Die Haftung Des Kommanditisten Auf Der Grundlage Kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien 9783161547539, 9783161548413, 3161547535

Kaum eine Materie des HGB ist seit jeher so intensiv und kontrovers diskutiert worden wie das Recht der Kommanditistenha

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Die Haftung Des Kommanditisten Auf Der Grundlage Kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien
 9783161547539, 9783161548413, 3161547535

Table of contents :
Cover
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
A. Einführung
I. Fragestellung
II. Gang der Untersuchung
B. Theoretische Grundlegung
I. Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem
1. Die Sprache des Gesetzes
2. Bisherige Klärungsversuche
a) Das Modell von Hafteinlage und Pflichteinlage
b) Das Modell von Pflichteinlage und Haftsumme
3. Notwendigkeit einer neuen Begriffsbildung
4. Zusammenfassung zu I
II. Argumentative Voraussetzungen
III. Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage
1. Das Innenverhältnis zwischen Kommanditist und KG
a) Die Einlage
b) Die Einlageforderung
2. Das Außenverhältnis zwischen Kommanditist und KG-Gläubigern
a) Trennung vom Innenverhältnis
b) Wesen der Außenhaftung
aa) Allgemeine Grundsätze
bb) Beschränkung durch Außenhaftungsbetrag
3. Die Leistung der Einlage iSd § 171 I Hs. 2 HGB und der Kapitalaufbringungsgrundsatz
a) Bisher entwickelte Positionen
aa) Die Verrechnungstheorie
bb) Die Vertragstheorie
cc) Die Lehre vom Doppeltatbestand
dd) Die Lehre von der Zweckvereinbarung
ee) Die modifizierte Verrechnungstheorie
b) Entwicklung eines spezifisch kapitalgesellschaftsrechtlichen Verständnisses der Leistung der Einlage iSd § 171 I Hs. 2 HGB
aa) Herleitung der Voraussetzungen der Leistung der Einlage iSd § 171 I Hs. 2 HGB
(1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG
(2) Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung
(3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung
bb) Eigenschaften und Reichweite des § 171 I Hs. 2 HGB nach der hier entwickelten Konzeption
(1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG
(2) Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung
(3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung .
(4) § 171 I Hs. 2 HGB als kapitalgesellschaftsrechtliches Element
c) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
d) Zusammenfassung zu 3.
4. Die Befriedigung von KG-Gläubigern
a) Einordnung
b) Voraussetzungen
c) Zusammenfassung zu 4.
5. Das Zurückbezahlen der Einlage iSd § 172 IV 1 HGB und der Kapitalerhaltungsgrundsatz
a) Einordnung des § 172 IV 1 HGB
b) Voraussetzungen des § 172 IV 1 HGB
aa) Bisher entwickelte Positionen
(1) Die Verrechnungstheorie
(2) Die Vertragstheorie
(3) Die Lehre vom Doppeltatbestand
(4) Die modifizierte Verrechnungstheorie
bb) Entwicklung eines funktionsgerechten Verständnisses des Zurückbezahlens der Einlage iSd § 172 IV 1 HGB
(1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch die KG an den Kommanditisten
(2) Lösung des Übertragungsgegenstandes aus der Kapitalbindung
(3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung
(4) § 172 IV 1 HGB als Spiegelbild des § 171 I Hs. 2 HGB
c) Das Hinzutreten eines unterstützenden Kapitalerhaltungsmechanismus
aa) Die Lückenhaftigkeit des § 172 IV 1 HGB
bb) Vergleich mit der Interessenbewertung in den §§ 30, 31 GmbHG
cc) Inhalt und Reichweite der Kapitalerhaltung bei der KG
dd) Verhältnis zu § 172 IV 1 HGB
d) Die Einheitlichkeit des Haftungssystems
e) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
aa) Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf § 172 IV 1 HGB
bb) Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §§ 30, 31 GmbHG
f) Zusammenfassung zu 5.
6. Die Entnahme von Gewinnanteilen iSd § 172 IV 2, 3 HGB
a) Einordnung des § 172 IV 2 HGB
b) Voraussetzungen des § 172 IV 2 HGB
aa) Entnahme von Gewinnanteilen durch den Kommanditisten
bb) Unterdeckung eines zuvor gedeckten Teiles des Außenhaftungsbetrages
c) Verhältnis zu § 172 IV 1 HGB und §§ 30, 31 GmbHG
d) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
e) Zusammenfassung zu 6.
7. Der gutgläubige Gewinnbezug iSd § 172 V HGB
a) Einordnung des § 172 V HGB
b) Voraussetzungen des § 172 V HGB
c) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast
d) Zusammenfassung zu 7
C. Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen
I. Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung
1. Die Einbuchung
a) Begriffsbestimmung und Abgrenzung
b) Haftungsbefreiende Wirkung
2. Die Aufrechnung mit einer gegen die KG gerichteten Forderung
a) Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach Äquivalenz- bzw. Surrogationsgrundsätzen
b) Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach der Vollwertigkeit der Aktivforderung
aa) Das Nennwertprinzip als gesetzlicher Ausgangspunkt
bb) Die Vollwertigkeitsprüfung als gesellschaftsrechtliche Besonderheit
cc) Die Rückkehr zur Nennwertaufrechnung bei fehlender Gläubigergefährdung
c) Kumulative Anwendung von Äquivalenz- und Vollwertigkeitsprinzip
d) Materielle Kongruenz mit kapitalgesellschaftsrechtlichen Aufrechnungsverboten
3. Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Einlageforderung und Erstattungsforderung
a) Abtretung der Einlageforderung
b) Verpfändung der Einlageforderung
c) Pfändung der Einlageforderung
d) Erstreckung der Grundätze auf die Erstattungsforderung aus § 31 I GmbHG analog
4. Leistungen „auf die Haftung“
5. Zusammenfassung zu I.
II. Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung
1. Die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG
a) Die Modifikation des Kapitalcharakters als haftungsunschädliche Finanzierungsentscheidung
b) Die Bedeutung der Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages
c) Folgen für die Gesellschaftsinsolvenz
2. Die Erfüllung des Regressanspruchs nach §§ 161 II, 110 HGB
3. Die Einbringung von Negativwerten
4. Die verdeckte Sacheinlage
a) Divergenz der Publizitätsanforderungen
b) Materiell-rechtlicher Gleichlauf der Lösungsansätze
5. Das Hin- und Herzahlen
6. Sonstige Kapitalschmälerungen im Zusammenhang mit Verkehrsgeschäften
7. Die unbefugte Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen
8. Die Einbeziehung von Drittvermögen
a) Leistungen aus Drittvermögen
aa) Leistungen von Gesellschaftsexternen
bb) Leistungen von Mitgesellschaftern
cc) Leistungen von zwischengeschalteten Gesellschaften
b) Leistungen in Drittvermögen
aa) Unmittelbarer Vermögensvorteil für den Kommanditisten
bb) Zugriffsmöglichkeit auf Drittvermögen
cc) Die einschlägigen Haftungsnormen
c) Leistungen in Kommanditistenvermögen für Rechnung eines Dritten
aa) Die Frage der Haftungsschädlichkeit
bb) Die einschlägigen Haftungsnormen
9. Zusammenfassung zu II
D. Fazit
Literaturverzeichnis
Sachregister

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Studien zum Privatrecht Band 55

David Bartlitz

Die Haftung des Kommanditisten auf der Grundlage kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien

Mohr Siebeck

David Bartlitz, geboren 1987; Studium der Rechtswissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg; 2012 Erste Juristische Prüfung; seit 2013 Wissenschaftlicher Mit­ arbeiter am Lehrstuhl für Wirtschaftsprivatrecht der Universität Erlangen-Nürnberg; 2016 Promotion.

e-ISBN PDF 978-3-16-154841-3 ISBN 978-3-16-154753-9 ISSN  1867-4275 (Studien zum Privatrecht) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016  Mohr Siebeck Tübingen. www.mohr.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde Druck in Tübingen aus der Times New Roman gesetzt, auf alterungsbeständiges Werkdruckpapier gedruckt und gebunden.

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/16 vom Fachbereich Rechtswissenschaft an der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im Oktober 2015 abgeschlossen. Rechtsprechung und Schrifttum sind bis Mai 2016 berücksichtigt. Besonderer Dank gilt meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Jochen Hoffmann, der mir stets alle Freiheit ließ, das Thema der Dissertation zu entwickeln und nach eigenen Vorstellungen zu gestalten. Als Assistenten an seinem Lehrstuhl in Nürnberg hat er mich, auch abseits der Dissertation, mit großem Wohlwollen zum wissenschaftlichen Arbeiten angeregt. Herrn Professor Dr. Robert Freitag, Maître en droit, danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens sowie die vielfältigen darin enthaltenen Anregungen. Zu herzlichem Dank verpflichtet bin ich alsdann Herrn Professor Dr. Hans-Dieter Spengler, der nicht nur den Vorsitz in der Disputation übernommen, sondern mich bereits während meines Schwerpunktbereichs­ studiums mit großer Freude und regem Interesse betreut hat. Dank gebührt auch der Studienstiftung des deutschen Volkes, die das Entstehen dieser Arbeit mit einem Promotionsstipendium gefördert und dadurch erheblich dazu beigetragen hat, dass die Dissertation zügig abgeschlossen werden konnte. Hervorheben möchte ich dabei das Engagement meines Vertrauensdozenten, Herrn Professor Dr. Ulrich Heber, der mir während der Promotion und bereits während des Studiums als Ansprechpartner in allen stipendiatischen Angelegenheiten bereitwillig zur Verfügung stand. Sehr verbunden bin ich Herrn Rüdiger Klau, der sich mit großer Sorgfalt der Durchsicht und Korrektur des Manuskripts angenommen hat. Von ganzem Herzen danken möchte ich sodann meiner lieben Freundin, die das zeitintensive Promotions­ vorhaben nicht nur mitgetragen, sondern auch das Temperament des Verfassers dieser Zeilen mit gelassener Haltung ertragen hat. Ohne meine Eltern jedoch, die mir meine gesamte schulische sowie universitäre Ausbildung ermöglicht und mich in jeder Lebenslage vorbehaltlos unterstützt haben, wäre diese Dissertation nicht möglich gewesen. Meiner tiefen Dankbarkeit dafür möchte ich Ausdruck verleihen, indem ich ihnen diese Arbeit widme. Nürnberg, im Mai 2016

David Bartlitz

Inhaltsverzeichnis Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . XIII

A. Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 I. Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 II. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

B. Theoretische Grundlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 I. Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem . . . . . . . . . 5 1. Die Sprache des Gesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2. Bisherige Klärungsversuche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 a) Das Modell von Hafteinlage und Pflichteinlage . . . . . . . . . 8 b) Das Modell von Pflichteinlage und Haftsumme . . . . . . . . . 10 3. Notwendigkeit einer neuen Begriffsbildung . . . . . . . . . . . . 11 4. Zusammenfassung zu I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

II. Argumentative Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 III. Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage . . . . . . . . . . . 18 1. Das Innenverhältnis zwischen Kommanditist und KG . . . . . . . 19 a) Die Einlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 b) Die Einlageforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 2. Das Außenverhältnis zwischen Kommanditist und KG-Gläubigern 20 a) Trennung vom Innenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 b) Wesen der Außenhaftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 aa) Allgemeine Grundsätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 bb) Beschränkung durch Außenhaftungsbetrag . . . . . . . . . 23 3. Die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB und der Kapitalaufbringungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . 27 a) Bisher entwickelte Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 aa) Die Verrechnungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 bb) Die Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 cc) Die Lehre vom Doppeltatbestand . . . . . . . . . . . . . . 31

X

Inhaltsverzeichnis

dd) Die Lehre von der Zweckvereinbarung . . . . . . . . . . . 32 ee) Die modifizierte Verrechnungstheorie . . . . . . . . . . . 33 b) Entwicklung eines spezifisch kapitalgesellschaftsrechtlichen Verständnisses der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB . 34 aa) Herleitung der Voraussetzungen der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 (1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG . . . . . . . . . . . . . . . 34 (2) Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung . . . . . . . . . . . . . . . . 35 (3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung . 35 bb) Eigenschaften und Reichweite des §  171 I Hs.  2 HGB nach der hier entwickelten Konzeption . . . . . . . . . . . 44 (1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG . . . . . . . . . . . . . . . 44 (2) Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung . . . . . . . . . . . . . . . . 44 (3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung . 44 (4) §  171 I Hs.  2 HGB als kapitalgesellschaftsrechtliches Element . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 c) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . 47 d) Zusammenfassung zu 3. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 4. Die Befriedigung von KG-Gläubigern . . . . . . . . . . . . . . . 49 a) Einordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Voraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 c) Zusammenfassung zu 4. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 5. Das Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB und der Kapitalerhaltungsgrundsatz . . . . . . . . . . . . . . . . 57 a) Einordnung des §  172 IV 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB . . . . . . . . . . . . . 61 aa) Bisher entwickelte Positionen . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (1) Die Verrechnungstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 61 (2) Die Vertragstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 (3) Die Lehre vom Doppeltatbestand . . . . . . . . . . . . 64 (4) Die modifizierte Verrechnungstheorie . . . . . . . . . 65 bb) Entwicklung eines funktionsgerechten Verständnisses des Zurückbezahlens der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB . . . 66 (1) Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch die KG an den Kommanditisten . . . . . . . . . 67 (2) Lösung des Übertragungsgegenstandes aus der Kapitalbindung . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (3) Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung . 70 (4) §  172 IV 1 HGB als Spiegelbild des §  171 I Hs.  2 HGB . 70 c) Das Hinzutreten eines unterstützenden Kapitalerhaltungsmechanismus . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 aa) Die Lückenhaftigkeit des §  172 IV 1 HGB . . . . . . . . . 72

Inhaltsverzeichnis

XI

bb) Vergleich mit der Interessenbewertung in den §§  30, 31 GmbHG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 cc) Inhalt und Reichweite der Kapitalerhaltung bei der KG . . . 76 dd) Verhältnis zu §  172 IV 1 HGB . . . . . . . . . . . . . . . 81 d) Die Einheitlichkeit des Haftungssystems . . . . . . . . . . . . 82 e) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . 85 aa) Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §  172 IV 1 HGB . 85 bb) Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §§  30, 31 GmbHG 87 f) Zusammenfassung zu 5. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 6. Die Entnahme von Gewinnanteilen iSd §  172 IV 2, 3 HGB . . . . 91 a) Einordnung des §  172 IV 2 HGB . . . . . . . . . . . . . . . . 91 b) Voraussetzungen des §  172 IV 2 HGB . . . . . . . . . . . . . 91 aa) Entnahme von Gewinnanteilen durch den Kommanditisten . 92 bb) Unterdeckung eines zuvor gedeckten Teiles des Außenhaftungsbetrages . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 c) Verhältnis zu §  172 IV 1 HGB und §§  30, 31 GmbHG . . . . . . 94 d) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . 96 e) Zusammenfassung zu 6. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97 7. Der gutgläubige Gewinnbezug iSd §  172 V HGB . . . . . . . . . . 98 a) Einordnung des §  172 V HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 b) Voraussetzungen des §  172 V HGB . . . . . . . . . . . . . . . 100 c) Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast . . . . . . . . . 102 d) Zusammenfassung zu 7. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103

C. Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen 105 I. Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung . . . . . . . . . . . . . 106 1. Die Einbuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 a) Begriffsbestimmung und Abgrenzung . . . . . . . . . . . . . 106 b) Haftungsbefreiende Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Die Aufrechnung mit einer gegen die KG gerichteten Forderung . . 114 a) Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach Äquivalenz- bzw. Surrogationsgrundsätzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 b) Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach der Vollwertigkeit der Aktivforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 aa) Das Nennwertprinzip als gesetzlicher Ausgangspunkt . . . 117 bb) Die Vollwertigkeitsprüfung als gesellschaftsrechtliche Besonderheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 cc) Die Rückkehr zur Nennwertaufrechnung bei fehlender Gläubigergefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 c) Kumulative Anwendung von Äquivalenz- und Vollwertigkeitsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 d) Materielle Kongruenz mit kapitalgesellschaftsrechtlichen Aufrechnungsverboten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132

XII

Inhaltsverzeichnis

3. Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Einlageforderung und Erstattungsforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 a) Abtretung der Einlageforderung . . . . . . . . . . . . . . . . 134 b) Verpfändung der Einlageforderung . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Pfändung der Einlageforderung . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 d) Erstreckung der Grundätze auf die Erstattungsforderung aus §  31 I GmbHG analog . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 4. Leistungen „auf die Haftung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 5. Zusammenfassung zu I. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

II. Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung . . . . . . . . . . . . . . 147 1. Die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG . . . . . . . 147 a) Die Modifikation des Kapitalcharakters als haftungsunschädliche Finanzierungsentscheidung . . . . . . . 148 b) Die Bedeutung der Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages . 150 c) Folgen für die Gesellschaftsinsolvenz . . . . . . . . . . . . . . 151 2. Die Erfüllung des Regressanspruchs nach §§  161 II, 110 HGB . . . 154 3. Die Einbringung von Negativwerten . . . . . . . . . . . . . . . . 157 4. Die verdeckte Sacheinlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 a) Divergenz der Publizitätsanforderungen . . . . . . . . . . . . 159 b) Materiell-rechtlicher Gleichlauf der Lösungsansätze . . . . . . 160 5. Das Hin- und Herzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 6. Sonstige Kapitalschmälerungen im Zusammenhang mit Verkehrsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 7. Die unbefugte Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen . . . . . 171 8. Die Einbeziehung von Drittvermögen . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Leistungen aus Drittvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 aa) Leistungen von Gesellschaftsexternen . . . . . . . . . . . 174 bb) Leistungen von Mitgesellschaftern . . . . . . . . . . . . . 175 cc) Leistungen von zwischengeschalteten Gesellschaften . . . . 178 b) Leistungen in Drittvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 aa) Unmittelbarer Vermögensvorteil für den Kommanditisten . 181 bb) Zugriffsmöglichkeit auf Drittvermögen . . . . . . . . . . . 182 cc) Die einschlägigen Haftungsnormen . . . . . . . . . . . . . 185 c) Leistungen in Kommanditistenvermögen für Rechnung eines Dritten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 aa) Die Frage der Haftungsschädlichkeit . . . . . . . . . . . . 186 bb) Die einschlägigen Haftungsnormen . . . . . . . . . . . . . 187 9. Zusammenfassung zu II. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188

D. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203

Abkürzungsverzeichnis ARUG BFH/NV Gruchot HoldhMschr. JW MoMiG

Gesetz zur Umsetzung der Aktionärsrechterichtlinie vom 30.7.2009 (BGBl. I S.  2479) Sammlung (bis 13.1997: amtlich nicht veröffentlichter) Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Freiburg i. Br. 1.1985 ff.) Beiträge zur Erläuterung des Deutschen Rechts (bis 15.1871: des Preußischen Rechts), begründet von J. A. Gruchot (Berlin 1.1857 – 73.1933) Monatsschrift für Handelsrecht und Bankwesen, Steuer- und Stempelfragen (bis 5.1896: für Aktienrecht und Bankwesen), begründet von Paul Holdheim (Berlin 1.1892 – 28.1919) Juristische Wochenschrift, Organ des Deutschen Anwaltvereins (Leipzig 1.1872 – 68.1939) Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23.10.2008 (BGBl. I S.  2026)

Soweit Abkürzungen vorstehend nicht gesondert erläutert sind, sei auf die Ausführungen bei Kirchner, Hildebert (Begr.): Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache, 8.  Aufl., Berlin/ Boston 2015 verwiesen.

A. Einführung I. Fragestellung Betrachtet man Rechtsprechung und wissenschaftliches Schrifttum der letzten Jah­ re, lässt sich leicht der Eindruck gewinnen, das Personengesellschaftsrecht habe merklich an Bedeutung verloren.1 Gar als „vernachlässigte[s] Stiefkind des deut­ schen Gesellschaftsrechts“2 ist die Personengesellschaft bezeichnet worden. Zurück­ führen lässt sich dieses Phänomen sicherlich in erster Linie auf den Umstand, dass in jüngerer Vergangenheit augenfällige Reformen weniger im Bereich des Personen­ gesellschaftsrechts als vielmehr im Bereich des Kapitalgesellschaftsrechts stattge­ funden haben. Was die Dynamik der Rechtsentwicklung betrifft, kann man dem­ nach von einer deutlich wahrnehmbaren Diskrepanz zwischen Personengesellschafts­ recht auf der einen und Kapitalgesellschaftsrecht auf der anderen Seite sprechen. Indes spiegelt sich der Kontrast zwischen beiden Rechtsgebieten auch in der ju­ ristischen Begriffsbildung wider. So werden die zentralen Rechtsbegriffe Kapital­ aufbringung und Kapitalerhaltung üblicherweise allein mit dem Recht der Kapital­ gesellschaften, das heißt insbesondere mit dem Recht der Aktiengesellschaft und dem Recht der Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in Verbindung gebracht. Dort bezeichnen die beiden Termini zwei Säulen eines Mechanismus, der auf die Sicherung einer wirtschaftlich nutzbaren Haftungssubstanz der betreffenden Ge­ sellschaft abzielt.3 Im Recht der Personengesellschaften dagegen werden die Rechtsbegriffe Kapital­ aufbringung und Kapitalerhaltung dagegen häufig – wenigstens implizit – als Fremdkörper oder zumindest als nicht ganz treffend empfunden.4 Das mag vor al­ lem daran liegen, dass man seit jeher einen prinzipiellen Gegensatz zwischen der Personengesellschaft einerseits und der Kapitalgesellschaft andererseits voraus­ setzt,5 den man nicht relativieren möchte. Diese, früheren Epochen entstammende Grundüberzeugung spricht gerade dann besonders deutlich aus den Stellungnah­ 1 

So auch Fleischer, ZGR 2014, 107 (107). Henssler, BB Special 3/2010, 2 (2). 3  Statt vieler Goette, ZHR 177 (2013), 740 (740); Raiser/Veil, §  35 Rn.  40; K. Schmidt, Gesell­ schaftsrecht, S.  1111 f. 4 Etwa Müßigbrodt, S.  61 ff. 5  Zurückzuführen ist diese Annahme letzten Endes wohl vor allem auf von Gierke, Genossen­ schaftstheorie, S.  339, der davon ausgegangen ist, Körperschaften und individualrechtliche Ge­ meinschaften seien voneinander „durch eine unüberbrückbare begriffliche Kluft getrennt“. 2 

2

A. Einführung

men des wissenschaftlichen Schrifttums, wenn die Unterschiede zwischen Kapital­ aufbringung und -erhaltung durch den Gesellschafter einer AG oder GmbH auf der einen Seite und den Kommanditisten auf der anderen Seite dargestellt werden.6 Geht man allein vom Wortlaut des Gesetzes aus, ist diese Sichtweise prima facie auch nicht von der Hand zu weisen, finden sich die Begriffe Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung im Gesetzestext der §§  161 ff. HGB, die das Recht der Kom­ manditgesellschaft statuieren, doch an keiner einzigen Stelle. Allerdings muss zum einen berücksichtigt werden, dass man nach sorgfältiger Durchsicht des gesamten Textes des AktG sowie des GmbHG allein in der amtlichen Überschrift zu §  30 GmbHG den Begriff Kapitalerhaltung finden wird – das Recht der Kapitalgesell­ schaften gebraucht die beiden Begriffen also selbst nicht gerade mit steter Regel­ mäßigkeit. Zum anderen verwendet das Recht der Kommanditgesellschaft in §  172 IV HGB – eine Norm, auf deren zentrale Rolle noch einzugehen sein wird – sowie in §§  167 II, 167 III, 168 I und 169 I HGB den Begriff Kapitalanteil und erregt da­ durch zumindest den Verdacht, dass ihm womöglich ein Denken in Kapitalstruktu­ ren ebenfalls nicht generell fremd ist. Nur vereinzelt finden sich im Schrifttum Stimmen, die, was Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung betrifft, einen gewissen Zweifel an der Richtigkeit des strik­ ten Gegensatzes zwischen Kapitalgesellschaften und Kommanditgesellschaften zu­ mindest erahnen lassen. Doch werden derartige Gedanken, sofern sie überhaupt ausgemacht werden können, nur sehr zurückhaltend und bei weitem nicht konse­ quent genug artikuliert.7 Auch hat eine gründliche Auseinandersetzung mit den die §§  171, 172 HGB prägenden zentralen Rechtsbegriffen und den aus diesen entwickel­ ten Denkansätzen bisher kaum stattgefunden.8 Dabei sind in der Tat Zweifel angebracht, ob das überkommene, von besagtem Trennungsdenken geprägte Verständnis der für die Kommanditistenhaftung zentra­ len Normen der §§  171, 172 HGB – die eine Haftung gleich einem Komplementär auslösende Vorschrift des §  176 HGB und ihr Verhältnis zu §§  171, 172 HGB sollen hier nur am Rande behandelt werden9 – angesichts der jetzigen Rechtslage noch zeitgemäß ist.10 Es ist vor allem zu fragen, ob jene spezifisch personengesellschafts­ rechtliche Auslegung der §§  171, 172 HGB11 ein in sich geschlossenes Haftungssys­ tem ergeben kann, welches dem Wortlaut der genannten Vorschriften sowie ihrer 6 

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29. Vgl. die vorsichtige Andeutung bei Kirsch, S.  49, die KG sei aufgrund der Kommanditisten­ haftung den Kapitalgesellschaften strukturell „ähnlich“. 8  Zu diesem Befund gelangt auch Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2956 [Stand: 9/2014]. 9  Ein äußerst gelungener Beitrag zur Enträtselung des §  176 HGB aus jüngster Vergangenheit findet sich bei Lehnen, S.  45 ff. 10  So spricht Fleischer, ZGR 2014, 107 (107 f.) explizit davon, die kategoriale Unterscheidung von Gesamthandsgesellschaft und juristischer Person verliere an Trennschärfe. 11 Vgl. K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29, der eine „spezifisch KG-rechtliche Kapitalgaran­ tie“ annimmt. 7 

II.  Gang der Untersuchung

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funktionalen Verflechtung gerecht wird, und zugleich geeignet ist, die zahlreichen problematischen Fallgruppen, auf deren inkonsistente Behandlung völlig zurecht bereits mehrfach hingewiesen worden ist,12 interessengerecht, aber auch dogma­ tisch konsistent zu lösen. Vor diesem Hintergrund soll nunmehr die ganz grundsätzliche Überlegung ange­ stellt werden, ob nicht ein generelles Umdenken angezeigt ist, was das Verständnis der Kommanditistenhaftung, insbesondere das Verständnis der §§  171, 172 HGB anbelangt. Nimmt man das Leitmotiv eines effektiven Gläubigerschutzes ernst, fühlt man sich zu einem solchen Umdenken geradezu herausgefordert: Weshalb sollte, wie überwiegend vorausgesetzt wird,13 der Gläubigerschutz im Rahmen der Kommanditistenhaftung grundsätzlich anders realisiert werden als im Recht der Kapitalgesellschaften? Lässt sich nicht vielmehr begründen, dass das System der Haftung in wesentlichen Aspekten gleichen Leitlinien folgt, und gerade dann ein tragfähiges, stimmiges und daher auch rechtssicheres Konzept der Kommanditis­ tenhaftung gewonnen werden kann, wenn sich das Verständnis der §§  171, 172 HGB auf das Recht der Kapitalgesellschaften gründet? Es wird zu zeigen sein, dass diese Fragestellungen gerade in Anbetracht der durch MoMiG und ARUG novellierten Gesetzesfassungen in besonderem Maße zielführend beantwortet werden können. Die hier intendierte Untersuchung nimmt sich mithin der Aufgabe an, ein in sich geschlossenes, einheitliches und dem Ziel effektiven Gläubigerschutzes verpflichte­ tes System der Kommanditistenhaftung zu bilden, das seine Begründung und Wir­ kungsweise in kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzipien findet. Es ist zu prüfen, inwiefern zu diesem Zweck neue Positionen bezogen und neue Argumentations­ strukturen entwickelt werden müssen. Im Ergebnis soll dargelegt werden, weshalb es vorzugswürdig erscheint, den Haftungsmechanismus der §§  171, 172 HGB als kapitalgesellschaftsrechtliches Element im Recht der Personengesellschaften zu be­ greifen, und wie auf diese Weise auch problematische Einzelfragen einer stimmigen und interessengerechten Lösung zugeführt werden können.

II.  Gang der Untersuchung Die vorstehend skizzierte Aufgabe soll in der vorliegenden Untersuchung in zwei Schritten bearbeitet werden: Zunächst werden im Rahmen einer theoretischen Grundlegung, ausgehend von dem Wortlaut der §§  171, 172 HGB, die Maximen eines Systems der Kommanditis­ tenhaftung auf der Grundlage kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien abstrakt entwickelt. Dabei wird zunächst argumentativ entfaltet, inwiefern das überkomme­ 12 

Statt vieler Konietzko, S.  28 f. Vgl. etwa Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1038); Hunscha, GmbHR 1973, 257 (260); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29. 13 

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A. Einführung

ne Verständnis der Kommanditistenhaftung gerade aus der Perspektive des Gläubi­ gerschutzes ganz grundsätzlich neu überdacht werden muss. Den eigentlichen Kern der Überlegungen bilden sodann die Fragen nach der sachgerechten Auslegung der beiden für die Haftung zentralen Rechtsbegriffe – Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB und Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB – sowie nach der funktionalen Beziehung zwischen ihnen. In einem zweiten Schritt soll geprüft werden, inwiefern das zuvor abstrakt kon­ zipierte Haftungsmodell geeignet ist, problematische Fallkonstellationen – sei es im Bereich der Kapitalaufbringung oder im Bereich der Kapitalerhaltung – einer sinn­ vollen Lösung zuzuführen. Anhand einer Erörterung der betreffenden Fallgruppen wird sich also erweisen, ob die vorgestellte Haftungskonzeption einen tauglichen Maßstab für die Rechtspraxis liefert, der neben hinreichendem Gläubigerschutz auch die nötige Rechtssicherheit zu gewährleisten vermag. Die zentralen Erkenntnisse der Untersuchung werden abschnittsweise sowie ab­ schließend nochmals im Gesamtzusammenhang festgehalten.

B.  Theoretische Grundlegung I.  Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem Bereits zu Beginn des Versuchs, den §§  171, 172 HGB ein widerspruchsfreies und kon­sistentes System der Kommanditistenhaftung zu entnehmen, stößt man auf nicht unerhebliche Verständnisschwierigkeiten. Diese Schwierigkeiten werden schon un­ mittelbar durch den Wortlaut der §§  171, 172 HGB ausgelöst.

1.  Die Sprache des Gesetzes Die Vorschrift des §  171 I Hs.  1 HGB ordnet an: „Der Kommanditist haftet den Gläubigern der Gesellschaft bis zur Höhe seiner Einlage unmittelbar“. In §  171 I Hs.  2 HGB heißt es: „[D]ie Haftung ist ausgeschlossen, soweit die Einlage geleistet ist“. §  172 IV 1 HGB trifft die Regelung: „Soweit die Einlage eines Kommanditisten zurückbezahlt wird, gilt sie den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet“. In der Vorschrift des §  172 IV 2 HGB steht geschrieben: „Das gleiche gilt, soweit ein Kommanditist Gewinnanteile entnimmt, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert ist, oder soweit durch die Entnahme der Kapitalanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert wird“. Es ist sofort erkennbar, dass dem Begriff der Einlage eine zentrale Stellung im Normgefüge des HGB zukommt, soweit dieses die Haftung des Kommanditisten behandelt. So wird jener Terminus nicht nur in den soeben zitierten, für die Kom­ manditistenhaftung zentralen Regelungen des HGB gebraucht, sondern darüber ­hinaus auch in §§  175, 174, 172 I, 172 II, 172 III, 172 VI 1, 169 I 2 Hs.  2, 167 II, 167 III, 162 I 1 und §  161 I HGB verwendet – allein die letztgenannte Vorschrift spricht dabei von einer „Vermögenseinlage“. Nach dem Grundsatz juristischer Stringenz sowie dem Gedanken der Einheit­ lichkeit der Rechtsordnung dürfte man zunächst zu der Annahme versucht sein, dem Begriff der Einlage liege in allen Fällen derselbe juristische Bedeutungsgehalt bei. Nun sind allerdings im Rahmen der Kommanditistenhaftung stets zwei Grup­ pen von Rechtsverhältnissen auseinander zu halten: die Rechtsverhältnisse zwi­ schen dem Kommanditisten und seinen Mitgesellschaftern sowie der KG auf der einen Seite (sog. Innenverhältnis); die Rechtsverhältnisse zwischen dem Komman­ ditisten und den Gläubigern der KG auf der anderen Seite (sog. Außenverhältnis).

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B.  Theoretische Grundlegung

Seit Einführung des HGB im Jahre 1897 ist es allgemein anerkannt, ja vielmehr völlig selbstverständlich, dass die Vorschriften des HGB über die KG – heute §§  161–177a, damals §§  159–175 – Regelungen über das Innenverhältnis und das Außenverhältnis, die voneinander juristisch und gedanklich zu trennen sind, enthal­ ten.1 Mit Blick auf den hier zentralen Begriff der Einlage bedeutet dies, dass der Terminus im HGB sowohl zur Umschreibung des Innenverhältnisses als auch des Außenverhältnisses verwendet werden kann und folglich gerade nicht an jeder Stel­ le im Gesetz dieselbe juristische Bedeutung mit sich führt.2 Klare Begriffe, die bereits nach dem Wortlaut eine Zuordnung des jeweiligen Terminus zum Innenoder Außenverhältnis erlauben oder gar einen praktikablen juristischen Bedeu­ tungsgehalt kommunizieren, enthält das HGB nicht. Spricht das Gesetz von Einla­ ge, muss vielmehr stets sorgfältig geprüft werden, welches Rechtsverhältnis von der jeweiligen Vorschrift angesprochen ist. Eine entsprechende Prüfung ergibt dabei das Bild einer höchst unsteten gesetz­ lichen Terminologie. So verwendet die Vorschrift des §  171 I Hs.  1 HGB den Begriff der Einlage dazu, den Umfang der Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der KG zu kennzeichnen und bezieht sich damit nach ihrem Regelungs­ gegenstand auf das Außenverhältnis.3 Gleiches gilt für die §§  175, 174, 172 I, 172 II, 172 IV 2, 162 I 1 und 161 I HGB, die allesamt den Umfang der Kommanditistenhaf­ tung gegenüber den KG-Gläubigern oder jedenfalls Aspekte des Gläubigerschutzes behandeln und daher Regelungen des Außenverhältnisses darstellen.4 Auf der an­ deren Seite finden sich in Gestalt von §§  169 I 2 Hs.  2, 167 II, 167 III Normen, die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kommanditisten und der KG ansprechen und daher als Normen des Innenverhältnisses zu qualifizieren sind.5 Schwierigkeiten bereitet, zumindest auf den ersten Blick, die Zuordnung der §§  171 I Hs.  2, 172 III, 172 IV 1 und 172 VI 1 HGB, handelt es sich bei diesen Vorschriften doch um Be­ stimmungen, welche sowohl Fragen der Rechtsbeziehungen zwischen Kommandi­ tist und KG als auch solche der Rechtsbeziehungen zwischen Kommanditist und KG-Gläubigern behandeln. Bei genauerer Betrachtung kann aber festgestellt wer­ den, dass der Begriff der Einlage in allen diesen Vorschriften im Tatbestand ge­ braucht wird und jener Tatbestand für sich genommen bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes nur das Innenverhältnis betreffen kann. So kann etwa mit der Leistung einer Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB nur gemeint sein, dass ein Kommanditist Ver­ 1  So differenziert bereits Hahn/Mugdan, S.  285 zwischen der „Einlage, zu deren Leistung sich der Kommanditist seinen Mitgesellschaftern gegenüber verpflichtet“ und dem „Betrag […], der den Gläubigern gegenüber als Einlage und Grenze der Haftung gelten soll“. 2  In diesem Sinne bereits Hahn/Mugdan, S.  285. 3  Bezüglich dieser Feststellung dürfte allgemeiner Konsens bestehen. Vgl. etwa Kirsch, S.  8 sowie K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  5. 4  Ebenso die Ausführungen bei Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  15 sowie für §  161 I HGB bei Kirsch, S.  7 f. 5  Mit demselben Ergebnis für §  167 bzw. §  169 HGB Konietzko, S.  32 sowie Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  15.

I.  Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem

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mögensgegenstände aus seinem eigenen Vermögen in das Vermögen der KG über­ führt, und daher nur ein Aspekt des Innenverhältnisses geregelt sein. Diese Überle­ gung lässt sich in entsprechender Art und Weise auf die §§  172 III, 172 IV 1 und 172 VI 1 HGB übertragen. Allein die Rechtsfolge betrifft im Falle der §§  171 I Hs.  2, 172 III, 172 IV 1 und 172 VI 1 HGB das Außenverhältnis. Bereits an dieser Stelle soll mit knappen Worten darauf hingewiesen werden, dass insbesondere diese Vor­ schriften Erkenntnisse über das Verhältnis zwischen Innen- und Außenrechtsbezie­ hungen erhoffen lassen, indem beide Rechtsbeziehungen entweder juristisch mitei­ nander verknüpft (so im Falle der §§  171 I Hs.  2, 172 IV 1 und 172 VI 1 HGB) oder strikt voneinander getrennt (so im Falle des §  172 III HGB) werden. Gleichwohl bleibt, was die Zuordnung des Begriffes der Einlage anbelangt, im Falle dieser nicht ohne weiteres durchsichtigen Vorschriften festzuhalten, dass der Einlagebegriff als Element des Tatbestandes jeweils Fragen der Rechtsbeziehungen zwischen Kom­ manditist und KG erörtert und folglich in seiner Verwendung dem Bereich des ­Innenverhältnisses zuzuweisen ist.6 Aufgrund der soeben gezeigten völlig unter­ schiedlichen Bedeutung des Begriffs der Einlage im Recht der Kommanditisten­ haftung muss die Terminologie der §§  161 ff. HGB, die gleichwohl stets nur diesen einen Begriff nennt, jedenfalls als unbefriedigend, bisweilen sogar als unzutref­ fend7 beschrieben werden.8

2.  Bisherige Klärungsversuche Aufgrund der Erkenntnis jener Mangelhaftigkeit der Sprache des Gesetzgebers sind unterschiedliche Versuche unternommen worden, die jeweils zutreffende Zuord­ nung des Begriffs der Einlage zum Innen- bzw. zum Außenverhältnis durch eine neue Begriffsbildung zu erleichtern.9

6  Ebenso für §  171 I Hs.  2 HGB Kirsch, S.  8; die bei Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  1; Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (364) vertretene gegentei­ lige Auffassung nimmt anscheinend den Gesetzestext nicht exakt zur Kenntnis und gelangt daher zu unzutreffenden Schlussfolgerungen. 7  Der auf Hahn/Mugdan, S.  281 Bezug nehmende Versuch bei Kirsch, S.  8, den unpräzisen Gesetzeswortlaut zu erklären, erscheint schlüssig, beseitigt aber keinesfalls das Bedürfnis nach einer begrifflichen Klarstellung und muss eingestehen, dass die fehlende sprachliche Differenzie­ rung nur „im Regelfall“ akzeptiert werden kann. 8  Zu einem ähnlichen Befund gelangten völlig zu Recht bereits Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (418); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  15; Joost, ZGR 1987, 370 (376 f.); Kornblum, AG 1978, 137 (140); Gehling, BB 2011, 73 (74). 9 Die folgenden Ausführungen sollen sich auf eine argumentative Auseinandersetzung mit den beiden Begriffsmodellen beschränken, welche über längere Zeit die rechtswissenschaftliche Diskussion prägten. Einen detaillierten Überblick über sämtliche von Literatur und Rechtspre­ chung je – sei es auch nur einmalig – verwendete Termini bietet Konietzko, S.  15 ff.

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B.  Theoretische Grundlegung

a)  Das Modell von Hafteinlage und Pflichteinlage Eine über einige Zeit vorherrschende Meinungsströmung suchte den Ausweg aus der unsteten Verwendung des Einlagebegriffs in der Einführung der Begriffe Haft­ einlage und Pflichteinlage.10 Der Terminus Hafteinlage soll demnach alle Fälle kennzeichnen, in denen das HGB mit dem Einlagebegriff Fragen des Außenverhältnisses regeln will. Bei der Frage, inwiefern die Hafteinlage bereits erbracht wurde, kommt es auf einen rein rechnerischen Vergleich des KG-Vermögens vor und nach einer Leistungshandlung des Kommanditisten an. Es geht also ausschließlich um eine Auffüllung der Gesell­ schaftskasse, d. h. eine Mehrung des KG-Vermögens.11 Daraus lässt sich aber eine weitere Eigenschaft der Hafteinlage ableiten: Die haftungsbefreiende Erbringung der Hafteinlage ist vollkommen unabhängig von einem Kausalverhältnis zwischen Kommanditist und KG. Es spielt also nach diesem Modell gerade keine Rolle, ob und inwiefern der Kommanditist aufgrund einer Einlageverbindlichkeit gegenüber der KG verpflichtet war, Vermögensgegenstände in das Gesellschaftsvermögen zu überführen. Dieses besondere Charakteristikum des Hafteinlage-Modells zeigt sich vor allem an der Konstellation der Befriedigung der KG-Gläubiger durch den Kom­ manditisten. Geht man – richtigerweise – davon aus, dass eine Befriedigung der KG-Gläubiger durch den Kommanditisten unabhängig davon, ob die Gläubigerbe­ friedigung Gegenstand der Einlageverbindlichkeit ist, zur Haftungsbefreiung füh­ ren muss,12 stellt sich die Frage, wie eine entsprechende Haftungsbefreiung dogma­ tisch zu begründen ist. Ohne bereits an dieser Stelle auf die einzelnen denkbaren Ansätze einzugehen, soll gleichwohl die Feststellung gestattet sein, dass nach dem Denkmodell der Hafteinlage die Befriedigung der KG-Gläubiger durch den Kom­ manditisten ebenso Erbringung der Hafteinlage ist wie die Leistung einer Einlage durch den Kommanditisten an die KG. Es erweist sich also in besonderer Deutlich­ keit erneut, dass im Rahmen des Hafteinlage-Modells allein die rechnerische Ver­ größerung des KG-Vermögens ohne Rücksicht auf die der Vermögensverschiebung zugrunde liegende Rechtsbeziehung maßgeblich für die Haftungsbefreiung ist. In übersteigerter Form äußert sich dieses Verständnis der Haftungsbefreiung darin, dass namentlich die Rechtsprechung in der Erfüllung eines Hafteinlageanspruchs bzw. einer Hafteinlageschuld des Kommanditisten die Rechtfertigung für dessen Haftungsbefreiung erblickte.13

10  Vgl. hierzu und zum Folgenden statt vieler Neumann-Duesberg, DB 1965, 769 (770); Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  172 Anm.  1 (S.  664); Feddersen, in: Bandasch, GemKo-HGB, §  172 Rn.  1; Kornblum, S.  207; BGHZ 39, 319 (Tz.  12); 58, 72 (Tz.  7 f.); BGH, NJW 1976, 418 (419). 11  BGHZ 39, 319 (Tz.  32). 12  Gursky, DB 1978, 1261 (1262); K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  6; Entgegen der Vermutung bei Kirsch, S.  11 gelangt auch Konietzko, S.  72 zu diesem Ergebnis. 13  BGHZ 58, 72 (Tz.  19, 24); BGH, NJW 1976, 418 (419).

I.  Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem

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Als Pendant zur Hafteinlage wird der Begriff der Pflichteinlage für all diejenigen Fälle verwendet, in denen das HGB Fragen des Innenverhältnisses regeln will. Was das Verhältnis dieser Pflichteinlage zu der soeben besprochenen Hafteinlage an­ geht, wurde teilweise sogar die Auffassung vertreten, die Erbringung der Hafteinla­ ge durch Gläubigerbefriedigung ziehe ipso iure die Erfüllung der Pflichteinlage nach sich, selbst wenn die Befriedigung der Gläubiger nicht im Rahmen der Pflicht­ einlage geschuldet war.14 Dieses Verständnis des Einlagebegriffes im Sinne der Begriffe Hafteinlage und Pflichteinlage hat in der Literatur heftige Kritik erfahren. Es wird argumentiert, das Hafteinlage-Pflichteinlage-Modell nehme keine Notiz von den Kausalbeziehungen des Innenverhältnisses und vermische Innen- sowie Außenverhältnis;15 speziell auf ersteren Einwand wird noch zurückzukommen sein. Ferner wird – was gerade mit Blick auf die These der Erfüllung auch der Pflichteinlage durch Gläubigerbefriedi­ gung überzeugt – eingewendet, es dürfe dem Kommanditisten bereits nach dem Grundsatz pacta sunt servanda nicht ermöglicht werden, der KG eine andere als die geschuldete Leistung aufzudrängen und sich dadurch gleichwohl von der Haftung zu befreien.16 Besonders vermögen die Einwände zu überzeugen, die zutreffend darauf hinweisen, dass die Vorstellung einer Hafteinlageverbindlichkeit bzw. Haft­ einlageschuld des Kommanditisten reine Fiktion sind.17 So würde es einem solchen Schuldverhältnis bereits von vornherein an der nötigen Bestimmbarkeit des Inhalts der Forderung sowie der Person des Gläubigers fehlen.18 Vielmehr handle es sich bei dem, was mit Hafteinlageverbindlichkeit bzw. Hafteinlageschuld beschrieben wird, lediglich um ein abstraktes Einstehenmüssen des Kommanditisten für potentielle Forderungen der Gläubiger gegen die KG in der Höhe des im Handelsregister ver­ zeichneten Betrages.19 Den Bedenken des Schrifttums gegen das Hafteinlage-Pflichteinlage-Modell ist zuzustimmen. Zwar ist zu begrüßen, dass jene Meinungsströmung in dem Begriff der Einlage einen gewissen Zusammenhang zwischen dem Innen- und dem Außen­ verhältnis erkennt. In diesem allgemeineren Sinne, nicht aber im Sinne eines Belegs für die Richtigkeit konkret des Hafteinlage-Pflichteinlage-Modells,20 muss man wohl auch die entsprechenden Ausführungen in den Materialien des Gesetzgebers21 14  Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  171 Anm.  2 (S.  661); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  2 spricht zwar von „Haftsumme“, meint damit aber ersichtlich die Hafteinlage. 15  K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (311 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  6; Kirsch, S.  13; gerade zum entgegengesetzten Schluss kommt Konietzko, S.  53. 16  Gursky, DB 1978, 1261 (1262). 17  Kirsch, S.  13. 18  Konietzko, S.  55 f.; Kirsch, S.  13 f. 19  Kirsch, S.  14. 20  So aber die Stellungnahme von K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  4, der das Hafteinla­ ge-Pflichteinlage-Modell im Ergebnis dann gleichwohl ablehnt. 21  Hahn/Mugdan, S.  284.

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B.  Theoretische Grundlegung

verstehen. Ein solcher Zusammenhang – auf dessen Charakteristika wird noch ge­ nau einzugehen sein – muss aber gerade aus den genannten Gründen anders be­ schaffen sein, als ihn die Vorstellung von Hafteinlage und Pflichteinlage ausgestal­ tet. Nicht nur diese Terminologie, sondern auch die dahinter stehende Haftungskon­ zeption vermögen folglich nicht zu überzeugen. b)  Das Modell von Pflichteinlage und Haftsumme Seit einiger Zeit durchgesetzt hat sich das Modell von Pflichteinlage22 und Haft­ summe.23 Es basiert auf der Grundannahme, die vor allem durch den Einlagebegriff geprägte Haftungsverfassung der §§  171, 172 HGB sei im Sinne einer strikten Tren­ nung zweier Rechtsbegriffe, der Pflichteinlage und der Haftsumme, zu verstehen. Dabei steht der Begriff der Pflichteinlage als Bezeichnung für die Fälle, in denen das Gesetz Fragen des Innenverhältnisses zwischen dem Kommanditisten und der KG behandelt. Der Begriff der Haftsumme dagegen fungiert als Benennung einer bestimmten Geldsumme, welche die Haftung des Kommanditisten im Außenverhältnis, also ge­ genüber den KG-Gläubigern, in ihrer Höhe limitiert. Maßgeblich für die Höhe die­ ser Geldsumme ist gem. §  172 I HGB die Eintragung im Handelsregister. Ähnlich wie bereits das Hafteinlage-Pflichteinlage-Modell versucht auch das Mo­ dell von Pflichteinlage und Haftsumme aus dem vom Gesetz verwendeten Begriff der Einlage heraus, das Verhältnis von Innen- und Außenrechtsbeziehungen zu klä­ ren. Jenes gestaltet sich hier aber völlig anders als im Rahmen der Haftein­lagePflichteinlage-Konzeption. So sei eine grundlegende, strikte Trennung des Innenund des Außenverhältnisses, für welche die Termini Pflichteinlage auf der einen Seite und Haftsumme auf der anderen Seite stehen,24 dergestalt einzuschränken, dass die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB über den Passus Leistung der Einlage eine Verknüpfung zwischen Innen- und Außenverhältnis herstelle.25 Jene Verknüpfung sei aber lediglich eindimensional zu begreifen: §  171 I Hs.  2 HGB regle nur die Fra­ ge, ob und inwiefern Leistungen im Innenverhältnis eine Haftungsbefreiung auch im Außenverhältnis hervorrufen, nicht aber vice versa.26 Diese Verknüpfung zweier ansonsten strikt zu trennender Rechtbeziehungen beruhe gerade auf der besonderen 22  Vereinzelt ist auch, ohne Abweichungen in der Sache, bereits schlicht von Einlage die Rede; s. etwa K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (310). 23  Vgl. hierzu und zum Folgenden statt vieler H. Westermann, in: Fischer u. a., FS Barz, S.  81 (82 f.); Westermann, Handbuch I, Rn.  799 [Stand: 8/1978]; K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (310); ders., Einlage und Haftung, S.  3; ders., Gesellschaftsrecht, S.  1560; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  7; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  16; Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  7 f.; für die Rechtsprechung exemplarisch BGHZ 95, 188 (Tz.  44); 93, 159 (Tz.  10 f.). 24  K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (310); ders., Einlage und Haftung, S.  6. 25  Kirsch, S.  15. 26  Kirsch, S.  15.

I.  Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem

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gesetzlichen Anordnung des §  171 I Hs.  2 HGB.27 Eine Verbindung in die andere Richtung ist zwar nach dieser Vorstellung durch die gesetzliche Regelung nicht be­ reits von vornherein ausgeschlossen. Sie folgt aber nicht unmittelbar aus gesetzlicher Verknüpfung, sondern bedarf des Hinzutretens eines weiteren Umstands: entweder einer gem. §§  387 ff. BGB wirksamen Aufrechnung mit der Regressforderung des Kommanditisten gem. §§  161 II, 110 HGB28 oder einer gesellschaftsvertraglichen Bestimmung, vermöge derer eine Befriedigung der KG-Gläubiger auf die Einlage­ schuld des Kommanditisten gegenüber der KG anzurechnen ist.29

3.  Notwendigkeit einer neuen Begriffsbildung Nur vereinzelt ist Kritik an der seit längerem vorherrschenden Terminologie von Pflichteinlage und Haftsumme laut geworden.30 Dies liegt sicher zum großen Teil daran, dass es dem Modell von Pflichteinlage und Haftsumme überzeugend gelun­ gen ist, die notwendige sprachliche wie gedankliche Trennung von Innen- und Au­ ßenverhältnis im Rahmen der Kommanditistenhaftung zu manifestieren. Ferner verdient auch der Ansatz, das Verhältnis von Innen- und Außenrechtsbeziehungen im Rahmen der Kommanditistenhaftung aufgrund der Formulierung Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB im Sinne einer eindimensionalen Verknüpfung zu verstehen, zumindest im Grundsatz Zustimmung. Gleichwohl sollte die derzeit vorherrschende Konzeption von Pflichteinlage und Haftsumme vor allem aus zwei Gründen neu überdacht werden. Erstens vermögen die Voraussetzungen, die im Einzelnen an die Verknüpfungsnormen des §  171 I Hs.  2 und §  172 IV 1 HGB gestellt werden, es nicht, ein in jedem Fall stimmiges und tragfähiges Haftungskonzept zu formen – darauf soll an späterer Stelle [s. vor allem die Erörterung der einzelnen Fallgruppen unter C.] noch genauer eingegangen wer­ den. Zweitens bedarf auch die Terminologie von Pflichteinlage und Haftsumme ­einer Korrektur. Eine zutreffende, klar abgrenzbare und aussagekräftige Termino­ logie ist zwar keinesfalls ausreichend, um rechtliche Problemstellungen lösen zu können, aber unabdingbare Voraussetzung dafür.31 Gerade die sprachliche Unklar­ heit des HGB-Gesetzgebers im Falle des KG-Rechts gebietet die Bildung einer be­ sonders exakten Terminologie durch das Schrifttum.32 Es stellt sich demnach die 27 

K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (311 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  5. Zu dieser ersten Möglichkeit BGHZ 63, 338 (Tz.  14) BGH, WM 1984, 893 (895); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  44 f.; Kirsch, S.  13. 29  Auf die zweite Möglichkeit weist zu Recht Kirsch, S.  15 hin. 30  Joost, ZGR 1987, 370 (377 f.). 31  In diesem Sinne Westermann, Handbuch I, Rn.  799 [Stand: 8/1978]; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  4; ders., Gesellschaftsrecht, S.  567. 32  Die Suche nach der zutreffenden Formulierung für das Innenverhältnis wie bei Kirsch, S.  14 als „rein begriffliche Frage“ abzuqualifizieren, erscheint daher verfehlt. 28 

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B.  Theoretische Grundlegung

Frage, ob die vorherrschenden Termini Pflichteinlage und Haftsumme durch zutref­ fendere Begriffe ersetzt werden sollten. Der Begriff Pflichteinlage soll den Inhalt der gesellschaftsvertraglichen Verbind­ lichkeit bezeichnen, kraft derer der Kommanditist der KG die Zuführung von Ver­ mögensgegenständen schuldet.33 Gegen den Begriff kann man anführen, dass der Kommanditist keinesfalls gezwungen ist, eine entsprechende Einlage zu überneh­ men, sondern dies freiwillig tut.34 Schon insofern ist es nicht ganz einsichtig, von einer Pflichteinlage zu sprechen. Daneben impliziert der Begriff, dass es neben der Pflichteinlage noch eine – wie auch immer geartete – weitere Einlage im Recht der Kommanditistenhaftung gibt. Gerade das Gegenteil ist aber der Fall, will man nicht auf dem inzwischen überholten Standpunkt der Hafteinlage-Pflichteinlage-Kon­ zeption verharren: Es besteht nur eine Einlage, und zwar diejenige im Innenverhält­ nis zwischen Kommanditist und KG. Man sollte daher lediglich von Einlage spre­ chen und den Begriff der Pflichteinlage aufgeben.35 Dies hätte auch den Vorzug, sich eines Begriffs zu bedienen, der sich im Gesetz – wenn auch nicht in einheit­ licher Bedeutung – wiederfindet. Je nach Anforderung der konkreten Situation könnte dann von der geschuldeten Einlage, also der (teilweise) noch bestehenden Einlageverbindlichkeit, und der geleisteten Einlage, also der (teilweise) bereits er­ füllten Einlageverbindlichkeit, die Rede sein. Auch der Terminus Haftsumme verdunkelt unnötig die hinter der Formulierung an sich stehende Bedeutung: der Geldbetrag, der die Höhe der Haftung des Kom­ manditisten gegenüber den KG-Gläubigern limitiert, sofern kein Fall des §  176 HGB vorliegt.36 Wenn überhaupt, so müsste von einer Haftungssumme, nicht aber von einer Haftsumme gesprochen werden, da offensichtlich nicht von Haft, sondern einer Haftung die Rede sein soll.37 Doch erscheint auch die Verwendung des Begrif­ fes der Haftung nicht präzise genug. Zum einen wird nicht deutlich, dass der Termi­ nus gerade nicht das Rechtsverhältnis des Kommanditisten zu den KG-Gläubigern als solches bezeichnet – allein dieses besteht nämlich in einer Haftung–, sondern lediglich dessen summenmäßige Begrenzung.38 Zum anderen stellt auch die Ein­ lageschuld des Kommanditisten gegenüber der KG eine Haftung dar. Der Begriff der Haftsumme weist also nicht deutlich genug auf seinen eigentlichen Sinngehalt hin und sollte daher nicht mehr verwendet werden. Dafür spricht nicht zuletzt, dass der Begriff in den einschlägigen Vorschriften des HGB keine hinreichende Stütze 33 

Vgl. statt vieler K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (310). Joost, ZGR 1987, 370 (377 f.). 35  Richtig die klare Position von Joost, ZGR 1987, 370 (377 f.). Bemerkenswert erscheint, dass sich schon K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (310) für den Begriff der Einlage ausgesprochen hatte, aber ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  7 keine Kritik am Begriff der Pflichteinlage übt. 36  Vgl. statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  7. 37  Joost, ZGR 1987, 370 (377). 38  Joost, ZGR 1987, 370 (377). 34 

I.  Terminologische Unklarheit als Ausgangsproblem

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findet. Vielmehr sollte von einem Betrag, nicht von einer Summe die Rede sein.39 Dies fände eine Entsprechung im Gesetz, welches in §§  161 I, 162 I 1 und 172 I HGB von einem Betrag spricht, der die Höhe der Haftung gegenüber den KG-Gläubigern begrenzen soll. Da es zudem allein um die Begrenzung der Haftung im Außenver­ hältnis und gerade nicht der Haftung im Innenverhältnis geht, sollte zur Klarstel­ lung von Außenhaftung die Rede sein.40 In der Zusammenschau sollte daher im Sinne einer präzisen Abgrenzung anstelle des Begriffes der Haftsumme der Begriff Außenhaftungsbetrag verwendet werden. Namentlich im Falle der §§  175, 174, 172 I, 172 II, 171 I Hs.  1, 162 I 1 und 161 I HGB ist also eine Korrektur des Gesetzeswortlauts im Sinne des hier vorgeschlage­ nen Begriffs des Außenhaftungsbetrages richtig. In jüngerer Vergangenheit hat Kirsch, ein Anhänger des Begriffes der Haftsumme, die Frage aufgeworfen – und im Ergebnis verneint –, ob eine Gesetzeskorrektur in den genannten Vorschriften überhaupt notwendig sei.41 Kirsch erklärt die „Einlagelastigkeit“ der Gesetzesspra­ che mit der Grundannahme des HGB-Gesetzgebers, dass Einlage im Innenverhält­ nis und Haftung gegenüber den KG-Gläubigern im Außenverhältnis im Regelfall übereinstimmen, sowie der These, dass wesentliches Element der KG gerade die Beteiligung des Kommanditisten mit seiner Einlage sei.42 Auf das erste Argument ist zu erwidern, dass ein Gleichlauf zwar der wirtschaftlichen Praxis des 19. Jahr­ hunderts entsprochen haben mag, es aber nicht im Interesse der Rechtssicherheit liegen kann, lediglich den Regelfall normativ zu erfassen und bedeutsame Ausnah­ men aus dem Regelungsbereich der betreffenden Vorschrift auszublenden. Insofern ist es zwar, um die Formulierung aus den Materialien des HGB-Gesetzgebers auf­ zugreifen, nicht in jedem Falle „unzutreffend“43, sehr wohl aber unpräzise und da­ mit korrekturbedürftig, pauschal allein den Begriff der Einlage zu verwenden. Das zweite Argument, wesentliches Element der KG sei gerade die Beteiligung des Kommanditisten mit seiner Einlage, findet nach hier vertretener Auffassung in den Materialien des Gesetzgebers keine hinreichende Stütze. Die Materialien wenden sich lediglich dagegen, die „Auffassung einer Haftung des Kommanditisten mit sei­ ner Einlage ganz aufzugeben und statt dessen […] das Wesen der Kommanditgesell­ schaft in die Betheiligung des Kommanditisten mit einer zunächst nur für das Ver­ hältnis nach außen entscheidenden Haftsumme zu legen.“44 Es soll also einer Ent­ wicklung der Kommanditistenhaftung hin zu einem reinen Außenhaftungstatbestand ohne Beibehaltung der Einlageverbindlichkeit im Innenverhältnis vorgebeugt wer­ den. Zwar wird – zu Recht – die Bedeutung der Einlageverbindlichkeit für alle be­

39 

Dies erkennt auch Joost, ZGR 1987, 370 (377) völlig richtig. Auch insofern präzise Joost, ZGR 1987, 370 (377). 41  Kirsch, S.  16. 42  Kirsch, S.  16 f. 43  Hahn/Mugdan, S.  281. 44  Hahn/Mugdan, S.  281. 40 

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B.  Theoretische Grundlegung

teiligten Gesellschafter betont,45 zugleich aber darauf hingewiesen, dass die Formu­ lierungen im damals jüngst fertiggestellten HGB gegenüber den Vorgängerregelun­ gen im ADHGB, insbesondere gegenüber Art.  165 ADHGB46, „die Bedeutung der beschränkten Betheiligung des Kommanditisten für die Haftung gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft schärfer zum Ausdruck“47 bringen. Eine völlige „Ein­ lagelastigkeit“ kann demnach, entgegen der These von Kirsch, den Materialien des Gesetzgebers gerade nicht entnommen werden. In der Konsequenz ist auch die Fest­ stellung, eine korrigierende Gesetzeslektüre sei nicht notwendig,48 unzutreffend. Es ist vielmehr festzuhalten, dass die Vorschriften innerhalb der §§  161 ff. HGB, wel­ che den Begriff der Einlage gebrauchen, in dem oben genannten Sinne korrigierend zu lesen sind.

4.  Zusammenfassung zu I. Das Gesetz spricht in §§  175, 174, 172 I, 172 II, 172 III, 172 IV 1, 172 IV 2, 172 VI 1, 171 I Hs.  1, 171 I Hs.  2, 169 I 2 Hs.  2, 167 II, 167 III, 162 I 1 und §  161 I HGB einheit­ lich von Einlage, verwendet den Begriff aber in uneinheitlicher Bedeutung und be­ darf daher einer korrigierenden Gesetzeslektüre. Auch die Materialien des Gesetz­ gebers vermögen das Bedürfnis nach hinreichender Klarheit nicht zu beseitigen. Die Hafteinlage-Pflichteinlage-Konzeption missachtet insbesondere die grund­ sätzliche Trennung von Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten und ist daher abzulehnen. Das Modell von Pflichteinlage und Haftsumme beachtet zwar die grundsätzliche Trennung von Innen- und Außenverhältnis, arbeitet jedoch bereits sprachlich zu unpräzise und ist folglich durch eine treffendere Terminologie zu ersetzen. Der von dem Gesetz verwendete Begriff der Einlage ist in §§  175, 174, 172 I, 172 II, 172 IV 2, 171 I Hs.  1, 162 I 1 und 161 I HGB als Außenhaftungsbetrag zu lesen und bezeichnet den Geldbetrag, der die Höhe der Haftung des Kommanditisten ge­ genüber den KG-Gläubigern außerhalb des Anwendungsbereichs des §  176 HGB limitiert. Der Außenhaftungsbetrag ist dabei von dem Außenverhältnis selbst, also dem Rechtsverhältnis zwischen dem Kommanditisten und dem einzelnen KG-Gläu­ biger, abzugrenzen. Der Terminus Einlage ist in den §§  172 III, 172 IV 1 und 172 VI 1, 171 I Hs.  2, 169 I 2 Hs.  2, 167 II, 167 III HGB beizubehalten. Er bezeichnet dort die Gesamtheit der 45 

Hahn/Mugdan, S.  281. Abgedruckt bei von Hahn, ADHGB, S.  378 f. 47  Hahn/Mugdan, S.  281. 48  So aber ausdrücklich Kirsch, S.  17. Darüber hinaus lässt sich eine gewisse Widersprüchlich­ keit nicht von der Hand weisen, wenn auf der einen Seite ders., S.  15 in einzelnen Vorschriften eine Ersetzung des Begriffs der Einlage durch den Begriff der Haftsumme fordert, er auf der anderen Seite aber eine Gesetzeskorrektur nicht für notwendig hält. 46 

II.  Argumentative Voraussetzungen

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Vermögensgegenstände, welche der Kommanditist kraft einer ihm gegenüber der KG obliegenden gesellschaftsvertraglichen Verbindlichkeit der KG zuführen muss oder musste. Je nach Situation kann von der noch geschuldeten Einlage, also der (teilweise) noch bestehenden Einlageverbindlichkeit, und der geleisteten Einlage, also der (teilweise) bereits erfüllten Einlageverbindlichkeit, gesprochen werden. Diese Terminologie wird den weiteren Ausführungen im Rahmen der hier ange­ stellten Untersuchung zugrunde gelegt.

II.  Argumentative Voraussetzungen Dem gängigen Verständnis der §§  171, 172 HGB liegt eine zentrale These zugrunde, die selten explizit benannt wird und häufig nur implizit anklingt, wenn es darum geht, Stellung zu haftungsrechtlichen Fragen im Rahmen der §§  171, 172 HGB zu beziehen. Gemeint ist die These, der zu gewährende Gläubigerschutz könne im Recht der KG strukturell schwächer ausgestaltet werden als im Recht der Kapitalge­ sellschaften – ein institutionalisiertes Mindestkapital brauche es hier ebenso wenig wie Kapitalaufbringungs- und Kapitalerhaltungsvorschriften, die in ihrer Strenge den einschlägigen Vorschriften aus GmbHG und AktG vergleichbar seien.49 Diese Annahme wird auch in keiner Weise grundsätzlich hinterfragt. Vielmehr wird der status quo des Gläubigerschutzes bei der KG als ausreichend empfunden. Ein stär­ keres Bedürfnis, das Risiko wirtschaftlicher Betätigung für die KG-Gläubiger über­ schaubar zu halten, sieht man nicht.50 Die Begründung für diese Sichtweise lässt sich im Kern auf ein einziges, zentra­ les Argument reduzieren: die Sicherungswirkung der unbeschränkten Komplemen­ tärhaftung. So wird seit jeher die unbeschränkte Haftung der persönlich haftenden Gesellschafter gem. §§  161 II, 128 HGB als unumstößliches, ultimatives Haftungs­ zugriffsobjekt, als in jedem Falle „sichere Bank“ der KG-Gläubiger angesehen.51 Aufgrund dieser letzten und als stets zuverlässig betrachteten Vermögensreserve wird über einen stärkeren Schutz des KG-Kapitals im Grundsatz nicht weiter nach­ gedacht. Schließlich seien doch die eine KG steuernden Komplementäre in besonde­ rer Weise um einen vorsichtigen Umgang mit dem KG-Kapital bemüht, weil sie in

49  Vgl. statt vieler Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (367); deutlich auch Müßigbrodt, S.  69, der die Gläubigerschutzbestimmungen im Recht der KG als „wesensverschieden“ von der Ausgestaltung im Recht der Kapitalgesellschaften bezeichnet. In der Sache ähnlich K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  119. 50  Ausnahmen bilden insoweit die Ausführungen bei Elsing, S.  16 und Mossmann, S.  2 , die sich dem Ziel eines effektiveren Gläubigerschutzes allerdings auf ganz anderem Wege nähern, indem sie eine unbeschränkte Haftung des Kommanditisten abseits des §  176 HGB bzw. zumindest eine Haftungserweiterung in den Raum stellen. 51  s. etwa Raiser/Veil, §  1 Rn.  2; Müßigbrodt, S.  71; H. P. Westermann, Die GmbH & Co. KG, S.  40; Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1038); Günter, S.  3.

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B.  Theoretische Grundlegung

letzter Konsequenz selbst voll haften müssten, und erfüllten insofern eine spürbare „Bremsfunktion“.52 Es stellt sich jedoch die Frage, ob diese Argumentation und die durch sie getrage­ ne These (inzwischen) nicht im Widerspruch zur wirtschaftlichen Realität stehen. So lässt jene althergebrachte Vorstellung von der Rolle des Gläubigerschutzes in der KG bereits von vornherein außer Acht, dass unter – unzweifelhaft zulässiger53 – Abbedingung des §  164 S.  1 HGB auch ein Kommanditist die Geschäfte der KG führen kann.54 Jener aber müsste dann, sofern seine Haftung gem. §§  171, 172 HGB ausgeschlossen ist, gerade keinen Druck mehr verspüren, besonders vorsichtig mit dem Gesellschaftskapital umzugehen.55 Ferner ist die Annahme, der KG-Gläubiger sei durch den möglichen Zugriff auf das Vermögen der Komplementäre – sowie gegebenenfalls das der noch haftenden Kommanditisten – hinreichend geschützt, eine Illusion.56 Sie mag der aus dem 19. Jahrhundert überkommenen Vorstellung vom „ehrbaren Kaufmann“ entsprun­ gen sein, deckt sich aber nicht mit der wirtschaftlichen Realität der heutigen Zeit, in der gerade auch Privatpersonen einem merklich höheren Insolvenzrisiko unterlie­ gen,57 zumal sie im Vergleich zu Kapitalgesellschaften in aller Regel nicht über die gleiche Finanzkraft sowie ähnliche Möglichkeiten der Kapitalgestaltung verfügen. Der Ansicht, es könne dem KG-Gläubiger doch gleichgültig sein, ob sein Haftungs­ zugriff durch eine Kommanditeinlage oder eine persönliche Gesellschafterhaftung gesichert sei,58 ist folglich mit einem gerüttelt Maß an Skepsis zu begegnen. Daran anknüpfend ist zu konstatieren, dass es sich bei dem Versprechen der un­ beschränkten Haftung der Komplementäre lediglich um eine „Haftungszusage mit dem Einsatz eines nicht begrenzten, aber auch nicht bekannten Vermögens“59 han­ delt. Verwiesen sei nur auf den in der Praxis durchaus gängigen Fall eines vermö­ gensschwachen oder gar vermögenslosen Komplementärs, dessen Aufnahme in die Gesellschaft beileibe keine Sicherungsfunktion erfüllen, sondern allenfalls rituelle 52  BGHZ 60, 324 (Tz.  23); BGHZ 110, 342 (Tz.  33); Hunscha, GmbHR 1973, 257 (260); Moss­ mann, S.  20 f., 129 f.; Günter, S.  3; Huber, ZGR 1988, 1 (16 f.); Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (367). 53 Etwa Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  164 Rn.  22; Weipert, in: Joost/Strohn, HGB, §  164 Rn.  19; Oetker, in: Oetker, HGB, §  164 Rn.  38; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  164 [Stand: 1.4.1987] Rn.  8; BGHZ 51, 198 (Tz.  8). 54  Eingehend zur Erweiterung der Kommanditistenrechte im Bereich der Geschäftsführung Baßler, S.  136 f. 55  Diesen Gedanken blendet Hunscha, GmbHR 1973, 257 (260) bei seiner generellen Erörte­ rung des Zusammenhangs von Herrschaft und Haftung, abgesehen von dem Fall einer GmbH & Co. KG, aus. 56 Vgl. Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (367), der zugeben muss, dass die von dem Komplementär zu betätigende „Bremse“ nicht absolut sicher funktioniert. 57  Vgl. den beim Statistischen Bundesamt registrierten signifikanten Anstieg der Insolvenzen in Deutschland seit 1950 unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Indikatoren/LangeReihen/ Insolvenzen/lrins01.html (besucht am 03.08.2015). 58  Ganz deutlich etwa bei Müßigbrodt, S.  70. 59  H. P. Westermann, Die GmbH & Co. KG, S.  40.

II.  Argumentative Voraussetzungen

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Bedeutung haben kann.60 Die bestehende Unsicherheit wird sogar noch erhöht, denn die KG-Gläubiger können keineswegs darauf vertrauen, dass ihnen das ge­ samte Komplementärvermögen zur Verfügung steht.61 Vielmehr konkurrieren sie mit den sonstigen Gläubigern des betreffenden Komplementärs. Diese Konkurrenz­ situation besteht in Bezug auf das KG-Vermögen nicht. Im Übrigen befindet sich dort in Gestalt der Gesamtheit der Kommanditeinlagen der einzige wirtschaftliche Wert, zu dessen Sicherung Seriositätsanreize in Gestalt rechtlicher Regeln gesetzt werden können, um das Risiko eines moral hazard weitestgehend zu minimieren.62 Hinzu tritt der Umstand, dass im KG-Recht kein Kapitalsicherungsinstrument „zu Lasten des Komplementärs“ existiert.63 Mit anderen Worten: Das Privatvermö­ gen des einzelnen Komplementärs haftet den KG-Gläubigern nur in seinem konkre­ ten Bestand.64 Sofern nicht eine gezielte Gläubigerbeeinträchtigung vorliegt oder ein Tatbestand des AnfG bzw. der InsO eingreift, ist es dem Komplementär also möglich, eigenes Privatvermögen wirksam auf den Kommanditisten zu übertragen. Weil der Kommanditist aber gem. §  171 I Hs.  1 iVm §  172 I HGB in jedem Falle nur ziffernmäßig beschränkt haftet, sich dessen Haftung also nicht stets im Umfange der Vermögensverlagerung erweitert, können derartige Vorgänge die Befriedi­ gungsmöglichkeiten der KG-Gläubiger mehr als nur unerheblich beeinträchtigen. Denn mit einem weitgehend wertentleerten Komplementärvermögen als Haftungs­ substrat ist den KG-Gläubigern in keiner Weise gedient. Gegenüber einer solch ­ungewissen Aussicht auf unbeschränkte Komplementärhaftung erscheint die Ent­ wicklung wirksamer rechtlicher Mechanismen zum Schutz eines gewissen Kapi­ talstocks klar vorzugswürdig. Durch wirksameren Kapitalschutz bei der KG wäre auch nichts verloren: Es wür­ den lediglich strengere rechtliche Bindungen bezüglich Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung anerkannt. Diese kämen den Interessen der Gläubiger zugute und würden das Vertrauen in die wirtschaftliche Potenz der KG nachhaltig stärken.65 Dem Schutz dieses Vertrauens gebührt indes der Vorzug gegenüber dem Interesse der Gesellschafter an einer allzu voraussetzungslosen und „ungebändigten“ Kapi­ talaufbringung bzw. Kapitalerhaltung.66 Wenn sich bestimmte Gesellschafter – die Kommanditisten – das Privileg einer beschränkten Haftung verdienen wollen, ­müssen sie sich im Gegenzug stärkeren rechtlichen Bindungen unterwerfen. Wer in 60 

Mossmann, S.  131. Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (369). 62  Mossmann, S.  175 geht gar noch weiter und spricht davon, die Kommanditeinlage sei „der einzige Vermögenswert, auf den die Gläubiger der Höhe nach fest vertrauen dürfen.“ 63  s. zu diesem Gedanken Koller, in: Kübler u. a., FS Heinsius, S.  357 (368). 64  BGHZ 93, 246 (Tz.  12). 65  Der Gedanke, die Regeln der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung als Instrumente des Gläubigerschutzes zu begreifen, geht zurück auf Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S.  556 ff. 66  Für einen Vorrang der Interessen der Gläubiger gegenüber den Interessen der Gesellschafter Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S.  515 f.; ebenfalls in diese Richtung, wenn auch nicht ebenso deutlich Engler, S.  147 f. 61 Vgl.

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B.  Theoretische Grundlegung

einer Gesellschaft bei Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung weitgehend frei gestalten möchte, muss sich für die Gründung einer OHG oder GbR entscheiden. Schließlich sind durch die MoMiG- und ARUG-Novellen kapitalgesellschafts­ rechtliche Vorschriften geschaffen worden, die sich – wie noch im Einzelnen nach­ zuweisen sein wird [s. dazu speziell unten bei B. III. 3. b) aa) (3)] – in besonderer Weise und vor allem besser als das alte Regelwerk zu einer Übertragung auf das Recht der Kommanditistenhaftung eignen. Insofern bieten MoMiG und ARUG nicht nur einen konkreten Anlass, sondern fordern regelrecht dazu auf, im Recht der KG über einen stärkeren Gläubigerschutz nach kapitalgesellschaftsrechtlichem Vor­ bild nachzudenken. In der Zusammenschau muss man zu dem Befund gelangen, dass die Zeit über das eingangs geschilderte, althergebrachte Festhalten am status quo des Gläubiger­ schutzes im Kommanditgesellschaftsrecht hinweggegangen ist,67 und es nunmehr angezeigt erscheint, die Haftung des Kommanditisten aus einer völlig neuen Pers­ pektive zu betrachten: der Perspektive des Gläubigerschutzes nach kapitalgesell­ schaftsrechtlichem Vorbild.68 Es ist zu untersuchen, wie eine Konzeption der Kom­ manditistenhaftung beschaffen sein muss, die auf dieser neuen argumentativen Basis ruht.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage Der Versuch der Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems auf kapital­ gesellschaftsrechtlicher Grundlage muss seinen Ausgang nehmen bei der hier für richtig befundenen grundsätzlichen Trennung von Innen- und Außenverhältnis (s. dazu oben B. I.). Dementsprechend werden zunächst Innen- und Außenrechts­ beziehungen des Kommanditisten separat erörtert. Danach soll anhand einer einge­ henden Untersuchung geklärt werden, inwiefern durch eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB eine Verbindung zwischen den generell getrennten Innenund Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten hergestellt werden kann. Eine Rolle wird insofern auch die Frage spielen, wie sich die Befriedigung von KG-Gläu­ bigern in das Haftungssystem einordnen lässt. Im Fortgang der Untersuchung wird sodann näher beleuchtet, in welchem Sinne die Zurückbezahlung der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB zu verstehen ist und wie sie sich zu der Vorschrift des §  171 I Hs.  2 67  In diesem Sinne muss man auch die Bestandsaufnahme bei K. Schmidt, Einlage und Haf­ tung, S.  1 verstehen. 68  Über die zentrale Stellung des Gläubigerschutzes im Gesellschaftsrecht allgemein dürfte breiter Konsens bestehen, vgl. nur die Ausführungen bei Wiedemann, Gesellschaftsrecht I, S.  516 f.; Ob man den Gläubigerschutz als Leitidee des Gesellschaftsrechts oder der Gesellschafts­ rechtsdogmatik zugehöriges Prinzip einordnet, kann insofern dahinstehen. Vgl. zur Einordnung H. P. Westermann, Die GmbH & Co. KG, S.  18, 39.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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HGB verhält. Daran anknüpfend wird auch auf die Entnahme von Gewinnanteilen iSd §  172 IV 2, 3 HGB sowie den gutgläubigen Gewinnbezug iSd §  172 V HGB einzugehen sein.

1.  Das Innenverhältnis zwischen Kommanditist und KG Spricht man gesellschaftsrechtlich von Innenverhältnis sind von dem Begriff an sich nicht nur die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und der Gesell­ schaft in diesen spezifischen Eigenschaften, sondern auch die Rechtsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter und seinen Mitgesellschaftern in diesen spezifischen Eigenschaften erfasst. Für die hier gestellte Aufgabe, das System der Kommanditis­ tenhaftung zu ergründen, interessiert dabei selbstredend allein das Rechtsverhältnis zwischen dem Kommanditisten und der KG, welche dem Kommanditisten als eigen­ständiges Rechtssubjekt gegenübertritt, das gem. §§  161 II, 124 I HGB die ­Fähigkeit besitzt, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. a)  Die Einlage Wie bereits ausgeführt [s. oben B. I. 4], bezeichnet, was die Kommanditistenhaf­ tung anbelangt, der Begriff der Einlage die Gesamtheit der Vermögensgegenstände, welche der Kommanditist kraft einer ihm gegenüber der KG obliegenden gesell­ schaftsvertraglichen Verbindlichkeit der KG zuführen muss oder musste. Für die hier gestellte Aufgabe genügt diese Definition der Einlage. Die Fragen, inwiefern die so verstandene Einlage von dem Begriff des Beitrags abzugrenzen ist,69 und, ob bezüglich der Tauglichkeit der einzelnen Gegenstände der Einlage strengere70 oder weniger strenge71 Maßstäbe angesetzt werden sollten, sind allgemeine gesell­ schaftsrechtliche Fragen und ohne unmittelbare Bedeutung für die hier angestellte Untersuchung. b)  Die Einlageforderung Ausgehend von dem soeben nochmals vor Augen geführten Verständnis der Einlage ist die Einlageforderung folgendermaßen zu verstehen: die aus dem Gesellschafts­ 69  Huber, S.  191 ff.; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  2 f., 10 f.; ders., in: Schlegelberger, HGB, 5.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  5; ders., Gesellschaftsrecht, S.  566 ff.; ders., in: K. Schmidt, MüKo-­ HGB, §§  171, 172 Rn.  5. 70  Huber, S.  195 f.; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  21; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  9. 71  Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  4; Ekkenga, ZHR 161 (1997), 599 (621 f.).

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B.  Theoretische Grundlegung

vertrag resultierende Verbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG, die Einlage zu erbringen, d. h. in das KG-Vermögen bestimmte Vermögensgegenstände zu überführen. Der Inhalt der Einlageforderung ist der Parteidisposition unterworfen,72 richtet sich also grundsätzlich73 nach der von der Gesamtheit der Gesellschafter getroffe­ nen gesellschaftsvertraglichen Bestimmung.74 Das gilt nicht nur für die ursprüngli­ che Festsetzung, sondern ebenso für jede nachträgliche Änderung des Inhalts. Zulässig sind, wie sich einem Umkehrschluss aus §  172 III HGB entnehmen lässt, die Stundung und sogar der Erlass der Einlageforderung75 – zu denken ist insofern vor allem an die Überbewertung von Sacheinlagen, in der ein Teilerlass der Einla­ geforderung erblickt werden kann. Daneben ist im Recht der Kommanditistenhaf­ tung eine (teilweise) Erhöhung der Einlageforderung – etwa in Gestalt der Unterbe­ wertung von Sacheinlagen – möglich. Bei entsprechender Vereinbarung der Gesell­ schafter kann die Einlageforderung auch durch Verrechnung mit einer nicht vollwertigen Forderung des Kommanditisten gegen die KG erlöschen.76 Schließlich kann die Festsetzung einer Einlageforderung der KG gegenüber dem Kommanditis­ ten auch gänzlich fehlen.77 Mit alledem ist jedoch keine Aussage darüber getroffen, ob und inwiefern ent­ sprechende gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen der Gesellschafter unterein­ ander auch im Außenverhältnis beachtet werden müssen. Mit anderen Worten: Die völlig freie Dispositionsbefugnis der Gesellschafter besteht allein im Innenverhält­ nis. Dies folgt nicht nur aus Überlegungen des Gläubigerschutzes, sondern bereits aus der hier für richtig befundenen generellen Trennung der Innenrechtsbeziehun­ gen des Kommanditisten von seinen Außenrechtsbeziehungen, die sich besonders deutlich in der Vorschrift des §  172 III HGB zeigt.

2.  Das Außenverhältnis zwischen Kommanditist und KG-Gläubigern Im Rahmen des Außenverhältnisses werden die Rechtsbeziehungen zwischen den Gläubigern der KG auf der einen Seite und dem Kommanditisten in seiner spezifi­ schen Eigenschaft als Gesellschafter der KG auf der anderen Seite relevant. 72 Zu den Einschränkungen der Dispositionsfreiheit bei der Investment-KG Freitag, NZG 2013, 329 (335). 73  Zu der Frage, ob und inwiefern ein Beschluss der Gesellschafterversammlung an die Stelle des Gesellschaftsvertrages treten kann K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  18 f. 74  Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  8; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  11; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  17; RGZ 150, 163 (171); 163, 385 (388); BGH, WM 1982, 5 (7). 75  Statt vieler Kindler, in: Koller u. a., HGB, 8.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  4 mwN. 76  von Olshausen, ZGR 2001, 175 (178); K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  11. 77  Vgl. statt vieler Westermann, Handbuch I, Rn.  799 [Stand: 8/1978]; Kirsch, S.  21.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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a)  Trennung vom Innenverhältnis Die in der Vorschrift des §  172 III HGB besonders deutlich zum Ausdruck gebrach­ te grundsätzliche Trennung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Komman­ ditisten betrifft nicht nur den Umstand, dass die völlig freie Disposition der Gesell­ schafter im Innenverhältnis [s. oben B. III. 1. b)] gerade keine Rechtswirkungen im Außenverhältnis hervorruft, sondern auch die Einwendungen des Kommanditisten. So sind die Einwendungen des Kommanditisten gegen die Einlageforderung im In­ nenverhältnis – etwa die Einrede gem. §  214 I BGB, die Einlageforderung sei ver­ jährt – scharf von den Einwendungen des Kommanditisten gegen seine Außen­ haftung zu unterscheiden. Innerhalb letzterer Einwendungen ist wiederum zwi­ schen solchen Einwendungen, die der Kommanditist gem. §§  161 II, 129 HGB von der KG herleitet, und solchen Einwendungen, die ihm persönlich zustehen – ins­ besondere der Einwendung, bereits einen KG-Gläubiger befriedigt zu haben –, zu differenzieren. b)  Wesen der Außenhaftung aa)  Allgemeine Grundsätze Die Haftung des Kommanditisten gegenüber den Gläubigern der KG gem. §  171 I Hs.  1 HGB ist ebenso wie die Haftung nach §  128 HGB gegenständlich unbe­ schränkt, stellt den Gläubigern also das gesamte Privatvermögen des Kommanditis­ ten als Haftungszugriffsobjekt zur Verfügung78 – zur bei §  128 HGB nicht vorgese­ henen ziffernmäßigen Beschränkung s. sogleich. War dies zur Zeit des ADHGB noch umstritten,79 so ist unter der Geltung des HGB allgemein anerkannt, dass der KG-Gläubiger nicht etwa die Einlageforderung der KG gegen den Kommanditisten aus dem Innenverhältnis geltend macht, son­ dern diesen unmittelbar aus dem Außenverhältnis heraus in Anspruch nimmt.80 Die Frage nach dem Inhalt der Außenhaftung des Kommanditisten wird kontro­ vers beantwortet. Während teilweise der Inhalt der Außenhaftung des Kommandi­ tisten am Inhalt der Gesellschaftsverbindlichkeit ausgerichtet wird, man also eine Pflicht des Kommanditisten zur Erfüllung in natura annimmt,81 gehen andere da­ von aus, der Kommanditist müsse unabhängig vom Inhalt der Gesellschaftsschuld in jedem Falle nur auf Geld82 haften. Der Streit entspricht in der Sache der Proble­ 78 

Vgl. statt vieler Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  1 zu §  172 HGB. Ausführliche Nachweise dazu finden sich bei Behrend, S 637 f., Fn.  17. 80  So bereits Hahn/Mugdan, S.  284; heute statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  4. 81  Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  13; Westermann, Handbuch I, Rn.  903 [Stand: 3/1973]. 82  Kornblum, S.  254; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  4; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  16; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  7; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  12. 79 

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B.  Theoretische Grundlegung

matik, über die auch im Rahmen des §  128 HGB diskutiert wird,83 und bedarf zum Zwecke der vorliegenden Untersuchung keiner abschließenden Entscheidung. Eine zentrale Aussage über das Verhältnis der Haftung des Kommanditisten zu der Haftung der KG trifft §  171 I Hs.  1 HGB, indem er anordnet, dass der Komman­ ditist gerade den „Gläubigern der Gesellschaft“ haftet. Damit ist bereits durch den Gesetzeswortlaut vorgegeben, dass §  171 I Hs.  1 HGB nicht etwa eine eigene Ver­ bindlichkeit der Kommanditisten normiert,84 sondern vielmehr anordnet, dass die Kommanditisten für eine Verbindlichkeit der nach §§  161 II, 124 I HGB rechtsfähi­ gen KG einzustehen haben.85 Die Verbindlichkeit des Kommanditisten nach §  171 I Hs.  1 HGB richtet sich dabei hinsichtlich Entstehung, Inhalt – sofern man nicht eine in jedem Falle nur auf Geld gerichtete Haftung annimmt (s. soeben) – und Entwick­ lung (s. auch die Befugnis zur Geltendmachung von Einwendungen der Gesellschaft nach §§  161 II, 129 HGB) nach der Gesellschaftsverbindlichkeit, ist also zur Gesell­ schaftsverbindlichkeit akzessorisch.86 Dabei besteht allerdings, anders als etwa im Rahmen der Bürgschaft, kein Stufenverhältnis zwischen KG-Verbindlichkeit und Kommanditistenverbindlichkeit: Der Kommanditist haftet den KG-Gläubigern gem. §  171 I Hs.  1 HGB primär, kann also die KG-Gläubiger gerade nicht darauf verweisen, zuvor bei der Gesellschaft Befriedigung suchen zu müssen.87 Die Gläu­ biger können wählen, ob sie zunächst die KG, einen Kommanditisten, einen Kom­ plementär oder alle zugleich in Anspruch nehmen wollen.88 Im Verhältnis des Kommanditisten zur KG besteht keine Gesamtschuld, da nicht zwei verschiedene Verbindlichkeiten vorliegen, sondern nur eine einheitliche Verbindlichkeit der Ge­ sellschaft besteht, für die lediglich zwei verschiedene Vermögensmassen, nämlich das Gesellschaftsvermögen sowie das Privatvermögen des Gesellschafters, haf­ ten.89 Allerdings kann bei entsprechender Interessenlage – insbesondere im Falle des ausgeschiedenen Gesellschafters – eine analoge Anwendung der §§  422 ff. BGB angezeigt sein.90 Aus der Verweisung des §  161 II HGB auf §  128 HGB folgt sodann, dass im Verhältnis des Kommanditisten zu seinen Mitgesellschaftern – gleich, ob

83 Vgl.

K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  128 Rn.  24 mwN. aber noch Buchner, AcP 169 (1969), 483 (494 f.); Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  124 Anm.  2, §  128 Anm.  1, §  171 Anm.  2; Kornblum, S.  252. 85 Grundlegend Flume, ZHR 136 (1972), 177 (188 f.); ders., in: Hefermehl u. a., FS H. Wester­ mann, S.  119 (123). 86  Statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  9; Kindler, in: Koller u. a., HGB, 8.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  7. 87  Statt vieler Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  3; BGHZ 39, 319 (Tz.  12). 88  Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  5; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  15. 89  So etwa BGHZ 5, 35 (Tz.  7); Grundsätzlich anders sieht dies Flume, Die Personengesell­ schaft, S.  287. 90  Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  9. 84  So

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Komplementäre oder Kommanditisten – eine Gesamtschuld besteht, sodass die §§  422 BGB insofern direkt zur Anwendung gelangen.91 Der Kommanditist hat gem. §  171 I Hs.  1 HGB nur für die Außen- oder Drittver­ bindlichkeiten der KG – Verbindlichkeiten, die gerade nicht auf dem Gesellschafts­ verhältnis, sondern einem davon zu unterscheidenden Rechtsverhältnis beruhen – einzustehen, nicht dagegen für die Sozialverbindlichkeiten der KG.92 An diesem Umstand, den niemand ernsthaft bestreiten dürfte, offenbart sich bereits deutlich die Schutzrichtung nicht nur des §  171 HGB, sondern auch des §  172 HGB – letztere Vorschrift ist ohne §  171 HGB ja nicht vorstellbar: Den §§  171, 172 HGB geht es primär darum, solchen Gläubigern Schutz gegen die Leistungsunfähigkeit der KG zu gewähren, die ihre Forderungen nicht aus dem Gesellschaftsverhältnis herleiten. Insoweit soll die finanzielle Vertrauenswürdigkeit der KG erhalten bzw. erhöht ­werden. bb)  Beschränkung durch Außenhaftungsbetrag Das Merkmal, welches die Haftung des Kommanditisten gem. §§  171, 172 HGB ent­ scheidend von der Haftung des Komplementärs nach §§  161 II, 128 HGB unterschei­ det, ist der Außenhaftungsbetrag [zur Terminologie s. oben B. I. 4].93 Durch den Außenhaftungsbetrag erfährt die Kommanditistenhaftung gem. §§  171, 172 HGB eine ziffernmäßige, nicht aber gegenständliche Begrenzung: Der Kommanditist haf­ tet also den KG-Gläubigern mit der Gesamtheit seines Privatvermögens, jedoch nur bis zum Erreichen einer bestimmten Haftungshöchstziffer.94 An das Rechtsinstitut des Außenhaftungsbetrages stellen sich dabei mehrere juristische Fragen. Zunächst ist ganz grundsätzlich zu klären, wie der ursprüngliche Zustand der Kommanditistenhaftung beschaffen ist, ob also die Haftung des Kommanditisten als prinzipiell durch den Außenhaftungsbetrag beschränkt und nur unter bestimm­ ten Voraussetzungen unbeschränkt oder als prinzipiell unbeschränkt und durch den Außenhaftungsbetrag beschränkbar zu verstehen ist.95 In unmittelbarem Zusam­ menhang damit steht die Frage nach der rechtlichen Einordnung des Außenhaf­ tungsbetrages bzw. seiner Eintragung in das Handelsregister. Vertreten wird inso­ weit die Ansicht, die Eintragung des Außenhaftungsbetrages im Handelsregister sei als Garantieerklärung des Kommanditisten zugunsten der Gläubiger zu begrei­ fen.96 Der Eintragung des Außenhaftungsbetrages in das Handelsregister komme 91 

Statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  9. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  14; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 486 (487). 93  Furrer, S.  208 nennt die Begrenzung durch den Außenhaftungsbetrag „das die Art dieser Haftung bezeichnende Merkmal“. 94  K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  4. 95 Umfassend zu dieser dogmatischen Grundfrage der Kommanditistenhaftung Lehnen, S.  45 ff. 96  H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S.  287; Müßigbrodt, S.  76 f. 92 

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B.  Theoretische Grundlegung

also vor allem eine haftungsbegründende Funktion zu:97 Es werde ein zusätzlicher Anspruch zugunsten der Gläubiger geschaffen, der wesensmäßig bereits von vorn­ herein auf die Höhe des Außenhaftungsbetrages beschränkt sei. Andere gehen da­ von aus, die Eintragung des Außenhaftungsbetrages in das Handelsregister stelle allein eine ziffernmäßige Limitierung der Außenhaftung des Kommanditisten ge­ genüber den KG-Gläubigern dar.98 Man geht demnach von ein und derselben Au­ ßenhaftung des Kommanditisten aus, die im ursprünglichen Zustand – ebenso wie die Haftung des Komplementärs – ziffernmäßig und gegenständlich unbeschränkt ist (§  176 HGB), und durch die Eintragung des Außenhaftungsbetrages in das Han­ delsregister ziffernmäßig, nicht aber gegenständlich beschränkt wird (§§  171, 172 HGB). Als Begründung für die zuletzt geschilderte Ansicht wird angeführt, dass aufgrund des positiv-rechtlichen Rechtsformzwanges bei jeder Personenhandels­ gesellschaft eine dem Grundsatze nach unbeschränkte Haftung des Gesellschafters bestehen müsse.99 Vor allem aber führt die Annahme einer zusätzlichen Verbind­ lichkeit des Kommanditisten zurück zu der Vorstellung eines Hafteinlageanspruchs [s. oben B. I. 2. a)], die weder terminologisch noch inhaltlich überzeugen kann. Folglich erscheint es überzeugender, die Eintragung des Außenhaftungsbetrages als ziffernmäßige Limitierung (§§  171, 172 HGB) einer ursprünglich unbeschränkten Außenhaftung gegenüber den KG-Gläubigern (§  176 HGB) zu verstehen.100 Dass in der Praxis eine nach §§  171, 172 HGB beschränkte Haftung die Regel, eine nach §  176 HGB unbeschränkte Haftung nur die Ausnahme sein dürfte, steht dieser ­theoretischen Einordnung nicht entgegen. Es handelt sich in der Sache um nichts anderes als eine kraft Gesetzes eintretende Haftungsbeschränkung zugunsten des­ jenigen Gesellschafters, der den Rechtsverkehr über seine Beteiligung als (bloßer) Kommanditist durch entsprechende Eintragung im Handelsregister aufgeklärt hat. Den Beginn dieser Haftungsbeschränkung – und damit zugleich das Ende der nach §  176 HGB unbeschränkten Haftung – markiert gem. §  172 I HGB die „Eintra­ gung in das Handelsregister“.101 Erst ab diesem Zeitpunkt sind die in den §§  171, 172 HGB niedergelegten besonderen Regeln der Kommanditistenhaftung überhaupt an­ wendbar. Für diesen entscheidenden Wechsel des Haftungsregimes genügt indes noch nicht die Vereinbarung des Außenhaftungsbetrages im Gesellschaftsvertrag. Auch ist für eine „Eintragung in das Handelsregister“ iSd §  172 I HGB die Eintra­ gung der Gesellschaft als KG nicht ausreichend.102 Vielmehr müssen grundsätzlich im Handelsregister auch die Gesellschafter bezeichnet sein, die als Kommanditisten 97 

Müßigbrodt, S.  76. Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (414, 418, 443); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  7 f.; Konietz­ ko, S.  54 f.; Kirsch, S.  6; Westermann, Handbuch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]. 99  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  7 f.; vgl. für die GbR BGHZ 142, 315 (Tz.  12); vgl. für die Vor-GmbH BGHZ 134, 333 (Tz.  13) unter Aufgabe der bis dahin ständigen Rechtsprechung. 100  Ebenso auch das Ergebnis der eingehenden Untersuchung bei Lehnen, S.  198 f. 101  Zu den nach §§  127 IV, 152 IV, V KAGB für die Investment-KG geltenden Besonderheiten Freitag, NZG 2013, 329 (335). 102  Westermann, Handbuch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]. 98 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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fungieren sollen.103 Erst dann steht für die Gläubiger fest, bei welchen Rechtssub­ jekten sie nicht mehr auf eine unbeschränkte Haftung für Gesellschaftsverbindlich­ keiten vertrauen dürfen. Die entsprechende Handelsregistereintragung ist Wirk­ samkeitsvoraussetzung für die Haftungsbeschränkung des Kommanditisten; ihr kommt also konstitutive Bedeutung zu.104 Abweichend von diesem Grundsatz wird die Haftungsbeschränkung auch bei Eintragung lediglich der Gesellschaft wirk­ sam, wenn der betreffende Gläubiger positive Kenntnis von der Kommanditisten­ eigenschaft des betreffenden Gesellschafters erlangt (vgl. §  176 I 1 a. E. HGB).105 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus §  176 I 1 HGB: Die Vorschrift regelt die Situation vor der Eintragung der KG als solcher in das Handelsregister. Sie enthält dagegen nicht die Aussage, dass nach der Eintragung der KG als solcher keine un­ beschränkte Haftung der Kommanditisten mehr bestehen kann. Vielmehr muss eine unbeschränkte Haftung zugunsten der KG-Gläubiger sogar so lange bestehen, bis bei diesen Gewissheit darüber herrscht, welche Gesellschafter ihnen nur be­ schränkt haften sollen, bis also deren Beteiligung als bloße Kommanditisten in das Handelsregister eingetragen oder dem betreffenden Gläubiger sonst zur Kenntnis gelangt ist. Nicht erforderlich für den Beginn der Haftungsbeschränkung iSd §§  171, 172 HGB ist hingegen die Eintragung des Außenhaftungsbetrages oder dessen Kenntnis.106 Solange es allerdings an der Eintragung des Außenhaftungsbetrages fehlt, ist für die Höhe der limitierten Außenhaftung des Kommanditisten die Fest­ setzung des Außenhaftungsbetrages im Gesellschaftsvertrag maßgeblich.107 Sobald der Außenhaftungsbetrag im Handelsregister eingetragen ist, kommt es für die Höhe der limitierten Außenhaftung des Kommanditisten allein auf die Eintragung an.108 Die Handelsregistereintragung trifft aber keinerlei Aussage über den aktuel­ len Haftungsumfang, beantwortet also nicht die Fragen, inwiefern die limitierte Kommanditistenhaftung bereits gem. §  171 I Hs.  2 HGB erloschen, und, inwiefern sie möglicherweise gem. §  172 IV HGB wieder entstanden ist.109 Über den aktuellen Haftungsumfang muss sich jeder Gläubiger selbst Gewissheit verschaffen. Eine Änderung der Haftungsbeschränkung in Höhe des Außenhaftungsbetrages kann auf zwei verschiedene Arten erfolgen. Zunächst kann der Außenhaftungs­ 103  Weipert, in: RGRK-HGB, §  176 Anm.  4; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  176 Rn.  3; Westermann, Handbuch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]. 104  Statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  2. 105  Westermann, Handbuch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]; unpräzise Kirsch, S.  6; bloßes Kennen­ müssen soll allerdings nach RGZ 128, 172 (182) sowie OLG Nürnberg, WM 1961, 124 (126) nicht genügen. 106  Weipert, in: RGRK-HGB, §  176 Anm.  4; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  176 Rn.  3; Westermann, Handbuch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]. 107  Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  3; Westermann, Hand­ buch I, Rn.  909 [Stand: 3/1975]. 108  Statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  3; zu der umstrittenen Frage, ob und inwie­ fern sich bei Kenntnis des Gläubigers anderes ergibt s. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  30 f. mwN. 109  K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  32.

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B.  Theoretische Grundlegung

betrag nach §  172 II HGB erhöht werden. Eine Erhöhung des Außenhaftungsbetra­ ges wird allerdings grundsätzlich, wie sich implizit aus §  172 II HGB ergibt, noch nicht durch die entsprechende Änderung des Gesellschaftsvertrages, sondern erst mit Eintragung des erhöhten Betrages in das Handelsregister wirksam.110 Eine Ver­ lagerung des Wirksamkeitszeitpunktes vor den Zeitpunkt der Handelsregisterein­ tragung gestattet §  172 II HGB ausnahmsweise nur dann, wenn die Erhöhung in handelsüblicher Weise kundgemacht oder den Gläubigern in anderer Weise von der Gesellschaft mitgeteilt worden ist.111 Neben der Erhöhung ist gem. §  174 HGB eine Herabsetzung des Außenhaftungsbetrages möglich. Auch in diesem Fall wird die Änderung des Außenhaftungsbetrages noch nicht durch die Änderung des Gesell­ schaftsvertrages, sondern erst durch die Handelsregistereintragung wirksam.112 Mangels entsprechender Schutzwürdigkeit der Gläubiger ist einer Handelsregister­ eintragung der Fall gleichzustellen, dass ein Gläubiger positive Kenntnis von der Herabsetzung des Außenhaftungsbetrages hat.113 Zwar müssen nach §  174 Hs.  2 HGB Gläubiger, deren Forderungen zur Zeit der Eintragung begründet waren, die Herabsetzung nicht gegen sich gelten lassen; die Herabsetzung gilt folglich nur für Neuverbindlichkeiten. Bezüglich der Altverbindlichkeiten ist aber für den Teil der jeweiligen Verbindlichkeit, der den neuen Außenhaftungsbetrag übersteigt, gem. §  161 II, 160 HGB die fünfjährige Ausschlussfrist zu beachten.114 Streng abzugrenzen ist der Außenhaftungsbetrag schließlich von der im Innen­ verhältnis (gegebenenfalls) bestehenden Einlage des Kommanditisten [s. dazu be­ reits oben B. III. 1.], wenn auch der Außenhaftungsbetrag ebenso wie die Einlage im Gesellschaftsvertrag festgelegt ist. Der Außenhaftungsbetrag kann gesellschafts­ vertraglich frei bestimmt werden und den Wert der Einlage überschreiten, unter­ schreiten oder exakt decken.115 Ist im Gesellschaftsvertrag lediglich die Einlage, nicht aber der Außenhaftungsbetrag festgesetzt, greift die Auslegungsregel, dass der als Einlage festgesetzte Geldbetrag auch für den Außenhaftungsbetrag maß­ geblich sein soll.116 Wurde eine Sacheinlage verabredet, ist für die Bestimmung des Außenhaftungsbetrages deren objektiver Wert entscheidend.117 In jedem Falle muss 110  Statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  9; zur Frage der Beschränkbarkeit der Erhöhung auf bestimmte Verbindlichkeiten s. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  34 mwN. 111  Zur Frage, ob bei einer Kundmachung bzw. Mitteilung durch die KG eine Zustimmung des Kommanditisten erforderlich ist, s. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  36 mwN. 112  Statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  174 Rn.  1; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  174 Rn.  2. 113 Uneinigkeit besteht lediglich hinsichtlich der Methode: für teleologische Reduktion des §  174 HGB Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  174 Rn.  3; für analoge Anwendung des §  176 I 1 a. E. HGB Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  174 [Stand: 1.4.1987] Rn.  3; Horn, in: Heymann, HGB, §  174 Rn.  2. 114  Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  174 Rn.  4; Oetker, in: Oetker, HGB, §  174 Rn.  8. 115  Statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  7 f. 116  Statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  8. 117  Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  8; ob bei einer durch die Gesellschafter vorgenom­

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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der Außenhaftungsbetrag, anders als die Einlage, auf einen Geldbetrag in Euro ­lauten.118 Abschließend hervorzuheben ist die substantielle Bedeutung des Außenhaf­ tungsbetrages für das System der Kommanditistenhaftung als Ganzes.119 Denn gäbe der Gesetzgeber eine ziffernmäßig stets unbeschränkte Kommanditistenhaf­ tung vor, wäre eine Haftungsbefreiung durch Erbringung eines bestimmten Vermö­ genswertes bereits von vornherein nicht statthaft. Die ziffernmäßige Beschränkung der Kommanditistenhaftung durch den Außenhaftungsbetrag ist also denknotwen­ dige Voraussetzung dafür, dass es überhaupt eine Haftungsbefreiung durch Leis­ tung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB geben kann.120

3.  Die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB und der Kapitalaufbringungsgrundsatz Ausgangspunkt der zur Aufgabe gestellten Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage war die These, dass Innenrechts- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten grundsätzlich ge­ trennt voneinander zu behandeln sind (s. dazu nochmals B. I). Die Frage, inwiefern dieser Grundsatz zu durchbrechen ist, inwiefern also Maßnahmen im Innenverhält­ nis auch rechtliche Wirkungen im Außenverhältnis hervorrufen, wird durch die Kardinalnorm des Rechts der Kommanditistenhaftung121, die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB, beantwortet: Es ist, wie dies auch die Vertreter des Pflichteinlage-­ Haftsumme-Modells annehmen, davon auszugehen, dass die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB über den Passus Leistung der Einlage eine eindimensionale Verknüp­ fung zwischen Innen- und Außenverhältnis herstellt [s. dazu oben B. I. 2. b)]. §  171 I Hs.  2 HGB regelt demnach die Frage, ob und inwiefern Leistungen im Innenver­ hältnis eine Haftungsbefreiung auch im Außenverhältnis hervorrufen. Diese Ver­ knüpfung zweier ansonsten strikt zu trennender Rechtbeziehungen, die aus der be­ sonderen gesetzlichen Anordnung des §  171 I Hs.  2 HGB resultiert, stellt gerade die besondere Funktion des §  171 I Hs.  2 HGB dar und zeichnet die Komplexität des Haftungssystems des Kommanditisten aus. Die erste für dieses System der Kommanditistenhaftung zentrale theoretische Frage wurde bisher jedoch nur angedeutet. Gemeint ist die Frage, wie eine „Lei­ menen Bewertung der Sacheinlage gleichwohl deren objektiver Wert maßgeblich sein soll, wird unterschiedlich beurteilt: dafür Müller-Graff, JuS 1979, 24 (27); dagegen Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  8. 118  Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  6. 119  Zur Haftungsbeschränkung des Kommanditisten aus rechtsökonomischer Sicht eingehend Potsch, S.  56 ff. 120  Kirsch, S.  5. 121  Vgl. auch Mossmann, S.  190, der §  171 I HGB als „zentrale Haftungsnorm für den Bereich der Kommanditistenhaftung“ bezeichnet.

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B.  Theoretische Grundlegung

stung der Einlage“ iSd §  171 I Hs.  2 HGB, die zur Befreiung des Kommanditisten von seiner Haftung gegenüber den KG-Gläubigern führt, richtigerweise zu verste­ hen ist. Welche Voraussetzungen sind also an den Tatbestand des §  171 I Hs.  2 HGB zu stellen, um einen ersten Schritt in Richtung eines stimmigen und interessen­ gerechten Systems der Kommanditistenhaftung zu gehen? a)  Bisher entwickelte Positionen Die Anforderungen, die an eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gestellt werden, entscheiden darüber, ob der Kommanditist von seiner Haftung gegenüber den KG-Gläubigern befreit wird oder nicht. Diese entscheidende Rolle des §  171 I Hs.  2 HGB ist neben dem unbefriedigenden Gesetzeswortlaut der §§  161 ff. HGB sicher der wichtigste Grund dafür, dass die Frage nach dem richtigen Verständnis der Leistung der Einlage bereits Gegenstand zahlreicher Erörterungen gewesen ist. Die im Rahmen dieser Fragestellung bisher ergangenen Stellungnahmen lassen sich im Wesentlichen auf die folgenden Lösungsansätze reduzieren. aa)  Die Verrechnungstheorie Der erste Lösungsansatz basiert auf den Arbeiten von Reinhold Furrer und wird heute ganz allgemein mit dem Begriff Verrechnungstheorie122 bezeichnet. Die An­ hänger der Verrechnungstheorie sehen §  171 I Hs.  2 HGB immer dann als einschlä­ gig an, wenn der Kommanditist eine tatsächlichen Vermehrung der Tilgungsmittel der KG herbeigeführt hat.123 Dies sei bei jeder Mehrung der Gesellschaftsaktiva der Fall.124 Nach den Vertretern der Verrechnungstheorie greift §  171 I Hs.  2 HGB also ein, soweit der KG durch den Kommanditisten in objektiver Hinsicht Vermögens­ werte zugeführt worden sind.125 Wiedemann hat diesen Grundgedanken später als Prinzip der objektiven Vermögensdeckung126 bezeichnet. Der Rechtsgrund der Ver­ mögenszuführung wird insoweit gänzlich ausgeblendet, spielt also für die Frage des Eingreifens von §  171 I Hs.  2 HGB keine Rolle.127 Letzteres ist gerade der entschei­ dende Unterschied zu den anderen bisher entwickelten Lösungsansätzen. 122  Die Bezeichnung Verrechnungstheorie wurde eingeführt von Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1041). Der Terminus erklärt sich daraus, dass die Vertreter der Verrech­ nungstheorie im Falle von Austauschverträgen den Wert der Leistung, die der Kommanditist an die KG erbringt, mit dem Wert der Gegenleistung, welche die KG an den Kommanditisten er­ bringt, verrechnen. 123  Furrer, S.  209. 124  Furrer, S.  229. 125  Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  10; Westermann, Handbuch I, Rn.  918 [Stand: 8/1978]; BGHZ 63, 338 (Tz.  10); Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1047 f.); anders aber später ders., JZ 1986, 855 (856). 126  Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1037 f.). 127 Deutlich Furrer, S.  229.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Diese Sichtweise wird mit der Grundannahme begründet, dass die Kommanditis­ tenhaftung gerade zu dem Zweck bestehe, den Kredit der KG zu erhöhen.128 Der Kredit einer KG werde aber nicht nur dadurch gesteigert, dass ein Kommanditist eine Verbindlichkeit der KG aus seinen eigenen Mitteln erfüllt, sondern in gleicher Weise dadurch erhöht, dass der Kommanditist die in der KG vorhandenen Tilgungs­ mittel mehrt.129 Folglich stelle jede tatsächliche Zuführung eines Vermögensgegen­ standes durch einen Kommanditisten an die KG eine Erhöhung des Kredits der KG und mithin eine „Leistung der Einlage“ iSd §  171 I Hs.  2 HGB dar. Bemerkenswert ist die Rechtsfolge, die §  171 I Hs.  2 HGB nach der Auffassung Furrers auslösen soll. So führe §  171 I Hs.  2 HGB gerade keine Beendigung der persönlichen Haftung des Kommanditisten herbei, sondern begründe lediglich eine rechtshemmende Einrede gegen die Forderung des KG-Gläubigers.130 Dieser An­ satz ist zwar interessant, aber mit dem Wortlaut des §  171 I Hs.  2 HGB nur schwer zu vereinbaren. So soll bei Vorliegen der Voraussetzungen der genannten Norm die Haftung „ausgeschlossen“ sein. Hätte der Gesetzgeber eine rechtshemmende Einre­ de intendiert, wäre es naheliegend gewesen, im Gesetzestext ein Leistungsverwei­ gerungsrecht des Betroffenen zu verankern, wie dies etwa im Falle des nur wenig später in Kraft getretenen §  222 I BGB a. F. (entspricht §  214 I BGB n. F.) der Fall ist. Größter Verdienst der von Furrer begründeten Verrechnungstheorie ist, dass sie – freilich ohne dies expressis verbis auszusprechen oder gar mit dem Recht der Kapi­ talgesellschaften in Verbindung zu bringen – in der Sache erstmals die Notwendig­ keit realer Kapitalaufbringung durch den Kommanditisten erkannt hat. Um den not­ wendigen Kredit einer KG, d. h. im Wortsinne das nötige Vertrauen der (möglichen) Gläubiger in die KG, sicherzustellen, kann es eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB nur geben, soweit der KG durch den Kommanditisten real existierende wirtschaftliche Werte zugeführt werden. Damit ist zugleich die Aussage getroffen, dass die im Innenverhältnis bestehende freie Dispositionsbefugnis der Gesellschaf­ ter in dem von der Rechtsfolge des §  171 I Hs.  2 HGB angesprochenen Außenver­ hältnis keine Gültigkeit beanspruchen kann [s. dazu bereits oben B. III. 1. b)]. bb)  Die Vertragstheorie Nach den Vertretern der Vertragstheorie131 ist die entscheidende Voraussetzung der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB eine andere: Der Leistungsgegenstand müsse gerade „als Einlage“ an die KG erbracht werden.132 Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB ist nach dieser Auffassung demnach nur eine Leistung auf gesell­ schaftsrechtlicher Grundlage, also eine Leistung, deren Rechtsgrund die Einlage­ 128 

Furrer, S.  209. Furrer, S.  209. 130  Furrer, S.  209 f. 131  Begriff von Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1041). 132  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (417). 129 

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B.  Theoretische Grundlegung

verpflichtung des Kommanditisten gegenüber der KG ist.133 Bei mehreren Forde­ rungen der KG sollte der Kommanditist also eine entsprechende Tilgungsbestim­ mung iSd §  366 I BGB treffen, um sich über §  171 I Hs.  2 HGB von der Haftung gegenüber den KG-Gläubigern zu befreien. Leistet der Kommanditist etwas anderes als den Vermögensgegenstand, den er der KG nach seiner Einlageverpflichtung schuldet, ist die Zuführung dieses Vermögensgegenstandes nur unter der Voraus­ setzung des §  364 I BGB eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB.134 Das Argument, das für die Richtigkeit der Vertragstheorie streitet, kann zugleich auch als Argument gegen die Verrechnungstheorie aufgefasst werden. So fordert der Wortlaut des §  171 I Hs.  2 HGB, dass „die Einlage“ geleistet werden muss. Be­ reits begrifflich können aber Leistungen, die auf anderen Rechtsgeschäften basie­ ren, etwa die nach §  433 I 1 BGB geschuldete Übergabe und Übereignung der Kauf­ sache, kaum als Einlageleistung bezeichnet werden. Es spricht daher gerade der Wortlaut dafür, dass man „unter der Leistung der Einlage auch die Leistung der Einlage versteht“135 und Leistungen, die zwar die Tilgungsmittel der KG mehren, aber auf anderer Rechtsgrundlage basieren, vom Anwendungsbereich des §  171 I Hs.  2 HGB ausnimmt. Im Ergebnis wie die Verrechnungstheorie Furrers geht auch die Vertragstheorie auf der Rechtsfolgenseite nicht von einem Haftungsausschluss des Kommanditisten aus. Vielmehr folge aus §  171 I Hs.  2 HGB lediglich eine Konkretisierung der Haf­ tung des Kommanditisten auf einen bestimmten Teil seines Privatvermögens.136 Der konkretisierte Vermögensteil steht danach nicht mehr dem Kommanditisten und seinen Privatgläubigern, sondern der KG und den KG-Gläubigern zur Verfü­ gung.137 Die Konkretisierung resultiere daraus, dass der Kommanditist durch Lei­ stung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB einen Teil seines Privatvermögens aus­ sondere und diesen bisherigen Bestandteil seines privaten Vermögens im KG-Ver­ mögen binde.138 Hat die Vertragstheorie auf der Tatbestandsseite den Gesetzeswortlaut auf ihrer Seite, lassen sich die von ihren Vertretern angenommenen Rechtsfolgen noch weni­ ger mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang bringen, als dies bei der Verrechnungs­ theorie der Fall ist: Nach der klaren Anordnung des §  171 I Hs.  2 HGB soll die Haftung des Kommanditisten „ausgeschlossen“ sein, wenn die Einlage geleistet wurde. Auch liefe der Konkretisierungsgedanke der Vertragstheorie auf eine gegen­ ständliche Beschränkung der Kommanditistenhaftung hinaus. Das Gesetz geht aber 133  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419); zwar weisen auch die Ausführungen bei Huber, S.  212 in diese Richtung, doch betont ders., S.  210, dass eine Haftungsbefreiung nur in Höhe des tatsächli­ chen Wertes der Leistung eintreten könne, sodass Huber nicht als Vertreter einer reinen Vertrags­ theorie angesehen werden kann. 134  So die Schlussfolgerung bei K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (317 f.). 135  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (417). 136  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (418). 137  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (417). 138  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (417 f.).

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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in §§  171, 172 HGB eindeutig von einer gegenständlich unbeschränkten, aber zif­ fernmäßig beschränkten Haftung des Kommanditisten aus vgl. §  171 I Hs.  1 HGB, der von einer Haftung „bis zur Höhe“ des Außenhaftungsbetrages spricht oder §  172 I HGB, der einen „Betrag“ als Obergrenze der Haftung nennt. Keuk muss selbst einräumen, dass die Annahme einer Haftungskonkretisierung kaum auf den Wort­ laut der §§  171, 172 HGB zu stützen ist, sondern allenfalls in der Vorgängernorm des Art.  165 I ADHGB Halt findet139: „Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet der Kommanditist nur mit der Einlage, und soweit diese nicht eingezahlt ist, mit dem versprochenen Betrage“. Vermögen demnach die von den Vertretern der Vertragstheorie angenommenen Rechtsfolgen nicht zu überzeugen,140 besteht auch gegen das bereits geschilderte Verständnis des Tatbestandes des §  171 I Hs.  2 HGB ein gewichtiger Einwand: Es wäre unbillig, jeden Kommanditisten mit der Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB zu belohnen, der einen – wie auch immer beschaffenen – Vermögensgegen­ stand der KG zugeführt hat, ohne den Vermögensgegenstand zuvor genau auf seine Werthaltigkeit hin zu überprüfen. Vorrangig nach dem Rechtsgrund der Leistung eines Kommanditisten zu fragen, wenn es um die Frage der Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB geht, kann aufgrund des Bedürfnisses nach effektivem Gläubi­ gerschutz nicht richtig sein.141 cc)  Die Lehre vom Doppeltatbestand Aus dieser Erkenntnis heraus hat erstmals Karsten Schmidt versucht, im Rahmen eines theoretischen Lösungsansatzes die jeweiligen Elemente der Verrechnungsthe­ orie einerseits und der Vertragstheorie andererseits miteinander in Verbindung zu bringen.142 Nach dem Ansatz Karsten Schmidts setzt sich eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB aus zwei Komponenten zusammen – der Lösungsansatz kann daher als Lehre vom Doppeltatbestand bezeichnet werden: Die erste Komponente wird der Vertragstheorie entnommen und als Prinzip der Einlagenaufbringung be­ zeichnet. Gemeint ist die Voraussetzung, dass eine Leistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB „auf die Einlage“ bewirkt sein muss. Dies sei unabdingbare Mindestvoraussetzung für ein Eingreifen des §  171 I Hs.  2 HGB. Die zweite Komponente wird der Verrech­ nungstheorie entnommen und als Prinzip der Kapitalaufbringung bezeichnet. Es kann demnach nur dann zu einem Eingreifen des §  171 I Hs.  2 HGB kommen, wenn das haftende KG-Vermögen tatsächlich vermehrt wird, also dem Prinzip der objek­ tiven Vermögensdeckung Rechnung getragen ist. Beide Voraussetzungen müssen

139 

Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (418). K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (309). 141  In diese Richtung auch K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (317). 142  s. hierzu und zum Folgenden K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (317 f.); ders., Einlage und Haf­ tung, S.  26 f. 140 Ebenso

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B.  Theoretische Grundlegung

nach der Lehre vom Doppeltatbestand stets kumulativ vorliegen, damit der Kom­ manditist iSd §  171 I Hs.  2 HGB seine Einlage geleistet hat. Argumentativ kann sich die Lehre vom Doppeltatbestand, was die Komponente der Vertragstheorie anbelangt, auf den Wortlaut des Gesetzes stützen (s. dazu bereits im Rahmen der Vertragstheorie). Für die Komponente der Verrechnungstheorie streitet insbesondere der Gedanke des Gläubigerschutzes (s. dazu bereits im Rah­ men der Verrechnungstheorie). Auf der Rechtsfolgenseite geht Schmidt von der haftungsbefreienden Wirkung einer den oben genannten Anforderungen entsprechenden Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB aus, ohne die Rechtsfolgenfrage näher zu thematisieren – dazu besteht zumindest im Falle des §  171 I Hs.  2 HGB wegen dessen klarer Rechts­ folgenanordnung freilich auch kein Anlass. Die Lehre vom Doppeltatbestand ist auf breite Zustimmung gestoßen und kann seit längerer Zeit als vorherrschender Ansatz zur Lösung der Auslegungsfrage iRd §  171 I Hs.  2 HGB bezeichnet werden.143 Der maßgebliche Grund dafür liegt sicher darin, dass es die Lehre vom Doppeltatbestand unternimmt, die – unbestreitbaren – Vorzüge sowohl der Verrechnungstheorie als auch der Vertragstheorie miteinan­ der zu kombinieren. dd)  Die Lehre von der Zweckvereinbarung Einen weiteren Versuch der Deutung des §  171 I Hs.  2 HGB, der im Schrifttum bis­ her kaum zur Kenntnis genommen worden ist, hat Günter unternommen. So sei neben der Zuführung eines tatsächlichen wirtschaftlichen Wertes an die KG eine Zweckvereinbarung zwischen Kommanditist und KG mit dem Inhalt erforderlich, dass der Kommanditist mit den betreffenden Vermögensgegenständen an Gewinn und Verlust der Gesellschaft teilnehmen soll und dass die Vermögensgegenstände erst im Zuge der Auseinandersetzung zurückzuerstatten sind.144 Günters Ziel ist vor allem, eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB auch in den Fällen zu ermöglichen, in denen überhaupt keine Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG besteht.145 So sehr dieses Anliegen, dem Kom­ manditisten die Option der Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB in möglichst vielen Fällen einzuräumen, auch Lob verdient: Zu überzeugen vermag die Lehre von der Zweckvereinbarung nicht. Zum einen steht der Wortlaut des §  171 I Hs.  2 HGB entgegen, der den Ausschluss der Haftung gerade von der Leistung „der Ein­ 143  Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  5, 9; Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  13; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  38 f.; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  46; Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  36 ff.; Mundry, S.  7 ff.; Kirsch, S.  85 f.; Kammergruber, S.  150 f.; so auch Konietzko, S.  81 f., die den Ansatz als „eingeschränkte Vertragstheorie“ bezeichnet und ihn zu Unrecht mit der Auffassung Keuks völlig gleichsetzt; ganz anders die sehr kritische Stellungnahme zu Schmidts Thesen bei Kornblum, AG 1978, 137 (140). 144  Günter, S.  17. 145  Günter, S.  16.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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lage“ und nicht dem Vorhandensein einer – wie auch immer beschaffenen – Zweck­ vereinbarung abhängig macht. Zum anderen ist die Möglichkeit einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB bei fehlender Einlageverbindlichkeit des Kommandi­ tisten auch gar nicht notwendig, da es dem Kommanditisten jederzeit frei steht, die Gläubiger in Höhe seines Außenhaftungsbetrages zu befriedigen und dadurch sei­ ner persönlichen Haftung ein Ende zu setzen. ee)  Die modifizierte Verrechnungstheorie Einen anderen ebenfalls nur wenig besprochenen Lösungsansatz, den er selbst als modifizierte Verrechnungstheorie bezeichnet, hat Müßigbrodt vorgestellt.146 Bereits diese Terminologie macht deutlich, dass Müßigbrodt grundsätzlich an dem Erfor­ dernis der Verrechnungstheorie, der Kommanditist müsse bei der KG eine tatsäch­ liche Vermögensmehrung hervorrufen, festhält. Zusätzlich stellt die modifizierte Verrechnungstheorie eine Negativvoraussetzung auf, indem sie annimmt, dass nur die Leistung des Kommanditisten den Tatbestand des §  171 I Hs.  2 HGB erfülle, der weder eine besondere verkehrsgeschäftliche noch gesellschaftliche causa zugrunde liege. Danach kommt es, anders als nach der Vertragstheorie und der Lehre vom Doppeltatbestand, nicht darauf an, ob der Kommanditist gerade die Leistung er­ bringt, die er gesellschaftsvertraglich schuldet. Insoweit stellt die Auffassung ­Müßigbrodts geringere Anforderungen an eine Haftungsbefreiung des Kommandi­ tisten als es Vertragstheorie und Lehre vom Doppeltatbestand tun. Die modifizierte Verrechnungstheorie verfolgt das nachvollziehbare Anliegen, dass es dann nicht zu einer Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB kommen soll, wenn der Kommanditist sich gar nicht von seiner Haftung befreien, sondern viel­ mehr nur seiner Verpflichtung aus einem besonderen Rechtsgrund nachkommen möchte. Daneben möchte der Ansatz vermeiden, dass es bei zahlreichen Geschäften zwischen KG und Kommanditist für die Gläubiger unklar wird, inwiefern sich der Kommanditist bereits durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB von seiner Haftung ihnen gegenüber befreit hat. Doch scheint auch hier der Wortlaut des Ge­ setzes anderes vorzugeben und gerade positiv zu fordern, dass tatsächlich „die Ein­ lage“ von Seiten des Kommanditisten erbracht wird. Hingegen wäre es nach der modifizierten Verrechnungstheorie dem Kommanditisten möglich, der Gesellschaft eine andere als die gesellschaftsvertraglich geschuldete Leistung aufzudrängen und sich damit sogar die Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB zu verdienen. ­A ngesichts des Umstandes, dass die Gesellschaft möglicherweise ein besonderes Interesse gerade an dem geschuldeten Einlagegegenstand hat, kann dies aber nicht das richtige Ergebnis sein.

146 

s. hierzu und zum Folgenden Müßigbrodt, S.  16 ff.

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B.  Theoretische Grundlegung

b)  Entwicklung eines spezifisch kapitalgesellschaftsrechtlichen Verständnisses der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB Die Lehre vom Doppeltatbestand stellt unzweifelhaft eine taugliche Grundlage für eine weitere Annäherung an ein interessengerechtes Verständnis des §  171 I Hs.  2 HGB dar. Indes kann als Befund bereits an dieser Stelle vorweggenommen werden, was im Verlauf der hier angestellten Untersuchung noch deutlich zu Tage treten wird: Die von Schmidt vertretene Auffassung leidet im Wesentlichen an zwei Män­ geln. Zum einen vermag sie es nicht, die von ihr aufgestellten Voraussetzungen in allen problematischen Fallkonstellationen mit der gebotenen Strenge durchzuhal­ ten.147 Zum anderen kann die zu ihrer Rechtfertigung unternommene Herleitung der an §  171 I Hs.  2 HGB zu stellenden Voraussetzungen, insbesondere des Prinzips der objektiven Vermögensdeckung, aus Normen des KG-Rechts nicht überzeugen. Es soll daher im Folgenden sorgfältig untersucht werden, inwiefern die Lehre vom Doppeltatbestand zu einem spezifisch kapitalgesellschaftsrechtlichen Ver­ ständnis des §  171 I Hs.  2 HGB fortentwickelt werden kann, das frei von den soeben bezeichneten Mängeln ist und so zur ersten Säule eines interessengerechten und in sich geschlossenen Systems der Kommanditistenhaftung werden kann. Dazu sollen zunächst in einem ersten Schritt die einem solchen Ansatz entsprechenden Anfor­ derungen an eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB in aller Ausführlich­ keit hergeleitet werden, bevor diese in einem zweiten Schritt in ihrem Zusammen­ hang und ihrer Reichweite nochmals prägnant dargestellt werden. aa)  Herleitung der Voraussetzungen der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB (1)  Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG Dass für eine „Leistung der Einlage“ iSd §  171 I Hs.  2 HGB zunächst eine Zufüh­ rung von Vermögensgegenständen aus dem Vermögen des Kommanditisten in das – davon strikt zu trennende148 – Vermögen der KG erfolgen muss, ist bereits inso­ fern einsichtig, als andernfalls ein Grund für einen Ausschluss der persönlichen Haftung des Kommanditisten nach §  171 I Hs.  1 HGB bereits von vornherein nicht ersichtlich wäre. Der Wortlaut des §  171 I Hs.  2 HGB stellt dies durch den Begriff „geleistet“ klar. Als erste Voraussetzung einer „Leistung der Einlage“ iSd §  171 I

147  s. nur K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  28, der selbst „konstitutionelle Schwächen“ sei­ nes Lösungsansatzes einräumen muss. Diese Schwächen führen aber nach zutreffender Einschät­ zung dess., ZGR 1976, 307 (319) gerade zu „Unvollkommenheiten“ des Gläubigerschutzes. 148  Für diese heute ganz allgemeine Auffassung etwa K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.  1559; die abweichende Auffassung von Häsemeyer, ZHR 149 (1985), 42 (48 f.) ist mit dem gesetzlich verankerten Prinzip der summenmäßig beschränkten Kommanditistenhaftung unvereinbar.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Hs.  2 HGB ist demnach festzuhalten, dass der Kommanditist Vermögensgegenstän­ de aus seinem Vermögen in das Vermögen der KG überführen muss. (2)  Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung Die zweite Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB lässt sich ebenfalls dem Wortlaut entnehmen, der bestimmt, dass – zumindest über diese Vorschrift – nur dann eine Vermögenszuführung durch den Kommanditisten an die KG zur Haftungsbe­f reiung führt, wenn „die Einlage“ geleistet wird. Ganz im Sinne der Vertragstheorie [s. dazu oben B. III. 3. a) bb)] ist also erforderlich, dass der Rechtsgrund der Vermögenszu­ führung gerade in der Einlageschuld des Kommanditisten gegenüber der KG be­ steht. Als zusätzlicher Begründungsansatz für die Richtigkeit dieser Annahme tritt der Aspekt hinzu, dass es für die KG-Gläubiger bei mehreren Geschäften zwischen KG und Kommanditist klar zuzuordnen sein muss, welche Vermögensgegenstände die in der KG gebundene Haftungsmasse mehren und welche nicht. Diese nötige Zuordnung erfolgt durch „einseitig nicht abänderbar[e] Widmung der Vermögen­ seinlage“149, d. h. durch eine entsprechende Tilgungsbestimmung des Kommandi­ tisten iSd §  366 I BGB. Werden der KG andere als die nach der Einlageverbindlich­ keit geschuldeten Vermögensgegenstände zugeführt, kann eine entsprechende Lei­ stung nur unter den Voraussetzungen des §  364 I BGB Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB sein.150 Leistungen an einen Dritten haben nur unter den Voraussetzun­ gen des §  362 II BGB die Wirkung des §  171 I Hs.  2 HGB.151 Zweite Voraussetzung einer „Leistung der Einlage“ iSd §  171 I Hs.  2 HGB ist es also, dass die der KG zu­ geführten Vermögensgegenstände ihre causa gerade in der Einlageverbindlichkeit finden. Damit ist aber zugleich ein weiteres deutlich ausgesprochen: Soweit keine Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG besteht, kann es auch keine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB geben.152 Dazu besteht auch kein Bedürfnis, da dem Kommanditisten bei fehlender Einlageverbindlichkeit im­ mer noch die Möglichkeit offen steht, die KG-Gläubiger zu befriedigen.153 (3)  Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung Dritte Voraussetzung der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB könnte ein Kriterium sein, das Wiedemann als Prinzip der objektiven Vermögensdeckung be­ zeichnet hat [s. dazu bereits oben B. III. 3. a) aa)]. Abzugrenzen ist diese etwaige dritte Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB bereits im Vorfeld von der ersten hier 149 

Wiedemann, JZ 1986, 855 (856). So explizit auch K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  40. 151 Ebenso K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  40 f. 152  So auch Kirsch, S.  20. 153  Anders sieht dies K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  8 f., der sich dadurch in Widerspruch zu der von ihm selbst befürworteten Vertragstheorie begibt. 150 

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B.  Theoretische Grundlegung

entwickelten Voraussetzung, der Zuführung eines Vermögensgegenstandes. Diese Differenzierung ist bislang im Schrifttum nicht deutlich vorgenommen worden. Da­ bei besteht doch die Möglichkeit, dass der KG durch den Kommanditisten Vermö­ gensgegenstände zugeführt werden, die in objektiver Hinsicht gerade nicht einen wirtschaftlichen Wert verkörpern (z. B. die Einbringung eines überschuldeten Un­ ternehmens). Dass es sich bei der Frage der Kapitalzuführung und der Frage der objektiven Wertdeckung nicht um dieselbe Fragestellung, sondern um eigenständi­ ge Kriterien handelt, folgt also bereits aus logischer Deduktion, wird sich aber auch bei der Erörterung einzelner Fallgruppen erweisen (s. dazu C). Setzt man im Rah­ men des §  171 I Hs.  2 HGB ein Prinzip der objektiven Vermögensdeckung voraus, muss man dieses mithin als eine von der Vermögenszuführung zu unterscheidende Voraussetzung behandeln.154 Das Erfordernis einer objektiven Wertdeckung lässt sich nicht ganz ohne weite­ res und insbesondere nicht auf den ersten Blick aus den gesetzlichen Vorschriften ableiten. Gleichwohl wird von den Vertretern eines, wenn man so will, spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatzes155 zunächst die Vorschrift des §  172 III HGB als Quelle des Erfordernisses der objektiven Wertde­ ckung herangezogen.156 §  172 III HGB beziehe sich gerade auf die Konstellation, dass die Einlageforderung im Innenverhältnis zwischen KG und Kommanditist er­ lösche, obwohl das Vermögen der KG nicht gemehrt werde.157 Daraus sei zu schlie­ ßen, dass für die Haftungsbefreiung des Kommanditisten das Erlöschen der Einla­ geforderung nicht ausreiche, sondern vielmehr dem KG-Vermögen ein tatsächlicher Wert zugeführt werden müsse.158 Allerdings lässt diese Schlussfolgerung einen wesentlichen Aspekt außer Betracht: §  172 III HGB regelt mit Erlass und Stundung Fälle, in denen dem KG-Vermögen durch den Kommanditisten überhaupt keine Vermögensgegenstände zugeführt werden. Es sind also nur Situationen betroffen, in denen es an der ersten – vom Wortlaut („geleistet“) klar geforderten – Vorausset­ zung des §  171 I Hs.  2 HGB, der Vermögenszuführung, gerade fehlt. Die Vorschrift des §  172 III HGB regelt also einen anderen, hier nicht in Rede stehenden Sachver­ halt. Dann kann ihr aber auch kein Argument für die hier relevante Konstellation entnommen werden, in der eine Vermögensbewegung von Kommanditist zu KG gerade stattfindet. §  172 III HGB mag als deutlicher Ausdruck der generellen Tren­ nung zwischen Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten (s. dazu oben B. I.) eine zentrale Stellung im Recht der Kommanditistenhaftung einnehmen. Die Voraussetzung einer objektiven Wertdeckung für die Fälle einer Vermögens­ 154  Ganz in diesem Sinne die Ausführungen von Bayer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht II, S.  708 (711 f.). 155 Zuerst K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29, der eine „spezifisch KG-rechtliche Kapital­ garantie“ in Abgrenzung zu den kapitalgesellschaftsrechtlichen Grundsätzen annimmt. 156  Deutlich etwa Kirsch, S.  50 f., der den bei K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (317 f.) und dems., Einlage und Haftung, S.  26 f. aufgeworfenen Gedanken auf den Punkt bringt. 157  Kirsch, S.  51. 158  BGHZ 95, 188 (Tz.  40).

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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übertragung von Kommanditist an KG lässt sich der Norm jedoch nicht entnehmen. Dies würde vielmehr den tatsächlichen Regelungsgehalt des §  172 III HGB deutlich überstrapazieren.159 Daneben wird die Rechtfertigung der objektiven Wertdeckung in §  172 I HGB gesucht. So quantifiziere die Regelung die Kommanditistenhaftung, vermittle ihr Publizitätswirkung, damit einen objektiven Charakter und lasse so auf die objekti­ ve Wertdeckung als Kriterium haftungsbefreiender Einlageleistung schließen.160 Doch auch diese Argumentation kann vor dem Hintergrund der ratio der genannten Vorschrift nicht überzeugen. So ist §  172 I HGB im Zusammenhang mit §  171 I Hs.  1 HGB zu lesen, welcher den Kommanditisten gegenüber dem Komplementär dadurch privilegiert, dass er die Haftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern nach der Eintragung in das Handelsregister ziffernmäßig be­ schränkt. §  172 I HGB ergänzt lediglich, dass für die Frage der Höhe des Außenhaf­ tungsbetrages allein die bereits erfolgte Handelsregistereintragung maßgeblich ist. Somit lösen §§  171 I Hs.  1, 172 I HGB ab dem Zeitpunkt der Handelsregistereintra­ gung das Haftungsregime des §  176 HGB ab und „belohnen“ denjenigen Komman­ ditisten mit einer Haftungsbeschränkung, dessen KG die Anmeldung des „Be­ trag[es] der Einlage“ iSd §  162 I 1 HGB bereits bewirkt hat.161 Eine weitere, darüber hinausgehende materiell-rechtliche Regelung kann §  172 I HGB nicht entnommen werden. Schließlich wird angeführt, das Erfordernis einer objektiven Wertdeckung spieg­ le sich bereits in den Materialien des HGB-Gesetzgebers wider.162 Unbestritten ist dabei der Ausgangspunkt dieser These: Der Gedanke der objektiven Vermögensde­ ckung ist der eigentliche Kern des Prinzips der realen Kapitalaufbringung. Dieses Prinzip, die tatsächliche und endgültige Aufbringung eines im Gesellschaftsvertrag bzw. auch im Handelsregister verlautbarten Kapitalbetrages zu gewährleisten,163 ist aber eine Eigentümlichkeit des Kapitalgesellschaftsrechts.164 Ein daneben beste­ hender, inhaltlich womöglich weniger streng ausgestalteter spezifisch personenge­ sellschaftsrechtlicher Grundsatz der Kapitalaufbringung existiert nicht.165 Er findet im Normtext der §§  161 ff. KG keine Grundlage (s. dazu bereits soeben). Da dies offenbar – zumindest insgeheim – inzwischen weitgehend erkannt worden ist, ver­ 159  Kornblum, S.  209 und K.Schmidt, Einlage und Haftung, S.  4 halten die Norm gar für über­ flüssig. 160  Kirsch, S.  51. 161  Dieser Funktionszusammenhang der §§  171 I Hs.  1, 172 I sowie §  162 I 1 HGB ist völlig unbestritten, s. etwa K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  25. 162  Kirsch, S.  51. 163  Vgl. zu dieser allgemein gängigen Begriffsbestimmung etwa Pentz, in: Goette u. a., MüKo-­ AktG, §  27 Rn.  5. 164  Markwardt, BB 2008, 2414 (2422); Zick, S.  22; vgl. ferner die Ausführungen von Bayer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht II, S.  708 (711). 165  Zu diesem Befund gelangt auch Müßigbrodt, S.  69, wenn er auch daraus nicht die richtigen Schlussfolgerungen für den Gläubigerschutz zieht.

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B.  Theoretische Grundlegung

suchen diejenigen, die die Geltung solch eines spezifisch personengesellschafts­ rechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatzes postulieren,166 in den Gesetzesmateri­ alien Rettung zu finden und verweisen167 dabei stets auf eine einzige Fundstelle, in der festgestellt wird, gegenüber den KG-Gläubigern sei eine Leistung des Komman­ ditisten iSd §  171 I Hs.  2 HGB „selbstverständlich nur insoweit wirksam, als die eingebrachten Gegenstände den Werth des festgesetzten Einlagebetrags wirklich erreichen“168. Aber kann aus diesen knappen Worten der Schluss gezogen werden, der HGB-Gesetzgeber wollte im Rahmen der KG, die sich rechtshistorisch ja erst kurz zuvor aus der stillen Gesellschaft – einer reinen Innengesellschaft – entwickelt hatte, einen dem Recht der Personengesellschaften bisher fremden, spezifisch per­ sonengesellschaftsrechtlichen Grundsatz der Kapitalaufbringung etablieren? Hätte eine derart folgenreiche Neuschaffung eines zentralen Rechtsinstituts nicht weitaus umfangreichere Erläuterungen in den Materialien nach sich ziehen oder im Ge­ setzeswortlaut einen deutlichen Niederschlag finden müssen? Angenommen, der Gesetzgeber hätte tatsächlich einen eigenständigen Kapitalaufbringungsgrundsatz für das Recht der KG schaffen wollen: Hätte er in diesem Falle nicht zumindest die Grundzüge der inhaltlichen Ausgestaltung eines entsprechenden Grundsatzes er­ läutern müssen? All diese offenen Fragen sind Anlass für berechtigten Zweifel an dem tatsächlichen Vorhandensein eines gesetzlich kodifizierten, spezifisch perso­ nengesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatzes. Vielmehr liefern die Materialien zum HGB einen Anhaltspunkt dafür, dass gerade kein spezifisch per­ sonengesellschaftsrechtlicher Kapitalaufbringungsgrundsatz im Recht der KG ver­ ankert werden sollte. So heißt es in der soeben zitierten Fundstelle, dass das dort angesprochene Prinzip der objektiven Vermögensdeckung „selbstverständlich“ auch im Recht der KG gelten müsse. Diese Formulierung sowie das Fehlen weiterer Erörterungen legen nahe, dass es dem Gesetzgeber lediglich darum ging, einen ­Bezug zu einem bereits etablierten Rechtsgrundsatz herzustellen: dem aus dem ­Kapitalgesellschaftsrecht, speziell dem Aktienrecht, jedenfalls seit dem ADHGB von 1861 bereits bestens bekannten169 Grundsatz der realen Kapitalaufbringung. Dieser Grundsatz müsse, was die Frage der Haftungsbefreiung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern anbelangt, „selbstverständlich“ auch im Recht der KG Berücksichtigung finden. Gerade an dieser Stelle lässt sich den Materialien ge­ radezu eine Aufforderung entnehmen, über eine Übertragung des kapitalgesell­ schaftsrechtlichen Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung auf das Recht der KG nachzudenken. Die Materialien liefern folglich wenigstens ein gewisses Indiz 166 Insbesondere K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  29; Kirsch, S.  50 f. 167  K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (318); ders., Einlage und Haftung, S.  27; Kirsch, S.  51. 168  Hahn/Mugdan, S.  281. 169  Bayer, in: Bayer/Habersack, Aktienrecht II, S.  708 (719); Binder, S.  452; vgl. etwa Art.  222 Ziff.  1 ADHGB idF v. 31. Mai 1861, abgedruckt bei von Hahn, ADHGB, S.  450, sowie deutlicher Art.  209a f. ADHGB idF v. 11. Juni 1870, abgedruckt bei Keyßner, ADHGB, S.  55 f., sowie noch klarer Art.  209a ff. ADHGB idF v. 18. Juli 1884.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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für einen entsprechenden gesetzgeberischen Plan, der insbesondere vor dem Hinter­ grund eines effektiven Gläubigerschutzes170 nachvollziehbar erscheint. Allerdings muss festgestellt werden, dass sich dieser Plan gerade nicht in entsprechenden kodi­ fizierten Regeln niedergeschlagen hat. So wenig die These zu überzeugen vermag, ein spezifisch personengesellschaftsrechtlicher Kapitalaufbringungsgrundsatz sei dem Gesetzestext der §§  161 ff. HGB zu entnehmen, so wenig kann man behaupten, der HGB-Gesetzgeber habe das Problem der Sicherstellung eines hinreichenden Maßes an Gläubigerschutz dadurch gelöst, dass er die Geltung des kapitalgesell­ schaftsrechtlichen Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung im Recht der KG angeordnet habe. Der Rechtssatz des §  171 I Hs.  2 HGB gibt vielmehr auf die Frage, wie das im Rahmen einer Leistung der Einlage notwendige Maß an Gläubigerschutz realisiert werden kann, d. h. welche Anforderungen zu stellen sind, um das nötige KG-Kapital aufzubringen, keine Antwort. Insoweit besteht mithin im Recht der KG eine planwidrige Regelungslücke: Es herrscht die Gefahr, dass im Hinblick auf die Kapitalaufbringung wesentlich ungleiche Sachverhalte durch die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB gleich behandelt werden, konkret: zu gleicher Haftungsbefreiung der jeweiligen Kommanditisten führen. Dieses Ergebnis ist aber unbillig gegenüber den KG-Gläubigern, die auf das Privatvermögen der Kommanditisten dann nicht mehr zugreifen können, mit dem Komplementärvermögen nur ein Haftungsobjekt zur Verfügung haben, das in Ansehung der Realitäten des heutigen Wirtschaftsle­ bens in seiner Zuverlässigkeit weit überschätzt wird (s. dazu grundlegend B. II.), und daher ein starkes Interesse an einem validen KG-Vermögen hegen. Die im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB bestehende Gesetzeslücke kann dann ge­ schlossen werden, wenn es gelingt, Vorschriften zu ermitteln, deren Interessen­ konstellationen der Interessenbewertung des §  171 I Hs.  2 HGB – angemessener Ausgleich zwischen den Sicherungsinteressen der Gläubiger auf der einen Seite und den Belangen der KG-Gesellschafter, insbesondere der Kommanditisten, auf der anderen Seite – so ähnlich ist, dass ihr Rechtsgedanke auch auf die Situation des §  171 I Hs.  2 HGB zutrifft. Da soeben bereits ermittelt werden konnte, dass die ­Lückenhaftigkeit des §  171 I Hs.  2 HGB auf fehlende Angaben zu den Vorausset­ zungen hinreichender Kapitalaufbringung, insbesondere zur Frage der Notwendig­ keit objektiver Vermögensdeckung, zurückzuführen ist, liegt es nahe, den Fokus auf Vorschriften des Kapitalgesellschaftsrechts zu richten, in denen entsprechende Vorgaben im Normtext hinreichend zum Ausdruck gekommen sind.171 170  Zu dem Befund, dass im deutschen Gesellschaftsrecht materielle Schutzinteressen, insbe­ sondere der Gedanke des Gläubigerschutzes, im 19. Jahrhundert stärker in den Fokus der gesetz­ lichen Regelungen getreten sind, ausführlich Binder, S.  444 ff. 171  Die Erkenntnis, dass es iRd §§  171, 172 HGB an der Normierung hinreichender Vorausset­ zungen für die Haftungsbefreiung des Kommanditisten mangelt, und diese Lücke möglicherweise durch die Prinzipien der Kapitalaufbringung und Kapitalerhaltung geschlossen werden kann, ist auch bei Häsemeyer, ZHR 149 (1985), 42 (46) angedeutet, allerdings ohne dass diesem Gedanken weiter nachgegangen wird.

40

B.  Theoretische Grundlegung

Zunächst rücken dabei §  19 II GmbHG und §  66 I AktG in den Blick: Die Vor­ schriften konkretisieren die Leistungspflichten des jeweiligen Gesellschafters nach §  19 I GmbHG bzw. §  54 I AktG und wollen sicherstellen, dass das in Gestalt der Einlageverpflichtung in Aussicht gestellte Kapital der Gesellschaft auch tatsächlich zugeführt wird.172 Dies ist zwar noch kein klarer Hinweis auf die Geltung eines Prinzips der objektiven Vermögensdeckung: §  19 II GmbHG und §  66 I AktG ent­ halten keine Anordnung, dass die Einlage, deren Erbringung sie sicherstellen wol­ len, auch einen bestimmten objektiven Wert aufweisen muss. Aber die beiden Vor­ schriften normieren einen anderen zentralen Aspekt des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung: Jede Kapitalaufbringung setzt notwendigerweise eine gewisse Kapitalzuführung voraus. Gestaltungen, die einer Kapitalzuführung durch den je­ weiligen Gesellschafter entbehren, werden durch §  19 II GmbHG sowie §  66 I AktG untersagt. Da auch die Interessenbewertung in den beiden Normen – hinreichende Sicherung der Gläubiger bei angemessener Berücksichtigung der Belange der Ge­ sellschafter173 – der Interessenkonstellation des §  171 I Hs.  2 HGB vergleichbar ist, liefern §§  19 II GmbHG, 66 I AktG bereits einen ersten Beleg für das hier vorge­ stellte Verständnis des §  171 I Hs.  2 HGB: Eine Interpretation der Leistung der Ein­ lage iSd §  171 I Hs.  2 HGB auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage erfordert zunächst, dass der Kommanditist der KG Kapital zuführt. Dies entspricht aber nach der hier vorzustellenden Konzeption des §  171 I Hs.  2 HGB gerade der ersten Vor­ aussetzung einer Leistung der Einlage [s. dazu soeben B. III. 3. b) aa) (1)]. Damit ist jedoch die Suche nach einer gesetzlichen Anordnung des Prinzips der objektiven Vermögensdeckung, welches von der (vorgelagerten) Frage der Kapital­ zuführung abzugrenzen ist, noch nicht beendet. Vielmehr erscheint es zu diesem Zweck erforderlich, andere kapitalgesellschaftsrechtliche Vorschriften in den Blick zu nehmen. In Frage kommen zunächst §  5 IV 1 GmbHG sowie §  27 I 1 AktG, die für die Einbringung von Sacheinlagen – bei Bareinlagen ist das Vorliegen der objek­ tiven Wertdeckung selbstredend ganz unproblematisch festzustellen– vorgeben, in solchen Fällen müsse der Nennbetrag des Geschäftsanteils (der Aktie) bzw. bei Stückaktien die Zahl der zu gewährenden Aktien im Gesellschaftsvertrag festge­ setzt werden. Die Vorschriften sichern also nur die Festsetzung eines bestimmten Nennbetrages bzw. einer bestimmten Zahl an Stückaktien, die bei der Sacheinlage zu gewähren sind, nicht jedoch, dass der konkrete Nennbetrag auch tatsächlich durch den Gesellschafter geleistet wird.174 Folglich kann ein Prinzip der objektiven Vermögensdeckung §§  5 IV 1 GmbHG, 27 I 1 AktG nicht entnommen werden. Das­ selbe gilt für §  32 II AktG sowie §  5 IV 2 GmbHG: Die Vorschriften belegen zwar die Gesellschaftsgründer mit der Pflicht, die für die Angemessenheit ihrer Leistun­ gen auf Sacheinlageverbindlichkeiten wesentlichen Umstände darzulegen, und 172  Statt vieler Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  19 Rn.  1; Bayer, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  66 Rn.  2 f. 173  Bayer, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  66 Rn.  3. 174 Etwa Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  132.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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münden im Falle ihrer Nichtbeachtung in zivilrechtliche Haftung oder gar straf­ rechtliche Verantwortlichkeit. Mag dies unzweifelhaft ein gewisses Maß an Druck auf die Gründer erzeugen, stellen §§  32 II AktG, 5 IV 2 GmbHG allein noch nicht sicher, dass sich die Gründer dem Druck ergeben und tatsächlich nur solche Sach­ einlagen erbringen, die den notwendigen Wert objektiv erreichen. Es geht bei den Vorschriften nicht darum, eine Werthaltigkeitsprüfung vorwegzunehmen, sondern die spätere Werthaltigkeitsprüfung durch das Registergericht zu erleichtern.175 Nichts anderes gilt für §  8 I Nr.  4, Nr.  5 GmbHG und §  37 I, IV Nr.  2 AktG,176 ferner für die externe Gründungs­prüfung gem. §§  33 II Nr.  4 iVm 34 I Nr.  2 AktG,177 so­ dass auch diese Regelungen keine Kodifikation des Prinzips der objektiven Vermö­ gensdeckung enthalten. Deutlich angelegt ist das Prinzip der objektiven Vermögensdeckung aber in §  9 I AktG und, explizit nochmals für Sacheinlagen, in §  36a II 3 AktG, welche eine Unterpariemission verbieten und dadurch sicherstellen, dass der Nennbetrag bzw. der auf eine Stückaktie entfallende Betrag durch den Gesellschafter tatsächlich ein­ gezahlt wird.178 In engem Zusammenhang mit dem Verbot der Unterpariemission steht die Vorschrift des §  27 II Hs.  1 AktG, die klarstellt, dass Sacheinlagen nur solche Vermögensgegenstände sein können, deren wirtschaftlicher Wert feststellbar ist. Damit ist zugleich implizit angeordnet, dass für den Umfang der Erfüllung der Einlageverbindlichkeit freilich allein der tatsächliche wirtschaftliche Wert des Ein­ lagegegenstandes maßgeblich ist.179 Ob die Sacheinlagen dem angesetzten Wert tatsächlich entsprechen, ist dabei gem. §  9c I 2 GmbHG sowie §  38 II 2 AktG durch das Registergericht zu prüfen. Zwar wird das Registergericht die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister gemäß §§  9c I 2 GmbHG, 38 II 2 AktG nur dann ablehnen, wenn die Sacheinlagen „nicht unwesentlich“ überbewertet worden sind. Doch wird durch diese Formulierung im Vergleich zum – einschränkungslosen – Verbot der Unterpariemission kein niedrigerer Anforderungsmaßstab normiert, sondern allein dem Umstand Rechnung getragen, dass es wegen der Schwierigkeit einer gleichbleibenden Bewertung von Sacheinlagen zu geringfügigen Bewertungs­ differenzen kommen kann.180 Ganz zuvorderst resultiert das kapitalgesellschafts­ rechtliche Prinzip der objektiven Wertdeckung der Einlageleistung aber aus den Vorschriften des §  19 IV 3 GmbHG sowie des §  27 III 3 AktG. Die Regelungen knüpfen an den Umstand an, dass bei der Erbringung verdeckter Sacheinlagen durch den Gesellschafter dessen Einlageverbindlichkeit zunächst in voller Höhe fortbesteht (§  19 IV 1 GmbHG bzw. §  27 III 1 AktG), während die zugrundeliegen­ den Verträge sowie die Rechtshandlungen zur Ausführung der Sacheinlagen nicht 175 

Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  147. Döbereiner, in: Spindler/Stilz, AktG, §  37 Rn.  1. 177  Gerber, in: Spindler/Stilz, AktG, §  33 Rn.  1. 178  Statt vieler Vatter, in: Spindler/Stilz, AktG, §  9 Rn.  1. 179  Statt vieler Benz, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  42. 180  Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  38 Rn.  60. 176 Etwa

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B.  Theoretische Grundlegung

unwirksam sind (§  19 IV 2 GmbHG bzw. §  27 III 2 AktG). In dieser Situation ord­ nen §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG an, dass auf die fortbestehende Einlage­ pflicht des Gesellschafters der Wert des eingebrachten Vermögensgegenstandes im Zeitpunkt der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister oder, falls diese später erfolgt, im Zeitpunkt seiner Überlassung an die Gesellschaft angerechnet wird. Damit statuieren §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG in der denkbar deutlichsten Ausprägung den Gedanken der objektiven Vermögensde­ ckung, also den Teilaspekt des Grundsatzes der realen Kapitalaufbringung, der be­ stimmt, dass jede Einlageleistung nur insoweit zum Erlöschen der Einlageverbind­ lichkeit des leistenden Gesellschafters führen kann, als der Leistungsgegenstand in tatsächlicher Hinsicht einen wirtschaftlichen Wert verkörpert.181 In der Zusammen­ schau lässt sich festhalten, dass §  9 I AktG, §  36a II 3 AktG, §  27 II Hs.  1 AktG, §  9c I 2 GmbHG sowie §  38 II 2 AktG und in besonders deutlicher Ausprägung §  19 IV 3 GmbHG sowie §  27 III 3 AktG kapitalgesellschaftsrechtliche Vorschriften dar­ stellen, die das Prinzip der objektiven Vermögensdeckung wiedergeben. Die genannten Vorschriften zielen gerade darauf ab, die Gefahren zu bannen, die eine mangelhafte Kapitalaufbringung hervorruft: Haftung der Inferenten (insb. §§  46 ff. AktG bzw. §§  9 ff. GmbHG) und fehlende Sicherung der Gesellschaftsgläu­ biger.182 Damit haben die Vorschriften zur Aufgabe, die Interessen der Gesellschaf­ ter auf der einen Seite und die Interessen der Gesellschaftsgläubiger auf der anderen Seite in einen angemessenen Ausgleich zu bringen.183 Dieses Spannungsverhältnis der widerstreitenden Interessen von Gesellschaftern und Gesellschaftsgläubigern entspricht in der Sache aber gerade der Interessenlage, die auch §  171 I Hs.  2 HGB widerspiegelt (s. dazu bereits oben). Führt man sich nochmals die Rolle des Gläubi­ gerschutzes vor Augen, die ihm nach hier vertretener Auffassung zukommt (s. dazu B. II.), muss man zu der Erkenntnis gelangen, dass die Interessen so ähnlich gela­ gert sind, dass der Rechtsgedanke der genannten kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften auf die Situation des §  171 I Hs.  2 HGB zutrifft. Die im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB bestehende Lücke bezüglich hinreichender Voraussetzungen der Kapitalaufbringung kann also durch Übertragung des in §§  9c I 2, 19 IV 3 GmbHG sowie §§  9 I, 36a II 3, 27 II Hs.  1, 38 II 2, 27 III 3 AktG verankerten Prinzips der objektiven Vermögensdeckung geschlossen werden. Dabei ist festzustellen, dass sich gerade §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG, also die Vorschriften, die den Gedanken der objektiven Vermögensdeckung am deutlichsten zum Ausdruck bringen, erst in ihrer durch MoMiG und ARUG novel­ lierten Fassung in besonderer Weise zur Übertragung auf §  171 I Hs.  2 HGB eignen. Der alten Rechtslage, die für den Fall der verdeckten Sacheinlage von der Unwirk­ samkeit sowohl des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Geschäfts und in der 181 

Benz, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  187. Vgl. statt vieler Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  5 f. 183  Vgl. statt vieler Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  6. 182 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Folge von Rückforderungs- bzw. Kondiktionsansprüchen des Inferenten gegen die Gesellschaft ausging,184 war ein Gedanke der objektiven Vermögensdeckung kaum zu entnehmen.185 Dies war dem Umstand geschuldet, dass das Kapitalgesellschafts­ recht vor den MoMiG- und ARUG-Novellen eine unterschiedliche Behandlung von verdeckter und offener Sacheinlage vorgab: Während man für die verdeckte Sach­ einlage von der soeben angesprochenen Unwirksamkeitslösung ausging, fand nur für die offene Sacheinlage das Prinzip der objektiven Vermögensdeckung mit sei­ nen besonderen Sicherungsinstrumenten Anwendung – zu nennen sind insbesonde­ re die Vorschriften über den Sachgründungsbericht (§  32 II AktG bzw. §  5 IV 2 GmbHG a. F.), die Sachgründungsprüfung (§§  33 II Nr.  4 a. F., 34 I Nr.  2 AktG a. F.), die gerichtliche Werthaltigkeitsprüfung vor der Handelsregistereintragung (§  38 II 2 AktG a. F. bzw. §  9c I 2 GmbHG a. F.), die Differenzhaftung (§  9 GmbHG a. F.) sowie die Haftung wegen unrichtiger Angaben (§  46 AktG bzw. §  9a GmbHG a. F.). Eine solche Differenzierung zwischen verdeckter und offener Sacheinlage ist dem Recht der KG hingegen seit jeher fremd. Folglich konnten die den Gedanken der objektiven Vermögensdeckung betreffenden Vorschriften des Kapitalgesellschafts­ rechts nach alter Rechtslage kaum auf die Gegebenheiten bei der KG übertragen werden. Mit den MoMiG- und ARUG-Novellen hat sich der Gesetzgeber jedoch von der Unwirksamkeitslösung verabschiedet und eine einheitliche Geltung des Prin­ zips der objektiven Vermögensdeckung für alle Formen der kapitalgesellschafts­ rechtlichen Sacheinlage angeordnet – gleich, ob verdeckt oder offen:186 §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG sind deutlichster Ausdruck dieser grundsätzlichen Neuausrichtung. MoMiG und ARUG haben also einen starken Impuls gegeben, der es nunmehr erlaubt, der angesichts der geschilderten Interessenlage ja gerade dazu auffordert, über eine Ausstrahlung kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien auf das Recht der Kommanditgesellschaft nachzudenken. Aus jener Neukonzeption des Gläubigerschutzes auf kapitalgesellschaftsrecht­ licher Grundlage leitet sich folgende Antwort auf die eingangs dieses Abschnitts aufgeworfene Frage nach der dritten Voraussetzung einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB ab: Nur soweit der Gegenstand der Einlageleistung objektiv einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpert, kann eine Einlageleistung gem. §  171 I Hs.  2 HGB zum Erlöschen der Einlageverbindlichkeit des leistenden Gesellschaf­ ters führen.

184 

Zur alten Rechtslage zusammenfassend Ebbing, in: Michalski, GmbHG, §  19 Rn.  154. Vgl. die Ausführungen bei Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  19 Rn.  166 f. 186  Nach Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  40 sollte das Recht der ver­ deckten Sacheinlage „in Anlehnung an die Rechtslage bei ordnungsgemäß vereinbarten und offen­ gelegten Sacheinlagen“ gestaltet werden. 185 

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B.  Theoretische Grundlegung

bb)  Eigenschaften und Reichweite des §  171 I Hs.  2 HGB nach der hier entwickelten Konzeption (1)  Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch den Kommanditisten an die KG Mag die erste hier vorgestellte Voraussetzung einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB, das Erfordernis der Kapitalzuführung durch den Kommanditisten an die KG, prima facie vollkommen unproblematisch erscheinen, wird sich im Verlau­ fe der Erörterung einzelner problematischer Fallgruppen noch erweisen, dass gera­ de die Vertreter der Lehre vom Doppeltatbestand eine Kapitalzuführung durch den Kommanditisten in einzelnen Fällen leugnen187 und sich dadurch von einem ein­ heitlichen, konsequenten Haftungssystem entfernen.188 Dies ist schon aus dem Grund sehr bedenklich, dass Kapitalaufbringung ohne Kapitalzuführung nicht vor­ stellbar ist,189 vielmehr das große Wort von der Kapitalaufbringung in derartigen Fällen nur noch eine leere Hülse darstellen würde. Bereits bei der ersten Vorausset­ zung einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB müssen also die Rechtsge­ danken kapitalgesellschaftsrechtlicher Vorschriften, insbesondere der §§  19 II Gm­ bHG, 66 I AktG [s. dazu soeben unter B. III. 3. b) aa) (3)] übertragen werden, die reale Kapitalaufbringung stets an reale Kapitalzuführung knüpfen. (2)  Die Einlageschuld des Kommanditisten als Rechtsgrund der Vermögenszuführung Auch die zweite Voraussetzung der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB – der Rechtsgrund der Vermögenszuführung muss gerade die Einlageschuld des Kom­ manditisten gegenüber der KG sein – ist strikt durchzuhalten und darf gerade nicht, wie dies von Schmidt bisweilen getan wird (s. dazu später unter C., insbesondere unter C. I. 4.), zugunsten von Einzelfallentscheidungen durchbrochen werden. (3)  Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung Die dritte Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB, das Erfordernis, dass der Gegen­ stand der Einlageleistung objektiv einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkör­ pern muss, bedarf einer näheren Charakterisierung, lässt das Gesetz doch zwei wichtige Fragen offen. Erstens: Was ist der richtige Maßstab bei der Prüfung der objektiven Wertdeckung? Zweitens: Welcher Zeitpunkt ist insoweit entscheidend? Beide Aspekte sind im Bereich der Kommanditistenhaftung bislang nur wenig erör­

187 

K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (319 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  36, 99 f.; Kirsch, S.  84. bei Kirsch, S.  26 als Ziel ausgegebene einheitliche Haftungskonzept kann die Lehre vom Doppeltatbestand gerade nicht erreichen. Vielmehr verbleibt sie bei einem Konzept, das sie nicht voll durchzuhalten vermag, wie etwa bei Kirsch, S.  84, 85 f. eingeräumt werden muss. 189  So auch die Andeutung bei Müßigbrodt, S.  72. 188  Das

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

45

tert worden.190 Leitet man aber das Verständnis des §  171 I Hs.  2 HGB aus kapital­ gesellschaftsrechtlichen Normen her, ist es nicht nur naheliegend, nach Maßstab und entscheidendem Zeitpunkt der objektiven Wertdeckung zu fragen. Vielmehr erschiene es – vor allem im Hinblick auf die vergleichbare Interessenlage – gerade­ zu folgerichtig, jene Fragen auch gemäß der im Kapitalgesellschaftsrecht bestehen­ den Rechtslage zu beantworten. Bei der Suche nach dem richtigen Maßstab der objektiven Wertdeckung ist folg­ lich wie im Kapitalgesellschaftsrecht auf die allgemeinen betriebswirtschaftlichen Bewertungsgrundsätze zurückzugreifen.191 Der objektive Wert des geleisteten Ver­ mögensgegenstandes ist demnach der Betrag, um welchen das Gesellschaftsvermö­ gen tatsächlich vergrößert wird, mithin der Wert, welcher in einer Eröffnungsbilanz als Höchstwert zulässig wäre, der sog. Zeitwert.192 Dabei ist zwischen Anlagever­ mögen, also solchen Vermögensgegenständen, die nicht zur Übertragung bestimmt sind, sondern dauernd dem Unternehmensbetrieb dienen sollen (vgl. §  247 II HGB), Umlaufvermögen, also Vermögensgegenständen, die gerade zur Übertragung be­ stimmt sind, und ganzen Unternehmen zu differenzieren. Bei Gegenständen des Anlagevermögens kommt es grundsätzlich auf deren Wiederbeschaffungswert für die Gesellschaft an, also den Preis, den die Gesellschaft für den betreffenden Ver­ mögensgegenstand am Markt bezahlen müsste.193 Bei solchen Gegenständen des Anlagevermögens, die ihrer Natur nach einmalig sind (etwa Patente, Know-how, Urheberrechte etc.), ist auf deren durch Schätzung zu ermittelnden Ertragswert ­abzustellen.194 Im Falle von Gegenständen des Umlaufvermögens ist dagegen auf den Einzelveräußerungswert für die Gesellschaft abzustellen, also den bei einem Verkauf am Markt erzielbaren Preis unter Berücksichtigung der zu erwartenden Veräußerungsaufwendungen und Erlöseinbußen.195 Bei der Einbringung von Un­ ternehmen entscheidet schließlich der in Zukunft zu erwartende Unternehmens­ ertrag zuzüglich der geschätzten Nettoeinzelveräußerungspreise der nicht betriebs­

190  Vgl. für den besonderen Fall der Umwandlung in eine Kommanditeinlage zusammenfas­ send K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (328 ff.); ders., Einlage und Haftung, S.  67 ff.; Kirsch, S.  81 ff. 191  Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  161. 192  Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  5 Rn.  137, 145; Veil, in: Scholz, Gm­ bHG, §  5 Rn.  57. 193 Etwa Benz, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  188; Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  37; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  161; Veil, in: Scholz, GmbHG, §  5 Rn.  57; Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  5 Rn.  146; Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, §  5 Rn.  34. 194  Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  37; Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-­ GmbHG, §  5 Rn.  147; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  161. 195 Etwa Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  37; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, §  5 Rn.  161; Veil, in: Scholz, GmbHG, §  5 Rn.  57; Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  5 Rn.  148; Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, §  5 Rn.  34; anders sieht dies Benz, in: Spindler/ Stilz, AktG, §  27 Rn.  188, der auch bei Umlaufvermögen auf den Wiederbeschaffungswert abstel­ len will.

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B.  Theoretische Grundlegung

notwendigen Vermögensgegenstände, wobei in jedem Falle der Liquidationswert die untere Grenze darstellt.196 Ist der Bewertungsmaßstab des Prinzips der objektiven Wertdeckung nunmehr auch für das Recht der Kommanditistenhaftung präzise beschrieben, bleibt die Fra­ ge, welcher Zeitpunkt für die Bestimmung des maßgeblichen Wertes iRd §  171 I Hs.  2 HGB ausschlaggebend ist. §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG, also die Vorschriften, denen der Gedanke der objektiven Wertdeckung am deutlichsten ent­ nommen werden kann, geben hierauf eine klare Antwort: der Zeitpunkt der Anmel­ dung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister bzw. der Zeitpunkt der Überlassung des Vermögensgegenstandes an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt. Die Auffassung, es sei auf den Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister abzustellen,197 begibt sich schon in Widerspruch zum Rege­ lungsgehalt des §  9 I 1 GmbHG.198 Vor allem aber dürfte dieser Ansicht seit Inkraft­ treten der durch MoMiG und ARUG neu gefassten §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 AktG endgültig die Grundlage entzogen sein.199 Die in §  19 IV 3 GmbHG und §  27 III 3 AktG explizit genannten Zeitpunkte müssen auch iRd §  171 I Hs.  2 HGB maß­ geblich sein: Der Zeitpunkt der „Überlassung“ des betreffenden Vermögensgegen­ standes, also der Zeitpunkt der Vollendung des dinglichen Rechtsübergangs,200 ist immer dann entscheidend, wenn die Anmeldung der Gesellschaft iSd §§  162 I, 161 II, 106 HGB dem Registergericht bereits vor Vollendung des dinglichen Rechtsüber­ gangs zugegangen ist. Ansonsten ist auf den Zeitpunkt des Zugangs der Anmeldung beim Registergericht abzustellen. (4)  §  171 I Hs.  2 HGB als kapitalgesellschaftsrechtliches Element In der Zusammenschau geben die hier entwickelten Voraussetzungen einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB Anlass zu folgender Konklusion: Das Recht der KG erhält in Gestalt der Kommanditisten,201 treffender in Gestalt der Kommanditis­ tenhaftung, ein kapitalgesellschaftsrechtliches Element.202 Hier wie dort wird ein Gesellschafter für die Zuführung werthaltigen Kapitals an die Gesellschaft mit dem Ausschluss persönlicher Haftung belohnt. Es gilt also, den spezifisch kapitalgesell­ schaftsrechtlichen Charakter der Kommanditistenhaftung nicht weiter zu leug­ 196 Etwa Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  5 Rn.  149; Fastrich, in: Baum­ bach, GmbHG, §  5 Rn.  34. 197 Deutlich Ulmer/Habersack, in: Ulmer u. a., GK-GmbHG, §  9c Rn.  21, 41; Roth, in: Altmep­ pen/Roth, GmbHG, §  9c Rn.  10 f.; BayObLG, GmbHR 1992, 109 (110). 198  So auch Veil, in: Scholz, GmbHG, §  9c Rn.  33; Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, §  9c Rn.  8. 199  Unrichtig daher die Behauptung bei Tebben, in: Michalski, GmbHG, §  9c Rn.  34, das Gesetz beantworte die Frage des maßgeblichen Zeitpunktes nicht ausdrücklich. 200  Statt vieler Benz, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  186. 201  Kirsch, S.  49. 202 Insofern ist die Frage bei Kirsch, S.  9, ob das Verhältnis zwischen Kommanditist und KG-Gläubiger mehr sei als bloß limitierte, gewöhnliche Personengesellschafterhaftung, zu bejahen.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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nen 203 oder ihn als dem Recht der Kapitalgesellschaften lediglich ähnlich 204 zu qua­ lifizieren, sondern den entscheidenden Schritt weiter zu gehen und die Erkenntnis zuzulassen, dass die Haftung des Kommanditisten derjenigen Gläubigerschutzkon­ zeption folgt, die im Recht der Kapitalgesellschaften vorherrscht. Diese Einsicht führt zu der Auffassung, dass die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB und damit der Kern der Kommanditistenhaftung kein spezifisch personengesellschafts­ rechtliches Phänomen ist, sondern der Schlüssel zu einer interessengerechten Aus­ legung dieses Rechtsbegriffs in bestimmbaren und kodifizierten Prinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts liegt. Dann muss aber der Grundsatz der realen Kapital­ aufbringung auch dieselbe Strenge und inhaltliche Konsequenz aufweisen wie im Recht der Kapitalgesellschaften. Mag die rechtstechnische Umsetzung des Kapital­ aufbringungsgrundsatzes im Recht der KG teilweise anders beschaffen sein als im Recht der Kapitalgesellschaften, kann sein materielles Schutzniveau nicht dort ab­ gesenkt werden, wo dies opportun erscheint.205 Konsequenterweise ergeben sich auch und gerade in der Übertragung des hier vorgestellten theoretischen Konzeptes auf praktische Rechtsfragen bisweilen Unterschiede gegenüber einem spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatz (s. dazu C.). c)  Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Die Erörterung des §  171 I Hs.  2 HGB kann nicht geschlossen werden, ohne auf die Frage nach der Verteilung von Darlegungs- und Beweislast einzugehen, hängen doch Effektivität und damit praktischer Wert der Kommanditistenhaftung für die KG-Gläubiger maßgeblich von der Beantwortung dieser Frage ab.206 In Rechtsprechung und Schrifttum herrscht insoweit ganz allgemein die Auffas­ sung vor, der Kommanditist trage für die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB die Darlegungs- und Beweislast, wenn er von einem KG-Gläubiger auf Er­ füllung einer KG-Verbindlichkeit gem. §  171 I Hs.  1 HGB verklagt werde.207 Diese Beweislastverteilung stimmt nicht nur mit der ungeschriebenen prozessualen Regel überein, dass jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen muss,208 sondern ist auch in den Materialien des Gesetzgebers zugrunde gelegt wor­ 203 Etwa

Müßigbrodt, S.  69. Kirsch, S.  49. 205  Dies ist aber, wie noch deutlich werden wird, bei einem spezifisch personengesellschafts­ rechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatz, den K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29 und Kirsch, S.  51 postulieren, gerade der Fall. 206 Vgl. Dubischar, JuS 1971, 385 (387); Konietzko, S.  157. 207  Furrer, S.  210 f.; Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (425); Kornblum, S.  218; Konietzko, S.  157 f.; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  20 f.; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  61; Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  24; ROHGE 25, 275 (279); RG, LZ 1907, 501 (501); BGH, NJW 1984, 2290 (2291); OLG Nürnberg, WM 1961, 124 (126); OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870); OLG Stuttgart, NZG 1999, 113 (114); OLG Hamm, NZG 2000, 366 (366). 208  Statt vieler Saenger, in: Saenger, ZPO, §  286 Rn.  58. 204 

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B.  Theoretische Grundlegung

den.209 Vor allem aber entspricht sie den Vorschriften §  19 IV 5 GmbHG und §  27 III 5 AktG, welche die Beweislast ebenfalls dem Gesellschafter auferlegen. Eine Interpretation des §  171 I Hs.  2 HGB auf der Grundlage kapitalgesellschaftsrecht­ licher Prinzipien, wobei insbesondere die §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 AktG eine zentrale Rolle spielen, legt es in Anbetracht der vergleichbaren Interessenlage nahe, auch bei der Frage der Beweislastverteilung den Regelungen des Kapitalgesell­ schaftsrechts zu folgen. Mithin ergibt sich nicht zuletzt aus der Wertung der §§  19 IV 5 GmbHG, 27 III 5 AktG, dass die Beweislast für alle Voraussetzungen einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB – vor allem auch für die objektive Wert­ deckung der Leistung – den Kommanditisten trifft. d)  Zusammenfassung zu 3. Die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB stellt über den Rechtsbegriff Leistung der Einlage eine eindimensionale Verknüpfung zwischen den ansonsten voneinander getrennten Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten her, indem sie anordnet, dass die Haftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern ausgeschlossen sein soll, soweit der Kommanditist seine Einlage geleistet hat. Auf­ grund dieser besonderen Funktion wird §  171 I Hs.  2 HGB zur Kardinalnorm des Rechts der Kommanditistenhaftung. Eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB liegt indes nur vor, soweit die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: Erstens muss der Kommanditist Vermögensgegenstände aus seinem Vermögen in das Vermögen der KG überführen. Auf diese Voraussetzung wird auch in problema­ tischen Fallgruppen nicht verzichtet, sodass eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gerade Kapitalzuführung ist. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wort­ laut des §  171 I Hs.  2 HGB („geleistet“), zum anderen aus der Übertragung der Rechtsgedanken der §§  19 II GmbHG, 66 I AktG, die aufgrund ähnlich gelagerter Interessen der Beteiligten angezeigt erscheint. Zweitens ist erforderlich, dass Rechtsgrund der Vermögenszuführung gerade die Einlageschuld des Kommanditisten gegenüber der KG ist. Nur dann hat der Kom­ manditist, wie von §  171 I Hs.  2 HGB gefordert „die Einlage“ geleistet. Ist der Kom­ manditist gegenüber der KG aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen verpflichtet, sollte er folglich eine entsprechende Tilgungsbestimmung iSd §  366 I BGB vornehmen. Auch diese Voraussetzung ist strikt durchzuhalten, sodass „die Einlage“ gerade nicht geleistet werden kann, wenn eine Einlageverbind­ lichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG fehlt. Drittens muss der Gegenstand der Einlageleistung objektiv einen gewissen wirt­ schaftlichen Wert verkörpern. Ein solches Prinzip der objektiven Vermögensde­ ckung findet keine hinreichende Stütze im Gesetzestext des HGB. Es kann aber 209 

Hahn/Mugdan, S.  284.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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deutlich den §§  9c I 2, 19 IV 3 GmbHG sowie §§  9 I, 36a II 3, 27 II Hs.  1, 38 II 2, 27 III 3 AktG entnommen werden, deren Rechtsgedanken aufgrund vergleichbarer Lage des starken Sicherungsinteresses der Gesellschaftsgläubiger einerseits und der Belange der Gesellschafter andererseits auf §  171 I Hs.  2 HGB zu übertragen sind. Maßstab der objektiven Wertdeckung ist dabei im Falle der Einbringung von Anla­ gevermögen der Wiederbeschaffungswert für die KG, im Falle der Einbringung von Umlaufvermögen der Einzelveräußerungswert für die KG und im Falle der Einbrin­ gung von Unternehmen der in Zukunft zu erwartende Unternehmensertrag zuzüg­ lich der geschätzten Nettoeinzelveräußerungspreise der nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände. Entscheidender Zeitpunkt für die Bewertung ist nach den Rechtsgedanken der §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 AktG die Anmeldung der Gesell­ schaft zur Eintragung in das Handelsregister bzw. die Überlassung des Vermögens­ gegenstandes an die Gesellschaft, falls diese später erfolgt. Das Prinzip der objekti­ ven Vermögensdeckung ist im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB streng einzuhalten. Vor allem aus der Wertung der §§  19 IV 5 GmbHG, 27 III 5 AktG ergibt sich, dass die Darlegungs- und Beweislast für alle Voraussetzungen einer Leistung der Einla­ ge iSd §  171 I Hs.  2 HGB den Kommanditisten trifft. In der Gesamtbetrachtung erscheint die Haftung des Kommanditisten als kapital­ gesellschaftsrechtliches Element im Recht der KG. Sie folgt derjenigen Gläubiger­ schutzkonzeption, die für das Recht der Kapitalgesellschaften prägend ist. Folglich ist die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB und damit der Kern der Kom­ manditistenhaftung kein spezifisch personengesellschaftsrechtliches Phänomen; vielmehr sind bestimmbare und kodifizierte Prinzipien des Kapitalgesellschafts­ rechts das entscheidende Vehikel zu einer interessengerechten und konsistenten Auslegung dieses Rechtsbegriffs.

4.  Die Befriedigung von KG-Gläubigern Keine ausdrückliche Antwort geben die §§  171, 172 HGB auf die Frage, wie der Fall zu behandeln ist, dass der Kommanditist die KG-Gläubiger unmittelbar selbst be­ friedigt.210 Hinsichtlich der dogmatischen Einordnung und der Voraussetzungen einer Gläubigerbefriedigung durch den Kommanditisten besteht also Erläuterungs­ bedarf. a) Einordnung Dabei ist im Anschluss an die soeben zu §  171 I Hs.  2 HGB getroffenen Feststellun­ gen eingangs zu erörtern, ob die Befriedigung von KG-Gläubigern durch den Kom­ manditisten einen Fall der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB darstellt. 210 

Von dem Fehlen einer ausdrücklichen Regelung geht auch Konietzko, S.  66 aus.

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B.  Theoretische Grundlegung

Teilweise wird dies bejaht und mit dem Argument, der KG seien dadurch indirekt Vermögenswerte zugeführt worden, begründet.211 Unabhängig von ihrem Inhalt er­ lösche demnach die Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG, soweit der Kommanditist KG-Gläubiger befriedige.212 Diese Auffassung wird vor allem dann verständlich, wenn man erkennt, dass sich ihre Vertreter auf dem Boden des Hafteinlage-Pflichteinlage-Modells [B. I. 2. a)] bewegen und dementsprechend einen anderen Einlagebegriff vor Augen haben. Dagegen wird die Befriedigung von KG-Gläubigern durch den Kommanditisten von weiten Teilen der Literatur grund­ sätzlich nicht als Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB angesehen.213 Einlageleis­ tung sei die Gläubigerbefriedigung nur dann, wenn sie als Einlageverbindlichkeit gerade vom Kommanditisten geschuldet oder der betreffende KG-Gläubiger gem. §§  362 II, 185, 364 I BGB durch die KG zum Empfang der Leistung ermächtigt sei.214 Ansonsten habe die Gläubigerbefriedigung auf die Einlageverbindlichkeit keine Auswirkung.215 Allerdings bestehe nach der Gläubigerbefriedigung die Mög­ lichkeit, gegen die Einlageforderung der KG mit dem Regressanspruch des Kom­ manditisten aus §§  161 II, 110 HGB aufzurechnen und dadurch die Einlageforde­ rung (teilweise) zum Erlöschen zu bringen, sofern es sich um eine Bareinlageforde­ rung handle.216 Im Falle einer Sacheinlageforderung könne der Kommanditist wegen seiner Regressforderung ein Zurückbehaltungsrecht gem. §  273 BGB geltend machen.217 Bereits vor dem Hintergrund des hier vertretenen Verständnisses des §  171 I Hs.  2 HGB erweist sich diese letztere Position als weitaus überzeugender. Der Befriedigung von KG-Gläubigern mangelt es schon an der ersten Vorausset­ zung einer Leistung der Einlage: Es findet gerade keine Zuführung von Kapital an die KG, sondern an einen KG-Gläubiger statt.218 Auch an der zweiten Vorausset­ zung des §  171 I Hs.  2 HGB fehlt es: Rechtsgrund der Übertragung der Vermögens­ werte ist nicht etwa die Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der 211  Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  17; Neumann-Duesberg, DB 1965, 769 (769); Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  171 Anm.  2 (S.  661 f.); in dieselbe Richtung bewegen sich auch die Ausführungen bei Hahn/Mugdan, S.  284, wenn davon die Rede ist, dass durch Gläu­ bigerbefriedigung die Einlage nur in anderer als „in der gewöhnlichen Weise“ geleistet werde. 212 Deutlich Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  171 Anm.  2 (S.  661 f.). 213  Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9; Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  20; Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419); K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  44; Gursky, DB 1978, 1261 (1262); Konietzko, S.  63 f.; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  1, 14; Kirsch, S.  11. 214  Deutlich etwa K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  43. 215 Vgl. Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  27; anders die Auffassung von Gursky, DB 1978, 1261 (1262 f.), wonach die Gläubigerbefriedigung die Einlageforderung in eine aufschiebend rechtsbedingte Forderung verwandle. 216 Etwa Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419); K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  44 f.; so überraschenderweise auch der auf dem Boden der Hafteinlage-Vorstellung argumentierende Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  21. 217 Etwa Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  27; K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (313); ders., Einlage und Haftung, S.  45; gegen ein Zurückbehaltungsrecht Gursky, DB 1978, 1261 (1262 f.). 218  Dies erkennt auch Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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KG, sondern die Forderung des KG-Gläubigers, die gem. §  171 I Hs.  1 HGB auch den Kommanditisten trifft. Die Befriedigung von KG-Gläubigern erfüllt mithin nicht die hier für erforderlich gehaltenen Kriterien einer Einlageleistung. Hinzu treten weitere Bedenken. So kann es offenkundig nicht richtig sein, eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB in der Zahlung einer Geldsumme an einen KG-Gläubiger zu erblicken, wenn der Kommanditist der KG eine Sacheinlage schuldet.219 Schließlich: Wie soll die Gläubigerbefriedigung eine Leistung der Ein­ lage darstellen, wenn – was durchaus möglich ist – überhaupt keine Kommanditein­ lage vereinbart worden ist? Die Befriedigung von KG-Gläubigern fällt mithin nicht unter §  171 I Hs.  2 HGB. Konsequenzen für eine bestehende Einlageverbindlichkeit ergeben sich nur, sofern der Kommanditist nach Gläubigerbefriedigung mit seiner Regressforderung aus §§  161 II, 110 HGB aufrechnet. Vollkommen unbestritten ist jedoch, dass die Befriedigung von KG-Gläubigern, soweit diese den Außenhaftungsbetrag abdeckt, im Ergebnis zur Beendigung der Außenhaftung des Kommanditisten führen muss, und zwar nicht nur gegenüber dem befriedigten, sondern auch gegenüber anderen KG-Gläubigern.220 Denn auch durch Gläubigerbefriedigung verbessert der Kommanditist die finanzielle Situation der KG, sodass es gerechtfertigt erscheint, ihn ebenso wie im Falle einer Einlage­ leistung mit der Beendigung der Außenhaftung zu belohnen.221 Außerdem ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass der Kommanditist iRd §  171 I Hs.  1 HGB ins­ gesamt nur einmal in Höhe des Außenhaftungsbetrages in Anspruch genommen werden kann.222 Soll die Gläubigerbefriedigung einerseits haftungsbeendigende Wirkung haben, andererseits nicht unter §  171 I Hs.  2 HGB fallen, bleibt nunmehr zu klären, wie sie sodann dogmatisch einzuordnen ist. Von denjenigen, die eine Befriedigung der KG-Gläubiger nicht unter die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB subsumie­ ren wollen, wird insoweit häufig die Formulierung gebraucht, die Gläubigerbefrie­ digung beendige die Außenhaftung des Kommanditisten, weil sie die ziffernmäßig beschränkte Kommanditistenhaftung erschöpfe.223 Diese Terminologie dürfte aber nur eine sprachliche Variation darstellen und auf nichts anderes als einen Aus­ schlusstatbestand224 hindeuten.225 Die Befriedigung von KG-Gläubigern verkörpert 219 

K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  45. Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  20; K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  43; Westermann, Handbuch I, Rn.  922 [Stand: 8/1978]; Kirsch, S.  11; RGZ 37, 133 (137); 63, 265 (267); RG, JW 1907, 275 (275); RG, LZ 1907, 500 (500); bereits bei Hahn/Mugdan, S.  284 ist diese Grundannahme klar zum Ausdruck gebracht. 221  Kirsch, S.  11. 222  Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  21. 223  Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9; Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  20; K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312); ders., Einlage und Haftung, S.  6; Kirsch, S.  11. 224 Während Kirsch, S.  11 auf §  161 I HGB abstellt, nimmt Konietzko, S.  67 f. eine Lücke im Gesetz, also einen ungeschriebenen Ausschlusstatbestand an. 225  Konietzko, S.  66; diese Einordnung entspräche auch dem Ergebnis bei Hahn/Mugdan, S.  284, nach welchem die Haftung gerade „ausgeschlossen“ sein soll. 220 

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B.  Theoretische Grundlegung

demnach, sofern sie nicht als Einlage geschuldet ist oder die KG ihr gem. §§  362 II, 185, 364 I BGB zugestimmt hat, einen selbständigen, von §  171 I Hs.  2 HGB zu unterscheidenden Tatbestand, der zur Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung führt.226 Auf die einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen wird so­ gleich noch einzugehen sein. Dieser Qualifikation steht auch §  171 I Hs.  2 HGB nicht entgegen, weil der Vorschrift gerade nicht zu entnehmen ist, dass die Haftung des Kommanditisten nicht auch aus einem anderen Grund als einer Einlageleistung ausgeschlossen sein kann. Was das Verhältnis zum Tatbestand des §  171 I Hs.  2 HGB betrifft, so steht die Befriedigung von KG-Gläubigern als alternative Form der Haftungsbefreiung gleichrangig neben der Einlageleistung.227 Dabei hat der Kom­ manditist ein zweistufiges Wahlrecht. So kann er sich, sofern ihn (noch) eine Einla­ geverbindlichkeit trifft,228 zunächst zwischen der Einlageleistung und der Gläubi­ gerbefriedigung frei entscheiden. Entschließt er sich zur Gläubigerbefriedigung, hat er zwischen mehreren KG-Gläubigern erneut die Wahl.229 Nicht nur aus der allgemeinen prozessualen Beweislastverteilung, sondern gera­ de auch aus der Parallelität von §  171 I Hs.  2 HGB und der Gläubigerbefriedigung als eigenständige Haftungsausschlusstatbestände folgt schließlich, dass die Beweis­ last hinsichtlich der Gläubigerbefriedigung den Kommanditisten treffen muss.230 b) Voraussetzungen Die Verwirklichung des selbständigen Ausschlusstatbestandes der Gläubigerbefrie­ digung ist indes von mehreren Voraussetzungen abhängig. Erstens muss der Emp­ fänger der Leistung tatsächlich (noch) Gläubiger einer KG-Verbindlichkeit sein, es sei denn, er ist nur vermeintlicher KG-Gläubiger, an den der Kommanditist auf­ grund eines rechtskräftigen Titels leistet.231 Da zweifelhaft sein kann, ob der Leis­ tungsempfänger tatsächlich (noch) Gläubiger einer gegen die KG gerichteten Forde­ 226  K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (312 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  4 4; Gursky, DB 1978, 1261 (1262); Konietzko, S.  65 f.; Kirsch, S.  11. 227  Vgl. etwa Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  1. 228  Für ein Wahlrecht auch bei Fehlen einer Einlageverbindlichkeit plädiert Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14 ohne jedoch die Frage zu beantworten, wie eine Einlageleistung ohne Einlageverbindlichkeit möglich sein soll. 229  Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; BGHZ 51, 391 (Tz.  10); zu der umstrittenen Frage, ob das zweistufige Wahlrecht auch noch nach rechtskräftiger Verurteilung des Kommanditisten besteht s. befürwortend etwa Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  24; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  28; Westermann, Handbuch I, Rn.  922 [Stand: 8/1978] und ablehnend Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14. 230  Mit demselben Ergebnis etwa Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  33. 231  Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  21; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  17; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  43; Westermann, Handbuch I, Rn.  922 [Stand: 8/1978]; Müßigbrodt, S.  10; bezüglich der Leistung an den vermeintlichen Gläubiger aufgrund eines rechts­ kräftigen Titels anders Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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rung ist, muss man dem Kommanditisten raten, in problematischen Fällen sein Wahlrecht zugunsten der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB auszuüben, um das Risiko einer Zahlung ohne haftungsbefreiende Wirkung auszuschließen.232 Zwei­ tens muss der Kommanditist für die betreffende Verbindlichkeit nach §  171 I Hs.  1 HGB ziffernmäßig beschränkt haften und darf nicht nach §  176 HGB unbeschränkt verpflichtet sein, da nur in ersterem Falle eine Leistung des Kommanditisten auf den Außenhaftungsbetrag, der für den Zugriff der Gläubiger nach §  171 I Hs.  1 HGB maßgeblich ist, angerechnet wird.233 Drittens muss der betreffende KG-Gläu­ biger auch tatsächlich befriedigt worden sein; das Leisten von Sicherheiten genügt gerade nicht, da Sicherheiten keine vollständige und endgültige Rechtsübertragung verkörpern, sondern bei anderweitiger Realisierung der besicherten Forderung wie­ der zurückfallen können.234 Gleichgültig ist dagegen, ob die Gläubigerbefriedigung durch Erfüllung geschehen ist oder der Kommanditist mit einer ihm persönlich zu­ stehenden Gegenforderung aufgerechnet hat.235 Gerade im Hinblick auf den im Rahmen der hier angestellten Untersuchung zen­ tralen Gedanken der realen Kapitalaufbringung stellt sich, was die Voraussetzungen der Gläubigerbefriedigung betrifft, ein Problem: Hängt eine haftungsbefreiende Gläubigerbefriedigung davon ab, dass die befriedigte Forderung vollwertig236 ist, d. h. die KG so viel Vermögen zur Verfügung hat, dass sie ihre Verbindlichkeiten erfüllen kann? Kommt es also für eine zugunsten des Kommanditisten haftungsbe­ freiende Gläubigerbefriedigung auf die Bonität der befriedigten Forderung an? Nur ganz vereinzelt wird diese Frage bejaht:237 Wenn der Kommanditist anstelle von Bareinlagen Sacheinlagen in die Gesellschaft einbringe und es dabei auf die objek­ tive Werthaltigkeit seiner Sacheinlage ankomme, so müsse es auch dann auf die objektive Werthaltigkeit ankommen, wenn der Kommanditist anstelle der Erbrin­ gung von Bareinlagen Gläubiger der KG befriedige.238 Diese Ansicht liefe darauf hinaus, eine Gläubigerbefriedigung schematisch an dieselben Voraussetzungen zu knüpfen wie eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB. Bereits oben wurde 232  Statt vieler Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; Wester­ mann, Handbuch I, Rn.  922 [Stand: 8/1978]. 233  Furrer, S.  214 f.; ebenso Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9 und K. Schmidt, Ein­ lage und Haftung, S.  43 f., die klarstellen, dass es unschädlich ist, wenn der Kommanditist für die betreffende Verbindlichkeit zugleich aus einem anderen Rechtsgrund, z. B. einer Bürgschaft, ein­ stehen muss. 234  Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  45 f.; Häsemeyer, ZHR 149 (1985), 42 (57); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  76. 235  Statt vieler Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9. 236  Wie bei BGHZ 90, 370 (Tz.  11) sowie OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870) festgestellt wird, liegt Vollwertigkeit nur vor, wenn die KG in der Lage ist, sämtliche gegen sie gerichteten fälligen Forderungen zu erfüllen. Es kommt dabei nach BGHZ 95, 188 (Tz.  40) nur auf die Vermögenslage der KG an und spielt keine Rolle, ob die Forderungen bei einem Kommanditisten realisiert werden könnten. 237  Gewichtig sicher BGHZ 95, 188 (Tz.  40); ferner, soweit ersichtlich, nur noch F. Makower, in: H. Makower, HGB, §  172 Anm. II a 2. 238  BGHZ 95, 188 (Tz.  40).

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B.  Theoretische Grundlegung

aber gezeigt, dass die Befriedigung von KG-Gläubigern keinen Fall des §  171 I Hs.  2 HGB bildet. Folglich müssen an sie auch nicht zwingend dieselben Anforderungen gestellt werden. Würde man die Bonität der befriedigten Forderung zur Vorausset­ zung der Haftungsbefreiung des Kommanditisten wegen Gläubigerbefriedigung machen, führte dies, je nach Vermögenslage der KG, zu einem unterschiedlichen Umfang der Haftungsbefreiung bei jeweils gleichem Wert der an den Gläubiger er­ brachten Leistung: Der Kommanditist, der in finanziellen Notsituationen der KG in Anspruch genommen wird, würde gegenüber demjenigen, der in Zeiten guter Fi­ nanz­ausstattung der KG Gläubiger befriedigt, unangemessen benachteiligt. Ein solches Ergebnis muss schon vor dem Hintergrund befremden, dass die Kommandi­ tistenhaftung funktionell darauf angelegt ist, gerade bei finanzieller Not der KG zum Tragen zu kommen. Ferner ist die Vorstellung unrichtig, ohne Prüfung der Vollwer­ tigkeit der befriedigten Forderung würde es einem Kommanditisten mit der Haf­ tungsbefreiung leichter gemacht als in Fällen der Einlageleistung nach §  171 I Hs.  2 HGB. Denn der Kommanditist, der einen KG-Gläubiger befriedigt, erbringt an die­ sen einen feststellbaren wirtschaftlichen Wert, gleich, ob die Gläubigerforderung vollwertig gewesen ist oder nicht. Dann muss ihm aber in jedem Falle dieser tatsäch­ lich erbrachte wirtschaftliche Wert auch auf seine Haftung angerechnet werden. Es ist nicht einzusehen, weshalb der einen KG-Gläubiger befriedigende Kommanditist ggf. verpflichtet sein sollte, mehr zu leisten als das, was dem Außenhaftungsbetrag entspricht.239 Für die haftungsbefreiende Wirkung der Befriedigung von KG-Gläu­ bigern spielt die Bonität der befriedigten Forderung mithin keine Rolle.240 Dieses Ergebnis wird auch durch einen Blick auf das Kapitalgesellschaftsrecht gestützt: Würde im Recht der Kapitalgesellschaften ein Gesellschafter einen Ge­ sellschaftsgläubiger befriedigen – eine Vorstellung, die in Anbetracht der dort nach §  13 II GmbHG bzw. §  1 I 2 AktG grundsätzlich fehlenden Außenhaftung der Ge­ sellschafter freilich recht konstruiert erscheint –, wäre, sofern die Gläubigerbefrie­ digung mit Zustimmung der Gesellschaft erfolgt, zwischen Gesellschaft und Ge­ sellschafter ein Auftrag und folglich eine Ersatzforderung des Gesellschafters nach §  670 BGB anzunehmen. Sofern die Gläubigerbefriedigung ohne Zustimmung der Gesellschaft erfolgt, müsste man wohl von dem Vorliegen einer unberechtigten Ge­ schäftsführung ohne Auftrag ausgehen, da die eigenmächtige, nicht abgesprochene Schuldtilgung häufig nicht dem Willen der Gesellschaft iSd §  683 S.  1 BGB entspre­ chen dürfte; die Konsequenz wäre aber auch hier eine gegen die Gesellschaft ge­ richtete Forderung des Gesellschafters – der Herausgabeanspruch nach §  684 S.  1 239 

Mit diesem Gedankengang auch Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  20. Derselben Ansicht etwa Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9; Weipert, in: RGRKHGB, §  171 Anm.  20; Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  171 Anm.  2 (S.  662); Gursky, DB 1978, 1261 (1262); Müßigbrodt, S.  72 f.; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  44 f.; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  50; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  16; BGH, NJW 1969, 1210 (1211); BGHZ 63, 338 (Tz.  11); BGHZ 95, 188 (Tz.  41 f.); OLG Hamm, NJW-RR 1995, 489 (489). 240 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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BGB. Unabhängig davon, welche der beiden Konstellationen vorliegt, gilt sodann: Will der Gesellschafter die Gläubigerbefriedigung zwecks Einwirkung auf seine Einlageverpflichtung gegenüber der Gesellschaft fruchtbar machen, bleibt ihm nur – die einseitige Aufrechnungsmöglichkeit ist ihm wegen §  19 II 2 GmbHG bzw. §  66 I 2 AktG versperrt – der Weg, seine Forderung an die Gesellschaft abzutreten. Die­ se würde dann durch Konfusion erlöschen. Seine Einlageverbindlichkeit ginge, selbst, wenn sich der Gesellschaftsvertrag im Hinblick auf den geschuldeten Einla­ gegegenstand nicht entsprechend auslegen lassen sollte, jedenfalls unter den Vor­ aussetzungen des §  364 I BGB unter. Hinsichtlich des Umfangs des Erlöschens sei­ ner Einlageverbindlichkeit wäre aber nach ganz allgemeiner Auffassung das kapi­ talgesellschaftsrechtliche Prinzip der objektiven Vermögensdeckung zu beachten; denn die Abtretung einer Forderung an die Gesellschaft ist im Kapitalgesellschafts­ recht völlig unzweifelhaft eine Sacheinlage iSd §  5 IV GmbHG bzw. §  27 I 2, II AktG, selbst, wenn die Gesellschaft Schuldnerin der abzutretenden Forderung ist.241 Man hätte folglich stets zu prüfen, inwiefern die gegen die Gesellschaft ge­ richtete Forderung im Hinblick auf die Vermögenslage der Gesellschaft vollwertig ist. Dieser Befund steht der oben für das Recht der KG gefundenen Lösung – auf eine Vollwertigkeitsprüfung bei Gläubigerbefriedigung kommt es nicht an – nicht entgegen. Denn die Gegebenheiten im Kapitalgesellschaftsrecht und dem Recht der KG unterscheiden sich hier erheblich. Zunächst bewirkt die Befriedigung von Ge­ sellschaftsgläubigern im Recht der KG zugunsten des befriedigenden Gesellschaf­ ters unmittelbar eine Beendigung seiner Außenhaftung [s. nochmals B. III. 4. a)]. Im Kapitalgesellschaftsrecht hingegen besteht grundsätzlich überhaupt keine Au­ ßenhaftung des Gesellschafters, die beendet werden könnte. Haftungsrechtlich kommt der Gläubigerbefriedigung im Kapitalgesellschaftsrecht also schon a priori eine gänzlich andere Bedeutung zu als im Recht der KG. Um es präziser zu formu­ lieren: Im Kapitalgesellschaftsrecht liegt der – unmittelbar zwar nur in Bezug auf das Innenverhältnis, wegen dessen Bedeutung für die Kapitalaufbringung aber mit­ telbar auch in Bezug auf das Außenverhältnis – haftungsrechtlich entscheidende Akt erst in der Abtretung der Regressforderung des Gesellschafters an die Gesell­ schaft; im Kommanditgesellschaftsrecht liegt er bereits unmittelbar in der Gläubi­ gerbefriedigung selbst. Daher kann das kapitalgesellschaftsrechtliche Prinzip der objektiven Vermögensdeckung im Recht der KG auch nur in Bezug auf die Gläubi­ gerbefriedigung selbst Bedeutung gewinnen. Daraus ist, wie oben bereits angedeu­ tet, folgende Betrachtungsweise abzuleiten: Es genügt, dass der Kommanditist, der einen KG-Gläubiger befriedigt, diesem durch seine Leistung einen feststellbaren wirtschaftlichen Wert zuführt. Ob die Gläubigerforderung vollwertig gewesen ist oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Der Kommanditist hat einen tatsächlichen wirt­ schaftlichen Wert erbracht, der ihm in jedem Falle auf seine Haftung angerechnet 241  Vgl. statt sehr vieler Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  29; Veil, in: Scholz, GmbHG, §  5 Rn.  46.

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B.  Theoretische Grundlegung

werden muss. Nichts anderes ergibt sich auch, wenn man den Fall der Gläubigerbe­ friedigung aus der Perspektive der Gesellschaft betrachtet: Diese wird zwar durch erfolgreiche Gläubigerbefriedigung von einer Verbindlichkeit gegenüber einem ge­ sellschaftsexternen Dritten befreit. In gleichem Umfange erwächst ihr aber eine Verbindlichkeit gegenüber dem befriedigenden Gesellschafter (aus §  670 bzw. §  684 S.  1 BGB im Kapitalgesellschaftsrecht, aus §§  161 II, 110 HGB im Kommanditge­ sellschaftsrecht). Die Gläubigerbefriedigung selbst ist also bei haftungsrechtlicher Betrachtung für die Gesellschaft ein „Nullsummenspiel“. Darin unterscheidet sie sich maßgeblich von den Maßnahmen eines Gesellschafters, die eine Gesellschaft tatsächlich von einer Verbindlichkeit befreien: der Abtretung der Regressforderung an sie selbst und der – im Kapitalgesellschaftsrecht unzulässigen – Aufrechnung mit der Regressforderung gegen die Einlageverbindlichkeit [s. dazu eingehend unten bei C. I. 2.]. Es besteht folglich keine Notwendigkeit, hier einen sachlich nicht gebo­ tenen Gleichlauf zu konstruieren. Nach alledem gelangt man zu folgendem Befund: Auf die kapitalgesellschaftsrechtlich gebotene objektive Vermögensdeckung ist auch bei der Gläubigerbefriedigung keineswegs zu verzichten. Lediglich ihr Be­ zugspunkt ist den Besonderheiten des Kommanditgesellschaftsrechts im Sinne des soeben Gesagten anzupassen. Letzte Zweifel an der Richtigkeit einer haftungsbefreienden Wirkung der Gläubi­ gerbefriedigung erregt der Umstand, dass dem Kommanditisten in Gestalt des Er­ stattungsanspruches aus §§  161 II, 110 HGB eine Möglichkeit eröffnet wird, die wirtschaftlichen Folgen der Gläubigerbefriedigung im Ergebnis auf die KG abzu­ wälzen. Dies ist sicher auch der Grund dafür, dass man vereinzelt der Gläubigerbe­ friedigung eine haftungsbefreiende Wirkung nur zuerkennt, sofern dem Komman­ ditisten kein Regressanspruch gegen die KG zusteht,242 der Anspruch also ins­ besondere gesellschaftsvertraglich ausgeschlossen ist oder der Kommanditist auf seine Geltendmachung verzichtet hat. Eine derartige Sichtweise würde aber zu Un­ recht ganz wie bei §  171 I Hs.  2 HGB die Wirksamkeit einer Haftungsbefreiung im Außenverhältnis von Vorgängen im Innenverhältnis abhängig machen.243 Denn al­ lein §  171 I Hs.  2 HGB ordnet ausnahmsweise eine Durchbrechung der generellen Trennung von Innen- und Außenrechtsbeziehungen an und stellt zwischen beiden Sphären eine Verknüpfung her (s. dazu oben B. I.). In Ermangelung einer vergleich­ baren gesetzlichen Anordnung kann eine entsprechende Wechselwirkung beider Sphären im Fall der Gläubigerbefriedigung gerade nicht hergestellt werden. Über­ dies ändert der gegenüber der KG entstehende Regressanspruch nichts an dem Um­ stand, dass die KG-Gläubiger durch die Befriedigung von dem Kommanditisten gerade das erhalten, was ihnen aufgrund ihrer Forderung zusteht; anderes könnten sie auch von der KG nicht fordern.244 Die Erfüllung des Regressanspruchs gem. 242 

Wagner, S.  177, Fn.  22. Konietzko, S.  72 f. 244  Konietzko, S.  73 f. 243 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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§§  161 II, 110 HGB mag im Kommanditgesellschaftsrecht daher Relevanz für die Kapitalerhaltung besitzen [s. dazu unten C. II. 2.]; für die Frage der haftungsbefrei­ enden Kapitalaufbringung durch Gläubigerbefriedigung seitens des Kommanditis­ ten spielt sie keine Rolle.245 c)  Zusammenfassung zu 4. Die Befriedigung von KG-Gläubigern durch den Kommanditisten ist grundsätzlich nicht als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB aufzufassen. Das folgt bereits daraus, dass die Befriedigung von KG-Gläubigern nicht die hier für erforderlich gehaltenen Kriterien einer Einlageleistung erfüllt. Etwas anderes gilt allerdings dann, wenn der Kommanditist die Gläubigerbefriedigung als Einlageverbindlich­ keit schuldet oder der betreffende KG-Gläubiger gem. §§  362 II, 185, 364 I BGB durch die KG zum Empfang der Leistung ermächtigt ist. Abgesehen von diesen beiden Sonderfällen begründet die Befriedigung von KG-Gläubigern einen selbständigen, von §  171 I Hs.  2 HGB zu unterscheidenden Tatbestand, der eine Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung be­ wirkt, und zwar nicht nur gegenüber dem befriedigten, sondern auch gegenüber den übrigen KG-Gläubigern. Dabei steht die Befriedigung von KG-Gläubigern als alter­ native Form der Haftungsbefreiung gleichrangig neben der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB. Der Kommanditist kann zwischen beiden Formen der Haftungs­ befreiung wählen. Die haftungsbefreiende Wirkung der Gläubigerbefriedigung tritt nur unter den Voraussetzungen ein, dass der Empfänger der Leistung tatsächlich (noch) Gläubiger einer KG-Verbindlichkeit ist, der Kommanditist für die betreffende Verbindlichkeit lediglich iSd §  171 I Hs.  1 HGB ziffernmäßig beschränkt haftet und der betreffende KG-Gläubiger auch tatsächlich befriedigt wird, also eine vollständige und endgülti­ ge Leistung erhält. Die Bonität der befriedigten Forderung und die Frage der Erfül­ lung des Regressanspruchs aus §§  161 II, 110 HGB spielen für die haftungsbefreien­ de Wirkung der Gläubigerbefriedigung keine Rolle.

5.  Das Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB und der Kapitalerhaltungsgrundsatz Wurde als ein Zwischenergebnis der hier angestellten Untersuchung bisher ins­ besondere festgehalten, dass es sich bei der Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB um die Kardinalnorm des Rechts der Kommanditistenhaftung handelt (s. oben B. III. 3.), rückt mit §  172 IV 1 HGB nunmehr die zweite zentrale Bestimmung iRd §§  171 ff. HGB in den Blick. Konnte §  171 I Hs.  2 HGB als Ausprägung des Grundsatzes rea­ 245 

Wie hier Furrer, S.  223; Konietzko, S.  74.

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B.  Theoretische Grundlegung

ler Kapitalaufbringung, als erste Säule eines Systems der Kommanditistenhaftung auf kapitalgesellschaftsrechtlicher Grundlage identifiziert werden, wird im Folgen­ den zu prüfen sein, inwiefern im Recht der Kommanditgesellschaft mit dem Kapi­ talaufbringungsgrundsatz ein Grundsatz der Kapitalerhaltung korrespondiert und dabei §  172 IV 1 HGB als zweite Säule das System der Kommanditistenhaftung vervollständigt. Zu diesem Zweck sollen zunächst die Rolle des §  172 IV 1 HGB innerhalb des Normgefüges der §§  171 ff. HGB sowie die rechtlichen Eigenschaften der Vorschrift geklärt werden, bevor der Frage nach dem zutreffenden Verständnis des §  172 IV 1 HGB nachgegangen wird. Daran anknüpfend wird zu erörtern sein, inwiefern kapi­ talgesellschaftsrechtliche Prinzipien einen in §  172 IV 1 HGB angelegten Mecha­ nismus der Kapitalerhaltung inhaltlich verstärken müssen, damit ein angemessener Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Beteiligten herbeigeführt werden kann. Schließlich wird zur Frage der richtigen Verteilung der Darlegungs- und Be­ weislast Stellung zu nehmen sein. a)  Einordnung des §  172 IV 1 HGB Eine genaue Untersuchung des §  172 IV 1 HGB muss sinnvollerweise mit einer grundlegenden Einordnung der Vorschrift beginnen. Diese Einordnung soll in zweifacher Hinsicht vorgenommen werden: funktional, d. h. im Hinblick auf die Aufgabe des §  172 IV 1 HGB innerhalb des Systems der Kommanditistenhaftung, und qualitativ, d. h. im Hinblick auf die Rechtsnatur des §  172 IV 1 HGB. §  172 IV 1 HGB ordnet an, dass der Kommanditist den KG-Gläubigern haftet, soweit die Einlage zurückbezahlt ist, dem KG-Vermögen also zugunsten des Kom­ manditisten gebundenes Einlagekapital entzogen wurde.246 Funktion der Vorschrift ist es mithin, darauf hinzuwirken, dass der KG das betreffende Einlagekapital er­ halten bleibt; soweit dies nicht gelingt, tritt zu Lasten des Kommanditisten eine Haftung gegenüber den KG-Gläubigern ein. Diese für das Außenverhältnis ange­ ordnete Rechtsfolge tritt dabei völlig unabhängig von der Frage ein, ob im Innenver­ hältnis eine – nach §  163 HGB grundsätzlich zulässige – Vereinbarung getroffen worden ist, nach welcher dem Kommanditisten eine Entnahme von Einlagekapital unter Abbedingung des §  169 I 1 HGB gestattet sein soll.247 Man kann demnach davon sprechen, in §  172 IV 1 HGB manifestiere sich jedenfalls auch ein Element der Kapitalerhaltung.248 Ob die Vorschrift allerdings allein auf das Element der 246  Zu den nach §§  127 II, 152 II KAGB für die Investment-KG geltenden Besonderheiten Frei­ tag, NZG 2013, 329 (335). 247  Zu Folgen und Zulässigkeit von Entnahmen unter Abbedingung des §  169 I 1 HGB K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  169 Rn.  9. 248  So, wenn auch auf Grundlage eines anderen Verständnisses der Norm, K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (330); ders., Einlage und Haftung, S.  78 f.; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  63; Kirsch, S.  105; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  19.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Kapitalerhaltung zu reduzieren ist, bleibt noch zu untersuchen.249 Innerhalb des Normgefüges der §§  171, 172 HGB ist es jedenfalls die Bestimmung des §  172 IV 1 HGB, die neben §  171 I Hs.  2 HGB am deutlichsten dem Ziel eines effektiven Gläu­ bigerschutzes verpflichtet ist.250 Daraus lässt sich zwar nicht folgern, §  172 IV 1 HGB sei auf das Leitmotiv des Gläubigerschutzes zu reduzieren, doch kann diese Erkenntnis der Erörterung der Voraussetzungen, die an den Tatbestand des §  172 IV 1 HGB zu stellen sind [s. dazu sogleich unter B. III. 5. b)], zunächst vorweggenom­ men werden. Vorab stellt sich allerdings noch die Frage nach der zutreffenden qualitativen Einordnung, also der Rechtsnatur des §  172 IV 1 HGB. Diese kann nicht beantwor­ tet werden, ohne sich näher mit der Rechtsfolge der Norm zu befassen. Ganz allge­ mein wird insoweit im Schrifttum die Wendung gebraucht, die Rechtsfolge des §  172 IV 1 HGB sei ein Wiederaufleben der Haftung des Kommanditisten gegen­ über den KG-Gläubigern.251 Gemeint ist damit ein (teilweises) Rückgängigmachen des Haftungsausschlusses des §  171 I Hs.  2 HGB mit der Konsequenz, dass der Kommanditist den KG-Gläubigern insoweit wieder haftet. Wie es aber dogmatisch zu konstruieren sein soll, dass die – nach Leistung der Einlage unbestrittenermaßen eingetretene – Verwirklichung des Ausschlusstatbestandes des §  171 I Hs.  2 HGB nachträglich rückgängig gemacht und damit im Ergebnis rechtlich unwirksam wird, bleibt im Dunkeln. Indes wäre die Annahme eines mit eigenständiger Bedeutung versehenen Rechtsinstituts des Wiederauflebens der Haftung nur dann schlüssig, wenn man §  172 IV 1 HGB als weitere Haftungsnorm neben §  171 I Hs.  1 HGB be­ greifen würde, die in engem sachlichem Zusammenhang mit §  171 I Hs.  2 HGB steht.252 Ob eine solche Einordnung des §  172 IV 1 HGB, die im wissenschaftlichen Schrifttum nicht kritisch erörtert, sondern in aller Regel kommentarlos zugrunde gelegt wird, zutreffend ist, erscheint äußerst zweifelhaft. Dabei ist der Ausgangs­ punkt für eine schlüssige qualitative Einordnung des §  172 IV 1 HGB doch voll­ kommen richtig gewählt: Wenn die Vorschrift anordnet, dass die Einlage eines Kommanditisten den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt, soweit sie zu­ rückbezahlt wird, so knüpft §  172 IV 1 HGB ersichtlich an den Tatbestand des §  171 249  Vgl. die Feststellung bei Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  10, in §  172 IV 1 HGB liege „nur indirekt auch ein Anreiz zur Kapitalerhaltung“. 250  Vgl. etwa BGHZ 47, 149 (Tz.  32); Immenga, ZGR 1975, 487 (488); K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (330); ders., Einlage und Haftung, S.  72; Mossmann, S.  175; Kirsch, S.  87; Strohn, in: Joost/ Strohn, HGB, §  172 Rn.  19; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  17. 251  Statt sehr vieler K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (330); ders., Einlage und Haftung, S.  72; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  63; Müßigbrodt, S.  19; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  8; Kirsch, S.  87; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  19; Kindler, in: Koller u. a., HGB, 8.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  22; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  22; lediglich Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419 f.), die entsprechend ihrem Ansatz eine Entkonkretisierung des Haftungsobjekts annimmt, und Furrer, S.  243, der entsprechend seinem Standpunkt eine Aufhebung der Haftungshemmung befürwortet, gehen hier einen anderen Weg. 252  In diese Richtung deuten etwa die der ganz allgemeinen Auffassung verpflichteten Ausfüh­ rungen bei Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  25.

60

B.  Theoretische Grundlegung

I Hs.  2 HGB an.253 Man kann folglich davon sprechen, die §§  171 I, 172 IV 1 HGB seien Ausdruck eines einheitlichen Haftungsprinzips.254 Nur überzeugt es nicht, daraus die Schlussfolgerung zu ziehen, aus §  172 IV 1 HGB folge ein Wiederaufle­ ben der zuvor nach §  171 I Hs.  2 HGB ausgeschlossenen Kommanditistenhaftung.255 Vielmehr sei an dieser Stelle vorgeschlagen, §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion zu begreifen. Soweit die – alsbald noch zu erörternden – Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB vorliegen, wird durch die Vorschrift der Zustand des §  171 I Hs.  1 HGB fingiert.256 Für die Annahme einer gesetzlichen Fiktion streitet bereits ganz ent­ schieden der Wortlaut der Norm, nach dem in Fällen des §  172 IV 1 HGB die Einla­ ge den Gläubigern gegenüber als nicht geleistet gilt. Das Gesetz ordnet also einen Sachverhalt an, der mit der Realität a priori nicht übereinstimmen kann: Es ist lo­ gisch ausgeschlossen, dass ein Kommanditist, dem eine Einlage zurückbezahlt wird, diese zuvor tatsächlich nicht „hinbezahlt“, also in das KG-Vermögen einge­ bracht hat. Dennoch ordnet das Gesetz aus Gründen des Gläubigerschutzes an, dass ein solcher Kommanditist nach Rückzahlung der Einlage rechtlich so zu stellen ist wie ein Kommanditist, der seine Einlage noch nicht geleistet hat. Ein weiteres Ar­ gument für die Einordnung des §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion findet sich in den Materialien des Gesetzgebers, in denen die Vorschrift – damals noch §  169 IV 1 HGB – dergestalt erläutert wird, „daß, falls die eingezahlte Einlage zurückge­ zahlt oder durch Entnahme von Gewinnantheilen vermindert wird, die Einzahlung den Gläubigern gegenüber insoweit als nicht geschehen gilt.“257 Deutlicher kann auf den Charakter einer Norm als gesetzlicher Fiktion kaum hingewiesen werden. Indes ist die Qualifizierung des §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion nicht nur von aka­ demischem Interesse. Vielmehr gewinnt sie spätestens dann erhebliche praktische Bedeutung, wenn es um das Problem geht, wie hinsichtlich der Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB die Darlegungs- und Beweislast zu verteilen ist [s. dazu unten B. III. 5. e) aa)]. Diese Erkenntnisse bezüglich der Rechtsfolgenanordnung des §  172 IV 1 HGB gelten indes allein für das Außenverhältnis. In Bezug auf das Innenverhältnis trifft die Norm keine Regelung („den Gläubigern gegenüber“).258 Daraus kann man schließen, dass ein Zurückbezahlen der Einlage nicht automatisch eine Haftung des 253 

So neben anderen auch Konietzko, S.  103; Kirsch, S.  87. K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (315); ders., Einlage und Haftung, S.  72. 255  In diesem Sinne auch der Gedankengang bei Konietzko, S.  107. 256  Gleiches gilt nicht nur für die noch eingehend zu erörternde Norm des §  172 IV 2 HGB [s. dazu unten B. III. 6. a)], sondern auch für die rechtstechnisch identisch ausgestaltete Vorschrift des §  172 VI 1 HGB; vgl. zu der – nach Wortlaut („bewirkt“) sowie Sinn und Zweck eindeutig zu bejahenden – Frage, ob §  172 VI 1 HGB auch eingreift, wenn der Kommanditist Anteile an einer Gesellschaft als Einlage in die KG einbringt, die erst nach (!) der Einbringung der KG als Komple­ mentärin beigetreten ist, auf dem Boden der alten Rechtslage K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (343); ders., Einlage und Haftung, S.  107; anders Hunscha, S.  107 ff.; ders., GmbHR 1975, 145 (148 ff.). 257  Hahn/Mugdan, S.  285. 258  Statt sehr vieler Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  18; OLG Koblenz, NJW-RR 1995, 486 (487). 254 Explizit

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Kommanditisten im Innenverhältnis, also gegenüber der KG, bewirkt. Dies folgt auch aus der grundsätzlichen Trennung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten (s. oben B. I.). Vielmehr kommt es auf die gesellschaftsver­ traglichen Vereinbarungen an, inwiefern sich an ein Zurückbezahlen der Einlage Folgen im Innenverhältnis knüpfen, insbesondere, ob gesellschaftsvertragliche bzw. bereicherungsrechtliche Ansprüche der KG gegen den Kommanditisten entstehen. b)  Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB Ist eine grundlegende Einordnung der Vorschrift des §  172 IV 1 HGB vorgenom­ men, stellt sich nunmehr die zweite zentrale theoretische Frage im Rahmen der hier unternommenen Untersuchung des Systems der Kommanditistenhaftung: die Fra­ ge, wie ein „Zurückbezahlen der Einlage“ iSd §  172 IV 1 HGB richtigerweise zu verstehen ist, welche Voraussetzungen also an den Tatbestand des §  172 IV 1 HGB zu stellen sind. Vorausgeschickt sei eine terminologische Anmerkung: Den folgen­ den Ausführungen wird, auch wenn sich dies mit dem üblichen Sprachgebrauch nicht ohne weiteres decken mag, der von dem Gesetz vorgegebene Begriff des Zu­ rückbezahlens zugrunde gelegt, da der Gesetzgeber, wie sich noch zeigen wird, gerade jene Formulierung nicht ohne Grund gewählt hat. aa)  Bisher entwickelte Positionen Analog zu der Kontroverse betreffend die Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB [s. dazu B. III. 3. a)] ist die Frage nach dem richtigen Verständnis des Zurück­ bezahlens der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB auch Gegenstand zahlreicher Erörterun­ gen gewesen. Die einzelnen zu §  171 I Hs.  2 HGB entwickelten Erklärungsversuche setzen sich bei der Erläuterung des §  172 IV 1 HGB fort. Dabei sind die folgenden Ansätze zu unterscheiden. (1)  Die Verrechnungstheorie Die Verrechnungstheorie versteht unter dem Zurückbezahlen iSd §  172 IV 1 HGB eine Minderung der Tilgungsmittel der KG.259 Eine solche Minderung der Gesell­ schaftsmittel, die zur Befriedigung der KG-Gläubiger dienen könnten, liege in jeder Übertragung von Vermögensgegenständen der KG auf den Kommanditisten.260 Da­ bei genüge es noch nicht, wenn zugunsten des Kommanditisten eine gegen die KG gerichtete Forderung begründet werde; vielmehr liege ein Zurückbezahlen erst vor, soweit diese Forderung auch tatsächlich erfüllt werde.261 Der Rechtsgrund der Ver­

259 

Furrer, S.  243. Furrer, S.  243. 261  Furrer, S.  243. 260 

62

B.  Theoretische Grundlegung

mögensübertragung spiele keine Rolle;262 allein die Vermögensübertragung an sich solle haftungsauslösend wirken. Dabei wird der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB weit interpretiert, sodass auch andere Vermögenszuwendungen als Zahlungsvorgänge unter den Tatbestand subsumiert werden.263 Allgemein versteht die Verrechnungs­ theorie, die seit langer Zeit als herrschende Auffassung zum Verständnis des §  172 IV 1 HGB angesehen werden kann, unter einem Zurückbezahlen jede Zuwendung an den Kommanditisten aus dem KG-Vermögen, durch die dem KG-Vermögen wirtschaftliche Werte ohne gleichwertige Gegenleistung entzogen werden.264 Für die Verrechnungstheorie, die im Ergebnis einen rein rechnerischen Vergleich von KG- und Kommanditistenvermögen vor und nach einer Übertragung von Ver­ mögensgegenständen anstellt, streitet zu einem gewissen Teil sicherlich der Wort­ laut des §  172 IV 1 HGB, indem dieser voraussetzt, dass etwas von der Kommandit­ gesellschaft an den Kommanditisten „zurückbezahlt“ worden, also eine Vermö­ gensverlagerung von der KG zum Kommanditisten erfolgt ist. Vor allem aber die Interessen der Gläubiger legen eine weite Interpretation des §  172 IV 1 HGB im Sinne der Verrechnungstheorie nahe: Bei Vermögensverschiebungen zwischen KG und Kommanditist ist stets sorgfältig darauf zu achten, dass den KG-Gläubigern noch ausreichend Vermögen als Zugriffsmasse offen steht und nicht eine Aushöh­ lung des KG-Vermögens stattfindet, ohne dass dafür eine entsprechende Kompen­ sation geschaffen wird. Kann der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB, wie soeben gesehen, die Verrechnungs­ theorie auf der einen Seite stützen, so muss er auf der anderen Seite bei dem kriti­ schen Betrachter mehr als nur unerhebliche Zweifel an jenem Standpunkt hervor­ rufen. So vermögen es die Vertreter der Verrechnungstheorie nicht zu erklären, weshalb es §  172 IV 1 HGB allein darauf ankommt, ob „die Einlage eines Komman­ ditisten“ zurückbezahlt worden ist. Im Gegensatz zu einer rein rechnerischen Ana­ lyse der Vermögenslage, wie sie die Verrechnungstheorie vornehmen möchte, scheint mithin in der Regelung des §  172 IV 1 HGB eine besondere Stellung gerade des Kapitals, das der Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten zugeordnet ist, ihren Niederschlag gefunden zu haben. (2)  Die Vertragstheorie Anders als nach der Verrechnungstheorie muss aus dem Blickwinkel der Vertrags­ theorie für ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB nicht unbedingt ein 262 

Furrer, S.  243. Deutlich etwa Kirsch, S.  88; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  21. 264  Weipert, in: RGRK-HGB, §  172 Anm.  29; Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1047 f.); ders., JZ 1986, 855 (856); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  9; Mundry, S.  68 f.; Kirsch, S.  138 f.; Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  10; Strohn, in: Joost/ Strohn, HGB, §  172 Rn.  21; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  19 f.; OLG Düsseldorf, GmbHR 1959, 114 (114); BGHZ 39, 319 (Tz.  38); 47, 149 (Tz.  32); BAG, ZIP 1983, 170 (172); OLG Hamm, NJW-RR 1995, 489 (489); NZG 2010, 1298 (1299). 263 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Abfluss von KG-Vermögen gegeben sein.265 Vielmehr komme es auf eine Minde­ rung des in der Kommanditgesellschaft gehaltenen Kapitalanteils des Kommandi­ tisten an.266 Allerdings löse nicht jede Minderung des Kapitalanteils die Rechtsfolge des §  172 IV 1 HGB aus; die Vorschrift sei etwa dann nicht einschlägig, wenn der Kapitalanteil des Kommanditisten infolge von Verlusten der KG verkleinert worden sei.267 Erforderlich für ein Zurückbezahlen der Einlage ist nach der Vertragstheorie hingegen, dass der Kapitalanteil des Kommanditisten dadurch gemindert wird, dass die Bindung eines Vermögensgegenstandes im KG-Vermögen gelöst wird.268 Ent­ scheidend ist demnach, ob ein Wechsel der rechtlichen Zuordnung eines Einlage­ gegenstandes erfolgt ist. Dies ist der Fall, soweit in Ansehung eines Einlagegegen­ standes der Rechtsgrund des Behalten-Dürfens geändert oder aufgehoben worden ist. Soweit also der KG Vermögensgegenstände nicht mehr als Einlage, d. h. auf­ grund der Einlageforderung der KG, überlassen werden, sondern nur noch „auf Grund eines anderen Titels“269 oder gar wegen nachträglicher gesellschaftsvertrag­ licher Vereinbarung an den Kommanditisten zurückerstattet werden müssen, liegt nach der Vertragstheorie ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB vor. Argumentativ kann sich die Vertragstheorie vor allem auf den Wortlaut des §  172 IV 1 HGB berufen, der nur eingreifen soll, soweit „die Einlage eines Kommanditis­ ten“ berührt wird. Die Vertragstheorie sieht die ratio des §  172 IV 1 HGB darin, dass der Kommanditist, soweit die Bindung eines Einlagegegenstandes im KG-Ver­ mögen beseitigt worden ist, für Verbindlichkeiten der KG nicht mehr mit seinem unverminderten Geschäftsvermögen haftet; die für die Rechtsfolge des §  171 I Hs.  2 HGB ausschlaggebende Trennung von Privat- und Geschäftsvermögen des Kom­ manditisten sei dann aufgehoben.270 Die Vertragstheorie rückt die „Funktion der Einlage, haftendes Kapital zu bil­ den“271 in den Mittelpunkt. Dabei lässt sie jedoch die Bedeutung von Kapitalbewe­ gungen zwischen KG- und Kommanditistenvermögen für die Interessen der Gläu­ biger weitgehend außer Betracht und negiert deren haftungsrechtliche Relevanz. Den Vorwurf einer gewissen Einseitigkeit muss sich die Vertragstheorie auch des­ halb gefallen lassen, weil der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB eben nicht nur auf „die Einlage eines Kommanditisten“ abstellt, sondern auch voraussetzt, dass diese „zu­ rückbezahlt“ wird. Mit anderen Worten: Hätte der Gesetzgeber allein das Schicksal des Rechtsgrundes eines Einlagegegenstandes, also eines ursprünglich im KG-Ver­ mögen gebundenen Vermögensgegenstandes, im Blick gehabt, hätte er für den Tat­ 265 

Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (420). Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (420). 267  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419). 268  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (419 f.) sieht darin die Beseitigung der Konkretisierung des Haf­ tungsobjektes, die zuvor durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB eingetreten sei. 269  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (424). 270  Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (423). 271  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  72. 266 

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B.  Theoretische Grundlegung

bestand des §  172 IV 1 HGB kaum den Begriff des Zurückbezahlens eingeführt, sondern eine stärker auf Eindimensionalität hindeutende Terminologie gewählt. (3)  Die Lehre vom Doppeltatbestand Die von Karsten Schmidt im Rahmen des §  172 IV 1 HGB vertretene Lehre vom Doppeltatbestand wird nur verständlich, wenn man sich seinen Standpunkt im Rah­ men des §  171 I Hs.  2 HGB [s. dazu oben B. III. 3. a) cc)] nochmals vor Augen führt. Dort sollte eine haftungsbefreiende Leistung der Einlage nur vorliegen, sofern zwei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: erstens, dass die betreffende Leistung „auf die Einlage“ bewirkt wird, und zweitens, dass das haftende KG-Vermögen durch die Leistung tatsächlich vermehrt wird. Nur derjenige Kommanditist, der durch seine Leistung beide Merkmale erfüllt, sollte sich nach der Auffassung Schmidts die Haftungsbefreiung verdienen. Diesen Gedankengang führt Schmidt nunmehr bei §  172 IV 1 HGB fort, indem er ein Zurückbezahlen der Einlage schon dann annimmt, wenn nur eine der beiden von ihm für §  171 I Hs.  2 HGB aufgestell­ ten Voraussetzungen wieder entfällt.272 Nach der Lehre vom Doppeltatbestand ge­ nügt also im Rahmen des §  172 IV 1 HGB entweder, dass die rechtliche Zuordnung eines Einlagegegenstandes geändert wird, oder alternativ, dass die KG dem Kom­ manditisten etwas aus dem KG-Vermögen ohne gleichwertige Gegenleistung zu­ wendet, sofern diese Zuwendung nur causa societatis, also an den Kommanditisten in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der KG, erfolgt.273 Mit dem Kriterium der Zuwendung causa societatis wird dabei äußerst großzügig umgegangen; auf den eigentlichen Rechtsgrund der Vermögensverschiebung soll es nicht ankommen.274 Die Lehre vom Doppeltatbestand ist von dem Gedanken getragen, dass weder die Verrechnungs- noch die Vertragstheorie für sich besehen ein hinreichendes Maß an Kapital- bzw. Einlagenschutz gewährleistet.275 Sie plädiert für ein maximales Ni­ veau des Gläubigerschutzes und stellt folgerichtig im Rahmen des §  172 IV 1 HGB lediglich alternative und damit vergleichsweise niedrige Anforderungen. Bedenklich an der Lehre vom Doppeltatbestand, der sich im Schrifttum einzelne Stimmen angeschlossen haben,276 erscheint, dass sie sich nicht um eine Symmetrie der beiden für die Kommanditistenhaftung zentralen Tatbestände, §  171 I Hs.  2 HGB sowie §  172 IV 1 HGB, bemüht und in der Konsequenz zu einer völlig un­ gleichmäßigen Auslegung der beiden Vorschriften gelangt. Stellt Schmidt im Rah­ 272 

K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (334 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  27, 87. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  63, 67. 274  Vgl. die Ausführungen bei K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  67 f. sowie die dort geschilderten Fallgruppen. 275 Vgl. K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  78. 276  Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  50; Cebulla, DStR 2000, 1917 (1921 f.); Kammergruber, S.  160 f.; mit Zustimmung für den Fall der Umwandlung der Einlage in ein Darlehen, ohne jedoch den Lösungsansatz in der Begründung explizit zu befürworten Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  23; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  18 f. 273 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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men des §  171 I Hs.  2 HGB noch recht strenge Anforderungen an die Haftungs­ befreiung zugunsten des Kommanditisten, lässt er diese iRd §  172 IV 1 HGB im Vergleich zu allen anderen Lösungsansätzen am leichtfertigsten wieder entfallen. Diese – von Schmidt sicher nicht beabsichtigte – Diskrepanz fordert geradezu die Frage heraus, welchen Nutzen eine Haftungsbefreiung für den Kommanditisten hat, die schon bei geringfügigen Gestaltungsmaßnahmen wieder entfällt.277 Überdies gestaltet sich die Abgrenzung danach, ob eine Zuwendung causa societatis erfolgt ist oder nicht, als wenig trennscharf und erzeugt dadurch in problematischen Kons­ tellationen Rechtsunsicherheit. So ist es kaum nachvollziehbar, wenn die Lehre vom Doppeltatbestand bestimmte Leistungen, die de iure aufgrund eines Verkehrsge­ schäftes erfolgen, de facto als Leistungen causa societatis einordnet.278 (4)  Die modifizierte Verrechnungstheorie Einen im Hinblick auf seine Ausführungen zu §  171 I Hs.  2 HGB [s. oben B. III. 3. a) ee)] symmetrischen Lösungsansatz entwickelt im Rahmen des §  172 IV 1 HGB dagegen Müßigbrodt. Seine modifizierte Verrechnungstheorie setzt – wie die Ver­ rechnungstheorie – für ein Zurückbezahlen der Einlage erstens voraus, dass dem Kommanditisten zu Lasten des KG-Vermögens wirtschaftliche Werte zufließen.279 Zweitens dürfe, im Sinne einer Negativvoraussetzung, der Vermögensübertragung keine besondere Verpflichtung der KG zugrunde liegen.280 Das Vorliegen eines be­ sonderen Rechtsgrundes sei nur dann unschädlich, wenn zwischen KG und Kom­ manditist ein Geschäft zur Umgehung des §  172 IV 1 HGB vorliege.281 Umgehungs­ geschäfte bestimmt Müßigbrodt in Anknüpfung an Überlegungen, die Westermann und Kornblum zur Stundung von Ansprüchen der KG gegen den Kommanditisten aus Umsatzgeschäften sowie zur Gewährung von Darlehen an den Kommanditisten durch die KG entwickelt haben. So sei darauf abzustellen, ob im „Einzelfall […] praktisch der Erfolg der Einlagenrückgewähr herbeigeführt wird“282. Es müsse sich aufgrund besonderer Umstände ergeben, dass eine verdeckte Einlagenrückgewähr gegeben sei.283 Indizien für derartige besondere Umstände seien etwa ein zeitlicher Zusammenhang, die gleiche Höhe von Einlage und Darlehen sowie die fehlende Verkehrsüblichkeit einer entsprechenden Stundung.284 Das gegenüber der Verrechnungstheorie engere Verständnis von haftungsaus­ lösenden Vermögensbewegungen zwischen KG und Kommanditist wird vor allem 277  Etwas über das Ziel hinaus geht wohl die Kritik von Kornblum, AG 1978, 137 (140), der meint, Schmidts Auffassung beruhe auf einem „Zwangsharmonisierungsverfahren“. 278  Vgl. die Fallgruppen bei K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  67 f. 279  Müßigbrodt, S.  22. 280  Müßigbrodt, S.  22. 281  Müßigbrodt, S.  22; ähnlich bereits Konietzko, S.  114 ff. 282  Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978]; ebenso Kornblum, S.  256 f.; Müßigbrodt, S.  21. 283  Müßigbrodt, S.  21. 284  Müßigbrodt, S.  21 f.

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B.  Theoretische Grundlegung

mit dem Einwand begründet, die Verrechnungstheorie führe in der Konsequenz zu einer Beschneidung bzw. gar einem praktischen Ausschluss des Rechtsverkehrs zwischen KG und Kommanditist.285 Ferner müsste die Verrechnungstheorie je nach Sachlage Rückschau über mehrere Geschäftsjahre halten und dabei sämtliche frü­ heren Verkehrsgeschäfte zwischen KG und Kommanditist auf einen möglichen An­ wendungsfall des §  172 IV 1 HGB überprüfen; ein derartiges Vorgehen wäre aber völlig undurchführbar.286 Kritik muss sich die modifizierte Verrechnungstheorie bereits deshalb gefallen lassen, weil sie verkennt, dass eine weitere Auslegung des §  172 IV 1 HGB in Anse­ hung der Vermögensbewegungen keinesfalls den Rechtsverkehr zwischen KG und Kommanditist beschränkt, sondern lediglich die Sanktion der Kommanditistenhaf­ tung eher auslöst; die Wirksamkeit der betreffenden Rechtsgeschäfte bleibt davon unberührt.287 Vor allem aber entwickelt die modifizierte Verrechnungstheorie in Ansehung des Rechtsgrundes keine greifbaren, positiven Kriterien für ein Zurück­ bezahlen der Einlage. Vielmehr verbleibt sie im Ergebnis bei einer Einzelfallprü­ fung, die große Rechtsunsicherheit erzeugt.288 Schließlich scheint auch dem Wort­ laut des §  172 IV 1 HGB nicht hinreichend Rechnung getragen, wenn man Vermö­ gensübertragungsvorgänge zwischen KG und Kommanditist lediglich in negativer Hinsicht auf das Fehlen einer besonderen Verpflichtung hin betrachtet, anstatt posi­ tiv zu fordern, dass gerade „die Einlage“ zurückbezahlt worden ist. bb)  Entwicklung eines funktionsgerechten Verständnisses des Zurückbezahlens der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB Die Erörterung der bisher zur Auslegung des §  172 IV 1 HGB entwickelten Positio­ nen hat gezeigt, dass diese allesamt an strukturellen Schwächen leiden. Diese Schwächen bergen die Gefahr, dass sich die bereits dargelegten Konzepte bei ihrer Übertragung auf schwierige praktische Rechtsfragen als einer schlüssigen Lösung unfähig erweisen oder auf eine nur einseitige Würdigung der widerstreitenden Inte­ ressen hinauslaufen (s. dazu im Einzelnen unter C.). Beide Szenarien sind unbedingt zu vermeiden. Es soll daher im Folgenden den bisherigen Ansätzen eine Auffassung gegenüber­ gestellt werden, die §  172 IV 1 HGB mit dem Ziel interpretiert, dem durch die Norm vorgezeichneten Interessenkonflikt angemessen Rechnung zu tragen, ohne dabei den Wortlaut der Vorschrift zu überdehnen oder ihre Funktion innerhalb des Norm­ gefüges der §§  171, 172 HGB zu missachten. 285 

Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978]; Kornblum, S.  256. K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  86; vgl. auch Müßigbrodt, S.  22, 16 f. 287  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  85. 288 Ähnliche Kritik bei K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  86; Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978] muss selbst zugeben, dass seine Thesen zu „schwierigen Abgrenzungs­ fragen“ führen. 286 Ebenso

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Den Ausgangspunkt der zu diesem Zweck anzustellenden Untersuchung muss der Wortlaut der Vorschrift bilden. So wird der Tatbestand des §  172 IV 1 HGB durch ein Zurückbezahlen der Einlage ausgelöst. Ein Zurückbezahlen ist aber nach den Gesetzen der Logik nur dann möglich, wenn diesem ein gleichartiges „Hinbe­ zahlen“ vorausgegangen ist. Angesprochen ist damit die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB. Zwar gebraucht diese nicht den Begriff des „Hinbezahlens“, sondern den der Leistung. Ihre Wechselwirkung mit §  172 IV 1 HGB wird aber deutlich, wenn man sich den Wortlaut der Vorgängernorm, aus der §  171 I Hs.  2 HGB – bei Inkrafttreten des HGB noch als §  168 I Hs.  2 HGB – hervorgegangen ist, vor Augen führt. So statuiert Art.  165 I ADHGB eine Haftung des Kommanditisten, soweit seine Einla­ ge nicht eingezahlt ist. In diesem Sinne wird man auch §  171 I Hs.  2 HGB interpre­ tieren müssen.289 Beschreibt also §  171 I Hs.  2 HGB den Vorgang des Einzahlens bzw. „Hinbezahlens“ und ist man sich über die Auslegung dieses Rechtsbegriffs im Klaren [s. zur hier vertretenen Auffassung nochmals B. III. 3. b)], spricht bereits die klare Bezugnahme, die durch den Begriff Zurückbezahlen zum Ausdruck kommt, dafür, die Auslegung des §  172 IV 1 HGB inhaltlich an der des §  171 I Hs.  2 HGB zu orientieren. Ein solches Vorgehen wird auch durch das Schrifttum legitimiert, das zutreffend davon ausgeht, §  172 IV 1 HGB beschreibe den umgekehrten Vorgang zu §  171 I Hs.  2 HGB;290 die Norm sei mithin als Gegenstück zu §  171 I Hs.  2 HGB anzusehen.291 Die Stellungnahmen gipfeln in der richtigen Feststellung: §  171 I Hs.  2 HGB und §  172 IV 1 HGB sind „Ausdruck eines einheitlichen Haftungsprin­ zips“292. Ausgehend von dieser Erkenntnis sei folgende Auslegung des §  172 IV 1 HGB vorgeschlagen. (1)  Die Zuführung von Vermögensgegenständen durch die KG an den Kommanditisten Ein Zurückbezahlen der Einlage setzt zunächst eine Zuführung von Vermögens­ gegenständen aus dem Vermögen der KG in das davon getrennte Vermögen des Kommanditisten voraus. Zwar mag der Gesetzgeber davon ausgegangen sein, dass die Einlage im Regel­ fall durch Barmittel erbracht wird.293 Doch zwingt der Gesetzeswortlaut nicht dazu, lediglich Zahlungsvorgänge im engeren Sinne, also Rückzahlungen von Barmitteln, dem Anwendungsbereich des §  172 IV 1 HGB zu unterstellen. Auch die Rückge­ währ von Sachmitteln ist grundsätzlich vom Tatbestand erfasst. §  172 IV 1 HGB 289  Vgl. auch die deutliche Bezugnahme auf Art.  165 ADHGB in den Materialien zum HGB von 1897 bei Hahn/Mugdan, S.  284 f. 290 Etwa Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978]; Konietzko, S.  107; Kammergruber, S.  159. 291 Unter anderen Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (413); Konietzko, S.  104; Müßigbrodt, S.  19; Kirsch, S.  87. 292  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  72. 293  Vgl. die Anmerkungen bei Hahn/Mugdan, S.  281.

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B.  Theoretische Grundlegung

gibt aber vor, dass die Einlage in derselben Form wieder an den Kommanditisten zurückfließen muss, in der sie in das KG-Vermögen gelangt ist – erfasst ist demnach beispielsweise nicht eine Rückgewähr von Barmitteln nach der Einbringung einer Sacheinlage.294 Bei einer von der ursprünglichen Leistungsform abweichenden Rückerstattung kann kaum die Rede davon sein, es sei iSd §  172 IV 1 HGB „die Einlage“ zurückerstattet worden (s. dazu sogleich). Bei Barmitteln kommt es aller­ dings nicht entscheidend darauf an, ob sich beide Übertragungsvorgänge auf die identischen Vermögensgegenstände beziehen. So ist es bei wirtschaftlicher Be­ trachtung etwa völlig ohne Belang, ob im Rahmen des Kapitalzuflusses und im Rahmen des Kapitalabflusses dieselben oder jeweils andere Geldnoten übereignet werden. Von Bedeutung ist dagegen, dass eine Übertragung von Vermögensgegenständen aus dem KG-Vermögen in das Vermögen des Kommanditisten zwingend vorliegen muss. Die bloße Möglichkeit einer späteren Kapitalminderung löst noch kein hin­ reichendes Bedürfnis nach Gläubigerschutz aus, da es ungewiss sein kann, ob sich diese Möglichkeit tatsächlich realisiert, und das betreffende Kapital solange ohne weiteres zur Tilgung von Gesellschaftsverbindlichkeiten zur Verfügung steht.295 Ohne Kapitalabfluss zu Lasten der KG besteht kein Anlass für das Eingreifen von Schutzmechanismen wie §  172 IV 1 HGB. (2)  Lösung des Übertragungsgegenstandes aus der Kapitalbindung Für ein Zurückbezahlen der Einlage ist außerdem erforderlich, dass gerade die auf den Kommanditisten übertragenen Vermögensgegenstände aus der Bindung im KG-Vermögen gelöst worden sind, in die sie durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gelangt waren. Es muss also zuvor die rechtliche Zuordnung der betref­ fenden Vermögensgegenstände durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung in dem Sinne geändert worden sein, dass die KG diese Vermögensgegenstände nicht mehr aufgrund der Einlageforderung behalten darf. Eine Vermögensübertragung fällt demnach nur insoweit unter §  172 IV 1 HGB, als sie damit verbunden ist, dass der KG weniger Vermögen als Einlage überlassen wird. Im Falle der Übertragung von Sachmitteln auf den Kommanditisten gebietet dieses Erfordernis die genaue Prüfung, ob es sich bei dem übertragenen Vermögensgegenstand tatsächlich um einen zuvor im KG-Vermögen gebundenen und nunmehr aus der Bindung gelösten Vermögensgegenstand handelt. Anderenfalls ist gerade nicht iSd §  172 IV 1 HGB „die Einlage“ zurückbezahlt. Im Falle der Übertragung von Barmitteln ist eine ent­ sprechende Prüfung praktisch kaum durchführbar,296 vor allem aber unnötig. So kann es – wie bereits oben ausgeführt – nicht etwa darauf ankommen, ob dieselben 294  s. zur Gegenauffassung Immenga, ZGR 1975, 487 (488); Riegger, BB 1975, 1282 (1283); Konietzko, S.  104. 295  Eingehend zu diesem überzeugenden Argument Furrer, S.  224 f. 296  So auch Joost, ZGR 1987, 370 (387).

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Geldnoten zurückübertragen werden, die der Kommanditist ursprünglich der KG zugeführt hat. Sobald und soweit eine Bareinlage aus ihrer Bindung im KG-Vermö­ gen gelöst worden ist, steht vielmehr im Interesse der KG-Gläubiger zu vermuten, dass nachfolgende Übertragungen von Barmitteln auf den Kommanditisten als Zu­ rückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB anzusehen sind.297 Es bedarf also nicht der positiven Feststellung, dass es sich bei den ausgeschütteten Barmitteln um die zuvor aus der Kapitalbindung herausgelösten Mittel handelt. Unabhängig von der Art der übertragenen Vermögensgegenstände ist für ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB auch nicht notwendig, dass die Beseitigung der Kapi­ talbindung und die Vermögensübertragung zeitgleich erfolgen, sofern in Ansehung eines Einlagegegenstandes beide Vorgänge kumulativ gegeben sind und zumindest in engem zeitlichen Zusammenhang stehen. Anders, als es die bereits geschilderten Auffassungen vorschlagen, wird nach diesem Lösungsansatz das Erfordernis, dass es zu einer Änderung der rechtlichen Zuordnung des übertragenen Vermögensgegenstandes gekommen ist, für ein Zu­ rückbezahlen der Einlage als zwingend erforderlich erachtet. Im Vergleich zur mo­ difizierten Verrechnungstheorie wird man daher nur teilweise zu denselben Ergeb­ nissen gelangen. Nicht all diejenigen Leistungen, in denen jene Ansicht einen au­ ßenhaftungsschädlichen Vollzug von Umgehungsgeschäften erblickt, erfüllen die hier aufgestellten Kriterien. Eher noch weniger praktischer Gleichlauf wird sich mit der Lehre vom Doppeltatbestand einstellen, da jene Ansicht einerseits Fallgruppen fehlender Herauslösung aus der Kapitalbindung unter §  172 IV 1 HGB subsumiert und andererseits auch solche Vermögensübertragungen miteinbezieht, die nichts anderes darstellen als Leistungen auf Umgehungsgeschäfte im Sinne der modifi­ zierten Verrechnungstheorie. Für die These, dass nur die Übertragung solcher Vermögensgegenstände, die zu­ vor aus der Bindung im KG-Vermögen gelöst worden sind, den Tatbestand des ­Zurückbezahlens der Einlage auslöst, streitet insbesondere – wie bereits mehrfach angedeutet – ganz entschieden der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB. Nur in diesem Falle ist, wie vom Gesetz gefordert, „die Einlage“ zurückbezahlt. Nur in diesem Falle handelt es sich um eine Vermögensbewegung innerhalb des Funktionszusam­ menhangs der §§  171, 172 HGB, der durch die klare Bezugnahme des §  172 IV 1 HGB auf §  171 I Hs.  2 HGB vorgegeben ist. Dem Wortlautargument kann sich auch die herrschende Verrechnungstheorie ganz offenkundig nicht verschließen. Viel­ mehr muss sie sich stets zu dem Versuch genötigt sehen, ihren Standpunkt mit der Bemerkung zu retten, der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB sei doch ersichtlich zu eng gefasst.298 Diese Hilfsbehauptung verschleiert jedoch lediglich das, was die herr­ schende Auffassung tatsächlich unternimmt: Sie bildet eine Analogie zu §  172 IV 1 297 

In diese Richtung weisend bereits FG Nürnberg, DStRE 2003, 1354 (1355). etwa Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1041); Strohn, in: Joost/ Strohn, HGB, §  172 Rn.  21. 298  Deutlich

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B.  Theoretische Grundlegung

HGB, ohne darlegen zu können, dass die Voraussetzungen für eine Analogie gege­ ben sind. Viel überzeugender erscheint es dagegen, den Wortlaut des §  172 IV 1 HGB ernst zu nehmen und einer nicht gebotenen Analogie eine Absage zu erteilen. So muss auch die herrschende Auffassung ihre eigene Inkonsequenz eingestehen, die sie an den Tag legt, indem sie im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB noch das Ein­ lagenelement betont, dann aber das Eingreifen des §  172 IV 1 HGB nicht davon abhängig macht, dass gerade „die Einlage“ zurückgewährt wird.299 Es ist nicht stat­ thaft, auf der einen Seite §  172 IV 1 HGB als Gegenstück zu §  171 I Hs.  2 HGB zu bezeichnen,300 auf der anderen Seite aber zu behaupten, beide Vorschriften verkör­ perten „keine deckungsgleichen Tatbestände“301. (3)  Die objektive Wertdeckung der Vermögenszuführung Schließlich kann ein Zurückbezahlen der Einlage nur vorliegen, soweit der Gegen­ stand der Vermögensübertragung objektiv einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpert. Es gilt also auch iRd §  172 IV 1 HGB das Prinzip der objektiven Vermö­ gensdeckung. Ist jenes Prinzip aufgrund der vergleichbaren Interessenlage aus kapitalgesell­ schaftsrechtlichen Normen hergeleitet und zur Bedingung der Befreiung des Kom­ manditisten von seiner Außenhaftung gem. §  171 I Hs.  2 HGB geworden [s. dazu B. III. 3. b) aa) (3)], kann für §  172 IV 1 HGB, also die Norm, die den umgekehrten Vorgang zu §  171 I Hs.  2 HGB beschreibt, nichts anderes gelten. Der Rechtsgedanke der §§  9c I 2, 19 IV 3 GmbHG sowie §§  9 I, 36a II 3, 27 II Hs.  1, 38 II 2, 27 III 3 AktG wirkt hier fort und gibt für §  172 IV 1 HGB lediglich mit umgekehrten Vor­ zeichen das Erfordernis einer objektiven Wertdeckung der Vermögensübertragung vor. Auch im Hinblick auf Maßstab und maßgeblichen Zeitpunkt für die objektive Wertdeckung ergeben sich iRd §  172 IV 1 HGB keine anderen Grundätze als bei §  171 I Hs.  2 HGB [s. dazu oben B. III. 3. b) bb) (3)]. (4)  §  172 IV 1 HGB als Spiegelbild des §  171 I Hs.  2 HGB Von dem hier entwickelten Standpunkt aus betrachtet besteht die Aufgabe des §  172 IV 1 HGB allein darin, solche Übertragungen objektiver wirtschaftlicher Werte von der KG auf den Kommanditisten haftungsrechtlich zu sanktionieren, die den beson­ deren Erfolg herbeiführen, die im KG-Vermögen gebundene Einlage des Komman­ ditisten zu mindern.302 Nur ein solches Verständnis des §  172 IV 1 HGB wird der Funktion der Vor­ schrift innerhalb des Normgefüges der §§  171, 172 HGB gerecht. In der Zusammen­ 299 

Diesen „gewissen Widerspruch“ gibt Mundry, S.  68 zu. Kirsch, S.  87. 301  Kirsch, S.  105. 302  Vgl. zu dem Gedanken, die Einlagerelevanz einer Rückzahlung als besonderen Erfolg zu begreifen, erstmals Behrend, S 640 f. 300 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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schau mit dem hier vertretenen Verständnis des §  171 I Hs.  2 HGB vervollständigt diese Auslegung des §  172 IV 1 HGB das Bild eines geschlossenen, aufeinander bezogenen und folgerichtigen Systems der Kommanditistenhaftung. Hinzu tritt der Umstand, dass ein Ansatz zur Lösung der iRd §§  171, 172 HGB bestehenden Auslegungsproblematik trotz des wichtigen Anliegens, hinreichenden Gläubigerschutz zu realisieren, die berechtigten Interessen des Kommanditisten nicht aus dem Blick verlieren darf. Denn auch für den Kommanditisten ist das Risi­ ko wirtschaftlicher Betätigung überschaubar zu halten. Wer aber als Kommanditist bereits iRd §  171 I Hs.  2 HGB strenge Vorgaben erfüllt hat, indem er der Gesell­ schaft ein zuverlässiges und werthaltiges Mehr an Einlagekapital zur Verfügung gestellt hat, muss von der Rechtsordnung auch mit einer verlässlichen Haftungs­ freistellung belohnt werden, die nicht ohne weiteres wieder entfällt. Dies gilt vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass §  172 IV 1 HGB eine Außenhaftung eröffnet und damit solchen Rechtssubjekten den Zugriff auf den Kommanditisten gestattet, die mit diesem häufig in keinerlei Beziehung stehen, sondern lediglich sein Privat­ vermögen als besonderes Haftungssubstrat wahrnehmen. Mit anderen Worten: Wenn sich der Kommanditist nur durch die Verwirklichung aller drei Elemente des §  171 I Hs.  2 HGB [s. zum hier entwickelten Standpunkt B. III. 3. b)] von dem ­Zustand der Außenhaftung nach §  171 I Hs.  1 HGB befreien kann, gebietet es das Anliegen eines maßvollen Schutzes seiner Vermögensinteressen, den Zustand der Außenhaftung nach §  171 I Hs.  1 HGB auch nur im Falle der spiegelbildlichen Ver­ wirklichung aller drei Elemente wieder eintreten zu lassen. Das Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB ist demnach Spiegelbild der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB. Überwiegen bei der Prüfung des §  171 I Hs.  2 HGB die Interes­ sen der Gläubiger, rückt bei der Prüfung des §  172 IV 1 HGB das Interesse des Kommanditisten, der sich bereits durch wirksame Leistung der Einlage als zuver­ lässig erwiesen hat, in den Vordergrund. Diese Perspektive führt zu einer die Frage nach der zutreffenden Auslegung des §  172 IV 1 HGB abschließenden Erkenntnis: Wie das HGB im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB keinen spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalaufbrin­ gungsgrundsatz kennt [s. oben B. III. 3. b)], normiert es in Gestalt des §  172 IV 1 HGB keinen spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrund­ satz. Bloße Kapitalerhaltung ist nicht die zentrale Funktion des §  172 IV 1 HGB.303 Vielmehr existieren im Anwendungsbereich des §  172 IV 1 HGB keine außenhaf­ tungsrelevanten Vorgänge, die nicht zugleich Einlagerelevanz besitzen. Vor allem aber ist ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB nicht da­ von abhängig, dass durch die Vermögensübertragung bei der KG eine Unterbilanz entsteht oder vertieft wird. Die gegenteilige Auffassung von Joost304 resultiert vor 303  Zutreffend im Ergebnis Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  10, nach dem in §  172 IV 1 HGB „nur indirekt auch ein Anreiz zur Kapitalerhaltung“ liege. 304  Joost, ZGR 1987, 370 (389 f.); zur dogmatischen Herleitung seiner Auffassung eingehend ders., ZGR 1987, 370 (381 ff.).

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B.  Theoretische Grundlegung

allem aus dem verdienstvollen Anliegen, die – in dem allgemein angenommenen Ausmaße in der Tat schwer zu rechtfertigenden (s. dazu sogleich) – haftungsrecht­ lichen Diskrepanzen zwischen Kommanditist und GmbH-Gesellschafter zu mini­ mieren. Allerdings führt die These Joosts im Einzelfall zu einer Auslegung des §  172 IV 1 HGB, die, wie er selbst zugeben muss,305 in keiner Weise mehr vom möglichen Wortsinn der Vorschrift gedeckt ist. Vor allem aber übersieht Joost, dass der Gesetzgeber die Außenhaftung des Kommanditisten explizit gerade nicht von dem Vorliegen einer Unterbilanz der KG abhängig machen wollte.306 Ist mithin Joosts Lösung über §  172 IV 1 HGB bereits von vornherein unhaltbar, gelangt man durch prüfende Betrachtung seiner Denkansätze zu der interessanten Frage, ob es sodann auf anderem Wege zu einer Annäherung der Kapitalbindungsregime in KG und GmbH kommen kann. Dabei könnte dann möglicherweise auch das Kriterium einer Unterbilanz der KG Bedeutung gewinnen. c)  Das Hinzutreten eines unterstützenden Kapitalerhaltungsmechanismus Wie gezeigt wurde, ist das hier entwickelte Verständnis des §  172 IV 1 HGB insbe­ sondere vor dem Hintergrund des Gesetzeswortlauts und des deutlich angelegten systematisch-funktionalen Zusammenhangs mit §  171 I Hs.  2 HGB folgerichtig – eine weitere Auslegung der Vorschrift würde dem Spiegelbildlichkeitsverhältnis der §§  171 I Hs.  2, 172 IV 1 HGB nicht gerecht. Auch gebietet die angemessene Berücksichtigung der schützenswerten Interessen des Kommanditisten, an §  172 IV 1 HGB strengere Maßstäbe anzulegen, als es von der herrschenden Auffassung ge­ tan wird. aa)  Die Lückenhaftigkeit des §  172 IV 1 HGB Gleichwohl muss festgehalten werden, dass die hier vertretene engere Konzeption des §  172 IV 1 HGB in einzelnen Fällen darauf hinausläuft, dass Gläubiger dort nicht auf das Privatvermögen des Kommanditisten zugreifen können, wo ihnen dies nach einer weiteren Interpretation der Norm gestattet wäre. Das hier entwickelte Verständnis des §  172 IV 1 HGB führt also zu einer Begrenzung des Haftungsrisi­ kos des Kommanditisten. Im Wirtschaftsverkehr zieht indessen jede Risikobegren­ zung auf der einen Seite zwangsläufig eine Risikoerweiterung auf der anderen Seite nach sich.307 Es ist folglich besonders darauf zu achten, dass die durch eine engere Auslegung des §  172 IV 1 HGB berührten Interessen der KG-Gläubiger gleichwohl angemessen berücksichtigt werden. Das Ziel, die „gläubigersichernde Kapitalgaran­ tie zu stärken“308 erscheint dabei insbesondere angesichts des stetigen Wandels der 305 

Joost, ZGR 1987, 370 (391). Hahn/Mugdan, S.  284. 307  Mit treffendem Hinweis auf diesen Gegensatz Mossmann, S.  128. 308  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  72. 306 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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KG vom gesetzlichen Leitbild einer personalistischen Gesellschaft zur kapitalisti­ schen, Publikums-, oder Anlagegesellschaft als nachvollziehbares und berechtigtes Anliegen.309 Die Zielsetzung, im Sinne einer wohl bedachten Abwägung der wider­ streitenden Interessen bei begrenztem Haftungsrisiko des Kommanditisten zugleich ein hinreichendes Maß an Gläubigerschutz zu realisieren, gebietet es daher, mit der Beantwortung der Forschungsfrage nicht bei der hier entwickelten Auslegung des §  172 IV 1 HGB stehen zu bleiben. Vielmehr ist eine Fortsetzung der Untersuchung noch aus einem weiteren Grunde angezeigt: Die Bemühungen der etablierten Auffassungen, all diejenigen Fallgrup­ pen in den Griff zu bekommen, die sie als Leistungen causa societatis310 oder be­ sondere Umstände311 bezeichnen, zeigen deutlich, dass sich in der gesellschafts­ rechtlichen Praxis zahlreiche Versuche lokalisieren lassen, die darauf abzielen, die Vermögensverhältnisse in der KG zugunsten des Kommanditisten zu verschieben, und daher einer Umgehung des §  172 IV 1 HGB Vorschub leisten. Nun ist es nicht Aufgabe des §  172 IV 1 HGB, alle denkbaren Schmälerungen des KG-Kapitals ab­ zufangen;312 die Vorschrift verkörpert gerade keine spezifisch personengesell­ schaftsrechtliche Kapitalerhaltungsgarantie.313 Doch verträgt es sich nicht mit der Intention des Gesetzgebers, wenn §  172 IV 1 HGB durch allzu geschickte Gestal­ tungen wirtschaftlich ausgehebelt wird. Indes fehlt es dem HGB insoweit an einer entsprechenden Regelung. Das Gesetz weist an dieser Stelle eine Lückenhaftigkeit auf, die der Gesetzgeber nicht gesehen hat. bb)  Vergleich mit der Interessenbewertung in den §§  30, 31 GmbHG Der Gefahr, dass die unzureichende gesetzliche Regelung des §  172 IV 1 HGB zu einer Ungleichbehandlung wesentlich gleicher Sachverhalte führt, dass Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung durch eine auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit gestützte Kautelarpraxis konterkariert werden,314 ist aber unbedingt zu begegnen. So kann die bestehende Gesetzeslücke geschlossen werden, wenn es gelingt, eine Vorschrift zu ermitteln, deren Interessenkonstellation der hier in Rede stehenden Kollision von Kommanditisten- und Gläubigerbelangen so ähnlich ist, dass ihr Rechtsgedanke auch auf die ungeregelte Konstellation zutrifft. Weil es darum geht, wirtschaftliche Vorgänge normativ zu erfassen, die eine Ver­ mögensverschiebung von der KG zum Kommanditisten bewirken, rücken dabei vor 309 

So bereits K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  72 in den 1970er Jahren. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  63, 67 f. 311  Müßigbrodt, S.  21 f. 312  Vgl. zu diesem Befund auch BGHZ 63, 338 (Tz.  6), wenngleich man dort andere Schlussfol­ gerungen zieht. 313  Ebenso BGH, NJW 1982, 2500 (2501), der sich in Bezug auf Kapitalerhaltungsvorschriften dahin gehend äußert, dass „entsprechende Bestimmungen im Recht der handelsrechtlichen Perso­ nengesellschaften nicht bestehen“; in gleichem Sinne Engler, S.  222 f. 314  Zur Kollision der Privatautonomie mit Ordnungs- und Grundprinzipien des Gesellschafts­ rechts eingehend Mossmann, S.  156 f. 310 

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B.  Theoretische Grundlegung

allem die aus dem Recht der GmbH bestens bekannten Vorschriften der §§  30, 31 GmbHG in den Blick. Das Haftungsstatut der GmbH bemüht sich – und dafür sind die Kapitalerhal­ tungsnormen der §§  30, 31 GmbHG mit das deutlichste Beispiel – um effektiven Gläubigerschutz und ist insoweit dem Haftungsstatut bei der KG wertungsmäßig gleich zu stellen.315 Das zeigt sich bereits an der Vorschrift des §  172 III HGB, die als Ausprägung des Grundsatzes der Trennung von Innen- und Außenrechtsbezie­ hungen des Kommanditisten einer möglichen Außenwirksamkeit haftungsbe­ schränkender Abreden im Innenverhältnis eine klare Absage erteilt und dadurch in deutlicher Art und Weise die Belange der KG-Gläubiger in den Mittelpunkt rückt. Insbesondere aber verfolgen der Erstattungsanspruch nach §  31 I GmbHG und die Haftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern gem. §  171 I Hs.  1, 172 IV 1 HGB dasselbe Anliegen: die Vermögensaufbringung und Vermögenserhal­ tung durch einen Gesellschafter sicherzustellen, der im Übrigen einer Haftung nicht unterworfen ist.316 Wenn aber Gläubigerschutzprinzipien existieren, die als einan­ der gleichwertig gelten können, sind diese auch vertauschbar.317 Ferner lässt sich im Rahmen der Finanzverfassung eine entscheidende Gemein­ samkeit zwischen dem Recht der KG auf der einen Seite und dem Recht der GmbH auf der anderen Seite feststellen: Wie im GmbH-Recht die Gesamtheit der Stamm­ einlagen den Kern der Finanzierungsgrundlage bildet, so erfüllt diese Aufgabe im Recht der KG – neben den ungebundenen Komplementäreinlagen – vor allem die Gesamtheit der im KG-Vermögen gebundenen Kommanditeinlagen. Im Hinblick auf die Funktionsweise der Kapitalschutzsysteme besteht an dieser Stelle eine – bis­ lang kaum erkannte – Parallele; die zu berücksichtigenden Unterschiede sind ledig­ lich gradueller, nicht jedoch prinzipieller Natur.318 Dies gilt vor allem, wenn man sich vergegenwärtigt, dass, entgegen der häufig anzutreffenden Formulierung Ga­ rantiekapital, auch im Recht der GmbH tatsächlich kein bestimmtes Kapital garan­ tiert, sondern lediglich durch §§  30, 31 GmbHG eine rechnerische Vermögensbin­ dung angeordnet ist.319 So schützen §§  30, 31 GmbHG nicht etwa das Stammkapital, bei dem es sich lediglich um eine bilanzielle Rechengröße handelt, als solches,320 sondern gebieten lediglich einen Wertdeckungszusammenhang in dem Sinne, dass ein bestimmter Teil des Gesellschaftsvermögens den Gesellschaftern gegenüber ge­ bunden ist.321 In beiden Rechtsgebieten, dem GmbH-Recht und dem KG-Recht, be­ steht mithin ein gleichartiger Funktionszusammenhang zwischen Vermögen und Stammkapital (GmbH) bzw. Vermögen und Kommanditeinlage (KG).322 315 

Hunscha, GmbHR 1973, 257 (261); Immenga, ZGR 1975, 487 (489); Mossmann, S.  130 f. Joost, ZGR 1987, 370 (384). 317  Hunscha, GmbHR 1973, 257 (261). 318  Mossmann, S.  164. 319  Eingehend zu diesem Aspekt Joost, ZGR 1987, 370 (385, 388 f.). 320  Statt vieler Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  21. 321  Joost, ZGR 1987, 370 (388 f.). 322  Joost, ZGR 1987, 370 (390). 316 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Der Blick auf diese hinsichtlich Haftungsstatut und Kapitalschutz bestehenden Parallelen wird vor allem dadurch verstellt, dass man im Schrifttum weitestgehend dem Dogma der prinzipiellen Inkongruenz von kapitalgesellschaftsrechtlicher und kommanditgesellschaftsrechtlicher Vermögenserhaltung folgt.323 So begibt man sich von vornherein der Möglichkeit, kritisch und ernsthaft eine generelle Übertra­ gung der kapitalgesellschaftsrechtlichen Instrumente der Kapitalerhaltung auf die Haftung des Kommanditisten in Erwägung zu ziehen, indem man – häufig formel­ haft – betont, anders als im HGB sei im GmbHG der Vorgang der Rückzahlung haftenden Kapitals als solcher missbilligt bzw. untersagt.324 Indes vermag dieser gängige Einwand gleich aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen. So bringen die Vorgängerbestimmungen des §  172 IV 1 HGB, Art.  165 II, V ADHGB, deutlich eine rechtliche Missbilligung des Zurückbezahlens der Kommanditeinlage zum Aus­ druck: „Die Einlage des Commanditisten kann während des Bestehens der Gesell­ schaft weder ganz noch theilweise zurückbezahlt oder erlassen werden“ – Art.  165 II ADHGB. „Er haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn und inso­ weit er diesen Bestimmungen entgegen Zahlungen von der Gesellschaft empfangen hat“ – Art.  165 V ADHGB. Man mag zwar einwenden, dass die zitierten Normen schlichtweg einem anderen Gesetzeswerk entstammen als die hier in Rede stehende Vorschrift des §  172 IV 1 HGB. Doch kommt in den Materialien zum HGB deutlich und wiederholt die inhaltliche Anlehnung der neugefassten Vorschriften an die Vor­ läufernormen des ADHGB zum Ausdruck.325 Vor dem Hintergrund der Normgene­ se wäre es demnach sicherlich vertretbar, auch §  172 IV 1 HGB ein gewisses Ele­ ment der rechtlichen Missbilligung zu entnehmen. Doch bedarf es dieses Aspektes gar nicht, um den im Schrifttum häufig angenommenen Gegensatz zwischen §§  30, 31 GmbHG und §  172 IV 1 HGB als Fehldeutung zu identifizieren. Zum einen hat bereits Mossmann überzeugend herausgearbeitet, dass auch der Tatbestand des §  30 GmbHG keine Nichtigkeit der betreffenden Rechtsgeschäfte gem. §  134 BGB her­ vorrufen kann.326 Zum anderen darf nicht verkannt werden, dass sowohl §§  30, 31 GmbHG als auch §  172 IV 1 HGB eine Haftung des von der Rückzahlung begüns­ tigten Gesellschafters anordnen und damit die gleiche Sanktion vorsehen;327 der Unterschied liegt allein in der Person des Gläubigers – hier die GmbH, dort die KG-Gläubiger. In beiden Fällen bleibt gleichwohl eine den Gesellschafter begünsti­ gende Kapitalausschüttung de facto möglich. Bei genauer Betrachtung kann man folglich nicht davon sprechen, anders als das KG-Recht enthalte das Recht der GmbH eine objektiv-rechtlich zwingende Vermögensbindung.328 Lässt man diese 323 

Statt vieler Engler, S.  221; Müßigbrodt, S.  69; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  29. etwa Winkler, NJW 1969, 1009 (1013); Hunscha, GmbHR 1973, 257 (259); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  37; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  8; Kirsch, S.  87; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  16. 325  Vor allem Hahn/Mugdan, S.  281, 284, 285. 326  Mossmann, S.  166. 327  Mossmann, S.  166; Joost, ZGR 1987, 370 (389). 328  So aber explizit Joost, ZGR 1987, 370 (396); Rümker, ZGR 1988, 494 (509); Engler, S.  228. 324 Deutlich

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B.  Theoretische Grundlegung

Einsichten zu, kann das Dogma von der prinzipiellen Inkongruenz kapitalgesell­ schaftsrechtlicher und kommanditgesellschaftsrechtlicher Vermögenserhaltung nicht länger überzeugen und sollte daher aufgegeben werden. In der Zusammenschau der soeben angestellten Überlegungen lässt sich festhal­ ten, dass die Interessenbewertung, welche die §§  30, 31 GmbHG vornehmen, der hier in Rede stehenden Kollisionslage von Kommanditisten- und Gläubigerbelangen so ähnlich ist, dass der Rechtsgedanke der §§  30, 31 GmbHG auch auf entsprechen­ de Konstellationen in einer KG übertragen werden kann. Es sei daher vorgeschla­ gen, die innerhalb einer KG zugunsten des Kommanditisten erfolgenden Vermö­ gensverschiebungen auch an dem Maßstab der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Schließlich entspricht der Ansatz, der Lückenhaftigkeit des §  172 IV 1 HGB durch eine Übertragung des Rechtsgedankens der §§  30, 31 GmbHG zu begegnen, auch der hier generell verfolgten wissenschaftlichen Idee, das System der Komman­ ditistenhaftung im Lichte kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien zu interpretie­ ren. Wie die Voraussetzungen der Kapitalaufbringung durch den Kommanditisten nur durch einen Rückgriff auf kapitalgesellschaftsrechtliche Prinzipien vervollstän­ digt werden können [s. oben B. III. 3. b)], so bedarf es der Einbeziehung kapital­ gesellschaftsrechtlicher Maximen, um eine den konfligierenden Interessen ange­ messene Kapitalerhaltung durch den Kommanditisten sicherzustellen. cc)  Inhalt und Reichweite der Kapitalerhaltung bei der KG Nimmt man diesen Vorschlag ernst, muss geklärt werden, welchen Inhalt und wel­ che Reichweite ein auf den Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG gestützter Grundsatz der Kapitalerhaltung im Recht der KG haben kann. Es geht dabei zuvorderst um die Frage, inwiefern im Recht der Kommanditisten­ haftung ein auf die §§  30, 31 GmbHG gestütztes Instrument der Kapitalerhaltung überhaupt an die Unterdeckung eines bestimmten Garantiekapitals geknüpft wer­ den kann, wie es der Tatbestand des §  30 I 1 GmbHG voraussetzt. So geht man ganz weitgehend davon aus, im Recht der Kommanditgesellschaft bestünde eine dem Stammkapital der GmbH vergleichbare Kapitalgarantie gerade nicht.329 Dass dieser gängige Standpunkt nicht völlig zwingend ist, zeigt indes ein Denkansatz, welcher der Summe der Kommanditeinlagen die Stellung eines rechtlich gesicherten Garan­ tiekapitals zuerkennt.330 Nimmt man diesen Gedanken auf, gründet sich die wirt­ schaftliche Bedeutung der KG als Gesellschaftsform in erster Linie nicht etwa auf das durch Einsichtnahme in die Bilanz zwar leicht feststellbare, gerade bei der sehr verbreiteten mittelständischen KG aber in der Regel recht überschaubare Eigenver­ mögen der Gesellschaft oder die keinesfalls stets erfolgversprechende persönliche 329  Statt vieler Westermann, Vertragsfreiheit, S.  290; Winkler, NJW 1969, 1009 (1012); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  28; Mossmann, S.  69. 330  Schilling, in: Fischer u. a., FS Barz, S.  67 (74); derselbe Gedanke ist bei Raiser/Veil, §  1 Rn.  5 angedeutet.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Haftung der Gesellschafter; vielmehr werden sich die Befriedigungsaussichten der Gesellschaftsgläubiger vor allem an der in der KG gebundenen Gesamtheit der Kommanditeinlagen orientieren.331 Für eine solche Betrachtungsweise sprechen da­ bei nicht nur die eingangs dieser Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse (s. oben B. II.), sondern auch der Umstand, dass der Gesetzgeber gerade der Kommanditein­ lage eine zentrale Bedeutung für die Risikobewertung der Gesellschaftsgläubiger beimisst332. Zwar wird der Kommanditist weder durch ein Kaduzierungsverfahren iSd §§  21 ff. GmbHG zur Erbringung seiner Einlage angehalten, noch besteht ihm gegenüber ein Einlagezwang.333 Doch ist zumindest für den Kommanditisten, den eine Einlagepflicht trifft – dabei dürfte es sich um den praktischen Regelfall han­ deln334 – nicht von der Hand zu weisen, dass die nach §  171 I Hs.  1 HGB drohende Haftung gegenüber gesellschaftsexternen Gläubigern eine mindestens ebenso gro­ ße Disziplinierungs- und Druckfunktion im Hinblick auf die Erbringung seiner Einlage ausübt. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, anders als der Geschäfts­ führer einer GmbH sei der Kommanditist gem. §  164 S.  1 Hs.  1 HGB zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft im Grundsatze nicht berufen, sodass eine Diszipli­ nierung überhaupt nicht notwendig sei. Denn für eine aus Kapitalverschiebungen zugunsten des Kommanditisten folgende Risikoerhöhung im Sinne eines moral hazard bedarf es – bildlich gesprochen – nicht nur eines Gesellschafters, der kraft der ihm zustehenden Rechtsmacht in die Gesellschaftskasse greift – des geschäfts­ führenden Komplementärs –, sondern auch eines Gesellschafters, der das ihm zu­ gewendete Kapital behält – des nicht geschäftsführungsbefugten Kommanditisten. Der Griff in die Gesellschaftskasse durch den Komplementär, verbunden mit einer entsprechenden Vermögenszuwendung an den Kommanditisten dürfte dabei iSd §  164 S.  1 Hs.  2 HGB als Handlung anzusehen sein, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgeht, sodass dem begünstig­ ten Kommanditisten zumindest335 ein Recht zum Widerspruch sowie die Möglich­ keit offensteht, durch Rückführung des empfangenen Kapitals eine Schmälerung des Gesellschaftsvermögens allein und selbständig zu verhindern. Auf eine Diszip­ linierung des Kommanditisten und das dadurch insbesondere bedingte Vorhanden­ 331  Die Rolle der Kommanditeinlagen für den Gläubigerschutz heben besonders H. P. Wester­ mann, Die GmbH & Co. KG, S.  40; Fromm, S.  257 hervor; die hergebrachte Gegenposition vertritt in klarer Ausprägung Müßigbrodt, S.  69. 332  So heißt es im Rahmen der Ausführungen zu §  162 HGB bei BT-Drucks. 14/4051, S.  19 ex­ plizit: „Wichtig für einen Handelspartner der Kommanditgesellschaft ist vor allem der Betrag der Kommanditeinlage, weil dieser Auskunft gibt über die Kapitalausstattung bzw. die Haftung der Kommanditisten […]“. 333  Darauf weist Müßigbrodt, S.  70 zu Recht hin. 334  Davon geht auch der Gesetzgeber aus, wie man bei Hahn/Mugdan, S.  281 feststellen kann: „[A]uf die Vereinbarung einer von dem Kommanditisten in die Gesellschaftskasse einzuschießen­ den Einlage pflegt die Absicht der Betheiligten zunächst gerichtet zu sein.“ 335  Die ganz überwiegende Auffassung entnimmt §  164 S.  1 Hs.  2 HGB sogar das Erfordernis einer Zustimmung des Kommanditisten iSd §  116 II HGB, vgl. statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  164 Rn.  12 mwN.

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B.  Theoretische Grundlegung

sein der Kommanditeinlagen im Gesellschaftsvermögen dürfen die KG-Gläubiger mithin eine berechtigte Hoffnung gründen. Insofern könnte man, wenn man die gängige Terminologie verwenden möchte, bei der Kommanditgesellschaft in Ge­ stalt der Summe aller Kommanditeinlagen durchaus eine dem Stammkapital der GmbH vergleichbare Kapitalgarantie erblicken. Doch ist es gar nicht unbedingt notwendig, das Rechtsinstitut eines näher bestimmbaren Garantiekapitals auch im Recht der KG verankert zu sehen. Vielmehr ist es ausreichend, die Voraussetzung der Unterbilanz, an welche §  30 GmbHG anknüpft,336 der Struktur der Kommandit­ gesellschaft entsprechend zu interpretieren. Geht man bei der GmbH von einer Un­ terbilanz aus, wenn das Nettovermögen der Gesellschaft, also die Aktiva337 abzüg­ lich der echten Passiva338, geringer ist als ihr statutarisches Stammkapital (§  3 I Nr.  3 GmbHG),339 so kann man bei der KG von einer Unterbilanz ausgehen, wenn die Gesellschaft nicht über so viel Nettovermögen verfügt, dass die Summe aller Kommanditeinlagen dadurch gedeckt ist. Der Entwicklung eines auf die KG bezogenen Begriffs der Unterbilanz in diesem Sinne steht es auch nicht entgegen, dass für KG und GmbH in bilanzrechtlicher Hinsicht teilweise unterschiedliche Vorgaben zu beachten sind. So ist zwar nicht zu leugnen, dass das Bilanzrecht systematisch zwischen den für alle Kaufleute gelten­ den Vorschriften (§§  238 ff. HGB) und den bei Kapitalgesellschaften zusätzlich maßgeblichen Normen (§§  264 ff. HGB) differenziert. Doch wirken sich die beste­ henden Unterschiede hinsichtlich der Bestimmung einer Unterbilanz nicht entschei­ dend aus: Bezüglich des Ansatzes in der Bilanz gelten – die Systematik des Bilanz­ rechts gibt es vor – sowohl für die Aktiv- als auch für die Passivseite rechtsformun­ abhängig §§  246 ff. HGB. Nichts anderes gilt in puncto Bewertung. Auch hier bestehen in Gestalt der §§  252 ff. HGB rechtsformunabhängig dieselben Regelun­ gen. Bis zum Jahr 2009 hätte man allenfalls erwägen können, ob etwaige Wahlmög­ lichkeiten der Personengesellschaften bei der Rechnungslegung (insb. §§  247 III, 253 IV, V, 254 HGB a. F.) zu einer von den normativen Vorgaben bei Kapitalgesell­ schaften abweichenden Bestimmung der Unterbilanz führen können. Doch beste­ hen diese Wahlmöglichkeiten nach Aufhebung der entsprechenden Sondervor­ schriften (§§  279 I, II, 280 I HGB a. F.) durch das BilMoG nunmehr auch bei Kapi­ talgesellschaften. Die seit dem BilMoG gewandelte Normsituation im Bilanzrecht stellt folglich geradezu ein weiteres Argument für eine Haftungskonzeption dar, welche die bilanzielle Betrachtungsweise der §§  30, 31 GmbHG auch im Komman­ ditgesellschaftsrecht fruchtbar zu machen sucht. Es ist also auch aus bilanzrechtlicher Sicht statthaft, einen rechnerischen Ver­ gleich zwischen den Aktiva der KG auf der einen Seite und der Summe aller Kom­ 336 

Statt vieler Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  30 Rn.  10. Zu den einzelnen Aktivposten Schmolke, §  30 Rn.  65 ff. 338 Zu den echten Passiva, also Verbindlichkeiten und Rückstellungen, sowie zu sonstigen Passiv­posten, insbesondere Rücklagen, Schmolke, §  30 Rn.  72 ff. 339  Vgl. etwa Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  30 Rn.  11. 337 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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manditeinlagen zuzüglich der echten Passiva der KG auf der anderen Seite anzu­ stellen.340 Ergibt dieser Vergleich, dass die Aktiva der KG geringer sind, besteht in der Gesellschaft eine Unterbilanz, die, sobald eine Kapitalausschüttung an den Kommanditisten erfolgt, zur Anwendung des Rechtsgedankens der §§  30, 31 Gmb­ HG führt. In diesem Fall, aber auch nur in diesem Fall – die wirtschaftliche Hand­ lungsfähigkeit des Kommanditisten darf nicht über das notwendige Maß hinaus eingeschränkt werden –, haftet der Kommanditist der KG nach dem Rechtsgedan­ ken des §  31 I GmbHG auf die Beseitigung der Unterbilanz. Er hat demnach, be­ grenzt durch den Betrag der an ihn erfolgten Ausschüttung einerseits und die Höhe der Unterbilanz andererseits,341 der KG das zum Ausgleich nötige Vermögen zuzu­ führen. Dies gilt a fortiori für den Fall einer Überschuldung der Gesellschaft.342 Insofern ist auch im Recht der KG ein aus §§  30, 31 GmbHG resultierendes Instru­ ment der Kapitalerhaltung anzuerkennen, das sich – anders als §  172 IV 1 HGB, wo es grundsätzlich auf den Vermögensstand der Gesellschaft nicht ankommt,343 son­ dern allein der Abfluss von Einlagekapital entscheidend ist – an die Unterdeckung einer bestimmten Vermögenssumme im Zeitpunkt der Vermögensverlagerung knüpft. Diese Vermögenssumme ist zwar nicht wie im GmbH-Recht ziffernmäßig in das Handelsregister eingetragen (§  10 I 1 GmbHG), lässt sich aber ohne weiteres anhand des jeweiligen Gesellschaftsvertrages bestimmen. Die auf §§  30, 31 GmbHG gestützte Kapitalerhaltungsgarantie im Recht der KG begründet eine reine Innenhaftung, d. h. eine Verbindlichkeit des empfangenden Kommanditisten gegenüber der KG. Darin unterscheidet sich der Mechanismus der §§  30, 31 GmbHG fundamental von der Vorschrift des §  172 IV 1 HGB, der eine Außenhaftung, d. h. eine Haftung des empfangenden Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern bedingt. Und darin liegt auch die Stärke der hier entwickelten Gesamtkonzeption im Hinblick auf das Ziel eines angemessenen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen. Während die bisherigen Lösungsansätze §  172 IV 1 HGB analog anwenden – freilich unter dem Deckmantel einer extensiven Aus­ legung der Norm, ohne die Überschreitung der Wortlautgrenze einzugestehen [s. oben B. III. 5. b) bb) (2)] – und damit die Gefahr einer überbordenden Außenhaf­ tung des Kommanditisten hervorrufen, greift nach dem hier vertretenen Ansatz §  172 IV 1 HGB in den betreffenden Konstellationen tendenziell seltener ein. Da­ durch wird dem berechtigten Anliegen des Kommanditisten Rechnung getragen, im Gegenzug für die von ihm iRd Kapitalaufbringung unternommenen Anstrengun­ 340  Vgl. zu diesem Gedankengang Joost, ZGR 1987, 370 (381 f.); detailliert zum Begriff der Unterkapitalisierung bei der KG Mossmann, S.  53 ff. 341  Vgl. zu diesen Begrenzungen des §  31 GmbHG Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-­ GmbHG, §  31 Rn.  8 f. 342  Vgl. zu dieser bei der GmbH ganz herrschenden Auffassung BGHZ 60, 324 (Tz.  22); BGH, NJW 1990, 1730 (1731 f.); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  30 Rn.  10; Verse, in: Scholz, GmbHG, §  30 Rn.  54. 343  Vgl. zu dieser Erkenntnis bereits Joost, ZGR 1987, 370 (381); K. Schmidt, Einlage und Haf­ tung, S.  79.

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B.  Theoretische Grundlegung

gen vor einer erneuten Zugriffsmöglichkeit Gesellschaftsexterner stärker geschützt zu sein. Ein Zugriff auf das Privatvermögen des Kommanditisten wird häufig nur über den Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG und folglich nur zugunsten der KG möglich sein, sich also auf den gesellschaftsinternen Bereich beschränken. Anders als die außenstehenden KG-Gläubiger ist die KG aber mit dem Kommanditisten über den Gesellschaftsvertrag verbunden. Aus diesem Sonderverhältnis resultiert nicht nur eine besondere Nähe, sondern auch eine gegenseitige Loyalitäts- und Treuepflicht344, die sich auf den rechtlichen Umgang miteinander auswirken kann. So wird die KG etwa viel eher als ein Gesellschaftsexterner einen Anlass sehen, die Verbindlichkeit eines Kommanditisten zu stunden – z. B. um einen kurzfristigen Liquiditätsengpass des Kommanditisten zu überbrücken, sich aber zugleich seine weiteren Dienste als Kapitalgeber zu sichern. Mithin wird sich der Zugriff auf den Kommanditisten in der Regel flexibler und ggf. milder gestalten, wenn dieser durch die KG und nicht durch einen Gesellschaftsexternen erfolgt. Überdies ist die Innen­ haftung nach dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG der Verjährung gemäß §  31 V GmbHG unterworfen, während der Außenhaftung des Kommanditisten prinzipiell immer neue Forderungen von KG-Gläubigern unterlegt werden können und dabei lediglich die besonderen Begrenzungstatbestände der §§  159, 160 HGB zu beachten sind, die wegen §  161 II HGB auch für den Kommanditisten gelten. Die hier entwickelte Auffassung kommt den Vermögensinteressen des Kommanditisten also ersichtlich entgegen. Auf der anderen Seite bewirkt eine durch §§  30, 31 Gmb­ HG ausgelöste Innenhaftung des Kommanditisten zwar keinen direkten, aber doch zumindest einen indirekten Schutz der KG-Gläubiger: Diese können sich die Innen­ forderung der KG abtreten lassen oder diese pfänden [im Einzelnen s. u. C. I. 3.]. Den Interessen der KG-Gläubiger ist also hinreichend Rechnung getragen, ohne den Kommanditisten mit dem unnötigen Risiko alsbaldiger Außenhaftung belasten zu müssen. Mithin erzielt die hier entwickelte zweistufige Konzeption über §  172 IV 1 HGB und den Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG eine flexiblere, den widerstrei­ tenden Interessen besser gerecht werdende Lösung als die bisher vertretenen An­ sichten. Dass in der Konsequenz nach dem hier entwickelten Verständnis der Kommandi­ tistenhaftung kapitalgesellschaftsrechtliche Erwägungen im Bereich der Kapitaler­ haltung vor allem im Innenverhältnis Relevanz besitzen, im Bereich der Kapitalauf­ bringung hingegen im Außenverhältnis fruchtbar gemacht werden [s. oben B. III. 3. b)], ist keineswegs ein Widerspruch, sondern angesichts der Spiegelbildlichkeit der §§  171 I Hs.  2 HGB, 172 IV 1 HGB nur folgerichtig [s. dazu nochmals B. III. 5. b) bb) (4) sowie B. III. 5. c)].

344  Statt vieler K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  105 Rn.  170, 188 f.; BGHZ 30, 195 (Tz.  32, 35 f.).

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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dd)  Verhältnis zu §  172 IV 1 HGB Zwar hat nach hier vertretener Auffassung §  172 IV 1 HGB gegenüber §§  30, 31 GmbHG die engeren Voraussetzungen und ist daher als prinzipiell schwächere Vor­ schrift einzustufen, die nicht geeignet ist, den Wirkungsgehalt der §§  30, 31 Gmb­ HG zu verdrängen.345 Doch kommt in Bezug auf die KG allein eine analoge Anwen­ dung der §§  30, 31 GmbHG in Betracht.346 Die Statthaftigkeit einer Analogie ist indes stets von einer Lückenhaftigkeit der Rechtslage abhängig. Wenn aber ein Rückzahlungsvorgang bereits von §  172 IV 1 HGB erfasst ist, fehlt es insoweit ge­ rade an der nötigen Lückenhaftigkeit. Der Konflikt zwischen Gläubiger- und Kom­ manditisteninteressen wird dann bereits im Sinne des §  172 IV 1 HGB entschieden. Einer Analogie ist a priori die Grundlage entzogen; der Rechtsgedanke der §§  30, 31 GmbHG kommt nicht zum Tragen.347 Folglich ist in allen Fällen, die unter §  172 IV 1 HGB in dem hier dargelegten Sinne subsumiert werden können, eine Analogie zu §§  30, 31 GmbHG weder geboten noch zulässig. Daraus ergibt sich die Notwen­ digkeit, Rückzahlungsvorgänge einer zweistufigen Prüfung zu unterziehen: Nur, wenn im ersten Schritt die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB versagt, ist der Vorgang im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Eine Analogie zu §§  30, 31 GmbHG in diesem Sinne steht auch keineswegs im Widerspruch zu der – wegen §  163 HGB grundsätzlich bestehenden – Möglichkeit, dem Kommanditisten durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung unter Abbedin­ gung des §  169 I 1 HGB eine Kapitalentnahme zu gestatten.348 Denn bei einer Ent­ nahme unter Abbedingung des §  169 I 1 HGB geht es, wie die explizite Anlehnung dieser Vorschrift an §  122 I Alt.  1 HGB deutlich zeigt, allein um die Entnahme von Einlagekapital. Der hier entwickelte Kapitalerhaltungsmechanismus nach §§  30, 31 GmbHG erfasst aber gerade nicht die – im Außenverhältnis nach Maßgabe des §  172 IV 1 HGB haftungsschädliche – Rückführung von Einlagekapital, sondern lediglich gläubigergefährdende Kapitalverschiebungen ohne Einlagerelevanz [s. zum Begriff der Einlagerelevanz bereits oben B. III. 5. b) bb) (4)]. Zur haftungsrechtlichen Wür­ digung von Kapitalverschiebungen ohne Einlagerelevanz, die nicht gerade Gewinn­ entnahmen iSd §  169 I 2 HGB darstellen [s. dazu unten B. III. 6.], enthält das HGB keine Vorgaben. Einem Kapitalerhaltungsmechanismus nach §§  30, 31 GmbHG analog in dem hier entwickelten Sinne stehen daher insoweit keine wertungsmäßi­ gen Bedenken entgegen. 345  Mit gleichem Gedanken bereits für die GmbH & Co. KG Winkler, NJW 1969, 1009 (1012 f.); Hunscha, GmbHR 1973, 257 (259); K. Schmidt, DB 1973, 2227 (2230). 346  Ebenso für die GmbH & Co. KG Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  53 f.; eine direkte An­ wendung mag vertretbar sein bei der GmbH & Co. KG, in welcher der Kommanditist zugleich GmbH-Gesellschafter ist, vgl. zuletzt Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  65. 347 Dass Immenga, ZGR 1975, 487 (491) dies für Sonderfälle der GmbH & Co. KG anders beur­ teilt, steht der Gültigkeit dieser These für den Regelfall nicht entgegen. 348  Zu Folgen und Zulässigkeit von Entnahmen unter Abbedingung des §  169 I 1 HGB K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  169 Rn.  9.

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B.  Theoretische Grundlegung

Indes sei hervorgehoben, dass sich die Modalitäten einer Innenhaftung des Kom­ manditisten nach dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG von denen einer Au­ ßenhaftung nach §  172 IV 1 HGB unterscheiden. So ist für den gutgläubigen Zah­ lungsempfänger der Umfang der Innenhaftung geringer, da dieser nach dem Rechts­ gedanken des §  31 II GmbHG nur insoweit haftet, als eine Rückerstattung der Zahlung zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist. Die Außen­ haftung kennt lediglich den Haftungsausschluss in Fällen gutgläubigen Gewinnbe­ zugs nach §  172 V HGB.349 Die Innenhaftung verjährt nach dem Rechtsgedanken des §  31 V GmbHG in zehn Jahren seit dem Zeitpunkt der Auszahlung an den Kom­ manditisten, während in Bezug auf die Außenhaftung, der prinzipiell immer neue Forderungen unterlegt werden können, lediglich die besonderen Begrenzungstatbe­ stände der §§  159, 160 HGB zu beachten sind, die wegen §  161 II HGB auch für den Kommanditisten gelten. Nicht auf das Recht der Kommanditgesellschaft zu über­ tragen ist indes die subsidiäre Ausfallhaftung der Mitgesellschafter nach §  31 III GmbHG. Diese Vorschrift ist, wie insbesondere auch §  24 GmbHG, Ausdruck der Gesamtverantwortung aller Gesellschafter für die Aufbringung und Erhaltung des Gesellschaftskapitals.350 Bei diesem Gedanken handelt es sich um eine Besonder­ heit des GmbH-Rechts,351 die sich nicht mit der Grundkonzeption des KG-Rechts in Einklang bringen lässt, nach der jeder Gesellschafter nur für seine Einlage und Haf­ tung verantwortlich ist. Mangels Vergleichbarkeit mit der Lage bei der KG erstreckt sich die Analogie zu §§  30, 31 GmbHG im Regelfall352 also nicht auf die Ausfallhaf­ tung nach §  31 III GmbHG. d)  Die Einheitlichkeit des Haftungssystems Selbst glühende Verfechter der These, Personengesellschaften seien bereits auf­ grund ihrer Struktur grundverschieden von Kapitalgesellschaften, müssen einräu­ men, dass sich der Meinungsstand zur Frage der Anwendbarkeit der §§  30, 31 Gm­ bHG auf die Kommanditgesellschaft über die Jahrzehnte hinweg immer mehr in Richtung eines stärkeren Kapitalschutzes entwickelt hat. Am Anfang dieser Ent­ wicklung stand die – zu ihrer Zeit gewagte – These, bei einer GmbH & Co. KG seien nicht nur, wie gewohnt, §  172 IV 1 HGB auf Zahlungen aus dem KG-Vermögen an den Kommanditisten und §§  30, 31 GmbHG auf Zahlungen aus dem GmbH-Ver­ 349  Die Parallelvorschrift des §  32 GmbHG bezieht sich nach ihrem eindeutigen Wortlaut („Liegt die in §  31 I bezeichnete Voraussetzung nicht vor“) nicht auf die Innenhaftung aus §  31 I GmbHG; vgl. zum Anwendungsbereich Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  32 Rn.  4. 350  Statt vieler Ebbing, in: Michalski, GmbHG, §  24 Rn.  3; Müller, in: Ulmer u. a., GK-GmbHG, §  24 Rn.  1; von einer „Solidarhaftung“ spricht Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  31 Rn.  52. 351  So auch Ebbing, in: Michalski, GmbHG, §  24 Rn.  3. 352  Vgl. zu der Frage, inwiefern bei einer GmbH & Co. KG anderes anzunehmen ist, Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  55 mwN.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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mögen an den GmbH-Gesellschafter anwendbar, sondern vielmehr auch §§  30, 31 GmbHG bei Zahlungen aus dem KG-Vermögen (!) zu beachten, wenn der empfan­ gende Kommanditist zugleich GmbH-Gesellschafter sei und die Ausschüttung mit­ telbar eine Unterbilanz der GmbH353 verursache.354 Einen Schritt weiter gingen so­ dann Überlegungen, welche die §§  30, 31 GmbHG analog auch auf Zahlungen aus dem KG-Vermögen an den Nur-Kommanditisten erstrecken wollten, wenn keine natürliche Person für die Verbindlichkeiten der KG unbeschränkt ­haftet.355 Auch dabei ging es aber nach wie vor um den Gedanken der Verantwortlichkeit für die Finanzierung der GmbH und folglich einen mittelbaren Schutz des GmbH-­Vermö­ gens.356 Zumindest der Formulierung nach noch weiter scheint die Ansicht zu gehen, die in §§  30, 31 GmbHG einen eigenen Kapitalschutz der GmbH & Co. KG erblickt, durch die §§  30, 31 GmbHG also das KG-Vermögen und nicht etwa das GmbH-Ver­ mögen geschützt sieht.357 Allerdings stellt auch diese Auf­fassung im Ergebnis auf eine Unterbilanz der Komplementär-GmbH ab,358 sodass in ihr kein qualitativer, sondern allenfalls ein begrifflicher Fortschritt zu erblicken ist.359 Doch ist nunmehr auf dem von Rechtsprechung und Schrifttum beschrittenen, soeben nachgezeichneten Weg hin zu einem „echten“, d. h. kapitalgesellschafts­ rechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz ein letzter, qualitativer Schritt zu tun. Die­ ser besteht in der einheitlichen Anerkennung einer Analogie zu §§  30, 31 GmbHG nach den hier entwickelten Maßgaben für alle Formen der Kommanditgesellschaft. So wird es der Schutzbedürftigkeit der Gläubigerinteressen, die sich gerade in Anbetracht der Lückenhaftigkeit des §  172 IV 1 HGB besonders deutlich offenbart, nicht gerecht, eine Analogie zu §§  30, 31 GmbHG nur bei einer Kapitalgesellschaft & Co. KG zuzulassen.360 Der Umstand, dass im Falle der gesetzestypischen KG keine Kapitalgesellschaft, sondern eine natürliche Person Vollhafter ist, rechtfertigt keine sachlich unterschiedliche Lösung im Hinblick auf die Frage der Kapitalerhal­ tung. Vielmehr handelt es sich im Falle einer gesetzestypischen KG, anders als im 353  Zu den einzelnen Fällen einer mittelbaren Unterbilanz der GmbH Schlichte, DB 2006, 1357 (1357 f.); Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  64. 354 Erstmals Kuhn, in: Glanzmann, EG Heusinger, S.  203 (214 f.); dem folgend BGHZ 60, 324 (Tz.  15 f.); ablehnend Fromm, S.  257 f.; nicht allein über §§  30, 31 GmbHG, sondern primär über §  719 BGB löst die Problematik Winkler, NJW 1969, 1009 (1010 f.); auch den Fall der Überschul­ dung von KG und GmbH einbeziehend BGHZ 67, 171 (Tz.  9). 355 Erstmals Hunscha, GmbHR 1973, 257 (260 f.); dem folgend BGHZ 110, 342 (Tz.  32); BGH, ZIP 1990, 1593 (1595); BGH, NJW 1995, 1460 (1460); zuletzt erst BGH, ZIP 2015, 322 (Tz.  8, 10) mit umfassenden Nachweisen zur bisherigen Rechtsprechungsentwicklung. 356  Exemplarisch die bei BGH, ZIP 2015, 322 (Tz.  8) vorgetragene Begründung, dass die Kom­ plementär-GmbH für die Verbindlichkeiten der KG „entsprechende Passivposten bilden“ müsse. 357  K. Schmidt, GmbHR 1989, 141 (143); ders., Gesellschaftsrecht, S.  1656; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  128; daneben auch Duys, S.  55 f. 358  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.  1656; Duys, S.  57. 359  Vgl. bereits Schlichte, DB 2006, 1357 (1358). 360  Zu dem Bedürfnis, die §§  30, 31 GmbHG nicht nur auf die GmbH & Co. KG, sondern auch auf andere juristische Personen & Co. KG anzuwenden bereits K. Schmidt, GmbHR 1989, 141 (143); Duys, S.  56 f.; Schlichte, DB 2006, 1357 (1358 ff.).

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B.  Theoretische Grundlegung

Falle einer Kapitalgesellschaft & Co. KG, bei dem Vollhafter doch um ein Rechts­ subjekt, an welches keine bestimmten Vermögensanforderungen gestellt werden.361 Das Risiko einer geringen Haftungsmasse besteht bei einer natürlichen Person also mindestens ebenso, wenn nicht sogar in höherem Maße als bei einer juristischen Person. Um dafür einen angemessenen Ausgleich zu schaffen, sollte man für die gesetzestypische KG im Rahmen der Kapitalerhaltung zumindest ebenso strenge Maßstäbe fordern, wie sie im Rahmen der GmbH & Co. KG angelegt werden. Der im Hinblick auf das Gläubigerschutzniveau frappierenden Ungleichbehandlung von „KG und KG“362 ist eine klare Absage zu erteilen. Außerdem kann nur eine für alle Formen der KG akzeptierte Analogie zu §§  30, 31 GmbHG ein im Hinblick auf das Verhältnis zwischen KG-Recht und GmbH-Recht wertungswidersprüchliches Ergebnis vermeiden. Denn ohne Analogie würde der GmbH-Gesellschafter, der sich ja an einer Gesellschaft beteiligt, bei welcher im Vorfeld erklärt wird, dass niemand persönlich haftet, wegen §§  30, 31 GmbHG im Ergebnis sogar schärfer haften als der Kommanditist, der sich an einer Gesellschaft beteiligt, bei der zumindest teilweise persönlich gehaftet werden soll.363 Die Notwendigkeit einer für alle Formen der KG geltenden Analogie zu §§  30, 31 GmbHG lässt sich in besonders klarer Art und Weise durch einen Satz von Joost auf den Punkt bringen, den dieser in Bezug auf die Übertragung kapitalgesellschafts­ rechtlicher Grundsätze auf das Recht der KG geprägt hat: „Man braucht nicht ein­ mal auf den verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zurückzugreifen, um festzustellen, daß die Bildung einheitlicher Regeln für gleichartige Sachfragen ein bedeutendes Anliegen der Wissenschaft vom Gesellschaftsrecht sein muß“364. Ohne, dass dies eine nivellierende Außerachtlassung der zwischen den einzelnen Gesellschaftstypen bestehenden Unterschiede bedeuten soll,365 ist in dem Rechtsge­ danken der §§  30, 31 GmbHG ein Kapitalerhaltungsmechanismus zu erblicken, der nicht allein für die kapitalistisch geprägten Sonderformen der KG, die Publi­ kums-KG und die Kapitalgesellschaft & Co. KG, Bedeutung erlangt.366 Vielmehr ist in diesem Mechanismus ein kapitalgesellschaftsrechtliches Strukturmerkmal zu erkennen, welches unter den hier entwickelten Voraussetzungen für alle Erschei­ nungsformen der KG in prinzipiell gleicher Ausformung und damit einheitlich zum Tragen kommt. Damit gewinnt die hier vorzustellende Konzeption den besonderen Vorzug der Einfachheit und befördert insoweit in besonderem Maße Rechtssicher­ heit sowie Rechtsklarheit.

361 

Mertens, NJW 1966, 1049 (1050); Winkler, NJW 1969, 1009 (1014). Zu diesem Befund gelangt bereits Mossmann, S.  171 f. 363  Joost, ZGR 1987, 370 (384). 364  Joost, ZGR 1987, 370 (395). 365  Joost, ZGR 1987, 370 (395). 366  So aber Kirsch, S.  49. 362 

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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e)  Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Wie bereits im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB [s. dazu oben B. III. 3. c)] wird auch in Ansehung des §  172 IV 1 HGB sowie der §§  30, 31 GmbHG die Frage nach der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zum Maßstab für die Effektivität der Kommanditistenhaftung. Bei ihrer Beantwortung wird dem hier verfolgten Ansatz, Rückzahlungsvorgänge einer zweistufigen Prüfung zu unterwerfen, Rechnung ge­ tragen. aa)  Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §  172 IV 1 HGB Was die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §  172 IV 1 HGB betrifft, besteht keine Einigkeit im wissenschaftlichen Schrifttum. So ging man ur­ sprünglich davon aus, die Darlegungs- und Beweislast für ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB trage stets derjenige, der die Außenhaftung des Kom­ manditisten geltend mache, also der betreffende KG-Gläubiger bzw. im Falle des §  171 II HGB der Insolvenzverwalter.367 Man könne dem Kommanditisten nicht den – häufig unmöglichen – Beweis abverlangen, dass ihm die Einlage nicht von der KG zurückbezahlt worden sei.368 Nach einer vor allem in jüngerer Vergangenheit vertretenen Ansicht ist hinsicht­ lich der Darlegungs- und Beweislast zu differenzieren: Dass überhaupt eine Vermö­ gensübertragung von der KG auf den Kommanditisten stattgefunden habe, müsse der KG-Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter beweisen, während dem Komman­ ditisten der Beweis obliege, dass gleichwohl die Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB nicht gegeben seien.369 Schließlich wird die Auffassung vertreten, den Kommanditisten treffe die volle Beweislast.370 Der Kommanditist muss demnach darlegen und beweisen, dass es ihm gegenüber zu keinem Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB gekom­ men ist. Für den zuletzt genannten Standpunkt sprechen bereits praktische Erwägungen. So wird die Prüfung, ob die Einlage des Kommanditisten noch im KG-Vermögen vorhanden ist, vor allen Dingen anhand der Buchführung der Gesellschaft vorzu­ 367  Furrer, S.  210 f.; Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  172 Anm.  18; Pinner, in: Staub, HGB, §  171 Anm.  17; Ritter, HGB, §  172 Anm.  5; Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  33; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  25; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  28; ebenso noch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  21; mit gleichem Ergebnis zu Art.  165 ADHGB bereits Behrend, S.  642 f. 368  Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  33. 369  K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  74; Scholz, in: Westermann/Wer­ tenbruch, Handbuch, Rn.  2980 [Stand: 9/2014]; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  45; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  55; Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  82 zu §  172 HGB; BGH, Urt. v. 22.03.2011 – II ZR 224/08, BeckRS 2011, 09695 (Tz.  21). 370  Wieland, Handelsrecht I, S.  761 f.; Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (425 f.); Konietzko, S.  161; ebenso zu Art.  165 ADHGB bereits von Hahn, ADHGB, Art.  165 §  17.

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B.  Theoretische Grundlegung

nehmen sein; sind die Bücher der Gesellschaft aber nicht ordnungsgemäß geführt, würde sich eine dann bestehende Non-liquet-Situation zu Ungunsten der KG-Gläu­ biger auswirken.371 Es kann von den KG-Gläubigern aber nicht verlangt werden, den Beweis über solche Umstände zu führen, die sich allein in der Sphäre der Ge­ sellschaft abspielen, mithin als bloße Gesellschaftsinterna zu qualifizieren sind; das gilt auch für den Nachweis, dass überhaupt eine Vermögensübertragung von der KG auf den Kommanditisten stattgefunden hat. Zur Überwachung derartiger Angele­ genheiten sind die KG-Gläubiger nicht aufgerufen. Ferner liefert die Rechtsnatur des §  172 IV 1 HGB ein wichtiges Argument dafür, dem Kommanditisten die volle Beweislast aufzuerlegen. So stellt §  172 IV 1 HGB eine gesetzliche Fiktion dar, die den Zustand des §  171 I Hs.  1 HGB herstellt [s. dazu oben B. III. 5. a)]. Es handelt sich bei §  172 IV 1 HGB gerade nicht um eine eigenständige Haftungsnorm,372 hin­ sichtlich derer nach der ungeschriebenen prozessualen Regel, dass jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen muss,373 den KG-Gläubigern die Beweislast zugewiesen sein müsste. Soweit man den KG-Gläubigern iRd §  172 IV 1 HGB die Beweislast aufbürdet, nähert man sich zwangsläufig dieser unzutreffenden Interpretation der Norm.374 Indes spricht die Einordnung des §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion gerade gegen eine solche Verteilung der Beweislast.375 Vielmehr muss die Beweislast vollständig bei dem Kommanditisten verbleiben. Dieser hatte bereits iRd §  171 I Hs.  2 HGB in Bezug auf die Leistung der Einlage Beweis zu führen. Nimmt man die Erkenntnis ernst, dass §  171 I Hs.  2 HGB und §  172 IV 1 HGB „Ausdruck eines einheitlichen Haftungsprinzips“376 sind [s. dazu B. III. 5. b) bb)], ist auch die Frage der Beweislastverteilung einheitlich zu beantworten. Weist man dem Kommanditisten hinsichtlich §§  171 I Hs.  2, 172 IV 1 HGB die volle Beweislast zu, muss sichergestellt sein, dass er auch in der Lage ist, seiner Darlegungs- und Beweislast nachzukommen. Dem Kommanditisten müssen die notwendigen Informationen zugänglich sein. Dies wird gewährleistet durch die In­ formationsrechte des Kommanditisten nach §  166 HGB, zumal sich diese auf alle geschäftsrelevanten Unterlagen der Kommanditgesellschaft erstrecken.377

371 

Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (425); ebenso bereits Wieland, Handelsrecht I, S.  762 Fn.  18. Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (425 f.). 373  Statt vieler Saenger, in: Saenger, ZPO, §  286 Rn.  58. 374  Vgl. insoweit die Anmerkung bei K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  21, in entsprechenden Fällen beruhten Entstehung und Fortfall der Rechtslage auf „unterschiedlichen Normen“. 375  Auch die bei Hahn/Mugdan, S.  284 f. niedergelegten Materialien des Gesetzgebers sprechen für die Einordnung des §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion und legen eine Beweislast des Kommanditisten nahe. 376  K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  72. 377  Roth, in: Baumbach, HGB, §  166 Rn.  4. 372 Richtig

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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bb)  Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf §§  30, 31 GmbHG Entsprechend der im GmbH-Recht vorherrschenden Auffassung378, ist auch im Recht der KG in Bezug auf die Tatbestandsmäßigkeit des §  30 I 1 GmbHG und den Rückzahlungsanspruch nach §  31 I GmbHG die Beweislast der Gesellschaft zuzu­ weisen. Dies folgt nicht nur aus der allgemeinen prozessualen Beweislastregel, sondern vor allem aus der hier verfolgten Zielsetzung, einen angemessenen Ausgleich der Gläubiger- und Kommanditisteninteressen zu erzielen. Die nötige Rücksicht auf die schützenswerten Belange der KG-Gläubiger gebietet es lediglich, dem Kommandi­ tisten die Bürde der Beweislast für solche Ausschüttungen aufzuerlegen, die gem. §  172 IV 1 HGB seine Einlage betreffen. Er schuldet den Nachweis insbesondere in Ansehung der Vermögensgegenstände, deren Vorhandensein im KG-Vermögen er gesellschaftsvertraglich versprochen hatte; die Beweislast für Ausschüttungen ab­ seits seiner Einlage kann ihm hingegen nicht ebenso selbstverständlich zugewiesen werden. Vielmehr können insoweit, wie eben gezeigt, weitere Aspekte hinzutreten, die eine abweichende Beweislastverteilung rechtfertigen. f)  Zusammenfassung zu 5. Die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB bildet die zweite Säule im System der Komman­ ditistenhaftung. Neben §  171 I Hs.  2 HGB erfüllt auch sie die wichtige Funktion, effektiven Gläubigerschutz in der KG sicherzustellen. Daraus lässt sich allerdings nicht schließen, §  172 IV 1 HGB wäre auf das Leitmotiv des Gläubigerschutzes zu reduzieren. Was seine Rechtsnatur betrifft, ist §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion zu qualifizieren, die den Zustand der Außenhaftung des Kommanditisten nach §  171 I Hs.  1 HGB herstellt. Dafür sprechen der Wortlaut des §  172 IV 1 HGB, der an ein Zurückbezahlen der Einlage anknüpft, und die Materialien des Gesetzgebers. Die Rechtsfolge, den Zustand der Haftung wiederherzustellen, beschränkt sich aller­ dings auf das Außenverhältnis; das Innenverhältnis bemisst sich nach der gesell­ schaftsvertraglichen Vereinbarung und wird durch die Rechtsfolgenanordnung des §  172 IV 1 HGB nicht berührt. §  172 IV 1 HGB beschreibt gerade den umgekehrten Vorgang zu §  171 I Hs.  2 HGB und bildet zusammen mit jenem ein einheitliches Haftungskonzept. Während §  171 I Hs.  2 HGB mehr die Interessen der KG-Gläubiger ins Zentrum rückt, betont §  172 IV 1 HGB stärker die Belange der Kommanditisten. Zusammen zielen beide Vorschriften auf einen angemessenen Ausgleich dieser widerstreitenden Interessen. 378  Statt vieler Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  142; Hommelhoff, in: Lutter/Hom­ mel­hoff, GmbHG, §  30 Rn.  23; zu Einzelheiten s. Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  291 f.

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B.  Theoretische Grundlegung

Ausgehend von diesem Befund liegt ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB nur vor, soweit die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ gegeben sind: Erstens müssen Vermögensgegenstände aus dem Vermögen der KG in das davon getrennte Vermögen des Kommanditisten überführt werden. Nicht nur Bar-, son­ dern auch Sachmittel können grundsätzlich von §  172 IV 1 HGB erfasst sein. Aller­ dings greift die Vorschrift nur ein, wenn Vermögen in der gleichen Form auf den Kommanditisten übertragen wird, in welcher es von diesem in die KG eingebracht wurde. Ansonsten kann man nicht davon sprechen „die Einlage“ sei dem Komman­ ditisten zurückbezahlt worden. Im Falle von Barmitteln ist indes keine Identität der zurückübertragenen Mittel mit den eingebrachten Mitteln erforderlich. Hervorzu­ heben ist in jedem Fall, dass eine Übertragung von Vermögensgegenständen aus dem Vermögen der KG in das Vermögen des Kommanditisten für §  172 IV 1 HGB zwingend notwendig ist. Zweitens müssen gerade die auf den Kommanditisten übertragenen Vermögens­ gegenstände aus der Bindung im KG-Vermögen gelöst worden sein, in die sie durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gelangt waren. Es muss also zuvor die rechtliche Zuordnung der betreffenden Vermögensgegenstände durch gesellschafts­ vertragliche Vereinbarung in dem Sinne geändert worden sein, dass die KG diese Vermögensgegenstände nicht mehr aufgrund der Einlageforderung behalten darf. Nur dann ist gerade iSd §  172 IV 1 HGB „die Einlage“ zurückbezahlt worden. Ka­ pital, das nicht zuvor aus der Vermögensbindung in der KG gelöst wurde, wird von §  172 IV 1 HGB nicht erfasst. Im Falle einer Übertragung von Sachmitteln auf den Kommanditisten macht dies die genaue Prüfung erforderlich, ob es sich bei dem übertragenen Vermögensgegenstand tatsächlich um einen zuvor im KG-Vermögen gebundenen und nunmehr aus der Bindung gelösten Vermögensgegenstand handelt. Im Falle der Übertragung von Barmitteln ist zu vermuten, dass nachfolgende Über­ tragungen auf den Kommanditisten als Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB anzusehen sind. Ein einheitliches Haftungskonzept zu verfolgen, heißt also, nicht nur iRd §  171 I Hs.  2 HGB, sondern auch iRd §  172 IV 1 HGB auf die notwen­ dige Einlagerelevanz von Vermögensverschiebungen zwischen KG und Komman­ ditisten zu achten. Drittens kann ein Zurückbezahlen der Einlage nur vorliegen, soweit der Gegen­ stand der Vermögensübertragung objektiv einen gewissen wirtschaftlichen Wert verkörpert; auch iRd §  172 IV 1 HGB, der den entgegengesetzten Vorgang zu §  171 I Hs.  2 HGB beschreibt, gilt demnach das Prinzip der objektiven Vermögensde­ ckung. Der Rechtsgedanke der §§  9c I 2, 19 IV 3 GmbHG sowie §§  9 I, 36a II 3, 27 II Hs.  1, 38 II 2, 27 III 3 AktG wirkt hier mit umgekehrten Vorzeichen fort. Dies gilt auch im Hinblick auf Maßstab und maßgeblichen Zeitpunkt für die objektive Wert­ deckung [s. oben B. III. 3. b) bb) (3)]. In der Zusammenschau betrachtet stellt das Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB das Spiegelbild der Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB dar. Wie das HGB im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB keinen spezifisch personengesell­

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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schaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatz kennt, birgt es in §  172 IV 1 HGB keinen spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsatz. Bloße Kapitalerhaltung ist denn auch nicht zentrale Funktion des §  172 IV 1 HGB; in seinem Anwendungsbereich existieren keine außenhaftungsrelevanten Vorgän­ ge, die nicht zugleich Einlagerelevanz besitzen. Erzeugt die hier entwickelte Konzeption des §  172 IV 1 HGB auf der einen Seite einen stärkeren Schutz der Kommanditisten, bedingt sie auf der anderen Seite eine Erhöhung des Risikos für die KG-Gläubiger, zumal es die gesellschaftsrechtliche Praxis versteht, die Anforderungen des §  172 IV 1 HGB durch geschickte Gestal­ tungen zu umgehen. Die so entstehende Lücke im Gläubigerschutz kann nicht durch eine extensive Auslegung oder gar eine Analogie zu §  172 IV 1 HGB geschlossen werden, da das Spiegelbildlichkeitsverhältnis der §§  171 I Hs.  2, 172 IV 1 HGB die hier vertretene Interpretation des §  172 IV 1 HGB gebietet. Allerdings ist die Interessenbewertung, welche die §§  30, 31 GmbHG vorneh­ men, der hier in Rede stehenden Kollisionslage von Kommanditisten- und Gläubi­ gerbelangen so ähnlich, dass der Rechtsgedanke der §§  30, 31 GmbHG auch auf entsprechende Konstellationen in einer KG übertragen werden kann. Dies folgt be­ reits daraus, dass sich im Hinblick auf den Gedanken des Gläubigerschutzes die Haftungsstatute beider Gesellschaften stark ähneln. Auch übernimmt die Gesamt­ heit der Kommanditeinlagen ebenso wie die Gesamtheit der Stammeinlagen der GmbH die Rolle des Betriebsvermögens der Gesellschaft. Schließlich ist in Anbe­ tracht der Tatsache, dass §  172 IV 1 HGB und §§  30, 31 GmbHG in letzter Konse­ quenz die gleiche Haftungssanktion anordnen – lediglich die Person des Gläubigers variiert –, das Dogma von der prinzipiellen Inkongruenz kapitalgesellschaftsrecht­ licher und kommanditgesellschaftsrechtlicher Vermögenserhaltung endgültig auf­ zugeben. Die innerhalb einer KG zugunsten des Kommanditisten erfolgenden Ver­ mögensverschiebungen sind mithin auch an dem Maßstab der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Wie die Voraussetzungen der Kapitalaufbringung durch den Kommandi­ tisten nur durch einen Rückgriff auf kapitalgesellschaftsrechtliche Prinzipien ver­ vollständigt werden können, so bedarf es der Einbeziehung kapitalgesellschafts­ rechtlicher Maximen, um eine den konfligierenden Interessen angemessene Kapital­ erhaltung durch den Kommanditisten sicherzustellen. Das Eingreifen des Rechtsgedankens der §§  30, 31 GmbHG setzt voraus, dass eine Vermögensverschiebung eine Unterbilanz der Gesellschaft hervorruft oder vertieft. Im Falle der Kommanditgesellschaft ist eine solche Unterbilanz anzuneh­ men, wenn die Gesellschaft nicht über so viel Nettovermögen verfügt, dass die Summe aller Kommanditeinlagen dadurch gedeckt ist. Nur in diesem Fall, in dem die Aktiva der KG geringer sind als die Gesamtheit der Kommanditeinlagen zuzüg­ lich der echten Passiva, haftet der Kommanditist der KG nach dem Rechtsgedanken des §  31 I GmbHG auf die Beseitigung der Unterbilanz. Er hat also der KG das Vermögen zuzuführen, das zur Beseitigung der Unterbilanz erforderlich ist. Dassel­ be gilt a fortiori für den Fall einer Überschuldung der Gesellschaft.

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B.  Theoretische Grundlegung

Die Haftung des Kommanditisten nach dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 Gmb­ HG ist reine Innenhaftung, d. h. Verbindlichkeit des empfangenden Kommanditisten gegenüber der KG. Darin unterscheidet sie sich fundamental von der Vorschrift des §  172 IV 1 HGB, die eine Außenhaftung, d. h. eine Verbindlichkeit des empfangen­ den Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern bedingt. Und darin liegt auch die Stärke der hier entwickelten Gesamtkonzeption im Hinblick auf das Ziel eines angemessenen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen. Vor allem in Anbetracht der zwischen KG und Kommanditist bestehenden, gegenseitigen Treue- und Loya­ litätspflichten wird sich eine bloße Innenhaftung für den Kommanditisten in der Regel flexibler und ggf. milder gestalten, da hier der Haftungszugriff durch die KG und nicht durch Gesellschaftsexterne erfolgt. Dieser Umstand kommt den Vermö­ gensinteressen des Kommanditisten ersichtlich entgegen. Indes bewirkt die Innen­ haftung jedenfalls indirekt einen Schutz der KG-Gläubiger: Diese können sich die Forderung der KG abtreten lassen oder diese pfänden. Den Interessen der KG-Gläu­ biger ist hinreichend Rechnung getragen, ohne den Kommanditisten mit dem un­ nötigen Risiko alsbaldiger Außenhaftung belasten zu müssen. Was das Verhältnis zu §  172 IV 1 HGB angeht, kommt der Rechtsgedanke der §§  30, 31 GmbHG nur zum Tragen, wenn der Konflikt, in dem sich die widerstrei­ tenden Interessen von KG-Gläubigern und Kommanditisten befinden, nicht bereits im Sinne des §  172 IV 1 HGB entschieden wird, die betreffende Vermögensver­ schiebung also von §  172 IV 1 HGB in der hier vertretenen Auslegung nicht erfasst ist. Nur, wenn im ersten Schritt die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB versagt, ist der Vorgang im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu mes­ sen. Damit zeigt sich zugleich der funktionelle Unterschied zwischen dem Kapital­ erhaltungsmechanismus nach §§  30, 31 GmbHG und der Vorschrift des §  172 IV 1 HGB: Der Mechanismus nach §§  30, 31 GmbHG betrifft gerade nicht die – im ­Außenverhältnis nach Maßgabe des §  172 IV 1 HGB haftungsschädliche – Rück­ führung von Einlagekapital, sondern lediglich gläubigergefährdende Kapitalver­ schiebungen ohne Einlagerelevanz. In Bezug auf die Haftungsmodalitäten geben die §§  31 II-VI, 32 GmbHG für die Innenhaftung Einzelheiten vor, die sich mitunter deutlich von den Charakteristika der Außenhaftung nach §  172 IV 1 HGB unterscheiden. Das hier vorgestellte, auf §  172 IV 1 HGB und den Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG bauende zweistufige Haftungsmodell zeichnet sich durch seine Einheit­ lichkeit aus. Es beschränkt sich nicht auf besondere, kapitalistische Gesellschafts­ strukturen, sondern gilt – soweit seine Voraussetzungen vorliegen – für alle Er­ scheinungsformen der KG in prinzipiell gleicher Ausformung. Damit gewinnt die hier vorzustellende Konzeption den besonderen Vorzug der Einfachheit und beför­ dert in besonderem Maße Rechtssicherheit sowie Rechtsklarheit. Die Darlegungs- und Beweislast ist folgendermaßen zu verteilen: Den Komman­ ditisten trifft in Bezug auf §  172 IV 1 HGB die volle Beweislast. Er muss darlegen und beweisen, dass es ihm gegenüber zu keinem Zurückbezahlen der Einlage iSd

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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§  172 IV 1 HGB gekommen ist. In Bezug auf die Tatbestandsmäßigkeit des §  30 I 1 GmbHG und den Rückzahlungsanspruch nach §  31 I GmbHG liegt die Beweislast hingegen bei der KG.

6.  Die Entnahme von Gewinnanteilen iSd §  172 IV 2, 3 HGB Auf §  172 IV 1 HGB lässt das Gesetz unmittelbar die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB folgen, die anordnet, dass das gleiche gelten solle, soweit ein Kommanditist Gewin­ nanteile entnehme, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabgemindert sei, oder soweit durch die Entnahme der Kapi­ talanteil unter den bezeichneten Betrag herabgemindert werde. a)  Einordnung des §  172 IV 2 HGB §  172 IV 2 HGB steht inhaltlich in engem Zusammenhang mit §  169 I 2 Hs.  2 HGB, der einen Gewinnanspruch des Kommanditisten ausschließt, solange sein Kapital­ anteil durch Verlust unter den auf die bedungene Einlage geleisteten Betrag herabge­ mindert ist oder durch die Auszahlung unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Während §  169 I 2 Hs.  2 HGB allein das Innenverhältnis betrifft und daher einen lediglich dispositiven Regelungsgehalt aufweist,379 wirkt die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB im Außenverhältnis und gibt folglich zwingendes Recht wieder.380 Im Hinblick auf die Rechtsfolgenanordnung nimmt die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB klar Bezug auf §  172 IV 1 HGB. Soweit der Tatbestand des §  172 IV 2 HGB erfüllt ist, soll „[d]as gleiche“ gelten wie im Falle des im Gesetz unmittelbar voraus­ gehenden §  172 IV 1 HGB. Erblickt man mit der hier vertretenen Auffassung in §  172 IV 1 HGB eine gesetzliche Fiktion [s. zur Begründung B. III. 5. a)], muss man ob jener Verweisung auf §  172 IV 1 HGB auch §  172 IV 2 HGB als gesetzliche Fik­ tion einstufen. Dafür sprechen, ebenso wie im Falle des §  172 IV 1 HGB, auch hier die Materialien des Gesetzgebers381. Soweit der Tatbestand des §  172 IV 2 HGB verwirklicht ist, fingiert die Vorschrift also den Zustand der Außenhaftung iSd §  171 I Hs.  1 HGB. b)  Voraussetzungen des §  172 IV 2 HGB Der Zustand der Außenhaftung wird nach §  172 IV 2 HGB nur hergestellt, sofern die folgenden Voraussetzungen gegeben sind. 379 

Statt vieler Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  169 Rn.  9. Statt vieler K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  77. 381  Hahn/Mugdan, S.  285. 380 

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B.  Theoretische Grundlegung

aa)  Entnahme von Gewinnanteilen durch den Kommanditisten Zunächst muss ein Kommanditist Gewinnanteile entnommen haben. Dabei ist unter Gewinnanteilen der in der Handelsbilanz ausgewiesene Jahresgewinn zu verste­ hen.382 Ferner wird man gewinnabhängige Tätigkeitsvergütungen383, nicht aber Ga­ rantieausschüttungen, Gewinnvorauszahlungen, und Quasi-Festverzinsungen unter §  172 IV 2 HGB fassen müssen.384 Zinsen auf die Kommanditeinlage sind nur dann erfasst, wenn sie gewinnabhängig gewährt werden.385 Bei allen danach von §  172 IV 2 HGB nicht erfassten Ausschüttungen kommt nach hier vertretener Auffassung zwar nicht §  172 IV 1 HGB als Schutzmechanismus in Betracht [s. zu den Voraus­ setzungen nochmals B. III. 5. b) bb)], doch ist – unter den bereits erörterten Bedin­ gungen – an ein Eingreifen der §§  30, 31 GmbHG zu denken. Entnommen dürfte ein Gewinn erst dann sein, wenn er dem Kommanditisten auch ausbezahlt wurde.386 Denn anders als etwa im Falle des §  172 V HGB soll ge­ rade nicht der Bezug des Gewinns, sondern vielmehr erst dessen Entnahme tatbe­ standsmäßig sein. Dass auch gerade Gewinn iSd §  172 IV 2 HGB und nicht etwa sonstiges KG-Ver­ mögen387 entnommen worden ist,388 steht im Interesse der KG-Gläubiger zu vermu­ ten, soweit bei Nichtvorliegen eines Zuordnungswechsels durch gesellschaftsver­ tragliche Vereinbarung [sonst: §  172 IV 1 HGB, s. oben B. III. 5. b) bb) (2)], eine Abbuchung von dem variablen Kapitalkonto des Kommanditisten (§§  161 II, 120 II HGB) erfolgt ist.389 Dies gilt auch, wenn Kapitalabfluss und Abbuchung nicht zeit­ gleich erfolgen, sofern beide Vorgänge zumindest in engem zeitlichen Zusammen­ hang stehen. Die Gefahr einer Umgehung des §  172 IV 2 HGB durch gänzlich unter­ lassenes oder erst nach längerer Zeit erfolgtes Verbuchen des Kapitalabflusses be­ 382  Statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  45; zur heute wohl erledigten Problema­ tik der Berücksichtigung stiller Rücklagen s. Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  40 mwN. 383  Vgl. dazu auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  96 mwN. 384  Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  41; teilweise anders Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  45. 385  So auch Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  41; Zinsen in jedem Fall miteinbezie­ hend K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  78 sowie Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  17. 386  Ebenso wie hier Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  172 Anm.  4 (S.  671); K. Schmidt, Ein­ lage und Haftung, S.  96 f.; anders nun ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  78 sowie Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  47. 387  Zur Differenzierung zwischen Einlagenrückgewähr iSd §  172 IV 1 HGB, Gewinnausschüt­ tung iSd §  172 IV 2 HGB und sonstigen Vermögensbewegungen zwischen KG und Kommanditist bereits Joost, ZGR 1987, 370 (386, 388); letztgenannte Vermögensbewegungen werden in jüngster Vergangenheit auch unter den Stichwörtern „gewinnunabhängige Ausschüttungen“ bzw. „Aus­ schüttungen aus der Liquidität“ bezeichnet, vgl. BGH, DStR 2013, 1295 sowie Priester, DStR 2013, 1786 ff. 388  Vgl. zur Schwierigkeit der Zuordnung von Ausschüttungen an den Kommanditisten, wenn auch im Hinblick auf §  172 IV 1 HGB, Joost, ZGR 1987, 370 (387). 389  Zu dem Gedanken, aus buchhalterischen Vorgängen Rückschlüsse auf die materiell-recht­ liche Qualifikation einzelner Maßnahmen zu ziehen, exemplarisch Priester, DStR 2013, 1786 (1788).

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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steht angesichts des Strafbarkeitsrisikos (§  283b I Nr.  1 StGB sowie §  283 I Nr.  5 StGB) bei Verstoß gegen die Pflicht zur ordnungsmäßigen Buchführung iSd §§  238 I, 239 II HGB kaum. Dies gilt erst recht, wenn auch Ausschüttungen, die nicht unter §  172 IV 2 HGB fallen, einer wirksamen Kapitalerhaltungskontrolle zu unterziehen sind [s. dazu sogleich unter B. III. 6. c)]. bb)  Unterdeckung eines zuvor gedeckten Teiles des Außenhaftungsbetrages Die Gewinnentnahme durch den Kommanditisten muss entweder erfolgen, während sein Kapitalanteil durch Verlust unter den Betrag der geleisteten Einlage herabge­ mindert ist, oder seinen Kapitalanteil unter den Betrag der geleisteten Einlage her­ abmindern. Der Passus von der „geleisteten Einlage“ scheint zunächst darauf hinzudeuten, dass §  172 IV 2 HGB a priori nur dann eingreifen könne, wenn der Kommanditist vor der Gewinnentnahme zumindest teilweise iSd §  171 I Hs.  2 HGB seine Einlage geleistet habe. Doch würde eine derartige Norminterpretation dazu führen, dass §  172 IV 2 HGB nicht auf den Kommanditisten anwendbar wäre, der seine Außen­ haftung nicht durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB, sondern durch Gläubigerbefriedigung beseitigt hat. Der letztgenannte Kommanditist wäre dem Risiko einer Außenhaftung wegen Gewinnentnahme iSd §  172 IV 2 HGB von vorn­ herein nicht ausgesetzt. Eine derartige haftungsrechtliche Besserstellung gegenüber dem Kommanditisten, der nach §  171 I Hs.  2 HGB verfährt, ist aber sachlich in keiner Weise gerechtfertigt. Vielmehr sind die Fälle einer direkten Befriedigung von KG-Gläubigern durch den Kommanditisten dergestalt mit §  172 IV 2 HGB in Einklang zu bringen, dass man zu den auf dem Kapitalkonto des Kommanditisten gebuchten oder zu buchenden Beträgen die an die KG-Gläubiger erbrachten Leis­ tungen hinzurechnet, soweit diese dort nicht ohnehin verbucht sind.390 Allerdings greift §  172 IV 2 HGB freilich dann nicht ein, wenn der Kommanditist weder seine Einlage (teilweise) geleistet noch KG-Gläubiger (teilweise) befriedigt hat.391 Aus dieser Erkenntnis, vor allem aber dem Zusammenhang des §  172 IV 2 HGB mit §  171 I Hs.  1 HGB, folgt ein weiteres: Zu einer Außenhaftung, die der Höhe nach den Außenhaftungsbetrag übersteigt, kann §  172 IV 2 HGB nicht führen.392 Die Außenhaftung des Kommanditisten wird gem. §  172 I HGB durch den im Handels­ register eingetragenen Außenhaftungsbetrag begrenzt und kann diesen grundsätz­ lich nicht übersteigen. Etwas anderes gilt nur unter den Voraussetzungen des §  172 II HGB. Darin liegt ein wesentliches Charakteristikum des Haftungsgefüges der 390  Diese stimmige Lösung hat bereits Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  25 vorgeschlagen. 391  Vgl. auch Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  46. 392  Ebenso etwa Konietzko, S.  112; Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  16; a. A. ohne weitere Begründung Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  21; in letzterem Sinne bezüglich Scheingewinnen Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  172 Anm.  12.

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B.  Theoretische Grundlegung

§§  171, 172 HGB, das auch im Falle von Gewinnausschüttungen Bestand hat (vgl. zu diesem Aspekt in Bezug auf §  172 IV 1 HGB unten C. II. 3.). Eine durch Gewinnentnahme iSd §  172 IV 2 HGB verursachte Außenhaftung des Kommanditisten ist demnach nur möglich, soweit der Außenhaftungsbetrag des Kommanditisten nicht durch entsprechendes Vermögen abgedeckt ist. Unter dem „Betrag der geleisteten Einlage“ bzw. dem „bezeichneten Betrag“ ist also stets der durch den jeweiligen Kommanditisten – sei es durch Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, sei es durch Gläubigerbefriedigung – bereits gedeckte Teil seines Au­ ßenhaftungsbetrages zu verstehen.393 Die Unterdeckung dieses Teiles des Außen­ haftungsbetrages ist entscheidende Voraussetzung für eine Außenhaftung aufgrund von §  172 IV 2 HGB. Die Vorschrift bestimmt indes nicht, dass ein bisher nur teil­ weise gedeckter Außenhaftungsbetrag bis zu seiner vollen Summe aus Gewinnen aufgefüllt werden muss, sondern gestattet eine haftungsunschädliche Gewinnent­ nahme, wenn trotz der Entnahme der bisher gedeckte Teil des Außenhaftungsbetra­ ges nach wie vor gedeckt wäre.394 Die nötige Deckung des Außenhaftungsbetrages auf dem Kapitalkonto wird anhand einer Erfolgsbilanz zu fortgeführten Buchwer­ ten geprüft.395 Nach §  172 IV 3 HGB bleiben dabei Erträge unberücksichtigt, die auf der Aktivierung selbst geschaffener immaterieller Vermögensgegenstände beru­ hen, soweit sie bei einer Kapitalgesellschaft der Ausschüttungssperre nach §  268 IIX HGB unterlägen. c)  Verhältnis zu §  172 IV 1 HGB und §§  30, 31 GmbHG Die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB zielt darauf ab, den einem Kommanditisten zu­ kommenden Gewinn zunächst immer dazu zu verwenden, einen zuvor eingetrete­ nen Kapitalverlust wieder aufzufüllen.396 Es geht also um eine Bindung künftiger Gewinnanteile zugunsten der KG-Gläubiger.397 In ihrem Interesse soll dem Risiko einer verlustbedingten Verringerung der Kommanditeinlagen eine Sicherung der den Kommanditisten zukommenden Gewinnchancen gegenübergestellt werden.398 Wie §  172 IV 1 HGB erfüllt folglich auch §  172 IV 2 HGB eine gewisse Bindungs­ funktion. Ging es bei §  172 IV 1 HGB um die Bindung der Einlage, zielt §  172 IV 2 HGB auf die Bindung künftiger Gewinne. Allerdings ist es nicht angängig, §  172 IV 393  Vgl. statt vieler Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  172 Anm.  4 (S.  670 f.); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  15; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  79. 394 Klarstellend Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  16; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  46. 395  K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  79; Priester, BB 1976, 1004 (1008); ders., EWiR 1989, 379 (380). 396  Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  43. 397  Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  172 Anm.  4 (S.  670); K. Schmidt, in: Schlegelberger, HGB, 5.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  76. 398  Vgl. bereits Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  11; Mossmann, S.  180.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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2 HGB als eine für den Bereich der Gewinne geltende Einschränkung einer in §  172 IV 1 HGB erblickten allgemeinen Kapitalerhaltungsregel zu deuten.399 Die Folge müsste sein, dass ein Eingreifen des §  172 IV 2 HGB nicht nur von der Erfüllung seiner eigenen Tatbestandsmerkmale, sondern zusätzlich von dem Vorliegen der Voraussetzungen des §  172 IV 1 HGB abhängig wäre.400 Ein solcher Standpunkt würde aber die Entstehungsgeschichte des §  172 IV 2 HGB missachten. So kommt in den Materialien zum HGB mehrfach die inhaltliche Anlehnung der HGB-Vor­ schriften an die Vorläufernormen des ADHGB zum Ausdruck.401 Die Vorläufer­ norm des §  172 IV 2 HGB, Art.  165 IV ADHGB, schien indes mit Blick auf den Kommanditisten für den speziellen Bereich der Gewinnentnahme im hier dargeleg­ ten Sinne einen Kapitalerhaltungsgrundsatz einführen, nicht aber einen an anderer Stelle niedergelegten allgemeinen Kapitalerhaltungsgrundsatz einschränken zu wollen:402 „Er [gemeint ist: der Kommanditist] kann bis zur Wiederergänzung der durch Verlust verminderten Einlage weder Zinsen noch Gewinn beziehen.“ Vor die­ sem Hintergrund darf man §  172 IV 2 HGB auch nicht als Erweiterung eines als zu eng empfundenen §  172 IV 1 HGB auffassen,403 sondern sollte die Vorschrift als eigenständigen Tatbestand verstehen, der, allenfalls im Sinne einer Ergänzung des §  172 IV 1 HGB,404 einen gewissen Schutz der KG-Gläubiger vor einer ungünstigen Geschäftsentwicklung der KG bewirkt. Mag §  172 IV 2 HGB auch einen speziellen, an enge Voraussetzungen geknüpften Gewinnerhaltungsgrundsatz verkörpern, sind doch verschiedengestaltige Ausschüt­ tungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug vorstellbar, die von der Vorschrift nicht erfasst werden [z. B. Gewinnvorauszahlungen, s. oben B. III. 6. b) aa)]. Mangels Einlagerelevanz derartiger Ausschüttungen vermag nach hier vertretener Auffas­ sung auch §  172 IV 1 HGB nicht zu helfen.405 In Anbetracht der sich in der Konse­ quenz erneut stellenden Gläubigerschutzproblematik besteht daher auch im Bereich von Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug das Bedürfnis nach einer Anwendung des Rechtsgedankens der §§  30, 31 GmbHG. Wie im Falle der Rück­ zahlung der Einlage ist es mithin auch im Falle der Entnahme von Vermögensposi­ tionen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug notwendig, entsprechende Ausschüttun­ gen an den Kommanditisten einer zweistufigen Prüfung zu unterziehen: Nur, wenn

399 

So aber K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (336 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  93. So auch konsequent K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  94. 401  Vor allem bei Hahn/Mugdan, S.  281, 284, 285. 402  Dies räumt auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  94 ein. 403  K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  78; 404 Vgl. Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  43, der bezüglich §  172 IV 1 HGB freilich auf dem Boden der Verrechnungstheorie steht. 405  Anders etwa Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  41; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  78; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  45; Scholz, in: Wester­ mann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2999 [Stand: 9/2014], die freilich allesamt eine hier abgelehn­ te weite Interpretation des §  172 IV 1 HGB zugrunde legen. 400 

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B.  Theoretische Grundlegung

im ersten Schritt die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB versagt, ist der Vorgang im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu messen. d)  Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Ebenso wie im Falle des §  172 IV 1 HGB ist auch bei §  172 IV 2 HGB die Frage der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast umstritten. Manche Stimmen in der Li­ teratur wollen dem Kommanditisten die volle Beweislast auferlegen.406 Der Kom­ manditist müsste demnach beweisen, dass er keine haftungsschädliche Gewinnent­ nahme iSd §  172 IV 2 HGB durchgeführt hat. Andere plädieren für das Gegenteil und sehen die volle Beweislast für eine haftungsschädliche Gewinnentnahme iSd §  172 IV 2 HGB bei den KG-Gläubigern.407 Schließlich wird auch hier die Position einer gesplitteten Beweislast vertreten: Die KG-Gläubiger müssten den Beweis füh­ ren, dass überhaupt eine Gewinnentnahme erfolgt sei, während der Kommanditist beweisen müsse, dass die Gewinnentnahme gleichwohl nicht den Tatbestand des §  172 IV 2 HGB erfülle.408 Wie im Fall des §  172 IV 1 HGB ist indes auch bei §  172 IV 2 HGB der Ansicht Vorrang zu gewähren, die dem Kommanditisten die volle Beweislast auferlegt. So darf auch im Falle von Gewinnentnahmen den KG-Gläubi­ gern nicht abverlangt werden, Beweis über Umstände zu führen, die sich allein in der Sphäre der Gesellschaft abspielen, mithin als bloße Gesellschaftsinterna zu qua­ lifizieren sind. Schließlich spricht auch die Einordnung des §  172 IV 2 HGB als ge­ setzliche Fiktion gerade dafür, dem Kommanditisten die volle Beweislast zuzuord­ nen [s. zur Begründung nochmals B. III. 5. e) aa)]. Wie bereits bei sonstigen Ausschüttungen [s. oben B. III. 5. e) bb)], muss freilich auch im Falle von Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug etwas ande­ res gelten, soweit es um die Darlegungs- und Beweislast in Ansehung der §§  30, 31 GmbHG geht. So ist in Bezug auf die Tatbestandsmäßigkeit des §  30 I 1 GmbHG und den Rückzahlungsanspruch nach §  31 I GmbHG auch bei Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug die Beweislast der Gesellschaft zuzuordnen. Allein diese Beweislastverteilung erscheint sachgerecht im Hinblick auf die allgemeine prozessuale Beweislastregel sowie die hier verfolgte Zielsetzung, einen angemesse­ nen Ausgleich der Gläubiger- und Kommanditisteninteressen herzustellen.

406  In diesem Sinne wohl Westermann, Handbuch I, Rn.  927 [Stand: 8/1978]; Priester, BB 1976, 1004 (1008 f.); K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (337); ders., Einlage und Haftung, S.  95. 407  Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  18; Roth, in: Baumbach, HGB, §  172 Rn.  12; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  28. 408  Furrer, S.  247 f.; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  55 f.; Scholz, in: Westermann/ Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3003 [Stand: 9/2014]; Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschafts­ recht, Rn.  83 zu §  172 HGB.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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e)  Zusammenfassung zu 6. Die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB steht in engem Zusammenhang mit §  169 I 2 Hs.  2 HGB. Während §  169 I 2 Hs.  2 HGB jedoch allein das Innenverhältnis betrifft und daher einen dispositiven Regelungsgehalt aufweist, wirkt §  172 IV 2 HGB im Außenverhältnis und gibt folglich zwingendes Recht wieder. Im Hinblick auf die Rechtsfolgenanordnung verweist §  172 IV 2 HGB auf §  172 IV 1 HGB. Ordnet man §  172 IV 1 HGB mit der hier vertretenen Auffassung als gesetzliche Fiktion ein, muss man ob jener Verweisung auch §  172 IV 2 HGB als gesetzliche Fiktion anse­ hen. Ebenso wie §  172 IV 1 HGB fingiert §  172 IV 2 HGB also den Zustand der Außenhaftung iSd §  171 I Hs.  1 HGB. Damit §  172 IV 2 HGB eingreift, muss der Kommanditist Gewinnanteile entnom­ men haben. Davon ist erst dann auszugehen, wenn die betreffenden Gewinnanteile dem Kommanditisten auch ausbezahlt worden sind. Ferner muss die Gewinnent­ nahme zu einer Unterdeckung eines zuvor bereits gedeckten Teiles des Außenhaf­ tungsbetrages des entnehmenden Kommanditisten führen oder während einer be­ reits bestehenden Unterdeckung in diesem Sinne erfolgen. §  172 IV 2 HGB erzeugt also eine Haftung des entnehmenden Kommanditisten nur, soweit ein zuvor – sei es durch Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, sei es durch Gläubigerbefriedigung – bereits gedeckter Teil seines Außenhaftungsbetrages nicht mehr durch entsprechen­ des Vermögen abgedeckt ist. Wie §  172 IV 1 HGB erfüllt auch §  172 IV 2 HGB eine gewisse Bindungsfunk­tion. Während es bei §  172 IV 1 HGB um die Bindung der Einlage geht, zielt §  172 IV 2 HGB hingegen auf die Bindung künftiger Gewinne. §  172 IV 2 HGB ist weder als Einschränkung einer fälschlicherweise in §  172 IV 1 HGB erblickten allgemeinen Kapitalerhaltungsregel noch als Erweiterung eines als zu eng empfundenen §  172 IV 1 HGB aufzufassen, sondern stellt einen eigenständigen Tatbestand dar, der, allen­ falls im Sinne einer Ergänzung des §  172 IV 1 HGB, einen gewissen Schutz der KG-Gläubiger vor einer ungünstigen Geschäftsentwicklung der KG ­bewirken soll. Bei Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug, die nicht unter §  172 IV 2 HGB fallen, vermag mangels Einlagerelevanz derartiger Ausschüttungen nach hier vertretener Auffassung auch die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB nicht zu helfen. Es besteht folglich wiederum das Bedürfnis nach einer Übertragung des Rechtsge­ dankens der §§  30, 31 GmbHG. Dabei ist – wie bereits im Rahmen des §  172 IV 1 HGB – in einer zweistufigen Prüfung vorzugehen: Nur, wenn im ersten Schritt die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB versagt, ist die Ausschüttung im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu messen. In Bezug auf die Voraussetzungen des §  172 IV 2 HGB trägt der Kommanditist die volle Darlegungs- und Beweislast. Etwas anderes gilt bei Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug, also in Bezug auf die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der §§  30, 31 GmbHG: Hier ist die volle Beweislast der Gesellschaft zuzuweisen.

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B.  Theoretische Grundlegung

7.  Der gutgläubige Gewinnbezug iSd §  172 V HGB Eine haftungsrechtliche Eigenheit, die untrennbar mit dem Regelungsgehalt des §  172 IV HGB verbunden ist, normiert die Vorschrift des §  172 V HGB. Danach ist der Kommanditist in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet, was er auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht. a)  Einordnung des §  172 V HGB Entnimmt der Kommanditist in der Handelsbilanz ausgewiesene Gewinnanteile, obwohl die KG tatsächlich (in dieser Höhe) überhaupt keinen Gewinn erzielt hat oder der auf den entnehmenden Kommanditisten entfallende Gewinnanteil fälsch­ licherweise zu hoch angesetzt worden ist, vermindert er insoweit ohne Berechti­ gung das Vermögen der KG. Soweit nun eine solche Entnahme bloßer Scheingewin­ ne zur Unterdeckung eines zuvor gedeckten Teiles des Außenhaftungsbetrages führt oder während einer bereits bestehenden Unterdeckung stattfindet, ruft sie nach §  172 IV 2 HGB409 eine Außenhaftung des Kommanditisten hervor. Auch die KG wäre in derartigen Fällen gegenüber dem Kommanditisten zur Rückforderung berechtigt. Bliebe es bei diesem Ergebnis, hätte der Kommanditist stets das Risiko zu tragen, möglicherweise nicht zum Gewinnbezug berechtigt zu sein. Eine umfas­ sende und angesichts der grundsätzlich begrenzten – idR keine Mitwirkung an Ge­ schäftsführung und Vertretung, §§  164, 170 HGB, nur eingeschränkte Kontrollrech­ te – Befugnisse des Kommanditisten nur erschwert durchführbare Bilanzprüfungs­ obliegenheit wäre die Folge. Um dem entgegenzuwirken, normiert §  172 V HGB zugunsten des Kommanditisten eine Billigkeitsregel:410 Was ein Kommanditist auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz in gutem Glauben als Gewinn bezieht, ist er in keinem Falle zurückzuzahlen verpflichtet. Der gutgläubige Kom­ manditist darf also auf die in gutem Glauben errichtete Bilanz vertrauen. Indes wird prima facie nicht klar, welche Rechtsfolge §  172 V HGB anordnet. Zunächst wird ganz allgemein angenommen, §  172 V HGB hindere eine Haftung des Kommanditisten im Außenverhältnis.411 Dagegen scheint zwar der Gesetzes­ wortlaut zu sprechen, nach dem der Kommanditist „in keinem Falle zurückzuzah­ len verpflichtet“ ist – eine Rückzahlungspflicht kommt denknotwendig allein der 409  Auf §  172 IV 1 HGB stellen etwa K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  78, 81; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  45 ab. Die Abgrenzung zwischen beiden Sät­ zen des §  172 IV HGB bleibt in der Praxis folgenlos. Entnimmt man dem §  172 IV 1 HGB mit der hier entwickelten Auffassung das Kriterium der Einlagerelevanz, muss man die Entnahme von Scheingewinnen allerdings unter §  172 IV 2 HGB fassen; wie hier Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  35. 410  BGHZ 101, 123 (Tz.  15). 411  Statt vieler Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  46; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  45; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  54.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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KG gegenüber in Betracht, da der Kommanditist die betreffenden Gewinne schließ­ lich nicht von den KG-Gläubigern bezogen hat. Doch lässt sich diese Gesetzes­ formulierung dadurch erklären, dass die Vorläufernorm des §  172 V HGB im ersten ADHGB-Entwurf noch bei den Vorschriften über das Innenverhältnis angesiedelt war (Art.  154 IV412); erst im zweiten ADHGB-Entwurf (Art.  155 VI413) und im fer­ tigen ADHGB (Art.  165 VI414) wurde die Vorschrift Teil der Regelungen über das Außenverhältnis.415 Der schon aufgrund der systematischen Stellung des §  172 V HGB naheliegenden Annahme, die Norm betreffe das Außenverhältnis, kann dem­ nach bedenkenlos beigepflichtet werden. Umstritten ist allerdings, ob §  172 V HGB auch Wirkungen im Innenverhältnis entfaltet. Die Frage wird von der nach wie vor überwiegenden Auffassung verneint.416 Man argumentiert vor allem mit der soeben bereits angesprochenen systematischen Stellung des §  172 V HGB, die eine Über­ tragung der Rechtsfolge auf das Innenverhältnis zwischen Kommanditist und KG verbiete.417 Indes wendet die Gegenauffassung die Rechtsfolge des §  172 V HGB auch auf das Innenverhältnis an.418 Die Konsequenz aus der letztgenannten Ansicht wäre, dass man im Hinblick auf die erhaltenen Gewinnanteile auch keine auf §  812 I 1 Alt.  1 BGB gestützte Kondiktion der KG gegen den Kommanditisten anerkennen dürfte. Begründen lässt sich dies bereits mit dem Wortlaut der Norm, der explizit eine – nur im Verhältnis zur KG vorstellbare, s. o. – Verpflichtung des Kommandi­ tisten, das Erhaltene „zurückzuzahlen“, ausschließt. Auch spricht die bereits thema­ tisierte Entstehungsgeschichte des §  172 V HGB – die ADHGB-Vorläufernorm, der §  172 V HGB entspricht419, war ursprünglich als Regelung über das Innenverhältnis konzipiert – für eine Erstreckung der Rechtsfolge auf das Innenverhältnis. Schließ­ lich aber würde die ratio legis – der Kommanditist soll in Fällen des §  172 V HGB das in gutem Glauben als Gewinn Bezogene dauerhaft behalten dürfen – vollends konterkariert, weil man den Gesellschaftsgläubigern im äußersten Falle gestatten müsste, den Bereicherungsanspruch der KG gegen den Kommanditisten zu pfänden und sich überweisen zu lassen, und ihnen damit – wenn auch über einen Umweg – 412 

Abgedruckt bei von Lutz, Protokolle, S.  169. Abgedruckt bei von Lutz, Protokolle, S.  233. 414  Abgedruckt bei von Hahn, ADHGB, S.  379. 415 Darauf weisen auch Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3017 [Stand: 9/2014]; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  95 zu Recht hin. 416  Statt vieler von Falkenhausen/H. C. Schneider, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  24 Rn.  47; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  25; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  54; Paul/Richter, DB 2010, 2153 (2155); Wiedemann, WM Sonderbeilage Nr.  7/1992, 1 (34); für Ausgleichsansprüche allein der Gesellschafter untereinander plädiert Horn, in: Hey­ mann, HGB, §  172 Rn.  23. 417  Deutlich etwa Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  54. 418  Wieland, Handelsrecht I, S.  751; K. Schmidt, BB 1984, 1588 (1593); ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  94; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  16; Wenzel, in: Hesselmann, Handbuch, §  5 Rn.  74; Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3017 [Stand: 9/2014]; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  46; Gummert, in: Henss­ ler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  65 zu §  172 HGB. 419  So ausdrücklich die Materialien bei Hahn/Mugdan, S.  285. 413 

100

B.  Theoretische Grundlegung

ermöglicht, in Höhe des bezogenen Gewinns auf den Kommanditisten zuzugrei­ fen.420 Dass diese Zugriffsmöglichkeit der Verjährung unterliegt, genügt nicht.421 Eine Aushöhlung der Wertung des §  172 V HGB ist nicht hinzunehmen. Daher wird hier der letztgenannten Auffassung gefolgt, welche auch eine im Innenverhältnis bestehende Rückzahlungsforderung der KG gegen den Kommanditisten als durch §  172 V HGB ausgeschlossen betrachtet. b)  Voraussetzungen des §  172 V HGB Für ein Eingreifen des Ausnahmetatbestandes des §  172 V HGB ist zunächst erfor­ derlich, dass die Handelsbilanz der KG einen Gewinn ausweist.422 Dies ergibt sich bereits aus der Regel des §  172 IV 2 HGB, kommt aber auch im Wortlaut des §  172 V HGB nochmals deutlich zum Ausdruck.423 Bezüglich der Einzelheiten ist auf die Ausführungen zu §  172 IV 2 HGB zu verweisen [s. oben B. III. 6. b) aa)]. Wesentliches Merkmal der Vorschrift des §  172 V HGB ist, dass sie nur für den Fall einer objektiv unrichtigen Bilanz gilt.424 Die Unrichtigkeit der Bilanz kann sich daraus ergeben, dass die KG – anders als in der Bilanz ausgewiesen – tatsächlich keinen oder nur in geringerer Höhe Gewinn erzielt hat, dass zwar in der Tat Gewin­ ne in der bilanzierten Höhe erwirtschaftet worden sind, diese jedoch nach dem Ge­ sellschaftsvertrag nicht dem empfangenden Kommanditisten, sondern einem ande­ ren Gesellschafter zustehen,425 oder aber, dass tatsächliche, dem empfangenden Kommanditisten auch zustehende Gewinne ausgeschüttet werden, obwohl das Ka­ pitalkonto des Kommanditisten – entgegen der Bilanz – in Wirklichkeit eine Unter­ deckung eines zuvor gedeckten Teiles des Außenhaftungsbetrages aufweist.426 §  172 V HGB greift ein, sobald der Gewinn von dem Kommanditisten bezogen ist. Völlig unproblematisch erfasst sind damit alle Fälle, in denen der Gewinn auf 420  Ebenso bereits Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3017 [Stand: 9/2014]; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  46. 421  Vgl. bereits K. Schmidt, BB 1984, 1588 (1592 f.); ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  93. 422  Statt vieler BGH, NJW 2009, 2126 (Tz.  11 f.); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  50; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  84. 423  Bereits deshalb kann der Standpunkt des OLG Nürnberg, BB 2009, 71 (72), §  172 V HGB gelte auch, wenn die Handelsbilanz Verluste ausweise, nicht überzeugen. 424  Wie hier etwa Lamberti/Stumpf, BB 2009, 72 (73); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  50; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  47; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  25; BGH, NJW 2009, 2126 (Tz.  13); die gegenteilige Auffassung von OLG Nürn­ berg, BB 2009, 71 (71 f.); Luttermann, NZG 2009, 1140 (1140 f.) verkennt, dass durch §  172 V HGB allein der Kommanditist geschützt werden soll, der – zu Unrecht – auf die Richtigkeit der Bilanz vertraut, nicht aber der Kommanditist, der aus einer korrekten Bilanz die falschen Konsequenzen zieht. 425  Vgl. zu dieser Konstellation Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  49, 45. 426 Vgl. zu der letztgenannten Konstellation Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  51; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  86.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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Veranlassung der KG an den Kommanditisten bereits ausgezahlt worden ist. Unbe­ fugte Entnahmen durch den Kommanditisten erfasst der Tatbestand hingegen nicht.427 Abgesehen von diesen klaren Fällen besteht Uneinigkeit darüber, inwiefern §  172 V HGB bereits vor der Auszahlung des Gewinns an den Kommanditisten verwirklicht sein kann. Nur ganz vereinzelt betrachtet man die Gutschrift des Ge­ winns auf dem Kapitalkonto des Kommanditisten als genügend.428 Überwiegend hält man indes allein die Gutschrift auf dem Privatkonto (Darlehenskonto) des Kommanditisten für ausreichend.429 Dem wird man allerdings nur zustimmen kön­ nen, sofern das betreffende Privatkonto als reines Forderungskonto ausgestaltet ist,430 da es sich nur in diesem Fall bei den durch die Gutschriften ausgewiesenen Positionen stets um Fremdkapital handelt, auf das der Kommanditist grundsätzlich jederzeit zugreifen kann. Die Konsequenz aus dieser Auffassung ist, dass der Ge­ winn auch dann haftungsfrei an den Kommanditisten ausgeschüttet werden kann, wenn die Gutglaubensvoraussetzungen des §  172 V HGB bis zum Zeitpunkt der Gutschrift zwar vorgelegen haben, im Zeitpunkt der Auszahlung aber wieder ent­ fallen sind. Gerade jenen Gutglaubensvoraussetzungen ist im Rahmen des §  172 V HGB be­ sondere Aufmerksamkeit zu schenken. Die Vorschrift setzt zunächst guten Glauben hinsichtlich der Richtigkeit der Bilanz bei ihrer Errichtung, bestehend aus Aufstel­ lung und Feststellung, voraus. In gutem Glauben handeln müssen alle Gesellschaf­ ter, die nach dem Gesellschaftsvertrag für die Errichtung der Bilanz zuständig sind.431 Mangels einer gesetzlichen Regelung der Anforderungen an den guten Glauben iSd §  172 V HGB ist bislang jedoch nicht geklärt, welche Umstände der Gutgläubigkeit schaden.432 427 Allein

Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  24 beurteilt dies – ohne Begründung – anders. Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  59 zu §  172 HGB. 429  Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  17; Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  24; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  49; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  50; Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  69. 430 So auch Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3019 [Stand: 9/2014]; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  85; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  37. 431  So etwa Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  52; Cebulla, DStR 2000, 1917 (1922); OLG Köln, ZIP 1981, 1093 (1094); eine Erleichterung wollen Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  18; Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  68; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  40; Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3020 [Stand: 9/2014] vornehmen, wenn der Gesellschaftsvertrag für die Bilanzfeststellung einen Mehrheitsbeschluss ausreichen lässt. In derartigen Fällen solle es nur auf den guten Glauben der für die Feststellung stimmenden Gesellschafter ankommen. 432  Lediglich für Vorsatz RG, Gruchot 37 (1893), 1161 (1162); BGHZ 84, 383 (Tz.  17); K. Schmidt, BB 1984, 1588 (1592); ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  88; für gro­ be Fahrlässigkeit in Anlehnung an §  932 II BGB Roth, in: Baumbach, HGB, §  172 Rn.  10; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  41; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  25; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  53; Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3023 [Stand: 9/2014]; Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  25; für die Nichteinhaltung der diligentia quam in suis in Anlehnung an §  708 BGB Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  172 Anm.  13; Weipert, in: RGRK-HGB, §  172 Anm.  38; Feddersen, in: Bandasch, GemKo-HGB, §  172 Rn.  13; für jede 428 

102

B.  Theoretische Grundlegung

Zusätzlich erfordert §  172 V HGB guten Glauben des Kommanditisten im Hin­ blick auf seine Berechtigung zum Gewinnbezug. Der gute Glaube des Kommanditis­ ten muss gerade im Zeitpunkt des Gewinnbezugs gegeben sein. Wie bereits im Rah­ men der Richtigkeit der Bilanz werden auch in Bezug auf die Berechtigung des Kommanditisten zum Gewinnbezug die Gutglaubensanforderungen kontrovers diskutiert.433 Es zeigt sich, dass die Regelung des §  172 V HGB ein doppeltes Gutgläubigkeits­ erfordernis statuiert. Aus dieser klaren gesetzlichen Vorgabe folgt insbesondere, dass eine Übertragung des Rechtsgedankens des §  62 I 2 AktG auch insofern, als es um die im Rahmen des §  172 V HGB ungeklärten Anforderungen an den guten Glauben geht, ausscheiden muss. Denn §  62 I 2 AktG stellt allein auf die Gutgläu­ bigkeit des empfangenden Gesellschafters ab, wählt für den guten Glauben also ei­ nen anderen, engeren Bezugspunkt als §  172 V HGB. Eine solche Beschränkung, so sehr man sie rechtspolitisch auch begrüßen mag,434 würde der gesetzlichen Anord­ nung des §  172 V HGB klar widersprechen.435 Nicht aus dem Blick verlieren darf man auch den Umstand, dass es bei §  172 V HGB, anders als bei seinem kapitalge­ sellschaftsrechtlichen Pendant in §  62 I 2 AktG, auch darum geht, eine Außenhaf­ tung des Kommanditisten zu vermeiden. Erleichterungen der Gutglaubensvoraus­ setzungen im Rahmen des §  172 V HGB gingen also zu Lasten des unmittelbaren Gläubigerschutzes und würden so die Kräfteverhältnisse im Interessenwiderstreit zu Gunsten des Kommanditisten verschieben. Angesichts des Ausnahmecharakters des §  172 V HGB vermag dies nicht zu überzeugen. c)  Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast Im Rahmen des §  172 V HGB geht man meist von einer gesplitteten Verteilung der Darlegungs- und Beweislast aus. Überwiegend betrachtet man den KG-Gläubiger bzw. – im Falle des §  171 II HGB – den Insolvenzverwalter im Hinblick auf die Unrichtigkeit der Bilanz als beweispflichtig, während man dem Kommanditisten

Form der Fahrlässigkeit Westermann, Handbuch I, Rn.  928 [Stand: 8/1978]; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  18. 433  Das Spektrum an Rechtsauffassungen entspricht dem Spektrum, das auch zu den Gutglau­ bensanforderungen im Rahmen der Bilanzerrichtung vertreten wird; vgl. zum Meinungsstand im Einzelnen die Nachweise bei Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3025 [Stand: 9/2014] sowie K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  89. 434  So etwa Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3021 [Stand: 9/2014]; ferner K. Schmidt, NJW 1982, 2501 (2502); ders., BB 1984, 1588 (1593); ders., in: K. Schmidt, MüKo-­ HGB, §§  171, 172 Rn.  87, der eine analoge Anwendung des §  62 I 2 AktG jedenfalls auf die Publi­ kums-KG befürwortet; für eine Übertragbarkeit des §  31 II GmbHG spricht sich Cebulla, DStR 2000, 1917 (1922) aus. 435  Daher wurde die Anwendbarkeit des §  62 I 2 AktG selbst in Bezug auf die Publikums-KG durch BGHZ 84, 383 (Tz.  18 f.) zu Recht verneint.

III.  Neubegründung eines einheitlichen Haftungssystems

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die Beweislast hinsichtlich der doppelten Gutgläubigkeit zuweist.436 Teilweise ver­ lagert man die Beweislast stärker auf den KG-Gläubiger bzw. den Insolvenzverwal­ ter, indem man ihn auch mit dem Beweis der bösgläubigen Bilanzerrichtung belas­ tet und den Kommanditisten lediglich in Ansehung seiner eigenen Gutgläubigkeit beim Gewinnbezug für beweispflichtig hält.437 Beide Ansätze vermögen indes nicht zu überzeugen. So ist bereits zu berücksich­ tigen, dass der gesellschaftsexterne KG-Gläubiger – anders liegt es wohl beim In­ solvenzverwalter – kaum imstande sein dürfte, zur Überzeugung des Gerichts dar­ zulegen und zu beweisen, dass die mit der Bilanzerrichtung befassten Gesellschaf­ ter bei der Errichtung bösgläubig gewesen sind.438 Ferner spricht auch der Wortlaut des §  172 V HGB, verbunden mit der ungeschriebenen prozessualen Regel, dass jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen muss,439 dagegen, dem Gläubiger die Beweislast aufzuerlegen – dieses Argument gilt auch für die Fälle des §  171 II HGB, in denen der Insolvenzverwalter die Rolle des KG-Gläu­ bigers wahrnimmt. Hinzu tritt der Umstand, dass es sich bei §  172 V HGB um eine Privilegierung des Kommanditisten handelt, die noch dazu als Ausnahme von der Regel des §  172 IV 2 HGB – Außenhaftung des Kommanditisten bei Gewinn­ entnahme – gedacht ist. Vorgeschlagen sei daher an dieser Stelle, die Beweislast im Rahmen des §  172 V HGB vollständig dem Kommanditisten zuzuweisen, zumal diesem aufgrund seiner weitreichenden Informationsrechte nach §  166 HGB [s. dazu auch oben B. III. 5. e) aa)] ein entsprechender Nachweis in aller Regel ohne weiteres möglich ist. d)  Zusammenfassung zu 7. Sofern der Kommanditist unter Verwirklichung des Tatbestandes des §  172 IV 2 HGB in der Handelsbilanz ausgewiesene Gewinnanteile entnimmt, müsste es grundsätzlich auch dann zu einer Außenhaftung des Kommanditisten kommen, wenn die KG tatsächlich (in dieser Hö-he) überhaupt keinen Gewinn erzielt hat. Der Kommanditist hätte also das Risiko zu tragen, in Wirklichkeit zu einem Gewinnbe­ zug gar nicht berechtigt zu sein und infolgedessen sowohl den KG-Gläubigern als auch der KG auf Rückerstattung zu haften. Um ihn von dieser Last zu befreien, normiert §  172 V HGB zugunsten des Kommanditisten eine Billigkeitsregel, nach welcher der gutgläubige Kommanditist auf eine in gutem Glauben errichtete Bilanz 436  Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  55; Roth, in: Baumbach, HGB, §  172 Rn.  12; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  7; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  18; Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  72. 437  Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  3027 [Stand: 9/2014]; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  95; Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  44. 438  Darauf weist auch Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  84 zu §  172 HGB zu Recht hin. 439  Statt vieler Saenger, in: Saenger, ZPO, §  286 Rn.  58.

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B.  Theoretische Grundlegung

vertrauen darf. Die durch §  172 V HGB ausgesprochene Haftungsfreistellung be­ trifft dabei nicht nur das Außenverhältnis, sondern ebenso das Innenverhältnis, d. h. auch eine bestehende Rückzahlungsforderung der KG gegen den Kommanditisten. Für ein Eingreifen des §  172 V HGB ist erforderlich, dass die Handelsbilanz der KG einen Gewinn ausweist, tatsächlich jedoch als unrichtig zu qualifizieren ist, der betreffende Kommanditist den Gewinn jedenfalls schon bezogen hat, die nach dem Gesellschaftsvertrag für die Errichtung der Bilanz zuständigen Gesellschafter in guten Glauben hinsichtlich der Richtigkeit der Bilanz sind und der betreffende Kommanditist gutgläubig im Hinblick auf seine Berechtigung zum Gewinnbezug ist. Eine Übertragung des Rechtsgedankens verwandter kapitalgesellschaftsrecht­ licher Vorschriften, insbesondere des §  62 I 2 AktG, würde der gesetzlichen Anord­ nung des §  172 V HGB klar widersprechen und ist daher abzulehnen. Die Beweislast ist im Rahmen des §  172 V HGB vollständig dem Kommanditis­ ten zuzuweisen, zumal dieser aufgrund seiner weitreichenden Informationsrechte nach §  166 HGB in aller Regel ohne weiteres zu einem entsprechenden Nachweis imstande sein wird.

C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen Betrachtet man Rechtsprechung und Schrifttum zur Kommanditistenhaftung in der Zusammenschau, ist unschwer zu erkennen, dass man sich angesichts der Unzuläng­ lichkeiten der einschlägigen Normen des HGB, insbesondere der §§  171, 172 HGB, häufig damit bescheiden musste, problematische Rechtsfragen nur im Einzelfall ei­ ner Lösung zuführen zu können. Die unausweichliche Konsequenz war die Heraus­ bildung einer kaum noch überschaubaren Kasuistik, die bis heute fortbesteht.1 Bis­ her ist es jedoch nicht gelungen, die Rechtsfindung durchgehend auf eine fundierte, gleichbleibende Dogmatik zurückzuführen. Zwar sind von Seiten des Schrifttums bereits mehrere, verdienstvolle Arbeiten vorgelegt worden, welche die rechtswis­ senschaftliche Diskussion ohne Zweifel vorangebracht haben und in die richtige Richtung weisen. Doch müssen sich alle Ansätze, wie im Rahmen des soeben abge­ schlossenen Kapitels (s. oben B. III.) bereits angedeutet worden ist und im Folgen­ den noch belegt werden wird, in unterschiedlichem Ausmaße den Vorwurf man­ gelnder dogmatischer Konsistenz gefallen lassen.2 Gerade an diesem Mangel soll das oben theoretisch entwickelte, auf Prinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts rekurrierende Modell der Kommanditistenhaftung ansetzen. Seine Überzeugungskraft wird demnach erst die Prüfung erweisen, ob bei gleichbleibender Anwendung seiner Maximen einschlägige Problemkonstella­ tionen im Bereich der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung einer konsis­ tenten und interessengerechten Lösung zugeführt werden können. Dabei wird auch zu Tage treten, inwiefern das hier entwickelte Haftungssystem in der praktischen Rechtsanwendung zu anderen Ergebnissen leitet als bisherige Lösungsansätze.

1 Der Befund von K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  1, der von verwirrender Kasuistik spricht, besitzt auch heute noch Gültigkeit. 2 Vgl. auch Kirsch, S.  2 sowie Konietzko, S.  28 f., denen es insoweit an einer einheitlichen Linie fehlt.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung 1.  Die Einbuchung a)  Begriffsbestimmung und Abgrenzung Als „Einbuchung“ wird im Gesellschaftsrecht der Fall bezeichnet, dass einem Ge­ sellschafter – gemäß einer entsprechenden gesellschaftsvertraglichen Vereinbarung – ein Betrag auf seinem Kapitalkonto gutgeschrieben wird, obwohl er die Aktiva der Gesellschaft nicht gemehrt hat; dass zu seinen Gunsten gleichwohl eine Gutschrift vorgenommen wird, ist indes darauf zurückzuführen, dass ein der Gutschrift ent­ sprechender Betrag von dem Kapitalkonto eines anderen Gesellschafters abgebucht worden ist.3 Es geht also um einen Buchungsvorgang, der einen Betrag von dem Kapitalkonto eines Gesellschafters auf das Kapitalkonto eines anderen Gesellschaf­ ters verschiebt. Praktische Bedeutung erlangt die Konstruktion der Einbuchung vor allem im Bereich der vorweggenommenen Erbfolge, also zum Zwecke der unentgelt­ lichen4 Zuwendung von Gesellschaftsanteilen5 an potentielle Erben unter Lebenden. Hintergrund sind häufig erbschafts- und einkommensteuerliche Erwägungen. Abzugrenzen ist die Einbuchung zunächst von der Überbewertung einer Sachein­ lage. Während im Falle der Überbewertung einer Sacheinlage nicht nur eine Gut­ schrift auf dem Kapitalkonto des betreffenden Gesellschafters in Höhe des für den Einlagegegenstand in der Bewertungsvereinbarung festgesetzten Betrages, sondern auch eine bilanzielle Aktivierung in eben dieser Höhe erfolgt, fehlt es im Falle der Einbuchung gerade an letzterer Komponente:6 Selbst, wenn der objektive Wert der eingebrachten Sacheinlage hinter dem in der gesellschaftsvertraglichen Bewer­ tungsvereinbarung festgesetzten Betrag zurückbleibt, wird in Einbuchungsfällen der Einlagegengenstand lediglich in Höhe seines objektiven Wertes aktiviert. Die ungedeckte, über den objektiven Wert des Einlagegenestandes hinausgehende Ein­ buchung geht dann zu Lasten der Kapitalbeteiligung der übrigen Gesellschafter.7 3  Vom diesem Begriff der Einbuchung geht auch Huber, S.  200 aus; bisweilen wird, wie etwa bei BGH, ZIP 1984, 49 (Tz.  25), auch der Begriff „Umbuchung“ verwendet, ohne dass damit je­ doch ein abweichendes Begriffsverständnis verbunden wäre; einen weiter gefassten Einbuchungs­ begriff hingegen vertritt Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (724, 737), der auch Abbuchungen vom Privat­ konto des abgebenden Komplementärs miteinbeziehen will, dabei jedoch verkennt, dass in diesen Fällen keine, die besondere Einbuchungsproblematik begründende Minderung des Eigenkapitals der KG, sondern lediglich ein einfacher Anwendungsfall des §  267 I BGB vorliegt; in dieselbe Richtung wie Tillkorn offenbar bereits K. Schmidt, BB 1990, 1992 (1993). 4  Zu den – bei einer KG selteneren – Fällen einer entgeltlichen Einbuchung vgl. Huber, S.  202 ff.; zu den aus der Kollision von Gesellschafts- und Schenkungsrecht resultierenden Frage­ stellungen s. K. Schmidt, BB 1990, 1992 ff. 5  Zu der grundsätzlich nicht anders zu behandelnden Aufnahme eines Kommanditisten in ein bisher allein betriebenes Handelsgeschäft näher Huber, S.  202. 6  Huber, S.  210. 7  Huber, S.  210.

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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Auch von der Übertragung eines (ggf. voll eingezahlten) Kommanditanteils sind die Fälle der Einbuchung zu unterscheiden. So wird im Falle der Übertragung eines Kommanditanteils gerade keine neue Kapitalbindung iSd §  172 IV HGB geschaf­ fen.8 Anders als bei einer Einbuchung unterliegt das dem empfangenden Gesell­ schafter zuzuschreibende Kapital also bereits unmittelbar vor seiner Übertragung den besonderen Sicherungsmechanismen des Kommanditgesellschaftsrechts.9 Aus dem soeben Ausgeführten folgt zugleich, dass die Umwandlung einer Kom­ plementärbeteiligung in eine Kommanditbeteiligung hingegen einen Fall der Einbu­ chung darstellt: Bereits vorhandenes Kapital wird der Bindung des §  172 IV HGB unterworfen, nachdem es von dem Kapitalkonto eines Komplementärs auf das Ka­ pitalkonto eines Kommanditisten übertragen worden ist.10 Dass Komplementär und Kommanditist in diesem Sonderfall personenidentisch sind, ist unerheblich. Entscheidend ist vielmehr der Wechsel der rechtlichen Stellung, sodass es auch hier zutreffend erscheint, von einer Einbuchung durch einen anderen Gesellschafter zu sprechen.11 b)  Haftungsbefreiende Wirkung In Bezug auf den Vorgang der Einbuchung besteht vor allem die Frage, inwiefern ihm haftungsbefreiende Wirkung zugebilligt werden, die Einbuchung mithin als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gedeutet werden kann, wenn es sich bei dem empfangenden Gesellschafter um einen Kommanditisten und dem abgebenden Gesellschafter um einen Komplementär derselben KG handelt. Die Beantwortung dieser Frage ist für das praktische Rechtsleben vor allem deshalb von hoher Rele­ vanz, weil erst eine haftungsbefreiende Wirkung die vorweggenommene Erbfolge in Gestalt der Einbuchung als wirklich attraktiv erscheinen lässt.12 Gleichwohl ist namentlich Steckhan zu dem Ergebnis gelangt, eine Einlage könne dann keine haftungsbefreiende Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB zeitigen, wenn sie aus dem Privatvermögen eines Komplementärs derselben KG bzw. des bisherigen Alleininhabers des Unternehmens für den Kommanditisten erbracht werde.13 In derartigen Konstellationen sei das Gesellschaftsvermögen zwar vergrößert, gleich­ 8 

Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  18. dieses Unterschieds fehlt es schon an dem Vorliegen einer Einbuchung und nicht lediglich an dem Bedürfnis für eine solche, wie Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (725) meint. 10 Wenn K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  45 meint, es liege in derarti­ gen Fällen „eine schlichte Umbenennung des Kapitalkontos“ vor, scheint er diesen wesentlichen Aspekt zu übersehen. 11  Ebenso wohl auch Huber, S.  200, der von einer Einbuchung durch die „übrigen Gesellschaf­ ter“ spricht; anders hingegen Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (724). 12  Darauf weist auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  36 zutreffend hin. 13  Steckhan, DNotZ 1974, 69 (71 f.); unklar hingegen bleibt, ob auch Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1045) dieser Auffassung nahe steht, der zwar betont, es sei für die Kommanditistenhaftung wesentlich, dass gerade der Kommanditist erkläre, „er wolle der Gesell­ 9  Aufgrund

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

zeitig aber das Vermögen des Komplementärs um denselben Betrag verringert wor­ den.14 Der Lösungsansatz Steckhans basiert also auf einer einheitlichen Betrach­ tung von KG- und Komplementärvermögen, die – konsequent zu Ende gedacht – nichts anderes als eine Relativierung des hergebrachten Dogmas von der strengen Trennung beider Vermögensmassen bedeutet.15 Primär zurückzuführen ist diese Rechtsauffassung auf eine Rechtsprechung des BGH, die auf eine einheitlichere Betrachtung beider Vermögensmassen hingedeutet hat.16 Zwar behandelt Steckhan explizit nur den Fall eines Vermögenszuflusses aus dem Privatvermögen des Kom­ plementärs bzw. früheren Alleininhabers und damit eigentlich gerade keinen Fall der Einbuchung im Sinne der oben zugrunde gelegten Definition. Nach seiner Rechtsauffassung müsste aber eine haftungsbefreiende Wirkung a fortiori ausge­ schlossen sein, wenn die eingebuchte Summe gar dem Kapitalkonto des Komple­ mentärs und somit dem Bereich des KG-Eigenkapitals entstammt.17 Steckhans Standpunkt, der schon zur Zeit seiner Entwicklung der allgemeinen Auffassung entgegen stand,18 hat sich im wissenschaftlichen Schrifttum nie durch­ setzen können. Vielmehr wird den Fällen der Einbuchung nach wie vor ganz allge­ mein haftungsbefreiende Wirkung zuerkannt.19 Auch der BGH hat nur kurze Zeit nach der Entscheidung, auf die sich Steckhan in seinen Ausführungen maßgeblich stützt,20 klar zu erkennen gegeben, dass er die anerkannte Lehre von den getrenn­ ten Vermögensmassen keineswegs aufzugeben beabsichtigt und an der haftungsbe­ freienden Wirkung der Einbuchung festhält.21 Jener von Rechtsprechung22 und Schrifttum vertretenen Auffassung steht auch die Vorschrift des §  172 III BGB nicht entgegen, die einen Erlass der Einlage gegenüber den KG-Gläubigern für un­ wirksam erklärt. Zwar könnte man auf den ersten Blick die Einbuchung als einen Anwendungsfall des §  172 III HGB betrachten und müsste in der Folge zu dem Er­ gebnis kommen, ihr die haftungsbefreiende Wirkung abzusprechen. Indes wäre schaft entweder eine Vermögenseinlage oder sein Haftungsreservoir bieten“, diesen Gedanken aber nicht weiter ausführt. 14  Steckhan, DNotZ 1974, 69 (72). 15  Steckhan, DNotZ 1974, 69 (78) selbst spricht von einer Relativierung dieser allgemein aner­ kannten Lehre. 16  BGHZ 61, 149 (Tz.  8). 17  Man könnte die eigentliche Konstellation der Einbuchung wohl unter die Fälle fassen, in denen Steckhan, DNotZ 1974, 69 (71) die Einlage als „irgendwie aus Gesellschaftsmitteln“ er­ bracht und daher nicht haftungsbefreiend ansieht. 18  Vgl. die Nachweise bei Steckhan, DNotZ 1974, 69 (72) unter Fn.  9. 19  Statt vieler Huber, S.  201 f.; Günter, S.  42; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  36 f., 99; Kirsch, S.  53; Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  18; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  7. 20  BGHZ 61, 149. 21  BGHZ 61, 25 (Tz.  19 f.); noch deutlicher wird der BGH später, wenn er in BGHZ 93, 246 (Tz.  12) explizit betont, das in BGHZ 61, 149 gefundene Ergebnis betreffe lediglich einen „Sonder­ fall“. 22  Als maßgebliche Entscheidungen auf OLG-Ebene seien OLG Düsseldorf, GmbHR 1959, 114 (Ls. 1) sowie OLG Köln, OLGZ 1976, 306 (308) genannt.

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eine solche Sichtweise deshalb verfehlt, weil im Falle einer Einbuchung der KG tatsächlich Vermögensgegenstände für Rechnung des Kommanditisten zugeführt werden. Dass unmittelbar zuvor Vermögen aus der KG abgezogen worden ist, spielt keine Rolle. Denn §  172 III HGB ist nur einschlägig, wenn es an einem tatsächlichen Zufluss wirtschaftlicher Werte bei der KG gänzlich mangelt. Das Fehlen einer haf­ tungsbefreienden Wirkung der Einbuchung lässt sich folglich aus §  172 III HGB nicht ableiten.23 Ferner ist ohne Zweifel, dass §  171 I Hs.  2 HGB seinem Wortlaut nach nicht voraussetzt, der Kommanditist habe die Einlage höchstpersönlich oder aus eigenen Mitteln zu erbringen.24 So werden auch – soweit nicht eine persönliche Leistungspflicht des Kommanditisten vereinbart ist – Fälle, in denen der Komple­ mentär dem Kommanditisten den zur Einlageleistung notwendigen Betrag in bar aushändigt und letzterer diesen in die Gesellschaftskasse einzahlt,25 oder Fälle, in denen der Komplementär den notwendigen Betrag nach §  267 I BGB für den Kom­ manditisten an die Gesellschaft zahlt, ganz allgemein für haftungsbefreiend gehal­ ten.26 Es liegt nahe, dass nichts anderes gelten kann, wenn der Komplementär den Vorgang der Einlageleistung lediglich abkürzt, indem er den betreffenden Betrag direkt von seinem Kapitalkonto auf das Kapitalkonto des begünstigten Kommandi­ tisten überweist.27 In Anbetracht des Umstands, dass in Einbuchungsfällen prima facie keine Mehrung der Vermögensmassen zugunsten der KG-Gläubiger einzutre­ ten scheint, bedarf die haftungsrechtliche Billigung der Einbuchung jedoch weiterer Begründung. Diese wird vor allem in dem Aspekt gesucht, dass durch Einbuchung eine Kapitalbindung iSd §  172 IV HGB begründet, also ungebundenes Vermögen in gebundenes Vermögen überführt werde, was ausreichenden Gläubigerschutz be­ deute.28 Kapitalaufbringung umfasse demnach im Recht der KG nicht notwen­ digerweise auch Kapitalzuführung.29 Hinter diesem Gedanken verbirgt sich ein ­theoretisches Verständnis des §  171 I Hs.  2 HGB, welches das Kriterium der Kapi­ talzuführung nicht als unabdingbare Voraussetzung der Haftungsbefreiung betrach­ tet, sondern, wie die Behandlung der Einbuchungsfälle zeigt, bereit ist, auf das Kri­ terium zu verzichten, wo dies notwendig erscheint. Es stellt sich indes die Frage, ob die Fallgruppe der Einbuchung tatsächlich den Nachweis dafür erbringt, dass auf eine Kapitalzuführung als Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB bisweilen verzichtet werden kann, ja verzichtet werden muss, um 23 Ebenso

Petzoldt, DNotZ 1975, 529 (534 f.); Günter, S.  40. Huber, S.  201 f.; Günter, S.  39; Kirsch, S.  53. 25  Statt vieler Huber, S.  202, Günter, S.  40. 26 Statt vieler Huber, S.  202; Kirsch, S.  53; anders beurteilt dies, soweit ersichtlich, allein Steckhan, DNotZ 1974, 69 (71 f.), der seine ablehnende Haltung nicht auf Fälle der Einbuchung beschränkt, sondern auch Leistungen aus dem Privatvermögen des Komplementärs die haftungs­ befreiende Wirkung aberkennt. 27  Huber, S.  202; Kirsch, S.  53. 28  Besonders deutlich Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  7. 29 Pointiert K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (319 f.); ders., Einlage und Haftung, S.  36, 100; Kirsch, S.  54. 24 

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

zu einer haftungsbefreienden Wirkung des Vorgangs zu gelangen. Wäre diese Frage zu bejahen, stünde dies in scharfem Widerspruch zu dem hier entwickelten Modell, das die Kapitalzuführung als unverzichtbares, streng durchzuhaltendes Kriterium des §  171 I Hs.  2 HGB ausgewiesen hatte [s. oben B. III. 3. b) bb) (1)]. Um die zutref­ fende Antwort zu finden, bedarf es einer eingehenden Betrachtung des Einbu­ chungsvorgangs. Dessen dogmatische Einordnung ist bisher kaum thematisiert, geschweige denn geklärt worden. Es ist daher zunächst insofern Aufklärungsarbeit zu leisten. Ein erster denkbarer Ansatz wäre, die Einbuchung als Umwidmung der bisherigen Komplementäreinlage zugunsten des Kommanditisten, also im Sinne des nachträglichen Setzens einer Tilgungsbestimmung zu deuten.30 Denn insbe­ sondere die Vorschrift des §  139 I HGB könnte auf die Möglichkeit einer (teilwei­ sen) Neuzuordnung einer bereits geleisteten Einlage hindeuten. Allerdings steht dem die Vorschrift des §  130 I BGB entgegen, die eine spätere Änderung einer be­ reits erfolgten Leistungszuordnung nicht gestattet.31 Ferner könnte man die Einbu­ chung auch als (teilweisen) Austritt des Komplementärs aus der KG deuten; die Konsequenz wäre ein Abfindungsanspruch des Komplementärs nach §§  161 II, 105 III HGB, 738 I 2 BGB, mit dem der Komplementär im Wege der Drittaufrechnung oder der Kommanditist nach Abtretung durch den Komplementär gegen die Einla­ geforderung der KG aufrechnen könnte; der Abfindungsanspruch könnte auch als Sacheinlagegegenstand durch den Komplementär für Rechnung des Kommanditis­ ten an die KG abgetreten werden.32 Indes erscheint die Annahme eines (Teil-)Aus­ tritts als konstruiertes Modell, das kaum den Vorstellungen der Parteien entspre­ chen dürfte.33 Teilweise ist die Einbuchung auch als Sacheinlage in Gestalt eines Gesellschaftsanteils des abgebenden Komplementärs verstanden worden.34 Allge­ meine Gültigkeit kann indes auch dieser Ansatz nicht beanspruchen, wie die Kon­ stellation der Umwandlung eines Komplementär- in einen Kommanditanteil zeigt: Um die Kommanditeinlage in Form seines vormaligen Komplementär-Gesell­ schaftsanteils erbringen zu können, müsste der Komplementär zumindest für eine logische Sekunde Kommanditist sein; dies ist ihm aber nicht möglich, da mit dem Wechsel der rechtlichen Stellung sein Komplementäranteil unmittelbar aufhört zu existieren und eine Vereinigung von Komplementär- und Kommanditanteil in einer Hand nach ganz überwiegender Ansicht35 ausgeschlossen ist.36 Tillkorn schließ­ lich vertritt die These, die Einbuchung sei als Sacheinlage in Form des Anteils des 30  Vgl. zu diesem Gedanken Buchner, DNotZ 1988, 467 (474 f.); Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (731 f.). 31  Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (732). 32  Vgl. zu diesem Ansatz Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (732 f.). 33  Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (733). 34  So jedenfalls dürfte BGHZ 101, 123 (Tz.  15) zu verstehen sein, wenn Gesellschaftsanteile neben die Erbringung „anderer Sacheinlagen“ gestellt werden; ebenso Buchner, DNotZ 1988, 467 (468 f.). 35  Statt vieler Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  161 [Stand: 1.4.1987] Rn.  38 mwN. 36  Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (734 f.).

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Komplementärs an dem Gesellschaftsvermögen als solchem, d. h. in Form des An­ teils iSd §  719 BGB aufzufassen.37 Dabei verkennt Tillkorn jedoch die Reichweite des Verbots des §  719 Hs.  1 Alt.  1 BGB, das über §§  161 II, 105 III HGB auch im Recht der Kommanditgesellschaft Geltung beansprucht und den Gesellschaftern untersagt, über ihren Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verfügen. Wechselt der Anteil den Gesellschafter, indem er von dem abgebenden Komplementär auf den empfangenden Kommanditisten übergeht, bedeutet dies eine Abspaltung der Ge­ samthandsberechtigung von der ursprünglichen Gesellschafterstellung, was §  719 Hs.  1 Alt.  1 BGB gerade zu verhindern sucht.38 Auch dieser Deutungsversuch ver­ mag folglich nicht zu überzeugen. Es sei daher an dieser Stelle eine Qualifikation der Einbuchung vorgeschlagen, welche die Einbuchung als zweistufigen Vorgang begreift. Die erste Stufe bildet da­ bei, unabhängig davon, wie die Kapitalkonten der Gesellschafter ausgestaltet sind,39 die Geltendmachung des gewinnunabhängigen Entnahmerechts durch den Komplementär, also das „Erheben“ iSd §§  161 II, 122 I Alt.  1 HGB. Dieses ist nur insoweit zulässig40, als der entnehmende Komplementär zu der Entnahme auch berechtigt ist.41 Da sich gerade in Einbuchungsfällen der zu entnehmende Betrag oberhalb der Vier-Prozent-Grenze des §  122 I Alt.  1 HGB bewegen dürfte, kommt hier einer – grundsätzlich nach §§  161 II, 109 Hs.  2 HGB zulässigen42 – abweichen­ den Gestaltung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Zustimmung aller Gesellschaf­ ter43 entscheidende Bedeutung zu. Die Wirkung des „Erheben[s]“ seitens des Kom­ plementärs besteht zunächst in einer entsprechenden Belastung seines Kapitalkon­ tos (§  120 II Hs.  2 Alt.  2 HGB). Da der erhobene Betrag aufgrund der beabsichtigten Einbuchung nicht zur Auszahlung an den Komplementär gelangen soll, ist er so­ dann dem Privatkonto des Komplementärs gutzuschreiben.44 Die Konsequenz ist eine gegen die KG gerichtete Forderung des Komplementärs in entsprechender Höhe. Der erhobene Betrag hat in diesem Moment die Sphäre des KG-Vermögens verlassen und ist in das Privatvermögen des Komplementärs übergetreten. Die zwei­ te Stufe besteht nunmehr darin, dass der abgebende Komplementär die gegen die

37 

Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (735 f.). Statt vieler Schäfer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  719 Rn.  2. 39  Vgl. zu der Unterscheidung von Kapitalkonto I und Kapitalkonto II sowie zu weiteren ge­ sellschaftsvertraglichen Gestaltungen die Ausführungen bei Huber, ZGR 1988, 1 (42 ff.); Tillkorn, DNotZ 2014, 724 (727 ff.); Baßler, S.  115 ff.. 40 Zu Recht weist Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2863 [Stand: 9/2014] darauf hin, dass eine unzulässige Entnahme mangels Wirksamkeit im Ergebnis nicht zu einer Haftungsbefreiung durch Einbuchung führen kann. 41  Für den Fall der Einbuchung ebenso Petzoldt, DNotZ 1975, 529 (535); BGHZ 61, 25 (Tz.  20). 42  Statt sehr vieler Ehricke, in: Joost/Strohn, HGB, §  122 Rn.  50. 43 Mit dem Hinweis auf diese Möglichkeit etwa Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2863 [Stand: 9/2014]; Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  44. 44  Zu der im Ergebnis klar zu bejahenden, hier indes nicht näher zu erörternden Frage, ob dies zulässig ist s. Ehricke, in: Joost/Strohn, HGB, §  122 Rn.  27 mwN zum Streitstand. 38 

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

KG gerichtete Forderung an die KG mit der Tilgungsbestimmung abtritt45, die Ein­ lage für den empfangenden Kommanditisten erbringen zu wollen. Auf diese Weise leistet der Komplementär gem. §  267 I BGB die Einlage für Rechnung des Kom­ manditisten.46 Dabei liegt auf der Hand, dass die gegen die KG gerichtete Forderung mit dem Übergang auf die KG durch Konfusion erlischt. Näherer Betrachtung be­ darf jener zweiter Schritt der Einbuchung aber im Hinblick auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen er auch die beabsichtigte haftungsbefreiende Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB hervorruft. Zunächst ist nach dem hier entwickelten Ansatz, der das Prinzip der objektiven Vermögensdeckung als unabdingbare Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB begreift [s. oben B. III. 3. b) aa) (3)], zu untersuchen, inwie­ fern der KG durch die Abtretung, die unzweifelhaft einen Anwendungsfall der Sa­ cheinlage darstellt, ein tatsächlicher wirtschaftlicher Wert zugeführt wird.47 Es kommt mithin entscheidend darauf an, inwieweit die der KG abgetretene Forderung objektiv vollwertig48 ist. Ferner ist darauf zu achten, dass gerade die Einlagever­ bindlichkeit des Kommanditisten als causa der Abtretung der Forderung angesehen werden kann. Dann ist gewährleistet, dass auch die zweite nach dem hier entwickel­ ten Ansatz an §  171 I Hs.  2 HGB gestellte Anforderung [B. III. 3. b) aa) (2)] einge­ halten ist. Der Gesellschaftsvertrag muss mithin so gestaltet sein, dass in Ansehung der abgetretenen Forderung der KG ein solcher Vermögensgegenstand zugeführt wird, den ihr der Kommanditist aufgrund seiner Einlageverbindlichkeit auch schul­ dete. Selbst, wenn sich der Gesellschaftsvertrag nicht in diesem Sinne auslegen las­ sen sollte, kann die Abtretung unter den Voraussetzungen des §  364 I BGB indes Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB sein. Sind beide Anforderungen, Vollwertig­ keit und Vorhandensein einer entsprechenden Einlageverbindlichkeit bzw. Annah­

45  Diesen Abtretungsvorgang hat bislang, soweit ersichtlich, einzig von Falkenhausen, DStR 1992, 186 (187) identifiziert; in eine ähnliche Richtung gehen auch BGHZ 81, 82 (Tz.  7) sowie Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  40, die allerdings ungenau von einer Ver­ fügung über den Kapitalanteil sprechen. 46  Eine gänzlich andere Deutung findet sich bei K. Schmidt, ZGR 1989, 445 (459), der die Ein­ buchung als Vollzug eines KG-Vertrages begreift, der den Kommanditisten lediglich zum Halten einer Einlage bei der Gesellschaft, nicht jedoch zum Erbringen derselben verpflichtet, und aus diesem Grund das Vorhandensein einer Einlageschuld gänzlich abstreitet. 47  Insofern befindet sich die hier vorgestellte Lösung im Einklang mit Schrifttum und Recht­ sprechung, die eine wertmäßige Deckung des eingebuchten Betrages fordern; vgl. statt vieler ­Huber, S.  214; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  36, 99; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  7; zu den Fragen, ob dabei auch stille Rücklagen miteinzubeziehen sind, und, ob die haftungsbefreiende Wirkung auch im Falle eines negativen Kapitalkontos des Komplementärs eintreten kann, s. K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  44 f. mwN. 48  Nach BGHZ 90, 370 (Tz.  11); OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870) liegt Vollwertigkeit ei­ ner gegen eine KG gerichteten Forderung nur vor, wenn die KG in der Lage ist, sämtliche gegen sie gerichteten fälligen Forderungen zu erfüllen. Es kommt dabei nach BGHZ 95, 188 (Tz.  40) nur auf die Vermögenslage der KG an und spielt keine Rolle, ob die Forderungen bei einem Kommanditis­ ten realisiert werden könnten.

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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me an Erfüllungs statt, eingehalten, ist der Einbuchung haftungsbefreiende Wir­ kung nach §  171 I Hs.  2 HGB zuzuerkennen. Dem eingangs dargestellten Standpunkt Steckhans ist mithin auch auf dem Bo­ den des hier zu §  171 I Hs.  2 HGB entwickelten theoretischen Modells jedenfalls im Ergebnis nicht zuzustimmen. Gleichwohl hat die soeben vorgenommene Untersu­ chung der Fallgruppe der Einbuchung erwiesen, dass eine zentrale theoretische Prä­ misse Steckhans völlig zutrifft: Kapitalaufbringung muss auch im Recht der Kom­ manditgesellschaft stets mit Kapitalzuführung einhergehen, um nach §  171 I Hs.  2 HGB eine haftungsbefreiende Wirkung zugunsten des Kommanditisten hervorzu­ rufen. Denn in Gestalt der durch Konfusion erloschenen KG-Verbindlichkeit wird die KG von einem Passivposten befreit, was dem Hinzutreten eines Aktivpostens bei wirtschaftlicher Betrachtung völlig gleichzustellen ist. Die Analyse des Einbu­ chungsvorganges zeigt also, dass es für §  171 I Hs.  2 HGB auch in dieser besonderen Fallgestaltung eben nicht genügt, wenn man auf eine Mittelzuführung „von außen“ verzichtet49 und allein auf die Herstellung einer Kapitalbindung iSd §  172 IV HGB abstellt.50 Vielmehr erweist die nähere Untersuchung der Einbuchung, dass auch in dieser Konstellation, namentlich in Gestalt der gegen die KG gerichteten Forderung, ein Vermögenswert aus der gesellschaftsexternen Sphäre in das Vermögen der Ge­ sellschaft eingebracht werden muss, um zugunsten des Kommanditisten die haf­ tungsbefreiende Wirkung des §  171 I Hs.  2 HGB hervorzurufen. Dass dieser wirt­ schaftliche Wert – bzw. exakt: sein Pendant in Gestalt eines entsprechenden Betra­ ges auf dem Kapitalkonto eines Komplementärs – zuvor dem Vermögen der KG entnommen worden ist, schadet nicht.51 Dies im Sinne der Auffassung Steckhans gegenteilig zu beurteilen, liefe auf eine Überspannung der Anforderungen hinaus, die §  171 I Hs.  2 HGB an die den Gläubigern insgesamt zur Verfügung stehende Gesamthaftungsmasse – gemeint ist die Summe aus KG-Vermögen, Außenhaftungs­ beträgen der Kommanditisten und Privatvermögen der Komplementäre – stellt. So handelt es sich bei der Gesamthaftungsmasse der KG nicht um einen Fixbetrag, sondern um eine variable Größe, die sich insgesamt auch vermindern kann und in ihrem konkreten Bestand den KG-Gläubigern keineswegs garantiert ist.52 Damit liefern die Fälle der Einbuchung ein erstes Indiz für die Richtigkeit der hier aufgestellten, der ganz überwiegenden Auffassung im Schrifttum53 widersprechen­ den These, dass jede haftungsbefreiende Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB – ganz im kapitalgesellschaftsrechtlichen Sinne (§§  19 II GmbHG, 66 I AktG) – stets von realer Kapitalzuführung durch den Kommanditisten abhängig ist. Denn wie die 49 

So aber statt mehrerer Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  42. zu diesem Gedanken statt mehrerer Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  7. 51  In diesem Sinne wohl auch Petzoldt, DNotZ 1975, 529 (534), nach dem der Gesellschaft auch Vermögen zufließen könne, das ihr zuvor entzogen worden ist. 52  Petzoldt, DNotZ 1975, 529 (536). 53  Zuletzt eingehend und mit weiteren Nachweisen zum Schrifttum Kirsch, S.  52 ff. 50 Vgl.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

genaue Betrachtung des Einbuchungsvorganges erwiesen hat, bewirkt die Ein­ buchung zugunsten eines Kommanditisten im Ergebnis nichts anderes als die von der GmbH bereits bekannte Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen iSd §  56 GmbHG.54

2.  Die Aufrechnung mit einer gegen die KG gerichteten Forderung Der Gedanke, dass es dem Kommanditisten im Grundsatze möglich sein muss, sei­ ne Einlageverbindlichkeit durch Aufrechnung mit einer eigenen, gegen die KG ge­ richteten Forderung zu vermindern, ist bereits vor Inkrafttreten des BGB durch das Reichsgericht55 gefasst worden und ergibt sich heute ohne weiteres aus §§  387 ff. BGB. Klar dürfte dabei sein, dass eine Aufrechnung nach Vorgabe des §  387 BGB nur zulässig ist, soweit die betreffenden Forderungen ihrem Gegenstand nach gleichartig sind. Sofern die jeweilige Forderung des Kommanditisten in einem Zah­ lungsanspruch besteht – dies dürfte der in der Praxis bedeutsamste Fall sein – folgt daraus, dass eine Aufrechnung nur gegen eine Geldeinlageforderung der KG mög­ lich ist.56 Die Aufrechnungsmöglichkeiten dergestalt zu begrenzen, ist auch folge­ richtig, führt man sich vor Augen, dass die Aufrechnung eine noch nicht erbrachte, geschuldete Leistung surrogiert. Geschuldet ist von dem Kommanditisten gegen­ über der KG aber gerade seine Einlage. Dementsprechend kann eine haftungsbefrei­ ende Einlageleistung durch den Kommanditisten nach der ausdrücklichen gesetzli­ chen Anordnung des §  171 I Hs.  2 HGB nur eintreten, soweit „die Einlage“ geleistet wird. Auch im Rahmen der Aufrechnung wirkt die Einlageverbindlichkeit also als maßgebliches Haftungskorrektiv fort [s. eingehend oben B. III. 3. b) aa) (2)]. In Anbetracht der grundsätzlichen Trennung der Innen- und Außenrechtsbezie­ hungen des Kommanditisten [s. oben B. I.] ist es jedoch unerlässlich, in Bezug auf die Wirkung dieser Aufrechnung exakt zu differenzieren: Während zu einer um­ fangmäßigen Einschränkung der Aufrechnungswirkung allein mit Blick auf das Innenverhältnis wegen dessen fehlender direkter Relevanz für die KG-Gläubiger grundsätzlich kein Anlass besteht,57 verbietet das im Außenverhältnis unmittelbar 54  Zu der Konstruktion einer Kapitalerhöhung iSd §  56 GmbHG durch Abtretung einer gegen die Gesellschaft gerichteten Forderung statt mehrerer Lieder, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  56 Rn.  19 ff.. 55  RG, Gruchot 26 (1882), 718 (718 f.); vgl. für die Zeit nach Inkrafttreten des BGB RG, Hold­ hMschr. 14 (1905), 199 (199); RGZ 63, 265 (266); RG, JW 1907, 275 (275). 56  Ein Überblick, welche Forderungen nach dem maßgeblichen Kriterium der Verkehrsanschau­ ung als einer Zahlungsforderung gleichartig angesehen werden können, findet sich bei Schlüter, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  387 Rn.  30 ff. 57  Statt sehr vieler von Gerkan, in: Goerdeler u. a., FS Kellermann, S.  67 (68); ders., EWiR 1994, 367 (367 f.); Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  50; Sassenrath, in: Westermann/ Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2893 [Stand: 9/2014]; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  48 f.; Horn, in: Heymann, HGB, §  161 Rn.  78, §  171 Rn.  20; vgl. auch schon BGHZ 51, 391 (Tz.  12); un­ klar OLG Hamm, GmbHR 1993, 817 (818) sowie OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870); pauschal für eine Vollwertigkeitsprüfung der Aktivforderung auch im Innenverhältnis einzig Schilling, in:

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Platz greifende Bedürfnis nach hinreichendem Gläubigerschutz eine allzu groß­ zügige Auslegung des §  171 I Hs.  2 HGB. Es ist daher völlig einsichtig, dass die Frage, inwiefern Belange des Gläubigerschutzes der Wirkung einer Aufrechnung als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB Grenzen ziehen, eingehender Erör­ terungen bedarf. a)  Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach Äquivalenz- bzw. Surrogationsgrundsätzen Ein erstes Bedürfnis nach Begrenzung der Aufrechnungswirkung im Außenver­ hältnis wird durch die Gefährdung der Gläubigerinteressen hervorgerufen, die mit einem zwischen der KG und dem Kommanditisten abgeschlossenen Verkehrsge­ schäft verbunden ist, das sich – bewusst oder unbewusst – für den Kommanditisten wirtschaftlich vorteilhaft gestaltet. Konkret geht es vor allem um den Fall, dass sich der Kommanditist im Rahmen eines Verkehrsgeschäfts für eine von ihm an die KG zu erbringende Sach- oder Dienstleistung eine Gegenleistung vertraglich zusichern lässt, die seine eigene Leistung bei objektiver Betrachtung wertmäßig nicht nur un­ erheblich übersteigt – zu denken sei etwa an den Verkauf eines Fahrzeuges im ob­ jektiven Wert von 10.000 € zu einem Kaufpreis von 20.000 €. Freilich ist eine solche Praxis mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie a priori nicht zu beanstan­ den. Auch bietet die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB unmittelbar kein Korrektiv, da die Sach- oder Dienstleistungen des Kommanditisten in den genannten Fällen gerade nicht auf dessen Einlageverbindlichkeit erbracht werden, sondern aufgrund eines Verkehrsgeschäfts in das KG-Vermögen gelangen sollen [s. zur Bedeutung des Rechtsgrundes im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB nochmals B. III. 3. b) aa) (2)]; der Grundsatz der objektiven Vermögensdeckung, der einer Überbewertung von Sach­ einlagen mit Außenwirkung entgegenstehen könnte, ist aber auf Leistungen außer­ halb der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen nicht anzuwenden.58 Indes kann es nicht angehen, dem Kommanditisten in so gelagerten Konstella­ tionen nun mit seiner aus dem Verkehrsgeschäft resultierenden Forderung in voller Höhe die Aufrechnung gegen die Einlageforderung der KG zu gestatten. Denn sonst würde man ihm eine Möglichkeit eröffnen, das Kriterium der objektiven Wert­ deckung [s. zu dessen Herleitung aus kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzipien oben B. III. 3. b) aa) (3)] über den Umweg der Aufrechnung zu umgehen. Daher ist der Aufrechnung mit einer gegen die KG gerichteten Kommanditistenforderung Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  20; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  143; differenzierend zum Fall des Entgegenstehens von Interessen der Mitgesellschafter, für den anderes vereinbart sein kann, von Olshausen, ZGR 2001, 175 (182 ff.); auch ein vollständi­ ges gesellschaftsvertragliches Aufrechnungsverbots kommt in Betracht, wie Haas/Mock, in: Röh­ richt u. a., HGB, §  171 Rn.  50 sowie K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  58 zu Recht bemerken. 58 Ebenso K. Schmidt, JZ 1974, 219 (221).

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haftungsbefreiende Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB nur zuzuerkennen, „sofern und soweit dafür, daß die Gesellschaft Schuldnerin des Kommanditisten wurde, ein Vermögenswert ihr zugeflossen ist“59. Denn nur dann ist die Rechtslage dieselbe, „wie wenn von vornherein dieser Wert zum Zwecke der Erfüllung der Einlagepflicht dem Vermögen der Gesellschaft zugeführt worden wäre“60. Es ist folglich genau darauf zu achten, inwiefern der Kommanditist als Ausgleich für die zu seinen Gun­ sten entstehende Forderung der KG einen tatsächlichen wirtschaftlichen Gegenwert zugeführt hat. Dieser durch das Reichsgericht entwickelte Äquivalenz- 61 bzw. Sur­ rogationsgedanke62 hat auch in der Rechtsprechung des BGH63 sowie im Schrift­ tum64 Widerhall gefunden. Folgt man dem Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedanken, gelangt man gerade in den Konstellationen nicht zu einer Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, in denen mit der zur Aufrechnung herangezogenen Aktivforderung des Kommanditis­ ten kein wirtschaftlicher Gegenwert korrespondiert. Namentlich zu nennen sind insbesondere Fälle, in denen der Kommanditist mit gegen die KG gerichteten (ver­ traglichen oder außervertraglichen) Schadensersatzansprüchen aufrechnen möchte. Denn hier lässt sich kaum behaupten, im Gegenzug dafür, dass die KG Schuldnerin des Kommanditisten geworden ist, sei jener durch den Kommanditisten ein Vermö­ genswert zugewendet worden. Vielmehr ist die Anspruchsentstehung hier allein auf ein rechtserhebliches Fehlverhalten der KG zurückzuführen. Diese – bisweilen ent­ scheidende – Konsequenz aus dem Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedanken ist bis­ lang nicht hinreichend deutlich erkannt worden.65 Der Grund dafür dürfte in der Fehlvorstellung liegen, im Hinblick auf die Summe der KG-Verbindlichkeiten ma­ che es keinen Unterschied, welcher Art die durch Aufrechnung getilgte Gesellschafts­ schuld sei.66 Indes wird man einer derartig weiten Interpretation des Äquivalenzbzw. Surrogationsgedankens nicht zustimmen können, denn sie verkennt die Unter­ schiedlichkeit der wirtschaftlichen Situation, in der sich die KG in Abhängigkeit von der Art der Kommanditistenforderung befindet: Im Falle der Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung wird die KG von ihrer Verbindlichkeit gegenüber dem Kommanditisten befreit und büßt dafür ihre Einlageforderung ein. Im Falle der 59 

RGZ 63, 265 (267). RGZ 63, 265 (267). 61  Begriff von Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1042). 62  Begriff von K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (323); ders., Einlage und Haftung, S.  52 f. 63  BGH, NJW 1976, 418 (419). 64 Insbesondere Ritter, HGB, §  171 Anm.  3 c); Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  11; Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  13, 30; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  15; K. Schmidt, JZ 1974, 219 (221); ders., ZGR 1976, 307 (323); ders., Einlage und Haftung, S.  52 f.; Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1042). 65  Widersprüchlich insbesondere BGHZ 51, 391 (Tz.  11) sowie Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  16, wo einerseits Bezug auf den Gedanken der objektiven Wertzuführung und die Leitent­ scheidung RGZ 63, 265 genommen, andererseits aber explizit auch die Aufrechnung mit einer Schadensersatzforderung des Kommanditisten für haftungsbefreiend gehalten wird. 66  So BGHZ 51, 391 (Tz.  11). 60 

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Aufrechnung mit einer Forderung aus einem gegenseitigen Vertrag verhält es sich hingegen anders. Neben dem Erlöschen der Forderung des Kommanditisten und der Einlageverbindlichkeit ist hier zusätzlich in Rechnung zu stellen, dass der KG be­ reits ein Vermögenswert in Gestalt einer Sach- oder Dienstleistung zugeflossen bzw. zumindest eine entsprechende Forderung erwachsen ist. Es wäre demnach ver­ fehlt, beide Konstellationen gleich zu behandeln. Vielmehr ist dafür zu plädieren, das Reichsgericht beim Wort zu nehmen und eine Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB durch Aufrechnung jedenfalls nur zuzulassen, „sofern und soweit dafür, daß die Gesellschaft Schuldnerin des Kommanditisten wurde, ein Vermögenswert ihr zugeflossen ist“67. Nur dann liegt in dem Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedan­ ken auch ein erstes, wirksames Instrument zur Vermeidung der in Aufrechnungs­ konstellationen zu besorgenden Gefährdung der Gläubigerinteressen.68 b)  Begrenzung der Aufrechnungswirkung nach der Vollwertigkeit der Aktivforderung Eine Gefährdung von Gläubigerinteressen kann auch entstehen, wenn der Kom­ manditist den Zugriff auf sein Privatvermögen zu einer Zeit durch Aufrechnung versperren möchte, in der sich die KG wirtschaftlich in einer schwierigen Lage be­ findet und nicht hinreichend liquide ist. Es bedarf dann sorgfältiger Prüfung, inwie­ fern die wirtschaftliche Lage der KG dem Umfang der Haftungsbefreiung durch Aufrechnung Grenzen zu setzen vermag. aa)  Das Nennwertprinzip als gesetzlicher Ausgangspunkt Nach §  389 BGB bewirkt die – den Voraussetzungen der §§  387 BGB ff. entspre­ chende – Aufrechnung, dass die einander gegenübergestellten Forderungen als er­ loschen gelten, „soweit sie sich decken“. Aus dieser recht prägnanten Wendung leitet man seit jeher einen rechtlichen Grundsatz her, der üblicherweise als Prinzip der Nennwertaufrechnung bezeichnet wird. Gemeint ist der Gedanke, das BGB gehe in Bezug auf den Umfang der Aufrechnungswirkung davon aus, dass die aufgerechne­ ten Forderungen grundsätzlich in Höhe des Wertes erlöschen, auf den sie lauten. Darüber zu streiten, ob §  389 BGB ein derartiger Grundsatz tatsächlich entnommen werden kann oder aber die prägnante Formulierung der Vorschrift lediglich auf eine klarstellende Regelung für den Fall der Aufrechnung mit Forderungen unterschied­ licher Höhe hindeutet, ist hier nicht der Ort. Festzuhalten bleibt lediglich, dass sich seit geraumer Zeit die Ansicht gefestigt hat, in Bezug auf den Umfang der Aufrech­ 67 

RGZ 63, 265 (267). Weder überzeugend noch erforderlich ist hingegen ein derartig enges Verständnis des Äqui­ valenz- bzw. Surrogationsgedankens, das eine haftungsbefreiende Aufrechnung lediglich mit ei­ ner originären, nicht aber mit einer derivativen Forderung des Kommanditisten zulässt; vgl. dazu BGH, NJW 1976, 418 (419) sowie Müßigbrodt, S.  89 ff. 68 

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nungswirkung habe man im Grundsatz den Nennwert der aufgerechneten Forde­ rungen anzusetzen.69 Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass bereits das Reichsgericht für den hier in Rede stehenden Fall der Aufrechnung des Kommanditisten gegen seine Einlageverbindlichkeit die Ansicht vertreten hat, der Wert der gegen die KG gerich­ teten Forderung, den diese im Hinblick auf die Vermögenslage der KG hat, spiele keine Rolle.70 Auf eine sog. Vollwertigkeitsprüfung hat das Gericht demnach aus­ drücklich verzichtet. Einen in Bezug auf die Vollwertigkeitsfrage ebenso großzügigen Standpunkt hat in seiner älteren Rechtsprechung auch der BGH eingenommen. So könne der Kom­ manditist mit einer ihm gegen die KG zustehenden Forderung stets zu deren Nenn­ wert gegen seine Einlageverbindlichkeit aufrechnen, unabhängig davon, welcher Art seine Aktivforderung sei; Voraussetzung sei lediglich, dass die Aktivforderung des Kommanditisten tatsächlich bestehe.71 Der BGH stellt also lediglich auf die Verität der zu Aufrechnungszwecken herangezogenen Aktivforderung des Kom­ manditisten ab, nicht hingegen auf deren Bonität. Als Begründung führt er an, der Kommanditist, der außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen eine Forde­ rung gegen die KG hat, stehe gleichberechtigt neben sonstigen Gläubigern der KG.72 Diese Linie hat der BGH auch später noch aufrechterhalten.73 bb)  Die Vollwertigkeitsprüfung als gesellschaftsrechtliche Besonderheit Basierend auf entsprechenden Stellungnahmen im Schrifttum74 geht der BGH in seiner neueren Rechtsprechung indes gerade den entgegengesetzten Weg und nimmt in Aufrechnungsfällen eine objektive Wertzuführung zugunsten der KG nur inso­ weit an, als die zur Aufrechnung durch den Kommanditisten herangezogene Aktiv­ forderung im Hinblick auf die Vermögenslage der KG vollwertig ist.75 Danach ist der Wert der Verbindlichkeit, von welcher die KG durch die Aufrechnung befreit wird, davon abhängig, inwieweit die KG in der Lage ist, sämtliche gegen sie gerich­ teten fälligen Forderungen zu erfüllen.76 Dass der Kommanditist in der Konsequenz 69  Statt vieler von Olshausen, ZGR 2001, 175 (178); K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  59; Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2889 [Stand: 9/2014]; skeptisch dagegen K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  57. 70  RGZ 63, 265 (267). 71  BGHZ 51, 391 (Tz.  10 f.); ebenfalls ablehnend gegenüber dem Vollwertigkeitserfordernis Konietzko, S.  143 f.; selbst in der Zeit nach der – sogleich zu behandelnden – Rechtsprechungsän­ derung noch gegen eine Vollwertigkeitsprüfung Mundry, S.  26 ff., 29 ff., 42 ff. 72  BGHZ 51, 391 (Tz.  12). 73  BGHZ 61, 59 (Tz.  33). 74  Im Ansatz bereits Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (434); deutlich sodann Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1042 f.); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  48 ff. 75  BGHZ 95, 188 (Tz.  4 4 f.). 76  BGHZ 90, 370 (Tz.  11); OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870); dabei kommt es nach BGHZ 95, 188 (Tz.  40) nur auf die Vermögenslage der KG selbst, nicht aber darauf an, ob die bestehenden Forderungen bei einem Kommanditisten realisiert werden könnten; keine klare Antwort gibt der

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schlechter steht als andere KG-Gläubiger, die mit ihren gegen die KG gerichteten Forderungen stets zum Nennwert aufrechnen können, müsse er „aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung hinnehmen“77. Die eigentliche Bedeutung des Vollwertigkeitsgedankens, gerade in Abgrenzung zum Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedanken, zeigt sich erst, wenn man sich vor Augen führt, welcher elementare Interessenskonflikt hinter der Aufrechnungspro­ blematik steht. Im Kern geht es um die Frage, wer in der Zeit nach der Entstehung der Aktivforderung des Kommanditisten – der Forderung, mit welcher der Kom­ manditist später gegen seine Einlageverbindlichkeit aufrechnen wird – haftungs­ rechtlich das Insolvenzrisiko der KG tragen soll. Lehnt man eine Vollwertigkeits­ prüfung ab, verzichtet man zwar – sofern man auf dem Boden des Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedankens steht – keineswegs auf das Kriterium der objektiven Ver­ mögensdeckung78 und zeigt sich lediglich im Hinblick auf dessen zeitlichen Be­ zugspunkt großzügiger: Soweit der Kommanditist als Gegenwert für die zu seinen Gunsten entstehende Forderung der KG zu irgendeinem Zeitpunkt einen tatsäch­ lichen wirtschaftlichen Wert zugeführt hat, soll dies ausreichen, um ihm auch zu einem späteren Zeitpunkt die Aufrechnung gegen seine Einlageverbindlichkeit mit haftungsbefreiender Wirkung zu gestatten. Man weist bei einer derartigen Betrach­ tungsweise aber das Risiko einer Gesellschaftsinsolvenz implizit den KG-Gläubi­ gern zu, indem diese auch bei fehlender Vollwertigkeit der Aktivforderung eine Haftungsbefreiung des Kommanditisten zum Forderungsnennwert zu akzeptieren haben. Mit anderen Worten: Durch Aufrechnung würde aus einer „schlechten“ For­ derung eine „gute“.79 Der Kommanditist wäre folglich von einer Verantwortung für die (weitere) Solvenz seiner Gesellschaft freigestellt, sofern er nur zu irgendeinem Zeitpunkt der KG einen tatsächlichen wirtschaftlichen Wert zugeführt hat. Fordert man hingegen eine Vollwertigkeitsprüfung, weist man das Insolvenzrisiko dem Kommanditisten zu, indem man diesen nur insofern von der Haftung freistellt, als seine Aktivforderung im Aufrechnungszeitpunkt auch vollwertig ist. Ein erstes Ar­ gument zur Lösung des Interessenkonfliktes ist zügig gefunden, beurteilt man die Problematik unter dem Gesichtspunkt der jeweiligen Einfluss- und Verantwor­ tungssphären: Das Insolvenzrisiko der KG liegt evident außerhalb des Verantwor­ tungsbereichs gesellschaftsexterner KG-Gläubiger; diese haben, abgesehen von ih­ BGH auf die Frage, ob zumindest das Leistungsvermögen der Komplementäre relevant sein soll, scheint insoweit aber eher zurückhaltend zu sein, wenn er bei BGHZ 90, 370 (Tz.  11) ausschließ­ lich auf „das Vermögen der Gesellschaft“ abstellt und bei BGHZ 95, 188 (Tz.  40) lediglich „An­ sprüche auf ausstehende Einlagen“, nicht aber das Vermögen der Komplementäre als solches in die Betrachtungen einbezieht. 77  BGHZ 95, 188 (Tz.  4 4). 78  Eine Haftungsbefreiung des Kommanditisten wird bei RGZ 63, 265 (267) grundsätzlich nur angenommen, soweit ein „entsprechender Betrag in barem Gelde oder sonstigen Werten der Ge­ sellschaft wirklich zugeflossen ist“. 79  Diese sehr plastische Formulierung geht zurück auf K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (321); ders., Einlage und Haftung, S.  48.

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rer Mitwirkung an der Gestaltung der mit der KG geschlossenen Verträge, keinen nennenswerten Einfluss auf Entstehung und Beseitigung einer Insolvenzgefahr für die Gesellschaft. Ganz im Gegensatz dazu verfügt der Kommanditist – in Abhän­ gigkeit von der konkreten Stellung, die ihm der Gesellschaftsvertrag zuweist – zwar häufig nur über reduzierte, gleichwohl aber hinreichende Möglichkeiten, auf die Geschicke der KG Einfluss zu nehmen. Zumindest ist er in jedem Fall80 aufgrund seiner Informationsrechte aus §  166 HGB befähigt, sich über die Lage der KG um­ fassend zu informieren. Der Kommanditist hat demnach wenigstens einen entschei­ denden Wissensvorsprung gegenüber den gesellschaftsexternen KG-Gläubigern, denen grundsätzlich keinerlei Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse der KG gewährt ist. Dann ist es letzteren aber auch nicht zuzumuten, zu irgend­einem Zeit­ punkt das Risiko der Gesellschaftsinsolvenz in einem gegenüber dem allgemeinen Ausfallrisiko höheren Maße tragen zu müssen. Diese Risikoverteilung erweist sich auch auf dem Boden des hier entwickelten kapitalgesellschaftsrecht­lichen Ver­ ständnisses des §  171 I Hs.  2 HGB als richtig. Denn danach kommt es für die Fest­ stellung des objektiven Wertes einer Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB81 maß­ geblich auf den Zeitpunkt der Überlassung des betreffenden Vermögensgegenstan­ des an die Gesellschaft an, sofern diese nicht vor der Anmeldung der Gesellschaft zur Eintragung in das Handelsregister erfolgt. Dies resultiert besonders deutlich aus §  19 IV 3 GmbHG sowie §  27 III 3 AktG, also den Vorschriften, denen der Gedanke der objektiven Wertdeckung am deutlichsten entnommen werden kann [s. oben B. III. 3. b) bb) (3)]. „Überlassen“ in diesem Sinne ist der KG aber die Befreiung von einer Verbindlichkeit in dem Moment, in welchem die betreffende KG-Verbindlich­ keit durch wirksame Aufrechnung erlischt. Dies wiederum ist in dem Zeitpunkt der Fall, in dem der Kommanditist unter Vorliegen der Voraussetzungen der §§  387 ff. BGB die Aufrechnung iSd §  388 BGB erklärt.82 Dass die Aufrechnung gem. §  389 BGB in die Vergangenheit hinein wirkt, spielt insofern keine Rolle. Nicht ausrei­ chend ist demnach die Feststellung, dass der Kommanditist zu irgendeinem Zeit­ punkt vor der Aufrechnungserklärung der KG einen tatsäch­lichen wirtschaftlichen Gegenwert für seine gegen die KG gerichtete und nunmehr durch Aufrechnung er­ loschene Forderung zugeführt hat. Vielmehr kommt es in Bezug auf die Frage der Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB auch entscheidend darauf an, welchen

80  Für die Unabdingbarkeit des §  166 HGB statt vieler Oetker, in: Oetker, HGB, §  166 Rn.  40; Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  166 Rn.  48 mwN. 81  Dass es sich auch bei der Aufrechnung der Einlageverbindlichkeit mit einer Forderung des Kommanditisten unzweifelhaft um einen Vorgang handelt, der haftungsrechtlich an den Grund­ sätzen des §  171 I Hs.  2 HGB zu messen ist, betont auch BGHZ 95, 188 (Tz.  44): „Sachlich handelt es sich danach um einen Fall der Einlageleistung, auf den die dafür geltenden Regeln im Interesse des Gläubigerschutzes angewendet werden müssen.“ 82  Für die Aufrechnungserklärung als maßgeblichen Bewertungszeitpunkt auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  47; von Gerkan, in: Goerdeler u. a., FS Kellermann, S.  67 (68); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  10; Müßigbrodt, S.  136.

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Wert der Kommanditist der KG dadurch zuführt, dass er diese im Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung von einer Verbindlichkeit befreit. Es bleibt also in der Konsequenz zu klären, ob sich der Wert, den die Beseitigung einer Verbindlichkeit der KG hat, tatsächlich danach bemisst, in welchem Ausmaße die betreffende Forderung mit Blick auf das Vermögen der KG Aussicht auf Reali­ sierung hatte. In Bezug auf diese Problematik ist es notwendig, einen Vergleich mit der Konstellation anzustellen, in welcher der Kommanditist eine gegen die KG ge­ richtete Forderung an die KG zum Zwecke der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB abtritt. Dort gilt der Grundsatz, dass die an die KG abgetretene – und nach Abtretung durch Konfusion erlöschende – Forderung den Kommanditisten nur in­ soweit von der Haftung befreit, als sie im Hinblick auf die Vermögenslage der KG vollwertig ist.83 Das folgt nicht nur aus dem bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzip des §  252 I Nr.  4 HGB, sondern entspricht auch ganz dem hier entwickelten, an kapital­ gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen orientierten Verständnis des Prinzips der ob­ jektiven Vermögensdeckung, dass eine Einlageleistung den leistenden Gesellschaf­ ter stets nur in Höhe des Zeitwerts des geleisteten Vermögensgegenstandes von seiner Haftung freistellt [s. oben B. III. 3. b) bb) (3)]. Zwar ist zu Recht darauf hin­ gewiesen worden, dass in dem hier zu behandelnden Aufrechnungsfall anders als in den genannten Abtretungsfällen das Vermögen der KG nicht um eine Forderung vermehrt, sondern vielmehr von einer Verbindlichkeit befreit wird.84 Auch ist rich­ tig, dass es bereits gedanklich Schwierigkeiten bereitet, die genannten Bewertungs­ grundsätze für Aktiva auf den Fall einer Befreiung von Passiva zu übertragen.85 Die Konsequenz aus diesen Schwierigkeiten könnte sein, eine Schuldbefreiung stets aus Schuldnerperspektive zu bewerten; dann wäre der Wert einer Schuldbefreiung exakt auf den Betrag zu taxieren, den der Schuldner zur Schuldbefreiung aufbrin­ gen muss, und folglich von den Vermögensverhältnissen des Schuldners gänzlich unabhängig.86 Dieses Ergebnis würde sich auch mit der Vorschrift des §  253 I 2 HGB decken, nach welcher Verbindlichkeiten bilanziell zu ihrem Erfüllungsbetrag anzusetzen sind. Man wird also von einem rechtlichen Prinzip des Inhalts auszuge­ hen haben, dass für den Wert einer Schuldbefreiung die Vermögenslage des Schuld­ ners im Grundsatz unerheblich ist.87 Allerdings ist in der hier zu erörternden Auf­ rechnungskonstellation aus mehreren Gründen eine Ausnahme von diesem Grund­ satz anzuerkennen. Zunächst muss man sich vor Augen führen, dass der Kommanditist, der zugleich Gläubiger der KG ist, jedenfalls zwei Möglichkeiten hat, sich seiner Forderung(en) zum Zwecke der Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 83 

Statt vieler Müßigbrodt, S.  82 f.; Kirsch, S.  59; BGHZ 95, 188 (Tz.  40). Kirsch, S.  60, der die Aufrechnungskonstellation sogar als Gegenteil der Abtretungskons­ tellation bezeichnet, dabei aber verkennt, dass allenfalls die Begründung einer Verbindlichkeit, nicht jedoch deren Erlöschen wirtschaftlich als Gegenteil der Begründung einer Forderung ange­ sehen werden kann. 85  Vgl. die Erwägungen bei Mundry, S.  26 f. 86  Kirsch, S.  61. 87 Ebenso Konietzko, S.  142; Müßigbrodt, S.  82; Mundry, S.  27; Kirsch, S.  61. 84 

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HGB zu bedienen: Er kann seine Forderung an die KG abtreten oder mit seiner Forderung gegen den Einlageanspruch der KG – sofern ein solcher besteht – auf­ rechnen. In Abtretungsfällen kommt es nach dem Prinzip der objektiven Vermö­ gensdeckung aber unzweifelhaft auf die Bonität der zedierten Forderung an, selbst, wenn die Gesellschaft deren Schuldnerin ist; insofern gilt bei §  171 I Hs.  2 HGB nichts anderes als im Kapitalgesellschaftsrecht (vgl. §  5 IV GmbHG sowie §  27 II AktG).88 Es wäre nicht einzusehen, dies im Aufrechnungsfall anders zu beurteilen, gelangte man doch sonst zu einer unterschiedlichen Bewertung derselben Forde­ rung in Abhängigkeit davon, welchen Weg der Forderungsverwertung der Kom­ manditist beschreitet.89 Ferner sind, was ihre Stellung als Gläubiger der KG anbe­ langt, gravierende Unterschiede zwischen dem Kommanditisten auf der einen Seite und dem gesellschaftsexternen Gläubiger auf der anderen Seite festzustellen. Zwar steht ein Gesellschafter, der zugleich Gläubiger seiner Gesellschaft ist, im Grund­ satze den gesellschaftsexternen Gläubigern rechtlich gleich.90 Doch stehen dem Gesellschafter aufgrund seiner – soeben bereits angesprochenen – Auskunftsrechte aus §  166 HGB bessere Informationen über die Gesellschaft zur Verfügung, die ihn zu einem insider machen und ihm insbesondere gestatten, seine gegen die KG ge­ richtete Forderung zu günstiger Zeit geltend zu machen bzw. aufzurechnen.91 Zu denken sei etwa an den Fall, dass der Kommanditist im Angesicht einer drohenden Gesellschaftsinsolvenz durch Vereinbarung mit der Gesellschaft die Fälligkeit sei­ ner Forderung herbeiführt und sich so noch rechtzeitig befriedigen kann, bevor ihm im Rahmen der Insolvenz eine Befriedigung nur noch zu schlechteren Bedingungen möglich wäre.92 Hier bieten weder die Insolvenzanfechtung nach §§  129 ff. InsO noch der Schadensersatzanspruch nach §  826 BGB ob ihrer hohen Anforderungen ausreichend Schutz für die übrigen KG-Gläubiger.93 Vielmehr ist die wirtschaft­liche Vorzugsstellung des Kommanditisten gegenüber den sonstigen KG-Gläubigern94 so schwerwiegend, dass sie nur durch eine rechtliche Benachteiligung in Aufrech­ nungskonstellationen hinreichend kompensiert werden kann. In diesem Lichte er­ scheint nunmehr auch die oben bereits widergegebene Formulierung des BGH bes­ ser verständlich: „Daß der Kommanditist dabei als Gesellschaftsgläubiger insofern schlechter steht als außenstehende Gesellschaftsgläubiger, als er wegen seiner For­ derung auf seine eigene Haftsumme nicht in Höhe des Nennwerts, sondern nur in 88  Vgl. statt vieler Pentz, in: Goette u. a., MüKo-AktG, §  27 Rn.  29; Veil, in: Scholz, GmbHG, §  5 Rn.  46. 89  Vgl. zu dieser Argumentation auch Müßigbrodt, S.  83. 90  Statt vieler H. Schneider/ U. H. Schneider, ZGR 1972, 52 (67 f.); Kirsch, S.  64; Ulmer/Schäfer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  705 Rn.  187. 91  Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1043); diesem Gedanken folgend Kirsch, S.  65. 92  Mundry, S.  32. 93 Ebenso Kirsch, S.  66; anders offenbar Mundry, S.  32. 94  Von einer wirtschaftlichen Vorzugsstellung sprechen auch Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1043) und Kirsch, S.  65.

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Höhe des objektiven Werts seiner Forderung wirtschaftlich Zugriff nehmen kann, muß er aufgrund seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung hinnehmen.“95 Die Beson­ derheiten der gesellschaftsrechtlichen Beziehungen zwischen Kommanditist und KG gebieten also die Anwendung besonderer rechtlicher Maßstäbe. In der Zusammenschau bedeutet dies, dass man für den Fall der Aufrechnung einer Forderung des Kommanditisten gegen die Einlageforderung der KG dem Voll­ wertigkeitsgedanken Vorrang gegenüber dem Prinzip der Nennwertaufrechnung einzuräumen hat.96 Der Kommanditist erlangt durch Aufrechnung nur insoweit eine Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, als die KG in der Lage ist, sämtliche gegen sie gerichteten fälligen Forderungen zu erfüllen.97 cc)  Die Rückkehr zur Nennwertaufrechnung bei fehlender Gläubigergefährdung Betrachtet man den Vollwertigkeitsgedanken, der hier vertretenen Auffassung ent­ sprechend, als gesellschaftsrechtliche Besonderheit, die sich aus dem in Aufrech­ nungskonstellationen bestehenden Vorrang der Interessen der Gesellschaftsgläubi­ ger gegenüber den Interessen des Gesellschafters rechtfertigt [s. soeben unter C. I. 2. b) bb)], so ist, ganz im Sinne einer wohl bedachten Abwägung der widerstreiten­ den Interessen, sorgfältig zu prüfen, inwiefern eine Rückkehr zum Prinzip der Nennwertaufrechnung angezeigt erscheint, wenn in Aufrechnungskonstellationen eine Gefährdung von Gläubigerinteressen nicht zu besorgen ist und damit die ent­ scheidende Größe entfällt, die den Ausschlag für die oben vorgenommene Bewer­ tung der Interessenlage gegeben hat. Recht eindeutig liegen die Dinge zunächst, soweit es um eine Aufrechnung mit dem Anspruch des Kommanditisten aus §§  161 II, 110 HGB geht, der diesem auf­ grund einer Befriedigung von KG-Gläubigern erwachsen ist. Die Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung ist hier bereits unmittelbar durch Gläu­ bigerbefriedigung eingetreten [s. oben B. III. 4. a)]. Soweit der Kommanditist aber seine Schuldigkeit bereits durch Gläubigerbefriedigung getan hat, kann es über­ haupt nicht mehr zu einer Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB kommen. Mit anderen Worten: Die Aufrechnung mit der Regressforderung aus §§  161 II, 110 HGB ist haftungsrechtlich neutral.98 Dem Interesse der befriedigten KG-Gläubiger ist bereits dadurch Rechnung getragen, dass sie – unabhängig von der Frage der Vollwertigkeit ihrer gegen die KG gerichteten Forderung [s. oben B. III. 4. b)] – ei­ 95 

BGHZ 95, 188 (Tz.  44). auch die heute ganz überwiegende Auffassung, vgl. etwa Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  50; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  10; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  60; Kirsch, S.  66 f.; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  48; a. A. im neueren Schrifttum, soweit erkennbar, allein Mundry, S.  26 ff., 29 ff., 42 ff.; Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  62 f. 97  BGHZ 90, 370 (Tz.  11); OLG Köln, NJW-RR 1994, 869 (870); dabei kommt es nach BGHZ 95, 188 (Tz.  40) nur auf die Vermögenslage der KG selbst, nicht aber darauf an, ob die bestehenden Forderungen bei einem Kommanditisten realisiert werden könnten. 98  Begriff der Neutralität von K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  60. 96  So

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nen Vermögenswert in Höhe der von dem Kommanditisten getätigten Zuwendung empfangen haben. Dem Interesse der übrigen KG-Gläubiger ist dadurch gedient, dass der leistende Kommanditist das KG-Vermögen und damit ihr primäres Haf­ tungszugriffsobjekt in Höhe der an die anderen KG-Gläubiger erbrachten Summe geschont hat. Es besteht insoweit kein Anlass mehr, etwaige Forderungsrechte der KG-Gläubiger besonders gegen Entwertung zu schützen. Die Frage der konkreten Wirkung der Aufrechnung besitzt nur noch im Innenverhältnis, also mit Blick auf die Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten gegenüber der KG Relevanz. Dort gilt aber nach allgemeinen Grundsätzen das Prinzip der Bewertungsfreiheit, sodass der Vollwertigkeitsgedanke zugunsten des Nennwertprinzips zurücktreten kann.99 Seine Einlageverbindlichkeit tilgt der Kommanditist mithin auch dann in Höhe des Nennwerts der zur Aufrechnung herangezogenen Regressforderung, wenn letztere nicht (mehr) vollwertig ist. Mit dem Bekenntnis zur Nennwertaufrechnung im Falle der Regressforderung des Kommanditisten ist jedoch noch keine Aussage darüber getroffen, wie sich die Erfüllung jener Forderung im Bereich der Kapitalerhaltung auswirkt. Vielmehr werden insoweit zusätzliche Überlegungen anzustellen sein [s. unten C. II. 2.]. Fragen in Bezug auf seine Behandlung im Rahmen der Kapitalerhaltung wirft auch das Ausscheiden des Kommanditisten aus der KG auf [s. unten C. II. 1.]. Inner­ halb der Kapitalaufbringung wird dabei vor allem kontrovers diskutiert, welche Anforderungen an die Aufrechnung mit dem Anspruch des Kommanditisten auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens aus §§  161 II, 105 III HGB, 738 I 2 BGB zu stellen sind.100 Doch ist dieses Problem bei näherer Betrachtung lediglich als Scheinproblem zu qualifizieren. Denn den wirksam ausgeschiedenen Kommandi­ tisten trifft keine Einlageverbindlichkeit mehr. Eine Aufrechnungslage iSd §  387 BGB kann also lediglich im Hinblick auf sonstige Forderungen der KG bestehen. Für diese gelten aber nicht jene gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten, die bei der Aufrechnung gegen die Einlageverbindlichkeit eine Anwendung des Vollwertig­ keitsgedankens angezeigt erscheinen ließen [s. nochmals oben C. I. 2. b) bb)]. Es fehlt also schon an der nötigen Aufrechnungslage, die denknotwendige Vorausset­ zung für eine Diskussion über die Konkurrenz von Nennwert- und Vollwertig­ keitsprinzip ist. Dies ist bislang kaum erkannt worden. Sofern es erkannt wird, rechtfertig man den Eintritt in die Erörterungen mit der Behauptung, man müsse zugunsten eines Kommanditisten, den zwar keine Einlageverbindlichkeit (mehr) 99  So auch statt vieler BGHZ 95, 188 (Tz.  41 f.); OLG Hamm, DStR 1999, 1916 (1916); OLG Dresden, NZG 2004, 1155 (1155); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  59; Kirsch, S.  72; Haas/ Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  51; Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  49; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  51. 100  Für Beibehaltung der Vollwertigkeitsprüfung Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2895 [Stand: 9/2014]; für Nennwertaufrechnung Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  20; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  60; Gummert, in: Henssler/ Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  43 zu §  172 HGB; Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  37; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  145.

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treffe, der aber noch einer Außenhaftung unterliege, eine Ausnahme vom Gebot der Gegenseitigkeit iSd §  387 BGB zulassen.101 Dem kann jedoch keinesfalls gefolgt werden. Denn eine Ausnahme vom Gebot der Gegenseitigkeit würde eine Analogie zu §  387 BGB bedeuten, an die – den allgemeinen Grundsätzen entsprechend – hohe Anforderung zu stellen sind. Dabei spricht bereits die in der genannten Konstella­ tion bestehende Interessenlage dagegen, eine solche Analogie zuzulassen. Denn der Kommanditist, der nicht (mehr) einlagepflichtig, aber noch einer Außenhaftung un­ terworfen ist, kann sich ohne weiteres dadurch von seiner Außenhaftung befreien, dass er KG-Gläubiger befriedigt. Es ist nicht einzusehen, weshalb ihm künstlich eine Möglichkeit eröffnet werden soll, sich über den Umweg einer konstruierten Aufrechnung im Innenverhältnis von seiner Haftung im Außenverhältnis zu befrei­ en. Nicht einmal Beweiserwägungen vermögen eine solche Annahme zu rechtferti­ gen, da dem Kommanditisten hinreichende Mittel und Wege offen stehen, auch eine Zahlung an KG-Gläubiger zu dokumentieren – zu nennen seien nur Kontoauszüge oder Empfangsbestätigungen. Eine Analogie zu §  387 BGB muss demnach aus­ scheiden, sodass es einer Diskussion über Nennwert- und Vollwertigkeitsprinzip für den Fall der Aufrechnung mit dem Anspruch des Kommanditisten auf Auszah­ lung seines Abfindungsguthabens überhaupt nicht bedarf.102 Eine differenzierte Betrachtung erscheint in Bezug auf die Konstellationen gebo­ ten, in denen Fremdkapital (insb. Darlehen, stille Beteiligungen103, Gewinne) in Eigenkapital der KG umgewandelt wird. Ausgangspunkt ist dabei die Erkenntnis, dass in den betreffenden Konstellationen in Ansehung des Fremdkapitals zunächst Forderungen des Kommanditisten gegen die KG bestanden haben. Soweit nun das Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll, handelt es sich indes um nichts anderes als eine – einseitige oder vertragliche – Aufrechnung der betreffen­ den Kommanditistenforderung(en) gegen die Einlageforderung der KG.104 Die Schwierigkeit, ob die Wirkung dieser Aufrechnung nach dem Vollwertigkeitsprin­ zip oder dem Nennwertprinzip zu bemessen ist, kann wieder durch Beantwortung der Frage gelöst werden, ob im Aufrechnungszeitpunkt eine Gefährdung der Inter­ essen der KG-Gläubiger zu besorgen war. Eine solche Gefährdung wird man beja­ hen müssen, sofern das durch Aufrechnung umzuwandelnde Fremdkapital unmit­ telbar vor der Aufrechnung materiell auch tatsächlich Fremdkapitalcharakter auf­ weist. Denn in diesem Fall war der KG vor der Aufrechnung noch kein Kapital zugeführt worden, das der Kapitalbindung des §  172 IV HGB unterliegt. Mit ande­ 101  Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2895 [Stand: 9/2014]; in diesem Sinne bereits BGHZ 58, 722 (Tz.  23). 102  Ebenfalls für überflüssig halten die Diskussion Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  52, die zwar die fehlende Aufrechnungslage ebenfalls nicht erkennen, den Schwerpunkt der Be­ trachtungen aber auf die Konsequenzen des Ausscheidens im Rahmen der Kapitalerhaltung legen. 103  Im Falle einer stillen Beteiligung ist freilich stets auf ihre konkrete Ausgestaltung zu ach­ ten; vgl. zu den mannigfaltigen Varianten im Überblick K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  230 Rn.  70 ff. mwN. 104  So in dieser Deutlichkeit auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  68; Mundry, S.  45.

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ren Worten: Vor der Aufrechnung waren in Ansehung des betreffenden Kapitals noch nicht alle drei Voraussetzungen des §  171 I Hs.  2 HGB erfüllt, die für eine Haftungsbefreiung des Kommanditisten verwirklicht sein müssen [s. oben B. III. 3. b) aa)]. Erst durch die Umwandlung wird die Einlageverbindlichkeit des Komman­ ditisten zum Rechtsgrund einer bereits zuvor erfolgten Vermögenszuführung an die KG. Zu prüfen bleibt dann noch die objektive Vermögensdeckung, in Bezug auf die zur Aufrechnung herangezogene Forderung des Kommanditisten also deren Voll­ wertigkeit. Nur, soweit auch diese gegeben ist, kann der durch Aufrechnung herbei­ geführten Umwandlung des Fremdkapitals in Eigenkapital haftungsbefreiende Wirkung zuerkannt werden.105 Wieder zeigt sich, dass die kapitalgesellschaftsrecht­ lichen Prinzipien der §§  9c I 2, 19 IV 3 GmbHG sowie §§  9 I, 36a II 3, 27 II Hs.  1, 38 II 2, 27 III 3 AktG auch im Recht der KG ernst zu nehmen sind und reale Kapi­ talzuführung stets an objektive Vermögensdeckung geknüpft ist. Dass sich die drei Tatbestandsmerkmale des §  171 I Hs.  2 HGB in derartigen Umwandlungsfällen nicht zeitgleich, sondern nacheinander verwirklichen, also eine Art gestreckter Tat­ bestand vorliegt, ist unschädlich, da das der KG bereits zuvor zur Verfügung ge­ stellte Vermögen durch die Umwidmung von Fremd- in Eigenkapital der Einlage­ verbindlichkeit als causa rechtlich zugeordnet wird. Das bedeutet aber auch, dass in diesen Fällen, in denen echtes Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll, eine Gefährdung von Gläubigerinteressen erst nach erfolgter Umwandlung und nicht bereits im Zeitpunkt unmittelbar davor ausgeschlossen ist. Anders liegt dies, soweit unechtes Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll, so­ weit also bereits vor der Umwandlung materiell Eigenkapital der KG bestand und das umzuwandelnde Kapital lediglich falsch (als „Gewinn“, „Darlehen“ oder „stille Beteiligung“) bezeichnet war – wie dies etwa in Bezug auf die Einlagekomponente bei gesplitteten Kommanditeinlagen106 der Fall ist.107 Denn insofern bewirkt die Umwandlung nur eine begriffliche Klarstellung; soweit die drei Voraussetzungen einer Haftungsbefreiung nach §  171 I Hs.  2 HGB erfüllt waren, war bereits vor der 105  Im Falle des Stehenlassens von Gewinnen ist dies nur möglich, sofern es sich um tatsächli­ che und nach Maßgabe des §  169 I 2 Hs.  2 HGB entnahmefähige Gewinne handelt, die dem Kapi­ talkonto des Kommanditisten gutgebracht werden, vgl. Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  44; Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2887 [Stand: 9/2014] mwN. 106  Zur Behandlung des schlichten Zuführens- bzw. Abziehens von gesplitteten Kommandit­ einlagen eingehend Kirsch, S.  30 ff., 124 ff. mwN, der in seinen Ausführungen zwar zu Recht schwerpunktmäßig die Frage der zutreffenden Vertragsauslegung erörtert, allerdings die vom Ge­ setz eindeutig geforderte Einlagerelevanz sowohl im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB („die Einla­ ge“) als auch im Rahmen des §  172 IV 1 HGB („die Einlage“) trotz aller Bemühungen („Einlage 2. Klasse“) im Ergebnis missachtet und folglich nicht nur auf dem Boden der hier entwickelten Kon­ zeption Widerspruch ernten muss, sondern sich überdies auch in scharfen Gegensatz zu der eige­ nen, bei Kirsch, S.  86 niedergelegten Aussage begibt, von dem Kriterium der Einlagerelevanz im Sinne der Vertragstheorie könne zumindest im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB „keine Ausnahme zugelassen werden“; umfassende Nachweise zur Problematik finden sich bei Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  81 ff. 107  So auch K. Schmidt, ZGR 1986, 152 (159).

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Umwandlung eine Haftungsbefreiung des Kommanditisten eingetreten. Es besteht dann kein Bedarf, eine erneute Prüfung der Voraussetzungen des §  171 I Hs.  2 HGB, insbesondere der objektiven Vermögensdeckung in Gestalt einer Vollwertig­ keitskontrolle, durchzuführen. Man kann demnach wie folgt zusammenfassen: Maßgeblich ist in jedem Falle der materielle Charakter des umzuwandelnden Kapi­ tals. Soweit echtes Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll, ist im Rahmen der hinter der Umwandlung stehenden Aufrechnung eine Vollwertigkeits­ prüfung in Ansehung der Kommanditistenforderung vorzunehmen; soweit dagegen unechtes (nur formelles) Fremdkapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll, kann eine Vollwertigkeitsprüfung im Aufrechnungszeitpunkt entfallen und statt­ dessen zum Nennwert aufgerechnet werden.108 Hält man diese Differenzierung konsequent durch, ergibt sich auch für die Auf­ rechnung mit einem Anspruch auf Rückforderung eines Gesellschafterdarlehens, das nach alter Rechtslage als kapitalersetzend einzustufen gewesen wäre, keine ab­ weichende Lösung. Vor Inkrafttreten des MoMiG war insoweit auf Grundlage der §§  172a HGB, 32a, 32b GmbHG vertreten worden, dass sich der Kommanditist einer GmbH & Co. KG durch Aufrechnung mit seiner aus einem kapitalersetzenden Dar­ lehen resultierenden Rückzahlungsforderung nicht von seiner Außenhaftung befrei­ en könne, soweit die Voraussetzungen des §  30 GmbHG erfüllt seien.109 Dahinter stand der aus §§  19 II, V, 56 GmbHG hergeleitete Gedanke, dass ein kapitalersetzen­ des Gesellschafterdarlehen – wie der Begriff bereits nahelegt – einen Ersatz für fehlendes Eigenkapital der Gesellschaft darstelle und daher wie Eigenkapital recht­ lich gebunden sei.110 Mit anderen Worten: Das kapitalersetzende Gesellschafterdar­ lehen sei faktisch bereits wie Eigenkapital zu behandeln, sodass eine Aufrechnung mit dem Rückforderungsanspruch des Kommanditisten diesem nicht zu einer wei­ teren Haftungsbefreiung verhelfen könne.111 Auf der Überzeugung fußend, das In­ stitut des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens verdiene rechtsformunabhän­ gige Anerkennung, wurde diese Auffassung entgegen der herrschenden Meinung112 vereinzelt sogar auf die gesetzestypische KG übertragen.113 Mit Inkrafttreten des durch das MoMiG eingeführten §  30 I 3 GmbHG ist indes einer derartigen Sonder­ 108  Ebenso im Ergebnis K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  60; Haas/ Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  53; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  50; zurück­ haltender noch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  69 f.; ohne dies nachvollziehbar zu begründen, gelangt Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  43 zu §  172 HGB hingegen zum gerade gegenteiligen Ergebnis. 109  s. nur BGHZ 95, 188 (Tz.  29 ff.); Wiedemann, JZ 1986, 855 (856 f.); Schilling, in: Staub, GKHGB, 4.  Aufl., §  172a [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; für die GmbH bereits BGH, NJW 1983, 120 (121); BGH, WM 1982, 1200 (1200 f.); BGHZ 90, 370 (Tz.  13). 110  BGHZ 95, 188 (Tz.  31); für die GmbH bereits BGH, NJW 1983, 120 (121); BGH, WM 1982, 1200 (1200 f.); BGHZ 90, 370 (Tz.  13). 111  Wiedemann, JZ 1986, 855 (857); K. Schmidt, ZGR 1986, 152 (159). 112  Statt vieler BGHZ 112, 31 (Tz.  17); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172a [Stand: 1.4.1987] Rn.  5; Roth, in: Baumbach, HGB, §  172a Rn.  1. 113  K. Schmidt, ZGR 1986, 152 (159 f.); ders., in: Schlegelberger, HGB, 5.  Aufl., §§  172a Rn.  54.

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behandlung des kapitalersetzenden Gesellschafterdarlehens eine Absage erteilt worden. Die Feststellung, wann die Lage der Gesellschaft die Anwendung der Ka­ pitalersatzregeln angezeigt erscheinen lässt, war als zu schwierig empfunden wor­ den.114 Eine Differenzierung zwischen kapitalersetzenden und nicht kapitalerset­ zenden Gesellschafterleistungen ist seit dem MoMiG folglich obsolet geworden.115 Vielmehr ist nunmehr auch in Bezug auf jeden Darlehensrückforderungsanspruch eines Kommanditisten eine Vollwertigkeitsprüfung vorzunehmen, wenn dieser ge­ gen die Einlageverbindlichkeit der KG aufgerechnet werden soll.116 Dies entspricht auch ganz der oben befürworteten Vorgehensweise, nach der auf den materiellen Charakter des betreffenden Kapitals abzustellen ist: ein Gesellschafterdarlehen ist unmittelbar vor Aufrechnung tatsächlich nicht Eigen-, sondern Fremdkapital. Erst durch die Aufrechnung wird eine Umwidmung des Rechtsgrundes vorgenommen. Daher ist bei der Aufrechnung auch eine Prüfung der Vollwertigkeit des Rückforde­ rungsanspruches des Kommanditisten vorzunehmen. Dabei ist dann auch eine et­ waige Nachrangigkeit der Forderung gem. §  39 I Nr.  5 InsO sowie eine etwaige An­ fechtbarkeit gem. §  135 InsO innerhalb der Gesellschaftsinsolvenz von Bedeu­ tung.117 Die Anwendung besonderer Grundsätze für Rückforderungsansprüche aus Gesellschafterdarlehen ist im Bereich der Kapitalaufbringung hingegen nicht ange­ zeigt. Ob das Gesellschafterdarlehen im Bereich der Kapitalerhaltung einer beson­ deren Behandlung bedarf, wird noch zu erörtern sein [s. unten C. II. 1.]. Praktische Bedeutung erlangt die Diskussion über Vollwertigkeits- und Nenn­ wertprinzip auch bei der Aufrechnung mit Forderungen von Neu-Gesellschaftern im Rahmen von Sanierungsfällen. Gemeint sind Konstellationen, in denen Gesell­ schaftsgläubiger einer in Insolvenz befindlichen oder kurz vor der Insolvenz stehen­ den Gesellschaft beitreten bzw. sich einem kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen­den Einzelkaufmann als Gesellschafter anschließen und sich danach ihrer Einlageverbindlichkeit durch Einbringung einer ihnen bereits vor dem Gesellschafts­ beitritt zustehenden Forderung entledigen wollen. Sofern ein solcher Debt-EquitySwap innerhalb eines Insolvenzverfahrens durchgeführt wird, ist er an den Vorga­ ben des §  225a II InsO zu messen, der rechtsformunabhängig und damit auch bei der Kommanditgesellschaft Anwendung findet.118 In Bezug auf den sich bei der Ein­ bringung der Altforderung stellenden Konflikt zwischen Vollwertigkeits- und Nennwertprinzip wird teilweise dafür plädiert, dass sich der Neu-Gesellschafter 114 

Vgl. etwa H. P. Westermann, DZWIR 2008, 485 (494). Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  56; mit dieser Feststellung auch K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  172a Rn.  9. 116 Statt vieler Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  38; Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2890 [Stand: 9/2014]. 117  Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  38; Sassenrath, in: Westermann/ Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2890 [Stand: 9/2014]. 118  Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 (1694); K. Schmidt, ZGR 2012, 566 (569 f.); Braun/Frank, in: Braun, InsO, §  225a Rn.  20; vgl. auch §  225a V InsO, der explizit die „Gesellschaft ohne Rechts­ persönlichkeit“ erfasst. 115 

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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zum Nennwert seiner Altforderung von der Haftung gegenüber den anderen Gesell­ schaftsgläubigern durch Aufrechnung befreien könne.119 Als Begründung für das Recht der KG wird, sofern man nicht auf die unklar formulierte und lediglich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens anwendbare Vorschrift des §  254 IV InsO ab­ stellt,120 im Wesentlichen angeführt, selbst im Falle eines letztendlichen Scheiterns der Sanierung bewirke eine Nennwertaufrechnung zugunsten des Neu-Kommandi­ tisten keinen Vorteil gegenüber gesellschaftsexternen KG-Gläubigern; denn unter dem Strich erhalte der Neu-Kommanditist dann lediglich eine wertlose Beteiligung an der KG und verliere zudem seine Altforderung, die im Rahmen der Gesell­ schaftsinsolvenz zumindest quotenweise hätte befriedigt werden müssen.121 Unab­ hängig davon, ob man dieses Argument für überzeugend hält, verkennt der dahinter stehende Vorschlag einer Nennwertaufrechnung doch einen entscheidenden As­ pekt: Es ist unzureichend, KG-Gläubiger, die zugleich Kommanditisten ihrer Schuldnerin sind, aufgrund ihrer besonderen gesellschaftsrechtlichen Stellung und der damit verbundenen wirtschaftlichen Vorzugsstellung gesellschaftsexternen Gläubigern lediglich gleichzustellen; vielmehr ist erforderlich, gesellschaftsinter­ nen KG-Gläubigern rechtliche Nachteile aufzuerlegen, die auf eine Kompensation ihrer wirtschaftlichen Vorzugsstellung abzielen [s. bereits oben C. I. 2. b) bb)]. Fer­ ner ist zu bedenken, dass gesellschaftsexterne KG-Gläubiger, die ihre gegen die KG gerichteten Forderungen erst nach dem Beitritt eines Sanierungs-Kommanditisten erlangt haben, berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, ein Kommanditist werde der KG in Höhe seines Außenhaftungsbetrages Vermögen zuführen oder zumindest in entsprechendem Umfang die Haftungsbasis der KG verbreitern.122 Wenn die Be­ fürworter einer Nennwertaufrechnung in Sanierungsfällen dagegen meinen, zum Zwecke einer haftungsbefreienden Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB müssten der KG nicht unbedingt Aktivwerte zugeführt werden,123 offenbart diese Einschät­ 119  Explizit für die KG nach Inkrafttreten des §  225a InsO Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  146; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  48; für die KG vor Inkraft­ treten des §  225a InsO Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  64; Konietzko, S.  151; Fromm, S.  227; Mundry, S.  43 f.; ebenso bereits Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  11, der aller­ dings eine Einschränkung der Nennwertaufrechnung durch den Äquivalenz- bzw. Surrogations­ gedanken annimmt; für eine Nennwertanrechnung bei Kapitalgesellschaften vor Inkrafttreten des §  225a InsO Cahn/Simon/Theiselmann, DB 2010, 1629 (1629). 120  So ganz dezidiert Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  48; zu der missverständli­ chen Formulierung des §  254 IV InsO und den daraus für die Kommanditgesellschaft zu ziehenden Schlussfolgerungen vgl. Braun/Frank, in: Braun, InsO, §  225a Rn.  11 ff., 22; inkonsequent nehmen sich die Stellungnahmen von K. Schmidt, ZGR 2012, 566 (582 f.) und Wertenbruch, ZIP 2013, 1693 (1699 f.) aus, die einerseits auch für die Kommanditgesellschaft die Geltung des Vollwertig­ keitsprinzips postulieren, zugleich aber leichtfertig eine Analogie zu §  254 IV InsO bejahen und damit im Ergebnis zu einem bewertungsabhängigen Ausschluss der Außenhaftung (!) des Kom­ manditisten gelangen. 121  Mundry, S.  43 f. 122 Vgl. Müßigbrodt, BB 1982, 338 (340). 123  Deutlich vor allem Mundry, S.  4 4; ähnlich Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  6 4, der meint, im Recht der KG gebe es keine reale Kapitalaufbringung.

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zung – wie bereits ausführlich dargestellt [s. oben B. III. 3. b) bb) (1)] – ein grundle­ gendes Fehlverständnis der §§  171, 172 HGB. Eine Nennwertaufrechnung zum Zwecke der Befreiung von der Außenhaftung ist folglich auch dann abzulehnen, wenn es um die Aufrechnung mit Forderungen von Sanierungs-Kommanditisten geht; stattdessen ist auch im Falle eines Debt-Equity-Swaps bei fehlender Vollwer­ tigkeit ein entsprechender Abschlag vorzunehmen.124 c)  Kumulative Anwendung von Äquivalenz- und Vollwertigkeitsprinzip Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass sowohl der Äquivalenz- bzw. Surrogations­ gedanke als auch der Vollwertigkeitsgedanke – sofern auf letzteren mangels einer Ge­ fährdung von Gläubigerinteressen nicht ausnahmsweise verzichtet werden kann – eine Berechtigung als notwendige Beschränkung der haftungsbefreienden Wirkung einer Aufrechnung durch den Kommanditisten haben. Zu klären bleibt jedoch, wie sich beide Schranken zueinander verhalten. Unter den Stimmen in Rechtsprechung und Schrifttum, die das Bedürfnis nach einer Beschränkung der haftungsbefreien­ den Wirkung der Aufrechnung grundsätzlich anerkennen, stellen manche allein auf die Äquivalenz bzw. Surrogation ab,125 manche allein auf die Vollwertigkeit.126 Indes kann weder der Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedanke noch der Vollwer­ tigkeitsgedanke für sich allein genommen dem Bedürfnis nach hinreichendem Gläubigerschutz genügen. Verzichtet man auf die Anwendung des Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedankens, ist einer Aushöhlung des Prinzips der objektiven Vermö­ gensdeckung über den Umweg privatautonomer Gestaltung eines Verkehrsgeschäf­ tes Tür und Tor geöffnet. Ohne Vollwertigkeitsprüfung hingegen verkennt man die Parallelität von Aufrechnungs- und Abtretungskonstellationen und missachtet zu­ gleich einschlägige kapitalgesellschaftsrechtliche Wertungen. In Fällen der Auf­ rechnung einer Forderung des Kommanditisten gegen dessen Einlageverbindlich­ keit kann daher allein eine kumulative Anwendung von Äquivalenz- bzw. Surroga­ tionsgedanke und Vollwertigkeitsgedanke überzeugen. Zwar werden vereinzelt Bedenken gegen eine kumulative Anwendung beider In­ stitute vorgebracht. So sei eine Kombination beider Ansätze mit den Kriterien der 124  Im Ergebnis wie hier Herchen, in: Gummert/Weipert, MüHdb-GesR, §  30 Rn.  39; Braun/ Frank, in: Braun, InsO, §  225a Rn.  22; ebenso vor Inkrafttreten des §  225a InsO Wiedemann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1043 f.); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  54 f.; ebenso be­ reits in der Zeit vor BGHZ 95, 188 das Ergebnis bei BGHZ 61, 59 (Ls. 4); differenzierend Müßig­ brodt, BB 1982, 338 (340 f.), der bei Eintragung eines Sanierungsvermerks in das Handelsregister eine Nennwertaufrechnung zulassen will; für eine Nennwertanrechnung bei Kapitalgesellschaften bereits Priester, DB 2010, 1445 (1447 f.). 125  RGZ 63, 265 (267); Ritter, HGB, §  171 Anm.  3 c); Weipert, in: RGRK-HGB, §  171 Anm.  13, 30; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  15; Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  11; Müßigbrodt, S.  88 f., 93 ff. 126  So wird man wohl BGHZ 95, 188 (Tz.  4 4) verstehen müssen; ferner insbesondere Schilling, in: Staub, GK-HGB, §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  10; Kirsch, S.  72 ff.

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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Vertragstheorie [s. o. B. III. 3. a) bb)] nicht vereinbar: Wenn eine Leistung auf einen von der gesellschaftsvertraglichen Einlageverbindlichkeit verschiedenen Rechts­ grund iRd §  171 I Hs.  2 HGB nicht zugunsten der Außenhaftung des Kommandi­ tisten berücksichtigt werden kann [so auch die hier vertretene Auffassung, siehe oben B. III. 3. b) aa) (2)], könne es sich iRd §  171 I Hs.  2 HGB auch nicht zulasten der Außenhaftung des Kommanditisten auswirken, wenn die ursprüngliche Lei­ stung des Kommanditisten an die KG nicht dem Wert seiner Forderung gegen die KG entspricht.127 Allerdings verkennt diese Sichtweise, dass die ihr zugrundeliegende Argumenta­ tion bei näherer Betrachtung nicht verfängt. So gebietet die aus der Vertragstheorie gewonnene, zutreffende Erkenntnis, dass iRd §  171 I Hs.  2 HGB Vermögenszuwen­ dungen des Kommanditisten auf von der Einlageschuld verschiedener Rechtsgrund­ lage grundsätzlich keine positive Wirkung in Bezug auf seine Außenhaftung zeiti­ gen, nicht den Umkehrschluss, eine aus einem anderen Rechtsverhältnis resultieren­ de wertmäßige Diskrepanz zwischen der Gegenleistung des Kommanditisten und seiner gegen die KG gerichteten Forderung könne sich im Aufrechnungsfall nicht negativ auf den Umfang seiner Befreiung von der Außenhaftung auswirken. Denn zum einen lässt sich der Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB nicht im Ansatz entneh­ men, der Gesetzgeber habe eine Negativ-Regelung des Inhalts treffen wollen, Um­ stände, die aus von der Einlageverbindlichkeit verschiedenen Rechtsverhältnissen resultieren, seien für die Frage der Haftungsbefreiung des Kommanditisten per se unerheblich. Zum anderen darf nicht verkannt werden, dass ein Kommanditist, der mit einer aus einem Verkehrsgeschäft resultierenden Forderung gegen seine Einla­ geverbindlichkeit aufrechnet, auf diesem Wege eine rechtliche Verknüpfung zwi­ schen der außergesellschaftsrechtlichen Forderung und der Einlageverbindlichkeit herstellt. Gestattet man ihm, zum Zwecke der Befreiung von der Außenhaftung eine derartige Verknüpfung herzustellen, muss es auch zulässig sein, die Werthaltig­ keitsprüfung auf Umstände zu erstrecken, die erst durch rechtliche Verknüpfung in das Gesellschaftsrechtsverhältnis einbezogen worden sind. Auf diese Weise vermei­ det man auch den dogmatischen Umweg, den die Vertreter der Gegenauffassung beschreiten müssen, um im Ergebnis eine haftungsrechtliche Bevorzugung des Kommanditisten zu verhindern, dessen im Rahmen eines Umsatzgeschäftes er­ brachten Leistungen überbewertet sind. Gemeint ist der Ansatz, in Höhe der wert­ mäßigen Diskrepanz zwischen der Leistung des Kommanditisten an die KG und seiner gegen die KG gerichteten Forderung ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB anzunehmen.128 Diese dogmatische Konstruktion ist bereits des­ halb paradox, weil auf ihrer Grundlage ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB angenommen werden müsste, bevor überhaupt eine Einlage iSd §  171 I

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Kirsch, S.  73 f. Konietzko, S.  137 f.; Mundry, S.  39 f.; Kirsch, 75 f.

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Hs.  2 HGB geleistet worden ist.129 Ferner kann ihr auch deshalb nicht gefolgt wer­ den, weil es Vorgängen im Rahmen von Verkehrsgeschäften an der für §  172 IV 1 HGB stets notwendigen Einlagerelevanz fehlt und diese in der Konsequenz nicht von §  172 IV 1 HGB erfasst sind [s. nochmals oben B. III. 5. b) bb) (4)]. Als Ergebnis für die Behandlung der Aufrechnungsfälle bleibt demnach festzu­ halten: Nur durch eine kumulative Anwendung des Äquivalenz- bzw. Surrogations­ gedankens und des Vollwertigkeitsgedankens kann Umgehungen des zum Schutze der KG-Gläubiger bestehenden Wertdeckungserfordernisses, sei es durch gezielte Ausnutzung der Privatautonomie, sei es in der wirtschaftlichen Krise der Gesell­ schaft, effektiv Vorschub geleistet werden.130 d)  Materielle Kongruenz mit kapitalgesellschaftsrechtlichen Aufrechnungsverboten Gerade jener Effektivitätsgedanke wird, in Verbindung mit der Intention eines an­ gemessenen Interessenausgleichs, zum entscheidenden Prüfstein bei der Frage, in­ wiefern es angezeigt erscheint, kapitalgesellschaftsrechtliche Aufrechnungsverbote auf die Haftung des Kommanditisten zu übertragen. Im Kapitalgesellschaftsrecht ist die gegen die Einlageforderung der Gesellschaft gerichtete, einseitige Aufrech­ nung durch den Gesellschafter – freilich nicht ohne weiteres auch die einseitige Aufrechnung durch die Gesellschaft sowie die vertragliche Aufrechnung131 – unter­ sagt; für die AG durch §  66 I 2 AktG vollständig, für die GmbH durch §  19 II 2 GmbHG insoweit, als es sich bei dem Anspruch des Gesellschafters nicht um eine Forderung aus der Überlassung von Vermögensgegenständen handelt, deren An­ rechnung auf die Einlageverpflichtung nach §  5 IV 1 GmbHG vereinbart worden ist. Damit statuiert das Kapitalgesellschaftsrecht für den Gesellschafter ein nahezu um­ fassendes132 Verbot der Aufrechnung.133 129  Diese gravierende Ungereimtheit muss auch Kirsch, S.  75 konzedieren; sein „Rettungsver­ such“, der das Zurückbezahlen der Einlage als durch die Einlageleistung aufschiebend bedingt iSd §  158 I BGB begreift, ist zwar verständlich, verliert aber endgültig jeden Bezug zu den maßgebli­ chen Rechtsgrundlagen der §§  171, 172 HGB. 130  Zu einer Kombination beider Gedanken in diesem Sinne gelangen im Ergebnis auch Wiede­ mann, in: Lutter u. a., FS Bärmann, S.  1037 (1042 f.); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  48 ff., 52 f.; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  60; Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  48, 50. 131  Eingehend zum Meinungsstand sowie mit einem differenzierten Lösungsvorschlag jüngst erst Habersack/Weber, ZGR 2014, 509 (515 f., 517 ff.). 132 Der gesetzliche Ausnahmefall der Aufrechnung mit dem einer ordnungsgemäßen Sach­ übernahme entstammenden Entgeltanspruch, den §  19 II 2 GmbHG vorsieht, ist mit Blick auf die registerrechtliche Prüfung der Sachübernahme (§  9c GmbHG) sowie die etwaige Differenzhaf­ tung des Gesellschafters (§  9 GmbHG) kapitalaufbringungsrechtlich völlig unproblematisch, vgl. Ebbing, in: Michalski, GmbHG, §  19 Rn.  83; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  19 Rn.  39 f. 133  Statt vieler Cahn, in: Spindler/Stilz, AktG, §  66 Rn.  23 sowie Bayer, in: Goette u. a., MüKo-­ AktG, §  66 Rn.  44 mwN; auch Habersack/Weber, ZGR 2014, 509 (525 ff.) gehen zwar von einem gesetzlichen Verbot aus, wollen aber zumindest dann eine Anrechnung des Wertes der Aktivfor­

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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Eine Übertragung dieses kapitalgesellschaftsrechtlichen Aufrechnungsverbots läge dem hier vorgestellten Ansatz, der zentrale Wertungen der Haftungsverfassung des Kommanditgesellschaftsrechts aus dem Kapitalgesellschaftsrecht bezieht, zwar nicht a priori fern. Doch ist zu berücksichtigen, dass die Aufrechnungsverbote der §§  19 II 2 GmbHG, 66 I 2 AktG letzten Endes (auch nur) darauf abzielen, den Ge­ sellschafter bereits von vornherein daran zu hindern, eine – mit Blick auf mangel­ hafte Liquidität der Gesellschaft – „schlechte“ Forderung durch Aufrechnung in eine „gute“ Forderung zu verwandeln, sich also ohne reale Kapitalzuführung von seiner Haftung zu befreien.134 Dieses Ziel wird im Recht der KG indes bereits durch die hier vertretene kumulative Anwendung von Äquivalenz- bzw. Surrogationsge­ danke und Vollwertigkeitsprinzip im oben dargestellten Sinne erreicht. Denn die Kumulation beider Aspekte stellt sicher, dass sich die finanzielle Lage der KG durch die Aufrechnung real verbessert, und trägt in der Konsequenz den Belangen der KG-Gläubiger Rechnung, die ein ebenso starkes wie berechtigtes Interesse an der Realisierbarkeit ihrer gegen die KG gerichteten Forderungen haben. Ist eine Gefähr­ dung der KG-Gläubiger aber bereits materiell ausgeschlossen, besteht kein Grund mehr für ein formelles Verbot der Aufrechnung. Folgt man der hier entwickelten Konzeption, ist eine Übertragung kapitalgesellschaftsrechtlicher Aufrechnungsver­ bote auf das Recht der KG daher nicht erforderlich.135

3.  Abtretung, Verpfändung und Pfändung von Einlageforderung und Erstattungsforderung Obschon der Kommanditist, anders als die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft (§§  13 II GmbHG, 1 I 2 AktG), einer unmittelbaren Inanspruchnahme durch Gesell­ schaftsgläubiger ohnehin ausgesetzt ist, soweit §  171 I Hs.  1 HGB eingreift, können eine Abtretung, Verpfändung oder Pfändung der gegen den Kommanditisten ge­ richteten Einlageforderung wirtschaftlich interessant sein. Zu denken ist vor allem an den Fall, dass die Einlageforderung summenmäßig den Außenhaftungsbetrag des Kommanditisten übersteigt, sowie an Konstellationen, in denen ein Rechtssub­ jekt auf die Einlageforderung Zugriff erhalten soll, das kein Gesellschaftsgläubiger ist.136 In jedem Falle wirft eine (partielle) Veränderung der Forderungszuständig­ keit, wie ihn Abtretung, Verpfändung und Pfändung der Einlageforderung bewirken, besondere haftungsrechtliche Fragestellungen auf, die eingehender und differen­ zierter Erörterung bedürfen. Dabei wird auch zu prüfen sein, inwiefern die hinsicht­ derung in analoger Anwendung der §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 GmbHG ermöglichen, wenn die Gesellschaft zu erkennen gegeben hat, dass es ihr auf den Zufluss von Liquidität nicht ankommt. 134  K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.  1116 f. 135  Nichts anderes ergibt sich auch bei einer GmbH & Co. KG; vgl. dagegen Fromm, BB 1981, 813 (814), der auf eine GmbH & Co. KG §  19 II 2 GmbHG a. F. anwenden will. 136  Vgl. zu diesen Anwendungsfällen Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  105.

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lich der Einlageforderung gewonnenen Erkenntnisse auf die Erstattungsforderung nach §  31 I GmbHG zu übertragen sind. a)  Abtretung der Einlageforderung Die Abtretung der Einlageforderung wird im Grundsatze ganz einhellig für zu­ lässig gehalten.137 Gleichwohl bereitet sie mehrere rechtliche Schwierigkeiten, die im Fortgang der weiteren Untersuchung noch näher zu entfalten sein werden: Ers­ tens stellt sie eine Bedrohung für den – auch im Recht der KG prinzipiell gültigen [s. oben B. III. 3. b) bb) (1)] Grundsatz realer Kapitalaufbringung dar, der mit Blick auf die Interessen der (übrigen) KG-Gläubiger von zentraler Bedeutung ist. Zwei­ tens erhöht sie für den Kommanditisten das Risiko einer doppelten Inanspruchnah­ me, was in Anbetracht des §  399 Alt 1 BGB bedenklich sein könnte. Drittens kann sie möglicherweise auf eine unberechtigte Bevorzugung des Zessionars gegenüber anderen KG-Gläubigern in der Gesellschaftsinsolvenz hinauslaufen. Um die Bedenken hinsichtlich des Prinzips realer Kapitalaufbringung ausräu­ men zu können, ist sicherzustellen, dass der KG trotz der Abtretung der Einlage­ forderung hinreichend Kapital zugeführt wird. Geeignet erscheint zu diesem Zweck vor allem der Ansatz, eine Abtretung der Einlageforderung nur zuzulassen, sofern der KG im Zuge der Abtretung eine der zedierten Forderung gleichwertige Vermö­ gensposition zufließt.138 So würde nicht nur auf effektive Art und Weise verhindert, dass sich die Vermögenslage der KG durch die Abtretung verschlechtert, sondern auch eine Kongruenz mit der Rechtslage im Kapitalgesellschaftsrecht hergestellt. Denn auch dort lässt man eine Abtretung der Einlageforderung mit Blick auf §  19 GmbHG sowie §  66 AktG nur zu, sofern der Gesellschaft im Gegenzug eine gleich­ wertige Leistung zugeführt wird.139 Ein solcher Gleichlauf zwischen Kapitalgesell­ schaftsrecht und Kommanditgesellschaftsrecht überzeugt nicht zuletzt vor dem Hintergrund der hier gewonnenen Erkenntnis, dass beide Materien im Hinblick auf den Konflikt zwischen Sicherungsinteressen der Gesellschaftsgläubiger auf der ei­ nen Seite und Belangen der KG-Gesellschafter, insbesondere der Kommanditisten, 137  Aus der Rechtsprechung vor allem BGHZ 63, 338 (Tz.  5 f.); BGH, NJW 1982, 35 (35); BGH, NJW 1984, 874 (874); aus der Literatur statt vieler etwa Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  11, 13; Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  66; Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  23; die noch von K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  63 ff., 115 ff. und dems., in: Schlegelberger, HGB, 5.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  12 vertretene Gegenauffassung, die sich vor allem auf eine abweichende Rechtsprechung zur GmbH stützte, hat ders., in: K. Schmidt, MüKo-­HGB, §§  171, 172 Rn.  12 inzwischen aufgegeben; anders demnach, soweit ersichtlich, nur noch Häse­ meyer, ZHR 149 (1985), 42 (55). 138  BGH, NJW 1982, 35 (35); besonders deutlich auch Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  23, der die Abtretung als durch den Zufluss eines entsprechenden Gegenwertes aufschiebend bedingt begreift; ferner Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  106. 139  Statt vieler Ebbing, in: Michalski, GmbHG, §  19 Rn.  125 f.; Bayer, in: Goette u. a., MüKo-­ AktG, §  66 Rn.  80 f.

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auf der anderen Seite materiell so dicht beieinander liegen, dass eine einheitliche juristische Würdigung angezeigt erscheint [s. eingehend oben B. III. 3. b) aa) (3)]. Indes sind in Bezug auf die konkrete Ausfüllung des Gleichwertigkeitskriteriums im Recht der Kommanditgesellschaft zwei Konstellationen zu unterscheiden: Wird die Einlageforderung an ein Rechtssubjekt abgetreten, das kein Gläubiger der Kom­ manditgesellschaft ist, wird die nötige Gleichwertigkeit gewahrt, soweit der Wert der – im Rahmen eines Verkehrsgeschäftes an die KG erbrachten – Gegenleistung dem Wert der zedierten Forderung entspricht; auf die Form der Gegenleistung kommt es nicht an.140 Die Gegenleistung des Zessionars ist Leistung eines Dritten iSd §  267 I BGB,141 welche die KG mit Wirkung für den Kommanditisten iSd §  364 I BGB an Erfüllungs statt akzeptiert. Sie bewirkt daher, soweit sie den Außenhaf­ tungsbetrag des Kommanditisten wertmäßig abdeckt, dessen Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB.142 Anlass zu einer weiteren Differenzierung besteht hingegen, wenn der Zessionar Gläubiger der Kommanditgesellschaft ist. Denn in diesem Fall kommt es entschei­ dend darauf an, welche Wirkung die Abtretung der Einlageforderung auf die gegen die KG gerichtete Forderung des Zessionars hat. Erfolgt die Abtretung an Erfüllungs statt, soll die gegen die KG gerichtete Forderung also mit Abtretung der Einlagefor­ derung iSd §  364 I BGB unmittelbar erlöschen, erlangt die KG mit Wirksamwerden der Abtretung die Befreiung von einer gegen sie gerichteten Verbindlichkeit. Folg­ lich erscheint es sachgerecht, auch bereits in diesem Zeitpunkt eine Einlageleistung des Kommanditisten iSd §  171 Hs.  2 HGB anzunehmen, die diesen von seiner Au­ ßenhaftung gegenüber den KG-Gläubigern freistellt, sofern sie seinen Außenhaf­ tungsbetrag abdeckt.143 Dieses Ergebnis folgt auch völlig zwanglos aus einer konse­ quenten Anwendung der hier an §  171 Hs.  2 HGB gestellten Voraussetzungen [s. oben B. III. 3. b)]. Denn dadurch, dass der KG-Gläubiger die Abtretung der Einlage­ forderung an Erfüllungs statt akzeptiert und so der KG das Bonitätsrisiko in Anse­ hung der Einlageforderung abnimmt, wendet er ihr in Gestalt der Befreiung von ei­ ner Verbindlichkeit eine greifbare Vermögensposition zu.144 Dass es sich dabei iSd §  267 I BGB um die Leistung eines Dritten – nämlich des KG-Gläubigers145 – zu­ gunsten des Kommanditisten handelt, ist unschädlich, da §  171 I Hs.  2 HGB gerade keine höchstpersönliche Leistungserbringung durch den Kommanditisten erfordert [s. dazu bereits im Rahmen der Einbuchungsfälle oben C. I. 1. b)]. Keine Schwierig­ keiten bestehen auch im Hinblick auf die Voraussetzung, dass iRd §  171 I Hs.  2 HGB grundsätzlich gerade „die Einlage“ geleistet werden muss. Denn im Gegenzug für 140 

Vgl. etwa das Beispiel der Übereignung einer beweglichen Sache bei Kirsch, S.  78. Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  68; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  109. 142  Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  109. 143  BGHZ 63, 338 (Tz.  10); BGH, NJW 1982, 35 (35); dem beipflichtend Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  13; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  72. 144  Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  70. 145  Nicht zuzustimmen ist der Auffassung des BGH, der davon ausgeht, der Kommanditist (!) 141 Ebenso

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den Verlust der Einlageforderung erlässt der Zessionar der KG die gegen sie gerich­ tete Verbindlichkeit (§  397 I BGB), womit sich diese gem. §  364 I BGB anstatt der Erfüllung ihrer Einlageverbindlichkeit einverstanden erklärt. Man könnte demnach die Abtretung der Einlageforderung an Erfüllungs statt auch als besonderen Anwen­ dungsfall des Debt-Equity-Swap begreifen, in dem eben nicht der betreffende Ge­ sellschafter selbst, sondern vielmehr ein gesellschaftsexterner Gläubiger zugunsten des Gesellschafters eine eigene Forderung zugunsten der Bildung von Eigenkapital preisgibt.146 Es handelt sich also um eine Umwandlung von Fremdkapital in Eigen­ kapital durch einen Gesellschaftsexternen, sodass es, anders als bei der Umwand­ lung durch einen Kommanditisten [s. dazu oben C. I. 2. b) cc)], hinsichtlich der drit­ ten Voraussetzung des §  171 I Hs.  2 HGB, der objektiven Vermögensdeckung, nicht auf die Vollwertigkeit der gegen die KG gerichteten Forderung ankommen kann.147 Dies folgt nicht etwa daraus, dass die grundsätzliche Anwendung des Vollwertig­ keitsgedankens im Gesellschaftsrecht a priori verfehlt wäre,148 sondern vielmehr daraus, dass eine Vollwertigkeitsprüfung nur angezeigt erscheint, wenn es gilt, die wirtschaftliche Vorzugsstellung des Kommanditisten durch eine rechtliche Benach­ teiligung gegenüber anderen KG-Gläubigern zu kompensieren [s. zu diesem Gedan­ ken bereits ausführlich im Rahmen der Aufrechnung oben bei C. I. 2. b) bb)]. Es geht aber in den hier zu erörternden Konstellationen gerade um eine gegen die KG gerich­ tete Forderung gesellschaftsexterner Gläubiger. Diese genießen keine Vorzugsstel­ lung gegenüber ihren Mit-Gläubigern, sodass auf die Anwendung des Vollwertig­ keitsprinzips verzichtet werden kann. Was die Frage der Werthaltigkeitsprüfung angeht, sind die betreffenden Abtretungskonstellationen also eher mit den Fällen der Gläubigerbefriedigung durch den Kommanditisten zu vergleichen – auch dort kommt es nach hier vertretener Auffassung nicht auf die Prüfung der Vollwertigkeit der befriedigten Forderung an [s. oben B. III. 4. b)] – als mit den Fällen der Aufrech­ nung des Kommanditisten gegen seine Einlageverbindlichkeit. Festzuhalten bleibt nach alledem, dass bereits eine wirksame Abtretung der Einlageforderung an Erfül­ lungs statt den Kommanditisten nach §  171 I Hs.  2 HGB unmittelbar von seiner Au­ ßenhaftung befreit, soweit die durch die Abtretung erloschene Forderung des betref­ fenden KG-Gläubigers in ihrem Nennwert den Außenhaftungsbetrag des Komman­ ditisten deckt. Die Haftungsbefreiung des Kommanditisten tritt hier also bereits ein, bevor dieser auf die Einlageforderung leistet.149 146  Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  71 spricht treffend von einem „Debt-Equity-Swap zugunsten Dritter“. 147  Wenn auch mit anderer oder ohne Begründung, so doch im Ergebnis ebenso BGHZ 63, 338 (Tz.  11); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  11; Strohn, in: Joost/ Strohn, HGB, §  171 Rn.  73; a. A. Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  33 zu §  172 HGB; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  51. 148 So Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  71, der allerdings ganz generell die Geltung des Prinzips der realen Kapitalaufbringung im Recht der KG leugnet und sich damit im Vergleich zu dem hier vertretenen Konzept auf einer völlig anderen dogmatischen Grundlage befindet. 149  Die gegenteilige Auffassung vertreten vor allem K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (347 f.); ders.,

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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In aller Regel dürfte sich ein KG-Gläubiger indes lediglich zu einer Abtretung der Einlageforderung erfüllungshalber bereit erklären, da seine gegen die KG gerichte­ te Forderung in diesem Falle zunächst fortbesteht, also nicht unmittelbar mit der Abtretung, sondern erst dann erlischt, wenn er sich aus der zedierten Forderung Befriedigung verschafft hat. Anders als bei der Abtretung an Erfüllungs statt er­ langt die KG hier mit Wirksamwerden der Abtretung noch keine Befreiung von ei­ ner Verbindlichkeit. Man wird folglich eine Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung iSd §  171 I Hs.  2 HGB nur annehmen können, soweit dieser in Höhe seines Außenhaftungsbetrages dem Zessionar wegen der Einlageforderung Befriedigung verschafft150 und dadurch zugleich dessen gegen die KG gerichtete Forderung zum Erlöschen bringt.151 Denn erst dann ist der KG über den Umweg des Gläubigervermögens ein wirtschaftlicher Wert zugeführt, der eine Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung rechtfertigt. Eine solche Haftungs­ befreiung durch Einlageleistung ist dem Kommanditisten auch nach Abtretung der Einlageforderung noch möglich, da er nach wie vor Gesellschafter der KG ist und somit das besondere gesellschaftsrechtliche Band, das über die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB eine Verknüpfung zwischen den ansonsten voneinander getrennten Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten herstellt, noch nicht zer­ schnitten ist. Von der zedierten Einlageforderung wird der Kommanditist indes nicht nur durch Erfüllung, sondern auch sämtliche Erfüllungssurrogate einschließ­ lich eines Erlasses iSd §  397 I BGB152 und schließlich sogar durch Weiterzession der Einlageforderung an ihn selbst153 frei, da es hinsichtlich der Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB letzten Endes allein auf das wirtschaftliche Unschädlichmachen der gegen die KG gerichteten Forderung ankommt. Letztere ist bei Erlass oder Wei­ terzession der Einlageforderung durch den Zessionar aber nicht mehr durchsetzbar, weil ihr sodann die peremptorische Einrede entgegensteht, dass sich der Zessionar aus der ihm gewährten Sicherheit – der Einlageforderung – hätte befriedigen kön­ nen.154 In Bezug auf die Werthaltigkeit der gegen die KG gerichteten Forderung sind keine anderen Maßstäbe angezeigt als im Rahmen einer Abtretung an Erfül­ lungs statt. Das bedeutet, der Kommanditist wird in Höhe des Nennwertes der un­ Einlage und Haftung, S.  116; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  12, 51; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  108. 150  Neben der Erfüllung sind hier freilich auch sämtliche Erfüllungssurrogate, vgl. Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  107, sowie eine Weiterzession der Einlageforderung an den Kommanditisten, vgl. BGH, NJW 1984, 874 (874), ausreichend, da es hinsichtlich der Außenhaf­ tung des Kommanditisten letzten Endes allein um das Erlöschen der gegen die KG gerichteten Forderung geht, die ihrerseits von dem Schicksal der Einlageforderung abhängig ist. 151  Ebenso BGHZ 63, 338 (Tz.  12 f.); dem beipflichtend Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  12; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  74; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  107. 152  Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  107. 153  Diese Fallgestaltung lag der Entscheidung BGH, NJW 1984, 874 zugrunde. 154  BGH, NJW 1984, 874 (874 f.).

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schädlich gemachten, gegen die KG gerichteten Forderung von seiner Außenhaf­ tung frei.155 Gleichwohl besteht in jener Konstellation der Abtretung der Einlageforderung erfüllungshalber das mit Blick auf §  399 Alt.  1 BGB bedenkliche Risiko einer dop­ pelten Leistungsverpflichtung des Kommanditisten, wenn dieser nach der Abtre­ tung von einem anderen KG-Gläubiger aus seiner Außenhaftung nach §  171 I Hs.  1 HGB in Anspruch genommen wird und daraufhin an diesen leistet. Denn in diesem Fall erlischt zwar nach den Grundsätzen der Befriedigung eines KG-Gläubigers [s. oben B. III. 4.] die Außenhaftung des Kommanditisten, nicht aber seine Einlagever­ bindlichkeit. Wäre die KG noch Gläubigerin der Einlageforderung, könnte der Kommanditist unproblematisch mit seinem Regressanspruch aus §§  161 II, 110 HGB aufrechnen. Nachdem in Bezug auf die Einlageforderung nunmehr jedoch allein der Zessionar aktivlegitimiert ist, kommt eine wirksame Aufrechnung allen­ falls unter den Voraussetzungen des §  407 I BGB (bei Aufrechnung gegenüber der KG als Zedentin) bzw. des §  406 BGB (bei Aufrechnung gegenüber dem Zessionar) in Betracht. Dabei dürfte häufig das Hindernis bestehen, dass der Kommanditist – im Falle des §  407 I BGB bei der Aufrechnung, im Falle des §  406 BGB beim Er­ werb der Regressforderung – bereits Kenntnis von der Abtretung besitzt und ihm daher eine Aufrechnung verwehrt ist. Doch gebietet das Bedürfnis nach hinreichen­ dem Schutz der berechtigten Interessen des Kommanditisten, ihm in der geschilder­ ten Konstellation auch nach der Abtretung die Aufrechnungsmöglichkeit zu erhal­ ten.156 Weil sich die haftungsrechtliche Lage für einen Kommanditisten durch die Abtretung der Einlageforderung erfüllungshalber nicht verändert hat, wäre es näm­ lich unbillig, ihn schlechter zu stellen als er stünde, wenn die Einlageforderung nicht abgetreten worden wäre, zumal er an der Abtretung der Einlageforderung in keiner Weise mitgewirkt hat.157 Das Risiko einer doppelten Inanspruchnahme kann der Kommanditist folglich durch Aufrechnung mit seiner Regressforderung aus §§  161 II, 110 HGB abwehren. Schließlich birgt eine Abtretung der Einlageforderung erfüllungshalber noch die Gefahr einer Bevorzugung des Zessionars gegenüber anderen KG-Gläubigern in der Insolvenz der Gesellschaft. Denn die Vorschrift des §  171 II HGB, die den Kom­ manditisten in der Insolvenz an der Befriedigung einzelner KG-Gläubiger hindert und ihn stattdessen dazu zwingt, in die Insolvenzmasse zu leisten, betrifft lediglich 155  So auch Kirsch, S.  79; vgl. zur Gegenauffassung, wenn auch auf dem Boden grundsätzlicher Verneinung der Zulässigkeit der Abtretung K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  64 f. 156  Gerade das Gegenteil vertritt Gramlich, NJW 1967, 1447 (1449). 157  BGHZ 63, 338 (Tz.  16); dieser Argumentation beipflichtend Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  74; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  17; zu demselben Ergebnis ge­ langt Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  13, 73, allerdings über den Weg der §§  429 III, 422 BGB, da er im Sinne eines gesetzlich angeordneten Vertrages zugunsten Dritter annimmt, dass auch die gesellschaftsexternen KG-Gläubiger den Kommanditisten aus der Einlageforderung (!) in Anspruch nehmen können, was fundamental gegen die hier herausgearbeitete prinzipielle Tren­ nung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten verstößt.

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die Außenhaftung des Kommanditisten iSd §  171 I Hs.  1 HGB. Sie gilt gemäß ihrem unmissverständlichen Wortlaut nicht für die im Innenverhältnis zwischen KG und Kommanditist begründete Einlageforderung. Insoweit wäre allein §  80 I InsO ein­ schlägig, der die Einlageforderung allerdings nicht erfasst, wenn diese vor Eröff­ nung des Insolvenzverfahrens an ein anderes Rechtssubjekt abgetreten worden ist. Bliebe es dabei, könnte der Zessionar in der Insolvenz aus der Einlageforderung an der Insolvenzmasse vorbei Vermögenszuwendungen des Kommanditisten erhalten, der Kommanditist umgekehrt durch derartige Zuwendungen an den Zessionar die Befreiung von seiner Außenhaftung nach §  171 I Hs.  2 HGB erreichen.158 Um die damit einhergehende Benachteiligung der anderen KG-Gläubiger zu verhindern, ist teilweise vorgeschlagen worden, §  171 II HGB auch auf die Einlageforderung anzu­ wenden und dem Kommanditisten so sein Wahlrecht zwischen Leistung auf die Außenhaftung und Leistung auf die Einlageverbindlichkeit zu nehmen.159 Doch vermag diese, auf eine analoge Anwendung des §  171 II HGB zulaufende Lösung bereits deshalb nicht zu überzeugen, weil allein mit der Eröffnung des Insolvenz­ verfahrens noch keine sachliche Veränderung der Haftung des Kommanditisten verbunden sein kann.160 Einer drohenden Benachteiligung der übrigen KG-Gläubi­ ger ist vielmehr durch eine Anfechtung der Abtretung nach §  133 I InsO zu begeg­ nen. Denn eine KG, die ihre Masse durch Abtretung der Einlageforderung erfül­ lungshalber schmälert, zielt bewusst auf eine Umgehung der in der Insolvenz maß­ geblichen par condicio creditorum ab und benachteiligt dadurch vorsätzlich ihre übrigen Gläubiger.161 Können diese über §  133 I InsO aber auch die Gefahr der Be­ vorzugung des Zessionars bannen, besteht kein Grund mehr, sich einer Abtretung der Einlageforderung nach den oben aufgestellten Grundsätzen zu verschließen. b)  Verpfändung der Einlageforderung Die Abtretbarkeit der Einlageforderung führt entsprechend einem argumentum e contrario aus §  1274 II BGB zu deren grundsätzlicher Verpfändbarkeit.162 Wie bei der Abtretung erfüllungshalber befreit sich der Kommanditist auch im Rahmen der Verpfändung erst durch Erfüllung der Einlageforderung von seiner Außenhaftung. Wird er von einem der übrigen KG-Gläubiger aus seiner Haftung in Anspruch ge­ 158 

So explizit BGHZ 63, 338 (Tz.  18); zustimmend Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  74. Gramlich, NJW 1967, 1447 (1449 f.); Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (434); K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  117; Gursky, DB 1978, 1261 (1265); mit gleicher Begründung, aber dem Ergebnis eines vollständigen Ausschlusses der Abtretbarkeit in diesem Fall Kirsch, S.  81. 160  Vgl. bereits BGHZ 63, 338 (Tz.  18). 161  So bereits auf Grundlage des – in casu wegen §  41 I KO nicht mehr durchgreifenden – §  31 Nr.  1 KOBGH, NJW 1984, 874 (874 f.); Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  76 mit eingehen­ den Ausführungen zu den einzelnen Voraussetzungen des §  133 I InsO in diesem Fall; ebenso Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  108. 162  Für die Zulässigkeit der Verpfändbarkeit statt vieler Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  105 mwN. 159 

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nommen, muss ihm nach §  1275 BGB genauso gegenüber dem Pfandgläubiger die Aufrechnung mit der gegen die KG gerichteten Regressforderung aus §  161 II, 110 HGB möglich sein. Auch in Bezug auf die Frage der Anfechtbarkeit ist in gleicher Weise wie bei der Abtretung erfüllungshalber zu entscheiden. Anders als im Rah­ men der Abtretung erfüllungshalber wird der Kommanditist wegen §  1282 II BGB allerdings durch andere Verfügungen des Pfandgläubigers über die Einlageforde­ rung (insb. Erlass und Weiterzession an den Kommanditisten) nicht befreit. Dies gilt nur dann nicht, wenn der Pfandgläubiger erreicht, dass ihm die Einlageforderung gem. §  1282 I 3 BGB an Zahlungs statt abgetreten wird. Dann gelagen die oben zur Abtretung an Erfüllungs statt dargelegten Grundsätze zur Anwendung. c)  Pfändung der Einlageforderung Schließlich bestehen auch gegen die grundsätzliche Pfändbarkeit der Einlageforde­ rung keine Bedenken,163 sofern man in Bezug auf ihre Wirkungen sorgfältig danach differenziert, ob die Pfändung zur Einziehung (§  835 I Alt.  1 ZPO) – insoweit der Abtretung erfüllungshalber vergleichbar – oder an Zahlungs statt (§  835 I Alt.  2, II ZPO) – wie die Abtretung an Erfüllungs statt – erfolgt. Die einzige Besonderheit gegenüber den vorstehenden Ausführungen besteht darin, dass bei der Pfändung eine Anfechtung nach §  133 I InsO überwiegend für unstatthaft gehalten wird, da es sich bei Vollstreckungshandlungen nicht um eine Rechtshandlung des Schuldners handle, sofern dieser zu der Vollstreckungshandlung nicht auch selbst beigetragen habe.164 d)  Erstreckung der Grundätze auf die Erstattungsforderung aus §  31 I GmbHG analog Neben der Einlageforderung dient im Rahmen der hier entwickelten Haftungskon­ zeption noch eine weitere Forderung dem Ziel hinreichender Kapitalausstattung der Kommanditgesellschaft: der aus einer analogen Anwendung des §  31 I GmbHG re­ sultierende Anspruch der Kommanditgesellschaft wegen einer zugunsten des Kom­ manditisten erfolgten Kapitalausschüttung ohne Einlagerelevanz [s. zu Herleitung und Ausgestaltung eingehend oben B. III. 5. c)]. Beide Ansprüche, die Einlagefor­ derung und die Erstattungsforderung nach §  31 I GmbHG analog, entfalten ihre Wirkung lediglich in unterschiedlichen Bereichen der Finanzverfassung der Kom­ manditgesellschaft: die Einlageforderung im Bereich der Kapitalaufbringung, die Erstattungsforderung im Bereich der Kapitalerhaltung. Die Zielrichtung, eine hin­ 163 Ebenso Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  78; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  105. 164  BGHZ 155, 75 (Tz.  9); Hirte, in: Uhlenbruck u. a., InsO, §  133 Rn.  8 mwN auch zur Gegen­ meinung.

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reichende Kapitalausstattung der KG und damit letztendlich eine risikoadäquate Zugriffsmasse für die Gesellschaftsgläubiger sicherzustellen, ist beiden Forderun­ gen indes gemeinsam. Führt man sich diese funktionale Kongruenz beider Ansprüche vor Augen, ist es nur folgerichtig, die oben ausgearbeiteten Grundsätze bezüglich Abtretung, Ver­ pfändung und Pfändung auch auf die Erstattungsforderung nach §  31 I GmbHG analog zu übertragen. Dies gebietet auch die Überlegung, dass die Forderung nach §  31 I GmbHG analog nur dann die von §  172 IV 1 HGB und §  172 IV 2, 3 HGB hinterlassenen Lücken [s. dazu oben B. III. 5. c) aa) sowie B. III. 6. c)] effektiv zu schließen vermag, wenn sie einem Zugriff durch die KG-Gläubiger zugänglich ge­ macht werden kann. Der Erstattungsforderung nach §  31 I GmbHG in ihrer vorlie­ gend gezeichneten Ausgestaltung ist ihre Abtretbarkeit, Verpfändbarkeit und Pfändbarkeit also geradezu wesensmäßig immanent. Dafür spricht schließlich auch ein Blick auf die rechtliche Lage im Kapitalgesellschaftsrecht, in welchem die grundsätzliche Abtretbarkeit, Verpfändbarkeit und Pfändbarkeit einer Forderung aus §  31 I GmbHG völlig außer Zweifel steht.165 Was die haftungsrechtlichen Impli­ kationen dieser drei Akte im Recht der KG anbelangt, kann wegen der funktionalen Kongruenz auf die Erkenntnisse zur jeweils entsprechenden Konstellation bei der Einlageforderung verwiesen werden.

4.  Leistungen „auf die Haftung“ Die grundsätzliche Trennung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kom­ manditisten (s. oben B. I.) eröffnet die Möglichkeit, dass die Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten und seine Außenhaftung gegenüber den KG-Gläubigern so­ wohl hinsichtlich ihres Bestandes als auch hinsichtlich ihres Umfangs auseinander­ fallen. Zu denken ist namentlich an vier Konstellationen. Erstens: Es besteht nur eine Außenhaftung – diese ist zwingendes Strukturmerkmal der Kommanditisten­ stellung166 –, aber keine Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten. Zweitens: Der Außenhaftungsbetrag übersteigt die Einlageverbindlichkeit umfangmäßig. Drit­ tens: Der Kommanditist ist wirksam aus der Gesellschaft ausgeschieden, sodass ihn zwar keine Einlageverbindlichkeit mehr trifft, wohl aber eine nach Maßgabe der §§  161 II, 160 HGB zeitlich begrenzte Außenhaftung. Viertens: Zwischen KG und Kommanditist kommt es zur Unterbewertung einer Sacheinlage, sodass ein wirt­ schaftlicher Wert in das KG-Vermögen gelangt, der vereinbarungsgemäß nur zu einem Teil auf die Einlageverbindlichkeit angerechnet werden soll. In all diesen Konstellationen stellt sich jeweils die Frage, ob der Kommanditist durch Vermö­ 165  Nach Verse, in: Scholz, GmbHG, §  31 Rn.  28 steht die grundsätzliche Verfügbarkeit des Anspruchs aus §  31 I GmbHG „außer Frage“; statt vieler weiterer gleichlautender Stimmen etwa Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  31 Rn.  4. 166  Vgl. statt vieler Kirsch, S.  21 f.

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genszuführung an die KG (!) von seiner Außenhaftung frei werden kann – bzw. im zuletzt genannten Fall der Unterbewertung einer Sacheinlage: bereits frei geworden ist –, obwohl er dieser gegenüber keine Einlage (mehr) schuldet. Man diskutiert die Problematik meist unter den Stichwörtern „Leistungen auf die Haftung des Kom­ manditisten“167 oder „überschießende Außenhaftung des Kommanditisten“168. Die überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht indes da­ von aus, auch Leistungen „auf die Haftung“ seien als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB einzuordnen, und postuliert folglich insoweit eine Befreiung des Kom­ manditisten von seiner Außenhaftung.169 Als Hauptargument beruft man sich auf die Überlegung, den Interessen der KG-Gläubiger sei durch jede Mehrung des KG-Vermögens Genüge getan, unabhängig davon, ob diese durch Erfüllung der Einlageforderung oder durch Leistung „auf die Haftung“ bewirkt werde.170 Trotz dieses – prima facie einleuchtenden – Gedankens kann jener Rechtsansicht auf dem Boden des hier entwickelten Verständnisses der Kommanditistenhaftung nicht zugestimmt werden. So fehlt es jeder Leistung „auf die Haftung“ bereits an der für eine Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB zwingend erforderlichen Voraus­ setzung, dass der Kommanditist gerade „die Einlage“ erbringt. Denn soweit der KG Vermögenswerte durch einen Kommanditisten zugeführt werden, den keine Einla­ geschuld (mehr) trifft, ist ausgeschlossen, dass die betreffende Vermögenszufüh­ rung ihren Rechtsgrund gerade in der Einlageforderung der KG gegen den Kom­ manditisten findet [s. dazu oben B. III. 3. b) aa) (2)]. Der Kommanditist leistet also gerade nicht, wie durch den Wortlaut des §  171 I Hs.  2 HGB vorgegeben, „die Ein­ lage“. Auf der anderen Seite handelt es sich aber auch nicht um einen Fall der Gläu­ bigerbefriedigung [s. dazu oben B. III. 4.], sondern vielmehr eine Vermögenszufüh­ rung an die KG für deren eigene Rechnung. Wer Leistungen „auf die Haftung“ als haftungsbefreiend betrachtet, schafft folglich nolens volens einen dritten Tatbe­ stand der Haftungsbefreiung des Kommanditisten neben Einlageleistung und Gläu­ bigerbefriedigung.171 Ein dritter haftungsbefreiender Tatbestand in diesem Sinne liefe im Ergebnis auf nichts anderes als die Vorstellung eines Hafteinlageanspruchs

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Diese Begriffsbildung dürfte auf K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  9 zurückgehen. So explizit Schmelz, DStR 2006, 1704 (1704); von einem „überschießende[n] Wert der Sach­ einlage“ spricht bereits Kirsch, S.  42. 169 Statt vieler K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  8; ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  42 f.; Huber, ZGR 1988, 1 (20); Gummert, in: Henssler/Strohn, Gesellschaftsrecht, Rn.  27 zu §  172 HGB; Sassenrath, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2883 [Stand: 9/2014]; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  112 mwN; ebenso für den Unterfall des ausgeschiedenen Kommanditisten BGHZ 39, 319 (Tz.  32); Michel, ZGR 1993, 118 (138); Horn, in: Heymann, HGB, §  171 Rn.  25; Kammergruber, S.  167 mwN; in sich widersprüchlich Tschierschke, S.  35 f., 43 sowie Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  171 Rn.  25, 35, §  173 Rn.  17. 170  Deutlich etwa BGHZ 39, 319 (Tz.  32); Michel, ZGR 1993, 118 (138 f.). 171  So auch bereits Kirsch, S.  19; ebenso Schmelz, DStR 2006, 1704 (1708). 168 

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der KG-Gläubiger172 hinaus,173 welche als Verstoß gegen den Grundsatz der Tren­ nung von Innen- und Außenrechtsbeziehungen174 oben bereits verworfen worden ist [s. B. III. 2. b) bb)]. Ferner darf nicht verkannt werden, dass Leistungen „auf die Haftung“ zwar durchaus eine Mehrung der Aktiva der KG bewirken, aber gerade nicht in einer der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB äquivalenten Weise. Weil die Vermögenszuführung zugunsten der KG ihren Rechtsgrund nicht in der Ein­ lageschuld des Kommanditisten hat, können die zugeführten Aktiva in der KG nämlich nicht als Einlage eingebunden werden und unterfallen in der Konsequenz nicht der besonderen Kapitalbindung des §  172 IV HGB. Folglich können die betref­ fenden Aktiva auch leichter wieder aus dem KG-Vermögen abgezogen werden, was für die KG-Gläubiger im Vergleich zu Kapital, das nach §  172 IV HGB gebunden ist, eine deutlich unsicherere Kreditgrundlage bedeutet.175 Überdies wird allein durch die hier vertretene ablehnende Haltung gegenüber einer haftungsbefreienden Leistung „auf die Haftung“ die Einrichtung eines besonderen „Haftkapitalkon­ tos“176 in der KG gänzlich überflüssig, dessen konkrete Qualifikation eingehender Erläuterungen bedürfte177 und dessen Anerkennung mit Blick auf den Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung iSd §  238 I, 239 II HGB als nicht ganz unproblema­ tisch178 erschiene. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es einer Anerkennung haftungsbefreiender Leistungen „auf die Haftung“ auch gar nicht bedarf. Denn in allen von dieser Fallgruppe erfassten Konstellationen kann sich der Kommanditist seiner Außenhaftung durch Gläubigerbefriedigung entledigen.179 Das dabei beste­ 172  Diesem Denken scheint das etwa bei Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9 oder Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  171 Rn.  18 deutlich artikulierte Bedürfnis nach einer haftungsbefreienden Leistung des Kommanditisten ohne Einlageverbindlichkeit noch spürbar ver­ haftet. 173  Besonders unverständlich ist daher, wie K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  9 für eine haftungsbefreiende Wirkung von Leistungen „auf die Haftung“ plädieren kann, obwohl er doch die Vorstellung einer Hafteinlage ganz vehement ablehnt, vgl. nur dens., ZGR 1976, 307 (311) so­ wie dens., Einlage und Haftung, S.  8 f. 174  Völlig paradox muten in diesem Zusammenhang die Ausführungen bei Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  113 an, die den Trennungsgrundsatz als Begründung für seine eigene Durchbrechung instrumentalisieren. 175  Kirsch, S.  19 f.; ebenso Schmelz, DStR 2006, 1704 (1708 f.). 176  Vgl. zu dieser Konstruktion etwa Oetker, in: Oetker, HGB, §  171 Rn.  53; K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  43. 177  Huber, ZGR 1988, 1 (21) betrachtet ein solches Sonderkonto als zweites Kapitalkonto, ent­ hält sich aber gänzlich einer Begründung für diese These. 178 Selbst K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  43 als glühender Verfechter einer haftungsbefreienden Wirkung von Leistungen „auf die Haftung“ muss eingestehen, dass die Konstruktion eines derartigen Sonderkontos bislang „noch wenig geklärt“ ist. 179 Es erübrigt sich dann auch der für den Fall des ausgeschiedenen Kommanditisten bei K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  122 f. prägnant dargestellte Streit, ob etwaige „Leistungen auf die Haftung“ nur Alt- oder auch Neugläubigern der KG zugutekommen, da völlig klar sein dürfte, dass die Inanspruchnahme eines noch haftenden, aber ausgeschiedenen Kommanditisten allein Altgläubigern der KG gestattet sein kann; vgl. zu Letzterem etwa Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  80.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

hende Risiko, ohne haftungsbefreiende Wirkung an „den Falschen“ zu zahlen, also an einen Leistungsempfänger, der tatsächlich gar nicht (mehr) Inhaber einer gegen die KG gerichteten Forderung ist [s. dazu bereits oben B. III. 4. b)], kann der Kom­ manditist, dem nach §  166 HGB sämtliche geschäftsrelevanten Unterlagen der KG zugänglich zu machen sind,180 mit geringem Aufwand auf ein zumutbares Mini­ mum reduzieren.181 Nach alledem ist die Rechtsfigur haftungsbefreiender Leistun­ gen „auf die Haftung“ mit den besseren Gründen abzulehnen.182 Ein Kommanditist, welcher der KG gleichwohl überschießende Vermögenswerte zugeführt hat, kann diese – vorbehaltlich einer von der Einlageverbindlichkeit ver­ schiedenen rechtlichen Verpflichtung dazu – nach §  812 I 1 Alt.  1 BGB kondizieren. Entgegen einer vor allem in der Rechtsprechung vorherrschenden Auffassung kann der Kommanditist diesen Kondiktionsanspruch allerdings nicht zur Aufrechnung gegen seine den KG-Gläubigern gegenüber bestehende Außenhaftung heranzie­ hen.183 Denn zum einen handelt es sich bei der Zugriffsmöglichkeit der KG-Gläubi­ ger auf den Kommanditisten nach §  171 I Hs.  1 HGB nicht um eine konkrete Forde­ rung iSd §  387 BGB, sondern vielmehr um ein „abstraktes Einstehenmüssen“ für Forderungen, die auf einem gesonderten Rechtsgrund basieren.184 Zum anderen fehlt es an der von §  387 BGB vorausgesetzten Gegenseitigkeit, wenn der Komman­ ditist den KG-Gläubigern eine gegen die KG gerichtete Forderung entgegenhalten will.185 Nach erfolgter Leistung auf seine überschießende Außenhaftung kann der Kommanditist prinzipiell nur gegen einen von der Einlageforderung verschiedenen Anspruch der KG aufrechnen oder seinen Kondiktionsanspruch aus §  812 I 1 Alt.  1 BGB bei der KG realisieren. Sofern die überschießende Außenhaftung des Kommanditisten darauf beruht, dass eine Einlageverbindlichkeit gänzlich fehlt oder umfangmäßig hinter dem Au­ ßenhaftungsbetrag zurückbleibt, besteht daneben die Möglichkeit, nach erfolgter Leistung „auf die Haftung“ den Gesellschaftsvertrag zu ändern und so in Gestalt einer (umfassenderen) Einlageforderung den notwendigen Rechtsgrund für eine Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB nachzuschieben. Unschädlich ist, dass sich in diesem Falle die Tatbestandsmerkmale des §  171 I Hs.  2 HGB nacheinander, also in einem gestreckten Tatbestand verwirklichen, da durch die Änderung des Gesell­ schaftsvertrages das bereits zugeführte überschießende Kapital der Einlageforde­ 180  Vgl. statt vieler Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  166 Rn.  2; Roth, in: Baumbach, HGB, §  166 Rn.  4. 181  Dies offenbar verkennend Westermann, Handbuch I, Rn.  920 [Stand: 8/1978]. 182 Ebenso Kirsch, S.  19; Schmelz, DStR 2006, 1704 (1708 f.); Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  30 ff.; für den Unterfall des ausgeschiedenen Kommanditisten BGHZ 27, 51 = BGH, NJW 1958, 787 (788); OLG Rostock, NZG 2001, 795 (796); Häsemeyer, ZHR 149 (1985), 42 (70); Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  171 [Stand: 1.4.1987] Rn.  16; Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  173 Rn.  16. 183  So aber BGHZ 58, 72 (Tz.  23); BGH, NJW 1976, 418 (419). 184  Kirsch, S.  18. 185  Mit dieser richtigen Feststellung bereits Kirsch, S.  18 f.

I.  Fragen im Bereich der Kapitalaufbringung

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rung als Rechtsgrund zugeordnet wird [s. zu der parallelen Situation im Rahmen der Umwandlung von Fremd- in Eigenkapital der KG oben C. I. 2. b) cc)]. Schwieriger zu beurteilen sind die Handlungsmöglichkeiten des Kommanditisten im Falle einer bereits erbrachten, aber unterbewerteten Sacheinlage. Zwar wird man, sofern erforderlich, auch hier eine nachträgliche Modifikation der Einlagever­ bindlichkeit gesellschaftsvertraglich vereinbaren können,186 doch kommt es ent­ scheidend auf eine andere Frage an. Gemeint ist die Problematik, ob KG und Kom­ manditist eine nachträgliche Veränderung ihrer im Rahmen der Bewertungsverein­ barung getroffenen zweiseitigen Tilgungsbestimmung zu gestatten ist. Geht man mit der hier vertretenen Auffassung davon aus, dass auch bei einer überbewerteten Sacheinlage die Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB auf den Umfang der Ein­ lageverbindlichkeit beschränkt ist,187 wäre dies notwendig, um das bereits in der KG vorhandene überschießende Kapital nachträglich der – ggf. ebenfalls vertrag­ lich anzupassenden – Einlageforderung zuordnen zu können. Indes ist die Frage, ob eine bereits getroffene Tilgungsbestimmung188 nachträglich geändert werden kann, in Rechtsprechung und zivilrechtlichem Schrifttum heftig umstritten189 und von so komplexen (bereicherungsrechtlichen) Erwägungen abhängig, dass sie im Rahmen der hier unternommenen Untersuchung nicht allgemein beantwortet werden kann. Bezogen auf die konkrete Situation der Unterbewertung von Sacheinlagen in der Kommanditgesellschaft bietet sich gleichwohl folgende Differenzierung an, die sich an Vorarbeiten von Kirsch orientiert: Sofern sich Kommanditist und KG der Unter­ bewertung der Sacheinlage bewusst waren, sind sie nicht schutzwürdig und können in der Konsequenz ihre ursprüngliche Tilgungsbestimmung, nach der nur ein Teil des Wertes des Sacheinlagegegenstandes auf die Einlageverbindlichkeit angerech­ 186 

Konsequent daher Kirsch, S.  46. Diesen Ausganspunkt teilen insbesondere Huber, S.  212; Kirsch, S.  43 f.; K. Schmidt, Einla­ ge und Haftung, S.  41 f.; umfangreiche Nachweise zur Gegenauffassung, die – offenbar getragen von den Postulaten der Verrechnungstheorie – von einem Erlöschen der Außenhaftung in Höhe des objektiven Wertes der Sacheinlage ausgeht, finden sich bei Kirsch, S.  43 unter Fn.  61. 188  Auch eine negative Tilgungsbestimmung des Inhalts, dass an die KG erbrachte Werte nicht der Einlageverbindlichkeit zugeordnet werden sollen, wird bei BFHE 219, 136 (Tz.  26 f.) sowie BFHE 223, 149 (Tz.  29 f.) für zulässig gehalten, um in den Vorzug eines steuerlichen Verlustaus­ gleichs bzw. –abzugs iSd §  15a I 2 EStG zu kommen; diese Rechtsansicht steht im Einklang mit dem etwa bei Fetzer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  362 Rn.  10 mwN dargestellten, ganz herrschenden Erfüllungsbegriff, verträgt sich aber mit dem hier vertretenen Verständnis einer Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB nur, wenn man sie dahingehend modifiziert, dass die in das KG-Vermögen gelangten Werte sodann nicht als Eigenkapital iSd §  172 IV HGB gebunden sind; die namentlich von Hüttemann/Meyer, DB 2009, 1613 (1616 f.) gegen die Möglichkeit einer nega­ tiven Tilgungsbestimmung vorgebrachten Einwände fußen offenkundig auf der oben bereits ver­ worfenen Verrechnungstheorie und verkennen die zentrale Bedeutung der Einlageforderung als Rechtsgrund einer haftungsbefreienden Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB; eine eingehende Darstellung der Problematik sowie des Streitstandes findet sich bei Sahrmann, DStR 2012, 1109 (1113 f.). 189  Eine umfassende Einführung in die Problematik sowie den Streitstand findet sich bei Schwab, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  812 Rn.  225 ff. 187 

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

net werden soll, nicht nachträglich ändern.190 Sofern Kommanditist und KG die Sa­ cheinlage hingegen irrtümlich unterbewertet haben, steht einer nachträglichen Än­ derung der Tilgungsbestimmung nichts entgegen, zumal dadurch auch keine Beein­ trächtigung der Interessen der KG-Gläubiger zu besorgen ist.191 Allerdings wird man – anders, als Kirsch offenbar annimmt192 – eine Vereinbarung zwischen Kom­ manditist und KG über die Änderung der Tilgungsbestimmung fordern müssen, da bereits in der ursprünglichen Bewertungsvereinbarung eine zweiseitige Tilgungs­ bestimmung liegt, gegenüber der eine spätere einseitige Tilgungsbestimmung des Kommanditisten wirkungslos wäre.193 Sofern eine entsprechende Tilgungsbestimmung vorhanden ist, wird schließlich auch der bereits ausgeschiedene Kommanditist, der nach Maßgabe des §  267 BGB zugunsten seines Nachfolgers in der Kommanditistenstellung leistet, eine haftungs­ befreiende Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB erzielen können.194

5.  Zusammenfassung zu I. Der Einbuchung kommt als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB zugunsten des Kommanditisten haftungsbefreiende Wirkung zu. Dies ergibt sich indes nicht daraus, dass bei einer Einbuchung auf die Voraussetzung realer Kapitalzuführung durch den Kommanditisten verzichtet werden könnte. Vielmehr liegt bei näherer Betrachtung des Einbuchungsvorganges auch in solchen Fällen eine Zuführung von Kapital an die KG für Rechnung des Kommanditisten vor. Dass ein diesem Kapital entsprechender Betrag zuvor durch einen Komplementär der KG entzogen wurde, ist haftungsrechtlich unschädlich, da §  171 I Hs.  2 HGB den Gläubigern keine be­ stimmte Gesamthaftungsmasse der KG garantiert. Die Aufrechnung mit einer gegen die KG gerichteten Forderung ist nur unter strikter Beachtung sowohl des Gegenseitigkeits- wie des Gleichartigkeitserforder­ nisses des §  387 BGB zuzulassen. Anlass zur Beschränkung der Wirkungen einer solchen Aufrechnung bestehen primär hinsichtlich des Außenverhältnisses, wo das Bedürfnis nach hinreichendem Schutz der KG-Gläubiger unmittelbar Platz greift. Als den Anforderungen des kapitalgesellschaftsrechtlichen Prinzips der objektiven Vermögensdeckung am besten gerecht werdendes Korrektiv erweist sich dabei eine 190 

Kirsch, S.  46. Kirsch, S.  46. 192  Die Anmerkung bei Kirsch, S.  45, man müsse prüfen, ob „dem Kommanditisten“ eine nach­ trägliche Änderung der Tilgungsbestimmung zu gestatten sei, deutet jedenfalls auf eine gegen­ teilige Annahme hin. 193  So ganz allgemein Fetzer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  362 Rn.  11 mwN. 194  In besonders gelagerten Fällen wie der Leistung durch Dritte iSd §  267 BGB ist, abwei­ chend von der ansonsten ganz herrschenden Theorie der realen Leistungsbewirkung, eine Til­ gungsbestimmung erforderlich, um die betreffende Leistung zuordnen zu können; vgl. statt vieler Fetzer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  362 Rn.  10. 191 

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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kumulative Anwendung des Äquivalenz- bzw. Surrogationsprinzips, das die haf­ tungsbefreiende Wirkung der Aufrechnung iSd §  171 I Hs.  2 HGB davon abhängig macht, inwiefern der Kommanditist als Ausgleich für die zu seinen Gunsten ent­ standene Aktivforderung der KG einen tatsächlichen wirtschaftlichen Gegenwert zugeführt hat, und des Vollwertigkeitsprinzips, das den Umfang der Aufrechnungs­ wirkung an die finanzielle Lage der Kommanditgesellschaft im Zeitpunkt der Auf­ rechnungserklärung knüpft. Das Vollwertigkeitsprinzip kann indes nur dann einer Aufrechnung zum Nennwert der Kommanditistenforderung weichen, wenn es um einen Anspruch aus §§  161 II, 110 HGB geht oder unechtes (nur formelles) Fremd­ kapital in Eigenkapital umgewandelt werden soll. Durch diese Konzeption wird ein Gläubigerschutzniveau erreicht, das materiell den Gegebenheiten des Kapitalgesell­ schaftsrechts gleichkommt, sodass eine formelle Übertragung kapitalgesellschafts­ rechtlicher Aufrechnungsverbote nach §§  19 II 2 GmbHG, 66 I 2 AktG auf die Kom­ manditgesellschaft gar nicht erst erforderlich wird. Sowohl die Einlageforderung als auch die Erstattungsforderung nach §  31 I Gm­ bHG analog sind der Abtretung, Verpfändung und Pfändung zugänglich. Im Hin­ blick auf die jeweiligen haftungsrechtlichen Implikationen ist genau danach zu dif­ ferenzieren, ob die betreffende Rechtshandlung an Zahlungs statt oder lediglich erfüllungs- bzw. sicherungshalber vorgenommen wird. Leistungen „auf die Haftung“ des Kommanditisten rufen keine haftungsbefreien­ de Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB hervor. Aus der überschießenden Leistung er­ wächst dem Kommanditisten vielmehr – bei Fehlen auch einer sonstigen rechtlichen Leistungsverpflichtung –ein Kondiktionsanspruch aus §  812 I 1 Alt.  1 BGB, den er gegen einen von der Einlageforderung verschiedenen Gegenanspruch der KG auf­ rechnen oder bei der KG realisieren, nicht jedoch zur Aufrechnung gegen seine den KG-Gläubigern gegenüber bestehende Außenhaftung heranziehen kann. Je nach zugrundeliegender Konstellation kann eine haftungsbefreiende Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB aber durch nachträgliche gesellschaftsvertragliche Anpassung der Ein­ lageverbindlichkeit bzw. Setzen einer entsprechenden Tilgungsbestimmung herbei­ geführt werden.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung 1.  Die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG In der Praxis recht verbreitet ist die Konstellation, dass Kapital, welches der Kom­ manditist zunächst iSd §  171 I Hs.  2 HGB mit haftungsbefreiender Wirkung an die KG geleistet, mithin als Eigenkapital im KG-Vermögen gebunden hatte, nachträg­ lich in Fremdkapital der KG umgewandelt wird. Dies ist namentlich der Fall, wenn die zuvor im KG-Vermögen gebundene Einlage durch ein Darlehen oder eine stille

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

Beteiligung195 des Kommanditisten ersetzt wird oder der Kommanditist schlicht aus der Gesellschaft ausscheidet. Führt man sich nochmals die eingangs bereits de­ tailliert erörterte Schutzbedürftigkeit der KG-Gläubiger vor Augen [s. vor allem oben B. II.], stellt sich die Frage, ob derartige Veränderungen des Kapitalcharakters, mögen sie auch nur Teile des der KG zur Verfügung stehenden Vermögens betref­ fen, bereits haftungsrechtliche Konsequenzen für den Kommanditisten nach sich ziehen müssen. a)  Die Modifikation des Kapitalcharakters als haftungsunschädliche Finanzierungsentscheidung Selbstredend muss man eine Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG als haftungsschädliches Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB ansehen, wenn man jene Vorschrift aus der Perspektive der Vertragstheorie [s. oben B. III. 5. b) aa) (2)] betrachtet.196 Die Begründung dafür liegt dann darin, dass der betreffen­ de Vermögensgegenstand aus seiner Bindung im KG-Vermögen gelöst worden ist, also ein Wechsel der rechtlichen Zuordnung dieses Einlagegegenstandes stattgefun­ den hat, was die Rechtsfolge des §  172 IV 1 HGB nach sich zieht. Zu demselben Ergebnis gelangt man auch, wenn man der Lehre vom Doppeltatbestand [B. III. 5. b) aa) (3)] folgt,197 auch wenn die haftungsschädliche Wirkung des Umwandlungs­ vorganges hier auf das nachträgliche Entfallen einer von zwei im Rahmen der Ein­ lageleistung nach §  171 I Hs.  2 HGB erfüllten Voraussetzungen zurückgeführt wird. Die wohl überwiegende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht indes gerade vom Gegenteil aus und hält die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG nicht für ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB, da der KG allein durch die Umwandlung noch keine Vermögenswerte zugunsten des Kommanditis­ ten entzogen worden sind.198 Denn erst durch einen tatsächlichen Kapitalabfluss werde die Fähigkeit der KG zur Befriedigung ihrer Gläubiger herabgesetzt.199 Dem ist, zumindest im Ergebnis, auch auf dem Boden der hier entwickelten Kon­ zeption der Kommanditistenhaftung zuzustimmen. Die bloße Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG stellt weder ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB dar noch löst sie eine Haftung des Kommanditisten nach §§  30, 31 195  Im Falle einer stillen Beteiligung ist freilich stets auf ihre konkrete Ausgestaltung zu ach­ ten; vgl. zu den mannigfaltigen Varianten im Überblick K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  230 Rn.  70 ff. mwN. 196  So vor allem Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (420 f.). 197 So insbesondere K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  74 ff., 120 f.; ebenso ders., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  73 mwN. 198 Statt vieler H. Schneider/U. H. Schneider, ZGR 1972, 52 (67); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  24; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; BGHZ 39, 319 (Tz.  37); zu einer Ablehnung des §  172 IV 1 HGB müsste ferner auch Müßigbrodt in An­ wendung der bei dems, S.  22 entwickelten modifizierten Verrechnungstheorie gelangen. 199  Pointiert BGHZ 39, 319 (Tz.  38).

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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GmbHG analog aus. Vielmehr bedarf es zusätzlich der Übertragung der aus der Kapitalbindung gelösten Vermögensgegenstände von der KG auf den Kommandi­ tisten, um in Höhe deren objektiven Wertes zu einem Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB zu gelangen.200 Anders als von der überwiegenden Auffassung angenommen, liegt die Begründung dafür aber keineswegs darin, dass in Gestalt der fehlenden Minderung von Tilgungsmitteln der KG die allein entscheidende Vo­ raussetzung des §  172 IV 1 HGB nicht eingetreten wäre. Vielmehr fehlt es an einem Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB, weil nur eine Tatbestandsvoraus­ setzung – die Lösung der „Einlage“ aus der Kapitalbindung, also die Änderung ih­ rer rechtlichen Zuordnung –, nicht aber die kumulativ daneben notwendige Übertra­ gung des Einlagegegenstandes auf den Kommanditisten verwirklicht worden ist. Die bloße Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG, welche sich im Falle eines Darlehens oder einer stillen Beteiligung durch gesellschaftsvertragliche Ab­ rede zwischen KG und Kommanditist, beim schlichten Ausscheiden des Komman­ ditisten hingegen ipso iure vollzieht – die Einlage eines Gesellschafters ist an seine Mitgliedschaft geknüpft201 – ist demnach lediglich Ausfluss einer besonderen ­Finanzierungsentscheidung des betreffenden Kommanditisten, zieht aber keine haftungsrechtlichen Folgen für diesen nach sich. Dieser Befund fußt auch auf einer wohl bedachten Abwägung der widerstreitenden Interessen. Denn das durch den Umwandlungsvorgang hinsichtlich seiner rechtlichen Zuordnung umgewidmete Kapital ist nach wie vor im KG-Vermögen vorhanden, eignet sich demnach so lange als Haftungszugriffsobjekt für die KG-Gläubiger, wie es nicht von dem betreffen­ den Kommanditisten abgezogen wird.202 Es besteht also überhaupt kein Anlass, im Rahmen der Kapitalerhaltung einseitig die Interessen der Gesellschaftsgläubiger zu betonen. Vielmehr muss das Ziel in einem angemessenen Ausgleich der beiderseiti­ gen Interessen liegen. Man hat folglich in gebotenem Maße auch auf die Belange des Kommanditisten Rücksicht zu nehmen, der die strengen Voraussetzungen des §  171 I Hs.  2 HGB erfüllt und sich dadurch mühevoll die Befreiung von seiner Au­ ßenhaftung verdient hat. Es ist nicht einzusehen, ihm diese Haftungsbefreiung allzu leichtfertig wieder zu entziehen, solange aufgrund eines nach wie vor hinreichenden Vermögensstandes der Gesellschaft eine Gefährdung der KG-Gläubiger nicht zu besorgen ist. 200  Vgl. zu dem – an sich völlig klaren – Umstand, dass §  172 IV 1 HGB im Falle des ausge­ schiedenen Kommanditisten allein den Altgläubigern der KG zugutekommt statt vieler Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  80; zu den nach §§  133 II, 152 VI KAGB bei einer Investment-KG geltenden Besonderheiten Freitag, NZG 2013, 329 (335). 201 Deutlich Schäfer, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  738 Rn.  6, 8; ferner auch K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  120; Baßler, S.  183; Kammergruber, S.  167. 202  Keine andere Beurteilung ist auf Grundlage der hier vertretenen Auffassung daher auch bei einer weiteren Änderung der rechtlichen Zuordnung geboten, insbesondere der Umwandlung des Abfindungsguthabens in ein Darlehen oder eine stille Beteiligung; so im Sinne der überwiegenden Auffassung etwa auch Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  39; anders K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  121 f.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

b)  Die Bedeutung der Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen indes die Fälle, in denen die Einlageverbind­ lichkeit den Außenhaftungsbetrag wertmäßig übersteigt: Ein Kommanditist, der mit einem bestimmten Außenhaftungsbetrag im Handelsregister eingetragen ist (§  172 I HGB), kann gleichwohl gegenüber der KG nach dem Gesellschaftsvertrag zur Erbringung einer Einlage verpflichtet sein, deren Wert den Außenhaftungsbe­ trag übertrifft. Die Zulässigkeit einer solchen Gestaltung ist in Anbetracht der grundsätzlichen Trennung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Komman­ ditisten [s. oben B. I.] auch keineswegs in Zweifel zu ziehen. Hat der Kommanditist nun jene Einlage vollständig in das KG-Vermögen überführt, dürfte klar sein, dass die Außenhaftung des Kommanditisten zunächst komplett erlischt, weil der Kom­ manditist „die Einlage“ iSd §  171 I Hs.  2 HGB geleistet hat. Der die Einlageverbind­ lichkeit übersteigende wirtschaftliche Wert ist zwar ebenfalls „als Einlage“ in das KG-Vermögen gelangt, kann und muss aber keine weitere Haftungsbefreiung iSd §  171 I Hs.  2 HGB mehr herbeiführen. Interessant ist jedoch die Frage, welche Auswirkungen es auf die Haftung des Kommanditisten hat, wenn später zwischen KG und Kommanditist vereinbart wird, dass Einlagekapital in Höhe des Überschusses, also der Wertdifferenz zwischen Einlageverbindlichkeit und Außenhaftungsbetrag, der KG nicht mehr „als Einlage“ zur Verfügung stehen soll (das Kapital in dieser Höhe z. B. in ein Darlehen umge­ wandelt wird), und es sodann auch zur Auszahlung des Überschusses an den Kom­ manditisten kommt. Denn selbst nach Auszahlung des Überschusses wäre der Au­ ßenhaftungsbetrag des Kommanditisten nach wie vor in voller Höhe gedeckt. Es gilt also zu überlegen, ob ein haftungsschädliches Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB nur gegeben ist, soweit es durch die betreffende Vermögensver­ schiebung zu einer (weiteren) Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages des Kom­ manditisten kommt oder ob §  172 IV 1 HGB eine Haftung „ab dem ersten Euro“ normiert. Für eine von der Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages unabhängige Kommanditistenhaftung im letzteren Sinne spricht vor allem der Gedanke, einen möglichst umfassenden Schutz der KG-Gläubiger vor Kapitalabflüssen zu gewähr­ leisten.203 Doch kann man de lege lata kaum leugnen, dass sich der Schutz des §  172 IV 1 HGB in seinem Umfang auf den Wert beschränken muss, der als Surrogat für die nach §  171 I Hs.  2 HGB erloschene persönliche Haftung in das KG-Vermögen gelangt ist. Davon zeugen nicht nur die Vorschriften der §§  161, 171 I Hs.  1, 172 I HGB, die in ihrem Wortlaut allesamt die Haftung des Kommanditisten gegenüber 203 So K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  79 f., der von einer weiten Auslegung des §  172 IV 1 HGB zum Schutz der KG-Gläubiger ausgeht; inzwischen ist diese Rechtsansicht indes durch dens., in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  64 aufgegeben worden; für eine Haftung „ab dem ersten Euro“ jetzt, soweit ersichtlich, nur noch Kirsch, S.  134 f., dessen Auffassung Konse­ quenz einer sehr weiten – und auf dem Boden der hier entwickelten Konzeption der §§  171, 172 HGB nicht haltbaren – Interpretation des Einlagebegriffs in §  171 I Hs.  2 HGB ist.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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den KG-Gläubigern strikt an den Außenhaftungsbetrag als Bezugsgröße koppeln. Auch die Materialien zum HGB stützen den Gedanken, dass eine Außenhaftung des Kommanditisten bei vollständiger Deckung des Außenhaftungsbetrages im KG-Vermögen vom Gesetzgeber nicht intendiert gewesen ist.204 Dass sich eine aus §  172 IV 1 HGB abgeleitete Außenhaftung „ab dem ersten Euro“ von dieser Kon­ zeption entfernen würde, müssen ihre Verfechter denn auch einräumen.205 Über­ zeugender ist vor diesem Hintergrund eine Auslegung des §  172 IV 1 HGB, die der Bedeutung des Außenhaftungsbetrages im Regelungsgefüge der §§  161 ff. HGB Rechnung trägt und ein Zurückbezahlen der Einlage stets an eine (weitere) Unter­ deckung desselben knüpft.206 Soweit nur ein über den Außenhaftungsbetrag hinausgehender Einlageüber­ schuss in seiner rechtlichen Zuordnung modifiziert und sodann an den Kommandi­ tisten ausgekehrt wird, der Außenhaftungsbetrag gleichwohl in voller Höhe gedeckt bleibt, stellt dies mithin keinen außenhaftungsschädlichen Vorgang iSd §  172 IV 1 HGB dar. Vielmehr wird man in einem derartigen Vorgehen, sofern ein entspre­ chender Gesellschafterbeschluss gefasst worden ist – andernfalls kann eine Anwen­ dung der Grundsätze über unbefugte Entnahmen von Gesellschaftsvermögen in Betracht kommen [s. dazu unten C. II. 7] –, eine wegen §  163 HGB grundsätzlich zulässige Ausschüttung von Einlagekapital unter Abbedingung des §  169 I 1 HGB zu erblicken haben, der auch im Innenverhältnis keine haftungsrechtliche Relevanz zukommt. c)  Folgen für die Gesellschaftsinsolvenz Eine andere Beurteilung der eingangs geschilderten Interessenlage [s. dazu vorste­ hend unter C. II. 1. a)] mag indes angezeigt erscheinen, wenn es an einer hinreichen­ den Vermögensausstattung der KG fehlt, was sich in deutlicher Form in der Insol­ venz der Kommanditgesellschaft manifestiert (vgl. §§  16, 17 InsO). Es ist daher sorgfältig zu untersuchen, welche Folgerungen aus der soeben entwickelten Rechts­ auffassung für den Fall einer Insolvenz der KG zu ziehen sind. Ausgangspunkt ist hierbei die Erkenntnis, dass das nach der Kapitalumwandlung in der KG befindliche Fremdkapital nicht nur als Bestandteil der Insolvenzmasse iSd §  35 I InsO der Verteilung unter die KG-Gläubiger unterliegt, sondern zum Kreise der KG-Gläubiger auch derjenige Kommanditist zählt, dessen Einlage in Fremdkapital der KG umgewandelt worden ist, sei es in ein Darlehen (§  488 I 2 204  So ist bei Hahn/Mugdan, S.  281 von einer „für das Verhältnis nach außen entscheidenden Haftsumme“ sowie einer „Garantiesumme für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft“ zu lesen. 205  Kirsch, S.  134; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  79 bezeichnet seine Interpretation des §  172 IV 1 HGB gar ausdrücklich als rechtspolitisch. 206  Im Ergebnis ebenso statt vieler Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978]; H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S.  288; Konietzko, S.  108; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  10; BGHZ 84, 383 (Tz.  21).

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

BGB) oder eine stille Beteiligung (§  235 I HGB), sei es durch sein schlichtes Aus­ scheiden aus der Gesellschaft (§§  161 II, 105 III HGB, 738 I 2 BGB). Mit anderen Worten: Auch der (ehemalige) Kommanditist ist Inhaber einer Forderung gegen die KG. Käme es nun seitens der KG zu einer Leistung auf diese Forderung zugunsten des (ehemaligen) Kommanditisten, würde nach hier vertretener Ansicht in Höhe des objektiven Wertes dieser Leistung der Tatbestand eines Zurückbezahlens der Einla­ ge iSd §  172 IV 1 HGB verwirklicht und folglich der Zustand einer Außenhaftung des (ehemaligen) Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern eintreten. Es wäre aber in höchstem Maße widersprüchlich, dem (ehemaligen) Kommanditisten gleichberechtigt neben den anderen Gläubigern die Teilnahme am Insolvenzverfah­ ren mit einer Forderung zu ermöglichen, bei deren Erfüllung er sich gegenüber den­ selben Gläubigern einer Haftung aussetzen würde.207 Soweit der (ehemalige) Kom­ manditist wegen Erfüllung seiner Forderung nach §  172 IV 1 HGB haften würde, kann ihm mithin keine gleichberechtigte Teilnahme an der Gesellschaftsinsolvenz gestattet werden.208 Dem ist Rechnung zu tragen, indem man die Forderung des (ehemaligen) Kom­ manditisten als gegenüber anderen Gläubigerforderungen nachrangig einstuft, den (ehemaligen) Kommanditisten in der Insolvenz also mit seiner Forderung zurück­ treten lässt.209 Dies entspricht auch ganz dem Regelungsgehalt des §  39 I Nr.  5 InsO, der von einer Nachrangigkeit der Gesellschafterforderungen nicht nur im Falle ei­ nes Gesellschafterdarlehens ausgeht, sondern bei allen Forderungen aus Rechts­ handlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen.210 Indes scheint diesem Lösungsansatz zumindest für die gesetzestypische KG die Vor­ schrift des §  39 IV 1 InsO im Wege zu stehen, welche §  39 I Nr.  5 InsO nur im Falle 207  Daher will Furrer, S.  231 auch den Dolo-facit-Einwand erheben; ähnlich Gursky, DB 1978, 1261 (1264); Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  10; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  19; Ritter, HGB, §  172 Anm.  5; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14 weist zu Recht darauf hin, dass dies im Falle des ausgeschiedenen Kom­ manditisten nur gegenüber den Altgläubigern zutrifft. 208  Wiederum ist daran zu erinnern, dass §  172 IV 1 HGB im Falle des ausgeschiedenen Kom­ manditisten allein Altgläubigern der KG zugutekommt; vgl. dazu die – auf die Situation außerhalb der Insolvenz bezogenen, aber innerhalb der Insolvenz selbstredend nicht minder gültigen – Aus­ führungen bei Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  80. 209  So im Ergebnis auch, wenngleich aufgrund eines anderen Verständnisses des §  172 IV 1 HGB Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  10; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  19; Ritter, HGB, §  172 Anm.  5; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; BGH, NJW 1976, 751 (752); widersprüchlich Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  24, der einerseits §  172 IV 1 HGB erst bei Vermögensübertragung bejaht, zugleich aber ein Zurücktreten des Kommanditisten mit seiner Forderung in der Insolvenz aufgrund einer fort­ bestehenden Vermögensbindung nach §  172 IV HGB annimmt. 210  Vgl. den treffenden Hinweis bei Habersack, ZIP 2007, 2145 (2150), ausschlaggebend sei allein, ob der Gesellschafter seiner Gesellschaft in einer dem Darlehen wirtschaftlich vergleichba­ ren Art und Weise Kredit gewährt habe; dies wird man bei einer entsprechend ausgestalteten stil­ len Beteiligung sicher bejahen können; ferner wird man auch dem nicht aus der KG abgezogenen Abfindungsguthaben eine solche Kreditfunktion beimessen können, wie Kirsch, S.  100 zutreffend meint.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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von Gesellschaften für anwendbar erklärt, die keine natürliche Person als persön­ lich haftenden Gesellschafter haben. Die gesetzestypische KG, die sich gerade durch eine oder mehrere natürliche Personen in der Komplementärstellung aus­ zeichnet, ist demnach von §  39 IV 1 InsO in direkter Anwendung nicht erfasst, so­ dass auch §  39 I Nr.  5 InsO nicht wirksam werden kann. Die auf diese Weise ge­ schaffene Beschränkung des Anwendungsbereichs des §  39 I Nr.  5 InsO basiert auf dem festen Vertrauen in die Sicherungswirkung der persönlichen Gesellschafter­ haftung, die man als stets zuverlässige Vermögensreserve imaginiert.211 Wie bereits eingangs ausführlich erörtert worden ist [s. oben B. II.], kann dieser Vorstellung nicht gefolgt werden: Die These, der gesetzliche Gläubigerschutz könne im Recht der gesetzestypischen KG strukturell schwächer ausgestaltet werden als im Recht der Kapitalgesellschaften, hat sich als unzutreffend erwiesen. Übertragen auf die hier zu untersuchende Fallgruppe bedeutet das: Die Schlechterstellung der Gläubi­ ger einer gesetzestypischen KG, auf die §  39 IV 1 InsO hinausläuft, ist sachlich nicht gerechtfertigt und erzeugt eine nicht hinzunehmende Lücke im Gläubiger­ schutz, die durch den Gesetzgeber keineswegs intendiert gewesen, sondern schlicht übersehen worden ist.212 Anderes gilt zweifelsohne für OHG und GbR, die gerade nicht über ein kapitalgesellschaftsrechtliches Element verfügen, wie es die Kom­ manditistenhaftung auf Grundlage der hier vorgestellten Konzeption verkörpert [s. oben B. III. 3. b) bb) (4)]. Für die gesetzestypische KG indessen ist diese Lücke im Gläubigerschutz durch eine analoge Anwendung des §  39 IV 1 InsO zu schlie­ ßen. Das folgt neben den bereits angestellten Erwägungen zur Interessenlage auch aus dem Normzweck des §  39 I Nr.  5 InsO, über dessen Anwendbarkeit §  39 IV 1 InsO ja gerade entscheidet. So ist §  39 I Nr.  5 InsO Ausdruck einer geringeren Schutzwürdigkeit des Gesellschafters gegenüber anderen Gesellschaftsgläubigern infolge seiner Mitwirkung an einer Finanzierungsentscheidung, welche die Risiken weitgehend auf eben jene Gläubiger abwälzt213 – ein Gedanke, der nicht nur bei kapitalistisch strukturierten Gesellschaften, sondern auch im Falle einer gesetzes­ typischen KG durchgreift. Zwar soll der Gesellschafter in „guten Zeiten“ der Ge­ sellschaft nicht durch allzu große Haftungsrisiken von Finanzierungsentscheidun­ gen abgehalten werden, doch muss er, sofern er eine entsprechende Finanzierungs­ entscheidung getroffen hat, in „schlechten Zeiten“ der Gesellschaft auch die Verantwortung für die Folgen dieser Entscheidung übernehmen.214 Mithin erscheint es sinnvoll, über eine analoge Anwendung des §  39 IV 1 InsO dem Rechtsgedanken des §  39 I Nr.  5 InsO auch in Bezug auf Fremdkapitalforderungen des Kommandi­ 211  Vgl. nur Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  57, wo die „unbeschränk­ te Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern“ iSd §  161 I HGB als zentrale ratio hinter §  39 IV 1 HGB offenbart wird; ähnlich Habersack, ZIP 2007, 2145 (2147 f.). 212  Vgl. nochmals den pauschalen Hinweis auf die unbeschränkte Haftung in der Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  57. 213  Thole, ZHR 176 (2012), 513 (526 f.) mwN. 214 Kritisch zum Begriff der Finanzierungsfolgenverantwortung unter dem MoMiG Haber­ sack, ZIP 2007, 2145 (2146 f.).

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

tisten einer gesetzestypischen KG Geltung zu verschaffen. Auch der Kommanditist einer gesetzestypischen KG muss also mit einer entsprechenden Forderung gegen­ über den Forderungen anderer Gläubiger in der Gesellschaftsinsolvenz im Sinne eines verfahrensrechtlichen Nachrangs zurücktreten. Konsequenterweise besteht dann auch bei gesetzestypischen Kommanditgesell­ schaften die Möglichkeit, nach Maßgabe des §  135 InsO Rechtshandlungen anzu­ fechten, die eine Befriedigung der Gesellschafterforderung oder deren Besicherung herbeiführen. Für den Fall einer stillen Beteiligung ergibt sich dies aus der Vor­ schrift des §  136 InsO.215 Die ratio hinter der Anfechtungsbefugnis besteht indes weniger in einer geringeren Schutzwürdigkeit des betreffenden Gesellschafters als vielmehr in seiner Insiderstellung, deren Ausnutzen eine empfindliche Störung der par condicio creditorum zur Folge hat.216 Die Behandlung von Fremdkapitalforderungen der Gesellschafter folgt in der Ge­ sellschaftsinsolvenz also einheitlichen Regelungen, unabhängig davon, ob es sich um eine Kapitalgesellschaft & Co. KG oder eine gesetzestypische KG handelt.217 Parallel zu dem Kapitalerhaltungsmechanismus nach §§  30, 31 GmbHG analog, der nach hier vertretener Auffassung unabhängig von der rechtlichen Qualifikation der Komplementäre Anwendung findet [s. oben B. III. 5. d)], ist damit auch für den Bereich der Gesellschaftsinsolvenz ein Verständnis der einschlägigen Normen ge­ wonnen, das allen Ausformungen der KG einheitlich zu Grunde gelegt werden kann.

2.  Die Erfüllung des Regressanspruchs nach §§  161 II, 110 HGB Als unmittelbare haftungsrechtliche Konsequenz aus der Befriedigung von KG-Gläubigern [s. dazu oben B. III. 4.] verkörpert der Regressanspruch des leisten­ den Kommanditisten nach §§  161 II, 110 HGB eine besonders praxisrelevante So­ zialforderung, die nicht nur im Bereich der Kapitalaufbringung [s. dazu bereits C. I. 2. b) cc)], sondern auch im Bereich der Kapitalerhaltung Fragestellungen aufwirft, welche eingehender Erörterung bedürfen.

215  Die von Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (422 f.) vertretene These, §  237 HGB, die Vorgänger­ norm des §  136 InsO, stehe einer Nachrangigkeit der Gesellschafterforderung in der Insolvenz entgegen, ist durch Kirsch, S.  98 ff. überzeugend widerlegt worden; offen bleiben kann indes, ob man mit dems., S.  99 den heutigen §  136 InsO analog auf den Anspruch des ausgeschiedenen Ge­ sellschafters auf Auszahlung seines Abfindungsguthabens anwenden oder die Rechtsfolge der An­ fechtbarkeit insoweit eher dem allgemeineren §  135 InsO („gleichgestellte Forderung“) entnehmen möchte. 216  Eingehend zu diesem Gedanken Thole, ZHR 176 (2012), 513 (524 f.). 217  Für eine analoge Anwendung der §§  39 I Nr.  5, 135 InsO idF vor dem MoMiG auch auf die gesetzestypische KG, wenn auch auf dem Boden eines völlig anderen Kapitalerhaltungskonzeptes, bereits Szebrowski, MDR 2004, 365 (370) mwN.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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Zwar drängt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung fast schon auf, dass die Erfül­ lung218 des Regressanspruchs aus §§  161 II, 110 HGB geeignet sein muss, zulasten des betreffenden Kommanditisten Haftungsfolgen auszulösen.219 Doch besteht ge­ genwärtig noch nicht hinreichend Klarheit hinsichtlich der Rechtsgrundlage und damit hinsichtlich der Art einer etwaigen Kommanditistenhaftung (Innen- oder Au­ ßenhaftung). Ganz überwiegend geht man davon aus, die Erfüllung der Regressfor­ derung durch die KG begründe eine Haftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern nach §  172 IV 1 HGB.220 Diese Sichtweise erstaunt, führt man sich nochmals vor Augen, wodurch es überhaupt zur Entstehung der Regressforderung aus §§  161 II, 110 HGB kommt: durch Befriedigung von KG-Gläubigern. Dass es sich bei der Befriedigung von KG-Gläubigern aber gerade nicht um einen Fall der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB handelt, wurde bereits herausgearbeitet [s. oben B. III. 4. a)]. Durch Gläubigerbefriedigung erbringt der Kommanditist also überhaupt keine Einlage an die KG, die in Gestalt der Erfüllung eines Regressan­ spruchs seitens der KG iSd §  172 IV 1 HGB zurückbezahlt werden könnte.221 Eine Anwendung des §  172 IV 1 HGB in Ansehung des Regresses bei der KG muss dem­ nach bereits a priori ausscheiden. Auch für eine analoge Anwendung des §  172 IV 1 HGB, die vereinzelt erwogen wird,222 bleibt kein Raum, da es nach dem gesetzge­ berischen Plan bei §  172 IV 1 HGB allein um die Sicherung von Kapital geht, das als Einlage im KG-Vermögen gebunden ist [s. dazu eingehend B. III. 5. b) bb) (2) sowie B. III. 5. b) bb) (4)]. Erst recht vermag es nicht zu überzeugen, aus der vermeintli­ chen Unlösbarkeit der Regressproblematik mit dem Instrumentarium des HGB auf die Existenz eines eigenständigen, gesetzlich nicht normierten Haftungstatbestan­ des zu schließen.223 Denn es bleibt völlig im Dunkeln, wie man eine solche, gesetz­ lich in keiner Weise angelegte „Notlösung“ dogmatisch begründen könnte. Stattdessen sei an dieser Stelle vorgeschlagen, die Erfüllung des Regressanspru­ ches als möglichen Anwendungsfall des §  30 I GmbHG analog zu begreifen. Dass es sich bei dem aus einer analogen Anwendung des §  30 GmbHG resultierenden Erstattungsanspruch gem. §  31 I GmbHG analog lediglich um eine Innenforderung gegen den Kommanditisten handelt, erscheint interessengerecht, da den Belangen der im Außenverhältnis betroffenen KG-Gläubiger durch die vorangegangene Gläu­ 218  Dass es allein auf die Erfüllung des Regressanspruchs, nicht hingegen auf dessen Entste­ hung, also die bloße Möglichkeit einer Minderung von KG-Vermögen ankommen kann, hat bereits Furrer, S.  224 f. überzeugend dargelegt. 219  Statt vieler Potsch, S.  184; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  104 mwN. 220  Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  10, §  172 Anm.  8; Kötter, in: Heymann/Kötter, HGB, §  171 Anm.  2 (S.  662), §  172 Anm.  3 (S.  669); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  42; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  104; kritisch, im Ergebnis aber unklar K. Schmidt, ZGR 1976, 307 (336); ders., Einlage und Haftung, S.  92. 221  So auch Kirsch, S.  138; Potsch, S.  184. 222  Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  21; ohne dies zu erkennen, schlägt auch Kirsch, S.  138 in Gestalt seines allein an wirtschaftlicher Saldierung orientierten Normverständ­ nisses tatsächlich eine analoge Anwendung des §  172 IV 1 HGB vor. 223  Konietzko, S.  113; Potsch, S.  184 f.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

bigerbefriedigung bereits hinreichend Rechnung getragen ist. Auch fügt es sich nahtlos in das hier vorgestellte Haftungssystem, auf Vermögensverschiebungen zwischen KG und Kommanditisten, die nicht unter §  172 IV HGB fallen, bei Vorlie­ gen der Voraussetzungen des §  30 GmbHG analog mit einer Kompensationspflicht des Kommanditisten nach §  31 I GmbHG analog zu reagieren [s. dazu bereits B. III. 5. c) dd)]. Diesem Ansatz steht auch die Vorschrift des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG nicht entgegen, nach welcher §  30 GmbHG gerade dann nicht eingreift, wenn die Leistung der Gesellschaft durch einen vollwertigen Gegenleistungs- oder Rückgewähran­ spruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist. Zwar sind durchaus Fälle vorstellbar, in denen die KG – nach wie vor – Gläubigerin eines gegen den regressberechtigten Kommanditisten gerichteten Anspruchs auf Leistung der Kommanditeinlage ist. Doch besteht die Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten völlig unabhängig von seinem Regressanspruch aus §  161 II, 110 HGB und ist lediglich Konsequenz aus der – nicht zu beanstandenden – Entscheidung des Kommanditisten, die ihm zur Verfügung stehenden Mittel nicht (gänzlich) zur Erfüllung seiner Einlageverbind­ lichkeit, sondern (zumindest teilweise) zur unmittelbaren Befriedigung von KG-Gläubigern einzusetzen. Eine etwaige, weiterhin bestehende Einlageforderung der KG gegenüber dem Kommanditisten ist folglich gerade nicht Gegenleistungsoder Rückgewähranspruch iSd §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG. Die Frage der Haftungs­ schädlichkeit der Erfüllung224 einer Regressforderung des Kommanditisten wegen Gläubigerbefriedigung lässt sich folglich in angemessener Art und Weise auf Grundlage des hier entwickelten Haftungsmodells, konkret in Anwendung der §§  30, 31 GmbHG analog beantworten. Umgekehrt liefert die eingehende Betrachtung der Regressproblematik zugleich einen weiteren Nachweis für die Berechtigung des hier vorgestellten Haftungs­ modells. Denn sie zeigt, dass im Bereich des Kommanditgesellschaftsrechts Fall­ konstellationen entstehen können, die sich mit dem haftungsrechtlichen Instrumen­ tarium des HGB nicht bewältigen lassen – gemeint ist insbesondere das vorstehend beschriebene Versagen des §  172 IV 1 HGB –, zum Zwecke eines angemessenen Ausgleichs der widerstreitenden Interessen aber einer konsistenten Lösung bedür­ fen. Einen Ausweg aus diesem Dilemma weist das hier entwickelte Haftungsmodell [s. für den Bereich der Kapitalerhaltung v. a. oben B. III. 5. c)], indem es die Er­ kenntnis zulässt, dass seit Inkrafttreten von MoMiG und ARUG einzelne kapital­ gesellschaftsrechtliche Vorschriften existieren, die sich in besonderer Art und Wei­ se zur Übertragung auf das Kommanditgesellschaftsrecht eignen.

224  Nicht zu behandeln ist an dieser Stelle der Fall, dass die Regressforderung nicht durch die KG erfüllt, sondern gegen die Einlageforderung der KG aufgerechnet wird [s. dazu bereits oben C. I. 2. b) cc)]; ein solches Vorgehen ist haftungsrechtlich neutral, da lediglich ein haftungsbefreien­ der Tatbestand (Gläubigerbefriedigung) durch einen anderen (Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB) ersetzt wird; vgl. auch Potsch, S.  185; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  92 f.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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3.  Die Einbringung von Negativwerten Eine einheitliche Haftungsverfassung des Kommanditgesellschaftsrechts hat sich auch dem Problem zu stellen, das entsteht, wenn der Kommanditist als Einlage ei­ nen negativen wirtschaftlichen Wert, also bei objektiver Beurteilung „weniger als nichts“ in die Gesellschaft einbringt – als praktisch relevantes Beispiel taugt vor allem die Einbringung eines überschuldeten Unternehmens. Auf der Hand liegen dürfte in derartigen Fällen zunächst, dass der Kommanditist, der einen Negativwert in das KG-Vermögen leistet, sich insoweit nicht gem. §  171 I Hs.  2 HGB von seiner Außenhaftung befreit;225 das folgt schon aus der Anwendung des hier im Rahmen des §  171 I Hs.  2 HGB konsequent zugrunde gelegten Prinzips der objektiven Ver­ mögensdeckung [s. oben B. III. 3. b) aa) (3)]. Soweit effektiv kein wirtschaftlicher Wert zugeführt wird, kann (und darf) der Kommanditist nicht mit einer Befreiung von seiner Außenhaftung belohnt werden. Mit Blick auf die schützenswerten Interessen der KG-Gläubiger wäre es aber un­ zureichend, wenn es bei diesem Ergebnis bliebe. Denn durch die Einbringung von Negativwerten beeinträchtigt der Kommanditist die Befriedigungsaussichten der KG-Gläubiger: Die finanzielle Lage der KG verschlechtert sich im Umfang der hin­ zugetretenen Verbindlichkeiten (vgl. die Haftung der Gesellschaft gem. §  28 I 1 HGB226). Der Kommanditist schafft den bestehenden KG-Gläubigern Konkurrenz durch weitere Gläubiger, ohne dass er die effektive Haftungsmasse der KG in dem nötigen Ausmaß mehrt. Die Frage muss daher sein, ob die Einbringung von Nega­ tivwerten für den Kommanditisten ohne weitere Folgen bleiben kann. Würde man die Antwort auf diese Frage allein in §  172 IV 1 HGB suchen, könnte dies, je nach Fallgestaltung, eine Kommanditistenhaftung jenseits des Außenhaftungsbetrages bedeuten – der betreffende Kommanditist würde nicht nur nach §  171 I Hs.  1 HGB auf den nicht gedeckten Außenhaftungsbetrag, sondern zusätzlich nach §  172 IV 1 HGB in Höhe des negativen wirtschaftlichen Wertes seiner Einlage haften.227 Eine Haftung des Kommanditisten gegenüber den KG-Gläubigern über den Außen­ haftungsbetrag hinaus wäre allerdings mit den §§  161 ff. HGB nicht in Einklang zu bringen. So bringen insbesondere die §§  161 I, 171 I Hs.  1, 172 I, 172 II HGB bereits in ihrem jeweiligen Wortlaut klar zum Ausdruck, dass das Haftungsrisiko des Kom­ manditisten gegenüber den KG-Gläubigern in jedem Fall auf den in das Handelsre­ 225  Wie hier etwa Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  150 f.; einschränkend Schall, in: Heidel/Schall, HGB, §  171 Rn.  54, der die haftungsbefreiende Wirkung selbst bei überschulde­ ten Unternehmen nur im Falle einer negativen Überlebensprognose verneint. 226  Diese greift nach überwiegender Auffassung auch ein, sofern es sich um einen Eintritt in eine bereits bestehende Gesellschaft handelt, vgl. statt vieler Thiessen, in: K. Schmidt, MüKo-­ HGB, §  28 Rn.  19 mwN. 227 So Mossmann, S.  166 ff., 177; Joost, ZGR 1987, 370 (381 ff., 391), allerdings nur unter der Voraussetzung einer Unterbilanz der KG; ferner bereits Kuhn, in: Fischer/Hefermehl, FS Schil­ ling, S.  69 (76 f.), allerdings nur unter der Voraussetzung einer Überschuldung der KG und auf der Grundlage eines Innenanspruchs der KG aus §§  812, 242 BGB.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

gister eingetragenen Außenhaftungsbetrag beschränkt sein soll. Bestätigt wird die­ se Wahrnehmung durch die ebenso eindeutigen Erläuterungen des Gesetzgebers, der den Außenhaftungsbetrag „den Gläubigern gegenüber als […] Grenze der Haf­ tung“228 konzipiert hat. Es kann demnach als wesentliches Strukturmerkmal des Kommanditgesellschaftsrechts angesehen werden, dass die Außenhaftung des Kommanditisten in jedem Falle auf den Außenhaftungsbetrag begrenzt bleibt.229 Die dadurch entstehende Lücke im Gläubigerschutz230 – das KG-Vermögen könnte zugunsten des Kommanditisten ausgehöhlt werden – lässt sich nur über eine Innen­ haftung des Kommanditisten nach Maßgabe der §§  30, 31 GmbHG analog interes­ sengerecht schließen.231 Denn ansonsten wären die KG-Gläubiger gänzlich auf die Leistungsbereitschaft, vor allem aber auf die hinreichende Zahlungskräftigkeit der Komplementäre angewiesen – ein Umstand, dessen man sich nur in einzelnen Fällen gewiss sein kann. Eine Innenhaftung des Kommanditisten nach Maßgabe der §§  30, 31 GmbHG analog hingegen entspricht nicht nur dem hier vertretenen, zweistufigen Kapitalerhaltungskonzept [s. oben B. III. 5. c) dd)], sondern stellt auch sicher, dass die Vereinbarung einer Negativeinlage zwischen KG und Kommanditist nicht einen unzulässigen Vertrag zulasten Dritter – der KG-Gläubiger – konstituiert.

4.  Die verdeckte Sacheinlage Eine gesetzliche Neuregelung durch MoMiG und ARUG hat im Bereich des Kapital­ gesellschaftsrechts die Fallgruppe der verdeckten Sacheinlage erfahren. Gemeint sind Konstellationen, in denen formell eine Bareinlage des Kommanditisten verein­ bart ist, die allerdings bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtung und gemäß einer im Vorfeld getroffenen Abrede einer Sacheinlage entspricht, vgl. §  19 IV 1 GmbHG n. F. bzw. §  27 III 1 AktG n. F. Zu beantworten ist mit Blick auf die hier gestellte Aufgabe freilich vor allem die Frage, wie derartige Fälle im Kommanditgesell­ schaftsrecht zu beurteilen sind. Nachdem das Institut der verdeckten Sacheinlage kaum verständlich gemacht werden kann, ohne sich die jeweils bestehenden Publi­ zitätsanforderungen vor Augen zu führen, sind ad hoc zunächst die wesentlichen 228 

Hahn/Mugdan, S.  285. Im Ergebnis ebenso K. Schmidt, DB 1973, 2227 (2228); ders., Einlage und Haftung, S.  34 f.; Kirsch, S.  129, 132; Rümker, ZGR 1988, 494 (509 f.); BGHZ 60, 324 (Tz.  12); BGHZ 84, 383 (Tz.  21); BGHZ 110, 342 (Tz.  33); Mundry, S.  77; jüngst auch Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  17 mwN. 230 Auch schuldrechtliche Gewährleistungsansprüche werden wegen vertraglicher Einigung über den Zustand des Einlagegegenstandes (§§  434 I 1, 453 I BGB) häufig nicht gegeben sein, vgl. Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  18. 231  Das gilt neben der hier erörterten Konstellation der Einbringung von Negativwerten auch für die wertungsmäßig gleich zu beurteilenden Fälle, in denen an den Kommanditisten Vermö­ gensgegenstände ausgekehrt werden, die seinen Außenhaftungsbetrag wertmäßig übersteigen; vgl. zu Letzterem, wenngleich mit abweichender Rechtsauffassung, K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  65 mwN. 229 

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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Unterschiede zwischen Kapitalgesellschaften und Kommanditgesellschaften in Be­ zug auf ihre Registerpublizität herauszuarbeiten. Dabei wird auch zu klären sein, inwiefern sich die Problematik der verdeckten Sacheinlage im Recht der Komman­ ditgesellschaft überhaupt stellt. a)  Divergenz der Publizitätsanforderungen Bei Kapitalgesellschaften sind bereits in den Gesellschaftsvertrag detaillierte An­ gaben zu einer Sacheinlage aufzunehmen, konkret deren Gegenstand, der Nenn­ betrag des zugehörigen Geschäftsanteils und die Person des Inferenten (§  5 IV 1 GmbHG bzw. §  27 I 1 AktG). Dieselben Mitteilungen sind auch in der Anmeldung zum Handelsregister zu geben (§  8 I Nr.  4 Alt.  1 iVm §  5 IV 1 GmbHG bzw. §  37 IV Nr.  2 iVm §  27 I 1 AktG), in welche daneben der Sachgründungsbericht (§  8 I Nr.  4 Alt.  2 iVm §  5 IV 2 GmbHG bzw. §  37 IV Nr.  4 iVm §  32 II AktG) sowie – im Falle einer AG – die Berichte der Gründungsprüfer (§  37 IV Nr.  4 AktG) bzw. – im Falle einer GmbH – der Wertnachweis (§  8 I Nr.  5 GmbHG) aufzunehmen sind. Eine Kon­ trolle der Ordnungsmäßigkeit der Bewertung etwaiger Sacheinlagen erfolgt nicht nur durch das Registergericht (§  9c I 2 GmbHG bzw. §  38 II 2 AktG), sondern – im Falle einer AG – auch schon durch die Gründungsprüfer (§  33 II Nr.  4 iVm §  34 I Nr.  2 AktG). Die Eintragung im Handelsregister enthält dann keine Angaben über die Sacheinlagen mehr, sondern weist lediglich den Gesamtbetrag des Stamm- bzw. Grundkapitals aus (§  10 GmbHG bzw. §  39 AktG). Nämliches gilt wegen §  10 S.  2 HGB auch für die Bekanntmachung der Eintragung, zumal die Bestimmung des §  10 III GmbHG a. F., nach der daneben der Gegenstand der Sacheinlage sowie der Nennbetrag des zugehörigen Geschäftsanteils bekannt zu machen war, mit Wir­ kung zum 1.1.2007 aufgehoben worden ist. Dessen ungeachtet kann in der Gesamt­ schau festgehalten werden, dass die Gesellschafter einer GmbH sowie einer AG handfeste Pflichten zur Offenlegung etwaiger Sacheinlagen treffen, deren Erfüllung einer Überprüfung durch mehrere Instanzen unterliegt. Ganz anderes verhält es sich bei Kommanditgesellschaften: In Bezug auf einen Kommanditisten ist nach §  162 I HGB, abgesehen von seinen persönlichen Daten iSd §  106 II Nr.  1 HGB und seiner Bezeichnung als Kommanditist, lediglich der Betrag seiner „Einlage“ – gemeint ist der Außenhaftungsbetrag232 – in die Anmel­ dung zum Handelsregister aufzunehmen. Angaben zu Sacheinlagen fordert das Ge­ setz nicht. Mithin besteht auch keine Instanz – Gründungsprüfer oder Registerge­ richt –, welche die Ordnungsmäßigkeit der Bewertung etwaiger Sacheinlagen vor Eintragung in das Handelsregister überprüft. Dem trägt die Vorschrift des §  162 II HGB Rechnung, die auf eine Bekanntmachung von Angaben zu dem Kommanditis­ ten explizit und gänzlich verzichtet, um gegenüber dem Rechtsverkehr nicht den 232 

Statt vieler Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  162 Rn.  2.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

falschen Eindruck einer entsprechenden registergerichtlichen oder anderweitigen Kontrolle zu erwecken.233 Anders als im Kapitalgesellschaftsrecht müssen Sacheinlagen sowie ihre Eigen­ schaften im Recht der Kommanditgesellschaft also nicht offengelegt werden. Ver­ einbaren die Gesellschafter und die KG nur formal eine Bareinlage, führen tatsäch­ lich aber – durch entsprechende Zusatzgeschäfte – absprachegemäß den wirtschaft­ lichen Erfolg einer Sacheinlage herbei, umgehen sie dadurch weder gesetzliche Vorgaben noch eine interne, externe oder registergerichtliche Werthaltigkeitsprü­ fung. Die aus dem Kapitalgesellschaftsrecht stammende Problematik der verdeck­ ten Sacheinlage lässt sich demnach nicht eins zu eins auf das Recht der Komman­ ditgesellschaft übertragen. Eine Differenzierung zwischen offener und verdeckter Sacheinlage ist im Kommanditgesellschaftsrecht weder angelegt noch notwendig [s. bereits oben B. III. 3. b) aa) (3) a. E.]. Vielmehr kann hier jede Form der Sachein­ lage nach denselben rechtlichen Kriterien beurteilt werden. b)  Materiell-rechtlicher Gleichlauf der Lösungsansätze Dieser Umstand darf freilich nicht darüber hinwegtäuschen, dass MoMiG und ARUG das Kapitalgesellschaftsrecht gerade in Bezug auf die Behandlung der Sach­ einlage dem Kommanditgesellschaftsrecht stark angenähert haben.234 Zwar kann man im Kapitalgesellschaftsrecht formell nach wie vor zwischen offener und ver­ deckter Sacheinlage unterscheiden, materiell aber haben §  19 IV GmbHG n. F. so­ wie §  27 III AktG n. F. die Anwendbarkeit des Prinzips der objektiven Vermögens­ deckung auch auf verdeckte Sacheinlagen ausgedehnt und der vormals gültigen Unwirksamkeitslösung eine Absage erteilt [s. bereits oben B. III. 3. b) aa) (3) a. E.]. Nachdem jener Gedanke der objektiven Vermögensdeckung nach hier vertretener Ansicht auch in Bezug auf die Haftung des Kommanditisten als zentrales Instru­ ment zur Beurteilung der Werthaltigkeit von Sacheinlagen begriffen wird [s. oben B. III. 3. b) aa) (3)], ist a priori eine Annäherung der Lösungsansätze von Kapitalund Kommanditgesellschaftsrecht durchaus denkbar. Dies folgt auch daraus, dass bei ähnlicher materiell-rechtlicher Verankerung des Prinzips der objektiven Vermö­ gensdeckung für die Gesellschafter die Anreize, jenes Prinzip zum eigenen Vorteil – und mithin zum Nachteil der Gesellschaftsgläubiger – durch geschickte Gestal­ tungen zu umgehen, entsprechend stark sein dürften. Ungeachtet dieser seit dem Inkrafttreten von MoMiG und ARUG vergleichbaren Ausgangslage wird man im Kommanditgesellschaftsrecht bei Konstellationen, die im Kapitalgesellschaftsrecht als Fälle einer verdeckten Sacheinlage angesehen wür­

233 

Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  153. diesem Sinne auch Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  152, der von einer Nivellierung der Unterschiede spricht. 234  In

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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den, hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung zwischen zwei Erscheinungsformen dieser Fallgruppe differenzieren müssen. Zum einen kann eine Verknüpfung zwischen der Einlageverbindlichkeit des Kommanditisten und dem zwischen KG und Kommanditist geschlossenen Ver­ kehrsgeschäft dadurch hergestellt werden, dass der Kommanditist den aus dem Ver­ kehrsgeschäft resultierenden Anspruch, den er als Gegenleistung für die von ihm eingegangene Verpflichtung zur Übertragung der Sachleistung erlangt hat (z. B. eine Kaufpreiszahlungsforderung nach §  433 II BGB), zur Aufrechnung gegen die Einlageforderung der KG heranzieht. In diesem Falle gelten in Bezug auf die Frage, inwiefern sich der Kommanditist auf diesem Wege von seiner Außenhaftung be­ freien kann, die für Aufrechnungskonstellationen entwickelten Grundsätze [s. oben C. I. 2.]. Besondere Beachtung ist dabei dem Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedan­ ken zu schenken, der die haftungsbefreiende Wirkung der Aufrechnung danach be­ grenzt, inwieweit der Kommanditist als Ausgleich für die zu seinen Gunsten entste­ hende Forderung – gemeint ist seine Forderung aus dem Verkehrsgeschäft – der KG einen tatsächlichen wirtschaftlichen Gegenwert zugeführt hat [s. oben C. I. 2. a)]. Sofern jene Forderung in ihrem Nennbetrag den objektiven Wert der von dem Kom­ manditisten im Gegenzug geschuldeten Sachleistung übersteigt, kann sich dieser durch Aufrechnung nicht von seiner Einlageverbindlichkeit und dementsprechend auch nicht von seiner Außenhaftung gegenüber den KG-Gläubigern befreien. Man gelangt auf diesem Wege also zum gleichen Ergebnis wie im Kapitalgesellschafts­ recht, wo gem. §  19 IV 3 GmbHG bzw. §  27 III 3 AktG auf die Einlageverbindlich­ keit nur der tatsächliche Wert der von dem Gesellschafter – im Rahmen des Ver­ kehrsgeschäfts – zu erbringenden Sachleistung angerechnet wird: Reale Kapital­ aufbringung ist stets durch das Ausmaß objektiver Vermögensdeckung begrenzt. Zum anderen ist die Gestaltung in den Blick zu nehmen, nach welcher der Kom­ manditist seine Bareinlageverpflichtung aus Mitteln erfüllt, die er zuvor aus dem Verkehrsgeschäft erlangt hat, oder – in Umkehrung der zeitlichen Abfolge – erst seine Bareinlageverpflichtung erfüllt und dann entsprechende Mittel aus dem Ver­ kehrsgeschäft erlangt. Hier bietet sich, unabhängig von der im konkreten Einzelfall bestehenden zeitlichen Abfolge,235 eine Aufspaltung des Gesamtvorgangs in zwei Einzelakte an: Der Akt der Erbringung der Bareinlage gegenüber der KG ist haf­ tungsbefreiende Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, soweit die Bareinlageschuld des Kommanditisten durch die eingebrachten Mittel wertmäßig abgedeckt wird. Dies entspricht auch der Konzeption des HGB, da §  171 I Hs.  2 HGB nicht nach der Herkunft aufgebrachter Einlagemittel differenziert und eine Sonderbehandlung von Umgehungsgestaltungen anders als im Kapitalgesellschaftsrecht – §§  19 IV Gmb­ HG, 27 III AktG – nicht gesetzlich angeordnet ist. Trotzdem – oder besser: gerade deswegen – ist der in Vollzug des Verkehrsgeschäftes erfolgende Akt der Leistungs­ 235 Zur Irrelevanz der zeitlichen Abfolge im Kapitalgesellschaftsrecht vgl. statt vieler Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  19 Rn.  187 mwN.

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bewirkung durch die KG (z. B. Auszahlung des Kaufpreises) einer besonders kriti­ schen Prüfung zu unterziehen. Zwar ist dieser Akt mit Blick auf §  172 IV 1 HGB nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich für den Fall, dass die Leistungsbewirkung an den Kommanditisten zeitlich vor der Erbringung der Bareinlage durch den Kom­ manditisten erfolgt, bereits ohne weiteres aus der Überlegung, dass es ein Zurück­ bezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB denknotwendig nicht geben kann, solange überhaupt noch kein Hinbezahlen der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB stattgefunden hat [s. oben B. III. 5. b) bb)]. Daneben würde eine derartige Konstruktion auf eine Außenhaftung des Kommanditisten jenseits seines Außenhaftungsbetrages hinaus­ laufen, was nach den §§  161 ff. HGB – wie bereits dargelegt – nicht vorgesehen ist [s. oben C. II. 3.]. Beim umgekehrten Fall, dass die Leistungsbewirkung an den Kommanditisten nach der Erbringung der Bareinlage durch den Kommanditisten erfolgt, ist zu bedenken, dass §  172 IV 1 HGB gemäß der hier entwickelten Aus­ legung gerade voraussetzt, dass die auf den Kommanditisten übertragenen Vermö­ gensgegenstände aus der Bindung im KG-Vermögen gelöst worden sind, in die sie durch Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB gelangt waren. Es muss also vor der Vermögensübertragung die rechtliche Zuordnung der betreffenden Vermögens­ gegenstände durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung in dem Sinne geändert worden sein, dass die KG diese Vermögensgegenstände nicht mehr aufgrund der Einlageforderung behalten darf [s. oben B. III. 5. b) bb) (2)]. Es wäre indes, von der äußerst geringen Wahrscheinlichkeit eines solchen Vorgehens in der Rechtspraxis ganz zu schweigen, in höchstem Maße widersprüchlich – gerade mit Blick auf das aus §  242 BGB resultierende Verbot des venire contra factum proprium –, wenn sich Kommanditist und KG zunächst im Rahmen des Gesellschaftsvertrages auf die Festlegung einer bestimmten Einlage verständigen, der Kommanditist diese Einla­ ge auch ordnungsgemäß an die KG leistet, beide jedoch alsbald danach den Gesell­ schaftsvertrag dergestalt ändern, dass die KG nun doch nicht zum Behalten der Einlage berechtigt sein soll. Durch derartig widersprüchliche und rechtsmiss­ bräuchliche Absprachen kann der Eigenkapitalbestand der Gesellschaft nicht wirk­ sam geschmälert werden. Daher ist auch nicht iSd §  172 IV 1 HGB „die Einlage“ zurückbezahlt. Sollte aber festgestellt werden, dass im Rahmen des Aktes der Leis­ tungsbewirkung an den Kommanditisten Mittel ausgekehrt worden sind, die den Marktwert der im Gegenzug an die KG zu erbringenden Sachleistung übersteigen, liegt eine verbotene Auszahlung nach §  30 GmbHG analog vor – die Leistung der KG ist dann nicht gänzlich durch einen Gegenleistungsanspruch gegen den Gesell­ schafter gedeckt, §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG –, die einen Erstattungsanspruch gegen den Kommanditisten gem. §  31 GmbHG analog nach sich zieht. Dies gilt selbst­ redend nur, soweit durch die Auszahlung eine Unterbilanz der KG hervorgerufen oder vertieft wird [s. oben B.III.5.c)cc)]. Denn andernfalls ist eine Haftung des Kommanditisten zum Schutze der KG-Gläubiger nicht erforderlich. Abweichend vom Recht der Kapitalgesellschaften, wo der Konstellation der verdeckten Sachein­ lage über §  19 IV 3 GmbHG bzw. §  27 III 3 AktG einheitlich im Rahmen der Kapi­

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talaufbringung entgegengewirkt wird, ist im Kommanditgesellschaftsrecht die ent­ sprechende Konstellation in ihrer zuletzt dargelegten Erscheinungsform über §§  30, 31 GmbHG analog und somit durch ein Instrument der Kapitalerhaltung zu lösen. Dieser rein rechtstechnische Unterschied darf indes nicht den Blick darauf verstel­ len, dass durch diesen Lösungsvorschlag ein materiell-rechtlicher Gleichlauf von Kommandit- und Kapitalgesellschaftsrecht hergestellt wird: Soweit ein Gesellschaf­ ter bei objektiver wirtschaftlicher Betrachtung weniger als den Betrag der geschul­ deten Einlage aufbringt, trifft ihn in Höhe der Differenz eine Haftung gegenüber der Gesellschaft nach §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 AktG (im Falle einer Kapitalge­ sellschaft) bzw. nach §§  30, 31 GmbHG analog (im Falle einer Kommanditgesell­ schaft). Jener Gleichlauf erstreckt sich auch auf die Beweislastverteilung. Denn wie gem. §  19 IV 5 GmbHG bzw. §  27 III 5 AktG der Gesellschafter die Werthaltigkeit des verdeckt eingebrachten Vermögensgegenstandes beweisen muss, obliegt ihm auch im Rahmen der – auf die KG analog anzuwendenden – §§  30, 31 GmbHG der Beweis, inwiefern der Vermögensabfluss bei der Gesellschaft durch eine Gegen­ leistung kompensiert worden ist (vgl. §  30 I 2 GmbHG).236

5.  Das Hin- und Herzahlen Neben der verdeckten Sacheinlage ist im Kapitalgesellschaftsrecht auch die Fall­ gruppe des Hin- und Herzahlens durch MoMiG und ARUG novelliert worden. In den neu geschaffenen Bestimmungen der §§  19 V GmbH, 27 IV AktG bringt der Gesetzgeber bereits durch die Gesetzessystematik zum Ausdruck, dass es sich bei Fällen des Hin- und Herzahlens nicht etwa um besondere Anwendungsfälle einer verdeckten Sacheinlage (§  19 IV GmbHG bzw. §  27 III AktG), sondern eine separa­ te Fallgruppe handelt. Anders als bei verdeckten Sacheinlagen geht es hier nicht um eine Umgehung der gesetzlichen Anforderungen an die Einbringung von Sacheinla­ gen,237 sondern vielmehr um einen bloßen Austausch von Barmitteln bzw. entspre­ chenden Forderungen zwischen Gesellschafter und Gesellschaft. Mit dem Begriff des Hin- und Herzahlens gemeint sind also Konstellationen, in denen zwischen Ge­ sellschafter und Gesellschaft eine Bareinlage vereinbart ist, man sich jedoch zuvor bereits vertraglich auf eine Leistung an den Gesellschafter verständigt hat, die wirt­ schaftlich einer Rückzahlung der Bareinlage entspricht, ohne dass es im Gegenzug zu einer sacheinlagefähigen Leistung an die Gesellschaft kommt, §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG. Hinsichtlich der rechtlichen Beurteilung dieser Fallgruppe im Recht der KG er­ scheint wiederum eine Differenzierung zwischen zwei Erscheinungsformen ange­ 236  Statt vieler Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  136, 292; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  144. 237  Vgl. auch Herrler, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  213.

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bracht. Zum einen sind die Konstellationen in den Blick zu nehmen, in denen es noch nicht zur Auszahlung der an den Kommanditisten zu erbringenden Leistung gekommen ist, dieser aber mit der entsprechenden Forderung (z. B. Darlehensaus­ zahlungsanspruch gem. §  488 I 1 BGB) gegen den Einlageanspruch der KG auf­ rechnet. Dabei sind – wie schon bei der verdeckten Sacheinlage [s. oben C. II. 4. b)] – die für Aufrechnungskonstellationen entwickelten Grundsätze zu beachten, vor allem der Äquivalenz- bzw. Surrogationsgedanke, der die haftungsbefreiende Wir­ kung der Aufrechnung danach begrenzt, inwieweit der Kommanditist als Ausgleich für die zu seinen Gunsten entstehende Forderung – gemeint ist die aus der im Vor­ feld geschlossenen Vereinbarung resultierende Forderung (z. B. Darlehensauszah­ lungsanspruch gem. §  488 I 1 BGB) – der KG einen tatsächlichen wirtschaftlichen Gegenwert zugeführt hat [s. oben C. I. 2. a)]. Ein solcher Gegenwert kann grund­ sätzlich in einer von dem Kommanditisten aufgrund derselben Vereinbarung ge­ schuldeten Barleistung erblickt werden (also z. B. einem Darlehensrückzahlungsan­ spruch gem. §  488 I 2 Alt.  2BGB238). Allerdings ist an dieser Stelle eine entschei­ dende Modifikation gegenüber der Behandlung von verdeckten Sacheinlagen vorzunehmen, die sich aus dem hier verfolgten Grundansatz ergibt, das Recht der Kommanditistenhaftung konsequent aus dem Blickwinkel kapitalgesellschafts­ rechtlicher Prinzipien zu betrachten. So normieren §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG („wenn“) – im Unterschied zu §§  19 IV 3 GmbHG, 27 III 3 AktG („angerech­ net“) – in Bezug auf die Gegenforderung der Gesellschaft ein Alles-oder-nichtsPrinzip:239 Nur, wenn die Gegenforderung der Gesellschaft die Forderung des ­Gesellschafters betragsmäßig in voller Höhe deckt und überdies vollwertig sowie jederzeit fällig zu stellen ist, kann sich der Gesellschafter von seiner Einlagever­ pflichtung befreien. Dementsprechend ist es auch einem Kommanditisten nur unter diesen Voraussetzungen zu ermöglichen, sich durch Aufrechnung gegen die Ein­ lageforderung der KG von seiner Außenhaftung zu befreien. Denn nur dann ist ­sichergestellt, dass die KG trotz Untergangs der Einlageforderung einen dieser For­ derung entsprechenden Betrag von dem Kommanditisten effektiv fordern kann, sodass die wirtschaftliche Ersetzung der Einlageforderung durch eine schuldrecht­ liche Forderung240 hinzunehmen ist. Als besonders problematisch mit Blick auf den Äquivalenz- bzw. Surrogations­ gedanken erweisen sich Konstellationen, in denen der Kommanditist aufgrund der im Vorfeld geschlossenen Vereinbarung Leistungen ohne feststellbaren wirtschaft­ lichen Wert an die Gesellschaft zu erbringen hat, die nicht einlagefähig sind – zu denken ist vor allem an eine Tätigkeit als Geschäftsführer, aber auch an Beratungsoder Werkleistungen.241 Angesprochen sind damit die Sachverhalte, die im Aktien­ 238  Vgl. zu der umstrittenen Grundsatzfrage, wann der Anspruch nach §  488 I 2 Alt.  2 BGB entsteht K. P. Berger, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, §  488 Rn.  43 mwN. 239  Vgl. dazu auch Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  19 Rn.  124 mwN. 240  Vgl. zu diesem Gedanken Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  35. 241 Eingehend zu derartigen Konstellationen im Kapitalgesellschaftsrecht, wenngleich noch

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recht durch die Vorschrift des §  27 II AktG geregelt und auch im GmbH-Recht ebenso beurteilt242 werden. Man spricht dort den betreffenden Leistungen die Ein­ lagefähigkeit ab, weil es an einer Aussonderung des Einlagegegenstandes aus dem Vermögen des Einlageschuldners fehle und lediglich die gesellschaftsrechtliche Verpflichtung des Gesellschafters durch eine schuldrechtliche Verpflichtung ersetzt würde.243 Dieselbe Wertung ist im Kommanditgesellschaftsrecht durch die Vor­ schrift des §  171 I Hs.  2 HGB vorgegeben: Führt der Kommanditist der KG Vermö­ gensgegenstände ohne feststellbaren wirtschaftlichen Wert zu, wird gerade nicht „die Einlage geleistet“. Mit anderen Worten: In das KG-Vermögen gelangen keine Vermögensgegenstände, die dem Prinzip der objektiven Vermögensdeckung gerecht werden [s. oben B. III. 3. b) aa) (1) sowie B. III. 3. b) aa) (3)]. Eines Rückgriffs auf das Recht der verdeckten Sacheinlage bedarf es dazu nicht,244 zumal im Komman­ ditgesellschaftsrecht eine Differenzierung zwischen offener und verdeckter Sach­ einlage ohnehin nicht angelegt ist [s. oben C. II. 4. a)]. Zum anderen geht es um Gestaltungen, nach welchen der Kommanditist seine Bareinlageverpflichtung erfüllt und dann von der KG entsprechende Mittel auf­ grund der im Vorfeld getroffenen Vereinbarung erlangt oder – in Umkehrung der zeitlichen Abfolge – seine Bareinlageverpflichtung aus Mitteln erfüllt, die er bereits zuvor aufgrund der im Vorfeld getroffenen Vereinbarung von der Gesellschaft er­ langt hat – Letzteres wird bisweilen als „Her- und Hinzahlen“245 bezeichnet. Hier bietet sich, unabhängig von der im konkreten Einzelfall bestehenden zeitlichen Ab­ folge,246 eine Aufspaltung des Gesamtvorgangs in zwei Einzelakte an: Der Akt der Erbringung der Bareinlage gegenüber der KG ist haftungsbefreiende Einlage­ leistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB, soweit die Bareinlageschuld des Kommanditisten durch die eingebrachten Mittel wertmäßig abgedeckt wird – die Vorschrift differen­ ziert insbesondere gerade nicht nach der Herkunft aufgebrachter Einlagemittel [s. bereits oben C. II. 4. b)]. Indes ist der in Vollzug der im Vorfeld getroffenen Ver­ einbarung erfolgende Akt der Leistungsbewirkung durch die KG (z. B. Auszahlung der Darlehensvaluta) besonders sorgfältig auf eine mögliche Haftungsrelevanz hin zu überprüfen. Zwar greift insoweit die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB nicht ein [s. eingehend oben C. II. 4. b)]. Doch stellt die Auszahlung von Barmitteln zuguns­ ten des Kommanditisten eine verbotene Auszahlung nach §  30 GmbHG analog dar, sofern sie eine Unterbilanz der KG hervorruft oder vertieft. Etwas anderes gilt gem. auf dem Boden der Rechtslage vor Inkrafttreten von MoMiG und ARUG J. Hoffmann, NZG 2001, 433 ff. 242  Statt vieler Veil, in: Scholz, GmbHG, §  5 Rn.  37 mwN. 243  Deutlich BGHZ 180, 38 (Tz.  9 f.) mwN sowie BGHZ 184, 158 (Tz.  16 f.). 244  So für das Kapitalgesellschaftsrecht in der Fassung vor MoMiG und ARUG noch J. Hoff­ mann, NZG 2001, 433 (434 f.). 245  Den Begriff verwenden etwa Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  19 Rn.  101; Herr­ ler, in: Spindler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  229. 246  Zur Irrelevanz der zeitlichen Abfolge im Kapitalgesellschaftsrecht vgl. Herrler, in: Spind­ ler/Stilz, AktG, §  27 Rn.  229 mwN.

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§  30 I 2 Alt.  2 GmbHG analog nur, wenn 247 die Auszahlung durch einen vollwerti­ gen, jederzeit fällig zu stellenden 248 Gegenleistungs- oder Rückgewähranspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist. Denn in diesem Fall ist eine Haftung des Kommanditisten zum Schutze der KG-Gläubiger nicht nötig: Der Mittelabfluss bei der KG wird durch das Entstehen einer hinreichend aussichtsreichen schuldrecht­ lichen Forderung kompensiert.249 Wie schon bei der Erörterung der verdeckten ­Sacheinlage deutlich wurde, gewährleistet der hier entwickelte Ansatz mithin ein System der Kommanditistenhaftung, das sich lediglich rechtstechnisch (vgl. die Ka­ pitalaufbringungsvorschriften der §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG einerseits und die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§  30, 31 GmbHG analog andererseits), nicht aber in seinem materiell-rechtlichen Gehalt von den Grundsätzen des Kapitalgesell­ schaftsrechts unterscheidet. Lediglich das in §§  19 V 2 GmbHG, 27 IV 2 AktG aufgestellte Erfordernis, Angaben zu dem vereinbarten Hin- und Herzahlen in die Anmeldung zum Handelsregister aufzunehmen, ist im Recht der KG unbeachtlich, da die Anmeldung hier – anders als im Kapitalgesellschaftsrecht (vgl. §§  8 II 1 Gm­ bHG, 37 I 2 AktG) – keine Informationen zur Leistung bzw. Rückgewähr von Ein­ lagen enthalten muss, sondern sich auf die Angaben nach §§  162, 106 II HGB be­ schränkt.250

6.  Sonstige Kapitalschmälerungen im Zusammenhang mit Verkehrsgeschäften Abgesehen von den bereits behandelten Fallgruppen sind weitere Konstellationen denkbar, in denen die Gefahr besteht, dass Verkehrsgeschäfte zwischen KG und Kommanditist im wirtschaftlichen Ergebnis zu einer Verringerung des KG-Vermö­ gens führen. Angesprochen sind all jene Gestaltungen, durch die dem Kommandi­ tisten seitens der KG ein Vermögenswert zugewendet wird, ohne diesen durch eine gleichwertige Vermögenszuwendung an die KG zu kompensieren. 247  Nachdem der hier vorgestellte Ansatz die Problematik des Hin- und Herzahlens im Recht der KG als eine Kombination von kapitalaufbringungs- und kapitalerhaltungsrechtlichen Frage­ stellungen begreift, müssen die Wertungen der §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG auch auf die ana­loge Anwendung des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG durchschlagen; dies gilt unabhängig davon, wie man sich zu der Frage positioniert, ob §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG generell ein Alles-oder-nichts-­ Prinzip normiert; vgl. zum diesbezüglichen Streitstand Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  194 ff. mwN. 248  Auch in Bezug auf das Fälligkeitskriterium schlagen in concreto die Wertungen der §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG auf §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG durch; zu dem Streit, ob das Fälligkeitskrite­ rium generell auch im Rahmen des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG zu beachten ist, s. Ekkenga, in: Flei­ scher/Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  239 mwN. 249  Zumindest im Ergebnis ebenso Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  155 f.; vom Gegenteil gehen BFH/NV 2008, 211 (Tz.  13) sowie K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  105 mwN aus. 250 Ebenso Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  156.

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Gleichsam als Paradebeispiel dafür lässt sich ein zwischen der KG als Verkäufe­ rin und dem Kommanditisten als Käufer geschlossener Kaufvertrag anführen. Ent­ spricht hier der von dem Kommanditisten zu entrichtende Kaufpreis nicht dem ob­ jektiven wirtschaftlichen Wert der verkauften Sache bzw. des verkauften Rechts, droht – zum Nachteil der KG-Gläubiger – eine Aushöhlung des KG-Vermögens. In Anwendung der hier gewonnenen Grundsätze (s. oben B. III. 5.) ist diesem Risiko indes mit einer zweistufigen rechtlichen Prüfung zu begegnen: Zunächst ist der Vor­ gang unter dem Gesichtspunkt eines Zurückbezahlens der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB zu betrachten. Um ein solches bejahen zu können, ist aber nach hier vertrete­ ner Auffassung erforderlich, dass die auf den Kommanditisten übertragenen Ver­ mögensgegenstände zuvor aus der Bindung im KG-Vermögen gelöst worden sind [B. III. 5. b) bb) (2)]. Mit anderen Worten: „[D]ie Einlage“ iSd §  172 IV 1 HGB ist nur dann zurückbezahlt, wenn zuvor durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung die rechtliche Zuordnung der übertragenen Vermögensgegenstände dergestalt geän­ dert worden ist, dass die KG diese nicht mehr aufgrund ihrer Einlageforderung be­ halten darf. An einem solchen Zuordnungswechsel durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung im Vorfeld einer Vermögensverfügung zugunsten des Kommanditis­ ten wird es beim Vollzug von Kaufverträgen zwischen KG und Kommanditist aber in aller Regel fehlen. Dies resultiert allein schon daraus, dass der in Erfüllung der Pflicht aus (§  453 I iVm) §  433 I 1 BGB auf den Kommanditisten übertragene Ver­ mögensgegenstand mit dem iRd §  171 I Hs.  2 HGB an die KG geleisteten Vermö­ gensgegenstand identisch sein müsste, damit auch gerade „die Einlage“ iSd §  172 IV 1 HGB zurückbezahlt wird. Die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB hilft den Gläubigern folglich kaum weiter. Allerdings ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Voll­ zug des Kaufvertrages nicht eine verbotene Auszahlung iSd §  30 GmbHG analog darstellt [s. dazu bereits oben B. III. 5. c)]. Neben dem Kriterium der Unterbilanz kommt dabei vor allem der Vorschrift des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG maßgebliche Be­ deutung zu, nach welcher eine verbotene Auszahlung gerade nicht anzunehmen ist, wenn die Leistung der Gesellschaft – in concreto gemeint ist die Übergabe und Übereignung der gekauften Sache bzw. die Übertragung des gekauften Rechts iSd (§  453 I iVm) §  433 I 1 BGB – durch einen vollwertigen Gegenleistungsanspruch gegen den Gesellschafter gedeckt ist.251 Höhe und Vollwertigkeit der Kaufpreiszah­ lungsforderung aus §  433 II BGB entscheiden demnach über das Bestehen eines Auszahlungsverbots iSd §  30 GmbHG und damit über das Entstehen einer gegen den Kommanditisten gerichteten Erstattungsforderung aus §  31 I GmbHG analog. Eine unzulässige Beschränkung des Rechtsverkehrs252 – oder genauer: der Freiheit zum Leistungsaustausch – ist damit nicht verbunden, zumal die hier vertretene Rechtsauffassung in keiner Weise die Wirksamkeit etwaiger Verkehrsgeschäfte 251  Zu dem Verhältnis von Drittvergleichsprüfung iSd §  30 I 1 GmbHG und Deckungsgebot iSd §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG eingehend Schmolke, §  30 Rn.  158 f. 252  So aber Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978]; Kornblum, S.  256; Günter, S.  15 f.

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zwischen Kommanditist und KG berührt, sondern lediglich unter bestimmten Vor­ aussetzungen Haftungsrisiken statuiert.253 Die gerade umgekehrte Fallkonstellation, in welcher die KG als Käuferin und der Kommanditist als Verkäufer in Erscheinung tritt, ist hingegen unter die differen­ zierten Regeln der verdeckten Sacheinlage (s. dazu oben C. II. 4.) zu subsumieren, sofern formell eine Bareinlage des Kommanditisten vereinbart ist und sich die Be­ teiligten gleichwohl zumindest konkludent darauf geeinigt haben, den wirtschaftli­ chen Erfolg einer Sacheinlage herbeizuführen. An letztgenannte Abrede sind auch keine hohen Anforderungen zu stellen; insbesondere ist eine Umgehungsabsicht nicht erforderlich.254 Ihr Vorliegen ist allerdings dann zu verneinen, wenn die Betei­ ligten zur Zeit der Begründung der Bareinlagepflicht noch keine konkrete Vorstel­ lung über eine Verknüpfung mit einem Verkehrsgeschäft haben und die Verknüp­ fung erst nach Begründung der Bareinlagepflicht verabreden.255 In diesen Konstel­ lationen liegt keine verdeckte Sacheinlage vor; es gelten vielmehr die Ausführungen des vorstehenden Absatzes. Geht es um Tätigkeitsvergütungen, die von der KG an den ihre Geschäfte führen­ den Kommanditisten gezahlt werden, gebietet die hier entwickelte Konzeption der Kommanditistenhaftung eine exakte Prüfung, aus welchen Mitteln die Vergütungs­ leistungen jeweils erfolgt sind. Handelt es sich um Mittel, die zuvor noch als Einla­ gekapital im KG-Vermögen gebunden waren, vor der Auszahlung jedoch durch gesellschaftsvertragliche Änderung ihrer rechtlichen Zuordnung aus jener Kapi­ talbindung gelöst wurden, liegt ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB vor, soweit die Vergütungsleistung zu einer (weiteren) Unterdeckung des Außenhaf­ tungsbetrages des Kommanditisten führt und nicht eine Haftung über den Außen­ haftungsbetrag hinaus begründet. Handelt es sich bei den an den Kommanditisten ausgeschütteten Mitteln hingegen um Gewinn – dies ist zu vermuten, soweit bei Nichtvorliegen eines Zuordnungswechsels durch gesellschaftsvertragliche Verein­ barung eine Abbuchung von dem variablen Kapitalkonto des Kommanditisten (§§  161 II, 120 II HGB) erfolgt [s. oben B. III. 6. b) aa)] –, ist der Vorgang an den Voraussetzungen des §  172 IV 2, 3 HGB zu messen. Handelt es sich um sonstige Mittel, die nach den vorgenannten Kriterien weder als vormals gebundenes Einlage­ kapital noch als Gewinn zu qualifizieren sind,256 ist die Zulässigkeit der Vergü­ tungsleistung anhand der Vorgaben der §§  30, 31 GmbHG analog zu beurteilen;257 253  Mit diesem Gedanken bereits, wenn auch auf dem Boden eines dogmatisch gänzlich ande­ ren Lösungsvorschlags, Kirsch, S.  109. 254  Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  19 Rn.  224. 255  Schwandtner, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  19 Rn.  224, 226. 256  Zur Differenzierung zwischen Einlagen iSd §  172 IV 1 HGB, Gewinnen iSd §  172 IV 2 HGB und sonstigem ausschüttungsfähigen Vermögen bereits Joost, ZGR 1987, 370 (386, 388). 257  Die Frage, ob in Bezug auf derartige Ausschüttungen zudem ein Rückforderungsanspruch der KG unabhängig von §§  30, 31 GmbHG besteht, bemisst sich, wie BGH, DStR 2013, 1295 (Tz.  12) sowie Priester, DStR 2013, 1786 (1788) völlig zu Recht betonen, allein nach den Festlegun­ gen im Gesellschaftsvertrag; sie spielt allerdings praktisch keine Rolle, da eine Rückforderung von

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besondere Bedeutung kommt dabei der Frage zu, inwiefern die Tätigkeit des Kom­ manditisten in objektiver Hinsicht einen wirtschaftlichen Gegenwert für den Kapi­ talabfluss darstellt [s. zur Einlagefähigkeit derartiger Tätigkeiten bereits oben C. II. 5.]. Ein praktischer Vorzug dieser differenzierten Sichtweise liegt in dem Umstand, dass sie die einschlägige Haftungsgrundlage nach der Quelle der jeweiligen Vergü­ tungsleistung bestimmt. Jene lässt sich aber in aller Regel deutlich leichter ermitteln als die Rechtsnatur der Geschäftsführungstätigkeit des Kommanditisten. Ganz im Gegensatz zu den bisher im Schrifttum vertretenen Ansichten muss sich also der hier entwickelte Lösungsvorschlag nicht mit der im Einzelfall äußerst schwierigen Abgrenzung von organschaftlicher und rechtsgeschäftlicher Geschäftsführungstä­ tigkeit258 befassen. Neben ihrer inhaltlichen Stringenz streitet demnach allein schon ihre Praktikabilität ganz entschieden für die hier vorgestellte Konzeption. Im Falle einer Darlehensgewährung an den Kommanditisten (upstream-Darle­ hen) kommt, sofern es in Bezug auf die valutierten Mittel an einem vorherigen Zu­ ordnungswechsel durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung fehlt, wie bei den vorstehend erörterten Fallgestaltungen auch nur §  30 GmbHG analog als Kapital­ schutzinstrument in Betracht. Dabei ist vor allem die Frage von zentraler Bedeu­ tung, ob der Anspruch der KG aus §  488 I 2 BGB einen hinreichenden „Rückge­ währanspruch gegen den Gesellschafter“ iSd §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG darstellt. Von der Prüfung der Einhaltung des Deckungsgebots einmal abgesehen, erweist sich insofern als problematisch, dass die Darlehensrückzahlungsforderung der KG zum Zeitpunkt der Valutierung noch nicht in voller Höhe fällig ist (vgl. §  488 III BGB), was Teile des Schrifttums dazu veranlasst, in der Darlehensgewährung eine haf­ tungsschädliche Ausschüttung an den Kommanditisten zu erblicken.259 Doch ist zu berücksichtigen, dass der Wortlaut des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG, anders als die teleo­ logisch verwandten Vorschriften der §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG, das Kriteri­ um der Fälligkeit als Tatbestandsmerkmal explizit nicht nennt. Ferner betonen auch die Materialien des Gesetzgebers lediglich die nötige Vollwertigkeit und Wert­ deckung des Rückgewähranspruchs, fordern aber an keiner Stelle auch die Fällig­ keit desselben.260 Das Merkmal der Fälligkeit ist demnach nicht generell Tatbe­ standsvoraussetzung des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG261 – etwas anderes mag im Einzel­ fall anzunehmen sein, wenn besondere gesetzliche Wertungen dies gebieten (s. vor allem für den Fall des Hin- und Herzahlens oben C. II. 5.). Wenn der betreffende gewinnunabhängigen Ausschüttungen nur relevant werden wird, wenn sich die KG in wirtschaft­ lichen Schwierigkeiten befindet und somit auch eine Haftung nach §§  30, 31 GmbHG in Frage kommt. 258  Eingehend zu dieser Problematik mit prägnanter Darstellung der im Schrifttum vertretenen Positionen Kirsch, S.  111 ff. 259 Etwa Kirsch, S.  110 f.; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  14; Wagner, S.  179, wenn auch allesamt auf Grundlage des §  172 IV 1 HGB. 260  Begründung Regierungsentwurf BT-Drucks. 16/6140, S.  41 f. 261  So auch Altmeppen, in: Altmeppen/Roth, GmbHG, §  30 Rn.  120; Ekkenga, in: Fleischer/ Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  239 mwN zur Gegenauffassung.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

Darlehensrückgewähranspruch gegen den Kommanditisten vollwertig ist,262 liegt folglich in der Darlehensgewährung263 an den Kommanditisten wegen §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG analog gerade keine verbotene Auszahlung.264 Dieselbe Betrachtungsweise ist auch auf Konstellationen zu übertragen, in denen die KG Sicherheiten gewährt – sei es dem Kommanditisten für dessen Forderungen gegen sie selbst oder einen Dritten, sei es einem Dritten für dessen Forderungen gegen den Kommanditisten (upstream-Sicherheiten). Dabei liegt in der bloßen ­Bestellung der Sicherheit, entgegen einer in Rechtsprechung und Schrifttum ver­ breiteten Auffassung,265 noch keine haftungsschädliche Ausschüttung an den Kom­ manditisten. Denn Sicherheiten verkörpern keine vollständige und endgültige Rechtsübertragung, sondern können bei anderweitiger Realisierung der besicherten Forderung wieder zurückfallen.266 Mit anderen Worten: Eine lediglich bestellte Si­ cherheit bildet noch keinen selbständigen wirtschaftlichen Wert. Anders ist erst für die Verwertung der betreffenden Sicherheit zu entscheiden. Doch auch diese stellt nach dem Rechtsgedanken des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG keine haftungsschädliche Ausschüttung zugunsten des Kommanditisten dar, wenn sie durch einen im Ver­ wertungszeitpunkt vollwertigen Regressanspruch der KG gedeckt ist.267 Allerdings 262  Vgl. zu dem Streit, ob §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG ein Alles-oder-nichts-Prinzip normiert, Heidin­ger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  194 ff. mwN. 263  Dasselbe muss auch für die Stundung einer Forderung gegenüber dem Kommanditisten ohne marktüblichen Ausgleich gelten, wie auch Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  171 Rn.  105; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  27; Kornblum, S.  256 f.; Westermann, Handbuch I, Rn.  926 [Stand: 8/1978] auf der Grundlage des §  172 IV 1 HGB feststellen; ohne auf einen etwa­ igen Ausgleich abzustellen Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  9; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  14. 264  In diesem Sinne, allerdings auf Grundlage des §  172 IV 1 HGB, auch K. Schmidt, in: Schle­ gelberger, HGB, 5.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  69; OLG Hamm, NZG 2010, 1298 (1299 f.); unter argu­ mentativem Rückgriff auf §  30 I 2 GmbHG K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  69; Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2987 ff. mwN [Stand: 9/2014]; die gegenteilige Entscheidung BGHZ 157, 72 (Tz.  10) stammt noch aus der Zeit vor Einführung des §  30 I 2 GmbHG und ist insoweit durch BGHZ 179, 71 (Tz.  10 ff.) überholt. 265  Pauschal für eine haftungsschädliche Ausschüttung iSd §  172 IV 1 HGB Oetker, in: Oetker, HGB, §  172 Rn.  22; differenzierend zwischen Dritten und dem Kommanditisten als Sicherungs­ nehmer BGH, NJW 1976, 751 (752); Horn, in: Heymann, HGB, §  172 Rn.  12; Schilling, in: Staub, GK-HGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  14; Weimar, DStR 1997, 1730 (1731); Kirsch, S.  118 ff.; offen gelassen bei BGHZ 138, 291 (Tz.  32); differenzierend nach der Wahrscheinlichkeit der Verwertung im Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2994 [Stand: 9/2014]; Koller, in: Koller u. a., HGB, 7.  Aufl., §§  171, 172 Rn.  23. 266  Vgl. zu diesem Gedanken auch Flechtheim, in: Düringer, HGB, §  171 Anm.  9; K. Schmidt, Einlage und Haftung, S.  45 f.; Häsemeyer, ZHR 149 (1985), 42 (57); Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  171 Rn.  76. 267  Mit diesem Ergebnis, allerdings auf Grundlage des §  172 IV 1 HGB, auch K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  69; Potsch, S.  194; großzügiger hingegen Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2994a [Stand: 9/2014], der die Verwertung der Sicher­ heit auch dann als haftungsunschädlich ansieht, wenn es an einem im Verwertungszeitpunkt voll­ wertigen Regressanspruch zwar fehlt, zum Zeitpunkt der Bestellung der Sicherheit aber ein voll­ wertiger Freistellungsanspruch der Gesellschaft gegeben war.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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ist darauf hinzuweisen, dass die Verwertung einer Sicherheit typischerweise gerade auf mangelnde Bonität des Schuldners zurückzuführen ist. Bei mangelnder Bonität des Schuldners fehlt es aber auch an der Vollwertigkeit einer gegen ihn gerichteten Regressforderung.

7.  Die unbefugte Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen Entnimmt der Kommanditist unbefugt wirtschaftliche Werte aus dem KG-Vermö­ gen, wird dies ganz überwiegend als Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB eingestuft.268 Zur Begründung für diese Sichtweise wird vor allem angeführt, der von §  172 IV 1 HGB verfolgte Zweck der Kapitalsicherung gebiete eine derarti­ ge Norminterpretation.269 Dieser Vorstellung ist allein schon entgegenzuhalten, dass §  172 IV 1 HGB, wie bereits ausgeführt [B. III. 5. b) bb) (4)], überhaupt keinen allgemeinen Kapitalerhal­ tungsgrundsatz enthält, sondern funktionell lediglich auf die Erhaltung des in der KG gebundenen Einlagekapitals abzielt. Mit anderen Worten: Vorgänge ohne Einla­ gerelevanz sind von §  172 IV 1 HGB nicht erfasst, sodass man den unbefugten „Griff in die Gesellschaftskasse“ nicht als Zurückbezahlen der Einlage einordnen kann.270 Ferner ist einzuwenden, dass sowohl ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB wie auch eine Auszahlung iSd §  30 I 1 GmbHG analog bereits begrifflich nur vorliegen kann, sofern die betreffende Vermögensverschiebung von der Gesell­ schaft willentlich herbeigeführt worden ist.271 Die unbefugte Entnahme durch den Kommanditisten zeichnet sich aber gerade dadurch aus, dass jener eigenmächtig, d. h. ohne jede Mitwirkung der KG bzw. ihrer Organe auf das KG-Vermögen Zu­ griff nimmt. Etwas anderes könnte man allenfalls dann behaupten, wenn der ent­ nehmende Kommanditist, abweichend von §  164 S.  1 HGB, gesellschaftsvertraglich zur Geschäftsführung ermächtigt ist. Doch selbst in diesem Fall dürfte die gesell­ schaftsvertragliche Treuepflicht des geschäftsführenden Gesellschafters auf ein an­ deres Ergebnis hindeuten: Dieser muss sich bei seinen Handlungen am Wohle der Gesellschaft orientieren.272 Eine rein eigennützige Entnahme von Vermögensge­ 268  Statt vieler Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  86; Schilling, in: Staub, GKHGB, 4.  Aufl., §  172 [Stand: 1.4.1987] Rn.  9; Geßler, in: Schlegelberger, HGB, 4.  Aufl., §  172 Rn.  14; Kirsch, S.  138; Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2991 [Stand: 9/2014]; Huber, ZGR 1988, 1 (23 f.). 269  Deutlich etwa Scholz, in: Westermann/Wertenbruch, Handbuch, Rn.  2991 [Stand: 9/2014]. 270  Mit diesem Ergebnis, soweit ersichtlich, bisher allein Keuk, ZHR 135 (1971), 410 (420). 271  Für §  30 I 1 GmbHG statt vieler Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  142; Heidinger, in: Michalski, GmbHG, §  30 Rn.  63; die gegenteilige Ansicht vertritt allein Fastrich, in: Baumbach, GmbHG, §  30 Rn.  64; auf die Zweifelhaftigkeit des von letzterem ange­ stellten Vergleichs zwischen deliktischer und gesellschaftlicher Haftung hat bereits Schmolke, §  30 Rn.  145 zu Recht hingewiesen. 272  Dieser Gedanke findet sich auch bei Grunewald, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §  164 Rn.  2.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

genständen aus dem Gesellschaftsvermögen aber wird man kaum mit diesem Leit­ bild in Übereinstimmung bringen können; der Kommanditist führt insoweit kein Geschäft der KG. Die nötige Willensbetätigung der KG lässt sich auch nicht mit der Argumentation begründen, durch Abschreibung der entnommenen Vermögensge­ genstände zu Lasten des Kapitalkontos des Kommanditisten drücke die KG nach­ träglich ihre buchungstechnische Zustimmung zu der Entnahme aus.273 Denn we­ sentlich für eine taugliche Willensbetätigung der KG ist stets die Freiwilligkeit des betreffenden Handelns.274 Hat der Kommanditist aber unbefugt Vermögen aus der Gesellschaftskasse entnommen, bleibt der KG gar keine andere Möglichkeit mehr, als den entzogenen wirtschaftlichen Wert abzuschreiben. Eine abgenötigte Vermö­ gensminderung wird man indes kaum als willentliche, geschweige denn freiwillige Vermögensverschiebung ansehen können.275 Schließlich besteht auch kein dringendes Bedürfnis, die Konstellation einer unbe­ fugten Entnahme aus dem KG-Vermögen über den Tatbestand des §  172 IV 1 HGB zu lösen. Denn derartige Handlungen lassen sich unproblematisch als vertragliche Pflichtverletzungen bzw. deliktisches Verhalten qualifizieren. So konstituiert eine unbefugte Entnahme unzweifelhaft die Verletzung einer vertraglichen Pflicht des betreffenden Gesellschafters, unabhängig davon, ob man in concreto auf die gesell­ schaftsvertragliche Treuepflicht oder die allgemeine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertragspartners aus §  241 II BGB abstellen will. Daneben macht sich der Gesellschafter, sofern er durch die Entnahme ein absolutes Recht der Gesellschaft verletzt, auch nach §  823 I BGB ersatzpflichtig. Je nach Einzelfall ist sogar die Verwirklichung des §  823 II BGB iVm §  242 StGB bzw. §  246 StGB oder gar des §  826 BGB vorstellbar. Der Gesellschaft erwachsen mithin vertragliche bzw. deliktische Schadensersatzansprüche gegen den Gesellschafter. Nach der Grundregel der §§  195, 199 BGB verjähren diese Ansprüche in drei Jahren seit Kenntniserlangung. Bliebe man dabei stehen, gelangte man allerdings gleich in mehrfacher Hinsicht zu nicht interessengerechten Ergebnissen: Zunächst liefe die Anwendung der §§  195, 199 BGB auf eine unbillige Besserstellung des – vertrags- und/oder deliktsrechtswidrig – in die Gesellschaftskasse greifenden Ge­ sellschafters gegenüber dem Gesellschafter hinaus, dem der Inhalt der Gesell­ schaftskasse freiwillig ausgezahlt wird. Denn Ersatzansprüche gegen letzteren un­ terlägen – bei Anwendung des §  31 I GmbHG analog – einer Verjährung von zehn Jahren (§  31 V GmbHG) oder würden gar – bei Anwendung der §§  172 IV 1, 171 I Hs.  1 HGB, denen prinzipiell immer wieder neue Forderungen der KG-Gläubiger unterlegt werden können – überhaupt nicht verjähren. Auch wäre es unbillig, die KG-Gläubiger, denen etwaige Ersatzansprüche ebenfalls zugutekommen, bei eigen­ mächtigem Verhalten eines Gesellschafters schlechter zu stellen als sie bei einver­ 273 

Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  86. Für §  30 I 1 GmbHG ebenso Ekkenga, in: Fleischer/Goette, MüKo-GmbHG, §  30 Rn.  142. 275  So muss denn auch Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  86 zugeben, durch die Entnahme müsse die KG nolens volens eine entsprechende Vermögensminderung hinnehmen. 274 

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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nehmlicher Auszahlung von Gesellschaftsvermögen stünden. Vielmehr sind auch auf verjährungsrechtlicher Ebene Konsequenzen aus dem Umstand zu ziehen, dass sich der unbefugt in die Gesellschaftskasse greifende Gesellschafter eines Wissens­ vorsprungs, über den er als Mitglied der Gesellschaft verfügt, und/oder einer zumin­ dest faktisch bestehenden Möglichkeit, auf das Gesellschaftsvermögen Zugriff zu nehmen, bedient hat. Wer auf diese Art und Weise seine Insiderstellung als Gesell­ schafter zum Nachteil der Gesellschaft eigenmächtig ausnutzt, handelt in besonde­ rem Maße treuwidrig. Man wird dem betreffenden Gesellschafter daher die Beru­ fung auf den Einwand der Verjährung nach §  214 I BGB wegen unzulässiger Rechts­ ausübung iSd §  242 BGB versagen müssen.276 Die Gesellschaft kann mithin bis auf weiteres die Rückführung der Vermögensgegenstände verlangen, die der Komman­ ditist durch die unbefugte Entnahme aus der Gesellschaftskasse erlangt hat.

8.  Die Einbeziehung von Drittvermögen Bereits im Bereich der Kapitalaufbringung ist deutlich geworden, dass die Beurtei­ lung der Kommanditistenhaftung vor allem dort besonders schwerfällt, wo neben dem Privatvermögen des Kommanditisten und dem Vermögen der Kommanditge­ sellschaft weitere Vermögensmassen in Kapitalbewegungen einbezogen sind. Ver­ wiesen sei nur auf die Fälle der Einbuchung (C. I. 1.) sowie der Abtretung, Verpfän­ dung oder Pfändung von Einlage- und Erstattungsforderung (C.I.3.). Vor diesem Hintergrund dürfte es nicht verwundern, dass auch im Bereich der Kapitalerhal­ tung die Schwierigkeiten in der rechtlichen Bewertung zunehmen, sobald Drei­ personenverhältnisse in den Blick zu nehmen sind. Jedenfalls dann, wenn es sich bei dem Dritten nicht um einen KG-Gläubiger handelt, bestehen die Herausforde­ rungen solcher Konstellationen zum einen darin, dass die bestehenden Rechtsbezie­ hungen nicht ebenso klar auf der Hand liegen wie im Zweipersonenverhältnis, zum anderen darin, dass die berechtigten Interessen eines weiteren Rechtssubjektes in den Blick zu nehmen sind. Nachdem Dritte auf unterschiedliche Art und Weise in Vermögensbewegungen zwischen KG und Kommanditist einbezogen werden kön­ nen, wird man sich dieser Aufgabe nicht pauschal nähern können. Vielmehr wird bei der Anwendung der maßgeblichen Haftungsgrundsätze auf die konkrete Fall­ gestaltung zu achten sein. a)  Leistungen aus Drittvermögen Zunächst sind solche Situationen einer näheren Betrachtung zuzuführen, in denen dem Kommanditisten – zumindest unmittelbar – nicht aus dem KG-Vermögen, son­ 276  Die Unzulässigkeit der Einrede der Verjährung wegen treuwidrigem Handeln unter Verstoß gegen §  242 BGB ist allgemein anerkannt, vgl. Peters/Jacoby, in: Staudinger, BGB, §  214 Rn.  18, 24.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

dern aus dem Vermögen eines Dritten wirtschaftliche Werte zufließen. Je nachdem, in welchem Verhältnis der Dritte zu der KG steht, wird man dabei zwischen unter­ schiedlichen Konstellationen zu differenzieren haben. aa)  Leistungen von Gesellschaftsexternen Wendet ein Gesellschaftsexterner, also ein Rechtssubjekt, das nicht Mitglied der KG ist, dem Kommanditisten aus seinem Privatvermögen im eigenen Namen 277 wirtschaftliche Werte zu, hat dies ohne das Hinzutreten weiterer Umstände keiner­ lei Auswirkungen auf das KG-Vermögen. Der Aspekt des Gläubigerschutzes und mit ihm die Haftungsnormen des §  172 IV HGB sowie der §§  30, 31 GmbHG analog sind nicht aufgerufen. Zwischen dem ungeschmälerten KG-Vermögen und dem ge­ schmälerten Privatvermögen des Gesellschaftsexternen besteht keine Wechselwir­ kung, da beide Vermögensmassen rechtlich voneinander getrennt sind. Etwas anderes ist nur anzunehmen, wenn die Minderung des Privatvermögens des Gesellschaftsexternen mit einem Kapitalabfluss bei der KG korrespondiert, im Ergebnis also auf das KG-Vermögen durchschlägt. Der BGH bezeichnet derartige Fälle als mittelbare Einlagerückgewähr und sanktioniert sie mit einer Haftung des Kommanditisten gem. §  172 IV 1 HGB.278 Zuzustimmen ist dem BGH in dem Punkt, dass es für eine Haftung des Kommanditisten unbedingt zu einer tatsächli­ chen Minderung des KG-Vermögens gekommen sein muss,279 die bloße Minderung des Privatvermögens des Gesellschaftsexternen hingegen für sich genommen noch nicht haftungsauslösend wirkt.280 Erst, wenn sich der Gesellschaftsexterne wegen seiner Vermögenszuwendungen an den Kommanditisten bei der KG schadlos gehal­ ten hat, steht die Schmälerung des KG-Vermögens endgültig fest, sodass es einer entsprechenden haftungsrechtlichen Kompensation zugunsten der KG-Gläubiger bedarf. Zu widersprechen ist dem BGH jedoch, was die pauschale Wahl des §  172 IV 1 HGB als Rechtsgrundlage der Kommanditistenhaftung anbelangt. Vielmehr ist danach zu differenzieren, aus welcher Quelle – also Einlagekapital, Gewinne oder sonstiges Kapital – dem Gesellschaftsexternen seitens der KG Vermögenswer­ te zugewandt werden (s. zu dieser Differenzierung bereits oben C. II. 6.). Denn der Gesellschaftsexterne fungiert beim Empfang lediglich als „Zahlstelle“ des Kom­ manditisten, sodass insofern nichts anderes als im Normalfall einer direkten Ver­ mögensübertragung zwischen KG und Kommanditist gelten kann. Je nachdem, aus welcher Quelle die betreffenden Mittel an den Gesellschaftsexternen geflossen sind, 277  Ein Handeln im Namen der KG würde, wie auch Kirsch, S.  141 richtig erkennt, bei entspre­ chender Vertretungsmacht schon nach §  164 I, III BGB für und gegen die KG wirken und wäre daher als unmittelbare Vermögenszuwendung seitens der KG einzuordnen. 278  BGHZ 47, 149 (Tz.  32) 279  Bei BGHZ 47, 149 (Tz.  33) wird ausdrücklich darauf abgestellt, ob die mittelbare Zuwen­ dung über den Umweg des Gesellschaftsexternen auf „dasselbe wirtschaftliche Ergebnis“ wie eine unmittelbare Minderung des KG-Vermögens hinausläuft; dem zustimmend Kirsch, S.  143 f. 280  Anders sieht dies offenbar Bälz, BB 1977, 1481 (1483).

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haftet der Kommanditist daher im Zeitpunkt der Zuwendung der KG an den Dritten nach §  172 IV HGB oder §§  30, 31 GmbHG analog. Diese Sichtweise entspricht auch gänzlich der hier entwickelten Haftungskonzeption [s. oben B. III. 5. c) dd) sowie B. III. 6. c)]. bb)  Leistungen von Mitgesellschaftern Vor allem im Zusammenhang mit dem Ausscheiden eines Kommanditisten ist es in der Rechtspraxis verbreitet, dass ein Mitgesellschafter Zahlungen an den Komman­ ditisten aus seinem Privatvermögen leistet. Hintergrund ist in der Regel, dass der ausscheidende Kommanditist abgefunden werden soll, ohne die Liquidität der KG zu beeinträchtigen. Was die haftungsrechtliche Relevanz eines derartigen Vorgehens anbelangt, wird man den Ausgangspunkt wieder bei der Frage nach der jeweiligen Vermögenszuordnung nehmen müssen. So zeichnet sich ein Mitgesellschafter des Kommanditisten im Unterschied zu gesellschaftsexternen Dritten zwar gerade durch seine aus der Mitgliedschaft resultierende besondere Nähe zur KG aus, doch besteht auch hier das Prinzip, dass KG-Mittel und Privatmittel des handelnden Rechtssubjekts rechtlich voneinander zu trennen sind.281 Folglich stellen Auszahlun­ gen, die ein Mitgesellschafter zulasten seines Privatvermögens tätigt, im Grundsatz auch dann keine haftungsschädliche Auszahlung iSd §  172 IV 1 HGB dar, wenn die ausgezahlten Mittel dem Privatvermögen des Kommanditisten zufließen.282 Nichts anderes gilt im Hinblick auf §§  30, 31 GmbHG, da auch jene Vorschriften allein auf die Erhaltung des Gesellschafts-, nicht aber des Gesellschafterkapitals abzielen. Der Bestand des Privatvermögens der Gesellschafter ist den KG-Gläubigern gegenüber weder unmittelbar noch mittelbar geschützt (zur Gegenposition s. unten). Etwas anderes ist anzunehmen, soweit eine Vermögensübertragung im Ergebnis die KG trifft. Gemeint sind Konstellationen, in denen ein Mitgesellschafter wegen seiner Vermögenszuwendung an den Kommanditisten bei der KG Regress nimmt. Denn in diesem Fall wäre das dem Zugriff der KG-Gläubiger offen stehende KG-Vermögen ebenso verkürzt, wie es verkürzt würde, wenn der betreffende Ver­ mögenswert dem Kommanditisten unmittelbar aus dem KG-Vermögen zugewandt worden wäre.283 Folglich muss auch eine solche bloß mittelbare Schmälerung des KG-Vermögens durch haftungsrechtliche Folgen für den begünstigten Kommandi­ tisten kompensiert werden.284 Ob sich diese nach §  172 IV HGB oder nach §§  30, 31 GmbHG analog bemessen, hängt – wie bereits bei Leistung durch einen Gesell­ schaftsexternen – davon ab, aus welcher Quelle – also Einlagekapital, Gewinne oder 281  Grundlegend zum Dogma der Trennung von Gesellschaftervermögen und Gesellschafts­ vermögen bei Personengesellschaften BGHZ 5, 35 (Tz.  7). 282  Statt sehr vieler BGHZ 93, 246 (Tz.  12); K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, §§  171, 172 Rn.  71; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  123 mwN. 283  BGHZ 93, 246 (Tz.  10). 284 Statt vieler Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  31; Strohn, in: Joost/Strohn, HGB, §  172 Rn.  33; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  124 mwN.

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sonstiges Kapital – der Regressanspruch des Mitgesellschafters erfüllt wird. Denn auch hier ist der Mittelsmann lediglich „Zahlstelle“ des Kommanditisten, sodass insofern nichts anderes als im Normalfall einer direkten Vermögensübertragung zwischen KG und Kommanditist gelten kann. Damit ist zugleich die Frage entschie­ den, ob es hinsichtlich der haftungsschädlichen Wirkung auf das bloße Bestehen einer Regressforderung des Mitgesellschafters gegen die KG oder erst auf deren Erfüllung ankommt. Für die Maßgeblichkeit allein der tatsächlichen Erfüllung der Regressforderung spricht nicht nur der Umstand, dass – zumindest auf Grundlage der hier entwickelten Konzeption – bereits die Frage der anwendbaren Haftungs­ norm nur beantwortet werden kann, wenn klar ist, aus welchen Mitteln der Regres­ sanspruch des Mitgesellschafters erfüllt worden ist (s. soeben). Auch steht erst im Zeitpunkt der Erfüllung der Regressforderung endgültig fest, dass das KG-Vermö­ gen tatsächlich um einen entsprechenden wirtschaftlichen Wert vermindert und nicht etwa – wie beispielsweise im Falle der mangelnden Durchsetzbarkeit der Re­ gressforderung wegen Vermögenslosigkeit der KG – verschont worden ist.285 Näherer Betrachtung bedarf sodann die Konstellation, in welcher der an den Kommanditisten leistende Mitgesellschafter wegen des Ausscheidens aller weiteren Gesellschafter Gesamtrechtsnachfolger der KG wird bzw. bereits geworden ist.286 In Bezug auf eine etwaige Haftungsschädlichkeit der Vermögenszuwendungen sei­ tens des (späteren) Rechtsnachfolgers an den Kommanditisten wird man danach differenzieren müssen, ob die betreffende Vermögensübertragung vor oder nach dem Eintritt des handelnden Mitgesellschafters in die Gesamtrechtsnachfolge der KG stattgefunden hat. Geht es um Vermögenszuwendungen nach der Geschäfts­ übernahme durch den Rechtsnachfolger, liegt deren Haftungsschädlichkeit beinahe schon auf der Hand. Denn im Zuge der Gesamtrechtsnachfolge kommt es zu einer Verschmelzung zweier zuvor getrennter Vermögensmassen: des KG-Vermögens und des Privatvermögens des zuletzt in der Gesellschaft verbliebenen Gesellschaf­ ters. Für die KG-Gläubiger hat dieser Vorgang den Nachteil, dass das vormalige KG-Vermögen nun nicht mehr exklusiv ihrem Zugriff offen steht, sondern sie ab dem Zeitpunkt der Vermögensverschmelzung insoweit mit Privatgläubigern des Rechtsnachfolgers konkurrieren müssen. Auch sind sie nicht vor Minderungen der Haftungsmasse durch Vermögensdispositionen des Rechtsnachfolgers geschützt. Beides bedeutet eine erhebliche Verschlechterung der Befriedigungsaussichten der (vormaligen) KG-Gläubiger, ohne dass diese sich jener Beeinträchtigung erwehren könnten. Interessengerecht ist daher, den KG-Gläubigern als Ausgleich über §  172 IV 1 HGB den Zugriff auf das Vermögen des Kommanditisten insoweit zu eröffnen, 285  Im Ergebnis ebenso BGHZ 93, 246 (Tz.  10); Kirsch, S.  146 f. mwN; anders wohl noch das obiter dictum bei BGHZ 61, 149 (Tz.  8) sowie BGHZ 76, 127 (Tz.  17). 286  Dass die KG mit dem wirksamen Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters liquidations­ los erlischt und der einzig verbliebene Gesellschafter Gesamtrechtsnachfolger der KG wird, ent­ spricht der ganz allgemeinen Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum; vgl. statt vieler K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S.  309 mwN.

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als dieser von dem Rechtsnachfolger der KG – insbesondere im Hinblick auf seinen Abfindungsanspruch aus §§  161 II, 105 III HGB, 738 I 2 BGB – Vermögenszuwen­ dungen erhalten hat.287 Nachdem die KG zum Zeitpunkt der Vollendung des Tatbe­ standes des §  172 IV 1 HGB – hier: der Vermögenszuwendung zugunsten des Kom­ manditisten – als solche nicht mehr existiert, wird man die Vorschrift nur analog anwenden können. Mit einer Forderung aus §§  30, 31 GmbHG analog hingegen wäre den KG-Gläubigern nicht gedient, da eine solche Forderung unmittelbar dem Rechtsnachfolger zustünde und die KG-Gläubiger hinsichtlich eines etwaigen Zu­ griffs wieder mit den sonstigen Gläubigern des Rechtsnachfolgers konkurrieren müssten. Schwieriger zu beurteilen ist indes die Haftungsschädlichkeit von Vermögenszu­ wendungen seitens des späteren KG-Rechtsnachfolgers an den Kommanditisten, die vor der Geschäftsübernahme durch den Rechtsnachfolger vorgenommen worden sind. Denn entgegen einer teilweise vertretenen Rechtsauffassung288 sichert die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB den KG-Gläubigern nicht etwa den Bestand der ih­ rem Haftungszugriff insgesamt offen stehenden Vermögensmassen – also die Ge­ samtheit von KG-Vermögen, Komplementärvermögen und Vermögen der nach Maßgabe des §  171 I Hs.  1 HGB haftenden Kommanditisten –, sondern nur das in der KG gebundene Einlagekapital. Dafür spricht bereits ganz entschieden der Wort­ laut des §  172 IV 1 HGB, der zum einen ausschließlich auf „die Einlage“ Bezug nimmt, zum anderen durch Verwendung des Begriffs „zurückbezahlt“ deutlich zum Ausdruck bringt, dass er ausschließlich den Bestand von Vermögenspositionen zu gewährleisten sucht, die zuvor „hinbezahlt“, also in das KG-Vermögen einge­ bracht worden sind. Gestützt wird dieser Befund durch die Materialien des Gesetz­ gebers, in denen ausschließlich von „einer Bindung der Einlage im Interesse der Gläubiger“289, an keiner Stelle jedoch von einer Bindung weiterer, von der Einlage juristisch wie tatsächlich zu trennender Vermögensmassen die Rede ist. Allerdings ist nicht von der Hand zu weisen, dass die KG-Gläubiger in dem Sonderfall der Vermögensverschmelzung auch ein berechtigtes Interesse an einer Kompensation von Vermögensminderungen haben, die im Zeitpunkt ihres Eintretens allein das Privatvermögen des späteren Rechtsnachfolgers der KG betroffen haben. Denn der­ artige Vermögensbewegungen beeinträchtigen ab dem Zeitpunkt der Vermögens­ verschmelzung unausweichlich die Zugriffsmöglichkeit der KG-Gläubiger auf das ihnen offen stehende Haftungssubstrat. Mit anderen Worten: Die KG-Gläubiger haben im Umfang der Vermögensverschiebung zwischen späterem Rechtsnachfol­ ger der KG und Kommanditist die Fähigkeit eingebüßt, sich – ungestört von sonsti­

287  Etwa BGHZ 61, 149 (Tz.  8); Potsch, S.  187 f.; Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  125 mwN. 288  Bereits OLG Frankfurt, NJW 1963, 545 (545 f.); sodann Kornblum, S.  257; Steckhan, DNotZ 1974, 69 (70 f., 73, 77 f.); Riegger, BB 1975, 1282 (1284). 289  Hahn/Mugdan, S.  285.

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gen Gläubigern – zu befriedigen.290 Die ihrem Haftungszugriff exklusiv vorbehal­ tene Masse ist bei Eintritt der Vermögensverschmelzung ebenso verkürzt wie in dem Fall, in dem ein Mitgesellschafter für an den Kommanditisten erbrachte Zah­ lungen bei der KG Regress genommen hat.291 Es erscheint daher sachgerecht, auch auf Vermögenszuwendungen seitens des späteren KG-Rechtsnachfolgers an den Kommanditisten, die vor der Geschäftsübernahme durch Gesamtrechtsnachfolge stattgefunden haben, §  172 IV 1 HGB anzuwenden, sofern die Vermögenszuwen­ dungen in Zusammenhang mit der Geschäftsübernahme stehen.292 Voraussetzung ist aber, dass es nach der betreffenden Vermögensverschiebung auch tatsächlich zur Gesamtrechtsnachfolge des zuwendenden Mitgesellschafters in die Rechtsstellung der KG kommt. Erst mit Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge und der dadurch be­ wirkten Vermögensverschmelzung ist das ehemalige KG-Vermögen von der Ver­ mögensverschiebung betroffen und demnach das Interesse der KG-Gläubiger tan­ giert. Als Reaktion auf diese Veränderung der Interessenlage kommt wiederum al­ lein ein Anspruch aus §  172 IV 1 HGB in Betracht. Denn eine etwaige Forderung aus §§  30, 31 GmbHG analog würde in ihrer Eigenschaft als Innenforderung im Zuge der Vermögensverschmelzung auf den Rechtsnachfolger der KG übergehen und stünde infolgedessen nicht nur den KG-Gläubigern, sondern auch den sonstigen Gläubigern des Rechtsnachfolgers zum Zugriff offen. cc)  Leistungen von zwischengeschalteten Gesellschaften Im Rahmen von Konzernstrukturen kann sich die Konstellation ergeben, dass der Kommanditist Leistungen von einer Gesellschaft erhält, an welcher die Komman­ ditgesellschaft ihrerseits als Gesellschafterin beteiligt ist. Dabei stellt sich die Fra­ ge, inwiefern derartige Vermögenszuwendungen in Ansehung der Mitgliedschaft des Kommanditisten in der KG, also unabhängig von einer etwaigen Stellung des Kommanditisten als Gesellschafter auch der zwischengeschalteten Gesellschaft, haftungsrechtliche Folgen nach sich ziehen. Sofern die Problematik in Bezug auf die Stellung des Kommanditisten als Mit­ glied der KG überhaupt erörtert wird, findet sich lediglich der Vorschlag, den Kom­ manditisten wegen der von der zwischengeschalteten Gesellschaft empfangenen Vermögenszuwendung nach §  172 IV 1 HGB haften zu lassen.293 Denn die Vermö­ genszuwendung führe zu einer, dem Verhältnis der KG-Beteiligung(en) zu den üb­ rigen Beteiligungen an der zwischengeschalteten Gesellschaft entsprechenden, 290 

Vgl. BGH, NJW 1976, 751 (752). Vgl. BGHZ 61, 149 (Tz.  8). 292  So im Ergebnis auch BGHZ 61, 149 (Tz.  9); Tschierschke, S.  33 f.; Westermann, Handbuch I, Rn.  938 [Stand: 8/1978]; Haas/Mock, in: Röhricht u. a., HGB, §  172 Rn.  33; auf einen zeitlichen Zusammenhang iSe analogen Anwendung des §  160 HGB will Thiessen, in: Staub, GK-HGB, 5.  Aufl., §  172 Rn.  125 abstellen; einen gezielten Rechtsmissbrauch hingegen fordert Potsch, S.  188 f. 293  Kirsch, S.  153. 291 

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Wertminderung des Geschäftsanteils, den die KG an der zwischengeschalteten Ge­ sellschaft hält und damit zu einer Verringerung auch des KG-Vermögens.294 Diese Sichtweise erweist sich als zu pauschal. Vielmehr erscheinen bei näherer Betrachtung haftungsrechtliche Konsequenzen für den Kommanditisten nur bei Vorliegen zweier Voraussetzungen angezeigt. Erstens muss durch die Leistung der zwischengeschalteten Gesellschaft an den Kommanditisten gerade in Ansehung der Beteiligung, welche die KG an der zwischengeschalteten Gesellschaft hält, eine Minderung des KG-Vermögens eintreten.295 Eine solche Vermögensminderung der KG liegt aber nur vor, soweit ihr/e Anteil/e an der zwischengeschalteten Gesell­ schaft nicht mehr vollständig durch Vermögen der zwischengeschalteten Gesell­ schaft gedeckt ist/sind und soweit die KG zur Kompensation der Passiva, die sich aus ihrer Haftung für Verbindlichkeiten der zwischengeschalteten Gesellschaft er­ geben, einen realisierbaren Freistellungsanspruch gegen die zwischengeschaltete Gesellschaft wegen deren schlechter Vermögenslage nicht mehr aktivieren kann.296 Der erste Fall – Wertminderung des Anteils – wird für die KG relevant, die ihr ge­ samtes Kapital in eine Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft inves­ tiert hat, im Übrigen aber vermögenslos ist; der zweite Fall – fehlende Aktivierbar­ keit eines realisierbaren Freistellungsanspruchs – hingegen betrifft die KG, die über weiteres Vermögen verfügt und an der zwischengeschalteten Gesellschaft nur eine geringe oder überhaupt keine Beteiligung hält.297 Inwiefern gerade der zweite Fall überhaupt eintreten kann, richtet sich vor allem danach, um welchen Gesell­ schaftstyp es sich bei der zwischengeschalteten Gesellschaft handelt. So besteht namentlich im Falle von Kapitalgesellschaften wegen §  13 II GmbHG bzw. §  1 I 2 AktG grundsätzlich keine Haftung der Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlich­ keiten, von der die Gesellschafter durch die Gesellschaft freigestellt werden könn­ ten. Festzuhalten bleibt indes, dass für eine mögliche haftungsrechtliche Relevanz der Leistung der zwischengeschalteten Gesellschaft an den Kommanditisten zu­ nächst in Ansehung der Beteiligung, welche die KG an der zwischengeschalteten Gesellschaft hält, eine Schmälerung des KG-Vermögens eingetreten sein muss. Doch genügt dieser Umstand für sich allein noch nicht, um eine Haftung des be­ günstigten Kommanditisten zu rechtfertigen. Vielmehr ist seine Haftung erst unter der zweiten Voraussetzung erforderlich, dass die Minderung des KG-Vermögens auch zu einer Unterbilanz der KG in dem hier dargelegten Sinne [s. oben B. III. 5. c) 294 

Kirsch, S.  152 f. Diese Grunderkenntnis findet sich, bislang allerdings lediglich für die GmbH, auch bei Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Gesetz, S.  391 (401, 418 f.); ebenso für den mehrstufigen Konzern mit schematischer Darstellung der Konzernstrukturen U. H. Schneider, ZGR 1985, 279 (286 ff.). 296  Dieser Gedanke war ursprünglich durch den BGH für Vermögensausschüttungen der KG an den Kommanditisten entwickelt worden, die mittelbar eine Beeinträchtigung des Stammkapitals einer an der KG als Komplementärin beteiligten GmbH verursachen; vgl. BGHZ 60, 324 (Tz.  16); vgl. daneben BGHZ 67, 171 (Tz.  11); BGHZ 69, 274 (Tz.  18); BGHZ 76, 326 (Tz.  26); BGHZ 110, 342 (Tz.  34 f.). 297  BGHZ 60, 324 (Tz.  16). 295 

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cc)] führt oder eine bereits bestehende Unterbilanz weiter vertieft. Denn erst unter dieser weiteren Bedingung ist der Gedanke des Schutzes der KG-Gläubiger aufge­ rufen, sodass es einer Kompensation der Kapitalschmälerung durch (weitere) Haf­ tung des Kommanditisten bedarf. Jene Haftung bemisst sich jedoch nicht nach §  172 IV 1 HGB. Denn es geht gerade nicht um einen Fall, in dem seitens der KG identifi­ zierbar Einlagekapital an den Kommanditisten zurückgeführt wird. Vielmehr han­ delt es sich um eine Konstellation, in welcher das KG-Vermögen insgesamt durch Vermögensverfügungen eines gesellschaftsexternen Dritten – der zwischenge­ schalteten Gesellschaft – zugunsten eines KG-Gesellschafters – des Kommanditis­ ten – mittelbar angegriffen wird. Das passende Instrument zur Kompensation der­ artiger Kapitalschmälerungen liegt in §§  30, 31 GmbHG analog. Die Kommanditge­ sellschaft kann folglich gem. §  31 I GmbHG analog von dem begünstigen Kommanditisten die Beseitigung der (weiteren) Unterbilanz verlangen, welche durch die Vermögensverfügungen seitens der zwischengeschalteten Gesellschaft bei der KG verursacht worden ist. b)  Leistungen in Drittvermögen Eingehender Erörterung bedürfen auch solche Konstellationen, in denen zwar aus dem KG-Vermögen wirtschaftliche Werte abfließen, diese aber – zumindest unmit­ telbar – nicht dem Privatvermögen des Kommanditisten zufließen. Nachdem hier lediglich eine von dem Privatvermögen des Kommanditisten getrennte Vermögens­ masse gemehrt wird, also ein von dem Kommanditisten verschiedenes Rechtssub­ jekt Empfänger der betreffenden Zuwendung ist, besteht im Grundsatz kein Anlass für eine Haftung des Kommanditisten. Zwar mag aus Sicht der KG-Gläubiger ein Ausgleich für die – infolge des Vermögensabflusses – (teilweise) verloren gegange­ ne Fähigkeit der KG, ihre Verbindlichkeiten zu erfüllen, zweifelsohne wünschens­ wert erscheinen. Doch wäre es unbillig, gerade den Kommanditisten mit einer ent­ sprechenden, dieses Defizit kompensierenden Haftung zu sanktionieren. Andern­ falls bestünde die Gefahr einer gleichsam uferlosen Haftung des Kommanditisten, der sich bei jedem Abfluss von KG-Kapital, völlig gleich zugunsten welches Adres­ saten, Haftungsrisiken ausgesetzt sähe. Soweit sich die Vermögensverschiebung zugunsten des Dritten nicht aus einem besonderen Interesse des Kommanditisten heraus erklären lässt,298 bleibt sie für diesen mithin ohne Haftungsfolgen, zumal es den KG-Gläubigern freisteht, sich etwaige Erstattungsforderungen der KG gegen den begünstigen Dritten 299 abtreten zu lassen oder diese zu pfänden.

298  Für den Bereich des GmbH-Rechts betrachtet auch Schmolke, §  30 Rn.  113 mwN das Inter­ esse des Gesellschafters als zentrales Zuordnungskriterium. 299  Inwiefern Ansprüche gegen den begünstigten Dritten bestehen, ist nicht Gegenstand dieser

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aa)  Unmittelbarer Vermögensvorteil für den Kommanditisten Ein besonderes Interesse des Kommanditisten an der Vermögensverschiebung liegt indes ganz unzweifelhaft vor, wenn mit der Vermögenszuwendung an den Dritten ein unmittelbarer Vermögensvorteil für den Kommanditisten verbunden ist. Soweit mit einer Vermögensminderung bei der KG eine Vermögensmehrung bei dem Kommanditisten korrespondiert, besteht auch überhaupt kein Anlass mehr, letzte­ ren vor Haftungsfolgen zu schützen. Die Mehrung des Drittvermögens kommt dem Kommanditisten unmittelbar zugute und ist diesem daher haftungsrechtlich zuzu­ rechnen.300 Gemeint ist vor allem die Situation, in welcher der Dritte seinerseits eine Vermö­ genszuwendung an den Kommanditisten erbringt.301 Betroffen sind aber auch Kon­ stellationen, in denen der Dritte Leistungen der KG zwar im eigenen Namen302 , aber für Rechnung des Kommanditisten entgegennimmt. Für die Einbeziehung der zu­ letzt genannten Fallgruppe spricht auch der Rechtsgedanke der Vorschriften der §§  89 III 2, 115 II Alt.  2 AktG, die – ganz im Sinne des oben geschilderten Deside­ rats – gerade auch auf den Schutz des Gesellschaftsvermögens und damit letztend­ lich der Gesellschaftsgläubiger zielen.303 Im Einzelnen zu nennen sind vor allem die Erfüllung (§  267 BGB) sowie die Eingehung einer Verbindlichkeit zugunsten des Kommanditisten ohne entsprechende Kompensation.304 Daneben sind auch Zuwen­ dungen an einen hinter dem formalen Kommanditisten stehenden Treugeber erfasst, denn, sofern das Treuhandverhältnis – wie im gesellschaftsrechtlichen Bereich üb­ lich – als fiduziarische Vollrechtstreuhand ausgestaltet ist,305 erspart sich der Treu­ händer-Kommanditist die Weiterleitung der betreffenden Vermögensgegenstände an den Treugeber, wozu er sonst gem. §§  675, 667 BGB verpflichtet wäre.306 Schließ­ lich gehört in diesen Zusammenhang auch die Gewährung von Sicherheiten gegen­ Untersuchung; vgl. eingehend zu dieser Frage Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (36 f., 51 ff.). 300  Im Ergebnis ebenso, allerdings mit der Begründung, derartige Vorgänge seien lediglich ein Versuch zur Umgehung der einschlägigen Haftungsnormen und daher wie direkte Zuwendungen an den Kommanditisten zu behandeln, Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (57). 301  So auch bei BGHZ 47, 149 (Tz.  32 f.); zustimmend Potsch, S.  189. 302  Ein Handeln im Namen des Kommanditisten würde bei entsprechender Vertretungsmacht schon nach §  164 I, III BGB für und gegen den Kommanditisten wirken und wäre daher als unmit­ telbare Vermögenszuwendung an den Kommanditisten einzuordnen; vgl. zu diesem Fall bei der GmbH bereits Schmolke, §  31 Rn.  17 mwN. 303  Zum Normzweck Fleischer, in: Spindler/Stilz, AktG, §  89 Rn.  1 mwN. 304  Potsch, S.  191, 193; ebenso hinsichtlich der Erfüllung privater Steuerschulden des Kom­ manditisten durch die KG BGHZ 60, 324 (Tz.  10 f.); für die GmbH bereits Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Gesetz, S.  391 (402); Schmolke, §  30 Rn.  112 mwN; für die AG Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (52 f.) mit der im Hinblick auf die davon unberührte Vermögenslage der Gesellschaft zweifelhaften Einschränkung, dass ein haftungsschädlicher Vorgang bei entsprechendem Eigen­ interesse der Gesellschaft ausgeschlossen sein soll. 305  Zu Begriff und möglichen Erscheinungsformen der Treuhand eingehend K. Schmidt, in: K. Schmidt, MüKo-HGB, vor §  230 Rn.  33 ff. 306  Im Ergebnis wie hier Kirsch, S.  157 ff.; Potsch, S.  197; Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer,

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über einem Dritten für dessen Forderungen gegen den Kommanditisten (upstreamSicherheiten), deren haftungsrechtliche Implikationen hier bereits erörtert worden sind [s. oben C. II. 6.]. In all diesen Fällen erlangt der Kommanditist bereits durch die Leistung der KG, auch wenn diese an sich einem anderen Rechtssubjekt zufließt, einen unmittelbaren Vermögensvorteil, sodass er für die Minderung des KG-Ver­ mögens haftungsrechtlich einzustehen hat. bb)  Zugriffsmöglichkeit auf Drittvermögen Ein besonderes Interesse des Kommanditisten an der Vermögensverschiebung wird man daneben selbst dann anzunehmen haben, wenn es an einem unmittelbaren Ver­ mögensvorteil für den Kommanditisten zwar fehlt, diesem aber zumindest der Zu­ griff auf das Vermögen des empfangenden Dritten möglich ist.307 Jenem Kriterium der Zugriffsmöglichkeit ist auch gewiss der Vorzug gegenüber solchen Ansätzen zu gewähren, welche die Vermögenszuordnung in gesellschaftsrechtlichen Mehr­ personenverhältnissen anhand des Bestehens eines nicht weiter spezifizierten Nähe­ verhältnisses zwischen Drittem und Gesellschafter beurteilen wollen.308 Denn zum einen ist der Begriff des Näheverhältnisses äußerst unbestimmt und erschwert so­ mit eine trennscharfe rechtliche Abgrenzung.309 Zum anderen kann nur ein Gesell­ schafter, der Zugriff auf das Vermögen des empfangenden Dritten hat, den bei dem Dritten eintreffenden Vermögensvorteil in sein eigenes Vermögen tatsächlich und/ oder rechtlich weiterleiten. Mit anderen Worten: Nur bei entsprechender Zugriffs­ möglichkeit kann der Kommanditist aus eigener Kraft einen für ihn nach der Ver­ mögensübertragung im Verhältnis KG – Dritter zunächst nur mittelbar in Aussicht stehenden Vermögensvorteil in einen unmittelbaren Vermögensvorteil verwandeln. Allein diese Stellung ist für den Kommanditisten bereits so vorteilhaft, dass es für den Eintritt von Haftungsfolgen auch nicht darauf ankommen kann, ob der Kom­ manditist von seiner Zugriffsmöglichkeit in Ansehung des Drittvermögens tatsäch­ lich Gebrauch gemacht, sein Privatvermögen also schon effektiv gemehrt hat.310 Vielmehr betreffen die Folgen des Zugriffs lediglich das Verhältnis zwischen Kom­ manditist und Drittem.311 Sie haben aber keinerlei Einfluss mehr auf den Umstand, dass durch den Kapitalabfluss bei der KG, verbunden mit der Fähigkeit des Kom­ manditisten, auf das abgeflossene Kapital (oder zumindest einen diesem entspre­ chenden wirtschaftlichen Wert) Zugriff zu nehmen, ein Zustand hergestellt ist, der S.  31 (41, 57); unter argumentativem Rückgriff auf §  667 BGB für den Bereich der GmbH Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Gesetz, S.  391 (409 f.); Schmolke, §  30 Rn.  121. 307  Vgl. zu dem Gedanken, in der Zugriffsmöglichkeit ein rechtliches Kriterium zu erblicken, für die GmbH in Ansätzen bereits Schmolke, §  30 Rn.  114. 308  Deutlich etwa Kirsch, S.  156; Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Gesetz, S.  391 (402 f.). 309  Gegen das Näheverhältnis als Kriterium der Vermögenszuordnung vor allem Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (35 f.). 310  Vgl. in diesem Sinne auch Kirsch, S.  155. 311  So auch Kirsch, S.  155.

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bei Abwägung der widerstreitenden Interessen einen Ausgleich durch entsprechen­ de Haftung des Kommanditisten gebietet. Sobald eine Vermögenszuwendung sei­ tens der KG an einen Dritten und eine tatsächliche oder rechtliche Zugriffsmöglich­ keit des Kommanditisten in Bezug auf das Vermögen dieses Dritten kumulativ vor­ liegen, ist der Kommanditist im Umfange des Vermögensabflusses bei der KG mithin einer Haftung zu unterwerfen. Dies gilt zunächst für die Fälle, in denen Angehörige eines Kommanditisten Emp­ fänger einer Vermögenszuwendung seitens der KG sind. Zwar gelangen insofern auch weite Teile von Rechtsprechung und Schrifttum im Ergebnis zu einer Haftung des betreffenden Gesellschafters; doch steht hinter dieser Rechtsauffassung in aller Regel der Gedanke, dem Gesellschafter seien Vermögenszuwendungen an ihm ir­ gendwie nahe stehende Rechtssubjekte stets wie Vermögenszuwendungen an ihn selbst zuzurechnen.312 Den nicht näher spezifizierten Rechtsbegriff des Nähever­ hältnisses zum einzig maßgeblichen Zurechnungskriterium zu erheben, kann indes aus den vorstehend bereits dargelegten Gründen nicht überzeugen. Allerdings lässt das Vorhandensein bestimmter Näheverhältnisse nach allgemeiner Erfahrung typi­ scherweise darauf schließen, dass die betreffenden Personen in so engen menschli­ chen Beziehungen zueinander stehen, dass sich die jeweiligen Lebenssphären auch in wirtschaftlicher Hinsicht miteinander verflochten haben. Mit anderen Worten: Nur bei bestimmten persönlichen Beziehungen steht zu vermuten, dass die betref­ fenden Personen auch auf das Vermögen des jeweils anderen – zumindest faktisch – Zugriff nehmen können. Vermögenszuwendungen an Angehörige haben für den betreffenden Kommanditisten also nicht per se haftungsschädliche Wirkung.313 Zur genauen Abgrenzung lassen sich dabei kapitalgesellschaftsrechtliche Wertungen fruchtbar machen: So ist nach dem Rechtsgedanken der §§  89 III 1, 115 II Alt.  1 AktG eine Zugriffsmöglichkeit bei Vermögenszuwendungen an Ehegatten, Le­ benspartner oder minderjährige Kinder des Kommanditisten zu vermuten. Die – sowohl für §  172 IV HGB als auch für §§  30, 31 GmbHG – entscheidende Frage nach dem Vorliegen der Zugriffsmöglichkeit wird also anhand einer durch den Gesetzge­ ber vorgenommenen Typisierung menschlicher Beziehungen beantwortet.314 Fehlt es an dem Vorliegen einer solchen gesetzlich typisierten menschlichen Beziehung (z. B. bei entfernteren Verwandten), wird man nicht ohne weiteres auf eine haf­ tungsschädliche Zugriffsmöglichkeit des Kommanditisten hinsichtlich des Vermö­ 312  Für die KG etwa Potsch, S.  189 f.; Kirsch, S.  156; für die GmbH BGHZ 81, 365 (Tz.  13); BGH, NJW-RR 1991, 744 (745); Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, §  30 Rn.  22 mwN; für die AG Cahn/von Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, §  57 Rn.  67 ff. mwN. 313  Von dieser Warte aus betrachtet ist den Stellungnahmen bei Potsch, S.  190 sowie BGH, NJW-RR 1991, 744 (745) im Anschluss an BGHZ 81, 365 (Tz.  13) wenn schon nicht in der Begrün­ dung, so doch zumindest im Ergebnis zuzustimmen; zum Meinungsstand bei der GmbH einge­ hend Schmolke, §  30 Rn.  130 f. 314  Vgl. grundlegend Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (38 f., 57), der in §§  89 III, 115 II AktG verallgemeinerungsfähige Tatbestände zum Schutz vor Umgehungen des Kapitalerhaltungs­ grundsatzes erblickt.

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gens der betreffenden Person schließen können. Dieser Ansatz bietet zwei Vorteile: Zum einen werden Beweisschwierigkeiten vermieden, denn die zwar statthafte – gerade mit Blick auf menschliche Beziehungen – aber mitunter nur schwer zu tref­ fende Feststellung, ob der Kommanditist tatsächlich eine rechtliche oder faktische Zugriffsmöglichkeit auf das Vermögen des Angehörigen hatte (z. B. eine Zeich­ nungsberechtigung hinsichtlich des Girokontos), wird entbehrlich. Zum anderen erlaubt er eine rechtssichere und damit praktikable Abgrenzung von haftungsun­ schädlichen und haftungsschädlichen Zuwendungen der Gesellschaft an Angehöri­ ge eines Gesellschafters.315 Denkbar sind auch Fälle, in denen die KG Vermögenswerte einer Gesellschaft zuwendet, an welcher der Kommanditist als Gesellschafter beteiligt ist. Die Haf­ tungsschädlichkeit eines derartigen Vorgehens für den Kommanditisten liegt jeden­ falls dann auf der Hand, wenn der Kommanditist alleiniger Gesellschafter jener zwischengeschalteten Gesellschaft ist.316 Denn in dieser Konstellation ist das Ver­ mögen der zwischengeschalteten Gesellschaft mit dem Privatvermögen ihres Al­ lein-Gesellschafters wirtschaftlich identisch, sodass eine Vermögensmehrung bei der zwischengeschalteten Gesellschaft unmittelbar auf ihren Allein-Gesellschafter durchschlägt. Schwieriger ist die Lage zu beurteilen, wenn neben dem Kommandi­ tisten der zuwendenden Gesellschaft weitere Rechtssubjekte als Gesellschafter an der zwischengeschalteten Gesellschaft beteiligt sind. Die Rechtsprechung geht in solchen Fällen nur dann von einem haftungsschädlichen Vorgang zulasten des Kommanditisten aus, wenn jener über eine Mehrheitsbeteiligung an der zwischen­ geschalteten Gesellschaft verfügt oder – bei geringerer Beteiligung – maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der zwischengeschalteten Gesellschaft hat.317 Im Schrifttum wird vereinzelt auch nach einem beherrschenden Einfluss des Komman­ ditisten auf die KG, also die zuwendende Gesellschaft gefragt.318 Doch verkennen beide Ansätze, dass sich für den Kommanditisten, unabhängig von dessen Einfluss auf die zuwendende oder die empfangende Gesellschaft, eine Leistung der KG an die zwischengeschaltete Gesellschaft nur insoweit positiv auswirkt, als die Leistung auch zu einer Steigerung des Werts seiner Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft führt. Der Eintritt einer solchen Wertsteigerung ist aber nicht nur von der Höhe der erbrachten Zuwendung und der Quote, zu welcher der Kommanditist an der zwischengeschalteten Gesellschaft beteiligt ist, sondern vielmehr auch von der Vermögenslage der zwischengeschalteten Gesellschaft im Übrigen319 abhängig. 315  Es erübrigen sich dann die Abgrenzungsschwierigkeiten, mit denen Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (39, 57) bei Verwandten außerhalb der typisierenden Tatbestände der §§  89 III, 115 II AktG konfrontiert ist, und die daraus gezogene Konsequenz, insoweit nur „einzelfallbezo­ gen“ judizieren zu können. 316  Potsch, S.  190; Kirsch, S.  165; ebenso für die GmbH Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Ge­ setz, S.  391 (404); BGHZ 122, 333 (Tz.  14 ff.). 317  BGH, NJW 2009, 2378 (Tz.  6). 318  Potsch, S.  190. 319  Kirsch, S.  165 spricht von „weitere[n] Faktoren“.

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Die seitens der KG an die zwischengeschaltete Gesellschaft erbrachte Zuwendung kommt dem betreffenden Kommanditisten demnach allenfalls anteilig zugute. Es erscheint daher sachgerecht, auch seine Haftung nur anteilig, d. h. im Umfang der Wertsteigerung seiner Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft zu er­ höhen.320 Was bisher nicht erkannt worden ist: Auch dieses Ergebnis lässt sich auf die Schaffung einer – entsprechend ausgeweiteten – Möglichkeit für den Komman­ ditisten zurückführen, auf das Vermögen des Dritten – gemeint ist hier die zwischen­ geschaltete Gesellschaft – Zugriff zu nehmen. Denn steigt für den Kommanditisten der Wert seiner Beteiligung an der zwischengeschalteten Gesellschaft, nimmt auch – freilich innerhalb der je nach Gesellschaftsform zu beachtenden gesetzlichen Grenzen – der Umfang seines Entnahmerechts zu (vgl. für die Personengesellschaf­ ten §§  122, 169 HGB). Ist bei Zuwendungen der KG an Angehörige des Kommandi­ tisten letzterem in der Regel eine tatsächliche Möglichkeit des Zugriffs auf das Vermögen des begünstigten Dritten eröffnet (s. oben), erwächst dem Kommanditis­ ten bei Zuwendungen der KG an eine zwischengeschaltete Gesellschaft321 regelmä­ ßig eine rechtliche Zugriffsmöglichkeit in Ansehung einer dritten Vermögensmas­ se, die zulasten des Kommanditisten den Eintritt von Haftungsfolgen rechtfertigt. cc)  Die einschlägigen Haftungsnormen Wurde bislang allein die Problematik erörtert, ob und bejahendenfalls unter wel­ chen Voraussetzungen Leistungen der KG in Drittvermögen eine Haftung des Kommanditisten auslösen, blieb die Frage nach der jeweils anwendbaren Haftungs­ norm und damit auch nach der Art der jeweils drohenden Haftung bislang – bewusst – unbeantwortet. Denn auf dem Boden des hier entwickelten Haftungsmodells muss auch insoweit nicht einzelfallbezogen gearbeitet werden. Vielmehr erlauben die be­ reits gewonnenen Erkenntnisse [s. oben C. II. 6.] auch für Leistungen der KG in Drittvermögen ein systematisch konsistentes Vorgehen. Ob sich die Haftung des Kommanditisten nach §  172 IV HGB oder nach §§  30, 31 GmbHG analog bemisst, hängt demnach davon ab, aus welcher Quelle – also Einlagekapital, Gewinne oder sonstiges Kapital – dem Dritten KG-Vermögen zugewandt wird. Denn auch hier ist der Dritte lediglich „Zahlstelle“ des unmittelbar oder über eine Zugriffsmöglichkeit mittelbar begünstigten Kommanditisten, sodass insofern nichts anderes als im Grundfall einer direkten Vermögensübertragung zwischen KG und Kommanditist gelten kann. 320  So auch Canaris, in: Lutter u. a., FS Fischer, S.  31 (43 f., 57); Kirsch, S.  165 f.; ebenso für die GmbH Fleck, in: Lutter u. a., FS GmbH-Gesetz, S.  391 (405); Schmolke, §  30 Rn.  114. 321  Keine anderen Maßstäbe dürften in Umkehrung der Beteiligungsverhältnisse für die Kon­ stellation gelten, in welcher die Ausgangsgesellschaft an ein Rechtssubjekt leistet, das seinerseits an einem Gesellschafter der Ausgangsgesellschaft beteiligt ist; vgl. dazu unter dem Stichwort „Un­ terbeteiligung“ Kirsch, S.  160 ff.; auf dem Boden des GmbH-Rechts Schmolke, §  30 Rn.  115; schließlich zu dem eher seltenen, aber ähnlich der Unterbeteiligung zu beurteilenden Nießbrauch am Kommanditanteil Kirsch, S.  162 f.

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

c)  Leistungen in Kommanditistenvermögen für Rechnung eines Dritten Eine bislang kaum beachtete Fallgruppe bilden Vorgänge, in denen zwar eine un­ mittelbare Kapitalbewegung zwischen KG und Kommanditist vorliegt, die KG aber lediglich für Rechnung eines Dritten an den Kommanditisten leistet. Gemeint sind Konstellationen, in denen die KG dem Kommanditisten Vermögenswerte zuwendet, um eine Verbindlichkeit des Dritten gegenüber dem Kommanditisten zu erfüllen (§  267 BGB).322 Eine solche Gestaltung ist für den Kommanditisten vor allem dann von großem Nutzen, wenn der Dritte selbst zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit wegen Vermögenslosigkeit (teilweise) außer Stande ist. aa)  Die Frage der Haftungsschädlichkeit Nachdem der Kommanditist in diesen Fällen die – gegebenenfalls wegen Vermö­ genslosigkeit (teilweise) gar nicht mögliche – Inanspruchnahme des Drittvermö­ gens durch eine Belastung des KG-Vermögens ersetzt, sich im Ergebnis also eine etwaige Liquidität der KG zunutze macht,323 muss man die Frage stellen, ob ein entsprechendes Vorgehen für den Kommanditisten haftungsrechtliche Konsequen­ zen nach sich ziehen muss. Dafür spricht, dass der gesamte Vorgang prima facie einen geradezu idealtypischen Fall der Gefährdung von KG-Gläubigern darzustel­ len scheint. Denn dem KG-Vermögen – und damit dem Zugriff der KG-Gläubiger – werden durch die Leistung wirtschaftliche Werte entzogen. Nachdem diese Werte auch unmittelbar in die Hände des Kommanditisten gelangen, erscheint es nur lo­ gisch, zum Ausgleich für die Verringerung des KG-Kapitals im Grundsatze eine entsprechende Haftung des Kommanditisten anzunehmen. Doch ist eine solche haftungsrechtliche Kompensation im Interesse der KG-Gläu­ biger nicht mehr notwendig, soweit und sobald die KG ihrerseits von dem Dritten Vermögenszuwendungen erhält bzw. von eigenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Dritten324 frei wird. Denn die KG-Gläubiger bedürfen dann keines Schutzes mehr. Es ist vielmehr der Zustand hergestellt, der bestehen würde, wenn der Dritte zwecks Erfüllung seiner Verbindlichkeit direkt an den Kommanditisten geleistet hätte. So­ weit und sobald die Minderung im KG-Vermögen durch den Dritten ausgeglichen wird, erscheint es daher sachgerecht, den Kommanditisten von einer haftungsrecht­ lichen Kompensationspflicht freizustellen.325 Eine Haftung des Kommanditisten 322  Vgl. vor allem den der Entscheidung BGHZ 112, 31 zugrundeliegenden Sachverhalt, der einen Fall der Kaufpreiszahlung wegen Anteilsveräußerung zwischen Kommanditist und Komple­ mentär zum Gegenstand hat. 323  Vgl. mit ähnlichem Gedankengang bereits Kirsch, S.  171. 324  Die bei Fleck, EWiR 1988, 1223 (1224) aufgestellte Hypothese, nur bei Vollwertigkeit der gegen die KG gerichteten Forderung des Dritten sei der Vorgang für den Kommanditisten gänzlich haftungsunschädlich, überzeugt nur, wenn es sich bei dem Dritten ebenfalls um einen Gesellschaf­ ter der KG handelt [vgl. dazu bereits oben C. I. 2. b) bb)]. 325  Im Ergebnis ebenso Kirsch, S.  170 f., 171 ff.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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lässt sich hingegen nicht schon mit der Begründung verneinen, in den hier zu erör­ ternden Fällen bestehe lediglich im Verhältnis zwischen Drittem und Kommandi­ tist, nicht aber im Verhältnis zwischen KG und Kommanditist eine Leistungsbezie­ hung, sodass eine Leistung im Verhältnis KG – Kommanditist eine Kommanditis­ tenhaftung a priori nicht auslösen könne.326 Denn zum einen kommt es für die Frage, ob die Interessen der KG-Gläubiger eine Haftung des Kommanditisten ge­ bieten, allein auf eine wirtschaftliche Verkürzung des KG-Vermögens an. Zum an­ deren erscheint es auch wertungsmäßig überzeugend, gerade dem Kommanditisten das Haftungsrisiko für einen Vorgang aufzuerlegen, der ihm, entgegen der allge­ meinen bürgerlich-rechtlichen Risikoverteilung, das Risiko der Insolvenz seines eigenen Schuldners abnehmen soll. Damit erweisen sich Leistungen in das Kommanditistenvermögen für Rechnung eines Dritten bei näherer Betrachtung als besondere Erscheinungsform von Lei­ stungen aus Drittvermögen in das Kommanditistenvermögen327 [s. oben C. II. 8. a)].328 Hier wie dort kommt es für die Frage der Haftungsschädlichkeit entscheidend darauf an, inwieweit Vermögensverschiebungen, die durch ein Verhalten des Drit­ ten veranlasst sind, wirtschaftlich die Kommanditgesellschaft treffen. bb)  Die einschlägigen Haftungsnormen Wiederum wäre es zu unscharf, als Rechtsgrundlage einer etwaigen Kommanditis­ tenhaftung pauschal §  172 IV 1 HGB heranzuziehen. Vielmehr ist auch bei Leistun­ gen in das Kommanditistenvermögen für Rechnung eines Dritten danach zu diffe­ renzieren, aus welcher Quelle – also Einlagekapital, Gewinne oder sonstiges Kapi­ tal – dem Kommanditisten seitens der KG Vermögenswerte zugewandt werden (s. zu dieser Differenzierung bereits oben C. II. 6.). Denn völlig unabhängig davon, für wessen Rechnung die Leistungen erfolgen, wer also die Vermögensminderun­ gen im Ergebnis zu tragen hat, handelt es sich zunächst um eine direkte Vermögens­ übertragung zwischen KG und Kommanditist, auf welche die bereits entwickelten haftungsrechtlichen Grundsätze anzuwenden sind. Je nachdem, aus welcher Quelle die betreffenden Mittel an den Kommanditisten geflossen sind, haftet der Komman­ ditist daher im Zuwendungszeitpunkt nach §  172 IV HGB oder §§  30, 31 GmbHG analog.

326 

So aber BGHZ 112, 31 (Tz.  13); Grunewald, JZ 1991, 146 (147). es sich bei dem Dritten um einen weiteren Kommanditisten derselben KG, kann man die Gestaltung auch als eine Erscheinungsform von Leistungen in Drittvermögen – hier: das Vermögen des Gläubiger-Kommanditisten – mit unmittelbarem Vermögensvorteil für den Schuld­ ner-Kommanditisten – dieser wird nach §  267 BGB von seiner Verbindlichkeit gegenüber dem anderen Kommanditisten frei – auffassen [s. oben C. II. 8. b) aa)]; dies ändert an der hier dargeleg­ ten, ebenfalls entstehenden Haftung des Gläubiger-Kommanditisten freilich nichts; vgl. auch mit knappen Worten Kirsch, S.  173. 328  In diese Richtung offenbar auch Fleck, EWiR 1988, 1223 (1224). 327  Handelt

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

Die Haftung entfällt, soweit und sobald die Minderung im KG-Vermögen durch den Dritten ausgeglichen wird. Dogmatisch gründet sich dies im Falle des §  172 IV HGB auf eine teleologische Reduktion der Vorschrift, im Falle der §§  30, 31 GmbHG analog auf eine Anwendung des §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG.

9.  Zusammenfassung zu II. Die Umwandlung von Eigen- in Fremdkapital der KG allein bergründet noch keine Haftung des Kommanditisten. Nur, soweit die aus ihrer Kapitalbindung in der KG gelösten Vermögensgegenstände tatsächlich auch auf den Kommanditisten übertra­ gen worden und objektiv werthaltig sind, liegt ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB mit der Folge einer Außenhaftung gegenüber den KG-Gläubigern vor. Die Außenhaftung des Kommanditisten entsteht aber nur, soweit infolge der Vermögensübertragung an den Kommanditisten dessen Außenhaftungsbetrag nicht mehr in voller Höhe gedeckt ist. Soweit es hingegen an einer Unterdeckung des Außenhaftungsbetrages fehlt, kommt dem Vorgang keine haftungsrechtliche Rele­ vanz zu. In der Gesellschaftsinsolvenz sind etwaige dem Kommanditisten nach der Kapitalumwandlung gegen die KG zustehende Forderungen gegenüber den Forde­ rungen anderer KG-Gläubiger gem. §  39 I Nr.  5 InsO nachrangig. Die Befriedigung und Besicherung der betreffenden Forderungen ist nach Maßgabe des §  135 bzw. §  136 InsO anfechtbar. Das so gewonnene Gläubigerschutzkonzept gilt, parallel zu der hier entwickelten analogen Anwendung der §§  30, 31 GmbHG, einheitlich für alle Formen der KG, also gerade auch in Bezug auf die gesetzestypische KG. Die Erfüllung des dem Kommanditisten wegen vorangegangener Gläubigerbe­ friedigung nach §§  161 II, 110 HGB zustehenden Regressanspruchs durch die KG fällt nicht in den Anwendungsbereich der Haftungsnormen des HGB. Insbesondere die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB muss versagen, da die Befriedigung von KG-Gläubigern durch den Kommanditisten nicht als Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB aufgefasst und folglich der Regress bei der KG nicht als Zurückbezah­ len der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB angesehen werden kann. Vielmehr ist die Erfül­ lung der dem Kommanditisten zustehenden Regressforderung an den Vorausset­ zungen des §  30 GmbHG analog zu messen, sodass der KG gegebenenfalls eine Innenforderung gegen den Kommanditisten aus §  31 I GmbHG analog erwächst. Damit wird zugleich deutlich, dass im Recht der Kommanditgesellschaft Fallkon­ stellationen entstehen können, die sich mit dem haftungsrechtlichen Instrumentari­ um des HGB nicht bewältigen lassen. Allerdings können die betreffenden Fälle ei­ ner interessengerechten sowie dogmatisch konsistenten Lösung zugeführt werden, wenn man mit dem hier vorgestellten Haftungsmodell die Erkenntnis zulässt, dass seit Inkrafttreten von MoMiG und ARUG einzelne kapitalgesellschaftsrechtliche Vorschriften existieren, die sich in besonderer Art und Weise zur Übertragung auf das Kommanditgesellschaftsrecht eignen.

II.  Fragen im Bereich der Kapitalerhaltung

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Der Einbringung von Negativwerten fehlt es gänzlich an einer haftungsbefreien­ den Wirkung iSd §  171 I Hs.  2 HGB. Soweit sie in Anbetracht der effektiven Verklei­ nerung des KG-Vermögens aus Gläubigerperspektive eine Haftung des Kommandi­ tisten über den Außenhaftungsbetrag hinaus begründen müsste, versagt §  172 IV 1 HGB als Schutzinstrument. Abhilfe schafft hier allein ein Erstattungsanspruch gegen den Kommanditisten im Innenverhältnis nach Maßgabe der §§  30, 31 ­GmbHG analog. Konstellationen, die im Kapitalgesellschaftsrecht unter dem Begriff der verdeck­ ten Sacheinlage diskutiert werden, begegnen im Kommanditgesellschaftsrecht gänzlich anderen Publizitätsanforderungen und lassen sich demnach nicht eins zu eins auf das Recht der KG übertragen. Gleichwohl sind die materiell-rechtlichen Anforderungen für die Einbringung von Sacheinlagen im durch MoMiG sowie ARUG novellierten Kapitalgesellschaftsrecht und im Kommanditgesellschaftsrecht so ähnlich, dass auch die Anreize zur Umgehung der entsprechenden Vorgaben in vergleichbarem Umfang bestehen. Folglich ist die Problematik auch im Recht der KG einer sachgerechten Lösung zuzuführen. Soweit die zu diesem Zwecke hier entwickelten Ansätze – je nach konkreter Gestaltung im Sinne einer Beschränkung der Aufrechnungswirkung oder eines Erstattungsanspruches nach §§  30, 31 ­GmbHG analog – rechtstechnisch von dem kapitalgesellschaftsrechtlichen Weg abgehen, darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich materiell-rechtlich in weit­ gehendem Gleichlauf mit dem Kapitalgesellschaftsrecht befinden. Die Fälle des Hin- und Herzahlens bzw. Her- und Hinzahlens sind im Komman­ ditgesellschaftsrecht unter Berücksichtigung der Wertungen der §§  19 V 1 GmbHG, 27 IV 1 AktG zu lösen. Als rechtstechnisches Vehikel fungiert – je nach der Gestal­ tung im konkreten Einzelfall – eine Beschränkung der Aufrechnungswirkung oder ein Erstattungsanspruch nach §§  30, 31 GmbHG analog. Wie schon bei der verdeck­ ten Sacheinlage befinden sich die gefundenen Ergebnisse in materiell-rechtlichem Gleichlauf mit dem Kapitalgesellschaftsrecht. Bei sonstigen Schmälerungen des KG-Kapitals im Zusammenhang mit Verkehrs­ geschäften ist prinzipiell eine exakte Prüfung geboten, aus welchen Mitteln jeweils Vermögen abgeflossen ist. Handelt es sich um Mittel, die zuvor noch als Einlageka­ pital im KG-Vermögen gebunden waren, vor der Auszahlung jedoch durch gesell­ schaftsvertragliche Änderung ihrer rechtlichen Zuordnung aus jener Kapitalbin­ dung gelöst wurden, liegt ein Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB vor, soweit der Kapitalabfluss zu einer (weiteren) Unterdeckung des Außenhaftungs­ betrages des Kommanditisten führt und nicht eine Haftung über den Außenhaf­ tungsbetrag hinaus begründet. Handelt es sich bei den an den Kommanditisten aus­ geschütteten Mitteln hingegen um Gewinn – dies ist zu vermuten, soweit bei Nicht­ vorliegen eines Zuordnungswechsels durch gesellschaftsvertragliche Vereinbarung eine Abbuchung von dem variablen Kapitalkonto des Kommanditisten (§§  161 II, 120 II HGB) erfolgt –, ist der Vorgang an den Voraussetzungen des §  172 IV 2, 3 HGB zu messen. Handelt es sich um sonstige Mittel, die nach den vorgenannten Kriterien weder als vormals gebundenes Einlagekapital noch als Gewinn zu quali­

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C.  Übertragung des Haftungssystems auf einzelne Fragestellungen

fizieren sind, ist die Zulässigkeit der Ausschüttung an den Voraussetzungen der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Dabei wird es häufig darauf ankommen, ob ein etwa­ iger Kapitalabfluss bei der KG iSd §  30 I 2 Alt.  2 GmbHG durch einen gegen den Kommanditisten gerichteten, vollwertigen Anspruch kompensiert wird. Die unbefugte Entnahme aus dem KG-Vermögen durch den Kommanditisten ist weder unter §  172 IV 1 HGB noch unter §§  30, 31 GmbHG analog zu subsumieren, sondern als vertragliche Pflichtverletzung bzw. deliktisches Verhalten aufzufassen. Die Konsequenz sind Schadensersatzforderungen der KG gegen den entnehmenden Kommanditisten. Die Beurteilung der Kommanditistenhaftung bereitet vor allem dort besondere Probleme, wo neben dem Privatvermögen des Kommanditisten und dem Vermögen der Kommanditgesellschaft weitere Vermögensmassen, sog. Drittvermögensmas­ sen in Kapitalbewegungen einbezogen sind. Zur Lösung dieser Probleme ist sorg­ fältig zu prüfen, auf welche Art und Weise im konkreten Fall Drittvermögensmas­ sen durch Vermögensbewegungen zwischen KG und Kommanditist betroffen sind. Soweit es um Leistungen aus Drittvermögen an den Kommanditisten geht, lässt sich als Leitgedanke festhalten, dass solche Vermögensbewegungen keine Haftung des Kommanditisten nach sich ziehen, soweit die Vermögensminderungen bei dem Dritten nicht auf die Kommanditgesellschaft durchschlagen. Soweit es um Leistun­ gen aus dem KG-Vermögen an einen Dritten geht, lässt sich als Leitgedanke festhal­ ten, dass diese für den Kommanditisten ohne Haftungsfolgen bleiben, soweit sie sich nicht aus einem besonderen Interesse des Kommanditisten heraus erklären las­ sen. Ein solches besonderes Interesse des Kommanditisten ist indes nicht nur anzu­ nehmen, wenn mit der Vermögenszuwendung an den Dritten ein unmittelbarer Ver­ mögensvorteil für den Kommanditisten verbunden ist, sondern auch dann, wenn dem Kommanditisten der Zugriff auf das Vermögen des empfangenden Dritten möglich ist. Soweit es um Leistungen aus dem KG-Vermögen an den Kommanditis­ ten geht, die für Rechnung eines Dritten erfolgen, lässt sich als Leitgedanke festhal­ ten, dass derartige Kapitalverschiebungen grundsätzlich eine Haftung des Kom­ manditisten auslösen. Diese Haftung entfällt jedoch, soweit und sobald die KG ih­ rerseits von dem Dritten Vermögenszuwendungen erhält bzw. von eigenen Verbindlichkeiten gegenüber dem Dritten frei wird. Insgesamt zeigen die unter­ schiedlichen Erscheinungsformen der Einbeziehung von Drittvermögensmassen in Kapitalbewegungen zwischen KG und Kommanditist, dass sich die hier stellenden Fragen der Vermögenszuordnung nicht spezifisch für den Bereich des Kommandit­ gesellschaftsrechts beantworten lassen. Vielmehr sind insoweit im Verhältnis zwi­ schen einer KG und ihrem Kommanditisten im Wesentlichen die gleichen Wertun­ gen zu beachten wie im Verhältnis zwischen einer Kapitalgesellschaft und ihrem Gesellschafter. Die Erörterung entsprechender Mehrpersonenverhältnisse liefert also einen weiteren Beleg für die Richtigkeit der These, dass kapitalgesellschafts­ rechtliche Prinzipien (vgl. hier etwa §§  89 III 2, 115 II Alt.  2 AktG) als Muster zur Lösung kommanditgesellschaftsrechtlicher Haftungsprobleme dienen können.

D. Fazit Die in der vorliegenden Untersuchung entwickelte Konzeption der Kommandi­ tistenhaftung nimmt ihren Ausgang von der Anerkennung einer grundsätzlichen Trennung der Innen- und Außenrechtsbeziehungen des Kommanditisten [zu der in der jeweiligen Sphäre sachgerechten Terminologie s. oben B. I. 4.]. Die Frage, wo dieser Grundsatz zu durchbrechen ist, inwiefern also Maßnahmen im Innenverhältnis auch rechtliche Wirkungen im Außenverhältnis hervorrufen, wird durch die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB beantwortet. So stellt §  171 I Hs.  2 HGB über den Passus „Leistung der Einlage“ eine eindimensionale Verknüpfung zwischen Innen- und Außenverhältnis her und gibt dadurch Antwort auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungen im Innenverhältnis eine Haftungsbe­ freiung auch im Außenverhältnis, also gegenüber den KG-Gläubigern, hervorrufen. Aufgrund dieser besonderen Funktion verkörpert §  171 I Hs.  2 HGB – sie kann als eigentliche Kardinalnorm des Rechts der Kommanditistenhaftung gelten – gleich­ sam die erste Säule des Gläubigerschutzes im Kommanditgesellschaftsrecht. Damit die Vorschrift des §  171 I Hs.  2 HGB jener wichtigen Aufgabe hinreichend gerecht werden kann, ist ihr Tatbestand mit großer Sorgfalt auszulegen. Dabei zeichnet sich die hier entwickelte Rechtsauffassung durch die Besonderheit aus, dass sie zur Kon­ kretisierung des Begriffs der Einlageleistung iSd §  171 I Hs.  2 HGB geschriebene Wertungen des Kapitalgesellschaftsrechts fruchtbar macht [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben B. III. 3. d)]. Aus dieser Perspektive betrachtet erscheint eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB nicht mehr, wie bisher, als spezifisch personengesellschaftsrechtliches Phänomen. Vielmehr fungieren nun bestimmbare und kodifizierte Prinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts als entscheidendes Vehi­ kel zu einer interessengerechten und konsistenten Auslegung dieses für das Recht der Kommanditistenhaftung zentralen Rechtsbegriffs. Grundsätzlich keinen Fall einer Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB, son­ dern einen selbständigen, gleichrangig neben §  171 I Hs.  2 HGB stehenden Tat­ bestand, dessen Verwirklichung ebenfalls die Befreiung des Kommanditisten von seiner Außenhaftung zur Folge hat, bildet indes die Befriedigung von KG-Gläubi­ gern. Um eine Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB handelt es sich nur dann, wenn der leistende Kommanditist die Gläubigerbefriedigung als Einlageverbind­ lichkeit schuldet oder der betreffende KG-Gläubiger gem. §§  362 II, 185, 364 I BGB durch die KG zum Empfang der Leistung ermächtigt ist [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben B. III. 4. c)].

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D. Fazit

Die zweite Säule des Gläubigerschutzes im System der Kommanditistenhaftung verkörpert die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB. Was seine Rechtsnatur anbelangt, ist §  172 IV 1 HGB als gesetzliche Fiktion zu qualifizieren, die den Zustand der Außen­ haftung des Kommanditisten iSd §  171 I Hs.  1 HGB herstellt. Dabei beschreibt das Zurückbezahlen der Einlage iSd §  172 IV 1 HGB gerade den umgekehrten Vorgang zur Leistung der Einlage iSd §  171 I Hs.  2 HGB. §  172 IV 1 HGB kann demnach als Spiegelbild des §  171 I Hs.  2 HGB aufgefasst werden und konstituiert zusammen mit letzterem ein einheitliches Haftungsregime [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben B. III. 5. f)]. Wie das HGB in §  171 I Hs.  2 HGB keinen spezifisch personenge­ sellschaftsrechtlichen Kapitalaufbringungsgrundsatz normiert, birgt es in §  172 IV 1 HGB keinen spezifisch personengesellschaftsrechtlichen Kapitalerhaltungsgrund­ satz. Bloße Kapitalerhaltung ist denn auch nicht zentrale Funktion des §  172 IV 1 HGB; in seinem Anwendungsbereich existieren keine außenhaftungsrelevanten Vorgänge, die nicht zugleich Einlagerelevanz besitzen. Damit ist aber sogleich eine entscheidende Schwäche des §  172 IV 1 HGB offengelegt: Gewährt §  172 IV 1 HGB auf der einen Seite dem Kommanditisten stärkeren Schutz, bedingt die Vorschrift auf der anderen Seite eine Erhöhung des Risikos für die KG-Gläubiger, zumal es die gesellschaftsrechtliche Praxis versteht, die Anforderungen des §  172 IV 1 HGB durch geschickte Gestaltungen zu umgehen. Die so entstehende Lücke im Gläubi­ gerschutz kann nicht durch extensive Auslegung oder gar eine Analogie zu §  172 IV 1 HGB geschlossen werden, da das Spiegelbildlichkeitsverhältnis der §§  171 I Hs.  2, 172 IV 1 HGB eine restriktive Auslegung des §  172 IV 1 HGB vorgibt. Allerdings ist die Interessenbewertung, welche die §§  30, 31 GmbHG vornehmen, der hier in Rede stehenden Kollisionslage von Kommanditisten- und Gläubigerbelangen so ähnlich, dass der Rechtsgedanke der §§  30, 31 GmbHG auch auf entsprechende Konstellationen in einer KG übertragen werden kann. Die innerhalb einer KG zu­ gunsten des Kommanditisten erfolgenden Vermögensverschiebungen sind mithin auch an dem Maßstab der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Wie die Voraussetzungen der Kapitalaufbringung durch den Kommanditisten nur durch einen Rückgriff auf kapitalgesellschaftsrechtliche Prinzipien vervollständigt werden können, so bedarf es der Einbeziehung kapitalgesellschaftsrechtlicher Maximen, um eine den konfli­ gierenden Interessen angemessene Kapitalerhaltung durch den Kommanditisten si­ cherzustellen [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben B. III. 5. f)]. Was das Ver­ hältnis zu §  172 IV 1 HGB anbelangt, kommt der Rechtsgedanke der §§  30, 31 Gm­ bHG nur zum Tragen, wenn der Konflikt, in dem sich die widerstreitenden Interessen von KG-Gläubigern und Kommanditisten befinden, nicht bereits im Sinne des §  172 IV 1 HGB entschieden wird, die betreffende Vermögensverschiebung also von §  172 IV 1 HGB in der hier vertretenen Auslegung nicht erfasst ist. Nur, wenn im ersten Schritt die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB versagt, ist der Vorgang im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Damit zeigt sich zugleich der funktionelle Unterschied zwischen dem Kapitalerhaltungsmechanis­ mus nach §§  30, 31 GmbHG und der Vorschrift des §  172 IV 1 HGB: Der Mechanis­

D. Fazit

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mus nach §§  30, 31 GmbHG erfasst gerade nicht die – im Außenverhältnis nach Maßgabe des §  172 IV 1 HGB haftungsschädliche – Rückführung von Einlagekapi­ tal, sondern lediglich gläubigergefährdende Kapitalverschiebungen ohne Einlagere­ levanz. Jenes, auf §  172 IV 1 HGB und den Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG bauende zweistufige Haftungsmodell zeichnet sich durch seine Einheitlichkeit aus. Es beschränkt sich nicht auf besondere, kapitalistische Gesellschaftsstrukturen, sondern gilt – soweit seine Voraussetzungen vorliegen – für alle Erscheinungsfor­ men der KG in prinzipiell gleicher Ausformung. Damit gewinnt die hier vorgestell­ te Konzeption den besonderen Vorzug der Einfachheit und befördert in besonderem Maße Rechtssicherheit sowie Rechtsklarheit. Die Vorschrift des §  172 IV 2 HGB verweist hinsichtlich der Rechtsfolgenanord­ nung auf §  172 IV 1 HGB. Ordnet man §  172 IV 1 HGB mit der hier vertretenen Auffassung als gesetzliche Fiktion ein, muss man ob jener Verweisung auch §  172 IV 2 HGB als gesetzliche Fiktion ansehen. Ebenso wie §  172 IV 1 HGB fingiert §  172 IV 2 HGB also den Zustand der Außenhaftung iSd §  171 I Hs.  1 HGB. Wie §  172 IV 1 HGB erfüllt auch §  172 IV 2 HGB eine gewisse Bindungsfunktion. Wäh­ rend es bei §  172 IV 1 HGB um die Bindung der Einlage geht, zielt §  172 IV 2 HGB hingegen auf die Bindung künftiger Gewinne. §  172 IV 2 HGB ist weder als Ein­ schränkung einer fälschlicherweise in §  172 IV 1 HGB erblickten allgemeinen Ka­ pitalerhaltungsregel noch als Erweiterung eines als zu eng empfundenen §  172 IV 1 HGB aufzufassen, sondern stellt einen eigenständigen Tatbestand dar, der, allen­ falls im Sinne einer Ergänzung des §  172 IV 1 HGB, einen gewissen Schutz der KG-Gläubiger vor einer ungünstigen Geschäftsentwicklung der KG bewirken soll. Bei Ausschüttungen mit (vermeintlichem) Gewinnbezug, die nicht unter §  172 IV 2 HGB fallen, vermag mangels Einlagerelevanz derartiger Ausschüttungen nach hier vertretener Auffassung auch die Vorschrift des §  172 IV 1 HGB nicht zu helfen. Es besteht folglich wiederum das Bedürfnis nach einer Übertragung des Rechtsgedan­ kens der §§  30, 31 GmbHG. Dabei ist – wie bereits im Rahmen des §  172 IV 1 HGB – in einer zweistufigen Prüfung vorzugehen: Nur, wenn im ersten Schritt die Vor­ schrift des §  172 IV 2 HGB versagt, ist die Ausschüttung im zweiten Schritt an dem Rechtsgedanken der §§  30, 31 GmbHG zu messen. Sofern der Kommanditist unter Verwirklichung des Tatbestandes des §  172 IV 2 HGB in der Handelsbilanz ausgewiesene Gewinnanteile entnimmt, müsste es grundsätzlich auch dann zu einer Außenhaftung des Kommanditisten kommen, wenn die KG tatsächlich (in dieser Höhe) überhaupt keinen Gewinn erzielt hat. Der Kommanditist hätte also das Risiko zu tragen, in Wirklichkeit zu einem Gewinn­ bezug gar nicht berechtigt zu sein und infolgedessen sowohl den KG-Gläubigern als auch der KG auf Rückerstattung zu haften. Um ihn von dieser Last zu befreien, normiert §  172 V HGB zugunsten des Kommanditisten eine Billigkeitsregel, nach welcher der gutgläubige Kommanditist auf eine in gutem Glauben errichtete Bilanz vertrauen darf. Die durch §  172 V HGB ausgesprochene Haftungsfreistellung be­ trifft dabei nicht nur das Außenverhältnis, sondern ebenso das Innenverhältnis,

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D. Fazit

d. h. auch eine bestehende Rückzahlungsforderung der KG gegen den Kommandi­ tisten. Das vorstehend skizzierte, auf Prinzipien des Kapitalgesellschaftsrechts rekur­ rierende Modell der Kommanditistenhaftung soll an dem Mangel ansetzen, dass es bisher – trotz der größeren Anzahl einschlägiger Judikate und gleich mehrerer ver­ dienstvoller Ansätze im wissenschaftlichen Schrifttum – nicht gelungen ist, die Rechtsfindung im Bereich der Kommanditistenhaftung durchgehend auf eine fun­ dierte, gleichbleibende Dogmatik zurückzuführen. Die Überzeugungskraft der hier entwickelten Haftungskonzeption kann demnach erst die Prüfung erweisen, ob bei gleichbleibender Anwendung ihrer Maximen einschlägige Problemkonstellationen im Bereich der Kapitalaufbringung und der Kapitalerhaltung einer konsistenten und interessengerechten Lösung zugeführt werden können. Indes ergibt die sorgfältige Erörterung problematischer Fallgruppen im Bereich der Kapitalaufbringung, dass die im Rahmen der hier vorgestellten Haftungskon­ zeption angelegten Kapitalaufbringungsvoraussetzungen streng und einheitlich durchgehalten werden können [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben C. I. 5.]. Es wurde folglich ein theoretischer Maßstab für die Rechtspraxis gewonnen, der eine interessengerechte Lösung selbst schwieriger Einzelfälle ermöglicht und zugleich das Bedürfnis nach Rechtssicherheit hinreichend saturiert. Dieser Befund wird durch die eingehende Betrachtung diffiziler Konstellationen im Bereich der Kapitalerhaltung bestätigt [zu den Ergebnissen im Einzelnen s. oben C. II. 9.]. So erweisen sich auch hier die besonderen Stärken einer an kapitalgesell­ schaftsrechtlichen Prinzipien orientierten Kommanditistenhaftung. Prägend ist da­ bei vor allen Dingen der Dualismus der Gläubigerschutzinstrumente des §  172 IV HGB einerseits und der analog anzuwendenden §§  30, 31 GmbHG andererseits. Möchte man sämtliche oben genannten, im Rahmen der vorliegenden Untersu­ chung gewonnenen Erkenntnisse auf einen zentralen Gedanken reduzieren, so muss dieser wohl lauten: Das Recht der Kommanditgesellschaft enthält in Gestalt der Kommanditistenhaftung ein kapitalgesellschaftsrechtliches Element. Die Haftung des Kommanditisten ist demnach mehr als gewöhnliche, bloß limitierte Personen­ gesellschafterhaftung. Vielmehr führt der Weg zu konsistenten und interessenge­ rechten Ergebnissen über eine Bestimmung der Kommanditistenhaftung anhand kapitalgesellschaftsrechtlicher Prinzipien.

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Sachregister Abfindungsanspruch 110, 177 Abtretung 55 f., 110, 112, 121 f., 130, 133 ff., 147, 173 – Abfindungsanspruch 110 – Einlageforderung §  31 I GmbHG 133 ff., 147, 173 – Erstattungsforderung nach §  31 I GmbHG 141, 147, 173 – Forderung als Sacheinlage 55, 112 – Regressforderung 55 f. Altverbindlichkeit 26 ARUG 3, 18, 42 f., 46, 156, 158, 160, 163, 188 f. Aufrechnung 11, 55 f., 110, 114 ff., 136, 138, 140, 144, 146 f., 161, 164, 189 – Aufrechnungsverbot 132 f., 147 – Aufrechnungswirkung 114 f., 117, 147, 189 – Drittaufrechnung 110 – mit Regressforderung 11, 56 – zum Nennwert 117 ff., 122 ff., 127 ff., 147 Ausgeschiedener Kommanditist 124, 141, 146, 175 Ausscheiden 124, 176 Außenhaftungsbetrag 13 f., 23 ff., 31, 33, 37, 51, 53 f., 93 f., 97 f., 100, 113, 129, 133, 135 ff., 141, 144, 150 f., 157 f., 159, 162, 168, 188 f. Äquivalenzgrundsatz / -prinzip / -gedanke 115 ff., 130, 132 f., 147, 161, 164 Beitrag 19 Beweislast 47 ff., 52, 60, 85 ff., 90 f., 96 f., 102 ff., 163 – Gläubigerbefriedigung 52 – haftungsschädliche Gewinnentnahme 96 f. – Leistung der Einlage 47 ff.

– Rückzahlungsanspruch nach § 31 I GmbHG 87, 91 – Unrichtigkeit der Bilanz 102 f. – Zurückbezahlen der Einlage 85 ff. Bürgschaft 22 Darlehen 65, 125 ff., 147, 149 ff., 164 f., 169 f. Darlehenskonto 101 Drittvermögen siehe Vermögen Einbuchung 106 ff., 135, 146, 173 Einlage 4 ff., 24, 26 ff., 46 ff., 74 ff., 81 ff., 85 ff., 97, 107 ff., 112 ff., 128 ff., 171, 173 ff., 177, 180, 185, 187, 188, 189, 191 ff. – -anspruch 122, 164 – -forderung 19 ff., 36, 50, 63, 68, 88, 114 ff., 123, 125, 132 ff., 144 f., 147, 156, 161 f., 164, 167 – -kapital 58, 71, 79, 81, 90, 150 f., 168, 171, 174 f., 177, 180, 185, 187, 189, 193 – -leistung 30, 35, 37, 41 ff., 48, 50 ff., 57, 94, 97, 109, 112 ff., 120 f., 129, 132, 135, 137, 142 ff., 148, 155, 161, 165, 191 – -rückgewähr 65, 92 – -schuld 11 f., 35, 44, 48, 131, 142 f., 161, 165 – -verbindlichkeit 8 f., 12 f., 15, 32 f., 35, 40 ff., 50 ff., 55 ff., 62, 112, 114 f., 117 ff., 124, 126, 128, 130 f., 136, 138 f., 141, 144 f., 147, 150, 156, 161, 191 – -verpflichtung 30, 40, 55, 132, 161, 165 – Hafteinlage 8 ff., 12, 14, 24, 50, 142 – Hafteinlage-Pflichteinlage-Modell 9 f., 50 – Hafteinlageschuld 8 f. – Pflichteinlage 8 ff. – Sacheinlage siehe dort

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Sachregister

Entnahme 5, 19, 58, 60, 81, 91 ff., 101, 103, 111, 151, 171 ff., 185, 190 Forderung – Aktivforderung 116 ff., 147 – Einlageforderung siehe Einlage – Erstattungsforderung nach § 31 I GmbHG 133 f., 140 f., 147, 167, 173 – Regressforderung 11, 50 f., 55 f., 123 f., 138, 140, 154 ff., 171, 176, 188 – Sozialforderung 154 Gesamtschuld 22 f. Gesellschafterdarlehen 127 f., 152 Gesellschaftervermögen 175 Gewinnanteil 5, 19, 91 f., 94, 97 ff., 103, 193 Gewinnvorauszahlung 92, 95 Gläubigerbefriedigung 9, 49 ff., 93 f., 97, 123, 136, 143, 155 f., 191 Gläubigergefährdung 123 GmbH & Co. KG 82 ff., 127 GmbH-Recht 74, 79, 82, 84, 87 Gutgläubigkeit (zugleich gutgläubig) 19, 82, 98, 101 ff., 193 Haftsumme 10 ff., 27, 122 Haftungsbefreiung – im Außenverhältnis 10, 27, 56 – des Kommanditisten 8, 27, 31 ff., 36, 38 f., 52, 54, 57, 64 f., 109, 116, 119 ff., 126, 131, 135 ff., 142, 145, 149 f. – durch Aufrechnung 117, 123, 126 Haftungsbeschränkung 24 ff., 27, 37 Haftungssystem 2, 18 f., 27, 44, 82, 105, 156 Handelsgewerbe 77 Handelsregistereintragung 25 f., 37, 43 Hin- und Herzahlen 163, 166, 169, 189 Innenhaftung 79 f., 82, 90, 158 Insolvenz 122, 128, 138 f., 151 f. – -anfechtung 122 – -gefahr 120 – Gesellschaftsinsolvenz 119 f., 128 f., 134, 138, 151 f., 154, 188 – -masse 139, 151 – -risiko 119, 187 – -verfahren 129, 139, 152 – -verwalter 85, 102, 103

Kapital – -anteil 2, 5, 63, 91, 93 – -aufbringung 1 f., 4, 17 f., 27, 29, 36, 38 ff., 42, 44, 47, 53, 55, 57 f., 71, 76, 79 f., 89, 105, 109, 113, 124, 128, 140, 154, 161, 173, 192, 194 – -bindung 68 f., 72, 107, 109, 113, 125, 143, 149, 168, 188 f. – Eigenkapital 108, 125 ff., 136, 145, 147, 162 – -erhaltung 1 f., 4, 15, 17 f., 57 ff., 71 f., 75 f., 79 f., 83 f., 89, 105, 124, 128, 140, 147, 149, 154, 156, 163, 173, 192 f. – Fremdkapital 101, 125 ff., 136, 147 ff., 151, 153 f., 188 – haftendes 63 – Kapitalerhaltungsgrundsatz 57, 71, 83, 89, 95, 171, 192 – -konto 101, 106 ff., 111 ff., 126, 143, 168, 172, 189 – Prinzip der Kapitalaufbringung 31, 37 – reale Kapitalaufbringung 44, 161 – -schmälerung 166, 180 – Stammkapital 74, 76, 78 – -zuführung 36, 40, 44, 48, 109 f., 113, 126, 133, 146 Komplementär 2, 22 f., 77, 153 f., 158 – -beteiligung 107 – -einlage 74, 110 f., 112 – Entnahmerecht 111 – -haftung 15 f., 23 f., 37 , 107, 146 – Kapitalkonto 107 ff., 111, 113 – -vermögen 17, 39, 108 f., 111, 113, 177 Komplementär-GmbH 83 Lehre vom Doppeltatbestand 31 ff., 44, 64 f., 69, 148 Lehre von der Zweckvereinbarung 32 Leistung – an Dritte 35 – an Erfüllungs Statt 113, 135 ff., 140 – „auf die Haftung“ 141 ff., 147 – durch Dritten 135 Mitgliedschaft 149, 175, 178 MoMiG 3, 18, 42 f., 46, 127 f., 156, 158, 160, 163, 188 f.

Sachregister

Negativwert 157 f., 189, 136 f. Objektive Wertdeckung 35, 37, 44, 48, 70, 88 Organschaft 169 Passiva 78 f., 89, 121, 179 Pfändung – der Einlageforderung 133, 139 f., 147, 173 – der Erstattungsforderung nach § 31 I GmbHG 141, 147, 173 Privatkonto 101, 111 Publizität – Anforderungen 158 ff., 189 – Registerpublizität 159 – Wirkung 37 Regressanspruch – der KG 170 – des Kommanditisten nach Gläubigerbe­ friedigung 50 f., 56 f., 138, 154 ff., 188 – des Mitgesellschafters 175 f. Sacheinlage – offene Sacheinlage 43 – verdeckte Sacheinlage 43, 158, 160, 168 Sicherheiten 53, 170, 181 f. Sozialverbindlichkeiten 23 Stille Beteiligung 125 f., 152 Surrogationsgrundsatz / -prinzip / -gedanke 115 ff., 119, 130, 132 f., 147, 161, 164 Tätigkeitsvergütung 92, 168 Umwandlung – Eigenkapital in Fremdkapital 147 ff., 188 – Fremdkapital in Eigenkapital 125 ff., 136, 145 – haftungsschädliche Wirkung 148

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– Komplementäranteil in Kommanditanteil 107, 110 Unterbilanz 71 f., 78 f., 83, 89, 162, 165, 157, 179 f. Unterdeckung 76, 79, 93 f., 97 f., 100, 150 f., 168, 188 f. Verkehrsgeschäft 65 f., 130, 132, 135, 161, 166 f., 189 Vermögen – Drittvermögen 173, 180 ff., 185 ff., 190 – Kommanditistenvermögen 62 f., 186 f. – Vermögenszuführung 28, 35 f., 44, 48, 70, 126, 142 f. Vermögensdeckung (Prinzip) 28, 31, 34 ff., 48 f., 55 f., 70, 88, 112, 115, 119, 121 f., 126 f., 130, 136, 146, 157, 160 f., 165 Vollwertigkeit 54, 112, 117 ff., 123 f., 126, 128, 130, 132, 136, 167, 169, 171 – Vollwertigkeitsprinzip 125, 128, 130, 133, 136, 147 – Vollwertigkeitsprüfung 55, 118 f., 127 f., 130, 136 Verpfändung 133, 139, 141, 147, 173 Verrechnung 20 Verrechnungstheorie 28 ff., 61 f., 64 ff., 69, 95 – modifizierte Verrechnungstheorie 33, 65 f., 69 Vertrag zulasten Dritter 158 Vertragstheorie 29 ff., 35, 62 ff., 131, 148 Wahlrecht 52 f., 139 Zugriffsmöglichkeit 80, 100, 144, 177, 182 ff. Zurückbehaltungsrecht 50