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German Pages [292] Year 1952
Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Teil Das Buch Ezechiel
II. Teil: Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
III. Teil: Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
Schluß
Abkürzungen
Literaturverzeichnis
Stellenregister
Arten der Glossen
Die Hauptprobleme des Buches Ezechiel Von
Georg Fohrer
m Verlag Alfred Töpelmann 1952
• B e r l i n W 35
BEIHEFTE ZUR ZEITSCHRIFT FÜR DIE ALTTESTAMENTLICHE
WISSENSCHAFT
72
Printed in Germany Satz: Walter de Gruyter & Co., Berlin W 35 Druck: 1/12/8 (T 9) Hägen-Trebbin 722/165/51 852
Vorwort Die vorliegende Arbeit ist im Jahre 1949 von der Theologischen Fakultät der Philipps-Universität Marburg/Lahn als Habilitationsschrift angenommen worden. Die bis zu ihrer Veröffentlichung noch erschienene Literatur konnte verständlicherweise nicht mehr eingearbeitet werden. Sie wird zusammen mit anderer Literatur, die infolge der Zielsetzung dieses Buches unberücksichtigt bleiben mußte, in meinem in der Theologischen Rundschau erscheinenden Referat über „Neuere Literatur zur alttestamentlichen Prophetie" angegeben (1. Teil: Literatur von 1932—1939, 2. Teil: Literatur von 1940—1950). Daß die Arbeit trotz der Schwierigkeiten der Nachkriegsjahre entstehen konnte, habe ich sowohl der stetigen und fördernden Anteilnahme von Herrn Prof. Balla zu danken als auch der Hilfsbereitschaft der Herren I. O. Matthews, N. Messel, R. H. Pfeiffer, H. H. Rowley, M. Schmidt und J. J. Stamm, die in großzügiger Weise einen Teil der in Deutschland noch unzugänglichen neueren Ezechielliteratur zur Verfügung stellten. Der Druck der Arbeit wurde dadurch ermöglicht, daß der Lutherische Weltbund (durch die selbstlose Vermittlung des Hilfswerks der Evangelischen Kirchen in Deutschland) und der Universitätsbund Marburg den erforderlichen Druckkostenzuschuß zu etwa gleichen Teilen trugen. Mit dem Dank an diese Organisationen verbinde ich denjenigen an Herausgeber und Verlag der ZAW, als deren Beiheft die Arbeit erscheinen kann. Schließlich danke ich dem Assistenten am Theologischen Seminar der Universität Halle, Herrn K. von Rabenau, für seine sorgfältige Hilfe bei der Korrektur. Georg Fohrer
Inhaltsverzeichnis Seite
Einleitung 1. Kapitel. Die Entstehung der Probleme 1. T e i l . 2. 3. 4. 5.
1 1
Das Buch E z e c h i e l Kapitel. Einheitlichkeit und Entstehung des Buches Ezechiel Kapitel. Der Text des Buches Ezechiel Kapitel. Echtheitsfragen Kapitel. Redaktionelle Bearbeitung
27 27 53 66 100
2. T e i l . 6. 7. 8. 9.
Die Zeit der W i r k s a m k e i t E z e c h i e l s Kapitel. Die Chronologie des Buches Ezechiel Kapitel. Die Sprache des Buches Ezechiel Kapitel. Das Buch Ezechiel innerhalb des Alten Testaments Kapitel. Die geschichtlichen Voraussetzungen der Wirksamkeit Ezechiels 10. Kapitel. Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit . . .
105 105 122 135
3. T e i l . D e r O r t d e r W i r k s a m k e i t E z e c h i e l s 11. Kapitel. Angeredete, Betroffene und Zuhörer der Verkündigung Ezechiels 12. Kapitel. Ezechiel und Babylonien 13. Kapitel. Ezechiel und Jerusalem 14. Kapitel. Die Ekstase im Leben Ezechiels
203
Schluß 15. Kapitel. Ezechiel als Prophet
164 177
203 216 240 250 260 260
Abkürzungen
265
Literaturverzeichnis
266
Stellenregister
283
Arten der Glossen
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Einleitung 1. K a p i t e l
Die Entstehung der Probleme I. Auseinandersetzung über die Form des Buches Ezechiel Erst seit wenigen Jahrzehnten hat die alttestamentliche Wissenschaft ihre Aufmerksamkeit dem lange vernachlässigten Buche Ezechiel zugewandt Seitdem haben viele Gelehrte ihren Scharfsinn und Fleiß — wenn auch ohne die bekannten 300 Krüge Öl, die Chananja ben Hiskia zur Erklärung des Buches erhalten haben soll — der Lösung der Probleme gewidmet, die sich bei eingehender Beschäftigung mit dem Buche bald in reicher Zahl gefunden haben. Das Ergebnis dieser durch Kraetzschmar, Herrmann und Hölscher eingeleiteten Entwicklung läßt sich noch heute mit denselben Worten wie vor fünfzehn Jahren zusammenfassen, daß beim Buche des Propheten Ezechiel, das sich einst durch seine Problemlosigkeit von den anderen alttestamentlichen Büchern abhob, heute nicht weniger als alles strittig und problematisch geworden sei. „Eine Fülle von Divergenzen: Einheitlichkeit oder Komposition, Echtheit oder Pseudepigraph, Dichter oder Schriftsteller, Prophet oder Seelsorger, wirkliche Prophetie oder Fiktion, Babylonien oder Palästina, Samaria oder Jerusalem." 2) Fast unverständlich mutet demgegenüber die bis zur Jahrhundertwende nahezu unbestrittene Auffassung von der inneren und äußeren Einheitlichkeit des Buches an, für die Cornills früheres Urteil als maßgebend und zusammenfassend betrachtet werden darf: „Kein anderes Buch ist eine so großartig angelegte und so klar durchgeführte planvolle Einheit, kein anderes zeigt so vom ersten bis zum letzten Buchstaben dieselbe Hand, denselben Geist, dieselbe scharf ausgeprägte Die Entwicklung der theologischen Auffassung des Buches Ezechiel im Altertum und Mittelalter bis zum 12. Jahrh. gibt Neuß, Das Buch Ezechiel in Theologie und Kunst, S. 23—140. Vgl. ferner Spiegel, Ezekiel or Pseudo-Ezekiel?, S. 245 ff. 2 ) Kühl, Zur Geschichte der Hesekiel-Forschung, S. 115. F o h r e r , H a u p t p r o b l e m e des Buches Ezechiel
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Einleitung
Individualität" 3 ). Und Smend meinte, man könne kein Stück herausnehmen, ohne das ganze Ensemble zu gefährden Als Gründe für die Annahme eines von Ezechiel selbst planvoll verfaßten Werkes galten: a) Das Buch ist übersichtlich in mehrere Teile gegliedert 5 ), die sich um die beiden Gedankenkreise „Unheil" und „Heil" gruppieren. b) Die genau datierten Abschnitte folgen chronologisch richtig aufeinander, mit Ausnahme der sachlich bedingten Umstellungen 26,1. 32,1.17 und dem deutlich einen Nachtrag bildenden Stück 29,17—21. c) Durch das Buch läßt sich ein einheitlicher Stil in ständig wiederkehrenden Wendungen und Ausdrücken, in gleichen Einleitungs- und Schlußformeln der Scheit- und Drohworte 6 ) verfolgen. Unstimmigkeiten bestanden nur in den Ansichten über die Art der Entstehung des Buches. Hatte Ezechiel es an seinem Lebensabend nach wohlüberlegtem Plane ohne Unterlagen verfaßt 7 ) oder es von Anfang an durch Aneinanderreihen seiner Aufzeichnungen allmählich wachsen lassen 8 ) ? Oder hatte er sich zunächst nur Aufzeichnungen gemacht, auf Grund deren er das Buch später schrieb 9 ) ? Diese Anerkennung der Einheitlichkeit des Buches erfolgte jedoch auf Kosten seiner Wahrheit und Lebensnähe. Die Daten wurden als fingiert, die Weissagungen als vaticinia ex eventu betrachtet. Denn der als bevorstehend angekündigte Untergang Jerusalems mußte ja für den erst später Schreibenden schriftstellerische Konzeption 6ein, Ezechiel selbst nur ein unglückseliger Nachahmer der alten Propheten. Bald zeigte näheres Zusehen, daß das Buch eine Fülle von Unebenheiten aller Art aufweist, die das Prinzip der Einheit durchbrechen 1 0 ). Man fand Stücke in ihm, die nicht an passender Stelle stehen und nur sekundär dorthin geraten sein können, sei es durch Ezechiel selbst (z. B. 33,23—33), sei es, daß es sich um spätere Glossen und Wuche®) Cornill, Einleitung in das Alte Testament, 1. Aufl., S. 168f. In der 5.—7. Aufl. schließt er sich dagegen Herrmann, Ezechielstudien, an. Smend, Der Prophet Ezechiel, S. X X I . 6) T o y , Rothstein: 2 Hauptteile; Kraetzschmar, Steuernagel, Sellin: 3 Hauptteile; Herrmann: 4 Hauptteile. 6 ) Driver-Rothstein, Kühl. 7 ) Kuenen, Smend, Hitzig, Oiesebrecht. 8 ) Orelli. 9) Reuß, Wildeboer, Cornill, Baudissin, Steuernagel, Staerk, Kautzsch, Oettli, Hörne, Bewer, Duhm, Montefiore, Kleinert, Thomsen, Boehmer, Ewald, Bertholet, Kühl. 1 0 ) Vgl. z . B . Kühl, Zur Geschichte der Hesekiel-Forschung, S . 9 8 f .
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rungen handelt (z.B. 24,22—23. 27,9b—25a)"). Die Schwierigkeiten vergrößerten sich, als man die schlechte Überlieferung des masoretischen Textes erkannte und ihn unter Zuhilfenahme der Septuaginta wiederherzustellen suchte l ä ). Vor allem aber erkannte man, daß die Daten, auf die sich die bisherige Annahme stützte, sich jeweils nur auf das ihnen unmittelbar folgende Stück beziehen. Die übrigen, zwischen je zwei Datierungen stehenden Stücke haben mit dem chronologischen Schema zunächst nichts zu tun. Damit erhob sich die Frage, wie dieses Nebeneinander einer anscheinend planvoll geordneten Folge und der nicht zu ihr passenden Erscheinungen zu erklären sei. Kraetzschmar, der diese Schwierigkeit empfand, suchte mit ihr durch die Annahme fertig zu werden, daß das Buch durch einen Redaktor aus zwei verschiedenen, aber parallelen Rezensionen zusammengestellt worden sei. Er achtete besonders auf die gelegentlichen tatsächlichen oder vermeintlichen Dubletten, auf Orund deren er eine erste Fassung vermutete, die in der Form des Ich-Berichtes gehalten sei und bei weitem überwiege. Neben ihr glaubte er eine kürzere Er-Rezension erkennen zu können, die entsprechend 1,2 f. 24,24 von Ezechiel in der dritten Person rede und wohl einen Auszug aus der ausführlicheren ersten darstelle 18 ). Ober die Unhaltbarkeit dieser Theorie ist alles Wesentliche längst gesagt worden. Schon Jahn hat sie a b g e l e h n t u ) , während Kreipe sie sorgfältig an Hand der wichtigsten sogenannten Parallelstellen untersuchte und zu einem vernichtenden Urteil gelangte, das nach wie vor zu Recht besteht, wenn auch viele Einzelheiten seiner Untersuchung einer kritischen Nachprüfung nicht standhalten 15). Daher wurde Kraetzschmars Theorie nur in abgeänderter Form wirksam. Budde hat sie dahin erweicht, daß er annahm, das Buch Ezechiels sei nach seinem Tode in mehreren, voneinander ziemlich verschiedenen Fassungen in Umlauf gewesen. Diese seien infolge der Absicht der Schriftgelehrten, eine einheitliche und maßgebliche Textgestalt zu gewinnen, später zusammengearbeitet worden, wobei manchmal bloße « ) Bertholet, Das Buch Hesekiel, S. XX. 12) Nach Hitzigs Versuch (1847) hat vor allem Cornill Grundlegendes geleistet, während Jahn die Septuaginta kritiklos benutzt und häufig noch eigene Änderungen vornimmt. 13 ) Kraetzschmar, Das Buch Ezechiel, S. XIII. 14 ) Nach Jahn, Das Buch Ezechiel, S. III, V, handelt es sich nur um tendenziös geänderte Parallelen, mittels deren die Schriftgelehrten diesem vielleicht leidenschaftlichsten aller Propheten sozusagen „die Giftzähne ausgezogen und ihn zu einem senilen Kanzelredner gemacht" hätten. 15 ) Vgl. Kreipe, Das literarische Problem des Buches Ezechiel. 1*
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Einleitung
Wahllesarten nebeneinander in den Text geraten seien 16 ). Etwas abweichend vermutet Hempel, daß Ezechiels Worte unter den Deportierten zuerst mündlich umliefen, dann von mehreren Händen gesammelt und ergänzt wurden, so daß sie in der abschließenden Formung (vor 515) infolge dieser verschiedenen Fassungen Dubletten aufweisen 17). Auch Steuernagel und Thonisen vermuten zwei verschiedene Fassungen oder Ausgaben des Buches; das uns vorliegende Buch sei das Ergebnis ihrer Verschmelzung 18 ). Eine Förderung in der Lösung der Rätsel um das Buch Ezechiel hat diese Auseinandersetzung um seine Form nicht gebracht. Ihr Ergebnis ist ebenso unzulänglich wie die frühere Annahme der Einheitlichkeit und kann im wesentlichen nur noch geschichtliches Interesse beanspruchen. Abgesehen von der Notwendigkeit einer eindringenden Textkritik, die zur Untersuchung jener Theorie erforderlich ist, gibt sie nur der alten Josephustradition von den zwei Büchern, die Ezechiel geschrieben haben soll 19 ), eine neue Deutung. Den entscheidenden Schritt, durch den die Einheitlichkeit des Buches wie grundsätzlich auch seine Entstehung aus zwei oder mehreren Fassungen endgültig abgetan erscheinen mußte, tat Herrmann 2 0 ). Er gab die Form zugunsten des Inhalts preis. An die Stelle des vom Propheten selbst verfaßten Buches trat ein Sammelwerk, das aus lauter Einzelstücken und -Sammlungen besteht und allmählich entstanden ist. Ezechiel selbst hat es im Laufe seiner Wirksamkeit hergestellt, von späteren Händen sollen nur einige wenige Erweiterungen herrühren. So wird unter Verzicht auf die Zurückführung der Form auf Ezechiel die Echtheit der einzelnen Worte um so nachdrücklicher festgehalten. Entgegen dem bisherigen Urteil, daß das Buch Ezechiel in viel stärkerem Maße Literatur sei als die Bücher der früheren Propheten, daß die frische Unmittelbarkeit dahin sei und Ezechiel sich das Volk, zu dem er rede, erst künstlich vergegenwärtigen müsse, also eigentlich gar kein Prophet sei, ergab sich für Herrmann ferner, daß Ezechiel tatsächlich als Prophet aufgetreten ist. Seine Verkündigung ist für die Öffentlichkeit bestimmt und vor allem in 2—24 von prophetischer Leidenschaft durchglüht. Ezechiel ist kein Schriftsteller oder Religionslehrer, seine Prophetie keine Literatur. 16
) Budde, Geschichte der althebräischen Litteratur, S. 155 f. ) Hempel, Die althebräische Literatur, S. 170. 18 ) Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament, S. 596; Thomsen, Das Alte Testament, S. 71. Auch Bertholet, Hesekiel, teilt viele Stücke in 2 Rezensionen ein. 19 ) Josephus, Antiquitates X 5,1. 20 ) Herrmann, Ezechielstudien; Ezechiel. 17
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Es bleibt jedoch gegenüber Herrmanns Untersuchung die Frage, ob sein Grundsatz, dem Propheten selbst möglichst wenig abzusprechen, vielmehr auch deutlich angehängte oder eingeschobene, störende Abschnitte aus der späteren redaktionellen Tätigkeit Ezechiels an seinen Worten zu erklären, in dem gehandhabten Ausmaße noch vertretbar ist. Es ist mit Recht betont worden, daß eine redaktionelle Weiterarbeit des Propheten nur dann angenommen werden darf, wenn sich zwanglos erklären läßt, wie er dazu kam, einen Abschnitt später einzufügen oder umzugestalten 2 1 ). Jedenfalls enthält das Buch Ezechiel weit mehr spätere Zusätze, als Herrmann annimmt 2 2 ). Und auch die Behauptung, daß die Ordnung der Einzelstücke in Teilsammlungen, die Reihenfolge dieser Sammlungen, ihre chronologische Anordnung wie z. T. auch die der Einzelstücke innerhalb der Sammlungen durchaus von Ezechiel herrühren könne, bleibt nur eine Vermutung. II. Auseinandersetzung über den Inhalt des Buches Ezechiel Bisher hatte man durchweg den Text des Buches als von Ezechiel stammend — wenn auch stark verderbt — hingenommen und |den Propheten ohne Zweifel als im Exil in Babylonien tätig geglaubt. Nur gelegentlich wurde die Echtheit des ganzen Buches auf Qrund der falschen Voraussetzung bestritten, daß es eine unzerreißbare literarische Einheit bilde 2 3 ). Mehrfach wurden einzelne Teile verworfen. Oeder erklärte 40—48 als späteren Zusatz 2 1 ), Corrodi verwarf ferner 38—39 25 ). Sie fanden gelegentliche Nachfolger 2 6 ). Ein anonymer Kritiker sprach 1—24 dem Verfasser von 25—32. 35. 38—39, den er mit Daniel identifizierte, wegen ihrer literarischen und moralischen Minderwertigkeit ab 27 ). Jedoch begann die Diskussion über den Inhalt des Buches erst infolge der Vermutungen Hölschers 2ä ). War bisher die Form des Buches preisgegeben worden, so dehnte er dies auf den Inhalt aus. Er bezeichnete einen sehr erheblichen Teil, weit mehr als vier Fünftel, als un21
) Herntrich, Ezechielprobleme, S. 6. ) Vgl. Weiser, Einleitung in das Alte Testament, S. 168. 2S ) Zunz, Geiger, Wetzstein, Seinecke, Vernes (vgl. S. 8). 24 ) Oeder, Freye Untersuchung über einige Bücher des Alten Testaments. Vgl. auch Michaelis, Orientalische und Exegetische Bibliothek II, S. 1—58. 25 ) Corrodi, Versuch einer Beleuchtung des jüdischen und christlichen Bibelkanons I. 26 ) Berry, Greßmann, Bousset, Mowinckel u. a., vgl. S. 93 ff. 27 ) Concerning the Author of some Poems ascribed to Ezekiel. 28 ) Hölscher, Hesekiel. 22
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echt und schrieb ihn einem im 5. Jahrhundert lebenden Redaktor oder noch späteren Ergänzern zu. Ezechiel bleibt der Verfasser einer Reihe von Stücken, die ihn als Dichter mit einer „blendenden, phantasievollen und leidenschaftlichen R h e t o r i k " 2 9 ) zeigen. Freilich geht er von der richtigen Beobachtung aus, daß die schriftlichen Aufzeichnungen des Buches wie bei allen Propheten ein Erzeugnis kunstvoller Reproduktion seien 3 0 ). Man wird ihm darin zustimmen, daß sich wie bei Jesaja und Jeremia auch um den ezechielischen Originaltext allerlei Fremdes angesammelt hat, das herausgelöst werden muß. Diese Erkenntnis ist die erste Beobachtung, die die Forschung über Herrmanns Ansicht hinausführte. Aber Hölschers Kritik ist ohne Grenzen. Er gleicht einem Chirurgen, der, um ein Gewächs an der Hand zu entfernen, den ganzen Arm amputiert — und das möglichst mit einer Kreissäge. Die richtige Erkenntnis wird durch seine Maßlosigkeit in ein schiefes Licht gerückt. Immerhin führt Hölscher noch in einem zweiten Punkt über die frühere Forschung hinaus. Entgegen der Ansicht, daß Ezechiel in Prosa schreibe, unterscheidet er zwischen Poesie und Prosa, dem Dichter und dem Buch. Die Prosa soll im wesentlichen vom Redaktor stammen, während Ezechiel selbst Dichter war. Daran ist zweifellos richtig, daß Ezechiel seine Worte und Berichte wie seine Vorgänger in Versform faßte, wenn er apch nicht immer die hohe Stufe erreicht hat, die Hölscher ihm zuschreiben möchte. Aber Hölschers Unterscheidung zwischen wenigen Gedichten und einem weitaus überwiegenden Teil von später verfaßter Prosa erscheint fraglich. Es ist vielmehr mit größter Sicherheit anzunehmen, daß — abgesehen von Glossen und späteren Erweiterungen — alle Abschnitte des Buches Versform aufweisen (vgl. S. 60ff.). Damit aber erscheint auch die Frage der Echtheit in neuem Lichte und die Bezweiflung auch des Inhalts des Buches in Hölschers Art übertrieben. Haller hielt Hölschers Ergebnisse für wahrscheinlich und glaubte ebenfalls zwischen den echten Gedichten des Propheten Ezechiel und dem im 5. Jahrhundert entstandenen Buche unterscheiden zu müssen. Große Teile in 1—24 (z. B. 18,1—32), ferner 33—37. 38—39. 40—48 hielt er für spätere Zusätze 3 1 ). Dagegen sind gegen Hölschers Untersuchung von verschiedener Seite ernste Bedenken erhoben worden, sowohl gegen seine Methode als ) Hölscher, a. a. O., S. 5. ) Hölscher, Die Profeten, S. 3 0 3 ; Geschichte der israelitischen jüdischen Religion, S. 114. 3 1 ) Haller, Ezechiel und Ezechielbuch, S. 487. 29 30
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auch gegen seine zur Unterstützung seiner These herangezogene Auffassung von der Qeschichte der israelitischen Religion, besonders hinsichtlich der nachexilischen Ansetzung des Deuteronomiums. Neben den schwachen Kritiken von Kessler und Kittel sind vor allem die von Herntrich und Sellin zu erwähnen 3 2 ). Auch Weiser weist darauf hin, daß Hölschers Maßstab zu subjektiv und willkürlich und für die Weite der Gestalt Ezechiels viel zu eng gefaßt sei. Das eigentliche Problem werde nicht gelöst, sondern nur auf die Redaktion verlagert 32a ), (die dann größer als der Prophet selbst gewesen sein müßte. Letztlich ist Hölscher in denselben Fehler verfallen wie Kraetzschmar: Anstatt jeden Vers text- und literarkritisch sorgfältig zu untersuchen, lehnt er bei irgendwelchen Anstößen ohne weiteres ganze Abschnitte von vornherein als unecht ab. In Wirklichkeit ergeben diese nach Wiederherstellung des Textes, Ausscheiden von Glossen und richtiger Scheidung der einzelnen Einheiten in den meisten Fällen Worte, die neben den von Hölscher als echt anerkannten durchaus bestehen können. Zu ähnlichen Ergebnissen wie Hölscher ist Irwin gelangt 3 3 ). Er möchte freilich einen objektiveren Maßstab anlegen und sich einer wissenschaftlich einwandfreieren Methode bedienen als Hölscher. Aber es bleiben doch nur wenig mehr, wenn auch teilweise andere, Verse als bei jenem übrig. Anders als es gewöhnlich geschieht, sucht Irwin zunächst unzweifelhaft echte ezechielische Worte festzustellen, um die an ihnen gewonnenen Maßstäbe an alles andere anzulegen. Mag man dies Vorgehen als berechtigt anerkennen, so muß doch betont werden, daß es sowohl eine fast ausschließlich schriftstellerische Tätigkeit des Propheten voraussetzt als auch eine Wandlung seiner Vorstellungswelt und Sprache grundsätzlich ausschließt. Es besteht die Gefahr einer verhärteten und versteiften Methode, die den Text schematisch nach einmal gewonnenen Regeln untersucht; man hat den Eindruck, als sei Irwin dieser Gefahr weitgehend erlegen. Als Ausgangspunkt seiner Untersuchung hat er Ez 15 gewählt und glaubt in 15,1—5 ein ezechielisches Orakel, in 15,6—8 eine spätere Interpretation entdecken zu können, die zwar an 15,1—5 anknüpft, dem Orakel aber eine andere Deutung als die zunächst zu erwartende gibt. Auf Grund dieser mehr als fraglichen Unterscheidung (vgl. S. 68) erblickt Irwin nun in sämtlichen vom angeblich ezechielischen Sinn der Orakel ab« 32
) Kessler, Die innere Einheitlichkeit des Buches Ezechiel; Kittel, Geschichte des Volkes Israel III; Herntrich, Ezechielprobleme; Sellin, Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes II. Vgl. ferner Dennefeld, Le Messianisme, S. 115. 32a ) Weiser, a. a. O., S. 168. 33 ) Irwin, T h e Problem of Ezekiel.
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weichenden Interpretationen und Kommentaren spätere Zusätze. Andere Abschnitte und Verse stellt er als unecht hin, weil in ihnen häufig Ausdrücke gebraucht werden, die er schon in den angeblichen Kommentaren gefunden hat, oder weil in ihnen die echten Orakel zitiert werden. Schließlich weist er alles als unecht zurück, was sich nicht durch den Parallelismus der Versglieder als Langvers ausweist — auch an die ezechielische Poesie einen zu engen und einseitigen Maßstab anlegend. All diese immer wieder angeführten Gründe fallen in sich zusammen, weil die für Irwins Untersuchung grundlegende Unterscheidung zwischen 15,1—5 und 15,6—8 lediglich auf einem Mißverständnis des ezechielischen Textes beruht. III. Auseinandersetzung über Zeit und Aufenthaltsort Ezechiels Seit der Infragestellung der Form und des Inhalts des Buches Ezechiel haben sich die Probleme noch vermehrt. Ein Wirbel von Fragen hat sich erhoben, eine erstaunliche Vielfalt von Lösungsversuchen ist vorgelegt worden, deren Beurteilung durch die mannigfachen Motive, die in ihnen verborgen sind, erschwert wird. Sie sind dadurch gekennzeichnet, daß Zeit und Aufenthaltsort Ezechiels, von der Überlieferung des Buches selbst abweichend, verlegt werden. 1. Auch in der Beantwortung dieser Frage gibt es einige Vorläufer. Zunz verlegte die Abfassung des Buches zunächst in die persische Zeit (nach 538) 3 4 ), später in die Jahre 440—400, wobei Ez 26—28 erst 332 entstanden sein sollen, da sie sich auf Alexander den Großeil bezögen 3 5 ). Auch Erbt versetzte Ezechiel auf Grund einer kuriosen Textkritik in die Jahre 535—525 3 6 ). Dagegen bestimmte Seinecke als Zeit Ezechiels die Jahre 164/63 3 7 ), Vernes das dritte vorchristliche Jahrhundert 3 8 ). Winckler kombinierte diese beiden Anschauungen; nach ihm stammt der größte Teil des Buches aus den Jahren 539—515, Ez 38—39 aus der Zeit nach Alexander dem G r o ß e n 3 9 ) . In noch jüngere Zeit gehen Havet, der Gogs Heerscharen mit den Parthern identifi3 4 ) Zunz, Die gottesdienstlichen Vorträge der Juden, S. 157—162. Wetzstein, Das batanäische Oiebelgebirge, S. 19, folgt der Ansetzung von Zunz ohne Angabe von Gründen. 3 6 ) Zunz, Bibelkritisches II, S. 676—681. Die Beziehung von E z 26—28 auf Alexander taucht bei Nöldeke und Torrey wieder auf. 3 6 ) Erbt, Sesbasars Herkunft; Das Gesicht von Jerusalems Zerstörung im Hesekielbuche; Eine Mond- und Sonnenfinsternis im Alten Testament; Die Fürstensprüche im Hesekielbuche. 3 ' ) Seinecke, Geschichte des Volkes Israel I, S. 138; II, S. 1—20. 3 8 ) Vernes, Précis d'Histoire Juive, S. 811. 3 9 ) Winckler, Altorientalische Forschungen III, S. 135ff.
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ziert und in Ez 40—48 den Plan für den Tempelbau des Herodes vermutet 40 ), und Berry, der in G o g Antiochus Eupator erblickt, der 162 v . C h r . in Palästina einfiel, während 45,1—8a. 47,13—48,35 die Eroberungen des Johannes Hyrkanus (130/29) voraussetzen soll 4 1 ). Über all diese eigenartigen Versuche ist die Wissenschaft ohne g r o ß e Diskussion hinweggegangen. Ernsthaftere Notiz wurde von der Annahme von Smith genomm e n 4 2 ) . Er versetzte Ezechiel mehr als ein Jahrhundert vor die traditionelle Datierung ins israelitische Nordreich. Die Gefangenschaftsdatierungen beziehen sich zum Teil auf die erste Deportation der Israeliten im Jahre 734 (II Kön 15,29), das 30. Jahr in Ez 1,1 ist das 30. Jahr nach dem Untergang Samarias, also 691. Der Prophet hat demnach etwa zur Zeit Manasses gelebt und gewirkt. Er war ein Nordisraelit, der zu seinen Landsleuten und zu den nordisraelitischen Deportierten von einem Ort in Nordisrael gesprochen hat. In Z u s a m m e n h a n g damit sucht Smith die beiden von Josephus erwähnten Bücher Ezechiels in unserem Buche zu unterscheiden: In dem einen spiegelt sich die Wirksamkeit des Propheten in Palästina. Ihm werden also alle Stücke zugewiesen, die palästinensisches Gepräge tragen — nach Smith der größte Teil. Das andere Buch enthält Stücke aus der Tätigkeit des Propheten im Exil (20,32—44. 36,16—32. 37,11—14). Auch Goy faßt die Möglichkeit der vorexilischen Entstehung der Prophetie Ezechiels und einer Revision der prophetischen Chronologie ins Auge 43 ). Und Kühl meint, daß die Wissenschaft sich ernstlich die Frage vorlegen müsse, ob Ezechiel wirklich ein Exilsprophet gewesen sein kann und nicht vielmehr in frühere Zeit, etwa die Manasses, anzusetzen ist 4 4 ). Die wichtigsten Gründe Smiths für seine These sind: a) Der häufig gebrauchte Ausdruck „ H a u s Israel" bezieht sich auf das Nordreich. b) Die sprachliche Eigenart des Buches ist auf das ausgedehnte M a ß der Beeinflussung der Sprache Nordisraels durch fremde Elemente zurückzuführen, die stets in ihm lebendig gewesen sind. 40
) Havet, La Modernité des Prophètes. ) Berry, The Date of Ezekiel 45,1—8a and 47,13—48,35; The Date of Ezekiel 38,1—39,20. 42 ) Smith, The Book of the Prophet Ezekiel. 43 ) Goy, Autour d'Ezéchiel, S. 33 (Église évangélique libre du Canton de Vaud. Faculté de Théologie. 1931, S. 14—34), zitiert bei Herntrich, a. a. O., S. 71. 44 ) Kühl, Rezension: Torrey, Prof. Charles Cutler: Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 29. 41
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Demgegenüber glaubte Harford in eingehender Untersuchung nachweisen zu können, daß sich der Ausdruck „Haus Israel" nirgends auf das Nordreich bezieht, nur an einigen Stellen Nord- und Südreich gemeinsam gemeint sein werden (besonders in 34—37) 45 ). Das ist in dieser Form übertrieben. In 4,4f. 37,16 ist eindeutig das Nordreich gemeint 4 6 ); auch die sich auf da? Qesamtvolk beziehenden Stellen sind zahlreicher, wobei allerdings unklar ist, wie weit das Nordreich einbezogen wird. Dennoch sprechen die vielen Stellen, in denen „Israel" das Südreich oder die Deportierten aus Judäa bedeutet, entscheidend gegen Smiths Anschauung (vgl. S. 209ff.). Herntrich weist darauf hin, daß die sprachliche Eigenart auch bei einem Propheten des Südreiches um 600 möglich i s t 4 7 ) — ganz abgesehen von den Ausdrücken und Redewendungen, die sich als Glossen erweisen. Und wie sollte man es sich vorstellen, daß später ein Redaktor die ganze Prophetie auf die Deportation Jojachins umdeutete, um zu verhüllen, daß der Prophet zu den verachteten Nordisraeliten gehörte? Müßte das nicht bei Hosea erst recht der Fall sein? 2. Umstürzender ist Torreys Ansicht über das Buch Ezechiel, besonders über die Zeit des Propheten, die im Zusammenhang mit T o r reys langjährigen Bemühungen verstanden werden muß, die Überlieferung vom babylonischen Exil und der Rückkehr nach Palästina als Fiktion zu erweisen 4 8 ). Er hatte zu zeigen versucht, daß Deuterojesaja ursprünglich nichts von einem babylonischen Exil wußte und die Bezugnahme auf Kyros und Babylonien von einem späteren Bearbeiter stammt. Das Buch Jeremias, der das Exil zu kennen scheint, ist im 3. Jahrh. v. Chr. bearbeitet worden, um eben dies in es einzutragen. Die Bücher Chronik, Esra und Nehemia wurden um diese Zeit i l ) Harford, Studies in the Book of Ezekiel, S. 31 f., 77—101. Brunner, Ezechiel I, S. 90, bezieht den Ausdruck „Berge Israels" in Ez 6—7 auf das Nordreich, das zur Zeit dieser Weissagungen längst nicht mehr bestand, aber erwähnt wird, damit jeder merken solle, daß das über Jerusalem angekündigte Unheil auch hereinbrechen wird. Aber kein Prophet „ w e i s s a g t " Ereignisse, von denen jeder wissen mußte, daß sie schon längst geschehen sind! 4 6 ) Vgl. ferner S . 2 1 0 , Anrn.30. 4 7 ) Herntrich, a . a . O . , S . 6 0 . Er führt ferner an: 1. Das Interesse am Nordreich ist eine Folge davon, daß der Prophet die Regierungszeit Josias miterlebte. 2. Die nordisraelitische Tradition hat man um 600 auch in Jerusalem gekannt. 3. Ezechiel wendet sich nicht gegen Jerusalem, weil er Nordisraelit, sondern wie Jeremía judäischer Prophet ist. 4 8 ) Torrey, Notes on the Aramic Parts of Daniel; Ezra Studies; The Second Isaiah; Alexander the Oreat in the Old Testament Prophecies; Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy.
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verfaßt und setzten ihre Auffassung der Geschichte Israels so erfolgreich durch, daß wenigstens die von der persischen Periode von Juden und Christen als tatsächlicher Geschichtsverlauf anerkannt wurde. Kur das Buch Ezechiel stand Torreys These noch im Wege. Er mußte deshalb nachweisen, daß sein Verfasser nicht in Babylonien, sondern viel später in Juda und Jerusalem gelebt hat. Die Grundlage des Buches bildet nach seiner Ansicht ein um 230 v. Chr. entstandenes Pseudepigraph, das sich als eine im 30. Jahre Manasses (666) entstandene Weissagung seiner Untaten und der ihnen drohenden Strafe ausgibt. Das Material dafür hat dem Verfasser die in II Kön 21,1—17 gegebene Schilderung Manasses gegeben. Nach seiner Entstehung galt das Buch zunächst als Werk eines jerusalemischen Propheten. Bald nach 230 aber hat ein Bearbeiter es dem im Exil lebenden Propheten Ezechiel zugeschrieben und zu diesem Zweck der nach Manasses Regierungsantritt rechnenden Datierung die nach der Deportation Jojachins zählenden Daten hinzugefügt. Im Anschluß an Torrey hat Burrows die literarischen Beziehungen des Buches Ezechiel zu den übrigen alttestamentlichen Schriften geprüft und das von Torrey angenommene Datum der Entstehung bestätigt gefunden 4 9 ). Wenn das Buch eine Einheit bildet, ist es nach ihm später als I—II Kön und Jes 14 geschrieben, nach dem Abschluß des Pentateuch, wahrscheinlich später als Haggai, Sacharja, Obadja und Jes 13.23.34. 40—55. 56—66, vielleicht später als Joel, die aramäischen Teile Daniels und Sach 9,11—11,13, aber vor Sirach. Auch Dahl nimmt Torreys These nach kurzer Erwägung an, da das Buch eine Einheit sei, Sprache, Theologie, literarische Beziehungen, angebliches Hellsehen und die apokalyptische Gestalt Gogs es als Pseudepigraph erweisen, das nach Dan 1—6 etwa um 225 v. Chr. geschrieben zu sein scheint 50 ). Die von Unwahrscheinlichkeiten und Unmöglichkeiten strotzende Auffassung Torreys hat eine lebhafte Kritik hervorgerufen 3 1 ). Von vornherein ist folgendes festzustellen: 49
) Burrows, The Literary Relations of Ezekiel, S. 105. ) Dahl, Crisis in Ezekiel Research, S. 283. 61 ) Budde, Zum Eingang des Buches Ezechiel; Spiegel, Ezekiel or PseudoEzekiel?; Toward Certainty in Ezekiel; Harford, Studies in the Book of Ezekiel, S. 38—53; Is the Book of Ezekiel Pseud-Epigraphic?; Albright, The Seal of Eliakim and the Latest Preexilic History of Judah; Goy, Autour d'lizechiel; Oesterley, The Book of Ezekiel: a survey of recent literature, S. 194; Barnes, The Scene of Ezekiel's Ministry and his Audience. Torrey antwortete Albright in: Ezekiel and the Exile, und Spiegel in: Certainly Pseudo-Ezekiel. 50
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Einleitung
a) Torreys These fußt auf der Voraussetzung, daß das Buch Ezechiel eine literarische Einheit ist. Diese Voraussetzung aber ist seit Herrmanns Untersuchungen nicht mehr aufrecht zu erhalten. Sich noch auf sie zu berufen, bedeutet einen verhängnisvollen Fehlschluß und Rückschritt. b) Das Exil und die Rückkehr der Deportierten nach Palästina sind nicht später erfunden worden, wie eine Untersuchung von Chronik und Esra/Nehemia zeigt. Ihre sorgsame Verarbeitung der Quellen für die vorexilische Zeit läßt eine ebensolche für die spätere erwarten; zudem lassen sich in Esra/Nehemia noch einige Quellen erkennen, die grundsätzlich das bisherige Geschichtsbild bestätigen. Der von Torrey vermuteten späteren Geschichtskonstruktion widersprechen — außer Deuterojesaja, aus dem Torrey alles Derartige auszuscheiden sucht — Haggai, Sacharja und Tritojesaja. c) Was soll man von einem Verfasser halten, der in eine Prophetie, die in die Zeit Manasses passen soll, Anspielungen auf Persien und Alexander den Großen hineinbringt? d) Vielmehr läßt die deutliche Unterscheidung zwischeii Weissagung und Bezugnahme auf vergangene Ereignisse genau die Zeit zwischen 593 und 587 erkennen 52). Auch Messel verlegt Zeit und Ort der Wirksamkeit Ezechiels 53 ). Er sieht sich der Schwierigkeit gegenüber, daß Jerusalem unbedingt der Aufenthaltsort des Propheten gewesen sein muß, andererseits eine Schar von Deportierten vorausgesetzt wird. Es muß sich daher nach seiner Ansicht nicht um die nach Babylonien deportierten Jerusalemer handeln, sondern um die von dort nach Palästina zurückgekehrten. Erst um 400 v. Chr. wirkt der Prophet unter ihnen. Die echten Worte sammelte, ergänzte und bearbeitete dann ein Redaktor um 350 v. Chr. Beide fingieren das Exil als Ort und Zeit der Entstehung ihrer Worte. Der Grund hierfür wird jedoch in Messels Darstellung in keiner Weise klar. Denn um eine götzendienerische Partei in Jerusalem zu bekämpfen und gegen Ägypten, mit dem sie sympathisierte, Drohworte auszustoßen, bedurfte es in dem religiös toleranten Perserreich keinerlei Verbrämung. Warum sollte man etwas getan haben, was Haggai und Sacharja nicht zu tun für nötig befunden hatten? 5 4 ) 52
) Darauf ) Messel, 54 ) Darauf aufmerksam, 53
weist Herntrich, Ezechielprobleme, S. 57ff., hin. Ezechielfragen. macht Stamm, Rezension: Nils Messel, Ezechielfragen, S. 308, wie auch auf die Methode Messels, ganze Abschnitte, die
Die Entstehung der Probleme
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3. Gegenüber diesen umstürzlerischen Anschauungen stehen andere, die nur den Ort der Wirksamkeit Ezechiels verlegen. Dies begann mit der Untersuchung Herntrichs, der die Tätigkeit des Propheten völlig auf Palästina beschränkt 5 6 ). Er sieht, wie alle anderen, einen Widerspruch darin, daß einerseits Ezechiels Worte als Thema das Ende Jerusalems haben und die Jerusalemer anreden, die das Ende treffen wird, andererseits aber der Prophet angeblich bei den Deportierten lebt, deren Sorge und Not ihm anscheinend gleichgültig sind, an die er vor 587 keine seiner Reden richtet und die er nur in seiner Heilsweissagung berücksichtigt. Seine Worte können aber auch nicht bloße Literatur sein, wie man daraufhin vermuten möchte, sondern machen den Eindruck, als seien sie mitten im Kampf des politischen und religiösen Lebens entstanden, als liege wirkliche prophetische Tätigkeit zugrunde. Diese letzte Beobachtung ist zweifellos richtig; wir haben es bei Ezechiel unbedingt mit mündlicher Verkündigung zu tun (vgl. S. 50). Gegenüber den anderen Behauptungen aber ist schon hier zu fragen — und das gilt auch für alle noch folgenden ähnlichen Anschauungen —: a) Warum soll die Anrede an Jerusalem oder die Jerusalemer Ezechiels Anwesenheit dort voraussetzen? Auch die fremden Völker werden von den Propheten angeredet, ohne daß man ernsthaft annehmen wollte, die Sprecher weilten bei den Betroffenen 56). b) Ezechiel hat auch vor 587 Worte an die Deportierten gerichtet (vgl. z.B. 11,14—21; 14,12—23). c) Die Sorge und Not der Deportierten können wir aus Jer 29 erschließen. Sie kreist um den Bestand von Stadt und Tempel und um die Rückkehr dorthin. Eben damit aber befassen sich auch Ezechiels Worte: Eroberung dieser Stadt, Untergang des Tempels, langes Exil! Herntrich allerdings glaubt aus jenem angeblichen Widerspruch und verschiedenen Einzelgründen schließen zu dürfen, daß Ezechiel ausschließlich in Jerusalem gewirkt haben muß. Sein Werk bildet die Grundlage von Ez 1—37. Ein exilischer Redaktor, der die im Jahre 598 Deportierten als die geistlich führende Schicht der Judäer hinstellen wollte, hat dann (wohl um 573, vgl. 40,1) diese echte Grundlage überdeutlich die Zeit Nebukadnezars und Zedekias voraussetzen, als sekundär auszuscheiden und das Verhältnis Ezechiels zu P zu übergehen. 66
) Herntrich, Ezechielprobleme. ) Herntrichs Abwehr, a. a. O., S. 135, dieses von Sellin, a. a. O., S. 35, vorgetragenen Einwandes ist nicht stichhaltig, wenn auch Sellins These von Ezechiels Fernsprüchen der Kritik bedarf. 5e
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Einleitung
arbeitet und zur Erreichung seines Zwecks vor allem die Gefangen schaftsdatierung hinzugefügt und die Worte Ezechiels in einen exilisch-babylonischen Rahmen gepreßt; auch Ez 40—48 gehen auf ihn zurück. Während also die echten Kernstücke die jerusalemische Situation widerspiegeln, findet sich die babylonische Situation nur in redaktionellen Überarbeitungen, die exilische Situation in späteren Anhängen. Obwohl sich gegen diese Annahmen gewichtige Einwände erheben lassen 67 ), hat ihre Fragwürdigkeit Harford nicht gehindert, sie mit einigen Änderungen anzunehmen 58). Vor allem ist nach ihm der Redaktor selbst ein Mann „of prophetic soul" in der babylonischen Gola, vielleicht ein Schüler Ezechiels. Er zeichnete die Worte seines Meisters auf und verwob sie mit seinen eigenen. Bezeichnend aber ist, daß Harford zugeben muß, daß das Wunder dieses Buches mit zwei Verfassern die Einheit seiner Botschaft ist 59 ). Auch nach der Ansicht Berrys 60) war Ezechiel zwischen 598—587 in Jerusalem oder seiner Umgebung tätig. Durch seine Berufung war er zu den Israeliten in Palästina, nicht zur Gola gesandt worden. Seine Reden richteten sich an sie, nicht an die Deportierten. Und da er nur Unheilsprophet war, müßte seine Botschaft für die Letzteren ohne Bedeutung geblieben sein. Die Stellen, die Ezechiel nach Babylonien versetzen, hält Berry für redaktionell. Sie sind durch eine im 3. Jahrh. v. Chr. erfolgte, dem Chronisten verwandte Redaktion hinzugefügt worden. Völker-, Heilsorakel und Ez 40—48 sind Zusätze zu den echten Worten Ezechiels 61). Ebenso stimmt Allen grundsätzlich Herntrich zu 6 2 ). Ezechiel hat seine Worte in Jerusalem gesprochen, von wo sie später durch einen Schüler und Redaktor nach Babylonien gebracht wurden. Wie Herntrich unterscheidet Matthews zwischen dem in Jerusalem lebenden Ezechiel und dem babylonischen Redaktor 8 3 ). Der Prophet ist nach ihm vielleicht ein Nordisraelit gewesen, der aber in Jerusalem lebte und dort von 593—570 tätig war 6 4 ). Möglicherweise ist er einer « ) Messel, a. a. O., S. 13. M ) Harford, Studies in the Book of Ezekiel. 59 ) Harford, a.a.O., S.71f. Vom Redaktor stammen 1,4—28b. 10. 40—42. 43,1—5. 44,2—4, wahrscheinlich auch 47,1—12. 47,13—48. 60 ) Berry, Was Ezekiel in the Exile? 61 ) Berry, The Compositum of the Book of Ezekiel. 6ä ) Allen, Prophet and Nation, S. 98. Ebenso McFadyen, Ezechiel. 63 ) Matthews, Ezekiel. 64 ) Die Daten stammen zwar vom Redaktor, geben aber doch die richtige Zeit der Tätigkeit Ezechiels an, wie Matthews meint.
Die Entstehung der Probleme
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der Deportierten von 581 gewesen oder hat Babylonien auf andere Weise kennengelernt. Er war kein Ekstatiker, sondern ein Lehrer der Ethik. Dagegen war der babylonische Bearbeiter ein dort lebender Priester (520—500). Er setzte Ez 40—48 aus zwei verschiedenen Quellen zusammen und wurde dadurch der „Vater des Judentums". Die meisten Völkergedichte und die angeblich apokalyptischen Teile des Buches stammen nach Matthews von späterer Hand. Hyatt stimmt grundsätzlich der Ansicht von Matthews zu. Das in Palästina geschriebene ursprüngliche Prophetenbuch wurde nach ihm in der zweiten Hälfte des 6. Jahrh. v. Chr. durch einen in Babylonien lebenden, mehr priesterlich eingestellten Schüler Ezechiels herausgegeben und später durch Völkerorakel und apokalyptische Zusätze ergänzt. „Such a view makes of the prophet Ezekiel an intellegible Personality and places him in the rank of the great prophets" 6 ä ). Schließlich nimmt Irwin an, daß Ezechiel in Jerusalem tätig gewesen ist. Er beruft sich vor allem auf Ez 6,11—12. Die „Nahen", die durch das Schwert sterben sollen, müssen mit Ezechiel in dem von Nebukadnezar belagerten Jerusalem leben, die „Fernen" dagegen in Gefangenschaft in Babylonien 66 ). Nur ist völlig unerklärlich, warum sie durch die Pest umkommen sollen! 4. Die Beschränkung der Tätigkeit Ezechiels auf Palästina macht sowohl tiefgreifende Textänderungen als auch die Annahme weitgehender Bearbeitung des Buches durch einen babylonischen Redaktor notwendig. Letzteres suchen andere Forscher durch die Vermutung, daß Ezechiel in Palästina und Babylonien tätig gewesen ist, zu verringern. Nach der Ansicht von Oesterley-Robinson war Ezechiel zunächst von 602—598 in Jerusalem tätig. Dort sprach und schrieb er seine Worte gegen die Jerusalemer und die Weissagungen vom Untergang der Stadt, die er bei seiner Deportation nach Babylonien mit sich nahm. Im Unterschied zu den meisten Anschauungen liegen Berufung und erste Tätigkeit des Propheten demnach schon vor seiner Deportation. Eine weitere Zeit der Wirksamkeit folgte im Exil, wo er Heilsworte an die Deportierten richtete. Ob diese vor oder nach den Ereignissen des Jahres 587 entstanden sind, läßt sich nicht mehr entscheiden' 67 ). 65
) Hyatt, Prophetic Religion, S. 28. ««) Irwin, The Problem of Ezekiel, S. 57, 98. 67 ) Oesterley-Robinson, An Introduction to the Books of the Old Testament, S. 328. Vgl. auch Spiegel, Toward Certainty in Ezekiel, S. 170, der eine Wirksamkeit Ezechiels in den letzten Jahren Jojakims für möglich hält, später sogar noch in den ersten Jahren Zedekias (bis 592). .
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Einleitung
Bertholet nimmt, von seiner früheren Meinung abweichend, ebenfalls eine doppelte Wirksamkeit Ezechiels an 68). Ezechiel ist in Jerusalem berufen worden (2,3—3,9) und hat zunächst dort gewirkt. Der Übergang nach Babylonien erfolgte nicht unvermittelt. Während der Belagerung verließ er Jerusalem und blieb an dem „anderen Ort", an den er sich in Ausführung einer symbolischen Handlung begeben mußte (12,1—11). In Babylonien hat er 585 eine zweite Berufung erlebt (1,4—2,2). Seine Notizen wurden von einem Redaktor in verschiedenen Versionen herausgegeben, der die Tätigkeit des Propheten systematisch auf Babylonien beschränkte. Auvray tritt im Anschluß an Bertholet dafür ein, daß Ezechiels Tätigkeit in Jerusalem begonnen und bis zum 13. Jahr der Gefangenschaft Jojachins (1,1) gedauert habe. Dann sei er nach Babylonien gekommen und habe seine Tätigkeit nach einer zweiten Berufungsvision fortgesetzt (1, hinter 33 stellen) " e ^ t f a , sondern r r t f ^ f n ) Kuenen; Harford, a . a . O . , S . 4 6 ; Matthews, a . a . O . , S . 2 ; Pfeiffer, a . a . O . , S.527. " ) In 8,1 1 m i t Hölscher, Herntrich, Bertholet, Balla. 5 5 ) Die Änderung muß erfolgt sein, nachdem 4,4—8 an seinen jetzigen Platz umgestellt war. 5 6 ) Kraetzschmar, a . a . O . , S. 195; McFadyen, a . a . O . , S. 512; Kittel, Geschichte des Volkes Israel III, S. 153f. 52 53
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das Erlebnis wird nicht als solches Gesicht geschildert. Der Wortlaut deutet nichts dergleichen an. Auch fehlen Beispiele aus der Prophetie völlig. b) Nach anderer Auffassung war Ezechiel imstande, aus eigener Erfahrung und aus Berichten anderer die Ankunft Nebukadnezars vor Jerusalem ungefähr zu berechnen. Da er sich sicher nicht die geringste Kleinigkeit entgehen ließ, konnte er der richtigen Zeit nahekommen 5 7 ). Das ist wohl richtig, aber der Text redet nicht davon, daß die Belagerung in „ungefähr" dieser Zeit, sondern daß sie an einem ganz bestimmten Tage begonnen habe. Der aber ließ sich in Babylonien nicht berechnen! c) Wenn Ezechiel den Beginn der Belagerung in Jerusalem erlebt hätte 5S ), würden wir einen Bericht darüber, nicht aber ein Jahwewort erwarten, nach dem er sich diesen T a g merken und notieren soll, da an ihm die Belagerung begonnen habe. Eine solche Belehrung hat nur Sinn, wenn sie in der Fremde erfolgt 6 9 ). d) Ferner wird das Datum als vaticinium ex eventu bezeichnet, das Ezechiel erst später in den Text eingefügt habe 60). Aber damit rückt man den Propheten in ein merkwürdiges Licht und steht zu der Erkenntnis seines Wesens in Widerspruch. e) Trotzdem besteht keinerlei Notwendigkeit, das Datum einem Redaktor zuzuweisen 61 ), wie aus dem Verhältnis des ezechielischen Datums zu den anderen alttestamentlichen Stellen über dasselbe Ereignis deutlich werden wird. Der „Redaktor" muß in den meisten Fällen sowieso nur die Handhabe dazu bieten, das unbequeme Datum aus dem Text entfernen und Zeit oder Aufenthaltsort Ezechiels verlegen zu können. 67 ) Qiesebrecht, Die Berufsbegabung der alttestamentlichen Propheten, S. 174. Daß Ezechiel durch Eilboten über den Zug des babylonischen Heeres unterrichtet worden sei, ist nicht sehr wahrscheinlich! 58) Herntrich, a.a.O., S. 109; Bertholet, a.a.O., S.87. 69 ) Von der Gewißheit, daß der notierte Tag eine Epoche für Jerusalem bedeute (Herntrich, a. a. O., S. 109), ist überhaupt keine Rede. 60 ) Hitzig, a.a.O., S. 180; Toy, a.a.O., S. 142. Nach Steuernagel, a.a.O., S. 586, hat Ezechiel das Datum zu der angegebenen Zeit notiert, seine Bedeutung aber erst nach dem Ereignis erkannt und es dann entsprechend formuliert. Nach Dussaud, a. a. O., S. 149, hat Ezechiel das Datum, nachdem er die Nachricht vom Beginn der Belagerung erhalten hatte, am Kopf eines Stückes notiert, an dem er gerade arbeitete. Aber dem widerspricht die Formulierung des Datums. 61 ) Hölscher, a.a.O., S. 126; Torrey, a.a.O., S.80; Pfeiffer, a.a.O., S. 539; Messel, a. a. O., S. 19 f.
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
f) In Wirklichkeit wußte Ezechiel, daß Nebukadnezar auf dem Marsch nach Jerusalem war. Er konnte auch ungefähr berechnen, wann er dort eintreffen und die Belagerung beginnen würde. Und bei der ständigen Beschäftigung mit dieser ihn so bewegenden Frage hatte er plötzlich die Gewißheit, daß die Belagerung begonnen habe. Sie wurde ihm in einem der Jahweworte zuteil, in denen seine Erlebnisse und Ahnungen sich ihm darboten 6 2 ). Dasselbe Datum für den Belagerungsbeginn findet sich II Kön 25,1. Jer 39,1. 52,4. Auch Sach 8,19 nimmt Bezug darauf. Wie kann das Datum Ezechiels mit ihnen übereinstimmen? Sollte Ezechiel wirklich den richtigen Tag getroffen haben? Oder ist nicht eher anzunehmen, daß das Datum in Ez 24,1 aus II Kön 25,1 entlehnt ist 6 3 ), wenn alle anderen Erklärungsversuche zurückgewiesen werden mußten? Es stellt sich jedoch zunächst heraus, daß Jer 39,1—2 an der jetzigen Stelle nicht ursprünglich ist, sondern den Zusammenhang zwischen 38,28b und 39,3 sprengt. Es ist aus Jer 52,4—7aa. entlehnt und berichtet mit 39,4—10 das Schicksal der Stadt und des Königs, während Baruch nur das Ergehen Jeremias schildern w i l l " ) . Jer 52,4 aber ist wie das ganze Kapitel aus II Kön 24,18—25,30 (außer 25,22—26) entnommen, scheidet also ebenfalls aus 6 S ). Da beide Jeremiasteilen letztlich auf II Kön 25,1 beruhen, bleibt die Frage, ob Ez 24,1 von dieser Stelle abhängig ist. Jedoch stammt II Kön 25,1, wie schon die Zählung der Monate an Stelle der alten Monatsnamen nach dem im Exil angenommenen Brauch zeigt, aus exilischer Zeit 6 6 ); es ist auf jeden Fall jünger als Ez 24,1. Die vorsichtige und umschreibende Ausdrucksweise in II Kön 25,1 scheint ferner darauf hinzuweisen, daß dem Verfasser keine genauen Unterlagen zur Verfügung standen. Das Datum in II Kön 25,1 geht daher entweder auf Ez 24,1 oder sogar auf die in Sach 8,19 bezeugte Sitte des Trauertages zurück, die ihrerseits in 6 2 ) Vgl. Ewald, Jeremja und Hezeqiel, S. 457: An jenem Tage sei es Ezechiel ganz lebhaft so gewesen, als ob die Belagerung der fernen Stadt gerade begonnen würde. Herrmann, a . a . O . , S. 150: „Der Profet erhält demnach die Gewißheit von dem Ereignisse an dem gleichen Tage, an welchem es eintritt, durch ein Jahwewort." 6 3 ) So Hölscher, a. a. O., S. 11. 64) Rudolph, Jeremia, S. 209. Die Annahme von Noth, Überlieferungsgeschichtliche Studien I, S. 86 f., die Verse seien in Jer 39 so fest verankert, daß sie dort ursprünglich sein müßten, trifft nicht zu. «5) Vgl. Rudolph, a. a. O., S. 277. 6 6 ) Ähnlich ist wohl die Zählung der Monate in Daten des Buches Jeremia zu verstehen.
Die Chronologie des Buches Ezechiel
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Ez 24,1 begründet sein müßte 67 )- Es dürfte demnach anzunehmen sein, daß in Ez 24,1 die erste Erwähnung des Datums des Belagerungsbeginns vorliegt, von der alle anderen Stellen abhängen, so daß uns dieses Datum nur annähernd bekannt ist. Damit ist sowohl die Echtheit von Ez 24,1 erwiesen als auch die Unmöglichkeit, es in die Zeit nach dem Entstehen von Sach 8,19 und II Kön 25,1 zu verlegen. Eine redaktionelle Abfassung um 350 (Messel) oder 230 (Torrey) ist völlig ausgeschlossen 68 ). 3. In 26,1 fehlt die Angabe des Monats. Da der Fall Jerusalems und die Haltung von Tyrus in der darauf folgenden Zeit vorausgesetzt wird, dürfte in M nur der 11. oder 12. Monat in Frage kommen, da Ezechiel die Nachricht vom Fall Jerusalems im 10.Monat erhielt 69 ). Die Vermutung Torreys, daß die Zahl 11 ursprünglich nicht das Jahr, sondern den Monat bezeichne 70 ), entbehrt jeder Grundlage. Jedoch ist das Stück aus dem 11. Jahr (M) mit Q in das 12. zu verlegen 71 ). Die Jahreszahl von M ist nur eine Angleichung an das masoretische Datum von 33,21. Durch diese Änderung entfällt allerdings die Möglichkeit, die Monatszahl annähernd zu bestimmen, da nunmehr das ganze 12. Jahr zur Verfügung steht. 4. Trotz aller Bedenken 72 ) wird angesichts der Überlegenheit des Textes von Q über M auch in 29,1 die Jahreszahl 10 in 12 zu ändern sein. 29,1—6a stammt danach erst aus der Zeit nach dem Fall Jerusalems. Es paßt seiner Art nach auch besser zu 32,1—8.17—32 als zu denjenigen Worten gegen Ägypten, nach denen das Bündnis mit diesem vielen Jerusalemern noch als Rettungsmöglichkeit galt. Eine militärische Tätigkeit des Pharao 7 S ) wird gerade nicht vorausgesetzt: Das große Krokodil lagert inmitten seiner Ströme und fühlt sich dort sicher. Später ist das Stück wohl als umfassendes Wort gegen den Pharao und Ägypten an die Spitze der ihm ähnlichen gestellt worden. " ) So Giesebrecht, Die Berufsbegabung der alttestamentlichen Propheten, S. 175. Vgl. auch Noth, a. a. O., S. 87. 6 8 ) Es kann demnach keine Rede davon sein, daß es von einem Späteren in maiorem gloriam prophetae erdichtet worden wäre, wie Messel, a. a. O., S. 19, annimmt. 6 9 ) Vgl. Albright, a. a. O., S. 93. Die Ansicht von Dussaud, a. a. O., S. 154, der den 6.—12. Monat für möglich hält, berücksichtigt nicht, daß die Nachrichten über Tyrus wohl kaum gerüchtweise zu den Deportierten gelangt sein werden wie die Nachricht vom Fall Jerusalems. 7 0 ) Torrey, a . a . O . , S.62. 7 1 ) Mit Steuernagel, Cooke, Balla, 1 'l???. Vgl. Kraetzschmar, a . a . O . , S.220f.; Herrmann, a . a . O . , S. 185. 7S ) So Albright, a . a . O . , S. 94.
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
5. Torrey suchte die Richtigkeit des Datums 29,17 dadurch zu kräften, daß er es mit der Deutung der Worte gegen Tyrus in die Alexanders des Großen in Zusammenhang brachte ?4). Aber es sich mit den geschichtlichen Gegebenheiten der Zeit Ezechiels trefflich in Einklang bringen.
entZeit läßt vor-
Tyrus ist tatsächlich in babylonische Hände gefallen wie archäologische Funde zeigen. Eine Keilschrifturkunde, ausgefertigt in Tyrus im Jahre 564, beweist, daß die Stadt dem babylonischen König unterworfen war, der dort einen Kommissar eingesetzt hatte 7 5 ). Vier andere Tafeln zeigen ebenfalls, daß Tyrus ab 570 unter babylonischer Herrschaft stand 7 6 ). Das wird durch den Einfall Nebukadnezars nach Ägypten 568/67 bestätigt 77 ). Denn ihm mußte nach der Ausschaltung der das babylonische Heer im Rücken bedrohenden Stadt Tyrus die erst nach ihrem Fall ermöglichte Vorbereitung für diesen Feldzug vorausgehen " ) . Ezechiel sagt nichts davon, daß die Babylonier Tyrus nicht hätten erobern können und unverrichteter Dinge wieder abgezogen wären. Ihnen ist nur der Lohn nicht zuteil geworden, den sie nach der langen Belagerung erwartet hatten. Also hatte die Stadt entweder sich ihnen gegen günstige Bedingungen unterworfen oder ihre Reichtümer über See in Sicherheit gebracht 7 9 ) oder, was wahrscheinlicher ist, im Laufe der langen Belagerung verbraucht 80 ). Das Datum in 29,17 ist also zuverlässig. Die Behauptung Torreys, daß der Redaktor deshalb dieses junge Datum gewählt habe, weil das 11. Jahr, das 29,17 eigentlich hätte erhalten müssen, schon in 26,1 ) Torrey, Alexander the Great in the Old Testament Prophecies, S. 284 f. ) Dougherty, Archives from Erech, Time of Nebuchadrezzar II and Nabonides, S.23, Nr. 94. 7 6 ) Unger, Nebukadnezar II. und sein Sandabakku (Oberkommissar) in Tyrus, S. 314—317; vgl. ThLZ 50 (1925), S. 485/86. 71 75
" ) Vg'- Albright, a . a . O . , S.94f.; Jeremias, Tyrus bis zur Zeit Nebukadnezar's, S. 45. 7 8 ) Nach der von Eißfeldt, Das Datum der Belagerung von Tyrus durch Nebukadnezar, S. 421 f., vorgenommenen Änderung im Text des Josephus wird der Sachverhalt auch durch diesen bestätigt. Über die Geschichtskenntnis Ezechiels vgl. Eißfeldt, Ezechiel als Zeuge für Sanheribs Eingriff in Palästina. 7 9 ) Letztere Vermutung von Albright, a. a. O., S. 94f. 8 0 ) Der Einwand von Torrey, Certainly Pseudo-Ezekiel, S. 315, Ezechiels Feststellung, die Belagerung sei kein Erfolg gewesen, bestehe immer noch, spricht höchstens gegen ihn.
Die Chronologie des Buches Ezechiel
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eingesetzt worden sei und daher 29,17 unmöglich ebenfalls zugeschrieben werden konnte 8 1 ), ist infolgedessen unzutreffend. 6. In 32,1 ist mit G A wahrscheinlich „11. Jahr" zu lesen 82 ), bleibt jedoch unsicher, da G B mit M übereinstimmt. 7. Für die Bezeichnung des fehlenden Monats in 32,17 ist mit O |1#K-Q zu lesen 83 ). Die Verlegung in den 12.Monat 8 4 ) beruht auf der lediglich durch S, 2 MSS bezeugten Änderung der Jahreszahl in 11. 8. Auch in 33,21 ist der Text von Q (dazu S, 8 MSS) dem von M vorzuziehen. Nicht im 12. Jahr, fast 1V2 Jahre nach der Eroberung Jerusalems, kam der Bote, sondern im 11. Jahr, nicht ganz 1 / 2 Jahr später 8 5 ). Diese Zeit kann für die Reise in das Innere Babyloniens durchaus angesetzt werden, besonders unter Berücksichtigung der Vermutung, daß der Flüchtling sich nicht unmittelbar nach der Eroberung der Stadt aufgemacht hat (vgl. S. 242f.). Da das Ereignis selbst unter den Deportierten gerüchtweise sicher bald bekannt geworden ist, scheint für Ezechiel die Ankunft eines Augenzeugen entscheidend gewesen zu sein, der ihm nicht nur die Ereignisse berichten konnte, die zum Fall Jerusalems geführt, sondern auch die Unruhen, die sich im ganzen Lande daran angeschlossen hatten. Bewer schlägt vor, den 5. Monat (des 11. Jahres) zu lesen, da der Flüchtling zu den mit Zedekia am 9.4. Ausgebrochenen gehöre, nach Babylonien geeilt sei und gemeldet habe, die Stadt sei erobert 8 6 ). Aber die Voraussetzung dieser Ansicht ist, daß 24,26 ursprünglich ist. Das muß jedoch als unwahrscheinlich bezeichnet werden. Ezechiel hat wohl niemals erwartet, durch einen Flüchtling am Tage der Eroberung Jerusalems von diesem Ereignis Kunde zu erhalten; 24,26 ist Zusatz. Es erscheint auch zweifelhaft, daß der Flüchtling den 1300—1400 km langen Weg während der heißen Jahreszeit in einem Monat zurückgelegt haben könnte. 9. In 40,1 ist wie in 32,17 als Monatsangabe 81
zu lesen 87 ). Die
) Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 62. ) Vgl. Dussaud, a.a.O., S. 154; Herrmann, a.a.O., S. 193; Bertholet, a.a.O., S. 110. 83 ) Vgl. Herrmann, a.a.O., S. 195; Bertholet, a.a.O., S. 112. 84 ) Dussaud, a.a.O., S. 155; Rothstein, Das Buch Ezechiel (Hesekiel), S.958; Cooke, a.a.O., z. St. 85 ) Vgl. Hitzig, Riehm, Kuenen, Bleek, Dussaud, Kraetzschmar, Rothstein; Herrmann, a.a.O., S. 211; Bewer, Das Datum in Hes 33,21, S. 114f. L TtfP?. 86 ) Bewer, a.a.O., S. 114f. 87 ) Vgl. Rothstein, a.a.O., S.983. 82
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
Deutung dieser Bezeichnung durch M auf „Neujahr" 8 S ) gehört späterer Zeit an. Die Prüfung der Daten zeigt, daß sie als zuverlässig und richtig anzusehen sind und die traditionelle zeitliche Ansetzung der Wirksamkeit Ezechiels von 593—571 voll und ganz rechtfertigen. Vor allem 24,1 kann weder aus früherer noch aus späterer Zeit stammen. Damit ist den Versuchen, Ezechiel in eine andere Zeit zu versetzen, die Grundlage genommen. 7. K a p i t e l
Die Sprache des Buches Ezechiel I. Der aramäische Einschlag Zur Rechtfertigung der zeitlichen Verlegung der Wirksamkeit Ezechiels beruft Torrey sich nachdrücklich auf die Sprache des Buches. Sie weise derartig viele Aramaismen auf, daß sie auf keinen Fall aus dem Anfang des 6. Jahrh. v. Chr. stammen könne. Dieser aramäische Einfluß mache sich mehr noch als in entlehnten Worten in strukturellen Zügen der Formenbildung und Syntax geltend. Eine solche Häufung von Degenerationserscheinungen lasse sich erst in den spätesten Büchern des Alten Testaments beobachten. Das Hebräisch des ausgehenden 7. und beginnenden 6. Jahrh. sei dagegen ebenso „klassisch" wie das ältere gewesen. Und ein Mann wie Ezechiel, der die Literatur seines Volkes kannte, hätte dieselbe Sprache verwenden müssen 1 ). Da das nicht der Fall sei, stamme das Buch Ezechiel eben aus viel späterer Zeit als bisher angenommen wurde. Demgegenüber sind folgende Bedenken geltend zu machen: a) Der nach Torrey um 230 v. Chr. schreibende Verfasser des Buches Ezechiel suchte die Entstehung seiner Worte im frühen 6. Jahrh. vorzutäuschen. Warum aber hätte er dann nicht in der Sprache dieses Jahrhunderts, sondern in der seiner Zeit geschrieben? Daß in Gelehrtenkreisen die Fähigkeit bestand, ein ziemlich reines Hebräisch zu schreiben, ist aus dem zu Beginn des 2. Jahrh. entstandenen Buch des Jesus Sirach zu ersehen. Sollte Torreys „Ezechiel" sie nicht gehabt haben? Und wie wollte er die Glaubwürdigkeit seines Buches es
) So Kraetzschmar, a.a.O., S. 262 f.; Herrmann, a.a.O., S. 254; Hölscher, a.a.O., S. 190 f.; Bertholet, a.a.O., S. 134 f.; Cooke, a.a.O., S. 429. Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S.85f.; Dahl,Crisis in Ezekiel Research, S. 273.
Die Sprache des Buches Ezechiel
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sichern, wenn er ihm eine Sprachgestalt zugrunde legte, die mehr als vier Jahrhunderte jünger als die vorgebliche Zeit seines Werkes war? b) Anders als in der Chronik, zu deren Zeit das Hebräische schon keine lebendige Volkssprache mehr war, zeigt das Buch Ezechiel soviel lebendiges Empfinden für den Geist dieser Sprache, wie nach einem Vorherrschen des Aramäischen kaum noch zu erwarten wäre. c) Aramaismen sind nicht auf das Buch Ezechiel beschränkt, sondern finden sich schon bei Jeremia 2 ) und bezeugen dadurch die fortschreitende Aramaisierung seit dem Ende des 7. Jahrh. Es ist allerdings unbestreitbar, daß sich im Buche Ezechiel A r a m a i s m e n feststellen lassen. Dies wird auch allgemein anerkannt 3 ); die stark vereinfachende Betrachtungsweise Wilsons verkennt die geschichtlichen Entwicklungen 4 ). Es muß als fraglich erscheinen, wenn bei ihm von den 360 Aramaismen, die Kautzsch anführte 6 ), nur 50 übrig bleiben, von denen rund Vs wiederum nur auf 4 alttestamentliche Bücher beschränkt sind 6 ). Aramäischer Einfluß kann auch dann vorliegen, wenn ein Wort außer im Hebräischen und in einem aramäischen Dialekt noch in anderen semitischen Sprachen erscheint. Bei den 243 fraglichen Beispielen ist die Übernahme aus dem angegebenen aramäischen Dialekt wahrscheinlicher als die Beeinflussung durch eine entferntere semitische Sprache. 1. Als erste Frage ergibt sich demnach die nach dem M a ß e des aramäischen Einflusses auf die Sprache des Buches Ezechiel. Seile, den Torrey als Kronzeugen anführt, hat eine große Zahl von grammatischen und lexikalischen Aramaismen erkannt 7 ). Der erste Eindruck eines überwältigenden aramäischen Einflusses verschwindet jedoch bei genauer Überprüfung. Von 157 Aramaismen lassen sich nur 66 (etwa 42»/o) auf Ezechiel zurückführen, die anderen 91 (etwa 58°/o) beruhen auf späteren Textänderungen oder auf Zusätzen einzelner Worte, Verse oder ganzer Stücke. Es ergibt sich folgendes Bild: 2
) Zimmer, Aramaismi Jeremiani. ) Vgl. z.B. de Wette, Keil, Riehm, Driver, Baudissin; Kraetzschmar, Das Buch Ezechiel, S. XIII; Spiegel, Ezekiel or Pseudo-Ezekiel?, S.302. 4 ) Wilson, Aramaisms in the Old Testament, S. 239ff. 5 ) Kautzsch, Die Aramaismen im Alten Testament, ist als Materialsammlung brauchbar, wenn auch in manchem überholt. Vgl. Rosenthal, Die aramaistische Forschung seit Th. Nöldekes Veröffentlichungen. 6 ) Wilson, a.a.O., S.262. 7 ) Seile, De aramaismis libri Ezechielis. 3
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
Grammatische Aramaismen: insgesamt
ezechielisch
nichtezechielisch
88
27»)
61
nie ht-ezechielii >ch Wortgrößerer TextZusatz änderung zusatz 26»)
1610)
19 ")
Lexikalische Aramaismen: insgesamt
ezechielisch
nichtezechielisch
71
401S)
31
nie ht-ezechielis ch Wortgrößerer Textzusatz änderung Zusatz 23 13 )
3 14 )
5 15 )
Diese Beobachtung deckt sich mit früheren Vermutungen 1 6 ). Sie ergibt, daß sich ein geringer aramäischer Einfluß in grammatischen Fragen, ein größerer im Wortschatz der ursprünglichen Stücke Ezechiels bemerkbar macht. Dies entspricht der Lage zur Zeit Ezechiels: dem Stadium beginnenden Eindringens der aramäischen Sprache, die naturgemäß zunächst durch neue Ausdrücke den Wortschatz, jedoch nur allmählich die Formenbildung und Syntax beeinflußt 1 7 ). Im 8
) In Ez 4,9. 8,3(2mal). 13,9.10.20. 16,15. 17,6f. 20,43. 22,4. 23,3.8. 24,11. 26,18. 27,3.31. 28,8. 30,2. 31,12. 35,12. 36,3.31.35. 37,11. 40,45. 44,20. 9) In Ez 1,20. 5,16. 6,6.9. 10,11. 16,57.59. 21,33. 23,48. 24,12. 27,23. 28,23. 31,8.13. 34,31 (2mal). 36,5.13. 39,2. 7. 26. 43,27. 46,17. 22. i°) In Ez 1,27. 5,2. 6,3. 8,3.12. 13,6. 14,3. 16,4.43. 26,15. 28,13. 31,5. 33,26. 30. 35,13. 36,5. u ) In Ez 8,16. 9,5. 13,2.18. 14,4. 17,9. 21,15. 22,20. 26,3. 28,12.14.16 (2mal). 31,15. 34,12. 36,3. 37,7. 41,9.15. 42,5. 12) In Ez 2,6. 4,2.9. 5,1. 8,2. 9,2. 13,10.(14.)19.22. 17,4.6.7.9.10. 18,2. 7.12.16. 19,11. 20,27.38. 21,3.27. 23,6.23. 26,5.8.14. 27,9. 28,3. 32,2. 34,11. 40,17. 24. 44 ff. 42,1.4—13. 44,19. 47,2. 15 ) In Ez 1,14. 13,11.(15.) 16,30. 17,17.22. 22,28.23,40. 27,11.16.17.24. 28,24. 33,15. 38,20. 39,11. 40,38. 43,11.13.14. 44,30. 46,14.19. 47,10. l4 ) In Ez 13,20. 21,3. 38,13. » ) In Ez 2,6. 17,7.25. 34,12. 45,5. 16 ) Cornill, Das Buch des Propheten Ezechiel, erkannte durch den Rückgriff auf Q viele Textverderbnisse. Toy, Ezekiel, S. 1460, wollte die Aramaismen späteren Schreibern zuweisen. 17 ) Die beiden von Hehn, HS „bilden", „formen" im Alten Testament; Oeeers, Hebrew Textual Notes, S. 130, angeführten Aramaismen in 43,11 und 30,9 stehen in unechten Stücken oder Versen. Die von Perles, bu = „Gewebe" im Alten Testament, S. 251 f., vorgeschlagene Textänderung in 37,11 ist wegen der Streichung von u n p n rrQKl unnötig.
Die Sprache des Buches Ezechiel
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Gegensatz zu Torreys Behauptung weist also die Untersuchung der Aramaismen in die vom Buche Ezechiel selbst angegebene Zeit. 2. Damit ist die Beantwortung der zweiten Frage, ob das V o r k o m m e n dieser Aramaismen zur Z e i t Ezechiels angenommen werden darf, schon angeschnitten. Freilich erscheint die Begründung mit dem Hinweis auf die Tätigkeit des Propheten in Babylonien unsicher. Verschiedentlich ist zwar die Meinung vertreten worden, die Aramaismen des Buches Ezechiel seien darauf zurückzuführen, daß es von einem Manne geschrieben wurde, der den größeren Teil seines Lebens in Babylonien, in einer aramäisch sprechenden Umgebung verbrachte, und daß diese Jahre nicht ohne Einfluß auf seine Sprache geblieben sein können 1 8 ). Aber abgesehen davon, daß dann das Vorkommen von Aramaismen schon in der ersten Zeit der Wirksamkeit Ezechiels überrascht, läßt sich dagegen einwenden, daß Ezechiel, der als Priester in der Literatur seines Volkes lebte, wohl kaum nach nur wenigen Jahren des Exils seine Muttersprache mit fremden Worten und Formen durchsetzt haben kann. Das beweist das Hebräisch Deuterojesajas und anderer exilischer Stücke des Buches Jesaja, deren verhältnismäßige Reinheit sonst unerklärlich ist. Wohl aber sind die Aramaismen Ezechiels im Rahmen der S p r a c h g e s c h i c h t e des Hebräischen und Aramäischen erklärlich. Die Aramäer scheinen den Babyloniern bereits zur Zeit Hammurabis (um 1700 19 )), den Ägyptern zur Zeit der 18. und 19. Dynastie (ab etwa 1550 20 )) bekannt gewesen zu sein 2 1 ). Die Biographie des Amenhotep (um 1503) enthält wahrscheinlich zwei aramäische Worte 2 2 ). Auch den Israeliten waren die Aramäer schon früh bekannt. Zum mindesten die Könige Israels lebten in ständiger Berührung mit den Aramäera von Damaskus. Daß aber die führenden Männer Judas aramäisch verstanden, geht aus ihrer Bitte an die Gesandten Sanheribs hervor, aramäisch zu sprechen (II Kön 18,26). Dieser Einfluß des Aramäischen beruht wahrscheinlich auf älteren Beziehungen. Da das Kanaanäerreich der Amarnazeit unmittelbar vor 18 ) Spiegel, a.a.O., S.302; Albright, The Seal of Eliakim and the Latest Preexilic History of Judah, S. 101. 1S >) The Westminster Historical Atlas to the Bible, S. 15: Ende des 18. und Beginn des 17. Jahrh.; Böhl, King Hammurabi in the Setting of his Time: 1704—1662. Zu weiteren ähnlichen Neudatierungen Hammurabis vgl. Rowley, Recent Discovery and the Patriarchal Age, S. 15f. 20 ) The Westminster Historical Atlas to the Bible, S. 15. 21 ) Kraeling, Aram and Israel, S. 14ff. 22 ) Breasted, Egypt II, S. 585, 581.
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das Hebräische des Alten Testaments tritt, vermutet man 2 3 ), daß letzteres gar nicht die Sprache der einwandernden Hebräer, sondern die von ihnen im Lande vorgefundene und angeeignete Sprache war. Die Hebräer werden also einen anderen Dialekt gesprochen haben, wahrscheinlich einen aramäischen 24 ), a) wegen einer Reihe doppelter Ausdrücke schon im Althebräischen, von denen einer aramäisch ist (z. B. nn^rn^n), b) wegen der von der Tradition betonten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Aramäern (Gen 28 ff.) und der Bezeichnung der Ahnen als umherirrender Aramäer (Dt 26,5). Hieraus erklären sich die frühen Aramaismen. Hinzu trat der Druck des in den folgenden Jahrhunderten sich ausdehnenden Sprachbereichs des Aramäischen, das allmählich die Verkehrssprache des Alten Orients zu werden begann und daher vom 7. Jahrh. an in steigendem Maße auch das Hebräische beeinflußte. Bezeichnend ist, daß die israelitischen Maße und Gewichte, die zweisprachig beschriftet waren, die assyrischen Bezeichnungen fallen ließen und nur noch die aramäischen beibehielten 25 ). Den wachsenden Einfluß des Aramäischen bezeugen Jeremia und Deuterojesaja. Der entscheidende Schritt der Übernahme erfolgte im 5. Jahrh., nachdem das Aramäische im persischen Reich zur offiziellen Kanzleisprache erhoben worden war 2 6 ), wie vielleicht schon früher im assyrischen und babylonischen Reich 37 ). In jüngeren Texten kommt es fast zu einer hebräisch-aramäischen Mischsprache (Psalter) oder zu einem Nebeneinander von hebräischen und aramäischen Abschnitten (Esra, Daniel). Demgegenüber weisen die Aramaismen der Sprache des Buches Ezechiel mit ihrem Überwiegen neuer Worte und geringerer ¡Beeinflussung der Formenbildung und Syntax in die Zeit des allmählich wachsenden Einflusses des Aramäischen. Diese Sprachform war im ausgehenden 7. und im 6. Jahrh. möglich, jedoch noch nicht zu Beginn des 7. Jahrh. und nicht mehr um 400 oder 230. Der größere Teil der Aramaismen, 25
) Baumgartner, Was wir heute von der hebräischen Sprache und ihrer Geschichte wissen, S. 604ff., im Anschluß an Bauer-Leander, Kittel, Albright, Ungnad, Meinhold, Auerbach, Robinson, Alt. 24 ) Baumgartner, a. a. O., S. 604ff., im Anschluß an Bauer-Leander, Kraeling, Meyer, Lods, Auerbach, Vincent, Albright, Noth. 2ä ) Kittel, Geschichte des Volkes Israel III, S.520; Klamroth, Die jüdischen Exulanten in Babylonien, S. 49, Antn. 1. 26 ) Schaeder, Iranische Beiträge I, S. 27 ff. 2T ) Ginsberg, Aramaic Dialect Problems, S. 3, unter Berufung auf Delaporte, Épigraphes araméens; Lidzbarski, Altaramäische Urkunden aus Assur.
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durch den der Eindruck einer späten Sprachform entstehen konnte, hat erst bei der Redaktion der Aufzeichnungen Ezechiels in das entstehende Buch Eingang gefunden.
II. Beispiele zur Altersbestimmung der Sprache des Buches Ezechiel Für viele Ausdrücke des Buches Ezechiel läßt sich die Zeit, in der sie hauptsächlich oder ausschließlich verwandt worden sind, ziemlich genau erkennen. Hieraus ergibt sich ein weiterer Anhaltspunkt für das Alter der Sprache der echten Stücke des Buches und damit für das Alter dieser Stücke selbst. Spätere Zusätze innerhalb der einzelnen Stücke müssen aus dieser Untersuchung naturgemäß ausscheiden. 1. Mehrere Ausdrücke sind hauptsächlich in v o r e x i l i s c h e r Zeit verwandt worden. Sie erscheinen noch im Buche Ezechiel, treten dann aber zurück oder verschwinden völlig. Der Gebrauch dieser alten Ausdrücke spricht also gegen eine Abfassung des Buches Ezechiel in nachexilischer Zeit. nVa gehört vor allem der vorexilischen Zeit an S 8 ). Es kommt im Alten Testament 33mal vor, davon lOmal in der Zeit Ezechiels 29 ), lmal bei Ezechiel 30 ), nur 3mal in nachexilischer Z e i t " ) . 'in kommt 51 mal vor, davon 38mal vorexilisch, besonders häufig in der Zeit Ezechiels, 3mal bei Ezechiel 32 ), lOmal in nachexilischer Zeit M ). B'îRî werden in vorexilischer Zeit häufig erwähnt, bei Ezechiel 6mal 3 1 ). Durch den Untergang des Staates wird auch die Sippenorganisation aufgelöst, so daß die Einrichtung der Ältesten verschwindet. Die Erwähnung in Chronik erklärt sich durch Übernahme aus älteren Texten oder wie in Priesterschrift und Ruth aus Angleichung an die alte Zeit, in Hiob aus der Bezugnahme auf Beduinenstämme 35 ). Sas im Niphal kommt 15mal vor, davon 8mal in der vorexilischen und exilischen Prophetie 3 6 ), in der nachexilischen Prophetie dagegen nicht mehr " ) . 28
) Vgl. Humbert, Problèmes du Livre d'Habacuc, S. 112. ») Nah 2,1. Hab 1,9 f. Jer 2,21. 6,13. 8,6.10. 15,10. 20,7. 43,31.38. 30 ) Ez 20,40. Zusatz in: 11,15. 36,10. 31 ) Jes 15,3. 16,7. Mal 3,9. 3i ) Ez 13,3.18. 34,2. 33 ) Humbert, a. a. O., S. 158f. « ) Ez 7,26. 8,1. 14,1. 20,1.3. 27,9. Zusatz in: 8,11.12. 9,6. 36 ) Vgl. Rost, Die Vorstufen von Kirche und Synagoge im Alten Testament, S. 62 ff. 3 «) Am 3,12. Jes 20,6. 37,11. Jer 7,10. Hab 2,9. Ez 14,16.18. Mi 4,10. " ) Humbert, a. a. O., S. 169f. 2
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Die Zeit der Wirksamkeit, Ezechiels
ron im Hiphil kommt in der vorexilischen Prophetie 32mal vor, davon 11 mal bei Ezechiel 38 ), in der nachexilischen Prophetie nur 5mal 3 9 ). 2. Eine größere Zahl von Ausdrücken ist für die Literatur der Z e i t E z e c h i e l s bezeichnend, während sie sonst wenig oder gar nicht in Erscheinung treten. Das spricht gegen jede zeitliche Verlegung der Tätigkeit Ezechiels. Er kann nicht in einer Zeit gelebt und geschrieben haben, in der diese Ausdrücke noch nicht (Zeit Manasses) oder nicht mehr (um 400 oder 230) verwandt wurden. kommt hauptsächlich in der Zeit Ezechiels vor 4 0 ). "5 kommt in den prophetischen Schriften nur 2mal bei Ezechiel und lmal bei Habakuk vor 4 1 ). kommt nur in der Zeit Ezechiels vor 4 2 ). , , B3 !5 a kommt in einem Jahwewort während der Zeit Ezechiels nur 3mal vor 4 3 ). ist ein Lieblingswort Ezechiels zur Bezeichnung der „Götzen" Israels 41 ). Es erscheint erst von der deuteronomistischen Periode an, hauptsächlich in der Zeit Ezechiels 45 ). "an kommt von 49mal allein 31mal in der Zeit Ezechiels vor 4 6 ), davon 8mal bei Ezechiel 47 ). In der vorexilischen Prophetie erscheint es nur 2mal l s ), in der exilischen und nachexilischen Prophetie überhaupt nicht mehr 4 9 ). kommt 94mal (von insgesamt 125) in prophetischen Schriften vor, davon zu mehr als der Hälfte bei Jeremia und Ezechiel. „La for38 ) Ez 11,6. 16,25f. 29. 21,20. 23,19. 24,10. 36,11. 29f. 37. Zusatz sind: 16,51. 22,25. 28,5. 36,10. 37,26. 39 ) Vgl. Humbert, a.a.O., S. 159f. 40 ) Nah 1,3. Dt 28,24. Ez 26,10. Vorher Jes 5,24, später Ex 9,9. 41 ) Ez 14,21. 15,5. Zusatz: 23,40. Hab 2,5. Vgl. Humbert, a.a.O., S. 153f. 42 ) Jer 38,12. Ez 13,18. 41,8. 43 ) Jer 16,9. Hab 1,5. Ez 12,25. In Joel 1,2 spricht der Prophet im Namen Jahwes. Vgl. Humbert, a. a. O., S. 105. 44 ) Ez 6,4.13. 14,3.4.5. 18,6.12.15. 20,7.8. 39. 22,3.4. 23,30. 36,25. 37,23. 44,10.12. Zusatz sind: 6,5f.9. 8,10. 14,6f. 16,36. 20,16.18.24.31.39. 23,7.37, 39. 49. 30,13. 33,25. 36,18. « ) Lev 26,30. Dt 29,16. I Kön 15,12. 21,26. II 17,12. 21,11.21. 23,24. Jer 50,2. « ) Jer 14,12. 21,6.7.9. 24,10. 27,8.13. 28,8. 29,17f. 32,24.36. 34,17. 38,2. 42,17.22. 44,13. Dt 28,21. Hab 3,5. 47 ) Ez 5,12. 6,11 f. 7,15. 12,16. 14,19.21. Zusatz sind: 5,17. 28,23. 38,22. « ) Am 4,10. Hos 13,14. 49 ) Vgl. Humbert, a. a. O., S. 212.
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mule, issue probablement de l'usage cultuel (précisons: de l'usage oraculaire), s'est spécialisée dans la littérature prophétique et culmine dans les écrits de Jérémie et d ' É z é c h i e l " 5 0 ) . D'aï D'n erscheint 28mal, davon 3mal vor, 7(8)mal nach der Zeit Ezechiels 5 1 ), also hauptsächlich und in den prophetischen Schriften nur in der Zeit Ezechiels 5 2 ). Der Name "i2f«"n?ia? kommt in dieser Form nur bei Ezechiel und J e r 21,2—27,5. 29,21 ff. vor, während später an Stelle des ersten "i ein i getreten i s t 5 3 ) . Der Gebrauch von 1 5 « — p ? in religiösem Sinne ist deuteronamistischen Ursprungs, „mais son écho ne dépasse guère le seuil de l ' e x i l e . . . " 5 4 ) . Die Verwendung beschränkt sich auf die Zeit Ezechiels 5 ä ). p a im Hiphil kommt hauptsächlich in der Zeit Ezechiels v o r 5 6 ) , in der prophetischen Literatur fast ausschließlich 5 7 ). * jl-iaö wird nur in der Zeit Ezechiels verwandt 6 S ). Der Ausdruck ffüpr.i >6 findet sich fast ausschließlich in der Zeit Ezechiels59). nrom kommt in den prophetischen Schriften nur bei Ezechiel und Habakuk v o r 6 0 ) . 3. Eine g r o ß e Zahl von Ausdrücken des Buches Ezechiel findet sich erst s e i t seiner Zeit. Sie fehlen vorher ganz oder fast ganz und werden nicht vor den letzten Jahren des ausgehenden 7. Jahrh. verwandt. Dies widerspricht der Behauptung, daß das Buch Ezechiel aus dem Anfang des 7. Jahrh. stamme oder sich doch so gebe, in Wirklichkeit aber jünger sei, daß also die Hinweise auf das babylonische Exil ) Humbert, a. a. O., S. 107. » ) Num 20,11. 24,7. (J) Jes 17,3. — 7mal in Ps. Jes 23,3. Vgl. Humbert, a.a.O., S. 232. 5 2 ) Jer 41,12. (51,13.55) Hab 3,15. Ez 17,5. 19,10. 26,19. 27,26. 31,5.15. 43,2. Zusatz sind: 1,24. 17,8. 31,7. 32,13. 5 S ) Vgl. Buhl, Wilhelm Gesenius' hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, z. St. Herrmann, Ezechiel, S. 160 f. w) Humbert, a. a. O., S. 195. 5 5 ) Dt 4,28. 28,36.64. 29,16. Jer 2,27. 3,9. Hab 2,19. II Kön 19,18. Ez 20,32. 5 6 ) Dt 4,27. 28,64. 30,3. Jer 9,15. 13,24. 18,17. 23,1.2. 25,34. 30,11. Nah 2,2. Hab 3,14. Ez 11,16. 12,15. 20,23. 30,23. 36,19. Zusatz sind: 22,15. 29,12. 30,26. 34,21. 5 7 ) Vorher Jes 28,25; nachher Jes 41,16. 24,1. « ) Jer 17,18. Ez 21,11. 23,33 (Textänderung). 6 9 ) Dt 13,4.9. 28,15.49. 30,17. Jer 5,15. 38,15. Hab 1,2. Ez 3,6. Koh 7,21. Vgl. Humbert, a. a. O., S. 86. «°) Hab 2,1. Ez 25,17. Zusatz ist: 5,15. 50
F o h r e r , Hauptprobleme des Buches Ezechiel
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
nicht zuträfen oder redaktionell seien, während der tatsächliche Verfasser sich der älteren vorexilischen Zeit angeglichen habe. Diese Angleichung fehlt in der Sprache des Buches völlig, wie schon die vorher angeführten Beispiele zeigen. Der Ezechiel Smiths hätte die Sprachentwicklung bereits viele Jahrzehnte vorausgeahnt, der Ezechiel Torreys, der als kluger und weitblickender Mann erscheint, hätte z w a r eine ältere Sprache als die der ihm zugeschriebenen Zeit gewählt, sich aber sehr geirrt, da er die nachdeuteronomistische Sprache verwandte. Der Plural nisn« („Heidenländer") ist ein bezeichnender ezechielischer Ausdruck. Er findet sich in der vorexilischen Prophetie erst von Jeremia a n 6 1 ) , vor allem 27mal bei Ezechiel 6 2 ). •""jn?, das 186mal vorkommt, ist vor dem Deuteronomium selten, findet sich dann aber häufig in der Zeit Ezechiels 6S ), bei diesem selbst (8mal) und in der Priesterschrift 6 4 ). m n in bezug auf die Erwählung Israels ist ein seit dem Deuteronomium (7,6 u. ö.) bevorzugter Ausdruck, der sich auch bei Ezechiel (20,5) findet. B , 5 i BMJ ist ebenfalls seit dem Deuteronomium gebräuchlich 6 5 ) und findet sich außer bei Ezechiel 6 6 ) auch später noch 6 7 ). TJ findet sich nach Ez 3 7 , 6 . 8 nur an späteren Stellen 6 8 ). II i n j im Hiphil kommt nach Ezechiel M ) an späteren Stellen v o r 7 0 ) . nßD kommt insgesamt 122mal vor, davon in der Zeit vor JeremiaEzechiel nur 6 m a l 7 1 ) , dagegen ist es häufig von der Zeit Ezechiels an 72 ), der es selbst 20mal anwendet 7 3 ). 61)
Jer 16,5. 23,3.8. 27,6. 28,8. 32,37. 45,11. — Jes 36,20. 37,11.18. Ez 5,5 f. 11,16 f. 12,15. 20,6.15.23.32.34.41. 22,4. 25,7. 29,12. 30,23. 34,13. 35,10. 36,19.24. Zusatz sind: 6,8. 22,15. 29,12. 30,7.26. 32,9. 39,27. Vgl. Driver, a.a.O., S.317; Herrmann, a.a.O., S. 160f. 6S ) Dt 2,35. 3,7. 4,17. 5,14. 7,14. 11,15. 13,16. 14,4.6. 20,14. 27,21. 28,4. 11.26.51. 30,9. Jer 7,20.33. 9,9. 12,4. 15,3. 16,4. 19,7. 21,6. 27,5. 31,27. 32,43. 33,10. 12. 34,20. 36,29. Zeph 1,3. Hab 2,17. M ) Ez 8,10. 14,17.19.21. 25,13. 29,8.11. 36,11. Zusatz sind: 14,12. 32,13. 44,31. Vgl. Humbert, a. a. O., S. 177f. « ) Dt 2,1. 7,1.17. 15,6. 28,12. Jer 28,8. 25,14. 27,7. Hab 2,8. 6«) Ez 26,3. Zusatz sind: 31,6. 38,23. 39,27. 67 ) Jes 52,15. Mi 4,2.11. Sach 2,15. 68 ) Jes 48,4. Hi 10,11. 40,17. 6») Ez 3,17—21 (einmal in 3,15 und 3,17aß [außer irrnS ] ist Zusatz). 33,3 (33,7—9 sind gegenüber 3,16b—21 sekundär). 70 ) Ex 18,20. Lev 15,31. II Kön 6,10. II Chron 19,10. » ) Oen 27,44 (J). II Sam 11,20. II Kön 5,12. 22,13.17. Hos 7,5. 72 ) 17mal bei Jeremia, 2mal bei Nahum, lmal bei Habakuk, 3mal in Dt, vgl. Humbert, a.a.O., S. 183f. 73 ) Ez 3,14. 6,12. 7,8. 8,18. 13,13.15. 14,19. 20,8.13.21.33. 21,22. 22,22. 6S )
Die Sprache des Buches Ezechiel
131
Jan kommt zuerst bei Ezechiel vor, alle anderen Stellen stammen aus späterer Z e i t 7 4 ) . wird Ez 10,2
76 )
zum erstenmal im Alten Testament verwandt;
es steht sonst nur an späteren Stellen 7 6 ). ntoa-bs kommt nach Ezechiel häufig in der Priesterschrift v o r 7 7 ) . ^
I??1? kommt außer bei Ezechiel nur an späteren Stellen v o r 7 8 ) .
nann kommt außer bei Ezechiel nur in der Priesterschrift (als kultischer Ausdruck) und in Chronik v o r 7 9 ) . Von nbtt gilt dasselbe 8 0 ). Hxtt findet sich gelegentlich bei Ezechiel 8 1 ). Einige gehören in seine Z e i t 8 2 ) , 11 in eine s p ä t e r e 8 3 ) .
Vorkommen
ngjyft findet sich außer bei Ezechiel nur in der Priesterschrift zur Bezeichnung des hohenpriesterlichen T u r b a n s M ) . kommt nur bei Ezechiel und Nehemia v o r 8 5 ) . .12£13 kommt nach Ezechiel nur in Hiob, vielleicht noch in der Priesterschrift v o r 8 6 ) . das in vorexilischer Zeit nur 3mal, in nachexilischer außer in der Priesterschrift nur 7mal vorkommt, findet sich lömal bei Ezec h i e l 8 7 ) und sehr häufig in der Priesterschrift 8 8 ). 23,25. 24,8.13. 25,14.17. 36,18. Zusatz sind: 5,13.15. 16,38.42. 19,12. 20,34. 22,20. 30,15. 36,6. Ez 6,4 (6,6 ist Zusatz). Lev 26,30. Jes 27,9. II Chron 14,4. 34,4.7. Jes 17,8 in einer Glosse. Vgl. Herrmann, a. a. O., S. 44. Zusatz in Ez 10,7. 7 6 ) Lev 16,12. Ex 9,8 (P). Prov 30,4. Koh 4,6. " ) Ez 21,4.10 (Zusatz in 21,9). 78)
Ez 14,11. 19,9. 25,10. 26,20. Sach 12,7. Ps 119,11.80. 125,3. Ez 4,3. Lev 2,5. 6,14. 7,9. I Chron 23,29. 8 °) Ez 16,4. Ex 30,35. Lev 2,13. 8 1 ) Ez 4 , 2 . 3 . 7 . 8 . Zusatz: 5,2. 8 2 ) Dt 20,19 f. 28,53.55.57. Jer 10,17. 19,9. Nah 3,14. Hab 2,1. 8 5 ) II Kön 24,10. 25,2. Jer 52,5. Mi 4,14. Sach 9,3. 12,2. II Chron 9,3.11,5. Ps 31,22. 60,11. Ez 21,31. Ex 28,4.37.39. 29,6. 39,28.31. Lev 8,9. 16,4. « ) Ez 35,12. Neh 9,18. 26. 8 6 ) Ez 17,3.7. Hi 39,13. (Lev 1,16). 8 7 ) Ez 7,27. 12,12. 19,1 21,17.30. 26,16. 34,24. 37,25. 38,2. 39,1.18. 45,7 ff. 16ff. Zusatz sind: 12,10. 22,6. 27,21. 30,13. 32,29. 44,3. 45,22. 46,2.4.8.10. 12.16—18. 48,21 f. 8 8 ) Rost, a . a . O . , S.69f. 9* 79)
132
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
kommt außer bei Ezechiel nur noch an 3 Stellen vor, die teils in dieselbe, teils in jüngere Zeit g e h ö r e n 8 9 ) . tanfn nnn - o r findet sich nur bei Ezechiel und in der Priesterschrift 9 0 ). Von gilt dasselbe 9 1 ). rrtHB kommt nach Ezechiel nur noch zweimal v o r 9 2 ) . y ? ? findet sich nur bei Ezechiel und in der Priesterschrift 9 3 ). Von r v s gilt d a s s e l b e 9 4 ) . kommt bei Ezechiel 8mal v o r 9 S ) , wird aber in späteren Schriften mit besonderer Vorliebe verwandt (Esra, Chronik). Der gleichzeitige Bedeutungswandel von „Heerzug, A u f g e b o t " zu „ M ä n n e r g e m e i n d e " als politischer Organisation (Esr 2,64. 1 0 , 8 . 1 2 . 1 4 ) und zur Bezeichnung für „ V e r s a m m l u n g " kultischer und nichtkultischer A r t 9 6 ) macht es unmöglich, angesichts dieses Unterschiedes Ezechiel in eine späte Zeit zu versetzen. rriBi? wird in der Bedeutung „ W e i h r a u c h " zuerst J e s 1,13 erwähnt, während es vorher sonst nur die allgemeinere Bedeutung „Opferr a u c h " hatte. Nach der Erwähnung durch E z e c h i e l 9 7 ) erhält es in der Priesterschrift g r o ß e Bedeutung; es durfte bei keiner nnjip fehlen und wurde sogar als selbständiges Opfer dargebracht ( E x 3 0 , 7 f . ) . kommt nach der Zeit Ezechiels noch gelegentlich v o r 9 S ) . Hin (in bildlicher Bedeutung) erscheint nach den Anspielungen I Kön 22,17. Hos 1 3 , 6 9 9 ) zuerst in der Zeit Ezechiels 1 0 0 ) und findet sich von ihr an häufig, vor allem nach dem E x i l 1 0 1 ) . erscheint außer bei E z e c h i e l 1 0 2 ) nur in der Priesterschrift und in noch jüngeren S c h r i f t e n 1 0 3 ) . ) Ez 8,5 (8,3 ist Zusatz). Dt 4,16. II Chron 33,7.15. ) Ez 20,37. Lev 27,32. 9 1 ) Ez 16,12. Num 31,50. 9 2 ) Ez 38,11. Sach 2,8. Esth 9,19. 9 3 ) Ez 44,20. Num 6,5. 9 i ) Ez 8,3. Num 15,38 f. 9S ) Ez 16,40. 26,7. 27,34. 32,23. 38,4.7.13. Zusatz sind: 17,17. 23,46f. 27,27. 32,3.22. 38,15. 9 «) Rost, a . a . O . , S.24ff.; Noth, a . a . O . , S. 169. 9 ' ) Ez 8,11. Zusatz: 16,18. 9 8 ) Jer 6,28. 9,3. Ez 22,9. Lev 19,16. Prov 11,13. 20,19. 9 9 ) Hos 4,16 ist gestört. i°°) Jer 2,8. 3,15. 13,17ff. 22,22. 23,lff. 25,36ff. 31,10. 50,6.19. Nah 3,18. Ez 34,1—16.23. 37,24. 1 0 1 ) Jes 40,11. 56,11. Mi 5,3f. 7,14. Sach 10,2.11. 13,7. Ps 23,1. 28,9. 74,1. 78,71. 79,13 u. a. i° 2 ) Ez 1,22ff. (Zusatz in 1,25). 10,1. los) Gen 1. Ps 19,2. 150,1. Dan 12,3. 89
90
D i e S p r a c h e des B u c h e s E z e c h i e l
133
Ü b e r s i c h t 1. A u s d r ü c k e m i t h a u p t s ä c h l i c h e m V o r k o m m e n in vorexilischer Zeit
insgesamt
rbs
•an trjpi
33 51 145
bv
15
ron
37 proph.
vorexilisch insgesamt bis ez. Zeit ezech.Zeit 29 38 103
19
10 häufig
—
—
3
5 proph. 21 proph.
2 —
—
Ezechiel
exilischnachexil.
1 3 6
3 10 36
2
1 proph.
11
5 proph.
Ü b e r s i c h t 2. A u s d r ü c k e m i t h a u p t s ä c h l i c h e m V o r k o m m e n in der Zeit
insgesamt
5 3 proph. b'SC« aawa
vorexilisch insgesamt | bis ez. Zeit|ezech. Zeit 3 1
3 3 Jahwe
2 2
46
8
nan
49
23/2
•"SJH
128 proph.
73
a o n ava naannaiaj
28 33 9 17 proph.
14 ¿9 8 10
3 10 2 proph.
1 8
p K . py piB pnatf Ptttfn kó nnain
Ezechiels
1
1 —
— —
—
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Ezechiel
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1 8 1
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2 —
1
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
134
Übersicht 3. A u s d r ü c k e mit h a u p t s ä c h l i c h e m V o r k o m m e n seit der Z e i t
insgesamt
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48
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6
b,ein Symptom der Zeit", wie von Rad, a. a. O., S. 48, meint.
166
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
Gesetzgebung. Diese Unterscheidung ist erst das Ergebnis der Abwehr seitens der Jerusalemer Priester, die die im Gesetz vorgesehene Gleichberechtigung der Landpriester zu verhindern wußten (II Kön 23,9). Die dadurch geschaffenen Verhältnisse setzt Ez 44,4—31 5 ) voraus. Die tatsächliche Lage am Jerusalemer Tempel wird von ihm als richtig und von Jahwe gewollt erklärt. Diese Anerkennung aber ist nur nach der josianischen Reform mit ihrer infolge der Abwehr der Jerusalemer Priester von den Bestimmungen des Deuteronomiums abweichenden Regelung möglich. Sie ist andererseits in ihrer Begründung des Unterschiedes zwischen Priestern und Leviten nur vor der Priesterschrift möglich, die ihn als selbstverständlich voraussetzt, ja auf die Zeit Moses zurückführt (Num 3,6—10. 18,1—7) 6 ). In dieser Zeit ist die grundsätzliche Regelung der Verhältnisse bereits erfolgt, und die Leviten haben sich zum größten Teil mit ihnen abgefunden 7 ). Darum werden sie nun auch besser beurteilt. Nach Ez 44,4ff. sollen sie nur das fremde Kultpersonal der älteren Zeit ersetzen, um die Reinheit des Tempels zu gewährleisten; wegen ihrer Abstammung sind sie reiner als die Fremden. Aber wegen ihres angeblichen Götzendienstes dürfen sie keine höheren Ämter erhalten. In der Priesterschrift dagegen wird nicht mehr ihre Sünde als Ursache ihrer Degradierung betont, vielmehr gilt das Levitenamt als Vorzug vor dem übrigen Volk und als Ehrenamt. Ez 44,4 ff. setzt also die Auseinandersetzung um die durch die josianische Reform geschaffenen Verhältnisse voraus und vertritt die Belange der Jerusalemer Priester, aus deren Kreis der Prophet stammte. •') Änderungen außer den S. 98 Anm. 187 genannten Zusätzen: in 44,4 1 ^r 44,5 str mir i ^n«, rrhln 'taiD-babi "an -«aia^, 44,6 l ^an-rra, 44,7 str TP3VM, 44,8 1 ovrtwn, rnntfn n b ö ^ 44,9 1 n , a ) 44,10 str Wi 44,12 1 str 0511? iKtrn, 44,13 1 str 1 "S^i?, str ffMthpn—Sk 1 KfP i f x oniyro 44,14 1 w™,, 44,15 1 n*a; 44,17 str nrrai, 44,19 str — nyis-nn—, 44,22 str ira, hjiAk 44,24 einfüge 44,25 1 44,27 str wnpn-'?K) 44,28 1 nbm onb rrnn t6i t 6 ) Marti, Die Religion des Alten Testaments, S. 68; Barton, The Religion of Israel, S. 165; Pfeiffer, Introduction to the Old Testament, S. 557, Die Vorrechte der Zadokiden werden von P auf die Nachkommen Ithamars ausgedehnt, dafür stellen die Zadokiden den Hohenpriester. Vgl. Hölscher, Hesekiel, S. 39. Auf falscher Datierung von P beruht die Ansicht von Hoonacker, Les Prêtres et les Lévites dans le Livre d'Êzéchiel, S. 193, daß bei dem in Ez 44,4ff. vorausgesetzten Unterschied zwischen Priestern und Leviten auf eine alte Ordnung zurückgegriffen werde. 7 ) Spuren eines Widerstandes finden sich Num 16. Esr 8,15.
Die geschichtlichen Voraussetzungen der Wirksamkeit Ezechiels
167
Eine Bestätigung der Annahme der Degradierung der Höhenpriester bieten die Angaben in Esra/Nehemia über die Zahl der nach Palästina zurückkehrenden Leviten. Gegenüber den 4289 Angehörigen der vier Priestergeschlechter zur Zeit Serubbabels und Josuas (Esr 2,36—30) und den zwei Priestergeschlechtern unter Esra (Esr 8,2) werden beim ersten Mal nur 74 Leviten (Esr 2,40), beim zweiten Mal (Esr 8,2 ff.) sogar nur halb soviel genannt, und auch diese ließen sich erst durch dringende Mahnungen Esras zum Mitgehen bewegen. Diese Zahlenverhältnisse sind nur erklärlich, wenn die Leviten die degradierten Höhenpriester waren, die sich angesichts des Loses, das ihrer in Jerusalem wartete, die Rückkehr dorthin sehr überlegten 8 ). Nach Messels Ansicht dagegen sind die degradierten Leviten diejenigen Priester gewesen, die sich am Götzendienst im Tempel zu Jerusalem beteiligt hatten und dann für die niederen Arbeiten bestimmt wurden 9 ). Denn bei Messels Ansetzung der Entstehung des Buches Ezechiel kann sein Verfasser nicht eine aus deuteronomistischer Zeit stammende Bestimmung aufgreifen oder abändern. Gegen diese Auffassung spricht: a) Zweifellos besteht ein Unterschied zwischen jahwistischem und „götzendienerischem", nichtjahwistischem Höhenkult. Aber dieser Unterschied ist fließend. Jahwe und Baal wurden vielfach identifiziert oder wenigstens Jahwe in den Formen des Baalkultes verehrt. Daher macht die Prophetie in der Beurteilung keinen Unterschied. Ob jahwistischer oder nichtjahwistischer Kult — er war verpönt! Jedenfalls ist die Ablehnung des jahwistischen Höhenkultes nicht erst durch das Deuteronomium herbeigeführt worden, sondern läßt sich in ältere Zeit zurückführen (vgl. Arnos und Hosea). Daß Ezechiel im Unterschied zum Deuteronomium die Höhenpriester als Götzendiener bezeichnet, liegt durchaus in der Linie der prophetischen Tradition. b) Die Verbindung von Dt 18,6ff. mit Ez 44,4ff. ist nicht irrtümlicherweise durch die angenommene zeitliche Nähe beider Stellen entstanden. Sie ist nicht nur „sehr begreiflich" 10), sondern geschichtlich notwendig und durch die Notiz in II Kön 23,9 bedingt, die den Widerspruch der Jerusalemer Priester erkennen läßt. Während Ezechiel dann noch beide Gruppen als Leviten bzw. levitische Priester bezeichnet 8 ) Zu Versuchen der Leviten, Ihre Stellung zu verbessern, vgl. bis zur chronistischen Zeit von Rad, Das Oeschichtsbild des chronistischen Werkes, S. 98 ff., 119, bis zur Zerstörung des zweiten Tempels Meyer, Levitische Emanzipationsbestrebungen in nachexilischer Zeit, S. 722 ff. 9 ) Messel, Ezechielfragen, S. 133 ff. 10 ) Messel, a.a.O., S. 133.
168
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
(Ez 44,10.15), ist in der Priesterschrift die Trennung in Priester und Leviten auch durch verschiedene Ausdrücke bezeugt. Und die Mitteilungen in Esra über die Rückkehr nach Palästina setzen bereits für diese Zeit das Sonderdasein der Leviten voraus. Angesichts der in Hagg 2,10—14 geforderten Ausschließung alles Fremden erscheint auch die Annahme fraglich, daß die niederen Tempelarbeiten bis um 400 durch ausländische Sklaven besorgt worden wären. 2. Schien allen Beteiligten mit der Reform eine neue Epoche zu beginnen und das Wohlgefallen Jahwes an dem Fall des assyrischen Reiches, des ängstlich gefürchteten Tyrannen Vorderasiens, ersichtlich zu sein, so traf der unerwartete R ü c k s c h l a g in Niederlage und Tod Josias (609) furchtbar und vernichtend. Der Ausgang des Kampfes mußte die Reform zu einem Jahwe nicht wohlgefälligen Tun, ja zur Sünde stempeln n ) . Nicht der Götzendienst Manasses, sondern die Reform Josias erschien vielen als gottlose Neuerung. Oder man kehrte einfach zu den früheren Kulten zurück, da der Gehorsam gegen das Gesetz nichts zu nützen schien. Die Spuren der Reform wurden beseitigt, das Gesetzbuch verschwand — ob stillschweigend 12), durch förmliche Außerkraftsetzung 13 ) oder durch eine Revolution 14 ), ist nicht ersichtlich. Dieser Rückschlag erfolgte unter dem von den Ägyptern an Stelle des vom Volk gewählten Joahas eingesetzten König J o j a k i m 1 5 ) . Er scheint ein brutaler, auf die eigene Bereicherung bedachter Herrscher gewesen zu sein, der vor keinem Mittel zurückschreckte, um seine Ziele zu erreichen (Jer 22,13—19). Es war selbstverständlich, daß er eine gänzlich andere Politik als Josia befolgen mußte, war er doch gerade deswegen von den Ägyptern ausgewählt worden. Hierdurch wie auch durch seine dreijährige Abhängigkeit von Babylonien (II Kön 24,1) wurde zugleich seine Religionspolitik bestimmt. Selbst wenn das deuteronomistische Gesetz nicht offiziell aufgehoben wurde, ist es nicht mehr beachtet worden. Nicht nur hatte seine Befolgung die Niederlage von Megiddo nicht verhütet, es widersprach auch dem Geist der neuen, durch die Vasallität bestimmten Politik, mit der " ) Vgl. dazu die Auffassung in II Kön 18,22! 12 ) Bentzen, a.a.O., S. 117; Montefiore, Lectures on the Origin and Growth of Religion, S. 197. » ) Volz, a. a. O., S. 130; Sellin, a. a. O., S. 297. M ) Greßmann, Neue Hilfsmittel zum Verständnis Jeremias, S. 144 f. " ) Die Namen Jojakim und Zedekia sind wohl Beispiele für Thronnamen, die von den Königen nach dem Regierungsantritt angenommen wurden. Vgl. Honeyman, The Evidence for Regnal Names among the Hebrews.
Die geschichtlichen Voraussetzungen der Wirksamkeit Ezechiels
169
naturnotwendig die Einführung der Kulte des Oberherrn und die Verehrung seiner Götter verbunden war. Es besteht kein Grund zu der Annahme, daB man im Falle Jojakims von dem sonst ständig wiederkehrenden Verfahren abgewichen wäre 1 6 ). Torrey hat sich allerdings mit großem Aufwand um den Nachweis bemüht, daß die Reform Josias erfolgreich und von Dauer gewesen sei. Dann aber könnten die von Ezechiel gerügten Sünden nicht die der Zeit Jojakims oder Zedekias, sondern nur die der Jahrzehnte vor der Reform sein 1 7 ). Diese Ansicht scheitert jedoch angesichts der in Jojakims Lage notwendigen Politik. Daran ändert Torreys Behauptung nichts, daß II Kön 24 von einem Rückschlag unter Jojakim nichts wisse, sondern alle Könige nach Josia mit demselben Ausdruck als schlecht bezeichne, während II Kön 24,2 bis 4 sogar dafür spreche, daß der Geschichtsschreiber nichts von einer Schuld des Volkes unter Jojakim wußte, die der unter Manasse vergleichbar wäre 1 8 ). Allerdings hielt man durchweg die unter Manasse angehäufte Schuld für weitaus größer als die der Gegenwart und glaubte sogar, in ungerechter Weise für sie büßen zu müssen (Ez 18,2). Aber damit ist keineswegs gesagt, daß II Kön 24 nichts von einer Schuld Jojakims gewußt hätte. Denn die Ansicht Torreys über die Bezeichnung der Könige nach Josia ist nicht nur bedingt richtig, wie Herntrich meinte 1 9 ), sondern völlig falsch. Die Beurteilung ist ganz verschieden, wie schon ein flüchtiger Blick auf II Kön 23 bis 24 zeigt 2 0 ). Joahas tat, was Jahwe mißfiel, ganz wie seine Väter getan hatten (II Kön 23,32). Da er der Sohn des voll und ganz anerkannten Josia (II Kön 22,2) war, konnte man ihn nicht mit diesem, dem Vater (II Kön 21,10f.), sondern mußte ihn mit den Vätern, den Vorfahren, vergleichen. Dasselbe trifft für Jojakim als zweiten Sohn ) Vgl. die Aufzählung der Vertreter der Ansicht .einer Erneuerung der Fremdkulte unter Jojakim bei Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 47f. 1 7 ) Torrey, a . a . O . , S.45ff., 57. Budde, Zum Eingang des Buches Ezechiel, S. 32ff., macht dagegen darauf aufmerksam, daß II Kön 21,2—16, worauf sich nach Torreys Ansicht das Buch Ezechiel aufbaut, alles auf die Schuld eines einzigen Mannes, Manasses, zurückführen. In Ezechiel jedoch findet sich nicht die geringste Spur solcher Zuspitzung auf eine einzige Person. Statt dessen werden überall die Stadt Jerusalem, das Haus Israel, seine Fürsten und Vornehmen, Männer, Frauen und Älteste genannt. 1 8 ) Torrey, a . a . O . , S.54f. 1 9 ) Herntrich, Ezechielprobleme, S. 54. 16
s0
) Vgl. die Darstellung bei Herntrich, a. a. O., S. 54.
170
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
Josias zu (II Kön 23,27). Dagegen wird über Jojachin geurteilt: Er tat, was Jahwe mißfiel, ganz wie sein Vater getan hatte (II Kön 24,9). Wird hier schon ein Urteil über Jojakim gefällt, so ist es in den Worten über Zedekia ganz eindeutig: Er tat, was Jahwe mißfiel, ganz wie Jojakim getan hatte (II Kön 24,19). Damit ist die nach Josias Tod begonnene Periode des Abfalls von den Grundsätzen seiner Reform als solche gekennzeichnet. Wenn Ezechiel also die von Josia beseitigten Kulte wieder als bestehend voraussetzt, gehört er durchaus in die nach-deuteronomistische Zeit. Dieser Sachverhalt wird durch das Buch J e r e m i a bestätigt 2 1 ). Zwar behauptet Torrey, daß Jer 7 und 26, auf Grund deren Jer 7—20 meist in die Zeit Jojakims gesetzt werden 2 2 ), nichts miteinander zu tun hätten. Vielmehr soll alles, was Jer 11 vorhergeht, aus der Zeit vor der josianischen Reform stammen, da Jer 11,1 f. auf sie anspiele 23). Diese Anspielung ist jedoch zumindest fraglich 24 ), und für die übrigen Behauptungen fehlt jeder Beweis. Selbst bei Annahme der Behauptung Torreys und Ausscheidung von Jer 7—11 25 ) bleiben noch genug jeremianische Worte, die den Zustand der nachjosianischen Zeit kennzeichnen 26 ). In Jer 13,27. 17,1—4 werden Höhen und Altäre vorausgesetzt, in Jer 19,2aa. 2b—9. IIb—13 27) das Tofet im Tale Hinnom, in Jer 19,13 der Gestirndienst, in dem auf den Hausdächern geopfert wurde, in Jer 44,15—19 der Dienst der Himmelskönigin zumindest für die Zeit von 598, da seine spätere Abschaffung vorausgesetzt wird 28). Auch Kinderopfer wurden wieder dargebracht, denn Jer 32,35 bezieht sich nicht auf die Zeit Manasses, sondern nach 32,31 auf die 21 ) Obwohl Jeremia, entsprechend der prophetischen Tradition wenig gegen Götzendienst zu sagen hat (vgl. Pfeiffer, The Polemic against ldolatry in the Old Testament, S. 234). 22 ) Vgl. Volz, a.a.O., S. XLIV; Hemtrich, a.a.O., S.52, 54. 28 ) Torrey, a.a.O., S. 48 ff. 24 ) Oegen Volz, a. a. O., S. 130, mit Rudolph, a. a. O., S. 68. Da Jeremia die Einführung der Reform und das Deuteronomium nicht erwähnt, ist sein Schweigen über den erfolgten Rückschlag nicht verwunderlich. 26 ) Vor allem Jer 7,16—20. 8,1—3. 11,9—14. Vgl. Marti, Geschichte der Israelitischen Religion, S. 203; Oesterley-Robinson, Hebrew Religion, S. 236 u. a. 2 «) Vgl. Hölscher, a.a.O., S.306; Sellin, a.a.O., S.297; Volz, a.a.O., S. XXX; Cooke, a.a.O., S. XXXIII. 2 ') Jer 19,5 ist sekundär. 28 ) Vgl. Herntrich, a. a. O., S. 55. Dagegen ist Herntrichs Auslegung von Jer 11,10 unzutreffend, da eine Anspielung auf die Reform und die Unterscheidung von 3 Generationen fraglich sind.
Die geschichtlichen Voraussetzungen der Wirksamkeit Ezechiels
171
Gegenwart des Propheten 2 9 ). Die Propheten standen, wie Jer 26,10 bis 19.20—24 zeigt, wieder einsam da und wurden vom König blutig verfolgt. Dessen Stellungnahme zum Jahweglauben wird in seinem Verhalten gegenüber der die Worte Jeremias enthaltenden Schriftrolle deutlieh. Während führende Kreise des Volkes bei der Verlesung der Rolle auf dem Tempelplatz auf das stärkste beeindruckt waren und es für erforderlich hielten, Jojakim davon zu unterrichten, dachte dieser nicht daran, sich die Worte Jeremias zu Herzen zu nehmen. Vielmehr verbrannte er die Rolle eigenhändig und befahl, Jeremia und Baruch zu verhaften (Jer 36,11—20.21—26). Entgegen Torreys Ansicht kann also mit größter Sicherheit eine völlige Änderung der politischen und religiösen Lage nach Josias Tode, vor allem seit Jojakims Regierung angenommen werden. Doch scheint der Stand der Dinge besser als zur Zeit Manasses gewesen zu sein. Der Untergang Jerusalems wird nicht aus dem Rückschlag nach der josianischen Reform, sondern aus der Sünde Manasses erklärt (II Kön 23,26. 24,3. Jer 15,4). Dasselbe besagt das im Volke umlaufende Wort, daß die Nachkommen für Sünden der Vorväter büßen müssen (Ez 18,2). In der Zeit Manasses ist dieses Wort unverständlich. Es kann nicht auf die nächste Generation bezogen werden 3 0 ), denn es wird ja gerade in der Gegenwart des Propheten gesprochen. Ezechiel hält aber doch den Rückfall für so schwerwiegend, daß er nicht nach Erklärungen für das Unglück von 598 zu suchen braucht, sondern einfach auf die persönliche Verantwortung und Schuld jedes Einzelnen verweist (Ez 18,1—20. 18,21—32. 33,1—6. 33,10f. 33,12 bis 20). Sie hält er der Anschauung entgegen, daß die lebende Generation derart geringe Schuld trage, daß ihre Leiden in keinem Verhältnis dazu stehen. Nur so, durch den Hinweis auf die persönliche Verschuldung vor 598, konnte er den im Volke umlaufenden Vorwurf beantworten. In nachexilischer Zeit hätte er angesichts einer bedrückenden Lage auf die unmittelbar bevorstehende Heilszeit hingewiesen und die Bedingungen für ihren Beginn genannt oder apokalyptische Erwartungen ausgesprochen 31 ). 2 9 ) Es ist sehr wohl möglich, daß nicht einen Gott, sondern einen Opferbegriff meint, vgl. Eißfeldt, Molk als Opferbegriff. Dagegen sprechen sich aus: Bea, Kinderopfer für Moloch oder für Jahwe?; Schneider, Melchom, das Scheusal der Ammoniter; Jirku, Gab es im Alten Testament einen Gott Molek (Melek)?; Rudolph, a . a . O . , S. 180. Aber die Berufung auf die erst zu H gehörige Stelle Lev 20,5 ist wegen deren später Herkunft nicht sehr überzeugend. s 0 ) Torrey, a . a . O . , S.68f. 3i) Gegen Messel, a . a . O . , S.77f.
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
II. Die religiöse Lage in Palästina zur Zeit Ezechiels Für die Zeit Ezechiels ist demnach ein Rückfall in die vordeuterono mistischen Verhältnisse vorauszusetzen und eine B e k ä m p f u n g d e s G ö t z e n d i e n s t e s durch den Propheten zu erwarten. Sie findet sich in der Tat an zahlreichen Stellen 32 ). 1. Verschiedentlich wird der Höhenkult genannt und abgelehnt (Ez 6,1—4. 18,6.11.15. 20,27—28. 22,9. 33,25). Diese Stellen hat Messel einer eingehenden Kritik unterzogen. Nach ihm gilt Ezechiels Kampf nur dem Götzendienst zu Jerusalem, der zur Zeit des Redaktors seiner Worte nicht mehr bestand. Dieser greift dagegen den außerjerusalemischen Götzendienst an 33 ). Zwar soll auch Ezechiel den Höhenkult genannt haben (18,6.11.15 34 )), aber dabei nur an den durch das Deuteronomium verbotenen jahwistischen Höhenkult denken. Ihn habe er als Sünde, nicht als Götzendienst bezeichnet 35 ). Messel sucht damit den für sein Ezechielbild grundlegenden Gegensatz zwischen Jahwetreuen und Götzendienern zu erhärten. Dagegen werden in 6,1—4 36 ) die Höhen mit den Altären, Sonnensäulen und Götzen gleichzeitig genannt; in 33,25 stehen die Vorwürfe, auf den Bergen Opfermahle zu halten und die Augen zu den Götzen zu erheben, derart nebeneinander, daß sie eine Einheit bilden, während in 20,27—28 nur von den Höhen und den dort dargebrachten Opfern, in 22,9 von Opfermahlen die Rede ist. Danach macht Ezechiel keinen Unterschied zwischen jahwistischem und götzendienerischem Höhenkult, wie denn die Grenzen zwischen beiden auch fließend gewesen sind und der eine fast unvermerkt in den anderen übergehen konnte. Messel stützt sich nun lediglich auf 18,6.11.15, wo der (angeblich jahwistische) Höhenkult vom Götzendienst unterschieden und anders beurteilt werde S5 ). Jedoch ist diese Ansicht unzutreffend. In 18,6.15 werden beide unmittelbar nacheinander, gewissermaßen in einem Atem genannt, so daß ein sachlicher Unterschied vielleicht gar nicht besteht. Vor allem aber werden sie von Ezechiel völlig gleich beurteilt: Beide gelten als Sünde. Daher kann von einem Gegensatz zwischen Jahwetreuen und Götzendienern in den Worten Ezechiels keine Rede »*) Als unechte Zusätze scheiden aus 5,11. 11,18.21. 14,7. 20,29. 30,13. Die den Götzendienst erwähnenden Worte sind unecht in 6,13b. 8,3.12. 20,16.18.24.30. 33,26. 37,23aß. 33 ) Messel, a.a.O., S.83. 3 *) 6,1—14. 20,27f. 33,25 schreibt Messel, a.a.O., S.51f., 83, dem Redaktor zu. 3 ») Messel, a.a.O., S.52. 36 ) Änderungen außer den S. 80, Anm. 54 genannten Zusätzen: in 6,2 1 än^j?, 6,3 str n-K^n—nnr6.
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sein. Nach seiner Anschauung war der Kultus Israels, auch wenn er Jahwe gelten sollte, von Anfang an reiner Götzendienst, da er in fremde Formen gekleidet war. Es ist außerdem fraglich, ob der Höhenkult in nachexilischer Zeit wieder lebendig wurde 3 7 ). 2. An anderen Stellen wird der Götzendienst nur kurz erwähnt. In 6,13a 38 ) droht Ezechiel an, daß im Gericht die Erschlagenen mitten unter ihren Götzen liegen werden; in 7,20 nennt er greuelhafte Bilder: in 14,3f. ist von denjenigen die Rede, die ihre Götzen in ihr Herz geschlossen haben; in 20,7f. wird von den Ahnen des Volkes gesagt, daß sie trotz der Mahnung Jahwes an den Scheusalen ihrer Augen und den Götzen Ägyptens festhielten und später unreine Gaben darbrachten (20,26.31); in 22,3 f. wird der Vorwurf erhoben, daß die Jerusalemer sich Götzen anfertigten und an ihnen verunreinigten. Demgegenüber verheißt 36,25, daß Jahwe den gesammelten Rest Israels von den Götzen reinigen wird, und 37,23, daß eine erneute Verunreinigung nicht mehr erfolgen wird. In 44,10—12 wird der Götzendienst als Grund für die Degradierung der Leviten bezeichnet. Außerdem nennen 16,16—21. 20,26.31 das Kinder- bzw. Erstgeburtsopfer, das nach 20,26 als Gebot Jahwes zur Strafe zwecks Verunreinigung und Vernichtung des Volkes erlassen war 8 9 ). In 16,16—21 i0 ) wird der israelitische Kultus als Hurerei mit Mannsbildern bezeichnet. Nach Eißfeldts einleuchtender Darstellung sind die Ausdrücke „huren" und „ H ö h e " doppelsinnig. Der erste bedeutet den Abfall zu anderen Göttern und die In ihrem Kultus übliche sakrale Prostitution, der zweite den Ort des Kultus und das der kultischen Begattung dienende Hoch-Lager 4 1 ). Ebenso verhält es sich in 16,23 bis 35. Die aä und rmn bedeuten nach in Assur ausgegrabenen Bleireliefs und einer Bleiplakette mit Begattungsszenen die aus Ziegelsteinen gemauerten Altarsockel 42 ). Wenn Ezechiel das Werben Judas um die Gunst der Großstaaten und ihrer Götter mit diesen Bildern beschreibt und brandmarkt, verstehen ihn seine Zeitgenossen, die jene Bräuche kennen oder gar mitgemacht haben, ohne weiteres. Ein nachexilischer Verfasser hätte sich nicht so ausdrücken können. 37
) Vgl. Wiener, The Prophets of Israel in History and Criticism, S. 186. ) Die Deutung auf das schon untergegangene Nordreich (Brunner, Ezechiel I, S. 90) ist unwahrscheinlich. 39 ) 26,11 bezieht sich auf Tyrus. 40 ) Änderungen außer den S. 82 Anm. 66 genannten Zusätzen: in 16,19 str -pri^Kn—n*?D, vm. 41 ) Eißfeldt, Hesekiel Kap. 16 als Qeschichtsquelle, S.287f. 42 ) Eißfeidt, a.a.O., S.289ff. 3S
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3. Eine ausführlichere Darstellung von Jerusalemer Kulten liegt in Ez 8,1—17 vor 4 3 ). Nach dem Bericht sieht der Prophet sich in visionärekstatischem Zustand nach Jerusalem gebracht und durch den Tempel geführt 44 ). Dort schaut er nacheinander die verübten Greuel. Sie werden zu seinen Lebzeiten begangen; eine Verlegung in die Zeit Manasses 4 5 ) ist abwegig. Auch wenn das Eifersuchtsbild (8,5 f.) das von Josia beseitigte Ascherabild sein sollte, war eine Neuerrichtung längst möglich. Vom Götzendienst zur Zeit Zedekias weiß auch Jeremia (vgl. S. 170 f.). Und Ez 8,17 blickt nicht auf die Greuel als längst vergangen zurück; vielmehr stellt es den schon vom Propheten geschauten Greueln als letzte Steigerung nach dem Gebet zur Sonne die in 8,17bß berichtete Verfehlung gegenüber. Im übrigen erscheinen sämtliche beschrieb inen Kulte als dem Propheten in der Vision gleichzeitig (8,6.9.12 f. 15). In einer Vision jedoch werden niemals vergangene Ereignisse, sondern außer gegenwärtigen nur zukünftige als gleichzeitig geschaut. Nacheinander sieht Ezechiel den Altar des Eifersuchtsbildes (8,5—6), die auf eine Wand gemalten Tierbilder, denen geräuchert wird (8,7—13), die Klage der Frauen um Tammuz (8,14—15) und das Gebet zur Sonne (8,16—18)«). 43
) Änderungen außer den S. 81 Anm. 57 genannten Zusätzen: in 8,1 1
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4 4 ) Die Vermutung von Bertholet, Hesekiel, S. 32, über den in der Vision im Tempel zurückgelegten Weg ist wahrscheinlicher als die von Hölscher, Hesekiel, S. 71 f. Bei letzterem fehlt die Bezeichnung des Tores 8,3, während Bertholet es wohl richtig als Nordtor auffaßt, zu dem man, von Babylonien kommend, gelangt. 4 5 ) So schon Hitzig, Kuenen. 4 S ) May, The Departure of the Glory of Yahweh, sucht Ez 8—9 aus dem angeblichen Ritual zum Feste des Auszugs Jahwes aus dem Tempel zu erklären und Jahwe wie Tammuz-Marduk als ausziehende Gottheit zu erweisen. Aber es ist nur einer sehr gewaltsamen Exegese möglich, die verschiedenen Kulte, die Ezechiel beschreibt, als Teile eines einzigen Rituals zu verstehen; es müßte zudem an mehreren Stellen gleichzeitig abgewickelt werden, da: größere zeitliche Unterschiede nicht genannt werden. Es ist außerdem fraglich, ob 8,12b so verstanden werden darf, daß Jahwe die Erde (statt: das Land) verlassen habe; und der dazugehörige Satz: Jahwe sieht es nicht (was wir tun), wird völlig unverständlich. Mays viel zu gezwungene
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a) Ezechiel erwähnt zunächst den Altar mit Gottesbild nördlich vom Nordtor. Da das Bild Jahwes Eifersucht erregt, muß es einer anderen Gottheit gelten, als die man Aschera (Astarte) vermuten kann (II Chr 33,7.15. II Kön 2 1 , 7 ) « ) b) Darauf folgt die Verehrung der an die Wand gemalten Tierwesen. Es ist möglich, daß es sich um einen ägyptischen Kult handelt, der infolge der politischen Beziehungen zu Ägypten eingedrungen w ä r e 4 8 ) . Da sich sonst keine Spur mehr davon zeigt und auch die noch folgenden Kulte nicht ägyptischen Ursprungs sind, liegt angesichts der jahrelangen Abhängigkeit Zedekias von Babylonien die Annahme eines babylonischen Kultus näher 4 9 ). Unwahrscheinlich ist dagegen die Vermutung, daß altisraelitische 5 0 ), arabische 5 1 ) oder gar primitiv-totemistische Kulte 5 2 ) vorliegen. c) Es schließt sich ein Hinweis auf den Tammuzkult der Frauen an, die das Hinschwinden des Gottes beklagen. d) Es folgt die Beschreibung des Sonnenkultes. Da die Ausübenden nicht als Priester bezeichnet werden, ist es möglich, daß in jener Zeit der innere Tempelhof allen Männern zugänglich w a r 5 3 ) . Als besonders anstößig erscheint, daß die Beter, da sie sich nach Osten als der Richtung der aufgehenden Sonne wenden, dem Tempelhaus den Rücken kehren. Noch schlimmer ist das in 8,17 Erwähnte. Das Verständnis von ¡"Hin? ist allerdings umstritten M ). Torrey möchte darin und zu weit hergeholte Analogien tragen zur Erklärung von Ez 8 nichts bei. Ähnliches gilt gegenüber Gaster, Ezekiel and the Mysteries, der aus einem Vergleich mit ugaritischen Texten Ez 7—9 als satirische Propaganda gegen eine zeitgenössische festliche Begehung kanaanäischen Ursprungs versteht. 4 7 ) Vgl. Bertholet, a . a . O . , S . 3 2 ; Loisy, La Religion d'Israël, S. 183. (Zu beachten sind a u c h : R. Oussaud, L'idole de la jalousie, Syr 21 (1940), S. 359f.; Ch. Virolleaud, Sur l'idole de la jalousie du temple de Jérusalem, Rev Ët Sem 1945, S. 59—63.) « ) Ewald, Smend, Orelli, Schmalzt, Bertholet; Brunner, Ezechiel I, S. 113; Ziegler, Ezechiel, S. 29. 4 9 ) Ounkel, Schöpfung und Chaos, S. 140f.; Kraetzschmar, a . a . O . ; Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients, S. 6 2 3 ; Loisy, a. a. O., S. 183. 5 0 ) Davidson, T h e Book of the Prophet Ezekiel. T o y , T h e Book of the Prophet Ezekiel. B 1 ) Cheyne, T h e Decline and Fall of the Kingdom of Judah, S. 73 ff. 6 2 ) McCurdy, History, Prophecy and the Monuments, S. 252. M ) Vgl. Bertholet, a. a. O., S. 33. 5 4 ) Die Vermutung von Messel, a. a. O., S. 59, daß es sich um einen späteren Einschub handle, ist unwahrscheinlich.
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den baregma erblicken, das Zweigbündel, das im persischen Kultus eine Rolle spielt. Er glaubt dadurch eine weitere Stütze für seine späte Ansetzung des Buches Ezechiel zu erhalten 55 ). Jedoch ist diese Annahme durch Spiegel so gründlich widerlegt worden 5 6 ), daß Torrey nichts Entscheidendes mehr vorbringen konnte 5 7 ). 1) Nicht der baregma, sondern ein Schleier aus zwei Stücken weißen Tuches (paiti-dena oder penom) wurde im persischen Kult vor das Gesicht gehalten. 2) '"nlö? ist eine einzelne Weinranke, der baregma dagegen ein Bündel von Zweigen. 3) Der baregma wurde nur von Priestern gebraucht, während es sich in Ez 8,17 wohl um Laien handelt. 4) Der baregma ist kein wichtiger oder charakteristischer Teil der Sonnenverehrung 58 ). Wegen der Gebetsstellung ist auch die Deutung auf den Phallus 5 9 ) ausgeschlossen. Es bleibt nur übrig, mit Kimchi und Raschi die Bedeutung „strepitus ventris" anzunehmen, die sowohl der Körperhaltung der Sonnenanbeter als auch der drastischen Ausdrucksweise Ezechiels entspricht 60 ). Ezechiels Worte über kultische Sünden passen demnach ¡durchaus in die Lage der Jahrzehnte nach dem plötzlichen Ende der josianischen Reform. Alle Verfehlungen werden von ihm letztlich als Götzendienst ) Torrey, a. a. O., S. 84. Ebenso Scheftelowitz, Arisches im Alten Testament II, S . 4 8 ; Schmalzl, a . a . O . , S.97f. 5 e ) Spiegel, Ezekiel or Pseudo-Ezekiel?, S. 300. 57) Torrey, Certainly Pseudo-Ezekiel. Dagegen Spiegel, Toward Certainty in Ezekiel, S. 154ff. Ablehnend äußern sich u. a. auch Kraetzschmar, a . a . O . ; Jahn, Das Buch Ezechiel; Herrmann, Ezechiel; Bertholet, a . a . O . 5 8 ) Ebenso unwahrscheinlich ist die Vermutung von Farbridge, Biblical and Semitic Symbolism, S. 176, daß es sich um 2 Zweige eines Feigenbaums handle, die in Sippar zum Zubehör des Schamasch-Wagens gehörten und während der Anbetung vors Oesicht gehalten wurden, da die sprachliche Ableitung äußerst unsicher ist; ferner die Vermutung von May, a. a. O., S. 316, daß es sich, in Verbindung mit Jes 17,10, um Weinranken der Adonisgärten handle, da sie weder vors Oesicht noch jemand entgegengehalten werden. 5 9 ) Graetz, Die euphemistische Bedeutung des Wortes mint im Hebräischen ; Matthews, Ezekiel, S. 32. «o) Vgl. Herrmann, a . a . O . , S . 6 2 f . ; Balla, Ezechiel 8,1—9,11; 11,24—25. Kraetzschmar, a . a . O . , S.97, bezieht den Ausdruck ohne Berechtigung auf den Opfergestank; aber 8,17 gehört zur Szene der Sonnenanbeter. 56
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Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
verstanden 6 1 ). Als zweite Hauptsünde Jerusalems nennt er Gewalttat und Blutvergießen (7,23. 9,9. 12,19. 22,3f. 12. 24,7f. 33,25) « ) . Da beides häufig gleichzeitig erwähnt wird, glaubte man schließen zu dürfen, daß Ezechiel unter „Blutvergießen" den Götzendienst mit seinen Opfern einschließe 6 3 ). Dagegen spricht aber, daß Ezechiel Gewalttat oder Blutvergießen allein nennt oder nichtkultisch verwendet (22,9.12). Vielmehr faßt er, wie unter der Vorstellung des Götzendienstes alle kultischen Verstöße, so unter der Bezeichnung Gewalttat und Blutvergießen alle sozialen und politischen Vergehen zusammen; er schließt also durchaus das ganze Volk ein und meint nicht nur eine Partei, die durch Mord und Gewalttat herrschte 6 4 ). 10. K a p i t e l
Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit I. Die Deportationen und die Gola Die eigenmächtige Politik Jojakims führte das erste Unheil herbei. Er löste sein Vasallenverhältnis zum babylonischen Reiche und machte sich selbständig. Daraufhin verwüsteten vorerst nur babylonische Streifscharen das Land. Währenddessen starb er, und sein Sohn Jojachin folgte ihm. Er regierte jedoch nur drei Monate, da er sich nach der Belagerung Jerusalems durch ein babylonisches Heer sofort ergab. Er wurde 598 nach Babylonien deportiert, mit ihm ein Teil der führenden Schicht: Priester und Propheten, Adlige und Handwerker. Nur einige der führenden Familien, die sich besonnen der babylonischen Herrschaft gefügt hatten, durften in der Stadt bleiben. Dieser Aderlaß hatte nicht die von Nebukadnezar erhoffte Wirkung. Der von ihm eingesetzte König Zedekia ließ sich nach und nach in das Lager der nationalistischen Freiheitspartei hinüberziehen und erklärte schließlich, im Vertrauen auf die von Pharao Hophra zugesagte Hilfe, seinen Abfall von Nebukadnezar. Bald erschien ein babylonisches Heer in Palästina und begann Jerusalem zu belagern. 587 wurde die Stadt erobert; eine noch umfangreichere Deportation entvölkerte das Land weitgehend. Ein Teil der Zurückbleibenden floh nach der Ermordung Gedaljas nach Ägypten. Von Osten und Süden rückten die Nachbarvölker nach. 61 ) Hilfe 62) 63) M)
Gelegentlich rechnet Ezechiel auch das Buhlen um die Gunst und der fremden Staaten hierzu, vgl. 16. 23. Unechte Zusätze sind: 16,38. 23,37.45. Kraetzschmar, a. a. O., S. 184. So Messel, a.a.O., S. 17f.
F o h r e r , Hauptprobleme des Buches Ezechiel
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Währenddessen lebte der in zwei Deportationen nach Babylonien gebrachte Kern (598) und Rest (587) des Volkes dort unter wechselnden Verhältnissen. Entgegen den Absichten der Babylonier ging die Gola nicht in dem sie umgebenden Völkergemisch auf, sondern schloß sich, von den nicht allzu zahlreichen Abtrünnigen abgesehen, als Glaubensgemeinschaft eng zusammen. Daß Ezechiel in dieser Zeit gelebt hat, läßt sich durch mehrere Überlegungen wahrscheinlich machen. 1. In Verfolg seiner These stellt Torrey die Behauptung auf, es habe keine b a b y l o n i s c h e G o l a gegeben. Palästina sei gar nicht völlig verwüstet worden, sondern der Mittelpunkt Israels geblieben. Und wie es keine Gola und kein Exil gegeben habe, so auch keine Wiederherstellung des Volkes; all dies, damit auch Ezechiels angebliche Tätigkeit, sind dann nur spätere Erfindung 2 ). Jedoch ist die Existenz einer Gola in Babylonien mit Sicherheit anzunehmen. a) Zum mindesten seit Tiglat-Pileser I. sind D e p o r t a t i o n e n in kleinerem Maßstab 3 ), seit Tiglat-Pileser III. als großer Völkeraustausch bekannt 4 ). Gelegentlich wurde nur das feindliche Heer w e g geführt 5 ). Manchmal aber war die ganze Einwohnerschaft von Städten 1
) Die Zahl der Deportierten ist unsicher, vgl. Stade, Geschichte des Volkes Israel, S. 680; Outhe, Geschichte des Volkes Israel, S. 237; Budde, Geschichte der althebräischen Litteratur, S. 150; Klamroth, Die jüdischen Exulanten in Babylonien, S. 20ff.; Causse, Les Dispersés d'Israel, S. 26f.; Oesterley-Robinson, Hebrew Religion, S. 233; Sellin, Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes II, S. 1 ff. ; Mowinckel, Die Chronologie der israelitischen und jüdischen Könige, S. 202; Meyer, Geschichte des Altertums IV, S. 164. — Unsicher ist auch die Annahme einer 3. Deportation im Jahre 582/81, vgl. Hölscher, Les Origines de la Communauté Juive à l'Époque Perse, S. 109f.; Alt, Die Rolle Samarías bei der Entstehung des Judentums, S. 15. 2 ) Torrey, The Second Isaiah; S. 29, 62; Ezra Studies, S. 290, 299; PseudoEzekiel and the original Prophecy, S. 31 f. Merkwürdig berührt der Versuch von Torrey, Ezekiel and the Exile, S. 179 ff., diese Stellen später unvollständig zu zitieren, so daß sie den entgegengesetzten Sinn erhalten, vgl. dagegen Albright, The Chaldean Conquest of Judah. 3 ) Klamroth, a . a . O . , S.2: Prisma, I 84ff. 4 ) Beispiele für die Zeit Adadnirari I. bis zu Tiglat-Pileser III. bei Luckenbill, Ancient Records of Assyria and Babylonia I, Nr. 32, 164, 166, 221 f., 380, 388, 390, 405 f., 443, 448, 452, 474, 480, 500, 502, 561, 573, 581, 600, 607, 617, 621, 628, 770f., 773-775, 777, 7 8 8 - 790. 5 ) Klamroth, a . a . O . , S. 13: Assurbanipal, Annalen, VI, 17f.; Tiglat-Pileser I., Prisma, I 84—88; Sargon, Prunkinschrift, 35f.
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Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
und Dörfern betroffen 6 ), sogar die Sklaven 7 ). Die Deportation der gesamten Bevölkerung eines Landes bildete dagegen eine .Ausnahme 8 ). Von solchen Deportationen und der Neuansiedlung der Deportierten in ihrer neuen Heimat ist häufig die Rede 9 ). Es handelt sich um eine oft wiederholte politisch-militärische Maßnahme der Assyrer und Babylonier, die auch zur Zeit Jojachins und Zedekias ohne weiteres als möglich, ja als wahrscheinlich anzusehen ist, um endlich die Kraft des eigenwilligen judäischen Staates zu brechen und sein Volk in das Völkergemisch des Weltreiches einzuschmelzen. b) Ihr unmittelbares Vorbild haben die Deportationen von 598 und 587 in der des israelitischen N o r d r e i c h e s im Jahre 722. Nach II Kön 17,6.23 ließ Salmanassar die Nordisraeliten nach Mesopotamien und Medien bringen und das weitgehend entvölkerte Land durch Fremde besiedeln (II Kön 17,24ff.). So wenig aber wie später die Judäer sind die Israeliten in ihrer neuen Umgebung völlig aufgegangen 10). Wie die spätere Hoffnung der Wiedererrichtung von Ephraim (Jer 30—31) und der Vereinigung der Reiche Israel und Juda (Ez 37,15—28) zeigt, müssen sich Reste von ihnen, ähnlich den Juden von Elephantine, erhalten haben. c) Der a r c h ä o l o g i s c h e Befund spricht für eine ausgedehnte Verwüstung Palästinas im Jahre 587. Mit steigender Gewißheit ist zu schließen, daß die Zerstörung der Ortschaften durch die Babylonier sehr gründlich war und nur wenige von ihnen wieder aufgebaut wurden. Bis zu den Ausgrabungen in Bethel (1934), das zur Provinz Samaria gehörte, waren keinerlei Überreste aus dem 6. Jahrh. v. Chr. bekannt, die aus den Jahren um 587 datiert werden konnten. Für diese Zeit ist Juda archäologisch eine tabula rasa u ) . Die von Torrey behauptete baldige Wiederherstellung war völlig unmöglich und ist auch 6 ) Klamroth, a . a . O . , S . 3 : Tiglat-Pileser III., Platteninschrift, 12; Tontafel, 16 f. 7 ) Klamroth, a . a . O . , S . 3 : Sargon, Annalen, 377. 8 ) Klamroth, a . a . O . , S . 3 : Sargon, Prunkinschrift, 115. 9 ) Vgl. Klamroth, a . a . O . , S . 3 f f . : Tiglat-Pileser III., Tontafel, 11, 14f.; Annalen, 43; Sanherib, Taylorzylinder, II 1; Asarhaddon, Prismen A und C, I 31 ff.; Sargon, Zylinder, 34, 43, 72. 10 ) So Renan, Histoire du Peuple d'Israel III, S. 387; Wellhausen, Israelitische und jüdische Geschichte, S. 120 f. u ) Albright, From the Stone Age to Christianity, S. 246. Vgl. auch Albright, The Seal of Eliakim and the Latest Preexilic History of Judah, S. 104. Daß nur Jerusalem zerstört worden sei (Zucker, Untersuchungen zur Organisation der Juden, S. 20 f.), entspricht demnach nicht den Tatsachen.
12*
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nur langsam erfolgt. Die Ergebnisse der Ausgrabungen stimmen darin mit der schriftlichen Überlieferung überein 12 ). Dem entspricht die Schilderung in Ez 36,33—38. Da aber nicht anzunehmen ist, daß die gesamte Bevölkerung Judas und Jerusalems im Kriege gefallen oder niedergemetzelt worden ist, bleibt nur die Annahme einer Deportation übrig. d) Tatsächlich ist auch die Existenz von D e p o r t i e r t e n in Babylonien bezeugt 1 3 ). In der „Südburg" in Babylon, nahe am Ischtartor, fanden sich Keilschrifttexte u ), die sich hauptsächlich auf die Ablieferung und Ausgabe von Öl und Gerste beziehen. Es sind Listen aus einem königlichen Magazin, aus dem monatlich öl und Gerste an die Empfangsberechtigten ausgegeben wurde. Soweit datiert, stammen sie aus den Jahren 595/94—570/69. Auf vier Tafeln wird Ja'u-kinu (Jakü-kinu), König des Landes Jähudu (Jakudu) genannt. Diese Namen sind mit Hilfe palästinensischer Inschriften eindeutig als Jojachin und Juda erkannt worden und können infolge der Zeit ihres Vorkommens nur den 598 deportierten König Jojachin meinen. Außer dem König werden fünf königliche Prinzen und zwölf andere Judäer, die israelitische Namen — wie Gaddiel, Semachja, Schelemja — tragen, dazu andere Ausländer aus diesem Magazin versorgt, durchweg Leute von höherer Stellung oder besonderen Fertigkeiten. Sie waren also bevorzugt und wohnten oder arbeiteten wahrscheinlich in der Südburg. Da die dem König zugeteilte Menge von Lebensmitteln sehr groß ist und im Vergleich zu den anderen Angaben für wesentlich mehr Personen bestimmt sein müßte, sind wohl seine ganze Familie und sein Gefolge eingeschlossen. Jojachin scheint zu dieser Zeit also eine seinem Rang entsprechende Behandlung erfahren zu haben. 12 ) Das Land war eine Wüste (Jer 44,2.6. Jes 64,9. Sach 7,14), Städte gab es nicht mehr (Jes 44,26. 45,18. 54,3. 58,12. 61,4), besonders in der Nähe Jerusalems sah es schlimm aus (Jer 33,10.12. Jes 51,3. Thren 5,18), der größte Teil des Landes wurde nicht bestellt (Jer 33,10.12. Jes 45,18. Lev 26,34. 43. II Chron 36,21), die Landgüter lagen in Trümmern, die Bäume waren abgeholzt (Jes 49,19), es fehlte an Vieh (Jer 32,43). Vgl. auch Jer 2,14—17! 13 ) Übergangen werden kann die phantastische Vermutung von Cheyne, The Decline and Fall of the Kingdom of Judah, S. 61, 63, 67, 81, daß Jojachin vom Führer eines nordarabischen Staates Ashhur, den Ezechiel König von Babel nenne, gefangengenommen worden sei und daß Zedekia eine Gesandtschaft zum König der nordarabischen Misrim geschickt habe. 14 ) Vgl. den Bericht von Weiser, Jojachin, König von Juda. Dazu Bea, König Jojachin in Keilschrifttexten; Finegan, Light from the Ancient Past, S. 188 f.
Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
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Für die Annahme einer Gola spricht auch ein Siegel mit hebräischer Inschrift 15 ). Der Name des Besitzers ptf^K p byxä ist für Palästina bezeugt (I Chr 7,36. Prophet Elisa) und macht es wahrscheinlich, daß der Siegelbesitzer ein Deportierter war, da der Kaufort Bagdad mit dem Fundort gleichgesetzt werden darf und die zum Vergleich herangezogenen Siegelbilder auf rein babylonischen Ursprung und exilische Zeit schließen lassen. Ferner wurde 1893 bei Ausgrabungen der Universität von Pennsylvania in Nippur das Archiv einer großen babylonischen Firma aus der Zeit zwischen 464—405 v. Chr. gefunden. Unter ihren Kunden befand sich eine große Zahl von Juden; es sind mit Sicherheit 166 verschiedene jüdische Namen mit oft mehreren Trägern festzustellen 16). Dies wäre unverständlich, wenn man nicht annehmen könnte, daß sie einige von denen waren, die aus der großen Zahl der Deportierten in Babylonien blieben. e) Schließlich spricht der Brief des Propheten J e r e m i a (Jer 29,1 a.ba*. 3—5.6aa*. b. 7.12aß—b. 13.14a a*) für das Vorhandensein einer judäischen Qola in Babylonien nach 598. In ihm versucht Jeremia die durch Heilspropheten mit der Verheißung baldiger Heimkehr erregten Deportierten zu beruhigen. Er ermahnt sie, ihr Schicksal geduldig zu tragen und für das Land ihrer Feinde zu beten. Von seinem Wohlergehen hänge auch das ihre ab. Sie sollen sich auf einen längeren Aufenthalt in Babylonien einrichten, sich Häuser bauen, Gärten anlegen und für Nachkommen sorgen. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft brauchen sie deswegen nicht aufzugeben. Gott habe auch für sie letztlich Gedanken des Heils und nicht des Unheils. Die Echtheit dieses Briefes ist unbestreitbar. 2. Die L e b e n s v e r h ä l t n i s s e der Deportierten lassen sich mit hinreichender Genauigkeit erschließen. Zwar achtete man bei ihrer Ans i e d l u n g nicht darauf, daß sie in eine ihrer Heimat ähnliche Umgebung kamen. Rauhe Nomadenstämme aus den armenischen Bergen wurden in ein üppiges Kulturland verpflanzt 17 ), die Bauern in ein vom Handel lebendes Gebiet, die Berg- und Küstenbewohner in Ebene und Binnenland1S). Aber man wollte sie nicht vernichten, sondern gab ihnen ausreichende Lebensmöglichkeiten. Der Widerspruch Torreys, der die Möglichkeit einer solchen Ansiedlung und der Existenz einer größeren Gruppe von Deportierten ohne erhebliche äußere Hilfe von 16
) ) 17 ) 18 )
16
Galling, Ein hebräisches Siegel aus der babylonischen Diaspora. Ebeling, Aus dem Leben der jüdischen Exulanten in Babylonien. Klamroth, a . a . O . , S . 4 : Sanherib, Taylorzylinder, II 1. Klamroth, a . a . O . , S. 4: Asarhaddon, Prismen A und C, I 31 ff.
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außen für unmöglich hält 1 9 ), scheitert an urkundlichen Belegen. Gelegentlich wurden Deportierte zur Verstärkung der Einwohnerschaft von Städten verwandt 2 0 ), meist jedoch in Neugründungen angesiedelt. Verfallene Städte sollten auf diese Weise wieder aufgebaut, Landstrecken wieder urbar gemacht werden. Ramman-nirari I. bezeichnet sich als einen, der die verfallenen Städte neu gründete 2 1 ). Sargon betrieb die Besiedlung verfallener Ruinenstätten, Aufschließung des Bodens und Anlegung von Obstpflanzungen 22). Besonders die assyrischen Könige erwählten sich eine Neugründung, an deren Gedeihen ihnen besonders lag 2 3 ). Auch die Deportierten aus Juda wurden in ähnlicher Weise seßhaft gemacht; darauf weisen die N a m e n ihrer Siedlungen hin. Das Ez 3,15 erwähnte ara« läßt dies, im Gegensatz zu Torreys Deutung 2 4 ), besonders deutlich erkennen. Denn til bezeichnet den Trümmerhügel einer schon lange zerstörten Stadt, abübu die Sintflut 25 ). Es handelt sich also um eine Stadt, die nach allgemeinem Glauben durch die große Flut zerstört worden war. Wenn Wasser erreichbar war, konnte sie schnell zu neuem Leben erweckt werden. Diese Bedingung war erfüllt, da der Fluß Kebar (Ez 1,3. 3,15) der aus Kontrakten aus Nippur (424) bekannte när Kabari ist, ein Kanal, der in Babylon vom Euphrat abzweigt und südöstlich davon bei Warak (Uruk) wieder in ihn mündet 2 6 ). Die hebräische Umbenennung des Ortes in „Ährenhügel" ist daher leicht verständlich 27 ). Dem entspricht, daß die Umgebung Ezechiels einen l ä n d l i c h e n Eindruck macht. Er beobachtet die aus der Ferne heranziehenden 19
) Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 31 ff. ) Klamroth, a.a.O., S. 5: Tiglat-Pileser III., Tontafel, 14f., für Assur, Kalhu und Babylon. 21 ) Klamroth, a.a.O., S. 5: Steinplatteninschrift, 3 ff. 22 ) Klamroth, a.a.O., S.5: Zylinder, 34. 23 ) Klamroth, a.a.O., S.6: Tiglat-Pileser III., Tontafel, 11; Sargon, Zylinder, 43, 72. 2i ) Torrey, a. a. O., S. 33, im Anschluß an Kraetzschmar, Das Buch Ezechiel, S. 34, versteht darunter irgendeinen Sandhügel. 25 ) Meist als Sturm oder Sturmflut verstanden. 26 ) Es ist vielleicht der heutige Schatt-en-Nil, vgl. Bertholet, Hesekiel, S.3. 20
27
) Andere Ortsnamen der Gola sind nbn ^n (Salzberg), (Pflugberg), a n s (vielleicht aus kirübü, Flur), H«, (Lamm) in Esr 2,59, in Esr 8,17. Von ihnen sind die beiden ersten und der letzte rein hebräische Namen. Hinzu kommen als glaubwürdige talmudische Namen: Sura, Pumbeditha, Nehardea, vgl. Nikel, Die Wiederherstellung des jüdischen Gemeinwesens nach dem babylonischen Exil, S. 11.
Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
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Wolken (1,4) und bewegt sich auf freiem Felde (vgl. 3,11—15.22 F. 37,1 f.). Die Deportierten haben verschiedene Getreidearten (4,9), die Gaben für die Zauberinnen bestehen aus Feldfrüchten (13,19). Die Nachricht vom Fall Jerusalems wird nicht durch babylonische Boten übermittelt, sondern dringt erst durch einen Flüchtling zu den in der Einsamkeit des Landes Wohnenden (33,21 f.). Allerdings war Babylon noch erreichbar, so daß Ezechiel die Stadt charakterisieren kann (17,4) und manche babylonischen Einflüsse zeigt (vgl. S. 236ff.). Die äußeren Lebensverhältnisse der Deportierten ä n d e r t e n sich zeitweilig. Im allgemeinen nimmt man an, daß ihr Los nicht allzu schwer und die Trennung von Jerusalem ihr größtes Leid war 2 8 ). Umgekehrt haben andere aus den bitteren Klagen vor allem Deuterojesajas auf schwerste Demütigungen und Grausamkeiten, auf Frondienst, Sklaverei und Einkerkerung geschlossen 29 ). Zweifellos war schon der beschwerliche Transport nach Babylonien eine Qual. Dort aber wurde zwischen Deportierten und Einheimischen kein wesentlicher Unterschied rechtlicher Art gemacht 3 0 ). Freilich lasteten auf allen große Abgaben, und jederzeit konnten sie wie alle anderen Babylonier zum Frondienst herangezogen werden; sogar Sklaverei und Einkerkerung kamen vor. Aber die Lage war unter den einzelnen babylonischen Herrschern verschieden. Sie hat sich gegen Ende des Exils ständig verschlechtert 31 ), so daß die Klagen über die Behandlung durch die Babylonier meist nur die spätere Zeit kennzeichnen, während vorher die Lage der Deportierten als günstig bezeichnet werden muß. Von jener Verschlechterung ist Ezechiels Zeit noch nicht betroffen, so daß sich in seinen Worten keine Anspielung darauf findet. Er setzt vielmehr einen, wenn auch bescheidenen Wohlstand der Deportierten voraus, der völlig ihrer in der ersten Zeit anzunehmenden Lage entspricht. Sie haben eigene Häuser (Ez 3,24), in denen es wenigstens einen größeren Raum gibt, in dem sich mehrere Personen aufhalten können (8,1. 14,1. 20,1). Da die Frauen wie üblich 32 ) ebenfalls deportiert worden waren (13,17—23. 24,15—24), führt jeder seinen eigenen 28
) Reuß, Stade, Köhler, Klostermann, Wellhausen, Guthe, Oettli; Montet, Histoire du Peuple d'Israël, S. 114f.; Kittel, a. a. O., S. 105ff.; Meyer, a. a. O., S. 166 f. 29 ) Dürr, Die Stellung Ezechiels in der israelitisch-jüdischen Apokalyptik, S. 146—155, 161 ; Wollen und Wirken der alttestamentlichen Propheten, S. 28; Brunner, Ezechiel I, S. 181., 30; Bentzen, Introduction to the Old Testament II, S. 123. 30 ) Vgl. Winckler, Geschichte Babyloniens und Assyriens, S. 295. « ) Vgl. Klamroth, a . a . O . , S.38f., 43, 83; Sellin, a . a . O . , S. 19ff. 32 ) Klamroth, a . a . O . , S . 3 , 21 f.
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Haushalt, in dem Pfanne (4,3) und Waage (5,1) nicht fehlen. Wenn man von der Arbeit heimkehrt, kann man sich an den Hauswänden und in den Türen zum Gespräch sammeln (33,30). Die Männer tragen einen sorgfältig gepflegten Lippenbart (24,17), den sie mit einem besonderen Schermesser schneiden (5,1). Sie haben Sandalen an den Füßen und einen Turban auf dem Haupt (24,17). Ob die „ Ä l t e s t e n " (Ez 8,1. 14,1. 20,1) der Deportierten größere Befugnisse gehabt haben, ist auf Grund der Quellen nicht zu entscheiden. Die Vermutung, daß sie maßgebliche Träger der Selbstverwaltung der Gola gewesen seien, ist nicht beweisbar. Immerhin ist es fraglich, ob die Babylonier, selbst wenn sie sich nicht um die inneren Angelegenheiten der Gola gekümmert haben sollten 3S), dennoch den bisher führenden Schichten ihre Macht und ihren Einfluß gelassen haben. Daher haben die Deportierten vielleicht auf die alte Sippenordnung zurückgegriffen, in der die Ältesten eine ausschlaggebende Rolle spielten. W o es möglich war, hat die Gola sich gewiß um sie gesammelt und ihnen weitgehende Vorrechte zugestanden. An sie ist daher auch der Brief Jeremias (Jer 29*) gerichtet, der an der geistigen und religiösen Haltung der Gola Kritik übt und von da aus eine Änderung der Einstellung zu den Fragen des täglichen Lebens empfiehlt. In Übereinstimmung damit scheinen die Ältesten Ezechiel aufgesucht zu haben, um an den Propheten gewisse Fragen über ihr Schicksal und die Möglichkeit der Verehrung Jahwes zu richten. Sie scheinen neben der Ausübung politischer und juristischer Funktionen vor allem für das religiöse und sozial-gesellschaftliche Leben bedeutsam gewesen zu sein. Einige Äußerungen des Buches Ezechiel zu den Fragen des G l a u b e n s und K u l t u s sind gleichfalls nur in der Frühzeit der Gola verständlich. Am schlimmsten traf die Deportierten die Unmöglichkeit, Jahwe wie bisher im Jerusalemer Tempel zu verehren. Es war kein Wunder, daß sie auf den Gedanken kamen, Abhilfe zu schaffen, trotz der Bestimmungen des Deuteronomiums den gewohnten Kultus fortzusetzen und Opfer nach alter Art darzubringen. Es scheint, daß einige der Ältesten den Plan gehabt haben, auf babylonischem Boden ein Gottesbild „aus Holz und Stein" aufzustellen (Ez 20,1—32) " ) . 33
) Relative Selbständigkeit der Völkerschaften ist erst für die persische Zeit bezeugt, vgl. Kohler-Peiser, Aus dem babylonischen Rechtsleben, Heft 4, S.6f. 3t ) Vgl. Ziegler, Ezechiel, S. 62. Es ist nicht die Rede von der Errichtung eines Tempels in Babylonien, wie im Anschluß an ältere jüdische Auslegung zuerst wieder Friedman, „jvxn", Erklärung zu Ez 20; Rothstein, Das Buch Ezechiel (Hesekiel), S. 919; Menes, Tempel und Synagoge, S. 273. Im An-
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Ezechiel als P r o p h e t der frühexilischen Zeit
Sie erscheinen bei Ezechiel, um Jahwe durch ihn zu befragen 3 5 ). Der Inhalt ihrer Anfrage läßt sich, da über ihn nichts berichtet wird, nur aus der Antwort schließen; es muß sich um die Einführung des Kultus gehandelt haben. Darin konnte sie die von Ezechiel verkündete Absicht Jahwes, mit dem bevorstehenden Gericht den Tempel in Jerusalem zu verlassen (9,3. 10,2. 7*. 18.19. 11,22—23) ebenso bestärken wie Jeremias Rat, sich in Babylonien häuslich einzurichten und für das Land zu Jahwe zu beten (Jer 29*). Sie beabsichtigten demnach, ihren früheren Kultus in Babylonien wieder aufzunehmen und hierfür in Anlehnung an ihre Umgebung ein Gottesbild zu schaffen. Selbst Messel muß zugeben, daß Ez 20 vom Verfasser mit Rücksicht auf die fingierte Abfassungszeit geformt sei 3 C ), ohne diese angebliche Einmaligkeit hinreichend erklären zu können. Es konnte nicht ausbleiben, daß manche Deportierte auch daran dachten, die babylonischen Götter neben Jahwe zu verehren und ihre Bilder in ihren Häusern aufzustellen (Ez 14,1—11) 3 7 ). Zu Ezechiel kommen einige der Ältesten, anscheinend um ein Jahwewort zu erfragen. Sie wollen also mit Jahwe nicht brechen, aber auch nicht davon absehen, den fremden Kultus zu übernehmen oder an ihm teilzunehmen. Wie tief babylonische Zauberpraktiken eindrangen, ergibt sich aus Ez 13,18aß—21 3 8 ), einem Scheit- und Drohwort gegen Zauberinnen. Sie hat es gewiß auch zu anderen Zeiten gegeben, aber die hier gemeinten bedienen sich babylonischer Künste, indem sie ihren Opfern Handbinden anlegen und Schleier über die Köpfe ziehen. Schluß an die talmudische Tradition bezieht Menes, a. a. O., S. 272, e h p a ¡äff/3 (11,16) auf die babylonischen Synagogen, die als Heiligtum im kleinen die Stelle des jerusalemischen T e m p e l s vertreten. W i e der Bericht über den Altar am Jordan in P ( J o s 22,9ff.) nehme diese Stelle die Einrichtungen der babylonischen Juden in Schutz. J e d o c h sind diese W o r t e unechter Zusatz, m ö g e n aber vom R e d a k t o r in dem vermuteten Sinn hinzugefügt worden sein. 3->) Änderungen außer den S. 84, Anm. 77 genannten Z u s ä t z e n : in 20,3 1
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
3. M e i n t E z e c h i e l nun wirklich die nach Babylonien Deportierten? Messel hat demgegenüber eine ganz andere Ansicht geäußert. a) Es handelt sich nach ihm um die nach Palästina zurückgekehrte Oola, die noch lange Zeit diesen Namen behielt, da sie eine eigene Gemeinschaft bildete 39 ). Sie wird allerdings im Buch Esra mehrfach so genannt (Esr 1,11. 2,1. 4,1. 6,16. IQ—21. 8,35. 9,4. 10,6—8.16. Neh 7,6) 40 ). Jedoch ist es in erster Linie der Ausdruck des Chronisten selbst; ob er darüber hinaus allgemein verwandt worden ist, bleibt fraglich. Die Scheidung der zurückgekehrten Gola und ihrer Anhänger hat bereits 520 mit der Mahnung des Propheten Haggai begonnen, sich als die Reinen von der als unrein bezeichneten Oberschicht (p«n-ay)der Provinz Samaria abzuschließen (2,10—14) 41 ). Schroffer weist Sacharja den Versuch dieser Oberschicht zurück, mit der zurückgekehrten Gola in Verbindung zu treten und in ihre kultische Gemeinschaft aufgenommen zu werden. Jahwe hat ihr Fasten nicht gefordert; es bringt diejenigen, die es auf sich nehmen, auch nicht zu ihm (7,4ff.) 42 ). Jede Gemeinschaft wird von vornherein abgelehnt. Da auch die Zusammenarbeit beim Wiederaufbau des Tempels verweigert wurde, nahm die neue samarische Oberschicht eine feindselige Haltung gegenüber den Zurückgekehrten ein (Esr 4,1—5), die diese mit noch strengerer Abschließung beantworteten. Sie ist schließlich durch die Maßnahmen Esras und Nehemias vollendet worden. Um 400, zur angeblichen Zeit der Entstehung des Buches Ezechiel, hatte sich längst die jüdische Gemeinde gebildet, so daß weder von einer Gola noch von zwei Parteien in Jerusalem die Rede sein kann 39
) Messel, a. a. O., S. 14. ) In Esr 8,35. 9,4 wahrscheinlich Zusatz. 41 ) Rothstein, Juden und Samaritaner, S. 5—41; Sellin, Das Zwölfprophetenbuch, S. 449, 463; Würthwein, Der 'amm ha'arez im Alten Testament, S. 62f. « ) Vgl. Würthwein, a.a.O., S.60f. 43 ) Der Gegensatz zwischen frommer Gemeinde und Synkretisten zeigt sich nach Haggai und Sacharja (3,9. 5,8ff. — 5,3f. 8,12) noch bei Tritojesaja (Jes 57,4ff. 65,3ff. 11 ff. 66,3.17. — 57,1. 59,3ff. — 65,7. 61,8. 66,5. 57,4.13. 58,4. — 65,8f. 66,1—4. 57,14f.), dagegen nicht mehr bei Maleachi. Er wendet sich vielmehr gegen unehrerbietige Ausübung des Kultus und Entrichten des Zehnten, gegen Ehescheidungen und Zweifel an der göttlichen Vergeltung. Dasselbe gilt erst recht von der Zeit Esras und Nehemias. Vgl. Sellin, Tritojesaja, Deuterojesaja und das Gottesknechtsproblem, S. 78—82. Um 230 hatte die längst fest begründete jüdische Gemeinde keine Ursache mehr, in Auseinandersetzung mit den Samaritanern eine große Geschichtsfälschung in die Wege zu leiten, wie sie Torrey als Erklärung für das Entstehen seines 40
Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
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Ferner ließe sich die Bezeichnung Gola nicht auf die in Jerusalem wohnenden Angehörigen der ehemaligen Deportierten beschränken, sondern müßte auch die im übrigen Lande ansässigen umfassen (Esr 10,7). Schließlich könnte die von Messel in Jerusalem vorausgesetzte Gemeinde der Jahwetreuen nicht allein durch die Gola gebildet worden sein; nach Esr 6,21 hätten auch alle diejenigen dazugehört, die sich von dem unreinen heidnischen Wesen des Landes abgesondert hatten. Die für Messels Ansicht grundlegende Voraussetzung ist damit hinfällig. Gerade Ez 11, das von Messel als Beweis für die Richtigkeit seiner Annahme angeführt wird 4 J ), spricht gegen sie. Es ist völlig ausgeschlossen, daß das ganze Kapitel eine Einheit bildet. 11,1—13 gliedert sich in Strophen zu je 5, 11,14—21 in solche zu je 7 Kurzversen. In 11,14 beginnt, durch die einleitenden Worte gekennzeichnet, deutlich eine neue Einheit. Vor allem aber läßt sich aus 11,1—13 nicht der Streit zweier Parteien um Jerusalem erschließen; warum würde sonst von einer Deportation der Unterliegenden durch Fremde, anstatt vom Sieg der Jahweverehrer gesprochen? 4 5 ) Auch 11,14—21 setzt keinen Streit voraus, sondern eine bestimmte Stellungnahme der Einwohner Jerusalems (und nicht nur einer Partei) gegenüber den Deportierten. Die Rückkehr der Gola aber ist ein für die Zukunft erwartetes und kein vergangenes Geschehen. b) Hat sich bereits gezeigt, daß die ezechielische Gola nicht die nach Palästina zurückgekehrte sein kann, so ist auch die zweite Voraussetzung Messels unhaltbar, daß die Heilsverkündigung in 11 von der Unheilsweissagung an die Götzendiener nicht zu trennen sei 4 0 ). Die enge Verbindung beider soll beweisen, daß die Jahwetreuen, die Messel mit der zurückgekehrten Gola gleichsetzt, mitten unter den Götzendienern wohnen. Der Prophet muß sie daher darüber beruhigen, Ezechielbuches vermutet. Vgl. zu dieser Frage Spiegel, Ezekiel or PseudoEzekiel, S.270ff. " ) Messel, a.a.O., S. 14ff. 45 ) Die phantastische Annahme einer Revolution in Jerusalem nach dem Ende von Nehemias Statthalterschaft, durch die dessen Feinde und die Freunde heidnischer Kulte ans Ruder gekommen wären (Messel, a. a. O., S. 23f.), ist bereits durch Stamm, Rezension: Nils Messel, Ezechielfragen, S. 305, widerlegt worden. Sie erscheint angesichts der Lage in Jerusalem unmöglich. Denn die Ansätze zu einer Opposition gegen Nehemia gingen von hohepriesterlicher Seite aus, um ein gutes Verhältnis zu den Sainaritanern zu erreichen ; eine Generation später wandten sich die Ältesten gegen diese Politik, vgl. Zucker, a.a.O., S.23 f:). " ) Messel, a.a.O., S. 16f.
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daß sie bei dem zu erwartenden Untergang vom allgemeinen Unglück ausgenommen werden sollen. Aber aus den angeführten Stellen läßt sich nicht entnehmen, daß es sich bei denen, die dem Untergang entgehen sollen, um eine Gruppe von Menschen handelt, die von solcher Bedeutung wäre, daß sie den Götzendienern als Partei gegenübertreten könnte. Stets ist nur von einigen wenigen Menschen die Rede 4 7 ). In 5,3 handelt es sich um einige der zu vernichtenden Haare, die Ezechiel in den Zipfel seines Gewandes binden und so bewahren soll. In unlogischer Weise wird dies nicht für alle, sondern nur für das Drittel der in den Wind verstreuten Haare gefordert. Außerdem kann Ezechiel von den bereits verstreuten Haaren nicht wieder einige in den Gewandzipfel binden. Und wo bleibt Messels Partei, wenn von diesen nochmals einige ins Feuer geworfen werden? 5,3—4a ist eben ein späterer Zusatz, der den Gedanken eines neuen Läuterungsgerichtes ausführt. In 9,4 sollen nur diejenigen Jerusalemer mit einem Kreuz bezeichnet und von den Würgeengeln verschont werden, die über die in der Stadt verübten Greuel seufzen und jammern. Genügen diese Worte, um eine angebliche Partei der Jahwetreuen und ihre Tätigkeit zu kennzeichnen? Und ist das, was anschließend beschrieben wird, nicht eher die großartige Vision des von den vorexilischen Propheten so oft angedrohten Gerichtes Jahwes, anstatt eine Beschreibung des Ausgangs der von Messel vermuteten Streitigkeiten? In 12,16, das ein späterer Zusatz ist, wird lediglich von einer kleinen Zahl gesprochen, die dem Unheil entrinnen soll — jedoch nur, damit sie bei den Völkern, zu denen sie kommt, ihre Greuel berichten soll. Hier ist weder vom Heil noch von Jahwetreuen die Rede. Nach 17,22—24, einem Zusatz zu 17,1—21, wird Jahwe einen Sprößling der Zeder auf die Berge Israels pflanzen und zum großen Baum heranwachsen lassen. Selbst wenn man die Deutung der Zeder auf Israel annehmen wollte, bleibt Messels Beziehung des Schößlings auf die jahwetreue Gola in Jerusalem falsch. Denn weder kann man diese mit dem Schößling vom Wipfel der Zeder vergleichen und damit als geringfügigen Ableger der einstigen Deportierten bezeichnen, noch wird der Widerstand, den die Jahwetreuen in Jerusalem gefunden hätten, einbezogen, vielmehr Pflanzung und Emporwachsen zur herr" ) Umgekehrt glaubt Messel, a . a . O . , S. 118f., gegenüber diesen vielen Stellen allein aus 33,23—29 auf eine geringe Zahl der Götzendiener schließen zu dürfen!
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liehen Zeder als ein fortlaufender, durch nichts unterbrochener Vorgang beschrieben. In 20,37 f. muß Messel zugeben, daß Ezechiel es hier so darstelle, als ob die kleine Schar Erretteter von außen ins Land komme. Aber da auch die Sünder draußen stehen, sehe Ezechiel das kommende Gericht im Bilde des Einzugs aus der Wüste ins gelobte Land. Diese Auffassung scheitert jedoch daran, daß Ezechiel eine ganz andere Lage, die der Zerstreuung unter die Völker (20,34.41), voraussetzt 4 8 ). Schließlich enthält 34 die Abrechnung mit den Regierenden und Vornehmen des Volkes, die sich der ihnen anvertrauten Bevölkerung (der Schafe) nicht angenommen und den Armen (den mageren und schwachen Schafen) nicht das Geringste gegönnt haben. Die Ansicht Messels ist auch hier angesichts des Textes völlig unhaltbar. Mit dem Nachweis, daß nach 598 und 587 eine jüdische Gola in Babylonien bestanden hat, war die Hauptstütze der These Torreys gefallen. Gegenüber Messel ist festzuhalten, daß Ezechiel tatsächlich diese in Babylonien lebende Gola meint, wenn er eine solche erwähnt .(1,1. 3,11.15. 11,15.49)24—25. 12,11. 25,3). Auch die beiden Voraussetzungen der These Messels haben sich als nicht zutreffend erwiesen. Diese Auffassung wird durch die in 4,4—8 50 ) berichtete symbolische Handlung bestätigt. Danach soll Ezechiel 190 T a g e 5 1 ) auf der linken und 40 Tage auf der rechten Seite liegen, um so die Dauer der Gerichtszeit 62) der beiden Volksteile zu symbolisieren 6 S ). Die dadurch angekündigten 190 und 40 Jahre des Exils enden für Ezechiel zu 46
) Auch wird die Lage vor dem josuanischen Einzug in Palästina nicht mehr als ein Leben im Lande der Fremdlingschaft (20,38) bezeichnet. « ) Mit G 1 W f y . 50 ) Änderungen außer dem Zusatz 4,7: in 4,4 1 "Opk''!, T^?, 1BD&?, 4,5 1 nxö 4;6 i Ttt'fl, str ntib nr, i -Tin;. 51 ) Die Lesart von O ist gegenüber den 390 Tagen von M vorzuziehen, vgl. schon Smend, Der Prophet Ezechiel, S. 49. s2 ) Vgl. Schmidt, Die großen Propheten, S. 435; Hölscher, Hesekiel, S. 63f.; Rothstein, a. a. O., S. 879; Bertholet, a. a. O., S. 18f.; Cooke, a. a. O., S. 51 ff. Die Deutung auf die Belagerung (Herrmann, Ezechiel, S. 34ff.; Herntrich, Ezechielprobleme, S. 82f.; Auvray, Ezechiel, S. 26) ist unwahrscheinlich. 63 ) Buzy, Les Symboles de l'Ancien Testament, S. 30, 170, weist mit Recht darauf hin, daß Ezechiel in keiner Weise an stellvertretendes Leiden denkt. Die Ansicht von Brunner, a. a. O. I, S. 65, daß Ezechiel Jahwe symbolisiere und soviel Tage, wie jener an Israels Schuld getragen hat und noch tragen wird, an Leiden auf sich nehmen solle, verkennt die Stellung Jahwes in der Gerichtsdrohung der Propheten.
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gleicher Zeit (37,15—28). Ferner müssen die für Juda bestimmten 40 Jahre, die eine Generation bezeichnen, von dem Zeitpunkt an gerechnet werden, an dem die Strafzeit beginnen sollte, also mit der Eroberung Jerusalems und dem Beginn des Exils. Ging Ezechiel dabei von 598 aus, so hätte das Exil um 558, von 587 aus um 547 beendet sein müssen. Auch die günstigste Spanne zwischen diesen Zahlen und dem tatsächlichen Ende des Exils im Jahre 538 ist mit 9 Jahren zu groß, als daß sie unberücksichtigt hätte bleiben können, wäre jenes Ende dem Verfasser schon bekannt gewesen. Der Bericht muß also vor dem Ende des Exils entstanden sein. — Als Beginn der Strafzeit Israels, die 150 Jahre vor dem von Juda angesetzt werden muß, ergibt sich von 598 aus 748, von 587 aus 737. Bei beiden Zahlen aber ist selbst bei großzügiger Rechnung der Unterschied zu dem tatsächlichen Untergang des Nordreichs im Jahre 722 zu groß. Daß 733 gemeint sein könnte, ist völlig unwahrscheinlich. Beim Vollzug der symbolischen Handlung lag demnach auch der Zeitpunkt der Eroberung Jerusalems und des Beginns der exilischen Strafe noch nicht fest 5 4 ). Ezechiel muß also vor 538 gelebt und die symbolische Handlung vor 587 ausgeführt haben. II. Die zeitgenössischen Ereignisse Hat Ezechiel nun in der Frühzeit der babylonischen Gola gelebt, so werden sich auch die Ereignisse jener spannungs- und entscheidungsreichen Jahre in seinen Worten widerspiegeln. Wie seine Vorgänger wird er zu konkreten Fragen Stellung genommen und sich mit dem G e s c h e h e n s e i n e r Z e i t auseinandergesetzt haben. Anlaß dazu bot sich ihm genug. Die Politik Zedekias glitt mehr und mehr in nationalistisches Fahrwasser. Die Heilspropheten gaben in Jerusalem den Ton an, und die große Menge vertraute blind auf die Unantastbarkeit der Stadt, in der Jahwes Heiligtum stand. Als Nebukadnezar 594 im Osten Schwierigkeiten hatte, glaubte man den baldigen Zusammenbruch des babylonischen Reiches gekommen; die Gesandten der benachbarten Kleinstaaten berieten in Jerusalem über ein Bündnis (vgl. Jer 27—28). Als Nebukadnezar daraufhin von Zedekia Aufklärung forderte, beeilte sich dieser, ihn durch eine Gesandschaft seiner unverbrüchlichen Treue zu versichern. Jedoch die Ruhe hielt nur kurze Zeit an. 590 erklärte Zedekia im Vertrauen auf die von Pharao Hophra zugesagte Hilfe seinen 51
) Die Zusammenfassung von 390 + 40 = 430 als Parallele zum Aufenthalt Israels in Ägypten, vgl. Ziegler, a. a. O., S. 20, ist unwahrscheinlich. Ex 12,40 f., dem diese Zahl entstammt, gehört erst zu P. Auch würden die 40 Jahre Judas, die schon in die 390 eingeschlossen werden, beim Zusammenzählen doppelt berücksichtigt.
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Abfall von Nebukadnezar. Noch im gleichen Jahre trafen die sofort in Marsch gesetzten babylonischen Truppen in Syrien ein und begannen 589 die Belagerung Jerusalems. Nur kurze Zeit wurde sie unterbrochen, als ein ägyptisches Hilfsheer in Palästina einrückte und die Babylonier diesem entgegenzogen (Jer 34,1—7. 21,1—7), um es zurückzuwerfen. Dann nahte das unvermeidliche Ende. Von seiner eigenen D e p o r t a t i o n (598) spricht Ezechiel wenig (11,15. Datierung nach der Deportation 1,1. 33,21. 40,1) und erwähnt nur einmal, gleichsam unbeteiligt, die Deportation Jojachins (17,1 bis 21). Das ist in seiner Beurteilung der Ereignisse begründet. Das Geschehen des Jahres 598 konnte für ihn keine entscheidende Bedeutung besitzen, so sehr er selbst dadurch betroffen worden war. Nicht nur waren verhältnismäßig wenige Jerusalemer deportiert worden, vor allem bestanden Stadt und Tempel weiter, und der größte Teil des Volkes konnte noch sein bisheriges Leben führen. Das war nicht das Gericht, das Jahwe angedroht hatte, höchstens eine Mahnung! Die Strafe mußte erst noch kommen! Daher kündigt Ezechiel immer wieder das bevorstehende Gericht an (4,1—3. 4,4—8. 4,9—17. 5,1—17. 6,1 bis 7. 6,11—14. 8,1—9,11+11,24—25. 9,3a+10,2.7M8—19+11,22—23. 11,1—13. 12,1—11. 12,17—20. 12,21—25. 12,26—28. 14,12—23. 15,1—8. 16,1—43. 17,1—21. 18,21—32. 19,1—9. 19,10—14. 21,1—10. 21,11—12. 21,13—22. 21,23—29. 21,30—32. 22,17—22. 23,1—27. 23,28—35. 24,1 bis 14. 24,15—24. 24,25—27) 55). Noch eindeutiger aber wird die Festlegung der Lebenszeit Ezechiels durch verschiedenartige Bezugnahmen auf sie bestätigt. 1. Ezechiel nimmt u n m i t t e l b a r auf z e i t g e n ö s s i s c h e Ereignisse Bezug. Schon die Erwähnung des Untergangs Assurs kann hierzu zählen. Nach 32,17—32 56 ) soll der Prophet über das Gepränge Ägyptens den 55
) Aus der Zeit vor der Katastrophe stammen ferner: 1,1—3,15. 3,16b—21. 3,22—27. 11,14—21. 13,1.2.5.7.8. 13,10—14. 13,17. 18aa. 22—23. 13,18bß bis 21. 14,1—11. 18,1—20. 20,1—32. 22,1—5.14. 33,1—6. 33,10—11. 33,12—20. Einige der Worte gegen Ägypten stammen aus der Zeit der Belagerung, alle anderen aus der nach dem Fall Jerusalems, darunter 12,12—15. 13,3.6.9. 20,33—44. 56 ) Änderungen außer den S.90 Anm. 125 genannten Zusätzen: in 32,17 einfüge fW«"!?, 32,18 1 " n H str "Mi, DTIX i 32,19 hinter 32,21a, str n^-iyn«, 32,21 1 n a T l , ß"^, str B'nsj, 1 T S ^ a , n:g, str trbnjtfi—v-itjrnK, 1 Tin?, 32,23 str ¡rrrap d^bj, 1 on-Jin 32,24 str o-bajn d^-ij?, na—ixfcn, 32,26 1 '»rn, nnnafj nta'SD, s t r o^-ip, 1 ^ n i f K, 32,27 str K1?!, 1 i33tf»3, a^ina, str Dfimxr"- , nm, 1 DJvnn s t r d t d j , 32,28 hinter »n*i einfüge ö-v? p « ? rvnrrnK nn:, s tr am Schluß einfüge ^ okj.
Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
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Klagegesang erheben, als ob es schon in die Unterwelt gesunken sei. Dort warten die anderen auf es, darunter auch Assur, das in der äußersten Grube liegt (32,22f.). Der Fall des verhaßten Assyrerreiches, vor dem Vorderasien gezittert hatte, ist für Ezechiel noch in lebendiger Erinnerung. An den in 12,1—11 S 7 ) überlieferten Bericht über eine symbolische Handlung Ezechiels ist ein Nachtrag angefügt, der sie auf das Schicksal Zedekias deutet (12,12—15). Die Erweiterung ist sehr wahrscheinlich durch den Propheten selbst vorgenommen worden. D a sie eine genaue Kenntnis der V o r g ä n g e voraussetzt (II Kön 25,4—7), kann sie erst im Anschluß an diese als vaticinium e x eventu verfaßt worden s e i n 5 8 ) . Ezechiel hat also nach dem Untergang des assyrischen R e i c h e s 5 9 ) und während der letzten Regierungsjahre Zedekias gelebt, da 12,1—11 vor und 12,12—15 nach 587 entstanden sind. In 17,1—10 stellt Ezechiel in allegorischer Form ein Stück Geschichte seiner unmittelbaren Gegenwart dar, dem in 17,11—21 die Deutung f o l g t 6 0 ) . Ein gewaltiger Adler hat den Wipfel der Libanonzeder mit der Spitze ihrer Sprossen abgerissen, um ihn in ein Krämerland und eine Händlerstadt zu versetzen. Dafür hat er im ersten Land den Schößling eines Weinstocks gesetzt, jedoch so, daß er von ihm abhängig bleibt. Dieser aber hat sich einem anderen Adler zugewandt, weil er dadurch besser zu wachsen hofft. Diese Bilder sind schon ohne Deutung durchsichtig. Der erste Adler, das Symbol der M a c h t und Schnelligkeit, ist Nebukadnezar (vgl. J e r 49,22), der die Spitzen des judäischen Staates mit Jojachin nach Babylonien deportiert (II Kön 24,11—16. Vgl. auch Ez 23,17—19) und an seiner Stelle einen einheimischen Fürsten, Zedekia, eingesetzt hat. Dieser aber wollte nicht immer von Babylonien abhängig sein und wandte sich dem zweiten Adler, dem König von Ägypten, zu; in der Deutung erfahren wir von einer sonst unbekannten Gesandschaft an ihn (17,15. II Kön 24,20b). " ) Änderungen außer den S. 81 Anm. 58 genannten Zusätzen: in 12,2 1 D'stxi, str c n — 1 2 , 3
str nbai, orrrp 1 ?, 12,6 str orrrj?1?, 1 ntabsoi, «xn,
12,7 str T 2 , 1 T * « ; , 12,9 str 12,11 str "««, ' M b . 6 8 ) Vgl. Kraetzschmar, Herrmann, Cooke. 6 9 ) Zur Kenntnis der Deportation des Joahas vgl. 19,1—9 (vgl. S. 197f.). 6 0 ) Änderungen außer den S.82 Anm.68 genannten Zusätzen: in 17,6 1 - m man,, 17,7 1 t « , str ^ns, 1 vb*, ¡ r r v ' m , n n y a , 17,9 einfüge p 1 ?, 1 rfstrirj, str 3 1 — t f ^ r i , l nlKtfn1? oder rrttfftS 1
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Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
Dieser Treubruch aber wird nicht ungestraft bleiben 6 1 ). Die Deutung auf Jojachin und Zedekia ist gerade wegen der verschiedenen Bilder, Zeder und Weinstock, die nächstliegende. Eben deswegen trifft auch die Vermutung nicht zu, daß der Zedernwipfel die babylonische Qola sei, von der die palästinensische Oola abstamme, während der Weinstock die 587 im Lande zurückgebliebene Gemeinschaft darstelle 6 2 ). Sie hätte nur unter dem Bild der des Wipfels und der Sprossen beraubten Zeder erscheinen dürfen. Ezechiel setzt also die Deportation Jojachins und den Treubruch Zedekias voraus, kennt aber die Folgen des letzteren noch nicht. In 21,23—29 setzt Ezechiel den Aufbruch Nebukadnezars nach Palästina voraus 6 S ), nur ist noch ungewiß, ob er zuerst über Ammon im transjordanischen Gebiet oder sofort über Jerusalem herfallen wird. In einer symbolischen Handlung verkündet Ezechiel das zukünftige Geschehen. Er zeichnet zwei von Babylonien ausgehende Wege, deren Endpunkte Jerusalem und Ammon durch zwei Wegweiser angegeben werden. Von diesen beiden Möglichkeiten wählt der babylonische König auf Grund der Orakelbefragung den W e g nach Jerusalem, über das nun das Gericht hereinbrechen wird. In diese Lage paßt 2 9 , 6 b — 9 a e i ) , in dem Ägypten seine Unzuverlässigkeit zum Vorwurf gemacht wird. Wenn dieses Wort auch in anderen Zeiten möglich w a r 6 6 ) , so weist es doch angesichts der sonstigen Lage des Buches Ezechiel auf den Beginn der Belagerung Jerusalems hin, als man dort auf das Nahen des ägyptischen Entsatzheeres vertraute. Deutlicher ist 30,20—21 6G ). Der Prophet geht davon aus, daß der Arm des ägyptischen Königs zerbrochen ist. Er soll nicht verbunden werden, damit er nicht noch einmal das Schwert ergreift. Dieses Wort läßt sich nur aus der durch Anmarsch und Niederlage des ägyptischen Hilfsheeres (Jer 37,5ff.) entstandenen Lage verstehen. 6 1 ) Die Deutung entspricht der Allegorie, von kleineren Einzelheiten abgesehen, die vielleicht durch verschiedene zeitliche Entstehung bedingt sind. Vor allem enthält die Deutung keine Mahnung, wie Messel, a. a. O., S. 74, vermutet, sondern ist in demselben Sinne Drohung wie die Allegorie. « 2 ) Messel, a. a. O., S. 75. 6S
) Änderungen: in 21,24 1 r m ,
21,25 1 ans,
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t r « 1 3 , 1 «Ml? ^ und verbinde mit 21,25,
D'rtfrpi, r o i r o , 21,26 1
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21,29 1 opnbin, str n s - o i n ]s\ i e ? a ) Änderungen: in 29,6 1 29,7 str I B M ) Messel, a. a. O., S. 107. 6 e ) Änderungen: in 30,21 str ntfnnb—Dlfc6.
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i H?,
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Fohrer,
Hauptprobleme des Buches Ezechiel
13
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
26,7—14 67) richtet sich gegen Tyrus und kündet dessen Eroberung durch Nebukadnezar an, während 29,17—21 den Babyloniern als Ersatz für die vergeblich erwartete Kriegsbeute die Reichtümer Ägyptens verspricht. Die Belagerung hat tatsächlich stattgefunden (586 bis 574) 68), zweifellos hat Nebukadnezar die Stadt auch in seine Gewalt bekommen. Dafür sprechen die genaue Angabe der Dauer der Belagerung und die Nichterwähnung eines unrühmlichen Abzugs, an den sich sicher eine Erinnerung bewahrt hätte. Aber Reichtümer fielen den Babyloniern nicht in die Hände (vgl. S. 120). Die Vermutung Torreys, daß die ezechielischen Worte die Eroberung von Tyrus durch Alexander den Großen berichteten 69 ), ist unhaltbar. Denn dieser hat zwar die Stadt durch einen Damm mit dem Festland verbunden, ¡sie aber nicht von dort, sondern nur von See aus durch die Flotte erobert 7 0 ). Die Beschreibung in 26,7—14 trifft also auch dafür nicht zu; sie ist wahrscheinlich nach dem gewöhnlichen Schema der Belagerung ohne Rücksicht auf die Insellage von Tyrus verfaßt worden 71). Außerdem bezieht Ezechiel sich noch auf andere zeitgenössische Vorgänge; eben deshalb ist die Echtheit dieser Anspielungen umstritten. Jedoch gehören die fraglichen Worte notwendig in den Zusammenhang der Wirksamkeit Ezechiels. Er spricht von der Belagerung (Ez 24,1 f., vgl. II Kön 25,1) und dem Fall Jerusalems (Ez 33,21, vgl. II Kön 25,8—10), von der Feindschaft der Edomiter und ihrem späteren Eindringen in Südjuda (Ez 25,12—14. 35,1—15, vgl. Ob 12—14. 67
) Änderungen außer den S. 88 Anm. 107 genannten Zusatz: in 26,7 1 T*??, BP, 26,10 1 13D VtthB, «13?, 26,11 1 26,12 1 Str T m a m lo-im, i pir, a;n, 26,14 l vnn, '?an, s tr m n \ ) Zu der von Hölscher, a.a.O., S.20ff., vorgeschlagenen Datierung 598—586 vgl. Pfeiffer, Introduction to the Old Testament, S. 533. «9) Torrey, a.a.O., S.94. 70 ) Vgl. Herrmann, a.a.O., S. 176f. Er hat Tyrus auch nicht völlig zerstört. Trotz des Dammes blieb es nach wie vor fast uneinnehmbar; 316/15 hat Antigonus es 14 Monate lang vergeblich belagert. Auch das hätte einem um 230 Lebenden bekannt sein müssen! 71 ) Vgl. Jahn, Das Buch Ezechiel, S. 186. Die Ansicht von Wiener, The Prophets of Israel in History and Criticism, S. 71 f., daß Ezechiel Tyrus nur als Seehafen, nicht als Inselstadt bezeichne, ist schwerlich zutreffend, da auch ihm jenes Kennzeichen der Stadt sicher bekannt gewesen ist. — Auch 26,15—18 spricht gegen die Deutung von 26,7—14 auf Alexander. Zu dessen Zeit war nicht Tyrus, sondern Griechenland Beherrscherin der Meere, so daß der Schrecken der anderen Länder auf falschen Voraussetzungen beruhte. 68
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Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
Ps 137,7. Thren 4,21 f.), von den im Jahre 598 Deportierten als dem Kern des späteren Volkes (Ez 11,14—21 7 8 ), vgl. Jer 24). Vielleicht ist daraufhin anzunehmen, daß noch weitere Worte Ezechiels sich auf zeitgenössische Geschehnisse beziehen, ohne daß diese gleichzeitig von anderer Seite bestätigt und die ezechielischen Aussagen beglaubigt werden. Hierzu gehören vor allem die Vorwürfe gegen die Nachbarvölker w e g e n ihrer nach 587 sich austobenden Feindschaft und Rachsucht gegen Jerusalem (25,1—26,6). Ebenso kann sich 11,1—13 auf Vorgänge in Jerusalem beziehen. Die nach der Deportation von 598 an die Macht gelangte Schicht hat sich allen anderen gegenüber als allein berechtigt betrachtet und sich ihrer Sache sicher gefühlt. Darum kann sie sich als den wertvollen Inhalt des Topfes, als das Fleisch, bezeichnen 7S ). Da sie auch vor Bluttaten nicht zurückgeschreckt zu sein scheint, droht Jahwe ihr das Gericht an und bezeichnet die Ermordeten als den wertvollsten Inhalt der Stadt. Es ist umstritten, ob in G o g (38,1—39,29) 7 4 ) eine zeitgeschichtliche Gestalt zu sehen ist. Die fast unübersehbaren Deutungsversuche 75 ) las72
) 11,15 setzt die Zerstörung von Jerusalem noch nicht voraus, muß also älter als 587 sein. 24,1—14 meint nicht dasselbe, wie Kraetzschmar, a. a. O., S. 195, vermutet, denn das in der symbolischen Handlung verwandte Fleisch hat keine allegorische Bedeutung und ist schwerlich auf die Gola Jojachins zu beziehen. 7S ) Der Sinn der vorhergehenden Worte: „Die Zeit ist nicht nahe, Häuser zu bauen", ist unklar. Die Deutungsversuche der Kommentare sind unbefriedigend. Weder der Gedanke der Sicherheit (Umwandlung zur Frage) noch der Erwartung des baldigen Krieges entsprechen dem Gedankengang. Vielleicht soll zum Ausdruck gebracht werden, daß ein Hausbau vorerst unnötig ist, da sie, „das Fleisch", das Eigentum der Deportierten an sich gerissen haben und wohl versorgt sind. u ) Änderungen außer den S.95 Anm. 161 genannten Zusätzen: in 38,2str Juan P K , 38,3 1 T 1 ??, 38,6 1 "fl?"!», n W * » " 1 (str 38,7 str 1 Y^S, 38,8 str Kinn—-nnnxn ; i b?, ( S t r 38,8aß*.ba n a s i n — n n b j ? ) , 38,9 1 JJiOl, str n w i , 38,11 1 "tfn-Sy, 38,12 1 T , , str P P \ 38,13 1 cnnbl, str — P P \ 39,1 1 Y^?,'39,3 str ^B», 39,4 einfüge str "itfK, 39,9 str 1 n-jnai jjayi, 39,17 s e t Z e nm- i m na hinter n'tsnn, str ^K-itt?"—n=T, 39,20 1 3=^1, str ¡r,n DKJ, 39,21 1 Jü?, 13. 75 ) Gog = Babylonier: Ewald, Jeremja und Hezeqiel, S. 518; Böhmer, Die prophetische Heilspredigt Ezechiels, S. 215f.; Meinhold, Einführung in das Alte Testament, S. 236; Finkelstein, The Pharisees I, S. 335—341. Gog = Skythen: Graetz, Die Echtheit des Buches des Propheten Ezechiel, S. 439; Orelli, Das Buch Ezechiel, S. 150; Toy, The Book of the Prophet Ezekiel, S. 173; McFadyen, Ezekiel, S. 517; Lofthouse, Ezekiel, z. St.
13*
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sen kein sicheres Ergebnis erkennen. Es ist wohl anzunehmen, daß die geschichtliche Deutung nicht ausreichend ist. Dann wäre Q o g der sagenhafte Schreckenbringer aus dem unbekannten Norden 76 ), der in dem gewaltigen Drama die Rolle des Werkzeugs Gottes spielt, bis über ihn selbst schließlich das entsetzliche Gericht kommt. 2. Ezechiel wendet die Form des L e i c h e n l i e d e s an (vgl. S. 62f.) 7 7 ). Der Prophet versetzt sich und seine Zuhörer in die Zukunft nach dem Ereignis, das er als bevorstehend ankündigen will. So auf das Ereignis zurückschauend, stimmt er die Leichenklage darüber an (vgl. Am 5,1 f. Mi 2,4). Sie kann echte Trauerstimmung tragen, aber auch ein Gefühl des Spottes, der Schadenfreude und Genugtuung über das künftige Geschehen ausdrücken. Im zweiten Sinne wird es von den späteren Propheten vor allem in oder anstatt Unheilsworten g e g e n fremde Völker verwandt. Diese Form findet sich auch Ez 26,15—18. 27,1—36. 28,11—19. 32,1—8. 32,17—32. Gog = Gâgi oder Qagaia: Delitzsch, Wo lag das Paradies?, S.246f.; Schräder, Die Keilinschriften und das Alte Testament, S. 427; Dürr, Die Stellung des Propheten Ezechiel in der israelitisch-jüdischen Apokalyptik, S. 98; Kraetzschmar, a. a. O., S. 255; Jirku, Altorientalischer Kommentar zum Alten Testament, S. 213. Gog = Gyges: Herodot, I 8ff.; Lagarde, Gesammelte Abhandlungen, S. 158; Delitzsch, a . a . O . , S.246f.; Seinecke, Geschichte des Volkes Israelii, S. 14ff.; Steuernagel, Lehrbuch der Einleitung in das Alte Testament, S. 592; Greßmann, Der Messias, S. 125; Myres, Gog and the danger from the north in Ezekiel; Bertholet, a . a . O . , S. 131; Ziegler, a . a . O . , S. 112. Gog = Unterführer des Kyros: Messel, a . a . O . , S. 125f. Gog = Alexander der Große: Winckler, Gog, S. 164; Torrey, a . a . O . , S. 94ff.; Dahl, Crisis in Ezekiel Research, S. 281. Gog = Antiochus Eupator: Berry, The Date of Ezekiel 38,1—39,20. Gog = Mithridates VI. : N. Schmidt, Scythians. Gog = Artaxerxes Ochus: Wiener, a . a . O . , S. 129. Gog = zurückgeführt auf Num 24,7, wo der Samaritan. Pentateuch „Gog" statt „Agag" liest: Gerleman, Hesekielbokens Gog. Gog — sumerisch gug (Dunkelheit, Finsternis) : Hoonacker, Éléments Sumériens dans le Livre d'Ëzéchiel; Landersdorfer, Sumerisches Sprachgut im Alten Testament, S. 28; Heinisch, Das Buch Ezechiel, S. 183. Gog = eine Art alttestamentlichen Antichrists : Gautier, La Mission du Prophète Ëzéchiel, S. 313f.; Tobac, Les Prophètes d'Israël II—III, S. 414; Auvray, Ëzéchiel, S. 120. Gog = Zahl des Antichrists: Brunner, a . a . O . II, S.96. 7e ) Lauha, Zaphon, S.70f. Vgl. auch Greßmann, a . a . O . , S. 133. 77 ) Vgl. ferner Budde, Das hebräische Klagelied; Haller, Ezechiel und Ezechielbuch, S. 485 f.; Eißfeldt, Der Maschal im Alten Testament, S. 62ff.; Jahnow, Das hebräische Leichenlied.
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Wichtiger sind die in 19,1—9. 19,10—14 enthaltenen prophetischen Klagelieder auf Zedekia, die vor 587 verfaßt sind. In 19,1—9 7 8 ) spricht der Prophet von einer Löwin, deren eines Junge zum Junglöwen heranwuchs, Beute machte und Menschen fraß, bis Fremde es gefangennahmen und nach Ägypten schleppten. Auch der zweite Junglöwe, vor dem sich das Land danach entsetzte, brachte Völker wider sich auf, die ihn einfingen und in einem Käfig zum König von Babel brachten. W e r ist damit gemeint? Nach einer häufig vertretenen Ansicht ist die „Mutter" mit Juda gleichzusetzen 7 9 ). Aber dagegen ist zu fragen: „1. Ist es ohne weiteres verständlich, wenn „ein Staat" als die Mutter der Könige bezeichnet wird, die ihn regieren? Müßte das nicht ausdrücklich gesagt werden? 2. Die Löwenjungen sind ohne Zweifel Personen; ist es nicht das Nächstliegende, auch die Mutter für eine Person zu h a l t e n ? " 8 0 ) . Man wird unter ihr daher wohl die Königinmutter Hamutal verstehen dürfen 8 1 ), die Mutter der Könige Joahas und Zedekia. Die Königinmutter scheint damals eine einflußreiche Machtstellung innegehabt zu) haben. Sie trägt einen besonderen Titel (I Kön 15,13. II 10,13. J e r 13,18. 29,2), ist geradezu die Hauptwürdenträgerin neben dem König (II Kön 24,12. Jer 13,18), und ihre Deportation wird ausdrücklich erwähnt (II Kön 24,15. Jer 29,2). Dann ist auch die Deutung der „ S ö h n e " auf Joahas und Jojachin 8 2 ) oder des in 19,5—9 erwähnten auf einen unbekannten Prinzen 8 3 ) abzulehnen. Im ersten Falle bleibt es unverständlich, daß Jojakim, der glanzvollste und löwenähnlichste König, nicht erwähnt worden ist 8 4 ), 78
) Änderungen: in 19,1 einfüge
v^f,
19,5 1
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1 « ^ r ^ , 19,3 1 ^ T ] , 19,41 W&pli, 19,8 1 n n r a n ,
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i r m n s , TU?, I bp. 7 9 ) Hitzig, Cornill, T o y , Klamroth, McFadyen, Rothstein, Hölscher; Torrey, a. a. O., S. 76; Herntrich, a. a. O., S. 103f.; Bertholet, a. a. O., S. 6 9 f . ; Cooke, a . a . O . , S. 204 f.; Smith, T h e Eagle(s) of Ezekiel 17, S. 50; Matthews, Ezekiel, S . 6 8 ; Pfeiffer, a . a . O . , S . 5 2 0 ; Ziegler, a . a . O . , S . 5 7 . Nach Messel, a . a . O . , S. 80 f.: Gesamt-Israel. 8 0 ) H. Schmidt, a. a. O., S. 433. 8 1 ) Orelli, Kraetzschmar, H. Schmidt; Herrmann, a . a . O . , S. 116f.; Brunner, a . a . O . I, S. 244f. 82) Ewald, Cornill, T o y , McFadyen, Hölscher; Herntrich, a . a . O . , S. 103f.; Bertholet, a. a. O., S . 6 9 f . ; Cooke, a . a . O . , S . 2 0 4 f . ; Matthews, a . a . O . , S . 6 7 ; Pfeiffer, a. a. O., S. 520; Ziegler, a. a. O., S. 57f. Torrey, a. a. O., S. 76, deutet sie auf Joahas und Jojakim. 8 3 ) H. Schmidt, a. a. O., S. 436. 8 4 ) Vgl. die von Bertholet, a. a. O., S. 71, zurückgewiesenen Verlegenheitsauskünfte von Smend, Skinner und Lewy.
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während 19,5—9 nicht recht auf den jugendlichen Jojachin passen. Von einem unbekannten Prinzen aber ist nichts bekannt. Ebensowenig können Nordreich (Ephraim) und Südreich (Juda) gemeint sein 8 5 ). Die Löwenjungen erscheinen nicht als kollektive, sondern als individuelle Wesen; vor allem gibt es deren nicht nur zwei, sondern mehrere (19,3.5). Auch wäre die Beurteilung der Geschichte des Volkes, die dann vorläge, in ihrer Zurücksetzung der glänzenden Anfänge des Reiches und der gänzlichen Nichtachtung der Geschichte des Südreiches bis 722 für einen nachexilischen Redaktor nicht vollziehbar 86 ). Gemeint sind in der Klage Ezechiels vielmehr Joahas, der bereits dahingegangen ist, und Zedekia, der ebenso dahingehen wird 8 7 ). Nur diese beiden können als Söhne Hamutals gemeint sein. Der zweite müßte auf jeden Fall Zedekia sein, da kein Prophet sich mit der bloßen Darstellung oder Klage über Vergangenes begnügt hat, die sonst in 19,1—9 anzunehmen wäre. Es fehlte der Hinweis auf Gegenwart und Zukunft, der erst durch die Annahme der Leichenklage über den noch regierenden, aber in naher Zukunft gestürzten König Zedekia gegeben ist. Im Anschluß daran ist 19,10—148e) ebenfalls als prophetisches Klagelied über Zedekia aus der Zeit vor 587 zu deuten 89). Unter Hinzunahme von 19,13—14 sucht Messel das Wort auf die Katastrophe von 587 und den neuen, wenn auch kümmerlichen Anfang durch die Gola zu beziehen 90 ). Leider erklärt er nicht, warum der Dichter angesichts dieses erfreulichen Geschehens das Metrum des Leichenklageliedes wählt! Aus metrischen Gründen dürfen auch die letzten Worte von 19,12 („Feuer verzehrte ihn") nicht gestrichen werden; damit ist das in 19,13 f. erwähnte Neupflanzen als sachlich unzutreffend und die beiden Verse als Zusatz erwiesen. 85
) So Messel, a. a. O., S. 80f. ) Wenn Messels Ansicht richtig wäre, dürfte gerade von Juda nicht gesagt werden, daß es deportiert wurde, damit man seine Stimme nicht mehr auf den Bergen Israels (19,9), statt Judas, höre! 87 ) Hitzig, Orelli, Kraetzschmar; Herrmann, a.a.O., S. 116f. 88 ) Änderungen außer den S. 83 Anm. 75 genannten Zusätzen: in 19,10 1 enaa, 19,11 1 nten n b - v n , isatf, s t r i n a n k - t i , 19,12 s tr nnnn tf'mrt—-rrm, 86
11 rrns T- J T
8S
-
) Mit H. Schmidt, a.a.O., S.436f.; Ziegler, a.a.O., S.58f. Klage über Zedekia nach 587: Kraetzschmar, a.a.O., S. 166; Steuernagel, a.a.O., S. 584; Herrmann, a. a. O., S. 117 f. Als Klage über Jojachin deuten es fälschlich Bertholet, a.a.O., S. 70 f.; Cooke, a.a.O., S. 205. 90 ) Messel, a.a.O., S.81 f.
Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
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Nach 19,1—9. 19,10—14 muß der Prophet also nach der Deportation des Joahas und während der Regierung Zedekias gelebt haben. Er hat die beiden Worte gesprochen, als ihm das Schicksal des Königs nicht mehr zweifelhaft schien, aber noch unbekannt war. 3. Ezechiel unterscheidet in seinen Worten zwischen dem B e r i c h t über geschichtliche Vorgänge und der A n k ü n d i g u n g künftiger Ereignisse. Auf diesen Unterschied hat Herntrich nachdrücklich hingewiesen. In 19,1—9 wird die politische Lage geschildert, anschließend schaut der Prophet von seinem augenblicklichen Standpunkt aus in die Zukunft. Der Zeitpunkt des geschichtlichen Berichts in 17,11—15a läßt sich fast aufs Jahr bestimmen, da Zedekias Abfall von Babylonien und Bündnis mit Ägypten genannt werden; in 17,15b folgt wieder der Blick des Propheten in die Zukunft. Das in 18,2 zitierte Spottwort wird nicht als künftig gesprochen geweissagt; vielmehr setzt der Prophet voraus, daß man es gesagt hat. Bei der Ausführung der in 21,23—29 berichteten symbolischen Handlung wird der Anmarsch des babylonischen Königs nicht geweissagt, sondern vorausgesetzt. Ungewiß ist nur, gegen wen sein Zug gehen wird; daher kann Ezechiel für die Zukunft ankündigen, daß er sich gegen Jerusalem wenden wird. In 23,1—27 wird die Geschichte Judas bis zum Abfall Zedekias und seiner Hinwendung zu Ägypten geführt; daran schließt sich die Gerichtsdrohung an. Derselbe Unterschied zwischen Vergangenheit und Zukunft ist in 24,1—14 (24,1 f.: Beginn der Belagerung, 24,3ff.: Bericht über eine den Untergang Jerusalems ankündigende symbolische Handlung) und 29,17—21 (Rückblick auf die Belagerung von Tyrus und Ankündigung des Unheils über Ägypten) zu bemerken 9 1 ). Er zeigt sich aber auch in 15,1—8, wo festgestellt wird, daß die in Jerusalem Zurückgebliebenen zwar die erste Gefahr (598) überstanden haben, der zweiten jedoch nicht entrinnen werden; in 36,1—15, wo der Spott des Feindes über die Verwüstung Palästinas der geschichtliche Boden für die folgende Verheißung ist; endlich in 36,16—38, wo ihr ein kurzer Rückblick auf die Sünde Israels, die Strafe Jahwes, den Hohn der Völker und das Mitleid Jahwes voraufgeht. 4. Schließlich führt Ezechiel seine Darstellungen der G e s c h i c h t e I s r a e l s stets nur bis in die letzte vorexilische Zeit. Das Exil selbst droht er lediglich an, von den Vorgängen der nachexilischen Zeit berichtet er nichts. Sie waren ihm also anscheinend unbekannt. Selbst91
) Herntrich, a.a.O., S.57ff. Ez 19 darf in diesem Zusammenhang nicht angeführt werden, da das prophetische Leichenklagelied seinen Standpunkt in der Zukunft nimmt und über erwartete Ereignisse wie über bereits geschehene berichtet.
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
verständlich läßt sich dieser Tatbestand zunächst so deuten, daß ein in späterer Zeit lebender Verfasser sich diese Beschränkungen absichtlich auferlegt habe, um den Leser in der Annahme der fingierten früheren Entstehungszeit zu bestärken 9 2 ). Aber wäre die von Ezechiel gebotene Darstellung und Beurteilung der israelitischen Geschichte noch möglich gewesen, nachdem der Pentateuch sowie die deuteronomistische und priesterliche Geschichtsschreibung allgemeine Geltung erlangt hatten? Nach 16,1—16. 2 2 — 2 5 . 3 5 — 4 3 9 3 ) reicht Jerusalems Sünde, im Unterschied zur Beurteilung anderer P r o p h e t e n 9 i ) , bis in seine Anfänge zurück. Mit der Behauptung amoritisch-hethitischer und daher heidnischer Abstammung stellt Ezechiel sich in Gegensatz zu der sonst üblichen Zurückführung auf Abraham und zeigt noch keinerlei Kenntnis der priesterlichen Geschichtsschreibung. Eingehend schildert er dann die Fürsorge, die Jahwe Jerusalem angedeihen ließ, und den Mißbrauch, den es voller Undank mit seinen Wohltaten trieb 9 5 ). Unter solchen Umständen kann Jahwe seine Güte nicht fortsetzen, sondern wird Jerusalem der Vernichtung und Verhöhnung preisgeben. Der Verfasser lebt also vor dem Untergang der Stadt im Jahre 587. Auch nach 20,1—32 ist Israel von Anfang an sündig gewesen und hat in Ägypten bereits Götzendienst getrieben (vgl. auch 23,3. J o s 24,14. 23. Am 5,26). Eigentlich hätte Jahwe damals sofort seinen 92
) So versteht Messel, a. a. O., S. 84, das Zustandekommen von E z 20.
93
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1 p - o r , s t r n b r n n n , a n , i itf« 1 "!?. 9 4 ) Für Arnos war die Wüstenwanderung die ideale Zeit (5,25), Hosea führt die Sünde bis zum Abfall zu Baal Peor zurück (9,10), nach Jesaja war Jerusalem zuerst treu und rechtlich, eine Heimstätte der Gerechtigkeit, ehe es zur Hure wurde (1,21.26), Jeremia weiß von einer Zeit, da das Volk wie mit bräutlicher Liebe gegen Jahwe erfüllt war (2,2—3). 9 ä ) Eißfeldt, Ezechiel als Zeuge für Sanheribs Eingriff in Palästina, deutet E z 16,16—29 auf die Ereignisse von 701: Jerusalems ägyptenfreundliche Politik und die Verkleinerung Judas durch Sanherib, der judäische Städte an die Könige von Asdod, Ekron und Gaza gab. Aber diese Deutung wird hinfällig, wenn 16,26—29 ein späterer Zusatz Ezechiels ist (vgl. S. 74). Dann bezieht sich die Stelle auf die Vorgänge vor und nach 587.
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Ezechiel als Prophet der frühexilischen Zeit
Grimm an dem widerspenstigen Volke auslassen müssen. Aber ebenso wie später verschonte er es um seines Namens willen, der sonst vor den Heiden entweiht worden wäre. In der Wüste und in Palästina erweist sich Israel immer von neuem als widerspenstig und ungehorsam, so daß Jahwe schließlich zu harten Maßregeln greifen muß. Er droht das Exil an und erläßt Gesetze, die nicht heilsam sind und deren Befolgung das Leben kosten soll. Auch in dieser Darstellung wird das Exil noch nicht vorausgesetzt. In 23,1—27 9 6 ) geht der Prophet im Unterschied zu 16,1—43* auch auf die Geschichte des Nordreiches ein. Daß Israel und Juda von gleicher Art waren, zeigt er schon in der Verwandtschaft der ihnen zugelegten Namen: Ohola („Die Zelte h a t " ) und Oholiba („Zelt in i h r " ) 9 7 ) . Die ganze Geschichte der beiden ist schon von Ägypten an ein hurerisches Treiben (23,8). Auch als Israel daran zugrunde geht, läßt Juda sich nicht bekehren, sondern treibt es womöglich noch schlimmer — ein Urteil, das in nachexilischer Zeit nicht mehr möglich gewesen wäre. Nachdem Juda sich mit den Assyrern eingelassen hatte, wendet es sich den Babyloniern zu. Damit kommt die Darstellung zu den Ereignissen nach dem Untergange Assyriens, der Zeit der Auseinandersetzung mit Babylonien. Man wird auch seiner überdrüssig und kehrt wie im Anfang zu den Ägyptern zurück. Zweifellos hat der Prophet dabei den Abfall Zedekias von Nebukadnezar und seine Gesandtschaft nach Ägypten im Auge (vgl. 17,1—21). Daß Babylonien diese Untreue bestrafen wird, ist Ezechiel gewiß, aber die Ausführung steht noch bevor. So weist dieses Wort in die Zeit zwischen dem Treubruch Zedekias und dem Feldzug Nebukadnezars gegen Jerusalem. Diese Anschauung wird durch weitere Beobachtungen bestätigt. Im Buche Ezechiel wird nichts von dem erwähnt oder vorausgesetzt, was sich nach 570 ereignete — die judenfreundliche Politik des Kyros, die 96
) Änderungen außer den S . 8 5 A n m . 8 6 genannten Zusätzen: in 23,2 str
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23,24 1 reata, j n t t i , 23,25 1 "TO«, 23,27 1 ICWCn. 9 7 ) Diese Deutung ist besser als die andere: „Ihr Z e l t " und „Mein Zelt in ihr", denn Ezechiel nimmt nie an, daß in Juda früher einmal der reinere und wahre Gottesdienst im Unterschied zu dem selbstgewählten Kult Samarías bestanden hätte. Auch Juda ist von Anfang an sündig. Daher sollen die beiden Namen dieselbe Verschuldung ausdrücken. Vgl. Smend, a. a. O., S. 156 f.
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Die Zeit der Wirksamkeit Ezechiels
Rückkehr nach Palästina, die Wiedererrichtung des Tempels und die durch Nehetnia vollendete Reorganisation Judas. Der Verfasser von 29,17—21 98 ) wußte ferner nichts davon, daß der Feldzug Nebukadnezars gegen Ägypten (568) nicht den angekündigten Erfolg hatte, da Ägypten zwar besiegt, aber nicht erobert wurde. Da 29,17—21 aber 26,7—14 voraussetzt, kann dort nicht Alexander der Große gemeint sein (vgl. S. 194). Die Erwähnung des als Persien gedeuteten „Paras" in 27,10. 38,5 scheint zunächst gegen eine frühe Ansetzung der Worte Ezechiels zu sprechen " ) . Jedoch sind beide Stellen spätere Zusätze. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, besagen sie nichts. Denn in einem Fragment Assurbanipals spricht dieser von einer Gesandtschaft des Königs Kuras (Kyros) von Persien (639 v. Chr.) 10 °), so daß es schon lange vor Ezechiel in Vorderasien bekannt gewesen sein kann. Merkwürdigerweise findet sich das Wort nur mit Lud und Put zusammen, so daß die Deutung auf Persien fraglich wird. Vielleicht weist es ebenso wie jene nach Ägypten oder an das Rote Meer 1 0 1 ). Es muß demnach daran festgehalten werden, daß Ezechiel tatsächlich in der durch die Daten seiner Worte angegebenen Zeit gewirkt hat. 9S
) Änderungen außer der Bemerkung S.89 Anm. 114: in 29,18 1 ^V, 29,19
str "WH XfcW, 29,20 str ^ " ) So Torrey, a . a . O . , S. 84; Dahl, Crisis in Ezekiel Research, S. 266. 100) Weidner, Die älteste Nachricht über das persische Königshaus. 1 0 1 ) Ziegler, a. a. O., S. 83, vermutet den Stamm der Perorsi oder Pharusii oder bei Annahme eines Textfehlers Patros (Süd- oder Oberägypten).
III. T e i l
Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels 11. K a p i t e l
Angeredete, Betroffene und Zuhörer der Verkündigung Ezechiels I. Angeredete und Betroffene Zur Bestimmung des Ortes, an dem Ezechiel von 593—570 gewirkt hat, scheinen sich zunächst einige formale Beobachtungen zu eignen. Eine Überprüfung ist jedoch unerläßlich, da sie ohne sorgfältige Untersuchung in die Diskussion eingeführt und ständig weiter übernommen wurden. 1. V o r w e g ist festzustellen, daß die in den Worten Ezechiels g e legentlich sich findende A n r e d e eines Landes oder Volkes, einer Stadt oder bestimmter Menschen nichts über den Aufenthaltsort des Sprechers besagt. Eine Anrede an Jerusalem *) oder die Berge Isr a e l s 2 ) schließt nicht ein, daß der Sprecher dort l e b t 3 ) . Einer solchen Annahme widersprechen folgende Gründe: a) In einigen Worten Deuterojesajas wird Jerusalem ebenfalls angeredet, obwohl der Verfasser sich in Babylonien aufhielt (Jes 40,9. 49,14. 51,17. 52,1 f. 7—9. 54,1 ff.) b ) Ezechiel redet in anderen Worten die Deportierten an (Ez 14,12 bis 23. 20,32. 36,16—38). ! ) 16,2f. 21,29. 22,4f. 23,22ff. 28—35. 24,13 f. Vgl. auch die Anrede an Zedekia 21,30—32 und die „Hirten" 34,1—16. 2 ) 6,2 f. 36,1—15. Vgl. 21,1—10. 3 ) Gegen Messel, Ezechielfragen, S. 8ff. Vgl. Dahl, Crisis in Ezekiel Research, S. 266; Oesterley-Robinson, An Introduction to the Books of the Old Testament, S. 319; van den Born, De historische Situatie van Ezechiels Prophetie, S. 16. *) Vgl. auch die Anrede an Kyros Jes 45,1—3. 45,4—6 und Jerusalem Ps 137.
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
c) Häufig werden fremde Völker angeredet, obwohl nicht daran zu denken ist, daß der Prophet sie der Reihe nach aufgesucht hat (Ez 25,1 bis 5. 25,6—7. 26,1—6. 26,7—14. 26,15—18. 26,19—21. 27,1—36. 28,1 bis 10. 29,1—6a. 29,6b—9a. 29,9b—16. 31,1—18. 32,1—8. 32,17—32. 35,1—4. 35,5—9. 35,10—12a«. 35,12aß—15) 5 ). d) In den meisten Fällen handelt es sich nicht um die Anrede durch den Propheten, sondern durch Jahwe, mit deren Ausspruch der Prophet sich beauftragt weiß (Ez 5,1—17. 6,1—7. 11,1—13.12,21—25. 13,1. 2.5.7.8. 13,10—16. 13,17.18aa. 22—23. 13,18aß—21. 14,12—23. 16,1 bis 43. 18,1—20. 18,21—32. 20,1—32. 20,33—44. 21,1—10. 21,23—29. 21,30—32. 22,1—5.14. 22,17—22. 23,1—27. 23,28—35. 24,1—14. 24,15 bis 24. 33,10—11. 33,12—20. 33,23—29. 34,1—16. 34,17—31. 36,1—15. 36,16—38. 37,1—14. 38,1—39,29) 6 ). Nur an wenigen Anreden ist der. Prophet selbst beteiligt (6,1—7. 21,30—32. 33,10—11)') oder wendet sie allein an (12,1—16. 17,1—21). e) Die Fiktion der Anreden wird besonders deutlich, wenn sie während einer Vision des Propheten erfolgen (Ez 11,1—13. 37,1—14). f) Die Anrede geht mehrfach in ein Wort über die Angeredeten (3. plur.) über (Ez 29,6b—9a. 33,23—29. 34,17—31), woran sich ihre Verwendung als bloße Stilform zeigt. 2. Häufig erhält Ezechiel den Auftrag, seine Botschaft m ü n d l i c h auszurichten (1,28b—3,9. 3,16b—21. (3,22—27) 12,17—20. 12,21—25. 12,26—28. 13,17.18aa. 22—23. 14,1—11. 16,1—43.17,1—21. 20,1—32. 21,1—10. 22,1—5.14. 22,17—22. 24,1—14. 24,15—24. 33,10—11. 33,12 bis 20. 33,23—29. 34,1—16. 36,1—15. 36,16—38. 37,1—14. 37,15—28)"). Dieselbe Aufforderung findet sich in Worten an fremde Völker (25,1 bis 5. 27,1—36. 28,1—10. 31,1—18. 32,1—8. 35,1—4. 38,1—39,29), bei denen an eine persönliche Ausrichtung nicht zu denken ist. Es handelt sich demnach ebenfalls um eine Stilform, durch deren Anwendung über den Aufenthaltsort des Propheten nicht das Geringste ausge5 ) Man kann dies nicht als „Wahrsagerei" abtun, wie Messel, a. a. O., S. 10, denn die Worte gegen die Völker sind für die israelitischen Hörer von Bedeutung; dasselbe gilt von den Worten gegen Jerusalem für die Deportierten, deren seelsorgerlicher Warner Ezechiel sein sollte. Daneben aber hat das Prophetenwort die zweite Absicht, eine Botschaft Jahwes zu überbringen. Für ihr Inkrafttreten ist es unwesentlich, „ob sie es hören oder nicht". Durch ihre Verkündigung wird das Inkrafttreten eingeleitet. 6 ) Dazu die in 25,1—32,32. 35,1—15 enthaltenen Worte außer 25,8—17. 28,11—26. 32,9—16. ') Dazu 31,1—18. 32,1—8. 8 ) Hierzu gehören auch die Stellen, die Ezechiel und sein Tun als „Zeichen" für andere deuten: 4,1—3. 12,1—11. 24,15—21.
Angeredete, Betroffene und Zuhörer der Verkündigung Ezechiels
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sagt werden soll. Der Auftrag, zu den Israeliten oder zu Jerusalem zu „sprechen", gibt lediglich an, daß der Prophet ein sie betreffendes Wort verkünden soll. Die häufig daran angeknüpfte Vermutung, daß Ezechiel seine Botschaft an Juda und Jerusalem persönlich ausrichten sollte und daher unter den Leuten lebte, denen er Unheil androhte 9 ), ist also falsch. So wenig die unmittelbare Anrede in sich schließt, daß er den Angeredeten gegenübersteht, so wenig setzt die Aufforderung, jemandem eine Botschaft zu verkünden, die Anwesenheit bei dem Betreffenden voraus. In beiden Fällen handelt es sich vielmehr um eine Stilform, aus der nicht der Aufenthaltsort des Propheten, sondern die durch sein Wort Betroffenen ermittelt werden können. Es ist die häufigere und stilistisch nachlässigere Form des Ausdrucks „weissage w i d e r . . . " (21,1—10. 29,1—6a. 36,1—15. 38,1 bis 39,29)10) oder „richte dein Angesicht w i d e r . . ( 6 , 2 . 13,17. 21,2. 7. 25,2. 29,2. 35,2. 38,2) n ). Er hat ursprünglich gewiß magische Bedeutung gehabt, wird aber von Ezechiel zweifellos formelhaft als Bezeichnung des Prophezeiens verwandt 1 2 ). Wenn also auch nicht vorausgesetzt ist, daß der Prophet sich fern von dem Ort befindet, wider den er sein Angesicht richtet, so gibt es immerhin zu denken, daß der Ausdruck — von den auf Juda und Jerusalem bezüglichen Stellen abgesehen — stets für Betroffene verwandt wird, von denen der Sprecher entfernt ist (25,2. 29,2. 35,2. 38,2). 3. Mit der Anrede und der Aufforderung des Sprechens ist in den meisten Fällen auch der Kreis der durch die prophetische Botschaft Betroffenen genannt. Die A n g e r e d e t e n sind zugleich die durch das Wort B e t r o f f e n e n (5,1—17. 6,1—7. 11,1—13. 12,21—25. 13,1.2.5. 7.8. 13,10—16. 13,17.18act. 22—23. 13,18aß—21. 16,1—43. 18,21—32. 19,1—9. 19,10—14. 20,1—32. 20,33—44. 21,1-10. 21,23—29. 21,30 bis 32. 22,1—5.14. 22,17—22. 23,1—27. 23,28—35. 24,1—14. 24,15—24. 25,1—5. 25,6—7. 26,1—6. 26,7—14. 26,15—18. 26,19—21. 27,1—36. 28,1 bis 10. 29,1—6a. 29,6b—9a. 29,9b—16. 31,1—18. 32,1—8. 32,17—32. 9
) Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S . 2 4 f f . ; Messel, a . a . O . , S. 10, 12; Berry, Was Ezekiel in the Exile?, S . 8 6 f . ; Pfeiffer, Introduction to the Old Testament, S. 536. 10 ) In 36,1 liegt keine Anrede an die Berge Israels vor, wie Herntrich, Ezechielprobleme, S. 116, behauptet, vielmehr bedeutet „über, wider', wie stets bei Ausdrücken des Sprechens. Dasselbe gilt für 12,22. 18,2 (vgl. Herntrich, a . a . O . , S.99, 102; Bertholet, Hesekiel, S . 4 4 ; van den Born, De historische Situatie van Ezechiels Prophetie, S. 21), wobei allerdings 18,2 in zu ändern ist; „in" Israel gibt 12,23 mit a wieder! » ) 28,20—26 ist Zusatz. 12 ) So richtig Herntrich, a. a. O., S. 131, gegen Sellin.
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
33,10—11. 33,12—20. 33,23—29. 34,1—16. 34,17—31. 35,1—4. 35,5—9. 35,10—12ao. 35,12aß—15. 36,1—15. 36,16—38. 37,1—14. 38,1—39,29). Von einigen Sonderfällen abgesehen, ergeben sich nur zwei Ausnahmen: 17,1—21, in dem das „Haus Widerspenstigkeit" angeredet wird, bezieht sich auf Zedekia; 18,1—20, in dem die Israeliten angeredet werden, bezieht sich auf einzelne Menschen. Dagegen werden in anderen Worten Angeredete und Betroffene verschieden benannt und dadurch voneinander unterschieden oder sogar einander gegenübergestellt. Durch das Wort 5,1—17 wird Jerusalem betroffen und in dem berichteten Jahwewort auch angeredet. Damit sind, wie aus dem Drohwort hervorgeht, seine Einwohner gemeint, die durch das Gericht vernichtet werden sollen. Dagegen soll der Prophet zum Hause Israel sprechen, das damit anscheinend andere Menschen als die Jerusalemer umfaßt. Ebenso werden in 11,14—21, in dem die Anrede fehlt, die Deportierten und die Jerusalemer einander gegenübergestellt. Nach 12,17—20 soll der Prophet zum pxn-nr sprechen, während die Betroffenen Land und Städte Judas sind; aber anstatt der zu erwartenden Anrede wird nur über sie gesprochen. In 14,12—23 wird von den Angeredeten, die deutlich als Deportierte gekennzeichnet sind, wieder Jerusalem abgehoben. Dieselbe Gegenüberstellung erscheint in 24,15—24, während in 12,1—11 von dem angeredeten Hause Israel andere Menschen unterschieden werden; „ihnen" soll es entsprechend Ezechiels symbolischer Handlung ergehen, „sie" müssen in die Verbannung wandern 13 ). In den meisten Worten werden die Betroffenen also sorgfältig als Jerusalem oder Land und Städte Judas bezeichnet, denen die angeredeten Israeliten als getrennte Gruppe gegenüberstehen und sich deswegen wohl nicht an den genannten Orten aufhalten. An anderen Stellen wird der Unterschied durch die Verwendung der 2. und 3. Person betont. Ezechiel hat demnach mehrere Worte über Juda und Jerusalem für einen Personenkreis bestimmt, der sich außerhalb der Stadt und des Staates befand. Diese Beobachtung läßt es nicht mehr zu, daraus einen Rückschluß auf Ezechiels Aufenthaltsort zu ziehen, daß von den in 1—24 überlieferten Worten die meisten Juda und Jerusalem betreffen. Davor warnen ebenfalls die Völkergedichte, für die bei keinem Propheten is) Es geht nicht an, mit Herntrich, a . a . O . , S. 98 f., die jüngere syrische Übersetzung vor M und G zu bevorzugen, nur weil sie „ihr Z e i c h e n " liest und damit auch dieses W o r t fälschlich auf Jerusalem bezieht. Da auch O nicht klar übersetzt (eycb -lipora ttoicö iv u£aco aÜTfis), ist die Lesart von M als richtig beizubehalten.
Angeredete, Betroffene und Zuhörer der Verkündigung Ezechiels
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der Aufenthalt bei den Betroffenen angenommen werden kann. Es ist also unmöglich, aus den gegen Juda und Jerusalem gerichteten Worten zu schließen, daß Ezechiel dort gelebt und gewirkt habe. Aus der bisherigen Untersuchung ergibt sich: a) Ezechiel redet Juda und Jerusalem an und spricht zu ihnen. Das ist eine Stilform und besagt nicht, daß er in Jerusalem gelebt hat. Die Verwendung des Ausdrucks „richte dein Angesicht w i d e r . . . " weist eher darauf hin, daß er fern von ihm gewirkt hat. b) Ezechiels Worte beziehen sich häufig auf Juda und Jerusalem. Das besagt jedoch ebensowenig, daß er dort gelebt hat. Die Beobachtung, daß er gelegentlich zwischen Angeredeten und Betroffenen unterscheidet und die fern von Jerusalem Lebenden unmittelbar anredet, von Juda und Jerusalem dagegen in der 3. Person spricht, läßt eher das Gegenteil vermuten. Bei dieser Gegenüberstellung könnte die Anrede mehr als bloße Stilform sein, da Ezechiel bei einem Aufenthalt in Jerusalem den Unterschied zwischen angeredeten und betroffenen Israeliten nicht zu machen brauchte. II. Ausdrücke Man hat häufig geglaubt, aus der Verwendung und Bedeutung bestimmter Ausdrücke durch Ezechiel sichere Rückschlüsse auf seinen Aufenthaltsort ziehen zu können. Besonders mit „Haus Widerspenstigkeit" und „Haus Israel" meine der Prophet nicht die Deportierten, sondern die Einwohner von Juda und Jerusalem. Auf sie passe auch die ganze Schilderung, die er von den mit diesen Ausdrücken bezeichneten Menschen gebe, während sie mit Ezechiels gutem Zeugnis über die Deportierten nicht übereinstimme u ) . Jedoch scheint es sich auch hierbei lediglich um eine aus grundsätzlichen Vorentscheidungen heraus getroffene Behauptung zu handeln, die ständig ohne Nachp r ü f u n g übernommen wird. Eine Untersuchung der fraglichen Stellen ergibt ein von jener Behauptung abweichendes Ergebnis. 1. Eindeutig ist die Verwendung des Ausdrucks „Haus Widerspenstigkeit" (, 14,22 str ™Dl—D-MTion, 1 nom
232
Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
stand 3 9 ) sachlich den Höhepunkt und Abschluß des Wortes bildet und 10 (anstatt der ungebräuchlichen 8) Strophen entstehen läßt. Es handelt sich also weder um einen redaktionellen Zusatz 40 ) noch um eine nachträgliche Ergänzung Ezechiels " ) . Das Ganze muß vielmehr vor 587 und in Babylonien, wie sich aus der Situation ergibt, entstanden sein. Nach 21,11—1212) soll Ezechiel eine symbolische Handlung ausführen und seufzen. Man hat versucht, dieses Seufzen auf den furchtbaren Eindruck der vorhergehenden und vielleicht noch der folgenden Unheilsdrohung zurückzuführen 43 ). Aber das Stück bezieht sich nicht darauf, sondern ist wie alle anderen eine selbständige Einheit. Es wäre unverständlich, warum das übrige Volk mit Ezechiel über dessen Wort seufzen sollte, dazu lediglich über jenes eine. Ebensowenig wird die Stimmung des Volkes vom Propheten zum Ausdruck gebracht; dergleichen gehört nicht zu seiner Aufgabe. Vielmehr setzt 21,12 voraus, daß die Kunde, deretwegen Ezechiel seufzt, erst Tatsache werden wird und bisher noch nicht eingetroffen ist 44 ). Wie in allen symbolischen Handlungen wird das künftige Geschehen, da es ganz gewiß eintreffen wird, wie bereits eingetreten vorweggenommen. Handelt es sich aber um eine symbolische Handlung, so ist sie in Jerusalem undenkbar. Dorthin braucht keine Nachricht, die ein solches Entsetzen auslösen wird, erst zu gelangen. Dort erlebt man alles selbst, wenn Jerusalem fällt! Nur bei den Deportierten ist eine solche symbolische Handlung möglich, die das Verhalten beim Eintreffen der Nachricht vom Fall Jerusalems ankündigt. Die Wirkung der Schrekkenskunde ist noch nicht Wirklichkeit, aber der Prophet ist gewiß, daß alles eintreffen wird, was er symbolisch als eingetroffen darstellt. Nach der in 24,15—24 i b ) berichteten symbolischen Handlung unterläßt Ezechiel beim Tode seiner Frau die Ausübung der üblichen Trauergebräuche, um anzuzeigen, daß die Deportierten beim Eintreffen der Nachricht vom Fall Jerusalems so entsetzt sein werden, 39
) Str in 14,22 ruai D-J3 D'Knan mit Schmidt, Rothstein; str 14,22b—23a mit Q als Verschiebung des ursprünglichen Gedankens. 40 ) Herntrich, a. a. O., S. 101; Pfeiffer, a. a. O., S. 560. 41 ) Herrmann, Ezechiel, S. 101; Bertholet, Hesekiel, S.52f. 42 ) In 21,12 1 43 ) Herntrich, a.a.O., S. 105 f.; Bertholet, a.a.O., S. 77. 44 ) Perfectum propheticum wie in 7,5—7. 24,1—4. 30,9. 33,33. 39,8. 45 ) Änderungen außer den S. 86 Anm. 92 genannten Zusätzen: in 24,16 str inra-—•-K-fa 24,17 s t r = n pj«n s e tze vor BTÖ, l 24,19 l "«>$ (statt'=), 24,21 str OSIP i
Ezechiel und Babylonien
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daß sie ebenfalls das Trauern lassen. Sachlich besagt die Handlung dasselbe wie die in 21,11—12 berichtete; das erhöht die Wahrscheinlichkeit der Echtheit beider. 24,15—24 weist deutlich nach Babylonien. Auch für die Deportierten kann der Tempel als „Augenlust" bezeichnet werden; der Ausdruck darf wohl kaum auf unmittelbar vor Augen Liegendes beschränkt werden, wie andererseits das „Verlangen eurer Seele" nicht auf das Entferntsein von Jerusalem zu deuten ist. Für eine eroberte Stadt wäre die ezechielische Ankündigung sinnlos. Nach einer Eroberung war anderes an der Tagesordnung als das Beachten oder Unterlassen von Trauergebräuchen! Der für den plötzlich eintretenden Tod verwandte Ausdruck (24,16) ist außerdem zur Bezeichnung des Untergangs einer Stadt oder der Zerstörung eines Bauwerks denkbar ungeeignet 4 6 ). Daher gehört die nach Babylonien weisende Erwähnung der in Jerusalem zurückgelassenen Söhne und Töchter (24,21) notwendig in den Zusammenhang; die Auslassung der Stelle würde außerdem das sonst klare Metrum des Stückes an dieser Stelle zerstören. Es besteht auch keinerlei Grund zur Streichung; da „Augenlust" nicht die Stadt, sondern den Tempel bezeichnet, können „Söhne und Töchter" nicht als redaktionelle Verdeutlichung 47 ) dazu gemeint sein; und daß die Eltern bei der Deportation von ihren Kindern getrennt wurden, ist nicht unverständlich 48 ), sondern entsprach dem üblichen Verfahren. Die Klage der Leute in 33,10—II 49 ), daß sie infolge ihrer Schuld dahinschwinden, dahinmodern (ppa), ist nur im Munde der Deportierten verständlich. Vor der Eroberung Jerusalems gab es dort keine solche Verzweiflungsstimmung, durch die Einsicht in die eigene Schuld begründet; und die Haltung der von der zweiten Deportation Verschonten ergibt sich aus 33,23—29. Ferner lassen einige der nach 587 entstandenen Worte Ezechiels die babylonische Situation deutlich erkennen (20,33—44. 34,1—16. 34,17 bis 22.25—31. 36,16—38. 37,1—14. 37,15—28). Es ist schließlich auffällig, daß unter den vielen Worten Ezechiels gegen fremde Völker solche gegen Babylonien nicht erscheinen, während Jeremia sogar die in Jer 51,59—64 berichtete symbolische Handlung angeordnet hat. Das Fehlen von Unheilsworten gegen Baby46 ) Daher ist auch die Tilgung jeder Beziehung auf Ezechiels Frau durch Streichung von 24,18 (Matthews, a. a. O., S. 92) nicht möglich, vgl. Pfeiffer, a. a. O., S. 539. " ) Herntrich, a. a. O., S. 109 f. « ) Torrey, a.a.O., S.42. « ) In 33,10 str löK1?, 33,11 1 jrahn.
Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
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lonien ist letztlich nur aus dem Aufenthalt Ezechiels bei den Deportierten verständlich. Mehr als die Rücksicht auf das Land, in dem sie sich aufhalten, wird die E r w ä g u n g maßgebend gewesen sein, d a ß solche W o r t e die Deportierten leicht in Unruhe versetzen und in ihrer nationalistischen Haltung nur bestärken könnten. Außerdem dürfte Ezechiel Babylonien als das Werkzeug betrachtet haben, durch das J a h w e das Gericht über J u d a vollzog. 3. Die babylonische Situation wird schließlich in m i t t e l b a r e n H i n w e i s e n deutlich. Auf den gelegentlichen Unterschied zwischen Angeredeten und Betroffenen in den Worten Ezechiels wurde bereits hingewiesen (S. 206). Aus ihm geht hervor, daß sie für außerhalb Judas lebende Israeliten, also nach den bisherigen Ergebnissen für die Deportierten bestimmt waren. Auf Grund dessen scheint es nicht bedeutungslos zu sein, daß mehrfach auf die Jerusalemer wie aus der Ferne hingewiesen wird. In 4,17. 6,11—13. 12,12—15. 15,6—8 wird von ihnen in der 3. Person gesprochen; in 12,17—20 soll Ezechiel sich an die Deportierten wenden und ankündigen, daß andere ( „ s i e " ) entsprechend seiner symbolischen Handlung ihr B r o t mit Kummer und ihr W a s s e r mit Entsetzen trinken werden. Andere fast unscheinbare Hinweise bestätigen die babylonische Situation. Nach 8,3 betritt der Prophet in der Entraffung den T e m p e l durch das Nordtor, zu dem man von Babylonien, von Norden kommend gelangen mußte. In 21,1—10 spricht er nach Süden, zum Südland, nach der Deutung des W o r t e s zum Lande Israel, zu Jerusalem. Es ist also nicht der südlich von Jerusalem gelegene N e g e b g e m e i n t 5 0 ) , dem Unheil anzukündigen Ezechiel keinen Anlaß gehabt hätte; auch handelt es sich nicht um wirkliches Hinblicken, sondern in übertragenem Sinne um das Aussprechen eines prophetischen W o r t e s (vgl. 6,2. 21,7. 25,2. 28,21. 29,2. 35,2. 38,2). Der in 3 7 , 1 — 1 4 " ) enthaltene Bericht über die Vision der Totengebeine läßt sich ebenfalls nicht als tatsächliche Schilderung aus der U m g e b u n g Jerusalems d e u t e n 6 2 ) . Nicht nur ist von größeren Kämpfen in der Nähe der Stadt während 5 0 ) Torrey, a . a . O . , S.36; Herntrich, a.a.O., S. 104f.; Harford, Studies in the Book of Ezekiel, S. 59; Bertholet, a . a . O . , S.77; Pfeiffer, a . a . O . , S. 539. 51
) Änderungen (vgl. S.93): in 37,1 1
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str ismpn rnaxi ) 37,14 1 jri ^ nsn. 6 2 ) So Herntrich, a. a. O., S. 117; Harford, a. a. O., S. 60; Auvray, Ezechiel, S. 104.
Ezechiel und Babylonien
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ihrer Belagerung nichts bekannt, sie müßten vor allem viel länger zurückliegen, als nach der mutmaßlichen Entstehungszeit des Berichtes anzunehmen wäre. Denn die Gebeine sind bereits verdorrt (37,2), „nicht einmal Reste der Verwesung sind noch an den gebleichten Knochen!" 5 3 ). Und schließlich liegt eine Vision, nicht ein wirkliches Herumgeführtwerden, ein inneres Erleben, nicht ein äußeres Geschehen zugrunde. Nach 4,1 ritzt Ezechiel den Plan Jerusalems auf einen Ziegelstein. Der Bericht setzt also an Stelle der in Jerusalem meist verwandten Hausteine und der sonst in Palästina üblichen Luftziegel und Backsteine, die zu hart und spröde waren, die weichen, noch ungebrannten Tontafeln voraus, die erst nach der Beschriftung gebrannt wurden. Pläne und Grundrisse wurden, wie die Funde zeigen, in Babylonien durchweg auf solche Tontafeln gezeichnet 64 ). Dieser Situation entspricht es auch, daß Ezechiel ein Loch in seine Hauswand stoßen kann (12,1—11), was bei den fester gebauten Häusern der vornehmen Jerusalemer nicht leicht möglich gewesen wäre. Ezechiel erwähnt das babylonische und bis zu seiner Zeit in Israel unbekannte Schermesser (5,1), den hauptsächlich in Babylonien und Ägypten angepflanzten Emmer (4,9), das nur einmalig genannte babylonische Pfeilorakel (21,26), die in babylonischen Praktiken erfahrenen Zauberinnen (13,18aß—21) 55 ), das Schließen des Osttores des Tempels (44,1—2) 56 ). Freilich braucht man aus diesen Hinweisen nicht notwendig den Schluß zu ziehen, daß Ezechiel in Babylonien tätig gewesen ist 5 7 ). Sie können nur im Zusammenhang mit den anderen, bereits genannten Gründen verwandt werden. Sie bestätigen diese dann, indem sie auch die Umgebung, in der Ezechiel gelebt hat, als babylonisch kennzeichnen 5S). 53
) Herrmann, a.a.O., S.235. ) Vgl. Kraetzschmar, a.a.O., S. 42; McCurdy, a.a.O., S.249; Jeremias, Das Alte Testament im Lichte des Alten Orients, S. 702; Spiegel, Ezekiel or Pseudo-Ezekiel?, S.304; Ziegler, a. a.O;, S. 19. 55 ) Anlegen von Binden, um dadurch den abwesenden Feind zu binden und unschädlich zu machen, und Aufsetzen von Zauberkappen, um magische Kräfte zu übertragen, vgl. Ziegler, a. a. O., S. 42. 56 ) In Babylon wurde die „heilige Pforte" im Osten des Tempelturmes verschlossen gehalten und nur zweimal für den Einzug der Götterbilder bei der Mardukprozession geöffnet, vgl. Ziegler, a. a. O., S. 133. " ) Vgl. den Hinweis von Bertholet, a.a.O., S.49. M ) Damit erledigt sich der Einwand von Messel, a. a. O., S. 12, daß in Ezechiels Schrift die babylonischen Verhältnisse nie durchblickten und ein babylonischer Hintergrund fehle. M
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
IV. Babylonische Einflüsse auf die Verkündigung Ezechiels 1. In der Ausgestaltung verschiedener V o r s t e l l u n g e n Ezechiels scheint babylonischer Einfluß wirksam zu sein. Die Vermutung liegt nahe, daß seine Worte und Visionen an seine Umwelt anknüpften und die Bilder und Gedanken, die ihm dort bekannt wurden, sich in ihnen widerspiegeln. Es war unausbleiblich, daß sich der Einfluß seiner Umgebung bei längerem Aufenthalt geltend machen mußte. Er ist in der Tat verschiedentlich erkennbar 59 ). Freilich ist in manchen Fällen zu berücksichtigen, daß es sich um Gedankengut handelt, das dem ganzen vorderorientalischen Kulturkreis gemeinsam war und daher für die Feststellung des babylonischen Einflusses auf Ezechiel belanglos ist co ). In den anderen liegt keine glatte Übernahme fremder Vorstellungen vor; vielmehr erfolgt die Aufnahme nur stückweise und mit bestimmten Änderungen, die durch den Glauben des Propheten bedingt sind. Nicht von einer Verleugnung seines geistigen Erbes " ) kann daher die Rede sein, sondern lediglich von einer Ausweitung seines Gesichtskreises und seiner Vorstellungswelt unter dem Einfluß seines langjährigen Aufenthalts in Babylonien. In eigenartiger Weise hat Ezechiel die Vorstellungsgruppe des G o t t e s g a r t e n s verwandt. Daß es sich um anderes als das Gen 2,4ff. zugrundeliegende jahwistische Gedankengut handelt, geht aus der Verbindung des Gottesgartens mit dem Meer hervor, die die Anwendung dieser Vorstellung auf Tyrus ermöglichte (28,1—10. 28,11—19). Erst durch die Gleichsetzung mit Eden (28,13.31,9) erfolgt die Eingliederung in die eigene Tradition. Die ursprüngliche Vorstellung aber, an die Ezechiel anknüpft, ist die vom Garten am Meer mit den Wunderbäumen, der auf der IX. Tafel des Gilgamesch-Epos genannt wird. Vor allem galt neben anderen Orten das südbabylonische Eridu, bei dem einst Euphrat und Tigris getrennt ins Meer mündeten, als ein solcher Gottesgarten. An Eridu dürfte bei Ezechiels Anspielungen auch zu denken sein. Damit stimmen die Erwähnung der Zeder, die dem in Eridu wachsenden Welten- und Lebensbaum entspricht (31,3—9) 62 ), und die Anspielung auf den im kosmischen Eridu im Ozean thronen69 ) Gegen Berry, Was Ezekiel in the Exile?, S. 86, der das angebliche Fehlen dieses Einflusses als Grund gegen die Annahme der babylonischen Wirksamkeit Ezechiels geltend macht. Zur Vorsicht rät Ridderbos, De cherubs in Ezechiels roepings-visioen. 60 ) Dazu gehört ein Teil der von Jeremias, a.a.O., S. 698—710, angeführten Stellen. 61 ) So Sprank, Studien zu Ezechiel, S. 42. « ) Vgl. Jeremias, a.a.O., S.92.
Ezechiel und Babylonien
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den Gott Ea (28,2—6) 63), weswegen das Irdische Eridu auch als Abbild des kosmischen Gottesberges galt (vgl. 28,11—19), überein. Ebenso gehört der Vergleich des Königs von Tyrus mit dem Urmenschen, der aus dem Gottesgarten vertrieben wurde (28,13—19), in diesen Zusammenhang, vielleicht auch die Schilderung der Tempelquelle (47,1 bis 12) 64 ). Durch die Gleichsetzung mit Eden, womit ursprünglich das Land, in dem der Gottesgarten lag, erst später der Gottesgarten selbst gemeint war 6 5 ), ist dieser Einfluß babylonischer Mythologie, der noch durchschimmert, verwischt worden. Jedoch war diese Gleichsetzung zur Eingliederung der fremden Vorstellungen in das Weltbild des Propheten erforderlich. Daneben spielt der N o r d e n eine gewisse Rolle in den Vorstellungen Ezechiels. Nach 9,2 kommen die sieben Engel Jahwes von Norden 6 6 ). Dort hausen auf einem Gottesberg die Geister des Verderbens 67 ), die nun Jerusalem vernichten. Jedoch kann 1,4 nicht auf diesen Gottesberg anspielen 68 ), denn Jahwe thront nicht dort, sondern nach 8,1—9,11.11,24f. noch im Tempel in Jerusalem; und als er ihn verläßt, begibt er sich nach Osten (11,23), von wo er später zurückkommt (43,2). Jahwe kann auch nicht von Norden kommen, weil von dort das Unheil hereinbräche 69 ); denn er erscheint ja zur Berufung des Propheten. Vielmehr denkt Ezechiel ihn aus Jerusalem kommend. Von dort führte die Straße zum Euphrat nach Norden, von dort nach Süden zu den Deportierten. Unwillkürlich wird Ezechiel sich Jahwe als Benutzer dieses Weges gedacht haben. Er weilte in Jerusalem, das Ezechiel ihn erst nach dem Gericht verlassen sieht; was aber von Jerusalem kam, mußte für die Deportierten von Norden kommen. Auch diese Überlegung weist nach Babylonien als Aufenthaltsort Ezechiels. 63
) Vgl. Jeremias, a. a. O., S. 92, 96. ) Vgl. Jeremias, a.a.O., S.96. Zur Beziehung von 28,1—10. 28,11—19 zum ugaritischen Mythenkreis vgl. vor allem Stein, Die Funde von Ras Schamra und ihre Bedeutung für die Religion des Alten Testaments; Stocks, Danel, die südbabylonische und die nordpalästinisch-phönikische Überlieferung. 66 ) Jeremias, a. a. O., S. 79. 6e ) Daß Nebukadnezar als von Norden über Tyrus kommend bezeichnet wird (26,7), beruht auf den geographischen Gegebenheiten. 67 ) Vgl. Jeremias, a. a. O., S. 635, 705. 68 ) Wie verschiedentlich vermutet wurde, z. B. Gall, Die Herrlichkeit Gottes, S.30f.; Greßmann, Der Messias, S. 168; Herrmann, a.a.O., S. 13; Oesterley-Robinson, Hebrew Religion, S. 230; Lauha, Zaphon, S. 43. 69 ) Z.B. Stein, Der Begriff Kebod Jahweh, S.275; Ziegler, a.a.O., S. 10. M
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
Den erwähnten sechs h i m m l i s c h e n M ä n n e r n (9,2), die das Gericht vollstrecken, und dem sie begleitenden Siebten liegen Gestalten des babylonischen Pantheons zugrunde. Gunkel hat nachgewiesen 7 0 ), daß der Siebte, der das leinene babylonische Priestergewand trägt, dem babylonischen Gott Nabu entspricht. Von ihm heißt es in der Inschrift der Nabü-Stele Adadniräris III., daß er das Schreibrohr hält; und wenn sein Griffel der „Griffel des Schicksals" genannt wird, ist die Ähnlichkeit mit der Aufgabe des ezechielischen Schreiberengels deutlich. Da Nabu aber zum Kreis der sieben babylonischen Planetengötter gehört, liegt es nahe, in der Zahl der sieben Engel den Einfluß der Siebenzahl der großen planetarischen Gottheiten Babyloniens zu erblicken 7 1 ). Ferner scheint zu der Ausgestaltung des Berichts über die ßerufungsvision Ezechiels neben der zweifellos vorhandenen israelitischen T r a dition 7 2 ) babylonischer Einfluß in der Beschreibung der den Thronsitz Jahwes tragenden L e b e w e s e n wesentlich beigetragen zu haben. Dürr hat diesen Einfluß in überzeugender Weise in allen Einzelheiten n a c h g e w i e s e n " ) . Da abweichende Anschauungen 7 4 ) dadurch hinfällig geworden sind und bloße Proteste wegen der angeblich gefährdeten Reinheit des ezechielischen Jahweglaubens und Verleugnung ) Ounkel, Der Schreiberengel Nabû im Alten Testament und im Judentum. 7 1 ) Vgl. auch Hölscher, Hesekiel, S . 9 ; Jeremias, a . a . O . , S.706f.; Oesterley-Robinson, a . a . O . , S. 230; Loisy, La Religion d'Israël, S. 184; Lods, Les Prophètes d'Israël, S.258; Ziegler, a . a . O . , S.31. Demgegenüber erscheint die Ableitung von Dämonen (Kraetzschmar, a. a. O., S. 99) unwahrscheinlich. 7 2 ) Auf sie macht H. Schmidt, Kerubenthron und Lade, mit Recht aufmerksam. Vgl. ferner Procksch, Theologie des Alten Testaments, S. 306. 7 S ) Dürr, Ezechiels Vision von der Erscheinung Gottes. Vgl. auch Jeremias, a . a . O . , S.699f.; ferner z . B . Baudissin, Einleitung in die Bücher des Alten Testaments, S. 464 f.; Oesterley-Robinson, a . a . O . , S. 230; Lods, a . a . O . , S. 258; Stein, a . a . O . , S.275; Matthews, a . a . O . , S . 5 ; Ziegler, a . a . O . , S. 11; Dussaud, Les Visions d'Ézéchiel, S.310. u ) Es ist verfehlt, wenn H. Schmidt, a.a.O., S. 132, aus der Vision Ezechiels entnehmen will, daß im Tempel von Jerusalem ein riesiger, fahrbarer, aber leerer Oottesthron gestanden habe; denn I Chron 28,18 dürfte von Ezechiel abhängig sein; auch der Ausgleich der Widersprüche in der Tradition gelingt nicht. Noch fragwürdiger ist die Annahme ägyptischen Einflusses, so Oreßmann, Die Lade Jahwes, oder der Abhängigkeit vom Bilde des viergesichtigen Baals, so Landersdorfer, Der BAAA TETPAMOPOOI und die Kerube des Ezechiel, die auf der unbewiesenen Existenz eines Bildes dieser Gottheit zur Zeit Manasses oder Ezechiels und dessen Gleichsetzung mit dem Ez 8,5 genannten Bild beruht. 70
Ezechiel und Babylonien
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seiner geistigen Umwelt 7 5 ) lediglich auf einem Mißverständnis der Haltung Ezechiels beruhen, darf die Abhängigkeit des Propheten von babylonischen Vorstellungen als sicher angenommen werden. Jahwe erscheint ihm im Sturm, auf dem man die großen babylonischen Götter einherfahrend dachte. Er fährt auf dem babylonischen Qötterwagen mit den gewaltigen Rädern, deren furchtbares Getöse Himmel und Erde erzittern läßt. Seinen Thron bewegen die Kerube, die in Babylonien Tempel und Paläste bewachten oder die Gottheiten trugen. In ihnen vereinen sich höchste Kraft (Stier), ehrfurchtgebietende Majestät (Löwe), machtvolle Erhabenheit (Adler) und höchste Würde und Klugheit (Mensch) um Jahwes Thron 7 6 ). Auch er verfügt über jene Mächte, in denen man in Babylonien die Majestät der Gottheit schaute, auch er entwickelt die Pracht, die die babylonischen Götter umgab, ja er übertrifft sie darin noch. Gerade durch die Aufnahme babylonischer Vorstellungen erhöht Ezechiel den Eindruck der Überlegenheit seines Gottes auch im fremden Lande. Bei der Ankündigung der Bestrafung von Fürsten durch Jahwe redet Ezechiel davon, daß sie mit einem Netz gefangen werden (12,13. 19,8. 32,3)"). Dieser Zug scheint aus der Schilderung der Vernichtung des C h a o s u n g e h e u e r s zu stammen, da er im Kampfe Marduks mit Tiämat vorkommt. Im Epos Enuma elis (IV 95) heißt es darüber: „Da breitete der Herr sein Netz aus und fing sie." Ezechiel könnte von diesem Mythos beeinflußt worden sein 78 ). 2. Schließlich ist gelegentlich ein Einfluß der babylonischen S p r a c h e in Ezechiels Worten festzustellen. Der für die Beschreibung der Lage von Tyrus verwandte Ausdruck a^a (27,4) erinnert an den für Sidon in den Inschriften Asarhaddons gebrauchten: sa ina kabal tamdim, oder: sa kirib tamdim. Der Anrede Jahwes an Ezechiel o ^ - j a ist die des Gottes Ea im Gilgamesch-Epos (IX 38) an den Sintfluthelden (a-me-)lu vergleichbar. Außerdem verrät der aramaisierende Ausdruck Ezechiels den Einfluß dieser in Babylonien gesprochenen Sprache wie wohl alle anderen Aramaismen ebenfalls (vgl. S. 122ff.) 79 ). 75
) H.Schmidt, a.a.O., S. 124; Sprank, a.a.O., S.42ff.; Broegelmann, Der Gottesgedanke bei Ezechiel, S. 100 f., 105 f. 76 ) Die Beziehung auf Nabü, Nergal, Marduk und Ninib (Oesterley-Robinson, a.a.O., S. 235; Matthews, a.a.O., S. 5) ist unwahrscheinlich. " ) Zusatz in 17,20. « ) Herrmann, a.a.O., S.207. 79 ) Hölscher, Komposition und Ursprung des Deuteronomiums, S. 244.
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
Einige andere ausschließlich oder hauptsächlich von Ezechiel verwandte Wörter sind Babylonismen 8 0 ) : *]3K — agappu (12,14. 17,21. 38,6. 39,4) 8 i). — ellamu (vor allem 40,16—30). — gallabu (5,1). btttfn _ esmarû (1,27. 8,2) 82 ). cos — kasâmu (44,20). ne? — kasû (13,18.20). — samallû (8,5) 8 3 ). I i « — sigaru (19,9). d'Jtajy — uzubbû (27,33) All diese Einflüsse auf Ezechiels Sprache und Vorstellungen festigen die Vermutung, daß der Aufenthaltsort des Propheten bei der babylonischen Gola zu suchen ist. Die verwandten Ausdrücke und die ohne jedes Wort der Erklärung eingeflochtenen Anspielungen müssen ihm und seinen Zuhörern bekannt gewesen sein. Das weist auf die Deportierten hin, die ständig im Raum einer Kultur lebten, die der ihren überlegen war und daher einen gewissen Einfluß auf sie gewinnen mußte 8 6 ). 13. K a p i t e l
Ezechiel und Jerusalem I. Jerusalem und der Aufenthaltsort Ezechiels 1. Während gewichtige Gründe für Babylonien als Stätte der prophetischen Wirksamkeit Ezechiels geltend zu machen sind, wird J e r u s a l e m durch andere ausdrücklich a u s g e s c h l o s s e n . Nichts deutet darauf hin, daß der Prophet die entscheidenden Jahre dort verbracht 8 0 ) Von den 37 Babylonismen, die Delitzsch, Specimen Glossarii Ezechielico-Babylonici, aufstellte, behielt Seile, De Aramaismis libri Ezechielis, S . 3 9 , nur 25 bei, die Spiegel, a . a . O . , S . 3 0 4 f . , weiter verminderte. Von diesen scheiden als unecht oder durch erforderliche Textänderung aus: brsna (24,21 1 TS»? (16,4), H? (16,33). Fraglich sind ferner die beiden Babylonismen von Torczyner, Presidential Address, da sie auf Änderungen von M beruhen bzw. eine Glosse einbeziehen: ICPP'? (28,13 1 aber M ) und •5ßlDn rrtftttt (28,14 1 wie M und str die beiden folgenden W o r t e ) . 81)
Zusatz in 38,9. 22. Zusatz in 1,4. 8 3 ) Torczyner, Semel haqin'ah ha-maqneh. Zusatz in 8,3. w ) Zusatz in 27,12.14.16.19.22.27. 8 5 ) Daher die heftigen Worte Deuterojesajas (z. B. Jes 46,1. 51,9f.). 82)
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Ezechiel und Jerusalem
und die Belagerung der Stadt erlebt hätte. Mehrfach geht er auf die Fragen und Nöte der Deportierten ein, dagegen beschäftigen ihn Juda und Jerusalem nur als Gegenstand seiner Drohworte. Es bleibt ferner unklar, warum er sich während der Belagerung trotz seiner babylonienfreundlichen Haltung und grundsätzlichen Übereinstimmung mit Jeremía dessen Forderung nach Aufgabe des nutzlosen Widerstandes nicht angeschlossen hätte. Das gefährdete Leben Jeremias scheint er keinen Augenblick geteilt zu haben und einem ähnlichen Geschick niemals preisgegeben gewesen zu sein. Dies ist um so erstaunlicher, als er die Katastrophe ständig, auch bis in die letzte Zeit der Belagerung Jerusalems, angekündigt hat. Noch auffallender ist die Beobachtung, daß Ezechiels literarische Abhängigkeit von Jeremía sich auf dessen W o r t e aus den Jahren vor 598 beschränkt (vgl. S. 137ff.). Daraus läßt sich schließen, daß er nur die vor 598 niedergeschriebenen W o r t e Jeremias, vielleicht nach der 605 entstandenen Buchrolle ( J e r 36), gekannt haben dürfte. Die späteren W o r t e sind ihm nicht mehr zu Ohren gekommen; daher wird er nach 598 nicht mehr in Jeremias Nähe gelebt haben. Aus dem in 8,1 angegebenen Datum, das sich als ursprünglich erwiesen hat (vgl. S. 116), ergibt sich, daß in 8,1—9,11. l l , 2 4 f . ein B e richt über eine Vision, nicht über ein wirkliches Erleben Ezechiels im Jerusalemer T e m p e l 2 ) vorliegt. Denn die 8,14 genannten Klage um Tammuz findet im Juni/Juli statt, während der Bericht als Datum des prophetischen Erlebens August/September nennt. Ezechiel kann in diesem Monat keine Tammuzklage beobachtet haben, so daß es sich tatsächlich um eine Vision, verbunden mit einer ekstatischen Entraffung nach Jerusalem, handelt. Auch dadurch wird der Aufenthalt Ezechiels in Jerusalem ausgeschlossen 2 ). Vom Untergang Jerusalems hat Ezechiel erst geraume Zeit nach dem Ereignis Genaueres erfahren. Über sein damaliges Verhalten gibt die in 3,22—27. 24,25—27. 3 3 , 2 1 — 2 2 3 ) berichtete symbolische Hand) So z.B. Herntrich, Ezechielprobleme, S.93ff. ) Hinzu kommt die Notwendigkeit, einzelne Stellen und ganze Stücke ohne sachliche Berechtigung gewaltsam umzugestalten, wenn Ezechiels Aufenthalt nach Jerusalem verlegt werden soll. Wird dies schon bei Torrey und Herntrich deutlich (vgl. Sellin, Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes II, S. 35), so erst recht bei den Versuchen einer Aufteilung der Wirksamkeit Ezechiels auf Jerusalem und Babylonien (vgl. S. 15ff.). 3 ) Änderungen außer den S.86 Anm.93 genannten Zusätzen: in 3,22 str Dtf i -¡n« 3 > 24 str "fiK - o - n , 3,27 1 24,25 str orrmni o m a , 24,27 str B^BfrnK 33,21 1 33,22 l str "c-ns nnB"i( 1 1K13. 1
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F o h r e r , Hauptprobleme des Buches Ezechiel
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Der Ort der Wirk&amkeit Ezechiels
lung Auskunft. Als das Ende naht, verstummt der Prophet plötzlich; Jahwe hat genug geredet, er wird nun handeln. Nach einiger Zeit wird Ezechiel klar, daß er bis zum Fall Jerusalems schweigen muß Erst als er den Bericht des Flüchtlings hört, kann er das Wort Jahwes wieder verkünden. Dieser F l ü c h t l i n g trifft rund ein halbes Jahr 5 ) nach der Katastrophe bei Ezechiel ein. Der Zeitunterschied zeigt ohne Zweifel, daß Ezechiel in Babylonien und nicht in Juda weilte 6 ). Es hat allerdings Zweifel an der Richtigkeit dieser Angaben erweckt, daß ein Jerusalemer nach Babylonien geflohen und dort erst Monate nach der Eroberung Jerusalems eingetroffen sein soll 7 ). Daß er als Flüchtling bezeichnet wird, weist darauf hin, daß er der Gefangennahme durch die Babylonier entgehen konnte oder von ihnen verschont wurde. Es wird nicht vorausgesetzt, daß er unmittelbar nach der Eroberung Jerusalems geflohen wäre; die näheren Umstände sind unbekannt. Vielleicht hielt er sich verborgen, bis die Lebensbedingungen es nicht mehr zuließen. Vielleicht hat er versucht, im Lande zu bleiben, bis die Zustände so unerträglich wurden, daß er es nicht mehr aushielt (vgl. Ez 33,23—29). Vielleicht gehörte er auch zu denen, die es nach der Ermordung Gedaljas für sicherer hielten, das Land zu verlassen, um Vergeltungsmaßnahmen der Babylonier zu entgehen (vgl. II Kön 25,25f.). Für'eine Flucht lassen sich also hinreichende Gründe finden. 4
) 24,26 ist als Glosse zu streichen: 1) Der Tag von 24,25 ist der Tag der Eroberung, der von 24,26 der des Eintreffens des Flüchtlings bei Ezechiel. 2) 24,26 sucht mit 33,21 f. zu harmonisieren. 3) 24,27 schließt sich glatt mit 24,25 zusammen (auch metrisch), sobald das durch 24,26 hervorgerufene a^Bn Pi« gestrichen wird. Dieses stilistisch anstößige Wort ist also kein Grund, 24,27 für unecht zu erklären (so Herntrich, a. a. O., S. 114). 5 ) Die Lesart von Bewer, Das Datum in Hes 33,21, S. 1141., beruht auf der Voraussetzung, daß 24,26 ursprünglich ist und der Flüchtling trotz der heißen Jahreszeit die mindestens 1300 km lange Strecke in einem Monat zurückgelegt hätte. Die Vermutung von Herntrich, a.a.O., S. 113; Bertholet, Hesekiel, S. 117, daß der Redaktor das Datum 32,17 vor sein Stück 33,21 f. gestellt habe, ist kaum als richtig zu bezeichnen, da 33,21 den 5. Monat nennt, während 32,17 angesichts der chronologischen Ordnung der Völkerorakel für den fehlenden Monat nur den 12. gehabt haben kann. 6 ) Es ist natürlich, daß der unter den Deportierten lebende Ezechiel nach den Jahren „unserer" Deportation datiert. Dieser Ausdruck spricht eher für Echtheit, als daß er auf den Vertreter einer Schule hinwiese, wie Herntrich, a.a.O., S. 113; Bertholet, a.a.O., S. 117, behaupten. 7 ) Vgl. z.B. Herntrich, a.a.O., S. 112f.; Bertholet, a.a.O., S. 117; Matthews, Ezekiel, S. 129; Messel, Ezechielfragen, S. 20.
Ezechiel und Jerusalem
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D a ß er sich nach Babylonien wandte, ist ebenfalls erklärlich. Einsichtsvolle Männer wie Jeremia wandten sich gegen eine Flucht nach Ägypten ( J e r 42,1—43,7). Dort mußten Einzelne und kleine Gruppen unvermeidlich im fremden Volkstum aufgehen. Es ist verständlich, daß er dorthin ging, wo sich die Volksgenossen und Verwandten aufhielten. Und daß er Ezechiel Nachrichten vom Fall Jerusalems und wohl auch über die Zustände im Lande überbrachte (vgl. Ez 33,21 bis 22. 33,23—29), läßt darauf schließen, daß er sich ihm verbunden wußte. Schließlich ist die lange Reisedauer ebenfalls verständlich, wenn man berücksichtigt, daß ein einzelner Flüchtling schwerlich über günstige Reisemittel verfügte und zudem darauf bedacht sein mußte, dem Zug der Deportierten nicht zu begegnen und so den Babyloniern in die Hände zu fallen. Zweifellos hat Ezechiel schon vor dem Eintreffen des Flüchtlings vom Untergang Jerusalems gehört. Aber da die Babylonier wohl kaum einen Heeresbericht für die bereits deportierten Juden veröffentlichten, können nur Gerüchte zu seinen Ohren gedrungen sein. Vielleicht ist Ezechiel vor allem deswegen verstummt, weil er gerüchtweise von der Erfüllung seiner W e i s s a g u n g gehört hatte und auf Bestätigung und genaue Mitteilungen wartete. Auf keinen Fall kann Ezechiel die Nachricht von der Eroberung Jerusalems an einem Wohnsitz in nicht allzu weiter Entfernung von der Stadt durch einen F l ü c h t l i n g 8 ) oder gar in der Stadt selbst durch einen Mann der zurückweichenden Mauerbesatzung 9 ) gehört haben. Die erste Annahme setzt — von dem angeblichen Aufenthalt Ezechiels in J u d a und der Beibehaltung der Glosse 24,26 abgesehen — voraus, daß Flüchtlinge durch den Ring der Jerusalem belagernden und erobernden Babylonier hätten entweichen können, obwohl sogar der des Nachts ausbrechende König, der nicht zu F u ß floh, eingeholt wurde. G e g e n die zweite Annahme spricht, daß Jerusalem keine G r o ß stadt war und das Eindringen der Babylonier nicht erst gemeldet zu werden brauchte. Es ist ferner unwahrscheinlich, daß ein Mann der Besatzung als Flüchtling bezeichnet wird und daß Ezechiel die Mitteilung als ein dem Geschehen voraufgehendes J a h w e w o r t bezeichnet hätte. V o r allem ist der überwältigende Schock beim Hören der Nachricht unbegreiflich, wenn der Prophet ein Augenzeuge der Belagerung gewesen wäre oder sie auch nur telepathisch wahrgenommen h ä t t e 1 0 ) . E r kann sie nur nachträglich in Babylonien erfahren haben. ) Herntrich, a . a . O . , S. 114; Bertholet, a . a . O . , S.89. ) Herntrich, a . a . O . , S. 114. 1 0 ) So Bewer, a. a. ö . f S. 115. Vgl. Pfeiffer, Introduction to the Old Testament, S.540. 16* 8
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2. Die V e r t r a u t h e i t mit den Zuständen in J e r u s a l e m geht nicht über das hinaus, was Ezechiel aus der Zeit seines dortigen Aufenthaltes vor 598 und durch spätere Mitteilungen wissen konnte. Es ist in keinem Fall erforderlich, eigene Erlebnisse anzunehmen a) Hat Ezechiel die führenden Männer Jerusalems namentlich gekannt, wie man aus 11,1—13 schließen zu dürfen glaubte? 1 2 ) Ezechiel spricht lediglich von 25 Mann, denen das zitierte Spottwort (11,3) in den Mund gelegt wird. Nachträglich ist der Bericht mit Namen ausgeschmückt und durch die Mitteilung vom plötzlichen T o d e Pelatjas ergänzt worden. Für die erste Annahme spricht die glatte metrische Gliederung des Stücks, für die zweite die Beobachtung, daß der Tod Pelatjas in keinerlei ursächliche Abhängigkeit von dem vorhergehenden Drohwort gebracht wird, so daß 11,13 völlig unvermittelt auftaucht 1 3 ), und daß auch in 8,11 später ein Name hinzugesetzt worden ist. Hat Ezechiel die Fremdkulte im Jerusalemer Tempel zur Zeit Zedekias selbst gesehen? 1 4 ) Diese Frage wurde bereits verneint (vgl. S.230f.). In 8,1—9,11. l l , 2 4 f . ist der Bericht über eine ekstatische Schau Ezechiels enthalten, wie noch ein Vergleich mit 40,1—42,20 bestätigt. Dort kann kein wirkliches Erleben des Propheten berichtet werden; er hätte sonst nur Trümmer, nicht aber den neuen Tempel schauen können. Analog verhält es sich in 8,1—9,11. 11,24 f. Hat Ezechiel den zerstörten und in Schutt liegenden Tempel selbst gesehen, wie man aus den Differenzen zwischen den Maßen des salomonischen und ezechielischen Tempels hat schließen wollen? 1 5 ) Dagegen spricht, daß Ezechiel den Westbau (41,12), dessen Zweck er nicht anzugeben weiß, in seinem Entwurf nicht einfach wegläßt, obwohl er aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls zerstört worden ist. Da er vorher als Stall der durch Josias Reform entfernten heiligen ) Über die Totengebeine vgl. S. 234, die Talebene S . 2 5 5 f . ) Matthews, a . a . O . , S . X X 1 ; vgl. Bertholet, a . a . O . , S. X V ; Pfeiffer, a . a . O . , S.536f. 1 3 ) Ein Fernsehen Ezechiels, durch das er diesen Vorgang von Babylonien aus wahrgenommen hätte, ist wie in 24,1 f. unwahrscheinlich. Es ist von keinem Propheten bezeugt; auch müßte Pelatja selbst die W o r t e Jahwes, die Ezechiel in Babylonien erreichen, ebenfalls gehört haben und darüber zu Tode erschrocken sein. u ) Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 3 9 ; OesterleyRobinson, An Introduction t o the Books of the Old Testament, S. 3 2 8 ; Bertholet, a . a . O . , S. X V ; Matthews, a . a . O . , S . X X I . 1 6 ) Galling in Bertholet, a. a. O., S. 142f. n
12
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Rosse benutzt worden war, hätte Ezechiel ihn wohl kaum wiedererstehen lassen, sofern er von seiner Zerstörung gewußt hätte. Hat Ezechiel die Belagerung Jerusalems miterlebt und in 4,9—17 1 6 ) die Zustände während dieser Zeit vorausgesagt? 1 7 ) Es ist wenig wahrscheinlich, daß der Prophet in dieser symbolischen Handlung auf Grund seiner Erfahrung Voraussagen macht. Zu Beginn der Belagerung konnte diese nach der langen Zeit ungestörten Lebens nicht vorliegen; es ist ebenso fraglich, ob während der ersten Belagerungsperiode bis zum Heranziehen des ägyptischen Hilfsheeres eine solch scharfe Rationierung eingeführt wurde. Die Maßangaben scheinen eher willkürlich zu sein. b) Außer 8,1. 14,1. 20,1 werden Älteste auch 8,11 genannt. Die Letzteren sind zweifellos in Juda oder Jerusalem ansässig. Das berechtigt jedoch nicht zu der Vermutung, daß es sich an den anderen Stellen ebenfalls um solche Männer handeln muß 1 8 ). Gerade bei den Deportierten werden die Ältesten nach dem Fortfall aller staatlichen Ordnungen eine größere Rolle als vorher gespielt haben. Ihr Auftreten bei der Gola ist durchaus verständlich. Auch die Nennung der d,13 (14,7) ist berechtigt und führt nicht nach Jerusalem 1 9 ). Außer den Vollbürgern ( p x r r o y ) waren 598 auch Handwerker deportiert worden. Unter ihnen, die in Jerusalem ansässig waren, werden die p u zu suchen sein. Schließlich weist 24,1 f. nicht nach Jerusalem als dem Aufenthaltsort Ezechiels, ohne daß es deshalb als Fiktion oder auf parapsychologischem W e g e erklärt werden müßte 2 0 ). Wie Ezechiel in Babylonien zu dieser Angabe gelangen konnte und was von ihrer Glaubwürdigkeit zu halten ist, wurde bereits untersucht (S. 116ff.). c) Die erklärende Glosse „Jerusalem" in 4,1 war in jedem Falle unnötig und kann auch unter Voraussetzung des babylonischen Aufenthalts Ezechiels gestrichen werden 2 1 ). Es gab für die Deportierten in der T a t nur „die S t a d t " ; wenn von ihr die Rede war, konnte jede Erklärung wegfallen. Zudem handelt es sich in diesem Stück um einen 16
) Änderungen außer den S. 80 Anm. 48 genannten Zusätzen: in 4,9 1
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pßttEhi. ) Herntrich, a . a . O . , S . 8 3 . ) Torrey, a. a. O., S. 35. " ) So Herntrich, a . a . O . , S. 100; Bertholet, a . a . O . , S . 5 1 . 2 0 ) Herntrich, a. a. O., S. 108; Bertholet, a. a. O., S. 85, 8 7 ; Pfeiffer, a. a. O., S. 536 f. 2 1 ) Gegen Herntrich, a . a . O . , S.82. 17 18
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an Ezechiel gerichteten Befehl Jahwes; für den Propheten konnte kein Zweifel daran bestehen, was mit „der Stadt" gemeint war. 5,2 besagt nicht, daß die symbolische Handlung tatsächlich inmitten Jerusalems hätte ausgeführt werden müssen 22 ). Die fraglichen Worte sind als Glosse.zu streichen; abgesehen davon könnten sie ohne weiteres bedeuten, daß Ezechiel die abgeschnittenen Haare auf dem Ziegel inmitten des Stadtplanes verbrennen soll 2S ). Und die erläuternden Worte „dies ist Jerusalem" (5,5) beziehen sich gerade nicht auf den Ort der Handlung, sondern auf den zu ihrer Ausführung benutzten! Gegenstand — die Haare. Auch 6,12 weist nicht nach Jerusalem 2 i ). Die Ausdrücke „nah" und „fern" sind selbstverständlich relativ zu verstehen: nah und fern von Jerusalem, nicht vom Standpunkt des Propheten. Da es sich zudem noch um ein Jahwewort handelt, müßte sich das Geschehen, nähme man Herntrichs Ansicht ernst, im Himmel abspielen! In 13,4 f. benutzt Ezechiel die Bilder der Ruinen und der Bresche. Es handelt sich nach dem Zusammenhang zweifellos um allgemeine Bilder, ohne daß auf den tatsächlichen Zustand Jerusalems während der Belagerung angespielt würde 2 5 ). In 13,4 werden die Heilspropheten mit in Ruinen herumstreifenden Schakalen verglichen; in 13,5 wird ihnen vorgeworfen, daß sie das Volk nicht recht beraten und geführt haben, so daß es bestehen könnte. Der Ausdruck „Bewohner dieser Trümmer im Lande Israel" (33,24) setzt allerdings außerisraelitischen Standpunkt nicht voraus 26 ). Er ist jedoch auch als in Babylonien gesprochen verständlich. Die Frage wird dadurch unwesentlich, daß „diese" (nbxn) mit G, die wiederum den zuverlässigeren Text aufweist, zu streichen ist. Es bleibt demnach kein Hinweis auf Jerusalem als den Aufenthaltsort Ezechiels übrig. Durch dieses negative Ergebnis wird die Annahme bestätigt, daß Ezechiel in der babylonischen Gola tätig gewesen ist. II. Die Verkündigung Ezechiels und Jerusalem Es liegt im Bereich des Möglichen, daß Ezechiel seine Botschaften den Jerusalemern ü b e r m i t t e l t hätte. Er hätte hierzu Briefe oder besondere Boten verwenden können. Eine ständige Verbindung scheint 22
) Herntrich, a . a . O . , S . 8 4 ; Bertholet, a . a . O . , S. XV; Pfeiffer, a . a . O . , S. 537. 28 ) Vgl. Kraetzschmar, Das Buch Ezechiel, S . 5 4 f . 21 ) Gegen Herntrich, a . a . O . , S. 85. 25 ) Gegen Herntrich, a . a . O . , S. 100; Matthews, a . a . O . , S. 46. 2e ) Herntrich, a . a . O . , S. 115; Bertholet, a . a . O . , S. 116.
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allerdings nicht bestanden zu haben, da Jeremia zur Übersendung seines Briefes (Jer 29) und zur Ausführung einer symbolischen Handlung (Jer 51,59—64) die sich anläßlich von Gesandtschaften 2 7 ) bietende Möglichkeit benutzte. Ezechiel hätte seine Botschaft wohl nur in geraumen Zeitabständen nach Jerusalem gelangen lassen können 2 S ). Eine große Wirkung dürfte man sich davon nicht versprechen. Wir erfahren jedoch nichts von einer solchen Übermittlung der Worte des Propheten. Wenn dieses Schweigen die Möglichkeit der Übermittlung auch nicht ausschließt, macht sie sie doch ziemlich unwahrscheinlich 29). Das ist angesichts des Auftrages Ezechiels nicht anders zu erwarten. War er zu den Deportierten gesandt, sollte er ihnen die Eingebungen und Erkenntnisse verkünden, die ihm zugeflossen waren, so war eine Übermittlung dieser Worte an die Judäer und Jerusalemer selbst unwichtig und unnötig. War seine Verkündigung für die Deportierten bestimmt, um sie von ihrem falschen Vertrauen auf Jerusalem und seinen Tempel auf den rechten W e g zu leiten, so spielte es keine Rolle, ob die Jerusalemer seine Worte zu Ohren bekamen. Es ließe sich dagegen einwenden, daß den Deportierten das Ergehen der Jerusalemer gleichgültig sein konnte und daß dann Drohungen gegen Menschen, die weit von ihnen und vom Propheten entfernt lebten, unsinnig sein mußten 3 0 ). Hierzu ist geltend zu machen: a) Die geistig-religiöse Existenz der Deportierten war mit dem Bestand Jerusalems und des Tempels aufs engste v e r k n ü p f t (vgl. S. 216ff.). Das Schicksal der Stadt war ihnen also nicht gleichgültig, wie ihre Fragen und Einwände bestätigen (z. B. 8,1 ff. 14,12 ff. 15,1 ff.). Die Verkündigung Ezechiels rührte an die Grundlagen ihres Glaubens und befaßte sich mit dem für sie wichtigsten Problem: mit Jerusalem und der Rückkehr dorthin. b) Wie jeder Prophet mußte auch Ezechiel seine Worte unabhängig von Angeredeten, Betroffenen und Zuhörern aussprechen. Der für die Propheten bezeichnende Z w a n g trieb ihn dazu. Diesem prophetischem Zwang kann man sich nicht entziehen. Wie der Mensch sich 27
) Es ist nicht ersichtlich, ob es sich in Jer 29 und 51 um dieselbe O e sandtschaft handelt, vgl. Rudolph, Jeremia, S. 275. 28 ) Die Vermutung von Barton, The Religion of Israel, S. 125, daß zahlreiche Boten zwischen Jerusalem und Babylonien verkehrten, so daß Ezechiels Worte dort bekannt werden konnten, ist unbegründet. 29 ) So richtig Messel, a. a. O., S. 10. s») Torrey, a . a . O . , S. 29 f.; Oesterley-Robinson, a . a . O . , S.319; Pfeiffer, a. a. O., S. 536.
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unweigerlich fürchtet, wenn der Löwe brüllt, so muß der Prophet unweigerlich reden, wenn Jahwe zu ihm spricht (Am 3,8). Und will er sich dem entziehen und nicht mehr im Namen Jahwes reden, ¡so brennt das Wort im Herzen wie Feuer, daß er es nicht aushalten kann (Jer 20,7—9). Mag der Prophet unter dem Druck der Hand Jahwes einsam werden (Jer 15,17. 16,1—9) und sogar den Tag seiner Geburt verfluchen (Jer 20,15—18), er muß dennoch reden. Die symbolischen Handlungen der Propheten sind nur verständlich, wenn man voraussetzt, daß sie unter einem ungeheueren Zwang ausgeführt worden sind. Ohne diesen Zwang, der kein Widerstreben zuließ, wären sie nicht imstande gewesen, die seltsamen und absonderlichen Handlungen zu vollziehen. Von sich aus wären sie dazu nicht fähig gewesen, denn sie ernteten fast immer Spott und Hohn, gelegentlich sogar Verfolgung. Auch Ezechiel steht unter diesem prophetischen Zwang und muß reden, ob seine Zuhörer ihn hören wollen oder nicht. Und obwohl er unmittelbar zu den Deportierten spricht, kann er doch das weit entfernte Jerusalem anreden und ihm den Untergang verkünden. Diese zur bloßen Stilform gewordene Anrede hat ihren letzten Grund in dem prophetischen Zwang zur Verkündigung. c) Ezechiel will durch seine Verkündigung unmittelbar auf die Deportierten einwirken, mittelbar glaubt er durch seine Worte und Handlungen auch auf das Schicksal Jerusalems E i n f l u ß zu haben. Es ist bezeichnend, daß er einzig und allein den Untergang der Stadt ankündigt. Nur einmal wagt er die versteckt bittende Frage, ob Jahwe mit der Vernichtung Jerusalems denn den Rest Israels vertilgen wolle (9,8). Niemals aber findet sich auch nur der Versuch, die Jerusalemer zur Umkehr zu bewegen, wie Jeremia ihn häufig unternommen hat. Er kündigt der Stadt lediglich das Gericht an. Und indem er es ankündigt, trägt er zur Verwirklichung bei. Denn die prophetischen Worte und Handlungen wollen nicht nur mitteilen, sondern wirksam sein. Freilich ist die Behauptung übertrieben, daß sie geradezu magischen Charakter trügen und direkt bestimmend auf das Schicksal des fernen Jerusalem einwirken sollten 31 ). Die Worte und Handlungen Ezechiels sind alles andere als Fernsprüche und -handlungen, die primitivem Sympathiezauber nicht fernstehen. Mit Recht verweist Herntrich auf die symbolischen Handlungen Jeremias, die nicht als magisch wirkende Fernhandlungen bezeichnet werden können S 2 ). 31 ) Sellin, a . a . O . , S . 3 5 f . Ähnlich Schmerl, Die Völkerorakel in den Prophetenbüchern des Alten Testaments, S. 12 ff. 32 ) Herntrich, a. a. O., S. 133.
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Allerdings scheint das prophetische Wort in bestimmter Hinsicht dem magischen Wort verwandt zu sein. Die Aussagen über die Kraft und Wirkung des durch die Propheten verkündeten Wortes Jahwes weisen in diese Richtung. Jahwes Wort ist wie ein Feuer und Hammer; es wirkt wie ein Hammer, der Felsen zerschlägt (Jer 23,29). Dieses Wort schlägt in Israel ein, daß das ganze Volk es fühlt (Jes 9,7). Durch die Propheten hat Jahwe wie mit einem Schwert dreingeschlagen und durch sein Wort getötet (Hos 6,5). Sein Wort wird in ihrem Munde zu Feuer, das das Volk wie Brandholz verzehrt (Jer 5,14). Es wird nicht vergeblich ausgesandt, sondern kehrt erst dann zu Jahwe zurück, wenn es ausgerichtet hat, wozu es gesandt ist (Jes 55,10f.). Eben durch seine Verkündigung ruft es fast automatisch seine Wirkung hervor. Daher kann Amazja sagen, das Land vermöge die Worte des Arnos nicht länger zu ertragen (Am 7,10). Aber von einer magischen Auffassung dieses Wortes ist die Prophetie doch weit entfernt. Der Prophet bindet zwar die Zukunft und führt sie herbei; aber es geschieht nicht durch eine seinem Worte immanente Kraft wie im Räume der Magie, sondern weil er das Wort Jahwes verkündet, der das in seinem Auftrag Gesprochene verwirklichen will. Das prophetische Wort ist wirksam, jedoch nicht infolge magisch zwingender Kraft, sondern als Ankündigung des göttlichen Handelns, in dessen Planung der Prophet Einblick erhalten hat. Ebenso verhält es sich mit den symbolischen Handlungen 3 3 ). Entgegen früheren Anschauungen 34 ) können sie mit Sicherheit als wirklich ausgeführt bezeichnet werden. Zahlreiche religionsgeschichtliche Parallelen zeigen ihre ursprünglich nahe Verwandtschaft zu magischen Handlungen. Ebenso deutlich wird aber der Unterschied zwischen beiden. Die symbolische Handlung bewirkt das Eintreffen des symbolisierten Geschehens nicht mechanisch durch die Ausführung der Handlung und die ihr immanente Kraft. Die Gewißheit, daß es sich ereignen wird, liegt für den Propheten vielmehr in der Macht Jahwes und in seinem Willen, das durch die Handlung Verkündete wahr und wirklich werden zu lassen. Deshalb finden sich in den Berichten über sie immer wieder der Befehl Jahwes zur Ausführung der Handlung (Ez 12,1.17. 21,23. 24,3b.15. 37,15) und die Zusage Jahwes zur Verwirklichung des durch die Handlung Verkündeten (Ez 4,16. 5,8. 12,8.19. 24,21. 37,19, vgl. 3,22—27. 21,23—29). Auch die prophetische symbolische Handlung 33
) Vgl. zum Folgenden Fohrer, Die symbolischen Handlungen der alttestamentlichen Propheten; Keller, Das Wort O T H als „Offenbarungszeichen Gottes", S. 49f., 99f. 3i ) Hitzig, Smend, Riehm, Kuenen, Bleek, Baudissin.
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ist wirksam, wiederum nicht infolge magisch zwingender Kraft, sondern als Ankündigung des göttlichen Handelns, die durch den dazu bevollmächtigten Propheten geschieht. So wird sich auch Ezechiel dessen b e w u ß t gewesen sein, daß er nicht nur unmittelbar auf die Deportierten eingewirkt, sondern mittelbar dazu beigetragen hat, daß das bevorstehende Unheil für J e r u s a lem gemäß dem Willen J a h w e s herbeigeführt wird. Hierin m u ß für seinen und der Deportierten Glauben seine über die babylonische Oola hinausreichende Wirkung und Bedeutung gelegen haben. Indem er immer wieder durch W o r t und Handlung das Gericht über Jerusalem verkündet, macht er es unausweichlich; nicht durch magischen Einfluß, wohl aber durch die bindende Proklamation des W i l lens Jahwes, den dieser in die T a t umsetzen wird. 14. K a p i t e l
Die Ekstase im Leben Ezechiels I. Ezechiel als Ekstatiker Die Ekstase ist ein abnormer, durch außergewöhnliches Verhalten gekennzeichneter Zustand, in dem das Subjekt sich einer anderen W e l t bewußt ist als der, die in seiner gewöhnlichen Verfassung vor ihm liegt, und die zu allen Zeiten vor denen verborgen ist, die seine besonderen Fähigkeiten nicht besitzen 1 ). In der Ekstase ist man der Sinnenwelt entrückt und wird des Willens und der Pläne Gottes teilhaftig 2 ). Primitives ekstatisches Prophetentum wird im Alten Testament mehrfach bezeugt. Der Geist wird durch wildes Springen, Schwertgeklirr und Verwunden des Körpers (I Kön 18,26 ff. 20,35 ff. Sach 13,6), durch Musik (II Kön 3,15. I Sam 10,5ff.) oder durch Hinstarren auf einen Punkt (I Kön 18,41) herbeigerufen. In diesem Zustand kommen unartikulierte, unklare und dunkle W o r t e aus dem Mund der Ekstatiker (Hos 1,4—9. J e s 7,3. 8,1—3. 30,7. J e r 20,3 f.), auf die man mit größter Aufmerksamkeit achtet. Bei den sogenannten Schriftpropheten treten diese ekstatischen Zustände im allgemeinen weniger hervor; sie sind eine Art des Erlebens Th. H. Robinson, Neuere Propheten-Forschung, S. 76. Vgl. ferner Kühl, Zur Geschichte der Hesekiel-Forschung, S. 108f.; Rowley, The Nature of Prophecy in the Light of Recent Study. Zum Verständnis der Ekstase vgl. van der Leeuw, Phänomenologie der Religion, S. 463 ff., 200, 201 f., 352, 408. 2 ) Puukko, Ekstatische Propheten, S.23.
Die Ekstase im Leben Ezechiels
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neben anderen. Nur bei Ezechiel sind Anzeichen dafür vorhanden, daß die Ekstase für ihn eine wichtigere Rolle spielt 3 ). 1. Das Eintreten und den Zustand der E k s t a s e bezeichnet Ezechiel mit dem Ausdruck „die Hand Jahwes kam über m i c h " (1,3. 3,22. 8,1. 33,22. 37,1. 4 0 , 1 ) 0 , „die Hand Jahwes lastete auf m i r " (3,14). Innerhalb der Ekstase spielt der Geist eine Rolle: „Geist ergriff m i c h " (3,14), „Geist kam in m i c h " (2,2. 3,24), „Geist hob mich e m p o r " (3,12. 8,3. 11,1.24. 43,5), „er brachte mich im Geiste Jahwes hinaus" ( 3 7 , 1 ) 5 ) . Der Geist ist „das übernatürliche Element, das den Menschen befähigt, vor der göttlichen Majestät zu stehen, Audition und Vision zu empfangen" 6 ). Die starke Erregung der Ekstase findet ihren Ausdruck im „Fallen auf das Angesicht" (1,28. 3,23. 9,8. 43,3. 44,4) 7)> im Verstummen des Propheten (3,22—27. 24,25—27. 33,21—22) und in der nach der ersten Ekstase sieben T a g e währenden inneren Erstarrung ( 3 , 1 5 ) 8 ) , die später anscheinend nicht mehr aufgetreten ist. Danach lassen sich in den Berichten Ezechiels mit Sicherheit folgende ekstatische Erlebnisse erkennen: 1,1—3,15, durch die folgende siebentägige Starrheit als erste Ekstase gekennzeichnet 9 ). 3 ) Vgl. Puukko, a. a. O., S. 24; Scott, The Relevanqe of the Prophets, S. 54f. Der Begriff der Ekstase läßt sich nicht vom Rassischen her entbehrlich machen, wie Walz, Die rassenpsychologische Deutung prophetischer Berufungserlebnisse, S. 129, glaubt. 4
) Durchweg bp rrn, nur 8,1 bff bBl.
) ll,5aa ¡st späterer Zusatz, da Ezechiel sich bereits im ekstatisch-visionären Zustand befindet. Vgl. zum Verständnis Dürr, Die Stellung des Propheten Ezechiel in der israelitisch-jüdischen Apokalyptik, S. 24ff.; Häußermann, Wortempfang und Symbol in der alttestamentlichen Prophetie, S. 24f., 44. Parallelen für die Verwendung des Begriffes „Geist" in der Beschreibung der Ekstase bei Buttenwieser, The Date and Characjter of Ezekiel's Prophecies, S. 11 ff. Vgl. ferner Volz, Der Oeist Gottes. 6 ) Volz, a . a . O . , S.45. ' ) 11,13 ist Zusatz. 8 ) Es handelt sich um eine besonders nacji den ersten Ekstasen auftretende Folgeerscheinung des ekstatischen Zustandes, so daß nicht daran zu denken ist, daß Ezechiel in solchem Zustand die Berufungsvision schaute, wie Sellin, Geschichte des israelitisch-jüdischen Volkes II, S. 43. 9 ) Der süße Geschmack der Buchrolle ist häufig damit erklärt worden, daß es sich um Jahwes Offenbarungswort handle (z. B. Hitzig, Ewald; Buzy, Les Symboles de l'Ancien Testament, S. 353; Dürr, Die Wertung des göttlichen Wortes, S. 77; Brunner, Ezechiel I, S. 40), daß auch das Unglück von Gott komme (Ziegler, Ezechiel, S. 16), daß es süß sei, den Willen Gottes zu tun und seinen Auftrag zu erfüllen (McFadyen; Matthews, Eze5
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8„1—9,11. 11,24—25. 9,3a. 10,2. 7*.18.19. 11,22—23 als Rest eines Berichts. 11,1—13. 3,22—27. 24,25—27. 33,21—22, zugleich eine symbolische lung l 0 ).
Hand-
37,1—14. 40,1—42,20. 43,1—9. 44,1—3. 47,1—12. Vielleicht ist auch bei der in 4,4—8 berichteten Handlung an einen ursprünglich ekstatischen Zustand zu denken, der allerdings nur kurze Zeit gedauert haben kann. Dagegen spricht aus 6,11. 21,11 lediglich der auch im allgemeinen Verhalten zu besonderer Erregung neigende Ekstatiker, ohne daß an eine Ekstase zu denken ist. kiel, S. 9) oder daß hier schon das spätere Heil angekündigt werde (Hölscher, Hesekiel, S. 51). Es handelt sich beim Verschlingen der Buchrolle um einen Vorgang, der in Berichten über ekstatische Erlebnisse mehrfach auftaucht. Vor allem wird der süße Oeschmack im Munde des Ekstatikers verschiedentlich erwähnt. Im Kitäb al-Tanbih des al-Malati (Istanbul 1936, S. 12f.) heißt es im Bericht über eine ekstatische Schau: „Und ich fand eine Süße in meinem Herzen und in meinem Mund. Und ich blieb für acht Tage ohne etwas zu essen oder einen Tropfen zu trinken, bis ich zu schwach für das pflichtgemäßige Gebet war. Als ich aber gegessen hatte, verschwand jene Süße." Und in II slaw Hen 56,2 wird die Nahrung vom Ekstatiker mit folgenden Worten zurückgewiesen: „Höre, mein Kind, seit der Zeit, da der Herr mich mit der Salbe seiner Herrlichkeit gesalbt hat, war keine Nahrung in mir, und meine Seele denkt nicht an irdische Süße, noch habe ich irgendein Verlangen nach irgend etwas Irdischem." (Beide Stellen zitiert bei Widengren, Literary and Psychological Aspects of the Hebrew Prophets, S. 101). Nach den Märtyrerakten der Perpetua begegnet ihr in einem Traum ein alter Mann, mit dem Gott gemeint ist. Er gibt ihr einen Bissen Käse: „Ich empfing ihn, nachdem ich die Hände gefaltet hatte, und aß. Und alle Umstehenden sagten: Amen. Und beim Erschallen dieser Worte wurde ich wach, gerade noch etwas Süßes kauend." (H. Schmidt, Die großen Propheten, S. 394). Andere Parallelen sind IV Esr 14,38—41 und Griffith, Stories of the High Priests of Memphis, S. 106 ff., 25. Der süße Geschmack der Buchrolle Ezechiels ist also Ausdruck des ekstatischen Erlebens, vgl. auch Volz, a . a . O . , S. 15f. io) Ober Verstummen im Zusammenhang mit der Ekstase vgl. Hölscher, Die Profeten, S.302, 305. Aus 33,21 f. spricht das ekstatisch bedingte Vorgefühl vom Eintreffen des Flüchtlings, das sich am Abend vor seiner Ankunft geltend machte (vgl. Giesebrecht, Die Berufsbegabung der alttestamentlichen Propheten, S. 173).
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2. Seit Klostermanns Hinweisen 1 1 ) hat man verschiedene Erscheinungen im Leben Ezechiels, die meist mit Ekstasen in Zusammenhang stehen, als Symptome einer mehr oder weniger tief reichenden geistigen Störung oder K r a n k h e i t des Propheten deuten wollen 1 2 ). Es ist zwar zuzugeben, daß sich manche jener Ekstatiker und Visionäre an der Grenze zwischen geistiger Gesundheit und Krankheit befanden, ja daß sich in den ekstatischen Prophetenhorden gelegentlich auch ein Geisteskranker befunden hat. Für Ezechiel aber trifft diese Auffassung keineswegs zu, wie mehrfach von verschiedenem Standpunkt aus mit durchschlagenden Gründen nachgewiesen wurde 1 3 ). G e g e n sie sprechen medizinische Gründe, das Ergebnis der Untersuchung der verschiedenen Ezechieltexte und das gesamte Charakterbild des Propheten. Die fraglichen Erscheinungen sind nicht Symptome einer Geisteskrankheit, sondern der Ekstase u ) . 11
) Klostermann v Ezechiel. ) Oautier, Strack, Orelli, Bertholet, Giesebrecht, Kraetzschmar, Kleinert, Steuernagel, Thomsen; Mowinckel, Ezra den Skriftlaerde, S. 125; Jacobi, Die Ekstase der alttestamentlichen Propheten, S.49ff.; H. Schmidt, a . a . O . , S.395; Bewer, The Literature of the Old Testament, S. 171; Sellin, a . a . O . , S.42; Lods, Les Prophètes d'Israël, S.241; Pfeiffer, Introduction to the Old Testament, S. 541 ; Broome, Ezekiel's Abnormal Personality. Die Möglichkeit pathologischer Züge erwägt Baentsch, Pathologische Züge in Israels Prophetentum, bes. S. 57, ähnlich Jaspers, Der Prophet Ezechiel; Weiser, Einleitung in das Alte Testament, S. 167. 13 ) König, Zur Deutung der symbolischen Handlungen des Propheten Ezechiel; Dieckhoff, Der Prophet Ezechiel; Aalders, De Profeten des Ouden Verbonds, S. 104f.; Buzy, a . a . O . , S. 166ff.; Dürr, Die Stellung des Propheten Ezechiel, S. 32 ff.; Herrmann, Ezechiel, S. 76 f.; Buttenwieser, a . a . O . , S.3f.; Cooke, The Book of Ezekiel, S.48. 14 ) Vgl. Volz, a. a. O., S. 18. Der Aufsatz von Oesterreich, Jeanne d'Arc im Lichte der modernen Forschung, zeigt die Anwendung und das Versagen ähnlicher Methoden wie bei der Ezechielforschung auf Jeanne d'Arc, deren prophetengleiche Art er mehrfach betont. Wenn eine Geisteskrankheit vorgelegen hätte, so „würde sich dann gerade das Problem erheben, wie es kam, daß eine so zerstörend wirkende Psychose zu Leistungen führte, die in sich vollkommen geordnet waren und historisch höchste Bedeutung gewannen" (S. 21). „Es gibt bei der Jungfrau keine sozusagen überzähligen psychotischen Prozesse. Alle ihre Visionen, Halluzinationen und so fort sind von ihrer „Aufgabe" aus als wohlbegründet anzusehen" (S. 22). „Sie besaß eine psychophysische Ausnahmestruktur von ganz besonderer Art" (S. 22). Dasselbe läßt sich genau so von Ezechiel sagen. Man wird ihn nach Kretschmers Definition freilich zu den schizothymen Genialen rechnen können. 12
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
Ebensowenig läßt sich das Verstummen Ezechiels (3,22—27) so verstehen, daß der Prophet infolge des W i d e r s t a n d e s der Deportierten oder sogar infolge von Gewaltanwendung geschwiegen hätte 1 5 ). Dagegen sprechen der an ihn ergangene Auftrag (1,28b—3,9) und die unumgängliche Annahme, daß Ezechiel seine Botschaft tatsächlich mündlich verkündigt hat (S. 50). Das Verstummen gehört an das Ende der ersten Periode seiner Tätigkeit und bildet zusammen mit 24,25 bis 27. 33,21—22 eine symbolische Handlung, die auf einem ekstatischen Erlebnis beruht. 3. Es bleibt schließlich die Frage nach der B e d e u t u n g der Ekstase für die Prophetie Ezechiels zu beantworten. Hölscher glaubte bei ihm Leidenschaft und wilden Enthusiasmus erkennen und eine völlig ekstatische Art der Rede voraussetzen zu können. Die Aufzeichnungen des Propheten spiegeln für ihn das zugrunde liegende ekstatische Erleben auf Schritt und Tritt wider l s ). Dieser Ansicht über die Bedeutung der Ekstase für das Erleben und Auftreten der Propheten überhaupt stimmten manche Forscher zu 17), während andere sie ebenso verwarfen"). Die Ansicht Hölschers mag für die älteren ekstatischen Prophetengruppen, die entgegengesetzte für die Einzelgestalten der Seher zutreffen 19 ); bei den Schriftpropheten verhält es sich anders. Ein ekstatisches Erlebnis liegt an einigen Punkten in ihrem Leben vor, vor allem am Beginn ihrer Tätigkeit. Aber keinesfalls geht nun jeder Ausspruch aus einer besonderen Erneuerung dieses eigentümlichen Zustandes hervor 2 0 ). Denn die Ekstase ist nicht die grundlegende oder einzige geheime Erfahrung der Propheten, sondern nur eine Art neben anderen 2 1 ). Es macht die Eigenart Ezechiels aus, daß bei ihm die Ekstase eine größere Rolle als bei seinen Vorgängern spielt und häufig mit Visionen verbunden ist 22 ). Es ist ferner bezeichnend, 15
) Vgl. S. 30 Anm. 14. ) Hölscher a. a. O., S. 303. 17 ) Vgl. die Ausführungen von Th. H. Robinson, a. a. O., S. 76f., 80; ferner Horst, L'Extase chez les Prophètes d'Israël, S. 344f. " ) Vgl. die Ausführungen von Th. H. Robinson, a. a. O., S. 78, 79f., 83f. 19 ) Obwohl auch die Erlebnisse all dieser Vorläufer der Schriftpropheten sich nicht auf eine einzige Art beschränkt haben. 20 ) Th. H. Robinson, a.a.O., S.85, vgl. die Ausführungen S.77f.; Ridderbos, Profetie en Ekstase. 21 ) Vision, Audition, Eingebung, wunderbares Wissen, vgl. Balla, Die Propheten des Alten Testaments, IV. 22 ) Vgl. auch Mowinckel, Ecstatic Experience and Rational Elaboration in Old Testament Prophecy, S. 277. Nicht mehr haltbar ist die früher geäußerte Ansicht (z. B. Vatke, Kuenen, Kautzsch, Baudissin), daß die Vi16
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daß er über diese Erlebnisse nicht unmittelbar berichtet, sondern sie nachher weiter ausführt, so daß er alle Einzelheiten des in der Vision Geschauten nachzeichnet und die kurzen, abrupten Worte des Ekstatikers durch klare Sätze wiedergibt. Die Ekstase ist also eins, aber nicht das einzige prophetische Erlebnis Ezechiels. II. Die Entraffungen Ein wichtiges Teilmoment der Ekstase kann die Entraffung sein. In ihr fühlt der Ekstatiker sich gleichsam körperlich an einen anderen Ort versetzt, an dem sich dann das eigentliche ekstatische Erlebnis abspielt 2 3 ). Ezechiel berichtet über Entraffungen in doppelter Form. 1. Nach 3,22—24. 37,1 f . 2 4 ) wurde er in eine weite T a l e b e n e fentrafft. Obwohl in 3,22 f. nur die Aufforderung an Ezechiel gerichtet wird, in die Ebene hinauszugehen, weil Jahwe dort mit ihm reden wolle, und anschließend die Ausführung des Befehls berichtet wird, ist doch an eine ekstatische Entraffung zu denken. Denn in dieser Ebene „stand die Herrlichkeit Jahwes", die nur im ekstatisch-visionären Schauen wahrgenommen werden kann. Auch die Aufforderung „geh hinein!" wäre in einer wirklichen Ebene, weitab vom Hause, unverständlich. Deutlicher ist der Bericht 37,1—14, nach dem der Prophet im Geiste Jahwes, also in der Ekstase, hinausgebracht und mitten in die Ebene versetzt wird. Zudem werden die beiden berichteten Erlebnisse dadurch als ekstatisch gekennzeichnet, daß sie sich ereigneten, nachdem „die Hand J a h w e s " über den Propheten gekommen war. Eine ähnliche Entraffung wird in 1,1—3,15 vorauszusetzen sein, obwohl nur in 3,12—14 2 ä ) die Rückkehr aus ihr beschrieben wird. Der Geist hob Ezechiel empor und trug ihn davon; und er ging in der Glut seines Geistes dahin, während die Hand Jahwes ihn festhielt, also im ekstatischen Zustand. 3,15 meint dann ein natürliches Gehen im Anschluß an das ekstatische Erlebnis. sionsberichte nur schriftstellerische Einkleidung seien. Ihnen liegen wirkliche Erlebnisse zugrunde (vgl. Kraetzschmar, Steuernagel; Smith, T h e Prophets and their Times, S. 162; Th. H. Robinson, Prophecy and the Prophets, S. 148), die nachträglich bis ins Einzelne ausgeführt worden sind (z. B. Riehm, Bleek, Oiesebrecht, Hölscher, Dürr). 2 S ) Über ähnliche Erlebnisse der Mystiker, vgl. Hines, T h e Prophet as Mystic. 2 4 ) Ein natürliches Gehen (van den Born, De historische Situatie van Ezechiels Prophetie, S. 19) ist nach dem Wortlaut des T e x t e s ausgeschlossen. Die Bezugnahme in 8,4 ist Zusatz. 2 5 ) In 3,12 ist gegen Buber, Zu Jecheskel 3,12, o n ? zu lesen.
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
Bei der Talebene handelt es sich nach Dt 34,3. Jos 11,8.17. 12,7 Am 1,5. Sach 12,11. II Chron 35,22. Neh 6,2 um ein breites Flußtal, das mehr den Charakter einer Ebene trägt. Dies findet sich bei Jerusalem nicht; ebensowenig ist anzunehmen, daß Ezechiel die Jordanebene in Erinnerung hätte oder gar dorthin gewandert wäre. Dagegen paßt die Angabe gut in die von Kanälen durchzogene Ebene Babyloniens 26), deren Kenntnis also diese ekstatischen Erlebnisse voraussetzen, während sie einen Aufenthalt des Propheten in Jerusalem 27) oder seine Rückkehr von dort zu den Deportierten 28 ) ausschließen. 2. Nach 8,1—9,11. 11,24—25. — 9,3a. 10,2.7*.18.19. 11,22—23. — 11,1 bis 13. — 40,1—42,20. — 43,1—9. 44,1—3. 47,1—12 wurde Ezechiel nach J e r u s a l e m entrafft. Nach 8,1—3 überkommt die Ekstase den Propheten als die Ältesten bei ihm sitzen um ihn zu befragen. Jahwe reckt eine Hand aus und faßt ihn bei den Stirnlocken; dann hebt der Qeist ihn empor, bringt ihn zum Tempel in Jerusalem, durch den er hindurchgeführt wird, und trägt ihn wieder zu den Deportierten zurück. In dem Fragment 9,3a. 10,2.7M8.19. 11,22—23 fehlen Einleitung und Schluß, doch geht aus dem Inhalt die Parallelität zu dem vorhergehenden Bericht hervor. 11,1 berichtet wieder die Entraffung, so daß in 11,1—13 ein weiterer Bericht vorliegt. Bei den zwei letzten Berichten in 40—48 ist nicht ersichtlich, ob es sich noch um echte ekstatische Erlebnisse oder nur um schriftstellerische Einkleidung handelt. Durch die Erkenntnis, daß in 8,1—11,25 drei ekstatische Entraffungserlebnisse berichtet werden, wird für diese Fälle ausgeschlossen, ¡daß Ezechiel das Berichtete bei seinem Aufenthalt in Jerusalem gesehen habe ä 9 ) oder in Wirklichkeit zwischen Jerusalem und Babylonien hinund hergereist sei 30 ). Er berichtet vielmehr von Entraffungen, durch die er in der Ekstase zeitweilig nach Jerusalem versetzt worden ist. 3. Zahlreiche P a r a l l e l e n bestätigen die Richtigkeit der Deutung 26
) Vgl. auch Gen 11,2. Gegen Matthews, a . a . O . , S. 13. ) Z. B. Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 24; Herntrich, Ezechielprobleme, S. 117; Harford, Studies in the Book of Ezekiel, S. 60; Hyatt, Prophetic Religion, S . 3 7 ; Auvray, Ezechiel, S. 104. 28 ) Pfeiffer, a . a . O . , S.539f. 29 ) Z . B . Torrey, a . a . O . , S . 3 9 f f . ; Herntrich, a . a . O . , S.86. 5°) Pfeiffer, a. a. O., S. 537ff. 27
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Die Ekstase im Leben Ezechiels
als Entraffungen 31 ). Es handelt sich in ihnen durchweg um das ekstatische Erlebnis einer Reise der Seele, mittels derer der Fromme schon in diesem Leben zu Gott aufsteigen kann 38 ). Eine ekstatische Entraffung von Babylon nach Susa erwähnt schon Dan 8,1 f., eine unmittelbare Parallele zu Ezechiels Erlebnissen. In Hen 13,7—36 wird Henochs ekstatische Entraffung und seine Reise in Himmel und Hölle beschrieben (vgl. ferner 39,3. 52,1. 70. 71. 87,3. 90,31). Das slawische Henochbuch enthält einen ausführlichen Bericht über die Entrückung Henochs durch zwei Engel und seine Himmelsreise bei Lebzeiten33). Weniger ausgebildet ist die Himmelsreise Levis (Test Levi 2) M ), in der er nicht wie Henoch durch sieben, sondern durch drei Himmel geführt wird. Die in der Erzählung vom Martyrium und der Ascensio Jesaiae dargestellte Entraffung durch sieben Himmel 35) ist vor allem wegen der Schilderung des ekstatischen Zustandes wichtig (6,11 f.). Ferner sind noch die griechische (2,17) und die syrische Baruchapokalypse (6,3), die Apokalypse Abrahams (15) und die von Clemens Alexandrinus erwähnte Sophonias-Apokalypse36) zu nennen. Schließlich findet sich auch im babylonischen Talmud (Chagiga 14b) 37 ) ein Hinweis, in dem es sich offenbar um das in der Ekstase geschehende Aufsteigen ins Paradies handelt. Dieses Erlebnis ist aber schon verdächtig gewesen, so daß warnend die üblen Folgen hervorgehoben werden, die es für die meisten gehabt hat. Auch Paulus ist mit diesem Moment der Ekstase vertraut. Er rühmt sich, in den dritten Himmel und dann ins Paradies entrückt {gewesen zu sein, er weiß nicht, ob außerhalb des Leibes oder im Leibe. Dort 31
) Das älteste vorderasiatisch-europäische Beispiel (8. Jahrh. v. Chr.) muß außer acht gelassen werden, da es sich anscheinend nicht um ein ekstatisches Erlebnis handelt. Die Erzählung steht in der babylonisch-assyrischen Literatur einzig da. Ein Mann, nach dem späteren Zusammenhang ein assyrischer König, schildert eine Höllenfahrt, die er im Traum gemacht hat. Vor Schrecken bebend, erwacht er wieder aus ihm. Vgl. die Obersetzung von Ebeling, Tod und Leben nach den Vorstellungen des Babylonier I, S. 5 ff. 32 ) Die Ekstase, vermöge deren man sich durch den Himmel zu Gott erhebt, ist zugleich eine Vorwegnahme der Himmelsreise der Seele nach dem Tode des Menschen, vgl. Bousset, Die Himmelsreise der Seele, S. 136; van der Leeuw, a.a.O., S.288ff. s3 ) Bousset, a.a.O., S. 138ff. M ) Vgl. Bousset, a. a. O., S. 140. 35 ) Vgl. Bousset, a. a. O., S. 141. 3 «) Vgl. Bousset, a. a. O., S. 142. « ) Vgl. Bousset, a. a. O., S. 145 ff. F o h r e r , H a u p t p r o b l e m e des Buches Ezechiel
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Der Ort der Wirksamkeit Ezechiels
hat er unaussprechliche Worte, in irdische Worte unfaßbare Geheimnisse gehört (II Kor 12,1—4) 3S ). Im Hebräer-Evangelium (Fragment 2a) trägt die Mutter, der heilige Qeist, den Evangelisten an einem Haare zum Qottesberg Tabor. Und Theresia de Jesu beschreibt die Einkehr in die Seele, die zur Gottesschau führt, als eine Wanderung durch eine Burg mit sieben Gemächern, in denen man vom äußersten bis zum innersten siebten vordringen muß, um die innigste Vereinigung der Seele mit Gott stattfinden zu lassen. In den äußeren Gemächern trifft sie auf Nattern, Vipern und andere giftige Tiere, die sie das Licht nicht wahrnehmen lassen wollen 39 ). In der spätpersischen Apokalypse des Ardä Viräf wird erzählt, wie dieser in den Himmel gesandt wird, um eine Offenbarung über die wahre Religion einzuholen. Nachdem er aus einem Becher ein in Ekstase versetzendes Getränk zu sich genommen hat, versinkt er für sieben Tage in einen Starrkrampf. Währenddessen wandert seine Seele durch die Himmelsräume. Die Entraffung ist demnach bekannt und wird auf bestimmte Weise herbeigeführt. Im Zartustnäme wird berichtet, wie Zoroaster dem König Hystaspes, der den für ihn im Paradies bestimmten Platz zu sehen wünschte, einen narkotischen Trank gibt, worauf der König einschläft und seine Seele drei Tage lang im Paradies weilt. Nach der merkwürdigen Erzählung von der persischen Heiligen Golindouch verfiel diese plötzlich in einen Starrkrampf, schaute in diesem Zustand Himmel und Hölle und soll durch das, was sie dort sah, zum Christentum bekehrt worden sein 4 0 ). Von großer Bedeutung ist schließlich ein Stück des großen Pariser Zauberkodex (475—834), das mit einer Anrufung des Mithras beginnt. In ihm liegt eine ausführliche Anweisung darüber vor, wie eine solche ekstatische Entraffung zu erreichen ist. Das Ziel aller Maßnahmen ist deutlich die ekstatische Entrückung in die Welt himmlischer Geheimnisse 41). Ähnliches wird aus dem griechischen Raum berichtet *2). Von Aristeas wird erzählt, daß er die Gabe besessen habe, in der Ekstase seinen Leib zu verlassen. Hermotimos von Klazomenae soll dies für die Dauer von Jahren getan haben, bis sein seelenlos daliegender 88
) Bousset, a. a. O., S. 144, macht darauf aufmerksam, daß Paulus offenbar auch I Kor 2,6ff. auf derartige Erfahrungen zurückblickt. 39 ) Häußermann, a.a.O., S.90. 40 ) Vgl. zu diesen Beispielen Bousset, a. a. O., S. 161 ff. ; Blochet, Études sur l'Histoire religieuse de l'Iran. « ) Vgl. Bousset, a.a.O., S. 167f. 42 ) Vgl. Bousset, a.a.O., S. 253f.; Buttenwieser, a.a.O., S.8f.
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Körper von Feinden verbrannt worden sei. Der Armenier Er, der in der Schlacht gefallen war, lebte nach zwölf Tagen wieder auf und erzählte, was seine Seele im Jenseits gesehen habe. Dem Timarch kommt es in der Trophoniushöhle vor, als trennten sich die Nähte seines Schädels und ließen die Seele heraustreten, die nun durch die himmlischen Orte wandelt. Während Aridaios bei Tage tot liegt, wandert seine Seele durch die Himmelsräume und kehrt dann wieder in den Leib zurück. Auch Muhammed scheint eine ekstatische Entraffung erlebt zu haben, auf die Sure 17,1 anspielt: „Preis sei dem, der eines Nachts mit seinem Diener von der geweihten Stelle (Masdjid al-haram) bis zur weiteren Weihestelle (al-Masdjid al-aksa) reiste, die wir mit Segen umkreist haben, damit wir ihm einige unserer Zeichen zeigen." Es ist anerkannt, daß mit dem „Diener" Muhammed und mit „der geweihten Stelle" das mekkanische Heiligtum gemeint ist. Dagegen wird die weitere „Weihestelle" teils auf Jerusalem, teils auf den Himmel gedeutet 4 8 ). Für beide Deutungen lassen sich Gründe anführen, so daß wohl nicht zu entscheiden ist, ob es sich um eine Entraffung nach Jerusalem oder in den Himmel handelt. Sollte, wie die älteste Tradition annimmt, Jerusalem gemeint sein, so läge eine genaue Parallele zu den entsprechenden Erlebnissen Ezechiels vor. Schließlich sei als auf eines von vielen auf ein Beispiel einer Entraffung bei einem Naturvolk hingewiesen 44 ). Der Schaman (Wahrsager und Zauberer) der Samojeden versetzt sich in einen ekstatischen Zustand und erlebt darin seine Reise zu den Wohnungen der Geister, seine Verhandlung mit dem Geist und seine Rückreise. Im Anschluß daran versinkt er in einen Schlaf, der mehrere Stunden dauern kann. Diese Beispiele zeigen, daß auch bei Ezechiel echte ekstatische Entraffungserlebnisse vorliegen. Zumindest hat die Bestreitung ihrer Möglichkeit keinen positiven Grund mehr. Es ist daher ausgeschlossen, daß die ezechielischen Berichte den Aufenthalt des Propheten in Jerusalem voraussetzen oder als Berichte über wirklich ausgeführte Reisen zu deuten sind. Sie weisen vielmehr auf einen Aufenthalt Ezechiels außerhalb Jerusalems hin, der lediglich in der Ekstase dorthin entrafft wird. « ) Handwörterbuch des Islam, S. 227, 509. 44 ) Puukko, a.a.O., S.28ff.
17*
Schluß 15. Kapitel
Ezechiel als Prophet 1. Das Ergebnis der Untersuchung hat die alttestamentliche T r a d i tion als z u t r e f f e n d erwiesen 1 ). Mit der größten erreichbaren Wahrscheinlichkeit läßt sich feststellen, daß Ezechiel in der frühexilischen Zeit unter den jüdischen Deportierten in Babylonien gelebt und gewirkt hat. Er wußte sich zu den Deportierten gesandt und trat unter ihnen als Prophet auf. Von 593—587 hat er immer wieder auf die Notwendigkeit und Unabwendbarkeit der kommenden Katastrophe hingewiesen, die nationalistische Heilsprophetie bekämpft und die Deportierten vor falschem Jahwe- oder Fremdkult zu bewahren gesucht. Als der Fall Jerusalems bevorstand oder gerüchtweise bekannt wurde, verstummte er, bis der Bericht eines Augenzeugen seine Zunge löste. Dann hielt er den führenden Schichten seines Volkes, die für die unsinnige, zur Katastrophe führenden Politik der vorhergehenden Jahre verantwortlich waren, Abrechnung, während er die Deportierten zur Umkehr usd zu einem Jahwe wohlgefälligen Leben mahnte. Aber bald wurde ihm klar, daß die Zukunft nicht allein im Überleben der Frommen bestehen konnte. Er sah von ferne eine neue Zeh des Heils. Jahwe selbst wird den Deportierten ein neues Herz und einen neuen Geist verleihen und sie wieder in das aufblühende Palästina zurückführen, wo Israel und Juda wieder ein geeintes Reich bilden werden. Jahwe wird dann in den wiedererrichteten Tempel, den er im Zorn verlassen hat, zurückkehren. Von diesem neuen Tempel werden Ströme des Segens ausgehen. Kann Ezechiel in solcher Lage noch als P r o p h e t bezeichnet werden? Man hat dies bestritten, weil die Deportierten ein zu kleiner Teil des Volkes als Hörerschaft für einen Propheten wären oder weil Eze!) Bedeutungslos ist demgegenüber die jüdische Tradition, auf die Torrey, Pseudo-Ezekiel and the original Prophecy, S. 11 ff.; Dahl, Crisis in Ezekiel Research, S. 266, hinweisen.
Ezechiel als Prophet
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chiel sich das Volk nur künstlich habe vergegenwärtigen müssen t ). Jedoch ist die Menge der Hörer belanglos; auch die anderen Propheten haben stets nur einen kleinen Teil ihres Volkes erreichen können. Eine künstliche Vergegenwärtigung ist nicht vorausgesetzt, da Ezechiel sich nicht zu den Jerusalemern, sondern zu den Deportierten gesandt wußte. Wie der Gebrauch des Ausdrucks „Israel" zeigte, galten diese ihm als ein Teil des über Zeit und Raum einheitlichen Volkes Israel (S. 209ff.). Obwohl nicht in Palästina tätig, kann Ezechiel also mit Fug und Recht als Prophet bezeichnet werden 3 ). 2. Die Untersuchung ergab einige Merkmale für die Eigenart des p r o p h e t i s c h e n T y p s Ezechiels. In größerem Maße als die anderen Schriftpropheten scheint er ekstatische Erlebnisse gehabt zu haben, die meist mit Entraffungen verbunden waren. Daneben stehen die Visionen; daß die mit ihnen durchweg gegebenen Auditionen nicht zu bemerken sind, kann in der schriftlichen Überlieferung durch den Propheten begründet sein. Dagegen treten die plötzliche Eingebung und das wunderbare Wissen zurück. Es zeigt sich ferner seine Hinneigung zum Absonderlichen Und Maßlosen, Unschönen und Grausigen. Zunächst tritt dies in fast all seinen symbolischen Handlungen in Erscheinung, viel krasser als in den Handlungen seiner Vorläufer, in denen dies auch schon zu beobachten ist. Aber auch in seinen Worten geht Ezechiel häufig bis an die Grenze des Erträglichen (vgl. 8,17. 16,1—43. 23,1—27. 38,1—39,29). Es ist dies der Ausdruck seiner prophetischen Leidenschaft und dichterischen Kraft. Sie können so stark sein, daß sie häßlich und abstoßend wirken, andererseits zur schroffen Kälte werden, die auf die Gefühle des Hörers keine Rücksicht nimmt. Ezechiel ist ein Mensch, für den das logische Denken eine wichtige Rolle spielt 4 ). Es zeigt sich sowohl in der fast mathematischen Klarheit der metrischen Struktur vieler seiner Gedichte als auch in der Ausgestaltung eines Bildes und dem Versuch, es in seiner Beziehung zur Sache bis aufs äußerste auszubeuten. Daneben neigt er zur Genauigkeit, wenn er allen verschiedenen Möglichkeiten nachgeht (vgl. 14,12—23. 18,1—32. 3,16b—21), und zur Vollständigkeit, wenn er alle Einzelheiten ausmalt und dabei auch vor Wiederholungen nicht zurückschreckt (vgl. 19,1—9. 32,17—32). Ihm ist eine fast pedantische Sorgfalt 2 ) Z.B. Smend, Der Prophet Ezechiel, S. XVI; Torrey, a.a.O., S.20ff.; Herntrich, Ezechielprobleme, S. 40. ') Vgl. z.B. Bertholet, Das Buch Hesekiel, S.XVf.; Kraetzschmar, Das Buch Ezechiel, S. V. Vor allem M. Schmidt, Prophet und Tempel, S. llOff. *) Vgl. Kessler, Die irtntre Einheitlichkeit des Buches Ezechiel, S.64.
262
Schluß
eigen. So erscheint er zunächst als kühler Verstandesmensch, der nüchtern reflektiert und systematisierend zusammenfaßt. Andererseits aber verraten manche Worte eine weiche, verwundbare Seele. Nicht nur der Tod seiner Frau berührt ihn tief, auch die zweifache Mahnung, sich vor den Deportierten nicht zu fürchten (2,6. 3,9), scheint jm Wesen des Propheten begründet gewesen zu sein. Denn die von Ezechiel berichtete Ankündigung Jahwes, ihm Angesicht und Stirn hart zu macheo (3,8), gibt doch nur der Überzeugung des Propheten Ausdruck, daß ihn nur seine prophetische Aufgabe, die Verkündigung der ihm eingegebenen Worte, zu seinem Auftreten veranlassen und stark machen werde. Bemerkenswert ist schließlich die Schroffheit seines Wesens 5 ), die seine Worte oft kalt und unpersönlich erscheinen läßt — als Reflex der Schroffheit Jahwes gegenüber seinem Propheten, Jerusalem und den Völkern. Daneben ist doch wieder ersichtlich, wie sehr ihn der bevorstehende Untergang Jerusalems ergreift (9,8) und wie sehr er darum bemüht ist, die Überlebenden zu mahnen und zu warnen, damit sie vor Jahwe bestehen können (3,16b—21. 33,1—6. 33,12—20). 3. Die Eigenart der P e r s ö n l i c h k e i t Ezechiels ist nicht leicht zu erfassen. Kittel glaubte ihm am ehesten gerecht zu werden, wenn er von zwei Seelen in seiner Brust sprach 6 ). Die Polarität im Wesen Ezechiels hat er zweifellos richtig gesehen, wenn auch zwei Seelen bei weitem nicht ausreichen würden, um die Spannungsweite dieses Mannes zu kennzeichnen. Aber Kittel hat zu wenig darauf hingewiesen, daß diese Gegensätze sich in Ezechiel zu e i n e r Persönlichkeit vereinigen, so daß er in seiner Darstellung in zwei Gestalten zu zerfallen droht. In Ezechiel begegnet ein Prophet, dessen Gedanken doch immer wieder zum Tempel wandern. Er kann den Priester nicht verleugnen und mußte sich doch vom Priestertum abwenden. Er ist wie seine Vorläufer mit mündlicher Verkündigung beauftragt, aber er führt seine Worte schriftstellerisch sorgfältig aus. Er verkündet Unheil und kurz darauf künftiges Heil. Er ist ein erregbarer Ekstatiker und denkt doch logisch und genau. Glühende Leidenschaft vereinigt sich mit pedantischer Kasuistik und reflektierter Erwägung, kühnste Zukunftshoffnung mit nüchternem Realismus. Und neben der Schroffheit seiner Worte steht das Sichkümmern um die Frommen und Gottlosen und die Klage über das bevorstehende Gericht. 5
) Vgl. Kessler, a.a.O., S.87ff. «) Kittel, Geschichte des Volkes Israel III, S. 147, 165f.
Ezechiel als Prophet
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Diese Gegensätze jedoch sprengen seine Persönlichkeit nicht, sondern vereinigen sich in ihm gerade zu einer überragenden Gestalt» deren innere Einheit im S e n d u n g s b e w u ß t s e i n des berufenen Propheten liegt. Das Berufungserlebnis bedeutete für Ezechiel wie für seine Vorläufer die große Wende seines Lebens. Ihm wurde eine gewaltige, schier übermenschliche Aufgabe gestellt. Sie bildet allein die Richtschnur seines künftigen Lebens. In dem Versuch, sie zu erfüllen und dem erhaltenen Auftrag gerecht zu werden, also in seinem Sendungsbewußtsein, ist die Einheit seiner Persönlichkeit begründet. Alle, auch die sich widerstrebenden Kräfte werden in den Dienst der prophetischen Aufgabe gestellt. Und gerade infolge jener Polarität, die dennoch die Einheit der Persönlichkeit nicht sprengen konnte, da die Lebensaufgabe sie einsetzte, vermochte Ezechiel in seiner Zeit und Lage als Prophet zu wirken. 4. Der Einfluß seiner p r i e s t e r l i c h e n Herkunft ist bei Ezechiel unverkennbar. Er betont die Ordnungen und Satzungen, den Unterschied zwischen Heiligem und Profanem, von Rein und Unrein, von Kultus und Götzendienst. Er steht weitgehend in der Nachfolge des Deuteronomiums, das ja ebenfalls prophetische und priesterliche Elemente in sich vereinigt. Immerhin ist Ezechiel in erster Linie und ganz überwiegend Prophet, so daß man nur von einem Einfluß priesterlicher Vorstellungen innerhalb seiner prophetischen Existenz sprechen kann'). Ezechiel ist mehrfach als „Vater des Judentums" bezeichnet worden 8 ), jedoch zu Unrecht 9 ). An seiner Stelle wären vielmehr das Heiligkeitsgesetz und die Priesterschrift zu nennen. Ezechiels Einfluß auf die spätere Entwicklung der Gesetzeslehre bleibt weit hinter dem ihren zurück. 7
) Die Ansicht von Herrmann, Ezechiel, S. XX, daß in Ez 40—48 die Interessen des Mannes von priesterlicher Herkunft in den Vordergrund treten, beruht auf den umfangreichen unechten Zusätzen in diesen Kapiteln; die von Wellhausen, Prolegomena zur Geschichte Israels, S. 58f.; Qreßmann, Der Messias, S. 124; Cooke, The Book of Ezekiel, S. XXVII; Volz, Prophetengestalten des Alten Testaments, S. 264; Faus, The Genius of the Prophets, S. 102, daß Ezechiel Priester und Prophet war, entspricht nicht den Tatsachen. In der Darstellung von Procksch, Theologie des Alten Testaments, S. 305 ff., wird das Bild Ezechiels völlig verzerrt, da der Prophet hinter dem Priester ganz verschwindet. 8 ) Z. B. Kautzsch, Steuernagel, Kittel, Sellin, McFadyen ; Auvray, Ëzéchiel, S. 156 ff. 9 ) Vgl. z. B. Heinisch, Das Buch Ezechiel, S. 10; Dennefeld, Le Messianisme, S. 121 f.
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Schluß
Ebensowenig kann man ihn als ersten Vertreter der Apokalyptik betrachten 10 ), wenn auch die späteren Apokalyptiker in manchem an ihn anknüpfen. Alle bezeichnenden Merkmale fehlen in seinen Anschauungen (vgl. S. 162, 164) u ) . 5. Ist Ezechiel ein Prophet gewesen, dessen Wesen bestimmte Eigenarten verrät, so bleibt noch die Frage, ob er, der in dem verhältnismäßig kleinen Kreis der Deportierten gewirkt hat, den vorangehenden g r o ß e n P r o p h e t e n an die Seite gestellt werden darf oder schon als Epigone beurteilt werden muß l2 ). Alles jedoch, was sich dafür anführen läßt, beruht zum geringen Teil auf der persönlichen Eigenart des Propheten, hauptsächlich ist es durch seine besondere Lage und Aufgabe bedingt. Ezechiel ist daher mit Entschiedenheit als letzter der eigentlichen großen Propheten zu bezeichnen 13 ), nicht zuletzt auf Grund seines Erfolges. Er vor allem ist es gewesen, der die Deportierten vor dem Zusammenbruch gerettet hat. Getragen von der Kraft dessen, von dem er sich berufen wußte, hat er das fast Unmögliche erreicht und Volk und Glaube vor dem Untergang bewahrt. 10 ) Z.B. Steuernagel, Duhm; Dürr, Die Stellung des Propheten Ezechiel in der israelitisch-jüdischen Apokalyptik; Wollen und Wirken der alttestamentlichen Propheten, S. 123; Procksch, a.a.O., S.308. " ) Vgl. z.B. Heinisch, a.a.O., S. 14; Sellin, a.a.O., S. 100; Dennefeld, a. a. O., S. 122 ff. 12 ) So z. B. Bertholet, Wellhausen, Marti. 1S ) So mit Recht Sellin, a. a. O., S. 101; vgl. Haller, Ezechiel und Ezechielbuch S. 484; M. Schmidt, a.a.O., S. 109.
Abkürzungen AcOr AJSL ARW B ET FF HThR HUCA JAOS JBL JPOS JThSt MGWJ
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