsche

Zahl der Besitzungen 436 286 553

Gesamtfläche 775002 Acres 278473 Acres 455 274 Acres

Die für den englischen Besitz angegebene Flächenzahl erscheint nicht zweifelsfrei. Aus dem geringen Absinken der indischen Fläche schon irgendwelche Schlüsse ziehen zu wollen, dürfte verfrüht sein. Leider liegen über die Nutzung 279

Die

Inderfrage

in

den

einzelnen

Ländern

des Landbesitzes durch die Inder keine ausreichenden Zahlen vor. Kennzeichnend ist aber die sich wohl auf 1933 beziehende Angabe des Indians Abroad Directory, wonach die in der deutsch-ostafrikanischen Wirtschaft führende Firma Karimjee, Jivanjee & Co. allein über 49 609 Acres Sisalpflanzungen verfügte, während ihr gesamter Landbesitz sich auf 96186 Acres belief. Sie allein beschäftigte insgesamt—also wohl einschließlich ihrer umfangreichen Handelsbetriebe — 25 Weiße, und zwar vorzugsweise Deutsche, 200 Inder und 10000 Eingeborene. Dieses einzige Unternehmen verschiffte 1933 nicht weniger als 11900 Tonnen Sisal, also etwa ein Sechstel der damaligen Gesamterzeugung der Kolonie*. Gegenwärtig liegt der indische Anteil an der Sisalgewinnung bei etwa einem Viertel. Der liquidierte deutsche städtische Grundbesitz ist offenbar nahezu restlos in indische Hände übergegangen mit dem Ergebnis, daß nach allgemeiner Annahme beispielsweise der Grund und Boden Daressalams jetzt zu 90 v. H. in ihrem Besitz ist. Nach Fitzgeralds glaubhafter Angabe** entfallen von dem gesamten in der Kolonie zu landwirtschaftlichen Zwecken arbeitenden Kapital 30 v. H. auf indische Quellen, was die allgemein herrschende Annahme bestätigt, daß ein großer Teil der nichtindischen Pflanzer und Farmer dem Indertum verschuldet ist. Eine weitere indische Einflußnahme sozialer Art ist in der Beschäftigung von etwa 1000 Indern im Regierungs- und Eisenbahndienst gegeben. Bis 1933 wurden derartige Kräfte aus Indien angeworben; seitdem ist der Gouverneur dazu übergegangen, einen afrikanischen und indischen Local Service zu bilden, dessen Einzelheiten 1935 mit dem Ziel geregelt wurden, für die unteren Dienstgrade die erforderlichen Arbeitskräfte aus den in der Kolonie Ansässigen heranzubilden. Die Beamtenanwärter erhalten, je nachdem, ob es sich um Neger oder Inder handelt, eine monatliche Lehrentschädigung von 30 bis 60 sh. Die endgültige Übernahme ins Beamtenverhältnis erfolgt für die Inder mit einem * Eine mir nach der Niederschrift zugegangene private Auskunft gibt für den Besitz der Firma am 31.12. 1937 folgende Zahlen: Sisal bepflanzt unbepflanzt insgesamt Zahlen in Acres: 2.617 5.598 2.918 4.730 958 2.580

3.682 7.368 4.678 7.025 2.100 4.250

19.401 9.702 Sonstiges (Kopra, Kapok, Gemüse) und anderer Landbesitz

29.103 46.557

Hassani Sisal Estate Alavi Sisal Estate Nativi Sisal Estate Mikindani Sisal Estate Madwara Sisal Estate Kidugallo Sisal Estate

1.065 1.770 1.760 2.295 1.142 1.670

Insgesamt: ** Africa, London 1934.

280

75.660

Deutsch-

Ostafrika

Anfangsgehalt vonl37 x /2 sh; die Vergütung steigt dann in 5 Stufen bis 500 sh monatlich. Das ist ein Einkommen, das bedeutend höher liegt als die vergleichbaren, deutschen Beamten gezahlten Gehälter in der Vorkriegszeit, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß die von der Mandatsverwaltung ihren Beamten gezahlten Gehälter allgemein weit über den früheren deutschen liegen. Es wurde erwähnt, daß der Inder in der Nachkriegszeit auch zum Arbeitgeber für Weiße geworden ist, nicht zuletzt für Deutsche, eine Tatsache, die in der Vorkriegszeit wohl kaum für möglich gehalten worden wäre. Spricht sich darin bereits die gewaltige Verschiebung in der sozialen Stellung und Bedeutung des Inders aus, so liegt es auf der Hand, daß sie von der wirtschaftlichen Seite her, so wichtig dies sein mag, allein nicht zu erklären ist. Sie wäre unmöglich geblieben, wenn nicht auch dem intellektuellen Indertum Deutsch-Ostafrika zum Betätigungsfeld geworden wäre. Die Mandatsgesetzgebung stellt indische Universitätsdiplome und akademische Befähigungsbescheinigungen ohne weiteres den englischen gleich. Und dadurch vor allem waren zahlreiche indische Ärzte zur Einwanderung nach Deutsch-Ostafrika veranlaßt worden, zumal insbesondere in dem ersten Jahr der Mandatsherrschaft ein ausgesprochener Ärztemangel herrschte. Indians Abroad Directory führt für 1933 nicht weniger als 53 indische Ärzte an. Der amtliche Jahresbericht für 1936 spricht sogar von 55 assistant and subassistant surgeons allein im Gouvernementsdienst. Für das gleiche Jahr verzeichnet der Bericht 54 weiße Gouvernementsärzte. Von 50 anwesenden Privatärzten waren 1933 5 indische, und unter 15 im Jahre 1935 neu zur Privatpraxis zugelassenen Ärzten befanden sich 2 Inder. Die Zahl der Anwälte betrug 1930 nicht weniger als 37; unter ihnen waren 11 indische. Zu deutscher Zeit waren höchstens 6 bis 8 Anwälte vorhanden. Zu erwähnen wäre in diesem Zusammenhang, daß von den drei in der Kolonie erscheinenden nichtamtlichen Zeitungen zwei in Englisch und Guzerati gedruckt werden. Mit den Bestrebungen zur Schaffung eines indischen Local Service gleichgerichtet sind die Bemühungen der Verwaltung um das indische Schulwesen, dessen Kosten die Inder bis 1926 allein getragen hatten. In diesem Jahre wurde der Plan einer indischen Zentralschule in Daressalam geboren, die 1929 ins Leben trat und für die der Gouverneur Bau- und Einrichtungszuschüsse von 3000 und 2000 £- leistete. Diese Schule ist später zur Regierungsschule umgewandelt worden und bereitet in ihrer Oberklasse die Schüler bis zur LondonUniversity-Matriculation-Prüfung vor. Inzwischen sind 2 weitere indische Regierungsschulen gebildet worden. 1937 entfielen von den 90000 £ , die der Gouverneur für Unterrichtszwecke hergab, 15000 £ auf die indischen Regierungsschulen, Beihilfen an die zahlreichen indischen Privatschulen usw. Die Tatsache, daß an indischen Truppen allein 52 339 Mann (einschließlich 5403 Weißer) zur Eroberung Deutsch-Ostafrikas angesetzt waren, hat nicht wenig zur Stärkung des völkischen Selbstgefühls der Inder in ganz Ostafrika beigetragen, und wenn es noch eines weiteren Anstoßes bedurfte, um dieses 281

Die

Inderfrage

in

den

einzelnen

Ländern

Selbstgefühl in politische Forderungen auslaufen zu lassen, so war es neben der gesteigerten sozialen und wirtschaftlichen Macht des Indertums der Umstand, daß im Schutz der Rückendeckung von Indien her eine Einheitsorganisation, die Indian Association, mit dem Hauptsitz in Daressalam und Zweigstellen in allen größeren Plätzen entstand, deren 7weck die Sicherung und Förderung der Interessen der indischen Bevölkerung ist. Sie ist zusammen mit dem East African Indian Congress der Hauptträger der nationalen und politischen Aspirationen des Indertums geworden, wenn diese auch einstweilen noch nicht so weit gehen wie in Kenya, weil Ostafrika noch keine Wahlen zum Legislativrat kennt. Dieser besteht seit 1926 und setzt sich aus 13 Beamten und 12 nichtbeamteten ernannten Mitgliedern zusammen, von denen gegenwärtig 3 Inder sind. Araber, Eingeborene oder gar Deutsche umfaßt er nicht. Das Indertum hat dauernd das Überwiegen der Weißen im Rat bekämpft und eine stärkere Vertretung für sich beansprucht, bisher jedoch vergeblich. Um so schärfer und rücksichtsloser aber hat das Indertum von seiner wirtschaftlichen Macht auch gegen die Mandatsverwaltung Gebrauch gemacht, sobald seine kaufmännischen Belange bedroht schienen. 1923 sah sich die Verwaltung zu einer geringfügigen Änderung der Gewerbesteuer und ähnlicher Bestimmungen veranlaßt und verordnete im Zusammenhang damit, daß Geschäftsbücher in Englisch oder Suaheli zu führen seien, da die Mandatsbeamten die indische Sprache naturgemäß nicht beherrschen und somit Steuerhinterziehungen durch indische Händler alle Türen geöffnet waren. Nachdem die Anordnungen schon wochenlang bekannt waren, legten die Händler Ende März schärfste Verwahrung gegen sie ein. Ob sie die Anordnungen mißverstanden hatten oder ob böser Wille vorlag, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls prophezeiten die Protestierenden massenweise Konkurse und ein wirtschaftliches Durcheinander, wenn die Verordnungen nicht zurückgezogen würden. Alle Bemühungen der englischen Beamten, ihre Notwendigkeit darzulegen, prallten an der entschlossenen Haltung der Inder ab, und, um ihren Willen durchzusetzen, schlössen sie am 1. April im ganzen Lande ihre Läden, um sie erst Mitte Mai wieder zu öffnen. Die Verordnungen verschwanden in ihren wesentlichen Punkten, und die Inder konnten sich rühmen, der Verwaltung durch einen Streik ihren Willen aufgezwungen zu haben. Ein ähnlicher Vorfall spielte sich 1937 ab. Im September dieses Jahres veröffentlichte der Gouverneur die Native Produce (Control and Marketing) Bill, deren Zweck die Förderung der Eingeborenenkultur und die Regelung der Preise für eingeborenen Kaffee war. Diese Materien waren bisher im wesentlichen von den eingeborenen Selbstverwaltungskörperschaften erfaßt worden, aber im Hinblick auf die Wichtigkeit der Angelegenheit und die Schwierigkeiten, die sich bei der Überwachung ergeben hatten, beabsichtigte der Gouverneur, sie zentral zu regeln. Da es wahrscheinlich schien, daß früher oder später die Ausdehnung der Überwachung auf gewisse andere Eingeborenenerzeugnisse, wie vor allem Tabak im Süden und möglicherweise auch Häute und Felle, 282

Kenya

nötig sein würde, sah die Bill vor, daß die Kontrolle auf jedes Erzeugnis ausgedehnt werden konnte, auf das sie der Gouverneur mit Zustimmung des Legislativen Rates anzuwenden für gut befinden mochte. Die Anordnungen der Bill verursachten eine gewaltige Erregung unter der indischen Händlerschaft, die in ihr eine Gefahr für ihre eigenen Interessen sah und zu glauben schien, daß der Gouverneur tatsächlich beabsichtige, sie bald auf alle Eingeborenenerzeugnisse anzuwenden. Protestversammlungen wurden abgehalten, und eine Massenversammlung in Daressalam faßte eine Reihe von Beschlüssen, die auf Veranlassung der Indian Association auch dem Kolonialstaatssekretär und sogar dem Generalsekretär des Völkerbundes übersandt wurden. Angesichts dieses Drucks entschloß sich der Gouverneur, die Bill zurückzuziehen und sie durch eine solche zu ersetzen, die sich ausschließlich auf den eingeborenen Kaffee beschränkte.

3.

Kenya

Kenya, seit 1890 unter der Bezeichnung Britisch-Ostafrika englisches Protektorat und erst 1920 unter dem jetzigen Namen Kronkolonie geworden, kann mit einem gewissen Recht als der mittelafrikanische Brückenkopf für das westliche Indien angesehen werden. Es ist bekannt, daß Vasco da Gama hier in Mombassa und Malindi schon Inder antraf, wenn deren Zahl auch nach dem, was aus späterer Zeit über das Land bekannt geworden ist, wohl nur sehr gering gewesen sein wird. Aber auch nach der 1837 erfolgten endgültigen Besetzung Mombassas durch Seyyid Said bin Sultan von Sansibar-Maskat wird ihre Zahl kaum nennenswert gewesen sein, weil bei der geringen Breite des fruchtbaren Küstengürtels, hinter dem sich dann die steppen- und wüstenhafte, nahezu menschenleere Nyika weitete, ein nennenswerter Handel kaum vorhanden war und aus gleichen Gründen der Sklavenhandel, in dem um diese Zeit die Inder auf Sansibar eine so bedeutende Rolle spielten, nur ein sehr knappes, wenn überhaupt ein Betätigungsfeld fand, zumal das reichere südlich gelegene Usambara im späteren Deutsch-Ostafrika unter Kimweri sich eine weitgehende Unabhängigkeit bewahrt hatte. Erst das Ende des 19. Jahrhunderts brachte insoweit einen Wandel, als die Befriedung des Landes zum Teil mit indischen Truppen vorgenommen worden war und der 1896 begonnene Bau der Ugandabahn Mombassa-Viktoriasee zur Einfuhr indischer Bauarbeiter genötigt hatte, weil im Lande selbst einfach keine Arbeitskräfte vorhanden waren. Von 1896—1902 sind auf diese Weise insgesamt 35 700 indische Kulis nach Kenya gekommen, von denen ein Teil auf die Rückkehr in die Heimat verzichtete, um im Dienst der Bahn, als Händler, Handwerker usw. im Lande zu bleiben. England selbst hat Ostafrika obendrein bis fast zum Kriegsausbruch immer überwiegend durch die indisch gefärbte Brille betrachtet. Weitgehend galt indisches Recht, das indische Miinzsystem herrschte bis 1907, 283

Die

Inderfrage

in den

einzelnen

Ländern

in Sansibar uneingeschränkt bis kurz vor Kriegsausbruch und modifiziert bis vor einigen Jahren, all das eine Folge einerseits der traditionellen ostafrikanisch-indischen Wirtschaftsbeziehungen, andererseits der Tatsache, daß das politische Eingreifen Englands im östlichen Afrika lediglich aus dem indischen Sektor her veranlaßt war, wo ein lebhaftes Interesse zunächst an Maskat wie später an seiner Ausdehnung nach Sansibar bestand. Es ist kennzeichnend, daß die 1841 in Sansibar verfügte Einsetzung eines Konsuls englischer Nationalität zunächst in seiner Eigenschaft als Agent der Britisch-Ostindischen Gesellschaft erfolgte und daß er erst einige Jahre später gleichzeitig zum Vertreter Englands ernannt wurde. Wenn die Verwaltung Kenyas ebenso wie die der Ugandabahn sich im Anfang für den unteren und mittleren Dienst ausschließlich der Inder bediente, so entsprach das dem historisch Gewordenen ebenso wie der Tatsache, daß die Eingeborenen und Araber hierfür wenigstens zunächst völlig ungeeignet waren. Solcher uneuropäischen Betrachtung Ostafrikas lagen ferner Einstellungen zugrunde, wie der von Sir John Kirk, dem langjährigen Vertreter Englands auf Sansibar und späteren Vorsitzenden des Ausschusses zum Bau der Ugandabahn, der noch 1910 vor dem englischen Parlamentsausschuß zur Untersuchung der indischen Auswanderung ernsthaft die These vertrat, England könne Ostafrika getrost aufgeben, wenn der Inder nicht mehr dort wäre, oder der von Sir Harry Johnston, der in Ostafrika geradezu das Amerika Indiens sehen wollte. Es wird im weiteren Verlauf zu zeigen sein, wie solche Auffassungen ungewollt zu Stützen der indischen politischen Ansprüche vor allem in Kenya wurden. Als die 940 km lange Bahn Ende 1901 bei Kisumu den Viktoriasee erreichte, war die Lage der Kolonie eigentümlich genug: 5,3 Millionen £ waren für den Bau ausgegeben, aber jeder Zug, der über die Strecke lief, brachte nicht nur keine Einnahmen, sondern verschlang bei der Eigenart des Landes, in dem auf Hunderte von Kilometern die Gleise menschenleeres und zum Teil völlig unfruchtbares Gebiet durchschnitten, riesige Unkosten. Noch im Finanzjahr 1903/04, also zu einer Zeit, als das neu gegründete Nairobi schon seit mehr als 4 Jahren Bahnverbindung mit der Küste hatte, bedurfte sie trotz aller Einschränkung noch einen Jahreszuschuß von 60000 £ , weil einfach nichts an Erzeugnissen im Lande vorhanden war, was die Beförderung gelohnt hätte. Ihm schien keine andere Bedeutung bestimmt zu sein als die eines freilich gewaltigen Wildparks. Somit war es verständlich, wenn ein tüchtiger Gouverneur alle Hebel in Bewegung setzte, um das tote Land mit Leben zu erfüllen und die in den malariafreien Zentralhochländern beiderseits des großen ostafrikanischen Grabens vorhandenen ertragfähigen Böden einer geregelten Acker- und Viehwirtschaft zuzuführen. Weiße Ansiedler tröpfelten auch aus dem geographisch und klimatisch ähnlichen Südafrika in die Hochländer, aber angesichts der Riesenflächen bedeuteten sie nichts. So kam man auf die sonderbarsten Pläne: Jahrelang kam der Gedanke der Schaffung eines zioni284

K cn ya

stischen Staates auf dem Uasin-Gischu-Plateau nicht zur Ruhe, Johnston wollte Tausende von englischen Arbeitslosen in Kenya ansiedeln, finnische Bauern sollten hier eine Heimstätte finden usw. In dieser Zeit wären unzweifelhaft auch indische Siedler willkommen gewesen, und der stellvertretende Gouverneur ging 1902 so weit, zu erklären, es sei keinerlei Unterscheidung zwischen Weißen und Indern hinsichtlich der Zuteilung von Land- und Minenrechten beabsichtigt. Im Grunde kam man aber kaum weiter, und das endliche Ergebnis war, daß fast umsonst riesige Latifundien an einzelne Weiße und europäische Gesellschaften vergeben waren, die jedoch meistens ungenutzt blieben und lediglich Spekulationsgegenstände darstellten. Indische landwirtschaftliche Ansiedlungen waren nur in kleinem Maßstab bei Kibos unweit des Viktoriasees entstanden, aber im übrigen zogen die Inder es vor, sich als Händler in den nach und nach längs der Bahn entstehenden städtischen Siedlungen niederzulassen, soweit sie nicht im Bauwesen, bei der Bahn und in der Verwaltung Unterkunft fanden. In einer Hinsicht geschah allerdings in dieser Zeit etwas zur Zurückdrängung des Indertums: Die Bahnverwaltung, deren Ziel darauf gerichtet war, alle Materialien und Inventaríen bis hinauf zum Eisenbahnwagen in eigener Regie herzustellen, und die im Anfang, abgesehen von leitenden Ingenieuren und den höchsten Verwaltungsbeamten, nur Inder beschäftigt hatte, begann schon um 1906 mit der lehrlingsmäßigen Ausbildung eingeborener Handwerker, für die die Kosten sich nur auf die Hälfte der für Inder stellten, und zwar mit solchem Erfolg, daß sie nach und nach größere Mengen von indischen Arbeitern abstoßen konnte. Die weitherzige und zum Teil skrupellose Landabgabe an Weiße hatte zahlreiche arbeitsunwillige und nur auf Spekulation ausgerichtete Europäer ins Land gebracht, so daß der Gouverneur 1906 durch Prohibitivmaßnahmen ihre Einwanderung erschweren mußte. Bis 1910 stieg die Zahl der in den Hochländern lebenden Weißen außerhalb der Stadt Nairobi auf höchstens 900 bis 1000, und die Zahl der hier farmenden Selbständigen betrug nur etwa 400 bis 500. In welchem Maß die Farmen tatsächlich genutzt waren, ist unbekannt, da keinerlei Statistiken für diese Zeit vorliegen. Für landwirtschaftliche Zwecke wurden in den Hochländern während der Jahre 1905 bis 1909 nur 88 786 Acres an Weiße abgegeben, zur Viehzucht aber fast 1,5 Millionen Acres. Einer intensiven landwirtschaftlichen Nutzung stand anfangs allerdings ein uniiberwindbar scheinender Arbeitermangel gegenüber, der so groß war, daß der Gouverneur noch 1908 in einem Bericht an den Londoner Kolonialstaatssekretär schrieb: " I see no help .. . but to obtain labour from India." Die immer größer werdende indische Gemeinschaft zeigte nicht die geringste Neigung zur landwirtschaftlichen Betätigung, wenn auch die auf etwa 600 Acres bei Kibos angesetzten wenigen Familien ihren Zweck, den Märkten an der Ugandabahn eine sichere und gute Versorgung zu gewährleisten, erfüllten. Die Ansiedlung hat sich später ausgedehnt und den Rohrzuckeranbau aufgenommen. Es wird auf sie zurückzukommen sein.

285

Die

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in

den

einzelnen

Ländern

Die wirtschaftliche Entwicklung des Protektorats machte auch weiterhin nur äußerst langsame Fortschritte. So stiegen die Ausfuhren an Eigenerzeugnissen, unter denen kennzeichnenderweise Häute und Felle aus der eingeborenen Wirtschaft den ersten Platz einnahmen, in den Jahren 1896 bis 1913 von 74000 £ auf nur 444000 £-, und trotz der großen staatlichen Investitionen war es im wesentlichen doch nur der Durchgangshandel von und nach Uganda und dem nördlichen Deutsch-Ostafrika, der das Bild etwas erfreulicher gestaltete. Erst der Weltkrieg und seine Folgen ließen Kenya den Kinderschuhen entwachsen. Die Entwicklung der weißen und indischen Bevölkerung zeigt folgendes Bild: Jahr Inder Europäer 1911 10651 3175 1921 22822 9651 1926 26759 12529 1931 39644 16812 1937 42 368 19211' Wie wenig bodenständig die indische Bevölkerung hier ist, geht aus den nachstehenden Ein- und Auswanderungsziffern für den praktisch einzig in Betracht kommenden Hafen Mombassa hervor, über den allerdings auch ein Teil der Wanderung von und nach Uganda und den Seegebieten Deutsch-Ostafrikas geht: Jahr Einwandernde Inder Auswandernde: Inder 1928 9580 7 227 1929 11768 7 795 1930 11844 12 045 1931 9629 13153 1932 7 799 10654 1933 7 776 9644 1934 10364 8857 Die letzte systematische Zählung, nämlich die für 1931, gibt die Berufe der 17 749 erwachsenen männlichen Inder für die Hauptbetätigungsgebiete folgendermaßen an: im Handel in der Landwirtschaft im häuslichen Dienst im Verwaltungsdienst im Eisenbahndienst

9868 120 675 780 1670

Der Rest entfiel auf die immerhin zahlreichen Handwerker, freien Berufe, Erwerbsunfähige usw. * Geschätzte Zahl.

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Kenya

Dem Geschlecht nach wurden 1931 25808 Männliche und 13836 Weibliche gezählt, so daß also auch hier das für die übrigen ostafrikanischen Gebiete festzustellende spezifisch Koloniale im Indertum in dem Frauenmangel zum Ausdruck kommt. Von den Männern waren 38 länger als 50 Jahre im Lande, 790 zwischen 21 und 25 Jahren und 3612 zwischen 6 und 10 Jahren. Von allen Indern waren nur 13095 in Kenya, aber 25 590 in Indien, vor allem in dessen westlichen Teilen, geboren. Welche Anziehungskraft die Handelsmöglichkeiten der Städte auch hier auf den Inder ausüben, ergibt sich daraus, daß gegenwärtig in den Städten etwa 80 v. H. aller Inder wohnen. Allein in den vier mit Stadtrechten ausgestatteten Kommunen gestaltet sich das Bild für 1937 (mit Ausnahme Mombassas) so: Weiße Asiaten Inder Eingeborene Nairobi 6000 — 38000 17 300 — Mombassa (1931) 1 215 12 039 35 388 — Eldoret 372 976 2 200 — Nakuru 650 1090 3150 Wo, wie in Nairobi, Eldoret und Nakuru, eine Aufteilung der Asiaten nicht vorgenommen ist, handelt es sich überwiegend um Inder, da die wenigen Goanesen und Araber keine Rolle spielen. Die Technik des indischen Handels ist auf dem mittelafrikanischen Festland überall fast die gleiche, und deshalb gilt das hier darüber zu Sagende mit geringen Abweichungen auch für die benachbarten Gebiete. Der letzte Kleinhandelsverkehr mit den Eingeborenen strahlt von zahlreichen über das ganze Land verstreuten, meistens kümmerlichen indischen Läden aus, Niederlassungen entweder größerer Firmen oder selbständigen, meistens auf Kredit errichteten Unternehmen. Sie sind in entlegenen und weniger erschlossenen Landesteilen aber nicht nur Verkaufs-, sondern auch Aufkaufsstellen für eingeborene Erzeugnisse in dem Maß, daß viele von ihnen wiederum zahlreiche kleine eingeborene Agenten an der Hand haben, die im Innern von Ostafrika unter dem Namen Wachuruzi bekannt sind und die beim Inder geringe Warenmengen an Stoffen usw. wiederum auf Kredit entnehmen, um sie entweder bar oder in Landeserzeugnissen abzudecken, wenn auch häufig erst nach Jahren. Gegenüber den an Buchführung gewöhnten Indern ist der Eingeborene, der in der großen Masse nicht lesen und schreiben kann, von vornherein natürlich im Nachteil, und wenn auch zuzugeben ist, daß die gekennzeichnete Art der Geschäftsführung des Inders sehr viel Risiken für ihn birgt, weil es im Falle von Böswilligkeit des Schuldners schwer ist, ihn zu belangen, so lassen Geduld, Geschäftstüchtigkeit und das Genügen an pfennigweisem Verdienen den Inder im ganzen doch zu seinem Vorteil gelangen, wobei letzten Endes natürlich der Eingeborene der Leidtragende ist. So entsinne ich mich aus der Zeit des Gummibooms von 1910. daß die indischen Händler ihren schwarzen Aufkäufern bei der Abrechnung das Frasilah ( = 35 lbs.) Gummi nach wie vor nur mit dem 287

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längst überholten Preis von 50 Rupien anrechneten, während der tatsächliche Aufkaufswert damals bei etwa 80 Rupien lag. Solche Erfahrungen sind es gewesen, die nach und nach besonders nach dem Weltkriege die ostafrikanischen Verwaltungen zu den Versuchen einer Preisregelung gebracht haben, über deren Erfolge und Mißerfolge an geeigneter Stelle Näheres gesagt ist. In der gekennzeichneten Organisation des Handels liegt eine Macht des Indertums, die die Händler zur Faust an der Gurgel werden läßt, sobald es sich, was gelegentlich auch in Kenya geschehen ist, zum Händlerstreik entschließt, weil fast nichts, was der Eingeborene an Stoffen, Salz, Zündhölzern, Petroleum, Zucker, Zigaretten usw. braucht, ohne den Inder erlangbar ist und das gleiche in vielen Gegenden des platten Landes auch für den weißen Verbraucher gilt. Als Landwirt spielt der Inder keine Rolle in Kenya. Die Anlagen bei Kibos sind allmählich ins Plantagenmäßige gewachsen und bringen jährlich angeblich an 30 000 Tonnen Zucker hervor. Der Gesamtumfang dieser Anlagen wird auf 17 000 Acres veranschlagt. Im Küstengebiet verfügen Inder über fast 24 000 Acres, ohne daß dieser Besitz sonderlich in Erscheinung tritt. Einen erheblichen Einfluß gewannen die Inder als Beamte und Angestellte im Verwaltungs-, Kommunal- und Verkehrsdienst. Nach dem Bericht der zur Prüfung der finanziellen Verhältnisse der Kolonie vom Kolonialstaatssekretär eingesetzten Kommission (1936) waren 1935 einschließlich Militär, Polizei und Post, aber ausschließlich der Eisenbahn neben 1299 weißen Beamten 1220 asiatische, also außer einigen Goanesen vor allem indische, vorhanden, wenn auch ausschließlich in untergeordneten Stellungen. 870 von ihnen waren in pensionsberechtigenden Stellungen, ein Anrecht, das im allgemeinen nach drei Jahren Dienst auflebt. Aus Ersparnisgründen ging die Verwaltung 1935 daran, sowohl weiße wie asiatische Beamtenanwärter aus den einheimischen Kreisen im sogenannten european und asiatic local civil Service heranzubilden, eine Maßnahme, die scharfen Widerspruch der Inder erweckte, weil sie auch hier grundsätzlich eine Differenzierung zwischen weißen und indischen Beamten ablehnten und einen gleichgeordneten Einheitsdienst verlangten. Die Vergütung für europäische Anwärter beträgt jährlich 60—120 £ , für indische 30—72 £ , während die auf diese Weise Herangebildeten im ersteren Falle auf 500 £ , im letzteren auf 408 £ steigen können. Ein Gegensatz zwischen Weißen und Indern war bis zum Ausbruch des Weltkrieges kaum in Erscheinung getreten, obgleich schon 1901 eine Indian Association für Kenya gegründet worden war. Der soziale Abstand zwischen Weißen und der überwiegenden Zahl der Inder war zu dieser Zeit doch noch zu groß, als daß Berührungsflächen politischer, wirtschaftlicher und sonstiger Art in Betracht kommen konnten. Erst 1913 gab ein Vorfall den Auftakt für die schweren Auseinandersetzungen nach dem Kriege. Der vom Kolonialstaatssekretär mit der Untersuchung der Gesundheitsverhältnisse in Kenya beauftragte Professor Simpson kritisierte die sanitäre Lage in den Städten und emp288

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fahl ein Segregationssystem, das besondere Viertel für Weiße, Inder und Eingeborene schaffen sollte. Die indische Gemeinschaft sah in solchen von den Weißen auf das lebhafteste begrüßten Plänen den Versuch ihrer rassenmäßigen Diskriminierung und arbeitete scharf ebenso gegen die Simpsonvorschläge wie auch gegen die in deren Verfolg notgedrungen zur Sprache kommende Einschränkung der indischen Einwanderung. Der Ausbruch des Weltkrieges brachte den Streit zunächst zur Ruhe. Daß die Regierung von Indien den Simpsonbericht aber benutzte, um unter Hinweis auf die alten historischen Beziehungen zwischen Ostafrika und Indien das Londoner Kolonialamt vor einer Behandlung ihrer Untertanen zu warnen, die sie schlechter zu stellen geeignet sei als andere englische Staatsangehörige, ließ ebenso die folgenden Kämpfe ahnen wie die in dieser Warnung angedeutete Verantwortung der Londoner Zentrale für alle Vorgänge in Ostafrika. Der Krieg verschob die bisherigen Grundlagen des Nebeneinander von Weißen und Indern völlig. Zunächst einmal stärkte er das Selbstbewußtsein der weißen Ansiedler, deren überwältigende Zahl in Deutsch-Ostafrika geblutet hatte und die noch während des Krieges Garantien für eine stärkere Beteiligung an der Regierung der Kolonie durch die Einräumung des Rechts zur Wahl zu dem neu zu bildenden Legislativrat erhalten hatten. Solchem Selbstbewußtsein gegenüber mußte jeder Versuch der Inder, gleiche Rechte mit ihnen hinsichtlich öffentlicher Wahlen, Landerwerb, ungehinderter Einwanderung usw. zu erlangen, wie ein rotes Tuch wirken. Auf der anderen Seite war aber auch die politische und wirtschaftliche Stoßkraft der Inder ins Gewaltige gewachsen. Kenya war Aufmarschgebiet gegen Deutsch-Ostafrika gewesen, und der Hauptverdiener, in dessen Kassen letzten Endes die riesigen Truppen- und Trägerbesoldungen wieder zusammenflössen, war der indische Kaufmann. Von einer aktiven Beteiligung am Kriege konnte bei der unkriegerischen Veranlagung der Inder unmöglich die Rede sein. Kein Wunder, wenn bei so günstiger Konjunktur die politischen Ansprüche wuchsen, zumal die inzwischen immer gewichtiger gewordene indische Regierung fast ohne Einschränkung die Partei ihrer ostafrikanischen Untertanen ergriff und sich in London immer wieder für sie einsetzte. Bereits auf der Reichskonferenz von 1917 hatte der indische Delegierte die uneingeschränkte Offenhaltung der in Ostafrika zu erobernden feindlichen Gebiete für indische Betätigung gefordert, nachdem Harry Johnston schon 1915 nicht mehr und nicht weniger vorgeschlagen hatte, als die Hergabe Deutsch-Ostafrikas an Indien als Belohnung für dessen Kriegsdienste. Diesen Plan hatte man in Indien unter Führung Gandhis nur deshalb abgelehnt, weil man fürchtete, sich mit seiner Annahme die Geltendmachung weitergehender Forderungen zu verbauen. Daß die Kenya-Inder aber weiterhin solchen und ähnlichen Plänen zuneigten, geht aus einem Beschluß des im November 1919 in Nairobi tagenden East Africa Indian Congress hervor, durch den der Völkerbund ersucht wurde, Deutsch-Ostafrika einer Besiedlung durch Inder vorzubehalten. 19

Afrika XVIII : Sarstedt u. v. Werder

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Das Londoner Kolonialamt geriet in diesem Gegeneinander immer mehr zwischen zwei Stühle, denn wenn die indische Regierung geneigt war, das Kolonialamt für alles verantwortlich zu machen, was in Kenya vorging, hatte dieses seine eigenen Einwirkungsmöglichkeiten in dem Augenblick beschränkt, als es sich entschloß, der Kolonie ein wenn auch beschränktes Recht zur Eigenentscheidung durch Einführung eines weißen Wahlrechts zum Legislativrat zu gewähren. Wie fest die indische Regierung dagegen blieb, geht aus einer Erklärung von 1920 hervor, in der es heißt: „Die Regierung kann und will nicht auf ihre Verantwortung für das Wohlergehen der Inder in Ostafrika verzichten." Mittlerweile hatte die Kenya Economic Commission 1919 ein Urteil über die Inder abgegeben, das Wasser auf die Mühle der weißen Ansprüche darstellte. Es hieß in diesem Urteil: „Der Inder hat bei seiner notorischen Gleichgültigkeit gegen Sauberkeit und Hygiene einen unerfreulichen Einfluß. In dieser Hinsicht ist der Afrikaner, der von Haus aus sauber ist, der Zivilisiertere. Der moralische Tiefstand des Inders verwüstet den Eingeborenen, und seine Anwesenheit in Kenya ist ein Hemmnis für die moralische und physische Wohlfahrt und den wirtschaftlichen Fortschritt des Landes." Soweit dieses Urteil die hygienische Seite des Inderproblems berührt, wird es den tatsächlichen Verhältnissen kaum ungerecht, da die indischen Einwanderer überwiegend aus den untersten Schichten kommen. Allgemeiner weißer Auffassung und darüber hinaus auch wohl der Araber und eines großen Teils der höher stehenden Eingeborenen entsprach es zweifellos. Noch 1937 entfielen auf 1000 Europäer in Kenya nur 6,99 Todesfälle, auf die Asiaten (Inder + etwa 13 000 Araber + 4000 Goanesen) aber nicht weniger als 16,47. Die ungeschminkten Feststellungen des Berichts, der letzten Endes als Heilmittel die Eindämmung oder gar Verhinderung der Indereinwanderung empfahl, mußten aber auf die Inder um so verletzender wirken, als der Gouverneur im gleichen Jahr trotz ablehnender Haltung des Kolonialstaatssekretärs gegen die gekennzeichneten Teile des Berichts feststellte, für die Verwaltung müßten die Interessen der Weißen bei aller Würdigung der indischen ausschlaggebend bleiben. Dazu kam, daß mit Kriegsende die Verwaltung begann, mit allen Mitteln größere Zahlen weißer Ansiedler, besonders Kriegsveteranen, ins Land zu ziehen, eine Maßnahme, die die Inder weitgehend als gegen sich gerichtet betrachteten. Ihre Befürchtungen waren zweifellos insofern nicht von der Hand zu weisen, als eine Steigerung der Zahl der Weißen zur Folge haben mußte, daß das Streben nach Selbstverwaltung, also nach Lockerung der Bindungen an das Kolonialamt, sich verstärkte, eine Möglichkeit, die die indische Regierung schon 1908 in einem Bericht angedeutet hatte: „Es sind schon Befürchtungen ausgesprochen worden, daß, wenn dem Lande tatsächlich Selbstverwaltung gegeben wird, der Gegensatz zwischen den weißen Ansiedlern und den Indern Probleme aufrollt, die ähnlich denen sind, die sich bedauerlicherweise in Südafrika abwickeln." 290

Kenya

Die Londoner Regierung war lange Zeit geneigt, angesichts der zahlreichen Schwierigkeiten, die ihr der Krieg im Verhältnis zu Indien geschaffen hatte, die weißen Interessen in Kenya dem viel wichtigeren Gesichtspunkt der Erhaltung einer guten Stimmung in Indien zu opfern, wobei sie bei dem ewigen Wechsel der Kolonialstaatssekretäre nach dem Kriege allerdings einen dauernden Mangel an Zielbewußtsein und gerader Linie verriet. So nahmen die Ansiedler unter der Führung von Männern wie Lord Delamere und Grogan die Dinge mehr und mehr selbst in die Hand, wobei sie sich auf den einhelligen Willen aller Weißen in Kenya stützen konnten, nie und nimmer eine Gleichberechtigung zwischen Weißen und Indern zu dulden und zumindest den moralischen Rückhalt der Südafrikanischen Union besaßen, die in Kenya mehr und mehr das nördlichste Glied ihres Hinterlandes sah und infolgedessen 1921 auf der Reichskonferenz gegenüber einem den allgemeinen Gleichberechtigungswünschen der Inder weit entgegenkommenden Beschluß durch Smuts hatte erklären lassen, ihre Verhältnisse verböten ihr derartige Experimente, da sie das einzige Dominium sei, in dem Inder überhaupt zahlenmäßig eine Rolle spielten. Der endliche Zusammenprall zwischen Weißen und Indern war nur der sichtbare Ausdruck eines nach außen kaum in Erscheinung tretenden Kampfes zwischen London und der indischen Regierung, bei der jenes zweifellos nachgegeben hätte, wenn das nicht auch gleichzeitig den Kampf gegen die Südafrikanische Union bedeutet haben würde, denn auf der Reichskonferenz von 1923 erklärte Smuts als deren Vertreter klar und eindeutig abschließend, Südafrika stehe voll hinter den weißen Kenyasiedlern. Der scharfe Kampf, der die Jahre 1919—23 für Kenya kennzeichnet und alles andere Geschehen in den Hintergrund drängte, braucht im einzelnen nicht dargestellt zu werden, da in diesem Rahmen nur seine Folgen für das Indertum interessieren*. Wie ernst die Weißen die Dinge nahmen, geht daraus hervor, daß eine von ihnen geschaffene, das ganze Land umfassende Geheimorganisation bereit war, unter dem Motto: „Für König und Kenya!" den Kampf gleichzeitig gegen die Inder und das Londoner Kolonialamt auch mit der Waffe aufzunehmen, indem sie mit ihren Vertrauensleuten schlagartig die Verkehrsmittel und Verwaltungsstellen besetzen, den Gouverneur gefangennehmen und sämtliche Inder zwangsweise zur Küste deportieren wollten. Angesichts solchen Drucks hatten die Inder eine Delegation an den Vizekönig von Indien geschickt und sich dessen Beistand gesichert. Die Vertretung ihrer Ansprüche übernahm der indische Politiker Sastri, obgleich er die Verhältnisse in Kenya aus eigenem Wissen nicht kannte. Es handelte sich ja aber für die Inder bereits nicht mehr nur um die brennenden Lokalfragen, als vielmehr um die grundsätzliche Beseitigung jeder Möglichkeit einer rassemäßigen Differenzierung zwischen ihnen und den Weißen, eine Forderung, zu der sie sich angesichts ihrer wirtschaftlichen und * Die ausführlichste und zuverlässigste Darstellung bei Huxley, The Making of Kenya, eine kritische bei Hancock, Problems of Nalionality, 1918—1936, schließlich deutsch eine Zusammenfassung bei Karstedt, Englands afrikanisches Imperium. 19*

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zahlenmäßigen Bedeutung und der von England und Indien immer wieder gegebenen Zusicherungen und Versprechungen um so mehr berechtigt glaubten, als sie bei allem das Gewicht der einheitlichen Auffassung von indischer Regierung und indischem Nationalkongreß auf ihrer Seite wußten. Aber gerade dadurch kam von vornherein eine falsche Note in ihre Ansprüche, denn sie forderten manches, was praktisch für sie ohne jede Bedeutung war. Einer der HauptzündstofTe war der indische Anspruch, in den fieberfreien und gesunden Hochländern Kenyas in demselben Maß wie Weiße Land erwerben zu dürfen. Im Gegensatz zu der erwähnten Erklärung von 1902 hatte schon von 1906 ab unter dem Druck der weißen Ansiedler die Verwaltung praktisch Landabgaben an Inder verhindert, und der Kolonialstaatssekretär hatte dieses Verfahren zwei Jahre später ausdrücklich gebilligt, indem er feststellte, daß zwar gesetzlich kein Teil der Bevölkerung irgendwelchen Sonderbeschränkungen unterworfen werden sollte, daß es aber aus administrativen Zweckmäßigkeitsgründen angebracht sei, in den Hochländern keine Landzuteilungen an Asiaten zu genehmigen. Die grundlegende Regelung der Landfrage von 1915 vertrat den gleichen Gedanken und bestimmte obendrein, daß Besitzwechsel zwischen Angehörigen verschiedener Rassen nur mit Genehmigung des Gouverneurs gültig sei. Diese von den Indern und der indischen Regierung ständig mit dem Hinweis bekämpfte Maßnahme, die Inder seien bereits von so vielen Gebieten des britischen Imperiums ausgeschlossen, daß es verletzend und ungerecht sei, ihnen gerade in dem mit Indien traditionell so eng verbundenen Kenya Hemmnisse in den Weg zu legen, war jedoch Grundlage aller Landpolitik geblieben. Seitens der Inder waren die gegenteiligen Forderungen unzweifelhaft unehrlich, aus dem einfachen Grunde, weil sie überhaupt keine landwirtschaftlichen Neigungen gezeigt hatten und auch zu Zeiten, wo sie noch die Möglichkeit besaßen, in den Hochländern Land zu erwerben, davon außerhalb der Städte niemals Gebrauch gemacht hatten. Gleichwohl bildete die Hochlandsfrage einen der leidenschaftlich vertretenen Anklagepunkte, so daß der Verdacht nicht von der Hand zu weisen ist, daß es dem Indertum weniger auf Gewinnung eigenen Siedlungsgebiets ankam als auf spekulative Möglichkeiten, die ihnen so lange verschlossen blieben, als der Gouverneur mit Sicherheit jeden Übergang von Land aus weißer in indische Hand beispielsweise im Falle des Konkurses des bisherigen Eigentümers ablehnen würde. Zugute ist den Indern allerdings zu halten, daß vor ihren Augen sich eine wahnwitzige und gewinnbringende weiße Landspekulation abspielte, von der sie, wenn auch nicht gesetzlich, so doch praktisch ausgeschlossen blieben. Ein weiterer ebenso heftig umkämpfter Streitpunkt war die Trennung der Siedlungsviertel der einzelnen Rassen in den Ortschaften, die örtliche Segregation. Das galt ganz besonders für Orte wie das immer mehr wachsende Nairobi und Nakuru. Bei dem unbestreitbaren hygienischen Tiefstand der überwiegenden Masse der Inder war die allmähliche Trennung eine selbstverständliche Abwehrmaßnahme, zumal es die indische Einwanderung gewesen war, die 292

Kenya

Plätze wie Nairobi und Kisumu immer wieder zu Herden solcher Schmutzkrankheiten wie der Pest hatten werden lassen, und die Frage um so brennender wurde, je mehr sich der weiße Nachwuchs an solchen Plätzen vermehrte und insonderheit Nairobi TrelT- und Ausgangspunkt eines lebhaften überseeischen Fremdenverkehrs wurde. Bis 1912 indessen hatte die Verwaltung insoweit nicht viel unternommen, dann aber nach und nach bestimmte städtische Grundstücke aus ihrem Besitz weißen Käufern vorbehalten und durchweg den Erwerbern das vertragliche Gebot auferlegt, sie nicht an Nichtweiße weiter zu veräußern. Auf diese Weise wurde allmählich eine Segregation eingeleitet, die wiederum von den Indern weniger aus praktischen Gründen als aus dem grundsätzlichen Anspruch auf Unterlassung aller rassenmäßigen Unterscheidungen auf das heftigste bekämpft wurde. Ein dritter Kampfgegenstand war die indische Einwanderung, die das weiße Element am liebsten ganz unterbunden hätte, deren schärfste Überwachung sie mindestens aber so lange forderte, als das Wunschziel unerreichbar blieb. Daß hierin aber ein Nachgeben der Inder nicht erreichbar war, mußte begreiflich sein nach allen Versprechungen, die ihnen seit dem Übergang Indiens auf die englische Krone und insonderheit während und nach dem Weltkriege immer wieder auf den Reichskonferenzen usw. gemacht waren. Sie konnten sich überdies auf die bereits erwähnten Zeugnisse weißer Sachverständiger wie Kirk und Johnston berufen und manche guten Argumente gerade aus ihrer Handelstätigkeit ins Feld führen, denn schließlich waren letzten Endes sie es gewesen, die durch ihre Handelsorganisation die Eingeborenen an Bedürfnisse gewöhnt und sie dadurch arbeitswillig und zugleich kaufkräftig gemacht hatten. Aber alle diese Dinge, so wichtig sie waren, blieben letzten Endes untergeordnet der größeren, schon seit 1915 akut gewordenen Frage des Wahlrechts zum Legislativrat. Der in Kenya entwickelte hochindividualistische Typ des weißen Ansiedlers, der sich als Pionier des weißen Gedankens fühlt, handelte, wenn auch vielfach in den etwas primitiven und engstirnigen kolonialen Formen, so doch folgerichtig im englischen Geist, wenn er nach den vielen Opfern, die er an Blut im Weltkriege gebracht hatte — von 3145 erwachsenen männlichen Weißen hatten 1987 durchweg freiwillig in militärischen Formationen gestanden —, eine stärkere und einflußreichere Beteiligung an der Regierung der Kolonie verlangte. 1919/20 allein hatte er 3 Millionen £ in Landankäufen neu angelegt, fühlte sich als Pionierträger des Gedankens eines weißen Ostafrika auf derselben Ebene kämpfend wie etwa der Südafrikaner für ein Ideal, das für einen Anspruch des im Verhältnis zu ihm durchweg unmännlichen und kulturell tieferstehenden Inders auf Gleichheit und politische Gleichberechtigung keinen Raum ließ. Richtiges und Falsches lief dabei durcheinander, Richtiges insoweit, als er trotz der gegenteiligen indischen Behauptung der Meistleistende zum finanziellen Eigenaufkommen der Kolonie war, er die Lasten des Krieges getragen hatte, er sich als der zivilisatorisch Überlegenere 293

Die Inderfrage

in den einzelnen

Ländern

fühlen durfte. Falsches aber in der Richtung, als von den 3 Millionen Eingeborenen überhaupt nicht die Rede war, die Kolonie obendrein ohne die finanzielle Hilfe des Mutterlandes wirtschaftlich lebensunfähig blieb und unter solchen Umständen den heimischen Instanzen unmöglich die Gestaltung des Landes entwunden und ein paar tausend Weißen unter deren ausschließlicher Verantwortung überlassen bleiben konnte. Keine zentrale Verwaltung konnte sich darauf beschränken, immer nur Zuschüsse zu leisten, an deren Verwendung im einzelnen sie dann nicht mehr beteiligt sein sollte, während sie gleichzeitig von der Verantwortung für die Eingeborenen nicht zu entlasten war und die indische Regierung ihr immer wieder nachdrücklich ins Bewußtsein rief, daß sie auch für das Schicksal der Inder in Kenya verantwortlich bleibe. So mußte der Ausgang des Streits sich letzten Endes doch im Rahmen der größeren in London zusammenlaufenden Gesichtspunkte vollziehen, mit anderen Worten: in einem politischen Kompromiß enden, der keine Sieger und keine Besiegten sah, aber gleichzeitig beide Frontgegner unbefriedigt ließ. 1923 kam die englische Regierung nach langem Hin und Her, bei dem scheinbare Ruhe immer wieder mit heftigem und unsachlichem Aufeinanderprallen hoffnungslos in politischen Ideologien verrannter Gegner abwechselte, zu folgender Entscheidung: 1. Die Hochländer bleiben den Weißen vorbehalten. In den Tiefländern soll vorübergehend Land für Inder zum Erwerb angeboten werden, soweit das ohne Beeinträchtigung der Eingeborenenreservate möglich ist. 2. Segregation der Wohnviertel soll in den Orten als wesentliches Mittel hygienischer Maßnahmen angewandt werden dürfen, jedoch nicht den Charakter einer Differenzierung auf rassenmäßiger Grundlage annehmen. In den Geschäftsvierteln soll die Segregation nicht fortgesetzt werden. 3. Wenn auch eine gesetzliche Beschränkung der Einwanderung aus Rassegründen unmöglich ist, so ist zugegeben, daß im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen der Eingeborenen die Zukunft geeignete Maßnahmen möglicherweise erfordert. 4. Das Recht der Inder, zum Legislativrat zu wählende Mitglieder zu entsenden, soll bestehenbleiben. Ihnen werden 5 Sitze gewährt, den Europäern 11, den Arabern 1 usw. Diese im wesentlichen zwischen dem Kolonialamt und dem Indischen Amt ausgehandelte Entscheidung war über den reinen Streitpunkt hinaus insofern ein Schlag für das weiße Element, als die englische Regierung gleichzeitig als obersten Grundsatz feststellte, weder die Interessen der Inder, noch die der Europäer seien in Kenya das Entscheidende, sondern die der Eingeborenen. Aber das hinderte die Weißen nicht, die endliche Entscheidung, wenn auch grollend, hinzunehmen, im Gegensatz zu den Indern, die sich in allen Punkten als geschlagen betrachteten und aus dem Gefühl der ungerechten Behandlung heraus bis 1931 es ablehnten, von ihren Sitzen im Legislativrat offiziell Gebrauch zu machen. In Indien selbst fühlte man sich wiederum eins mit ihnen und propagierte den Boykott der Reichskonferenz von 1923. Gleichsam als Vergeltung nahm die indische Legislative an einem Tag in allen Lesungen 294

Kenya

einen Gesetzesantrag an, wonach Einwanderer nach Indien, soweit sie von englischen Besitzungen kämen, keine anderen Rechte genießen sollten, als sie Indern in den Herkunftsländern gewährt würden, und wenn 1927 der Vizekönig von Indien erklärte, Indiens Regierung sei gewillt und entschlossen, nichts, was in ihrer Macht liege, zu unterlassen, um den Bestand und die Ehre der indischen Bevölkerung in Ostafrika zu schützen, so liegt darin wie in so vielen anderen Erscheinungen und Tatsachen der Beweis, daß das Jahr 1923 nicht den Frieden, sondern nur eine Unterbrechung des Kampfes bedeutete, dessen Dauer nicht abzusehen ist, weil bei der erhitzten Stimmung eine Kleinigkeit ihn wieder auflodern lassen kann. Die Gefahr solcher zweifellos unüberbrückbarer Gegensätze liegt, wie die Ereignisse von 1919/23 zeigen, nicht zuletzt darin, daß die Eingeborenen hineingezogen werden. Als die Inder, reichlich unvorsichtig, bei den Verhandlungen in London die Unterstellung Kenyas unter den Vizekönig von Indien forderten, schlugen sich — auf wessen Mitwirkung hin ist nicht bekanntgeworden — die Eingeborenen auf die Seite der Weißen, indem sie dem Gouverneur vorstellten, es könne ihnen unmöglich zugemutet werden, unter indischen Beamten zu leben. Für die Inder wiederum trat der erste in der Geschichte Kenyas bekanntgewordene Eingeborenenführer Harry Thuku, offenbar ein Missionschrist, mit seinem Anhang ein. Er veranstaltete eine Protestversammlung von Eingeborenen in Nairobi, die die Inder unterstützende Beschlüsse faßte und sie nach Indien sandte. Die Erregung wurde so groß, daß die Verwaltung den Thuku verhaften und deportieren ließ, was allerdings ohne eine Reihe schwerer Zusammenstöße nicht abging. Bei der tief wurzelnden Abneigung der Eingeborenen gegen die Inder, die sich überall in Ostafrika zeigt, kann wohl kaum daran gezweifelt werden, daß Thuku und seine Anhänger mit indischem Gelde gekauft waren. Daß die Erklärung der englischen Regierung von der Vormachtstellung der Eingeboreneninteressen den lebhaften Beifall der Inder fand, die darin ein Druckmittel gegen ein übermächtiges Weißentum sahen, war nicht geeignet, die Stimmung zu verbessern, so wenig wie die Tatsache, daß die von der englischen Politik unter lebhaftem Beifall der Kenya-Weißen zeitweilig betriebene Politik der closer union, nämlich das gegen den Geist der Mandatsbestimmungen gerichtete Bestreben auf eine engere wirtschaftliche und politische Verbindung zwischen Kenya, Uganda und dem Mandatsgebiet DeutschOstafrika ihre schärfsten Gegner unter den Indern in Kenya wie in den beiden anderen Gebieten fand, dort, weil man eine erneute Stärkung des weißen Siedlereinflusses fürchtete, hier, weil closer union aller Voraussicht nach eine Verschlechterung der politischen und sozialen Lage der Inder bedeuten müßte. Die unsichere wirtschaftliche Lage der mit einer gewaltigen Außenschuld belasteten Kolonie, die die englische Regierung in rascher Folge Untersuchungskommissionen dorthin schicken ließ, ferner der Umstand, daß die 1924 in London ans Ruder gekommene Labourregierung sicher kein Freund der wei295

Die

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Ländern

ßen Forderungen sein würde, wenn diese ihr irgendwelche Unannehmlichkeiten zu schaffen drohten, ließen in der Inderfrage zunächst einmal eine gewisse Ermattung eintreten; denn wo man sie auch anpacken mochte: sie blieb überall ein gleich heißes Eisen. So ließ sich die Regierung Zeit, und wie richtig sie damit handelte, ergab sich, als sie endlich 1934 den Bericht der Kenya Land Commission veröffentlichte, deren Aufgabe u. a. darin bestanden hatte, den Umfang der Hochländer zu bestimmen, in denen nach der Erklärung von 1923 Personen weißer Abkunft eine bevorzugte Stellung haben sollten. Sie legte ein Areal von 16700 Quadratmeilen als Hochlandsgebiet fest, während die Inder nur mit 11000 bis 12 000 Quadratmeilen gerechnet hatten, und empfahl die Sicherung der Grenzen dieses Gebietes durch eine Order in Council, um endlich Eingeborenen wie Europäern die nötige Sicherheit in der Landfrage zu verschaffen. Während die englische Regierung aber die Dinge zunächst auf sich beruhen ließ, gab der indischen Legislative dieser Vorschlag Veranlassung zu schärfstem Einspruch, weil sie wieder einmal eine grundsätzliche und gesetzliche rassenmäßige Schlechterstellung der Inder glaubte voraussehen zu sollen. Dies kennzeichnet die Einstellung des Indertums. Es ist derart in Hypothesen und Theorien befangen, daß es Tatsachen kaum noch zu berücksichtigen weiß. In welchem Maß es darüber hinaus im händlerischen Eigennutz befangen ist und vergißt, daß es in Afrika nicht nur Rechte besitzt, hat es auch in Kenya bewiesen. Als der Gouverneur nach dem 1932 in DeutschOstafrika gegebenen Beispiel daran ging, auch hier gewisse Marktregelungen vorzubereiten, eine Maßnahme, die nur den Schutz, die Verbesserung und die Sicherung der eingeborenen landwirtschaftlichen Erzeugung zum Ziel hatte, um so notwendiger, als der indische Kleinstaufkäufer insoweit zum Schaden der schwarzen Bauern nur zu häufig der wuchernde Gewinner war, da wurde auch das zum Anlaß, um erneut über Bedrückung und drohende Vernichtung des indischen Handels durch die Weißen zu klagen. Die indische Regierung ging so weit, einen Beauftragten zur Untersuchung zu entsenden, der dafür eintrat, alles beim alten zu belassen, im übrigen aber ernsthaft feststellte, es liege wieder einmal eine Verschwörung oder mindestens der Verdacht einer Verschwörung der Weißen gegen das Indertum in Kenya vor. Solche rückhalt- und häufig kritiklose Förderung der indischen Ansprüche durch die indische Regierung trug ihre Früchte. Im Februar 1939 erließ der Gouverneur eine Order in Council, durch die ein Ausschuß zur Abgrenzung der Hochländer mit einem Beirat gebildet wurde, dessen Mehrheit aus nichtbeamteten weißen Ansiedlern zu bilden sei. Der Beirat war als Berater des Gouverneurs für die Verwaltung und Entwicklung der Gebiete gedacht. Gleichzeitig verfügte eine andere Order die Schaffung eines Ausschusses für die eingeborenen Landangelegenheiten. Als Protest verfügte der geschäftsführende Ausschuß des East Africa Indian Congress Demonstrationen im ganzen Lande für den 1. März und kündigte darüber hinaus die Organisation eines geschlossenen Widerstandes der Inder gegen die erstgenannte Order an. Bei der indi296

Kenya sehen Regierung und in London wurde telegraphisch gegen die Maßnahme Einspruch eingelegt, ein gewähltes indisches Mitglied des Legislativrats zur Berichterstattung bei der indischen Regierung und dem indischen Nationalkongreß entsandt und schließlich eine Kenya-Hochland-Liga zur Bekämpfung der Reservierung der Hochländer nur für Weiße gegründet. Ausdrücklich wurde festgestellt, sie stehe auch Eingeborenen offen. Ihre Ziele werde sie „mit friedlichen, aber notwendigen Mitteln" durchsetzen. Die indischen Mitglieder der städtischen und zentralen öffentlichen Körperschaften sollten sich bis auf weiteres der Ausübung ihrer amtlichen Pflichten enthalten. Diese Vorfälle, 16 Jahre nach der grundlegenden Entscheidung von 1923, beweisen die völlige Labilität im Verhältnis von Indern zu Weißen, legen aber auch dar, wie wenig der Inder im Vertrauen auf die Rückendeckung von Indien her Londoner Regierungsentscheidungen als für sich verpflichtend und bindend ansieht. Bei der Schlüsselstellung Kenyas für das ganze östliche Afrika gewinnen solche Ereignisse und Tatsachen Bedeutung für die Frage, ob in Afrika London oder Indien die entscheidende Machtstellung haben wird, und damit erlangt Kenya im Rahmen der Innenpolitik des britischen Imperiums eine Bedeutung, die über seine wirtschaftliche weit hinausgeht. Das kümmerliche proletarische Indertum der Vorkriegszeit hätte bei seiner fast einhelligen Ablehnung durch Weiß und Schwarz solche Probleme nie aufkommen lassen können, wenn ihm nicht neben dem erwachenden heimatlichen Nationalismus an Ort und Stelle ein wirtschaftlich und geistig gehobenes Element aus seinen eigenen Reihen zu Hilfe gekommen wäre. Beispielsweise führt das Indian Abroad Directory 1934 das Vorhandensein von nicht weniger als 19 indischen Rechtsanwälten, 21 indischen Ärzten und 24 indischen Regierungsärzten an, nicht zu erwähnen die zahlreichen indischen Journalisten, Beamten usw. Über das in Kenya arbeitende indische Kapital liegen Angaben nicht vor. Bemerkenswert aber ist, daß hier wie im übrigen Ostafrika seit 1913 auch ein erheblicher Teil des Ein- und Ausfuhrgroßhandels aus europäischen in indische Hände übergegangen ist. Lediglich aus einer amtlichen Angabe läßt sich ein Schluß auf die wirtschaftliche Kraft des Indertums ziehen, nämlich aus dem 1932 erstatteten Bericht der zur Prüfung der finanziellen Lage eingesetzten Kommission unter Lord Moyne. Er hat den Versuch unternommen, die Einnahmen der Kolonie nach Ausscheidung nicht verwertbarer Posten auf ihre Herkunft zu untersuchen. Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß bei einer Gesamteinnahme der Kolonie von damals 3 Millionen £ 1842 549 £ der Untersuchung zugrunde gelegt werden konnten. Von diesem Betrag entstammten aus weißer Quelle 665 781 £ , aus asiatischer (also vor allem der Inder) 385 658 £ und von den Eingeborenen endlich 791100 £ . So viele Fehlerquellen bei solcher Berechnung auch in Kauf zu nehmen sind, mag sie der Vollständigkeit halber hier doch angeführt werden. Die Höhe des europäischerseits in Kenya ansässigen Privatkapitals gibt eine private Schätzung (Dr. Sal297

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vadori bei Herbert Frankel, Capital Investment in Africa, Seite 1(53) allein für landwirtschaftliche Zwecke mit 20 Millionen £ offenbar viel zu hoch an. Von ständig steigender Bedeutung auch im Sinne der finanziellen Belastung des Gouvernements wird die Erziehung der Inderkinder, von denen nach dem Jahresbericht von 1937 rund 7600 Schüler waren. Die erste öffentliche Inderschule hatte bezeichnenderweise schon 1906 die Eisenbahnverwaltung in Nairobi eröffnet, um sie bis 1912 zu betreiben, wo das Gouvernement sie übernahm. Seitdem sind regierungsseitig 12 weitere Schulen für Inder und Goanesen, darunter 3 höhere, geschaffen worden, während zur Zeit 51 Privatschulen die übliche finanzielle Unterstützung erhalten. 1937 wandte der Gouverneur für Erziehungszwecke insgesamt 184315 £ auf, von denen auf die Inder- und die wenigen Goanesenschulen 39140 £ entfielen.

i.

Uganda

Die Entwicklung des indischen Einflusses auf Uganda muß unter dem Gesichtspunkt zweier Tatsachen gewertet werden: einmal ist Uganda ein „neues" Land, dessen Wirtschaftsgeschichte knapp drei Jahrzehnte umfaßt, dann aber hat es, wirtschaftlich gesehen, kaum ostafrikanische, sondern eher westafrikanische Züge, insofern seine wirtschaftliche Bedeutung fast ausschließlich auf den Eingeborenen beruht, und zwar durch Anbau von Baumwolle. Die erste statistisch erfaßte Baumwollausfuhr wird 1904 mit 36 Ballen gemeldet. 1910 war sie auf 9876 gestiegen, und 1937 betrug sie nicht weniger als 417 000 Ballen. Die eingeborene Baumwollanbaufläche hatte 1909/10 nur 24680 Acres betragen, um dann fast ununterbrochen bis 1937/38 auf 1 736900 Acres zu steigen. Wird berücksichtigt, daß daneben der Wert der Ausfuhr an Baumwollsaat sich bis 1937 auf fast 400 000 £ steigerte und daß in diesem Jahr von 5,7 Millionen £ Ausfuhrwerten 4,7 auf Baumwolle und Baumwollsaat entfielen, so liegt es auf der Hand, daß gerade Ugandas rasches Hineinwachsen in die Weltwirtschaft dem indischen Händlertum ein reiches und dankbares Feld um so mehr erschloß, als nach den klimatischen und Arbeiterverhältnissen das Betätigungsgebiet für Weiße wohl immer knapp bleiben wird, soweit Handel und Landwirtschaft in Betracht kommen. Die Entwicklung der weißen und indischen Bevölkerung auf solchen Grundlagen ergibt sich aus folgender Zusammenstellung: Jahr Weiße Inder 1911 640 2216 1921 1269 5604 1931 2001 13026 1937 2100 18800* * Geschätzt. Die Zahl 18 800 bezieht sich allgemein auf Asiaten. Zieht man 1500 Araber, Goanesen usw. ab, so wird man ungefähr die richtige Zahl der Inder erhalten.

298

Uganda

Die volksmäßige Jugend des indischen Elements in Uganda weist die Statistik für 1931 nach, nach der von 8517 indischen Männlichen und 4509 indischen Weiblichen nur 1557 bzw. 1579 in der Kolonie, dagegen 6250 bzw. 2601 in Indien geboren waren. Genau wie in Kenya war neben der Verwendung indischer Truppen zur Befriedung des Landes der Bau der Ugandabahn der erste Anstoß zur Niederlassung größerer Mengen von Indern, zumal im Beginn der kolonialen Arbeit der Verwaltung noch keine eingeborenen Hilfskräfte als Schreiber, Handwerker usw. zur Verfügung standen, sie notgedrungen also auch hier auf indische Hilfskräfte zurückgreifen mußte. Bei der geistigen Aufgeschlossenheit der Baganda ist dieser Mangel allerdings bald zugunsten der Verwendung Eingeborener abgestellt worden*. Somit wurden in den privaten Betrieben die teureren indischen Handwerker usw. rasch und weitgehend durch die in den Handwerkerschulen der Regierung, der Mission und der Eisenbahn herangebildeten Eingeborenen ersetzt. Nach der Zählung von 1931 waren von 6076 berufstätigen Indern mehr als die Hälfte, nämlich 3305, im Handel tätig, 862 als Zeichner, Schreiber usw. beschäftigt, 569 bzw. 197 in der Verwaltung und im Verkehrswesen angestellt, während der Rest auf das Handwerk, häusliche Dienste und ähnliches entfiel. Naturgemäß drängt sich bei dem Vorherrschen des Händlertums die Hauptmasse der Inder in dem erschlossensten Teil Ugandas, nämlich der eigentlichen Provinz Uganda, zusammen, wo 1931 mehr als neun Zehntel aller Inder ansässig waren. Die wirtschaftliche Zentrale Ugandas, Kampala, beherbergt nicht weniger als 4987. Wie erwähnt, ist der Anbau des wichtigsten Stapelprodukts, der Baumwolle, ausschließlich Eingeborenensache (die Statistik für 1937 führt nur 7 Acres europäisches und 193 Acres indisches Baumwolland an). Um der Baumwolle ihren guten Ausfuhrruf zu wahren und den Eingeborenen angemessene Preise zu sichern, hat die Verwaltung trotz schärfsten Widerstandes der indischen Händler an zum Teil sehr drastischen Aufsichts- und Marktregelungsmaßnahmen festgehalten, die, wie zugegeben werden mag, fast ausschließlich den Inder belasten, denn, wie 1930 festgestellt wurde, kamen derzeit nicht weniger als 68 v. H. der ausgeführten Baumwollmengen von indischen Händlern gegen nur 8 v. H. aus europäischen Firmen. Der Rest entfiel zum Teil auf Japaner. Liegen neuere konkretere Angaben nach dieser Richtung auch nicht vor, so kann doch wohl als sicher gelten, daß seitdem der Anteil der Inder noch größer geworden ist. Denn der Anteil Indiens an den Ausfuhren betrug 1937 immerhin 51 v. H., und allein die Baumwollausfuhr nach Indien hat sich von 56 v. H. im Jahre 1928 auf gegenwärtig 91 v. H. der Ge* E n d e 1935 schon w a r e n in d e r V e r w a l t u n g 130 s c h w a r z e B e a m t e n e b e n 530 weißen in p e n s i o n s b e r c c l i t i g l e n Stellungen.

299

Die

Inderfrage

in

den

einzelnen

Ländern

samtbaumwollausfuhr gesteigert, während der Bezug Englands, der 1928 noch 35 v. H. betrug, 1931 schon auf 9 v. H. zurückgegangen war. In diesen Zahlen liegt der Beweis dafür, wie sehr Indien die an die Erschließung Ugandas als eines Versorgers der englischen Industrie geknüpften Hoffnungen vernichtet hat. Diese Entwicklung ist nur unter dem Gesichtspunkt verständlich, daß die von den Eingeborenen geerntete Baumwolle ihren Ausfuhrwert nur und ausschließlich durch die Entkernung in der Ginnerei erhält. Ob es englischer Wirtschaftsauffassung widersprach, solche Ginnereien durch die Verwaltung selbst einrichten und betreiben zu lassen oder nach dem von Deutschland in Ostafrika und Togo angewandten Muster gemeinnützige Einrichtungen zu diesem Zweck zu errichten, mag dahingestellt bleiben; jedenfalls überließ sie die Aufbereitung der Baumwolle dem freien Wettbewerb mit dem Ergebnis, daß zunächst viel zu viel Ginnereien entstanden, deren Bedeutung nicht zuletzt darin beruht, daß jede solche Einrichtung praktisch im Besitz des Einkaufsmonopols für Baumwolle von den kleinen eingeborenen Bauern für einen Umkreis von etwa 5 Meilen ist. Ein europäischer Wettbewerb kam kaum in Betracht, und in diese Lücke rückten indisches Kapital und indische Arbeitskräfte ein. Der Inder wurde gleichzeitig Aufkäufer und Ginner, und die Gewinnaussichten waren groß genug, um 1928 nicht weniger als 164 Ginnereien zählen zu lassen, von denen allerdings nur 146 wirklich arbeiteten, eine noch übersteigerte Zahl, denn die vorhandene Baumwollerzeugung konnten nach amtlicher Erklärung 50 maschinelle Anlagen verarbeiten. 1931 stieg die Zahl der Ginnereien sogar auf 194, von denen 155 Indern, 33 Weißen und 6 Japanern gehörten. Solche Verhältnisse ließen die Verwaltung schließlich eingreifen und die Errichtung neuer, übrigens immer genehmigungspflichtiger Ginnereien einschränken. In welchem Umfang diese und damit die Inder zu Arbeitgebern geworden sind, geht aus einer amtlichen Feststellung für 1937 hervor: danach waren von monatlich durchschnittlich im Dienstverhältnis beschäftigten 64 135 Eingeborenen während der Baumwollsaison nicht weniger als 17 500 in den Ginnereien und den mit ihnen verbundenen Pressereien tätig. Bei den besonderen, Westafrika angenäherten natürlichen Gegebenheiten Ugandas bietet zwar eine kapitalistische Plantagenwirtschaft keine sonderlichen Aussichten, aber das hat entsprechende Versuche seitens einzelner Europäer nicht verhindert. Ein Teil des auf diese Weise bearbeiteten Besitzes ist allerdings ein Opfer mangelnder Arbeitskräfte und der Weltkrise geworden, und die Erben waren nach amtlicher Feststellung auch in diesem Falle meistens Inder. Der nachstehende Versuch einer Darstellung der letztjährigen Entwicklung mag das im einzelnen beleuchten. Jahr 1928 1935 1937 300

Bearbeitetes Land Inder Weiße 5 997 Acres 23 568 Acres 21 306 Acres 22 564 Acres 25 953 Acres 23175 Acres

Weiße 160 223

Besitzer Indische 21 58

Uganda

Der gesamte europäische Landbesitz hatte 1928 86000 Acres betragen. Insoweit er also in indische Hände übergegangen ist, handelt es sich offenbar um unbearbeitetes Land. Wichtiger ist, daß die von Weißen kultivierte Fläche in fast 10 Jahren unverändert blieb, während die indische Kulturfläche sich beinahe verfünffachte. Auf der anderen Seite sind es im Gegensatz zu den Weißen die Inder, die hochkapitalistische Kulturen wie Sisal und Zucker pflegen (7200 und 15882 Acres). 1925 entstand mit der jetzt 11000 Acres großen Lugazipflanzung das erste große indische Zuckerpflanzungsunternehmen, das 1938 etwa 5000 Eingeborenen Erwerb gab. Gegenwärtig decken zwei große indische Plantagen mit entsprechenden Fabrikanlagen nicht nur einen Hauptteil des Zuckerverbrauchs des Landes, sondern sie führen auch noch aus und liefern nebenbei Spiritus zu Treib- und industriellen Zwecken. Neben Tausenden von Eingeborenen beschäftigen sie auch Europäer. Der von Indern zum erstenmal in Uganda eingeführte Sisalanbau konnte in dem letzten Jahre immerhin je etwa 1000 Tonnen Hanf ausführen. Eine Indian Association entstand schon 1913, und 1921 erwuchs aus ihren einzelnen Zweigen der seitdem zum Träger des politischen Willens der Inder in Uganda gewordene Central Council of Indian Associations. Von einem wirtschaftlichen europäisch-indischen Wettbewerb kann nach dem Gesagten um so weniger die Rede sein, als die Hauptmasse der wenigen Europäer Verwaltungsbeamte und Missionare und die Familienangehörigen dieser Berufe bilden. Insoweit sich Gegensätze entwickelten, liegen sie ausschließlich auf sozialem und politischem Gebiet. Beispielsweise beschweren sich die Inder darüber, daß sie auf den Verkehrsmitteln nicht die Europäerklasse benutzen dürfen, während Japanern das erlaubt ist. Es bestehen auf den Eisenbahnen besondere Abteile für Asiaten. Daß die Indian Association förmlich die systematische Besiedlung Ugandas mit Indern verlangte, war ähnlich belanglos, weil angesichts der eingeborenen Landwirtschaft offenbar unsinnig. Zu ernsthafteren Auseinandersetzungen führten die politischen Forderungen, zumal der gleichzeitige weiß-indische Konflikt in dem benachbarten Kenya natürlich auf Uganda ausstrahlte und hier wie dort und in DeutschOstafrika der Weltkrieg das Selbstbewußtsein der Inder erheblich gestärkt hatte. Der 1920 geschaffene Legislativrat sollte neben Beamten aus 2 ernannten Europäern und 1 Inder bestehen, wogegen unter Führung der Indian Association die Inder lebhaften Einspruch mit dem Hinweis darauf erhoben, daß sie britische Untertanen und zahlenmäßig den Weißen um das Fünffache überlegen seien. Um ihre Forderungen durchzusetzen, griffen sie auch hier zu dem Mittel des wirtschaftlichen Streiks, indem sie auf Weisung der Association 1920 für einige Zeit alle Läden schlössen und damit Handel und Gewerbe fast zum Erliegen brachten. Der Gouverneur lehnte trotzdem die im Grundsatz verlangte soziale und politische Gleichstellung mit den Weißen unter Hinweis auf den niedrigeren Bildungs- und sozialen Stand der meisten Inder ab mit dem Ergebnis, daß diese trotz des gegenteiligen, ihnen von der indischen 301

Die Inderfrage

in den einzelnen

Ländern

Regierung erteilten Rats bis 1925 die Beteiligung am Legislativrat boykottierten. Später haben sie ihr Ziel insoweit erreicht, als sie ebenso wie die Weißen zwei nichtbeamtete Mitgliedssitze in dem Rat erhielten. Da dieser aber nach wie vor eine beamtete Mehrheit hat und die nichtbeamteten Mitglieder vom Gouverneur ernannt und nicht gewählt werden, kommt einstweilen der gesamten Frage keine Bedeutung zu. In einer Hinsicht sind die Inder in Uganda vielleicht ungünstiger gestellt als die inDeutsch-Ostafrikaoder Kenya, nämlich hinsichtlich der Local Service. Ein solcher besteht hier für Inder nicht, da das Gouvernement den Grundsatz verfolgt, keinen Inder auf öffentliche Posten des unteren Dienstes zu stellen, für die geeignete Eingeborene vorhanden sind. Bei der Intelligenz der Eingeborenen und den reichen Bildungsmöglichkeiten, die die Regierung und die Missionen für sie geschaffen haben, ist daher mit einem allmählichen völligen Ersatz der noch in öff entlichen Betrieben vorhandenen Inder durch Eingeborene zu rechnen. Das gilt ganz besonders für den in Uganda infolge der weiten Verbreitung von Schlafkrankheit und Geschlechtskrankheiten so wichtigen ärztlichen Dienst, der in früheren Jahren im stärksten Maß auf indische Hilfskräfte angewiesen war. Indians Abroad Directory nennt 1934 noch 23 indische Regierungsärzte, während gegenwärtig nur noch 12 indische sub-assistant surgeons vorhanden, die übrigen schon durch Afrikaner ersetzt sind (bei 45 weißen Gouvernementsärzten). Der schulmäßigen Erziehung der Inderkinder dienen 2 höhere Regierungsschulen, während 38 indische Privatschulen öffentliche Unterstützungen erhalten. 5. Das übrige

Afrikaaußerhalb

der Südafrikanischen

Union

In den übrigen afrikanischen Gebieten mit Ausnahme der Südafrikanischen Union spielt das Indertum kaum eine Rolle, wenn man von den gesondert liegenden Verhältnissen auf Mauritius absieht. Durchweg hat sich hier seine wirtschaftliche und politische Stellung gegenüber der Vorkriegszeit kaum geändert. In Britisch-Somalilahd war infolge der Nähe Adens das Indertum immer verhältnismäßig stark vertreten, wenn es insgesamt bei der Geringfügigkeit des Handels auch kein großes Betätigungsfeld hatte. Eine indische Firma, Cowasjee Dinshaw & Cie. in Bombay, die auch die einzige Dampferverbindung mit Aden und damit der Außenwelt unterhält, übt hier einen maßgebenden Einfluß aus. Die letzte Zählung ergab 520 Inder. Da das Land seine alte Bedeutung als Durchgang für den Handel von und nach dem südlichen Abessinien mehr und mehr einbüßt, dürfte es bei seiner eigenen Armut auch an Anziehungskraft für die Inder verlieren. Für Ägypten und den Englisch-ägyptischen Sudan gibt Indian Abroad Directory für 1933 insgesamt nur 1025 Inder und für Abessinien und Franzö302

Das übrige

Afrika

sisch-Somaliland (1933) 2000 an. Für das Italienische Somaliland, wohin die ersten Inder wohl erst unter Said bin Sultan gekommen sind, wurden 1932 nur 326 angegeben. Inwieweit die von Italien hier in den letzten Jahren erschlossenen Möglichkeiten den Indern ein größeres Betätigungsfeld eröffnet haben, ist einstweilen nicht erkennbar. Für Mogadiscio geben die neuesten italienischen Quellen nur 240 Inder neben etwa 2500 Arabern an. Auch der Kongo spielt für das Indertum keine Rolle. Lediglich für das Mandatsgebiet Ruanda-Urundi, den nordwestlichsten Teil Ostafrikas, werden (1933) 372 Inder angegeben, die vor allem in den Orten Usumbura am Nordende des Tanganyikasees und in Kigali, dem Mittelpunkt Ruandas, sitzen und 60 v. H. des gesamten Handels des Mandatsgebietes in Händen haben sollen. Etwas günstiger sind die Verhältnisse für den Inder in Britisch-Nyassaland, wenn dieses Gebiet bei seiner ungünstigen Verkehrslage und seiner langsamen und obendrein stark schwankenden wirtschaftlichen Entwicklung auch eine Sonderstellung unter den ostafrikanischen Gebieten einnimmt. Die Bevölkerungsangaben sind insofern unzureichend, als neben Europäern und Eingeborenen nur Asiaten gezählt worden sind. Da die Zahl der Araber aber gering ist, kann mit gewissen Einschränkungen Asiaten = Inder angenommen werden. Im einzelnen stellen sich die Zahlen folgendermaßen: 1927 1931 1937

Weiße 1829 1975 1894

Asiaten 982 1591 1631

Eingeborene 1304123 1599 888 1619 530

Wie jung das indische Element ist, das 1911 nur 481 Köpfe umfaßt hatte, beweist der Zensus von 1931, nach dem von 1591 Asiaten 1412 in Britisch-Indien und nur 105 im Protektorat geboren waren, sowie die Feststellung, daß 1937 auf 1299 männliche Inder nur 332 weibliche entfielen. Religiös und damit wohl auch beruflich ergab sich hier 1931 annähernd das gleiche Bild wie im übrigen Ostafrika: 987 Mohammedaner und 439 Hindus. Auch insofern liegen die Dinge hier nicht anders als in den übrigen Teilen Ostafrikas, als die Hauptmasse deslndertums sich in den Städten niedergelassen hat: 1931 lebten nicht weniger als 40 v. H. von ihnen allein im Bezirk Blantyre, also überwiegend in der wirtschaftlichen Hauptstadt des Landes gleichen Namens. ^ Die Unstetigkeit der Inder ist folgender Ubersicht zu entnehmen: Eingewanderte Inder Ausgewanderte Inder 1929 485 320 1931 791 712 Seitdem hat die asiatische Einwanderung erheblich zugenommen und sich in den Jahren 1933 bis 1937 regelmäßig um 1200 bewegt. Zahlen für die Auswanderung liegen leider nicht vor. Wenn gleichwohl aber die Zahl der 303

Die

L nd e r f T ag e in

den

einzelnen

Ländern

Inder 1937 mit nur 1631 angegeben wird, so liegt darin ein weiterer Beweis für die Unseßhaftigkeit in einem Lande, dessen wirtschaftliche Verhältnisse noch völlig in den Kinderschuhen stecken. Von einer indischen Betätigung im Ackerbau ist hier nichts bekannt. I m Handel liegt ihr Schwergewicht offenbar im kleinen Zwischenhandel, denn an der Einfuhr waren sie nach dem amtlichen Bericht nur mit 4,3 v. H. beteiligt. Insoweit liegen die Dinge im Nyassaland ungünstiger für die Inder als im übrigen Ostafrika, als die Einwanderungsbestimmungen das Betreten des Landes solchen Nichteingeborenen unmöglich machen, die stellungslos ankommen oder einen Platz einnehmen wollen, von dem der zukünftige Arbeitgeber nicht nachweisen kann, daß er aus den im Lande vorhandenen Arbeitskräften unbesetzbar ist. In einem schärferen Maße haben sich die Einwanderungsbestimmungen noch in Nord- und Südrhodesien gegen die Inder ausgewirkt. Das erstere zählte 1921 neben 3634 Weißen 56 Asiaten, wohl ausschließlich Inder, 10 Jahre später 13 846 und 176. Eine indische Einwanderung ist praktisch unmöglich. Das gleiche gilt für das in seiner rassenmäßigen Einstellung der Südafrikanischen Union nahverwandte Südrhodesien, das neuerdings neben anderen Erschwerungen von dem Einwanderer verlangt, daß er die Beherrschung einer europäischen Sprache in Wort und Schrift nachweist, eine Forderung, der kaum je ein Inder genügen kann. Die Praxis geht so weit, nicht einmal indische Vergnügungsreisende, die Südrhodesien nur als Durchgangsland betreten wollen, zuzulassen. Die Entwicklung des Zahlenverhältnisses von Weißen und Asiaten ergibt sich aus folgender Aufstellung:

1911 1921 1931 1936

Weiße 23606 33 620 49910 55408

Asiaten 870 1250 1700 2180

Das Asiatentum umfaßte 1931 neben britischen Indern rund 250 Goanesen, Chinesen und andere Asiaten. Von der Zählung des Jahres 1926 bis zu dem Zensus von 1931 nahm die Zahl der männlichen Asiaten nur von 1112 auf 1138 zu. Von 777 erwerbstätigen männlichen Asiaten waren 1931 rund die Hälfte mit 343 im Handel beschäftigt, 139 in der Landwirtschaft, 128 im Gewerbe und 144 in häuslichen Diensten. Der größte Arbeitgeber Südrhodesiens, die Eisenbahn, beschäftigte nur 8 Asiaten. Das zahlenmäßige Verhältnis der indischen Bekenntnisse entspricht ungefähr dem im übrigen Afrika. Zwei Drittel der Inder bestehen aus Hindus, ein Drittel aus Mohammedanern. Von den Asiaten lebten 1931 in den 5 mit Stadtrechten ausgestatteten Orten Salisbury, Bulawayo, Umtali, Gwelo und Gatooma nicht weniger als 1200. 304

Das übrige

Afrika

Auch Portugiesisch-Ostafrika hat seit 1932 seine Einwanderungsbestimmungen erheblich verschärft und damit auch das britische Indertum getroffen. Wohl mit aus diesem Grunde ging die Zahl der Inder von 4844 (4172 männlichen und 672 weiblichen) im Jahre 1928 auf 3820 (3193 und 627) im Jahre 1935 zurück, wobei möglicherweise auch die Weltwirtschaftskrisis mitgewirkt haben mag. Aber Portugiesisch-Ostafrika ist nie in dem Maße ein Betätigungsfeld britischer Inder geworden wie die nördlich gelegenen ostafrikanischen Gebiete: zunächst einmal ist der Portugiese und der portugiesische Mischling besser für einen Wettbewerb mit dem indischen Händler geeignet, und dann mochte der Wettbewerb der den britischen Indern an Zahl überlegenen portugiesischen Goanesen mitsprechen. Schließlich hat Portugiesisch-Ostafrika eine Anordnung getroffen, die bisher keines der übrigen ostafrikanischen Gebiete gewagt hat: es hat auch für die indischen Händler die Buchführung in Portugiesisch, Englisch oder Französisch vorgeschrieben! Damit ist gerade dem kleinen indischen Händlertum gegenüber eine praktisch unübersteigbare Schranke errichtet. Auffällig ist gerade in Portugiesisch-Ostafrika das besonders große Mißverhältnis der Geschlechter bei den Indern. Auf den zu Afrika gehörenden Inseln spielt abgesehen von Sansibar zahlenmäßig das Indertum nur auf Mauritius eine Rolle. Hier hatte die Einwanderung indischer Kulis schon 1835 gleichzeitig mit dem Inkrafttreten der Sklavenbefreiung begonnen. 1851 lebten schon 78000 Inder auf der Insel, und die Schätzung von 1937 weist neben einer kleinen Zahl Weißer und Chinesen und einer größeren Zahl Kreolen von insgesamt 132 742 nicht weniger als 269 320 Inder aus, von denen 130 440 auf weibliche entfallen. Es handelt sich bei den nach Mauritius gekommenen Indern ausschließlich um Hindus der verkommensten und niedrigsten Kaste, so daß es nicht erstaunlich ist, wenn noch heute erbärmliche Gesundheitsverhältnisse unter ihnen herrschen. Während die Geburtenziffer niedriger als die der übrigen Bevölkerungsteile liegt, ist die Sterblichkeitsziffer erheblich größer. Dazu kommen unverhältnismäßig viel Totgeburten (1937 nicht weniger als 10,8 auf 100 Lebendgeburten) bei den Indern vor. Zur Zeit der stärksten Kulieinfuhr (1862) hatten die Weißen und Kreolen eine Sterbeziffer von 65,4 v. T., die Inder aber eine solche von 233,4 v. T. Der Inder ist noch heute das Lasttier, auf dessen Arbeit allein die Hauptkultur der Insel, der Zuckerrohranbau, beruht. Das Kümmerliche seines Daseins, in dem es keinen Aufstieg gibt, beweisen die ihm gezahlten Arbeitslöhne: 10 Rupien in bar für Männer plus Behausung und Verpflegung, insgesamt also etwa 18 Rupien, für Frauen die Hälfte. Insoweit Tagelöhne gezahlt werden, sind diese von 1,25 Rupie im Jahre 1927 auf 0,65 im Jahre 1937 zurückgegangen, wobei allerdings zu berücksichtigen ist, daß in der gleichen Zeit der Preis für das Hauptnahrungsmittel, Reis, auf weniger als die Hälfte fiel. Für die schwere Lage des indischen Arbeiters ist es kennzeichnend, wenn die letzten Jahre zum 20

Afrika XVIII: Sarstedt u. v. Werder

305

Die Inderfrage

in den einzelnen

Ländern

Teil turbulente Streiks der Inder sahen, und als 1924 die indische Regierung noch einmal ausnahmsweise die Abfertigung von 1500 Kontraktarbeitern nach Mauritius erlaubte, die der Gouverneur erbeten hatte, um öffentliche Arbeiten durchzuführen, sich das als völliger Fehlschlag erwies, weil schon nach 2 Jahren 80 v. H. der Eingewanderten hatten repatriiert werden müssen. Zum Legislativrat werden eine Reihe von Mitgliedern von der erwachsenen männlichen Bevölkerung gewählt, soweit sie aus britischen Untertanen besteht. Im übrigen ist das Wahlrecht an den Besitz von unbeweglichem Eigentum im Werte von wenigstens 3000 Rupien oder einem Jahresertrag von 300 Rupien oder aber an die Zahlung einer Pacht bzw. Miete von monatlich 25 Rupien oder schließlich ein Einkommen von mindestens monatlich 50 Rupien gebunden. Es ist kennzeichnend, daß die Gesamtzahl der berechtigten Wähler 1937 nur 9290 bei einer Gesamtbevölkerung von fast einer halben Million betrug. Von den Indern werden somit kaum welche im Besitz des Wahlrechts sein. Während früher eine wenn auch nicht große Auswanderung von Indern nach Natal erfolgte, ist die Abwanderung in den letzten Jahren praktisch erloschen*. Das französische Réunion zählte 1933 an Indern 710 Männer, 301 Frauen und 522 Kinder, während Madagaskar 19312661 indische Männer, 1785 Frauen und 3499 Kinder aufwies. Einer stärkeren indischen Einwanderung steht hier die Bestimmung entgegen, daß Ankommende den Besitz einer Rückfahrkarte nachweisen müssen. Die kleine englische Gruppe der Seychellen weist 1931 503 Inder aus, in deren Hände der gesamte Handel um so leichter übergegangen war, als die kreolische Bevölkerung ein bemerkenswerter Mangel an Energie und Triebkraft kennzeichnet. 6. Die

Südafrikaniache

Union

In dem Grundgesetz, das die Buren sich nach dem großen Trek 1858 als Verfassung gaben, heißt es: „Es soll keine Gleichheit zwischen Farbigen und Weißen geben, weder in Kirche noch in Staat." Das war, so hart es klang, doch nur die Anwendung der Prinzipien, die aus dem Kapland, der alten Heimat der Trekker, trotz seiner Weltabgeschiedenheit weißes Land gemacht und seine spärlichen weißen Bewohner vor der Verbastardierung in einer Umgebung bewahrt hatten, in der sie zahlenmäßig den Eingeborenen weit unterlegen waren. Es war darüber hinaus die Kampfansage gegen die Verwässerung des harten Rassengesetzes, wie sie, von englischen Missionaren und ihrem Gefolge getragen, zu einem der auslösenden Momente des großen Treks geworden war. Hier war folgerichtig ein Kompromiß ausgeschlossen, und er blieb es praktisch auch sogar dann, als die englische Staatsgewalt die Buren* Vgl. hierzu Karstedt, Weiteres aus der kolonial-sozialen Praxis Englands, Reichsarbeitsblatt 1940.

306

Die

Südafrikanische

Union

republik abgelöst hatte, um darüber hinaus dazu beizutragen, daß selbst im Kapland und in Natal die wenigstens zeitweilig liberalere Einstellung der härteren burischen zu weichen hatte. Wie Gandhi in seinem Satyagraha in South Africa (Madras 1923) berichtet, hat Präsident Krüger einer Inderdeputation, die in den 90er Jahren um eine bessere Behandlung ihrer Landsleute bat, folgendes erwidert: „Ihr seid die Nachkommen Ismails und deshalb von Geburt dazu bestimmt, die Sklaven von Esäus Enkeln zu sein. Als Esaus Enkel können wir Euch deshalb keine Rechte geben, die Euch auf die gleiche Stufe mit uns stellen. Ihr mögt zufrieden sein mit dem, was wir Euch gewähren." Ubersetzt man diese Worte aus der holzschnitthaften Härte krügerischer Sprache in die höflichere heutige von Parlament und Diplomatie, so ergibt sich in der Sache kaum ein Unterschied zwischen damals und jetzt, auch wenn theoretisch das „equal rights for every civilized man" die Grundlage aller Regierungspolitik in Südafrika ist. In der Folge wird das im einzelnen zum Ausdruck kommen. So wie die alte rassenmäßige Einstellung des Transvaal und des Oranjefreistaats nach der Gründung der Südafrikanischen Union immer mehr deren Allgemeinbesitz geworden ist, so ist auch die Haltung der Transvaalregierung gegenüber dem Indertum weitgehend zur Grundlage der Inderpolitik der späteren Südafrikanischen Union geworden. Denn der Transvaal war es, der als erste südafrikanische staatliche Gemeinschaft in logisch-harter Konsequenz seiner allgemeinen Rassenauffassung sich schon 1885 der Inder zu erwehren begonnen hatte. Trotzdem die Nachbarschaft Natals mit ihrer großen indischen Bevölkerimg die Einwanderung nach dem Nachbarland nahelegte, hatte der damals noch so arme Transvaal erst seit 1881 eine Anziehungskraft auf die Inder auszuüben begonnen, um dann vor allem seit der Entdeckung der Goldfelder von Barberton und dem Beginn des Goldbergbaus am Witwatersrand (1884/86) eine stärkere Einwanderung von Indern herbeizuführen. Schon 1884 ging der Volksvertretung eine Petition gegen die Indereinwanderung zu, die darauf hinwies, die Verfassung erkenne nur zwei Menschenrassen an: Weiße und Nichtweiße! Offenbar sprachen nach Majuba auch Befürchtungen mit, die sich daraus ergaben, daß die Inder britische Untertanen waren. Weitere Vorstellungen führten zum Erlaß des wichtigen Gesetzes 3 von 1885, das den Indern alle bürgerlichen Rechte absprach, ihnen den Erwerb von Grundeigentum verbot, neuankommende Händler mit einer jährlichen Sondersteuer von 3 £• belegte und die Regierung ermächtigte, aus gesundheitlichen Gründen den Indern besondere Wohnviertel anzuweisen. In dieser letzteren Bestimmung kam der Gesichtspunkt zum Ausdruck, der unter dem BegrilF „Segregation" seitdem nie aufgehört hat, in der südafrikanischen Politik eine überragende Rolle zu spielen. Die englische Regierung sah in dem Gesetz aber eine gegen englische Untertanen gerichtete diskriminierende Maßnahme, von der sie behauptete, sie stehe im Widerspruch zu den Abmachungen der Londoner Konvention von 1884, durch die die Beziehungen zwischen dem Transvaal und 20*

307

Die

Inderfrage

in den

einzelnen

Ländern

England abschließend festgelegt waren. Sie drang jedoch mit ihrer Auffassung nicht durch, und das Schiedsgericht, dem nach langem Hin und Her die Entscheidung übertragen wurde, stellte sich unter Vorsitz eines Richters des Oranjefreistaats auf die Seite der Transvaalregierung. Immerhin wurde unter diesen Umständen das Gesetz von 1885 erst 2 Jahre später wirksam, ohne allerdings jemals restlos durchgeführt zu werden. Über den Wortlaut des Gesetzes hinaus aber beanspruchte die Transvaalregierung das Recht für sich, nicht nur die Wohn-, sondern auch die Handelsviertel der Inder abzugrenzen, und nicht zuletzt hieraus entstanden, weil die Inder in ihrer überwiegenden Mehrzahl Händler waren, dauernde Reibungen mit der Londoner Regierung, die dieser 1899 einen der Gründe für das bewaffnete Vorgehen gegen die Burenrepubliken gab. Der englische Kriegsminister Lord Lansdowne führte kurz nach Ausbruch des Burenkrieges in einer Rede in Sheffield nach der Times vom 18. 11. 1899 aus: „Eine beträchtliche Anzahl indischer Untertanen der Königin lebt in Transvaal, und unter den vielen Missetaten der Südafrikanischen Republik kenne ich keine, die mich mit größerer Empörung erfüllt als die Behandlung dieser Inder. Der Schaden beschränkt sich nicht auf die Dulder an Ort und Stelle; denn, was glauben Sie, würde die Wirkung sein, wenn diese armen Leute in ihre Heimat zurückkehren, um ihren Freunden zu berichten, daß die Regierung der Kaiserin, die in Indien mit seiner Bevölkerung von 300 Millionen so mächtig und unwiderstehlich ist, nicht die Macht haben solle, die Beseitigung dieser Mißstände von einem kleinen südafrikanischen Staat zu erzwingen?" (Zitiert nach Chatterjee, Auswanderung aus Indien, 1931.) In dem Transvaal benachbarten Natal hatte die Entwicklung einen völlig anderen Weg genommen. Hier handelte es sich nicht um freie Einwanderer, sondern um Kontraktarbeiter, Kulis, die nach Abarbeitung ihres Vertrages im Lande geblieben waren. In dieser subtropischen Kolonie war die Arbeiterfrage von Anfang an brennend gewesen, da die Eingeborenen für Plantagenarbeit unbrauchbar waren und ein Ende der 50er Jahre mit Chinesen gemachter Versuch fehlgeschlagen war. Nach mehrfacher Weigerung hatte die indische Regierung schließlich 1860 einer Anwerbung für Natal zugestimmt, und 1866 waren bereits 6000 Inder im Lande. Der Arbeitsvertrag wurde auf die Dauer von 5 Jahren mit einem Monatslohn von 10 bis 12 sh zuzüglich Verpflegung und Behausung abgeschlossen. Nach Ablauf der Vertragszeit hatten die Arbeiter Anspruch auf freie Heimbeförderung oder aber auf die Zuteilung von Kronland im Wert der Heimreisekosten. Es handelte sich bei diesen Arbeitern wiederum um Angehörige der niedrigsten und unerfreulichsten Schichten, vorzugsweise aus dem Madrasgebiet, gegen die aber solange niemand etwas einzuwenden hatte, als sie als Plantagenarbeiter das unentbehrliche Mittel zur Entwicklung des Rohrzuckeranbaus waren, die jedoch in dem Augenblick unbequem wurden, wo sie auf den Abschluß eines neuen Arbeitsvertrages oder auf die Heimkehr verzichteten, um dann als Händler, Gärtner usw. hier und da in Wettbewerb mit den Weißen zu treten. Die indische Regierung hatte 308

Die

S ü d a f r i k a n i s c h e U n i o n

zwar 1866 die Anwerbeerlaubnis widerrufen, sie aber auf Drängen Natals 1874 erneut erteilt. Erst 1911 verbot sie die Anwerbung endgültig als allerdings zu spät kommende Repressalie gegen die allgemeine Diskriminierung der Inder in Südafrika. Mittlerweile hatte aber die allgemeine Stimmung gegen die Inder, deren Anfänge schon in den 80er Jahren liegen, einen starken Umfang angenommen, zumal 1891 die Inder den Weißen an Zahl gleichkamen und bereits zwei Drittel von ihnen vertragsfrei waren. Die Bestrebungen gingen jetzt immer mehr dahin, nicht nur keine neuen Inder ins Land,zu lassen, sondern die vorhandenen nach Möglichkeit zu repatriieren. Zunächst wurde von 1891 ab die Abgabe von Kronland an Inder nach Abarbeitung ihres Vertrages aufgehoben, und als Natal 1893 Selbstverwaltung erhielt, wurde das Anlaß, um die Abwehrmaßnahmen zu verstärken. 1895 wurde gesetzlich jedem Inder, der nach Ablauf seiner Vertragszeit keinen neuen Arbeitsvertrag abschloß oder nicht heimkehrte, eine jährliche Sonderabgabe von 3=£ auferlegt, eine Maßnahme, die 1903 dahin verschärft wurde, daß die Sonderabgabe auch auf die Kinder ausgedehnt wurde, bei Knaben vom 16. Lebensjahr, bei Mädchen vom 13. ab. Die Erteilung von Handelslizenzen an Inder machte die Verwaltung weitgehend unmöglich, indem sie u. a. die Forderung nach Führung der Bücher in englischer Sprache erhob. Der Einwanderung von freien Indern wurde 1897 ein weiteres Hemmnis durch das Verlangen des Nachweises gewisser europäischer Sprachkenntnisse entgegengesetzt. Im gleichen Jahr wurde das Wahlrecht der Inder zum Natalparlament praktisch beseitigt. Das war die Lage, als 1896 Gandhi in Durban zum zweitenmal südafrikanischen Boden betrat, nicht ohne bei seiner Ankunft in stürmische Demonstrationen verwickelt zu werden, die die Weißen gegen die Landung eines gleichzeitig mit ihm ankommenden Indertransports veranstalteten. Aber alle Abwehrmaßnahmen konnten es nicht hindern, daß die Zahl der Natal-Inder in den Jahren 1891 bis 1904 von 41000 auf 100000 stieg, während die Weißen sich nur von 47 000 auf 97000 vermehrten. Auch qualitativ hatte sich das indische Element geändert, seitdem in Natal eine Reihe seiner Mitglieder zu Wohlstand gekommen waren und eine Anzahl vermögender und gebildeter Inder und Parsen sich dort niedergelassen hatten. Auf Gandhis Veranlassung war schon 1894 der Südafrikanische Indische Kongreß begründet worden, und die 1903 von ihm in Durban gegründete Wochenschrift Indian Opinion wurde zum literarischen Mittelpunkt ebenso des indischen Nationalismus wie der Abwehr indergegnerischer Tendenzen. Die Entwicklung im Transvaal, wo während und nach dem Burenkrieg zahlreiche indische Händler eingewandert waren, so daß die indische Bevölkerung sich 1904 schon auf 11005 belief, hatte inzwischen mit einem gewissen Recht die Erbitterung der Inder erregt. Denn wenn sie erwartet hatten, der englische Sieg über die Republiken werde ein Fallen der Schranken bringen, gegen die die englische Regierung doch vor dem Burenkrieg dauernd zu ihren Gunsten gekämpft hatte, so sahen sie sich jetzt maßlos enttäuscht. Die englische 309

Die Inderfrage

in den einzelnen

Ländern

Verwaltung schuf nicht nur keine Erleichterung, sondern sie verschärfte im Gegenteil noch das alte Transvaalgesetz von 1885 und führte es obendrein zum erstenmal rücksichtslos durch. Bei der Regierung in Pretoria wurde eine besondere Asiatenabteilung geschaffen, die ausgesprochen inderfeindlich war und noch vor der Verleihung des Selbstverwaltungsrechts an Transvaal scharfe Einwanderungsbeschränkungen und die Registrierung der Inder mittels Fingerabdruck vorbereitete. Gesetz wurden diese Bestimmungen allerdings erst 1907, nachdem im Jahr vorher der Transvaal Selbstverwaltung erhalten hatte. Die von Gandhi inspirierte Antwort auf solche Behandlung, die er als Betrug wertete, war der passive Widerstand, dem sich auch die im Lande vorhandenen Chinesen anschlössen. Nur wenige Inder ließen sich registrieren, aber Hunderte wanderten mit Gandhi in die Gefängnisse, und weitere Hunderte wurden ausgewiesen. Ein Erfolg war dem passiven Widerstand aber nicht beschieden, denn die Transvaalregierung blieb, so häufig sie auch als wortbrüchig angeklagt und von England und von Indien her bedrängt wurde, fest, zumal sie sich der Zustimmung nahezu aller Weißen im Lande sicher wußte. In dem übrigen Teil Südafrikas hatte bis dahin ein Inderproblem nicht bestanden. Der Oranjefreistaat hatte bereits 1891 die paar Dutzend Inder in seinem Bereich entschädigungslos ausgewiesen, und alle nach dem Burenkrieg unternommenen Versuche, ihnen hier wieder Zugang zu verschaffen, waren erfolglos geblieben. In der Kapprovinz hatte die Einwanderung von Indern erst gegen 1890 begonnen; 1891 lebten dort nur 1700 Inder. Am 1. Mai 1910 trat der South Africa Act in Kraft, der die vier bisher selbständigen Provinzen in der Südafrikanischen Union zusammenfaßte. Damit ging auch die Einwanderungsgesetzgebung für das ganze Südafrika auf die Zentralgewalt in Pretoria über. Sie hatte erneut Bedeutung gewonnen, weil nach dem Burenkrieg die Arbeiterfrage vor allem für den Witwatersrand katastrophal geworden war und von 1904 ab trotz scharfen Widerstands aus Südafrika selbst das Goldkapital stark genug gewesen war, die Einfuhr chinesischer Kulis durchzudrücken. Die mit diesen gemachten üblen Erfahrungen und die von den Chinesen am Rand bewirkte Unsicherheit für Leben und Eigentum, schließlich auch die widerliche lasterhafte Lebensführung der Chinesen machten bereits von 1905 ab die Chinesenfrage zum brennenden politischen Problem, bei dem es zwischen Goldkapital und Südafrikanertum einen Kompromiß nicht geben konnte. In dem Kampf zwischen Afrikanertum und Goldinteressenten blieb jenes schließlich Sieger. Vom Januar 1907 bis Dezember 1908 wurde die Zahl der Chinesen von 54 000 auf 12 000 herabgedrückt, während es gleichzeitig gelang, die Zahl der eingeborenen Arbeiter von 94 000 auf 150000 zu bringen, und schon im März 1910 wurde der letzte chinesische Kuli aus dem Goldgebiet heimgesandt. Aber gerade dieser scharfe Kampf hatte den Boden bereitet, um den Widerstand gegen jedes Asiatentum zu verstärken mit dem Ziel, Südafrika womöglich völlig von ihm zu befreien. Übertrie310

Die Südafrikanische

Union

bene Befürchtungen von einer großen natürlichen Vermehrung der südafrikanischen Inder sprachen dabei mit, und so fielen die Bestimmungen des Unionsgesetzes von 1913, das die Einwanderung grundsätzlich regelte, scharf genug aus. Gandhi hatte es zwar erreicht, daß Inder, die nur vorübergehend Südafrika verlassen hatten, grundsätzlich zurückkehren durften und daß die Gebildeten von dem erniedrigenden Identitätsnachweis durch Fingerabdrücke befreit wurden, aber insgesamt blieben seine Anstrengungen zum Scheitern verurteilt. Der ursprüngliche Gesetzentwurf zielte auf „Inder und andere Asiaten", eine Formulierung, die die namentlich am Rand zahlreichen und einflußreichen Juden nervös machte und mobilisierte, so daß man schließlich zur Genugtuung auch der Inder auf Rat von London her von der Aufzählung besonderer Bevölkerungsgruppen absah. Das jetzt noch gültige Gesetz verlangt in seiner schließlichen Fassung von jedem Einwanderer den Nachweis eines geringen Wissens einer europäischen Sprache, bevollmächtigt aber den Minister des Innern ganz allgemein — und darin lag die Waffe gegen das Indertum — solche Personen oder Personengruppen von dem Betreten südafrikanischen Bodens auszuschließen, die aus wirtschaftlichen Gründen oder wegen ihres Lebensstandards oder ihrer Lebensgewohnheiten für die Südafrikanische Union „unerwünscht" sind. Bei der Rassenauffassung der Südafrikaner bedeutete das ein nahezu völliges Verbot jeder indischen Einwanderung, obwohl der Gesetzestext davon äußerlich nichts erkennen ließ. Gesichert blieb als Ausnahme lediglich das Recht der Einwanderung einer beschränkten Zahl gebildeter Inder und der Frauen und Kinder der bereits in der Union Ansässigen. Darüber hinaus verbot das Gesetz mit geringen Ausnahmen die indische Freizügigkeit von einer Provinz zur anderen. Ein Urteil des Richters Searle vom Obergericht des Kaplandes machte die Ausnahmebestimmungen von 1913 aber wieder weitgehend illusorisch, denn es sprach den meisten Inderehen in Südafrika die Rechtsgültigkeit ab, da sie nicht streng monogam seien, weil weder Hindus noch Mohammedaner ein Verbot der Vielehe kennten. Selbst wenn ein Inder nur e i n e Frau habe, ändere das an dem Grundsatz nichts. Die Folge dieses Urteils mußte natürlich sein, daß jede ihrem Manne nachreisende Frau mit ihren —• dem Urteil nach illegitimen — Kindern von der Einwanderungsbehörde zurückgewiesen zu werden drohte. Gandhi spricht in seinem Satvagraha nicht nur von der Ungerechtigkeit der Südafrikaner, sondern geradezu von ihrer Falschheit, ein Urteil, an dem etwas Richtiges selbst dann bleibt, wenn man annimmt, daß die dem indischen Politiker Gokhale nach dessen Angaben 1912 von den südafrikanischen Behörden gegebenen beruhigenden Zusicherungen mißverstanden worden sind. Andererseits war dem Vorgehen der südafrikanischen Behörden nicht abzusprechen, daß es mehr oder weniger zwangsläufig war. Wenn bereits seit 1895 Maßnahmen zur Zwangsrepatriierung der Inder vor allem in Natal ermöglicht waren, unter denen bis 1913 an 36000 heimgesandt waren, mußte die Union logischerweise mit allen Mitteln einen neuen Zustrom verhindern. Jedes andere 311

Die Inderfrage

in den einzelnen

Ländern

Verfahren hätte allen historischen und sozialen Grundsätzen der weißen Bevölkerung ins Gesicht geschlagen, und jede anders handelnde Regierung wäre bei der allgemeinen Einstellung der Weißen in Rassenfragen unmöglich geworden. Schließlich richtete sich die Gesetzgebung ja nicht in Sonderheit gegen die Inder, sondern gegen jeden rassischen Fremdkörper. Demgegenüber konnten die Inder wieder mit Recht einwenden, sie seien britische Untertanen. Viele von ihnen waren geborene Südafrikaner. Sie hatten im Burenkrieg und im Kampf gegen die Sulus dem englischen Heer unter Gandhis Führung loyale Dienste als Ambulanzen erwiesen und waren weitgehend bereit, den nun einmal gegebenen südafrikanischen Gewohnheiten Rechnung zu tragen. „ W a s wir fordern, ist wenig. Nicht nach politischer Macht verlangen wir. W i r erkennen an, daß Südafrika auf billige Arbeitskräfte angewiesen ist, von w o sie auch immer kommen mögen. Alles, was wir wollen, ist Freiheit für diejenigen von uns, die bereits in Südafrika ansässig sind, Freiheit des Handels, Freizügigkeit und das Recht, Grundeigentum nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften erwerben zu dürfen. Und weiter wollen wir Abschaffung der Gesetze, die uns nur deshalb disqualifizieren, weil wir brauner Hautfarbe sind", hatte es 1904 in einer Denkschrift der Johannesburger Indian Association geheißen. Gandhi stand nicht allein, sondern hatte einen einflußreichen Anhang auch unter den Weißen, bezeichnenderweise vor allem unter den jüdischen Südafrikanern. Genannt seien Polak, der aus Memel stammende jüdische Architekt Kallenbach, der während des indischen Widerstandes zu Gefängnis verurteilt wurde und für Gandhi die Gemeinschaftssiedlung Tolstoi gründete, Fräulein Schesin und andere. Die Zahl der Inder, die wirklich wußten, um welches Spiel es ging, war bei ihrem erziehungsmäßigen und sozialen Tiefstand dagegen gering. Bei etwa 20000 Indern, die des Lesens und Schreibens kundig waren, hatte die Indian Opinion nur 3500 Bezieher, und Gandhi selbst veranschlagte mit der ihm eigenen verblüffenden Offenheit 1912 Gokhale gegenüber die Zahl der wirklich Entschlossenen auf „höchstens 66 und mindestens 16". Finanzielle Träger des Kampfes waren neben Gandhi selbst und Kallenbach ein Reihe vermögender Natal-Inder und -parsen. Das Einwanderungsgesetz von 1913 löste den passiven Widerstand, der sich 1911 verlaufen hatte, erneut und mit aller Schärfe aus. An der Spitze von 2700 „Pilgern", zum Teil indischen Bergarbeitern aus den Steinkohlengruben Natals, überrannte Ende 1913 Gandhi die Grenze, um mit diesem offenen und gewaltsamen Bruch der Einwanderungsbestimmungen Transvaals die Behörden zu zwingen, Farbe zu bekennen. Er wurde mit zahlreichen anderen, unter ihnen Kallenbach, verhaftet, die übrigen wurden nach Natal zurückgedrängt, w o es inzwischen zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und streikenden indischen Bergleuten gekommen war. Gandhi erreichte mit seiner „civil disobedience" seinen Zweck insoweit, als er erneut der W e l t die südafrikanischen Inder als Märtyrer vorführen konnte und damit die Aufmerksamkeit Indiens und Londons erzwang. Der Vizekönig von Indien gab der

312

Die

Südafrikanische

Union

„tiefen und brennenden Sympathie" Indiens für die südafrikanischen Volksgenossen Ausdruck, und selbst unter den Weißen an Ort und Stelle wuchsen die Stimmen, die zu einer versöhnlichen Haltung rieten. Das Ministerium BothaSmuts war einsichtsvoll genug, nicht den Eindruck der Sturheit zu provozieren, und so kam dann trotz des Widerstrebens vor allem Natals und des Oranjefreistaats 1914, nachdem eine Untersuchungskommission unter Beteiligung des Vertreters des Vizekönigs von Indien die Dinge geklärt hatte, ein Abkommen zwischen Smuts und Gandhi zustande, das im Grunde genommen zwar alles beim alten ließ, aber den Satyagrahisten in zwei Punkten entgegenkam, die für sie zur Ehrensache geworden waren: die Aufenthaltsgebühr von 3 £ , die in Transvaal schon früher beseitigt war, fiel in Natal, und weiterhin wurde die Rechtsgültigkeit indischer Ehen für Südafrika anerkannt. Das Abkommen hatte allerdings kaum mehr Bedeutung als ein Waffenstillstand, und Gandhi deutete dies in einem Brief an Smuts vom 30. Juni 1914 unverblümt an, indem er schrieb: „Gewähr für völlige Ruhe kann erst dann erfolgen, wenn der indischen Bevölkerung alle bürgerlichen Rechte gegeben sind." Die bald darauf erfolgende endgültige Heimkehr Gandhis nach Indien und der Ausbruch des Weltkrieges rückten die Inderfrage zunächst wieder einmal in den Hintergrund. Seit der Reichskonferenz von 1917 hörte die Inderfrage nicht auf, eins der heißesten Eisen in der Innenpolitik des britischen Imperiums zu sein. Neuseeland, Australien und Kanada hatten es leicht, den indischen Wünschen, die sich mit denen Londons weitgehend deckten, zu entsprechen, weil in diesen Dominien Inder keine Rolle spielten. Anders aber die Südafrikanische Union, für die es sich allmählich um eine Lebensfrage handelte, zumal dort seit 1911 keine Volkszählung mehr stattgefunden hatte und die öffentliche Meinung der Auffassung zuneigte, die Zahl der Inder habe sich ungemessen vermehrt und es seien während des Weltkrieges zahlreiche Inder gesetzwidrig ins Land gekommen. Dazu kam das durch die Kriegserfolge, die Eroberung DeutschOstafrikas und Deutsch-Südwestafrikas gesteigerte Selbstbewußtsein der Südafrikaner, deren politische Vertreter sich immer mehr in den Gedanken hineinlebten, die gegebenen Hüter und Schützer abendländischer Zivilisation im ganzen Afrika südlich des Äquators zu sein. Das bedeutete aber im südafrikanischen Sinne verstärkte Geltendmachung des weißen Übergewichts über alle anderen Interessen und rücksichtslose Durchsetzung des weißen Rassestandpunktes. Wieder war es Transvaal, das den Stein ins Rollen brachte. Durch Gesetz von 1908 waren hier „farbige Personen" in den Bergbaugebieten weitgehend von dem Niederlassungs- und Bodenbesitzrecht ausgeschlossen worden. Da der gesamte Rand in diesem Sinne Bergbaugebiet war, hatten die Inder zu dem Mittel gegriffen, Besitz durch vorgeschobene Strohmänner zu erwerben oder Gesellschaften zu gründen, auf die das Gesetz von 1908 zwar vielleicht seinem Sinn, aber niemals dem Wortlaut nach anwendbar war. Ein 1918 aus solchen Umgehungen anhängig gewordener Rechtsstreit gab Veranlassung 313

Die

Ind e r f t ag e in den

einzelnen

Ländern

zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, und auf dessen Empfehlung hin erging ein Jahr darauf ein Gesetz, das die Ausgabe neuer Handelserlaubnisse in dem Bergbaugebiet verbot und der Tarnung indischen Bodenbesitzes für die Zukunft ein Ende machen sollte. Für die Inder war das ein schwerer Schlag, denn wie sich bei der Volkszählung von 1921 ergab, stellten sie im Transvaal von insgesamt 16000 zugelassenen Händlern nicht weniger als 5816. Sie planten sogar einen Hilferuf an den Völkerbund, wobei sie von der nicht unrichtigen Einstellung ausgingen, daß das, was Ostjuden, Griechen usw. ohne weiteres erlaubt sei, ihnen als britischen Untertanen doch unmöglich verwehrt werden könne. Aber ihre Einsprüche blieben erfolglos, und die offene Weigerung Südafrikas auf der Reichskonferenz von 1921, die Gleichberechtigungsansprüche Indiens anzuerkennen, ließ 1922/23 auch Natal einen Schritt weitergehen, indem es durch Provinzialgesetz den weiteren Verkauf oder die Verpachtung von städtischem Grundbesitz an Inder verbot. Smuts sprach es auf der Reichskonferenz von 1923 zu einer Zeit, als der Kampf inKenya auf seinem Höhepunkt war, offen aus: „Für Südafrika, für das weiße Südafrika, handelt es sich nicht um den Begriff ,Würde', sondern um eine Lebensfrage." So gingen die Beschränkungen weiter: Natal hob 1924/25 das Wahlrecht der Inder zu den städtischen Körperschaften auf, nachdem es bereits 1897 das bis dahin unbestritten gewesene Wahlrecht der Inder zum Legislativrat beseitigt hatte, und es ließ sich darin auch durch ein schwaches Veto der Zentralregierung nicht stören. Transvaal schränkte 1926 die Erteilung von Handelslizenzen weiter ein. Der Druck der öffentlichen Meinung wie auch der Geschäftsneid machten die Verweigerung der Handelslizenzen zu einer gewaltigen und schneidigen Waffe im unterirdischen Kampf gegen das Indertum. Vor einer Untersuchungskommission sprach es der staatliche zuständige Beamte von Durban 1921 offen aus: „Die Gewährung der Lizenz an einen Weißen ist eine Selbstverständlichkeit, aber es ist auch eine Selbstverständlichkeit, daß eine neue einem Inder nicht gegeben wird." Derselbe Beamte erklärte vier Jahre später, solcher Praxis sei es zu danken, wenn in wichtigen Geschäftsvierteln Durbans die Segregation durchgeführt sei. Natal ging 1935 sogar so weit, ausdrücklich die Versagung einer Handelserlaubnis zu verfügen, wenn eine solche benachbarte Grundstücke im Wert zu mindern geeignet sei. Theoretisch besteht hier wie in Transvaal, wo eine ähnliche Lizenzpolitik getrieben wird, zwar die Möglichkeit, Beschwerden und Berufungen gegen die Nichtgenehmigung von Lizenzen bei höherer Stelle einzulegen, in der Praxis aber bleibt dieses Recht für die Mehrheit der Inder auf dem Papier. Ähnlich wie in Kenya verkaufen die Städte in Natal auch an Weiße Grundstücke häufig nur mit der Auflage, sie nicht an Asiaten weiter zu veräußern. Mittlerweile hatte auch die Zentralregierung das Inderproblem wieder aufgegriffen und 1924 die Class Areas Bill eingebracht, die den Stadtverwaltungen die Ermächtigung geben sollte, den Segregationsgedanken durch Schaffung von besonderen Wohn- und Handelsvierteln für solche „Nichteingeborenen" 314

Die

S ü d a f r i k a n i s c h e

Union

zu verwirklichen, die gemeinsame charakteristische Rassemerkmale haben. Das Wort „Inder" war vermieden, aber in der Sache richtete sich der Entwurf doch ausschließlich gegen sie. Ihre Erbitterung war deshalb verständlich. Der Sturz Smuts' durch Hertzog verzögerte das Gesetz zunächst, und erst 1936 brachte die Regierung es in verschärfter Form ein. General Hertzog drückte den Zweck des Gesetzentwurfs deutlich genug dahin aus, daß er erklärte, er sei bestimmt, „den Druck auf die Inder zu verstärken, um sie zum Verlassen des Landes zu bewegen". Die Proteste der Inder hatten ihre Wellen wiederum bis nach Indien geschlagen, das eine Untersuchungskommission entsandte. 1926 reiste außerdem eine südafrikanische Delegation nach Indien, und beide Ereignisse waren es offenbar, die zu der Kapstädter Round-Table-Konferenz von 1926/27 führten, die hinter verschlossenen Türen tagte, weil weder die indische noch die südafrikanische Regierung ein Interesse daran hatte, die Angelegenheit der Gefahr auszusetzen, durch eine parlamentarische Behandlung diesseits und jenseits des Ozeans noch mehr verwirrt zu werden. Das am 11. Januar 1927 unterzeichnete Kapstädter Abkommen besagte allerdings praktisch wenig genug, wenn die südafrikanische Regierung auch auf die weitere Behandlung der Class Areas Bill zunächst verzichtete. Im übrigen war deren Sieg unbestreitbar, auch wenn sie klug genug war, ihn nicht an die große Glocke zu hängen. Denn allen Ideologien der Reichskonferenzen zum Trotz erkannte die indische Regierung grundsätzlich das Recht der südafrikanischen an, alle zweckmäßigen und gesetzlichen Mittel zur Erhaltung eines abendländischen Lebensstandards in Südafrika anzuwenden. Insoweit Inder in Südafrika sich solchem Standard anzupassen bereit und in der Lage waren, sollte ihnen kein Stein in den Weg gelegt werden. Indern aber, die dazu nicht imstande seien, sollte auf ihren Wunsch die Möglichkeit zur Abwanderung nach Ländern ohne westliche Lebensführung gegeben werden, und zwar mit finanzieller Beihilfe der Union. Die indische Regierung verpflichtete sich zur Unterstützung solcher Rückwanderer bei ihrer Heimkehr nach Indien. Die Einwanderung von Frauen und minderjährigen Kindern derjenigen Inder, die einen dauernden und festen Wohnsitz in der Union hatten, sollte erleichtert werden. Schließlich wurde in Aussicht genommen, daß die indische Regierung eine dauernde Vertretung in Südafrika zu unterhalten habe, um das weitere Zusammenwirken der beiden Regierungen in der Inderfrage zu sichern. Als erster Vertreter wurde bald darauf der indische Politiker Sastri ernannt. Die Hoffnungen, die die südafrikanische Regierung auf die Repatriierungsbestimmungen setzen mochte, erwiesen sich allerdings als vergeblich, denn obgleich sie dem Rückwanderer neben freier Überfahrt einen Bonus von 20 £ gewährte, machten in den Jahren 1927 bis 1935 nur rund 15000 Inder von dieser Möglichkeit Gebrauch, kein Wunder angesichts der Tatsache, daß zu dieser Zeit schon 80 v. H. aller in der Union Lebenden dort geboren, den heimischen Verhältnissen Indiens also bereits weitgehend entfremdet waren. So kam die Regierung bei der zweiten Kapstädtischen südafrikanisch-indischen 315

Die

Iiiderfrage

in

den

einzelnen

Ländern

Konferenz im Jahre 1932 bereits zu dem Schluß, daß die Möglichkeiten der mit ihrer Beihilfe eingeleiteten Auswanderung praktisch erschöpft seien*. Um aber doch etwas zu unternehmen, wurde ein gemischter südafrikanisch-indischer Ausschuß mit dem Ziel gebildet, gemeinsam nach geeigneten neuen Auswanderungsländern sowohl für südafrikanische Inder wie auch für Indien selbst zu suchen. 1934 erstattete der Ausschuß seinen Bericht und empfahl die Auswanderung nach Britisch-Guayana, Britisch-Neuguinea und Britisch-Nordborneo. Praktische Folgen hat dieser Bericht bis zur Stunde aber nicht gehabt. Eine Reihe von Erleichterungen hat die Kapstädter Konferenz von 1927 den Indern auf dem Erziehungsgebiet und hinsichtlich der hygienischen Verhältnisse in den Slums von Durban usw. gebracht. Darüber hinaus haben Gesetze von 1932 und 1936 die Möglichkeit gegeben, Ausnahmen von dem Gesetz von 1908 über das Verbot des Grundstückserwerbs in den Bergbaugebieten von Transvaal zuzulassen. W i e wenig aber derartiges Entgegenkommen als Anzeichen eines grundsätzlichen Ideenwandels zu werten ist, geht aus der Behandlung der Inder hinsichtlich des Wahlrechts zum südafrikanischen Parlament hervor. Der South Africa Act hatte es dem gemeinsamen Beschluß von Unterhaus und Senat überlassen, zu gegebener Zeit das Wahlrecht allgemein zu regeln mit der Einschränkung, daß eine Änderung des Wahlrechts im Kapland im Sinne einer Disqualifizierung aus Rassen- oder Farbengründen nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen könne. Bis zum Erlaß der Gesetze von 1930/31, die das Wahlrecht zum Parlament und zu den Provinzialparlamenten allen erwachsenen männlichen und weiblichen weißen Unionsangehörigen gaben und den Nachweis von Bildungs- und Materialbesitz, wie er bis dahin im Kapland, nicht aber in den anderen Provinzen gefordert wurde, beseitigten, regelte sich die Materie nach den bis dahin gültigen alten Vorschriften, wie sie vor Entstehen der Union in den einzelnen Provinzen in Kraft gewesen waren. Soweit jetzt noch ein Wahlrecht für Nichtweiße besteht, gilt es nur für erwachsene Männer und ist durch sehr einschränkende Besitz- und Beschäftigungsbedingungen nahezu zunichte gemacht. Transvaal und der Oranjefreistaat hatten ein nichtweißes Wahlrecht nie gekannt. Natal hatte es im Grundsatz schon 1897 beseitigt, und nur noch in der Kapprovinz spielt es eine wenn auch geringe Rolle. Die Zahl der asiatischen Wahlberechtigten hier und in Natal nahm von 1921 ab folgenden Verlauf:

1921 1929 1937

Natal 45

16 8

Kapprovinz 2429 1737 1462

* In den Jahren 1928—1937 hat die Union für Repatriierungen rund 225000 £ aufgewandt.

316

Die

Südafrikanische

Union

Um den Gang der Darstellungen nicht zu unterbrechen, mußte bisher auf statistische Angaben verzichtet werden. Sie mögen deshalb, soweit erforderlich, hier ihren Platz finden. Einleitend ist dabei zu bemerken, daß die amtliche südafrikanische Statistik im allgemeinen Europäer (Weiße), Asiaten, Coloureds und Bantu unterscheidet. Mit ganz geringen Einschränkungen kann Asiaten = Inder gesetzt werden*, denn die Malaien im Kapland fallen unter den Begriff Coloureds, und die wenigen Chinesen, Araber usw. vermögen das Bild nicht zu beeinflussen. Um die bisherigen historischen Schilderungen zahlenmäßig zu belegen, sind nach Möglichkeit auch die Bevölkerungsziffern aus der Zeit vor der Vereinigung der vier Provinzen (1910) herangezogen worden, und um einen Vergleich zu gestatten, werden auch die Zahlen der Weißen angeführt. Es ergibt sich dann folgendes Bild:

Kapland

Jahr

Weiße

Natal

Inder

Weiße

1700

46 788

Inder

Transvaal Weiße

Inder

1904 579741 10242

? 41 142 119128t 97109 100918 297277 11321

1911 582377

7 664

98114 133420 420562

1921 650609

7696 ?

1936 791574 10508

1891 376789

1931 749231

Oranje Weiße

Insgesamt

Inder

Weiße

Inder

77716t 142 679

?

620421

253

1116806

122 734

11012

175189

107

1276242

152203

136838 141649 543485 ? 177 449 696120

15991 ?

188556 205375

395 t t "1519488 ? 1828175

190549 183661 820756

25493

200978

29

2003857

165731 191400(?) 219691

Ein Zeichen dafür, wie sehr der indische Bevölkerungsteil Südafrikas seinen spezifisch auswanderungsmäßigen kolonialen Charakter unter dem Einfluß der Einwanderungsbeschränkungen verloren hat, ist die starke verhältnismäßige Zunahme des weiblichen Anteils. Im Kapland entfielen beispielsweise 1891 auf 1395 männliche nur 395 weibliche Inder, 1936 dagegen war das Verhältnis 6677:3831. Noch schärfer tritt das im „indischsten" Teil Südafrikas, in Natal, in Erscheinung. Hier war das Verhältnis 1891 25686 zu 15456, 1936 aber 93073:86 588. In Transvaal entfielen 1904 nur 1522 weibliche auf 9799 männliche Inder, 1936 aber 10114 auf 15379. W i e wenig Ein- und Auswanderung den Bestand des Indertums gegenwärtig zu beeinflussen vermögen, ergibt sich aus nachstehender Aufstellung, die nur diejenigen Asiaten erfaßt, die zu dauerndem Aufenthalt in die Union einwanderten, und diejenigen, die sie für dauernd verließen.

* Die Zählung von 1936 nimmt an, daß etwa 2 v. H. der Asiaten Nichtinder sind (Japaner, Chinesen usw.). t

1890.

f f Die Zahl ist falsch, weil u. a. Syrer usw. hier eingereiht sind, die 1936 bei den Weißen gezählt wurden.

317

Die Inderfrage

1930 1931 1932 1933 1934 1935 1936 1937

in den einzelnen

Ländern

Ankommende:

Abreisende:

1118 831 625 505 744 845 918 1021

1050 2011 2972 1556 910 601 660 395

1924 hatten noch 3081 Ankommende 4107 Abreisenden gegenübergestanden. Wenn von den ansässigen Indern 1911 erst 42 v. H. in der Union geboren waren, so stieg deren Anteil bis 1921 auf 67 v. H. Über die religiöse Gliederung liegen nur unzulängliche Zahlen vor. Für 1911 werden 115 580 Hindus gegenüber nur 20892 Mohammedanern angegeben, wobei die ersteren vorzugsweise auf Natal, die letzteren auf Transvaal und die Kapprovinz entfallen. Wenn sich das Verhältnis zugunsten der Mohammedaner bis 1921 auf 1 0 9 2 6 1 : 4 9 936 verschoben hatte, so spricht sich darin auf der einen Seite das Erlöschen der von den Hindus geleisteten Kontraktarbeit und auf der anderen Seite die Vergrößerung des mohammedanischen Händlertums aus. Das Indertum ist, insbesondere in seinem händlerischen Teil, auch in der Union weitgehend ein städtisches Problem. In den inderreichsten Orten (ohne die Vororte) entwickelte es sich von 1921 bis 1936 folgendermaßen: 1921 Transvaal: Johannesburg Pretoria Natal: Durban Pietermaritzburg Kapprovinz: Kapstadt Pt. Elizabeth

.

1936

Weiße 1936

6229 1757

10338 2714

252 718 68431

51782 6944

79461 8731

88062 21865

2 481 1329

3759 2 380

151635 48608

Leider hat die Statistik die berufsmäßige Gliederung der Inder vernachlässigt. Die Erhebungen von 1911 und 1921 sind insoweit nicht vergleichbar, weil sie jedesmal eine andere Berufseinteilung anwenden und die von 1921 überdies nur die über 15 Jahre alten Inder erfaßt. Die Volkszählung von 1936 ist hinsichtlich der Berufe noch nicht aufgearbeitet. Unter diesen Umständen ist die nachstehend wiedergegebene Berufsaufzählung für 1921 nur mit Vorbehalt zu verwenden:

318

Die

Südafrikanische

Kapprovinz

Beruf

Union

Natal

Transvaal

Oranje

I'n inn insgesamt

Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen Fischerei Landwirtschaft

....

Industrie werbe

Ge-

und

Transport und Verkehr öffentliche tung



131

2



18903

1766

284

7

6

8

3

Freie Berufe Nicht erwerbstätig







359

13

6326

134

518

471

_

2918

21

58

_

9

, ,

4269

55

Verwal-

Handel

Unbestimmt

9 68

13 2273 24

, 64 —

732

806

67

10

261

,

5304

406

364

72

57

7099 27 889

1458

2003

120

4

7486

613





140

2



19261

1773

7206

155 21

1

_

3448

3



11849

525

445

72

283





29

11



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Die Beschäftigungsmöglichkeit für die Inder nimmt ab, wie auch der Ausschußbericht von 1934 feststellt, und selbst die Zahl der auf den Zuckerpflanzungen Natals bei sehr kümmerlichen Löhnen tätigen Arbeiter wird geringer, ebenso wie die Zahl der bei dem größten Arbeitgeber, der Bahn, Beschäftigten. Das gleiche gilt für den Bergbau, wo der Inder mit Ausnahme des Kohlenbergbaus in Natal nie eine Rolle gespielt hat. Im Gold- und Diamantenabbau waren 1937 nur 169 Asiaten tätig, während der Kohlenabbau immerhin noch 634 = 0,14 v. H. aller daran Beteiligten zählte. Der gesamte asiatische Anteil an der Zahl der in allen Minenbetrieben Tätigen betrug im gleichen Jahr nur 0,19 v. H. Bei dem verhältnismäßig großen Anteil der Asiaten an der Landwirtschaft, vor allem in Natal, ist zu berücksichtigen, daß die Zahl der dort tätigen selbständigen indischen Zuckerpflanzer nur 700 beträgt, von denen ein erheblicher Teil nur Kleinstbetriebe bewirtschaftet. Die Gesamtzahl der selbständigen indischen landwirtschaftlichen Betriebe in Natal wird für 1926 mit 2545 angegeben*. Auch in Industrie und Gewerbe, wo sich die Inder in halbgelernten Stellungen ein Tätigkeitsgebiet zu schaffen schienen, hat sich der Arbeitsmarkt für sie immer mehr verknappt, so daß es nicht verwunderlich ist, wenn unter den Indern eine verhältnismäßig große Arbeitslosigkeit herrscht. Da sowohl der Südafrikanische Indische Kongreß wie auch die Vereinigung der in Südafrika geborenen Inder jede Unterstützung der Pläne auf Absiedlung, wie sie der * Die Lage der Natal-Inder ist besonders gedrückt. Beispielsweise lagen 1928 die Löhne für indische Landarbeiter monatlich bei 10 bis 15 sh für Männer und für F r a u e n bei 5—7,6 sh. Die Monatslöhne der indischen Minenarbeiter in den Kohlengruben betrugen gleichzeitig nur 49.6 sh, während sie sich im Transvaal und in der Kapprovinz auf 125 sh beliefen. Vergleichsweise betrugen die weißen Bergarbeiterlöhne in Natal 22—30 sh je Schicht und die Löhne ungelernter Eingeborener und Coloured-Arbeiter in Durban zwischen 16 und 29 sh die Woche.

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Die

Inderfrage

in

den

einzelnen

Ländern

Bericht von 1934 vorschlug, ablehnt, ist insoweit kein Ausweg aus einer anscheinend hoffnungslosen Lage erkennbar. Der tiefere Grund für die schwierige Lage des Teils der indischen Bevölkerung, der auf Lohnarbeit angewiesen ist, liegt, abgesehen von der instinktiven Abneigung gegen das Indertum überhaupt, natürlich in der weißen Arbeitspolitik begründet, die unter den Stichworten „Colour Bar" und „Civilized Standard" Eingeborene von gelernter und halbgelernter Arbeit ausschließt, um solche Arbeitsplätze zu „weißen" Löhnen Weißen vorzubehalten. Wenn die Colour Bar theoretisch auch die Rechte der Asiaten nicht berührt, so ist bei der Eifersucht, mit der die weißen Gewerkschaften darüber wachen, daß jeder geeignete Posten mit einem Weißen besetzt wird, die Bewegungsfreiheit der Inder doch um so geringer, als sie noch mit dem Wettbewerb der ihnen zahlenmäßig weit überlegenen Coloureds, der Mischlinge, zu kämpfen haben, deren Lohnniveau im allgemeinen zwischen dem weißen und dem eingeborenen liegt. Indische Gewerkschaften sind erst in Verfolg des Kapstädter Abkommens von 1927 anerkannt worden, ohne aber Bedeutung erlangt zu haben. Für die Schwierigkeiten, die dem Inder auf der Suche nach einem Be* tätigungsfeld entstehen, ist kennzeichnend ihre geringe Anzahl in der öffentlichen Verwaltung und in gelehrten Berufen. Wenn Indians Abroad Directory für 1933 angibt, daß in der ganzen Union nur 8 indische Ärzte und 5 indische Anwälte vorhanden seien, so ergibt sich daraus die schwierige Lage auch der gebildeten indischen Schichten. Für Erziehungszwecke ist seit dem Kapstädter Abkommen zwar etwas mehr getan, vor allen Dingen in Natal, ohne daß die vorhandenen Quellen aber nach dieser Richtung volle Klarheit geben, weil die Statistik über das Bildungswesen die 770000 Coloureds zusammen mit den Asiaten als Einheit behandelt. Das ursprünglich aus 20 000 £ freiwilligen Beiträgen der Inder errichtete und 1929 eröffnete Sastri College in Durban und eine neuerdings eröffnete höhere Schule für Inder und Coloureds in Johannesburg sind die wesentlichen Mittel der höheren Bildung für Inder. Von den 944 000