Die heutige Bedeutung von Raum und. Rohstoffen

175 24 5MB

German Pages 24 Year 1937

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die heutige Bedeutung von Raum und. Rohstoffen

Citation preview

Die heutige

Bedeutung von

Raum und. Rohstoffen

VonReiclisleiter

General

, Reichsstattlialter

Ritter

von Eon

Rede , gehalten Vereinigung

vor der Schwedisch , Stockholm

- Deutschen

, am 21 . Oktober

1937

Die heutige Bedeutung Raum und Rohstoffen

von

Unsere Zeit ist politisch besonders dadurch gekennzeichnet, daß allseitig Versuche für notig erachtet werden , der Welt , insbesondere Europa , den Frieden zu sichern . Neben den spärlichen Taten , diesem Frieden Grundlagen zu ver¬ schaffen, bestehen zahllose theoretische Erörterungen , die auf das gleiche Ziel zustreben oder zuzustreben scheinen. Eines der vorherrschenden Themata dieser weltweiten Diskussion ist ,,Deutschlands Kolonialfrage “ ; eine inter¬ nationale Beschäftigung mit der deutschen Forderung nach Rückgabe seines kolonialen Eigentumes und der Forderung nach endgültiger Wiedergutmachung des Unrechtes von Versailles. Warum ist gerade dieses Thema der Mittelpunkt der öffentlichen Erörterung , nicht nur der Länder , die deutsches überseeisches Eigentum in der Form des Mandats ver¬ walten ? Warum reagiert die Weltöffentlichkeit gerade hier mit einer Flut von Vorschlägen zur Lösung, wenn auch vor¬ erst nur von nichtamtlicher Seite? Warum basieren selbst solche Stimmen, die eine Rück¬ gabe der Kolonien an Deutschland ablehnen , auf dem Zu¬ geständnis , daß eine ,,brennende Frage “, „ein bedeutsames Problem “ vorliegt? Einfach und allein deswegen, weil Tatsachen sich nicht wegreden lassen ; weil dem bestimmten oder unbestimmten 3

Gefühl von einer bestehenden , dem Geist von Versailles entstammenden , schwerwiegenden Gleichgewichtsstörung in der Welt ein bewußtes oder unbewußtes Reagieren ent¬ spricht . Weil das Gewissen schlägt ! Hier muß etwas ge¬ rechtfertigt oder verteidigt werden. der öffent¬ Betrachten wir nur wenige Stimmen Zeit: allerletzten der Meinung lichen Am 22. August d. J. schreibt die britische Zeitung ,,Ob Server“ u. a.: . . . Alles , was seit Versailles geschehen ist, ist die Folge von Versailles . . . Wenn wir wirklich den Frieden wünschen , muß unser erster Schritt notwendigerweise der sein, alles das ungeschehen zu machen, was an Ungerech¬ tigkeit 1919 geschehen ist . . .“ Am 4. September schreibt die Londoner ,,D a i 1y Mail “ : ,, . . . Deutschland will seine früheren Kolonien wieder haben. Das ist kein unnatürlicher Wunsch für ein starkes 68-Millionen -Volk, und Deutschlands Wünsche verdienen muß etwas des Friedens Beachtung . . . Im Namen unternommen werden !“ Das d“ ,,UtrechtschDagbla schreibt am 12. September : ,,Nach Wiedererstattung seiner Kolonien könnte Deutschland ohne jeden Zweifel die wirt¬ schaftlichen und politischen Schwierigkeiten der Welt ver¬ mindern .“ Das Blatt zitiert einen Ausspruch des englischen Premierministers von 1885 vor dem Unterhaus : ,,Wenn Deutschland Kolonialmacht werden soll, so kann ich dazu nur sagen, Gott möge geben, daß es dieses bald wird . Es wird so unser Bundesgenosse und Helfer in den großen 4

Plänen der Vorsehung zum Dienst der Menschheit ." Die Zeitung meint : „Diese Worte sind würdig , gegenwärtig ein neues Echo in London zu finden." Der Hohe Kommissar der Südafrikanischen Union in London, Te Water, sagte am 14. September in einem Interview : „Der Frage der deutschen Kolonien kann man nicht entrinnen . Sie bleibt ein wunder Fleck , und die europäischen Staatsmänner müs¬ sen den Mut haben , ihr unmittelbar in die Augen zu sehen. ist jedenfalls dazu bereit ." Südafrika Und der südafrikanische Ministerpräsident Hertzog General sagte am 28. September 1937 in Pretoria: „Der Sieger von 1919 kann sich noch immer nicht von der Einbildung befreien , daß der Sieg von 1919 ihm eine Art von geheiligten Rechten gibt, noch im Jahre 1937 und in der Zukunft gehorsame Unterdrückung von jenen zu ver¬ langen, die durch die Bestimmung des Friedensvertrages nieder gehalten wurden , an den sich die europäischen Völker niemals ohne Gefühl von Widerwillen und Abscheu erin¬ nern . . . Es ist ganz klar , daß der nächste Krieg ein Kind des Vertrages von Versailles sein wird , wenn nicht ein grundsätzlicher Umschwung im Denken der europäischen Führer Platz greift." Das „Neuseeländische Institut für internationale Angelegenheiten" (The New Zealand Institute of International Affairs ) sagt in einer soeben erschienenen Broschüre , die sich für die Rückgabe Samoas an Deutschland einsetzt : „Deutschland 5

gehört zu den Habenichtsen . Es ist die einzige große Macht, die noch ein Habenichts ist. Es wird keine Beruhigung in der

Welt geben ohne eine Befriedigung des deutschen Kolonial¬ anspruchs .“ Solche Stimmen lassen sich sehr zahlreich aneinander¬ reihen. Wäre Deutschlands Kolonialforderung nur eine Forde¬ rung der Willkür , wäre sie ein bloßer Deckmantel für unbe¬ rechtigtes Machtstreben , die Weltöffentlichkeit würde nicht an der Lösung der Frage herumdeuten , wenn sie sich bei näherem Hinsehen als bloßer Schein erwiese. Biologisch gesehen gründet sich Deutschlands Kolonial¬ forderung auf die natürliche Erkenntnis , daß die Lebens¬ möglichkeiten jeden Volkes zunächst in den Kräften seines Raumes liegen und dann in dem, was Fleiß und Können seiner Menschen aus dieser Bodenpotenz schaffen. Fleiß und Können sind auf die Dauer wertlos oder erhalten eine sehr bedingte Bedeutung , wenn die Materie , sie zu nutzen, fehlt , wie umgekehrt Raumkräfte ihre rechte Auswertung nur durch Fleiß und Tüchtigkeit der Menschen erhalten . — Geographisch betrachtet lebt im Herzen Europas ein Volk, das trotz aller menschenmöglichen Anstrengungen, höchstgesteigerter Leistung und größter Tüchtigkeit nicht in der Lage ist, die Grundlage seiner Existenz aus den Kräften seines eigenen Raumes sicherzustellen. Ein dritter Faktor , psychologischer Art, naturgegeben , der sich unbedingt und ausnahmslos in der Geschichte als jedem dauernden Frieden feindlich erweist, ist , daß sich aus einseitig geschaffenem Überfluß und anderseitig auf gezwungener Not ein friedliches Zusammen¬ leben oder eine wirkliche Einheit nicht schaffen oder auf die Dauer aufrechterhalten läßt. So die Faktoren , um die die internationale Diskussion kreist , bewußt oder unbewußt , mit dem Willen , sie anzu¬ erkennen oder von ihnen abzulenken. 6

Volk hat sich gegen Ende des ver¬ Das deutsche gangenen Jahrhunderts sein relativ kleines Kolonialeigentum friedlich und rechtmäßig erworben . Es konnte die dem Lauf der Entwicklung entsprechende Erweiterung seiner Raum¬ kraft erst vornehmen , als die dazu erforderliche einheit¬ liche Reichsführung vorhanden war , damit bedauerlicher¬ weise aber auch erst , als die besten und größten Teile der Welt schon ihre Besitzer gefunden hatten. Warum und wodurch war eine Raumerweiterung notwendig geworden? Sie war die Folge der im Laufe des letzten Jahrhunderts in ganz Europa vor sich gehenden starken natürlichen Ver¬ und eines im Zusam¬ der Bevölkerung mehrung menhang damit stehenden einzigartigen Wachstumes der Technik — also eines geistigen Faktors . Die Zahl der Men¬ schen wuchs, ihre Bedürfnisse steigerten sich. Umwälzende Erfindungen und Entdeckungen geben Anstoß zu gesteiger¬ ter Arbeitsleistung . Durch den Fortschritt von Medizin und Hygiene wird ein Sinken der Zahl der Todesfälle in hundert Jahren um ungefähr die Hälfte bewirkt . Das durchschnitt¬ liche Lebensalter steigt um 20 und mehr Jahre . Die Bevöl¬ kerung erfährt ihre größte Vermehrung aus dieser geistigen Leistung , und es ist Ausfluß geistigen Schaffens auf dem Gebiete der Technik , besonders der Maschine , daß der stark vermehrten Zahl der Menschen sowohl aus dem eigenen Raum wie aus fremden Lebensräumen ihr Lebensunterhalt verschafft werden kann. Dies ist eine für alle politisch und geschichtlich wichtigen Völker gleich zu beobachtende Erscheinung : Physische Entwicklung als Folge geistigen Fortschritts — erst¬ die friedliche Geschichte in der malig schwer¬ und dringlichen einer Lösung von Stelle an Ernährungsfrage wiegenden Krieg, oder Völkerwanderung 7

Seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts hat die Bevöl¬ kerung Europas sich nahezu verdreifacht . Wo im Jahre 1800 ca. 180 Millionen Menschen wohnten , hausten im Jahre 1914 450 Millionen. Die deutsche Bevölkerungs¬ ziffer stieg von ca. 20 Millionen im Jahre 1800 auf 67,8 Mil¬ lionen im Jahre 1914. Die Verdreifachung der Bevölkerung je¬ doch bei gleich groß bleibendem Raum entspricht einer Verminderung der Raumpotenz, der Kräfte des Raumes um zwei Drittel. Die Forderung nach Rückgabe unserer Bodengrundlage ist nicht ein Ausfluß eroberungssüchtigen deutschen Charak¬ ters , sondern der Ausfluß eines menschlichen Lebens¬ gesetzes, das bei anderen Völkern je nach ihrer Lage in ähnlicher Weise wirkt. Bei Deutschland kommt hinzu die zentrale Lage: Wäh¬ rend die großen Kulturvölker des Abendlandes peripher um die große Mitte Deutschlands gelagert sind, haben fast alle freien Ausgang zu den anderen Teilen der Erdkugel. Deutschland hat nur den engen Weg durch den Ärmelkanal. Bei Überlegung des Faktors natürliches Wachstum wer¬ den wir beachten müssen , daß der Prozeß nicht stillsteht. Sein Fortschreiten verändert sich, zeitlich, periodenweise oder örtlich . Da oder dort bei den Völkern — als bewegen¬ der Faktor bei gesunden Völkern wird er bestehen bleiben. Staatsmänner müssen mit ihm rechnen . Das gehört zum neuen Denken. Die Ergänzung der fehlenden Raumkräfte war überhaupt nur möglich durch die gesteigerten Leistungen technischer Erfindungen und der Maschinenindustrie . Zwar ersetzten die Maschinen die Arbeit riesiger Menschenzahlen ; aber durch die Maschine wiederum wurde — ich exemplifiziere an Deutschland — das deutsche Volk in den Stand gesetzt, dem Überschuß seiner Bevölkerung Arbeit und Brot zu verschaffen . Das aber war wieder nur dadurch möglich, 8

daß man die Leistungen des Maschinensystems an Rohzur Wirkung brachte , die in der erforderlichen stoffen Menge nicht annähernd im deutschen Raum zu finden waren , —- Und umgekehrt konnte man die mit Hilfe der bei Maschinen geschaffenen oder veredelten Produkte absetzen. Grenzen deutschen der innerhalb nicht weitem Die Rohstoffe mußten aus anderen Räumen der Welt ein¬ geführt werden und die Produkte mußten Absatz in anderen Ländern der Welt suchen — Mittler -Rolle. Ein solcher Werdegang und der daraus entstehende Zu¬ stand war nur möglich auf Basis eines Welthandels , dessen von einem vornehmste Grundlagen die Vorstellung von der Ach¬ Gang der Weltpolitik, friedlichen tung des fremden Privateigentums und der kaufmännischen Tätigkeit in der Welt ausmachten . Ich werde darüber , wie diese Basis zerstört wurde , später noch einiges zu sagen haben. schuf sich neben dieser Entwicklung Deutschland durch den Erwerb seiner Kolonien wertvolle Stücke an Boden für die künftige Ernährung seiner Menschen aus den Kräften eigenen Raumes ; es erweiterte seine Nähran Boden. potenz Die kurze wirtschaftliche Auf schließungsarbeit Deutsch 1a n d s in seinen Kolonien beweist ein planmäßiges deut¬ sches Vorgehen und eine von keiner Kolonialmacht übertroffene Entwicklung . Deutschland ging nicht den Weg gewaltsamer Eroberung , einer Ausbeutungs - oder Raubbau¬ Die politik . Es wirtschaftete planvoll . Das bezeugen: Art der Kapitalanlagen , Einrichtung von Eisenbahnen , Tele¬ graphen und sonstigen Verkehrslinien , die Errichtung von Bauten und kulturellen sowie sozialen Institutionen . Der koloniale Gesamthandel erreichte von 1898 bis 1913 das Achtfache seines Umfanges, Der Reichszuschuß betrug 1914 nur noch ungefähr ein Drittel der eigenen Einnahmen der Kolonien und diente lediglich dem Unterhalt der Schutztruppe 9

und der Verwaltung . Alle übrigen Ausgaben : Verzinsung der Anleihen , Finanzierung der Verkehrsbauten usw. wurden bereits von den Kolonien selbst gedeckt. Mit Beginn des Jahres 1914 traten die deutschen Kolonien in das Stadium der erfolgreichen wirtschaftlichen Erschließung. Deutschland hatte den Grund gelegt, in Gebieten unter seiner Souveränität in weitem Maße Raumkräfte zu ent¬ wickeln, die zusätzlich notwendig waren , den Überschuß seiner Bevölkerung zu erhalten. Nun kam das Versailler Diktat, roh , töricht und verlogen . Man stellte Deutschlands Kolonial¬ gebiete unter fremde Souveränität und Ausnutzung . Und man nahm Deutschland nicht nur die notwendigen über¬ seeischen Raumreserven , man entzog ihm auch noch 13% seines heimatlichen Raumes. Das verhältnismäßig kleine , aber für Deutschlands Zu¬ kunft sehr bedeutungsvolle Kolonialreich kam unter die Nutznießung solcher Völker und Staaten , die absolut nicht den geringsten Bedarf nach weiterem Kolonialbesitz hatten . Das erhellt daraus , daß man diese Ländergebiete wegen anderweitiger zu starker Inanspruchnahme über¬ haupt nicht entwickeln konnte , vielmehr aus ihnen nur den ihrer Entwicklung entsprechenden Gewinn kassierte . Dieser Gewinn beträgt etwa für England und Frankreich 5 % zu¬ züglich dem, was sie sowieso aus ihren Besitzungen ziehen, und für Belgien ca. 2,3%. Es ist objektiv aus Zahlen nachzuweisen , daß unsere unter Mandat stehenden Kolonien gegenüber den benach¬ barten , unter gleichen klimatischen und sonstigen Erzeu¬ gungsbedingungen stehenden Territorien der Mandatare bezüglich aller Rohstoffe und auch vieler sonstiger Einrich¬ tungen wesentlich weniger gefördert worden sind . Die Aus¬ fuhrzahlen (beispielsweise für Ölfrüchte und Ölsaaten für Kamerun und Togo im Vergleich mit dem Kongo und Nige¬ ria ) zeigen eindeutig, daß die eigenen Kolonien bedeutend 10

systematischer entwickelt wurden als die Mandatsgebiete. (Das gleiche Bild zeigen die Ausfuhrzahlen bei Bau- und Nutzholz , wenn man Kamerun mit Französisch -Äquatorialafrika vergleicht ; bei Baumwolle , wenn man Deutsch -Ost¬ afrika mit Kenya -Uganda vergleicht .) Ohne eigene Not schuf man für Deutschland eine Notlage, die sich dahin kennzeichnet , daß nur ungefähr zwei Drittel seines Volkes aus den Kräften des eigenen Raumes leben können , daß das übrige Drittel nur dann leben kann , wenn die fehlende Masse der Güter anderweitig beschafft wird. So die unwiderlegliche Tatsache. Heute versucht nun eine Gruppe von Staatsmännern und Politikern , diesen geschichtlichen und wirtschaftlichen Tat¬ sachen Deutungen zu geben, die der — vielleicht harten — Erkenntnis vom eigenen Fehler in Versailles und dem Schrei nach Korrektur mit Hilfe künstlicher Konstruktionen und mit Schlagworten aus dem Wege gehen wollen. Die gegnerische Taktik meint darauf hinweisen zu kön¬ nen, die deutschen Kolonien hätten doch vor dem Kriege Deutschlands Han¬ nur einen sehr geringenAnteilan del gehabt, und sie seien daher doch auch heute für Deutsch¬ land kaum von Bedeutung. eines solchen Arguments wird Die Hinfälligkeit sofort deutlich , wenn man nicht nur die Bedeutung erwägt, die unsere Kolonien vor dem Kriege hatten , sondern die Bedeutung , die sie im Laufe der letzten 25 Jahre erlangten durch die wirtschaftlichen und politischen Methoden die heute diese Argumente aufstellen. derer, Die in Versailles eingeleiteten Störungen der normalen wirtschaftlichen Entwicklung schufen das genaue Gegenteil vor dem des Vorkriegszustandes . Hatte Deutschland in der gan¬ Dollars Kriege rund 12 OOOMillionen zen Welt investiert , so konnte es die Erträge dieser In¬ vestierungen verwenden , seine notwendigen Rohstoffe ein¬ zukaufen . Das Friedensdiktat nahm Deutschland sein ge¬ ll

samtes Auslands vermögen. Vor dem Kriege waren die Rohstoffmärkte völlig frei. Langfristige Han¬ delsverträge stützten die internationalen Wirtschafts¬ beziehungen. Seit Versailles entsteht die entgegengerichtete Tendenz. Waren Deutschlands Kolonien vor dem Kriege tat¬ sächlich kein ausschlaggebender Posten für Deutschlands Gesamthandel — was besagt das für ihre jetzige Leistungs¬ fähigkeit ? Was besagt das für ihre Bedeutung bei dem durch Versailles bedingten wirtschaftlichen Zustand? Für den heutigen Wert von Kolonien im allgemeinen und des deutschen Kolonialeigentums im besonderen sind nur heutige Zahlen und die heutige Lage maßgebend. Wie bestimmen sich diese Zahlen für Deutschlands Kolonien? Bei Berücksichtigung der bereits betonten Vernachlässi¬ gung des wirtschaftlichen Ausbaues durch die Mandatsver¬ waltung zeigt 1935 das deutsche Kolonialeigentum eine Rohstoffausfuhr von insgesamt ca. 159 Millionen Mark. Fachleute errechnen auf Grund genauer Kenntnis bei sehr vorsichtiger Kalkulation , daß in 8—10 Jahren eine Aus¬ fuhrsteigerung auf ca. 500 Millionen Mark erreichbar ist. Das bedeutet für Deutschland , daß in einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum rund 12% seiner Gesamteinfuhr aus seinen Kolonien gedeckt werden könnten . Die Einfuhr an tropischen Produkten beträgt 1935 731,72 Millionen Mark gleich 15,5% der Gesamteinfuhr ; der Vergleich zeigt, daß Deutschland seine notwendige Einfuhr an Tropenprodukten zu einemsehr großen Teil aus seinen eigenen Kolonien decken könnte, ohne fremde Währung geben zu müssen. Abgesehen davon , daß unsere Kolonien seit 1914 nicht mehr von uns verwaltet sind, bedürfen Zahlen der heutigen Leistungsfähigkeit unseres kolonialen Eigentums der weite¬ ren Berücksichtigung, daß die Produktion nicht vom deut¬ schen Markt beeinflußt werden kann ; daß somit jede Be12

ziehung zwischen dem gesteigerten Bedarf im Mutterland und der kolonialen Erzeugungsleistung wegfällt. Die von uns kalkulierte koloniale Ausfuhr von 500 Mil¬ lionen Mark im Jahr muß nicht nur nach diesen Zahlen ge¬ wogen werden, sondern weiterhin unter dem Gesichtspunkt Das ist die Zahl, die sich ergibt der Wertmehrung. aus dem Vergleich des Rohstoffwertes mit dem Wert des aus dem Rohstoff neu geschaffenen oder veredelten Pro¬ duktes. Beispiel : Kostet ein halbes Kilo Rohbaumwolle ungefähr 65 Pfennig, so kosten die aus dieser Menge ge¬ schaffenen 10 Paar Strümpfe 10 Mark. Aus dem Rohstoff schafft Handwerk, Industrie, Transportgewerbe und Handel ein Mehrfaches des ursprünglichen Wertes. Es ist ganz besonders bedeutungsvoll, daß der so entstehende Multi¬ plikator bei Kolonialproduktenmeist sehr hoch ist. Beträgt er bei Treibstoffen beispielsweise ca. 2, so bei Baumwolle ca. 10, bei Rohkakao etwa 12^2. Äußerst günstig zeigt er sich bei fast sämtlichen tropischen Ölfrüchten usw. Eine weitere Wertsteigerung aus den Rohstoffen eigenen Kolonialbesitzes wird durch Wiederexport erzielt. Kolo¬ niale Rohstoffe, in der Heimat dem Veredelungsprozeß unterzogen, schaffen, wieder exportiert, Devisenbeträge, für die andere Rohstoffe aus anderen Ländern beschafft werden können. Alle diese Gesichtspunkte erhellen den Wert eigener Rohstoffe im eigenen Währungsbereich, zeigen die Bedeu¬ tung eigenen' überseeischen Wirtschaftsraumes, Sie illu¬ strieren aber auch das Gewicht jener Auslassun¬ gen, die den Wert der Kolonien im allgemeinen herab¬ setzen. Ein Staatsmann (Eden, am 20. September) hat jüngst in Genf behauptet, nur 3 %aller Rohstoffe kommen über¬ haupt aus Kolonien. Soweit sich eine solche Taktik nicht aus dem Gesagten charakterisiert, muß demgegenüber fest¬ gestellt werden — wie das auch der Vertreter Polens an 13

Ort und Stelle getan hat —, daß im Augenblick nicht 3 %, sondern 9,7% aller Rohstoffe auf den Weltmärkten aus den Kolonien stammen . Dabei sind die Erschließungsmöglich¬ keiten für die Zukunft keineswegs irgendwie berücksichtigt, wie auch das nicht, was ein leistungsfähiges Volk aus den räumlichen und materiellen Möglichkeiten seiner Kolonien schaffen kann. „Daily Express " vom 22, September bringt dazu aus der Feder des sicherlich nicht prodeutsch eingestellten Lord Beaverbrook den prachtvollen Kommentar

:

. Zur Unterstützung seiner Gründe sagt er, daß die Kolonien nur 3% der Rohstoffe der Welt hervorbrächten. Das ist eine aufreizende Verurteilung seiner eigenen Re¬ gierung. Denn allein die britischen Kolonien könnten weit mehr Rohstoffe hervorbringen , wenn sie von der Regierung angemessen entwickelt würden . . ." Einen weiteren stichhaltigen Beitrag zur Kolonial¬ debatte glaubt man in dem Ein wand gefunden zu haben, daß 1912inOstafrika, „ Deutschlands größter , schön¬ ster , am stärksten bevölkerter und wertvollster Kolonie !", nur reichlich 4000 Deutsche gewohnt hät¬ ten. Aus diesem Faktum heraus möchte man uns begreif¬ lich machen, daß unsere Kolonien neben ihrer wirtschaft¬ lichen Bedeutungslosigkeit besonders als Siedlungsgebiete wertlos seien. Derartige gegnerische Feststellungen sind ebenso belang¬ los oder belangvoll wie die Tatsache , daß das gesamte britische Weltreich mit den 443 Millionen seiner Einwohner von einer winzigen Zahl eigentlicher Briten bewohnt wird: Mutterland 45 Millionen, Kolonien 11 Millionen, Dabei dürfte den Erfindern solcher Debattenbeiträge der Nachweis kaum gelingen, daß der Prozentsatz der Briten im britischen 14

Weltreich die Hälfte der von ihnen zitierten 4000 Deutschen im ostafrikanischen Raum beträgt. Die Menschen leben aus den Kräften des Raumes — des Bodens, des Wassers , auch der Luft —-, ich nenne das die Raumpotenz dabei ; spielt die Präsenz der Menschen in dem einen oder anderen Gebiet eine reichlich unter¬ geordnete Rolle . Großbritannien lebt aus den Kräften seines Imperiums , Belgien ernährt seinen Bevölkerungs¬ überschuß aus der Raumpotenz des Kongo, ohne daran zu denken , etwa seine Arbeitslosen nach Zentralafrika zu ver¬ frachten , obwohl im Mutterlande 266 Einwohner auf 1 qkm treffen , während am Kongo nur 1 Belgier auf 175 qkm und auf 1000 Eingeborene trifft . Wie es gleichfalls sehr ein¬ leuchtend ist, daß 137 Menschen pro 1 qkm aus Deutsch¬ lands Raumkraft nicht leben können , wenn vergleichsweise in Schweden 15 Menschen pro 1 qkm aus relativ gleicher, wenn nicht besserer Raumpotenz bei etwa gleichem Lebens¬ standard ihr Leben führen. Die Kräfte des Raumes , die Raumpotenz, sind der Kernpunkt der Kolonialfrage , sind auch der Kernpunkt des Rohstoffproblems , sie sind der Kernpunkt im Völ¬ kerleben überhaupt. Für die Völker , die innerhalb ihrer eigenen staatlichen Grenzen nicht über 'genügend Raumkräfte verfügen , gibt es zur Erweiterung drei Lösungen: Kolonialerwerb — Außenhandel — chemisch-technische Rohstoffbeschaffung aus dem eigenen Boden. — Die Frage der Raumerweiterung auf dem europäischen Kontinent kommt nicht in Betracht . Abgesehen davon, daß sie nicht zu den friedlichen Lösungen gehört, kann sie beim gegen¬ wärtigen Status der Bevölkerung Europas und bei der Ver¬ teilung des europäischen Lebensraumes kaum zu einer wirk¬ lichen Raumerweiterung führen , Eine solche Gewaltlösung würde weitestgehend auf einer grundlegenden Täuschung beruhen : Die Landesgrenzen würden geändert — ihre Fül-

lung bliebe zahlenmäßig die gleiche. Das lehrt nicht zuletzt Versailles ! — Chemisch-technische Rohstoffbeschaffung und bloßer Außenhandel sind nur ein bedingter Ersatz für eigene Kolo¬ nien, für eigene natürliche Raumpotenz . Die Bedingtheit ergibt sich aus der Einseitigkeit derartiger Möglichkeiten, die immer früher oder später das Fehlen eigener natürlicher Raumkräfte fühlbar werden lassen. Zwar wird kein Volk den Anspruch erheben , alles aus den Raumkräften des eigenen Machtbereiches zu beziehen, was es für seine Wirtschaft braucht . Kein Land verfügt für sich allein über sämtliche notwendigen Rohstoffe. Das gilt für Rußland , für die Vereinigten Staaten , wie selbst für das britische Weltreich . Es steht aber außerhalb jeder Diskus¬ sion, daß die genannten Länder in der nationalen Ausstat¬ tung mit Rohstoffen außerordentlich günstig gestellt sind, unendlich viel günstiger jedenfalls als die Habenichtse. Diese müssen darum alles daransetzen , die Grundlagen des Lebens im eigenen Raum anderweitig zu sichern . Besonders muß das ein Volk, das im Vergleich zu der Zahl, der Arbeitsfähigkeit und dem Lebensstandard seiner Bevölke¬ rung durch Natur und Lage mit solchen Mitteln nur dürftig ausgestattet ist, bei dem Erschwerungen im zwischenstaat¬ lichen Güteraustausch nicht nur den Wohlstand beeinträch¬ tigen, sondern die Existenz breiter Massen gefährden kön¬ nen. Kein Industrieland ist in dieser Beziehung so schlecht gestellt wie Deutschland , aber trotzdem bringt man seinen Bemühungen, seine Lage zu bessern , recht wenig Verständ¬ nis entgegen ; obwohl die wirtschaftliche Autarkie allseitig eine immer stärkere Ausdehnung erfährt , obwohl nach den überall die italienischen Sanktionserfahrungen Nationalisierung der Wirtschaft herrschende Tendenz ist. und Pro¬ Je weiter sich aber der Autarkismus die schwinden mehr desto , durchsetzt tektionismus Möglichkeiten, durch bloßen Außenhandel für fehlende 16

Raumkräfte Ersatz zu schaffen, desto stärker machen sich die Schwierigkeiten der Rohstoffbeschaffung bemerkbar , um so stärker müssen die Bemühungen der chemisch-tech¬ nischen Rohstoffbeschaffung sein, um so dringlicher aber wird die natürliche Forderung des Habenichts nach Rück¬ erstattung seines ehemaligen , friedlich und rechtlich er¬ worbenen kolonialen Eigentums. Die bisher angeführten Tatsachen fordern noch eine schlüssige Antwort auf zWei weitere Ausflüchte hin, die gegen die von Deutschland erhobene Forderung nach kolo¬ nialer „Flurbereinigung “ geltend gemacht werden: Erstens , daß die „Habenichtse “, also Deutschland , vor einer „offenen Tür “, vor einem „allen gleichmäßig zugänglichen Rohstoff bezug“ stehen , und daß zweitens heute die Rohstofffrage keine Kolonial¬ frage ist. Die „offene Tür “ erweist sich bei näherer Betrachtung als sorgsam versperrte Tür. Seit 1924 sind die wich¬ tigsten Länder des Weltmarktes zum Hochprotektionismus übergegangen . An ihrer Spitze hat sich England durch das mterimperiale Wirtschaftssystem (Ottawa ) eine ganz be¬ sondere Vorzugsstellung auf den großen Rohstoffmärkten gesichert . Gerade England hat am wenigsten Anlaß , von einem freien Zugang anderer zu den Rohstoffen zu sprechen. Die für eine Fülle von englischen Waren zugestandenen Zollpräferenzen gehen von 5—40 %. Aus den langen Zoll¬ listen wenige Stichproben : Bermuda -Inseln : Einfuhr¬ zoll auf Kraftfahrzeuge 30 % des Wertes , für England nur 10%. Sierra Leone : Einfuhrzoll auf Hemden , Stiefel , Schuhe, Regenschirme 60%, für England nur 20%. Salomon-Inseln: Einfuhrzoll auf Maschinen 121/2%, für England nichts . Ein¬ fuhrzölle für Honduras : Nägel, Nieten , Draht , Metallgitter 20% des Wertes , für England 10%; Stacheldraht und Draht¬ gewebe 5 %, für England nichts ; ätherische und medizinische 17

Öle 30 %, für England 15%; Spielzeug und Spiele 25%, für England 12V2%. Britisch-Somaliland : Zollbestimmungen : „Vorzugszölle bedeuten die niedrigsten Zollsätze , die . von in einem Teil des Britischen Reichs erzeugten oder hergestellten oder von dort kommenden Waren erhoben werden . . . Waren sollen nicht als im Britischen Reich hergestellt angesehen werden, sofern nicht mindestens 25% oder in Sonderfällen 50 bis 75% ihres Wertes auf Unkosten für Material entfallen , das in einem Teil des Britischen Reichs gewachsen oder erzeugt oder für die Arbeit , die in einem Teil des Britischen Reichs geleistet ist.“ Fidschi -Inseln : Einfuhrbeschränkungen und -verböte: „Farben - und Farbstoffe , die nicht das Erzeugnis oder Fabrikat des Britischen Reiches sind ; alle Derivate von Kohlenteer , gemeinhin bekannt als Zwischenprodukte , die als Farbstoffe verwendet . . , oder die zu Farbstoffen oder weiter verarbeitet werden können . . ., alle Ölfarben, alle Wachsfarben und irgendwelche andere synthetische Farben . *“ . Nigeria : Einfuhrverbot für alle baumwollenen Webwaren, alle Arten von Kunstseide. das Alles Deutschland wiesenist.

betrifft besonders

Waren , bei auf Export

denen ange¬

bezüglich der Die Wirkungen der Restriktionen kolonialer Rohstoffe werden gleichfalls Beschaffung In den in der internationalen Diskussion übergangen. britischen Malaienstaaten und in Britisch-Nigeria bestehen diskriminierende Ausfuhrzölle auf Zinnerze . Diese briti¬ schen Ausfuhrzölle sind aber nicht die einzigen. In Indo¬ china (Französisch -Hinterindien ) sagt der Zolltarif : ,,Die aus Französisch -Hinterindien nach Frankreich oder den fran¬ zösischen Kolonien ausgeführten Erzeugnisse sind von 18

jedem Ausfuhrzoll frei. Nach dem übrigen Ausland aus¬ geführte Erzeugnisse unterliegen dem Ausfuhrzolltarif .“ Die Schiffahrt zwischen Frankreich und den Kolonien und den anderen französischen überseeischen Besitzungen kann zwar durch Schiffe jeder Flagge erfolgen, ,,jedoch bleibt die Beförderung von Kolonialerzeugnissen aus Häfen der Kolonien nach Frankreich der französischen Flagge Vorbehalten.“ Ausfuhrzölle bestehen in italienischen , spanischen und portugiesischen Kolonien. Aus dieser Zusammenstellung ausländischer Gesetze, aus der Nennung dieser wenigen Beispiele sieht man , daß durch verschiedenste Sonderbestimmungen die Kolonial¬ gebiete der europäischen Mächte absolut keine offenen Türen zeigen. Es genügt der kurze Blick auf die Einfuhr¬ zölle, um zu erkennen , wie fadenscheinig die Behauptung ist , die Habenichtse brauchen ja nur Devisen genügend bereitzustellen , wenn sie am kolonialen Reichtum teilhaben wollen . Erstens ist der Zwang zur Devisenzahlung an sich eine Belastung ; zweitens gibt es für die ihres alten Ver¬ mögens beraubten Länder keine andere Möglichkeit, zu fremden Zahlungsmitteln zu kommen, als durch den Absatz der Waren . Nur durch Ausfuhr lassen sich ja Devisen für die Einfuhr und andere Zahlungen schaffen. Die Ware ist für sie das einzig echte Zahlungsmittel in der Weltwirt¬ schaft verblieben . Waren können sie aber wegen der prohibitiven Einfuhrzölle nicht absetzen! Dabei verschweigt man noch sorgsam das gewaltige Über¬ gewicht, das die Einfuhr der Kolonialmächte in die von ihnen verwalteten Kolonien gegenüber anderen Staaten hat. Frankreich hat an der Einfuhr in Marokko einen Anteil von 43,7%, Groß -Britannien an der in Nigeria von 55,2%, Bel¬ gien an der im Kongogebiet von 43,4%. Besonders illustra¬ tiv ist die Rolle , die Deutschland heute als Lieferant für die Gesamtbedürfnisse seiner Kolonialgebiete im Vergleich 19

zu früher einnimmt. Nehmen wir Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika als Beispiel . An die Stelle der Gesamt¬ einfuhr und der Gesamtausfuhr , wo Deutschland 1912 stand, ist heute das Britische Reich getreten. 1912 Deutsch - Südwestafrika Bezugs gebiete Deutsches Reich Britisches Reich Absatz gebiete Deutsches Reich Britisches Reich Deutsch - Ostafrika Bezugs gebiete Deutsches Reich Britisches Reich Absatz gebiete Deutsches Reich Britisches Reich

1933

%der Gesamteinfuhr 81,4 13,2

11,1 77,7

%der Gesamtausfuhr 83,1 1,1

18,5 64,1

%der Gesamteinfuhr 51,3 22,5

10,2 46,1

%der Gesamtausfuhr 56,7 . 10,8

11,8 53,9

Aus den angeführten Zahlen ergibt sich eindeutig der überragende Handelsanteil des Britischen Reiches am Ge¬ samthandel der beiden Mandatsgebiete . Ein noch geringerer Prozentsatz der Handelsbeteiligung Deutschlands ergibt sich bei seinen übrigen afrikanischen Kolonien. Aber selbst bei Devisenzahlung ist heute nicht von einem gleichen Recht für alle zu sprechen , da der politische Ein¬ fluß der Besitzenden , wenn auch versteckt , potentiellen Gegnern die Beschaffung gewisser Rohstoffe gänzlich un¬ möglich machen kann. Die behauptete ,,offene Tür “ erweist sich angesichts der Statistik als reine Gaukelei. 20

Es gibt aber noch einen anderen Nachweis: Die gleiche Amtsstelle , die Deutschland auf die „offene Tür “ verweist , die bei jeder Gelegenheit betont , „Ihr könnt bei uns zu den gleichen Bedingungen kaufen wie wir selbst !“, mit dem ausdrücklichen Zusatz : „Deutschlands Roh¬ — diese Kolonialfrage“ ist keine stofffrage in -Rede (Eden bereit jüngst sich erklärte Stelle gleiche Min¬ eine die , Regierungen allen „mit Genf am 20. 9. 37), derung der Kolonialpräferenzen wünschten , in Verhand¬ lungen zu treten “. Die Verfechter solcher Widersprüche werden im eigenen Lande widerlegt . Eine Denkschrift (des Landesbundes der englischen Fabrikanten , „National Union of Manufacturers “) spricht sich eindeutig gegen jede Preisgabe des nationalen (Empire -) Vorzugssystems aus, und überdies sei das gemachte Angebot ungeeignet , „ein Land zu befriedigen, dessen Ziel es sei, seine verlorenen Kolonien zurückzu¬ gewinnen“. Mit diesen Gaukeleien und Ablenkungsversuchen werden die Tatsachen nicht geändert und nicht die Auswirkungen dieser Tatsachen auf das Leben des deutschen Volkes. Sie sind ja auch nur dazu da, um das Versailler Diktat auf die¬ sem Gebiet unverändert aufrechtzuerhalten. Demgegenüber steht Deutschlands Forderung , daß der Ausnahmezustand beseitigt und daß ihm sein unentbehr¬ liches Eigentum zurückgegeben wird , auf festem Fundament. Nicht nur aus den Grundsätzen des natürlichen Lebens¬ rechtes , sondern auch aus der Vorgeschichte des sogenann¬ ten Vertrages und aus dessen Inhalt rechts - und schlag¬ kräftig begründet! und nicht unbillig Die Forderung ist nicht Deutschland will keinem anderen Volk überspannt. von seinem Eigentum etwas wegnehmen, sondern es will nur den ihm gehörenden Teil überseeischen Raumes zurück¬ haben , den es einst auf rechtmäßigem Wege erworben hat 21

und den es jetzt zum Leben notwendig braucht . Der Führer und Reichskanzler Adolf Hitler hat dies auf dem letzten Parteitag in Nürnberg klar formuliert , indem er sagte: „Deutschland will keine Sonderrechte , sondern Gleich¬ berechtigung, weil es — in unserer Wirtschaft nur eine ein¬ zige Frage gibt, die uns seit Jahren fortgesetzt mit schwer¬ ster Sorge erfüllt : Es ist die Schwierigkeit unserer Lebens¬ mittelversorgung . Der deutsche Lebensraum ist ohne kolo¬ niale Ergänzung zu klein , um eine ungestörte , sichere und dauernde Ernährung unseres Volkes zu garantieren . Kein anderes Volk kann eine größere Leistung auf diesem Ge¬ biete ausweisen als wir. Allein es ist auf die Dauer ein unerträglicher Gedanke , Jahr für Jahr vom Zufall einer guten oder schlechten Ernte abhängig zu sein. Es ist daher die Forderung nach einem dem Reich gehörenden Kolonial¬ besitz eine in unserer wirtschaftlichen Not begründete und die Einstellung der anderen Mächte zu dieser Forderung eine einfach nicht verständliche . Deutschland hatte seine Kolonien einst diesen Mächten weder geraubt noch gestohlen.“ Ich möchte meine auf Raum und Wirtschaft abgestimmte Betrachtung der kolonialen Frage mit der Reflexion ab¬ schließen , daß eine 'Besserung der wirtschaftlichen Lage Deutschlands auch der Wiederbelebung der Weltwirtschaft dienen würde . Ebensowenig wie es auf die Dauer unmög¬ lich sein wird , ein hochentwickeltes Volk von 68 Millionen Menschen einseitig seines Lebensrechtes zu berauben , eben¬ sowenig wird es tragbar sein, ein im 'Herzen Europas ge¬ legenes intensives Wirtschaftsgebiet aus dem Wirtschafts¬ prozeß und aus der kulturellen Wirksamkeit — aus der so klein gewordenen Welt kurzerhand auszuschalten . Die kaufmännische Überlegung widerspricht dem. Aus welcher Kraft soll nun in dieser kritischen und für die Zukunft Europas so bedeutsamen Frage die Entschei¬ dung kommen? Wir in Deutschland und viele denkende 22

Köpfe in der zivilisierten Welt rechnen mit dem gesunden Menschenverstand , der sich fortschreitend Geltung ver¬ schafft , mit dem Verschwinden der aus dem Weltkrieg stammenden und für ihn geschaffenen Psychose . Auch bei den Staatsmännern und führenden Politikern wird man noch die Denkweise aufgeben, daß man Völker beliebig oder gar noch unter dem Titel einer Strafe ihres Lebens¬ raumes bis zur Unerträglichkeit berauben kann und daß diese Völker sich geduldig und widerstandslos in einen solchen Zustand fügen, wie man auf anderem Gebiet auch noch die Meinung aufgeben wird , daß man Teile eines ge¬ wachsenen Volkstums wegreißen und der Herrschaft ande¬ rer , fremder Völker unterstellen kann , ohne daß dadurch dauernd die Ruhe zwischen den Völkern gefährdet werden muß. Wenn dieses veraltete Denken aus der Herrschaft gedrängt ist , werden die noch stehenden Stücke des ver¬ heerenden Versailler Diktats fallen , und ein neuesDenk e n wird eine neue Regelung des jetzigen unerträglichen Zustandes herbeiführen — ein Denken , das mit dem Lebens¬ recht und seelischen Faktoren der Völker rechnet. Ich stelle mir das Folgende vor : So wie die Lehre von den Menschenrechten , das heißt vom Rechte des Indivi¬ duums, innerpolitisch das 19. Jahrhundert beherrscht hat, wird die Lehre vom Lebensrecht der Volksindividualitäten in der äußeren Politik des 20. Jahrhunderts eine führende Rolle gewinnen. Das wird eine logische Fortsetzung sein, denn das Individuum braucht zum Schutze und zur Befriedi¬ gung seines Lebensanspruchs die Kraft seiner Nation. Ich gehe noch weiter , zu glauben, daß die Völker des Abendlandes , zumindest des europäischen Kontinents, die eine Kulturgemeinschaft von mehr als 1000 Jahren bil¬ den, allen Grund hätten , den dauernden Kampf unterein¬ ander um Erweiterung oder Verbesserung ihrer Lebens¬ haltung einzustellen , weil sie dadurch ihre beherrschende Stellung auf der Erdkugel schwer gefährden . Die Anzeichen

dafür sind am politischen Horizont zu erkennen . Die Kon¬ sequenz dieser Anschauung wäre die, daß die weißen Völ¬ ker , die selbst Lebensraum genug auf der Erdkugel haben, diejenigen , denen es an Lebensraum fehlt , nicht hindern dürfen , den zusätzlichen Lebensraum dort zu gewinnen, wo er auf der Welt noch frei und ungenutzt ist , Kolonie heißt heute : Lebensbasis , die nicht in unmittelbarer Ver¬ bindung mit dem Mutterlande steht . Wie weit der Weg dahin ist, spielt keine Rolle , wenn die andern ihn nicht gefährden.

Druck : Münchner

T 64 737

Buchgewerbe

422

haus

M . Müller

& Sohn

KG ., München