Die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (1881–1981): Trägerschaft, Organisation und Ziele in den ersten 100 Jahren ihres Bestehens [1 ed.] 9783412521561, 9783412521547

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Die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (1881–1981): Trägerschaft, Organisation und Ziele in den ersten 100 Jahren ihres Bestehens [1 ed.]
 9783412521561, 9783412521547

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Studien und Darstellungen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Band 1 Redaktion: Stephan Laux

Klaus Pabst

DIE .. GESELLSCHAFT FUR RHEINISCHE GESCHICHTSKUNDE 1881–1981

Trägerschaft, Organisation und Ziele in den ersten 100 Jahren ihres Bestehens

Studien und Darstellungen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Band 1

Herausgegeben von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde

Klaus Pabst

Die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (1881–1981) Trägerschaft, Organisation und Ziele in den ersten 100 Jahren ihres Bestehens

Aktualisierung und Redaktion  : Stephan Laux, Trier

Böhlau Verlag Wien Köln

Veröffentlicht mit freundlicher Unterstützung des Landschaftsverbandes Rheinland

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek  : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie  ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2022 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande  ; Brill USA Inc., Boston MA, USA  ; Brill Asia Pte Ltd, Singapore  ; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland  ; Brill Österreich GmbH, Wien, Ö ­ sterreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung  : Lesesaal im alten Stadtarchiv Köln am Gereonskloster, Foto  : Anton Bardenhewer, ­Original im Kölnischen Stadtmuseum, 1897/1898. Redaktionelle Mitarbeit  : Jort Blazejewski, Anja Ottilie llg, Laura Leskien, Leonard Preisler, Louise Seven, Svenja Weith Bildredaktion  : Benjamin Burtz, Jana Ritter Register  : René Schulz Lektorat  : Dore Wilken, Freiburg Einbandgestaltung  : Guido Klütsch, Köln Satz  : Michael Rauscher, Wien Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-52156-1

Inhalt

Geleitwort zur Reihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .   9 Bemerkungen zur Redaktionsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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1. Reminiszenz und Historiographie. Das Selbstbild der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« über 100 Jahre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 2. Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung und Quellenedition in Deutschland seit 1815.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  21 2.1 Nationale und regionale »Monumenta« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  21 2.2 Die Perspektive und Rolle der Vereine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  28 3. Vorgeschichte und Gründung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«. Vorläufer und Vorbilder im Rheinland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Der zweite Gründungsversuch: Sybel und Mevissen.. . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Gründung der »Gesellschaft« 1881: Persönlichkeiten, Ideen und Ziele . 3.3.1 Karl Lamprecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Konstantin Höhlbaum.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.3 Streit unter »Gelehrten«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Der Gründungsakt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Satzung und Organisation im Wandel der Zeit . . . 4.1 Das Kaiserreich und die Weimarer Republik.. . 4.2 1935 – »Gleichschaltung« und »Führerprinzip« . 4.3 Die Nachkriegszeit. . . . . . . . . . . . . . . . .

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5. Die Organe der »Gesellschaft« . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Der engere Vorstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.2 Die übrigen Vorstandsmitglieder . . . . . . . . . . . . . 5.3 Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands. . 5.4 Die Kommissionen des Vorstands . . . . . . . . . . . . 5.5 Die Jahresversammlungen.. . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

6. Die Träger der »Gesellschaft«. Stifter und Patrone, Standespersonen und Honoratioren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1 Die Stifter.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2 Die Patrone.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.1 Entwicklung und Statistik des Patronats . . . . . . . . . . . . . . 6.2.2 Werbung und Beitrittsmotive. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.3 Die kaufmännischen Patrone . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.4 Städte, Landkreise und sonstige Körperschaften.. . . . . . . . . 6.2.5 Der rheinische Adel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.6 Kaiserhaus und Bundesfürsten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2.7 Sonstige Privatpatrone.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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7. Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«. Die Wissenschaftler der »Gesellschaft« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 7.1 Die Mitglieder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 7.2 Die wissenschaftlichen Mitarbeiter. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 8. Die Beziehungen zu Staat und Provinz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Das Verhältnis zu den staatlichen Behörden. . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Die rheinische Provinzialverwaltung und der Landschaftsverband Rheinland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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9. Bilanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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10. Anhang. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Quellen und Literatur . . . . . . . . . . . . Archivalische Quellen . . . . . . . . . . . . Gedruckte Quellen und Quelleninventare . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Verzeichnisse. . . . . . . . . . . . . . . . . Tabellen.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . Siglen und Abkürzungen . . . . . . . . . .

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Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Orte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Geleitwort zur Reihe

Die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde »stellt sich allein das Ziel, Quellen­ editionen zu veranstalten, und zwar will sie nur diejenigen Quellen der rheinischen Geschichte, welche bisher überhaupt noch gar nicht oder doch nur in ungenügender Weise gedruckt worden, den Forderungen der heutigen Wissenschaft entsprechend herausgeben.« So definierten Woldemar Harless, Konstantin Höhlbaum und Hugo Loersch in ihrer 1881 veröffentlichten Denkschrift über die Aufgaben der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde den Zweck der gerade neugegründeten Gesellschaft. Damit lag sie ganz im Trend der Zielsetzungen anderer, im 19. Jahrhundert entstandener Gesellschaften und Kommissionen. In den Gründungsdebatten um die Gesellschaft war es diese Heraus­gabe von Quellen durch sachverständige Gelehrte, die sie in ihrer wissenschaftlichen Wertigkeit über das Niveau der oft von gebildeten Laien geprägten historischen Vereine jener Jahre hinausheben sollte. Blieben die »Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« auch überwiegend dem Gedanken verpflichtet, durch »das Mittel der strengen historischen Kritik« die Quellengrundlagen zu erweitern und der »provinziellen Forschung« zuzuführen, fanden sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts darunter doch auch darstellende Veröffentlichungen, etwa über die Kölner Malerschule, die Behördenverfassung und die Verwaltungs- und Behördengeschichte der Rheinprovinz oder die Entwicklung der ordent­lichen Gerichtsbarkeit. Auch zwei kleinere Reihen wurden für historische Darstellungen genutzt, die seit den 1930er Jahren bestehend und im Jahr 2020 letztmals mit einem Tagungsband bestückte Reihe der »Vorträge«, deren Einzelbände im Umfang von 20 bis 680 Seiten reichen konnten, und die »Preis-Schriften der Mevissen-Stiftung«, die allerdings nur drei Werke mit insgesamt fünf Bänden zwischen 1898 und 1929 hervorgebracht hatte. In den 1960er Jahren kam dann die nach wie vor aktuelle und von einem breiteren Publikum nachgefragte biografische Reihe der »Rheinischen Lebensbilder« hinzu. Die Satzung der Gesellschaft folgte aber dem – in der Gründungszeit nicht von allen Akteuren gleichermaßen getragenen – Ursprungsgedanken, »die Geschichte der Rheinlande dadurch zu fördern, dass sie Quellen der rheinischen Geschichte in einer den Forderungen der Wissenschaft entsprechenden Weise herausgibt« (1889). Mit gewissen Modernisierungen in den Formulierungen blieb das Credo, dass die Gesellschaft die Forschungen über die Geschichte der Rheinlande durch wissenschaftliche Quelleneditionen fördere, auch noch in der bis 2018 gültigen Satzung bestehen. Erst die Ende 2018 in Kraft getretene, grundlegend überarbeitete Satzung erweiterte die Möglichkeiten. Die Aufgaben werden in der Präambel bereits auf die Publikation geschichtswissenschaftli7

Geleitwort zur Reihe

cher Darstellungen, auf die Organisation von Tagungen und Kolloquien, die Pflege von Netzwerken und Kooperationen mit verschiedenen Partnern der historischen Forschung und nicht zuletzt eine Nutzung von elektronischen Medien und die uneingeschränkte Bereitstellung der von der Gesellschaft veröffentlichten Werke im weltweiten digitalen Netz ausgedehnt. Die Satzung selbst hebt dieses neue Verständnis hervor, indem sie die Förderung eigener Forschung sowie wissenschaftlicher Quelleneditionen im Druck und digital und sonstige Publikationen, Vorträge und wissenschaftliche Bildungsveranstaltungen zum Zweck der Gesellschaft erklärt. Als Konsequenz aus diesem erweiterten Aufgabenverständnis wurde in den Vorstandssitzungen und der Sitzung des Wissenschaftlichen Beirats im Jahr 2020 darüber beraten, wie ein profilschärferes Format für wissenschaftliche Darstellungen entwickelt werden könne. Im Ergebnis stand die einvernehmliche Entscheidung, die Reihe der »Vorträge« einzustellen, da der Reihentitel den darstellenden Publikationsvorhaben der Gesellschaft nicht mehr gerecht werden kann. Stattdessen sollte eine neue Reihe eröffnet werden, in der Tagungs- und Sammelbände, Monographien und Gesamtdarstellungen oder Handbücher ihren Platz finden können. Unter dem Reihentitel »Studien und Darstellungen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« ist ein offenes Format sowohl für innovative Forschungsarbeiten als auch für zusammenfassende Darstellungen geschaffen. Die neue Reihe wendet sich nicht an eine einschränkend definierte Klientel, sondern will für alle an der Geschichte des Rheinlandes Interessierten zugänglich sein. Dass der vorliegende erste Band die Geschichte der Gesellschaft in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens behandelt, mag als gutes Omen für die Langlebigkeit der neu geschaffenen Reihe aufgefasst werden und weist ihr im Rahmen der Veröffentlichungen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde zugleich einen bedeutenden Stellenwert zu. Dafür möchte ich an dieser Stelle dem Autor, Klaus Pabst, und dem Redaktor, Stephan Laux, meinen besonderen Dank aussprechen. Frank M. Bischoff Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde

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Vorwort

Dieses Buch hat eine lange Vorgeschichte. Im Vorfeld der für 1981 geplanten ersten Säkularfeier der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« regte deren d ­ amaliger Vorsitzender Prof. Dr. Odilo Engels an, diese zum Anlass einer bis dahin fehlenden Gesamtdarstellung der Geschichte dieser Gesellschaft auf der Grundlage archivalischer Quellen zu nehmen, die im Einverständnis mit dem Historischen Seminar der Universität zu Köln dem Unterzeichnenden anvertraut wurde. Schon bald zeigte sich aber, dass der dafür vorgesehene Zeitraum von einem bis zwei Jahren zu kurz war, um alle gewünschten Aspekte gebührend berücksichtigen zu können. Zudem wurden diese im Laufe der Arbeit noch erweitert  : Neben der Gründung der Gesellschaft und deren innerem Fortgang bis 1981 sollten auch ihre wichtigsten Publikatio­ nen sowie deren Echo in der deutschen Geschichtswissenschaft eingehender behandelt werden. Und schlussendlich sollte auch nach den Auswirkungen ihrer Gründung auf außerrheinische Regionen sowie nach einer eventuellen Vorbildfunktion gefragt werden. Nach eingehenden Recherchen in Köln und anderen rheinischen Archiven konnte nach einigen Jahren schließlich ein Teilmanuskript fertiggestellt werden, das dem damaligen Vorstand vorgelegt und von ihm gebilligt sowie von Herrn Staatsarchivdirektor i. R. Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Oediger (†) mit wertvollen Hinweisen aus persönlicher Erinnerung versehen wurde. Anderweitige berufliche und persönliche Verpflichtungen des Autors v­erzögerten dann jedoch die weitere Bearbeitung, bis der Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009 einen Abschluss im vorgesehenen Umfang vollends unmöglich machte. Nach langem Dornröschenschlaf, während dessen die Publikation seitens der Gesellschaft formell jedoch nie aufgegeben wurde, regten insbesondere die Herren Staatsarchiv­direktor i. R. Dr. Ottfried Dascher sowie die ersten Präsidenten des neu geschaffenen Landes­ archivs, Prof. Dr. Wilfried Reininghaus und Dr. Frank  M. Bischoff, vor einigen Jahren an, zumindest das vorhandene Manuskript nach Aktualisierung dennoch zum Druck zu bringen, zumal viele der ihm zugrunde liegenden Quellen auf absehbare Zeit nicht mehr zugänglich sein werden. Die vorliegende Schrift enthält daher keine Würdigung der wissenschaftlichen Arbeit der Gesellschaft und ihrer Ergebnisse. Sie versucht vielmehr, eingehend deren Gründungs-, Organisations- und Finanzierungsgeschichte im Berichtszeitraum darzustellen, die zugleich auch als Sozialgeschichte ihrer Stifter, ­Pa­trone und Mitglieder gelesen werden kann. Denn in ihrer Gesamtheit bildeten diese doch einen gewissen Querschnitt durch das rheinische Besitz- und Bildungsbürgertum des ausgehenden 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und seines Interesses an der rheinischen Landesgeschichte. 9

Vorwort

Vielen Fachkollegen, Helferinnen und Helfern habe ich nach so langer Zeit für eingehende Unterstützung, Ermutigung und Geduld zu danken. Herrn Prof. Dr. Odilo ­Engels (†) sowie allen seinen Nachfolgern im Vorstand der Gesellschaft danke ich dafür, dass sie die Hoffnung nie aufgaben, das Werk trotz aller Verzögerungen doch noch zu einem hoffentlich guten Ende zu bringen. Mein verehrter akademischer Lehrer und Chef Prof. Dr. Theodor Schieder  (†) sowie meine Kollegen in der ehemaligen Forschungsabteilung des Historischen Seminars haben mir immer die nötige Zeit zu dieser Arbeit gelassen, obgleich diese nicht unbedingt im Fokus der dort zu leistenden Forschungen stand. Dem langjährigen Leiter des Historischen Archivs der Stadt Köln und Schriftführer der Gesellschaft Herrn Prof. Dr. Hugo Stehkämper (†), seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie den Kolleginnen und Kollegen der übrigen benutzten Archive bin ich für ihr ständig bekundetes Interesse und ihre tätige Mithilfe zur Literaturbeschaffung zu großem Dank verpflichtet, der ebenso den Kölner Amtsnachfolgern Dr. Everhard Kleinertz und Dr. Bettina Schmidt-Czaia gilt. Für ihre Ermunterung zur und Unterstützung bei der Wiederaufnahme meines Vorhabens bin ich den schon genannten Vorstandsmitgliedern der Gesellschaft sowie Herrn Georg Mölich vom Landschaftsverband Rheinland besonders dankbar. Vor allem möchte ich jedoch Herrn Prof. Dr. Stephan Laux (Universität Trier) herzlich danken, der die große Mühe auf sich genommen hat, das vorhandene Manuskript in elektronischer Form aufzunehmen, neu zu gliedern, zu aktualisieren und mit den notwendigen Ergänzungen zu versehen. Der Gesellschaft selbst und ihrem Vorsitzenden bin ich dankbar dafür, dass sie diesen Einblick in die eigene Vergangenheit im Rahmen ihrer Publikationen nun zum Druck bringen werden. Klaus Pabst Kerpen, im Oktober 2021

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Bemerkungen zur Redaktionsarbeit

Die Aufbereitung des Manuskripts, aus dem dieses Buch hervorgegangen ist, erstreckte sich über knapp drei Jahre nach Entgegennahme eines Scans, den ich im November 2018 vom Historischen Archiv der Stadt Köln erhalten hatte. Das in Rohfassung von Klaus Pabst erstellte Manuskript war mit dem Arbeitsstand »März 1981« ausgewiesen. In einem ersten Schritt erfolgte die Textaufnahme. Dem komplett zu transkribierenden, da nicht OCR-fähigen Typoskript lag ein zweiteiliges Textkonvolut zugrunde, das aus Fließtext und Endnoten bestand. Die exakte Zuordnung der Verweise zum Text war aufgrund zahlreicher handschriftlicher Einschübe und Streichungen mit einigem, teils auch interpretativem Aufwand verbunden. Punktuell war ein Abgleich des Hauptmanu­ skripts mit Textvarianten erforderlich, die ich im August 2020 in Papierform erhielt. Die inhaltliche und formale Bearbeitung des Texts stellte den anderen großen Arbeitskomplex dar. Angesichts von genau vier Jahrzehnten Forschung, die seit Fertigstellung der Rohfassung ins Land gegangen waren, habe ich vielfach neu erschienene Literatur hinzugefügt, überholte und auch historiographisch nicht signifikante Forschungen dage­ gen gestrichen. In zahlreichen Fällen waren beispielsweise biographische Referenzie­ rungen aus Lexika obsolet geworden, über die die Zeit hinausgewachsen war. Diese Revision, die grundsätzlich alle von der Darstellung berührten Themen und Details einschloss, konnte aber weder systematisch noch in der wünschenswerten Breite und Tiefe erfolgen. Vielmehr waren Ergänzungen kenntnis- und ermessensabhängig, zudem arbeitsökonomischen Erwägungen geschuldet. Die Einarbeitung neuer Literatur erfolgte in der Regel nicht in rein additiver Form in den Fußnoten und im Anhang. Stattdessen sollten Sachaussagen und Interpretationen auch im Text mitgeteilt werden, was mitunter Nuan­cierungen oder auch Korrekturen an der Vorlage nach sich zog. Dennoch erwies es sich nicht allein aus praktischen Gründen als unmöglich, inhaltlichen und analytischen Erkenntnisfortschritten großen Raum zu geben. Dies wäre dem originären Charakter des Ursprungsmanuskripts nicht gerecht geworden, zumal es sich aus formalen Gründen verbot, in meiner Verantwortung erfolgte Hinzufügungen und Veränderungen als solche auszuweisen. Die folgenden Bemerkungen verstehen sich somit unter der Prämisse, dass ich größten Wert darauf gelegt habe, die Originalität und Eigenständigkeit der Erstfassung zu achten. Selbstverständlich lag das Manuskript in unterschiedlichen Bearbeitungsstadien dem Verfasser zur kritischen Kommentierung und Endabnahme vor. Die von mir angelegte Gliederung sollte dem Werk eine größere thematische Aktua­ li­tät und Transparenz verleihen. Der Sprachduktus wurde an vielen Stellen dem Empfin­ den der heutigen Zeit angepasst. Die Angabe von Lebensdaten behandelter Personen, die in den späten 1970er Jahren schwer oder gar nicht in Erfahrung gebracht werden 11

Bemerkungen zur Redaktionsarbeit

konnten, geht durchweg auf mich zurück, zwangsläufig auch die der Todesjahre inzwischen verstorbener Personen. Mehrfachangaben habe ich bewusst gewählt, wo es mir zum Zweck der Orientierung sinnvoll erschien. In manchen Fällen wurden Personen auch grundsätzlich referenziert, sofern ihre Identität der Formulierung nach unsicher erschien. Personen- und Ortsindex habe ich in Verbindung mit René Schulz erstellt. Veränderten Bezeichnungen von Archiven und Archivbeständen habe ich, soweit ersichtlich, Rechnung getragen, die Bibliographie neu angelegt bzw. verkürzte Angaben in vielen Fällen revidiert. Formale Ergänzungen und Vereinheitlichungen betrafen Text und Apparat zur Gänze. Die Literatur konnte allerdings in nur ausgewählten Fällen, das archivalische Quellenmaterial hingegen nicht autopsiert werden. Letzteres war infolge des ­Einsturzes des vom Verfasser maßgeblich konsultierten Historischen Archivs der Stadt Köln im März 2009 schlechterdings auch nicht möglich. Mir bleibt, verschiedenen Personen herzlich zu danken  : Zuvorderst Herrn Dr. Pabst selbst für sein Vertrauen in meine Arbeit, seine vielfache Hilfe und seine stetige, mich berührende Freundlichkeit. Herrn Dr. Frank M. Bischoff, dem Vorsitzenden der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« und der »Gesellschaft« insgesamt, danke ich ebenfalls für das in mich gesetzte Vertrauen bei der Umsetzung der herausfordernden Aufgabe. Keywan Klaus Münster M. A., Geschäftsführer der neuen Geschäftsstelle im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte (Abteilung Geschichte und LVRKulturhaus Landsynagoge Rödingen), hat mir zusammen mit Jana Ritter, Louise Seven und Benjamin Burtz große und kompetente Dienste bei der Textdurchsicht und Bildbeschaffung geleistet. Georg Mölich, ebenfalls vom Landschaftsverband, war mir wie so oft ein überaus kompetenter und zugänglicher Ansprechpartner. Im Kreis meines Trierer Teams machten sich um das Manuskript in alphabetischer Reihenfolge verdient  : Jort Blazejewski M. A., Anja Ottilie Ilg M. A., Laura Leskien, Leonard Preisler B. A. und Svenja Weith. Ihnen danke ich herzlich für die Unterstützung. Stephan Laux Trier, im Oktober 2021

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1. Reminiszenz und Historiographie Das Selbstbild der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« über 100 Jahre

At ubi ad presentia tempora ventum est, stilum temperavi propter quorundam offensam qui adhuc sunt superstitis, latius hec posteris exequenda relinquens.1

Im Leben des Einzelnen wie der Gesellschaft im Ganzen bieten Jubiläen einen zwar willkürlichen, aber doch meist willkommenen Anlass zur Rückbesinnung auf die eigene Vergangenheit, zur Rechenschaftslegung in der Öffentlichkeit und zu Planungen für die weitere Zukunft. Die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, deren Gründungstag sich am 1. Juni 1981 zum 100. Mal jährte, hat mit solchen Gedenktagen bisher wenig Glück gehabt. Lediglich ihren 25. Geburtstag im Jahre 1906 feierte sie noch in einer Zeit scheinbar festgegründeten Wohlstands und Friedens, so dass ihr damaliger Vorsitzender Joseph Hansen in seinem Rückblick auf das erste Vierteljahrhundert der Gesellschafts­ tätigkeit eine eindrucksvolle Bilanz laufender oder schon vollendeter Arbeiten und zukünftiger Pläne vorlegen konnte.2 Die Fünfzigjahrfeier 1931 dagegen fiel nicht allein mit der Weltwirtschaftskrise und einer Phase politischer Unsicherheit in Deutschland zusammen, sondern auch mit einer schweren Finanzkrise der »Gesellschaft« selbst, so dass an eine eigene Festschrift nicht zu denken war. Hansens Nachfolger Gerhard Kallen konnte in seiner Ansprache an die Jubiläumsversammlung im Kölner Gürzenich lediglich einen kurzen Abriss der Geschichte der »Gesellschaft« geben, der die Zukunft der rheinischen Geschichtsforschung in recht düsteren Farben malte.3 Der 75. Gründungstag schließlich traf die »Gesellschaft« 1956 mitten in der Phase des Wiederaufbaus an. Damals ging es weniger um eine Rückschau auf die Vergangenheit, die zudem mit den materiellen Folgen des Krieges und den geistigen Hypotheken des »Dritten Reiches« belastet war, als um die künftige Entwicklung in der Nachkriegszeit, die für die »Gesellschaft« erst 1948 fast auf dem Nullpunkt begonnen hatte. Immerhin fand 1956, symbolischerweise im soeben wiederaufgebauten Kölner Gürzenich, eine Gedenkfeier statt. In der Festrede würdigte Ursula Lewald den Mitbegründer und ersten Organisator der »Gesellschaft«, Karl Lamprecht, dessen Geburtstag gleichzeitig zum 100. Mal begangen wurde.4 1 Zit. Koelhoff, Cronica van der hilliger stat van Coellen (1499), S. 873. 2 Hansen, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. 3 Kallen bezeichnete den Geist des wirtschaftlichen Materialismus als »gefährlichsten Feind der historischen Forschungen« und die »eigentliche Gefahr für Institutionen von der Art unserer Gesellschaft«. Kallen, Ansprachen zur 50 Jahr-Feier, Zit. S. 131. 4 Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtswissenschaft.

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Reminiszenz und Historiographie

Zu ihrer Säkularfeier hatte sich die »Gesellschaft« nun erstmals entschlossen, ihrer eigenen Vergangenheit eine etwas ausführlichere monographische Darstellung zu widmen. Zu berichten gibt es da gewiss mehr als genug. Doch wird sich ein solches Unternehmen heute nicht mehr darauf beschränken dürfen, im Stil einer herkömmlichen Festschrift die unzweifelhaften Verdienste der »Gesellschaft« auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Quellenedition und der Darstellung rheinischer Geschichte lobend aufzuführen. Auch ihre dunklen Tage, seien es nun Schicksalsschläge oder die Folgen eigenen Verhaltens, dürfen in einer solchen Darstellung nicht vergessen werden. Gescheiterte Projekte, wissenschaftliche Irrtümer und finanzielle Fehleinschätzungen, von denen auch die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« nicht verschont geblieben ist, können nicht minder aufschlussreich sein, wenn es darum geht, hundert Jahre Geschichte der »Gesellschaft« vor dem Hintergrund wechselnder politischer und wirtschaftlicher Verhältnisse, sozialer Umbrüche und sich wandelnder wissenschaftlicher Anschauungen zu beschreiben. Nicht nur die »Trends« landes- und allgemeingeschichtlicher Forschung, auch die Probleme ihrer institutionellen Bewältigung und die besonderen Schwierigkeiten edito­ rischer Großunternehmen lassen sich anhand der mehr als 50 Publikationen mit 178 Einzelbänden und zahlreichen historischen Karten, die die »Gesellschaft« in den ersten 100 Jahren ihres Bestehens herausgegeben hat, vielleicht deutlich machen. Indes können die Publikationen, obschon ihre Herausgabe den statutengemäßen Daseinszweck der »Gesellschaft« bildet, nicht in den Mittelpunkt der folgenden Darstellung gestellt werden, weil dies ein Thema sui generis darstellen würde. Man mag einwenden, dass die Entstehung und Bewertung vieler Publikationen in den jeweiligen Vorworten, in Jahresberichten und Besprechungen hinlänglich dokumentiert sei. Das gilt insbesondere für die sich über Jahrzehnte erstreckenden Großunternehmungen wie Archivinventare, Geschichtlicher Atlas, Rheinisches Wörterbuch, für die Inventarisierung der rheinischen Kunstdenkmäler, die großen Urkunden- und Regestenpublikationen. Die historiographischen Implikationen dieser und vieler anderer Hervorbringungen sind schließlich im Ganzen zu komplex und vielfältig, als dass ihnen hier angemessener Raum geboten werden könnte. Indes bietet eine Schrift wie die vorliegende Gelegenheit, auch einmal auf die innere Entwicklung einer gelehrten »Gesellschaft« einzugehen, die Hermann Heimpel als die »originellste« unter ihresgleichen bezeichnet hat.5 Ein solches Unternehmen lässt sich ja nicht nur als Publikationsinstitut, sondern auch als soziales Gebilde darstellen, in dem sich das Selbstverständnis seiner Gründer und Mitglieder sowie die politischen, sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Zeit wie in einem Spiegel verfolgen lassen. Damit ist bereits eine Kombination von Personendarstellung mit sozialer und wissenschaftlicher Organisationsgeschichte angedeutet, auf die sich der Blick neben der eigentlichen Publikationsarbeit richten soll. Denn die Geschichte der »Gesellschaft« ist nicht nur eine Geschichte landeskundlicher und historischer Forschung, sondern auch, zumindest in der ersten Hälfte 5 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 215 (zugleich Bd. 189 der HZ).

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Reminiszenz und Historiographie

ihres Bestehens, eine Geschichte des rheinischen Bürgertums, des Adels und der rheinischen Städte, die ihre Arbeit mit großzügigen finanziellen Beiträgen ermöglicht haben. In ihrer inneren Struktur, ihrer Satzung und Organisation ist die »Gesellschaft« sowohl älteren Vorbildern gefolgt als auch Anregerin und Vorbild späterer Gründungen geworden.6 Ihre Beziehungen zum Staat, zur provinzialen und kommunalen Selbstverwaltung, zu anderen Geschichtsvereinen, historischen Kommissionen und nicht zuletzt zu einzelnen bedeutenden Historikerinnen und Historikern außerhalb des Rheinlands werden ebenfalls zu klären und in den Rahmen der allgemeinen Wissenschaftsgeschichte einzuordnen sein. Aber auch ihre Arbeitsorganisation, ihre Rolle als Arbeitgeber wissenschaftlicher Mitarbeiter sowie deren soziale Lage und die Möglichkeiten ihrer beruflichen Weiterentwicklung verdienen nach heutigem Verständnis Aufmerksamkeit. An Vorbildern für eine solche Gesamtdarstellung fehlt es nicht. Neben der umfangreichen und immer noch grundlegenden, wenn auch durch jüngere Darstellungen mehrfach ergänzten Geschichte der »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« (Monumenta Germaniae Historica) von Harry Bresslau (1921)7 ist hier vor allem auf die von Franz Schnabel herausgegebene und eingeleitete Jubiläumsschrift der »Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften« (1958) hinzuweisen.8 Aus der Vielzahl mehr oder weniger ausführlicher Selbstdarstellungen landesgeschichtlicher Kommissionen, die zumeist ebenfalls aus Jubiläumsanlässen selbstständig oder in deren Zeitschriften erschienen sind, seien beispielsweise zwei ältere, in ihrer Anlage jedoch recht unterschiedliche erwähnt  : Max Millers umfassende Geschichte der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden-Württemberg und ihrer Vorläufer (1962)9 und Walter Heinemeyers knappere, dabei aber auch auf die Gesamtentwicklung des historischen Kommissionswesens eingehende Jubiläumsschrift der Historischen Kommission für Hessen (1978).10 Neben ihnen hat Ahasver von Brandts Säkulargeschichte des Hansischen Geschichtsvereins (1970), die die kultur- und sozialgeschichtlichen Aspekte des Vereinslebens besonders hervorhebt, dem Verfasser manche Anregung vermittelt.11   6 Zentrale neuere Studien zu Selbstverständnis, gesellschaftlicher Einbettung und Forschungspraxis der deutschen Geschichtsvereine seit dem 19. Jahrhundert sind Kunz, Verortete Geschichte, und Clemens, »Sanctus amor patriae«, zu verdanken. Im übergreifenden Zusammenhang der Bürgertumsforschung sind auch die einschlägigen Beiträge von Otto Dann unbedingt lesenswert. Stellvertretend für andere sei hier nur der folgende Problemaufriss genannt  : Dann, Vereinsbildung.   7 Geschichte der Monumenta Germaniae Historica.  8 Schnabel, Idee und die Erscheinung. Im selben Band auch Darstellungen der einzelnen Publikationsunternehmen sowie Listen der Präsidenten (S. 205), Sekretäre (S. 206), der ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder (S. 207–212), Mitarbeiter (S. 215–221) und Veröffentlichungen (S. 223–260) der Kommission.  9 Miller, 70 Jahre Landesgeschichtliche Forschungsarbeit. 10 Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen. 11 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein. Weczerka, Vorstandsmitglieder, bietet in dieser Jubiläumsausgabe der »Hansischen Geschichtsblätter« eine Liste der Vorstandsmitglieder des Vereins von 1871 bis 1989.

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Die ebenfalls noch jüngere Festschrift »75 Jahre Historische Kommission Westfalens«12 könnte als Vorbild für Mitgliederlisten dienen. Zur allgemeinen Organisationsgeschichte historischer Forschung in Deutschland ist vor allem auf die Beiträge von Theodor Schieder, Hermann Heimpel und Josef Engel in der Festschrift »100 Jahre Historische Zeitschrift 1859–1959« (München 1959)13 hinzuweisen. Insbesondere Hermann Heimpels grundlegender Aufsatz in diesem Band ist, ergänzt durch spätere Veröffentlichungen desselben Autors14, noch immer ein unentbehrlicher Wegweiser auf dem Gebiet des historischen Vereinswesens und zum Problem organisierter »Forschung als Daueraufgabe«. Hinsichtlich der rheinischen Geschichtsforschung im Besonderen gilt Gleiches für Max Braubachs mit souveräner Sachkenntnis verfassten Überblick, der 1954 anlässlich der Hundertjahrfeier des »Historischen Vereins für den Niederrhein« erschien.15 Über die Motive und Anfänge lokaler Zusammenschlüsse von Geschichtsforschern und -freunden im 19. Jahrhundert haben außer Heimpel besonders Franz Schnabel und Willy Hoppe Wichtiges gesagt.16 Für die Geschichte einzelner Geschichts- und Altertumsvereine kann hier nur auf das umfangreiche Vereinsschrifttum, insbesondere die reichhaltige landesgeschichtliche Zeitschriftenliteratur, sowie auf einzelne Monographien verwiesen werden.17 Auch zur »Geschichte der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« selbst liefern gedruckte Quellen bereits zahlreiche Informationen, auch wenn sie die Hintergründe so mancher Entscheidung naturgemäß im Dunkeln lassen. Grundlegend für die Definition der wissenschaftlichen Ziele der »Gesellschaft« ist immer noch die im Frühjahr 1881 entworfene, im Mai desselben Jahres veröffentlichte und bis 1932 mehrfach nachgedruckte Denkschrift von Woldemar Harleß, Konstantin Höhlbaum und Hugo Loersch.18 Die wichtigste laufende Quelle bildet daneben der seit 1881 jährlich, von 1919 bis 1924, 1932 bis 1934 und seit 1939 in meist mehrjährigen Zeiträumen erscheinende »Jahresbericht der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« (JbGRhG). Bis zum Ende des Betrachtungszeitraums (Sammelnummer 99–103 für die Jahre 1979–1983) liegen damit 62 Hefte vor. Regelmäßig 12 Kohl, 75 Jahre Historische Kommission Westfalens. Während der Schlussredaktion des vorliegenden Buchs erfolgte die Veröffentlichung einer umfassenden Gesamtdarstellung zur Geschichte der »Historischen Kommission für Westfalen« von Wilfried Reininghaus (Reininghaus, Historische Kommission). 13 Vgl. oben Anm. 5, S. 14. 14 Heimpel, Geschichte der Deutschen Geschichtsvereine  ; Ders., Geschichtsvereine. 15 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen. 16 Schnabel, Ursprung der vaterländischen Studien  ; Hoppe, Einhundert Jahre Gesamtverein. Vgl. aber auch Wolfram, Aufgaben der örtlichen Geschichtsvereine, und Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. IX ff. 17 Für die hier besonders interessierenden Vereine ist das Schrifttum im folgenden Kapitel genannt. Zahlreiche wertvolle Angaben sind enthalten in  : Hoppe / Lüdtke  : Minerva-Handbuch (nicht wieder aufgelegt), sowie die umfassenden bibliographischen Aufstellungen bei Müller, Vereine und Gesellschaften Deutschlands. 18 Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift (mit einem Anhang von R. Goecke, Gedruckte rheinische Chroniken usw.). Ohne diesen Anhang ist die Schrift nachgedruckt u. a. in  : Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, S. 5–37.

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Abb. 1 Jahresbericht der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« 1881, Titelblatt, Foto: Stephan Laux, 2021.

Abb. 2 Jahresberichte 99–103 der »Gesellschaft für Rheinische Geschichts­ kunde« 1979–1983, Inhaltsverzeichnis, Foto: Stephan Laux, 2021.

enthalten sind darin Nachrichten über die wissenschaftliche und Publikationstätigkeit der »Gesellschaft«, Listen der Stifter, Patrone, Mitglieder und des Vorstands, Kassenberichte sowie der Text der jeweils gültigen Satzung. Ihre in den ersten Jahrzehnten sehr eingehenden Berichte werden jedoch nach dem Ersten Weltkrieg zusehends summarischer Art. Zudem sind viele Angaben, besonders in den mehrere Jahre umfassenden Berichten, die erst seit 1958 wieder nach Geschäftsjahren trennen, überhaupt nicht oder nur ungenau datiert. Neben den Jahresberichten enthalten auch die einzelnen Publikationen in ihren Einleitungen fast immer tiefergehende Hinweise auf Autor, Entstehungsgeschichte, Bearbeitungsprinzipien und besondere Schwierigkeiten der Edition. Bis 1922 wurde ihnen auch stets eine Liste der Stifter und Patrone beigegeben. Zusammenfassende, wegen ihres Vortragscharakters jedoch nur summarische Rechen­ schaftsberichte und Angaben über künftige Aufgaben der »Gesellschaft« liegen lediglich aus den Jahren 1885 (Moriz Ritter), 1907 (Joseph Hansen), 1931 und 1956 (Gerhard 17

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Kallen) vor.19 Für die biographischen Angaben über Vorstandsmitglieder, Stifter, Patrone und sonstige Angehörige der »Gesellschaft« – ihre Gesamtzahl dürfte in 100 Jahren etwa bei 1500 liegen  – wurden zahlreiche Biographien, Autobiographien, Handbücher und Nachschlagewerke herangezogen, von denen hier nur Joseph Hansens große MevissenBiographie20, die von der »Gesellschaft« in bisher (bis 2019) 20 Bänden herausgegebene Reihe »Rheinische Lebensbilder« und mehrere Bände des zum Bonner Universitätsjubi­ läum 1968 erschienenen großen Werkes21 genannt sein sollen. Trotzdem mussten bei einer solchen Vielzahl von Namen manche Lücken offenbleiben  ; insbesondere gilt das für viele Mitarbeiter der »Gesellschaft«, die später nicht in öffentlich hervorgehobene Stellungen gelangt sind. Da die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« im Gegensatz zu den meisten historischen Kommissionen nie eine eigene Zeitschrift herausgab, finden sich laufende Nachrichten über sie außer in den eigenen Jahresberichten nur verstreut in rheinischen oder überregionalen landesgeschichtlichen Periodika. Dabei sei vor allem hingewiesen auf das »Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine« (seit 1852), auf die »Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein« (seit 1855), die um die Jahrhundertwende unter der Schriftleitung von Aloys Meister eine Art »Zentralorgan für die geschichtlichen Belange im Rheinland« zu werden versuchten22, und auf die »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins« (seit 1879). Überdies erwies sich die Heranziehung der Zeitschriften rheinischer Geschichtsvereine auch schon zur Feststellung der zahlreichen personellen und programmatischen Querverbindungen zur »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« als nützlich. Die von Konstantin Höhlbaum 1881 begründeten »Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln«, das vom Provinzialverband seit 1929 herausgegebene »Nachrichtenblatt für rheinische Heimatpflege« und die »Rheinischen Vierteljahrsblätter« des damaligen Bonner Institutes für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande seit 1931 lieferten in Aufsätzen und Mitteilungen ebenfalls manchen Hinweis zur Geschichte der »Gesellschaft«. Nicht ganz so ertragreich wie erwartet erwies sich die 1882 gegründete »Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst«, die in den Anfangsjahren unter der Leitung von Lamprecht und Felix Hettner (1851–1902), dem Direktor des Trierer ProvinzialMuseums, stand. Bis zu ihrer Einstellung 1913 wurde die Zeitschrift wegen der engen personellen Verknüpfung seiner Schriftleitung mit dem Vorstand der »Gesellschaft« als 19 Ritter, Über rheinische Geschichte  ; Hansen, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde  ; Kallen, Ansprachen zur 50 Jahr-Feier (1931), u. Ders., Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde (1956). 20 Hansen, Gustav von Mevissen. Vgl. auch Hansens Nachruf in  : JbGRhG 19 (1899), S. 43–61 (separat erschienen Bonn 1900). 21 Braubach, Bonner Gelehrte. 22 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 62. Außerdem berichtete der Kunsthistoriker Paul Clemen seit 1896 regelmäßig in den »Bonner Jahrbüchern« des Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland über die Tätigkeit der »Gesellschaft«.

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Abb. 3 Erster Jahrgang der »Annalen des historischen Vereins für den Niederrhein«, Titelblatt, 1855.

Abb. 4 Erster Jahrgang der »Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins«, Titelblatt, 1879.

ihr offizielles Organ betrachtet, was aber nicht den Tatsachen entsprach.23 Auch sie und das ihr bis 1907 beigegebene »Korrespondenzblatt« enthält vieles über die »Gesellschaft« und ihre Publikationen, jedoch nicht wesentlich mehr als andere bedeutende historische Zeitschriften des Rheinlandes. Die nach Durchsicht des gedruckten Materials noch bestehenden Lücken konnten aber mit Hilfe archivalischer Quellen und persönlicher Auskünfte zum größten Teil geschlossen werden. Das gilt vor allem für die Entwürfe und Vorverhandlungen bis zur Gründung der »Gesellschaft«, für die Sitzungsprotokolle des Vorstands und seiner Kommissionen, für den Schriftwechsel der Vorstandsmitglieder untereinander, mit Patro­nen, Mitgliedern, Mitarbeitern und Behörden sowie für die Entstehung einzelner 23 Lamprecht hatte die Leitung bis 1891 inne, Hettner bis zu seinem Tod 1902. Seit 1908 fungierten Joseph Hansen und der damals noch junge Justus Hashagen als Herausgeber.

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Publikatio­nen, über die die als Depositum im Historischen Archiv der Stadt Köln hinterlegten Akten der »Gesellschaft« vielfältig Auskunft geben. Zu ihrer Ergänzung konnten Dienstregistraturen und Archivbestände des damaligen Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchivs Düsseldorf (jetzt  : Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland, Duisburg), des Landeshauptarchivs Koblenz, des Archivs des Landschaftsverbands Rheinland, des Universitätsarchivs Köln, des Stadtarchivs Aachen und des Berlin Document Center (heute Bundesarchiv, Dienststelle Berlin-Lichterfelde) verwendet werden. Die im Universitätsarchiv Bonn liegenden Nachlässe führender Mitglieder der »Gesellschaft« sind auch im Zusammenhang mit der Gesellschaftsgeschichte mehrfach herangezogen worden.24 Eine Benutzung von Akten des früheren preußischen Kultusministeriums war nicht möglich, im Rahmen dieser Arbeit aber auch nicht unbedingt nötig, da die Beziehungen der »Gesellschaft« zur staatlichen Kultusbürokratie, von der sie kaum eine Unterstützung empfing, vor 1945 nur sehr locker waren. Als unvermutet ertragreich erwies sich dagegen das jetzt von der früheren Archivberatungsstelle des Landschaftsverbands Rheinland (heute  : LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum) betreute Archiv der früheren preußischen Provinzialverwaltung in Köln, die als immer wieder hilfreiche Geldgeberin seit Ende der 1920er Jahre auch an den wissenschaftlichen Planungen der »Gesellschaft« zunehmend Anteil nahm, seitdem sie dafür über sachkundige Beamte verfügte. Die Akten der Provinzialverwaltung sind vor allem für die Zeit zwischen 1928 und 1945 aufschlussreich, die in der Überlieferung der »Gesellschaft« selbst nur lückenhaft belegt ist. Für die Spätphase der Betrachtungszeit, für die im Wesentlichen nur die Jahresberichte sowie einige Vorstandsprotokolle zur Verfügung standen, konnte vielfach ergänzend auf mündliche Auskünfte zurückgegriffen werden. Indes bleibt immer noch ein gewisses Ungleichgewicht der Überlieferung zugunsten der Zeit vor 1945 bestehen, das auch in der folgenden Darstellung zum Ausdruck kommt. Der Verfasser gesteht jedoch, dass dies bis zu einem gewissen Grade auch seinen Absichten entspricht. Denn das Ziel dieser Arbeit ist, die Entwicklung von Organisation und Methoden landesgeschichtlicher Gemeinschaftsarbeit am Beispiel einer ihrer traditionsreichsten Trägerinnen unter wechselnden geistigen und sozialen Bedingungen der Zeit bis an die Schwelle der 1980er Jahre zu verfolgen, nicht dagegen, in laufende Diskussionen einzugreifen. Deshalb wird die unmittelbare Gegenwart hier nur so weit berücksichtigt werden, wie es zur Darstellung allgemein zugänglicher Quellen möglich ist. In diesem Sinne mag auch das zu Beginn zitierte Motto eines der ältesten Kölner Geschichtsschreiber zu verstehen sein.

24 Lewald, Karl Lamprecht  ; Schönebaum, Gustav Mevissen und Karl Lamprecht  ; Hübinger, Das historische Seminar  ; ferner die Kurzbiographien zu Karl Lamprecht (U. Lewald), Karl Menzel (M. Ditsche), Aloys Schulte (M. Braubach) und andere in  : Braubach, Bonner Gelehrte.

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2. Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung und Quellenedition in Deutschland seit 1815

2.1 Nationale und regionale »Monumenta« Die Nation rühmt sich großer geschichtswissenschaftlicher Unternehmungen, die den Wett­ eifer der anderen Nationen herausfordern. Doch ergibt eine unbefangene Betrachtung, dass der Vorgang der gemeindeutschen Geschichtsforschung in den engeren Kreisen der provinziellen und lokalen noch lange nicht die Nachfolge gefunden hat, die hier allein den würdigen Anschluss gestatten dürften. Man nimmt aber dort die vorhandene Lücke mit doppelter Schärfe wahr, wo die größere Dichtigkeit des geschichtlichen Niederschlags einen verstärkten Antrieb zu eindringender allseitiger Würdigung der Vergangenheit geben sollte.1

Mit diesen Worten, in denen unmissverständlich auch auf die Rolle der Geschichtswissenschaft im geistigen Wettlauf der Nationen untereinander hingewiesen wird, kennzeichnete die im Mai 1881 erschienene »Denkschrift über die Aufgaben der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, mit der ihre Gründer erstmals vor die wissenschaftliche Öffentlichkeit und das rheinische Publikum traten, das Dilemma, in dem sich die landesgeschichtliche Forschung Deutschlands damals befand. Der Rückstand, in den sie seit Beginn des Jahrhunderts gegenüber der sich inhaltlich wie methodisch mächtig fortentwickelnden Nationalgeschichte geraten war, wurde gerade im Rheinland mit seiner großen, in zahlreichen Archiven vielfältig dokumentierten, aber bis dahin nur wenig nach wissenschaftlichen Grundsätzen erforschten Vergangenheit schmerzlich empfunden. Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts waren Landesgeschichte und Nationalgeschichte in Deutschland noch einigermaßen gleichwertig nebeneinander betrieben worden. Wie Rudolf Kötzschke bemerkte, wechselte ihre »Anziehungskraft je nach der politischen Lage und den Antrieben in der geschichtlichen Wissenschaft«, doch haben sich beide Richtungen aufgrund dieses Spannungsverhältnisses stets gegenseitig ergänzt und methodisch befruchtet.2 In den Formen einer politisch verstandenen, dynastisch gefärbten 1 Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 4. 2 Kötzschke, Nationalgeschichte und Landesgeschichte, bes. S. 15. Zu den Problemen und Aufgaben der Landesgeschichte in Deutschland kann die umfassende Literatur hier unmöglich vorgeführt werden  ; außer dem genannten Sammelband von Pankraz Fried und seiner Einleitung vgl. hierzu die einschlägigen Arbeiten von Hermann Aubin, zusammengetragen von Franz Josef Arthen, in  : Aubin, Grundlagen und Perspekti­ ven  ; ferner die regionalen Übersichten von Karl Bosl, Edith Ennen, Franz Petri, Walter Schlesinger und

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

Territorialgeschichte erreichte die Landesgeschichte in den deutschen Einzelstaaten gegen Ende des 18. Jahrhunderts sogar einen Höhepunkt ihres Ansehens und war an allen bedeutenden Universitäten vertreten.3 Zu Beginn des 19. Jahrhunderts führten die so genannten Befreiungskriege und die Hoffnungen sowohl des liberalen wie des romantisch geprägten katholischen deutschen Bildungsbürgertums auf eine Einigung Gesamtdeutschlands jedoch zu einer eindeutigen Bevorzugung der Nationalgeschichte, insbesondere der des deutschen Mittelalters, in der viele ein Vorbild für die angestrebte neue Reichsbildung erblickten. Vor diesem Hintergrund konnte eine Landesgeschichte, die von den Territorien statt vom Reich ausging, nur überflüssig oder gar hinderlich erscheinen, obwohl gerade sie, etwa mit Justus Mösers »Osnabrückischer Geschichte« von 1768, viel zur Entstehung des nun in den Vordergrund getretenen Nationalbewusstseins beigetragen hatte. Führende Historiker des frühen 19.  Jahrhunderts wie Leopold von Ranke oder August Ludwig Heeren neigten überdies eher dazu, Nationalgeschichte zur Weltgeschichte zu erweitern, als sie auf ihre landesgeschichtlichen Fundamente zurückzuführen.4 Viele der landesgeschichtlichen Werke, die in der ersten Hälfte des Jahrhunderts in Deutschland entstanden, stammten aus der Feder von Archivaren und Bibliothekaren und verfolgten den politischen (Neben-) Zweck, den 1815 neugebildeten oder wiederhergestellten deutschen Einzelstaaten »die geschichtliche und staatsrechtliche Legitimation zu geben«.5 Die Bezeichnungen »Provinzial-« oder gar »Partikulargeschichte«, mit denen die Gegner des Partikularismus von 1870 die Landesgeschichte belegten, waren deshalb meist recht abschätzig gemeint.6 Die Erforschung der deutschen Nationalgeschichte steht auch am Beginn eines Projektes, das wie kein anderes die Veröffentlichung historischer Schriftquellen in Deutschland angeregt und beflügelt hat  : der »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« des Freiherrn Karl vom Stein. In seinen politischen Hoffnungen auf Wiederherstellung des Alten Reiches durch den Wiener Kongress enttäuscht und von romantischer Begeisterung für das deutsche Mittelalter beflügelt, trug sich der Reichsfreiherr Karl Heinrich vom Stein (1757–1831) bereits Fred Schwind in den »Rheinischen Vierteljahrsblättern« 34 (1970), bei Sante, Allgemeine Geschichte und Landesgeschichte und Veit-Brause, The Place of Local and Regional History. 3 Der Begriff »Landesgeschichte« wird im Folgenden sowohl im Sinne der älteren (politischen) Territorialge­ schichte deutscher Einzelstaaten wie in der vor allem durch Hermann Aubin geprägten Bedeutung der Geschichte einzelner »Kulturräume« benutzt, wobei es gegenüber den volkstumsideologischen Implikatio­ nen der Aubinischen Lesart Distanz zu wahren gilt. »Provinzial-« oder »Regionalgeschichte« meint die Geschichte der preußischen Provinzen oder anderer, im 19. Jahrhundert neu geschaffener Verwaltungseinheiten oder Wirtschaftsräume größeren Umfangs. 4 Allerdings hat gerade Ranke unmissverständlich auch auf die Bedeutung der Territorialgeschichte für die Gesamtgeschichte hingewiesen und sich selbst mit preußischer Geschichte beschäftigt  ; vgl. Kötzschke, Nationalgeschichte und Landesgeschichte, S. 21. 5 Schieder, Partikularismus, S. 33. 6 Vgl. Veit-Brause, »Partikularismus«, bes. S. 754 ff.

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Nationale und regionale »Monumenta«

seit 1815 mit der »Idee eines Vereins zur Bearbeitung der Quellenschriftsteller«7 dieser Zeit. Aus ihr entstand in Zusammenarbeit Steins mit dem bayerischen Bundestagsgesandten Johann Adam von Aretin und einigen weiteren Standesgenossen am 20. Januar 1819 in Frankfurt zunächst eine »Zentraldirektion«, aus dieser dann durch Hinzunahme von Archivaren und Historikern am 12.  Juni die »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde«, deren patriotische Ziele und wissenschaftliche Publikationsmethoden zum Vorbild fast aller späteren Gründungen dieser Art in Deutschland geworden sind.8 Denn es ging der neuen Gesellschaft darum, durch eine »Gesamtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters« – so Stein – den »Geschmack an der deutschen Geschichte zu beleben, ihr gründliches Studium zu erleichtern und hierdurch zur Erhaltung der Liebe zum gemeinsamen Vaterland und des Gedächtnisses unserer großen Vorfahren beizutragen«, oder genauer  : durch Bereitstellung zuverlässig gedruckter Quellen ein solches Studium überhaupt erst möglich zu machen.9 Auch der durch Stein selbst ausgewählte Wahlspruch »sanctus amor patriae dat animum«, der heute noch die Veröffentlichungen der »Gesellschaft« ziert, deutet auf das patriotische Movens bei dieser frühen Gründung hin. Steins Anregung, nach ähnlichem Prinzip auch regionale Publikationsgesellschaften aufzubauen, blieb dagegen ein halbes Jahrhundert lang unerfüllt. An der Spitze der »Gesellschaft« stand die schon genannte, aus Stein und seinen adeligen Mitgründern bestehende »Zentraldirektion«, in deren Auftrag sich ein »Redakteur«, später »Direktor«, und ein geschäftsführender Sekretär um die wissenschaftliche Publikationsarbeit kümmerten. Bestimmungen über ihre Ergänzung gab es nicht und so löste sie sich nach dem Tode Steins und dem Fortgang seiner Standesgenossen von selbst auf. Bis zu ihrer Reorganisation und Umwandlung in ein mittelbares Reichsinstitut unter Georg Waitz 1875 blieben die »Monumenta Germaniae Historica«, wie das ganze Unternehmen bald nach dem Titel seiner Publikationen genannt wurde, danach lange Zeit ihrem wissenschaftlichen Leiter Johann Heinrich Pertz (1795–1876) und ihrem Sekretär Johann Friedrich Böhmer (1795–1863), einem Frankfurter Archivar aus sehr wohlhabender Kaufmannsfamilie, allein überlassen. 7 Bresslau, Geschichte der Monumenta Germaniae Historica, S.  4. Zur Vorgeschichte der »Monumenta Germaniae Historica« außerdem Winter, Vorgeschichte, und Aretin, Beziehungen der Gesellschaft. 8 Die Gründung der eigentlichen Gesellschaft geht auf einen Vorschlag Aretins zurück, der die Dauer des Unternehmens auf »wenigstens zehen bis zwanzig Jahre« veranschlagte (!) und eine »perennierende Kongre­ gation« vermisste, die der Zentraldirektion allgemeine Teilnahme und zugleich finanzielle Unterstützung sichern sollte. Die Gesellschaft sollte »teils aus Mitarbeitern, teils aus Beförderern des Unternehmens bestehen, von welchen letzteren wieder einige durch Mitteilung der Quellen, andere durch Geldbeiträge das Unternehmen unterstützten«. Denkschrift von Aretins vom 1.2.1819, abgedruckt bei Aretin, Beziehungen der Gesellschaft, Anhang S. 367 f. 9 Statute der Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde, S. 80  ; auch bei Bresslau, Geschichte der Monumenta, S. 38. Die Aussage Steins nach Grundmann, Monumenta, S. 1.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

Zu Mitgliedern und zugleich Mitarbeitern der »Gesellschaft« ernannte die Zentraldirektion überall in Deutschland verdiente Gelehrte und Archivkenner, von denen sie dann Abschriften für ihre Veröffentlichungen erwartete. Allerdings erfuhren manche der Beglückten erst durch Zufall von dieser Ehre. Noch 1830 war es Pertz und B ­ öhmer nicht möglich, ein vollständiges Mitgliederverzeichnis zusammenzustellen.10 Ähnlich unübersichtliche Verhältnisse herrschten lange Zeit auch bei der Finanzierung der »Gesellschaft«. Stein, der seine Gründung von partikularstaatlichen Einflüssen möglichst unabhängig halten wollte, hatte dazu vor allem auf »den patriotischen Gemeinsinn und auf das Verständnis der reichen Großgrundbesitzer«, nicht zuletzt auch in seiner eigenen engeren Heimat Westfalen, gehofft, die er vorzugsweise als beitragende Mitglieder ins Auge gefasst hatte.11 Deren Spendenfreudigkeit erwies sich aber selbst bei persönlichen Besuchen als sehr begrenzt. Da der adelsstolze Freiherr weder von den jüdischen Frankfurter Bankiers noch gar von ausländischen Regierungen, etwa dem ihm dankbaren Zaren Alexander I. von Russland, Unterstützungen annehmen wollte, die Kosten andererseits weit höher waren als erwartet, glaubte Stein schon im Frühjahr 1821 »an den Untergang des ganzen Unternehmens aus finanziellen Gründen«.12 Nur gelegentliche Spenden und einzelne Beiträge von Bundesstaaten, die in der Not natürlich doch angenommen wurden, haben den »Monumenta« danach bis zu ihrer Übernahme in den Reichsetat das Überleben ermöglicht. Der britische Historiker M. D. Knowles nannte sie deshalb zwar bewundernd »a focus of technical scholarship unequalled even in Germany«, wegen ihrer wirren äußeren Organisation und des Fehlens jeglicher Kontrolle der sich selbst ernennenden Zentraldirektion durch die Mitglieder aber auch »a society of straw«.13 Aber nicht diese etwas desolate äußere Organisation der Anfangsjahre hat die »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« zum späteren Vorbild aller ähnlichen Publikationsunternehmen gemacht, sondern zum einen die umfassende, von vornherein auf mehrere Jahrzehnte, ja vielleicht »mehr als ein Menschenalter« (von Aretin) angelegte Systematik ihrer Veröffentlichungen und zum anderen deren wissenschaftliche Qualität. Denn es waren die »Monumenta«, die unter Pertz und seinen Nachfolgern, zum Teil selbst Ranke-Schülern, die von diesem entwickelte »historisch-kritische« Methode der Geschichtsschreibung konsequent auf die Veröffentlichung von Quellen angewandt und einschließlich der dazu nötigen »Grundwissenschaften« wie Urkundenlehre, historische Zeitrechnung, Schrift- oder Siegelkunde in der Praxis weiterentwickelt haben. Verfasser und Überlieferungsgang eines Quellentextes genau zu verfolgen, verschiedene Abschriften und Textvarianten miteinander zu vergleichen und echte Stücke aufgrund 10 11 12 13

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Aretin, Beziehungen der Gesellschaft, S. 364  ; Bresslau, Geschichte der Monumenta, S. 146. Bresslau, Geschichte der Monumenta, S. 26 f. Bresslau, Geschichte der Monumenta, S. 26 f. Knowles, The Monumenta Germaniae Historica, S. 129 u. 131.

Nationale und regionale »Monumenta«

innerer (inhaltlicher) oder äußerer (materieller) Kriterien von falschen oder »verunechteten« zu unterscheiden, erforderte einen weitaus größeren Editionsaufwand als bei den zumeist unkritischen Quellenausgaben älterer Art. Auch die Ausführung dieser Arbeiten durch besoldete wissenschaftliche Mitarbeiter (»gelehrte Gehilfen«), die 1836 unter Pertz einsetzte und die Herausgeber selbst von viel Kleinarbeit entlastete, haben spätere Gesellschaftsgründungen von den »Monumenta« übernommen. Schließlich hat auch das »Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde«, das seit 1820 bis heute erscheint14, anderen Publikationsunternehmungen Schrittmacherdienste geleistet. Denn in ihm besaß die »Gesellschaft« eine regelmäßig erscheinende Zeitschrift, die ihre Quellenpublikationen begleitete und Raum zur Diskussion editorischer Fragen oder auch für ergänzende Aufsätze zum Inhalt der veröffentlichten Quellen bot. Die eigene Zeitschrift gehört seitdem zur Ausstattung fast jeder landesgeschichtlichen Publikationseinrichtung und aller größeren Geschichtsvereine  ; lediglich die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« hat aus Gründen, die noch zu erörtern sein werden, darauf verzichtet. Dem Vorbild der »Monumenta« ist im Laufe des Jahrhunderts eine Flut von Quellenveröffentlichungen, wenn auch nicht immer auf dem gleichen wissenschaftlichen Stand, gefolgt. Außer zahlreichen Einzelforschern, zumeist Archivaren oder Gymnasialprofessoren, betätigten sich zunächst vor allem die staatlichen Archive auf diesem Feld. Als Beispiele genannt seien hier nur die von 1848 bis 1863 erschienene »Quellensammlung der badischen Landesgeschichte« des Archivars Franz Joseph Mone (1796–1871), das seit 1849 in elf Bänden erschienene »Wirtembergische Urkundenbuch« des Staatsarchivs Stuttgart oder – als späte, dafür aber methodisch umso ausgereiftere Frucht – die von Heinrich von Sybel 1878 nach französischen und belgischen Vorbildern begründeten »Publikationen aus den preußischen Staatsarchiven« genannt.15 Auch historische Museen wie das 1852 begründete Germanische Nationalmuseum in Nürnberg zählten die Veröffentlichung von Quellen, »welche ein allgemeines nationales Interesse darbieten«, zu ihren Aufgaben.16 Neben den Publikationen mit vollem Quellentext erschienen auch Regestenwerke wie die »Regesta Boica« (1822–1854) des bayerischen Ritters von Lang oder Böhmers »Regesta Imperii« seit 1844. 14 Von 1876 bis 1935 unter dem Titel »Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde«, seit 1937 als »Deutsches Archiv für Geschichte (ab Bd. 8  : »für Erforschung«) des Mittelalters«. 15 Nach Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 161 »eine Großform deutscher Archivausschöpfung«  : Zwischen 1878 und 1938 erschienen insgesamt 94 Bände. 16 Satzung des Germanischen Nationalmuseums vom 22.5.1969, § 4. Deneke / Kahsnitz (Hgg.), Das Germanische Nationalmuseum, S. 954. In § 6b der ersten Satzung vom 1.8.1852 wird dem Museum auferlegt, »aus dem Gesamtquellenschatz das Vorzüglichste und Wesentlichste durch Veröffentlichung in die Hände des gelehrten Publikums zu legen, anschließend an die Monumenta der Frankfurter Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde, daher vorzugsweise die von derselben nicht berücksichtigten Zweige deutscher Geschichtswissenschaft … berücksichtigend« (ebd., S. 951).

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

Die mannigfachen Versuche wissenschaftlicher Akademien, sich direkt mit der Veröf­ fentlichung größerer Aktenpublikationen in Gemeinschaftsarbeit zu befassen, sind dagegen mit wenigen Ausnahmen gescheitert. Denn die deutschen Akademien des 18. und 19. Jahrhunderts waren vor allem als Diskussionsforen freier Gelehrter der verschiedens­ ten Fachrichtungen und nicht, wie etwa in Russland seit Katharina II., als staatliche Forschungsbehörden organisiert. Als bloße »Gelehrtenvereine« (Heimpel) sind sie aber zu Trägern wissenschaftlicher Großunternehmen weniger geeignet, weil sie eben nicht »Vereine von Fachleuten« sind.17 Wohl aus diesem Grund ist auch die von Ranke im September 1867 zur Rettung und Fortführung der »Monumenta« angeregte Gründung einer »Deutschen Akademie« in Weimar als Publikationsinstitut niemals zustande gekommen.18 Doch hatte Ranke bereits ein Jahrzehnt zuvor die Lösung gefunden, wie sich auch in Akademien wirksam arbeitende Publikationsinstitute einrichten ließen. Die Lösung bot eben nicht die Gesamtakademie, sondern die Errichtung von spezialisierten Fachkommissionen, deren Mitglieder zwar fachlich kompetent, aber keineswegs sämtlich Akademiemitglieder sein mussten.19 Als älteste und bekannteste deutsche Fachkommission auf historischem Gebiet stiftete der bayerische König Maximilian II. auf Empfehlung Rankes und mit Sybels organisatorischer Hilfe 1858 die »Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften«, die die Arbeit der »Monumenta« auf dem Gebiet der frühneuzeitlichen Geschichte fortsetzen sollte.20 Ihr Hauptarbeitsfeld war demgemäß die Veröffentlichung der deutschen Reichstagsakten des 16. bis 18.  Jahrhunderts, doch hat sie später auch Quellen des 19. und 20.  Jahrhunderts publiziert und andere historische Großunternehmungen wie die Herausgabe der »Allgemeinen Deutschen Biographie« (ADB) und der »Neuen Deutschen Biographie« (NDB) durchgeführt. Mit den »Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16.  Jahrhundert«, in deren Rahmen auch verschiedene Kölner Chroniken veröffentlicht worden sind21, mit den »Hanserezessen«, den »Wittelsbachischen Korrespondenzen« und einer Pfalzgeschichte hat sie gleichzeitig schon früh in das Gebiet der Landesgeschichte, mit einem bayerischen Wörterbuch später auch in das der Dialektgeographie, hinübergewirkt. 17 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 156. 18 Grundmann, Monumenta, S. 5 und Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 158. 19 Auf eine Kurzformel hatte schon ein frühes Gutachten der »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« an den preußischen Staatskanzler von Hardenberg dieses Problem gebracht, in dem es hieß, Akademien seien als Publikationsanstalten ungeeignet, weil sie einerseits zu viele Mitglieder umfassten, die »einem so speziellen Gegenstande wie die deutsche Geschichte gänzlich fremd sind«, andererseits aber zu wenige, »weil die beabsichtigten historischen Arbeiten zu viele Mitarbeiter erfordern und viele zu ihnen vortrefflich tauglich sein würden, die einer Akademie nicht wohl einverleibt werden könnten«  ; damit wurde zum ersten Mal die Figur des wissenschaftlichen Mitarbeiters skizziert. Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 157. 20 Vgl. Schnabel, Die Idee und die Erscheinung  ; Ritter, Über Gründung, Leistungen und Aufgaben  ; Schieder, Organisation. 21 Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, hg. v. Karl Hegel. Bde. XII–XIV  : Die Chroniken der niederrheinischen Städte. Cöln, bearb. von Hermann Cardauns, Leipzig 1875–1877.

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Nationale und regionale »Monumenta«

Die Kosten der Kommission wurden von Anfang an nicht durch private Spenden, sondern aus Mitteln des bayerischen Königs und nach 1918 des bayerischen Staates aufgebracht. Der König war es auch, der ihre Mitglieder auf Empfehlung ihrer Plenar­ versammlung aus dem Kreis aller deutschsprachigen Gelehrten, nicht etwa nur der bayerischen oder der Akademiemitglieder, ernannte. Lediglich Vorstand und Sekretär der Kommission mussten zugleich Akademiemitglieder sein.22 Ähnlich wie die »Monumenta« arbeitete also auch die »Historische Kommission« deshalb mit Erfolg, weil sie aus Fachleuten bestand und Arbeit an besoldete Mitarbeiter delegieren konnte. Ihr Name ist später der Begriff für eine Organisationsform geworden, die vor allem in der landesgeschichtlichen Forschung große Verbreitung fand. Denn die Entwicklung der Nationalgeschichte und ihrer Quellenveröffentlichungen, die wir bis jetzt verfolgt haben, war ja nur der eine, allerdings wissenschaftlich führende Strang der deutschen Geschichtsforschung des 19. Jahrhunderts. Weniger auf den Kathedern der Universitäten und in den großen Publikationsunternehmungen als in zahllosen Geschichts- und Altertumsvereinen und in den kleineren Regionalarchiven wurde daneben aber auch die Landesgeschichte weiter gepflegt und hat dabei ihre von der akademischen Wissenschaft allerdings zunächst kaum zur Kenntnis genommene Weiterentwicklung gefunden.23 Schon die aus dem Geist der Aufklärung entstandenen »Patriotischen Gesellschaften« des 18. Jahrhunderts, deren erste 1724 in Hamburg entstand24, hatten sich neben ihren »nützlichen« Forschungen zur Verbesserung von Ackerbau, Handel und Gewerbe auch mit landes- und ortsgeschichtlichen Fragen befasst. Vor allem betrieben sie germanische und – im Westen Deutschlands – römische Archäologie und stellten die gemachten Funde oft in eigenen Museen aus. In der »Gesellschaft für nützliche Forschungen« zu Trier, die 1801 unter französischer Verwaltung gegründet wurde, lebt auch im Rheinland noch ein angesehenes Beispiel jenes frühesten Typs landesgeschichtlicher Vereine fort.25 In den etwas später entstehenden Lesegesellschaften wurden neben philosophischen und literarischen auch historisch-politische Schriften besprochen. Auch sie waren deshalb noch keine Geschichtsvereine im engeren Sinne, haben aber neben dem Abbau von Standesschranken auch den Blick des in ihnen vereinigten Adels und Bürgertums für historisch-politische Verhältnisse und Entwicklungen geschärft. Die Bedeutung der Ende 1787 gegründeten Bonner Lesegesellschaft, die ebenfalls noch heute fortbesteht (»Lese«), für das rheinische Geistesleben und sein Geschichtsbewusstsein ist mehrfach gewürdigt worden.26 22 Schnabel, Die Idee und die Erscheinung, S. 7 ff.; Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 165 f. 23 Schnabel, Ursprung der vaterländischen Studien  ; Heimpel, Geschichtsvereine. 24 Vgl. Hunrig, Die Patriotischen Gesellschaften, S. 14 ff. 25 Reidel, Gesellschaft für nützliche Forschungen. 26 Vgl. schon Braubach, Ein publizistischer Plan  ; Ruckstuhl, Lese- und Erholungsgesellschaft  ; Dann, Anfänge demokratischer Traditionen.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

2.2 Die Perspektive und Rolle der Vereine

Der Vormärz, also in erweiterter Erfassung die Phase zwischen 1815 und 1848, war dagegen die große Zeit der Geschichts- und Altertumsvereine, deren erster, der »ThüringischSächsische Verein für Erforschung des vaterländischen Altertums und Erhaltung seiner Denkmale«, 1819 und damit nicht zufällig im gleichen Jahr wie die »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« entstand. 1821 folgte ihm als erster Verein dieser Art der »Verein für nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung« in Wiesbaden, 1824 der »Verein für Geschichte und Altertumskunde Westfalens«  ; für das Jahr 1845 zählte Franz Schnabel »schon gegen 60« Vereine dieser Art.27 Wenn zu Beginn des thüringischen Vereins die nationalromantisch motivierte »vaterländische Geschichtsforschung« und die Berufung auf die Gesellschaft des Freiherrn vom Stein im Vordergrund standen, zumal es sich um eine Gründung mit starker akademischer Beteiligung handelte, so hingen doch auch die späteren »vormärzlichen« Geschichtsvereine (Heimpel) überwiegend gleichzeitig einem großdeutschen und partikularstaatlichen, aber keinesfalls einem kleindeutsch-nationalliberalen Vaterlandsbegriff an.28 Dementsprechend konzentrierte sich ihr sachliches Interesse ganz auf die frühgeschichtliche oder provinzialrömische Vergangenheit ihrer engeren Heimat, die sie durch gemeinsame Ausgrabungen, Sammlung und Ausstellung von Bodenfunden zu erkunden versuchten. Hermann Heimpel hat ihre Tätigkeit deswegen und im Hinblick auf die »zählebigen Gymnasialdirektoren«, die als »Vereinsmonarchen« oft lange Jahrzehnte an ihrer Spitze standen, eine »Fortsetzung des humanistischen Gymnasiums im Gelände« genannt.29 Ihre Mitglieder waren nur selten Historiker vom Fach, was durchaus zu Spott von Seiten mancher Universitätsprofessoren führte. Das war nicht ganz gerecht, denn vielfach ersetzten diese Laien durch Orts- und Berufskenntnis oder durch Begeisterung für die Sache das, was ihnen an historischer Fachbildung fehlte.30 Für die Erforschung der deutschen Vorzeit, insbesondere des römischen Limesverlaufs, und für die Verbreitung eines allgemeinen Interesses an historischen Fragen haben diese Vereine mit ihren regelmäßigen Zusammenkünften, ihren Vereinsbibliotheken und ihrem Zeitschriftenwesen vieles getan. Einige von ihnen pflegten auch von Anfang an ein 27 Schnabel, Ursprung der vaterländischen Studien, S. 21  ; Heimpel, Geschichtsvereine, S. 49 f. 28 Gegen Heimpel, der die vormärzlichen Vereine wegen ihrer besonders in Süddeutschland engen Bindungen an die einzelstaatlichen Regierungen und ihrer honoratiorenhaften Heimatverbundenheit für partikularistisch hält, jetzt mit dem Hinweis auf ihre immer wieder betonten »vaterländischen« Ziele Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. XVI. Hierzu sollte jedoch bemerkt werden, dass großdeutscher und einzelstaatlicher Patriotismus im 19. Jahrhundert keine Widersprüche darstellen, wohl aber diese beiden und der national­ liberale Nationsbegriff. 29 Heimpel, Geschichtsvereine, S. 63. Vielfach herrschte auch die Meinung, historische Urkundenforschung bedürfe zwar des Fachmannes, die Bodenforschung dagegen nicht. 30 Vgl. Pabst, Landesgeschichte, S. 32.

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höheres wissenschaftliches Niveau, wie der am 1. Oktober 1841 in Bonn gegründete »Verein von Altertumsfreunden im Rheinland«, dessen gleichzeitig begründete Zeitschrift unter dem Titel »Bonner Jahrbücher« noch heute erscheint. In einer Universitätsstadt wie Bonn konnte sich ein solcher Verein auch akademischer Mitwirkung erfreuen. Aber auch er beschäftigte sich vornehmlich mit der Erhaltung und Erklärung antiker Monu­ mente und den Anfängen eines Denkmalschutzes im Rheinland  ; die mittel­alterliche Provinzialgeschichte trat dahinter weit zurück.31 Auf die politische Rolle dieser Vereine, die vor allem in Bayern und Baden ähnlich wie die dortige Landesgeschichtsschreibung als Integrationsfaktoren im partikularstaatlichen Sinne wirkten und deshalb in hohem Maße staatlich gefördert wurden, kann hier nicht eingegangen werden. Auch in Preußen galten sie im Gegensatz zu den Sänger- und Turnerbünden, denen man »demokratische« Neigungen nachsagte, als konservativ, staatserhaltend und deshalb förderungswürdig. Es war aber nicht nur dieser konservative und häufig gouvernementale Charakter, der sie in und nach der Revolution von 1848 stark zurückgehen ließ. Die zunehmende Bedeutung der Urkundenforschung im Verein mit ihrer Verwissenschaftlichung durch Rankes kritische Methode bewirkte zugleich eine Professionalisierung der Geschichtsforschung, die die akademisch gebildeten Fachleute in den Vordergrund schob und dem Laienelement der älteren Geschichtsvereine allmählich den Boden entzog. Denn bei allem Respekt vor der Leistung der Beteiligten konnten so idyllische Methoden der Urkundenforschung, wie sie das Vorwort zum Lübecker Urkundenbuch von 1843 schildert32, in der zweiten Jahrhunderthälfte keine dem Stand der historischen Wissenschaften entsprechenden Ergebnisse mehr bringen. Solche Arbeiten erforderten mehr und mehr Fachhistoriker, wie sie an den gleichzeitig entstehenden historischen Seminaren der Universitäten ausgebildet wurden und in Gestalt beamteter Archivare oder zumindest im Urkundenwesen versierter Gymnasiallehrer vor allem in den Vorständen der Vereine zusehends an Boden gewannen. Die immer schon bestehenden Spannungen zwischen Laien und Fachhistorikerinnen und -historikern wurden dadurch verstärkt und zwangen die Vereine, nach Lösungen zu suchen, die den Interessen und Anforderungen beider Seiten entgegenkamen. Trotz aller Schwierigkeiten im Einzelnen haben die älteren Geschichtsvereine in dieser Lage zumeist ihre Grenzen erkannt und erfolgreich nach organisatorischen Formen gesucht, die es ihnen ermöglichten, »nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen 31 Schnabel, Ursprung der vaterländischen Studien, S. 21  ; Heimpel, Geschichte der Deutschen Geschichtsvereine, S. 291  ; vgl. auch die aufschlussreiche Arbeit von Stetter, Die Entwicklung der Historischen Vereine in Bayern. 32 »Neue rüstige Mitglieder traten, von Liebe zur Sache getrieben, dem Vereine bei. Alle legten Hand an  ; in den Versammlungen wurden die den Archiven entnommenen Urkunden zur Fertigung der Abschriften verteilt, demnächst die gefertigten collationiert und zweifelhafte Punkte besprochen.« Zit. nach Heimpel, Geschichte der Deutschen Geschichtsvereine, S. 301  ; Grundsätzliches zum Verhältnis von Laien und Fachhistorikern in den Vereinen bei Dems., Geschichtsvereine einst und jetzt, S. 56.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

die wichtigsten regionalen Quellen zu edieren und übergreifende landesgeschichtliche Darstellungen zu verfassen«.33 Schon die Änderung vieler Vereinsnamen, aus denen Begriffe wie »Altertum« verschwanden und durch »Geschichte« allein ersetzt wurden, deutet diesen allgemeinen Umschwung von der Boden- zur Urkundenforschung und Quellenedition an. Der Entschluss zur Herausgabe eines Urkundenbuchs bedeutete ja selbst schon einen wesentlichen Schritt zur Professionalisierung eines Vereins und zur allmählichen Verwissenschaftlichung seiner Tätigkeit. Auch die Gründung besonderer populärer Vereinsblätter neben gelehrten Zeitschriften und die Entstehung von Heimatvereinen sind Symptome für eine stärkere Trennung von Wissenschaft und Laientum in den Geschichtsvereinen nach der Jahrhundertmitte. Die meisten von ihnen legten sich nun einen wissenschaftlichen Vorstand oder zumindest aus Fachhistorikern gebildete wissenschaftliche Beiräte oder Kommissionen zu, die fortan für den Inhalt und damit das wissenschaftliche Niveau der Vereinspublikationen verantwortlich zeichneten. Bei den späteren großen Vereinsgründungen nach 1850, die für das Rheinland im folgenden Abschnitt geschildert werden, sind diese Gesichtspunkte meist von vornherein berücksichtigt worden. Ein weiteres Problem der kleinen Lokalvereine, die um 1850 mit der Herausgabe örtlicher Urkundenbücher und ähnlicher Quellensammlungen begannen, lag in der engen geographischen Beschränkung ihres Arbeitsfeldes, die übergreifende Veröffentlichungen fast unmöglich machte. Daran konnte auch der Zusammenschluss zahlreicher Vereine zum »Gesamtverein deutscher Geschichts- und Altertumsvereine« 1852 in Dresden und Mainz wenig ändern.34 In seinen stark besuchten jährlichen Generalversammlungen, die von Geschichtsvereinen des gesamten deutschen Sprachraums von Luxemburg bis Siebenbürgen frequentiert wurden, demonstrierte der Gesamtverein zwar die Breite und Tiefe des landesgeschichtlichen, ja überhaupt historischen Interesses in Deutschland eindrucksvoll. Aus der nationalen Perspektive gesehen verwirklichte er auch »das großdeutsche Traumreich in der Welt der vaterländischen Studien«.35 Als Publikationsinstitut für Quelleneditionen war der Gesamtverein jedoch noch weniger geeignet als die in ihm zusammengeschlossenen Einzelvereine. Als reiner Dachverband besaß er lange keine eigene Organisation. Seine Geschäfte wurden von ständig wechselnden »Vororten« aus durch den jeweiligen örtlichen Geschichtsverein oder Archivar geführt. In seinen drei Sektionen Archäologie, Kunst des Mittelalters und Geschichte wollte er den Vereinen vor allem Diskussionsgelegenheit bieten. Außerdem konnte er Einzelvorhaben der Vereine koordinieren und durch Erarbeitung wissenschaftlicher 33 Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen, S. 3. 34 Hoppe, Einhundert Jahre Gesamtverein, S.  3 ff.; Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S.  213  ; Ders., Aus der Geschichte der deutschen Geschichtsvereine, S.  296 f.; Wendehorst, 150 Jahre Gesamtverein. 35 Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. XVII.

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Richtlinien eine gewisse Normierung und damit Vergleichbarkeit der Veröffentlichungen verschiedener Herkunft in die Wege leiten. Das leistete er in der Tat durch sein »Korrespondenz-Blatt«36, durch immer wiederkehrende Diskussionen auf seinen Generalversammlungen und vor allem durch die »Konferenz landesgeschichtlicher Publikationsinstitute«, die auf Initiative Karl Lamprechts auf dem Leipziger Historikertag von 1896 im Rahmen des Gesamtvereins entstand. Die Veröffentlichung eigener Quellensammlungen betrachtete er dagegen nie als seine Aufgabe37, obwohl die vermehrte Edition von Urkundenbüchern und landschaftlichen Regestenwerken auf seinen Tagungen immer wieder gefordert wurde. Nicht nur die große Zahl der zwischen 1850 und 1879 gegründeten Geschichtsvereine, die Hermann Heimpel in seiner bekannten Periodisierung bereits zu der Kategorie »der Organisation und der Wissenschaft« zählt, kennzeichnete den Aufschwung, den die lan- Abb. 5 »Korrespondenzblatt des Gesamt­ desgeschichtliche Forschung Deutschlands in vereins der deutschen Geschichts- und der zweiten Jahrhunderthälfte nahm. Hand Altertumsvereine«, Vorwort im Probeblatt, 1852. in Hand mit ihrer Professionalisierung ging ebenso, insbesondere seit der Reichsgründung von 1871, ihre auch in den Vereinen personell spürbare Wiederannäherung an die Universitätswissenschaft. Nachdem das politische Ziel der Reichseinigung erreicht war, schien nun auch seitens der nationalliberalen Historiker »eine freiere und gerechtere Beurteilung der Entstehung der territorialen Einzelstaaten« (Rudolf Kötzschke) und der Provinzialgeschichte möglich zu werden.38 36 Das »Correspondenz-Blatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine« (ab Jg. 1853) wurde nach dem Zweiten Weltkrieg unter dem Titel »Blätter für deutsche Landesgeschichte« (ab Jg.  88 /  1951) fortgeführt. 37 Diese Aufgabe blieb 1852 zunächst dem Germanischen Nationalmuseum überlassen, dessen Gründung in engem Zusammenhang mit der des Gesamtvereins stand. Vgl. Burian, Nationalmuseum, S. 131 f. 38 Kötzschke, Nationalgeschichte und Landesgeschichte, S.  25. Das entgegengesetzte Urteil von Keyser, Deutsche Landesgeschichte, S.  252, die deutsche Geschichtswissenschaft habe sich auch nach 1871 »mit voller Absicht und einer gewissen Rücksichtslosigkeit« über die Geschichte der deutschen Länder hinweggesetzt, zielt ebenso wie das von Kötzschke auf die politische Territorialgeschichte der nichtpreußischen Bundesstaaten, trifft aber für die preußische Provinzialgeschichte und die des Rheinlandes kaum zu.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

Umgekehrt hat sich aber auch die landesgeschichtliche Forschung der kleindeutschen Geschichtsauffassung angepasst, indem sie sich nicht mehr als Vertreterin einer Partikulargeschichtsschreibung älterer Art betrachtete, sondern, wie es 1881 bei der Gründung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« hieß, »in Anlehnung an die universale Tendenz der einheimischen Universität« ihre Arbeiten als »wertvolle Beiträge zur vaterländischen Geschichte überhaupt« auszuführen gedachte.39 Auch die höheren Organisationsformen der allgemeinen Geschichtsforschung wurden nun umso eher von der Landesgeschichte übernommen, als sie einen Zusammenschluss der Einzelkräfte, die Übertragung aller fachwissenschaftlichen Arbeiten an ausgebildete Historiker und eine sicherere Finanzierung auch größerer Projekte aus öffentlichen und privaten Mitteln erlaubten. Als Vorbilder, wenn auch unterschiedlicher Struktur, werden dabei stets die »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« und die »Historische Kommission« in München genannt. Ein erster Schritt in diese Richtung war 1870 die Gründung des »Hansischen Geschichtsvereins«, der, von einzelnen Mitgliedern bestehender Lokalvereine und den Archivaren der drei großen Hansestädte Lübeck, Hamburg und Bremen geschaffen, sich auf die reichen materiellen Mittel dieser Städte und ihrer Bürgerschaft stützen konnte40 und auch organisatorisch von vornherein auf die Herausgabe solcher Großveröffentlichungen zugeschnitten war. Die Mischung von hanseatischem Großbürgertum und historischer Fachwissenschaft, die lange Zeit die Atmosphäre des Vereins und vor allem seines Vorstands bestimmte, wirkte über die Persönlichkeit des Kölner Stadtarchivars Konstan­ tin Höhlbaum (1849–1904) mit Sicherheit auch in die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« hinüber. Gründungsvorbilder des »Hansischen Geschichtsvereins« waren nicht historische Vereine herkömmlicher Art, sondern die »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« und die Münchner »Historische Kommission« gewesen. An seinen Statuten hatte Georg Waitz (1813–1886) wesentlich mitgewirkt und die dominierende Rolle der Fachhistoriker in allen wissenschaftlichen Fragen war von Beginn an sichergestellt. Allerdings hat gerade der Brauch, den Vorsitz des aus Universitätsprofessoren, Archivaren und höheren Verwaltungsbeamten bestehenden Vorstands in die Hände eines Angehörigen der letzteren Gruppe zu legen und damit »etwaigen Querelen eigenbrötlerischer Gelehrter« zu entziehen, sich auch in den Augen der Wissenschaftler »trefflich bewährt«.41 Nach seiner Struktur, nach seiner überörtlichen Bedeutung und der Qualität seiner bald erscheinenden Veröffentlichungen lässt sich der »Hansische Geschichtsverein« bereits als Übergangsform vom historischen Verein zu den späteren Historischen Kommissionen für Landesgeschichte bezeichnen  ; sein Geschichtsschreiber 39 Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 4. 40 Jedoch traten zunehmend auch Städte als korporative Mitglieder ein. Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 8 und 27 ff. 41 Zit. Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 25.

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Die Perspektive und Rolle der Vereine

Ahasver von Brandt nannte ihn deshalb auch eine »Doppelheit von historischem Verein und wissenschaftlichem Institut«.42 Der »Hansische Geschichtsverein« von 1870 hatte in seiner Struktur noch die Funktionen einer Historischen Kommission mit der äußeren Form eines jedermann zugänglichen Geschichtsvereins zu verbinden gesucht  ; danach aber lief die Entwicklung mit wenigen Ausnahmen auf eine organisatorische Trennung von Laienvereinen und Fachkommissionen hinaus. Die sieben Geschichts- und Altertumsvereine der preußischen Provinz Sachsen waren die ersten, die Namen und Vorbild der »Historischen Kommission« in München auf das landesgeschichtliche Publikationswesen übertrugen. Durch Zusammenfassung ihrer jeweiligen Quellenveröffentlichungen in den »Geschichtsquel­ len der Provinz Sachsen« waren sie auf diesem Gebiet schon vorher miteinander in Verbindung getreten. Aus ihrer Mitte und mit tätiger Hilfe der Provinzialverwaltung gründeten sie dann im Juli 1876 eine »Historische Kommission für die Provinz Sachsen« (später mit dem Zusatz »und für Anhalt«) mit Sitz in Magdeburg, die die Zersplitterung der wissenschaftlichen Kräfte in den einzelnen Vereinen beenden, aber nicht deren sonstige Tätigkeit oder gar Existenz in Frage stellen sollte. Die Väter des Gedankens waren hier Laien und nicht Historiker vom Fach. Ein historisch interessierter Kommunalpolitiker, der Quedlinburger Bürgermeister und Abgeordnete zum Provinziallandtag Gustav Brecht war als treibende Kraft beim Zusammenschluss »nicht nur der Begründer, sondern, solange er lebte, die Seele der Kommission«43. Ihre Statuten entwarf der Sekretär des Magdeburger Geschichtsvereins Pastor Franz Winter. Doch bürgte die für viele Nachfolgerinnen richtungweisende personelle Zusammensetzung der neuen Kommission für die wissenschaftliche Qualität ihrer Arbeiten ebenso wie für eine ständige Verbindung mit den Geschichtsvereinen und der aus verschiedenen Gründen interessierten Provinzialverwaltung auf der einen, dem zuständigen Staatsarchiv und der Universität Halle auf der anderen Seite. Außer je einem Vertreter derjenigen Geschichtsvereine, »die eine eigene wissenschaftliche Zeitschrift regelmäßig erscheinen lassen«  – die reinen Liebhaber- und Heimatvereine wurden also ferngehalten –, gehörten satzungsgemäß der königliche Staatsarchivar der Provinz, ein Mitglied des Provinzialausschusses, ein Geschichtsprofessor der Universität Halle und weitere fünf durch Kooptation zu wählende »Männer der Wissenschaft« zur Kommission.44 Zum ersten Vorsitzenden wurde der Hallenser Mediävist Ernst Dümmler, der spätere Vorsitzende der Zentraldirektion der »Monumenta«, gewählt  ; damit war die Brücke zwischen Universität und Landesgeschichte auch äußerlich sichtbar geschlagen. 42 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 15. 43 Möllenberg, Fünfzig Jahre Historische Kommission, S. 6 f. u. 14. 44 Möllenberg, Fünfzig Jahre Historische Kommission, S. 7. Von einer »führenden Teilnahme« Hallenser Professoren, die Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 215, unterstellt, ist bei Möllenberg wenig zu lesen  ; die Wahl Dümmlers zum Vorsitzenden scheint eher repräsentative Gründe gehabt zu haben.

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Bezeichnend für die später auch in anderen preußischen Provinzen zu beobachtende enge Verbindung der Historischen Kommissionen mit der provinziellen Selbstverwaltung war es, dass die Statuten der sächsischen Kommission nicht etwa von ihr selbst, sondern vom Provinziallandtag beschlossen und in den Rang eines »Reglements über besondere Einrichtungen des Provinzialverbandes« erhoben wurden.45 Ganz offensichtlich sah die Provinzialverwaltung in der Kommission nicht nur eine Trägerin verschiedener Kulturaufgaben, sondern auch einen Ausdruck provinziellen Selbstbewusstseins und Zusammengehörigkeitsgefühls in der ähnlich wie das Rheinland aus Gebietsteilen verschiedenster historischer Herkunft zusammengesetzten Provinz Sachsen. Auch die Aufgabenteilung der sächsischen Kommission ist von allen ihren Nachfolgerinnen in anderen Provinzen später im Kern übernommen worden. »Unternehmungen zur Aufhellung der Geschichte der Provinz« und zur »Belebung des geschichtlichen Sinnes«, und zwar insbesondere durch »Herausgabe von Geschichtsquellen (Urkunden und Akten nebst Regestenwerken, Chroniken, Annalen, Nekrologien, kleineren geschichtlichen Schriftdenkmälern usw.) ohne Beschränkung auf das Mittelalter«46 – so etwa könnte man mit den Worten des sächsischen Gründungsstatuts auch die Tätigkeit aller anderen historischen Provinzialkommissionen umschreiben. Wenn Vorgeschichtsforschung und der Unterhalt eines Provinzialmuseums für Bodenfunde, übrigens mit einem Jahresetat von ganzen 5000 Mark einschließlich aller Personalkosten, außerdem zu den Aufgaben der sächsischen Kommission gehörten, so entspricht dies noch den Zielvorstellungen der älteren Gründervereine. In die Zukunft dagegen wiesen Pläne, einen geschichtlichen Atlas der Provinz und ein Verzeichnis der Bau- und Kunstdenkmäler zu erstellen, die beide ebenfalls bei der Gründung der Kommission genannt worden sind. Dies geschah sicherlich, wie später auch im Rheinland, auf Wunsch der Provinzialverwaltung, die beide Projekte auch durch erhebliche Zuschüsse förderte. Ein eigenes Jahrbuch hat sich die sächsische Kommission erst später zugelegt  ; ihre populärwissenschaftlichen »Neujahrsblätter«, die sie schon bald nach ihrer Gründung herausgab, waren vor allem für die Mitglieder der Geschichtsvereine gedacht und haben in anderen Gegenden Deutschlands ebenfalls zahlreiche Nachfolger gefunden. Nach dieser ersten Gründung in Sachsen, die hier wegen ihrer wegweisenden Funktion etwas ausführlicher behandelt wurde, entstanden allmählich weitere, bis vor dem Zweiten Weltkrieg ein fast lückenloses Netz historischer Provinzial- und Länderkommissionen oder ähnlicher Vereinigungen in Deutschland bestand. Der provinzialsächsischen Kommission, der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« (1881) und der »Badischen Historischen Kommission« (1883) folgten 1891 die »Württembergische Kommission für Landesgeschichte« sowie Kommissionen für das Königreich Sachsen 45 Beschluss des 2. Provinziallandtags vom 18. November 1876 nach Möllenberg, Fünfzig Jahre Historische Kommission, S. 8. 46 Möllenberg, Fünfzig Jahre Historische Kommission, S. 9.

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Die Perspektive und Rolle der Vereine

(1896 unter maßgeblicher Beteiligung Lamprechts gegründet), für Thüringen und für die Provinz Westfalen (beide ebenfalls 1896) sowie für Nassau und für Hessen und Waldeck 1897. Nach der Jahrhundertwende entstanden die »Gesellschaft für Fränkische Geschichte« in Würzburg (1905) sowie Historische Kommissionen für die Stadt Frankfurt (1906/1909), für das Großherzogtum Hessen (1907), für Hannover, Oldenburg, Braunschweig, Schaumburg-Lippe und Bremen (1910)  ; 1921 für die Mark Brandenburg sowie für Schlesien und Breslau, 1923 für Ost- und Westpreußen, 1925 für die Provinz Brandenburg und die Reichshauptstadt Berlin, 1928 für Mecklenburg. Die recht späte Gründung einer »Kommission für bayerische Landesgeschichte« bei der Münchner Akademie (1927) ist wohl auf die Existenz der dort bereits seit 1858 vorhandenen »Historischen Kommission« zurückzuführen, die neben ihren reichsgeschichtlichen mithin auch landesgeschichtliche Editionsaufgaben, vor allem natürlich für den bayerischen Raum, wahrnahm. Außer dem »Hansischen Geschichtsverein«, der gleich als eine Art Historischer Kommission gegründet wurde, haben auch andere große Vereine im Lauf der Zeit selbst zu »kommissionsartigen Formen« gefunden, sich in Kommissionen umgewandelt oder ohne Umwandlung zeitweise die Aufgaben einer Provinzialkommission erfüllt.47 Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Entstehung neuer »Länder« auch den Zusammenschluss der entsprechenden Kommissionen begünstigt (Baden-Württemberg 1954, Hessen 1972) oder die Bildung neuer angeregt (Rheinland-Pfalz 1974). Außerdem entstanden in der Bundesrepublik Kommissionen für die ehemals deutschen Ostgebiete und die Sudetenländer neu oder wurden dort weitergeführt. In ihrer oben am Beispiel der sächsischen Kommission gezeigten zentralen Aufgabe der Quellenpublikation stimmen alle diese Institutionen bis heute überein. Hinzu kommen bei den meisten Kommissionen auch darstellende Veröffentlichungen zur Landesgeschichte, gedruckte Inhaltsübersichten der regionalen Archive (Archivinventare), historische Kartenwerke, heraldische Wappen- und Siegelsammlungen, regionale Biblio­ graphien und Wörterbücher sowie biographische Sammelwerke (»Lebensbilder«) aus dem jeweiligen Arbeitsgebiet. Auch an dem großen Werk einer Bestandsaufnahme aller bedeutenden Bau- und Kunstdenkmäler Deutschlands, das in Preußen auf Drängen der Staatsregierung um 1875 begann, waren fast alle Historischen Kommissionen aktiv beteiligt. Die großen kunsthistorischen Veröffentlichungen, die das Programm der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« kennzeichnen, sind dagegen in ähnlicher Weise Besonderheiten geblieben, wie etwa die vorgeschichtlichen Forschungen der sächsischen oder die volkskundlichen Werke der hessischen Kommission. Die eingehende Beschäftigung mit Denkmalpflege und Kunstgeschichte hat auch dazu geführt, dass sich der 47 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 215 u. 217, verwies auf die Historischen Vereine für Nassau, für die Mark Brandenburg und für Oberbayern  ; Vereine mit kommissionsähnlicher Struktur und Funktion waren darüber hinaus z. B. auch der Westpreußische Geschichtsverein in Danzig (gegr. 1879) und die »Historische Gesellschaft für die Provinz Posen«.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

ursprüngliche Mitgliederkreis der Kommissionen fast überall um Konservatoren und Museumsbeamte erweiterte. Organisatorisch lassen sich je nach Trägerschaft, vorherrschender Einflussnahme und personeller Zusammensetzung drei Grundtypen historischer Kommissionen unterscheiden. Zu dem nach provinzialsächsischem Vorbild aus einem oder mehreren Geschichtsvereinen entstandenen und in seiner Selbstverwaltung von diesen mitgetragenen Typus der »Vereinskommission« lassen sich auch die Kommissionen für Thüringen, für Westfalen und für Nassau rechnen. Charakteristisch ist dieser Typus für die e­ hemaligen Provinzen Preußens. Seinen finanziellen Rückhalt fand er stets bei der kommunalen Selbstverwaltung der Provinz, aber nicht beim Staat. Von diesen Provinzialkommissionen unterscheiden sich die durch Regierungserlass gegründeten und voll aus dem Staatshaushalt finanzierten »Staatskommissionen« süddeutschen Musters, die als staatliche Einrichtungen zumeist dem jeweiligen Kultusminister unterstehen. Da ihre Mitglieder, wenn auch meist auf Vorschlag der Kommission, durch die Regie­ rung berufen wurden, fällt das Übergewicht beamteter Historiker aus Archiven und Bibliotheken sowie von Behördenvertretern in ihrer Besetzung auf.48 Bei ihnen hatte das Modell der Münchner »Historischen Kommission« am deutlichsten Pate gestanden  ; sie fanden oder finden sich in Baden, Württemberg, Bayern, im früheren Großherzogtum Hessen und im Königreich Sachsen. Der dritte Typus, zu dem neben der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« etwa die Historische Kommission für Hessen (früher für Hessen und Waldeck) und die »Gesellschaft für Fränkische Geschichte« gehören, lässt sich am ehesten als »Stifterkommission« bezeichnen. Solche Kommissionen wurden nicht von lokalen Geschichtsvereinen sowie einer staatlichen Behörde gegründet, sondern stellen als unabhängige gelehrte Gesellschaften freie persönliche Zusammenschlüsse von Geschichtsforschern mit einer Gruppe privater Stifter und Patrone dar, deren regelmäßige freiwillige Beiträge ihre Tätigkeit zumindest materiell tragen. Für sie ist die Unterscheidung zwischen fördernden und wissenschaftlichen Mitgliedern charakte­ ristisch  ; die Letzteren werden ähnlich wie bei den Vereinskommissionen durch freie Zuwahl (Kooptation) ergänzt. Der Name »Gesellschaft«, der uns nur bei diesem letzteren Typ begegnet und auf die Gründung des Freiherrn vom Stein hinweist, verdeutlicht dieses Prinzip freiwilligen Zusammenschlusses wohlhabender, gesellschaftlich angesehener Stifter zur Förderung wissenschaftlicher oder anderer gemeinnütziger Zwecke, wie es im Gegensatz zum banalen »Verein« gerade für das reiche Bürgertum des ausgehenden 19. Jahrhunderts charakteristisch war. Es konnte daher auch nur in solchen Regionen wirksam werden, in denen 48 Vgl. die Mitgliederlisten der württembergischen und der baden-württembergischen Kommissionen bei Miller, 70 Jahre landesgeschichtlicher Forschungsarbeit, S. 158 ff. u. 215 ff. sowie die Mitgliederliste und Satzung der Badischen Historischen Kommission von 1935  : Bericht über die Festsitzung der Badischen Historischen Kommission am 14. Dezember 1935, S. 556 ff.

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Die Perspektive und Rolle der Vereine

eine entsprechende Sozialstruktur bestand. Wenn auch eine reinliche Scheidung der drei Grundtypen heute weniger denn je möglich ist – auch in den nichtstaatlichen Kommissionen etwa gewinnt die öffentliche Hand als wichtigster Geldgeber zunehmend an Einfluss und in den Stifterkommissionen nehmen die korporativen Patrone zu –, so sind die historisch entstandenen Strukturunterschiede im Prinzip doch bis heute erhalten geblieben und wirken sich nach wie vor auf Arbeitsweise und Mittel der Kommissionen aus. Die Historischen Kommissionen des ausgehenden 19. Jahrhunderts waren die Räume, in denen die Fachhistoriker der Universitäten und Archive – die Ersteren oft nach langer Abstinenz – den Weg in die Landesgeschichte fanden.49 Doch genügen sie allein den heutigen Anforderungen einer zur »Landeskunde« erweiterten Landesgeschichte nicht mehr, in der politische, Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Siedlungskunde, Dialektgeographie, Volkskunde und Kunstgeschichte einer bestimmten Landschaft zusammengefasst sind und sich sachlich wie methodisch gegenseitig ergänzen. Diese Erweiterung erforderte auch neue organisatorische Formen außerhalb der bestehenden Kommissionen. Mit der Gründung besonderer Universitätsinstitute für Landesgeschichte wurde diese endlich wieder voll in die Hochschulen integriert. Noch jünger als sie, da erst aus einem neuen Interesse des Staates an der Pflege von Heimat- und Landesbewusstsein erwachsen, sind die außeruniversitären staatlichen Forschungsinstitute für Landesgeschichte. Karl Lamprechts Leipziger Seminar für Landesgeschichte und Siedlungskunde, 1906 gegründet und 1909 unter Leitung von Rudolf Kötzschke dem Seminar für Kultur- und Universalgeschichte angeschlossen, war wohl das erste deutsche Universitätsseminar, das sich speziell landesgeschichtlichen Fragestellungen widmete.50 Die wichtigste Gründung in dieser Richtung war aber eher noch das 1920 von Hermann Aubin und Theodor Frings geschaffene »Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande« in Bonn, das an der Erweiterung der Landesgeschichte im engeren Sinne zur landeskundlichen Kulturraumforschung methodisch wie sachlich führend mitwirkte und auch auf dem Gebiet landesgeschichtlicher Laien- und Erwachsenenbildung neue Wege wies.51 Reine Forschungsaufgaben ohne volle Einbindung in eine Universität erfüllte seit 1929 das von der landschaftlichen Selbstverwaltung getragene »Provinzialinstitut für westfälische Landesund Volksforschung« (heute  : »LWL-Institut für westfälische Regionalgeschichte«) in Münster, das die Quellenpublikationen der zuständigen Historischen Kommission, die Lehre aber der Universität überlässt. Ähnlich wie das Institut in Münster arbeiten die in einigen Bundesländern wie Hessen bestehenden staatlichen Landesämter für geschichtliche Landeskunde, bei denen ebenfalls eine sachliche Arbeitsteilung mit den jeweiligen 49 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 215. 50 Engel, Die deutschen Universitäten, S. 376  ; zur Institutsgeschichte selbst vgl. Held, Seminar für Landes­ geschichte. Historiographiegeschichtlich wichtig sind u. a. die Beiträge von Kötzschke, Seminar für Landesgeschichte  ; Goetz, Institut für Kultur- und Universalgeschichte  ; Czok, Methodenstreit, S. 11 ff. 51 Ennen, Hermann Aubin  ; Droege, Aufgaben  ; Steinbach, Das Institut für geschichtliche Landeskunde  ; Hübinger, Das historische Seminar, S. 135 ff.

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Die Entwicklung der organisierten landesgeschichtlichen Forschung

Historischen Kommissionen besteht. Das 1956 gegründete »Max-Planck-Institut für Geschichte« in Göttingen (seit 2007 »Max-Planck-Institut zur Erforschung multireligiöser und multiethnischer Gesellschaften«), dessen Vorläufer – das »Kaiser-Wilhelm-Institut für deutsche Geschichte«  – letztlich auf Anregungen des Generaldirektors der Preußischen Staatsarchive, Paul Kehr (1860–1944), aus dem Jahr 1913 zurückgeht, befasste sich unter seinem Leiter Hermann Heimpel (1901–1988) ebenfalls mit landesgeschichtlicher Forschung und Publikation.52 Wenn es auch nicht selten Überschneidungen in der Tätigkeit dieser Institute und der Historischen Kommissionen gibt, so kann man doch im Großen und Ganzen von einer funktionierenden Arbeitsteilung zwischen ihnen sprechen. Während der Schwerpunkt der Hochschulinstitute auf Lehre und Forschung, der der staatlichen Ämter auf Forschung und Öffentlichkeitsarbeit liegt, so sind die Kommissionen bis heute in erster Linie für die Veröffentlichung der Quellen zuständig. Alte und neue Formen landesgeschichtlicher Gemeinschaftsarbeit fügen sich so in eine Entwicklungslinie zu einem »Dreiklang von Verein, Kommission und Institut« (Hermann Heimpel) zusammen, in dem auch die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« ihren festen Platz einnimmt.

52 Die traditionell starke Förderung der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde durch die Provinz wurde 2019 mit der Einrichtung einer hauptamtlich besetzten Geschäftsstelle im LVR-Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte sowie der Bereitstellung von Sachmitteln institutionalisiert.

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3. Vorgeschichte und Gründung

3.1 Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«. Vorläufer und Vorbilder im Rheinland

»Wenige Länder haben eine so bedeutungsvolle Vergangenheit als der Niederrhein, und doch ist fast in keinem Lande so wenig für deren Verkündung geschehen als hier.«1 So stellte es einer der genauesten Beobachter landesgeschichtlicher Forschungen in Deutschland, der Frankfurter Archivar und Sekretär der »Monumenta Germaniae Historica« Johann Friedrich Böhmer, 1857 in einem Brief an den Priester und Historiker Johannes Janssen (1829–1891) mit Bedauern fest. Hundert Jahre später schloss sich Max Braubach diesem Urteil an. Er sah den Grund für die »auffallende Sterilität der landesgeschichtlichen Bestrebungen im Rheinland« im Fehlen eines »antreibenden und leitenden Mittelpunktes historischer Studien« sowie in einer durch die politischen Verhältnisse nach 1815 begründeten »offensichtlichen Unlust oder Entschlußlosigkeit der Rheinländer selbst, sich ernsthaft, nachdrücklich und konsequent der historischen Landeskunde zu widmen«.2 Die rheinische Landesuniversität in Bonn, die als solcher Mittelpunkt am ehesten in Frage gekommen wäre, sei eine »Fremdenkolonie am Rhein« gewesen und habe sich für die Geschichte der eigenen Provinz kaum interessiert.3 Norbert Trippen dagegen machte für die angebliche Interesselosigkeit der Rheinländer an ihrer Vergangenheit eher Mängel der rheinischen Sozialstruktur verantwortlich, nämlich das Fehlen eines umfassend gebildeten und landesgeschichtlich interessierten Klerus und einer gesellschaftlich hinreichend stabilen einheimischen Bürgerschicht als Träger eines möglichen historischen Vereinswesens, vor allem aber einen »Mangel an wissenschaftlich befähigten, von ihrer Herkunft her für die Landesgeschichte interessierten Fachleuten«.4 Beide Erklärungen treffen sicherlich teilweise und vor allem für die Anfangszeit der preußischen Herrschaft im Rheinland zu. Sie berücksichtigen aber nicht, dass sich im benachbarten Westfalen trotz ähnlicher politischer und kirchlicher bzw. konfessioneller Verhältnisse doch ein solches Vereinswesen entwickelte. Es fehlte dagegen in den altpreu1 J. F. Böhmer an Joh. Janssen am 13.4.1857, bei Janssen, Joh. Friedrich Böhmer’s Leben III, S. 209. 2 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 23 f. 3 Das vielzitierte, die Verhältnisse jedoch zu sehr vereinfachende Schlagwort von der »Fremdenkolonie« soll aus dem Munde des Bonner Kurators Wilhelm Beseler (1808–1884) stammen  : Schrörs, Johann Heinrich Floss, S.  41 und 91. Ähnlich aber auch schon Böhmer 1857 in seinem zitierten Brief  : »Wohl besitzt das Großherzogtum [sic  !] Niederrhein jetzt eine Universität in seiner Mitte, aber sie ist nicht Prägerin der Heimatkunde geworden.« 4 Trippen, Gründung des Historischen Vereins für den Niederrhein, S. 28.

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Vorgeschichte und Gründung

ßischen Gebieten am Niederrhein, etwa in Krefeld oder Kleve, und in den evangelischen Teilen des alten Herzogtums Berg, wo der katholische Klerus gewiss keine Rolle spielte. Überdies hat Max Braubach in seiner kleinen, aber lange maßgeblichen Studie über die landesgeschichtlichen Bestrebungen am Niederrhein selbst gezeigt, dass im Rheinland auch vor 1850 durchaus Bestrebungen und Ansätze landesgeschichtlicher Forschung greifbar waren, so dass man zumindest außerhalb der Universität von einem Mangel an Fachleuten nicht sprechen kann. Die Gründung des Bonner »Vereins von Altertumsfreunden im Rheinland« 1841 und des Kölner »Zentral-Dombauvereins« im folgenden Jahr (1842) mit 4832 zahlenden Mitgliedern bei hohen Jahresbeiträgen und mit vielen auswärtigen Hilfsvereinen lassen auch die Existenz eines breiten, finanzkräftigen und assoziationswilligen Bürgertums um diese Zeit kaum noch zweifelhaft erscheinen.5 Die Gründe für die Abstinenz dieses Bürgertums von der Landesgeschichte im engeren Sinne müssen daher anderswo zu suchen sein. So lassen der Eifer rheinischer Kunstsammler wie Sulpiz Boisserée oder Ferdinand Franz Wallraf, die allgemeine Begeisterung für Burgenrestaurierung, altkölnische Malerei und den Weiterbau des Kölner Domes eher vermuten, dass Kunst und Architektur des Mittelalters den anschaulichen Sinn der Rheinländer gefesselt hielten, ja, dass sie so auch die Kräfte absorbierten, die sich unter anderen Umständen vielleicht der engeren Landesgeschichte und ihren abstrakteren schriftlichen Quellen zugewandt hätten. Ein starkes Interesse an der eigenen mittelalterlichen Vergangenheit war im rheinischen, insbesondere im Kölner Bürgertum durchaus vorhanden, doch wirkte es sich wegen des Vorrangs der Kunstgeschichte nicht zugunsten der politischen und wirtschaftlichen Geschichtsforschung aus. Auch hierfür lässt sich Johann Friedrich Böhmer als Zeuge anführen6, und es mag kein Zufall sein, dass die Gründung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« nach mehreren fehlgeschlagenen Versuchen genau zu dem Zeitpunkt gelang, als das große Werk der Domvollendung als abgeschlossen galt. Die dennoch vorhandenen rheinischen Bemühungen auf dem Gebiet der Quellenveröffentlichung und des historischen Zeitschriftenwesens in der ersten Jahrhunderthälfte sind bei Max Braubach nachzulesen. Kann man die von der Romantik beflügelten Anfänge wie Georg Bärschs Versuch einer »Eiflia Sacra«, Wilhelm Günthers fünfbändigen 5 Zum Bonner Verein vgl. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S.  24 f.; zum Kölner Dombauverein Rode / Wolff, 125 Jahre Zentral-Dombauverein sowie Wolff, Baugeschichte des Kölner Doms. Die maßgebliche Einbettung in den stadt- bzw. bürgertumsgeschichtlichen Kontext leistete Pilger, Kölner Zentral-Dombauverein. – Die Einwohnerzahl Kölns lag 1848 bei etwa 94.000, von denen nur etwa 12.000 ein Einkommen von mehr als 100 Talern jährlich besaßen. Kleinertz, Grundzüge, S. 60. 6 »So löblich und erfreulich dies [die Erforschung mittelalterlicher Kunst, K. P.] auch an sich ist, so ist die Kunst doch immer nur eine einzelne Blüte des Baumes, dessen Stamm und treibende Kraft in seiner nationalen Persönlichkeit, in seiner politischen und Kulturgeschichte gesucht und erkannt werden muß … Wie unbedeutend sind die Mittel, welche für diesen Zweck aufgebracht werden müßten, gegen das, was für den Cölner Dom wirklich und rühmlich geleistet wird  !« Janssen, Joh. Friedrich Böhmer’s Leben III, S. 210.

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Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«

»Codex Diplomaticus Rheno-Mosellanus« oder gar den »Rheinischen Antiquarius« des Koblenzer Sonderlings Christian von Stramberg (1785–1868)7 oder Johann Wilhelm Brewers »Vaterländische Chronik der KöniglichPreußischen Rhein-Provinzen im allgemeinen und der Stadt Köln insbesondere« (1825) noch als wissenschaftlich unzulängliche Ergebnisse einer veralteten Gelehrsamkeit bezeichnen, so sind die Quellenveröffentlichungen des Düsseldorfer Provinzialarchivars Theodor Joseph Lacomblet (1789–1866), des großen Archiv­ organisators und »Vaters einer wissenschaftlichen Geschichtsforschung am Niederrhein« (Max Braubach), zum Maßstab vieler späterer Publikationen geworden und wurden bis heute mehrmals nachgedruckt. Bereits in seiAbb. 6 Hubert Leonard Ennen, Porträtfoto, nem 1832 erstmals erschienenen »Archiv für undatiert. die Geschichte des Niederrheins« hat er neben darstellenden Abhandlungen solche geschichtlichen Denkmale aufgenommen und erläutert, »welchen eine urkundliche Form, ein bestimmter Zeitpunkt des Ursprungs oder eine allgemeingültige Wichtigkeit fehlt«8  ; es war also offensichtlich als Ergänzung seiner wichtigsten und bis heute noch nicht völlig überholten Veröffentlichung des 1840–1858 in vier Bänden erschienenen großen Urkundenbuchs für den Niederrhein gedacht.9 Eine umfangreiche, wenn auch inzwischen veraltete Quellensammlung stellt auch »Die alte und die neue Erzdiözese Köln« der beiden niederrheinischen Pfarrer Anton Josef Binterim und Joseph Mooren (4 Bände, 1828–1831) dar. In eine spätere Phase, aber noch vor Gründung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, gehören das als Gegenstück zu Lacomblets Publikation gedachte »Urkundenbuch zur Geschichte der … mittelrheinischen Territorien« der Koblenzer Archivare Christian Heinrich Beyer, Leopold von Eltester und Adam Goerz (3 Bände, 1860–1874) und die sechsbändigen »Quel7 Über ihn Faber, Christian von Strambergs »Rheinischer Antiquarius«. 8 Archiv für die Geschichte des Niederrheins H. 1 (1832), Vorwort S. VI nach Oediger, Staatsarchiv, S. 27. Die insgesamt sieben Bände der in sehr langen Abständen erschienenen, nach Lacomblets Tod (1866) von dessen Nachfolger Harleß herausgegebenen Zeitschrift haben einen Neudruck erfahren. Über Lacomblet selbst vgl. Oediger, Staatsarchiv, S. 7. 9 Theodor Joseph Lacomblet, Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins oder des Erzstifts Köln, der Fürstentümer Jülich und Berg, Geldern, Moers, Kleve und Mark und der Reichsstifte Elten, Essen und Werden, 4 Bde., 1840–1858 (ND Aalen 1966). Zur Publikationsgeschichte des bis zum Jahre 1600 reichenden Urkundenbuchs Oediger, Staatsarchiv, S. 27 f.

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Vorgeschichte und Gründung

len zur Geschichte der Stadt Köln« (1860–1879) des Kölner Stadtarchivars Hubert Leonard Ennen (1820–1880) und des Gymnasialprofessors Gottfried Eckertz (1817–1897). Unter den frühen Zeitschriften ist neben dem »Niederrheinischen Jahrbuch für Geschichte, Kunst und Poesie« des Bonner Philologiedozenten Laurenz Lersch, das von 1843 bis 1844 erschien, das ebenso kurzlebige, nur zweimal 1833 und 1835 erschienene »Archiv für rheinische Geschichte« des sonst wenig ruhmreichen Koblenzer Archivars Karl August Graf von Reisach und des Finanzbeamten Peter Adolf Linde zu erwähnen. Denn es forderte die rheinischen Historiker bereits im ersten Heft 1833 auf, sich zu einem allgemeinen rheinischen Geschichtsverein zusammenzuschließen, dem das »Archiv« dann als »öffentliches Organ« hätte dienen können. Dabei wurden auch gleich die Namen von etwa 30 landesgeschichtlich aktiven Historikern in verschiedenen Städten des Rheinlands genannt, die den Kern des geplanten Vereins bilden sollten.10 Wenn alle diese Versuche dennoch gar kein oder nur ein geringes Echo in der Öffentlichkeit fanden – Friedrich Wilhelm Oediger erläuterte dies am Beispiel von Lacomblets »Archiv«, dessen zweites Heft erst ein Vierteljahrhundert nach dem ersten erschien (1857 bzw. 1832), auch mit konkreten Zahlen11, so wird man nicht von mangelndem Angebot, sondern wiederum von einer mangelnden Aufgeschlossenheit insbesondere des bürgerlichen Publikums am Rhein für landesgeschichtliche Fragen sprechen können. Das musste auch ein rheinischer Historiker wie Heinrich von Sybel (1817–1895) erfahren, der für seine Vorlesung über rheinische Geschichte als Privatdozent an der Bonner Universität im Sommer 1841 immerhin zwanzig Hörer fand.12 Mit verschiedenen Arbeiten zur rheinischen Geschichte des Mittelalters und mit dem Plan, eine große Geschichte der Stadt Köln zu schreiben13, hat Sybel damals einen ersten Versuch unternommen, rheinische Landesgeschichtsforschung auch an der Universität heimisch zu machen. Sein Fortgang nach Marburg 1845 hat diese Ansätze für einige Jahrzehnte aber wieder zunichtegemacht. Ganz unbeteiligt war die akademische Geschichtswissenschaft auch nicht, als der aus Westfalen stammende Privatdozent der Geschichte Julius Ficker (1826–1902)14 und sein 10 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 22. 11 Trotz einer von der Regierung angeordneten Subskription waren 1834, ein Jahr nach Erscheinen des ersten Heftes, erst 60 Exemplare in der Rheinprovinz, sechs in Westfalen und 40 in den übrigen Provinzen und im Ausland abgesetzt worden. Oediger, Staatsarchiv, S. 27. 12 Zu ihnen gehörte auch der junge Jacob Burckhardt  ; Hübinger, Das historische Seminar, S. 130, u. Theodor Schieder, Jacob Burckhardt, S. 170. 13 »Vor vierzig Jahren dachte ich eine Geschichte unserer Rheinprovinz zu schreiben … Jetzt liegt Ihr Buch vor mir, nur ein Teil dessen, was ich damals im Sinne trug …« schrieb Sybel am 20.12.1886 dankend an Lamprecht  ; aus dem Lamprecht-Nachlass zitiert bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 284 Anm. 24. Zum Plan einer kölnischen Geschichte Varrentrapp, Biographische Einleitung, S. 23 f.; vgl. zu Sybels Bonner Tätigkeit auch Hübinger, Das historische Seminar, S. 130 f. und allgemein Bussmann, Heinrich von Sybel, S. 97 ff. 14 Julius Ficker studierte und habilitierte sich 1849 in Bonn  ; 1852–1879 las er als ordentlicher Professor in Innsbruck. Über ihn u. a. Schulte, »Ficker, Julius«.

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Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«

rheinischer Freund Alexander Kaufmann15 1849 den Plan fassten, kölnische Geschichtsquellen in Gemeinschaftsarbeit zu edieren und dieses Unternehmen durch Gründung einer historischen Gesellschaft organisatorisch abzusichern. Dieser letztere Gedanke stammte anscheinend von einem dritten Beteiligten, dem damaligen Privatdozenten der Theologie und Kirchengeschichte Heinrich Josef Floss, der für die landesgeschichtliche Forschung im Rheinland später noch eine große Rolle spielen sollte.16 Johann Friedrich Böhmer, den Franz Schnabel mit Recht den »großen Förderer aller vaterländischen Studien in Deutschland« nennt17, hielt sich auch bei diesem Projekt nicht mit Ratschlägen und Ermutigungen zurück.18 Wenn man am Niederrhein eine historische Gesellschaft stiftete, so schrieb Böhmer 1849, so solle man »gleich bestimmte Zwecke ins Auge fassen« und nicht eine auf zufällige Beiträge angewiesene Zeitschrift, sondern Quellenpublikationen wie Kaufmanns damals eben begonnene Skriptorensammlung, eine Fortsetzung des Lacombletschen Urkundenbuches, oder Untersuchungen über die »alten niederrheinischen Landesverfassungen« in den Mittelpunkt der Arbeit stellen. Ein »Hauptzweck« müsste auch eine Gesamtdarstellung der rheinischen Geschichte nach dem Muster von Christoph Stälins Geschichte Schwabens sein. »Dergleichen kann freilich kein Verein, sondern nur ein Einzelner machen, aber Vereine können Liebhaberei anregen und Leute heranziehen (und) dann durch den Druck unterstützen.«19 Stets solle man aber, anders als in den Vereinszeitschriften, Quellen und Erörterungen über Tatsachen sauber auseinanderhalten, denn »jene sind die unwandelbaren Urgranite, diese aber der Fortbildung unterworfen«. Bei anderer Gelegenheit regte er die Ausschreibung von Preisaufgaben an, »die immer zugleich mehrere Bearbeiter zum historischen Studium heranziehen«, um die »Maculatur-Druckerei« so vieler historischer Vereine zu vermeiden.20 Konkrete Empfehlungen zur Organisation eines solchen Vereins, die wohl auf eigenen Erfahrungen als Sekretär der »Monumenta« beruhten, gab Böhmer vermutlich auch 15 Alexander Kaufmann (1817–1893), rheinischer Romantiker, Jurist und Archivar. Nachruf von Hüffer, Hermann Schaaffhausen und Alexander Kaufmann  ; vgl. auch Kaufmann, Aus rheinischen Jugendtagen, S. 53 ff. 16 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 28. Heinrich Josef Floss (1819–1881) habilitierte sich 1847 in Bonn für Katholische Theologie und lehrte dort seit 1858 als ordentlicher Professor allgemeine und rheinische Kirchengeschichte. Seit 1870 war er Vizepräsident und anstelle des erblindeten Mooren tatsächlicher Leiter des »Historischen Vereins für den Niederrhein«. Vgl. u. a. Schrörs, Johann Heinrich Floss, S. 150. 17 Schnabel, Ursprung der vaterländischen Studien, S. 16. 18 »Sie sollen dies [das Editionsprojekt, K. P.] gemeinschaftlich mit Herrn Ficker unternehmen. Ein Kahn mit so guter Waare schifft auch schon zwei Namen in die Unsterblichkeit.« J. F. Böhmer an A. Kaufmann, 5.5.1849, in  : Janssen, Joh. Friedrich Böhmer’s Leben I, S. 530. 19 Böhmer an Kaufmann vom 5.9.1849 mit einer Empfehlung an Floss. Janssen, Joh. Friedrich Böhmer’s Leben I, S. 3 f. 20 Böhmer an Medizinalrat Wegeler aus Koblenz, 16.5.1854. Janssen, Joh. Friedrich Böhmer’s Leben  III, S. 124.

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Vorgeschichte und Gründung

schon 1849, mit Sicherheit aber ein zweites Mal 1857 seinen rheinischen Freunden. Er riet zur Gründung eines »Vereins geldbeitragender Mitglieder« mit möglichst einfacher Organisation, der von einem dreiköpfigen »geschäfts- und kassenführenden Ausschuß« geleitet werden und jedes Jahr eine Generalversammlung abhalten sollte  ; zur Unterstützung müssten »insbesondere auch die Grundbesitzer des Landes als dessen natürliche Vertreter« einen wesentlichen Beitrag leisten.21 »Sammlung und Bekanntmachung der Quellen der Landesgeschichte im weitesten Umfange durch dazu geeignete Gelehrte«, ihre »Erörterung und Darstellung« sowie Honorierung und Drucklegung solcher Arbeiten müsse der Verein als sein »positives Ziel« ansehen  ; nötig seien die Herausgabe einer Sammlung der alten Geschichtsschreiber des Erzstiftes Köln, Urkundenbücher, namentlich auch ein selbstständiges für die Stadt Köln, sowie die »Beförderung des Studiums der Landesgeschichte und Bearbeitung derselben im Ganzen und in allen ihren Teilen«. Die Ausführung dieses Planes scheiterte damals am Wegzug Kaufmanns, der 1850 als fürstlich-löwensteinischer Archivrat nach Wertheim ging, und Fickers, der 1852 ­einen Ruf nach Innsbruck annahm. Auch wenn sich in den späteren Akten der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« kein direkter Hinweis auf Böhmer findet, der 1863 starb, so haben seine Ratschläge doch vieles von dem vorweggenommen, was 1881 Wirklichkeit wurde. Kaufmanns und Fickers damaliger Versuch kann deshalb wohl als erster Vorläufer einer rheinischen Publikationsgesellschaft betrachtet werden. Zunächst ging die Entwicklung am Rhein jedoch in eine andere Richtung. 1854 gründete Joseph Hubert Mooren (1797–1887), Pfarrer des kleinen geldrischen Städtchens Wachtendonk, zusammen mit Leonard Ennen (1820–1880) und Gottfried Eckertz (1817–1897) in Köln den »Historischen Verein für den Niederrhein, insbesondere das alte Erzbistum Köln« als ersten überörtlichen Geschichtsverein des Rheinlands zur Erhellung von dessen mittelalterlicher Landesgeschichte.22 Wenn Anton Fahne (1805–1883), der stellvertretende Präsident des Vereins, im pathe­ tischen Stil seiner Zeit dazu aufgefordert hatte, alte Urkunden, Sagen, Bräuche, überhaupt Überbleibsel der Vorzeit zu sammeln und für die Nachwelt zu sichern, so war dies unver­ kennbar einer Verlusterfahrung geschuldet, die sich zum einen aus der materiellen Verflüchtigung der »Denkmäler«, zum anderen aus der Herausforderung von moralischen und Bildungswerten speiste  : So habe nach den Worten Fahnes das traditionelle Empfinden »in der neuern alles nivelisirenden Erziehungs- und Unterrichtsmethode einen Feind gefunden, welcher von Tag zu Tag ein historisches Überbleibsel nach dem andern 21 Böhmer an Joh. Janssen am 13.4.1857 zur Weitergabe an den »Präses« des inzwischen gegründeten Histori­ schen Vereins für den Niederrhein, dem er die Abschrift eines »schon vor mehreren Jahren an einen Geschichtsfreund in Cöln« (1849 an Kaufmann  ?) geschriebenen Briefs beilegte. Janssen, Joh. Friedrich Böh­ mer’s Leben III, S. 208–212. 22 Trippen, Gründung des Historischen Vereins für den Niederrhein  ; Schrörs, Der Historische Verein für den Niederrhein. Zur Persönlichkeit Moorens und seiner Nachfolger im Vereinsvorstand Hegel, Von Joseph Hubert Mooren bis Max Braubach. Der Gründungsaufruf von 1854 mit Kommentar bei Laux, Gründung.

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Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«

niederreißt«.23 Die hier wie anderswo ausgesprochene Selbstverpflichtung zur Sicherung und Aufarbeitung der historischen Quellen machte den »Historischen Verein für den Niederrhein« in seinen ersten Jahren doch keineswegs schon zu jener Vereinigung von wissenschaftlichen Rang, wie ihn Böhmer von einer rheinischen Geschichtsgesellschaft erwartet hatte. Der trotz seiner neutralen Statuten lange klerikal gesinnte Verein24 wollte vielmehr in erster Linie seinen Mitgliedern, die häufig geistlichen Standes waren, heimatgeschichtliche Anregung, Belehrung und Aussprachegelegenheit bieten.25 In der Vereinszeitschrift, den seit 1854 erscheinenden »Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein«, kamen anfangs noch allzu viele Kräfte zu Wort, »die den Ritterschlag des geschulten Historikers nicht empfangen hatten«.26 Sie boten in bunter Mischung neben Vereinsnachrichten und Mitgliederlisten Kirchengeschichte, Volkskunde, populäre Darstellungen und gelegentlich auch gelehrte Quellenpublikationen. Erst nachdem eine Reihe von Bonner Professoren wie Heinrich Josef Floss (auch »Floß«), Hermann Hüffer, Hugo Loersch und Karl Lamprecht in den Vorstand eintraten, hob sich das wissenschaftliche Niveau des Vereins und seiner Zeitschrift beträchtlich, so dass Max Braubach beide später einen »Mittelpunkt und Sammelplatz für alle Quellen und Forschungen der niederrheinischen Lande zwischen Kleve und Andernach, Siegburg und Aachen« nennen konnte.27 Mit seinen landesgeschichtlichen Aktivitäten vor Ort, die vor allem in den jährlich den Ort wechselnden Generalversammlungen zum Ausdruck kommen, erfüllt der »Historische Verein« auch heute noch Aufgaben, denen sich ein reines Publikationsunternehmen wie die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« nicht widmen kann. Als bergisch-protestantischer »Gegenpart«, so der von Jörg Engelbrecht apostrophierte Begriff28, trat dem »Niederrheinischen Verein« 1863 der von den Gymnasialpro23 Fahne, Einladung zur Theilnahme (ohne Seitenzählung), vom 2.6.1854. Über die Gründung und ihre Vorgeschichte – es sollte zuerst ein »kirchlich-archäologischer Verein für Rheinland und Westfalen« gegründet werden – auch Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 31 ff. Übergreifende historiographische Beobachtungen bei Laux, »Positivismus«. 24 Das lag von den Gründern und der Mitgliederstruktur her nahe. Mooren selbst bewies jedoch eine beträchtliche geistige Selbstständigkeit, wenn er am 13.12.1852 an Floss schrieb  : »Daß … immer ein hochgestellter Mann wie Ihr Herr Kardinal und das noch in einer näher bringenden Eigenschaft als die eines Protektors an der Spitze eines gelehrten Vereins … stehen müsse, will mir nicht einleuchten. Ich meine, diese Herren sind zu sehr gewohnt, ihren Ansichten ausschließlich Geltung zu verschaffen. Ihre Persönlichkeit ist immer ein Hemmnis für freie Forschung und Besprechung.« Schrörs, Der Historische Verein für den Niederrhein, S.  25. Tatsächlich trat Kardinal von Geissel, der selbst mit Floss historische Editionspläne verfolgte, dem »Historischen Verein für den Niederrhein« erst Jahre nach seiner Gründung bei. 25 Vereinszweck war laut § 1 der Statuten »die allseitige Erforschung der Geschichte dieses Landstrichs und Veröffentlichungen der Ereignisse«. Statuten des Historischen Vereins für den Niederrhein, Köln 1879. 26 So der Vorsitzende Alexander Schnütgen auf der Jubiläumstagung 1929 (Braubach, Jubiläumsversammlung, S. 179). 27 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 37. 28 Vgl. Engelbrecht, Der Bergische Geschichtsverein.

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Vorgeschichte und Gründung

fessoren Karl Bouterwek und Wilhelm Crecelius zusammen mit dem evangelischen Pastor Karl Krafft in Elberfeld gegründete »Bergische Geschichtsverein« als zweiter der großen regionalen Geschichtsvereine an die Seite. Anfänglich nur zur Erforschung der rheinischen Reformationsgeschichte gedacht, wandte er sich doch bald der gesamten Geschichte des früheren Herzogtums Jülich-Kleve-Berg zu.29 Im Gegensatz zu den »Annalen« war seine »Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins« dank der stärkeren fachwissenschaftlichen Besetzung des Vereinsvorstands von Anfang an auf höhere wissenschaftliche Anforderungen und methodische Strenge bedacht. Nach Bouterweks Tod hat Wilhelm Crecelius, der auch zu den Gründern der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« gehörte, von 1868 bis Abb. 7 Woldemar Harleß, Porträtfoto, zu seinem Tod 1889 den Verein geleitet und an Foto: Carl Schäfer, undatiert. seinem Aufschwung besonderen Anteil gehabt. Gründungsmitglied beider Vereinigungen war auch der glaubensstrenge Protestant Woldemar Harleß (1828–1902), der 1866 Staats­ archivar in Düsseldorf wurde.30 Dank ihm besaß der Verein besonders enge Verbindungen zu diesem wichtigsten Archiv der nördlichen Rheinprovinz  ; Harleß hat von 1876 bis zu seinem Tod die Schriftleitung der Zeitschrift innegehabt, zunächst zusammen mit Crecelius, ab 1890 allein. Auf die Jülicher Stammlande des alten Herzogtums hat der »Bergische Verein« seine Tätigkeit jedoch nur vorübergehend ausdehnen können. Sie gehörten bis zur Gründung eines eigenen »Jülicher Geschichtsvereins« (1923) zum Arbeitsgebiet des »Aachener Geschichtsvereins«, der als dritter der großen rheinischen Vereine 1879 ins Leben trat.31 Eine »Gesellschaft für nützliche Forschungen« und ein archäologischer Verein waren ihm bereits vorausgegangen. Auch in Aachen hat man schon bei der Gründung auf Wissenschaftlichkeit im Verein wie in seiner Zeitschrift geachtet. Erster Vereinsvorsitzen29 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 39  ; Strutz, Festrede  ; Baum, Hundert Jahre Bergischer Geschichtsverein. 30 Leesch, Die deutschen Archivare, S. 223. 31 Savelsberg, 50 Jahre Aachener Geschichtsverein. Nachfolgend Lepper, Wiederentdeckung der »Heimatgeschichte« u. Ders., Aachener Geschichtsverein. Deutlich kritischer zur Person Huyskens’ Krebs / Tschacher, Albert Huyskens. Über Alfred von Reumont vgl. u. a. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 48 ff.

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Die engere Vorgeschichte der »Gesellschaft«

der wurde der Historiker und preußische Diplomat Alfred von Reumont (1808–1887)  ; sein Nachfolger wurde 1885–1907 Loersch, der auch zu den aktivsten Mitgründern der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« gehörte. Mit 764 Mitgliedern bereits im Gründungsjahr gehörte der Aachener Verein zu den mitgliederstärksten des Rheinlands überhaupt.32 Ein halbes Jahr nach der Aachener Gründung entstand im Mai 1880 der »Düsseldorfer Geschichtsverein«. Für diese Konkurrenzgründung zum »Bergischen Verein« waren aber wohl weniger konfessionelle Gegensätze maßgebend, wie es mit Otto  R. Redlich noch Max Braubach annahm, sondern eher allgemeine Unterschiede der Mentalität und Sozial­struktur zwischen Rheinländern und Bergischen, zwischen dem großstädtischen Stolz der Düsseldorfer Bürger und den mittelständischen Honoratioren bergischer Industrie- und Kleinstädte.33 Unter seinem Gründungsvorsitzenden Wilhelm Herchenbach, einem Rektor und Stadtverordneten, schien der Verein zunächst den eher dilettantischen Weg der früheren Altertums- und Museumsvereine einschlagen zu wollen. Herchenbachs Nachfolger, der Geschichtslehrer Paul Tönnies (1885–1887) und der aus dem Gründerkreis der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« stammende, 1885 nach Düsseldorf verzogene Kölner Gymnasialprofessor Karl Bone (1888–1896) haben den Verein aber bald der »Sphäre dilettantischen Kleinkrams und allzu enger Beschränkung auf lokale Gesichtspunkte« (Braubach) enthoben. Seine »Beiträge zur Geschichte des Niederrheins«, die seit 1912 unter dem Obertitel »Düsseldorfer Jahrbuch« erscheinen, avancierten somit zu einer sehr angesehenen landesgeschichtlichen Zeitschrift. Auch daran haben nicht zuletzt Beamte des Düsseldorfer Staatsarchivs wie Friedrich Küch, Otto Reinhard Redlich, Bernhard Vollmer und Helmut Dahm in den Vorstandsämtern des Vereins und als wissenschaftliche Mitarbeiter der Zeitschrift großen Anteil gehabt.34 Von 1905 bis 1912 übernahm der Verein auf Anregung Redlichs und Küchs aus dem Jahre 1895 auch die Veröffentlichung mehrerer Urkundenbücher bedeutender mittelalterlicher Stifter des Niederrheins aus den Beständen des Staatsarchivs und trat so zur »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« in direkte Konkurrenz.35 32 Savelsberg, 50 Jahre Aachener Geschichtsverein, S. XVII  ; Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 69  ; dies gilt besonders, nachdem sich der 1885 begründete »Verein für Kunde der Aachener Vorzeit«, der ebenfalls eine eigene Zeitschrift herausgab, 1908 mit dem Aachener Geschichtsverein vereinigt hatte. Für das Stichjahr 1901 betrugen die Mitgliederzahlen rheinischer Geschichtsvereine  : Aachener Geschichtsverein 642, Verein für Kunde der Aachener Vorzeit 211, Bergischer Geschichtsverein ca. 900, Verein von Altertumsfreunden im Rheinland 511, Düsseldorfer Geschichtsverein 323, Historischer Verein für Stadt und Stift Essen 176, Historischer Verein Geldern 150. Der Historische Verein für den Niederrhein zählte 1902 genau 600 Mitglieder (so im Berichtsteil der AHVN 74 [1902], S. 195). 33 Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S.  XXIII f. Vgl. auch Ders., Düsseldorfer Geschichtsverein, hier S. XIII ff. und Redlich, Düsseldorfer Geschichtsverein, hier S. 7 ff. Bis 1882 lautete der ursprüngliche Name »Verein für Geschichts- und Altertumskunde von Düsseldorf und Umgegend«. 34 Oediger, Staatsarchiv, S. 31 u. 40  ; Dahm, Geschichtsverein, S. XV f. 35 Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 69 mit Angabe der bis 1954 erschienenen Bände.

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Vorgeschichte und Gründung

Das Verhältnis dieser großen rheinischen Geschichtsvereine untereinander, zu denen sich als fünfter noch der ebenfalls 1880 gegründete »Essener Geschichtsverein« mit seinen »Beiträgen zur Geschichte von Stadt und Stift Essen« gesellte36, war trotz mehrfacher Überlagerung ihrer Arbeitsgebiete durchweg gut. Man veranstaltete gemeinsame Tagungen, insbesondere mit dem sich ja an wechselnden Orten versammelnden »Historischen Verein für den Niederrhein«, den die Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins bei einer derartigen Gelegenheit den »Mutterverein« rheinischer Geschichtspflege nannte37, gründete Lokalvereine in kleineren Orten und erwies sich durch die gegenseitige Ernennung von Ehrenmitgliedern aus dem Vorstand anderer Vereine Respekt. Zu gemeinsamen gesamtrheinischen Quellenpu­ Abb. 8 Otto Redlich am Schreibtisch, 1933, blikationen konnten sie jedoch angesichts ihrer aus dem Fotoalbum »Zur Erinnerung an unterschiedlichen geographischen ArbeitsgeDr. Otto R. Redlich, geb. 15.02.1864 in Hain, biete, ihrer sozialen Struktur und auch kongest. 09.12.1939 in Düsseldorf«. fessioneller Spannungen untereinander38 nicht finden. Das wäre auch kaum im Rahmen einer lockeren Kooperation, sondern nur in einer neuen, das ganze Rheinland umfassenden und naturgemäß weltanschaulich neutralen Fachkommission mit der nötigen materiellen Unterstützung möglich gewesen.

3.2 Der zweite Gründungsversuch: Sybel und Mevissen

Einen zweiten Versuch, etwas Derartiges zu schaffen, hat es nach dem schon erwähnten Anlauf der Katholiken Kaufmann, Ficker und Floss von 1849 noch einmal 1868, und zwar diesmal von protestantisch-liberaler Seite, gegeben. Federführend waren, bezeichnend für den inzwischen eingetretenen Wandel der Geschichtsauffassungen und der rheinischen Sozialstruktur, der kleindeutsch-preußische Historiker Heinrich von Sybel 36 Vgl. Wisotzky (Hg.), 125 Jahre Historischer Verein. 37 Vereinschronik und -mitteilungen, Zit. S. 306. 38 So lehnte Harleß 1871 einen vom Vorstand des »Historischen Vereins für den Niederrhein« zur Fortsetzung des Lacombletschen »Archivs« angebotenen Druckkostenzuschuss ab »in Rücksicht auf die vorwiegend ul­ tra­montane Zusammensetzung jenes vom Erzbischof von Cöln patronisierten Vereins«, Oediger, Staats­ archiv, S. 27.

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Der zweite Gründungsversuch

Abb. 9 Heinrich von Sybel, Stahlstich nach einer Fotografie, Stich u. Druck: Weger in Leipzig, undatiert.

Abb. 10 Gustav von Mevissen, Porträtfoto, 1884.

und der Kölner Großkaufmann, Bankier und Eisenbahnindustrielle Gustav von Mevissen. Heinrich von Sybel (1817–1895), der aus einem wohlhabenden Düsseldorfer Bürgerhaus stammte, war nach seinen wissenschaftlichen Anfängen als Bonner Privatdozent (1840–1844) nach Marburg und bald darauf nach München berufen worden.39 Dort hatte er 1858 maßgeblich an der Gründung der »Historischen Kommission« mitgewirkt, deren Organisator und erster Sekretär er wurde40. Ein Jahr später hatte er die »Historische Zeitschrift« ins Leben gerufen, die sich sehr bald zum führenden Organ der deutschen Geschichtswissenschaft entwickelte.41 Seit 1861 wieder als Professor in Bonn, besaß er in Seminar und Fakultät sowie als liberaler Politiker und Abgeordneter der Stadt Krefeld zum preußischen Abgeordnetenhaus (bis 1864) auch über die akademischen Kreise hinaus erheblichen Einfluss und Ansehen. Gustav (seit 1884 von) Mevissen (1815–1899), der Sohn 39 Aus der reichhaltigen Literatur über Sybel sei nur verwiesen auf Hübinger, Das historische Seminar, S. 90– 105 u. passim sowie Bussmann, Heinrich von Sybel, S.  93–103. Die vorzügliche Arbeit von Dotterweich, Heinrich von Sybel, reicht leider nur bis 1861. 40 Schnabel / Baethgen / Heimpel u. a. (Hgg.), Historische Kommission, S. 206. 41 Schieder, Deutsche Geschichtswissenschaft.

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eines mittelständischen Spinnereibesitzers aus Dülken bei Mönchengladbach, gehörte zu den wichtigsten Trägern der ab Mitte des Jahrhunderts massiv einsetzenden Industrialisierung des Rheinlands und damit zu den bedeutendsten Gestalten der deutschen Wirtschaft im 19. Jahrhundert überhaupt.42 Neben seiner kommerziellen Tätigkeit als Direktor und seit 1857 Aufsichtsratsvorsitzender des Schaaffhausen’schen Bankvereins, Gründer mehrerer Versicherungsgesellschaften, Finanzier des Ruhrbergbaus, Präsident der Rheinischen Eisenbahn und als Vorsitzender der Kölner Handelskammer, um nur seine wichtigsten Ämter zu nennen, betätigte er sich ebenfalls politisch als Liberaler im rheinischen Provinziallandtag, im preußischen Vereinigten Landtag von 1847, als Unterstaatssekretär im Reichshandelsministerium von 1848 und wie Sybel im preußischen Abgeordnetenhaus. Von 1866 bis 1891 gehörte er als erbliches Mitglied dem preußischen Herrenhaus an. Neben seiner beruflichen Tätigkeit pflegte Mevissen ungewöhnlich vielseitige Interessen auf literarischem, philosophischem und historischem Gebiet. Nicht zuletzt hatte Ernst Weyden, sein Lehrer an der Kölner Höheren Bürgerschule, schon früh seine Vorliebe für rheinische und insbesondere kölnische Geschichte geweckt. Zeitweise hat er sich als junger Mann auch selbst mit Plänen für eigene historische Untersuchungen und Darstellungen getragen.43 Seine von Jugend auf ausgebaute Bibliothek umfasste bei seinem Tod 25.000 Bände.44 Infolge seiner praktischen Tätigkeit hat sich sein ursprünglich eher geschichtsphilosophisch bestimmtes historisches Interesse später vor allem den materiellen wirtschaftlich-sozialen Verhältnissen und ihrer Wechselwirkung mit der geistigen Kultur besonders in den rheinischen Städten des Mittelalters zugewandt. Von ihrer Erforschung versprach sich Mevissen nicht nur eine persönliche Befriedigung seiner geistigen Interessen, sondern eine günstige Wirkung auf die allzu materialistischen Denkweisen seiner Gegenwart.45 Darin dürfte auch das Motiv seines immer wieder zu beobachtenden und mit reichen Geldmitteln unterstützten Strebens zu suchen sein, bei seinen Kölner Mitbürgern und vor allem unter seinen Standesgenossen ein echtes und tiefgreifendes Interesse an der Vergangenheit der eigenen Stadt und des Rheinlands zu wecken. Mit Sybel war Mevissen nicht zuletzt infolge gemeinsamer politischer Überzeugungen und Abgeordnetentätigkeit seit langem befreundet.46 Beide fassten, wie es heißt, nach längeren Erörterungen 1868 einen Plan zur »Gründung eines Vereins für rheinisch-west42 Eyll, Wirtschaftsgeschichte Kölns, S. 230 ff.; Henning, Stadterweiterung, S. 267 ff. Zu Mevissen und seinem Nachlass vgl. Groten, Nachlass Gustav von Mevissen. 43 Hansen, Gustav von Mevissen I, S. 63 und 134 ff. Mevissens einzige eigene Arbeit auf historischem Gebiet blieb jedoch eine Studie über Lamennais’ »Affaires de Rome« von 1839. 44 Vgl. dazu Quarg, Gustav von Mevissen. 45 »Nur die harmonische Verbindung des geistigen und materiellen Lebens, nur die intensiv hergestellte Kontinuität zwischen Vergangenheit und Gegenwart kann dem materiell Errungenen die feste Grundlage und die Gewähr der Dauer geben.« Mevissen an die GRhG, 24.5.1885, zit. auch bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282. 46 Varrentrapp, Biographische Einleitung, S. 108  ; Hansen, Gustav von Mevissen II, S. 740 u. 836.

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fälische Geschichte«, der jedoch kein herkömmlicher Geschichtsverein werden sollte. In seinem gedruckten Gründungsaufruf, den Sybel als Universitätsrektor auf einem Festdiner anlässlich der Fünfzigjahrfeier der Bonner Hochschulgründung erließ, schrieb er, es »dürfte unfraglich als eine der schönsten und wichtigsten Früchte des gegenwärtigen Festes betrachtet werden, wenn dasselbe eine umfassende, sicher begründete, eindringende Kenntnis rheinischer Vergangenheit ermöglichte«.47 Dabei sei keineswegs daran gedacht, den schon vorhandenen rheinischen Geschichtszeitschriften eine weitere zur Seite zu stellen  ; »es gilt vielmehr, in umfassender und methodischer Weise die reichen Schätze, welche unsere Archive bergen, zu heben und fruchtbar zu machen«  ; dies sollte in erster Linie durch »große Urkundensammlungen und … die Ausarbeitung erschöpfender Monographien vor allem über die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse« des Rheinlands geschehen. Die erforderlichen »bedeutenden Geldmittel« hoffte Sybel von den Mitgliedern des geplanten Vereins zu erhalten, die sich zu dem damals sehr hohen Jahresbeitrag von 25 Talern verpflichten und dazu noch weitere Stiftungen leisten sollten. Es war also von vornherein nicht an einen großen Publikumsverein, sondern an eine kleine Gesellschaft von wohlhabenden Honoratioren, von Kaufleuten, Grundbesitzern und höheren Beamten gedacht. Aber nur die Letzteren scheinen Sybels Aufruf in größerer Zahl unterstützt zu haben. Außer dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm, dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern und den Fürsten Georg Victor von Waldeck und Wilhelm zu Wied hat den Gründungsaufruf nämlich nur eine Reihe hoher preußischer Beamter, aber kein einziger rheinischer Kaufmann, auch nicht Mevissen, unterzeichnet.48 Vielleicht war es gerade diese Zusammenballung preußischer Staatsprominenz hinter Sybels Namen, die zumindest das katholische rheinische Bürgertum misstrauisch machte und dahinter ein regierungsamtliches Unternehmen vermuten ließ. Jedenfalls vermerkte der Düsseldorfer Staatsarchivar Harleß im folgenden Jahr in einem Brief an seinen Kollegen Roger Wilmans in Münster, dass nur der »Mangel an hinreichenden Fonds« die Ausführung dieses in Bonn »schon seit mehreren Jahren« verfolgten Planes »unter der Oberleitung des Herrn von Sybel« bisher verhindert habe, da von der »Cölner und anderweitigen Geld-Aristokratie noch nicht soviel beigesteuert«, wie zur Deckung der Kosten nötig sei.49 Harleß war darüber übrigens recht froh, denn er befürchtete von 47 Aufforderung zur Gründung eines Vereins für rheinisch-westfälische Geschichte (1868) (gedr., o.  Dat.). HAStK, Akten der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Bestand (im Folgenden als »HAStK, Akten GRhG« zitiert), 2,1 Bl. 1. In der gedruckten Literatur finden sich dazu nur knappe Angaben  : Bussmann, Heinrich von Sybel, S.  102  ; Hansen, Gustav von Mevissen  I, S.  837  ; Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 41 f.; Hübinger, Das historische Seminar, S. 131 f. 48 Unterzeichner waren außer den Genannten und natürlich Sybel selbst der preußische Kultusminister von Mühler, Finanzminister von der Heydt, Staatsminister a. D. von Bethmann Hollweg, die Oberpräsidenten von Pommer Esche (Koblenz) und von Moeller (Kassel) sowie der Bonner Oberberghauptmann a. D. Heinrich von Dechen. 49 Harleß an Wilmans, 28.2.1869 (Abschr.), HAStK, Akten GRhG 2,1, Bl. 3.

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dieser Gründung einen höchst unerwünschten Andrang von Benutzern in seinem damals gerade in teilweiser Neuordnung begriffenen Archiv. »Den Eifer einzelner kann man mäßigen«, so schrieb er seinem Kollegen in Münster, »weit schwerer aber den einer organisierten Vereinigung«. Dies gelte umso mehr, als diese sich bei Sybels bekannten Beziehungen wahrscheinlich auch noch »des besonderen höheren Schutzes« erfreuen könne. Mevissen dagegen hat die Gründe, aus denen das Unternehmen 1868 nicht zustande kam, später nicht in einem Mangel an Teilnahme im Rheinland gesehen, sondern es sei gescheitert, »weil unser Freund Sybel anderen Gebieten der Geschichte sich  … zuwandte und nicht mehr die Muße finden konnte, die Leitung des Vereins in die Hand zu nehmen«.50 Wie weit dies zutrifft, wird sich nicht mehr feststellen lassen, da die Subskribentenliste, die 1868 aufgrund des Sybelschen Aufrufs entstand, schon 1881 nicht mehr vorhanden war.51 Wenn Mevissen aber gleichzeitig von dem durch Sybel »auf meine Veranlassung ergangenen Aufruf« von 1868 sprach52, so nahm er damit für sich selbst einen großen Teil der Urheberschaft in Anspruch, die in späteren Darstellungen zumeist Sybel zugesprochen wird.53 Allerdings hat auch Mevissen die zentrale Rolle Sybels bei der eigentlichen Organisation des Unternehmens hervorgehoben  : Doch wenn man an seine äußerst aktive Rolle im Hintergrund der Gesellschaftsgründung von 1881 denkt, wird man seinen Anteil auch 1868 höher als bisher veranschlagen müssen.

3.3 Die Gründung der »Gesellschaft« 1881: Persönlichkeiten, Ideen und Ziele 3.3.1 Karl Lamprecht

Es sollte noch mehr als ein Jahrzehnt dauern, bis Mevissen einen erneuten Versuch zur Gründung einer rheinischen Publikationsgesellschaft unternahm. Sein Freund Sybel war 1875 als Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive nach Berlin berufen worden und lehrte daher nicht mehr in Bonn. So brauchte Mevissen, der ja kein historischer Fachmann und zudem von seinen Tagesgeschäften stark in Anspruch genommen war, einen

50 Mevissen an den Kunsthistoriker Anton Springer in Leipzig, Konzept vom 30.9.1890. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 163. 51 Mitteilung Sybels an Schaefer vom 14.5.1881, HAStK, Akten GRhG 2,1. Sybel erinnerte sich nur noch an »eine Anzahl Cölner und Crefelder Patrone«, deren Namen, außer dem Mevissens, er aber vergessen habe. 52 Mevissen an Springer 30.9.1890, Konzept HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl.  163. Der 1881 gegründete neue Ver­ein, schreibt Mevissen weiter, verdanke seine Entstehung »vor allem dem Professor Lamprecht«, der »an Sybels Stelle … mit einer seltenen und freudigen Schaffenskraft das alte Projekt aufnahm und die Bonner Professoren der Geschichte dafür gewann«. 53 So Bussmann, Heinrich von Sybel, S. 102, u. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 41.

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anderen Verbündeten, der für ihn »arbeitete, lief und redete«.54 Er fand ihn in Karl Lamprecht (1856–1915), einem wenig bemittelten Pfarrerssohn aus dem kleinen sächsischen Städtchen Jessen an der Schwarzen Elster östlich von Wittenberg. Lamprecht hatte in Schulpforta das Gymnasium besucht, in Göttingen und Leipzig bei Wilhelm Roscher und Carl von Noorden Geschichte studiert und war bei Letzterem mit einer Arbeit über französisches Wirtschaftsleben im Mittelalter promoviert worden.55 Danach hatte er in München noch ein Semester Kunstgeschichte gehört. Wegen seiner besonders vielseitigen Studieninteressen und wohl auch, weil er sein Studium wegen der Krankheit seines Vaters aus wirtschaftlichen Gründen auf sechs Semester beschränken musste, blieb seine spezifisch historische Ausbildung jedoch »notgedrungen lückenhaft«.56 Trotzdem hätte von Noorden seinen begabten Famulus wohl nicht ungern habilitiert. Doch mit einem kulturhistorischen Aufsatz »Über Individualität und Verständnis Abb. 11 Karl Lamprecht, Porträtfoto aus für dieselbe im Mittelalter«, der stark von Ja- der »Leipziger Professoren-Serie«, 1908. cob Burckhardt beeinflusst war und den ihm Lamprecht 1878 als Frucht seines Münchner Aufenthaltes überreichte57, wusste der methodisch strenge Textkritiker von Noorden noch wenig anzufangen. Er empfahl seinen Schüler daher, »obwohl ich baldigste Habilitation für zweckmäßiger halten möchte«58, am 5. Juni 1878 zunächst einmal für den Archivdienst an Heinrich von Sybel, der 1875 Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive geworden war.

54 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 216. 55 Maßgeblich zu Karl Lamprecht ist die umfassende Studie von Chickering, Karl Lamprecht, die 1993 in der englischsprachigen Erstauflage, 2021 in aktualisierter Form in deutscher Übersetzung erschien. Vgl. dort zu Lamprechts ›rheinischer‹ Zeit S. 119–170 bzw. 133–146 sowie Schulz, Karl Lamprecht. Daneben weiterhin der Aufsatz von Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung. 56 Lewald, Karl Lamprecht, S. 232. 57 Abgedruckt bei Lamprecht, Deutsche Geschichte. 58 Hübinger, Das historische Seminar, S. 132 Anm. 148.

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Wenn Lamprecht stattdessen aber sein Staatsexamen für das Lehramt ablegte und zum 1. April 1879 »als Probekandidat und Hausmeier zu Cöln«59, also als Hauslehrer in die Familie des Bankiers Theodor von Deichmann eintrat, so geschah das sicherlich zunächst einmal, »damit ein schwarzer Punkt von dem ökonomischen Himmel unserer Familie verschwindet«.60 Denn die 600 Taler jährlich nebst freier Station, die er bei Deichmann erhielt61, waren kein schlechtes Anfangsgehalt62 und jedenfalls weit mehr, als er als Volontär im preußischen Archivdienst erwarten durfte. Außerdem konnte Lamprecht, den wohl sein früherer Rektor aus Schulpforta, Wilhelm Herbst, nach Köln empfohlen hatte63, gleichzeitig am dortigen Friedrich-Wilhelm-Gymnasium unter Oskar Jäger64 das vorgeschriebene Schulprobejahr ableisten, das ihn von montags bis freitags mit je einer Unterrichtsstunde in Anspruch nahm. Die Habilitation hat er dabei trotzdem im Auge behalten, obwohl ihm sein Gönner von Noorden noch Ende Oktober 1879 wenig Hoffnung auf eine Stelle in Leipzig machte.65 Im November 1879 lernte der junge Hauslehrer bei einer Abendeinladung im Hause Gustav Mevissens66, einem Verwandten Deichmanns, den Hausherrn kennen und verwickelte ihn gleich in ein langes Gespräch über historische Fragen.67 Dem inzwischen 64-jährigen rheinischen Handelsherrn muss der agile und ideenreiche Sachse gefallen haben  ; schon am nächsten Tag bot er ihm jedenfalls ein Stipendium von 400 Talern 59 Lamprecht an seinen Göttinger Studienfreund am 29.12.1880. Friedensburg, Ein Jugendbrief Karl Lamprechts. 60 Lamprecht an seinen Bruder Hugo, Pastor in Ballerstedt, am 19.2.1879. Aus dem Lamprecht-Nachlass (jetzt Universitätsarchiv Bonn) zit. bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 281. 61 Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282. 62 Es entsprach – ohne die freie Station – etwa dem Gehalt eines Bankangestellten oder städtischen Hauptlehrers oder etwa dem Dreifachen eines Handwerksgesellenlohns. Jaspers, Urbanisierungsprozess, S. 221 ff. 63 Herbst war als junger Mann selbst Hauslehrer bei Deichmanns gewesen  ; Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 385 Anm. 23. 64 Schönebaum, Gustav Mevissen und Karl Lamprecht, S. 181. Ebenso Lamprecht selbst in einem Lebenslauf für das preußische Kultusministerium (Reinkonzept von 1884 oder 1885 in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 229)  ; die abweichende Angabe bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282, beruht wohl auf einem Irrtum. 65 Carl von Noorden an Lamprecht, 31.10.1879. HAStK, Akten GRhG 1.1. Bl. 305. Zur Wahl stand für Lamprecht die Nachfolge Höhlbaums als Mitarbeiter beim Hansischen Urkundenbuch, die ihm angesichts der viel besseren Stellung in Köln aber wenig behagte  ; Noorden warnte ihn andererseits vor »literarischen Arbeiten für weitere Kreise«  : »Die Gefährdung Ihrer gelehrten Laufbahn kann dadurch in bedenklicher Weise gesteigert werden.« 66 Schönebaum, Gustav Mevissen und Karl Lamprecht, S. 181, mit genauen Einzelheiten aufgrund persönlicher Erinnerung Lamprechts  ; Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282, verlegt das Treffen dagegen ohne Belege in das Haus Theodor Deichmanns. 67 Schönebaum hat die Szene, in der der Probekandidat in einem geliehenen schwarzen Rock mit zu kurzen Ärmeln auftrat, nach den Erzählungen seines Lehrers Lamprecht sehr anschaulich geschildert  ; Schönebaum, Gustav Mevissen und Karl Lamprecht, S. 180.

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auf drei Jahre an, falls sich Lamprecht der Erforschung der rheinischen Wirtschaftsgeschichte widmen, sich gleichzeitig in Bonn habilitieren sowie Mevissens große Bibliothek ordnen und katalogisieren wolle.68 Lamprecht, dessen Habilitation nach eigener Darstellung bis dahin stets »an der pecuniären Frage« gescheitert war69, sagte sofort zu und entwickelte in wenigen Wochen den ungefähren Plan einer »Rheinischen Geschichte des Mittelalters« vom 7. bis zum 13. Jahrhundert, den er bereits am 11. Januar 1881 Mevissen übersandte.70 Schon ganz seiner späteren wissenschaftlichen Richtung entsprechend, hoffte Lamprecht darin den Schwerpunkt mittelalterlicher Entwicklung »auf dem Gebiete der realen Cultur, in der Geschichte der Stände, des Rechts und der Wirtschaft zu finden«  ; denn aus der politischen Geschichte jener Zeit sei »das Steigen und Fallen der wogenden Culturinteressen« nicht herauszulesen. Allerdings wollte er dies ausdrücklich nur für das Mittelalter gelten lassen  ; in der Neuzeit hingegen sei seit dem »Auftauchen der absoluten Monarchie aus dem Chaos des Lehnsstaates« das staatliche Leben immer mehr zum Brennpunkt aller Kulturinteressen geworden, und folglich müsse die politische Geschichte »von hier ab als Grundlage jeder umfassenden Geschichtsschreibung« gelten. Letztlich könne man aber, so meinte Lamprecht abschließend, zwar eine Urkundenveröffentlichung, aber nicht eine historische Darstellung in allen Details im Voraus entwerfen, denn hier forme »der Stoff mehr als der Arbeiter« die Umrisse der Darstellung erst im Laufe ihrer Entstehung. Gleichzeitig entschied sich in Verhandlungen mit Mevissen auch Lamprechts weiterer Lebensweg. Das Angebot, von 400 Talern Stipendium jährlich zu leben, erschien Lamprecht, der seinen Bedarf als künftiger Bonner Privatdozent auf etwa 700 Taler im Jahr veranschlagte, zu niedrig  ; er bat seinen Gönner deshalb, die Gesamtsumme des für drei Jahre gedachten Stipendiums auf zwei Jahre zu konzentrieren, um so wenigstens auf 600 Taler jährlich zu kommen. Dem seinem kaufmännischen Denken entspringenden Rat Mevissens, sich das fehlende Geld durch historische Nebenarbeiten hinzuzuverdienen, mochte Lamprecht nicht folgen, da er seine Kräfte nicht durch literarische Arbeiten verzetteln wollte – davor hatte ihn bereits sein Lehrer von Noorden eindringlich gewarnt – und bei den rheinischen Geschichtszeitschriften auch keinesfalls so viel zu verdienen sei.71 Da sei es schon besser, »sich für das Geschichtsfach am Gymnasium« zu melden, 68 Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282  ; zu den Bibliotheksarbeiten vgl. die Briefe Lamprechts an Mevissen vom 11.1.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 27, und an Bruder Hugo vom Januar 1881, bei Schönebaum, Gustav Mevissen und Karl Lamprecht, S. 181. Lewalds abweichende Angabe über die Höhe des Stipendiums (dort  : 600 Th.) ergibt sich daraus, dass Mevissen die ursprünglich für drei Jahre bestimmte Gesamtsumme auf Bitten Lamprechts im Januar 1880 auf nur zwei Jahre aufteilte, wodurch ein Jahresstipendium von 600 statt 400 Thalern zustande kam. 69 Lamprecht an Mevissen am 17.1.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 317. 70 Entwurf und Begleitschreiben in HAStK, Akten GRhG 1,1, Bll. 27. u. 33 ff. 71 Die angesehene »Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins« etwa konnte es sich leisten, ihren Autoren überhaupt keine Honorare zu zahlen  ; Richard Picks »Monatsschrift für die Geschichte Westdeutschlands mit

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was außer den Stunden selbst fast gar keine Zeit koste und nebenbei noch frisch und lebendig erhalte. »Die dafür erforderliche Praeparation schlage ich gleich null an.«72 Als Mevissen ihm daraufhin seine finanziellen Wünsche erfüllte, war Lamprecht auf solche Nebeneinnahmen jedoch nicht mehr angewiesen.73 Auch die bereits erwähnten Versuche von Noordens, Lamprecht zwecks Habilitation eine Privatlehrerstelle in Leipzig oder die vom Ersteren selbst als »Knechtsdienst« bezeichnete Anstellung als Mitarbeiter beim »Hansischen Urkundenbuch« zu verschaffen74, konnten nun als erledigt gelten. Sicher hat zu dieser Wendung auch eine Empfehlung beigetragen, die von Sybel auf Veranlassung von Noordens Anfang 1880 für Lamprecht an seinen alten Freund von Mevissen schrieb. Von Noordens Lobesworte bei dieser Gelegenheit, die gewiss auch auf den Empfänger zugeschnitten waren, lassen Lamprecht dennoch ganz als vielversprechenden jungen Konservativen erscheinen.75 Am 10. Januar 1880, also noch während der geschilderten Verhandlungen mit Mevissen, hatte Lamprecht bereits die vier Bonner Ordinarien für Geschichte aufgesucht, um mit ihnen seine Habilitation zu besprechen. »Sie waren alle mit diesem Schritte einverstanden  ; die Mehrzahl nahm ihn sogar, wie mir schien, mit freundlichem Wohlwollen auf«, berichtete er seinem Gönner in Köln.76 Doch scheint er dabei einer bei ihm auch sonst nicht seltenen Selbsttäuschungen zum Opfer gefallen zu sein, denn nur wenige Tage später berichtete der Bonner Professor Wilhelm Maurenbrecher, dem sein früherer Mitdozent und Freund von Noorden Lamprecht ganz besonders ans Herz gelegt hatte77, besonderer Berücksichtigung der Rheinlande und Westfalens« in Trier sowie die »Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein« zahlten pro Bogen acht Taler, »wobei man bei (letzteren) öfters lange auf Aufnahme warten dürfte, wenn man sich nicht so ganz dem dort vertretenen Clericalismus anzupassen vermag«. Lamprecht an Mevissen 17.1.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 317. Immerhin hat der »Clericalismus« den »Historischen Verein für den Niederrhein« nicht gehindert, Lamprecht zwei Jahre darauf sogar zu seinem Sekretär zu wählen. 72 Lamprecht an Mevissen am 17.1.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 317. 73 Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 382. 74 »Die ›Hanse‹ hat ihm die Nachfolgerschaft Höhlbaums in diesen Tagen übertragen. Vor solchem Knechtsdienst möchte in den wahrhaft produktiven Kopf … bewahrt wissen.« Von Noorden an Sybel am 5.1.1880, zit. bei Hübinger, Das historische Seminar, S. 132 Anm. 148 und bei Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 382  ; ähnlich von Noorden an Maurenbrecher am 10.1.1880, ebd., S. 382  : »Die Anerbietungen der Hanse geben gegen mühsam und sterile Lohnarbeit ein so geringes Äquivalent, daß ich zur Ablehnung … sogar eher zur Annahme einer Gymnasiallehrerstelle raten mußte.« 75 »Er ist glänzend beanlagt …, von ernst sittlicher Gesinnung, ganz protestantischer Preuße und wie unsere tüchtige akademische Jugend von heute zugleich mit braver monarchischer Gesinnung erfüllt.« Von Noorden an Sybel im Januar 1800, Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, Anm. 122. 76 Lamprecht an Mevissen, 11.1.1880. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 27. 77 Von Noorden war als Privatdozent 1863–1868 in Bonn Maurenbrechers Freund und Kollege gewesen. Am 10.1.1880 schrieb er ihm, Lamprecht sei eine »hervorragende, wenn auch noch gärende, aber im Zustand solcher Gärung sprudelnde Kraft«, der er »unbedenklich morgigen Tags eine Abteilung des Historischen Seminars zur Leitung übertragen würde … Er will zur Zeit Vieles, vielleicht zu vielerlei, aber in diesem Wollen ist

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über diesen Besuch nach Leipzig, Lamprecht beschreite »krumme Wege«, und der damalige Senior des Bonner Historischen Seminars, der Althistoriker Arnold Schaefer, habe ihn gar einen »Windbeutel« genannt.78 Anscheinend hatte sich der erst 24-jährige Lamprecht vor seinen künftigen Habilitationsvätern allzu deutlich auf seine Beziehungen zu Mevissen und auf seine weitfliegenden historischen Pläne berufen.79 Jedenfalls musste auch der wohlmeinende von Noorden in seiner Antwort an Maurenbrecher zugeben, dass »Planmacherei ins Blaue hinein, sowohl was seine Lebensverhältnisse wie seine Arbeitsentwürfe betrifft«, ein Grundfehler Lamprechts sei  : »Es steckt ein starker ­Beisatz künstlerischer Natur in ihm, mit welcher Verstand und Sitzfleisch zu ringen haben«, doch könne solcher Besitz eine »goldene Gabe« werden, wenn er nur richtig gezähmt werde.80 Aber es war Maurenbrecher und seinen Kollegen wohl doch nicht möglich, die von einem Leipziger Freund so warm befürwortete Habilitation eines jungen Mannes abzulehnen, der außerdem als besonderer Schützling des wegen seiner Freigebigkeit auch in Bonn geschätzten Mevissen galt. Außerdem hatte Maurenbrecher auch die positiven Seiten von Lamprechts Wesen, vor allem seinen Einfallsreichtum und Fleiß, durchaus erkannt. Nachdem von Noorden diesem seine ursprüngliche Absicht, sich in Bonn für »rheinische Provinzial- und Culturgeschichte« zu habilitieren, zugunsten einer umfassenderen Lehrbefugnis ausgeredet hatte81, schrieb Lamprecht innerhalb weniger Wochen eine Studie über einen recht zweitrangigen mittelalterlichen Historiker, Dietrich Engelhus († 1434), mit der ihn die Bonner Fakultät am 9. Juni 1880 habilitierte, obwohl ihr die Arbeit nur in Teilen vorlag. Maurenbrecher stellte in seinem Gutachten zwar eine große Gewandtheit des Autors, aber auch seine Neigung zu übereilten Schlüssen fest82. Sein Kollege, der Hilfswissenschaftler Karl Menzel hat später ein noch viel deutlicheres Schwung und hinter vielseitigen Interessen und Ansätzen steht ein selbständiges Denken.« Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 383. 78 Hübinger, Das historische Seminar, S. 132 Anm. 148  ; Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 384 f. 79 Lewald, Karl Lamprecht, S. 234. »Betrübt« antwortete von Noorden darauf am 25.1.1880, dies seien »Neuerrungenschaften des Cölner Daseins, die zu seinem früheren hiesigen, nach jeder Seite bescheidenden, einzig wo es sich um wissenschaftliche Fragen handelte, tumultuarisch gebärdenden Auftreten geradezu im Widerspruch stehen«  ; den Grund sah er im schlechten Einfluss von Lamprechts ehemaligem Lehrer Wilhelm Herbst. Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 384 f., sowie Hübinger, Das historische Seminar. 80 Von Noorden an Maurenbrecher am 13.1.1880, Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 384. 81 »Unsinn  ! Er muß, mag er diesen Fächern als Docent vorzugsweise obliegen wollen, sich für das ganze Fach der Geschichte melden.« Auch sonst wird in der Korrespondenz Maurenbrecher – von Noorden öfters von Lamprechts »Irren und Fehlen« und der Notwendigkeit, ihm »ins Gewissen zu reden«, gesprochen. Hübinger, Das historische Seminar, S. 132, Anm. 148. 82 Lewald, Karl Lamprecht, S. 234.

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Urteil gefällt.83 In der Tat handelte es sich wohl mehr oder weniger um eine Gefälligkeits­ habilitation, zumal Lamprecht seine sehr rasch niedergeschriebene Arbeit niemals zu Ende geführt, geschweige denn hat drucken lassen. Aber sie brachte ihm die nötige Weihe des Akademikers, die Mevissen wünschte und die ihm half, die zweite Aufgabe in Angriff zu nehmen, die sein Gönner von ihm erwartete  : die Gründung einer »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«. Einen ersten Entwurf dazu hatte Lamprecht Mevissen bereits am 11. Januar zusammen mit seinem Konzept für die »Rheinische Geschichte des Mittelalters« übersandt.84 Die frühere politische Zersplitterung des Rheinlands, so schrieb er darin, habe am Rhein auch zu einer unübersehbaren Kleinräumigkeit der historischen Lokalforschung geführt. Die vielen historischen Zeitschriften, deren Zahl viel zu hoch sei, suchten zwar die Lokalgeschichte durch Veröffentlichung neuer Forschungen aufzuhellen  – Lamprecht hob die Annalen des Historischen Vereins, die Bergische und die Aachener Zeitschrift besonders hervor –, doch fehle ihnen »der große Blick für den historischen Wechsel«, und dies präge zudem auch die Methode neu eintretender dilettantischer Forscher, die sich an solchen Zeitschriften orientierten, im negativen Sinne. Allein die »Pick’sche Monatsschrift«85 behandele zwar ein allgemeineres Gebiet, doch, »wie man sich kaum verhehlen kann, in wenig entsprechender Weise und mit von Band zu Band nachlassender Energie«. Dennoch riet Lamprecht von der Gründung eines neuen »großen Organs« für die rheinische Geschichtsforschung ab, denn »um es offen zu gestehen, die rheinische Lokalforschung, wie sie im Lande getrieben wird, ist durchweg nicht reif für eine größere Zeitschrift«, für die sich nur wenige wirklich qualifizierte Mitarbeiter finden lassen würden. Viel sinnvoller schien ihm zunächst eine regelmäßige »Herausgabe von wichtigen, bisher ungedruckten Quellen nebst Einleitungen hierzu« und die »Drucklegung umfangreicherer Erörterungen« etwa unter dem Titel »Quellen und Erörterungen zur rheinischen Geschichte«. Diese könnten je nach den vorhandenen Mitteln entweder mit jeweils einer größeren Arbeit oder in vier bis sechs in sich abgeschlossenen Einzelheften im Umfang von jährlich etwa 40 Bogen erscheinen. Mit der Einteilung des Veröffentlichungsprogramms in vier Abteilungen (»Scriptores«, »Fontes diplomatici«, »Diplomata« und »Erörterungen«), die Lamprecht vorschlug, folgte er zweifellos dem Aufbau der »Monumenta Germaniae Historica«. Zunächst sollten nach seinen Vorschlägen überwiegend wirtschafts- und kulturgeschichtliche Quellen 83 »Am Anfange wollten wir dem fleißigen jungen Mann sehr wohl, … obwohl er uns eine sehr ungenügende Habilitationsschrift, einen Torso über den langweiligen Historikus Engelhusius, vorlegte.« Menzel an v. Sybel 17.2.1885, aus dem Nachlass Menzels zit. bei Hübinger, Das historische Seminar, S. 133. Allerdings musste gerade Menzel in Lamprecht auch einen Konkurrenten für seine eigenen Vorlesungen sehen, vgl. Schönebaum, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher, S. 383. 84 HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 45 ff. 85 Vgl. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 44.

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veröffentlicht werden, so etwa das »Buch Weinsberg«86, die Homilien des Caesarius von Heisterbach87, Kölner Toten- und Zunftbücher, Weistümer88 sowie Wirtschaftsurkunden des 12. und 13. Jahrhunderts aus dem Düsseldorfer Staatsarchiv. Zu Autoren dürfe aber nicht »das ganze Gros der Localforscher«, sondern nur die Elite herangezogen werden. Nicht nur für das wissenschaftliche Programm, auch für die Finanzierung des Unternehmens erinnern Lamprechts Vorschläge stark an die älteren Böhmers, von denen er allerdings nichts wissen konnte. Lamprecht empfahl nämlich, sich nicht wie bei einer Zeitschrift auf etwaige Abonnenten zu verlassen  ; man müsse sich vielmehr auf wohlhabende »Freunde und Gönner« stützen, mit ihnen einen Verein gründen und dessen Mitglieder für eine Reihe von Jahren zu festen Beiträgen verpflichten  : »Das Verfahren des Hansischen Geschichtsvereins könnte hier als Vorbild dienen.«89 Aber auch eine Verbindung von jährlicher Beitragszahlung mit dem Recht auf Preisermäßigung für die beabsichtigten Publikationen regte Lamprecht damals bereits an. Nach diesem ersten Entwurf blieb das Projekt jedoch zunächst einmal ein halbes Jahr liegen  ; Lamprecht hatte mit seiner Habilitation und den Bibliotheksarbeiten für Mevissen genug zu tun. Erst nach deren Abschluss begann im Sommer 1880 für ihn recht eigentlich »das rheinische Geschichtsforscherleben«, als er das ihm bisher unbekannte Rheinland durch »Touren« kennenlernte und dann im Herbst mit der Urkundenarbeit für seine rheinische Geschichte begann.90 Diese Art seines Vorgehens, bei der er auch möglichst viele Archive selbst besuchte und methodisch nach Quellen durchforschte, ist für Lamprecht auch später charakteristisch geblieben.91 Ein jahrelanges Freiabonnement der Rheinischen Eisenbahn, zu dessen Erneuerung er mehrfach Mevissens Vermittlung erbat92, kam 86 Die von Leonard Ennen um 1858 im Kölner Stadtarchiv entdeckte, kulturhistorisch und stadtgeschichtlich bedeutende Familienchronik des Kölner Ratsherrn Hermann von Weinsberg (1518–1597) erschien zwischen 1886 und 1926 als Publikation III, IV und XVI der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«. 87 Erschienen 1933 als Bd. 1 der Wundergeschichten des Caesarius von Heisterbach (PubGRhG XLIII). 88 Zur Herausgabe von Weistümern (Formulierungen alten Gewohnheitsrechts durch Gerichte und Rechtskun­ dige) durch die »Gesellschaft« vgl. unten u. a. S. 144. 89 Die am 31. Mai 1871 angenommene Satzung des »Hansischen Geschichtsvereins« bestimmte in § 8, dass die Vereinsaufgaben durch Beihilfen ehemals zur Hanse gehöriger Städte sowie durch Beiträge der Mitglieder und Tagungsteilnehmer zu finanzieren seien  ; Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 13. 90 So berichtete Lamprecht einem Freund am 29.12.1880  ; vgl. Friedensburg, Ein Jugendbrief Karl Lamprechts. 91 Über derartige Wanderungen berichtet u. a. Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 290. 92 Als Grund seines Gesuchs an die Königl. Eisenbahndirektion um Verlängerung seines Freibillets für das Jahr 1881 – ein Jahr zuvor war die Rheinische Eisenbahn noch ein Privatunternehmen unter Mevissens Leitung gewesen – nannte Lamprecht die »genaue lokale Durchforschung der Rheinischen Geschichte namentlich in cultureller Hinsicht«, die im Rheinland »in sonst nirgends vorkommender lokaler Verschiedenheit der rechts-, wirtschafts- und kunstgeschichtlichen Gestaltungen« auftrete und nur aufgrund »persönlicher Kenntnis und Anschauung der Quellen« in den weitverstreuten Archiven zu erforschen sei. Entwurf des Gesuchs und eines Begleitschreibens an Mevissen in HAStK, Akten GRhG 1,1, Bll. 15 u. 17. Für 1882 wurde

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ihm dabei sehr zustatten.93 Gleichzeitig benutzte er diese Reisen aber auch mit »recht gutem Erfolg« zur »Agitation für Gründung einer Commission zur Herausgabe rheinischer Geschichtsquellen à la sächsische und preußische Geschichtsquellen«. Wichtig war vor allem, dass er die Bonner Professoren, »Maurenbrecher voran«, für diese Idee zu gewinnen wusste. So konnte er zum Jahresende 1880 schon für das kommende Frühjahr einem Freund die Gründung einer »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« nach dem Muster der »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« ankündigen  : »Dann sind wir gottseidank, aus dem rheinischen Geschichtsmarasmus heraus, und was dann kommt, wird die Zukunft lehren.«94 3.3.2 Konstantin Höhlbaum

Es würde allerdings zu einer Überbewertung der Rolle Lamprechts führen, wollte man nur seinen eigenen Darstellungen über die Gründung der »Gesellschaft« folgen.95 Zwar hat auch Mevissen in seinem schon zitierten Brief an Anton Springer vom 30. September 1890 Lamprechts herausragende Rolle dabei betont und die Akten der »Gesellschaft« enthalten eine Vielzahl immer neuer, den Urentwurf vom 11. Januar 1880 variierender Statutenentwürfe und Vorschläge für das wissenschaftliche Programm von seiner Hand. Auch als Vermittler zwischen Mevissen, der sich stets gern im Hintergrund hielt, und dem vorgesehenen Gründungsausschuss der »Gesellschaft« trat Lamprecht immer wieder hervor. Die eigentliche Organisationsarbeit bis hin zur Gründungsversammlung, die Gewinnung erster Patrone, die Hinzuziehung der Staatsarchivare von Koblenz, Düsseldorf und Münster, ohne deren Beistand das Unternehmen von vornherein aussichtslos gewesen wäre, und nicht zuletzt auch die »Öffentlichkeitsarbeit« in der Presse übernahm vom September 1880 an zum größten Teil jedoch Konstantin Höhlbaum (1849–1904), der damals als Nachfolger des verstorbenen Ennen sein Amt als Kölner Stadtarchivar antrat.96 Der baltische Kaufmannssohn aus Reval war ein Schüler Georg Waitz’ und wohl auf dessen Empfehlung 1871 als Redakteur des »Hansischen Urkundenbuchs« der erste die Freikarte nochmals, nämlich am 9.3.1882 auf Antrag der GRhG durch den Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten bewilligt  : HAStK, Akten GRhG 11,1. 93 Auf die Bedeutung der Eisenbahnen für die gründliche Ausschöpfung der Archive, das Kongresswesen und die organisierte historische Forschung überhaupt wies zuerst Hermann Heimpel hin  : Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 151 f. 94 Lamprecht am 29.12.1880  ; vgl. Friedensburg, Ein Jugendbrief Karl Lamprechts. 95 Wenn Lamprecht in einem Lebenslauf für den Hochschulreferenten im preußischen Kultusministerium, Friedrich Althoff, 1885 schrieb, »Ich habe die Entstehung der Gesellschaft  … veranlaßt«, so ist dabei der Anlass (Gesuch um eine Professur) zu berücksichtigen (HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 229 ff., zit. auch bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 285). Aber auch sonst hat sich Lamprecht stets gern als den eigentlichen Gründer der »Gesellschaft« dargestellt. 96 Stehkämper, Das Historische Archiv der Stadt Köln, S. XIV. Über Höhlbaum vgl. auch Deeters, Hanseforschung in Köln  ; Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 260.

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»wissenschaftliche Beamte« des »Hansischen Geschichtsvereins« geworden97  : Er hatte sich 1875 in Göttingen habilitiert und blieb auch während seiner Tätigkeit für die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« bis 1886 Herausgeber des »Hansischen Urkundenbuchs«  ; im gleichen Jahr wählte ihn der »Hansische Geschichtsverein« zum Vorstandsmitglied. Am Rhein hat sich der ebenso sensible wie zurückhaltende Mann wohl nie ganz zuhause gefühlt98  ; vielleicht ist auch das ein Grund, weshalb er sich förmlich in Arbeit aufzehrte99 und damit seine Gesundheit früh zerstörte. Dem sieben Jahre jüngeren Lamprecht hatte er nicht nur größere Lebenserfahrung, sondern auch weit mehr diplomatisches Geschick voraus. An Fleiß und Arbeitseifer gaben sich beide nichts nach, doch war der etwas grüblerisch und Abb. 12 Konstantin Höhlbaum, Porträtfoto, schwerblütig veranlagte, in seiner Arbeit äu- Original im Kölnischen Stadtmuseum, vor ßerst penible Balte seinem Wesen nach das ge- 1904. naue Gegenteil des phantasievollen, gelegentlich allzu wortreichen, oft rasch und oberflächlich arbeitenden Optimisten Lamprecht. Dass beider Verhältnis bei allem Entgegenkommen doch stets etwas von distanzierter Kühle behielt, ist daher verständlich. Dennoch darf Höhlbaums Name neben dem Mevissens und Lamprechts, aber auch Maurenbrechers als des aktivsten aus der Gruppe der Bonner Historiker nicht fehlen, wenn von den eigentlichen Vätern der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« gesprochen wird.100

 97 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 16  ; Brandt bezeichnete Höhlbaum auch als eine »wissenschaftliche Säule« des Hansischen Geschichtsvereins.  98 »Ich sehe mich wieder unter Männer versetzt, welche die Seeluft stark macht  ; am Rhein ist die Luft schlaff in jeder Hinsicht«, schrieb Höhlbaum 1886 auf die Nachricht von seiner Wahl in den Vorstand des Hansischen Geschichtsvereins  ; Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 49.  99 Nicht selten finden sich in Höhlbaums Briefen Formulierungen wie am 28.7.1881 an Schaefer  : »Eine ungeheure Arbeitslast, welche mir kaum die nötige Zeit für die täglichen Mahlzeiten gelassen hat …« (HAStK, Akten GRhG 11,1) oder ein Hinweis auf die Universitätsferien, »um die ich sämtliche Bonner Herren wahrhaft beneide« (ebd. in demselben Brief). 100 Gewiss konnte Höhlbaum als Einziger aus eigener Kenntnis »das Modell des Hansischen Geschichtsvereins in seiner eigentümlichen Mischform von Geschichtsverein und Historischer Kommission als Vorbild« einbringen (Brandt, Hundert Jahre, S. 42, Anm. 80), doch war es Lamprecht, der als Erster bereits im Januar 1880 auf dieses Vorbild hingewiesen hatte.

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Die ersten Schritte zum Entwurf einer konkreten Satzung hat Lamprecht zwischen August und November 1880 allerdings noch selbst unternommen, wobei er sich als Muster die Statuten des 1839 gegründeten, vor allem in Süddeutschland angesehenen »Litterarischen Vereins zu Stuttgart« schicken ließ.101 Dagegen scheinen die von Ernst Dümmler unter dem 18. November 1880 übersandten Statuten der »Historischen Kommission für die Provinz Sachsen« Lamprecht und Höhlbaum damals nicht erreicht zu haben.102 Der erste von Lamprechts neuen Entwürfen vom 9. September 1880 bezweckte aller­ dings noch die Veröffentlichung von »Quellen und Forschungen« zur rheinischen Geschichte, die er einem gewerblichen Verleger durch Zuschüsse geschäftlich schmackhaft machen wollte.103 Bei einem jährlichen Editionsprogramm von immerhin bis zu 80 Bogen (= 1320 Druckseiten) rechnete Lamprecht mit einem Zuschussbedarf von 1600 Mark104 oder, »artificielle Beilagen« und die Bildung eines Reservefonds hinzugerechnet, besser 2500 Mark im Jahr. Anscheinend sah er also bereits in dieser Phase auch den Druck kunstgeschichtlicher Veröffentlichungen vor. Aufbringen sollte diese Mittel ein noch zu gründender »Rheinischer Geschichtsverein«, der zwei Klassen von Mitgliedern umfasste. Die zum Vorstand allein wahlberechtigten und wahlfähigen »Patrone« – hier begegnet uns der im damaligen Vereinswesen nicht unübliche Begriff im Kontext der Institutionalisierungsgeschichte der »Gesellschaft« zum ersten Mal – sollten gegen Zahlung von 50 101 Schreiben Lamprechts vom 19.8.1880. Der unter Protektion des Königs von Württemberg seit 1849 in Tübingen residierende »Litterarische Verein zu Stuttgart zur Herausgabe älterer Drucke und Handschriften und ausschließlicher Verteilung derselben unter die Vereinsmitglieder«, eine Art wissenschaftlicher Lesering, gab unter Verantwortung eines zwölfköpfigen Gelehrtenausschusses (u. a. mit Georg Waitz und Wilhelm Wattenbach) hauptsächlich literarische Werke, aber auch Chroniken und Urkunden des Mittelalters neu bearbeitet für seine Mitglieder heraus. Unter den bis 1880 erschienenen 145 Titeln befanden sich u. a. die Ambroser und die Heidelberger Liederhandschrift und die »Zimmern’sche Chronik«  ; Leonard Ennen hatte dort auch das »Buch Weinsberg« veröffentlichen wollen. Gegen Erwerb einer »Akzie« zu 20 Mark Jahresbeitrag oder einmalige Zahlung von 260 Mark erhielten die Mitglieder, unter denen sich zahlreiche bekannte Gelehrte und gekrönte Häupter befanden, das im letzteren Fall lebenslängliche Recht, die Vereinspublikationen unentgeltlich zu beziehen. Sein Präsident, der Tübinger Germanist und Romanist Adelbert von Keller, riet Lamprecht am 11.9.1880 zu »Sparsamkeit, absoluter Uneigennützigkeit und Opferwilligkeit« und zu »strengster Fernhaltung vom Buchhandel« und schlug ihm, offenbar in Sorge wegen des neuen Konkurrenzunternehmens am Rhein, vor, »Ihren Plan mit unserem schon bestehenden Institute zu verbinden«. Darauf aber konnte Lamprecht nicht eingehen. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 87 ff.; dort auch Statuten, Mitglieder- und Publikationslisten des »Litterarischen Vereins«. 102 Das ergab sich aus einer Wiederholung der Anfrage anlässlich der 1885 geplanten Satzungsänderung  ; Schreiben des Schriftführers der Historischen Kommission Sachsen, Prof. Schum, an Höhlbaum vom 8.2.1885. Anscheinend ist Dümmlers (nicht mehr erhaltene) Zuschrift vom 18.11.1880 dann aber doch noch aufgetaucht, denn Höhlbaum ließ sie im Gelehrtenausschuss zirkulieren. HAStK, Akten GRhG 2,1. 103 Reinkonzept von Lamprechts Hand in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 63. 104 Bei Gesamtkosten von 75 Mark pro Bogen Lexikonformat für eine Auflage von 500 Exemplaren (Satz und Druck 45 Mark, Autorenhonorar und Papier je 15 Mark) rechnete Lamprecht mit einem vom Verein zu tragenden Zuschuss von 20 Mark, was bei 80 Bogen 1600 Mark ausmachte.

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Mark jährlich ein Freiexemplar jeder Veröffentlichung erhalten, die »Abonnenten« mit fester Abnahmeverpflichtung dagegen einen verbilligten Ladenpreis zahlen. Die Urform der heutigen Jahresberichte ist in dem vorgesehenen jährlichen »Correspondenzblatt« zu erkennen, das neben dem Geschäftsbericht des Vereins und einer Übersicht über seine wissenschaftlichen Arbeiten allerdings auch »allgemeinverständliche, nicht bloß gelehrte« Abhandlungen »nach dem Muster der Sybelschen Zeitschriftenaufsätze«, also wohl in der Art der »Historischen Zeitschrift« enthalten sollte. Auch die Zusammensetzung des Vereinsvorstands entsprach in diesem Entwurf bereits weitgehend dem Zustand zum Ende der Untersuchungszeit. Zu den sechs Vorstandmitgliedern kraft Amtes – zwei Geschichtsprofessoren der Universität Bonn, den beiden Staats­ archivaren der Rheinprovinz in Koblenz und Düsseldorf, dem Kölner Stadtarchivar und dem Bibliothekar der Stadt Trier – sollten die »Patrone und Mitglieder« sieben weitere hinzuwählen.105 Zur Verwaltung des Vereinsvermögens und für die Verlagsgeschäfte sollte der Vorstand einen »Geschäftsführenden Ausschuß«, zur langfristigen Planung der Veröffentlichungen, zur Überprüfung der laufenden und Begutachtung der fertiggestellten Arbeiten eine »Wissenschaftliche Direktion« aus zwei Gelehrten, je einem für »Erörterungen« und Quellenedition ernennen. Beide Kommissionen entsprechen etwa der Finanzkommission und der »Wissenschaftlichen Kommission« des Vorstands in späterer Zeit. Aus seinem ersten Entwurf vom Januar 1880 behielt Lamprecht die Einteilung der Quellenpublikationen in vier Abteilungen bei  ; für sich selbst hatte er das Amt des Vereinssekretärs, die Redaktion der »Erörterungen« und die Herausgabe der »Antiquitates« vorgesehen. Dieser frühe Plan sollte aber noch erhebliche Veränderungen erfahren. Auf Anregung Höhlbaums, der die bedeutende Rolle der Städte im Hansischen Geschichtsverein kannte106, sah Lamprechts nächster »Entwurf für eine Organisation zur Herausgabe Rheinischer Geschichtsquellen« vom 20.  Oktober107 auch Kommunen als korporative Patrone vor. Dem Vorstand, der jetzt die Bezeichnung »Historische Kommission« trug, sollten dementsprechend die Oberbürgermeister der Großstädte Köln, Aachen, Düsseldorf und Elberfeld kraft Amtes angehören, dazu auch ein Vertreter des Provinzialschulkollegiums, von dem sich Lamprecht wohl eine besondere Förderung des Absatzes seiner Publikationen erhoffte.108 Im Übrigen entsprach die Vorstandskonstruktion dem Entwurf vom 9. September, doch wurden jetzt erstmals auch Namen genannt. Das Präsidium des

105 Dies steht im Widerspruch zu der vorherigen Bestimmung, dass »Abonnenten« weder aktives noch passives Wahlrecht zum Vorstand genießen sollten. Der Ausdruck »Mitglieder« wird bereits in diesem Entwurf, wie später in allen Statuten der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, mehrdeutig und damit missverständlich gebraucht. 106 Hierzu vgl. Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 13 u. bes. 29 ff. 107 HAStK, Akten GRhG 1,1. 108 Anscheinend dachte Lamprecht, wie vor ihm schon Pertz bei den »Monumenta«, auch an eine direkte Verwendung späterer Quellenpublikationen im Unterricht der Oberklassen Höherer Schulen.

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Vorstands war dem Landtagsmarschall Wilhelm Fürst zu Wied109 zugedacht, der bereits Sybels Aufruf von 1868 mit unterzeichnet hatte. Als zweiter Vorsitzender sollte Wilhelm Maurenbrecher oder der Kölner Oberbürgermeister Hermann Becker110 fungieren. Die »Förderer« erhielten also gegenüber den »Gelehrten« ein merkliches Übergewicht, das, wie noch zu zeigen sein wird, auch den Vorstellungen Mevissens entsprach. Sachlich wurden die Aufgaben der Kommission in diesem Entwurf auf die Herausgabe von Quellentexten beschränkt  ; auf »Erörterungen« wurde verzichtet. Ein besonderer Abschnitt über den »Zusammenhang der Organisation mit den Localvereinen und Historikern« sah erstmals auch die Zuwahl von »um die Territorialgeschichte wohlverdiente[n] Forscher[n]« in die bis dahin nur aus Universitätshistorikern, Archivaren und Patronen bestehende Kommission vor. »Für später« fasste Lamprecht sogar einen Anschluss der historischen Vereine durch Berufung ihrer jeweiligen Vorsitzenden in die Kommission ins Auge  ; allerdings erwartete er dafür auch feste Beiträge und Abnahmeverpflichtungen seitens der Vereine. Inzwischen hatte Höhlbaum in persönlichen Gesprächen auch die beiden Staatsarchivare Woldemar Harleß in Düsseldorf111 und Wilhelm Maria Becker in Koblenz112 zur Mitarbeit gewonnen. Dabei hatte Harleß wegen der engen historischen Beziehungen und 109 Wilhelm Fürst zu Wied (1845–1907) war 1875–1894 und 1899–1901 Landtagsmarschall bzw. Vorsitzender des Provinziallandtags der Rheinprovinz und 1897–1903 Präsident des preußischen Herrenhauses. Wilhelm Maurenbrecher (1838–1892) vertrat die mittlere und neuere Geschichte nach Habilitation 1862 in Bonn von 1867 bis 1868 in Dorpat, 1869–1877 in Königsberg, 1877–1884 in Bonn und seit 1884 als Nachfolger Carl von Noordens in Leipzig  ; über ihn vgl. Hubatsch, Wilhelm Maurenbrecher. 110 Dr. iur. Hermann Heinrich Becker (1820–1885), wegen seine Bartes der »rote Becker« genannt, war trotz aktiver Betätigung in der Revolution von 1848 von 1870–1875 Oberbürgermeister von Dortmund und 1875–1885 von Köln geworden  ; von 1881 bis zu seinem Tod war er auch Vorstandsmitglied des »Hansischen Geschichtsvereins«. 111 Woldemar Harleß (auch  : Harless), Sohn eines Bonner Medizinprofessors, wurde 1855 Archivassistent, 1862 Archivsekretär und 1866–1900 (mit einer Unterbrechung 1873–1875 als Erster Archivar am Geheimen Ministerialarchiv in Berlin) Provinzial- bzw. Staatsarchivar in Düsseldorf. Daneben war er zeitweise ständischer Registrator und Kanzleiinspektor des Rheinischen Provinziallandtages und 1863 Mitbegründer des Bergischen Geschichtsvereins. Oediger, Staatsarchiv 1822–1945, S. 28 f., Vollmer, Neugründung des Staatsarchivs zu Düsseldorf, S.  377  ; Nachruf von Redlich, Woldemar Harleß  ; Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 223. 112 Wilhelm Maria Becker (1843–1906), Sohn eines Düsseldorfer Realschullehrers, besuchte die Rheinische Ritterakademie Bedburg, wo sein Vater später unterrichtete, und wurde nach einem Theologiestudium in Bonn Hauslehrer in Westfalen, wo er gleichzeitig bis zur Promotion 1868 an der Akademie Münster Geschichte studierte. Nach einem etwas unsteten Leben wurde er 1872 Archivassistent in Düsseldorf, 1874 in Idstein, 1877 Archivsekretär in Marburg und 1879 Vorsteher des Staatsarchivs Koblenz. Dort ist er 1902 offiziell aus Gesundheitsgründen, tatsächlich aber wohl auch wegen seiner nicht immer ganz korrekten Amtsführung und seiner Neigung zu Ausfälligkeiten vom Amt suspendiert worden. LHA Koblenz, Abt. 708 Nr. 61a, Abt. 403 Nr. 8573a–c (mit eigenhändigem Lebenslauf) und Sammelmappe »Becker«. Bei Schaus, Zum hundertjährigen Bestehen, S. 385, ist Becker in der Reihe der Koblenzer Archivdirektoren ausgelassen.

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der Bestände des Staatsarchivs Münster dringend auch zur Einbeziehung Westfalens in das Arbeitsgebiet der Kommission geraten. Ein nächster, von Lamprecht unterzeichneter, aber offensichtlich stark von Mevissen beeinflusster Entwurf vom 10. November113 erweiterte den Kreis der im Oktober anberaumten »Historischen Kommission für die Rheinlande« daher um die Archivvorstände von Dortmund und Münster und den Oberbürgermeister von Dortmund  ; auch die Bürgermeister aller rheinischen Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern sollten nun eintreten, sofern ihr Jahresbeitrag 200 Mark überstieg, während private Patrone 100 Mark zahlen sollten. Als Vorsitzender, der als »oberster wissenschaftlicher Vertreter von Commission und Direction die Beziehungen zur gelehrten Welt und zum Buchhandel« zu leiten hatte, sollte der Oberbürgermeister von Köln (!) fungieren  ; zur Betreuung der immer noch in vier Abteilungen aufzugliedernden Publikationen und des »Correspondenzblattes« hatte die Kommission eine mindestens fünfköpfige »wissenschaftliche Direktion« unter einem der Bonner Professoren zu wählen, die etwa dem inzwischen bestehenden Gründungsausschuss entsprechen sollte. Neben den ordentlichen Publikationen im Umfang von 40 Bogen pro Jahr waren nach Bedarf auch »außerordentliche« vorgesehen, die wohl gesondert bezahlt werden mussten. Höhlbaum hat diesen recht komplizierten und teilweise auch unklar formulierten Entwurf schon am nächsten Tag eingehend kritisiert. Entschieden wandte er sich dagegen, jeden, der als Patron 100 Mark zahlen wolle, auch zum stimmberechtigten Mitglied der Kommission zu machen  : »Damit ruinieren wir uns von vornherein.« Besser solle man die Patrone in einer »besonderen Rubrik … außen vor stehen« lassen, damit sie die wissenschaftliche Arbeit nicht beeinflussen könnten.114 Außerdem sollte das Unternehmen noch mehr als in der Vergangenheit auf die Beiträge der Städte gegründet werden, denn »diese sind das Bleibende, die privaten Beiträge, seien sie die höchsten und herrlichsten, tragen den Charakter leichter Verrückbarkeit in sich selbst«. Daher sollten die Städte auch in der Satzung an erster Stelle genannt und der Entwurf stärker auf die Sicherung der Geldbeiträge als auf das Versprechen von Gratispublikationen abgestellt werden. Der mit Harleß befreundete Staatsarchivar von Münster, Roger Wilmans (1812–1881), wurde von nun an in die Beratungen des rheinischen Gründungsausschusses mit einbezogen  ; er äußerte sich jedoch nur schriftlich, hauptsächlich zugunsten einer Integration der historischen Lokalvereine in die Kommission, und schied bereits im Dezember 1880 wieder aus dem Ausschuss aus.115

113 HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 8 f.; Mevissens eigenhändige Formulierungsvorschläge, die in den Entwurf vom 10. November eingegangen sind, ebd. Bl. 299. Das an Maurenbrecher gesandte hektographierte Exemplar des Entwurfs trägt überdies von Lamprechts Hand den Vermerk, er drücke Mevissens Gedanken von Anfang November aus. 114 »Für mich ist dies ein Kardinalpunkt, von dem ich freiwillig nicht weichen kann aus rein sachlichen Interessen.« Höhlbaum an Lamprecht 11.11.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 121. 115 Wilmans starb bereits am 28. Januar 1881. Vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 669–670.

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»Ich stehe jetzt vor einem fast ganz gereiften Resultate, wenigstens sind die manchmal recht querköpfigen Forscher nach einer einheitlichen Richtung organisiert«, so glaubte Lamprecht seinem Gönner Mevissen Mitte November über den Stand der Vorarbeiten berichten zu können. »Sie werden es begreiflich finden …, daß ich auch nach öffentlicher Organisation der neuen Gesellschaft, welche im December oder Januar sich vollenden wird, als Sekretär die Fäden der neuen Interessen vereinigen möchte.«116 Aber die Dinge lagen keineswegs so einfach, wie Lamprecht es in seinem Optimismus annehmen wollte. Eine erste Konferenz der Bonner Professoren mit ihm, Höhlbaum und wahrscheinlich auch den beiden Staatsarchivaren am 14. November in Bonn beriet noch nicht, wie vorgesehen, über den von Lamprecht vorgelegten Satzungsentwurf – »dazu waren Zeit und Bekanntschaft zu kurz« –, sondern erschöpfte sich zunächst in »reinen Pourparlers über Personalfragen oft delicater Natur«.117 Lamprecht, der diesen Misserfolg in seinem Bericht an Mevissen wenigstens in einen halben Erfolg umzumünzen versuchte118, konnte diesem lediglich »erfreuliche Übereinstimmung über Ziele und Tendenzen des ganzen Unternehmens« und den Beschluss zur Bildung eines vorläufigen »Gelehrtenausschusses«119 melden. Mit der weiteren Redaktion der Statuten beauftragte die Konferenz nicht mehr Lamprecht, sondern Maurenbrecher, der in »vertraulichen Einzelgesprächen« weitere Gelehrte zur Mitarbeit gewinnen sollte. Erst nach einer zweiten Konferenz Anfang Dezember wollte man mit den dort fest zu beschließenden Statuten an die Öffentlichkeit treten. In den folgenden Wochen schaltete sich auch Mevissen selbst, dessen Handschrift ja schon Lamprechts Entwurf vom 10.  November trug, immer stärker in die Diskussion über die Statuten der zu gründenden Kommission ein. Für den Gelehrtenausschuss ging es dabei um weit mehr, als nur »einige gewiss sehr schätzenswerte Winke von Herrn Geheimrat Mevissen entgegenzunehmen«, wie es Höhlbaum zunächst noch sehr zurückhaltend formuliert hatte.120 Denn Mevissen forderte ziemlich kategorisch das uneingeschränkte Mitspracherecht aller Patrone nicht nur über das Budget, sondern auch über »Plan und Inhalt der Publikationen«, dazu die Festschreibung Kölns als Sitz der »Gesellschaft«, des Kölner Oberbürgermeisters als ihren Vorsitzenden und des Kölner Stadtarchivars als dessen Stellvertreter. Das widersprach den Bonner Vorstellungen vollständig, wo man eine gelehrte Kommission mit Schwerpunkt in Bonn haben wollte. Auch 116 Lamprecht an Mevissen (Entwurf Nov. 1880), HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 17. 117 Briefentwurf Lamprechts an Mevissen (vom 15.11.1880), HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 23. 118 Lamprechts Enttäuschung über das am 14. November erzielte Ergebnis geht schon daraus hervor, dass er zwei verschiedene Entwürfe seines Berichts formulierte und verwarf, ehe er einen dritten, milderen, an Mevissen absandte. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bll. 17v, 23 u. 285. 119 Sein Name und die vorgesehene Mitgliederzahl (12) entsprechen dem für die Leitung der Publikationen zuständigen Gremium des Stuttgarter »Litterarischen Vereins«. Aber auch beim Germanischen Nationalmuseum Nürnberg stand dem Verwaltungsrat ein aus Fachleuten gebildeter »Gelehrtenausschuss« zur Seite. Burian, Nationalmuseum, S. 127–129. 120 An Lamprecht am 11.11.1880, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 121.

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Die Gründung der »Gesellschaft« 1881: Persönlichkeiten, Ideen und Ziele

Höhlbaum war nicht bereit, den Patronen ein Entscheidungsrecht in wissenschaftlichen Fragen zuzugestehen. Nur Lamprecht, der ja Mevissens »rechte Hand« im Gründerkollegium war, hat dessen Absichten dort vorsichtig zu verteidigen gesucht. 3.3.3 Streit unter »Gelehrten«

In der zweiten Sitzung des vorläufig nur »antizipierten« Gelehrtenausschusses am 5. Dezember in Köln kam es über Mevissens Wünsche zu heftigen Auseinandersetzungen.121 An ihr waren außer dem Teilnehmerkreis vom 14. November – Höhlbaum, Lamprecht, Harleß, Becker aus Koblenz und den vier Bonner Historikern Maurenbrecher, Menzel, Ritter und Schaefer122 – der von Maurenbrecher hinzugezogene Bonner Rechtshistoriker Hugo Loersch123, Gottfried Eckertz aus Köln124 und der wohl durch Harleß empfohlene Vorsitzende des »Bergischen Geschichtsvereins« Wilhelm Crecelius125 zugegen. Unmittelbar vorher hatte Maurenbrecher als Sprecher der Bonner zum ersten Mal direkt mit Mevissen über dessen Vorschläge gesprochen126, doch hatte dieser auf seinem Standpunkt beharrt. Nach heftigen Protesten der Konferenz gegen Mevissens »unwürdige« 121 Über diese Sitzung zwei unterschiedlich formulierte, aber inhaltlich weitgehend übereinstimmende Protokolle von der Hand Lamprechts (HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 131 f.) und Höhlbaums (HAStK, Akten GRhG 2,1). 122 Karl Menzel (1835–1897), ehemaliger Archivar in Weimar, vertrat seit 1873 in Bonn die Historischen Hilfswissenschaften  ; als ehemaliger Sybel-Schüler und aktiver Propagandist des kleindeutschen Nationalliberalismus hielt er seinen Lehrer in einer ausgedehnten Korrespondenz mit entsprechenden Kommentaren über die Bonner Universität und die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« auf dem Laufenden. Ditsche, Karl Menzel, S. 225 ff. Arnold Schaefer (1819–1883) lehrte in Bonn seit 1865 vorwiegend Alte Geschichte  ; seit 1874 war er Korrespondierendes Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Schmidt, Arnold Schaefer. Moriz Ritter (1840–1923) vertrat die Mittlere und Neuere Geschichte in Bonn von 1873 bis zu seiner Emeritierung 1911  ; seit 1883 war er außerordentliches, seit 1893 ordentliches Mitglied der Historischen Kommission in München und 1908–1923 deren Präsident. Goetz, Moriz Ritter, Nachdruck in Goetz, Historiker, S. 198 ff.; Skalweit, Moriz Ritter, S. 209 ff.; zuletzt  : Lanzinner, Moriz Ritter. Zu allen dreien vgl. auch Hübinger, Das historische Seminar. 123 Hugo Loersch (1840–1907) las seit 1872 in Bonn Preußisches und Französisches Zivilrecht und Rechtsgeschichte  ; er war 1879–1885 Vizepräsident, 1885–1907 Vorsitzender des »Aachener Geschichtsvereins«. Als akademischer Lehrer des späteren Kaisers Wilhelm II. und anderer Hohenzollernprinzen besaß er enge Beziehungen zum Kaiserhaus  ; er wurde 1888 in das Preußische Herrenhaus und 1891 zum Kronsyndikus berufen. Neuere Literatur zu Loersch existiert kaum  ; vgl. Schmoeckel, Hugo Loersch. 124 Gottfried Eckertz (1817–1897), von 1847 bis 1883 Oberlehrer (seit 1875 Professor) am Kölner FriedrichWilhelm-Gymnasium, edierte zusammen mit Leonard Ennen 1860–1979 sechs Bände »Quellen zur Geschichte der Stadt Köln«. Zu Ennen vgl. Laux, Leonard Ennen. 125 Zu Wilhelm Crecelius (1828–1889), seit 1859 Gymnasiallehrer in Elberfeld, 1863 Mitbegründer und 1868– 1889 Vorsitzender des Bergischen Geschichtsvereins, vgl. Scheler, Wilhelm Crecelius. 126 Am 4.12.1880 bat Maurenbrecher Mevissen um diese »vertrauliche« Unterredung  : »Durch Dr. Lamprecht weiß ich, wie lebhaft Sie sich für das Zustandekommen eines Unternehmens zur Förderung rheinischer Geschichte interessieren.« HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 55.

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Vorgeschichte und Gründung

(Loersch) Forderungen entschlossen sich die Gelehrten auf vorsichtiges Drängen Höhlbaums, dem die geforderte Schlüsselfunktion Kölns und seines Archivars nur recht sein konnte, und auf Vermittlung Lamprechts und Maurenbrechers dann doch, wenigstens in Nebenfragen einige »Scheinkonzessionen« zu machen, wie etwa ein »luftiges, allen Inhalts beraubtes Präsidium« für den Oberbürgermeister Hermann Becker. In der Hauptsache, dem von Höhlbaum als »Vernichtung des Statutenentwurfs« bezeichneten Mitbestimmungsrecht der Patrone, einigte sich die Konferenz nach langer Diskussion ebenfalls auf einen Scheinkompromiss. Auf Vorschlag von Harleß, der 1854 erster Sekretär des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg gewesen war127, beschloss man nach dem Vorbild der Satzungen des Nürnberger Hauses, aus den Patronen eine für Budgetfragen zuständige »Finanzkommission« unter dem Präsidium des Oberbürgermeisters zu bilden, während der Gelehrtenausschuss weiterhin allein für alle wissenschaftlichen Fragen, aber auch für Verhandlungen mit Autoren und Verlegern verantwortlich blieb. Beide Gremien sollten unabhängig nebeneinanderstehen und von der jährlichen Generalversammlung gemeinsam Entlastung erbitten. Der Widerstand der Bonner Gelehrten auch gegenüber Mevissens Nebenforderungen war verständlich, bedeutete doch eine Verlagerung des Schwergewichts der künftigen »Gesellschaft« nach Köln auch eine Zurückdrängung ihres Einflusses zugunsten der »reichen Kaufleute« (Maurenbrecher) und des Kölner Stadtarchivs, und dies umso mehr, als dieses keine akademische Konkurrenz am Ort zu befürchten hatte. Aber auch der erzielte Mitbestimmungskompromiss, den Maurenbrecher in seine am 28. Dezember an Mevissen übermittelte Neufassung der Statuten aufnahm128, konnte auf die Dauer keine der beiden Seiten befriedigen. Am 3. Januar 1881 legte Mevissen in einem längeren Brief an Maurenbrecher auch seine Motive dar  ; es ging ihm darum, der künftigen »Gesellschaft« eine möglichst breite Basis zahlender Patrone zu verschaffen und seine Standesgenossen nicht nur zu zahlenden Mitgliedern, sondern auch zu geistigen Mitträgern zu machen. So hoffe er, ihnen die historische Vergangenheit des Rheinlands, das damals in so rascher äußerer Modernisierung und innerer Veränderung begriffen war, auch innerlich nahezubringen.129 127 Deneke / Kahsnitz, Das Germanische Nationalmuseum, S. 1123. § 3 der Satzungen des Germanischen Nationalmuseums vom 1.8.1852 sah einen siebenköpfigen »Finanzausschuß« zur Vermögensverwaltung vor  ; die privaten Spender des Museums waren anfangs in einer »Aktiengesellschaft zur Unterstützung des GNM« (Mindesteinlage 100 Gulden, Satzung ebd., S.  953) zusammengefasst. Aus dem Finanzausschuss wurde später der »Verwaltungsrat« des Museums  ; sein »Verwaltungsausschuss« aus 25–30 Fachwissenschaftlern war dagegen zuständig für die wissenschaftliche Leitung. 128 Maurenbrecher an Mevissen, Bonn 28.12.1880. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 341. 129 Mevissen glaubte sich wohl persönlich mit den ihm vorgelegten Statuten anfreunden zu können, aber nicht, dass man damit breitere Kreise in Köln gewinnen könne. »Das Interesse muß überall erst geweckt werden, und es zu wecken wird schwer sein, wenn es nicht gelingt, die Kaufleute auch zu geistiger Mitarbeit heranzuziehen und mobil zu machen.« Ihr »Localpatriotismus« müsse durch Teilnahme des Oberbürgermeisters

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Die Gründung der »Gesellschaft« 1881: Persönlichkeiten, Ideen und Ziele

Als Kaufmann ging Mevissen offenbar von dem Gedanken aus, dass man die Interessen seines Standes durch nichts so sicher an eine Unternehmung binden könne wie durch eine finanzielle Beteiligung. Sie sollten zunächst nicht aus historischem Interesse, das ja noch kaum vorhanden war, Mevissens Publikationsgesellschaft unterstützen, sondern umgekehrt durch ihre Zahlungen auch geistig für die regionale Geschichtsforschung gewonnen werden – eine Überlegung, die für das Verhältnis jener industriellen Gründergeneration zu Bildung und Wissenschaft nicht untypisch ist. Heute, da jegliche Wissenschaftsförderung zumindest im Zuge der dauerhaften Verankerung von Forschungsinstitutionen fast ausschließlich vom Staat erwartet wird, ist man bei Mevissens rein privater Initiative versucht, an amerikanische Vorbilder zu denken. Doch entsprach sie ganz seiner oft geäußerten Hoffnung, durch »harmonische Verbindung des geistigen und materiellen Lebens« und durch »intensiv hergestellte Kontinuität zwischen Vergangenheit und Gegenwart dem materiell Errungenen die feste Grundlage und die Gewähr der Dauer geben« zu können.130 Die Einbeziehung der Städte, deren Verwaltung in jener Zeit noch fast ganz in den Händen der gleichen großbürgerlich-liberalen Kaufmannsund Fabrikantenschicht lag, widersprach keineswegs der Idee, die Publikation rheinischer Geschichtsquellen einer privaten, von Großbürgern und Gelehrten gemeinsam getragenen Organisation anzuvertrauen. Und wenn Mevissen gegenüber Maurenbrecher verlangte, das Verhältnis des Gelehrtenausschusses zu den Patronen solle das gleiche sein wie zwischen »Ministerium und Kammer«131, so übertrug der Liberale von 1848 zugleich politische Grundvorstellungen auf die Wissenschaftsorganisation, die das Bürgertum in der politischen Wirklichkeit des Bismarckreiches längst hatte aufgeben müssen. Trotz dieser Forderungen, auf denen Mevissen weiter bestand, genehmigte der Gelehrtenausschuss auf seiner nächsten Sitzung am 20. Februar 1881 in Bonn die von Maurenbrecher aufgrund der Beschlüsse vom 5.  Dezember formulierte Satzung mit ihrem Nebeneinander von Finanz- und Gelehrtenausschuss.132 Gleichzeitig wurde eine erste Liste der einzuladenden Bürgermeister, Patrone und Mitglieder aufgestellt133 und das Arbeitsprogramm besprochen. Diskussionen gab es um den Begriff »Rheinland« als Arbeitsgebiet (§  1 des Satzungsentwurfs), den Loersch als »Rheinprovinz« präzisieren, Harleß dagegen historisierend durch »die alten Territorialverbände des Mittel- und Nieund des Stadtarchivars gefördert werden, zudem seien »Provinz, Städte und Private durch eine energische Agitation« der »Bonner Gelehrtenkreise im Bunde mit der städtischen Verwaltung Kölns« für die Vereinsidee zu mobilisieren. Mevissen an Maurenbrecher, Köln 3.1.1881, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 169. 130 Mevissen an den Vorstand der GRhG, 24.5.1885. Zit. auch bei Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung, S. 282. 131 So nach der Wiedergabe Maurenbrechers in der Sitzung vom 5.12.1880. Protokoll Höhlbaums, HAStK, Akten GRhG 2,1. 132 Protokoll (Hand Lamprechts) in HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 127  ; die Einladung Höhlbaums vom 8.2. mit Tagesordnung ebd., Bl. 185. 133 Protokoll (Hand Höhlbaums) in HAStK, Akten GRhG 10,1.

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derrheins« ersetzen wollte. Bis heute ist es jedoch bei der ursprünglichen Formulierung geblieben  ; Westfalen und der Oberrhein blieben damit ausgeschlossen. Der Ausschuss konstituierte sich auf dieser Sitzung formell als Gründungsausschuss und wählte Schae­ fer als seinen Senior zum Vorsitzenden, Höhlbaum nach längerer Diskussion über die Notwendigkeit des Amtes zu seinem Stellvertreter. Harleß, Höhlbaum und Loersch wurden als Unterkommission mit der Ausarbeitung eines wissenschaftlichen Programmentwurfs, der späteren »Denkschrift«, beauftragt. Von einer »Historischen Kommission« war jetzt keine Rede mehr  ; der im Februar beschlossene Statutenentwurf trug bereits die Überschrift »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«. Mit Nachdruck wurden jetzt, vor allem durch Höhlbaum, Lamprecht und Maurenbrecher, die Vorbereitungen für den Schritt an die Öffentlichkeit getroffen. Eine dritte Sitzung des Provisorischen Gelehrtenausschusses am 15. Mai, diesmal schon unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters Becker im Kölner Rathaus, konnte bereits Termin und Tagesordnung der für den 1.  Juni vorgesehenen Gründungsversammlung bestimmen. Sie billigte die inzwischen aufgestellten Listen der einzuladenden künftigen Mitglieder und Patrone – es wurden insgesamt 140 rheinische Geschichtsforscher und 116 Patrone, davon 27 Angehörige des rheinischen Adels und 41 Kaufleute allein aus Köln aufgeführt134 – sowie die von Loersch, Harleß und Höhlbaum vorgelegte Programmschrift135, die anscheinend jedoch von Letzterem allein verfasst worden ist.136 Ihretwegen gab es auch schon die erste Rücktrittsdrohung.137 Höhlbaum legte auch einen selbstverfassten Aufruf mit dem »Charakter eines Waschzettels« für die Presse vor138, nachdem er einen »Agitationsartikel« Lamprechts, in dem dieser auch die bestehenden Geschichtsvereine zur Unterstützung der neuen »Gesellschaft« aufrief, zuvor als »zu lang« zurückgeschickt hatte.139 134 Die nach Orten aufgeschlüsselte Einladungsliste für Mitglieder in  : HAStK, Akten GRhG 9,1 u. ebd. 10,1  ; die Liste der anzuschreibenden Patrone ebd., HAStK, Akten GRhG 10,1. 135 Als Vorlage für die Sitzung am 15. Mai gedruckt unter dem Titel »Programm der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, Köln (M. DuMont-Schauberg) 1881 (ein Exemplar mit Widmung Höhlbaums im Besitz der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln). Mit geringen Änderungen und Ergänzungen erschien derselbe Text dann im Mai 1881 als »Denkschrift«  ; die Namen der Unterzeichner wurden erst beim Wiederabdruck 1906 dem Titel vorangestellt. 136 Am 13.6.1900 bat Höhlbaum seinen Nachfolger Hansen um zwei Exemplare der Denkschrift, »die ungeachtet der drei Unterschriften von mir allein verfaßt worden ist«. HAStK, Akten GRhG 5,1. 137 Eckertz erklärte wegen einiger Passagen des Programmentwurfs zur Sitzung vom 15. Mai seinen Rücktritt (Protokoll  : HAStK, Akten GRhG 10,1), nahm dies aber mit Schreiben vom 22.5., »wenn auch nicht ganz befriedigt«, wieder zurück. HAStK, Akten GRhG 5,1. 138 S. den Anhang. Über eine Annoncenexpedition ging der Aufruf 110 Zeitungen zu. 139 Höhlbaum an Lamprecht, 14.5.1881, HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 237  ; desgl. an Schaefer, 13.5.1881, ebd. 5,1 (Lamprecht scheine den Zweck, auf den es ankomme, »gar nicht erfaßt zu haben«). Lamprechts Konzept in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 235  ; es wies auf das Vorbild der großen »Centralstellen geschichtlicher Arbeit« (»Monumenta«, »Historische Kommission München«) und der sächsischen Provinzialkommission

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Die Gründung der »Gesellschaft« 1881: Persönlichkeiten, Ideen und Ziele

Höhlbaums Aufruf, das jetzt »Denkschrift« genannte wissenschaftliche Programm und die vom Kölner Oberbürgermeister unterzeichnete Einladung zur Gründungsversammlung gingen nun in aller Eile zum Druck und wurden zusammen mit einem Exemplar der vorläufigen Statuten vom 20. Februar an alle künftigen Mitglieder und Patrone versandt, von denen die meisten schon vorher durch Mevissen, Hermann Becker oder die Mitglieder des Gelehrtenausschusses inoffiziell ins Bild gesetzt worden waren. Auf Beschluss des Gelehrtenausschusses unterrichtete Schaefer auch den bereits 95-jährigen Leopold von Ranke in einem besonderen Schreiben von der beabsichtigten Gründung und übersandte ihm sowie der als erste Patronin gewonnenen Kaiserin Augusta je ein gebundenes Exemplar der »Denkschrift«. Während die letzten Gründungsvorbereitungen im Gang waren, griff Mevissen mit einem eigenen Statutenentwurf140 die abgeschlossen scheinende Verfassungsdebatte noch einmal auf. Kernpunkte waren die Ersetzung des Finanzausschusses durch einen von den Patronen und Mitgliedern zu wählenden sechsköpfigen Vorstand und die Einführung zweier neuer Mitgliederkategorien, der privaten oder korporativen »Stifter«, die gegen einmalige Zahlung von 3000 Mark die lebenslänglichen Rechte eines Patrons genießen sollten, und von einfachen, nicht durch die »Gesellschaft« zu berufenden Mitgliedern gegen einen Jahresbeitrag von 30 Mark ohne Anrecht auf Gratislieferung der Publikationen. Dabei leistete ihm ein Brief von Heinrich von Sybel, der anscheinend gleichzeitig auch von Menzel um Rat gebeten worden war141, kräftige Schützenhilfe. »Wenn Ihnen Mevissen Patrone schaffen soll«, schrieb der seit 1868 zweifellos sachkundige Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive am 14. Mai an Schaefer142, »so müßten diese im Statut viel besser gestellt sein als geschehen«. Um die einmal Gewonnenen nach drei Jahren weiter festzuhalten, müsse man ihnen das Bewusstsein geben, dass die bei der »Gesellschaft« erscheinenden Publikationen »ihr eigenes Werk und sie also dafür mitverantwortlich sind«  ; dies umso mehr, als »Ihre meisten Publikationen den Herren als Lektüre durchaus nicht amüsant sein werden«. Natürlich seien nur die Gelehrten zur wissenschaftlichen Leitung imstande  ; aber wenn man dies formell festsetze und den Bürgermeistern und Patronen erkläre, dass sie dazu lediglich ihr Geld hergeben sollten, »so werden sich die Herren bedanken«. Und warum sollte sich der hin und betonte die parteipolitische Neutralität der geplanten rheinischen »Gesellschaft«. Ausschlaggebend für Höhlbaums Ablehnung war aber wohl Lamprechts Versuch, die Geschichtsvereine zu aktiver Mitbeteiligung aufzurufen. Zwei frühere Entwürfe Lamprechts zu einem öffentlichen Aufruf noch aus der Phase des »Rheinischen Geschichtsvereins« (September 1880) in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bll. 1 u. 3. 140 Zusätze zum gedruckten Statutenentwurf auf Briefkopf und von der Hand Mevissens, nach inhaltlichen Kriterien datiert, in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 155. 141 Auf Anregung Höhlbaums, der das Subskribentenverzeichnis von 1868 suchte. Höhlbaum an Schaefer, 12.5.1881, HAStK, Akten GRhG 2,1. 142 HAStK, Akten GRhG 2,1. Die Existenz dieses Briefs wird bereits bei Varrentrapp, Biographische Einleitung, S. 108, Anm. 2 erwähnt.

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Vorgeschichte und Gründung

Verein nicht eine breite Basis stimmberechtigter Mitglieder gegen geringen Jahresbeitrag schaffen  ? Wesentliche Einreden in das wissenschaftliche Programm brauche der Gelehrtenausschuss dabei ebenso wenig zu fürchten, »wie die Direktion der Rheinischen Eisenbahn jemals von ihrem Administrationsrat geplagt worden ist«, und der sei in Eisenbahndingen doch viel sachverständiger gewesen als die Patrone der »Gesellschaft« in Fragen der Geschichtswissenschaft. Um ihre Gründung nicht noch im letzten Augenblick scheitern zu lassen, aber trotzdem »auf das allerstrengste am wissenschaftlichen Charakter unserer Gesellschaft festzuhalten«143, versuchten Schaefer und Höhlbaum am 19. Mai im Umlaufverfahren, Mevissen mit dem Vorschlag eines einheitlichen Gesamtvorstandes aus Gelehrten und »höchstens fünf Laien«144 entgegenzukommen, der schon in einem der ersten Entwürfe Lamprechts enthalten gewesen war. Damit wollten sie zugleich einer befürchteten Auseinandersetzung auf der Gründungsveranstaltung zuvorkommen. Die meisten Gelehrten sprachen sich dafür aus, doch Maurenbrecher entschied die Auseinandersetzung mit seinem energischen Votum, Mevissen, dessen Wünsche »einen unversöhnlichen prinzipiellen Widerspruch gegen unseren Entwurf« darstellten, in der Satzungsfrage keine weiteren Konzessionen mehr zu machen. Die »Gesellschaft« solle »ein Verein sachverständiger Gelehrter zur Herausgabe von Quellen etc.« werden, aber »kein historischer Verein«.145 Mevissens zweiten Punkt, die bereits am 20.  Februar definitiv abgelehnte Aufnahme zahlender Mitglieder, hatte Höhlbaum erst gar nicht zur Diskussion gestellt.

3.4 Der Gründungsakt

Auf der Gründungsversammlung am 1.  Juni 1881 »im prächtigen, zur Abhaltung von großen Versammlungen wie geschaffenen Hansasaal«146 des Kölner Rathauses, die durch Ansprachen des Oberbürgermeisters und Arnold Schaefers einen recht offiziellen Charakter erhielt, kam es noch einmal zu einer »stellenweise sehr lebhaft geführten« De143 Höhlbaum an Schaefer am 17.5.1881. HAStK, Akten GRhG 2,1. 144 Schaefer, der Höhlbaum am gleichen Tag Sybels Brief zur »reiflichen Erwägung« übersandte, dachte an »etwa fünf Patrone« in einem Gesamtvorstand, nämlich Mevissen, den Kölner Oberbürgermeister, den Bürgermeister von Düren (Jakob Werners), den Grafen Wilhelm von Mirbach-Harff und den Kölner Kommerzienrat Gustav Michels. HAStK, Akten GRhG 2,1. 145 Man habe »bis jetzt unausgesetzt auf die Ansicht des Herrn Mevissen Rücksicht geübt wegen seiner einflussreichen Stellung in der Finanzwelt«  ; Mevissen wolle gar keine Vertretung der Patrone im Vorstand, sondern Beratung und Beschlussfassung der Gelehrten aequo loco mit ihnen. Schaefers Kompromissvorschlag sei deshalb auch keine Lösung. Maurenbrecher erinnerte seine Kollegen an die am 20. Februar übernommene solidarische Verpflichtung, die »Gesellschaft« nach den dort beschlossenen Statuten oder überhaupt nicht zu gründen. Schriftliches Votum vom 27.5.1881, HAStK, Akten GRhG 2,1. 146 So der Bericht des anwesenden Redakteurs der Kölnischen Zeitung, Pascal David, in  : Kölnische Zeitung vom 2.6.1881, 2. Blatt, S. l.

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Der Gründungsakt

Abb. 13 Rathaus Köln, Hansasaal, Ansicht nach Südwesten, undatiert.

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Vorgeschichte und Gründung

batte über Mevissens Statutenentwurf. Die Teilnahme von 40 Personen ist bezeugt.147 Am Ende wurden Mevissens Vorstandslösung, der Sitz der »Gesellschaft« in Köln und die Einführung der Stifter angenommen, die Aufnahme zahlender Mitglieder dagegen abgelehnt. Das war ein halber Sieg der Bonner, den sie dennoch als Niederlage gegenüber den Patronen empfanden. Zum Vorsitzenden des Vorstands wählte die Versammlung erwartungsgemäß Hermann Becker, zum Schriftführer den Gymnasialprofessor Karl Bone (gest. 1918) und zum Kassierer den Kölner Stadtverordneten und Zuckerindustriellen Kommerzienrat Emil vom Rath (1833–1923).148 Stellvertreter mit Sitz und Stimme149 wurden Höhlbaum und Lamprecht, die als einzige Vorstandsmitglieder gleichzeitig auch dem Gelehrtenausschuss angehörten, und der Stadtverordnete Gustav Michels (1836–1909) für das Schatzmeisteramt. Der Gelehrtenausschuss wurde in seiner bisherigen Zusammensetzung bestätigt. Der Versammlung, die von vier Uhr nachmittags bis acht Uhr abends gedauert hatte, schloss sich ein gemeinsames Abendessen aller Teilnehmer an.150 Mit Stolz hatte Schaefer in seiner Gründungsansprache auf etwa hundert Mitglieder und 28 »opferbereite Patrone« verwiesen, die sich schon vor der eigentlichen Gründung angemeldet hatten.151 Bis zur ersten Sitzung des Vorstands am 22. Juni waren es genau 94 Geschichtsforscher und 43 zahlende Patrone geworden, dazu Mevissen, der jede aktive Mitwirkung im Vorstand abgelehnt hatte152, als erster Stifter.153 Der Vorstand verein147 HAStK, 402/HI/XIII/7/7 (Oberbürgermeisteramt). Anwesend waren außer Mevissen und den Mitgliedern des Gründungsausschusses u. a. der Jurist Prof. Hüffer und Obermedizinalrat Dr. Schaaffhausen aus Bonn, Sanitätsrat Dr. Mooren aus Düsseldorf (ein Bruder des Pfarrers)  ; Geheimrat von Dechen, der Bonner Oberbürgermeister Doetsch, die Kölner Domvikare Alexander Schnütgen und Dr. Dumont und Landrat v. Sybel aus Gummersbach. 148 JbGRhG 1 (1881), S. 10  ; der Gelehrtenausschuss ebd., S. 11. 149 Zur besseren Information schlug Mevissen die Hinzuziehung der Stellvertreter zu jeder Vorstandssitzung ausdrücklich vor, da sie sich bei der Rheinischen Eisenbahn sehr bewährt habe. Mitteilung Lamprechts, der seinen Gönner gleich am 2. Juni aufgesucht hatte, um dessen Meinung zur Gründungsversammlung des Vortags zu hören, in HAStK, Akten GRhG 2,1. 150 Darüber ein Brief des früheren Bonner Oberbürgermeisters Leopold Kaufmann an seine Frau Elise vom 8.7.1881, dessen Mitteilung ich Herrn Dr. Herbert Lepper verdanke. Kaufmann fand den »schönen, aber dunklen Hansasaal« bei der Gründungsversammlung »schon recht gut besetzt, bei weitem mehr Geistliche als Weltliche«. 151 Eine Namensliste der Patrone im Bericht der Kölnischen Zeitung vom 2.6.1881, 2. Bl. 152 Schon am 3.1.1881 hatte Mevissen Maurenbrecher darauf hingewiesen, dass seine Mitwirkung an der »Gesellschaft« künftig »nur eine in sehr mäßigen Grenzen sich bewegende finanzielle« sein könne, da zahlreiche andere Geschäfte und Pflichten ihn an weiterer Tätigkeit für den Verein hinderten. Sie werde »nur eine ausnahmsweise und indirekte« sein, »weil die Zwecke des Vereins meiner Berufstätigkeit nicht nahe genug liegen«. HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 166. 153 Mit Schreiben an den Oberbürgermeister als Vorsitzenden der »Gesellschaft am 14.6.1881 »beehrte« sich Mevissen, die Reihe der Stifter durch Zahlung von 3000 Mark »ergebenst zu eröffnen«. HAStK, Akten GRhG 8,1, Bl. 1.

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Der Gründungsakt

Abb. 14 Blick auf den alten Kölner Rathauskomplex, undatiert.

barte die Beschaffung besonderer »Beitrittsdiplome« und die Besorgung der Korrespondenz der »Gesellschaft« durch die Stadt Köln.154 Der getrennt tagende Gelehrtenausschuss schloss in seiner ersten offiziellen Sitzung am 10. Juli die Liste der zum Beitritt eingeladenen Gründungsmitglieder ab – Beitritte sind seitdem nur noch aufgrund des damaligen § 2, Abs. 3b der Satzung, das heißt nach Wahl durch die Generalversammlung möglich – und gab sich seine erste Geschäftsordnung.155 Damit konnte die Gründungsphase als abgeschlossen gelten.

154 Protokoll der Vorstandssitzung vom 22.6.1881 in  : HAStK, Akten GRhG 10,1. Auf Empfehlung Mevissens sollten alle noch nicht beigetretenen Interessenten, insbesondere Patrone, in einem besonderen Schreiben nochmals zum Beitritt aufgefordert werden. 155 Protokolle der Sitzung des Gelehrtenausschusses vom 10.7.1881 in  : HAStK, Akten GRhG 10,1 u. in 1,1, Bl. 223. Als regelmäßiger Sitzungsort des Gelehrtenausschusses wurde Bonn bestimmt  ; »es ist das Billigste« (Schaefer).

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Vorgeschichte und Gründung

Abb. 15 Treppenaufgang im alten Kölner Rathaus, Bestand Stadtkonservator, 1972.

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Der Gründungsakt

Der Name »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, der uns zum ersten Mal in einem Brief Lamprechts vom 28. Dezember 1880 begegnet156, entsprach der Organisation und sozialen Zusammensetzung des neuen Unternehmens wesentlich besser als die in früheren Entwürfen benutzten Bezeichnungen »Verein« oder »Historische Kommission«. Denn er führte die rheinische Gesellschaft ganz bewusst auf das Vorbild der »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« zurück, wobei sicherlich nicht nur auf die wissenschaftliche Verpflichtung, sondern auch auf eine gewisse elitäre Zusammensetzung des Kollegiums der Stifter und Patrone sowie der Mitglieder angeAbb. 16 Siegel der »Gesellschaft für Rheinische spielt werden sollte. Es ist bezeichnend für den Geschichtskunde«, gestochen v. Heinrich Nahde, Reproduktion nach Titelblatt, 2021. sozialen Wandel des 19. Jahrhunderts und das Selbstverständnis der industriellen Gründergeneration am Niederrhein, dass Mevissen und seine Freunde sich beinahe selbstverständlich für berechtigt und verpflichtet hielten, zusammen mit dem rheinischen Landadel das Erbe des hochadeligen Freiherrn vom Stein auf provinzialgeschichtlicher Ebene wiederaufzunehmen und dies auch durch die Wahl des Gesellschaftsnamens zu dokumentieren. Das 1890 angenommene, vom Vorsitzenden des rheinischen Provinzialausschusses Freiherr von Solemacher entworfene und vom preußischen Hofwappenmaler Heinrich Nahde in Berlin gestochene Siegel der »Gesellschaft« ist dagegen ganz ein Produkt seiner Zeit  ; außer der Briefkorrespondenz hat es von 1892 bis 1928 auch die Titelblätter sämtlicher Jahresberichte und vieler Veröffentlichungen geziert. Es zeigt in romantischer Darstellung den weinlaubumkränzten Flussgott des Rheins, der sich auf einen Schild mit dem Wappen der Rheinprovinz stützt, vor dem Hintergrund des Rheintals und seiner Burgen im Schatten einer Eiche auf einem Felsen sitzend, aus dem beziehungsreich eine Quelle springt. Die Umschrift lautet  : »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde MDCCCLXXXI«.

156 Vgl. Friedensburg, Ein Jugendbrief Karl Lamprechts.

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4. Satzung und Organisation im Wandel der Zeit

4.1 Das Kaiserreich und die Weimarer Republik

Die in der Gründungsversammlung vom 1. Juni 1881 beschlossenen Statuten der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« sind in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens achtmal in Einzelbestimmungen, aber nur einmal grundsätzlich im Hinblick auf die Vorstandsgestaltung geändert worden. Ihre Neufassungen vom 1.  Januar 1886, 9. August 1889, 14. Dezember 1921, 18. Juni 1929, 6. März 19301, 1. März 1935 (nach Genehmigung durch den Oberpräsidenten der Rheinprovinz vom 9. Mai 1935 seit diesem Tage in Kraft), 14. Juni 1949 und 5. Juli 1963 finden sich jeweils in den nächstfolgenden Jahresberichten gedruckt. Gleichgeblieben ist seit 1881 vor allem der Gesellschaftszweck. Nach §  1 der Gründungsstatuten war es die Aufgabe der »Gesellschaft«, »die Forschungen über die Geschichte der Rheinlande dadurch zu fördern, daß sie die bisher gar nicht oder in ungenügender Weise gedruckten Quellen der rheinischen Geschichte in einer den Forderungen der historischen Wissenschaft entsprechenden Weise herausgibt«2, und zwar, wie sich aus der gleichzeitigen Denkschrift ergibt, »in Anlehnung an die universale Tendenz der einheimischen Universität und die größeren Centralstellen des geschichtlichen Materials«.3 Dabei ging es jedoch weder um provinzielle Eigenbrötelei oder Territorialgeschichte älteren Stils noch darum, den bereits bestehenden nationalen Publikationsunternehmungen Konkurrenz zu machen, sondern um eine »Vermittlung zwischen der allgemeinen und der provinziellen Forschung«, also um die Einbindung der Provinzialgeschichte in die allgemeine Reichsgeschichte, in der das Rheinland als Kerngebiet des frühmittelalterlichen Reiches stets eine besondere Rolle gespielt hatte. Ausdrücklich distanzierte sich die »Gesellschaft« sowohl von jedem »Wettstreit mit den bestehenden Vereinen historischer und antiquarischer Richtung« wie von jedem »Übergreifen in das Gebiet der gesamtdeutschen Geschichtsforschung«  ; von den »Monumenta« oder der »Münchner Historischen Kommission« wollte sie »lediglich die Editionsgrundsätze zum Muster nehmen«.4

1 Das in den Jahresberichten ab 1934 angegebene Datum »6. März 1933« beruht auf einem jahrelang mitgeschleppten Druckfehler. 2 Statuten der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Köln 1991, S. 1. Ein Exemplar mit gedrucktem Gründungsaufruf und der Tagesordnung der konstituierenden Versammlung befindet sich im Besitz der Universitäts- und Stadtbibliothek Köln. 3 Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 4. 4 Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 4 f. u. 13.

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Satzung und Organisation im Wandel der Zeit

Bereits 1889 fiel die satzungsgemäße methodische Beschränkung auf die Bearbeitung der Quellen nach den Richtlinien der historischen Wissenschaft weg, weil die Veröffentlichung geschichtlicher Quellen stets auch die Erkenntnisse benachbarter Wissenschaftszweige mit einbeziehen muss. Auf Vorschlag Hugo Loerschs können seitdem auch bereits anderswo hinreichend gedruckte Quellen von der »Gesellschaft« nochmals veröffentlicht werden, wenn es Vollständigkeit, besserer Überblick oder einfach die Notwendigkeit einer preiswerteren Ausgabe erfordern sollten.5 Lange geblieben ist dagegen eine eher formale Einschränkung auf Quellenveröffentlichungen6, obwohl sich schon früh auch ein Bedürfnis nach Darstellungen der rheinischen Geschichte bemerkbar gemacht hat. Zu deren Herausgabe standen der »Gesellschaft« seit 1890 die Mittel der mit eigenen Statuten ausgestatteten Mevissen-Stiftung zur Verfügung, aus denen mehrere bedeutende Studien zur rheinischen Geschichte in Form von Preisschriften finanziert worden sind. Auch die umfangreichen Einleitungen mancher Publikationen weisen schon den Charakter geschlossener Darstellungen auf. Darüber hinaus hat die »Gesellschaft«, zum Teil in Zusammenarbeit mit anderen Geldgebern, größere darstellende Werke herausgegeben. Dazu zählten die zweibändige »Rheinische Geschichte« (1922) und das »Rheinische Wörterbuch« (1928–1971). Beide Werke firmier­ten als »Besondere Veröffentlichungen« und wurden außerhalb der regulären lateinischen Zählung ihrer Publikationen veröffentlicht, was auch für die »Rheinischen Lebensbilder« gilt (seit 1963 bis 1980 59 Bände). Seit 1963 ist der Gesellschaftszweck mit »Förderung von Forschungen über die Geschichte der Rheinlande durch wissenschaftliche Quelleneditionen« (§ 1 der Satzung von 1963) kürzer und prägnanter, inhaltlich aber nicht anders als zuvor zusammengefasst. Trotz des traditionellen Schwerpunkts im Editionswesen hat sich das Profil der Gesellschaft inzwischen auch der Satzung vom 20. Dezember 2018 zufolge (§ 3) erweitert  : »Zweck der Gesellschaft ist die Förderung von Wissenschaft und Forschung auf dem Gebiet der Rheinischen Geschichte und verwandten Gebieten. Dies geschieht insbesondere durch eigene Forschung sowie wissenschaftliche Quelleneditionen im Druck und digital und sonstige Publikationen, Vorträge und wissenschaftliche Bildungsveranstaltungen.« Zunehmender Geschäftsumfang, der Übergang zum Selbstverlag und vor allem die Übernahme langfristig zu planender Publikationsaufträge der Provinzialverwaltung (Geschichtlicher Atlas und Denkmälerinventarisierung) haben die »Gesellschaft« 1889 veranlasst, um die landesherrliche Verleihung der Rechtsfähigkeit in der Form der juristischen Persönlichkeit nachzusuchen.7 Die vom damaligen stellvertretenden Vorsitzen5 »Das könnte u.U. von Bedeutung und eine Einnahmequelle werden  !«, schrieb Loersch am 18.12.1888 an Höhlbaum, HAStK, Akten GRhG 2,1. 6 Statuten 1963, § 1. Schon bei Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 5, werden »allein« Quelleneditionen als Ziel der »Gesellschaft« bezeichnet  ; doch wurde dieser Begriff schon bald ziemlich großzügig interpretiert. 7 Rundschreiben des Vorsitzenden an alle Patrone und Mitglieder vom 9.12.1888, in  : HAStK, Akten GRhG

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den, dem Landgerichtsrat Friedrich Adolf Ratjen (1845–1931), zusammen mit Loersch und Höhlbaum zu diesem Zweck neu formulierte Satzung wurde am 16. März 1889 dem Kölner Regierungspräsidenten von Sydow zur Genehmigung überreicht8, doch musste sie aufgrund zahlreicher Beanstandungen noch einmal umgearbeitet werden. Unter anderem hatte der Regierungspräsident die »außerordentlich große« und zudem unbestimmte Zahl von 18–21 vorgesehenen Vorstandsmitgliedern sowie den »doppelt unklaren, inkonsequent« – nämlich für verschiedene Kategorien gleichlautend – verwendeten Mitgliedsbegriff kritisiert und in dem bis dahin geübten Vorschlagsrecht des Vorstands zur Wahl neuer Vorstandsmitglieder eine unzulässige Einschränkung des Wahlrechts der Hauptversammlung gesehen.9 Erst nach entsprechender Überarbeitung erhielt die neue Satzung, die nun auch die gesetzlich erforderlichen Bestimmungen über Beschaffung und Verwendung der finanziellen Mittel beinhaltete, durch Allerhöchsten Erlass vom 9. August 1889 die formelle rechtliche Billigung. Zugleich verlieh diese Urkunde der »Gesellschaft« in feierlicher Form die juristische Persönlichkeit.10 Die zur Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach heutigem Steuerrecht erforderlichen Bestimmungen wurden anlässlich der Neufassung der Statuten von 1963 eingeführt. Satzungsgemäßer Sitz der »Gesellschaft« war lange Zeit auf ausdrücklichen Wunsch Gustav von Mevissens die Stadt Köln (§  1). Ihr »Arbeitsbereich« wird zwar seit 1963 in der Satzung erwähnt (§  5 Abs.  3), doch ist er hier nirgends ausdrücklich definiert. Frühere Satzungen haben als »Gesellschaftsgebiet« zwar die Provinzen Rheinland und Westfalen sowie den Regierungsbezirk Wiesbaden genannt, doch hatte dies weniger wissenschaftliche als personelle Bedeutung (Erlöschen des Vorstandsmandats bei Wegzug). Das wissenschaftliche Arbeitsfeld der »Gesellschaft« ist dagegen fast ausschließlich die preußische Rheinprovinz in ihren Grenzen von 1881 gewesen.11 Darauf hatte sich der provisorische Gelehrtenausschuss schon vor der Gründung geeinigt12, nachdem die 2,1. Wie Höhlbaum darin betonte, sollte durch diese Änderung der Satzung jedoch »der Charakter der Gesellschaft nicht angetastet werden«.   8 Konzept vom 9.3.1889 in  : HAStK, Akten GRhG 2,1  ; die vom 16.3. datierte Reinschrift der Eingabe trug die Unterschriften von Höhlbaum, Ratjen und Loersch.   9 Der Kölner Regierungspräsident an die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« vom 11.4.1889, in  : HAStK, Akten GRhG 2,1. 10 HAStK, Akten GRhG 3,1. Die feierliche Form der Verleihung war nötig, da das Bürgerliche Gesetzbuch mit seinem moderneren Vereinsrecht damals noch nicht bestand  ; nebenbei ließ sich die »Allerhöchste Genehmigung« aber auch als Werbeargument zur Gewinnung neuer Patrone verwenden. Wortlaut der neuen Statuten in  : JbGRhG 11 (1891), S. 14 f. 11 Lediglich der ganz von hessischem Gebiet umschlossene, aber bis 1932 rheinische Kreis Wetzlar wurde seit 1897 von der Historischen Kommission für Hessen und Waldeck betreut (Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen, S. 11)  ; von den Direktoren des 1924 aufgelösten Staatsarchivs Wetzlar war ebenfalls keiner im Vorstand der rheinischen »Gesellschaft« vertreten. 12 Protokoll der Sitzung des Gelehrtenausschusses vom 20.2.1881 (Lamprecht) in  : HAStK, Akten GRhG 1,1, Bl. 127 f. Die juristisch präzise, aber unhistorische Bezeichnung des Arbeitsgebiets mit dem Namen eines

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anfangs auch im Namen einer »Rheinisch-Westfälischen Geschichtsgesellschaft« noch angeklungenen Pläne zur Einbeziehung Westfalens nach dem Ausscheiden des Münsteraner Staatsarchivars Roger Wilmans aus dem Gründungsausschuss wieder aufgegeben worden waren13. Gleichsam als Nachklang dieser ursprünglichen Konzeption hat allerdings auch Wilmans’ Nachfolger im Archiv, Ludwig Keller (1849–1915), noch bis 1895 dem Vorstand der Rheinischen »Gesellschaft« angehört  ; seitdem waren außerrheinische Archivare dort nicht mehr vertreten. Infolge des Versailler Vertrags schieden 1920 die Kreise Eupen und Malmedy und das Saargebiet aus der Rheinprovinz aus. Sie wurden in der Praxis, insbesondere bei der Denkmälerinventarisierung, aber doch weiterhin zum Gesellschaftsgebiet gezählt. Als viel einschneidender indes erwies sich das definitive Ende der Rheinprovinz nach dem Zweiten Weltkrieg, ihre Aufteilung auf zwei Besatzungszonen und später drei Bundesländer. Der Fortfall der früheren Provinzialverwaltung als Hauptgeldgeberin stellte die »Gesellschaft« vor große finanzielle Probleme  ; noch mehr aber wirkten sich die neuen Gesetze und die Ungewissheit über das künftige Arbeitsgebiet hemmend auf die Wiederaufnahme der Arbeiten aus. Zwar sprach sich der damalige Vorsitzende Gerhard Kallen schon Anfang Juli 1946 gegen eine Beschränkung auf das britisch besetzte nördliche Rheinland aus und schlug vor, den beiden neuen Oberpräsidenten in Düsseldorf und Koblenz je einen Vorstandssitz anzubieten und auch die Jahresversammlungen regelmäßig zwischen Norden und Süden wechseln zu lassen.14 Aber erst nach Gründung der neuen Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz und einer Lockerung der zunächst hermetisch geschlossenen Zonengrenze kam die gesamtrheinische Zusammenarbeit wieder in Gang. Heute umfasst das Arbeitsgebiet der »Gesellschaft« wieder die gesamte ehemalige Rheinprovinz, also den rheinischen Teil Nordrhein-Westfalens im Bereich des 1953 wiedererstandenen Landschaftsverbands Rheinland, die 1999 aufgelösten rheinland-pfälzischen Regierungsbezirke Koblenz und Trier und – trotz des Bestehens einer eigenen »Kommission für Saarländische Landesgeschichte« – grundsätzlich auch das Saarland. In ihrem Vorstand sind die Kultusbehörden aller drei Länder und ein Vertreter der in Nordrhein-Westfalen wieder bestehenden landschaftlichen Selbstverwaltung präsent. Damit gehört die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« zu den modernen Verwaltungsbezirks geht auf einen Vorschlag Loerschs zurück, der sich damit gegen die ursprünglich vorgesehene, aber zu allgemeine Benennung »Rheinlande« und Harleß’ treffendere, aber zu komplizierte Formulierung »im Bereiche der alten Territorialverbände des Mittel- und Niederrheins« durchsetzte. 13 Eine allzu strenge Begrenzung der Arbeiten auf das Gebiet der modernen Rheinprovinz hat jedoch niemals in der Absicht der »Gesellschaft« gelegen  : »Oft wird sich das Hinübergreifen in die Geschichte der Nachbarprovinzen und der benachbarten Staaten empfehlen.« Harless / Höhlbaum / Loersch, Denkschrift, S. 15. 14 Aufzeichnung des Landesoberverwaltungsrats Busley über eine Besprechung mit Kallen am 1.7.1946 in Düsseldorf, ALVR, KultPv 11017. Der Düsseldorfer Staatsarchivdirektor Vollmer trat dagegen im Februar 1947 für eine Beschränkung auf den »Landesteil Nordrhein« ein.

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wenigen Institutionen, in denen die Tradition der ehemaligen preußischen Rheinprovinz noch weiterlebt, ohne dass dies notwendigerweise im Sinne einer Identitätsstiftung zu behaupten wäre. Als Angehörige der »Gesellschaft« nennt die alte Satzung in §  2 drei verschiedene Ka­tegorien, die für eine »Stifterkommission« charakteristisch sind  : Stifter, Patrone und (wissenschaftliche) Mitglieder. Als Stifter betrachtete die »Gesellschaft« alle »Korporatio­ nen und Freunde der rheinischen Geschichte«15, die einmalig ursprünglich 3000, seit 1886 jedoch »mindestens 1.000« Mark in ihre Kasse zahlten  ; als Patrone dagegen dieje­ nigen »Städte und Freunde der rheinischen Geschichte«, die sich zu fortlaufenden jährlichen Beiträgen verpflichten. Von der Gründung bis 1949 belief sich die Höhe des Beitrags trotz mancher Änderungsversuche laut Satzung konstant auf mindestens 100 Mark16, doch wurde in Notzeiten wie nach der Inflation von 1923 oder nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit nur die Hälfte eingefordert. Seit 1949 wird der Beitrag von der Hauptversammlung frei festgesetzt, ohne in den Statuten verankert zu sein  ; nach einem Beschluss vom 4. Juni 1969 lag er bei mindestens 200 DM. Ähnlich wie bei anderen Historischen Kommissionen werden die »Mitglieder« im engeren Sinne auf Vorschlag des Vorstands von der Hauptversammlung aus dem Kreis der »Forscher auf dem Gebiete der rheinischen Geschichte oder auf verwandten Gebieten« ernannt, soweit sie nicht schon bei der Gründung beigetreten waren. Nach dem Tod des letzten Gründungsmitglieds, des Generalleutnants Ernst von Oidtman (1937), ist dieser letztere Passus seit der Satzung von 1949 weggefallen. Als Gegenleistung für ihre Unterstützung und für die ehrenamtliche Tätigkeit des Vorstands standen den Stiftern, Patronen und Vorstandsmitgliedern bis 1930 alle Publi­ kationen der »Gesellschaft« unentgeltlich zu. Besonders aufwendige kunsthistorische Veröffentlichungen bei herabgesetzten Patronatsbeiträgen nötigten die in eine ernste Finanzkrise geratene »Gesellschaft« jedoch zu Anfang der Weltwirtschaftskrise, dieses Recht durch eine Satzungsänderung vom 6.  März 1930 teilweise aufzuheben. Seitdem werden ihnen nur noch die vom Vorstand als solche bezeichneten regelmäßigen Publikationen unentgeltlich geliefert  ; »außergewöhnliche« dagegen zu einem besonderen Preis. Die wissenschaftlichen Mitglieder können sämtliche Publikationen ebenfalls zu einem reduzierten Preis erwerben. Die Statuten von 1881 und 1886 sahen außerdem noch ein ermäßigtes Abonnement für Nichtmitglieder vor, das später fortgefallen ist.

15 Statuten 1881, § 2, Abs. 1. 16 Bereits anlässlich der Satzungsänderung von 1886 hatte der Gelehrtenausschuss erwogen, den Beitrag zwecks Gewinnung einer größeren Zahl von Patronen auf 50 Taler zu senken, doch hatte Höhlbaum sich aus Sorge vor zu großen Einnahmeausfällen und wohl auch zur Beibehaltung einer gewissen Exklusivität des Patronenkreises, durch die sich die »Gesellschaft« ja von einem der üblichen Publikumsvereine unterschied, mit Erfolg dagegen gewandt. Höhlbaum an die Mitglieder des Gelehrtenausschusses, 16.10.1885, HAStK, Akten GRhG 2,1.

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Satzung und Organisation im Wandel der Zeit

Die meisten der seit 1886 vorgenommenen Satzungsänderungen betreffen jedoch Stärke, Zusammensetzung, Kompetenzen und Wahlmodus des Vorstands. Mit der gegen den Widerstand der Bonner Gelehrten auf Mevissens und seiner Freunde Drängen in der Gründungsversammlung von 1881 beschlossenen janusköpfigen Spitze aus (Patronats-)Vorstand und Gelehrtenausschuss hat sich der Letztere im Grunde nie abfinden können, zumal zwar Höhlbaum und Lamprecht, aber keiner der Bonner Ordinarien dem eigentlichen Vorstand angehörten. Peinlich, ja oft kleinlich achteten die Gelehrten deshalb auf die Wahrung ihrer Alleinzuständigkeit im von ihnen sehr weit ausgelegten wissenschaftlichen Bereich  ; selbst die Ernennungsurkunden für die Mitglieder, die der Vorsitzende satzungsgemäß ausstellte, mussten auf sein Verlangen hin vom Ausschussvorsitzenden Arnold Schaefer gegengezeichnet werden. Aber auch der Vorstand und der Oberbürgermeister Hermann Becker ließen es nicht selten an der nötigen Information der Gelehrten fehlen. Wegen eines Unterstützungsgesuchs, das er entsprechend seiner statuarischen Verpflichtung, aber ohne den Gelehrtenausschuss zuvor konsultiert zu haben, an den Provinziallandtag gerichtet hatte, kam es schon im November 1881 zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen beiden Gremien, die in der Rücktrittsdrohung des Ausschussvorsitzenden Schaefer gipfelten.17 Der Wunsch der Gelehrten nach ständiger Konsultation selbst in minder wichtigen Angelegenheiten, dem sich der Vorstand danach nicht verschloss, verstärkte aber nur noch die Schwerfälligkeit der Organisation, zumal die Korrespondenz zwischen Oberbürgermeister Becker als Vorstandsvorsitzendem und Stadtarchivar Höhlbaum jeweils auf dem städtischen Dienstweg durch vier bis sechs Hände ging. Eine Änderung dieses Zustands wurde schließlich gleichermaßen von Gelehrten und interessierten Patronen gewünscht. Die »sehr komplizierte und schwerfällige Organisation« der »Gesellschaft« verzögere oft wichtige Entscheidungen, klagte Karl Menzel im Januar 1885, und »das getrennte Tagen und Beraten« beider Leitungen lasse in der Behandlung der Geschäfte »einen rechten Gemeingeist nicht aufkommen«.18 Menzel 17 Nachdem ein Antrag des »Linken« Maurenbrecher (so Höhlbaum), der Gelehrtenausschuss möge dem Vorstand deswegen sein Bedauern aussprechen und auf Vermeidung eventueller Wiederholungen drängen, nur teilweise die Zustimmung des insgesamt weniger radikal als Maurenbrecher oder Schaefer gegen die Kaufleute eingestellten Gelehrtenausschusses gefunden hatte (Sitzungsprotokoll vom 27.11.1881, HAStK, Akten GRhG 10,1), gab Maurenbrecher am folgenden Tag eine noch weit schärfere persönliche Erklärung zu Protokoll. Nachdem die vom provisorischen Gelehrtenausschuss entworfene Organisation der »Gesellschaft« in der Gründungsversammlung von den Patronen um Mevissen gegen den Willen der meisten Gelehrten abgeändert worden sei, hielt es Mevissen »für dringend notwendig, daß der Gelehrtenausschuss dem von der Versammlung geschaffenen ›Vorstande‹ keine Eingriffe in die materielle Seite der die Gesellschaft angehenden wissenschaftlichen Tätigkeit gestatte«  ; besonders in den Anfängen müsse darüber gewacht werden, dass sich nicht »auf dem Wege tatsächlichen Vorgehens eine Gewohnheit zu ungunsten des Gelehrtenausschusses« bilde. Der Frontenverlauf im Gelehrtenausschuss deutet allerdings darauf hin, dass es sich nicht einfach um eine Auseinandersetzung zwischen Gelehrten und Patronen, sondern eher zwischen einer Bonner und einer Kölner Fraktion handelte, zu der sich auch die Mevissen-Freunde Höhlbaum und Lamprecht hielten. 18 Menzel an Höhlbaum, 10.1.1885. HAStK, Akten GRhG 2,1.

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schlug deshalb ihre Ablösung durch einen 20- bis 24-köpfigen gemischten Gesamtvorstand vor, innerhalb dessen der bisherige Gelehrtenausschuss als besondere Kommission für wissenschaftliche Fragen weiterbestehen sollte. Damit griff er einen schon im Mai 1881 von Schaefer gemachten Vorschlag wieder auf. Im Vorstand forderte der Patron Gustav Michels eine gründliche Satzungsreform, um dem Vorwurf der Untätigkeit zu entgehen und bei der Provinz größeres Interesse für die Arbeit der »Gesellschaft« zu wecken. Höhlbaum selbst, der als Mitglied beider Gremien noch den besten Überblick über deren Tätigkeit besaß, sprach 1885 von der »Schwerfälligkeit und Unzweckmäßigkeit unserer Verfassungsformen« und der »Notwendigkeit eines selbständigen, tätigen, verantwortlichen Vorstands, wie wir ihn demnächst zu schaffen haben«.19 Durch eine neue Satzung, die eine Vorstandskommission aus Höhlbaum, Loersch und Ratjen in Anlehnung an die Statuten der »Historischen Kommission für Sachsen-Anhalt« formulierte20, wurde der bisherige Vorstand zum Jahresbeginn 1886 mit dem Gelehrtenausschuss zusammengelegt und durch Zuwahl einiger weiterer Patrone zu einem neuen Gesamtvorstand von 18 bis 24 Mitgliedern erweitert, in dem die kaufmännischen Patrone gemeinsam mit einem neu eingeführten Vertreter der Provinzialverwaltung nun genau die Hälfte der Vorstandsmitglieder stellten. Doch hat dieses Paritätsverhältnis zwischen Patronen und Gelehrten, das auch Mevissens ursprünglicher Vorstellung von der Leitung der »Gesellschaft« entsprach und im Prinzip über ein Jahrhundert hinweg bestehen blieb, niemals zu einer Beeinflussung der Auswahl oder Beeinträchtigung der wissenschaftlichen Qualität der Publikationen durch die einst von Bonner Seite befürchteten Eigeninteressen der Patrone geführt. Im Gegenteil haben gerade deren Vertreter im Vorstand, die Kaufleute, Gutsbesitzer und Oberbürgermeister, dort umfassende Einblicke in die vielfältige Problematik wissenschaftlicher Editionen gewinnen können. Gerade sie haben deshalb stets besonderes Verständnis und große Unterstützungsbereitschaft für die wissenschaftlichen Arbeiten der »Gesellschaft« gezeigt und an die von ihnen vertretenen Mitpatrone weiterzugeben versucht. Auf Verlangen der Staatsregierung, der die Zahl von 24 Vorstandsmitgliedern zu hoch erschien, wurde diese bereits 1889 auf 19 (ohne den Vertreter der Provinzialverwaltung) gesenkt.21 Auf bis zu 24 Mitglieder wurde der Vorstand erst wieder erweitert, 19 Rundschreiben Höhlbaums an die Mitglieder des Gelehrtenausschusses zur bevorstehenden Satzungsreform vom 22.10.1885, HAStK, Akten GRhG 9,1. 20 Am 8.2.1885 hatte der Schriftführer der sächsischen Kommission, der Hallenser Historiker Schum, Höhl­ baum zu diesem Zweck ein Exemplar von deren Statuten übersandt  ; HAStK, Akten GRhG 2,1. Nach Genehmigung durch die fünfte Jahresversammlung am 8.12.1885, einen Tag vor dem Tod des bisherigen Vorsitzenden Becker, traten die neuen Statuten der rheinischen »Gesellschaft« am 1.1.1886 in Kraft  ; sie sind im JbGRhG 5 (1885), S. 11 ff. abgedruckt. Abgesehen von den Bestimmungen über den Vorstand entsprechen sie in den meisten Punkten der bisherigen Satzung von 1881. 21 Regierungspräsident von Sydow, Köln, an den Vorstand der »Gesellschaft« am 11.4.1889, HAStK, Akten GRhG 2,1. Zur Verleihung der Satzung vom 9.8.1889 vgl. im Übrigen oben S. 81.

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Satzung und Organisation im Wandel der Zeit

als Christian Eckert, Mitglied der »Gesellschaft« seit 1912 und erster Rektor der 1919 wiedereröffneten Universität zu Köln, eine angemessene Berücksichtigung auch dieser Hochschule im Vorstand der »Gesellschaft« wünschte.22 Zwar erklärte die »Gesellschaft« ausdrücklich, dass ihre Vorstandsmitgliedschaft nicht an bestimmte Professuren in Köln oder Bonn gebunden sei oder werden könne23, doch erforderte die Gerechtigkeit gegenüber der neuen Universität letztlich doch, Eckerts Bitte zu erfüllen. Nachdem der Kölner Historiker Justus Hashagen (1877–1961) schon 1920 in den Vorstand gewählt worden war, eröffnete eine am 31. März 1921 von der Jahresversammlung gebilligte Satzungsänderung24 die Möglichkeit, weitere Kölner Professoren zu berufen und auch den Süden der Provinz stärker als bislang im Vorstand zu berücksichtigen.25 Uneinigkeit über die zu wählenden Persönlichkeiten schob die Vorstandserweiterung allerdings bis 1922 hinaus  ; als nächster Vertreter nach Hashagen trat damals der Rechtshistoriker Hans Planitz (1882–1954) in den Vorstand ein. Die Einführung einer obligatorischen Altersgrenze auch für Hochschullehrer in Preußen26 warf 1924 im Vorstand der »Gesellschaft« neue Probleme auf. Bis dahin war stets so verfahren worden, dass Oberbürgermeister und Archivdirektoren beim Ausscheiden aus dem Amt, aufgrund dessen sie in den Vorstand berufen worden waren, auch den Vorstand verließen, Hochschullehrer dagegen ihren Sitz behielten.27 Das machte kaum Schwierigkeiten, solange die Zahl der Emeriti klein blieb und ihre Lehrstuhlnachfolger, auf deren Mitarbeit die »Gesellschaft« naturgemäß auch nicht verzichten wollte, im Rahmen der Höchstzahl zusätzlich in den Vorstand berufen werden konnten. Nach der Personalabbauverordnung von 1924 nahm dieses Problem jedoch auch für andere Historische Kommissionen größere Ausmaße an. Seit 1929 erlaubte deshalb eine nach dem 22 Rektor der Universität zu Köln an den Vorstand der »Gesellschaft«, 1.3.1920, HAStK, Akten GRhG 12,1. Eckert empfahl für den Vorstand besonders den Historiker Justus Hashagen, der seit 1906 Mitglied der »Gesellschaft« war und in Köln einen Lehrauftrag für Rheinische Geschichte besaß. Die Wahl des Wirtschaftshistorikers Bruno Kuske und des vielbeschäftigten, eben aus Straßburg ausgewiesenen Martin Spahn stellte er dagegen zurückhaltend nur »zur Erwägung«. 23 Auf einen entsprechenden Hinweis Hansens antwortete Eckert am 8.3.1920, Statuten seien »nicht ewig unveränderlich«  ; »zu warten, bis zufällig ein Bonner Kollege stirbt, erscheint mir untunlich«. Gegen die Bindung der Mitgliedschaft an bestimmte Professuren erklärte sich aber auch die Vorstandskommission zur Vorbereitung der von Eckert angeregten Satzungsänderung am 29.7.1920  ; Protokoll in HAStK, Akten GRhG 2,1, sowie ein entsprechender Vorstandsbeschluss vom 28.12.1920 in HAStK, Akten GRhG 10,8. 24 Genehmigt durch Verfügung des Preußischen Staatsministeriums vom 14.12.1921  ; Wortlaut in  : JbGRhG 45 (1925), S. 40 ff. 25 Vorstandsbeschluss vom 28.12.1920, HAStK, Akten GRhG 2,1. Für die durch Vorstandserweiterung möglich werdende Zuwahl fasste der Vorstand damals Martin Spahn (der aber nie gewählt wurde), den Bonner Privatdozenten Wilhelm Levison und einen noch ungenannten »Herrn aus der Trierer Gegend« ins Auge. 26 § 84 der preußischen Personalabbauverordnung vom 8.2.1924 hatte erstmals auch für Hochschullehrer eine obligatorische Altersgrenze von 65 Jahren festgesetzt. Preußische Gesetzessammlung 1924, S. 73. 27 Ausgenommen natürlich bei »Verlassen des Gesellschaftsgebietes« nach § 6, Abs. 3 der Statuten.

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1935 – »Gleichschaltung« und »Führerprinzip«

Vorbild der Berliner Historischen Reichskommission28 beschlossene Satzungsänderung auch der rheinischen »Gesellschaft«, die aus Altergründen aus dem Amt geschiedenen Mitglieder mit vollem Stimmrecht im Amt zu belassen, ohne dass sie auf dessen satzungsgemäße Höchstzahl angerechnet wurden.29 Zu einer effektiven Vergrößerung des Vorstandes hat dies jedoch damals noch nicht geführt, denn auch unter Einrechnung der emeritierten Hochschullehrer (Cichorius, Meissner, Schulte) und pensionierten Archivare (Hansen, Redlich) war die satzungsgemäße Höchstzahl von 24 Mitgliedern im Sommer 1932 gerade erreicht.30

4.2 1935 – »Gleichschaltung« und »Führerprinzip«

Eine dem Anschein nach tiefgreifende, in Wirklichkeit aber eher formale Veränderung der Gesellschaftsstruktur brachte die im Rahmen der nationalsozialistischen Gleichschaltung des historischen Vereinswesens notwendig gewordene Satzungsänderung von 1935. Mit der am 10. November 1934 verfügten, zum 1. April 1935 wirksam gewordenen Umwidmung der »Monumenta Germaniae Historica« in ein »Reichsinstitut für ältere deutsche Geschichtskunde«31 hatte der Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung auch in dieser traditionsreichen Einrichtung das »Führerprinzip« eingeführt und die bisherige Zentraldirektion zu einem Beirat mit nur noch beratenden Funktionen verwandelt. Gleichzeitig übertrug der Minister dem nunmehr von ihm ernannten Präsidenten des neuen Reichsinstituts – Paul Kehr, der sich dem neuen Status zwar nicht widersetzt hatte, aber doch Ende 1935 zurücktrat, wurde am 25. März 1936 durch den dezidiert nationalsozialistisch gesinnten Mediävisten und Archivar Wilhelm Engel (1905–1964)32 kommissarisch ersetzt – die Aufsicht über den »Verband deutscher Historiker«, den »Gesamtverein deutscher Geschichtsvereine« und die historischen Provinzialkommissionen.33 Damit waren die Kommissionen und Vereine auch organisato28 Als erstes wissenschaftliches Gremium hatte die erst im Frühjahr 1928 zur Erforschung vor allem der Weltkriegsgeschichte und zur Auswertung der Quellenbestände des Reichsarchivs gegründete »Historische Reichskommission« die Bestimmung in ihre Satzung aufgenommen, dass die über 70 Jahre alten Vorstandsmitglieder nicht mehr auf deren Höchstzahl anzurechnen seien, vgl. Goetz, Historische Reichskommission, S. 408. 29 §  6, Abs.  1 der durch Verfügung des Staatsministeriums vom 18.6.1929 geänderten Satzung in  : JbGRhG 49 (1929), S.  42. Ursprünglich war im Vorstand vorgeschlagen worden, emeritierte Mitglieder nach dem Vorgang der Preußischen Akademie der Wissenschaften lediglich mit beratender Stimme zuzulassen, dann wurde aber doch die weitergehende Lösung gewählt. Aufzeichnung des Landesoberverwaltungsrats Dr. Busley über die Vorstandssitzung vom 18.3.1929, in ALVR, KultPv 3698. 30 JbGRhG 51 (1931), S. 11. 31 Kehr, Jahresbericht. 32 Vgl. über ihn Bünz, Historiker zwischen Wissenschaft und Weltanschauung. 33 Satzung des Reichsinstituts für ältere deutsche Geschichtskunde vom 1.4.1935, S. 276.

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risch dem Reichsinstitut unterstellt und beeilten sich, die eigenen Statuten nach dessen Vorbild zu ändern. Bereits im September 1934 stimmte der neue Vertreter der Provinzialverwaltung, SA-Standartenführer Hans-Joachim Apffelstaedt, den vom Vorsitzenden Kallen im Sinne des Führerprinzips selbstständig bereits umformulierten Statuten der »Gesellschaft« zu34. Erst danach wurden sie auch vom Vorstand gebilligt und von der Hauptversammlung am 1. März 1935 einstimmig beschlossen.35 Mit der Genehmigung des Oberpräsidenten der Rheinprovinz am 9. Mai desselben Jahres trat die neue Satzung definitiv in Kraft. Sie verlieh dem Vorsitzenden als verantwortlichem »Führer der Gesellschaft« (§ 6)36 die ausschließliche personelle und sachliche Entscheidungsgewalt auch in wissenschaftlichen und organisatorischen Fragen. Der Vorstand wurde in einen aus höchstens 21 Mitgliedern bestehenden »Beirat« verwandelt, der nur noch beratende und begutachtende Funktionen besaß (§  8). Seine Mitglieder wurden nicht mehr gewählt, sondern durch den Vorsitzenden berufen, der auch seinen eigenen Stellvertreter und die übrigen Amtsträger des engeren Vorstands selbstständig ernannte. Außerdem schuf die neue Satzung einen besonderen Sachverständigenausschuss zur »Unterstützung und engeren Beratung« (§ 7) des Vorsitzenden, dessen Mitglieder ebenfalls von diesem ernannt wurden und nicht unbedingt auch dem Beirat angehören mussten.37 Er war offensichtlich als eine Art Privatkabinett des »Vereinsführers« unabhängig vom Beirat gedacht, doch ist er in der Praxis niemals wirksam in Erscheinung getreten. Der Vorsitzende selbst wurde vom Beirat auf jeweils fünf Jahre bestellt. Die Amtszeit der übrigen Beiratsmitglieder betrug drei Jahre  ; die Vertreter der Städte und der Industrie sollten danach jeweils ausgewechselt werden, um eine möglichst breite Beteiligung 34 Vgl. unten S. 89. 35 Vorstandssitzung 26.2.1935, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I  ; JbGRhG 52–54 (1932–1934), S. 20  ; Wortlaut ebd., S. 51 ff. Ein bereits gedruckter Entwurf mit geringfügigen, handschriftlich nachgetragenen Änderungen durch die Vorstandssitzung vom 26.2.1935 in  : ALVR, KultPv 11016. 36 Diese Bezeichnung, die das neue »Führerprinzip« besonders deutlich machte, findet sich wohl nicht zufällig gerade in der von Kallen und Apffelstaedt entworfenen Satzung der GRhG, während andere rheinische Geschichtsvereine sie in ihren gleichzeitigen und aus gleichem Grund vorgenommenen Statutenänderungen zu umgehen trachteten. So heißt der Vorsitzende in der Satzung des Aachener Geschichtsvereins von 1935 inhaltlich gleichbedeutend, aber den ominösen »Führer«-Begriff vermeidend, »Vereinsleiter« (ZAGV 55, S. 252) und beim »Historischen Verein für den Niederrhein« »der verantwortliche Leiter des Vereins« (AHVN 127 [1935], S. 155 f. § 11). Vgl. dagegen Laux, Zwischen Traditionalismus und »Konjunkturwissenschaft«. 37 Dem Sachverständigenausschuss sollten angehören der Vorsitzende, sein Stellvertreter, der Leiter des Instituts für geschichtliche Landeskunde in Bonn, der dienstälteste rheinische Staatsarchivdirektor, der wissenschaftliche Leiter der Denkmälerstatistik und zwei weitere, nicht gleichzeitig dem Beirat angehörige Herren. Gleichzeitig wurde auch der Finanzausschuss durch Mitglieder von Amts wegen umgebildet  ; er setzte sich nun zusammen aus dem Vorsitzenden, dem Schatzmeister, beider Stellvertreter, einem juristischen Vorstandsmitglied und dem Vertreter des Landeshauptmanns. JbGRhG 52–54 (1932–1934), S. 20.

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1935 – »Gleichschaltung« und »Führerprinzip«

der gesamten Rheinprovinz zu ermöglichen.38 Inhaber eines öffentlichen Amtes hatten bei Versetzung oder Amtsniederlegung sofort auszuscheiden  ; die erst 1929 eingeführte Nichtanrechnungsklausel für die Pensionäre fiel damit wieder fort. Bezeichnend für den starken Einfluss der Provinzialverwaltung in dieser Zeit ist vor allem die Klausel, dass die Bestellung des Vorsitzenden durch den Beirat der Bestätigung des Landeshauptmanns bedurfte (§ 9, Abs. 2). Auch den Satzungsentwurf selbst besprach Kallen zunächst ausführlich mit dem Beauftragten der Provinz, bevor er ihn dem Vorstand zur Genehmigung vorlegte.39 Mündliche Verhandlungen über die geplante Statutenänderung, in denen es u. a. auch um die künftige Stellung des »nichtarischen« Vorstandsmitglieds Wilhelm Levison ging, wurden zwischen Kallen und Apffelstaedt am 24.  August 1934 in Köln geführt. Dabei erklärte der Landesrat, dass eine Teilnahme Levisons am künftigen Beirat Abb. 17 Wilhelm Levison, Porträtfoto, nicht in Frage komme. Der nach Apffelstaedts Foto: Schneider, undatiert. Wünschen umgearbeitete Entwurf wurde am 3. September in Bonn zwischen beiden Partnern erneut besprochen und am 5. September dem Landeshauptmann zur »Begutachtung und Genehmigung« übersandt. Diese erteilte Apffelstaedt am 8. September. Erst danach wurde er dem Vorstand zur Beschlussfassung vorgelegt. Im Übrigen handelte aber auch der neue Beirat nicht anders als der Vorstand alten Stils, was sich u. a. oft durch unbeabsichtigte Verschreibungen im Protokoll äußerte. Im Januar 1934 beschloss die wissenschaftliche Kommission, Sitz und Stimme der beiden nichtarischen Vorstandsmitglieder Silverberg und Strauss »einstweilen ruhen zu lassen, um sie als Vorstandsmitglieder nicht zu verlieren«.40 In der Praxis kam der auf Antrag von Paul Clemen getroffene Beschluss einem Ausschluss gleich, zumal die Betroffenen daraufhin ihre Patronate niederlegten. Selbst dann hätten sie aber als Stifter im 38 Man habe im Beirat »für Industrie- und Städtevertreter (einen) Turnus von 3 Jahren eingeführt, um möglichst viele zu erfassen«, schrieb Kallen am 27.2.1938 an Apffelstaedt, in  : ALVR, KultPv 11016. Die häufigen, meist von Skandalen oder Parteiintrigen begleiteten Amtswechsel der NS-Oberbürgermeister von Köln und Düsseldorf ließen für sie aber oft nicht einmal diese Amtszeit im Vorstand der »Gesellschaft« zu. 39 ALVR, KultPv 11212 und 11016. 40 Sitzungsprotokoll der Wissenschaftlichen Kommission vom 27.1.1934, HAStK, Akten GRhG 13,2.

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Vorstand bleiben können, wie der Vorsitzende dies in einem anderen Falle nicht lange vorher selbst vorgeschlagen hatte.41 Tiefergehende Rückschlüsse auf die Persönlichkeit Clemens sind allein auf der Grundlage dieses Vorgangs nicht möglich. Eine eingehende, allerdings durch die Überlieferungsbedingungen erschwerte Befassung mit Clemen bleibt ein dringendes Desiderat der Forschung.42 Entsprechendes gilt im Übrigen auch für die Prägung und Ausstrahlung seiner These vom »Symbolwert des Denkmals«, die die Unterscheidung von »lebendigen« und »toten« Denkmälern vorsah und im Kontext der Erinnerungspolitik des Nationalsozialismus weitreichende ideologische wie praktische Implikationen hatte.43 Anders als den beiden kaufmännischen Patronen erging es zunächst dem wissenschaftlichen Vorstandsmitglied Wilhelm Levison. Der Bonner Historiker konnte trotz seiner jüdischen Herkunft bis Ende 1934 unbehelligt im Vorstand bleiben, wurde aber bei dessen Umwandlung 1935 auf Druck der Provinzial­verwaltung nicht mehr in den neuen Beirat übernommen. Standartenführer Apffelstaedt schlug Kallen dagegen vor, Levison als Ersatz für das Vorstandsamt in einen neu zu bildenden Sachverständigenausschuss der »Gesellschaft« zu berufen, zumal er von Reichserziehungsminister Rust soeben zum Mitglied eines gleichen Ausschusses bei den »Monumenta Germaniae Historica« ernannt worden sei.44 Ein entsprechender Beschluss erging dann in der Vorstandssitzung, die am 26. Februar 1935 im »Spanischen Bau« des Kölner Rathauses unter dem Vorsitz Kallens abgehalten wurde.45 Für Levison war dies allerdings gegenstandslos, ganz abgesehen davon, dass dieser »Sachverständigenausschuss« nie zusammenkommen sollte  : 1935 verlor er auch seinen Lehrstuhl an der Universität Bonn und emigrierte nach mehreren Jahren stiller Forschertätigkeit 1939 nach England.46 Vermutlich hatte der Vorstand gegenüber dem wissenschaftlich hochrangigen und honorablen Vorstandsmitglied Levison eine gewisse Verlegenheit empfunden, um die man sich durch die vordergründig noble Geste zu erleichtern 41 Kallen an Arnold von Guilleaume, als dieser infolge wirtschaftlicher Schwierigkeiten sein Patronat aufgab, am 25.1.1932, Kopie in HAStK, Akten GRhG 12,1. 42 Ältere biographische Arbeiten über Paul Clemen beleuchten dessen Wirken nach 1933 meist nur am Rande oder gar nicht. Neuere Publikationen (beispielhaft genannt sei der 2021 erschienene Sammelband Heyer / Langbrandtner / Peyronnet-Dryden, Kulturgutschutz) widmen sich in ihrer Erforschung des Kulturgut- und Kunstschutzes auch dem Bonner Kontext rund um Clemen. 43 Vgl. Fleischner, »Schöpferische Denkmalpflege«, S. 15–20. 44 Aufzeichnung Apffelstaedts über seine Verhandlungen mit Kallen bezüglich der Satzungsänderung am 24.8.1934 (vom 4.9.1934, ALVR, KultPv 11212). 45 Vorstandssitzung 26.2.1935, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I. Der Beschluss erging in Anwesenheit der Vorstandsmitglieder Kallen, Braubach, Clemen, Hansen, Kuphal, von Mallinckrodt, Planitz, Redlich, Schaus, Scheibler, Ziekursch. Entschuldigt waren die Mitglieder von Guilleaume, von Krüger, Neven DuMont, Rickert, Jarres. 46 Hübinger, Wilhelm Levison, S. 325 f. Nach Hübinger hat Levison auch bei den »Monumenta« bis zu seiner Emigration noch still und ohne öffentliches Aufsehen mitarbeiten können.

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1935 – »Gleichschaltung« und »Führerprinzip«

Abb. 18 Protokoll der 123. Vorstandssitzung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, Vorstandsbeschluss zur Streichung von »Nichtarieren«, 12.2.1937.

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suchte. In weniger prominenten Fällen verfuhr man ungezwungener  : In derselben Vorstandssitzung wurde unter dem Tagungsordnungspunkt »Verschiedenes« nur lapidar vermerkt, dass »nichtarische Stifter, Patrone und Mitglieder zu streichen« seien. Dieser Beschluss erfolgte demnach einige Monate vor dem Erlass der Nürnberger Rassengesetze im September 1935, die auch für Vereine und Gesellschaften zwingende Bedingungen schufen. In diesem Licht relativiert sich die Tatsache, dass die »Gesellschaft« die jüdischen ­Stifter erst in ihrer 123. Vorstands- bzw. »Beiratssitzung« am 12. Februar 1937 aus ihren Listen strich.47 Von wem der Antrag ausging und ob überhaupt eine Diskussion dazu stattgefunden hatte, ist dem Protokoll nicht zu entnehmen. Eine nähere Bewertung des Vorgangs fällt daher schwer. Jedenfalls sind allein aus der Tatsache der relativ spät erfolgten Arisierung der »Gesellschaft« keine Schlüsse zu ziehen  : Dies geschah auch anderswo ›verspätet‹ – etwa beim »Düsseldorfer Geschichtsverein« –, wo aber genauso wie in der »Gesellschaft« nichts anderes als ein organisatorisches Versäumnis zu vermuten ist.48 Während der Druck des Jahresberichts ab 1939 »aus finanziellen und technischen Gründen«, wie es im ersten Nachkriegsheft 1949 hieß, ausblieb49, ist es doch bemerkens­ wert, dass der »Beirat« seine jährlichen Zusammenkünfte fortsetzte. Signifikante Reflexe der Zeitumstände sind darin nicht zu finden, sieht man einmal davon ab, dass man 1937 beschloss, »in Anlehnung an die Zielsetzung des Reichsinstituts des neuen ­Deutschlands«, wie es wortwörtlich hieß, zwei Quelleneditionen in Arbeit nehmen ­wollte.50 Nach Ausweis der überlieferten Protokolle fand die letzte Sitzung des »Beirats« während des Krieges am 17. Februar 1944 statt (Nr. 130), die erste der Nachkriegszeit am 11. April 1947 (Nr. 131).

4.3 Die Nachkriegszeit

Der Wiederaufbau der »Gesellschaft« vollzog sich aufgrund einer am 14. Juni 1949 von der Kultusministerin Nordrhein-Westfalens, Christine Teusch, gebilligten Satzung, die im Wesentlichen eine Wiederaufnahme der vor 1935 gültigen Bestimmungen darstellte. 47 Vgl. die Aufstellung der Stifter und Patrone im Jahresbericht 1935, die den Stand 15.3.1936 dokumentiert (JbGRhG 55 [1935], S. 1–19). Dagegen der Beschluss auf der »Beiratssitzung« 12.2.1937, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,3. Es handelt sich um Hagen, Silverberg und Strauss  ; ein weiterer Stifter, der Dürener Fabrikant und Stadtverordnete Hugo Schoeller (Stifter seit 1906), wird aus nicht ersichtlichen Gründen seit 1934 nicht mehr genannt. 48 So Laux, Zwischen Traditionalismus und »Konjunkturwissenschaft«, S. 126. 49 JbGRhG 59–68 (1939–1948), S. 5 (Druck 1949). 50 »Quellen zur Geschichte der national-kirchlichen Bestrebungen am Rhein« und »Quellen zur Geschichte des Einflusses westlicher Ideen auf die deutsche Verfassungsentwicklung im 19. Jahrhundert« (LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I, Protokoll der 123. Vorstandssitzung vom 12.2.1937, Pkt. 7). Die genannten Editionen wurden nicht realisiert.

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Die Nachkriegszeit

Die Statuten von 1935 wurden stillschweigend zu den Akten gelegt. Das frühere Recht der Jahresversammlung, den Vorstand zu wählen, lebte allerdings zunächst nicht wieder auf. Stattdessen ergänzt sich der Vorstand, wie auch in späteren Zeiten und wie einst die Zentraldirektion der »Monumenta« zur Zeit des Freiherrn vom Stein, ausschließlich selbst aufgrund seines Rechtes zur Kooptation.51 Außer den Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die seit 1947 bzw. 1949 vertreten sind, wurde 1953 auch dem wiedergegründeten Landschaftsverband Rheinland ein ständiger Vorstandssitz eingeräumt, so dass der Vorstand seit 1949 bis zu 24 stimmberechtigte Mitglieder und – nach einer authentischen Satzungsinterpretation von 1961 – zusätzlich52 drei ständige Vertreter öffentlicher Körperschaften umfasste. Die Stadt Köln, der schon die Statuten von 1949 als Sitz der »Gesellschaft« und im Hinblick auf ihre bisherige Unterstützung ein dauerndes Vertretungsrecht eingeräumt hatten, wurde in dieser Hinsicht 1963 Ministerien und Landschaftsverband gleichgestellt. Als »außerordentliche Mitglieder mit beratender Stimme«53  – eine in der Satzung nicht vorkommende Statusgruppe – kooptierte der Vorstand 1948 zwei Privatdozenten aus Bonn und Köln, um auch die jüngeren Dozenten innerhalb der statutenmäßigen Höchstzahl zu Wort kommen zu lassen. Beide wurden jedoch bald aus dem Rheinland wegberufen54  ; danach fand das Verfahren keine Wiederholung mehr. Als die Berufung neuer Vorstandsmitglieder 1961 erneut an der satzungsgemäßen Höchstzahl zu scheitern drohte, kam auch die Wiedereinführung der 1935 abgeschafften Nichtanrechnungsklausel für emeritierte oder pensionierte Vorstandsmitglieder erneut ins Gespräch, diesmal nach dem Muster der »Münchner Historischen Kommission«.55 Zunächst wurden die Altmitglieder des Vorstands informell weiterhin zu den Sitzungen geladen, jedoch nur mit beratender Stimme und ohne in den Jahresberichten genannt zu werden.56 Schließlich konnten u. a. die aufgrund ihres Amtes zum Vorstand gehörenden und somit bei dessen Aufgabe zum Ausscheiden gezwungenen beamteten Archivare, die in der Unterscheidung zweier Kategorien von Vorstandsmitgliedern eine ungerechtfertigte Be-

51 § 5, Abs. 2 der Satzungen vom 14.6.1949 und vom 5.7.1963, in  : JbGRhG 59–68 (1939–1948), S. 50 u. J­ bGRhG 78–85 (1958–1965), S. 54. 52 Vorstandsbeschluss vom 31.10.1948, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I. Der Beschluss bezog sich auf die Landesregierungen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz sowie den Landschaftsverband, während die Stadt Köln zu den übrigen städtischen Patronen gerechnet wurde. 53 Vorstandsbeschluss vom 2.2.1948, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. 54 Paul Egon Hübinger (Bonn) ging 1951, Löwe (Köln) 1953 nach Erlangen  : Nach seiner Rückberufung nach Bonn wurde Hübinger 1960 erneut, und diesmal als ordentliches Vorstandsmitglied, kooptiert. Vgl. zu ihm Pfeil, Paul Egon Hübinger. 55 Vorschlag von Kallen und Hübinger in der Vorstandssitzung vom 2.6.1961, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I, vol. 2. Der Vorschlag wurde zunächst abgelehnt, da er ohne umständliche Satzungsänderung nicht zu verwirklichen war. 56 Vorstandsbeschluss vom 31.10.1961, Prot. S. 2. LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I, vol. 2.

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nachteiligung gegenüber den Hochschullehrern erblickten57, 1963 eine Neufassung der Satzung erreichen. Sie reduzierte die Zahl der ordentlichen Vorstandsmitglieder zwar auf nur noch 20 – hinzu kamen weiterhin die Vertreter der fördernden Ministerien, des Landschaftsverbandes und der Stadt Köln –, doch behielten die über 65 Jahre alten Mitglieder jetzt Sitz und Stimme, ohne auf diese Höchstzahl angerechnet zu werden.58 Die neue Regelung erlaubte es, neben den Vertretern einer sich heute immer stärker in Spezialgebiete auffächernden Geschichtswissenschaft auch eine größere Zahl von Fachleuten benachbarter Disziplinen in den Vorstand zu berufen, ohne auf Rat und Erfahrung gerade der älteren Mitglieder verzichten zu müssen. Außerdem konnte nun auch die stark angewachsene Zahl der verschiedenen rheinischen Hochschulen, Archive und sonstiger Forschungsstätten besser berücksichtigt werden. Andererseits trug die Vergrößerung des Vorstands, vor der einige Mitglieder bereits in den Satzungsdebatten von 1962 warnten, nicht unbedingt zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Entscheidungswege bei. Zu Anfang 1979 zählte der Vorstand 39 Mitglieder, darunter 15 Emeriti und Pensionäre.59 Wohl deshalb hob die Satzung von 1963 aus diesem Gremium erstmals einen »engeren Vorstand« (§ 7) ausdrücklich hervor, der aus nur sechs Personen, nämlich dem Vorsitzenden, dem Schriftführer, dem Schatzmeister und deren Stellvertretern, bestand und damit beweglich genug war, die laufenden Geschäfte angemessen zu führen. Damit zeichnete sich erneut die Entstehung einer zweigliedrigen Vorstandsstruktur ab, die allerdings nicht, wie in den Anfangsjahren der »Gesellschaft«, auf ein Nebeneinander zweier Organe mit verschiedener Sachzuständigkeit abzielte. Sie erinnerte eher an den Aufbau anderer Historischer Kommissionen, in denen die Geschäfte der Gesamtkommission ebenfalls von einem zahlenmäßig kleinen Vorstand geführt werden. Dass eher dieser Vorstand und nicht die »Gesellschaft« als Ganzes nach Funktion und Aufgabenkreis mit den Historischen Kommissionen, insbesondere der süddeutschen Länder vergleichbar ist, ergab sich auch aus den relativ geringen Kompetenzen der jährlichen Hauptversammlung, in der jeder erschienene Stifter, Patron und jedes Mitglied Stimmrecht genießt (§ 11). Ihr stand im Wesentlichen nur die Wahl neuer Mitglieder, die Entlastung des Schatzmeisters und die Beschlussfassung über Satzungsänderungen zu  ; das in der Satzung noch enthaltene Recht zur Vorstandswahl bedeutete seit Einführung der Vorstandskooptation nur noch eine historische Erinnerung.60 Die aktuelle Satzung 57 Vorstandssitzung vom 22.6.1962, S.  4 (LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I, vol.  2). Bedenken gab es auch, weil die besonderen Kriterien der »Vorstandsmitglieder von Amts wegen« (§ 5, Abs. 4) in der Satzung nirgends genannt wurden  ; ein Vorschlag, die Unterscheidung ganz aufzugeben und stattdessen bestimmten Vorstandsmitgliedern (vor allem den Archivdirektoren) schon bei ihrem Eintritt einen Revers mit der Verpflichtung zum Ausscheiden beim Erreichen der Altersgrenze abzuverlangen, wurde abgelehnt. 58 Satzung vom 5.7.1963, § 5, Abs. 2. 59 JbGRhG 94–98 (1974–1978), S. 23 ff. 60 Auf Vorschlag Hübingers behielt der Vorstand den Hinweis auf das frühere Recht der Jahresversammlung zur Vorstandswahl »als ein historisches Relikt aus der Zeit der Gründung« auch in späterer Zeit bei, »obwohl

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Die Nachkriegszeit

vom 20. Dezember 2018 bestimmt dagegen für den inzwischen nur noch zehnköpfigen Vorstand  : »Sechs ehrenamtlich tätige Mitglieder des Vorstands werden auf drei Jahre von der Mitgliederversammlung aus dem Kreis der ordentlichen Mitglieder, Stifter und Patrone der Gesellschaft gewählt.« (§ 10) Inzwischen wird der Vorstand von einem wissenschaftlichen Beirat flankiert, der ihn hinsichtlich bestehender und neuer wissenschaftlicher Vorhaben, den Entwicklungen der Gesellschaft und ihren Mitgliedern berät. Der Vorstand kann ordentliche Mitglieder durch Mehrheitsbeschluss in den Beirat berufen  ; dieser darf bis zu 40 Mitglieder umfassen (§ 11). Auch über die wissenschaftlichen Unternehmungen nimmt die Jahresversammlung nur den Bericht des Vorstands entgegen, ohne selbst Entscheidungen treffen zu können. Der Zweck der Hauptversammlung liegt heute weniger in der konkreten Feststellung und Überwachung des wissenschaftlichen Programms, wozu sie angesichts der großen Zahl und unterschiedlicher Interessen der Mitglieder auch kaum in der Lage wäre, als darin, die einzige regelmäßige Begegnungsstätte aller Gesellschaftsangehörigen zu sein, Anregungen an den Vorstand zu geben und – vor allem durch einen regelmäßig mit ihr verbundenen öffentlichen Vortrag aus dem Gebiet der rheinischen Geschichte – Existenz und Wirksamkeit der »Gesellschaft« über den engeren Kreis der Mitglieder hinaus einer breiteren Öffentlichkeit vorzustellen. Nicht unwesentlich trug dazu auch der zeitweilig geübte Brauch bei, die Versammlungen nicht nur am Sitz der »Gesellschaft« in Köln, sondern in jährlichem Wechsel auch in anderen rheinischen Städten abzuhalten, etwa in Kleve.

er für die Praxis keine Bedeutung hat«. Protokoll der Vorstandssitzung vom 22.6.1962, S. 3 f.; LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,2.

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5. Die Organe der »Gesellschaft«

5.1 Der engere Vorstand

Personalpolitik und editorische Entscheidungen des Vorstands dürften angesichts der herausragenden Rolle, die ihm in der Struktur der »Gesellschaft« stets zugekommen ist, in besonderem Maß geeignet sein, den Wandel wissenschaftlicher, politischer und sozialer Anschauungen widerzuspiegeln, die den Weg der »Gesellschaft« im ersten Jahrhundert ihres Bestehens bestimmten. Im Lebenslauf einzelner Vorstandsmitglieder mag gleichzeitig ein gutes Stück rheinischer Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte sichtbar werden. Der erste Vorsitzende der »Gesellschaft«, Hermann Becker (1820–1885), als Kölner Oberbürgermeister hauptsächlich aus Repräsentationsgründen und zur Anregung des Lokalpatriotismus der Kölner Kaufmannspatrone an die Spitze der »Gesellschaft« gewählt, hat dieses Ehrenamt dennoch sehr ernst genommen und mit großem persönli­ chem Einsatz verwaltet. Seinem Einfluss verdankt die »Gesellschaft« von Anfang an besondere Unterstützung durch die Kölner Stadtverordneten und die Stadtverwaltung, die sich in großzügigen Patronatsbeiträgen und Sondermitteln, in der Bereitstellung repräsentativer Tagungsräume wie des Hansasaals im Kölner Rathaus bis hin zu den kostenlosen Diensten der städtischen Botenmeisterei und der Stadtkasse bei der Verwahrung von Wertpapieren der »Gesellschaft« äußerte.1 Der alte Revolutionär von 1848 blieb auch als königlich-preußischer Oberbürgermeister von Köln ein engagierter Liberaler und militanter Gegner des Ultramontanismus2, doch wirkte sich das auf die Zusammensetzung der »Gesellschaft« wenig aus, da das Vorschlagsrecht für neue Mitglieder beim Gelehrtenausschuss lag. Hermann Becker war und blieb der einzige Vorsitzende des Vorstands alter Art, denn er verstarb überraschend am 9. Dezember 1885, gerade einen Tag nach der Jahresversammlung, die mit seinem Einverständnis die geplante Verschmelzung von Vorstand und Gelehrtenausschuss beschloss. Beckers Gegenspieler an der Spitze der Gelehrten, der Bonner Althistoriker Arnold Schaefer (1819–1883), hat sich selbst wenig mit rheinischer Landesgeschichte beschäftigt  ; er wurde wohl wegen sei1 Vgl. JbGRhG 2 (1882) ff. sowie HAStK 402/H I/XIII/7/7 (OB-Dienstregistratur, Verein [!]), 3 Bde., S. 1881 ff. 2 Zur Biographie des »roten Becker«, wie er im Gegensatz zu seinem gleichnamigen Nachfolger in Köln hieß, vgl. Hackenberg, Der rote Becker, S.  716  ; Oepen, Hermann Becker. Dass Hermann Heinrich Becker »nicht viel von dem Unternehmen (der rheinischen Geschichtsgesellschaft) hielt«, wie Herbert Schönebaum aufgrund eines Briefwechsels im Nachlass Lamprecht anmerkt (RhVjBll 17 [1952], S. 185), kann aus den Gründungsakten der »Gesellschaft« nicht bestätigt werden.

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Die Organe der »Gesellschaft«

nes ausgleichenden Wesens, seiner organisatorischen Erfahrungen3 und als Senior seiner Kollegen gewählt. Nach seinem frühen Tod am 19. November 1883 folgte ihm als Haupt des Gelehrtenausschusses für nur neun Monate Lamprechts Hauptprotektor Wilhelm Maurenbrecher (1838–1892), der die Gründungsstatuten der »Gesellschaft« entworfen und die Interessen seiner Bonner Kollegen am energischsten gegenüber Mevissen und der Kaufmannschaft vertreten hatte. Maurenbrecher, der die Wahl nur ganz knapp gegen Ritter gewann4, wurde aber schon zum 1. Oktober 1884 als Nachfolger seines Freundes von Noorden nach Leipzig berufen. Erst jetzt entschloss sich der Ausschuss, dem Kölner Stadtarchivar Konstantin Höhlbaum, der provisorisch schon in der Gründungszeit und danach als stellvertretender Vorsitzender beider Spitzengremien seit 1881 die organisatorischen Geschäfte der »Gesellschaft« führte, den Vorsitz bei den Gelehrten anzutragen, obwohl dies eine weitere Verlagerung des Schwerpunkts der »Gesellschaft« nach Köln bedeutete. Nach der Vereinigung zu einem einheitlichen Gesamtvorstand fiel auch dessen Leitung fast zwangsläufig Höhlbaum zu. Bereits in seiner Programmdenkschrift von 1881 hatte Höhlbaum der »Gesellschaft« ihre ersten und bis heute gültigen Arbeitsziele gewiesen. Als Vorsitzender hat er ihre in den Anfangsjahren doch ein wenig richtungslose und zufallsabhängige Arbeit gestrafft und auf wenige, dafür aber in absehbarer Zeit durchführbare Unternehmungen konzentriert. Als Herausgeber ist er unter ihren Publikationen mit den ersten beiden Bänden des »Buch Weinsberg« (PubGRhG, Bde. III–IV) vertreten. Gleichzeitig baute er das Kölner Stadtarchiv zu einem, verglichen mit den damaligen Staatsarchiven, ausgesprochen liberalen, »benutzerfreundlichen« landesgeschichtlichen Forschungszentrum aus.5 Daneben führte er die schon vor seiner Übersiedlung nach Köln begonnene Herausgabe des »Hansischen Urkundenbuchs« im Auftrag des »Hansischen Geschichtsvereins« fort, von dem unter seiner Leitung bis 1886 vier Bände erschienen. Fast gleichzeitig mit der Übernahme der Leitung der »Gesellschaft« wurde er 1886 auch in den Vorstand des »Hansischen Vereins« berufen, dem bereits sein Kölner Vorgänger Ennen angehört hatte.6 Ein außerordentlich hohes Maß an Pflichtgefühl und ein gewisser Perfektionismus auch in kleinsten Dingen waren für Höhlbaums Arbeitsweise charakteristisch  ; er nahm kaum jemals Urlaub und noch weniger Rücksicht auf seine Gesundheit7, was sicherlich zu 3 Schaefer hatte in Greifswald, wo er vor seiner Bonner Zeit gelehrt hatte, ein Historisches Seminar eingerichtet und war 1871/1872 Bonner Rektor gewesen (vgl. zu ihm Schmidt, Arnold Schaefer, u. Hübinger, Das historische Seminar, S. 122 f., 151 f. u. öfter). 4 Nachdem der Gelehrtenausschuss beschlossen hatte, dass absolute Mehrheit nötig sei, erhielt Ritter vier und Maurenbrecher fünf Stimmen. Gelehrtenausschuss 30.12.1883, in  : HAStK, Akten GRhG 19. 5 Stehkämper, Das Historische Archiv der Stadt Köln, S. XIV  ; sein grundsätzliches Archivprogramm  : Konstantin Höhlbaum, Über Archive, in  : Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 1 (1882), S. 1–14. 6 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S.  42 f. u. Weczerka, Vorstandsmitglieder, dort S. 77. Zur Biographie des in Reval geborenen Balten vgl. die S. 60, Anm. 96 genannte Literatur. 7 Immer wieder finden sich in der Korrespondenz des »von förmlichem Arbeitsfieber verzehrte(n) damalige(n)

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Der engere Vorstand

Abb. 19 Das alte Stadtarchiv am Gereonskloster, Foto: Anton Bardenhewer, Original im Kölnischen Stadtmuseum, 1897/1898.

Kölner Stadtarchivar(s)« (Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 49) Hinweise auf Überarbeitung, »Nervenfieber« und Unwohlsein  ; ein Beispiel für die Gründe liefert sein oben Anm.  99, S.  61 bereits zitierter Brief an Schaefer vom 28.7.1881.

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Die Organe der »Gesellschaft«

seinem frühen Tod beigetragen hat. Der fast im Übermaß selbstkritische Mann erklärte seinen Vorstandskollegen erstmals im Januar 1890, sein Amt niederlegen zu wollen, »weil die Gesellschaft ihren Zwecken nicht mehr gerecht werden kann, ihr vielseitiges Wirken nicht mehr steten Schrittes fortzusetzen oder gar, was dringend erforderlich ist, zu erweitern vermag, solange die oberste Leitung der wissenschaftlichen Arbeiten und die ganze Geschäftsführung mir allein und gerade mir anvertraut ist«. Er erklärte diese Resignation mit Überarbeitung, fortdauernder Bindung an den »Hansischen Geschichtsverein« und vor allem damit, dass die »wissenschaftliche Vereinzelung, die einem Archivar in Köln aufgenötigt ist, je länger je mehr die Fähigkeit zu wissenschaftlicher Leistung lähmt«.8 Zwar gelang es seinen Bonner Vorstandskollegen, ihm den Rücktrittsgedanken mit deutlichen Hinweisen auf seine Unentbehrlichkeit für die »Gesellschaft« noch einmal Abb. 20 Friedrich Adolf Ratjen, Abbildung auszureden, doch hat ihm Alfred Dove dabei siin: Rhein und Düssel, Nr. 38, 1916. cher nicht ohne Grund »ein größeres Maß von lebemännisch-praktischem Leichtsinn« und »etwas weniger Ehrgeiz« gewünscht  : »Wir sind keine Direktion der Monumenta Germaniae, keine Münchner Historische Kommission. Unsere provinziale Grundlage, unsere beschränkten Mittel verbieten uns den Wetteifer mit solchen Instituten.«9 Das klang zwar sehr viel zurückhaltender als die ständige Berufung der Gründer auf eben diese Vorbilder zehn Jahre zuvor, konnte den ehrgeizigen Höhlbaum aber erst recht nicht dauernd in Köln festhalten. Den Ruf auf einen Lehrstuhl nach Gießen im Oktober 1890 hat er anscheinend mit Erleichterung angenommen  ; dort hat er zusammen mit Goswin Freiherr von der Ropp (1850–1919), seinem alten Freund und Mitarbeiter beim »Hansischen Geschichtsverein«, noch wesentlich an der nach rheinischem Vorbild erfolgten Gründung der »Historischen Kommission für Hessen und Waldeck« mitgewirkt.10 Am   8 Rundschreiben Höhlbaums an seine Vorstandskollegen vom 12.1.1890, in  : HAStK, Akten GRhG 11,1.   9 Votum Alfred Doves auf obigem Zirkular, in  : HAStK, Akten GRhG 11,1. 10 Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen, S.  8 f. Mit dem Entwurf einer Denkschrift über die Aufgaben der Kommission, der Statuten und eines Rundschreibens an mögliche Patrone durch den zunächst provisorischen Vorstand vollzog sich die Marburger Gründung bis in die Einzelheiten hinein

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Der engere Vorstand

2.  Mai 1904 ist Höhlbaum, den der Vorstand der »Gesellschaft« bei seinem Ausscheiden zum Ehrenmitglied ernannt hatte11, erst 58-jährig in Gießen gestorben. Höhlbaums Nachfolger im Vorsitz der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« wurde am 14.  November 1891 der damalige Kölner »Landrichter« Friedrich Adolf Ratjen (1845–1931), nach Becker der zweite Vertreter der Patrone unter den Vorsitzenden der »Gesellschaft«.12 Als Schwiegersohn Gustav Mevissens – er war seit 1880 mit dessen jüngster Tochter Minna verheiratet  – teilte Ratjen auch die historischen Interessen seines Schwiegervaters und hatte bereits an der Gründung der »Gesellschaft« mitgewirkt.13 Von 1883 bis 1886 war er als Nachfolger des Gymnasialprofessors Karl Bone Schriftführer des ursprünglichen Vorstands und nach dessen Vereinigung mit dem Gelehrtenausschuss Stellvertreter Höhlbaums im Gesamtvorsitz gewesen. Als praktischer Jurist hat sich Ratjen vor allem um Abb. 21 Joseph Hansen, Porträtfoto, Satzungsfragen und die Vertretung der »Ge- [1917/18]. sellschaft« nach außen gekümmert  ; er hat die Verleihung der juristischen Persönlichkeit an die »Gesellschaft« 1889 vorbereitet und den rheinischen Regierungspräsidenten veranlassen können, den ihm unterstellten Landräten und Bürgermeistern die Unterstützung der »Gesellschaft« durch Übernahme eines nach Kölner Muster, das somit offenbar nicht nur der Struktur, sondern auch dem Gründungsvorgang der Hessischen Kommission zum Vorbild gedient hat. 11 Als Ehrenmitglied blieb Höhlbaum weiterhin zum kostenlosen Bezug der Publikationen und zur beratenden Teilnahme an Vorstandssitzungen berechtigt. Ein entsprechender Vorschlag Ritters wurde erst angenommen, als sich herausstellte, dass Höhlbaums Wiederwahl zum ordentlichen Vorstandsmitglied aus Satzungsgründen wegen seines Wegzugs nicht möglich war  ; Vorstandssitzung vom 29.12.1890, in  : HAStK, Akten GRhG 10,2. »Die Beschränkung des Gebietes in § 6 erweist sich jetzt als verhängnisvoll. Die Bestimmung sollte sich gegen ganz andere Leute richten als gegen Lamprecht und Höhlbaum«, hatte Loersch schon am 14.10.1890 (an Ratjen  ?) in dieser Sache angemerkt  ; HAStK, Akten GRhG 11,1. 12 JbGRhG 11 (1891), S. 5. Ein Jahr lang hatte Ratjen zuvor als stellvertretender Vorsitzender die Vorstandsgeschäfte geführt, da Höhlbaum Köln bereits im Oktober 1890 verlassen hatte  ; vgl. JbGRhG 11 (1891), S. 5. 13 Steimel, Kölner Köpfe, Sp. 332  ; Hansen, Gustav von Mevissen I, Berlin 1906, S. 822, Anm. 2  ; Alt-KölnerKalender 1922, S. 9. Ratjens eigene Lebenserinnerungen (Ratjen, Mein Leben) enthalten zwar eine eingehende Charakteristik seines Schwiegervaters, aber keine speziellen Angaben über die GRhG.

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Patronats amtlich zu empfehlen. Schon am 1. April 1893 allerdings wurde Ratjen nach Hannover versetzt und kehrte nach einer erfolgreichen Richterlaufbahn durch mehrere preußische Provinzen erst 1909 als Oberlandesgerichtspräsident nach Köln zurück. Im Vorstand der »Gesellschaft« hat er sich danach nicht mehr betätigt  ; als Oberlandesgerichtspräsident in Düsseldorf trat er 1916 in den Ruhestand. Auch ihm verlieh der Vorstand nach seinem Ausscheiden am 10. September 1894 die Ehrenmitgliedschaft. Für 35 Jahre fiel der Vorsitz der »Gesellschaft« danach wieder an den Leiter des Kölner Stadtarchivs zurück. Höhlbaums dortiger Nachfolger Joseph Hansen (1862–1943) war seit 1886 Mitglied der »Gesellschaft« und 1892 gleich als Stellvertreter des Vorsitzenden in den Vorstand gewählt worden. Am 16.  Juli 1893 übernahm er selbst den Vorsitz.14 Der Sohn eines Küsters und Privatlehrers aus Aachen hatte sich nach einem Geschichtsstudium in Bonn, Berlin und Münster 1884 vergeblich um die Stelle des Stadtarchivars in seiner Heimatstadt bemüht, wo man ihm jedoch auf Empfehlung des »Aachener Geschichtsvereins« unter Hugo Loersch den etwas älteren Gerichtsassessor Richard Pick vorgezogen hatte.15 Danach war Hansen als Mitarbeiter bei der »Historischen Kommission« in München16 und beim »Deutschen Historischen Institut« in Rom tätig gewesen, bevor er 1891 nach Köln kam. Die energische und organisatorisch hochbegabte Persönlichkeit Joseph Hansens hat die »Gesellschaft« in seiner langen Amtszeit bis 1928 wissenschaftlich, organisatorisch und personell entscheidend geprägt. Mit »großartigem Schwung«17 hat er die »Gesellschaft« ebenso wie das ihm unterstellte Stadtarchiv zum Werkzeug seines Einfallsreichtums und Tatendrangs gemacht und eine große Zahl grundlegender Quellenpublikationen vorwiegend zur neueren Geschichte der Rheinlande veranlasst, die er zum Teil auch selbst edierte. Dabei kamen ihm seine unermüdliche Arbeitskraft und nicht geringe diplomatische Fähigkeiten im Umgang mit Patronen, Behörden und Wissenschaftseinrichtungen zu Hilfe. 14 JbGRhG 13 (1893), S. 6. 15 Lepper, Stadtarchiv Aachen, 608 f. Hansens akademische Geschichtslehrer waren vor allem Moriz Ritter in Bonn und Theodor Linder in Münster gewesen  ; zum damals schon gefestigten Ruf Picks vgl. Lepper, Stadtarchiv Aachen, S. 614 ff. 16 1885 an den »Chroniken der deutschen Städte«  ; vgl. Schnabel / Baethgen / Heimpel u. a. (Hgg.), Historische Kommission, S. 216. Später hat Hansen dort maßgeblich an den 1916 durch Moriz Ritter begründeten »Deutschen Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts« mitgearbeitet, in deren Rahmen er als erste Veröffentlichung der Serie 1919 den Eingangsband seiner »Rheinische(n) Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850« – zugleich als Publikation der GRhG – herausgebracht hat. Vgl. Rassow / Andreas, Deutsche Geschichtsquellen, S. 181 u. 188. 1917 zum ordentlichen Mitglied der Kommission gewählt, regte er dort 1925 erstmals eine Neubearbeitung der Allgemeinen Deutschen Biographie an, die seit 1953 als »Neue Deutsche Biographie« erscheint. 17 Stehkämper, Das Historische Archiv der Stadt Köln, S. XV. Justus Hashagen nannte Hansen in seinem Nachruf »einen der produktivsten Historiker des letzten Menschenalters« (in  : HZ 171 [1951], S. 433)  ; vgl. auch Hansens Nachruf in  : JbKGV 24 (1950), S. 207 ff., sowie Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 63 f.

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Der engere Vorstand

Die herausragende Stellung, die die Satzung der »Gesellschaft« dem Vorsitzenden einräumt, hat er von Anfang an genutzt, um in der Editions- und Personalpolitik der »Gesellschaft« seine Vorstellungen durchzusetzen. Nicht selten geschah dies auch gegen die Wünsche anderer Vorstandsmitglieder, jedoch immer in den vom Bürgertum in seiner Zeit als angenehm empfundenen äußeren Formen. Anders als Höhlbaum empfand Hansen Organisationsarbeit nicht als Last, sondern genoss bei aller Bescheidenheit in seinem Auftreten das damit verbundene Ansehen und wohl auch die ihm in der »Gesellschaft« wie im Archiv zufallende Verwaltungsmacht  ; Rufe auf einen Lehrstuhl in Kiel und Breslau hat der auch wissenschaftlich hochqualifizierte Gelehrte deshalb zweimal abgelehnt.18 Trotzdem blieben auch äußere Ehrungen wie der Professoren- und der Geheimratstitel im Laufe der Zeit nicht aus. Neben seiner organisatorischen ist auch die wissenschaftliche Leistung Hansens eindrucksvoll  ; seine große Mevissen-Biographie von 1906, Forschungen zur Geschichte der Hexenprozesse, die von ihm herausgegebene »Rheinische Geschichte« von 1922 sowie gleich drei große Aktenpublikationen im Rahmen der »Gesellschaft«19 zeugen davon. Als Vorstandsmitglied des Hansischen Geschichtsvereins (1908–1934), Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission des »Historischen Vereins für den Niederrhein« (seit 1900), der Münchner Historischen Kommission (seit 1917), als Korrespondierendes Mitglied der Bayerischen (1919) und der Preußischen Akademie der Wissenschaften (1925), der »Wissenschaftlichen Gesellschaft« zu Göttingen und der »Deutschen Akademie« seit ihrer Gründung 1924 pflegte Hansen auch zahlreiche Verbindungen zwischen der »Gesellschaft«, den großen im Rheinland tätigen regionalen Geschichtsvereinen und überregionalen Organisationen der Geschichtswissenschaft. Darunter fiel seine Funktion als Schatzmeister und de facto auch als Geschäftsführer des »Deutschen Historikerverbandes«, die er von 1895 bis 1924 durchgängig ausübte, was dem Verband angesichts fortwährender Wechsel im Vorstand eine gewisse Kontinuität verlieh.20 Mit Hilfe einer Reihe von Gustav Mevissen und anderen wohlhabenden Kölnern finanziell geförderter Stipendiaten, aus denen er mit Vorliebe auch Mitarbeiter für die Publikationen der »Gesellschaft« gewann, hat Hansen auf den von Höhlbaum gelegten Fundamenten auch das Kölner Stadtarchiv zu einer historischen Forschungsstätte von Rang und einem Ausbil-

18 Anlass für seine Ablehnung des Rufes nach Kiel sei vor allem die »Gesellschaft« und »das harmonische Band, das uns alle im Vorstand miteinander verknüpft« gewesen, schrieb Hansen am 11.12.1914 an Schulte. Braubach, Aloys Schulte, S. 20 u. Anm. 55. 19 Nacheinander  : Rheinische Akten zur Geschichte des Jesuitenordens  : 1542–1582 (PubGRhG XIV), 1896  ; Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850 (PubGRhG XXXVI), 1919–2013, von denen Hansen selbst 1919 und 1942 die Bände 1 und 2,1 herausgab  ; »Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution 1780–1801« (PubGRhG XLII, 1–4), 1932–1938. 20 Vgl. Berg, Professionalisierung, u. a. S. 95–96.

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Abb. 22 Lesesaal im alten Stadtarchiv Köln am Gereonskloster, Foto: Anton Bardenhewer, Original im Kölnischen Stadtmuseum, 1897/1898.

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dungszentrum künftiger Archivare ausgebaut, so dass in Fachkreisen schon von einer »Kölner Archivschule« die Rede war.21 Der Erste Weltkrieg, den Hansen von einem entschieden nationalen Standpunkt aus beurteilte22, die nachfolgende Besatzungszeit und die Inflation, die das umfangreiche Vermögen der »Gesellschaft« und zahlreicher ihrer bisherigen Patrone vernichtete, stellten an seine Führungskunst hohe Ansprüche, denen er bis zu seiner gleichzeitig mit der Pensionierung im Stadtarchiv erfolgten Amtsniederlegung mit ungebrochener Energie nachgekommen ist. Schon 1924 hatte Hansen einmal versucht, sein Vorsitzendenamt in andere Hände zu legen, war damit aber im Vorstand auf allgemeinen Widerspruch gestoßen.23 Nach seiner altersbedingten dienstlichen Versetzung in den Ruhestand war er Ende 1927 trotz allen Drängens insbesondere des stellvertretenden Schatzmeisters Alfred Schmidt, von Aloys Schulte, Louis Hagen, Paul Clemen und seines früheren Kölner Chefs Max Wallraf aber nicht mehr zu bewegen, den Vorsitz auch nur bis zur nächsten Jahresversammlung 1928 weiterzuführen.24 Unter seiner Leitung sei die »Gesellschaft« »die erfolgreichste Provinzialorganisation für die Geschichtsforschung geworden, die je vorhanden war«, so hatten ihm sein Bonner Freund Aloys Schulte und dessen Kollegen schon 1916 auf den Breslauer Ruf hin geschrieben25  ; nun zeigte ihm ein vom Schatzmeister Schmidt verfasstes lateinisches Abschiedsgedicht, welche Wertschätzung ihm auch die Patrone entgegenbrachten.26 Hansen blieb zwar noch bis zur Vorstandsreform 21 Stehkämper, Das Historische Archiv der Stadt Köln, S. XV. Die Namen der meisten Mevissen-Stipendiaten im Stadtarchiv finden sich im Mitarbeiterverzeichnis der Mevissen zum achtzigsten Geburtstag gewidmeten Festschrift »Beiträge zur Geschichte vornehmlich Kölns und der Rheinlande«, Köln 1895  ; im Übrigen ist der Umfang der hier von Mevissen zusätzlich zu seiner Förderung der »Gesellschaft« geleisteten Unterstützung der kölnisch-rheinischen Geschichtsforschung bei Hansen, Gustav von Mevissen I, S. 840, nur mit wenigen Worten angedeutet. 22 Vgl. dazu außer den unten angeführten Belegen auch Hansens Briefwechsel mit Diedrich Baedeker in Essen aus dem Kriegsjahr 1916 (HAStK, Nachlass, Abt. 1045, Kasten 1, Mappe »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«). Der nationalliberale Verleger versuchte seit Jahren, Hansen dauerhaft für seinen Verlag zu gewinnen, »da ich ihre Arbeiten und mit denen Ihre politische Anschauungsweise schätze«. Baedeker an Hansen vom 12.2.1916 (ebd.). 23 103. Vorstandssitzung vom 3.12.1924, in  : HAStK, Akten GRhG 10,9. Schon am 7.3.1916 hatten die Bonner Vorstandsmitglieder Clemen, Meissner, Bezold, Schulte, Ritter und Stutz Hansen »im Interesse der Gesellschaft, die durch Ihre Arbeit und Fürsorge die erfolgreichste Provinzialorganisation für die Geschichtsforschung geworden ist«, gebeten, den an ihn ergangenen Ruf auf einen Lehrstuhl abzulehnen und »dem großen Wirken Ihrer kräftigsten Mannesjahre treu zu bleiben«  ; Abschr. in ALVR, KultPv 3697. 24 Vorstandssitzung 29.12.1927, HAStK, Akten GRhG 10,9. Oberbürgermeister Wallraf an Hansen vom 23.12. 1927, HAStK, Akten GRhG 12,1. Ebenso noch am 6.3.1928 der Duisburger Oberbürgermeister Jarres (ebd.). 25 Entwürfe des von Bezold, Clemen, Meissner, Ritter, Schulte und Stutz unterzeichneten Schreibens vom März 1916 im Nachlass Schulte  ; zitiert nach Braubach, Aloys Schulte, S. 20. 26 »Ad amicum«, 20.3.1928, HAStK, Akten GRhG 12,1. Als Beispiel seien hier nur drei der fünf auf der Abschiedsfeier vorgetragenen Strophen wiedergegeben  :

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Die Organe der »Gesellschaft«

1935 einfaches Vorstandsmitglied, ist aber wohl vor allem auf Wunsch seines nicht weniger aktiven Nachfolgers, der davon eine Beeinträchtigung seiner Autorität befürchtete, in der Leitung der »Gesellschaft« nicht mehr hervorgetreten.27 An seiner großen Akten­ publikation über die 1848er Bewegung im Rheinland hat er jedoch ununterbrochen weitergearbeitet, bis einer der alliierten Bombenangriffe auf Köln seinem Leben und dem seiner Frau am 29. Juni 1943 ein tragisches Ende setzte.28 Audientes audiant Sonum tristem lyrae Quia ex praesidio Hansenius vult abire. Audientes audiant Lyrae meae sonum Quia quod dicturus sum Pulchrum est et bonum. Postquam diu studuit Malleo maleficarum Funditus expertus est Carmina strigarum. Inde arte magica Vicit cunctatores Ut Patroni fierent Necnon conditores. Multos annos gubernans Hanc societatem Vertit in luxuriem Nostram paupertatum. Multa scripta veterum Edere curavit Atque pro historia Semper propugnavit. 27 Kallen selbst bemerkte Jahrzehnte später, Hansen sei der Meinung gewesen, dass pensionierte Vorstandsmitglieder nur noch eine beratende Stimme haben sollten (Vorstandssitzung 12.11.1962, S. 2, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,2). Dagegen notierte der Provinzialreferent Busley über seine Unterredung mit Kallen am 3.1.1929, also kurz nach dessen Amtsübernahme, dass Hansen wohl recht gern in verschiedene Kommissionen hineingewählt werden wolle, es jedoch Kallen sei, der »unter keinen Umständen Hansen in einer der Kommissionen sehen will, indem dadurch seine Stellung als Vorsitzender jederzeit geschwächt wird« (Niederschrift in ALVR, KultPv 3698). Kallen wollte Hansen deshalb in persönlicher Aussprache nahelegen, auf derartige Wünsche zu verzichten  ; Busley hat offenbar ohne großen Erfolg versucht, den neuen Vorsitzenden von seinem »sehr eigenwilligen Standpunkt«, der für das Gedeihen der »Gesellschaft« womöglich »recht bedenklich« werden könne, abzubringen. 28 Vgl. die umfassende Würdigung und historiographische Einordnung Hansens von Kleinertz, Joseph Hansen (Einleitung zur Neuherausgabe der Hansenschen Jubiläumschrift von 1918 anlässlich der preußischen Inbesitznahme des Rheinlandes 1815).

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Abb. 23 Aloys Schulte, Porträtfoto, Foto: Stüling, 1929.

Abb. 24 Gerhard Kallen, Porträtfoto, Foto: Otto Liesendahl, nach 1927.

Gern hätte der Vorstand seinen letzten Stellvertreter Aloys Schulte (1857–1941)29 auch als seinen Nachfolger gesehen, doch war der damals 71-jährige, bereits emeritierte Bonner Historiker dazu höchstens für eine kurze Übergangszeit bereit.30 Selbst ein Angebot Schmidts, ihn dabei gemeinsam mit dem Kölner Archivar Erich Kuphal

29 Der gebürtige Westfale wurde 1883 Archivar in Donaueschingen, 1885 Archivar am Badischen Generallandesarchiv in Karlsruhe  ; 1892 übernahm er einen Lehrstuhl in Freiburg i. Br., 1896 in Breslau und kam 1903 auf Betreiben seiner Freunde Clemens Baeumker und Eberhard Gothein mit Unterstützung des Ministerialdirektors Althoff nach Bonn, wo er bis zu seiner Emeritierung 1925 (Ende der Lehrtätigkeit 1928) verblieb. Schulte wurde 1894 Mitglied, 1904 Vorstandsmitglied und stellvertretender Schriftführer, 1907–1919 2. Schriftführer und von 1922 bis 1930 stellvertretender Vorsitzender der GRhG, wo ihn besonders mit Joseph Hansen ein freundschaftliches Verhältnis verband. 30 Als stellvertretender Vorsitzender hat er die Geschäfte lediglich in den ersten Monaten des Jahres 1928 geleitet und den Vorsitz in der Vorstandssitzung sowie der Jahresversammlung vom 20.3.1928 geführt (HAStK, Akten GRhG 10,9).

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(1895–1965)31 von allen Routinegeschäften zu entlasten, konnte Schulte nicht für die Dauer umstimmen. Schmidt selbst wollte allenfalls als »geschäftsführendes Präsidialmitglied«, aber nicht als Vorsitzender die Leitung übernehmen, da er der Ansicht war, dass »an die Spitze der Gesellschaft ein Vertreter der reinen Wissenschaft gehöre«.32 Offenbar war aber auch von den übrigen Vorstandsmitgliedern niemand bereit, Hansens schwierige Nachfolge anzutreten, so dass die Wahl auf einen ganz neuen Mann von außen fiel. Gerhard Kallen (1884–1973)33, der anscheinend auf Empfehlung von Schulte und Schmidt am 20. März 1928 in den Vorstand und sogleich auch zum Vorsitzenden gewählt wurde, stand seinem Vorgänger an wissenschaftlichem Ansehen, aber auch an Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft nicht nach. Der Sohn eines Neusser Hofbesitzers hatte nach seiner Promotion bei Schulte in Bonn (1907) in dessen und Stutz’ Auftrag für die »Gesellschaft« eine Ausgabe der Statuten des Kölner Domkapitels bearbeitet, war 1912 ihr Mitglied geworden und hatte als Kriegsfreiwilliger am Weltkrieg teilgenommen. Danach hatte er in Neuss eine aussichtsreiche Schullaufbahn eingeschlagen, doch zog es ihn, sicher nicht zuletzt auf Zureden seines akademischen Lehrers, in die Wissenschaft zurück. Ein juristisches Zweitstudium schloss er 1924 ebenfalls in Bonn mit der Promotion zum Dr. iur. ab, habilitierte sich im gleichen Jahr für mittlere und neuere Geschichte und lehrte zwei Jahre lang zuletzt als ordentlicher Professor in Münster, bevor er als Kandidat des Oberbürgermeisters Adenauer 1927 einen durch den Fortgang Justus Hashagens freigewordenen Geschichtslehrstuhl an der von der Stadt getragenen Universität zu Köln erhielt. Dort hat Kallen das von seinen Vorgängern Martin Spahn (1875–1945) und Hashagen offenbar ziemlich vernachlässigte Seminar und insbesondere dessen Bibliothek zu einem zweiten Zentrum rheinischer Landesgeschichte neben dem 1920 begründeten Institut für geschichtliche Landeskunde in Bonn ausgebaut.34 Zeitweise spielte er sogar mit dem Gedanken, in Verbindung mit dem reich ausgestatteten Historischen Archiv der Stadt am Seminar eine städtische »Kölner Archivschule« einzurichten, die die Rolle des 31 Kuphal hatte nach längerem Interregnum von 1932 bis 1960 Hansens Nachfolge in der Leitung des Kölner Stadtarchivs inne. In der »Gesellschaft« fungierte er über eine lange Zeit hinweg als Mitarbeiter, Schriftführer (1929 bis 1959) und stellvertretender Vorsitzender (1935–1948) (vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 349). 32 Alfred Schmidt an Hansen, 23.12.1927, in  : HAStK, Akten GRhG 12,1. Zur Diskussion über Hansens Rücktrittswunsch vgl. die Vorstandssitzung vom 29.12.1927 (ebd.). 33 Zur Biographie Kallens zuletzt Pabst, »Gerhard Kallen«. Eine kritische Bewertung Kallens im Kontext der nationalsozialistischen Volkstumshistoriographie bei Dems., »Blut und Boden« auf rheinische Art. 34 Die Einrichtung einer besonderen »Landesgeschichtlichen Abteilung« am Kölner Historischen Seminar unter Kallens Leitung wurde 1939 dank einer Stiftung des Landeshauptmanns möglich  ; vgl. dazu den Tätigkeitsbericht für die Provinzialverwaltung vom 1.3.1941, ALVR, KultPv 11017. Schon die sehr erheblichen Mittel, die Kallen bei seiner Berufung zum Ausbau der Seminarbibliothek erhalten hatte, waren zu einem großen Teil zur Anschaffung landesgeschichtlicher Literatur verwandt worden  ; vgl. den Briefwechsel KallenEckert vom März 1927 im UAK, Zugang 17/III, Nr. 1816 (Personalakte Kallen).

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kurz zuvor in Marburg eingegangenen Ausbildungsinstituts für die wissenschaftlichen Archivare Preußens übernehmen sollte.35 Erstmals trat mit Kallen 1928 ein Universitätslehrer an die Spitze der »Gesellschaft«, ohne dass deren Schwerpunkt von Köln weg verlagert wurde. Eine solche Lösung war in der Tat erst durch die Gründung der Kölner Universität 1919 möglich geworden. Wenn Kallen außerdem ein Vertrauensmann Adenauers war, den er u. a. in Personalfragen wie der Neubesetzung des Kölner Stadtarchivs beriet36, so konnte auch das der »Gesellschaft« und ihren Beziehungen zur Stadt Köln nur zugutekommen. Anders als sein Vorgänger Hansen, der wenigstens in der ersten Hälfte seiner Amtszeit noch auf den soliden Wohlstand des Kaiserreichs hatte bauen können, hat sein Nachfolger die »Gesellschaft« jedoch fast ausschließlich durch wirtschaftlich überaus schwierige Zeiten steuern müssen. Dabei kam ihm sein energischer Führungsstil37 nicht weniger als sein ausgeprägtes Autoritäts- bzw. Selbstbewusstsein zugute, das ihn beispielsweise veranlasste, seinen Vorgänger bald aus allen wichtigen Kommissionen und 1935 auch aus dem Vorstand selbst zu entfernen.38 Die Weltwirtschaftskrise am Ende der Weimarer Republik, die Zeit des Nationalsozialismus, des Zweiten Weltkriegs und die Teilung des Rheinlands in der darauffolgenden Besatzungszeit waren nicht dazu angetan, eine stetige und nur von wissenschaftlichen Überlegungen bestimmte Publikationstätigkeit zu fördern. Der durch die Wirtschaftskrise verursachte Verlust an privaten und städtischen Patronen, auf deren Beiträge sich Hansen noch vorzugsweise hatte verlassen können, veranlasste Kallen, mehr und mehr auf die Hilfe der rheinischen Provinzialverwaltung zu bauen, die so bald zu seiner Hauptstütze wurde. Mit dieser Hilfe, die in der Tat auch in Notzeiten stets bereitwillig gewährt worden ist, wuchs allerdings auch die Abhängigkeit der »Gesellschaft« von der Provinz und der persönliche Einfluss ihrer Kulturreferenten, zumal diese Stelle seit 1927 nicht mehr von Verwaltungsjuristen, sondern von historisch oder kunsthistorisch ausgebildeten Fachbeamten wahrgenommen wurde. 35 Die Nutzbarmachung des Stadtarchivs und seiner Bibliothek für die Zwecke der (damals ebenfalls noch städtischen) Universität könne das Historische Seminar bei seinen Anschaffungen nicht nur bedeutend entlasten, sondern »es könnte nebenher noch mit Leichtigkeit und ohne Kosten eine mittelalterliche Archivschule geschaffen werden, für die in ganz Preußen keine ähnliche Möglichkeit vorliegt, nachdem Marburg unterdrückt ist«, schrieb Kallen am 26.3.1927 an Oberbürgermeister Adenauer. UAK, Zugang 17/III, Nr.  1816 (Personalakte Kallen). Die zentrale preußische Archivschule entstand jedoch zwei Jahre später in Berlin. 36 HAStK 902/155/7 zur Klärung der Nachfolge Hansens  ; zur Beratung Adenauers durch Kallen in wissenschaftlichen und Universitätsfragen, vor allem gegen die Besetzung von Lehrstühlen allein nach dem Gesichtspunkt der Konfession, vgl. Düwell, Universität, S. 178 u. 180. 37 Kallen habe »eine ganz neue Bewegung und Initiative entfaltet, die bei jedem Punkt der Tagesordnung in Erscheinung trat«  ; er sei »sehr gewandt« und habe »alle überzeugt, daß er tatsächlich ein geschickter und der Sache gewachsener Leiter ist«. Aufzeichnungen Busleys über die Vorstandssitzung vom 16.1. und vom 18.3.1929, ALVR, KultPv 3698. 38 Vgl. oben S. 106.

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Besonders seit der »Gleichschaltung« der Kulturpolitik seit 1933 hat sich dies auch im wissenschaftlichen Programm und in der Personalpolitik der »Gesellschaft« deutlich bemerkbar gemacht. Kallen selbst ist diesen Bestrebungen nie entgegengetreten, sondern hat sie vielmehr selbst gefördert, soweit sie seinen eigenen Anschauungen entsprachen. Schon seine akademische Prägung verbot es Kallen natürlich, sich dem Nationalsozialismus in seiner Erscheinungsform als radikaler Massenbewegung anzuschließen. Die plumpe Machtideologie und der platte Rassismus der Völkischen lagen dem ebenso sensiblen wie distinguierten Historiker fern, und so manche ihrer Geschichtsklitterungen hat er mit beißendem Spott kommentiert.39 Sein konservativer, stark national gefärbter deutscher Katholizismus und sein eigener Sinn für Autorität ließen ihn jedoch verwandte Züge des »Dritten Reiches« mit klar erkennbarer Sympathie betrachten, zumal er sich mit dem als »undeutsch« empfundenen Parlamentarismus der Weimarer Republik wie so viele professorale Standesgenossen auch nie hatte abfinden können.40 Das große »Reich der Deutschen«, das der Nationalsozialismus wiederaufstehen zu lassen versprach, war für den ähnlich denkenden Historiker Kallen eben kein leerer Propagandabegriff, sondern eine konkrete und mit den Mitteln des neuen Staates nun endlich realisierbar scheinende Vision.41 Vor allem gefiel dem seiner Herkunft stets mit Stolz bewussten Bauernsohn aber die Aufwertung des Bauernstandes im »Dritten Reich«, deren propagandistische Funktion im Rahmen der wirtschaftlichen Autarkiepolitik er wohl nicht erkannte, und die damit verbundene Förderung der Familienforschung, deren rassistisch-biologistische Begründung er in jener Zeit ausdrücklich übernahm. Wenn Gerhard Kallen in einem Danktelegramm an den »Führer und Reichskanzler« nach der militärischen Besetzung des Rheinlands im März 1936 die »geistige Wacht am Rhein« als wichtigste Aufgabe der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« bezeichnet hat42, so muss dabei sicherlich der Anlass und das zeitübliche Schwelgen in solchen Tönen berücksichtigt werden. Trotzdem war diese Formulierung keine bloße Phrase, denn sie entsprach Kallens innerster Überzeugung und konnte sich zudem auf konkrete Arbeiten seiner Vorgänger Hansen und Schulte stützen, die sich überaus stark von antifranzösischen Ressentiments hatten leiten lassen.43 39 Als der deutschnationale wissenschaftliche Leiter des Frankfurter »Instituts der Elsaß-Lothringer im Reich« und frühere Düsseldorfer Stadtarchivar Paul Wentzcke den Teilungsvertrag von Verdun (843) zum Anlass einer 1100-Jahr-Feier der »christlich-deutschen Reichsgründung Ludwigs des Deutschen« nehmen wollte, kommentierte Kallen  : »Der alte Lothar wackelt an den Fundamenten von Prüm, wenn er das hört.« Kallen an LVR Kornfeld, 26.10.1942, ALVR, KultPv 11017. Lothar I., dessen Gebeine in der Abtei Prüm ruhen, und nicht Ludwig war damals noch Träger der Kaiserkrone gewesen. 40 Lewald, Gerhard Kallen, S. XIV. 41 Vgl. zu Kallens Reichsvorstellungen, die durch seine »antifranzösische Grundhaltung« geprägt waren, Müller, »Von welschem Zwang«, S. 162–163 u. 168–171 (Zit. S. 170). 42 Nachweis und Worlaut unten, S. 176–177, Anm. 283. 43 Die von der »Gesellschaft« auf Initiative Hansens mit Aubin und Frings herausgegebene »Geschichte des

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Auch die Regierungen der Weimarer Republik hatten ja schon versucht, die »Gesellschaft« wie auch andere rheinische Geschichtsvereine als Bollwerk gegen die damals immer wieder so genannte »geistige Überfremdung« des Rheinlands durch seine westlichen Besatzungsmächte zu nutzen.44 Seit 1933 und vor allem nach Kriegsbeginn 1939 erhielten solche Vorstellungen jedoch eine ganz andere Qualität, da sie zwangsläufig zu einer Unterstützung des gesamten nationalsozialistischen Systems und seiner expansiven Politik führen mussten, auch wenn ihre Vertreter diese Konsequenz im Einzelnen nicht sahen oder sehen wollten. Ursula Lewald schrieb wohl in diesem Sinne 1979 in ihrem Nachruf auf Gerhard Kallen, es sei die »Tragik« dieses »ausgesprochen konservativen« Mannes gewesen, dass seine Arbeit »teilweise im Schatten der politischen Zeitsituation stand, denn das Prinzip, das er vertrat, war gut«.45 Nur mit einigem Wohlwollen wird man auch darüber spekulieren dürfen, ob ihn, wie Erich Meuthen in seinem Nachruf spekulierte, wirklich seine »rheinische Liberalität« und der von ihm gepflegte »daseinsfreudige Habitus«46 daran hinderten, die Brutalität und Inhumanität des NS-Regimes sofort und in ihrer ganzen Konsequenz zu erkennen. Schließlich wird man Gerhard Kallen mitnichten als bloßes Opfer der politischen Zeitläufte darstellen können. Denn sein Einschwenken auf die neue wissenschaftspolitische Linie, wie sie etwa von Walter Frank (1905–1945) und seinem »Reichsinstitut für die Geschichte des neuen Deutschlands« vertreten wurde, geschah weitaus rascher als bei den meisten anderen Historischen Kommissionen und war, auch was das Ausmaß angeht, durchaus freiwillig. Hier wie bei den 1936 einsetzenden Versuchen zur »geistigen Durchdringung des Westraums«, die die frühere Verteidigung des Rheinlandes gegen fremde Einflüsse in das Gegenteil umkehrten, haben nicht nur Kallens nie geleugnete persönliche Überzeugungen, sondern auch eine gegenseitige Wertschätzung zwischen ihm und dem damaligen Vertreter der Provinzialverwaltung, Dr. Apffelstaedt, mitgespielt. Gerhard Kallen hat aus seinem politischen Konservatismus, seinem Bauerntum und seinem großdeutsch-nationalen Geschichtsverständnis niemals ein Geheimnis gemacht. Seine »Tragik«, um das Diktum Lewald erneut aufzugreifen, lag in einer durch OpportunisRheinlandes«, ebenso Hansens Quellensammlung zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution, sollten der Abwehr französischer Thesen von einer politischen Neigung der Rheinländer zu Frankreich dienen, deren sich die französische Annexionspropaganda nach dem Ersten Weltkrieg u. a. bediente. Im Zuge dessen beförderte Hansen durch die zeitliche Beschränkung seiner Edition bis 1801 und die Auswahl der Quellen den Eindruck, den französischen Besatzern sei es um die Absicherung ihrer Herrschaft, nicht um konstruktive Beiträge zur Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerung gegangen. Gleichen Zwecken dienten auch Schultes Kampfschrift »Frankreich und das linke Rheinufer« (1918) und das zur rheinischen Jahrtausendfeier 1925 erschienene große Werk »Tausend Jahre deutscher Geschichte und deutscher Kultur am Rhein«. Eine verdichtete Gesamtschau der antagonistischen Historiographien in der Zwischenkriegszeit bei Pabst, »Historikerschlacht«. 44 Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung, S. 173  ; Wein, Deutschlands Strom. 45 Lewald, Gerhard Kallen, S. XVI. 46 Meuthen, Gerhard Kallen †, S. 523.

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mus geleiteten Täuschung, die ihn glauben ließ, seine wissenschaftlichen und persönlichen Überzeugungen im Rahmen des nationalsozialistischen Staates und seiner Wissenschaftspolitik am ehesten verwirklichen zu können, solange ihm Zugeständnisse auf dem Gebiet wissenschaftlicher Methodenstrenge, an deren hohen Anforderungen er stets festgehalten hat, dabei nicht abverlangt würden. Deshalb glaubte er wohl, über viele andere Züge des Regimes, die nicht seine Billigung fanden, ohne Protest hinwegsehen zu können, ja, sich, wie die personelle »Erneuerung« der »Gesellschaft« durch Entfernung von Juden und Regimegegnern 1935 zeigt, an ihrer praktischen Ausführung sogar beteiligen zu müssen. Die im gleichen Jahr auf Drängen der Provinzialverwaltung und gegen den Widerstand traditionsreicher Ortsvereine gegründete »Arbeitsgemeinschaft der Rheinischen Geschichtsvereine« unter Führung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« hat Kallen gerade wegen ihres offensichtlichen Gleichschaltungszwecks nach Kräften gefördert, zumal ihre Jahrbücher ihm am ehesten geeignet schienen, der Öffentlichkeit ein großdeutsch-nationales Bild der rheinischen Geschichte nahezubringen. Aus dem gleichen Grund hat Kallen die in den Kriegsjahren begonnene politische Neuordnung Westeuropas, die auf einen gewaltsamen Anschluss Luxemburgs, Flanderns und der Niederlande an das Reich hinauslief, begrüßt und durch eigene Veröffentlichungen sowie von ihm angeregte Forschungsarbeiten gefördert.47 Personell wie thematisch hat er sich dabei weniger auf das an und für sich für die Geschichtsvereine zuständige »Reichsinstitut für Ältere Deutsche Geschichtskunde« als auf Walter Franks schon genanntes »Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands« gestützt. Am 24.  Oktober 1946 wurde Gerhard Kallen, nachdem er sein Lehramt bereits ein Jahr zuvor wiederaufgenommen und auch schon die ersten Schritte zum Wiederaufbau der »Gesellschaft« unternommen hatte, im Zuge der Entnazifizierung auf Befehl der britischen Militärregierung mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst der Universität Köln entlassen.48 Damit war auch seine Stellung als Vorsitzender der »Gesellschaft« fragwürdig geworden. Nur zwei Wochen später schlug der Düsseldorfer Staatsarchivdirektor Bernhard Vollmer dem inzwischen im Kultusministerium wieder für die »Gesellschaft« zuständigen ehemaligen Provinzialvertreter im Vorstand, Ministerialrat Josef Busley (1888–1969), »in Anbetracht der Ablehnung des bisherigen Vorsitzenden … durch die Brit. Mil. Reg.« vor, 47 Keune, Verzeichnis (enthält auch die Dissertationen seiner Schüler). Besonders während des Krieges hat Kallen »in Verbindung mit dem Reichskommissar der Niederlande« jüngere Studenten bevorzugt an Themen der niederländischen Geschichte und des burgundischen Reichskreises herangeführt, wie er in seinem Tätigkeitsbericht vom 1.3.1941 eingehender darstellt  ; ALVR, KultPv 11017. Durch Verfügung des Reichswissenschaftsministers vom 23.9.1943 wurde Kallen als Gastprofessor nach Utrecht abgeordnet  ; UAK Zugang 44, Nr.  598. Zu Kallens Rolle in der »Arbeitsgemeinschaft« vgl. Pabst, »Arbeitsgemeinschaft der Rheinischen Geschichtsvereine«. Zu Kallen im »Dritten Reich« Haupts, Universität zu Köln, bes. S. 249–251 mit der umfangreichen Fußnote 590 (dort u. a. Hinweise zur »Rheinischen Geschichte« Kallens). 48 Verfügung der britischen Militärregierung vom 24.10. und Aktennotiz des Rektors Prof. Kroll vom 25.10.1946, UAK Zugang 17/III, 1816.

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den der Sozialdemokratie nahestehenden, allerdings auch nicht ganz unbelasteten Kölner Wirtschaftshistoriker Bruno Kuske zum Nachfolger im Vorsitz wählen zu lassen, da dieser »durch seine Stellung im Universitätsleben, aufgrund seiner Veröffentlichungen und als allgemein geschätzte Persönlichkeit für die Führung der Geschäfte besonders geeignet sei«.49 An der ersten Vorstandssitzung nach dem Krieg am 11.  April 1947 im Historischen Archiv der Stadt Köln  – ihr Protokoll trägt die laufende Nummer 131 – nahm Gerhard Kallen zwar teil, überließ die Geschäfte des Vorsitzenden wohl wegen seiner ungeklärten Stellung jedoch seinem Stellvertreter Erich Kuphal50, der auch die Sitzung vorbereitet und dazu Kuske in den Vorstand kooptiert hatte.51 Als der alte Vorsitzende jedoch im August 1947 von der Kölner Spruchkammer unter die Entlasteten eingestuft und am 5. Dezember vom Kultusmi- Abb. 25 Gerhard Kallen während der Verleihung des Gr. Bundes­ nisterium wieder mit der Wahrnehmung seines verdienstkreuzes in Anwesenheit des früheren Lehrstuhls beauftragt wurde52, war nordrhein-westfälischen Finanz­ministers auch allen Überlegungen über seine Ablösung Adolf Flecken sowie des Neusser an der Spitze der »Gesellschaft« die Grund- Oberbürgermeisters Alfons Frings, Zeughaus in Neuss, Foto: Philipp Groß, lage entzogen. Bis zu seinem altersbedingten 6.5.1954. Rücktritt am 17.  Dezember 1958, sechs Jahre nach der Emeritierung und vier Jahre nach dem Ende seiner Lehrtätigkeit, sollte er die »Gesellschaft« durch die Schwierigkeiten des Wiederaufbaus nach der Währungsreform führen und neben der Neuaufnahme im Krieg unterbrochener oder vernichteter Publi49 Staatsarchivdirektor Vollmer an Landesoberverwaltungsrat Busley, Kultusministerium (handschriftlicher Entwurf vom 8.11.1946 aufgrund einer Unterredung vom 5.11., LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1, vol. I). Anscheinend suchte Vollmer einen Vorsitzenden, der weder politisch noch durch Teilnahme an irgendwelchen früheren Vorstandsbeschlüssen belastet war. 50 Protokoll der Vorstandssitzung vom 11.4.1947, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. 51 Rundschreiben Kuphals an die Vorstandsmitglieder »zwecks Rücksprache über die Neubelebung unserer Gesellschaft« vom 20.1.1947, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. Gleichzeitig teilte Kuphal mit, er habe Kuske von sich aus kooptiert, um ihn, sofern kein Widerspruch erfolge, bereits zur nächsten Vorstandssitzung einladen zu können. 52 UAK, Zugang 17/III, Nr. 1816 (Personalakte Kallen). Durch Kabinettsbeschluss der Landesregierung vom 21.6.1948 wurde Kallen erneut zum o. ö. Professor auf Lebenszeit ernannt.

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kationen weitere Arbeitsfelder wie die »Rheinischen Lebensbilder« oder eine Quellensammlung zur modernen Sozialgeschichte der rheinischen Industrie erschließen. Kallens Nachfolger auf dem Kölner Lehrstuhl, Theodor Schieffer (1910–1992), folgte ihm von 1958 bis 1968 auch im Vorsitz der »Gesellschaft«. Neue Patrone, öffentliche Gelder sowie erhöhte Beiträge trugen in dieser Zeit dazu bei, dem früheren Umfang der Publi­ kationstätigkeit trotz aller Hemmnisse wieder näherzukommen. Allerdings erschienen acht Jahre lang keine Vorstandsjahresberichte im Druck.53 Mit Paul Egon Hübinger (1911– 1987) stand 1968–1973 erstmals seit vielen Jahrzehnten wieder ein Bonner Professor an der Spitze der »Gesellschaft«  ; 1973–1978 und noch einmal 1994–1998 folgte ihm der Düsseldorfer Staatsarchivdirektor und spätere Leiter des Bonner Instituts für geschichtliche Landeskunde Wilhelm Janssen (1933–2021). Von 1978 bis 1994 lag die Leitung wieder in der Hand eines Kölner Hochschullehrers, des Mediävisten Odilo Engels (1928–2012)  ; von 1998 bis 2003 übernahm mit Kurt Düwell (geb. 1936) erstmals ein Düsseldorfer Landeshistoriker die Leitung der »Gesellschaft«. Vorsitzender von 2003 bis 2015 war der Nachfolger Janssens in der Leitung des Bonner Instituts, Manfred Groten (geb. 1949). Seit 2015 steht der Präsident des Landesarchivs NRW, Frank M. Bischoff, der der satzungsgemäße Vertreter des zuständigen NRW-Landesministeriums war, der »Gesellschaft« vor. Schon durch ihre langen Amtszeiten, die zusammen mehr als zwei Drittel der Gesellschaftsgeschichte bis 1921 umfassen, aber auch durch eigene wissenschaftliche Initiativen und einen recht selbstbewussten Führungsstil haben Joseph Hansen und Gerhard Kallen neben den Gründern Mevissen, Lamprecht und Höhlbaum die deutlichsten Spuren im Bild der »Gesellschaft« während des ersten Jahrhunderts ihres Bestehens hinterlassen. Eine davon ist das bis heute fortbestehende Übergewicht Kölns gegenüber Bonn und anderen rheinischen Städten, für das es aber auch noch eine Reihe anderer Ursachen gibt. Als Wohnsitz Mevissens und als rheinisches Wirtschaftszentrum steuerte Köln die meisten Patrone bei und wurde deshalb, ihrer maßgeblichen Rolle in einer »Stifterkommission« entsprechend, auch formeller Gesellschaftssitz. Auch dies hätte aber wenig bedeutet ohne das Kölner Stadtarchiv, das nicht nur eine der reichsten und – seit Höhlbaum – am besten zugänglichen Schatzkammern der rheinischen Vergangenheit war, sondern auch den organisatorischen Mittelpunkt der neuen »Gesellschaft« bilden konnte. Höhlbaum und Hansen haben ihren Vorsitz nicht nur deshalb tatkräftig ausüben können, weil sie buchstäblich an den Quellen rheinischer Geschichte saßen und es bis 1919 keine Kölner Universität und folglich auch keine Kölner Geschichtsprofessoren gab. Mindestens ebenso wichtig war, dass der Kölner Stadtarchivar, wie sonst nur die großen Staatsarchive, schon damals über »ihm so oder so untergebene Geister« verfügte, über Volontäre und Amtsgehilfen also, die nun einmal zur Geschäftsführung und Organisation einer großen Gesellschaft, zur Vorbereitung ihrer Jahresversammlungen und »überhaupt (für) das ganze 53 JBGRhGk 78–85 (1958–1965), S. 3 rechtfertigte dies durch Novellierung der Satzung und Wechsel im Vorstand.

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Schreib- und Schickwesen« (Dove) nötig waren.54 Die beiden Staatsarchive lagen für diesen Zweck zu sehr vom Zentrum Köln – Bonn entfernt, und das Bonner Seminar, dessen Professoren noch um 1920 jeden Brief eigenhändig zu schreiben pflegten, war zu solchen Organisationsarbeiten nicht in der Lage  ; eine Institutssekretärin etwa hat an deutschen Hochschulen noch zu Beginn des Zweiten Weltkriegs zu den Ausnahmen gehört.55 Aus diesem Grund haben auch die Kölner Hochschullehrer, die seit Kallens Amtsantritt an der Spitze der »Gesellschaft« standen, den organisatorischen Teil ihrer Aufgaben weiterhin dem Stadtarchiv überlassen. Stellvertretender Vorsitz und Schriftführeramt lagen daher seit 1928 zumeist in der Hand Kölner Archivare, während sie zuvor, unter dem Vorsitz Höhlbaums und Hansens, gerade umgekehrt eine Domäne der Hochschullehrer gewesen waren. Auch unter den Stellvertretern im Vorsitz finden sich Männer, deren Bedeutung weit über das Rheinland und die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« hinausreicht  : Moriz Ritter (1840–1923, stellvertretender Vorsitzender 1893–1915), der für ein halbes Jahrhundert lang Vorstandsmitglied, seit 1883 auch Mitglied der »Münchner Historischen Kommission« und von 1908 bis zu seinem Tod deren Präsident war56  ; der Bayer Friedrich von Bezold (1848–1928, stellvertretender Vorsitzender 1915–1920), Verfasser der ersten großen Bonner Universitätsgeschichte und ebenfalls Mitglied der Münchner Kommission57  ; Aloys Schulte (1857–1941, stellvertretender Vorsitzender 1922–1930), der in besonderem Maße »die geschichtliche Heimatforschung aus der Enge partikularistischer Gesinnungspflege in die Breite und Tiefe echter Geschichtswissenschaft hinüberzuleiten« verstand58, als gleichzeitiges Mitglied der »Badischen Historischen Kom54 Stellungnahme Alfred Doves zur Rücktrittserklärung Höhlbaums vom 12.1.1890, HAStK, Akten GRhG 11,1. 55 Am Beispiel der TU Berlin hat dies W. Hofmann gezeigt  ; Hofmann, Probleme der Entwicklung, S. 166. Für die rheinischen Universitäten liegen ähnliche Untersuchungen bisher nicht vor. 56 Skalweit, Moriz Ritter  ; Nachruf von W. Goetz in  : HZ 131 (1925), S. 472–495. Über Ritters Tätigkeit bei der Münchner Historischen Kommission, die er 1863 als Mitarbeiter der »Wittelsbacher Korrespondenzen« (zusammen mit Maurenbrecher) begann, vgl. Schnabel, Idee und die Erscheinung, S. 56 und öfter. Vgl. in jüngerer Zeit die Würdigung Ritters durch Lanzinner, Moriz Ritter. 57 Hubatsch, Friedrich von Bezold. 58 So das Urteil seines Schülers Franz Steinbach, zitiert nach Petri, Franz Steinbach, S. 378. Schultes Bedeutung für die GRhG, die Bemühungen Hugo Loerschs und anderer, den damaligen Karlsruher Archivrat 1890 zum Nachfolger Höhlbaums als Kölner Stadtarchivar zu gewinnen, Schultes Tätigkeit für die oberrheinische Landesgeschichte und die »Badische Historische Kommission« sowie seine spätere Rolle in den großen rheinischen Geschichtsvereinen, insbesondere im »Historischen Verein für den Niederrhein« und im »Aachener Geschichtsverein«, hat am ausführlichsten Max Braubach auf der Grundlage des Schulte-Nachlasses in der Bonner Universitätsbibliothek dargestellt  : Braubach, Aloys Schulte (mit biographischem Schrifttum über Schulte) und Ders., Aloys Schulte 1857–1941. Seine Mitwirkung bei der Gründung des Instituts für geschichtliche Landeskunde in Bonn ist von Zeitgenossen vielfach gewürdigt worden (vgl. etwa Hübinger, Das historische Seminar, S. 135 f. u. öfter). Vgl. im erweiterten Kontext Groten, Landesgeschichte bzw. den umfassenden Sammelband von Dems. / Rutz (Hgg.), Rheinische Landesgeschichte – Aloys Schultes Beziehungen zur Historischen Kommission in München, für die er mit der »Geschichte der großen Ravensburger Handelsgesellschaft« die ersten Bände der »Deutschen Handelsakten des Mittelalters und der Neuzeit« her-

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Abb. 26 Moriz Ritter, Porträtfoto, 1895/1896. Abb. 27 Paul Clemen, Porträtfoto, Foto: Dorothea Bleibtreu, undatiert. Abb. 28 Hermann Aubin, Porträtfoto, Foto: Dorothea Bleibtreu, undatiert.

mission« die Brücke zwischen ober- und niederrheinischer Landesgeschichte schlug und zusammen mit Hermann Aubin das Bonner »Institut für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande« ins Leben rief  ; nicht zuletzt schließlich der Kunsthistoriker Paul Clemen (1866–1947, stellvertretender Vorsitzender von 1930–1935), der als erster rheinischer ausgab, schilderte Aubin, Deutsche Handelsakten, S. 159 f. Eine Schulte-Biographie hat weiterhin als eines der zentralen Desiderate der rheinischen Historiographiegeschichte bis 1945 zu gelten.

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Provinzialkonservator und Gründer der Denkmälerinventarisierung mehr als ein halbes Jahrhundert lang Mitglied der »Gesellschaft« und fast ebenso lange ihres Vorstands war.59 Im langjährigen stellvertretenden Vorsitz Erich Kuphals (1895–1965, Vorstandsmitglied und Schriftführer seit 1929), der 1932 nach längerem Interregnum Hansens Nachfolger in der Leitung des Kölner Stadtarchivs geworden war, kam von 1935 bis 1948 erneut die Bedeutung des Historischen Archivs als Nervenzentrum der »Gesellschaft« zum Ausdruck. Danach fiel der stellvertretende Vorsitz fast traditionell dem jeweiligen Leiter des Instituts für geschichtliche Landeskunde zu, das auf diese Weise auch institutionell der »Gesellschaft« verbunden war, als Erstem an Franz Steinbach (1895–1965, stellvertretender Vorsitzender 1948–1963).60 Auf Steinbach folgten Franz Petri (1903– Abb. 29 Franz Steinbach, Porträtfoto, Foto: Fotoatelier Herff, undatiert. 1993, stellvertretender Vorsitzender 1963– 1968) und Edith Ennen (1907–1999, stellvertretende Vorsitzende 1973–1978), unterbrochen lediglich durch die Amtsführung des Düsseldorfer Staatsarchivdirektors Friedrich Wilhelm Oediger (1907–1993, stellvertretender Vorsitzender 1968–1973). Seit 1978 lag der stellvertretende Vorsitz bei Oedigers Nachfolger am Nordrhein-Westfälischen Hauptstaatsarchiv, Wilhelm Janssen. In den Anfängen der »Gesellschaft« hat der Weg zum Vorsitz regelmäßig also noch über das Stellvertreteramt geführt (Höhlbaum, Ratjen, Hansen), danach aber in keinem Fall mehr. Als Wilhelm Janssen 1972 das Amt des Vorsitzenden abgab, um dessen Stellvertretung zu übernehmen, zeichnete sich vielmehr eine umgekehrte Entwicklung ab. Nicht weniger deutlich kommt die traditionelle Ergänzung von Archiven und akademischer Geschichtswissenschaft, die ein Grundprinzip der »Gesellschaft« ist, auch 59 Einem, Bonner Lehrer, S. 425–428. Vgl. zu Clemen den anlässlich von dessen 125. Geburtstag 1991 herausgegebenen Sammelband von Mainzer, Paul Clemen sowie das ebenfalls von Mainzer verfasste Biogramm zu Clemen. 60 Hübinger, Das historische Seminar, S. 136 u. öfter. Ein Verzeichnis der Schriften und Nachrufe enthält die posthum herausgegebene Sammlung seiner Aufsätze bei Petri / Droege, Collectanea Franz Steinbach, hg. von Franz Petri / Georg Droege,1967. Im Zusammenhang mit der Involvierung von Geisteswissenschaftlerinnen und Geisteswissenschaftlern in die nationalsozialistische Volkstums- bzw. Kulturraumforschung ist Franz Steinbach in die Kritik geraten. Vgl. Tiedau, »Franz Steinbach«.

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im Wechsel von Archivaren und Bonner oder Kölner Hochschullehrern in den Ämtern des Schriftführers und seines Stellvertreters zum Ausdruck. Als Schriftführer im alten Vorstand (bis zur Reform von 1886) hat zunächst bis 1883 der Gymnasiallehrer Karl Bone61 und nach ihm der spätere Vorsitzende Friedrich Adolf Ratjen gewirkt. Solange die Leitung der »Gesellschaft« dann im Kölner Stadtarchiv lag, also von Höhlbaum bis zu Hansens Rücktritt, sind die Schriftführer der »Gesellschaft« stets Dozenten aus Bonn (Karl Lamprecht im Gelehrtenausschuss 1881–1886, im neuen Vorstand 1886–1890  ; Hugo Loersch 1891–1907, Aloys Schulte 1907–1922) oder aus Köln gewesen (Justus Hashagen 1922–1926).62 Seit dem Amtsantritt Gerhard Kallens als Vorsitzender wurden ebenso regelmäßig Archivare als Schriftführer berufen  : Otto Reinhard Redlich Abb. 30 Edith Ennen, Porträtfoto, vom Staatsarchiv Düsseldorf (1928–1929)63, 1950–1964. Erich Kuphal vom Historischen Archiv der Stadt Köln, der die Schriftführung dreißig Jahre lang von 1929–1959 zum Teil neben dem stellvertretenden Vorsitzenden innehatte, und Rudolf Brandts (1913–2003), der Leiter der Archivberatungsstelle des Landschaftsverbands Rheinland, von 1959–1965. Seit 1965 lag und liegt die Schriftführung wieder beim Historischen Archiv der Stadt 61 Dr. Karl Bone (gest. 1918) war bis 1883 Gymnasiallehrer in Köln, danach in Düsseldorf  ; 1888–1897 war er Vorsitzender des »Düsseldorfer Geschichtsvereins« und stand in »engen Beziehungen« zum »Historischen Verein für den Niederrhein«. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 52  ; Pauls, Düsseldorfer Geschichtsverein  ; Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. XXV. 62 Zu Hashagen (1877–1961), der nach Habilitation (1906) und Titularprofessur (1913) in Bonn über Rheinische Geschichte las, 1920 als Ordinarius für Mittlere und Neuere Geschichte an die neugegründete Universität zu Köln und 1926 nach Hamburg ging, wo er 1937 aus politischen Gründen zwangsweise entpflichtet wurde, im Bonner Kontext Hübinger, Das historische Seminar, S. 196 u. öfter. Instruktiv zur Gedankenwelt des deutschnationalen Hashagen ist der Beitrag von Borowsky, Justus Hashagen. 63 Otto Reinhard Redlich (1864–1939) war von 1891 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand 1929 Archivar am Staatsarchiv Düsseldorf und 1921 bis 1929 dessen Leiter. Als Vorsitzender des »Düsseldorfer Geschichtsvereins« (1898–1906) und führendes Mitglied (1929 Ehrenmitglied) des »Historischen Vereins für den Niederrhein« hat er nicht zuletzt auch durch seine eigenen Quellenveröffentlichungen erheblich zur Verwissenschaftlichung der Arbeit regionaler Geschichtsvereine beigetragen. Seit 1897 Mitglied, war er 1922–1935 Vorstandsmitglied, 1922–1928 außerdem stellvertretender und 1928–1929 ordentlicher Schriftführer. Oediger, Staatsarchiv, S. 31 ff. sowie Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. XXVI.

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Abb. 31 Ansicht des Lesesaals des Stadtarchivs Bonn in der Quantiusstraße. Darunter Archivarin Edith Ennen im Gespräch mit Studentinnen, 1956.

Köln und seinen Leitern Arnold Güttsches (1965–1969)64, nachfolgend Hugo Stehkämper und Everhard Kleinertz. Zu den stellvertretenden Schriftführern, die nicht früher oder später in das eigentliche Schriftführeramt übergewechselt sind, gehören die Bonner Geschichtsprofessoren Reinhold Koser (1852–1914, stellvertretender Schriftführer 1891–1896), später Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive65, Eberhard Gothein (1897–1904), der Mitgründer der auf einer Stiftung Gustav Mevissens beruhenden Handelshochschule Köln66, und 64 Arnold Güttsches (1904–1975) wirkte seit 1929 als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, seit 1948 als Stadtarchivar und von 1960 bis zu seiner Pensionierung 1969 als Direktor am Kölner Historischen Archiv  ; 1958 bis 1970 war er auch Vorsitzender des »Kölnischen Geschichtsvereins«. Von der GRhG wurde er 1937 zum Mitglied, 1961 in den Vorstand und dort von 1965 bis 1969 zum Schriftführer gewählt  ; dessen Stellvertretung hat er noch bis 1971 geführt. (vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 208). 65 Nach seiner Berufung von Berlin nach Bonn (1890) wurde Koser (1852–1914) 1891 Mitglied und zugleich Vorstandsmitglied und stellvertretender Schriftführer der »Gesellschaft« bis zu seiner Ernennung zum Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive in Berlin (1896). Auch von dort aus hat er die Arbeiten der »Gesellschaft« jedoch weiter gefördert, indem er die rheinischen Staatsarchive zu großzügiger Hilfe anhielt und ihren jüngeren Beamten zahlreiche Nebentätigkeiten im Dienst der GRhG gestattete. Skalweit, Reinhold Koser. 66 Eberhard Gothein (1853–1923), ein auch philosophisch und literarisch interessierter Volkswirt der historischen Schule, lehrte 1890–1904 in Bonn und spielte in dieser Zeit auch im wissenschaftlichen Leben Kölns

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Wilhelm Levison (1928–1935), der trotz besonders enger wissenschaftlicher und persönlicher Verbundenheit mit seiner rheinischen Heimat, wie erwähnt, 1939 nach England emigrieren musste.67 Stellvertretende Schriftführer waren auch die beiden Düsseldorfer Staatsarchivdirektoren Theodor Ilgen (1907–1921)68 und Bernhard Vollmer (1947–1952)69, der Kölner Musikwissenschaftler und Universitätsprofessor Karl Gustav Fellerer (1902–1984, im Amt 1958–1961), der damalige Archivrat bei der Archivberatungsstelle Rheinland, Dietrich Höroldt (1961 bis 1965), sowie die Archivdirektoren Toni Diederich (1971 bis 1980) und Everhard Kleinertz (seit 1980) vom Historischen Archiv der Stadt Köln. Im Gegensatz zu Vorsitz und Schriftführung ist das Amt des Schatzmeisters oder, wie es anfänglich hieß, des »Kassierers« der »Gesellschaft«, im Untersuchungszeitraum eine vor allem durch seine Vorträge eine wichtige Rolle  : »Tritt aber mal Not ein, so holt man den Gothein«, hieß es in einem Kölner Karnevalsgedicht über das öffentliche Bildungswesen der Stadt (Gothein, Eberhard Gothein, S.  92). Als wissenschaftlicher Berater Mevissens trat er gewissermaßen die Nachfolge des 1890 nach Marburg berufenen Lamprecht an. 1891–1904 war er Vorstandsmitglied der GRhG, für die er 1895 die Leitung der zuvor von Höhlbaum betreuten Kölner Zunfturkunden (PubGRhG XXII) übernahm  ; 1893 hatte er bereits eine Aktenedition zur Geschichte des Handels und der Industrie im Rheinland und in Westfalen angeregt (JbGRhG 13 [1893], S. 31). Die »Badische Historische Kommission«, für die er bereits seit 1883 als Professor in Karlsruhe tätig gewesen war, ernannte ihn nach seiner Übersiedelung nach Heidelberg und Alfred Doves Tod 1916 zu ihrem Vorsitzenden. Zorn, Eberhard Gothein. Jetzt umfassend Maurer, Eberhard Gothein. 67 Wilhelm Levison (1876–1947), der seit seiner Habilitation 1903 immer in Bonn gelesen hatte, war bereits 1935 aus ›rassischen‹ Gründen seines Lehramts enthoben und nicht mehr in den neuen »Beirat« der GRhG aufgenommen worden, konnte aber bis zu seiner Emigration noch einige Jahre an privaten Forschungen in Bonn weiterarbeiten. Er war 1908 Mitglied der GRhG und 1925 ihres Vorstands geworden  ; seit 1925 gehörte er auch der Zentraldirektion der »Monumenta Germaniae Historica« an. Die jüngere Forschung zu Levison ist reichhaltig  : vgl. Becher, Wilhelm Levison  ; Ders. / Yitzhak Hen (Hgg.), Wilhelm Levison (darin einschlägige Beiträge vor allem von Letha Böhringer, Manfred Groten, Klaus Herbers, Klaus Hildebrand, Theo Kölzer, Alheydis Plassmann, Rudolf Schieffer u. Mathias Schmoeckel). 68 Theodor Ilgen (1854–1924), ein »Mensch von rauher Schale, aber vornehmer Gesinnung« (B. Vollmer), leitete nach seiner Archivarstätigkeit in Düsseldorf (1881–1885) und Münster (1885–1900), wo er auch an den »Chroniken deutscher Städte« der »Münchner Historischen Kommission« mitarbeitete, von 1900 bis zum Eintritt in den Ruhestand 1921 das Staatsarchiv Düsseldorf  ; er wurde 1882 Mitglied, 1902 Vorstandsmitglied und 1907 stellv. Schriftführer der »Gesellschaft« und schied 1921 mit der Amtsniederlegung aus ihrem Vorstand aus. Oediger, Staatsarchiv S. 35 ff.; Vollmer, Theodor Ilgen. 69 Bernhard Vollmer (1886–1958) wurde nach längerer Tätigkeit an den Staatsarchiven in Koblenz, Berlin, Hannover und Düsseldorf (seit 1919) dessen Leiter von 1929 bis 1952. 1935–1958 war er außerdem Vorsitzender des »Düsseldorfer Geschichtsvereins« und seit 1950 Archivreferent in der Staatskanzlei (seit 1951 im Kultusministerium) des Landes Nordrhein-Westfalen. 1921 zum Mitglied der GRhG gewählt, war er 1930–1952 Vorstandsmitglied und seit 1947 stellv. Schriftführer  ; er regte dort vor allem mehrere rechtsgeschichtliche Publikationen (Stadtrechte von Kleve und Kalkar, Lehnsregister des Aachener Marienstifts) an. Oediger, Staatsarchiv S. 40 f.; Dahm, Ein Geschichtsverein heute, S. XXVII  ; Classen, Nekrolog auf Bernhard Vollmer.

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Domäne der Kölner Privatpatrone geblieben. Es scheint zudem in besonderem Maße Langlebigkeit zu gewähren, da die »Gesellschaft« seit ihrer Gründung in hundert Jahren mit nur vier Schatzmeistern ausgekommen ist. Der erste von ihnen war der Stadtverordnete (seit 1876), Geheime Kommerzienrat und Zuckerindustrielle Emil vom Rath (1833–1923)70, der die Finanzen der »Gesellschaft« von der Gründung bis 1894 im Hauptamt und von da an bis zu seinem Tod als stellvertretender Schatzmeister verwaltet hat. Ihm folgten von 1894–1939 der Bergbauunternehmer, Lederhändler, Stadtverordnete (seit 1900) und ebenfalls Geheime Kommerzienrat Gustav (von) Mallinckrodt (1859–1939)71, der Bankdirektor ­Ferdinand ­Rothe (1876–1959, stellvertretender Schatzmeister 1932–1939, Schatzmeister 1939– 1958) und der Bankier Johann Heinrich von Stein (1899–1985, Schatzmeister seit 1958). Als stellvertretende Schatzmeister sind außer vom Rath und Rothe der Geheime Kommerzienrat, Stadtverordnete (seit 1878) und spätere Präsident der Kölner Handelskammer Gustav Michels (1836–1909, im Stellvertreteramt 1881–1894)72, der Kölner Fabrikant Alfred Schmidt (1867–1931, stellvertretender Schatzmeister 1925–1931)73, 70 Scheibler / Wülfrath, Westdeutsche Ahnentafeln  ; Eynern, Unternehmungen der Familie vom Rath  ; Henning, Stadterweiterung, S. 304. Der Gründungspatron hatte in seiner Jugend selbst »unter ernster Hingabe wissenschaftliche Studien betrieben« und blieb der »Gesellschaft« bis zu seinem Tod ein »hochherziger und freigiebiger Mäzen« (Glückwunsch des Vorstands zu seinem 80. Geburtstag am 16.3.1913, HAStK, Akten GRhG 11,2), der vor allem für die kunsthistorischen Publikationen beträchtliche Summen stiftete, so für die Trierer Ada-Handschrift (1889) 3000 Mark und für P. Clemens »Gotische Wandmalereien«, die aber erst 1930 erschienen, 15.000 M. 1875 bis 1919 war Emil vom Rath liberaler Stadtverordneter in Köln  ; dem Vorstand der »Gesellschaft« hat er von der Gründung bis zu seinem Tod angehört und noch bis 1921 aktiv an dessen Sitzungen teilgenommen. 71 Mallinckrodt entstammte einer ursprünglich bergischen, dann aus Dortmund nach Köln zugewanderten Familie, die sich im Rheinland an vielen Orten unternehmerisch betätigte  ; als Wilhelm II. 1902 ihren alten Adel bestätigte, bat Mallinckrodt die Provinzialverwaltung ausdrücklich um die Anrede »von« (Mallinckrodt an die Rendantur der Rheinischen Landesbank 31.12.1904, ALVR, KultPv 3697). Gustav von Mallinckrodts Vater war ein Freund und Geschäftspartner Gustav von Mevissens gewesen  ; er selbst wurde 1892 Patron, 1893 Vorstandsmitglied und 1919 Stifter der »Gesellschaft«  ; er hat neben der GRhG besonders die Kommission für Denkmälerstatistik und den »Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz« gefördert. Mallinckrodt war mit einem Großteil der übrigen Kölner Unternehmerfamilien verwandt (vgl. Zunkel, Gustav Mallinckrodt). 72 Gustav Michels, Tuchhändler und 1891–1909 Handelskammerpräsident in Köln, übernahm ein Gründungspatronat und wurde 1900 auch Stifter der GRhG  ; er blieb von 1881 bis zu seinem Tod Vorstandsmitglied  ; Dahmen, Peter Michels, S. 168 ff. 73 Der Inhaber einer Kölner Fabrik für optische und feinmechanische Geräte forschte selbst über die Geschichte des Arzneimittelhandels  ; er wurde 1911 Patron und 1918 Stifter und hat mehrere Publikationen der »Gesellschaft« durch erhebliche Druckkostenzuschüsse gefördert. 1918 wählte sie ihn aufgrund seiner eigenen historischen Forschungen auch zum Mitglied und 1925 zum Vorstandsmitglied. Schmidt war außerdem Vorstandsmitglied der »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft«, des »Kölnischen Geschichtsvereins« und Mitglied des Kuratoriums der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt sowie Vorstandsmitglied des Reichsverbandes der deutschen Industrie. Steimel, Kölner Köpfe, Sp. 360.

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der Chemie­industrielle Hans Carl Scheibler (1887–1963, von 1931 bis 1963 stellvertretender Schatzmeister) und dessen Sohn Christoph Scheibler (1920–2010, im Amt seit 1963) zu nennen. Die Schatzmeister haben die »Gesellschaft« aber nicht nur durch diese Tätigkeit, sondern auch durch großzügige Spenden – vor allem Druckzuschüsse für die aufwendigen kunsthistorischen Publikationen – weit über ihre Patronatsbeiträge hinaus gefördert. Zudem fällt auf, dass sie auch selbst historischen, insbesondere familiengeschichtlichen oder kunsthistorischen Neigungen nachgingen. Gustav von Mallinckrodt etwa gab zwei Bände eines Urkundenbuchs seiner Familie, eine Dortmunder Ratsliste von 1500 und eine Geschichte der Kölner Familie Schaaffhausen heraus. Alfred Schmidt, dessen pharmaziehistorische Dissertation den Drogenhandel im Altertum behandelt hatte, schrieb eine Geschichte der Kölner Apotheken74  ; Hans Carl Scheibler gab im Rahmen der Publikationen der »Gesellschaft« zusammen mit Karl Wülfrath die »Westdeutschen Ahnentafeln« (Publikation XLIV, Bd. 1, Weimar 1939) heraus. Vielfach galt ihr Interesse auch der Kunstgeschichte und Denkmalpflege, so bei Emil vom Rath, der mit besonderer Großzügigkeit die Herausgabe der Trierer Ada-Handschrift (Publikation VI, Leipzig 1889) und von Paul Clemens »Romanischen Wandmalereien« der Rheinlande (PubGRhG, Bd.  XXV, 1905) gefördert hat. Gleiches lässt sich für Gustav von Mallinckrodt konstatieren, der lange Jahre Ausschussmitglied im »Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz« war und sich – bezeichnend für das praktische Geschichtsverständnis seiner Generation – am Kölner Sachsenring einen Familiensitz im Stil einer gewaltigen Fachwerkburg baute, ebenso wie für die beiden Scheibler, die das »Rote Haus«, ihren Monschauer Stammsitz, mit bemerkenswerten Opfern pflegten. Sie alle entsprachen und entsprechen noch Mevissens Ideal des kaufmännisch tätigen und dabei wissenschaftlich interessierten Privatpatrons, der durch aktive Mitarbeit in der von ihm geführten »Gesellschaft« Grundlage und Maßstab seiner Gegenwart ganz bewusst in der rheinischen Geschichte sucht. Nicht minder gilt dies aber auch für die ersten Vertreter der Provinzialverwaltung, denen seit 1886 ein ständiger Sitz im Vorstand der »Gesellschaft« eingeräumt war.75 Der dafür zuständige Provinzial-Verwaltungsrat (später Provinzialausschuss) brachte seine Wertschätzung für die Arbeit der »Gesellschaft« dadurch zum Ausdruck, dass er anfangs stets eines seiner prominentesten Mitglieder aus dem rheinischen Landadel, später den jeweiligen Landeshauptmann selbst als Chef der Provinzialverwaltung in ihren Vorstand entsandte. Der erste Repräsentant der Provinz in der »Gesellschaft« war demgemäß der Königliche Kammerherr und Schlosshauptmann zu Brühl Friedrich Freiherr von Solemacher-Antweiler zu Namedy (1832–1906)76, Vize-Landtagsmarschall und seit 1888 74 Schmidt, Drogen und Drogenhandel  ; Ders., Kölner Apotheken. 75 Statuten 1886, § 3, JbGRhG 5 (1885), S. 12. Voraussetzung bildete die Unterstützung der Gesellschaftsarbeit durch den erstmals 1882 gewährten Zuschuss der Provinz. 76 Solemacher, der von 1886 bis 1906 dem Vorstand angehörte, habe der »Gesellschaft« »durch energische und

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Der engere Vorstand

Vorsitzender des Provinzialausschusses, der an der Tätigkeit der »Gesellschaft« so viel Freude fand, dass er auf besonderen Wunsch auch nach Niederlegung des letztgenannten Amtes (1893) bis zu seinem Tod 1906 als Provinzialvertreter im Vorstand blieb.77 Persönlich hat der Burgherr von Antweiler bei Euskirchen vor allem die Arbeiten am »Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz« gefördert, obwohl ihm dies im Provinzialausschuss sogar einmal den Vorwurf der Selbstbegünstigung eintrug.78 Das enge Verhältnis zwischen »Gesellschaft« und Provinz, das während seiner Amtszeit nicht zuletzt in einem Anstieg des Provinzialzuschusses von 1000 auf 6000 Mark jährlich zum Ausdruck kam, hat sich unter seinen Nachfolgern fortgesetzt. Gisbert Graf zu Fürstenberg-Stammheim (1836–1908), Vorsitzender des rheinischen Provinziallandtags und wie sein Vorgänger Königlicher Kammerherr und lebenslängliches Mitglied des preußischen Herrenhauses, gehörte der »Gesellschaft« bereits seit 1889 als persönlicher Patron an. Er hat die Provinz jedoch nur ein Jahr lang (1907–1908) im Vorstand vertreten können.79 Graf Fürstenberg war im Vorstand der letzte der adeligen Landtagsmitglieder  ; nach ihm haben stets beamtete Vertreter der Provinzialverwaltung deren Vorstandssitz wahrgenommen. Schon die ersten rheinischen Landesdirektoren Hugo Freiherr von Landsberg (1875–1882) und Wilhelm Klein (1883–1903, seit 1897 mit dem Titel Landeshauptmann) hatten die »Gesellschaft« nach Kräften gefördert, ohne selbst Mitglieder ihres Vorstands zu sein. Ihre Amtsnachfolger Ludwig von Renvers (1901–1921, im Vorstand seit 1908) und Johannes Horion (1876–1933, Vorstandsmitglied 1924–1933) haben an den Vorstandssitzungen meist noch persönlich teilgenommen und auf diese Weise die Sorgen der »Gesellschaft« aus nächster Nähe kennengelernt. zielbewußte Förderung« stets geholfen und durch seine Lebenserfahrung auf administrativem Gebiet »die Erledigung der Geschäfte wesentlich erleichtert«, schrieb ihm Hansen zu seinem Geburtstag am 8.9.1902  ; auch sei er immer »ein beredter Anwalt unserer wissenschaftlichen Interessen im Provinziallandtag und Provinzialausschuß« gewesen (Kondolenzbrief an Freifrau v. Solemacher vom 9.10.1906, in  : HAStK, Akten GRhG 31,2.). 77 Beschluss des Provinzialausschusses vom 25./26.7.1893, ALVR, KultPv 3696. Wegen seiner Verdienste hatte auch der Vorstand der »Gesellschaft« »größten Wert« auf Solemachers Verbleib gelegt  ; Schreiben an den Provinzialausschuss vom 21.7.1893, ebd. 78 Wilhelm Fabricius hatte in seiner Karte der politischen Einteilung der Rheinprovinz im Jahre 1789 im Geschichtlichen Atlas (1894) die Güter Brachtendorf und Weyermühle des Freiherrn als Beispiele reichsritterschaftlicher Güter dargestellt  ; der Provinzialausschuss sah darin einen Versuch Solemachers, seiner Familie unberechtigt den Status früherer Reichsritter zu verschaffen, und zweifelte die historische Zuverlässigkeit der Fabricius-Karte an. Die »Gesellschaft« erklärte zunächst, die Karten seien auf Wunsch und auf Kosten des Freiherrn in den Atlas aufgenommen worden, später jedoch, Fabricius habe von Solemachers Anerbieten dankbar Gebrauch gemacht, um sich die unerquickliche Suche nach anderen Beispielen bei den Katasterämtern zu ersparen. Der Freiherr selbst fand in einem langen Schreiben an Landesdirektor Klein vom 22.4.1895 das Herausgreifen dieses Ehrenpunktes »für mich im höchsten Grade verletzend«, zumal seine Eigenschaft als Reichsritter unbestritten sei  ; erst nach längerem Hin und Her wurde die für den Provinzialausschuss und seine adeligen Mitglieder nicht gerade rühmliche Angelegenheit zu den Akten gelegt. ALVR, KultPv 11032. 79 JbGRhG 26 (1906), S. 5.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Abb. 32 Johannes Horion, Gemälde von Fritz Reusing, 1926 (links). Abb. 33 Josef Busley, Porträtfoto, Sammlung: Rheinische Friedrich-Wilhelms Universität, Kunsthistorisches Institut, undatiert (rechts).

Vor allem Horion ist es zu danken, dass die »Gesellschaft« und die mit ihr verbundene Denkmälerinventarisierung die Jahre der Inflation und Weltwirtschaftskrise finanziell überleben konnten. Mit Recht sagte Gerhard Kallen als Vorsitzender dem am 19. Februar 1933 Verstorbenen nach, die »Gesellschaft« habe an ihm »einen Vater verloren«, denn ohne Hilfe der Provinz hätte die »Gesellschaft« 1932 ihre Tätigkeit einstellen müssen.80 Unter Horion wurde es jedoch mehr und mehr üblich, dass sich der vielbeschäftigte Landeshauptmann in den Vorstandssitzungen durch einen Beamten seiner Kulturabteilung vertreten ließ. Anfangs war dies zumeist der zuständige Landesrat Dr.  Karl Vos80 ALVR, KultPv 11016, S. 122–125.

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Der engere Vorstand

sen, ein Verwaltungsjurist81, seit 1927 jedoch regelmäßig der Landesoberverwaltungsrat Dr. Josef Busley. Als Kunsthistoriker war Busley der erste Nichtjurist und Fachkenner, der die Provinz bei der »Gesellschaft« vertrat. Entsprechend intensiv kümmerte er sich deshalb auch um die inhaltliche Seite des wissenschaftlichen Programms der »Gesellschaft« und um ihre Stellung innerhalb des historischen Vereinswesens im Rheinland  ; seine detaillierten Aufzeichnungen über Vorgänge in der »Gesellschaft« und im Vorstand stellen für diese Zeit eine besonders ergiebige Quelle dar. Mit Gerhard Kallen verband Busley auch persönlich ein enges Vertrauensverhältnis.82 Kallens Versuch, seinen Freund trotz dessen lediglich delegierter Stellung im Vorstand 1930 zum stellvertretenden Vorsitzenden und damit zum Nachfolger Aloys Schultes zu machen, war aber auch eine Konsequenz der seit 1928 zu beobachtenden weitgehenden Anlehnung der »Gesellschaft« an die Provinz. Am Widerstand des Vorstands, der diesen Weg doch wohl nicht unbegrenzt mitgehen wollte, und an konfessionellen Überlegungen ist das Vorhaben jedoch damals gescheitert.83 Im Sommer 1933 verlor der dem Zentrum nahestehende Busley seine Stellung in der Provinzialverwaltung und wurde von Paul Clemen, der sich dankbar früheren Entgegenkommens erinnerte, als wissenschaftlicher Angestellter in die Denkmälerinventarisierung übernommen. Von 1946 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1954 war Busley, diesmal als Ministerialrat im Kultusministerium von Nordrhein-Westfalen, erneut im Vorstand vertreten. Etwas ausführlicherer Darstellung bedarf wegen ihrer maßgebenden Bedeutung die Vertretung der Provinz im Vorstand während der Jahre 1934–1943. Busleys Nachfolger in der nach Auflösung des Landtags seit 1933 dem Oberpräsidenten, also einer staatli81 Vossen war bis 1926 Dirigent der Abteilung Wissenschaft, Kunst und Volksbildung bei der Provinzialverwaltung der Rheinprovinz und 1924–1929 Geschäftsführer des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz  ; er kam im Dezember 1929 bei einem Autounfall ums Leben. Nachrichtenblatt für rheinische Heimatpflege 1 (1929–1930), H. 7/8, S. 3. 82 Josef Busley wurde Mitte Juli 1927 von Horion mit der Leitung der nunmehrigen Abteilung Kultur- und Denkmalpflege beauftragt  ; Ende November 1933 wurde er als überzeugter Katholik und Gegner des Nationalsozialismus entlassen und fand eine Anstellung als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Paul Clemens Denkmälerinventarisation. 1940–1944 Kunstschutzbeauftragter im besetzten Frankreich, wurde er 1945–1946 als Referent für Kultur- und Denkmalpflege vom damaligen Oberpräsidenten der Nordrheinprovinz und 1946 in gleicher Eigenschaft als Ministerialrat ins Kultusministerium Nordrhein-Westfalens übernommen  ; dort trat er 1954 in den Ruhestand. Seit 1929 war Busley außerdem Vorstandsmitglied und Schriftführer des »Rheinischen Vereins«, 1951 2. stellv. Vorsitzender im »Rheinischen Heimatbund«. Seit 1930 benutzte er auch in seiner dienstlichen Korrespondenz mit Kallen das Vertrauliche »Du«  ; ALVR, KultPv 3698. 83 Kallens im Einverständnis mit dem ebenfalls auf höhere Provinzialzuschüsse ausgehenden Clemen gefasster Plan, Busley zum Nachfolger Schultes im Vorstand zu machen, ist in einer Besprechungsnotiz Busleys vom 16.2.1930 festgehalten  ; ALVR, KultPv 3698. Der Vorstand entschied sich jedoch in der Sitzung vom 15.2.1930 für Clemen selbst  ; Busley wurde stattdessen zum Mitglied der Finanzkommission ernannt und von der Jahresversammlung auch zum Mitglied der »Gesellschaft« gewählt.

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Die Organe der »Gesellschaft«

chen Instanz, unterstellten rheinischen Provinzialverwaltung wurde 1934 auch wie im Vorstand der »Gesellschaft« der Landesoberverwaltungsrat, bald darauf Landesrat und SA-Standartenführer (seit 1938 Oberführer) Hans Joachim Apffelstaedt (1902–1944), einer der aktivsten und ideenreichsten, bestimmt aber der einflussreichste Vertreter, den die frühere Provinzialvertretung je in die »Gesellschaft« entsandt hat. Der Sohn eines bekannten Universitätsprofessors der Zahnmedizin und Kunstsammlers aus Münster hatte in seiner Heimatstadt, in München, Wien und Marburg bei Hermann Oncken und Wilhelm Mommsen, bei Wilhelm Pinder und Richard Hamann Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Über deutschnationalen Jugendbund und Knappschaft des Jungdeutschen Ordens fand er schon früh den Weg zur NSDAP, der er in voller Überzeugung von der Richtigkeit ihrer nationalen Ziele bereits 1927 als Student in Wien beitrat.84 Nach Marburg übergesiedelt, »schuf und führte« er als »Soldat Adolf Hitlers« die dortige SA.85 1931 als SA-Brigadeführer nach Westfalen versetzt, leitete er auch in der Verbotszeit die Reorganisation der SA im Gau Westfalen-Nord (Münsterland und östliches Ruhrgebiet), die er von wenigen hundert Mann bis Ende 1932 auf eine schlagkräftige Truppe von über 4000 Mitgliedern brachte. Nach der »Machtergreifung« ließ sich der nunmehrige Standartenführer zur Fortsetzung seines jahrelang unterbrochenen Studiums beurlauben, das er im Juni 1933 mit einer kunstgeschichtlichen Dissertation abschloss86. Im September darauf trat er zunächst informatorisch, Anfang 1934 endgültig als Abteilungsdirigent für Kultur und Wissenschaft in die rheinische Provinzialverwaltung ein. Innerhalb der »Bewegung« nahm sich Apffelstaedt, der als höherer SA-Führer schon 1931 in Konflikte mit der politischen Leitung der NSDAP geraten war87, als ein fachlich zwar befähigter, nichtsdestotrotz von der Ideologie der Partei voll und ganz überzeugter Funktionär aus. 1943 trat er als einfacher Soldat in die Wehrmacht ein und ist Ende 1944 an der Ostfront verschollen.88 Gewiss war Apffelstaedt ein überzeugter Nationalsozialist, vor allem aber in dem Sinne, dass er selbst nach seinem politischen Glaubensbekenntnis lebte. Seine früheren Mitarbeiter stellen ihm in menschlicher Hinsicht das beste Zeugnis aus  ; er habe nie versucht, sie unter Zwang zu seinen eigenen Ansichten zu bekehren.89 84 Personalakte Dr. Hans Joachim Apffelstaedt im BDC, Berlin. 85 Standartenführer Dr. Hanns Apffelstaedt, Dirigent der Abteilung für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung bei der rheinischen Provinzialverwaltung. In  : Nachrichtenblatt für rheinische Heimatpflege 5 (1933/1934), S. 169. Aus jüngerer Zeit vgl. zur Person Apffelstaedts Gansohr-Meinel, Hans-Joachim Apffelstaedt. 86 »Die Skulpturen der Überwasserkirche zu Münster in Westfalen«, Gießen 1936 (Diss. Marburg 1933). 87 Beschwerde des Ortsgruppenleiters Erich Hartmann, Münster, den Apffelstaedt aus einer internen SA-Versammlung hinausgeworfen hatte, an den Gauleiter Westfalen-Nord vom 22.4.1931. Abschr. in Personalakte Apffelstaedt, BDC. 88 Vermisstenmeldung der Gauleitung Düsseldorf vom 23.12.1944, Abschrift in Personalakte Apffelstaedt, BDC. 89 Dies bezeugten persönliche Mitteilungen von Dr. Rudolf Brandts, Bensberg (1913–2003), und Johanna Reeploeg, Düsseldorf, vom 6.3.1980. Der amtsenthobene Busley nannte seinen Nachfolger in seinem Tagebuch

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Der engere Vorstand

Abb. 34 Hans Joachim Apffelstaedt am 30.6.1934 beim Richtfest auf dem Dach des Bonner Landesmuseums.

Seine Personalpolitik in den Vereinen, auch in der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, bietet allerdings ein anderes Bild.90 Wissenschaftlich galt sein Interesse neben der Kunstgeschichte vor allem der rheinischen Vorgeschichtsforschung. Wenn ihn Reinhard Bollmus im Hinblick darauf als einen »hervorragenden, in seiner praktischen Tätigkeit ganz sachlich und ohne Konzessionen an die germanophile Ideologie vorgehenden Fachmann« und als »verdienten Beamten« charakterisiert, der »in allgemeiner Hinsicht«, aber eben »zweifellos als Nationalsozialist angesprochen« werden müsse91, so trifft dies, was die wissenschaftliche und fachliche Qualifikation angeht, ohne Zweifel auch auf seine Tätigkeit in der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« zu. Ideologiefrei waren die Publikationsthemen, die er gemeinsam mit Kallen in Walter Franks »Reichs­ institut für Geschichte des Neuen Deutschlands« im Vorstand vorschlug und durchsetzte dagegen gewiss nicht. Bezeichnenderweise betraf dies jedoch die Arbeitsziele, nicht die einen »jungen Bengel« und »typischen Bierstudenten« (LAV NRW Abt. R, Nachlass Busley RWN 199, Aufzeichnung vom Tag seiner Amtsenthebung, dem 30.11.1933). 90 Politisch missliebigen Persönlichkeiten gegenüber pflegte Apffelstaedt sehr energisch in die Personalpolitik der seiner Aufsicht unterstellten rheinischen Vereine einzugreifen. Ein Beispiel auch für die dabei angewandten Methoden bietet die Entfernung des Fürsten von Salm-Dyck-Reifferscheidt von seinem Posten als stellvertretender Vorsitzender des »Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz« Anfang 1937, nachdem der Fürst aus der NSDAP ausgeschlossen worden war  ; ALVR, KultPv 11145. 91 Zit. Bollmus, Das Amt Rosenberg, S. 190.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Methoden  ; denn hier zeigte sich der Kunsthistoriker Apffelstaedt nicht bereit, Wissenschaft durch reine Ideologie auszutauschen. Charakteristisch für diese ambivalente Haltung ist auch der durchaus nicht zeitübliche Respekt, den Apffelstaedt den sachlichen Leistungen der älteren »bürgerlich-liberalen« deutschen Wissenschaft erwies und den er im Grunde auch von seinen jungen Parteigenossen erwartete.92 Die von Apffelstaedt hervorgekehrte Distinktion in Methode und Habitus relativiert selbstverständlich nicht die perfiden Anschauungen und Ziele der von ihm vertretenen völkischen Weltanschauung. Im Vorstand der »Gesellschaft«, die ihn vielleicht seiner wissenschaftlichen Leistungen wegen, ohne Zweifel aber auch aus Kalkül 1936 auch zum Mitglied ernannte, hat Apffel­ staedt als ständiger Vertreter des Landeshauptmanns Heinz Haake93 eine Politik der konsequenten Ausrichtung auf den Nationalsozialismus im thematischen und personellen Bereich verfolgt. Dabei war ihm die Beibehaltung hergebrachter Umgangsformen und Wahrung des wissenschaftlichen Niveaus wichtig. Scheinwissenschaftlichen Bestrebungen, wie sie etwa das germanentümelnde »Amt Rosenberg« auch im Rheinland durchzusetzen versuchte, werden Apffelstaedt aus seinem Standes- und Konkurrenzempfinden heraus befremdet haben.94 Mit seinen Reformbestrebungen für ein neues Arbeitsprogramm der »Gesellschaft«, das sich lediglich wegen des Krieges nicht wie beabsichtigt ausgewirkt hat, konnte er nicht zuletzt deshalb Erfolge erzielen, weil der Vorsitzende ihm und seinen Absichten mit Sympathie gegenüberstand. Anders als seine Vorgänger, Busley ausgenommen, besaß Apffelstaedt zudem ein systematisches und in sich geschlossenes Konzept rheinischer Kulturpolitik, das er als Kulturdezernent der Provinz, der über die Vergabe aller Förderungsmittel entschied, bei den Vereinen und in der Denkmalpflege auch durchzusetzen verstand. Der »Gesellschaft« war darin die Führungsrolle auf dem gesamten Gebiet der Geschichtspflege zugedacht, die sie im Rahmen der neu gegründeten »Arbeitsgemeinschaft der Rheinischen Geschichtsvereine« und als Generalgutachterin der 92 Insbesondere an den Hochschulen könne »von den führenden Wissenschaftlern unserer Bewegung« gar nicht klar genug herausgestellt werden, »wie notwendig und wichtig wirklich gediegene wissenschaftliche Arbeit ist«, schrieb Apffelstaedt am 27.2.1939 gelegentlich einer Vortragseinladung an Walter Frank, »Und es kann gerade den Studenten, die in ihrer Zeitschrift den Mund immer ungewöhnlich voll nehmen und recht hochnäsig auf die liberale Wissenschaft bis 1933 herabschauen, gesagt werden, was auch im 19. Jahrhundert gerade auf dem Gebiet der Geschichtsforschung geleistet worden ist.« Allerdings hatte sich Apffelstaedt damit den falschen Adressaten ausgesucht  ; war es doch ausgerechnet Frank gewesen, der 1935 mit »haßerfüllten Angriffen« gegen seinen Lehrer Hermann Oncken (1869–1945) zum Sturm auf die Positionen der bürgerlich-liberalen Geschichtswissenschaft in Deutschland geblasen hatte. Schieder, Deutsche Geschichtswissenschaft, S. 106. 93 Vgl. zu ihm Romeyk, Heinrich Haake. 94 Bollmus, Das Amt Rosenberg, hat gezeigt, wie es Apffelstaedt unter geschickter Ausnutzung seines innerparteilichen Ansehens als »alter Kämpfer« im Bündnis mit dem Essener Gauleiter und rheinischen Oberpräsidenten Terboven und dem preußischen Ministerpräsidenten Göring, allerdings in vorsichtiger Anlehnung an Himmlers »Ahnenerbe«, gelang, unqualifizierten Ansprüchen des Amtes Rosenberg gegenüber den wissenschaftlichen Rang der westdeutschen Vorgeschichtsforschung aufrechtzuerhalten.

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Der engere Vorstand

Abb. 35 Erster Deutscher Kunsthistorikertag auf Schloss Augustusburg in Brühl. Josef Busley (links) und Hans Kauffmann (rechts) im Gespräch auf der Terrasse, Foto: Hartwig Beseler, August 1948.

Provinzialverwaltung in allen Fragen historischer Forschungsförderung ausüben sollte. Der stillschweigende Widerstand mancher Geschichtsvereine gegen diesen Gleichschaltungsversuch und das baldige Ende der NS-Herrschaft haben allerdings verhindert, dass dieses per se wissenschaftlich anspruchsvolle, aber eben von Volkstums- und Heimatideologie ebenso wie von nationalsozialistischen Rassevorstellungen durchdrungene und dem »Wehrgedanken« verpflichtete Konzept einer einheitlichen rheinischen Geschichtsund Heimatpflege allzu weit über seine Anfänge hinausgekommen ist.95 Nach dem Zusammenbruch von 1945 haben zunächst die Kultusminister der neu gegründeten Länder Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Rechte und Aufgaben der früheren rheinischen Provinzialverwaltung übernommen. Der erste Beauftragte des Düsseldorfer Kultusministers im Vorstand, Ministerialrat Josef Busley, war der »Gesellschaft« kein Unbekannter, hatte er doch schon vor 1933 den rheinischen Landeshauptmann dort vertreten. Meist nahm Busley, dessen persönliches Interesse nach wie vor der »Gesellschaft« galt, in seiner Amtszeit bis 1954 selbst an den Vorstandssitzungen teil  ; sein ständiger Vertreter in den übrigen Fällen war der nordrhein-westfälische Staatskonservator im Kultusministerium, Professor Walter Bader. 95 Näheres zu diesem Programm in den folgenden Abschnitten über Jahresversammlungen, Publikationen, »Arbeitsgemeinschaft rRheinischer Geschichtsvereine« und Denkmälerinventarisation.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Als der Landschaftsverband Rheinland 1953 als Rechtsnachfolger der alten Provinzial­ selbstverwaltung entstand, fiel ihm auch das Präsentationsrecht für den Vorstand der »Gesellschaft« von neuem zu. Im Auftrag der ersten beiden Vorsitzenden der Landschaftsversammlung, der Kölner Oberbürgermeister Ernst Schwering (1886–1962) und Theo Burauen (1906–1987) sowie des Landesdirektors Udo Klausa (1910–1998)  – die parlamentarische und administrative Spitze des Landschaftsverbands wurden von der »Gesellschaft« anfangs noch nebeneinander als vertretungsberechtigt betrachtet – vertrat im Vorstand meist Oberregierungsrat Dr. Hermann Vogler den Verband. Gelegentlich erschienen die beiden Spitzenpolitiker und der Landesdirektor, die alle drei auch einen bemerkenswerten persönlichen Anteil an der »Gesellschaft« nahmen, in den Versammlungen aber auch selbst. Nach mehrjähriger Pause hat auch das Kultusministerium von Nordrhein-­Westfalen seit 1961 wieder ständige Vertreter in den Vorstand entsandt  ; es waren dies die auch fachlich am ehesten zuständigen jeweiligen Leiter der staatlichen Archivverwaltung, Regierungsdirektor Wilhelm Classen (1903–1965), Ministerialrat Helmut Dahm (1913– 1996, im Vorstand 1966–1978) und Ministerialrat Hans Schmitz (geb. 1937, im Vorstand seit 1979). Sitz und Stimme im Vorstand hat daneben auch das Kultusministerium von Rheinland-Pfalz als zuständige Behörde des südlichen Teils der ehemaligen Rheinprovinz. Sein erster Vertreter war von 1947–1954 Ministerialdirektor Dr.  Becker aus Koblenz, danach die beiden Kultusminister Albert Finck (1895–1956) und Eduard Orth (1902–1968) selbst. Meist ließen sie sich in den Vorstandssitzungen jedoch von ihrem Archivreferenten, dem jeweiligen Leiter des Koblenzer Landeshauptarchivs, vertreten, der ja ohnehin traditionell Vorstandsmitglied war  ; bei dieser Regelung ist es bis zum Ende der Betrachtungszeit geblieben.

5.2 Die übrigen Vorstandsmitglieder

Will man die Gesamtheit der Vorstandsmitglieder seit 1881 systematischer betrachten, um aus ihrem Wechsel vielleicht doch durchgehende Tendenzen der Vorstandspolitik herauszulesen, so lassen sie sich in zwei große Gruppen scheiden, deren jede höchst unterschiedliche Voraussetzungen für die Vorstandsarbeit mitbrachte  : die zumeist, aber nicht immer aus Industrie und Großfinanz stammenden Patrone mit der Sondergruppe der Oberbürgermeister als Sprecher der die »Gesellschaft« mittragenden Städte und die Gruppe der Wissenschaftler, zu denen in erster Linie Hochschullehrer und Archivare, in geringerer Zahl auch Denkmalpfleger, Museumsbeamte und vereinzelte weitere Berufe zu zählen sind. Wie Tabelle 1 zeigt, ist das Verhältnis dieser beiden Gruppen zueinander über sehr lange Zeit fast paritätisch und dabei bemerkenswert konstant geblieben. Die ursprünglichen Befürchtungen der Bonner Hochschullehrer vor einer Majorisierung durch die 130

Die übrigen Vorstandsmitglieder

»Kaufmannschaft«, die anfangs zu der bekannten Doppelkonstruktion der Gesellschaftsspitze mit nur drei Patronen gegenüber 13 Historikern in beiden Vorstandsorganen geführt hatte, trafen keineswegs ein. Im Gegenteil ist die 1886 eingeführte Zusammenarbeit von jeweils 10–12 Wissenschaftlern mit ebenso vielen Patronen und Oberbürgermeistern einschließlich des Provinzialvertreters im Vorstand den Finanzen der »Gesellschaft« ebenso gut bekommen wie der Vielseitigkeit ihrer Publikationen. Die Zahl der privaten Patrone im Vorstand schwankte von 1886 bis um 1960 stets zwischen sechs und neun und betrug im Durchschnitt etwa sieben, zu denen jeweils zwei bis drei Oberbürgermeister und ein bis zwei Behördenvertreter kamen. Bei den Fachhistorikern betrug das Verhältnis von Hochschullehrern zu Archivaren fast ebenso regelmäßig 6   : 3, wozu noch der Leiter der von der »Gesellschaft« durchgeführten Denkmälerinventarisierung trat.96 Andere Berufe mit wissenschaftlicher Vorbildung sind im Vorstand nur in den allerersten Jahren (drei Gymnasiallehrer, ein Journalist) und nach dem Zweiten Weltkrieg (stets mehrere Geistliche) vertreten gewesen. Erst mit der 1963 einsetzenden erheblichen Vergrößerung des Vorstands hat sich das Gesamtverhältnis wieder stark zugunsten der Akademiker und unter diesen der Archivare und Museumsbeamten verschoben  ; 1978 standen 16 Hochschullehrern zwölf Archivare, ein Bibliothekar und drei Denkmalpfleger gegenüber. Die Zahl der Privatpatrone ist dagegen auf nur noch zwei (die beiden Schatzmeister) und jene der Städte auf eine (Köln) gesunken. In der gleichen Zeit stieg die Anzahl der ständig vertretenen Behörden von einer auf drei. Dies dürfte der allgemeinen Gewichtsverschiebung im öffentlichen Leben seit 1950 entsprechen. Im Einzelnen ergibt die Auswahl der Vorstandsmitglieder ein durchaus regelmäßiges, sich mit den politischen und sozialen Wandlungen der Zeit aber doch jeweils änderndes Bild. Stiftungsfreudigkeit, aktive, zum Teil auch wissenschaftliche Mitarbeit oder aber juristische und kaufmännische Fähigkeiten waren die Hauptgründe, aus denen ein Patron im Allgemeinen in den Vorstand berufen wurde. Lokalpatriotische Gesichtspunkte zugunsten Kölns, wie sie der »Gesellschaft« bisweilen etwa durch den Düsseldorfer Oberbürgermeister Robert Lehr vorgeworfen wurden97, haben bei der Auswahl dagegen kaum eine Rolle gespielt  ; jedenfalls ist die Zahl der auswärtigen Patrone im Vorstand insgesamt merklich größer gewesen als die der Kölner.

96 Dass der Vorstand bewusst darauf achtete, dieses Verhältnis bei Neuberufungen beizubehalten, zeigen mehrere Aufzeichnungen Hansens von 1920 bis 1924 in HAStK, Akten GRhG 12,1. 97 Im Auftrag seines Chefs beschwerte sich der Düsseldorfer Beigeordnete Dr. Thelemann am 26.2.1926 bei Archivdirektor Redlich, dass die Stadt Düsseldorf – nachdem man Lehr nicht gewählt hatte – überhaupt keinen Vorstandssitz mehr habe, während »in Köln ansässige Herren in sehr großer Zahl« dort vertreten seien. In die gleiche Kerbe schlug die »Düsseldorfer Zeitung« mit ihrer Kritik an der Jahreshauptversammlung der GRhG am 9.3.1926, worin sie über den geringen Einfluss Düsseldorfs im Vergleich zu Köln in der »Gesellschaft« klagte. HAStK, Akten GRhG 12,1 und Vorstandssitzung vom 5.3.1926, ebd.

131

Die Organe der »Gesellschaft«

Tabelle 1: Zusammensetzung des Vorstands nach Berufen 18811 Hochschullehrer Archivare Denkmalpflege, ­Museumsbeamte Gymnasiallehrer Geistliche

6 3 – 3 –

Journalisten

1

Oberbürgermeister, Ober­ stadtdirektoren

1

Vertreter öffentlicher Körperschaften



Vorstandsmitglieder insgesamt

16

1901 6 3 –

1919 5 3

1925 8 3





1935 6 3

1949 6 4

1953 6 3

1965

16

8

12







































2 –

1 –

1978

9

1 –

1 – 1 –

2

3

2

3

3

3

12

12

13

13

13

13

24

24

35

35

20

20

24

21

25

22

27

39

Die Vorstandsmitglieder sind in erster Linie nach Funktion, nicht nach ihrem Stand eingeordnet; der geistliche Leiter eines Archivs z. B. nicht als Geistlicher, sondern als Archivar. 1 einschließlich Gelehrtenausschuss 2 mit statutengemäßem Vertretungsrecht (Stadt Köln) 3 desgl. (Provinzialverwaltung der Rheinprovinz) 4 desgl. (Kultusministerien Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz) 5 desgl. (Kultusministerien Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Landschaftsverband Rheinland)

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen im Folgenden einige Patrone und andere Vorstandsmitglieder genannt werden, die sich durch besonders intensive Mitarbeit ausgezeichnet oder aus anderen Gründen Beachtung verdient haben. Außer den schon genannten Mitgliedern des engeren Vorstands, insbesondere der Schatzmeister und des stellvertretenden Schriftführers Alfred Schmidt, wäre hier etwa der Köln-Mülheimer Kabelhersteller und Kommerzienrat Arnold von Guilleaume (1868–1939, im Vorstand 1911–1939) zu nennen98, der zusammen mit anderen Familienangehörigen der »Gesellschaft« 1917 eine bemerkenswert großzügige Stiftung zuwandte.99 Wenn selbst ein so wohlhabender und für die Ziele der Gesellschaft aufgeschlossener Mann wie Guilleaume sich 1932 gezwungen sah, aus wirtschaftlichen Schwierigkeiten sein Patronat niederzulegen und seinen Austritt aus dem Vorstand zu erklären, mag dies die ganze Schwere der Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen für die »Gesellschaft« und ihre Patrone verdeutli98 Steimel, Kölner Köpfe, Sp. 154. Arnold von Guilleaume wurde 1895 Patron und 1916 Stifter der »Gesellschaft«. 99 Die von-Guilleaume-Stiftung war mit 80.000 Mark in fünfprozentiger deutscher Kriegsanleihe dotiert und sollte zur dauerhaften Anstellung schwer kriegsbeschädigter Historiker dienen. JbGRhG 37 (1917), S. 24.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

chen.100 Auf Bitten des Vorsitzenden Kallen, der auf Guilleaumes und seiner Familie Verdienste um die »Gesellschaft« hinwies, verblieb dieser jedoch wegen seiner Stiftereigen­ schaft bis zu seinem Tod im Vorstand und nahm später auch sein Patronat wieder auf. Besonders aktiven Anteil an der Arbeit der »Gesellschaft« zeigte auch der Kölner Bankier und Geheime Kommerzienrat Louis Hagen (1885–1932), der von 1914 bis zu seinem Tod 1932 im Vorstand saß.101 Hagen war nicht nur Inhaber des 1939 liquidierten Kölner Bankhauses A. Levy & Co., bei dem die »Gesellschaft« lange Zeit ihre Guthaben unterhielt, und seit 1915 Präsident der Industrie- und Handelskammer Köln, sondern als liberaler Stadtverordneter (1909–1929) auch ein enger Vertrauter des Oberbürgermeisters Konrad Adenauer.102 Als Vorstandsmitglied der »Gesellschaft der Freunde und Förderer der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn« (Geffrub), des »Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz« und Mitglied der »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« war er vielfältig in der Wissenschaftsförderung und für die rheinische Heimatgeschichte tätig. Um die »Gesellschaft« hat sich Hagen außer durch eigene Stiftungen vor allem durch die Werbung zahlreicher neuer Stifter und Patrone verdient gemacht  ; die finanzielle Sanierung der »Gesellschaft« nach der Inflationskrise von 1923 war nicht zuletzt sein persönliches Werk. Auf Hagens Vorschlag geht auch die gleichzeitige Wahl der Vorstandsmitglieder Alfred Neven DuMont, Paul Silverberg, Ottmar Strauss und Carl Duisberg im März 1925 zurück, die der »Gesellschaft« durch ihre Stiftungen die nötigen Mittel für einen Neuanfang zur Verfügung stellten. Allerdings war auch schon Duisbergs103 beruflicher Förderer und Vorgänger in der Leitung der damaligen A.G. Farbenfabriken vorm. Friedrich Bayer, Henry Theodore von Böttinger (1848–1920), von 1907–1910 Vorstandsmitglied der »Gesellschaft« gewesen.104 Beider Tätigkeit für die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« muss jedoch im weiteren Rahmen ihres sonstigen Eintretens für die Förderung der deutschen Wissenschaft gesehen werden. So hat Böttinger, der als Vertrauter des allgewaltigen Unterstaatssekretärs Friedrich Althoff im preußischen Kultusministerium galt105, Patronat und Vorstandssitz in der »Gesellschaft« 1910 niedergelegt, um sich ganz der im folgenden Jahr gegründeten 100 Briefwechsel Kallen – von Guilleaume Januar 1932, in HAStK, Akten GRhG 12,1. 101 Vgl. zu ihm Soénius, Louis Hagen. Hagen war 1896 Patron und 1911 Stifter der »Gesellschaft« geworden. 102 Vgl. die Beiträge G. Wegener, F.-W. Henning und K. Pabst bei Stehkämper (Hg.), Konrad Adenauer, sowie Schumacher, Stufen des Lebens, S. 425. 103 Über Carl Duisberg (1861–1935) vgl. Plumpe, Carl Duisberg. 104 Der Schwiegersohn des Firmengründers Friedrich Bayer sen. hatte 1907 ein Patronat übernommen, es aber schon 1910 niedergelegt  ; damit erlosch automatisch auch sein Vorstandsmandat. Böttinger war 1891–1908 nationalliberales Mitglied im preußischen Abgeordnetenhaus und betätigte sich vielfach in der »KaiserWilhelm-Gesellschaft« und anderen industriell getragenen Stifterverbänden für die Wissenschaft. Vgl. neuerdings Knoke, Zwischen Weltwirtschaft und Wissenschaft. 105 Darüber u. a. Brocke, Hochschul- und Wissenschaftspolitik, S.  45 u. 77, sowie Burchardt, Wissenschaftspolitik.

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Die Organe der »Gesellschaft«

»Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur ­ Förderung der Wissenschaften« widmen zu können. Duisberg wiederum zögerte 1918, der »Gesellschaft« beizutreten, weil er als geistiger Vater und erster Vorsitzender der 1917 gegründeten »Geffrub« dort zu sehr in Anspruch genommen war.106 Louis Hagen, der auch Schatzmeister der Geffrub war, hat ihn dann aber doch für die »Gesellschaft« gewinnen können. Einer bekannten Kölner Verlegerfamilie entstammte der Kommerzienrat Alfred Neven DuMont (1868–1940), seit 1915 Seniorchef der »Kölnischen Zeitung«. Er blieb von 1925 bis zu seinem Tod im Vorstand und hat die »Gesellschaft« vor allem in verlegerischen und buchhändlerischen Fragen beraten. Der aus Bedburg gebürtige jüdische Industrielle Paul Silverberg (1876–1959), der führende Mann der von seinem Vater Adolf (1845–1903) begründeten rheinischen Braunkohlenindustrie, hatte ursprünglich selbst einmal eine akademiAbb. 36 Alfred Neven DuMont, Porträtfoto, sche Laufbahn angestrebt. Er gehörte seit 1918 undatiert. zu den Patronen der »Gesellschaft«.107 Der aus dem Elsass stammende Geheime Regierungsrat Ottmar Edwin Strauss (1878–1941), auch er jüdischen Glaubens, hatte schließlich gemeinsam mit Otto Wolff, auch dieser seit 1917 Stifter der »Gesellschaft«, 1903 die bekannte Kölner Eisengroßhandlung gegründet und saß in den Aufsichtsräten fast aller Großunternehmen der rheinischen Stahlindustrie.108 Wie Duisberg, Neven DuMont und Silverberg bekräftigte auch Strauss seinen Eintritt in den Vorstand durch eine namhafte Stiftung, wie es Louis Hagen offenbar zuvor mit ihm vereinbart hatte.109 106 Braubach, Gesellschaft, stellt S. 92 f. die besondere Rolle Duisbergs dabei heraus. Neben ihm gehörten vor allem auch Friedrich Bayer jun., v. Böttinger und Louis Hagen zu ihren tatkräftigen Förderern. 107 Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Bd. 2, S. 1869 f. 108 Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Bd. 2, S. 1869 f. 109 Alle vier Genannten wurden am 14.3.1925 auf Hagens Vorschlag in den Vorstand gewählt  ; HAStK, Akten GRhG 10,9. Dass »gewisse finanzielle Erwägungen die Wahl beeinflußt hätten«, sprach man daraufhin zumindest in Düsseldorf offen aus, das nun überhaupt nicht mehr im Vorstand vertreten war  ; Redlich an Hansen vom 28.2.1926, HAStK, Akten GRhG 12,1. Auch in der »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« war es üblich, besonders großzügige Stiftungen mit einem Senatorensitz für den Stifter zu belohnen  ; vgl. Burchardt, Wissenschaftspolitik S. 64.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

Zu den nur kurzzeitig im Vorstand tätigen Kölner Patronen gehörten der als Nachfolger Gustav Michels’ 1910 eingetretene Geheime Kommerzienrat Johann Nepomuk Heidemann (1841–1913), Generaldirektor der Köln-Rottweiler Pulverfabriken und seit 1900 Patron, und der Teilhaber des Kölner Bankhauses Sal. Oppenheim jr., Robert Pferdmenges (1880–1962), den Gerhard Kallen 1940 in den Beirat berief  ; er war seit 1932 Patron und legte sein Vorstandsamt 1954 auf eigenen Wunsch nieder.110 Unter den nichtkölnischen kaufmännischen Patronen im Vorstand fallen vor allem zwei durch die Länge ihrer Amtszeit und ihre regelmäßige Teilnahme an den Sitzungen auf. Der Koblenzer Ehrenbürger und Geheime Kommerzienrat Julius Wegeler (1856– 1913), Mitinhaber der Sektfirma Deinhard und mit einem geschätzten Vermögen von 8–9 Millionen Goldmark zweitreichster Bürger der Stadt111, wurde als Gründungspatron am 1. Januar 1886 in den neugebildeten Vorstand berufen und blieb dort 25 Jahre, bis er sein Amt 1910 altersbedingt niederlegte.112 Ihm lag besonders die sparsame Verwaltung der »Gesellschaft« am Herzen. So empfahl er dem Vorsitzenden Höhlbaum einmal, Rundschreiben an den Vorstand mehrfach zu falten, damit durch kleinere Briefumschläge Porto gespart werden könne.113 Noch länger als Julius Wegeler, nämlich von 1912 bis zu seinem Tod 1939, hat der Düsseldorfer Röhren- und Bergwerksindustrielle, Beigeordnete und Geheime Kommerzienrat Hermann von Krüger (1849–1940), Besitzer von Haus Eller bei Düsseldorf, dem Vorstand der »Gesellschaft« angehört114  ; selbst in hohem Alter hat er bei kaum einer Sitzung gefehlt. Weitaus kürzer dagegen waren die Amts­zeiten des Remscheider Geheimen Kommerzienrats Karl Friederichs (im Vorstand 1900 bis zu seinem Tod 1906)115, des saarländischen Keramikindustriellen Luitwin von Boch-Galhau (gest. 1932), der schon zwei Jahre nach seiner Wahl (1922) wieder austrat116, und des rheinischen Industriellen Peter Werhahn (Vorstandsmitglied 1948–1959). Die Papierfabrikanten Johann Wilhelm Zanders aus Bergisch-Gladbach und Armin 110 Vorstandssitzung 27.4.1954, HAStK, Akten GRhG 10,10. Über seine vielfältige wirtschaftliche und politische Tätigkeit in der Nachkriegszeit vgl. Treue, Robert Pferdmenges. 111 Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 214, auch mit biographischen Angaben. Seit 1890 war Wegeler auch Mitglied des Rheinischen Provinziallandtags. 112 JbGRhG 30 (1910), S. 7  ; Vorstandssitzung 30.12.1910 in HAStK, Akten GRhG 10,6. 113 Wegeler an Höhlbaum am 26.1.1910 in HAStK, Akten GRhG 10,6. 114 Der Düsseldorfer Röhren- und Bergwerksindustrielle (Mannesmann, Hibernia) hatte bis 1900 im preußischen Staatsdienst gestanden und wurde 1915 unbesoldeter Beigeordneter der Stadt Düsseldorf. Im Vorstand regte er 1917 die Herausgabe eines Münzwerks für Kleve-Jülich-Berg an und stiftete als »finanzielle Grundlage« dafür 6000 Mark. JbGRhG 37 (1917), S. 16  ; Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 23. 115 Friederichs, seit 1876 Stadtverordneter und 1900 Ehrenbürger von Remscheid, war seit 1888 auch Mitglied des Provinziallandtags sowie des Preußischen Abgeordnetenhauses  ; auf seine Stiftung geht die Einrichtung der Stadtbibliothek Remscheid zurück. Todesanzeige in HAStK, Akten GRhG 11,1 und freundliche Auskunft von Herrn Dr. Walter Lorenz († 2007), Stadtarchiv Remscheid. 116 Der Generaldirektor und Mitinhaber der Firma Villeroy & Boch in Mettlach und Präsident der Handelskammer Saarbrücken (seit 1920) war durch Arnold von Guilleaume für die »Gesellschaft« gewonnen und

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Die Organe der »Gesellschaft«

Renker aus Zerkall, beide ebenfalls 1948 in den Vorstand kooptiert, stellten ihre Ämter 1959 wieder zur Verfügung. Bei den nicht aus Industrie und Kaufmannschaft stammenden Privatpatronen im Vorstand überwogen wohl nicht zufällig Verwaltungsjuristen und hohe Richter. Zu ihnen gehörte der bereits als Vorsitzender der Jahre 1891–1893 genannte Landrichter und spätere Oberlandesgerichtspräsident Friedrich Adolf Ratjen, der seit 1883 im Vorstand saß, aber auch der Bonner Universitätskurator Johannes Franz von Rottenburg (1845–1907), der 1897 ein Patronat übernahm, weil ihn die »Gesellschaft« als Vorstandsmitglied gewinnen wollte.117 Rottenburg war als Vortragender Rat unter Bismarck zehn Jahre Leiter der Reichskanzlei, dann unter Caprivi und Hohenlohe Unterstaatssekretär im Reichsamt des Innern gewesen und wurde wohl wegen seines Einflusses in Bonn und Berlin in den Vorstand gewählt. Literarisch war er als linksliberaler »Sozial-Moralist« und entschiedener Gegner des Ultramontanismus bekannt geworden.118 Als er und der Rechtshistoriker Hugo Loersch, der älteste juristische Berater des Vorstands, 1907 starben, wählte man von neuem einen Patron, den Trierer und später Koblenzer Landgerichtspräsidenten und Geheimen Oberjustizrat Alfred Freiherr von Hilgers (gest. 1910) als Fachjuristen in den Vorstand. Mit ihm und seinem Amtsnachfolger, dem Koblenzer Geheimen Oberjustizrat Karl Reichensperger, sollte aber auch das südrheinische Element, das im Vorstand immer etwas unterrepräsentiert war, stärker berücksichtigt werden. 1918 gab der 1911 gewählte Reichensperger sein Vorstandsamt aus Altersgründen zurück. Nächster »Vorstandsjurist« wurde 1919 der Gutsbesitzer und Verwaltungsfachmann Clemens Freiherr von Schorlemer(-Lieser) (1856–1922), der 1905–1910 Oberpräsident der Rheinprovinz und danach preußischer Landwirtschaftsminister geworden war.119 Nach seinem Tod fiel der traditionelle Juristensitz wieder an einen Hochschullehrer, den Kölner Rechtshistoriker Hans Planitz, zurück.120 Der zweite und nach Schorlemer in der Betrachtungszeit letzte Landwirt im Vorstand war von 1941 bis zur Niederlegung seines Patronats 1960 der Gutsbesitzer und Agrarforscher Cornel Berk (1889–1965) auf Burg Neuhemmerich bei Frechen.121 als Vorstandsmitglied vorgeschlagen worden  ; über die Gründe seines Austritts vgl. unten, S. 164  ; Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 36 u. Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Bd. I, S. 157. 117 Auf Loerschs Drängen trat der Vorstand deswegen mit einer »etwas feierlichen Bitte« direkt an von Rottenburg heran  ; Loersch an Hansen 26.4.1896, HAStK, Akten GRhG 6,3, sowie JbGRhG 16 (1896), S. 5. 118 Stein von Kamienski, Bonner Kuratoren, S. 553–556. 119 Der Freiherr und mehrfache Weingutsbesitzer war seit 1880 verheiratet mit Maria Puricelli aus einer Hüttenbesitzerfamilie, die der »Gesellschaft« viele Patrone gestellt hatte  ; er selbst war seit 1899 Patron. JbGRhG 38 (1918), S. 8. 120 Über Planitz und seinen Vorstandsnachfolger Gotthold Bohne vgl. unten Anm. 206, S. 157. 121 Der promovierte Landwirt und Züchtungsforscher Cornel Berk galt auch wegen seiner Arbeiten über die betriebliche Rationalisierung und Technisierung als »Pionier der rheinischen Landwirtschaft«  ; 1946 wurde er Oberster Landwirtschaftsrichter der britischen Besatzungszone, 1950 Beisitzer im Landwirtschaftssenat des Bundesgerichtshofs. Wissenschaftlich förderte er die Entstehung eines Urkundenbuchs der Burg Neuhemmerich, trat der GRhG 1941 als Patron bei und wurde wohl wegen des damaligen großen Interesses an

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

Eine besondere Gruppe unter den Patronen im Vorstand stellten seit 1886 die Oberbürgermeister rheinischer Städte dar. Durch ihre Wahl sollte »die tätige Teilnahme der großen Städte der Provinz an dem Streben und dem Werken der ›Gesellschaft‹ deutlicher als bisher im Vorstand zum Ausdruck gelangen«122, zumal sie zur Zeit des Dreiklassenwahlrechts das großbürgerliche Element nicht weniger kräftig repräsentierten als die kaufmännischen Privatpatrone. Von ihnen erwartete die »Gesellschaft« vor allem Unterstützung gegenüber den Stadtverordneten und im Provinziallandtag und ein größeres Entgegenkommen der städtischen Finanz- und Archivverwaltungen. Überdies sollten die Oberbürgermeister mittels ihrer amtlichen und gesellschaftlichen Beziehungen in ihren Städten eifrig neue Patrone werben. Deshalb wurde auch dann noch auf ihre persönliche Mitarbeit im Vorstand Wert gelegt, als zunehmende Verwaltungsarbeit und Politisierung der kommunalen Spitzenämter das persönliche Erscheinen auswärtiger Stadtoberhäupter nach 1918 immer mehr erschwerten. Hansen und Schulte haben auch begründete Anträge der Oberbürgermeister Jarres (Duisburg)123, Lehr (Düsseldorf) und Farwick (Aachen)124, sich ebenso wie der Landeshauptmann durch fachlich kompetente Beamte im Vorstand vertreten lassen, lange Zeit abschlägig beschieden.125 Erst unter Kallen hat die Macht der Tatsachen hier Wandel geschaffen und dazu geführt, dass sich die Stadtoberhäupter in Einzelfällen seit der »Bauernforschung« am 17.3.1941 zum Beiratsmitglied ernannt  ; nach Kriegsende hat er dem Vorstand nicht mehr angehört. Beiratsprotokoll vom 17.3.1941, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1  ; Clemens, Gestalten und Gestalter, S. 17–20. 122 Wahlbenachrichtigung Höhlbaums an die Oberbürgermeister Pelzer (Aachen) und Becker (Düsseldorf) vom 12.12.1885 (Entwurf), HAStK, Akten GRhG 11,1. 123 Jarres an den stellvertretenden Vorsitzenden Schulte vom 6.3.1928, HAStK, Akten GRhG 12,1. Unter Hinweis auf dringende Dienstgeschäfte, die den »wünschenswerten Konnex mit der Gesellschaft« immer wieder behinderten, regte Jarres auch »im Sinne manches Berufskollegen« an, den Oberbürgermeistern »bei etwas weiterer Auslegung der Satzung« im Verhinderungsfall die Vertretung durch den Leiter ihres Stadtarchivs zu gestatten. 124 Lehr, der an Vorstandssitzungen selbst kaum jemals teilnahm, verwies am 9.3.1928 auf dringende »Belange seiner Stadt« und beantragte eine förmliche Satzungsänderung  ; Wilhelm Farwick (eingegangen am 14.3.) wollte dadurch »auch die ferner Wohnenden in den übrigen Teilen der Provinz« wie die häufiger anwesenden Vorstandsmitglieder aus Köln und Bonn an den Verhandlungen des Vorstands beteiligen. HAStK, Akten GRhG 12,1. 125 Schulte antwortete den drei Antragstellern am 14.3.1928, die Oberbürgermeister seien nach seiner Rechtsauffassung nicht als Vertreter bestimmter Städte gewählt – dies hätte zu festen Sitzen für bestimmte Städte geführt, die die »Gesellschaft« vermeiden wolle –, sondern nach ihrer Einzelpersönlichkeit, ihren historischen Interessen und ihrer Erfahrung in Verwaltungsgeschäften. Hinzu komme ihr großer persönlicher Einfluss »gerade auf die Kreise der Bürgerschaft, …  aus denen unserer Gesellschaft Patrone und Stifter gewonnen werden können«. Für beides biete eine Vertretung durch Beigeordnete oder Stadtarchivare im Vorstand keinen Ersatz. Mit ähnlichen Argumenten hatten Hansen und der Vorstand Ende 1921 schon einmal den Vorschlag des oft verhinderten Farwick vom 24.12.1921 abgelehnt, an seiner Stelle den Stadtarchivdirektor Huyskens zum Vertreter Aachens zu wählen  ; HAStK, Akten GRhG 10,8 und 12,1 (Zustimmung Farwicks vom 13.1.1922).

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Die Organe der »Gesellschaft«

1926126, allgemein dann als Oberstadtdirektoren nach 1946 durch ihre zuständigen Beigeordneten, Archiv- oder Bibliotheksdirektoren in den Sitzungen vertreten ließen. Die Versachlichung der Beziehungen zwischen Vorstand und Stadtoberhäuptern hat dann allerdings, wie befürchtet, mit dazu geführt, dass von allen rheinischen Städten im behandelten Zeitraum nur noch Köln durch einen Beigeordnetenposten im Vorstand vertreten war. Dass der Vorstandssitz eines Oberbürgermeisters trotzdem eng mit seinem Amt verbunden war, musste als Erster der Aachener Verwaltungschef Ludwig Pelzer (1835–1915) erfahren, der auch nach seiner Amtsniederlegung 1896 gern Vorstandsmitglied geblieben wäre. Obwohl es eine ausdrückliche Rücktrittsklausel für die Oberbürgermeister in der Satzung nicht gab, hielt es der Vorstand doch für ein »widersinniges Verhältnis«, wenn jemand Vorstandsmitglied war, ohne der »Gesellschaft« selbst anzugehören.127 Als Pelzer daraufhin ein persönliches Patronat übernahm, wählte ihn der Vorstand 1897 mit Vergnügen von neuem hinzu. Erst 1909 hat er seinen Sitz zum beiderseitigen Bedauern krankheitshalber endgültig aufgeben müssen.128 Auf gleiche Weise, wenn auch aus anderen Gründen, verblieb auch der Duisburger Oberbürgermeister Karl Jarres (1874–1951) 1933 als persönlicher Patron im Vorstand, als er auf nationalsozialistischen Druck hin sein kommunales Amt verlor129. In den Jahresberichten wurde er seitdem mit seinem früheren Titel als »Preußischer Staatsrat« aufgeführt. Der Vorstand nahm – leider ohne ersichtlich werdende Begründung – davon Abstand, neben ihm auch seinen nationalsozialistischen Amtsnachfolger zu kooptieren, so dass die Stadt Duisburg bis 1948 ohne Vertretung in der »Gesellschaft« blieb. Feste Sitze für bestimmte Städte gab es, abgesehen von der Sonderstellung Kölns, nach Ansicht des Vorstands formell ohnehin nicht. Zwar hatte sich schon früh eine Tradition herausgebildet, nach der außer Köln auch Aachen und Düsseldorf ständig im Vorstand vertreten waren. Mit den Namensvettern Hermann und Friedrich Wilhelm (ab 1911 »von«) Becker (1835–1924, Vorstandsmitglied 1881–1885), Max Wallraf (1859–1941, Vorstandsmitglied 1908–1917), Konrad Adenauer (1876–1967, Vorstandsmitglied 1918–1933), mit 126 Im Auftrag des Gesamtvorstands teilte Keussen am 14.8.1928 (Entwurf) den drei Oberbürgermeistern mit, dass gegen eine Vertretung durch ein Mitglied ihrer Stadtverwaltung von Fall zu Fall zum Zweck der Information keine Bedenken mehr bestünden  ; trotzdem bleibe die persönliche »lebendige Fühlungnahme« weiter erwünscht, da die Oberbürgermeister im Vorstand »gerade ein Gegengewicht gegen die reinen Wissenschaftler« bilden sollten. HAStK, Akten GRhG 12,1  ; der entsprechende Vorstandsbeschluss vom 25.7.1928 in HAStK, Akten GRhG 10,9. 127 Hansen an den Geheimen Regierungsrat Peltzer [sic  !] am 16.3.1896, Konzept in HAStK, Akten GRhG 11,1. Am 14.3.1896 hatte der Vorstand beschlossen, dass Pelzers Mandat durch das Ende seiner Bestellung zum Oberbürgermeister als erloschen anzusehen sei  ; HAStK, Akten GRhG 10,3. 128 JbGRhG 16 (1896), S. 5  ; JbGRhG 29 (1909), S. 6  ; Rücktrittsschreiben Pelzers vom 22.6.1909 in HAStK, Akten GRhG 11,1. 129 Jarres wurde ausdrücklich gebeten, zu diesem Zweck ein eigenes Patronat zu übernehmen, damit der Vorstand ihn nicht verliere. Beschluss der Wissenschaftlichen Kommission vom 27.1.1934, HAStK, Akten GRhG 13,2. Über Jarres vgl. u. a. Kruse, Karl Jarres.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

den Nationalsozialisten Günther Riesen (Vorstandsmitglied 1934–1936), Karl Georg Schmidt (Vorstandsmitglied 1936–1940) und Peter Winkelnkämper (Vorstandsmitglied 1941–1944), mit den Oberstadtdirektoren Wilhelm Suth (1881–1956, Vorstandsmitglied 1947–1953) und Max Adenauer (1910–2004, Vorstandsmitglied 1954–1965) und schließlich den Beigeordneten Kurt Hackenberg (1914–1981, Vorstandsmitglied 1966–1978) und Peter Nestler (Vorstandsmitglied seit 1979) war allerdings nur Köln wirklich ununterbrochen im Vorstand vertreten. Ludwig Pelzer (Vorstandsmitglied 1886–1909), sein Amtsnachfolger Philipp Veltman (1859–1916, Vorstandsmitglied 1910–1916), der wegen Pelzers Verbleiben im Vorstand zwölf Jahre warten musste, ehe er auch dort seine Nachfolge antrat, Wilhelm Farwick (1863–1941, Vorstandsmitglied 1917–1928) und Quirin Jansen (1888–1953, Vorstandsmitglied 1938–1944) haben die Stadt Aachen ebenfalls über Jahrzehnte hindurch im Vorstand repräsentiert. Das Gleiche gilt für die Düsseldorfer Oberbürgermeister Friedrich Wilhelm Becker (1835–1924), der erst 1886 Kölner Stadtoberhaupt wurde130, Ernst Lindemann (1833–1900, Vorstandsmitglied 1886–1899), Wilhelm Marx (1851–1924, Vorstandsmitglied 1901–1910), Adalbert Oehler (1860–1943, Vorstandsmitglied 1911–1919) und Emil Koettgen (1875–1925, Vorstandsmitglied 1919– 1924). Als Robert Lehr, 1924 zum Düsseldorfer Oberbürgermeister gewählt, diese Reihe fortsetzen wollte und deshalb zwei Jahre später durch seinen Beigeordneten Dr.  Thelemann sowie zwei Düsseldorfer Vorstandsmitglieder an seine immer noch nicht erfolgte Wahl erinnern ließ, bemerkte er maliziös, es sei doch »zu wunderbar«, dass die Stadt Düsseldorf als Mitbegründerin und Hauptträgerin der »Gesellschaft« nicht mehr im Vorstand vertreten sein solle, während »in Köln ansässige Herren in sehr großer Zahl« darin säßen.131 In der Tat hatte Hansen im Hinblick auf die äußerst seltene Anwesenheit von Lehrs Vorgängern im Vorstand lakonisch festgestellt, »die Herren kämen ja doch nie«132,

130 Friedrich Wilhelm, der »lange Becker«, wie er im Unterschied zu seinem »roten« Kölner Vorgänger Hermann Heinrich Becker hieß (vgl. oben, S. 64), wurde am 8.12.1885 als Düsseldorfer Oberbürgermeister (1876–1886) in den Vorstand gewählt  ; er blieb dort natürlich auch nach seiner Wahl zum Kölner Stadtoberhaupt am 1.6.1886. Der 1911 geadelte Ehrenbürger von Köln (1905) war 1895 bis 1897 sowie von 1903 bis 1907 Vorsitzender des Provinziallandtags und Mitglied des Preußischen Herrenhauses auf Lebenszeit. 1907 trat er von seinem Kölner Amt zurück. Steimel, Kölner Köpfe, Sp. 46. 131 Oberbürgermeister Dr. Lehr (i. V. Beigeordneter Dr. Thelemann) an Staatsarchivdirektor Redlich, 26.2.1926. Redlich und von Krüger, der ein gleichlautendes Schreiben erhalten hatte, setzten sich daraufhin bei Hansen für die Wahl von Lehr ein. HAStK, Akten GRhG 12,1. 132 Zu Redlich, als dieser ihn schon früher auf die anstehende Wahl des neuen Düsseldorfer Stadtoberhauptes hingewiesen hatte  ; Redlich an Hansen vom 28.2.1926, HAStK, Akten GRhG 12,1. In seiner (wohl nicht abgesandten) Antwort wies Hansen Redlich darauf hin, dass Emil Koettgen in fünf Jahren nur ein einziges Mal, dessen Vorgänger Oehler gar überhaupt nie an einer Vorstandssitzung teilgenommen hätten und die Verwaltungschefs der großen Städte kaum noch in der Lage seien, der »Gesellschaft« Interesse und praktische Unterstützung in der früheren Weise zuzuwenden. Wie berechtigt solche Bedenken waren, sollte sich alsbald nach der Wahl Lehrs in den oben erwähnten Vertretungsanträgen zeigen.

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Die Organe der »Gesellschaft«

und die Wahl der geldbringenden Stifter aus dem Freundeskreis Louis Hagens vorgezogen.133 Dennoch wurde auch Lehr, als 1926 die nächste Stelle frei wurde, in den Vorstand gewählt. Für Farwicks Aachener Nachfolger Wilhelm Rombach (1923) fand sich dagegen kein Sitz mehr. Dafür musste Lehrs nationalsozialistischer Amtsnachfolger Hans Wagenführ in Düsseldorf (Vorstandsmitglied 1933–1937), als er 1937 über eine Korruptionsaffäre stürzte, seinen Platz wieder dem Aachener Stadtoberhaupt, Quirin Jansen (1888– 1953, im Vorstand 1934–1945), überlassen. Als letzter Düsseldorfer Verwaltungschef hat nach dem Krieg von 1948 bis 1955 Oberstadtdirektor Walter Hensel (1899–1986) dem Vorstand angehört, während Aachen nicht mehr zum Zuge kam. Andere rheinische Städte sind sehr viel seltener und auch nur vorübergehend in der Leitung der »Gesellschaft« vertreten gewesen, obwohl einige von ihnen ebenfalls seit der Gründung zu ihren Patronen zählten. Die Wahl des Elberfelder Stadtoberhaupts Hermann Adolf Jaeger (1832–1899) führte 1885 zu einer gewissen Peinlichkeit, da man erst nachträglich bemerkte, dass die Stadt Elberfeld seit einiger Zeit nicht mehr Patronin war. Nach fast einjährigem Hin und Her konnte sie aber bewegt werden, ihr Patronat wiederaufzunehmen134, und Jaeger blieb von 1886 bis zu seinem Tod 1899 ein bei der Werbung neuer Patrone besonders erfolgreiches Vorstandsmitglied. Aus der 1881 geplanten Wahl des amtierenden Dürener Bürgermeisters, Hubert Jakob Werners, in den Vorstand ist nie etwas geworden. Auch die 1922 vorgesehene Berufung des Trierer Oberhauptes Albert von Bruchhausen135 kam nicht zustande, weil die Hochinflation alle Vorstands- und Jahresversammlungen bis 1924 unterbrach. Bruchhausen wäre der einzige Bürgermeister einer südrheinischen Stadt gewesen, den die »Gesellschaft« über 100 Jahre hinweg in ihrem Vorstand sah. Bonn dagegen hielt mit Ludwig Rickert (Vorstandsmitglied 1933–1944), Duisburg mit Oberstadtdirektor Gustav Reinhold Klimpel (Vorstandsmitglied 1948–1954) und Essen mit dessen Amtskollegen Hellmuth 133 Bei der Wahl der Kölner Industriellen Neven DuMont, Silverberg, Duisberg und Strauss anstelle des Düsseldorfer Oberbürgermeisters hatte in der Tat die in den Vorverhandlungen geklärte Bereitschaft den Ausschlag gegeben, »daß sie als hier ansässige Persönlichkeiten in unseren Sitzungen erscheinen und unsere Finanzen fördern würden«. Hansen an Redlich, 1.3.1926, HAStK, Akten GRhG 12,1. Auch Redlich hatte in Düsseldorf bereits zugegeben, dass »gewisse finanzielle Erwägungen« 1925 die Vorstandswahlen beeinflusst hätten  ; an Hansen 28.2.1926, HAStK, Akten GRhG 12.1. 134 Der nachträglich von Höhlbaum festgestellte Rechtsmangel der von der Jahresversammlung am 8.12.1885 getroffenen Wahl Jaegers verursachte im Vorstand eine längere Diskussion über die »Gesetzmäßigkeit der Handlungen der jetzigen Organe der Gesellschaft«, da einige Vorstandsmitglieder den Wahlbeschluss einfach annullieren wollten, ohne die satzungsgemäß beteiligten Mitglieder zu fragen  ; »es könnte durch diese Benachrichtigungen ein unangenehmes Geräusch entstehen« (Ratjen). Schließlich setzen sich Loersch und Höhlbaum mit ihrem Antrag auf Suspendierung des Beschlusses bis zur Wiederaufnahme des Elberfelder Patronats durch, die aber erst im September 1886 erfolgte  ; erst danach erhielt Jaeger die Wahlbenachrichtigung. HAStK, Akten GRhG 11,1. 135 Vorstandssitzung 29.12.1922, HAStK, Akten GRhG 10,8.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

Kleinert (Vorstandsmitglied 1955–1958) wenigstens für einige Jahre einen Vorstandssitz. Gerhard Kallen benutzte die Vorstandsreform von 1935 nicht zuletzt, um die »Fraktion« der Oberbürgermeister durch drei Neuberufungen gegenüber Wissenschaftlern und Privatpatronen zu stärken. Seit den 1930er Jahren hat die »Gesellschaft« außer den Städten auch anderen Korporationen, die ein Patronat hielten, gelegentlich Sitze im Vorstand eingeräumt, ohne dieses Recht allerdings in der Satzung zu verankern. So vertrat im Auftrag des Landesbauernführers Freiherr von Eltz-Rübenach der Abteilungsleiter bei der Landesbauernschaft Rheinland Dr. Christian Henk (1894–1960) seine Organisation von 1938–1944 im Beirat der »Gesellschaft«, deren »Forschungen auf dem Gebiet des rheinischen Bauerntums« die Landesbauernschaft unterstützte.136 Das Kölner Metropolitankapitel als Förderer der Publikation »Regesten der Erzbischöfe von Köln« entsandte die Prälaten Domkapitular Wilhelm Corsten (1890–1970, Vorstandsmitglied 1948–1970) und Dompropst Carl Gielen (1900–1987, Vorstandsmitglied seit 1973) als seine Vertreter in den Vorstand. Domvikar Erich Stephany (1910–1990) wurde 1975 nicht nur für das Aachener Domkapitel als Förderer der »Gesellschaft«, sondern auch aufgrund eigener wissenschaftlicher Forschungen als Diözesanarchivar und Vorsitzender des Aachener Geschichtsvereins in den Vorstand berufen. In der zweiten großen Gruppe der Vorstandsmitglieder, den Wissenschaftlern, bieten die Hochschullehrer bei weitem das differenzierteste Bild. Ursprünglich wurden sämtliche Geschichtsprofessoren der Universität Bonn – eine andere gab es im Rheinland noch nicht  – in den Gelehrtenausschuss und späteren Vorstand der »Gesellschaft« berufen, gleichgültig, ob sie sich persönlich mit rheinischer Landesgeschichte beschäftigten oder nicht. So reichte die Spanne anfangs von Karl Lamprecht, der sich ja sogar für rheinische Landesgeschichte habilitieren wollte, bis zum Ausschussvorsitzenden Arnold Schaefer, der als Althistoriker wissenschaftlich auf ganz anderen Gebieten zu Hause war. Schaefers Bonner Nachfolger, der etwas steife, zurückhaltende Schleswiger Heinrich Nissen (1859–1912, im Gelehrtenausschuss seit 1885, Vorstandsmitglied seit 1886)137, gehört als Ausgräber des römischen Legionslagers bei Neuss zu den Begründern der rheinischen Provinzialarchäologie und hat sich als Gründungsmitglied der »Rheinischen Kommission für die Denkmälerstatistik« und als erster Leiter des »Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz« bei der »Gesellschaft« auch in der Erforschung des rheinischen Mittelalters und der Neuzeit große Verdienste erworben.138 Der Althistoriker Ulrich Wilcken 136 Der Landesbauernführer Rheinland an Landesrat Apffelstaedt, 30.11.1937, auf dessen Anfrage vom 23.11., ALVR, KultPv 11016. Nach dieser Korrespondenz ging die Vertretung des Reichsnährstandes im Vorstand der »Gesellschaft« auf einen Wunsch Kallens zurück. Henks Lebensdaten nach freundl. Mitteilung von Hrn. Dr. Geck, Landwirtschaftskammer Rheinland in Bonn. 137 Kirsten, Heinrich Nissen, S. 201  ; Hübinger, Das historische Seminar, S. 116 ff. Nissen war über Marburg (1869), Göttingen (1877) und Straßburg (1878) 1884 nach Bonn gekommen, wo er 1894/1895 Rektor war und 1911 emeritiert wurde. 138 JbGRhG 31 (1911), S. 7  ; Kondolenzschreiben Hansens vom 1.3.1912 in HAStK, Akten GRhG 11,2.

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Die Organe der »Gesellschaft«

(1862–1944) gab an der Bonner Universität wie im Vorstand der »Gesellschaft« nur ein kurzes Gastspiel (1913–1915), während Conrad Cichorius (1863–1932, Vorstandsmitglied seit 1917), der 1923/1924 auch Bonner Rektor war139, vor allem seine organisatorischen Erfahrungen in den Vorstand eingebracht hat. Cichorius war der letzte Althistoriker im Vorstand der »Gesellschaft«  ; die zunehmende Spezialisierung im Bereich der Geschichtswissenschaften hat der Tradition, stets sämtliche Bonner Ordinarien dieses Faches in den Vorstand zu berufen, ein Ende gesetzt. Von den zahlreichen Vertretern der mittleren und neueren Geschichte aus Bonn und Köln, die dort längere oder kürzere Zeit mitgewirkt haben, können hier nur wenige erwähnt werden, zumal die Amtsinhaber des engeren Vorstands aus diesem Kreis schon genannt worden sind. Neben Karl Menzel140, Alfred Dove (1844–1916)141 und Walter Holtzmann (1891– 1963)142 aus Bonn sowie Johannes Ziekursch (1876–1945)143 und Heinrich Büttner (1909–1970)144 aus Köln, die auch ohne besondere Vorstandsämter die Arbeiten der »Gesellschaft« gefördert oder ihre Beziehungen nach außen gefestigt haben, ist hier vor allem der Bonner Nestor der rheinischen Territorialgeschichte seit der Frühen Neuzeit, Max Braubach (1899–1975)145, zu würdigen, der dem Vorstand noch etwas länger als 139 Braunert, Conrad Cichorius  ; über Wilcken vgl. Oertel, Ulrich Wilcken. 140 Über Menzel vgl. oben S. 57–58 u. 67. 141 Dove (1885 Mitglied des Gelehrtenausschusses, 1886–1891 Vorstandsmitglied) gab seine 1884 begonnene Bonner Lehrtätigkeit 1891 wieder auf, um sich als Redakteur der seit 1882 in München verlegten »Allgemeinen Zeitung« ganz seinen journalistischen Neigungen widmen zu können. Seit 1897 wieder Ordinarius in Freiburg, wurde er Mitglied der Zentraldirektion der »Monumenta Germaniae Historica« und 1903– 1916 Vorsitzender der »Badischen Historischen Kommission«. Vgl. zu Dove aus jüngerer Zeit StadlerLabhart, Die Welt des Alfred Dove. 142 Walther Holtzmann (1891–1963) war 1936–1955 Ordinarius für Mittlere und Neuere Geschichte in Bonn und leitete anschließend bis 1961 das Deutsche Historische Institut in Rom. Seit 1946 war er Mitglied der Zentraldirektion der »Monumenta Germaniae Historica« und der »Münchner Historischen Kommission«. Vgl. Schmale, Walther Holtzmann. 143 Ziekursch, der 1927–1943 in Köln lehrte, gehörte zu den wenigen bürgerlich-liberalen Republikanern und Bismarckkritikern unter den Hochschullehrern der Weimarer Zeit. Als Gegner des Nationalsozialismus hat er im Vorstand (1932 bis zu seiner Emeritierung 1943) nur wenig Einfluss auszuüben vermocht. Vgl. zu ihm u. a. Faber, Johannes Ziekursch. 144 Als Archivar war er Marburger Ordinarius (1949–1963), Vorsitzender der »Historischen Kommission für Hessen« (1954–1963 als Nachfolger von Edmund E. Stengels) und Leiter des Hessischen Landesamtes für Geschichtliche Landeskunde (seit 1953) war Heinrich Büttner einer der besten Kenner insbesondere der mittelrheinischen und oberdeutschen Landesgeschichte, als er 1963 nach Köln berufen wurde. Dem Vorstand der GRhG hat er von 1964 bis zu seinem Tod angehört. Vgl. zu ihm Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 92. 145 Braubach war eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der GRhG. Er war Mitglied der GRhG seit 1925 und Vorstandsmitglied von 1932 bis zu seinem Tod 1975. Vgl. die Würdigung von Repgen, Max Braubach  ; Braubachs Schriften erschließt Becker, Bibliographie Max Braubach. Aus jüngerer Zeit Scholtyseck,

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

Moriz Ritter, nämlich 43 Jahre lang, angehörte, ohne darin jemals ein Amt zu bekleiden. Auch von den Publikationen der »Gesellschaft« ist keine unter seinem eigenen Namen erschienen. Doch hat er zu nicht wenigen, wie den »Rheinischen Lebensbildern«, die erste Anregung gegeben und im Vorstand, wenn auch manchmal in deutlicher Opposition gegen seinen dynamischeren Konkurrenten Kallen, dank großer persönlicher Autorität stets vermittelnd und ausgleichend gewirkt. Als Vorsitzender des »Historischen Vereins für den Niederrhein« seit 1936, den er, anders als die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, von nationalsozialistischen Einflüssen weitgehend freihalten konnte146, und als Vorstands- oder Ehrenmitglied weiterer Geschichtsvereine hat er nicht nur durch seine akademische Lehre und Forschung, sondern auch durch seine Organisationskunst und feste Hand in diplomatischen Fragen das historische Vereinswesen im Rheinland maßgebend beeinflusst und eine ganze Generation rheinischer Landeshistoriker mitgeprägt.147 Neben Braubach haben daran vor allem die Leiter des Bonner Instituts für geschichtliche

Abb. 37 Max Braubach, Porträtfoto, Foto: Dorothea Bleibtreu, undatiert.

Max Braubach und (mit dem Fokus auf die Arbeiten Braubachs zu Kurfürst Clemens August von Köln) Rohrschneider, Herrschaftspraxis. 146 Hegel, Von Joseph Hubert Mooren bis Max Braubach, S. 21 und Kisky, Der Historische Verein für den Niederrhein, S. 228. Dieser Beitrag ist, so die Feststellung von Stephan Laux, einer der sehr wenigen seiner Art, in dem die Geschichtsvereine im Rheinland sich überhaupt in irgendeiner Weise auf die Erfahrungen im Nationalsozialismus besannen. Die Quintessenz der Darstellung Kiskys lief allerdings darauf hinaus, dass der »Historische Verein für den Niederrhein« sich unter der Diktatur auf keinerlei »Konjunkturwissenschaft« eingelassen habe. Die Aussage ist zweifelsohne als eine Spitze gegen die Vertreter anderer Geschichtsvereine zu sehen wie insbesondere des »Aachener Geschichtsvereins« unter Albert Huyskens (vgl. Laux, Zwischen Traditionalismus und »Konjunkturwissenschaft«). Darüber hinaus schlugen im Falle Kiskys auch persönliche Animositäten gegenüber der Person des Düsseldorfer Staatsarchivars Bernhard Vollmer zu Buche. Vgl. Wisotzky, Vollmer-Kisky-Streit. 147 Er selbst hat dem historischen Vereinswesen des Rheinlandes auch die bisher letzte, hier bereits mehrfach herangezogene Gesamtdarstellung gewidmet  : Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen (Festgabe zur Hundertjahrfeier des Vereins).

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Die Organe der »Gesellschaft«

Landeskunde mitgewirkt, das 1920 auf Antrag Aloys Schultes, aber im Wesentlichen nach den Vorstellungen des damaligen Privatdozenten Hermann Aubin (1885–1969)148 an der Universität errichtet worden war.149 1928 hatte er einen eigenen Lehrstuhl für Rheinische Landesgeschichte, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte erhalten.150 Aubin, der sich 1916 habilitiert und 1920 erstmals in Bonn einen ausdrücklichen Lehrauftrag für geschichtliche Landeskunde erhalten hatte151, gehörte der »Gesellschaft« schon seit 1911 als Mitarbeiter der damals von Stutz geleiteten Weistümer-Edition und seit 1913 als Mitglied an  ; nach kurzer Tätigkeit im Vorstand von 1922 bis 1925 verließ er jedoch Bonn, wo ihm das preußische Kultusministerium damals noch keinen Lehrstuhl gewähren wollte152, um ein Ordinariat in Gießen und später (1929) in Breslau zu übernehmen. Als Leiter des »Geschichtlichen Atlas« ist er aber noch bis 1929 für die »Gesellschaft« tätig gewesen.153 Seine Nachfolger in der Leitung des Bonner Instituts, Franz Steinbach (im Vorstand 1930–1963), Franz Petri (1961–1968), Edith Ennen (seit 1968) und Georg Droege (im Vorstand seit 1975), trugen mit dazu bei, dass die aus einer teilweisen Überschneidung der beiderseitigen Arbeitsgebiete herrührenden Rivalitäten zwischen »Institut« und »Gesellschaft«, die sich auch im finanziellen Bereich gegenüber der Provinzialverwaltung bemerkbar machten, abgebaut werden konnten und einer engen Zusammenarbeit unter planmäßiger Teilung der Aufgaben gewichen sind. Mevissens Wertschätzung der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte entsprach es, dass auch Nationalökonomen und Wirtschaftshistoriker – beide Fächer waren damals noch kaum getrennt – von Anfang an im Vorstand vertreten waren. Der erste war wohl Karl 148 Der Freiburger Below-Schüler Aubin habilitierte sich 1916 in Bonn, wo er 1921 eine außerordentliche Professur erhielt  ; 1925 ging er als Ordinarius nach Gießen, 1929–1945 nach Breslau (mit einer Gastprofessur in Kairo 1931–1933) und wurde 1946 nach Hamburg berufen. Nach seiner Emeritierung 1954 las er noch lange Jahre als Honorarprofessor in Freiburg  ; Hübinger, Das historische Seminar 135 ff.; Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 89 ff. Eine maßgebliche, kritische Studie zu Aubins ideologischen Prägungen und wissenschaftspolitischen Wirkungskreisen verfasste Mühle, Der Historiker Hermann Aubin. 149 Steinbach, Das Institut für geschichtliche Landeskunde  ; Droege, Aufgaben  ; am ausführlichsten und mit den Gründungsdenkschriften Ennen, Hermann Aubin. 150 Hübinger, Das historische Seminar S. 136. 151 Zuvor hatten dort bereits Aloys Meister (1866–1925) und Justus Hashagen, wenn auch ohne speziellen Auftrag, »eifrig die rheinische Geschichte« gepflegt  ; Hübinger, Das historische Seminar, S. 134 f. 152 »Ich stehe eben manchen Leuten nicht zu Gesicht«, schrieb Aubin dazu in seinem Abschiedsbrief an Hansen, in dem er sein Vorstandsmandat niederlegte. 23.3.1926, HAStK, Akten GRhG 12,1. 153 Aubin war seit 1922 Mitglied der Atlaskommission des Vorstands. Er habe in kaum einem anderen Gremium so freudig mitgearbeitet wie in der rheinischen »Gesellschaft«, »deren Tätigkeit immer von einem frischen weiten Geiste getragen war«, schrieb er Kallen nach Annahme des Breslauer Rufes am 28.7.1929  ; jetzt müsse er aber »mit dem Abbau meiner Stellung an der deutschen Westfront« beginnen und mit dem bisherigen Auftrag zur Betreuung der archäologischen Karte alle Verbindungen zur »Gesellschaft« »außer den moralischen« lösen. Als seinen Nachfolger empfahl Aubin Franz Steinbach, der 1930 in den Vorstand eintrat. HAStK, Akten GRhG 12,1.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

Lamprecht selbst, der in Bonn sein »Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter« schrieb und Gustav Mevissen widmete. Als er den erhofften Lehrstuhl in Bonn trotz Mevissens Fürsprache bei Althoff und dessen Wohlwollen ebenso wenig erhielt wie die angestrebte Sekretärsfunktion – im Sinne eines Akademiesekretärs – in der Geschichtsgesellschaft, nahm er zwar 1890 enttäuscht einen Ruf nach Marburg und im folgenden Jahr nach Leipzig an, blieb der »Gesellschaft« als Leiter ihrer Urbaredition aber auch weiter verbunden. Von seinem kulturgeschichtlichen Ansatz und auch seinem Sinn für öffentliche Wirksamkeit kann Eberhard Gothein, der 1890 auf den von Althoff eigentlich Lamprecht zugedachten Bonner Lehrstuhl für Nationalökonomie berufen wurde, in gewissem Sinne als dessen Nachfolger im Rheinland gelten. Auch er hat sich in Bonn überwiegend mit rheinischer Kultur- und Wirtschaftsgeschichte beschäftigt und ist als wissenschaftlicher Berater Mevissens an Lamprechts Stelle getreten. Wie Lamprecht bei der Gründung der Geschichtsgesellschaft, so hat Gothein bei den Vorarbeiten für die Errichtung der Kölner Handelshochschule als Mittler zwischen seinem Mäzen und der Fachwissenschaft gewirkt154 und die dabei gewonnenen Erfahrungen später, nach seinem Fortgang nach Heidelberg 1904, bei der Mannheimer Hochschulgründung nochmals verwertet.155 Ein ganz anderer Charakter war der aus einer kinderreichen Dresdener Handwerker­ familie stammende Bruno Kuske (1876–1964), der sich 1908 an der Kölner Handelshochschule habilitierte und dort 1917 den ersten deutschen, eigens für ihn eingerichteten Speziallehrstuhl für Wirtschaftsgeschichte erhielt.156 Unter Hansens strenger Leitung hatte er schon 1903 als Mathilde-von-Mevissen-Stipendiat im Stadtarchiv mit der Aufstellung eines Kölner Münzkatalogs und mit Vorarbeiten zu einer Quellensammlung zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs begonnen, die er seit 1911 im Auftrag der »Gesellschaft« weiterführte. Obwohl er sich mit zahlreichen Veröffentlichungen, dazu auch als Gründer und erster Leiter des damals neuartigen Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs in den Jahren seiner akademischen Tätigkeit einen bedeutenden Ruf als Impulsgeber für die Erforschung der rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte 154 Hansen, Gustav von Mevissen I, S. 857 f.; Gothein, Eberhard Gothein, S. 114–125. Gothein selbst hat Mevissen in seiner »Wirtschafts- und Verfassungsgeschichte der Stadt Köln im ersten Jahrhundert unter Preußischer Herrschaft« (Die Stadt Cöln 1815–1915, I, 2, Köln 1916) ein Denkmal gesetzt. Die Bonner Fakultät war mit seiner öffentlichen Wirksamkeit in Köln, zu der auch Arbeiterbildungskurse gehörten, jedoch wenig einverstanden (vgl. Zorn, Eberhard Gothein, S. 268). 155 Gothein, Eberhard Gothein, S. 138 ff. 156 Inzwischen liegen mehrere Forschungsbeiträge zu Kuske aus jüngerer Zeit vor. Vgl. insbesondere die Monographie von Engels, »Wirtschaftsgemeinschaft des Westlandes«. Zu erwähnen im stadtkölnischen Horizont ist auch Herrmann, Bruno Kuske. Außer der stadtkölnischen und rheinischen Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftsgeographie vom Mittelalter bis in die Gegenwart hat Kuske seine Arbeit gleichermaßen auch dem westfälischen Raum gewidmet und dadurch die wirtschaftlichen Zusammenhänge der beiden preußischen Westprovinzen untereinander betont.

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Die Organe der »Gesellschaft«

verschaffte, hat Joseph Hansen den aktiven Sozialdemokraten nach dessen eigener Darstellung aus persönlichen wie politischen Gründen jahrzehntelang aus dem Vorstand fernzuhalten gewusst. Als Hansens Nachfolger Kallen ihn dann 1929 und nochmals 1932 zum Eintritt einlud, lehnte der persönlich sehr empfindliche Kuske den Antrag seinerseits ab.157 Schon vorher hatte er sich bei Aloys Schulte und beim Landeshauptmann mehrfach bitter über Hansens autoritären Führungsstil, das Vorherrschen finanzieller Gesichtspunkte bei der Behandlung der Mitarbeiter der »Gesellschaft« sowie die Zurücksetzung seiner Persönlichkeit und mangelnde Würdigung seiner »unendlichen Arbeit« durch Hansen und andere Vorstandsmitglieder beklagt.158 Allerdings müssen diese Vorwürfe auch im Lichte der ausgedehnten Honorarforderungen gesehen werden, zu deren Begründung sie Kuske dienten. Erst 1947 nahm der Kölner Wirtschaftshistoriker, der sich 1945/1946 als Leiter der Abteilung Wirtschaft im Oberpräsidium der Nordrheinprovinz auch in der praktischen Verwaltung betätigt hatte, im Alter von 71 Jahren und nach mehr als 40-jähriger Mitgliedschaft einen erneuten Ruf in den Vorstand der »Gesellschaft« an, wo ihn Bernhard Vollmer sofort zum Nachfolger des in Misskredit geratenen Vorsitzenden Kallen vorschlug.159 Gleichzeitig sah der Vorstand in ihm den erwünschten Verbindungsmann 157 »Man hat mich seit 12 Jahren mit nichtigen Gründen, zu denen sehr wahrscheinlich auch politische kamen, animos übergangen. Herr Hansen war dabei tonangebend«, antwortete Kuske am 1.3.1932 auf Kallens Angebot (HAStK, Akten GRhG 12,1). Außer Kallen und Planitz habe ihm niemals ein Vorstandsmitglied angedeutet, dass seine Mitarbeit dort erwünscht sei  ; jüngere Konkurrenten seien ihm immer wieder vorgezogen worden. Auch falls er jetzt einträte, würde er nach bisherigen Erfahrungen »sehr vermutlich oft auf mangelndes Verständnis für meine wissenschaftliche Methode und meine Auffassungen stoßen. Dem mag ich mich nicht mehr aussetzen.«  – Der Vorstand nahm am 3.3.1932 von diesem Schreiben Kenntnis (HAStK, Akten GRhG 10,9) und wählte an Kuskes Stelle Ziekursch und Braubach. Schon 1929 hatte Kuske einmal zur Wahl gestanden, da Kallen ihn wegen seiner Beziehungen zu Innenminister Severing und zu den Geldquellen der »Notgemeinschaft« gern im Vorstand gesehen hätte, doch konnte dieser sich damals nicht zwischen Kuske und Braubach entscheiden. Aufzeichnungen Busleys vom 18.3.1929 und vom 14.2.1930 in  : ALVR, KultPv 3698. 158 Hansen habe sich an der Fertigstellung der Kölner Handelsquellen ganz desinteressiert gezeigt und zum Druck stets die Arbeiten anderer Autoren vorgezogen  ; als die Errichtung des Wirtschaftsarchivs nicht nach seinen Wünschen verlief, habe Hansen überhaupt jeden Umgang mit ihm abgebrochen. »Er kann trotz seines demokratischen Gebahrens (!) überhaupt nicht vertragen, einmal überstimmt zu werden«, beklagte sich Kuske am 26.5.1922 bei Hansens Stellvertreter Schulte (Durchschlag LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,2). In einem zehnseitigen (!) Klagebrief an den Landeshauptmann, den Kuske abschriftlich auch allen Vorstandsmitgliedern zusandte, erhob er am 31.8.1927 weitere Vorwürfe seiner früheren Behandlung durch Hansen im Stadtarchiv. Als er daraufhin die »unfruchtbare Arbeit« an den Handelsquellen einstellte, um sich »sachlich wichtigeren Dingen« zuzuwenden, habe ihn der Vorstand »bestraft«, indem er mit dem Hinweis auf das unfertige Werk bereits 1920 (Antrag Eckert, s. o. S. 86) Kuskes Zuwahl ablehnte. ALVR, KultPv 3698  ; Redlichs Exemplar der »Anklageschrift« im LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,2). 159 Vollmer an Busley 8.11.1946. Kuske und Kallen waren keine persönlichen Gegner  ; bis 1933 hatten sie gemeinsam zum wissenschaftlichen Beraterstab des Oberbürgermeisters Adenauer gehört.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

zur »Historischen Kommission für Westfalen«, deren Mitglied Kuske seit 1937 war. Ohne in seiner Amtszeit besonders hervorgetreten zu sein, zog Kuske sich 1960 aus Altersgründen endgültig zurück. Sein zweiter Nachfolger auf dem Kölner Lehrstuhl, Hermann Kellenbenz, seit 1960 auch Vorstandsmitglied des »Hansischen Geschichtsvereins«, setzte im Vorstand (1968– 1973) die schon von Höhlbaum begonnene Tradition der Zusammenarbeit mit der hansischen Geschichtsforschung fort. Der Vertreter der Wirtschaftsgeschichte seit 1973, Hans Pohl (1935–2019), wurde Inhaber des erst 1961 vom Lehrstuhl für Rheinische Geschichte abgetrennten Ordinariats für Verfassungs-, Sozialund Wirtschaftsgeschichte am Historischen Seminar der Universität Bonn.160 Die unter Hansen herrschende Tendenz zum Liberalismus laizistischer Prägung mag Abb. 38 Hugo Loersch, Gemälde von Julie die »Gesellschaft« trotz ihres gerade auch die de Boor, Öl auf Leinwand, 1904. kirchliche Vergangenheit der Rheinlande vielfältig berührenden Publikationsprogramms lange Zeit daran gehindert haben, ausgesprochene Kirchenhistoriker in ihren Vorstand zu berufen. Obwohl mit Heinrich Schroers (1852–1928, Mitglied seit 1905) oder Wilhelm Neuß (1880–1965, Mitglied seit 1922) in der rheinischen Landesgeschichte höchst bewanderte, allerdings kirchlich gebundene Kandidaten zur Verfügung standen. Erst spät hat die Kirchengeschichte mit dem Katholiken Eduard Hegel (1911–2005, Mitglied 1948, Vorstandsmitglied 1968) und seinem evangelischen Kollegen Johann Friedrich Gerhard Goeters (1926–1996, Mitglied 1959, Vorstandsmitglied 1978) auch als selbstständiges Fach einen Platz im Vorstand gefunden. Früher als Wirtschafts- und Kirchengeschichte war die stets von Juristen vertretene Rechtsgeschichte im Vorstand gegenwärtig. Ihr erster Vertreter, der Geheime Justizrat Hugo Loersch (1840–1907) gehörte als Mitherausgeber der »Denkschrift« von 1881 zu den Gründern und aktivsten Mitgliedern der »Gesellschaft« in ihrer ersten Zeit. Eine Reihe von rechtsgeschichtlichen Publikationen wie die »Rheinischen Weistümer«, aber auch der »Geschichtliche Atlas der Rheinprovinz« und mehrere Quelleneditionen zur Stadt- und Zunftgeschichte gehen auf seine Initiative zurück. Daneben galt das besondere Interesse Loerschs, der nach einem Studium in Löwen und Bonn an der Rheini160 Hübinger, Das historische Seminar, S. 140 ff.

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Die Organe der »Gesellschaft«

schen Universität das im Rheinland damals gültige französische Zivilrecht lehrte und in beiden Kulturkreisen gleichermaßen zu Hause war, der noch jungen Denkmalpflege. In ihrer fortschrittlichen Behandlung durch die französische Gesetzgebung hat er stets ein Vorbild für Preußen gesehen.161 Als Präsident der Kommission für die Provinzialmuseen und erster Vorsitzender der 1887 gebildeten »Provinzialkommission für die Denkmälerstatistik« bewog er die »Gesellschaft« auch dazu, die große Aufgabe der Kunstdenkmälerstatistik zu übernehmen, die der von ihm entdeckte Paul Clemen als sein Nachfolger seit 1907 weiterführte  : Aber auch die erste Denkschrift an den Provinziallandtag über die Herausgabe eines »Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz« von 1886 enthielt die Ideen und trug den Namen von Hugo Loersch.162 Seine engen und vielfältigen Beziehungen zu rheinischen Geschichtsvereinen163, zur rheinischen Industrie und nicht zuletzt zum Haus Hohenzollern – Kaiser Wilhelm II. etwa schätzte ihn als seinen Rechtslehrer aus Bonner Studienzeiten164 und ernannte ihn zum Kronsyndikus – sind der »Gesellschaft« wissenschaftlich wie bei der Werbung neuer Patrone sehr zugute gekommen. Dagegen ist der Westfale Hermann Hüffer (1830–1905), wie Loersch ebenfalls Gründungsmitglied der »Gesellschaft« und Angehöriger der Bonner Juristenfakultät, in den ersten zehn Jahren in der »Gesellschaft« kaum hervorgetreten. Erst 1890 wurde er als Nachfolger von Crecelius in den Vorstand berufen  ; zuvor war dies angeblich an einem früheren Streit mit Sybel165, tatsächlich aber wohl an seiner »komplizierten Natur« (Eduard Hegel)166 und seiner Distanziertheit sowohl gegen die Nationalliberalen wie gegen den ultramontanen Katholizismus167 und vielleicht auch an einer gewissen Starrköpfigkeit gegenüber seinen Kollegen gescheitert. Lange Jahre war Hüffer dagegen Vorsitzender des »Historischen Vereins für den Niederrhein«  ; in der Kölner »Gesellschaft« beteiligte er sich an den Atlasarbeiten und regte 1902 die Herausgabe der Statuten des Kölner Domkapitels 161 Clemen, Hugo Loersch. Clemen bezeichnet Loersch darin als den »wohl beste[en] Kenner des Denkmalschutzrechts in Deutschland«, das er stets im Vergleich mit der entsprechenden ausländischen Gesetzgebung sah. 162 Denkschrift der Kommission für die Rheinischen Provinzial-Museen zu Bonn und Trier auf Herausgabe eines Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz vom 25.11.1886, ALVR, KultPv 11032 (gekürzter Abdruck in  : Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 13 [1887], S. 95–99  ; vgl. auch JbGRhG 7 [1887]). 163 Unter anderem war Loersch 1879 Mitbegründer und seit 1886 Präsident des »Aachener Geschichtsvereins«, seit 1881 Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission des »Historischen Vereins für den Niederrhein« und Vorstandsmitglied des 1906 von ihm mitgegründeten »Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz«. Er war seiner Geburtsstadt Aachen zeitlebens stark verbunden (vgl. Clemen, Hugo Loersch, S. 327). 164 Hüffer, Lebenserinnerungen, S. 355 f. 165 Hüffer, Lebenserinnerungen, S. 349. 166 Hegel, Von Joseph Hubert Mooren bis Max Braubach, bes. S. 13. 167 Über Hüffers Abneigung gegen die Beschlüsse des ersten Vatikanums und die Zentrumspolitik und seine Neigung zum Altkatholizismus vgl. Cardauns, Leben, S.  65. Zur Vita Hüffers vgl. Hartlieb von Wallthor, »Hüffer, Johann Hermann«.

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

an.168 Obwohl der Kirchenrechtler Ulrich Stutz (1868–1938), der Hüffer nach dessen Tod 1906 auf dem Vorstandssitz folgte169, diesen Antrag 1907 mit Erfolg wiederholte und seinen damaligen Schüler Gerhard Kallen mit der Bearbeitung betraute, ist diese Publikation niemals zu Ende geführt worden. Von Hugo Loersch, der 1907 starb, übernahm Stutz die Betreuung der »Rheinischen Weistümer«  ; ein Ruf nach Berlin, den er 1917 annahm, beendete indessen nach zehn Jahren sein Vorstandsmandat. Als Ehrenmitglied, Festredner – etwa bei der Fünfzigjahrfeier 1931170 –, als enger Freund Aloys Schultes und durch seine zahlreichen Schüler, zu denen nicht zuletzt Gerhard Kallen gehörte, ist er der »Gesellschaft« aber auch später eng verbunden geblieben. Obwohl Schweizer Herkunft, trauerte Stutz der 1918 untergegangenen preußisch-deutschen Monarchie nach und besaß nur ein sehr kühles Verhältnis zur Weimarer Republik. Mit Hans Planitz (1882–1954), dem Kölner Rechtshistoriker, der für die »Gesellschaft« 1937 zusammen mit Thea Buyken die umfangreichen Kölner Schreinskarten des 13. und 14.  Jahrhunderts zu einer Publikation zusammenfasste, gewann der Vorstand 1922 bis 1941 noch einmal einen Fachjuristen171  ; bis 1980 der letzte Hochschullehrer dieses Faches im Vorstand war – von 1950 bis 1955 der Kölner Strafrechtler Gotthold Bohne (1890–1957).172 Zu den Vorstandsmitgliedern mit dem größten Einfluss und zugleich der längsten Amtszeit gehört neben Hansen und Kallen, Ritter und Braubach nicht zuletzt der Kunsthistoriker Paul Clemen (1866–1947), den Hugo Loersch als eben promovierten Doktor der Straßburger Universität »entdeckte« und 1890 als Angestellten der Kommission für die Kunstdenkmälerstatistik anwarb.173 Clemen gelang es in ebenso zielbewusster wie 168 Hüffer an Hansen 23.2.1902  ; Genehmigung durch Vorstandsbeschluss vom 4.3.1903  ; HAStK, Akten GRhG 10,4 sowie Hüffer, Lebenserinnerungen, S. 403. Gleichzeitig hatte Hüffer auch eine Biographie des Kölner Kurfürsten Maximilian Franz (1784–1801) vorgeschlagen, was die »Gesellschaft« jedoch nicht weiterverfolgt hat. 169 JbGRhG 15 (1905), S. 6  ; Vorstandssitzung 3.3.1906, HAStK, Akten GRhG 10,5. Über Ulrich Stutz, der in Berlin auch erster Vorsitzender der 1925 unter seiner maßgeblichen Mitwirkung gegründeten »Historischen Kommission für Berlin und Brandenburg« wurde, vgl. Erler, »Stutz, Ulrich«. 170 Dort sein wenig später veröffentlichter Vortrag Stutz, »Der Rhein in der Rechtsgeschichte des Mittelalters«. 171 Nach mehreren Professuren in Leipzig (1912), Basel (1913) und Frankfurt a. M. (1914) kam Hans Planitz 1920 an die neugegründete Universität Köln, deren Rektor er 1929/1930 war  ; 1941 folgte er einem Ruf nach Wien. Für die »Gesellschaft« gab er 1937 die Kölner Schreinsbücher des 13. und 14. Jahrhunderts (PubGRhG XLVI) zusammen mit Thea Buyken heraus und regte die Publikation der Amtleutebücher der kölnischen Sondergemeinden durch seine Assistenten Hermann Conrad und Thea Buyken an (PubGRhG XLV, Weimar 1936). Festschrift Universität Köln 1919–1929, S. 132. Vgl. u. a. Conrad, Hans Planitz. 172 Gotthold Bohne war 1923–1957 Ordinarius für Strafrecht, Zivil- und Strafprozessrecht an der Universität Köln und 1949–1951 deren Rektor. Vgl. Steimel, Kölner Köpfe, Sp. 67. 173 Verbeek, Paul Clemen, S. 4 aufgrund der bis dahin ungedruckten Autobiographie Clemens von 1945. Aus der Fülle der biographisch relevanten Literatur sei hier nur genannt Mainzer (Hg.), Paul Clemen.

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unermüdlicher Arbeit, das nach zwei personellen Missgriffen gestrandete Schiff der rheinischen Denkmälerinventarisierung wieder in Fahrt zu bringen und bereits im folgenden Jahr das von ihm allein erarbeitete erste Heft der »Kunstdenkmäler der Rheinprovinz« zu veröffentlichen174, die dann in den nächsten Jahrzehnten sein eigentliches Lebenswerk wurden. Bald wurde Clemen selbst »das treibende Herz«175 des Unternehmens, warb fachlich fähige Mitarbeiter an und folgte Loersch nach dessen Tod 1907 bis zum Zweiten Weltkrieg auch in der Leitung der Denkmälerkommission. Als akademischer Lehrer an der Kunstakademie Düsseldorf (1899–1901) und der Universität Bonn (1901 bis zur Emeritierung 1935), als Gründer des Bonner Kunsthistorischen Instituts und als erster rheinischer Provinzialkonservator (1893–1911) sowie Vorsitzender des »Rheinischen Denkmälerrates« (seit 1911) ist er auch der eigentliche Begründer der rheinischen Kunstgeschichte und einer organisierten Denkmalpflege im Rheinland geworden. Die »Gesellschaft«, die ihn 1892 zum Mitglied und 1899 in ihren Vorstand wählte, verdankt Clemen neben den »Kunstdenkmälern« mit den »Romanischen Wandmalereien« (1905) und den »Gotischen Monumentalmalereien der Rheinlande« (1930) zwei große Publikationen, mit denen sie ihre durch Lamprechts Trierer Ada-Handschrift begonnene, von Ludwig Scheibler und Karl Aldenhoven mit der »Geschichte der Kölner Malerschule« fortgesetzte Tradition großer kunsthistorischer Veröffentlichungen weitergeführt und ihren besonderen Ruf auf diesem Gebiet gefestigt hat. Zwar brachte die Kostspieligkeit besonders der »Gotischen Wandmalereien« die »Gesellschaft« damals fast an den Rand des finanziellen Ruins, doch hat der weltläufige und diplomatisch geschickte Clemen ihr damit auch den ein oder anderen neuen Patron aus seinem großen Bekanntenkreis zuführen können. Außerdem verdankt sie dem alles andere als weltfremden Gelehrten manche Hilfe in organisatorischen und finanziellen Fragen. Und schließlich hat Clemen, der »ein musisch begabter, für alle Künste empfänglicher Gelehrter, ein bedeutender Redner und über die akademische Tätigkeit hinaus ein begeisterter Volksbildner« war (Heinrich Lützeler)176, auch durch seine allgemein interessierenden und fesselnden Vorträge ihr Ansehen in der Öffentlichkeit gestärkt.177 Auch die Mitgliedschaft von Hochschulgermanisten und -geographen im Vorstand hing eng mit bestimmten Publikationen zusammen. Der Bonner Johannes Franck (1854–1914), ein genauer Kenner der niederdeutschen und niederländischen Sprache und Literatur178, war der »Gesellschaft« bereits als Privatdozent bei ihrer Gründung bei174 Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Bd. I,1  : Kreis Kempen, Düsseldorf 1891. Dazu Clemen, Anfänge, Entwicklung und Ziele. 175 Rave, Anfänge und Wege, S. 85. 176 Zit. Lützeler, »Clemen, Paul«. 177 Ein Beispiel bietet Clemens Festvortrag über »Mittelrheinisches Barock« auf der Koblenzer Tagung der GRhG im Juli 1927  ; vgl. den Bericht in den »Düsseldorfer Nachrichten« vom 21.7.1927, Nr. 363, in ALVR, KultPv 3698. 178 Zu Johannes Franck vgl. Minis, Johannes Franck.

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getreten. In den Vorstand hat sie ihn, der erst 1912 Ordinarius wurde, jedoch erst 27 Jahre später berufen, als sie sich 1908 an der Herausgabe eines von Gustav Rothe in Berlin angeregten Wörterbuchs der rheinischen Mundarten in Zusammenarbeit mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften unter Francks Leitung zu beteiligen beschloss.179 Francks Nachfolger im Vorstand wie in der nominellen Leitung des Wörterbuchs wurde der persönlich etwas exzentrische, aber als Fachmann hochangesehene und sich für die »Gesellschaft« stets einsetzende Nordist und germanische Altphilologe Rudolf Meissner (1862–1948, Vorstandsmitglied 1915–1934)180, der als Emeritus (seit 1931) aufgrund der neuen Satzung 1934 den Vorstand verlassen musste. Seinen Platz im Vorstand übernahm dann von 1935–1937 der Bonner Altgermanist und Volkskundler Hans Naumann (1886–1951), der damals gerade Rektor der Bonner Universität war und aufgrund seiner Elogen über Adolf Hitler und nicht zuletzt seiner Rolle bei der Bücherverbrennung im Frühjahr 1933 als überzeugter Nationalsozialist galt.181 In Wirklichkeit war der leicht begeisterungsfähige Naumann, der ähnlich wie Kallen – so formulierte es Reinhard Bollmus – »persönlich … stark ›rechts‹ stand«, »ohne je nationalsozialistische Methoden auf Wissenschaft und Amtsführung übergreifen zu lassen«182, einer jener »betörten Germanisten« (Thomas Mann), die ihren Irrtum bald erkannten und dies auch offen zu zeigen wagten. Wegen seiner vorsichtigen Verteidigung des im November 1934 suspendierten evangelischen Theologen Karl Barth wurde Naumann schon 1935 als Rektor abgesetzt. Seine Veröffentlichungen stießen wegen der ihnen attestierten Missachtung nationalsozialistischer Rassevorstellungen auf erhebliche Bedenken. Als er 1937 den Entzug der einst an Thomas Mann verliehenen Bonner Ehrendoktorwürde öffentlich und noch dazu im Ausland kritisierte, fiel er endgültig in Ungnade183. Sein Name verschwand damals aus den Vorstandslisten der »Gesellschaft«, ohne dass sein Ausscheiden ausdrücklich bekanntgegeben wurde. Ob dieser Austritt auch politische Gründe hatte, lässt sich jedoch ebenso wenig schlüssig nachweisen wie bei seinem Eintritt drei Jahre zuvor. Wahrscheinlicher ist, dass für seine Wahl die fachliche Zuständigkeit für das Wörterbuch in 179 JbGRhG 17 (1907), S. 40. Seit 1909 war Franck auch Patron und Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission des Vorstands. 180 Eine farbige Schilderung seiner Persönlichkeit gibt Wiechert, Jahre und Zeiten, 1948, S. 76 ff., der Meissner als dem »neuen Stern am Germanistenhimmel« einen »dämonischen Glanz« zuschrieb. 181 Zu Hans Naumann vgl. Hübinger, Thomas Mann, S. 270. Aus jüngerer Zeit Schirrmacher, »Der göttliche Volkstumsbegriff«. 182 Bollmus, Das Amt Rosenberg, S. 218. Eine differenzierte Darstellung Naumanns, der wohl eher ein nationaler Romantiker als ein wirklicher Nationalsozialist war, findet sich auch in den Erinnerungen von Korn, Lange Lehrzeit, S. 119 ff.; Naumann wirkte auf seinen Doktoranden Korn nach dessen Aussage »wie ein jung gebliebener, genialischer älterer Student«. 183 Seine »deutschfeindliche Haltung«, wie sie die Gestapo sah, brachte Naumann allerdings nur einen Verweis des Ministeriums und den Entzug seines Lehrauftrags für Volkskunde ein. Hübinger, Thomas Mann, S. 277. Zur Bewertung des Entzugs der Ehrendoktorwürde Thomas Manns durch die Universität Bonn vgl. aus jüngerer Zeit Forsbach, Thomas Mann.

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der Nachfolge Meissners, für die Streichung seines Namens dagegen das geringe Interesse maßgeblich war, das er den Arbeiten der »Gesellschaft« entgegenbrachte184, zumal er seinen Lehrstuhl in Bonn bis Kriegsende beibehielt. Naumanns Nachfolger im Vorstand wurde der schon genannte Bauernfunktionär Christian Henk  ; ein neuer Fachgermanist wurde seitdem nicht mehr kooptiert. Als Vertreter der rheinischen Landeskunde und wissenschaftliches Beiratsmitglied wurde 1964 jedoch wieder ein Volkskundler, der Bonner Professor Matthias Zender (1907–1993), Vorstandsmitglied. Obwohl mit Johann Justus Rein (1835–1918) der erste Bonner Geograph schon 1887 in die Kommission für den »Geschichtlichen Atlas« berufen wurde, ist das Fach doch erst seit der 1975 erfolgten Wahl des Siedlungskundlers und Vertreters der Historischen Geographie an der Universität Bonn, Klaus Fehn (geb. 1936), unmittelbar im Vorstand repräsentiert. Selbst ein Spezialgebiet wie rheinische Musikgeschichte war seit 1958 durch den Kölner Musikwissenschaftler und kurzzeitigen Rektor der Universität Karl Gustav Fellerer (1902–1984) vertreten. Eine zweite große Gruppe von Fachleuten haben neben den Hochschulprofessoren im Vorstand stets die Leiter der großen rheinischen Archive gebildet. Die Direktoren der Staatsarchive in Düsseldorf und Koblenz und des Kölner Stadtarchivs gehören als berufene Hüter der wichtigsten Quellen zur rheinischen Landesgeschichte schon von Amts wegen stets dem Vorstand an  ; ihrer Gruppe sind auch die Leiter anderer städtischer und kirchlicher Archive sowie die Bibliothekare zuzurechnen. Als der Düsseldorfer Staatsarchivar und Archivdirektor Woldemar Harleß, der sich als Mitgründer, Anreger und Organisator, jedoch weniger durch eigene Veröffentlichungen um die »Gesellschaft« verdient gemacht hat185, 1900 altershalber aus seinem Amt geschieden war, konnte er die ihm am 20.  Februar 1902 verliehene Ehrenmitgliedschaft im Vorstand bis zu seinem Tod am 2. Juni desselben Jahres nur noch wenige Monate genießen. Sein Nachfolger Theodor Ilgen (1854–1924, im Vorstand 1902–1921) war ein überaus arbeitsamer, dabei aber zuletzt menschlich vereinsamter und in wissenschaftlicher Hinsicht bisweilen überkritischer Mann, der selbst die Weihnachtstage in seinem Archiv zu verbringen pflegte.186 Der zwangsweise erfolgte Abschied nach Einführung der gesetzlichen Altersgrenze im Jahre 1921 ist ihm deshalb besonders schwergefallen. Für die »Gesellschaft«, deren Mitglied er seit 1882 war, hat er 1902 die Herausgabe der »Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte rheinischer Städte« angeregt und für das nördliche Rheinland ge184 Nach den vorliegenden Vorstandsprotokollen hat Naumann während seiner Amtszeit an keiner einzigen Sitzung teilgenommen. 185 Harleß hat lediglich eine Reihe kleinerer Aufsätze für die »Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins« und die »Allgemeine deutsche Biographie«, aber nie ein größeres Werk verfasst. Bibliographie bei Bär, Bücherkunde, S. 656 f. Als Begründung führt Oediger, Staatsarchiv, S. 32, seine »von jeher mehr zaghafte als – auch in der wissenschaftlichen Arbeit – wagemutige Persönlichkeit« an  ; selbst Harleß’ Mitverfasserschaft an der »Denkschrift« von 1881 war ja nur formaler, allenfalls beratender Natur. 186 Vgl. Vollmer, Theodor Ilgen, Sp. 174.

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leitet187. Auf seine Vorschläge geht auch das später von Wilhelm Ewald ausgeführte rheinische Siegelwerk (PubGRhG, Bd.  XXVII) und eine von ihm selbst erarbeitete Darstellung und Quellensammlung zur Entwicklung der Ämterverfassung und des Gerichtswesens im Herzogtum Kleve (PubGRhG, Bd.  XXXVIII) zurück. Wie Ilgen wurden auch seine Nachfolger Otto Reinhard Redlich (1864–1939, im Vorstand 1922–1934) und Bernhard Vollmer (1886–1958, Vorstandsmitglied 1930–1953) bereits als Schriftführer der »Gesellschaft« genannt. Stärker als Ilgen der Öffentlichkeit zugewandt, haben beide ihre Lebensarbeit neben dem Archiv vor allem den regionalen Geschichtsvereinen gewidmet  ; Redlich war von 1898 bis 1906 und Vollmer von 1935 bis zu seinem Tod Vorsitzender des »Düsseldorfer Geschichtsvereins«. Während Redlich schon vor seinem Eintritt in den Vorstand eine dreibändige Quellensammlung zur jülich-bergischen Kirchenpolitik am Ausgang des Mittelalters für Abb. 39 Bernhard Vollmer in Den Haag, 1943, Nachlass Gisela Vollmer die »Gesellschaft« bearbeitet hatte, der später (1922–2005). weitere Publikationen folgen sollten188, ist von den zahlreichen Quellenveröffentlichungen Vollmers keine im Rahmen der Publikatio­ nen der »Gesellschaft« erschienen. Dafür hat Vollmer ihr immer wieder thematische Anregungen geliefert und sich vor allem nach dem Krieg, seit 1950 auch als Archivreferent der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, um ihre Neuorganisation und die Wiederaufnahme der wissenschaftlichen Arbeit gekümmert.189 187 JbGRhG 12 (1902), S. 37 f. Seit 1903 war Ilgen auch Mitglied der Atlas-, seit 1906 der Wissenschaft­lichen Kommission und bereits seit 1901 der Kommission für die Denkmälerstatistik  ; mit Bär, Hansen und Schulte regte er 1917 die Herausgabe umfassender Quellen zur Geschichte der rheinischen Territorien an. 188 Jülich-Bergische Kirchenpolitik. 1928 gab Redlich den Band »Ratingen« der »Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte« heraus. Die 1892 begonnenen »Akten zur Jülich-Klevischen Politik Kurbrandenburgs 1610–1640«, deren Leitung er 1912 von Moriz Ritter übernahm, sind dagegen seit dem Kriegstod des letzten Bearbeiters Karl Schumacher (1916) unfertig geblieben. 189 Vor allem sollten die begonnenen Urkunden- und Weistümerveröffentlichungen sowie der »Geschichtliche Atlas« weitergeführt werden, jedoch sei in Anbetracht der kriegsbedingten Bücherverluste »jede Veröffentlichung so anzulegen, daß sie ohne Verweise auf andere Publikationen benutzbar ist«. Als Arbeitsge-

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Mit großem Engagement hat sich auch Vollmers Nachfolger Friedrich Wilhelm Oedi­ ger (Leiter des Hauptstaatsarchivs von 1952 bis 1972, im Vorstand seit 1952) stets für die »Gesellschaft« betätigt. 1938 zum Mitglied gewählt, gab er für sie 1939 die Schriften des Xantener Domdechanten Arnold Heymerick (PubGRhG, Bd. XLIX) heraus und brachte später auch die Bearbeitung der »Regesten der Erzbischöfe von Köln« (­PubGRhG, Bd. XXI) wieder in Gang, die nach drei von Richard Knipping und Wilhelm Kisky bis 1915 veröffentlichten Bänden über Jahrzehnte hindurch liegengeblieben waren. Nach Kriegsende hat er sich besonders um die Wiederauffindung verloren gegangener Manuskripte bemüht190 und neue Vorschläge für das wissenschaftliche Nachkriegsprogramm gemacht.191 Sein Amtsnachfolger im Düsseldorfer Hauptstaatsarchiv, Wilhelm Janssen (Vorstandsmitglied seit 1972, Gesellschaftsvorsitzender 1973–1978), hat die von Oediger wiederaufgenommenen Regesten der Kölner Erzbischöfe zunächst um zwei weitere Bände vermehrt. Fast doppelt so oft wie in Düsseldorf hat das Amt des Archivleiters in Koblenz seit 1881 seine Inhaber gewechselt. Im Vorstand der »Gesellschaft« saßen sie nicht nur als beste Kenner der Überlieferung in der südlichen Rheinprovinz, sondern oft auch als deren einzige Repräsentanten überhaupt. Mit Wilhelm Maria Becker (1843–1906, Mitglied des Gelehrtenausschusses 1881–1885 und des Vorstands 1886–1902)192, der zwar ein tüchtiger Archivar war, aber ein sprunghaftes Temperament besaß und bei großer persönlicher Empfindlichkeit selbst zu Ausfälligkeiten gegenüber Kollegen neigte, blieben die Beziehungen des Vorstands in Köln und Bonn immer etwas angespannt. »Bei diesem Autor setzt mich nichts mehr in Erstaunen«, meinte Höhlbaum, der sich »mit ihm gar nicht beschäftigen« wollte, schon in den Gründungstagen, und er bat auch Arnold Schaefer, »die verschiedenen ungebührlichen Zuschriften des Herrn an mich vollständig zu ignorieren«.193 In den folgenden Jahren hat der oft durch Krankheit behinderte Becker biet sollte »auf Grund der jetzigen staatlichen Gliederung« nur noch der Landesteil »Nordrhein« gelten. ­ aufende Arbeiten sollten jedoch noch im alten Rahmen vollendet werden. Vorschlag eines ArbeitsproL gramms an den Vorstand, Entwurf vom 15.2.1947 im LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. 190 Trotz intensiver Bemühungen gelang es jedoch nicht, das seit der Emigration des Verfassers verschollene Manuskript Goldschmidt (Jülich-Bergische Landtagsakten) und die von Otto Oppermann 1945 in Utrecht zurückgelassenen Satzkorrekturen seines in der Druckerei verbrannten »Rheinischen Urkundenbuchs« wieder aufzufinden. LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. 191 Oedigers Entwurf vom 24.1.1947 hat dem oben in Anm.  189 genannten Programmvorschlag Vollmers anscheinend als Vorlage gedient  ; LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. Auch er plädierte für die künftige Beschränkung auf das Gebiet der Nordrhein-Provinz, für die Herausgabe in sich abgeschlossener, für sich allein benutzbarer Urkundenbände und eine »breit angelegte, dokumentierte Darstellung« als künftige Form neuzeitlicher Aktenpublikationen. In größerem Umfang sollte die Herausgabe von Inventaren staatlicher und nichtstaatlicher Archive auch von der »Gesellschaft« wieder aufgenommen werden. 192 Zur Biographie Beckers vgl. oben S.  64, Anm. 112. Beckers Ehefrau Maria war eine Tochter des Kölner Gymnasialdirektors Heinrich Bigge. 193 Höhlbaum an Schaefer am 4.6. und am 21.6.1881, HAStK, Akten GRhG 6,1 u. 10,1. Weil der von ihm

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jedoch loyal im Vorstand mitgearbeitet und dank seiner gesellschaftlichen Beziehungen die Mehrzahl der südrheinischen Patrone jener Zeit geworben. Nach seiner unfreiwilligen Suspendierung vom Amt gegen Ende 1903 wegen eines Nervenleidens, aber wohl auch wegen mancher dienstlicher Klagen, teilte ihm der Vorstand der »Gesellschaft« dennoch in dürren Worten und ohne jede Andeutung des sonst üblichen Dankes für seine immerhin zwanzigjährige Vorstandstätigkeit mit, dass er ihn »als aus seiner Mitte ebenfalls ausgeschieden« betrachte194  ; eine überaus deutliche Zurücksetzung also gegenüber seinem Kollegen Harleß aus Düsseldorf, dem bei gleicher Gelegenheit kurz zuvor sogar die Ehrenmitgliedschaft verliehen worden war. Weitaus angenehmer gestalteten sich die Beziehungen des Vorstands zu Beckers Nachfolger Heinrich Reimer (1848–1922, im Vorstand 1904–1912)195, der für die »Gesellschaft« das große Siegelwerk (PubGRhG, Bd. XXVII, bearb. von Wilhelm Ewald) betreute und 1911 auch die Leitung der »Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte rheinischer Städte« für die Ämter Mayen und Münstermaifeld übernahm. Ihm dankte der Vorstand ausdrücklich für seine »reiche Unterstützung«196, als er noch kurz vor seiner Pensionierung 1912 mit der Leitung des Staatsarchivs Marburg beauftragt wurde, dessen bisheriger Direktor Gustav Könnecke unter wenig erfreulichen Umständen aus dem Amt geschieden war.197 In Marburg hat Reimer auch im Ruhestand seit 1914 noch bis zum Abend seines Todes für die »Historische Kommission für Hessen und Waldeck« gewirkt, die den ehemaligen Marburger Archivrat schon seit ihrem Gründungsjahr 1897 zu ihren Mitgliedern zählte.198 Der Geheime Archivrat Max Bär (1855–1928)199, der Reimer bis 1921 in Koblenz folgte, war vor allem ein hervorragender Organisator und Kenner der modernen Behörden- und Verwaltungsgeschichte der preußischen Provinzen, über die er mehrere Standardwerke verfasste. Als junger Archivassistent in Koblenz hatte er bereits 1884

geworbene Koblenzer Patron Carl Spaeter im Gründungsbericht der »Kölnischen Zeitung« angeblich absichtlich nicht genannt und er dadurch blamiert worden sei, hatte Becker am 3. Juni – tatsächlich übrigens folgenlos – seine gesamte Mitarbeit an dem Unternehmen aufgekündigt, was Höhlbaum auch »als eine Auflösung des bisherigen kollegialen Verhältnisses« verstand  : »Die jüngsten Äußerungen, die doch keineswegs gegen mich allein gerichtet sind, übertreffen meines Erachtens alles bisher Dagewesene.« 194 Vorstandsbeschluss vom 29.12.1903, HAStK, Akten GRhG 10,4. 195 LHA Koblenz, Abt. 798, Nr. 60, Abt. 403, Nr. 15044 (Akten und Personalnachweis 1903–1912) und Abt. 441, Nr. 7421. 1906 wurde Reimer auch in die Wissenschaftliche Kommission des Vorstands gewählt, 1907 für den verstorbenen Loersch auch in die »Kommission für das rheinische Siegelwerk« und die »Kommission für die Denkmälerstatistik«. 1905–1912 war Reimer auch Mitherausgeber des »Trierer Archivs« (Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 75  ; Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 481). 196 Vorstandsbeschluss 29.6.1912, HAStK, Akten GRhG 10,7. 197 Dazu Wolff, Friedrich Küch, S. 311. 198 Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen, S. 33  ; Hallwachs, Die Mitglieder, S. 59. 199 LHA Koblenz, Abt. 708, Nr. 60 u. Abt. 403, Nr. 8626. Biographische Angaben zu Bär bei Leesch, Die deut­ schen Archivare 2, S. 43.

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unter Loersch an den »Weistümern der südlichen Rheinprovinz« mitgearbeitet200 und war dadurch 1885 Mitglied der »Gesellschaft« geworden. 1887 legte er dem Vorstand ein druckfertiges Manuskript über die Rechnungen des Koblenzer Mauerbaus (1276–1289) vor, das ohne weiteres als Publikation angenommen wurde und 1888 erschien (JbGRhG 5).201 Nach raschem Aufstieg im Archivdienst in a­ nderen preußischen Provinzen  – er organisierte u. a. das neugegründete Staatsarchiv in Danzig nach einem von ihm erarbeiteten Ordnungsprinzip202  – kehrte er 1912 als Archivdirektor nach Koblenz zurück. Neben der »Bücherkunde zur Geschichte der Rheinlande« (Bd. 1, 1920, Publikationen XXXVII) ist seine »Behördenverfassung der Rheinprovinz seit 1815«, 1919 als Publikation XXXV der »Gesellschaft« Abb. 40 Max Bär, Porträtfoto, Fotograf: erschienen und 1964 nochmals nachgedruckt, Gebrüder Siebe, zwischen 1888–1896. ein unentbehrliches Handbuch für die neuere rheinische Verwaltungsgeschichte geblieben. Der nächste Koblenzer Archivdirektor Emil Schaus (1869–1944, im Vorstand 1922– 1935)203 hat sich ebenso wie sein Düsseldorfer Kollege Redlich um die Einrichtung einer Archivberatungsstelle durch die Provinzialverwaltung bemüht, die 1929 gegründet wurde und die zuvor von der »Gesellschaft« betriebene Inventarisierung der kleineren Archive der Rheinprovinz übernahm.204 Sein Nachfolger Wilhelm Dersch (1877–1942, Archivdirektor 1935 und Vorstandsmitglied 1935–1938)205 hielt als gebürtiger Oberhesse wie zuvor Reimer enge Verbindung zur »Hessischen Historischen Kommission«, 200 JbGRhG 4 (Jan. 1885), S. 3. 201 Vorstandsbeschluss vom 29.6. u. 28.12.1887, HAStK, Akten GRhG 10,2  ; JbGRhG 7 (1887), Beiblatt. 202 Weitere berufliche Stationen Bärs waren die Staatsarchive in Posen (1880–1881), Stettin (1888–1896), Hannover (1896–1897) und Osnabrück (1897–1901)  ; in Koblenz war er als Archivassistent von 1881 bis 1888 und als Direktor von 1912–1921 tätig. 203 LHA Koblenz, Abt. 708, Nr. 60. Emil Schaus wurde 1921 Direktor des Staatsarchivs Koblenz und trat 1935 in den Ruhestand. Im Vorstand war er seit 1922 Mitglied der Wissenschaftlichen Kommission sowie der Atlaskommission. Vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 522. 204 Vgl. Schmitz, 50 Jahre Archivberatungsstelle Rheinland. 205 Wilhelm Dersch, der zuvor seit 1927 Direktor des Staatsarchivs Breslau gewesen war, wurde nach kurzer Amtszeit in Koblenz 1938 pensioniert. LHA Koblenz Abt. 708, Nr. 60. Vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 114 f.

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deren Mitglied er 1904 und deren Schriftführer er 1918–1928 geworden war  ; ihr und nicht der »Gesellschaft« hat er mit dem »Hessischen Klosterbuch« auch seine bedeutendste Edition gewidmet.206 Bruno Hirschfeld (1877–1964)207 betonte dagegen wieder stärker die Bindungen zwischen Koblenz und der nördlichen Rheinprovinz. Als Mitarbeiter Ilgens am Düsseldorfer Staatsarchiv hatte er schon 1905 die Stadtrechtsquellen von Deutz und 1916 die von Andernach für die »Gesellschaft« herausgegeben, bevor er 1938 Staatsarchivdirektor in Koblenz und 1939–1949 Vorstandsmitglied wurde. Aloys Schmidt (1892–1980, Direktor des Koblenzer Staatsarchivs 1949–1958)208 saß von 1950–1958 auch im Vorstand der »Gesellschaft« und gab als eine ihrer ersten Nachkriegsveröffentlichungen 1953 die Quellen zur Geschichte des St. Castor-Stifts in Koblenz (PubGRhG, Bd. LIII) heraus. Als Landesarchivreferent von Rheinland-Pfalz nahm er ebenso wie seine Amtsnachfolger Otto Graf von Looz-Corswarem (1959–1971, im Vorstand seit 1960) und Franz-Josef Heyen (1928–2012, Vorstandsmitglied seit 1972) auch die Interessen des rheinland-pfälzischen Kultusministeriums im Vorstand wahr, soweit dieses keinen besonderen Vertreter benannte. Die bedeutende Rolle des Kölner Stadtarchivs und seiner Leiter im Vorstand der »Gesellschaft« wurde bereits dargestellt. Erst nach 1945 sind aber auch Leiter anderer nichtstaatlicher Archive in den Vorstand berufen worden, wie Rudolf Brandts, der Leiter der Archivberatungsstelle Rheinland (im Vorstand seit 1959), und sein damaliger Stellvertreter Dietrich Höroldt (1961–1965) als Schriftführer oder Bernhard Poll (1901–1981)209 als Herausgeber der »Rheinischen Lebensbilder« (seit 1965). Albert Eduard Rosenkranz (1876–1975, Vorstandsmitglied seit 1948) und Walter Schmidt (1937–2019, seit 1952) vertraten oder vertreten im Vorstand evangelische, Prälat Erich Stephany, zugleich Vorsitzender des »Aachener Geschichtsvereins«, seit 1975 katholische Kirchenarchive. Die westfälischen Archivare haben dagegen nur in den ersten Jahren einen dauernden Sitz im Vorstand der »Gesellschaft« innegehabt. Auf Empfehlung von Roger Wilmans aus Münster, der den provisorischen Gelehrtenausschuss schon im Dezember 1880 verlassen hatte und kurz darauf starb, ist – nach einer vergeblichen Kandidatur gegen Hermann 206 Heinemeyer, Die Historische Kommission für Hessen, S. 21. 207 Seit 1906 war Bruno Hirschfeld ununterbrochen am Staatsarchiv Koblenz tätig. 1914 wurde er Mitglied der »Gesellschaft«. Vgl. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 258. 208 Aloys Schmidt wurde 1929 Archivrat am Staatsarchiv Koblenz und Mitglied der GRhG  ; 1940–1944 war er, der nicht zu den Nationalsozialisten zählte, Kommissar für das Archivwesen beim Chef der Zivilverwaltung im besetzten Luxemburg (zuletzt als Staatsarchivdirektor) und 1945 vorübergehend beim Staatsarchiv Hannover und beim Zonal Archives Repository in Goslar tätig. Looz-Corswarem, Aloys Schmidt  †  ; Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 535. 209 Nach einer Laufbahn beim Reichsarchiv, später Heeresarchiv in Potsdam (1927–1945) war Poll 1948–1966 Direktor des Stadtarchivs und Zeitungsmuseums in Aachen. Er wurde 1952 Mitglied, 1965 Vorstandsmitglied der »Gesellschaft« und war 1962–1972 Vorsitzender des »Aachener Geschichtsvereins«. Demeter, Das Reichsarchiv, S. 26.

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Cardauns – 1881–1883 noch einmal dessen Nachfolger im westfälischen Staatsarchiv, Ludwig Keller, in den Gelehrtenausschuss und 1886 in den Vorstand berufen worden.210 Nach Kellers Fortgang an das Berliner Geheime Staatsarchiv (1895) gab es dann nur noch zufällige Doppelmitgliedschaften zwischen dem Vorstand der »Gesellschaft« und der 1896 gestifteten »Westfälischen Historischen Kommission«. Doch hat die rheinische »Gesellschaft« auch später stets Wert auf enge Verbindungen zur landeshistorischen Forschung des benachbarten Westfalen gelegt.211 Der erste eigene Vertreter des Saarlandes im Vorstand war von 1954 bis 1970 der kulturpolitisch sehr aktive Archivar, Saarbrücker Universitätsprofessor und zweimalige Direktor des saarländischen Kultusministeriums Eugen Meyer (1893–1972).212 Vor dem Ersten Weltkrieg war der Lehrersohn aus Püttlingen Archivar am Preußischen Geheimen Staatsarchiv und von 1933 bis 1939 Staatsarchivdirektor in Münster gewesen, wo er als stellvertretender Vorsitzender der »Historischen Kommission für Westfalen« und Schriftführer des »Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine« zugleich dessen »Blätter für deutsche Landesgeschichte« herausgab. Nach einer kurzen Professur in Berlin hat er sich dann ab 1947 als Organisator des saarländischen Schulund Archivwesens, als Gründer und erster Vorsitzender der damals so genannten »Kommission für Saarländische Landesgeschichte und Volksforschung« (1951) und als Vorstandsmitglied des Saarländischen Rundfunks um die Landesgeschichte seiner engeren Heimat verdient gemacht. Seine für die »Gesellschaft« übernommene Publikation aller nichtrömischen Inschriften des Rheinlands bis 1650 ist allerdings nie zum Abschluss gekommen.213 Als sein Nachfolger trat 1970 Hans Walter Herrmann, Archivreferent des saarländischen Kultusministeriums und Leiter des Saarbrücker Landesarchivs, in den Vorstand ein. Nur kurze Zeit (1930–1934) saß der Trierer Stadthistoriker, Bibliothekar und Archivdirektor Gottfried Kentenich (1873–1939) im Vorstand, den Konrad Adenauer schon einmal ganz offiziell »aus den Kreisen der Oberbürgermeister« 1922 als Vertreter der Trierer Gegend zur Wahl empfohlen hatte.214 Für die »Gesellschaft« hatte Kentenich 210 JbGRhG 3 (1883), S. 22  ; Kellers Abschiedsbrief vom 24.6.1895 in  : HAStK, Akten GRhG 11,1. 211 So z. B. Kallen in seinem Geleitwort zu Scheibler / Wülfrath, Westdeutsche Ahnentafeln I, S. V. Auch bei der Wahl Bruno Kuskes in den Vorstand haben 1947 dessen Beziehungen zu Westfalen eine Rolle gespielt. 212 Becker, Eugen Meyer, nannte Eugen Meyer trotz aller öffentlichen Aktivität doch »eher ein[en] Arbeiter der Stille«  ; zur Biographie Meyers vgl. u. a. auch Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 402–403. 213 Dabei haben außerdem Abgrenzungsschwierigkeiten gegenüber einer Paralleledition der Mainzer Akademie der Wissenschaften mitgespielt. Die erstmals im JbGRhG 59–68 (1939–1948) unter Meyers Namen genannte Publikation wird seit JbGRhG 78–85 (1958–1965) nicht mehr aufgeführt. 214 Adenauer (als Vorsitzender der Zusammenkunft der Oberbürgermeister kreisfreier Städte am 13.7.1922 in Düsseldorf) an den Vorstand am 4.8.1922, HAStK, Akten GRhG 12,1. Kentenich war 1903–1934 Direktor des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek in Trier, Mitherausgeber des »Trierischen Archivs« und später der »Trierischen Chronik« und seit 1904 Mitglied der GRhG  ; von ihm stammen über 400 Veröffentlichungen

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Die übrigen Vorstandsmitglieder

schon 1911–1915 die Einleitung zu einer Quellensammlung der Rechts- und Wirtschaftsgeschichte Triers (PubGRhG, Bd. XXIX, Reihe C, Bd. 1) verfasst und später maßgeblich an den »Kunstdenkmälern von Trier« mitgewirkt. Als Gegner des Nationalsozialismus gab er seine Trierer Ämter 1934 freiwillig auf und wurde deshalb nicht mehr in den neuen Beirat der »Gesellschaft« übernommen. Erst 1969 wurde mit dem Kölner Bibliotheksdirektor und (seit 1979) Vorsitzenden des »Historischen Vereins für den Niederrhein« Severin Corsten erneut ein Bibliothekar in den Vorstand gewählt. Die Denkmalpflege und Kunstgeschichte hatte ihren einzigen, dafür aber umso beredteren Anwalt im Vorstand jahrzehntelang in Paul Clemen, wenn man davon absieht, dass auch die beiden Provinzialvertreter Busley und Apffelstaedt und der spätere Delegierte des nordrhein-westfälischen Kultusministeriums, Professor Walter Bader, von Haus aus Kunsthistoriker waren. Clemens Nachfolger als Leiter der Denkmälerinventarisierung, Walter Zimmermann, hat dem Vorstand von 1949 bis zu seinem Tod 1961 angehört. Nach Unterstellung der Denkmäleraufnahme im nördlichen Rheinland unter das Amt des Landeskonservators folgten ihm Rudolf Wesenberg (1910–1974, Vorstandsmitglied 1961–1973) und Günter Borchers (1924–1979, im Vorstand seit 1973)  ; die Hinzuwahl des rheinland-pfälzischen Landeskonservators ist dagegen nur ein Vorschlag geblieben. Von den Direktoren rheinischer Museen gehören oder gehörten Harald von Petrikovits (1911–2010, seit 1959) und Christoph Rüger (seit 1975) vom Rheinischen Landesmuseum in Bonn, Hans Eiden (1912–2013, Landesmuseum Trier, 1959–1970) und der erste Direktor des Römisch-Germanischen Museums und der Generaldirektor der Städtischen Museen in Köln, Hugo Borger (1925–2004, seit 1973) dem Vorstand an. Seit dem altersbedingten Abschied von Gottfried Eckertz (1885) und dem Tod von Wilhelm Crecelius (1889) ist dagegen kein aktiver Gymnasiallehrer mehr in den Vorstand berufen worden, obwohl es unter den Mitgliedern viele davon gab. Aus dem Kreis der Journalisten sollte Hermann Cardauns (1847–1926)215, der sich allerdings 1873 in Bonn für Geschichte habilitiert und mit seinen Kölner Stadtchroniken, die er seit 1875 unter Leitung von Karl Hegel in der Reihe der »Münchner Historischen Kommission« erscheinen ließ216, auch als Herausgeber historischer Quellen bereits einen Namen gezur Geschichte der Stadt und des Kurfürstentums Trier. Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S.  75 f. u. 97. Am eingehendsten zu Gottfried Kentenich vgl. bislang Müller, Vor 100 Jahren  ; weitere biographische Details bei Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 303. 215 Die näheren Umstände seiner Wahl in den Vorstand unten S. 162–163. Zu seiner Biographie vgl. u. a. Bierganz, Hermann Cardauns. 216 Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, Bde. 12–14  : Die Chroniken der niederrheinischen Städte, bearb. u. eingeleitet von Hermann Cardauns, Leipzig 1875–1877. Als Vorläufer der großen Regestenpublikation der GRhG veröffentlichte Cardauns außerdem bereits 1880 Regesten des Erzbischofs Konrad von Hochstaden in den »Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein«. Bereits als Bonner Privatdozent hatte Cardauns über Themen der rheinischen Provinzialgeschichte gelesen  ; vgl. Hübinger, Das historische Seminar, S. 23.

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Die Organe der »Gesellschaft«

macht hatte, das erste und letzte Vorstandsmitglied bleiben. Er wurde Anfang 1881 noch in den provisorischen Gelehrtenausschuss kooptiert und hat ihm bis 1885 angehört.

5.3 Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands

Soweit Vorstandsmitglieder nicht aufgrund ihres Amtes oder ihrer akademischen Tätigkeit in den Vorstand kamen, wurden sie meist auf Empfehlung anderer Mitglieder oder der Oberbürgermeister großer Patronatsstädte gewählt. Vor allem gilt dies natürlich für die Vorstandsmitglieder aus dem Kreis der Patrone. Nur einmal in den ersten hundert Jahren ihres Bestehens hat die »Gesellschaft« ein bereits gewähltes Vorstandsmitglied – es war Alfred Krupp in Essen – 1885 die auf ihn gefallene Wahl abgelehnt.217 Später pflegte sich der Vorstand jeweils vor der Wahl der Zustimmung der Betroffenen zu versichern. Viel häufiger wurden Wahlvorschläge aus formellen Gründen vom Vorstand übergangen, etwa wegen des satzungsgemäßen Höchstzahlgebots oder weil der Betreffende gar nicht Angehöriger der »Gesellschaft« war. So empfahl Hugo Loersch 1899, dem damaligen Trierer Regierungspräsidenten Eduard zur Nedden (1854–1924) durch einen »diskreten Zwischenmann« einen Vorstandsitz in Aussicht zu stellen, falls er als Patron beiträte  ; »wir hätten dann einen Patron und ein vortreffliches Vorstandsmitglied«.218 Trotz einer nochmaligen Empfehlung durch Julius Wegeler aus Koblenz (1909) kam der spätere Mitgründer und erste Vorsitzende (1906–1918) des »Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Heimatschutz« aber nie in den Vorstand, weil er kein Patronat übernahm. 1910 wählte ihn jedoch die Denkmälerkommission und 1917 die »Gesellschaft« zu ihrem Mitglied. Den sehr vermögenden Landschaftsmaler und Akademieprofessor Georg Oeder (1846–1931) und den Geheimen Regierungsrat Hermann von Wätjen (1876–1944) aus Düsseldorf hätte man zwar 1911 gern von dort aus im Vorstand gesehen219, doch lehnte Oeder aus Gesundheitsgründen ab und Wätjen übernahm nicht einmal ein Patronat. 217 JbGRhG 6 (1886), S. 4. Krupp war am 8.12.1885 gewählt worden und lehnte die Wahl am 21.12. aus Zeitmangel ab  ; HAStK, Akten GRhG 11,1. 218 Loersch an Hansen am 11.3.1899, HAStK, Akten GRhG 11,1. 219 Der von Oberbürgermeister Oehler 1911 als Patron gewonnene Georg Oeder (1846–1931), Sohn eines Aachener Bankiers, studierte nach dessen Konkurs praktische Landwirtschaft und widmete sich mit großem Erfolg der Landschaftsmalerei. Nach seiner Heirat mit Thusnelda Haniel (1879) saß er im Aufsichtsrat mehrerer Haniel-Unternehmen und verfügte 1913 über ein geschätztes Vermögen von 26 Mio. und ein Jahreseinkommen von 1,5 Mio. Goldmark. »Es dürfte nicht leicht ein Landschaftsmaler oder Professor aufzufinden sein, der ein größeres Vermögen besitzt«, Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 2 u. 181. Vgl. auch Poll, Geschichte Aachens, S. 181  ; Oeders Ablehnung, einen Vorstandssitz zu übernehmen, vom 16.2.1912 in HAStK, Akten GRhG 6,4. – Hermann von Wätjen (1851–1911), Vorstandskandidat des Schatzmeisters vom Rath, war liberaler Stadtverordneter in Düsseldorf, Mitglied des Provinziallandtags und Vorsitzender des »Kunstvereins für Rheinland und Westfalen«.

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Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands

Vorstandskandidat blieb auch der Düsseldorfer Reichstagsabgeordnete und pensionierte Landesrat Alois Fritzen220, der als früherer Kulturreferent der Provinzialverwaltung und als langjähriger Privatpatron die »Gesellschaft« seit langem gefördert hatte  ; ihm wurde 1901 der Düsseldorfer Oberbürgermeister Wilhelm Marx (1863–1946) vorgezogen.221 Die Ende 1922 geplante Vorstandswahl des Trierer Stadtoberhaupts Albert von Bruchhausen (1859–1948)222 scheiterte wohl an den politischen Unruhen des folgenden Jahres und der Ausweisung des Kandidaten durch die französische Besatzungsmacht. Bruchhausen wäre der einzige Oberbürgermeister einer südrheinischen Stadt gewesen, der bis zum Ende des Betrachtungszeitraums jemals in den Vorstand kam. Der Aachener Waggonfabrikant Gustav Talbot, Patron seit 1907, lehnte 1925 eines der bekannten Angebote Louis Hagens ab, sich durch eine größere Stiftung für einen Vorstandssitz zu qualifizieren.223 Auch der Kölner Bankier Kurt von Schröder (1889–1966), der als politischer Geburtshelfer des Bündnisses Hitler – von Papen in die Zeitgeschichte eingegangen ist, war 1934 offenbar nicht bereit, einen der durch die Aussperrung der nichtarischen Vorstandsmitglieder frei gewordenen Sitze zu übernehmen224  ; er wurde niemals Patron. Die Schwierigkeiten, die sich nach der Wahl des Oberbürgermeisters Jaeger 1885 wegen des fehlenden Patronats der damaligen Stadt Elberfeld ergaben, sind bereits geschildert worden.

220 Alois Fritzen (1840–1916), Zentrumspolitiker und Landesrat bei der rheinischen Provinzialverwaltung, war seit 1889 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses, 1881–1887 Reichstagsabgeordneter für Aachen und 1889–1912 für Düsseldorf. Er war ein Bruder des Straßburger Bischofs Adolf Fritzen und 1891 durch Loersch zum Patron geworden  ; vgl. Schwarz (Hg.), Biographisches Handbuch, S. 316. 221 Vorstandssitzung 23.3.1901, HAStK, Akten GRhG 10,4. JbGRhG 10 (1900), S.  6 u. JbGRhG 30 (1910), S. 7. – Wilhelm Marx (1851–1924) war 1899–1910 Oberbürgermeister von Düsseldorf und 1901–1910 Vorstandsmitglied  ; 1912 gehörte er zu den Gründern des »Industrieclubs« in seiner Heimatstadt  ; vgl. Krause, »Marx, Wilhelm«. 222 Vorstandssitzung 29.12.1922, HAStK, Akten GRhG 10,8. In einer etwas früheren Aufzeichnung Hansens über neu zu wählende Vorstandsmitglieder ist Bruchhausen als Konkurrent von Jarres (Duisburg) genannt, der bereits im März 1922 in den Vorstand eingetreten war  ; HAStK, Akten GRhG 12,1. Albert von Bruchhausen (1859–1948) war 1891–1899 Beigeordneter in Essen und 1899–1904 Erster Bürgermeister in Recklinghausen gewesen, bevor er 1904–1927 sein Trierer Amt bekleidete. Vgl. Gall, »Bruchhausen, Alfred v.«. 223 Der Geheime Kommerzienrat Dr. Ing. e. h. (also Dr. h. c.) Georg Talbot, höchstbesteuerter Bürger Aachens, wurde am 9.12.1924 von Hagen zum Vorstandsmitglied vorgeschlagen, war aber nicht zu einer Kandidatur nach dessen Vorstellungen bereit. HAStK, Akten GRhG 10,9  ; Poll, Geschichte Aachens, S. 261  ; Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 209. 224 Schröder, bis 1945 Teilhaber des Bankhauses J. H. von Stein und 1933–1945 Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer, war zusammen mit dem Bonner Rektor Naumann und dem Kölner Fabrikanten und Generalkonsul H. C. Scheibler am 27.1.1934 von Kallen als Vorstandsmitglied vorgeschlagen worden  ; gleichzeitig wurde beschlossen, Sitz und Stimme der bisherigen Vorstandsmitglieder Silverberg und Strauss »einstweilen ruhen zu lassen«. Sitzung der Wissenschaftlichen Kommission vom 27.1.1934, HAStK, Akten GRhG 13,2. Vgl. Soénius, Kurt Freiherr von Schröder.

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Stärker als bei den Patronen, bei denen Geschäftserfahrung, gesellschaftliche Beziehungen und Spendenfreudigkeit die wichtigsten Qualifikationsmerkmale zum Vorstand waren, spielten bei der Wahl der wissenschaftlichen Vorstandsmitglieder nicht selten auch konfessionelle oder andere weltanschauliche Gesichtspunkte eine erhebliche Rolle, zumal wissenschaftliche Befähigung und aktives Interesse an der rheinischen Geschichte ohnehin vorausgesetzt wurden. Einen frühen und in dieser Deutlichkeit auch nicht wiedergekehrten Testfall für die Toleranz der »Gesellschaft«, den der damalige Gelehrtenausschuss allerdings bestand, liefert die schon erwähnte Wahl von Hermann Cardauns um die Wende des Jahres 1880/1881. Da sie im schriftlichen Umlaufverfahren erfolgte, sind die Argumente der Gegner noch heute in den Akten genau zu verfolgen. Als überzeugter römischer Katholik, der eine Fortsetzung seiner Laufbahn in Bonn während des Kulturkampfs für ganz aussichtslos gehalten hatte, war Cardauns 1876 einem Ruf des Verlegers Julius Bachem gefolgt und politischer Hauptredakteur der zentrumsnahen »Kölnischen Volkszeitung« geworden. Als Mitbegründer und Vorstandsmitglied der »Görres-Gesellschaft zur Pflege der Wissenschaften im katholischen Deutschland« im gleichen Jahr225 war er zwar gleichzeitig seinen wissenschaftlichen Neigungen treu geblieben, hatte aber damit die Aversion liberaler Fachkollegen gegen einen solchen »Römling« nur noch verstärkt, obwohl seine Quellenpublikationen bei der Münchner Kommission alle Ansprüche methodischer Objektivität erfüllten. Die von seinem Freund, dem Protestanten Höhlbaum vorgeschlagene Berufung dieses Mannes in den provisorischen Gelehrtenausschuss zu einer Zeit, als der Kulturkampf noch kaum abgeklungen war, löste auch dort heftigen antiklerikalen Widerspruch aus. Schon kurz zuvor hatte der spätere erste Vorsitzende der »Gesellschaft«, der liberale Oberbürgermeister Hermann Becker, Cardauns’ Bewerbung um das Amt des Kölner Stadtarchivars ja wegen seiner publizistischen Betätigung im katholischen Lager zurückgewiesen.226 Nun wandte sich im Gelehrtenausschuss der Sybel-Schüler Karl Menzel, der als Vorstandsmitglied des liberalen »Deutschen Vereins im Rheinland« und antiklerikaler Wahlredner in Städten wie Koblenz und Euskirchen selbst geradezu den »Prototyp des politischen Professors« am Ende des 19. Jahrhunderts auf der Gegenseite verkörperte227, »entschieden« gegen die Aufnahme von Cardauns  : »Von einem so eifrigen Förderer einer Partei, welche bei jeder Gelegenheit die Wissenschaft und die Universitäten als Verbreiter des Unglaubens denunziert, kann ich eine nützliche Tätigkeit in einem Gelehrtenausschuss, der die freie wissenschaftliche Forschung hochhalten muß, nicht erwarten.« Außerdem befürchtete 225 Cardauns (Hg.), Görres-Gesellschaft, S. 9 ff.; Cardauns, Aus dem Leben, S. 76 ff. Cardauns wurde 1885 auch Herausgeber des »Historischen Jahrbuchs« der »Görres-Gesellschaft« und 1891 deren Generalsekretär. 1881–1909 war Cardauns auch Vorstandsmitglied des »Historischen Vereins für den Niederrhein«. 226 Cardauns, Aus dem Leben, S. 73. 1890 versuchte Höhlbaum nochmals vergeblich, Cardauns zu seinem Nachfolger im Stadtarchiv zu machen. 227 Ditsche, Karl Menzel, S. 229.

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Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands

Menzel, dass durch die »stete Rücksichtnahme auf ein ultramontanes Gemüt« die Beratungen des Ausschusses »sehr an Offenheit, Ungezwungenheit und Behaglichkeit verlieren« würden.228 Die übrigen Mitglieder, auch der Vorsitzende und überzeugte Protestant Schae­ fer229, glaubten jedoch, zwischen dem politischen Journalisten und dem anerkannten Historiker Cardauns unterscheiden zu müssen, und sprachen sich für seine Berufung aus, weil, wie es der Altkatholik Moriz Ritter formulierte, »Geschichtsquellen ein neutrales Gebiet sind« und Cardauns dies noch immer respektiert habe. Überstimmt, wenn auch nicht überzeugt, musste sich Menzel daraufhin geschlagen geben, und Cardauns, dem konfessionelle Engstirnigkeit nun wirklich fern lag230, wurde Mitglied des Gelehrtenausschusses, ohne dass es zu den von Menzel befürchteten Auseinandersetzungen kam. Auch später scheint Menzel, der über die Vorstandssitzungen regelmäßig an Sybel berichtete, in der »Gesellschaft« auch ein Feld zur Durchsetzung seiner politischen Überzeugungen, vor allem zum »Kampf gegen das klerikale Element« in ihrer Leitung und bei den Mitarbeitern gesehen zu haben. So hielt er auch Aloys Schulte, den der übrige Vorstand 1890 zum Kölner Archivdirektor gewinnen wollte, für besonders gefährlich, weil dieser »ein wissenschaftlicher Katholik« und deshalb »schlimmer als ein waschechter Ultramontaner« sei.231 Nicht ohne Grund hatte Höhlbaum schon im provisorischen Ausschuss Menzel und den Lamprecht-Protektor Maurenbrecher als »unsere Linke« bezeichnet und auf Vorstandssitzungen mehr die Anwesenheit konservativer Mitglieder wie Crecelius und Loersch geschätzt.232 Von diesen anfänglichen Auseinandersetzungen abgesehen, ist es jedoch nie mehr zu offenen konfessionellen Streitigkeiten gekommen, obwohl weltanschauliche Unterschiede auch später noch in der Personalpolitik eine Rolle spielten. So wollte Gerhard Kallen mit seinem erfolgreichen Widerstand gegen die Wahl Max Braubachs in den Vorstand 1930, bei dem allerdings wohl auch persönliche bzw. weltanschauliche Gründe mitspielten, verhindern, dass der Vorstand »zu katholisch gefärbt erscheine«.233 Bruno 228 Votum Menzels vom 29.12.1880 auf Höhlbaums Vorschlag vom 27.12., anstelle des ausscheidenden Wilmans (Münster) nicht dessen Nachfolger Ludwig Keller, sondern den um die stadtkölnische Geschichte verdienten »scharfsinningen Forscher« Cardauns zu kooptieren. HAStK, Akten GRhG 11,1. 229 Vgl. Schmidt, Arnold Schaefer. Schaefers Rolle im Kulturkampf ist bisher noch nicht untersucht  ; der hier geschilderte Fall zeigt aber, dass er durchaus bereit war, auch einem »Ultramontanen« gegenüber auf wissenschaftlichem Gebiet Toleranz zu üben  : »So sehr ich die Richtung, welche derselbe als Journalist eingeschlagen hat, bedauere, so lebhaft erkenne ich seine wiss. Tätigkeit an und würde mich freuen, wenn es gelingen sollte, ihn … heran zu ziehen.« (Votum Schaefers vom 28.12.1880, ebd., S. 188). 230 »Kein Katholizismus der Welt schützt gegen Leute, die noch katholischer sind.« Cardauns, Aus dem Leben  ; S. 265. 231 Aus dem Nachlass zitiert bei Ditsche, Karl Menzel, S. 228. 232 »Die Herren Maurenbrecher und Menzel werden unsere Linke sein, aber sie werden, wie mir scheint, im Ausschusse bleiben«  ; dagegen dürfe »Professor Crecelius insbesondere … uns in der nächsten AusschußSitzung nicht fehlen«. Höhlbaum an Schaefer 21.6.1881, HAStK, Akten GRhG 10,1. 233 Dieses Argument klingt etwas fragwürdig, da es sich um die Nachfolge Aloys Schultes handelte  ; allerdings

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Die Organe der »Gesellschaft«

Kuskes Vorwurf, Hansen habe seine Wahl in den Vorstand aus politischen Motiven Jahrzehnte hindurch sabotiert, wurde schon erwähnt. Insgesamt lässt sich aber doch sagen, dass die Zusammensetzung des Vorstands entsprechend der Struktur der gesamten »Gesellschaft« zwar eine ausschließlich bürgerliche war, dass er innerhalb dieses Rahmens aber doch ein breites Spektrum sich gegenseitig respektierender Überzeugungen politischer und weltanschaulicher Art aufwies, die sich auf der gemeinsamen Grundlage wissenschaftlicher Methodik zu sachbezogener Zusammenarbeit trafen. Das traf gleichmäßig für römische Katholiken wie Cardauns, Schulte oder Braubach, fromme Protestanten wie Harleß, Schaefer oder Crecelius, Nationalliberale vom Schlage Hansens und Kallens, Altkatholiken wie Moriz Ritter, Hermann Hüffer oder Julius Wegeler und Freimaurer wie Ludwig Keller zu, um nur einige Beispiele aus der Anfangszeit der »Gesellschaft« zu nennen.234 Vielleicht auch deshalb hat nur selten ein Vorstandsmitglied seinen Sitz aus anderen als den satzungsgemäßen Gründen, Tod, Niederlegung des Amts oder Patronats oder Wegzug aus dem rheinischen Arbeitsgebiet, aufgegeben. 1881 trat Gottfried Eckertz aufgrund seiner Unzufriedenheit mit dem in der damaligen Denkschrift veröffentlichten Programm der »Gesellschaft« für kurze Zeit aus dem Gelehrtenausschuss aus, um dann aber von neuem einzutreten  ; endgültig hat er den Ausschuss 1885 verlassen. Im gleichen Jahr gab auch der beruflich stark belastete Hermann Cardauns seinen Rücktritt aus Gesundheitsgründen bekannt.235 Der saarländische Industrielle Luitwin von Boch-Galhau trat 1924, nur zwei Jahre nach seiner Wahl in den Vorstand, wieder aus, weil er nach mehreren Beitragsmahnungen des Schatzmeisters »schmerzlichst« das Gefühl hatte, er solle als »nachlässiges Vorstandsmitglied« zu Recht »hinausbugsiert« werden.236 Trotzdem blieb er aber bis zu seinem Tod 1932 weiter Patron. war mit Bernhard Vollmer soeben ein weiterer Katholik kooptiert worden. Aufzeichnung Busleys über eine Besprechung mit Kallen am 12.2.1930, ALVR, KultPv 3698. – Die ganze Auseinandersetzung, insbesondere auch Kallens Absicht, anstelle von Braubach lieber Bruno Kuske in den Vorstand wählen zu lassen, muss allerdings auch auf dem Hintergrund der damaligen Diskussion über die Konfessionspolitik an der Kölner Universität, der engen Zusammenarbeit zwischen Adenauer, Kallen und Kuske sowie einer gewissen KölnBonner Rivalität gesehen werden. Vgl. Düwell, Universität, Schulen und Museen, S. 180 f. 234 Soweit möglich, wurde die Konfessionszugehörigkeit aus der biographischen Literatur und den bei den Vorstandsakten liegenden Todesanzeigen ermittelt. Auch für ein späteres Stichjahr (1930) ergibt sich, soweit noch feststellbar, ein recht ausgewogenes Verhältnis  ; von 21 Vorstandsmitgliedern waren jeweils acht mit Sicherheit evangelischer und katholischer Konfession (darunter allerdings auch so liberale Katholiken wie Hansen und Kallen oder Konvertiten wie Louis Hagen), eines mosaisch und vier nicht genau feststellbar. JbGRhG 49 (1929), S. 14. Die »Gesellschaft« selbst hat nie eine Konfessionsstatistik geführt. 235 Anzeichen für (konfessions-)politische Hintergründe dieses Rücktritts lassen sich weder in den Akten der »Gesellschaft« noch in Cardauns’ eigenen Erinnerungen finden  ; der Vorstand versuchte ihn vielmehr zu halten und sprach ihm, als das nicht gelang, seinen Dank und aufrichtiges Bedauern aus. Gemeinsame Sitzung von Vorstand und Gelehrtenausschuss vom 8.8.1885, HAStK, Akten GRhG 10,1. 236 Luitwin von Boch-Galhau an Arnold von Guilleaume am 24.12.1924. Als »Trost für meine wohlverdiente

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Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands

In den ersten Jahrzehnten hat der Vorstand verdiente Kollegen, die aus beruflichen Gründen das Rheinland verließen, auch durch Ernennung zum Ehrenmitglied – des Vorstands, nicht der »Gesellschaft« – in seinen Reihen zu halten gewusst. Ehrenmitglieder wurden nicht auf die satzungsgemäße Höchstzahl des Vorstandes angerechnet, waren aber berechtigt, an Vorstandssitzungen mit beratender Stimme teilzunehmen und die Publikationen der »Gesellschaft« wie bisher kostenlos zu empfangen.237 Die Ernennung solcher Ehrenmitglieder, die eigentlich »praeter statuta« (Loersch) erfolgte, geht auf eine Anregung Moriz Ritters beim Ausscheiden Höhlbaums 1890 zurück.238 Nach Höhlbaum widerfuhr diese Ehrung, die stets von der Jahresversammlung bestätigt werden musste, noch seinem Nachfolger Friedrich Adolf Ratjen (1893) sowie Woldemar Harleß (1902), Eberhard Gothein (1904), den Kölner Oberbürgermeistern Friedrich Wilhelm Becker (1908) und Max Wallraf (1918) und zuletzt dem Rechtshistoriker Ulrich Stutz 1918 bei seiner Berufung nach Berlin. Danach wurden grundsätzlich keine Ehrenmitglieder mehr ernannt239, auch nicht Joseph Hansen, dem dies noch am ehesten zugestanden hätte, als er bei der Umwandlung des Vorstands 1935 seiner Amtlosigkeit wegen nicht mehr in den neuen Beirat aufgenommen wurde. Bei dieser Gelegenheit wurden auch die beiden letzten noch lebenden Ehrenmitglieder des ehemaligen Vorstands, Stutz und Wallraf, zu Ehrenmitgliedern der »Gesellschaft« umbenannt. Der wenig geliebte Karl Lamprecht, dessen Verdienste um die »Gesellschaft« sicher nicht geringer zu veranschlagen sind, ist dieser Ehrung niemals teilhaftig geworden. Als Verfahrensstütze haben sich Gelehrtenausschuss und Vorstand seit 1881 mehrere Geschäftsordnungen gegeben, von denen die von 1886 die ausführlichste ist.240 Die Bestimmung, dass Vorstandssitzungen »in der Regel« in Köln stattfinden sollten, ist allerdings stets sehr weit ausgelegt worden. Nach anfänglichem Schwanken der Sitzungstermine und des Ortes zwischen dem Kölner Rathaus, dem Historischen Archiv und dem Bonner Historischen Seminar stellte sich Ende der 1880er Jahre ein fester jährlicher Dreierrhythmus ein, der über vier Jahrzehnte durchgehalten wurde. Die Sommersitzung am vorlesungsfreien Peter-und-Paulstag (29. Juni) fand bis zum Ende Strafe« bat er jedoch, ihm die den Mitgliedern des Vorstands kostenlos zustehende »interessante Literatur« weiterhin zu schicken. HAStK, Akten GRhG 12,1. 237 Vorstandsbeschluss vom 29.12.1890, HAStK, Akten GRhG 10,2. 238 Loersch an Ratjen vom 14.10.1890 mit der Bitte, Höhlbaum durch ein vertrauliches Privatschreiben mitzuteilen, dass der Vorstand wünsche, ihn »in ehrenvoller Weise dauernd an sich zu fesseln«. HAStK, Akten GRhG 11,1. 239 Ein Vorschlag, den Bonner Emeritus von Bezold zum Ehrenmitglied zu ernennen, um auf diese Weise einen ordentlichen Vorstandssitz freizumachen, fand in der Vorstandssitzung vom 3.12.1924 keine Mehrheit, zumal Bezold das Rheinland ja nicht verließ. HAStK, Akten GRhG 10,9. 240 Ein Entwurf Loerschs, ein Gegenentwurf Höhlbaums und die daraus entstandene Endfassung vom Januar 1886, also kurz nach der Vereinigung von Vorstand und Gelehrtenausschuss, in HAStK, Akten GRhG 4,1 und 10,2 (mit den vom Vorstand am 31.1.1886 beschlossenen Streichungen).

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des Weltkriegs regelmäßig im Godesberger Hotel Blinzler (Hotel Royal) statt, in dem auch der Historische Verein für den Niederrhein öfters zu tagen pflegte. Anschließend nahm sich der Vorstand wohl auch einen »lohnenden Ausflug in die Umgegend« vor.241 Der Haushalt des folgenden Jahres wurde ebenso regelmäßig zwischen Weihnachten und Neujahr auf einer Sitzung im Kölner Rathaus beschlossen  ; eine dritte Sitzung fand jeweils unmittelbar vor der Jahresversammlung im März statt. Nach dem Ersten Weltkrieg, als auch die »Gesellschaft« sparen musste, wurden die Sitzungen in das nicht selten ungeheizte, aber kostenfrei zu benutzende Bonner Historische Seminar verlegt  ; die näheren Umstände lassen sich den bewegten Klagen der Beteiligten entnehmen.242 Umso behaglicher scheinen die Sitzungen dort dagegen im Sommer gewesen zu sein.243 Auch die durch Krieg und Besatzungsgrenzen verursachten Reisehindernisse schränkten die Sitzungen seit 1919 unangenehm ein244, und nachdem sich Ilgen über die hohen Preise des Kölner Bahnhofsrestaurants beschwert hatte, mussten auch die Reisekosten kräftig hinaufgesetzt werden.245 Während der Hochinflation und kurz darauf, zwischen Ende 1922 und Dezember 1924, fanden überhaupt keine Vorstandssitzungen mehr statt, da die politischen Verhältnisse, fast täglich steigende Preise und – nach der Währungsreform – akuter Geldmangel jede Vorausplanung unmöglich machten.246 241 Höhlbaum an Schaefer in der Einladung zur konstituierenden Sitzung des Gelehrtenausschusses am 10.7.1881 in HAStK, Akten GRhG 10.1. 242 So klagte Bär über Reiseschwierigkeiten aus dem amerikanisch besetzten Koblenz ins französisch besetzte Bonn und von Bezold schrieb noch im April 1919  : »Wenn diese wahnwitzige Kälte noch lange anhält, bitte ich Sie, sich nach einem möglichst umfänglichen Mantel der christlichen Liebe umzusehen, um im Falle eines Nachrufs meine Unterlassungssünden gegen unsere Gesellschaft wenn auch nicht ganz, so doch etwas bedecken zu können.« HAStK, Akten GRhG 13.2. 243 Am 16.6.1920 schlug Schulte Hansen wieder das Bonner Historische Seminar als Ort der nächsten Vorstandssitzung vor  ; »da hätten wir alles und selbst Caffé und Thee könnte man von unten heraufkommen lassen … Für 1 bis 2 Studenten würde ich sorgen, so daß wir dort recht behaglich wären.« Anschließend waren ein Mittagessen im Hotel und ein Empfang beim Ehrenmitglied des Vorstands, dem Reichstagsabgeordneten Wallraf vorgesehen  : Dazwischen plante Schulte einen Besuch im neuen Institut für geschichtliche Landeskunde bei Hermann Aubin. HAStK, Akten GRhG 10,8. 244 So musste die Sitzung vom 29.12.1919 überhaupt ausfallen, weil die Bonner und Düsseldorfer Vorstandsmitglieder »wegen Verkehrsstörungen« nicht kommen konnten. Ein Jahr zuvor hatten viele wegen militärpolizeilicher Beschränkungen durch die Besatzungsmächte nicht anwesend sein können. Wenn ihm bei der »milderen Gesinnung« der in Koblenz regierenden Amerikaner auch wohl die Reise nach Köln gestattet würde, hatte Max Bär aus diesem Anlass am 20.12.1918 geschrieben, so sei er doch keineswegs sicher, dass ihm die »wesentlich schärferen« Engländer und Franzosen in Köln und Bonn auch die Rückreise genehmigten. HAStK, Akten GRhG 10,8. 245 Am 13.3.1020 beschloss die Finanzkommission, den Vorstandsmitgliedern vollen Ersatz für ihre Reisekosten zu gewähren  ; in allen übrigen Fällen sollte es bei dem bisherigen Satz von zehn Mark plus Fahrkosten 1. Klasse bleiben. HAStK, Akten GRhG 14,1  ; Ilgens Antrag vom 23.2.1920 in  : HAStK, Akten GRhG 11,2. 246 HAStK, Akten GRhG 10,8. Eine für März 1923 vorgesehene Vorstandssitzung kam wegen des passiven

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Die Wahlgrundsätze und Arbeitsweise des Vorstands

Gerhard Kallen, der ohnehin am liebsten selbst entschied, reduzierte die Zahl der jährlichen Vorstandssitzungen seit 1929 auf nur noch eine und begründete dies, sicher auch nicht unzutreffend, mit notwendiger Sparsamkeit.247 Dabei ist es, abgesehen von einigen außerordentlichen Sitzungen, geblieben  ; ein großer Teil der Vorstandsarbeit hat sich deshalb auch in die kleineren und beweglicheren Fachkommissionen verlagert. 1943 und 1945–1946 kamen wegen des Krieges überhaupt keine Sitzungen zustande, und 1944 fand in Köln nur eine Notsitzung des Vorsitzenden mit dem Schriftführer und dem Schatzmeister statt. Die überwiegende Mehrzahl der Vorstandsbeschlüsse kam stets durch allgemeinen Konsens zustande  ; »Kampfabstimmungen« wie 1962 um die Einführung der neuen Satzung248 waren außerordentlich selten. Dabei hat sich der Vorstand in früheren Jahren häufiger selbst um kleine Details gekümmert. Die dem Brauch der Bonner Fakultäten entlehnte schriftliche Beschlussfassung im Postumlaufverfahren, die die Geschäftsordnung von 1886 sogar als Regel nennt249, nahm deshalb trotz dreier Vollsitzungen im Jahr zeitweise einen solchen Umfang an, dass Alfred Dove 1886 eine Zusammenfassung der minder wichtigen Zirkulare zu größeren, aber selteneren Sendungen empfahl, da die Portokasse der »Gesellschaft« sonst allzu sehr belastet würde.250 Im Übrigen bestimmte die Geschäftsordnung, dass die Sitzungen vom Vorsitzenden, seinem Vertreter oder dem Schriftführer zu leiten und Beschlüsse mit einfacher Mehrheit zu treffen seien  ; bei Stimmengleichheit gab der Vorsitzende den Ausschlag. Über jede Sitzung hatte der Schriftführer ein genaues Protokoll aufzusetzen, das allen Vorstandsmitgliedern zuging. Im Entwurf der Geschäftsordnung von 1886 heißt es noch, dass dieses Protokoll auch allen Patronen, der Staatsregierung und den Provinzialständen und in Form eines zusammengefassten Berichtes auch der Presse mitzuteilen sei  ; doch hielt man dies wohl für übertriebene Publizität und strich die Bestimmung bei der Genehmigung des Entwurfs heraus. Einen nicht unwichtigen Teil jeder Vorstandssitzung stellte von Anfang an die »gesellige Vereinigung«251 zu ihrem Abschluss dar, zu der stets auch »in hergebrachter Weise ein gemeinsames Essen«, im Sommer wohl auch ein »lohnender Ausflug« in die Umgebung Bonns oder Godesbergs gehörte252. Widerstands und der Reiseschwierigkeiten nicht zustande, die die französische Besetzung des Ruhrgebiets im Januar 1923 ausgelöst hatte. 247 Rundschreiben des Vorsitzenden vom 22.5.1929 und vom 10.6.1930, ALVR, KultPv 3698. 248 Vorstandssitzung 12.11.1962, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I, Prot. S. 2. 249 Geschäftsordnung 1886, Art. 5, HAStK, Akten GRhG 10,2. Auf Antrag von mindestens drei Vorstandsmitgliedern war jedoch Beratung in gemeinsamer Sitzung erforderlich. 250 Antrag Doves auf einem Rundschreiben Höhlbaums vom 11.2.1886, HAStK, Akten GRhG 11,1. Dove verwies dabei auf die durch »Einschränkung der Zwischenporti erzielte Ersparnis bei den Zirkularen der Bonner Fakultät«. 251 Harleß an Höhlbaum 10.2.1881, HAStK, Akten GRhG 10,1. 252 Einladung zur Vorstandssitzung vom 28.12.1898 im Senatssaal des Kölner Rathauses, HAStK, Akten GRhG

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Die Organe der »Gesellschaft«

Abb. 41 Umbau des Senatssaals im Kölner Rathaus, 1914/1915.

Dazu wurden gelegentlich auch dem Vorstand nahestehende Nichtmitglieder wie Gustav Mevissen oder andere Patrone geladen.253 Im Sommer 1927 nahm die Vorstandssitzung, die damals auf Einladung der Stadt anlässlich der Ausstellung »Der Rhein, sein Werden und Wirken« und zur Demonstration nationaler Verbundenheit mit dem noch besetzten Süden der Rheinprovinz in Koblenz stattfand, fast den Charakter einer Jahresversammlung an. Ein öffentlicher Lichtbildervortrag von Paul Clemen über »Mittelrheinisches Barock« gab ihr den glanzvollen Höhepunkt, bevor ein festliches Essen die Vorstandsmitglieder mit den dazu geladenen Stiftern, Patronen und Mitgliedern aus dem südlichen Teil der Provinz vereinte.

10,3. In Godesberg gab es meist »ein sehr gutes Essen zu 3 Mark« ebd., 10,7  ; zum Ausflug Höhlbaum an Schaefer 21.6.1881 ebd. 10,1. 253 Einladung Höhlbaums vom 13.6.1887 und zum 16.6.1888, HAStK, Akten GRhG 10,2.

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Die Kommissionen des Vorstands

5.4 Die Kommissionen des Vorstands

Wesentliche Vorarbeiten für die Entscheidungen des Vorstands wurden von jeher schon in den zahlreichen Kommissionen geleistet, die dieser nach akademischem Vorbild als ständige Ausschüsse oder ad hoc zur Behandlung bestimmter Fragen bildete. Die beiden ersten ständigen Kommissionen wurden schon 1882 vom Gelehrtenausschuss aus seiner Mitte ernannt  : eine Verlagskommission zur Pflege der Beziehungen zu Buchhändlern und Verlegern und eine Redaktionskommission zur Prüfung eingereichter Manuskripte, die jeweils mit drei Mitgliedern besetzt waren und eine eigene schriftliche Satzung besaßen.254 Mit der Erweiterung der Publikationstätigkeit kam 1886 eine sechsköpfige »Prüfungskommission« zur Begutachtung neuer Arbeitspläne und zur Überwachung ihrer Ausführung hinzu, während der schon bestehenden Redaktionskommission die Beurteilung der fertigen Arbeiten überlassen blieb.255 Gleichzeitig änderte die Verlagskommission ihren Namen in »Finanzkommission«  ; sie wurde auf vier Köpfe vergrößert, war nun außer für Verlagsangelegenheiten auch für die Festsetzung der Honorare von Mitarbeitern zuständig und hatte überhaupt, wie es im Vorstandsbeschluss hieß, »für die Vermehrung der Gesellschaftsmittel Sorge zu tragen«. Doch konnte sich der Vorstand nicht entschließen, den Kommissionen die ursprünglich vorgesehene selbstständige Beschlusskompetenz zuzugestehen.256 Sie sprachen daher nur Empfehlungen aus, die der Zustimmung des Gesamtvorstands bedurften. 1897 wurden Prüfungs- und Redaktionskommission mit ihren Aufgabenkreisen zu einer neuen »Wissenschaftlichen Kommission« zusammengelegt.257 Ihre ersten Mitglieder hießen von Bezold, Gothein, Harleß, Loersch, Menzel, Nissen und Ritter  ; außerdem hatte der Vorsitzende, wie in allen Kommissionen, in ihr satzungsgemäß Sitz und S­ timme.258 Gleich wurde auch die Finanzkommission um ein weiteres Mitglied vergrößert. Ihr Kern 254 Beschluss des Gelehrtenausschusses vom 24.7.1882, HAStK, Akten GRhG 10,1  ; die Geschäftsordnung des Redaktionsausschusses (1882) ebd. 1,1, Bl. 143. 255 Geschäftsordnung Januar 1886, Abs. 6, HAStK, Akten GRhG 10,2. 256 Der entsprechende Satz des Entwurfs »Die Kommissionen und Einzelvertreter haben für die ihnen überwiesenen Angelegenheiten alle Befugnisse des Vorstands (§ 7 der Statuten). Ihre Beschlüsse und Anordnungen werden durch den Vorsitzenden zur Kenntnis des Vorstandes gebracht« wurde in der Schlussberatung gestrichen und durch ein bloßes Empfehlungsrecht ersetzt  ; de facto wurden derartige Kommissionsbeschlüsse aber doch stets als Vorstandsbeschlüsse übernommen. 257 Empfehlung der vereinigten Prüfungs- und Redaktionskommission und entsprechender Vorstands­beschluss vom 27.3.1897 in  : HAStK, Akten GRhG 12,1 u. 10,3. 258 Der Wechsel der Mitglieder in den einzelnen Kommissionen kann hier nicht im Einzelnen dargestellt werden. Zur Wissenschaftlichen Kommission gehörten grundsätzlich mehrere Bonner und später auch Kölner Lehrstuhlinhaber sowie die Archivdirektoren aus Koblenz und Düsseldorf  ; sie traf die eigentlichen Entscheidungen im wissenschaftlich-editorischen Bereich und stellte genau genommen eine Neuauflage des alten Gelehrtenausschusses dar, dessen Stellung jetzt allerdings viel stärker war als vor der Vorstandsreform von 1886.

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Die Organe der »Gesellschaft«

bestand jetzt aus dem Vorsitzenden, dem Schatzmeister, dem Schriftführer, dem Vertreter der Provinz und meist noch einem weiteren rechtskundigen Vorstandsmitglied. Wissenschaftliche und Finanzkommission, die oft auch gemeinsam tagten, bildeten seitdem eine Art engeren Vorstand, in dem unter Hansen und mehr noch unter Kallen vielfach die eigentlichen Vorstandsentscheidungen fielen. Neben diesen ständigen Kommissionen bildete der Vorstand immer wieder auch kurzfristig tätige Ausschüsse, etwa zur Vorbereitung von Satzungsänderungen, zur Planung und Begutachtung bestimmter Editionsprojekte oder zur Krönung von Preisschriften im Rahmen der Mevissen-Stiftung. Bei besonders langfristigen Unternehmungen haben die entsprechenden Kommissionen ebenfalls praktisch den Charakter ständiger Ausschüsse angenommen, so die 1887 unter dem Vorsitz von Hugo Loersch gebildete Kommission für den »Geschichtlichen Atlas« und die im gleichen Jahr konstituierte, institutionell jedoch selbstständige und mit eigenem Etat ausgestattete »Kommission für die Denkmälerstatistik«. Ihr stand bis zu seinem Tod 1907 ebenfalls Hugo Loersch, danach bis 1947 der Provinzialkonservator und spätere Vorsitzende des Denkmälerrats der Rheinprovinz, Paul Clemen, vor259, doch schied die Denkmäleraufnahme 1935 aus dem engeren Aufgabenkreis der »Gesellschaft« aus. Anders als bei den Vorstandskommissionen im engeren Sinne gehörten diesen Ausschüssen oft auch Fachleute an, die nicht Mitglieder des Vorstands waren, wie die Geographen Johann Justus Rein260, Otto Quelle261 (beide aus Bonn) und Franz Thorbecke aus Köln262 in der Atlaskommission oder zahlreiche Kunsthistoriker, Architekten, Bauräte und Museumsfachleute in der Denkmälerkommission.263 Die 1908 gebildete »Kommission für das Rheinische Wörterbuch«, für das 259 Interimistisch wurde sie nach dem Tod Loerschs vom 10.5. bis zum 31.7.1907 von Joseph Hansen geleitet. JbGRhG 27 (1907), S. 41. 260 Geheimrat Johannes Justus Rein (1835–1918) war nach längeren Forschungsreisen, u. a. von 1873 bis 1875 in Japan, 1876 Ordinarius in Marburg und 1883 in Bonn geworden  ; er wurde auf der Vorstandssitzung vom 29.6.1887 in die provisorische Atlaskommission (bis dahin Höhlbaum, Lamprecht, Loersch, Menzel und Nissen) hinzugewählt, die gleichzeitig als endgültig bestätigt wurde. HAStK, Akten GRhG 10,2  ; zu Rein vgl. die umfassende Einleitung bei Conrad / Koch (Hgg.), Johannes Justus Rein. 261 Otto Quelle (1879–1959), 1914 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kolonialinstitut Hamburg, 1918 außerordentlicher, 1920 ordentlicher Professor für Geographie in Bonn, 1930 Technische Hochschule (heute  : Universität) Berlin, 1940 Universität Berlin, 1955 emeritiert. Vgl. zu Quelle, der 1933 in die NSDAP eintrat, Liehr, Geschichte Lateinamerikas, S. 644–648. 262 Franz Thorbecke (1875–1945), Geograph und Afrikaforscher, wurde nach Privatdozenturen in Mannheim (1909) und Heidelberg (1915) 1917 Professor der Geographie an der Handelshochschule Köln, 1919 an der Kölner Universität. Der Vorstand wählte ihn am 15.1.1927 zum Mitglied der Atlaskommission  ; anders als Rein scheint er jedoch nie Mitglied der »Gesellschaft« gewesen zu sein. HAStK, Akten GRhG 15,1, Mitteilung Hansens an Thorbecke vom 17.1.1927. Kritische Würdigung bei Hennings, Franz Thorbecke. 263 Als Mitglieder der Kommission für die Denkmälerstatistik, die nicht zugleich Vorstandsmitglieder der »Gesellschaft« waren (wie Loersch, Clemen, Hansen, Lamprecht, Nissen, Dove, Ilgen, Reimer, Schulte u. a. m.) nennen die alljährlich mit den Jahresberichten veröffentlichten Tätigkeitsberichte der Kommission u. a. die Bauräte und Baumeister Ludwig Arntz, Hermann Stübben, Friedrich Carl Heimann, Hein-

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Die Jahresversammlungen

die Vorarbeiten damals begannen, war dagegen ein gemeinsamer Ausschuss der »Gesellschaft«, der Preußischen Akademie der Wissenschaften und der rheinischen Provinzialverwaltung.264 Eine engere Redaktionskommission für das Wörterbuch bildete die »Gesellschaft« dann nach dem Erscheinen der ersten Lieferung 1924 aus dem damaligen Herausgeber Josef Müller und den Bonner Germanisten Rudolf Meissner (Vorstandsmitglied) und Theodor Frings.265

5.5 Die Jahresversammlungen

Bis 1888 haben die jährlichen Hauptversammlungen der »Gesellschaft«, zu denen sämtliche Stifter, Patrone und Mitglieder einzuladen waren, nach den Bestimmungen der Satzung stets im Dezember am Sitz der »Gesellschaft« in Köln stattgefunden. Seitdem lag der Termin in den ersten Monaten des Jahres, früher im März, seit 1948 meist im April oder Mai. Obwohl auch andere Patronatsstädte Anträge stellten, die Hauptversammlung in ihren Mauern abzuhalten – so Düsseldorf 1915 aus Anlass der Ausstellung »Aus hundert Jahren Kultur und Kunst« und Koblenz 1923 unter Hinweis auf die historische und administrative Bedeutung der Stadt als Schwerpunkt der südlichen Provinz266 –, wurde der Tagungsort Köln jedoch bis 1956 beibehalten. Danach fanden Jahresversammlungen außerdem auch in Bonn (1957 und 1965), Trier (1964), Neuss (1966 und 1975), Mönchengladbach (1976) und Koblenz (1977) statt.

rich Wiethase und Hans Verbeek (alle Köln) und Hermann Cuno (Koblenz), die Kunsthistoriker Albert Erich Brinkmann (Köln), Wilhelm Effmann, Eduard Firmenich-Richartz, Carl Justi und Henry Thode (alle Bonn), die Museumsdirektoren Emil Krüger (Trier), Karl Schaefer und Fritz Witte (Köln), Pfarrer Karl Füssenich (Lendersdorf bei Düren), Landesdirektor Wilhelm Klein, Regierungspräsident a. D. Eduard zur Nedden, Domkapitular Alexander Schnütgen und Appellationsgerichtsrat August Reichensperger aus Köln. 264 Ihr gehörten als erste Mitglieder die Germanisten Andreas Heusler und Konrad Burdach seitens der Berliner Akademie, Landeshauptmann von Renvers von der rheinischen Provinzialverwaltung und seitens der »Gesellschaft« Theodor Ilgen, Joseph Hansen sowie der Herausgeber des Wörterbuchs, Johannes Franck, als Vorsitzender an. JbGRhG 28 (1908), S. 41  ; Vorstandssitzung 7.3.1908, HAStK, Akten GRhG 10,6. 265 JbGRhG 41–44 (1921–1924), S.  9. Der Bonner Germanist Theodor Frings (1886–1968) war zusammen mit Hermann Aubin einer der Gründer des Instituts für geschichtliche Landeskunde und erster Leiter von dessen sprachwissenschaftlicher Abteilung gewesen. Die »Gesellschaft« hatte ihn bereits 1916 zum Mitglied gewählt. Der um die rheinische Mundartforschung verdiente Frings folgte 1927 einem Ruf nach Leipzig, war Mitglied zahlreicher Akademien und seit 1948 auch der Zentraldirektion der »Monumenta Germaniae Historica«. Vgl. zu ihm u. a. Zender, Gedenkworte. 266 Antrag des Direktors der Kunstakademie Düsseldorf und Präsidenten des Ausstellungskomitees Fritz Roeber (1851–1924) vom 20.4.1914 und Hansens Ablehnung aus formalen Gründen in  : HAStK, Akten GRhG 33,2  ; die entsprechende Bitte des Koblenzer Oberbürgermeisters Ritschel vom 3.1.1923 lehnte Hansen wegen zu erwartender »Störungen im Eisenbahnverkehr« ab, HAStK, Akten GRhG 12,1. 1927 fand jedoch in Koblenz eine erweiterte Vorstandssitzung mit dem üblichen Beiwerk einer Jahresversammlung statt.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Abb. 42 Ostfassade des Gürzenich in Köln, Martinstraße/Ecke Kaufhausgasse, um 1905.

Regularien der Tagesordnung waren stets der Bericht des Vorsitzenden über die wissenschaftlichen Unternehmungen, erschienene, laufende und geplante Veröffentli­chun­gen, der grundsätzlich getrennt erstattete Bericht der »Kommission für die Denkmälerstatistik«, der Kassenbericht des Schatzmeisters und die üblichen Wahlen neuer Vorstandsund sonstiger Mitglieder. In den ersten Jahren, als die Zusammenkünfte noch einen recht 172

Die Jahresversammlungen

intimen Charakter besaßen267, konnte das Plenum anschließend selbst eingehend über das Programm und die Finanzen diskutieren und Vorschläge machen. Ein wissenschaftlicher Vortrag aus dem Gebiet rheinischer Geschichte, zu dem auch Nichtmitglieder Zutritt hatten, bildete später regelmäßig den Höhepunkt der Versammlung. Nicht weniger wichtig für das Selbstverständnis der gutbürgerlichen »Gesellschaft« war auch nach den Jahresversammlungen das anschließende Festessen im Gürzenich, das nur selten, wie etwa 1919 oder in den Jahren des Zweiten Weltkriegs, »in Anbetracht der Zeitverhältnisse« einmal ausfiel.268 Ob dabei auch »heitere Trinksprüche das Mahl würzten«, wie beim »Historischen Verein für den Niederrhein«269, oder gar vom Vorsitzenden selbst gedichtete Lieder im Chor gesungen wurden, wie es zeitweise bei den Festmählern des »Hansischen Geschichtsvereins« üblich war270, entzieht sich unserer Kenntnis. Doch sollte man die gesellschaftliche Bedeutung solcher Festessen im Rahmen der städtischen Vereinskultur des 19. Jahrhunderts nicht unterschätzen, zumal der Zusammenhalt einer aus Kaufleuten, Gelehrten und höheren Beamten bestehenden Stifterkommission wie der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« nicht nur auf wissenschaftlichen Interessen, sondern auch auf gesellschaftlichen Beziehungen untereinander beruhte. Die enge gesellschaftliche Verflechtung, die besonders die Kölner Patrone aus Mevissens Freundeskreis, also die angesehene städtische Oberschicht »unger us«271 immer wieder zusammenhielt, war allerdings nicht Ergebnis, sondern Voraussetzung für die Entstehung der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« in ihrer 1881 geschaffenen Form. Somit spiegelt sich das Selbstverständnis der bürgerlichen Gesellschaft im 19. Jahrhundert nicht zuletzt auch im Charakter solcher Veranstaltungen. Der eigentliche wissenschaftliche Teil der Jahresversammlung bestand aus dem öffentlichen Vortrag, den zumeist ein Mitglied des Vorstandes oder wenigstens der »Gesellschaft« über sein engeres Forschungsgebiet, möglichst auch im Zusammenhang mit einer Publikation der »Gesellschaft« hielt. So referierte 1902 Hugo Loersch über den »Geschichtlichen Atlas«, wobei bereits »die Beteiligung von Damen erwünscht« war272. 1903 sprach Eberhard Gothein über die Anfänge des Zollvereins und die Rheinlande, 1905 Paul Clemen über seine »Gotischen Monumentalmalereien« und 1911 der damalige Privatdozent Bruno Kuske über »Finanzpolitik und Organisierung des Großhandels in der Reichsstadt Köln«. Aus Anlass der rheinischen Jahrtausendfeier 1925 sprach der 267 Die Zahl der bis 1885 in den Jahresberichten namentlich genannten Teilnehmer lag meist nur zwischen 20 und 25. 268 Einladung zur 38. Jahresversammlung vom 20.2.1919, HAStK, Akten GRhG 9,4. 269 Bericht über die Generalversammlung am 19.10.1893, in  : AHVN 61 (1895), S.  248–250. Ähnliche Hinweise finden sich bis 1914 fast in jedem Tagungsbericht des »Historischen Vereins für den Niederrhein«, aber auch kleinerer örtlicher Geschichtsvereine. 270 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 19 f. 271 Ratjen, Mein Leben, S. 55. 272 Einladung zur Jahresversammlung am 26.2.1902, HAStK, Akten GRhG 11,1.

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Die Organe der »Gesellschaft«

damalige Privatdozent Wilhelm Levison über die Bedeutung des Jahres 925 für Rheinland und Reich und Joseph Hansen wandte sich 1927 gegen neuere französische Veröffentlichungen über frühere rheinische Sympathien für die revolutionäre französische Republik.273 Nur in besonderen Notzeiten wie 1918–1920 und 1942 fielen diese Vorträge aus  ; von 1943 bis 1947 wurden überhaupt keine Jahresversammlungen abgehalten. Schon 1886 hatte der Vorstand beschlossen, diese Vorträge drucken und außer den Pa­ tronen und Mitgliedern auch durch Vermittlung des Provinzialschulkollegiums allen höheren Schulen der Rheinprovinz zukommen zu lassen. Abgesehen von den Festvorträgen Moriz Ritters (1885) und Joseph Hansens (1907), die in die Sammelschrift »Ziele und Aufgaben« von 1907 einflossen274, und den Festreden Gerhard Kallens und Ulrich Stutz’ auf der Jubiläumsfeier 1931, die die Provinzialverwaltung in einer ihrer eigenen Veröffentlichungen herausgegeben hat, wurden die Jahresvorträge aber erst seit 1931 in einer besonderen Editionsreihe der »Gesellschaft« (Reihe »Vorträge«) fortlaufend gedruckt. Seit 1936 drangen in die bis dahin von sachlichen und wissenschaftlichen Inhalten geprägten Jahresversammlungen zunehmend Elemente politischer Propaganda ein. Die Gründung der »Arbeitsgemeinschaft rheinischer Geschichtsvereine«, der Einfluss des nationalsozialistischen Kulturreferenten der Provinzialverwaltung und das bevorzugte Forschungsgebiet Kallens in der damaligen Zeit, die Beziehungen der Rheinlande und ihrer westlichen Nachbarländer zum Reich – all dies in spezifisch germanophiler Auslegung und Diktion –, kamen auch in den Hauptversammlungen der Jahre 1936 bis 1941 deutlich zum Ausdruck. Als äußeres Zeichen der führenden Rolle, die der »Gesellschaft« im Rahmen der von der Provinzialverwaltung betriebenen Gleichschaltungspolitik in der 1935 gegründeten Arbeitsgemeinschaft zugedacht war, sollte bereits die Jahresversammlung 1936 gleichzeitig als Hauptversammlung der neuen Union aller lokalen Geschichtsvereine gefeiert werden und deshalb einen öffentlichen und besonders repräsentativen Charakter erhalten. Der früheren Politik der »Gesellschaft«, sich von den anderen Zwecken dienenden örtlichen Vereinen betont zu distanzieren, lief das allerdings direkt zuwider. Das muss auch ihr Vorsitzender gespürt haben, der zwar die Gründung der »Arbeitsgemeinschaft« unterstützt und die Führungsrolle der »Gesellschaft« darin gern angenommen hatte, sich aber doch gegen eine allzu enge Vermischung und Gleichsetzung mit den Lokalvereinen wehrte, wie sie in einer gemeinsamen repräsentativen Jahresversammlung sinnfällig zum Ausdruck gekommen wäre. Jedenfalls zeigte sich Kallen »sehr glücklich«275, als Landesrat Apffelstaedt im letzten Augenblick beschloss, die erste Hauptversammlung der 273 Im Druck  : Hansen, Das linke Rheinufer. Die stark nationale Tendenz des Vortrags, der sich gegen die 1917 vom französischen Historiker Philippe Sagnac (1868–1954) vorgebrachte These von der Anschlussfreudigkeit der damaligen Rheinländer wandte, hob auch die »Kölnische Volkszeitung« (Nr. 235) in ihrem Versammlungsbericht vom 30.3.1927 hervor. 274 Die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde. Ziele und Aufgaben 1881–1906. 275 Kallen an Apffelstaedt 14.2.1936, ALVR, KultPv 11016.

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Die Jahresversammlungen

Abb. 43 Rathaus Köln, Hansasaal mit Hakenkreuzfahne, Foto: Heinrich Bartmann, 1938.

Arbeitsgemeinschaft doch nicht mit der der »Gesellschaft«, sondern mit der Jubiläumstagung des »Rheinischen Vereins« im September 1936 auf Burg Stahleck zu verbinden.276 276 Aufzeichnung Hermann Corstens über eine Vorstandssitzung der Arbeitsgemeinschaft am 8.2.1936, ALVR, KultPv 11212  ; Ruland, Kleine Chronik, S. 31.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Trotzdem zeigte die Jahresversammlung der »Gesellschaft« am 18. März 1936 ebenso wie das um diese Zeit beschlossene neue Arbeitsprogramm277, wohin der neue Kurs gehen sollte. Zwar war es Kallen und Apffelstaedt trotz eindringlicher Bemühungen nicht gelungen, den Präsidenten des neuen »Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschlands«, Walter Frank, als Redner zu gewinnen.278 Nach ihm lehnte auch der Münchner Historiker Karl Alexander von Müller (1882–1964), auch er ein entschiedener Nationalsozialist, den Kallen ebenfalls zu den »heute maßgeblichen« Persönlichkeiten der deutschen Geschichtswissenschaft zählte279, einen Vortrag ab. Schließlich hatte auch der als Dritter gebetene Generaldirektor der Preußischen Staatsarchive, Albert Brackmann, offentsichtlich keine Lust, sich angesichts der kurz bevorstehenden politischen Neuorganisation der Historischen Kommissionen im Reich durch einen öffentlichen Festvortrag zu exponieren.280 So sprach schließlich Franz Petri über ein rheinisches Thema, das sich allerdings auch im Sinne der neuen politischen Strömung deuten ließ.281 Auf Anregung Kallens, wie das Beiratsprotokoll ausdrücklich vermerkte282, beschlossen Beirat und Hauptversammlung ein Treuebekenntnis zu Adolf Hitler, das dem »Führer« in überschwänglichen Worten für die eben vollzogene militärische Besetzung des Rheinlandes dankte.283 277 Vgl. dazu S. 176. 278 Kallen und Apffelstaedts Stellvertreter Kornfeld reisten dazu am 22.1. eigens nach Berlin, doch sagte Frank am 17. endgültig ab und empfahl an seiner Stelle den neuen Vorsitzenden des Gesamtvereins Willy Hoppe. Der aber schien Kallen »trotz aller Verdienste … nicht der geeignete Mann« für eine solche Festrede zu sein  ; er wolle in jedem Fall eine Persönlichkeit sprechen lassen, »die heute irgendwie maßgeblich sei« (Aufzeichnung Kornfelds vom 20.1.1936, ALVR, KultPv 11213). Über den Werdegang und die Rolle Walter Franks in der NS-Geschichtswissenschaft berichtete initial Heiber, Walter Frank. Seit jüngerer Zeit existieren mehrere weiterführende Beiträge, von denen hervorgehoben sei Rupnow, Judenforschung, u. a. S. 63–66. Die Rolle Hoppes reflektiert Neitmann, Willy Hoppe. Vgl. auch Speitkamp, Landesgeschichte und Geschichtsvereine. 279 Aufzeichnung Kornfelds vom 20.1.1936, ALVR, KultPv 11213. 280 Brackmann habe »mit eigenartiger Begründung« ebenfalls abgelehnt und sogar geraten, die ganze Hauptversammlung aufzuschieben, da die Historischen Kommissionen im März »im ganzen Reich neu geordnet« werden sollten. Zufrieden stellte Kallen fest, dass die dabei beabsichtigten organisatorischen und personellen Veränderungen »im Rheinland längst in Ordnung« seien. Kallen an Apffelstaedt 27.2.1936, ALVR, KultPv 11016. Die Rolle Brackmanns ist in jüngerer Zeit mehrfach kritisch erforscht worden. Vgl. etwa Haar, Osteuropaforschung. 281 So berichtete der »Westdeutsche Beobachter« vom 19.3.1936, Petri habe in seinem Vortrag über die fränkische Landnahme und das Rheinland auf die »nordische Heimat der Germanen« hingewiesen und »von der neuen, das Volkstum als geschichtliche Macht zentral in Rechnung stellenden Geschichtsauffassung aus« eine ganz neue Würdigung der fränkischen Reichsgründung vorgenommen. ALVR, KultPv 11016. Der Vortrag selbst im Druck bei Petri, Die fränkische Landnahme. 282 Beiratssitzung 18.3.1936, HAStK, Akten GRhG 10,9. 283 In dem vom Vorsitzenden unterzeichneten Telegramm vom 18.3.1936 bat die 53. Hauptversammlung »den Führer und Kanzler des Deutschen Reiches, den Ausdruck ihrer höchsten Freude und tiefsten Dankbarkeit entgegennehmen zu wollen ob der helleuchtenden Tat des 7. März. Seit über 50 Jahren von der Auf-

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Die Jahresversammlungen

Die geplante Demonstration der neuen Volksgemeinschaft von Heimatforschern und Wissenschaft im Bereich der rheinischen Landesgeschichte kam jedoch im folgenden Jahr zustande, als die Hauptversammlung nach dem Konzept der Provinzialverwaltung erstmals als gemeinsame Veranstaltung der »Gesellschaft« mit der »Arbeitsgemeinschaft« durchgeführt wurde. Jetzt endlich sollte die »breite Front der geschichtlichen Heimatforschung«, der »große Block von über 1000 Heimatforschern  … mit der hohen Wissenschaft in kameradschaftlichem Austausch gleichberechtigt zusammengeführt werden«, erklärte Landesrat Apffelstaedt, der die Tagung eröffnete und in der markigen Formulierung der Zeit »die Zielsetzung der rheinischen Geschichtsforschung für das kommende Jahr bekannt gab«  ; es sei »dieselbe, die sich das Reichsinstitut für die Geschichte des Neuen Deutschland gestellt hat«.284 Insbesondere nannte der Landesrat die Militärgeschichte des Rheinlands, national- Abb. 44 Karl Alexander von Müller, 1929. kirchliche Bestrebungen und die bäuerliche Sippenforschung im Rheinland. Anschließend feierte Wilhelm Engel, der neue kommissarische Präsident der »Monumenta Germaniae Historica«, in einem Vortrag über »Landesgeschichte und Reichsgeschichte« den 30. Januar 1933 als »Anfang vom Ende des Partikularismus« und »Beginn einer großen Flurbereinigung in Deutschland« und Gerhard Kallen hob auch seinerseits die Absicht der »Gesellschaft« hervor, sich möglichst eng an das Programm Walter Franks und seines Reichsinstituts anzuschließen. Den eigentlichen Festvortrag hielt als Ehrenmitglied dieses Instituts der großdeutsch gesinnte österreichische Historiker Heinrich von Srbik, der abends vor den rheinischen Gauleitern Grohé und Terboven und weiteren 2500 Zuhörern – bis zum Kommandeur der Ordensburg Vogelsang, und zur Gebietsführerin des BDM war die gesamte staatliche und gabe beseelt, die geistige Wacht am Rhein zu halten und die deutsche Vergangenheit der Nordwestmark des Reiches quellenmäßig zu ergründen, gelobt die Gesellschaft, an den großen Aufgaben der deutschen Geschichtsforschung im Sinne der vom Reichsinstitut für neuere deutsche Geschichtsforschung gegebenen Richtlinien mit allen Kräften mitzuarbeiten.« (Wortlaut im »Westdeutschen Beobachter« vom 19.3.1936, ALVR, KultPv 11016). Zum Anlass des Telegramms  : Braubach, Der Einmarsch deutscher Truppen. 284 Tagungsbericht der Kölnischen Volkszeitung vom 14.2.1937, ALVR, KultPv 11016. Die Jahresversammlung 1937 fand am 12. Februar statt.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Parteiprominenz persönlich geladen worden – über »Mitteleuropa. Das Problem und die Versuche zu seiner Lösung in der deutschen Geschichte« sprach.285 Für die Jahresversammlungen 1938 und 1939 bemühten sich Apffelstaedt, Kallen und schließlich sogar der Landeshauptmann persönlich, Walter Frank doch noch als Festredner zu gewinnen. Frank sollte, wie ihm Apffelstaedt mit Blick auf die fortdauernde Organisation mancher rheinischer Geschichtsvereine 1937 schrieb, »der breiten Öffentlichkeit, vor allem hier im Westen, einmal die Grundsätze nationalsozialistischer Geschichtsforschung darlegen«, etwa in Form einer Wiederholung seines »wundervollen Vortrags« auf dem Erfurter Historikertag im Juli des Jahres, der den Landesrat offensichtlich sehr beeindruckt hatte.286 Er und Frank hatten sich dort in »eingehenden Gesprächen«, nicht zuletzt über Gegner in der Vorgeschichtsforschung des Amtes Rosenberg, kennen und schätzen gelernt.287 Selbst mehrere Reisen nach Berlin, die Apffelstaedt und sein Vertreter Hans Kornfeld danach unternahmen, konnten dem vielbeschäftigten Repräsentanten der NS-Geschichtswissenschaft aber keine bindende Zusage entlocken. Der in seiner Korrespondenz immer etwas exzentrisch wirkende Frank erklärte sich grundsätzlich zu einem Vortrag vor der »Gesellschaft« bereit und widmete Apffelstaedt »im Geiste der gemeinsamen nationalsozialistischen Kulturarbeit« seine Aufsatzsammlung »Geist und Macht«.288 Die Einladungen für die Jahresversammlung am 10. Februar 1939 waren bereits ausgedruckt.289 Die »Arbeitsgemeinschaft« firmierte als Mitveranstalterin. Die Veranstaltung fand deshalb nicht am sonst üblichen Abhaltungsort im Kölner Rathaus, sondern in großer Öffentlichkeit im Hauptgebäude der Universität am damaligen 285 Die Ansprachen von Engel und Kallen sowie ein Bericht über die Abendveranstaltung mit H. v. Srbik in  : Westdeutscher Beobachter vom 13.2.1937, ALVR, KultPv 11016  ; vgl. auch KVZ vom 14.2., ebd. Srbik wurde am gleichen Tag auch zum Mitglied der »Gesellschaft« gewählt. – Der ›großdeutsch‹-völkische Ansatz Srbiks stand in jüngerer Zeit im Mittelpunkt einer kritischen Auseinandersetzung mit dem wirkungsmächtigen österreichischen Historiker. Vgl. u. a. Schönwälder, Heinrich von Srbik. Die Vorbildfunktion Srbiks als Beschwörer eines großdeutschen Nationalstaats auf katholischer und völkischer Grundlage erörtert Laux, Heinrich Schnee. In jüngerer Zeit auch Pesditschek, Heinrich (Ritter von) Srbik. 286 Der Landeshauptmann (gez. Apffelstaedt) an Frank am 16.10.1937, Durchschrift in ALVR, KultPv 11916. Frank hatte auf dem Frankfurter Historikertag vom 5.–7.7.1937 über »Historie und Leben. Der Weg (nicht, wie Apffelstaedt nach seiner Einladung zitierte, »Sieg« [K. P.]) der nationalsozialistischen Geschichtswissenschaft« gesprochen  ; vgl. Heiber, Walter Frank, S. 798 ff., u. Schumann, Die deutschen Historikertage, S.  411 ff.; Rassloff, Zwischen »alter« und »neuer« Geschichtswissenschaft, u. neuerdings Berg, Auflösung und Restauration, S. 275–292 (Kap. 5.1  : »Der Erfurter Historikertag und das Ende des Verbandes Deutscher Historiker«). 287 Briefwechsel zwischen Frank und Apffelstaedt vom Juli 1937, ALVR, KultPv 11212. 288 Frank an Apffelstaedt 10.1.1938, ALVR, KultPv 11016. 289 Eingerahmt von Beethovens Coriolan-Ouvertüre und Friedrichs des Großen Flötenkonzert, von Deutschland- und Horst-Wessel-Lied, bot die Veranstaltung, die ursprünglich auch noch für den 18. Januar (den Reichsgründungstag) geplant gewesen war, eine für den Stil der Zeit sehr bezeichnende Mischung deutschnationalen und nationalsozialistischen Zeremoniells. Einladung zum Festvortrag am Abend der Jahresversammlung am 10.2.1939, ALVR, KultPv 11016.

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Die Jahresversammlungen

Langemarckplatz statt. Indes hinderten Frank dem Vernehmen nach immer neue Verpflichtungen und schließlich eine Erkältung, den Festvortrag auf der Versammlung zu halten. Er holte ihn schließlich ein halbes Jahr später nach, am 23.  Juni 1939 in einer gemeinsamen Veranstaltung der »Gesellschaft« mit der Universität zu deren 550-JahrFeier in ähnlich großem Rahmen wie Srbik 1937.290 Zum ausdrücklichen Bedauern der Gastgeber sprach Frank hierbei zwar nicht über das gewünschte Grundsatzthema, die Geschichtsforschung im neuen Staat, sondern eher konventionell über »Bismarcks Aufstieg zur Macht«. Dabei habe ihm die »Führerrede« Hitlers anlässlich des Stapellaufs des gleichnamigen Schlachtschiffes (»Bismarck«) am 14. Februar 1939 in Hamburg als Inspiration gedient.291 Frank machte sich in dieser Zeit allerdings immer wieder für eine »neue Ordnung« an den Universitäten in »Forschung, Lehre und kämpferischer Menschenbildung« stark – so zitierte ihn die Kölnische Zeitung zwei Tage später292 –, natürlich auch, um das von ihm geleitete »Reichsinstitut« zu bewerben, das sich inzwischen in einem institutionellen wie persönlichen Konkurrenzstreit sah. Daher ist nicht daran zu zweifeln, dass er auch in seinen ›Fachvorträgen‹ das Allgemeine vor das Besondere stellte. Selbst wenn die Redner keine prominenten Nationalsozialisten waren, so ließen ihre Themen auf den Jahresversammlungen dieser Zeit deutlich die von der »Gesellschaft« eingeschlagene Forschungsrichtung erkennen. 1936 hatte der damalige Privatdozent Franz Petri über die fränkische Landnahme und das Rheinland gesprochen. Im selben Jahr war sein Buch über »Germanisches Volkserbe in Wallonien und Nordfrankreich« erschienen. Lange war man der Meinung, dieses Buch sei wissenschaftlich gehaltvoll, aber entgegen den Absichten Petris im Sinne des Nationalsozialismus instrumentalisiert worden  : Hitler selbst habe aus Petris Buch die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei Wallonien und Nordfrankreich um »altes deutsches Land handele«, das dem Reich »systematisch  … geraubt worden« sei  ; Deutschland könne daher mit vollem Recht seine Rückgabe verlangen.293 Erst in jüngerer Zeit warf die kritische Auseinandersetzung mit 290 Einladung am 23.6.1939 mit dem gleichen Festprogramm wie S. 178, Anm. 289. Am folgenden Tag sprach Frank vor der Bonner Studentenschaft über »Das Reichsinstitut und die Universitäten«  ; ALVR, KultPv 11017. 291 Apffelstaedt versuchte zwar, am 27.2.1939, Frank doch noch »ein anderes zeitnahes Thema« nahezulegen, etwa »eine Darstellung der kämpferischen wissenschaftlichen Aufgaben unserer Zeit«, doch sah Frank gerade in der Rede seines Führers einen Anlass, sich auch seinerseits mit Bismarck zu beschäftigen. Frank an Apffelstaedt 16.3.1939, ALVR, KultPv 11017  ; Hitlers Rede vom 14.2.1939, die Bismarck als direkten Vorläufer des Nationalsozialismus in Anspruch nahm, bei Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen, S. 1077. 292 Kölnische Zeitung, Sonntagsblatt Nr. 314, vom 25.6.1939. Das Zitat bezieht sich auf einen Vortrag Franks vor Bonner Studenten am »Tag der Wissenschaft« am Vortag. 293 Picker, Hitlers Tischgespräche, S. 425 (Aufzeichnung vom 5.5.1942 mittags). Andererseits nahmen aber auch flämische Nationalisten die Wallonen aufgrund von Petris Untersuchung als »romanisierte Deutsche« für sich in Anspruch  ; vgl. Willemsen, Het Vlaams Nationalisme, S. 356. Petri selbst hat solche politischen Missdeutungen seiner frühmittelalterlichen Fachstudie zu verhindern versucht  ; vgl. Ritter, Anm. 1.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Petris Werk massive Einwände gegenüber der Validität der Studie auf.294 Im Gesamtzusammenhang mit der kritischen Aufarbeitung des volkstums­politischen Einsatzes der Geisteswissenschaften wurde hiervon nun auch die Person Petris selbst betroffen.295 Von diesen nicht nur gedanklichen Involvie­ rungen deutscher Historiker in den Natio­nal­ sozialismus war lange wenig bekannt, auch in der Zeit selbst bis zum Kriegsbeginn. So erklärt sich, dass immer wieder Wissenschaftspersönlichkeiten aus dem umliegenden Ausland an ihre Seite traten, so etwa 1938 der flämische Historiker François Louis Ganshof (1895– 1980). Ganshof, der im Jahr zuvor Mitglied der »Gesellschaft« geworden war, hielt wiederum vor großem Publikum einen Vortrag über »Brabant, Rheinland und das Reich im 12., 13. und 14.  Jahrhundert«. 1940 behandelte Kurt von Raumer aus Königsberg »Ost und West in der Erhebung von 1813«. Zunächst hatte Apffel­ staedt für 1941 bemerkenswerterweise Abb. 45 Franz Petri, Porträtfoto, den Militärhistoriker und Seeckt-Biographen Foto: Eugene Coubilier, 1942. Friedrich von Rabenau angefragt, der aber absagte.296 Für die »Gesellschaft« konnte Kallen, der doch Wert auf ein einigermaßen »rheinisches« Thema legte297, an seiner Stelle den nationalflämischen Historiker, Aktivisten und Kollaborateur Robert Van Roosbroeck aus Gent zu einem Vortrag über »DeutschFlämische Beziehungen im Wandel der Jahrhunderte« verpflichten, der dann aber doch nicht auf der Jahresversammlung, sondern am 26.  Juni im Rahmen der von der »Gesellschaft« mit organisierten »Deutsch-Flämischen Hochschultage« in der Kölner Universität gehalten wurde.298 Waren dies auch nicht ausgesprochen nationalsozialistische 294 Pitz, Franz Petris Habilitationsschrift. 295 Vgl. grundlegend Ditt, Kulturraumforschung. 296 Zu diesem Zeitpunkt stand der 1884 geborene von Rabenau bereits in innerer, von christlichen Motiven getragener Opposition zum Regime. In den nachfolgenden Jahren vermittelte er zwischen militärischen Widerstandskreisen, wurde nach dem 20. Juli 1944 aber verhaftet und im April 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet. Vgl. Kehrig, »Rabenau, Friedrich von«. 297 Kallen an Apffelstaedt, 1.11.1940, ALVR, KultPv 11017. 298 Kölner Stadt-Anzeiger vom 27.6.1941, Nr.  321. Zu den Rednern gehörten außer von Roosbroeck Petri, Kallen und der Kölner Frühgeschichtler Walter von Stokar (1901–1959).

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Die Jahresversammlungen

Themen, so folgten sie doch alle einer unverkennbaren großdeutsch-nationalen Tendenz, vor allem im Hinblick auf Luxemburg, Flandern und die Niederlande, die – von Gerhard Kallen alles andere als unbeabsichtigt – einer großgermanischen Politik des Reiches in Westeuropa willkommene historische Argumente lieferte. Mit einem Vortrag des Landeskonservators Walter Bader über Grundsätze mittelalterlicher Bauforschung auf der Jahresversammlung 1948 kehrte die »Gesellschaft« nach dem Krieg wieder zu der seither beibehaltenen Übung zurück, ihre eigenen Mitglieder in den Jahresversammlungen über persönliche Forschungsergebnisse meist ohne Bezüge zur »großen Politik« sprechen zu lassen.299 Hervorzuheben sind in diesem Rahmen schließlich noch die Festversammlungen, die die »Gesellschaft« aus Anlass ihres 25., 50., 75. und 100. Gründungsjubiläums veranstaltete. Anstelle der ursprünglich ins Auge gefassten besonderen Feier würdigte Joseph Hansen das 25. Gründungsjahr auf der ordentlichen Jahresversammlung 1907 mit ­einem großen Überblick über das bisher Geleistete und für die Zukunft Geplante.300 1931 schien wegen der Finanznot der »Gesellschaft« nur im Isabellensaal des Kölner Gürzenich eine eher schlichte Feier im Rahmen der Jahresversammlung angebracht, bei der das Ehrenmitglied Ulrich Stutz in Anwesenheit des Oberbürgermeisters Adenauer einen Festvortrag über »Der Rhein in der Rechtsgeschichte des Mittelalters« hielt.301 Kallen hatte in seiner vorausgegangenen Rede302 die »gesegnete Westmark als einen einheitlichen Kulturkreis« beschworen und Behörden, Wirtschaft und Universitäten zu verstärkter Unterstützung der »Gesellschaft« im Sinne seiner Bewahrung durch die »kritische Veröffentlichung rheinischer Quellen« aufgefordert. Den hierbei zum Ausdruck kommenden Kulturpessimismus Kallens hat man nicht etwa als ein allgemeines Räsonnement über Veränderungen des Zeitgeists zu verstehen  : Die, so Kallen, angebliche »Gefährdung« Deutschlands in seiner »geistigen und kulturellen Führerstellung, ja darüber hinaus die Bedrohung der gesamten abendländischen Kultur« sah er vielmehr konkret im russischen »Bolschewismus« begründet, dem »Feind der historischen Forschung« schlechthin, dessen Materialismus das Geistesleben auch in Deutschland vergifte. In der historischen Selbsterkenntnis erblickte er dagegen die Voraussetzung für einen Wiederaufstieg der deutschen Nation. Diese Rede sei ein »Meisterstück« gewesen, das ihm für alle Zukunft in den Reihen der »Gesellschaft« die »allergrößte Achtung« einbringen werde, notierte Josef Busley hierzu.303 299 JbGRhG 59–68 (1939–1948), S. 18. Die meisten der seitherigen Festvorträge sind in der Reihe »Vorträge« der »Gesellschaft« gedruckt  ; Übersicht im JbGRhG 94–98 (1974–1978), S. 63 ff. 300 Hansen, Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, S. 55–86. 301 Stutz, Der Rhein in der Rechtsgeschichte. 302 Kallen, Ansprache, Zit. S. 130. 303 Aufzeichnung Busleys vom 2.6.1931 in ALVR, KultPv 11016. Busley selbst sprach nach Konrad Adenauer, der ein Geschenk der Stadt Köln von 1500 Mark überbrachte, in Vertretung des verhinderten Landeshauptmanns.

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Die Organe der »Gesellschaft«

Zum 75. Jahrestag der Gründung sprach Ursula Lewald auf der Jahresversammlung von 1956 über die Bedeutung des Mitgründers Karl Lamprecht für die rheinische Geschichtswissenschaft, der im gleichen Jahr seinen hundertsten Geburtstag hätte feiern können.304 Mit der Säkularfeier 1981, die wie die Gründungsversammlung auf Einladung des Kölner Oberbürgermeisters im Hansasaal des Rathauses stattfand, hat sich der Kreis eines Jahrhunderts für die »Gesellschaft« auch äußerlich sichtbar geschlossen. Ein Zitat Joseph Hansens aufnehmend, sprach Wilhelm Janssen über den eigentlichen Gegenstand ihrer seitherigen Tätigkeit – die kritische Edition der »lauteren Quellen des geschichtlichen Lebens«.305

304 JbGRhG 76–77 (1956–1957), S. 12  ; Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtsforschung. 305 Druck u. a. mitsamt dem Festprogramm in JbGRhG 99–103 (1979–1983) (ebd. auch die Rede Janssens, S. 93–103).

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6. Die Träger der »Gesellschaft« Stifter und Patrone, Standespersonen und Honoratioren

6.1 Die Stifter

Anders als die staatlichen Historischen Kommissionen im süddeutschen Raum hat die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« sich nicht ohne Bürgerstolz stets als eine »freie« Organisation empfunden, die nach einem Wort Aloys Schultes »meisterhaft Freunde und Gönner der Geschichtswissenschaft mit den natürlichen Trägern der wissenschaftlichen Arbeit verband«.1 Städte und Privatpatrone, von Höhlbaum ganz bewusst in diese Reihenfolge gebracht2, sollten nach Mevissens Vorstellungen gleichberechtigt neben den Wissenschaftlern stehen und mit ihnen gemeinsam sowohl das Editionsprogramm wie dessen Finanzierung beschließen. Dafür sollten sie durch den kostenlosen Bezug der Veröffentlichungen auch an den Ergebnissen der Arbeit beteiligt werden. Den Patronen gleich stehen hierbei die Stifter, die statt des jährlichen Patronatsbeitrags eine größere einmalige Zahlung leisten, um auf Lebenszeit die Rechte eines Patrons zu genießen.3 Trotzdem gab es nur wenige Stifter, die nicht gleichzeitig auch Patrone waren  ; nur in seltenen Fällen haben Förderer der »Gesellschaft« im hohen Alter oder aus praktischen Gründen ihr Patronat in eine Stiftung umgewandelt. Patrone, die sich durch eine Stiftung »loskaufen« wollten, wurden trotzdem um Weiterführung ihres Patronats gebeten.4 Die Gleichzeitigkeit von Stiftereigenschaft und Patronat entsprach auch den Absichten und dem persönlichen Vorbild Gustav von Mevissens, der 1881 nicht etwa deshalb auf die Aufnahme von Stiftern in die Satzung gedrängt hatte, damit seine wohlhabenden Mitbürger sich zum lebenslänglichen Bezug der Publikationen in die »Gesellschaft« sozusagen »einkaufen« konnten. Nach Mevissens Vorstellungen sollte der Titel eines Stifters vielmehr einen Anreiz für diejenigen schaffen, die der »Gesellschaft« neben ihren laufenden Beiträgen noch eine größere Summe als Grundkapital zuwenden wollten, deren Zinsen der »Gesellschaft« – unter damaligen Geldwertbedingungen für dau-

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Schulte an Hansen, Entwurf vom August 1927 aus dem Nachlass zitiert bei Braubach, Aloys Schulte, S. 6 f. Vgl. oben S. 137. Statuten 1881, § 2, Abs. 1. »Bisher haben noch sämtliche Patrone, die unserer Gesellschaft eine Stiftung zugewandt haben, ihr Patronat behalten«, schrieb Hansen am 25.11.1911 an Theodor von Guilleaume, der nach einer Stiftung von 2000 Mark keine weiteren Patronatsbeiträge mehr zahlen wollte  ; der Mülheimer Fabrikant ließ sich überzeugen. HAStK, Akten GRhG 8.1.

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Die Träger der »Gesellschaft«

ernde Zeiten – zugutekommen und ihr eine größere Unabhängigkeit von den vielleicht wechselnden Launen ihrer Patrone verschaffen sollten.5 Die von Lamprecht und Maurenbrecher 1880 aufgestellten Vorentwürfe der Satzung kannten den Begriff des »Stifters« noch nicht. Erst die konstituierende Generalversammlung fügte am 1. Juni 1881 auf persönlichen Wunsch Mevissens diese Rubrik den Gruppen der Patrone und wissenschaftlichen Mitglieder hinzu. Mevissen selbst ging sofort mit gutem Beispiel voran und »beehrte« sich in einem Schreiben an Oberbürgermeister Becker als Vorsitzenden schon am 14. Juni, »die Reihe dieser Stifter durch einliegende Anweisung auf M. 3.000,– auf den A. Schaaffhausenschen Bankverein ergebenst zu eröffnen«, wobei er die Hoffnung äußerte, »daß die Zahl der Stifter recht bald zu einer der Bedeutung des schönen die Vergangenheit der Gegenwart erschließenden Unternehmens entsprechenden Größe heranwachsen möge«.6 Leider blieb diese Hoffnung lange Zeit unerfüllt. Der für solche Stiftungen vorgesehene Mindestbetrag von 3000 Mark – 1881 durchaus ein kleines Vermögen7 – war wohl zu hoch, als dass er Mevissens meist weniger geschichtsbegeisterte Standesgenossen neben der Übernahme eines Patronats auch noch zu einer Stiftung veranlassen konnte. Auch als dieser Betrag 1886 auf 1000 Mark ermäßigt wurde8, meldete sich zunächst noch kein neuer Stifter. Erst 1893 fand sich der Berliner Majoratsherr Adolf von Carstanjen, ein 1881 geadelter und mit vielen Familien der Kölner Oberschicht verwandter Großgrundbesitzer, Kunstsammler und Kaufmann9, zu einer zweiten Stiftung bereit, um, wie Hansen schrieb, »das Buch Weinsberg fortgesetzt zu sehen« und so »ein neues Bild des Kulturzustandes der Stadt Köln in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu erhalten«.10 Emil vom Rath, der Schatzmeister der »Gesellschaft«, folgte bei der Aufgabe dieses Amtes im Jahr darauf mit einer dritten Stiftung sozusagen als Abschiedsgeschenk, obwohl er der »Gesellschaft« als Stellvertreter des Schatzmeisters noch bis 1923 gedient hat. Als die »Dr. Johann Friedrich Böhmer’schen Nachlaß-Administratoren«, die das beträchtliche Vermögen des Frankfurter Historikers und Monumenta-Sekretärs als Stiftung weiterführten, der »Gesellschaft« 1898 als Stifter beitraten, um deren Publikationen für die   5 »Je mehr die Gesellschaft durch Stiftungen unabhängig gemacht wird von den Zufälligkeiten, die mit dem persönlichen Charakter vieler unserer Patronate verknüpft sind, um so mehr wird sie ihre Aufgaben erfüllen können.« Hansen an den Geh. Kommerzienrat Gustav Michels am 21.5.1900, HAStK, Akten GRhG 8.1.   6 Gustav von Mevissen an Oberbürgermeister Hermann Becker, 14.6.1881, HAStK, Akten GRhG 8,1.   7 Der »ortsübliche Tagelohn« für erwachsene männliche Arbeiter betrug 1884 in Köln 2,50 Mark, für Frauen 1,50 M. Jaspers, Urbanisierungsprozeß, S. 224.   8 Statuten vom 1.1.1886, § 2,1, 5. JbGRhG 6 (1886), S. 11.   9 Adolf (seit 1881 »von«) Carstanjen (1825–1900), Großkaufmann und Fideikommissbesitzer in Bad Godesberg, später in Berlin, war mit zahlreichen Familien des rheinischen Großbürgertums verwandt  ; seine Frau Katharina war eine geborene vom Rath. Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 291 f. 10 1.9.1893, HAStK, Akten GRhG 8,1. Kurz vor seinem Tod setzte Carstanjen 1900 noch ein monatliches Stipendium für einen jungen Kunsthistoriker aus, der im Kölner Stadtarchiv nach den Namen unbekannter Kölner Maler des 15. Jahrhunderts suchen sollte  ; ebd. 25.1. und 12.3.1900.

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Die Stifter

Stadtbibliothek Frankfurt zu beziehen11, übersah Joseph Hansen in seinem Dankschreiben offenbar, dass hier im Grunde ein unerwünschter Präzedenzfall vorlag. Denn während die Rechte eines natürlichen Stifters mit dessen Tod erlöschen, die »Gesellschaft« als Gegenleistung der Stiftung also nur eine begrenzte Verpflichtung übernahm, entstand ihr gegenüber einem korporativen Stifter eine zeitlich unbegrenzte und damit nicht mehr im Verhältnis zum Wert der Stiftung stehende Leistungspflicht. Hansen hat dies später auch selbst erkannt und keine Institutionen mehr als Stifter zugelassen, sofern sie damit einen Anspruch auf dem Erhalt von Publikationen verbanden.12 Die Böhmersche Stiftung verlor in der Inflation ihr gesamtes Vermögen und wurde deshalb 1924 aufgelöst13  ; aber auch die rheinische »Gesellschaft« betrachtete seit 1924 alle früheren Stifterrechte als erloschen und verlangte für ihre späteren Publikationen Bezahlung. Nach Gustav Mevissens Tod wandten zu seinem Angedenken seine Witwe Therese und seine Tochter Elise Stein sowie der erste stellvertretende Schatzmeister, Kommerzienrat Gustav Michels, der »Gesellschaft« weitere Stiftungen zu. Um die Jahrhundertwende schien der Bann gebrochen, und Stiftungen wurden nun häufiger gemacht. Der zunehmende Wohlstand der Rheinlande und Deutschlands wirkte sich auch auf diesem Gebiet aus. Neben rheinischen Industriellen wie Gustav Selve aus Bonn (1907)14, Johann Nepomuk Heidemann und dem Bankier Louis Hagen aus Köln (1911)15, Theodor Freiherr von Guilleaume aus (Köln-)Mülheim sowie dem Zuckerfabrikanten Max Pfeifer (beide 1912) traten auch Angehörige des alten rheinischen Adels wie der nach Ungarn ausgewanderte k. k. Kämmerer Friedrich Freiherr Waldbott von Bassenheim (1912)16 und neuadlige Rittergutsbesitzer wie Arthur von Osterroth auf Schloss Schönberg in Schlesien (1905) als Stifter ein. Ansehnliche Erträge der Kriegswirtschaft und der bereits beginnende Geldüberhang ließen die Stiftungen seit der zweiten Kriegshälfte noch reichlicher fließen. Aus der Mül11 Justizrat Dr. von Harnier, Frankfurt, an Hansen, August 1898, HAStK, Akten GRhG 8,1. 12 Hansen am 1.8.1922 an das Staatsarchiv Hamburg, das sich nach den Beitrittsbedingungen als Stifter erkundigt hatte. Die in den ersten beiden Satzungen enthaltene Formulierung des § 2, die ausdrücklich auch Korporationen als Stifter zugelassen hatte, war bereits in der Statutenänderung von 1889 fortgefallen. 13 Stadtbibliotheksdirektor Dr. Traut, Frankfurt, an Hansen am 6.12.1924. Traut bat, die Publikationen der »Gesellschaft« jedoch weiterhin wenigstens zum Vorzugspreis für ehemalige Stifter beziehen zu können. HAStK, Akten GRhG 8,1. 14 Gustav Selve (1842–1909), Alleininhaber der Metallwarenfabrik Basse & Selve in Altena, war mit einem Vermögen von 29 Mio. und einem Jahreseinkommen von 1,6 Mio. Goldmark (1908) größter Steuerzahler der Stadt Bonn. Martin, Jahrbuch, S. IX u. 162. Neuere Forschung zu ihm  : Stremmel, Gustav Selve. 15 Über Hagen und Heidemann vgl. oben S. 133–135. Mit weit höheren Summen treten Hagen (30.000 M), Heidemann (150.000 M) und Theodor von Guilleaume (300.000 M) gleichzeitig auch im Stifterverzeichnis der Kaiser-Wilhelm-»Gesellschaft« auf  ; Burchardt, Wissenschaftspolitik, S. 156. 16 Der in Tolcsva (Ungarn) residierende Freiherr, Mitbegründer der »K. K. Heraldischen Gesellschaft« in Wien, wollte seine Stiftung als einen »Akt der Pietät gegen die alte Heimat meiner Familie« verstanden wissen  ; an Hansen 16.1.1912, HAStK, Akten GRhG 8,1.

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Die Träger der »Gesellschaft«

heimer Industriellenfamilie von Guilleaume, die ja 1911 schon einmal gestiftet hatte, gingen 1916 gleich drei neue Stiftungen für allgemeine Zwecke der »Gesellschaft« ein  ; dazu kam noch die große Guilleaume-Stiftung von 80.000 Mark, die ebenso wie die ältere Mevissen-Stiftung von 1890 in Höhe von 30.000 Mark als zweckgebundene Sondervermögen außerhalb der allgemeinen Gesellschaftskasse verwaltet wurden. Der mit Hansen privat wie geschäftlich befreundete Essener Verleger Diedrich Baedeker war bereits 1915 als Stifter beigetreten  ; sein Bruder Alfred erneuerte die Stiftung 1922. Außer den drei Guilleaumes folgten ihm 1916 der Dürener Fabrikant Hugo Schoeller und 1920 der Legationsrat Freiherr Erwin von Heyl in Berlin.17 Der frühere Vorsitzende Friedrich Adolf Ratjen, jetzt Oberlandesgerichtspräsident in Düsseldorf, wandelte sein bisheriges Patronat 1916 in eine Stiftung um. Allein aus Köln übernahmen in den Jahren 1916–1922 außerdem Notar Hans Schüller und Eisenhändler Otto Wolff, der gelehrte Fabrikant Alfred Schmidt18 und Bankdirektor Otto Strack vom Schaaffhausenschen Bankverein, der Schatzmeister Gustav von Mallinckrodt und schließlich Generalkonsul Hans Carl Scheibler von den Chemischen Werken Kalk weitere Stiftungen für die »Gesellschaft«. Karl Joseph Kardinal Schulte ließ sich 1922 durch seinen Bonner Namensvetter als Stifter gewinnen und Generalkonsul Richard Staudt aus Buenos Aires begründete seine Stiftung 1919 damit, dass ihm die jährliche Überweisung von Patronatsbeiträgen nach Köln viel zu umständlich sei.19 Rudolf Meissner, der Bonner Germanist und Herausgeber des Rheinischen Wörterbuchs, gewann als Stifter den Euskirchener Fabrikanten Toni Ruhr (1916) und Paul Clemen 1918 den Wirklichen Geheimen Rat und Gesandten a. D. Julius von Waldthausen, Mitbesitzer verschiedener Bergwerke im Ruhrrevier.20 Der Viersener Fabrikant Ernst Barkhausen ließ sich durch Hermann Aubin bei einem Ferienkurs des Institutes für geschichtliche Landeskunde 1922 als Stifter werben21  ; sein Viersener Landsmann Guido Mengen und Generaldirektor Wilhelm Spans von der »Aachen-Münchner Feuerversicherungs-Gesellschaft« folgten ihm bald nach. Der interessanteste Stifter jener Jahre war aber wohl der Immobilienmakler und Lebensmittelgroßhändler John Max Wülfing (1859–1929) aus St. Louis (Missouri), den Paul Clemen, der überall seine Verbindungen 17 Freiherr von Heyl scheint den versprochenen Beitrag jedoch niemals gezahlt zu haben  ; nach mehrfachen Mahnungen wurde er 1925 wieder aus der Liste der Stifter gestrichen. 18 Über Schmidt vgl. oben S. 121 mit Anm. 73. Schmidt war auch Mitglied der »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« und des Kuratoriums der »Physikalisch-Technischen Reichsanstalt«. In der »Gesellschaft« förderte er 1921 den Weiterdruck von Ilgens »Quellen zur inneren Geschichte der rheinischen Territorien« (PubGRhG XXXVIII) mit 5000 Mark und ließ Hansens Festvortrag von 1927 (»Das linke Rheinufer und die französische Revolution 1789–1801«) auf seine Kosten allen Mitgliedern der »Gesellschaft« überreichen. 19 Der mehrfache Millionär Richard Staudt (Berlin / Buenos Aires) hatte im September 1919 ein Patronat übernommen, das er aber schon am 11. Oktober in eine Stiftung umwandelte  ; HAStK, Akten GRhG 8,1. Anfang 1923 erklärte er sich außerdem bereit, die ihm übersandten Publikationen jeweils mit dem Dreifachen der Selbstkosten zu vergüten. 20 Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 170. 21 An Hansen 22.4.1922, HAStK, Akten GRhG 8,1.

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Die Stifter

hatte, im Inflationsjahr 1923 für die »Gesellschaft« gewann. Aus einer ­alten bergischen Familie stammend, aber schon in den Vereinigten Staaten geboren, war der vielfach interessierte und hoch gebildete Geschäftsmann in seiner Heimatstadt ein bekannter Münzensammler und Amateurarchäologe und hatte unmittelbar nach dem Weltkrieg als Sekretär eines »St.  Louis Emergency Relief Committee« ein großzügiges Hilfsprogramm für notleidende deutsche und österreichische Universitäten organisiert, das ihm später die Ehrenbürgerschaft der Universitäten Heidelberg, Bonn, Breslau, und Gießen einbrachte.22 Im Sommer 1923 stiftete er Clemen für dessen kunsthistorische Publikationen einen Scheck über 100 Dollar, einen für deutsche Verhältnisse damals ungeheuren Betrag23, von dem Clemen 25 Dollar für die »Gesellschaft« abzweigte. Sie wurden sorgfältig in »richtiggehende Dollarscheine« verwandelt24, nach Bedarf in Inflationsmark getauscht und halfen der »Gesellschaft« über die schlimmsten Monate der Geldentwertung hinweg. Auf Empfehlung Clemens25 dankte Hansen dem fernen Stifter mit einem Exemplar des eben von der Stadt Köln herausgegebenen Werks »Die Münzen von Köln« und einem warmherzigen Schreiben dafür, »daß Sie sich der Notlage der Wissenschaft in Ihrer Heimatprovinz in dieser schweren Zeit so verständnisvoll erinnert haben«.26 Aber auch nach der Währungsreform von 1924 hat der »vortreffliche Mann« (Clemen) die »Gesellschaft« bis zu seinem Tod weiter unterstützt, obwohl selbst Clemen seinen Wunsch, ihm die vergriffenen älteren Bände der »Kunstdenkmäler der Rheinprovinz« zu verschaffen, schon damals nicht mehr erfüllen konnte.27 Leider scheiterte Wülfings Versuch, seinen wohlhabenden Mitbürger Edward Mallinck­ rodt aus St. Louis, übrigens ein Vetter des damaligen Schatzmeisters der »Gesellschaft«, 22 Nachruf in  : Reichs-Zeitung vom 25.2.1929. Die übrigen Angaben verdanke ich der freundlichen Mitteilung von Miss Emily Rau, Center for Urban Studies, St.  Louis University, USA. Wülfing war Inhaber der Gildehaus-Wülfing Co. und der Wülfing Realty und Central Investment Co. und besaß eine der größten Sammlungen antiker Münzen in den USA, die er später der Washington University vermachte. Zur Herkunft der Familie vgl. Schniewind, Die Wülfing aus Elberfeld  ; Verwandtschaftsbeziehungen bestanden u. a. zu den ebenfalls in der GRhG vertretenen Familien Bredt, Mallinckrodt, Peill und von der Heydt. 23 Der Tageskurs entsprach Ende Juli 1923 18 Millionen Papiermark. 24 Clemen an Hansen, 4.8.1923, HAStK, Akten GRhG 8,1. 25 Clemen an Hansen vom 6.6.1923, HAStK, Akten GRhG 8,1. Clemen empfahl, Wülfing durch »einen etwas wortreichen Brief« und eine interessante Publikation, »tunlichst gebunden«, für die Arbeit der »Gesellschaft« zu interessieren. 26 Durch die fortschreitende Geldentwertung sei die »Gesellschaft« immer stärker gehindert worden, ihre Tätigkeiten fortzusetzen, »was sie um so mehr bedauern muß, als ihr die gefährdete politische Lage der rheinischen Grenzmark gerade jetzt eine vermehrte Pflege der heimatkundlichen Bestrebungen zur Pflicht macht«, schrieb Hansen dazu am 13.6.1923. Der im Text zitierte Dank an Wülfing laut dem Konzept vom 11.6.1923 in HAStK, Akten GRhG 8,1. 27 »Im Antiquariat hat die Serie heute einen ganz phantastischen Preis … Ich wüßte aber auch nicht, wo ich heute eine finden sollte.« Clemen an Hansen am 4.8.1923, HAStK, Akten GRhG 8,1.

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Die Träger der »Gesellschaft«

ebenfalls als Stifter zu gewinnen, an dessen grundsätzlicher Sparsamkeit.28 Dafür konnte Hansen dank Wülfings Vermittlung aber eine andere Mitbürgerin aus St. Louis, die in Bonn geborene Frau Dr. H. L. Whitener, 1926 als Patronin werben.29 Schon zu Anfang hatte sich der Amerikaner gewundert, dass niemand aus seiner verzweigten deutschen Familie der »Gesellschaft« angehörte  ; er konnte sich das nur dadurch erklären, dass sie nie gefragt worden sei, und empfahl dringend, dies nachzuholen.30 Als die Aktion, die Hansen daraufhin auch auf Zureden von Clemen unternahm, ergebnislos verlief, schien es Wülfing klar, dass auch wohlhabende Deutsche sich den Eintritt in die rheinische »Gesellschaft« nicht leisten konnten.31 In Wirklichkeit bestand bei den Angeschriebenen offenbar kein Interesse, denn selbst als aus St. Louis 50 Dollar »for a membership of Professor E. A. Wülfing of Heidelberg«32 eintrafen, lehnte der so begünstigte Geheimrat es ab, »mit meinem Namen für die Spenden anderer zu zeichnen«.33 Nach der Währungsreform von 1924, die auch im Rheinland viele alte Vermögen vernichtete, sollten die schon erwähnten, von Louis Hagen mit dem Versprechen eines Vorstandssitzes geworbenen Stiftungen von Carl Duisberg, Alfred Neven DuMont, Paul Silverberg und Ottmar Strauss (alle 1925) für mehr als drei Jahrzehnte die letzten bleiben. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg haben sich mit dem Maschinenfabrikanten Peter Zettelmeyer aus Konz bei Trier (1956), dem Konsul Jean-Louis Schrader (Vereinigte Glaswerke) aus Aachen (1971) und dem Graphischen Betrieb Gebr. Nettesheim in KölnNippes (1972) nur wenige neue Stifter gefunden. Die Gründe dürften die gleichen wie für den Rückgang der Zahl der privaten Patrone gewesen sein. Ein großer Teil der früheren Stifter – vor 1918 – hat sich übrigens nicht mit dem satzungsgemäßen Mindestbeitrag von 1000 Mark begnügt, sondern freiwillig auch größere Summen bis zu 5000 Mark zur Verfügung gestellt. Zweckgebundene Stiftungen für bestimmte Publikationen, mit denen etwa der Druck der »Romanischen Wandmalereien« oder Heinrich Oidtmanns »Rheinische Glasmalereien«34 ermöglicht wurden, sind dabei 28 Nach Wülfing hatte Mallinckrodt sein großes Vermögen vor allem dadurch erworben, dass er »nie einen Cent unnötig ausgab«. 29 HAStK, Akten GRhG 6,6. Frau Whitener hatte sich zuvor auch an den Hilfsaktionen des »St. Louis Emergency Relief Committee« beteiligt. 30 Wülfing an Clemen vom 10.7.1923, HAStK, Akten GRhG 6,6. 31 Wülfing an Hansen, 15.9.1925, HAStK, Akten GRhG 6,6. Hansen hatte die Werbeaktion erst im August 1925 begonnen und von sämtlichen Familienmitgliedern, darunter einem Kapitän zur See und einem Mineralogen aus Heidelberg, Absagen wegen Vermögensverfalls erhalten. 32 Ernst Anton Wülfing (1860–1930), seit 1926 emeritierter Professor für Mineralogie und Geologie an der Universität Heidelberg. 33 An Hansen am 28.10.1926, HAStK, Akten GRhG 8,1. Die amerikanische Spende wurde von Hansen daraufhin »zum Besten der Gesellschaft« verwendet. 34 Durch besondere Spenden der Patrone J.  N. Heidemann, A. Freiherr von Oppenheim, A. v. OsterrothSchönberg und des Altenberger Dombauvereins wurde hier die Zahl der bei dieser Publikation besonders wichtigen Farbtafeln bedeutend vermehrt  ; Vorstandssitzung 29.6.1911, HAStK, Akten GRhG 10,7. Die ex-

188

Die Patrone

noch nicht mitgezählt. Auffällig ist in der Liste der Stifter, die fast ausschließlich aus bekannten Namen rheinischer Bankiers, Kaufleute und Industrieller besteht, der hohe Anteil jüdischer Spender, der mit etwa 8 % (bis 1926) beträchtlich höher liegt als etwa unter den Patronen.

6.2 Die Patrone 6.2.1 Entwicklung und Statistik des Patronats

Die »besondere Art« und »eigenartige Zusammensetzung« der »Gesellschaft«, die der Vorstand gerade in den Anfangsjahren immer wieder betonte35, beruhte vor allem auf ihrer harmonischen Verbindung von Gelehrten und Förderern, von städtischen, kaufmännischen, adeligen und anderen Mäzenen mit den Landeshistorikern der rheinischen Universitäten und Archive. Als ihr charakteristischstes Strukturelement verdienen die Patrone der rheinischen »Gesellschaft« unter organisatorischem, als soziale Gruppe, aber auch unter sozialgeschichtlichem Aspekt besondere Aufmerksamkeit. Ihre relativ große Zahl erlaubt es auch, statistische Jahresquerschnitte von einiger Aussagekraft zu erstellen und miteinander zu vergleichen. Seit 1881, als der erste Jahresbericht die Namen von 59 Patronen nannte, stieg deren Zahl bis 1890 allmählich, dann aber immer rascher an, um 1911 mit 145 ihren Höchststand zu erreichen (Tabelle  2). Bis zum ersten Weltkriegsjahr blieb sie dann ziemlich stabil  ; danach mehrten sich die Austritte aber vor allem aus wirtschaftlichen Gründen36, obwohl die »Gesellschaft« dem durch eine Halbierung der Patronatsbeiträge Rechnung trug. Am Ende der Inflationszeit war die Zahl der Patrone mit 95 wieder auf den Stand des Jahres 1894 zurückgefallen. Die Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre, die selbst sehr wohlhabende und treue Patrone zur Aufgabe ihrer Unterstützung zwang, brachte erneute Rückgänge, die auch nach der wirtschaftlichen Stabilisierung in den Jahren 1933–1939 weiter anhielten. Eine Reihe von Neueintritten in dieser Zeit konnte die Verluste, die nicht zuletzt durch den Fortfall aller nichtarischen Patrone eintraten, nicht mehr ausgleichen. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg hielt diese Entwicklung weiter an, um 1969 mit nur noch 35 Patronen ihren Tiefpunkt zu erreichen. Seitdem zeigte sich nach vielen Jahrzehnten wieder eine, wenn auch nur leicht aufwärts weisende Tendenz. klusive künstlerische Ausstattung der »Romanischen Wandmalereien« geht auf eine Spende des stellvertretenden Schatzmeisters Emil vom Rath zurück  ; Begleitschreiben Hansens bei der Auslieferung im Februar 1905, HAStK, Akten GRhG 11,1. 35 Schreiben der »Gesellschaft« an den Regierungspräsidenten von Köln (Entwurf), in HAStK, Akten GRhG 2,1. 36 Dafür war nicht allein der inflationsbedingte Verfall der großen Geldvermögen verantwortlich, sondern auch die Besetzung des Rheinlands, der passive Widerstand des Jahres 1923 und die wirtschaftlichen Folgen der Zollgrenze zum Reich. Beispiele in HAStK, Akten GRhG 6,6  ; vgl. etwa dort das Schreiben des Stolberger Kommerzienrats Emil Schleicher vom 7.2.1927.

189

Die Träger der »Gesellschaft«

Tabelle 2: Zahl der Stifter, Patrone und Mitglieder (1881–1979)1 Jahr

Stifter

Patrone

Mitglieder

1881

 1

 59

116

1885

 1

 56

142

1890

 1

 65

133

1895

 2

104

148

1900

 6

120

174

1905

 8

118

188

1910

 9

143

203

1911

12

145

205

1915

15

130

2162

1920

29

121

191

1925

40

 95

195

1928

39

 97

214

1932

39

 81

195

1939

39

 75

200

1949

39

 65

200

1954

39

 50

199

1958

40

 47

196

1966

40

 36

187

1969

40

 35

196

1974

42

 41

197

1979

42

 39

2162

1 Quelle: Jahresberichte der GRhG und HAStK, Akten GRhG 8.1. 2 Höchststand

Die Vermutung, dass sich hinter diesen Zahlen außer einer deutlichen Veränderung der Bildungsinteressen zuungunsten der Geschichtswissenschaft auch ein Wechsel der Führungsschichten selbst verbirgt, zumindest aber ein tiefgreifender Rückgang des wirtschaftlichen und sozialen Einflusses und eine individuelle Verarmung der alten großbürgerlichen Trägerschicht der »Gesellschaft« seit 1918 sichtbar wird, bestätigt ein Blick auf die Veränderungen bzgl. der prozentualen Zusammensetzung der Patrone selbst (Tabelle 3). Die Zahl der privaten Patrone ist nämlich im Verhältnis noch weit stärker zurückgegangen als die der Patrone insgesamt  ; der Anteil korporativer Patrone (Städte, Landkreise und Institute) ist dementsprechend seit den 1920er Jahren relativ und teilweise sogar absolut kräftig gestiegen. Betrug das Verhältnis zwischen beiden bei der Gründung 1881 noch etwa 3  : 1 (44 private gegen 15 korporative Patrone) und 1914 sogar 5 : 1 (117 gegen 190

Die Patrone

Tabelle 3: Aufgliederung der Patrone nach Körperschaften und Privaten sowie der letzteren nach Stand und Beruf A. Körperschaften

1881

1901

1914

1925

1935

1949

1953

1966

1979

Städte und Landkreise

11

 19

 19

18

16

15

16

17

15

Archive, Bibliotheken, Schu­ len und wissenschaftliche Einrichtungen

 2

  1

  2

 2

 7

 8

 6

 4

 6

Kirchliche Einrichtungen, Klöster





  1

 2

 4

 3

 3

 3

 4

Firmen

 1









 2

 2

 2

 1

Schloss- und Domänen­ verwaltungen

 1



  1













Körperschaften insgesamt

15

 20

 23

22

27

28

27

26

26

B. Privatpatrone Regierende Häuser

 1

  3

  3













Landsässiger Adel

11

  8

  6

 6

 5

 2

 2





Sonstige Gutsbesitzer





  2





 1

 1





Handel, Banken, Industrie (Unternehmer und leitende Angestellte), Rentner

23

 75

 90

54

32

25

18

 7

 5

Beamte und Offiziere

 5

  8

  5

 2

 2

 1







Anwälte, Notare



  2

  4

 4











Gelehrte, Künstler

 1

  4

  4

 5

 3

 2



 1

 3  3

Geistliche Würdenträger

 1

  3

  2

 2

 1

 1

2

 2

Ärzte

 2

















Sonstige Privatpersonen



  1

  1



 2

 5





 2

Private Patrone insgesamt

44

104

117

73

45

37

23

10

13

Anzahl der Patrone ­überhaupt

59

124

140

95

72

65

50

36

39

23), so hat es sich nach dem Zweiten Weltkrieg geradezu umgekehrt und lag mit zehn Privaten gegenüber 26 Körperschaften 1966 fast bei 1 : 3 zugunsten der Letzteren. Selbst innerhalb dieser Gruppe haben sich die Gewichte seit dem Zweiten Weltkrieg von den Städten und Landkreisen, die schon bei der Gründung der »Gesellschaft« als eine wichtige Stütze galten, weg zu den wissenschaftlichen Institutionen, den Archiven, Bibliotheken und Universitätsseminaren hin verschoben, die 1881 noch kaum eine Rolle spielten. Waren 1901 noch 19 von 20 korporativen Patronen Städte und Landkreise, also Gebietskörperschaften gewesen, so waren es 1979 nur noch 15 von 26 oder 57,7 %. Dahinter steht neben einer allgemeinen Einengung der frei verfügbaren Haushaltsmittel, die stets 191

Die Träger der »Gesellschaft«

zuerst die Kulturausgaben trifft37, auch eine soziale Entwicklung, nämlich der Wechsel der kommunalen Führungsschicht. An die Stelle des Groß- und Besitzbürgertums, das in der Zeit des Dreiklassenwahlrechts vor 1918 und in beschränkterem Maße auch noch bis 1933 in den meisten Stadtverordnetenversammlungen den Ton angab, sind in der Folgezeit oft politische Gruppen getreten, die der Förderung historischer Quellenpublikationen sehr viel reservierter gegenüberstanden, soweit diese nicht unmittelbar die eigene Stadt betrafen. Und schließlich erhob im Zuge einer demokratischen Entwicklung auch eine immer größere Anzahl kultureller und sportlicher Vereinigungen Anspruch auf die relativ zum Haushaltsvolumen seit Jahren schwindenden kommunalen Förderungsmittel.38 Die seit 1949 vermehrt beigetretenen wissenschaftlichen Bibliotheken, Archive und Hochschulseminare – auch einige große Klosterbibliotheken sind seit langem Patrone – betrachteten ihre Patronatsbeiträge weniger als mäzenatische Gaben denn als Abonnementsgebühr für den Bezug der Publikationen der »Gesellschaft«. Nicht wenige Städte, die früher als Korporation ein Patronat hielten, haben dieses deshalb in den letzten Jahren auf ihre Stadtbibliotheken überschrieben  – eine sachlich wenig bedeutende, aber für die veränderte Einstellung gegenüber den Zielen der »Gesellschaft« umso charakteristischere Reaktion. Verglichen mit den Städten blieb der Anteil privater Firmen unter den Patronen in hundert Jahres fast konstant, aber stets nur gering. Fast immer handelte es sich um Verlage oder Buchdruckereien, die im Auftrag der »Gesellschaft« für deren Publikationen tätig waren. Häufiger als die Firmen sind jedoch die Verleger selbst als persönliche Patrone beigetreten. Doch kehren wir noch einmal zur Statistik der Privatpatrone zurück, die im Laufe eines Jahrhunderts Gesellschaftsgeschichte auch in dieser Gruppe erhebliche soziale Veränderungen erkennen lässt. Dass die Angehörigen regierender Monarchien in Deutschland, die vor 1914 immerhin bis zu vier Patrone gleichzeitig stellten, am Ende des Weltkriegs aus dem Verzeichnis verschwanden, überrascht dabei weniger als der schon sehr früh, nämlich sofort nach Gründung der »Gesellschaft« einsetzende stetige Rückgang des rheinischen Adels von 12 Patronen 1881 (25 % aller Privatpatrone oder 18,6 % der Patrone überhaupt) auf nur noch zwei Patrone 1953 (8,7 % der privaten oder 4 % überhaupt). Seitdem ist auch der Adel in den Listen der Patrone überhaupt nicht mehr vertreten. Neben ihm treten die wenigen bürgerlichen Gutsbesitzer (in 100 Jahren insgesamt zwei) statistisch ohnehin völlig zurück. Für alle anderen Gruppen der privaten Patrone liegt der Höhepunkt ihrer Beteiligung nicht in der Gründungsphase der »Gesellschaft«, sondern mehr oder weniger aus37 Fast immer haben Kommunen die Niederlegung ihres Patronats mit »defizitärer Haushaltslage« oder ähnlich begründet, so etwa Saarbrücken nach mehr als vierzigjährigem Patronat am 4.8.1966. HAStK, Akten GRhG 7,2. 38 Mit dieser Begründung sah sich die Stadt Frechen am 21.3.1962 nicht in der Lage, der von der Jahresversammlung beschlossenen Beitragserhöhung nachzukommen. HAStK, Akten GRhG 7,2.

192

Die Patrone

geprägt in den Jahren zwischen 1900 und 1914. Die höheren Beamten wie Ober- und Regierungspräsidenten, Landesräte, Oberbürgermeister und städtische Beigeordnete als persönliche Patrone sowie die Offiziere zeigten ihre stärkste Beteiligung an der »Gesellschaft« um 1901, als sie mit acht Patronen ebenso viele wie der rheinische Adel stellten (6,5 % aller oder 7,7 % der privaten Patrone)  ; nach einem kontinuierlichen Rückgang sind auch sie seit 1949 überhaupt nicht mehr unter den Patronen vertreten. Auch freie Berufe wie Ärzte, Anwälte und Notare, die mit 3,4 % bzw. 2,9 % 1914 ihren höchsten Anteil erreichten, sind seit dem Ende der Weimarer Republik ganz aus den Reihen der Patrone verschwunden. Für die beiden letzten Gruppen, vor allem die freien Berufe, dürften aber weniger wirtschaftliche Gründe für diese Abstinenz bestimmend sein als eine zunehmende berufliche Arbeitsbelastung und bei den Beamten auch eine gewisse Politisierung des Amtes, die auch hier dem Verschwinden der alten bürgerlichen Führungsschichten Vorschub leistete. Erst recht wird dieser Rückgang aber in der früher einmal sehr großen Gruppe der Patrone aus der Kaufmannschaft, der Industrie und dem Bankgewerbe sichtbar, die schon Mevissen als Hauptpfeiler der »Gesellschaft« zu gewinnen hoffte und die tatsächlich lange Zeit ihre zahlenmäßig stärkste Stütze bildeten. Gehörten zu dieser Gruppe 1881 erst 23 Patrone oder 40 % des Gesamtpatronats (52,2 % aller privaten Patrone), so stieg ihre Zahl im Einklang mit der allgemeinen wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung im Rheinland bis 1914 auf 90 Patrone (76,9 % der privaten oder 64,3 % aller Patrone) an. Damit stellte sie nicht nur zahlenmäßig die bei weitem stärkste Gruppe unter den Patronen dar, sondern hat die »Gesellschaft« aus privater Initiative auch auf den absoluten Höhepunkt ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten geführt. Dem steilen Anstieg folgte jedoch ein zwar langsamerer, aber umso stetigerer Abstieg über Jahrzehnte hinweg. Ein durch zweimalige Inflation bedingter Verfall der Geldvermögen, die vielfache Umwandlung traditioneller Familienunternehmen zu anonymen, managergeleiteten Unternehmensformen, aber auch der Zwang zu schärferer Kalkulation einer im Vergleich zu 1914 durch Kriege und Besatzungszeit für Jahrzehnte verarmten Wirtschaft hat die Zahl der kaufmännischen Privatpatrone auf nur noch fünf (38,5 % der privaten oder 12 % aller Patrone) im Jahre 1979 gesenkt. Auch wirtschaftliche Aufschwungphasen wie 1925–1929, 1933–1939 und die Jahre nach 1949 haben daran nichts ändern können, so dass auch hier nicht allein wirtschaftliche Gründe, sondern wohl auch andere Faktoren etwa aus dem Bereich des allgemeinen historischen Interesses eine Rolle spielten.39 Viel unabhängiger von der Wirtschaftsentwicklung zeigten sich nämlich die relativ kleinen Gruppen der geistlichen Patrone und der Gelehrten und Künstler. Sicherlich hat bei ihnen auch das seit 1914 in weiten Kreisen geschrumpfte Interesse an der älteren 39 So legte Dr. Ing. Werner T. Schaurte am 12.12.1962 sein Patronat nieder, weil er seine Mittel für die »Erhaltung unserer Fauna« einsetzen wollte, die ihm für die Zukunft der Menschheit wichtiger als die Tätigkeit der »Gesellschaft« schien  ; HAStK, Akten GRhG 7,2.

193

Die Träger der »Gesellschaft«

Landesgeschichte des Rheinlands noch am ehesten Bestand gehabt. Denn beide Gruppen haben, abgesehen von einem wohl politisch bedingten Tief während des »Dritten Reiches« und in der unmittelbaren zweiten Nachkriegszeit, ihren Bestand seit 1901 numerisch halten und damit relativ beträchtlich erweitern können  ; mit je drei Patronen waren sie 1979 jeweils mit 7,7 % vom Gesamtbestand und mit 23 % von den privaten Patronen beteiligt und haben damit fast die Stärke der einstmals dominierenden kaufmännischen Patrone erreicht. Zwar sind solche statistischen Aussagen umso ungenauer, je kleiner die ihnen zugrundeliegenden Zahlen sind, doch sind sie als Trendindikatoren für das Verhalten einzelner sozialer Gruppen im Patronat immer noch aussagekräftig genug. Geographische Schwerpunkte der »Gesellschaft« lassen sich am besten aus der Verteilung der Wohnsitze der Patrone erkennen, wobei die Aufteilung in Tabelle 4 wegen der nach 1945 gründlich geänderten innerdeutschen Landesgrenzen unterschiedlich sein muss. Ganz deutlich wird aber auch so, dass das Zentrum der »Gesellschaft« zumindest im Bereich der Patrone stets in den industriereichen Regierungsbezirken Köln, Düsseldorf und Aachen lag, die mit dem Landesteil Nordrhein des späteren Nordrhein-Westfalen identisch sind und dem historischen Gesellschaftssitz Köln am nächsten liegen. Der Anteil nordrheinischer Patrone lag jahrzehntelang fast konstant zwischen 68 % (1881 und 1953) und 75 % (1925) der Gesamtzahl und ging bisweilen (1901  : 79,8 %  ; 1914  : 77,8 %) auch noch darüber hinaus. 1979 erreichte er mit 82 % seine im Betrachtungszeitraum höchste Konzentration. Die Beteiligung aus den südlichen Teilen der Rheinprovinz, den damaligen Regierungsbezirken Koblenz und Trier, war zwar stets geringer, blieb mit durchschnittlich 10–12 % aller Patrone scheinbar unbeeinflusst von allen politischen Veränderungen aber fast ebenso konstant. Nach der Trennung des Südens von der nördlichen Rheinprovinz 1946 stieg sie sogar kräftig an (1949–1966 zwischen 17 % und 19 %). Der stets hohe Anteil der Saarländer an dieser Zahl, die 1914 sogar mehr als die Hälfte aller südrheinischen Patrone stellten, geht dabei zweifellos auf die dem Niederrhein nicht unähnliche Industriestruktur des Saargebiets zurück, aus der dort ein vergleichbar starkes und zahlungskräftiges Unternehmerpatronat wie in der nördlichen Rheinprovinz hervorging. Sehr viel geringer war dagegen immer die Quote der räumlich, historisch und durch das Ruhrgebiet auch industriell viel enger mit dem Niederrhein verflochtenen Nachbarprovinz Westfalen  ; sie ist nach dem Zweiten Weltkrieg niemals über drei Patrone oder 6 % hinausgekommen. Gewiss wäre sie höher ausgefallen, wenn die »Gesellschaft«, wie ursprünglich beabsichtigt, Westfalen neben dem Rheinland in ihre Publikationsarbeiten einbezogen hätte. Die Zahl der Patrone in Deutschland außerhalb der Rheinprovinz und im Ausland, die sowohl 1914 wie 1925 einen Spitzenwert erreichte (1925  : 8,4 % aller Patrone im außerrheinischen Preußen, 2,1 % in anderen deutschen Staaten und 3,2 % im Ausland) ist seitdem ständig zurückgegangen. Ausländische Patrone besitzt die »Gesellschaft« seit Jahrzehnten nicht mehr und Patronate in der damaligen DDR waren seit 1949 schon aus Devisengründen nicht mehr möglich. Auch das früher einmal so stark 194

Die Patrone

beteiligte Saarland ist in den Patronatslisten von 1979 nicht mehr vertreten. Die jüngste Entwicklung zeigt vielmehr eine immer stärkere geographische Konzentration auf das nördliche Rheinland und das Land Rheinland-Pfalz  ; nur noch drei Patrone von 39 lebten 1979 außerhalb dieses Gebiets. Tabelle 4: Aufgliederung der Patrone nach Wohnsitzen 1881

1901

1914

1925

1935

Nördliches Rheinland (Regierungsbezirke Köln, Aachen, ­Düsseldorf)

40

 99

109

72

50

Südliches Rheinland (Regierungsbezirke Koblenz und Trier)

10

 121

 172

103

 94

Preußen außer Rheinprovinz

 6

  4

 8

8

10

Deutsches Reich außer Preußen

 2

  5

 2

2

 2

Ausland

 1

  3

 3

3

 1



  1

 1



– 72

Ohne Angabe Patrone insgesamt

59

124

140

95

1949

1953

1966

1979

44

34

25

32

NRW – Landesteil Westfalen

 3

 3

 1

 1

Rheinland-Pfalz

 9

 7

 5

 4

NRW – Landesteil Nordrhein

Saarland

 2

 2

 2



Übrige Bundesrepublik

 6

 3

 4

 2









DDR Ausland

 1

 1





Patrone insgesamt

65

50

37

39

1 2 3 4

Davon drei aus dem Gebiet des heutigen Saarlandes. Davon sieben aus dem Gebiet des heutigen Saarlandes. Davon vier aus dem Gebiet des heutigen Saarlandes. Davon einer aus dem Gebiet des heutigen Saarlandes.

Dass die überwiegende Mehrzahl aller Patrone der »Gesellschaft« sich stets in einem knappen Dutzend rheinischer Städte konzentriert hat – selbst nach deren weitgehender Zerstörung lebten dort 1949 immer noch etwas mehr als die Hälfte aller Patrone –, kann bei der geschilderten sozialen Struktur der Patronatsseite weder um 1914 (Schwergewicht der großbürgerlichen Patrone) noch um 1980 (Schwergewicht bei Städten und wissenschaftlichen Institutionen) sehr verwundern (Tabelle 5). Auffällig ist eher der große Abstand, in dem Köln als historischer Sitz der »Gesellschaft« auch bei den Wohnsitzen der Patrone vor den übrigen rheinischen Städten steht. Immerhin lebte zwischen 1919 und 1925 stets ein gutes Drittel aller Patrone in Köln, während diese Zahl bis 1980 auf ein 195

Die Träger der »Gesellschaft«

knappes Fünftel zurückgegangen ist. Nutznießer dieser »Entflechtung« war vor allem die Regierungshauptstadt Düsseldorf, die ihren Anteil entgegen der allgemeinen Entwicklung von zwei Patronen 1966 auf fünf (1979) steigern konnte. Eine ähnliche Entwicklung hatte es auch vor dem Ersten Weltkrieg schon einmal gegeben. Stand Düsseldorf an Patronen noch 1901 weit hinter anderen rheinischen Städten wie Aachen, ElberfeldBarmen, Krefeld oder Essen zurück, so war es dank eifriger Werbetätigkeit seines Oberbürgermeisters Oehler und einiger anderer Patrone bereits 1914 hinter Köln zu einem zweiten Zentrum des Patronats der »Gesellschaft« geworden, während der Anteil anderer rheinischer Industriestädte schon vor dem Ersten Weltkrieg stetig zurückging. Der relativ hohe Anteil der kleineren Städte Bonn und Düren erklärt sich dagegen aus ihrer sozialen Struktur. War Bonn vor 1914 als bevorzugter Rentnersitz beliebt und als Universitätsstadt auch der Sitz der meisten Gelehrten und vieler beamteter Patrone, so galt Düren damals als die Stadt mit den – bezogen auf die Bevölkerung – meisten Millionären in Preußen. Am geringsten ist die Verstädterung unter den Patronen noch im Saarland gewesen, wo der Sitz großer Unternehmen häufiger als im Rheinland in kleineren Städten und Landgemeinden zu finden war. Tabelle 5: Anzahl der Patrone der GRhG in ausgewählten rheinischen Städten 1881

1901

1914

1925

1935

1949

1966

1979

14

44

48

33

21

12

8

8

Bonn

3

6

4

4

4

2

2

2

Düsseldorf

4

3

10

3

6

5

2

5

Aachen / Burtscheid

2

8

4

3

1

1

2

3

Barmen / Elberfeld

2

5

3

2

1

2

1

1

Essen

1

4

3

3

1



1

2

Krefeld

1

3

3

5

1

1

1

1

Duisburg

1

1

1

2

2

2

1

1

Düren



2

3

1

1

3

1

1

Trier

4

3

2

2

1

1

1

1

Saarbrücken



2

3

1

1

1

1



59

124

140

95

72

65

36

39

Köln

Gesamtzahl aller Patrone (zum Vergleich)

6.2.2 Werbung und Beitrittsmotive

Die Werbung neuer Patrone, deren Zahl und Spendenfreudigkeit ja bis 1920 weitgehend die wirtschaftlichen Möglichkeiten der »Gesellschaft« bestimmten, hat der Vorstand stets als eine der wichtigsten Aufgaben seiner wissenschaftlichen und kaufmännischen 196

Die Patrone

Mitglieder betrachtet. Bei den vielfach miteinander verwandten, zumindest aber gesellschaftlich miteinander verkehrenden Kölner Patronen gelang dies noch am leichtesten  ; das Beispiel Gustav von Mevissens und die Überredungskünste der Schatzmeister genügten hierzu in der Regel. Schwieriger war die Gewinnung von Patronen in anderen Städten, die sich der Kölner »Gesellschaft« weniger verpflichtet fühlten. Hier haben sich zumeist die auswärtigen Vorstandsmitglieder, aber auch andere Patrone, Mitglieder und Mitarbeiter der »Gesellschaft« eingesetzt. Mit der Gewinnung des Oberbürgermeisters oder eines einzigen angesehenen Privatpatrons in einer fremden Stadt war der Bann häufig schon gebrochen  ; geschäftliche oder gesellschaftliche Beziehungen zogen dann den Eintritt weiterer Patrone nach sich. Eine anfängliche Zurückhaltung, formelle Beitrittsaufforderungen bis zum Vorliegen erster Publikationen als »redende Beweise« der eigenen Tätigkeit hinauszuschieben40, ist sehr rasch aufgegeben worden. Als besonders eifriges Vorstandmitglied ist in dieser Hinsicht Hugo Loersch zu nennen, der als ehemaliger Rechtslehrer Kaiser Wilhelms II. nicht nur über beste Beziehungen zum Hause Hohenzollern und zu anderen deutschen Fürsten, sondern auch über eine wohlhabende eigene Verwandtschaft verfügte und seine Kontakte immer wieder zugunsten der »Gesellschaft« spielen ließ. Außer Wilhelm II., dessen Mutter, der Kaiserin Friedrich, und dem Erbgroßherzog von Baden warb Loersch im Laufe der Zeit auch so unterschiedliche Privatpatrone wie seinen Vetter, den böhmischen Großindustriellen Theodor Freiherr von Liebieg (1872–1939)41, ferner den Kölner Weihbischof Hermann Joseph Schmitz (1841–1899), den Montanindustriellen Franz Haniel jun. (1842–1916) in Düsseldorf, der seinerseits seine umfangreiche Verwandtschaft nachzog, den BergischGladbacher Papierfabrikanten Richard Zanders (1860–1906), die »Aachen-Münchener Feuerversicherungsgesellschaft« als erstes Großunternehmen42 und mit dem Kommerzienrat Emil Haldy (1826–1901) aus Saarbrücken-St. Johann den ersten saarländischen Patron überhaupt  : »Mit ihm fassen wir Fuß in einer Gegend, der wir bis jetzt fremd geblieben sind.«43 Über den Landrat a. D. und »sehr einflußreichen« Burtscheider Stadtverordneten Wilhelm Leopold Janssen (1830–1900), der von 1892 bis zu seinem Tod zugleich Vorsitzender des Rheinischen Provinzialausschusses war, gewann Loersch 1891 auch die Stadt Burtscheid und einen weiteren Fürsprecher im entscheidenden Gremium 40 Beschluss der 1. Jahresversammlung 1881, JbGRhG 1 (1881), S. 10. 41 Loersch an Höhlbaum 1.1.1889  : »Das neue Jahr beginne ich buchstäblich im Dienste der ›Gesellschaft‹, was vielleicht niemand aus dem Vorstand sagen kann.« HAStK, Akten GRhG 6,2. 42 Loersch empfahl am 12.3.1892, noch mehr »gutgestellte Aktienvereine« der Provinz zu Patronen zu werben. Hauptargument war hier die Unterstützung, die die Versicherungsfirma schon seit längerer Zeit dem »Hansischen Geschichtsverein« zukommen ließ. Doch übernahm die »Gesellschaft« ihr Patronat nur auf drei Jahre (1892–1895), weil »die Verwendungen zur Beförderung des Feuerlöschwesens stetig zugenommen haben und die verfügbaren Mittel fast vollständig beanspruchen«. Direktion an Ratjen 19.5.1892, HAStK, Akten GRhG 6,2. 43 Loersch an Höhlbaum, 12.12.1889, HAStK, Akten GRhG 6,2.

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Die Träger der »Gesellschaft«

der Provinz.44 Auch der schon genannte rheinische Landesrat und Zentrumsabgeordnete Alois Fritzen gehörte zu Hugo Loerschs Klientel. »Wenn alle unsere Vorstandsmitglieder so viele Patrone beibrächten wie ich, dann stünde es gut um unsere Finanzen«, schrieb Loersch im Mai 1892 an Joseph Hansen, von dem er gleich weitere fünfzehn Jahresberichte zu Werbezwecken erbat.45 Selbst nach Rom, wo er den Winter 1893/1894 verbrachte, ließ er sich Werbematerial schicken  ; »ich fange vielleicht auch hier noch einen Patron«.46 Von den übrigen Gründungsmitgliedern warb Wilhelm Maria Becker in Koblenz, seit seiner Schulzeit an der Rheinischen Ritterakademie in Bedburg mit vielen Söhnen des rheinischen Adels bekannt, Patrone vor allem in diesem Kreis  ; auf sein Konto gehen aber auch die Beitritte der in Koblenz residierenden Kaiserin Augusta und der äußerst wohlhabenden Kommerzienräte Carl Spaeter und Julius Wegeler aus derselben Stadt. Sehr empfindlich reagierte Becker allerdings, als er seine Bemühungen in Köln nicht gebührend gewürdigt fand.47 Unter den Kölner Kaufleuten und dem umliegenden Landadel waren die beiden Schatzmeister Emil vom Rath und Gustav Michels besonders erfolgreich48, und Oberbürgermeister Hermann Jaeger nutzte seine Verbindungen in Elberfeld, um dort noch im Jahr seiner Vorstandswahl drei neue Patrone zu gewinnen. Später nutzte vor allem Paul Clemen seine weitreichenden Beziehungen zugunsten neuer Patronate, wobei er sich von der Wirkung seiner distinguierten Formen zum Vorteil der »Gesellschaft« überzeugt zeigte.49 Von den Mitarbeitern erwiesen sich neben anderen besonders Armin Tille und Wilhelm Kisky als erfolgreiche Werber50. Hermann Keussen, Hansens getreuer Mitarbeiter im Kölner Stadtarchiv, gewann nicht wenige Patrone unter seinen wohlhabenden Verwandten in 44 Loersch an Ratjen, 4.7.1891, HAStK, Akten GRhG 6.2. Auch hier nutzte Loersch, wie in vielen anderen Fällen, seine Verbindungen als Vorsitzender der »Kommission für die Provinzialmuseen« und der Denkmälerkommission zur Werbung von Patronen für die »Gesellschaft«. Über Janssen, der im Kulturkampf als Landrat in Heinsberg zur Disposition gestellt und seit 1866 mit kurzen Unterbrechungen Mitglied des Provinziallandtags war, Poll, Geschichte Aachens, S. 235. 45 18.5.1892, HAStK, Akten GRhG 6,2. 46 An Hansen 28.1.1894, HAStK, Akten GRhG 6,2. 47 Vgl. oben S. 154. 48 So warb Michels allein im Jahr 1885 sieben Kölner und Mülheimer Patrone von Rang (Th. v. Guilleaume, Ed. v. Oppenheim, J. M. Farina, A. Elven, A. Neven DuMont, die beiden Handelskammerpräsidenten W. Leyendecker und O. Andreae) sowie die Grafen von Fürstenberg-Stammheim und Hoensbroech-Türnich an. 49 »Ich habe Frau W. einen ganz wunderschönen Brief geschrieben«, teilte Clemen am 19.3.1918 Hansen mit. »Sie müßte ein Herz von Kieselsteinen in ihrem weiten Busen tragen, wenn sie hier Widerstand leisten sollte. Ich habe ihr sehr zugeredet zu einer höheren Stiftung.« HAStK, Akten GRhG 6,5. 50 Als Fürstlich Salm-Salmscher Archivar auf Schloss Anholt (1913–1920), späterer Reichsarchivrat und eifriger Katholik verfügte Kisky über gute Beziehungen zum westfälischen und rheinischen Adel, zur Zentrumspartei und zur höheren Geistlichkeit  ; außer seinem Dienstherrn warb er u. a. den preußischen Justizminister Hugo am Zehnhoff und den Kölner Dompropst Arnold Middendorf (1919), den Freiherrn von Loë und den Baron von Vittinghoff-Schell. HAStK, Akten GRhG 6,5 u. 6,6. Zu Kisky vgl. auch den Nachruf von Wilkes, Landesarchivar i. R. Dr. Wilhelm Kisky zum Gedenken u. Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 310.

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Die Patrone

Krefeld.51 An der Saar führte besonders Albert Ruppersberg, seit 1907 Vorsitzender des »Historischen Vereins für die Saargegend«, der »Gesellschaft« neue Patrone aus dem Kreis der dortigen Industriellen zu. Dass Patrone nicht durch ein »bloßes Circular«, sondern nur durch persönliche Einwirkung zu gewinnen seien, hatte Höhlbaum schon in einer vorbereitenden Sitzung des Gelehrtenausschusses im Februar 1881 festgestellt.52 Trotzdem spielten solche Werbebriefe der Vorsitzenden Hermann Becker, Konstantin Höhlbaum, Adolf Ratjen und Joseph Hansen bei der Werbung neuer und noch mehr beim Festhalten alter Patrone eine große Rolle. Besonders Hansen versäumte es dabei selten und nach Kriegsusbruch niemals, auch auf die vaterländische Bedeutung der »Gesellschaft« hinzuweisen, die mit der historischen Erforschung der »vielumstrittenen deutschen Westmark, um deren Behauptung für unser Vaterland es sich bei dem gewaltigen Ringen unserer Tage wiederum handelt«, eine »ernste nationale Pflicht« erfülle.53 Meist wurde künftigen Patronen dabei auch eine der neueren Publikationen, zumeist eines der repräsentativen kunsthistorischen Prachtwerke, zur Ansicht übersandt und nach dem Beitritt überlassen.54 Noch mitten in ihrer größten Finanzkrise bot die »Gesellschaft« 1931 Clemens »Gotische Monumentalmalereien«, die sie in der Herstellung bereits mehr als 100 Mark kosteten, Patro­natsinteressenten für nur 60 Mark als Eintrittsprämie an.55 Neben den Jahresberichten war vor allem auch der Sammelband »Ziele und Aufgaben« von 1907 als Werbeschrift für neue Patrone gedacht. Das »kräftigste Zugstück«56 blieb aber stets das Verzeichnis der Patrone selbst, das mit seiner Fülle angesehener Namen für manchen Interessenten für sich allein schon ein ausreichendes Beitrittsargument darstellte. Gelegentlich stellten Interessenten bei ihrem Beitritt aber auch ihrerseits Bedingungen an die »Gesellschaft«, etwa die Ordnung ihres Privatarchivs57 oder den Nachweis

51 Darunter seinen Bruder Bankdirektor Oswald Keussen und dessen Schwager, den Tuchfabrikanten Erich Croon. Dank des Vorstands vom 29.6.1922, HAStK, Akten GRhG 6,6. 52 Sitzungsprotokoll des Gelehrtenausschusses vom 20.2.1881 (undatiert, Hand Lamprechts). HAStK, Akten GRhG 1,1, S. 127 ff. 53 Dieser Formulartext wurde seit Januar 1915 in Werbebriefen immer wieder benutzt  ; Beispiele (an Kommerzienrat Vopelius, Saarbrücken, und andere) in HAStK, Akten GRhG 7,2. Auch in späteren Rundschreiben an die Patrone wird die »Pflege der Geschichte der gefährdeten rheinischen Westmark« immer wieder als »ernste vaterländische Pflicht« (27.11.1922) oder »gebieterische Pflicht« (10.1.1925) bezeichnet  ; HAStK, Akten GRhG 6,6. 54 So in den Fällen Graf Hoensbroech (Ada-Handschrift, 1889) und von Krüger (Romanische Wandmalereien, 1905)  ; HAStK, Akten GRhG 6,2 u. 6,4. 55 Vorstandsbeschluss vom 10.3.1931 auf Anregung Busleys  ; Aufzeichnung Busley vom 11.3.1931, ALVR, KultPv 11016. 56 Oberstudiendirektor Ludwig van Laak, Werden, anlässlich eines Werbeversuchs an Hansen am 13.5.1921, HAStK, Akten GRhG 6,6. 57 So wurde das Archiv des Fürsten zu Wied durch Vermittlung der »Gesellschaft« von Kräften des Staatsarchivs Koblenz geordnet und verzeichnet  ; Reichensperger an Hansen 16.3.1912, HAStK, Akten GRhG 6,4.

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Die Träger der »Gesellschaft«

eines geeigneten Stadtarchivars.58 Insgesamt war die Werbung vor 1914 jedoch »eine leichte Sache«, wie der Schatzmeister 1929 im Rückblick feststellen musste.59 Aber auch damals kamen schon Ablehnungen und Austritte vor, die nicht selten auch mit sozialen oder gemeinnützigen Verpflichtungen begründet wurden.60 Seit Kriegsbeginn 1914 wurden, was vorher niemals vorgekommen war, auch wirtschaftliche Schwierigkeiten immer häufiger als Austrittsgründe genannt. Daneben begegnet man nach dem Krieg auch dem Argument, dass Ostprovinzen wie Schlesien und Ostpreußen Hilfe bei ihren wissenschaftlichen Bestrebungen nötiger hätten als das immer noch als wohlhabend geltende Rheinland.61 Andererseits traten Patrone gerade wegen der Verluste aus, die sie infolge der Rheinlandbesetzung und der Zollgrenze zum übrigen Deutschland erlitten hatten. Zwei Patrone der »Gesellschaft« kamen im Ersten Weltkrieg ums Leben.62 Eine zweite Welle von Austritten brachte die Wirtschaftskrise zwischen 1930 und 1932 mit sich  ; so standen 20 verlorenen Patronen im Haushaltsjahr 1930/1931 nur fünf neue gegenüber.63 Manche Patrone verließen auch deshalb die »Gesellschaft«, weil sie ihre Mittel künftig zur Unterstützung lokaler Geschichtsvereine oder für eigene Forschungsarbeiten verwenden wollten.64 Am wenigsten Überzeugungskraft hat die »Gesellschaft« aber wohl dort entwickelt, wo schon eine Beitrittsmahnung des Schatzmeisters als Austrittsgrund genügte.65

58 Stadt Düren (Bürgermeister Werners) am 20.2.1891, HAStK, Akten GRhG 6,2. Der Graf von Bassenheim wollte am 18.6.1918 erst beitreten, nachdem ihm die »Anstellung eines Archivars auch ersprießliche Tätigkeit als Vereinsmitglied« erlaube  ; HAStK, Akten GRhG 6,5. 59 Von Mallinckrodt an Kallen am 10.6.1929, HAStK, Akten GRhG 12,1. 60 Die »Aachener und Münchener Feuerversicherungsgesellschaft« wollte ihre gemeinnützigen Fonds lieber »für Feuerlöschzwecke« verwenden (21.1.1896 an Hansen), während dem Bonner Kommerzienrat Soennecken die »Wohlfahrt … der großen Zahl meiner Arbeiter« näher am Herzen lag (12.2.1907). HAStK, Akten GRhG 6,3 u. 6,4. 61 Heinrich von Loesch, Rittergutsbesitzer in Schlesien und früherer Mitarbeiter der »Gesellschaft«, trat als Patron am 25.1.1923 aus, da er die neue Historische Kommission seiner Heimatprovinz unterstützen wollte  ; Admiral von Fischer auf Lossainen in Ostpreußen, der Schwiegersohn Emil vom Raths, wollte lieber die »direkte Not … der Einwohner der ärmsten Provinz unseres Vaterlandes« lindern, statt das Geld »nach dem Westen zu geben« (16.1.1927). HAStK, Akten GRhG 6,6. 62 Dr. Theodor Francken, Mitinhaber des Schwann-Verlags, fiel am 7.3.1917  ; Graf Wilhelm von Mirbach-Harff wurde am 6.7.1918 als deutscher Botschafter in Moskau das Opfer eines Attentats. JbGRhG 38 (1918), S. 8. 63 Vorstandssitzung 10.3.1931, HAStK, Akten GRhG 10,9  ; nach Kallen war der Rückgang »weit über Erwarten stark« (Aufzeichnung Busleys vom 23.12.1931, ALVR, KultPv 11016). 64 Der Frechener Gutsbesitzer Dr. agr. h. c. Cornel Berk (Patron und Vorstandsmitglied 1941) trat 1962 aus, da er eine Geschichte seines Gutes selbst herausgeben wollte  ; 30.11.1962, HAStK, Akten GRhG 7,2. Kommerzienrat Rudolf Schöller aus Düren lehnte am 12.2.1916 den Beitritt ab, um den »Dürener Geschichtsverein« stärker fördern zu können  ; HAStK, Akten GRhG 6,5. 65 Darüber klagten die Schatzmeister schon vor der Jahrhundertwende  ; jüngere Beispiele (1960) in HAStK, Akten GRhG 7,2.

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Die Patrone

Häufig führte die in den ersten Jahren unklare Formulierung der Satzung zu Austritten, da selbst wohlmeinende Patrone glaubten, nach dreijähriger Zahlung aller Verpflichtungen ledig zu sein.66 Drohte ein solcher Austritt eines Patrons, so wurde »derjenige, der ihn seinerzeit eingefangen«67, oft mit Erfolg beauftragt, den Abtrünnigen wieder zurückzugewinnen. Starb ein Patron, so setzten die Hinterbliebenen oder Amtsnachfolger oft schon von sich aus, häufiger aber auf die dann regelmäßig eintreffende Bitte des Vorsitzenden hin, dessen Patronat fort68. In den Listen lassen sich daher regelrechte Familien-, Amts- oder Firmenpatronate jahrzehntelang über verschiedene Träger hinweg verfolgen.69 Dies ist als ein Zeichen für die Kontinuität des Ansehens zu sehen, das die »Gesellschaft« in führenden Adels- und Industriellenfamilien des Landes genoss. Auch die Kölner Oberhirten von Philipp Kardinal Krementz (1886) bis auf Kardinal Höffner (Erzbischöfe von 1885–1899 bzw. 1969–1987) führten ihr Patronat auf diese Weise dauernd fort. Ein entsprechendes Beispiel im industriellen Bereich bieten die Farbenfabriken Bayer, deren Vorstandsvorsitzende von Friedrich Bayer  jr. und Henry Theodore von Böttinger bis zu Herbert Grünewald seit 1907 ebenfalls fast ohne Unterbrechung persönliche Patrone der »Gesellschaft« waren. Die Patronatsbeiträge, die mit 100 Mark jährlich seit 1881 über Jahrzehnte gleich geblieben waren, wurden angesichts der Inflation erst 1922 provisorisch auf 300 Mark erhöht, da die Leistungen der »Gesellschaft« an die Patrone bereits 1921 einen Buchhandelswert von 190 Mark ausmachten.70 Danach war es unmöglich, der Geldentwertung durch Erhöhung der Beiträge zu folgen. 1923 hatten deshalb auch die Patrone bezogene Publikationen zum jeweiligen Tagespreis gesondert zu bezahlen.71 Von 1924–1934 forderte die »Gesellschaft« ihnen mit Rücksicht auf die wirtschaftlichen Schwierigkeiten dafür nur 50 Mark jährlich ab  – ein Vorschlag, der zur Gewinnung zahlreicherer Förderer schon in der Satzungsdiskussion von 1885 einmal aufgetaucht, damals aber wegen befürchteter Einnahmeverluste abgelehnt worden war.72 Mit der Forderung, wieder den 66 So Regierungspräsident von Berlepsch am 23.10.1886 und Kommerzienrat A. Rottmann am 15.10.1892, HAStK, Akten GRhG 6,2. H. Th. von Böttinger monierte am 8.11.1910 ausdrücklich die unklare Fassung der Statuten (§ 2), die zu derartigen Irrtümern Anlass gebe, HAStK, Akten GRhG 6,4. 67 Emil vom Rath am 27.10.1886 beim Austritt des Kommerzienrats Haniel, HAStK, Akten GRhG 6,2. 68 Nicht immer führte dieses Verfahren jedoch zum Erfolg. Bei der Witwe des Kölner Stadtverordneten und Parfümfabrikanten Johann Maria Farina versuchte es der Schatzmeister erst gar nicht, »weil ich weiß, daß dies ohne Erfolg gewesen wäre«  ; vom Rath 11.11.1892, HAStK, Akten GRhG 6,2. Andere Witwen oder Söhne hielten es dagegen geradezu für ihre Pflicht, der »Gesellschaft« das gleiche Interesse wie ihr Mann oder Vater zuzuwenden  ; ebd. 69 Etwa die Familien von Mevissen, Haniel, Carstanjen, Haldy, Röchling, Stinnes, Stumm, von Guilleaume, die Grafen von Eltz und von Mirbach-Harff. 70 Rundschreiben des Vorstands vom 16.5.1922, HAStK, Akten GRhG 6,6. 71 Sie erhielten dabei jedoch denselben Rabatt wie die wissenschaftlichen Mitglieder nach §  5 der Statuten. Rundschreiben des Vorstands an die Stifter und Patrone vom 17.7.1923, ALVR, KultPv 3698. 72 Höhlbaum an die Mitglieder des Gelehrtenausschusses, 16.10.1885. HAStK, Akten GRhG 2,1.

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Die Träger der »Gesellschaft«

vollen Beitrag zu erheben, stieß der Vorsitzende aber noch 1929 im Vorstand auf Widerspruch  ; es wurde lediglich eine entsprechende Empfehlung beschlossen, der ungefähr ein Fünftel der Patrone folgte.73 1932 ging der Schatzmeister bei Privatpatronen sogar auf 30 Mark als Mindestforderung herunter74, während der satzungsgemäße Mindestbeitrag nach wie vor 100 Mark betrug. Die tatsächlichen Patronatseinnahmen deckten nun nicht einmal mehr die Aufwendungen für die Jahresgaben  ; kein Wunder, dass Gerhard Kallen in den Patronen damals in völliger Umkehrung des Mevissenschen Grundgedankens »in gewissem Sinne eine Belastung der ›Gesellschaft‹« sah75 und sich immer stärker auf die Provinz als öffentliche Hauptgeldgeberin verließ. Auch nach der zweiten Währungsreform von 1948 begnügte sich die »Gesellschaft« einige Jahre lang mit dem halben Normalbeitrag  : Die Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse erlaubte später jedoch eine Beitragserhöhung auf 200 Mark, die sich ­wegen der seit 1881 stark gestiegenen Buchherstellungspreise als unumgänglich erwies. Als Gegenleistung für ihren Beitrag erhielten die Patrone ein Exemplar jeder von der »Gesellschaft« herausgegebenen Veröffentlichung, das ihnen nach einem Vorstandsbeschluss von 1886 gebunden zu überreichen war.76 Eine Ausnahme machten seit 1929 nur die vom Vorstand als solche bezeichneten besonders kostenintensiven »außergewöhnlichen« Publikationen (Statuten vom 18. Juni 1929, § 5).77 Darüber hinaus wurden ihnen gelegentlich auch weitere Abhandlungen aus dem Kreis der »Gesellschaft«smitglieder gestiftet. Zu nennen wäre an dieser Stelle etwa eine von Wilhelm Becker auf »Allerhöchste Veranlassung« verfasste Abhandlung über das Koblenzer Schloss78, die Kaiserin Augusta allen Patronen 1886 schenkte, oder Ratjens Studie über die Verfassung und den Sitz der Gerichte in Köln. 1899 beschloss der Vorstand, den Patronen auch einen Separatdruck von Gotheins »Geschichte des Rheinhandels im 19. Jahrhundert« und im folgenden Jahr Rudolf Kötzschkes »Studien zur Verwaltungsgeschichte der großen Grundherrschaft Werden an der Ruhr« als begleitende Veröffentlichung zu den Werdener Urbaren zu schenken.79 1944 erhielten sie eine von der Arzneimittelfirma C. H. Böhringer aus Ingel-

73 Vorstandssitzung 14.1.1929, HAStK, Akten GRhG 10,5 sowie ALVR, KultPv 3698. 74 Ein Rundschreiben, das in Ausnahmefällen 30 RM als niedrigsten Jahresbeitrag vorsah, sollte nur an private Patrone versandt werden  ; Vorstandsbeschluss vom 3.3.1932, HAStK, Akten GRhG 10,9. 75 »Von ihnen ist nur noch wenig zu erwarten.« Kallen in der Sitzung der Wissenschaftlichen Kommission am 27.2.1931, Aufzeichnung Busley in ALVR, KultPv 11016. 76 Vorstandsbeschluss vom 10.12.1886, HAStK, Akten GRhG 10,2. Später geriet dieser Beschluss wohl in Vergessenheit, so dass auf Antrag von Krügers am 15.1.1927 beschlossen wurde, den Patronen und Vorstandsmitgliedern die Publikationen auf Wunsch und gegen besondere Zahlung auch gebunden zu liefern, ALVR, KultPv 3698. 77 Vgl. oben S. 83. 78 Becker, Das königliche Schloß zu Coblenz. Kabinettsrat von dem Knesebeck übersandte dem Vorstand am 21.12.1886 80 Exemplare zur Weitergabe an die Patrone der »Gesellschaft«  ; HAStK, Akten GRhG 7,1. 79 Vorstandsbeschluss vom 26.6.1899 und vom 29.12.1900, HAStK, Akten GRhG 10,3.

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Die Patrone

heim geschenkte Veröffentlichung über die antike Heilkunst im Gebiet des Mittelrheins sogar als einzige Jahresgabe.80 6.2.3 Die kaufmännischen Patrone

Unter den Patronen der »Gesellschaft« sind einzelne soziale Gruppen stets in unterschied­ licher Stärke und zum Teil auch aus verschiedenen Motiven vertreten gewesen. »Die eigentlichen Kapitalisten sind für solche Sachen schwer zu kriegen«, hat Theodor Heuss einmal über die private Finanzierung wissenschaftlicher Einrichtungen am Ende des 19. Jahrhunderts bemerkt.81 Für die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« gilt das jedoch ebenso wenig wie etwa für die »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« und andere Trägerorganisationen der »Großwissenschaft« dieser Zeit.82 Besonders auffällig wird das bei einer Vermögensanalyse der kaufmännischen Patrone, soweit die Quellen diese gestatten. Immerhin hat aus diesem Kreis vor dem Ersten Weltkrieg nur selten ein P ­ atron der »Gesellschaft« angehört, der ein Vermögen von weniger als 1 Mio. Goldmark oder ein entsprechendes Einkommen versteuerte. Ein 1913 erschienenes Jahrbuch der Millionäre der Rheinprovinz führt von den 115 zu Anfang 1914 vorhandenen privaten Patronen der »Gesellschaft« nicht weniger als 90 oder fast 80 % als Millionäre auf83. Unter den übrigen 22 befinden sich mit Sicherheit noch weitere, die dort nur wegen ihres Wohnsitzes außerhalb der Rheinprovinz nicht aufgeführt worden sind.84 Sieht man von wenigen Ausnahmen aus anderen Berufen wie dem Bonner Universitätskurator Gustav Ebbinghaus, dem Germanisten Johannes Franck und den Justizräten Eduard Carp und Adolf Ratjen in Düsseldorf, Robert Esser in Köln, dem Maler Georg Oeder und den Vertretern des rheinischen Adels ab, die ihr Vermögen zumeist ererbt oder erheiratet hatten85, so entsprechen die restlichen knapp 80 Millionäre recht gut den 90 industriell oder 80 Rundschreiben des Vorsitzenden an alle Stifter, Patrone und Mitglieder vom Mai 1944, ALVR, KultPv 11017. Verfasser der Schrift war der Wiesbadener Professor Como. 81 Heuss, Anton Dohrn, S. 194. 82 Allerdings mussten hier die höchst unterschiedlichen Größenverhältnisse mitberücksichtigt werden  ; so betrug die Mindesthöhe der Stiftungen für die »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« das Zwanzigfache, die der laufenden Jahresbeiträge das Zehnfache der von der GRhG erwarteten Summen. Burchardt, Wissenschaftspolitik, S. 59. 83 Martin, Jahrbuch des Vermögens. Dieses nichtamtliche Werk eines früheren Beamten des Reichsinnenministeriums beruht mit seinen Vermögens- und Einkommensschätzungen auf der Höhe der – für Wahlzwecke unter dem Dreiklassenwahlrecht öffentlich nachprüfbaren – Steuerzahlungen, auf Grundbucheintragungen und teilweise eigenen Angaben der Betroffenen selbst, so dass sich zumindest die Größenordnungen der einzelnen Vermögen mit seiner Hilfe grob erfassen lassen. 84 Außer auf Kaiser Wilhelm II. und den Erbgroßherzog von Baden dürfte das auf etwa 3–4 weitere Patrone zutreffen, wie den Hofheimer Chemieindustriellen Albert Blank, dessen Bibliothek durch Stiftung 1920 zum Grundstock des Bonner Instituts für geschichtliche Landeskunde wurde. 85 Ebbinghaus gehörte mit einem geschätzten Vermögen von 26 Millionen, das den Metallwerken der Familie

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Die Träger der »Gesellschaft«

kaufmännisch tätigen Patronen, die der Jahresbericht der »Gesellschaft« für 1913 nennt. Als vermögendste Patrone gehörten der »Gesellschaft« 1913 Kaiser Wilhelm II., Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und Franz Haniel an.86 Außer den beiden Letzteren waren von den 20 reichsten Bewohnern der Rheinprovinz mit Vermögen von jeweils mehr als 20 Mio. Goldmark noch zehn weitere (Carp, Hugo Stinnes, Ebbinghaus, die Brüder Max, Theodor und Arnold von Guilleaume sowie Georg Oeder, Wilhelm Hoesch, Prinz Johann von Arenberg und Peter Werhahn) Patrone der »Gesellschaft«. Dagegen gehörten die wohlhabendsten Kölner Patrone nur den mittleren Vermögensrängen zwischen 10 und 20 Mio. Goldmark an87  ; außerhalb Kölns verfügten noch neun weitere Patrone über Vermögen in dieser Größenordnung.88 Die Mehrzahl der kaufmännischen Patrone findet sich jedoch in der Gruppe der von Martin so genannten »einfachen Millionäre« mit einem Vermögen zwischen 1 und 2 Mio. Mark.89 Geht man davon aus, dass Einkommen und Vermögen in Verbindung mit einem traditionsreichen Namen in kaufmännischen Kreisen als wichtigste Maßstäbe gesellschaftlichen Ranges gelten, so wird schon in dieser unvollständigen Aufstellung deutlich, in welchem Ansehen die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« in der Vorkriegszeit vor allem bei Bankiers und industriellen Unternehmern im Rheinland stand. Ihre Patrone gehörten tatsächlich fast ausschließlich zur adligen und industriell-bürgerlichen Oberschicht. Selbst zwischen 1920 und 1939 sind die Namen aus diesem Stand noch relativ häufig, während es kaum gelungen ist, die seit 1948 neu in diesen Kreis getretenen Familien zur Unterstützung der »Gesellschaft« zu gewinnen.90 Dass es sich bei ihnen häufig um ein echtes wissenschaftliches, nicht nur gesellschaftliches Interesse handelte, beweisen die zahlreichen eigenen historischen Studien und Veröffentlichungen in Iserlohn entstammte, und einem Jahreseinkommen von etwa 1 Million zu den reichsten Bürgern von Bonn, während der Universitätsprofessor Franck, zugleich Herausgeber des »Rheinischen Wörterbuchs«, nur zu den »einfachen Millionären« zählte. Carp und Oeder verfügten als Ehegatten zweier Haniel-Töchter über 52 bzw. 26 Mio. Goldmark, während Esser in Köln auf 10 Mio. geschätzt wurde. Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. 1 ff.; zu Ebbinghaus auch Stein von Kamienski, Bonner Kuratoren, S. 557 ff. 86 Martin schätzte ihr Vermögen auf 140 Mio. (Wilhelm II.), 283 Mio. (Krupp) und 65 Mio. (Haniel) ein  ; Martin, Jahrbuch des Vermögens, S. V u. 1. 87 Es waren die Kaufmannswitwe Laura Oelbermann und die Kommerzienräte oder Bankiers Julius Vorster, Wilhelm und Carl Th. Deimann, Emil und Alfred v. Oppenheim, Josef und Alfred Neven DuMont sowie Louis Hagen. 88 Freiherr v. Schorlemer-Lieser, Friedrich Bayer und Henry Theodore Böttinger (Elberfeld), Georg Talbot und Carl Delius (Aachen), Karl Poensgen und Wilhelm Grevel (Düsseldorf), Robert von Carstanjen (Godesberg) und Emil Kirdorf (Mülheim a. d. R.). 89 Ein 1900 beigetretener anonymer Patron, der in den Jahresberichten stets als »N. N.« aufgeführt wird, konnte hierbei natürlich nicht berücksichtigt werden. 90 Auch die Privatpatrone der 1940er und 1950er Jahre wie Pferdmenges, Brügelmann, Renker, Simon, v. Stein und Zettelmeyer gehören überwiegend noch der alten, seit Generationen bekannten kaufmännischen Oberschicht an.

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Die Patrone

aus diesem Spektrum91, die allerdings seltener allgemeine historische Themen als die Geschichte der eigenen Familie, des Familiensitzes oder der Firma betrafen. Für andere dagegen war das Gefühl, als Patron der »Gesellschaft« zur Spitzengruppe des rheinischen Brief- und Geldadels zu gehören, schon Anlass zum Beitritt genug. Allerdings achtete die »Gesellschaft« auch selbst darauf, keine »armen« Patrone zu bekommen92  ; Ausnahmen wurden nur bei Gelehrten und hohen Beamten gemacht, deren Ansehen auf anderen Grundlagen ruhte. So wünschenswert unter wirtschaftsgeschichtlichen Aspekten neben der Vermögensgliederung auch eine Differenzierung der Patrone nach Branchen wäre, soll hier jedoch auf sie verzichtet werden, da sie schwierig zu erstellen und doch nur wenig aussagekräftig wäre  ; denn Bankiers und Familienunternehmer pflegten sich vor 1914 meist in verschiedenen Wirtschaftszweigen gleichzeitig zu engagieren. Es fällt aber doch auf, dass Bankgewerbe, Montan- und chemische Industrie neben der Maschinen- und Waggonbauindustrie, der Aachener und Krefelder Textilindustrie und der Papierherstellung am stärksten vertreten sind, während beispielsweise die Elektroindustrie, deren große Werke sämtlich außerhalb des Rheinlands lagen, völlig fehlte. Aus der Nahrungsmittelbranche ist vor allem die in Köln heimische Zuckerindustrie (vom Rath) und die Schokoladenfabrikation (Stollwerck) zu finden, die Parfümherstellung seit dem Tod des Patrons Johann Maria Farina (1892) dagegen nicht mehr. Insgesamt sind hier deutlich zwei Schwerpunkte auszumachen, die mit den in Köln vertretenen Wirtschaftszweigen und der Schwerindustrie des Ruhr- und Saargebietes identisch sind. Über das Rheinland hinaus hat die »Gesellschaft« offenbar keine große Anziehungskraft besessen  ; eine überregionale Bedeutung wie die »Kaiser-WilhelmGesellschaft« strebte sie ja auch schon von ihrer Zielsetzung her nicht an. 6.2.4 Städte, Landkreise und sonstige Körperschaften

Neben den privaten Patronen waren die rheinischen Städte von Anfang an als zweite Hauptstütze der »Gesellschaft« gedacht. Ursprünglich hatte Lamprecht so sogar die Bürgermeister aller rheinischen Städte mit mehr als 30.000, später 50.000 Einwohnern zu Mitgliedern seiner »Historischen Commission der Rheinlande« machen wollen.93 Auch die mittleren und kleineren Städte wurden deshalb schon kurz vor der Gründung durch ein Rundschreiben des Kölner Oberbürgermeisters zum Beitritt aufgefordert. Barmen, 91 Beispiele finden sich in den Akten zahlreich. Genannt seien aus dem Kreis der Kaufleute die Stifter und Patrone Parkhausen, Perk, v. Mallinckrodt, von Krüger, Ratjen, J. W. Scheidt (Kettwig), Alfred Schmidt, Stahel, Wülfing. 92 Als Loersch am 26.4.1896 den Bonner Kurator von Rottenburg als Patron empfahl, hatte der Vorstand zunächst Bedenken, an diesen heranzutreten, bis er sich überzeugt hatte, dass die Exzellenz auch »in guten Verhältnissen« lebte. HAStK, Akten GRhG 6,3. 93 Statutenentwurf für eine Historische Commission der Rheinlande (Vorentwurf 1880), § 3,6, in HAStK, Akten GRhG 1,1, S. 81.

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Die Träger der »Gesellschaft«

Bonn, Krefeld, Duisburg, Düsseldorf, Elberfeld, Essen, Köln, Mülheim (Rhein) und Trier sind dieser Aufforderung sofort gefolgt und können somit als Gründungspatrone der »Gesellschaft« gelten. In Aachen hatte der Oberbürgermeister zunächst Bedenken, ob ein Beitritt der Stadt nicht das Gedeihen des eben gegründeten Aachener Geschichtsvereins beeinträchtigen könnte, »welcher, anlangend die Stadt Aachen, nicht nur in durchaus ähnlicher Weise die Herausgabe solcher Quellen beschlossen, sondern auch schon tatsächlich eingeleitet hat«.94 Erst als der Vereinsvorsitzende Alfred von Reumont den Beitritt der Stadt zur Kölner »Gesellschaft« für unbedenklich, ja wünschenswert erklärt hatte, beschlossen die Aachener Stadtverordneten am 4. November 1881, also immerhin noch im Gründungsjahr der »Gesellschaft«, auch den Beitritt ihrer Stadt. Die kleineren Städte lehnten die Aufforderung des Kölner Oberbürgermeisters dagegen sämtlich »wegen der hohen Jahresbeiträge« (Monschau), »mit Rücksicht auf die gegenwärtige ungünstige finanzielle Lage der Stadt« (Bacharach) oder einfach aus mangelndem Interesse (Gummersbach) ab.95 Ein zweites Rundschreiben der »Gesellschaft« brachte 1884 von neuem zumeist ablehnende Antworten (Düren, Wesel), aber auch den Antrag der Stadt Malmedy, ihr gegen Entrichtung dreier Patronatsbeiträge die Rechte eines Stifters zu gewähren.96 Höhlbaum empfahl dagegen, sich mit anderen Städten zu einem gemeinsamen Patronat zusammenzuschließen oder von der Möglichkeit des bloßen Abonnements auf die Veröffentlichungen Gebrauch zu machen.97 Auf die Vorzüge eines gemeinschaftlichen Patronats für mehrere Ortschaften oder Private hatte bereits der Jahresbericht für 1881 hingewiesen.98 Andere Städte wie Eupen zahlten der »Gesellschaft« regelmäßig kleinere Beiträge, ohne auf das Patronatsrecht Anspruch zu erheben.99 Erst in den Jahren ab 1889 g­ elang es der »Gesellschaft« mit Unterstützung der rheinischen Regierungspräsidenten, weitere Mittelstädte hinzuzugewinnen, so dass sie Remscheid 1902 mit dem Argument zum Beitritt auffordern konnte, die einzige noch nicht der »Gesellschaft« angehörige größere Stadt des Rheinlands zu sein. Dagegen wurde eine Einladung des gegenüber den Kommunen besonders aktiven Vorsitzenden Ratjen an die nichtrheinischen Großstädte Wiesbaden, Münster und Dortmund wegen ihrer historischen Beziehungen zum Rheinland ebenfalls Patronate zu übernehmen, 1892 sämtlich mit Absagen beantwortet.100  94 Oberbürgermeister von Weise, Aachen, an Oberbürgermeister Becker, 31.5.1881, HAStK, Akten GRhG 6,1.  95 Schreiben der Oberbürgermeister vom 13.6., 16.6. und 1.7.1881, HAStK, Akten GRhG 6,1.  96 Rundschreiben Höhlbaums an den Vorstand vom 3.2.1886, HAStK, Akten GRhG 6,2.  97 HAStK, Akten GRhG 6,2. A. Dove empfahl dagegen mit Recht, der Einrichtung eines Abonnements erst näherzutreten, wenn mehrere größere Publikationen vorlägen  ; es ist tatsächlich niemals eingeführt worden.  98 JbGRhG 1 (1881), S. 10.  99 Dank Höhlbaums an Bürgermeister Mooren, Eupen, vom 12.2.1886, HAStK, Akten GRhG 6,2. Auch die kleine Gemeinde Schiefbahn bei Mönchengladbach beteiligte sich zeitweise mit einem eigenen Jahresbeitrag von zehn Mark am Patronat ihres Landkreises. 100 Schreiben der betreffenden Oberbürgermeister vom 4., 11. u. 14.4.1892, HAStK, Akten GRhG 6,2.

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Die Patrone

Nach dem Ersten Weltkrieg scheint die Wirtschaftslage den Städten noch weniger günstig als den privaten Patronen gewesen zu sein. Nur wenige kleinere Städte wie damals noch Neuss (1926), außerdem Frechen (1953) und Porz (1961) traten der »Gesell­ schaft« als neue Patrone bei, während die fast immer mit Haushaltsschwierigkeiten begründeten Austritte überwogen. Als erste Landkreise traten Essen, Geldern, Mülheim an der Ruhr, Ruhrort und Saarbrücken 1892 als Patrone bei, nachdem der Oberpräsident auf Bitten Adolf Ratjens die ihm unterstellten Regierungspräsidenten amtlich ersucht hatte, »die Landräte zur eifrigen Förderung der Zwecke der ›Gesellschaft‹ in der gewünschten Richtung anzuspornen«.101 Geldern trat allerdings schon nach drei Jahren wieder aus, und später kam nur noch der Kreis Rees (1897) hinzu. In den Kreistagen fehlte offenbar jenes großbürgerliche Element, das in den Stadtverordnetenversammlungen den Beitrittsvorschlag des jeweiligen Oberbürgermeisters zu unterstützen, wenn nicht gar überhaupt in die Wege zu leiten pflegte. Auch für die Publikationen der »Gesellschaft« hatten die Landkreise, die zumeist keine eigenen Bibliotheken besaßen, weniger Verwendung als die größeren Städte. Wenn die Landkreise in der rheinischen »Gesellschaft«, anders etwa als in der sonst vergleichbaren »Hessischen Historischen Kommission«102, stets eine zahlenmäßig geringere Rolle als die Städte spielten, so war dies aber auch eine Folge der viel stärker städtisch bestimmten Struktur des rheinischen Industriegebiets. Höhlbaums Hoffnung von 1881, dass die Kommunen gegenüber den Privatpatronen das beständigere Element unter den Förderern der »Gesellschaft« darstellen würden, hat sich im Laufe der Jahrzehnte übrigens als falsch erwiesen. Mindestens ebenso wie die privaten Patrone zeigten sich Städte und Landkreise vielmehr geneigt, bei Haushaltsschwierigkeiten vor allem in Krisenzeiten als erstes den Patronatsbeitrag einzusparen. Konnte der Vorstand anfangs noch manchen Austrittsbeschluss durch eindringliche Appelle rückgängig machen103, so häuften sich die Austritte doch von 1930–1932, als gerade die großen Kommunen oft in verzweifelte Lagen gerieten104, und dann noch einmal in den 1950er und 1960er Jahren.105 Es erwies sich als bedeutend schwerer, eine Stadtverordnetenversammlung oder städtische Verwaltung zum Verbleib zu bewegen als einen einzelnen privaten Patron. Auch Eingemeindungen und die Auflösung von Landkreisen 101 Oberpräsident der Rheinprovinz an Ratjen, 4.2.1892  ; dazu die »Vollzugsmeldung« des Regierungspräsidenten aus Düsseldorf vom 26.4.1892. HAStK, Akten GRhG 31,1. 102 Hallwachs, Die Mitglieder, S. 562. 103 So im Fall der Stadt Barmen (Gründungspatron) 1894, HAStK, Akten GRhG 6,3. 104 Selbst die Stadt Düsseldorf habe sich nun dem »Häuflein der Verzagten« angeschlossen ungeachtet der großen Buchwerte, die sie in Jahrzehnten von der »Gesellschaft« erhalten habe, bedauerten die »Düsseldorfer Nachrichten« vom 5.3.1932 deren Austrittsabsicht. In letzter Minute gelang es aber, Düsseldorf unter den Patronen zu halten, ALVR, KultPv 11016. 105 Vgl. den Schriftwechsel der »Gesellschaft« mit der austrittswilligen Stadt Saarbrücken, die seit 1910 Patron war, vom September 1966, in  : HAStK, Akten GRhG 7,2.

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Die Träger der »Gesellschaft«

im Zuge mehrerer Kommunalreformen haben die »Gesellschaft« nicht wenige ihrer Patrone gekostet.106 Immerhin sind ihr aber nicht weniger als acht Städte vom Gründungsjahr bis zum Ende der Betrachtungszeit treu geblieben.107 Eine besondere Beziehung verband die »Gesellschaft« von Anfang an dank Mevissens Bemühungen mit ihrem historischen Sitz, der Stadt Köln. Schon im Mai 1881 hatte Arnold Schaefer die Stadt als »Metropole unserer Rheinlande« und als »Vorbild für die übrigen Städte« um besonders reichliche Unterstützung gebeten.108 Dafür hat Köln auch im Leben der »Gesellschaft« immer eine besonders hervorgehobene und auch statuarisch festgeschriebene Rolle gespielt. Sie drückte sich nicht nur im anfänglichen Vorsitz des Kölner Oberbürgermeisters, der hohen Zahl der Kölner Privatpatrone und der zentralen Rolle des Kölner Stadtarchivs in der »Gesellschaft« aus, sondern auch in der Zusammenstellung ihres wissenschaftlichen Programms. Mit ihren Publikationen, bei denen die stadtkölnische Geschichte aus Gründen leichteren Quellenzugangs wie eines besonderen Interesses von Patronen und Vorstand häufig im Vordergrund stand, habe sich die »Gesellschaft« oft »geradezu als ein Organ der Stadt Köln betätigt und ihr die Sorge für die Veröffentlichung ihrer Geschichtsquellen … abgenommen«, wie Hansen 1925 dem Oberbürgermeister Adenauer schrieb.109 Wohl auch deshalb hat sich ein lokaler Geschichtsverein in Köln erst 1907, also sehr viel später als in den meisten anderen rheinischen Großstädten, gebildet.110 Die Stadt Köln hat sich für diese Unterstützung nicht nur mit einem von Anfang an höheren Patronatsbeitrag als andere Städte111 und mit erheblichen Zuschüssen zu einigen Publikationen über die Kölner Stadtgeschichte erkenntlich gezeigt, sondern in den ersten Jahrzehnten auch mit zahlreichen kostenlosen Dienstleistungen zu ihren Gunsten.112 Vor allem in der liberalen Fraktion unter den 106 Durch Eingemeindung bzw. Auflösung verlor die »Gesellschaft« die Städte Burtscheid (1897), Mülheim /  Rhein (1914), Barmen (1929) und Porz (1975) sowie die Landkreise Mülheim und Ruhrort. Der Landkreis Rheydt hatte schon vor seiner Auflösung (1929) sein Patronat niedergelegt. 107 Aachen, Bonn, Düsseldorf, Duisburg, Köln, Krefeld, Trier und (Wuppertal-)Elberfeld, JbGRhG 94–98 (1974–1979), S. 21. Die in den neueren Jahresberichten angegebenen Eintrittsjahre der Patrone sind nicht immer verlässlich. 108 Der Vorsitzende des Gelehrtenausschusses an Oberbürgermeister, Beigeordnete und Stadtverordnete von Köln, 24.5.1881. 109 Hansen an Oberbürgermeister Adenauer mit der Bitte um Nachzahlung des rückständigen Kölner Patronatsbeitrags für 1924, 7.1.1925, in  : HAStK, Akten GRhG 6,6. Hansen führte damals 18 Publikationen der »Gesellschaft« allein zur Kölner Stadtgeschichte an. 110 Zur Vorgeschichte des »Kölnischen Geschichtsvereins« Braubach, Landesgeschichtliche Bestrebungen, S. 72–73  ; Dann, Projekt. 111 Seit 1881 zunächst 300, seit 1896 1000 und seit 1958 3000 Mark. Während der Wirtschaftskrise sank der Kölner Beitrag noch einmal kurzfristig auf 500 (1931) und 300 (1932/1933) Mark, doch überreichte Oberbürgermeister Adenauer auf der Jubiläumsfeier 1931 ein städtisches Geschenk von 1500 Mark. 112 Dazu gehörte die Bereitstellung von Sitzungsräumen im Rathaus, die kostenlose Besorgung der Korrespondenz durch städtische Botenmeister und die Verwahrung von Wertpapieren durch die Stadtkasse.

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Die Patrone

Stadtverordneten, deren Mehrheit erst 1907 vom Zentrum gebrochen wurde, konnte die »Gesellschaft« dabei auf sichere Unterstützung zählen113, auch wenn es nicht in jedem Falle gelang, die erbetene Hilfe sofort zu erhalten. So bekamen die Vorstandsmitglieder Gustav Michels und Ernst vom Rath bei dem Versuch, im Kölner Finanzausschuss schon 1887 eine Erhöhung des städtischen Patronatsbeitrags durchzusetzen, von ihrem Kollegen Wilhelm Kaesen den Rat, sich an die Provinz zu wenden  : Diese habe für solche Zwecke schließlich »Geld in Hülle und Fülle und wisse nicht wohin damit«.114 Von solchen Einzelfällen abgesehen, haben sich die Kölner Stadtoberhäupter und Stadtverordneten den Bedürfnissen der »Gesellschaft« gegenüber aber auch in der jüngeren Vergangenheit stets aufgeschlossen gezeigt. Wie Köln haben aber auch andere Städte (Aachen, Essen, Koblenz, Haan, Hilden und Wesel) sowie die damaligen Landkreise Ahrweiler und Düsseldorf-Mettmann im Laufe der Zeit Zuschüsse zu solchen Publikationen geleistet, die in besonderem Maße ihre eigene Geschichte betrafen. Zu den übrigen korporativen Patronen zählten vor 1914 nicht selten adlige Gutsverwaltungen, denen die im Ausland lebenden Besitzer aus praktischen Gründen die Ausübung ihres Patronats übertrugen  – »da alles doch ein Wurstkessel ist«, wie der Gräflich von Eltz’sche Oberrentmeister aus Moselkern anlässlich einer solchen Transaktion be­merkte.115 Klöster wie Maria Laach, Marienstatt (Westerwald) oder das NikolausCusanus-­Hospital in Bernkastel übernahmen Patronate vor allem im Interesse ihrer Bibliotheken. Das Kölner Metropolitankapitel trat zur Förderung der fallengelassenen Publikation der Kölner Domstatuten 1919 für wenige Jahre der »Gesellschaft« bei und gehörte ihr seit 1973 von neuem an. Auch die Evangelische Kirche im Rheinland übernahm 1953 ein Patronat. Lokale Geschichtsvereine, die etwa nach der Satzung der »Hessischen Historischen Kommission« als Patrone Einfluss auf deren Tätigkeit nehmen könnten116, hat die »Gesellschaft« dagegen aus den eingangs geschilderten Gründen bewusst nicht als Förderer gewünscht117. Es hat auch, soweit aus den Akten ersichtlich, nie einen entsprechenden Aufnahmeantrag gegeben.

113 Noch 1914 gehörten außer Oberbürgermeister Max Wallraf drei weitere Vorstandsmitglieder der »Gesellschaft« und ein vierter Patron der Stadtverordnetenversammlung an, und zwar sämtlich in der liberalen Fraktion. Verzeichnis der Kölner Stadtverordneten, in  : Stadt Cöln, S. 529 ff. 114 Vom Rath an Höhlbaum am 28.1. und 25.2.1887, HAStK, Akten GRhG 6,2. Das war aber kein Ausnahmefall, denn auch in Barmen und Elberfeld erwiesen sich die Stadtverordneten bei solchen Bewilligungen als »ungeheuer zäh«  : Crecelius an Höhlbaum 26.5.1881, HAStK, Akten GRhG 6,1. 115 Oberrentmeister Pfeil, Moselkern, am 17.2.1907, HAStK, Akten GRhG 6,4. 116 Die Satzung der Historischen Kommission für Hessen schreibt die Wahl mehrerer Vertreter der Geschichts­ vereine in den Hauptausschuss (= weiterer Vorstand) bindend vor. 1977 zählte die Kommission zehn Geschichtsvereine als korporative Mitglieder. Vgl. I.  Heinemeyer, Historische Kommission für Hessen, S. 1246. 117 »Es kann mir nimmermehr einfallen, die historischen Lokalvereine, die sich mehr oder weniger auf den üppigen Promenaden des Dilettantismus und seines Anhangs ergehen, als Muster und Vorbilder zuzulassen«,

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Die Träger der »Gesellschaft«

6.2.5 Der rheinische Adel

Dass eine rheinische Geschichtsgesellschaft materiell vor allem auf die Grundbesitzer des Landes zu stützen sei, hatte Johann Friedrich Böhmer ungeachtet der damals bereits einsetzenden Industrialisierung noch 1852 empfohlen. Der wirtschaftlichen Entwicklung der Rheinlande entsprechend ist sie drei Jahrzehnte später jedoch von der neuen Führungsschicht der Unternehmer und Großkaufleute gegründet worden. Trotzdem stellte auch der grundbesitzende Adel im Rheinland um 1880 noch eine soziale Gruppe dar, deren Ansehen und materielles Vermögen ebenfalls für die »Gesellschaft« nutzbar zu machen war. Schon in den ersten Entwürfen Lamprechts war ihm deshalb neben den Städten und der Kaufmannschaft die dritte tragende Rolle in der künftigen Geschichtsgesellschaft zugedacht, die er zunächst auch angenommen hat. Sein Interesse galt allerdings weniger der glanzvollen Geschichte mittelalterlicher Städte, die Mevissen und seinen Freunden so sehr am Herzen lag. Mit ihnen waren die Vorfahren des grundbesitzenden Adels118 zumeist eher verfeindet gewesen. Auch gesellschaftliches Ansehen, das er ja ohnehin genoss, konnte für den rheinischen Adel kein entscheidender Beitrittsgrund sein. Dagegen lag ihm viel an der Darstellung seiner eigenen Bedeutung in geschichtlicher Zeit, also vor allem der Geschichte der Territorien und kleinen Herrschaften, und – bei manchen fern vom Rhein auf anderen Besitzungen lebenden Adelspatronen – an einem Beweis ihrer Anhänglichkeit an die frühere Heimat. Gemessen am Umfang der freiwilligen Zuwendungen zu konkreten Funktionen galt das Interesse der kaufmännischen Patrone neben dem die Kulturgeschichte des eigenen Standes behandelnden »Buch Weinsberg« vor allem den großen kunsthistorischen Repräsentativwerken und solchen aus der Wirtschafts- und Handelsgeschichte  ; die Städte förderten mit Vorliebe Schreinskarten, Stadtrechnungen, Universitätsmatrikel und andere Urkundenveröffentlichungen aus ihrer eigenen Verwaltung, während der Adel direkt oder über den Umweg der Provinzialstände vor allem den »Geschichtlichen Atlas« unterstützte, der über die ländlichen Besitz- und Herrschaftsverhältnisse früherer Jahrhunderte Auskunft gab.119 Auch in den Kreisen des Adels wurde das Patronat der »Gesellschaft« sehr häufig vom Vater auf den Sohn, von Bruder zu Bruder weitergegeben oder von der Witwe weitergeführt.120 In den ersten Jahren der »Gesellschaft« kann man den Adel trotz seines numerisch geringeren Anteils durchaus noch als gleichgewichtiges Element neben der so fasste Höhlbaum die Gründe dieser Distanzierung am 24.2.1890 in seinem großen Reformvorschlag noch einmal zusammen. HAStK, Akten GRhG 4,1. 118 Gemeint ist hier stets der altansässige rheinische Landadel, nicht der zumeist aus der Kaufmannschaft stammende Briefadel des 19. Jahrhunderts. Neuadlige Rittergutsbesitzer kommen in den Listen der »Gesellschaft« bezeichnenderweise nur sehr selten vor. 119 Vgl. die Diskussion über die Güter des Freiherrn von Solemacher im »Geschichtlichen Atlas« als Beweis für die frühe Ritterschaftlichkeit seiner Familie, oben S. 123 mit Anm. 178. 120 Am längsten, von 1881 bis zum Zweiten Weltkrieg, bei den Grafen von Mirbach-Harff.

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Kaufmannschaft bezeichnen. Schon im ersten Jahresbericht von 1881 begegnen uns die Namen der Fürsten zu Salm-Dyck und zu Salm-Salm, zu Wied-Neuwied und von Hatzfeld-Wildenburg, der Grafen von Eltz, von und zu Hoensbroech, von Kesselstadt, von Loë-Wissen, von Mirbach-Harff, von Schaesberg-Dilborn und von Spee und der Freiherren von Diergardt, von Elverfeldt, von Geyr-Schweppenburg und von Gudenau, zu denen später weitere wie der Graf von Fürstenberg-Stammheim und die Freiherren von Solemacher-Antweiler und von Schorlemer-Lieser traten. Der stetige Rückzug des älteren Adels aus dem öffentlichen Leben der Provinz, in dem er zumindest bis zur Aufhebung der alten Provinzialstände 1888 noch eine große Rolle gespielt hatte, ist denn auch in den Patronatslisten der »Gesellschaft« deutlich zu verfolgen. Seit dem Tod des Fürsten und Altgrafen Franz-Joseph zu Salm-Reifferscheid auf Schloss Alsdorf, der ihr seit 1902 angehörte, hat sie 1958 einstweilen den letzten Angehörigen dieser vor 100 Jahren noch zweitstärksten Gruppe unter ihren Patronen verloren. 6.2.6 Kaiserhaus und Bundesfürsten

Unter den gesellschaftlichen Bedingungen ihrer Zeit schien den Gründern der »Gesellschaft« 1881 ein Ehrenpatronat des Kaisers oder zumindest eines Angehörigen des Hohenzollernhauses für die öffentliche Anerkennung der neuen Vereinigung unerlässlich. Mevissen empfahl deshalb schon früh, den »Kaiser oder besser Kronprinz«121 zum Protektor zu wählen, doch schien Lamprecht die Angelegenheit noch in den Gründungstagen für eine schriftliche Behandlung zu »delikat«. Denn der Staatsarchivar Wilhelm Becker, der nebenamtlich die Bibliothek der Kaiserin Augusta im Koblenzer Schloss betreute und mit der politisch einst sehr aktiven, häufig in Koblenz residierenden Bismarck-Gegnerin auf vertrautem Fuße stand122, war in dieser Angelegenheit offenbar ohne Wissen seiner Kölner Vorstandskollegen schon im April vorgeprescht und hatte die Kaisergattin von sich aus zur Übernahme eines Patronates bewogen.123 Höhlbaum, der diesen Alleingang des in Köln ohnehin wenig beliebten Kollegen auch aus politischen Gründen »nicht ersprießlich« fand124, machte die Angelegenheit zum Gegenstand einer Umfrage unter seinen Ausschusskollegen und stellte dabei den förmlichen Antrag, den Kronprinzen um Übernahme eines Ehrenprotektorates zu bitten.125 Die »Gesellschaft« 121 Damals Wilhelm I. und sein Sohn, der spätere Kaiser Friedrich. Lamprecht an Höhlbaum, 2.6.1881, HAStK, Akten GRhG 2,1. 122 Becker, der seit seiner Schulzeit an der Rheinischen Ritterakademie Bedburg eine Vorliebe für den Umgang mit hochgestellten Persönlichkeiten hatte, war seit 1879 »Vorstand der Bibliothek und des Residenzschlosses hierselbst« und stand mit der Kaiserin in »ständiger Verbindung«. An Höhlbaum 2.4.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1. 123 HAStK, Akten GRhG 7,1. 124 An Schaefer, 17.5.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1. 125 An Schaefer, 19.7.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1.

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Die Träger der »Gesellschaft«

solle auch in ihren äußeren Formen von den bestehenden historischen Vereinen abweichen, schrieb Höhlbaum zur Begründung, »weil sie in ihren sachlichen Zwecken nicht mit ihnen zusammenfällt«, und durch das Kronprinzenpatronat zeigen, dass sie mit ihren rheinischen Forschungen zugleich »der geschichtswissenschaftlichen Arbeit in der ganzen Monarchie und im gemeinsamen Vaterlande wesentlich dienen« wolle.126 Diesem Vorschlag schloss sich der Gelehrtenausschuss mit Ausnahme Beckers aus ideellen wie aus praktischen Gründen an  ; nicht nur, weil der als liberal geltende Kronprinz dem rheinischen Bürgertum von allen Hohenzollern wohl am sympathischsten war, sondern auch, weil sein Beitritt nach Ansicht Loerschs für viele Personen  – namentlich wurde Alfred Krupp in Essen genannt – erst den entscheidenden Anlass zur Übernahme einer Stiftung oder eines Patronats bieten könnte. Auch dem geplanten Unterstützungsantrag an die Provinzialstände und dem wissenschaftlichen Verkehr mit den Archiven des Auslands oder »gewissen Privatarchiven, welche letztere sich so leicht abschließen«, sollte das Kronprinzenpatronat Nachdruck verleihen.127 Außerdem erinnerte Arnold Schae­ fer daran, dass sich der Kronprinz bereits 1868 an die Spitze des damaligen Sybelschen Gründungsversuchs gestellt habe, so dass man ihn jetzt kaum übergehen könne. Das schien auch den übrigen Gelehrten »durchschlagend« (Cardauns), so dass Schaefer dem Vorsitzenden mitteilen konnte, der Gelehrtenausschuss halte es in seiner überwiegenden Mehrheit für wünschenswert, dem Kronprinzen die Schutzherrschaft anzutragen.128 Mit einem Hinweis auf die Hofetikette, die ein Nebeneinander zweier Ehrenpatronate der kaiserlichen Familie nicht erlaubte129, gelang es Becker jedoch, den Wunsch der Mehrheit zu durchkreuzen130, und trotz der Empfehlungen Mevissens, Höhlbaums und Schaefers wurde der Kronprinz offenbar nie gefragt.131 Auf ein ausdrückliches Ehrenpatronat hat 126 HAStK, Akten GRhG 7,1. Die Frage des Kronprinzenprotektorats hatte auch der Vorstand schon aufgegriffen, der sie aber gemeinsam mit dem Gelehrtenausschuss zu beraten wünschte  ; Vorstandssitzung 22.6.1881, HAStK, Akten GRhG 10,1. 127 Votum Loerschs vom 19.7.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1. 128 Schaefer an den Vorstand, 3.8.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1. 129 Es sei damit »untunlich«, den Kronprinzen überhaupt zu fragen, votierte Becker am 23.7.1881 und drängte erneut auf Bestätigung des Ehrenpatronats seiner Koblenzer Schirmherrin. HAStK, Akten GRhG 7,1. 130 Höhlbaum selbst meinte zwar, dass Beckers Votum, »welches in seiner Begründung Früheres und Späteres in stark subjektiver Färbung vermischt«, durch die ihm entgegenstehende Majorität »m. E. einfach niedergedrückt wird«, konnte sich den vom Kölner Oberbürgermeister geteilten Bedenken wegen der Etikettefrage aber doch nicht ganz verschließen. Mevissen, der schließlich als Schiedsrichter angerufen werden sollte, war in Wildbad und somit nicht zu erreichen. Höhlbaum an Schaefer am 28.7.1881, HAStK, Akten GRhG 11,1. 131 Mit seinem Etiketteargument hatte Becker die Patronatsfrage geschickt in einen Bereich geschoben, in den ihm keiner seiner Ausschusskollegen so recht folgen konnte. Etikettefragen seien »ein Gebiet, auf welchem ich nicht zu Hause bin«, so begründete etwa Gymnasialprofessor Crecelius, auch ein Anhänger des Kronprinzen, sein Nachgeben in diesem Falle. 24.7.1881, HAStK, Akten GRhG 7,1. Da die Akten hier abbrechen, lässt sich eine weitere Entwicklung nur am Ergebnis ablesen.

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die »Gesellschaft« dann lieber ganz verzichtet, dafür aber die Namen zahlender Patrone aus dem Kaiserhaus in ihren Jahresberichten im Großdruck den übrigen vorangestellt. Nach dem Tod der Kaiserin beeilte sich der »treugehorsamste Vorstand« allerdings, ihrem Enkel, dem nunmehrigen Kaiser Wilhelm II., »die Bitte um Allerhöchste Teilnahme, Beschirmung und Förderung dieser Gesellschaft … in tiefer Ehrerbietung unterbreiten zu dürfen«.132 Der Kaiser gab diesem Wunsch »allergnädigst« nach, bewilligte einen Patronatsbeitrag von 200 Mark und versäumte nicht, sich für die Publikationen, die ihm selbst während des Weltkriegs jedes Mal mit einem längeren Schreiben des Vorstandes in das Große Hauptquartier nachgesandt wurden, regelmäßig zu bedanken. Besondere Anerkennung fand in seinen Augen 1895 das geschichtliche Atlaswerk. Stolz druckte die »Gesellschaft« das Schreiben in ihrem Jahresbericht ab.133 1895 gewann Hugo Loersch mit Hilfe des Mainzer Domkapitulars Friedrich Schneider und des Oberhofmeisters Graf Seckendorff auch Wilhelms Mutter, die seit dem Tod ihres Gatten so genannte »Kaiserin Friedrich«, als Patronin134, bei der besonders das »Buch Weinsberg« auf »allerhöchstes Interesse« stieß.135 Erbgroßherzog Friedrich von Baden, damals Kommandierender General des VIII.  Armeekorps (1897) und die Prinzessin Adolf von Schaumburg-Lippe (1902), die als einziges Mitglied des Kaiserhauses ständig am Rhein, nämlich im Palais Schaumburg zu Bonn, residierte und ebenfalls von Hugo Loersch geworben wurde, waren die nächsten und letzten Patrone der »Gesellschaft« aus regierenden Häusern. Nach dem Ende der Monarchie in Deutschland war auch mit kaiserlichen und fürstlichen Patronaten nicht mehr viel Staat zu machen. »Von der Einziehung des Patronatsbeitrags von Kaiser Wilhelm und dem Großherzog von Baden soll abgesehen werden« – mit diesem trockenen Vorstandsbeschluss vom Dezember 1918 schloss auch die »Gesellschaft« ihre wilhelminische Epoche ab.136 Eine kaiserliche Reaktion darauf ist nicht bekannt geworden. Das letzte Patronat im Familienkreis der Hohenzollern wurde im nachfolgenden Jahr aufgegeben. 6.2.7 Sonstige Privatpatrone

Zu den kleineren Gruppen der privaten Patrone gehörten außer den stets wenig vertretenen Angehörigen freier Berufe (Ärzte137 und Anwälte) vor allem höhere Beamte, Geistliche, Wissenschaftler (»Gelehrte«) und Künstler. 132 Konzept der Eingabe vom 15.3.1890 (Höhlbaum) in  : HAStK, Akten GRhG 7,1. 133 Schreiben des Geheimen Zivilkabinetts vom 16.1.1895. JbGRhG 14 (1894), S. 33 f. 134 »Der fette Fisch, von dem ich sprach«, hat »ohne weiteres … angebissen«, meldete Loersch seinen Erfolg wenig respektvoll nach Köln. An Hansen am 23.5.1895, HAStK, Akten GRhG 7,1. 135 Hofmeister Frhr. v. Stotzingen an Hansen am 22.7.1899, HAStK, Akten GRhG 7,1. 136 Vorstandssitzung 29.12.1917, HAStK, Akten GRhG 10,8. 137 Einer der beiden Ärzte unter den Gründungspatronen war der Geheime Medizinalrat Albert Mooren aus

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Die Träger der »Gesellschaft«

Die führenden Beamten der Provinz bevorzugt zu Patronen zu gewinnen, hatten die Gründer der »Gesellschaft« für nötig gehalten, um die Werbekraft ihrer Namen zu nutzen und ihrer amtlichen Unterstützung gegenüber Archiven, Kreis- und Stadtverwaltungen sicher zu sein. Ein Jahr nach ihrer Gründung konnte die »Gesellschaft« immerhin auf den rheinischen Oberpräsidenten von Bardeleben und die Regierungspräsidenten von Koblenz (Freiherr von Berlepsch, 1889/1890 auch für drei Monate rheinischer Oberpräsident) und Düsseldorf (von Hagemeister) als ihre Patrone verweisen. Von den späteren rheinischen Oberpräsidenten zählte nur noch Clemens Freiherr von Schorlemer-Lieser (1905–1910) dazu. Die bedeutendsten Patrone aus dem Kreis der höheren Beamten in der Weimarer Republik waren der Reichskommissar für die besetzten Gebiete, Freiherr Langwerth von Simmern, und der aus dem Rheinland stammende preußische Justizminister Hugo am Zehnhoff. Die verhältnismäßig große Zahl hoher Richter unter den Patronen  – Ratjen, Reichensperger, Freiherr von Hilgers  – und zwei ehemalige Oberbürgermeister (Pelzer, Jarres) lassen auf ein verbreitetes historisches Interesse unter den Juristen schließen. Bei den Geistlichen unter den privaten Patronen handelt es sich fast ausschließlich um die Oberhirten rheinischer Diözesen, von denen die ältesten, Köln und Trier, als kirchliche wie als weltliche Territorien zugleich Hauptforschungsgebiete der »Gesellschaft« sind. Außer den Erzbischöfen und Kardinälen von Köln sind auch die Bischöfe von Trier seit Felix Korum (1886), Aachen seit Johannes Joseph van Velden (1950) und Essen mit Franz Hengsbach (1970) dem Beispiel des Kardinals Krementz als erstem bischöflichen Förderer der »Gesellschaft« gefolgt. Andere geistliche Patrone sind dagegen nur selten zu finden, zu nennen wären etwa der Eichstätter Domkapitular Fritz Philipp von Arenberg (1881) und der Kölner Dompropst Arnold Middendorf (1919). Dagegen sind wohlhabende Gelehrte, die schon wissenschaftliche Mitglieder der »Gesellschaft« waren, ihr gar nicht selten auch als Patrone beigetreten. Ihre Reihe begann mit dem Münchner Historiker Carl Adolph Cornelius (1819–1903), der schon 1881 Gründungspatron war, und setzte sich über Hugo Loersch (1890), Hermann Hüffer (1897), Johannes Franck (1909), Walter Tuckermann (1913), Ulrich Stutz (1915) und Otto Oppermann (1920) fort.138 Auch Gymnasiallehrer wie der Krefelder Stadthistoriker Karl Rembert sind, wenn auch weniger oft, in dieser Rubrik zu finden. Umgekehrt hat die »Gesellschaft« aber auch manchen ursprünglichen Patron wegen seiner wissenschaftlichen Leistungen zugleich zum Mitglied ernannt.139 Düsseldorf, Bruder des Gründers des »Historischen Vereins für den Niederrhein« und Pfarrers von Wachtendonk, der selbst zum Mitglied gewählt wurde. 138 Unter den 13 Privatpatronen der »Gesellschaft« befanden sich 1979 zwei Hochschulprofessoren. JbGRhG 94–98 (1974–1978), S. 21 f. 139 H. v. Loesch, Graf Wilhelm von Mirbach-Harff, E. Barkhausen, Alfred Schmidt und die beiden Provinzialvertreter Busley und Apffelstaedt.

214

7. Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter« Die Wissenschaftler der »Gesellschaft«

7.1 Die Mitglieder

Anders als die zumeist zahlenden Mitglieder der herkömmlichen Geschichtsvereine unterliegen die Mitglieder der »Gesellschaft« im engeren Sinne, also die ehemals nach § 2 Abs. 3 der Statuten von der Jahresversammlung dazu gewählten »Forscher auf dem Gebiet der rheinischen Geschichte oder auf verwandten Gebieten«, keinerlei juristischen Verpflichtungen finanzieller oder auch wissenschaftlicher Art. Wurde anfangs noch von ihnen erwartet, dass sie sich an der Suche nach verschollenen oder in verstreutem Privatbesitz befindlichen Urkunden für die Publikationen aktiv beteiligten1, so bedeutet die Wahl zum Mitglied vor allem eine Ehrung für Verdienste um die rheinische Landesgeschichte, die allenfalls eine moralische Verpflichtung zur weiteren Beschäftigung mit ihren Themen in sich schließt. Seit dem 10. Juli 1881, als der Gelehrtenausschuss die zur Gründung aufgelegte Beitrittsliste schloss2, kann die Mitgliedschaft deshalb auch nicht mehr durch Beitritt erworben, sondern nur noch auf Vorschlag des Vorstands von der Jahresversammlung verliehen werden. Die sorgfältig gedruckten, vom Kölner Oberbürgermeister und dem Vorsitzenden des Gelehrtenausschusses gemeinsam unterzeichneten »Beitrittsdiplome« der Anfangszeit gibt es allerdings schon lange nicht mehr. Nicht immer war der Status der Mitglieder indes völlig klar definiert. Wilhelm Becker schlug 1881 die Ernennung einer Anzahl bekannter Geschichtsforscher zu »nichtzahlenden Patronen« vor, womit er wohl eine einfache Mitgliedschaft meinte.3 Anlässlich der Satzungsänderung von 1889 bemängelte auch die Regierung den »doppelt unklaren« Mitgliederbegriff der »Gesellschaft«, der gleich drei verschiedene Kategorien ihrer Angehörigen umfassen konnte, und noch 1961 kam im Vorstand der Vorschlag auf, ehemaligen Patronen, die ihr Patronat in regelmäßige Zuwendungen unterhalb des damals verdoppelten Mindestbetrags umwandelten, den Status eines »Mitglieds« zuzubilligen, was in diesem Fall lediglich die Einräumung des allen Mitgliedern zustehenden Drittelrabatts auf die von der »Gesellschaft« herausgegebenen Publikationen bedeutete.4 1 JbGRhG 1 (1881), S. 4, und noch eindringlicher in JbGRhG 2 (1882), S. 5 f. 2 Sitzungsprotokoll des Gelehrtenausschusses in HAStK, Akten GRhG 1,1, S. 223. Auch die Gründungsmitglieder waren allerdings zuvor vom Gelehrtenausschuss namentlich eingeladen worden. 3 Becker an Höhlbaum, 17.5.1881, HAStK, Akten GRhG 5,1. Als Kandidaten schlug er fünf Gelehrte aus der Moselgegend, darunter den Archivar Adam Goerz und seinen Berliner Vorgesetzten Heinrich v. Sybel vor. 4 Schriftführer Dr. Brandts an den Vorstand am 19.12.1961, HAStK, Akten GRhG 7,2.

215

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

Von ihrem Vorschlagsrecht zur Ernennung neuer Mitglieder haben außer den Wissen­ schaftlern vor allem die Oberbürgermeister im Vorstand, seltener die Vertreter der Provinz und fast niemals einer der privaten Patrone Gebrauch gemacht.5 Oft wurden Vorschläge so lange wiederholt, bis sie Erfolg hatten. Von den Kandidaten wurden in der Regel wissenschaftliche Leistungen erwartet, die über eine bloße Dissertation hinausgingen.6 Jüngere Staatsarchivbeamte, die in Preußen häufig versetzt wurden, wählte man erst zu Mitgliedern, wenn ihr Verbleib im Rheinland für längere Zeit gesichert schien und sie ein konkretes Interesse an der rheinischen Geschichte bewiesen.7 Gelegentlich sollte in der Verleihung der Mitgliedschaft aber auch der Dank der »Gesellschaft« an langjährige Mitarbeiter8 oder die Anerkennung eines langen Lebenswerks ausgedrückt werden. Neben Heinrich von Sybel, dessen Verdienste um das Rheinland unbestreitbar sind, wurden mit Leopold von Ranke, Theodor Sickel, Max Lenz, Ludwig Quidde und Heinrich von Srbik bedeutende Geschichtsforscher auch dann durch die Mitgliedschaft geehrt, wenn ihre Forschungen nicht in erster Linie das Rheinland betrafen. Ebenso hat die »Gesellschaft« von Anfang an auch ausländische Historiker und Archivare, vor allem aus den Nachbarländern Niederlande, Belgien, Luxemburg und Frankreich9, sowie Archivare aus den deutschen Nachbarprovinzen zu Mitgliedern ernannt, um die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit im Rahmen älterer, über die späte5 Selbst Kallen (1922) und der Bonner Germanist Theodor Frings (1916) verdankten ihre Mitgliedschaft zwei Düsseldorfer Oberbürgermeistern. 6 »Es wird vielmehr verlangt, daß sie eine ganz selbständige Arbeit publiziert haben.« Hansen an Oberbürgermeister Marx am 27.2.1902 unter Ablehnung aller vier Vorschläge, die dieser eingereicht hatte, HAStK, Akten GRhG 9,3. Bereits am 15.1.1890 hatte Höhlbaum bei Einführung des schriftlichen, mit Begründungen zu versehenden Verfahrens zum Vorschlag neuer Mitglieder im Vorstand betont, »da es bis jetzt als Regel gegolten hat, nur solche Personen zur Wahl zu stellen, die sich auf dem Gebiete der Geschichtsforschung bereits bewährt und durch literarische Hervorbringungen ernster Art bekanntgemacht haben«. HAStK, Akten GRhG 9,2. 7 »Unsere Gesellschaft hat keinerlei Interesse, solche Herren lebenslänglich als Mitglieder zu führen, die nur kurze Zeit am Rhein leben und nicht die Absicht haben, auf dem Gebiete rheinischer Geschichte zu arbeiten.« Hansen an Marx am 27.2.1902. HAStK, Akten GRhG 9,2. 8 »Nachdem Dr. Krudewig nun so lange schon die mühselige Arbeit der Inventarisation [der kleineren Archive der Rheinprovinz, K. P.] trägt, sollte man ihm den Dank in der Mitgliedschaft ausdrücken«, schrieb Schulte am 9.2.1905  ; über einen anderen Kandidaten meinte er  : »Es gibt bessere, aber ist es nicht richtig, Leute, die sich solchen Arbeiten [i. e. der mühseligen Herausgabe eines lokalen Urkundenbuchs, K. P.] unterziehen, zu ermuntern  ?« HAStK, Akten GRhG 9,3. 9 Bereits im ersten Mitgliederverzeichnis von 1881 finden sich die Namen des belgischen Staatsarchivars Stanislas Bormans (Namur, später Lüttich, vgl. Bibliographie Nationale Belge 29, S. 332–337), des limburgischen Pfarrers J.  Habets aus Oud-Vroenhoven bei Maastricht, des geldrischen »Oud-Griffiers« Baron Sloet aus Arnheim und des Präsidenten des Historischen Instituts des Großherzogtums Luxemburg, Xavier Wurth-Paquet. Noch kurz vor Kriegsbeginn wurden 1939 »im Einverständnis mit den zuständigen Stellen« gleich fünf belgische und französische Historiker zu Mitgliedern gewählt, um das Forschungsinteresse der »Gesellschaft« am gesamten westlichen Europa zu betonen  ; Beiratssitzung 19.2.1939, ALVR, KultPv 11016.

216

Die Mitglieder

ren Provinzgrenzen hinausgehender Geschichtsräume zu betonen und sie zu erleichtern. Fast alle der größeren rheinischen Territorien wie Kurköln, Kurtrier und die Herzog­ tümer Geldern, Jülich, Limburg und Luxemburg griffen ja vielfältig und oft weit über die zwischen 1815 und 1920 geschaffenen modernen Staats- und Provinzialgrenzen hinaus, und die historischen Beziehungen der Rheinlande nach Westen sind vor 1815 keineswegs geringer gewesen als die zu den Nachbargebieten im Osten und Süden. Um den besonderen Charakter der Mitgliedschaft zu bewahren, hat die »Gesellschaft« auch stets eine inflationäre Ausweitung ihrer Mitgliederzahl zu vermeiden gesucht. Seit 1910, als diese Zahl von den ursprünglichen 116 allmählich auf 203 angewachsen war, ist sie bis 1979 bei einem Mittelwert von 200 und nur geringen Schwankungen bis zu 8 % nach oben und unten bewusst konstant gehalten worden (vgl. Tabelle 2).10 Gegen die wiederholten Versuche der beiden Provinzialreferenten Busley und Apffelstaedt, der »Gesellschaft« durch Vergrößerung ihrer Mitgliederzahl, insbesondere um zahlreiche Kunsthistoriker, Volkskundler und Siedlungsforscher, eine »größere Breitenwirkung« zu verschaffen, hat sich Gerhard Kallen immer wieder gewehrt. Harte Auseinandersetzungen im Vorstand gab es darüber auch 1933, als Paul Clemen »nachdrücklichst« die Ernennung des Provinzialkonservators Franz Graf Wolff-Metternich zur Gracht (1893–1978) zum Mitglied verlangte, der Vorsitzende dem aber unter Hinweis auf die Obergrenze der Mitgliederzahl widersprach.11 Der Vorstandsbeschluss von 1937, »mit Rücksicht auf den festlichen Charakter der Jahresversammlung … die Ehre der Mitgliedschaft dieses Mal auch einer Reihe von jüngeren Historikern zuteil werden zu lassen«12, kam auf Veranlassung des Provinzialvertreters gegen den Widerstand des Vorsitzenden zustande, der sich in den folgenden Jahren umso deutlicher einer weiteren Aufblähung der Mitgliederzahl widersetzte.13 Nur in den Jahren 1925 und 1949, als zuvor jahrelang keine neuen Mitglieder mehr ernannt worden waren, hat es regelrechte Pairsschübe gegeben.14 Ebenso wenig wie über die Zahl der Mitglieder sagen die Statuten etwas über die Dauer der Mitgliedschaft oder über ihre mögliche Aufkündigung oder Aberkennung aus. 10 Die zur Abwehr neuer Wahlvorschläge einmal genannte Zahl von »über 250 persönlichen Mitgliedern« (Vorstandssitzung 2.6.1961) war bei weitem übertrieben, wie sich aus dem nächsten Jahresbericht 1958–65 leicht errechnen lässt. Tatsächlich betrug sie damals 185. 11 Kallens Widerspruch sei »für alle anwesenden Herren etwas unangenehm gewesen«, notierte Busley am 23.3.1933 über diese Sitzung  ; er selbst habe »mit scharfen Worten« zum Ausdruck gebracht, »daß man sich nicht mit formellen Gründen an einem derartigen Offizium vorbeidrücken möchte« (ALVR, KultPv 11016). Wie weit hier auch persönliche Gegensätze zwischen Kallen und dem Konservator, der dann ein Jahr später doch gewählt wurde, eine Rolle spielten, ist den Akten naturgemäß nicht zu entnehmen. 12 Beiratssitzung 12.2.1937, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,3. Die Namen der 15 neugewählten Mitglieder, darunter als Konzessionen an Walter Frank und die neue Zeit die Professoren Wilhelm Engel (Berlin) und Heinrich von Srbik (Wien) im JbGRhG 56 (1936), S. 12. 13 Kallen an Landesrat Apffelstaedt am 27.2.21938, ALVR, KultPv 11016. 14 1925 wurden 18, 1948 gar 57 (von 200) Mitgliedern auf einmal gewählt. HAStK, Akten GRhG 9,5 u. JbGRhG 59–68 (1939–1948), S. 24 ff.

217

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

Da es sich um eine Ehrung ähnlich der Verleihung eines Titels handeln sollte, gingen die Gründer der »Gesellschaft« stillschweigend von einer lebenslänglichen Dauer aus. Erst die Austrittserklärung des Kölner Gründungsmitglieds und Bibliothekars am Marzellengymnasium Heinrich Düntzer (1813–1901)15, die dieser dem Kölner Oberbürgermeister 1885 anzeigte16, zwang Höhlbaum im Namen des Gelehrtenausschusses zu einer präzisen Stellungnahme zu diesem Problem. Düntzers Maßnahme verletze, wie Höhlbaum seinen Kollegen darlegte, wenn auch vielleicht absichtslos, einen »Grundsatz unserer Gesellschaft«. Wenn die Mitgliedschaft hier nicht wie bei einem Verein durch Anmeldung oder Einkauf erworben, sondern verliehen werde, so könne sie auch nicht durch eine einseitige und unmotivierte Erklärung aufgekündigt werden, »welche außer acht läßt, daß die Ernennung zum Mitglied eine Anerkennung bedeutet, die wir gewähren«.17 Düntzers Austritt wurde auf diese Weise zwar nicht rückgängig gemacht, sollte aber doch der einzige freiwillige im ersten Jahrhundert der Geschichte der »Gesellschaft« bleiben. Dem Geist der Statuten widersprach ebenso das Verhalten des nun so genannten »Beirats« in den Jahren 1935–1937, als es um die Streichung der Nichtarier und politischen NS-Gegner aus den Mitgliederlisten der »Gesellschaft« ging. Im ersten Jahresbericht der »Gesellschaft« nach der »Machtergreifung«, der 1935 erschien, waren sie alle noch wie zuvor aufgeführt worden.18 Nach dem Erscheinen des Berichts protestierte die Gauleitung der NSDAP Köln-Aachen in einem mit bemerkenswerter Unverfrorenheit formulierten Schreiben gegen die Nennung von sechs namentlich als »Jude« bezeichneten Mitgliedern und forderte die »Gesellschaft« zur Stellungnahme auf.19 Kurz darauf verlangte auch der Kölner Beigeordnete Dr. Ludwig die Entfernung der so genannten politischen 15 Wenig (Hg.), 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität, S. 60. Zur persönlichen Charakteristik des unermüdlichen Goetheforschers Düntzer (1813–1901) vgl. Cardauns, Aus dem Leben, S. 56  ; Ders., Nachruf in  : Kölnische Volkszeitung Nr. 1124 vom 17.12.1901 sowie Manfred Bierganz, Hermann Cardauns, S. 55. 16 Düntzer an Oberbürgermeister Becker, 20.10.1885  ; der Austritt wurde im JbGRhG 5 (1885), S. 9 öffentlich mitgeteilt. Wie Düntzer Höhlbaum wissen ließ, lagen seine biographischen Forschungen »auf einem anderen Pfade« als die der »Gesellschaft«  ; 7.2.1885, HAStK, Akten GRhG 9,1. 17 Rundschreiben an die Mitglieder des Gelehrtenausschusses vom 22.10.1885, HAStK, Akten GRhG 9,1. Höhl­baum nahm Düntzers Kündigung, die ihm durch die Hand von nicht weniger als drei gesellschaftsfremden Beigeordneten und Registratoren auf dem städtischen Dienstweg zugegangen war, überdies zum Anlass, erneut auf eine Reform der inneren Gesellschaftsstrukturen zu drängen, die bald darauf in der Statutenänderung von 1886 verwirklicht wurde. 18 JbGRhG 52–54 (1932–1934) (erschienen im Mai 1935), S. 22 ff. 19 »Wir haben mit Bedauern festgestellt, daß die angegebenen Personen Mitglieder der GRhG sind und können nur annehmen, daß es sich bei ihrer Nennung im Verzeichnis um einen bedauerlichen Irrtum handelt, auf den wir Sie hiermit hinweisen möchten. Heil Hitler  !« NSDAP-Gauleitung  – Gaupresseamt  – an den Vorsitzenden der »Gesellschaft« vom 21.6.1935, HAStK, Akten GRhG 9,6. Beanstandet wurden außer Ludwig Quidde und Ludwig Kaas die jüdischen Professoren Levison und Philippson, der Kölner Rabbiner Adolf Kober und die frühere Mitarbeiterin der »Gesellschaft«, Helene Wieruszowski  ; Hans Goldschmidt war offenbar übersehen worden.

218

Die Mitglieder

Gegner aus den Mitgliederlisten, ohne allerdings die so genannten Nichtarier zu erwähnen.20 Wie die darauffolgenden Verhandlungen zwischen dem Vorsitzenden und der Stadt Köln verlaufen sind, lässt sich wegen fehlender Akten nur noch aus ihren Auswirkungen ersehen.21 Mit Zustimmung des Landesrats und Standartenführers Apffelstaedt22 wurden aus dem nächsten Jahresbericht (für 1935, erschienen 1936) zwar die politisch geächteten Mitglieder Ludwig Kaas (1882–1952) und Ludwig Quidde (1858–1941) entfernt – der Letztere immerhin der einzige Nobelpreisträger, den die »Gesellschaft« je in ihren Reihen zählte. Die beanstandeten jüdischen Gelehrten wurden dagegen weiterhin aufgeführt, ein Zeichen dafür, dass damals nicht gleich jeder Wink örtlicher Parteistellen befolgt zu werden brauchte, solange die »Gesellschaft« bei Apffelstaedt Rückendeckung besaß.23 1937 fasste der »Beirat« den schon erwähnten, auch nach den damaligen Statuten satzungswidrigen Beschluss, alle nichtarischen Stifter, Patrone und Mitglieder aus den Listen der »Gesellschaft« zu streichen, ohne dass dafür ein akuter Anlass erkennbar war. Nur wenige der damals aus der »Gesellschaft« Entfernten sind nach dem Krieg wieder in den Jahresberichten bezeugt.24 Trotz der seit 1910 etwa gleichgebliebenen Mitgliederzahl lässt es sich schwer sagen, ob die Aufnahme der Mitglieder heute strengeren Kriterien als damals unterliegt oder nicht. Denn eine exakte Statistik über die Anzahl derjenigen, die sich wissenschaftlich mit der Erforschung der rheinischen Geschichte beschäftigen, gibt es mangels objektiver Merkmale dafür nicht. Nachprüfbar ist dagegen die Zahl derjenigen, die sich als Hochschullehrer, Archivare oder Denkmalpfleger von Amts wegen mit ihr auseinanderzusetzen haben. Sie ist seit 1910 eindeutig gewachsen. Ein höherer Anteil dieser Gruppe an der Mitgliederzahl, wie er, ausgehend von 1980, in den letzten Jahren sichtbar geworden ist, konnte deshalb nur auf Kosten anderer Berufsgruppen gehen, wie auch ein Blick in Tabelle 6 deutlich macht. Die Zahl der Hochschullehrer als der stärksten Mitgliedergruppe 20 Der Oberpräsident von Köln (Parteigenosse Dr. Ludwig) »an den Kölnischen Geschichtsverein« [sic  !] vom 26.7.1935, HAStK, Akten GRhG 9,6. Der frühere Zentrumsvorsitzende Kaas, der aufgrund seiner Arbeiten zum rheinischen Kirchenrecht Mitglied geworden war, wurde als »Separatist« und »übler Flüchtling im Ausland« bezeichnet  ; Quidde, früher Herausgeber der älteren Reichstagsakten bei der »Münchner Historischen Kommission«, schien dem Beigeordneten als »berüchtigter Pazifist  … nach nationalsozialistischer Auffassung untragbar«. Über ihn vgl. maßgeblich Holl, Ludwig Quidde. 21 Am 27. Juli bat Kallen den Beigeordneten um einen mündlichen Termin in dieser Angelegenheit  ; »mir liegt viel daran, sie zu klären und aus der Welt zu schaffen.« 22 Besonderen Wert legte der mehr politisch als antisemitisch denkende Apffelstaedt naturgemäß auf die Streichung von Kaas, die »ohne weiteres erfolgen kann, weil Prälat Kaas … als Vorsitzender der Katholischen Aktion … planmäßig gegen den bestehenden Staat arbeitet und deswegen ohne weiteres aus der Volksgemeinschaft ausgeschlossen ist«. An Kallen am 24.10.1935, HAStK, Akten GRhG 9,6. Gegen die weitere Nennung der jüdischen Mitglieder hat der Landesrat damals offensichtlich noch keine Einwände erhoben. 23 Vgl. dazu die Behandlung Wilhelm Levisons bei der Vorstandsreform von 1935, oben S. 89–90. 24 Kober und Frau Wieruszowski, nicht dagegen Kaas, der 1952 in Rom, und Philippson, der 1953 in seiner Heimatstadt Bonn verstarb.

219

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

ist zwar absolut wie im Verhältnis zur Gesamtmitgliedschaft von der Gründung bis 1914 noch deutlich gestiegen, dann aber etwa gleich geblieben und nahm erst mit dem Ausbau bestehender und der Gründung neuer Hochschulen seit 1965 von neuem zu. Hinzugekommen ist seitdem auch die Gruppe der bis 1949 überhaupt nicht vertretenen Assistenten und anderen wissenschaftlichen Mitarbeitern. Aufschlussreich sind auch die Verschiebungen innerhalb der Professorenschaft, wo die eigentlichen Historiker gegenüber den Repräsentanten der benachbarten Wissenschaften, insbesondere der Theologen und Kirchenhistoriker, der Sprachwissenschaftler und Volkskundler an Boden verloren ­haben. Die große Zahl der Hochschullehrer der Kunstgeschichte zwischen 1901 und 1949, die inzwischen wieder zurückgegangen ist, lässt die lenkende Hand Paul Clemens vermuten. Zu den »Privatgelehrten«, die es bis 1914 noch häufiger in der ursprünglichen Form des von eigenem Vermögen lebenden »privatisierenden« Forschers gab, gehörten noch in den späteren 1970er Jahren nicht selten auch verheiratete Wissenschaftlerinnen, die ohne eigene Einkünfte waren. Tabelle 6: Aufschlüsselung der Mitglieder nach Berufen 1881

1901

1914

1925

1935

1949

1965

1979

15

29

47

44

41

39

33

44

Hochschullehrer der Kunstgeschichte

1

9

8

5

7

8

4

3

Hochschullehrer der Theologie und Kirchengeschichte

1

4

9

6

5

4

9

10

Hochschullehrer der Geographie und Siedlungsgeschichte



1

1

1

3

1

1

2

Hochschullehrer der Literaturund Sprachwissenschaften (einschl. Volkskunde)

2

3

2

6

6

5

8

6

Hochschullehrer sonstiger Fächer und nicht identifizierte

2

4

2

3

1

4

4

41

21

44

69

63

63

61

59

69

Wissenschaftliche Beamte und Assis­ tenten an Hochschulen und Forschungs­ instituten













5

6

Privatgelehrte ohne Beruf

2

4

4

3

8

16

5

6

Archivare an rheinischen Staatsarchiven (einschließl. Bundesarchiv)

6

7

11

9

7

11

16

18

Archivare an rheinischen Kommunal-, Kir­ chen-, Wirtschafts- und Privatarchiven

2

5

8

10

12

17

25

34

Archivare an außerrheinischen deut­ schen Archiven

9

17

15

15

13

7

6

8

Hochschullehrer der Geschichte, ­Wirtschafts- und Rechtsgeschichte

Hochschullehrer insgesamt (einschl. Emeritierte)

220

Die Mitglieder

1881

1935

1949

1965

2

3

4

2

3

5

3

6

19

32

38

36

35

40

55

66

Archivare an ausländischen Archiven Archivare insgesamt

1901

1914

1925

1979

Bibliothekare

2

9

13

14

10

8

4

6

Kunsthistoriker und Archäologen im öffentlichen Dienst (Museen, Denkmal­ pflege)

2

10

11

11

15

17

24

26

2

Architekten (Landes- und Stadtbauräte, Kirchenbaumeister)



3

8

6

7

3

2

Angestellte Mitarbeiter und Stipendiaten der »Gesellschaft« (einschl. KD-Aufnahme)



5

4

1

2

2

2

Gymnasiallehrer und sonstige Lehrer mit erkennbar akademischer Ausbildung

23

29

37

34

30

25

11

5

Andere Lehrer



1

1

2

2

2

1

2

Lehrer insgesamt

23

30

38

36

32

27

12

7

Katholische Geistliche (sofern nicht in anderen Berufen tätig)

9

12

10

9

9

13

7

7

Evangelische Geistliche (sofern nicht in anderen Berufen tätig)

4

4

3

2

3

2

2

2

1

1

Rabbiner







Religionsdiener insgesamt

13

16

13

12

13

15

9

9

Höhere Staatsbeamte, Richter, Hof­ beamte, Diplomaten

10

6

3

2

3

5

4

7

Leitende Kommunal- und Provinzial­ beamte

4

1

3

2

1

1

5

6

Sonstige Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes

2

1

1

Öffentliche Verwaltung insgesamt

Rentner, Kaufleute, Fabrikanten, Bankiers











7

6

4

4

6

10

14

5

2

1

2

1

1

3

1

3

2

1

1





2

1

1









4 –



2

Offiziere

4

2

2

1

1



Journalisten

3

2

1

2

1



Gutsbesitzer und Landwirte

1

1

1

1

Sonstige und nicht identifizierte Berufs­ gruppen

1

1

3

1



116

140

216

195

195

Mitgliederzahl insgesamt



16

Freie Berufe (Ärzte, Apotheker, Anwälte, Notare)

Leitende Angestellte der Wirtschaft







1

– 1

1 12 200

– 12 157

2 – 12 218

1 Darunter 3 Musikwissenschaftler. 2 Gewerkschaftssekretär, in der Erwachsenenbildung tätig.

221

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

Seit der Gründung zahlreicher wissenschaftlich geleiteter Kommunal-, Kirchen- und Wirtschaftsarchive hat sich auch die Gruppe der Archivare unter den Mitgliedern stark vergrößert. Ein zweiter Grund dafür ist die heute stärkere Berücksichtigung auch der jüngeren Archivbeamten, die früher wegen der zwischen den preußischen Staatsarchiven üblichen Versetzungen erst zu Mitgliedern gewählt wurden, wenn ihr Verbleiben am Rhein für längere Zeit gesichert schien. Die in preußischen Zeiten weit stärkere Fluktuation unter den Archivaren kommt auch in der zwischen 1901 und 1935 besonders großen Zahl von Mitgliedern an außerrheinischen deutschen Archiven zum Ausdruck. Hier handelt es sich zumeist um Beamte, die während einer früheren Tätigkeit im Rheinland zu Mitgliedern gewählt worden waren. Die einstmals an dritter Stelle der Mitglieder stehende Gruppe der Gymnasial- und in geringer Zahl auch sonstigen Lehrer hat zwar bis 1935 mit den Archivaren weitgehend Schritt halten können, sich danach aber umso schneller fast aufgelöst – ein Zeichen für die schwindende Möglichkeit, vielleicht auch Bereitschaft historisch ausgebildeter Pädagogen, neben dem Schuldienst noch ernsthaft wissenschaftlich, und das heißt zumeist arbeitsaufwendig, auf dem Gebiet der Landesgeschichte tätig zu werden. Aus ähnlichen Gründen dürfte auch die Anzahl der Geistlichen, Offiziere25, Kaufleute, Journalisten26, Landwirte und freien Berufe unter den Mitgliedern zurückgegangen oder ganz verschwunden sein. Auch die Anzahl der landesgeschichtlich produktiven Bibliotheken nahm nach einem Höhepunkt zwischen 1914 und 1935 wieder deutlich ab. Festangestellte wissenschaftliche Mitarbeiter, von denen 1901 immerhin fünf Mitglieder waren, besaß die »Gesellschaft« später überhaupt nicht mehr. Die Gruppe der höheren Verwaltungsbeamten, 1881 ebenfalls in beachtlicher Stärke vorhanden und zwischen 1920 und 1940 nur schwach besetzt, stieg dagegen zum Ende der Betrachtungszeit wieder an. Während es sich früher meist um höhere Staatsbeamte handelte, waren zuletzt die Kommunalbeamten in der Mehrzahl.27 Die stärkste Zunahme hatten seit 1881 jedoch die beamteten Denkmalpfleger, Stadtbauräte und Museumsdirektoren erfahren, deren Zahl von zwei auf 28 (1980) gestiegen ist und damit etwa die der staatlichen Archivare bei weitem übertrifft. Die Pflege von Baudenkmälern, Kunstwerken und 25 Wie gut sich der Offiziersberuf noch im 19. Jahrhundert mit ernstzunehmender Militärgeschichte verbinden ließ, zeigen unter den Mitgliedern der »Gesellschaft« u. a. der bekannte Limesforscher Oberst von Cohausen und der Genealoge Ernst von Oidtman, der während seiner langen Mitgliedschaft (1887–1937) vom Leutnant zum Generalleutnant aufstieg. 26 Unter den drei im Mitgliederverzeichnis von 1881 genannten, sämtlich promovierten »Redacteuren« befand sich außer Cardauns (Köln) und K. Schröder (Leipzig) auch der Herausgeber der französischsprachigen »La Semaine« in Malmedy, Arsène de Noüe (1817–1904). 27 Dieser Anstieg beruht keineswegs auf einer etwaigen Tendenz der »Gesellschaft«, Beamte geldgebender Verwaltungen sozusagen ehrenhalber zu Mitgliedern zu wählen, sondern auf einem deutlich zunehmenden realen Geschichtsbewusstsein gerade in Landkreisverwaltungen und kleineren Städten, die früher in dieser Hinsicht weit hinter den Großstädten zurückstanden.

222

Die Mitglieder

anderen gegenständlichen Überresten der Vergangenheit, deren hohen historischen Quellenwert bereits ein Karl Lamprecht betonte, hat gegenüber der früher bevorzugten Heranziehung schriftlicher Quellen offensichtlich auch in der öffentlichen Meinung stark an Boden gewonnen. Tabelle 7: Aufgliederung der Mitglieder nach Wohnsitzen 1881 Nördliches Rheinland (Regierungsbezirke Köln, Aachen, ­Düsseldorf)

75

1901

1914

1925

1935

79

94

107

99

davon Stadt Köln

17

17

19

29

33

davon Stadt Bonn

18

24

26

24

26

Südliches Rheinland (Regierungsbezirke Koblenz und Trier)

8

10

13

17

17

Preußen außer Rheinprovinz

17

38

49

39

36

Deutsches Reich außer Preußen

11

36

44

23

31

Ausland Mitglieder insgesamt

NRW – Landesteil Nordrhein

5

14

16

9

12

116

177

216

195

195

1949

1953

1966

1979

110

110

111

134

davon Stadt Köln

24

26

21

25

davon Stadt Bonn

28

29

28

34

davon Stadt Düsseldorf

20

17

11

10

5

7

5

9

19

31

31

41

1

1

5

4

31

24

15

13

NRW – Landesteil Westfalen und Lippe Rheinland-Pfalz Saarland Übrige Bundesrepublik DDR Ausland Ohne Angabe oder unbekannt Mitglieder insgesamt

4

2

1

17

15

16

13

8

1

200

198

185

– 17 – 218

Weniger aussagekräftig als die berufliche Gliederung erscheint wegen der lebenslänglichen Mitgliedschaft in Verbindung mit berufsbedingt häufigen Wohnsitzwechseln ein Vergleich der Wohnorte der Mitglieder (Tabelle 7).28 Immerhin fällt dabei auf, dass die 28 Der Tabelle liegen die im jeweiligen Stichjahr gültigen, mithin im Laufe der Zeit wechselnden Landes- und Gemeindegrenzen zugrunde. Die Zunahme der Mitgliederzahl in bestimmten Städten, z. B. Bonn, kann also durchaus auch statistische Ursachen haben.

223

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

Mitgliederkonzentration auf das nördliche Rheinland und stärker noch in RheinlandPfalz und dem Saarland auf Kosten der übrigen Bundesländer seit 1949 beträchtlich zugenommen hat. Das spricht für eine abnehmende Mobilität des hier untersuchten Personenkreises und für die Auswirkungen der erst nach dem Krieg geschaffenen Ländergrenzen innerhalb der Bundesrepublik. Unter den drei rheinischen Städten Köln, Bonn und Düsseldorf, die 1949 noch nahezu gleiche Mitgliederzahlen aufwiesen, hat die Universitätsstadt Bonn ihre Spitzenstellung aus der Vorkriegszeit auf Kosten von Düsseldorf in den nachfolgenden Jahrzehnten zurückgewonnen, während der Anteil Kölns ungefähr gleich geblieben ist. In der DDR lebten 1949 immerhin noch vier Mitglieder. Im Zuge der Ideologisierung der Geschichtswissenschaft in der DDR bzw. der Auseinanderentwicklung der deutsch-deutschen Geschichtswissenschaft im Laufe der 1950er Jahre sollte es dort über Jahrzehnte hinweg keine Angehörigen der ›bürgerlichen‹ Gesellschaft mehr geben. Dagegen übertraf die seit Jahrzehnten praktisch konstante Zahl der Mitglieder im Ausland die der übrigen Bundesländer außerhalb von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und des Saarlands zuletzt beträchtlich.

7.2 Die wissenschaftlichen Mitarbeiter

Der Typus des fest besoldeten, mit der Wahrnehmung ganz bestimmter wissenschaftlicher Aufgaben betrauten qualifizierten Mitarbeiters war noch den Akademien des 18. Jahrhunderts unbekannt. Er ist erst als kennzeichnendes Produkt jener grundlegenden Reorganisation der wissenschaftlichen Forschung entstanden, der auch die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« ihre Gründung verdankte. Als der Altphilologe August Böckh der Berliner Akademie 1815 vorschlug, sich zur Herstellung eines geplanten Corpus antiker Inschriften der Mitwirkung bezahlter »Adjuncten« zu bedienen, stieß er noch auf einen unüberwindlichen »antikollektiven Affekt« und erntete die entrüstete Ablehnung seiner gelehrten Kollegen.29 Einige Jahrzehnte später waren vertikale Arbeits­teilung, wissenschaftliche Spezialisierung und die organisierte Beschäftigung voll ausgebildeter Gelehrter im Rahmen eines größeren Arbeitsplans dagegen ein typisches Strukturelement der neuen Historischen Kommissionen und Forschungsinstitute geworden, das sie von den gelehrten Akademien und Gesellschaften älteren Stils unterschied.30 Nach dem Vorbild der Industrie hat die gegen Ende des Jahrhunderts entstehende »Großwissenschaft« (Theodor Mommsen) dieses System wissenschaftlicher Arbeitsteilung unter Nutzung aller materiellen Hilfsmittel der modernen Technik noch erheblich weiterentwickelt. 29 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 155 f. 30 Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 166 ff. Auf die organisatorischen Leistungen der Akademie des 18. Jahrhunderts verwies jedoch Voss, Akademien.

224

Die wissenschaftlichen Mitarbeiter

Auch die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« sah die Beschäftigung »wissenschaftlicher Arbeiter« gegen Honorar unter Leitung des Gelehrtenausschusses bereits in ihren ersten Statuten vor.31 Der textlich schon 1886 stark veränderte Passus32 fiel jedoch der Satzungsrevision von 1889 zum Opfer, obwohl sich in der Sache dadurch nichts änderte. Tatsächlich leisteten die Mitglieder des Ausschusses bis 1890 die meiste Editionsarbeit noch selbst. Als Hermann Hüffer als einfaches Mitglied der »Gesellschaft« 1881 eine eigene Arbeit zur Publikation anbot, begrüßte Höhlbaum dieses Angebot deshalb »mit Freuden«, weil er von vornherein die Ansicht vertreten hatte, dass die Mitglieder des Gelehrtenausschusses die Erschließung der Quellen nicht allein als ihre eigene Arbeit übernehmen sollten.33 Anscheinend haben die Gründer zu Anfang überhaupt mit einer stärkeren Zusammenarbeit ih- Abb. 46 Georg von Below, Porträtfoto, vor rer gelehrten Mitglieder gerechnet und deshalb 1905. das System der wissenschaftlichen Mitarbeiter nur wenig ausgebaut. Höhlbaum war wohl derjenige unter ihnen, der die Stärken und Schwächen dieses Systems von seiner eigenen Tätigkeit beim »Hansischen Geschichtsverein« her am besten kannte.34 Er war es auch, der mit Robert Hoeniger an den Kölner Schreinskarten seit 1882 den ersten gelehrten Mitarbeiter der »Gesellschaft« beschäftigte  ; seine Arbeit konnte bereits 1884 als erste Publikation der »Gesellschaft« überhaupt erscheinen.35 Der zweite wurde der Ritter-Schüler Georg von Below, der nach seiner Pro31 Statuten 1881, § 5. Ein Antrag Wilhelm Beckers, den dort verwendeten Ausdruck »Arbeiter« durch »Mitarbeiter« zu ersetzen, hatte während der Vorberatungen im provisorischen Gelehrtenausschuss keine Zustimmung gefunden  ; Protokoll Lamprechts über die Sitzung vom 20.2.1881, HAStK, Akten GRhG 1,1. 32 Statuten 1886, § 5,5. JbGRhG 5 (1885), S. 12. Die Festsetzung der Arbeiten und des Honorars stand nunmehr dem Vorstand anstelle des Gelehrtenausschusses zu. 33 »M(eines) E(rachtens) kommt es viel mehr darauf an, daß wir tüchtige und bewährte Mitarbeiter gewinnen, neue Kräfte heranziehen, denn daß wir selbst, die wir die Leitung haben, gleichzeitig die zu Leitenden vorstellen.« Höhlbaum an Schaefer am 28.7.1881, HAStK, Akten GRhG 11,1. 34 Brandt, Hundert Jahre Hansischer Geschichtsverein, S. 42 f. 35 JbGRhG 2 (1882), S. 13. Robert Hoeniger (1855–1929), 1882 auch zum Mitglied der »Gesellschaft« gewählt, habilitierte sich 1884 in Berlin und lehrte 1888 bis 1914 Geschichte an der preußischen Kriegsakademie  ; 1906 wurde er zum Dozenten an der Handelshochschule, 1920 zum Honorarprofessor an der Berliner Universität ernannt. Deutsches Biographisches Handbuch (1929).

225

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

motion 1883 für seinen Lehrer die Bearbeitung der Jülich-Bergischen ­Landtagsakten in Angriff nahm.36 Hugo Loersch hatte unterdessen den Versuch unternommen, für seine Ausgabe der Weistümer des Erzbistums Trier den Fürstlich Ysenburgischen Archivar Eduard Aander-Heyden (1848–?) aus Büdingen zu gewinnen37  ; nach dem Scheitern dieser Verhandlungen trat 1883 der Koblenzer Archivassistent Hermann Forst an seine Stelle, der indessen 1901 nach Zürich ging und die Ausgabe trotz umfangreicher Vorarbeiten nie vollendet hat. Im Oktober 1888 schrieb er Ritter aus dem Düsseldorfer Archiv, dass ihn die Arbeit an den Landtagsakten bei der Vorbereitung des nächsten Kollegs behinderte und er die Editionsarbeit während des Semesters ganz zurückstellen müsse, zumal auch andere Mitarbeiter ihren Verpflichtungen gegenüber der »Gesellschaft« nicht immer nachkämen. »Wie oft ist schon von den Weistümern und anderen Arbeiten in bestimmtester Weise versprochen worden, daß sie im folgenden Jahre erscheinen würden, wovon nachher keine Rede war  !«38 Karl Lamprecht ließ von zwei Krefelder Studenten 1883 ein Verzeichnis schon gedruckter Weistümer zusammenstellen, das er später unter einem anderen Namen herausgab.39 Außer Hoeniger hat keiner der drei ersten promovierten Mitarbeiter seine Arbeiten in der erwarteten Zeit von wenigen Jahren zu Ende führen können. Below (1858–1927), der seine akademischen Ferien nach der Habilitation (1886) nur widerwillig der notwendigen Archivarbeit opferte, brauchte zwölf Jahre, um auch nur den ersten Band der »Landtagsakten« fertigzustellen. Sein Verhältnis zu Ritter und zu der »Gesellschaft«, von denen er sich zur Arbeit immer wieder gedrängt fühlte, war keineswegs reibungslos40 und von dem fast gleichaltrigen Karl Lamprecht trennte ihn seit 1886 wissenschaftlich wie persönlich bittere Feindschaft.41 Nach dem Urteil seines Schülers Hermann Au36 JbGRhG 3 (1883), S. 16. Below begann am 1.5.1883 mit der Durchforschung zunächst des Münchner Staatsarchivs. Zur Biographie Belows (1858–1927), der sich 1886 in Marburg habilitierte und später in Königsberg, Tübingen und Freiburg lehrte, vgl. jetzt maßgeblich Cymorek, Georg von Below. 37 Jahresbericht 1882, S. 4  ; auch Aander-Heyden wurde schon 1882 zum Mitglied gewählt, doch stellte sich seiner beabsichtigten Mitarbeit »ein Hindernis entgegen« (JbGRhG 3 [1883], S. 2). Vgl. zu ihm Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 25. 38 Zit. Below, Georg von Below, S. 50 ff. 39 Stud. iur. Cobbers und stud. phil. Lemmen, JbGRhG 2 (1882), S. 2 f. Das über 1000 Nummern, oft allerdings nur Bruchstücke, umfassende Verzeichnis ging 1883 allen Patronen und Mitgliedern zusammen mit dem Jahresbericht zu. 40 Ritter hatte Below zunächst (1885) »etwas schulmeisterlich« in die Archivlaufbahn zu drängen versucht, ihm dann aber mit Hilfe des von Below in Düsseldorf bearbeiteten Materials für die Landtagsakten die Habilitation ermöglicht. Below empfand jedoch Ritters »kühle Unerbittlichkeit … unsympathisch«, seine »strenge Führung« als beengend und seine hohen Arbeitsanforderungen als ungerecht. Erst später sollte sich zwischen beiden eine wärmere Freundschaft einstellen. Below, Georg von Below, S. 47 u. 67. 41 »Haben Sie schon die Pferdeäpfel betrachtet, mit welchen Below im neuesten Heft der Historischen Zeitschrift nach mir wirft  ?«, schrieb Lamprecht am 19.11.1889 an Harry Bresslau. »In der Sache liegt System  ; eine Recension nach 3 Jahren des Erscheinens, in einer Zeit zu erwartender Vakanzen. Und von Jemand, der

226

Die wissenschaftlichen Mitarbeiter

bin hat der Verfassungshistoriker Georg von Below trotz seiner langen Beschäftigung mit der rheinischen Geschichte »niemals ein echtes Verhältnis zur Landesgeschichte gewonnen«.42 1908 übergab er die weitere Bearbeitung der Landtagsakten, von denen er selbst nur zwei Bände 1895 und 1907 herausgegeben hat, seinem Schüler Hans Goldschmidt, dessen Werk indessen zuerst dem Weltkrieg und der Inflation und schließlich der Emigration des Autors zum Opfer fiel.43 Eine »jüngere Reihe« der Landtagsakten für die Jahre nach 1624, die der damalige Düsseldorfer Archivassistent Friedrich Küch 1893 in Arbeit nahm44, ist in mehr als 30 Jahren nur auf einen einzigen Band gekommen (PubGRhG, Bd. XI.2). Diese langsame und zunächst nur wenig ertragreiche Arbeit seiner Kollegen und der wenigen Mitarbeiter konnte dem wissenschaftlichen Ehrgeiz eines Konstantin Höhlbaum jedoch nicht genügen. In einer umfassenden und grundsätzlichen Kritik an den bisherimich schon mehrfach öffentlich angelogen  !« Paul Hirsch, Briefe an Harry Bresslau, Nr. 5. Hier ging es um die Kritik an Lamprechts »Deutschem Wirtschaftsleben im Mittelalter«  ; über die persönlichen Hintergründe von Belows späterer, überaus scharfer Rezension der »Deutschen Geschichte« (in  : HZ 71, 1893), die wohl zu Unrecht lange Zeit als von Sybel veranlasst galt, vgl. Lewald, Karl Lamprecht und die rheinische Geschichtswissenschaft, S. 284 u. 297 f., und Schieder, Deutsche Geschichtswissenschaft, S. 47 f. Denn zuvor hatte Lamprecht den jüngeren Below auch seinerseits »mehrfach unfreundlich behandelt« (Lewald), seine »Landständische Verfassung in Jülich-Berg« als »fast unlesbar« verrissen und ihm die erbetene Mitarbeit an einer von Lamprecht geplanten Geschichte der niederrheinischen Territorien in schroffer Form versagt. Umfassend zum Verhältnis von Belows und Lamprechts Chickering, Karl Lamprecht, in der deutschen Ausgabe von 2021. 42 Aubin, Georg von Below, S. 7. 43 Hans Goldschmidt (1879–1940) arbeitete von 1908 bis 1916 als besoldeter Mitarbeiter an den Landtagsakten von Jülich-Berg 1589 ff. und wurde 1916 zum Mitglied der »Gesellschaft« gewählt. 1917–1918 war er Abteilungsleiter beim Deutschen Auslandsinstitut in Stuttgart und 1918–1923 Redaktionsleiter beim Kieler Institut für Weltwirtschaft, danach Archivrat beim Reichsarchiv in Potsdam. Nach 1933 als Jude zur Emigration gedrängt, kam er am 6.11.1940 beim Bombardement Londons durch die deutsche Luftwaffe ums Leben. Der Druck seines Manuskripts, das er schon 1916 abgeliefert hatte, musste 1925 aus finanziellen Gründen eingestellt werden  ; das Manuskript selbst blieb trotz aller Nachforschungen von seiten der »Gesellschaft« bis heute verschollen. Kürschner 1931, Sp. 864  ; Demeter, Das Reichsarchiv, S. 46  ; Korrespondenz Oediger (1961) in LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,1. 44 Der gebürtige Hesse Friedrich Küch (1863–1935), seit 1890 Hilfsarchivar in Marburg und seit 1893 in Düsseldorf, wurde 1898 an das Staatsarchiv Marburg zurückversetzt, das er von 1914 bis 1929 als Direktor leiten sollte. Küch war seit 1897 Mitglied der GRhG und 1899–1914 gleichzeitig Schriftführer, dann Schatzmeister und von 1919–1929 Vorsitzender der »Historischen Kommission für Hessen und Waldeck«. 1913, also zwei Jahrzehnte nach Übernahme der Arbeit, forderte ihn die »Gesellschaft« ultimativ auf, das Manuskript entweder weiterzuführen oder ganz aufzugeben (Wissenschaftliche Kommission, Protokoll vom 29.6.1913, HAStK, Akten GRhG 10,7)  ; trotzdem wurde der Druck erst 1925 abgeschlossen. Küch, dem die rheinische Landesgeschichte trotzdem ebenso viel verdankt wie die hessische, waren organisatorische Fragen »eher lästig«  ; er blieb bis zu dessen Tod mit Theodor Ilgen befreundet. Wolff, Friedrich Küch  ; Oediger, Staatsarchiv, S. 32  ; Heinemeyer, 80 Jahre Historische Kommission für Hessen, S. 19  ; Bibliographie bei Zimmermann, Friedrich Küch  ; Leesch, Die deutschen Archivare 2, S. 346.

227

Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

gen Leistungen der »Gesellschaft«, die er 1890 anlässlich seines Abschieds von Köln niederschrieb und die neben der Denkschrift von 1881 seine wichtigste programmatische Äußerung zur Gesamttätigkeit der »Gesellschaft« geblieben ist45, griff der soeben nach Marburg berufene Vorsitzende neben der Organisation des Arbeitsprogramms auch die Mitarbeiterfrage noch einmal grundsätzlich auf. Die Verzögerung der geplanten Veröffent­ lichungen der »Gesellschaft«, die in zehn Jahren lediglich fünf Publikationen zutage gefördert habe  – drei davon zudem, wie der Kritiker bemerkte, außerhalb ihres ursprünglichen Planes und »eigentlich ohne ein anderes Verdienst der ›Gesellschaft‹ als das ihrer Kasse«46 – führte Höhlbaum vor allem auf die mangelhafte Organisation der Arbeit zurück. Mit Recht bemerkte er, dass die großen Quellenwerke von den Vorstandsmitgliedern selbst nicht genug gefördert werden könnten, »wenn ihnen nur knappe Stunden der Muße neben anspruchsvoller Berufstätigkeit zugute kommen«  ; zu einer schnelleren Bearbeitung sei es daher unumgänglich, »unbehinderte, ganz freie Kräfte für sie einzustellen«. Es komme also darauf an, »jüngere Gelehrte zu ausschließlicher Beschäftigung für unsere Zwecke zu gewinnen, sie in festem Jahresgehalt unter einer sicheren oberen Leitung arbeiten zu lassen«, so wie dies bei den großen Historischen Kommissionen und bei dem »Hansischen Verein« geschehe, »der auch nur schlechthin wissenschaftliche Werke betreibt«. Anstatt eine finanzielle Thesaurierungspolitik zu betreiben, solle man die durchaus vorhandenen Mittel lieber zur Anstellung von mindestens drei jüngeren Mitarbeitern verwenden  : »Es tut nicht not, daß wir Summen auf Summen häufen und sie bewundern, indem wir dabei stillstehen. Das Geld ist uns zur Aufwendung gegeben, es erneuert sich jedes Jahr, aber es verliert sich überhaupt, wenn wir keine Gegenleistung bieten.« Geeignete Bewerber seien auch ohne Schwierigkeiten zu finden, wenn man nur genügend Ausschau an den Universitäten halte und sich dabei nicht auf die Rheinprovinz beschränke  ; damit werde auch einer provinziellen Beschränkung des Interesses im Rheinland vorgebeugt. »Man braucht nur in das Hundert der Doktoren hineinzugreifen, welche jetzt bei dem Archivdienst antichambrieren«, um »schaffende Kräfte« zu finden, »die auch moralische Bürgschaft gewähren«.47 Ferner müsse jedem einzelnen Arbeitsprojekt ein verantwortlicher Leiter vorgesetzt werden, der die Arbeiten einleite, überwache und am Schluss ihre Ausführung prüfe  ; von seinem Urteil hinge dann auch der Grad der Selbst45 Rundschreiben an die Vorstandskollegen vom 24.2.1890, HAStK, Akten GRhG 4,1. 46 Max Lossens Masius-Briefe und Bärs »Koblenzer Mauerbau« waren der »Gesellschaft« als druckfertige Manuskripte vorgelegt und von ihr lediglich veröffentlicht worden  ; auch die so repräsentative Ada-Handschrift war vor allem eine typographische und finanzielle Leistung gewesen. An Urkundenpublikationen im strengen Sinne lagen aus dem Kreis der »Gesellschaft« selbst bis 1890 lediglich ein Band Schreinskarten (Hoeniger 1884) und zwei Bände des Buches Weinsberg (Höhlbaum 1886/1887) vor. 47 Rundschreiben vom 24.2.1890 (HAStK, Akten GRhG 4,1). Nur die Schreinskarten wollte Höhlbaum hier ausnehmen, »weil eine Vermehrung der Kräfte nur eine Verwirrung der Arbeit verhieße«  ; für den »Geschichtlichen Atlas«, der gerade neu im Programm war, könne »an das sachkundige Urteil im Moment (noch) nicht appelliert werden«.

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Die wissenschaftlichen Mitarbeiter

ständigkeit der einzelnen Mitarbeiter ab. Allerdings hat Höhlbaum auch die Nachteile dieses Systems nicht verschwiegen.48 Am 8. März 1890 setzte der Vorstand eine Kommission zur Prüfung dieser Vorschläge ein49, die sich im Wesentlichen für ihre Verwirklichung aussprach. Von nun an nahm die Zahl der besoldeten Mitarbeiter auch entsprechend der ausgezeichneten Vermögenslage der »Gesellschaft« stetig zu. Ein Vierteljahrhundert später nannte der Jahresbericht für 1914 insgesamt 31 Mitarbeiter, die teils hauptamtlich als besoldete Stipendiaten, teils auch nebenamtlich wie viele Gymnasiallehrer und jüngere Archivbeamte für die einzelnen Unternehmungen der »Gesellschaft« tätig waren. Mit Hochschullehrern wurden dagegen meist Werkverträge auf der Grundlage eines festen Bogenhonorars geschlossen. Die häufig wechselnden Hilfskräfte in der Redaktion des »Rheinischen Wörterbuchs« in Bonn und die gesondert etatisierten Mitarbeiter der Denkmälerstatistik sind in der für 1914 genannten Zahl noch nicht einmal enthalten.50 1914 hat die »Gesellschaft« auch ihre erste weibliche Mitarbeiterin für wissenschaftliche Arbeiten eingestellt. Bei dieser handelte es sich um die spätere Dortmunder Stadtarchivarin Luise von Winterfeld (1882–1967), die damals den Auftrag zu einem historischen Kommentar einer geplanten Ausgabe der Reimchronik Gottfried von Hagens erhielt.51 Das übliche Stipendium für einen promovierten hauptamtlichen Mitarbeiter wie Georg von Below oder Wilhelm Fabricius (1857–1920), der seit 1890 den »Geschichtlichen Atlas« bearbeitete, betrug mehrere Jahrzehnte hindurch 1200 Mark jährlich bei täglich fünfstündiger Arbeitszeit.52 Der Rest des Tages blieb den Mitarbeitern zu eigener wissenschaftlicher Arbeit überlassen. Gehalt und Arbeitszeit entsprachen damit ziemlich 48 Die gleichzeitige Aufsicht über drei jüngere Gelehrte, die Höhlbaum selbst damals im Kölner Stadtarchiv führte, koste »bei der nötigen Vertiefung in die kleinsten Einzelheiten von drei fremden Arbeiten« einen »sehr bedeutenden Aufwand an Zeit und Kraft«, der dann für eigene Arbeiten fehle  ; trotzdem schienen ihm die Vorzüge des Mitarbeitersystems dessen Nachteile zu überwiegen. Rundschreiben an den Vorstand vom 12.1.1890 mit Ankündigung der Amtsniederlegung, HAStK, Akten GRhG 11,1. 49 Vorstandssitzung 8.3.1890, HAStK, Akten GRhG 10,2. 50 Unter Leitung von Prof. Rudolf Meissner und der Geschäftsführung von Prof. Josef Müller arbeiteten 1914 am Rheinischen Wörterbuch ein wissenschaftlicher Assistent, eine Sekretärin und vier Hilfskräfte, außerdem als freier Mitarbeiter der Verfasser des »Kölnischen Sprachschatzes«, Oberlehrer Adam Wrede in Köln. Die Denkmälerstatistik unter Clemens Leitung gibt für das gleiche Jahr fünf promovierte wissenschaftliche Mitarbeiter (Rathgens, Ewald, Krudewig, Faymonville und Wackenroder) an, von denen zwei (Ewald und Krudewig) gleichzeitig auch an anderen Unternehmungen der »Gesellschaft« mitarbeiteten. JbGRhG 34 (1914), S. 15 f. u. 19. Nicht genannt ist dort Architekt Franz Krause aus Köln, der als langjähriger Angestellter der Denkmälerinventarisation (von 1907 bis 1944) fast alle Bauzeichnungen der »Kunstdenkmäler« anfertigte. 51 JbGRhG 34 (1914), S. 14. Von 1912 bis April 1914 hatte die zunächst aus Mitteln der Mevissen-Stiftung zur Förderung des Archivnachwuchses besoldete preußische Offizierstochter als Volontärin im Kölner Stadtarchiv gewirkt  ; 1916 übernahm sie als erste Frau in Deutschland selbst die Leitung eines großen Stadtarchivs in Dortmund. Vgl. Dösseler, Nachruf zu Luise von Winterfeld. 52 Fünf Stunden täglich werden noch bei der Anstellung Karl Schumachers als »übliche Arbeitszeit« genannt. Vorstandssitzung 17.3.1913, HAStK, Akten GRhG 10,7.

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Ordinarien und »akademische Hilfsarbeiter«

genau denen eines Assistenten im Dienste der Preußischen Staatsarchive.53 Ein fester nebenamtlicher Mitarbeiter wie der Gymnasiallehrer Constantin Schulteis, der seit 1888 die Grundkarten für den »Historischen Atlas« herstellte, erhielt dagegen 400 Mark im Jahr.54 Im Werkvertrag betrug das Bogenhonorar von 1881 bis in die Inflationszeit hinein 40 Mark pro Bogen Editionstext oder 60 Mark für die arbeitsintensiveren Einleitungen und Register  ; bei mehreren Bearbeitern wurde es zwischen ihnen aufgeteilt.55 Besonders qualifizierten Mitarbeitern wurden auch gleich höhere Honorare gewährt  ; so dem Lamprecht-Schüler Otto Oppermann für die gleichzeitige Übernahme der »Ältesten Rheinischen Urkunden« und der »Regesten der Erzbischöfe von Köln« nach dem Tod Menzels ab 1. Januar 1902 und dem Geographen Walter Tuckermann für die erste Bearbeitung der Tranchot-Karten 1911 jeweils 1600 Mark.56 Ein habilitierter Mitarbeiter wie der Berliner Privatdozent Otto Schlüter57, der 1909 die 2. Abteilung des »Geschichtlichen Atlas« (Wald-, Kultur- und Siedlungskarte der Rheinprovinz) aufbauen sollte, begann bereits mit einem Jahresgehalt von 2500 Mark.58 Nebenkosten wie Reise- und Tagegelder kamen bei ihm wie bei allen anderen Mitarbeitern hinzu.59 1912 führte die »Gesellschaft«, die nun schon eine ganze Reihe langjähriger Mitarbeiter besaß, für sie ein regelrechtes, nach Dienstjahren gestaffeltes Gehaltssystem ein. Das 53 Über die von Sybel eingeführte Dienstregelung in den preußischen Staatsarchiven Heimpel, Organisationsformen historischer Forschung, S. 163. Jüngere Archivare in der Rheinprovinz verwandten die übrigbleibenden freien Stunden häufig dazu, für die »Gesellschaft« honorierte Editionsarbeiten zu leisten, während deren hauptamtliche Mitarbeiter sie nicht selten zur Vorbereitung auf ihre Habilitation benutzten. Zum Diensteinkommen der Archivare vgl. die Personalakte Wilhelm Becker im LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 8573. 54 Sitzungsprotokoll der Atlaskommission vom 23.11.1888, HAStK, Akten GRhG 10,2. 55 Vorstandssitzung 19.7.1908, HAStK, Akten GRhG 10,6 (Aufteilung zwischen zwei Bearbeitern der Weistümer des Kurfürstentums Köln). 56 Gemeinsames Sitzungsprotokoll der Wissenschaftlichen und der Finanzkommission vom 28.12.1901, HAStK, Akten GRhG 13,1, sowie JbGRhG 21 (1901), S. 33. 57 Der Geograph und Kulturgeograph Otto Schlüter (1872–1959) hatte sich 1906 in Berlin habilitiert und übernahm 1907/1908 seine Lehrstuhlvertretung an der Handelshochschule Köln. Nach Bonn 1910 umhabilitiert, wurde er schon 1911 nach Halle berufen und dort 1938 emeritiert. Vgl. Gärtner, »Schlüter, Otto Louis Karl«. 58 Vorstandssitzung vom 29.6.1909, HAStK, Akten GRhG 10,6. Außerdem wurden für Schlüter noch 1000 Mark Reisekosten und 500 Mark Sachausgaben in Voranschlag gebracht. Begründet wurde dies mit der außerordentlichen Seltenheit solcher zugleich historisch und geographisch gebildeter Fachleute, von denen im Rheinland nur ein Einziger vorhanden sei  : Atlas-Denkschrift an die Provinzialverwaltung vom 7.6.1909, ALVR, KultPv 3697. 59 Nach einem Vorstandsbeschluss vom 27.12.1887 erhielten wissenschaftliche Archivreisen u.ä. außer den Fahrtkosten 2. Klasse ein Tagegeld von 7,50 Mark, bei längerem Aufenthalt an einem Ort sechs Mark. Im Ausland wurden 19 Mark täglich gezahlt. 1906 wurden auch die Inlandssätze auf zehn bzw. acht Mark erhöht. Die Mitglieder des Gelehrtenausschusses bzw. Vorstands erhielten für Reisen im Interesse der »Gesellschaft« seit 1881 Fahrtkosten 1. Klasse und zehn Mark Tagegeld, seit 1919 vollen Auslagenersatz. Protokoll Gelehrtenausschuss 27.11.1881, Vorstandssitzung 28.12.1887, 22.7.1906, in  : HAStK, Akten GRhG 10,1  ; 10,2  ; 10,5.

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nunmehrige Anfangsgehalt von 1500 Mark sollte sich, wenn auch »unter jedesmaliger Prüfung der Umstände und ohne Verbindlichkeit gegenüber den angestellten Herren«, alle drei Jahre um jeweils 300 Mark bis zum Höchstbetrag von 2400 Mark erhöhen.60 Bei verdienten Mitarbeitern wie Wilhelm Fabricius, der mit 3000 Mark Jahresgehalt seit 1913 der höchstbezahle Stipendiat der »Gesellschaft« war, ging man wohl auch beträchtlich darüber hinaus. Auch beim Abschluss eines größeren Werkes oder als allgemeine Anerkennung für geleistete Dienste gewährte die »Gesellschaft« nicht selten Prämien bis zu 1000 Mark oder ein zusätzliches Bogenhonorar61  ; wohlhabende Mitarbeiter wie der schlesische Rittergutsbesitzer Heinrich von Loesch, dessen Interesse für die rheinische Geschichte aus seiner Volontärzeit am Kölner Stadtarchiv stammte62, verzichteten wohl auch freiwillig auf die ihnen zustehende »Remuneration«.63 Die beiderseitige Kündigungsfrist betrug üblicherweise ein Vierteljahr.64 Lange vor einer gesetzlichen Urlaubsregelung hat die »Gesellschaft« ihren ständigen Mitarbeitern regelmäßig einen vierwöchigen Jahresurlaub gewährt.65 Gestützt auf ein eigens erbetenes Gutachten des Kölner Rechtslehrers Fritz Stier-Somlo lehnte sie dagegen die mit Gesetz vom 20.  Dezember 1911 eingeführte Angestelltenversicherungspflicht für ihre Mitarbeiter ab.66 Nach Kriegsbeginn 1914 fiel der in Jahrzehnten aufgebaute Mitarbeiterstab rasch auseinander. Anfang 1916 befanden sich 13 Mitarbeiter der »Gesellschaft« im Krieg, fünf waren bereits gefallen67, und mit Gerhard Kallen befand sich seit März 1915 einer in fran60 Sitzung der Wissenschaftlichen Kommission und Vorstandssitzung vom 29.6.1912, HAStK, Akten GRhG 13,1 u. 10,7  ; Vorstandsbeschluss vom 28.12.1912, HAStK, Akten GRhG 4,1. 61 So erhielten Wilhelm Ewald 1919 ein Extrahonorar von 400 Mark, Aubin 1913 zehn Mark Sondergratifikation pro Bogen, Knipping für seine zwanzigjährige Tätigkeit ein auf 2500 Mark erhöhtes Honorar für einen Regestenband, Fabricius erhielt 1913 und öfter Sonderzahlungen und Gehaltserhöhungen, um seine Abwerbung zu verhindern. Auch seine Schwester, »die ihm seit Jahren geholfen hat«, wurde mit 1000 Mark zur Anerkennung bedacht (Vorstandssitzung 29.6.1913, HAStK, Akten GRhG 10,7), und während des Ersten Weltkriegs erhielten auch Mütter gefallener Mitarbeiter der »Gesellschaft« eine »Gratifikation«. 62 Unter Leitung Eberhard Gotheins bearbeitete von Loersch als Volontär am Kölner Stadtarchiv (seit 1896 nach AHVN 63 [1896], S. 244) ab 1897 die »Kölner Zunfturkunden« (PubGRhG XII, 2 Bde., 1907), JbGRhG 17 1897), S. 32. 1905 übernahm er das Rittergut der Familie in Ober-Stephansdorf (Schlesien), trat in die »Gesellschaft« ein und wurde gleichzeitig auch zum Mitglied gewählt. 63 Protokoll der Wissenschaftlichen und Finanzkommission vom 29.12.1906, HAStK, Akten GRhG 13,1. 64 So im Falle Walter Tuckermanns, der 1911 nach einer zufriedenstellenden Probearbeit mit 1600 Mark jährlicher Remuneration angestellt wurde. Vorstandssitzung 15.3.1911, HAStK, Akten GRhG 10,6. 65 Vorstandsbeschluss vom 19.7.1908, HAStK, Akten GRhG 10,6. 66 Vorstandssitzung vom 7.3. und vom 29.6.1913, HAStK, Akten GRhG 10,7. Das Gutachten selbst vom 27.6.1913 in HAStK, Akten GRhG 4,1  ; es vergleicht die Mitarbeiter der »Gesellschaft« mit den ausdrücklich vom Gesetz freigestellten Hilfsarbeitern bei den Handelskammern. 67 Hermann Thimme vom Staatsarchiv Weimar, der bis März 1914 Volontär am Kölner Stadtarchiv gewesen war, fiel am 18.3.1915, die beiden Düsseldorfer Archivare Gustav Croon und Max Foltz am 14.2. und 27.3. 1915. Außerdem fiel der Bonner Kunsthistoriker Dr. Hermann Brandt (seit 1912 Bearbeiter von Oidtmans

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zösischer Kriegsgefangenschaft. Auch mit den meisten übrigen bestand keine Verbindung mehr. Bis zum Kriegsende kamen aus dem Kreis der Mitarbeiter noch zwei weitere Kriegsopfer hinzu.68 Zur systematischen Durchsicht aller Zeitungsbestände wurden von August 1916 bis 1918 jeweils drei leicht verwundete Düsseldorfer Lazarettinsassen mit gutem Erfolg eingesetzt, um Material für ein von Stadtarchivar Paul Wentzcke herauszugebendes »Biographisches Lexikon der Rheinlande« zu sammeln.69 Eine zugleich sozial motivierte Erweiterung des Mitarbeiterstabs sollte auch die 1917 begründete und mit 80.000 Mark in fünfprozentiger Kriegsanleihe dotierte von-Guilleaume-Stiftung ermöglichen. Sie sollte nicht, wie die Mevissen-Stiftung, zur Honorierung wissenschaftlicher Preisaufgaben dienen, sondern der »Gesellschaft« die Mittel verschaffen, schwer kriegsbeschädigte Historiker, »welche« – so der Wortlaut – »durch die Art ihrer Verwundung oder Verstümmelung an der Bekleidung öffentlicher Ämter verhindert sind«, auf Lebenszeit zur Bearbeitung größerer Quelleneditionen anzustellen.70 Trotz längerer Bemühungen des Vorstands meldete sich jedoch niemand hierfür71, und nach wenigen Jahren verfiel das zuletzt auf 98.000 Papiermark angewachsene Stiftungsvermögen der Inflation. Nach dem Krieg nahmen alte und neue Mitarbeiter die liegengebliebene Laienarbeit zwar zum Teil wieder auf72, doch musste die »Gesellschaft« nach mehreren Gehaltserhöhungen73 infolge »übermäßiger Preissteigerungen« 1922 von dem unbezahlbar gewordenen Stipendiatensystem Abschied nehmen. »Mitarbeiter in der bisherigen Form können nachgelassenem Manuskript der Rheinischen Glasmalereien, Bd. 2)  ; Karl Schumacher aus Düsseldorf, der seit 1912 die »Akten zur jülich-clevischen Politik Kurbrandenburgs« unter Ritters Leitung betreute, erlag am 3.2.1916 »einer Krankheit, die er sich im Felde zuzog«. JbGRhG 35 (1915), S.  8 u. 13. Schumachers Mutter erhielt daraufhin eine Sondergratifikation von 400 Mark. Vorstandssitzung 4.3.1916, HAStK, Akten GRhG 10,8. 68 Außer den oben Anm. 67 Genannten zählt der JbGRhG 38 (1918), S. 8 f. noch die Mitarbeiter Dr. Heinrich Fliedner (Oberlehrer in Düsseldorf, Bearbeiter der Stadtgeschichtsquellen für Bacharach, gefallen 1917) und Dr. Ebbinghaus, die Nachfolgerin des gefallenen Hermann Thimme an den »Quellen zur Geschichte des Kölner Handels und Verkehrs« (PubGRhG XXXIII), als »Kriegsopfer« auf. 69 JbGRhG 36 (1916), S. 15, und Vorstandssitzung 29.6.1917, HAStK, Akten GRhG 10,8. Die Verwundeten erhielten dafür anfangs täglich 2,50, ab Juli 1918 drei Mark. Vorstandssitzung 29.6.1918, HAStK, Akten GRhG 6,5. Vgl. auch Oehler, Düsseldorf im Weltkrieg, S. 579. 70 JbGRhG 37 (1917), S.  24. Durch Verzögerung der nötigen landesherrlichen Genehmigung trat die zum 1.1.1918 begründete Stiftung jedoch erst am 19. Juni in Kraft. 71 JbGRhG 38 (1918), S. 17. 72 Einige Arbeiten, wie die von Foltz (Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte, Wesel) und Schumacher, sind allerdings nicht weitergeführt worden und heute verschollen. 73 So bezogen Ermentrude von Ranke, die seit 1918 Thimmes und Ebbinghaus’ Vorarbeiten an den Quellen zur Kölner Handelsgeschichte weiterführte, Helene Wieruszowski (Geschichtlicher Atlas) und der 1920 habilitierte Bezold-Schüler Gisbert Beyerhaus (Quellen zur Geschichte der Aufklärung am Rhein) Anfang 1922 ein Jahresgehalt von 2400 Mark, Hermann Aubin 3000 Mark. Die Bogenhonorare wurden auf 100 bzw. 120 Mark (für Einleitungen und Register) erhöht. Protokoll der Wissenschaftlichen und der Finanzkommission vom 29.12.1921, HAStK, Akten GRhG 12,1.

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nicht mehr besoldet werden«, stellte der Vorstand zu Beginn des letzten Inflationsjahrs lakonisch fest.74 Nachdem die Arbeiten auch wegen der politischen Ereignisse des Jahres 1923 weitgehend unerledigt geblieben waren, konnten nach der Währungsreform von 1924, wie bei anderen Historischen Kommissionen75, auch bei der rheinischen »Gesellschaft« nur noch in Ausnahmefällen laufende Stipendien gezahlt werden. Die Regel waren jetzt Werkverträge auf Bogenhonorar. Das hatte nebenbei den Vorteil, dass die »Gesellschaft« nur noch für tatsächlich erbrachte Leistungen zu zahlen brauchte  ; oft waren vorher jahrelang Vergütungen für Arbeiten gezahlt worden, die dann doch niemals zustande kamen. Im Jahresbericht für 1928 werden immerhin wieder 14 Bearbeiter, darunter allerdings zwei Vorstandsmitglieder, für die Publikationen der »Gesellschaft« genannt. Sofern in Ausnahmefällen doch wieder laufende Stipendien bewilligt wurden, lagen sie bei 200 RM im Monat  ; ebenso viel wurde als Bogenhonorar für die Herstellung eines Registers gezahlt.76 Die Weltwirtschaftskrise erzwang aber bald wieder neue Einschränkungen  ; sie betrafen diesmal nicht nur die Zahl der Mitarbeiter, sondern vor allem auch die Höhe ihres Honorars. Im Januar 1934 billigte die wissenschaftliche Kommission einen Vorschlag der Finanzkommission, die Mitarbeiterhonorare wegen der trostlosen Finanzlage bei allen neuen Verträgen um ein Drittel zu kürzen und weitere Einschränkungen in Zukunft nach Bedarf vorzunehmen.77 Bemühungen der Konferenz landesgeschichtlicher Publikationsinstitute, für die Mitarbeiter Historischer Kommissionen und Institute wenigstens die Anrechnung dort verbrachter Arbeitsjahre bei späterer Anstellung im Staatsdienst zu erreichen78, blieben vergeblich und hätten auch im anderen Falle kaum einen Ausgleich bieten können. Immerhin lehnte die Jahresversammlung 1936 aber einen Vorschlag des Vorsitzenden, die Verfasserhonorare nochmals zu senken, mit der Begründung ab, die wissenschaftliche Arbeit solle gegenüber den Druck- und Herstellungskosten »nicht noch weiter herabgewürdigt werden«  ; lieber solle man die Zahl der Publikationen verringern.79 Vergeblich regte Kallen im Dezember 1936 die Einrichtung von einer oder zwei Stipendiatenstellen durch die Provinz an, deren Inhaber als Dauerarbeitskräfte für 74 Vorstandssitzung 29.12.1922, HAStK, Akten GRhG 12,1. 75 Die »Historische Kommission für Westfalen« erkundigte sich in Köln eigens nach den Erfahrungen der GRhG, ehe auch sie 1931 nur noch Arbeitsverträge gegen Bogenhonorar abschloss. Nach Auskunft Kuphals vom 30.7.1931 zahlte die GRhG damals nur noch nach Bogen und habe damit »gute Erfahrungen« gemacht. Korrespondenz Schulte / Kuphal vom Juni / Juli 1931, in  : HAStK, Akten GRhG 35,1. 76 Vorstandssitzung 20.3.1928, HAStK, Akten GRhG 10,9. 77 Beschluss der Wissenschaftlichen Kommission vom 27.1.1934, HAStK, Akten GRhG 13,2. Die Bogenhonorare waren schon 1931 wieder auf den Vorkriegssatz von 40 bzw. 60 Mark zurückgegangen  ; Kuphal an Schulte, 30.7.1931, HAStK, Akten GRhG 35,1. 78 Der Vorsitzende der Konferenz, Prof. Rudolf Kötzschke (Leipzig) an Kallen am 17.11.1930, HAStK, Akten GRhG 35,1. 79 Protokoll der Jahresversammlung vom 18.3.1936, HAStK, Akten GRhG 10,9.

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die »Gesellschaft« tätig sein sollten80  ; schon vor Kriegsbeginn 1939 war die Zahl der Mit­ arbeiter wieder unter zehn gesunken.81 Vergleicht man diese Nachkriegszahlen mit denen vor 1914, so muss allerdings die Gründung des Bonner Instituts für geschichtliche Landeskunde 1920 und der provinzialen Archivberatungsstelle 1929 berücksichtigt werden, die mit eigenen Mitarbeitern und zum großen Teil ebenfalls auf Kosten der Provinz einen Teil der früheren Aufgaben der »Gesellschaft« übernommen hatten. Mit einem eigenen Forschungsprogramm zur rheinischen Landes- und westeuropäischen Reichsgeschichte, für das auf Kosten der Provinzialverwaltung am Kölner Historischen Seminar mehrere Doktoranden tätig waren, machte der Vorsitzende der »Gesellschaft« sich als Kölner Seminardirektor überdies selbst Konkurrenz. Nach eigener Aussage wollte er damit ein Kölner Gegengewicht zum Bonner Institut für geschichtliche Landeskunde schaffen.82 Nach langen Jahren der Unterbrechung durch Krieg und Währungsreform hat die »Gesellschaft« 1949 auch die Beschäftigung wissenschaftlicher Mitarbeiter, vor allem nebenamtlich tätiger Archivare, 1949 erneut aufgenommen. Wie schon 1924 sah sich die »Gesellschaft« zur Bewilligung laufender Stipendien aus eigenen Mitteln a­ llerdings nicht mehr in der Lage, wo sie  – etwa bei mehrjährigen Forschungsaufträgen in auswärtigen Archiven  – unumgänglich waren, übernahm ihre Zahlung die Deutsche Forschungsgemeinschaft oder die im April 1950 gegründete »Arbeitsgemeinschaft für Forschung«.83 Noch häufiger als nach dem Ersten Weltkrieg wurden die meisten Arbeiten jedoch im Werkvertrag ausgeführt. Auf die erheblichen Verschiebungen, die seit 1881 zuungunsten der Mitarbeiter zwischen Honoraren und Herstellungskosten der einzelnen Publikationen eingetreten waren, wies der Schatzmeister bereits 1951 hin. Betrug dieses Verhältnis 1881 noch 1 : 1, so hatte es sich bis 1951 bereits auf 1 : 3 zum Nachteil der Mitarbeiter verschoben  ; trotz angemessener Erhöhung der Bogenhono80 Jahresbericht Kallens an den Landeshauptmann vom 2.12.1936, ALVR, KultPv 11016. Bis dahin hatte die Provinz nur allgemeine oder projektgebundene Zuschüsse gezahlt, aber nicht selbst Mitarbeiterstellen geschaffen. 81 JbGRhG 58 (1938), S. 5 f. 82 Auf Fürsprache des Landesrats Apffelstaedt hatte eine Stiftung der Provinzialverwaltung das Kölner Semi­ nar 1939 in die Lage versetzt, vier jüngere Stipendiaten mit größeren Themen aus diesem Bereich zu betrauen. Dies habe in Köln zu einer »Intensivierung der landesgeschichtlichen Forschung« geführt und ihm ermöglicht, den »Vorsprung« Franz Steinbachs aufzuholen, den dieser mit Hilfe seines Bonner Instituts schon seit Jahren genieße, berichtete Kallen am 30.3.1940 seinem Verbündeten im Düsseldorfer Landeshaus, ALVR, KultPv 11017. Aus den dort geleisteten Vorarbeiten gingen nach dem Krieg auch Unternehmungen der »Gesellschaft« hervor (Niederrheinischer Städteatlas und die nicht zu Ende geführte Edition der Kölner Ratsprotokolle)  ; seit 1941 verlagerte sich der Schwerpunkt »in Verbindung mit dem Reichskommissar« [der besetzten Niederlande, K. P.] jedoch auf Themen der burgundisch-niederländischen Geschichte (Jahresbericht vom 1.3.1941, ALVR, KultPv 11017). 83 Vorstandssitzung 2.6.1961 (Jäger-von Hoesslin, Korrespondenz der Kurfürsten). Für 100 monatliche Arbeitsstunden wurden damals 500 Mark gezahlt.

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rare auf das Zwei- bis Dreifache des früheren Betrags ist es in späterer Zeit eher noch ungünstiger geworden. Die Auswahl der wissenschaftlichen Mitarbeiter nahmen in erster Linie die wissenschaftlichen Vorstandsmitglieder aus dem Kreis ihrer Schüler oder jüngerer Archivare vor, deren Kenntnisse und Fähigkeiten sie aus eigener Zusammenarbeit am besten kannten. Oft ist das auch nach dem Fortzug eines Vorstandsmitglieds aus dem Rheinland beibehalten worden  : Karl Lamprecht etwa hat auch als Professor in Leipzig, von wo er seit 1891 weiterhin die Edition der niederrheinischen Urbare leitete, noch manchen Schüler für die Arbeit an diesem Unternehmen zu gewinnen vermocht. So erklärt sich die große Zahl gerade sächsischer Forscher, die sich in der rheinischen Landesgeschichte zu Anfang unseres Jahrhunderts einen Namen machten.84 Mit Aubin und Below, Clemen und Beyerhaus, Kallen und Kötzschke, Ermentrude Bäcker von Ranke und Walther Stein gingen aus dem Historikerkreis der »Gesellschaft« auch nicht wenige spätere Hochschullehrer hervor. Unter ihren Mitarbeitern aus dem Bereich der Archive befinden sich viele spätere Archivdirektoren und Vorstandsmitglieder. Zum Spektrum derer, die auf eine durchaus mögliche Hochschullaufbahn verzichteten, weil sie in der Arbeit für die »Gesellschaft« ihren Lebensberuf fanden, zählt in erster Linie Wilhelm Fabricius in Darmstadt, der von 1890 bis zu seinem Tod 1920 ausschließlich für den »Geschichtlichen Atlas« tätig war und dafür alle ihm angebotenen Anstellungen ausschlug85, aber auch der ehemalige Kaplan und spätere Freidenker Heinrich Volbert Sauerland (1839–1910), den der ähnlich denkende Hansen trotz – oder vielleicht gerade wegen – seiner zahlreichen antiklerikalen Veröffentlichungen für viele Jahre als Bearbeiter rheinischer Regesten in das Vatikanische Archiv entsandte.86 Für spezielle Publikationen wie die Trierer AdaHandschrift, die Münzgeschichten und bibliographische Unternehmungen fanden sich 84 Otto Oppermann, Bruno Hilliger, Armin Tille und nicht zuletzt Rudolf Kötzschke, der zwar kein Schüler, als Bibliothekar des Leipziger Seminars seit 1896 aber einer der ersten Mitarbeiter Lamprechts war. Vgl. u. a. Schlesinger, Rudolf Kötzschke †. 85 Auch als Privatgelehrter gehörte Wilhelm Fabricius, dem der »Geschichtliche Atlas der Rheinprovinz« zu einem großen Teil zu verdanken ist, unstreitig zu den Wegbereitern der historischen Kartographie in Deutschland. 1913 lehnte er einen Ruf an das Fürstlich Salmsche Archiv in Anholt ab (Vorstandssitzung 7.3.1913) und erhielt 1919 in Anerkennung seiner Verdienste um den Atlas den Professorentitel. Vgl. Esselborn, Wilhelm Fabricius. 86 Heinrich Volbert Sauerland (1839–1910) war nach katholischem Theologiestudium als »roter Kaplan« in Dortmund mit seiner Kirche in Konflikt geraten und zum radikalen Freidenker geworden. Hansen, dem dies durch einen regen Briefwechsel u. a. über freie Kindererziehung recht genau bekannt war, betraute den »äußerst sorgfältigen und scharfsinnigen« Gelehrten (Loersch in der Empfehlung zur Mitgliedschaft 1890), der zuvor schon in Trier und Paris für das Kölner Stadtarchiv Urkunden regestiert und abgeschrieben hatte, 1895 mit einer umfassenden Ausgabe das Rheinland betreffender Urkunden aus dem vatikanischen Archiv (PubGRhG XXIII). Daneben setzte er aber auch seine Polemik gegen kirchliche Missstände in Mittelalter und Gegenwart fort, die ihm 1910 schließlich ein Hausverbot für das Vatikanarchiv eintrug. Seit 1909 war er auch Mitglied der »Gesellschaft für nützliche Forschungen« in Trier.

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nur selten geeignete Mitarbeiter im Kreis der rheinischen Hochschullehrer und Archivare  ; hier wurde die von Höhlbaum gewünschte Freiheit von der regionalen Beschränkung in personeller Hinsicht mit der Heranziehung vorwiegend außerrheinischer Fachleute wie des Leipziger Kunsthistorikers Hubert Janitschek und der Numismatiker von Schrötter, Menadier, Noss und Hävernick in besonderem Maße verwirklicht. Und nicht zuletzt ist noch eines langjährigen Mitarbeiters zu gedenken, der der »Gesellschaft« mehr im Stillen und ohne besondere Vergütung viele Jahre seines Lebens gewidmet hat  : Hermann Keussen, der in seltsamer Übereinstimmung bereits der äußeren Lebensdaten87 als »treuester und eifrigster Mitarbeiter« Joseph Hansens (Hugo Stehkämper) im Kölner Stadtarchiv ein Menschenalter lang bescheiden in dessen Schatten stand, der »Gesellschaft« aber außer zwei bedeutenden Publikationen zur Kölner Stadtgeschichte88 seine Arbeitskraft über Jahrzehnte hinweg auch für die organisatorische Alltagsarbeit zur Verfügung gestellt hat. 1932 verlieh die Kölner Juristische Fakultät auf Anregung der »Gesellschaft« Keussen ihren Ehrendoktortitel  ; gleichzeitig wurde Joseph Hansen in Bonn zum Dr. iur. h. c. promoviert.89 Stets hat das Verhältnis der »Gesellschaft« zu ihren Mitarbeitern aus einem beiderseitigen Geben und Nehmen bestanden. Ohne angestellte Mitarbeiter wäre ein so großes Publikationsprogramm nie durchzuführen gewesen. Ohne die relativ gesicherte Stellung, die die »Gesellschaft« jungen Akademikern vor 1914 oft auf Jahre hinaus bot, und ohne das Ansehen, das sie deren ersten Veröffentlichungen durch ihren Namen verlieh, hätte manche akademische Laufbahn nur mit Schwierigkeiten beginnen können. Nicht nur auf finanziellem Gebiet haben steigende Ansprüche und sinkende Mittel diese Art der Forschungsförderung für eine private Gesellschaft heute fast unmöglich gemacht. Die Anstellung wissenschaftlicher Mitarbeiter auf Zeit, die als Übergang in eine Hochschullaufbahn einmal eine gesuchte Möglichkeit war, konnte schon um 1980 den Ansprüchen an eine soziale Sicherung der Zukunft nicht mehr genügen.

87 Hermann Keussen (1862–1943), Sohn eines historisch ebenfalls interessierten und publizierenden Schulrats aus Krefeld und »höchst aktiver Altkatholik« (Hashagen), war durch seine »lästige Schwerhörigkeit« bei öffentlichen Auftritten behindert  ; die intensive Arbeit in der Stille entsprach auch sonst mehr dem Wesen des außerordentlich kenntnisreichen Gelehrten und späteren Titularprofessors. Gerade durch ihre völlig gegensätzlichen Charaktere und Temperamente ergänzten er und Hansen, mit dem er bis zum gleichzeitigen Eintritt in den Ruhestand fast vier Jahrzehnte im Kölner Stadtarchiv zusammenarbeitete, sich jedoch ausgezeichnet. Vgl. zu Keussen Beemelmans, Hermann Keussen  ; Leesch, Die deutschen Archivare  2, S. 305–306. 88 Topographie der Stadt Köln im Mittelalter (= Preisschriften der Mevissen-Stiftung, Bd. 2), 2 Bde. 1910  ; Die Matrikel der Universität Köln, 3 Bde., 1919–1931 (PubGRhG VIII). Eine Verfassungsgeschichte der alten Universität Köln, die 1934 als Festschrift zum Einzug in das neue Universitätsgebäude in Köln-Lichtenthal erschien, veröffentlichte Keussen im Auftrag der Universität mit Unterstützung des Vereins der Freunde und Förderer, der GRhG und des »Kölnischen Geschichtsvereins«. 89 Protokoll der Wissenschaftlichen Kommission vom 5.1.1932, HAStK, Akten GRhG 13,2.

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8. Die Beziehungen zu Staat und Provinz

8.1 Das Verhältnis zu den staatlichen Behörden

Während die »Gesellschaft« durch die staatlichen Mittelbehörden im Rheinland zunächst bereitwillig Unterstützung erfuhr  – die spontanen Beitritte des rheinischen Ober- und mehrerer Regierungspräsidenten 1881 waren nur ein äußeres Zeichen dafür  –, blieben ihre wiederholten Versuche, auch die Staatsregierung selbst zu materieller Hilfe zu veranlassen, trotz ihrer patriotischen Zielsetzungen und »allerhöchster« Gunstbeweise stets ohne Erfolg. Von einer staatlichen Förderung, wie sie etwa den vormärzlichen bayerischen Kreisgeschichtsvereinen oder auch dem Bonner »Verein der Altertumsfreunde im Rheinland« zuteil geworden ist1, konnte bei der Kölner »Gesellschaft« bis 1945 nie die Rede sein. Anfangs hielt sich die »Gesellschaft« gegenüber den Berliner Ministerien ohnehin zurück, da sie zunächst einmal »redende Beweise« ihrer Tätigkeit, also erste Publikationen, vorlegen wollte.2 Das erste Unterstützungsgesuch wurde dem Minister der geistlichen Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten daher erst 1885 vorgelegt, von diesem aber »aus Mangel an Mitteln« abgelehnt. Gleichzeitig erkundigte das Ministerium sich allerdings beim Koblenzer Oberpräsidenten, der selbst Patron der »Gesellschaft« war, nach deren Vermögenslage. Die erteilte Auskunft fiel zwar gezielt schwarzmalerisch aus – die Einnahmen seien bedeutend hinter den Voranmeldungen zurückgeblieben, während die Publikationen Ausgaben verursachten, »deren stetiges Wachstum zu gewärtigen steht«  ; die »Gesellschaft« hoffe daher dringend auf eine laufende Beihilfe des Staates3 –, doch war sie so offensichtlich zugunsten der »Gesellschaft« formuliert, dass der Minister sich auch später nicht zu einer Zahlung veranlasst fühlte. Er konnte sich dabei überdies auf § 4 des preußischen Dotationsgesetzes vom 8. Juli 1875 stützen, wonach die »Leistung von Zuschüssen an Vereine, welche der Kunst und Wissenschaft dienen«, ausdrücklich den provinzialen Selbstverwaltungskörperschaften übertragen worden war.4 1 LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072  ; zu den bayerischen Vereinen Heimpel, Aus der Geschichte der Deutschen Geschichtsvereine, hier S. 291 f. 2 JbGRhG 1 (1881), S. 10. 3 Ministerium der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten an den Oberpräsidenten in Koblenz vom 18.8.1885 und Bericht des Oberpräsidenten vom 17.10.1885, LHA Koblenz, Abt. 403. Nr. 14072. Der Kölner Regierungspräsident, auf dessen Mitteilungen vom 9.10.1885 (ebd.) der Bericht des Oberpräsidenten beruhte, versäumte auch nicht, auf den Einnahmeausfall durch »Ableben mehrerer Patrone« und den »geringen Vertriebserlös« hinzuweisen, da die Publikationen »vorwiegend an Männer der Wissenschaft« gerichtet seien. 4 Druck der Gesetze vom 30.4. (Dotationsgesetz) u. 8.7.1873 (Ausführungsgesetz) in  : Handbuch für die Rheinische Provinzialverwaltung, S. 25–43 (Zit. S. 27).

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Die Beziehungen zu Staat und Provinz

1886 räumte die neue Satzung auch der Staatsregierung einen Sitz im Vorstand ein, sofern diese sich zu einer laufenden Unterstützung entschließen wollte. Eine auf der Jahresversammlung Ende 1886 beschlossene neue Eingabe wurde jedoch nicht abgeschickt, weil sie »nach den übereinstimmenden Berichten zuverlässiger Gewährsmänner nicht auf Erfolg habe rechnen können«.5 Im Dezember 1887 entschied sich die »Gesellschaft« schließlich, von weiteren allgemeinen Unterstützungsgesuchen an die Regierung Abstand zu nehmen und diese nur noch für einzelne Unternehmungen um Beistand zu bitten, die dafür besonders geeignet erschienen.6 Abgesehen von kleineren Zuschüssen untergeordneter Behörden, wie der Preußischen Archivverwaltung für von Schrötters »Münzen von Trier«, hat die preußische Regierung der »Gesellschaft« aber auch später weder direkte finanzielle Hilfe geleistet noch, wie Höhlbaum hoffte, ihre Publikationen in größeren Stückzahlen angekauft.7 Auch nach der Rheinlandbesetzung, die die Provinz seit 1919 vor allem französischen Kulturbestrebungen geöffnet hatte, blieben die preußische wie die Reichsregierung grundsätzlich dabei, die Kulturförderung in erster Linie der Eigeninitiative der dortigen Bevölkerung zu überlassen. Erst wenn diese überfordert oder das Reich selbst betroffen war, sollten zentrale staatliche Maßnahmen zur Abwehr der französischen und separatistischen Kulturpropaganda ergriffen werden. Auf wissenschaftlicher Ebene sollten dabei insbesondere das Bonner Institut für geschichtliche Landeskunde und die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« tätig werden.8 Außer einigen kleineren Zuschüssen der Notgemeinschaft für die deutsche Wissenschaft haben diese Vorschläge für die »Gesellschaft« jedoch keine praktischen Folgen gehabt. Mit ihrer populären, in hoher Auflage gedruckten und politisch in die oben angedeutete Richtung zielenden »Geschichte des Rheinlandes von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart«, die 1922 erschien, war sie allerdings auch schon von sich aus im Sinne der von Berlin gewünschten Stärkung des rheinisch-deutschen »Heimatgedankens« aktiv geworden, wobei die Initiative vor allem bei Joseph Hansen selbst und bei Aloys Schulte gelegen hatte. Auch in seiner Korrespondenz mit Gesellschaftsangehörigen wies Hansen damals immer wieder auf die Bedeutung ihrer landeskundlichen Arbeit zur Sicherung der Rheinlande gegen historische und kulturelle Ansprüche Frankreichs hin.9 5 JbGRhG 6 (1886), S. 3 und vorhergegangener Vorstandsbeschluss vom 15.12.1886, HAStK, Akten GRhG 10,2. 6 JbGRhG 7 (1887), S. 3 und Vorstandsbeschluss vom 28.12.1887, HAStK, Akten GRhG 10,2. 7 Der Vorstand dachte seit 1887 eher an eine staatliche Förderung durch Aufkauf größerer Stückzahlen der Publikationen, die das Ministerium dann an wissenschaftliche Anstalten seines Bereichs verteilen sollte. »Die Vorzüge dieses Verfahrens liegen so offen auf der Hand, daß eine nähere Begründung … gegenüber den Mitgliedern der Kommission unnötig ist«, so Höhlbaum an die Mitglieder der Finanzkommission am 18.11.1887, HAStK, Akten GRhG 10,2. 8 Memorandum zur Kulturpflege im besetzten Gebiet vom 18.11.1920, Bayer. HStA München, Ministerium des Kultus 15557. Zit. nach Reimer, Rheinlandfrage und Rheinlandbewegung, S. 173. 9 »Nicht nur aus wissenschaftlichen, sondern auch aus vaterländischen Gründen wäre eine durch Geldmangel

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Das Verhältnis zu den staatlichen Behörden

Im »Dritten Reich« hat keine der höheren Staats- und Parteidienststellen der »Gesell­ schaft« ideelle oder materielle Förderung gewährt, wenn man von Sonderfällen wie Walter Franks »Reichsinstitut für Geschichte des neuen Deutschlands«, dem bei Kallens Bauernrechtsforschung beteiligten Reichsnährstand (Landesbauernschaft Rheinland) und der Provinzialverwaltung absieht, die seit 1933 formal ebenfalls dem staatlichen Oberpräsidenten unterstand. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg haben die Kultusministerien der preußischen Nachfolgestaaten Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, zugleich auch als Nachfolger des aufgelösten rheinischen Provinzialverbandes, der »Gesellschaft« erstmals eine fühlbare staatliche Förderung zukommen lassen, die beim Ausfall anderer Finanzierungsquellen vor allem unmittelbar nach der Währungsreform von 1948 dankbar angenommen wurde. Aus haushaltsrechtlichen Gründen vermochten sie allerdings nicht, wie zuvor die Provinz, die von der »Gesellschaft« erhofften Globalzuschüsse zu leisten, sondern haben, die neuen Landesgrenzen genau beachtend, ihre Mittel stets bestimmten landesbezogenen Publikationen zugewandt. Sehr viel enger und fruchtbarer als der Staatsregierung gegenüber hat die »Gesellschaft« zumindest in den ersten Jahrzehnten ihr Verhältnis zu den preußischen Mittelbehörden im Rheinland gestalten können. Oberpräsident von Bardeleben, der schon 1881 »von der Wichtigkeit des Unternehmens für die Provinz überzeugt« war und der Aufforderung, als Patron einzutreten, sofort Folge leistete10, hat die Arbeiten der »Gesellschaft« ebenso wie seine fünf Regierungspräsidenten11 stets unterstützt und, wenn auch vergeblich, seinen vorgesetzten Berliner Behörden empfohlen. Noch 1892 hatte Adolf Ratjens Bitte an den rheinischen Oberpräsidenten, die Landräte der Provinz auf dem Dienstweg um »energische Unterstützung« der »Gesellschaft« bei der Werbung neuer kommunaler Patrone zu ersuchen, eine Reihe neuer Anmeldungen zur Folge.12 Mit blumigen Lobesworten überreichte Joseph Hansen dem Oberpräsidenten 1894 die ersten Lieferungen des »Geschichtlichen Atlas« zum Dank für die erhaltene Unterstützung

erzwungene Einstellung der Veröffentlichungen jetzt aufs höchste zu bedauern«, heißt es in einem Rundschreiben, das die Stifter und Patrone am 27.11.1922 zur Erhöhung ihrer Beiträge aufforderte, »denn die Pflege der Geschichte der gefährdeten rheinischen Westmark ist unter den jetzigen Umständen eine ernste vaterländische Pflicht«, HAStK, Akten GRhG 6,6  ; vgl. auch den oben S. 187, Anm. 26 zitierten Briefwechsel Hansens mit dem Stifter John Max Wülfing in St. Louis / USA. 10 Oberpräsident von Bardeleben an A. Schaefer am 12.7.1881, Konzept im LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072. Von Bardeleben versprach, die Sache der »Gesellschaft« künftig »nach Kräften (zu) fördern«. 11 Zwei von ihnen, von Berlepsch (Koblenz) und von Hagemeister (Düsseldorf), waren 1891 ebenfalls Patrone der »Gesellschaft«. 12 Ratjens Eingabe vom März 1892 versäumt nicht, den Oberpräsidenten und seine Beamten auf die »höchsteigene Übernahme eines Patronats durch S.  Majestät, unseren allergnädigsten Kaiser und Herrn« (1890) hinzuweisen  ; sämtliche Landräte der Provinz erhielten gleichzeitig den letzten Jahresbericht. LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072.

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durch Katasterämter und andere Behörden.13 Als sehr hilfreich erwiesen sich die Em­ pfeh­lungsbriefe, mit denen Oberpräsident Nasse den Bearbeitern der Übersicht über den Inhalt der kleineren Archive, Armin Tille (1870–1941) und Johannes Krudewig (1877– 1937), auf Antrag Hansens 1895 und 1905 den Zugang zu den zahllosen Gemeinde- und Privatarchiven der Provinz zu erleichtern suchte.14 Für die drei Staatsarchive galt dies allerdings nicht, denn dort wussten deren Leiter, die dabei ganz als Beamte und nicht als Vorstandsmitglieder der »Gesellschaft« handelten, die beim Oberpräsidenten für Tille beantragte unbeschränkte Benutzungserlaubnis erfolgreich zu verhindern. Tille wurde, wie jeder andere Benutzer auch, auf die Benutzungsordnung für die preußischen Archive verwiesen, die immer nur zu einem bestimmten Thema die Akteneinsicht zuließ.15 Nach der Jahrhundertwende wurde das Verhältnis der »Gesellschaft« auch zu den staatlichen Mittelinstanzen zunehmend distanzierter  ; die Regierungspräsidenten übernahmen nun auch keine persönlichen Patronate mehr und unter den Oberpräsidenten sollte der Freiherr von Schorlemer-Lieser (1905–1910) der letzte Patron bleiben. Seit 1910 hatten auch die rheinischen Ober- und Regierungspräsidenten vor allem zahlungskräftige Stifter für die Berliner »Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft« zu gewinnen  ; bei dieser vom Ministerium befohlenen »Einkreisung des Edelwildes für Herrn Professor Harnack und seinen Allerhöchsten Protektor«16 hätten gleichzeitige Werbeversuche der rheinischen »Gesellschaft« nur gestört. Recht gute Beziehungen bestanden in den ersten Jahrzehnten auch zwischen der »Gesellschaft« und dem Provinzial-Schulkollegium in Koblenz. Wie schon Pertz bei den »Monumenta« und später Ranke bei den Reichstagsakten der »Münchner Historischen 13 Hansen an den Oberpräsidenten am 26.5.1894, LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072. 14 Hansen an den Oberpräsidenten Nasse am 7.5.1895. Nachdem dieser sich beim Kölner Oberbürgermeister nach der Vertrauenswürdigkeit Tilles erkundigt hatte, empfahl er den »Landräten, Bürgermeistern und sonstigen Archiv-Verwaltern« seiner Provinz am 27.5. »tunlichste Förderung« der Arbeiten Tilles »im Interesse der wissenschaftlichen Erforschung der Rheinprovinz«. Ein gleiches Schreiben für Krudewig wurde, ebenfalls auf Antrag Hansens, am 26.8.1905 erlassen. LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072 u. 14073. 15 Um Rückäußerung zu dem summarischen Antrag Tilles gebeten, die Bestände der drei rheinischen Staatsarchive generell für alle von der »Gesellschaft« geplanten Editionsvorhaben benutzen zu dürfen, antwortete Staatsarchivar Dr.  Veltmann aus Wetzlar dem Oberpräsidenten am 18.8.1895 lakonisch  : »Würde seinem Antrag entsprochen werden, so könnte der Fall eintreten, daß alle Beamten der drei K. Staatsarchive in der Rheinprovinz einzig und allein für den p[raedictus] Tille und die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde zu arbeiten hätten.« Auch Harleß befürchtete einen »nachteiligen Präzedenzfall« und die »Offen­ legung nahezu des gesamten historischen Archivinhaltes« für die »Gesellschaft« und Becker / Koblenz warnte vor dem »unberechenbaren Zeitaufwand«, den Tille als »Gesamtvertreter für alle wissenschaftlichen Unternehmungen der Gesellschaft« in den Archiven verursachen würde, LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14072. Nach der damals gültigen Benutzungsordnung vom 31.8.1867 hatten die Archivare sämtliches Material, das sie Benutzern vorlegten, zuvor persönlich auf Unbedenklichkeit zu prüfen  ; deshalb war ein thematisch genau begrenzter Benutzungsantrag erforderlich. 16 Regierungspräsident Düsseldorf an Oberpräsident Georg von Rheinbaben am 6.8.1910, LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 14065 (zit. nach Burchardt, Wissenschaftspolitik, S. 54).

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Kommission«17 war wohl auch Lamprecht 1881 der Ansicht gewesen, die von ihm geplanten Quellenveröffentlichungen würden unmittelbar dem Geschichtsunterricht der rheinischen höheren Schulen dienen können, und hatte deshalb sogar einmal an eine feste Vertretung des Schulkollegiums im Vorstand der »Gesellschaft« gedacht. 1886 übersandte er ihm die Denkschrift von 1881, sein inzwischen erschienenes »Verzeichnis der rheinischen Weistümer« (1883) und ein Heft der Westdeutschen Zeitschrift jeweils in 78 Exemplaren zur Verteilung an alle höheren Lehranstalten der Rheinprovinz.18 1892 bat Ratjen das Schulkollegium, die »idealen Zwecke der Gesellschaft« auch durch Anschaffung der Publikationen in den Schulen zu fördern, da man gerade der Lehrerschaft der höheren Schulen damit Anregung zu selbstständiger Forschungsarbeit bieten wolle, der private Kauf für den einzelnen Lehrer aber wohl zu kostspielig sei.19 Das Ersuchen wurde im Jahr darauf für die jüngsten Veröffentlichungen wiederholt. 1905 ist letztmalig von einer derartigen Eingabe die Rede20  ; danach brachen die engeren Verbindungen auch zur obersten Schulbehörde der Rheinprovinz anscheinend ab. Zu einer allgemeinen Einführung der Publikationen in den Schulunterricht hat sie sich jedenfalls ebenso wenig wie das vorgesetzte Kultusministerium bereitgefunden.

8.2 Die rheinische Provinzialverwaltung und der Landschaftsverband Rheinland

Sehr viel enger als zu den Staatsbehörden hat sich von Anfang an das Verhältnis der »Gesellschaft« zur provinzialen Selbstverwaltung, zu den rheinischen Provinzialständen und ihrer erst 1875 eingerichteten Exekutive gestaltet.21 Die Unterstützung landesgeschichtlicher Forschungen gehörte seitdem zu den gesetzlichen Aufgaben der Provinzen und wurde in anderen preußischen Landesteilen wie in Sachsen-Anhalt schon seit Jahren in 17 Schnabel, Idee und die Erscheinung, S. 22. 18 Dankschreiben des Schulkollegiums an Lamprecht vom 27.11.1886. HAStK, Akten GRhG 31,1. Nach einem Vorstandsbeschluss vom 15.12.1886 sollten auch die gedruckten Vorträge der Jahresversammlungen durch Vermittlung des Schulkollegiums an alle höheren Schulen im Rheinland verteilt werden, HAStK, Akten GRhG 10,2. 19 Ratjen an das Provinzial-Schulkollegium am 4.4.1892 u. 9.3.1893, HAStK, Akten GRhG 31,1. Das Schulkollegium empfahl die Publikationen der »Gesellschaft« daraufhin den ihm unterstellten höheren Schulen zur Anschaffung, »falls ausreichende Mittel hierzu vorhanden sein sollten«. 20 Mallinckrodt an Hansen am 9.12.1905, HAStK, Akten GRhG 10,5. Einige Patrone wie Emil vom Rath pflegten ihre privaten Freiexemplare aber auch weiterhin regelmäßig der Bibliothek ihrer alten Schule zu überlassen  ; 1909 machte der Vorstand von sich aus dem Kölner Friedrich-Wilhelm-Gymnasium neun frühere Publikationen zum Geschenk. HAStK, Akten GRhG 33,1. 21 Zur Geschichte der rheinischen Provinzialverwaltung seit 1875 vgl. insbes. Horion, Rheinische Provinzialverwaltung  ; Schmitz, Der Rheinische Provinziallandtag  ; Lademacher, Von den Provinzialständen zum Landschaftsverband.

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größerem Umfang geleistet. Aber auch in der Rheinprovinz hatte sie 1881 bereits ihre Tradition. Schon 1854 hatten die damaligen Provinzialstände Entstehung und Verkauf der beiden Urkundenbücher von Lacomblet und Beyer für den Nieder- und Mittelrhein mit mehr als 1000 Talern subventioniert und zahlten außerdem nicht unbeträchtliche Zuschüsse zu den Gehältern der Staatsarchivare und ihrer Gehilfen in Koblenz und Düsseldorf unter der Bedingung, die staatlichen Archive der Provinz für die allgemeine Benutzung zugänglich zu halten.22 Auch für den Ankauf von Archivalien und Büchern hat die Provinz den beiden staatlichen Archiven bis 1882 laufend Zuschüsse gewährt und zur Pflege der archäologischen Forschung 1876/1877 die beiden Provinzialmuseen in Bonn und Trier gegründet.23 Außer diesem Herkommen, das auf Seiten der Stände durchaus von einem gewissen Provinzpatriotismus getragen wurde, kam der »Gesellschaft« auch zugute, dass sie in den bis 1888 ständischen, danach von den Stadtverordnetenversammlungen und Kreistagen gewählten Landtagen der Provinz stets eine Reihe ihrer Patrone besaß, die sich auch in den Ausschüssen eifrig für ihre Belange einsetzen konnten.24 Der erste Unterstützungsantrag des Vorstands an den Landtag der Provinz vom 10. November 1881, der damals zum ersten großen Kompetenzkonflikt zwischen Vorstand und Gelehrtenausschuss führte, stieß allerdings noch keineswegs auf offene Türen. Zwar stellte Konstantin Höhlbaum, der ihn mit dem ihm eigenen Selbstvertrauen formuliert und in Abwesenheit des Kölner Oberbürgermeisters auch unterzeichnet hatte25, unter den idealen Zielen der »Gesellschaft« ihre Absicht, »ein volles und getreues Abbild der ruhmreichen Geschichte der Rheinlande zu schaffen«, geschickt in den Vordergrund und verwies auf die großzügigen Zahlungen der Stände in der Provinz Sachsen, »die sich in der Fülle geschichtlicher Entwicklungen und Überlieferungen mit der in unserer Provinz vorhandenen doch nicht messen kann«.26 22 Oediger, Staatsarchiv, S. 9 f. Der preußische Staat bemühte sich vergeblich, diese von der Provinz zur »Ver­ vollkommnung und Nutzbarmachung der Rheinischen Provinzialarchive« an die staatlichen Archivare gezahlten Gehaltszulagen in die eigene Kasse zu lenken, indem er sie den Empfängern auf ihre Staatsgehälter anzurechnen suchte. Hinweis des Oberpräsidenten vom 15.12.1903 in der Personalakte Reimer, LHA Koblenz, Abt. 403, Nr. 15044. 23 Vgl. die Beiträge von E. Krüger (Trier) und H. Lehner (Bonn) in  : Horion, Rheinische Provinzialverwaltung, S. 415 ff. u. 427 ff. 24 Von den Abgeordneten des 38. Landtags 1894 gehörten beispielsweise nicht weniger als 15 zu den Patronen der »Gesellschaft«  ; von den 25 Abgeordneten des Regierungsbezirks Köln waren es acht. Im Provinzialausschuss, der 13 Mitglieder hatte, saßen zwei Patrone  ; auch der Vorsitzende, Landrat a. D. Janssen aus Burtscheid, war der »Gesellschaft« sehr wohlgesinnt. Schmitz, Der Rheinische Provinziallandtag, S. 141 u. 149 ff. Erinnert sei daran, dass Lamprecht in einem seiner ersten Entwürfe den damaligen Landtagsmarschall Fürst zu Wied (im Amt 1875–1894 und 1899–1901) sogar zum Vorsitzenden der »Gesellschaft« machen wollte. 25 »Um zu erreichen, was wir wünschen, müssen wir uns, ohne unwahr zu werden, in das richtige Licht stellen«, so formulierte Höhlbaum bei dieser Gelegenheit das klassische Prinzip aller Unterstützungsanträge der »Gesellschaft«. An Schaefer 18.11.1881, HAStK, Akten GRhG 31,2. 26 Gesuch an die Provinzialverwaltung vom 10.11.1881, HAStK, Akten GRhG 31,2.

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Indes beging er den taktischen Fehler, weder eine genaue Kostenübersicht der geplanten Veröffentlichungen noch eine Befürwortung durch den Provinzialverwaltungsrat, das Exekutivorgan der Stände, beizufügen. So stand die Sache im Landtag für die »Gesellschaft« zunächst wenig günstig und nur dem Eifer des Remscheider Kommerzienrats Friederichs und des Grafen Wilhelm von Mirbach-Harff, beide Patrone der »Gesellschaft«, war es zu verdanken, dass der Landtag statt der zunächst bewilligten 300 Mark doch noch eine ansehnliche Beihilfe von jeweils 1000 Mark für die nächsten zwei Jahre beschloss  ; dies sei »das äußerste gewesen, was von den Abgeordneten zu erlangen« war.27 Einen ähnlichen Antrag an die westfälischen Stände, den die »Gesellschaft« in Anbetracht ihrer ursprünglich rheinisch-westfälischen Zielsetzung ebenfalls stellen wollte, hat sie daraufhin gar nicht erst formuliert, nachdem eine private Voranfrage ergab, dass mit einer Bewilligung, nicht zuletzt infolge der westfälisch-rheinischen Rivalität, nicht zu rechnen war.28 1883 beantragten Vorstand und Gelehrtenausschuss nunmehr gemeinsam, den Provinzialzuschuss für die nächsten Jahre auf je 3000 Mark zu erhöhen. Diesmal enthielt das Gesuch neben einer ausführlichen Darstellung des wissenschaftlichen Programms auch deutliche Hinweise auf die freigegebenen Mittel, die das Großherzogturn Baden seiner eben nach rheinischem Vorbild gegründeten Historischen Kommission zur Verfügung stellte.29 Aber erst für 1886 bewilligten die rheinischen Stände erstmals einen Jahresbeitrag von 3000 Mark. Für Georg von Belows dreibändige »Landständische Verfassung in Jülich und Berg« (1885–1890), in der sie mit Stolz ein Stück ihrer eigenen Vorgeschichte erblickten, gewährten sie gleichzeitig eine zusätzliche Subvention von 2000 Mark.30 Auch an diesen Bewilligungen hatten in erster Linie wieder die im Landtag sitzenden Patrone mitgewirkt.31 Die nachhaltigste Verbesserung der Beziehungen zur Provinz bewirkte jedoch die Satzungsänderung von 1886, die den Ständen ähnlich wie dem Staatsministerium ein Vertretungsrecht im Vorstand einräumte. Anders als die Regierung machten die Stände von diesem Recht sofort Gebrauch. Mit der Entsendung ihres Vize-Landtagsmarschalls Friedrich Freiherr von Solemacher-Antweiler zeigten sie erneut ihre Wertschätzung der »Gesellschaft«, die inzwischen ja auch ihre ersten Veröffentlichungen vorgelegt hatte. Der 27 Harleß an Schaefer am 2.12.1881 nach dem Bericht von Friederichs, HAStK, Akten GRhG 31,2. 28 Landtagsmarschall Freiherr von Landsberg begründete die zu erwartende Ablehnung gegenüber dem Vermittler, dem Schaefer-Schüler und westfälischen Archivar Philippi, allerdings mit den hohen Ausgaben, die der Provinz für das geplante westfälische Provinzialmuseum entstehen würden  ; das Übrige war eine Vermutung Philippis. Philippi an Schaefer, Münster 21.1.1882, HAStK, Akten GRhG 32,1. 29 »Die Rheinprovinz wird dagegen nicht zurückstehen dürfen«, schloss das Gesuch, das JbGRhG 3 (1883), S. 25 ff. im Wortlaut wiedergibt. 30 Beschluss des Provinzialverwaltungsrats vom 11.12.1885 und Mitteilung des Landesdirektors Klein vom 13.11.1885, ALVR, KultPv 3696. 31 »Es macht mir Freude, daß ich unter meinen Kollegen auf dem Provinziallandtag so viel Anerkennung für Ihren Verein constatieren und an der reichen Dotation mitwirken konnte«, schrieb der eben in den Vorstand gewählte Patron Kommerzienrat Wegeler aus Koblenz am 14.12.1885 an Höhlbaum, HAStK, Akten GRhG 11,1.

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geschichtsbewusste Baron, der 1888 auch Vorsitzender des Provinzialausschusses wurde und auf Bitten der »Gesellschaft« auch nach Niederlegung dieses Amtes bis zu seinem Tod 1906 im Vorstand verblieb32, hatte sich seitdem nach den Worten Höhlbaums stets als »beredter Anwalt unserer wissenschaftlichen Interessen im Provinzialausschuss und Provinziallandtag«33, keineswegs aber wie einige seiner Nachfolger als Kommissar der Provinzialverwaltung bei der »Gesellschaft« gefühlt und ihre Arbeiten auch durch die Hergabe historischen Quellenmaterials aus seinem Privatbesitz gefördert.34 Auch die finanziellen Früchte dieses guten Verhältnisses reiften sehr bald. 1887 bewilligten die Stände zusätzlich zu ihrem allgemeinen Jahresbeitrag von 3000 Mark noch einmal so viel für die Herausgabe eines umfassenden »Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz«, den Hugo Loersch im Auftrag der »Wissenschaftlichen Kommission für die Rheinischen Provinzialmuseen« im Jahr zuvor angeregt hatte.35 In diesem großen Werk, dessen Herstellung entgegen den ursprünglichen Erwartungen viele Jahrzehnte beanspruchen sollte, hat die Provinz stets ein bevorzugtes Objekt ihrer Fürsorge gesehen und ihre jährlichen Subventionen dafür bis 1917 schrittweise auf 8000 Mark erhöht. Außerdem übertrug die Provinz der »Gesellschaft« 1887 die Herstellung eines Verzeichnisses aller rheinischen Bau- und Kunstdenkmäler, wie es im Auftrag des Kultusministeriums in allen preußischen Provinzen aufzustellen war. Zu diesem Zweck bildete die »Gesellschaft« allerdings eine besondere Kommission  ; die Kosten hierfür liefen über einen getrennten, in voller Höhe von der Provinz getragenen Etat. Mit einer Jahressubvention von 6000 Mark (einschließlich Atlas, aber ohne Kunstdenkmäler) an die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« stand die Rheinprovinz 1899 nach Sachsen-Anhalt bereits an zweiter Stelle unter den entsprechenden Leistungen aller preußischen Provinzen (Tabelle  8). Der Höhe dieser Förderung und vor allem die Reibungslosigkeit, mit der sie nach anfänglichen Schwierigkeiten nach 1887 immer wieder gewährt worden ist, verdankt die »Gesellschaft« neben dem Freiherrn von Solemacher und seinem Nachfolger im Vorstand, dem Grafen Gisbert von Fürstenberg-Stammheim, vor allem der Hilfsbereitschaft des Landesdirektors Wilhelm Klein (1883–1903) und des Landeshauptmanns Ludwig von Renvers (1903–1921) sowie des lange Jahre zuständigen Landesrats Alois Fritzen.36 1909 konnte mit weiteren Geldern 32 Beschluss des Provinzialausschusses vom 25./26.7.1893 auf Ersuchen des Vorstands, der »größten Wert« darauf legte, den Freiherrn weiterhin als Provinzialvertreter in seiner Mitte zu sehen. Hansen an den Provinzialausschuss am 21.7.1893, HAStK, Akten GRhG 31,2. 33 Beileidsschreiben Hansen an Freifrau von Solemacher vom 9.10.1906, HAStK, Akten GRhG 31,2. 34 Vgl. dazu oben S. 122–123. 35 Denkschrift Loerschs vom 25.11.1886, ALVR, KultPv 11032. Eine allerdings um wichtige Programmpunkte gekürzte Fassung ist auch in den Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln 13 (1887), S. 95–99, und als Separatdruck der »Gesellschaft« erschienen. 36 Dr. Wilhelm Klein (1837–1903) war 1883–1897 Landesdirektor und nach Änderung seines Titels bis 1903 Landeshauptmann der Rheinprovinz. Über seinen Nachfolger Ludwig von Renvers (geb. 1855, 1901–1903 Regierungspräsident in Arnsberg, seit 1908 Vertreter der Provinz im Vorstand der GRhG und rechtskundi-

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der Provinz auch eine zweite, kulturhistorisch-siedlungsgeschichtliche Abteilung des Atlas begonnen werden, und 1914 bewilligte der Provinzialausschuss als letztes großes Vorkriegsprojekt eine umfassende Inventarisierung ehemals rheinischer Archivalien in Archiven außerhalb der Rheinprovinz. Der bald darauf ausbrechende Krieg hat seine Verwirklichung, für die die Mittel bereits genehmigt waren, unmöglich gemacht. Tabelle 8: Aufwendungen der preußischen Provinzen zur Unterstützung historischer Vereine (Stand Sommer 1899) jährl. Zuwendungen in Mark 1. »Verein für Geschichte von Ost- und Westpreußen« a) von der Provinz Ostpreußen b) von der Provinz Westpreußen

400,– 300,–

2. »Westpreußischer Geschichtsverein in Danzig« von der Provinz Westpreußen

700,–

1000,–

3. »Historische Gesellschaft für die Provinz Posen«

800,–

4. »Schlesische Gesellschaft für Vaterländische Kultur« in Breslau

3000,–

5. In Pommern haben die Prov(inzial)-Stände für die Fortsetzung des Pommerschen Urkundenbuches ab 1.4.1896 auf 6 Jahre bewilligt je

500,–

6. »Verein für Geschichte der Mark Brandenburg« von den Ständen der Provinz ab 1.4.1899 außerdem

1000,– 1500,–

7. »Historische Kommission für die Provinz Sachsen« erhält jährlich für die Herausgabe der Geschichtsquellen für das Provinzialmuseum für andere Zwecke

5000,– 5000,– 4500,–

14.500,–

8. »Provinzialverein für Wissenschaft und Kunst in Westfalen« jährlich dazu seit 1895 f.d. Beschleunigung des Urkundenbuches jährlich

3000,– 1500,–

4500,–

3000,– (3000,–)

6000,–

9. Rheinische »Gesellschaft« von der Provinz dazu besondere Bewilligungen für den »Historischen Atlas«

2500,–

10. »Historischer Verein für Niedersachsen« jährlich von der Provinz (Hannover)

3000,–

11. »Historische Kommission für Hessen und Waldeck« vom Kommunallandtag des Regierungsbezirks Kassel jährlich

1000,–

12. »Historische Kommission für Nassau« vom Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden jährlich

1000,–

Quelle: Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, Nr. 7/8 (Juli / August) 1899 nach einer Zusammenstellung der Generaldirektion der Preußischen Staatsarchive. Die Angabe für den Historischen Atlas unter 9) wurde vom Verfasser ergänzt.

ges Mitglied der Kgl. Akademie der Künste in Berlin) vgl. Lüdicke, Die preußischen Kultusminister, S. 93  ; über Fritzen oben S. 161.

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Durch den Rückgang der ehemals stolzen Zahl privater Patrone wurde die Provinzialverwaltung – nicht mehr der Landtag selbst, der den Etatvorschlägen der Verwaltung nur noch zu folgen pflegte – seit 1918 immer mehr zur »finanziellen Hauptstütze« der »Gesellschaft« (Busley). Bis zum Beginn der Hochinflation (1923) blieben ihre ­Zuschüsse, die zuletzt bei 11.000 Mark jährlich lagen, trotz schleichender Geldentwertung eine große Hilfe. Nach der Währungsreform von 1924 und noch einmal während der Weltwirtschaftskrise erwies sich die Provinz jedoch geradezu als Lebensretterin der »Gesellschaft«. Dieser kam dabei ungeachtet ihres entschieden wissenschaftlichen Profils zweifelsohne entgegen, dass der Provinzialverband Mitte der 1920er Jahre verstärkt Mittel zur Unterstützung der historisch affinen Heimatverbände aufbrachte.37 Zwar musste auch sie ihre Beiträge, die noch für 1930 auf 9000 Mark erhöht worden waren, bis 1933 schrittweise auf etwas mehr als die Hälfte kürzen, doch war das noch immer doppelt so viel wie die gleichzeitigen Patronatsbeiträge ohne den der Stadt Köln, die sich damals als zweite Nothelferin zeigte. Wenn Gerhard Kallen dem verstorbenen Landeshauptmann Johannes Horion (1876–1933, im Amt 1921–1933) in seiner Trauerrede nachrühmte, nie sei die Zusammenarbeit mit der Provinz enger gewesen als unter seiner Verwaltung38, so übertrieb er damit nicht. Wesentlich zu diesem guten Verhältnis hatte allerdings auch die enge Freundschaft beigetragen, die den Vorsitzenden der »Gesellschaft« mit dem Kunsthistoriker Josef Busley verband, der Horion in seiner Funktion als Provinzialreferent seit 1927 vertrat. Busley sollte als erster fachkundiger Gesprächspartner aufseiten der Provinz in der Tat weit mehr als seine juristischen Vorgänger Einfluss auf die personelle Organisation und das wissenschaftliche Programm der »Gesellschaft« nehmen können. Schon Busley und Horion hatten ja in den Grundzügen das Konzept einer Zusammenfassung aller landesgeschichtlich tätigen Kräfte unter Führung der »Gesellschaft« mit der Provinzialverwaltung im Hintergrund entwickelt, das erst 1934/1935 unter anderen politischen Vorzeichen verwirklicht wurde und auch eine Wiederbelebung der 1913 eingegangenen »Westdeutschen Zeitschrift« enthielt.39 Während der Wirtschaftskrise konnte von diesem Programm allerdings nicht sehr viel ausgeführt werden. Immerhin wurde die »Ge37 Anders als im Falle Westfalens (vgl. insbes. Ditt, Raum und Volkstum) ist die Kulturpolitik des rheinischen Provinzialverbandes bislang noch nicht systematisch erforscht worden. Vgl. die Skizze von Mölich, Rahmenbedingungen (dort Verweise auf die Literatur). Einzelaspekte im rezenten Sammelband zu einer 2018 vom LVR durchgeführten Tagung zur »Kulturpolitik der Rheinischen Provinzialverwaltung« (darin u. a. der instruktive Beitrag im Kontext der Universität Bonn von Rönz, Zwischen Kooperation und Expansion). 38 ALVR, KultPv 11016, S. 122–125. Vor allem Clemen drängte Kallen damals, Horions Bedeutung in Anbetracht der »jetzigen schwankenden Stimmung« (Horion starb am 19.2.1933) eingehend zu würdigen  ; er sei »vielleicht nicht eigentlich ein im letzten Sinne künstlerisch empfindender Mensch«, aber aus symbolischen und pädagogischen Gründen ein vielfältiger Förderer der rheinischen Denkmäler und Museen gewesen (6.3.1933, HAStK, Akten GRhG 31,3). Vgl. Clemen, Johannes Horion †. 39 Die Gesellschaft habe es »seit Jahren versäumt«, auf Horions Pläne und Ideen in dieser Richtung einzugehen, klagte Busley Kuphal gegenüber (Niederschrift Busleys 2.7.1932, ALVR, KultPv 11016). Als Ersatz für die »Westdeutsche Zeitschrift« war immerhin, allerdings auf einer populärwissenschaftlichen Ebene, 1929 das

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sellschaft« schon 1929 zur Generalgutachterin für alle historischen Veröffentlichungen bestimmt, für die eine Unterstützung bei der Provinz beantragt worden war.40 Auch die jährlichen Tätigkeitsberichte, die die Provinzialverwaltung seit 1931 vom Vorsitzenden der »Gesellschaft« verlangte41, und die früher nicht üblich gewesene Vorberatung aller Vorstandsfragen zwischen dem Vorsitzenden und dem Vertreter der Provinz gewährten dem Letzteren einen tieferen Einblick in alle Vorgänge der »Gesellschaft«, als ihn seine Vorgänger jemals besessen hatten. Busleys Nachfolger Hans Joachim Apffelstaedt erhielt vom neuen Landeshauptmann Heinz Haake gegenüber den rheinischen Geschichtsvereinen weitgehend freie Hand. Er sollte die Politik seines Vorgängers nach 1933 noch zielbewusster, in noch engerer Anlehnung der »Gesellschaft« an die Provinz und mit erheblich größeren Geldmitteln fortführen. Die von Apffelstaedt durchgesetzte Straffung des wissenschaftlichen Programms seit 1935, seine Anpassung an die »Erfordernisse der neuen Zeit« und die schon von Horion und Busley geplante Gründung der »Arbeitsgemeinschaft rheinischer Geschichtsvereine« unter ihrer Führung (1935) ließen die »Gesellschaft« mehr denn je zu einem Instrument der provinzialen Kulturpolitik werden, das seine Selbstbestimmung nur noch in Grenzen aufrechterhielt. 1938 zahlte die Provinz mit 10.000 RM allgemeinen Mitteln und je 3000 RM für den Atlas und die neu hinzugekommenen »Quellen zur Geschichte des rheinischen Bauern­ tums« insgesamt mehr als das Vierfache aller übrigen Patronatsbeiträge und genoss dafür ein wesentliches Mitspracherecht in allen wichtigen Fragen der »Gesellschaft« bis hin zum Bestätigungsrecht bei der Wahl ihres Vorsitzenden. Wenn dieser in seiner umfangreichen Korrespondenz mit dem Kulturreferenten der Provinz in Anlehnung an den 1936 geschlossenen deutsch-italienischen Beistandspakt einmal von einer »Achse« Köln – Düsseldorf sprach42, so bezeichnete dies die persönlichen wie die institutionellen Verhältnisse recht genau. Maßgebend für die Politik der »Gesellschaft« war jetzt nicht mehr das alte Gleichgewicht zwischen Wissenschaftlern, privaten Patronen und den Vertretern der Städte, sondern die vom Vorsitzenden unterstützte, weitgehend von Apffelstaedt persönlich »Nachrichtenblatt für Rheinische Heimatpflege« als zentrales Organ der provinzialen Geschichts- und Denkmalpflege entstanden. 40 Ein Gutachten der »Gesellschaft« sollte in Zukunft »grundsätzlich« Vorbedingung für die Bearbeitung solcher Unterstützungsanträge sein  ; der Landeshauptmann erblickte darin »ein gewisses Entgegenkommen« der »Gesellschaft« für die hohen Subventionen, die sie selbst empfing. Besprechung Busleys und Kallens am 17.3.1929, Niederschrift Busleys vom 25.3.1929 in ALVR, KultPv 3698. 41 Busley an Kallen 29.1.1931, ALVR, KultPv 11016. Diese Berichte sollten zunächst als Grundlage der von Horion gewünschten »systematischen Berichterstattung« über die kulturelle Tätigkeit der Provinz im »Nachrichtenblatt« und zur Unterrichtung der Abgeordneten des Landtags dienen. Sie wurden aber auch noch erstattet, als es – nach 1933 – keinen Provinziallandtag mehr gab. 42 Kallen an Apffelstaedt am 18.3.1938, ALVR, KultPv 11016.

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geformte Kulturpolitik der Provinz, zu der auch die in ihren Ämtern sehr rasch wechselnden und an der Arbeit der »Gesellschaft« zudem nur wenig interessierten NS-Oberbürgermeister der rheinischen Städte im Beirat kein Gegengewicht mehr bilden konnten. Erst im vorletzten Kriegsjahr kam diese Zusammenarbeit zum Erliegen, da 1943 außer Apffelstaedt auch sein engster Mitarbeiter und Geschäftsführer der »Arbeitsgemeinschaft rheinischer Geschichtsvereine«, Landesoberverwaltungsrat Hans Kornfeld43, zur Wehrmacht eingezogen wurde, so dass die Provinzialverwaltung ihre Geschäfte nur noch »rein verwaltungsmäßig« weiterführen konnte.44 Nach der Niederlage von 1945 und der Auflösung des alten Provinzialverbandes konnte sich die »Gesellschaft« seit 1946 nur noch an das neue Kultusministerium in Düs­seldorf wenden, das den regionalen Belangen allerdings mehr Verständnis entgegenbrachte als die frühere Berliner Zentralinstanz. Erst nach der Neubegründung des »Landschaftsverbands Rheinland« im Oktober 1953 besaß die »Gesellschaft« wieder einen Förderer, der die Pflege des rheinischen – nicht nordrhein-westfälischen – Kulturlebens zu seinen wichtigsten Aufgaben zählte. Obwohl die Zuschüsse des Landschaftsverbandes an die »Gesellschaft« bald wesentlich höher lagen als vor dem Krieg – 1974/1975 erreichten sie mit jeweils 40.000 DM ihren im Betrachtungszeitraum bisherigen Höhepunkt  –, ergaben sich doch früher unbekannte Schwierigkeiten aus der nunmehrigen Projektgebundenheit aller Zuschüsse und der jährlichen Neufestsetzung des Haushalts, mit der die langfristigen Planungen der »Gesellschaft« schwer zu vereinbaren waren. Auch ihre herausgehobene Stellung unter den rheinischen Geschichtsvereinen blieb nun nicht mehr so unangefochten wie zuvor. 1961 meinte der Vorstand anlässlich einer Kürzung der Zuschüsse des Landschaftsverbands Grund zu haben, dort den »Mißstand« zu beklagen, »daß durch die Berücksichtigung der vielen kleinen Vereine die Arbeit der ›Gesellschaft‹ als der vornehmsten und wichtigsten landesgeschichtlichen Institution zu kurz« komme.45 Auch darin lässt sich wohl ein Zurücktreten des wissenschaftlichen Eli43 Dr. Hans Kornfeld (1904–1978), Kunsthistoriker, war seit 1931 Busleys Vertreter in der Kulturabteilung der Provinzialverwaltung und wurde 1933 in gleicher Eigenschaft der engste Mitarbeiter Apffelstaedts. 1935 wurde er Geschäftsführer und Leiter des Vortragsamtes der »Arbeitsgemeinschaft rheinischer Geschichtsvereine«, 1936 Schriftführer und stellvertretender Vorsitzender des »Rheinischen Vereins«, der ihn 1964 zum Ehrenmitglied ernannte, und 1940 Reichsgeschäftsführer des Deutschen Heimatbundes. Sein Verhältnis zu Busley war offenbar durch Ehrgeiz gespannt (Nachlass Busley im LAV NRW Abt. R, RWN 199, Aufzeichnung vom 3.5.1931), zu Kallen und Apffelstaedt dagegen anscheinend reibungslos. Vgl. Ruland, Kleine Chronik, u. a. S. 31  ; Wiemer, Verein im Wandel der Zeit, u. a. S. 114. 44 »Initiativen aus Düsseldorf werden ja kaum noch möglich sein«, so schrieb »Soldat Hans Kornfeld« am 1.4.1943 an Kallen  ; »jetzt heißt es kurz treten und statt mit Kopf und Feder mit der Waffe in der Hand für die Heimat eintreten«. Die Geschäfte führte indessen der Archivar Dr.  Carl Wilkes von der Archivberatungsstelle weiter, den Apffelstaedt trotz seiner katholischen Überzeugungen in Frontstellung gegen das Amt Rosenberg im Dienst behalten hatte. Über Wilkes (1895–1954), der nach Pensionierung seines Vorgängers Wilhelm Kisky 1950 auch die Leitung der Archivberatungsstelle übernahm, vgl. Oediger, Carl Wilkes. 45 Vorstandsbeschluss 31.10.1961, LAV NRW Abt. R, Dienstreg. G I,2.

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Die rheinische Provinzialverwaltung und der Landschaftsverband Rheinland

tedenkens zugunsten einer gewissen Demokratisierung der Geschichtspflege im Rheinland nach 1945 erkennen.46 Während die großen historischen Publikumsvereine ihre Unterstützungsgesuche früher gerade mit dem Hinweis auf die weit größeren Summen begründeten, die die »Gesellschaft« erhielt47, argumentierte diese zuletzt eher umgekehrt und verwies auf die lange geübte Praxis. Doch auch hier hat sich inzwischen ein Gleichgewicht der Subventionen herausgebildet, bei dem der Landschaftsverband nicht so sehr von einer Konkurrenz der geschichtspflegenden Vereine als von einer sinnvollen Aufgabenteilung zwischen Lokalforschung und volkstümlicher Geschichtspflege einerseits und der Edition wissenschaftlich aufbereiteten Quellenmaterials andererseits auszugehen hat. An der herausragenden Rolle der landschaftlichen Selbstverwaltung als auf die Dauer wichtigster Geldgeber hat sich trotz einiger namhafter Stiftungen von privater Seite langfristig nichts geändert.

46 Tatsächlich machten die den übrigen Geschichtsvereinen vor 1945 gewährten Beiträge der Provinz nur einen Bruchteil der gleichzeitig an die »Gesellschaft« gezahlten Summen aus. Nach einer Aufstellung der Provinzialverwaltung vom 16.11.1945 wurden in den vorhergegangenen Jahren durchschnittlich an historische Vereine gezahlt  : »Aachener«, »Bergischer«, »Düsseldorfer«, »Kölnischer Geschichtsverein« sowie »Arbeitsgemeinschaft rheinischer Geschichtsvereine« je 500 RM, »Historischer Verein für den Niederrhein« 250 RM, »Monschauer Geschichtsverein« und »Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde« je 200 RM. Die GRhG hatte in der gleichen Zeit durchschnittlich 10.000 RM jährlich erhalten. ALVR, KultPv 11017. 47 »Gerade mit Rücksicht auf … die reichlichen Mittel, die der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde durch die Provinz gewährt werden, glauben wir aus Billigkeitsgründen einen gleichen, wenn auch bescheideneren Anspruch erheben zu können«, argumentierte der Vorsitzende des »Historischen Vereins für den Niederrhein«, Heinrich Schrörs, am 4.12.1919 gegenüber dem Landeshauptmann, ALVR, KultPv 3700. Mit einem ähnlichen Hinweis hatte der »Düsseldorfer Geschichtsverein« schon 1893 die Unterstützung der Provinz zur Herausgabe einiger Urkundenbücher beantragt.

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Die »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« war im Jahr ihrer Gründung 1881 keineswegs die älteste unter den im Laufe des späteren 19. Jahrhunderts in Deutschland entstandenen historischen Kommissionen und Gesellschaften. Ihre nicht in staatlicher oder provinzialer, sondern vielmehr in privater Initiative erfolgte Einrichtung unter der Ägide des Kölner Industriellen Gustav (ab 1884 »von«) Mevissen stellte damals allerdings ein ausgesprochenes Novum dar. Die »Gesellschaft« konnte infolgedessen andere Wege als vergleichbare landesgeschichtliche Einrichtungen einschlagen. Als Assoziation von Privatiers aus Bürgertum und Adel und »gelehrten« Wissenschaftlern, die sich durch die Zuneigung zur Geschichte der »Rheinlande« verbunden sahen, war sie eine vielschichtige soziale Vereinigung. Diese beiden Umstände und das leitende Interesse an der regionalen Wissenschaftsgeschichte ließen es reizvoll und auch lohnenswert erscheinen, die ersten 100 Jahre der »Gesellschaft« vorrangig im institutionellen Rahmen nachzuzeichnen. Die »Gesellschaft« vereinigte Stifter und Patrone, mehrheitlich Kaufleute und Industrielle aus Köln und dem gesamten Rheinland, kommunale Vertreter, Standespersonen des rheinischen Landadels und Angehörige der Kirchen (ungeachtet der von der »Gesellschaft« gewahrten Konfessionsneutralität vor allem der katholischen). Stifter und Patrone konnten aus eigenen Stücken beitreten, womit sie sich als Geldgeber zu verpflichten hatten. Wissenschaftliche Mitglieder kamen nur durch Zuwahl hinzu. Vor allem die Kölner Universitätsgründung 1919 setzte hier einen erheblichen personellen Schub frei, der nicht zuletzt auch auf die Bestellung des Vorstands wirkte. Anders als bei Geschichtsvereinen mit freiem Beitritt wurden – die Patrone ausgenommen – keine laufenden Jahresbeiträge erhoben. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahmen zunehmend auch Mitglieder, also in der Regel Historiker selbst, Patronate. Im Rückblick kann man es nur begrüßen, dass nun mehr und mehr Personen auch von außerhalb der Hochschulen zur »Gesellschaft« zugelassen wurden, unter ihnen vor allem Archiv- und Museumsangestellte, Lehrerinnen und Lehrer und teils auch freie Historikerinnen und Historiker. Was die Tätigkeiten der »Gesellschaft« seit ihrer Gründungszeit anbetraf, so folgte sie nach außen hin konventionellen Formen  : Das Vorbild war die 1819 durch den Freiherrn vom Stein gegründete »Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde« (bald darauf »Monumenta Germaniae Historica« [MGH]), die sich der Aufgabe verschrieben hatte, schriftliche Quellen zur ›vaterländischen‹ deutschen Geschichte zu identifizieren und im Druck zu veröffentlichen. Damit wurden bedeutende, teils sich über Jahrzehnte erstreckende Publikationen initiiert, wobei die kollaborativen Projekte von jeweils eigenen Vorstandskommissionen begleitet wurden. Galt somit im Sinne der klassischen Quellenkritik auch für die »Gesellschaft« die Arbeit an den Überlieferungen als das Maß aller Dinge, so ist doch eine Einschränkung zu 251

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machen  : Der Vorstand hat sich nämlich immer wieder dazu entschlossen, auch Darstellungen in die Reihe der »Publikationen« aufzunehmen, ohne diese als solche auszuweisen. Erwähnt seien die Archivübersichten ab 1899, Max Bärs 1919 erschienene Darstellung zur »Behördenverfassung der Rheinprovinz seit 1815« oder die »Geschichte der evangelischen Gesangbücher vom Niederrhein im 16.–18. Jahrhundert« von ­Walter Hollweg von 1923. Das 1928 begründete »Rheinische Wörterbuch« wurde in den »Jahresberichten« dagegen unter »Besondere Veröffentlichungen« geführt. Eine Reihe »Vorträge« entstand erst 1931, blieb aber dem Wortsinn nach den bis 1981 insgesamt 21 Reden bei der »Gesellschaft« vorbehalten. Eine nennenswerte Resonanz vernahmen sie aber nicht. Ganz anders dagegen die 1961 ins Leben gerufenen »Rheinischen Lebensbilder«, die sich bis heute eines hohen Zuspruchs erfreuen. Eine konsistente Unterscheidung von »Quelle« und »Kommentar« im Rahmen der »Publikationen« erfolgte aber erst in der neuen Publikationsreihe, in der das vorliegende Buch den Auftakt bildet. Während das große Vorbild, die »MGH«, in ihrer Gründungszeit unter dem unmittelbaren Eindruck der dramatischen herrschaftlichen, sozialen, kulturellen und intellektuellen Folgen der Französischen Revolution für das damalige Deutschland entstanden war, bestanden vergleichbare krisenhafte Umstände im Falle der mehr als 60 Jahre später gegründeten »Gesellschaft« nicht. Dem Industriellen Mevissen, einem Bildungsbürger mit ausgeprägtem historischem Interesse, stand sicherlich keine Programmatik vor Augen, als er sich Ende des Jahres 1879 anschickte, den erneuten Versuch zur Gründung einer historischen Gesellschaft zu unternehmen. Gut zehn Jahre zuvor war er damit schon einmal gescheitert, nachdem der ihm persönlich nahestehende Bonner Professor Heinrich von Sybel offenbar das Interesse an den aufwendigen Planungen verloren hatte. In den Augen Mevissens rechtfertigte sich die Schaffung einer historischen Dachorganisation im Rheinland durch die rapide Veränderung der natürlichen wie der kulturellen Landschaften infolge von Industrialisierung, Eisenbahnbau und Zuwanderung. All dies erfordere die Rückbesinnung auf die eigene Geschichte. Gewiss war Mevissen als prominenter Vertreter des so genannten »rheinischen Liberalismus« bis ins hohe Alter ein Kritiker des preußischen Staats. Seine Hochschätzung der Landesgeschichte lässt aber nicht deshalb schon auf den Vorsatz schließen, einem wie auch immer begründeten Autonomieanspruch oder gar einem antipreußischen oder antinationalen Impuls Ausdruck zu verleihen. Mindestens so abwegig wäre es, Mevissen oder anderen Industriellen im Umkreis der »Gesellschaft« antimodernistische Überzeugungen und den Wunsch nach emotionaler Rückkehr in eine für intakt gehaltene Vormoderne zu attestieren  : Schließlich gehörte er selbst zu den einflussreichsten ›Industriekapitänen‹ seiner Zeit. Vielmehr war Mevissen ein kulturell aufgeschlossener Zeitgenosse. Sein Bildungsoptimismus wurde sicher dadurch beflügelt, dass er selbst in Folge seiner Zuwendung zum Erwerbsleben auf eine akademische Ausbildung hatte verzichten müssen. Zudem erhöhte das Engagement als Förderer der Wissenschaften und Unterstützer karitativer Einrichtungen auch das Prestige des 1881 längst arrivierten Industriellen, dem wenige Jahre später durch die 252

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Erhebung in den preußischen Adelsstand und die Verleihung von Ehrendoktorwürden in Bonn hohe Ehrungen zuteilwerden sollten. Nach alledem kann nicht verwundern, dass der eigenwillige Wissenschaftsmäzen die Konzeption der »Gesellschaft« nicht wieder in die Hände der honorablen Geschichtsprofessoren an der damals einzigen rheinischen Universität in Bonn legte, auch wenn diese künftig zusammen mit den Leitern der großen rheinischen Archive sowie den Stiftern und Patronen im Vorstand vertreten sein sollten. Sie wurde vielmehr maßgeblich von dem jungen, soeben erst habilitierten Privatdozenten Karl Lamprecht entwickelt. Die Bedeutung Lamprechts als Organisator ist jener Mevissens als Impulsgeber gleichzusetzen  : Lamprechts Vorstellungen vom Vorrang der »materiellen Kultur« gegenüber der rein politischen Historiographie wurden zwar von seinen Fachkollegen in den nachfolgenden Jahren überaus kritisch kommentiert. Sie passten aber zu den Vorstellungen seines Förderers, in dessen Gesichtskreis praktische Manifestationen der Geschichte den stärksten Eindruck hinterließen. Es war deshalb kein Zufall, dass die Idee einer dem Anspruch nach pragmatisch orientierten Forschungsstätte gerade im Rheinland entstand, das mit Westfalen die Industrialisierung teilte, aber einen höheren Anteil der unternehmerischen Eliten des Ruhrgebiets beheimatete. Neuartig an ihr war auch, dass »Patrone« im Verbund mit den größeren Städten nicht nur die nötigen Gelder zur Verfügung stellten, sondern als solche oder als »Stifter« auch Sitz und Stimme im Vorstand erhielten. Sie konnten damit gemeinsam mit den Fachhistorikern und vereinzelt auch Fachhistorikerinnen über die wissenschaftlichen Arbeiten und Publikationen entscheiden. Die Vermutung, dass sich dieses akademische ›Geschäftsprinzip‹ nach Mustern der US-amerikanischen Wissenschaftsförderung richtete, liegt zwar nahe, lässt sich aus den Quellen aber nicht belegen. Neben dem Großbürgertum und den Städten bzw. Stadtverordnetenversammlungen, die zu einem Patronat aufgefordert wurden, spielte von Anfang auch der rheinische Adel eine wichtige Rolle. Daher ist die Bearbeitung und Publikation mittelalterlicher Quellen, die das Selbstverständnis der altadligen Mitglieder der »Gesellschaft« berührten (darunter Urkunden, Chroniken, Weistümer u. a. m.), sicher als ein Zugeständnis an diese Klientel zu werten. Damit lag man auf einer Linie mit den Gepflogenheiten der etablierten, größtenteils vereinsmäßig betriebenen Landesgeschichte, deren Fokus noch sehr lange fast ausschließlich auf das Mittelalter, allenfalls noch die Frühe Neuzeit gerichtet war. Indes ist es unverkennbar, dass auch die mittelalterlichen Quelleneditionen eine Tendenz zur gegenständlichen oder Realgeschichte aufwiesen. Die Stadtgeschichte Kölns, die die Reihe der »Publikationen« anhand der Edition der Schreinsurkunden 1884 starten ließ und gleichzeitig eine Unterreihe »Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der Stadt Köln« begründete, nahm dabei den vordersten Rang ein. Zu nennen sind hier das »Buch Weinsberg«, die »Kölner Zunfturkunden«, die Quellen zum »Buchdruck« und »Handel« Kölns, und – eine ausgesprochene Besonderheit – das 1920 erschienene »Grundbuch des Kölner Judenviertels«. Ab 1907 zog die »Gesellschaft« mit den »Quellen 253

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zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte« nach. Nicht zu übersehen sind daneben die Quellen zur Geschichte des ländlichen Raums (so die »Rheinischen Urbare« ab 1902), außerdem die Editionen zur Kirchen- und Kunstgeschichte, insbesondere die 2001 abgeschlossenen »Regesten der Erzbischöfe von Köln im Mittelalter«, die dem vollen Wortsinne nach ein Jahrhundertunternehmen darstellten. Selbstverständlich lag auch der herrschaftlich-territoriale Bereich im Fokus der »Gesellschaft« – erwähnt sei allein der 1894 aufgenommene »Geschichtliche Atlas der Rheinprovinz«, der genau 100 Jahre nach Gründung der »Gesellschaft« mit dem »Geschichtlichen Atlas der Rheinlande« auf eine neue, methodisch komplexere Grundlage gestellt werden sollte. Neben den eigenständigen Veröffentlichungen der »Gesellschaft« ist deren Beteiligung an übergreifenden Forschungsinitiativen zu nennen. Deren gleichzeitig erste und wichtigste war die Erfassung der »Kunstdenkmäler der Rheinprovinz« im Auftrag des Provinzialverbandes, die formell bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs in der Verantwortung der »Gesellschaft« liegen sollte. 1887 hatte man dazu eine Unterkommission unter dem Vorsitz des innerhalb wie außerhalb der Fachwissenschaften einflussreichen Bonner Rechtshistorikers und -archäologen Hugo Loersch eingesetzt. 1890 verpflichtete die »Gesellschaft« den aus Sachsen stammenden Kunsthistoriker Paul Clemen zur Durchführung der Arbeiten. Clemen, der zum Zeitpunkt seiner Festeinstellung nicht einmal 25 Jahre alt war, sollte das in ihn gesetzte Vertrauen rechtfertigen, indem er bis 1937 nicht weniger als 56 Bände der »Kunstdenkmäler« realisierte. Editionen zur der Zeit nach 1800 kamen erst nach dem Ersten Weltkrieg hinzu. An vorderster Stelle zu nennen sind die von Joseph Hansen bearbeiteten »Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850«, von denen Hansen zu seinen Lebzeiten den ersten Band 1919 sowie 1942, ein Jahr vor seinem Tod, Band 2,1 herausbringen konnte. Dieser firmierte gleichzeitig als erster Band der überregional angelegten »Deutschen Geschichtsquellen des 19.  Jahrhunderts«, die auf Initiative der »Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften« ab Juli 1916 in Planung gewesen waren.1 War somit ursprünglich ein Beitrag angefordert worden, der zur Legitimierung des Hauses Hohenzollern dienen sollte, wollte Hansen nach dessen Abdankung auf dem Kaiserthron nach eigener Aussage nun dokumentiert wissen, wie denn »Preußen seine im Befreiungskriege begonnene Aufgabe erfüllen und dem staatsbürgerlichen wie dem nationalen Geiste Raum zu einer freiheitlich organisierten Tätigkeit gewähren würde«.2 Spätestens hier stellt sich die Frage, wie ›politisch‹ die »Gesellschaft« eigentlich war. Nach Ende des Kaiserreichs verhielt sich die »Gesellschaft« geradezu auffallend unauffällig, nimmt man den enormen publizistischen Ausstoß der deutschen Geschichtswis1 Vgl. Hildebrand, Editionen, S. 199–200. 2 So Hansen im Vorwort des ersten Bandes von »Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850« (PubGRhG XXXVI), Essen / Leipzig 1919, S. XIII.

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senschaft zum Maßstab, der in der 1925 begangenen »Rheinischen Jahrtausendfeier« gipfelte  – demselben Jahr, da durch die Verträge von Locarno die 1919 vorgesehene deutsche Westgrenze fixiert wurde. Die stark von Hansen betriebene zweibändige »Geschichte des Rheinlandes von der ältesten Zeit bis zur Gegenwart« von 1922 diente dem Vernehmen nach zur »Sicherung« der Region, im Grunde aber auch zur Rekuperation verlorener Gebiete. Sie war damit in höchstem Maße ›politisch‹. Man hat nicht daran zu zweifeln, dass die »Gesellschaft« sich noch stärker exponiert hätte, hätten es ihre personellen und finanziellen Möglichkeiten zugelassen. So erging 1926 unter Hansens Vorsitz ein Vorstandsbeschluss, dem zufolge man durch eine geeignete Edition die französische Herrschaft im Rheinland ab 1794 dokumentieren – und, wie zu schließen ist, im Sinne von »Fremdherrschaft« herabsetzen – wolle. Hansen selbst, der diese Aufgabe auf sich nahm, sollte diese »Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution 1780–1801« in vier Bänden aber erst viel später, nämlich in der Zeitspanne von 1931 bis 1938, realisieren. Solche Verzögerungen bzw. Rückstellungen von Publikationsplanungen waren Ausweis der prekären ökonomischen Bedingungen, da die »Gesellschaft« seit Beginn der 1920er Jahre massiv unter der Inflation litt. 1924 waren die Mittel der Mevissen- und der Guilleaume-Stiftung fast, ein Jahr später sogar vollständig aufgezehrt. Unter dem Vermögensverfall litten natürlich auch die Patrone selbst, deren Zahl 1925 bei 94 lag. Der US-amerikanische Stifter Wülfing tätigte 1923 zwar eine namhafte Dollarzuwendung, aber strukturell war der »Gesellschaft« damit nicht geholfen. Kräftige Gehaltskürzungen versuchte der ab 1927 amtierende Nachfolger Hansens auf dem Vorstandsposten, Gerhard Kallen, gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach Möglichkeit zu vermeiden. Es handelte sich bei ihnen um meist Jüngere mit kürzlich erworbenen akademischen Titeln, die jeweils für spezielle Publikationen verantwortlich zeichneten, aber nicht als Teil eines Stabs vor Ort zur Verfügung standen. Unter Gerhard Kallen, der seit 1935 infolge der erzwungenen Satzungsänderung als »Führer« gegenüber dem zum »Beirat« herabgestuften »Vorstand« agierte, hat die »Gesellschaft« in nationalsozialistischer Zeit keine tiefgreifenden Änderungen in ihrer Publi­kationslinie vorgenommen. So stellt sich die Sache zumindest auf der Ertragsseite dar, wo gleichwohl die »Westdeutschen Ahnentafeln« (1935/1939) als Tribut an die nationalsozialistische Volkstumsideologie aufscheinen. Doch ist auch hier zur Kenntnis zu nehmen, was bedingt nicht durch Verweigerung, sondern vielmehr die Ungunst der Umstände unverwirklicht blieb. Dazu gehörte beispielsweise eine vorgesehene Publikation über die »Gilbach-Bauern« im Erftland nach dem Strickmuster der so genannten »Volkskörperforschung«. Kallen ließ seit 1933 eine deutliche gedankliche Nähe zum Nationalsozialismus erkennen. Gleichzeitig wusste er um die Möglichkeiten, die sich der »Gesellschaft« unter dem großzügigen Patronat des nationalsozialistischen Kulturreferenten bei der Provinzialverwaltung, Hans Joachim Apffelstaedt, hätten eröffnen können. Entsprechend umtriebig verhielt er sich, indem er volkstümliche  – um nicht zu sagen 255

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›völkische‹ – Themen in Form von Vorträgen und Miszellen in kleineren Zeitschriften zu besetzen suchte. Dabei erwies es sich jedoch abermals als nachteilig, dass die »Gesellschaft« mit ihren meist über viele Jahre hinweg währenden Publikationsunternehmungen über kein geeignetes Medium verfügte, um sich gewissermaßen geschichtspolitisch zu engagieren. Die nahe Konkurrenz des Bonner »Instituts für geschichtliche Landeskunde« musste dagegen kaum große Anstrengungen unternehmen, wollte sie den seit Hermann Aubin eingespielten Dreiklang von Geschichte, Volkskultur und Sprache an die Tonalität der völkischen Kulturraumforschung anpassen. Der stillschweigend erfolgte Ausschluss jüdischer und sonstiger unliebsamer Mitglieder unter Kallen und die Anbiederung gegengenüber vermeintlich ›kultivierten‹ Nationalsozialisten wie Apffel­ staedt lässt die »Gesellschaft« wie die allermeisten anderen geschichtswissenschaftlichen Institutionen in dieser Phase in einem denkbar schlechten Licht erscheinen. Dazu gehört auch, dass nach 1946, als die Aktivitäten der »Gesellschaft« wieder anliefen, zumindest nach Ausweis der schriftlichen Überlieferungen kein öffentliches Wort der Besinnung oder gar Selbstkritik zu vernehmen war. Der neue Vorsitzende Gerhard Kallen war bis zu seinem altersbedingten Rücktritt 1958 der nach dem Krieg rehabilitierte alte »Führer«. In der Nachkriegszeit suchte Kallen die »Gesellschaft«, wie nicht anders zu erwarten, zu konsolidieren. Dazu gehörte auch, die Einheit des Arbeitsgebietes aufrechtzuerhalten, nachdem die preußische Rheinprovinz aufgelöst worden war. Seit um 1950 bezeugen tatsächlich mehrere Indikatoren, dass die »Gesellschaft« wieder eine Aufwärtsentwicklung genommen hatte. Zunehmende Finanzierungsschwierigkeiten seit den 1970er Jahren wurden durch den Landschaftsverband Rheinland gemildert, dem in jüngster Zeit die Einrichtung einer haupt- anstelle der ehrenamtlichen Geschäftsführung zu verdanken ist. Die Herausforderung bleibt, dank des meist individuellen Engagements erfahrener Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler substanzielle Editionen vorzulegen und damit Gehör gegenüber einer im Wandel befindlichen geschichtsaffinen Öffentlichkeit zu finden. In institutioneller und finanzieller Hinsicht aber hat die »Gesellschaft« somit seit langem wieder eine Basis. Sie besteht nicht mehr maßgeblich im Privatprinzip, das sich, wie die Entwicklung gezeigt hat, offenbar überlebt hat, sondern in der öffentlichen Kulturförderung. Dies sollte es ihr auch in Zukunft erlauben, einen prägenden Einfluss auf die Historiographie des Rheinlandes auszuüben.

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10. Anhang

Quellen und Literatur Archivalische Quellen Archiv des Landschaftsverbands Rheinland (ALVR) – Kulturabteilung der Rheinischen Provinzialverwaltung (KultPv)  : 3697  ; 3698  ; 3700  ; 11016  ; 11017  ; 11032  ; 11145  ; 11212  ; 11213  ; 11916 Berlin Document Center (Bundesarchiv, Dienststelle Berlin-Lichterfelde) (BDC) – Personalakte Dr. Hans Joachim Apffelstaedt Historisches Archiv der Stadt Köln (HAStK) – Akten der »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde«, Bestand (Akten GRhG)  : 1,1  ; 2,1  ; 3,1  ; 4,1  ; 5,1  ; 6,2  ; 6,3  ; 6,4  ; 6,5  ; 6,6  ; 7,2  ; 8,1  ; 9,1  ; 9,1  ; 10,1  ; 10,2  ; 10,3  ; 10,4  ; 10,5  ; 10,6  ; 10,7  ; 10,8  ; 10,9  ; 10,9  ; 10,10  ; 11,1  ; 11,2  ; 12,1  ; 13,2  ; 15,1  ; 19  ; 31  ; 31,1  ; 31,2  ; 31,3  ; 33,1  ; 33,2 – Oberbürgermeisteramt  : 402/HI/XIII/7/7 – Nachlass, Abt. 1045, Kasten 1, Mappe »Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde« – Handakten des Büros des Oberbürgermeisters Konrad Adenauer  : 902/155/7 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland (LAV NRW Abt. R) – Alte Dienstregistratur G I,1–3 – Nachlass Busley RWN 199 Universitätsarchiv Köln (UAK) – Zugang 44, Nr. 598 – Zugang 17/III, Nr. 1816 (Personalakte Kallen)

Gedruckte Quellen und Quelleninventare Kursiv gesetzte Wendungen entsprechen den in den Fußnoten verwendeten Kurztiteln. Bericht über die Festsitzung der Badischen Historischen Kommission am 14. Dezember 1935, in  : Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins N. F. 49 (1936), S. 517–558. Cardauns, Hermann, Aus dem Leben eines deutschen Redakteurs, Köln 1912. Ders. (Hg.), Die Görres-Gesellschaft 1876–1901. Denkschrift zur Feier ihres 25jährigen Bestehens, Köln 1901. Conrad, Sebastian / Koch, Matthias (Hgg.), Johannes Justus Rein. Briefe eines deutschen Geographen aus Japan 1873–1875 = Doitsu-chiri-gakusha-Yohanesu-Yusutusu-Rain-Nihon-kara-no-­ tegami-1873–1875-nen (= Deutsches Institut für Japanstudien  : Monographien aus dem Deutschen Institut für Japanstudien, Bd. 40), München 2006. Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis ins 16. Jahrhundert, hg. v. Karl Hegel. Bde. XII– 257

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XIV  : Die Chroniken der niederrheinischen Städte. Cöln, bearb. von Hermann Cardauns, Leipzig 1875–1877. Domarus, Max, Hitler. Reden und Proklamationen 1932–1945, Bd. II,1, Wiesbaden 1973. Fahne, Anton, Einladung zur Theilnahme an dem historischen Vereine des Niederrheins mit Einschluß der ganzen ehemaligen Erzdiözese Cöln, Düsseldorf 1854. Friedensburg, Walter, Ein Jugendbrief Karl Lamprechts (1880), in  : AHVN 133 (1938), S. 109– 110. Groten, Manfred (Bearb.), Der Nachlass Gustav von Mevissen (= Mitteilungen aus dem Stadtarchiv von Köln, H. 86), Köln / Weimar / Wien 1999. Handbuch für die Rheinische Provinzialverwaltung, enthaltend die für die Verwaltung geltenden Gesetze, Verordnungen, Reglements, Dienst- u. Geschäftsanweisungen, 7. Aufl., Düsseldorf 1913. Hansen, Joseph (Hg.), Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der Französischen Revolution  : 1780–1801, 4 Bde., Bonn 1931–1938. Ders. (Hg.), Rheinische Briefe und Akten zur Geschichte der politischen Bewegung 1830–1850, 3 Bde. [Bd. 2,2 u. 3 hg. von Heinz Boberach] (= PubGRhG, Bd. XXXVI), Bonn 1942–1998. Harless, Woldemar / Höhlbaum, Konrad / Loersch, Hugo, Denkschrift über die Aufgaben der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, in  : Die Gesellschaft für Rheinische Geschichts­ kunde. Ziele und Aufgaben 1881–1906, Köln 1907, S. 5–37. Hirsch, Paul, Briefe namhafter Historiker an Harry Bresslau, in  : Die Welt als Geschichte 14 (1954), S. 223–241. Hüffer, Hermann, Lebenserinnerungen, hg. von Ernst Sieper, Berlin 1914. Jahresbericht der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, ab 1 (1881). Janssen, Johannes (Hg.), Joh. Friedrich Böhmer’s Leben, Briefe und kleinere Schriften, Bd. 1  : Leben 1795–1863  ; Bd. 2  : Briefe von 1815–1849  ; Bd. 3  : Briefe von 1849–1863, Kleinere Schriften, Freiburg i. Br. 1868. Kallen, Gerhard, Ansprachen zur 50 Jahr-Feier der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde im Isabellensaal des Gürzenich am 1.  Juni 1931, in  : Nachrichtenblatt für rheinische Heimatpflege 3 (1931/1932), S. 127–135. Kaufmann, Paul, Aus rheinischen Jugendtagen, Berlin 1921. Koelhoff, Johann, Cronica van der hilliger stat van Coellen, 1499, hg. von Hermann Cardauns (= Die Chroniken der niederrheinischen Städte, Cöln, 3 / Die Chroniken der deutschen Städte vom 14. bis in’s 16. Jahrhundert, 14), Leipzig 1877, S. 641–1007. Korn, Karl, Lange Lehrzeit. Ein deutsches Leben, München 1979. Laux, Stephan, Die Gründung des »Historischen Vereins für den Niederrhein, insbesondere die alte Erzdiözese Köln« 1854 (kommentierter Quellenabdruck), in  : Jürgen Herres / Georg Mölich / Stefan Wunsch (Hgg.), Quellen zur Geschichte der Stadt Köln, Bd. 3  : Das 19. Jahrhundert (1794–1914), Köln 2010, S. 201–211. Picker, Henry, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941–1942, 1. Aufl., Bonn 1951. Ratjen, Adolf, Mein Leben und meine Welt, o. O., o. J. [Berlin 1925]. Redlich, Otto R. (Hg.), Jülich-Bergische Kirchenpolitik am Ausgange des Mittelalters und in der Reformationszeit, 3 Bde. (= PubGRhG, Bd. XXVIII), Bonn 1907–1915. Ders., (Hg.), Ratingen (= Quellen zur Rechts- und Wirtschaftsgeschichte der rheinischen Städte /  PubGRhG, Bd. XXIX, Reihe  : Bergische Städte), Bonn 1928. Reichshandbuch der deutschen Gesellschaft, Bd. 1, Berlin 1930  ; Bd. 2 ebd. 1932. 258

Literatur

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Anhang

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271

Anhang

Ders. / Baethgen, Friedrich / Heimpel, Hermann u. a. (Hgg.), Die Historische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, München, 1858–1958, Göttingen 1958. Schniewind, Gisela, Die Wülfing aus Elberfeld, in  : Deutsches Familienarchiv 47 (1972) u. 50 (1973). Schönebaum, Herbert, Carl von Noorden und Wilhelm Maurenbrecher im Austausch über die geistige Entwicklung des jungen Karl Lamprecht, in  : Archiv für Kulturgeschichte  44 (1962), S. 379–387. Ders., Gustav Mevissen und Karl Lamprecht. Zur rheinischen Kulturpolitik von 1880 bis 1890, in  : RhVjbll 17 (1952), S. 180–196. Schönwälder, Karen, Heinrich von Srbik  : »Gesamtdeutscher« Historiker und »Vertrauensmann« des nationalsozialistischen Deutschland, in  : Doris Kaufmann (Hg.), Geschichte der Kaiser-­Wilhelm-Gesellschaft im Nationalsozialismus  : Bestandsaufnahme und Perspektiven der Forschung, Bd. 2, Göttingen 2000, S. 528–544. Scholtyseck, Joachim, Vom Spanischen Erbfolgekrieg zum Widerstand gegen Hitler  : der Universalgelehrte Max Braubach (1899–1975), in  : 150 Jahre Historisches Seminar, S. 179–193. Schrörs, Heinrich, Der Historische Verein für den Niederrhein in seiner Entstehung und Entwickelung, in  : AHVN 79 (1905), S. 1–27. Ders., Johann Heinrich Floss (1819–1881), in  : AHVN 117 (1930), S. 3–150. Schulte, Aloys, Art. »Ficker, Julius«, in  : Westfälische Lebensbilder 2 (1931), S. 503–521. Schulz, Günther, Karl Lamprecht (1856–1915), sein Wirken in Bonn und der Streit um eine neue Geschichtswissenschaft, in  : 150 Jahre Historisches Seminar, S. 87–108. Schumacher, Fritz, Stufen des Lebens. Aus der Jugendzeit eines großen Baumeisters, Stuttgart /  Berlin 1935. Schumann, Peter, Die deutschen Historikertage von 1893 bis 1937. Die Geschichte einer fachhistorischen Institution im Spiegel der Presse, Göttingen 1975. Schwarz, Max (Hg.), MdR. Biographisches Handbuch der Reichstage, Hannover 1965. Skalweit, Stephan, Moriz Ritter 1840–1923, in  : Braubach (Hg.), Bonner Gelehrte, S. 209–224. Ders., Reinhold Koser 1852–1914, in  : Braubach (Hg.), Bonner Gelehrte, S. 272–277. Soénius, Ulrich S., Bankier und »Geburtshelfer« – Kurt Freiherr von Schröder, in  : Ders. (Hg.)  : Bewegen – Verbinden – Gestalten. Unternehmer vom 17. bis 20. Jahrhundert. Festschrift für Klara van Eyll zum 28. September 2003 (= Schriften zur rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgeschichte, Bd. 44), Köln 2003, S. 335–350. Ders., Louis Hagen – ein Unternehmer in der Zeitenwende, in  : JKGV 82 (2013/2014), S. 245–290. Speitkamp, Winfried, Landesgeschichte und Geschichtsvereine in der NS-Zeit, in  : BlldtLG 141/142 (2005/2006), H. 1, S. 1–18. Stadler-Labhart, Peter / Stadler-Labhart, Verena, Die Welt des Alfred Dove. 1844–1916. Profil eines Historikers der Jahrhundertwende, Zürich 2008. Die Stadt Cöln im ersten Jahrhundert unter preußischer Herrschaft 1815 bis 1915, Bd.  I,2  : Die Entwicklung der Stadt Cöln von der Errichtung des Deutschen Reiches bis zum Weltkriege, Köln 1916. Statute der Gesellschaft für Deutschlands ältere Geschichtskunde und Verzeichniß der Mitglieder, in  : Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde zur Beförderung einer Gesammtausgabe der Quellenschriften deutscher Geschichten des Mittelalters 1 (1820), S. 80–88.

272

Literatur

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273

Anhang

Rhein 1919–1930 (= Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, Bd. 33), Essen 1992. Wendehorst, Alfred, 150 Jahre Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, in  : BlldtLG 138 (2002), S. 1–65. Wenig, Otto (Hg.), 150 Jahre Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn […]  : Verzeichnis der Professoren und Dozenten der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn 1818–1968, Bonn 1968. Wiemer, Karl Peter, Ein Verein im Wandel der Zeit. Der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz von 1906 bis 1970 (= Beiträge zur Heimatpflege im Rheinland, Bd. 5), Köln 2000. Wilkes, Carl, Landesarchivar i. R. Dr. Wilhelm Kisky zum Gedenken, in  : Der Archivar 7 (1954), Sp. 211–219. Willemsen, Arie Wolter, Het Vlaams Nationalisme  : 1914–1940, Groningen 1958. Winter, Georg, Zur Vorgeschichte der Monumenta Germaniae Historica. Vier Denkschriften von Rühs, K. F. Eichhorn, Savigny und Niebuhr, in  : Neues Archiv der Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde 47 (1928), S. 1–30. Wisotzky, Klaus (Hg.), 125 Jahre Historischer Verein für Stadt und Stift Essen (=  Beiträge zur Geschichte der Stadt Essen, Bd. 117), Essen 2005. Ders., Der Vollmer-Kisky-Streit. Nicht nur ein Kapitel rheinischer Archivgeschichte, in  : AHVN 210 (2007), S. 181–222. Wolff, Arnold, Die Baugeschichte des Kölner Doms im 19. Jahrhundert, in  : Hugo Borger (Hg.), Der Kölner Dom im Jahrhundert seiner Vollendung, Bd. 2  : Essays zur Ausstellung der Historischen Museen in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, 16. Oktober 1980 bis 11. Januar 1981, Köln 1980, S. 24–35. Wolff, Fritz, Friedrich Küch (1863–1935), in  : Ingeborg Schnack (Hg.), Marburger Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen, Bd. XXXV / Lebensbilder aus Hessen, Bd. 1), Marburg 1977, S. 308–315. Wolfram, Georg, Die Aufgaben der örtlichen Geschichtsvereine im Rahmen der großen gesamtdeutschen Bewegung, in  : DJb 36 (1930/1931), S. 183–192. Zender, Matthias, Gedenkworte für Theodor Frings, in  : RhVjbll 34 (1970), S. 1–8. Zimmermann, Ludwig, Friedrich Küch zum Gedächtnis, in  : Zeitschrift für Hessische Geschichte und Landeskunde 61 (1936), S. 1–15. Zorn, Wolfgang, Eberhard Gothein 1853–1923, in  : Braubach (Hg.), Bonner Gelehrte, S. 260–271. Zunkel, Friedrich, Gustav Mallinckrodt (1799–1856), in  : Ottfried Dascher (Schriftl.), Kölner Unternehmer im 18., 19. und 20. Jahrhundert (= Rheinisch-Westfälische Wirtschaftsbiographien, Bd. 12 / Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen 17, B,12), Münster i. W. 1986, S. 96–120.

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Verzeichnisse

Verzeichnisse Tabellen 1. Zusammensetzung des Vorstands nach Berufen 2. Zahl der Stifter, Patrone und Mitglieder (1881–1979) 3. Aufgliederung der Patrone nach Körperschaften und Privaten sowie der letzteren nach Stand und Beruf 4. Aufgliederung der Patrone nach Wohnsitzen 5. Anzahl der Patrone der GRhG in ausgewählten rheinischen Städten 6. Aufschlüsselung der Mitglieder nach Berufen 7. Aufgliederung der Mitglieder nach Wohnsitzen 8. Aufwendungen der preußischen Provinzen zur Unterstützung historischer Vereine (Stand Sommer 1899)

Abbildungsnachweise Archiv des Landschaftsverbandes Rheinland  : Abb. 32 (o. Sign.), 34 (AV 173, Foto 6) Bildarchiv Foto Marburg  : Abb. 35 Bundesarchiv  : Abb. 44 (Bild 183-2006-1024-500) Gemeinfrei  : Abb. 3–7, 20 Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland  : Abb. 8 (RWB 28373a/23), 18 (BR 2093 Nr. 442 fol. 49), 39 (RWB 3789/51) M. DuMont Schauberg Exedition der Kölnischen Zeitung GmbH & Co. KG, Historisches Archiv  : Abb. 36 Niedersächsisches Landesarchiv, Abteilung Osnabrück  : Abb. 40 (NLA OS Rep 400 Akz. 2001/051 Nr. 301) Privatarchiv Elmar Nolte  : Abb. 43 Privatbesitz Stephan Laux  : Abb. 1–2, 16 Rheinisches Bildarchiv  : Abb. 10 (RBA 127289), 12 (RBA 109374), 13 (RBA 50427), 14 (RBA 42626), 15 (RBA 61733), 19 (RBA 29790), 21 (RBA 109373), 22 (RBA 29791), 33 (RBA 218249), 41 (RBA 64739), 42 (RBA 42626) Stadtarchiv Neuss  : Abb. 25 (E.02.01.01 Bildarchiv) Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek Bonn  : Abb. 30–31 Stadtmuseum Bonn  : Abb. 38 (SMB 1990/070) Universitäts- und Landesbibliothek Bonn  : Abb. 27 Universitätsarchiv Bonn  : Abb. 17, 23, 26, 28–29, 37 Universitätsarchiv Köln  : Abb. 24, 45 Universitätsarchiv Leipzig  : Abb. 11 (UAL, FS N00127) Universitätsarchiv Tübingen  : Abb. 46 (L XV 60.4-3=95/142) Universitätsbibliothek der Humboldt-Universität zu Berlin, Porträtsammlung  : Abb. 9

275

Anhang

Siglen und Abkürzungen AHVN ALVR, KultPv

Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein Archiv des Landschaftsverbands Rheinland, Kulturabteilung der Rheinischen Provinzialverwaltung Bd. / Bde. Band / Bände Beih. Beiheft Bearb. Bearbeiterin / Bearbeiter BlldtLG Blätter für deutsche Landesgeschichte DJb Düsseldorfer Jahrbuch GRhG Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde H. Heft HAStK Historisches Archiv der Stadt Köln HAStK, Akten GRhG Historisches Archiv der Stadt Köln, Akten Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Hg. / Hgg. Herausgeber bzw. Herausgeberin / Herausgeber bzw. Herausgeberinnen HGbll Hansische Geschichtsblätter HZ Historische Zeitschrift JbGRhG Jahresbericht der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde [seit I. 1881, ab 1919 Zählung in arabischen Ziffern] JKGV Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins LAV NRW Abt. R Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Rheinland N. F. Neue Folge o. J. ohne Jahr o. O. ohne Ort PubGRhG Publikationen der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde Red. Redaktion RhVjbll Rheinische Vierteljahrsblätter S. Seite Sp. Spalte UAK Universitätsarchiv Köln ZAAGV Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins

276

Register

Personen Von der Aufnahme lebender Personen wurde abgesehen. Aander-Heyden, Eduard 226 Adenauer, Konrad 108f., 133, 138, 146, 158, 164, 181, 208 Adenauer, Max 139 Aldenhoven, Karl 150 Alexander I. (Kaiser von Russland) 24 Althoff, Friedrich 60, 107, 133, 145 Andreae, Otto 198 Apffelstaedt, Hans Joachim 88–90, 111, 126–128, 141, 159, 174–180, 214, 217, 219, 234, 247f., 255f. Arenberg, Fritz Philipp von 214 Arenberg, Johann Prinz von 204 Aretin, Johann Adam von 23 Arntz, Ludwig 170 Aubin, Hermann 21f., 37, 110f., 116, 144, 166, 171, 186, 231f., 235, 256 Augusta (deutsche Kaiserin) 71, 198, 202, 211, 213 Bachem, Julius 162 Bader, Walter 129, 159, 181 Bäcker von Ranke, Ermentrude 232, 235 Baedeker, Alfred 186 Baedeker, Diedrich 105, 186 Bär, Max 153, 155f., 166, 228, 252 Bärsch, Georg 40 Bardeleben, Moritz von 214, 239 Barkhausen, Ernst 186, 214 Barth, Karl 151 Bayer, Friedrich sen. 133 Bayer, Friedrich jun. 134, 201, 204 Beyerhaus, Gisbert 232, 235 Becker, Friedrich Wilhelm (von) 137–139, 165 Becker, Hans (?) (Ministerialdirektor) 130 Becker, Hermann 64, 68, 70f., 74, 84f., 97, 101, 162, 184, 199, 206, 218 Becker, Wilhelm Maria 64, 67, 154f., 198, 202, 211f., 215, 225, 230, 240

Below, Georg von 144, 225–227, 229, 235, 243 Berk, Cornel 136f., 200 Berlepsch, Hans Hermann Freiherr von 201, 214, 239 Beseler, Wilhelm Hartwig 39 Bethmann Hollweg, Moritz August von 51 Beyer, Christian Heinrich 41, 242 Bezold, Friedrich von 105, 115, 165f., 169, 232 Binterim, Anton Josef 41 Bismarck, Otto Fürst von 69, 136, 142, 179 Blank, Albert 203 Boch, Galhau, Luitwin von 135, 164f. Böckh, August 224 Böhmer, Johann Friedrich 23, 25, 39f., 43–45, 59, 184f., 210 Böttinger, Henry Theodore (von) 133f., 201, 204 Bohne, Gotthold 136, 149 Boisserée, Sulpiz 40 Bollmus, Reinhard 127f. Bone, Karl 47, 74, 101, 118 Borchers, Günter 159 Borger, Hugo 159 Bormans, Stanislas 216 Bouterwek, Karl 46 Brackmann, Albert 176 Brandt, Ahasver von 15, 32f., 61 Brandt, Hermann 213f. Brandts, Rudolf 118, 126, 157, 215 Braubach, Max 16, 39–41, 45, 47, 90, 115f., 142f., 146, 149, 163f. Brecht, Gustav 33 Bresslau, Harry 15, 226f. Brewer, Johann Wilhelm 41 Brinkmann, Albert Erich 170f. Bruchhausen, Albert von 140, 161 Brügelmann, Otto 204 Büttner, Heinrich 142

277

Register

Burauen, Theo 130 Burckhardt, Jacob 42, 53 Burdach, Konrad 171 Busley, Josef 82, 106, 109, 112f., 124–129, 146, 159, 163f., 181, 199, 200, 202, 214, 217, 246–248 Buyken, Thea 149 Caprivi, Leo von 136 Cardauns, Hermann 159, 162–164, 212, 222 Carp, Eduard 203f. Carstanjen, Adolf von 184, 201 Carstanjen, Robert von 204 Cichorius, Conrad 87, 142 Classen, Wilhelm 130 Clemen, Paul 89f., 105, 116f., 121f., 125, 148–150, 159, 168, 170, 173, 186–188, 198f., 217, 220, 229, 235, 246, 254 Cobbers (Student) 226 Cohausen, Carl August von 222 Como, Jakob 203 Corsten, Hermann 175 Corsten, Severin 159 Corsten, Wilhelm 141 Crecelius, Wilhelm 46, 67, 148, 159, 163f., 209, 212 Croon, Erich 199 Croon, Gustav 231 Cuno, Hermann 171

278

Eckertz, Gottfried 42, 44, 67, 70, 159, 164 Effmann, Wilhelm 171 Eiden, Hans 159 Eltester, Leopold von 41 Eltz von Rübenach, Freiherren von 141 Elven, August 198 Elverfeldt, Freiherren von 211 Engel, Josef 16 Engel, Wilhelm 87, 177f., 217 Engelhus, Dietrich 57f. Engels, Odilo 9f., 114 Ennen, Edith 21f., 117–119, 144 Ennen, Leonard 41f., 44, 59f., 62, 67, 98 Esser, Robert 203f. Ewald, Wilhelm 153, 155, 229, 231

Dahm, Helmut 47, 130 David, Pascal 72 Dechen, Heinrich von 51, 74 Deimann, Carl Th. 204 Deichmann, Theodor von 54 Delius, Carl 204 Dersch, Wilhelm 156f. Diederich, Toni 120 Diergardt, Freiherren von 211 Doetsch, Hermann Jakob 74 Dove, Alfred 100, 114f. 120, 142, 167, 170, 206 Droege, Georg 144 Dümmler, Ernst 33, 62 Düntzer, Heinrich 218 Duisberg, Carl 133f., 140, 188 Dumont, Carl Theodor 74

Fabricius, Wilhelm 123, 229, 231, 235 Fahne, Anton 44f. Farina, Johann Maria („Jean Marie“) 198, 201, 205 Farwick, Wilhelm 137, 139f. Faymonville, Karl 229 FeIlerer, Karl Gustav 120, 152 Ficker, Julius 42–44, 48 Finck, Albert 130 Firmenich-Richartz, Eduard 170f. Fischer(-Lossainen), Reinhold (von) 200 Fliedner, Heinrich 232 Floss (Floß), Heinrich Josef 43, 45, 48 Foltz, Max 231f. Forst, Hermann 226 Franck, Johannes 150f., 171, 203f., 214 Francken, Theodor 200 Frank, Walter 111f., 127f., 176–179, 217, 239 Freiherr von der Ropp, Goswin 100 Freiherr von Landsberg, Hugo 123, 243 Friedrich II. (Großherzog von Baden) 197, 203, 213 Friedrich Wilhelm (preuß. Kronprinz, späterer Kaiser Friedrich III) 51, 211–213 Frings, Theodor 37, 110f., 171, 216 Fritzen, Adolf 161 Fritzen, Alois 161, 198, 244 Fürstenberg-Stammheim, Gisbert Graf zu 123, 198, 211 Füssenich, Karl 170f.

Ebbinghaus, Gustav 203f. Ebbinghaus, Therese (?) 232 Eckert, Christian 86, 108, 146

Ganshof, François Louis 180 Geissel, Johannes von 45 Geyr-Schweppenburg, Freiherren von 211

Personen

Gielen, Carl 141 Göring, Hermann 128 Goerz, Adam 41, 215 Goeters, Johann Friedrich Gerhard 147 Goldschmidt, Hans 154, 218, 227 Gothein, Eberhard 107, 119f., 145, 165, 169, 173, 202, 231 Grevel, Wilhelm 204 Grohé, Josef 177 Grünewald, Herbert 201 Gudenau, Freiherren von 211 Günther, Wilhelm 40f. Güttsches, Arnold 119 Guilleaume, Arnold von 90, 132f., 135f., 164f., 201, 204, 232, 255 Guilleaume, Theodor von 183, 185f., 198, 201, 204, 232, 255 Haake, Heinz 128, 247 Habets, Jozef 216 Hackenberg, Kurt 139 Hävernick, Walter 236 Hagemeister, Robert Eduard von 214, 239 Hagen, Louis 92, 105, 133f., 140, 161, 164, 185, 188, 204 Haldy, Emil 197, 201 Hamann, Richard 126 Haniel, Franz jun. 197, 201, 204 Haniel, Thusnelda 160 Hansen, Joseph 13, 17–19, 70, 86f., 90, 101–111, 114f., 117f., 123, 131, 134, 136–141, 145–147, 149, 153, 160f., 164–166, 170f., 174, 181–189, 198–200, 208, 213, 216, 235f., 238–41, 244, 254f. Hardenberg, Karl August von 26 Harleß (Harless), Woldemar 7, 16, 41, 46, 48, 51, 64f., 67–70, 82, 152, 155, 164f., 167, 169, 240, 243 Harnack, Adolf 240 Hartmann, Erich 126 Hashagen, Justus 19, 86, 102, 108, 118, 144, 236 Hatzfeld-Wildenburg, Fürsten zu 211 Heeren, August Ludwig 22 Hegel, Eduard 147f. Hegel, Karl 159 Heidemann, Johann Nepomuk 135, 185, 188 Heimann, Friedrich Carl 170f. Heimpel, Hermann 14, 16, 26, 28, 31, 38, 60 Heinemeyer, Walter 15 Heisterbach, Caesarius von 59

Hengsbach, Franz 214 Henk, Christian 141, 152 Hensel, Walter 140 Herbst, Wilhelm 54, 57 Herchenbach, Wilhelm 47 Herrmann, Hans Walter 158 Hettner, Felix 18f. Heusler, Andreas 171 Heuss, Theodor 203 Heyen, Franz-Josef 157 Heyl, Erwin Freiherr von 186 Heymerick, Arnold 154 Hilgers, Alfred Freiherr von 136, 214 Himmler, Heinrich 128 Hirschfeld, Bruno 157 Hitler, Adolf 126, 151, 161, 176, 179, 218 Höhlbaum, Konstantin 7, 16, 18, 32, 54, 56, 60–72, 74, 80f., 83–85, 98, 100–103, 114f., 117f., 120, 135, 137, 140, 147, 154f., 162f., 165–168, 170, 183, 197, 199, 201, 206f., 209–213, 215–218, 225, 227–229, 236, 238, 242–244 Hoeniger, Robert 225f., 228 Hoensbroech-Türnich, Grafen von 198f., 211 Hoesch, Wilhelm 204 Hohenlohe-Schillingsfürst, Chlodwig Carl Viktor Fürst zu 136 Holtzmann, Walter 142 Hoppe, Willy 16, 176 Horion, Johannes 123–125, 246f. Hübinger, Paul Egon 90, 93f., 114 Hüffer, Hermann 45, 74, 148f., 164, 214, 225 Ilgen, Theodor 120, 152f., 157, 166, 170f., 186, 227 Jaeger, Hermann Adolf 140, 161, 198 Jäger, Oskar 54 Janitschek, Hubert 236 Jansen, Quirin 139f. Janssen, Johannes 39 Janssen, Wilhelm 114, 117, 154, 182 Janssen, Wilhelm Leopold 197f., 242 Jarres, Karl 90, 105, 137f., 161, 214 Justi, Carl 170f. Kaesen, Wilhelm 209 Kallen, Gerhard 13, 17f., 82, 88–90, 93, 106–115, 118, 124f., 127, 133, 135, 137, 141, 143f., 146, 149, 151, 158, 161, 163f., 167, 170, 174, 176–178, 180f.,

279

Register

200, 202, 216f., 219, 231, 233–235, 239, 246–248, 255f. Katharina II. (Kaiserin von Russland) 26 Kaufmann, Alexander 43f., 48 Kaufmann, Elise 74 Kaufmann, Leopold 76 Kehr, Paul 38, 87 Kellenbenz, Hermann 147 Keller, Adelbert von 62 Keller, Ludwig 82, 158, 163f. Kentenich, Gottfried 158f. Kesselstadt, Grafen von 211 Keussen, Hermann 138, 198, 236 Keussen, Oswald 199 Kirdorf, Emil 204 Kisky, Wilhelm 143, 154, 198, 248 Klausa, Udo 130 Klein, Wilhelm 123, 170f., 243–245 Kleinert, Hellmuth 140f. Klimpel, Gustav Reinhold 140 Knesebeck, Bodo Freiherr von dem (?) 202 Knipping, Richard 154, 231 Kober, Adolf 218f. Könnecke, Gustav 155 Koettgen, Emil 139 Kötzschke, Rudolf 21, 31, 37, 202, 233, 235 Kornfeld, Hans 110, 176, 178, 248 Korum, Felix 214 Koser, Reinhold 119 Krafft, Karl 46 Krause, Franz 229 Krudewig, Johannes 216, 229, 240 Krüger, Emil 242, 170f. Krüger, Hermann von 90, 135, 139, 199, 202, 205 Krupp, Alfred 160, 212 Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav 204 Küch, Friedrich 47, 227 Kuphal, Erich 90, 107f., 113, 117f., 233, 246f. Kuske, Bruno 86, 113, 145–147, 158, 163f., 173 Laak, Ludwig van 199 Lacomblet, Theodor Joseph 41–43, 48, 242 Lamprecht, Hugo 55 Lamprecht, Karl 18f., 31, 35, 37, 42, 45, 52–72, 74, 77, 81, 84, 97f., 101, 114, 118, 120, 141, 144f., 150, 163, 165, 170f., 182, 184, 199, 205, 210f., 223, 225–227, 230, 235, 241f., 253 Lang, Karl Heinrich Ritter von 25

280

Langwerth von Simmern, Ernst Freiherr 214 Lehr, Robert 131, 137, 139f. Lemmen (Student) 226 Leopold (Erbprinz von Hohenzollern) 51 Lersch, Laurenz 42 Levison, Wilhelm 86, 89f., 120, 174, 118f. Lewald, Ursula 13, 55, 111, 182, 227 Leyendecker, Wilhelm 198 Linde, Peter Adolf 42 Lindemann, Ernst Heinrich 139 Linder, Theodor 102 Loë, Freiherr von 198 Loesch, Heinrich von 200, 214, 231 Loersch, Hugo 7, 16, 45, 47, 67–70, 80–82, 85, 101f., 115, 118, 136, 140, 147–150, 155f., 160f., 163, 165, 169f., 173, 197f., 205, 212–214, 226, 235, 244, 254 Löwe, Heinz 93 Loë-Wissen, Grafen von 211 Looz-Corswarem, Otto Graf von 157 Lothar I. (römisch-fränkischer Kaiser) 110 Ludwig, Julius 218f. Mallinckrodt, Edward 187f. Mallinckrodt, Gustav (von) 90, 121f., 126f., 200, 205, 241 Mann, Thomas 151 Marx, Wilhelm 139, 161, 216 Maurenbrecher, Wilhelm 54, 56–58, 60f., 64–69, 72, 74, 84, 98, 115, 163, 184 Maximilian II. (König von Bayern) 26 Maximilian Franz (Kurfürst von Köln) 149 Meissner, Rudolf 87, 105, 151f., 171, 186, 229 Meister, Aloys 18, 144 Menadier, Julius 236 Mengen, Guido 186 Menzel, Karl 57, 67, 142, 162 Meuthen, Erich 111 Mevissen, Gustav (von) 7, 18, 49–60, 64–69, 71f., 74f., 77, 80f., 84f., 98, 101, 103, 105, 114, 119–121, 144f., 168, 170, 173, 183–185, 193, 197, 201f., 210–212, 229, 232, 251–253, 255 Mevissen, Therese 185 Meyer, Eugen 158 Michels, Gustav 72, 74, 85, 121, 135, 184f., 198, 209 Middendorf, Arnold 198, 214 Mirbach-Harff, Wilhelm Graf von 72, 200f., 210f., 214, 243 Moeller, Eduard von 51

Personen

Möser, Justus 22 Mommsen, Theodor 224 Mommsen, Wilhelm 126 Mone, Franz Joseph 25 Mooren, Albert 74, 213f. Mooren, Joseph Hubert 41, 43–45 Mooren, Theodor 206 Mühler, Heinrich von 51 Müller, Josef 171, 229 Müller, Karl Alexander von 176f.

Philippson, Alfred 218 Pick, Richard 55f., 58, 102 Pinder, Wilhelm 126 Planitz, Hans 86, 90, 136, 146, 149 Poensgen, Karl 204 Pohl, Hans 147 PoIl, Bernhard 157 Pommer Esche, Adolf von 51 Puricelli, Maria 136 Quelle, Otto 170

Nahde, Heinrich 77 Naumann, Hans 151f., 161 Nedden, Eduard zur 160, 170f. Nestler, Peter 139 Neuß, Wilhelm 197 Neven DuMont, Alfred 90, 133f., 140, 188, 198, 204 Neven DuMont, Josef 204 Nissen, Heinrich 141, 169f. Noorden, Carl von 53–58, 64, 98 Noss, Alfred 236 Noüe, Arsène de 222 Oeder, Georg 160, 203f. Oediger, Friedrich Wilhelm 9, 42, 117, 154, 227 Oehler, Adalbert 139, 160, 196 Oelbermann, Laura 204 Oidtman, Ernst von 83, 222, 231f. Oidtmann, Heinrich 188 Oncken, Hermann 126, 128 Oppenheim, Albert von 188 Oppenheim, Alfred von 204 Oppenheim, Eduard von 198 Oppenheim, Emil von 204 Oppermann, Otto 154, 230, 235 Orth, Eduard 130 Osterroth-Schönberg, Arthur Hermann von (?) 185, 188 Parkhausen (Stifter/Patron) 205 Pelzer, Ludwig 137–139, 214 Perk (Stifter/Patron) 205 Pertz, Johann Heinrich 23–25, 63, 240 Petri, Franz 21f., 117, 144, 176, 179f. Petrikovits, Harald von 159 Pfeifer, Max 185 Pfeil (Eltz‘scher Oberrentmeister) 209 Pferdmenges, Robert 204

Rabenau, Friedrich von 180 Ranke, Leopold von 22, 24, 26, 29, 71, 216, 240 Rath, Emil vom 74, 121f., 160, 184, 188f., 198, 200f., 205, 209, 241 Rathgens, Hugo 229 Ratjen, Friedrich Adolf 81, 85, 100–102, 117f., 136, 140, 165, 186, 197–199, 202f., 205–207, 214, 239, 241 Ratjen, Minna (geb. Mevissen) 101 Redlich, Otto Reinhard 47f, 87, 90, 118, 131, 134, 139f., 146, 153, 156 Reeploeg, Johanna 126f. Reichensperger, August 170f. Reichensperger, Karl 136, 199, 214 Reisach, Karl August Graf von 42 Reimer, Heinrich 155f, 170f., 242 Rein, Johann Justus 152, 170 Rembert, Karl 214 Renker, Armin 204 Renvers, Ludwig von 123, 171, 244 Reumont, Alfred von 46f., 206 Rickert, Ludwig 90, 140 Riesen, Günther 139 Ritter, Moriz 17, 67, 98, 101f., 105, 115f., 143, 149, 153, 163–165, 169, 174, 225f., 231f. Rombach, Wilhelm 140 Roosbroeck, Robert Van 180 Roscher, Wilhelm 53 Rosenberg, Alfred 128, 178, 248 Rosenkranz, Albert Eduard 157 Rothe, Ferdinand 121 Rothe, Gustav 151 Rottenburg, Johannes Franz von 136, 205 Rottmann, Albert 201 Rüger, Christoph 159 Ruhr, Toni 186

281

Register

Ruppersberg, Albert 199 Rust, Bernhard 90 Salm-Salm, Fürsten zu 198, 211 Sauerland, Heinrich Volbert 235 Sagnac, Philippe 174 Schaaffhausen, Hermann 43, 74 Schaefer, Arnold 52, 57, 61, 67, 70–75, 84f., 97–99, 141, 154f., 163f., 166, 168, 208, 211f., 225, 239, 242f. Schaefer, Karl 170f. Schaesberg-Dilborn, Grafen von 211 Schaurte, Werner Theodor 193 Schaus, Emil 90, 156 Scheibler, Christoph 122 Scheibler, Hans Carl 90, 122, 161, 156 Scheibler, Ludwig 150 Scheidt, Johann Wilhelm 205 Schieder, Theodor 10, 16 Schieffer, Theodor 114 Schleicher, Emil 189 Schlüter, Otto 230 Schmidt, Alfred 105, 107f., 121f., 132, 186, 205, 214 Schmidt, Aloys 157 Schmidt, Karl Georg 139 Schmidt, Walter 157 Schmitz, Hans 130 Schmitz, Hermann Joseph 197 Schnabel, Franz 15f., 28, 43 Schneider, Friedrich 213 Schnütgen, Alexander 45, 74, 171 Schoeller, Hugo 92, 186 Schorlemer-Lieser, Clemens Freiherr von 136, 204, 211, 214, 240 Schrader, Jean-Louis 188 Schröder, Kurt von 161 Schroers, Heinrich 147 Schrötter, Friedrich von 236, 238 Schüller, Hans 186 Schulte, Aloys 87, 103, 105, 107f., 110f., 115f., 118, 125, 137, 144, 146, 149, 153, 163f., 166, 170f., 183, 186, 216, 233, 238 Schulte, Karl Joseph Kardinal 186 Schulteis, Constantin 230 Schum, Wilhelm 62, 85 Schumacher, Karl 153, 229, 231f. Schwering, Ernst 130 Seckendorff, Götz Graf von 213

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Selve, Gustav 185 Severing, Carl 146 Silverberg, Adolf 134 Silverberg, Paul 89, 92, 133f., 140, 161, 188 Simon, Theobald 204 Sloet, Johan Julius Sigismund (?) 216 Solemacher-Antweiler zu Namedy, Friedrich Freiherr von 77, 122f., 210f., 243f. Spaeter, Carl 154f., 198 Spahn, Martin 86, 108 Spans, Wilhelm 186 Spee, Grafen von 211 Springer, Anton 52, 60 Srbik, Heinrich von 177–179, 216f. Stälin, Christoph Friedrich von 43 Stahel (Stifter/Patron) 205 Staudt, Richard 186 Stehkämper, Hugo 10, 236 Stein, Elise (geb. von Mevissen) 185 Stein, Johann Heinrich von 121, 161, 204 Stein, Karl Heinrich vom 22–24, 28, 36, 77, 93, 251 Stein, Walther 235 Steinbach, Franz 115, 117, 144, 234 Stephany, Erich 141, 157 Stier-Somlo, Fritz 231 Stotzingen, Freiherren von 213 Strack, Otto 186 Stramberg, Christian von 41 Strauss, Ottmar Edwin 89, 92, 133f., 140, 161, 188 Stübben, Hermann 170f. Stumm (Unternehmerfamilie) 201 Stutz, Ulrich 105, 108, 144, 149, 165, 174, 181, 214 Suth, Wilhelm 139 Sybel, Fritz von 74 Sybel, Heinrich von 25f., 42, 48–53, 56, 58, 63f., 67, 71f., 148, 162f., 212, 215f., 227, 230, 252 Sydow, Chlodwig von 81, 85 Talbot, Georg 161, 204 Talbot, Gustav 161 Terboven, Josef 128, 177 Teusch, Christine 92 Thelemann, Willy 131, 139 Thode, Henry 170f. Thorbecke, Franz 170 Tille, Armin 198, 235, 240 Tönnies, Paul 47 Traut, Hermann 185

Orte

Trippen, Norbert 39 Tuckermann, Walter 214, 230f. Velden, Johannes Joseph van der 214 Veltman, Philipp 139 Verbeek, Hans 170f. Victoria (preuß. Kronprinzessin, spätere Kaiserin Friedrich) 197, 213 Vittinghoff-Schell, Baron von 198 Vogler, Hermann 130 Vollmer, Bernhard 47, 82, 112f., 120, 143, 146, 153f., 163f. Vorster, Julius 204 Vossen, Karl 124f. Wackenroder, Ernst 229 Wagenführ, Hans 140 Waitz, Georg 23, 32, 60, 62 Waldbott von Bassenheim, Friedrich Freiherr 185 Waldeck, Georg Victor Fürst zu 51 Waldthausen, Julius von 186 Wallraf, Ferdinand Franz 40 Wallraf, Max 105, 138, 165f., 209 Wätjen, Hermann von 160 Wattenbach, Wilhelm 62 Wegeler, Julius 43, 135, 160, 164, 198, 243 Weinsberg, Hermann 59, 62, 98, 184, 210, 213, 228, 253 Wentzcke, Paul 110, 232 Werhahn, Peter 204 Werhahn, Peter Heinz 135

Werners, Hubert Jakob 72, 140, 200 Wesenberg, Rudolf 159 Whitener, H. L. 188 Wied, Wilhelm Fürst zu 51, 64, 199, 242 Wied-Neuwied, Fürsten zu 211 Wieruszowski, Helene 218f., 232 Wiethase, Heinrich 170f. Wilcken, Ulrich 141f. Wilhelm I. (Deutscher Kaiser) 211 Wilhelm II. (Deutscher Kaiser) 67, 121, 148, 197, 203f., 213 Wilmans, Roger 51, 65, 82, 157, 163 Winkelnkämper, Peter 139 Winter, Franz 33 Winterfeld, Luise von 229 Witte, Fritz 171 Wolff, Otto 134, 186 Wolff-Metternich zu Gracht, Franz Graf 217 Wrede, Adam 229 Wülfing, Ernst Anton 188 Wülfing, John Max 186–188, 205, 239, 255 Wülfrath, Karl 122 Wurth-Paquet, Xavier 216 Zanders, Johann Wilhelm 135f. Zanders, Richard 197 am Zehnhoff, Paul Hugo 198, 214 Zender, Matthias 152 Zettelmeyer, Peter 188, 204 Ziekursch, Johannes 90, 142, 146 Zimmermann, Walter 159

Orte Aachen 18–20, 45–48, 58, 63, 67, 88, 102, 115, 120, 137–141, 143, 148, 157, 160f., 186, 188, 194–198, 200, 204–206, 208f., 214, 218, 223, 249 Ahrweiler 209 Alsdorf (Schloss) 211 Andernach 45, 157 Anholt 198, 235 Arnheim 216 Bacharach 206, 232 Baden (s. auch Baden-Württemberg, Württemberg) 29, 36, 197, 203, 213, 243 Baden-Württemberg 15, 35f.

Ballerstedt (Osterburg / Altmark) 54 Barmen 196, 205, 207–209 Basel 149 Bayern 29, 35f. Bedburg 64, 134, 198, 211 Berg (Bergisches Land, Hzm. Berg) 40, 46, 135 Bergisch-Gladbach 135, 197 Berlin 20, 35, 52, 64, 77, 87, 102, 109, 115, 119f., 136, 149, 151, 158, 165, 170f., 176, 178, 184, 186, 215, 217, 224f., 230, 237–240, 245, 248 Bernkastel 209 Bonn (s. auch Godesberg) 18, 20, 27, 29, 37, 39f., 42f., 45, 49, 51f., 54–57, 60f., 63–69, 74f., 84–86,

283

Register

88–90, 93, 97f., 100, 102, 105, 107f., 114–116, 118–120, 130, 133, 136f., 140–145, 147f., 150–152, 154, 159, 161f., 164–167, 169–171, 179, 185–188, 196, 200, 203–206, 208, 213, 216, 219, 223f., 299–231, 234, 236–238, 242, 246, 252–254, 256 Brandenburg 35, 149, 153, 232, 245 Braunschweig 35 Bremen 32, 35 Breslau 35, 103, 105, 107, 144, 156, 187, 245 Brühl 122, 129 Büdingen 226 Burtscheid 196f., 208, 242 Danzig 35, 156, 245 Darmstadt 235 Deutz 157 Donaueschingen 107 Dorpat 64 Dortmund 64f., 121f., 206, 229, 235 Dresden 30, 145 Duisburg (s. auch Ruhrort) 20, 105, 137f., 140, 161, 196, 206, 208 Dülken 50 Düren 72, 92, 140, 171, 186, 196, 200, 206 Düsseldorf, D.-Mettmann (Altkreis) 20, 41, 46–49, 51, 59f., 63f., 74, 82, 89, 92, 102, 110, 112, 114, 117f., 120, 126, 129, 131, 134f., 137–140, 143, 150, 152–158, 160f., 166, 169, 171, 186, 194–197, 203f., 206–208, 209, 214, 216, 223f., 226f., 231f., 234, 239f., 242, 247–249

Haan 209 Halle a.d.S. 33, 57, 85 Hamburg 27, 32, 118, 144, 170, 179, 185 Hannover 35, 102, 120, 156f., 245 Heidelberg 62, 120, 145, 170, 187f. Hessen (s. auch Frankfurt, Nassau, Waldeck) 15, 35–37, 81, 100, 142, 155, 209, 227, 245 Hilden 209 Hofheim 203 Innsbruck 42, 44 Iserlohn 204 Japan 170 Jessen 53 Jülich 46, 217, 243

Frankfurt a.M. 23–25, 35, 39, 110, 149, 178, 184f. Frechen 192 Freiburg i.Br. 107, 142, 144, 226

Kairo 144 Kalk 186 Kalkar 120 Karlsruhe 107, 120 Kassel 51, 245 Kettwig 205 Kiel 103, 227 Kleve 40f., 45, 95, 120, 153 Koblenz 20, 41–43, 51, 60, 63f., 67, 82, 120, 130, 135f., 150, 152, 154–157, 160, 162, 166, 168f., 171, 194f., 198f., 202, 209, 211f., 214, 223, 226, 228, 237, 239f., 242f. Köln (s. auch Deutz, Mülheim, Porz) 7, 9–13, 18, 20, 26, 32, 40–44, 47, 49f., 54, 56, 59f., 63–76, 81, 84–86, 89, 90, 93, 94f., 97–109, 112–115, 117–122, 130–142, 145–150, 152, 154, 157, 159, 161–173, 175, 178, 180–182, 184, 188, 194–198, 201–206, 208f., 211–215, 218f., 222–225, 228–237, 240–242, 246f., 249, 251, 253f. Königsberg 64, 180, 226 Konz 188 Krefeld 40, 49, 196, 199, 205f., 208, 214, 226, 236

Geldern 47, 207, 217, 244 Gent 180 Gießen 100f., 144, 187

Leipzig 31, 37, 49, 52–57, 64, 98, 145, 149, 171, 222, 233, 235f. Lendersdorf 171

Elberfeld 46, 63, 67, 140, 161, 187, 196, 198, 204, 206, 208f. Elsass 134 Erfurt 178 Erlangen 93 Essen (s. auch Kettwig, Werden) 48, 105, 128, 140, 160f., 186, 196, 206f., 209, 212, 214 Eupen 82, 206 Euskirchen 123, 162, 186

284

Godesberg 166–168, 184, 204 Göttingen 38, 53, 61, 103, 141 Greifswald 98 Gummersbach 74, 206

Orte

Locarno 255 Löwen 147 Lübeck 29, 32 Lüttich 216 Luxemburg 30, 112, 157, 181, 216f.

Rheinland-Pfalz 35, 82, 93, 129f., 132, 157, 159, 195, 223f., 239 Rheydt 208 Rom 102, 142, 198, 219 Ruhrort 207f.

Maastricht 216 Mainz 30, 158, 213 Malmedy 82, 206, 222 Mannheim 145, 170 Mecklenburg 35 Mettlach 135 Missouri 186 Mönchengladbach (s. auch Rheydt) 50, 171, 206 Monschau 122, 206, 249 Moselkern 209 Moskau 200 Mülheim (Köln) 132, 183, 185, 198, 206, 208 Mülheim a.d.R. 204, 207f. München 32f., 49, 53, 67, 70, 102, 115, 126, 142, 200 Münster 37, 51f., 60, 64f., 82, 102, 108, 120, 126, 157f., 163, 206, 243

Saarbrücken 135, 192, 196f., 199, 207 Saarland 82, 135, 158, 164, 194–196, 197, 223f. Sachsen 33f., 36, 62, 242, 245, 254 Sachsen-Anhalt 85, 241, 244 Schaumburg-Lippe 35, 213 Schiefbahn 206 Schlesien 35, 185, 200, 231 Schulpforta 53f. Siebenbürgen 30 Siegburg 45 St. Louis (Miss.) 186 Stolberg 189 Straßburg 86, 141, 149, 161 Stuttgart 25, 62, 66, 227

Namur 216 Nassau 28, 35f., 245 Neuss 108, 113, 141, 171, 207 Niedersachsen (s. auch Braunschweig, Hannover, Oldenburg, Schaumburg-Lippe) 245 Nordrhein-Westfalen 82, 92f., 120, 125, 129f., 132, 153, 194, 224, 239 Nürnberg 25, 66, 68, 92 Oldenburg 35 Osnabrück 22, 156 Ostpreußen 200, 245 Oud-Vroenhoven 216 Porz 207f. Posen 35, 156, 245 Potsdam 157, 227 Preußen (s. auch Brandenburg, ferner Ost- und Westpreußen) 29, 35f., 86, 109, 148, 194–196, 216, 223, 254 Püttlingen 158 Recklinghausen 161 Rees (Altkreis) 207 Remscheid 135, 206, 243 Reval 60, 98

Thüringen 35f. Tolcsva (Ungarn) 185 Trier 18, 27, 56, 63, 82, 86, 121f., 136, 140, 150, 155, 158–161, 171, 188, 194–196, 206, 208, 214, 223, 226, 235, 238, 242 Utrecht 112, 154 Wachtendonk 44, 214 Waldeck 35f., 81, 100, 155, 227, 245 Werden (Essen) 202 Wertheim 44 Wesel 206, 209 Westfalen 16, 24, 28, 35f., 39, 42, 45, 56, 64f., 70, 81f., 120, 126, 147, 158, 160, 194, 233, 245f., 253 Westpreußen 35, 245 Wetzlar 81, 240 Wiesbaden 28, 81, 203, 206, 245 Wittenberg 53 Württemberg (s. auch Baden, Baden-Württemberg) 34, 36, 62 Würzburg 35 Xanten 154 Zerkall 136 Zürich 226

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