Die Gallienpolitik der Päpste im 5. und 6. Jahrhundert: Eine Studie über den apostolischen Vikariat von Arles

Vorliegende Studie wurde im Sommersemester 1961 von der Theologischen Fakultät der Universität Würzburg als Dissertation

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German Pages 198 [202] Year 1964

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Die Gallienpolitik der Päpste im 5. und 6. Jahrhundert: Eine Studie über den apostolischen Vikariat von Arles

Table of contents :
Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Abkürzungen 9
Einleitung 13
I. Die Ausbildung des Vikariats von Arles 18
1. Die kirchliche Lage Galliens um das Jahr 400 18
2. Die Privilegierung von Arles durch Papst Zosimus 26
3. Die Aufhebung der Privilegierung unter den Nachfolgern des Zosimus 53
4. Neue Primatialansprüche des Bischofs Hilarius von Arles und dessen Maßregelung durch Leo den Großen 61
5. Die Änderung von Leos Gallienpolitik infolge des eutychianischen Streites 79
6. Der Fortbestand von Leos neuer Gallienpolitik unter seinen Nachfolgern 92
II. Der Höhepunkt des Vikariats von Arles 107
1. Die staats- und kirchenpolitische Lage Galliens zu Beginn des 6. Jahrhunderts 107
2. Die Erhebung des Bischofs Caesarius zum Primas von Gallien 118
a) Der Vorrang des Caesarius vor der Erhebung zum Primas 118
b) Die Verleihung des Palliums an den Bischof von Arles und seine ausdrückliche Erhebung zum Primas von Gallien 125
c) Das Wirken des Caesarius als Primas 138
3. Die Bischöfe von Arles als 'apostolische Vikare' und als Mittelsmänner der Päpste im Dreikapitelstreit 149
III. Der Zerfall des Vikariats von Arles 166
1. Die Abkehr Gregors des Großen vom Arier Vikariat 166
2. Das Ende des Vikariats von Arles unter den Nachfolgern Gregors des Großen 184
Ergebnis 188
Register 191

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THEOPHANEIA BEITRÄGE ZUR RELIGIONS- UND KIRCHENGESCHICHTE DES ALTERTUMS BEGRÜNDER: FRANZ JOSEPH DÖLGERt

THEODOR KLAUSER

DIE GALLIENPOLITIK DER PÄPSTE von

G eorg Langgärtner

BONN 1964 PETER HANSTEIN VERLAG GMBH

DIE GALLIENPOLITIK DER PÄPSTE IM 5. UND 6. JAHRHUNDERT Eine Studie über den apostolischen Vikariat von Arles

von

Dr. theol. Georg Langgärtner

BONN 1964 PETER HAN STEIN VERLAG GMBH

Imprimatur, Coloniae, die 3 m. Detobris a. 1963 Jansen Jr. Nr. 42 966 1/63

vie. glie.

0

Τ. Dio Ausbildung dos Vikariats von Arles

ihre Unterstützung zu sichern. Leo sah im Arier Bischof Ravennius, von dessen Fähigkeiten er sich schon persönlich ein Bild hatte machen können, den geeignetsten Mann, seine Interessen zu vertreten. Anderer­ seits aber gab der Papst klar zu verstehen, daß er Ravennius nicht als den ausschließlichen Vertreter der gallischen Kirche gegenüber dem Apostolischen Stuhl betrachtete. Dieser Bischof erscheint zwar in jenem päpstlichen Schreiben an erster Stelle, das den gallischen Brief beantwortete, der seinerseits Ravennius als ersten unter den A b­ sendern genannt hatte, im übrigen aber fühlte sich der Papst nicht an diesen Vorrang gebunden. Das nach der Rückkehr der päpstlichen Legaten ausgefertigte Gallienschreiben richtet sich in erster Linie an Bischof Rusticus von Narbonne, der unter den Metropoliten Galliens der dienst-älteste gewesen sein m ag32), während Ravennius erst an zweiter Stelle erwähnt wird. Auch einige andere, bisher noch nicht genannte Briefe beweisen die gleiche Absicht des Papstes. Bei der Bekanntgabe des Ostertermins ging er nicht einheitlich vor : Ein Brief vom Juli 45133), der den Ostertermin für 452 nennt, ist an Ravennius gerichtet, während er in einem anderen Brief vom 28. Juli 45434) den Ostertermin für 455 allen Bischöfen Galliens gemeinsam mitteilte86) und ihnen gleichzeitig den Auftrag gab, auch die Bischöfe Spaniens davon zu benachrichtigen. Einen anderen Brief richtete Leo am 11. Juni 452, also kurz nachdem ihm Ravennius so ausgezeichnete Dienste erwiesen hatte, an den Bischof Theodorus von Forojulium (Fréjus) in der Kirchenprovinz Arles*3·). Dieser Bischof hatte dem Papst einige die Buße betreffende Fragen vorgelegt. Leo erteilte ihm die gewünschten Antworten, tadelte ihn aber auch, weil er sich persön­ lich und nicht über seinen Metropoliten Ravennius an ihn gewandt habe. Denn, so stellte der Papst fest, „in den Angelegenheiten, welche von allen Bischöfen des Herrn in gleicher Weise zu beachten sind, darf keine Nachfrage ohne die Primaten ( = Metropoliten) geschehen“ . Darum solle der Bischof den Inhalt des päpstlichen Briefes seinem Metropoliten mitteilen, damit dieser in ähnlichen Fällen die richtige Entscheidung treffe. Leo trat hier also klar für Ravennius als Metro­ politen ein. Weitergehende feste Rechte erkannte er den Arier Bi­ schöfen nicht zu. Das erhellt auch aus dem Schreiben, das er im Jahre **) Vgl. Leo ep. 167 (PL 54, 1197ff): Der Papst nimmt hier zur Bitte des Rusticus Stellung, wegen seines Alters von den Lasten des Bischofsamtes ent­ bunden zu werden. **) Ep. 96 (PL 54, 945). 3«) E p. 138 (PL 54, l l O l f ) . 35) Es handelte sich wohl um ein Rundschreiben. 3«) Ep. 108 (PL 54, 101 Iff).

ö. Dio Änderung von Leos Gallien-Politik

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458 oder später37) an den Metropoliten der Provinz Narbonensis prima, Bischof Rusticus von Narbonne, sandte und in dem einige in dieser Provinz aufgetretene Disziplinarfälle entschieden wurden. Daher ist folgende Behauptung Gellerts38) z u korrigieren: ,,Wenn nun auch Leo nach dem Wortlaut seiner Verfügung39) dem Bischof von Arelate die Primatialgewalt nicht ausdrücklich wieder überträgt, so scheint er sie doch stillschweigend anerkannt zu haben: denn nicht nur beauf­ tragt er in einem Brief von demselben T ag40) den Ravennius mit der Bekanntgabe einer päpstlichen Mitteilung an alle Bischöfe Galliens und stellt ihn damit als seinen Mittelsmann und Stellvertreter hin, sondern erhebt auch keinen Einspruch, als Ravennius die gallischen Bischöfe zu Synoden beruft (2. und 3. Synode zu Arles).“ Gewiß hat Ravennius, und nicht nur im genannten Fall, einen päpstlichen Auf­ trag erhalten und ist dadurch zum „Mittelsmann und Stellvertreter“ des Papstes geworden, aber niemals hat er diese Stellung als bleibenden Besitz erlangt, sondern immer nur zur Erledigung eines bestimmten Falles. Wenn es dem Papst angebracht erschien, wandte er sich an einen anderen Bischof oder an alle Bischöfe insgesamt. Vollends aber, warum sollte Leo einen Einspruch gegen die Abhaltung der genannten Synoden durch Ravennius erhoben haben? Bei der zweitgenannten Synode handelt es sich um jene, die eine Reihe von Autoren in das Jahr 452 verlegen, die wir aber aus den angegebenen Gründen mit größerer Wahrscheinlichkeit dem Jahr 443 zuschreiben. Aber selbst wenn sie im Jahr 452 stattfand und über den Bereich der Arier Kirchenprovinz hinausgriff, was aus ihrem 56. Kanon hervorzugehen scheint, so muß das Fehlen des päpstlichen Protestes keine Aner­ kennung der Primatialstellung des Ravennius durch Leo bedeuten, der ja auch nicht sofort eingeschritten war, als Hilarius auf der Synode von Orange im Jahre 441 bei der Einladung der Teilnehmer seine Metro­ politangrenzen überschritt. Was jedoch die von G ellert an erster Stelle angeführte Synode betrifft, so konnte der Papst gar nichts gegen sie einwenden, da ja kein anderer als er selbst den Ravennius mit ihrer Abhaltung beauftragt hatte. Es handelt sich um die im Dezember 451 nach langer Verzögerung zustandegekommene Synode, auf der die gallischen Bischöfe den ihnen von Leo übersandten dogmatischen Schreiben zustimmten. Im übrigen sei noch darauf hingewiesen, daß Leo die gallischen Bischöfe insgesamt als Mittelsmänner zu den spani­ schen Bischöfen betrachtete, ohne sich auch hier auf einen einzelnen festzulegen. *7) Ep. 167, vgl. Anm . 32. **) Vom 5 .5 .4 5 0 .

3e) G e l l e r t , Caesarius 1, 28.

«) Ep. 67

I. Die Ausbildung des Vikariats von Arles

92

6. Der Fortbestand von Leos neuer Gallien-Politik unter seinen Nachfolgern Ravennius starb im Jahre 4551). Wir wissen nicht, wer sein nächster Nachfolger war. Gegen Ende des Jahres 461 war jedenfalls Leontius Bischof von Arles. In Rom hatte inzwischen Hilarus (461— 468), der bewährte Archidiakon der Stadt R om 2) und Gesandte Leos des Großen auf der ephesinischen Räubersynode3), den Thron Petri bestiegen. Er mußte sich während seiner Regierungsjahre vor allem mit den galli­ schen Verhältnissen befassen. Von seinen 17 erhaltenen Briefen sind 9 in dieses Land gerichtet. Er erweist sich darin als ein standhafter Ver­ teidiger der Anordnungen seiner Vorgänger und zeigt, daß sein beson­ deres Augenmerk auf die Belebung einer geordneten Synodaltätigkeit gerichtet war. Die Entwicklung der Arier Frage ging in diesen Jahren durch sein Wirken einen wichtigen Schritt vorwärts in Richtung auf die Bildung eines Arier Primats im eigentlichen Sinn. Dabei mag nicht ohne Bedeutung gewesen sein, daß er mit Bischof Leontius von Arles persönlich befreundet war; dies ergibt sich klar aus mehreren Stellen seiner Briefe4*). Am 12. November 461 wurde Hilarus zur päpstlichen Würde er­ hoben6). Am 25. Januar 462 sandte er Leontius von Arles eine Wahl­ anzeige®) mit der Aufforderung, die übrigen Bischöfe „in der ganzen Provinz“ von seiner Erhebung zu verständigen. Doch ehe dieser Brief seinen Empfänger erreichte, hatte dieser bereits durch einen gewissen Pappolus eine Huldigungsadresse an den Papst abgesandt7). Darum richtete der Papst im Verlauf der nächsten Monate durch Pappolus einen zweiten Brief nach Arles8), in dem er den dortigen Bischof zu 4) Gams 493.

2) Hilar, ep. 2 und 3 (T h ie l 130).

3) H e f e l e 2, 353.

4) E p. 4, 1 : „ . . . damit du dich selbst in jener Liebe, welche wir uns stete gegenseitig schenken, in der Gnade des Herrn erfreust“ ; ep. 6, 1 : „a u f daß wir uns eines eifrigen Briefwechsels befleißen, so daß mis die Mühe, welche wir auf das Schreiben verwenden, die beiderseitige Gegenwart ersetze, teuerster Bru­ der!“ ; ep. 6, 2 : „D u ließest also die Gunst der gemeinsamen Zuneigung nicht verkümmern“ (T hiel 137. 139). s) Gams I . ·) M G Epp. 3, 23, nr. 16. 7) Dieses Schreiben ist nicht mehr erhalten. Das vorliegende Schreiben, das sich als Glückwunschadresse des Leontius an Papst Hilarus ausgibt (ep. 5 : T hiel 138), ist eine Fälschung des Abbé Vignier aus dem 17. Jahrhundert; vgl. R ahner, Papstbriefe 129 ff. ®) MG Epp. 3, 24, nr. 17. — Dieses Schreiben ist nicht datiert. Nach den Darlegungen von R ahner, Papstbriefe 133, ist die durch Maassen in MG an­ gegebene Zeitbestimmung „462 Febr. ine.“ wohl zu früh.

6. Der Fortbestand von Leos neuer Gallien-Politik

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einem eifrigen Briefwechsel aufforderte und ihm zusagte, aufgrund einer in der Arier Glückwunschadresse ausgesprochenen Bitte „die Kanones der Väter zu beobachten“ und „durch eine Untersuchung über alles“ der allgemeinen Eintracht der Bischöfe zu dienen9). Bereits aus der Wahlanzeige des neuen Papstes ersehen wir, daß er die Arles bevorzugende Gallienpolitik Leos des Großen fortführte. Doch die weiteren Ereignisse während dieses Pontifikats zeigen, daß sich Hilarus nicht damit begnügte, den Arier Bischof von Fall zu Fall mit besonderen Aufträgen zu betrauen: er erkannte ihm erstmalig eine feste Obermetropolitangewalt über ganz Gallien zu, tatsächlich also, soweit sich damals das römische Einflußgebiet noch erstreckte10). Zwar wurden ihm diese Rechte nicht ausdrücklich übertragen — zu­ mindest ist uns kein entsprechendes Schreiben erhalten — , aber wir finden Leontius in ihrem Besitz und es sind uns — wie noch bei Leo — keine päpstlichen Maßnahmen bekannt, die diese Rechte einschränk­ ten. Infolge des anwachsenden Drucks der Barbarenstämme reichte es nicht mehr aus, einen Metropoliten jeweils mit besonderen Aufträgen zu betreuen ; er mußte das dauernde Recht besitzen, nach Bedarf ein­ zugreifen und die kirchliche Ordnung zu schützen. Darum findet man Leontius vom Pontifikat des Hilarus an im Besitz von Primatialrechten. Allerdings war er nicht der Mann, notfalls entschlossenen Gebrauch davon zu machen und es bedurfte wiederholten päpstlichen Tadels, ihn auf seine Pflichten aufmerksam zu machen. Selbst einen Eingriff in sein eigenes Metropolitangebiet konnte dieser anscheinend allzu friedliebende Bischof nicht verhindern. Das erste Eingreifen des Hilarus in die kirchlichen Verhältnisse Galliens wurde veranlaßt durch die strittige Bischofsfrage in Nar­ bonne. Bereits während des Pontifikats Leos des Großen11) hatte Bischof Rusticus von Narbonne seinen Archidiakon Hermes zum)· ·) Wahrscheinlich hatte Leontius dem Papst die Bitte vorgetragen, für eine endgültige Regelung der Streitfrage zwischen Arles und Vienne zu sorgen. Zu diesem Zweck hatte Leontius in seinem Schreiben — wie aus dem erwähnten Papstbrief hervorgeht — die Sendung einer wohlunterrichteten Persönlichkeit nach R om in Aussicht gestellt, die über alle Verhältnisse genauen Aufschluß geben könne. Von der Verwirklichung dieser Botschaft hören wir später nichts mehr, es sei denn, wir sehen in den beiden südgallischen Bischöfen Faustus von Riez und Auxanius von A ix, die Ende des gleichen Jahres wegen des HermesFalles in R om weilten, die angekündigten Botschafter. Möglich wäre dies durch­ aus, da damals außer der Hermes-Angelegenheit auch noch andere gallische Streitfragen in R om entschieden wurden. 10) Das waren der noch römisch verbliebene Rest Südgalliens und die Ge­ biete der Westgoten um Toulouse und der Burgunder im Norden von Vienne. u ) Hilar, ep. 8 ( T h i e l 141).

1)4

I. Die Ausbildung des Vikariats von Arles

Bischof von Béziers ordiniert ; genauer gesagt : er hatte ihn dem dortigen Klerus und der Gemeinde vorgeschlagen und damit die Bischofswahl in unerlaubter Weise beeinflußt. Nach der Ordination lehnte jedoch die in dieser Art überrumpelte Gemeinde den neuen Bischof ab. Darum wollte Rusticus wegen seines Alters und wegen der Widrigkeiten der Zeit sein eigenes Bischofsamt niederlegen und es dem Hermes übergeben. Leo der Große wies dieses Ansinnen jedoch ent­ schieden zurück. Nach dem Tod des Rusticus jedoch bemächtigte sich der in Béziers verschmähte Hermes eigenmächtig der Narbonner Bischofswürde. Darum richtete der westgotische Fürst Frithericius12), der Bruder des Königs Theoderich I, durch einen Diakon Johannes eine Klage an den Papst. Dieser übersandte daraufhin am 3. November 462 ein Schreiben an Leontius13), in dem er seiner Verwunderung dar­ über Ausdruck verlieh, daß Leontius nicht schon längst aus eigenem Antrieb gegen diese Mißstände in „seiner Monarchie“ 14*) eingeschritten sei oder doch wenigstens dem Papst davon berichtet habe, der vor der Klage des Frithericius nur gerüchteweise Kenntnis von der Angelegen­ heit gehabt habe. Hilarus forderte Leontius abschließend auf, einen von ihm selbst und den Bischöfen der Umgebung Unterzeichneten Be­ richt nach Rom zu senden, der die Vorgänge ohne jede Beschönigung und Entschuldigung schildere. Leontius und die übrigen in Frage kommenden Bischöfe beeilten sich, dem Verlangen des Papstes zu entsprechen und sandten den gewünschten Bericht durch die Bischöfe Faustus von Riez und Auxanius von A ix 16) nach Rom. Die gallischen Gesandten kamen gerade noch rechtzeitig zum ersten Jahrestag der Papstwahl, an dem in Rom eine Synode stattfand, die von Bischöfen der verschiedensten Provin­ zen besucht war. Diese Synode1®) verhandelte auf der Grundlage des eingegangenen gallischen Schreibens, das uns nicht mehr vorliegt, wahrscheinlich aber für Hermes beträchtliche Entschuldigungsgründe und darüber hinaus noch weitere gallische Streitfragen enthielt, über die dortigen Verhältnisse. Anschließend sandte Hilarus am 3. Dezem­ ber 462 seine Entscheidung nach Gallien17). Mit Rücksicht darauf, daß 12) D a der Papst Frithericius „Unseren Sohn“ nennt, nimmt W e n z l o w s k y (Papstbriefe 6, 38, Anm . 1) an, er sei katholisch gewesen. Vgl. dazu A nm . 29. 13) M G Epp. 3, 22f, nr. 15. 14) Der Ausdruck „Monarchia“ kommt zur Bezeichnung einer geistlichen Amtsgewalt öfter vor (vgl. D u Can ge 5, 454). u ) Vgl. T h i e l 153, Anm . 5. le) H e f e l e 2, 589 f. 17) M G Epp. 3, 24ff, nr. 18. Die Adresse nennt außer den Bischöfen der Provinzen Viennensis, Narbonensis prima und secunda und Alpes maritimae auch die der Provinz Lugdunensis.

0. Der Fortbestand von Leos neuer Gallien-Politik

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die bisherige Führung des Hermes, die der Papst genau überdacht habe18), untadelig gewesen sei und da zunächst ihm Unrecht geschehen sei, ehe er selbst Unrecht beging, dürfe er in seinem Bischofsamt ver­ bleiben, verliere jedoch auf Lebenszeit das Recht, Bischöfe zu ordinie­ ren. Dieses erhalte der rangälteste Bischof Constantius von Uzès und, falls dieser vor Hermes sterbe, der nächstfolgende rangälteste Bischof. Erst nach dem Tod des Hermes falle es wieder an die Kirche von Nar­ bonne zurück19). Um jedoch derartige Vorfälle künftig unmöglich zu machen und darüber hinaus alle Streitfragen sofort zu regeln, befahl der Papst, die gallischen Bischöfe sollten jährlich eine große Synode abhalten, auf der alle Provinzen vertreten seien. Die allgemeinen Zeit­ verhältnisse, die die Abhaltung der Synoden allzu oft erschwerten, leuchten in der Bemerkung auf, daß Ort und Zeit der Synode je nach den gegebenen Verhältnissen sorgfältig gewählt werden sollten. Diese Synoden sollten unter der Leitung des Leontius stehen, dem es auch zukomme, die Bischöfe schriftlich einzuladen. Wichtige Angelegen­ heiten (causae maiores!) und Fälle, in denen in Gallien keine Ent­ scheidung gefunden werde, seien dem Papst vorzulegen. Des weiteren schärfte der Papst — seit langer Zeit zum ersten Male wieder — die Formatenpflicht ein. Im Gegensatz zu Zosimus jedoch, der alle aus Gallien ins Ausland reisenden Kleriker dem Formatenrecht des Arier Bischofs Patroclus unterworfen hatte, ohne das bestehende Formaten­ recht der einzelnen Bischöfe für Reisen innerhalb Galliens anzutasten, ordnete Hilarus an, daß für alle Reisen von Klerikern20) in eine fremde Provinz — also auch innerhalb Galliens ! — zuvor die Formaten des zuständigen Metropoliten eingeholt werden müßten. Wir haben hier eine neue Stufe in der Entwicklung dieses Rechtes vor uns : Während es zunächst allein den Bischöfen für ihre Diözesanen 18) Aufgrund des Berichtes aus Gallien und der Aussagen der beiden nach Rom gesandten Bischöfe. ie) Diese Maßnahme verträgt sich durchaus mit den Rechten des Leontius, da eine kommissarische Übertragung der Metropolitangewalt über die Provinz Narbonensis prima an einen im Metropolitansprengel ansässigen Bischof sich eher empfehlen mußte als ihre Verwaltung durch den Arier Bischof. 20) W enn W e n zlo w sk y (Papstbriefe 6, 45, Anm . 1) diese Stelle des Hilarusbriefee mit dem von Zosimus übertragenen Formatenrecht vergleicht und dabei schreibt: „Doch nicht nur die Bischöfe, sondern alle Kleriker überhaupt mußten nach der Anordnung des Papstes Zosimus für den Fall einer Reise die Formaten des Bischofs von Arles haben“ , erweckt er den Eindruck, Hilarus habe nur die Bischöfe dem Formatenrecht des zuständigen Metropoliten unterworfen. Dies ist jedoch unzutreffend, da W e n zlo w sk y nicht die Bestimmung des Hilarus berücksichtigt, die besagt, daß die gleiche Vorschrift „auch in allen Stufen des klerikalen Dienstes in den einzelnen Kirchen“ beobachtet werden müsse.

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I. Die Ausbildung des Vikariats von Arles

zustand, schuf die Synode von Sardika 34121) den Sonderfall, daß die­ jenigen Bischöfe, die zum Kaiserhof reisen wollten, dies nur mit Erlaub­ nis ihres Metropoliten tun konnten; die 3. Synode von Karthago 39 7 22) erweiterte dieses Recht auf alle Seereisen und legte es in die Hände des Primas; das Formatenprivileg, das der Bischof von Arles 417 von Zosimus erhielt, dehnte das Recht ganz allgemein auf alle Auslands­ reisen aus, hatte praktisch aber etwa den gleichen Umfang wie das von Karthago, da ja von Afrika aus alle Auslandsreisen Seereisen sein mußten. Hilarus gestattete nun eine weitere Ausdehnung, indem er jetzt sogar Reisen innerhalb des eigenen Landes, sofern sie nur in eine andere Provinz führten, von der Formatenerteilung des Metropoliten abhängig machte. Demgemäß war eine stufenweise Einschränkung des Formatenrechts der einzelnen Bischöfe die Folge. Der Schritt des Hilarus wird vor allem durch die gärenden Verhältnisse der Zeit ver­ anlaßt gewesen sein und zum Ziel gehabt haben, angesichts der all­ gemeinen Auflösungstendenzen kirchlicherseits eine straffe Zentrali­ sierung einzuleiten, zw^ar nicht in der Weise, daß er die Stellung eines Einzelnen so außerordentlich gestärkt hätte wie es Zosimus tat, sondern vielmehr so, daß er eine Reihe von Instanzen zu schaffen bestrebt war, die die Führung im kirchlichen Leben Galliens ergreifen sollten. Darum bedeutet dieses Formatenrecht, das nun auch der Arier Metropolit zu­ sammen mit seinen übrigen Kollegen wieder bestätigt erhielt, für ihn eine wesentliche Einschränkung gegenüber der Privilegierung seines Vorgängers Patroclus durch Zosimus. Andererseits steht er auch jetzt wieder über den übrigen Metropoliten; Hilarus bestimmte nämlich: Wenn ein Kleriker oder Bischof wegen etwaiger Spannungen mit seinem Metropoliten von diesem die gewünschten Formaten nicht be­ kommen könne, habe der Bischof von Arles im Verein mit zwei Metro­ politen der benachbarten Provinzen23) die Sache zu prüfen und zu ent­ scheiden242 ). Wenn hier von einer Einschränkung gegenüber dem Formatenrecht des Zosimus gesprochen wird, darf man allerdings nicht übersehen, daß die Bestimmung des Hilarus andererseits auch eine Erweiterung gegenüber damals bedeutet: Sie betrifft nicht mehr allein die Aus­ landsreisen, sondern auch die Reisen innerhalb Galliens. Darum ist es nicht richtig, die Entwicklung der Dinge so zu betrachten26), daß man 21) Can. 9 (H e f e le 1, 86). 22) H e fele 2, 66. 23) W ohl dessen, der die Reise beabsichtigt. 2