Die Galerie Gerstenberger und Wilhelm Grosshennig: Kunsthandel in Deutschland von der Kaiserzeit zur BRD [1 ed.] 9783412516819, 9783412516796

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Die Galerie Gerstenberger und Wilhelm Grosshennig: Kunsthandel in Deutschland von der Kaiserzeit zur BRD [1 ed.]
 9783412516819, 9783412516796

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Brüche und Kontinuitäten Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus Band 7

Herausgegeben von Magdalena Bushart und Christian Fuhrmeister

Ulrike Saß

Die Galerie Gerstenberger und Wilhelm Grosshennig Kunsthandel in Deutschland von der Kaiserzeit bis zur BRD

BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR

Veröffentlicht mit freundlicher Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort und der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar. © 2021 Böhlau, Lindenstraße 14, D-50674 Köln, ein Imprint der Brill-Gruppe (Koninklijke Brill NV, Leiden, Niederlande; Brill USA Inc., Boston MA, USA; Brill Asia Pte Ltd, Singapore; Brill Deutschland GmbH, Paderborn, Deutschland; Brill Österreich GmbH, Wien, Österreich) Koninklijke Brill NV umfasst die Imprints Brill, Brill Nijhoff, Brill Hotei, Brill Schöningh, Brill Fink, Brill mentis, Vandenhoeck & Ruprecht, Böhlau, Verlag Antike und V&R unipress. Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Umschlagabbildung: Etikett auf der Rückseite von Karl Reiser: Baumfriedhof, Kreide, Aquarell und Deckfarben, 53,7 × 72,6 cm, Staatliche Museen zu Berlin – Kupferstichkabinett, SZ K. Reiser 1/F III 2487 Umschlaggestaltung: Michael Haderer, Wien Korrektorat: Ute Wielandt, Markersdorf Satz: büro mn, Bielefeld Vandenhoeck & Ruprecht Verlage | www.vandenhoeck-ruprecht-verlage.com ISBN 978-3-412-51681-9

Inhalt 1. Einleitung 

.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 

2. Ein „höchst geschmackvolles Heim für moderne Kunst“. Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Die Gründung der Abteilung Kunsthandel  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Die ersten Ausstellungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3 Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  . . . . 2.3.1 Die Vergrößerung der Galerieräume 1904  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.2 Der Ausbau durch Erich Basarke im Jahr 1906  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3.3 Die Anwendung zeitgemäßer Präsentationsmodi  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.1 Die Ausstellungen nach der räumlichen Erweiterung und Wilhelm Grosshennig als neuer Leiter  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.2 „Luft einer Weltkunst“ – und Chemnitz atmet mit  . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4.3 Die ersten Verkäufe der Galerie Gerstenberger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Fazit: Die Gründung und Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmacks  . . . . . 3.1 Die Jubiläumsausstellung im Jahr 1922: Die Galerie Gerstenberger im Zeichen des „modernen Konservatismus“   . . . . 3.2 Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Der Chemnitzer Kunstbetrieb 1: Das König-Albert-Museum in Chemnitz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.1 Die Anfänge des König-Albert-Museums  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3.2 Die Sammlung des König-Albert-Museums in den 1920er Jahren  . . . . 3.3.3 Avantgardistische Kunst in Chemnitz?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Der Chemnitzer Kunstbetrieb 2: Das Kunstpublikum in Chemnitz während der Weimarer Republik  . . . . . . 3.4.1 Der deutsche Expressionismus und das Chemnitzer Bürgertum  . . . . . 3.4.2 Der Kunstgeschmack der Chemnitzer Kundschaft: Kunstsammlungen und Kunstbesitz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Weit über die Stadtgrenzen hinaus: Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  . . . . . . . . . . . . . . 3.6 Fazit: Die Galerie Gerstenberger zwischen lokalem Kleingeist und überregionaler Präsenz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

    

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Tafeln  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  200 4. Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Veränderungen im Künstlerportfolio  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  . . . . 4.2.1 Die Präsentation von Zeichnungen Sven Hedins im März 1936  . . . . . 4.2.2 Die Präsentation von Werken Ernst Vollbehrs im April 1937  . . . . . . . . 4.2.3 Die Präsentation von Gemälden Guido Joseph Kerns im Frühjahr 1941  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke aus den Beständen des König-Albert-Museums  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.1 Verkäufe von Kunstwerken aus Museumsbesitz: Ein Phänomen der nationalsozialistischen Kulturpolitik?  . . . . . . . . . . . 4.3.2 Der Handel mit expressionistischer Kunst im Nationalsozialismus  .. . . 4.4 Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.1 Ankäufe von Kunstwerken auf Auktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2 Verkäufe von Kunstwerken an Museen und andere Institutionen  .. . . 4.4.2.1 Verkäufe an die Reichskanzlei  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4.2.2 Verkäufe an Museen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  .. . . 4.5.1 Der Sonderauftrag Linz: Personen, Inhalte, Forschungsstand  . . . . . . . 4.5.2 Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz unter Hans Posse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3 Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz unter Hermann Voss  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.1 Grosshennigs Reisen nach Holland  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.2 Grosshennigs Reise nach Paris  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.3.3 Die Erwerbung des Porträts von Don Manuel García de la Prada von Francisco de Goya  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5.4 Akquisen für den Sonderauftrag Linz: Netzwerke und militärische Dominanz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Fazit: Die Galerie Gerstenberger als erfolgreiche Akteurin auf dem NS-Kunstmarkt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .



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5. Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz und Wilhelm Grosshennigs Neuanfang in Düsseldorf  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  357 5.1. Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  358

6 I Inhalt

5.2 Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf 

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6. Schluss: Wilhelm Grosshennig – ein Kämpfer für den deutschen Expressionismus?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  381 7. Dank  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  391 8. Anhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.1 Verwendete Abkürzungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.2 Galeriegeschichte im Überblick  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.3 Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.4 Angebote an den Sonderauftrag Linz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5 Aus den Beständen der Städtischen Kunstsammlung und der Kunsthütte in Chemnitz in der Zeit von 1933 bis 1945 verkaufte oder eingetauschte Gemälde, Plastiken und Zeichnungen von antisemitisch verfolgten Künstlerinnen und Künstlern und von denen, deren Werke während des Nationalsozialismus diffamiert wurden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.1 Verkaufte Kunstwerke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.5.2 Eingetauschte Kunstwerke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.6 Archivverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7 Quellen- und Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.1 Gedruckte Quellen   . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.2 Sekundärliteratur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.3 Online-Datenbanken  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8.7.4 Veröffentlichungen der Galerie Gerstenberger (chronologisch)  . . . . . . 8.8 Abbildungsnachweis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Personenregister 

    

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Inhalt  I  7

  

1. Einleitung Freund Basarke wütete sich […] ein bis zwei Monate gehörig architektonisch aus und dann konnten die sehr schönen Ausstellungsräume in Anwesenheit von 200 Geladenen, dem Crême der Chemnitzer Gesellschaft, Oberbürgermeister Beck und den Spitzen der Behörden feier­lich eröffnet werden.1

Chemnitz im Jahr 1906: Der Kunstsalon Gerstenberger hat zu seiner feier­lichen Eröffnung geladen und die erlauchten Gäste strömen in die großzügigen Räum­lichkeiten am Rossmarkt 11, die sich nach der Neugestaltung durch den Architekten Erich Basarke nun durch große Schaufenster zum Platz hin öffnen und dem Bestreben der Galerie, eine feste Größe des kulturellen Lebens der Stadt zu werden, Ausdruck verleihen. Stolz und humorvoll beschreibt der Unternehmer Hans Stickel rückblickend die Einrichtung „seiner“ Galerie in Anwesenheit der „Crême der Chemnitzer Gesellschaft“. Bei dieser handelte es sich eigent­lich nur um eine unter vielen Abteilungen innerhalb des in Chemnitz etablierten Familienunternehmens Gustav Gerstenberger für Papierhandel und -fabrikation. Doch das Unternehmen hatte das öffent­ liche Bedürfnis nach einer Stätte für bildende Kunst in der Industriestadt erkannt, die damals noch nicht über einen Museumsbau verfügte. Nur der Chemnitzer Kunstverein organisierte am Anfang des 20. Jahrhunderts in eigenen Räum­lichkeiten regelmäßig Ausstellungen, die allerdings an ledig­lich zwei Tagen in der Woche für das Publikum geöffnet waren.2 Entsprechend schnell sollte sich die Galerie Gerstenberger im Kulturleben der prosperierenden Stadt etablieren. Und als sie im Jahr 1913 mit Wilhelm Grosshennig einen hauptamt­lichen Galerieleiter erhielt, der sie mit Geschäftstüchtigkeit und kaufmännischem Geschick führte, dauert es nicht lange, ehe die Kunsthandlung auch jenseits der Stadtgrenzen Bekanntheit gewann.3 Doch der Reihe nach: Gegründet wurde die Galerie Gerstenberger 1902 als Abteilung Kunsthandel im Hauptgeschäft des Familienunternehmens am Rossmarkt 7 und 8.4 Im Laufe ihres Bestehens wurde sie dann mehrfach umbenannt, wie sich Briefköpfen, E ­ tiketten 1 Stickel 1955, S. 3. 2 Und zwar mittwochs und sonntags. Ritter 1999a, S. 158. 3 Die Schreibweise von Grosshennig/Großhennig variiert in den Dokumenten. Er selbst nutzte beide Schreibweisen für seine Unterschriften. In den Korrespondenzen wird er zumeist mit ­Großhennig angeschrieben. In der vorliegenden Arbeit wird die Schreibweise Grosshennig genutzt. So unterschrieb er, als ihm 1927 durch die Firma Gustav Gerstenberger Prokura erteilt wurde und in den Unterlagen für das Amtsgericht bei Gründung der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH (Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Firma Gustav Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 1. Januar 1927; StadtA Chemnitz, HR B 94). In den Zitaten ist die Schreibweise so belassen, wie sie im jeweiligen Dokument vorliegt. 4 Dazu und zum Folgenden siehe auch Kap. 2.1.

und anderen Quellen entnehmen lässt.5 So hieß die Abteilung Kunsthandel mit Umzug in die zunächst nur notdürftig angepassten Räume am Rossmarkt 11 im Jahr 1904 Kunstsalon Gerstenberger, wie aus einem Zeitungsbericht hervorgeht.6 Das Briefpapier der Kunsthandlung sowie die Etiketten tragen in dieser Zeit gleichermaßen den Aufdruck mit dieser Bezeichnung (Abb. 1 – 3). Spätestens 1917 erfolgte durch die erneute Umbenennung der Galerie in Abteilung Kunsthandlung zumindest formal wieder eine stärkere Anbindung an das Mutterunternehmen. Diese Bezeichnung blieb für einen langen Zeitraum bestehen und ist in der Zeit von 1917 bis 1930 nachweisbar in den Briefköpfen der Galerie, wo teilweise der Zusatz „Ständige Kunstausstellung“ in Klammern ergänzt ist (Abb. 4). Für die Etiketten wurde entweder diese Bezeichnung oder vereinfacht „Ausstellung Gerstenberger Chemnitz“ genutzt (Abb. 5 und 6). Am 4. Februar 1930 gründeten dann die Geschäftsinhaber Hans und Konrad Stickel gemeinsam mit dem Galeristen Wilhelm Grosshennig eine GmbH zu drei gleichen Teilen, sodass die Firma Gustav Gerstenberger zwei und Grosshennig ein Drittel der Anteile zeichneten.7 Im Zuge dieser Neuordnung erhielt die Galerie Gerstenberger den Namen Kunstausstellung Gerstenberger GmbH, den sie bis zu ihrer Liquidierung 1949 führte (Abb. 7 und  8). Die Einlage wurde 1931 für alle Gesellschafter nochmals erhöht und spätestens seit 1936 war Grosshennig dann zu 50 % an den Geschäftsanteilen der Kunsthandlung beteiligt.8 Den Namen Galerie Gerstenberger führte die Kunsthandlung nie. Im Rahmen dieser Arbeit wird eben diese Bezeichnung unabhängig von den verschiedenen Umbenennungen verwendet. Über die Geschichte der Kunsthandlung ist nur wenig bekannt, denn sie selbst war bisher kaum Gegenstand der kunsthistorischen Forschung (zur Quellenlage s. u.). Einzig ein Aufsatz aus dem Jahr 1999 von Roland Dorn beschäftigt sich mit einer Edvard-MunchAusstellung, die im Jahr 1921 in der Galerie stattgefunden hat.9 Darüber hinaus erinnert ein kurzer Zeitungsartikel aus dem Jahr 2002 in der Chemnitzer Tageszeitung Freie Presse an die Kunsthandlung.10 Schließ­lich publizierte die Verfasserin der vorliegenden Arbeit im Jahr 2012 eine erste zusammenfassende Darstellung der Geschichte der Kunsthandlung und der Aktivitäten des Kunsthändlers Wilhelm Grosshennig, in der bereits grundlegende Aspekte benannt sind.11 In anderen Publikationen wird die Galerie Gerstenberger ledig­lich kursorisch genannt.12 Aufgrund der überregionalen und internationalen Handelstätigkeit der Galerie ist sie jedoch vielen Kunsthistorikerinnen und Kunsthistorikern, die im Bereich

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Siehe dazu auch Anhang 8.2. Chemnitzer Tageblatt vom 8. Dezember 1904, S. 17. StadtA Chemnitz, HR B 94, Bl. 3RS. Ebd., Bl. 18 und 46. Dorn 1999. Freie Presse vom 22. Februar 2002. Damals noch unter dem Geburtsnamen veröffent­licht: Scholz 2012. Iselt 2010, S. 134, 292 und 300; Ausstellungskat. Chemnitz 2011b, S. 182.

10 I Einleitung

Abb. 1  Briefkopf der Galerie Gerstenberger, 1911

Abb. 2  Briefkopf der Galerie Gerstenberger, 1912

Abb. 3  Etikett der Galerie Gerstenberger, vermut­lich um 1911

Einleitung  I  11

Abb. 4  Briefkopf der Galerie Gerstenberger, ab ca. 1917 Abb. 5  Etikett der Galerie Gerstenberger, vermut­lich 1929 Abb. 6  Etikett der Galerie Gerstenberger, um 1927/1928

12 I Einleitung

Abb. 7  Briefkopf der Galerie Gerstenberger nach Gründung der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH

Abb. 8  Etikett der Galerie Gerstenberger, 1938

der Provenienzforschung und Sammlungsgeschichte sowie in der Sammlungsbetreuung an Museen tätig sind, ein Begriff und regelmäßige Leerstelle in der Aufarbeitung von Einzelprovenienzen, Handelsnetzwerken und systematischen Fragen des historischen Kunstmarkts. Die vorliegende Arbeit untersucht monographisch die Geschichte der Galerie Gerstenberger sowie die Biographie des Kunsthändlers Wilhelm Grosshennig von der späten Kaiserzeit bis zur frühen BRD. Sie ist damit in den Bereich der Kunstmarktforschung des 20. Jahrhunderts zu verorten. Mit ihrem Fokus auf den Jahren von 1920 bis 1945 dient die Arbeit zugleich der Aufarbeitung des Nationalsozialismus. Die Verflechtung des Kunstbetriebes in das nationalsozialistische Herrschaftssystem ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der Öffent­lichkeit gerückt. Exemplarisch können dafür die beiden großen und öffent­lichkeitswirksamen Ausstellungen in den Jahren 2017 bis 2019 genannt werden: Bestandsaufnahme Gurlitt und Emil Nolde. Eine Deutsche Legende.13 Setzt sich erstgenannte als Folge des Pressehypes um den sogenannten Schwabinger Kunstfund ausführ­lich mit Hildebrand Gurlitt und seinen Aktivitäten als Kunsthändler während des Nationalsozialismus auseinander, beleuchtet die Ausstellung zu Emil Nolde 13 Die Ausstellung Bestandsaufnahme Gurlitt. Der NS-Kunstraub und die Folgen fand vom 3. November 2017 bis 11. März 2018 in der Bundeskunsthalle in Bonn sowie vom 2. November 2017 bis 4. März 2018 im Kunstmuseum Bern statt. Darüber hinaus fand sie etwas verändert unter dem Titel ­Bestandsaufnahme Gurlitt. Ein Kunsthändler im Nationalsozialismus vom 14. September 2018 bis 7. Januar 2019 im Martin-Gropius-Bau in Berlin statt. Vgl. Ausstellungskat. Bonn/Bern 2017.

Einleitung  I  13

in Berlin die Affinität des Künstlers für Ideale der nationalsozialistischen Weltanschauung sowie seinen Antisemitismus. Diese beiden Ausstellungen stecken grosso modo das thematische Feld der folgenden Studie ab und verdeut­lichen deren gesellschaftspolitische Relevanz. Denn beide Ausstellungen haben einen wesent­lichen Beitrag geleistet, entscheidende Tendenzen der kunstgeschicht­lichen Forschung der letzten Dekade ins Bewusstsein einer breiteren Öffent­lichkeit zu bringen. Sie lassen sich verstehen als wissenschaft­lich fundierte Antworten auf die durch den Schwabinger Kunstfund in ihrer Dring­lichkeit unmissverständ­lich gewordenen Fragen nach dem NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut sowie der damit zusammenhängenden und zunehmend fragwürdigen Bewertung der deutschen Klassischen Moderne als Synonym demokratischer Kunst. Monographische Untersuchungen zu deutschen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts sind seit den 1980er Jahren immer wieder Bestandteil der kunsthistorischen Forschung. Insofern betritt diese Studie alles andere als fach­liches Neuland, auch wenn festzuhalten ist, dass der schieren Anzahl an Galerien, die auf dem deutschen Kunstmarkt tätig waren, nur eine kleine Anzahl von Untersuchungen entgegensteht. Vor allem aber lassen sich an der Geschichte der Galerie Gerstenberger Aspekte und Zusammenhänge analysieren, die bislang zu wenig Beachtung in der Kunstmarktforschung erhalten haben. So beschränkt sich das Gros der bisherigen Studien auf einige wenige Namen von exponierten, aber nicht unbedingt alleinig repräsentativen Protagonisten wie Paul Cassirer, Alfred Flechtheim, den in Frankreich tätigen Daniel-Henry Kahnweiler und Herwarth Walden.14 Eine Ausnahme davon bilden die Forschungen zu einer Kunsthändlerin, Johanna Ey, die für Düsseldorf und dessen Region eine besondere Relevanz innehatte,15 sowie die Dissertation von Ruth Negendanck aus dem Jahr 1998, ­welche die weniger bekannte Galerie Ernst Arnold in Dresden im Zeitraum von 1893 bis 1951 untersucht.16 Allerdings hat Negendanck die Ausstellungen der Kunsthandlung mit einem besonderen Schwerpunkt auf die Jahre von der Gründung bis 1934 analysiert und irritierenderweise die Jahre danach nur kursorisch behandelt. Informationen über konkrete kunsthändlerische Tätigkeiten, wie Verkäufe, Ankäufe, Kunden- und Geschäftskontakte sind ebenso wie die Zeit des Nationalsozialismus nur sporadisch Gegenstand ihrer Untersuchungen. Mehr als die Forschungen zu den Hauptakteuren des Kunstmarktes kann diese Arbeit zu der in vieler Hinsicht eher Die Ausstellung Emil Nolde. Eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus fand vom 14. April bis 15. September 2019 im Hamburger Bahnhof, Museum für Gegenwart in Berlin statt. Vgl. Ausstellungskat. Berlin 2019. 14 Zu Paul Cassirer: Feilchenfeldt 1988; Brühl 1991a; Hoffmeister 1991; Echte/Feilchenfeldt 2011 –. Zu Alfred Flechtheim: Ausstellungskat. Düsseldorf 1987; Jentsch 2008; Dascher 2011, Bambi/Decroll 2015; Dascher 2017. Zu Daniel-Henry Kahnweiler: Ausstellungskat. Paris 1984; Assouline 1988. Zu Herwarth Walden: Mülhaupt 1991; Ausstellungskat. Wuppertal 2012; Chytraeus-Auerbach 2013. 15 Zu Johanna Ey: Klapheck 1977; Barth 1984; Labs 2012. 16 Negendanck 1998.

14 I Einleitung

durchschnitt­lichen Galerie Gerstenberger den Anspruch erheben, das Geschehen des deutschen Kunsthandels ­zwischen Kaiserreich und BRD in seiner Breite abzubilden, das sich durch eine Vielzahl mittelgroßer Galerien bestimmte. Ein Charakteristikum, das die Galerie Gerstenberger von Kunsthändlern wie Cassirer oder Flechtheim unterscheidet, aber mit vielen kleineren Galerien eint, liegt im breiten Spektrum der gehandelten Kunstwerke. Die Galerie Gerstenberger war ein Generalanbieter, kein Spezialist für Moderne Kunst. Mit Blick auf genannte Monographien zu anderen Galerien sowie allgemein auf die kunstgeschicht­lichen Forschungen zur Zeit des Nationalsozialismus ist allerdings ein stark ausgeprägter Fokus auf die Klassische Moderne beziehungsweise ein einseitiges Ausblenden des übrigen Kunstmarktgeschehens zu konstatieren. Ursäch­lich dafür ist eine Forschungstradition, innerhalb derer die Aktion „Entartete Kunst“ als Teil der nationalsozialistischen Kulturpolitik eine bevorzugte Stellung einnimmt, da sie eine der ersten und am umfäng­lichsten erforschten Direktiven des NS -Staates war. Exemplarisch genannt ­seien die noch immer grundlegende Dissertation von Christoph Zuschlag und die Schriftenreihe der Forschungsstelle Entartete Kunst, in der seit 2007 bis heute kontinuier­lich wichtige Studien erscheinen.17 Der grundsätz­liche Wert dieser Arbeiten ist vollkommen unbestritten. Allerdings lässt sich dieser thematische Zuschnitt auch in monographischen Untersuchungen zu einzelnen Kunsthandlungen und -regionen beobachten, wo er regelmäßig zu verzerrenden Bewertungen führt. So untersucht die genannte Dissertation von Negendanck vor allem die Leistungen des Leiters der Galerie Ernst Arnold, Ludwig Gutbier, den Expressionismus in Dresden zu fördern, und zeichnet damit ein Bild der Galerie, das nicht deren Handelstätigkeit im Ganzen entspricht. Ebenso ist für die 2003 verfasste Dissertation von Anja Walter-Ris über die Galerie Nierendorf festzustellen, dass hier das Engagement und der Verdienst Karl Nierendorfs bei der Verbreitung der deutschen Moderne in Deutschland und Amerika im Mittelpunkt stehen.18 Auch bei der von Angelika Enderlein veröffent­lichten Studie über den Berliner Kunstmarkt der Weimarer Republik und während des Nationalsozialismus untersucht die Autorin als Schwerpunkt eine Privatsammlung, die vornehm­lich Kunstwerke der Klassischen Moderne umfasste.19 Der 1999 von Roland Dorn publizierte Aufsatz zu der Edvard-Munch-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger reiht sich ohne Weiteres in den hier beschriebenen Forschungsschwerpunkt ein. Hier tritt ein methodisches Problem zutage, das Anne-Marie Bonnet mit Blick auf die zeitgenössische Kunst unlängst treffend mit dem Begriff der „Promotionsliteratur“ demaskiert hat.20 Die einseitige Akzentuierung des Handels mit Kunst der Klassischen Moderne lässt sich aber nicht nur mit Blick auf ihre Verfechter beobachten, sondern auch hinsicht­lich der 17 18 19 20

Zuschlag 1995. Walter-Ris 2003, S. 15. Enderlein 2006. Bonnet 2017, S. 93.

Einleitung  I  15

Forschung zu Profiteuren des NS-Regimes. Gut erforscht sind so vor allem die vier Kunsthändler, die während des Nationalsozialismus offiziell dazu berechtigt waren, als „entartet“ diffamierte Kunst zur Devisenbeschaffung ins Ausland zu verkaufen: Über Bernhard Böhmer hat Meike Hoffmann im Jahr 2010 einen Sammelband mit dem Titel Ein Händler „entarteter“ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass herausgegeben.21 Karl Buchholz wird gemeinsam mit Curt Valentin von Anja Tiedemann in ihrer 2013 veröffent­lichten Dissertation untersucht und über Ferdinand Möller liegt ebenfalls eine von Katrin Engelhardt verfasste Dissertation aus dem Jahr 2013 vor.22 Zuletzt fand Hildebrand Gurlitt im Zusammenhang mit dem sogenannten Schwabinger Kunstfund Eingang in die kunsthistorische Forschung.23 Alle vier Kunsthändler hatten als Verkäufer der verfemten Kunst eine besonders enge Verbindung einerseits zur Führungselite im Nationalsozialismus und andererseits zur Kunst der Klassischen Moderne. Dieser besonderen Betonung der Klassischen Moderne, die sich auch in den Forschungen zu Künstlerinnen und Künstlern im Nationalsozialismus sowie Komplexen wie der Reichskammer der bildenden Künste ablesen lässt,24 steht eine Reihe von Publikationen der letzten 10 Jahre entgegen, die ein differenzierteres Bild zeichnen und auch Kunsthandlungen in den Fokus nehmen, die nicht oder nur am Rande mit Werken der Klassischen Moderne handelten.25 Vornehm­lich zu nennen sind hier die Projekte zu Julius Böhler und der Galerie Heinemann sowie die Veröffent­lichungen zu Karl Haberstock, Adolf Weinmüller und Paul Graupe.26 Ebenso ist die zunehmende Erforschung der Geschichte von großen, aber auch 21 Hoffmann 2010. 22 Engelhardt 2013; Tiedemann 2013. 23 Da es größtenteils populärwissenschaft­liche Publikationen zu Gurlitt gibt, soll hier nochmals auf den profunden Ausstellungskatalog hingewiesen werden: Ausstellungskat. Bonn/Bern 2017. 24 Zum Beispiel zu Emil Nolde: Fulda 2015a, ders. 2015b und ders. 2016 sowie Ausstellungskat. Berlin 2019; zu Günther Franke: Billeter 2017. Zu Alex Vömel und Karl Buchholz fand von 2013 bis 2016 ein von Anja Tiedemann und Gesa Vietzen durchgeführtes Forschungsprojekt an der Forschungsstelle Entartete Kunst der Universität Hamburg statt. URL: (28. Dezember 2020). Zur Reichskammer der bildenden Künste siehe Tiedemann 2016. 25 Einen weiteren Schwerpunkt im Bereich der kunsthistorischen Forschungen zum Nationalsozialismus bildet der Sonderauftrag Linz. Hier sind bereits grundlegende Studien erschienen, auf die einleitend zum Kap. 4.5 näher eingegangen wird. 26 Zu Julius Böhler siehe das Projekt am Zentralinstitut für Kunstgeschichte München: Händler, Sammler und Museen: Die Kunsthandlung Julius Böhler in München, Luzern, Berlin und New York. Erschließung und Dokumentation der gehandelten Kunstwerke 1903 – 1994. URL: (10. März 2021). Zur Galerie Heinemann siehe die Forschungsdatenbank Galerie Heinemann online: URL: (28. Dezember 2020). Zu Karl Haberstock siehe Keßler 2008; zu Adolf Weinmüller: Hopp 2012; zu Paul Graupe: Golenia/ Kratz-Kessemeier/Le Masne de Chermont 2016.

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kleineren Museen im Nationalsozialismus, die Rolle der Künstlerinnen und Künstler oder auch des Kunstschutzes zu begrüßen.27 Bei allem Wert dieser Einzelstudien sind allerdings noch immer Untersuchungen ein Desiderat, die größere Zusammenhänge thematisieren, vergleichende Analysen vornehmen und über die verschiedenen politischen Systeme hinweg eine Forschungsfrage übergreifend bearbeiten. Die bereits 2011 publizierte Dissertation von Gesa Vietzen zu den Kunstmarktpreisen verschiedener Künstler des Impressionismus, des Expressionismus oder der Neuen Sach­lichkeit in der Weimarer Republik, dem Nationalsozialismus sowie in der Nachkriegszeit kann hier exemplarisch als noch seltene Ausnahme genannt werden.28 Insgesamt stellen jedoch die Beteiligung des Kunsthandels und die Verwicklungen des Kunstbetriebes im nationalsozialistischen Herrschaftssystem in weiten Teilen noch ein Forschungsdesiderat dar.29 Dabei sind gerade epochenübergreifende Studien dringend erforder­lich, um vergleichende und umfäng­liche Forschungsfragen beantworten und die Folgen des Nationalsozialismus bis heute verstehen zu können. 27 So beispielsweise das Frankfurter Städel (Fleckner/Hollein 2011), die Staat­lichen Museen zu Berlin (Grabowski 2013) und jüngst sehr umfäng­lich die Staat­lichen Gemäldesammlungen in Dresden (Müller-Kelwing 2020). Zur Rolle von Künstlerinnen und Künstlern auch jenseits der Klassischen Moderne sind in jüngster Zeit einige Forschungen begonnen worden: Ruppert 2015a; Ausstellungskat. Bochum u. a. 2016. Hier ist auch das Projekt zur Großen Deutschen Kunstausstellung am Zentralinstitut für Kunstgeschichte München zu nennen: URL: (28. Dezember 2020). Zum Kunstschutz in Frankreich siehe jüngst das Projekt zum Nachlass von Franziskus Graf WolffMetternich am LVR-Archivberatungs- und Fortbildungszentrum: URL: (28. Dezember 2020) und Karlsgodt 2011; zu Italien: Fuhrmeister 2019; zu Deutschland: Löffler 2019. 28 Jeuthe 2011 (unter ihrem Geburtsnamen publiziert). Weitere Publikationen, die zu nennen sind: Iselt 2010 sowie die Ausstellung Gute Geschäfte im Jüdischen Museum in Berlin im Jahr 2011. Diese versuchte erstmalig eine Gesamtschau über den Kunsthandel in Berlin in der Zeit von 1933 – 1945 zu geben. Die ausgewählten Biographien im Katalog fokussieren dabei nicht allein die Zeit des Nationalsozialismus. Vgl. Ausstellungskat. Berlin 2011. 29 Zu ­diesem Schluss kommt auch die Leipziger Historikerin Monika Gibas im Jahr 2007: „Die Beschädigung der deutschen Kunstmuseen und des deutschen Kunsthandels durch die avantgardefeind­liche Haltung der NS -Kulturbürokratie war damit lange der Haupterzählstrang der Kunstgeschichte wie auch der Selbstdarstellung der Museen und Kunsthändler über die Zeit 1933 bis 1945. Beklagt wurden die ideologische Bevormundung durch den NS -Staat bei den Erwerbungen, durch die im Sammlungsspektrum der Anschluss an die internationale Moderne verloren gegangen sei, und natür­lich immer wieder die ‚Säuberung‘ der Museen in der Aktion ‚Entartete Kunst‘. Auch auf die Kriegsverluste durch die Flächenbombardements der Alliierten, durch Plünderungen und Verbringung von Teilen der ausgelagerten Kunstwerke als Kriegsbeute in die Sowjetunion wird immer wieder hingewiesen. In welcher Weise jedoch der Kunstbetrieb und seine Protagonisten in das nationalsozialistische Herrschaftssystem involviert waren, wurde und wird noch immer vielfach ausgeblendet.“ Gibas 2007, S. 205/206.

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Vor dem Hintergrund d ­ ieses Forschungsstandes behandelt die vorliegende Studie zur Chemnitzer Galerie Gerstenberger und zu Wilhelm Grosshennig nicht nur eine geographische Region, die bisher keine Berücksichtigung gefunden hat. Vielmehr wurde bewusst eine Galerie gewählt, die sich nicht progressiv für neue Tendenzen der Kunstentwicklungen einsetzte oder einen besonderen Handelsschwerpunkt in der Kunst der Klassischen Moderne hatte. Stattdessen untersucht die Studie eine Kunsthandlung, die vornehm­lich mit der Kunst des 19. Jahrhunderts und vor allem solcher zeitgenössischer Kunst handelte, ­welche die Formensprache des 19. Jahrhunderts modulierend fortschrieb. Denn dieser Kunstmarkt für einen eher konservativ-bürger­lichen Kunstgeschmack wurde in der bisherigen Forschung kaum berücksichtigt, obwohl er für den Kunsthandel in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts eine wesent­liche Rolle spielte. Nicht nur das Großbürgertum, das Kunstwerke für Ausstattungszwecke seiner Wohnräume nutzte, sondern auch private Kunstsammlerinnen und Kunstsammler, die teils beträcht­liche Summen ausgaben, erwarben auf breiter Front Werke sowohl traditioneller als auch progressiver künstlerischer Ausdrucksformen. Dieser Aspekt lässt sich am Chemnitzer Kunstmarkt paradigmatisch beobachten, insbesondere wenn man auch Werke heute weniger bekannter Künstlerinnen und Künstler in den Blick nimmt, die gewöhn­lich durch das Raster kunstmarktgeschicht­licher Forschungen fallen. Aber noch hinsicht­lich einer Reihe weiterer Aspekte erweist sich der Perspektivwechsel als ertragreich, zu dem die Galerie Gerstenberger zwingt. Denn da sie keine prägende Protagonistin des deutschen Kunstbetriebes vor 1945, sondern eine mittelständische Galerie in der kulturellen Provinz war, lässt sich an ihr zwar nicht aufzeigen oder bestätigen, w ­ elche Ausstattungs- und Präsentationsmodi für Kunsthandlungen als besonders neu oder progressiv galten. Doch aufgrund ihrer überaus produktiven Durchschnitt­lichkeit lässt sich an ihr exemplarisch studieren, w ­ elche Arten des Kunstdisplays zu ­welchen Zeiten rundweg etabliert waren und zum Standard auch abseits der Metropolen avancierten. Dabei wird der Galerie Gerstenberger als bedeutendster Kunsthandlung der Stadt eine spezielle Rolle zuteil, insofern sie für den lokalen Kunstmarkt in und um Chemnitz als Hauptakteurin auftrat. Gerade aufgrund dieser Zwitterstellung als überregional rezipierende und lokale Standards setzende Instanz aber ist das Künstlerportfolio der Kunsthandlung alles andere als selbstverständ­lich und gilt es zu klären, woran ­dieses orientiert war. Insbesondere die Analyse des Chemnitzer Kunstbetriebes, das heißt des Agierens des Museumsdirektors sowie des Kunstgeschmackes des Chemnitzer Bürgertums, macht unmissverständ­lich, inwiefern die Kunsthandlung überwiegend nach wirtschaft­lichen Prämissen handelte und die Nachfrage der lokalen Kunden eine oder die maßgeb­liche Rolle für das Galerieangebot spielte. Des Weiteren war vor dem Hintergrund d ­ ieses provinziellen Charakters des Chemnitzer Kulturbetriebes auch ein enges Netzwerk mit anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern von gesteigerter Bedeutung, da es gewährleistete, dass die Galerie Gerstenberger am gesamtdeutschen Kunstmarkt teilnehmen und darin zeitgemäß agieren konnte. Das wird vor allem mit Blick auf die Beteiligung an prominenten Auktionen während der 1920er Jahre deut­lich, auf denen die Galerie Gerstenberger selbstbewusst und finanzstark auftrat. Gleichzeitig war

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das Angebot der Kunsthandlung von den persön­lichen Kontakten Wilhelm Grosshennigs zu Kunstsammlerinnen und Kunstsammlern beeinflusst, die lokal ansässig sein oder auch in Nordamerika wohnen konnten. Für die Zeit des Nationalsozialismus zeigt sich, dass die Integration und die Beteiligung am nationalsozialistischen Herrschaftssystem nicht zwangsläufig mit der Größe und der gesamtdeutschen Bedeutung der Kunsthandlung korreliert waren, sondern auf persön­lichem Agieren und der Vernetzung von Einzelpersonen basierte. Anders als es sich in der bisherigen Forschung abzeichnete, verdeut­licht der Fall Gerstenberger, dass eine mittelständische Galerie von dem politischen Umbruch ab 1933 und der nationalsozialistischen Kulturpolitik nicht minder beeinflusst und in ihrer Handelstätigkeit geprägt war als größere Galerien und die Protagonisten des Kunstmarktes. Gretchencharakter erhält dabei die Frage nach der Motivation Grosshennigs, das Künstlerportfolio der Galerie Gerstenberger rasch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zu verändern und mehr noch Ausstellungen zu organisieren, die verschiedene Aspekte der nationalsozialistischen Politik thematisierten. Neben dem Agieren auf dem NS-Kunstmarkt steht nicht zuletzt seine Beteiligung an der Aktion „Entartete Kunst“ und dem Sonderauftrag Linz im Fokus der hier vorliegenden Arbeit. Grosshennig wird im amerikanischen Consolidated Interrogation Report zum Sonderauftrag Linz unter 15 Personen genannt, die als „lesser figures“ neben den sogenannten „Chefeinkäufern“ für den Sonderauftrag eine relevante Bedeutung hatten.30 In beiden Kontexten erweist sich Grosshennig als aufschlussreiche Figur, die unter anderem neues Licht auf die Chemnitzer Kulturpolitik im Nationalsozialismus wirft. Vor allem aber erlauben die ausführ­lichen Recherchen zu Grosshennigs Tätigkeiten für den Sonderauftrag Linz neuartige Erkenntnisse darüber, wie dessen Mitarbeiter genau mit den Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern zusammenarbeiteten und wie wiederum diese auf dem niederländischen und französischen Kunstmarkt für den Sonderauftrag vorgingen. Da die Galerie Gerstenberger hinsicht­lich dieser auch moralisch zu bewertenden Aktivitäten den gut erforschten Hauptprotagonisten des NS-Kunstmarktes strukturell vergleichbar ist, lässt sich mit ihr auch dem eklatanten Versäumnis der kunsthistorischen Forschung begegnen, den der Schwabinger Kunstfund offen zu Tage gefördert hat. Denn wie für Gurlitt, Möller und Böhler bedeutete auch für Grosshennig das Kriegsende keine einschneidende Zäsur seines einträg­lichen Geschäftes mit der Kunst. Insofern bildet die Betrachtung der Galerie Gerstenberger über den Zeitraum ihres Bestehens hinaus und insbesondere des Handelns Grosshennigs in der Nachkriegszeit im abschließenden Kapitel dieser Studie einen Beitrag zur kritischen Aufarbeitung von Biographien und personellen Kontinuitäten über das NSRegime hinaus bis in die 1950er und 1960er Jahre. Die Untersuchung der unmittelbaren Nachkriegszeit und der schnellen Wiederaufnahme der Tätigkeiten durch den Galeristen 30 NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1782, WWII OSS Art Looting Investigation Reports, Consolidated Interrogation Reports (CIR): 4 – Linz: Hitler’s Museum and Library, Bl. 4: „(3) Galerie Gerstenberger (Grosshennig)“.

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macht den außerordent­lichen Vorteil derjenigen Kunsthändler und Kunsthändlerinnen evident, die nicht durch die Nationalsozialisten in die Emigration gezwungen worden waren.31 Denn die kontinuier­lich erweiterten, berufsspezifischen Kenntnisse um die Vorgänge auf dem deutschen Kunstmarkt sowie die gefestigten Netzwerke ermög­lichten ein gesichertes Anknüpfen an die Tätigkeiten vor 1945. Seine perfide Pointe erhält dieser Erfolg aber erst durch Grosshennigs Selbststilisierung in der Nachkriegszeit als steter (!) Verfechter des Expressionismus, da diese sich vor dem Hintergrund seiner mit dieser Arbeit offengelegten tatsäch­lichen Handelsweisen als unhaltbar erweist. Entsprechend kritisch ist seine Etablierung im Handel mit französischer und deutscher expressionistischer Kunst nach 1945 in Düsseldorf zu hinterfragen. Denn die Neuausrichtung der Geschäftstätigkeit Grosshennigs nach 1951 ist zwar wirtschaft­lich begründbar, aber sie spielte umso mehr eine bedeutende Rolle in der euphemisierenden Selbstdarstellung des Galeristen, da sie seine Aktivitäten während des Nationalsozialismus viel zu schnell vergessen ließ.

*** Noch in einer letzten Hinsicht erweist sich die Galerie Gerstenberger schließ­lich als durchaus charakteristisch für eine Vielzahl deutscher Galerien aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Denn die spär­liche Forschungsliteratur zur Galerie Gerstenberger resultiert auch aus einer keineswegs einfachen, sondern disparaten Quellenlage. Vor allem hat sich kein zentraler Nachlass überliefert. In dieser Hinsicht sind die gut dokumentierten ehemaligen Galerien Heinemann und Julius Böhler in München, Ernst Arnold in Dresden sowie ­Ferdinand Möller in Berlin weitestgehend Ausnahmen. Für die Galerie Gerstenberger hingegen haben sich – wie im Falle vieler anderer Kunsthandlungen kleiner und statt­licher Größe – keine Kassen­ bücher, Kundenkarteien oder eine gesamtheit­liche, archivierte Korrespondenz erhalten, auf ­welche die vorliegende Untersuchung hätte zurückgreifen können. Selbst der Nachlass der 1951 in Düsseldorf gegründeten Galerie Wilhelm Grosshennig konnte nicht berücksichtigt werden, da dieser sich erst seit Juli 2019 im Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung in Köln befindet und die darin befind­lichen Geschäftsunterlagen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Zeitpunkt der Drucklegung noch nicht archivarisch erschlossen und zugäng­lich gemacht waren. Aufgrund dieser Quellenlage verwundert es nicht, dass die Überlieferung lückenhaft ist und es schwer beziehungsweise bisweilen unmög­lich war, alle Vorgänge innerhalb der Galeriegeschichte eindeutig zu rekonstruieren. Aus demselben Grund sind auch eine umfassende Benennung von Einlieferer- und Käufernamen oder etwa eine genaue Ermittlung der gehandelten Kunstwerke nicht mög­lich. Rückblickend hat es sich jedoch als methodischer Vorteil erwiesen, dass Bestände in sehr vielen verschiedenen Archiven in Betracht gezogen werden mussten. Denn dies ermög­licht letztend­lich eine kritischere Betrachtung der Galeriegeschichte, als es beispielsweise in den

31 Diese Beobachtung formuliert auch Heuß 2008, S. 81.

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zwei Untersuchungen zu den Galerien Arnold und Möller gelang, die zu stark dem Nachlass verhaftet blieben. Auch die überlieferten Publikationen der Galerie Gerstenberger selbst sind ausgesprochen lückenhaft.32 Für den Zeitraum von ihrer Gründung (1902) bis zur beschlossenen Liquidierung der GmbH (1949) konnten nur 31 Ausstellungskataloge ermittelt werden. Der älteste datiert in das Jahr 1907 und der jüngste 1948. Es ist anzunehmen, dass eine viel größere Anzahl von Katalogen publiziert wurde, zumal die Firma Gustav Gerstenberger über eine eigene Druckerei verfügte (Kapitel 2), wo ein Großteil der Ausstellungskataloge produziert werden konnte.33 Für die Jahre von 1920 bis 1931 sind aus regelmäßigen Abständen Kataloge erhalten, ebenso aus der Zeit von 1938 bis 1941 und von 1946 bis 1948. Aus der Zeit kurz nach der Gründung der Kunsthandlung sind Werbemitteilungen beziehungsweise ein Werbeprospekt überliefert. Vor allem der Prospekt, der in den Zeitraum von 1906 bis 1909 datiert werden kann, verdeut­licht eindrück­lich den hohen Selbstanspruch und die schnelle Verankerung der Galerie Gerstenberger im deutschen Kunstmarkt nur wenige Jahre nach ihrer Gründung (Abb. 32).34 Darüber hinaus gibt es zwei Festschriften des Unternehmens Gustav Gerstenberger aus den Jahren 1922 und 1947, in denen die Galerie ebenfalls Erwähnung findet. Die Festschrift aus dem Jahr 1922 erschien in höherer Auflage und findet sich heute in mehreren Bibliotheken. Die handschrift­lich mit Tinte auf handgeschöpftem Papier geschriebene Unternehmenschronik aus dem Jahr 1947 befindet sich heute in Privatbesitz. In den namhaften Kunstzeitschriften sind Ausstellungshinweise der Galerie Gerstenberger erst nach dem E ­ rsten Weltkrieg regelmäßig zu finden. Systematisch wurden dafür die überregionalen Zeitschriften Der Cicerone, Die Kunstchronik, Der Kunstwanderer und Die Weltkunst ausgewertet. Die Durchsicht ergab, dass die Kunsthandlung ab Mitte der 1920er Jahre eine stetig größere Aufmerksamkeit von der überregionalen Presse erfuhr. Ähn­liches ist hinsicht­lich der Korrespondenzen zu verzeichnen, auf die ­später noch eingegangen wird. Aber auch vor 1919 betrieb die Galerie Gerstenberger überregionale Werbung und es sind einige Einträge in entsprechenden Zeitschriften nachzuweisen. So ist die Kunsthandlung in den Jahren von 1906 bis 1909 und 1913 als Ausstellungsstätte im Kunsthandels- und Verlagsregister des Dresslers Kunstjahrbuches sowie 1911 und 1913 im Allgemeinen Kunstausstellungskalender nachweisbar.35

32 Die recherchierten Kataloge und andere Drucksachen der Galerie Gerstenberger sind im Anhang gelistet (vgl. 8.7.4). 33 Siehe auch Anm. 328. 34 Auf den Ausstellungsraum im könig­lichen Kurhaus in Bad Elster, der in dem hier erwähnten Prospekt genannt wird und von der Galerie Gerstenberger eine unbestimmte Zeit lang von Mai bis September bespielt wurde, wird im Rahmen dieser Arbeit nicht eingegangen. 35 Dresslers Kunstjahrbuch 1906, S. 508; 1907, S. 564; 1908, S. A17; 1909, S. A11 und 1913, S. 1039; Allgemeiner Kunstausstellungskalender 1911, S. 138 und 1913, S. 146.

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Hinweise auf konkrete Ausstellungen sind in der Zeitschrift Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels für die Jahre 1907 und 1917 belegt.36 Angesichts dieser insgesamt überschaubaren Anzahl an Funden in der überregionalen Presse ­zwischen 1902 und 1920 ist die Berichterstattung in lokalen Zeitungen und Zeitschriften für die Rekonstruktion der frühen Geschichte der Galerie Gerstenberger von großer Bedeutung. Vor allem die Tageszeitung Chemnitzer Tageblatt stellt eine außerordent­ lich reiche Informationsquelle für den Zeitraum von 1902 bis in die Mitte der 1930er Jahre dar. Mehrmals im Monat wurden größere Artikel, kleinere Meldungen und Anzeigen der Kunsthandlung publiziert. Dabei wurde nicht nur über geplante oder aktuelle Ausstellungen berichtet, sondern auch über Besucherzahlen, verkaufte Dauerkarten für die Ausstellungen, Neupräsentationen einzelner Werke und Verkäufe. Die enorm dichte und breite Berichterstattung in der Chemnitzer Tagespresse basierte zwar sicher­lich zu großen Teilen auf der Sonderstellung der Kunsthandlung innerhalb des Chemnitzer Kunstbetriebes, ist aber auch Beispiel für die Bedeutsamkeit der jeweiligen Tagespresse als Quelle für den regionalen Kunstmarkt, die in der Forschung oftmals noch zu wenig Beachtung findet. Neben dem Chemnitzer Tageblatt dienten auch die von 1910 bis 1942 monat­lich erscheinende lokale Zeitschrift Chemnitzer Kalender sowie die von 1935 bis 1943 von Waldemar Ballerstedt heraus­gegebene Monatsschrift für Geschichte, Kunst und Leben in Chemnitz und dem Erzgebirge. Der Türmer von Chemnitz als wichtige Quellen.37 Anhand der regionalen und überregionalen Zeitungen und Zeitschriften ist es mög­lich, auch ohne eine überlieferte Dokumentation der Kunsthandlung die Ausstellungen für die einzelnen Jahre fast lückenlos zu rekonstruieren. Das wurde im Rahmen der Arbeit exemplarisch für ausgewählte Jahre vorgenommen (Anhang 8.3). Anhand von Korrespondenzen mit Museen oder anderen Kunsthändlern, wie beispielsweise Verkaufsverhandlungen oder Angebotsschreiben der Galerie, konnte das Portfolio der gehandelten Kunstwerke rekonstruiert werden. Vor allem die Werke, die in den Angebotsschreiben an Museen verzeichnet sind, stehen hier im Fokus, um die Handelstätigkeit der Galerie zu untersuchen. Im Gegensatz zu den Exponaten kann davon ausgegangen werden, dass diese Werke tatsäch­lich über die Kunsthandlung verkauft werden sollten. Darüber hinaus handelte es sich dabei um besonders qualitätsvolle Werke von auch heute noch bekannten Künstlern. Der Umfang des überlieferten Schriftwechsels ist dabei stark von dem jeweiligen Archiv abhängig. Das ist in den meisten Fällen mit Kriegsschäden oder der Nachkriegssituationen zu begründen und dabei auch mit den unterschied­lichen Lagerungsorten der Dokumente innerhalb eines Museums während des Krieges. Ist im Allgemeinen Kunstausstellungskalender für Chemnitz auch die Kunsthandlung von Oskar Kamprath (siehe Kap. 2.4) gelistet, steht die Galerie Gerstenberger im Dresslers Kunstjahrbuch alleinig für die Stadt. 36 Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels 31. Januar 1908, S. 16 und 31. Mai 1917, S. 52. Für den Hinweis auf diese Einträge bedanke ich mich herz­lich bei Stefan Pucks, Berlin. 37 Zu Waldemar Ballerstedt siehe Kap. 4.3.

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Zunächst sind die Bestände des Chemnitzer Museums gesichtet worden, da hier die umfangreichste Korrespondenz zu erwarten war. Und tatsäch­lich können für die Jahre 1920 bis 1932 zahlreiche Schreiben z­ wischen der Galerie Gerstenberger und dem Direktor des Chemnitzer König-Albert-Museums aufgefunden werden. Frühere Ankäufe für die Kunstsammlung der Stadt Chemnitz sind im Chemnitzer Stadtarchiv dokumentiert. So erschöpfend die Überlieferung für die Zeit der Weimarer Republik in Chemnitz ist, umso desolater erscheint sie für die Zeit des Nationalsozialismus. Im Archiv der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz konnte die Verfasserin nur sehr vereinzelt Dokumente aus der Zeit von 1933 bis 1945 sichten. Archiviert sind hier beispielsweise das Verzeichnis der in der städtischen Kunstsammlung zu Chemnitz im August 1937 beschlagnahmten Erzeugnisse „entarteter Kunst“, eine Dokumentation zu mög­lichen Exponaten für die Ausstellung Aus Privatbesitz, die 1935 von dem Chemnitzer Kunstverein Kunsthütte organisiert wurde, sowie einzelne Dokumente, die in die Jahre 1943 und 1944 datieren. Dabei ist die Trennung der Zeithorizonte bereits historisch angelegt gewesen: Im Kassenbuch der Kunsthütte sind näm­lich die Eintragungen ledig­lich bis Juni 1933 dokumentiert. Dann setzen sie erst ab 1946 wieder ein.38 Eine derartig vereinzelte Überlieferung der Jahre z­ wischen 1933 und 1945 – bei guter Überlieferung für andere Jahrzehnte – konnte bisher in keinem anderen Museumsarchiv beobachtet werden. Am ehesten vergleichbar ist die Quellenlage des Archives der Staat­ lichen Kunstsammlungen Dresden, in dem für die Zeit von 1911 bis 1941 Korrespondenzen mit der Galerie Gerstenberger dokumentiert sind. Diese sind für die Jahre von 1923 bis 1932 sehr umfangreich überliefert, in der Zeit von 1933 bis 1941 allerdings nur lückenhaft. Ebenso liegen im Altaktenarchiv des Landesmuseums Oldenburg Schreiben der Galerie ­Gerstenberger nur bis in das Jahr 1930 vor.39 Noch desolater stellte sich die Situation in den Archiven des Anhaltinischen Landesmuseums in Dessau, des Museums der bildenden Künste in Leipzig sowie des Kulturhistorischen Museums Magdeburg dar, wo sich nur einige wenige Dokumente und Karteikarten erhalten haben. Große Bestände an Korrespondenz mit der Galerie Gerstenberger sind dagegen vor allem in der Mannheimer Kunsthalle, aber auch im Zentralarchiv der Staat­lichen Museen zu Berlin, in dem Hauptstaatsarchiv in Hannover sowie in den Archiven der Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt in Halle und des Belvedere in Wien vorhanden. Darüber hinaus konnten Schreiben der Galerie Gerstenberger in etwas kleinerem Umfang in den Archiven des Nationalmuseums in Breslau, der Städtischen Kunstsammlung in Düsseldorf (heute: Museum Kunstpalast), der Hamburger Kunsthalle, der Bayerischen Staatsgemäldesammlung sowie des Von der Heydt-Museums in Wuppertal recherchiert werden. 38 KSChA Kunsthütte/67, S. 21. Hier findet sich der Vermerk: „Fortführung im neuen Kassenbuch Beginn: 1. Juli 1933.“ Das erwähnte andere Kassenbuch ist laut Aussage von Mitarbeiterinnen der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz nicht überliefert. 39 Mitteilung von Marcus Kenzler, Provenienzforschung Landesmuseum Oldenburg, an die Verfasserin am 27. Mai 2014.

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Die Hinweise auf weitere Korrespondenzen der Galerie Gerstenberger mit Museen des damaligen Deutschen Reiches lassen vermuten, dass die Kunsthandlung einen ausgesprochen regen Schriftwechsel führte und in sehr regelmäßigen Abständen ihre Angebote an eine Vielzahl deutscher Museen sandte.40 Dabei ist zu beachten, dass sich die hier benannten Aktenbestände fast alle ausschließ­lich auf den Zeitraum ab Mitte der 1920er Jahre beschränken. Oftmals wird die Dokumentation in den Häusern gegen Ende der 1930er Jahre viel lückenhafter als zuvor und aus der Zeit von 1940 bis 1945 sind nur vereinzelte Korrespondenzen der Galerie Gerstenberger mit den Museen überliefert. Ganz anders stellt sich die Überlieferung für eben diese Zeit in Bezug auf Korrespondenzen mit den Reichsstellen während des Nationalsozialismus dar. Vor allem zum Sonderauftrag Linz ist eine Vielzahl an Quellen zur Galerie Gerstenberger in den Beständen des Bundesarchives in Koblenz und Berlin sowie in der Datenbank Fold3, in der Holocaust Collection erhalten. In Berlin lassen sich auch Schreiben der Galerie an andere Reichsstellen nachweisen, näm­lich an die Reichskanzlei, die Adjutantur Hitlers und den Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt sowie hinsicht­lich der Devisenbeschaffung an die Reichsstelle für Papier. Eine besondere Schwierigkeit war die Ermittlung von Geschäftskontakten mit anderen Kunsthandlungen, Künstlern oder Künstlerinnen. Oftmals ist auch hier der Nachlass nicht überliefert. Schriftwechsel mit Künstlerinnen oder Künstlern konnten kaum ermittelt werden, abgesehen von einigen wenigen Briefen.41 Korrespondenzen mit anderen Kunsthändlern konnten für die Galerien Ferdinand Möller in Berlin, Gustav Cramer Oude Kunst in Den Haag, Ernst Arnold in Dresden und Julius Böhler in München recherchiert werden. Darüber hinaus sind Geschäftsabwicklungen mit der Galerie Heinemann in München dokumentiert.42 Die Vielzahl der Dokumente der Galerie Gerstenberger, die in den Beständen der verschiedenen Archive ermittelt werden konnten, lässt vermuten, dass die hier genannten 40 Positive Rückmeldung auf die Anfrage nach Archivmaterial beziehungsweise Ankäufen erhielt die Verfasserin darüber hinaus von dem Museum in Bautzen, der Kunsthalle in Bremen, dem Museum Folkwang in Essen, dem Städtischen Museum in Freiburg, der Kunsthalle in Karlsruhe, der Gemälde- und Skulpturensammlung in Nürnberg und den Kunstsammlungen Zwickau. Diese Bestände sind im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht gesichtet worden. Negative Rückmeldungen erhielt die Verfasserin von dem Historischen Museum in Bamberg, dem Hessischen Landesmuseum in Darmstadt, dem Lehmbruck-Museum in Duisburg, dem Angermuseum in Erfurt, dem Historischen Museum in Frankfurt am Main, dem Kulturhistorischen Museum in Rostock, dem Historischen Museum in Speyer, der Staatsgalerie in Stuttgart sowie dem Neuen Museum und der Gemäldesammlung in Weimar. 41 So ein Schreiben an den Künstler Ludwig Fahrenkrog aus dem Jahr 1912 (DKA, NL Fahrenkrog, Ludwig, I,C-130) sowie eines an die Frau von Oskar Moll aus dem Jahr 1948 (DKA, NL Moll, Oskar, I,B-6) und eines an den Künstler Hanns Neudecker aus dem Jahr 1941 (siehe Anm. 734). 42 Vgl. Datenbank zur Galerie Heinemann, siehe Anm. 26.

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und berücksichtigten Überlieferungen bei Weitem nicht vollständig sind. Insgesamt ist die Quellenlage zu der Kunsthandlung hinsicht­lich der Archivmaterialien und der publizierten Quellen als sehr umfangreich und vielfältig zu bezeichnen. Die Schwierigkeit liegt dabei also nicht in einer schlechten, sondern vielmehr in einer verstreuten Überlieferung. Selbst wenn keine allumfassende Rekonstruktion der Handelstätigkeiten der Kunsthandlung und der Biographie Wilhelm Grosshennigs mög­lich war, kann anhand des Quellenmaterials ein vielseitiges und umfassendes Bild der Galerie Gerstenberger und des Kunsthändlers gezeichnet werden.

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2. Ein „höchst geschmackvolles Heim für moderne Kunst“. Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920) Als einen „eigenartige[n] Erfolg meiner Museumslauferei“ fasste Johannes Otto gen. Hans Stickel rückblickend die Geschichte der von ihm 1902 gegründeten Galerie Gerstenberger zusammen.43 Die dabei spürbare Verwunderung des 1882 in Chemnitz geborenen und ebendort 1962 verstorbenen Geschäftsmanns über den Erfolg „seiner“ Galerie wird verständ­lich mit Blick auf die bescheidenen Anfänge der Galerie und ihr dann aber rasantes Wachstum während der ersten zwei Jahrzehnte ihres Bestehens, die den Gegenstand d ­ ieses Kapitels bilden.44 Deut­lich soll werden, wie aus ein paar Quadratmetern innerhalb einer Papierhandlung eine mehrere modern eingerichtete Räume umfassende Kunsthandlung mit regem Ausstellungsbetrieb werden konnte, die eine Hauptinstitution des kulturellen Lebens in Chemnitz war und ein Netzwerk weit über die Landesgrenzen hinaus aufgebaut hatte. Über die ersten Stunden der Galerie unterrichtet ein mit floral gestalteten Ornamenten geschmücktes Mitteilungsblatt aus dem Jahr 1902 (Tafel 1), das bekannt gibt, dass das Familienunternehmen Gustav Gerstenberger eine Abteilung Kunsthandel eingerichtet habe, um „durch eine reich­liche und gute Auswahl von Reproductionen [sic] alter und neuer Meisterwerke jedem Kunstfreunde etwas seiner Geschmacksrichtung Entsprechendes bieten zu können“.45 Zum Zeitpunkt der Einrichtung dieser „Abteilung Kunsthandel“ war das Familienunternehmen bereits ein halbes Jahrhundert in Chemnitz ansässig.46 Gustav ­Gerstenberger (1820 – 1899), geboren im sächsischen Grumbach bei Hainichen, war 1845 in die Stadt gekommen, um als Nadlergeselle bei Adam Schmidt zu beginnen, der am Rossmarkt 3

43 Stickel 1955, S. 2. 44 Die Lebensdaten von Hans Stickel (30. 5. 1882 – 29. 11. 1962) sind dem sogenannten Ahnen-Pass seiner Tochter, Gerda Hinniger, geb. Stickel, entnommen. Dieser befindet sich in Privatbesitz der Familie. Der Handelsregistereintrag für die Galerie Gerstenberger erfolgte erst zum Zeitpunkt der Gründung der GmbH und datiert somit auf den 4. Februar 1930. Siehe StadtA Chemnitz, HR B 94. 45 StadtA Chemnitz, Archiv des Vereins für Chemnitzer Geschichte (VfCG), vr 1, Akten des Vereins für 1902, Bl. 1. Der Verkauf von Reproduktionen nach alten Meistern war vor allem im 19. Jahrhundert für Kunsthandlungen üb­lich. Negendanck 1998, S. 67. 46 Die Informationen zu der Geschichte des Unternehmens Gustav Gerstenberger entstammen, wenn nicht anderes angegeben, aus den zwei Festschriften. Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922 (zum 75-jährigen Bestehen der Firma Gustav Gerstenberger) und Denkschrift Galerie Gerstenberger 1947 (zum 100-jährigen Bestehen der Firma Gustav Gerstenberger).

eine ­­Papier- und Kurzwarenhandlung führte.47 Wie viele andere Städte erlebte Chemnitz damals im Zuge der Industrialisierung ein starkes Bevölkerungswachstum, das mit dem erhöhten Bedarf an Arbeitskräften für die gut etablierte Baumwollweberei und Strumpffabrikation in der sächsischen Stadt sowie für die neu entstehende und expandierende Maschinenindustrie begründet war.48 Von dieser wirtschaft­lichen Prosperität wusste auch Gerstenberger zu profitieren, der innerhalb seiner ersten zwei Jahre in Chemnitz seine Meisterprüfung ablegte, Emilie Schmidt, die Tochter seines Arbeitgebers, heiratete und nach dessen Tod auch das Geschäft übernahm. Dieses überführte er in die am 1. März 1847 gegründete Papierwarenhandlung Gustav Gerstenberger, die weiterhin die Räum­lichkeiten am Rossmarkt 3 nutzte.49 In den 1860er Jahren spezialisierte sich Gerstenberger dann auf die Fahrkartenherstellung und erweiterte sein kleines Unternehmen um eine ­Papierfabrikationsstelle mit Druckerei 47 Eintrag im Chemnitzer Adressbuch 1843: „Schmidt, Adam Fr., Nadler; Papier- und Kurzwarenhandlung, Rossmarkt 3“ (eingesehen im Stadtarchiv Chemnitz). Ein Nadler war ein ­Handwerker, der Näh-, Steck- und Haarnadeln fertigte. Nachdem die Nadelfabrikation um die Mitte des 19. Jahrhunderts vermehrt maschinell ausgeführt wurde, bezeichnete man als „Nadler“ auch nur das Geschäft. Brockhaus Conversationslexikon, Bd. 12 (Murrhardt – Phoros), 1885, S. 45. 48 Viertel/Weingart 2002, S. 53 – 59. Einen summarischen Überblick zur Geschichte von Chemnitz von der Frühzeit bis in die Nachwendejahre bietet das 2002 publizierte Buch von Gabriele Viertel und Stephan Weingart. Im Buch findet sich auch eine Zusammenstellung von Literatur zur Stadtgeschichte. Das Buch versteht sich als zusammenfassende Darstellung und erhebt keinen Anspruch auf neue Ansätze. Aufgrund der zusätz­lich fehlenden Fußnoten bleibt die Publikation im populärwissenschaft­lichen Bereich verankert, dient jedoch dem schnellen Einblick in die großen Entwicklungstendenzen der Stadt. Weitaus profunder sind die Publikationen der Reihen Aus dem Stadtarchiv Chemnitz und Mitteilungen des Chemnitzer Geschichtsvereins. Aus der erstgenannten werden vor allem die zwei Aufsatzsammlungen zur Stadtgeschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts: Stadtarchiv Chemnitz 2010 und Stadtarchiv Chemnitz 2008 für die zwei folgenden Kapitel von Bedeutung sein. Darüber hinaus beinhalten die zwei folgenden Publikationen jeweils 125 Biographien zu prominenten Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger: Stadtarchiv Chemnitz 1998 und Stadtarchiv Chemnitz 2000. Für die Zeit der Weimarer Republik sind die Abhandlungen von Jens Kassner hinsicht­lich der kulturellen Entwicklung der Stadt grundlegend (Kassner 2000 und ders. 2009). 49 Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 5. Die Angaben zu der genauen Adresse bzw. Hausnummer des Papiergeschäftes variieren. Der Eintrag im Chemnitzer Adressbuch von 1847 lautet: „Gerstenberger, Georg Gustav, Papierhändler, Roßm. 3. Firma: A. F. Schmidt“ (eingesehen im Stadtarchiv Chemnitz). Der Text in der Jubiläumspublikation von 1922 über die Gründung der Firma macht aber die Verortung in die Hausnummer 8 wahrschein­lich, da ausführ­lich das Gebäude beschrieben wird, das in späteren Photographien wiedererkennbar ist: „Gustav Gerstenberger gründete am 1. März 1847 im Hause Rossmarkt 8, das noch heute den Zwecken der Firma dient, ein Papiergeschäft […]. Mancher alter Chemnitzer wird sich noch des im Jahre 1641 erbauten historischen Hauses im ursprüng­lichen Aussehen mit dem alten Erker über dem Eingange und den Stufen, die nach dem damaligen Laden emporführten, erinnern.“ Denkschrift Galerie ­Gerstenberger 1922, S. 5.

28 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

und Buchbinderei.50 Im Jahr 1880 trat sein Schwiegersohn, Otto Stickel (1854 – 1906), in das Geschäft ein und vergrößerte es zu einer Papiergroßhandlung mit Exporten nach Italien, Ägypten und in den Mittleren und Nahen Osten. Der Firmenname Gustav Gerstenberger hingegen blieb bis zur Verstaat­lichung in der DDR im Jahr 1972 bestehen.51 Der älteste Sohn von Otto Stickel, Hans Stickel, übernahm die alleinige Leitung der Firma 1902 und bis ins Jahr 1908, als dessen jüngerer Bruder Konrad (1887 – 1967) in die Firma eintrat. Fortan teilten sich die Brüder die Geschäftsleitung und es gelang ihnen, das Unternehmen weiter zu vergrößern, sodass es im Jahr 1922 folgende Abteilungen vereinte: eine Papiergroßhandlung, eine Abteilung für Fabrikation, eine Rohstoffabteilung, eine Büromaschinen-, Schreibwaren- und Schreibmöbelabteilung sowie die bereits erwähnte Abteilung Kunsthandel, die von Hans unmittelbar nach der Übernahme der Firmenleitung eingerichtet worden war. Obwohl die Galerie Gerstenberger die erste Kunsthandlung in Chemnitz war, die sich ausschließ­lich als Kunstgalerie verstand (und nicht als Kunst-, Buch- und Antiquitätenhandlung), ist ihre Gründung im Jahr 1902 im Vergleich zu anderen deutschen Städten als spät zu bewerten.52 Nicht nur in München und Berlin gehen Galeriegründungen bis weit in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück, sondern auch in den sächsischen Nachbarstädten Leipzig und Dresden. In München wurde beispielsweise die Wimmer’sche Kunsthandlung schon 1824, die Galerie Bernheimer 1864 und die Galerie Heinemann 1872 gegründet sowie in Berlin die Kunsthandlung von Friedrich Gurlitt im Jahr 1880 und die Galerie Eduard Schulte 1886. In Dresden existierten die Galerien Ernst Arnold seit 1818 und Emil Richter seit 1848 sowie in Leipzig die Galerie bzw. das spätere Auktionshaus C. G. Boerner seit 1826. Chemnitz war also Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts weitestgehend abgeschnitten vom Kunsthandel, der nur über Galerien in benachbarten Großstädten erfolgen konnte. Insofern leistete die Galerie Gerstenberger in den ersten Jahren durchaus Pionierarbeit. Entsprechend war für die Gründung und die anfäng­liche Etablierung der Kunsthandlung von enormer Bedeutung, dass sie das kulturinteressierte Publikum und potenzielle Kunden vor Ort erreichte. In den folgenden Unterkapiteln soll deswegen untersucht werden, wie sich das kulturelle Leben in Chemnitz um die Jahrhundertwende überhaupt darstellte und in welcher Form sich die Galerie Gerstenberger in d ­ ieses integrieren konnte. Deut­lich soll werden, inwieweit

50 Das Aussehen und Wertesystem von Fahrkarten wurde ab 1836 von dem Engländer Thomas ­Edmondson (1792 – 1851) vereinheit­licht und ab 1848 sukzessive vom Verein Deutscher EisenbahnVerwaltung im gesamten deutschsprachigen Raum eingeführt. Das System blieb bis 1951 (Ost) bzw. 1952 (West) bestehen. Lohr 2004, S. 10 – 12 und 78. 51 Der Name Gustav Gerstenberger wird posthum nicht nur als Firmenname, sondern auch noch als „unterzeichnende Person“ genutzt, sodass in den Korrespondenzen oftmals als Anrede „Sehr geehrter Herr Gerstenberger“ auftaucht. 52 Zu Kunst-, Buch- und Antiquitätenhandlungen in Chemnitz vgl. Anm. 68.

Einleitung  I  29

ihre Geschäftstätigkeiten einerseits als Reaktion auf den vorherrschenden Geschmack und die Erwartungen des Chemnitzer Bürgertums zu bewerten sind, andererseits die Galerie sich aber bewusst von den provinziellen Bedingungen abgrenzte und dadurch zu einem aktiven Faktor in der Verbreitung neuer Kunstströmungen sowie auch allgemein von Formen der Kunstpräsentation wurde. Anhand der Ausstellungen und ihrer Exponate, deren Rezensionen in der Chemnitzer Tagespresse sowie der Ausgestaltung der Räum­lichkeiten der Galerie wird augenschein­lich, an ­welchen Prämissen und Normen des damaligen Kunsthandels und Ausstellungswesens sich die Galerieleitung orientierte und wie sie diese umgesetzt hat. Das Vorgehen wird dabei im Folgenden weitestgehend chronologisch sein und gliedert sich durch die Umzüge und Umbauten sowie Leitungswechsel. Das besondere Augenmerk wird aber darauf liegen zu verdeut­lichen, dass sich schon in den ersten zwei Jahrzehnten des Bestehens der Galerie ein Künstlerportfolio abzeichnet, das auch bis 1945 bestimmend bleiben sollte: Im Kern handelte die Galerie mit etablierter und bei einem konservativen Publikum gefragter Kunst, besondere Aufmerksamkeit in der Außenwahrnehmung konnten aber damals wie bis in die jüngste kunstgeschicht­liche Forschungsliteratur die wenigen Aktivitäten mit Künstlerinnen und Künstlern der Klassischen Moderne hervorrufen.

2.1 Die Gründung der Abteilung Kunsthandel Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war Chemnitz als „Industrie- und Handelsstadt“ bekannt und besaß im Jahr 1900 über 207.000 Einwohner.53 Die Einwohnerzahl stieg in den nächsten Jahren rasant durch Zuzug und Eingemeindung an, allein in den zehn Jahren von 1900 bis 1910 um 80.000 Personen, und sollte 1930 mit über 360.000 Einwohnern seinen bisherigen Höchststand erreichen.54 Die soziale Struktur der Bevölkerung lässt sich mit Dortmund vergleichen, wo ebenso wie in Chemnitz mehr als 60 % der Erwerbstätigen in der Industrie beschäftigt waren.55 Dementsprechend war das Selbstverständnis der Chemnitzer Bevölkerung während der ersten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts davon geprägt, Bewohner und Bewohnerinnen einer Arbeiterstadt zu sein. Dieses Bild von der Stadt wurde auch öffent­lich vertreten und regelmäßig nicht ohne Stolz auf die Dominanz der Industriebauten im Stadtbild hingewiesen. Effektvoll wird Chemnitz als eine „in aller Welt [bekannte] rauch- und rußgeschwärzte Fabrikstadt“ beschrieben und die Einwohner und Einwohnerinnen durch die Attribute einfach, ernst und nüchtern charakterisiert.56 Noch das im Jahr 1926 erschienene 53 Kassner 2009, S. 66. Chemnitz hatte damit zu ­diesem Zeitpunkt ungefähr halb so viele Einwohner wie Leipzig oder Dresden. 54 Ebd., S. 70; (10. März 2021). 55 Kassner 2000, S. 16. 56 Zitat: Künstlergruppe Chemnitz 1918, S. 4.

30 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Buch der Stadt Chemnitz, das als „Werbe-Buch“ in Abstimmung mit dem Rat der Stadt entstand, zelebriert das von Industriebauten gekennzeichnete Stadtbild und stellt die „ernste und schwere Arbeit“ als vorteilhaft dar.57 Im Vorwort, das von dem damals amtierenden Bürgermeister verfasst ist, betont dieser, dass Chemnitz eine „reine“ Industriestadt sei und arm an Institutionen für Kunst und Wissenschaft.58 Ausdrück­lich marginalisiert er das kulturelle Leben in der Stadt im Vergleich zu den zwei anderen sächsischen Großstädten Dresden und Leipzig, obwohl in der Publikation das Kapitel zu den Chemnitzer Kultureinrichtungen bei Weitem mehr Raum einnimmt als dasjenige zur Industrie. Hier werden unter anderem die Oper, das Schauspielhaus, das städtische Museum, Künstlerinnen und Künstler der Stadt sowie die Gesellschaft der Bücherfreunde vorgestellt. Als einzige Kunsthandlung kommt die Galerie Gerstenberger zur Sprache, die zusätz­lich mit der Photographie eines Ausstellungsraumes repräsentiert ist (Abb. 9).59 Können die Kulturinstitutionen und die städtische Kulturförderung dem Vergleich mit den auch hinsicht­lich der Einwohnerzahlen größeren Städte Dresden und Leipzig bis heute nicht standhalten, so lässt sich dennoch eine Belebung des kulturellen Lebens in Chemnitz seit dem zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts beobachten. Die wachsende Prosperität des Bürgertums begünstigte die Ausprägung eines finanziell abgesicherten und emporstrebenden Mittelstandes und somit die Herausbildung von Kulturinstitutionen. Dies spiegelte sich in den bürger­lichen Gründungen entsprechender Vereine und E ­ inrichtungen 57 „Chemnitz ist die Stadt der Arbeit, der ernsten und schweren Arbeit, und sie war es lange Zeit fast ausschließ­lich. Das prägte sich auch im Stadtbilde aus: Fabriken und Schlote beherrschten es, und die Bewohner waren einfach und nüchtern. […] Wenn nicht schön, so ist sie doch von einem eigenen, seltsam packenden Rhythmus […]. Aus der Ferne und Überschau gesehen, verklingen die starren, harten Akzente der hundert und aber hundert rauchfahnenbewimpelten Essen und Schlote.“ Cichorius 1926, S. 19. Ein derartiges Bild von Chemnitz beschreibt auch ein Gedicht von Kurt Arnold Findeisen (1883 – 1949), das ebenfalls in der Publikation abgedruckt ist: „Schornstein, Schornstein. Und stumpf über Hallen und Höfen | der träge, zerfasernde Atem der Kessel und Öfen | klanglos gedehnt. Aber unter ihm wüten die heißen | hungrigen Bohrer ins Eisen | Dampfhämmer zürnen | Laufkräne stottern. Bessemer Birnen | schäumen entfesselt, dass fauchende Funken kreisen | Straßenanlage toben daneben die tollen | Triebriemen, Schwungräder, Spindeln und Rollen | Bahnhöfe dröhnen mit zehnfachen Gleisen | Straßenlang zetert dann wieder gefoltertes Eisen | Friedlos verstrickt, ein rasendes Stimmengewirr | aber gebändigt. Und nicht eine Stimme schreit irr! | Alle Stimmen lobpreisen“ (ebd., S. 49). Das hier reproduzierte Gedicht Chemnitz von Findeisen wurde in seinem Gedichtband Mutterland (3. Auflage) 1920 publiziert. 58 Ebd., S. 5. 59 Ebd., S. 154 – 156 (Abb. auf S. 155). Zu sehen ist hier vermut­lich die Georg-Kolbe-Ausstellung im Jahr 1925, die laut Katalog unter anderem das Porträt Leonore von Keudells, das hier rechts an der hinteren Wand zu sehen ist (vgl. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1925b, S. 17, Kat.Nr. 27 und Berger 1990, S. 277, Kat.Nr. 7), sowie den Tänzer präsentierte (Bronze ganz rechts im Bild, vgl. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1925b, S. 13, Kat.Nr. 5 und Berger 1990, S. 230, Kat.Nr. 23).

Die Gründung der Abteilung Kunsthandel  I  31

Abb. 9  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal, 1925

wider. So wurde 1817 ein privater Musikverein instituiert und 1833 die städtische Kapelle eingerichtet. Auch das erste ­Theater, das 1838 errichtete Actientheater, verdankte die Stadt engagierten Bürgern, die in einer Theateraktiengesellschaft dafür Anteile zeichneten.60 In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten sich diese Bestrebungen, das kulturelle Leben zu fördern, weiter fort. Im Jahr 1860 konstituierte sich so die Kunsthütte als zentraler Kunstverein, dessen Sammlung die Basis des 1920 eingerichteten städtischen Museums bildete.61 Darüber hinaus wurden 1863 die Städtische Naturwissenschaft­liche Sammlung und 1898 die Städtische Textil- und Kunstgewerbesammlung (Industrieverein von Chemnitz und Umgebung) gegründet.62 Abgesehen von den Initiativen des Bürgertums gab es Mitte des 19. Jahrhunderts allerdings wenig öffent­liche Gebäude und Institutionen im kulturellen Bereich, deren Einrichtung vonseiten der Stadt initiiert worden waren. Das „eigent­liche Museum der Stadt“ war bis 1909 das Vereinshaus der Kunsthütte gewesen.63 Der Verein hatte 1875 eine Villa nahe dem Stadtzentrum zu einem Ausstellungsraum ausgebaut, der an zwei Tagen 60 61 62 63

Viertel/Weingart 2002, S. 54. Drechsel u. a. 1996, S. 6. Handbuch des Kunstmarktes 1926, S. 585. Zöllner 1999 (1899), S. 111.

32 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

der Woche unentgelt­lich besucht werden konnte.64 Darüber hinaus beherbergte die Villa auch die naturwissenschaft­liche Sammlung sowie zeitweise die Stadtbibliothek. Das 1899 gegründete kunstgewerb­liche Museum, die sogenannte Städtische Vorbildersammlung, hatte ebenfalls noch kein eigenes Gebäude, sondern war in einem Geschäftshaus nahe der Innenstadt provisorisch untergebracht.65 Allein einen repräsentativen Theaterbau konnte die Stadt bis zum Ende des 19. Jahrhunderts realisieren, indem sie das Gebäude der Theateraktiengesellschaft erwarb und es 1865 umbaute und erweiterte.66 Neben einem weiteren Theaterbau, der vorwiegend in den Sommermonaten bespielt wurde und im Garten eines Restaurants stand, erschöpften sich damit die zur Jahrhundertwende dokumentierten kulturellen Einrichtungen. Die Eröffnung der Abteilung Kunsthandel als Teil der Firma Gustav Gerstenberger durfte insofern für sich beanspruchen, sich in das für Chemnitz typische Bürgerengagement im kulturellen Bereich einzureihen, gleichwohl das private Interesse des als Kunstliebhaber charakterisierten Hans Stickel selbstredend nur ein Teilaspekt war, der zur Gründung und späteren Erweiterung der Kunsthandlung führte. Die Galeriegründung allein aus Stickels vermeint­licher Liebe zur Kunst, seiner bereites zitierten „Museumslauferei“, herzuleiten, verfolgte wohl eher werbewirksame Zwecke, stellt sie die Geschäftsinhaber doch als gebildete, kunstsinnige Bürger dar, die gemeinnützige Ideale verfolgten.67 Denn die Kunsthandlung steigerte nicht nur die gesellschaft­liche Reputation des Unternehmens innerhalb des Chemnitzer Bürgertums und über die Stadtgrenzen hinaus, sondern hatte aufgrund der bald einsetzenden Verkäufe auch aus kommerzieller Sicht eine Berechtigung. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es erst zwei Geschäfte in Chemnitz, die laut Handelsregister auch mit Kunstwerken handelten: Friese’s Buch- und Kunsthandlung sowie May’s Buch- und Kunsthandlung E. Roeder. Bei beiden Mitte des 19. Jahrhunderts gegründeten Geschäften dürfte es sich vor allem um Buchhandlungen gehandelt haben, die in kleinerem Umfang druckgraphische Arbeiten verkauften.68 Kunstausstellungen lassen sich allemal für beide Geschäfte weder vor noch nach Gründung der Galerie Gerstenberger nachweisen. Das 64 Die Villa in der Annaberger Straße 25 (Ecke Annenstraße) gehörte der Familie Lechla. 1868 – 1872 befand sich in ­diesem Gebäude das König­liche Gymnasium. Ab 1869 vermietete die Familie auch Räume an die Kunsthütte und die neu gegründete Stadtbibliothek. 1872 erwarb die Kunsthütte das Gebäude und nutzte es bis 1909 als Depot- und Präsentationsort für ihre Sammlung. Auch der Verein für Chemnitzer Geschichte konnte von 1876 bis 1885 einige Ausstellungsräume hier anmieten. Zöllner 1999 (1899), S. 111 und Mitteilungen des Chemnitzer Geschichtsvereins 1992, Umschlagseite. 65 Drechsel u. a. 1996, S. 10. 66 Zöllner 1999 (1899), S. 114/115. 67 Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 8/9 sowie Denkschrift Galerie Gerstenberger 1947, o. S. [Bl. 9]: „Eine Erweiterung der Firma durch Angliederung einer Kunsthandlung war von Hans Stickel aus persön­licher Neigung und Liebhaberei zur Kunst durchgeführt worden.“ 68 Laut Handelsregister erfolgte die erste Eintragung von May’s Buch- und Kunsthandlung E. Roeder im Jahr 1862. Friese’s Buch- und Kunsthandlung wurde 1872 als Zweigniederlassung des g­ leichnamigen

Die Gründung der Abteilung Kunsthandel  I  33

Vorhaben der Firma Gerstenberger, originale Kunstwerke und nicht nur „das Ü ­ b­liche“, näm­ lich Reproduktionen, auszustellen, scheint eine Neuerung für Chemnitz gewesen zu sein.69 So war die Präsentation auch nur eines einzigen Gemäldes von Annibale Gatti (1827 – 1909) zur Eröffnung der Abteilung Kunsthandel im Jahr 1902 bereits eine Meldung in der Tageszeitung wert: In dem geschmackvoll arrangi[e]rten Fenster [befand] sich neben Broncen [sic], Büsten, guten Kunstblättern ein gar prächtiges Stück: ein Original des Florentiner Meisters Professor Gatti „Miltons Besuch bei Galilei“.70

Gatti war Mitte des 19. Jahrhunderts ein gefragter Künstler und seit 1864 Professor an der König­lichen Kunstakademie in Florenz.71 Er freskierte viele der dort neu gestalteten Palazzi und traf mit seinem dekorativen, klassizistischen Historismus nicht nur den Geschmack des gehobenen Bürgertums und der toskanischen Aristokratie, sondern auch den der in Florenz lebenden Ausländer, darunter vor allem von Personen aus Amerika und Groß Britannien.72 Das von ihm wiederholt behandelte Thema Miltons Besuch bei Galileo war vor allem bei der ausländischen Käuferschicht sehr beliebt.73 Er malte es in mindestens drei Versionen, von denen er jeweils mehrere Kopien anfertigte.74 Eine von diesen Versionen stellt eine Szene Leipziger Unternehmens gegründet, das ebenfalls seit 1862 bestand. StadtA Chemnitz, HR A 169 und A 84. 69 Chemnitzer Tageblatt vom 6. November 1902, S. 5. 70 Ebd. 71 Die letzte große Monographie mit einem unvollständigen Werkkatalog, der sich hauptsäch­lich auf die Fresken des Künstlers beschränkt, wurde 1985 veröffent­licht (Zappia 1985). An neueren Publikationen können ledig­lich ein Aufsatz von 1996 (Carapelli 1996) und der Eintrag im Allgemeinen Künstlerlexikon genannt werden (Bagattoni, Emanuela: Gatti, Annibale (1827). In: AKL-Online). Der Hinweis, dass Gatti seit 1864 Professor an der „Reale Accademia di Belle Arti di Firenze“ war, findet sich in einem Aufsatz Zappias über Gatti als Porträtkünstler. Zappia 1983, S. 74. 72 Zappia 1985, S. 32. 73 Im Italienischen variiert der Titel ­zwischen Visita di Milton a Galileo, Milton e Galileo und Visita a Galileo. 74 Zappia 1985, S. 76. Im Jahr 1875 wird Gatti von dem Amerikaner Sir James Daugherty beauftragt, ein Werk mit Wissenschaftlern zu malen. Er hatte vorher das Gemälde Gattis Franklin zu Besuch bei Voltaire in einer Florentiner Galerie gesehen. Gatti malte mehrere Werke mit Darstellungen internationaler Persön­lichkeiten, die für eine ausländische Käuferschicht gedacht waren. Der Auftrag Daughertys sollte für eine Ingenieursfachhochschule sein, die er in Philadelphia gründen wollte. Gatti schlägt das Sujet Das Treffen von Milton und Galileo vor und ließ sich den Text des Dichters John Milton ins Italienische übersetzen. Die erste Version zeigt Milton und Galileo, die sich mit Handschlag begrüßen (Zappia 1985, S. 158). Von ihr fertigte Gatti 14 oder 15 Kopien an. Die zweite, wohl in der Galerie Gerstenberger präsentierte Version zeigt Milton, wie er in ein Teleskop schaut und Galileo ihm etwas erklärt. Auch davon gibt es mehrere Kopien, die jeweils hinsicht­lich

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dar, in der Galileo Milton mithilfe eines Teleskops die Mediceischen Sterne zeigt. Eine Kopie davon, die Gatti um 1898/99 anfertigte, verkaufte er an einen „signore tedesco“, der es an die „Galleria di Lipsia“ veräußern wollte,75 womit die etablierte Galerie Del Vecchio in Leipzig gemeint sein dürfte.76 Das als „hervorragend schön“ gefeierte Gemälde, das schließ­lich die Abteilung Kunsthandel der Firma Gustav Gerstenberger zu ihrer Eröffnung präsentierte und zum Verkauf anbot, war also beispielhaft für eine Kunst, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts internationale Erfolge erzielte, zum Zeitpunkt der Präsentation in Chemnitz allerdings schon zum konservativen bürger­lichen Kunstgeschmack zählte.77 Gatti verlor bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts immer mehr an Bedeutung. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Wahl für das einzige Ölgemälde auf ein Werk von einem Künstler fiel, der weder Chemnitzer war noch aus der Umgebung stammte. Mit dem italienischen Künstler, dessen Malweise einem realistischen akademischen Stil verpflichtet war, markierte die frisch gegründete Kunsthandlung also sogleich ihren Anspruch, in der Liga überregional agierender Galerien mitspielen zu wollen.

2.2 Die ersten Ausstellungen Während der ersten beiden Jahre fanden die Ausstellungen der Galerie Gerstenberger in den Verkaufsräumen der Papier- und Schreibwarenhandlung des Familiengeschäftes am Rossmarkt 8 statt, in deren Räum­lichkeiten die Abteilung Kunsthandel zunächst integriert war. Über die Art der räum­lichen Trennung ­zwischen dem Geschäfts- und Ausstellungsbereich liegen keine Informationen vor. Vermut­lich waren beide Bereiche eng miteinander verbunden und die Galerieausstellungen verbanden sich mit Präsentationen von gehobenen Gebrauchsgegenständen und Graphiken, die für Büroausstattungen geeignet waren. Die geringe Größe der Ausstellungsfläche ließ das Schaufenster (Abb. 10) zu einem permanenten Ausstellungsbereich werden. Derartige Schaufenster gab es auch bei größeren Galerien, wo diese oftmals mit Reproduktionen oder Druckgraphik bestückt wurden oder einzelne Ölgemälde präsentierten, wie es auch bei der Eröffnung der Abteilung Kunsthandel der Fall

der ­dargestellten Tageszeit variieren. Dazu Zappia 1985, S. 75/76 und 158/159 sowie besonders 161; Carapelli 1996, S. 46. 75 Ausstellungskat. Florenz 1928, S. 40. Das Museum der bildenden Künste in Leipzig veröffent­lichte ab 1860 regelmäßig Verzeichnisse der Kunstwerke im Städtischen Museum der bildenden Künste zu Leipzig. Weder in der Publikation von 1903 noch in der von 1909 oder deren Nachtrag von 1911 ist der Künstler Annibale Gatti oder ein Werk mit d ­ iesem (oder einem ähn­lichen) Titel verzeichnet. Vgl. Museumskat. Leipzig 1903, 1909 und 1911. 76 Zur Galerie Del Vecchio in Leipzig siehe Hommel 2004. 77 Zitat: Chemnitzer Tageblatt vom 6. November 1902, S. 5.

Die ersten Ausstellungen  I  35

Abb. 10  Das Papier- und Schreibwarengeschäft der Firma Gustav Gerstenberger mit großen Schaufenstern zum Rossmarkt, um 1909

war.78 Die ört­liche Relevanz der räum­lich also denkbar bescheidenen Kunsthandlung lässt sich daran ablesen, dass die größte Zeitung der Stadt, das Chemnitzer Tageblatt, ab ihrer Einrichtung regelmäßig über die Ausstellungen sowie über die Präsentationen selbst einzelner Bilder im Schaufenster berichtete.79 Diese detaillierte Berichterstattung erlaubt einen differenzierten Blick auf die Anfangsjahre der Kunsthandlung, in denen sie vornehm­lich in Chemnitz und der unmittelbaren Umgebung wahrgenommen wurde. Die Exponate veranschau­lichen die Mög­lichkeiten der noch jungen Galerie, Werke zu akquirieren, und die Strategien der Geschäftsinhaber, die noch kleine Abteilung ihrer Filiale in das kulturelle Leben der Stadt zu integrieren – wie im Folgenden nachgezeichnet sei. Nach der Präsentation des Gemäldes Annibale Gattis vom 30. November bis 7. Dezember 1902 wurde eine Ausstellung von Künstlersteinzeichnungen und anderen modernen Kunstblättern gezeigt.80 Parallel dazu veranstaltete das gesamte Ladengeschäft eine 78 Die Galerie Arnold in Dresden öffnete sich mit drei Schaufenstern zur Straße hin, die dicht bestückt waren mit Reproduktionen und eventuell auch Druckgraphik. Ein Photo der Galerie von 1910 zeigt ein Schaufenster, in dem auch ein Ölgemälde präsentiert wird. Vgl. Negendanck 1998, S. 295, Abb. 5. 79 Chemnitzer Tageblatt vom 17. Mai 1902, S. 17; vom 30. Juli 1903, S. 5; vom 6. September 1903, S. 5 und vom 21. Oktober 1903, S. 5. 80 Das Chemnitzer Tageblatt vom 28. November 1902, S. 3; vom 29. November 1902, S. 5 sowie vom 4. Dezember 1902, S. 4.

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­ eihnachtsausstellung, die alljähr­lich von der Papierwarenabteilung durchgeführt wurden.81 W In den folgenden zwei Jahren zeigte die Galerie jeweils eine Einzelausstellung: im Februar 1903 Landschaften von Johanna Hollscher (Lebensdaten unbekannt) sowie im Mai 1904 fünf Landschaften von Selma Kurth (1867 – 1942) aus Pößneck in Thüringen.82 Beide Künstlerinnen sind heute nahezu unbekannt.83 Zusätz­lich wurde in beiden Jahren auch jeweils eine Gruppenausstellungen mit Gemälden gezeigt: So waren von Ende Oktober bis November 1904 Gemälde schottischer Künstlerinnen und Künstler zu sehen, die im Chemnitzer Tageblatt detailliert besprochen wurden. Demnach war John James Bannatyne (1835/36 – 1911) mit Landschaften vertreten und die Malerin Louise Perman (?–1921) mit zwei Rosenbildern. Auch von Stuart Park (1862 – 1931) wurde ein Blumenstillleben mit Rosen gezeigt. Dieser gehörte zu den sogenannten Glasgow Boys, einer Gruppe schottischer Künstler, die abseits der zwei traditionellen Kunstinstitutionen in Glasgow, der Royal Scottish Academy und des Glasgow Art Club, wirkten und ihre Werke in einem alternativen Ausstellungszentrum, dem 1861 gegründeten Glasgow Institute of the Fine Arts, präsentierten.84 In den 1890er Jahren erhielten sie viel Aufmerksamkeit in München, nachdem sie dort zum ersten Mal ausgestellt hatten und seitdem engen Kontakt zur Münchner Sezession pflegten.85 Es folgten weitere Ausstellungen in München, Berlin und 1894 in Dresden in der Galerie Ernst Arnold sowie in Wien, Barcelona und Budapest.86 Die Museen in Leipzig, München, Stuttgart und Weimar erwarben Werke aus den Ausstellungen.87 Die Ausstellung schottischer Malerei in der Galerie Gerstenberger ist mit den vorher genannten nicht zu vergleichen, bedenkt man allein den Umfang von wahrschein­lich nur fünf Gemälden und die Tatsache, dass nur ein Künstler der damals bekannten Glasgower Gruppe angehörte. Dennoch verdeut­licht diese Ausstellung eine gewisse Orientierung der Kunstabteilung an dem Kunstgeschehen der letzten 15 Jahre in Dresden und München – was die Tagespresse allerdings nicht zu würdigen wusste. Diese betonte vielmehr einen profaneren Aspekt der ausgestellten Werke, näm­lich ihre dekorativen Motive, die ein „schöner und zugleich künstlerischer Schmuck für ein vornehmes Damenzimmer“ s­ eien.88 Die Wahl der Exponate sowie die K ­ ombination von 81 Chemnitzer Tageblatt vom 29. November 1902, S. 4. 82 Chemnitzer Tageblatt vom 15. Februar 1903, S. 13 und vom 8. Mai 1904, S. 21. 83 Zu Selma Kurth: Anonym: Kurth, Selma (1867). In: AKL -Online. Darüber hinaus gibt es einen Artikel in der regionalen Zeitschrift Pößnecker Heimatblätter: Seidenbächer 2000, in dem um Leihgaben für eine Ausstellung von Werken der Künstlerin in der Pößnecker Gottesackerkirche gebeten wird. 84 Billcliffe 1985, S. 13 – 15. 85 Ebd., S. 296/297; Ausstellungskat. München 2008a, S. 242. 86 Zur Ausstellung in der Galerie Ernst Arnold siehe Negendanck 1998, S. 82/83 und 362/363. 87 Billcliffe 2009, S. 297. Das Leipziger Museum erwarb eine Landschaft von James Paterson. Museum der bildenden Künste Leipzig 1903, S. 191, Kat.Nr. 711: Ankauf des Ölgemäldes Nach der Flut von James Paterson im Jahr 1894. 88 Chemnitzer Tageblatt vom 6. November 1904, S. 25.

Die ersten Ausstellungen  I  37

bekannten und weniger bekannten Künstlern und Künstlerinnen lässt also eine strategische Ausrichtung auf eine konservative Käuferschicht erkennen, die größtenteils erschwing­liche Kunst zur Ausstattung der Wohnräume suchte. Die weiteren Gruppenausstellungen der ersten zwei Galeriejahre beschränkten sich – abgesehen von einer Ausstellung von Schülerinnenarbeiten der heute unbekannten Chemnitzer Malschule von Adelheid Gutzschebauch-Sunde im September 1903 – auf Druckgraphik. Gezeigt wurden Kunstblätter des Simplicissimus im Juli und August 1903, Originale aus der Zeitschrift Jugend im September und Oktober 1904 sowie französische Radierungen im Oktober und November desselben Jahres.89 Vor allem die Motive der Jugend waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts bei einem großen Publikum ausgesprochen beliebt. Im Jahr 1908 verkündete Georg Hirth, der Herausgeber der Zeitschrift, dass „mehr als 200 Millionen Drucke verbreitet worden sind.“ 90 Diese Illustrationen konnten als eigenständige Kunstblätter in großen Mengen von jeder „guten Buch- und Kunsthandlung in Deutschland und Österreich“ zum Weiterverkauf beim Verlag bestellt werden.91 Die Auswahl erfolgte mithilfe der 1905 und 1908 publizierten Kataloge.92 Die anderen Ausstellungen, die in der Galerie Gerstenberger in den Jahren 1903 und 1904 gezeigt wurden, sind vor allem durch eine unterschied­liche Qualität der Werke gekennzeichnet. Das Thema der Landschaft ist zwar vorherrschend, aber nicht dominierend, und die Auswahl der Werke mutet ein wenig wahllos an, auch wenn ein leichter Schwerpunkt auf Künstler der Karlsruher und Düsseldorfer Akademie zu verzeichnen ist. Diese wurden kombiniert mit Arbeiten von prominenten Künstlerpersön­lichkeiten, von allein regional bedeutenden Künstlerinnen und Künstlern sowie gelegent­lich auch italienischen Künstlern des 19. Jahrhunderts. Das Gros dieser frühen Exponate lässt sich nicht mehr eindeutig identifizieren. Insofern ist das Bild mit Vorsicht zu genießen, das die bestimmbaren Werke vom Galeriegeschehen zeichnen. Dennoch lassen sich ihnen die Ambitionen der aufstrebenden Abteilung ablesen, die schon bald zu deren Vergrößerung führen sollten.

89 Chemnitzer Tageblatt vom 6. September 1903, S. 5; vom 9. September 1903, S. 6; vom 18. September 1904, S. 17; vom 9. Oktober 1904, S. 17; vom 30. Oktober 1904, S. 25 und 6. November 1904, S. 25. 90 Hirth 1908, S. VI. 91 Ebd., S. XIV. Die Kunstblätter wurden halbseitig für 50,– Pfennige, ganz- und doppelseitig für 1,– Mark und Porträts für 1,50 Mark verschickt. 92 Hirth 1908. Bereits 1905 wurde ein Katalog mit 3000 Kunstblättern der Münchner Jugend herausgegeben. Weisser 1979, S. 31. Es ist unwahrschein­lich, dass sich die Bezeichnung „Originale“, wie sie in der Chemnitzer Tageszeitung genutzt wird, auf die tatsäch­lichen originalen Zeichnungen beziehen, die als Vorlagen für die Motive in der Zeitschrift dienten. Hirth begann diese bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts deutschlandweit versteigern zu lassen, sodass eine Sammlung von 300 Blättern ungewöhn­lich groß wäre. Segieth 1994, S. 24 und 94; Weisser 1979, S. 26 und 32.

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Abb. 11  Lionello Balestrieri, Beethoven (Version nicht identifiziert)

Erwähnenswert ist so beispielsweise das 1904 in der Galerie Gerstenberger ausgestellte Gemälde Beethoven von Lionello Balestrieri (1872 – 1958),93 einem italienischen Maler, der in Paris lebte (Abb. 11).94 Einige Jahre zuvor war ein Gemälde desselben Künstlers mit demselben Titel auf der Weltausstellung in Paris zu sehen und verhalf dem bis dahin unbekannten Balestrieri zu öffent­licher Reputation in Deutschland.95 Daraufhin fertigte er verschiedene Versionen des Gemäldes an und das Werk wurde darüber hinaus häufig reproduziert.96 Die Galerie Gerstenberger präsentierte hier also eine prominente Arbeit. Dasselbe lässt sich über ein Werk des Berliner Bildhauers Johannes Götz (1865 – 1934) festhalten, der damals schon mehrfach ausgezeichnet und ein von ­Kaiser Wilhelm II. bevorzugter Künstler war.97 Das Chemnitzer Tageblatt berichtete von einer Bronze mit dem Titel Die Wasserträgerin (Abb. 12), womit aller Wahrschein­lichkeit eine heute als Wasserschöpferin bezeichnete Arbeit gemeint ist.98 Diese bereits 1892 ausgeführte Bronze wurde 1893 auf der großen Kunstausstellung in 93 94 95 96

Chemnitzer Tageblatt vom 28. August 1904, S. 5 und vom 29. August 1904, S. 3. Die in der Galerie Gerstenberger präsentierte Version konnte nicht identifiziert werden. Vgl. Anm. 96. Pica 1901, S. 260 und Sven-Wieland Staps: Balestrieri, Lionello (1872). In: AKL-Online. Eine Version befindet sich im Museo Revoltella Galleria d’Arte Moderna in Triest sowie eine im Städel in Frankfurt (vgl. Museumskat. Frankfurt 1972, S. 7 und Ausstellungskat. Hamburg 2015, S. 56). 2017 tauchte eine Version in einer Auktion bei Lempertz Köln auf (vgl. Lempertz-Kataloge online, Aktion 1097 (Kunst des 19. Jahrhunderts), LotNr. 2578, URL: (11. März 2021). 97 Ohm 2008, S. 29/30. 98 Ebd., (vorläufiges Werkverzeichnis), S. 122, Nr. 18. Irritierenderweise gibt es von Götz eine Arbeit, die tatsäch­lich mit Wasserträgerin bzw. Mädchen mit Krügen bezeichnet wird (Ohm 2008, S. 123, Nr. 62). Diese ist nur in Form von zwei Photographien überliefert. Eine zeigt den Künstler mit einem Modell der Wasserträgerin (ebd., S. 61). Die andere

Die ersten Ausstellungen  I  39

Abb. 12  Johannes Götz, Wasserschöpferin, 1892, H 70 cm, Bronze

Berlin und 1900 auf der Pariser Weltausstellung gezeigt und war eines seiner bekanntesten Werke.99 Die Berliner Gießerei Gladenbeck und Sohn goss die Figur in hoher Auflage, sodass mehrere Exemplare existieren, die von verschiedenen Museen angekauft wurden und in den Kunsthandel gelangten.100

Aufnahme ist in der Zeitschrift Academy Architecture and Architectural Review von 1907 reproduziert (Nr. 32, II, S. 139). Hier sind allein Titel und Künstler des Werkes angeben, sodass nicht eindeutig bestimmt werden kann, ob es sich bei der Skulptur auf der Photographie um eine Marmorskulptur oder dasselbe Modell wie auf der ersten Photographie handelt. Es ist also nicht sicher, in welchem Material das Werk mit dem Titel Wasserträgerin ausgeführt wurde. Da ihre Ausführung vermut­lich erst in die Zeit ­zwischen 1907 und 1909 datiert, lässt sich schließen, dass das Chemnitzer Tageblatt einen ungenauen Titel angab. 99 Dankmar Trier: Götz, Johannes (1865). In: AKL-Online und Kunstchronik 11, 1900, S. 364. Die eigene Affinität, die der Künstler der Bronze entgegenbrachte, wird anhand seines Exlibris mit dem Motiv des wasserschöpfenden Mädchens im Mittelpunkt deut­lich. Das Exlibris wurde von dem Magdeburger Illustrator Georg Barlösius 1903 entworfen. Ohm 2008, S. 31 (mit Abb.). 100 Dankmar Trier: Götz, Johannes (1865). In: AKL-Online und Ohm 2008, S. 24.

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Die Berichterstattung im Chemnitzer Tageblatt zu zwei weiteren Werken erlaubt eine erste Charakterisierung des Publikums und der Käuferschicht, die in der Galerie Gerstenberger verkehrte. Einerseits stellte die Kunsthandlung im Mai 1903 die Genreszene Das Holundermus von Kaspar Kaltenmoser (1806 – 1867) aus.101 Kaltenmoser malte vor allem für die Zeit des Biedermeiers typische bäuer­liche Genreszenen, mit denen er ab Mitte des 19. Jahrhunderts auf Ausstellungen in verschiedenen Kunstvereinen im deutschsprachigen Raum vertreten war.102 Damals wie heute wird er der Münchner Schule zugeordnet, obwohl er die Ausbildung an der Akademie nach nur kurzer Zeit abbrach.103 Eine spätere Fassung des im Mai 1903 bei Gerstenberger ausgestellten Gemäldes befindet sich heute als Leihgabe der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke im Stadtmuseum Horb, der Geburtsstadt des Künstlers.104 Es ist ein typisches Gemälde Kaltenmosers und zeigt in einer humoristischen Interieurszene, wie Kinder verschiedenen Alters mit Holundermus gefüttert werden. Andererseits präsentierte die Galerie Gerstenberger im Dezember 1904 ein Werk Max Liebermanns, das im Chemnitzer Tageblatt mit Biergarten betitelt ist.105 Liebermann war zu ­diesem Zeitpunkt bereits ein weithin renommierter Künstler, Professor an der König­lichen Akademie der Künste in Berlin und Mitglied der Jury der Großen Berliner Kunstausstellung.106 Das Thema des Biergartens findet sich im Œuvre Liebermanns bis 1904 in verschiedenen Varianten.107 Erstmalig malte 101 „In der Kunsthandlung von Gustav Gerstenberger, Rossmarkt, ist gegenwärtig ein wertvolles Kunstwerk ausgestellt, ein Genrebild von Kaspar Kaltenmoser, das unter dem Titel ‚Das Hollundermuß‘ [sic] wohlbekannt ist. Kaspar Kaltenmoser gehört zu den tüchtigsten Münchener Künstlern, die um die Mitte des vorigen Jahrhunderts auf ihrer Höhe standen. Auch ‚Das Hollundermuß‘ [sic], das 1851 entstanden ist, zeigt die Vorzüge des Münchener Meisters, saubere Zeichnung, lebendige Komposition, subtile Ausführung.“ Chemnitzer Tageblatt vom 9. Mai 1903, S. 13. 102 Hoffmann 1970, S. VIII. 103 Chemnitzer Tageblatt vom 9. Mai 1903, S. 13; Ballmann 1997, S. 317 und 319. 104 Mitteilung an die Verfasserin von Agnes Maier, Stadtmuseum Horb, vom 13. Juni 2013. Das Gemälde im Stadtmuseum Horb wird auf 1852 datiert, im Gegensatz zu dem in der Galerie Gerstenberger ausgestellten, das 1851 datiert. Auch stimmen die Maße nicht überein. In einer Verkaufsanzeige der Galerie von 1908 wird das Gemälde Kaltenmosers noch immer angeboten und folgendermaßen beschrieben: „Das Holundermus, 1851, auf Holz, 5 Figuren. Bildgröße 50 × 45“ (eine Kopie der Anzeige befindet sich im Kunstarchiv Werner J. Schweiger, Berlinische Galerie (BG-WJS)). Die Fassung im Horber Stadtmuseum von 1852 misst dagegen 72,5 × 65 cm (ohne Rahmen), ist also wesent­lich größer. Darüber hinaus sind auf der Horber Fassung sechs Figuren zu erkennen und nicht fünf. Die Fassung, die in der Galerie Gerstenberger angeboten und ausgestellt wurde, konnte bisher nicht ermittelt werden, wahrschein­lich war sie der Fassung in Horb sehr ähn­lich. Zu der Fassung im Stadtmuseum Horb: Ausstellungskat. Horb 2006, S. 40/41 und Ausstellungskat. Ravensburg 1998, S. 170. 105 Chemnitzer Tageblatt vom 14. Dezember 1904, S. 17. 106 Tabellarischer Überblick über das Leben von Liebermann siehe Eberle 1995 – 1996, Bd. 1, S. 13 – 26 sowie Bd. 2, S. 527 – 545. 107 Zum Motiv des Biergartens bei Liebermann siehe die Eintragungen im Werkverzeichnis: Eberle 1995 – 1996, Bd. 1, S. 166 – 168, Kat.Nr. 1879/10 – 1879/13; S. 248 – 252, Kat.Nr. 1884/1; S. 402 – 406,

Die ersten Ausstellungen  I  41

er das Motiv während eines Aufenthaltes in Etzenhausen im Jahr 1879 und dann bis 1904 immer wieder an verschiedenen Orten: München (1884), Brannenburg (1893), Leiden (1900) und Laren (1904). Qualität und Ausführung der verschiedenen Werke variieren z­ wischen skizzenhaften flüchtigen Einzelmotiven mit Studiencharakter und vielfigurigen, luftig gemalten Biergartenansichten. Welches Werk aus der Vielzahl an Ölstudien und Gemälden bei Gerstenberger ausgestellt war, lässt sich heute nicht mehr ermitteln.108 Über die beiden hier beispielhaft herausgegriffenen Werke, die in den Jahren 1903 und 1904 in der Galerie Gerstenberger präsentiert waren, berichtete das Chemnitzer Tageblatt in unterschied­licher Weise. Auffällig ist dabei, dass die Ausführ­lichkeit und auch die kunstkritische Bewertung der Arbeiten keineswegs mit der damaligen überregionalen Reputation der Künstlerinnen und Künstler korrelierte. Denn die Chemnitzer Presse räumte der Genremalerei des weniger bekannten Kaltenmosers mehr Zeilen ein als dem damals namhaften Max Liebermann.109 Das „wertvolle Kunstwerk“ Kaltenmosers wird für die „saubere Zeichnung, lebendige Komposition [und] subtile Ausführung“ gelobt, wohingegen das Werk Liebermanns ledig­lich vom „malerischen Standpunkt betrachtet“ ein „hervorragendes“ Gemälde sei.110 Die Redaktion des Chemnitzer Tageblattes brachte also der gefälligen Genreszene in seiner traditionellen, akademischen Malerei mehr Sympathien entgegen als der Malerei Liebermanns, die um die Jahrhundertwende in Deutschland eigent­lich als etabliert galt. Der darin zutage tretende, konservative Kunstgeschmack der Rezensenten der Tageszeitung wurde einige Jahre s­ päter von der lokal ansässigen Künstlergruppe thematisiert. Diese kritisierte am Chemnitzer Kunstpublikum im Jahr 1918 rückblickend eine Vorliebe für die tradierte Malerei des 19. Jahrhunderts:

Kat.Nr. 1893/2 – 1893/4; S. 431/432, Kat.Nr. 1895/3 und Bd. 2, S. 557 – 560, Kat.Nr. 1900/19 – 1900/22; S. 611/612, Kat.Nr. 1903/4; S. 618, Kat.Nr. 1904/1. 108 Ein Anfang 1904 fertiggestelltes Gemälde Biergarten in Laren war im Sommer desselben Jahres auf der 10. Ausstellung der Münchner Sezession ausgestellt und als verkäuf­lich markiert. Ausstellungskat. München 1904, S. 27 und Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 618, Kat.Nr. 1904/1. 109 Das ausgestellte Werk von Kaltenmoser war dem Chemnitzer Tageblatt eine eigene Meldung im Umfang von sieben Zeilen wert. Vgl. Chemnitzer Tageblatt vom 9. Mai 1903, S. 13. Als am 13. Dezember 1904 eine bereits laufende Ausstellung in der Galerie Gerstenberger um ein Gemälde von Max Liebermann mit dem Titel Biergarten und um zwei Pastelle des Chemnitzer Porträtmalers Wilhelm Franz (1863–?) erweitert wurde, berichtete das Chemnitzer Tageblatt ebenfalls. Dem Werk von Liebermann werden innerhalb der längeren Mitteilung allerdings nur wenig Zeilen zuteil: „Der ‚Biergarten‘ [von Max Liebermann, A. d. V.] ist äußerst charakteristisch für die Auffassung des großen ‚Sezessionisten‘. Die Licht- und Farbeffekte sind wunderbar wiedergegeben. Vom rein malerischen Standpunkt aus betrachtet, ist es ein hervorragendes Kunstwerk.“ Chemnitzer Tageblatt vom 14. Dezember 1904, S. 17. 110 Zitate siehe Anm. 101.

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War es doch vor zehn Jahren noch ein Wagnis, einen Meister wie Liebermann in Chemnitz als Meister zu preisen […]. Und ein begabtes Mitglied der Münchner Sezession [Bruno] Paul Hetze [1866 – 1901] ging darbend zugrunde, seine Vaterstadt Chemnitz verzieh ihm die „Sezessionsmalerei“ nicht.111

Auch die überregionale Kunstkritik verortet die Bevorzugung der Malerei des Biedermeiers nach der Jahrhundertwende bestenfalls ins „Spießbürgertum“, wie anhand des negativen Urteils des Kunsthistorikers Heinrich Richard Hamann (1879 – 1961) im Jahr 1914 deut­lich wird: […] die intime Kunst aber zieht sich immer mehr auf jene Kreise zurück, die ohne Verstiegenheit, ohne Ideale nur in ihrem bescheidenen Kreise wirkten, still geschäftig, genügsam und handwerk­lich. Sagen wir es offen, in die Kreise des ausgesprochenen Spießbürgertums. Die Atmosphäre, in der sie gedeiht, ist eng und beschränkt, von einer entsetz­lichen Pedanterie und Nüchternheit zuweilen.112

Hier deutet sich eine gewisse Diskrepanz z­ wischen den verschiedenen Gruppen des Chemnitzer Kunstpublikums an, die einerseits interessiert an aktuellen Entwicklungen waren und andererseits Kunstwerke bevorzugten, die einem traditionellen, akademischen Formenverständnis verpflichtet waren. Entsprechend waren die Ausstellungen, die in den Jahren 1903 und 1904 stattfanden, von einer großen Heterogenität geprägt, was auf mindestens zwei Ursachen zurückzuführen ist: Zum einen evaluierte die Galerie damit das Potenzial und die Vorlieben der Chemnitzer Käuferschicht. Zum anderen war es für eine so junge Galerie schwierig, hochkarätige Werke für Ausstellungen zu akquirieren. Für die Übernahme umfangreicher Wanderausstellung mangelte es allein schon am nötigen Platz. So variieren im Programm Einzelausstellungen regionaler, heute nahezu unbekannter Kunstschaffenden mit Gruppenausstellungen überregional bekannter Künstlerinnen und Künstler sowie Präsentationen von Druckgraphiken. Dennoch verdeut­lichen die wenigen identifizierbaren Werke, wie das Gemälde von Balestrieri, die Bronze von Götz oder die Illustrationen der Zeitungen Simplicissimus und Jugend, dass die Galerie Gerstenberger durchaus auch populäre Kunstwerke präsentierte, die einem interessierten Publikum über verbreitete Reproduktionen bekannt waren. Die Popularität einzelner Exponate unterstreicht die Beobachtung, dass oftmals Werke mit dekorativem Charakter in den Ausstellungen gezeigt wurden. Dieses Vorgehen hatte einen überwiegend kaufmännischen Hintergrund, denn der Erfolg der Kunsthandlung korrelierte mit Verkäufen an die Besucher.

111 Künstlergruppe Chemnitz 1918, S. 5. 112 Hamann 1914, S. 65. Zur Malerei des Biedermeiers siehe auch: Leppien 1996.

Die ersten Ausstellungen  I  43

2.3 Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger 2.3.1 Die Vergrößerung der Galerieräume 1904 Im August 1904 gab die Firma Gerstenberger wiederum per Mitteilungsblatt bekannt, dass die Abteilung Kunsthandel in „besondere Räum­lichkeiten – Rossmarkt 11“ verlegt und in zwei Bereiche unterteilt werden sollte: in eine Kunsthandlung und in eine sogenannte „permanente Ausstellung“ (Abb. 13).113 Damit war eine räum­liche Trennung von dem ursprüng­lichen Geschäft Gustav Gerstenberger vollzogen. Die neuen Räume befanden sich im Erdgeschoss eines repräsentativen, Ende des 19. Jahrhunderts errichteten Wohnhauses, das direkt nord-öst­lich von den anderen Geschäften der Firma Gustav Gerstenberger lokalisiert war (Abb. 14 und 15). Die damit vollzogene Aufwertung der Galerie ging mit einer Änderung des Namens in Kunstsalon Gerstenberger einher und dokumentierte die erlangte Stellung innerhalb der ört­lichen Kulturlandschaft.114 Mit einer unverkennbaren Spur von Lokalpatriotismus schildert ein Zeitungsartikel im Chemnitzer Tageblatt den ersten Eindruck dieser neuen Räume: Gegenwärtig hat diese Kunsthandlung durch einen selbstständigen Salon eine bedeutungsvolle Erweiterung erfahren. Dieser neue Salon präsentiert sich als höchst geschmackvolles Heim für moderne Kunst. In einem mit [unleser­lich, A. d. V.] von warmem Rot ausgeschlagenen Vorderraum befinden sich in wohl gelungenen Arrangements schön gerahmte Kunstblätter und kunstgewerb­liche Gegenstände nach Entwürfen erster Meister. […] Die Ausstellung, die eine permanente sein soll, befindet sich in einem gut be­lichteten Raum, der groß genug ist, um auserwählte Kollektionen zu beherbergen.115

Die „permanente Ausstellung“ sollte in wechselnder Folge Werke der Malerei, Plastik, Graphik und neuzeit­liches Kunstgewerbe präsentieren. Die Inhaber der Kunsthandlung erhoben den Anspruch, wie es in dem Mitteilungsblatt heißt, in dem kleinen Ausstellungsraum „ein Bild des ganzen heutigen Kunstschaffens zu geben.“ 116 Verantwort­lich für das Programm während der ersten Jahre war Hans Abshagen (1878 – 1973), der die Leitung des

113 Vgl. Mitteilungsblatt Galerie Gerstenberger 1904, Privatbesitz. 114 Die Zeitungsartikel im Chemnitzer Tageblatt über die Galerie Gerstenberger, die in der Zeit vom 6. November 1902 bis 8. Mai 1904 erschienen sind, tragen die Überschriften Gerstenbergersche Kunsthandlung, Kunsthandlung Gerstenberger, Kunsthandlung von (Gustav) Gerstenberger. Ab der Ausgabe vom 27. August 1904 findet sich ausschließ­lich die Bezeichnung Kunstsalon Gerstenberger. 115 Chemnitzer Tageblatt vom 27. August 1904, S. 1. 116 Mitteilungsblatt Galerie Gerstenberger 1904, vgl. Abb 9.

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Abb. 13 Mitteilungsblatt der Galerie Gerstenberger, 1904

Kunstsalons innehatte und bis 1909 in Chemnitz blieb.117 Nach seinem Weggang wurde die Verkaufs- und Ausstellungstätigkeit der Galerie von Friedrich Wilhelm Frankenfeld (1878 – ?) übernommen.118 Die Abgrenzung eines Ausstellungsraumes von einem Verkaufsraum verdeut­licht die positive Resonanz der Chemnitzer Bevölkerung auf die bisherigen Ausstellungen in der 117 StadtA Chemnitz, Polizeimeldewesen Abteilung 1 A/B, Bl. 8. Abshagen wird in der 1909 verfassten und 1913 publizierten Jubiläumsschrift des Chemnitzer Kunstgewerbevereines als „Leiter des Kunstsalons“ benannt. Thiele 1909 (1913), S. 53. 118 Chemnitzer Kalender 1912, S. 78 und Chemnitzer Tageblatt vom 3. März 1912, S. 1. In beiden Quellen wird Frankenfeld als künstlerischer Leiter des Kunstsalons Gerstenberger erwähnt. Friedrich Wilhelm Frankenfeld kam im September 1909 nach Chemnitz und zog im Januar 1914 nach Leipzig. Sein Beruf wird im Melderegister mit Kunsthändler angegeben (StadtA Chemnitz, Polizeimeldewesen 451b, Abteilung 1). Er ist in den Chemnitzer Adressbüchern von 1910 bis 1914 verzeichnet und sein Beruf wird in diesen mit „Kunsthändler, Geschäftsführer der Firma Gustav Gerstenberger“ angegeben (eingesehen im Chemnitzer Stadtarchiv).

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  45

Abb. 14  Lageplan über einen Teil der Stadtflur, die Galerie Gerstenberger befand sich im markierten Bereich des Flurstücks 49 Abb. 15  Aufriss des Hauses am Rossmarkt 11, Chemnitz, die Galerie Gerstenberger befand sich im markierten Bereich

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Galerie, die sich nicht zuletzt in den Besucherzahlen manifestierten. Deswegen konnte der Besuch der Ausstellung auch nach der räum­lichen Erweiterung kostenpflichtig werden. Der Besuch der Kunsthandlung, also des Verkaufsraumes, blieb dagegen kostenlos. Im September 1904 schaltete die Galerie die Annonce, dass der Eintritt in den Ausstellungsraum 50 Pfennig koste und dass Jahreskarten für 2,50 Mark oder Familienjahreskarten für 4,– Mark erworben werden könnten.119 Nur dreieinhalb Monate ­später, im Dezember 1904, berichtete die Zeitung dann, dass bereits 450 Jahreskarten für das kommende Jahr verkauft waren.120 Die Galerie konnte also innerhalb kurzer Zeit einen festen und durch Jahreskarten an die Institution gebundenen Besucherstamm gewinnen. Obwohl die Ausstellungsfläche sehr klein bemessen war, vertrat die Galerie in der 1904 verbreiteten Werbeschrift den Anspruch, ausgesprochen qualitätsvolle Arbeiten aller künstlerischen Gattungen zu präsentieren.121 In Anbetracht der im Folgenden erläuterten Ausstellungen, die von August 1904 bis einschließ­lich Juli 1906 stattfanden, wurde die Galerie dem selbst gesetzten Ziel, ein umfassendes Bild des damals aktuellen Kunstschaffens hoher Qualität zu geben, jedoch nur in Ansätzen gerecht. Im Vergleich zu den Jahren von 1902 bis 1904 sind zwar vermehrt Gruppenausstellungen zu verzeichnen, die sich an einigen bekannten Positionen im Kunstgeschehen des deutschsprachigen Raums orientierten. Die Konzeption der Mehrzahl der Ausstellungen aber, darunter vor allem die der Gemäldeausstellungen, erscheinen noch überwiegend abhängig von der Zufälligkeit des auf dem regionalen Kunstmarkt Verfügbaren. Rein quantitativ stellte sich die Lage jedoch gänz­lich anders dar. Denn mit der Erweiterung konnten nun erstmals umfangreichere Ausstellungen organisiert werden. Es dominierten dabei Schauen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler: Wenige Monate nach Eröffnung waren die bereits besprochenen Gemälde schottischer Künstlerinnen und Künstler zu sehen (Oktober/November 1904), gefolgt von Lithographien des Karlsruher Künstlerbundes (Januar 1905), Arbeiten der Künstlergruppe Elbier (April 1905), des Wiener Künstlerbundes Hagen (Oktober/November 1905), der Münchner Künstlergruppe Die Wanderer (Februar 1906) sowie der Dachauer Künstlergruppe (Mai 1906).122 Viele der präsentierten Künstlervereinigungen können zwar der Sezessionsbewegung zugeordnet werden, sind jedoch keine Beispiele für das, was man in Dresden oder Berlin „für moderne Kunst“ – wie es das Chemnitzer Tageblatt formuliert – hielt, da sie stilistisch an der akademischen, traditionellen Malerei ­orientiert

119 Chemnitzer Tageblatt vom 29. August 1904, S. 3. Der Eintritt zu der aktuellen Ausstellung im September, in der auch das Werk Beethoven von Balestrieri zu sehen war, staffelte sich dabei in zwei Zeiträume: bis 15. September kostete es 50 Pfennig, danach 30 Pfennig. 120 Chemnitzer Tageblatt vom 17. Dezember 1904, S. 5. 121 „Sie [die Ausstellungsfläche, A. d. V.] wird nicht groß sein, aber stets nur wirk­lich Gutes und oft Hervorragendes zu zeigen sich bemühen […].“ Mitteilungsblatt Galerie Gerstenberger 1904, vgl. Abb. 13. 122 Vgl. Anhang 8.3.

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waren. Viele der ausgestellten Sezessions- beziehungsweise ­Künstlerbundgründungen zeichneten sich gerade nicht durch einen besonderen oder neuen Stil aus, sondern erneuerten die Art der Ausstellungsorganisation und Selbstverwaltung der Mitglieder. An den Künstlervereinigungen aus Karlsruhe und aus Dresden, den Elbiern, lässt sich dies besonders gut studieren.123 Aber auch der im Oktober 1905 ausgestellte Wiener Künstlerbund Hagen war zu dieser Zeit stilistisch dem 19. Jahrhundert verbunden und wies nur in Komposition und Details moderne Tendenzen auf.124 Er besetzte eine gemäßigte Position ­zwischen „dem altbekannten Künstlerhaus und der avantgardistischen Sezession“ in Wien.125 Nicht nur bei der Wiener Künstlervereinigung dominierte die Landschaftsmalerei. Deren Beliebtheit beim Chemnitzer Publikum spiegelt sich auch in einer umfäng­lichen Gemäldeausstellung im Dezember 1904, die so ausführ­lich wie keine zweite Ausstellung innerhalb der ersten Jahre der Galerie von der lokalen Presse besprochen wurde. Während alle bisher angeführten Ausstellungen in Überblicksdarstellungen des rezenten Kunstgeschehens behandelt wurden, erschien nun erstmals ein eigener Artikel, der am 8. Dezember 1904 unter der fettgedruckten Überschrift Kunstsalon Gerstenberger veröffent­licht wurde:126 Da ist W. Leistikow mit einer Eifellandschaft, in der die herb kräftige Art des Künstlers lebendig zutage tritt. Kampmann ist mit drei Landschaften vertreten, die tiefe Poesie atmen. Im „düsteren Abend“ wird ein wenig das Dekorative, das manchen seiner Arbeiten anhaftet, betont, doch nicht so sehr, dass dem poetischen Eindruck viel genommen werden könnte. Mit der Seele erfasst ist auch der „Wiesengrund“ H. von Volkmanns, wie wundervoll ist die Luft auf d ­ iesem Bilde behandelt. Zeichnerisch von höchster Vollendung, aber etwas nüchtern in Auffassung und Farbe sind zwei Landschaften von Hans Thoma „Rheinfelden“ und „Lauterberg“. Mit einer durch Wahrheit des Geschauten und blendender [sic] Farbengebung hervorragenden Arbeit ist Schultze-Neuburg [sic] mit seiner Landschaft „Mondschein“ vertreten. Die „Wiesenstudie“ des Grafen Kalckreuth [sic] zeigt die Vorzüge d ­ ieses großen, im besten Sinne modernen Künstlers. Viele Freunde wird der in Farbenschönheit prangende „Sterbende Wald“ Fritz von Willes finden. Prof. Kallmorgens feine Beobachtungsgabe, subtile Behandlung der Details und zarte und doch energische Pinselführung zeigen sich in drei sehr gefällig wirkenden Gemälden aus. Etwas Plastisches haben die breit und energisch gemalten Rinder auf 123 Die Künstlergruppe bestand aus Schülern Gotthardt Kuehls und hatte sich 1902 zusammengeschlossen. Die Vereinigung wird 1904 folgendermaßen charakterisiert: „Die Elbier sind keine Himmelsstürmer, man sieht bei ihnen keine kecken Experimente und kühne, naturalistische Exzentrizitäten, wie sie in den 1880er Jahren zu Beginn der sezessionistischen Bewegung das Publikum erschreckten.“ Schumann 1904, S. 510. 124 Dazu Natter 1993, S. 13 – 15 und Reiter 1993, S. 135. Auch die Münchner Sezession unterschied sich stilistisch oftmals nicht von der akademischen Malerei. Paret 1981, S. 47. 125 Natter 1993, S. 14. 126 Chemnitzer Tageblatt vom 8. Dezember 1904, S. 17. Eine Verfasserin oder ein Verfasser des Artikels ist nicht angegeben.

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der Weide, die Prof. V. Weishaupt ausstellt. Professor Carlos Grothes [sic] „Windstill“ und „Ausguck“ sind ein paar feine Sachen, die etwas von der Art schöner alter Niederländer haben. G. [sic] Staguras „Am Eibsee“ ist ein gut gesehenes und gemaltes Bild. Ein Kunstwerk von hervorragender Bedeutung ist eine Frauenstudie von B. Piglhein, die unend­lich viel von dem Realisten Franz [sic] Hals hat, ohne dass Piglhein über dem Studium an dem großen Meister seine Eigenart aufgegeben hätte. Ganz köst­lich ist auch ein Halbakt von A. Besnard, bei dem die immense Technik und die Kühnheit in der Behandlung des Fleischtons gleich bewundernswert sind. Ein Bild voll Sonne und Kraft ist ein Gemälde von G. Simoni „Die Moraspieler“.127

Die Zeitung führt in dem Bericht viele der ausgestellten Werke mit Künstlernamen und Titel auf. Trotzdem können nur wenige Arbeiten identifiziert werden. Das ist einerseits mit der heutigen Forschungslage zu den jeweiligen Künstlern zu begründen, andererseits mit den immer wieder fehlerhaften Schreibweisen der Namen und Titel im Chemnitzer Tageblatt. Aber auch so gibt sich ein für die junge Galerie beträcht­liches Panorama zu erkennen: So war von Hans Thoma (1839 – 1924) das Werk Rheinfelden zu sehen, das eine Ansicht der oberrheinischen Stadt zeigt, während im Vordergrund ein Bauer mit zwei Kühen im Weinhang zu sehen ist.128 Das Gemälde gehört zu einer Serie von vier Stadtansichten, die Thoma im Jahr 1870 entlang des Rheines an der heutigen deutsch-schweizerischen Grenze schuf, die neben dem Schwarzwald die wichtigste Region für seine Landschaftsmalerei.129 Mög­licherweise war in der Ausstellung ein zweites Werk dieser kleinen Serie zu sehen.130 Von dem heute nahezu unbekannten Carlos Grethe (1864 – 1913), der an der Akademie in Karlsruhe studiert hatte und seit 1899 Professor an der Akademie der bildenden Künste in Stuttgart war, wurden die Gemälde Ausguck und Windstille gezeigt, die typisch für dessen zahlreichen Werke mit Hafen-, Küsten-, Meeres- und Schifffahrtmotiven in einer impressionistischen Malweise sind.131 Noch bis 1917 war Grethe, der zu seinen Lebzeiten Mitglied 127 Ebd. Bei dem hier erwähnten „Graf Kalkreuth“ handelt es sich wahrschein­lich um Graf Stanislaus von Kalckreuth (1820 – 1894). Er war Vertreter der romantischen Düsseldorfer Malerschule und galt als Wegbereiter der Frei­lichtmalerei und des Impressionismus in Deutschland. Die Schreibweise „Kalkreuth“ ist zwar heute ungewöhn­lich, tritt aber vereinzelt auf (Germaid Ruck: Kalckreuth, Stanislaus von (Graf ) (1820). In: AKL-Online). Ein Künstler mit dem Namen Schultze-Neuburg ist nicht zu ermitteln. Vermut­lich handelt es sich um den Maler und Architekten Paul Schultze-Naumburg (1869 – 1949). 128 Hans Thoma, Rheinfelden, 1870, Öl auf Leinwand, 56 × 45 cm; abgebildet in: Thode 1909, S. 26. 129 Thode 1909, S. XLIV. 130 Hans Thoma, Laufenburg, 1870, Öl auf Leinwand, 56 × 45 cm; abgebildet in: Thode 1909, S. 27. Der Zeitungsartikel berichtet von einem zweiten Gemälde von Hans Thoma Lauterberg. Heute ist kein Werk des Künstlers mit ­diesem Titel bekannt. 131 Carlos Grethe, Ausguck, 1895, Öl auf Leinwand, 45,5, x 67 cm; abgebildet in: Stocke 2008, S. 468, Abb. 221. Der aktuelle Standort des Werkes ist unbekannt. Carlos Grethe, Windstille, 1895 – 1913, Öl

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vieler Künstlervereinigungen, wie der Münchner und Berliner Sezession sowie des Karlsruher Künstlerbundes war, auf vielen Ausstellungen in Deutschland vertreten.132 Mit dem E ­ rsten 133 Weltkrieg verlor Grethe allerdings schnell an Bekanntheit. Die in der Galerie Gerstenberger gezeigten Werke entstanden wohl während seiner Assistentenzeit bei Gustav Schönleber an der Karlsruher Akademie.134 Darüber hinaus waren der französische Künstler Albert Besnard (1849 – 1924), der Düsseldorfer Maler Fritz von Wille (1860 – 1941), die Berliner Sezessionisten Walter Leistikow (1865 – 1908) und Paul Schultze-Naumburg (1869 – 1949), der Münchner Sezessionist Bruno Piglhein (1848 – 1894) und der Dresdner Landschaftsmaler Albert Stagura (1866 – 1947) vertreten. Die anderen Künstler in der Ausstellung, Leopold von Kalckreuth (1855 – 1928), Friedrich Kallmorgen (1856 – 1924), Gustav Kampmann (1859 – 1917), Hans von Volkmann (1860 – 1927) und Victor Weishaupt (1848 – 1905), waren wie Grethe Mitglieder des 1896 gegründeten Karlsruher Künstlerbundes.135 Die wenigen der heute identifizierbaren Werke lassen eine konservativ-bürger­liche, unaufgeregte Bilderauswahl erkennen sowie eine augenfällige Bevorzugung von Landschaften zeitgenössischer Maler, die um die Mitte des 19. Jahrhunderts geboren waren, sowie von Künstlern aus dem Karlsruher Umfeld.136 Vor ­diesem Hintergrund erscheint die direkt auf Leinwand. Von ­diesem Werk existiert keine Abbildung und der aktuelle Standort ist unbekannt. Es war 1913 auf einer Grethe-Ausstellung in der Galerie Ernst Arnold zu sehen. Ausstellungskat. Dresden 1913, o. S. [S. 4]. Beide Werke sind in dem 2008 von Ingrun Stocke publizierten Werkverzeichnis aufgeführt. Stocke 2008, S. 320, Kat.Nr. 1895,5 (Ausguck) und S. 386, Kat.Nr. 1895 – 1913,9 (Windstille). 132 Dornhöffer 1899, S. 318. 133 Stocke 2008, S. 142/143. Hier finden sich auch Auflistungen der Mitgliedschaften (S. 167) und der Ausstellungen (S. 168 – 186). Die Präsentation der zwei Werke in der Galerie Gerstenberger im Jahr 1904 ist dabei nicht aufgeführt. 134 Grethe unternahm von 1891 bis 1899 mehrere Reisen zu Künstlerorten am Meer. In dieser Zeit verfestigte sich die Landschaftsmalerei in seinem Œuvre. Das Gemälde Ausguck, das 1895 bei einem Aufenthalt in Cuxhaven entstand, ist ein aussagekräftiges Beispiel für die Erweiterung seines Themen­ kreises auf die Darstellungen von Fischern und Seemännern. Stocke 2008, S. 53. 135 Dornhöffer 1899 und Hofmann 1987, S. 117. 136 Einige Werke sind nicht eindeutig identifizierbar. So könnte es sich bei dem hier erwähnten Gemälde von Gustav Kampmann Düsterer Abend um das Werk Düsterer Abend II handeln. Es wurde 1904 begonnen und 1906 fertiggestellt. Es war 1906 auf der Deutschen Kunstausstellung in der Flora in Karlsruhe zu sehen. Brandenburger 1991, S. 250/251, Kat.Nr. 424. Ein Werk mit dem Titel Düsterer Abend oder Düsterer Abend I – worauf sich der Titelzusatz II des anderen Werks beziehen könnte – ist bei Brandenburger nicht gelistet. Es sind auch keine Ausstellungsbeteiligungen Kampmanns in der Galerie Gerstenberger verzeichnet, ebenso wenig wie die dort stattfindende Einzelausstellung des Künstlers im März 1916 (Rentzsch 1917, S. 105). Von Friedrich Kallmorgen wurde in der Ausstellung ein Werk mit dem Titel Holländische Dorfstraße präsentiert, das die Galerie für 1100,– Mark verkaufte (Chemnitzer Tageblatt vom 17. Dezember

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nachfolgende Ausstellung im Januar 1905 wie eine Art Bestätigung des sich konstituierenden Künstlerportfolios der jungen Galerie. Denn diese präsentierte die Lithographien des Karlsruher Künstlerbundes, der sich nicht durch einen besonderen Stil von den übrigen Karlsruher Künstlern abgrenzte, sondern vielmehr durch sein hohes Engagement um Ausstellungsbeteiligungen sowie die ausdrück­liche Hinwendung zu druckgraphischen Techniken.137 Auch hier dominierten landschaft­liche Motive. Die ausgesprochen populären und gleichzeitig günstigen Lithographien mit länd­lichen Motiven, die in der Kunstdruckerei des Karlsruher Künstlerbundes produziert wurden, machten Landschaftsdarstellungen für eine breitere Bevölkerungsschicht zugäng­lich.138 Mit der Präsentation von Gemälden, Zeichnungen und Graphiken, die die Landschaft thematisierten, offerierte die Galerie Gerstenberger ihrem Publikum eine Alternative zu dessen Lebensumfeld. Die im Laufe des 19. Jahrhunderts wachsende romantische Natursehnsucht und der sich vermehrende länd­liche Tourismus entsprachen der konjunkturellen Entwicklung der Landschaftsmalerei sowie der Gründungen von Künstlerkolonien an sprichwört­lich malerischen Ortschaften.139 Natur und Landschaft stellten dabei den dialektischen Gegenpol zur industrialisierten Stadt dar. Und sowohl die klaren Landschaften der Karlsruher Künstler als auch die hellen, impressionistischen Gemälde von Künstlern wie Sterl und Grethe bilden das Gegenstück zum zitierten Lobpreis von Chemnitz als „rauch- und rußgeschwärzte Fabrikstadt“, die das Selbstverständnis der bürger­lichen Stadtbevölkerung prägte. Dieses Bedürfnis nach zumindest virtueller Naturerfahrung bediente die Galerie Gerstenberger ebenfalls im Jahr 1905 durch die Ausstellung auch einzelner Gemälde wie insbesondere von Fritz Overbeck, Fritz Mackensen und Otto Modersohn, die Mitglieder der Künstlerkolonie 1904, S. 5). Laut des Werkverzeichnisses von Irene Eder malte Kallmorgen bis 1904 drei Werke mit dem Titel Holländische Dorfstraße. Eines befand sich zur Zeit der Publikation (1991) in Karlsruher Privatbesitz. Bei den zwei anderen Versionen ist der Standort unbekannt. Eder 1991, S. 85, Kat. Nr. G 41; S. 98, Kat.Nr. 160 und S. 111, Kat.Nr. G 274. 137 Chemnitzer Tageblatt vom 11. Januar 1905, S. 1. Zu den Zielen des Künstlerbundes siehe Himmelheber/Heipek 1981, S. 23/24; Hofmann 1987, S. 121/122. Die um die Jahrhundertwende namhafte Malerei des Karlsruher Künstlerbundes sowie die Malerei der Karlsruher Akademie waren als Karlsruher Landschafterschule bekannt. Schneider 1968, S. 137; Baumstark 2006, S. 12 und 15. 138 Im Jahr 1900 verlegte die Kunstdruckerei 200 Farblithographien. Nach Einführung der lithographischen Schnellpressen konnten beliebte Motive eine Auflage von 10.000 Stück erreichen. Hofmann 1987, S. 127. In der Galerie Gerstenberger wurden 1905 allerdings die etwas teureren signierten Lithographien ausgestellt. Die bei Gerstenberger präsentierten Drucke sind in dem Katalog der Original-Lithographien, Radierungen, Holzschnitte des Künstlerbundes Karlsruhe mit Preisen ­zwischen 15,– und 40,– Mark ausgezeichnet. Vgl. beispielsweise Künstlerbund Karlsruhe 1909, S. 25, GG4 und GG5; S. 26, GG6; S. 32, J13; S. 35, O3 – 5; S. 37, O28; S. 42, T39; S. 57, VV2; S. 68, BB58. 139 Rödiger-Diruf 1998, S. 41 und 64.

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in Worpswede waren.140 Erika Rödiger-Duruf hat darauf hingewiesen, dass diese Popularität von Landschaften beziehungsweise der kommerzielle Erfolg mit Bildern, die die „deutsche Landschaft und die deutsche länd­liche Kultur“ darstellen, auch jenseits eines bürger­lichkonservativen Milieus seine Unschuld verliert, betrachtet man die verkauften Werke im Kontext des grassierenden Nationalismus im Vorfeld des 1. Weltkrieges.141

2.3.2 Der Ausbau durch Erich Basarke im Jahr 1906 Bereits zwei Jahre nach dem Umzug der Galerie Gerstenberger in eigene Räum­lichkeiten wurden diese erneut erweitert und umgestaltet. Der Chemnitzer Architekt Erich Basarke (1878 – 1941) entwarf im Jahr 1906 ein ganzheit­liches Konzept der Galerieräume, die sich nun im Erdgeschoss über die gesamte Fläche des Hauses erstreckten (Abb. 16).142 Die Funktionen der unterschied­ lichen Räume unterteilten sich in einen Verkaufsraum, einen Ober­lichtsaal, einen weiteren Ausstellungsraum, ein graphisches Kabinett und einen Leseraum.143 Diese Umgestaltung lässt sich rückblickend als einschneidenderes Ereignis für die Galeriegeschichte charakterisieren als ihr Umzug zwei Jahre zuvor, da die Räume bis zur Zerstörung der Kunsthandlung weitestgehend unverändert blieben. Auf die seitdem zu konstatierende Professionalisierung des Ausstellungsbetriebes wird gleich einzugehen sein. Zunächst gilt es aber, die konkrete Gestaltung und die damit neu gewonnene Funktionalität der Räum­lichkeiten in den Blick zu nehmen. Der heute kaum bekannte Architekt Erich Basarke kam zu Beginn des Jahres 1904 nach Chemnitz, um im Hochbauamt der Stadt als angestellter Hilfsarchitekt zu arbeiten.144 Er 140 Chemnitzer Tageblatt vom 8. März 1905, S. 1; vom 12. März 1905, S. 1; vom 16. Juli 1905, S. 1 und vom 3. August 1905, S. 6. 141 Rödiger-Diruf 1998, S. 63. 142 Der hier in Abb. 16 gezeigte Grundriss der Galerie Gerstenberger hat sich im Chemnitzer Stadtarchiv im Bestand des Baupolizeiamtes erhalten. Die eingetragenen Änderungen im Grundriss markieren die im Zuge der Umgestaltung von Erich Basarke vorgenommenen Umbauten. Der Grundriss war dem Baupolizeiamt zur Genehmigung vorgelegt und archiviert worden. 143 Chemnitzer Tageblatt vom 31. August 1906, 1. Beilage, S. 1 und vom 3. September 1906, S. 7. 144 Die Forschungen zu Erich Basarke sind spär­lich und es besteht vor allem hinsicht­lich seiner Einordnung und Kontextualisierung in die allgemeine Entwicklung der Architekturgeschichte ein Desiderat. Grundlegend ist eine schmale Publikation von Yves A. Pillep aus dem Jahr 2004. Darin findet sich eine kurze Biographie des Architekten, exemplarische Werkbeschreibungen sowie eine Auflistung seiner bis dahin bekannten Werke (Pillep 2004). Darüber hinaus wurde im Jahr 2000 eine Studienarbeit von Arne Winkelmann über das von Basarke entworfene Fabrikgebäude von Schubert & Salzer in Chemnitz publiziert (Winkelmann 2000). Ferner ist Basarke auch Thema in dem 1995 von Tilo Richter verfassten Begleitbuch zu einer Ausstellung über die Industriearchitektur in Chemnitz von 1890 – 1930 (Richter 1995). Für Literaturangaben zu Erich Basarke siehe Pillep 2007, S. 288. Basarke wurde erst 2007 in der Reihe des neuen, wiederaufgelegten Allgemeinen Künstlerlexikons aufgenommen und auch hier erst im Supplementband (Pillep 2007). Weder in

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Abb. 16  Grundriss der Galerie Gerstenberger (Erdgeschoss mit eingezeichneten Umbaumaßnahmen), 1906

hatte erst in Posen eine Ausbildung zum Maurer absolviert und dann von 1900 bis 1903 an der König­lichen Akademie der Bildenden Künste in Dresden ein Architekturstudium begonnen, das er allerdings nicht abschloss. Sein Aufgabenfeld in Chemnitz umfasste die Bearbeitung von Entwürfen damaliger prominenter städtischer Bauvorhaben, darunter auch den Neubau des Theaterplatzes mit dem König-Albert-Museum und dem Theatergebäude, die 1909 eröffnet wurden. Im April 1908 machte sich Basarke selbstständig und gründete mit Alfred Zapp (Lebensdaten unbekannt) das Architekturbüro Zapp & Basarke. Nach Ausscheiden Zapps im Jahr 1919 führte Basarke das Büro allein unter d ­ iesem Namen bis 1923 weiter. Die Architekten erhielten ihre Aufträge vorwiegend aus dem lokalen Bürgertum, sodass sie zumeist Industriebauten und bürger­liche Landhäuser oder Villen in Chemnitz und der unmittelbaren Umgebung entwarfen und realisierten. Die Formensprache Basarkes dem 1908 erschienenen Band II (Antonio da Monza-Bassan) des Thieme/Beckers noch in dem von Hans Vollmer in den Jahren von 1953 bis 1961 herausgegebenen Lexikon der bildenden Künstler des XX. Jahrhunderts findet sich ein Eintrag zu Erich Basarke. Zum Folgenden siehe Pillep 2004, S. 6 – 10.

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reichte dabei von neobarocken und neoklassizistischen Elementen über Anleihen sch­lichter Jugendstilarchitektur sowie versach­lichten und reduzierten Vokabulars hin zu eckigen und zackenförmigen Gestaltungsmerkmalen des Art Déco. Ein Zeitgenosse, der Kunsthistoriker Otto Höver (1889 – 1963), beschreibt Basarke als Architekten, der sich niemals auf „vages Experimentieren“ eingelassen und „bei aller Einfachheit“ seiner Entwürfe „niemals das gewollt abstrakte Wesen einer extrem modernen Richtung“ angewendet habe.145 Basarkes sch­lichte Bauten mit den zumeist reduzierten Dekoren verfügen dabei weniger über eine „stilistische Stringenz“, sondern vielmehr über eine ausgeprägte Objekt- und Auftraggeberbezogenheit.146 In Chemnitz stieg Basarke zu einem gefragten Architekten seiner Zeit auf und erhielt auch in der näheren Umgebung, wie Dresden und Leipzig, repräsentative Aufträge.147 Trotzdem bleibt die Galerie Gerstenberger ein singulärer Auftrag im Œuvre des Architekten, denn abgesehen von einem Wettbewerbsbeitrag für ein Galeriegebäude moderner Gemälde in Dresden sind von Basarke keine anderen Projekte für den Kunsthandel oder für öffent­liche Ausstellungsgebäude bekannt. Die Ausgestaltung der Galerieräume realisierte der erst 28-jährige Basarke noch vor Gründung des eigenen Architekturbüros. Der Auftrag der Firma Gerstenberger ist das erste heute bekannte, ausgeführte Projekt, in dem sich Basarke eigenständig mit Raumplanung und -ausgestaltung beschäftigte.148 Stilistisch sind die Galerieräume am ehesten mit dem Hotel 145 Höver, Otto, Dr. phil., Privatgelehrter in München und Bremerhaven wurde am 14. Dezember 1889 in Bremerhaven geboren und starb am 15. Juni 1963 ebd. Er war Kunsthistoriker, Schriftsteller und Stadtbibliothekar und promovierte 1920 in München über das Thema: Spätstile deutscher Baukunst. Höver publizierte unter anderem die Abhandlungen Vergleichende Architekturgeschichte 1923 und Stilfragen des 19. Jahrhunderts 1925. Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender 1925, Sp. 429. Später beschäftigte sich Höver vornehm­lich mit Schifffahrt und Schiffsbaukunst. Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender 1931, Sp. 1259. Zu Höver auch: Bickelmann 2003, S. 136/137. Zitate: Höver 1928, S. VII/VIII. 146 Vgl. Winkelmann 2000, S. 66. 147 Pillep 2007, S. 288. Basarke war auch bei Privatpersonen äußerst beliebt, wie die Konzeption einiger Villen in Chemnitz und Umgebung beweist. Innen-Dekoration XXI, H. 2, 1910, S. 102 – 109. Gezeigt werden hier Aufnahmen der Villen von Theobald Baldauf in Marienberg, von Dr. Bial in Bad Elster, von Rud. Voigt in Chemnitz und von Fam. Menschke in Chemnitz. Die Landhäuser bzw. die Innenausstattungen der Villen wurden von dem Architekturbüro Zapp & Basarke entworfen. 148 Aus den Jahren 1904 bis 1906 sind bisher nur Wettbewerbsbeiträge sowie eine Urnengrabanlage bekannt. Siehe dazu Pillep 2004, S. 84. Basarke reichte 1904 einen Entwurf für den Neubau der Lutherkirche in Chemnitz ein, 1905 einen Entwurf für eine Friedhofshalle in Minden. 1906 bis 1911 wurde die Urnengrabanlage des Städtischen Friedhofes nach dem Entwurf von Basarke errichtet. Sein frühestes realisiertes Gebäude ist das Landhaus für Theobald Baldauf, das 1907 – 1908 in Marienberg gebaut wurde. Die Gestaltung des Speisezimmers in der Privatwohnung von Hans Stickel könnte ebenfalls um 1906 erfolgt sein. Allerdings ist von dem tatsäch­lichen Umfang der Ausgestaltung heute nichts bekannt. Siehe Anm. 152.

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Abb. 17  Architekten Zapp & Basarke, Chemnitz: Frühstückszimmer im Wettiner Hof, Bad Elster, 1910

Wettiner Hof in Bad Elster vergleichbar, das von dem Architekturbüro Zapp & Basarke als Gesamtkonzept in den Jahren 1908 bis 1909 entworfen wurde.149 Die hier zwar viel reichere und luxuriösere Innenausstattung ist ebenso wie die Ausstattung der Galerieräume mit geometrisch-dekorativen Formen dem deutschen Jugendstil zuzuordnen (Abb. 17).150 Dass die Firma Gustav Gerstenberger einen noch so jungen und unerfahrenen Architekten beauftragte, überrascht auf den ersten Blick. Vermut­lich basierte die Zusammenarbeit auf einem freundschaft­lichen Verhältnis der Geschäftsführer mit Erich Basarke. Für die folgenden Jahre sind drei weitere gemeinsame Projekte nachweisbar und in der Galerie Gerstenberger wurden im Juni und Juli 1910 Entwürfe, Modelle sowie Photographien von Bauten des Architekturbüros Zapp & Basarke präsentiert.151 Noch vor der Gründung seines Architekturbüros gestaltete Basarke das Speisezimmer in der Privatwohnung von Hans ­Stickel.152 Später entwarf Basarke 1919 einen Erweiterungsbau für die Chemnitzer Papierfabrik 149 Zu dem Hotel wurde ein zeitgenössischer, ausführ­licher Artikel in der Zeitschrift Innen-Dekoration publiziert (Vogt 1910). Ebenfalls zu dem Gebäude: Pillep 2004, S. 49. 150 Vogt 1910, S. 92. 151 Chemnitzer Tageblatt vom 5. Juni 1910, S. 12 und vom 10. Juni 1910, S. 11. 152 In der Jubiläumsschrift des Chemnitzer Kunstgewerbevereines sind 1909 zwei Photographien des „Speisezimmer[s] des Herrn Hans Stickel, Chemnitz, Kassbergstraße“ publiziert. Als Architekt wird

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in Einsiedel, zu deren Gründern die Firma Gerstenberger gehörte.153 Darüber hinaus war er auch der Architekt für das private Wohnhaus von Konrad Stickel, das 1928 in Chemnitz errichtet wurde.154 Im selben Jahr erschien eine Werkmonographie über Basarke, die in der Buch- und Kunstdruckerei der Firma Gustav Gerstenberger gedruckt und vom hauseigenen Verlag herausgegeben wurde.155 Nicht zuletzt bezeichnet Hans Stickel in seinen ­kurzen Memoiren Basarke als Freund.156 Die Neueröffnung der Galerie Gerstenberger am 3. September 1906 wurde durch die Inhaber der Kunsthandlung intensiv beworben und avancierte zum Großereignis für das kulturinteressierte Publikum der Stadt.157 Im April, Juli und August erschienen im Chemnitzer Tageblatt Berichte über den geplanten Umbau der Räume.158 Am Eröffnungstag wurde zusätz­lich eine Beschreibung der neuen Galerieräume publiziert: Das Verkaufslokal für Reproduktionen und kunstgewerb­liche Erzeugnisse hat Veränderungen erfahren, die Übersicht und Bewegungsfreiheit vermehren. Von dem jetzt durch Tages­licht erhellten, sonst unveränderten alten Ausstellungsraum gelangt man durch einen langen, in diskreter feiner Manier geschmückten Gang in den Ober­lichtsaal, diesen wichtigsten Raum für Ausstellungs­ zwecke. Er hat eine hübsche Größe, ist – was ich hier durchaus für einen Vorzug halte – nur mäßig hoch und hat sehr gutes Licht, soweit sich das bei der Fülle der Besucher beurteilen ließ. Durch ein hübsches Lesekabinett führt der Weg in einen großen, nach der Straße gelegenen Saal, dessen Be­lichtung ebenfalls nichts zu wünschen übrig lässt. Die Wandverkleidungen, steingrau, sandgelb, gedämpftes Pompejanischrot, sind in künstlerischem Feingefühl gewählt und erhöhen mit dem lichten Holz den vornehmen Gesamteindruck.159

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Erich Basarke angegeben. Wann genau er das Zimmer ausgestaltete und ob er auch die Innenausstattung anderer Räume in der Wohnung übernahm, ist nicht bekannt. Die Architektenangabe deutet darauf hin, dass Basarke den Auftrag allein, noch vor der Gründung des Architekturbüros, ausführte. Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 64. Pillep 2004, S. 89, Nr. 052. Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 6: „Gustav Gerstenberger war Mitbegründer der benachbarten Chemnitzer Papierfabrik zu Einsiedel, zu deren Entwicklung er als langjähriger Vorsitzender des Aufsichtsrates beigetragen hat.“ Höver 1928, S. 77; Kassner 2000, S. 67 und Pillep 2004, S. 66. Dabei handelt es sich um die bereits zitierte Publikation mit dem einleitenden Text von Otto Höver. Höver 1928. Die Druckerei der Firma Gustav Gerstenberger befand sich am Rossmarkt 8 in Chemnitz. Siehe Anm. 1. Für den 1. September 1906 schaltete die Galerie eine ganzseitige Anzeige im Chemnitzer Tageblatt, in der sie bekannt gab, dass die Neueröffnung am 3. September stattfinden werde. Chemnitzer Tageblatt vom 1. September 1906, S. 4. Chemnitzer Tageblatt vom 13. April 1906, S. 1; vom 7. Juli 1906, S. 1 und vom 31. August 1906, S. 1. Chemnitzer Tageblatt vom 3. September 1906, S. 7.

56 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Abb. 18  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal, um 1906/1909

Abb. 19  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal mit Lesekabinett, um 1906/1909

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  57

Die Gestaltung der Innenräume der Galerie Gerstenberger nach dem Umbau im Jahr 1906 ist in einigen zeitgenössischen Photographien überliefert. Obwohl die Photographien selbst nicht datiert sind, kann eine relative Chronologie erstellt und eine spätere, geringfügige Modifizierung der Räume nachvollzogen werden. Den ursprüng­lichsten Eindruck von den Räum­lichkeiten geben wohl fünf Photographien wieder, von denen drei in einem Werbeprospekt publiziert sind (Tafel 2 sowie Abb. 18 und 19).160 Die anderen zwei, zu einem anderen Zeitpunkt gemachten Aufnahmen wurden in der Jubiläumsschrift des Chemnitzer Kunstgewerbevereines zum 25-jährigen Bestehen im Jahr 1909 veröffent­licht (Abb. 20 und 21).161 Die drei Photographien im Werbeprospekt zeigen den Ober­lichtsaal, den Leseraum sowie einen weiteren Ausstellungsraum. Von dem „unveränderten alten Ausstellungsraum“, der seit dem Umbau als „Graphisches Kabinett“ fungierte, ist keine Abbildung überliefert, ebenso wenig von dem Gang, der zu dem Ober­lichtsaal führte (vgl. auch Abb. 16).162 Der mittlere der drei verbundenen Räume, den die Photographien zeigen (Abb. 19 – 21), lag etwas erhöht, sodass er über jeweils zwei Stufen erreicht wurde. Er war mit einem ungefähr hüfthohen Holzgeländer von den anderen zwei Räumen so abgetrennt, dass sich auf der rechten und linken Seite des Raumes jeweils ein kleines Séparée andeutete. In einem dieser Séparées stand ein einfacher Tisch mit vier Stühlen. An der Wand befinden sich auf einer Abbildung aus dem Jahr 1922 sechs in zwei Reihen dicht gehangene Papierarbeiten (Abb. 22). Vermut­ lich handelte es sich um den Leseraum, welcher in dem Werbeprospekt angepriesen wird (Abb. 32). Das gegenüberliegende Séparée ist auf den Photographien kaum zu erkennen. Es war wohl mit zwei gegenüberstehenden kleinen Tischen ausgestattet sowie mit mindestens einer Sitzgelegenheit. Die Wandfläche wurde zu großen Teilen von einer hölzernen Heizkörperverkleidung verdeckt, die analog zu den anderen in den Nachbarräumen gestaltet war.

160 Der Werbeprospekt war einem Schreiben an Johanna van Gogh-Bonger in Amsterdam, die Schwägerin Vincent van Goghs, beigefügt. Anlass des Schreibens war, dass sich die Galerie Gerstenberger um eine Van-Gogh-Ausstellung bemühte, die zu ­diesem Zeitpunkt in verschiedenen deutschen Städten Station machte. Die Van-Gogh-Ausstellung war im April 1910 in der Galerie Gerstenberger zu sehen. Vgl. dazu Kap. 2.4.2. Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation), Schreiben der Galerie Gerstenberger an Johanna van Gogh-Bonger vom 26. November 1909. 161 Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 153/154. 162 Zitat: Chemnitzer Tageblatt vom 3. September 1906, S. 7. Fasst man die Meldungen vom 31. August und 3. September 1906 im Chemnitzer Tageblatt zusammen, resultiert daraus, dass die Galerie Gerstenberger über die fünf folgenden Räume verfügte: einen Verkaufsraum und einen Ausstellungsraum, die bereits vor dem Umbau 1906 existierten, sowie zwei neue Ausstellungsräume (davon einer mit Ober­licht), die durch einen kleineren Leseraum mitein­ ander verbunden waren. Darüber hinaus wird ein Ausstellungsraum als „Graphisches Kabinett“ bezeichnet. Dabei muss es sich um den „alten“ Ausstellungsraum handeln. Dieser befand sich damit im hinteren nörd­lichen Teil der Galerie (vgl. Abb. 16). Chemnitzer Tageblatt vom 31. August 1906, 1. Beilage, S. 1 und vom 3. September 1906, S. 7.

58 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Abb. 20  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal, um 1909

Der repräsentativste der Ausstellungsräume war der große Ober­lichtsaal (Tafel 2 sowie Abb. 18, 20 und 23). Dieser gliederte sich in zwei Bereiche. Der erste Bereich, in den man von dem erhöhten Podest des mittleren Raumes trat, verfügte über die g­ leiche Deckenhöhe wie die anderen Räume, wobei die Decke mit angedeuteten Kassettierungen verziert war. Dieser Vorraum wurde von einem Pfeiler getragen und durch eine halbhohe Trennwand längsseitig künst­lich verkleinert. Es bildete sich dadurch ein kleiner Nischenraum, der nur von dem anschließenden Ober­lichtsaal aus betreten werden konnte (Tafel 2 und Abb. 20). In der Trennwand waren ein Fenster und eine Tür eingelassen. Der Nischenraum war mit einer Sitzbank ausgestattet und strahlte eine intimere Atmosphäre aus, die im Kontrast zu dem offen gestalteten, gut ausgeleuchteten Ober­lichtsaal stand. Das Ober­licht war aus quadratischen, durch Metallstreben miteinander verbundenen Glasplatten zusammengesetzt und bildet den flachen Abschluss eines Spiegelgewölbes, dessen hell gestrichene Laibung mit einem schmalen ovalen Ornament geschmückt war. Der Ausleuchtung dienten zusätz­lich zwei Deckenlampen. Die darunter liegende Wand, die Ausstellungsfläche für die Kunstwerke, setzte sich zu der Laibung dunkler ab und war wahrschein­lich entsprechend der damals üb­lichen Praxis mit einem Stoff bespannt. Auf allen Photographien ist eine lockere, anfäng­lich zumeist zweireihige, dann vornehm­lich einreihige Hängung der Exponate in Augenhöhe zu sehen. Wie im folgenden Unterkapitel noch ausführ­licher darzustellen, entsprach dies dem neuen Ausstellungskonzept, das sich zu

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  59

Abb. 21  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal mit Lesekabinett, um 1909

Beginn des 20. Jahrhunderts durchsetzte und von der sogenannten Petersburger Hängung Abstand nahm, die bis dahin in Kunstsalons vorherrschte. Am Ende des Raumes war eine flache Nische in die Wand gelassen, in der sich ein Heizkörper mit einer hölzernen, weiß gestrichenen Verkleidung befand. Darüber konnte prominent ein Gemälde gehangen werden. Neben der Nische befand sich der Zugang zu einem Glasgang, der in die Nordhälfte der Galerie führte. Der Ober­lichtsaal war nur sehr spär­lich mit zwei weißen kleinen Sitzhockern möbliert. Es war ein weitläufiger und klarer Raum. Der zweite große Ausstellungsraum ist nur ausschnitthaft in Photographien überliefert. Die Abbildung in der Jubiläumspublikation des Kunstgewerbevereines setzt die zwei dominanten Pfeiler des Raumes in Szene (Abb. 21). Diese waren mit aufgesetzten Maskenreliefs und vertieften hochrechteckigen Ornamentreliefs verziert und trugen auf den Kapitellen, die mit floralen und volutenähn­lichen Ornamenten geschmückt waren, die abgehängte Zimmerdecke. Auf der rechten Seite ist ein Teil der Wand zu sehen, der als Ausstellungsfläche genutzt wurde. Links befanden sich ein hoher verkleideter Heizkörper und eine Tür, die entsprechend dem Grundriss zu einem Lagerraum im Keller führte. Später wurde hier das graphische Kabinett eingerichtet.163 Der Raum erstreckte sich linker Hand noch weiter, 163 Die Einrichtung des graphischen Kabinetts erfolgte im Jahr 1922: „Die Ausstellung Gerstenberger hat in dem unteren, neu ausgestalteten Raume ein graphisches Kabinett eingerichtet, das jetzt

60 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Abb. 22  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal mit Lesekabinett, 1922

Abb. 23  Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal, vermut­lich ­zwischen 1922 und 1938

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  61

Abb. 24  Galerie Gerstenberger, Verkaufsraum, 1922

wovon jedoch keine Abbildung überliefert ist. Auch hier teilte sich der Ausstellungsraum also in zwei Teile, einen von zwei Pfeilern getragenen mit abgehängter Decke und einen helleren Bereich mit einer großzügigeren Raumhöhe. Der letztgenannte Bereich in ­diesem zweiten Ausstellungsraum befand sich direkt an der Straßenfront und verfügte über große Fenster. Der Ober­lichtsaal der Galerie Gerstenberger wurde noch vor 1922 leicht verändert. Auf einer Photographie, die im Jubiläumsheft zum 75-jährigen Bestehen der Firma Gerstenberger publiziert ist, sowie einer nicht datierten Photographie erscheint die Ausgestaltung noch klarer und versach­lichter (Abb. 22 und 23). Die g­ leiche Umgestaltung des Raumes ist auf einer Photographie des Ober­lichtsaales zu erkennen, die im Buch der Stadt Chemnitz veröffent­licht wurde und wahrschein­lich die Georg-Kolbe-Ausstellung im Jahr 1925 zeigt (Abb. 9).164 Die Trennwand und der Nischenraum sowie die weiße Heizkörperverkleidung sind entfernt worden und auch die Ornamentik auf der Gewölbelaibung ist nicht mehr zu erkennen. Zu sehen ist nun ein langrechteckiger Raum, dessen einziges Gliederungselement der wohl aus statischen Gründen belassene Pfeiler war. Neben den Ausstellungsräumen verfügte die Galerie Gerstenberger auch über einen sogenannten Verkaufsraum, der in einer Photographie überliefert ist (Abb. 24). Beschrieben wird eröffnet wurde mit einer Ausstellung von Radierungen und Lithographien unserer bedeutendsten Graphiker.“ Chemnitzer Tageblatt vom 6. August 1922, S. 4. 1 64 Cichorius 1926, S. 155 dazu siehe auch Anm. 59.

62 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Abb. 25  Außenansicht der Galerie Gerstenberger, 1922

er 1922 als „gewähltes Lager von Graphik und Reproduktionen“.165 Hier wurden „auserlesenes Kunstgewerbe deutscher Kunsthandwerker, wertvolle Plastik in Bronze und Marmor, sowie Erzeugnisse der Porzellanmanufakturen Berlin, Meißen, Nymphenburg, Rosenthal, Schwarzburg und Kopenhagen“ ausgestellt.166 Die Wände waren dicht mit Kunstwerken kleineren Formates behangen. Darunter standen Vitrinen und frei im Raum Tische für die Präsentation der Porzellane, Bronzen, kleineren Marmorskulpturen, Keramiken, Glasvasen und Silberschmiedearbeiten. Kleinplastiken und Salonbronzen waren von Ende des 19. Jahrhunderts bis nach dem E ­ rsten Weltkrieg im bürger­lichen Umfeld besonders beliebt, sodass die Bildgießereien populäre Modelle nahezu massenhaft herstellten.167 Die Bronzen hatten „gleich den graphischen Reproduktionstechniken und dem Öldruck eine immense Breitenwirkung erlangt; sie […] erreichte[n] immer größere Kreise des Klein- und Bildungsbürgertums […].“ 168 Die hohe Bedeutung, die derartigen Kleinplastiken und kunsthandwerk­lichen Arbeiten als tatsäch­liche Verkaufsware in der Galerie Gerstenberger zukam, wird auch anhand der einzigen Außenansichtsphotographie augenschein­lich (Abb. 25). In den zwei ausladenden Schaufenstern befanden sich neben großen graphischen Blättern und kleinformatigen gerahmten Gemälden auch eine Fülle an kleinen skulpturalen Kunstwerken sowie kunsthandwerk­liche Gegenstände.

2.3.3 Die Anwendung zeitgemäßer Präsentationsmodi Die im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Gestaltungsmerkmale der Räume der Galerie Gerstenberger orientierten sich in mehreren Punkten an einer damals neuartigen Art 165 Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 20. 166 Ebd. 167 Ohm 2008, S. 67 – 69. 168 Ausstellungskat. Bonn 1992, S. 13.

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  63

der Gestaltung von Sammlungs- und Ausstellungsräumen. Dieser Wandel ist mit Blick auf die Umgestaltung und den Neubau von Museen relativ gut erforscht und in Bezug auf das Aussehen ausgewählter Galerien bekannt. Insgesamt aber ist weder die Geschichte der Galeriearchitektur am Anfang des 20. Jahrhunderts studiert noch die Bedeutung des Wechselverhältnisses von öffent­lichen und kommerziellen Kunsträumen für die Etablierung neuer Präsentationsmodi in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hinläng­lich erfasst worden. Beiden Desideraten, w ­ elche die Genese des White Cubes und der dadurch bis heute wirksamen Betrachtungsweisen von Kunst zu verstehen erschweren, begegnet ­dieses Unterkapitel, das entsprechend kulturhistorisch etwas weiter ausgreift, um die Neugestaltung der Räum­lichkeiten am Chemnitzer Rossmarkt richtig einzuschätzen und zu erklären, wieso diese zu einer sprunghaften Veränderung auch des Ausstellungsbetriebes der Galerie führte. Mit dem Ende des 19. Jahrhunderts und dem beginnenden 20. Jahrhundert reformierte sich näm­lich mit den Begründungen der Sezessionen nicht nur das Ausstellungswesen für die Künstlerinnen und Künstler, sondern auch die Art und Weise, Kunst zu präsentieren.169 Es bestand dabei ein wechselseitiger Einfluss z­ wischen Museen und Kunstgalerien.170 Die Erneuerung der Kunstsalons im Berlin der Jahrhundertwende wird eindrucksvoll von dem Zeitgenossen Hermann Häfker (1873 – 1939) beschrieben.171 Dabei stellt er die alten Ausstellungsräume des Vereines Berliner Künstler den neuen Räumen kritisch gegenüber, die im Oktober 1898 im sogenannten Künstlerhaus in der Bellevuestraße 3 eröffnet worden waren.172 169 Einen zeitgenössischen Bericht über die neuen Kunstsalons und deren Einrichtungen liefert H ­ ermann Häfker 1899/1900 in Westermann’s illustrierten deutschen Monatsheften für das gesamte geistige Leben der Gegenwart (Häfker 1899/1900). Sehr wahrschein­lich handelt es sich bei dem Autor um Hermann Häfker und nicht (wie in anderen Publikationen zur Entwicklung des musealen Ausstellungsraums angegeben) um eine Person namens Hermann Häsker. Der Schriftsteller Häfker ist in der Kinematographie bekannt, publizierte jedoch mehrfach auch über andere ­Themen in den Westermann’s illustrierten Monatsheften. Als politischer Häftling wurde er 1939 im Konzentrationslager Mauthausen ermordet. Zu Häfker siehe Puschner 1996, S. 910. 170 Sheehan 2000, S. 180. 171 Häfker 1899/1900. 172 Der Verein Berliner Künstler war 1841 gegründet worden. Im Jahr 1898 zog der Verein in das sogenannte Künstlerhaus, das der Architekt Karl Hoffacker, der ebenfalls Mitglied im Verein war, entworfen hatte. Der Verein war um die Jahrhundertwende von Künstlern mit einer überwiegend konservativen Auffassung künstlerischer Ausdrucksformen geprägt. Börsch-Supan 1991, S. 9, 41/42 und 44. Die Bellevuestraße galt – so auch Häfker in dem hier zitierten Artikel – als eine der vornehmsten Adressen in Berlin. Bis zum Ende der 1920er Jahre hatte sich das Gebiet um die Bellevuestraße zu einem Zentrum des Berliner Kunsthandels herausgebildet. In der heute noch sehr kleinen Bellevue­straße, die sich ­zwischen dem Potsdamer Platz und dem damaligen Kemperplatz (heute Tiergartenstraße/Ben-Gurion-Straße) erstreckte, versammelte sich eine Vielzahl an Kunsthandlungen, obwohl es auf jeder Straßenseite nur ungefähr 10 Hausnummern gab: Johannes Hinrichsen und Paul Lindpaintner, Paul Bottenwieser, Neue Galerie von Schönemann & Lampl, Bachstitz, Antiquitätenhaus Wertheim, Hugo Perls, Dr. Otto Burchard, Galerie Thannhauser, Galerie Matthiesen,

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Laut Häfker habe der Verein Berliner Künstler bis dahin die Gestaltung des Ausstellungswesens stark vernachlässigt und damit eine Verminderung der Besucherzahlen in Kauf genommen: Lichtlos niedrige Räume, völlig verbaut, waren mit Gemälden, Statuen und Lorbeerbäumen vollgepfropft, und in den Jahren, als der Kampf um Pleinaire und Naturalismus hoch ging, verirrte sich nur selten eines Beschauers Fuß hierher. […] Die [neuen] Salons [dagegen] sind sämt­lich mit Ober­licht versehen, wie an dem Hauptsaal zu erkennen; um diesen gruppieren sich kleine Säle und Galerien, für intime Arrangements geeignet. Die Wände sind in einheit­lich getöntem Stoff überzogen und die Bilder nach Mög­lichkeit in Augenhöhe gehängt. Kleine Aufstellungen im Saal, Bilder, Pflanzen, Tische mit kleiner Kunst, Marmor und Bronzen vervollständigen das Bild.173

Der hier beschriebene neue Präsentationsmodus für Kunst fand nicht nur aufgrund von geschmack­lichen Vorlieben Anwendung, sondern ist auch mit einer Orientierung an einer Reform des musealen Ausstellungswesens zu erklären: Die mit Beginn des 20. Jahrhunderts von den privaten Kunsthandlungen zunehmend genutzte Kombination von Ober­ lichtsaal und Seiten­lichtkabinett entsprach der typischen Raumfolge von Museumsbauten des 19. Jahrhunderts.174 Ober­lichtsäle wurden in der Museumsarchitektur seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts zur optimalen Beleuchtung genutzt und etablierten sich sukzessive als integraler Bestandteil musealer Ausstellungsräume. Leo von Klenze (1784 – 1864) verwandte erstmals Ober­licht als homogene Lichtquelle in der von ihm entworfenen Pinakothek in München (1825 – 1830).175 Zur Jahrhundertwende wurden Ober­lichtsäle auch für private Ausstellungsräume und Kunsthandlungen kanonisch und stellten innerhalb der Raumfolge die repräsentativsten Räume dar. Zumeist verfügten große Galerien über mehrere Ober­lichtsäle, so beispielsweise die Ausstellungsräume des Vereines Berliner Künstler in Berlin (1898 umgebaut, Abb. 26), die der Galerie Heinemann in München (1904 neu eröffnet, Abb. 27) sowie die der Galerie Ernst Arnold in Dresden (1906 umgebaut, Abb. 28). Karl Haberstock, Paul Glaser, Brüder Lion. In einer Seitenstraße befanden sich weiterhin: Kunstund Antiquitätenhandel M. Goldschmidt & Co., Rudolf Wiltschek, J. & S. Goldschmidt, Alfred Gold, Charles A. de Burlet, Goldschmidt-Wallerstein, Carl Nicolai, Paul Cassirer. Auflistung siehe Pucks 2007, S. 17. Diese Darstellung muss jedoch differenzierter betrachtet werden: Nur vier der Kunsthandlungen waren schon 1928 in der Bellevuestraße ansässig, weitere vier wurden dort erst in den Jahren 1929/1930 eröffnet; Paul Lindpaintner und Paul Glaser sind sogar erst ab 1937 für die Bellevuestraße nachgewiesen. Gesamtaufnahme Kunsthandel in Berlin 1928 – 1943. URL: (11. März 2021). Die Zusammenstellung erfolgte im Rahmen der Ausstellung Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin 1933 – 1945 im Centrum Judaicum in Berlin. Ausstellungskat. Berlin 2011, S. 208/209. 173 Häfker 1899/1900, S. 712. 1 74 Erbe 1923, S. 85. 175 Buttlar 2006, S. 41. Klenze orientierte sich bei der Konzeption des Ober­lichtsaales an dem Salon carée des Louvre, der 1789 erbaut wurde.

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  65

Abb. 26  Verein Berliner Künstler in Berlin, Ober­lichtsaal, um 1900

Abb. 27  Galerie Heinemann in München, Ober­lichtsaal, 1904

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Abb. 28  Galerie Ernst Arnold in Dresden, Ober­lichtsaal, 1907

Die Idee einer neuen Ausstellungsgestaltung hinsicht­lich der reduzierten Hängung wurde dagegen in den öffent­lichen Museen erst s­ päter umgesetzt und war maßgeb­lich von drei Direktoren bestimmt: Ludwig Justi (1876 – 1957), 1904 bis 1906 Direktor des Städelschen Kunstinstitutes in Frankfurt am Main, Konrad Lange (1855 – 1921), ab 1901 Direktor der Stuttgarter könig­lichen Gemäldegalerie (heute: Alte Staatsgalerie) sowie Hugo von Tschudi (1851 – 1911), von 1896 bis 1908 Direktor der Berliner Nationalgalerie (heute: Alte Nationalgalerie). Justi definierte seine Neuordnung der Gemäldegalerie im Jahr 1905 nach dem Prinzip, „die Bilder mög­lichst freiräumig aufzuhängen“:176 Für die Ausstattung war das ebenfalls selbstverständ­liche Ziel, […] mög­lichst Helligkeit, Differenzierung der Räume durch die Farbe; in der ganzen Ausstattung aber, last not least, mög­lichste Zurückhaltung: die Hauptsache in einer Bildergalerie sind immer die Bilder.177

So schuf er Kabinette mit Ober­lichtern und einheit­lich bespannten Wänden, an denen die Werke nach dem „Prinzip der Wiener Sezession“ hingen: „[E]ine Ausstellungswand wirkt nur ruhig, wenn die Bilder entweder oben oder unten gleichmäßig abschneiden.“ 178 176 Justi 1905, S. 206. 177 Ebd. 178 Ebd., S. 208.

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  67

In den großen Ober­lichtsälen, beispielsweise dem sogenannten Niederländer-Saal, wählte Justi „nur Werke ersten Ranges, […] weil eben ­zwischen den vielen geringen Sachen das ermüdete Auge die Meisterwerke übersah oder bei der hohen Aufstellung nicht erkennen konnte.“ 179 Um die Wandgestaltung noch mehr zu beruhigen, ließ er die Decken und in manchen Räumen auch einen breiten Wandstreifen unterhalb der Decke weiß streichen. Diese Ordnungsprinzipien lassen sich auch in der Galerie Gerstenberger wiedererkennen. Auch Lange orientierte sich an den neuen Gestaltungsmerkmalen und entschied sich für eine einreihige Hängung in den Räumen für zeitgenössische Kunst der Stuttgarter könig­lichen Gemäldegalerie. Darüber hinaus beauftragte er 1905 den Künstler und Architekten Bernhard Pankok (1872 – 1943) mit der Ausgestaltung dieser Räume.180 Eine Praxis, die vor allem auch für private Kunsthandlungen üb­lich war und derer sich auch die Galerie Gerstenberger bediente. In der Mitte eines der von Pankok gestalteten Räume in Stuttgart befinden sich die von ihm ebenfalls entworfenen Möbel, die eine Sitz-, Ablage- und Regalfunktion in sich vereinten. Die neue Einrichtung, die Lange für alle Räume vornahm, erhielt Zustimmung in der Fachliteratur: Wer die Stuttgarter Galerie einige Jahre nicht besuchte, wird sie kaum wieder erkennen; […] Früher konnte man nur von einem Magazin sprechen, wenn auch die Verhältnisse nicht gar so trostlos waren wie z. B. heute noch in Heidelberg, wo man eine Feuerwehrleiter braucht, um knapp unter dem Plafond hängende Bildchen auch nur beiläufig zu erkennen; heute befinden wir uns in den modernsten Galerieräumen, die man dem schon etwas ehrwürdigen Gebäude gar nicht zutrauen würde.181

Die gleichen Ansätze sind grundlegend für die Ausstellungskonzeption, die von Tschudi für einen Teil der Berliner Nationalgalerie vornahm. Diese wurde jedoch nur partiell ausgeführt und die repräsentativen sogenannten Cornelius-Säle im Hauptgeschoss blieben von den Neuerungen unberührt.182 Auf der Photographie des großen von dem Architekten Peter Behrens (1868 – 1940) ausgestalteten Ober­lichtsaales, in dem die impressionistischen Werke präsentiert waren, sind dagegen die Prinzipien des hellen, lichten und einfach strukturierten Raumes mit überwiegend einreihiger Hängung und stark reduzierter Möblierung deut­lich zu erkennen (Abb. 29).183

179 180 181 182

Ebd., S. 213. Dazu auch Klonk 2009, S. 65. Pazaurek 1907, S. 62. Die Umgestaltung wurde dann von Ludwig Justi (1909 bis 1933 Direktor der Berliner Nationalgalerie) weitergeführt. Joachimides 2010. 183 Dazu auch Sheehan 2000, S. 182. Von Tschudi beauftragte Peter Behrens 1906 mit der Gestaltung der Jahrhundertausstellung in der Nationalgalerie. Ebd.

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Abb. 29  Nationalgalerie in Berlin, Ausstellungsraum mit Möblierung von Peter Behrens, 1908

Das von Justi, Lange und von Tschudi realisierte Ausstellungskonzept galt als radikale Neuerung, die keineswegs für alle Museen als anwendbar bewertet wurde.184 So fiel die Neuordnung des sogenannten Rembrandt-Saales in der Dresdner Gemäldegalerie, die der von 1910 bis 1942 amtierende Direktor Hans Posse (1879 – 1942) im Jahr 1911 vornahm, gemäßigter aus. Der ursprüng­liche Ausstellungsraum war mit 71 Gemälden bis dicht unter das Gesims bestückt gewesen. Die neue Ausstellungsfläche wurde wie im Städelschen Kunstinstitut durch einen breiten, weiß gestrichenen Wandstreifen unterhalb der Decke künst­lich verkleinert. Die nunmehr 47 Bilder hingen nach der Umgestaltung zweireihig und mit mehr Abstand zueinander (Abb. 30).185 Im Vergleich ist dies eine weniger radikale Anwendung der neuen Gestaltungsmodi. Vor allem die Hängung großer Gemälde übereinander oder die eines größeren über ein kleineres Gemälde, wie auf den Photographien gut zu erkennen, entspricht noch stärker dem Charakter der ursprüng­lichen, reich bestückten musealen Präsentationen des 19. Jahrhunderts. Die neuen Prinzipien der Wandgestaltung, die durch die Anwendung in öffent­lichen Museen eine Legitimierung erfuhren, basierten auf Konzepten von Künstlervereinigungen und einiger privater Kunsthandlungen, die damit als besonders modern galten.186 Diese waren 184 Koetschau 1911, S. 84. 185 Zu Neuordnung siehe ebd., S. 86 – 87. 186 Pazaurek 1907, S. 63.

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  69

Abb. 30  Gemäldegalerie in Dresden, Rembrandtsaal, 1911

wiederum in Raumgröße, Qualität der Kunstwerke sowie Anspruch hinsicht­lich der Ausstellungskonzeption und Kunstvermittlung mit den musealen Einrichtungen in Konkurrenz getreten.187 Die Modernität der Ausstellungsgestaltung war zur Jahrhundertwende und kurz danach ein ausschlaggebender Faktor für den Erfolg einer Kunsthandlung. Ludwig Gutbier (1873 – 1951), der Inhaber der Dresdner Galerie Ernst Arnold, schrieb 1923 rückblickend über den Umbau der Galerieräume im Jahr 1906: Der Ausweg lag nur in einer Vergrößerung der Räume und Verbesserung der Lichtverhältnisse, denn damit hoffte ich der Schwierigkeit Herr zu werden, die sich eingestellt hatte, um das Publi­ kum vielleicht doch zu stärkerer Anteilnahme zu gewinnen.188

Dass Kunsthändler kurz nach der Jahrhundertwende ihre Galerien entsprechend der Prämissen des reformierten Ausstellungswesens gestalten ließen, basierte vornehm­lich auf unternehmensstrategischen Überlegungen. Gutbier versuchte damit sein Geschäft für die Kunden 187 Zur Institutionalisierung privater Kunstgalerien siehe unten in d ­ iesem Kapitel. 188 Ludwig Gutbier: Kunst und Kunsthandel in dreissig Jahren. Vortrag anläss­lich der Jubiläums-Ausstellung Kunst der Gegenwart in der Galerie Ernst Arnold sowie Verzeichnis der ausgestellten Kunstwerke. Dresden, Oktober 1923, S. 17, zitiert nach: Negendanck 1998, S. 112.

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wieder attraktiver zu machen, nachdem die Publikumszahlen aufgrund konkurrierender Kunsthandlungen in Dresden und anderen Städten zurückgegangen waren. Die Räume der Galerie Ernst Arnold wurden 1899 von einem Künstler noch als „nicht besonders modern“ kritisiert.189 Nach dem Umbau, den Gutbier von zwei renommierten Dresdner Architekten und Henry van de Velde (1863 – 1957) durchführen ließ, verfügte die Galerie allein über fünf Ausstellungsräume mit Ober­licht, zwei kleinere Räume für das Studium von Graphiken sowie ein repräsentatives Vestibül. Nur ein paar Monate s­ päter wurde die Galerie nochmals um zwei Räume erweitert.190 Die Inhaber der Galerie Gerstenberger orientierten sich hinsicht­lich der professionellen Ausgestaltung der Galerieräume also an einer Neuerungsbewegung von privaten und öffent­ lichen Ausstellungsräumen im gesamten deutschsprachigen Raum – wie überhaupt die Galeriegründung Teil eines quantitativen und qualitativen Ausbaues privater Kunsthandlungen ist, der am Ende des 19. Jahrhunderts beginnt und bis in das 20. Jahrhundert hineinreicht. Zum einen wurden neue Galerien oder Zweigstellen gegründet und zum anderen gestalteten etablierte, traditionelle Kunsthandlungen ihre Räum­lichkeiten um. Dabei steht vor allem eine aufgelockerte, mög­lichst einreihige Hängung der Exponate auf Augenhöhe in gut be­lichteten Räumen im Vordergrund, die von zeitgenössischen Architekten entworfen waren und eine reduzierte Möblierung erhielten. Die Galerie Gerstenberger konnte sich nicht mit den großen Galerien messen, deren Ausstellungsflächen sich über mehrere, verschiedenartige Räume erstreckten und unterschied­ liche Atmosphären für die Präsentation der Kunstwerke schufen. So gab es in den Münchner Galerien Heinemann, Kunsthaus Brakl und der 1909 eröffneten Modernen Galerie von Heinrich Thannhauser neben den Ober­lichtsälen, die eine Größe von bis zu mehreren 100 Quadratmetern umfassten, auch kleine Ausstellungsräume, die Wohnräumen nachempfunden waren. Damit sollte der Eindruck vermittelt werden, wie die Kunstwerke beim potenziellen Käufer oder bei der potenziellen Käuferin zu Hause wirken könnten.191 Die Galerie Gerstenberger ist hinsicht­lich Größe, Vielfalt und Anzahl bei Weitem nicht mit derartigen Raumkapazitäten vergleichbar. Dennoch ist sie spürbar an den prominenten Kunsthandlungen orientiert und das nicht nur im Hinblick auf Ausstattung und Ausstellungsgestaltung, sondern auch bezüg­lich der verschiedenen Raumtypen. Auf viel kleinerer 189 Der Künstler Erich Kuithan (1875 – 1917), der seine Werke in der Galerie Ernst Arnold in Dresden ausstellte, schrieb dies an seine ­Mutter an Silvester 1898, zitiert nach: Negendanck 1998, S. 111. 190 Zum Umbau-Projekt der Galerie Ernst Arnold in Dresden und den Beweggründen siehe ebd., S. 111 – 116. 191 Galerie Heinemann: Jooss 2012, S. 74/75; Kunsthaus Brakl: Ausstellungskat. München 2008b, S. 16; Galerie Heinrich Thannhauser: Ebd., S. 17. Das Prinzip der Ausstellungsräume in Form von eingerichteten Wohnräumen wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Frankreich entwickelt. Vor allem die Kombination von impressionistischer Malerei und historischem bzw. historisierendem Mobiliar in der prominenten Pariser Galerie Durand-Ruel war beispielgebend. Kuhrau 2005, S. 225.

Der Ausbau der Abteilung Kunsthandel zum Kunstsalon Gerstenberger  I  71

Grundfläche präsentiert sie sich mit Ober­lichtsaal, Seiten­lichtkabinett und graphischem Kabinett. Der kleine Nischenraum mit Fenster, das ledig­lich zum Ober­lichtsaal geöffnet war, ist darüber hinaus ein Hinweis darauf, wie innerhalb der begrenzten Raumkapazität versucht wurde, unterschied­liche Atmosphären zu schaffen. Und noch in einer weiteren Hinsicht lässt sich die Galerie Gerstenberger den marktführenden Galerien ihrer Zeit zumindest in lokaler Hinsicht an die Seite stellen. Denn mit ihren weitläufigen Ausstellungsräumen traten die privaten Kunsthandlungen in Konkurrenz mit den Museen. So stellten die Münchner Neuesten Nachrichten zur Eröffnung der Modernen Galerie von Heinrich Thannhauser 1909 in Anbetracht des fast 250 Quadratmeter großen Ober­lichtsaales fest, dass dieser „von so reicher und ruhiger Be­lichtung [ist,] dass hiermit tatsäch­lich kein zweiter öffent­licher oder privater Ausstellungsraum in München den Vergleich aushält“.192 Dieser Anspruch der Kunsthandlungen, sich als Ausstellungsstätten einer Stadt zu institutionalisieren, schlug sich nicht zuletzt in den großen Themenausstellungen nieder, wie sie nach der Neugestaltung auch von der Galerie Gerstenberger veranstaltet werden sollten.193 Dies gilt insbesondere, da in diesen Schauen regelmäßig unverkäuf­liche Werke zu sehen waren, die leihweise aus Privat- oder Museumsbesitz den Galerien zur Verfügung gestellt wurden. Diese Aspekte der Selbstrepräsentation und der gesellschaft­lichen Wahrnehmung einer Kunsthandlung als Kulturinstitution in der Stadt treffen auf die Galerie Gerstenberger in Chemnitz in besonderem Maße zu. Obwohl die Ausstellungsfläche verhältnismäßig klein war und auch die Themenausstellungen mit unverkäuf­lichen Werken erst während der Weimarer Republik ins regelmäßige Ausstellungsprogramm Eingang fanden, übernahm die Galerie die Funktion einer Ausstellungsstätte, die das interessierte Publikum auch ohne Kaufabsichten zur ausschließ­lichen Kunstbetrachtung besuchte. Diese Rolle der Galerie wurde durch zwei Faktoren begünstigt, die es abschließend zu erwähnen gilt. Denn als die Galerie Gerstenberger 1906 ausgebaut wurde, gab es nur eine weitere Stätte für bildende Kunst in Chemnitz, die Räume des bereits erwähnten ortsansässigen Kunstvereines Chemnitzer Kunsthütte. Dieser übernahm die Funktion eines öffent­lichen Museums und nutzte als Ausstellungsraum die sogenannte Lechla’sche Villa, die süd­lich des Stadtzentrums am Anfang einer größeren Ausfallstraße, der Annaberger Straße, lag, die im weiteren Verlauf von Industriebauten gesäumt war.194 Da zudem auch das 1909 eröffnete König-Albert-Museum außerhalb der Innenstadt lag, war die Galerie Gerstenberger die am zentralsten gelegene Ausstellungsstätte für bildende und angewandte Kunst in Chemnitz. 192 Münchner Neueste Nachrichten vom 11. November 1909 zitiert nach: Ausstellungskat. München 2008b, S. 17. 193 Diese Institutionalisierung der Kunsthandlung erörtern auch Jooss für die Galerie Heinemann und Bilski für die Moderne Galerie von Heinrich Thannhauser. Jooss 2012, S. 78 und Ausstellungskat. München 2008b, S. 31. 194 Zöllner 1999 (1899), S. 111. Siehe Anm. 64.

72 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Der zweite Grund, dem die Galerie ihre herausgehobene Stellung in der Chemnitzer Kulturlandschaft verdankte, liegt darin, dass ihr während der gesamten Geschichte ihres Bestehens keine namhafte kommerzielle Konkurrenz erwuchs, auch wenn sich mehrere Kunsthandlungen in der Chemnitzer Innenstadt nachweisen lassen. So finden sich im Handbuch des Kunstmarktes, das 1926 in Berlin herausgegeben wurde, für Chemnitz unter der Rubrik Kunsthandlungen neben der Galerie Gerstenberger sieben weitere Einträge: die zwei Buch- und Kunsthandlungen Friese und May, die Kunst- und Altertumshandlung Paul Kretzschmar sowie die Kunsthandlungen Werner Haenel, Oskar Kamprath, H. Simon und Margarete Uh­lich.195 Die zwei Buch- und Kunsthandlungen waren, wie schon erwähnt, die ältesten Gründungen, die in die Mitte des 19. Jahrhundertes zurückreichten. Nach der Galerie Gerstenberger wurde im Jahr 1913 die Kunsthandlung Oskar Kamprath in das Handelsregister eingetragen, also fast zehn Jahre s­päter.196 Die Kunsthandlung von M ­ argarete Uh­lich ist erst seit 1931 im Handelsregister verzeichnet, die anderen in dem Handbuch aufgeführten Kunsthandlungen sind heute in den Akten des Handelsregisters nicht nachweisbar.197 Darüber hinaus findet sich im Chemnitzer Handelsregister noch eine weitere Kunsthandlung, deren Eintragung auf das Jahr 1926 datiert: die Kunsthandlung von Emil Paul Wiedemann.198 Eine tatsäch­liche Konkurrenz scheinen die anderen Kunsthandlungen dennoch nicht gewesen zu sein. Die Presse nimmt neben den öffent­lichen Institutionen – dem König-Albert-Museum und der Chemnitzer Kunsthütte – nahezu ausschließ­lich die Galerie Gerstenberger als weitere Ausstellungsstätte wahr.199

2.4 Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz Die schnelle Entwicklung der Abteilung Kunsthandel im Schreibwaren- und Büroausstattungsgeschäft der Firma Gustav Gerstenberger zu einer Galerie mit eigenen Räumen spricht für eine immense Bedeutungssteigerung der Kunsthandlung in Chemnitz. Dabei orientierte 195 Handbuch des Kunstmarktes 1926, S. 589. 196 Auf einem Etikett der Galerie Kamprath wird die Gründung des Geschäftes bereits auf 1895 datiert. Ob Oskar Kamprath schon vor 1913 mit Kunst gehandelt hat, bleibt zwar unklar, ist aber deswegen anzunehmen. Vermut­lich erfolgte dies jedoch in einem viel kleineren Rahmen. Die Galerie blieb bis 1965 in Familienbesitz und wurde dann aufgelöst (StadtA Chemnitz, HR A 1209). Vergleicht man die Aktenlage in den Museumsarchiven, konnte sie nicht die Relevanz der Galerie Gerstenberger erreichen und keinen vergleichbaren überregionalen Erfolg verzeichnen. 197 StadtA Chemnitz, HR A 2784. 198 Die Kunsthandlung bestand bis 1950. StadtA Chemnitz, HR A 2045 B. 199 In einem Bericht über die Chemnitzer Ausstellungen im Jahr 1921 wird kurz erwähnt, dass sich „bei Kamprath und Tietz […] ebenfalls graphische Ausstellungen im monat­lichen Wechsel eingerichtet [haben].“ (Chemnitzer Kalender 1922, S. 127) Bei letztgenannter Institution handelt es sich wahrschein­lich um das Warenkaufhaus H. & C. Tietz, das in Chemnitz 1913 eröffnet wurde.

Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  73

sich die Galerie Gerstenberger augenschein­lich an den großen Kunsthandlungen in den deutschen Großstädten, und zwar hinsicht­lich der Raumdisposition, der Ausgestaltung und der Ausstellungspräsentation. In den folgenden Unterkapiteln soll nun die weitere Entwicklung der Galerie Gerstenberger während der ersten beiden Dekaden des 20. Jahrhunderts in den Blick genommen werden. Untersucht werden das Ausstellungsprogramm sowie die Handelstätigkeit, insofern diese dokumentiert ist. Anhand der Besucherzahlen, der veranstalteten Ausstellungen, der Übernahme von Wanderausstellungen und den Verkäufen kann nicht nur abgeleitet werden, inwiefern sich die Kunsthandlung entsprechend ihren Vorbildern in den anderen Großstädten als Institution etablieren konnte und ­welche Rolle sie innerhalb des kulturellen Lebens der Stadt einnahm, sondern auch w ­ elche überregionalen Kontakte die Galerieleitung bereits geknüpft hatte und inwieweit diese eine bestimmte Strategie hinsicht­lich des Ausstellungsprogrammes verfolgte. Zusätz­lich soll eine mög­liche Zusammenarbeit der Kunsthandlung mit den Künstlern der Brücke geprüft werden. Dies verdient besondere Aufmerksamkeit, weil die vermeint­liche Verbindung der Galerie zur expressionistischen Kunst wesent­lich ihre öffent­liche Wahrnehmung nach dem Zweiten Weltkrieg und bis heute prägen sollte. Vordergründig erscheint diese Verbindung auch wahrschein­lich, da zwei der Gründungsmitglieder der Brücke ihre Kindheit und Jugend in Chemnitz verlebten und acht Chemnitzer Bürger passive Mitglieder der Künstlervereinigung waren, mindestens fünf davon bereits seit 1906.200 Somit stammten laut den Verzeichnissen der Künstlervereinigung mehr Mitglieder aus Chemnitz als aus Dresden oder Leipzig. Umso auffälliger ist es, dass sich weder die Inhaber der Firma Gerstenberger, geschweige denn die Leitung der Galerie Gerstenberger in den Mitgliederverzeichnissen der Brücke nachweisen lassen, jedoch der ab 1913 in der Galerie Gerstenberger tätige Wilhelm Grosshennig in der Nachkriegszeit immer wieder vehement seine jahrzehntelange Verbindung zu den BrückeKünstlern betonte (vgl. Schlusskapitel).

2.4.1 Die Ausstellungen nach der räumlichen Erweiterung und Wilhelm Grosshennig als neuer Leiter Die Eröffnungsausstellung der Galerie Gerstenberger im September 1906 war als große Gemäldeausstellung verschiedener Künstlerinnen und Künstler angelegt. Ähn­lich wie bei der ausführ­lich im Chemnitzer Tageblatt besprochenen Gemäldeausstellung im Dezember 1904 ist die Auswahl der Exponate sehr heterogen und orientiert sich nicht an avantgardistischen

200 Zu den Mitgliedern der Künstlervereinigung Brücke siehe Woesthoff 2001. Zu den Mitgliedern aus Chemnitz zählten: Fritz Cohn (ebd., S. 339), Hans Frisch (ebd., S. 340), Hugo Hübschmann (ebd., S. 342), Ernst Ludwig Kirchner (ebd.), Adolf Eberhard Thiele (ebd., S. 346), Saul Waldstein (ebd., S. 347), Arthur Weiner (ebd.) und Günther Weiske (ebd., S. 348).

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Positionen der zeitgenössischen Kunst.201 Zudem mutete auch die konkrete Werkauswahl für die Eröffnungsausstellung 1906 ein wenig beliebig an, vergleicht man sie mit der Ausstellung von 1904 und ihrem Schwerpunkt auf Landschaftsmalerei.202 Das öffent­liche Interesse war trotzdem gewaltig: Das Chemnitzer Tageblatt berichtete von Ende August bis Anfang Oktober mindestens ein Mal in der Woche über Besucherzahlen und Verkäufe.203 Insgesamt 2200 Besucher zählte die Ausstellung laut der Tageszeitung – ein enormer Erfolg –, denn nur ein Jahr zuvor wurde berichtet, dass im Durchschnitt 800 bis 1000 Personen monat­lich die Galerie besuchten.204 Der Großteil der weiteren Ausstellungstätigkeit der Galerie Gerstenberger in den Jahren 1906 bis Anfang der 1920er Jahre entspricht grosso modo den für die Zeit von 1902 bis 1906 dargestellten Parametern. In den Ausstellungen dominierten regionale Künstlerinnen und Künstler, darunter die Künstlergruppe Chemnitz, die bereits in ihrem Gründungsjahr bei Gerstenberger ausstellte, und Künstlervereinigungen aus Dresden wie dem Erzgebirge.205 ­Darüber hinaus wurden vor allem Werke von Münchner Künstlern und Künstlervereinigungen in Gruppen- und Einzelausstellungen präsentiert.206 Künstler der Karlsruher Akademie und auch das Thema der Landschaft waren in den Ausstellungen zwar immer wieder vertreten, aber keineswegs so häufig wie in der Anfangszeit der Galerie. Dagegen sind vereinzelt Themenausstellungen sowie vermehrt große Einzelausstellungen verschiedener Künstler zu verzeichnen.207 Unter diesen ist vor allem eine Ausstellung besonders hervorzuheben. Denn die im Jahr 1912 veranstaltete Nachlass- und Gedächtnis-Ausstellung des Künstlers Charles J. Palmié (1863 – 1911) sticht hinsicht­lich ihres Umfanges, ihrer Bewerbung und regionalen ­Aufmerksamkeit in 201 Es sollen 60 bis 70 Bilder in der Ausstellung gezeigt worden sein. Chemnitzer Tageblatt vom 31. August 1906, S. 1. 202 Zu sehen waren unter anderem Werke von Arnold Böcklin, Ludwig Dill, Franz von Lenbach, Martha Schrag, Hans Thoma, Fritz von Uhde und Manuel Wielandt (1863 – 1922). Das Chemnitzer Tageblatt listet insgesamt 27 verschiedene Maler in seinem Bericht von der Ausstellung auf. Darüber hinaus wurden Zeichnungen und Radierungen weiterer Künstlerinnen und Künstler im graphischen Kabinett ausgestellt. Chemnitzer Tageblatt vom 9. September 1906, S. 1. 203 Chemnitzer Tageblatt vom 31. August 1906, S. 1; vom 3. September 1906, S. 7; vom 9. September 1906, S. 1; vom 11. September 1906, S. 1; vom 16. September 1906, S. 1; vom 22. September 1906, S. 1 und vom 2. Oktober 1906, S. 1. 204 Im Jahr 1905 gab die Zeitung bekannt, dass die Galerie Gerstenberger 600 Jahresabonnenten habe und im Durchschnitt monat­lich 800 bis 1000 Besucher. 1906 berichtet die Zeitung, dass die Eröffnungsausstellung von 2200 Personen besucht worden sei. Chemnitzer Tageblatt vom 4. März 1905, S. 1 und vom 2. Oktober 1906, S. 1. 205 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1907. 206 Als Beispiele für Ausstellungen von Künstlervereinigungen können folgende genannt werden: 1912 Freier Künstlerbund, München; 1916 Ausstellungsverband Münchner Künstler; 1917 Künstlerbund Bayern. Vgl. Anhang 8.3. 207 Als Beispiele für Themenausstellungen können folgende genannt werden: 1911 Jagdausstellung, 1912 Marineausstellung, 1916 Die Jagd, 1921 ­Mutter und Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte. Vgl. Anhang 8.3.

Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  75

besonderem Maße hervor.208 Die Ausstellung umfasste 269 Werke: Gemälde, Skizzen und Studien, die sich thematisch überwiegend in dem Spektrum von Landschaften, Naturdarstellungen und Münchner Stadtansichten bewegten.209 Die Kunsthandlung kooperierte für diese Schau mit dem Chemnitzer Industrie- und Kunstgewerbeverein und zeigte die Exponate in den Ausstellungsräumen der sogenannten Vorbildersammlung.210 Beide Institutionen hatten bereits im Januar 1911 gemeinsam Porzellane der KPM Kopenhagen in der Vorbildersammlung präsentiert und sie organisierten dort 1912 neben der Palmié-Ausstellung im Mai und Juni zwei weitere Ausstellungen.211 Die große Anzahl der gezeigten Werke Palmiés übertraf deut­lich eine von der Chemnitzer Kunsthütte organisierte Gedächtnisausstellung desselben Künstlers, die ein Jahr zuvor stattgefunden hatte.212 Der 1911 verstorbene Landschafts- und Stilllebenmaler Charles J. Palmié lebte ab 1884 in München und behandelte in seinen Gemälden überwiegend die Alpen, das Altmühltal, die Donau und die Wörnitz. Seine impressionistische, zuweilen pointillistische Malweise fügt sich gut in das Ausstellungsrepertoire der Galerie Gerstenberger ein.213 Der in Aschersleben geborene Palmié wuchs in Chemnitz auf und war Schüler der Dresdner Akademie. In Chemnitz genoss er auch noch nach seinem Umzug nach München große Reputation. Über seinen Tod wurde ausführ­lich berichtet und gleichzeitig der Bezug des Künstlers zu Chemnitz betont.214 Das Chemnitzer Tageblatt bezeichnete Palmié entsprechend als Sohn der Stadt.215 Fast drei Viertel der in dem Katalog gelisteten Werke sind datiert und stammen aus den letzten fünf Jahren vor dem Tod des Künstlers. Die Ausstellung war somit geprägt von den damals jüngsten Werken, die München und dessen Umgebung sowie Gebirgslandschaften darstellen. 208 Die Galerie Gerstenberger hatte laut einem Schreiben an die Gemäldegalerie in Wien die Verwaltung und Vertretung des Nachlasses von Palmié übernommen. Hausakten Belvedere Wien 1912, Nr. 275: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Wien vom 9. März 1912. 209 Der Ausstellungskatalog beinhaltet einen einführenden Text sowie zwei Listen der ausgestellten Werke, sortiert nach grünen und schwarzen Nummern. Der Grund für diese Einteilung ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1912. Der Ausstellungskatalog verweist über die gelisteten Werke hinaus auf „25 Studien ohne Rahmen, 1 gerahmte Bleistiftzeichnung, 1 Sepiazeichnung (Phantasielandschaft)“. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1912, S. 15. 210 Die Räume der Vorbildersammlung des Industrie- und Kunstgewerbevereines befanden sich im Westflügel des König-Albert-Museums. Drechsel u. a. 1996, S. 10. 211 Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 144. 212 Diese Ausstellung zeigte vom 3. September bis Mitte Oktober 1911 80 Gemälde des Künstlers. Kunstchronik 22, H. 39, 1911, S. 621. 213 Allgemein zu Palmié siehe Ludwig 1981 – 1994, Bd. 3, S. 263. 214 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 39RS und 59RS. Auch in der überregionalen Fachliteratur wird von dem Tod des Künstlers berichtet. So findet sich beispielsweise ein Nachruf auf Palmié im Septemberheft der Zeitschrift Kunst für alle 26, 1910 – 1911, S. 552. 215 Chemnitzer Tageblatt vom 3. März 1912, S. 1.

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Abb. 31 Wilhelm Grosshennig, um 1922

Der Umfang der Ausstellung und die Affinität der Chemnitzer für den Künstler machten die Palmié-Ausstellung der Galerie Gerstenberger zu einem kulturellen Großereignis in der Stadt. Zusätz­lich wurde die Schau sehr weiträumig beworben. Die Galerie Gerstenberger verschickte am 9. März 1912 mehrere Briefe an verschiedene Museen, um auf die Ausstellung hinzuweisen und den jeweiligen Direktor einzuladen, sich diese anzuschauen und ein Werk zu kaufen – so beispielsweise nach Dresden und Wien.216 Dem Schreiben für Wien lag zusätz­lich ein Zeitungsartikel über die Ausstellung bei. Aus den Schreiben geht ebenfalls hervor, dass einige Werke aus dem Nachlass zu kleineren Ausstellungen zusammengefasst und in andere Städte versandt wurden.217 Die Galerie trat damit erstmals als Organisator einer Wanderausstellung auf. Die Palmié-Ausstellung war die letzte große Ausstellung, die in der Galerie Gerstenberger unter der Leitung von Frankenfeld organisiert wurde, bevor dieser im Januar 1914 nach Leipzig verzog.218 Im Jahr 1913 begann der am 15. November 1893 in Abbenrode geborene und am 3. Januar 1983 in Düsseldorf verstorbene Wilhelm Grosshennig mit seiner Arbeit in der Galerie Gerstenberger (Abb. 31), die er zunächst ein Jahr lang vermut­lich gemeinsam mit Frankenfeld führte.219 Der damals 20-Jährige hatte zwei Jahre zuvor im 216 Altregistratur SKD 01/GG 005 Bd. 25, Bl. 134: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemälde­ galerie Dresden vom 9. März 1912 und Hausakten Belvedere Wien 1912, Nr. 275: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Wien vom 9. März 1912. 217 Ebd. „[…] da der Nachlass nunmehr, zertrennt in einzelne Kollektionen von ca. 50 Bildern, zu Ausstellungszwecken verschickt wird.“ 218 Zu Frankenfeld siehe Anm. 118. 219 Lebensdaten Wilhelm Grosshennig: Auskunft Stadtarchiv Düsseldorf vom 25. August 2020. In zwei der Nachkriegspublikationen über Grosshennig findet sich die falsche Angabe, dass er 1920 in der Galerie Gerstenberger zu arbeiten begonnen hätte (Friedrichs 1981, S. 1684 und Ketterer 1988, Bd. 2, S. 400). Grosshennig ist ab Oktober 1913 in Chemnitz gemeldet (StadtA Chemnitz, Polizeimeldewesen Abteilung 2 GR-HE, Bl. 219). Aus dem Eintrag geht ebenfalls hervor, dass Grosshennig

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April 1911 eine Ausbildung in der Handelsfachhochschule in Abbenrode, Kreis Halberstadt, abgeschlossen.220 Durch seine Familie hinwieder hatte Grosshennig vermut­lich bereits früh Kontakt in die Kunstmarktszene. Sein Vater, Friedrich Christian Grosshennig (Lebensdaten unbekannt), war Tischlermeister und hatte eine Werkstatt direkt angrenzend an das Abbenroder Wohnhaus der Familie.221 Ein Onkel, Hermann Friedrich Grosshennig (Lebensdaten unbekannt), war ebenfalls Tischler. Er entwarf und fertigte einen sogenannten „Sortiments-Bilderschrank“, den er an verschiedene Kunsthandlungen und auch Museen veräußerte.222 Später ging er nach Köln und wurde Inhaber einer Buch- und Kunsthandlung, die von 1910 bis 1936 anhand von Adressbüchern nachweisbar ist und zumindest anfäng­lich größtenteils mit Druckgraphik handelte.223 Wie intensiv der Austausch z­ wischen Hermann Friedrich und seinem Neffen Wilhelm Grosshennig war, lässt sich weder für die Zeit vor Wilhelm Grosshennigs Anfang in der Galerie Gerstenberger noch für die folgenden Jahre rekonstruieren. In Chemnitz machte er auf jeden Fall Karriere, wo er für die nächsten 36 Jahre als Galerist und Kunsthändler in der Galerie Gerstenberger tätig sein sollte. Er übernahm sukzessive die Rolle des Galerieleiters und vermochte es, die Kunsthandlung überregional bekannt zu machen. Ab dem ­Ersten Weltkrieg ist Grosshennig der prägende Akteur der Galeriegeschichte. Mit Übernahme der Leitungsfunktion änderte Grosshennig auch das Programm der Galerie und es fanden nun vermehrt Einzelausstellungen sowie Gedächtnis- oder Jubiläumsausstellungen zu Ehren eines bestimmten Künstlers statt. Er baute zudem seine Kontakte mit anderen Galerien und Ausstellungsinstitutionen aus, sodass er als Wanderausstellungen konzipierte Einzelausstellungen von anderen Kunsthandlungen übernehmen konnte. Besonders gut nachvollziehen lässt sich dies etwa für eine Ausstellung des Künstlers Sascha Schneider (1870 – 1927) im März 1913, die aus der Dresdner Galerie Ernst Arnold ­übernommen zuerst in der Henriettenstraße 19 wohnte und im Juni 1919 in die Enzianstraße 15 umzog. Am 22. September 1919 heiratete er die am 10. Februar 1890 in Chemnitz geborene ­Elisabeth ­Margarethe Schmidt (ebd., Bl. 565). Grosshennig begann sofort nach seiner Ankunft in Chemnitz bei der Galerie Gerstenberger zu arbeiten, denn im Jahr 1938 erschienen Würdigungen für den Kunsthändler anläss­lich seines 25-jährigen Dienstjubiläums in der Firma: Der Türmer von Chemnitz 1938, H. 4, S. 387 und Die Weltkunst 12, H. 44/45, 1938, S. 6. 220 Abschlusszeugnis Handelsfachhochschule Abbenrode, Privatbesitz. 221 Zur Familie Grosshennig in Abbenrode siehe Heyer 2007. 222 Ebd. Das hier reproduzierte Werbeblatt des Schrankes ist nicht datiert. Die darin aufgeführten Empfehlungsschreiben verschiedener Kunsthandlungen datieren auf die Jahre von 1908 – 1910. 223 Vgl. Wilmes 2012, S. 22: Wilmes nennt hier eine Kunsthandlung von „Hermann Großhennig“ in der Langgasse 6, die in Greven’s Adreßbuch von 1910 verzeichnet sei. Ute Haug listet in ihrer Dissertation verschiedene Kölner Kunsthandlungen auf, die 1936 im Adressbuch verzeichnet waren, darunter eine Kunsthandlung Grosshennig, Auf dem Ber­lich 24. Vgl. Haug 1998, S. 150 (Anm. 1265). Wilhelm Grosshennig selbst erwähnte gegenüber Anna Klapheck seinen Onkel in Köln. Klapheck 1979, S. 51.

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wurde.224 Ebenso war die Gedächtnisausstellung für Gotthardt Kuehl (1850 – 1915), die im August 1917 präsentiert wurde, wenige Monate zuvor im Sächsischen Kunstverein in Dresden als groß angelegte Jubiläumsausstellung zu seinem 70. Geburtstag zu sehen.225 Die Ausstellung umfasste 230 Ölgemälde, farbige Zeichnungen und Pastelle, von denen in Chemnitz allerdings nur eine Auswahl gezeigt wurde.226 Auch für andere Ausstellungen orientierte sich die Galerie Gerstenberger am Künstlerportfolio der großen Galerien in Berlin, Dresden und München. So wurden im September 1917 in der Galerie Gerstenberger „kleine Landschaften und einige Figurenbilder aus [der] Pariser Studienzeit“ von Lesser Ury (1861 – 1931) ausgestellt,227 nachdem knapp ein Jahr zuvor bereits eine Ury-Ausstellung in der Berliner Galerie Cassirer stattgefunden und ein weiteres Jahr zuvor Ury erstmalig in der Berliner Sezession drei Bilder präsentiert hatte.228 Die Einzelausstellung bei Cassirer mit insgesamt 80 Gemälden, die einen positiven Wendepunkt in der Karriere Urys bedeutete,229 war zudem ein Jahr ­später in der Münchner Galerie Thannhauser zu sehen.230 Es kann nur vermutet werden, dass die Ausstellung bei Cassirer als Wanderausstellung geplant war und neben der Station in München auch in der Galerie Gerstenberger gezeigt wurde. Auch wenn die Rezensionen zur Berliner und Münchner Ausstellung Urys Kunst durchaus ambivalent bewerteten,231 fand die Ausstellung in Chemnitz zu einer Zeit 224 Eigent­lich: Alexander Schneider, war Schüler der Dresdner Akademie und 1904 – 1908 Professor an der Weimarer Kunstschule. Thieme/Becker, Bd. 30, 1936, S. 197/198. Er ließ sich 1912 wieder dauerhaft in Dresden nieder. Kunstchronik 23, H. 36, 1912, S. 571. Über die Sascha-Schneider-Ausstellung in Dresden, die im Oktober und November 1912 stattfand, wird ausführ­lich in der Zeitschrift Deutsche Kunst und Dekoration berichtet. Dort finden sich auch zahlreiche Abbildungen, die einen guten Überblick über die ausgestellten Werke geben. Deutsche Kunst und Dekoration 31, 1912 – 1913, S. 225 – 244. Die Ausstellung war im Dezember 1912 im Leipziger Kunstverein zu sehen. Ebd., S. 437/438. Die Kunstchronik kündigt die Ausstellung in Chemnitz an, die „in vorteilhafter Aufstellung, nur etwas gekürzt, die Kollektion Sascha Schneider der Galerie Arnold“ präsentierte. Kunstchronik 24, H. 29, 1913, S. 417. 225 Die Ausstellung war in Dresden im März 1917 zu sehen. Siehe Ausstellungskat. Dresden 1917, S. 9. 226 Chemnitzer Kalender 1918, S. 108. 227 Chemnitzer Kalender 1918, S. 110. 228 Die Ausstellung lief in der Berliner Galerie Cassirer vom 20. Oktober bis 6. November 1916. Siehe Schlögl 1995, S. 45. 229 Schlögl postuliert, dass die Ausstellung in der Galerie Cassirer „den längst verdienten Durchbruch zum ganz großen Erfolg“ gebracht habe. Schlögl 1995, S. 45. 230 Ebd., S. 46 und 109. Im Cicerone steht explizit, dass die Ausstellung bei Thannhauser diejenige aus der Galerie Cassirer in Berlin war: „die nach ihrer Vorführung bei Cassirer in Berlin in der Galerie Thannhauser gezeigt wurde“. Der Cicerone 9, H. 3/4, 1917, S. 62. 231 In der Kunstchronik wird Urys Kunst als dilettantisch diffamiert und kritisiert, dass sich keine Entwicklung abzeichnen würde. Glaser 1916/1917, o. S. Auch im Cicerone wird Ury als „starkes Talent, [das] versandet ist“ beschrieben und seine Malweise als roh, ohne Tiefe und Durchdringung

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statt, als der Künstler eine gewisse Wertschätzung erfuhr und viel diskutiert war.232 Mit den Künstlern Kuehl, Schneider und Ury präsentierte die Galerie Gerstenberger künstlerische Positionen, die lokal und überregional Gegenstand des aktuellen Diskurses waren. Besonders im Vergleich zu den ersten großen Gemäldeausstellungen von 1904 und 1906 wird dieser Umstand evident, da diese noch eine sehr heterogene Auswahl an Exponaten mit sehr schwankender Qualität gezeigt hatten. Die Galerie Gerstenberger orientierte sich also in dieser Zeit aktiv am aktuellen Kunstgeschehen in Dresden, München und Berlin und versuchte ­dieses in Chemnitz zu etablieren. Insbesondere die geschäft­liche Zusammenarbeit mit der Galerie Ernst Arnold erwies sich auch in den folgenden Jahren bis in die Zeit der Weimarer Republik für die Galerie Gerstenberger als vorteilhaft, insofern sie Wanderausstellungen prominenter Künstlerinnen und Künstler von der Dresdner Galerie übernehmen konnte. So sind viele der bedeutenden Ausstellungen der Galerie Gerstenberger noch in den 1920er Jahren vorher in der Galerie Arnold gezeigt worden.233 Gleichzeitig stellte die Leitung der Galerie Gerstenberger während der ersten beiden Dekaden des 20. Jahrhunderts auch selbstständig große Ausstellungen mit verschiedenen Leihgaben zusammen. Allerdings erfolgte dies in eher überschaubarem Ausmaß, wie sich den eher vereinzelten Beispielen einer Hans-Thoma-Ausstellung im Jahr 1919 und einer Lovis-Corinth-Ausstellung 1920 ablesen lässt.234 Hier zeichnet sich ein kritisiert. Der Cicerone 9, H. 3/4, 1917, S. 62/63. Im Berliner Tageblatt und in der Zeitschrift Kunst und Künstler wird dagegen das Œuvre Urys gewürdigt. Elias 1917 und Fritz Stahl: Lesser Ury bei Cassirer. In: Berliner Tageblatt vom 26. Oktober 1916, zitiert nach: Schlögl/Schwarz 1995, S. 211. 232 Nur einige Jahre ­später, zu seinem 60. Geburtstag im Jahr 1921, erschienen zwei Publikationen über Ury und er wurde zum Ehrenmitglied der Berliner Sezession ernannt. Schlögl 1995, S. 109. 233 So beispielsweise die Van-Gogh-Ausstellung 1910, die Edvard-Munch-Ausstellung 1921, die GeorgKolbe-Ausstellung 1925 und die Edgar-Degas-Ausstellung 1927. Ebenso ging einer 1920 in der Galerie Gerstenberger präsentierten Max-Pechstein-Ausstellung eine Schau in der Galerie Ernst Arnold in Dresden sowie in deren Dependance in Breslau voraus (Der Kunstwanderer 1, 1. Dezemberheft, 1919, S. 146; Der Cicerone 12, H. 4, 1920, S. 168). Zu den Ausstellungen in Chemnitz siehe auch Kap. 3.2. 234 So wurde im Jahr 1919 eine Hans-Thoma-Ausstellung zu dessen 80. Geburtstag organisiert, die vorwiegend Graphiken und Gemälde aus Privatbesitz präsentierte (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). Die Galerie Gerstenberger nahm damit am aktuellen Kunstgeschehen im Deutschen Reich Teil, da zu ­diesem Zeitpunkt eine Vielzahl an Hans-Thoma-Ausstellungen veranstaltet wurden. So unter anderem in Berlin, Bremen, Baden-Baden, Köln, Dresden, Frankfurt am Main, Freiburg, Karlsruhe und Mannheim. Deutsche Kunst und Dekoration 45, 1919 – 1920, S. 198. Für eine Lovis-Corinth-Ausstellung im Jahr 1920 sind verschiedene Leihanfragen Wilhelm ­Grosshennigs an die Nationalgalerie in Berlin und die Gemäldegalerie in Dresden überliefert: SMB-ZA, I/NG 26, Bl. 374: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 7. ­Februar 1920; ebd., Bl. 375: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 11. ­Februar 1920 und ebd., Bl. 376: Schreiben der Nationalgalerie Berlin an die Galerie Gerstenberger vom 13. Februar 1920 sowie Altregistratur SKD, 01/GG 006 Bd. 12, Bl. 277: ­Schreiben

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­ berlieferungsproblem ab, da sich erst ab 1920 vermehrt Kataloge der Galerie Gerstenberger Ü überliefert haben, während für frühere Ausstellungen die konkreten Exponate häufig nicht dokumentiert sind. Auffällig ist dennoch, dass die Kunsthandlung kaum Werke von Künstlerinnen und Künstlern präsentierte, die der damaligen deutschen Avantgarde zugeordnet werden können. Dies ist vor allem für die Künstlergruppe Brücke überraschend. Bisher sind ledig­lich zwei Ausstellungen während des Bestehens der Vereinigung, in den Jahren von 1905 bis 1913, nachzuweisen: Im April 1911, also noch unter der Leitung Frankenfelds, zeigte die Galerie Gerstenberger Karl Schmidt-Rottluff und im Juli bis Oktober desselben Jahres Künstlerinnen und Künstler der Neuen Sezession aus Berlin. Das Ausbleiben weiterer Ausstellungen avantgardistischer Kunst bis in das Jahr 1920 dürfte nicht zuletzt mit den Reaktionen des Chemnitzer Publikums zu erklären sein. Zumindest ist die Rezension im Chemnitzer Tageblatt über die Schmidt-Rottluff-Ausstellung ein Verriss und von harscher Kritik am Künstler geprägt. Nachdem der Autor einleitend erklärte, dass er sich bemühe, dem „jungen Talent“ Schmidt-Rottluff gerecht zu werden, informierte er ausführ­lich über die „Art des künstlerischen Sehens, die dem Laien fast vollständig fremd“ sei und die von Schmidt-Rottluff angewandt wurde.235 Abschließend kommt er jedoch zu einem vernichtenden Urteil: In ­diesem Sinne sei denn auch dem Künstler – und ein jeder Künstler hat das Recht, seine eigenen Wege zu gehen, seine eigene Sprache zu sprechen! – nach besten Vermögen Recht gegeben; aber – und ­dieses „aber“ ist trotz aller angeführten Argumente, trotz allem ehr­lichen Verstehenwollen da – in seiner Strenge und seiner Unerbitter­lichkeit [sic]! Und da sei es auch offen gesagt: Von einer Vollkommenheit, die etwa einen begeisterten Beifall verdiente, ist Schmidt-Rottluff weit entfernt. Dazu ist er in seiner Ausdrucksweise zu roh, viel zu brutal, dazu setzt er sich viel zu sehr über das hinweg, was das Eigent­liche der Kunst ausmacht […].236

Derartig umstrittene Künstler zu zeigen, war ungewöhn­lich für die Galerie Gerstenberger, die sonst weitaus weniger progressiv war.237 Trotz des durch Mitgliedschaften der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Dresden vom 6. Februar 1920; ebd., Bl. 278: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Dresden vom 11. Februar 1920; ebd., Bl. 277: Schreiben der Gemäldegalerie Dresden an die Galerie Gerstenberger vom 12. Februar 1920; ebd., Bl. 279: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Gemäldegalerie Dresden vom 14. Februar 1920 und ebd., Bl. 280: Schreiben der Gemäldegalerie Dresden an die Galerie Gerstenberger vom 26. Februar 1920. Zu der Corinth-Ausstellung: Der Cicerone 12, H. 9, 1920, S. 386. 235 Chemnitzer Tageblatt vom 20. April 1911, S. 13. 236 Ebd. 237 So auch das Urteil im Chemnitzer Kalender über die Galerie: „Wenn auch hier [gemeint ist die Galerie Gerstenberger, A. d. V.] fast ausnahmslos moderne Künstler Aufnahme finden, so hat es Gerstenberger doch verstanden, sich von den Ausschreitungen der jeweils neuesten Richtung f­ reizuhalten, und fast ausnahmslos Gutes, zum Teil sehr Gutes gebracht.“ Chemnitzer Kalender 1914, S. 108.

Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  81

­ achgewiesenen Interesses einzelner Chemnitzer an der Künstlervereinigung Brücke war n diese kaum durch Ausstellungen in der Stadt repräsentiert. Nur eine der vielen Wanderausstellungen der Vereinigung in den Jahren von 1906 bis 1911 wurde in der Chemnitzer Kunsthütte gezeigt.238 Anscheinend war dem Großteil des Chemnitzer Publikums die Malweise der Vertreter schwer zu vermitteln. Überhaupt war die ablehnende Haltung des Rezensenten des Chemnitzer Tageblattes nicht überraschend, denn schon im Jahr 1910 erschien ebendort ein Verriss über die Ausstellung der Neuen Sezession in Berlin mit dem Titel: Ausstellung von Werken Zurückgewiesener der Berliner Sezession.239 Der Verfasser des Berichtes, der einleitend versichert, er wolle die Ausstellung „ohne Vorurteil, es sei denn mit Humor“ betrachten, stimmte nahezu uneingeschränkt dem ablehnenden Urteil vonseiten der Berliner Sezession über die Kunstwerke bei. Für den Großteil der Kunst, den „eigent­lichen Kern“ der Vereinigung, an dessen „Spitze“ Max Pechstein stehe, hatte der Berichterstatter kein Verständnis und formulierte dies auch ohne Zurückhaltung für die Leserinnen und Leser in Chemnitz:240 Man kann diese Art Malerei nur komisch nehmen, und auch da erscheint sie als fader und grotesker Witz ohne Pointe. Sich zu ereifern über eine s­ olche „Verschandelung und Herabwürdigung der Kunst“ liegt kein Grund vor, da diese Dinge mit Kunst nichts mehr zu tun haben. Das sind halb kindische, halb irrsinnige Schmierereien, Dokumente einer Talentlosigkeit und von einem Auftreten, dessen Arroganz nur in unserer Zeit mög­lich ist. In „seinem“ [Max Pechstein, A. d. V.] Ehrensaal hängen die Bilder seiner beiden Sprösslinge E. L. Kirchner (Friedenau) und Schmidt-Rottluff (Dangast a. Nordsee), die es dem Meister treff­lich abgeguckt haben und nun in „Landschaften“ und „Stillleben“ ihre Pinsel auf der Leinwand ausschmieren, wie man Stiefel schmiert. […] Sie alle schauen mit verglasten Augen in die Welt und haben von der Kunst nicht mal die Rückseite gesehen. Tief Atem holen, das ist das erste Bedürfnis, wenn man aus den Sälen der „Neuen Sezession“ wieder auf die Straße tritt. Diese Zeiterscheinung war überflüssig, durfte nicht kommen.241

Ein derartiger Bericht aus Berlin war eine absolute Rarität in der Chemnitzer Presse und er lässt kaum auf ein für den Expressionismus offenes Publikum in der Stadt schließen. Allemal passt dazu, dass kaum Künstlerinnen oder Künstler des Brücke-Expressionismus oder des Blauen Reiters im Programm der Galerie zu finden waren. Selbst die Vertreterinnen und Vertreter der Chemnitzer Künstlergruppe, die im Jahr 1907 ihre erste Ausstellung überhaupt in der Galerie Gerstenberger präsentieren konnten und die in ihren Werken expressionistische Formensprache verwandten, waren in den ersten beiden Dekaden des 238 Zu den Ausstellungen der Brücke-Künstler siehe Wagner 2001. 239 Zu der Ausstellung in Berlin 1910 siehe Daemgen 2011, S. 22 – 27. 240 Chemnitzer Tageblatt vom 24. Juli 1910, S. 17. 241 Ebd. Als weiterer Vertreter wird unter anderem auch Erich Heckel genannt.

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20. Jahrhunderts nur vereinzelt in der Kunsthandlung repräsentiert.242 Vorausschauend hatte der damalige Leiter der Galerie Gerstenberger, Wilhelm Frankenfeld, im Jahr 1911 neben Werken von Schmidt-Rottluff auch ­solche von Künstlerinnen und Künstlern präsentiert, die dem konservativen Publikum voraussicht­lich gefallen würden.243 Mit ­diesem Vorgehen hatte er sicher­lich nicht nur bei dem Rezensenten vom Chemnitzer Tageblatt Erfolg.244 Dieses strategische Präsentieren umstrittener Kunst wird zu Beginn der 1920er Jahre durch Wilhelm Grosshennig erneut Anwendung finden.245 Abschließend ist festzuhalten, dass der Erste Weltkrieg keine wesent­liche Beeinträchtigung des Galeriealltages bedeutete, soweit sich dies aus dem Ausstellungsprogramm ablesen lässt. In den Jahren während des Krieges fanden nicht weniger Ausstellungen statt als in den Jahren zuvor oder danach. Auch eine Veränderung innerhalb des Künstlerportfolios ist nicht zu verzeichnen. Thematisch lässt sich zwar ein Einfluss des Krieges auf die Ausstellungstätigkeit fassen: So wurden im Jahr 1916 Blätter aus der Kriegsmappe von Fritz Erler (1868 – 1940) und Ferdinand Spiegel (1879 – 1950) ausgestellt und im Sommer 1918 eine Gedächtnisausstellung für den 1916 gefallenen Künstler Franz Hoch (1869 – 1916) gezeigt.246 Die Anzahl dieser ­Themen bleibt im Vergleich zu der Menge an Ausstellungen aber gering.247 Und auch die wirtschaft­liche Entwicklung wirkt stabil. Zumindest konnte die Galerie Gerstenberger die lokalen Künstlerinnen und Künstler öffent­lichkeitswirksam unterstützen. Laut einer Mitteilung in der überregionalen Zeitschrift Der Kunstmarkt stiftete die Kunsthandlung 6.500,– Mark und erwarb mit dieser Summe Werke lokaler Kunstschaffenden, die sie dann im Juni 1916 ausstellte und verloste.248 242 Zu der Ausstellung im Jahr 1907 siehe Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1907. 243 Zu Frankenfeld siehe Anm. 118. 244 „Schmidt-Rottluffs Ausstellung hat begreif­licherweise (wenn auch nur im kritisierenden Sinne) am meisten Interesse gefunden. Ihr war daher der erste Platz in der Besprechung eingeräumt. Qualitativ hat dies gar nichts zu bedeuten; es galt nur, eine Frage künstlerischer Erziehung, die sich hier geradezu aufdrängte, auch zuerst zu behandeln. Über denjenigen, der sich in seinen Gemälden als am vollendetsten, am abgeklärtesten zeigt, über Prof. Hans Unger, sei am Ende ­dieses Artikels gesprochen.“ Chemnitzer Tageblatt vom 20. April 1911, S. 14. 245 Siehe dazu Kap. 3.2. 246 Chemnitzer Kalender 1917, S. 106 und Chemnitzer Kalender 1919, S. 104. 247 In der Jubiläumsschrift von 1922 findet der Erste Weltkrieg rückblickend Erwähnung: „Am Weltkriege nahmen 106 Beamte und Arbeiter der Firma teil, wovon den Tod für ihr Vaterland erlitten haben: […] Heidenheim, Karl, Kunsthändler; […] Schippan, Herbert Max Rudolf, Kunsthändler; […]“. Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 23. Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger kann für die Zeit des E ­ rsten Weltkrieges aufgrund der Quellenlage nicht umfassend rekonstruiert werden. Angelika Enderlein stellt in ihrer Untersuchung zum Berliner Kunstmarkt fest, dass während der Zeit des E ­ rsten Weltkrieges ein starker Preisanstieg und ein regelrechter „Ausverkauf“ von Kunstwerken ins Ausland zu verzeichnen war. Enderlein 2006, S. 35/36. 248 Der Kunstmarkt 13, H. 39, 1915/1916, S. 184 und Chemnitzer Kalender 1917, S. 106.

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2.4.2 „Luft einer Weltkunst“ – und Chemnitz atmet mit Der bis hierher gegebene Überblick über die Ausstellungen, die die Galerie Gerstenberger in der Zeit von 1906 bis 1920 präsentiert hatte, soll im Folgenden durch eine nähere Analyse zweier weiterer Ausstellungen vertieft werden, die jeweils einen noch heute international bekannten Künstler der Avantgarde präsentierten: Vincent van Gogh (1853 – 1890) im Jahr 1910 und Edvard Munch (1863 – 1944) im Jahr 1921. Beide Schauen prägen aufgrund der Bekanntheit van Goghs und Munchs bis in die Gegenwart das Bild der Galerie, da sie die einzigen sind, die in der kunstgeschicht­lichen Forschungsliteratur Erwähnung fanden.249 Dennoch oder besser deswegen sind beide Ausstellungen auch für die hier vorliegende Arbeit von Relevanz. Denn einerseits erlaubt die gute Forschungslage eine genaue Betrachtung vor allem der internationalen Kontakte und Netzwerke, die zur Realisierung beitrugen. Andererseits gilt es diese zwei Ausstellungen in Relation zum übrigen Ausstellungsbetrieb der Galerie Gerstenberger und ihren Handelstätigkeiten zu setzen. Als erste große Einzelausstellung eines internationalen Künstlers präsentierte die damals noch von Frankenfeld geleitete Galerie Gerstenberger im April 1910 Werke von Vincent van Gogh. Der Künstler war zu d ­ iesem Zeitpunkt im deutschsprachigen Raum kein Unbekannter. Vielmehr waren seine Werke in Einzelausstellungen und Gruppenausstellungen schon mehrfach zu sehen gewesen: So fand die erste Van-Gogh-Ausstellung im Deutschen Reich im Dezember 1901 in der Berliner Galerie Cassirer statt.250 Darauf folgten verschiedene Ausstellungsbeteiligungen und im Frühjahr 1905 eine weitere kleinere Einzelausstellung bei Cassirer in Berlin sowie im Herbst des gleichen Jahres eine große Einzelausstellung mit 54 Werken in der Dependance der Kunsthandlung Cassirer in Hamburg. Diese Ausstellung übernahm die Galerie Ernst Arnold und zeigte sie noch im Herbst in Dresden. Sie war somit die erste Galerie nach Cassirer in Deutschland, die van Gogh in einer Einzelausstellung präsentierte. Die nächste große Van-Gogh-Ausstellung außerhalb der Galerie Cassirer fand erst im April 1908 in der Kunsthandlung von Franz Josef Brakl in München statt. Fast zur gleichen Zeit waren Van-Gogh-Werke erneut in Dresden zu sehen, diesmal in einer Ausstellung der Galerie Emil Richter.251 Darauf folgten Einzelausstellungen im Frankfurter Kunstverein und in Zürich sowie immer wieder verschiedene Ausstellungsbeteiligungen. Die 1910 in der Galerie Gerstenberger gezeigte Van-Gogh-Ausstellung schließ­lich war eine Wanderausstellung, die ihre erste Station im Herbst 1909 im Münchner Kunsthaus Brakl machte. Im Januar 1910 war sie im Frankfurter Kunstverein zu sehen, im Februar in 249 Feilchenfeldt 1988, S. 148 und Dorn 1999. Bei Dorn findet sich ebenfalls ein Hinweis auf die VanGogh-Ausstellung (S. 177). 250 Feilchenfeldt 1988, S. 46. Zu den Van-Gogh-Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen in Deutschland bis 1914 siehe ebd., S. 144 – 150. 251 Zur Kunsthandlung Emil Richter siehe Hofmann/Präger 2006, S. 62/63.

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der Galerie Ernst Arnold in Dresden und im April dann in der Galerie Gerstenberger.252 Diese Übernahme war nicht an die Galerie Gerstenberger herangetragen worden. Vielmehr hatte sich Frankenfeld aktiv um diese bemüht. Dafür schrieb er im Herbst 1909 an Johanna van Gogh-Bonger (1862 – 1925), die Schwägerin von Vincent van Gogh, die dessen Nachlass verwaltete:253 Durch Herrn Brakl in München erfuhr ich von der in Ihrem Besitz befind­lichen hervorragenden Kollektion von Gogh’schen Gemälden, die demnächst in der Kunsthandlung des Herrn Brakl ausgestellt werden soll. Auf seine Veranlassung und im Interesse der hiesigen Kunstsammler gestatte ich mir die ergebene Anfrage, ob Sie eventuell bereit sein würden auch mir diese interessante Sammlung von Gemälden für meinen Kunstsalon zur Ausstellung zu übergeben.254

Diesem Brief fügte Frankenfeld den in Kapitel 2.3.2 besprochenen Werbeprospekt mit den drei Innenraumphotos bei, damit Frau van Gogh-Bonger die Räum­lichkeiten besser beurteilen könne (Abb. 32). Darüber hinaus wird in dem Brief behauptet, dass über die Galerie bereits eine große Anzahl an bedeutenden Kunstwerken verkauft worden sei und die Stadt Chemnitz gerade zu d ­ iesem Zeitpunkt einen besonders hohen Ankaufsetat für Kunst verabschiedet habe.255 Frankenfeld versuchte also, den bis dahin wohl eher unbekannten Standort Chemnitz für die Nachlassverwalterin interessant zu machen. Tatsäch­lich wurde dann in Chemnitz kein einziges Werk van Goghs verkauft; allerdings auch nicht in Dresden oder München. Nur der Frankfurter Kunstverein hatte ein Werk erworben.256 Als die Galerie Gerstenberger van Gogh im Jahr 1910 ausstellte, waren Werke des Künstlers zum ersten Mal in Chemnitz zu sehen. Im deutschsprachigen Raum jedoch war van Gogh, wie ausgeführt, nicht unbekannt und von mehreren Galeristen als attraktiv für ihr Publikum erachtet worden. Dennoch polarisierte seine Kunst das deutsche Publikum. Als Gustav Pauli 1910 für die Bremer Kunsthalle ein Werk ankaufte, musste er sich gegen erheb­lichen Widerstand durchsetzen.257 Die Galerie Gerstenberger übernahm für diese Ausstellung also 252 Feilchenfeldt 1988, S. 147/148. 253 Johanna, geb. Bonger, erbte nach dem Tod ihres Mannes, Theo van Gogh, des Bruders Vincent van Goghs, den gesamten künstlerischen Nachlass, der aus ca. 550 Bildern, mehreren 100 Zeichnungen und mehreren Briefen von Vincent an Theo bestand. Ebd., S. 44. 254 Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation): Schreiben der Galerie Gerstenberger an Johanna van Gogh-Bonger vom 20. November 1909. Es finden sich noch sieben Briefe von der Galerie Gerstenberger im Archiv des Van Gogh Museums in Amsterdam, die die Organisation der Ausstellung betreffen. 255 Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation): Schreiben der Galerie Gerstenberger an Johanna van Gogh-Bonger vom 20. November 1909. 256 Feilchenfeldt 1988, S. 71, 73 und 148. Der Frankfurter Kunstverein kaufte ein Frauenporträt. Ebd., S. 90. 257 Ebd., S. 74.

Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  85

Abb. 32/1 und 2  Werbeprospekt der Galerie Gerstenberger, ­zwischen 1906 und 1909

Werke eines Künstlers, der im Deutschen Reich nicht kritiklos rezipiert wurde.258 Die Ausstellungsrezension im Chemnitzer Tageblatt liest sich dementsprechend etwas vorsichtig, aber durchaus positiv. Von seinen Werken wird als „Offenbarung neuer Kunstwege gesprochen“.259 Die Gemälde van Goghs ­seien als „Edelsteine“ zu bewerten und durch eine nie zuvor da gewesenen „Farbharmonie“ sowie eine beeindruckende „Sicherheit der Zeichnung“ und 258 Zu der Van-Gogh-Ausstellung äußert sich auch Roland Dorn in seinem Aufsatz zu der MunchAusstellung in der Galerie Gerstenberger im Juli 1921. „[…] Und so war ab 10. April in Chemnitz für einige Wochen […] ein repräsentativer Überblick über van Goghs Œuvre zu gewinnen, der in nichts der Auswahl nachstand, mittels derer van Gogh ein halbes Jahr s­ päter in London erstmals dem englischen Publikum vorgestellt wurde.“ Dorn 1999, S. 177. 259 Chemnitzer Tageblatt vom 10. April 1910, S. 21.

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Abb. 32/2

„Tiefe der Empfindung“ gekennzeichnet.260 Nicht nur die Kunsthandlung, sondern auch der Rezensent des Chemnitzer Tageblattes bewiesen hier gerade wegen der Lokalisierung in der kulturellen Provinz eine erstaun­liche Progressivität. Erst 10 Jahre ­später konnte die Galerie Gerstenberger – dann unter Leitung von Grosshennig – erneut einen international vergleichbar bedeutenden Künstler in Chemnitz präsentieren. Vom 25. Juni bis Mitte Juli 1921 waren Werke von Edvard Munch zu sehen.261 Die heute sehr gut aufgearbeitete Ausstellung war eine Wanderausstellung, die ursprüng­lich von Paul Cassirer zusammengestellt und in dessen Galerie in Berlin z­ wischen April und Mai gezeigt wurde. Sie war ein großer Erfolg, wie verschiedene Fachzeitschriften berichteten.262 Nachdem die Ausstellung dann auf ihrer zweiten Station nur 14 Tage in Chemnitz gastiert hatte, war sie im Juni in der Galerie Arnold in Dresden zu sehen. Gleich auf dem Einband des Kataloges 260 Ebd. 261 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1921b. Auch in der Kunstchronik finden sich Hinweise auf die Ausstellung. Kunstchronik 56, H. 35, 1921, S. 672; H. 39, 1921, S. 731; H. 41/42, 1921, S. 762/763. 262 Roland Dorn hat sich ausführ­lich mit der Munch-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger auseinandergesetzt: Dorn 1999. Dort findet sich auch eine Dokumentation der ausgestellten Werke. Während die Munch-Ausstellung im Frühjahr bei Cassirer in Berlin gezeigt wurde, stellte die Kunsthütte in Chemnitz graphische Werke von Munch aus Chemnitzer Privatbesitz aus. Kunstchronik 56, H. 27, 1920/1921, S. 525. Zu der Munch-Ausstellung in der Galerie von Paul Cassirer siehe Cicerone 13, H. 9, 1921, S. 282/283; Kunstchronik 56, H. 38, 1920/1921, S. 699/700; Kunst und Künstler 19, H. 9, 1921, S. 307 – 313; Der Querschnitt H. 1, 1921, S. 94 und Dorn 1999, S. 177. Das neben Paul Cassirers 50. Geburtstag wichtigste Ereignis im Berliner Kunstleben war allerdings nicht die Munch-Ausstellung, wie Dorn missverstanden hat, sondern eine Ernst-Ludwig-Kirchner-Ausstellung im Kronprinzenpalais. Der Querschnitt H. 1, 1921, S. 93.

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zu dieser Ausstellung wird im Gegensatz zu dem Katalog der Galerie Gerstenberger explizit auf die Zusammenarbeit mit Cassirer hingewiesen.263 Im Juli und/oder August desselben Jahres wurden dann schließ­lich einige Werke in der Galerie Caspari in München präsentiert.264 Die kleine Wanderausstellung war nicht nur in Chemnitz von großer Bedeutung, sondern die erste Einzelausstellung des Künstlers überhaupt, die nach dem ­Ersten Weltkrieg wieder im Deutschen Reich zustande kam. Die Galerie Gerstenberger war in d ­ iesem Fall also Teil einer kleinen Auswahl von Stationen einer Wanderausstellung, die für das gesamte Gebiet der Weimarer Republik als wegweisend zu bewerten ist. Denn erstens rief die Wanderausstellung Munch in das Bewusstsein des Kunstgeschehens zurück und zweitens verhalf sie dem deutschen Kunstgeschehen wieder zu Internationalität.265 Über die Ausstellung in Berlin urteilte die Zeitschrift Kunst und Künstler: Bei Cassirer „atmete [das Publikum] für eine Stunde wieder die Luft einer Weltkunst“– und Chemnitz atmete mit.266 Diese zwei exemplarischen Einzelausstellungen prominenter Künstler, die in der Galerie Gerstenberger präsentiert wurden, verdeut­lichen eindrück­lich die Bedeutung von Kontakten und Netzwerken ­zwischen den Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern. Anhand des Briefes, den Frankenfeld an Johanna van Gogh-Bonger sandte, ist zu erkennen, dass allein die Vermittlung durch das Kunsthaus Brakl in München es ermög­lichte, die Werke van Goghs in einer umfangreichen Ausstellung zu präsentieren. Für andere Ausstellungen waren die persön­lichen Netzwerke zu Chemnitzer Bürgerinnen und Bürgern nütz­lich, wie die Edvard-Munch-Ausstellung verdeut­licht, die vermut­lich der Chemnitzer Industrielle Herbert Esche (1874 – 1962) in seine Heimatstadt vermittelt hatte.267 Beide Ausstellungen erfuhren positive Kritiken durch die Chemnitzer Presse – im Gegensatz zur Schmidt-Rottluff-Ausstellung im Jahr 1911 sowie

263 Hinweis bei Negendanck 1998, S. 484. 264 Kunstchronik 56, H. 47, 1920/1921, S. 853; Dorn 1999, S. 181 und Woll 2009, S. 1619. 265 Dorn 1999, S. 182/183. 266 Kunst und Künstler 19, H. 9, 1921, S. 307. 267 Herbert Esche ließ 1905 seine Kinder von Munch porträtieren und gab ­dieses Bild als Leihgabe nach Berlin und Dresden für die Ausstellungen im Jahr 1921. So vermutet auch Dorn, dass in Chemnitz das Ausstellungsprojekt über diesen Weg bereits rechtzeitig bekannt war, um es für die Galerie Gerstenberger zu gewinnen. Dorn 1999, S. 181. Zu Esche siehe auch Kap. 3.4.2. Dorn konstatiert, dass Munch-Ausstellungen zumindest ab der Mitte der 1920er Jahre durchaus beliebt waren und Übernahmeanfragen für Wanderausstellungen nicht jedem Museum oder jeder Kunsthandlung gewährt werden konnten. Eine direkte Verbindung von Esche zu Munch scheint somit für die Galerie Gerstenberger 1921 ebenso wie für die Kunsthütte 1929 hilfreich gewesen zu sein. „[…] Um die Übernahme der Edvard Munch-Ausstellung der Mannheimer Kunsthalle [hätten sich] die Museen und Kunstvereine in Danzig, Hagen, Wiesbaden, Oldenburg, Frankfurt, Elberfeld, Duisburg, Hannover, Wiesbaden [Wiederholung im Original, A. d. V.] u. Berlin bemüht. Die Ausstellung wird indessen nur nach Berlin gehen können.“ Volksstimme vom 23. Januar 1927, zitiert nach Dorn 1988, S. 278. Eine Auflistung der Ausstellungen Munchs findet sich im Werkkatalog der Gemälde. Für die Jahre 1914 – 1921 siehe Woll 2009, S. 1618/1619.

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zu der Präsentation der Neuen Sezession Berlin. Dennoch lassen sich keine Bestrebungen der Galerie festmachen, ähn­liche Ausstellungen nach Chemnitz zu holen. Überhaupt ist ungewiss, aus welchem Grund sich Frankenfeld persön­lich um die Übernahme der Wanderausstellung nach Chemnitz bemühte oder warum die Wahl auf van Gogh beziehungsweise Munch als geeignete Künstler für eine Einzelausstellung fiel. Im ersten Fall begünstigten – neben dem Kontakt zum Kunsthaus Brakl – sicher­lich die zahlreichen vorausgegangenen Ausstellungen und die damit verbundene Prominenz des Künstlers den Wunsch, van Gogh auch in Chemnitz zu präsentieren. Das Zustandekommen der Munch-Ausstellung war dagegen wohl vornehm­lich durch das persön­liche Engagement Esches und seinen Kontakt zum Künstler motiviert. Beide Ausstellungen sprechen für kunsthändlerisches Geschick und die Fähigkeit, Chancen zu ­nutzen, um das Portfolio der Kunsthandlung um internationale Künstler zu erweitern. Das bereicherte das kulturelle Leben der Stadt Chemnitz und wirkte sich zusätz­ lich vorteilhaft auf die lokale Etablierung wie überregionale Wahrnehmung der Galerie aus.

2.4.3 Die ersten Verkäufe der Galerie Gerstenberger Neben den Ausstellungen gibt schließ­lich auch die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger Aufschluss über ihre Stellung auf dem lokalen und überregionalen Kunstmarkt. Verkäufe von Kunstwerken aus der Anfangszeit der Galerie Gerstenberger sind allerdings nur sehr vereinzelt überliefert. Einige Verkäufe sind durch Mitteilungen in Zeitschriften und Tageszeitungen festgehalten. Hier findet sich zumeist ledig­lich die Meldung, dass ein Werk verkauft worden ist. Oftmals ist es nicht mög­lich, das Kunstwerk, die Käuferin oder den Käufer anhand der wenigen Informationen überhaupt zu identifizieren. Nur manchmal wird erwähnt, dass das Kunstwerk in Chemnitzer Privatbesitz übergegangen war oder der Kunde aus der Umgebung stammte.268 Allemal ist auch der erste nachweisbare Verkauf der Galerie Gerstenberger nur durch eine Mitteilung im Chemnitzer Tageblatt dokumentiert.269 Am 17. Dezember 1904 wurde berichtet, dass ein heute nicht eindeutig identifizierbares Gemälde von Friedrich Kallmorgen (1856 – 1924) mit dem Titel Holländische Dorfstraße für 1100,– Mark den Besitzer wechselte.270 Auch in den folgenden zwei Jahren informierte das Chemnitzer Tageblatt immer wieder über verhältnismäßig hochkarätige Verkäufe wie beispielsweise denjenigen eines Gemäldes von Fritz Overbeck (1869 – 1909) mit dem Titel Brandenburg für 3500,– Mark, einer Tuschezeichnung Im Konzert von Adolph Menzel (1815 – 1905) für 800,– Mark, eines Ölgemäldes von Hans Gabriel Jentzsch (1862 – 1930) für 2200,– Mark sowie von fünf ­Ölgemälden des 268 Die Bezeichnung in der Tageszeitung lautete dann „hiesiger Privatbesitz“. Zum Beispiel wurde ein Werk von Fritz Overbeck in „hiesigen Privatbesitz“ verkauft. Chemnitzer Tageblatt vom 25. August 1905, S. 1. 269 Chemnitzer Tageblatt vom 17. Dezember 1904, S. 5. Von einem weiteren Verkauf wird berichtet: Chemnitzer Tageblatt vom 28. Dezember 1904, S. 13. 270 Der Käufer bleibt unbekannt.

Die Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  89

Abb. 33  Werbeanzeige der Galerie Gerstenberger, 1938

Künstlers Charles Palmié.271 Kurz vor Silvester 1906 b­ erichtet das Chemnitzer Tageblatt zudem, dass die Galerie Gerstenberger im zurückliegenden Kalenderjahr Kunstwerke im Gesamtwert von ungefähr 30.000,– Mark verkauft habe.272 Diese gut informierte Berichterstattung über die Verkäufe der Kunsthandlung erfolgte insbesondere während der ersten Jahre nach Gründung der Galerie ebenso regelmäßig wie diejenige über veranstaltete Ausstellungen. Aber auch in den Jahren nach 1906 finden sich zahlreiche Mitteilungen über Verkäufe aus der Kunsthandlung.273 Während der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus hingegen wurden nur vereinzelt derartige Meldungen öffent­lich gemacht. Grosshennig schaltete diese Anzeigen dann bewusst in der Presse, um die Relevanz der Kunsthandlung als Lieferantin und Handelspartnerin großer Museen wirksam zu verbreiten (Abb. 33).274 271 Chemnitzer Tageblatt vom 25. August 1905, S. 1; vom 28. April 1906, S. 1; vom 16. September 1906, S. 1; vom 21. Oktober 1906, S. 1 und vom 2. November 1906, S. 1. 272 Chemnitzer Tageblatt vom 29. Dezember 1906, S. 1. 273 Beispielsweise berichtete das Chemnitzer Tageblatt am 5. Februar 1910: „Am 9. Februar wird die Januar-Ausstellung geschlossen. Aus dieser ging das Gemälde ‚Blumige Wiese‘ von R. Birnstengel (Dresden) in Privatbesitz über, ebenso einige kunstgewerb­liche Arbeiten von Margarete Pfaff und Nelly Wolfram, sowie mehrere Originalradierungen von Carl Grundmann.“ (Chemnitzer Tageblatt vom 5. Februar 1910, S. 5); und am 28. April 1911: „Die Ausstellung der Arbeiten von Professor Unger, Schmidt-Rottluff, J[ohanna] M[aria] Schwenker, Otto Fr. Leu-Frankfurt, Otto Horlbeck u. a. wird am 1. Mai geschlossen. In Privatbesitz gingen über je ein Gemälde von Leu, L. von Senger und SchmidtRottluff sowie sieben Holzschnitte von letzterem.“ Chemnitzer Tageblatt vom 28. April 1911, S. 13. 274 1920 berichtete das Chemnitzer Tageblatt von dem Erfolg einer Gustav-Schaffer-Ausstellung: „Aus der Schaffer-Ausstellung gingen ferner in den Besitz bekannter Chemnitzer Sammler über: Die

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Die wichtigste Kundin der Galerie Gerstenberger war über die gesamte Spanne ihrer Geschichte zweifelsfrei die Stadt Chemnitz. Deren erster Ankauf ist allerdings erst für das Jahr 1910 dokumentiert.275 Der Stadtrat William Arwed Doehner (1860 – 1935) machte den Chemnitzer Museumsausschuss auf eine Ausstellung in der Galerie Gerstenberger aufmerksam, wo auch Werke des Künstlers Charles Palmié zu sehen waren.276 Der Vorschlag Doehners, eines der großen Bilder für das König-Albert-Museum zu kaufen, näm­lich den Blick ins Zschopautal, wurde am 18. November 1910 befürwortet und der Ankauf drei Tage ­später vom Rat der Stadt bewilligt.277 Die Galerie erhielt 3300,– Mark.278 Mög­licherweise wurde dieser Ankauf durch eine zuvor erfolgte Stiftung des Mitinhabers und Begründers der Galerie Gerstenberger, Hans Stickel, begünstigt. Im Januar desselben Jahres schenkte er dem Museum ein Werk von der heute fast unbekannten Chemnitzer Künstlerin Adeline Koerner, das er selbst in einer im Jahr 1909 in der Kunsthandlung veranstalteten Ausstellung von der Künstlerin erworben hatte.279 Öl-Tempera-Gemälde Gethsemane, Badende, Mädchen am Brunnen, Weib und Tod, Büßende, Adam und Eva, Florentinerin, am Ölberg; die Rötelzeichnungen Nr. 112, 113, 114, drei männ­liche Akte; 2 Holzschnittfolgen Jesus von Nazareth und die Holzschnitte Ritter und Gefangener, Faun, der Kampf, Susanna im Bade, 4 Sternennacht. Das Chemnitzer Museum ließ sich außerdem zwei Werke zum Kauf zurücklegen.“ Chemnitzer Tageblatt vom 8. August 1920, S. 8. Im Jahr 1937 wurde unter anderem im Chemnitzer Tageblatt berichtet, dass das Gemälde Frau in Morgensonne von Caspar David Friedrich über die Galerie Gerstenberger an das Museum Folkwang in Essen veräußert worden sei (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Januar 1937, S. 3). Im November desselben Jahres folgte eine Mitteilung über weitere Verkäufe. Chemnitzer Tageblatt vom 17. November 1937, S. 10. Eine Anzeige in der Weltkunst aus dem Jahr 1938 informierte über die neue Ausstellung Erstrangige Werke des 19. Jahrhunderts in der Galerie Gerstenberger. Darunter ist eine Vielzahl an Kunstwerken gelistet. Diese sind überschrieben mit: „In letzter Zeit konnten nachstehende Werke an deutsche Privatsammler und Museen verkauft werden.“ Die Weltkunst 12, H. 50, 1938, S. 8. 275 Die Ankäufe wurden 1910 von einem städtischen Ausschuss entschieden. Im Chemnitzer S­ tadtarchiv finden sich mehrere Aktenkonvolute, die das König-Albert-Museum betreffen, beispielsweise Sitzungsprotokolle des Ausschusses für das König-Albert-Museum, Ankäufe und Schenkungen sowie Allgemeine Angelegenheiten. 276 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 32: Schreiben von William Doehner an die „Herren Mitglieder des Museums Ausschusses“ vom 14. November 1910. Lebensdaten von Doehner: freund­liche Auskunft des Chemnitzer Stadtarchivs. 277 Charles J. Palmié, Blick ins Zschopautal, 1910, Öl auf Leinwand, 152 × 120 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Mössinger 2010, S. 101. 278 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 33 – 34: Protokoll der Sitzung des Ausschusses für das König-Albert-Museum vom 18. November 1910. 279 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 17: Schreiben von Hans Stickel an William Doehner vom 22. Januar 1910. Stickel richtete einen Brief an den Stadtrat William Doehner mit der Mitteilung, dass er ein Bild von Adeline Koerner für die städtische Sammlung stiften möchte. Doehner ist derjenige, der in den folgenden Jahren den Museumsausschuss des Rates der Stadt Chemnitz auf Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger schrift­lich aufmerksam machte und auch Werke aus diesen Ausstellungen zum Ankauf vorschlug.

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Abb. 34  Arthur Lewin-Funcke, Die Sandalenbinderin, 1906 (Modell), Bronze, H 121 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Inv.Nr. PL 193

Ein nächster Ankauf kann erst drei Jahre ­später nachgewiesen werden. Wieder ist es Doehner, der ihn vorschlägt: In der Ausstellung bei Gerstenberger sind 3 Bronzen von Lewin-Funcke Sandalenbinderin, Tänzerin, Vogelfänger ausgestellt. Dieselben machen einen sehr gefälligen Eindruck und haben mich auf den Hans Stickel erwarb als Privatperson einige Kunstwerke (siehe Kap. 3.4.2) und trat auch in den folgenden Jahren gelegent­lich als Stifter für das König-Albert-Museum auf. So schenkte er dem Museum im Jahr 1920 ein Gemälde von Alfred Kunze mit dem Titel Siegesfeier (StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 33, Bd. 3, Bl. 92: Verwaltungsbericht der Städtischen Kunstsammlung im König-Albert-Museum vom 3. Juni 1920). In einer Auflistung von Kunstwerken für eine Ausstellung im neuen Schauspielhaus in Chemnitz aus dem Jahr 1926 sind sieben Papierarbeiten verzeichnet, die von Hans Stickel gestiftet wurden: zwei Lithographien von Oskar Kokoschka, Frauenbildnisse; eine Zeichnung von Willy Jaeckel, ­Mutter; ein farbiger Holzschnitt von Karl Schmidt-Rottluff; zwei Lithographien von Ernst Barlach und eine Lithographie von Käthe Kollwitz. StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 073, Bl. 143: Städtische Kunstsammlung 1926.

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Gedanken gebracht, dass es vielleicht angezeigt wäre, eine s­ olche Bronze aus Stiftungsmitteln für die Stadt zu erwerben. […] Ich habe zuerst an die Bronze Sandalenbinderin gedacht. Dieselbe ist der erste Abguss und Unicat [sic]. Der Preis ist M. 6000,–.280

Die hier genannte Bronze zählt zu den Hauptwerken des Künstlers und wurde 1906 auf der Großen Berliner Kunstausstellung mit einer Goldmedaille prämiert.281 Am 28. Januar 1913 beschloss der Rat der Stadt Chemnitz den Ankauf der Bronze Sandalenbinderin von Arthur Lewin-Funcke (1866 – 1937, Abb. 34).282 Dabei sollten mit d ­ iesem Ankauf gleichermaßen die Bemühungen der Galerie Gerstenberger anerkannt werden, die sie im „Interesse des Kunst­ lebens in [der] Stadt getätigt [hat]“, wie es Doehner in einem Brief an die Galerie formulierte.283

2.5 Fazit: Die Gründung und Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz Die Galerie Gerstenberger konnte sich sehr schnell nach ihrer Gründung im Jahr 1902 vergrößern und in Chemnitz etablieren. Es konnten einige Punkte herausgearbeitet werden, die diese Entwicklung entscheidend begünstigten: Zuerst präsentierte sie sich sehr schnell nach ihrer Gründung als professionelle Kunsthandlung, deren Innenausstattung und Raumabfolge an den großen Galerien in Berlin, München und Dresden orientiert waren. Zusätz­lich bemühten sich erst Frankenfeld und dann Grosshennig um Wanderausstellungen namhafter Künstler, die sie so in großem Umfang in Chemnitz präsentieren konnten. Diese Mög­lichkeit war vor allem einem breiten Netzwerk mit Kontakten zu anderen Kunsthandlungen zu verdanken. 280 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 99: Anlage zum Vorschlag zum Ratsbeschluss über den Ankauf einer Bronze von Lewin-Funcke, verfasst von William Doehner am 15. Januar 1913. 281 Arthur Lewin-Funcke, Die Sandalenbinderin, 1906 (Datierung Modell), Bronze, H 121 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Ausstellungskat. Berlin 1990, S. 176/177. Die Bronze wurde im Stadtpark aufgestellt. Vgl. Abbildung in: Der Türmer von Chemnitz 1938, S. 237. 282 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 100: Vorschlag und positiver Bescheid zum Ratsbeschluss über den Ankauf einer Bronze von Lewin-Funcke vom 28. Januar 1913. Die 1913 von der Galerie Gerstenberger angekaufte Bronze wurde laut Inventarbucheintrag ­zwischen 1941 und 1943 zur Metallspende abgegeben und eingeschmolzen. Das Exemplar der Figur, das heute im Besitz der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz ist, wurde 1988 erworben. Auskunft von Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin vom 30. März 2015. Ein dritter Guss der Bronze befindet sich heute in Berlin, Rathaus Zehlendorf. Ausstellungskat. Berlin 1990, S. 177. 283 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap.  III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 100RS: Schreiben von William Doehner an die Galerie Gerstenberger vom 29. Januar 1913.

Fazit: Die Gründung und Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz  I  93

Zweitens profitierte die Kunsthandlung davon, dass es zum Zeitpunkt ihrer Gründung mit dem Kunstverein Kunsthütte nur einen weiteren Ort für regelmäßige Kunstausstellungen gegeben hatte. So wurden beide Institutionen als gleichwertige Einrichtungen wahrgenommen, die das kulturelle Leben förderten, obwohl die Galerie Gerstenberger als private Kunsthandlung viel stärker merkantilen Interessen folgte. Das wird zum einen im Schreiben von Stadtrat Doehner an die Galerie Gerstenberger deut­lich, das er im Zusammenhang mit dem Ankauf der Bronze von Lewin-Funcke verfasst hatte. Zum anderen spiegelt sich die Bedeutung, ­welche die Kunsthandlung für das Ausstellungswesen in Chemnitz einnehmen konnte, im Besonderen in der Berichterstattung der Tagespresse und der monat­lich erscheinenden Zeitschrift Chemnitzer Kalender wider. Ein Autor dieser Zeitschrift umriss im Jahr 1912 die Analogie von Kunsthandlung und Kunstverein in ­diesem Sinn: Wenden wir uns nun zu den Ausstellungen des Kunstsalons Gerstenberger, so müssen wir offen und ehr­lich feststellen, dass es dem Leiter der Ausstellungen, Herrn Frankenfeld, gelungen ist, auch seinerseits energisch mitzuarbeiten an den kulturellen Bestrebungen, wenn sie auch nicht so Selbstzweck sind wie bei der Kunsthütte. […] Eine gesunde Konkurrenz ­zwischen der „Kunsthütte“ und Gerstenberger [kann] nur dazu führen, die idealen Ziele beider Institute immer höher zu stecken und wir [verfügen] dadurch schon jetzt über einen Reichtum an wechselnden Ausstellungen, um den uns manche große Stadt beneiden wird.284

Nicht zuletzt begünstigte das bereits in Chemnitz seit vielen Jahren bestehende Unternehmen Gustav Gerstenberger eine schnelle Etablierung der Galerie als fester Bestandteil des kulturellen Lebens der Stadt. Hans Stickel war als Kaufmann in der Chemnitzer Gesellschaft verwurzelt und Mitglied vieler öffent­licher Gremien und Verbände.285 Im selben Maße beförderte die breite Vernetzung der Inhaber mit Vertreterinnen und Vertretern des Chemnitzer Großbürgertums, also den potenziellen Kundinnen und Kunden, das Geschäft. Gleichzeitig steigerte die Kunsthandlung die gesellschaft­liche Reputation des Unternehmens und dürfte zumindest als gewünschten Nebeneffekt einen subtilen Werbeeffekt entfaltet haben.286 Als „Heim für moderne Kunst“, wie das Chemnitzer Tageblatt die Galerie Gerstenberger bereits 1904 benannte, kann die Kunsthandlung anhand des hier rekonstruierten Ausstellungsportfolios nur vor dem Horizont des damaligen Verständnisses moderner

284 Chemnitzer Kalender 1912, S. 78. 285 Hans Stickel war Mitglied in den Aufsichtsräten der Chemnitzer Bank Aktiengesellschaft sowie der Hotel-Aktiengesellschaft Chemnitzer Hof. Bayer und Heinze 1929, S. 30 und 64. Darüber hinaus war er Vorsitzender oder Vorstandsmitglied einer Vielzahl an Handelsgesellschaften in Berlin sowie Chemnitz und Umgebung sowie verschiedener gesellschaft­licher Vereine wie des Rotary-Clubs, des Casinos und des Golf- und Landclubs. Stickel 1955, S. 6. 286 Zur Eröffnung der Galerie 1906 waren beispielsweise Vertreter der Stadt Chemnitz anwesend. Vgl. dazu die Beschreibung der Eröffnung von Hans Stickel in der Einleitung.

94 I Die Anfänge der Galerie Gerstenberger (1902 – 1920)

Kunst gelten.287 Eine erwähnenswerte Rolle in der Geschichte der klassischen Moderne spielte sie in den ersten zwei Jahrzehnten ihres Bestehens jedenfalls nicht. Vielmehr sind bis in die Zeit nach dem E ­ rsten Weltkrieg vor allem weniger bekannte Künstlerinnen und Künstler aus der Region, der Sezessionen der Jahrhundertwende und des ausgehenden 19. Jahrhunderts vorherrschend. Vertreterinnen und Vertreter damals avantgardistischer Strömungen, wie beispielsweise der 1905 in Dresden gegründeten expressionistischen Künstlervereinigung Brücke, sind in den Jahren bis 1911 in der Galerie Gerstenberger nicht und danach nur spär­lich vertreten.288 Andere Kunsthandlungen, wie die Galerie Ernst Arnold in Dresden, orientierten ihre Auswahl deut­lich stärker an progressiven Strömungen der aktuellen Kunst.289 Die Aktenlage verbietet eine ausgewogene und stichfeste Aussage über die Verkäufe der Galerie Gerstenberger in der Zeit bis nach dem E ­ rsten Weltkrieg. In den deutschen Museumsarchiven sind kaum Angebotsschreiben aus den Anfangsjahren der Galerie überliefert. Das lässt darauf schließen, dass die Kunsthandlung zunächst ein lokales Publikum bediente. Die Schreiben des Stadtrates Doehner sind von einem wohlwollenden Ton geprägt und sprechen somit für eine gute Zusammenarbeit ­zwischen der privaten Kunsthandlung und der Kulturbehörde der Stadt. Die große Anteilnahme an den Ausstellungen in der Chemnitzer Tagespresse und der gute Absatz an Dauerkarten für den Ausstellungsbesuch in der Galerie Gerstenberger lassen auf einen tatsäch­lichen Bedarf in der Bevölkerung schließen, den die Kunsthandlung von Beginn an bediente. Zusätz­lich zeugen sie davon, dass sich die Galerie Gerstenberger, entsprechend den großen Kunsthandlungen in anderen Städten, sukzessive institutionalisierte und sich nicht nur als reines Verkaufsgeschäft verstand, sondern auch als Ausstellungsraum.

287 Chemnitzer Tageblatt vom 27. August 1904, S. 1. 288 Siehe dazu auch Kap. 3.2. 289 Neben dem gängigen Ausstellungsprogramm, das unter anderem aus Wilhelm Trübner, Hans Thoma, Adolph Menzel und Max Slevogt bestand, zeigte die Galerie Ernst Arnold bereits früh die Avantgarde: im Herbst 1905 Vincent van Gogh, im Januar 1906 Emil Nolde und im November desselben Jahres „französische Expressionisten“ sowie 1910 die Künstlergruppe Brücke; 1913 Gemälde expressionistischer Künstler; 1919 die Zweite expressionistische Sonderausstellung. Der Sturm. Expressio­ nisten, Futuristen, Kubisten sowie 1920 Werke von Willy Baumeister, Oskar Schlemmer und Kurt Schwitters. Negendanck 1998, S. 407, 411, 431, 458, 475 und 481.

Fazit: Die Gründung und Etablierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz   I  95

3. Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes Während der Weimarer Republik erlebte der Chemnitzer Kulturbetrieb einen immensen Aufschwung, der maßgeb­lich von dem 1920 eingesetzten Direktor des Chemnitzer Museums, Friedrich Schreiber-Weigand (1879 – 1953), beeinflusst wurde. Gleichzeitig vergrößerte sich auch die Anzahl an privaten Kunsthandlungen in der Stadt, wie aus dem bereits besprochenen Eintrag im Handbuch des Kunstmarktes aus dem Jahr 1926 deut­lich hervorgeht.290 Die Gegebenheiten des lokalen Kunstbetriebes unterlagen also einem grundlegenden Wandel, an dem auch die Galerie Gerstenberger beteiligt war und auf den sie reagieren musste. Bis zum Ende des E ­ rsten Weltkrieges nahm sie für das kulturelle Leben der Stadt eine Sonderrolle ein und institutionalisierte sich neben dem Museum als Ausstellungsraum. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Galerie Gerstenberger kooperierten bereits damals mit verschiedenen regionalen und überregionalen Museen, Privatsammlerinnen und Privatsammlern, Künstlerinnen und Künstlern sowie Kunsthandlungen zusammen. Damit trat die Galerie Gerstenberger einerseits immer stärker in Konkurrenz zu den Akteuren des regionalen wie überregionalen Kunstmarktes, andererseits intensivierte sie auch ihre geschäft­lichen Kontakte. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, inwiefern die Galerie ihre Position im aufblühenden Chemnitzer Kulturbetrieb behaupten konnte und wie sie sich im kulturellen Leben der Stadt positionierte. Dazu werden zunächst die Ausstellungen der Kunsthandlung für den Zeitraum von 1920 bis 1932 betrachtet. Eine besondere Bedeutung kommt hier der Jubiläumsausstellung zum 75-jährigen Bestehen der Firma Gustav Gerstenberger zu, die erstens aufgrund des Firmenjubiläums mit besonderem Engagement organisiert wurde sowie zweitens die Arbeit der Galerie, deren Vernetzung und das Portfolio an Künstlerinnen und Künstlern aufzeigen sollte. Da zum Chemnitzer Kulturbetrieb noch keine umfassende wissenschaft­liche Forschung vorliegt, werden in den beiden darauf folgenden Kapiteln das institutionelle und private Sammeln in Chemnitz untersucht, um dann mög­liche Wechselbeziehungen und gegenseitige Beeinflussungen z­ wischen Museum, Privatpersonen und der Galerie Gerstenberger aufzuzeigen.291 Für Berlin analysierten Thomas W. Gaehtgens und Andrea Meyer die wechselseitige Einflussnahme z­ wischen dem jeweiligen Museumsdirektor, Wilhelm von 290 Siehe dazu Kap. 2.3.3. 291 Die kurz vor Drucklegung dieser Arbeit erschienene Publikation der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz zum 100-jährigen Jubiläum konnte nur noch beiläufig berücksichtigt werden. Das umfäng­liche Werk zu den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz basiert vornehm­lich auf den

Bode (1845 – 1929) oder Ludwig Justi (1876 – 1957), und den privaten Kunstsammlerinnen und -sammlern in der Stadt, die mit den Direktoren im engen Austausch standen.292 Für Chemnitz soll zunächst der museale Sammlungsbestand rekonstruiert und ermittelt werden, w ­ elchen Einfluss das Kunstpublikum und der lokale Kunsthandel auf die Werkauswahl hatten. In einem zweiten Schritt werden die privaten Kunstsammlungen in Chemnitz untersucht. Schließ­lich stellt sich die Frage, inwiefern die Aktivitäten der Galerie Gerstenberger im lokalen öffent­lichen und privaten Kunstbetrieb verortet werden können und ob sich daraus Rückschlüsse für das Künstlerportfolio ergeben. Die zunehmende Vernetzung der Kunsthandlung ins gesamtdeutsche Kunstgeschehen nimmt für diese Prozesse eine bedeutende Rolle ein und spiegelt sich auch in der Überlieferung der Galerie wider. Die Korrespondenz der Galerie Gerstenberger mit Museen im Deutschen Reich aus den Jahren ab 1925 hat sich viel umfangreicher erhalten als die älteren Briefwechsel. Dies ermög­lichte neben der Auswertung von Ausstellungskatalogen und -rezensionen auch eine gezielte Analyse der Handelstätigkeit der Kunsthandlung während der Weimarer Republik mit Kunstwerken in Museumsqualität, die in d­ iesem Hauptteil abschließend in einem eigenen Kapitel erfolgt. Diese Auswertungen sowie Untersuchungen zu den Vernetzungen mit anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern sowie Privatpersonen sollen exemplarisch aufzeigen, ob das Künstlerportfolio der gehandelten Ware dem der Exponate entspricht und woher die Galerie Kunstwerke zum Weiterverkauf bezog.

3.1 Die Jubiläumsausstellung im Jahr 1922: Die Galerie Gerstenberger im Zeichen des „modernen Konservatismus“ 293 Mit Beginn der 1920er Jahre zeigte die Galerie Gerstenberger einige große, überregional wahrgenommene Einzelausstellungen von Künstlern mit hohem Bekanntheitsgrad. Angefangen mit Ausstellungen von Werken von Lovis Corinth und Landschaften von Max Pechstein im Jahr 1920, waren ein Jahr s­päter Werke von Edvard Munch, Hans Meid und Oskar Kokoschka zu sehen.294 Selbstständig kuratierte Themenausstellungen, die Werke verschiedener Künstlerinnen und Künstler umfassten, fanden in der Galerie Gerstenberger dagegen nur vereinzelt statt – abgesehen von Präsentationen von Künstlergruppen bzw. -vereinigungen: So fand 1921 eine gemeinsam mit der Kunsthütte organisierte Ausstellung zu M ­ utter und hauseigenen Archivalien. In Anbetracht der 100 Jahre umfassenden Abhandlung bleibt diese an einigen Stellen jedoch eher summarisch. Bußmann/Milde 2020. 292 Vgl. Gaehtgens 1992, S. 12 – 28 und auch Meyer 1998b, S. 164 – 168 und 173. 293 Siehe Anm. 316. 294 Die hier genannten Ausstellungen wurden in überregionalen Zeitschriften erwähnt. Zu allen recherchierten Ausstellungen in den Jahren 1920 und 1921 vgl. Anhang 8.3.

98 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte statt, 1922 Deutsche Malerei und Plastik in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von Feuerbach bis Liebermann, 1923 Zeichnungen der Romantik sowie Aquarelle bedeutender Expressionisten und 1924 Romantik und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung.295 Die Ausstellung Deutsche Malerei und Plastik in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts soll im Folgenden näher untersucht werden, da sie eine bis dahin in der Galeriegeschichte ungekannte Vielzahl an qualitätsvollen Werken vereinte und das Interesse der überregionalen Presse erweckte. Anlass der Ausstellung war das 75-jährige Jubiläum der Firma Gustav Gerstenberger, zu der zusätz­lich eine umfangreiche Jubiläumsschrift publiziert wurde.296 Die enge Bindung der Kunsthandlung an das Familienunternehmen schuf vorteilhafte Synergieeffekte. So wurde in der populären Zeitschrift Der Cicerone, die eine Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers und Sammlers war, das Jubiläum der gesamten Firma Gustav Gerstenberger beworben. Dies war nur mög­lich, weil die große Ausstellung in der Galerie präsentiert wurde.297 Gleichzeitig übertrugen sich die positiven Konnotationen aus der Wahrnehmung der Firma Gustav Gerstenberger als traditionsreiches Unternehmen, dessen Gründung in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurückreichte, auf deren viel jüngere Kunsthandelsabteilung, die im Jahr 1922 knapp auf 20 Jahre geschäft­liche Praxis zurückblicken konnte. Der g­ leiche Effekt stellte sich einige Jahre s­ päter ein, näm­lich 1937, als das Unternehmen Gerstenberger sein 90-jähriges Bestehen feierte. Die silbrig glänzenden Etiketten mit der Aufschrift „90 Jahre Gerstenberger“, die auch auf dem Briefpapier der Kunsthandlung zu finden sind, lassen keinen Hinweis erkennen, dass es sich dabei um das Alter der Firma, aber nicht der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH handelte (Abb. 35).298 In der Jubiläumsausstellung 1922 waren 169 Werke von Künstlern und einer Künstlerin zu sehen, die alle um die Mitte des 19. Jahrhunderts geboren worden waren, mit Ausnahme einiger Bildhauer, die teilweise zehn bis 20 Jahre jünger waren.299 Die in dem Titel der J­ ubiläumsausstellung sehr eng gefasste zeit­liche Einordnung der gezeigten Werke, die laut Katalog alle in den letzten 295 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922. Nach 1922 fanden noch einige weitere Themenausstellungen statt, beispielsweise 1924, 1925, 1928, 1929 und 1932. Dazu siehe das folgende Kapitel. 296 Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922. In dieser ist neben der Ehrung der Unternehmerfamilien Gerstenberger/Stickel auch die Firmengeschichte mit den einzelnen Abteilungen erläutert. 297 Der Cicerone 14, H. 5, 1922, S. 218: „Die Firma Gustav Gerstenberger, die sich seit Jahren auch um die Pflege der modernen Kunst bemüht und ihrem weitverzweigten Betrieb schon seit längerem eine besondere Kunstabteilung angegliedert hat, konnte am 1. März auf ein 75-jähriges Bestehen zurückblicken.“ In zwei späteren Ausgaben der Zeitschrift wird die Jubiläumsausstellung der Galerie dann ausführ­ lich besprochen. Der Cicerone 14, H. 7, 1922, S. 310/311 und H. 9, 1922, S. 397/398. 298 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937, Angebot der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 19. Oktober 1937. Dabei war zwar die Galerie durch die GmbH teilweise Bestand der Firma Gustav Gerstenberger, aber nicht mehr zu allen Teilen. Vgl. Einleitung. 299 Vgl. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922. Abgesehen von Käthe Kollwitz waren ausschließ­ lich männ­liche Künstler vertreten.

Die Jubiläumsausstellung im Jahr 1922  I  99

Abb. 35  Klebeetikett der Firma Gustav Gerstenberger zum 90-jährigen Bestehen, 1937

Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts entstanden ­seien, stellte sich tatsäch­lich breiter dar. Es waren zwar überwiegend Werke von Künstlern ausgestellt, deren gesellschaft­liche Anerkennung am Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts einsetzte, von diesen wurden aber durchaus auch Werke gezeigt, die in den Jahren kurz vor 1922 entstanden waren. In der Jubiläumsausstellung der Galerie sollte die Kunst gezeigt werden, „mit der das Haus Gerstenberger groß geworden“ war.300 Hinsicht­lich der Gemälde war dabei eine Einschränkung auf Künstler des 19. Jahrhunderts bis einschließ­lich Vertreter des Impressionismus vorgesehen. Bezüg­lich der ausgestellten Plastik erfolgte keine Einschränkung. Wie auch in dem Katalogvorwort festgestellt wird, dominieren die Künstler Hans Thoma (1839 – 1924), Max Liebermann (1847 – 1935), Wilhelm Trübner (1851 – 1917), Max Klinger (1857 – 1920) und Lovis Corinth (1858 – 1925) in der Ausstellung.301 Aber auch Adolph Menzel (1815 – 1905) war mit Zeichnungen und Georg Kolbe (1877 – 1947) mit Skulpturen im Vergleich zu anderen Künstlern gut vertreten. Viele der vertretenen Künstler galten im Jahr 1922 schon als etabliert und waren zum großen Teil bereits verstorben. Dass die Werkauswahl den allgemein anerkannten Inhalten der damaligen Kunstpublizistik entsprach, also nicht nur individuelle Auswahl der Galerieleitung, sondern Spiegel der deutschlandweiten, etablierten Kunstanschauung war, soll im Folgenden erläutert werden. Die Frage nach der Aktualität der ausgewählten Künstler ist dabei ebenso von Interesse wie, ­welche Kunstanschauung die Galerie selbst vertrat. Zweifelsfrei wurden in der Chemnitzer Ausstellung vor allem Künstler des 19. Jahrhunderts präsentiert. Den offiziellen und öffent­lichen Anstoß für die Rezeption deutscher Kunst aus dem 19. Jahrhundert markierte rückblickend die Jahrhundertausstellung deutscher Kunst (1775 – 1875) in der Berliner Nationalgalerie im Jahr 1906.302 Die Kunsthistorikerin 300 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 2]. 301 „Trübner, Thoma, Liebermann, Corinth und Klinger überwiegen dabei an Zahl alle übrigen.“ Ebd. 302 Iselt 2010, S. 82; Manheim 1999, S. 99.

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Sabine Beneke betont in ihrer 1999 erschienenen Dissertation zur Jahrhundertausstellung die Wirkung, die diese Ausstellung auf die Museen und die damalige Kunstgeschichtsschreibung hatte.303 Sie stellt fest, dass seit der Ausstellung nicht nur die Museen die jeweils regionale Kunst des 19. Jahrhunderts stärker berücksichtigten, sondern auch, dass die Publizistik den durch die Ausstellung vorgegebenen Kanon als gesetzt anerkannte.304 Dieser Künstlerkanon findet sich zu großen Teilen auch in der Jubiläumsausstellung in der Galerie Gerstenberger wieder. Von den dort ausgestellten 41 deutschen Malern waren etwas mehr als die Hälfte – näm­lich 23 – auch auf der Jahrhundertausstellung vertreten.305 Der Großteil der anderen in Chemnitz gezeigten Maler, wie beispielsweise Lovis Corinth, Max Klinger, Max Slevogt und Franz von Stuck, gehörten zwar zum Zeitpunkt der Jahrhundertausstellung durchaus zu den im Deutschen Reich bekannten und in der etablierten Kunstpublizistik diskutierten Künstlern, wurden aber aufgrund der festgelegten zeit­lichen Begrenzung hinsicht­lich der Werkauswahl in Berlin nicht berücksichtigt.306 Die in der Jubiläumsausstellung präsentierten älteren Maler waren also fast alle dem „Kanon“ der Jahrhundertausstellung entnommen. Das der Jahrhundertausstellung zugrunde liegende Verständnis von der Kunstentwicklung war maßgeb­lich von der 1899 veröffent­lichten Abhandlung Cornelius Gurlitts über Die deutsche Kunst des Neuzehnten Jahrhunderts geprägt, die darüber hinaus auch die Kunstpublizistik und die Kunstgeschichtsschreibung der folgenden Jahrzehnte beeinflusste.307 Die Jubiläumsausstellung in der Galerie Gerstenberger orientierte sich nicht nur an dem Künstlerkanon der Jahrhundertausstellung, sondern auch an den Positionen Gurlitts. Das zeigt sich zunächst daran, dass viele der in Chemnitz präsentierten Künstler, die nicht in Berlin zu sehen waren, in seiner 1907 in dritter Auflage erschienenen Abhandlung besprochen oder zumindest erwähnt 303 Beneke 1999. 304 Ebd., S. 225. 305 Folgende Maler waren auf beiden Ausstellungen vertreten: Theodor Alt, Karl Buchholz, Wilhelm von Diez, Louis Eysen, Anselm Feuerbach, Hugo von Habermann, Friedrich August von Kaulbach, Albert von Keller, Wilhelm Leibl, Franz von Lenbach, Max Liebermann, Adolf Lier, Hans von Marées, Adolph Menzel, Eduard Schleich, Gustav Schönleber, Carl Schuch, Franz Skarbina, Johann Sperl, Wilhelm Steinhausen, Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Heinrich von Zügel. Darüber hinaus waren auch Werke einiger Künstler anderer Nationalitäten zu sehen, so jeweils ein Werk von Gustave Courbet, Claude Monet, Edvard Munch und zwei von Ferdinand Hodler. Ausstellungskat. Berlin 1906, Bd. 2, S. 49 – 254 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, S. 1 – 4 und 7. 306 Es sollten nur Werke aus der Zeit von 1775 bis 1875 gezeigt werden. Dieses Vorgehen verlieh der Ausstellung einen stark retrospektiven Charakter. Beneke 1999, S. 124. Folgende Maler wurden in Chemnitz ausgestellt, jedoch nicht bei der Jahrhundertausstellung: Hans von Bartels, Fritz Boehle, Lovis Corinth, Otto Greiner, Karl Hagemeister, Ludwig von Hofmann, Graf Leopold von Kalckreuth, Max Klinger, Gotthardt Kuehl, Walter Leistikow, Leo Samberger, Sascha Schneider, Max Slevogt, Toni von Stadler, Karl Stauffer-Bern, Franz von Stuck, Fritz von Uhde, Maurice de Vlamick und Ludwig von Zumbusch. Ausstellungskat. Berlin 1906, Bd. 2, S. 49 – 254 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, S. 1 – 4 und 7. 307 Beneke 1999, S. 225.

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wurden.308 Darüber hinaus orientierte sich auch Johannes Rentzsch (Lebensdaten unbekannt), der Autor des einführenden Textes im Katalog zur Jubiläumsausstellung, an den Inhalten der bekannten Abhandlung Gurlitts. Beide Autoren verorten beispielsweise Anselm Feuerbach in eine klassizistische Tradition, betonen den Einfluss der Schule von Barbizon auf die Münchner Landschaftsmalerei und charakterisieren die Malerei Franz von Lenbachs als ein Kopieren „Alter Meister“.309 Neben Analogien in einzelnen künstlerspezifischen Charakterisierungen fällt darüber hinaus die gemeinsame Annahme zweier paralleler Erscheinungen in der Kunst ins Auge, näm­lich erstens die einer impressionistisch beeinflussten und von Liebermann vertretenen Malweise sowie zweitens die eines sogenannten „Individualismus“.310 308 Gurlitt 1907. Die erste Auflage erschien 1899. Die dritte Auflage ist überarbeitet und unterscheidet sich vor allem in einer breiteren Künstleraufnahme von der Erstauflage. „Meine Darstellung der Anfänge des 19. Jahrhunderts, wie ich sie 1899 in der ersten Auflage d ­ ieses Buches beschrieb, habe ich sach­lich nicht zu ändern gehabt. Frei­lich fehlen dort einige Namen, die in letzter Zeit vielfach genannt wurden.“ Gurlitt 1907, S. 664. Folgende Künstler, die bei Gurlitt 1907 erwähnt sind, wurden in Chemnitz ausgestellt, jedoch nicht bei der Jahrhundertausstellung: Lovis Corinth (S. 683), Otto Greiner (S. 600), Ludwig von Hofmann (S. 678), Graf Leopold von Kalckreuth (S. 676/677), Max Klinger (S. 582 – 600), Gotthardt Kuehl (S. 673), Walter Leistikow (S. 676), Sascha Schneider (S. 600), Max Slevogt (S. 683), Franz von Stuck (S. 557/558) und Fritz von Uhde (S. 496/497). 309 Gurlitt 1907, S. 366: „Die Griechen, die Italiener haben es umgekehrt gemacht; sie wussten, dass nur in der vollkommensten Wahrheit die größte Poesie ist. […] Das Ideal wurde zur Wirk­lichkeit und die Wirk­lichkeit zu[r] idealen Poesie. Der Weg, den Feuerbach hiermit als den seinigen bezeichnete.“ Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 2]: „Um die Mitte des 19. Jahrhunderts stand die deutsche Malerei […] mit Feuerbach […] noch im Klassizismus.“ Gurlitt 1907, S. 379: „Man lernte durch Lier von den Franzosen vor allem eins: dass das Bild Raumtiefe erhält […]; man nahm von Daubigny und seiner Schule dies Gesetz auf.“ Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 2/3]: „Nur die noch vorhandene bodenständige Tradition Münchens wurde in der Landschaft durch Ed. Schleich und Lier von seiten [sic] der Barbizoner befruchtet.“ Gurlitt 1907, S. 368: „Die Pilotyschule hat noch eine Reihe von Künstlern hervorgebracht, […]: Makart und Lenbach. (Ebd., S. 362) […] Lenbach hatte sich selbst geschult durch eine Reihe meisterhafter Kopien: es ist ein vertiefen in die Alten, ­dieses Neuschaffen von deren Werken gewiss eine Tugend.“ Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 3]: „Die Zeit (um 1860) war aber in München durch die einflussreiche Pilotyschule historisch gerichtet. Aus ihr ging Lenbach […] hervor, ganz in der Nachahmung alter Meister befangen.“ 310 Gurlitt 1907, S. 473: „Zwei Dinge waren es, um die man kämpfte: um den auf neuen Grundlagen gestellten Realismus, wie er sich in Liebermann als Führer darstellte, und der in der Hellmalerei, im plein air der Franzosen sich äußerte; und um den sich geltend machenden Individualismus.“. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 3]: „Um 1870 hatte sich aber um Leibl in München bereits der Kreis von Malern gesammelt, dem ledig­lich das Malenkönnen und die Kultur der Farbe als Ziel und Zweck der Malerei galt. […] Eine andere Reihe von Künstlern suchte in der Verklärung durch malerische Kultur ihren besonderen Stil. […] Inzwischen hatte die Frei­lichtmalerei

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Maßgeb­lich unterscheiden sich die Texte aber insbesondere dadurch, dass eine vermeint­ liche Sonderstellung des Impressionismus als bedeutende Neuerung in der Malerei in dem Text von Rentzsch viel stärker herausgearbeitet wird als bei Gurlitt, der immer wieder eine Dualität oder auch Diversität der Kunst betont.311 Im Katalog der Galerie Gerstenberger wird der Impressionismus als alleinige logische Konsequenz aus der vorherigen Kunstentwicklung hergeleitet. Und auch in der Jubiläumsausstellung selbst bildet die Kunst des deutschen Impressionismus einen merk­lichen Schwerpunkt. Kurz nach der Jahrhundertwende hatte es noch heftige Diskussionen über den Impressionismus gegeben: über seinen künstlerischen Wert und seine kunsthistorische Bedeutung. In ­diesem Zusammenhang wurde ebenfalls diskutiert, inwiefern sich der Impressionismus in ein „national deutsches“ Kunstschaffen einfügte, eine Kategorie, die für viele Kunstpublizisten eine bedeutende war. Die Diskurse wurden zu großen Teilen öffent­lich in der damaligen Kunstpubli­zistik geführt und fanden ihren Höhepunkt in der 1905 von Julius Meier-Graefe (1867 – 1935) publizierten Schrift Der Fall Böcklin.312 Hier vertieft er seine schon ein Jahr zuvor aufgestellte These, dass der folgerichtige Endpunkt der zeitgenössischen Kunstentwicklung nur der Impressionismus sein könne. Dies führte er anhand eines Vergleiches dieser Kunstrichtung mit der Kunst Arnold Böcklins aus, mit dem Ergebnis, dass Böcklin weder Maler noch „Künstler im Sinne höherer Ästhetik“ sei und seine Werke nicht als Kunst bezeichnet werden könnten.313 Der offensive Einsatz Meier-Graefes für den Impressionismus ist nicht alleiniges Z ­ eichen für die wachsende, generelle Anerkennung der impressionistisch beeinflussten Kunst, die sich in den Jahren ab 1900 vollzog. Auch die impressionistisch geprägte Berliner Sezession konnte schon wenige Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1898 eine starke Gegenposition zu dem traditionellen akademischen Kunstschaffen einnehmen. Ihre Ausstellungen avancierten zu den bedeutendsten hinsicht­lich der zeitgenössischen Kunst und die Werke der Künstlerinnen und Künstler der Sezession fanden bald den Weg in bürger­liche Sammlungen.314

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von Paris her diese reiche Münchner Entfaltung entscheidend berührt. Der Zug zum Lichte entwickelte sich an naturalistischen Stoffen rasch zum Impressionismus.“ So fragt Gurlitt „Warum ist nicht eine Kunst aus der Zweiheit oder Vielheit mög­lich?“ Gurlitt 1907, S. 688. Meier-Graefe 1905. Zu Julius Meier-Graefe siehe Becker/Marchal 2017. Meier-Graefe 1905, S. 123 und beispielsweise auch S. 88, 91, 107/108 und 110. Meier-Graefe war Teil der Ausstellungskommission der Jahrhundertausstellung 1906 gewesen. Meier-Graefe bezeichnete in seiner sehr umfangreichen Abhandlung Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst, die über 700 Seiten umfasst, Claude Monets Werke als das „allerbeste“ und sah Liebermann als dessen Nachfolger. Meier-Graefe 1904, S. 216, 218/219 und 528/529. Zur Bedeutung der Kunstpublizistik für die Kunstkritik und die Etablierung des Impressionismus am Beispiel Berlin siehe Becker/Marchal 2017. Zeising (2008, S. 45 – 48) gibt eine gute Zusammenfassung über die durch Meier-Graefe ausgelöste Diskussion. Paret 1981, S. 184; Daemgen 2011, S. 15 und Kuhrau 2005, S. 227.

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Den darauf folgenden wiederum neuen künstlerischen Ideen, die sich kurz nach der Jahrhundertwende entwickelten, stand die Leitung der Berliner Sezession allerdings ablehnend gegenüber. So konstituierte sich 1910 eine sogenannte Neue Sezession in Berlin, die in ihren Ausstellungen die „neueste“ Kunst präsentierte und somit die Berliner Sezession in ihrer Rolle als wegweisende Künstlervereinigung übertraf.315 Auch Meier-Graefe äußerte sich 1912/1913 wiederholt kritisch der künstlerischen Avantgarde gegenüber. So hatten sich die künstlerischen Positionen des Kunstpublizisten und der Vertreterinnen und Verteter der Berliner Sezession von modern und progressiv zu konservativ bewahrend entwickelt.316 Im Hinblick auf die Jubiläumsausstellung der Galerie Gerstenberger lässt sich nun feststellen, dass sie zwei Entwicklungen im deutschen Kunstbetrieb des beginnenden 20. Jahrhunderts rezipierte. Zum einen war sie einem Künstlerkanon verpflichtet, der zur Jahrhundertwende zusätz­liche Aufwertung erfuhr, näm­lich durch die prominente Publikation Gurlitts und durch die Jahrhundertausstellung im Jahr 1906. Zum anderen wurden Künstler präsentiert, die noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ausgesprochen modern und heftig diskutiert waren, sich aber in den folgenden Jahren im deutschen Kunstbetrieb fest verankern konnten. Da die Jubiläumsausstellung erst 20 Jahre ­später stattfand, gehörten diese Künstler zum Zeitpunkt der Chemnitzer Ausstellung schon lange nicht mehr zur Avantgarde. So können auch die nur wenig vor 1922 entstandenen Exponate, wie beispielsweise Dame in Weiß von Max Liebermann und Kunstfreunde von Lovis Corinth, einer bereits etablierten Kunstanschauung zugeordnet werden, die allgemein anerkannt war und wenig Anlass zur Diskussion bot (Abb. 36).317 Im Gegensatz zur Malerei wurden für den Bereich der Plastik in der Jubiläumsausstellung auch Künstler ausgewählt, deren Arbeiten an Stilformen orientiert waren, die sich erst nach dem Impressionismus in Deutschland entwickelten. So waren unter anderem auch Werke von Ernst Barlach und Georg Kolbe ausgestellt, die zu den bedeutendsten Bildhauern der 1920er Jahre gehörten. Dass die im Vergleich zu den Malern etwa eine Generation jüngeren Bildhauer gut in das Konzept der Ausstellung sowie der Galerie passten, ist mit ihrem Bewahren der Figür­lichkeit zu erklären. Denn das Gros der Bildhauer hielt viel länger an den figür­lichen, den Menschen abbildenden Formen fest, als es in der avantgardistischen Malerei zu beobachten war.318 So war es für Grosshennig ein Leichtes, moderne Bildhauer auszustellen, ohne dabei das Publikum mit aufgelösten Formen und radikalen Kunstverständnissen zu konfrontieren.

315 Zur Neuen Sezession siehe den auf ihrer Dissertation basierenden und fundierten Katalogbeitrag von Anke Daemgen (Daemgen 2011). 316 Manheim 1999, S. 99 und 110. Zu den Grenzen der „Modernität der eigenen Kunstanschauung“ Meier-Graefes siehe auch Fleckner 2006, S. 167/168. 317 Max Liebermann, Bildnis Lola Leder/Dame in Weiß, 1921, Öl auf Leinwand, 101 × 75 cm, Standort unbekannt; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1029, Kat.Nr. 1921/10. Lovis Corinth, Die Kunstfreunde Erich Goeritz und David Leder, 1921, Öl auf Leinwand, 118 × 89 cm, Regensburg, Kunstforum Ostdeutsche Galerie; Berend-Corinth 1992, S. 178/179, Kat.Nr. 841. 318 Merkel 2009, S. 19. Sie dazu auch Berger/Hartog 2017.

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Abb. 36  Dame in Weiß von Max Liebermann und Kunstfreunde von Lovis Corinth ausgestellt in der Galerie Gerstenberger, 1922

Umfang und Qualität der Exponate verschafften der Galerie überregionale Reputation. So fand die Jubiläumsausstellung in verschiedenen Zeitschriften Erwähnung und wurde insbesondere im Cicerone mehrfach gewürdigt.319 Dieser berichtet etwas überschwäng­lich, dass die Ausstellung einen Überblick über sechzig Jahre deutsche Kunstentwicklung in Malerei, Graphik und Plastik gebe: Keine der großen Schulgemeinschaften, keiner der abseitsstehenden einsamen Meister des an künstlerischen Tendenzen so reichen späten neunzehnten Jahrhunderts fehlte. Die Münchener, Karlsruher, Wiener, Feuerbach, Marées, Klinger, Thoma, Steinhausen und vor allem die Vollender und in gewissem Sinne auch schon wieder Überwinder des Impressionismus, Liebermann, Slevogt und Corinth waren mit zahlreichen vorzüg­lichen Stücken vertreten.320

319 Siehe Anm. 297. Neben den zwei Ausstellungsbesprechungen wurden auch zwei Werke, die in der Ausstellung zu sehen waren, reproduziert. Der Cicerone 14, H. 9, 1922, S. 386. Weitere, kleinere Berichte über die Ausstellung finden sich in der Kunstchronik 33, H. 26, 1922, S. 420/421; Kunst und Künstler 20, 1922, S. 292 und Der Kunstwanderer, 2. Märzheft, 1921/1922, S. 327 sowie 1. Aprilheft, 1921/1922, S. 352/353. 320 Der Cicerone 14, H. 9, 1922, S. 397/398.

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In Anbetracht der schier endlosen Liste der in der Jubiläumsausstellung fehlenden Künstlerinnen und Künstler, die in einer derartigen Überblicksausstellung hätten vertreten sein müssen, mutet die Berichterstattung etwas zu euphorisch an. Gleichzeitig ist sie aber Z ­ eichen dafür, dass es der Galerieleitung gelungen war, in der deutschsprachigen Kunstpublizistik ausgesprochen positiv wahrgenommen zu werden.321 Die vielen Leihgaben in der Ausstellung zeugen von einem Ausweiten des überregionalen Netzwerkes, denn die Mehrzahl der Exponate stammte aus Privat- oder Museumsbesitz sowie einige wenige aus dem Besitz der Dresdner Kunsthandlung Emil Richter.322 Die zwei bereits genannten Werke von Liebermann und Corinth waren laut Cicerone sogar zum ersten Mal öffent­lich präsentiert worden. Das Werk Liebermanns Dame in Weiß befand sich damals im Besitz des Textilkaufmannes David Leder und das Corinth-Gemälde Kunstfreunde in dem von Erich Goeritz, der in der Textilindustrie tätig war. Goeritz und Leder stammten beide aus Chemnitz, lebten allerdings zum Zeitpunkt der Ausstellung in Berlin. Sie sind auf dem Gemälde von Corinth als Doppelporträt dargestellt. Beide Familien verfügten über eine Kunstsammlung und hielten an Kontakten zu ihrer Heimatstadt fest. Die Werke sind ein Beispiel dafür, dass die zwei Kunstsammler auch ihre Verbindungen mit der Galerie Gerstenberger pflegten und diese mit Leihgaben unterstützten.323 321 Zu Meldungen über die Jubiläumsausstellungen in überregionalen Zeitschriften siehe auch Anm. 297. In der Zeitschrift Kunst und Künstler wird betont, dass die Ausstellung auch „über die Grenzen der Stadt hinaus Beachtung“ verdiene und dass die „führenden Meister nicht nur dem Namen nach, sondern in manchem Falle auch mit charakteristischen und schönen Werken“ vertreten waren. Kunst und Künstler 20, 1922, S. 292. Ebenso wird in der Zeitschrift Der Kunstwanderer die Ausstellung als „bedeutsam“ bewertet, in der „kaum einer der großen Meister fehle“. Besonders positiv hervorgehoben ist in dieser Besprechung der Versuch der Kunsthandlung, einen Epochenüberblick zu geben. Der Kunstwanderer, 1. Aprilheft, 1921/1922, S. 352/353. 322 Vermut­lich sind unter dem Vermerk „Privatb.“ im Ausstellungskatalog auch Werke erfasst, die sich zu ­diesem Zeitpunkt in der Sammlung eines Museums befanden. So handelt es sich bei dem mit Villa in Wannsee betitelten Gemälde von Max Liebermann in der Ausstellung sehr wahrschein­ lich um ein Gemälde, das 1918 von der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz erworben wurde und einen Ausschnitt der Blumenterrassen im Wannseegarten mit einem Teil der Villa zeigt: Die Blumenterrasse im Wannseegarten nach Nordwesten, 1918, Öl auf Leinwand, 74,5 × 93,5 cm, Standort unbekannt, Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 961, Kat.Nr. 1918/16. Das im Katalog mit Bildnis H. Th. betitelte Gemälde Liebermanns stellte den Kunsthändler Heinrich Thannhauser dar und befand sich im Jahr 1922 noch in dessen Besitz: Bildnis des Kunsthändlers Heinrich Thannhauser, 1918, Öl auf Leinwand, 92 × 74 cm, Bern, Kunstmuseum; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 971, Kat.Nr. 1918/30. 323 Zu David Leder und Erich Goeritz siehe Kap. 3.4.2 und 3.5. Auch das im Ausstellungskatalog mit Dame in Blau betitelte Gemälde Liebermanns war eine Leihgabe der Familie Leder: Bildnis Lola Leder (in blauem Kleid), 1920, Öl auf Pappe, 75 × 50 cm, Zürich, Kunsthaus, Züricher Kunstgesellschaft; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1006, Kat.Nr. 1920/10.

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Zwanzig Jahre nach Einrichtung der Abteilung Kunsthandel in der Firma Gustav ­ erstenberger stellte sich die daraus entstandene, weit über die Stadtgrenzen hinaus verG netzte Galerie qualitätsbedacht, aber in der Künstlerauswahl eher konservativ dar. Der letztgenannte Punkt wird nochmals im Vergleich mit der Jubiläumsausstellung der Galerie Ernst Arnold in Dresden deut­lich, die nur ein Jahr ­später im Oktober 1923 stattfand. Der Leiter der Kunsthandlung, Ludwig Gutbier (1873 – 1951), der sich hinsicht­lich seines Künstlerportfolios vorrangig an der Berliner Kunstszene orientierte, zeigte Werke von 48 Malern und acht Bildhauern.324 Es wurden vornehm­lich Werke einer jüngeren Künstlergeneration ausgestellt. Dabei waren vor allem Vertreter der Klassischen Moderne, wie Max Beckmann (1884 – 1950), Oskar Kokoschka (1886 – 1980) und Marc Chagall (1887 – 1985) sowie des Brücke-Expressionismus (ausgenommen Emil Nolde) zu sehen, aber auch Maler der Neuen Sach­lichkeit, wie Franz Radziwill (1895 – 1983). Nur neun der Künstler waren auch in Chemnitz zu sehen gewesen, näm­lich die impressionistischen Maler Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt (1868 – 1932) sowie Edvard Munch (1863 – 1944) und die Bildhauer August Gaul (1869 – 1921), Bernhard Hoetger (1874 – 1949), Georg Kolbe, August Kraus (1868 – 1934) und Louis Tuaillon (1862 – 1919).325 Es ist nicht verwunder­ lich, dass es vor allem hinsicht­lich der Bildhauer Überschneidungen bei den beiden Ausstellungen gibt, da diese innerhalb der Chemnitzer Ausstellung zu der jüngsten Künstlergeneration gehörten. Die Jubiläumsausstellung in Dresden war also viel mehr an der zeitgenössischen Kunst orientiert als die Chemnitzer. Trotzdem wird im Katalog der Galerie Gerstenberger betont, dass die Kunsthandlung eine „Pflegestätte der lebendigen Gegenwartskunst“ sei.326 Diese Einschätzung konnte die Analyse der Jubiläumsausstellung der Galerie Gerstenberger nicht bestätigen. Der Vergleich mit der Dresdner Ausstellung führt ­dieses Ergebnis noch deut­licher vor Augen. Obwohl in den Jahren bis 1922 sehr wohl Einzelausstellungen von Künstlern wie Oskar Kokoschka, Edvard Munch, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff in der Galerie Gerstenberger organisiert worden waren, wurden diese Künstler in der Auswahl für die repräsentative Jubiläumsausstellung kaum bedacht. Der Blick auf Dresden verdeut­ licht, dass die Galerieleitung mittels der Jubiläumsausstellung ganz bewusst das an einem konservativen Kunstgeschmack ausgerichtete Künstlerportfolio für die Galerie Gerstenberger definierte und in der deutschen Kunstszene etablierte. Diese Beobachtung steht im krassen Gegensatz zu den Erzählungen des Galerieleiters, Wilhelm Grosshennig, in der Nachkriegszeit über seine Arbeit in der Weimarer Republik. Denn rückblickend betonte er immer wieder vehement seine Zusammenarbeit und Ausstellungstätigkeit mit Künstlern 324 Negendanck 1998, S. 151/152. Ein ausgesprochen kritischer Bericht, in dem der Autor die Orientierung der Kunsthandlung am Berliner Kunstgeschehen verurteilt und sich einen Überblick über die Dresdner Kunst gewünscht hätte, findet sich im Cicerone 15, H. 23, 1923, S. 1105/1106. 325 Für eine Auflistung der Künstler, die in Dresden ausgestellt waren, siehe Negendanck 1998, S. 494/495. 326 Zitat: Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922, o. S. [S. 1].

Die Jubiläumsausstellung im Jahr 1922  I  107

des ­(Brücke-)­Expressionismus.327 Diese fehlten jedoch in der großen, repräsentativen Schau. Nachfolgend werden die anderen Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger betrachtet, um zu verifizieren, ob sich das beschriebene Künstlerportfolio konsolidierte.

3.2 Die Ausstellungen von 1920 bis 1932 Ausgangspunkt für die Untersuchung der Ausstellungstätigkeit bis 1932 soll das Jahr 1920 sein, denn es markiert erstens einen erheb­lichen Anstieg der überlieferten Ausstellungskataloge. Zweitens kann eine vermehrte Rezeption der Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger durch die überregionalen Kunstzeitschriften in Form von ­kurzen Meldungen und ausführ­ lichen Berichten belegt werden.328 Die folgenden Ausführungen fokussieren überwiegend die größeren Ausstellungen, die entweder mit einem Katalog oder durch einen Bericht in einer Zeitschrift fassbar sind. Gerade zu Beginn der 1920er Jahre zeigte die Galerie Gerstenberger eine Reihe von Ausstellungen expressionistischer Künstler. Deswegen sollen zuerst diese im Folgenden betrachtet werden. Im September bis Oktober 1920 sowie im Oktober und November 1922 fand jeweils eine Max-Pechstein-Ausstellung statt und im Oktober und November 1921 eine mit Zeichnungen und Lithographien von Oskar Kokoschka.329 Gemeinsam mit dem Chemnitzer Kunstverein Kunsthütte organisierte die Galerie im Januar 1921 die Ausstellung ­Mutter und Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte.330 Ein Jahr ­später, im Juli 1922, war eine Präsentation der Berliner Sezession in der Galerie Gerstenberger zu sehen, die ebenfalls Werke des Expressionismus beinhaltete. Und die in der Kunstchronik beworbene AquarellAusstellung bedeutender Expressionisten, die am 29. Mai 1923 im graphischen Kabinett der Galerie eröffnet wurde, lässt sich dieser Reihe hinzufügen.331 Die Max-Pechstein-Ausstellung im Jahr 1920 fand mög­licherweise in Kooperation mit der Dresdner Galerie Ernst Arnold statt: Im Dezember 1919 war hier ebenfalls eine Schau mit 327 Dazu siehe Schlusskapitel. 328 Die Ausstellungskataloge wurden spätestens ab 1912 und bis mindesten 1941, wahrschein­lich aber auch darüber hinaus bis 1945, in der firmeneigenen Druckerei gedruckt. Die Kataloge sind mit dem Logo „Gustav Gerstenberger, Chemnitz“ versehen. 329 Pechstein-Ausstellung 1920: Chemnitzer Kalender 1922, S. 126; Der Cicerone 12, H. 18, 1920, S. 690 und Soika 2011, Bd. 2, S. 62. Pechstein-Ausstellung 1922: Chemnitzer Tageblatt vom 31. Oktober 1922, S. 7; Kunstchronik 57, H. 51/52, 1922, S. 868 und Kunstchronik 58, H. 7, 1922, S. 130. Zu Kokoschka siehe Kunstchronik 57, H. 5, 1921, S. 83 und Chemnitzer Tageblatt vom 21. Oktober 1921, S. 4. Laut dem Chemnitzer Kalender waren vor allem Porträts und Akte zu sehen. 330 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1921a und Besprechung in: Der Cicerone 13, H. 5, 1921, S. 161. 331 Kunstchronik 58, H. 35/36, 1923, S. 660.

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Werken des Künstlers zu sehen und im Februar 1920 in deren Zweigstelle in Breslau.332 Ebenso lässt sich für die Max-Pechstein-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger im Oktober und November des Jahres 1922 eine Zusammenarbeit mit der Kestner-Gesellschaft in Hannover vermuten. Anhand von Rezensionen können einige Exponate der Chemnitzer Ausstellung identifiziert werden, viele der Werktitel finden sich auch in dem Katalog der Max-PechsteinAusstellung in der Kestner-Gesellschaft wieder, die nur wenige Monate zuvor, im Januar 1922, stattfand.333 Für das große Interesse des Chemnitzer Kunstpublikums an Max Pechstein spricht, dass parallel zur Ausstellung in der Galerie Gerstenberger auch eine Schau des Künstlers in der Kunsthütte zu sehen war. Diese zeigte unter anderem Werke aus Dresdner Privatbesitz sowie aus einer Ausstellung des Kronprinzenpalais in Berlin, die im Frühjahr desselben Jahres stattgefunden hatte.334 Dem Chemnitzer Publikum wurde also im Herbst 1922 eine umfangreiche und repräsentative Werkauswahl von Max Pechstein an zwei Ausstellungsorten präsentiert. Dies steht in einem etwas ambivalenten Verhältnis zu der Einschätzung des Kunstkritikers der lokalen Zeitschrift Chemnitzer Kalender, der in einem längeren Aufsatz im Jahr 1922 einleitend feststellt, dass die überwiegende Zahl seiner „Mitbürger“ der „neuen Kunst“ nur „kühl“ gegenüberstehe.335 Tatsäch­lich deutet vor allem das Zusammenspiel der beiden ­Pechstein-Ausstellungen darauf hin, dass für die Werke des Künstlers ein Interesse und eine positive Wertschätzung durch das damalige Chemnitzer Kunstpublikum herrschten. 332 Chemnitzer Kalender 1922, S. 126; Der Kunstwanderer 1, 1. Dezemberheft, 1919, S. 146; Der Cicerone 12, H. 4, 1920, S. 168. Die Chemnitzer Ausstellung zeigte überwiegend Landschaftsgemälde. 333 Rezension zur Ausstellung in der Galerie Gerstenberger: Chemnitzer Tageblatt vom 31. Oktober 1922, S. 7: „Neben der Kunsthütte hat im vergangenen Monat (Oktober) auch Gerstenberger eine große Pechstein-Ausstellung herausgebracht: etwa 25 Bilder und ein Überblick über die gesamte Graphik von 1908 – 1919. Beide Ausstellungen ergänzen sich wundervoll, die Gerstenbergerische ist mir aber aufschlussreicher gewesen.“ Des Weiteren sind einige Titel von Werken genannt, die sich in der Ausstellung befanden und anhand derer die Werke zum Teil identifiziert werden können. Identifizierte Werke mit Angabe der Werkverzeichnisnummer nach Soika 2011: Modistin, 1909 (wahrschein­lich Bd. 1, S. 155, Kat.Nr. 1908/7); Fischersonntag (wahrschein­lich Bd. 2, S. 199, Kat.Nr. 1920/14), Schwermut (wahrschein­lich Bd. 2, S. 218, Kat.Nr. 1920/44), Landende Boote (wahrschein­lich Bd. 2, S. 200, Kat.Nr. 1920/17), Flundernfischer, 1920 (Bd. 2, S. 202, Kat.Nr. 1920/21), Familienbildnis, 1920 (Bd. 2, S. 211, Kat.Nr. 1920/34b). Nicht identifizierte Werke: Getreidegruppe; Damenbildnis in Toilette, 1921; Haus am Walde; Belehrung, 1919; Kurische Gräber; Eisenbahn. Viele der Werktitel finden sich auch in dem teilweise überlieferten Katalog der Max-PechsteinAusstellung (47. Ausstellung der Kestner-Gesellschaft) in Hannover, die vom 1. bis 29. Januar 1922 stattfand. Vgl. Soika 2011, Bd. 2, S. 68. 334 Zur Ausstellung in der Kunsthütte siehe Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober 1922, S. 3. Hier auch mit Verweis auf die Ausstellung im Kronprinzenpalais in Berlin; siehe auch Kunstchronik 58, H. 4, 1922, S. 80: hier mit dem Hinweis, dass 24 Gemälde aus der Zeit von 1909 – 1919 aus der Sammlung „Dr. Lilienfelds“ präsentiert waren. 335 Chemnitzer Kalender 1922, S. 121.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  109

Die 1921 gezeigte Ausstellung ­Mutter und Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte umfasste eine heterogene Zusammenstellung verschiedener Künstlerinnen und Künstler und vereinte realistische Werke des ausgehenden 19. Jahrhunderts mit denen des deutschen Impressionismus und Expressionismus.336 So waren größere Werkkonvolute von Lovis Corinth, Conrad Felixmüller, Leopold von Kalckreuth, Max Klinger und insbesondere auch von Käthe Kollwitz, Wilhelm Lehmbruck, Max Liebermann, Emil Orlik, Max Pechstein, Adolf Schinnerer, Lasar Segall, Wilhelm Steinhausen sowie Hans Thoma ausgestellt.337 Expressionistische Kunst fand aber auch zu Anfang der 1920er Jahre nur punktuell Eingang in die Ausstellungstätigkeit der Galerie. Im Juli 1922 war eine Präsentation der Berliner Sezession in der Galerie Gerstenberger zu sehen, die ebenfalls Werke des Expressionismus beinhaltete, wie Der Cicerone berichtete: Am interessantesten sind überhaupt die mannigfachen Übergänge zum Expressionismus […]. Die drei kraftvollsten unter den „Abtrünnigen“ sind Willy Jaeckel (im figür­lichen), Erich Waske (in der Landschaft) und Franz Heckendorf […].338

Ein Jahr s­ päter zeigte die Kunsthandlung eine Aquarell-Ausstellung bedeutender Expressionisten, die am 29. Mai 1923 im graphischen Kabinett der Galerie eröffnet wurde.339 Dabei zeigt sich hier noch immer eine ambivalente Berichterstattung, wenn es um Künstlerinnen und Künstler des Expressionismus ging. In einer Mitteilung in der Kunstchronik waren noch viele Namen expressionistischer Künstler, wie Heinrich Campendonk, Lyonel Feininger, Willy Jaeckel, Alexej von Jawlensky, Oskar Kokoschka, Emil Nolde, Max Pechstein, Christian Rohlfs und Karl Schmidt-Rottluff benannt, die in der Ausstellung gezeigt wurden.340 Viele der Künstler tauchen auch in einer Anzeige im Chemnitzer Tageblatt auf, wo zusätz­lich noch Paul Klee erwähnt ist.341 Die dort zwei Wochen ­später erschienene Rezension betont jedoch andere Exponate.342 Nur vier der in der Kunstchronik genannten Künstler werden tatsäch­lich etwas ausführ­licher besprochen.343 Campendonk wird darüber hinaus abschätzig kritisiert und andere angekündigte, bedeutende Künstler werden einerseits gar nicht erwähnt oder waren andererseits nur mit „einzelnen oder einigen [vermeint­lich, A. d. V.] wenig sagenden“

336 Darunter auch viele Künstler, die sich nicht eindeutig zuordnen lassen, aber expressionistische oder impressionistische Tendenzen aufweisen. 337 Weitere vertretene Künstler, die dem Expressionismus zugeordnet werden, waren: Ernst Barlach, Willy Jaeckel, Heinrich Nauen, Emil Nolde, Max Pechstein, Christian Rohlfs und Karl Schmidt-Rottluff. 338 Der Cicerone 14, H. 14, 1922, S. 616. 339 Kunstchronik 58, H. 35/36, 1923, S. 660. 340 Ebd. 341 Chemnitzer Tageblatt vom 29. Mai 1923, S. 2. 342 Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juni 1923, S. 5. 343 Diese sind: Josef Eberz, Otto Lange, Max Pechstein und Max Unold. Ebd.

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Werken vertreten.344 Der Verfasser des Berichtes kommt zwar zu dem Schluss, dass „die Leute der Brücke“ und die ihnen „nahestehenden“ am „stärksten“ wirkten, allerdings geht er in der vorangehenden ­kurzen Beschreibung allein auf Pechstein als Vertreter der Brücke ein.345 Von den anderen Künstlern, die er herausstellt, verwandten zwar einige expressionistische Formensprachen und Farbkonzepte in ihren Werken, jedoch in unterschied­licher Intensität, wie Josef Eberz (1880 – 1942) und Richard Seewald (1889 – 1976). Andere, wie Max Unold (1885 – 1964), werden heute dagegen ganz anderen Strömungen als dem Expressionismus zugeordnet, näm­lich der Neuen Sach­lichkeit. In der Ausstellung scheinen einige „nette Aquarelle landschaft­licher Motive“ präsentiert gewesen zu sein, die auch einem konservativen Publikum gefallen konnten, da sie „das Gegenständ­liche stärker sprechen lassen als die künstlerische Form“.346 Auch der Verfasser bemerkt durchaus positiv, dass der „Ausstellung problematische Werke“ fehlten.347 Von Heinrich Campendonk war beispielsweise ledig­lich ein Männerkopf ausgestellt, der „noch erträg­lich“ gewesen sei.348 Die tendenziöse Ausrichtung der Ausstellungsrezension und die kritische Haltung der Chemnitzer Presse gegenüber abstrahierender Formensprache, Rhythmisierungen und formaler Reduktion in der Kunst ist evident. Mit Blick auf Max Pechstein und dessen öffent­ liche Wertschätzung in Chemnitz ist diese Kunstkritik in der Chemnitzer Presse nicht nur tendenziös an sich, sondern zusätz­lich selektiv. Künstler wie Feininger und Klee wurden in dem Bericht überhaupt nicht erwähnt, obwohl sie laut Kunstchronik und der zwei Wochen zuvor ebenfalls im Chemnitzer Tageblatt geschalteten Anzeige mit Werken auf der Ausstellung vertreten waren. Deut­lich wird anhand der Besprechung aber auch die künstlerische Breite, die die Galerie in ihrer Ausstellung bot. Anscheinend ganz bewusst zeigte sie nicht nur Werke abstrahierender und expressionistischer Künstler, sondern auch Vertreter der zeitgenössischen Kunst, die weitestgehend realistisch arbeiteten. Gerade dieser Aspekt lässt einen vorsichtigen oder vielmehr taktischen Umgang der Galerie Gerstenberger mit Werken der zeitgenössischen Kunst erkennen. Grosshennig zeigte während der Dauer der oben besprochenen Aquarell-Ausstellung in den anderen Räumen der Galerie erst eine Ausstellung lokaler Künstlerinnen und Künstler und dann, spätestens 344 Genannt werden hier: Karl Schmidt-Rottluff, Christian Rohlfs, Oskar Kokoschka, Franz Radziwill, Lasar Segall, Georg Schrimpf, Alfred Kubin und Franz Heckendorf. Ohne Erwähnung blieben: Lyonel Feininger, Willy Jaeckel, Alexej von Jawlensky und Emil Nolde. Ebd. 345 Ebd.: „Landschaft­lich übertrifft Pechstein, was man sonst von ihm sieht (rote Kiefern und Wiesenlandschaft), seine starke primitive Note führt aber den Künstler auch zu Kritiklosigkeit (Telegraph). Er bietet ferner ein gutes Porträt.“ 346 Ebd. 347 Ebd. 348 Das ausgestellte Werk konnte nicht identifiziert werden. Besonders aus der Zeit von 1912 bis 1919 ist eine Vielzahl von Aquarellen Campendonks überliefert, die anfäng­lich noch im Einfluss des Blauen Reiters, vor allem Wassily Kandinskys, standen und s­ päter ab 1917 mehr kubistisch beeinflusst waren. Vgl. Firmenich 1989.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  111

ab 17. Juni 1923, Gemälde aus dem Galeriebesitz, die in dem Zeitraum von 1841 bis 1914 entstanden waren.349 Eine Praxis, die er auch bei anderen Ausstellungen anwandte. Mit den Zeichnungen und Lithographien Oskar Kokoschkas zeigte Grosshennig 1920 beispielsweise nicht etwa gleichwertige Vertreter des Expressionismus, sondern Werke des 19. Jahrhunderts.350 Ebenso kombinierte er die Max-Pechstein-Ausstellung im Jahr 1922 mit Vertretern des deutschen Impressionismus, der Münchner Schule sowie der Düsseldorfer und Karlsruher Akademie.351 Die nur zöger­liche Aufnahme expressionistischer Künstler in das Künstlerportfolio der Galerie ab 1920 lässt ein eher konservatives Publikum in der Stadt vermuten. Nicht zuletzt ist die kritische Berichterstattung im Chemnitzer Tageblatt über die Aquarell-Ausstellung bedeutender Expressionisten im Jahr 1923 Indiz dafür. Schon in den Jahren vor 1920 war expressionistische oder andere Kunst, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet wird, nur ausgesprochen vereinzelt in der Galerie Gerstenberger zu sehen gewesen: In den Jahren vor 1920 können bisher nur die drei bereits besprochenen Ausstellungen von Werken van Goghs (1910), Schmidt-Rottluffs (1911) sowie der Neuen Sezession Berlin (ebenfalls 1911) genannt werden.352 Die hier festgestellte vermehrte Ausstellungstätigkeit der Galerie in Bezug auf die Kunst des Expressionismus, könnte mit einer gestiegenen Akzeptanz dieser Kunstrichtung in der Weimarer Republik begründet sein. Zumindest die Kunst von Max Pechstein schien das Chemnitzer Publikum mittlerweile positiv bewertet zu haben. Die Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger in den folgenden Jahren bis 1933 bestätigen diesen kurzzeitig zu beobachtenden Trend jedoch nicht. Hier wird sich zeigen, dass das Künstlerportfolio vielmehr einen konservativen künstlerischen Standpunkt manifestiert. Die zweite besonders prominente Ausstellung in den 1920er Jahren war neben der Jubiläumsausstellung im Jahr 1922 die Präsentation Romantik und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung im Frühjahr 1924. Mitte April wurde diese „durch einen Vortrag des Herrn Dr. Zoege von Manteuffel vom Kupferstichkabinett in Dresden eröffnet“, berichtete 349 Chemnitzer Tageblatt vom 12. Mai 1923, S. 2 und vom 17. Juni 1923, S. 9. 350 „Neben der augenblick­lich stattfindenden Kokoschka-Ausstellung, Werke von Meistern des 19. Jahrhunderts, u. a. Hans Thoma, Carl Schuch, Eduard Schleich, Ludwig Dill, Friedrich August vom Kaulbach, Fritz Boehle, Louis Eysen.“ Kunstchronik 57, H. 6, 1921, S. 105. 351 Die Ankündigung in der Kunstchronik kann heute missverstanden werden: „Ausstellung Gerstenberger, im November: Gemälde und Graphik von Max Pechstein – Außerdem Einzelwerke bedeutender Maler der Gegenwart“ (Kunstchronik 58, H. 7, 1922, S. 130). Die hier genutzte Benennung bezog sich keineswegs auf Kollegen der Brücke, andere Expressionisten, oder Vertreter der sogenannten neuen Kunst, sondern auf folgende Künstler bzw. Werke: Angelo Jank (Kürassier), Willy Hamacher (Hafen- und Seestücke), Ulrich Hübner, Gustav Schönleber, Ludwig Dill, Hans Thoma (Idyll 1895), Lovis Corinth (Damenporträt), Max Slevogt, Albert von Keller, Lesser Ury, Fritz Boehle, Franz von Defregger, Toni von Stadler, Heinrich von Zügel, Karl Hagemeister, Bernhard Buttersack, Carl Schuch. Auflistung im Chemnitzer Tageblatt vom 31. Oktober 1922, S. 7. 352 Zu den Ausstellungen siehe Kap. 2.4.1 und Kap. 2.4.2.

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Der Cicerone.353 Mit Kurt Zoege von Manteuffel (1881 – 1941) holte Grosshennig sich zwar einen etablierten Wissenschaftler, jedoch keinen ausgewiesenen Romantik- oder Biedermeierexperten ins Haus.354 Da die Ausstellung auch Leihgaben aus dem Dresdner Kupferstichkabinett umfasste, ist hier ein guter Kontakt mit der Galerieleitung anzunehmen. Vielleicht war es auch dieser Kontakt, dem die Galerie eine Rezension in der österreichischen Kunstzeitschrift Belvedere verdankte.355 Zumindest war Zoege von Manteuffel öfter als Rezensent für diese Zeitschrift tätig.356 Der nicht näher zu bestimmende Rezensent zur Romantik-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger fällt zwar ein eher kritisches Urteil über die Epoche, die Ausstellung wird insgesamt aber positiv besprochen und die Galerie Gerstenberger erreicht dadurch eine über die deutschen Grenzen hinausreichende Werbung. Aus der Rezension sowie der Ankündigung im Cicerone geht weiter hervor, dass die Ausstellung eine groß angelegte Schau war und viele Leihgaben aus überregionalem Privatbesitz und Museen beinhaltete. Sie hatte damit nicht nur für die Stadt eine signifikante Bedeutung, sondern diese reichte auch nach zeitgenössischer Einschätzung „weit über Chemnitz hinaus“.357 Der Katalog listet 51 Gemälde, 173 Zeichnungen und Aquarelle sowie 56 Graphiken.358 Zwei weitere große Rezensionen mit verschiedenen Abbildungen von Exponaten wurden über die Ausstellung verfasst, eine von Johannes Rentzsch in der Zeitschrift Kunst für alle und eine im Cicerone von Martin Richard Möbius (1892 – 1952), der auch Autor des Katalogvorwortes war.359 353 Der Cicerone 16, H. 9, 1924, S. 422. 354 Kurt Zoege von Manteuffel leitete von 1923 bis zu seinem Tode das Kupferstichkabinett der Staat­ lichen Gemäldegalerie in Dresden. Er publizierte vornehm­lich zur italienischen Renaissance und zur niederländischen Kunst des 16. und 17. Jahrhunderts. 355 Belvedere 5, Forum H. 1 (Januar bis Juli), 1924, S. 143 – 145. 356 So beispielsweise zu einer Ausstellung im Chemnitzer Museum ebenfalls 1924 (Belvedere 5, Forum H. 2 (August bis Dezember), 1924, S. 41 – 43) und verschiedenen Dresdner Ausstellungen. 357 Belvedere 5, Forum H. 1 (Januar bis Juli), 1924, S. 143: „Die Veranstaltung wurde von einer Anzahl deutscher Museen und von namhaften deutschen Sammlern aus allen Teilen des Reiches unterstützt, sodass eine Ausstellung zusammengebracht werden konnte, die sich aus etwa 300 Nummern zusammensetzt und eine Bedeutung weit über Chemnitz hinaus erreicht.“ 358 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1924. 359 Kunst für alle 39, 1923/1924, S. 316 – 320. Hier sind ein Gemälde von Georg Philipp Schmitt Maler im Kreise seiner Familie, ein Aquarell von Julius Schnorr von Carolsfeld Das Gleichnis von den Ähren aus dem Kupferstichkabinett, Leipzig, eine Tuschezeichnung von Karl Blechen Klosterhof im Schnee bei Vollmond aus der Sammlung Carl Heumann, Chemnitz; das Gemälde Felsenschlucht von ­Caspar David Friedrich aus der Sammlung Prof. Thoerner, Wien (heute: Kunsthistorisches Museum, Wien; vgl. Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 380/381, Kat.Nr. 301) sowie das Aquarell Jäger, Sennerin und Ziegen auf der Hirschbergalm (im Katalog der Ausstellung betitelt als Jäger) von ­Wilhelm von Kobell (heute: Museum der bildenden Künste, Leipzig; vgl. Wichmann 1970, S. 500, Kat.Nr. 1599) abgebildet. Der Cicerone 16, H. 1, 1924, S. 506 – 509. Hier ist das ­gleiche Werk von Schnorr von Carolsfeld wie in der Zeitschrift Kunst für alle abgebildet und darüber hinaus ein Aquarell von Adrian Ludwig

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Die ausgestellten Werke, die im Katalog verzeichnet sind, können aufgrund der wenigen Angaben kaum identifiziert werden. Dafür wird aus den Rezensionen deut­lich, dass Leihgaben von Carl Heumann (1886 – 1945), dem Grafen Vitzthum von Eckstädt, dem Kupferstichkabinett des Museums der bildenden Künste in Leipzig und der Gemäldegalerie in Dresden, der Hamburger Kunsthalle sowie Werke aus einer Wiener Privatsammlung präsentiert wurden.360 Die überregionalen Zeitschriften zeigten reges Interesse an der Ausstellung. Die sehr positive Besprechung im Cicerone, die die hohe Qualität der Werke betont und lobend hervorhebt, dass ein kunsthistorischer Überblick gegeben werde, wird aber vor allem durch eine kritische Stimme relativiert.361 So publizierte der Rezensent aus dem Belvedere ebenfalls einen Bericht im Kunstwanderer, wo er die Berechtigung der „Wiederauflebung der ganzen Periode“ in Frage stellt und kritisiert, dass auch die Chemnitzer Ausstellung nichts zur kunsthistorischen Aufarbeitung der beiden Epochen beisteuere.362 Abschließend legt er jedoch die Veranstaltung auch auswärtigen Besuchern nahe und er hebt lobend die besondere Qualität der Zeichnungen in der Ausstellung heraus.363 Ist die überregionale Wahrnehmung dieser Ausstellung also eher ambivalent, spricht dagegen der Einblick in die Liste der verschiedenen Leihgeber für weitverzweigte und vertrauensvolle Geschäftskontakte, die sich Grosshennig bis 1924 erarbeiten konnte und die ihm die Mög­lichkeit boten, eine derartige Ausstellung überhaupt zu organisieren. In den folgenden Jahren bis 1933 zeigte die Galerie Gerstenberger noch vier weitere große Themenausstellungen: im September 1925 Porzellan- und Majolika-Plastik der Gegenwart, im Oktober 1928 Meisterwerke Deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts und der Neueren Zeit, im Herbst 1929 Holländische Meister des 17. Jahrhunderts sowie im Herbst 1932 wieder eine der Romantik gewidmete Ausstellung mit Zeichnungen und Aquarellen: Deutsche Romantiker und Ludwig Richter-Schüler.364 Diese fanden verschiedent­lich Beachtung in den Richter Der Abend und eine aquarellierte Zeichnung von Georg Friedrich Kersting Innenraum aus dem Kupferstichkabinett Leipzig sowie das Doppelporträt Karl Boromäus von Miltitz und Auguste von Miltitz von Moritz Retzsch aus dem Besitz des Grafen Vitzthum von Eckstädt, Lichtenwalde. 360 Zu Carl Heumann siehe Kap. 3.4.2 und 5.2. Gemeint ist hier wohl Graf Friedrich Vitzthum von Eckstädt (1855 – 1936). 361 Der Cicerone (16, H. 1, 1924, S. 506) schreibt, dass die Ausstellung eine „zureichende Übersicht der Epoche“ gibt. Abschließend kommt der Autor zum Schluss: „Die besondere Geltung der romantischen Epoche für unsere Zeit, ihre Verknüpfung mit unseren Ursprüngen und unseren Anlagen, wird in dieser Ausstellung noch einmal deut­lich sichtbar“ (Ebd., S. 509). Ebenso benennt die Kunst für alle die Schau in der Galerie Gerstenberger als „große überblickende Ausstellung“, die „Überraschungen und Seltenheiten“ beinhalte. Kunst für alle 39, 1923/1924, S. 316 und 320. 362 Der Kunstwanderer, 1./2. Juniheft, 1924, S. 287. 363 Ebd. 364 Zu den Ausstellungen Meisterwerke Deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts und der Neueren Zeit und Deutsche Romantiker und Ludwig Richter-Schüler ist jeweils ein Katalog überliefert: Ausstellungskat.

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überregionalen Zeitschriften. So wird die Ausstellung der Porzellan- und Majolika-Plastik der Gegenwart sowohl in der Kunstchronik als auch im Cicerone als Besonderheit herausgestellt.365 Die Galerie Gerstenberger greift hier geschickt den Trend der Künstlerkeramik auf, der sich seit der Jahrhundertwende mit der Konstituierung verschiedener Werkstätten verstärkte und auch in den 1920er Jahren aktuell war. Die in kleinen Serien produzierten Figuren wurden zum Teil von zeitgenössischen Bildhauerinnen und Bildhauern entworfen und waren als dekorative Porzellanplastiken sehr beliebt, ähn­lich der Salonplastik im ausgehenden 19. Jahrhundert. Auch in der Ausstellung in der Galerie Gerstenberger waren unter anderem Werke von Künstlern zu sehen, die vorwiegend als Bildhauer tätig waren, wie Ernst Barlach, Georg Kolbe, Gerhard Marcks sowie von dem Architekten Hans Poelzig. Darüber hinaus waren Porzellane von Künstlern, die hauptsäch­lich im kunsthandwerk­lichen Bereich tätig waren, ausgestellt, wie Bernhard Hoetger, Max Laeuger und Dagobert Peche sowie anderen Vertretern der Wiener Werkstätten. Die Ausstellung war in der Fachwelt sowie in wirtschaft­licher Hinsicht ein Erfolg. So berichtete beispielsweise das Chemnitzer Tageblatt davon, dass der Direktor der Staat­lichen Kunstgewerbeakademie in Dresden und der Direktor der Staat­lichen Porzellan-Manufaktur in Berlin die Ausstellung besucht hätten.366 Darüber hinaus sei schon zu Beginn der Laufzeit ein „ansehn­licher Teil“ der Exponate verkauft worden.367 Die im Folgenden betrachteten Ausstellungen Meisterwerke Deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts und der Neueren Zeit (1928) und Deutsche Romantiker und Ludwig Richter-Schüler Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen (1932) entsprechen hinsicht­lich des Themenfeldes und der Künstlerauswahl dem üb­lichen Portfolio der Galerie Gerstenberger. Die erstgenannte Ausstellung verzeichnet in dem dazugehörigen Katalog einen ähn­lichen Künstlerkanon, wie er bereits für die Jubiläumsausstellung im Jahr 1922 festzustellen war. Ein besonders großer Schwerpunkt lag auch hier unter anderem auf den Werken von Lovis Corinth und Max Galerie Gerstenberger 1928 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1932. 365 Kunstchronik 59, H. 29, 1925, S. 477: „Eine Zusammenstellung in solcher Geschlossenheit ist bisher in Deutschland noch nirgends gezeigt worden.“ Der Cicerone 17, H. 19, 1925, S. 960: „Die Leitung des ‚Kunstsalon Gerstenberger‘ hat mit großer Umsicht und einwandfreiem Geschmack eine größere Sammlung neuerer Porzellan- und Majolikaerzeugnisse in ihren Räumen ausgestellt und damit in einzigartiger Weise einen Überblick ermög­licht, der den Stand der Industrie erkennen lässt.“ Laut Mitteilung im Chemnitzer Tageblatt fand die Ausstellung auch in den Zeitschriften Kunst und Dekoration, Kunstblatt, Kunst für alle sowie in den Tageszeitungen Sächsische Staatszeitung, Leipziger Neueste Nachrichten und Dresdner Neueste Nachrichten Erwähnung. Chemnitzer Tageblatt vom 16. Oktober 1925, S. 13. 366 Chemnitzer Tageblatt vom 16. Oktober 1925, S. 13. 367 Chemnitzer Tageblatt vom 18. September 1925, S. 7. In einem weiteren Bericht zu der Ausstellung waren auch Photographien von Exponaten abgedruckt: Chemnitzer Tageblatt vom 21. Oktober 1925, S. 7.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  115

Liebermann sowie zusätz­lich auf denen von Carl Spitzweg.368 Ebenso waren von Wilhelm Leibl, Ferdinand von Rayski, Max Slevogt, Johann Sperl, Wilhelm Steinhausen, Hans Thoma, Fritz von Uhde und Heinrich von Zügel mehrere Gemälde präsentiert. Darüber hinaus fanden im Gegensatz zu der Jubiläumsausstellung nun auch einzelne Werke von Stilrichtungen Beachtung, die sich nach dem Impressionismus entwickelt hatten. Diese wurden allerdings abgesehen von einer Stadtansicht aus Paris, die Oskar Kokoschka 1925 gefertigt hatte, nicht in dem Ausstellungskatalog abgebildet:369 So war von Kokoschka darüber hinaus noch ein Stillleben zu sehen, von Max Beckmann ein Porträt, eine Winterlandschaft von Wassily Kandinsky sowie jeweils zwei Werke von Willy Jaeckel und Karl Schmidt-Rottluff. Des Weiteren waren Paula Modersohn-Becker und Heinrich Nauen vertreten.370 Ebenso wurden in der Galerie häufig zu sehende Bildhauer, wie Ernst Barlach, Georg Kolbe und Wilhelm Lehmbruck mit Künstlerinnen und Künstler kombiniert, die noch nicht so oft vertreten waren: Jussuff Abbo, Ernesto de Fiori und Renée Sintenis. Die Ausstellung ist insofern hervorzuheben, weil der überlieferte Katalog als einziger Gemälde verschiedener Künstlerinnen und Künstlern listet, die heute als wegweisend für die Klassische Moderne bewertet werden. Dazu zählen Max Beckmann, Wassily Kandinsky, Paula Modersohn-Becker und Heinrich Nauen. Grosshennig präsentierte hier also Werke mit großer überregionaler Bedeutung. Zusätz­lich konnte das Chemnitzer interessierte Kunstpublikum Gemälde dieser Künstlerinnen und Künstler nicht in den Räumen der städtischen Kunstsammlung sehen, da sie dort nicht vertreten waren.371 Damit nahm die Ausstellung zusätz­lich eine wichtige bereichernde Funktion für das kulturelle Leben in Chemnitz ein. 368 Identifizierbare Werke von Corinth: Kinderwäsche (Berend-Corinth 1992, S. 142, Kat.Nr. 578), Pferde­ stall (wahrschein­lich ebd., S. 143, Kat.Nr. 590), Reiter (wahrschein­lich ebd., S. 172, Kat.Nr. 800), Brandung (ebd., S. 91, Kat.Nr. 247, dort Ostsee). Identifizierbare Werke von Liebermann: Villa im Park (Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1198, Kat. Nr. 1928/20), Wannseegarten (wahrschein­lich ebd., S. 1190, Kat.Nr. 1928/5), Gartenweg mit roten Blumen (ebd., S. 1191, Kat.Nr. 1928/8). Identifizierbare Werke von Spitzweg: Gewitterstimmung im bayerischen Hochgebirge (Roennefahrt 1960, S. 154, Kat.Nr. 160, dort Kleine Landschaft), Dirndl auf der Alm (ebd., S. 173, Kat.Nr. 374), Schäferin (ebd., S. 193, Kat.Nr. 566), König David mit der Harfe (ebd., S. 305, Kat.Nr. 1525 dort David), Spaziergang des Gutsherrn (ebd., S. 235, Kat.Nr. 918, dort Gutsherr und Gemahlin). 369 Oskar Kokoschka, Paris Tuilerien I (mit Louvre), 1925, Öl auf Leinwand, 81 × 117 cm, Schweiz, Privatbesitz (seit etwa 1943); Erling/Winkler 1995, S. 118, Kat.Nr. 205. 370 Weitere Künstlerinnen und Künstler, die unter der Rubrik „Neuere Zeit“ im Katalog gelistet sind: Charlotte Berend, Josef Eberz, Julius Hess, Karl Hofer, George Mosson, Hans Purrmann, Waldemar Rösler, Georg Schrimpf, Hugo Troendle, Max Unold, Lesser Ury, Karl Walther, Albert Weisgerber, Emil Rudolf Weiß. Bis auf Berend, Troendle und Walther, von denen jeweils drei Werke ausgestellt waren, wurden von den Künstlern je ein oder zwei Werke präsentiert. Wahrschein­lich handelte es sich bei allen aufgeführten Werken um Gemälde. 371 Im Gegensatz zu den hier genannten Bildhauerinnen und Bildhauer, die alle auch mit Werken in der städtischen Kunstsammlung Chemnitz vertreten waren. So wurden Werke von Abbo, Barlach,

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An den Erfolg der 1924 veranstalteten Ausstellung Romantiker und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung knüpfte die im Oktober und November 1932 präsentierte Schau Deutsche Romantiker und Ludwig Richter Schüler an. Mit 113 präsentierten Werken war die Ausstellung um einiges kleiner als die im Jahr 1924, die 281 Exponate listete. Dafür wurde aber 1932 eine viel höhere Anzahl an Gemälden präsentiert, die zum großen Teil auch verkäuf­lich waren.372 Vor allem die prominenten Vertreter der Romantik in Dresden, Carl Gustav Carus (1789 – 1869), Johan Christian Clausen Dahl (1788 – 1857) und Ernst Ferdinand Oehme (1797 – 1855), waren gut repräsentiert, wobei von Caspar David ­Friedrich (1774 – 1840) nur ein Gemälde gezeigt wurde.373 Darüber hinaus waren eine ganze Reihe von Werken der Schülergeneration der eben genannten Künstler zu sehen, unter anderem Christian Friedrich Gille (1805 – 1899), Robert Kummer (1810 – 1889) und Rudolf Schuster (1848 – 1902). Der Kunsthändler bewies mit dieser Ausstellung vor allem, dass er auf dem Gebiet der Romantik in der Lage war, eine große Anzahl an Gemälden zu akquirieren, die er zum Verkauf anbieten konnte. Einige Leihgaben aus Privatbesitz zeugen zusätz­lich davon, dass im Chemnitzer Raum Privatpersonen Gemälde der Romantik zu ihrem Besitz zählten, auf die Grosshennig leihweise für seine Ausstellung zurückgreifen konnte.374 Damit erweiterte er nicht de Fiori, Kolbe, Lehmbruck und Sintenis hauptsäch­lich in den Jahren 1923 – 1926 für die städtischen Kunstsammlungen erworben. Siehe dazu auch Kap. 3.3.2. 372 1924 waren 51 Gemälde ausgestellt, davon 15 als verkäuf­lich markiert, und 1932 waren 82 Gemälde ausgestellt, von denen 63 erworben werden konnten. Vgl. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1924 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1932. Schon die Art und Weise der Bezeichnungen verdeut­licht markant die unterschied­liche Verteilung in den beiden Ausstellungen. Waren 1924 noch alle verkäuf­lichen Werke mit einem Stern (*) markiert, wurde diese Kennzeichnung 1932 für die unverkäuf­lichen Gemälde genutzt. Einige der verkäuf­lichen Werke hatte die Galerie Gerstenberger auf der Auktion der Kopenhagener Sammlung Grosell im Juni 1932 ersteigert. Dazu Kap. 3.5. 373 Caspar David Friedrich, Das Kreuz an der Ostsee, um 1815, Öl auf Leinwand, 45 × 33,5 cm. Es sind insgesamt vier Gemälde mit ­diesem Titel und der Darstellung bekannt. Heute ist eines davon als Original identifiziert worden und drei als Kopien. Das Original befindet sich in der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, Berlin, und von den Kopien jeweils eine im Wallraf-RichartzMuseum in Köln, in der Sammlung Georg Schäfer in Schweinfurt sowie in Hamburger Privatbesitz. Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 330/331, Kat.Nr. 215. Welches dieser vier Gemälde in der Galerie Gerstenberger ausgestellt war, kann nach aktuellem Forschungsstand nicht benannt werden. 3 74 Jeweils eine der beiden Ruinen im Mondschein, die von Carl Gustav Carus zu sehen waren, stammte wahrschein­lich aus dem Besitz Werner Fraustadts und Kurt Büttners, beide in Chemnitz ansässig. Werner Fraustadt war darüber hinaus auch Leihgeber eines der Werke von Johan Christian Clausen Dahl Ansicht von Dresden im Mond­licht (Bang 1987, Bd. 2, S. 300, Kat.Nr. 995,) und eines von Rayski Krammetsvogel in der Schlinge (Walter 1943, S. 216, Kat.Nr. 138). Beide Gemälde waren auch auf der Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1935 zu sehen (Ausstellungskat. Chemnitz 1935, S. 111, Kat. Nr. 47 und S. 125, Kat.Nr. 193). Laut Werkverzeichnis erwarb Grosshennig die Ansicht von Dresden

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nur das Spektrum an mög­lichen Exponaten, sondern repräsentierte öffent­lich seine Geschäftskontakte und ermög­lichte zusätz­lich den lokal ansässigen Sammlerinnen und Sammlern, ihren Besitz zu präsentieren. Mit Blick auf die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik, auf die ­später noch eingegangen wird, machen die beiden umfangreichen Ausstellungen zur Romantik die Beliebtheit dieser Epoche beim Publikum augenschein­lich. Für die Arbeit von Wilhelm Grosshennig in der Galerie Gerstenberger stellte die Kunst der deutschen Romantik einen Schwerpunkt dar. Ein Novum im Programm der Galerie Gerstenberger war dagegen die Ausstellung Holländische Meister des 17. Jahrhunderts im Jahr 1929. Erst ab 1927 sind überhaupt Werke holländischer Maler des 17. Jahrhunderts in der Kunsthandlung präsentiert worden: Im August waren gleichzeitig mit der großen Ausstellung des plastischen Werkes von Edgar Degas (1834 – 1917) sowie einem kleineren Konvolut von 20 Werken Heinrich von Zügels (1850 – 1941) auch Holländische Meister des 17. Jahrhunderts zu sehen gewesen.375 Ein Jahr ­später, im August 1928, zeigte Grosshennig in einer Sammelausstellung verschiedener Einzelwerke auch einige Gemälde von Willem van de Velde (1633 – 1707) und Philips Wouwerman (1618 – 1668).376 Im Februar 1929 hatte die Galerie neben Plastiken von Georg Kolbe (1877 – 1947) und Gemälden verschiedener Künstler des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts auch Gemälde holländischer Künstler des 17. Jahrhunderts präsentiert, die auch im Juni desselben Jahres neben Gemälden des 19. Jahrhunderts zu sehen waren.377 Das scheinbar unvermittelte Einsetzen von Präsentationen holländischer Kunst des 17. Jahrhunderts in der Galerie Gerstenberger am Ende der 1920er Jahre stand in Zusammenhang mit einer Ausstellung, die der Chemnitzer Kunstverein Kunsthütte organisiert hatte. Dort fand nur kurz nach der ersten Präsentation von holländischen Kunstwerken in der Galerie Gerstenberger im August 1927 eine Ausstellung mit Werken des Künstlers Joos im Mond­licht von Dahl auf der Versteigerung der Sammlung Grosell im Juni 1932 in Kopenhagen (dazu siehe Kap. 3.5). Demnach müsste Fraustadt das Werk noch vor der Ausstellung von der Galerie Gerstenberger erworben haben. Aus dem Besitz des Oberkirchenrates Jentsch war das im Katalog unter dem Titel Teneriffa geführte Gemälde von Dahl zu sehen (Bang 1987, Bd. 2, S. 171/172, Kat. Nr. 502 dort Fregatte nahe einer Südseeinsel). Jentsch besaß noch ein weiteres Gemälde von Dahl Ansicht der Elbe bei Mondschein (Bang 1987, Bd. 2, S. 257, Kat.Nr. 820). Beide Werke waren auch auf der Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1935 ausgestellt (Ausstellungskat. Chemnitz 1935, S. 111, Kat.Nr. 48 und 49). Ebenso stammten jeweils ein Gemälde von Johann Jakob Dorner (1775 – 1852), Anton Einsle (1801 – 1871), Georg Friedrich Kersting (1783 – 1847) sowie ein weiteres von Rayski aus Chemnitzer Privatbesitz und Umgebung. Für fast die Hälfte der unverkäuf­lichen Werke kann somit nachgewiesen werden, dass diese Teil des lokalen Kunstbesitzes waren. 375 Der Kunstwanderer, Augustheft 1927, S. 32. 376 Der Kunstwanderer, Augustheft 1928, S. 544; Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juni 1929, S. 13 und vom 20. Juni 1929, S. 7. 377 Der Kunstwanderer, Februarheft 1929, S. 276; Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juni 1929, S. 13; vom 20. Juni 1929, S. 7 und vom 22. Juni 1929, S. 7.

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de Momper (1564 – 1635) statt.378 Diese war durch die Bemühungen des Leipziger Kunsthistorikers Karl Lilienfeld (1885 – 1966) motiviert, wie aus einer Rezension in der Zeitschrift Kunst und Künstler deut­lich wird: Es ist Schreiber-Weigand, dem Leiter des Chemnitzer Museums, zu danken, dass er einer Anregung Karl Lilienfelds folgend, einen großen Teil des Momperschen Werkes in einer vorzüg­lichen Ausstellung versammelt hat.379

Diese Ausstellung gilt als „Initialzünder des wiedererwachten Interesses“ an dem niederländischen Künstler de Momper zum Ende der 1920er Jahre in Deutschland und „muss großen Eindruck gemacht haben“, konstatiert rückblickend Klaus Ertz im Jahr 1986, der das Werkverzeichnis des Künstlers verfasste.380 In der Ausstellung wurden 55 Gemälde gezeigt, die unter anderem verschiedene Privatpersonen als Leihgaben zur Verfügung gestellt hatten.381 Darunter war natür­lich die Familie Lilienfeld vertreten sowie deutsche und niederländische Sammlerinnen und Sammler.382 Einige Kunsthandlungen gaben Werke in Kommission, die während der Ausstellung erworben werden konnten.383 Auch Museen hatten Gemälde leihweise nach Chemnitz gegeben, so beispielsweise die Staat­liche Gemäldegalerie Dresden, die Hamburger Kunsthalle und das Wallraf-Richartz-Museum in Köln.384 Das Konvolut der 378 Die Ausstellung fand vom 4. September bis 2. Oktober statt. Ausstellungskat. Chemnitz 1927. Ein Bericht über die Eröffnung der Ausstellung findet sich im Chemnitzer Tageblatt vom 3. September 1927. 379 Kunst und Künstler 26, H. 2, 1928 (1927), S. 76. Eine weitere sehr ausführ­liche Rezension zur Ausstellung, verfasst von Kurt Zoege von Manteuffel, findet sich in der Zeitschrift für Bildende Kunst 61, H. 8, 1927/1928, S. 90/91. Diese ist auszugsweise bei Ertz 1986, S. 75/76 abgedruckt. Die Angabe bei Ertz (1986, S. 75), dass der Bericht ohne Kürzung in seiner Publikation wiedergegeben sei, kann mittels Vergleich mit der Originalquelle nicht bestätigt werden. Zu Lilienfeld siehe das Dictionary of Art Historians: www.arthistorians.info, URL: (28. Dezember 2020); Gibas 2007, S. 212; Hüttel 2004 und Mehnert 1992, S. 18/19. 380 Ertz 1986, S. 90. 381 Vgl. Ausstellungskat. Chemnitz 1927. 382 „Private Leihgeber für die Ausstellung waren: Geh. Kommerzienrat Joseph Cremers, Dortmund [Paul Joseph Cremers, A. d. V.]; Joseph H. Gosschalk, Den Haag; Hermann Huth, Halle/Saale; Dr. Karl Lilienfeld, Dresden-Loschwitz; Margarete Lilienfeld, Auerhammer/Erzgebirge; Dr. Bella Martens, Hamburg; Leonhard Messow, Dresden; Clemens Oppenheimer, Amsterdam; Ernst D. Reber, Berlin-Halensee; Direktor Friedrich Sachs, Berlin-Steglitz; Direktor Herbert Schöneburg, Leipzig-Leutzsch; Dr. v. V., Amsterdam; Rechtsanwalt Dr. M. P. Vrij, Amsterdam.“ Siehe ebd. 383 „Kunsthandlungen: Dr. Benedict & Co, Berlin; Paul de Boer, Amsterdam; O. Busch, Altholländische Galerie, Frankfurt a. M.; Galerie Goldtschmidt, Dr. Wallerstein, Berlin; Fritz Gurlitt, Berlin; Galerie Matthiesen, Berlin; Antiquitätenhaus Wertheim, Berlin.“ Neun Werke waren als verkäuf­lich markiert. Siehe ebd. 384 Weitere Museen als Leihgeber waren: „Boyman-Museum Rotterdam [Museum Boijmans Van Beuningen, A. d. V.], Gemälde- und Kupferstichkabinett der Universität Göttingen, Gemäldegalerie

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Abb. 37  Werbeanzeige der Galerie Gerstenberger, 1928

Museumsleihgaben war aber deut­lich kleiner als das der Leihgaben aus Privatbesitz oder dem Kunsthandel. Aus Chemnitzer Besitz war kein Gemälde darunter. Dafür erwarb der Chemnitzer Carl Rudert wahrschein­lich das Gemälde Sommerlandschaft auf der Ausstellung und präsentierte ­dieses ein Jahr s­ päter, im Frühjahr 1928, in der ebenfalls von der Kunsthütte organisierten Ausstellung Aus Privatbesitz.385

Mainz, Landesmuseum Oldenburg, Kunstgeschicht­liches Museum der Universität Würzburg.“ Vgl. ebd. 385 Die Ausstellung Aus Privatbesitz fand vom 4. April bis 10. Mai 1928 statt. Ausstellungskat. Chemnitz 1928, S. 2. Bei der Sommerlandschaft im Katalog der De-Momper-Ausstellung 1927 und der Sommerlandschaft von Joos de Momper im Katalog der Ausstellung Aus Privatbesitz 1928 handelt es sich um dasselbe Werk. Vgl. Ausstellungskat. Chemnitz 1927, S. 27, Abb. 42 und Ausstellungskat. Chemnitz 1928, S. 33, Abb. 111. Joos de Momper, Sommerlandschaft, 1600/1610, Öl auf Leinwand, 45,7 × 74,9 cm, Fort Worth, Kimbell Art Museum; Ertz 1986, S. 519, Kat.Nr. 189, S. 156, Abb. 144, dort Reisende in einer Gebirgslandschaft.

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Das von Ertz postulierte gesteigerte Interesse an der Kunst de Mompers, das während der 1920er Jahre einsetzte, kann in Chemnitz generell für die holländische Malerei konstatiert werden.386 Dieses Interesse war besonders im Umfeld des kaufkräftigen Publikums zu finden. In der 1928 organisierten Ausstellung Aus Privatbesitz waren nicht nur zwei Werke de Mompers zu sehen, sondern auch eine Vielzahl anderer niederländischer Künstler des 17. und 18. Jahrhunderts.387 Und nicht zufällig wirbt die Galerie Gerstenberger in dem Katalog für ihr Repertoire an alten holländischen Meistern mit fettgedruckten Lettern (Abb. 37).388 Die De-Momper-Ausstellung in der Kunsthütte im Jahr 1927, die hohe Anzahl an ausgestellten Gemälden von niederländischen Künstlern des 17. Jahrhunderts in der Ausstellung Aus Privatbesitz und die kleineren Präsentationen holländischer Kunst des 17. Jahrhunderts in den Jahren 1927 bis 1929 in der Galerie Gerstenberger: Diese Aspekte sprechen alle für ein beacht­liches Interesse an der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts vonseiten des Chemnitzer Kunstpublikums.389 Die große Themenausstellung im August Ertz gibt als Besitzer der Sommerlandschaft „Slg. Richard Meissner, Chemnitz“ an. Dieser besaß jedoch ein anderes Landschaftsgemälde de Mompers, das ebenfalls auf der Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1928 mit dem Titel Erntelandschaft ausgestellt war. Auf der Joos-de-Momper-Ausstellung 1927 war es vermut­lich nicht zu sehen. Für die Besitzangaben siehe den annotierten Katalog zu der Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1935 (Ausstellungskat. Chemnitz 1935, S. 122). Dieser befindet sich in der Bibliothek der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz. Beide Werke waren auch auf dieser Ausstellung präsentiert. Die Erntelandschaft ist hier mit Landschaft betitelt. 386 Ertz 1986, S. 90. Ertz bezieht sich auf die Rezeption de Mompers. Holländische Kunst des 17. Jahrhunderts war traditionell in bürger­lichen Kunstsammlungen vertreten, in Leipzig beispielsweise seit dem 18. Jahrhundert. Hier sind vor allem die Sammler Ernst Peter Otto (1724 – 1799), ­Maximilian Speck von Sternburg (1776 – 1856), Alfred Thieme (1830 – 1906) und Julius Otto Gottschald (1841 – 1903) zu nennen, die umfangreiche und qualitätsvolle Sammlungen niederländischer Kunst zusammentragen konnten. Diese bilden heute die Grundlage für den Bestand niederländischer Werke im Leipziger Museum der bildenden Künste. Dazu der Bestandskatalog: Museumskat. Leipzig 2012. Zu den privaten Sammlungen niederländischer Kunst in Leipzig: Nicolaisen 2012, v. a. S. 14 – 17. 387 In der Ausstellung Aus Privatbesitz 1928 waren Gemälde von folgenden niederländischen Künstlern des 17. Jahrhunderts ausgestellt: Cornelis Bloemaert II (1603 – 1692), Pieter de Bloot (1601 – 1658), Pieter Boel (1622 – 1674), Abraham van Cuylenborch (1620 – 1658), Anton van Dyck (1599 – 1641), Allart van Everdingen (1621 – 1675), Barent Fabritius (1624 – 1673), Jan Davidsz. de Heen (1606 – 1683), Gysbert Gillisz. de Hondecoeter (1602/03 – 1653), Jan Miense Molenaer (1610/11 – 1668), Joos de Momper, Egbert Lievensz. van der Poel (1597 – 1652 o. 1664), Abraham Storck (1635 – 1708), Esaias van de Velde (1587 – 1630), Philips Wouwerman (1619 – 1668) sowie mehrere Gemälde von unbekannten Künstlern (holländischer Monogrammist des 17. Jahrhunderts, niederländischer Maler des 17. Jahrhunderts, flämischer Maler des 17. Jahrhunderts). Vgl. Ausstellungskat. Chemnitz 1928. 388 Ebd., S. 56. 389 Dieses traf sicher­lich nicht nur für Chemnitz zu. Die Galerie Dr. Gottschewski-Schäffer in Berlin beispielsweise zeigte gleichzeitig zu der De-Momper-Ausstellung in der Chemnitzer Kunsthütte 1927 Das flämische Landschaftsbild des 16. und 17. Jahrhunderts. Dazu auch Ertz 1986, S. 90.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  121

und September 1929 Holländische Meister des 17. Jahrhunderts in der Galerie Gerstenberger nimmt auf diese Nachfrage Bezug. Dementsprechend umfassend wird die Ausstellung auch im Chemnitzer Tageblatt besprochen. Der erste Bericht erschien am 14. August und dominierte mit zwei großen Abbildungen die Seite der Rubrik Kunst und Wissenschaft.390 Abgebildet waren eine Winterlandschaft von Claes Molenaer (1628/29 – 1676) und ein Gemälde eines Künstlers mit Namen „Jan Lys“, wobei vermut­lich der Künstler Johann Liss (1590 – 1631) gemeint war.391 Der Artikel berichtet ausführ­lich von den Exponaten, die nicht nur in dem Bericht des Chemnitzer Tageblattes nach verschiedenen Genres, wie Landschaften, Seestücke, Kirchen­interieurs, Blumen- und Früchtestillleben, Porträts sowie Genreszenen, untergliedert waren, sondern auch in der Ausstellung nach dieser Ordnung präsentiert wurden.392 Die Ausstellung verfolgte also den Anspruch, einen didaktischen Epochenüberblick zu geben, wie es in den Ausstellungen zur Kunst des deutschen 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts oftmals der Fall war. Ein zweiter Hinweis auf die Ausstellung findet sich am 29. August im Chemnitzer Tageblatt.393 Mit drei großen Abbildungen wirbt die Zeitung nachdrück­lich für die „Großen Holländer in Chemnitz“ und die Redaktion betont, dass sie sich „veranlasst sah d ­ iesem großen Ereignisse auf dem Kunstmarkt noch durch die Wiedergabe von drei weiteren Gemälden gerecht zu werden“ (Abb. 38).394 Nur wenige Tage s­ päter berichtete das Chemnitzer Tageblatt erneut ausführ­licher von der Ausstellung in der Galerie Gerstenberger, was damit „gerechtfertigt“ wurde, dass diese „um eine größere Anzahl ausgezeichneter Werke“ erweitert worden war.395 Die Ausstellung Holländische Meister des 17. Jahrhunderts ist damit neben der Eröffnung der Kunsthandlung 1906 und der Jubiläumsausstellung 1922 das Ereignis der Galerie, worüber in der lokalen Tagespresse am ausführ­lichsten berichtet wurde.

390 Chemnitzer Tageblatt vom 14. August 1929, S. 13. 391 Das Werk von Molenaer konnte nicht identifiziert werden. Johann Liss war in Oldenburg/Holstein geboren und hielt sich nur einige Jahre in Holland auf, bevor er nach Italien ging. Liss taucht auch als „Jan Lys“ auf. Thieme/Becker, Bd. 23, 1929, S. 285. 392 Dies suggeriert zumindest die Rezension der Ausstellung im Chemnitzer Tageblatt. Die Beschreibung der Ausstellung ist strikt nach den Genres gegliedert. Chemnitzer Tageblatt vom 14. August 1929, S. 13. 393 Chemnitzer Tageblatt vom 29. August 1929, S. 8. 394 Ebd. Abgebildet waren ein Kircheninterieur von Emanuel de Witte (um 1617 – 1691/92), eine Landschaft mit Ruine von Adriaen van de Velde (1636 – 1672) und eine Flucht nach Ägypten von Aelbert Cuyp (1620 – 1691). Das Gemälde von Emanuel de Witte konnte identifiziert werden: Amsterdamer Oude Kerk, 1659, Öl auf Leinwand, 60 × 69 cm, Groningen, Groninger Museum; Manke 1963, S. 95, Kat.Nr. 74. 395 Chemnitzer Tageblatt vom 3. September 1929, S. 8.

122 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Abb. 38  Bericht über die sogenannte Holländer-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger, 29. August 1929

Auch in der überregionalen Kunstpresse ist diese Ausstellung eine der wenigen, die mit Abbildungen und einem längeren Bericht gewürdigt wird.396 Der Cicerone schreibt: Eine qualitätsreiche Sammlung alter Holländer, sehr glück­lich aus holländischem Privatbesitz ergänzt, ist zur Zeit bei Gerstenberger zu sehen. Hier kommen auch wenig gekannte oder oft in Galerien übersehene Meister zur Geltung durch die Beleuchtung ihrer Schulzusammenhänge.397 396 Der Cicerone 21, H. 18, 1929, S. 529/530. 397 Ebd., S. 529.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  123

Die zwei Abbildungen, die der Rezension im Cicerone beigegeben sind, zeigen eine Wirtshausszene von Adriaen van Ostade (1610 – 1684) und die Darstellung eines Schlosses am Wasser von Jan van Goyen (1596 – 1656).398 Die im Chemnitzer Tageblatt und im Cicerone reproduzierten Werke sind Gemälde mit für den jeweiligen Künstler sehr typischen Darstellungen, die abgesehen von einem Werk allerdings nicht identifiziert werden konnten.399 So sind auch der tatsäch­liche Umfang und die Zusammenstellung der Ausstellung nur anhand der Zeitungsberichte rekonstruierbar, da kein Katalog überliefert ist. Neben dem Bedarf der lokalen Kundinnen und Kunden versprach der Handel mit den Werken niederländischer Kunst durchaus auch interessante internationale Geschäfte. So konnte Grosshennig ein Porträt von Gerard ter Borch (1617 – 1681), Bildnis des Jan van Duren, nach Amerika vermitteln. Zuvor war es im Frühling desselben Jahres auf einer großen Ausstellung der Berliner Galerie Schäffer ausgestellt und zum Verkauf angeboten (Tafel 3).400 Ob Grosshennig das Gemälde über die Galerie Schäffer in die Chemnitzer Ausstellung holte oder ob er einen direkten Kontakt zu der Kunsthandlung D. A. Hoogendyk in Amsterdam hatte, die vermut­lich von den vorhergehenden Eigentümerinnen oder Eigentümern beauftragt war, das Werk zu veräußern, bleibt unklar. Noch während der Ausstellungslaufzeit in Chemnitz wurde es nach Amerika verkauft.401 Vermut­lich erwarb es Henry Janssen (1866 – 1948), der in Reading (Pennsylvania) Teilhaber einer Textilmaschinenfabrik war.402 Mit dem Ausstellen 398 Beide Werke konnten nicht identifiziert werden. 399 Siehe Anm. 394. 400 Gerard ter Borch, Bildnis des Jan van Duren, 1681, Öl auf Leinwand, 78,5 × 64 cm, Beverly Hills, Collection Richard and Marcia Ehr­lich; Gudlaugsson 1959 – 1960, Bd. 2, S. 241, Kat.Nr. 292 und Ausstellungskat. Washington 2004, S. 182, Kat.Nr. 52. Die Ausstellung Die Meister des holländischen Interieurs in der Galerie Schäffer fand von April bis Mai 1929 statt. Das Bildnis des Jan van Duren ist im zugehörigen Katalog unter der Nummer 94 gelistet und als verkäuf­lich ausgewiesen. Ausstellungskat. Berlin 1929, S. 33, Kat.Nr. 94 und Tafel 35. Der Hinweis auf den Ausstellungskatalog findet sich auch bei Gudlaugsson 1959 – 1960, Bd. 2, S. 241. 401 So wird es in dem Chemnitzer Tageblatt und im Cicerone berichtet. Chemnitzer Tageblatt vom 3. September 1929, S. 8 und Der Cicerone 21, H. 18, 1929, S. 529: „Von den beiden Terborch [sic] selbst ist der bedeutendere (Pastor van Düren [sic]) schon nach Amerika gegangen.“ 402 Das Gemälde befand sich spätestens seit 1914 im Besitz der Familie van Sypesteyn, Den Haag/ Loosdrecht und war 1929 in der Amsterdamer Kunsthandlung D. A. Hoogendyk nachgewiesen. Es konnte dann 1929 über die Galerie Gerstenberger verkauft werden. Als Provenienzangabe ist bei Gudlaugsson die Sammlung Henry Janssen in Reading in Pennsylvania angegeben. Provenienzangaben nach Gudlaugsson 1959 – 1960, Bd. 2, S. 241. Heute befindet sich das Werk in der Sammlung von Richard und Marcia Ehr­lich (Ausstellungskat. Washington 2004, S. 182, Kat.Nr. 52). Henry Janssen gründete 1892 mit Ferdinand Thun (1866 – 1949) in Reading eine kleine Werkstatt für Flechtmaschinen, woraus sich eine große Textilmaschinenfabrik entwickelte. Beide stammten aus Wuppertal/Barmen. Zu Henry Janssen und Ferdinand Thun siehe den Beitrag von Walter Dietz auf

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holländischer Kunst ging also auch ein Handel mit den Gemälden einher, der neue Absatzmärkte im Ausland eröffnete. Grosshennig konnte vermut­lich über persön­liche Kontakte aus dem Chemnitzer Bürgertum Verbindungen zur potenziellen Klientel in Amerika aufbauen. Die Handelstätigkeit der Galerie mit Werken niederländischer Maler des 17. und 18. Jahrhunderts wird in Kapitel 3.5 noch näher untersucht. Im Hinblick auf die großen Th ­ emen- und Einzelausstellungen der Galerie Gerstenberger in der Zeit von 1920 bis 1932 kann konstatiert werden, dass das Ausstellungsprogramm überwiegend mit Werken des 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts bespielt wurde. Die Einzelausstellungen umfassten Künstlerinnen und Künstler, die figür­liche und realistische Darstellungsweisen bevorzugten. So zeigte die Galerie Lovis Corinth (1920), Eugen Bracht (1923), Wilhelm Steinhausen (1924), Hans Thoma (1925), Max Slevogt und Heinrich von Zügel (beide 1927) und wiederkehrend Georg Kolbe (1925, 1929, 1932). Eine besondere Förderung erfuhr der Chemnitzer Künstler Gustav Schaffer, der nahezu jedes Jahr seine Werke in Form von Einzelausstellungen präsentierten konnte.403 Durch die Übernahme von Wanderausstellungen wurde das Programm mit hochwertigen Kunstwerken von Künstlern erweitert, die nicht zum Portfolio der Galerie gehörten. Die Auswahl dieser Künstler orientierte sich an denen im etablierten Programm der Galerie. Das heißt, sie sind weder einer abstrakten Stilrichtung zuzuordnen noch einer Strömung, die den traditionellen Kunstbegriff in Frage stellte. Dazu gehörten Edvard Munch (1921), Ferdinand Hodler (1925), Franz von Stuck (1928) und Edgar Degas (1927).404 Tendenzen der expressionistischen und abstrakten Kunst spielten im Galerieprogramm eine untergeordnete Rolle. Dem leichten Anstieg an Ausstellungen mit Vertreterinnen und Vertretern des deutschen Expressionismus ab 1920 folgte kein Kurswechsel. Vielmehr kann hier von einem „Ausprobieren“ gesprochen werden, um die Reaktionen des Publikums zu evaluieren. Ein Teil der Galerie blieb dabei auch während dieser Ausstellungen immer dem konservativeren Publikum vorbehalten. Im Hinblick auf die Einzelausstellungen und die groß angelegten Sonderschauen blieben die genannten Beispiele singulär. Nach der Aquarell-Ausstellung bedeutender Expressionisten im Jahr 1923 wurden Werke des Brücke-Expressionismus in der Galerie Gerstenberger zumeist nur noch in Form von Graphiken, Zeichnungen und

der Homepage der Stadt Wuppertal-Barmen. URL: (15. März 2021); Beutler 1948 und The Wyomissing Industries 1936. 403 Zu den wichtigsten Sammlern Schaffers gehörte der Chemnitzer Erich Goeritz. Ausstellungskat. Chemnitz 2002, S. 12 und Kaufhold/Titzenthaler 2013, S. 112. Zu Erich Goeritz siehe Kap. 3.4.2. 404 Es sind Kataloge zu den Ausstellungen von Munch und Degas überliefert (vgl. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1921b und Ausstellungskat. Berlin 1926). Zur Stuck-Ausstellung hat sich mög­licherweise ebenfalls ein Katalog erhalten, dieser konnte allerdings von der Verfasserin nicht aufgefunden werden. Heinrich Voss listet die ausgestellten Werke mit einer Katalognummer auf. Siehe Anhang 8.7.4 Nicht aufgefundene Publikationen der Galerie Gerstenberger.

Die Ausstellungen von 1920 bis 1932  I  125

Aquarellen präsentiert.405 Das Experiment scheint nicht erfolgreich gewesen zu sein. Anhand der im vorhergehenden Kapitel betrachteten Jubiläumsausstellung der Galerie Ernst Arnold in Dresden lässt sich ablesen, dass es durchaus Galerien in der Region gab, die ihren Fokus stärker auf die moderne zeitgenössische Kunst legten.406 In Chemnitz hatten jedoch vielmehr die Künstler früherer Jahrhunderte, nament­lich Vertreter der holländischen Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts, Aufnahme in das Galerieprogramm gefunden. Mit deren erster Präsentation im Jahr 1927 wurden den Werken niederländischer Künstler ein fester Platz im Portfolio der Kunsthandlung eingeräumt. Es deutet sich bereits an, dass diese Entscheidung vermut­lich durch die Absatz- und Geschäftsmög­lichkeiten begründet war. Grosshennig vermochte es, mittels der Ausstellungen überregionale Reputation zu erhalten. Inwieweit seine Aktivitäten Einfluss auf den lokalen Kunstbetrieb übten und / oder von d ­ iesem abhängig waren, soll im Folgenden untersucht werden.

3.3 Der Chemnitzer Kunstbetrieb 1: Das König-Albert-Museum in Chemnitz Die Kunstankäufe der Stadt und des Vereines Kunsthütte reichen in die Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Damit sind diese beiden Institutionen, Verein und städtische Sammlung, die unter dem Dach des König-Albert-Museums vereint waren, die traditionsreichsten in Chemnitz und prägend für das kulturelle Leben in der Stadt. In den folgenden Kapiteln werden die Sammlungen des Chemnitzer Museums und deren Geschichte näher untersucht. Basierend auf der Größe der Stadt und der geringen Dichte an Kulturinstitutionen ist es sehr wahrschein­lich, dass es ein enges Netzwerk z­ wischen den Akteurinnen und Akteuren des Kunstbetriebes in Chemnitz gab, also dem Museumspersonal, den Privatpersonen, den Künstlerinnen und Künstlern sowie dem Kunsthandel, das geprägt war durch persön­liche Kontakte. Ziel ist es, die Aktivitäten Grosshennigs innerhalb d­ ieses Systems zu verorten und nach wechselseitigen Einflusssphären zu fragen.

405 Ähn­lich verhält es sich mit den Verkaufsangeboten der Galerie an Museen. Expressionistische Gemälde finden sich in der Zeit von 1920 bis 1932 abgesehen von einigen Werken von Karl Hofer und Oskar Kokoschka nicht in den Angebotsschreiben. Hinsicht­lich der Graphik haben sich allerdings eine vierseitige Liste mit verschiedenen Künstlern (u. a. Ernst Barlach, Max Beckmann, Erich Heckel, Willy Jaeckel, Emil Nolde und Max Pechstein) von 1924 und eine Liste mit Graphiken Edvard Munchs aus dem Jahr 1928 überliefert. (KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/11, G072: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthütte Chemnitz vom 24. Oktober 1924 und Briefwechsel 1920 – 32/67, G350: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Friedrich Schreiber-Weigand vom 19. März 1928). Zur Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik siehe Kap. 3.5. 406 Siehe Kap. 3.1.

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3.3.1 Die Anfänge des König-Albert-Museums Der Neubau des König-Albert-Museums in Chemnitz entstand in einem Zeitraum, in dem vor allem in kleineren Städten des damaligen Deutschen Reiches Museumsbauten realisiert wurden.407 Die öffent­lichen Museen in den sächsischen Nachbarstädten bestanden dagegen schon seit der Mitte des 19. Jahrhunderts, einem Zeitpunkt also, als in vielen deutschen Großstädten dem Bedürfnis der Bürger nach einem Museum stattgegeben worden war.408 Das Gebäude der Gemäldegalerie in Dresden wurde im Jahr 1855 und das Museum in Leipzig im Jahr 1858 fertiggestellt. Somit fügen sie sich in eine Reihe repräsentativer Museumsbauten ein, wie beispielsweise die Alte (1842) und Neue (1853) Pinakothek in München, das Neue Museum (1855) und die Nationalgalerie (1875) in Berlin, das Städel (1878) in Frankfurt am Main sowie die Kunsthalle (1868) in Hamburg. Erst im Oktober 1897 beschloss der Stadtrat in Chemnitz, zu Ehren des 25-jährigen Regierungsjubiläums des sächsischen Königs, Albert von Sachsen, ein König-Albert-Museum zu errichten und dafür 400.000,– Mark in einen Fonds zu überschreiben.409 Der 1909 eröffnete Museumsbau war für die Sammlungen verschiedener Chemnitzer Vereine geschaffen worden: des Kunstvereines Kunsthütte, der kunstgewerb­lichen Vorbildersammlung des Industrie- und Gewerbevereines, des Handwerksvereines, des Vereines für Chemnitzer Geschichte sowie für die städtische naturwissenschaft­liche Sammlung.410 Weitere Beispiele für derartige Gründungen und Museumskonzeptionen lassen sich auch für andere Industriestädte mit provinziellem Charakter nachweisen. In Zwickau war beispielsweise ebenfalls zum Regierungsjubiläum des Königs eine König-Albert-Stiftung gegründet worden, aus deren Vermögen ein König-Albert-Museum errichtet wurde, das 1914 eröffnete und Kunst- und Kulturobjekte sowie naturwissenschaft­liche Exponate verschiedener Sammlungen präsentierte.411 Vergleichbar ist auch die Gründung des 1906 fertiggestellten ­Kaiser-Friedrich-Museums in Magdeburg, das die Sammlungen mehrerer Vereine zusammenschloss und zusätz­lich eine bereits am Ende des 19. Jahrhunderts forciert erworbene städtische Sammlung von Werken bildender und angewandter Kunst beherbergte.412 407 Sheehan 2000, S. 151. Hier findet sich ein Hinweis auf das markante Zitat von dem Direktor des damaligen K ­ aiser-Friedrich-Museums (heute Kulturhistorisches Museum) in Magdeburg, Theodor Volbehr, in seiner 1909 publizierten Schrift Die Zukunft der deutschen Museen: „In jeder Stadt, ja in jedem Dorfe werden Museen errichtet, in den Großstädten wachsen die alten Museen ins Ungemessene, und immer neue werden gegründet.“ Volbehr 1909, S. 5. 408 Sheehan 2000, S. 83/84. 409 StadtA Chemnitz, Ortsgesetze und andere Drucksachen, Nr. 560,3: Vorschlag des Stadtrates für die Errichtung eines König-Albert-Museums vom 23. Oktober 1897. Zur Museumsgeschichte siehe auch Milde 1996, S. 9 – 12. 410 Zöllner 1999 (1899), S. 113 und Milde 2010, S. 167. 411 Grimm 2014, S. 8/9. 412 Zur frühen Geschichte des Kulturhistorischen Museums in Magdeburg siehe Kärgling 2006, besonders S. 25 – 37. Der Museumsbau in Magdeburg basierte auf einem 1884 gestellten Antrag des

Der Chemnitzer Kunstbetrieb 1  I  127

Die Kunstsammlung im Chemnitzer Museum war also nur ein Teilbereich des gesamten Sammlungsbestandes. Diese Unterteilung blieb bis in das 21. Jahrhundert bestehen.413 Mit Gründung der Städtischen Kunstsammlung im Jahr 1920 entwickelte sich allerdings eine städtisch geförderte, dominierende Stellung der bildenden Künste innerhalb der verschiedenen Sammlungen. Einen der zwei Pfeiler für die Kunstsammlung des König-Albert-Museums stellte der Bestand des Chemnitzer Kunstvereines Kunsthütte dar, der somit nach der Klassifizierung von Manuela Vergoossen ein „Gründungsverein“ gewesen ist.414 Er zeichnete sich dadurch aus, dass die Museumsgründung durch den Kunstverein angeregt wurde, wie es beispielsweise auch in Leipzig, Bremen oder Hamburg der Fall war.415 Vergoossen stellt für die von ihr untersuchten musealen Sammlungen, die aus Gründungsvereinen hervorgegangen sind oder auf diesen basierten, fest, dass deren Bestände hauptsäch­lich Kunstwerke mit Genredarstellungen, Landschaften, Porträts und Stillleben umfassten und zum Teil keine stringente Systematik aufwiesen.416 Ähn­liches kann hinsicht­lich der Sammlung der Kunsthütte beobachtet werden. Die Kunsthütte hatte erst einige Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1860 begonnen, eine Kunstsammlung anzulegen. Ein Impuls dazu war mög­licherweise die Übereignung des ersten Ölgemäldes an den Verein im Jahr 1866.417 Die Sammlung war geprägt von Werken der akademischen Landschafts-, Genre- und Stilllebenmalerei.418 Nur einige wenige bedeutende Namen lassen

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­ unstgewerbevereines, der sich 1835 gegründet hatte. Dieser Bau wurde zwar schon ein Jahr s­ päter K mit 500.000,– Mark bewilligt, jedoch erst nach einem zweiten Beschluss 1897 tatsäch­lich ausgeführt. Ebd., S. 30 und 34. Der 1872 gegründete Verein für Chemnitzer Geschichte erhielt bereits 1931 eigene Räume im ehemaligen Kloster von Chemnitz, wo sich noch heute das Schlossbergmuseum befindet, das unter anderem die stadtgeschicht­liche Sammlung beherbergt. Fiedler 2011, S. 6/7. Der Bestand der kunstgewerb­lichen Vorbildersammlung des Industrie- und Gewerbevereines ging 1945 mit Auflösung des Vereines in die Städtischen Kunstsammlungen über. Die Ausstellungsräume der naturwissenschaft­lichen Sammlung befanden sich noch bis 2004 im König-Albert-Museum. Rößler 2006, S. 34. Vergoossen unterzog im Rahmen des Dresdner Sonderforschungsbereiches 537 Institutionalität und Geschicht­lichkeit innerhalb des Teilprojektes G Kulturelle Institutionalisierungsprozesse in der europäischen Moderne exemplarisch ausgewählte Museumsvereine des 19. Jahrhunderts einem typologischen Vergleich. Sie klassifizierte drei Typen: 1. Gründungsvereine, 2. Vereine, die als Folge eines Legates oder einer Stiftung ins Leben gerufen wurden und 3. die reinen Unterstützungsvereine etablierter Museumsarbeit. Der Verein Kunsthütte in Chemnitz findet in dieser Untersuchung keine Berücksichtigung. Vergoossen 2004, S. 10. Ebd., S. 16/17. Ebd., S. 21/22 und 26. Milde 2010, S. 149. KSchA Findbuch/Auflistung der Schenkungen und Gewinne anhand der Jahresberichte 1860 – 1919 und ebd. Auflistung der Ankäufe anhand der Jahresberichte 1860 – 1919. Hier sind auch die im

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sich darunter finden. Im Jahr 1871 kam ein Damenbildnis von Anton Graff (1736 – 1813) durch eine Schenkung in den Sammlungsbestand.419 Erst 1899 erfolgte dann eine größere Stiftung von mehreren Gemälden, die die Qualität der Sammlung erheb­lich steigerte. Darunter befanden sich eine Landschaft nach dem Gewitter von Andreas Achenbach (1815 – 1910), Fritz von Uhdes (1848 – 1911) Rast im Wald aus dem Jahr 1894/95 und von ­Friedrich ­Kallmorgen (1856 – 1924) die Darstellung einer Holländischen Hafenstadt.420 Ein Jahr s­ päter, 1900, erwarb der Verein darüber hinaus ein Gemälde von Wilhelm von ­Kaulbach (1804 – 1874) mit dem Titel Die Jungfrau von Orleans. Die übrigen Ankäufe und Schenkungen bewegten sich überwiegend im zeitgenössischen regionalen Bereich, oftmals sind es Werke von Absolventen der Dresdner Akademie, teilweise aber auch von Künstlern aus dem Münchner Umfeld. Bis zu dem Jahr 1900 wuchs der Bestand auf 69 Gemälde, 22 Plastiken, sieben Zeichnungen und 481 Graphiken an.421 1902 und 1904 erhielt der Verein von der Gemäldegalerie in Dresden insgesamt 27 Gemälde als Geschenk.422 Im Jahr 1905 erwarb die Kunsthütte noch ein Gemälde von Alexander Koester (1864 – 1932), danach sind bis 1919 keine Erwerbungen von Gemälden mehr nachweisbar.423 Zusätz­lich übernahm der Verein seit 1907 die Verwaltung des städtischen Kunstbesitzes, der 140 Gemälde umfasste und ebenso wenig nach kunsthistorischen Prämissen zusammengestellt war. Der Gemäldebestand des König-Albert-Museums lag zu Beginn somit bei insgesamt 255 Werken.424 Ein ganz ähn­liches Bild wie die bis dahin zusammengetragene Sammlung vermittelt auch die von der Kunsthütte organisierte Eröffnungsausstellung des König-AlbertMuseums im Jahr 1909.425 Dort waren überwiegend weniger bekannte, zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler zu sehen. Fast die Hälfte von diesen hatte entweder in Dresden

Folgenden genannten Eingänge an Kunstwerken in den Bestand der Kunsthütte entnommen. 419 Dabei handelt es sich vermut­lich um das im zweiten Bilderheft der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz reproduzierte Gemälde: Anton Graff, Damenbildnis, Öl auf Leinwand, 105 × 85 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Rat des Stadtkreises Chemnitz 1951, S. 3. 420 Andreas Achenbach, Landschaft nach dem Gewitter, Öl auf Leinwand, 45 × 63 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Rat der Stadt Chemnitz 1950, S. 18. Fritz von Uhde, Rast im Wald, 1894/95, Öl auf Holz, 60 × 47,5 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Mössinger 2010, S. 90. 421 Juppe/Pfalzer 1992, S. 53. 422 Milde 2010, S. 149. Mög­licherweise resultierte diese Schenkung aus der engen Verbindung der Kunsthütte zum Sächsischen Kunstverein in Dresden, die seit 1864 bestand. Juppe/Pfalzer 1992, S. 53. 423 Die Kunsthütte fokussierte sich in der Zeit von 1909 bis 1919 auf den Aufbau einer graphischen Sammlung. Ankäufe, Schenkungen und Stiftungen von Gemälden erfolgten in dieser Zeit fast ausschließ­lich für die städtische Kunstsammlung. Ebd., S. 66. 424 Milde 2010, S. 153. 425 Der Museumsneubau wurde am 1. September 1909 eröffnet. Morgenstern 2020, S. 126.

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studiert oder stammte aus beziehungsweise lebte in Sachsen. Die anderen Künstler auf der Ausstellung waren wiederum Absolventen der Münchner Akademie oder wurden mit dieser assoziiert.426 Dem Selbstanspruch, „in die Weite zu wirken“, konnten die Organisatoren der Ausstellung sicher­lich nicht gerecht werden, insbesondere nicht in dem von ihnen selbst formulierten Maße: Das freund­liche und bereitwillige, alle unser[e]n Erwartungen übersteigende Entgegenkommen von mehr als 200 angesehenen deutschen Meistern, worunter eine ganze Reihe glänzender Namen, hat den Vorstand instand gesetzt, eine Ausstellung ins Leben zu rufen, die sich den bedeutendsten Veranstaltungen dieser Art in Deutschlands Hauptstädten ebenbürtig an die Seite stellt und nicht nur uns[e]rer Stadt zur höchsten Ehre gereicht, sondern auch geeignet sein dürfte, mächtig in die Weite zu wirken, von nah und fern die Freunde erlesener Kunst herbeizulocken und somit einen ungewöhn­lichen Fremdenzuzug nach uns[e]rer Stadt zu bewirken.427

Aber nicht nur eine gewisse Provinzialität haftete der Ausstellung an, sondern auch eine offensicht­liche Selbstdarstellung der Organisatoren. Alfred Streubel (1861 – 1947), seit 1909 Ausstellungsleiter der Kunsthütte und damit auch Leiter der Eröffnungsausstellung, war von Beruf Arzt in Chemnitz und zusätz­lich als Autodidakt künstlerisch tätig.428 Abgesehen von neun Werken von Charles Palmié war Streubel selbst mit acht Originalwerken mit Abstand am besten vertreten. Darüber hinaus waren von einer Künstlerin mit dem Namen Charlotte Streubel, die Scherenschnitte anfertigte, sechs Werke im Katalog gelistet.429 Vermut­lich handelte es sich bei ihr um die Tochter Alfred Streubels.430 Mit fünf Werken in der Kategorie Oelgemälde, Aquarelle, Pastelle, Zeichnungen folgten auf Streubel die Künstlerin Rose Friedrich (1877 – 1953), Assistentin von Streubel für die Ausstellungsleitung, und der Künstler Alfred Kunze (1866 – 1943), ebenfalls Mitglied in der Kommission für die Ausstellung. Beide waren Mitglieder der Chemnitzer Künstlergruppe, von der darüber hinaus auch Georg Gelbke (1882 – 1947), Gustav Schaffer (1881 – 1937) und Martha Schrag (1870 – 1957) jeweils vier Werke präsentieren konnten. Die anderen Künstlerinnen und Künstler und damit die Mehrzahl waren mit einem bis drei Werken vertreten. Auf der Ausstellung wurden auch Werke einiger Vertreter der damals künstlerischen Avantgarde präsentiert, näm­lich von aktuellen und ehemaligen Mitgliedern der ­Künstlergruppe 426 Vgl. Ausstellungskat. Chemnitz 1909. 427 Ebd., S. 15/16. 428 Milde 2010, S. 150; Juppe/Pfalzer 1992, S. 57. Zu Alfred Streubel gibt es einen ­kurzen Eintrag im Thieme/Becker, Bd. 32, 1938, S. 183. 429 Ausstellungskat. Chemnitz 1909, S. 47. 430 Charlotte Thekla Streubel wurde 1889 in Chemnitz geboren. Freund­liche Auskunft des Stadtarchivs Chemnitz.

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Brücke: Zu sehen waren Werke von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Emil Nolde, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff.431 Diese Künstler waren dem Chemnitzer Publikum schon von früheren Gruppenausstellungen in der Kunsthütte bekannt.432 In Anbetracht der ausgeprägten Vertretung eigener Interessen vonseiten der Ausstellungsleitung überrascht die Präsentation von Werken der Mitglieder der Brücke. Denn Streubel fiel in der folgenden Zeit durch eine stark ablehnende Haltung gegenüber dem Expressionismus auf.433 Auch wurden bis 1919 weder unter der Leitung von Streubel noch unter der von Friedrich Schreiber-Weigand, der 1911 das Amt des Ausstellungsleiters übernahm, Einzelausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern veranstaltet, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet werden. Die Künstler der Brücke waren in der Chemnitzer Kunsthütte ausschließ­lich auf Gruppenausstellungen vertreten.434 Im Jahr 1919, nachdem ein neuer Vorsitzender der Kunsthütte gewählt worden war, änderte sich dieser Aspekt jedoch schlagartig. Schreiber-Weigand, der das Amt des Ausstellungsleiters behielt, organisierte in den drei darauf folgenden Jahren jeweils Einzelausstellungen von Emil Nolde (1920), Erich Heckel (1921) und Max Pechstein (1922).435 Die Ausstellungstätigkeit des Vereines Kunsthütte war bis 1919 geprägt von der Präsentation verschiedener, zumeist lokaler Vereine und Künstlerverbindungen. Als einziger Anknüpfungspunkt an progressive Kunstströmungen um die Jahrhundertwende kann hier nur die 1906 veranstaltete Ausstellung mit Werken von Edvard Munch genannt werden.436 Obwohl dies zwar die erste Munch-Ausstellung in Chemnitz war, stellten die Präsentation von den Werken Munchs zu d ­ iesem Zeitpunkt kein Novum im deutschen Kunstbetrieb dar. Nach der ersten Munch-Ausstellung 1892 in Berlin waren seine Kunstwerke bis

431 Da im Katalog nur die Titel der Werke verzeichnet und die Kategorien Gemälde, Aquarelle, Pastelle und Zeichnungen in einer Liste zusammengefasst sind, können weder die ausgestellten Werke genau identifiziert noch eine Aussage darüber getroffen werden, ob die Künstler mit prominenten (Gemälden, Aquarellen) Werken in der Ausstellung vertreten waren. 432 Bei einer dieser Ausstellungen im Jahr 1908 erwarb der Chemnitzer Adolf Thiele das Werk Kirchners Pferde auf der Weide, 1907/1926, Öl auf Leinwand, 70 × 80 cm, Paris, Privatbesitz; Gordon 1968, S. 277, Kat.Nr. 23 (KSChA Kunsthütte, Jahresbericht der Kunsthütte 1908, S. 5.). Es gilt als erster Verkauf eines Gemäldes eines Brücke-Künstlers aus einer Ausstellung der Kunsthütte. Dieser ist in den Jahresberichten dokumentiert (Ritter 2007, S. 122). Thiele stiftete das Werk 1919 der Städtischen Kunstsammlung. Siehe dazu Kap. 3.3.2. 433 Siehe dazu Kap. 3.4.1. 434 So beispielsweise 1908 Ernst Ludwig Kirchner, im März 1913 Emil Nolde und im Juli 1913 Max Beckmann. KSchA Findbuch/Auflistung der Ausstellungen anhand der Jahresberichte 1860 – 1919. 435 KSchA Kunsthütte/Abschrift Ausstellungsverzeichnis Buch 1: 1919 bis Februar 1925. Den Wechsel des Vorsitzenden der Kunsthütte 1919 und 1923 erwähnt Milde und gibt darüber hinaus einige kurze Angaben über die Struktur des Museumsausschusses und des Sammlungsbeirates der Stadt. Milde 2010, S. 155. 436 Dazu Ritter 1999b.

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1906 nahezu jedes Jahr im Deutschen Reich in verschiedenen Städten zu sehen.437 Neben großen Einzelausstellungen beteiligte sich der Künstler auch an großen internationalen Überblicksschauen. In Dresden war er zum ersten Mal 1893 auf einer aus Breslau übernommenen Sonderausstellung des Malers Eduard Munch zu sehen.438 In den Jahren danach wurden Gemälde von Munch wiederholt in Dresden oder Leipzig ausgestellt. Aber auch in Chemnitz war der Künstler bis 1906 nicht unbekannt. Ein Jahr zuvor, 1905, reiste er erstmals persön­lich in die Stadt, da er von dem Industriellen Herbert Esche (1874 – 1962) den Auftrag erhielt, dessen Familie zu porträtieren.439 Die nur wenige Monate s­ päter in den Räumen der Kunsthütte gezeigte Ausstellung war von dem Leiter der Hamburger Galerie Commeter, Ferdinand Wilhelm Christian Suhr (1852 – 1927), zusammengestellt worden.440 Mög­licherweise resultierte das Zustandekommen der Präsentation in Chemnitz auf den Kontakten Esches mit Munch, wie es auch für die zweite Munch-Ausstellung in Chemnitz, die 1921 in der Galerie Gerstenberger stattfand, anzunehmen ist.441 Während der 15 Jahre ­zwischen den beiden Ausstellungen waren Werke von Munch ledig­lich in den 1910 und 1918 von der Kunsthütte veranstalteten Ausstellungen Aus Privatbesitz zu sehen, näm­lich die Porträts der Familie Esche.442 Die Reaktionen des Publikums zur ersten Munch-Ausstellung in Chemnitz im Jahr 1906 waren abgesehen von einigen Ausnahmen eher ablehnend.443 Selbst innerhalb des Vereines Kunsthütte scheint die Ausstellung nicht von allen Mitgliedern gleichermaßen akzeptiert worden zu sein, wie aus einem Artikel, der anläss­lich der Ausstellungseröffnung im Chemnitzer Tageblatt erschien, abgeleitet werden kann. Es wird sogar von einer Entweihung des Ober­lichtsaales geschrieben, die einige Besucher durch die Werke Munchs empfunden hätten.

437 Einzige Ausnahme ist das Jahr 1899. Die Auswertung der Präsentationen von Munchs Werken im Deutschen Reich beruht auf der Ausstellungsdokumentation bei Woll 2009, S. 1615 – 1617. 438 Woll 2009, S. 1615. Die Ausstellung fand in der Kunsthandlung Theodor Lichtenberg Nachfolger im Victoriahaus statt. Die Kunsthandlung von Theodor Lichtenberg wird in der 1909 publizierten Schrift Dresden und seine Kunststätten mit verschiedenen Ausstellungen erwähnt: „Bei Theodor Lichtenberg im Victoriahause sahen wir zuerst Max Klingers Brahms-Phantasie, die Blaue Stunde und die Kreuzigung Christi, auch hervorragende Gemälde von Fritz v. Uhde, Bilder von Munch, kurz zahlreiche Kunstwerke, die damals Aufsehen, auch wohl ehr­liche Entrüstung erregten.“ Schumann 2011 (1909), S. 331. 439 Munch schuf insgesamt acht Porträts von den zwei Kindern, Hanni und Herbert Esche. Woll 2009, S. 663 – 668 (Werkverzeichnisnummern 651 – 658). Siehe Anm. 564. 440 Für die Lebensdaten von Suhr bedanke ich mich herz­lich bei Ute Haug, Hamburger Kunsthalle. 441 Ritter 1999a, S. 158; Woll 2009, S. 1617 – 1619. Zur Munch-Ausstellung in der Galerie Gerstenberger siehe Kap. 2.4.2. 442 Auch nach der Ausstellung 1921 fand bis 1933 nur noch eine Einzelausstellung von Werken Munchs statt, die 1929 von der Kunsthütte organisiert wurde. 443 Dazu auch Ritter 1999a, S. 162.

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Der Text ähnelt vielmehr einer Kapitulation vor den ört­lichen Kritikern dieser sogenannten „extremen Richtung“ der Kunst als einem Plädoyer für die Malweise des Künstlers.444 Nahezu beschwichtigend klingt in ­diesem Zusammenhang die Anmerkung, dass die Erwerbung eines Kunstwerkes aus der Ausstellung von offizieller Seite nicht geplant sei.445 Die Munch-Ausstellung im Jahr 1906 war somit in dem sonst eher konservativ geprägten Kunstverein eine Ausnahmeerscheinung und sollte es auch längere Zeit noch bleiben. Diese künstlerische Ausrichtung an traditionellen Bildformen konnte bereits hinsicht­lich der Vereinssammlung beobachtet werden. Erst 1916 wurden die ersten Werke überhaupt in die Sammlung aufgenommen, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet sind: Der Chemnitzer Maler Alfred Kunze schenkte der Kunsthütte sieben Holzschnitte von Max Pechstein.446 Bis zur Gründung der Städtischen Kunstsammlungen im Jahr 1920 waren also weder die Sammlung der Kunsthütte noch die der Stadt nach kunsthistorischen Aspekten zusammengestellt worden. Sie gaben vielmehr das Bild verschiedener Ankäufe und Schenkungen wieder, die eher nach der gegenwärtigen Gelegenheit und im Hinblick auf die Förderung regionaler Kunst getätigt wurden. Die Eröffnungsausstellung des König-Albert-Museums 1909 zeigt, dass zu ­diesem Zeitpunkt der Verein und seine Sammlung stark provinziellen Charakter besaßen und bei der Auswahl an Exponaten diejenigen von Mitgliedern des Organisationsteams und von lokalen Künstlerinnen und Künstlern bevorzugt wurden. Die im benachbarten Dresden im Jahr 1905 gegründete Künstlergruppe Brücke fand nur sporadisch Eingang in das Ausstellungsprogramm der Kunsthütte. Auch Vertreterinnen und Vertreter anderer Stilrichtungen, die sich erst nach der Jahrhundertwende entwickelten, wurden kaum gezeigt und auch nicht in die Sammlung des Vereines aufgenommen. Im folgenden Kapitel wird sich zeigen, dass sich eben dieser Aspekt mit Beginn der 1920er Jahre radikal änderte.

3.3.2 Die Sammlung des König-Albert-Museums in den 1920er Jahren Die Bestände des Chemnitzer Kunstvereines und der am 1. April 1920 gegründeten Städtischen Kunstsammlung wurden während der 1920er Jahre maßgeb­lich von Friedrich Schreiber-­ Weigand geprägt. Schreiber-Weigand, am 17. September 1879 in Chemnitz geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Lehrer und trat 1903 in das Lehramt an Chemnitzer Schulen 444 Zitat: Chemnitzer Tageblatt vom 18. März 1906, S. 1. weiter ebd.: „Auch die Sezession soll einmal in der Kunsthütte das Wort haben, und so mag denn ein allgemeines ‚Schütteln des Kopfes geschehen‘ in unserem Ober­lichtsaale, der manchem vielleicht durch die Bilder Munchs beinahe entweiht scheinen mag.“ Bei Ritter 1999a, S. 159 ist der Artikel in voller Länger abgebildet. 445 „Frei­lich, eine Aussicht auf Ankäufe zur Verlosung oder für die Sammlung dürfte für Munch in Chemnitz nicht bestehen […].“ Ebd. 446 Juppe/Pfalzer 1992, S. 62.

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ein.447 Er war ab 1911 Ausstellungsleiter der Kunsthütte und wurde dann 1920 zusätz­lich zum Leiter der Städtischen Kunstsammlung ernannt. Seit 1922 nahm er das Amt des Museumsleiters hauptberuf­lich wahr.448 Schreiber-Weigand hatte also die zwei führenden Positionen der öffent­lichen Kulturförderung im Bereich der bildenden Kunst inne und damit direkte und fast alleinige Entscheidungsgewalt über die Ausrichtung der Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit beider Institutionen.449 Darüber hinaus konnte er mit beiden Sammlungen simultan operieren, wodurch sich die für jede Institution einzeln eher kleinen Mög­lichkeiten in ihrem Zusammenspiel enorm steigern ließen. Als Sammelschwerpunkte für die Städtische Kunstsammlung legte Schreiber-Weigand im Jahr 1920 einerseits „die sächsische Kunst seit Gründung der Dresdner Kunstakademie 1764 von Anton Graff über die Früh- und Hochromantik bis zum Biedermeier“ fest.450 Andererseits sollten aus der Zeit von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Gegenwart Werke der sogenannten Frei­lichtmalerei, des Symbolismus sowie des deutschen Impressionismus und Expressionismus Eingang in die Sammlungen finden. Mit den Ankäufen für die Sammlung des Kunstvereines und die der Städtischen Kunstsammlung strebte Schreiber-Weigand eine entsprechend den Sammlungsschwerpunkten homogene und hinsicht­lich der Künstlerinnen und Künstler qualitätsvolle Sammlung an, die der vorherrschend anerkannten kunsthistorischen Entwicklungsgeschichte folgte. Trotz des 1920 formulierten Programmes weisen die Ankäufe, die Schreiber-Weigand für die städtische Sammlung sowie für die Sammlung des Kunstvereines tätigte, einen deut­lichen 447 Stadtarchiv Chemnitz 1998, S. 104. Den Doppelnamen Schreiber-Weigand nahm er erst 1918 an. Vorher hieß er nach seinem Vater mit Nachnamen Schreiber. Weigand war der Geburtsname seiner ­Mutter. Ebert 1986, S. 42; dazu auch Kopka 2020, S. 137. 448 Zu Schreiber-Weigand in seiner Funktion als Direktor und Ausstellungsleiter siehe Milde 2010; Juppe/Pfalzer 1992; Stadtarchiv Chemnitz 1998, S. 104; Drechsel u. a. 1996 und Ebert 1986. Schreiber-Weigand führte das Amt des Ausstellungsleiters der Kunsthütte und des Leiters der Städtischen Kunstsammlung (ab 1920) vorerst nebenberuf­lich aus. Ab 1923 galt dann offiziell die Bezeichnung „Direktor“ für den Leiter der Städtischen Kunstsammlung. 449 Der unmittelbare Vorgesetzte Schreiber-Weigands war der Stadtrat und Vorsitzende des Ausschusses für Museum, Bücherei und allgemeine Volksbildung, bis 1927 Julius Schönberger (1874 – 1958) und dann Robert Müller. Die jeweiligen Vorsitzenden der Kunsthütte hatten wohl eher administrative Aufgaben. Die Auswahl und Organisation, ­welche Ausstellungen stattfanden und wie der Verein sich somit öffent­lich präsentierte, lag in großen Teilen beim Ausstellungsleiter. Die Entscheidungen über Ankäufe aus dem Stiftungsvermögen unterlagen einem Sammlungsbeirat. Dieser setzte sich seit 1920 durch Hans Vogel, Herbert Esche, Erich Goeritz und Gustav Schaffer zusammen. Milde 2010, S. 153 und 155. Die Kunstsammlungen von Esche und Goeritz (siehe Kap. 3.4.2) sowie das Kunstschaffen Schaffers lassen darauf schließen, dass die drei Beiratsmitglieder die Sammlungsstrategie Schreiber-Weigands befürworteten und unterstützten. 450 Milde 2010, S. 153. Der Schweizer Künstler Anton Graff (1736 – 1813) wurde 1766 an den Dresdner Hof berufen und blieb bis zu seinem Tod in der Stadt. Helmut Börsch-Supan: Graff, Anton (1736). In: AKL-Online.

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Schwerpunkt in der Kunst des deutschen Brücke-Expressionismus auf.451 Von Vertretern dieser Stilrichtung erwarb er in der Zeit von 1920 bis 1932 fast dreimal so viele Gemälde und Skulpturen wie von Vertretern des deutschen Impressionismus oder von Künstlern aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.452 Unter letztgenannten befinden sich darüber hinaus viele Schenkungen an das Museum. Aus der Zeit der Gründung der Dresdner Akademie wurde überhaupt kein Gemälde erworben. Die Konzentration auf Werke des Brücke-Expressionismus basierte wohl einerseits auf einem persön­lichen Interesse Schreiber-Weigands und seiner Kunstanschauung. Allein der enge persön­liche Kontakt mit Karl Schmidt-Rottluff und auch das Bemühen um eine persön­liche Beziehung zu Ernst Ludwig Kirchner sind dafür Indizien.453 Andererseits sind noch weitere signifikante Beweggründe für die Ausrichtung der Sammlung denkbar. Da Chemnitz nicht über eine homogen gewachsene Kunstsammlung verfügte, sondern Schreiber-­ Weigand auf eine durch Zufälligkeiten geprägte Ansammlung verschiedener Kunstwerke mit variierender Qualität aufbauen musste, ist es nur plausibel, entsprechend der lokalen Kunstmarktsituation und den finanziellen Mög­lichkeiten, die Schwerpunkte auf eher zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler zu legen.454 Diese standen in viel größerer Zahl und Qualität auf dem Markt zur Verfügung und waren auch preiswerter als beispielsweise 451 Zu den Ankäufen Schreiber-Weigands siehe auch Milde 2020. 452 Ankäufe von 1920 bis 1929: Museum der Gegenwart H. 1, 1930, S. 48. Ankäufe 1930 – 1932: Milde 2010, S. 159. Die Sammlungen der Stadt und der Kunsthütte werden hier, ebenso wie in der Zeitschrift Museum der Gegenwart, als eine gemeinsame angesehen. Dabei sollte bedacht werden, dass diese Einschätzung ausschließ­lich auf Quellen beruht, die den Expressionismus fokussieren. Das tatsäch­liche Verhältnis ­zwischen expressionistischer Kunst, Kunstwerken des 19. Jahrhunderts und des Impressionismus kann erst anhand einer Untersuchung aller Ankäufe der Zeit von 1920 bis einschließ­lich 1932 abschließend bewertet werden. In der Zeitschrift Museum der Gegenwart wurden am Ende von jedem Heft Erwerbungen von Werken neuerer Kunst, Ausstellungen und Neuordnungen der öffent­lichen Sammlungen im Deutschen Sprachgebiet veröffent­licht. Diese Listen sind nach Museen geordnet, die im Publikationsverlauf einer groben alphabetischen Ordnung unterliegen. Dabei erheben die Herausgeber der Zeitschrift bezüg­lich dieser Ankaufslisten keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Im Gegenteil: „Zur Raumersparnis sind die oft zahlreichen Erwerbungen von nur ört­licher Bedeutung weggelassen, ebenso, mit Ausnahme besonders wichtiger Fälle, Zeichnungen und Drucke.“ (Museum der Gegenwart, H. 1, 1930, S. 47.) Dass Chemnitz bereits im ersten Heft der neu verlegten Zeitschrift angeführt wird, basiert wahrschein­lich auf der grundlegenden alphabetischen Auflistung der Städte. Es wurden nur Museen aufgenommen, die auch Kunstwerke ankauften, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet werden. In den Jahrgängen 1 – 3 (1930 – 1932) werden die Ankäufe von 22 weiteren Museen im Deutschen Reich publiziert. 453 U. a. Milde 2010, S. 162/163 und Ritter 2007, S. 124 – 134. 454 Dieses Argument für den vermehrten Ankauf zeitgenössischer Kunstwerke für deutsche Museen während der wirtschaft­lichen Depression findet sich auch bei Lidtke 1993, S. 221. Dazu auch Milde 2010, S. 153/154.

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Werke des deutschen Impressionismus und der Romantik oder gar alte Meister, die international gefragt waren. So konnte er auch die eine oder andere günstige Gelegenheit in lokalen Kunsthandlungen zum Ankauf ­nutzen.455 Die Ankäufe von Werken der Vertreter der ehemaligen Künstlergruppe Brücke sind hinsicht­lich der überregionalen Bekanntheit der Künstlervereinigung zusätz­lich mit der Prämisse einer „heimat­lichen Kunstpflege“ zu erklären. Nicht nur Schreiber-Weigand nutzte in der Weimarer Republik diesen Aspekt als Rechtfertigung für die Erwerbungen zeitgenössischer Kunst.456 Auch eine ganze Reihe anderer Museumsdirektoren formulierten den kulturellen Föderalismus als Aufgabe der Museen und begründeten damit beispielsweise Ankäufe von Christian Rohlfs und Emil Nolde.457 Der allein quantitative Schwerpunkt, der auf den Künstlern des deutschen Brücke-Expressionismus lag, relativiert sich ein wenig in Anbetracht der aufgewendeten Haushaltsmittel, denn für ein Werk von Max Liebermann oder Lovis Corinth musste Schreiber-Weigand mindestens doppelt so viel bezahlen. Im Jahr 1926 erwarb er beispielsweise ein Gemälde von Max Liebermann für 10.000,– RM und ein Jahr ­später eines von Lovis Corinth für 11.000,– RM.458 Im Jahr 1928 dagegen kaufte er ein Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff für 4.500,– RM und eines von Otto Mueller für 4.400,– RM.459 Kunstwerke von Vertretern des deutschen Expressionismus fanden dabei in der Zeit von 1919 bis 1932 nahezu jedes Jahr Eingang in den Bestand des König-Albert-Museums in Chemnitz. Die beiden ersten expressionistischen Gemälde stiftete der Chemnitzer Mediziner Adolf Thiele (1867 – 1933) im Jahr 1919, näm­lich das Gemälde Pferde auf der Weide von Ernst Ludwig Kirchner und das Gemälde Blüten von Karl Schmidt-Rottluff.460 Bis 1930 konnten 455 Er kauft beispielsweise ein Werk von Ernst Ludwig Kirchner Selbstbildnis mit Frau (1914) im Jahr 1924 in der Galerie Ernst Arnold in Dresden für 1.375,– RM. Die gleichzeitig eingeholten Angebote der Galerie Schames in Frankfurt beinhalteten dagegen Werke des Künstlers mit Preisen ­zwischen 3.000,– RM und 6.000,– RM. Ritter 2007, S. 124. 456 Schreiber-Weigand definierte die „heimat­liche Kunstpflege“ als wesent­liche Aufgabe der städtischen Sammlung. Milde 2010, S. 153 und Chemnitzer Tageblatt vom 26. September 1920. 457 Winkler 2002, S. 289/290. 458 KSChA SKC, Inventarbuch Sammlung von Gemälden der Stadt Chemnitz, Nr. 182 und 190. Nur die hier benannten Einträge standen der Verfasserin in Kopie zur Verfügung. Zu den Werken siehe Anhang 8.5.1, Nr. 4 und 18. 459 KSChA SKC, Inventarbuch Sammlung von Gemälden der Stadt Chemnitz, Nr. 198 und 205. Nur die hier benannten Einträge standen der Verfasserin in Kopie zur Verfügung. Zu den Werken siehe Anhang 8.5.1, Nr. 22 und 8.5.2, Nr. 38. 460 Milde 2010, S. 152. Zu dem Werk Blüten von Schmidt-Rottluff siehe Anna 1993, S. 310 und zu dem Werk Pferde auf der Weide von Kirchner siehe Gordon 1968, S. 277, Kat.Nr. 23. Thiele war seit 1893 in Chemnitz wohnhaft und als niedergelassener Arzt tätig. Er war von 1906 bis 1911 passives Mitglied der Künstlervereinigung Brücke und ein Förderer dieser. In Chemnitz initiierte er die Gründung der Künstlergruppe Chemnitz im Jahr 1907. Er schrieb Ausstellungsrezensionen, war Kunstsammler, als Kunstkritiker für das Chemnitzer Abendblatt tätig und vielseitig kulturell interessiert. Zu Thiele siehe Woesthoff 2001, S. 346 und Chemnitzer Tageblatt vom

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sieben weitere Werke von Schmidt-Rottluff erworben werden: 1920 Herbstlandschaft, 1922 Männer bei Kerze und Norddeutsche Kinder, 1925 Kranker Junge, 1927 Fischerhäuser, 1928 Porträt Lyonel Feininger sowie 1930 Stillleben mit Aloetopf und drei weitere von Ernst L ­ udwig Kirchner: 1924 Selbstbildnis mit Frau, 1925 Wohnzimmer und Weiße Kuh.461 Darüber hinaus war Erich Heckel mit vier Bildtafeln vertreten.462 Von anderen Künstlern wie Karl Hofer, Oskar Kokoschka, Edvard Munch, Emil Nolde, Max Pechstein und Otto Mueller gingen dagegen nur ein oder zwei Gemälde in den Sammlungsbestand ein.463 Im Bereich der Skulptur waren Ernst Barlach mit drei und Jussuff Abbo sowie Wilhelm Lehmbruck jeweils mit zwei Werken vertreten.464 Als Vertreter des deutschen Impressionismus dominierten Lovis Corinth und Max ­Liebermann in der Sammlung.465 Abgesehen von einigen Schenkungen in den Jahren 1920 und 1923 wurden Werke aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts dagegen erst vermehrt ab 1926 angekauft, der Großteil mit sechs Werken dabei im Jahr 1928 en bloc.466 Erst ab 1930, 11. November 1927, S. 3 (hier mit Abbildung einer Porträtzeichnung Thieles von Gustav Schaffer) sowie jüngst Müller 2020. 461 Zu den Werken Schmidt-Rottluffs siehe Anhang 8.5.1, Nr. 29 (Fischerhäuser), Nr. 30 (Männer bei Kerze) und Anhang 8.5.2, Nr. 38 (Porträt Lyonel Feininger). Zu den anderen siehe Anna 1993, S. 310/311. Zu den Werken von Kirchner siehe Anhang 8.5.1, Nr. 14 (Wohnzimmer) und Anhang 8.5.2, Nr. 36 (Selbstbildnis mit Frau). Zu dem Werk Weiße Kuh siehe Gordon 1968, S. 366, Kat.Nr. 635. Quelle für die im Folgenden aufgeführten Ankäufe siehe Anm. 452. 462 Von Heckel waren sowohl das 1922 angekaufte Werk Teich (Vogt 1965, o. S., Kat.Nr. 1909/23) als auch drei zu dem Triptychon Badende (siehe Anhang 8.5.1, Nr. 9) zusammengefasste Tafeln Teil des Museumsbestandes. Das Triptychon wurde 1923 gemeinsam von dem Fabrikbesitzer Fritz Fischer, dem Fabrikant und Handelsrichter Georg Mecklenburg und dem Bankier Felix Stiegler der Städtischen Kunstsammlung geschenkt (Juppe 2002, S. 117). 463 Karl Hofer: Mädchen mit Kerze (Ankauf 1922, siehe Eisenbeis/Wohlert 2008, Bd. 2, S. 100, Kat. Nr. 486), Städtchen (Ankauf 1926, siehe Anm. 635); Oskar Kokoschka: Selbstbildnis (Ankauf 1925, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 17); Otto Mueller: Zigeunerinnen (Ankauf 1928, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 24); Edvard Munch: Zwei Menschen (Ankauf 1928, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 25); Emil Nolde: Araber (Ankauf 1925, siehe Urban 1987 – 1990, Bd. 2, S. 255, Kat.Nr. 904), Christus in Bethanien (Ankauf 1929, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 26); Max Pechstein: Frau im Schilf (Ankauf 1928, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 28). 464 Ernst Barlach: Das Grauen (Ankauf 1926, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 1), Stehende Bäuerin (Ankauf 1929, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 2), Grablegung (Ankauf 1930, siehe Laur 2006, S. 148/149, Kat.Nr. 250); Jussuff Abbo: Weib­licher Akt (Ankauf 1924), Porträtbüste Max Friedländer (Ankauf 1925); Wilhelm Lehmbruck: Frauenkopf (Stiftung 1920, siehe Mössinger 2010, S. 178), Kopf eines Denkers (Stiftung 1923, siehe Schubert 2001, S. 324, Kat.Nr. 100 – 2). 465 Lovis Corinth: Sohn Thomas (Ankauf 1922, siehe Berend-Corinth 1992, S. 178, Kat.Nr. 835), ­Walchensee (Ankauf 1927, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 5), Stillleben mit Flieder und Tulpen (Ankauf 1931, siehe M ­ össinger 2010, S. 105); Max Liebermann: Gartenterrasse am Wannsee (Ankauf 1924, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 37), Selbstbildnis (Ankauf 1926, siehe Anhang 8.5.1, Nr. 20). 466 Siehe Anm. 467.

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als schon eine beacht­liche Sammlung an Gemälden und Skulpturen des deutschen Expressionismus und Impressionismus im Museum vorhanden war, wurden auch im Bereich der Romantik Werke erworben. Darunter befanden sich jeweils ein bedeutendes von Caspar David Friedrich, Carl Gustav Carus und von Johan Christian Clausen Dahl.467 Schreiber-Weigand vermochte somit in den etwas mehr als zehn Jahren von 1920 bis 1932 aus den zwei Sammlungen, die durch Stiftungen und unsystematische Ankäufe einen eher willkür­lichen Charakter hatten, eine solide Sammlung zu formen, die allerdings die Kunst vor der Dresdner Romantik weitestgehend vernachlässigte. Für die damals zeitgenössische Kunst ist ein Schwerpunkt auf dem deutschen Expressionismus und in ­diesem vor allem hinsicht­lich der Mitglieder der Brücke zu verzeichnen. Dabei sind Karl Schmidt-Rottluff und Ernst Ludwig Kirchner die am besten vertretenen Künstler.

3.3.3 Avantgardistische Kunst in Chemnitz? Der Tenor in den Publikationen zum Chemnitzer Museum ist noch heute davon geprägt, dass Schreiber-Weigand als eine Art Vorreiter versucht habe, avantgardistische Tendenzen in den Sammlungsbestand zu integrieren.468 Auch die Kontroversen z­ wischen der M ­ useumsleitung 467 Caspar David Friedrich, Segelschiff, ca. 1815, Öl auf Leinwand, 72,3 × 51 cm; Carl Gustav Carus, Blick auf Dresden bei Sonnenuntergang, 1822, Öl auf Leinwand, 22 × 30,5 cm; Johann Christian Clausen Dahl, Nordische Küste bei Mond­licht, 1817, Öl auf Leinwand, 60,5 × 83,5 cm. Alle Werke befinden sich noch heute in den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz. Mössinger 2010, S. 43/44 und 49. Auf Grundlage der Publikation in der Zeitschrift Museum der Gegenwart und den Erwähnungen in dem Aufsatz von Brigitta Milde 2010 (beides siehe Anm. 452) lassen sich darüber hinaus noch folgende Ankäufe und Schenkungen (S) festhalten: Werke der Klassischen Moderne: 1920: Karl Albiker, Frauen und Haareflechterin (S). 1922: Hermann Haller, Kniende; Richard Scheibe, Einzug. 1923: Georg Kolbe, Emporsteigende. 1924: Hermann Haller, Stehender Jüngling (S); Renée Sintenis Selbstporträt. 1926: August Gaul, Pinguin; Ernesto de Fiori, Schreitende. 1927: Aristide Maillol, Badende. 1928: Karl Albiker, Giulietta. 1929: Richard Scheibe, Jünglingskopf. Werke des Impressionismus: 1922: Max Slevogt, Dame in Braun. 1923: Wilhelm Trübner, Pferd im Grünen; George Mosson, Kaffeehaus (S); Waldemar Rösler, Herbstmorgen und Landschaft mit Lokomotive. 1925: Wilhelm Trübner, Pomona. 1927: Edgar Degas, Bronze. Werke der Romantik, aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende: 1920: Hans Canon (S), Wilhelm von Diez (S), Carl Robert Kummer (S). 1923: Oswald Achenbach (S), Ernst Erwin Oehme. 1926: Carl Gustav Carus. 1927: Fritz von Uhde. 1928: Louis Gurlitt, Christian Friedrich Gille, Friedrich Preller, Ferdinand von Rayski, Julius Scholtz, Adrian Ludwig Richter. 1930: Fritz von Uhde. 468 Das Chemnitzer Museum wird in der Sekundärliteratur für die Zeit der Weimarer Republik oft folgendermaßen eingeordnet: eine der „renommiertesten Sammlungen und Ausstellungsstätten für zeitgenössische Kunst in Deutschland“ (Milde 2010, S. 163), „eine der führenden Galerien Deutschlands für moderne Kunst“ (Juppe 2002, S. 118) oder eines „der progressivsten und profiliertesten

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und dem Chemnitzer Bürgertum hinsicht­lich der Ausrichtung der Sammlung, die im folgenden Kapitel erläutert werden, lassen Schreiber-Weigand als besonders progressiv erscheinen. Es stellt sich jedoch die Frage, ob der Ankauf von Werken des Brücke-Expressionismus in der Weimarer Republik überhaupt als besonders progressiv zu bewerten ist. Wie in dem vorherigen Kapitel dargestellt, erwarb der Museumsdirektor ab 1920 vermehrt Gemälde von den ehemaligen Vertretern der Künstlervereinigung. Diese hatte sich bereits im Jahr 1905 zusammengeschlossen und schon im Jahr 1913 wieder getrennt. Die ehemaligen Mitglieder waren in den 1920er Jahren also schon mehr als 15 Jahre auf dem deutschen Kunstmarkt vertreten. Anhand der Sammlungsbestände zeitgenössischer Kunst in den Museen der beiden sächsischen Nachbarstädte, Dresden und Leipzig, sowie in anderen Museen des Deutschen Reiches soll untersucht werden, wann die Werke der Künstlergruppe Brücke Eingang in die Bestände gefunden haben und w ­ elche jüngeren Stilrichtungen darüber hinaus während der Weimarer Republik von Museen angekauft wurden. In Dresden gab es zwei Museen, die zeitgenössische Kunst ausstellten und ankauften, näm­lich die städtische Sammlung und die sogenannte Moderne Galerie der Staat­lichen Gemäldegalerie. Umfassende Studien und Publikationen zum Ankauf und zur Förderung zeitgenössischer Kunst in den 1920er Jahren sind für beide Institutionen noch ein Desiderat. Die Städtische Kunstsammlung basierte auf der Sammlung des Vereines für Geschichte und zählte somit nicht nur Kunstwerke zu ihrem Bestand, sondern beispielsweise auch stadthistorische Gegenstände. Im Jahr 1919 wurde Paul Ferdinand Schmidt (1878 – 1956) zum Direktor ernannt. Innerhalb kurzer Zeit erwarb dieser Arbeiten von Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix, Karl Schmidt-Rottluff, Otto Mueller, Oskar Kokoschka, Lasar Segall, Conrad Felixmüller, Wilhelm Heckrott, Walter Jacob, Kurt Schwitters sowie George Grosz für die Städtische Kunstsammlung.469 Das Museum nahm damit in Dresden die Vorreiterrolle hinsicht­lich Ankäufen zeitgenössischer Kunst ein, insbesondere, da Schmidt früh auch gesellschaftskritische Werke von Grosz und Dix erwarb.470 Allerdings führten die neuen Ankäufe sowie auch Schmidts Umgestaltung der Ausstellungsräume nach nur kurzer Amtszeit zu seiner Entlassung am 1. Januar 1924.471 Karl Ludwig Großmann (1876 – 1945), der bis dahin die Leitung der lokalgeschicht­lichen Sammlung innehatte, übernahm für die folgenden Jahre die gesamte Leitung des städtischen Museums.472 Die fest etablierte Ankaufskommission sorgte dafür, dass die von Schmidt begonnene Ankaufsausrichtung auch unter Großmann grundsätz­lich, wenn auch etwas weniger intensiv, fortgeführt wurde.473 Museen Deutschlands“ (Juppe 1997, S. 16). Es habe eine der „progressive[n] Kunst verpflichtete“ Ankaufspolitik verfolgt (Ritter 1996, S. 44). 469 Porstmann 2004, S. 14. 470 Dalbajewa 2002, S. 137. 471 Dazu auch ebd. 472 Zur Geschichte der städtischen Kunstsammlung Dresden von 1924 bis 1933 siehe Schmidt 2007. 473 Ebd., S. 184 und 190/191.

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Die Staat­liche Gemäldegalerie hatte 1910 Hans Posse (1879 – 1942) zum Direktor ernannt. Am Anfang seiner Karriere stand dieser vor einer ähn­lichen Problematik wie S­ chreiber-­Weigand, beide hatten näm­lich eine als „Zufallsgebilde“ charakterisierte Sammlung übernommen.474 Posse musste erheb­liche Lücken im französischen und deutschen ­Impressionismus, in der Romantik und der Kunst des 19. Jahrhunderts auszufüllen versuchen, die sein Vorgänger Karl Woermann (1844 – 1933) hinterlassen hatte.475 Nach dem E ­ rsten Weltkrieg begann Posse auch Werke zeitgenössischer Kunst anzukaufen. Damit reagierte er vermut­lich auf Kritiker seiner Ankaufspolitik, die im Jahr 1919 im Zusammenhang mit der Forderung nach einer Modernisierung des Museums in einer Pressekampagne grundlegend infrage stellten, ob Posse für sein Amt überhaupt geeignet sei.476 Dass er sich in den folgenden Jahren mit der zeitgenössischen Kunst auseinandersetzte, wird anhand seiner Kuratorentätigkeit für den Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig in den Jahren 1922 und 1930 deut­lich.477 Im Jahr 1922 zeigte Posse im Hauptraum des Pavillons unter anderem Werke von Lyonel Feininger und Erich Heckel. Auf der zentralen Wand inszenierte er leuchtende Gemälde von Oskar Kokoschka auf schwarzem Grund.478 Obwohl die Auswahl Posses 1922 auch zu kritischen Stimmen in Italien führte, wurde er auf Wunsch der italienischen Organisatoren 1930 ein zweites Mal als Kurator für den deutschen Pavillon ernannt. Seine Auswahl für 1930 beinhaltete Werke von Vertretern des Bauhauses, der Brücke und des Blauen Reiters sowie der Neuen Sach­lichkeit. Im Hauptraum des Pavillons kombinierte er Gemälde von Karl Hofer und Max Beckmann.479 Darüber hinaus zeigen Posses Bestrebungen, in Dresden eine sogenannte sowjetrussische Abteilung in der Gemäldegalerie einzurichten, sowie die Präsentation von Otto Dix’ Gemälde Der Schützengraben in der ständigen Ausstellung, dass er auch konstruktivistische Tendenzen und sozialkritische Kunst der Neuen Sach­lichkeit in den Sammlungsbestand integrieren wollte.480 474 Posse beschreibt die nach kunsthistorischen Gesichtspunkten unzureichende Erwerbungspraxis für die Dresdner Gemäldegalerie in seinem Vorwort zu dem 1930 erschienenen Katalog zu der sogenannten Modernen Galerie als „Zufallsgebilde“. Posse 1930, vor allem S. VIII/IX. Auch bei Biedermann 2010, S. 171. 475 Ebd. 476 Dazu Dalbajewa 2002, S. 142 und dies. 2010, S. 188. 477 Dalbajewa 2015a. 478 Auch Dalbajewa 2010, S. 187 – 189. In den Nebenräumen des Pavillons waren Werke von Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt zu sehen. 479 Auch diese Präsentation blieb nicht ohne Kritik in Italien, wo die ausgestellten Werke als krankhaft und dämonisch abgewertet wurden. Die Präsentation auf der Biennale in Venedig 1930 und die Kritiken waren Grundlage für die Hetzkampagne deutsch-nationaler Kreise gegen Hans Posse nach 1933. Dalbajewa 2010, S. 190. 480 Ebd., S. 189 mit Abb. Otto Dix, Der Schützengraben, 1920 – 1930, Öl auf Leinwand, 227 × 250 cm, seit 1940 verschollen, bis 1933/37 Staat­liche Gemäldegalerie zu Dresden. Angekauft wurde das Werk

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Dennoch ist sein Umgang mit der zeitgenössischen Kunst als verhalten zu bewerten.481 Ausdruck dafür ist auch die Verortung der expressionistischen Kunst innerhalb des Museumsführers, der im Jahr 1927 publiziert worden war.482 Im einleitenden Text wird zwar erwähnt, dass sich die Erwerbungstätigkeit der Staat­lichen Gemäldegalerie mehr als früher mit der „jüngsten Kunst“ beschäftige, dafür sei allerdings der sogenannte Patronatsverein konstituiert worden.483 Dieser wird als eine Art Kontrollinstanz beschrieben, die die „noch umstrittene Kunst der Gegenwart“ kaufe und diese der Gemäldegalerie zehn Jahre zur Verfügung stelle, bevor sie tatsäch­lich in den Museumsbestand aufgenommen werde.484 Im Katalogteil selbst ist keine Kategorie für die explizit zeitgenössische Kunst oder für das 20. Jahrhundert zu finden, obwohl der Führer durchaus chronologisch aufgebaut ist. Posse ordnet die Kunst der Brücke, der Neuen Sach­lichkeit oder des Blauen Reiters verschiedenen Schulen zu, die er nach lokalen Aspekten untergliederte: Schule von Dresden, München, Berlin und so weiter. Darin listete er die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler gemeinsam mit denen des 19. Jahrhunderts. Ernst Ludwig Kirchner und Karl Schmidt-Rottluff als Vertreter der „Dresdner Schule“ folgen in dem Museumsführer somit auf Caspar David Friedrich und Ferdinand von Rayski. Nolde dagegen wird der niedersächsischen Schule zugewiesen. ­Feininger und Beckmann erscheinen als Vertreter der „Berliner Schule“ in der Folge von Adolph Menzel, Eugen Bracht und Max Liebermann. Paul Klee hingegen ist unter der „Münchner Schule“ gemeinsam mit Carl Spitzweg und Franz von Stuck gelistet. Posse hat die Vertreter der zeitgenössischen Kunst in dem Museumsführer nicht zu eigenen modernen Abteilung zusammengefasst, sondern diese in eine regionale Kunstentwicklung integriert. Gleichzeitig verunklärte er damit stilistische Entwicklungen in der Moderne, indem er Gruppenzugehörigkeiten, wie die der Künstlervereinigungen Der Blaue Reiter oder Brücke, nicht zu Sprache bringt. Mög­licherweise versuchte er mit dem Vermeiden derartiger Schlagwörter pauschalablehnende Haltungen des Publikums gegenüber den Künstlervereinigungen zu umgehen. Im Leipziger Museum wurde zeitgenössische Kunst seit 1924 dauerhaft in der sogenannten Galerie von deutschen und ausländischen Expressionisten präsentiert. Dort waren Werke von Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Lyonel Feininger, Franz Marc und vor allem von Max Pechstein zu sehen.485 Diese hatte der Leipziger Kunsthistoriker Karl Lilienfeld zur Verfügung gestellt, der neben einer Sammlung niederländischer Malerei des 17. Jahrhunderts eben auch eine von zeitgenössischer Kunst besaß.486 Die in der

vom Dresdner Patronatsverein und dem Städtischen Museum, die es der Gemäldegalerie als Leihgabe überließen. Schmidt 2007, S. 194. 481 Dazu Dalbajewa 2015b. 482 Zum Folgenden: Museumskat. Dresden 1927. 483 Ebd., S. XXIX. 484 Ebd. 485 Hüttel 2004, S. 38. 486 Zu Lilienfeld siehe Anm. 379.

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permanenten Sonderschau präsentierten Leihgaben moderner Kunst gingen jedoch nicht als Schenkung an das Museum über, sondern 1932 an Lilienfeld zurück. Somit blieb der museumseigene Bestand ausgesprochen klein, der darüber hinaus auch Lücken im Bereich des Impressionismus zu verzeichnen hatte.487 Allein zu Beginn der 1930er Jahre konnten noch einige Gemäldeerwerbungen im Bereich der zeitgenössischen Kunst getätigt werden.488 In allen drei sächsischen Großstädten war die zeitgenössische Kunst also integraler Bestandteil der permanenten Ausstellung. Der Brücke-Expressionismus als sächsische Strömung wurde generell wahrgenommen und anerkannt. In Dresden war die zeitgenössische Kunst sicher­lich am besten vertreten. Das ist einerseits damit zu begründen, dass diese von zwei Institutionen angekauft wurde. Andererseits spielte die Kunstakademie eine wesent­liche Rolle dafür, dass sich in Dresden nach dem ­Ersten Weltkrieg ein intellektuelles Publikum für moderne Kunstentwicklungen bildete.489 Wenn auch der Großteil der Lehrenden der Akademie einer akademisch-realistischen Malweise verpflichtet war, zog die Kunsthochschule junge Künstlerinnen und Künstler nach Dresden und schuf damit ein Umfeld des künstlerischen Austausches und der Innovation. Im Vergleich zum Leipziger zeigte sich das Chemnitzer Museum durchaus entschlossener und viel früher dazu bereit, expressionistische Kunstwerke nicht nur auszustellen, sondern auch dauerhaft in den Bestand aufzunehmen. In Leipzig und Dresden gingen dafür auch einige Kunstwerke anderer moderner Stilrichtungen wie der Neuen Sach­lichkeit oder des Blauen Reiters in den Sammlungsbestand ein. Das Chemnitzer Museum dagegen blieb, abgesehen von einem Gemälde Edvard Munchs, den Vertretern des Brücke-Expressionismus verhaftet. Im Vergleich zu dem gesamten Gebiet des Deutschen Reiches ist das vermehrte Ausstellen und Ankaufen von Kunstwerken des deutschen Expressionismus während der 1920er Jahre kein besonderes Phänomen. Vielmehr wurden schon Jahre zuvor Werke von Vertretern des Expressionismus von Museen angekauft. Eines der berühmtesten Beispiele ist der Erwerb des Gemäldes Abendmahl von Emil Nolde durch Max Sauerlandt (1880 – 1934) für das Museum in Halle im Jahr 1913.490 Es war der früheste Ankauf eines Hauptwerkes des Expressionismus für eine öffent­liche Sammlung und löste Empörung aus. Trotz der heftigen Kritiken an dem 487 Hüttel 2004, S. 38. 488 Neben einem Gemälde von Lyonel Feininger, Erich Heckel, Oskar Moll und Emil Nolde, die sich bereits im Bestand befanden, erwarb das Leipziger Museum erst 1930 jeweils ein Gemälde von Edvard Munch und Oskar Kokoschka sowie 1932 eines von Max Beckmann und 1933 jeweils eines von Erich Heckel und Otto Mueller. Vgl. Datenbank Entartete Kunst der Freien Universität, Berlin unter dem Suchwort Herkunftsort: „Leipzig, Museum der bildenden Künste“ URL: (28. Dezember 2020). Die Angaben in der Datenbank sind allerdings nicht vollständig. Siehe dazu auch Anm. 845. 489 Bächler 1990, S. 261. 490 Emil Nolde, Abendmahl, 1909, Öl auf Leinwand, 86 × 108 cm, Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Hüneke 2005, S. 49.

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Ankauf folgten Erwerbungen von Gemälden Karl Hofers, Christian Rohlfs und Plastiken von Wilhelm Lehmbruck im gleichen und dem darauf folgenden Jahr. Auch von anderen Museen wurde in den folgenden Jahren expressionistische Kunst erworben, wie Andreas Hüneke bereits 1988 in seinem Aufsatz Expressionistische Kunst in deutschen Museen bis 1919 feststellte.491 Dieser Aspekt wird darüber hinaus anhand einer zeitgenössischen Quelle offensicht­lich. Otto Grautoff (1876 – 1937) veröffent­lichte im Jahr 1921 als Appendix zu seinem Überblickswerk Die neue Kunst eine ganze Liste an Museen, die bereits Vertreter von Kunstrichtungen, die sich nach der Jahrhundertwende entwickelt hatten, in ihren Beständen führten.492 Neben Max Sauerlandt in Halle kann die Aufzählung der progressiven Museumsdirektoren vor 1919 in Deutschland also um einige Beispiele erweitert werden.493 Zu nennen sind dabei unter anderem Georg Swarzenski (1876 – 1957) in Frankfurt am Main, der Gemälde von Karl Hofer, Max Pechstein, Franz Marc und Max Beckmann sowie Plastiken von Ernst Barlach und Wilhelm Lehmbruck erworben hatte, sowie Alexander Dorner (1893 – 1957) in Hannover, Richart Reiche (1876 – 1943) in Barmen, Georg Treu (1843 – 1921) in Dresden, Emil Waldmann (1880 – 1945) in Bremen und Fritz Wichert (1878 – 1951) in Mannheim. Gustav Pauli (1866 – 1938) in Hamburg setzte zwar verhältnismäßig spät, näm­lich erst 1917, mit dem Erwerb expressionistischer Kunst ein, konnte bis 1919 aber bereits mehrere Gemälde von Christian Rohlfs, Karl Schmidt-Rottluff, Emil Nolde und Franz Marc ankaufen.494 Ebenso waren Edwin Redslob (1884 – 1973) und ab 1920 sein Nachfolger Walter Kaesbach (1879 – 1961) als Direktoren des Erfurter Angermuseums erst ab 1918 in der Lage, Expressionisten in den Sammlungsbestand aufzunehmen. Allerdings Das Werk wurde zusammen mit einem weiteren Gemälde und fünf Tuschezeichnungen erworben. Ebd., S. 45 – 48. 491 Hüneke 1988. 492 Grautoff 1921, S. 151 – 160. Die Aufstellung mit Werken der „neuen Kunst“ in öffent­lichen Sammlungen umfasst 19 Städte (Chemnitz ist nicht darunter). 493 Zum Folgenden siehe Hüneke 1988. Eine tatsäch­liche Vorreiterrolle kam beispielsweise auch dem Sammler Karl Ernst Osthaus (1874 – 1921) in Hagen zu. Dieser hatte bereits zehn Jahre nach der Gründung seines Folkwangmuseums eine beacht­liche Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammengestellt. Der Ausstellungskatalog von 1912 listet eine Vielzahl von Werken Christian Rohlfs und Emil Noldes, weiterhin Karl Hofers, Oskar Kokoschkas, Franz Marcs und Heinrich Nauens ebenso wie Ernst Barlachs und Alexej von Jawlenskys (vgl. Ausstellungskat. Hagen 1912). Im Bereich der Zeichnung war die gesamte Künstlergruppe Brücke vertreten, die er schon 1907 in einer Ausstellung gemeinsam präsentierte (Lepik 1996, S. 306.). Osthaus konnte aber als Privatmann eigenverantwort­lich über seine Finanzen verfügen und musste Ankaufsentscheidungen weder intern noch öffent­lich rechtfertigen. (Diesen Aspekt betonen auch Lepik und Hüneke. Lepik 1996, S. 302 und Hüneke 1988, S. 8.) Somit ist ein Vergleich mit öffent­lichen Institutionen, deren Verwendung der finanziellen Mittel durch ein Gremium entschieden wurde, schwierig. 494 Kratz-Kessemeier 2010, S. 86; Hüneke 1988, S. 9/10; Dalbajewa 2002, S. 132; siehe auch Ausstellungs­ kat. Berlin/München 1996, Beiträge zu Georg Swarzenski.

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ermög­lichte die enge Zusammenarbeit mit dem Sammler Alfred Hess (1879 – 1931), der mehrfach Kunstwerke dem Angermuseum stiftete, eine zügige und kontinuier­liche Erweiterung der Sammlung expressionistischer Werke, obwohl die Museumskommission keine Gelder für derartige Ankäufe bewilligte.495 Wie fest die zeitgenössische Kunst im Jahr 1919 in den Museen bereits etabliert war, wird anhand der im August desselben Jahres neu eröffneten Räume der Berliner Nationalgalerie im Kronprinzenpalais ersicht­lich. Denn die Kunst der Klassischen Moderne wurde dort auf einer ganzen Etage präsentiert.496 Der Ausstellungsführer listet vier Räume mit Gemälden und Zeichnungen von unter anderem Max Pechstein, Karl Schmidt-Rottluff, Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Heinrich Nauen und Lyonel Feininger, einen Raum mit Zeichnungen und verschiedenen Plastiken von Wilhelm Lehmbruck, einen mit Gemälden von Hans ­Purrmann und Oskar Moll, einen größtenteils mit Gemälden von Oskar Kokoschka und Vincent van Gogh sowie einen mit Werken internationaler Kunst, wie Paul Signac, James Ensor und ­Eduard Vuillard. Zusätz­lich waren in allen Räumen verschiedene Plastiken, vor allem von Ernst ­Barlach und Wilhelm Lehmbruck, zu sehen.497 Die hier genannten Werke befanden sich zwar bei Weitem nicht alle im Besitz des Museums. Der damalige Direktor der Nationalgalerie, Ludwig Justi (1876 – 1957), füllte die Lücken im Bestand mit zahlreichen Leihgaben. Umfangreich und umfassend war die zeitgenössische Kunst 1919 in der Nationalgalerie präsent und füllte mehrere Ausstellungsräume, sie war folg­lich mitten im musealen Display angekommen. Zu dem Zeitpunkt, als die ersten expressionistischen Gemälde in den Bestand der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz überführt werden konnten, war der Ankauf dieser Stilrichtung also schon keine Seltenheit mehr. Es hatte vielmehr die Musealisierung des Expressionismus bereits begonnen. Viele Museen versuchten deswegen in der Zeit ab 1920, die bereits vorhandenen Exponate expressionistischer Kunst sinnvoll zu ergänzen.498 Das Museum in Chemnitz startete tatsäch­lich verhältnismäßig spät damit, Werke des deutschen Expressionismus zu erwerben. Schreiber-Weigand war in der Ausrichtung seiner Sammlung keineswegs ein Einzelfall, sondern vielmehr Teil eines deutschlandweiten Phänomens. Laut einer Statistik des Jahres 1930 wurde expressionistische Kunst von fast jedem zweiten deutschen Museum für dessen Sammlung angekauft.499 Die große Anzahl von Werken des Brücke-Expressionismus, die Schreiber-Weigand ab 1920 erwarb, scheint eher ein Aufholen gewesen zu sein als eine Pionierarbeit. Nur wenige Museen schafften dagegen den Sprung vom Expressionismus zur rückblickend tatsäch­lich avantgardistischen Kunst der 1920er Jahre. So fehlten auch in der Chemnitzer Sammlung beispielsweise Vertreter des Konstruktivismus oder der Dada-Bewegung, ganz 495 Lucke 1992, S. 151/152. 496 Vgl. Ausstellungskat. Berlin 1919, S. 11 – 15. 497 Dazu auch Kratz-Kessemeier 2010 und Janda 1988. 498 Winkler 2002, S. 280. 499 Ebd., S. 277.

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abgesehen von Werken der neuen Medien, wie Photographie und Film. Eine erste Öffnung für Künstlerinnen und Künstler anderer Kunstrichtungen ist in Chemnitz hinsicht­lich der Neuen Sach­lichkeit zu konstatieren. Von George Grosz und Otto Dix konnten zumindest zehn Aquarelle und Zeichnungen sowie über 20 Druckgraphiken in den Sammlungen der Kunsthütte und der Stadt verzeichnet werden.500 Darüber hinaus zeigte Schreiber-Weigand 1925 die von Mannheim organisierte Ausstellung Neue Sach­lichkeit.501 Künstlerinnen und Künstler des damals international renommierten Bauhauses waren dagegen nur verschwindend gering vertreten.502 Zwei Präsentationen, die jeweils ein größeres Werkkonvolut von Lyonel Feininger und Paul Klee zeigen und 1926 von der Kunsthütte veranstaltet wurden, lassen darauf schließen, dass die Mitglieder des Bauhauses in Chemnitz zumindest wahrgenommen wurden. Auf beiden Ausstellungen waren zusätz­lich auch Werke zu sehen, die beim Chemnitzer Publikum bereits ein hohes Ansehen genossen. So wurden im Frühjahr 1926 Aquarelle von Paul Klee mit Werken von Max Liebermann gezeigt und im Herbst desselben Jahres Gemälde, Aquarelle und Graphiken von Lyonel Feininger zusammen mit Werken von Otto Theodor Wolfgang Stein.503 Es wurde hier also eine Präsentationsform gewählt, die dem Chemnitzer Publikum unbekannte Künstler mit bereits etablierten kombinierte. Das Provinzialmuseum in Hannover präsentierte in seinen Räumen dagegen ein viel breiteres Spektrum zeitgenössischer Kunst, das zumindest auch stark abstrakte Tendenzen berücksichtigte.504 In einem von El Lissitzky entworfenen Raum, dem Abstrakten Kabinett, wurden Vertreter des Konstruktivismus, des Blauen Reiters, des Bauhauses sowie ausländischer abstrakter Stilrichtungen wie Vertreter von De Stijl oder Pablo Picasso ausgestellt.505 Diesem Raum sollte ein sogenannter Raum der Gegenwart folgen, für dessen Ausgestaltung der Museumsdirektor, Alexander Dorner, László Moholy-Nagy beauftragte. Der geplante Raum sollte aus „Glas und Stahl“ sein und unter anderem auch Photographie und Film berücksichtigen.506 500 Als Grundlage dieser Aufstellung dienen die Beschlagnahmelisten von 1937. Deswegen können die hier genannten Zahlen nur als Richtwerte behandelt werden. KSChA Entartete Kunst/Verzeichnis beschlagnahmter Erzeugnisse entarteter Kunst, 1937. 501 Dazu Kap. 3.4.1. 502 In den Beständen des Museums und der Kunsthütte lassen sich auch nur ein Aquarell und zwei Graphiken von Feininger, eine Graphik von Oskar Schlemmer sowie vier Bauhaus-Graphikmappen nachweisen. 503 KSchA Kunsthütte/Abschrift Ausstellungsverzeichnis Buch 2: März 1925 bis 1927. 504 Hille 1994, S. 160. 505 „Durch Lissitzkys Umbau wurde ein Raum geschaffen, der die schwere Steinarchitektur des alten Baus vergessen lässt und ein spannungsvolles leichtes Gehäuse für die Aufnahme der teilweise in übereinander gleitende Wechselrahmen eingelegten Bilder von Mondrian, Picasso, Lissitzky, Moholy-Nagy, Marcoussis, Léger, Gleizes, Schlemmer, Klee und Kandinsky gibt.“ Museum der Gegenwart, H. 2, 1930, S. 71/72. 506 Zum sogenannten Abstrakten Kabinett und zum Raum der Gegenwart siehe Flacke 1985, S. 56 – 99.

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Im Vergleich dazu erscheint das Chemnitzer Museum mit der Konzentration auf die Kunst des Brücke-Expressionismus und die weitgehende Vernachlässigung anderer zeitgenössischer Kunstströmungen rückblickend als konventionell.507 Ebenso entspricht auch die Abteilung für zeitgenössische Kunst der Berliner Nationalgalerie im Kronprinzenpalais einer selektiven Sicht auf die moderne Kunst. Dabei wurde der deutsche Expressionismus als Höhepunkt der Kunstentwicklung inszeniert und van Gogh, Edvard Munch und Lovis Corinth als deren Vorläufer deklariert.508 Diese Auswahl bestimmte den Künstlerkanon vieler Dauerausstellungen in den deutschen Museen der Weimarer Republik, der internationale, abstrakte und radikale Positionen der Kunst ausklammerte.509 So mutet auch die 1926 erneuerte Ausstellungspräsentation im Chemnitzer Museum mit kräftig farbigen Wänden, deren Farbton zum Teil von den Vertretern der Brücke selbst gewählt worden war, im Vergleich zu den Umsetzungen und Plänen im Provinzialmuseum Hannover zwar modern, jedoch nicht progressiv an.510 Mit verschiedenen Wandfarben im Ausstellungsbereich wird spätestens seit der Eröffnung der Künstlerkolonie in Darmstadt im Jahr 1901 experimentiert. Zuerst fanden farbige Ausstellungswände bei Präsentationen von Sezessionsbewegungen und in privaten Galerien Eingang.511 In Museen setzte sich die farbige 507 Kurt Winkler kam in seiner Studie zu der Zeitschrift Museum der Gegenwart hinsicht­lich des dort vertretenen Moderneverständnisses auf ein ähn­liches Ergebnis. Denn auch hier war der BrückeExpressionismus der Inbegriff für die zeitgenössische Kunst (Winkler 2002, S. 245). Die Zeitschrift Museum der Gegenwart erschien von 1930 bis 1933 mit jeweils vier Heften im Jahr und wurde von Ludwig Justi herausgegeben. Kurt Winkler hat 2002 eine ausführ­liche Studie zu der Zeitschrift veröffent­licht, die vor allem das Verständnis von zeitgenössischer Kunst untersucht, das über die Zeitschrift transportiert wurde. 508 Meyer 1998a, S. 64. Einige Werke von Max Beckmann und Paul Klee zählten zum expressionistischen Umkreis und wurden ebenfalls ausgestellt. 509 Meyer entwarf dafür den Begriff der „korrigierten Moderne“, ebd., S. 64 und 68. 510 Dazu auch Winkler 2002, S. 303. Die Sammlungspräsentation der Expressionisten im Chemnitzer Museum wird ausführ­lich dargestellt und rekonstruiert bei Ritter 2007, S. 129/130. Karl Schmidt-Rottluff hatte für die Neugestaltung der Museumsräume 1926 die farbige Wandgestaltung entworfen, wobei Ernst Ludwig Kirchner für die Präsentation seiner Werke Kobaltgrün wählte. Nicht weit von Chemnitz entfernt ging in Zwickau der dort seit 1925 amtierende Direktor, ­Hildebrand Gurlitt, im gleichen Jahr ähn­lich vor. Die Farbgebung der Wände, auf denen die expressionistischen Kunstwerke präsentiert wurden, war dort „vom Bauhaus in Dessau in Person Heinrich Kochs beeinflusst“. Ausstellungskat. Zwickau 1995, S. 19. Heinrich Koch (1896 – 1934) war Photograph und bis 1928 Schüler am Bauhaus. Manfred Knedlik: Koch, Heinrich (1896). In: AKL-Online. 511 Ackermann 2003, S. 45. Die Münchner Sezession nutzte im Ausstellungsgebäude am Königsplatz grünen, roten und goldgelben Damast als Wandbespannung. Die Ausstellung Der Blaue Reiter in der Galerie Thannhauser in München im Jahr 1911 und die Ausstellung Brücke in der Galerie Arnold in Dresden 1910 sind sehr frühe in Photographien überlieferte Beispiele für die Nutzung nicht nur farbiger, sondern insbesondere dunkler Wände zur Präsentation der Kunstwerke. Ebd., S. 46, 66/67 und Abb. 40/41.

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Wandgestaltung ab 1919 durch.512 Auch hinsicht­lich der Skulptur beschränkte Schreiber-­ Weigand sich auf den gängigen Kanon. Er kombinierte die expressionistischen Gemälde unter anderem mit Ernst Barlach, Wilhelm Lehmbruck und Renée Sintenis, die allgemein als bedeutende Bildhauer des Expressionismus anerkannt wurden.513 Dass Schreiber-­Weigand ebenso hinsicht­lich der Skulptur wie der Malerei nicht den Schritt in die Abstraktion wagte, ist nicht verwunder­lich. Allerdings führte seine Brücke-Begeisterung auch nicht so weit, dass er die Gemälde der Künstler mit deren eigenen Skulpturen kombinierte, obwohl Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff alle bildhauerisch tätig waren.514 Wenn auch nicht avantgardistisch und progressiv, schuf Schreiber-Weigand jedoch eine kleine qualitätsvolle Sammlung im Sinne eines modernen Museums während der Weimarer Republik und gemäß der allgemein anerkannten Kunstentwicklungstheorie. So wurde die Kunst der Dresdner Romantik als Ausgangspunkt präsentiert, der deutsche Impressionismus als Wegbereiter zur Moderne und der Expressionismus der Brücke als zeitgenössisches Beispiel. Damit erlangte Chemnitz auch überregionale Anerkennung. Im Jahr 1927 wurden in der Deutschen Allgemeinen Zeitung die Museen in Chemnitz und in Zwickau als Beispiele guter und zeitgenössischer Leitung von Provinzmuseen herausgehoben.515 Die Hauptaufgaben beider Häuser sind hier mit dem Sammeln und Ausstellen regionaler und moderner Kunst definiert. Allerdings wird der Leistung Hildebrand Gurlitts in Zwickau im Vergleich zu Schreiber-Weigand eine höhere Würdigung zuteil, da letztgenannter über „ziem­lich reiche Mittel“ verfüge und Gurlitt „mit erheb­lich geringeren Mitteln“ haushalten musste.516 Dennoch hebt der Verfasser für Chemnitz „die ausgezeichnete moderne Abteilung“ und das graphische

512 Ebd., S. 129 – 140, vor allem 129 – 134. 513 Zur Hängung und Skulpturenaufstellung in den einzelnen Räumen siehe Ritter 2007, S. 130/131. 514 Dazu auch Winkler 2002, S. 256/257. Max Sauerlandt, Direktor des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe, plante dagegen 1926 eine Ausstellung von Plastiken, Schmuck und Gebrauchsgegenständen von Vertretern des BrückeExpressionismus. Diese kam allerdings nicht zustande. Sauerlandt erwarb aber in den folgenden Jahren Plastiken, Bildteppiche, ein Mosaik und Schmuck der Künstler für die Sammlung des Museums. Ausstellungskat. Schleswig 1960, S. 5. 515 Deutsche Allgemeine Zeitung vom 16. Juni 1927. Teilweise abgedruckt bei Milde 2010, S. 162. Bei Milde wird als Autor Paul Fechter angegeben, der 1914 das Buch Der Expressionismus publizierte. Der Artikel über die Museen in Chemnitz und Zwickau ist allerdings nur mit „F.“ unterzeichnet, im Gegensatz zu dem vorhergehenden Artikel zu Ehren des Dichters Paul Remer, der mit „Paul Fechter“ signiert ist. Ein weiterer Aufsatz über die Erwerbungen des Chemnitzer Museums findet sich im Cicerone 17, H. 17, 1925, S. 837 – 843. 516 Deutsche Allgemeine Zeitung vom 16. Juni 1927. Alle weiteren Zitate in d ­ iesem Absatz: ebd. Dass der Schwerpunkt des Artikels auf dem Zwickauer Museum liegt, wird nicht zuletzt dadurch deut­lich, dass der Absatz doppelt so lang ist wie der über Chemnitz.

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Kabinett, das nach Form und Inhalt vorzüg­lich sei, hervor und betont, dass in Chemnitz dank Schreiber-Weigand ein Museum am Entstehen sei, „das durch seinen Inhalt wie durch seine Ausstellung in vielem vorbild­lich selbst für große Zentralinstitute sein kann. „Dabei [hat Schreiber-Weigand] noch den lokalen ört­lichen Charakter sehr geschickt gewahrt, was ihm umso leichter war, als die Generation der ‚Brücke‘ fast durchweg aus Sachsen bestand.“ Die hier zusammengefassten Ergebnisse der jüngeren Forschungen zur Klassischen Moderne sowie der Vergleich mit anderen zeitgenössischen Museumssammlungen in Deutschland verdeut­lichen, dass Schreiber-Weigand keineswegs ein Vorreiter seiner Zeit war. Vielmehr wurde in Chemnitz sogar verhältnismäßig spät angefangen, überregional bedeutende zeitgenössische Kunst zu erwerben. Dabei orientierte sich der Direktor an den üb­lichen Charakteristika für ein modernes Museum während der Weimarer Republik. Die Fokussierung der Sammlung zeitgenössischer Kunst auf die Vertreter des Brücke-Expressionismus ist heute als ein für die damalige Zeit weitläufig anerkanntes Moderneverständnis zu bewerten. Abstrakte Stilrichtungen oder ­solche, die nicht dem konventionellen Kunstverständnis entsprachen, wie Dada oder Photographie und Film, fanden dagegen kaum oder keinen Eingang in die Sammlung. Im Hinblick auf die Ausstellungen der Galerie Gerstenberger überrascht es umso mehr, dass die z­ wischen 1920 und 1932 in Museen durchaus etablierte Kunst des deutschen Expressionismus nur wenig Berücksichtigung fand. Allein um 1920, als Schreiber-Weigand anfing, intensiv für den Museumsbestand anzukaufen, können einige Sonderausstellungen beispielsweise von Oskar Kokoschka, Edvard Munch und Max Pechstein konstatiert werden. Insgesamt blieb die Kunsthandlung aber vielmehr der Kunst bis zum deutschen Impressionismus verhaftet. Das lässt vermuten, dass die potenzielle Kundschaft der Galerie Gerstenberger in Chemnitz eben nicht die von Schreiber-Weigand favorisierte Kunst selbst bevorzugte. Ein Überblick über die Reaktionen des Chemnitzer Kunstpublikums auf die Sammlung im König-Albert-Museum und über die privaten Kunstsammlungen in der Stadt ergänzt das Bild über das kulturelle Leben während der Weimarer Republik und gibt eine Antwort auf die Frage, woran sich das Künstlerportfolio der Galerie Gerstenberger zu dieser Zeit orientierte.

3.4 Der Chemnitzer Kunstbetrieb 2: Das Kunstpublikum in Chemnitz während der Weimarer Republik 3.4.1 Der deutsche Expressionismus und das Chemnitzer Bürgertum Der Kunstverein Kunsthütte und die Städtische Kunstsammlung erwarben und zeigten unter der Leitung von Schreiber-Weigand qualitativ hochwertige Werke des allgemein etablierten Brücke-Expressionismus. Damit war Chemnitz Teil einer weitverbreiteten Ausstellungs- und Erwerbungspraxis in Deutschland. Vonseiten des Chemnitzer Bürgertums gab es allerdings auch gewichtige Stimmen gegen die Erwerbungen von Kunstwerken dieser Stilrichtung.

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Ein aussagekräftiges Beispiel dafür ist eine öffent­liche Kampagne, die Ende 1923 gegen Schreiber-Weigand lanciert wurde, um eine Schwerpunktverschiebung der Erwerbs- und Ausstellungstätigkeit oder vielleicht sogar die Absetzung des amtierenden Direktors zu erwirken.517 Den Anstoß gab ein Schreiben, das am 23. Dezember 1923 unter der Rubrik Briefe an das Chemnitzer Tageblatt abgedruckt wurde. Der Autor war der ehemalige Ausstellungsleiter des Vereines Kunsthütte Alfred Streubel.518 Zum Anlass für seinen ersten Brief an die Redaktion des Chemnitzer Tageblattes nahm Streubel den Beschluss des Stadtrates, Werke aus den Beständen des Museums auszutauschen und zu verkaufen.519 Darunter waren auch zwei Plastiken, die die Kunsthütte auf der Eröffnungsausstellung des König-Albert-Museums 1909 erworben und der Stadt geschenkt hatte.520 Schreiber-Weigand begründete die Entscheidung für den Ausschluss beider Werke aus dem Sammlungsbestand damit, dass sie für die Kunstsammlung der Stadt „ohne Bedeutung“ ­seien und „nicht den Anforderungen“ entsprachen.521 Als Erklärung dafür, dass die Stücke damals trotzdem erworben worden waren, führte er die generelle Mittelmäßigkeit der Künstlerinnen und Künstler an, die auf der Eröffnungsausstellung vertreten waren: „Es fehlten seinerzeit alle die Namen, deren Träger wir heute als die besten deutschen Plastiker kennen.“ 522 Indirekt kritisiert Schreiber-Weigand damit an der von Streubel maßgeb­lich 517 Juppe/Pfalzer 1992, S. 65; Milde 2010, S. 163; Scholz 2012, S. 19. Obwohl der Vorgang in den Akten der Museumsverwaltung ausführ­lich überliefert ist (StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 160 – 175), wurde er bisher in der hier genannten Forschungsliteratur nur kurz abgehandelt. In den Ausgaben vom 23. und 30. Dezember 1923 sowie 6. und 20. Januar sind Zuschriften zu dieser Diskussion im Chemnitzer Tageblatt veröffent­licht worden. Darüber hinaus verfasste Schreiber-Weigand eine verwaltungsinterne Stellungnahme zu den Beschuldigungen und holte sich Beurteilungen über die Chemnitzer Museumssammlung von verschiedenen Fachkollegen ein. Bereits 1921 gab es kritisch Stimmen gegen die Ausstellungstätigkeit des Chemnitzer Kunstvereines. Nachdem der Deutsche Künstlerbund 1920 in Chemnitz in den Räumen der Kunsthütte präsentiert worden war, teilte die Stadtverwaltung der Vereinsleitung schrift­lich mit, dass eine Bewilligung höherer finanzieller Mittel von Seiten der Stadt nur genehmigt werden würde, wenn sich das Ausstellungsprogramm der letzten Zeit ändere. Dazu Juppe/Pfalzer 1992, S. 64. 518 Zu Streubel siehe Kap. 3.3.1. 519 Chemnitzer Tageblatt vom 23. Dezember 1923. Der Artikel wurde Schreiber-Weigand „zur Kenntnis und Stellungnahme“ von der Museumsverwaltung vorgelegt. StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 160. 520 Dabei handelte es sich um ein Marmorrelief des Dresdner Bildhauers Hans Hartmann-McLean (1862 – 1946) und um eine weib­liche Marmorbüste von Paul Sturm (1859 – 1936), der ab 1908 Medailleur an der Berliner Prägestätte war. StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap.  III , Sekt. X, Nr. 65, Bl. 15/15RS: Meldung an die Museumsverwaltung vom 27. Dezember 1923. 521 Ebd. 522 StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 15/15RS. Meldung an die Museumsverwaltung vom 27. Dezember 1923.

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organisierten Eröffnungsausstellung, dass keine Bildhauer oder Bildhauerinnen vertreten waren, die rückblickend als bedeutende künstlerische Positionen ihrer Zeit bewertet werden konnten. Es ist wahrschein­lich, dass Streubel diese Kritik zum Anlass genommen hatte, die Diskussion über die Arbeit des Museumsdirektors anzuregen. Vor dem Hintergrund des in Kapitel 3.3.1 erläuterten Selbstverständnisses und der Idealisierung der eigenen künstlerischen und kuratorischen Leistungen hatte sich Streubel durch die formulierte Begründung für den Verkauf der Kunstwerke persön­lich beleidigt fühlen können.523 Den emotionalen Charakter der Auseinandersetzung um den Chemnitzer Museumsdirektor unterstreicht die öffent­liche Reaktion der Chemnitzer Künstlergruppe, die sich offensicht­lich durch die Sammlungs- und Ausstellungstätigkeit Schreiber-Weigands zu wenig beachtet fühlte. Auf das initiale Schreiben Streubels verfasste die Vereinigung eine Stellungnahme, die am 6. Januar 1924 im Chemnitzer Tageblatt publiziert wurde: Im Besonderen müssten die Stadt und die hiesige Kunsthütte um die Förderung der hier schaffenden Künstler besorgt sein. Wir bemerken mit Bedauern, dass bisher nur in bescheidenem Maße dieser Verpflichtung nachgekommen worden ist und dass nur zu wünschen wäre, wenn die hier ansässigen Künstler sich einer etwas freund­licheren Anerkennung und Förderung zu erfreuen hätten. […] Mit Befremden ist festgestellt worden, dass die hiesigen Künstler durchaus nicht so in der Kunstsammlung vertreten sind, wie es sein sollte. Zudem sind ihre Werke in einer Weise gehängt, dass viele Besucher des Museums, wie uns berichtet wurde, zum Teil vergeb­lich nach ihnen gesucht und ihre[r] Verwunderung über diese ungünstige Placierung [sic] Ausdruck gegeben haben.524

Abschließend kommt die Künstlervereinigung zu dem Schluss, dass sie erst dann in der Lage sei, „dem jetzigen Sammlungsleiter volles Vertrauen entgegenbringen zu können, wenn hier eine grundlegende Gesinnungsänderung eintreten sollte“.525 Erstaun­licherweise lassen sich heute keinerlei Reaktionen vonseiten des Bürgertums, Chemnitzer Kunsthandlungen oder Förderern des Museums auf die Anfeindungen gegenüber Schreiber-Weigand nachweisen; weder öffent­lich noch stadtratsintern. Ob das Chemnitzer Tageblatt Zuschriften, die Schreiber-Weigand verteidigten, nicht abdruckte oder nicht erhielt, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Schreiber-Weigand selbst äußerte sich im Chemnitzer Tageblatt nicht zu den Anschuldigungen, die allerdings zur Folge hatten, dass er vor den Vertretern des Stadtrates Position dazu beziehen musste. Die Stellungnahme datiert auf den 29. Dezember 1923 mit einem 523 Die Kunsthistorikerin und Kuratorin der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz, Brigitta Milde, wirft Streubel neben „völkischem Gedankengut“ und „konservativem Geschmack“ auch „Missgunst und Neid auf den Erfolg“ Schreiber-Weigands vor. Milde 2010, S. 163. 524 StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 162. 525 Ebd.

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­ achtrag vom 10. Januar 1924, der zusätz­lich die Beschwerden der Chemnitzer KünstlerN gruppe berücksichtigte.526 Schreiber-Weigand geht hier auf einzelne Vorwürfe ein und entkräftet diese mit Verweisen auf größere deutsche Museen und deren Ankaufstätigkeiten sowie auf kunsthistorische Fachliteratur.527 Unterstützt werden seine Positionen durch die Gutachten verschiedener Kollegen, die seine Arbeit verteidigten und würdigten.528 Beistand erhielt Schreiber-Weigand unter anderem aus Dresden, denen der Vorfall in Chemnitz anscheinend bekannt war. Ludwig Wilhelm Gutbier, Leiter der Galerie Ernst Arnold, sandte einen Brief an den Rat der Stadt Chemnitz, in dem er die Arbeit des Direktors würdigte und die Hoffnung aussprach, dass nun dessen Stellung nicht gefährdet sei.529 Erst viel ­später reagierte dagegen der Vorstand des Kunstvereines Kunsthütte in einer Stellungnahme vom 25. Januar 1924. Zwar sprechen sich die Mitglieder des Vorstandes in ­diesem Schreiben für „ihren“ Ausstellungsleiter aus, öffent­lich Position beziehen wollten sie allerdings nicht, „weil Herr Dr. Streubel mit seinem Brief in der Hauptsache nur die Sammlungstätigkeit der Stadt Chemnitz“ kritisiert habe und nur „nebenbei“ auch den Sammlungs- und Ausstellungsbetrieb der Kunsthütte.530 Dabei ist diese Interpretation der Aussagen Sreubels nicht ganz richtig, denn dieser bemängelte gleich als zweiten Punkt in seinen Ausführungen die Ausstellungs- und Vortragstätigkeit des Kunstvereines. Darüber hinaus waren die Werke aus dem Bestand der Kunsthütte gemeinsam mit dem Bestand der Städtischen Kunstsammlung gehängt. Zwischen städtischem Kunstbesitz und dem des Kunstvereines konnte also gar nicht unterschieden werden, wenn Streubel schreibt: „Durchwandert man jetzt die Räume unseres Museums und überblickt die Neuerwerbungen der letzten Jahre, so kann man sich eines leisen Grauens nicht erwehren.“ 531

526 StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 163 – 166. 527 Unter anderem betont Schreiber-Weigand die Ankäufe von nicht expressionistischen Kunstwerken, um den Vorwurf der Einseitigkeit zu revidieren. 528 Von den folgenden Personen sind Briefe zu der Stellungnahme Schreiber-Weigands beigefügt (dahinter jeweils die damalige angegebene Position): Karl Scheffler (1869 – 1951); Paul Schubring (1869 – 1935), Professor der Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule, Hannover; Willy Kurth (1881 – 1963), Kurator im Kupferstichkabinett, Berlin. Das Gutachten von Karl Scheffler wurde ebenfalls im Chemnitzer Tageblatt publiziert. Chemnitzer Tageblatt vom 6. Januar 1924. Dokumentiert in: StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 162. 529 StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 171. Schreiber-Weigand erwarb noch im August desselben Jahres ein Gemälde für das Museum bei der Kunsthandlung: Ernst Ludwig Kirchner, Selbstbildnis mit Frau, 1914/1915, Öl auf Leinwand, 60 × 49 cm, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Neue Nationalgalerie, Berlin; Gordon 1968, S. 335, Kat.Nr. 417. Dazu Ausstellungskat. Chemnitz 2007a, S. 162/163, Kat.Nr. 51. 530 StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 173. 531 Chemnitzer Tageblatt vom 23. Dezember 1923. Dokumentiert in: StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 160.

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Die stark polemisierenden Formulierungen Streubels deuten darauf hin, dass die emotional geprägte Diskussion über die alleinige Geschmacksfrage hinsicht­lich konservativen oder progressiveren Kunstauffassungen hinausging. Beschreibungen des Expressionismus als „psychische Erkrankung der Völker“ und als eine „Krankheitserscheinung“ sowie Aussagen, dass das „Volk“ von einer „schweren politischen Infektion“ befallen sei, rücken Streubel in eine dezidiert politische Position, besonders da er den deutschen Expressionismus als eine Art des sogenannten „Bolschewismus“ bezeichnet, den er ebenfalls ablehnte.532 Streubel wurde noch vor 1933 Mitglied der Ortsgruppe Chemnitz der nationalsozialistischen Vereinigung Kampfbund für deutsche Kultur und griff weiterhin die Arbeit des Museumsdirektors an.533 Für seine guten Kontakte zum seit 1933 amtierenden Chemnitzer Kulturamt sprechen die Ernennung zum Ehrenmitglied der Kunsthütte 1935 und seine zwei von dieser ausgerichteten Einzelausstellungen in demselben Jahr und 1941.534 Diese fanden anläss­lich seines 75. und 80. Geburtstages statt und würdigten ihn vor allem als Künstler. Darüber hinaus wird in der Rezension zu seiner Ausstellung im Jahr 1941 seine systemkonforme Kunstanschauung hervorgehoben: Laut Bericht sei ein besonderer Verdienst Streubels gewesen, während der „künstlerischen Verfallszeit nach dem [Ersten, A. d. V.] Weltkrieg offen für eine deutsche Kunstauffassung“ zu kämpfen.535 Der Angriff Streubels auf Schreiber-Weigand ist vergleichbar mit der Kampagne gegen den Zwickauer Museumsdirektor Hildebrand Gurlitt im April 1930, die nach nur fünf Jahren Amtszeit zu seiner Entlassung führte. Auch hier entfachte seine Neuordnung der Sammlung und seine Förderung der Vertreter der Künstlervereinigung Brücke und des Bauhauses Widerstand in den konservativen Kreisen des Zwickauer Bürgertums. Die damals bereits konstituierte Ortsgruppe des Kampfbundes für deutsche Kultur nutzte die Gelegenheit und hetzte zusätz­lich gegen den Direktor.536 Der Vorfall in Chemnitz führte zwar nicht zur Entlassung Schreiber-Weigands, aber das Stillschweigen der Chemnitzer Kunstinteressierten zu den Vorwürfen, die „ihren“ Direktor betrafen, und das erst späte Positionieren des Kunstvereines zu „ihrem“ Ausstellungsleiter lässt die Vermutung zu, dass weite Kreise des Bürgertums grundlegend die Kritik Streubels 532 Chemnitzer Tageblatt vom 6. Januar 1924. Dokumentiert in: StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 162. 533 Milde 2010, S. 165. Laut Milde war Streubel „spätestens 1932“ der Vereinigung beigetreten. Ein genaues Datum nennt sie nicht. Der Kampfbund für deutsche Kultur wurde 1928 von Alfred Rosenberg gegründet und stand für den die Moderne ablehnenden Strang in der nationalsozialistischen Partei. Gimmel 2001, S. 13 und 360 – 376. 534 Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 242/243 und Der Türmer von Chemnitz 1941, S. 92 – 95 mit Farbabbildung eines für die Stadt Chemnitz erworbenen Gemäldes von Streubel auf dem Frontispiz des Heftes 6 desselben Jahrganges. Zur Museumsgeschichte nach 1933 siehe Kap. 4.3. 535 Der Türmer von Chemnitz 1941, S. 95. 536 Winkler 2002, S. 320 – 324.

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am Expressionismus teilten. Diese These kann mit einigen weiteren Beispielen erhärtet werden. Eine stark kulturkonservative Position wird beispielsweise anhand der Erklärung von Paul Trübsbach deut­lich, die als erste Reaktion auf das Schreiben Streubels im Chemnitzer Tageblatt publiziert worden war.537 Trübsbach, der 1910 das Amt des Ausstellungsleiters der Kunsthütte innehatte, war gleichzeitig direkter Nachfolger Streubels und der Vorgänger Schreiber-Weigands. Er verteidigte zwar die Ankaufspolitik seines Nachfolgers, aber ledig­ lich in der Hinsicht, dass jedes Provinzialmuseum in erster Linie die Kunst der Heimat zu pflegen habe, wobei diese in Chemnitz in besonderem Maße den Expressionismus einschließe. Ebenso bestritt er den Vorwurf der einseitigen Ausrichtung der Sammlung, sondern konstatierte, dass Werke aller Richtungen der damals letzten 100 Jahre erworben worden ­seien. Der Kunst des Expressionismus selbst stand Trübsbach allerdings sehr kritisch gegenüber und politisierte ihn pauschal und abwertend als „bolschewistisch“: Auch ich bekenne ehr­lich, dass diese neue Ausdruckskunst nicht die Kraft besessen hat, mich zu erwärmen oder zu einer gewissen Begeisterung hinzureißen. Dazu ist sie meines Erachtens auch schwer­lich geeignet. […] Politischer und wirtschaft­licher Bolschewismus sind dem Expressionismus in der heutigen Form nahe verwandt. […] Ich persön­lich bin zu dem Urteile gekommen, dass der eingeschlagene Weg eine Sackgasse ist, die eine Weiterentwicklung der Malerei und Skulptur nicht ermög­licht.538

Indem Trübsbach mehrfach betont, dass der Expressionismus eine „Erscheinung“ seiner damaligen Zeit sei und somit nicht ignoriert werden könne, bestärkte er mit seinem fadenscheinigen Versuch, die Person Schreiber-Weigand zu verteidigen, die Position Streubels erheb­lich. Zum einen betont er seine persön­liche Abneigung dieser Kunstströmung gegenüber und zum anderen lehnt Trübsbach ab, den Expressionismus überhaupt als eine künstlerischen Position anzuerkennen. Er sei eben nur eine „Erscheinung“, die sich zwar folgerichtig aus den vorhergehenden Entwicklungen ableite, aber keinerlei Potenzial in sich trage: Ob wir nun Freunde oder Gegner sind, auf keinen Fall aber können wir diese Erscheinung unserer Zeit einfach ignorieren. […] Dass diese Kunst kommen musste als folgerichtige Reaktion gegen den abgewirtschafteten Impressionismus, wird keinen Kunstfreund, der die Entwicklung der Kunst durch Jahrhunderte verfolgt hat, sonder­lich befremden.539

So konnte Streubel nach dieser Entgegnung von Trübsbach in einer darauf folgenden Ausgabe des Chemnitzer Tageblattes den Beitrag süffisant mit der Erkenntnis abtun, dass „auch Herr 537 Chemnitzer Tageblatt vom 30. Dezember 1923, S. 10. 538 Ebd. 539 Chemnitzer Tageblatt vom 30. Dezember 1923, S. 10. Dokumentiert in: StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 161.

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Dr. Trübsbach so vernünftig über den Expressionismus“ denke wie er selbst.540 Trübsbach agierte hier zwar als Privatperson, war aber als ehemaliger Ausstellungsleiter der Kunsthütte gleichermaßen Teil des Chemnitzer Kulturbetriebes gewesen und vertrat darin also eine eindeutig ablehnende Haltung gegenüber der Kunst des Expressionismus. Wie darüber hinaus die Besucherinnen und Besucher des Chemnitzer König-AlbertMuseums die von Schreiber-Weigand bevorzugte zeitgenössische Kunst wahrnahmen, wird zum Teil anhand der Berichte im Chemnitzer Kalender, einer jähr­lich erscheinenden Zeitschrift des Chemnitzer Tageblattes, deut­lich.541 Unter der Rubrik Bildende Kunst, die sich oftmals an den Ausstellungen der Kunsthütte und der Galerie Gerstenberger orientierte, wird erstmalig im Jahr 1914 von der sogenannten „modernen Malerei“ gesprochen und diese charakterisiert: Aber noch eine andere Folge hatte der Impressionismus: ein wildes Emporwuchern des unfähigen Dilettantismus in der Malerei – meist in Verbindung mit einem Cliquenwesen zur gegenseitigen Ruhmesversicherung. […] Man berief sich einfach auf Cezanne, van Gogh, Gaugin und andere wirk­liche Künstler von besonderer eigenwilliger Eigenart. […] Noch hat uns die Kunsthütte nicht mit den extremsten der modernen Richtungen bekannt gemacht: mit den Kubisten und Futuristen, von denen die ersteren zu einem Neben- und Durcheinander von Farben gelangt sind. […] Dem Futurismus allerdings kann man nur achselzuckend und mitleidig bedauernd gegenüberstehen.542

Das vernichtende Urteil richtete sich hier erst gegen die Künstlervereinigung Brücke, auch wenn diese nicht direkt mit Namen genannt wird. So waren doch die Vorwürfe des „Cliquenwesens“, des „Dilettantismus“ sowie des unberechtigten Beziehens auf französische Vorbilder bekannte Kritikpunkte an den Vertretern der Vereinigung.543 Zuletzt steht der Autor dem Futurismus mit vollkommenem Unverstand gegenüber und beeinflusst die Meinungsbildung 540 Chemnitzer Tageblatt vom 6. Januar 1924. Dokumentiert in: StadtA Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen, Kap. III, Sekt. X, Nr. 65, Bl. 162. 541 Der Chemnitzer Kalender. Familien und Geschäftskalender des Chemnitzer Tageblattes. Amtsblattes für die könig­lichen und städtischen Behörden in Chemnitz wurde vom gleichen Verlag wie das Chemnitzer Tageblatt, näm­lich von der J. C. F. Pickenhahn & Sohn A.-G. Chemnitz, herausgegeben. Der erste Jahrgang erschien 1910, noch unter dem Titel Familien-Kalender (so auch der zweite Jahrgang 1911), und dann in der Folge bis 1922 (13. Jahrgang) jähr­lich. Seit 1912 wurden regelmäßig Berichte über die Bildende Kunst des vorangegangenen Jahres publiziert. Danach ist das Jahrbuch nur noch sehr unregelmäßig nachzuweisen. 542 Chemnitzer Kalender 1914, S. 107/108. Expressionistische Künstler waren bis 1914 in verschiedenen Gruppenausstellungen, die von der Kunsthütte organisiert wurden, zu sehen. Siehe Kap. 3.3.1 und Anm. 434. 543 Sie wurden beispielsweise bereits 1906 und 1907 formuliert, jeweils im Rahmen von Besprechungen von Brücke-Ausstellungen in der Dresdner Kunsthandlung Emil Richter. Siehe Jähner 1984, S. 51 und 57.

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des Chemnitzer Publikums maßgeb­lich, das bis zu d ­ iesem Zeitpunkt wohl nur wenige Originale von Vertretern dieser Stilrichtung hatte sehen können. Erst einige Jahre s­ päter erschien ein weiterer Bericht über expressionistische Kunst. Den etwas vagen Ausführungen des Autors ist dabei eine gewisse Unsicherheit eingeschrieben. Mit „linearbegrenzten Farbflächen und Farbrhythmen“ versuche der expressionistische Künstler eine „neue Natur“ in „stark vereinfachter Form“ nachzuempfinden, die als „Ausdruck der Gefühle und Gedanken“ des Künstlers fungiere, die er „höher bewertet als die sichtbare Natur“, erklärte Johannes Rentzsch im Jahr 1917. Und er kam zu dem Schluss, dass das „Wesen“ und die „Entstehung“ expressionistischer Werke kaum in Sprache darzustellen ­seien.544 Hinsicht­lich der Ausstellungen von Theo von Brockhusen (1882 – 1919) und Richard Dreher (1875 – 1932), die von der Kunsthütte im Jahr 1917 organisiert waren, resümiert Rentzsch, dass in der Landschaftsmalerei dem expressionistischen Künstler „mannigfache Schranken gezogen“ ­seien, denn „um die Einheit eines Naturausdruckes zu wahren, sind sie gezwungen, auch den Himmel entsprechend an Rhythmus und Farbe“ zu gestalten.545 Das ergebe eine „pein­liche Aufdring­lichkeit des Himmels“ und eine „fremdartige Umdeutung oder Fälschung der Natur“.546 Das Festhalten an konservativen Bewertungskriterien, denen die Prämisse einer realistischen Darstellungsweise zugrunde liegt, findet sich immer wieder in weiteren Berichten über Chemnitzer Ausstellungen damals zeitgenössischer Kunst, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet wird. So stellt Rentzsch den Expressionismus bewusst als „Weg“ dar, der noch alle „Auswüchse“ abstoßen müsse und nicht „Ziel“ sein könne.547 Die latent kritische Haltung des Autors, der in seinen Texten selbst nur schrittweise expressionistische und abstrahierende Tendenzen anerkennt und wiederkehrend Stilformen der Klassischen Moderne als „lächer­lich“ ablehnt, steht in einem krassen Gegensatz zu seiner vermeint­lichen Intention, die zeitgenössische Kunst dem Chemnitzer Museumspublikum näher bringen zu wollen, und war ­diesem Vorhaben sicher­lich auch nicht förder­lich. In den von Rentzsch verfassten Aufsätzen Einführung in den Expressionismus und Die zeitgenössische Kunst aus den Jahren 1920 und 1921 stehen sich kunsttheoretische Systematisierungen entsprechend der zeitgenössischen Kunstkritik und ein persön­liches Abwägen des Für und Wider der expressionistischen Kunst noch immer gegenüber.548 Die Debatte um 544 Chemnitzer Kalender 1917, S. 103. 545 Ebd., S. 105. 546 Ebd. 547 Chemnitzer Kalender 1920, S. 116 und 118. 548 Einführung in den Expressionismus: Chemnitzer Kalender 1920, S. 116 – 118; Die zeitgenössische Kunst: Chemnitzer Kalender 1921, S. 110 – 114. Rentzsch unterscheidet ­zwischen drei Arten der expressionistischen Darstellung: Chemnitzer Kalender 1920, S. 116 – 118: „1. solche, die an äußre Impressionisten sichtbar anknüpfen und naturalistische Darstellungsmittel nicht verschmähen […]. 2. solche, die eine Idee oder Allegorie aus der Tiefe seelischer Zustände (Freude, Trauer) gestalten ohne äußre Veranlassung, doch meist mit naturgerechten aber intuitiven Formen […]. 3. solche, die nur aus

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die expressionistische Kunst wird in Chemnitz bis weit in die 1920er Jahre geführt. Die eher ablehnende Haltung spiegelte wahrschein­lich die mehrheit­liche Position des Chemnitzer Bürgertums wider, die Rentzsch mehrfach in den Ausstellungen beobachtete. Aus seinen Äußerungen geht ebenfalls hervor, dass vor allem das Laienpublikum der expressionistischen Kunst kritisch gegenüberstand – vice versa wurde sie von einer kleineren exklusiveren Gruppe im Chemnitzer Kunstbetrieb durchaus geschätzt, wie im folgenden Kapitel zu den Chemnitzer Privatsammlungen deut­lich wird. In der 15. Ausstellung des deutschen Künstlerbunds, die 1920 in Chemnitz stattfand, konnte Rentzsch beobachten, dass: nach alten Erfahrungen […] ein gespanntes Verhältnis z­ wischen Kunst und Publikum vorhergesehen werden [konnte, denn] das Sonntagspublikum, das durch eine Ausstellung geschwemmt wird, erkennt keine and[e]re Realität an als die Natur.549

Und nur ein Jahr s­ päter bemerkte er: Als Kunststadt ohne eine Tradition kann Chemnitz nichts and[e]res tun, als mög­lichst weit der neuen Kunst entgegenzukommen, selbst wenn die überwiegende Zahl unserer Mitbürger – von den älteren ist das selbstverständ­lich – ihr nur kühl gegenüberstehen kann oder sie sogar ablehnt.550

Die Forderung nach einer realistischen Darstellungsweise in der Kunst scheint also im Chemnitzer Kunstpublikum vorherrschend gewesen zu sein. Und dieser als konservativ zu bewertende, bürger­liche Kunstgeschmack war auch noch Mitte der 1920er Jahre allgegenwärtig. Neben den öffent­lichen Anschuldigungen gegen Schreiber-Weigand im Dezember 1923 wird dies weiterhin im Zusammenhang mit der Wanderausstellung Neue Sach­lichkeit deut­lich. Der Chemnitzer Kunstverein übernahm diese aus Mannheim und präsentierte sie vom 13. Dezember 1925 bis zum 17. Januar 1926.551 Für den Katalog hatte der damalige Mannheimer Direktor der Kunsthalle, Gustav Friedrich Hartlaub (1884 – 1963), das Vorwort verfasst.552 Schreiber-Weigand

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dem Gefühl heraus durch Formen- und Farbenlehre kaleidoskopartig unbekümmert darum, was daraus wurde, gebildet sind […]“. Eine ähn­liche Unterteilung findet sich beispielsweise in der 1919 erschienenen Schrift Der Expressionismus in der Malerei des Kunsthistorikers Hans Hildebrandt: „Hier haben wir einmal den reinen Gefühlsexpressionismus […], der seine Abstammung vom Impressionismus nicht verleugnen kann. […] Ihm tritt der theoretische, sich auf Erforschung der Ausdrucksmittel stützende Expressionismus gegenüber, dem die Einhaltung des […] Gesetzes über allem steht. […] Aber auch die reine Abstraktion von allen Formgestaltungen der Natur fehlt nicht.“ Hildebrandt 1919, S. 21/22. Chemnitzer Kalender 1921, S. 110. Chemnitzer Kalender 1922, S. 121. Auch erwähnt bei Zuschlag 1995, S. 93. Chemnitz übernahm als dritte Station die Ausstellung, davor war sie vom 18. Oktober bis 22. November 1925 in Dresden im Sächsischen Kunstverein zu sehen. Ausstellungskat. Mannheim 1994, S. 32.

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wandte sich am 2. November 1925 an Hartlaub mit der Bitte, das Vorwort an einigen Stellen umzuformulieren, „in Hinblick auf [die] besonders gearteten kunstpolitischen Verhältnisse“ in Chemnitz und aus Angst, „dass die Angriffe unter Berufung auf [das] Vorwort sich erneuern“.553 Die Vorbehalte gegenüber expressionistischer und abstrahierender Kunst, die sich in der Chemnitzer Kunstpublizistik widerspiegelten, sind in den 1920er Jahren ein deutschlandweites Phänomen. Das steht damit in einem krassen Gegensatz zur Museumspolitik, denn zumindest der deutsche Expressionismus war ab 1920 integraler Bestandteil der meisten Sammlungen öffent­licher Institutionen. Im Hinblick auf die Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik entsprach die dort präsentierte Kunst dagegen vielmehr einem konservativen Kunstgeschmack. Im folgenden Kapitel soll anhand von privaten Kunstsammlungen und Kunstbesitz in Chemnitz verifiziert werden, inwiefern die potentielle Kundschaft der Galerie Gerstenberger diesen konservativen Kunstgeschmack teilte.

3.4.2 Der Kunstgeschmack der Chemnitzer Kundschaft: Kunstsammlungen und Kunstbesitz Bis heute liegt noch keine ausführ­liche Studie über private Kunstsammlungen und privaten Kunstbesitz in Chemnitz vor.554 Selbst die genaue Anzahl an Privatsammlungen oder alle 553 Schreiber-Weigand äußert in demselben Schreiben für die Änderungen ganz konkrete Wünsche: „Da man in den Angriffen auf unsere Sammlungstätigkeit den Kampf auf das politische Gebiet geschoben und von ‚Bolschewismus in der Kunst‘ gesprochen hatte, wäre es mir lieb, wenn man im 3. Abschnitte einige Wendungen etwas anders au[s]drücken könnte. Vielleicht kann man auf der ersten Seite das Wort ‚Katastrophenzeit‘ einfach weglassen und vielleicht auf der nächsten Seite dem letzten Satz eine etwas harmlosere Formung geben.“ Archiv der Städtischen Kunsthalle Mannheim: Brief vom 2. November 1925, Schreiber-Weigand an Hartlaub. Zitiert nach: Ausstellungskat. Mannheim 1987, S. 11. Dort (S. 12) ist der Schlussabschnitt des Katalogvorwortes im jeweiligen Katalog abgebildet. Das Schreiben Schreiber-Weigands hatte zur Folge, dass Hartlaub das Vorwort für den Chemnitzer Katalog vollständig umformulierte. Vgl. Ausstellungskat. Chemnitz 1925, S. 3 – 5 und Ausstellungskat. Mannheim 1925, S. 2 – 4. Auch das Vorwort für den Dresdner Katalog verfasste Hartlaub bereits neu. Hier setzt er sich im Vergleich zu dem Text im Mannheimer Katalog viel „kämpferischer“ für die ausgestellte Kunst ein. Hille 1988, S. 144. 554 Einen profunden Überblick über jüdische Kunstsammler gibt Gabriele Juppe (2002). Diese publi­ zierte schon 1996 einen populärwissenschaft­lichen Aufsatz über Chemnitzer Kunstsammler, die in dem Chemnitzer Stadtgebiet Kaßberg wohnten. Dieser vermittelt zwar einen Einblick in die Thematik, gibt aber nur sehr allgemeine Hinweise auf Quellen für den gesamten Text (Juppe 1996). Zwei Ausstellungskataloge der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz gehen kurz jeweils auf einen bestimmten Kunstsammler ein: Ausstellungskat. Chemnitz 2007b (Hans Vogel); Ausstellungskat. Chemnitz 2002 (Erich Goeritz). Darüber hinaus gibt eine Publikation zu dem Chemnitzer Sammler

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Namen von Sammlerinnen und Sammlern können nicht rekonstruiert werden. Dabei legen erste Untersuchungen nahe, dass einige sehr qualitätsvolle Sammlungen nationaler und internationaler Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Chemnitz existierten. Ob es sich dabei tatsäch­lich um eine umfangreiche Kunstsammlung oder ledig­lich um Kunstbesitz handelte, der nur einige Werke umfasste und zur Ausschmückung der Wohnräume diente, ist aufgrund der schlechten Forschungslage nicht immer zu entscheiden. Im Handbuch des Kunstmarktes sind unter der Rubrik Sammler und Bibliophile für Chemnitz 23 Namen gelistet.555 Die Mehrzahl der hier genannten Sammler werden als Bibliophile oder Münzsammler angegeben, so beispielsweise Kommerzienrat Georg Wiede. Aus einer anderen Quelle geht jedoch hervor, dass sich darüber hinaus auch einige Kunstwerke in seinem Besitz befanden.556 Die in seiner Sammlung vertretenen Künstler wiesen entweder einen biographischen Bezug zu Chemnitz oder Dresden auf (Werner Hahmann, Charles Palmié und Hans Unger) oder sind der akademischen Malerei des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende zuzuordnen (Walter Leistikow, Benjamin Vautier). Wohlhabende Bürgerinnen und Bürger wie Georg Wiede erwarben also einige Kunstwerke und waren somit potenzielle Kundinnen und Kunden der Galerie Gerstenberger. Vermut­lich nahm das Erfüllen der Nachfrage eben dieser Kundschaft sogar einen erheb­lichen Anteil des alltäg­lichen Galeriegeschäftes ein. Die aussagekräftigste Quelle für den Kunstbesitz in der Chemnitzer Region sind die drei Kataloge des Kunstvereines Kunsthütte zu den Ausstellungen Aus Privatbesitz aus den Jahren 1918, 1928 und 1935.557 Dort finden sich weitere Namen von Personen, die qualitätsvollen Kunstbesitz für die drei Ausstellungen bereitstellen konnten. Dazu gehörten einerseits Kunstsammlerinnen und Kunstsammler sowie andererseits Personen, die keine Sammlungen Herbert Eugen Esche einen Einblick in dessen Biographie: Richter 2001. Keine der Chemnitzer privaten Kunstsammlungen konnte bisher jedoch in ihrem Umfang und in ihrer Zusammenstellung rekonstruiert werden. 555 Handbuch des Kunstmarktes 1926, S. 588. Als Sammler von Papierarbeiten, Gemälden und Kunstgewerbe sind folgende acht Personen gelistet: „Leopold Eger, Heinrich-Beck-Straße 1, Gemälde, Graphik; Carl Heumann, Sammler von Handzeichnungen und Aquarellen (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts), Chemnitz, Reichsstraße 10; Walther Hoffmann, Pfarrer, Hohe Straße 11, Graphik u. illustr. Bücher des 19. Jahrhunderts, bes. Ludwig Richter; Robert von Hohenwald, Eschestraße 9, Kunstgewerb­liches; Paul Trübsbach, Dr., Am Schillerplatz 8, Kunstgewerb­liches; Hans Vogel, Kommerzienrat, Beckerstraße 1, Graphik, Gemälde; Weiner, Dr., Rechtsanwalt, Stollberger Str. 41, Kunstgewerb­liches; Hugo Wilisch, Lange Straße 36, Plakate.“ Eine weitere Person ist ohne Spezifizierung der Sammlung benannt: Hermann Bennewitz, Theater­ straße 88. Die rest­lichen Personen sind als Bibliophile oder Münzsammler gelistet. 556 Ausstellungskat. Chemnitz 1918. 557 Ausstellungskat. Chemnitz 1918; Ausstellungskat. Chemnitz 1928 und Ausstellungskat. Chemnitz 1935. In dem Katalog aus dem Jahr 1918 sind die Besitzer der Werke verzeichnet. In der Bibliothek der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz befindet sich ein mit Besitzer und Schätzwert annotierter Katalog der Ausstellung von 1935.

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im eigent­lichen Sinne besaßen, sondern vielmehr die Wände ihrer Wohnungen und Villen mit hochwertigen Kunstwerken ausstatteten, so beispielsweise: der Architekt Erich Basarke, Stadtrat Albert Förster, Frau Kommerzienrat Haubold, Oberkirchenrat Jentsch, Frau Fanny verwitwet Dr. Riedel, Kaufmann Otto Stecher und der Kaufmann Hans Stickel, der Gründer der Galerie Gerstenberger.558 558 Die hier genannten Personen sind nur eine kleine Auswahl der Leihgeber für die Ausstellungen Aus Privatbesitz. Einige haben für beide Ausstellungen (1918 und 1935) Werke bereitgestellt (in Klammern dahinter). Die Vielzahl der Leihgeber, die nur mit ein oder zwei Werken in den Ausstellungen vertreten waren, wird aus Platzgründen hier nicht berücksichtigt. Folgende Künstler können anhand der Kataloge von 1918 und 1935 im Privatbesitz der hier im Text aufgeführten Personen nachgewiesen werden. Erich Basarke (1935): Richard Theodor Birnstengel (1881 – 1968, Schüler der Dresdener Akademie), Ludwig Dill (1848 – 1940), Antoine Pesne (1683 – 1757), Joseph Karl Stieler (1781 – 1858). Albert Förster (1918/1935): Adolf Eberle (1843 – 1914, Schüler der Münchner Akademie), Anton ­Laupheimer (1848 – 1927, Schüler der Stuttgarter Akademie, danach ansässig in München), Wilhelm Löwith (1861 – 1932, Schüler der Münchner Akademie), Traugott Hermann Rüdishüli (1864 – 1944, lebte in München), Josef Andreas Sailer (1872 – 1952, Schüler der Münchner Akademie), Emil ­Ferdinand Heinrich Volkers (1831 – 1905, Schüler der Dresdner Akademie). Frau Kommerzienrat Haubold (1918/1935): Franz Hoch (1869 – 1916, Schüler der Karlsruher Akademie), Friedrich Kallmorgen (1856 – 1924, Schüler der Düsseldorfer Akademie), Hermann Kaulbach (1846 – 1909, Schüler der Münchner Akademie), Alfred Kunze (1866 – 1954, Chemnitzer Künstler), Charles Palmié (1863 – 1911, Schüler der Dresdner Akademie), Jacob Rootius (1644 – 1681/2, holländischer Blumen- und Früchtemaler), Robert Sterl (1867 – 1932, Schüler der Dresdner Akademie), Désiré ­Thomassin (1858 – 1933, Schüler der Münchner Akademie), Alexander Weise (1883 – 1960, lebte in München). Oberkirchenrat Jentsch (1918/1935): Johan Christian Clausen Dahl (1788 – 1857, Vertreter der ­Dresdner Romantik), Adrian Ludwig Richter (1803 – 1884, Vertreter der Dresdner Romantik), Moritz von Schwind (1804 – 1871), Johann Michael Sattler (1786 – 1847, Schüler der Wiener Akademie), Alexander Maximilian Seitz (1811 – 1888, Nazarener), Rudolf Wiegmann (1804 – 1865, Schüler der Düsseldorfer Akademie). Fanny Riedel und Söhne (1918/1935): Otto Fischer (1870 – 1947, Schüler der Dresdner Akademie), Charles Palmié (1863 – 1911, Schüler der Dresdner Akademie), Wilhelm Steinhausen (1846 – 1924, Schüler der Berliner und Karlsruher Akademie), Hans Unger (1872 – 1936, Dresdner Künstler), Hans von Volkmann (1860 – 1927, Schüler der Düsseldorfer Akademie). Otto Stecher (1918/1935): Theodor Hagen (1842 – 1919, Schüler der Düsseldorfer Akademie), Hugo Mühlig (1854 – 1929, Schüler der Dresdner Akademie), Paul Plontke (1884 – 1966, Schüler der Berliner und Dresdner Akademie); Julius Schrag (1864 – 1948, Schüler der Münchner Akademie), Robert Sterl (1867 – 1932, Künstler an der Dresdner Akademie), Franz von Stuck (1862/63 – 1928), Hans Thoma (1839 – 1924). Hans Stickel (1918): Hans von Bartels (1856 – 1913 Schüler der Düsseldorfer Akademie), Claus Bergen (1885 – 1964, Schüler der Münchner Akademie), Ludwig Dill (1848 – 1940, Vertreter der Münchner Sezession), Richard Pfeiffer (1878 – 1962, Schüler der Breslauer und Münchner Akademie), Hans Unger (1872 – 1936, Dresdner Künstler), Heinrich Zschille (1858 – 1938, Schüler der Münchner Akademie).

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Die hier exemplarisch genannten Personen verfügten alle über einen Kunstbesitz, der mehrere Künstlerinnen und Künstler umfasste. Hinsicht­lich der Epochenvielfalt ist dieser jedoch stark begrenzt. Es lassen sich überwiegend Künstler des 19. Jahrhunderts und der akademischen Malerei der Jahrhundertwende nachweisen. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Porträts, Landschaften und Genreszenen in einer realistischen, dem 19. Jahrhundert verpflichteten Malweise. Auffällig ist eine besondere Gewichtung von Künstlern der Dresdner oder Münchner Akademie und solchen, die einen biographischen Bezug zu Chemnitz aufweisen. Auch Schüler der Düsseldorfer Akademie treten gehäuft auf. Schon hier lassen sich also umfangreiche Analogien ­zwischen dem privaten Kunstbesitz und dem Portfolio der Galerie Gerstenberger erkennen. Der vorherrschende konservative Geschmack des Bürgertums, der sich an Kunstanschauungen der Jahrhundertwende orientiere, ist nicht zwangsläufig auf private Kunstsammlungen in der gleichen Region zu übertragen, die in ihrer Zusammenstellung womög­lich ein ganz anderes Bild wiedergeben. Es können insgesamt 25 Personen und Familien in Chemnitz und Umgebung benannt werden, die Kunst in einem Maße sammelten, das über den üb­lichen privaten Kunstbesitz des Großbürgertums hinausging, und die zum Teil als großzügige Stifter für die Städtische Kunstsammlung auftraten.559 Die einzelnen Kunstwerke einer Privatsammlung sowie der genaue Umfang kann nach aktueller Forschungslage zumeist aber nicht rekonstruiert 559 Max Berger (1862 – 1936), Martin Cohn (1891–?), Leopold Eger (1864 – 1933), Herbert Esche (1874 – 1962), Fritz Fischer (Lebensdaten unbekannt), Felix Frank (1853 – 1929), Erich Goeritz (1889 – 1955), Karl Goeritz (1900 – 1939), Carl Heumann (1886 – 1945), David (1888 – 1947), Carl (1888 – 1944) und Max (1893 – 1926) Leder, Georg Mecklenburg (1869 – 1932), Hugo Oppenheim (1861 – 1921), Ferdinand Reich (1884 – 1947), Arthur Sussmann (1884 – 1952), Adolf Thiele (1867 – 1933), Hans Hermann Vogel (1867 – 1941), Otto Friedrich Hermann Günther Graf Vitzthum von Eckstädt (1855 – 1936) und mög­ licherweise sein Sohn Otto Siegfried (1904 – 1943), Arthur Weiner (1877 – 1933). Folgende Personen können darüber hinaus nur anhand der qualitätsvollen und umfangreichen Leihgaben für die Ausstellungen Aus Privatbesitz 1918 und 1935 als Kunstsammler identifiziert werden und sind nicht in der Sekundärliteratur erwähnt: Max Buder (Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Frau verwitwet Clauß (Ausstellungskat. Chemnitz 1918), Hugo Grille (Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Arthur ­Kaiser (Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Margarete Lilienfeld (Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Johannes Reinecker (Ausstellungskat. Chemnitz 1918 und Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Hans Richter (Ausstellungskat. Chemnitz 1918), Richard Schnicke (Ausstellungskat. Chemnitz 1918 und Ausstellungskat. Chemnitz 1935), Helmut Teumer (Ausstellungskat. Chemnitz 1918). Zu folgenden Personen finden sich Angaben zur Familiengeschichte in Nitsche/Röcher 2002: Familie Frank (S. 358 – 362), Familie Mecklenburg (S. 407 – 411), Familie Sussmann (S. 322 – 325), Familie Weiner (S. 430 – 432). Zu Hugo Grille siehe Thormann 1992, S. 99, Anm. 466. Zu Julius Eduard Reinecker, dem Vater von Johannes Reinecker, siehe Stadtarchiv Chemnitz 1998, S. 89. Zu Herbert Esche, Erich Goeritz, Carl Heumann, David Leder und Hans Vogel siehe Anm. 562. Zu Adolf Thiele siehe Anm. 460.

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werden.560 Die Kunstsammlungen von Max Berger, Leopold Eger, Erich und Karl Goeritz, Carl Heumann, Carl, David und Max Leder sowie Georg Mecklenburg werden in dem Aufsatz von Gabriele Juppe über jüdische Kunstsammler in Chemnitz aus dem Jahr 2002 kurz besprochen, die von Arthur Weiner und Arthur Sussmann zumindest erwähnt.561 Des Weiteren verfügten die Chemnitzer Bürger Herbert Esche, Ferdinand Reich, Johannes Reinecker, Hans Richter und Hans Vogel über Kunstsammlungen. Die nach heutiger Forschungslage am besten fassbaren und durch zu Lebzeiten der Sammler veranstaltete Ausstellungen auch damals überregional wahrgenommenen Kunstsammlungen hatten Herbert Esche, Erich Goeritz, Carl Heumann, David Leder und Hans Vogel zusammengetragen.562 Für diese Sammlungen können zumindest einige Kunstwerke und Schwerpunkte benannt werden. Und alle fünf Sammler standen neben anderen hier genannten nachweis­lich in Geschäftskontakt mit der Galerie Gerstenberger.563 Darüber hinaus prägten sie durch Ausstellungen und Stiftungen das Kunstleben der Stadt. Deswegen sollen im Folgenden die einzelnen Sammlungen kurz besprochen werden. Die Kunstsammlung des Strumpfwarenfabrikanten Herbert Esche ist nur durch Einzelbeispiele bekannt. Es lässt sich aber schon anhand d ­ ieses geringen Kenntnisstandes eine für Chemnitz exzeptionelle Hinwendung zur französischen Kunst der Jahrhundertwende ablesen. 560 Zu d ­ iesem Schluss kommt auch Juppe 2002, S. 118. 561 Vgl. Juppe 2002. 562 Zu Herbert Esche: Richter 2002, S. 58/59; ders. 2001 und Brühl 1991b. Zu Erich Goeritz: Kaufhold/­ Titzenthaler 2013, S. 68 – 71 und 112; Ausstellungskat. Chemnitz 2002; Nitsche/Röcher 2002, S. 363 – 370; Ausstellungskat. Berlin 1997, S. 137 – 140; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1198/1199. Zu Carl Heumann: Auktionskat. Bern 2004; Auktionskat. Stuttgart 1957; Ausstellungskat. Leipzig 1934; Göpel 1934; Ausstellungskat. Breslau 1933; Ausstellungskat. Chemnitz 1930. Zu David Leder: ­­Nitsche/­Röcher 2002, S. 397 – 401; Ausstellungskat. Berlin 1997, S. 138 und 242/243, Eb­erle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 980/981 und 1080/1081, Auktionskat. Berlin 1925a; Auktionskat. Berlin 1925b. Zu Hans Vogel: Ausstellungskat. Chemnitz 2011a, S. 72/73. Ausstellungskat. Chemnitz 2007b, S. 11 – 23; Metz 1999. Zu Hermann Vogel, dem Vater Hans Vogels: Stadtarchiv Chemnitz 1998, S. 123. 563 Durch die Vermittlung von Herbert Esche war es beispielsweise der Galerie Gerstenberger mög­lich, 1921 eine Ausstellung mit Werken Edvard Munchs zu präsentieren. Siehe Kap. 2.4.2. Erich Goeritz und David Leder gaben jeweils ein Werk als Leihgabe in die Jubiläumsausstellung der Galerie Gerstenberger im Jahr 1922 (siehe Kap. 3.1). Zu weiteren Geschäftsverbindungen z­ wischen Grosshennig und David Leder siehe Kap. 3.5. Über die Galerie Gerstenberger hatte das Museum Moritzburg in Halle im April 1936 eine Zeichnung von Carl Heumann erworben (Mitteilung von Susanna Köller, Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, an die Verfasserin vom 4. Mai 2012). Darüber hinaus schenkte ­Grosshennig der Städtischen Kunstsammlung in Chemnitz im Jahr 1948 aus dem Besitz Heumanns ein Gemälde von Christian Friedrich Gille. Siehe Kap. 5.1. Aus der Sammlung von Hans Vogel waren beispielsweise 1934 zwei Werke, die damals Lucas C ­ ranach zugeschrieben wurden, im Angebot der Galerie Gerstenberger zum Verkauf. SMB-ZA, I/NG 938 Bl.79: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin vom 1. Dezember 1934; siehe auch Anm. 604.

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Nahezu alle der auf der Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1918 gezeigten Werke internationaler Künstler stammten aus seinem Besitz. Darunter waren Maler mit zum Teil mehreren Werken vertreten, die dem französischen Post-Impressionismus, der Nabis, den Fauves und dem Pointillismus zugeordnet werden, wie beispielsweise Pierre Bonnard, Vincent van Gogh, Henri Matisse, Paul Signac und Louis Valtat. Ein weiterer Schwerpunkt der Sammlung waren Werke von Edvard Munch. Wie bereits in Kapitel 3.3.1 erwähnt, ließ Esche sich, seine Frau und seine Kinder im Jahr 1905 von Munch porträtieren. Dieser fertigte bei seinem Aufenthalt in Chemnitz sieben Gemälde an. Sechs davon gingen in den Besitz der Familie Esche über, die darüber hinaus noch zwei Landschaften Munchs besaß.564 Der stimulierende Effekt, den Esches Vorliebe für Munch auf das Chemnitzer Ausstellungswesen hatte, wurde hier an anderer Stelle schon erläutert.565 Esche konnte seine Sammlung noch bis 1930 stetig erweitern, musste aufgrund von finanziellen Schwierigkeiten dann jedoch von weiteren umfäng­lichen Ankäufen absehen.566 Im Jahr 1945 verließ Herbert Esche Chemnitz und lebte bis zu seinem Tod bei der Familie seiner Tochter in Küsnacht am Zürichsee. Den Großteil seiner Sammlung hatte er schon zuvor aus seiner Chemnitzer Villa beispielsweise in die Schweiz bringen lassen.567

564 Woll 2009, Bd. 2, S. 663 – 668. Munch schuf zwei Doppelporträts der Kinder (Bd. 2, S.663, Kat. Nr. 651 – 653), ein Porträt der Tochter (Bd. 2, S. 665, Kat.Nr. 654), wahrschein­lich zwei Porträts der ­Mutter (eines mit dunklem Hintergrund, Bd. 2, S. 655, Kat.Nr. 655, und eines mit hellem Hintergrund, ebd., Kat.Nr. 656) sowie zwei Porträts von Herbert Esche (Bd. 2, S. 667, Kat.Nr. 657 und S. 668, Kat.Nr. 658). Eines der beiden Kinderdoppelporträts wurde nicht von Esches erworben und nachträg­lich von Munch in zwei Teile geteilt (Bd. 2, S. 664/665 Kat.Nr. 652/653). Der Teil mit dem Porträt der Tochter (Kat.Nr. 652) wurde nachträg­lich (1906) mit einem Porträt Herbert Esches (Kat. Nr. 658) getauscht, da er mit seinem Bildnis nicht zufrieden war. Laut Katalog zur Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1918 (Ausstellungskat. Chemnitz 1918, S. 29) besaß die Familie Esche noch zwei Werke Munchs Blick aufs Chemnitztal (Woll 2009, Bd. 2, S. 669, Kat.Nr. 659) und eine Landschaft, die bisher nicht identifiziert werden konnte. 565 Siehe Kap. 2.4.2 und 3.3.1. Eine ähn­liche Wirkung hatte die Auftragsvergabe Herbert Esches an Henry van de Velde, seine Villa in Chemnitz zu entwerfen und auszugestalten (1902/1903). In der Folge ließ der Schwager Esches, Heinrich Theodor Koerner (1882 – 1958), 1911 ebenfalls seine Villa in Chemnitz nach Plänen van de Veldes errichten und Herberts Bruder, Fritz Eugen Esche (1876 – 1953), beauftragte den Künstler 1908, ein Gebäude für den Chemnitzer Lawn Tennis Club zu entwerfen. Siehe dazu auch Abb. Ausstellungskat. Chemnitz 2013, S. 13 und 50 (die in dem Katalog leider nur einleitenden Texte beinhalten keine neuen Forschungsergebnisse). Darüber hinaus resultierte die Zusammenarbeit van de Veldes mit dem Chemnitzer Textilunternehmer Hermann Wilhelm Vogel (1841 – 197), der mehrere Entwürfe des Künstlers in Serie produzierte, wahrschein­lich auch aus dem Kontakt z­ wischen der Familie Esche und van de Velde. Eine Tochter Vogels, Hildegard Helene (1890 – 1959), war mit Heinrich Theodor Koerner verheiratet. Metz 1999, S. 127. 566 Richter 2002, S. 59 und ders. 2001, S. 58. Die Familie Esche führte seit 1870 die Strumpffabrik Moritz Samuel Esche in Chemnitz. Herbert Esche trat 1898 in das Unternehmen ein. 567 Richter 2001, S. 65. So verbrachte Esche beispielsweise alle Werke von Edvard Munch in das Kunsthaus Zürich.

162 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Eine Sammlung ganz anderer Art und mit Beginn der 1930er Jahre über die Stadtgrenzen hinaus gut bekannt ist die von Carl Heumann (1886 – 1945).568 Dieser hatte sich auf Zeichnungen des 19. Jahrhunderts spezialisiert. Seine Sammlung wurde im Jahr 1930 in Chemnitz mit der Ausstellung 100 Jahre deutsche Zeichenkunst 1750 – 1850 der breiten Öffent­ lichkeit präsentiert. Im einleitenden Text des Ausstellungskataloges wird die Sammeltätigkeit Heumanns charakterisiert: Das Sammelinteresse Konsul Heumanns [konzentriert sich auf, A. d. V.] das Schaffen der DeutschRömer und Nazarener, deren Blätter noch heute den Kern seiner Sammlung ausmachen. Um sie gruppiert sich die Kunst des 18. Jahrhunderts, soweit sie Vorbereitung, Einleitung, Auftakt für das Kommende ist, gruppiert sich die Kunst der eigent­lichen Romantik und der nachromantischen Zeit. Für diese spezialisierte sich seine Sammeltätigkeit auf das Kunstschaffen Dresdens […].569

Einige Jahre s­päter, näm­lich 1933 in Breslau und 1934 in Leipzig, wurde die Sammlung wiederum ausgestellt.570 Die drei Ausstellungen präsentierten jeweils eine verschiedene Auswahl der Sammlung. Sie variierten hinsicht­lich der Künstler und Anzahl der Exponate. Entsprechend den unterschied­lichen Ausstellungsthemen konzentrierte sich die Breslauer Schau mehr auf Landschafts-, die Leipziger dagegen auf figür­liche und szenische Darstellungen. In Chemnitz lässt sich kein bestimmter Schwerpunkt konstatieren. Ein Studium und Vergleich der drei Kataloge ergibt einen guten Überblick über die umfangreiche Sammlung zu Beginn der 1930er Jahre, die sich damals auf über 430 Blätter belief.571 Einige der Exponate in Leipzig wurden dabei erst ab 1933 erworben.572 Einen schnelleren

568 Ausführ­liche Recherchen zur Person Carl Heumann und seiner Kunstsammlung, durchgeführt von Tanja Baensch, befinden sich im HAHK. 569 Ausstellungskat. Chemnitz 1930, S. 3. 570 Ausstellungskat. Breslau 1933 und Ausstellungskat. Leipzig 1934. 571 Der Chemnitzer Katalog zählt 301 ausgestellte Werke. In Breslau wurden 47 und in Leipzig 86 Werke ausschließ­lich in der jeweiligen Ausstellung gezeigt. 572 Unter anderem aus der Sammlung Leon Nathansohn, Dresden, die am 19. und 20. April 1933 bei Paul Graupe in Berlin versteigert wurde: beispielsweise eine Sepiazeichnung von Georg Melchior Kraus (1737 – 1806) ­Mutter, mit vier Kindern an einem Tisch essend (Ausstellungskat. Leipzig 1934, S. 23, Nr. 93 und Auktionskat. Berlin 1933, S. 77, Nr. 585), eine von Johann Heinrich Lips (1758 – 1817) gefertigte Zeichnung Bildnisse der Bildhauer Robert le Lorrain und Caspar Duchange (Ausstellungskat. Leipzig 1934, S. 26, Nr. 105 und Auktionskat. Berlin 1933, S. 79, Nr. 607). Andere Blätter erwarb Heumann auf einer Versteigerung in Hamburg, die am 18. und 19. Mai 1933 in der Galerie Commeter stattfand: eine Zeichnung von Erwin Speckter (1806 – 1835) Bildnis einer alten Dame mit Haube (Bürgermeisterin Abendroth) (Ausstellungskat. Leipzig 1934, S. 42, Nr. 193 und Auktionskat. Hamburg 1933, S. 50, Nr. 574) und Entwürfe zu dem Buch Der gestiefelte Kater von Otto Speckter (1807 – 1871) (Ausstellungskat. Leipzig 1934, S. 42, Nr. 194 und Auktionskat. Hamburg 1933, S. 54, Nr. 614).

Der Chemnitzer Kunstbetrieb 2  I  163

­ berblick über einen großen Teil der Sammlung Heumann geben zwei Auktionskataloge Ü aus der Zeit nach 1945, denn die Erben ließen 1957 und 2004 viele Blätter versteigern.573 Die zwei Auktionskataloge erfassen mit insgesamt 484 Einträgen allerdings nicht den gesamten historischen Sammlungsumfang.574 Obwohl Heumann nach der nationalsozialistischen Klassifizierung als jüdisch galt, lebte er bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in Chemnitz.575 Seine beiden Brüder waren 1938 emigriert. Heumann starb am 5. März 1945, als er versuchte, einen Koffer mit Werken aus seiner Sammlung während eines Bombenangriffes aus dem Luftschutzkeller zu retten. Eine weitere Chemnitzer Sammlung, die einen umfangreichen Zeichnungsbestand aufwies, war die von David Leder (1888 – 1947). Der ursprüng­lich aus einer jüdischen Chemnitzer Familie stammende David Leder siedelte 1920 mit seiner Familie nach Berlin über, kehrte allerdings 1925 aus wirtschaft­lichen Gründen in das Elternhaus nach Chemnitz zurück.576 Seine Sammlung umfasste Werke des deutschen Impressionismus und der Klassischen Moderne, wobei ein besonderer Schwerpunkt auf dem Œuvre Max Liebermanns lag. Bevor Leder von Berlin zurück nach Chemnitz zog, wurde ein Teil seiner Sammlung auf zwei Versteigerungen in Berlin veräußert.577 Hier war vor allem das Konvolut der Zeichnungen, Skizzen und Aquarelle von Max Liebermann beacht­lich. Die erste Auktion, die am 3. und 4. März 1925 von Paul Cassirer und Hugo Helbing veranstaltet wurde, umfasste mit 316 Positionen ausschließ­lich Werke ­dieses Künstlers. Die zweite Auktion, im Oktober bei Amsler & Ruthardt, führte auch Zeichnungen und Aquarelle anderer Künstler auf, aber noch immer über 100 Blätter von Liebermann. Allerdings wurden viele davon bereits auf der ersten Auktion angeboten und sind anscheinend nicht verkauft worden.578 573 Auktionskat. Stuttgart 1957 und Auktionskat. Bern 2004. 574 Um einige Beispiele zu nennen: Zwei Kreidezeichnungen von Carl Gustav Carus, die in den 1930er Jahren für die Sammlung nachgewiesen sind, tauchen in den beiden Auktionskatalogen nicht auf. Ausstellungskat. Chemnitz 1930, S. 7, Nr. 16 und 17 sowie Ausstellungskat. Breslau 1933, S. 7, Nr. 13 und 14. Des Weiteren zwei Zeichnungen und ein Aquarell von Karl Blechen (Ausstellungskat. Chemnitz 1930, S. 6, Nr. 5, 7 und 9 sowie Ausstellungskat. Breslau 1933, S. 6, Nr. 6 und 7) sowie eine Zeichnung und fünf Aquarelle von Ernst Ferdinand Oehme (Ausstellungskat. Chemnitz 1930, S. 30, Nr. 157, 160, 162 und 164; Ausstellungskat. Breslau 1933, S. 19, Nr. 77, 78 und 80 sowie Ausstellungskat. Leipzig 1934, S. 28, Nr. 117). 575 Heumann war 1917 konvertiert. Die Informationen zum Leben Heumanns entstammen den ausführ­ lichen Recherchen von Tanja Baensch im HAHK. 576 Teile der Familie David Leders wohnten zu d ­ iesem Zeitpunkt noch in Chemnitz. In Berlin war David Leder kurze Zeit erfolgreich mit einem Handel für Textilrohstoffe und erlangte finanziellen Wohlstand. Im Jahr 1925 verlegte er die Firma nach Chemnitz. Nitsche/Röcher 2002, S. 400/401. Zu Leder siehe auch: Thormann 1992, S. 82 – 84. 577 Auktionskat. Berlin 1925a und Auktionskat. Berlin 1925b. 578 Auktionskat. Berlin 1925b. Die Katalognummern 59 – 165 bezeichnen Werke von Liebermann. Die Nummern 26 (73), 62 (315), 130 (205), 149 (264), 158 (298) finden sich beispielsweise auch in dem Auktionskatalog von Cassirer (Katalognummern hier in Klammern dahinter), wohingegen Nr. 113

164 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Abb. 39/1 – 3  Werkliste der Sammlung David Leder, 16. Oktober 1925

Der Chemnitzer Kunstbetrieb 2  I  165

Einen Eindruck über den Umfang und die Zusammenstellung der Sammlung David Leder kann darüber hinaus anhand verschiedener Korrespondenzen ­zwischen S­ chreiber-­Weigand, David Leder und der Galerie Gerstenberger aus den Jahren 1925 bis 1926 gewonnen werden. Im Juli 1925 sandte die Familie Leder, damals noch wohnhaft in Berlin, auf eigene Initiative mehrere Werke nach Chemnitz, von denen einige für die Galerie Gerstenberger bestimmt waren.579 Ein Teil der Werke wurde im Oktober an die in der Zwischenzeit nach Chemnitz gezogenen Familie Leder zurückgesandt, andere verblieben noch im Museum.580 In der aus ­diesem Vorgang erhaltenen Bestandsliste (Abb. 39/1 – 3) sind neun Gemälde von Liebermann verzeichnet, näm­lich sieben Porträts von Lola Leder, eines von David Leder und eines von dem Geiger Andreas Weißgerber (1900 – 1941).581 Von Weißgerber fertigten neben ­Liebermann auch Max Slevogt und Lovis Corinth Porträts, von denen sich jeweils eines ebenfalls in der Sammlung Leder befanden (Abb. 40).582 Die Papageienallee im Amsterdamer Zoologischen Garten in dem Katalog der vorhergehenden Auktion nicht aufgeführt ist. 579 In einem Brief an David Leder erwähnt Schreiber-Weigand ein heute nicht mehr erhaltenes Schreiben Leders vom 16. Juli 1925, in dem er dem Direktor anscheinend anbietet, Werke für eine Präsentation nach Chemnitz zu senden. KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/26, L202: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an David Leder vom 21. Juli 1925: „Von meiner Reise soeben zurückgekommen, finde ich Iher [sic] freund­liches Schreiben vom 16. Juli vor. Ich mache gern von Ihrem Anerbieten Gebrauch und bitte, mir freund­lichst mitzuteilen, w ­ elche Werke Sie für Chemnitz bereitstellen […]“. Aus einem weiteren Brief geht hervor, dass einige Bilder nach Chemnitz gesandt werden und in der Galerie Gerstenberger ausgestellt werden sollen. KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/26, L200: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an David Leder vom 25. Juli 1925: „Ich habe soeben Knauer Auftrag gegeben, bei Ihnen die für uns bestimmten Bilder abzuholen. […] und werde dann hier mit Herrn Großhennig mich auseinandersetzen, w ­ elche Bilder ihm für seine Ausstellung zu überlassen sind.“ Ob diese Werke für eine bestimmte Ausstellung vorgesehen waren oder bereits von Grosshennig in Kommission genommen wurden, konnte nicht ermittelt werden. 580 KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/26, L199: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand [?] an Frau David Leder vom 16. Oktober 1925. Handschrift­liche Anmerkung auf S. 3: „die mit x versehenen Bilder holte Frau Leder am 16. Oktober 1925. die unterstrichenen Bilder sind noch in unserem Besitz.“ 581 Liebermann fertigte nach aktuellem Forschungsstand acht Porträts von Lola Leder an (Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1006, Kat.Nr. 1920/9, 1920/10, S. 1028, Kat.Nr. 1921/9, S. 1029, Kat.Nr. 1921/10 und S. 1056 – 1058, Kat.Nr. 1922/11 – 14) und ein Porträt von David Leder (ebd., S. 1081, Kat. Nr. 1923/13). Diese entstanden in Berlin, als das Unternehmen von David Leder noch prosperierte. Bei dem Porträt von Andreas Weißgerber handelt es sich um: ebd., S. 980, Kat.Nr. 1919/9. David Leder und Erich Goeritz unterstützten finanziell die Ausbildung Weißgerbers und auch dessen Familie. 582 Der Querschnitt 5, H. 8, 1925, S. 93. „Der Geiger Andreas Weissgerber (Sammlung D. L., Berlin)“, darunter drei Abbildungen: jeweils ein Werk von Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt. Dazu auch Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 980/981. Corinth fertigte laut Werkverzeichnis zwei Porträtgemälde von Weißgerber im Jahr 1919 an. Eines zeigt ihn sitzend und das andere, das auch in der Zeitschrift Der Querschnitt zu sehen ist, stehend. Beide befanden sich in der Sammlung David Leder. Berend-Corinth 1992, S. 169, Kat.Nr. 776

166 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Abb. 40  Reproduktionen der Porträts von Andreas Weißgerber von Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt, 1925

Darüber hinaus sind auf der Liste noch weitere Ölgemälde von Lovis Corinth sowie von Karl Hofer, Otto Th. W. Stein, Maurice de Vlaminck, Lesser Ury und Gustav Schaffer verzeichnet. Leder konnte allerdings seine wirtschaft­lich schlechte Lage nicht stabilisieren und meldete 1928 Konkurs an.583 Ein Jahr zuvor hatte er die Galerie Gerstenberger damit beauftragt, Werke aus seiner Kunstsammlung zu verkaufen, worauf im folgenden Kapitel noch näher eingegangen wird. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten emigrierte das Ehepaar Leder im Jahr 1939 nach London, wo David Leder 1947 starb. Lola Leder verstarb 1977 in Berlin.584 und 778. Bei Berend-Corinth fehlt unter der Katalognummer 778 der Hinweis auf die Provenienz David Leder. Von Slevogt sind zwei Porträts Weißgerbers aus dem Jahr 1922 überliefert. Beide zeigen den Geiger stehend und gleichzeitig spielend, einmal im Profil und einmal frontal. Letzteres war 1925 im Besitz von David Leder, wie anhand der Zeitschrift Der Querschnitt nachzuweisen ist. Porträt im Profil: Ausstellungskat. Saarbrücken 1992, S. 462, Nr. 155. Porträt frontal: ebd., S. 462, Nr. 156. 583 Nitsche/Röcher 2002, S. 400. Nachdem die Firma 1929 aus dem Handelsregister gelöscht worden war, konnte Leder durch die Hilfe seines Freundes Erich Goeritz für die Sigmund Goeritz AG in Chemnitz tätig sein. 584 Die drei Kinder des Ehepaares Leder konnten zuvor nach Palästina ausreisen. Nitsche/Röcher 2002, S. 400.

Der Chemnitzer Kunstbetrieb 2  I  167

Einer der Käufer von Werken aus der Sammlung David Leder war damals Erich ­Goeritz (1889 – 1955), der selbst eine Kunstsammlung mit Werken des 19. und 20. Jahrhunderts besaß.585 So befand sich ein 1922 von Lovis Corinth gefertigtes Doppelporträt des Ehepaares Leder s­ päter im Besitz von Erich Goeritz, der sich im selben Jahr auch mit seiner Frau von Corinth hatte porträtieren lassen.586 Goeritz stammte, wie Leder, ebenfalls aus einer jüdischen Chemnitzer Familie und siedelte 1920 auch nach Berlin über. Dort blieb die Familie bis 1933 und emigrierte über Paris nach Luxemburg, wo sie ein Jahr blieben.587 Danach gingen sie 1934 nach London, wo Erich Goeritz 1955 starb.588 Teile ihrer Kunstsammlung konnte die Familie Goeritz mit in die Emigration nehmen.589 Nach seinem Umzug nach Berlin leitete Goeritz das in Chemnitz verbliebene Familienunternehmen Sigmund Goeritz AG von dort aus und war weiterhin in das kulturelle Leben seiner Heimatstadt integriert.590 So stellte er auch Werke aus seiner Sammlung für Ausstellungen in Chemnitz zur Verfügung: im Oktober 1925 allein sechs Gemälde, eine Plastik und ca. 150 Papierarbeiten für eine Lovis-Corinth-Ausstellung, die von der Kunsthütte organisiert war.591 Auch in der bereits besprochenen Jubiläumsausstellung der Galerie Gerstenberger im Jahr 1922 befanden sich unter den Exponaten Leihgaben von Goeritz, unter anderem das Corinth-Gemälde Kunstfreunde (Abb. 36).592 Als weiterer Anhaltspunkt über die Zusammenstellung der Sammlung Goeritz können einige Photographien aus seiner Berliner Wohnung herangezogen werden, die 1923 in der

585 Hinweis bei ebd.: „[…] musste er [David Leder, A. d. V.] jedoch Teile der Sammlung in Berlin verkaufen (teilweise an Erich Goeritz, mit dem er befreundet war)“. Leider werden keine konkreten Beispiele angeführt. Auch bei Thormann 1992, S. 82/83, Anm. 395: „Gegen Ende der Inflation erlitt Leder geschäft­liche Verluste und war gezwungen, schrittweise große Teile seiner Kunstsammlung zu veräußern (einige wichtige Arbeiten gingen in den Besitz seines Freundes Erich Goeritz über).“ Zu Karl Goeritz und seiner Kunstsammlung siehe auch: Wasensteiner 2019, S. 52 – 66. 586 Porträt Erich und Senta Goeritz, 1922: Berend-Corinth 1992, S. 183, Kat.Nr. 585. Porträt David und Lola Leder, 1922: Berend-Corinth 1992, S. 182/183, Kat.Nr. 85. Es gibt noch weitere Gemälde von Corinth, die sich erst im Besitz von David Leder und dann in dem von Erich Goeritz befanden. Der Zeitpunkt des Ankaufes ist allerdings unbekannt. Siehe u. a.: Berend-Corinth 1992, S. 169, Kat.Nr. 776 (Porträt Andreas Weißgerber) und Kat.Nr 778 (Porträt Andreas Weißgerber (stehend)) und S. 173, Kat.Nr. 807 (Walchenseelandschaft). 587 Wasensteiner 2019, S. 57. 588 Nitsche/Röcher 2002, S. 369. 589 In der 1938 in London organisierten Ausstellung Twentieth century German Art ist bei drei Exponaten von Werken Lovis Corinths „Erich Goeritz, London“ als Leihgeber angegeben. Vgl. Ausstellungskat. London 1938 (1988), S. 11, Kat.Nr. 23 und 24 sowie S. 12, Kat.Nr. 27 und Wasensteiner 2019. 590 Er blieb beispielsweise im Sammlungsbeirat der damaligen Städtischen Kunstsammlung. Ausstellungskat. Chemnitz 2002, S. 12. 591 Ebd., S. 13. 592 Zum Gemälde siehe Anm. 317.

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Zeitschrift Die Dame veröffent­licht wurden.593 Unter der Überschrift Die Wohnung eines Berliner Kunstfreundes reihen sich acht Detail- und Überblicksaufnahmen von den Wohnräumen, von einzelnen Kunstwerken und von dem „Zimmer für die graphische Sammlung“ aneinander.594 Dazu wird in einem ­kurzen Text erläutert: Zwei Maler vor allem sind glänzend vertreten. Von Corinth, dem die besondere Liebe des Hausherrn gehört, gibt es ausgezeichnete Stücke, und ein besonderer Raum nimmt eine Reihe von Gemälden von Schaffer-Chemnitz auf. […] Und dazwischen Plastiken, Gemälde und modernes Wiener Kunstgewerbe. […] Für die graphische Sammlungen (in ihnen ist u. a. fast das gesamte Werk Corinths vereint) ist ein besonderes Zimmer bestimmt. Eine Auswahl von Lithos, Zeichnungen und Holzschnitten von Barlach, Meidner u. a. schmückt die hellen Wände.595

Im Wohnzimmer ist auf diesen Photos unter anderem das bereits erwähnte Gemälde von Lovis Corinth Die Kunstfreunde zu sehen, aber auch ein Doppelporträt des Ehepaares Senta und Erich Goeritz vom selben Künstler sowie Skulpturen von Wilhelm Lehmbruck und Ernst Barlach (Abb. 41).596 Des Weiteren gibt eine Stiftung im Museum in Tel Aviv Auskunft über die ehemalige Sammlung. Bevor die Familie Goeritz nach London emigrierte, gab sie 1933, durch die Vermittlung des Direktors Karl Schwarz (1885 – 1962), einige Werke an das 1932 eröffnete Museum.597 Laut Schwarz sandte Goeritz sechs Gemälde von Liebermann und jeweils eines von Lovis Corinth, Camille Pissarro und Claude Monet, darüber hinaus fünf Plastiken von Wilhelm Lehmbruck, zwei Holzplastiken von Ernst Barlach, eine Bronzestatuette von Edgar Degas, eine Skulptur von Ernesto de Fiori, fünf Porträtbüsten von Edwin Scharff, 16 Kleinplastiken von Renée Sintenis sowie circa zwölf plastische Werke von Alexander Archipenko nach Tel Aviv.598 Diese Werke sollten ursprüng­lich zwei Jahre 593 Die Dame 50, H. 19, 1922/23, S. 5 – 7. Einige der Photographien sind 2013 publiziert worden. Siehe Kaufhold/Titzenthaler 2013, S. 68 – 71. Dazu auch Juppe 2002, S. 121. 594 Von Ernesto de Fiori ist eine Jünglingsstatue einzeln abgebildet. Des Weiteren auch Detailphotographien von einem Kronleuchter und Porzellanstatuen sowie einem Teil der Kakteen-Sammlung und eines eingebauten Aquariums im Speisezimmer. 595 Die Dame 50, H. 19, 1922/23, S. 5/6. 596 Zu dem Gemälde Die Kunstfreunde siehe Anm. 317. Lovis Corinth, Porträt Erich Goeritz und Frau, 1922, Öl auf Leinwand, 133 × 103 cm, Neuss, Insel Hombroich; Berend-Corinth 1992, S. 183, Kat.Nr. 858. Ernst Barlach, Die Apfeldiebin, 1917, Eichenholz, 45 × 34 cm, Tel Aviv, Museum of Art; Laur 2006, S. 149, Kat.Nr. 253 und ders., Tanzende Alte, 1920, Lindenholz, H 52 cm, Standort unbekannt, Laur 2006, S. 162, Kat.Nr. 292. 597 Karl Schwarz war seit Sommer 1933 Direktor des Museums in Tel Aviv. Schütz 1997, S. 137. 598 Karl Schwarz: Vor 30 Jahren. Erinnerungen an die Anfänge des Tel Aviver Museums. Zusammengestellt aus den Memoiren von Dr. Karl Schwarz. Archiv des Leo Baeck Institute Jerusalem, Nr. 63, S. 5, zitiert nach: Schütz 1997, S. 137/138.

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Abb. 41  Das Wohnzimmer von Erich und Senta Goeritz in Berlin, 1923

als ­Leihgabe im Museum verbleiben. Der Großteil konnte 1956 aber als Schenkung in die Sammlung integriert werden.599 Ebenfalls aus der Sammlung Erich Goeritz stammt das Gemälde Bar in den Folies Bergère, eines der Hauptwerke von Édouard Manet, das sich heute im Courtauld Institute of Art in London befindet.600 Die Sammler David Leder, mit einem Schwerpunkt auf Zeichnungen Max Liebermanns, und Erich Goeritz, mit einem Schwerpunkt auf Lovis Corinth, konzentrierten sich in ihren Sammlungen beide auf die Kunst des deutschen Impressionismus.601 Die Vorliebe für diese beiden Künstler teilten die befreundeten Familien und sie intensivierten die Passion vermut­lich mit dem Umzug nach Berlin. 599 Auskunft von Ruth Feldmann, Kuratorin am Tel Aviv Museum of Art, vom 24. August 2014. Die Stiftung umfasst 509 Werke, darunter größere Konvolute von Alexander Archipenko, Ernst Barlach, Lovis Corinth, Oskar Kokoschka, Jakob Steinhardt und Willy Jaeckel. Eine andere Quelle nennt das Jahr 1957 als Zeitpunkt der Stiftung. Schütz 1997, S. 138. 600 Édouard Manet, Bar in den Folies Bergère, 1882, Öl auf Leinwand, 96 × 130 cm, London, Courtauld Institute of Art. Wasensteiner 2019, S. 54. 601 David Leder besaß in seiner Sammlung auch einige Gemälde von Lovis Corinth. Zum Beispiel: Berend-Corinth 1992, S. 171, Kat.Nr. 792, S. 173, Kat.Nr. 807, S. 174, Kat.Nr. 810 und S.182/183, Kat.Nr. 857.

170 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Die Sammlung des Kommerzienrates Hans Hermann Vogel (1867 – 1941), die bereits sein Vater Hermann Wilhelm Vogel (1841 – 1917) begründet hatte, konzentrierte sich dagegen vor allem auf Künstler der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und sparte neue Kunstentwicklungen, die sich nach der Jahrhundertwende ausgeprägt hatten, weitestgehend aus. Sehr früh zählten auch qualitätsvolle Gemälde des 16. Jahrhunderts zu seiner Sammlung, nachweis­lich zwei damals Lucas Cranach d. Ä. zugeschriebene Werke, näm­lich Venus und Amor und Lasset die Kindlein zu mir kommen sowie eine Madonna von Cima da Conegliano (1459 – 1517).602 Teile der Sammlung von Hans Vogel wurden nach seinem Tod (1941) von dessen Tochter Walpurg Gertrud von Dewitz (1895 – 1977) veräußert.603 Aber auch schon in den 1930er Jahren finden sich Werke der Sammlung in Angebotslisten der Galerie Gerstenberger.604 Der Umfang und die einzelnen Kunstwerke der Sammlung sind heute nur teilweise bekannt. Eine Unterscheidung z­ wischen den Erwerbungen des Vaters und denen des Sohnes ist kaum mög­lich. Neben Werken von Ferdinand Hodler, Ludwig von Hofmann, Franz von Lenbach, Adrian Ludwig Richter, Max Slevogt, Franz von Stuck und Hans Thoma lag ein besonderer Schwerpunkt der Sammlung auf Max Klinger.605 Eben dieser Teil der umfangreichen Sammlung lässt sich heute anhand eines Ausstellungskataloges aus dem Jahr 1917 rekonstruieren.606 Hier sind mehrere Ölstudien, ein Porträtgemälde, fast alle der über 70 Aquarelle und Zeichnungen sowie sämt­liche der insgesamt 14 graphischen Folgen und der 46 graphischen Einzelblätter als Teil der Sammlung Hans Vogel verzeichnet. Neben ihrer Sammeltätigkeit trat die Familie Vogel als großzügige Spenderin für das Chemnitzer Museum auf. Mit den Mitteln aus der Kommerzienrat-Vogel-Stiftung, die zur Eröffnung des Museums konstituiert wurde, konnten über Jahrzehnte hinweg Kunstwerke

In der Sammlung von Erich Goeritz war darüber hinaus auch eine Reihe von Künstlern vertreten, die der realistischen Malerei der Jahrhundertwende verpflichtet waren. Für die Ausstellung Aus Privatbesitz im Jahr 1918 stellte er unter anderem Werke folgender Maler zur Verfügung: Hans von Bartels (1856 – 1913), Ludwig von Herterich (1856 – 1932), Hermann Kaulbach (1846 – 1909) und Oskar Zwintscher (1870 – 1916). Ausstellungskat. Chemnitz 1918. 602 Für die zwei Lucas Cranach d. Ä. zugeschriebenen Werke, siehe Ausstellungskat. Chemnitz 1918, S. 16; zu Cima da Conegliano, siehe Ausstellungskat. Chemnitz 1935, S. 110. 603 Ausstellungskat. Chemnitz 2007b, S. 23. Siehe dazu auch Kap. 4.5.2. 604 Zum Beispiel die zwei Lucas Cranach zugeschriebenen Werke 1934: Zentralarchiv Berlin, I/NG 938 Bl.79, Angebot der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie, Berlin vom 1. Dezember 1934; und Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937, Angebot der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 1. Dezember 1934. 605 In den Katalog zu den Ausstellungen Aus Privatbesitz 1918 und 1935 sind vor allem Werke des 19. Jahrhunderts, des deutschen Impressionismus, Realismus und Symbolismus aus der Sammlung Vogel verzeichnet. 606 Ausstellungskat. Chemnitz 1917. Dort ist vermerkt: „Alle Werke, deren Besitzer nicht angegeben ist, entstammen der Sammlung Hans Vogel.“

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für den Sammlungsbestand erworben werden.607 In den Jahren von 1912 bis 1937 kaufte die Stadt beispielsweise Werke von August Rodin, Max Liebermann, Wilhelm Leibl, Ferdinand von Rayski und Johan Christian Clausen Dahl mit Mitteln der Stiftung an.608 Im Jahr 1913 stiftete Hermann Vogel den Städtischen Kunstsammlungen zusätz­lich das Gemälde Dichtung und Malerei von Arnold Böcklin, das 1934 als „wertvollster Besitz“ der Städtischen Kunstsammlung gefeiert und damit entsprechend der nationalsozialistischen Kunstanschauung instrumentalisiert wurde.609 Alle fünf der hier vorgestellten privaten Kunstsammlungen weisen Werke renommierter Künstler von kunsthistorischer Bedeutung auf. Für jede Sammlung kann darüber hinaus ein Schwerpunkt benannt werden: Carl Heumann spezialisierte sich auf Zeichnungen des 19. Jahrhunderts. David Leder hatte besonders viele Werke von Max Liebermann erworben, Erich Goeritz von Lovis Corinth und Hans Vogel von Max Klinger. Diese drei Sammler fokussierten also jeweils einen anderen Vertreter von Kunstrichtungen, die sich im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert entwickelten und an Bedeutung gewannen. Die von Gabriele Juppe formulierte These, dass für die „meisten Chemnitzer Sammler […] die zeitgenössische Kunst im Mittelpunkt [des] Interesses“ stand, muss demnach insofern konkretisiert werden, dass es sich dabei nicht um zeitgenössische Kunstströmungen handelte, die sich nach der Jahrhundertwende ausbildeten.610 Zwar waren Werke des deutschen Expressionismus und von anderen Vertreterinnen und Vertretern der Klassischen Moderne ebenfalls Teil vieler Kunstsammlungen, wie beispielsweise der von Erich Goeritz, David Leder und Georg Mecklenburg.611 607 „Herr Geheimer Kommerzienrat Wilhelm Vogel hat aus Anlass der Einweihung des König AlbertMuseums und des neuen Stadttheaters unter anderem eine Stiftung von 150 000 Mark zum Ankauf von Werken der freien Künste für die städtischen Sammlungen errichtet.“ StadtA Chemnitz, Kap. II, Sekt. Id Nr. 573, Rat der Stadt Chemnitz (1296 – 1928), Vorschlag des Museumsausschusses zur Bewilligung aus der Vogel-Stiftung, Bl. 2. Vier Fünftel der jähr­lichen Zinsen des Stiftungsvermögens sollten zum Ankauf von Kunstwerken genutzt werden. Ebd., Bl. 1. 608 Auf der Internationalen Kunstausstellung in München 1913 wurden die Bronzen Mirabeau und Hand von Rodin erworben. 1918 wurde der Ankauf eines Gemäldes von Liebermann, direkt vom Künstler und von Leibl, von einer Auktion bei Lepke, Berlin, mit Stiftungsmitteln finanziert. Ebd., Bl. 2. 1929 erwarb das Museum ein Gemälde von Rayski und 1937 das Gemälde Vesuvlandschaft von Dahl von der Galerie Gerstenberger. StadtA Chemnitz, Rechnungen der Geheimen Kommerzienrat Vogel Stiftung zum Ankauf (1909 – 1938), Bl. 22 und 29. Zu Ankäufen aus der Hermann-Vogel-Stiftung siehe auch Kopka 2020, S. 135. 609 Heute Kriegsverlust. Siehe Ausstellungskat. Chemnitz 2007b, S. 20. Im Chemnitzer Tageblatt vom 1. September 1934 ist das Gemälde abgebildet. Der dazu gehörige Artikel bezieht sich einerseits auf das 25-jährige Jubiläum des Chemnitzer Museums, andererseits auf die neue Ausrichtung des Museums nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Chemnitzer Tageblatt vom 1. September 1934, S. 13. Siehe auch Kap. 4.3. 610 Juppe 2002, S. 119. 611 Die Sammlung von Georg Mecklenburg beinhaltete Werke von Ernst Barlach und von Vertretern des deutschen Expressionismus, wie den Mitgliedern der Brücke und Oskar Kokoschka. Mitteilung

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In den Sammlungen Goeritz und Leder lag der Schwerpunkt jedoch eindeutig auf der Kunst des deutschen Impressionismus. Eine besondere Ausnahme in ­diesem Zusammenhang stellt die Sammlung von Herbert Esche dar. Die vornehm­liche Hinwendung zu ausländischen Künstlern, wie Vertretern der Fauves und Nabis sowie Edvard Munch, ist in keiner anderen Chemnitzer Sammlung zu beobachten. Die Chemnitzer Privatsammlungen waren geprägt von Werken des deutschen Impressionismus und der sezessionistischen Malerei des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts. Darüber hinaus spielten die Kunst des 19. Jahrhunderts, die akademische Malerei der Jahrhundertwende sowie Künstlerinnen und Künstler mit lokalem Bezug nicht nur in den privaten Kunstsammlungen eine bedeutende Rolle, sondern auch im großbürger­ lichen Kunstbesitz. Die Untersuchungen zum Chemnitzer Kunstbetrieb während der Weimarer Republik in den vorhergehenden Kapiteln haben ergeben, dass es eine sicht­liche Diskrepanz ­zwischen der Sammlung des städtischen Museums und dem privaten Kunstbesitz gegeben hat. Orientierte sich Schreiber-Weigand in der Ausrichtung der Städtischen Kunstsammlung an den Prämissen eines modernen Museums in der Zeit der Weimarer Republik, vertrat das Chemnitzer Bürgertum dagegen eine Kunstauffassung, die den Entwicklungen um die Jahrhundertwende entsprach. Obwohl selbst die Kunst des deutschen Expressionismus in den Jahren von 1920 bis 1932 nicht mehr als künstlerische Avantgarde bezeichnet werden kann, sondern vielmehr Teil des anerkannten musealen Künstlerkanons war, stellte dieser nur selten den Schwerpunkt privater Sammlungen im Chemnitzer Raum dar. Ausgehend von der Berichterstattung in der lokalen Kunstpresse sowie den Anfeindungen gegen den Museumsdirektor aus den Kreisen des kulturkonservativen Chemnitzer Bürgertums lässt sich konstatieren, dass das Kunstpublikum in Chemnitz der schnellen Kunstentwicklung mit der Vielzahl der Ismen im ersten Jahrhundertdrittel nicht gefolgt war. Ein ähn­liches Bild zeichnet sich für den privaten Kunstbesitz ab. Auch hier sind Werke von Künstlern des 19. Jahrhunderts, Vertretern der akademischen Malerei der Jahrhundertwende und des deutschen Impressionismus vorherrschend. Beispiel dafür sind die vielen Leihgaben für die Ausstellungen Aus Privatbesitz in den Jahren 1918, 1928 und 1935 von Sammlerinnen und Sammlern, deren Kunstbesitz heute nur lückenhaft überliefert ist. So beinhalteten die Sammlungen von Frau verwitwet Clauß, Margarete Lilienfeld, Ferdinand Reich, Johannes Reinecker, Hans Richter und Richard Schnicke holländische Werke aus dem 17. Jahrhundert, Werke der deutschen Romantik und der deutschen Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts.612 Die exemplarisch vorgestellten privaten Kunstsammlungen sind zwar in von Laura Zurek, die zu d ­ iesem Zeitpunkt für die New Yorker Behörde Holocaust Claims Processing Office über die Sammlung Mecklenburg recherchierte, an die Verfasserin vom 6. November 2014. 612 Der Kunstbesitz der genannten Personen umfasste unter anderem Werke folgender Künstler: A ­ ndreas Achenbach (1815 – 1910), Eugen Bracht (1842 – 1921), Franz von Defregger (1835 – 1921), Hendrik

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der Künstlerauswahl sehr viel breiter aufgestellt und weisen vor allem eine höhere Qualität der Kunstwerke auf, Kunstrichtungen, die sich nach dem Impressionismus entwickelten, sind hier allerdings ebenfalls weniger stark vertreten. Der Künstlerkanon, mit dem sich die Galerie Gerstenberger zu ihrer Jubiläumsausstellung 1922 prominent präsentierte, sowie viele der anderen Ausstellungen der Kunsthandlung entsprachen somit viel mehr der Nachfrage des Bürgertums sowie der Sammlerinnen und Sammler als der der Museumsleitung. Parallel zu dem Einzug der Brücke-Expressionisten in den Bestand der Städtischen Kunstsammlung um 1920 lässt sich auch das vermehrte Ausstellen dieser Kunstrichtung in der Galerie Gerstenberger konstatieren. Die Ausstellungen von Max Pechstein und Oskar Kokoschka stehen dafür exemplarisch, waren allerdings wohl weder besonders erfolgreich noch gewinnbringend, denn schon bald bildeten wieder Künstler aus dem Repertoire der Jubiläumsausstellung das Portfolio für die großen Schauen in den folgenden Jahren. Die Ausstellungen der Kunsthandlung und das alltäg­liche Galeriegeschäft waren also maßgeb­lich an der Nachfrage der privaten Kunden in Chemnitz orientiert. Standen in ­diesem Kapitel die Künstlerinnen und Künstler im Fokus, die die Galerie Gerstenberger ausstellte, sollen im folgenden Kapitel die Kunstwerke untersucht werden, die von der Kunsthandlung den Museen angeboten wurden. Betrafen die bisherigen Ergebnisse also vornehm­lich die Wirkung innerhalb der Stadt, abgesehen von einigen großen, überregional wahrgenommenen Ausstellungen, wird abschließend danach gefragt werden, mit welcher Kennerschaft und mit welchem Schwerpunkt sich die Galerie gegenüber den Museen im Deutschen Reich präsentierte.

3.5 Weit über die Stadtgrenzen hinaus: Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik Anhand der überlieferten Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an Museen können Aussagen über die Handelstätigkeit der Kunsthandlung getroffen werden.613 Dabei ist von Interesse, von w ­ elchen Künstlerinnen und Künstlern die Galerie Werke in ihrem Angebot hatte, ob diese im Deutschen Reich etabliert waren und ob diese dem Künstlerportfolio der

Gerritsz. Pot (um 1585–vor 1657), Eduard Grützner (1846 – 1925), Ernst Erwin Oehme (1831 – 1914), Fritz Overbeck (1869 – 1909), Jan Siberechts (1627–um 1700), Constantin Troyon (1810 – 1865), Fritz von Uhde (1848 – 1911), Heinrich von Zügel (1850 – 1941). Eine für Chemnitz außergewöhn­liche Sammelleidenschaft verfolgte Helmut Teumer, der sich anscheinend auf asiatische Skulpturen spezialisiert hatte. Zu Teumer siehe Kunst- und Antiquitäten Rundschau H. 6, 1933, S. 90 – 94 und 107. 613 Zur Überlieferung des Schriftwechsels der Galerie Gerstenberger siehe die Einleitung der vorliegenden Publikation.

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Ausstellungen der Kunsthandlung entsprachen. Daneben soll in d ­ iesem Kapitel der Frage nach der Vernetzung und der Verortung der Galerie Gerstenberger auf dem deutschen Kunstmarkt nachgegangen werden. In ­diesem Zusammenhang ist von Interesse, woher die verkäuf­lichen Kunstwerke für den Handel akquiriert wurden. Die ebenso wichtige Frage, an wen die Galerie die Kunstwerke schließ­lich verkaufte, kann aufgrund der Aktenlage nur in viel geringerem Maße beantwortet werden. Übernahmen von festen Künstlervertretungen, wie sie für Paul Cassirer für bedeutende und hoch gehandelte Künstlerinnen und Künstler belegt werden können, sind für die Galerie Gerstenberger nicht oder nur in sehr geringem Maße nachzuweisen. Allein die fast jähr­lich veranstalteten Ausstellungen von Gustav Schaffer, die zumeist die jüngsten Arbeiten des Künstlers präsentierten, lassen vermuten, dass er von der Galerie Gerstenberger vertreten wurde. Auch die Verwaltung von Künstlernachlässen, wie beispielsweise der Nachlass von Charles Palmié, ist nur in seltenen Fällen dokumentiert.614 Aus dem vorhandenen Material können aber drei andere Wege nachgezeichnet werden, woher die Galerie Gerstenberger Kunstwerke zum Weiterverkauf akquirierte: aus Privatsammlungen, aus Versteigerungen und durch die Übernahme von Kommissionsware aus anderen Kunsthandlungen. Neben den Ausstellungskatalogen sind die Angebotsschreiben der Galerie an verschiedene Museen eine wichtige Quelle, weil eben diese die besonders qualitätsvollen Werke listen. Sind in den Ausstellungskatalogen oft auch Namen weniger bekannter Künstlerinnen und Künstler verzeichnet, die preiswerter angeboten wurden und für ein größeres Publikum bestimmt waren, traf die Galerie für die Museumsangebote eine gewisse Auswahl. Diese Künstler waren beziehungsweise sind noch immer überregional bekannt und wurden beziehungsweise werden in der Kunstgeschichte als bedeutende Vertreter ihrer Zeit bewertet. Ab der Mitte der 1920 Jahre lassen sich sieben Künstler herausarbeiten, von denen verhältnismäßig viele Werke im Angebot der Galerie Gerstenberger waren: Lovis Corinth (1858 – 1925), Anselm Feuerbach (1829 – 1880), Caspar David Friedrich (1774 – 1840), Max Liebermann (1847 – 1935), Ferdinand von Rayski (1806 – 1890), Max Slevogt (1868 – 1932) und Hans Thoma (1839 – 1924).615 Abgesehen von Feuerbach, von dem ein größeres Konvolut an Werken allein im Jahr 1927 im Angebot war, listete die Galerie verschiedene Werke dieser Künstler über den gesamten Zeitraum von 1925 bis einschließ­lich 1932 hinweg. Die Variation des Angebotes in den verschiedenen Jahren blieb dabei mit fünf bis zehn Künstlern gering und auch weit hinter der Vielzahl von Künstlerinnen und Künstlern in 614 Zu Charles Palmié vgl. Kap. 2.4.1. Als weiteres Beispiel kann der Nachlass von Hans von Volkmann genannt werden, der 1927 verstarb und dessen Nachlass die Galerie Gerstenberger im Auftrag der Witwe verwaltete, wie aus einer Zeitungsmeldung hervorgeht. Chemnitzer Tageblatt vom 12. Oktober 1927, S. 14. 615 Grundlage für die Aussagen zu den Museumsangeboten sind die in verschiedenen Archiven recherchierten Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger. Aufgrund der Aktenlage können nur Aussagen für die Zeit ab 1925 getroffen werden.

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den Ausstellungskatalogen zurück.616 Gleichzeitig sind alle in den Angeboten verzeichneten Künstler aber auch Teil des festen Ausstellungsprogrammes der Galerie. Hinsicht­lich der Museumsangebote blieb die Kunsthandlung also ihrem Künstlerportfolio verbunden. Grosshennig wählte aus d ­ iesem sehr bekannte Künstler aus, von denen er Kunstwerke den Museen anbieten konnte, die nach seiner Einschätzung Museumsqualität aufwiesen. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den drei Hauptvertretern des deutschen Impressionismus, Max Liebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt.617 Die Galerie Gerstenberger führte alle drei Maler überwiegend in der Zeit vor 1930 in ihrem Angebot. Die Schwankungen des Kunstmarktes zeichneten sich hinsicht­lich der Preisforderungen der Galerie wenn überhaupt, dann nur unerheb­lich ab.618 Die Preisforderungen für Werke von Corinth und Liebermann können fast ausschließ­lich in den von Gesa Vietzen berechneten mittleren Preisbereichen für die Jahre 1925 bis 1930 verortet werden, der für Gemälde von Corinth ­zwischen 2.000,– RM und 6.700,– RM und von Liebermann z­ wischen 5.000,– RM und 13.320,– RM lag.619 Nur wenige Ausnahmen sind dabei innerhalb der angebotenen Liebermann-Werke zu verzeichnen, die einige Tausend Reichsmark über dem mittleren Preisbereich lagen, allerdings die von Vietzen ermittelten Spitzenpreise von über 33.000,– RM nie erreichten.620 Ebenso bot die 616 Nur im Jahre 1927 hatte die Galerie eine höhere Anzahl verschiedener Künstler (14) im Angebot. Vergleiche dazu auch die Auswertung der Akten für die Zeit des Nationalsozialismus Kap. 4.4. 617 Oftmals zeigen die Werke typische Motive des jeweiligen Künstlers. So können einige Werke, bei denen nur der Titel und die Maße aus den Angeboten hervorgehen, nicht eindeutig identifiziert werden, selbst wenn zusätz­lich ein Entstehungsjahr mit angegeben ist, denn die Künstler fertigten mehrere Werke gleichen Motivs mit ähn­lichen Maßen in einem Jahr. Problematisch sind beispielsweise die Gartenansichten des Anwesens Liebermanns am Wannsee sowie dessen Strandansichten mit badenden bzw. spielenden Kindern. Die Schwierigkeit der Identifikation der Werke Slevogts wird dadurch verstärkt, dass zu ­diesem Künstler kein Werkverzeichnis publiziert ist. 618 Nach Vietzen kann eine Abwärtsbewegung der Preiskurve von 1926 zu 1927 beobachtet werden und eine darauf folgende Aufwärtsbewegung von 1927 bis zu einem Höhepunkt 1929. Die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise setzten in Deutschland verzögert ein und führten zu einem Preiseinbruch um 1930, wobei sich die Lage bis 1931 bereits erholt hatte und die Verkaufspreise wieder auf das Niveau von 1929 stiegen. Jeuthe 2011, S. 37 und 40/41. Die unterschied­lichen Angebotspreise der Galerie Gerstenberger scheinen dagegen nicht ausschlaggebend von den Marktschwankungen abhängig gewesen zu sein. Weder ein merk­licher Preisabfall 1927 im Vergleich zu 1926 ist zu verzeichnen noch vergleichsweise hohe Preisforderungen 1929. Vielmehr scheinen sich die Preise nach Motiv und Qualität bzw. Bekanntheit des Werkes zu richten. 619 Jeuthe 2011, S. 125 und 138. 620 Beispielsweise waren 1926 ein Porträt von Lola Leder (Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1058, Kat. Nr. 1922/14) für 22.000,– RM sowie 1927 eine Kleinkinderschule (ebd., Bd. 1, S. 96/97, Kat.Nr. 1875/13) für 17.500,– RM und ein Strandbild (nicht identifiziert) für 18.500,– RM im Angebot. Altregistratur SKD 01/GG 005 Bd. 32, Bl. 116/117: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Dresden vom 6. Februar 1926; SMB-ZA, I/NG 929, Bl. 390: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin vom 23. Juni 1927. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle,

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Galerie Gerstenberger auch Werke von Corinth an, die sich deut­lich über dem mittleren Preisbereich befanden, so beispielsweise ein Blumenstück im Jahr 1926 für 13.000,– RM oder ein Damenbildnis im Jahr 1929 für 18.000,– RM.621 Da diese Angebote an Museen erfolgten, deckt sich hier die Beobachtung mit denen Vietzens, die für Corinth-Werke für das Jahr 1927 ebenfalls einen Preisanstieg konstatiert. Es wurden z­ wischen 11.000,– RM und 20.000,– RM für ein Werk Corinths bezahlt, wenn es sich um Ankäufe durch Museen gehandelt hatte.622 Die Preisforderungen für Werke von Slevogt waren im Vergleich zu denen von Liebermann ähn­lich hoch und bewegten sich um die 10.000 RM.623 Der Handel mit Werken des deutschen Impressionismus stellte sich für die Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik als lukrativ dar, denn der Verkauf von Werken Corinths, Liebermanns und Slevogts galt als ein sicheres Geschäft.624 Darüber hinaus waren Werke dieser Künstler sowohl Teil der Sammlung des Chemnitzer Museums als auch von privaten Kunstsammlungen in der Region. Die regionale Nachfrage an Kunstwerken des deutschen Impressionismus war also stabil. Der Standort der Galerie Gerstenberger in der kulturellen Provinz hatte dabei anscheinend keinen Einfluss auf die Preisforderungen Grosshennigs, die weder als besonders preiswert noch als besonders teuer zu bewerten sind. Neben den Verkäufen an Museen gingen wohl auch viele der Werke des deutschen Impressionismus in privaten Kunstbesitz über.625 Private Kunstammlerinnen und ­Kunstsammler Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 17. Februar und vom 23. Juni 1927. 621 Lovis Corinth, Rosen, 1910, Öl auf Leinwand, 87 × 112 cm, Privatbesitz; Berend-Corinth 1992, S. 121, Kat.Nr. 444. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 2. November 1926. Ders. Balkonszene in Bordighera, 1912, Öl auf Leinwand, 83,5 × 105 cm, Essen, Museum Folkwang; Berend-Corinth 1992, S. 136, Kat.Nr. 540. SMB-ZA, I/NG 931, Bl. 184: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das ­Kaiser-Friedrich-Museum Berlin vom 15. März 1929. 622 Jeuthe 2011, S. 125. 623 Um einige Beispiele zu nennen: Im Jahr 1925 bot die Galerie Gerstenberger ein bisher unidentifiziertes Gemälde von Max Slevogt (Seestück, etwa 1905, 66 × 80 cm) der Nationalgalerie in Berlin für 12.000,– RM an und 1927 eines für 9.500,– RM (Strandbild, um 1910, 79 × 64 cm). SMB-ZA, I/NG 928, Bl. 264: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin vom 21. September 1925; SMB-ZA, I/NG 929, Bl. 157: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin vom 27. Januar 1927. 624 Jeuthe 2011, S. 38 und 147. 625 Aufgrund der Aktenlage können nur sehr wenige Verkäufe sicher belegt werden. Die Städtische Kunstsammlung in Chemnitz erwarb 1927 eine Walchenseelandschaft von Corinth über die Galerie Gerstenberger (Berend-Corinth 1992, S. 184, Kat.Nr. 868). KSChA SKC, Inventarbuch Sammlung von Gemälden und Plastiken der Stadt Chemnitz, Inv.Nr. 190 nach Auskunft von Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin am 4. Dezember 2013. Dagegen schrieb schon 1914 Hancke bezüg­lich der Werke Liebermanns: „Erstaun­lich groß ist die Anzahl an Privatleuten, die zwei, drei, vier oder auch fünf Bilder oder Studien von Liebermann

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waren eine wichtige Klientel für die Galerie, da sie nicht nur Kunst erwarben, sondern auch Kunstwerke verkaufen wollten. Das soll hier exemplarisch zuerst an der Sammlung von David Leder und dann an dem Kunstbesitz von Carl Glantz und Albert Wuttke erläutert werden. David Leder kehrte, wie bereits erwähnt, aufgrund seiner desolaten wirtschaft­lichen Lage Mitte der 1920er Jahre von Berlin in seine Heimatstadt zurück und hatte zuvor einen großen Teil seiner Sammlung von Zeichnungen Liebermanns in Berlin versteigern lassen.626 Eine große Anzahl an Gemälden des Künstlers befand sich zu ­diesem Zeitpunkt aber noch in seinem Besitz.627 Von diesen bot die Galerie Gerstenberger am 16. Februar 1926 das Damenporträt in weißer Robe der Gemäldegalerie in Dresden an.628 Dabei handelte es sich um das 1922 in der Jubiläumsausstellung präsentierte Porträt Lola Leders (Abb. 36).629 Im März 1927 führte die Galerie ein weiteres Porträt Lola Leders in ihren Angeboten. Das Gemälde war mit Dame in Grün betitelt.630 In dem Angebotsschreiben an die Kunsthalle in Mannheim bemerkte Grosshennig hinsicht­lich der Provenienz des Werkes: „aus einer erstklassigen Liebermannsammlung, die durch meine Vermittlung verkauft werden soll“.631 Mit dem Verkauf von mindestens 13 Gemälden Liebermanns und Corinths war Grosshennig von der Familie Leder beauftragt worden. Das geht aus einem Angebotsschreiben an das Städtische Museum in Elberfeld (heute: Von der Heydt-Museum in Wuppertal) hervor.632 Die dem Angebot beigefügten Photographien wurden sehr wahrschein­lich von dem Museum an die Galerie Gerstenberger zurückgesandt, sodass nicht in Gänze rekonstruiert werden kann, um ­welche Werke es sich im Einzelnen handelte. besitzen.“ (Hancke 1914, S. 521). Die Verkäufe in Privatbesitz lassen sich zum Teil noch schwieriger nachweisen als die in Museumsbesitz. Beispielsweise ging vermut­lich eine weib­liche Aktdarstellung Corinths (Berend-Corinth 1992, S. 175, Kat.Nr. 815), die von der Galerie Gerstenberger im Februar 1927 der Kunsthalle in Mannheim angeboten wurde, in den Besitz des Chemnitzer Sammlers Leopold Eger (vgl. Kap. 3.4.2) über. Das Werk wurde 1928 in der Ausstellung Aus Privatbesitz präsentiert (Ausstellungskat. Chemnitz 1928, Nr. 26, S. 12). Die Galerie Gerstenberger vermittelte das Werk mög­licherweise in Kommission für die Münchner Moderne Galerie Thannhauser. 626 Zu David Leder siehe Kap. 3.4.2. Auktionskat. Berlin 1925a; Auktionskat. Berlin 1925b. 627 Zur Zusammenstellung der Sammlung Leder siehe auch Kap. 3.4.2 sowie Anm. 634. 628 Altregistratur SKD 01/GG 005 Bd. 32, Bl. 116/117: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Dresden vom 6. Februar 1926. 629 Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1058, Kat.Nr. 1922/14. Siehe auch Anm. 317. 630 Max Liebermann, Bildnis Lola Leder (Dame in Grün), 1921, Öl auf Pappe, 94 × 75 cm, Privatbesitz, Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1028, Kat.Nr. 1921/9. 631 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 22. März 1927. Es handelt sich dabei um das Gemälde: Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1028, Kat.Nr. 1921/9. 632 StAW 390 – 17: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Städtische Museum Elberfeld vom 19. März 1927. Auf dem Brief ist ganz unten vermerkt: „13 Photos, die ich höfl. zurückerbitte.“

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Allerdings gibt eine andere Quelle einen zusätz­lichen Einblick in die Zusammenstellung der Kommissionsware, die Grosshennig von Leder erhielt. Der Chemnitzer Museumsdirektor Schreiber-Weigand schickte am 26. April 1926 eine Auflistung von Kunstwerken an David Leder, die sich im Besitz der Familie Leder befanden und die er der „Firma Gerstenberger übergeben“ hatte.633 In dieser sind zwei Walchenseelandschaften von Lovis Corinth, jeweils ein Werk von Karl Hofer und Edvard Munch sowie zwei Werke Max Liebermanns, wohl ein Gemälde und eine Ölskizze, verzeichnet (Abb. 42).634 Neben Werken von Liebermann und Corinth hatte Leder auch einige Gemälde von Vertretern der Klassischen Moderne erworben, die nun ebenfalls über die Galerie Gerstenberger verkauft werden sollten. So konnte die Kunsthandlung beispielsweise das Gemälde von Karl Hofer 1926 an die Städtische Kunstsammlung in Chemnitz vermitteln.635 633 KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/40, L 193: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an David Leder vom 26. April 1926. „[…] der Ordnung gemäß teile ich Ihnen ergebsnt [sic] mit, dass wir heute folgende Ihnen gehörende Bildwerke der Firma Gerstenberger übergeben haben.“ 634 Die Galerie Gerstenberger hatte 1927 zwei Walchenseelandschaften im Angebot, die aber nicht identifiziert werden konnten. SMB-ZA, I/NG 929, Bl. 332: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 15. Juni 1927. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 10. Juni, vom 15. Juni und vom 2. August 1927. Das in der Kommissionsliste mit Alter Mann sitzend  betitelte Werk von Max Liebermann ist vermut­ lich mit folgender Ölskizze zu identifizieren: Pfeife rauchender Mann nach links/Studie zum Altmänner­ haus in Amsterdam, 1880, Öl auf Leinwand auf Malkarton aufgezogen, 26 × 17,5 cm, Standort unbekannt; Eberle 1995 – 1996, Bd. 1, S. 192/193, Kat.Nr. 1880/14. Laut Eberle befindet sich auf der Rückseite des Werkes ein Aufkleber der Galerie Gerstenberger mit der Beschriftung: „Gustav Gerstenberger, Chemnitz, gegründet 1857, Abt. Kunsthandlung, ständige Ausstellung 242 [handschrift­lich]“. Das zweite Werk Liebermanns Esel am Strand listet Grosshennig in einem Schreiben mit mehreren weiteren Liebermann-Gemälden 1927 auf und markiert ­dieses mit „i. Besitz d. Herrn D. Leder“. KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/53, G279: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Friedrich Schreiber-Weigand vom 21. November 1927. Dieses Gemälde von Liebermann bot Grosshennig 1927 der Kunsthalle Mannheim an (dort angegeben mit: Esel am Strand, 1900, 36 × 46 cm). Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 2. August 1927. Dabei handelt es sich vielleicht um das bei Eberle als „verschollen“ deklarierte Werk: Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 555, Kat.Nr. 1900/14. Das Werk von Munch, betitelt mit Im Mondschein konnte nicht identifiziert werden. Ebenso konnte das Gemälde von Karl Hofer, das mit Die Blinden bezeichnet ist, mithilfe des Werkverzeichnisses nicht identifiziert werden. Für den Zeitraum bis 1925 ist kein Werk mit ­diesem Titel erfasst. Vielleicht handelt es sich bei ­diesem Werk um das Gemälde Irrende im Wald ­(Eisenbeis/ Wohlert 2008, Bd. 2, S. 81, Kat.Nr. 394), das die Galerie Gerstenberger 1926 im Angebot hatte. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie G ­ erstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 3. September 1926. 635 Karl Hofer, Altes Städtchen, 1924, Öl auf Leinwand, 66 × 82 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Eisenbeis/Wohlert 2008, Bd. 2, S. 123, Kat.Nr. 589.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  179

Abb. 42  Auflistung der Werke, die die Galerie Gerstenberger aus der Sammlung David Leder in Kommission genommen hatte, 26. April 1926

Nicht alle Werke, die die Galerie Gerstenberger aus der Sammlung Leder im Angebot hatte, wurden aber tatsäch­lich veräußert. Anscheinend behielt die Familie nach einigen Verkäufen einen rest­lichen Teil der Sammlung. So fand Grosshennig für das als Dame in Grün bezeichnete Porträt Lola Leders keinen Käufer, denn es blieb, trotz des Verkaufsversuches, bis in die 1990er Jahre in Familienbesitz.636 Andere Werke der Sammlung Leder erwarb, wie bereits erwähnt, die befreundete Familie Goeritz. Der Verkauf der zum Teil sehr qualitätsvollen und großformatigen Gemälde aus der Sammlung Leder war für die Galerie Gerstenberger ein gutes Geschäft. Vor allem der Kauf

Das Werk ist in der Kommissionsliste von 1926 nicht erfasst. Auf einer Karteikarte im Chemnitzer Museum zu dem Objekt ist vermerkt: „Erworben durch Gerstenberger, aus dem Besitz von David Leder, Chemnitz 13. April 1926“ (Mitteilung von Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin vom 26. November 2013). Das Gemälde ist darüber hinaus in der Auflistung von Werken der Sammlung Leder aus dem Jahr 1925 verzeichnet (Abb. 39/1 – 3). 636 Vgl. Provenienzangaben bei Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1028/1029: „David Leder, Berlin (1923); Privatbesitz, London-Tel Aviv (bis Ende der 50er Jahre); Stephan Hermlin, Berlin (bis 1992); Villa Grisebach, Berlin (1992)“. Stephan Hermlin ist der Künstlername von Rudolf, dem Sohn David und Lola, Leders. Zu Stephan Hermlin siehe Corino 1996.

180 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

von Werken Liebermanns galt in den 1920er Jahren für Privatleute und Museen als sichere Investition.637 Und das wirkte sich positiv auf die Preise aus. Die Preisforderung Grosshennigs von 22.000,– RM für das Bildnis Lola Leders in weißem Kleid von Max Liebermann war die höchste, die er überhaupt für ein Gemälde eines Vertreters des deutschen Impressionismus verlangte.638 Gute Kontakte zu Privatpersonen waren für Grosshennig also nicht nur wichtig, um Kunstwerke zu verkaufen, sondern auch, um überhaupt verkäuf­liche Werke zur Verfügung zu haben. Diese Beobachtung soll anhand des zweiten Beispieles, das Werke Lovis Corinths betrifft, auch für überregionale Kontakte herausgearbeitet werden. War die Marktstellung ­Liebermanns verhältnismäßig höher und gesicherter als die Corinths, kann jedoch auch für diesen eine ähn­lich gute Etablierung auf dem Kunstmarkt angenommen werden.639 Im Jahr 1926 versandte die Galerie Gerstenberger ein Angebotsschreiben an mehrere Museen, das acht Gemälde von Lovis Corinth umfasste.640 Fünf dieser acht Gemälde können heute identifiziert werden und wurden laut Werkverzeichnis „auf dem Rittergut Klein-Niendorf in Mecklenburg gemalt“.641 Darüber hinaus befand sich unter den Werken das Porträt von Carl Glantz (1873 – 1927) aus dem Jahr 1911 (Abb. 43). Glantz war der Besitzer des besagten Rittergutes in Klein-Niendorf in Mecklenburg gewesen, wo sich Corinth mehrfach a­ ufhielt und 637 Biedermann 2005, S. 18. 638 Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1058, Kat.Nr. 1922/14. Altregistratur SKD 01/GG 005 Bd. 32, Bl. 116/117: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Dresden vom 6. Februar und vom 6. Mai 1926. Eben ­dieses Werk war anscheinend schwieriger zu vermitteln, denn die Galerie führte es noch 1929 in ihren Angeboten, bevor sie es vermut­lich wieder in eine Privatsammlung verkaufte (Eberle 1995 – 1996, Bd. 1, S. 1058: Provenienzangabe nach „Familie Leder, Berlin“ ist dort: „Sammlung Hirschberg, Den Haag“). SMB-ZA, I/NG 931, Bl. 184: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das ­Kaiser-Friedrich-Museum Berlin vom 15. März 1929. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 15. März 1929. In beiden Angeboten ist der Preis mit „nach Rücksprache“ angegeben. 639 Jeuthe 2011, S. 147. 640 SMB-ZA, I/NG 928, Bl. 868: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 2. November 1926. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 2. November 1926. 641 Lovis Corinth, Hydrangien, 1909, Öl auf Leinwand, 56,2 × 48,5 cm, Schweinfurt, Sammlung Georg Schäfer; Berend-Corinth 1992, S. 112, Kat.Nr. 381. Ders., Rosen, 1910, Öl auf Leinwand, 87 × 112 cm, Privatbesitz; ebd., S. 121, Kat.Nr. 444. Ders., Porträt Herr C. Glantz mit Hund, 1911, Öl auf Leinwand, 109 × 84,5 cm, Schweinfurt, Sammlung Georg Schäfer; ebd., S. 123, Kat.Nr. 454. Ders., Reiter, 1913, Öl auf Leinwand, 119 × 95 cm, Verbleib unbekannt; ebd., S. 143, Kat.Nr. 589. Ders., Flieder im Kelchglas, 1923, Öl auf Leinwand auf Pappe, 72 × 47 cm, Privatbesitz; ebd., S. 189, Kat.Nr. 899. Für die drei anderen Werke, die nicht genau identifiziert werden konnten, sind die Titel Blumenstück, Waldweiher und Dachauerinnen in dem Angebotsschreiben angegeben.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  181

Abb. 43  Lovis Corinth, Porträt Herr C. Glantz mit Hund, 1911, Öl auf Leinwand, 109 × 84,5 cm, Schweinfurt, Sammlung Georg Schäfer

mindestens 34 Gemälde anfertigte.642 Albert Wuttke (ca. 1880 – 1960), ein Schüler Corinths und mit Glantz befreundet, hatte den Kontakt zu Corinth vermittelt.643 Einige der auf dem Rittergut entstandenen Werke verblieben im Besitz von Glantz.644 Dieser verkaufte das Gut im Jahr 1926 aufgrund seiner schlechten finanziellen Lage und zog gemeinsam mit Wuttke nach Berlin. In ­diesem Zusammenhang versuchten Glantz und Wuttke anscheinend auch über die Galerie Gerstenberger die Gemälde Corinths aus ihrem Besitz zu verkaufen.645

642 Klawuhn 2002, S. 108 und Corinth 1979, S. 131, 145/146 und 483, Abb. 77 und S. 492, Abb. 88. Zu Glantz siehe ebd., S. 371. 643 Dazu siehe Klawuhn 2002, S. 25. Zu Wuttke siehe Corinth 1979, S. 383. 644 Klawuhn 2002, S. 109. 645 Für die Nummern 381, 589 und 899 wird im Werkverzeichnis als erste Provenienz „A. Wuttke, KleinNiendorf, Mecklenburg“ angegeben, bei Nummer 454 erst „Glantz jun. Klein-Niendorf“, dann als zweites „A. Wuttke, Klein-Niendorf“. Für die Nummer 444 ist als erster Besitzer „H. Gerstel, Dresden“ verzeichnet. Diese Angabe bezieht sich auf einen Eintrag in einem Ausstellungskatalog von 1929 (vgl. Ausstellungskat. Dresden 1929, S. 22, Kat.Nr. 140). Da das Werk ebenso wie die anderen vier auf dem Rittergut gemalt wurde, ist anzunehmen, dass es z­ wischen November 1926

182 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Viele der Kunstwerke in den Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an Museen lassen sich also auf qualitätsvollen Kunstbesitz von Privatsammlerinnen und Privatsammlern zurückführen, mit denen die Kunsthandlung in Kontakt stand. Besonders in den beiden hier erläuterten Beispielen wird deut­lich, dass gerade diese Kommissionsware einen bedeutenden Teil der Geschäfte mit Museen ausmachte. Diese Provenienzen lassen sich vor allem hinsicht­lich der Werke des deutschen Impressionismus feststellen, für den die Nachfrage in dieser Zeit als hoch zu bewerten ist. Der kommissionsweise Verkauf war zwar weniger lukrativ, weil der Gewinn, der sich nur aus den ausgehandelten Provisionsprozenten zusammensetzte, verhältnismäßig klein war, dafür aber nicht mit großen Risiken verbunden.646 Sehr viel riskanter erscheinen heute dagegen Ankäufe bei Auktionen, da in ­diesem Fall die Mög­lichkeit des Nicht-Verkaufens oder des Unter-Einkaufspreis-Verkaufens bestand und zu einem Verlustgeschäft für die Kunsthandlung führen konnte. Zwei Beispiele in d ­ iesem Zusammenhang zeigen, dass die Galerie durchaus umfangreiche Ankäufe bei Versteigerungen tätigte und folg­lich auch das dafür nötige Kapital zur Verfügung hatte. Eine besondere Schwierigkeit für die Untersuchung der Auktionsankäufe liegt darin, anhand der Angebotsschreiben und Ausstellungskataloge Werkkonvolute zusammenzufassen, die mög­licherweise aus einer Auktion stammten. Umso aussagekräftiger sind vor ­diesem Hintergrund die Übereinstimmungen von Werken, die sich durch einen Vergleich des Auktions­ kataloges von Hugo Helbing vom 26. November 1927 mit dem Ausstellungskatalog der G ­ alerie Gersten­berger Meisterwerke Deutscher Kunst aus dem Jahr 1928 ermitteln lassen.647 Durch die bei Helbing abgehaltene Versteigerung wurde ein Teil der Privatsammlung Fritz Zickels (Lebensdaten unbekannt) verkauft sowie Werke aus den Lagerbeständen dessen Galerie.648 In dem und April 1929 nach Dresden vermittelt wurde. Für die drei anderen, nicht identifizierbaren Werke im Angebot kann die ­gleiche Provenienz nur vermutet werden. Der Kunsthändler Carl Nicolai bot nur einige Jahre ­später ebenfalls Gemälde aus dem Besitz von „A. Wuttke, Klein-Niendorf“ an, so beispielsweise das Porträt Herr C. Glantz mit Hund aus dem Jahr 1911 im April 1930 für 7.500,– RM an das Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte Oldenburg (Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg, Altaktenarchiv, LMO-A 544: Schreiben von Carl Nicolai an das Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg vom 24. Februar und vom 26. März 1930). Das Gemälde erwarb dann 1930 die Staatsgalerie in Stuttgart für 5.000,– RM über Carl Nicolai. Auskunft von Anja Heuß, ehemals Staatsgalerie Stuttgart, an die Verfasserin vom 26. Mai 2014. 646 Wie hoch die von der Galerie veranschlagte Provision war, wird aus der aktuellen Quellenlage nicht ersicht­lich. Als die Galerie 1910 ein Werk von Charles Palmié an die Stadt Chemnitz verkaufte, betrug die Provision 10 %. StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap.  III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 32 – 34. Vgl. dazu auch Kap. 2.4.3. 647 Auktionskat. München 1927 und Ausstellungskat. Chemnitz 1928. 648 Eine Vorankündigung der Auktion findet sich in dem Novemberheft der Zeitschrift Der Kunstwanderer. Hier werden unter anderem das Gemälde von Wilhelm Leibl Bildnis der Frau Stadtbaumeister Clef und das Gemälde von Albert Lang Fischende Knaben hervorgehoben, die vermut­lich beide von der Galerie Gerstenberger angekauft wurden. Der Kunstwanderer, 1./2. Novemberheft, 1927, S. 123; zu den Ankäufen siehe Anm. 653.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  183

vom Kunsthistoriker Hermann Uhde-Bernays (1873 – 1965) verfassten Vorwort des Auktionskataloges heißt es:649 Als im vergangenen Sommer an Fritz Zickel infolge der an ihn ergangenen Kündigung die Frage herantrat[,] seine Geschäftsräume am Lenbachplatz verlassen zu müssen, erhielt er den letzten Anstoß zu dem Entschluss[,] mit den Beständen seines Lagers auch seine Privatsammlung zu veräußern. Alle Freunde der Kunst, die für die Münchner Malerei des 19. Jahrhunderts im besondern interessiert sind, müssen aufs schmerz­lichste bedauern, dass abermals ein wichtiges Glied aus dem Organismus des Münchner Kunstlebens gerissen wird.650

Die zur Versteigerung freigegebenen Werke aus Zickels Besitz bildeten somit eine Sammlung mit prominenter Provenienz und vielen für Grosshennig interessanten Werken, da die Münchner Malerei des 19. Jahrhunderts in Chemnitz ausgesprochen beliebt war. Über einen Teil der Ankäufe, die die Galerie in der Auktion tätigte, gibt der Katalog aus dem Jahr 1928 Aufschluss. In der dazugehörigen Ausstellung waren einige der erworbenen Werke präsentiert und zum Verkauf angeboten worden. Darunter befand sich auch eines der Highlights der Auktion, näm­lich das Gemälde Auf der Alm von Carl Spitzweg (Tafel 4).651 Dieses erfuhr im Vorwort des Auktionskataloges nicht nur dadurch eine besondere Akzentuierung, dass es dort zuerst beschrieben wurde, sondern auch durch die Art und Weise seiner Charakterisierung: Es ist seinem Format nach eines der größten Bilder, die wir von ihm [Spitzweg, A. d. V.] kennen, und es ist sehr anziehend zu bemerken, wie er hier dennoch alle Vorzüge der miniaturhaften Feinheit seiner Technik zu Geltung gebracht hat […].652

Ein Konvolut von annotierten Auktionskatalogen von Hugo Helbing befindet sich seit 2016 in Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München. Diese Quelle ist für die vorliegende Arbeit nicht berücksichtigt worden. 649 Uhde-Bernays verfasste mehrere Monographien zu Anselm Feuerbach und Carl Spitzweg. Im Jahr 1921 publizierte er eine Abhandlung über die Landschaftsmalerei in München im 19. Jahrhundert: Münchener Landschafter im 19. Jahrhundert. München 1921. 650 Auktionskat. München 1927, o. S. [S. 3]. 651 Carl Spitzweg, Auf der Alm, um 1870, Öl auf Leinwand, 88 × 58,5 cm, Düsseldorf, Museum Kunstpalast (Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland); Roennefahrt 1960, S. 172, Kat.Nr. 364. Dort eine ähn­liche Beschreibung wie von Uhde-Bernays im Vorwort des Auktionskataloges von 1927. Roennefahrt: „Eines der größten Bilder Spitzwegs, trotzdem von miniaturhafter Feinheit“. ­Wichmann 2002, S. 503, Kat.Nr. 1371. Warum Wichmann annimmt, dass ein anderes, viel kleineres Werk aus dem Nachlass Zickel bei der Versteigerung verkauft wurde, bleibt unklar (vgl. dazu Wichmann 2002, S. 504, Kat.Nr. 1374). 652 Ebd., o. S. [S. 4]. Dabei handelte es sich um die Katalognummer 190 (ebd., S. 28). In der Ausstellung der ­Galerie

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Drüber hinaus erwarb Grosshennig mindestens sechs weitere Werke auf der Auktion, davon fünf eindeutig identifizierbare, die er dann in seiner Ausstellung ein Jahr ­später präsentierte.653 Über den gesamten Umfang des Ankaufes kann allerdings keine Aussage getroffen werden, da nicht alle erworbenen Werke in der Ausstellung Meisterwerke Deutscher Kunst zu sehen waren und auch in dem überlieferten Angebotsschreiben nicht auftauchen.654 Dieser Großeinkauf auf der Auktion einer bekannten Sammlung ist Zeugnis eines gut laufenden Geschäftes und einer gewissen finanziellen Potenz der Galerie Gerstenberger. Grosshennig erwarb nicht nur eines der größten Werke von Spitzweg, das noch dazu für die Versteigerung im Besonderen beworben worden war, sondern auch zwei weitere Gemälde, die in der Vorankündigung der Auktion besondere Erwähnung gefunden hatten.655 Die prominente Provenienz der Werke und der Umstand, dass die Münchner Malerei gegen Ende der 1920er Jahre immer beliebter auf dem Kunstmarkt war, lassen auf eine gut besuchte Versteigerung schließen mit vielen konkurrierenden Bietern.656 ­ erstenberger wurde das Gemälde mit Dirndel auf der Alm betitelt (Ausstellungskat. Galerie G ­Gerstenberger 1928, S. 12). 653 Folgende weitere Werke können eindeutig mit Gemälden in der Ausstellung 1928 identifiziert werden: Anselm Feuerbach, Orlando und Angelika (Auktionskat. München 1927, S. 8, Nr. 53) = Orlando und Angelika (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 6); Wilhelm Leibl, Bildnis der Frau Stadtbaumeister Th. Clef, geb. Heyden in Schwerin als junges Mädchen […] (Auktionskat. München 1927, S. 18, Nr. 124) = Junges Mädchen (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 8); Franz von Lenbach, Baronin Ephrussi mit dunklem hochaufgesteckten Haar […] (Auktionskat. München 1927, S. 18, Nr. 125) = Baronin Ephrussi (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 8); Otto Scholderer, Jagdstillleben. Hase und Wildente an einer Wand hängend (Auktionskat. München 1927, S. 24, Nr. 160) = Wildente und Hase (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 10) und Carl Schuch, Stillleben mit erlegter Wildente auf einem Tische (Auktionskat. München 1927, S. 25, Nr. 169) = Ente (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 12). Darüber hinaus handelte es sich mög­licherweise bei dem Werk Heimtrieb von Adolf Lier in der Ausstellung der Galerie Gerstenberger (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 9) um das mit Herbstlandschaft mit Landstraße und Alleebäumen; an einem Weiher Kühe und Bauer mit zwei Pferden, herbst­licher Himmel betitelte Gemälde von der Auktion (Auktionskat. München 1927, S. 19, Nr. 129a). Ebenso könnte das Gemälde Albert Langs Angler, das in Chemnitz 1928 zu sehen war (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928, S. 8), identisch mit dem Werk Die Fischer gewesen sein, das 1927 zur Versteigerung stand (Auktionskat. München 1927, S. 17, Nr. 120). 654 So beispielsweise das Porträt von Franz von Lenbach, das im Auktionskatalog mit Bildnis einer Fürstin mit brünettem Haar, Perlenkette, dekolletiertem Kleide und langen Lederhandschuhen, sitzend bezeichnet ist und sich heute in der Gemäldegalerie Dresden, Neue Meister befindet. (Auktionskat. München 1927, S. 18, Nr. 126). Der Aufkleber auf der Rückseite des Gemäldes ist beschriftet mit: „Ausstellung Gerstenberger Chemnitz 263“ und lässt die Vermutung zu, dass Grosshennig in der besprochenen Auktion ebenfalls ­dieses Werk erwarb (vgl. Abb. 6). Hinweis auf den Aufkleber von Andreas Dehmer, SKD, an die Verfasserin am 27. Mai 2014. 655 Siehe Anm. 648 und 651. 656 Zu der Preisentwicklung von Werken von Münchner Künstlern auf dem Auktionsmarkt siehe Enderlein 2006, S. 61.

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Die Galerie Gerstenberger kann sich hier also zweifellos durchsetzen, obwohl sich der Kunstmarkt zum Jahreswechsel von 1927 auf 1928 gerade erst von einer leichten Depression erholte.657 Ähn­lich entschieden wie auf der Auktion der Sammlung Zickel im Jahr 1927 in München trat die Galerie Gerstenberger bei der Versteigerung der Sammlung des Kunsthändlers Martin Grosell (1881 – 1931) in Kopenhagen auf. Diese fand am 9. und 10. Juni 1932 in dem Auktionshaus V. Winkel und Magnussen statt.658 Die Sammlung wurde allerdings nicht aufgrund der schlechten finanziellen Situation des Besitzers veräußert, sondern da dieser verstorben war.659 In einem Bericht über die Auktion in der Zeitschrift Kunst für alle wird die Sammlung mit einem Schwerpunkt in der deutschen Romantik damit charakterisiert, dass Grosell „fast alle wichtigen Namen mit bedeutenden und stets charakteristischen Werken zu vereinigen“ verstand.660 Der Titel des Berichtes Bilder deutscher Romantiker kehren nach Deutschland zurück gibt darüber hinaus einen Hinweis über die Bieterinnen und Bieter der Auktion, die anscheinend zum größten Teil aus dem Deutschen Reich kamen. Und auch im Text wird abschließend betont, dass „fast alle Bilder den Weg in ihr Ursprungsland zurück [fanden], wo sie bereits zum großen Teil empfundene Lücken in öffent­lichen und privaten Sammlungen“ schlossen.661 Diese Einschätzung scheint durchaus zutreffend gewesen zu sein, denn Fritz Nathan von der Galerie Ludwig erwarb auf der Auktion allein über 30 Bilder.662 Die Teilnahme Grosshennigs an der Versteigerung in Kopenhagen ist somit kaum verwunder­lich, war diese doch ein großes Ereignis für den deutschen Kunstmarkt. Nach heutigem Forschungsstand können durch die Auswertung der verschiedenen Quellen 14 Werke ermittelt werden, die die Galerie Gerstenberger vermut­lich aus der Sammlung Grosell ersteigert hatte. Als gesichert gilt beispielsweise der Ankauf des Gemäldes Dresden bei Mondenschein von Johan Christian Clausen Dahl aus dem Jahr 1844, das Grosshennig noch im selben Jahr an den Bautzner Werner Fraustadt verkaufte und auf der Ausstellung Deutsche Romantiker und Ludwig Richter Schüler präsentierte, die im 657 Siehe Anm. 618. 658 Auktionskat. Kopenhagen 1932. Die Lebensdaten von Martin Grosell sind der Provenienzdokumentation des Bundesamtes für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen zu einem Aquarell von Wilhelm von Kobell entnommen. Dort wird angegeben, dass die Information von einem Nachfahren Grosells stammt. URL: (28. Dezember 2020), hier auch Anm. 5. Das hier bearbeitete Werk war auch Teil der Versteigerung im Juni 1932 (vgl. Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 30, Kat.Nr. 158). 659 So geht es aus dem Titel des Auktionskataloges hervor: „Verzeichnis über eine Sammlung deutscher Gemälde etc. aus dem Besitz des verstorbenen Kunsthändlers M. Grosell.“ 660 Kunst für alle 48, H. 7, April 1933, S. 193. 661 Ebd., S. 194. 662 Börsch-Supan 2005, S. 57. Zu Fritz Nathan siehe Anm. 965.

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Herbst 1932 in der Galerie Gerstenberger stattfand.663 Von Dahl erwarb Grosshennig nach eigenen Angaben noch zwei weitere Gemälde.664 Zudem erhielt Grosshennig den Zuschlag für ein Gemälde, das damals Caspar David Friedrich (heute: Julius von L ­ eypold) zugeschrieben wurde, und verkaufte es weiter an den Sammler Oskar Reinhart in Winter­ thur (Abb. 44).665 Darüber hinaus ersteigerte er vier Werke von Carl Gustav Carus sowie vermut­lich auch jeweils eines von Karl Blechen, Wilhelm Busch, Anton Graff und Georg Friedrich Kersting.666

663 Johan Clausen Dahl, Dresden im Mond­licht, 1844, Öl auf Leinwand, 18 × 30 cm, Standort unbekannt; Bang 1987, Bd. 2, S. 300, Kat.Nr. 995. Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 18, Kat.Nr. 87. Hier wird das Werk auf 1847 datiert. Dazu siehe Bang 1987, S. 300. Zu der Ausstellung siehe auch Kap. 3.2. 664 In einem Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle in Mannheim aus dem Jahr 1932 ist bei zwei Werken Dahls Ansicht von Dresden mit Elbe (Tagbild) und Felsenküste eines norwegischen Fjordes mit Barke vermerkt, dass diese aus der Sammlung Grosell stammen. Beide Werke konnten aber im Auktionskatalog nicht identifiziert werden. Das Gleiche gilt für ein Werk von Carl Gustav Carus Nächt­liches Wasserbild mit Segler und für eines von Valentin Ruths Felsige Landschaft mit Bäumen. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 16. Juli 1932. 665 Julius von Leypold, Weiden im Mondschein, 1825/26, Öl auf Holz, 24,5 × 28 cm, Winterthur, Kunst Museum, Stiftung Oskar Reinhart; Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 487, Kat.Nr.  XXXVI. Dort ist vermerkt, dass das Gemälde von dem Kunsthistoriker Werner Sumowski in den 1970er Jahren dem Künstler Julius von Leypold zugeschrieben wurde. Das Werk findet sich bereits im Juni 1932 in den Angeboten der Galerie Gerstenberger. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 17. Juni 1932. Hier mit dem Vermerk „Das Bild kommt aus der Sammlung Grosell, Kopenhagen.“ Im Auktionskatalog der Sammlung Grosell ist es unter der Nummer 116 gelistet und auf Seite 23 abgebildet. Grosshennig nutze ­dieses Geschäft noch Jahre ­später als eine Referenz für die Handelstätigkeit der Galerie. In einem Schreiben an die Kunsthalle in Mannheim im Oktober 1937 bot Grosshennig ein anderes Gemälde Caspar David Friedrichs an, das dem „Motiv nach“ einem Bild „ähnelt“, welches die Galerie „früher einmal aus der Sammlung Grossel [sic], Kopenhagen“ erworben hatte. Handschrift­lich bemerkte er zusätz­lich: „das wir an Reinhardt [sic], Winterthur verkauften.“ Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1945: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 13. Oktober 1937. 666 Von Carl Gustav Carus führte Grosshennig im Juli 1932 noch weitere Gemälde im Angebot, die mit Katalognummern der Auktion identisch sind: Ruine im Mondschein (Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 16, Kat.Nr. 58), Gartentor mit Kürbisranken (ebd., Kat.Nr. 59) und Gartenbank im Mondschein (ebd., Kat.Nr. 57). Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 16. Juli 1932.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  187

Abb. 44  Julius von Leypold, Weiden im Mondschein, 1825/1826, Öl auf Holz, 24,5 × 28 cm, Winterthur, Kunst Museum, Stiftung Oskar Reinhart, Inv.Nr. OR163

Im Sommer 1933 führte die Galerie Gerstenberger ein Werk von Karl Blechen im Angebot, das in Darstellung und Größe einem auf der Auktion entspricht: Karl Blechen, Pifferaro und zwei sitzende Mädchen, Öl auf Leinwand, 34 × 28 cm; Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 10, Kat.Nr. 12 und SMB-ZA, I/NG 936, Bl. 131: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 21. August 1933. Laut Werkverzeichnis von 1940 gibt es insgesamt drei Werke mit dieser Darstellung. Eines befindet sich seit 1891 in der Nationalgalerie Berlin. Welches von den anderen beiden auf der Auktion der Sammlung Grosell verkauft wurde und ob ­dieses tatsäch­lich identisch mit dem von der Galerie Gerstenberger angebotenen ist, lässt sich heute nicht mehr eindeutig ermitteln. Rave 1940, S. 403, Kat.Nr. 1601, 1602 und 1603. In dem gleichen Angebotsschreiben ist auch das Gemälde von Wilhelm Busch Heuernte am Waldrand gelistet, das vermut­lich ebenfalls aus der Sammlung Grosell ersteigert wurde. Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 14, Kat.Nr. 41. Auf der Ausstellung Deutsche Romantiker und Ludwig Richter Schüler in der Galerie Gerstenberger im Herbst 1932 war ein Damenporträt von Anton Graff präsentiert, das laut Vermerk im Ausstellungs­ katalog aus der Sammlung Grosell stammte (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1932, S. 3). Und

188 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

Beide Versteigerungen, die der Sammlung Zickel im Jahr 1927 sowie die der Sammlung Grosell in Kopenhagen im Jahr 1932, zeugen davon, dass Grosshennig nicht nur an den für den deutschen Kunstmarkt bedeutenden Auktionen teilnahm, sondern auch, dass die Galerie Gerstenberger in der Lage war, mit den anderen Bietern zu konkurrieren. Qualitätsvolle Kunstwerke mit Provenienzen renommierter Sammlerinnen oder Sammler bildeten gleichzeitig eine Basis für die Handelstätigkeit der Kunsthandlung mit Museen. Darüber hinaus profitierte Grosshennig hinsicht­lich dreier der hier vier angeführten Beispiele von der desolaten Situation einer Privatperson oder eines anderen Kunsthändlers. Während der Weimarer Republik kamen in einer solchen Regelmäßigkeit große Sammlungen aufgrund finanzieller Notlagen zur Versteigerung, sodass Verkäufe aus dieser unfreiwilligen Motivation heraus zum normalen Geschäft auf dem Kunstmarkt gehörten.667 Für spezielle Wünsche, die entweder den üb­lichen Rahmen des Angebotsportfolios überschritten oder schnell ein Konvolut an Kunstwerken einer bestimmten Stilrichtung erforderten, verhandelte Grosshennig mit anderen Kunsthandlungen, um aus deren Lagerbeständen Werke seiner Kundschaft anzubieten. Auch d ­ ieses Vorgehen soll hier anhand von zwei Beispielen erläutert werden. Im Frühjahr 1926 wandte sich der Chemnitzer Museumsdirektor Friedrich Schreiber-­ Weigand an Grosshennig mit der Bitte, ihm Gemälde von Edvard Munch zum Ankauf für das Museum anzubieten.668 Am 5. März erhielt er daraufhin ein Antwortschreiben des Kunsthändlers: Sehr geehrter Herr Direktor! Ich habe mich in der Munch-Angelegenheit verschiedent­lich bemüht und ist es [sic] mir mög­lich, Ihnen heute ein ziem­lich umfangreiches Angebot zu machen.669

tatsäch­lich stand ein Porträt der Duchesse de Courland von Anton Graff im Juni 1932 in Kopenhagen zur Versteigerung. Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 26, Kat.Nr. 132. Ebenfalls in der Romantiker-Ausstellung der Galerie war ein Werk von Georg Friedrich Kersting zu sehen mit dem Titel Kinder am offenen Fenster (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1932, S. 3). Dieses ist mög­licherweise identisch mit dem Gemälde Kerstings, das auf der Auktion der Sammlung Grosell angeboten wurde und das g­ leiche Thema zeigt. Auktionskat. Kopenhagen 1932, S. 30, Kat. Nr. 156, Abb. auf S. 29: [ohne Angabe eines Titels, A. d. V.] „Zwei kleine Mädchen sehen verlangend aus einem geöffneten Fenster nach draussen hängenden Weintrauben.“ 667 So wurde beispielsweise im April 1927 bei Rudolph Lepke in Berlin die Sammlung von Hugo Benario versteigert. Darüber hinaus kam ebenfalls im April 1927 die berühmte Sammlung von Leo Lewin aus Breslau bei Cassirer & Helbing in Berlin zur Versteigerung, wo im Herbst desselben Jahres auch die Sammlung Pearson versteigert wurde. Im Mai 1928 fand dann ebenfalls bei Cassirer & Helbing in Berlin die bedeutende Auktion der Sammlung Oskar Huldschinsky statt, wo nur ein Jahr s­ päter auch die Sammlung des Parisers Joseph de Spiridon versteigert wurde. Mit Beginn der Weltwirtschaftskrise kam es dann zusätz­lich zu vermehrten Versteigerungen ganzer Wohnungseinrichtungen und Sammlungen. Dazu siehe Enderlein 2006, S. 57, 59, 62 und 64. 668 Dazu auch Dorn 1999, S. 175/176. 669 KSChA SKC, Schreiben der Galerie Gerstenberger an Schreiber-Weigand vom 5. März 1926.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  189

Darauf folgte eine Liste mit sieben Werken, wobei Grosshennig in verschiedenen s­päter nachfolgenden Schreiben dem Direktor noch fünf weitere Werke anbot.670 Die Vielzahl der Gemälde, die Grosshennig in kurzer Zeit anbieten konnte, beeindruckte selbst SchreiberWeigand und ist nur mit einer guten Vernetzung mit anderen Kunsthandlungen zu erklären.671 Die Werke stammten aus den Beständen der Galerien Van Diemen, Paul Cassirer, Paul Graupe und Thannhauser in Berlin, Commeter und Anna Dodeck in Hamburg sowie Georg Caspari in München.672 Auch wenn es in ­diesem Zusammenhang nicht zu einem Ankauf über die Galerie Gerstenberger kam, ist der hier beschriebene Vorgang beispielhaft 670 Ebd. Das erste Angebot umfasste folgende Werke: Zwei Frauen am Strand (Woll 2009, Bd. 3, S. 1172, Kat.Nr. 1278, dort Zwei liegende Frauen), Wäscherinnen (Woll 2009, Bd. 3, S. 856, Kat.Nr. 826, dort Krankenschwestern mit Laken), Badeanstalt (Woll 2009, Bd. 2, S. 754, Kat.Nr. 762), Die Katze (Woll 2009, Bd. 3, S. 1201, Kat.Nr. 1320), Klippen (Woll 2009, Bd. 4, S. 1321, Kat.Nr. 1430, dort Küstenlandschaft, Hvitsten), Landschaft (Woll 2009, Bd. 3, S. 1174, Kat.Nr. 1281, dort Küstenlandschaft), Im Walde (Woll 2009, Bd. 1, S. 300, Kat.Nr. 319, dort Sommernachtstraum. Die Stimme). Aus dem Schreiben geht auch hervor, dass ein Gemälde von Munch, das in der Sammlung von David Leder war, als mög­licher Ankauf für das Museum zur Diskussion stand. In weiteren Schreiben bot Grosshennig folgende Werke an: KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/37, G287: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Friedrich Schreiber-Weigand vom 8. März 1926. Die Nacht (mög­licherweise Woll 2009, Bd. 1, S. 303, Kat. Nr. 321, dort Sternennacht) und Der Hafen (Woll 2009, Bd. 2, S. 743, Kat.Nr. 750, dort Lübeck mit dem Holstentor). KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/37, G291: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Friedrich Schreiber-Weigand vom 9. März 1926. Kniendes Mädchen (Woll 2009, Bd. 3, S. 1022, Kat.Nr. 1061, dort Käte Perls) und Gespenster-Szene zu Ibsen (Woll 2009, Bd. 2, S. 707, Kat.Nr. 706). KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 32/37, G290: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Friedrich Schreiber-Weigand vom 10. März 1926. Frühlingslandschaft (Woll 2009, Bd. 2, S. 587, Kat.Nr. 558, dort Frühling in Max Lindes Garten). Einige Gemälde waren bereits in der Munch-Ausstellung, die 1921 in der Galerie Gerstenberger stattfand, zu sehen (zur Ausstellung: Kap. 2.4.2): Woll 2009, Kat.Nr. 750, 1278 und 1281. Und weitere auf der 1929 von dem Chemnitzer Kunstverein veranstalteten Munch-Ausstellung: Woll 2009, Kat. Nr. 558, 826, 1278, 1320 und 1430. Dazu auch Dorn 1999, S. 184, Anm. 5. Zu der Munch-Ausstellung 1929 siehe Ritter 1999b. 671 Schreiber-Weigand antwortet Grosshennig auf dessen Angebote vom 5. und 8. März 1926: „[…] haben Sie verbind­lichsten Dank für Ihre freund­lichen Bemühungen. Es ist ja erstaun­lich, wie viel Munchs Sie in der Kürze der Zeit an die Hand bekommen haben.“ KSC hA SKC Briefwechsel 1920 – 32/37, G292: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an die Galerie Gerstenberger vom 8. März 1926. 672 Vgl. Dorn 1999, S. 184, Anm. 4 und die Provenienzhinweise für die jeweiligen Gemälde in Woll 2009 (siehe Anm. 670). Bei einigen der angebotenen Werke geben handschrift­liche Anmerkungen auf den Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Chemnitzer Museum Hinweise auf den Besitzer. KSChA SKC, Schreiben der Galerie Gerstenberger an Schreiber-Weigand vom 5. März, ebd. G291: Brief vom 9. März und ebd. G285: Brief vom 22. März 1926. Zwei Frauen am Strand und Die Katze:

190 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

für die enge Zusammenarbeit der Kunsthändlerinnen und Kunsthändler, wenn es darum ging, Kunstwerke, die auf dem Markt verfügbar waren, schnell einer Interessentin oder einem Interessenten anbieten und verkaufen zu können.673 Ähn­lich stellt es sich hinsicht­lich niederländischer Kunstwerke des 17. Jahrhunderts dar. Neben der bereits beschriebenen vermehrten Ausstellungstätigkeit der Galerie Gerstenberger im Bereich der holländischen Kunst ab Ende 1920er Jahre kann gleichzeitig näm­lich auch eine neu einsetzende Handelstätigkeit mit dieser nachgewiesen werden.674 Der Handel basierte vorerst auf einem gesteigerten Interesse für die holländische Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts beim Chemnitzer Publikum und ermög­lichte darüber hinaus das Erschließen von Geschäftskontakten nach Amerika. Eben für diese Kontakte war es wichtig, ad hoc mehrere qualitätsvolle Werke der gewünschten Kunstepoche, eines bestimmten Künstlers oder mit einer bestimmten Darstellung anbieten zu können. Besonders dann, wenn die Kunden kurzfristig einen zeit­lich sehr begrenzten Besuch angekündigt hatten. Einen dafür wichtigen Geschäftspartner fand Grosshennig in der bekannten Münchner Kunsthandlung von Julius Böhler, die bereits 1880 gegründet worden war. Die Kunsthandlung übertraf zwar in Ausstellungsfläche und sicher­lich auch hinsicht­lich des Geschäftsvolumens die Galerie Gerstenberger bei Weitem, hatte aber aufgrund schlechter Bilanzen um 1929 vermut­lich selbst ein gesteigertes Interesse an Kommissionsverkäufen über andere Händlerinnen oder Händler.675 Eine erfolgreiche Geschäftsverbindung ­zwischen der Kunsthandlung Julius Böhler und Grosshennig kam spätestens 1930 zustande.676 Ein Kommissionsverkauf aus ­diesem Galerie Van Diemen; Kniendes Mädchen: Galerie Caspari; Die Nacht: „hing bei Graupe“; Frühlingslandschaft: Anna Dodeck, Hamburg, ursprüng­lich aus der Sammlung Max Linde in Lübeck. 673 Trotz der vielen Angebote Grosshennigs erwarb das Chemnitzer Museum im Jahr 1926 nur einen Holzschnitt Munchs bei der Galerie Gerstenberger: Der Urmensch, 1905, Holzschnitt, 68,3 × 46 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Woll 2001, S. 223, Kat.Nr. 274. Dazu Ausstellungskat. Chemnitz 2013, S. 200, Kat.Nr. 22 sowie Dorn 1999, S. 176. Erst zwei Jahre ­später, 1928, kaufte dann Schreiber-Weigand über die Dresdner Galerie Ernst Arnold das Munch-Gemälde Zwei Menschen (Woll 2009, Bd. 2, S. 656, Kat.Nr. 640). 674 Siehe Kap. 3.2. 675 Zur Kunsthandlung Julius Böhler siehe u. a. Winkler 2005 und Hopp 2012, S. 112/113. Bei Hopp (2012, S. 112) findet sich der Hinweis, dass Julius Kahn im Jahr 1913 das Geschäftshaus der Kunsthandlung Julius Böhler mit 20 Ausstellungsräumen beschreibt: Kahn 1913, S. 291 – 303. Anhand der bei Winkler publizierten Tabelle wird ein Rückgang des Umsatzes ab 1929 deut­lich. Winkler 2005, S. 211. 676 Die Kunden-Korrespondenz der Kunsthandlung Julius Böhler vor 1931 ist kaum überliefert (Mitteilung Richard Winkler, Bayerisches Wirtschaftsarchiv München, an die Verfasserin vom 2. Juni 2014). So kann der Beginn der Geschäftstätigkeit z­ wischen Grosshennig und Böhler nicht genau datiert werden. Aus einem Schreiben vom 27. Mai 1931 geht hervor, dass Grosshennig zumindest ein Werk, das eine Szene mit einem Brettspiel zeigt, in Kommission hatte und verkaufen konnte. BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 27. Mai 1931. Das hier genannte Werk von Pieter de Hooch Tric-Trac-Spieler ist mög­licherweise

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  191

Jahr machte Grosshennig auch für das Jahr 1931 als Geschäftspartner interessant. Zusätz­lich stand dieser unter Erfolgsdruck, denn Julius Böhler hatte ihm Spesenauslagen vom Vorjahr erlassen.677 Wenig überraschend ist der Umstand, dass in den Korrespondenzen weder die Namen der Kundinnen oder Kunden noch weitere Hinweise auf deren Identität zu finden sind, das Interesse oder Nicht-Gefallen für die Werke sowie weitere Verkaufsmög­lichkeiten zum Teil jedoch durchaus detailliert ausgeführt werden. So minimierte Grosshennig die Gefahr, dass sich die Kunsthandlung Julius Böhler direkt an seine Kundinnen und Kunden wenden konnte, und ließ gleichzeitig die eigenen Bemühungen plastisch und für den Geschäftspartner nachvollziehbar hervortreten. Grundlage für die Verhandlungen im Jahr 1931 war unter anderem ein Konvolut von 16 Werken, von dem Grosshennig eine Auflistung sowie Photographien Ende Mai auf Wunsch zugesandt bekam (Abb. 45/1 und 2).678 Zuvor hatte er an die Kunsthandlung Julius Böhler geschrieben, dass sich für Juni oder Juli „einige Ausländer“ bei ihm angemeldet haben, die interessiert an Werken der holländischen Kunst des 17. Jahrhunderts waren.679 Er ließ sich zunächst zwei Werke, einen Apostelkopf von van Dyck von der Kommissionsliste und noch ein Gemälde von Pieter de Hooch mit dem Titel Porträt eines Herren in Rüstung, nach Chemnitz s­ chicken. Später sandte Böhler drei weitere Gemälde, eine Wasserlandschaft von Jan van Goyen, ein Herrenbrustbild von Michiel Jansz. van Miereveld und ein Porträt der das 1929 im Klassiker der Kunst publizierte Gemälde, das ebenfalls eine Szene mit Tric-Trac-Spielern zeigt. Dort wird es von Wilhelm Valentiner bereits Ludolf de Jongh zugeschrieben und unter die Rubrik Gemälde von Meistern, die mit Pieter de Hooch verwechselt wurden, und stilverwandte Bilder eingeordnet. Die Provenienz für d ­ ieses Werk ist mit „München, Kunsthandel“ angegeben. Vgl. Valentiner 1929, S. 186. 677 BWA F 43/98: Schreiben der Kunsthandlung Julius Böhler an die Galerie Gerstenberger vom 5. Januar 1931. „Ihr [Grosshennigs, A. d. V.] wertes Schreiben vom 31. 12. erhalten, möchte ich Ihnen mitteilen, dass wir den Betrag von Mk. 125.- für noch offen stehende Spesen streichen werden, in der Annahme, dass es Ihnen in d ­ iesem neuen Jahre gelingt, das eine oder andere unserer Bilder zu verkaufen.“ 678 BWA F 43/98: Schreiben der Kunsthandlung Julius Böhler an die Galerie Gerstenberger vom 30. Mai 1931. Die Werke werden mit einer Inventar(?)-Nummer der Kunsthandlung Julius Böhler gelistet. Die Photographien haben sich in der Korrespondenz nicht erhalten. 679 BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 27. Mai 1931. Gleichzeitig stand Grosshennig mit dem gleichen Anliegen mit der Dependance Böhlers in Berlin in Kontakt. Das geht aus dem Antwortschreiben vom 2. Juni hervor. Grosshennig betont dort, dass er mit einem Herrn Steinmeyer in dem „Berliner Haus“ der Kunsthandlung schon über verschiedene Preise und Händlerrabatte verhandelt hatte. BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 2. Juni 1931. Die Dependance der Kunsthandlung Julius Böhler in Berlin wurde 1928 mit Beteiligung des Kunsthändlers Heinrich Steinmeyer gegründet, bestand allerdings nur bis 1932. Dazu Winkler 2005, S. 210/211.

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Abb. 45/1 und 2  Auflistung von Werken, die die Galerie Gerstenberger von der Kunsthandlung Julius Böhler in Kommission genommen hatte, 30. Mai 1931

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jungen Frau des Jan Breughel d. J., das Peter Paul Rubens zugeschrieben war, nach Frankfurt, wo sich Grosshennig anscheinend mit seinen Kunden traf.680 Zwei der Werke sandte Grosshennig allerdings nach einer Woche schon wieder zurück. „Mit meinen Kunden habe ich ­dieses Mal nicht das Glück gehabt, wie es im vergangenen Jahre der Fall war, was ich in unserem beider Interesse bedauere“, berichtete er nach dem Treffen an Böhler.681 Die drei anderen Werke nahm Grosshennig wieder mit nach Chemnitz mit dem Vorhaben, noch einen geeigneten Käufer oder eine geeignete Käuferin zu finden. Darüber hinaus griff Grosshennig auch auf Photographien älterer Kommissionsware zurück und es müssen weitere Werke für einen mög­lichen Kommissionsverkauf im Gespräch gewesen sein. Denn Grosshennig hatte Mitte Mai 1931 Photographien nach Amerika geschickt: Wegen ­dieses Angebots kam gestern ein Chemnitzer Industrieller[,] der auch bei uns kauft, und der auch in Amerika eine Fabrik hat, zu uns, und sagte, dass er gerade in dem Augenblick bei dem Amerikaner gewesen sei, in dem unser Angebot angekommen war. Er hat mit ihm dasselbe durchgesprochen, und soll sich im Auftrage des Amerikaners, der sich für einige Sachen interessiert, dieselben bei uns ansehen und ihm dann berichten.682

Die Werke, die Grosshennig dem Bekannten seines Chemnitzer Kunden anbieten wollte, kannte er aus früheren Geschäften mit der Kunsthandlung Böhler, denn eines der Bilder hatte Grosshennig bereits das Jahr zuvor in Kommission, wie es handschrift­lich im Brief vermerkt ist. Nahezu unprofessionell und schon fast übereifrig bot er ­dieses dem Kunden in Amerika an, ohne sich vorher über die Lagerbestände bei Böhler zu informieren. So war das Gemälde auch nicht mehr verfügbar, wie Böhler mitteilte, sondern bereits verkauft.683 Während eines Aufenthaltes Grosshennigs in München, bei dem er auch die Kunsthandlung Julius Böhler besuchte, eröffnete sich anscheinend eine weitere Geschäftsmög­lichkeit. Noch aus dem Münchner Hotel schrieb er, an einem Sonntag, an die Kunsthandlung: Ich nehme Bezug auf meinen gestrigen Besuch, bei dem ich mir einige alte Meister ansah, die mich für den Käufer des „Pieter de Hoogh [sic], Tric-trac-Spieler“ interessieren, der betreffende Herr – ein Amerikaner – kommt ­zwischen Donnerstag u. Sonnabend dieser Woche zu mir nach Chemnitz u. hat mir vor kurzem sein Interesse für neue Sachen mitgeteilt. Ich möchte diese

680 BWA F 43/98, Schreiben der Kunsthandlung Julius Böhler an die Galerie Gerstenberger vom 3. Juni 1931 und vom 20. Juni 1931. Die Gemälde konnten nicht identifiziert werden. 681 BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 26. Juni 1931. 682 Ebd. 683 BWA F 43/98: Schreiben der Kunsthandlung Julius Böhler an die Galerie Gerstenberger vom 27. Juni 1931.

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tatsäch­liche Verkaufschance wahrnehmen u. ihm einige erstrangige Stücke zeigen im Range des Pieter de Hoogh [sic]. […] Ich benötige die Bilder nur für einige Tage u. verpflichte mich, nach Erledigung des Falles sofort zu retournieren, sodass Sie die Bilder nur ganz kurze Zeit entbehren brauchen. Die Bilder müssten Dienstag Vormittag [sic] bestimmt abgehen als Eilgut, so dass sie Donnerstag da sind. Vermut­lich ist Sonnabend schon alles erfolgt und die Rücksendung mög­ lich. Wenn Sie mich in ­diesem Falle nicht im Stich lassen würden, da es sich um einen alten, erstklassigen Kunden von uns handelt.684

Tatsäch­lich sandte die Kunsthandlung Julius Böhler kurzfristig drei Gemälde nach Chemnitz.685 Aber auch in ­diesem Fall scheint es zu keinem Verkauf gekommen zu sein.686 Obwohl aus der Korrespondenz ­zwischen Grosshennig und der Kunsthandlung Julius Böhler aus dem Jahr 1931 keine konkreten Kommissionsverkäufe nachzuweisen sind, dokumentiert diese eindrück­lich das schnelle Handeln und auch freimütige Verschicken der Kunstwerke, wenn auch nur sehr vage Verkaufsmög­lichkeiten in Aussicht standen. Trotz der hohen Kosten für Versendung und Versicherung scheint es ein lukratives Geschäft gewesen zu sein, denn nicht nur Grosshennig bemühte sich, seiner Kundschaft die Werke im Original vorzulegen, sondern auch die Kunsthandlung Julius Böhler gab die Werke immer wieder frei.687 Das dies nicht selbstverständ­lich war, verdeut­lichen die Beteuerungen Grosshennigs in den Schreiben, dass es sich diesmal um eine „echte Verkaufsmög­lichkeit“ handle.688 Die Geschäftsbeziehungen der Galerie Gerstenberger mit der Kunsthandlung Julius Böhler lassen

684 BWA F 43/98: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 2. August 1931. 685 BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 4. August 1931, mit Kommissionsliste. Grosshennig versuchte darüber hinaus, seinen Kunden für andere Epochen zu begeistern. So fragte er in ­diesem Schreiben nicht nur nach niederländischen Kunstwerken, sondern auch nach italienischen Gemälden des 16. Jahrhunderts. Ein Handel mit italienischer Kunst ist für die Galerie Gerstenberger in der Folge allerdings nicht nachzuweisen. 686 BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 12. August 1931. „Unser Kunde war gestern da und hat sich mit großem Interesse Ihre Bilder von Rubens, Miereveld, Seissenegger und den großen van Goyen angesehen. – Er brachte allerdings keine besondere Kaufstimmung mit, weil die Geschäfte in Amerika auch nicht gut gehen. Aber trotzdem möchte er die Angelegenheit noch einmal mit seiner Tochter, die in einem anderen Ort weilt und zu der er heute gefahren ist, besprechen an Hand der Photographien, die wir ihm dorthin ­schicken sollen.“ (Hervorhebung wie im Original). 687 Bereits im Juni bat Grosshennig die Kunsthandlung Julius Böhler, sich an den Spesen zu beteiligen. BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 26. Juni 1931. „Da wir uns schon viel Spesen gemacht haben, wären wir Ihnen dankbar, wenn jeder die Hälfte der Spesen übernehmen würde […].“ 688 BWA F 43/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthandlung Julius Böhler vom 26. Juni und vom 2. August 1931.

Die Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik  I  195

sich für die weiteren Jahre zwar nur sehr lückenhaft nachweisen, bestanden aber kontinuier­ lich bis in die Nachkriegszeit weiter, worauf hier noch in Kapitel 5.2 eingegangen wird. Die Galerie Gerstenberger trat in der Zeit z­ wischen 1925 bis 1933 als Kunsthandlung mit Schwerpunkten auf der deutschen Malerei des 19. Jahrhunderts und dem deutschen Impressionismus auf. Sie handelte mit Werken von Lovis Corinth, Caspar David F ­ riedrich, Max Liebermann, Ferdinand von Rayski, Max Slevogt und Hans Thoma. Vor allem hinsicht­lich des deutschen Impressionismus konnte gezeigt werden, dass die Künstler dieser Kunstrichtung auf dem deutschen Kunstmarkt etabliert waren und für ihre Werke stabile Preise erzielt werden konnten. Der andere Schwerpunkt lässt sich zuerst mit der Nachfrage in Chemnitz erklären. Die kommissionsweisen Verkäufe aus der Sammlung David Leder und der Werke Corinths aus dem Besitz von Carl Glantz verdeut­lichen, wie stark der Einfluss von Kontakten Grosshennigs mit Privatpersonen auf die Handelstätigkeit der Galerie wirkte. Die hohe Anzahl an Werken, die die Galerie Gerstenberger auf den Versteigerungen der Sammlung Grosell und Zickel erwarb, ist ­Zeichen dafür, dass sich Grosshennig der Mög­lichkeit des problemlosen Weiterverkaufes sicher war. Ebenso war die Vernetzung mit anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern für die Galerie Gerstenberger von essenzieller Bedeutung. Die zwei hier erläuterten Beispiele betreffen gerade nicht die schwerpunktmäßig in der Galerie gehandelten Kunstrichtungen, näm­lich einerseits Werke von Edvard Munch und andererseits die niederländische Malerei des 17. Jahrhunderts. Eindrück­lich werden dabei das schnelle Agieren der ­Kunsthandlungen untereinander und die guten Geschäftsverbindungen Grosshennigs deut­lich, die ihm ermög­ lichten, auch Kunst außerhalb seines Standardsortimentes anzubieten. Die Teilnahme an den zwei prominenten Auktionen und die vielen dort erworbenen Werke zeigen, dass die Galerie Gerstenberger auf dem deutschen Kunstmarkt der Weimarer Republik gut etabliert war und sich gegen die Konkurrenz durchsetzen konnte. Ohne die genauen Geschäftsunterlagen zu kennen, kann hier also die Einschätzung erfolgen, dass die Kunsthandlung über ausreichend Geldmittel verfügte, um qualitätsvolle Werke bedeutender Künstler tatsäch­lich zu erwerben und nicht nur in Kommission zu führen.

3.6 Fazit: Die Galerie Gerstenberger zwischen lokalem Kleingeist und überregionaler Präsenz In den vorhergehenden Kapiteln wurde die Ausstellungs- und Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger in der Zeit nach dem E ­ rsten Weltkrieg bis zur Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 untersucht. Ergänzend dazu wurden die Ausstellungs- und Sammlungstätigkeiten anderer Akteure der Chemnitzer Kunstszene berücksichtigt: die städtische Kunstsammlung, der Kunstverein sowie private Kunstsammlerinnen und Kunstsammler. So konnte ein umfassendes Gesamtbild von der lokalen Situation erstellt werden, in der die Galerie Gerstenberger zu verorten ist. Dabei lag ein besonderer Fokus darauf, die Stellung

196 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

der Kunsthandlung in der lokalen Kunstszene sowie die Motivationen für die Ausbildung des Galerieprogrammes zu ermitteln. Die Ausstellungen der Galerie Gerstenberger in der Weimarer Republik sind oftmals didaktisch zusammengestellt und versuchen beispielsweise einen Epochenüberblick geordnet nach Genres zu vermitteln. Neben verkäuf­lichen Kunstwerken sind bei den großen Ausstellungen auch immer unverkäuf­liche Leihgaben aus Privat- oder Museumsbesitz integriert. Die Kunsthandlung konsolidiert damit ihre Rolle als Ausstellungsraum und wird integraler Bestandteil des kulturellen Lebens der Stadt Chemnitz. Darüber hinaus wurde vor allem im letzten Kapitel deut­lich, dass die Galerie Gerstenberger auch auf dem überregionalen Kunstmarkt konkurrenzfähig und breit vernetzt war. Der Chemnitzer Kunstbetrieb stellte sich sehr heterogen dar. Die Sammlungen der Stadt und des Kunstvereines waren im Museumsbau zusammengefasst und durch den Museumsdirektor geprägt. Dieser vermochte in der Zeit von 1920 bis 1933 eine kleine bürger­liche Sammlung entsprechend den Prämissen eines zeitgemäßen Museums in der Weimarer Republik zusammenzustellen. Der Schwerpunkt in der zeitgenössischen Kunst lag dabei auf dem deutschen Brücke-Expressionismus. Ein großer Teil des Chemnitzer Bürgertums stand dieser Kunstrichtung allerdings kritisch gegenüber. Die Diskrepanz ­zwischen der Kunstsammlung des Museums und der Kunstanschauung des breiten Chemnitzer Publikums spiegelte sich unter anderem in der von Alfred Streubel initiierten Kampagne gegen Friedrich Schreiber-Weigand und in den Berichterstattungen des Chemnitzer Kalenders wider. Hinsicht­lich des Kunstbesitzes verschiedener Privatpersonen ist eine Bevorzugung der Kunst mit Darstellungen in einer realistischen Malweise zu konstatieren, die dem 19. Jahrhundert und der Jahrhundertwende verhaftet war. Auch Kunstsammler wie Carl Heumann, David Leder und Hans Vogel favorisierten ein spätimpressionistisches Geschmacksideal. Allein Herbert Esche und Erich Goeritz sammelten auch damals progressive zeitgenössische Kunst. Goeritz lebte allerdings ab 1920 in Berlin und Esche erwarb hauptsäch­lich Kunstwerke ausländischer Künstler und nicht der deutschen Expressionisten. Dennoch konnten intensive Kontakte des Museumsdirektors, Schreiber-Weigands, zu Chemnitzer Kunstsammlerinnen und Kunstsammlern ermittelt werden. Davon zeugen beispielsweise die zwei Ausstellungen Aus Privatbesitz in den Jahren 1918 und 1928, ebenso wie die Präsentation der Sammlung Heumann in der Kunsthütte und die Korrespondenz mit der Familie Leder. Des Weiteren unterstützten Chemnitzer Bürgerinnen und Bürger durchaus mäzenatisch das Museum. Eine derart enge Bindung ­zwischen Kunstsammlern und Museumsdirektor, wie es beispielsweise in Berlin zu beobachten war, und die daraus resultierende gegenseitige Beeinflussung der öffent­lichen und privaten Sammlungen kann für Chemnitz jedoch nicht beobachtet werden. Die Galerie Gerstenberger scheint sich sehr stark an der Nachfrage der lokalen Käuferschicht zu orientieren, denn sie präsentierte vorwiegend Kunst des 19. Jahrhunderts bis zum deutschen Impressionismus. Auch zeigte sie keinerlei öffent­liche oder interne Reaktion auf die Diskussionen über die Arbeit Schreiber-Weigands. Vielmehr erhielt der Museumsdirektor Unterstützung von der Dresdner Galerie Ernst Arnold. Der leichte Anstieg von

Fazit: Die Galerie Gerstenberger zwischen lokalem Kleingeist und überregionaler Präsenz  I  197

Ausstellungen von Künstlern des deutschen Expressionismus um 1920 ist mög­licherweise mit der verstärkten Ausstellungs- und Ankaufstätigkeit Schreiber-Weigands von dieser Kunstrichtung zu erklären. Einen Kurswechsel bedeuteten diese nur singulären Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger aber nicht. Es war vielmehr ein Experiment, wobei ein Teil der Galerie immer für das konservativere Publikum vorbehalten blieb. Die Kunsthandlung trat also nicht ideell für bestimmte Kunstrichtungen ein, sondern verfolgte geradlinig wirtschaft­liche Interessen. Ein Beibehalten neuer Künstlerinnen oder Künstler im Portfolio, wie für die holländischen Maler des 17. und 18. Jahrhunderts konstatiert werden konnte, basierte auf guten Geschäftsmög­lichkeiten, zumal diese Kunst sehr deut­lich das kultur-konservative Künstlerportfolio der Kunsthandlung ergänzte. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts waren Gemälde der holländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts bei den großbürger­lichen Privatsammlerinnen und -sammlern in Berlin zunehmend beliebter. Thomas Gaehtgens erkannte hier eine Identifikationsmög­lichkeit der „beruf­lich Erfolgreichen“ mit der Genauigkeit des Abbildens in den Kunstwerken als Ausdruck von Strebsamkeit und Tüchtigkeit, die zu einer „gediegenen Prosperität“ führen.689 Die Chemnitzer Industriellen-Familien sowie die Kundschaft Grosshennigs in Amerika schienen sich mit eben diesen Werten zu identifizieren und die Werke als ­Zeichen ihrer gesicherten Lebensumstände zu erwerben. Ebenso wie im Bereich der Ausstellungen konnte ein Einfluss der lokalen Kunstszene auf die Handelstätigkeit der Galerie beobachtet werden. Dabei stellte sich heraus, dass nicht nur die Nachfrage des Kundenstammes die Auswahl der gehandelten Kunstwerke bestimmte, sondern dass auch die Kontakte Grosshennigs zu bestimmten Privatpersonen das Angebot der Kunsthandlung prägte. Durch die Vernetzung mit anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern, die einen kommissionsweisen Verkauf ermög­lichte, blieb die Galerie Gerstenberger in ihrem Spektrum zusätz­lich ausgesprochen breit aufgestellt, wenn der Kundenwunsch danach verlangte. Das dichte und überregionale Netzwerk der Kunsthandlung zu verschiedenen Akteurinnen und Akteuren des deutschen Kunstbetriebes ermög­lichte es, besonders qualitätsvolle Werke der noch heute bedeutenden Vertreterinnen und Vertreter der Kunst des 19. Jahrhunderts und der ersten drei Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts in Ausstellungen zu präsentieren. Damit nahm die Galerie Gerstenberger eine entscheidende Rolle im Chemnitzer Kulturleben ein und bereicherte ­dieses in hohem Maße. Obwohl herausgearbeitet werden konnte, dass die Galerie Gerstenberger nur wenig mit Kunstwerken handelte, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet werden, wurde sie innerhalb der Presse oft als Kunsthandlung für zeitgenössische Kunst charakterisiert oder vermittelte selbst d ­ ieses Bild in den Texten ihrer Ausstellungskataloge. Dabei waren mit der Bezeichnung „zeitgenössische Künstler“ eben nicht Vertreterinnen oder Vertreter der Stilrichtungen gemeint, die heute als beispielhaft für damals zeitgenössische Kunst zuerst genannt würden, wie beispielsweise des deutschen Expressionismus, des Bauhauses oder 689 Gaehtgens 1992, S. 25/26.

198 I Die Galerie Gerstenberger als Spiegel des bürgerlichen Kunstgeschmackes

der Neuen Sach­lichkeit. Vielmehr spiegelt die Bezeichnung hier eine andere Definition von zeitgenössisch wider. Besonders die damals in Chemnitz ansässigen Künstlerinnen und Künstler, wie Gustav Schaffer oder andere Vertreter der Künstlergruppe Chemnitz, stellten immer wieder in der Kunsthandlung aus; und auch die Maler Lovis Corinth, Josef ­Hegenbarth, Max Liebermann, Max Slevogt, Hans Thoma, Georg Kolbe, Richard Scheibe und Otto Theodor Wolfgang Stein gehörten durchaus zur zeitgenössischen Kunst der Weimarer Republik, in der die meisten der hier aufgezählten noch lange ihren Beruf ausübten. Neben dem deutschen Impressionismus erfreute sich in den 1920er Jahren auch die noch immer verbreitete „Akademie- und Genrekunst“ großer Beliebtheit und wurde im gesamten Deutschen Reich erfolgreich gehandelt.690 Eben diese im breiten Chemnitzer Publikum rezipierte, zeitgenössische Kunst vertrat auch vornehm­lich die Galerie Gerstenberger. Dass die Vertreterinnen und Vertreter dieser zeitgenössischen Kunst, abgesehen von Max L ­ iebermann, Lovis Corinth und Max Slevogt, nicht in den Angebotsschreiben an die Museen vertreten sind, lässt darauf schließen, dass diese Kunstwerke vornehm­lich lokal gehandelt oder an sogenannte Laufkundschaft verkauft wurden. Die Galerie Gerstenberger hatte sich bis 1933 durch ein synergetisches Wechselspiel bestehend aus ihrer hervorragenden Positionierung in der lokalen Kunstszene sowie einer resistenten überregionalen Wahrnehmung gut etabliert. Auf beiden Ebenen wurde sie als Partnerin für den Handel und die Präsentation qualitätsvoller Kunstwerke respektiert. Im folgenden Kapitel sollen nun die Folgen des Machtwechsels im Jahr 1933 fokussiert und gefragt werden, inwiefern die Kunsthandlung von den neuen politischen Idealen und Vorgaben betroffen war.

690 Katenhusen (1998, S. 15) beschreibt ausführ­lich die Diskrepanz z­ wischen den Exponaten in den Museen der Weimarer Republik und dem breiten, bürger­lich-konservativen Kunstgeschmack.

Fazit: Die Galerie Gerstenberger zwischen lokalem Kleingeist und überregionaler Präsenz  I  199

Tafeln Tafel 1 Tafel 2 Tafel 3 Tafel 4 Tafel 5 Tafel 6

Tafel 7 Tafel 8 Tafel 9 Tafel 10

Mitteilungsblatt der Galerie Gerstenberger, 1902 Galerie Gerstenberger, Ober­lichtsaal, um 1906/1909 Gerard ter Borch, Bildnis des Jan van Duren, 1681, Öl auf Leinwand, 78,5 × 64 cm, Beverly Hills, Collection Richard and Marcia Ehr­lich Carl Spitzweg, Auf der Alm, um 1870, Öl auf Leinwand, 88 × 58,5 cm, Düsseldorf, Museum Kunstpalast Ernst Ludwig Kirchner, Die weiße Kuh, 1920, Öl auf Leinwand, 80 × 85 cm, Hamburg, Kunsthalle, Inv.Nr. HK-2869 Karl Schmidt-Rottluff, Bildnis Lyonel Feininger, 1915, Öl auf Leinwand, 90 × 76 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, (Leihgabe aus Privatbesitz), Inv.Nr. Gm 1691 Carl Spitzweg, Im Garten, um 1850/1855, Öl auf Leinwand, 21,3 × 15,1 cm, Privatbesitz Francisco de Goya, Porträt Don Manuel García de la Prada, um 1771, Öl auf Leinwand, 207 × 125 cm, Iowa, Des Moines Art Center, Inv.Nr. 1953.15 Lovis Corinth, Balkonszene in Bordighera, 1912, Öl auf Leinwand, 83,5 × 105 cm, Essen, Museum Folkwang, Inv.Nr. G 241 Max Pechstein, Vordüne, 1919, Tempera auf Leinwand, 80 × 100,7 cm, ­Hannover, Landesmuseum, Inv.Nr. PNM 702

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4. Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus Während des Nationalsozialismus kam die Galerie Gerstenberger vielfach direkt mit dem nationalsozialistischen Machtapparat in Berührung. Dazu gehörten Inhalte der nationalsozialistischen Kulturpolitik ebenso wie Aspekte der nationalsozialistischen Herrschaft, die alle Lebensbereiche betrafen, wie antisemitische Verfolgung und Propaganda für den NS -Staat. In d ­ iesem Teil der Arbeit steht die Frage im Fokus, inwiefern die veränderten politischen Rahmenbedingungen Einfluss auf die Aktivitäten Wilhelm Grosshennigs hatten. Änderungen und Kontinuitäten sollen anhand des Künstlerportfolios, der Ausstellungen sowie der Handelskontakte ermittelt werden. Die Recherchen und Ausführungen zu den Verkäufen der als „entartet“ diffamierten Kunstwerke aus dem Bestand des Chemnitzer König-Albert-Museums sowie Grosshennigs Beteiligung am sogenannten Sonderauftrag Linz veranschau­lichen besonders deut­lich seine Verquickung nicht nur in die nationalsozia­ listische Kulturpolitik, sondern auch in das Unrechtssystem. Andere untersuchungswürdige Aspekte, die sich aus dem für die vorliegende Arbeit recherchierten Aktenmaterial ableiten lassen, konnten nicht näher betrachtet werden. Dazu gehört die Verstrickung Grosshennigs in die Beschlagnahme von Kunstbesitz der Emigrantinnen und Emigranten. Aus einer Korrespondenz z­ wischen Hans Posse und der Devisenstelle in Chemnitz geht hervor, dass der Kunsthändler Schätzungen von Kunstsammlungen vornahm, deren Eigentümerinnen und Eigentümer aufgrund antisemitischer Verfolgung Deutschland verlassen mussten.691 Da Grosshennig im Fall der hier zitierten Quelle anscheinend auch 691 So beispielsweise im Fall von Georg und Margarethe Mecklenburg, die 1939 aufgrund von antisemitischer Verfolgung auswanderten. Die Devisenstelle in Chemnitz wandte sich zunächst an Hans Posse, ob die Ausführung der Kunstwerke Mecklenburgs untersagt werden sollte. Posse bezog sich in seinem Antwortschreiben auf die Einschätzung des „Sachverständigen Großhennig“, der ihm mitgeteilt habe, dass „es sich bei dem Besitz der Jüdin Sara Grete Mecklenburg-Chemnitz an Gemälden, graphischen Arbeiten und Bronzen nicht um Kunstwerke von unersetz­lichem kulturellem Wert“ handle, und dass die „Mitnahme ins Ausland nicht versagt zu werden“ brauche. Altregistratur SKD 01/GG 010 Bd. 28, Bl. 63/64: Schreiben der Devisenstelle Chemnitz an Hans Posse vom 2. Oktober 1939 und Schreiben von Hans Posse an die Devisenstelle Chemnitz vom 4. Oktober 1939. Grosshennig veräußerte im Jahr 1939 Werke aus der Sammlung Mecklenburg. Auskunft von Laura Zurek, Holocaust Claims Processing Office, New York, an die Verfasserin am 21. Oktober 2014. Zum Ehepaar Mecklenburg siehe Kap. 3.4.2 und Anm. 559 und 611. Grosshennig zog aus seiner Tätigkeit als Begutachter von Sammlungen auch für seine kunsthändlerischen Tätigkeiten Vorteile, indem er Kunstwerke aus den Sammlungen heraus verkaufte

den Verkauf eines Teiles oder einzelner Kunstwerke der Sammlung vermittelte, nutze er die Notlage der Emigranten aus und zog einen persön­lichen Vorteil aus seiner Arbeit, die er vermut­lich für das Propagandaministerium ausführte.692 Darüber hinaus kann eine besondere Handelsbeziehung mit dem Schlesischen Museum im damaligen Breslau (heute: Nationalmuseum in Wrocław) konstatiert werden. Aus den Protokollen des Museumsbeirates vom 3. August 1936 geht hervor, dass das Museum eine große Anzahl von Werken vorwiegend aus dem 19. Jahrhundert mit der Galerie Gerstenberger tauschte oder dieser in Kommission gab.693 Eine Untersuchung, w ­ elche Künstlerinnen oder Künstler abgegeben und w ­ elche neu angekauft oder eingetauscht worden sind, wäre hinsicht­lich der Forschungen zur nationalsozialistischen Museumspolitik und Kunstrezeption wünschenswert und ließe sich vermut­lich auch auf andere Museen des damaligen Deutschen Reiches ausweiten. Die Galerie Gerstenberger hatte über die gesamte Zeit des Nationalsozialismus Bestand und es ist eine kontinuier­liche Handels- und Ausstellungsaktivität zu beobachten. Die Teilhaber der Galerie Gerstenberger Hans und Konrad Stickel traten beide der NSDAP bei, Hans bereits am 1. Mai 1933. Konrad wurde am 1. Mai 1937 aufgenommen.694 Zu ­diesem Datum wurde auch Wilhelm Grosshennig Mitglied der NSDAP.695 Darüber hinaus war er als Kunsthändler Mitglied der Reichskammer der bildenden Künste, einer von sieben Einzelkammern der Reichskulturkammer (Abb. 46).696 Diese Mitgliedschaft war zwingend

b­ eziehungsweise den Verkauf vermittelte. Das geht aus einer Korrespondenz mit der Geschäftsstelle des Sonderauftrages Linz hervor. In dem Schreiben bot Grosshennig ein Gemälde von Carl Spitzweg an. Das Werk stammte – so Grosshennig – aus einer Sammlung, die er zu „taxieren“ hatte, und er habe sich dabei für die „Zwecke“ des Sonderauftrages interessiert. BArch Koblenz, B323/133, Bl. 291: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an den Sonderauftrag Linz vom 3. April 1944. 692 Heuß 1998, S. 54: „Meist handelte es sich bei den Sachverständigen des Reichserziehungsministeriums und des Reichsinnenministeriums um die Direktoren der jeweiligen Museen, Bibliotheken und Archive. Vom Propagandaministerium wurden dagegen bei der Begutachtung von Kunstgut zahlreiche Kunsthändler hinzugezogen.“ 693 MNWr, GD (Gabinet Dokumentow), Akte II/27. Für den Hinweis auf ­dieses Dokument bedanke ich mich bei Hans-Joachim Hinz, Berlin. Bereits im Jahr 1935 standen die Kunsthandlung und das Museum in Kontakt. Dazu CodogniLancucka 2016, S. 261, Anm. 40. 694 BArch R 9361-IX KARTEI / 43070535 für BArch (ehem. BDC), NSDAP-Gaukartei, Stickel, Hans, geb. 30. 5. 1882; ebd., NSDAP-Gaukartei, Stickel, Konrad, geb. 5. 5. 1887. 695 BArch R 9361-IX KARTEI / 43070535 für BArch (ehem. BDC), NSDAP-Gaukartei, Grosshennig, Wilhelm, geb. 15. 11. 1893. Wann Grosshennig den Antrag auf die Mitgliedschaft bei der NSDAP stellte, konnte nicht ermittelt werden. In der Kartei ist das eingetragene Datum hinter der Rubrik „Aufnahme beantragt am“ durch einen Schreibfehler verfälscht. 696 BArch R55, Karteikarte Reichskulturkammer (RKK), Grosshennig, Wilhelm, geb. 15. 11. 1893. Zur Reichskammer der bildenden Künste siehe Kubowitsch 2015 und Flick 2016.

212 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 46  Karteikarte von Wilhelm Grosshennig aus der Mitgliederkartei der Reichskammer der bildenden Künste, undatiert

notwendig, um seinen Beruf auszuüben.697 Den dafür benötigten „Abstammungsnachweis“ hatte Grosshennig laut Mitgliedskarteikarte der Reichskulturkammer erbracht.698 Weitere Vermerke auf der heute im Bundesarchiv verwahrten Karteikarte Grosshennigs, die von der Reichskulturkammer intern angelegt wurde, geben bereits erste Hinweise auf seine Tätigkeiten während des Nationalsozialismus: So ist beispielsweise in Maschinenschrift vermerkt, dass eine „Ausreise nach Holland“ am 6. Juli 1943 befürwortet wurde, also zu einem Zeitpunkt, als die Niederlande bereits drei Jahre von Deutschland besetzt waren. Darüber hinaus sind zwei große Stempel auf der Karteikarte zu sehen, w ­ elche die politische Person Grosshennig hinsicht­lich seiner Integrität zum NS -Regime beurteilen: Erstens bestünden keine Bedenken gegen einen Einsatz vor der Truppe. Diese Einschätzung 697 Bereits 1933 wurde ein Reichsverband des Deutschen Kunst- und Antiquitätenhandels e. V. unter Leitung von Adolf Weinmüller konstituiert (Hopp 2012, S. 38). Das daraus resultierende Mitgliederverzeichnis war Grundlage für die Mitglieder der Fachgruppe der Kunst- und Antiquitätenhändler der Reichskammer und gleichzeitig „Machtinstrument, mit dem die Ausschaltung von jüdischen Kunsthändlern effizient vorangetrieben“ wurde, denn die Kammerzugehörigkeit wurde den als jüdisch eingestuften Händlern untersagt. Kubowitsch 2015, S. 46/47. 698 Vgl. BArch R55, Karteikarte Reichskulturkammer (RKK), Grosshennig, Wilhelm, geb. 15. 11. 1893.

Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus  I  213

wurde anscheinend von der Reichskulturkammer vorgenommen, worauf die Abkürzungen unterhalb des Stempels verweisen. Ab Mai 1939 war die Abteilung Kulturpersonalien im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda für die Kontrolle von Mitgliedern der Reichskulturkammer zuständig, um die politische Eignung und Zuverlässigkeit für die Kammerzugehörigkeit überprüften.699 In welchem Zusammenhang der Vermerk auf Grosshennigs Karteikarte der Reichskulturkammer von Bedeutung war, bleibt unklar. Derartige Vermerke finden sich beispielsweise auch auf den Mitgliederkarteikarten von Personen, die mittels Schauspiel, Gesang oder Musik, die Truppen an der Front unterhielten. Dazu wurde die gesamte Mitgliederkartei überprüft, wer nach politischen Gesichtspunkten geeignet sei.700 Zweitens ist auf der Karteikarte vermerkt, dass laut der Gestapo im Jahr 1943 keine „nachteilige[n] Notierungen in politischer Hinsicht“ vorlagen.701 Offiziell scheint ­Grosshennig gemäß diesen Vermerken gut in das nationalsozialistische System integriert gewesen zu sein oder zumindest keineswegs öffent­lich oppositionell gehandelt zu haben. Wie stark der Kunsthändler seine Ausstellungs- und Handelstätigkeiten tatsäch­lich nach den Prämissen der nationalsozialistischen Kulturpolitik ausrichtete und ob er daraus zudem einen wirtschaft­lichen Nutzen ziehen konnte, soll im folgenden Unterkapitel untersucht werden.

4.1 Veränderungen im Künstlerportfolio Nachdem in den vorhergehenden Kapiteln ausführ­lich die Ausstellungen der Galerie Gersten­berger in der Zeit von 1902 bis einschließ­lich 1932 untersucht worden sind, sollen gleich zu Beginn des vierten Kapitels ebenfalls die seit dem Machtwechsel in den Ausstellungen präsentierten Künstlerinnen und Künstler betrachtet werden. Eine besondere Schwierigkeit ergibt sich dabei in der Beurteilung der jeweiligen Künstlerinnen und Künstler, da es kaum Untersuchungen zu der Kunst im Nationalsozialismus gibt, deren Formensprache staat­lich anerkannt und offiziell vorbildhaft war.702 Deswegen lassen sich von der Galerie Gerstenberger ab 1933 ins Künstlerportfolio vorgenommene ­Neuaufnahmen 699 Die Abteilung erhielt 1940 die Bezeichnung „Besondere Kulturaufgaben“ und im August 1941 „Generalreferat für Reichskulturkammersachen“. Dazu siehe Barbian 2010, S. 99. 700 Nicht infrage kamen Ausländerinnen und Ausländer und alle, die als „Nichtarier“ eingestuft waren. Bei diesen wurde das „keine“ in dem oben zitierten Vermerk gestrichen. Dazu Schrader 2008, S. 336. 701 Ausgestellt wurde der zweite hier genannte Stempel vom Reichssicherheitshauptamt, Abteilung IV, was die Geheime Staatspolizei (kurz: Gestapo) bezeichnete. 702 Zur Tabuisierung der sogenannten „Nazi-Kunst“ in der aktuellen kunstgeschicht­lichen Forschung siehe u. a. Fuhrmeister 2015, vor allem S. 97/98. Im Jahr 2017 widmete sich eine Ausstellung dieser Thematik. Der Katalog gilt aktuell als grundlegende Publikation zur staatskonformen Kunst während der NS-Zeit und deren Nachkriegsrezeption. Ausstellungskat. Bochum u. a. 2016.

214 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 47  Annonce der Galerie Gerstenberger Für die Wohnung ein neues Bild, 26. März 1933

Abb. 48  Annonce der Galerie Gerstenberger Bildnisse Nationaler Führer, 16. April 1933

Abb. 49  Annonce der Galerie Gerstenberger Hitler-Bildnisse, 20. April 1933

nur schlecht in das Kunstsystem des Nationalsozialismus verorten. Oftmals fehlen auch grundlegende Informationen zur Biographie. Als ein Indiz für die offizielle Legitimierung künstlerischer Positionen kann eine Teilnahme an der Großen Deutschen Kunstausstellung gelten. Die Exponate der seit 1937 jähr­lich stattfindenden Ausstellung sollten eine Art Vorbildfunktion für zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler einnehmen.703 Ganz pragmatisch hatte sich die Galerie Gerstenberger schnell auf die neue Regierung eingestellt. War im März 1933 im Chemnitzer Tageblatt noch eine Annonce mit dem Slogan: „Für die neue Wohnung ein neues Bild von Gerstenberger“ geschaltet, wurde bereits einen Monat s­ päter für Bildnisse „nationaler Führer“ sowie für „Hitler-Bildnisse“

703 Die Ausstellung fand im München im Haus der Deutschen Kunst statt, das in der Zeit von 1933 bis 1937 nach Plänen von Paul Ludwig Troost errichtet worden war. Nachdem Troost 1934 verstorben war, übernahmen seine Witwe Gerdy Troost und der Architekt Leonhard Gall die Leitung des Baus. Schmidt 2012, S. 24. Zur Großen Deutschen Kunstausstellung vgl. Schmidt 2012. Die erste dieser Ausstellungen war zusätz­lich ein Gegenpol zu der nur einen Tag s­ päter eröffneten Ausstellung Entartete Kunst, die ebenfalls in München gezeigt wurde. Zur Ausstellung Entartete Kunst siehe grundlegend Zuschlag 1995.

Veränderungen im Künstlerportfolio  I  215

Abb. 50  Annonce der Galerie Gerstenberger Für jedes Heim …, 11. Mai 1933

Abb. 51  Annonce der Kunsthandlung Emil Paul Wiedemann, Chemnitz Hitlerbilder, 18. April 1933

geworben, die in der Kunsthandlung erworben werden konnten (Abb. 47 – 49).704 Diese Anzeigen sind eine erste öffent­liche Reaktion der Galerie Gerstenberger auf den Regierungsantritt Adolf Hitlers. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Kunsthandlung hatten also in weniger als drei Monaten entsprechende Porträts organisieren können. Anscheinend erhoffte sich Grosshennig nach dem Machtwechsel ein neues und gutes Geschäft mit den Porträtbildern Hitlers, die die Chemnitzerinnen und Chemnitzer am besten in der Galerie Gerstenberger „für jedes Heim/jedes Büro/jede Behörde“ kaufen sollten (Abb. 50).705 Dass Grosshennig hier die politischen Ereignisse gekonnt zu n ­ utzen verstand, erkannte auch die lokale Konkurrenz, denn nur zwei Tage nach der ersten Anzeige der Galerie Gerstenberger schaltete auch das Chemnitzer Bilderhaus Wiedemann im Anzeigenteil des Chemnitzer Tageblattes eine entsprechende Annonce: „Hitlerbilder/ Bilderhaus Wiedemann“ (Abb. 51).706 Die Ausstellungstätigkeit der Galerie Gerstenberger in den ersten Monaten nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten lässt im Vergleich zu den Vorjahren keine ­Veränderung erkennen. Von Ende Januar bis zum 15. Februar zeigte sie Reisebilder des Chemnitzer Künstlers Alfred Kunze aus dem Jahr 1932, die er während seiner Arktisfahrt angefertigt hatte.707 Im 704 Chemnitzer Tageblatt vom 26. März, S. 8, vom 16. April, S. 4 und vom 20. April 1933, S. 4. 705 Chemnitzer Tageblatt vom 11. Mai 1933, S. 4. 706 Chemnitzer Tageblatt vom 18. April 1933, S. 4. Zur Kunsthandlung von Emil Paul Wiedemann siehe Anm. 198. Auch ­später noch scheint es nicht ungewöhn­lich gewesen zu sein, Porträts von Adolf Hitler im Ausstellungsprogramm tradierter Kunsthandlungen zu finden. So warb 1939 die Galerie Arnold (ehemals Dresden, zu d ­ iesem Zeitpunkt bereits in München ansässig) in der Weltkunst mit einer Porträt-Büste Adolf Hitlers von Hans Schwegerle, die aktuell präsentiert wurde. Die Weltkunst 12, H. 15, 1939, S. 4. 707 Chemnitzer Tageblatt vom 29. Januar, S. 12 und 15. Februar 1933, S. 10.

216 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Februar und März waren Reichsdrucke religiösen Inhalts zu sehen, im März Meisterwerke der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts und im April fand eine Einzelausstellung mit Gemälden von Walther Klemm statt.708 Einen Blick auf die Zusammenstellung der vermut­lich Anfang März eröffneten Ausstellung Meisterwerke der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts gewähren eine kleine Anzeige im Chemnitzer Tageblatt vom 10. März sowie ein Ausstellungsbericht, der einige Tage s­ päter erschien.709 Gezeigt wurden unter anderem ein Blumenstillleben von Lovis Corinth, eine Landschaft von Max Slevogt und ein mit Waldsee betiteltes Gemälde von Hans Thoma. Des Weiteren werden ein Porträt des Freiherrn Uz von Schönberg von Ferdinand von Rayski, das Kreuz an der Ostsee von Caspar David Friedrich sowie Werke von Carl Spitzweg, Max Liebermann, Fritz von Uhde, Oswald Achenbach und Adolph Menzel benannt.710 Die hier aufgezählten Künstler sind in der Galerie Gerstenberger bekannt und waren auch in den Jahren zuvor immer wieder zu sehen. Die Ausstellung Meisterwerke der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts entsprach also hinsicht­lich ihrer Exponate gänz­lich dem Künstlerportfolio vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Der Rezensent im Chemnitzer Tageblatt vom 15. März 1933 nutzte die Ausstellung jedoch, um entsprechend der nationalsozialistischen Kunstanschauung zu propagieren und zu hetzen: Wenn einmal der Spuk der modernen Kunst von schrankenloser Willkür und sehr dürftigem Gehalt verflogen sein wird, wird man sich viel mehr wieder – und zwar auch das Volk, worauf es ankommt – zu den deutschen Meistern bekennen, die seit den Romantikern mehr unter Anleitung der Natur als der Theorien geschaffen haben. Wir meinen darunter die Romantiker selbst bis zu allen ihren Ausläufern und die Generation von Leibl, die beide die Fühlung mit dem Volke noch nicht verloren hatten.711

Auch die Rezensionen des Berichterstatters zu anderen Ausstellungen der Galerie sind Ausdruck nationalsozialistischer kulturpolitischer Propaganda, obwohl die Schauen wohl kaum explizit dafür konzipiert worden waren. In der Besprechung der Präsentation der Reichskunstdrucke mit dem Titel Kunst und Religion wurde dabei in Abgrenzung von der

708 Chemnitzer Tageblatt vom 23. Februar, S. 13 und 26. Februar, S. 21; vom 10. März, S. 11 und 15. März, S. 9 und vom 26. April 1933, S. 9. 709 Chemnitzer Tageblatt vom 10. März, S. 11 und vom 15. März 1933, S. 9. 710 Chemnitzer Tageblatt vom 10. März 1933, S. 11. Vermut­lich handelte es sich um das ­gleiche Gemälde von Caspar David Friedrich, welches schon in der Ausstellung Deutsche Romantiker und Ludwig Richter Schüler im Oktober und November 1932 in der Kunsthandlung präsentiert wurde. Siehe Anm. 373. 711 Chemnitzer Tageblatt vom 15. März 1933, S. 9.

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„modernen belanglosen Kunst“, die nur auf „inhaltslose Ästhetik“ ziele, betont, dass die in der Galerie Gerstenberger gezeigte Auswahl eine „Kunst des ganzen Volkes“ sei.712 Noch augenschein­licher wird die Instrumentalisierung der Ausstellungen als Plattform für kulturpolitische Kommentare national-konservativer Kunstanschauung im Chemnitzer Tageblatt bei dem Bericht über die Präsentation von Zeichnungen Adolph Menzels, die im März 1933 gleichzeitig mit den Werken des 19. Jahrhunderts gezeigt wurden. Fast die Hälfte des Artikels nutzte der Autor dafür, seine ablehnende Meinung über die zeitgenössische Kunst publik zu machen, obwohl in der Ausstellung selbst keine präsentiert war. Die Aussagen zielten darauf, die heute als Klassische Moderne kategorisierte Kunst als „naturabgewandt“ zu kritisieren, denn, so der Verfasser, diese Kunst sei „dem Volke“ ganz entfremdet und vermittle einen „fragwürdigen, oder zumindest amoralischen, häufiger pathologischen“ oder „sogar noch schlimmer[e]n“ Inhalt.713 Weiter proklamierte er, dass „die Kunst heute nationalen Gehalt und Disziplin wieder dring­licher denn je“ benötige.714 Der Künstler Adolph Menzel wird, ebenso wie die gleichzeitig gezeigten Maler Wilhelm Busch, Ludwig Knaus, Carl Spitzweg, Wilhelm Trübner und Hans Thoma vom Autor pauschal als Vorbild für eine „deutsche“ und „nationale“ Kunst verstanden, die der nationalsozialistischen Kunstanschauung entspräche.715 Dieser Artikel ist also weniger eine Ausstellungsrezension, sondern vielmehr eine Positionierung des Verfassers zu einer Kunstanschauung, die der des Kreises um die nationalsozialistische Vereinigung Kampfbund für deutsche Kultur entsprach.716 Im weiteren Verlauf der Jahre 1933 und 1934 bezog die Galerie Gerstenberger in dem der modernen Kunst gegenüber feind­lichen Klima, das in Chemnitz ab 1933 noch verschärfter vorherrschte als zuvor, offiziell eine defensive Position und stellte ihre Ausstellungstätigkeit diesbezüg­lich ein.717 Die weniger öffent­lich bekannte, dafür umso fragwürdigere Rolle der Kunsthandlung als Verkäuferin von expressionistischen Werken aus dem Chemnitzer Museumsbesitz wird in Kapitel 4.3.2 untersucht. Ein Blumenstück Emil Noldes, das anscheinend gleichzeitig auf einer Ausstellung von Werken des 19. Jahrhunderts im August 1934 gezeigt wurde, ist das letzte bekannte Beispiel für ein Werk des Expressionismus, das in der Kunsthandlung präsentiert war. Allein deswegen, weil es dem Rezensenten des Chemnitzer Tageblattes als Negativ-Vergleich zu einem Werk von Eduard Leonhardi diente, ist es heute überhaupt nachweisbar:

712 Chemnitzer Tageblatt vom 26. Februar 1933, S. 21: Besprechung der Ausstellung der Reichskunstdrucke Kunst und Religion in der Galerie Gerstenberger unter der Überschrift: „Kunst des Volkes“. 713 Chemnitzer Tageblatt vom 24. März 1933, S. 11. 714 Ebd. 715 Ebd. 716 Zum Kampfbund für deutsche Kultur siehe Anm. 533. 717 Zur Kunstpolitik in Chemnitz während des Nationalsozialismus siehe Kap. 4.3.

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Leonhardi zeichnet auch mit dem Pinsel in seiner großen Maienlandschaft und verzier­licht dadurch die Natur; Noldes großes Blumenstück ist nichts als Farbe, stoff­licher Ausdruck, der auch das ganze Malwerk problematisch macht.718

Den Großteil der Künstlerinnen und Künstler, die die Galerie bereits vor der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten gezeigt hatte, konnte sie allerdings weiter in ihrem Programm führen. So präsentierte sie im Herbst 1935 beispielsweise Tierplastiken und Zeichnungen von August Gaul sowie Gemälde von Wilhelm Steinhausen und Albert Stagura.719 Gaul und Steinhausen gehörten seit Anfang der 1920er Jahre zu den regelmäßig ausgestellten Künstlern der Galerie. Für Steinhausen organisierte die Kunsthandlung nach dessen Tod im Jahr 1924 eine Nachlassausstellung.720 Die Arbeiten des in Dresden geborenen Landschaftsmalers Stagura waren vor allem in der Zeit vor dem ­Ersten Weltkrieg in der Galerie zu sehen. Seine gefälligen, atmosphärischen Landschaften passten sich gut in den Rahmen der anderen Werke mit ähn­lichem Sujet ein, die von der Galerie gehandelt wurden. Wie in Kapitel drei erläutert, wurden diese Künstler von einem eher konservativeren, großbürger­ lichen Publikum während der Weimarer Republik gesammelt. Die Malerei Staguras galt auch während der Zeit des Nationalsozialismus als offiziell anerkannt. Er war ab 1938 jedes Jahr mit mehreren Werken auf der Großen Deutschen Kunstausstellung vertreten.721 Ebenso beteiligte sich der Künstler Walther Klemm, der im April 1933 eine Einzelausstellung in der Galerie Gerstenberger hatte, jedes Jahr an der Münchner Verkaufsausstellung.722 Die Kunsthandlung führte tatsäch­lich ab 1933 nur selten Werke von Künstlern, die nicht auf der Großen Deutschen Kunstausstellung vertreten waren. Dazu zählte der Künstler Ernst Haider, der seine Werke in einer Einzelausstellung Anfang des Jahres 1936 in der Galerie Gerstenberger präsentierte.723 Vermut­lich war Ernst Haider in der Galerie kein 718 Chemnitzer Tageblatt vom 9. August 1934, S. 9. 719 Zu August Gaul: Die Weltkunst 9, H. 43; 42; 47, 1935, jeweils S. 3; zu Albert Stagura: Der Türmer von Chemnitz 1935, S. 455; zu Wilhelm Steinhausen: Die Weltkunst 9, H. 37/38; 39/40 und 41, 1935, jeweils S. 3. 720 Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3. 721 Siehe die Online-Datenbank GDK-research unter dem Suchstichwort: „Stagura“: URL: (28. Dezember 2020). Die Anzahl seiner ausgestellten Werke war in den Jahren 1938 und 1939 am höchsten. 722 Siehe die Online-Datenbank GDK-research unter dem Suchstichwort: „Klemm“: URL: (28. Dezember 2020). Ausstellung in der Galerie Gerstenberger: Chemnitzer Tageblatt vom 26. April 1933, S. 9. 723 Ernst Haider: Gemälde und Radierungen. Die Weltkunst 10, H. 7, 1936, S. 2. Laut des Eintrages im AKL ist Ernst Haider mit einem sogenannten Berufsverbot im National­ sozialismus belegt worden (Susanna Partsch: Haider, Ernst (1890). In: AKL-Online). Diese Angabe ist allerdings mit Vorsicht zu betrachten. Hinweise auf sogenannte Berufsverbote im Nationalsozialismus finden sich immer wieder in Künstlerbiographien. Diese sind jedoch noch nicht eingehend

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unbekannter, da sein Vater in der Zeit von 1902 bis 1933 mehrfach Werke hier ausstellte, sodass die besagte Schau aufgrund persön­licher Kontakte zustande kam. Die Auswahl der präsentierten Künstlerinnen und Künstler in der Galerie Gerstenberger in den ersten Jahren nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten war also durch ein persön­liches Ermessen der Galerieleitung geprägt und zielte darauf ab, im Bereich der zeitgenössischen Kunst mög­lichst Kunstwerke auszustellen, die im politischen Machtapparat unumstritten waren. Dabei nutzte die Kunsthandlung oftmals noch Kontakte und Geschäftsbeziehungen, die sie bereits in der Weimarer Republik aufgebaut hatte. Anhand einer Art Rundschreiben, das Wilhelm Grosshennig im August 1933 an verschiedene deutsche Museen verschickt hatte, wird deut­lich, dass er zu dieser Zeit darüber unsicher war, wie die Arbeit der Kunsthandlung von offiziellen Institutionen wahrgenommen wurde und das, obwohl er mit dem im vorhergehenden Kapitel beschriebenen Ausstellungsprogramm und Künstlerportfolio während der Weimarer Republik aus heutiger Sicht wohl kaum im Fokus nationalsozialistischer Gruppen und Vereinigungen in Chemnitz gestanden hätte. Dennoch versicherte er seiner Kundschaft noch weit vor den 1935 verabschiedeten antisemitischen Nürnberger Gesetzen, dass die Kunsthandlung aufgrund langjähriger Geschäftskontakte eine vertrauensvolle Handelspartnerin sei und vor allem, dass das Unternehmen keine antisemitische Verfolgung zu befürchten habe. Grosshennig grenzt sich hier aktiv von den Kollegen und Kolleginnen ab, die im Nationalsozialismus antisemitisch verfolgt wurden: Bei der Gelegenheit erlauben wir uns, Ihnen mitzuteilen, daß wir eine 80 Jahre alte christ­liche Firma sind und daß wir mit den deutschen Museen schon in langjähriger Geschäftsverbindung stehen. […] Sollte Ihnen an einer Auskunft über unsere Firma gelegen sein, so würde sicher der neue Leiter unseres Chemnitzer Museums, Herr Direktor Dr. W. Rüdiger, gern dazu bereit sein.724

Der Verzicht auf Ausstellungen von im Nationalsozialismus umstrittener Kunst war grundsätz­lich eine Mög­lichkeit, die Galerietätigkeit ohne Komplikationen mit Vertreterinnen und Vertretern der neuen Regierung weiter führen zu können. Grosshennig änderte sein Ausstellungsprogramm allerdings zusätz­lich dahingehend, dass er neben den schon immer gezeigten Werken des 19. Jahrhunderts nun auch Künstler hinzunahm, deren Kunst die Nationalsozialisten offiziell befürworteten. Ein prägnantes Beispiel dafür ist eine Ausstellung im Jahr 1941 mit dem Titel Neuromantiker und Werke des 19. Jahrhunderts.725 Das Chemnitzer Tageblatt berichtete von der Ausstellung und benennt „einige namenhafte [sic] ­ ntersucht worden und so können weder zum administrativen Vorgang eines Berufsverbotes noch zu u den tatsäch­lichen Auswirkungen Aussagen getroffen werden. Siehe dazu auch Kap. 4.1 und Anm. 741. 724 SMB-ZA, I/NG 936, Bl. 130: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 21. August 1933. Hervorhebungen wie im Original. Zu Wilhelm Rüdiger siehe Kap. 4.3. 725 Chemnitzer Tageblatt vom 24. Juni 1941, S. 6.

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Vertreter der Neuromantik.“ 726 In dem Text werden Werke von Josef Steib (1898 – 1957), ­Hermann Gradl (1883 – 1964), Anton Müller-Wischin (1865 – 1949), Richard Holst (1881 – 1955), Christian Gotthard Hirsch (1889 – 1977) und Gustav Traub (1885 – 1955) erwähnt.727 Jeder der hier benannten Künstler war im nationalsozialistischen Kunstbetrieb etabliert. Der Begriff der Neuromantik wurde Ende der 1920er Jahre zunächst auf die Kunst von Vertreterinnen und Vertretern der Neuen Sach­lichkeit angewandt. Gleichzeitig stand der Begriff schon damals in Verbindung mit den Attributen deutsch-national und völkisch, da allein die deutsche Romantik als vorbildhaft für die Kunst instrumentalisiert wurde.728 In der hier zitierten Rezension zu der Ausstellung in der Galerie Gerstenberger im Jahr 1941 bezeichnete der Begriff definitiv eine Malweise, die den Prämissen der nationalsozialistischen Kunstanschauung entsprach. Die Anzahl der von der Galerie geschalteten Ausstellungsankündigungen im Chemnitzer Tageblatt in der Zeit von 1933 bis 1945 jedoch nahm kontinuier­lich ab und viele der angekündigten Ausstellungen umfassten ein Sammelsurium von Werken ausschließ­lich des 19. Jahrhunderts. Vor allem die Anzahl von Einzelausstellungen verringerte sich in der Zeit ab Mitte der 1930er Jahre und die Gruppenausstellungen wurden zumeist mit verallgemeinernden Titeln wie Meisterwerke der Malerei, Altes und Neues oder Münchner Künstler benannt. Deswegen sind für die Untersuchungen zu dem alltäg­lichen Künstlerportfolio die überlieferten und der Verfasserin bekannten Ausstellungskataloge zu den Weihnachtsausstellungen der Jahre 1938 bis 1941 sowie der Ausstellung Meisterwerke des 19. Jahrhunderts und der Gegenwart im April 1941 als Quellen herangezogen worden.729 Diese beinhalten zum einen verschiedene Blätter mit Abbildungen von Einzelwerken und zum anderen für die Jahre 1938 bis 1940 ein sogenanntes Künstlerverzeichnis, das verschiedene Namen von zeitgenössischen Künstlern und solchen des 19. Jahrhunderts listet, deren Werke von der Galerie gehandelt und ausgestellt wurden (Abb. 52). Für die Künstler des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende kann festgestellt werden, dass auch hier einige neue Namen auftauchen, die vor 1933 noch nicht im Künstlerportfolio der Galerie präsent waren. Dazu zählen vor allem heute weniger bekannte Künstler wie Albert Brendel (1827 – 1895), Richard Friese (1854 – 1918), Theodor Hagen (1842 – 1919), Johann Adam Klein (1792 – 1875), Christian Klengel (1751 – 1824), Christian Mali (1832 – 1906) 726 Ebd. 727 Der Vorname von Gustav Traub wird hier fälsch­licherweise mit Georg angegeben. Zu Traub und Gradl siehe Mortimer 1988 – 1992, Bd. 2/2, Biographien. 728 Siehe Gerster 2009, S. 345/346 sowie Zehentbauer 2001, S. 96. 729 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1938; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1939b; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1940; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941b; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941c. Ich bedanke mich sehr herz­lich bei Stefan Pucks, der mir Scans des Ausstellungskataloges für die Weihnachtsausstellung im Jahr 1940 und fehlende Seiten des Ausstellungskataloges der Weihnachtsausstellung 1939 zur Verfügung stellte.

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Abb. 52  Künstlerverzeichnis in dem Katalog der Galerie Gerstenberger zur Weihnachtsausstellung, 1938

und Anton Romako (1832 – 1889). Die umfassendste Änderung aber erfolgte hinsicht­lich der zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler. Max Liebermann und Lovis Corinth, auf denen vor 1933 noch ein Schwerpunkt in der Ausstellungs- und Handelstätigkeit der Galerie lag, waren in den eben genannten Künstlerverzeichnissen nicht mehr vertreten. Dafür sind mehr als zwei Drittel der gelisteten Künstler Maler, die vor 1933 noch nicht in der Kunsthandlung ausgestellt waren.730 Davon nahmen wiederum zwei Drittel an der seit 1937 stattfindenden Großen Deutschen Kunstausstellung teil. Nur wenige der neuen Künstler im Portfolio der Galerie Gerstenberger waren auf diesen jähr­lichen Ausstellungen in München nicht zu sehen: Drei waren bereits vor 1937 verstorben und zwei weitere waren keine Deutschen, näm­lich Konstantin Gorbatoff (1876 – 1945) und ­Boleslav von ­Szankowski (1873 – 1953). Ob sich die rest­lichen Künstler überhaupt jemals für eine Beteiligung an der Großen Deutschen Kunstausstellung beworben hatten, ist nicht bekannt. Keiner der Künstler kann jedoch einer Kunstrichtung zugeordnet werden, die 730 Die in den Künstlerverzeichnissen gelisteten zeitgenössischen Bildhauer sind in der Anzahl verschwindend gering und werden hier nicht berücksichtigt. Von den zeitgenössischen Bildhauern, die hier erwähnt sind, ist der Großteil im Nationalsozialismus anerkannt, wie Georg Kolbe, Otto Pilz oder Willy Zügel, aber bereits auch vor 1933 in der Galerie zu sehen gewesen. Als Beispiel für einen Bildhauer, der im Nationalsozialismus besonders beliebt war, ist hier Ferdinand Liebermann (1883 – 1941) zu nennen, der im Katalog der Weihnachtsausstellung 1938 der Galerie Gerstenberger genannt wird.

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im ­Nationalsozialismus umstritten war.731 Sie waren vielmehr der akademischen Kunst der Jahrhundertwende oder des 19. Jahrhunderts verpflichtet, mit Ausnahme von Otto Pippel (1878 – 1960), der dem Impressionismus zuzuordnen ist.732 In den Jahren von 1938 bis 1941 waren von allen in den Katalogen erwähnten zeitgenössischen Künstlern unabhängig davon, ob diese vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten bereits Teil des Galerieprogrammes waren oder nicht, zwei Drittel auch auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen vertreten. Dabei ist zu unterstreichen, dass der mit Abstand größte Teil der Künstler oftmals in dem Zeitraum von 1937 bis 1944 jedes Jahr an den Schauen teilnahm. So zeigte die Galerie Gerstenberger auch Künstler, die im Nationalsozialismus Bekanntheit erlangten und eine besonders große Anzahl ihrer Werke auf den Großen Deutschen Kunstausstellungen präsentieren konnten, wie beispielsweise Hans Best (1874 – 1942), Erich Erler(-Samaden) (1870 – 1946), Hermann Gradl (1869 – 1934), Richard Holst (1881 – 1955), Ernst Liebermann (1869 – 1960), Erich Mercker (1891 – 1973), Anton Müller-Wischin (1865 – 1949), Rudolf Scheller (1889 – 1984), Werner Peiner (1897 – 1984), Josef Steib (1898 – 1957), Hermann Urban (1866 – 1958) und Otto Vaeltl (1885 – 1977).733 Grosshennig bemühte sich aktiv darum, diese Künstler für eine Ausstellung zu gewinnen, wie anhand eines Briefes an Hanns Neudecker (1906 – 1973), der ebenfalls von 1938 bis 1944 jedes Jahr auf der Großen Deutschen Kunstausstellung vertreten war, deut­lich wird. Am 22. August 1941 schrieb Grosshennig an Neudecker: Im Haus der Deutschen Kunst sahen wir neu­lich Ihre Bilder ausgestellt, die wir mit großem Interesse ansahen, weil sie einen besonders guten Eindruck auf uns machten. Wir beschäftigen uns schon seit einiger Zeit mit ganz besonderer Vorliebe mit Künstlern, die in der Richtung Ihrer Kunst liegen[,] und haben gerade für diesen Stil eine ganz persön­liche Neigung. Durch unser besonderes Bemühen haben wir auch schon sehr gute Verkaufserfolge erzielen können und erst kürz­lich eine Ausstellung dieser Art veranstaltet.734

731 Bei den Künstlern handelt es sich um: vermut­lich Alois Binder (1857–?), Walter Geffcken (1872 – 1950), Gasteiger [unidentifiziert], Willy Moralt (1884 – 1947), Otto Pippel (1878 – 1960) sowie Hugo U ­ ngewitter (1869 – um 1944). 732 Zu Pippel siehe Weiß 2003, S. 1120. 733 Zu Best, Erler-Samaden, Gradl, Liebermann, Scheller, Peiner, Urban siehe auch Mortimer 1988 – 1992, Bd. 2/2, Biographien. Anton Müller-Wischin zählte zu den „top five“ der vertretenen Künstler auf der Großen Deutschen Kunstausstellung. Fuhrmeister 2015, S. 99. 734 Privatarchiv Nachfahren Hanns Neudecker [Sinzing bei Regensburg]: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hanns Neudecker vom 22. August 1941. Ich bedanke mich herz­liche bei Stephan Klingen und Christian Fuhrmeister, beide Zentralinstitut für Kunstgeschichte München, die das Dokument in dem Privatarchiv entdeckt und mir zur Verfügung gestellt haben.

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Die Gemälde Neudeckers, die er auf der Großen Deutschen Kunstausstellungen präsentierte, hatten fast ausschließ­lich in einer detailgetreuen Darstellungsweise gemalte Landschaften zum Thema.735 Die umständ­liche und allgemein gehaltene Formulierung Grosshennigs spricht dafür, dass es sich um einen seriellen Brief handelte, den der Galerist nach dem Besuch der Großen Deutschen Kunstausstellung im Jahr 1941 an mehrere Künstlerinnen und Künstler versandt hatte, um aktiv Künstlerakquise zu betreiben. So waren auch während einer Ausstellung in der Galerie Gerstenberger von Werken des Künstlers Hans Best im Winter 1941 gleichzeitig drei Werke von Ludwig Siekmeyer zu sehen, die direkt „vom Hause der Deutschen Kunst“ in die Ausstellung gelangt s­ eien, wie in der Besprechung betont wird.736 Grosshennig versuchte so die Lücken zu füllen, die unweiger­lich entstanden, da andere Künstlerinnen und Künstler sukzessive aus dem Portfolio verschwanden, die vor 1933 noch zum etablierten Ausstellungsprogramm gehörten. Dazu zählten vor allem Künstler, die im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgt wurden, wie beispielsweise Max Liebermann, Jussuff Abbo und Otto Theodor Wolfgang Stein. Aber auch viele nicht antisemitisch verfolgte Künstlerinnen oder Künstler wurden bald nach 1933 nicht mehr in der Galerie Gerstenberger ausgestellt. So finden sich in den Ausstellungen der Kunsthandlung bald keine Werke mehr von Lovis Corinth und auch Max Slevogt ist viel weniger präsent. Vertreter der ehemaligen Künstlervereinigung Brücke, die Grosshennig seit Beginn der 1920er Jahre regelmäßig im Bereich der Graphik führte, sind gänz­lich aus dem Programm der Galerie verschwunden, ebenso wie Gustav Schaffer und Ernesto de Fiori. Vermut­lich umging Grosshennig somit eine Diskussion über künstlerische Positionen, die von Funktionärinnen und Funktionären des Nationalsozialismus hätten abgelehnt werden können, da diese den modernen künstlerischen Ausdrucksformen kritisch gegenüber standen. Welche Konsequenzen ein hundertprozentiges Festhalten an dem Künstlerportfolio vor dem Machtwechsel für die Galerie Gerstenberger gehabt hätte, lässt sich nach aktuellem Forschungsstand allerdings nicht beurteilen, denn das genaue Vorgehen der nationalsozialistischen Kulturpolitik gegenüber Vertreterinnen und Vertretern moderner Kunstrichtungen ist zwar Thema der rezenten Forschung, aber noch nicht abschließend geklärt. Da einige Vertreterinnen und Vertreter der deutschen Klassischen Moderne ausgeprägte antisemitische und nationalistische Ansichten hatten, gab es für diese genügend Anknüpfungspunkte mit nationalsozialistischen 735 Siehe Datenbank zur GDK unter dem Suchstichwort: „Hanns Neudecker“: URL: (28. Dezember 2020). 736 Chemnitzer Tageblatt vom 21. Januar 1941, S. 7. „Noch nicht in Chemnitz ist Ludwig Siekmeyer in Großseeham bekannt. Seine drei Bilder sind vom Hause der Deutschen Kunst hierher gelangt. Eine Winter- und eine Seenlandschaft. […] Das ‚Dirndl aus dem Wiesbacher Winkel‘ […]: es ist ein Mädchen, kein Kind mehr und noch kein fertiger Mensch, unausgeg­lichen sind z. B. noch Oberarm und Hand. Ein sehr schöner Stuhl ist zugehörig […].“

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Ausgrenzungsmechanismen gegen das vermeint­lich „Fremde“. Die Idee von der deutschen expressionistischen Kunst als genuin deutsch, nordisch oder germanisch reicht schon in die Kunstkritik der späten Kaiserzeit zurück.737 Gleichzeitig waren die Künstlerinnen und Künstler spätestens seit der Weimarer Republik einer Hetze und Diffamierung ausgesetzt, die sie als Vertreterinnen oder Vertreter einer sogenannten „Verfallszeit“ diskreditierten. Die ambivalente Rezeption der expressionistischen Kunst sowie die Bindung dieser an das Germanentum, den „Geist der Gotik“ sowie das Postulat einer vermeint­lich nordisch-deutschen Ausprägung der Moderne hatte zur Folge, dass zu Beginn des Nationalsozialismus diskutiert wurde, ob nicht eben der deutsche Expressionismus und darunter vor allem die Vertreter des BrückeExpressionismus und Ernst Barlach als angemessene Position und Ausdruck innerhalb des Kunstschaffens während des Nationalsozialismus angesehen werden könnten.738 Mitglieder des Nationalsozialistischen Studentenbundes und Joseph Goebbels sprachen sich für die Kunst des deutschen Expressionismus aus und versuchten Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne, die nicht als jüdisch verfolgt wurden, an den Nationalsozialismus zu binden. Dies wurde zum Teil von den Kunstschaffenden befürwortet. Prominentestes Beispiel ist hier Emil Nolde, dessen Sympathien zu Inhalten der nationalsozialistischen Ideologie jüngst Thema in wissenschaft­licher Forschung und öffent­lichen Diskursen war.739 Das zum Teil bis heute in der Sekundärliteratur für verschiedene Künstlerinnen und Künstler postulierte sogenannte Berufs- oder Malverbot während des Nationalsozialismus ist in den wenigsten Fällen nachgewiesen.740 Eine drastische Einschränkung der Berufsausübung wäre beispielsweise ein Ausschluss aus der Reichskammer der bildenden Künste gewesen. Eben dieser Ausschluss konnte aber für viele Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne bisher nicht durch Quellenmaterial belegt werden. Vielmehr basierte in den meisten Fällen der tatsäch­liche Ausschluss nicht auf dem spezifischen Stil des Kunstschaffenden, sondern auf antisemitischer Verfolgung.741 Zwar sind durchaus einzelne Schließungen von 737 Fleckner 2015, S. 78. 738 Zur Bindung des Expressionismus an einen „germanisch-gotischen Formwillen“ bei Paul Fechter siehe Zeising 2015. Zu der Debatte um den deutschen Expressionismus siehe u. a. Ruppert 2015b, S. 50 – 55; Gillen 2015; Steinkamp 2015. 739 Zu Emil Nolde und seiner Haltung zum Nationalsozialismus siehe die Forschungen von Bernhard Fulda: Fulda 2015a; ders. 2015b und ders. 2016 sowie jüngst und umfäng­lich Ausstellungskat. Berlin 2019. 740 Zur übermäßigen Verwendung des Begriffes „Malverbot“ in Künstlerbiographien der NS-Zeit siehe auch Fuhrmeister 2009, v. a. S. 193. 741 Marks-Hanßen 2006, S. 79 und 81. Ausgeschlossen wurden als jüdisch verfolgte Künstlerinnen und Künstler sowie s­ olche, die mit einer Person verheiratet waren, die nach der nationalsozialistischen rassenideologischen Klassifizierung als „Volljüdin/Volljude“ galt. Letzterer Fall wurde unter der Bezeichnung „jüdisch versippt“ geführt. Dazu auch Fuhrmeister 2015, S. 103.

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Ausstellungen oder Konfiszierungen einzelner Werke aus Ausstellungen dokumentiert, ein generelles Ausstellungsverbot eines Künstlers oder einer Künstlerin war allerdings nur mit einem Ausschluss aus der Reichskammer zu erwirken.742 Die jüngste Untersuchung zu der Kunsthandlung Günther Franke belegt, dass auch während des Nationalsozialismus Vertreter der Klassischen Moderne kontinuier­lich präsentiert werden konnten.743 So kann zum heutigen Zeitpunkt nicht genau beurteilt werden, ob Grosshennig oder die Unternehmensleitung der Kunsthandlung vonseiten des Staates zu einer Umstellung des Ausstellungsprogrammes gezwungen wurde oder nicht. Innerhalb des recherchierten Quellenmateriales deuten jedenfalls keine Dokumente darauf hin, dass Grosshennig politisch unter Druck gesetzt worden war. Die Untersuchung der weiteren Handlungen Grosshennigs im nationalsozialistischen Kunstmarktsystem erlaubt eine genauere Analyse der Frage, wie viel persön­liches Engagement in der Umstellung des Künstlerportfolios zum Tragen kam, um die Verkäufe stabil zu halten, und ob oder wie stark sich Grosshennig und die Unternehmensleitung durch die politischen Umstände in Chemnitz zu ­diesem Schritt gezwungen gefühlt hatten.

4.2 Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik? Kann der Verzicht auf eine Präsentation innerhalb der NSDAP umstrittener Künstlerinnen und Künstler noch als Strategie beurteilt werden, nicht aufzufallen, lassen einige spätere, öffent­lichkeitswirksame Ausstellungen dagegen das geschickte Taktieren des Galeristen anschau­lich werden, die Kunsthandlung innerhalb des NS-Staates zu positionieren. In den folgenden drei Beispielen werden Ausstellungen in den Blick genommen, deren Th ­ emen nach Kriterien der Politik im NS-Staat gewählt worden sind.

Marks-Hanßen führt einige Ausschlüsse von der Reichskammer der bildenden Künste auf: Hans Grundig 1936 und Edwin Scharff 1940. Beide Künstler waren mit Frauen verheiratet, die als jüdisch verfolgt waren. Karl Hofer hatte sich dagegen nach seinem Ausschluss von seiner als jüdisch verfolgten Frau scheiden lassen und wurde wieder aufgenommen. Ebd., S. 82/83. Darüber hinaus wurden die Künstler Karl Schmidt-Rottluff und Emil Nolde im Jahr 1941 ausgeschlossen. Der Ausschluss wurde in beiden Fällen mit dem Paragraphen 10 der 1. Durchführungs­ verordnung zum Reichskammergesetz (Anordnung gegen minderwertige Kunsterzeugnisse) begründet. Für andere Künstler ist ein Ausschluss mit dieser Begründung noch nicht belegt worden. Fulda 2016, S. 129/130 und 135. Dazu auch Kubowitsch 2015, S. 86/87. 742 Beispiele für die Schließungen von Ausstellungen, das Verbieten des Ausstellens oder die Beschlagnahme einzelner Werke von Künstlerinnen oder Künstler siehe Marks-Hanßen 2006, S. 85 – 92. Dazu auch Jeuthe 2017, S. 152/153. 743 Vgl. die chronologische Auflistung der Ausstellungen in Billeter 2017, S. 328 – 341, vor allem S. 330 – 333.

226 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

4.2.1 Die Präsentation von Zeichnungen Sven Hedins im März 1936 Ein erstes, aussagekräftiges Beispiel für diese Art der Ausstellungen ist eine Schau in der Galerie Gerstenberger von Zeichnungen und Aquarellen Sven Hedins (1865 – 1952) im März 1936. Hedin war ein schwedischer Forscher, der vier Expeditionen nach Zentralasien unternahm und für seine Erkenntnisse als Wissenschaftler hoch anerkannt ist. Gleichzeitig war er ein Freund Hitlers und ein Befürworter des Nationalsozialismus sowie von dessen Anhängerinnen und Anhängern bewundert, wie es Sarah Danielsson in ihrer 2012 publizierten Dissertation über Sven Hedin und sein Verhältnis zum deutschen Nationalsozialismus formulierte.744 Hedin war seit seinem Studium im Deutschen Reich Anfang der 1890er Jahre dem Land emotional verbunden und mit den intellektuellen Kreisen persön­lich in Kontakt. Aufgrund seiner Befürwortung der Kernpunkte der nationalsozialistischen Ideologie und Politik sowie seines Auftretens als prominenter Unterstützer des Regimes wird er heute nicht als Kollaborateur, sondern vielmehr als Mittäter bewertet.745 Die hohe Anerkennung, die der Person Hedins vonseiten der Nationalsozialisten entgegengebracht wurde, teilte auch Adolf Hitler, der anscheinend ein Bewunderer des Wissenschaftlers war.746 Im Oktober 1935 bereiste Hedin Deutschland, um in 91 Städten Vorträge zu halten. Dabei traf er nicht nur Hermann Göring (am 7. Oktober 1935) und Adolf Hitler (am 8. Oktober 1935) persön­lich, sondern verbrachte auch viel Zeit mit der nationalsozialistischen Führungselite in den deutschen Provinzen. Im Rahmen dieser Vorlesungsreise besuchte Hedin auch Chemnitz, wo er im Kaufmännischen Vereinshaus über Acht Jahre Kampf in Zentralasien berichtete.747 Die Galerie Gerstenberger nahm dies als Anlass, Zeichnungen Hedins auszustellen. Über den Besuch, den Vortrag und die Ausstellung wurde in der Zeitschrift Der Türmer von Chemnitz ausführ­ lich berichtet: Am Freitag, 20. März, weilte der schwedische Forscher Sven Hedin in Chemnitz und stattete am Nachmittag auch dem verantwort­lichen Leiter unserer Stadtgemeinde einen Besuch ab. Bürgermeister Schmidt empfing im Beisein der Stadträte Ballerstedt und Genth sowie des Ratsherrenältesten Schlegel und des Ratsherren Leupold den berühmten Gast. […] Anschließend besuchte

744 „[…] famous friend of Hitler, an admirer of and admired by the National-Socialist regime.“ ­Danielsson 2012, S. 1. 745 Danielsson 2012, S. 258. 746 Im Februar 1933 sandte Hitler in seiner neuen Funktion als Reichskanzler Hedin zwei Telegramme nach Beijing mit besten Wünschen für die Reise und zum Geburtstag. Eine öffent­liche Bekundung der Wertschätzung erfolgte 1935, als ein deutsches Empfangskomitee Hedin bei der Rückkehr von seiner Expedition auf dem Warschauer Bahnhof begrüßte, der letzten Station vor Stockholm, wo er am 15. April 1935 ankam. Ebd., S. 125 – 132. 747 Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 132.

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  227

Abb. 53  Reproduktion der Zeichnung Leute aus Tibet von Sven Hedin, 1936

Sven Hedin in Begleitung der obengenannten Herren die Kunstausstellung Gerstenberger, die eine große Anzahl seiner Zeichnungen ausgestellt hatte. Inzwischen war auch der kommissarische Kreisleiter Papsdorf eingetroffen, in dessen Auftrag der Leiter des Städtischen Kulturamtes, Stadtrat Ballerstedt, den schwedischen Gast begrüßte. […] Diese unverkäuf­lichen 100 Blätter bei Gerstenberger, die aus Tausenden ausgewählt sind, […] stammen von seinen [gemeint ist hier Sven Hedin, A. d. V.] vier großen Reisen ins Innerste Asiens. […] Es war eine schöne Tat, dass Gerstenberger uns Sven Hedin als Menschen und Künstler zugeführt hat.748

Der hier zu Teilen zitierte Bericht wurde illustriert mit einer Bleistiftzeichnung Hedins, die wahrschein­lich in der Galerie Gerstenberger präsentiert war (Abb. 53). Da die Werke Hedins unverkäuf­lich waren, hatte die Galerie Gerstenberger ganz offensicht­lich keinen direkten finanziellen Nutzen durch die Ausstellung. Vielmehr beteiligte sich Grosshennig an einem nationalsozialistischen Ereignis, von dem berichtet wurde, dass die Vorträge in jeder Stadt ausverkauft waren und dass es auch in Chemnitz zur Begrüßung eine „dichtgedrängte

748 Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 131 und 135.

228 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 54  Besuch von Sven Hedin in Chemnitz, offizielles Treffen mit den regionalen nationalsozialis­ tischen Machthabern, 1936

Menge“ gegeben habe.749 Der Galerist konnte eine große Anzahl von Vertretern der politischen regionalen Führungsebene in seiner Kunsthandlung begrüßen, die zu dem Anlass nach Chemnitz gereist waren und zuvor mit Hedin eine offizielle „Kaffeestunde“ zelebriert hatten (Abb. 54). Grosshennig knüpfte damit aktiv Kontakte zu NSDAP-Funktionären, stellte die privaten Galerieräume für deren offiziellen Auftritt zur Verfügung und würdigte nicht zuletzt einen von Hitler bewunderten Mann.

4.2.2 Die Präsentation von Werken Ernst Vollbehrs im April 1937 Ein weiteres Beispiel für eine Ausstellung, die im Einklang mit der nationalsozialistischen Politik stand, fand im April 1937 statt. Es wurden Aquarelle von dem Bau der Autobahnen von Ernst Vollbehr (1876 – 1960) gezeigt. Der in Kiel geborene Künstler war in der Galerie Gerstenberger nicht unbekannt. Bereits im Jahr 1909 waren hier Gemälde aus Brasilien von ihm ausgestellt und im März 1919 Skizzen aus Afrika.750 Bereits während des ­Ersten Weltkrieges präsentierte er auch einige seiner euphemistischen Kriegsdarstellungen in Chemnitz.751 749 „These lectures were all sold out and often overflowing.“ Danielsson 2012, S. 131. Zitat: Der Türmer von Chemnitz 1935, S. 131. 750 Chemnitzer Tageblatt vom 1. September, S. 4 und vom 16. September 1909, S. 5. 751 Chemnitzer Kalender 1920, S. 119: „[…], der während des Kriegs hier mehrfach durch seine Tätigkeit als Kriegsmaler lebhaftes Interesse geweckt hatte.“

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  229

Im Rahmen der Ausstellung hielt Vollbehr persön­lich in der Galerie Gerstenberger einen Vortrag. Die auf seinen Reisen nach Afrika und Brasilien geschaffenen Werke waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht nur in Kunstkreisen bekannt, sondern sie wurden ­zwischen 1903 und 1916 für Reklame-Sammelbilder von der Kokosfettfirma Palmin verwandt.752 Während der Weimarer Republik erhielt der Künstler jedoch kaum noch Aufträge und auch keine Erlöse aus Verkäufen seiner Kunst. Er siedelte nach Kalifornien über und versuchte dort, sich im Bereich der Plakatmalerei zu etablieren.753 Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten kehrte er nach Deutschland zurück und trat dann im Mai in die NSDAP ein. Im nationalsozialistischen Deutschland genoss Vollbehr Ansehen und finanzielle Sicherheit, denn nun konnte er viele seiner Werke verkaufen. Unter anderem erwarb die NSDAP einen Großteil seiner Kriegsbilder. Darüber hinaus wurde er offiziell damit beauftragt, den Bau der Autobahnen, die Olympischen Spiele in Berlin und Garmisch-Partenkirchen sowie die Parteitage in Nürnberg zu dokumentieren. Während des Zweiten Weltkrieges diente seine Kunst der Kriegspropaganda.754 „In seinen fast durchweg tagebuch- oder reiseberichtartigen, flüssig geschriebenen Büchern zeigt Vollbehr sich in den 1930er und 1940er Jahren als überzeugter Nationalsozialist“, urteilte Hartwig Molzow im Jahr 2011 und betont, dass Vollbehr darin vor allem Hitler selbst huldigt.755 Die Galerie Gerstenberger präsentierte hier also einen Maler, dessen künstlerische Reputation vornehm­lich auf der Anerkennung im nationalsozialistischen Machtapparat basierte und der seine Werke ab 1933 explizit für die nationalsozialistische Propaganda schuf. Dementsprechend ist auch das Eröffnungsdatum der Ausstellung kein zufälliges: der 21. April 1937. Nicht nur im Rückblick erscheint dieser Zeitpunkt der Eröffnung, ein Tag nach dem Geburtstag Adolf Hitlers, ein bewusst gewählter für eine derartige Ausstellung zu sein. Auch in der zeitgenössischen Presse wurde diese Verbindung wahrgenommen, wie eine kurze Meldung im Chemnitzer Tageblatt verdeut­licht:

Einige der Kriegsbilder Vollbehrs sind in seinen Schriften: Kriegsbilder-Tagebuch (Leipzig 1915) und Bei der Heeresgruppe Kronprinz – Zweites Kriegsbilder-Tagebuch (München/Freiburg 1917) publiziert. Friedrich Franz IV. Großherzog von Mecklenburg kaufte darüber hinaus mehrere Werke des Künstlers. Im Jahr 1918 wurde eine Ausstellung von Gemälden des Künstlers im Großherzog­lichen Museum in Schwerin veranstaltet; siehe Molzow 2011, S. 464. 752 Zum Leben Vollbehrs siehe Hoppe 2001 und Molzow 2011. Zu Vollbehr als „Tropen- und Kolonialmaler“ siehe Briskorn/Kammerer-Grothaus 2007, die es allerdings unterlassen, die imperialistisch eurozentrische und nationalsozialistische Haltung seiner Bilder zu problematisieren. 753 Dazu vor allem Hoppe 2001, S. 17. 754 Zu den Gemälden Vollbehrs von den Baumaßnahmen am Westwall (Grenze zu Frankreich) und deren propagandistischer Dimension siehe Threuter 2010. 755 Molzow 2011, S. 465.

230 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Die Kunstausstellung Gerstenberger eröffnet am 21. April, nachmittags 5 Uhr, anläss­lich des Geburtstages des Führers eine Ausstellung mit 100 Aquarellen von Prof. Ernst Vollbehr, Berlin, Maler der Arbeitsschlacht des Dritten Reiches von allen Teilen der Reichsautobahn, sowie der Olympiade 1936. Die Bilder sind im Besitze des Führers und der Reichsregierung und wurden für Chemnitz leihweise zur Verfügung gestellt. Sie werden im Anschluss an die Chemnitzer Ausstellung auf der Berliner Ausstellung „Gebt mir vier Jahre Zeit!“ gezeigt. Der Künstler hält zur Eröffnung einen Vortrag.756

Die in dieser ­kurzen Bekanntgabe zusammengefassten Informationen machen die Intention für die Durchführung der Ausstellung evident, näm­lich Propaganda für die nationalsozialistische Politik zu sein. Gleichermaßen wie im Fall der Sven-Hedin-Ausstellung waren die Werke nicht verkäuf­lich, ein Umstand, der neben der besonderen Thematik exzeptionell ist im Vergleich zu den anderen Ausstellungen des Jahres 1937. Der Bau der Autobahnen als Thema selbst war darüber hinaus als Teil der nationalsozialistischen Propaganda im Rahmen der sogenannten Arbeitsschlacht inszeniert. Diese sollte offiziell den „deutschen Friedenswillen“ deklarieren, galt jedoch der Kriegsvorbereitung.757 Aber nicht nur die Motive waren Teil der Propaganda, sondern deren Darstellungsweise basierte zusätz­lich auf der nationalsozialistischen Ideologie. Zwar ist zu der Ausstellung kein Katalog überliefert, doch gibt es zwei Publikationen aus den Jahren 1935 und 1938 von Vollbehr, in denen seine Darstellungen sowie Texte zum Autobahnbau veröffent­licht sind.758 In den hier abgebildeten plakativen, süß­lichen Gemälden, Gouachen und Aquarellen sowie in den die Bilder beschreibenden Texten spielt die Landschaft eine besondere Rolle.759 Sogar die Straße selbst wird von Vollbehr einleitend als ein „Stück Landschaft“ definiert.760 Im weiteren Textverlauf beschreibt er, wie die Straßen sich unmerk­lich in die Landschaft einfügen und damit die Natur erst tatsäch­lich erfahrbar machen.761 Eben diese Naturerfahrung beziehungsweise der Einklang des Menschen mit der Natur ist Teil der völkischen Blut- und Bodenideologie, wie es Christina Threuter anhand der Westwall-Gemälde von Vollbehr anschau­lich erläutert: Das Eins-Werden mit der Natur von artifiziell geschaffenen Strukturen, also das damit gewünschte Verschmelzen des Menschen und seinen Werken mit der Natur bildete laut nationalsozialistischer Ideologie ein Spezifikum des sogenannten germanisch-deutschen Menschen. Es sei das charakteristische Merkmal der germanischen

756 Chemnitzer Tageblatt vom 17. April 1937, S. 9. Eine Rezension zur Ausstellung findet sich im Chemnitzer Tageblatt vom 23. April 1937, S. 6. Diese ist allerdings überwiegend deskriptiv und allgemein gehalten. 757 Humann 2011, S. 744. 758 Vollbehr 1935 und 1938. 759 Eine nähere Bezeichnung der Technik ist bei der jeweiligen Darstellung nicht vermerkt. 760 Vollbehr 1938, S. 5: „Eine Lebensgemeinschaft mit einem Stück Landschaft, als das man ja eine ‚Straße‘ beschreiben kann […].“ 761 Ebd., S. 8/9.

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  231

Kultur, so die nationalsozialistische Th ­ eorie, dass sich diese organisch aus der Natur entwickle.762 Auch die von Vollbehr gemalten Autobahnen fügen sich in die Landschaft ein, die Kurven umspielen die Berghänge und die farb­liche Gestaltung hebt weder die Straßen noch die Baustellen in besonderem Maße von der sie umgebenden Natur ab. Darüber hinaus wird die Landschaft in ihrer industriellen Erschließung ästhetisiert, was zur Verschleierung und Romantisierung des eigent­lichen Zweckes der Autobahnen beiträgt, näm­lich „Transportweg[e] zur militärischen Aufrüstung“ zu sein.763 Die in der Galerie Gerstenberger gezeigten Werke sind also erstens hinsicht­lich ihrer Darstellungsweise und zweitens thematisch als reine Propaganda-Instrumente zu bewerten. Diese Einschätzung bekräftigt sich noch in Anbetracht der tatsäch­lichen, häufig sehr schlechten Bedingungen, die auf den Baustellen der Autobahnen herrschten. Die Realität stand somit im krassen Gegensatz zu den lieb­lichen Darstellungen Vollbehrs.764 Nach der Präsentation in Chemnitz sollten die Blätter in der „gigantomanischen Leistungsschau“ Gebt mir vier Jahre Zeit! in Berlin gezeigt werden.765 Diese Ausstellung sollte die vier Jahre Regierungszeit Hitlers als „Aufbauarbeit“ glorifizieren und blieb hinsicht­lich ihrer Konzeption und aufwendigen Inszenierung bis 1945 „ohne vergleichbare Wiederholung“.766 Die Kunstabteilung der Schau sollte anfäng­lich eine Gegenüberstellung von als „entartet“ diffamierter Kunst und zeitgenössischer, für die Kunstanschauung im Nationalsozialismus vorbild­licher Kunst beinhalten.767 Vollbehrs Werke aus der Ausstellung in der Galerie Gerstenberger sollten als Beispiele für Letztere dienen. Die Ausstellung in Berlin wurde bereits am 30. April eröffnet, sodass eine eher kurze Präsentation in Chemnitz angenommen werden kann.768 Wann die Werke nach Berlin gingen und wie lange sie in Chemnitz gezeigt 762 Threuter 2010, S. 223. 763 Reese 1994, S. 57. 764 Die Arbeiter wurden zumeist schlecht untergebracht, mussten oft ohne sanitäre Einrichtungen auskommen und die Verpflegung der Arbeiter auf den abgelegenen Baustellen erwies sich als schwierig. Darüber hinaus waren die Löhne niedrig. Die hohe Arbeitsbelastung der monotonen Bewegungen verursachte Ermüdungserscheinungen und Krankheit und die Unerfahrenheit der Arbeiter ließ die Gefahr von töd­lichen Unfällen mit Maschinen erheb­lich ansteigen. „Nach den ersten fünf Baujahren auf den Reichsautobahnen kam auf jeden sechsten fertiggestellten Kilometer ein töd­lich verunglückter Arbeiter.“ Die Situation verbesserte sich mit Beginn der Vollbeschäftigung um 1936. Humann 2011, S. 98/99. 765 Zitat: Humann 2011, S. 651/652. 766 Ebd. 767 Zuschlag 1995, S. 174. Zuschlag konnte nicht ermitteln, ob tatsäch­lich Werke gezeigt wurden, die als „entartet“ diffamiert waren. Zu der Ausstellung Gebt mir vier Jahre Zeit! siehe ebd., S. 170 – 177. 768 Die Ausstellung Gebt mir vier Jahre Zeit! in Berlin lief vom 30. April bis 20. Juni 1937. Vgl. Ausstellungskat. Berlin 1937, o. S. [S. 2/3], mit einer Photographie der Eröffnungszeremonie am 30. April 1937. Laut Ausstellungskatalog waren die Werke Vollbehrs vermut­lich in der Halle Ia zu sehen, wo auch verschiedene Sendungen der „Wochenschau“ gezeigt wurden. Der Künstler wird im Katalog

232 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

wurden, ist unbekannt. Die präsentierten Kunstwerke selbst, der formulierte Anlass sowie deren Unverkäuf­lichkeit und weitere Verwendung, diese Aspekte sprechen dafür, dass die Ausrichtung der Ausstellung eine Maßnahme war, um sich innerhalb des Nationalsozialismus öffent­lich positiv zu positionieren.

4.2.3 Die Präsentation von Gemälden Guido Joseph Kerns im Frühjahr 1941 Eine dritte Ausstellung, zu der ein Katalog überliefert ist, soll in ­diesem Zusammenhang abschließend besprochen werden.769 Diese fand vom 19. April bis 10. Mai 1941 statt und präsentierte Gemälde des Kunsthistorikers und Künstlers Guido Joseph Kern (1878 – 1953). Kern war primär als Kunsthistoriker tätig und verfasste zu Beginn des 20. Jahrhunderts zahlreiche Schriften, unter anderem zu dem verschiedenen Gebrauch von Perspektive in den Werken von Künstlern wie Adolph Menzel, Anselm Feuerbach und Karl Blechen.770 Auch der Artikel im Künstlerlexikon von Thieme-Becker widmet sich zuerst sowie am ausführ­lichsten der kunstwissenschaft­lichen Tätigkeit und dem Werdegang Kerns.771 Nur in drei verschiedenen öffent­lichen Sammlungen befanden sich zu d ­ iesem Zeitpunkt von 772 ihm geschaffene Gemälde und Zeichnungen. Die Biographie Kerns und seine Rolle im Nationalsozialismus als Mitglied einer der Beschlagnahmekommissionen der Aktion „Entartete Kunst“ sind bisher unaufgearbeitet und stellen ein Forschungsdesiderat dar. Nach seinem Studium und einem Volontariat am Wallraf-Richartz-Museum in Köln begann er 1905 als wissenschaft­licher Hilfsarbeiter unter Hugo von Tschudi an der Berliner Nationalgalerie und wurde dort 1913 Kustos. Zehn Jahre ­später schied Kern jedoch bereits wieder aus dem Dienst aus, wofür in der Literatur verschiedene Gründe genannt werden. Der Vermerk im Künstlerlexikon von Thieme-Becker „um sich ganz seiner Kunst widmen zu können“, ist wohl die neutralste Begründung für seinen Weggang.773 Ein weiterer Grund nicht explizit erwähnt, vielmehr ist beschrieben, was zu sehen war: „Bilder [aus] der Arbeit deutscher Industrie, vor allem aber das Werden der Reichsautobahnen“, die durch „das Auge des Künstlers“ gesehen worden waren. 769 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941a. 770 Seine Dissertationsschrift verfasste Kern 1904 zu: Die Grundzüge der linear-perspektivischen Darstellung in der Kunst der Gebrüder van Eyck. Für biographische Anhaltspunkte zu Kern siehe Thieme/Becker, Bd. 20, 1927, S. 180; Vollmer, Bd. 3, 1956, S. 39; Neue Deutsche Biographie, Bd. 11, 1977, S. 521; Deutsche Biographische Enzyklopädie, Bd. 5, 2006, S. 590. Die Zeit des Nationalsozialismus ist in diesen ­kurzen Biographien gänz­lich unberücksichtigt. 771 Thieme/Becker, Bd. 20, 1927, S. 180. 772 Siehe ebd. 773 Siehe Anm. 771.

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  233

könnten die Unstimmigkeiten z­ wischen Kern und Ludwig Justi, dem seit 1909 amtierenden Direktor der Nationalgalerie, gewesen sein.774 Justis Befürwortung der Kunst des Expressionismus teilte Kern anscheinend nicht. Der Expressionismus wurde gerade zu Beginn der 1920er Jahre mit Blick auf seine Museumswürdigkeit ausführ­lich diskutiert, wie auch in Kapitel 3.3.3 dargestellt, und dieser Aspekt war sicher­lich wesent­lich für den Disput z­ wischen den beiden Kunsthistorikern.775 Darüber hinaus wird die ablehnende Haltung Kerns gegenüber der Kunst des Expressionismus als Grund für seine Kündigung in einem Dokument aus der Zeit des Nationalsozialismus besonders betont.776 Gerade zu d ­ iesem Zeitpunkt hatte diese Begründung allerdings einen positiven Effekt auf Kerns Karriere und wurde mög­licherweise von Kern genutzt, um sich bei den neuen Entscheidungsträgern anzubiedern. Verwunder­lich ist sein freiwilliges Ausscheiden vor allem deswegen, weil sein beruf­licher Werdegang nach seiner Tätigkeit an der Nationalgalerie in Berlin stagnierte. Gleichzeitig wird Kern näm­lich auch mit dem unzulässigen Einbehalten von Provisionen für Bildervermittlungen in Verbindung gebracht.777 Womög­lich musste Kern also nicht ganz freiwillig die Nationalgalerie verlassen, sondern war von Justi aufgrund unerwünschter Tätigkeiten im Kunsthandel dazu aufgefordert worden. Diese Vermutung äußerte Alfred Hentzen bereits 1970: „Justi hatte ihn wegen seiner zweifelhaften Expertisen-Tätigkeit und unkorrekter Verquickung mit dem Kunsthandel […] entlassen müssen“.778 Ein Verstoß, den Kern anscheinend nicht als Einziger in der Berliner Museumslandschaft beging, denn auch im Fall von Moritz Julius Binder (1877 – 1947), seit 1912 Direktor des Berliner Zeughauses, führte das Ausstellen nicht unumstrittener Expertisen ­zwischen ihm und Justi zu Differenzen.779 Das Ausstellen von Expertisen, die rückblickend nicht immer zutreffend waren, und

774 Diesen Aspekt als mög­lichen Grund des Ausscheidens Kerns aus dem Staatsdienst betont auch Kai Artinger (2014, o. S. [S. 5]). 775 Beide Gründe, die Diskrepanz z­ wischen den Kunsthistorikern und den Wunsch, stärker künstlerisch tätig zu sein, benennt Kern auch selbst gegenüber Justi. Dies geht aus der Personalakte Kerns hervor: Personalakte Nationalgalerie, SMB-ZA, I/NG 1187 Kern. Mitteilung von Hanna Strzoda, Staat­liche Museen zu Berlin, an die Verfasserin vom 31. Oktober 2014. Ich bedanke mich herz­lich dafür, dass sie mir ihre Rechercheunterlagen zu Guido Joseph Kern zur Verfügung stellte. 776 BArch, Berlin NS 15/29, Bl. 38: Schreiben der Hauptstelle Kulturpolitisches Archiv an das Amt Deutsches Volksbildungswerk vom 13. Juli 1939. Mitteilung von Hanna Strzoda, Staat­liche Museen zu Berlin, an die Verfasserin vom 31. Oktober 2014. Das Dokument wird auch zitiert bei: Artinger 2014, S. 6. 777 Ebd. 778 Hentzen 1970, S. 59. 779 Ebd., S. 87, Anm. 50. Hentzen begründet als Zeitzeuge die Entlassung von Moritz Julius Binder (1877 – 1947), Direktor des Zeughauses, durch Otto Kümmel, seit 1934 Generaldirektor, mit der von Binder nicht unterlassenen Expertisen-Tätigkeit. Auch die noch unter Justi vollzogene Versetzung von Binder aus der Gemäldegalerie zum Zeughaus, dessen Direktor er wurde, bewertet Hentzen als Abschieben, um die „unerwünschte Expertisen-Tätigkeit zu unterbinden, die das Ansehen der damals könig­lichen Museen zu schädigen drohte“.

234 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

kunsthändlerische Tätigkeiten führte Kern auch nach seinem Weggang von der Berliner Nationalgalerie und vor allem auch im Nationalsozialismus fort. Kern verstand sich als Experte für Karl Blechen und besaß wohl selbst eine Kunstsammlung, deren Umfang und Zusammensetzung jedoch weitestgehend ungeklärt sind.780 Ähn­lich verhält es sich mit seiner Tätigkeit als Kunsthändler, die nur anhand von Einzelbeispielen nachgezeichnet werden kann. So wurde er 1928 von der Stadt Cottbus beauftragt, ein Gemälde von Karl Blechen stellvertretend für die Stadt zu ersteigern, und sollte danach vermittelnd und beratend für die Blechen-Ankäufe der Stadt bis in die 1940er Jahre tätig sein.781 In den 1920er und 1930er Jahren taucht Kern in der Kartei der Münchener Galerie Heinemann vereinzelt als Verkäufer oder Anbieter auf.782 Für die Zeit des Nationalsozialismus lassen sich noch weitere konkrete Beispiele finden. So war Kern an dem Verkauf eines Gemäldes von Wilhelm Leibl aus der Sammlung Max Liebermanns über die Galerie Gerstenberger an das Belvedere in Wien beteiligt. Auch bei einem weiteren Gemälde Leibls aus der gleichen Sammlung scheinen die Galerie Gerstenberger und Kern an einem gemeinsamen Geschäft interessiert gewesen zu sein.783 Darüber hinaus war Kern für den Verkauf eines Werkes von Charles Hoguet an Adolf Hitler für den Sonderauftrag Linz vermittelnd tätig und veräußerte ­diesem des Weiteren jeweils ein Konvolut an Werken von Karl Blechen und Adolph Menzel aus seiner eigenen Sammlung.784 Zu Binder siehe Becker 2002. Dort wird die Behauptung Hentzens weder widerlegt noch bestätigt, sondern ledig­lich erwähnt. Es werden allerdings weitere Quellen für die zweifelhafte Expertisentätigkeit Binders aufgeführt. Ebd., S. 8/9. 780 1911 publizierte Kern eine Monographie zu Blechen: Karl Blechen. Sein Leben und seine Werke. Berlin 1911. Im Maecenas findet sich einen Eintrag für einen Professor Josef Kern in Berlin-Wilmersdorf als Privatsammler. Maecenas 1927, S. 19. Artinger 2014, o. S. [S. 3 und 6]. Hier der Hinweis auf mög­liche Kunstwerke von Karl Blechen und Adolph Menzel in der Sammlung Kern. Ein Gemälde von Abraham Janssens von Nuyssen (1573/74 – 1632), das s­ päter Teil der Kunstsammlung Hermann Görings war, weist die Provenienz „bis 1937 in der Sammlung G. J. Kern, Berlin“ auf. Seit wann das Werk in Besitz von Kern war, ist unklar. Zur Mühlen 2004, S. 165 und 263, Anm. 4. 1910 erwarb Kern ein Gemälde von John Constable in der Münchener Galerie Heinemann. Siehe Datenbank der Galerie Heinemann online. URL: (28. Dezember 2020). 781 Er erwarb im Berliner Auktionshaus Hollstein & Puppel das Gemälde Taormina, nach 1830, Öl auf Leinwand, 26,6 × 41,6 cm, Park und Schloss Branitz, Stiftung Fürst-Pückler-Museum; Ivan 2013, S. 31. 782 Siehe Datenbank der Galerie Heinemann online unter dem Suchstichwort: Kunde(n): Kern. URL: (28. Dezember 2020). Die Angebote Kerns datieren hauptsäch­lich auf die 1930er Jahre nach 1933. 783 Beide Fälle siehe Kap. 4.4.2 und Anm. 1005. 784 Ivan 2013, S. 32. Die Datenbank des CCP vom DHM (CCP-online) gibt bei dem Gemälde von Hoguet „Landscape with charitable Samaritan“ an: „Erworben von Hitler für geplantes Museum Linz. 17. 7. 1943 v. A.

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Und auch der Städtischen Kunstsammlung in Chemnitz verkaufte er einige vermeint­liche Werke von Karl Blechen bisher unbekannter Herkunft.785 Kern beobachtete die Standorte und Besitzerwechsel der Werke Blechens genau und konnte sich diese Informationen für seine Vermittlertätigkeit zunutze machen.786 Eine tatsäch­liche Tätigkeit als Kunsthändler kann anhand dieser wenigen bekannten Beispiele nicht bewiesen werden, dafür aber zumindest eindeutige Berührungspunkte Kerns mit dem Kunstmarkt, vor allem in der Zeit nach 1933. Der Künstler, Kunsthistoriker sowie vermut­lich auch Kunstsammler und zumindest temporäre Kunsthändler Kern beteiligte sich umfäng­lich an der Aktion „Entartete Kunst“. Er war 1937 Teil verschiedener Ausschüsse, ­welche die zweite Beschlagnahmeaktion durchführten.787 Diese diente der „systematische[n] und flächendeckende[n] Liquidierung der Moderne“ und betraf auch Museen, deren Bestände nur vereinzelt Werke enthielten, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet werden.788 Kern reiste als Mitglied unterschied­licher Kommissionen zur Beschlagnahme nachweis­lich in die Städte Bautzen, Halle, Soest und Chemnitz.789 In Chemnitz fand die Beschlagnahmeaktion am 19. August 1937 statt.790 Kern war bereits einen Tag eher in der Stadt, wie aus einem Eintrag in dem Stammbuch des Kulturrates der Stadt Chemnitz, Waldemar Ballerstedt (1893 – 1968), vom 18. August 1937 hervorgeht.791 Der Eintrag umfasst eine Doppelseite mit Text und Zeichnung (Abb. 55 und 56): Die linke Zeichnung befand sich ursprüng­lich auf einer ansonsten leeren Seite, denn die Einrahmung sowie die nachträg­lich gezogen Zeilen und die hier verfassten Annotationen sind wahrschein­lich erst in der Nachkriegszeit von Ballerstedt hinzugefügt worden.792 Auf der gegenüberliegenden Schultze/Bad Aussee f. RM 9.500, vermittelt durch Prof. Kern. […]“. URL: (28. Dezember 2020). 785 Der Städtischen Kunstsammlung in Chemnitz verkaufte Kern drei unsignierte Werke von Karl Blechen. Dazu und zu der zweifelhaften Zuschreibung siehe Artinger 2014. Diesen Aspekt erwähnt auch Ballerstedt in seinen Ausführungen zum Eintrag von Kern in B ­ allerstedts Stammbuch. Siehe Kap. 4.3.2. 786 Ivan 2013, S. 31/32. Kern handelte dabei überaus „vorausschauend“. Laut Ivan (ebd.) vermittelte er im Jahr 1936 Namen jüdischer Besitzer von Werken Blechens in Berlin an die Stadt Cottbus. Mög­licher­ weise ging er davon aus, dass diese Werke zu d ­ iesem Zeitpunkt oder zukünftig verkäuf­lich waren. 787 Zum folgenden Zuschlag 1995, S. 206 – 211. Die erste Beschlagnahmeaktion fand vom 4. bis 14. Juli 1937 statt. Die Kommission begutachtete 32 Sammlungen in 23 Städten. Durch diese Aktion sollten Exponate für die in München gezeigte Femeausstellung Entartete Kunst (Hofgarten-Arkaden, 19. Juli bis 30. November 1937) zusammengetragen werden. Zuschlag 1995, S. 178/179 und 344. Auch Waldemar Ballerstedt vermerkte in seinem „Stammbuch“, dass Kern Teil der Beschlagnahmekommission war. Dazu siehe Kap. 4.3.2. 788 Zuschlag 1995, S. 207. 789 Ebd., S. 377. Kern war vermut­lich auch an der Beschlagnahmeaktion in Dresden beteiligt. 790 Siehe dazu auch Kap. 4.3.2. 791 Zu Ballerstedt siehe Kap. 4.3. 792 Siehe dazu auch Kap. 4.3.2.

236 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 55  Eintrag von Guido Joseph Kern in das Gästebuch von Waldemar Ballerstedt (linke Seite), 1937

Abb. 56  Eintrag von Guido Joseph Kern in das Gästebuch von Waldemar Ballerstedt (rechte Seite), 1937

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Seite notierte Kern Folgendes: „Was soll ich nur viel schreiben: Möcht’ hier länger bleiben! Mit aufrichtigem Dank für liebenswürdigen Empfang und erhaltene vielseitige Anregung.“ 793 Dieser freundschaft­lich verfasste Spruch, der einem üb­lichen Gästebucheintrag entspricht, deutet in seinem heiteren Tonfall auf einen angenehmen Aufenthalt Kerns in Chemnitz und bei Ballerstedt hin. Die unbeschwerte Alltäg­lichkeit dieser Zeilen steht aus heutiger Sicht in einem deut­lichen Gegensatz zum tatsäch­lichen Anlass von Kerns Besuch, den die Zeichnung auf der linken Buchseite thematisiert. Sie zeigt näm­lich eine expressionistisch anmutende Darstellung eines männ­lichen Kopfes sowie rechts davon einen angewinkelten Arm mit einer geschlossenen Hand. Am oberen Rand der Zeichnung steht in Majuskeln das Schlagwort: „Beschlag=nahmt“, wobei der Kopf einen Teil des Wortes verdeckt. Kern imitiert hier Stilmittel, die überraschenderweise von Zeitgenossen als expressionistisch hätten beschrieben werden können. Zumindest die Geometrisierung und Einfachheit der Form sowie die Begriffe Rhythmisierung, Ausdruckskraft und -wille finden sich in damaligen Publikationen zur Charakterisierung der Stilrichtung.794 Und so fällt bei Betrachtung der Zeichnung vor allem die Reduktion der Formen auf kraftvolle Linien und deren geometrisierende Vereinfachung nicht minder ins Auge als die weitestgehende Beschränkung auf das Gesicht, die Rhythmisierung der Linien durch parallele Wiederholungen und die Dynamisierung der Darstellung durch das scheinbare Hervortreten aus dem Hintergrund mittels der halb verdeckten Schrift am oberen Bildrand. Das übrige Œuvre Kerns ist bezeichnenderweise keinesfalls dem Expressionismus noch einer anderen modernen Kunstentwicklung des beginnenden 20. Jahrhunderts zuzurechnen. Sein Kunstschaffen steht diesen grundsätz­lich entgegen und ist offenkundiges Zeugnis für das Favorisieren tradierter Darstellungsweisen, die gänz­lich im Rahmen des Figür­ lich-Realistischen bleiben. Dieser Aspekt wird bereits kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten von Oscar Gehrig in der Zeitschrift Kunst für alle positiv hervorgehoben: Es ist eine naturnahe, motiv­lich-gegenständ­liche Kunst; […] fast möchte es scheinen, als wären die vielfältigen Strömungen der jüngsten Zeit an Kern, dem gewissenhaften und überzeugten Naturalisten[,] spurlos vorübergegangen. […] Die innere Gefestigtheit einer unabhängigen Künstlerpersön­lichkeit tritt offen zutage und lässt der wachsenden Überzeugung Spielraum, dass echte und gute Kunst […] am besten immer ihre eigenen Wege geht. […] Die beste ­Abstempelung ist die der absoluten Güte, nicht die der Festlegung auf einen Stil und dessen zeit­liche oder räum­ liche einander ablösenden Phänomene.795

793 StadtA Chemnitz, Nachlass Waldemar Ballerstedt, 24, Eintrag Nr. 256. 794 So beispielsweise von Carl Einstein (1926, S. 111) und Paul Fechter (1919, S. 28/29). 795 Gehrig 1933a, S. 314 und 319. Gehrig publizierte darüber hinaus auch eine kleine Monographie zu Kern als „erweiterten Sonderdruck“ seines Aufsatzes in der Zeitschrift Kunst für alle. Hier betont er ebenso die Überzeit­lichkeit der realistischen Malweise Kerns. Gehrig 1933b, S. 3/4 und 16.

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Obwohl keine den Expressionismus kritisierenden oder diffamierenden Schriften von Kern bekannt sind, kann dennoch für ihn eine den Expressionismus ablehnende Kunstauffassung angenommen werden. Dafür sprechen neben der eigenen künstlerischen Tätigkeit die bereits weiter oben erwähnten Auseinandersetzungen mit Ludwig Justi und nicht zuletzt seine bereitwillige Teilnahme an der Aktion „Entartete Kunst“. Einen Tag, bevor Kern eine Vielzahl von Kunstwerken vor allem des Expressionismus im König-Albert-Museum von Chemnitz beschlagnahmen sollte, suchte er mit seiner Zeichnung in dem halböffent­lichen Medium eines Gästebuches auch auf künstlerischem Weg die direkte Konfrontation mit eben dieser Kunstrichtung.796 Durch das Verwenden der expressionistisch anmutenden Stilmittel lässt sich Kern auf ein Kräftemessen mit dem stilistischen Feindbild „auf Augenhöhe“ ein. Er veranschau­licht damit, dass diese Ausdrucksweise sogar von einem nicht darin geübten Künstler „nachzumachen“ sei und somit wenig künstlerischer Fertigkeiten bedürfe. Zusätz­lich werden die Ironie und der Spott in der Zeichnung durch den Anlass der Entstehung nochmals gesteigert, denn mit der zweiten Beschlagnahmeaktion sowie der bereits laufenden Ausstellung Entartete Kunst in München war die ablehnende Haltung der nationalsozialistischen Kulturpolitik gegenüber der Kunstrichtung bereits offiziell bestätigt. Ein solches „Schlagen mit den eigenen Waffen“, wie es Kern hier eindrück­lich exemplifiziert, stellt keinen Einzelfall dar. Vielmehr hat Uwe Fleckner das ­gleiche Phänomen anhand der Photomontagen und -collagen in einem noch öffent­licheren Medium beschrieben.797 Der Künstler Wolfgang Willrich nutzte ­dieses Stilmittel in seiner 1937 publizierten Femeschrift gegen moderne Kunstentwicklungen mit dem Titel Säuberung des Kunsttempels, um eben diese Stilrichtungen zu diffamieren. Dabei kommt Fleckner zu dem Schluss, dass sogar diejenigen, die den progressiven Stilentwicklungen des 20. Jahrhunderts erbittert entgegen standen, nicht selten von den Werken der von ihnen verfemten Zeitgenossinnen und Zeitgenossen beeindruckt waren.798 Denn augenschein­lich übernahmen sie immer wieder deren formale Mittel und versuchten, sich mit diesen auf bildnerischer Ebene zu messen. Kern hebt in seiner kraftvollen und dynamischen Darstellung gerade den zweiten, aktiven Teil des Wortes „beschlagnahmt“ hervor, indem er diesen etwas isoliert über die Darstellung eines Armes mit geschlossener Hand positioniert, die als schlagende Faust, oder noch pointierter als greifende beziehungsweise nehmende Geste interpretiert werden kann. Das dem Expressionismus entlehnte Kraftvolle und Dynamische der Zeichnungen charakterisiert nun perfiderweise die Beschlagnahmeaktion als entschlossen und kraftvoll. So kommen hier im Besonderen der Triumph Kerns zum Ausdruck, bei dem Zugriff auf die Kunst, die seinem Schaffen so entgegensteht, aktiv involviert zu sein. 796 Das Stammbuch Ballerstedts stand anderen Gästen sicher­lich zur Einsicht offen. Ein gewisser Stolz Ballerstedts über die gesammelten Eintragungen lässt sich daraus ablesen, dass er diese auch publizierte. So beispielsweise 1936 in der Zeitschrift Der Türmer von Chemnitz (1936, S. 145). 797 Fleckner 2012. 798 Ebd., S. 72.

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  239

Seine zweifelhafte Rolle während der Beschlagnahmeaktion in Chemnitz stand dem Kunstpublikum sogar vier Jahre s­ päter, als er seine Gemälde in der Galerie Gerstenberger präsentierte, lebhaft vor Augen. Denn in dem Katalogtext zur Ausstellung ist bezeichnenderweise gleich zu Beginn auf die kulturpolitische Rolle Kerns und seine Verbindung zu Chemnitz hingewiesen: Besondere Beziehungen zu Chemnitz stammen aus einer Gemeinschaftsarbeit mit der Leitung der Städtischen Kunstsammlung und der Kunsthütte, die im Auftrage des Führers vor einigen Jahren durchgeführt wurde.799

Dabei stand die realistische Kunst Kerns der expressionistischen Malweise im krassen Gegensatz gegenüber, wie es die Ausstellungsrezension im Chemnitzer Tageblatt und der Katalogtext eindrück­lich betonten.800 Die euphemistische Betonung der Beschlagnahmeaktion, durch ­welche Kern der Stadt nun „im Besonderen“ verbunden gewesen sei, ist eindeutig vom lokalen Publikum zu verstehen. In Anbetracht der analysierten Einstellung Kerns zu dieser Aktion und vor dem Hintergrund, dass dadurch dem Museum mehrere hundert Werke verloren gingen, kommt die bagatellisierende Erwähnung der Aktion in dem Katalogtext der Galerie einer Billigung durch ihre Inhaber gleich. Diese befürworteten öffent­lich eine Aktion der nationalsozialistischen Kulturpolitik und veranschau­lichten mit der Präsentation von Kerns Werken die offizielle Kunstdoktrin, die bereitwillig von den lokalen Rezensenten aufgegriffen wurde. So wurde in der Galerie nicht nur im Nationalsozialismus zweifelsfrei unstrittige Kunst präsentiert, sondern gleichzeitig eine ostentative Verbindung zur nationalsozialistischen Kulturpolitik und Propaganda geschaffen: Bei Ernst Vollbehr waren vor allem die Werke innerhalb des nationalsozialistischen Machtapparates von Bedeutung und im Fall von Sven Hedin und Guido Joseph Kern haben die Kunstschaffenden selbst darin mitgewirkt. Die Galerie Gerstenberger richtete ihr Ausstellungsprogramm also nicht nur rasch nach den Kriterien der nationalsozialistischen Kunstanschauung aus, sondern organisierte auch Ausstellungen, die weltanschau­liche Ideen des Nationalsozialismus verbild­lichten. Zwangsläufig kam Grosshennig dabei mit Vertreterinnen und Vertretern zumindest der lokalen nationalsozialistischen Führungsebene in Berührung, wie beispielsweise während der Ausstellung von Zeichnungen Sven Hedins. Dass ­dieses Verhalten durchaus wirtschaft­liche Vorteile erzielen konnte, soll nun im nächsten Kapitel thematisiert werden. Eine Sicherung der Verkaufsmög­lichkeiten sowie ein Anbiedern gegenüber der Führungselite waren wohl nicht nur für diese drei Ausstellungen Motivation genug, sondern beispielsweise auch für eine hier nicht betrachtete Schau im Oktober 1938, die Bildnisse und Aufnahmen von Adolf 799 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941a, S. 3. 800 Chemnitzer Tageblatt vom 21. April 1941, S. 3. Die Ausstellung wurde auch in der Weltkunst beworben: Die Weltkunst 15, H. 21/22, 1941, S. 3 sowie Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941a, S. 6.

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Abb. 57  Anzeige der Galerie Gerstenberger Führerbildnisse, 9. Oktober 1938

Hitler, Benito Mussolini und Konrad Henlein zeigte (Abb. 57).801 Henlein (1898 – 1945) gründete 1933 die Sudetendeutsche Heimatfront (ab 1935 Sudetendeutsche Partei) und war 1938 maßgeb­lich an dem Gelingen der Annexion der sudetendeutschen Gebiete in der damaligen Tschechoslowakischen Republik durch Deutschland beteiligt.802 Die Ausstellung in der Galerie Gerstenberger fand also genau in dem Jahr statt, als die sudetendeutschen Gebiete besetzt wurden. Von den propagandistischen Aufnahmen von Heinrich Hoffmann, die diese Besatzung als „Befreiung“ feierten, kann sich heute noch anhand der Publikation Hitler befreit Sudetenland aus dem Jahr 1942 ein Bild gemacht werden.803 Diese Ausstellung bekräftigt das anhand der drei anderen Ausstellungen ermittelte Resultat, näm­lich dass die Galerie Gerstenberger Schauen präsentierte, die in außerordent­lich starkem Maße die Direktiven der nationalsozialistischen Politik unterstützten. Damit machte sich die Kunsthandlung zum Sprachrohr von Aspekten der nationalsozialistischen Weltanschauung und Politik.

801 Ausstellung in der Galerie Gerstenberger im Oktober 1938: Führerbildnis und neueste Aufnahmen von Mussolini und Henlein von Reichsbildberichterstatter Prof. Heinrich Hoffmann. Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober 1938, S. 4. 802 Zum sogenannten Anschluss der sudetendeutschen Gebiete und Konrad Henlein siehe Gebel 2000. 803 Hoffmann 1938.

Die Galerie Gerstenberger als Sprachrohr nationalsozialistischer Politik?  I  241

4.3 Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke aus den Beständen des König-Albert-Museums Die Machtübernahme der Nationalsozialisten hatte eine Neubesetzung zentraler Positionen im öffent­lichen und innerstädtischen Kulturbetrieb der Stadt Chemnitz zur Folge. Daraus ergaben sich nicht nur einschneidende Auswirkungen auf den Sammlungsbestand des Museums und des Chemnitzer Kunstvereines Kunsthütte, sondern auch auf den lokalen Kunstmarkt. Bis 1945 wurde über die Hälfte der Gemälde und Skulpturen zeitgenössischer Kunst, die in dem Zeitraum von 1920 bis 1932 angekauft worden waren, aus beiden Sammlungsbeständen durch unterschied­liche Maßnahmen entfernt.804 Abgesehen von einigen Werken des deutschen Impressionismus und einem Gemälde von Karl Hofer gingen den Sammlungen dabei alle Gemälde überregional bedeutender, zeitgenössischer Künstler verloren.805 Eine Vielzahl der Werke wurde noch vor der offiziellen Beschlagnahmeaktion 1937 verkauft. Diese Aktion betraf vor allem Werke des deutschen Expressionismus und Impressionismus, sodass innerhalb des Sammlungsbestandes eine gewaltige Verschiebung des Schwerpunktes von der zeitgenössischen Kunst hin zu Werken des 19. Jahrhunderts vorgenommen wurde. Eine Grundlage dieser unverzüg­lichen Umorientierung der Städtischen Kunstsammlung war die Zwangspensionierung des bis 1933 amtierenden Direktors, basierend auf dem vierten Paragraphen des nationalsozialistischen Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums, das am 7. April 1933 in Kraft trat. Dieses betraf alle Beamten, die „nicht Gewähr dafür“ boten, „dass sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat“ eintraten.806 Schreiber-Weigand wurde daraufhin – wie zahlreiche andere Direktoren – nur zwei Wochen nach Inkrafttreten, also Mitte April 1933, vorerst beurlaubt und dann am 24. November desselben Jahres in den Ruhestand versetzt.807 Nur wenig ­später erfolgte auch die Gleichschaltung des Kunstvereines Kunsthütte: Am 22. Mai 1933 fand eine außerordent­liche Generalversammlung des Kunstvereines statt, über die im Chemnitzer Tageblatt berichtet wurde: 804 Siehe dazu Saß 2017. 805 Siehe Anm. 635. Zu den Ankäufen des König-Albert-Museums von 1920 bis 1932 siehe Kap. 3.3.2. 806 Grotkopp 1992, S. 111/112. 807 Die Beurlaubung Schreiber-Weigands legt Christoph Zuschlag auf den 21. April 1933 fest. Zuschlag 1995, S. 93. Öffent­lich bekannt gegeben wurde diese am 24. April 1933. Chemnitzer Tageblatt vom 24. April 1933, S. 3. Zur Entlassung Schreiber-Weigands siehe StadtA Chemnitz, Personalakte Friedrich Wilhelm Schreiber-­Weigand PA194, Bl. 28 – 33. Das nachweis­lich erste Dokument des Reichsstatthalters in Sachsen, Martin Mutschmann, in dem er die Entlassung Schreiber-Weigands bekannt gibt, datiert auf den 30. Oktober 1933 (Bl. 28). Eine Abbildung des offiziellen Entlassungsschreibens vom 24. November 1933 an Schreiber-Weigand vom Sächsischen Ministeriums ist publiziert bei Milde (2010, S. 166).

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Stadtrat Ballerstedt von der Kreisleitung der NSDAP zum kommissarischen Vorsitzenden benannt begrüßte die Mitglieder und sprach ausführ­lich […]. Man erwarte auch von der Kunsthütte nicht bloß ein Bekenntnis zum Staate, sondern vor allem zum Volke, und deshalb habe die Ausstellungsleitung beseitigt werden müssen; denn ihr Kurs konnte volks- und damit auch staatsfeind­ lich erscheinen. Als Sendung der Kunsthütte sehe er [gemeint ist Ballerstedt, A. d. V.] an, sich besonders um die deutsche Kunst zu bemühen und verdient zu machen, wofür eben nur die Gleichschaltung sich verbürgen könne. […] Die erste Amtshandlung, die vorgenommen wurde, war die Außerkraftsetzung der Statuten bis zur Schaffung neuer im Geiste des jetzigen Staates, worin an Stelle des Parlamentarismus das Führerprinzip anerkannt sein müsse.808

Mit der sogenannten Gleichschaltung konnte die Dominanz der NSDAP im öffent­lichen Leben gewährleistet werden.809 Der Begriff wurde aus einem staats- und verfassungsrecht­lichen Kontext offiziell auf „totalitäre Lenkungsmaßnahmen“ im Nationalsozialismus übertragen.810 Im Umfeld der Kulturpolitik bedeutete dies eine „zentrale Kontrolle kultureller Aktivitäten und deren Instrumentalisierung für Propagandazwecke“.811 Der hier beschriebene Vorgang führt die Vehemenz und die Unverzüg­lichkeit vor Augen, mit der die bisherigen Entscheidungsträger des König-Albert-Museums ersetzt wurden.812 Das hatte unter anderem zur Folge, dass bis Jahresende 57 Mitglieder aus dem Verein Kunsthütte austraten.813 Als Vorsitzender des Kunstvereines wurde Waldemar Ballerstedt (1893 – 1968) bestätigt.814 Die Ausstellungsleitung, die vorher Schreiber-Weigand innehatte, übernahm der neue, seit April 1933 amtierende kommissarische Leiter des Museums, Wilhelm Rüdiger (1908 – 2000). Dieser wurde dann am 1. April 1934 zum Direktor ernannt.815 Mit Ballerstedt und Rüdiger besetzten nun zwei Männer die machtpolitisch entscheidenden Ämter für das Museum, die Kunstsammlung und den Kunstverein, die sich bereits länger kannten und eindeutig nationalsozialistischen Prinzipien verschrieben hatten. Beide vertraten öffent­lich nicht nur die nationalsozialistische 808 Chemnitzer Tageblatt vom 24. Mai 1933, S. 11. 809 Brenner 1963, S. 36. 810 Schlosser 2013, S. 137. 811 Ebd., S. 139. 812 Für den Kunstverein Kunsthütte wurde ein neuer Vorstand gewählt: „Als Vorsitzenden Stadtrat Ballerstedt, als stellvertretenden Vorsitzenden Rechtsanwalt Dr. Schumann [dieser war als einziger auch vor 1933 Mitglied im Vorstand des Vereines gewesen, A. d. V.], als Schriftführer Rechtsanwalt Dr. Stülpnagel, als Schatzmeister Bankdirektor Krügel, an Stelle des Kunstwarts zwei, näm­lich Maler Alfred Kunze und Bildhauer Emil Mund, als Ausstellungsleiter: der kommissarische Leiter der städtischen Kunstsammlung Dr. Wilhelm Rüdiger. Die beratenden Ausschüsse, die erst noch zusammengestellt werden, sollen alle Kräfte enthalten, die sich bisher als wertvoll und wirk­lich förder­lich erwiesen haben.“ Chemnitzer Tageblatt vom 24. Mai 1933, S. 11. 813 Juppe/Pfalzer 1992, S. 69. 814 Zu Ballerstedt siehe Saß 2017, S. 328 – 336. 815 Zuschlag 1995, S. 93; Chemnitzer Tageblatt vom 24. April 1933, S. 3.

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Kulturpolitik, sondern bedienten sich auch des Jargons und der Äußerungen von Hetzkampagnen gegen als jüdisch verfolgte Personen im Kunstbetrieb, die besonders in Verbindung mit Alfred Flechtheim zu Verschwörungstheorien ausgebaut wurden.816 Noch unter der Leitung Rüdigers fand im Chemnitzer Museum die Ausstellung Kunst, die nicht aus unserer Seele kam statt, die 15 Gemälde, drei Kleinplastiken und ungefähr 120 Papierarbeiten aus den Beständen der Städtischen Kunstsammlung sowie der Kunsthütte zeigte und sich in die zahlreichen Vorläufer der Femeausstellung Entartete Kunst reiht, die 1937 in München stattfand.817 Rüdiger verließ Chemnitz bald wieder und ging zum 1. August 1934 auf eigenen Wunsch nach München, um dort für den Völkischen Beobachter, für den er bereits vorher tätig gewesen war, als Kulturreferent zu arbeiten.818 Zum zentralen Akteur in der Chemnitzer Kulturpolitik avancierte Waldemar Ballerstedt, für den eigens im Sommer 1936 die Stelle des Städtischen Kulturrates konstituiert wurde. Damit fungierte er als Referent des Amtsvorstandes für den Geschäftsbereich des Kulturamtes, also der städtischen Kunstsammlung, der naturwissenschaft­lichen Sammlungen, des Heimatmuseums, der Stadtbücherei sowie der städtischen ­Theater.819 Laut Vertrag erhielt er ein Dienstzimmer im Museumsgebäude. Ballerstedt verfügte ab d­ iesem Zeitpunkt über nahezu uneingeschränkten Einfluss sowie Kontrolle über alle Bereiche der städtischen Kulturinstitutionen, denn ihm war nicht nur das gesamte Personal des K ­ ulturamtes 816 Zu Rüdiger und Ballerstedt siehe Saß 2017. Zu Flechtheim siehe Stötzel 2015, S. 263; Dascher 2011, S. 300/301; Jeuthe 2011, S. 52 und Jentsch 2008, S. 13 – 15. 817 Grundlegend zu der Ausstellung Kunst, die nicht aus unserer Seele kam siehe Zuschlag 1995, S. 93 – 100. Zu den Exponaten siehe Brix 1988, S. 65/66. Ob es einen Katalog zu der Ausstellung in Chemnitz gab, ist nicht bekannt. Bei Brix findet sich dennoch eine Liste mit ausgestellten Gemälden, zu denen er Künstler und Titel angibt. Als Quelle nennt er: „basierend auf Angaben von Friedrich SchreiberWeigand vorwiegend in Briefen an den Rat der Stadt Chemnitz 1933“ ohne nähere Angaben. Weder im Archiv der SKC noch im Chemnitzer Stadtarchiv konnten derartige Briefe durch die Verfasserin aufgefunden werden. Koldehoff übernimmt die Liste von Brix abgesehen von einem Gemälde von Wilhelm Rudolph Kuh und Kälbchen. Vgl. Koldehoff 2009, S. 162. Es fand eine Vielzahl von weiteren Ausstellungen in anderen Städten statt, die ebenso moderne Kunstentwicklungen diffamierten und die Zuschlag in seiner Publikation bespricht. Noch vor der Chemnitzer Ausstellung wurden im Jahr 1933 drei weitere Schauen gezeigt: Kulturbolschewistische Bilder vom 4. April bis 5. Juni in Mannheim, Regierungskunst 1918 – 1933 vom 8. April bis 30. April in Karlsruhe und Schreckenskammer vom 17. April bis 16. Mai in Nürnberg. Dazu siehe Zuschlag 1995, S. 58 – 100 und 335 – 337. Zu der Ausstellung in Mannheim siehe darüber hinaus: Zuschlag 1999. 818 Völkischer Beobachter, Münchner Ausgabe, 29./30. April 1933, Beiblatt: „PG. Dr. Wilhelm ­Rüdiger, unser ständiger Mitarbeiter, wurde zum kommissarischen Leiter der Chemnitzer Städtischen Kunstsammlung ernannt.“ 819 StadtA Chemnitz, Personalakte Waldemar Otto Julius Christian Ballerstedt B394, Bl. 48: Beschluss über die Einrichtung eines städtischen Kulturrates.

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unterstellt, sondern auch der gesamte Schriftverkehr wurde über seine Stelle geleitet. Die Forschungen zu Ballerstedt legen die außerordent­liche Machtposition seiner Person offen, die er durch geschicktes Taktieren auf lokalpolitischer Ebene einnehmen konnte – und das innerhalb kürzester Zeit.820 Dabei wird der Einfluss Ballerstedts auf die Besetzung beziehungsweise das Freiwerden verschiedener kulturpolitischer Ämter sowie auf die Belange der einzelnen Institutionen überhaupt evident. Seine gesicherte Position in der Stadt beruht sehr wahrschein­lich auf persön­lichen Verbindungen zu hohen NSDAP Parteifunktionären sowie zum Sicherheitsdienst der SS , der für den Abschnitt Chemnitz zusätz­lich durch ein selbstgefälliges und autokratisches Verhalten seiner Mitglieder geprägt war.821 In Anbetracht des umfassenden Handlungsspielraumes und Zuständigkeitsbereiches Ballerstedts hatte dieser wohl auch vornehm­lich die Verkäufe von Kunstwerken aus den Sammlungsbeständen der Städtischen Kunstsammlung sowie des Kunstvereines Kunsthütte zu verantworten. In ­diesem Kapitel soll zunächst untersucht werden, wie sich diese kulturpolitisch motivierten Verkäufe von den museumsstrategischen Transaktionen in anderen Zeithorizonten unterscheiden, um dann die konkreten Wege der Werke in den privaten Kunstmarkt zu beleuchten. Hierbei wird evident, dass die kulturpolitischen Entscheidungen einiger weniger Beamter in Chemnitz erheb­liche Auswirkungen auf den lokalen Markt und insbesondere auf die Handelstätigkeit der Chemnitzer Galerie Gerstenberger hatten.

4.3.1 Verkäufe von Kunstwerken aus Museumsbesitz: Ein Phänomen der nationalsozialistischen Kulturpolitik? Der Verkauf von Kunstwerken aus musealen Beständen stellte schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine üb­liche Praxis beispielsweise für die Beschaffung von Geldmitteln für Ankäufe dar. Ute Haug stellte fest, dass die Kunstmuseen rege am Kunstmarkt beteiligt waren und dabei nicht nur als Abnehmer in Erscheinung traten, sondern auch als Verkäufer von Sammlungsbeständen oder Partner für Tauschgeschäfte.822 Beatrix Alexander urteilte in ihrer Untersuchung zu den Gemäldeverkäufen aus dem Besitz der Stadt Köln: „Älter als die meisten Kölner Museen sind die Verkäufe aus den Sammlungen“.823 Alexander erläutert, dass Mitte des 19. Jahrhunderts beispielsweise eine Liste mit 574 Gemälden zusammengestellt wurde, die „wegen mangelnden Raumes, schlechten Zustands und geringer Qualität“ verkauft werden sollten. Es folgen weitere Beispiele aus dem ersten Viertel des 20. Jahrhunderts, die 820 Zu Ballerstedts Werdegang und Verstrickung in den nationalsozialistischen Machtapparat siehe Saß 2017. 821 Ebd., S. 335. 822 Haug 2007, S. 83. 823 Alexander 2010, S. 103, zum Folgenden ebd., S. 104 – 107.

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eine nicht mindere Anzahl von Kunstwerken betreffen, und auch in den 1920er Jahren sind einige Verkäufe dokumentiert.824 Zwar wurde 1924 beschlossen, dass Verkäufe aus städtischem Kunstbesitz vom Museums- und Unterausschuss des Finanzausschusses genehmigt werden mussten, dennoch regulierte diese Hürde in der Verwaltung die Verkaufszahlen nicht schlagartig nach unten. Auch noch in den Jahren von 1942 bis 1945 sind über 600 Bilder verkauft worden, die zumeist aus dem Bestand des Wallraf-Richartz-Museums stammten.825 Als Hauptargument für das massenhafte Abstoßen von Kunstwerken in den Jahren von 1942 bis 1945 kann das Akquirieren von Ankaufsmitteln gelten. Denn mit der Besetzung Frankreichs war es deutschen Museen mög­lich, vermehrt qualitativ hochwertige Kunstwerke zu erwerben. Anhand der Ausführungen Alexanders wird darüber hinaus deut­lich, dass es sich bei den Verkäufen keineswegs um Kunstwerke zeitgenössischer Künstlerinnen oder Künstler handelte, sondern um Werke des 15. bis 19. Jahrhunderts. Die Vorgehensweise in Köln kann dabei in Anbetracht der zahlreichen im gesamten Deutschen Reich stattfindenden sogenannten Dubletten-Auktionen beziehungsweise Auktionen, auf denen Kunstwerke aus dem Besitz städtischer oder staat­licher Museen versteigert wurden, als gängige Praxis bewertet werden.826 Für die Hamburger Kunsthalle ist eine groß angelegte Verkaufsaktion für das Jahr 1919 dokumentiert. Insgesamt waren 430 Werke gelistet, die als Konvolut veräußert wurden.827 Und auch in der Zeit z­ wischen 1919 bis 1944 sind immer wieder Verkäufe aus dem Sammlungsbestand zu verzeichnen, die alte Meister, Kunstwerke des 19. Jahrhunderts und der 824 Ebd. Nach Alexander wurden „drei Gemälde aus der Galerie der Neuzeit“ am 21. Dezember 1922 für 3,5 Millionen Mark versteigert. Am 8. Mai 1923 wurden „diverse italienische Gemälde des 14. und 15. Jahrhunderts“ bei Lempertz versteigert. 825 Ebd., S. 110. 826 Siehe dazu die Liste bei Haug 2007, S. 85/86 für den Zeitraum von 1901 – 1925. Bei einer Auktion bei Hugo Helbing in Frankfurt am Main am 5. und 6. Dezember 1933 kamen „Gemälde aus einem süddeutschen Museum“ zur Versteigerung: Nachlass Geheimrat Franz Rieffel, Frankfurt a. M., Nachlass eines süddeutschen Sammlers, Gemälde aus einem süddeutschen Museum, indische Plastik aus Sammlung Franz von Rexroth und anderer Besitz. Als weitere Beispiele für den Zeitraum von 1933 – 1945 können die Versteigerungen im Auktionshaus Julius Stern in Düsseldorf vom 18. März 1933 benannt werden, wo unter anderem „Gemälde alter und neuer Meister und altes Kunstgewerbe aus deutschem Museumsbesitz“ versteigert wurde; die Auktion am 27. und 28. November 1935 im Kunsthaus Lempertz in Köln, wo ebenfalls Kunstwerke aus Museumsbesitz angeboten wurden, sowie die Auktionen am 22. und 23. Oktober und am 10. und 11. Dezember 1937 im Kunstversteigerungshaus Ant. Creutzer vorm. M. Lempertz in Aachen. Weitere Beispiele sind die Auktionen Kunstwerke aus dem Besitz der Staat­lichen Museen Berlin bei Julius Böhler in München am 1. und 2. Juni 1937, Kunstgewerbe und Plastik aus dem Besitz eines deutschen Museums am 11. und 12. Dezember 1940 im Kunstversteigerungshaus von Adolf Weinmüller in München sowie die Auktion Gemälde des 19. Jahrhunderts aus dem Besitz eines westdeutschen Museums am 17. Dezember 1941 in Kunsthaus Lempertz in Köln. Vgl. Online-datenbank der German Sales 1930 – 1945. URL: < http://digi.ub.uni-heidelberg.de/de/ sammlungen/artsales.html> (28. Dezember 2020). 827 Haug 2007, S. 88.

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Klassischen Moderne gleichermaßen betrafen.828 Ein schlagendes Argument für die Verkäufe aus dem Museumsbesitz ist der zu erzielende Erlös als Mittel für Ankäufe. So erklärte auch der von 1919 bis 1937 am Provinzial- beziehungsweise Landesmuseum Hannover amtierende Direktor Alexander Dorner (1893 – 1957) im Jahr 1923, dass er „durch hochkarätige Verkaufsausstellungen, anläss­lich derer man entbehr­liche Kunstwerke des Museums abstoße“, plane, eine finanzkräftige Klientel an das Museum zu binden.829 Auch in Chemnitz wurden in den 1920er Jahren Kunstwerke aus dem städtischen Besitz veräußert, um andere anzukaufen, wie es in Kapitel 3.4.1 geschildert wurde. Diese Verkäufe wurden noch in den 1920er Jahren kritisch betrachtet und diskutiert, beispielhaft ist der genannte Fall, der zum Anlass einer Kampagne gegen den amtierenden Museumsdirektor, Friedrich Schreiber-Weigand, genommen wurde. Viele Verkäufe in der Zeit von 1933 bis 1945 müssen allerdings anders bewertet werden als die oben beschriebenen, denn diese dienten der Sammlungsgestaltung nach kunsthistorischen Kriterien und umfassten niemals den gesamten Bestand einer ganzen Epoche oder künstlerischen Stilrichtung. Die Entbehr­lichkeit wurde vielmehr mit der geringeren Qualität im Vergleich zu anderen Kunstwerken der gleichen Epoche und Kunstrichtung begründet. Während des Nationalsozialismus waren dagegen viele Veräußerungen aus den Museumsbeständen rein oder vornehm­lich kulturpolitisch bedingt und mit rassistischen und antisemitischen Argumenten begründet worden. Dabei wurden die Kunstwerke und Stilrichtungen nicht nur zum Teil gänz­lich aus den Sammlungen entfernt, sondern die Künstlerinnen und Künstler auch öffent­lich diffamiert. Die kulturpolitisch motivierten Veräußerungen und der Austausch von Kunstwerken umstrittener oder von Künstlerinnen und Künstlern, die nach den Nürnberger Rassegesetzen als jüdisch kategorisiert wurden, aus den Beständen deutscher Museen nach 1933 ist bisher noch nicht Thema einer umfassenden Studie gewesen.830 Vielmehr werden in der Literatur ledig­lich einzelne Beispiele benannt, die aber nur die Spitze des Eisberges darstellen.831 Ein Hinweis darauf, wie umfassend diese der interessierten Öffent­lichkeit bekannten Verkäufe waren, findet sich in einem Brief des vorzeitig pensionierten Direktors des Essener Museums Folkwang, Ernst Gosebruch (1872 – 1953), an das Museum in Halle im April 1937. Er schreibt, er habe gerüchteweise gehört, „dass das Museum Moritzburg nach dem Beispiel der Museen

828 Ebd., S. 89/90. 829 Katenhusen 2010, S. 173. Die Umbenennung des Museums erfolgte 1933. 830 Aktuell rekonstruiert die Hamburger Kunsthalle in einem Kooperationsprojekt mit Gesa Vietzen, Universität Hamburg, die Abgänge aus dem Sammlungsbestand. Siehe Haug/Jeuthe 2018. 831 Zu d ­ iesem Schluss kommt auch Gesa Vietzen anhand des von ihr gesichteten Materials. Jeuthe 2011, S. 112, Anm. 136. Auch der zu ­diesem Thema erschienene Aufsatz von Christoph Zuschlag gibt nur einen summarischen Überblick über Verkäufe aus den Museen in Düsseldorf, Essen, Hamburg, Karlsruhe, Mannheim und München. Vgl. Zuschlag 2016.

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in Chemnitz, Dessau, Düsseldorf [und] Essen gewisse Bilder, die nach Form und Inhalt von den volkserzieherischen Interessen des neuen Deutschland abgelehnt werden, abstoßen wolle […].“ 832 Gosebruch wollte das Werk Abendmahl von Emil Nolde erwerben.833 Die Hallenser Stadtverwaltung hatte sich zwar bei der Reichskammer der bildenden Künste hinsicht­lich derartiger Verkäufe rückversichert, stand diesen aber, im Gegensatz zu der Verwaltung in Chemnitz, skeptisch gegenüber: Selbst die hohen Mittel, die von einem gewissen Kreis zusammengebracht worden sind, können die Stadt nicht dazu bewegen, Noldes „Abendmahl“ abzugeben. Wie durch das ganze Schreiben hindurchklingt, scheinen sich jetzt private Kreise zusammenzuschließen, um s­olche Bilder, die von der nationalsozialistischen Partei bekämpft werden, in ihrem Besitz zu vereinigen.834

So veräußerte das Museum in Halle erst nach der Beschlagnahmeaktion Kunstwerke: drei kleine Gemälde und sechs Zeichnungen von Max Liebermann, ein kleines Gemälde von Hans Reichel (1892 – 1958) sowie jeweils ein Aquarell von Emil Nolde, Christian Rohlfs und Erich Heckel.835 Das Museum Folkwang in Essen veräußerte dagegen noch vor 1937, näm­lich im Juli 1936, ­Wassily Kandinskys Improvisation 28 an die Berliner Galerie Ferdinand Möller für 9.000,– RM.836 Der von 1934 bis 1937 amtierende Direktor des Museums, Klaus Graf von Baudissin (1891 – 1961), hatte bereits im Oktober 1935 Verkaufsverhandlungen mit der Kunsthandlung geführt.837 Die Veräußerung war allerdings nicht von allen Mitgliedern des Museumsausschusses befürwortet worden, vielmehr hatte es nur eine ausgesprochen knappe Mehrheit dafür gegeben.838 Ein Umstand, der von Baudissin durchaus bewusst war und nachträg­lich Anlass zur öffent­lichen Diskussion bot, denn von Baudissin hatte sein Handeln in einem Zeitungsartikel erläutert.839

832 Zitiert nach Hüneke 2005, S. 208. 833 Emil Nolde, Abendmahl, 1909, Öl auf Leinwand, 86 × 107 cm, Kopenhagen, Statens Museum for Kunst; Urban 1987 – 1990, Bd. 1, S. 280, Kat.Nr. 316. 834 Zitiert nach Hüneke 2005, S. 209. 835 Vgl. ebd. (Verzeichnis der Werke), S. 15, 23, 36/37, 70, 74, 108 und 141. 836 Wassily Kandinsky, Improvisation 28 (2. Fassung), 1912, Öl auf Leinwand, 113 × 158 cm, New York, The Solomon R. Guggenheim Museum; Benjamin/Roethel 1982 – 1984, Bd. 1, S. 433, Kat.Nr. 443. 837 Hüneke 1992, S. 122, Laufer 2012, S. 135 – 138 und vor allem Lüttichau 2010, S. 205 – 208. Von Baudissin setzte energisch die Richtlinien der nationalsozialistischen Kulturpolitik und des Antisemitismus durch, indem er beispielsweise die umstrittenen Kunstwerke von der rest­lichen Dauerausstellung separierte und als jüdisch verfolgte Mitglieder aus dem Museumsverein eigenmächtig, ohne Rücksicht auf dessen Vorstand, ausschloss (zu Letzterem siehe Laufer 2012, S. 140 – 145). Dazu siehe Lüttichau 2010, S. 204/205. 838 Die Abstimmung ergab elf zu zehn Stimmen für den Verkauf, wobei sich von Baudissin der Stimme enthielt. Lüttichau 2010, S. 206 und Laufer 2012, S. 136/137. 839 In einem Schreiben an den stellvertretenden Vorsitzenden des Museumsvereines Hermann Seippel (1884 – 1937) formuliert von Baudissin die Unstimmigkeiten hinsicht­lich des Verkaufes offen: „Für

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Das Museum Folkwang verfügt über einen reich­lichen Bestand an Werken, die 1933 ins Magazin verwiesen worden sind, in dessen Halbdunkel sie ihr gespenstisches Dasein weiterführen und in ihren schrillen Dissonanzen die zerrüttete Welt anklagen, der sie entstammen […]. Das Folkwangmuseum bewahrt im allgemeinen die Erzeugnisse dieser Gattungen als Beweisstücke für den Zustand vor der Machtübernahme auf. Dies Verfahren geht mit dem durch viele Erfahrungen als richtig bestätigten Grundsatz einig, aus Sammlungen der öffent­lichen Hand nichts zu verkaufen oder zu vertauschen. Eine einmalige Ausnahme war in ­diesem Fall ein Gebot der Vernunft. Durch den Verkauf tritt keine Verarmung des Museums ein; der Schatz dieser Beweisstücke ist reich genug, diese Einbuße zu ertragen. Auf der anderen Seite kann der erzielte hohe Gegenwert einer Kunst zugute kommen, für die wir uns einsetzen. […] Als Erinnerung aber an diesen Russifizierungsversuch der deutschen Kunst wird eine gute photographische Aufnahme durchaus genügen.840

Daraufhin verfasste Paul Joseph Cremers (1879 – 1941), Mitglied des Museumsausschusses und Redakteur der Rheinisch Westfälischen Zeitung, nur wenige Tage ­später eine Erwiderung, in der er den Verkauf kritisierte und den Grundsatz betonte, „den alten Osthausbestand des Folkwangmuseums unter allen Umständen wie versprochen [zu] wahren“.841 Von Baudissin antwortete ausgesprochen scharf wiederum in Form eines Zeitungsartikels und unterbreitete den Vorschlag, diejenigen, die es „immer noch nicht begriffen haben, einschließ­lich des sonderbaren Kunsttheoretikers jener westdeutschen Zeitung [gemeint ist hier Paul Joseph Cremers, A. d. V.]“ in der aus „Spitzenleistungen der Verfallskunst“ bestehenden Sammlung „acht Tage zwecks Ausgiftung“ einzusperren.842 Die hier öffent­lich geführte Diskussion verdeut­licht, dass über den Verkauf beziehungsweise den Austausch von Kunstwerken aus den Beständen der Museen keineswegs Einigkeit herrschte, und gleichzeitig, dass dieser Verkauf zur öffent­lichen Diffamierung des Künstlers genutzt wurde. Bleibt in Essen der Verkauf des Gemäldes von Kandinsky nach heutiger Forschungslage ein Einzelbeispiel, wurden aus dem Museum in Düsseldorf ganze Konvolute von Gemälden den Fall, dass das Angebot auf längere Frist hin nicht aufrecht erhalten wird, bitte ich vorsorg­lich um Stellungnahme auf der beigefügten Karte. Herr Ministerialdirektor Dr. v. Staa ist mit d ­ iesem Verfahren und mit dem Verkauf einverstanden. Herr Direktor Seippel, der stellvertretende Vorsitzende, ist bei Absendung d ­ ieses Schreibens nicht zu erreichen. Die Herren Colsmann und Henke habe ich telefonisch sprechen können. Sie haben Bedenken gegen den Verkauf. Diese Bedenken richten sich dagegen, den Bestand der alten Osthaus-Sammlung überhaupt anzutasten. Das Bild von Kandinsky gehört dazu.“ Zitiert nach: Köcke 1983, S. 107 (dort reproduziert). 840 Karl Graf von Baudissin in National-Zeitung vom 18. August 1936, zitiert nach: Köcke 1983, S. 109 (dort reproduziert). 841 Rheinisch Westfälische Zeitung vom 21. August 1936, zitiert nach Köcke 1983, S. 110 (dort reproduziert). Dabei hatte Cremers im Frühjahr/Sommer 1933 selbst gegen die Ankaufspolitik des noch bis September amtierenden Direktors des Folkwang Museums, Ernst Gosebruch, gewettert. Laufer 2012, S. 118/119 und Lüttichau 2010, S. 206, Anm. 31. 842 National-Zeitung vom 24. September 1936, zitiert nach Lüttichau 2010, S. 111 (dort reproduziert).

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  249

und Skulpturen vorwiegend expressionistischer Künstlerinnen und Künstler an die Kunsthandlungen Bammann in Düsseldorf und Ferdinand Möller in Berlin veräußert.843 Andere Museen tauschten Kunstwerke beim Künstler oder der Künstlerin selbst gegen andere ein, so die Nationalgalerie in Berlin, oder sie verhandelten mit Kunsthandlungen, die andere Werke im Austausch lieferten, wie es der Kunstverein in Jena mit der Berliner Galerie Nierendorf von 1935 bis 1937 handhabte.844 Den hier erwähnten Beispielen aus Berlin, Düsseldorf, Essen, Halle und Jena ließen sich noch einige weitere hinzufügen.845 Es lässt sich also anhand des aktuellen Forschungsstandes nicht genau erkennen, wie die einzelnen Museen auf die Tausch- und Kaufangebote von Kunsthändlerinnen und -händler oder Privatpersonen reagierten. Anhand der angeführten Beispiele wird deut­lich, dass es keine einheit­liche Handlungsdirektive für die durch die Museen aktiv betriebenen Verkaufs- und Tauschhandel gab. Vielmehr agierten die einzelnen Direktoren und Leiter unterschied­lich und nach persön­lichem Ermessen.

4.3.2 Der Handel mit expressionistischer Kunst im Nationalsozialismus Als Kulturrat wickelte Ballerstedt wohl auch die Beschlagnahmeaktion Entartete Kunst in Chemnitz gemeinsam mit der offiziellen Kommission ab, die am 19. August 1937 in die Stadt kam. Das legt zumindest der bereits besprochene Eintrag in Ballerstedts Gästebuch von Guido Joseph Kern nahe.846 Sicher­lich in der Nachkriegszeit verfasste Ballerstedt eine erklärende Bemerkung, die er um die von Kern angefertigte Zeichnung herum notierte (Abb. 55): Der Malerprofessor Dr. Kern aus Cottbus war auch Kunsthistoriker u. beschäftigte sich besonders mit Menzel u. Blechen, der ebenfalls aus Cottbus stammte. Er vermittelte der Städt. Kunstsamml. noch einige schöne Bilder v. Blechen u. sprach auch über Menzel bei uns. Ohne ihn zu fragen, 843 Obwohl durchaus Interesse auch vom Ausland bestand, wurden keine weiteren Werke aus dem Essener Museum Folkwang veräußert. Vgl. Lüttichau 2010, S. 207. Ausstellungskat. Duisburg 1983, S. 15/16. 844 Gesa Vietzen, die in ihrer Publikation die ausgetauschten Werke auflistet, kommt hinsicht­lich der Nationalgalerie in Berlin zu dem Schluss, dass nach dem Austausch „unter den modernen Werken kaum mehr Figurenbilder präsentiert wurden.“ Jeuthe 2011, S. 58. Zu Jena siehe Jenaer Kunstverein 2008. 845 Beispielsweise Karlsruhe und Wiesbaden (Iselt 2010, S. 87 – 92), ebenso Leipzig (Mehnert 1992, S. 24/25). Siehe dazu auch die Datenbank Entartete Kunst: Hier unter dem Suchstichwort: „Verlust durch: Verkauf/bzw. Tausch“. URL: (28. Dezember 2020). Dort sind allerdings bei Weitem noch nicht alle Werke erfasst. Die Suche für Chemnitz ergibt beispielsweise acht Treffer, tatsäch­lich sind aber in dem Zeitraum von 1933 – 1945 mindestens 18 Gemälde und Skulpturen und 17 Aquarelle und Zeichnungen verkauft oder eingetauscht worden. 846 Siehe Kap. 4.2.3.

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hatte ihn Hitler einer Kommission zugeteilt für die Beschlagnahme „entarteter“ Bilder. Wie er selbst darüber dachte, geht aus seiner ironischen Zeichnung hervor. So kam er auch zu uns: aber er sah nichts, warnte nur und ließ alles beim Alten. Er hat auch mehrfach eigene Bilder bei uns und Gerstenberger ausgestellt; besonders liebte er das Werk van Eycks.847

Auf die Aspekte des Verkaufes von Gemälden Karl Blechens an die Städtischen Kunstsammlungen sowie die Ausstellung bei Gerstenberger wurde bereits in Kapitel 4.2.3 eingegangen. Hinsicht­lich der Person Ballerstedts ist die Aussage zu der Beschlagnahme­aktion von Bedeutung. Er betreibt hier eine aktive Verschleierung der historischen Tatsachen und wendet damit eine Exkulpationsstrategie an: Zum einen spricht er Kern von einer selbstverantwort­lichen Schuld frei, als sei er zu einer Teilnahme an der Aktion gezwungen worden. Dabei verdeut­ licht nicht zuletzt die von Kern selbst angefertigte Zeichnung in Ballerstedts Gästebuch seine aktive Rolle in dieser Position.848 Zum anderen bagatellisiert Ballerstedt die Beschlagnahmeaktion an sich, denn die Bemerkung „und ließ alles beim Alten“ ist eine Farce im Hinblick auf die über 76 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Aquarelle, die in Chemnitz beschlagnahmt worden waren.849 Ballerstedt hegte anscheinend den Wunsch, die Sammlung des Chemnitzer Museums neu zu gestalten und die entfernten Werke durch andere zu ersetzen. Eine didaktische Gegenüberstellung von zwei Abbildungen in der Zeitschrift Der Türmer von Chemnitz aus dem Jahr 1936, die von Waldemar Ballerstedt herausgegeben wurde, verdeut­licht die Intention des Kulturrates (Abb. 58 und 59).850 Unter der Überschrift So versuchte man unser Antlitz zu verfälschen sind zwei Werke abgebildet, die bereits 1934 aus dem Bestand des Chemnitzer Museums verkauft worden waren, eines von Oskar Kokoschka und eines von

847 StadtA Chemnitz, Nachlass Waldemar Ballerstedt, 24, Eintrag Nr. 256 (Hervorhebungen wie im Original). 848 Auch im Gästebuch der Städtischen Kunstsammlungen sowie des Vereines Kunsthütte verewigte Kern sich mit der Parole „Beschlagnahmt!“ am 19. August 1937. KSChA SKC/Gästebuch der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz 1926-[1957], S. 75 und KSChA Kunsthütte/Gästebuch der Kunsthütte 1919 – 1944, S. 76. 849 Inklusive der Druckgraphik beläuft sich die Anzahl der beschlagnahmten Werke laut der „FischerListe“ auf 641. „Entartete“ Kunst: digital reproduction of a typescript inventory prepared by the Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, ca. 1941/1942. V&A NAL MSL /1996/7. URL : (28. Dezember 2020). Der hohe Anteil an Druckgraphik erklärt sich zum einen mit dem geringen Ankaufsetat des Museums während der Weimarer Republik. Viele Werke, die heute der Klassischen Moderne zugeordnet werden und beschlagnahmt wurden, waren als Druckgraphik erworben worden, da diese besonders preisgünstig war. So hatte Schreiber-Weigand beispielsweise Werke von Vertretern des Bauhauses und der Neuen Sachl­lichkeit sowie von Max Beckmann ledig­lich in Form von Druckgraphik erworben. Siehe Kap. 3.3.3 und Anm. 502. 850 Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 98/99.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  251

Abb. 58  Programmatische Gegenüberstellung von Ausschnitten von Kunstwerken der Klassischen Moderne mit einem Werk des Malers Carl Lange, 1936 (linke Seite)

Oskar ­Schlemmer.851 Dem stand auf der nächsten Seite das Porträt eines blonden, lieb­lichen Mädchens gegenüber, das in realistischer Malweise dargestellt und mit: Das ist ein deutsches Mädchenbild! überschrieben ist.852 Das hier genannte Ankaufsdatum für die Städtische Kunstsammlung, das Jahr 1934, macht unmissverständ­lich klar, ­welche Kunst aus dem Museum entfernt werden sollte, um „Platz“ für Werke zu machen, die dem Geschmack der in Chemnitz agierenden Vertreter der NS-Kulturpolitik mehr entsprachen. Die Beschlagnahmeaktion „Entartete Kunst“ trug maßgeb­lich zu dieser Sammlungsumstrukturierung bei, die darüber hinaus aktiv durch das Museum selbstständig betrieben wurde. Mindestens 38 Gemälde, Skulpturen, Zeichnungen und Aquarelle wurden in dem Zeitraum

851 Zu dem Werk von Kokoschka siehe Anhang 8.5.1, Nr. 17. Im Inventarbuch wird als Verkaufsdatum der 24. Januar 1935 angegeben. Bei dem Werk von Oskar Schlemmer handelt es sich vermut­lich um die Lithographie mit dem Motiv: Kopf im Profil mit schwarzer Kontur, 1920/21, 41 × 31 cm, veröffent­licht in der Mappe Die Schaffenden, 1921; Grohmann 1965, S. 346/347, Kat.Nr. GL6. 852 Abgebildet ist ein Werk mit dem Titel Marianne (1933, Öl auf Leinwand, 80,5 × 60 cm) des Chemnitzer Künstlers Carl Lange (1884 – 1971). Das Gemälde befindet sich noch heute in den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz. Auskunft von Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin vom 28. September 2015.

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Abb. 59 Programmatische Gegenüberstellung von Ausschnitten von Kunstwerken der Klassischen Moderne mit einem Werk des Malers Carl Lange, 1936 (rechte Seite)

von 1934 bis 1944 sukzessive über verschiedene Galerien und Kunsthändler verkauft oder eingetauscht.853 Die Galerie Gerstenberger führte alle diese Werke seit spätestens Mai 1934 in ihren Angeboten. Allein 17 Werke gingen nachweis­lich durch die Hände Grosshennigs, der damit hinsicht­lich der Verkäufe und auch der Angebote zu den am stärksten involvierten Kunsthändlern zählt (Anhang 8.5).854 Im Folgenden soll exemplarisch untersucht werden, wie die Kunsthandlung die Werke aus dem Museumsbestand veräußerte, um dann die Frage zu eröffnen, inwiefern die nationalsozialistische Kulturpolitik in Bezug auf die Klassische Moderne den lokalen Kunsthandel aktiv gestaltete. Obwohl die Galerie Gerstenberger vor 1933 kaum mit Werken des Expressionismus handelte und somit wohl nur wenig Kontakte zu entsprechenden Privatsammlerinnen und 853 Eine genaue Anzahl konnte nicht ermittelt werden, denn ein Einblick in die Inventarbücher wurde der Verfasserin vonseiten der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz verwehrt. Es bestand ledig­ lich die Mög­lichkeit, Informationen zu einzelnen Kunstwerken abzufragen. Diese mussten somit aus anderen Quellen erschlossen werden. Von einer Vollständigkeit der recherchierten Kunstwerke kann deswegen nicht ausgegangen werden. 854 Siehe dazu auch Saß 2017, S. 336 – 340.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  253

Abb. 60 Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an Eduard von der Heydt mit Werken aus dem Bestand des Chemnitzer König-AlbertMuseums, 1. Juni 1934

Privatsammlern hatte, wurde sie als bedeutendste Kunsthandlung der Stadt, die vermut­lich als einzige überregional gut vernetzt war, mit dem Verkauf der Kunstwerke aus Museumsbestand beauftragt. Mög­licherweise hatte sich Grosshennig auch aktiv um die Aufgabe bemüht, die zu ­diesem Zeitpunkt nicht unattraktiv war, da es sich schließ­lich um ausgesprochen qualitätsvolle Werke handelte, für die es noch immer genügend Kundinnen und Kunden gab.855 Für die Galerie Gerstenberger stellen die im Folgenden analysierten Angebotsauflistungen mit Werken aus dem Chemnitzer Museum jedenfalls eine Ausnahme dar: Nie zuvor und auch nie danach war die Kunsthandlung in der Lage, so viele Werke des deutschen Expressionismus gleichzeitig anzubieten.856 Am 1. Juni 1934 schickte die Galerie Gerstenberger eine Angebotsliste an „Baron von der Heydt, Elberfeld“, die 13 Gemälde, Skulpturen und Aquarelle von Ernst Barlach, Erich Heckel, Christian Rohlfs, Ernst Ludwig Kirchner, Karl Schmidt-Rottluff, George Grosz, 855 Jeuthe 2011, S. 61/62. 856 Wilhelm Grosshennig wurde daraufhin in der Nachkriegszeit für seinen Handel mit expressionistischen Kunstwerken und deren Verkäufe an westdeutsche Museen bekannt. Siehe Kap. 5.2 sowie das Schlusskapitel.

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Otto Mueller und Emil Nolde aufführt, mit dem Hinweis, dass diese „aus dem Besitz eines deutschen Museums jetzt günstig zu haben sind“ (Abb. 60).857 Bei dem hier adressierten Baron handelt es sich um Eduard von der Heydt (1882 – 1964), der zu ­diesem Zeitpunkt auch Vorsitzender des Freundeskreises der Nationalgalerie in Berlin war. Das Angebot mit der für Chemnitz unliebsamen Kunst erfolgte also an eine Museumssammlung, näm­lich die der Nationalgalerie in Berlin, wo expressionistische Werke auch bis zur Beschlagnahmeaktion im Jahr 1937 noch ausgestellt waren.858 Anhand des Vorgehens der Kunsthandlung wird hier der Umstand evident, dass das Verkaufen der Kunstwerke zu ­diesem Zeitpunkt allein auf die regionalen und personenbezogenen Umstände in Chemnitz zurückzuführen ist und es keine allgemeine Weisung gab. Wert und Museumsqualität der entsprechenden Werke waren den entscheidungstragenden Personen bewusst und es wurde wohl auch nicht als verwerf­lich empfunden, die abgestoßene Kunst in den Beständen anderer Museen zu wissen. Die sich seit 1929 im Bestand der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz befindende Skulptur von Ernst Barlach Stehende Bäuerin ist ein besonderes Beispiel des Zusammenspieles von propagandistischer Diffamierung und vollzogener Veräußerung. In drei Ausgaben der Chemnitzer Tageszeitung wurde eine massive Stimmungsmache gegen die Skulptur lanciert, nicht zuletzt, um eine nachträg­liche, öffent­liche Legitimierung des Verkaufs zu erwirken.859 Autor der Zeitungskampagne war der bereits erwähnte Waldemar Ballerstedt. Die Skulptur findet sich unter den Angeboten der Galerie Gerstenberger vom 1. Juni 1934 wieder, und zwar als teuerstes Werk mit 4.500,– RM. In einem anderen Schreiben an von der Heydt vom 7. Juni 1934 wird dieselbe Skulptur jedoch auch von der Galerie Alex Vömel in Düsseldorf angeboten, hier für 4.000,– RM: „Ein deutsches Museum, dessen Namen ich Ihnen vertrau­lich nennen kann: Chemnitz, ist gezwungen die herr­liche […] Holzplastik von Ernst Barlach ‚Stehende Bäuerin‘ […] zu verkaufen“, schreibt Vömel und fügt hinzu: „Der inzwischen verabschiedete 857 SMB-ZA, I/NG 1375, Bl. 225a: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Eduard von der Heydt vom 1. Juni 1934. 858 Die Präsentation und Auswahl der Werke war allerdings stark verändert. Janda 1992, S. 111, siehe auch Janda 1988. Auch in der neuen Ausstellungspräsentation von Harald Busch (1904 – 1983), der von Mai 1934 bis Oktober 1935 wissenschaft­licher Assistent an der Hamburger Kunsthalle war, waren 1935 noch Säle mit Werken von Lovis Corinth, Max Liebermann, Edvard Munch und Emil Nolde sowie ein sogenanntes „Brücke-Kabinett“ integriert. Luckhardt 1994, S. 47 – 52. 859 Ernst Barlach, Stehende Bäuerin, 1921, Holz, 98 × 50 × 27 cm, Privatbesitz; Laur 2006, S. 176, Kat.Nr. 337. Chemnitzer Tageszeitung vom 8. Juli, S. 3/4; vom 15. Juli, S. 4 und vom 12. August 1934, S. 15. Aus den Artikeln geht hervor, dass der Verkauf bereits vollzogen war, sodass für diesen ein terminus ante quem, näm­lich der 8. Juli 1934, festgelegt werden kann. Laut Elmar Jansen wurde die Skulptur von Fritz Niescher erworben, über eine vermittelnde Kunsthandlung lässt sich kein Hinweis finden (Ausstellungskat. Berlin 1981, Bd. 1, S. 76). Im Inventarbuch findet sich nur der Hinweis: „verkauft“. Auskunft Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin am 4. Dezember 2013. Dazu siehe Saß 2017, S. 328/329.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  255

Museumsdirektor Schreiber-Weigand hatte sie vor einigen Jahren erworben.“ 860 In der Galerie Vömel wurde die Skulptur im Juni 1934 sogar ausgestellt.861 Die Vermutung, die Museumsleitung habe sich nicht nur an Grosshennig gewandt, um die Kunstwerke zu verkaufen, liegt somit nahe, da zumindest ein Tauschhandel mit Vömel dokumentarisch belegt ist.862 Die teilweise überlieferte Korrespondenz der Galerie Gerstenberger mit der Galerie ­Ferdinand Möller in Berlin lässt allerdings den Schluss zu, dass nicht das Museum selbst, sondern Grossshennig die Kontakte zu verschiedenen Galerien hergestellt hatte. Dieser wandte sich nicht nur an mög­liche Käuferinnen oder Käufer, sondern auch an Kunsthandlungen, die bekannt für den Handel mit expressionistischen Kunstwerken waren. Am 26. Mai 1934 schrieb Grosshennig an Möller mit der Bitte, bei seinen „Privatkunden sofort einmal Fühlung zu nehmen“ und mitzuteilen, für w ­ elche der Bilder er Interesse habe.863 Das Schreiben beinhaltete eine Liste mit elf Kunstwerken aus dem Besitz des Chemnitzer Museums. Möller hielt mit Grosshennig Rücksprache und korrigierte Preise nach unten, so beispielsweise bei dem Gemälde Das Wohnzimmer von Ernst Ludwig Kirchner von 2.500,– RM auf 1.500,– RM (Abb. 61).864 Grosshennig akzeptierte und sandte Möller am 31. Mai eine zweite Angebotsliste mit neuen Preisen, hinter denen er vermerkte „wie Sie [gemeint ist Möller, A. d. V.] es sich gedacht hatten“, oder „laut Ihrem [gemeint ist Möllers, A. d. V.] Vorschlag“ (Abb. 62).865 Auch das bereits erwähnte Angebot an von der Heydt beinhaltete die wesent­lich nach unten korrigierten Preise. Das hier zu beobachtende Eingreifen Möllers in Grosshennigs Preispolitik, dem Grosshennig selbst zügig nachkam, offenbart nicht zuletzt, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Galerie Gerstenberger keine umfäng­liche Expertise für den Handel mit den entsprechenden Kunstwerken hatten und dem Rat des erfahrenen Kollegen folgten. Mög­licherweise ist das ein Grund dafür, dass der Verkauf nur schleppend anlief, denn viele Werke konnten erst 1935 oder 1937 veräußert werden. Einige der Werke aus dem Museumsbestand sind sogar erst nach der Beschlagnahmeaktion am 19. August 1937 durch Grosshennig verkauft worden, was vermuten lässt, dass diese Werke sich zum Zeitpunkt der Aktion nicht im Museum befanden, sondern als Kommissionsware in den Räumen der Galerie Gerstenberger. Noch im Jahr 1944 veräußerte die Galerie ein Selbstporträt von Renée Sintenis aus dem Besitz der Kunsthütte.866 Die Schwierigkeiten beim Verkauf der Ware sind zu Beginn 860 SMB-ZA, I/NG 1375, Bl. 225b: Schreiben der Galerie Alex Vömel an die Nationalgalerie Berlin vom 7. Juni 1934. 861 Saß 2017, S. 337. 862 Siehe Anhang 8.5.2, Nr. 36. 863 BG-KA-N/F.Möller-207-M77,42: Schreiben vom 26. Mai 1934 von der Galerie Gerstenberger an die Galerie Ferdinand Möller. 864 Zum Werk siehe Anhang 8.5.1, Nr. 14. 865 BG-KA-N/F.Möller-207-M77,40: Schreiben vom 31. Mai 1934 von der Galerie Gerstenberger an die Galerie Ferdinand Möller, S. 1. 866 Siehe Anhang 8.5.1, Nr. 35. Das Werk sollte anscheinend bereits im Jahr 1938 verkauft werden. Auch in ­diesem Fall hatte sich

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Abb. 61 Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an Ferdinand Möller mit Werken aus dem Bestand des Chemnitzer König-AlbertMuseums, 26. Mai 1934

der 1930er Jahre tatsäch­lich eher unverständ­lich, denn Werke des Expressionismus wurden nachgefragt und die von Grosshennig verlangten Preise bewegten sich vor allem nach der Korrektur Möllers zu großen Teilen eher im unteren Bereich des Üb­lichen.867 Dennoch scheint das allgemeine Kaufinteresse eher verhalten gewesen zu sein, wie es Möller selbst beobachten konnte, was auch zu Unstimmigkeiten ­zwischen den beiden Kunsthändlern führte, da sich Grosshennig parallel zu Möller mit derselben potenziellen Kundschaft in Verbindung setzte.868 Grosshennig an Ferdinand Möller gewandt, der das Werk 1938 in seinen Angeboten führte. BGGFM-C, II 1, 248: Schreiben von Ferdinand Möller an Wilhelm Fulda vom 30. Mai 1938. 867 So beispielsweise im Hinblick auf die zwei Werke von Emil Nolde, dessen Nachfrage stetig anstieg. In dem Zeitraum von 1938 bis 1944 bewegten sich die mittleren Preise für Gemälde von Emil Nolde ­zwischen 1.625,– und 2.714,– RM, für Erich Heckel ­zwischen 630,– und 1.190,– RM, wobei Spitzenpreise bis 1.880,– RM erzielt werden konnten. Für Ernst Ludwig Kirchner dagegen waren die mittleren Preise mit z­ wischen 260,– und 1.450,– RM etwas niedriger und die Preisforderungen Grosshennigs sind eher am oberen Rand zu verorten. Jeuthe 2011, S. 158, 161, 181 und 191. Zu Noldes finanzieller Lage im Nationalsozialismus siehe Fulda 2015a, S. 262 – 268. 868 BG-GFM-C, II 1, 539 – 1,548: Schreiben von Ferdinand Möller an Wilhelm Grosshennig vom 15. Juni 1934.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  257

Abb. 62 Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an Ferdinand Möller mit Werken aus dem Bestand des Chemnitzer König-AlbertMuseums, 31. Mai 1934

Von Nolde konnte nur das Werk Christus in Bethanien verkauft werden und für das Gemälde Die weiße Kuh von Ernst Ludwig Kirchner (Tafel 5) fand sich überhaupt keine Käuferin oder Käufer:869 Versuchte Grosshennig noch im September 1934 Möller zu einem Abschluss bei dessen Kunden zu drängen, indem er schrieb: „Wegen der ‚Kuh‘ von Kirchner wäre es vielleicht angebracht, wenn Sie Ihren Interessenten einmal um eine Entscheidung bitten würden, weil wir das Bild sonst hier endgültig anderweitig verkaufen können“, schätzte Möller dagegen das Werk als das „schwerste der ganzen Sammlung“ ein.870 Und tatsäch­lich befand es sich s­päter im Beschlagnahmekonvolut des Chemnitzer Museums. Die Schwierigkeit lag mög­licherweise in der Provenienz der Werke, denn die Galerie Gerstenberger beteiligte sich hier an einer Aktion, die für die Künstlerinnen und Künstler eine massive Beleidigung 869 Ernst Ludwig Kirchner, Die weiße Kuh, 1920, Öl auf Leinwand, 80 × 85 cm, Hamburg, Kunsthalle. Emil Nolde, Christus in Bethanien siehe Anhang 8.5.1, Nr. 26. 870 Zitat von Grosshennig: BG-GFM-C, II 1,542: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Galerie Möller vom 1. September 1934. Zitat von Möller: ebd., 469: Schreiben der Galerie Möller an Wilhelm Grosshennig vom 17. Oktober 1934.

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darstellte. Grosshennig ist sich dessen durchaus bewusst und weist Möller auf die prekäre Situation hin, indem er schreibt: „Wir würden empfehlen, den Künstlern gegenüber nicht von diesen Verkäufen zu sprechen.“ 871 Der Großteil der Käuferinnen oder Käufer, die Werke aus dem Bestand des KönigAlbert-Museums von der Galerie Gerstenberger erwarben, ist nicht bekannt. Die wenigen Beispiele, die dokumentiert sind, belegen, dass viele der Verkäufe nicht an Museen erfolgten, sondern an Privatpersonen. An den Chemnitzer Sammler Karl Goeritz konnte Grosshennig im Jahr 1935 ein Selbstporträt von Max Liebermann und 1937 das Triptychon Badende von Erich Heckel verkaufen.872 Zum gleichen Zeitpunkt wie die Gemälde von Heckel wurde auch das Gemälde Frau im Schilf von Max Pechstein an Goeritz verkauft.873 Ob diese Veräußerung ebenfalls über die Galerie Gerstenberger erfolgte, ist zwar nicht dokumentiert, aufgrund der Gleichzeitigkeit mit dem Verkauf des Werkes von Heckel aber wahrschein­lich. Vier der Gemälde, jeweils eines von Ernst Ludwig Kirchner und Otto Mueller sowie zwei von Karl Schmidt-Rottluff, konnte Grosshennig sehr wahrschein­lich an den nicht weit von Chemnitz entfernt ansässigen Sammler Herbert Kurz (1892 – 1967) veräußern.874 Kurz war Inhaber der Herbert Kurz GmbH Mechanische Weberei in Meerane (Sachsen).875 Für alle vier Werke ist die Provenienz nach Ausscheiden aus der Museumssammlung zunächst mit der Galerie Gerstenberger und dann mit Herbert Kurz, Meerane bzw. WolframsEschenbach angegeben.876 Weitere Geschäftsverbindungen ­zwischen Kurz und Grosshennig können zumindest für die Nachkriegszeit nachgewiesen werden.877 Sehr wahrschein­lich knüpften hier beide an einen bereits bestehenden Kontakt aus der Zeit vor 1945 an. Die Werke aus dem Bestand des König-Albert-Museums werden einerseits in Angebotslisten der Galerie Gerstenberger gelistet, die sich ausschließ­lich aus ­diesem Bestand zusammensetzen. Andererseits sind diese Werke aber Teil von Angebotszusammenstellungen, in 871 BG-KA-N/F.Möller-207-M77,40: Schreiben vom 31. Mai 1934 von der Galerie Gerstenberger an die Galerie Ferdinand Möller, S. 2. 872 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 10 und 20. Zu Karl Goeritz siehe Kap. 3.4.2. 873 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 28. 874 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 14, 24, 30 und 38. 875 Für die Informationen zu Herbert Kurz bedanke ich mich herz­lich bei Christina Thomson, Staat­liche Museen Berlin. Umfang und Zusammensetzung der Sammlung Kurz sind unbekannt. Während des Krieges war die Sammlung in verschiedenen Banken und Museen ausgelagert. Nach dem Krieg lebte Kurz ab 1949 bis zu seinem Tod in Wolframs-Eschenbach. Anhand verschiedener Werke, die von seinen Erben veräußert wurden, wird deut­lich, dass zu der Sammlung Werke von Künstlern wie Munch, Kokoschka, Beckmann, Kirchner, Macke und Marc gehörten. Mitteilung von Thomson an die Verfasserin vom 18. September 2014. 876 Vgl. Anhang 8.5.1. 877 Auskunft von Christina Thomson, Staat­liche Museen zu Berlin, an die Verfasserin am 18. September 2014.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  259

Abb. 63/1 und 2  Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin, 12. Juni 1935

denen Werke verschiedener Provenienzen gelistet sind. Das lässt sich deut­lich am Beispiel der Skulptur Das Grauen von Ernst Barlach nachvollziehen, die ab 1. Juni 1934 immer wieder angeboten wurde, bis sie laut Inventarbucheintrag am 20. April 1937 durch die „Kunsthandl[ung] Gerstenberger“ verkauft werden konnte.878 Dabei wurde sie zunächst in dem bereits oben erwähnten Schreiben vom 1. Juni 1934 an Eduard von der Heydt gemeinsam mit anderen Werken des Expressionismus aus dem Museumsbesitz gelistet (Abb. 60). Ein Jahr s­ päter, am 12. Juni 1935, bot Grosshennig sie wiederum der Nationalgalerie an, diesmal aber gemeinsam mit Werken ganz verschiedener Stilrichtungen und Epochen, wie beispielsweise von Hans Thoma, Anselm Feuerbach, Moritz von Schwind und Lovis Corinth (Abb. 63).879 Das ­gleiche Angebotsschreiben wurde ebenfalls am 12. Juni 1935 an die Kunsthalle in ­Mannheim gesandt

878 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 1. 879 SMB -ZA , I/NG 938, Bl. 437: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie vom 12. Juni 1935.

260 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

und vermut­lich noch an weitere Museen im Deutschen Reich (Abb. 64).880 Ein weiteres hier gelistetes Werk stammte ebenfalls aus dem Bestand des König-Albert-Museums: Selbstbildnis als 75-jähriger von Max Liebermann.881 Am 5. Oktober 1935 ist die Skulptur von Barlach dann in einer ähn­lich zusammengesetzten Angebotsliste zu finden, die vermut­lich ebenfalls an mehrere Museen gesandt wurde.882 Grosshennig änderte dabei seine Strategie und betonte nun nicht mehr die Herkunft der Werke, sondern gliederte sie in die Masse der Angebote ein. Die lange Zeitspanne vom ersten Angebot bis zum tatsäch­lichen Verkauf, in d ­ iesem 880 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 12. Juni 1935. Die hier zu sehenden Annotaionen werden in Kap. 4.4.2 besprochen. 881 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 20. 882 SMB-ZA, I/NG 939, Bl. 21: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie vom 5. Oktober 1935 und Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 5. Oktober 1935.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  261

Abb. 64 Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle in Mannheim, 12. Juni 1935

Fall sind es drei Jahre, bestätigt die besondere Schwierigkeit, derartig prominente Werke aus Museumsbesitz zu verkaufen. Viele der Werke aus dem Bestand des König-Albert-Museums wurden somit auch erst nach der Beschlagnahmeaktion am 19. August 1937 veräußert. Dazu zählt beispielsweise das Gemälde von Karl Schmidt-Rottluff Männer bei Kerze, das laut Inventarbucheintrag am 22. Oktober 1937 durch die „Kunsthandlung Gerstenberger“ an den bereits erwähnten Sammler Herbert Kurz verkauft wurde.883 Ein ganzes Konvolut von 15 Werken, das hauptsäch­lich Aquarelle und Zeichnungen umfasste, wurde nach einem Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. September 1937 veräußert, also nur einen Monat nach der Beschlagnahmeaktion in Chemnitz.884 Eine vermittelnde Kunsthandlung ist in ­diesem Zusammenhang nicht dokumentiert. Am gleichen Tag wurde allerdings auch der bereits erwähnte Verkauf der Gemälde von Max Pechstein und Erich Heckel an Karl Goeritz beschlossen und zumindest für das letztgenannte ist die Vermittlung über die Galerie 883 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 30. 884 Das geht aus einem Vermerk im Inventarbuch bei den entsprechenden Einträgen hervor. Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 5, 6, 8 – 12, 14, 16, 20, 21, 29, 32.

262 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 65  Auflistung der Kunstwerke aus dem Bestand der Chemnitzer Kunsthütte, die von 1933 bis 1937 über die Galerie Gerstenberger verkauft wurden, 28. September 1937

Gerstenberger nachweisbar.885 Mög­licherweise waren die Kunstwerke in den Räumen der Galerie ­Gerstenberger eingelagert. Mindestens sieben der 13 Aquarelle und Zeichnungen sind ab 1934 in den Angebotslisten der Kunsthandlung verzeichnet.886 Es ist somit nicht unwahrschein­lich, dass das ganze Konvolut an oder über die Galerie Gerstenberger verkauft worden ist. Die Preise, die in dem Inventarbuch für die Verkäufe der Werke genannt sind, weichen dabei ausgesprochen stark von den in den Angebotsschreiben geforderten Preisen ab. Eine Zusammenstellung aus dem Jahr 1937, in der Werke aus dem Besitz des Chemnitzer Kunstvereines gelistet sind, die über die Galerie Gerstenberger verkauft wurden, verzeichnet beispielsweise das Aquarell Gehöfte von Karl Schmidt-Rottluff mit 20,– RM (Abb. 65). In einem Angebot an die Nationalgalerie in Berlin forderte Grosshennig dafür aber 350,– RM.887 Die Skulptur Das Grauen von Barlach verkaufte Grosshennig laut Inventarbucheintrag letzt­ lich im Jahr 1937 für 1186,50 RM, obwohl er 1935 noch 2.800,– RM dafür gefordert hatte.888 Ob diese Angaben tatsäch­lich der Wahrheit entsprachen oder Grosshennig hier eine hohe 885 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 9 und 26. 886 Vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 6 – 13, 15, 16, 18, 22, 23, 28, 31, 34. 887 SMB -ZA , I/NG 937, Bl. 636: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie vom 11. September 1934. 888 SMB -ZA , I/NG 939, Bl. 21: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie vom 5. Oktober 1935. Anfäng­lich forderte Grosshennig für das Werk 3.800,– RM. SMB-ZA, I/NG 1375 Bl. 225a: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Eduard von der Heydt vom 1. Juni 1934.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  263

Provisionsrate einstrich, kann aufgrund der fehlenden Geschäftsbücher nicht überprüft werden. Das wäre vor allem vor dem Hintergrund interessant, weil sich die Angebotspreise von Grosshennig eher am unteren marktüb­lichen Preis orientierten. Dafür, dass Grosshennig aufgrund der eher schleppend anlaufenden Verkäufe die Preise noch weiter nach unten korrigierte, finden sich keine Hinweise in den Angebotsschreiben der Kunsthandlung. Da die Museumsleitung die für den Verkauf vorgesehene Kunst gering schätzte und die Veräußerung politisch begründet war, ist ein voreiliges bewusstes oder unbewusstes Unter-WertVerkaufen an die Kunsthandlung allein mit dem Ziel, das Kunstwerk nicht mehr im Bestand des Museums zu wissen, eine mög­liche Erklärung für die hohe Preisdifferenz. Das kann vor allem für die Verkäufe nach der Beschlagnahmeaktion angenommen werden. Hier wäre die Galerie Gerstenberger ein Nutznießerin der politischen Situation gewesen. Ähn­liche Wertausgleiche, die nach heutigen Wertvorstellungen nicht angemessen erscheinen, können anhand verschiedener Tausch- oder kombinierter Tausch-Kauf-Vorgänge beobachtet werden. So erhielt die Städtische Kunstsammlung für das Bildnis Lyonel Feiningers von Karl Schmidt-Rottluff (Tafel 6) das viel kleinere Porträt Oswald von Schönbergs von Ferdinand von Rayski und für eine Gartenterrasse in Wannsee von Max Liebermann eine Fjordlandschaft von Johan Christian Clausen Dahl, die ebenfalls ein kleineres Format aufwies.889 Im Jahr 1938 wurde eine Walchenseelandschaft von Lovis Corinth an die Galerie Gerstenberger verkauft, die bereits den Ankauf ­dieses Werkes im Jahr 1927 vermittelt hatte. Damals hatte sie für das Gemälde 11.000,– RM erhalten.890 Laut Inventarbucheintrag bezahlte die Kunsthandlung dem Museum im Jahr 1938 bei der Rückerwerbung ledig­lich 1.500,– RM . Der rest­liche Wertausgleich erfolgte in Form von zwei Kunstwerken: „Bild 350“ und „Z 537“.891 Bei dem Werk „Z 537“ handelte es sich vermut­lich um eine von zwei kleinen Tuschezeichnungen Caspar David Friedrichs, die 1938 in den Angeboten der Galerie gelistet und dort mit jeweils 1.100,– RM veranschlagt waren.892 Das „Bild 350“ ist mit einem Gemälde von Adrian Ludwig 889 Zu den Werken vgl. Anhang 8.5.2, Nr. 37/38. 890 KSC hA SKC , Inventarbuch Sammlung von Gemälden und Plastiken der Stadt Chemnitz, S. 21: „29. April 1927 Ankauf durch Kunstausstellung Gerstenberger, Chemnitz“; vgl. Anhang 8.5.1, Nr. 5. 891 Ebd.: „verk. durch Kunsthandlung Gerstenberger für 1.500,– M [sic] dazu Bild 350 u. ‚Z‘(?) 537.“ 892 „Z 537“ bezeichnet laut Inventarbuch eine Zeichnung von Caspar David Friedrich, Strauch auf einsamer Höhe, 1802, Tusche, 9,6 × 14,9 cm. Mitteilung von Kerstin Drechsel, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, an die Verfasserin am 3. und 4. Dezember 2014. Bayerische Staatsgemäldesammlung, Registratur, Kaufangebote durch Kunsthandlungen, 21/1a: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Bayerische Staatsgemäldesammlung vom 12. Mai 1938. Die Größe der hier gelisteten Zeichnungen von Friedrich ist mit 10 × 15 cm angegeben. Obwohl die Titel Steilküste auf Rügen mit Blick auf das Meer und zwei Personen und Hügelige Landschaft mit zwei Personen, dem der Zeichnung 537 im Chemnitzer Museum nicht entsprechen, ist auf beiden Werken ein Hügel mit einem Strauch beziehungsweise kleinen Bäumen zu sehen und könnten somit bildmotivisch den Titel Strauch auf einsamer Höhe bedienen. Eine andere Zeichnung aus der Zeit um 1802 ist nicht im Werkverzeichnis zu finden.

264 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Richter zu identifizieren, das die Kunsthandlung auf der Versteigerung bei C. G. Boerner am 25. Mai 1938 für 1.900,– RM erworben hatte.893 Insgesamt hatte das Museum für das Gemälde Corinths also einen Wertausgleich von höchstens 4.500,– RM erhalten. Das Geschäft ­zwischen Grosshennig und dem Chemnitzer Museum bewegte sich dennoch innerhalb der allgemein vorherrschenden Preisentwicklung. In den Jahren von 1933 bis 1942 erreichten die Werke von Lovis Corinth auf dem deutschen Kunstmarkt Handelspreise in einer Spanne von 1.750,– bis 5.180,– RM.894 Allein für das Chemnitzer Museum war das Abstoßen eines Teiles der Werke des deutschen Impressionismus ein massives Verlustgeschäft. Anhand der Tauschgeschäfte wird besonders augenschein­lich, dass das Bestreben bestand, die Kunstwerke, die dem Museum durch den Verkauf verloren gingen und vor 1933 noch fester Bestandteil der Dauerausstellung waren, durch andere zu ersetzen. In anderen Museen kann ein ähn­liches Verhalten beobachtet werden. Kathrin Iselt erläutert in ihrer Publikation zu Hermann Voss (1884 – 1969), dass dieser im Jahr 1937 als Direktor des Nassauischen Landesmuseums verschiedenen Kunsthändlern „quasi im Akkord zahlreiche ‚Depotwerke‘ als Tauschware gegen ‚ausstellungsfähige‘ Kunst an[bot]“.895 Ebenso kommt sie hinsicht­ lich der schnellen Abwicklung der Genehmigungen für Verkaufs- und Tauschaktionen zu einem ähn­lichen Ergebnis, wie es auch für Chemnitz zu beobachten ist, näm­lich dass es Voss gelungen war, „den Kulturdezernenten von der Dring­lichkeit der Angelegenheit zu überzeugen, die ‚Depotkunst‘ so schnell und effizient wie mög­lich […] einzutauschen“.896 Eine derartige Dring­lichkeit wird auch in Anbetracht des bereits erwähnten Beschlusses der Chemnitzer Stadtkämmerei vom 20. September 1937 ersicht­lich, der ein ganzes Konvolut an Kunstwerken umfasste, die nach der Beschlagnahmeaktion keinesfalls wieder im Museum hätten ausgestellt werden können. Die Verkaufsrate Grosshennigs bei seinen angebotenen Werken spricht rückblickend trotz der benannten Schwierigkeiten für ein erfolgreiches Geschäft, das er aufgrund der Machtverschiebung abwickeln konnte. Für 17 Werke ist der Verkauf über die Galerie Gersten­berger nach aktueller Forschungslage nachgewiesen und vermut­lich liegt die tatsäch­ liche Anzahl um einiges höher. Darüber hinaus machen die Angebotslisten der Galerie Gerstenberger deut­lich, dass es durchaus erwünscht gewesen wäre, noch mehr Werke vor Zu den zwei Zeichnungen siehe Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 252, Kat.Nr. 44 und 45 (hier auf 1800 datiert) sowie Sumowski 1970, S. 140, Abb. 284 und 285 (hier auf 1802 datiert). 893 Laut Preisbericht in der Weltkunst 12, H. 24/25, 1938, S. 4. Adrian Ludwig Richter, Ziegenhirtin im Tal bei Amalfi, 1853, Öl auf Pappe, 15,3 × 20 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; zum Ankauf siehe Kap. 4.4.1. 894 Jeuthe 2011, S. 143. 895 Iselt 2010, S. 90. Ebenso wurde der Erlös aus dem Verkauf des Werkes von Wassily Kandinsky aus dem Bestand des Folkwang Museums in Essen für den Ankauf einer Zeichnung von Caspar David Friedrich genutzt. Laufer 2012, S. 137. 896 Iselt 2010, S. 91.

Die Galerie Gerstenberger als Händler expressionistischer Kunstwerke  I  265

der Beschlagnahmeaktion zu veräußern, denn die Galerie Gerstenberger führte neben den hier aufgeführten Kunstwerken (siehe Anhang 8.5), die verkauft oder getauscht werden konnten, nachweis­lich noch neun weitere Werke in ihren Angeboten ab Mai 1934, die letztend­lich beschlagnahmt wurden.897 Die hier beschriebenen Vorgänge waren die direkte Folge der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933, deren Auswirkungen für die Städtische Kunstsammlung und den Kunstverein Kunsthütte in Chemnitz gravierend waren. Sicht­lich war Ballerstedts Handeln durch Antisemitismus und die im National­ sozialismus verstärkt betriebene Diffamierung der modernen Kunst beeinflusst. Anhand des Vorgehens der Galerie Gerstenberger wird hier der Umstand evident, dass das Verkaufen der Kunstwerke zu ­diesem Zeitpunkt allein auf die regionalen und personenbezogenen Umstände in Chemnitz zurückzuführen ist und es keine allgemeine Weisung gab. Wert und Museumsqualität der entsprechenden Werke waren den entscheidungstragenden Personen durchaus bewusst. In Anbetracht der Kampagne gegen den ehemaligen Museumsdirektor Friedrich Schreiber-Weigand, die im Dezember 1923 von Alfred Streubel initiiert wurde, liegt die Vermutung nahe, dass der durch Ballerstedt motivierte Verkauf der expressionistischen Kunstwerke aus dem Chemnitzer Sammlungsbestand durchaus auf Zustimmung in der Chemnitzer Bevölkerung traf. Dem entspricht auch eine Aussage eines Chemnitzer Pfarrers vom Juli 1945, der Ballerstedts Agieren innerhalb der Chemnitzer Kunstpolitik als positiv bewertete: „Die Kunstrichtung[,] die er [Ballerstedt, A. d. V.] vertrat[,] war die edelste deutsche Kunst im weitesten Umfang.“ 898 Von der „modernsten Kunst“, die damals doch nicht „zu halten“ gewesen wäre, habe er nur die „extremsten Stücke“ verkauft.899 Das ist eine absolute Fehleinschätzung der Situation im Jahr 1934, als die Verkäufe begannen, denn zu ­diesem Zeitpunkt war die offizielle Parteihaltung zu der modernen Kunst noch nicht abschließend geklärt.900 Der Ausverkauf der Kunstwerke aus dem Museumsbesitz verschaffte in jedem Fall der Galerie Gerstenberger geschäft­liche Vorteile, die sich im Hinblick auf die Erwerbungen des Museums vervielfachten. Denn auch hier war die Galerie mit Grosshennig, als erfahrener Händler von Werken des 19. Jahrhunderts, eine gute Geschäftspartnerin. 897 Von George Grosz ein Aquarell (entweder: Aus Marseille oder Am Strand, siehe Bußmann/Milde 2020, S. 469/470), von Erich Heckel das Gemälde Teich und ein Aquarell (entweder Badende am Strand oder Zwei Frauen am Strand, siehe ebd., S. 470), von Ernst Ludwig Kirchner das bereits erwähnte Gemälde Weiße Kuh, von Gerhard Marcks eine Zeichnung (Erde, siehe ebd.), von Otto Mueller ein Aquarell (Am Wasser, siehe ebd.), von Emil Nolde das Gemälde Araber und das Aquarell Ungleiches Paar (siehe ebd., S. 467 und 470) sowie von Christian Rohlfs ein Aquarell (Tänzerin, siehe ebd., S. 470). 898 Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, ZA III 6717 Akte 5. Ich bedanke mich herz­lich bei Julia Eßl, Albertina Wien, die mich auf das Dokument aufmerksam machte und mir die Einsicht in eine Kopie desselben gewährte. 899 Ebd. 900 Zur ambivalenten Bewertung der Klassischen Moderne im Nationalsozialismus siehe Kap. 4.1.

266 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

4.4 Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus Nachdem in den vorhergehenden Kapiteln bereits ein sehr spezifischer Aspekt in der Handels­ tätigkeit der Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus untersucht wurde, der direkt mit der nationalsozialistischen Kulturpolitik verbunden war, soll in d ­ iesem Kapitel das alltäg­liche Geschäft der Kunsthandlung im Fokus stehen. Für die Zeit von 1933 bis 1945 ist eine Vielzahl von Angeboten der Galerie Gerstenberger an Museen im damaligen Gebiet des Deutschen Reiches zu verzeichnen. Da es unmög­lich ist, im Rahmen dieser Arbeit alle aus den Akten ermittelten Angebote zu identifizieren und deren Provenienz zu klären, sollen hier nur einige Fallbeispiele erläutert werden, die einen Eindruck von der Diversität der Geschäftstätigkeit Grosshennigs vermitteln. Dabei ist weder ein bestimmtes „Muster“ in der Handelstätigkeit des Kunsthändlers noch eine besondere Festlegung auf bestimmte Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner zu erkennen. Wie die folgenden Ausführungen zeigen werden, zeichnet sich für die Zeit des Nationalsozialismus vielmehr ein Bild ab, wie es auch für die 1920er Jahre erkennbar geworden ist: Grosshennig kaufte auf verschiedenen Auktionen, handelte mit hochwertigen Kunstwerken aus Privatbesitz und stand in Geschäftsbeziehungen mit verschiedenen anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern. Dies geschah jedoch alles unter ganz anderen politischen Voraussetzungen. Deswegen soll in besonderer Weise die Frage berücksichtigt werden, ob und inwieweit die Voraussetzungen im NS-Staat diese ganz alltäg­lich anmutenden Geschäftstätigkeiten der Galerie Gerstenberger beeinflussten. Eine große Rolle spielte dabei die verstärkte Hinwendung der Museen zur Kunst des 19. Jahrhunderts, wie es am folgenden Beispiel der Nationalgalerie in Berlin (heute: Alte Nationalgalerie) deut­lich wird: Ende März 1936 erwarb die Nationalgalerie das Gemälde Ferdinand von Rayskis Porträt des Freiherrn Uz von Schönberg aus dem Jahr 1858 von der Galerie Gerstenberger.901 Nur zwei Monate ­später wurde ­dieses Gemälde in der Zeitschrift Weltkunst reproduziert (Abb. 66).902 Neben der Abbildung befindet sich ein kurzer Bericht über die abgeschlossenen Umgestaltungen in der Nationalgalerie. Sie umfassten neben bau­lichen Arbeiten auch eine Änderung in der Konzeption der Dauerausstellung: In den letzten Monaten ist die Nationalgalerie, die die Berliner staat­liche Sammlung der Kunst des 19. Jahrhunderts enthält, einer gründ­lichen Umgestaltung unterworfen worden, durch ­welche Direktor Hanfstaengl die bereits von [Hugo von] Tschudi und [Ludwig] Justi in Angriff genommenen Verbesserungen der Lichtverhältnisse zur Vollendung führt. […] Die Sammlung ist dabei einer vollkommenen, überzeugend wirkenden Umhängung unterworfen worden […].903 901 Ferdinand von Rayski, Porträt des Freiherrn Uz von Schönberg, 1858, Öl auf Leinwand, 91,5 × 74 cm, Berlin, Alte Nationalgalerie; Bienert 1999 und Walter 1943, S. 271/272, Kat.Nr. 567. 902 Die Weltkunst 10, H. 21/22, 1936, S. 3. 903 Ebd.

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  267

Abb. 66  Meldung anläss­lich der Neueröffnung der Nationalgalerie in Berlin, 1936

Eberhard Hanfstaengl (1886 – 1973) war der dritte Kunsthistoriker in Folge, der im Jahr 1936 als Leiter der Berliner Nationalgalerie fungierte. Aufgrund der kontrovers geführten Diskussion um die Zusammenstellung der Abteilung für zeitgenössische Kunst, die sich im Kronprinzenpalais befand, hatten erst Ludwig Justi (1876 – 1957), dann Alois Schardt (1889 – 1955) und letztend­lich Hanfstaengl eine Neuordnung dieser Präsentation vorgenommen.904 Nachdem Letztgenannter hier alle „Zuspitzungen“ und die bis dahin umstrittensten Kunstwerke 904 Die erste Neuordnung unternahm Ludwig Justi, von 1909 bis 1933 Direktor der Nationalgalerie, der versuchte, den Expressionismus als Inbegriff der deutschen Kunst zu stilisieren, und damit in Opposition zu dem Lager der nationalsozialistischen Kulturpolitik stand, das die Moderne ablehnte. Justi wurde im Juni 1933 beurlaubt. Im November desselben Jahres wurde sein Nachfolger Schardt ebenfalls seiner Aufgabe enthoben und noch im selben Monat übernahm Eberhard Hanfstaengl die Leitung der Nationalgalerie. Dazu siehe Kuhrau/Rückert 1998, S. 61 – 97.

268 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

magazinierte, wie Hanfstaengls Neuordnung heute rückblickend bewertet wird, war die Sammlung im Kronprinzenpalais zwar bis Herbst 1936 für das gesamte Publikum geöffnet, Hanfstaengl agierte hinsicht­lich seiner öffent­lichen Aktivitäten im Bereich der zeitgenössischen Kunst aber ausgesprochen zurückhaltend.905 Er hielt weder Vorträge über lebende Künstlerinnen oder Künstler noch zeigte er diese in Ausstellungen.906 Im Januar 1934 zum Direktor der Nationalgalerie berufen, konzentrierte sich Hanfstaengl verstärkt auf das alte Museumsgebäude.907 Neben Umbauten, Renovierungen und einer neuen Sammlungspräsentation wurden in ­diesem Zusammenhang auch gemäß zeitgenössischer Einschätzung „spektakuläre“ Neuerwerbungen getätigt.908 Die Erwerbungen im Bereich des 19. Jahrhunderts wurden dabei entsprechend der nationalsozialistischen Propaganda als eine „gesteigerte Wertschätzung und Betonung“ der Kunst der Zeit „des Klassizismus und der Romantik“ interpretiert, die mit dem „Erwachen“ der „neuen Gesinnungen“ ihren Anfang gefunden haben soll.909 Obwohl die vermehrte Rezeption der Kunst des 19. Jahrhunderts bereits vor 1933 konstatiert werden kann, wie es hier in Kapitel 3.1 erläutert wird, ist eine besondere Hinwendung zur Kunst des ausgehenden 18. und des 19. Jahrhunderts im Nationalsozialismus vonseiten der Museen unverkennbar. Programmatisch ist also in der Weltkunst das Porträt des Freiherrn Uz von Schönberg abgebildet, als Blickfang, der den neuen Fokus Hanfstaengls in seiner Museumsarbeit unterstreichen sollte. Dabei war das Gemälde lange im Besitz der Galerie Gerstenberger verblieben, bevor es verkauft werden konnte. Bereits im Januar 1933 hatte sie es der Kunsthalle in Mannheim angeboten und im August desselben Jahres schon einmal der Nationalgalerie in Berlin.910 Damals verlangte die Kunsthandlung noch 2.500,– RM für das Werk, zum Z ­ eitpunkt 905 Zitat und zur Neuordnung Hanfstaengls: Grabowski 1998, S. 100; ebd.: „Besonders Wert legte er aber darauf, dass gerade die umstrittenen deutschen Künstler vertreten waren, nur war er in der Auswahl der Werke wesent­lich vorsichtiger als sein Vorgänger. […] [V]on Nolde, Beckmann und Schmidt-Rottluff hingen Werke, aber keine Figurenbilder“; ebd., S. 101: „Die in ihrer ästhetischen Ausstrahlungskraft weit zurückgenommene Ausstellung bot in einigen Bereichen hingegen noch durchaus qualitätsvollen Bestand; in anderen hingegen flachte das zwangsläufig ab.“ Siehe auch Anm. 858. 906 Grabowski 1998, S. 102 – 111. Dafür war er aber an einer Vernichtungsaktion konfiszierter Kunstwerke beteiligt, die 1935 in den Räumen der Nationalgalerie durchgeführt wurde. Grabowski 1998, S. 106/107. Im Februar 1935 wurden Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle in dem Berliner Auktionshaus Max Perl beschlagnahmt und an die Nationalgalerie überwiesen. Hanfstaengl hatte die Aufgabe, die Werke zu sichten und gegebenenfalls Werke auszusortieren, die in der Nationalgalerie verbleiben sollten. Er wählte ungefähr ein Drittel (21 von 64 Werke) aus, um diese aufzubewahren, die rest­lichen Werke wurden in der Heizung des Kronprinzenpalais verbrannt. 907 Zu Hanfstaengls Tätigkeit für das Gebäude der Nationalgalerie siehe Dorgerloh 1999, S. 205 – 211. 908 Verein der Freunde der Nationalgalerie 1938, S. 5. 909 Ebd.; dazu auch Grabowski 2015, S. 172 – 183. 910 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 26. Januar 1933; SMB-ZA, I/NG 936, Bl.131: Schreiben

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des Ankaufes hatte sich der Preis schon auf 3.800,– RM erhöht. Die Nationalgalerie konnte ledig­lich einen geringen Rabatt erzielen und erwarb es für 3.500,– RM.911 Der Preis für das Gemälde war hier also eindeutig gestiegen, was eine höhere Nachfrage für Werke des spezifischen Künstlers, dieser Epoche oder mit d ­ iesem Bildsujet vermuten lässt.

4.4.1 Ankäufe von Kunstwerken auf Auktionen Die Galerie Gerstenberger erwarb auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wie schon in den 1920er Jahren viele Werke auf Auktionen zum Weiterverkauf.912 Ein Aspekt des Auktionsmarktes im Nationalsozialismus, der immer wieder in der Forschungsliteratur Betonung findet und eine Besonderheit darstellte, war seine immense Beeinflussung durch die rassenideologische Verfolgung. Diese bewirkte, dass Kunstbesitz, große Kunstsammlungen sowie auch Bestände von Galerien aufgrund von Emigration, Sonderbesteuerung Verfolgter sowie Beschlagnahme und „Arisierungen“ auf den Markt kamen.913 Ob Grosshennig nun von dieser Vielzahl an oftmals qualitätsvollen Kunstwerken dazu veranlasst wurde, mehr oder anders einzukaufen als in der Zeit vor 1933, ist aufgrund der Aktenlage nicht festzustellen, denn auch für die Zeit des Nationalsozialismus können nur verschiedene Einzelbeispiele betrachtet und keine umfassende Analyse vorgenommen werden. Darüber hinaus ergibt sich die Schwierigkeit, dass nur in einigen Fällen die Galerie Gerstenberger eindeutig als Käuferin nachgewiesen werden kann. Sind ein oder mehrere Lose einer Auktion nur kurze Zeit s­ päter in ihren Angebotsschreiben verzeichnet, dann ist ein Ankauf durch die Kunsthandlung zwar wahrschein­lich, aber nicht gesichert. Auch ob die Galerie alleinige Besitzerin des Werkes war oder es einen Besitzerverbund gab, ist in fast allen Fällen nicht eindeutig ersicht­lich.914 In den Angebotsschreiben beziehungsweise innerhalb der Verhandlungskorrespondenz zu einzelnen Kunstwerken gibt es nur in den seltensten Fällen Hinweise auf die direkten vorhergehenden Besitzerinnen oder Besitzer, wobei Grosshennig nie erwähnte, wenn ein Werk aus einer Auktion stammte.

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der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 21. August 1933. Laut Walter (1943, S. 271/272, Kat.Nr. 567) hatte die Galerie Gerstenberger das Bild 1933 aus Karlsruher Privatbesitz erworben. Briefwechsel zum Ankaufsvorgang siehe SMB-ZA, I/NG 873, Bl. 85 – 91. Zu den 1920er Jahren siehe Kap. 3.5. Siehe u. a. Heuß 1998; Gibas 2007, S. 197/198 und Hopp 2012, S. 62. So erwähnt Grosshennig in einer Korrespondenz über ein Gemälde von Carl Gustav Carus mit der Kunsthalle in Mannheim, dass die Galerie Gerstenberger das „Bild in ­diesem Ausnahmefall nicht allein“ in Besitz habe: „Dieser gemeinsame Besitz war in d ­ iesem Fall praktisch, denn das Bild wäre sonst auf der Versteigerung noch wesent­lich höher gegangen.“ Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1945: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Kunsthalle Mannheim vom 10. Juni 1938.

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Ankäufe der Galerie Gerstenberger können nur für einige Auktionen in Berlin anhand von sogenannten Versteigerungsniederschriften, die nach erfolgter Versteigerung in der Reichskammer der bildenden Künste vorgelegt werden mussten, eindeutig nachgewiesen werden. Mit dem Gesetz über das Versteigerungsgewerbe vom 16. Oktober 1934 und der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über das Versteigerungsgewerbe vom 30. Oktober 1934 hatte die Reichskammer der bildenden Künste eine detaillierte Reglementierung der Durchführung von Auktionen erreicht, die auch einen separaten Antrag für jede Versteigerung und eine Niederschrift beziehungsweise ein Versteigerungsprotokoll mit Einliefernamen, Käufernamen und Zuschlägen beinhaltete.915 Die Protokolle und Niederschriften für die Stadt Berlin sind im Berliner Landesarchiv im Bestand der Reichskammer der bildenden Künste zu finden.916 In Anbetracht des Umfanges des entsprechenden Konvolutes muss allerdings konstatiert werden, dass die Überlieferung dieser Anträge und Niederschriften ausgesprochen lückenhaft ist. Trotzdem ist eine Auswertung der Rechercheergebnisse sinnvoll, denn in Kombination mit Recherchen in Auktionskatalogen nach von der Galerie Gerstenberger gehandelten Werken ist es mög­lich, zumindest einige Auktionsankäufe der Kunsthandlung zu erfassen, die wiederum einen Einblick in das Agieren Grosshennigs auf dem innerdeutschen Kunstmarkt geben. In den Versteigerungsniederschriften ist ledig­lich der Name „Gerstenberger“ verzeichnet, ohne einen Hinweis darauf, dass es sich hier tatsäch­lich um einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin der Chemnitzer Galerie handelte. Eine Verkürzung der Galerienamen in den Versteigerungsniederschriften scheint üb­lich gewesen zu sein, da auch andere Kunsthandlungen in keiner der hier betrachteten Versteigerungsniederschriften mit der vollen Bezeichnung zu finden sind. So steht für die Kölner Galerie Hermann Abels vermut­lich nur die Bezeichnung „Abels“, für die Galerie Heinemann in München die Bezeichnung „Heinemann“ und für die Galerie Maria Almas-Dietrich das Kürzel „Almas“.917 Das lässt sich zusätz­lich 915 Zu dem Gesetz und der Verordnung siehe Hopp 2012, S. 48 – 53. Ebd., S. 50/51: „Versteigerer hatten laut § 45 der Durchführungsverordnung für jede einzelne Versteigerung erneut eine Genehmigung der Aufsichtsbehörde – der zuständigen Polizeibehörde – einzuholen. Dieser war bis spätestens zwei Wochen vor der Auktion ein Antrag zuzusenden, dem neben einer Aufstellung der Versteigerungsaufträge auch eine Auflistung aller zur Versteigerung gelangenden Gegenstände beiliegen musste. Kunstversteigerer hatten laut § 75 der Versteigerungsordnung zusätz­lich drei (!) weitere dieser Anträge – inklusive der meist sehr ausführ­lichen Objektlisten – sowie drei Katalogexemplare vorab an die Reichskammer der Bildenden Künste zu senden, die sich eine Entscheidung über die Genehmigung der Auktion vorbehielt. Das g­ leiche galt für die Niederschriften bzw. Auktionsprotokolle, die direkt im Anschluss an die Versteigerungen ebenfalls in dreifacher Ausführung der Reichskammer zuzusenden waren. Sie mussten neben Einliefernamen auch Käufernamen und Zuschläge enthalten.“ 916 Zu dem Bestand siehe Heuß 1998. Der Bestand trägt die Signatur: A Rep. 243 – 03. 917 Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 69: Versteigerungsniederschrift vom 18. Juni 1936 bei Paul Graupe (Kürzel: Heinemann). Ebd.: Versteigerungsniederschrift vom 20./21. Oktober 1936 bei Paul Graupe (Kürzel: Almas und Abels). Auffällig ist in ­diesem Zusammenhang der Eintrag bei Nummer 76: „f. Gal. Thannhauser“.

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Abb. 67  Niederschrift für die Versteigerung bei Paul Graupe am 18. Juni 1936

damit verifizieren, wenn sich ein Bezug z­ wischen den Angeboten der Chemnitzer Kunsthandlung und den Werken herstellen lässt, die auf der Auktion von dem als „Gerstenberger“ bezeichneten Käufer erworben wurden. In Anbetracht der erläuterten Schwierigkeiten in der Überlieferung sind die Auktionsankäufe der Galerie Gerstenberger somit nicht immer als gesichert zu betrachten, können aber als sehr wahrschein­lich gelten. Im Folgenden werden zunächst Auktionen in Berlin, basierend auf der vergleichsweise guten Quellenlage, und dann Auktionen in Leipzig, Köln, München und Frankfurt betrachtet, für die eine Beteiligung der Galerie Gerstenberger nachzuweisen ist. In Berlin ist eine rege Teilnahme der Galerie Gerstenberger an den Auktionen des renommierten Auktionshauses Paul Graupe zu verzeichnen.918 Am 18. Juni 1936 fand eine ­Versteigerung Dieser lässt vermuten, dass die Ankäufe von „Abels“, „Almas“ und „Gerstenberger“ tatsäch­lich von Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern oder der Leitung der jeweiligen Kunsthandlung getätigt und nicht durch Mittelsmänner abgewickelt wurden. 918 Das Auktionshaus konnte bereits zu Beginn der 1930er Jahre, infolge der Weltwirtschaftskrise, durch bedeutende Versteigerungen überregionale Bekanntheit erlangen. Nach der Machtübernahme

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Abb. 68  Tafel 3 im Katalog für die Versteigerung bei Paul Graupe am 18. Juni 1936

mit dem Titel Verschiedener Kunstbesitz statt.919 In der überlieferten Niederschrift ist für das Los Nummer sechs ein Käufer mit Namen „Gerstenberger“ angegeben (Abb. 67). Laut Auktionskatalog handelte es sich bei dieser Losnummer um ein Gemälde von Eduard Grützner Brustbild eines Mönches (Abb. 68). Dieses stammte aus der Sammlung von Julius SeligsohnNetter (1885 – 1964) aus Berlin, wie aus dem Versteigerungsantrag hervorgeht (Abb. 69).920 Die Familie Netter war seit Mitte des 19. Jahrhunderts in der Metallbaubranche tätig und verfügte ­ itlers veräußerten viele als jüdisch verfolgte Familien, Sammlerinnen und Sammler ihren Besitz bei H Paul Graupe (1881 – 1953), der selbst nach den Nürnberger Rassegesetzen als jüdischen kategorisiert wurde. Aufgrund hoher Deviseneinkünfte konnte Graupe sein Auktionshaus bis 1937 selbst führen. Dann erfolgte die sogenannte „Arisierung“, indem er es gezwungenermaßen „an seinen langjährigen Mitarbeiter Hans W. Lange, der es unter eigenem Namen weiterführte“, verkaufte. Graupe floh nach Paris und s­päter nach New York. Zu dem Auktionshaus Paul Graupe siehe Golenia/KratzKessemeier/Le Masne de Chermont 2016 sowie Golenia 2011 (Zitat ebd., S. 52). 919 Auktionskat. Berlin 1936b. 920 Zu Julius Seligsohn-Netter: Schmalfuß 2013 und Röder/Strauss 1980 – 1983, Bd. 1, S. 525 (dort ist das Todesjahr mit 1965 angegeben).

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Abb. 69  Liste mit Kunstwerken, die von der Familie Julius SeligsohnNetter (Berlin) in die Versteigerung bei Paul Graupe am 18. Juni 1936 eingebracht worden sind

über Niederlassungen in Berlin, Frankfurt am Main und Den Haag. Nach der Weltwirtschaftskrise konnte sich das Geschäft schnell erholen und der Umsatz stieg um mehr als das Doppelte in den Jahren von 1933 bis 1936. Im Jahr 1938 wurde das Unternehmen aufgrund der antisemitischen Verfolgung an die Mannesmannröhren-Werke AG verkauft.921 Die Geschichte der Familien Netter und Seligsohn-Netter weist auf einen verfolgungsbedingten Verkauf des Gemäldes hin. Das bis heute nicht lokalisierte Gemälde Grützners taucht zwar nicht in den Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 69: Antrag auf die Genehmigung einer Kunst-Sammelversteigerung am 18. Juni 1936 eingereicht von Paul Graupe am 27. Mai 1936. Hier unter Nummer sechs gelistet: „Grützner, Brustb. e. Mönchs“ mit dem Schätzwert von 1.000,– RM. Ebd.: Versteigerungsauftrag für „Frau Dr. Julius Seligsohn-Netter, Ilmenauer Str. 11, Berlin […] Anlass der Versteigerung: Entbehr­lichkeit“. Im Folgenden sind vier Gemälde gelistet, unter Nummer 2: „Grützner, Brustb. e. Mönches“. Ebd.: Versteigerungsniederschrift vom 18. Juni 1936 bei Paul Graupe. Hier unter Nummer sechs gelistet: „Name und Wohnung des Bieters: Gerstenberger bezahlt: 550,–“. 921 Die Familien Netter und Seligsohn-Netter erhielten nur einen Bruchteil der Verkaufssumme. Schmalfuß 2013, S. 43.

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überlieferten und recherchierten Angebotslisten der Kunsthandlung auf, dies spricht allerdings nicht gegen einen Ankauf durch die Galerie Gerstenberger, sondern liegt in der lückenhaften Überlieferung begründet. Für eine weitere Auktion im Jahr 1936 ist die Teilnahme der Galerie Gerstenberger ebenfalls dokumentiert. Am 20. und 21. Oktober wurden Gemälde und Kunstgewerbe aus verschiedenem Besitz und Ostasiatisches Porzellan aus dem Besitz der Prinz-Albrecht-Linie des vormals Preußischen Königshauses und aus drei Privatsammlungen versteigert.922 In der überlieferten Versteigerungsniederschrift ist für die Nummern 67, 81, 87 und 88 der Name „Gerstenberger“ als Käufer verzeichnet.923 Unter den genannten Nummern sind im Auktionskatalog eine Landschaftsstudie von Max Liebermann, eine Pfalzlandschaft von Max Slevogt, ein Porträt der Tochter von Franz von Stuck sowie eine Schwarzwaldlandschaft von Hans Thoma gelistet.924 Das Gemälde von Max Slevogt und die Landschaft von Hans Thoma führte die Galerie Gerstenberger nur kurze Zeit nach der Auktion Ende Oktober und Anfang November in den Angebotslisten an verschiedene Museen.925 922 Auktionskat. Berlin 1936c. 923 Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 69: Versteigerungsniederschrift vom 20./21. Oktober 1936 bei Paul Graupe. 924 Max Liebermann, Landschaftsstudie, 1892, Öl auf Pappe, 33 × 46,5 cm, verschollen; Auktionskat. Berlin 1936c, S. 21, Kat.Nr. 67, Tafel 20; Eberle 1995 – 1996, Bd. 1, S. 395, Kat.Nr. 1891/15. Bei Eberle ist die Größe mit 33 × 46 cm angegeben und das Werk ist auf 1891 datiert. Es finden sich dort keine weiteren Provenienzangaben aus der Zeit nach der Versteigerung bei Paul Graupe im Jahr 1936. Max Slevogt, Pfälzer Frühlingslandschaft, Öl auf Leinwand, 84 × 104 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Berlin 1936c, S. 24, Kat.Nr. 81, Tafel 20. Franz von Stuck, Tochter des Künstlers, Farbige Kreidezeichnung, 54 × 47 cm, Werk nicht identifiziert; Auktionskat. Berlin 1936c, S. 25, Kat.Nr. 87. Hans Thoma, Schwarzwaldlandschaft, 1904, Federzeichnung aquarelliert, 40 × 50,7 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Berlin 1936c, S. 25, Kat.Nr. 88, Tafel 21. 925 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 30. Oktober 1936; SAH Mobu Nr. 5: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 5. November 1936; HSTAH Hann.152 Acc.2006 – 013 Nr.44: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Landesmuseum Hannover vom 5. November 1936. Das Gemälde von Max Slevogt wurde mit dem Titel Pfalzlandschaft im Frühling angeboten. Die Größe wird hier in allen drei Angeboten zwar abweichend zu den Angaben im Auktionskatalog mit 75 × 94 cm angeführt, die Beschreibung des Werkes in dem Angebotsschreiben vom 5. November 1936 stimmt aber mit der Abbildung im Auktionskatalog überein: „[…] rechts im Bild eine Gruppe von jungen Mädchen […]. Durchblick durch die Bäume auf eine Anhöhe.“ In den beiden oben erwähnten Angebotsschreiben vom 5. November 1936 ist auch das Aquarell von Hans Thoma gelistet, ebenfalls mit einer geringfügig abweichenden Größenangabe, näm­lich 42 × 52 cm. Einzelne, nach Namen der Besitzerinnen und Besitzer geordnete Versteigerungsaufträge sind für diese Auktion allerdings nicht überliefert, sondern ledig­lich eine sogenannte Sammelliste, in der

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Ebenfalls bei Paul Graupe ersteigerte die Galerie Gerstenberger bereits am 23. März 1935 ein Männ­liches Porträt von Wilhelm Leibl aus der Sammlung Max Silberbergs (1878 – 1942) in Breslau.926 Ebendort kamen auch ein Gemälde von Wilhelm Trübner Dame in weißen Strümpfen und von Carl Schuch Landschaft am Hintersee zur Versteigerung, die einige Jahre ­später, das Werk von Trübner im Jahr 1937 und das von Schuch im Jahr 1938, von der Kunsthandlung verschiedenen Museen angeboten wurden.927 Die Galerie Gerstenberger handelte mit einem weiteren Werk aus dieser Sammlung. Sie verkaufte am 15. Juni 1937 die Zeichnung Schlafendes Kind von Hans Thoma an das Kunstmuseum Moritzburg in Halle.928 Diese war alle Losnummern ohne Hinweise auf die einlieferende Person zusammengefasst sind. Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 69: Antrag auf die Genehmigung einer Kunst-Sammelversteigerung am 20. und 21. Oktober 1936 eingereicht von Paul Graupe am 30. September 1936. Vgl. ebd.: Sammelliste der Sammelversteigerung verschiedener Auftraggeber. Hinweise auf die Einlieferer und Einlieferinnen können ledig­lich dem Auktionskatalog entnommen werden. Dort sind diese mit Kürzeln verzeichnet. Siehe Auktionskat. Berlin 1936c, o. S. [S. 4: Verzeichnis der Beiträge]: Nr. 67 mit Nummer 31 (=Sch., Hannover); Nr. 81 und 88 mit Nr. 11 (=H., Berlin); Nr. 87 mit Nr. 15 (=I., Hamburg). „H., Berlin“bezeichnet vermut­lich die Familie Hermann, die 1936 ihre Sammlung verpfänden musste, um die Reichsfluchtsteuer zu bezahlen. Für diesen Hinweis bedanke ich mich bei Maité Schenten, Villa Vauban Luxembourg (Auskunft an die Verfasserin am 7. September 2016). 926 Wilhelm Leibl, Porträt eines Mannes mit Brille nach rechts, 1867, Öl auf Holz, 33 × 31 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Berlin 1935a, S. 10, Kat.Nr. 3, Abb. S. 11; Waldmann 1930, S. 107, Kat. Nr. 63. Das Werk ist in einer Angebotsliste der Galerie Gerstenberger vom 5. Oktober 1935 nachzuweisen. SMB-ZA, I/NG 939, Bl. 21: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 5. Oktober 1935; Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 5. Oktober 1935. 927 Wilhelm Trübner, Dame in weißen Strümpfen, 1874, Öl auf Leinwand, 78,5 × 98 cm, Standort unbekannt; Auktionskat. Berlin 1935a, S. 26, Kat.Nr. 13, Abb. S. 27; Rohrandt 1972, Bd. 2, Teil 1, S. 19/20, Kat.Nr. G28. Carl Schuch, Landschaft am Hintersee/Waldinneres, 1882, Technik unbekannt, 27 × 38 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Berlin 1935a, S. 28, Kat.Nr. 15, Abb. S. 29; Hagemeister 1913, S. 123. Das Gemälde von Trübner hatte die Galerie im Januar 1937 in ihren Angeboten. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 28. Januar 1937. An das Museum in Breslau erfolgte das ­gleiche Angebotsschreiben bereits am 20. Januar 1937. Für diesen Hinweis bedanke ich mich bei Hans-Joachim Hinz, Berlin. 928 Zum Ankauf durch das Kunstmuseum Moritzburg: SAH Mobu Nr. 18 – 20: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 10. und 20. Mai 1937 und Schreiben der Moritzburg Halle an die Galerie Gerstenberger vom 24. Mai 1937; ebd., Nr. 3: Antrag auf Ankauf einer Tuschezeichnung von Hans Thoma vom 24. Mai 1937; ebd., Nr. 9: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 25. Mai 1937; ebd., Nr. 34: Rechnung der Galerie Gerstenberger für eine Tuschezeichnung von Hans Thoma vom 25. Mai 1937.

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am 12. Oktober 1935 bei Paul Graupe versteigert worden.929 Max Silberberg lebte seit 1920 in Breslau und wurde vermut­lich gemeinsam mit seiner Frau 1942 in Theresienstadt ermordet.930 Seine Sammlung umfasste mindestens 130 Gemälde, Zeichnungen und Plastiken des 19. und 20. Jahrhunderts. Einen großen Teil ließ er 1935 und 1936 durch fünf Auktionen bei Paul Graupe versteigern, um den finanziellen Forderungen des NS-Regimes ihnen als jüdisch verfolgte Personen gegenüber gerecht zu werden.931 Im Jahr 1938 wurde der rest­liche Besitz des Ehepaares verpfändet. Die Zeichnung von Thoma ist in den 1990er Jahren durch die Stiftung Moritzburg restituiert und ein zweites Mal erworben worden.932 Darüber hinaus bot die Galerie Gerstenberger im Sommer 1937 das Gemälde Zwei Mädchen im Grünen von Carl Spitzweg an, das ebenfalls auf einer Versteigerung bei Paul Graupe gewesen war, auf der auch Werke aus der Sammlung Max Silberbergs verkauft wurden.933 Das hier unter der Losnummer 32 gelistete und mit Im Walde betitelte Werk war aber nicht Teil der Sammlung Silberbergs, sondern stammte aus dem Besitz des ebenfalls als jüdisch kategorisierten Arthur Cohnreich.934 929 Hans Thoma, Schlafendes Kind, 1871, Federzeichnung, 33,3 × 49 cm, Halle, Stiftung Moritzburg, Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt; Auktionskat. Berlin 1935b, S. 23, Kat.Nr. 136, Tafel 16. Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 16: Antrag auf die Genehmigung einer Kunst-Sammelversteigerung am 12. Oktober 1935 eingereicht von Paul Graupe. Versteigerungsauftrag für Max Silberberg, Breslau, Nr. 48: „Thoma, Schlafendes Kind, braune Tuschezeichng“. Dazu auch Tatzkow 2009, S. 121/122. 930 Zu Max Silberberg und seiner Sammlung: Heuß 2001. 931 Die erste (?) Versteigerung fand am 23. März 1935 statt (vgl. Auktionskat. Berlin 1935a, S. 4. Besitznachweise: „Nr. 1 – 50 aus Sammlung S., Schlesien“; nicht bei Heuß 2001 genannt). Darauf folgten am 12. Oktober 1935 und am 21. Dezember 1935 weitere Versteigerungen von Kunstwerken bei Graupe und im Dezember 1935 und März 1936 die Versteigerung von Büchern aus dem Besitz Max Silberbergs. Dazu Heuß 2001, S. 319. Siehe dazu und zu Silberberg auch Tatzkow 2009. 932 Auskunft Susanna Köller, Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt, Halle vom 5. August 2011. 933 SAH Mobu Nr. 18 – 20: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 7. Juli 1937. In dem Angebot findet sich der Hinweis auf eine Abbildung des Werkes: „Farbig abgebildet in der Monographie von Velhagen & Klasing auf Seite 111“ (Hervorhebung wie im Original). Die Auktion mit der Nummer 149 bei Paul Graupe sollte am 21. Dezember 1935 stattfinden, wurde allerdings auf den 7. Januar des folgenden Jahres verlegt. Nachricht in der Weltkunst 9, H. 51/52, 1935, S. 5. 934 Carl Spitzweg, Im Wald, Öl auf Papier, 12,6 × 13,2 cm, Standort unbekannt; Auktionskat. Berlin 1935c, S. 14, Kat.Nr. 32, Tafel 15; Roennefahrt 1960, S. 188, Kat.Nr. 494. Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 16: Antrag auf die Genehmigung einer Kunst-Sammelversteigerung am 12. Oktober 1935 eingereicht von Paul Graupe. Versteigerungsauftrag für Arthur Cohnreich, Bitterstr. 14 – 18, Berlin-Dahlem, Nr. 2: „Spitzweg, Waldlandschaft“. Provenienzangabe bei Roennefahrt 1960: „Privatbesitz, bis 1945 in München“. Ein Arthur Cohnreich, Kaufmann, ist von 1934 bis 1938 in den Berliner Adressbüchern in der Bitterstraße 14 – 18 (als Eigentümer) verzeichnet. Ab 1939 findet sich kein Arthur Cohnreich mehr in den

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Aber nicht nur Kunstwerke, die über das Auktionshaus Paul Graupe in Berlin verkauft wurden, sind in den Angeboten der Kunsthandlung zu finden. Die Aktenlage in Berlin ließ zumindest die Identifizierung eines Werkes zu, das die Galerie Gerstenberger bei einem weniger bekannten Auktionshaus erworben hatte: Ernst Mandelbaum und Peter Paul Kronthal.935 Im Jahr 1936 erwarb sie dort das Werk Der Lindwurm von Carl Spitzweg auf einer Versteigerung am 19. Februar.936 Im März desselben Jahres sandte die Galerie das Spitzweg-Gemälde an das Museum in Halle, das Interesse bekundete, und im Mai erfolgte der Ankauf.937 Ebenfalls im März führte die Kunsthandlung auch Bronzestatuetten von August Gaul in ihrem Angebot, Berliner Adressbüchern. Vor 1934 ist ein Arthur Cohnreich, Kaufmann, wohnhaft in der Bleibtreustraße 32 verzeichnet. Dieser findet sich auch in dem jüdischen Adressbuch für Groß-Berlin aus dem Jahr 1931. Adressbücher online einsehbar unter: Sammlungen der Digitalen Landesbibliothek Berlin, URL: (8. April 2021). Arthur Cohnreich emigrierte in die USA. Von dort aus stellte er nach 1945 Anträge auf die Rückerstattung von entzogenen Vermögenswerten, unter anderem auch für das Grundstück Bitterstr. 14 – 16. Auskunft von Gisela Erler, Landesarchiv Berlin, an die Verfasserin vom 7. April 2014. 935 Das Auktionshaus Dr. Ernst Mandelbaum – Peter Paul Kronthal wurde 1929 unter dem Namen Internationales Kunst- und Auktionshaus gegründet und vermut­lich im Sommer 1935 umbenannt. Noch bis Mai 1935 sind Auktionskataloge mit dem Namen Internationales Kunst- und Auktionshaus nachgewiesen und ab Juli 1935 Kataloge ausschließ­lich mit der Bezeichnung Dr. Ernst ­Mandelbaum – Peter Paul Kronthal. Vgl. die Online-Datenbank German Art Sales 1930 – 1945 der Universität Heidelberg; URL : (28. Dezember 2020); Kataloge für den Eintrag: [Internationales Kunst- und Auktionshaus] sowie Kataloge für den Eintrag: [Dr. Ernst Mandelbaum – Peter Paul Kronthal]. Die Gründung basierte auf dem im Sommer 1929 insolventen Kunstauktionshaus Jac. Hecht. Pucks 2007, S. 16. 936 Carl Spitzweg, Die Höhle des Drachen/Landschaft mit Lindwurm, Ölstudie auf Palette, Holz, 16 × 25 cm, Standort unbekannt (nach Mai 1945 aus dem Kunstmuseum Stiftung Moritzburg Halle gestohlen); Auktionskat. Berlin 1936a, S. 6, Kat.Nr. 91, Tafel 5; Wichmann 2002, S. 545, Kat.Nr. 1514. 937 Dabei handelte es sich sehr wahrschein­lich um das Gemälde, das im Auktionskatalog von Mandelbaum-Kronthal gelistet war. Im Angebotsschreiben der Galerie benennt Grosshennig die g­ leiche Expertise und die Nachlassstempel auf Vorder- und Rückseite, die auch in der Beschreibung des Auktionskataloges erwähnt sind. SAH Mobu Nr. 9: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 26. März 1936. Zum Ankauf siehe ebd.: Vorschlag für den Ankauf von Werken von Spitzweg, Fohr und Voltz aus einem Angebot der Galerie Gerstenberger vom 6. Mai 1936. Alle drei Werke wurden erworben. Nach Roennefahrt befand sich das Gemälde 1936 in Besitz von Julius Schlesinger, Berlin. Er gibt an, dass das Gemälde aus der Auktion bei Mandelbaum-Kronthal „in Privatbesitz nach Fürstenwalde a. d. Spree“ verkauft worden sei. Erst nachfolgend war es laut Roennefahrt im Besitz des Städtischen Museums Halle, wo es im Mai 1945 gestohlen wurde. Der heutige Standort konnte nicht ermittelt werden. Roennefahrt 1960, S. 195. Der Auktionskatalog gibt für die Einlieferin oder den Einlieferer der Losnummer 91 das Kürzel „Schl.“ an. Auktionskat. Berlin 1936a, S. 4.

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die mög­licherweise auch von der Auktion bei Mandelbaum und Kronthal stammten, denn im Auktionskatalog sind zwei ebensolche Bronzen von Gaul gelistet.938 Auch auf Auktionen außerhalb Berlins können Aktivitäten der Galerie ­Gerstenberger in den Jahren ab 1933 nachgewiesen werden. Das bedeutendste Auktionshaus für die Kunsthandlung in der Region war das seit dem 19. Jahrhundert in Leipzig ansässige Kunst-Auktionshauses C. G. Boerner.939 Dort fand am 25. Mai 1938 eine große Versteigerung statt, auf der die Galerie Gerstenberger eine ganze Reihe an Werken erwarb. Die Auktion mit dem Titel Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit beinhaltete überwiegend Werke aus dem Nachlass Philipp Otto Runges und ein Konvolut an Werken aus der Sammlung des Göttinger Arztes Ernst Ehlers (1835 – 1925).940 In der Aufstellung der Besitzerinnen und 938 SMB-ZA, I/NG 873, Bl. 83: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie in Berlin vom 24. März 1936. Ebenso auch bei: SAH Mobu Nr. 9: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 26. März 1936. Auktionskat. Berlin 1936a, S. 12, Kat.Nr. 312 und 318, Tafel 6. August Gaul, Großer Affe/Laufender Orang-Utan, um 1895, Bronze, H 46 cm; Gabler 2007, S. 50, Kat.Nr. 22 – 1. August Gaul, Schreitender Strauss, 1902, Bronze, H 34 cm; ebd., S. 94, Kat.Nr. 90. Aus einer Nachlass-Auflage von 15 Exemplaren sind laut Gabler für den Großen Affen drei Verkäufe über Paul Cassirer ­zwischen 1922 und 1931 belegt. Die Galerie Gerstenberger erwähnt in ihrem Angebot ebenfalls diese drei Exemplare als Bestandteil der Auflage. Für die Bronze Laufender Strauß sind laut Gabler z­ wischen 1904 und 1910/15 in der Galerie Paul Cassirer zehn An- und neun Verkäufe belegt. Im Jahr 1921 wurde eine Auflage von 15 NachlassGüssen beschlossen, davon sind elf  Verkäufe bei Cassirer belegt. Gabler identifizierte die bei Mandelbaum und Kronthal am 19. Februar 1936 zur Versteigerung gelangte Bronze Strauss mit einem anderen Werk ähn­lichen Titels, näm­lich: Laufender Strauß/Strauß, 1900, Bronze, H 41 cm (ebd., S. 79, Kat.Nr. 64). Ein Vergleich der Abbildung im Werkverzeichnis mit der im Auktionskatalog bestätigt allerdings die Identifizierung der Bronze mit der Kat.Nr. 90. 939 Die Kunsthandlung wurde 1826 von Carl Gustav Boerner (1790 – 1855) in Leipzig gegründet. 1871 wurde das Auktionshaus von Rudolph Weigel von der Firma C. G. Boerner übernommen, die seitdem überwiegend im Auktionsgeschäft tätig war. Im Jahr 1899 hatte ein Enkel Carl Gustavs die Leitung des Auktionshauses übernommen, Hans Boerner (1871 – 1947). Nach dem Krieg, 1950, ging die Firma C. G. Boerner nach Düsseldorf. Zur Geschichte des Kunst-Auktionshauses C. G. Boerner siehe Gleisberg 1990 und Ausstellungskat. Düsseldorf 1999, S. 9 – 68 (die zweite Literaturangabe behandelt ausschließ­lich die Zeit um 1827, wobei in der ersten Literaturangabe auf die Zeit im Nationalsozialismus nicht eingegangen wird.) Für die Hinweise auf die zwei Publikationen bedanke ich mich herz­lich bei Carlo Schmid, C. G. Boerner. In Düsseldorf mietete die Firma C. G. Boerner Räume in demselben Haus an, wo ein Jahr ­später auch Wilhelm Grosshennig seine neue Galerie eröffnete. Dazu Kap. 5.2. 940 Auktionskat. Leipzig 1938, S. 3. Aus der Sammlung Ehlers wurden bei Boerner schon vor 1938 immer wieder Kunstwerke versteigert. So kurz vor dessen Tod, 1924 (Auktionskat. Leipzig. Kupferstichsammlung von alten Meistern des XV. bis XVIII. Jahrhunderts, dabei die berühmte Sammlung früher italienischer Kupferstiche aus dem Besitz von Geheimrat Professor Dr. Ernst Ehlers, Göttingen; […].

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  279

Besitzer im Auktionskatalog fällt ein weiteres Konvolut ins Auge, näm­lich das mit den meisten Losnummern überhaupt. Es umfasste überwiegend Zeichnungen und Graphik des 19. Jahrhunderts. Dieses ist mit der Angabe „Besitz D (90)“ gekennzeichnet.941 Dabei handelte es sich allerdings nicht um eine große Privatsammlung, sondern um Kunstwerke, die das Auktionshaus selbst in die Versteigerung eingebracht hatte.942 Die Auktion am 25. Mai 1938 war ein wichtiges Ereignis auf dem deutschen Kunstmarkt. Dem Bericht in der Zeitschrift Die Weltkunst vom 5. Juni desselben Jahres zufolge waren ungefähr 35 öffent­liche Institutionen unter den Bietern vertreten, darunter die Direktoren der Berliner Nationalgalerie, der Hamburger Kunsthalle und der Museen in Leipzig, Köln, Chemnitz, Stettin, Breslau, Frankfurt, Karlsruhe, Mannheim, Weimar und München.943 Die Galerie Gerstenberger konnte sich anscheinend beim Bieten durchsetzen. Dafür sprechen weniger die heute als Ankauf der Kunsthandlung identifizierten Werke, deren Anzahl im Verhältnis zu dem Aufgebot der Versteigerung als eher bescheiden zu bewerten ist, sondern vielmehr ein Kommentar aus der Weltkunst: „Zahlreiche Privatsammler, aber auch der Handel, kauften lebhaft, besonders Berliner und Münchener und eine Chemnitzer Firma.“ 944

C. G. Boerner, 19. und 23. Mai 1924. Leipzig 1924), 1930 (Auktionskat. Leipzig Handzeichnungen alter Meister des XV. bis XVIII. Jahrhunderts aus dem Besitz von Frau Geheimrat Ehlers, Göttingen […]. C. G. Boerner, 9. und 10. Mai 1930. Leipzig 1930) und 1935 (Auktionskat. Leipzig. Handzeichnungen aus der Sammlung des verstorbenen Geheimrats R. Ehlers, Göttingen […]. C. G. Boerner, 26. November 1935. Leipzig 1935). Ernst Ehlers erhielt 1861 die Prosektur am anatomischen Institut der medizinischen Fakultät der Universität Göttingen und forschte ebenso im Bereich der Zoologie, bis er 1869 einen Ruf an die medizinische Fakultät in Erlangen erhielt. 1874 kehrte er nach Göttingen zurück, da er dort zum Professor für Zoologie und vergleichende Anatomie berufen wurde (Kühn 1926). In seinem Nachruf wird überwiegend der wissenschaft­liche Werdegang Ehlers erläutert. Seine Kunstsammlung ist nur am Rande erwähnt: „Durch geschickte Käufe und durch eine Erbschaft, die seiner Gattin zufiel, kam in seinem Haus eine große und wertvolle Kunstsammlung zusammen. Sie enthielt Kostbarkeiten, wie Handzeichnungen von Dürer bis Grünewald. In den letzten Jahren gewährte es ihm besondere Freude, mit dieser Sammlung kunstgeschicht­licher Forschung zu dienen. Über Stücke seiner Sammlung und ihre Beziehungen zu anderen Kunstwerken hat er auch Veröffent­lichungen gemacht.“ Kühn 1926, S. XV. Die Werke aus der Sammlung von Ernst Ehlers, Göttingen sind in dem Auktionskatalog mit dem Kürzel „Besitz E (91)“ gekennzeichnet. Die Werke aus dem Nachlass von Philipp Otto Runge stammten aus dem Besitz von Hans Runge in Berlin, einem Nachfahren von Otto Sigismund Runge, einem Sohn Philipp Ottos. Dieser Besitz ist in dem Auktionskatalog mit „Besitz I (95)“ gekennzeichnet. Dazu auch Stubbe 1974, S. 14. 941 Auktionskat. Leipzig 1938, S. 4. 942 „Der mit ‚D‘ gekennzeichnete Bestand war Eigenware von C. G. Boerner.“ Mitteilung von Carlo Schmid, C. G. Boerner, an die Verfasserin vom 3. Dezember 2014. 943 Die Weltkunst 12, H. 22/23, 1938, S. 5. Die Weltkunst spricht von einem „überfüllten Auktionslokal“. 944 Ebd.

280 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 70  Philipp Otto Runge, Die Heimkehr der Söhne, 1800, Bleistift- und Pinselzeichnung, 34,9 × 48 cm, Stuttgart, Staatsgalerie, Inv.Nr. C1952/436

Die „Chemnitzer Firma“ erhielt nach heutiger Forschungslage auf der Auktion für drei Zeichnungen von Philipp Otto Runge den Zuschlag.945 Die größte der drei Zeichnungen, ein Entwurf zu dem Wandgemälde Die Heimkehr der Söhne, befindet sich heute in der Staatsgalerie Stuttgart, die sie erst 1952 von der Galerie Grosshennig erwarb (Abb. 70).946 945 Auktionskat. Leipzig 1938, S. 10/11, Kat.Nr. 91 (Sitzender Knabe), Kat.Nr. 93 (Mädchen) und Kat. Nr. 98 (Heimkehr der Söhne), Tafel IX. 946 Philipp Otto Runge, Die Heimkehr der Söhne, 1800, Bleistift- und Pinselzeichnung, 34,9 × 48 cm, Stuttgart, Staatsgalerie; Traeger 1975, S. 287, Kat.Nr. 119. Die Galerie Gerstenberger ließ das Werk nach der Auktion mit Hinweis auf seine neue Besitzerin in der Weltkunst reproduzieren: Die Weltkunst 12, H. 48, 1938, S. 2. Eine weitere der Zeichnungen Brustbild eines Mädchens mit Kopftuch nach rechts war ebenfalls bis mindestens 1951, vermut­lich sogar bis Mitte der 1970er Jahre, erst in Besitz der Galerie Gerstenberger und nach 1949 in Besitz der Galerie Wilhelm Grosshennig: Philipp Otto Runge, Brustbild eines jungen Mädchens nach rechts, 1799, Bleistift, 11,3 × 9,9 cm, Hamburg, Kunsthalle. In dem Werkverzeichnis zu Philipp Otto Runge von 1975 ist als letzte Besitzerangabe „Galerie Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf“ angegeben (Traeger 1975, S. 251, Kat.Nr. 41). Die Provenienzangaben der Hamburger Kunsthalle verzeichnen einen Besitz der Galerie Wilhelm Grosshennig bis 1951 und

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  281

Weiterhin ersteigerte die Galerie Gerstenberger auf der Auktion noch ein Gemälde von Ludwig Richter, ein Pastell von Franz Krüger, ein Aquarell von Adam Klein sowie jeweils eine Zeichnung von Moritz von Schwind, Carl Spitzweg und Adrian Zingg.947 Abgesehen von der Zingg-Zeichnung sind alle hier genannten Werke in einem Angebotsschreiben der Kunsthandlung vom Oktober 1938 gelistet.948 Darüber hinaus sind in dieser Liste auch zwei Aquarelle von Moritz von Schwind verzeichnet, die Entwürfe für Lünettengemälde für die Loggia der Wiener Hofoper zeigen und die sich ebenfalls auf der Auktion befunden hatten. Im Auktionskatalog sind sie mit „Besitz D (90)“ gekennzeichnet.949 Die Entwürfe von von Schwind können aber bereits im März 1935 zusammen mit drei weiteren Entwürfen des Künstlers für das g­ leiche Projekt in den Angeboten der Galerie Gerstenberger nachgewiesen werden.950 Die fünf Aquarelle stammten aus dem Besitz des einen Ankauf durch Wilhelm M. Zinn (1916 – 2000) nach 1971. Für diese Informationen bedanke ich mich herz­lich bei Ute Haug, Hamburger Kunsthalle. Der Verbleib der anderen Zeichnung ist unbekannt: Philipp Otto Runge, Sitzendes Kind, mit seiner Zehe spielend, wohl 1799, Federzeichnung, Maße unbekannt (laut Angebot der Galerie Gerstenberger: 7,7 × 5 cm), Standort unbekannt; Traeger 1975, S. 261. Kat.Nr. 73. Alle drei Werke waren laut Traeger bis 1938 im Besitz von Hans Runge, einem Nachkommen von Otto Sigismund Runge, dem Sohn des Malers. 947 Auktionskat. Leipzig 1938, S. 34, Kat.Nr. 338, Tafel XXVIII (Adrian Ludwig Richter, Ziegenhirtin im Tal bei Amalfi, Öl auf Holz [sic, auf Pappe], 15 × 20 cm); S. 27. Kat.Nr. 254, Tafel XXI (Franz Krüger, Ein Junge hält ein Reitpferd, 1816, Pastell, 40 × 52 cm); S. 25, Kat.Nr. 227, Tafel XVI (Adam Klein, Ungarische Fuhrleute, 1836, Aquarell, 20,5 × 27,5 cm); S. 39, Kat.Nr. 394 (Moritz von Schwind, Ein Hirtenjunge begegnet vor der Stadt einem Kavalier zu Pferde, Bleistiftzeichnung, 21 × 22,5 cm); S. 39, Kat.Nr. 404 (Carl Spitzweg, Theaterritter am Biertisch, Bleistiftzeichnung, 34 × 21 cm); S. 44, Kat.Nr. 457 (Adrian Zingg, Partie bei Giebichenstein, Federzeichnung Braun laviert, 33 × 46,5 cm). Für den Hinweis darauf, dass die Galerie Gerstenberger die Katalognummern 394 und 457 erwarb, bedanke ich mich herz­lich bei Stefan Pucks, dem ein annotiertes Exemplar (Annotationen für die Katalognummern 82 bis 461) des Auktionskataloges zur Verfügung stand (Mitteilung an die Verfasserin am 21. Mai 2015). 948 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1945: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 6. Oktober 1938. 949 Auktionskat. Leipzig 1938, S. 38, Kat.Nr. 389, Tafel XXX (Moritz von Schwind, Entwurf zu der Oper Die Vestalin von Gasparo Spontini und Entwurf zu der Oper Die Hugenotten von Meyerbeer, Aquarell, 28 × 32,5 cm). 950 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie ­Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 29. März 1935. In ­diesem Schreiben bietet die Galerie fünf Aquarellentwürfe von Schwind zu den Entwürfen für die Hofoper in Berlin an: Entwurf zu der Oper Die Hugenotten von Meyerbeer (Weigmann 1906, S. 475), Entwurf zu der Oper Jessonda von Ludwig Spohr (ebd., S. 476), Entwurf zu der Oper Die Vestalin von Gasparo Spontini (ebd., S. 477), Entwurf zu der Oper Wilhelm Tell von Rossini (ebd., S. 479), Entwurf zu der Oper Die Stumme von Portici von Auber (ebd.).

282 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Wittelsbacher Ausgleichsfonds, von dem die Kunsthandlung im März 1935 auch ein Gemälde von Anselm Feuerbach angekauft hatte.951 Die zwei hier betrachteten Aquarelle von Schwinds waren also bereits 1935 im Besitz der Galerie Gerstenberger und wurden von dieser selbst 1938 zur Versteigerung bei C. G. Boerner eingeliefert. Nachdem sie keinen Zuschlag erhielten, sind sie wieder in den Angebotsschreiben der Kunsthandlung nachzuweisen.952 Die Kennzeichnung „Besitz D (90)“ beinhaltete also nicht nur Eigenware C. G. Boerners, sondern auch kommissionsweise in die Versteigerung aufgenommene Werke aus dem Kunsthandel. Nach dem vergeb­lichen Versuch, die Aquarelle auf der groß angelegten Auktion versteigern zu lassen, konnte sie die Kunsthandlung danach anscheinend doch noch erfolgreich verkaufen, denn die Aquarelle waren nach dem Krieg in dem Konvolut von Kunstwerken für den Sonderauftrag Linz nachweisbar.953 In diesen Beständen fand sich ebenso der Entwurf von Moritz von Schwind zu der Oper Jessonda, den die Galerie Gerstenberger im Jahr 1935 auch in ihrem Angebot hatte.954 Über die Ankäufe der Schwind-Werke durch den Sonderauftrag 951 NARA (fold3), World War II , Holocaust Collection, M1946, Ardelia Hall Collection: Munich Administrative Records: Correspondence: Tatler-Zubow, 1950 – 1951, S. 124: Schreiben des Wittelsbacher Ausgleichsfonds an den Central Collecting Point München vom 5. März 1951. Mitteilung, dass das Gemälde Selbstbildnis mit Zigarette von Anselm Feuerbach am 20. März 1935 an die „Kunstausstellung Gerstenberger G. m. b. H.“ verkauft wurde. Im Auktionskatalog ist vermerkt, dass sich die Aquarelle „früher“ im Besitz des Wittelsbacher Ausgleichsfonds befunden hatten. Auktionskat. Leipzig 1938, S. 38. Der Wittelsbacher Ausgleichsfonds wurde 1923 konstituiert und sollte die vermögensrecht­lichen Ansprüche des ehemaligen Bayerischen Königshauses gegenüber dem Bayerischen Staat regeln. Das Vermögen des Hauses Wittelsbach, das ein umfangreiches Kunstvermögen beinhaltete, wurde in eine Stiftung eingebracht und auf weitere Vermögensansprüche verzichtet. Siehe URL: (28. Dezember 2020). 952 Vgl. Provenienzangabe zu dem Entwurf zu der Oper Hugenotten in: Hamburger Kunsthalle 2003, S. 160, Kat.Nr. 75: „[…] Auktion bei C. G. Boerner, Leipzig 1938 (nicht zugeschlagen)“. Die Information, dass bei der Versteigerung kein Zuschlag erfolgte, erhielt Ute Haug, Hamburger Kunsthalle bei C. G. Boerner, wo sie den Namen des Käufers nachgefragt hatten (Mitteilung an die Verfasserin am 3. Dezember 2014). 953 Vgl. Online-Datenbank zum CCP des Deutschen Historischen Museums: URL: (8. April 2021). Entwurf zu Hugenotten, München-Nr.: 9502 und Entwurf zu Die Vestalin, München-Nr.: 9503. Zum Erwerb ist ledig­lich der Hinweis „vor dem Krieg erworben“ angegeben. Der Entwurf zu der Oper Hugenotten befindet sich heute im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle als Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland. Hamburger Kunsthalle 2003, S. 160/161, Kat.Nr. 75 und Ausstellungskat. Karlsruhe 1996, S. 235, Kat.Nr. 426. Der Entwurf zu der Oper Die Vestalin befindet sich heute im Kupferstichkabinett der Staat­lichen Museen zu Berlin. Ausstellungskat. Karlsruhe 1996, S. 236, Kat.Nr. 429. 954 Moritz von Schwind, Entwurf zu der Oper Jessonda von Ludwig Spohr, 1819/1871, Aquarell, 29 × 34 cm, Kunstbesitz der Bundesrepublik Deutschland, München-Nr. 8669, Linz-Nr. 0464; vgl. OnlineDatenbank zum CCP des Deutschen Historischen Museums (Anm. 953).

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  283

ist nach heutigem Forschungsstand nichts bekannt. Dass dieser über die Galerie Gerstenberger abgewickelt wurde, ist allerdings durchaus wahrschein­lich, denn die Kunsthandlung hatte ab 1939 Kunstwerke an den Sonderauftrag angeboten.955 Eines der wenigen Gemälde, die auf der Auktion bei C. G. Boerner angeboten wurden, hatte ebenfalls die Galerie Gerstenberger erworben und sie konnte es noch im selben Jahr für einen Ankauf-Tausch-Handel mit dem Chemnitzer Museum ­nutzen, der hier bereits Erwähnung fand.956 Das kleine Ölbild auf Pappe von Ludwig Richter war gemeinsam mit nur einem weiteren Werk, einem ebenfalls von Richter gefertigten Aquarell, aus dem Besitz von Rudolf Beneke (1861 – 1946) aus Marburg in die Versteigerung gelangt.957 Auch in Köln ist eine Beteiligung der Galerie Gerstenberger auf einer Auktion des Auktionshauses Lempertz nachzuweisen. Im August 1934 bot die Kunsthandlung der Kunsthalle Mannheim zwei Werke von Johann Sperl an: Mühlengehöft und Rosenhecke.958 Vermut­lich waren beide Werke im April desselben Jahres in dem Kölner Auktionshaus zur Versteigerung gekommen.959 Beide Werke finden sich auch in einem Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger vom 1. Dezember 1934 wieder. Hier ist darüber hinaus eine Landschaft von Toni von Stadler gelistet.960 Diese könnte die Kunsthandlung ebenfalls, gemeinsam mit den zwei Werken von Johann Sperl, auf der Auktion bei Lempertz erworben haben.961 955 Siehe dazu Kap. 4.5.2. 956 Siehe Kap. 4.3.2. 957 Das Material des Bildträgers des Gemäldes von Ludwig Richter wird im Auktionskatalog fälsch­ licherweise aus Holz angegeben. Als Hinweis auf die Besitzerin oder den Besitzer steht das Kürzel „Besitz B (88)“ (Auktionskat. Leipzig 1938, S. 34, Kat.Nr. 338). Für diesen Besitz ist noch die Kat. Nr. 339 (Ebd.) verzeichnet: Ludwig Richter, Alter Mann mit seiner Enkelin und einem Hund abends am Wegrand unter dem Kreuze rastend, 1869, Aquarell, 12,5 × 21 cm. Zur Provenienz des Werkes Ziegenhirtin im Tal bei Amalfi siehe Friedrich 1937, S. 70, Kat.Nr. 77 und Ausstellungskat. Dresden 2003, S. 244, Kat.Nr. 37. Rudolf Beneke, geboren in Marburg, war Professor für Pathologie an der Universität Halle, wurde 1927 emeritiert und kehrte dann wieder nach Marburg zurück. Zu Beneke siehe Wer ist’s? 1935, S. 93. 958 Johann Sperl, Mühlengehöft im Schnee, Öl auf Leinwand, 22 × 28 cm, Standort nicht ermittelt und Rosenhecke, Öl auf Leinwand, 31 × 40 cm, Standort nicht ermittelt. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gersten­ berger an die Kunsthalle Mannheim vom 8. August 1934. 959 Auktionskat. Köln 1934, S. 32, Kat.Nr. 275, Tafel 10 (Rosenhecke) und Kat.Nr. 277, Tafel 10 (Mühlengehöft im Schnee). Vor allem die von der Galerie Gerstenberger in ihrem Angebotsschreiben gegebene Beschreibung der Darstellung des Mühlengehöfts legt nahe, dass es sich hierbei um das Gemälde von der Auktion handelt. 960 SMB-ZA, I/NG 938, Bl. 80: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 1. Dezember 1934. Toni von Stadler, Landschaft, 30 × 40 cm, Werk nicht identifiziert. 961 Im Auktionskatalog von Lempertz ist eine Landschaft von Toni von Stadler gelistet. Auktionskat. Köln 1934, S. 32, Kat.Nr. 281. Für beide Werke ist eine ähn­liche Größe angegeben: 32 × 43 cm

284 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Auf einer Versteigerung in München am 1. und 2. Juni 1937, die von der Kunsthandlung Julius Böhler veranstaltet wurde, erwarb die Galerie Gerstenberger ein Gemälde von Ferdinand Waldmüller.962 Die Auktion beinhaltete ausschließ­lich Werke aus dem Bestand der Staat­lichen Museen zu Berlin. Wahrschein­lich wurde das Werk auf der Auktion über die Münchner Galerie Ludwig für die Galerie Gerstenberger ersteigert.963 Erstgenannte wurde zu ­diesem Zeitpunkt von Käthe Thäter (Lebensdaten unbekannt) geleitet.964 Fritz Nathan (1895 – 1972), der die Kunsthandlung von 1931 bis 1935 geführt hatte, war bereits in die Schweiz emigriert.965 Die Galerie Gerstenberger konnte das Werk im Jahr 1940 an das Museum in Halle veräußern.966 In den Jahren 1936 bis 1938 können in den Angeboten der Galerie darüber hinaus mehrere Werke nachgewiesen werden, die am 11. Mai 1936 auf einer Auktion bei dem Frankfurter Auktionshaus Hugo Helbing versteigert wurden. Ob die Kunsthandlung selbst diese Werke bei der Auktion erworben hatte oder wie im vorher besprochenen Fall durch Dritte hatte erwerben lassen, ist nicht eindeutig zu klären. Es liegen zum Teil große Zeitspannen z­ wischen dem Tag der Auktion und dem ersten nachgewiesenen Angebot des Werkes durch die Kunsthandlung. Ein Gemälde wurde allerdings schon sehr bald nach dem 11. Mai, näm­lich am 12. Juni 1936, von der Galerie Gerstenberger der Nationalgalerie in Berlin angeboten. Dabei handelte es sich um die Darstellung eines Hirsches von Ferdinand von Rayski, das im Auktionskatalog die Losnummer 68 trug.967 Das Werk stammte vermut­lich aus dem Eigentum von Carl Billand aus Kaiserslautern, wie auch das in derselben Auktion zur Versteigerung gegebene Gemälde (Lempertz) und 30 × 40 cm (Gerstenberger). Darüber hinaus gibt Grosshennig bei allen drei hier benannten Werken die ­gleiche Provenienz, näm­lich „aus Privatbesitz“ an. 962 Auktionskat. München 1937, S. 119, Kat.Nr. 742, Tafel 80. Zum Werk siehe Anm. 1087. 963 Grosshennig war in Besitz eines Kataloges und erkundigte sich schon im Vorfeld über den Schätzpreis des Gemäldes. BWA F 43/ 33: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Julius Böhler vom 12. Mai 1937. 964 Hopp 2012, S. 56/57 und 219. 965 Zur Galerie Ludwig und Fritz Nathan siehe Neue Deutsche Biographie, Bd. 18, 1997, S. 744 und Ausstellungskat. Tübingen 2005. 966 Siehe dazu Anm. 1004. Die Staat­lichen Museen zu Berlin hatten das Werk erst 1935 von der Dresdner Bank erworben. Für Hinweise zu dem Gemälde und dessen Provenienz bedanke ich mich herz­lich bei Susanne Köller, Kunstmuseum Stiftung Moritzburg, Halle. 967 SMB-ZA, I/NG 939, Bl. 487: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 12. Juni 1936. Ferdinand von Rayski, Kopf eines Zehnenders im Bast, 1847, Öl auf Leinwand auf Sperrholz, 105,7 × 71,6 cm, Standort nicht ermittelt; Walter 1943, S. 226, Kat.Nr. 252; Auktionskat. Frankfurt 1936, S. 78, Kat.Nr. 68, Tafel 38. Im Werkverzeichnis zu Ferdinand von Rayski aus dem Jahr 1943 wird die Provenienz des HirschGemäldes um 1927 mit „Eigentum von Kommerzienrat Billand, Kaiserslautern“ angegeben. Als darauf folgende Besitzerin ist 1936 die Galerie Gerstenberger benannt. Walter 1943, S. 226, Kat.Nr. 252.

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  285

von Hans Thoma Heuernte.968 Aus einem persön­lichen Schreiben von Billand aus dem Jahr 1951 geht hervor, dass er Teile seiner Sammlung freiwillig zur Versteigerung gab.969 Hier kann ein verfolgungsbedingter Verkauf also ausgeschlossen werden. In einem Angebot vom 28. Januar 1937 an die Kunsthalle in Mannheim ist ein Blumenstück von Hans Thoma aus der eben genannten Versteigerung nachzuweisen sowie in einem weiteren Schreiben der Kunsthandlung vom 6. Oktober 1938 ein Gemälde Fritz von Uhdes.970 Ein viertes von der Galerie Gerstenberger gehandeltes Kunstwerk, das allerdings nicht so eindeutig identifizierbar ist, stammt mög­ licherweise auch aus der Auktion bei Helbing. Am 5. November 1936 bot die Kunsthandlung das Gemälde mit dem Titel Dorfstraße in Etzenhausen von Adolf Lier dem Museum in Halle an, wobei ein Gemälde desselben Künstlers mit demselben Titel im Auktionskatalog gelistet ist.971 Laut Werkverzeichnis aus dem Jahr 1928 gibt es ledig­lich fünf Motive im Œuvre Liers, die eindeutig aus Etzenhausen stammen, nur eines davon zeigt die Dorfstraße.972 968 Auktionskat. Frankfurt 1936, S. 110, Kat.Nr. 96, Tafel 54. Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen ermittelte 2001, dass das Werk aus dem Besitz von Carl Billand stammte, der es ­zwischen Anfang und Mitte der 1920er Jahre erworben hatte. Dies ist in der aktuellen Datenbank der Kunstwerke in Bundesbesitz recherchierbar. URL: Eintrag für die München-Nr. 8657 (28. Dezember 2020). 969 In Bezug auf das hier genannte Werk von Hans Thoma Heuernte gab er als Grund eine finanzielle Notlage an. Hinsicht­lich eines anderen Werkes, das in derselben Auktion zur Versteigerung kam, gab Billand an, mit dem Verkauf finanzielle Mittel für betrieb­liche Investitionen akquiriert zu haben. Online-Datenbank der Kunstverwaltung des Bundes: URL: Eintrag für die München-Nr.: 9833 und ebd. Eintrag für die München-Nr. 8657 (28. Dezember 2020). 970 Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gersten­ berger an die Kunsthalle Mannheim vom 28. Januar 1937. Hans Thoma, Blumenstück, 1882, Öl auf Leinwand, 16 × 20 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Frankfurt 1936, S. 106, Kat.Nr. 93, Tafel 52. Zu ­diesem Werk finden sich keine Angaben in dem Werkverzeichnis zu Hans Thoma (Thode 1909). Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 6. Oktober 1938. Fritz von Uhde, Sommertag/Lesendes Mädchen im Park, 1903, Öl auf Leinwand, 65 × 54 cm, Standort nicht ermittelt; Rosenhagen 1908, S. 248; Auktionskat. Frankfurt 1936, S. 114, Kat.Nr. 99, Tafel 56. 971 SAH Mobu Nr. 5: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 5. November 1936. Bei Gerstenberger wird das Gemälde auch im Januar 1937 und im Oktober 1938 mit den Titeln Dorfstraße und Bauerngehöft mit Dorfstraße angeboten. Vermut­lich handelte es sich aber bei allen drei Angeboten um dasselbe Gemälde. Die Größenangaben variieren z­ wischen 62 × 65 cm (1936) und 65 × 70 cm (1937 und 1938). Adolf Lier, Dorfstraße in Etzenhausen, Öl auf Leinwand, 61,5 × 75 cm, Standort nicht ermittelt; Auktionskat. Frankfurt 1936, S. 62, Kat.Nr. 54, Tafel 30. 972 Mennacher 1928, S. 91/92, Kat.Nr. 335. Dieses ist auch das im Auktionskatalog gelistete Werk.

286 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Die hier exemplarisch benannten Ankäufe der Galerie Gerstenberger auf dem deutschen Auktionsmarkt zeigen ein reges Partizipieren der Kunsthandlung im gesamten Gebiet des damaligen Deutschen Reiches und verdeut­lichen gleichzeitig die Schwierigkeit, ohne überlieferte Geschäftsunterlagen die Ankäufe genau zu identifizieren. Die Rekonstruktion der Ankäufe sind darüber hinaus dadurch erschwert, dass Grosshennig anscheinend oftmals gar nicht persön­lich auf der Versteigerung war, sondern anhand des Kataloges sich für einzelne Werke entschied, die dann ein Kollege oder eine Kollegin vor Ort im Auftrag erwarb, wie es hier für die Auktion in der Kunsthandlung Julius Böhler im Jahr 1937 gezeigt werden konnte. Mög­licherweise bediente sich der Kunsthändler vor allem im Zusammenhang mit speziellen Kundenwünschen, die er so direkt bedienen konnte, dieser Praxis. Damit kann das sehr unterschied­liche Verhalten auf dem Auktionsmarkt erklärt werden, das z­ wischen Ankäufen mehrerer und eines einzelnen Werkes auf einer Versteigerung variierte. Die mithilfe verschiedener Quellen ermittelten Auktionserwerbungen der Galerie Gersten­berger für die Zeit des Nationalsozialismus unterscheiden sich nicht wesent­lich von denen während der Weimarer Republik und betreffen fast ausschließ­lich Werke des 19. Jahrhunderts. Grosshennig nutzte dabei die Gelegenheiten auf dem Auktionsmarkt ebenso geschäftstüchtig wie vor der Machtübernahme. Durch den hohen Anteil an verfolgungsbedingt veräußerten Kunstwerken in den Versteigerungen während des Nationalsozialismus war auch die Galerie Gerstenberger wie selbstverständ­lich in den Handel mit Kunst aus Sammlungen involviert, deren Eigentümerinnen und Eigentümer als jüdisch kategorisiert waren, verfolgt wurden und somit unter Zwang verkauften. Dabei gibt es bisher keine Hinweise darauf, ob die antisemitische Verfolgung der Einlieferinnen und Einlieferer von Grosshennig hinterfragt oder problematisiert wurde.

4.4.2 Verkäufe von Kunstwerken an Museen und andere Institutionen In Anbetracht der recherchierten Angebote der Galerie Gerstenberger an Museen und andere Institutionen zur Zeit des Nationalsozialismus lässt sich konstatieren, dass diese während des Nationalsozialismus die Anzahl derer in den 1920er Jahren bei Weitem übertrifft. Sie beträgt näm­lich mehr als dreimal so viel. Die Zahlen lassen sich insbesondere gut vergleichen, da die Zeitspannen, aus denen die Angebotslisten überliefert sind, einander entsprechen. Für die 1920er Jahre sind erst ab 1925 vermehrt Angebotsschreiben nachzuweisen, für die Zeit des Nationalsozialismus in den Jahren 1933 bis 1940.973 Die Anzahl der überlieferten Angebotslisten bezieht sich also vor 1933 sowie ab 1933 auf ungefähr acht Jahre Galeriegeschichte. Die deut­lich höhere Anzahl an schrift­lichen Angeboten der Kunsthandlung in der Zeit nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten könnte in einer sehr viel schlechteren Überlieferung der Korrespondenzen beziehungsweise Angebotsschreiben der Galerie aus 973 Angebote aus dem Jahr 1933 sind fast ausschließ­lich ab August überliefert.

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  287

den 1920er Jahren begründet sein. Mit Blick auf Museumsarchive, deren Bestände eine gute Überlieferung und Archivierung über den gesamten Betrachtungszeitraum hinweg aufweisen, wie beispielsweise das der Kunsthalle in Mannheim, wird jedoch evident, dass es tatsäch­lich mehr und umfangreichere Angebotslisten der Galerie Gerstenberger ab 1933 gab als in den Jahren zuvor. Die in den Archiven ersicht­liche, unterschied­liche Überlieferung von Angeboten vor und ab 1933 kann also auf verschiedenen Handelspraktiken der Galerie oder verschiedenen Bedingungen des Kunstmarktes beruhen. In der Zeit des Nationalsozialismus liegt der Schwerpunkt der Angebote an Museen viel ausgeprägter auf der Kunst des 19. Jahrhunderts. Diese Epoche war zwar auch in den 1920er Jahren mit Anselm Feuerbach, Caspar David Friedrich, Ferdinand von Rayski und Hans Thoma sehr gut im Künstlerportfolio vertreten, die deutschen Impressionisten mit Lovis Corinth, Max Liebermann und Max Slevogt gehörten damals aber zu den am meisten angebotenen Werken.974 Max Liebermann ist ab 1935 in keiner der Angebotslisten mehr nachzuweisen, auch Werke von Corinth, finden sich fast ausschließ­lich in den Jahren bis 1935 in den Angeboten der Kunsthandlung.975 Slevogt bleibt dagegen ein fester Bestandteil des Angebotsportfolios, wenn auch in stark reduzierter Form. In der Zeit von 1933 bis 1943 gehörten Werke der Künstler Carl Gustav Carus, Caspar David Friedrich, Wilhelm Leibl, Ferdinand von Rayski, Carl Schuch, Carl Spitzweg, Hans Thoma, Wilhelm Trübner, Fritz von Uhde und Friedrich Voltz zu den am häufigsten angebotenen. Die mit Abstand am meisten Werke können von Hans Thoma nachgewiesen werden, gefolgt von Carl Spitzweg. Das Künstlerportfolio bediente somit gänz­lich die auch im offiziellen kunsthistorischen Diskurs zu beobachtende Hinwendung zur Kunst des 19. Jahrhunderts. Wie die heutige Forschung postuliert, war zwar das 19. Jahrhundert zentral für das Weltbild des 974 Siehe Kap. 3.5. 975 Eine Ausnahme ist beispielsweise ein Angebot eines Gemäldes von Lovis Corinth im Jahr 1944, das laut dem Schreiben der Galerie „erbteilungshalber“ zum Verkauf stand: Mars in der Schmiede des Vulkan, 1910, Öl auf Leinwand, 148 × 215 cm, Standort unbekannt; Berend-Corinth 1992, S. 116/117, Kat.Nr. 412. Angebot: Hausakten Belvedere Wien 1944, 69: Telegramm der Galerie Gerstenberger an das Belvedere in Wien vom 11. März 1944; Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 16. März 1944. Das Gemälde war zuvor in Besitz von Erich Gärtner (1874 – 1958) gewesen, der in Burgstädt Inhaber der Handschuhfabrik Winkler & Gärtner war. Für die biographischen Informationen zu Erich Gärtner bedanke ich mich herz­lich bei Heike Stuck, Stadtverwaltung Burgstädt. Mitteilung an die Verfasserin vom 21. April 2015. Das Werk war schon einmal, im Jahr 1925, im Schaufenster der Galerie Gerstenberger ausgestellt (Chemnitzer Tageblatt vom 1. August 1925, S. 11). Die Handschuhfabrik von Gärtner wurde von dem Architekten Erich Basarke entworfen (Pillep 2004, S. 85). Es ist somit nicht unwahrschein­ lich, dass Erich Gärtner mit Wilhelm Grosshennig oder einem anderen Teilhaber der Galerie schon länger persön­lich bekannt war.

288 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

­ ationalsozialismus, wurde aber auch in dieser Zeit ambivalent bewertet.976 Dabei wurde die N Kunst ab 1800 als eine Entwicklung des Verfalls und des „Verlustes der Volksnähe“ beschrieben, gleichzeitig galt jedoch die deutsche Romantik als Renaissance einer nationalen Kunst.977 Der Zeit der deutschen Romantik wurde das Erstarken eines neuen Nationalgefühles und eine Wiederaufnahme völkischer Mythen zugeordnet, sodass viele Künstler des 19. Jahrhunderts besondere Würdigung in der nationalsozialistischen Kunstgeschichtsschreibung erfuhren, und zwar Carl Gustav Carus, Caspar David Friedrich, Wilhelm Leibl und Hans Thoma.978 Vor ­diesem Hintergrund wurden deutsche Künstler des 19. Jahrhunderts nicht nur als Vorbild für die zeitgenössische Kunst propagiert, sondern fungierten für die Kunsthändlerinnen und Kunsthändler als besonders gute Handelsware für den Verkauf an staat­liche Institutionen.979 Die Verfügbarkeit auf dem Kunstmarkt war durch die vielen Auflösungen von Privatsammlungen in Folge der Weltwirtschaftskrise vor 1933 und durch die rassistische und antisemitische Verfolgung ab dem Machtwechsel als sehr gut zu bewerten. Aus beiden resultierte ein quantitativ großer Zufluss von Werken des 19. Jahrhunderts auf den Markt, da diese bei Privatsammlerinnen und Privatsammlern des deutschen Bürgertums ausgesprochen beliebt waren. Die kulturpolitische Lage im Nationalsozialismus sowie das qualitätsvolle und größere Angebot ließen zusätz­lich die Nachfrage für diese Werke erheb­lich steigen.980 Darüber hinaus war der Handel mit den oben erwähnten Künstlern für die Galerie Gerstenberger frei von jeg­licher politischer Brisanz. Es war also kein Zufall, dass alle vier der hier genannten Künstler ausgesprochen gut in den Angebotslisten der Kunsthandlung vertreten waren. Caspar David Friedrich galt sogar als „Generalinstanz“ für die Kunst des 19. Jahrhunderts und wurde als „Ausnahme-Künstler“ bewertet.981 Zwar handelte die Galerie Gerstenberger nicht mit einer höheren Anzahl an Werken Friedrichs im Vergleich zu den 1920er Jahren, aber zusätz­lich mit solchen anderer Romantiker der Dresdner Akademie wie Carl Gustav Carus und Johan Christian Clausen Dahl. Auch der im vorhergehenden Kapitel beschriebene Ankauf-Tausch-Handel der Kunsthandlung mit dem Chemnitzer Museum lässt sich besser 976 Stöppel 2008, S. 150. Dazu auch Fuhrmeister/Hopp 2017, S. 165. 977 Stöppel 2008, S. 143. 978 Ebd., S. 150. Zu den Bewertungen verschiedener Künstler des 19. Jahrhunderts in der Kunstgeschichtsschreibung während des Nationalsozialismus siehe Landes 2005. 979 Hinrichs 2011, S. 171 (hier am Beispiel Caspar Davis Friedrichs) und Stöppel 2008, S. 144: „Fragen nach Abgrenzungen, aber auch nach Gemeinsamkeiten mit der jüngeren Vergangenheit waren also virulent. Aus dieser unmittelbaren Aktualität des 19. Jahrhunderts für die eigene Gegenwart erklärt es sich auch, warum sich fast alle führenden Kunsthistoriker während der NS-Zeit […] mit der Kunstentwicklung der jüngeren Vergangenheit auseinandergesetzt bzw. diese kommentiert haben.“ 980 Eine Korrelation von Angebot auf dem Markt verfügbarer Kunst und Nachfrage erkennen auch Fuhrmeister und Hopp in ihrer Untersuchung zum Handel mit Kunstwerken des 19. Jahrhunderts in München in der Zeit 1927 – 1945. Fuhrmeister/Hopp 2017, S. 181. 981 Landes 2005, S. 285 und Stöppel 2008, S. 147.

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  289

in Anbetracht der Tatsache erklären, dass die Künstler Caspar David Friedrich und Ludwig Richter eine immense Aufwertung erfuhren.982 Die Dominanz von Werken Hans Thomas hinsicht­lich der Angebote der Galerie an Museen ist in ­diesem Zusammenhang auch von besonderer Bedeutung. Neben Caspar David ­Friedrich war Hans Thoma der Künstler mit einer direkten Vorbildhaftigkeit für die damals zeitgenössische Kunst. Nach Meinung der nationalsozialistischen Kunstanschauung war Thomas Kunst „ohne schäd­lichen Einfluss“ entstanden, sondern vielmehr gemäß der Natur und mit „reinem völkischen Empfinden“.983 Die große Wertschätzung Thomas im Nationalsozialismus ist sicher­lich auch damit begründet, dass er schon zu seinen Lebzeiten im Kreis um Richard und Cosima Wagner verkehrte, die der Idee einer besonderen Vormachtstellung des deutschen Volkes in der Welt folgten. Dieses Umfeld hatte den Künstler maßgeb­lich beeinflusst.984 Der besondere Schwerpunkt der Galerie Gerstenberger, der in den Angebotsschreiben an Museen im Nationalsozialismus zu verzeichnen ist, liegt also maßgeb­lich in einer erhöhten Nachfrage begründet. Vor allem die Gemälde Thomas waren darüber hinaus ausschließ­lich positiv in der nationalsozialistischen Kunstanschauung bewertet. Eben diesen Künstler bot die Kunsthandlung am meisten an. Neben den Verkäufen von Werken des 19. Jahrhunderts an Museen sind auch einige Veräußerungen an die Reichskanzlei dokumentiert. Dieser Aspekt soll im Folgenden exemplifiziert werden.

4.4.2.1 Verkäufe an die Reichskanzlei Ebenso wie Werke von Hans Thoma waren auch s­ olche von Carl Spitzweg im Nationalsozialismus eine gewinnbringende Handelsware. Das zeigt sich nicht nur anhand der hohen Anzahl seiner Werke, die in der Verteilermasse für den Sonderauftrag Linz zu verzeichnen sind, und anhand des Bestandes, der für das Führermuseum ausgewählt war, sondern auch beispielhaft an einem Geschäft, das die Galerie Gerstenberger mit der Reichskanzlei abschließen konnte.985 Es ist der erste nachweisbare Verkauf eines Gemäldes vonseiten der Galerie Gerstenberger an diese Behörde. So schrieb Grosshennig im Juli 1937 an die Reichskanzlei in Berlin und bot dieser das Werk Der Philosoph von Carl Spitzweg für 12.500,– RM an (Tafel 7).986 Eine 982 Zum Tausch siehe Anhang 8.5.2, Nr. 38. 983 Stöppel 2008, S. 148. 984 Santorius 2013, S. 34/35. 985 Die Auswahl für das Führermuseum in Linz umfasste 22 Werke von Spitzweg. Schwarz 2004, S. 497 (Register). In der Online-Datenbank zum Sonderauftrag Linz des Deutschen Historischen Museums sind 50 Werke von Spitzweg gelistet. Suchabfrage: Künstler: „Spitzweg“. URL: (8. April 2021). Zum Sonderauftrag Linz siehe Kap. 4.5. 986 BArch, Berlin R 43II/1063a, Bl. 73: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Reichskanzlei vom 1. Juli 1937.

290 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Antwort erhielt Grosshennig im Auftrag von Hermann von Stutterheim (1887 – 1959), mit der Bitte, das Werk nach Berlin zu senden.987 Grosshennig war um eine gute Reputation bei den Vertretern der Reichskanzlei bemüht und legte die Einladung für eine Ausstellung aus dem Jahr 1924 bei, aus der ersicht­lich wurde, dass die Kunsthandlung „deutsche Romantiker schon immer sehr pflegte“.988 Von Stutterheim erbat sich von Eberhard Hanfstaengl und Heinrich Hoffmann eine Beurteilung des Gemäldes.989 Kam Hoffmann der Bitte von Stutterheims wohl nie nach, bestätigt Hanfstaengl die Annahme, dass Werke von Spitzweg auf dem Kunstmarkt hoch gehandelt wurden: […] beehre ich Ihnen mitzuteilen, dass ich auf Grund der mir vorgelegten Photographie keinen Zweifel habe, dass es sich um eine Originalarbeit von Karl Spitzweg handelt. Der Preis ist nicht gerade niedrig bemessen, aber bei der großen Nachfrage nach Spitzweg[-]Bildern ist die Forderung immerhin als berechtigt und angemessen zu bezeichnen.990

Im November kam das Geschäft dann zum Abschluss und die Reichskanzlei erwarb das Gemälde von Spitzweg für 11.000,– RM.991 Das Werk war, wie aus zwei internen Vermerken hervorgeht, für das Arbeitszimmer Adolf Hitlers in Berchtesgaden bestimmt.992 Grosshennig war über den Abschluss des Geschäftes nicht nur erfreut, sondern versprach sich auch weitere Verkäufe an die Reichskanzlei, denn sogleich bot er ein weiteres Gemälde zum Verkauf an:

Carl Spitzweg, Der Philosoph, 1850/55, Öl auf Leinwand, 21,3 × 15,1 cm, Privatbesitz (zuvor: Auktionskat. Zürich 2011, S. 136, Kat.Nr. 3206); Wichmann 2002, S. 275, Kat.Nr. 528 (dort: Im Garten). Laut ­Roennefahrt war das Gemälde zwei Mal in der Galerie Gerstenberger ausgestellt: 1936 mit dem Titel Der Naturfreund aus dem Besitz der Galerie Caspari, München und im April 1937 mit dem Titel Der Philosoph aus Münchner Privatbesitz (Roennefahrt 1960, S. 231). 987 An Hermann von Stutterheim sollte sich Grosshennig im Dezember 1942 wenden, um eine Genehmigung für eine Reise nach Südfrankreich zu erhalten. Siehe Kap. 4.5.3. 988 BA rch Berlin R 43II /1063a, Bl. 76RS : Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Heinrich Lammers vom 27. Juli 1937. Dabei handelte es sich sicher­lich um eine Einladung zu der Ausstellung Romantik und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung, die 1924 in der Galerie Gerstenberger stattfand. Siehe Kap. 3.2. 989 BArch, Berlin R 43II/1063a, Bl. 78RS und 79: Schreiben von Hermann von Stutterheim an ­Eberhard Hanfstaengl und an Heinrich Hoffmann vom 8. August 1937. 990 Ebd., Bl. 82/83: Schreiben von Eberhard Hanfstaengl an Hermann von Stutterheim vom 13. August 1937. 991 Ebd., Bl. 96: Rechnung der Galerie Gerstenberger an die Reichskanzlei vom 5. November 1937. 992 Ebd., Bl. 93: Interner Vermerk vom 2. November 1937: „Das Gemälde […] wird aus Mitteln des Fonds für allgemeine Zwecke angekauft und ist gegebenenfalls für das Arbeitszimmer des Führers und Reichskanzlers im Dienstgebäude Berchtesgaden der Reichskanzlei gedacht.“ Ebd., Bl. 97: Interne Arbeitsanweisungen vom [unleser­lich] November 1937. Punkt 4a: „Aufnahme des Spitzweg-Bildes in das Geräteverzeichnis für das Dienstgebäude d. Rk. in Berchtesgaden.“

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  291

Wir freuen uns, damit einmal mit der Reichskanzlei in eine Geschäftsverbindung gekommen zu sein. Wir erlaubten uns vor einigen Tagen nach Berchtesgaden eine [sic] Photo von einem sehr bedeutenden Gemälde aus dem italienischen Volksleben von Ferdinand Waldmüller zu übermitteln. […] Wir haben des Öfteren erstklassige Sachen aus Privatbesitz und werden uns erlauben, diese zu gegebener Zeit anzubieten.993

Das Gemälde von Ferdinand Waldmüller, das Grosshennig auf einer Auktion bei Julius Böhler erworben hatte und das aus dem Besitz der Staat­lichen Museen Berlin stammte, konnte nicht an die Reichskanzlei vermittelt werden, wurde aber 1940 vom Museum in Halle erworben.994 Im darauf folgenden Jahr, 1938, konnte Grosshennig nachweis­lich vier weitere Gemälde an die Reichskanzlei veräußern: Im Februar die Werke Loni von Franz von Defregger für 5.500,– RM und Seelandschaft mit Kühen von Friedrich Voltz für 4.500,– RM, die von der Kunsthandlung zusammen mit jeweils einem Gemälde von Spitzweg und Wilhelm Leibl angeboten wurden.995 Im März desselben Jahres erwarb die Reichskanzlei die Werke Schafe im Stall von Otto Gebler für 3.600,–  RM und Kuhherde am Bodensee von Christian Mali für 4.500,– RM von der Kunsthandlung.996 Bei allen vier Werken scheint Hitler persön­lich über den Ankauf entschieden zu haben.997 Grosshennig versuchte aktiv, auch mit anderen offiziellen Einrichtungen und Ministerien in Geschäftskontakt zu treten, und schrieb diese immer wieder an. Die überlieferten Akten dokumentieren jedoch das Misslingen dieser Versuche. So wurde ein Angebot

993 Ebd., Bl. 95: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Reichskanzlei vom 6. November 1937. 994 Zu dem Gemälde siehe Anm. 1087. 995 BArch Berlin R 43II/1063b, Bl. 32/33: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Heinrich Lammers vom 7. Januar 1937. Angebot von vier Werken: Franz von Defregger, Loni, keine Angabe zur Technik, 50 × 62 cm, Standort nicht ermittelt; Wilhelm Leibl, Bildnis des Malers Johann Sperl, 1867, Öl auf Leinwand auf Pappe, 17 × 15 cm, Halle, Kunstmuseum Stiftung Moritzburg (Waldmann 1930, S. 112, Kat.Nr. 84); Carl Spitzweg, Der Einsiedler und die Eisenbahn, Öl auf Karton, 23,3 × 18,4 cm, Heidelberg, Kurpfälzisches Museum (Roennefahrt 1960, S. 259, Kat.Nr. 1110), angeboten unter dem Titel: Die alte und die neue Zeit; Friedrich Voltz, Seelandschaft mit Kühen, 1876, keine Angaben zur Technik, 62 × 32 cm, Standort nicht ermittelt. 996 Ebd., Bl. 51: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Heinrich Lammers vom 1. Februar 1938. Angebot von zwei Werken: Otto Gebler, Schafe im Stall, 1880er Jahre, Öl auf Holz, 50 × 64 cm, Standort nicht ermittelt; Christian Mali, Gebirgssee mit Kühen, 1886, Öl auf Leinwand, 58 × 116 cm, Standort nicht ermittelt. 997 Ebd., Bl. 41: Interner Vermerk der Reichskanzlei vom 8. Februar 1938. „Der Führer har nach Vortrag des Herrn Reichsministers angeordnet, dass die beiden von der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH in Chemnitz angebotenen Gemälde […] zu dem angebotenen Preise angekauft werden.“ Ebd., Bl. 60: Interne Arbeitsanweisungen der Reichskanzlei vom 12. März 1938. Punkt 1: „Der Führer hat den Ankauf der beiden Gemälde von Mali und Gebler angeordnet. Der Preis ist aus Mitteln für allgemeine Zwecke zu zahlen.“

292 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

Abb. 71 Werbeanzeige der Galerie Gerstenberger, 16. Oktober 1938

an die p ­ ersön­liche Adjutantur Hitlers aus dem Jahr 1940 jäh zurückgewiesen.998 Julius Schaub (1898 – 1967), an den das Schreiben gerichtet war, veranlasste eine Absage an die Kunsthandlung mit der Bemerkung: „Ich kann mich beim besten Willen hier nicht mit Bilderhandel befassen“.999 Die Absage wurde in gemäßigter Form mit der Bitte an die Galerie weitergeleitet, „zu gegebener Zeit darauf zurückzukommen“.1000 Nach seinen erfolgreichen Verkäufen an die Reichskanzlei schrieb Grosshennig in den Jahren 1937 und 1938 auch an das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung, mit dem Hinweis auf seine „direkte[n] Geschäftsverbindungen mit dem Herrn Reichsminister und Chef der 998 BArch, Berlin NS 10/512, Bl. 88: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Julius Schaub vom 31. Mai 1940. Es waren zwei Werke im Angebot: Franz von Defregger, Sennerin, keine Angabe zur Technik, 32 × 46 cm, Standort nicht ermittelt; Friedrich Voltz, Gebirgslandschaft mit Viehherde, 1857, keine Angabe zur Technik, 100 × 150 cm, Standort nicht ermittelt. Ebenso sandte Grosshennig 1940 ein Schreiben mit Angeboten an Albert Speer, der den Kunsthändler an Hans Posse verwies. BArch, Berlin R 4606/643: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Albert Speer vom 6. Mai 1940 und Schreiben der Generalbauinspektion an die Galerie G ­ erstenberger vom 17. Mai 1940. 999 BArch, Berlin NS 10/512, Bl. 86: Schreiben von Julius Schaub an Albert Bormann vom 8. Juni 1940. 1000 Ebd., Bl. 85: Schreiben von Albert Bormann an die Galerie Gerstenberger vom 10. Juni 1940.

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  293

Reichskanzlei“.1001 Die Angebote wurden an die Nationalgalerie in Berlin weitergeleitet, die in einem Antwortschreiben an die Kunsthandlung ihre Zuständigkeit vor der des Reichsministeriums für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung betonte.1002 Die Verkäufe und die Schreiben Grosshennigs verdeut­lichen, dass der Kunsthändler die Geschäftsbeziehung mit den Reichsministerien suchte. Nicht nur in Anbetracht der Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger, die die politischen Ziele des NS-Staats bedienten, biederte sich Grosshennig der NS-Führungselite an. Dabei nutzte er persön­liche Bekanntschaften sowie abgeschlossene Geschäfte gleichermaßen, um seine persön­liche Reputation innerhalb des Machtapparates positiv hervorzuheben. Das kann auch hinsicht­lich der Anträge für die Ausreise in die von Deutschland besetzten Gebiete beobachtet werden, auf die im Kapitel zum Sonderauftrag Linz noch näher eingegangen wird. Darüber hinaus nutzte er die Verkäufe an die Reichskanzlei werbewirksam und publizierte diese beispielsweise im Chemnitzer Tageblatt (Abb. 71).1003

4.4.2.2 Verkäufe an Museen Die zahlreichen Verkäufe der Kunsthandlung an die Museen im gesamten Gebiet des damaligen Deutschen Reiches zu erörtern, ist im Rahmen dieser Arbeit nicht mög­lich. Wie zu Beginn ­dieses Kapitels und auch in Kapitel 4.3.2 bereits erläutert, profitierte die Galerie Gerstenberger entscheidend von den kulturpolitischen Maßnahmen der Nationalsozialisten gegen einzelne Künstlerinnen und Künstler sowie Kunstströmungen. Vor allem die Museen in der Provinz mit kleineren Sammlungen erfuhren durch den Verlust qualitätsvoller Kunstwerke aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts eine regelrechte Lückenbildung in den Dauerausstellungen. Sie versuchten diese durch Werke des 19. Jahrhunderts zu füllen.1004

1001 SMB-ZA, I/NG 941, Bl. 14/15: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 30. Dezember 1937 (Überweisung an die Nationalgalerie Berlin) und ebd., Bl. 96/98: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 1. Februar 1938 (Überweisung an die Nationalgalerie Berlin). 1002 Ebd., Bl. 16: Schreiben der Nationalgalerie Berlin an die Galerie Gerstenberger vom 19. Januar 1938. 1003 Chemnitzer Tageblatt vom 16. Oktober 1938, S. 12. 1004 Das Kunstmuseum Stiftung Moritzburg in Halle erwarb 1937 drei Zeichnungen, jeweils eine von Hans Thoma, Adrian Zingg und Martin von Rohden, 1938 das Gemälde (Jugend)Bildnis des Malers Johann Sperl von Wilhelm Leibl (siehe Anm. 995) sowie 1940 das Gemälde Am Brunnen von Taormina von Ferdinand Waldmüller (siehe Anm. 1087) von der Galerie Gerstenberger. Für die Hinweise auf die Ankäufe bedanke ich mich herz­lich bei Susanna Köller, Kunstmuseum Stiftung Moritzburg Halle, Mitteilung an die Verfasserin vom 5. August 2011.

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Zusätz­lich vermittelte die Galerie Kunstwerke an große Sammlungen, wie beispielsweise an das Belvedere in Wien.1005

Die Ankäufe der Städtischen Kunstsammlung Chemnitz bei der Galerie Gerstenberger sind vor und ab 1933 zahlreich. Leider können auch hier keine vollständigen Zahlen genannt werden, da der Einblick in die Inventarbücher der Verfasserin vonseiten des Museums nicht gestattet wurde. Die Informationen zu den Ankäufen beruhen auf Hinweisen von Beate Ritter, Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, und Kai Artinger. Beide Listen, die von den Genannten an die Verfasserin gesandt wurden, können allerdings schon auf den ersten Blick als unvollständig gelten, denn ihnen fehlt unter anderem die Erwerbung des Gemäldes Konrad von Posern von Ferdinand von Rayski (1851, Öl auf Leinwand, 135 × 92 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen), das 1936 über die Galerie Gerstenberger aus der Privatsammlung des Chemnitzer Ferdinand Reich vermittelt wurde (Walter 1943, S. 302, Kat.Nr. 789.) So lässt sich also vorerst festhalten, dass die Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz 1934 zwei Gemälde von Christian Friedrich Gille, eines von Heinrich Bürkel und eines von Julius Hübner von der Galerie Gerstenberger erworben hat, 1935 ein Gemälde von Johan Christian Clausen Dahl (Tauschgeschäft für ein Werk von Max Liebermann, siehe Anhang 8.5.2, Nr. 35) und ein Werk von Christian Friedrich Gille; 1936 ein Gemälde von Carl Spitzweg und eines von Ferdinand von Rayski; 1937 jeweils eines von Johan Christian Clausen Dahl, Johann Anton Castell und Ferdinand von Rayski (Tauschgeschäft für ein Werk von Schmidt-Rottluff, siehe Anhang 8.5.2, Nr. 38); 1938 ein Gemälde von Adrian Ludwig Richter (siehe Anm. 947) und 1939 eines von Carl Gustav Carus. Ankäufe aus der Zeit nach 1939 sind aus den zur Verfügung stehenden Unterlagen nicht ersicht­lich, abgesehen von einem Werk Guido Joseph Kerns, das 1941 aus dessen Ausstellung in der Galerie Gerstenberger erworben wurde. Zu Kern siehe Kap. 4.2.3. 1005 Das Belvedere in Wien erwarb 1938 ein Gemälde von Wilhelm Leibl (Bauernküche, 1888, Öl auf Holz, 27 × 12 cm; Museumskat. Wien 1967, S. 25): Hausakten Belvedere Wien 1938, 457 (Ankauf ). Dieses Werk tauchte ab 1937 auf dem deutschen Kunstmarkt auf und stammte aus der Sammlung Max Liebermanns, die zu ­diesem Zeitpunkt seiner Witwe, Martha, gehörte. Der Beschluss auf eine Restitution des Werkes wurde am 15. Mai 2014 gefasst: Beschluss über die Rückgabe des Gemäldes an die RechtsnachfolgerInnen von Martha Liebermann vom 15. Mai 2014. Dort finden sich auch Angaben zur Provenienz des Werkes. Online einsehbar unter der Homepage der österreichischen Kommission für Provenienzforschung unter der Rubrik „Kunstrückgabebeirat, Beschlüsse“, URL : (9. April 2021). Darüber hinaus kaufte das Belvedere ein Blumenstillleben von Carl Schuch (Stillleben mit Blumentöpfen, um 1890, Öl auf Leinwand, 62 × 78 cm, Hausakten Belvedere Wien 1938, 584 (Ankauf )) und eine Landschaft von Hans Thoma (Mainlandschaft, 1875, Öl auf Leinwand, 58 × 73 cm; Museumskat. Wien 1967, S. 46, Hausakten Belvedere Wien 1938, 618). Das zweite Werk war bereits 1927 im Angebot der Kunsthandlung gewesen. SMB-ZA, I/NG 929, Bl. 390: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 23. Juni 1927. Hier ist der Titel mit Pflügender Bauer in der Landschaft und die Größe mit 72 × 66 cm angegeben. Zu den Ankäufen durch das Belvedere in Wien siehe auch die Online-Datenbank des Museums, URL: (8. April 2021).

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Aber nicht nur Werke des 19. Jahrhunderts konnte die Kunsthandlung erfolgreich an Museen veräußern. Die Kunsthalle in Hamburg erwarb im Jahr 1935 noch ein Gemälde von Lovis Corinth durch die Vermittlung der Galerie Gerstenberger. Es handelte sich um eine große Walchenseelandschaft aus dem Jahr 1923.1006 Das Gemälde blieb allerdings nicht lange in der Sammlung des Museums, sondern wurde 1937 als „entartet“ diffamiert und beschlagnahmt.1007 Die Walchenseelandschaft war Teil eines kleinen Konvolutes an Gemälden gewesen, das die Galerie Gerstenberger aus der Privatsammlung von Max Glaeser (1871 – 1932) im Jahr 1935 in Kommission führte.1008 Kommerzienrat Glaeser war Gründer und Inhaber eines Emaillewerkes in Eselsfürth, einer zu Kaiserlautern gehörenden Siedlung.1009 Er begann 1907 eine Kunstsammlung aufzubauen, die anfangs zwar vorwiegend Werke Münchner Künstler beinhaltete, während der 1920er Jahre aber eine Hinwendung zu Künstlerinnen und Künstler des deutschen Impressionismus und Expressionismus sowie zu Edvard Munch erfuhr. Nach Glaesers Tod im Jahr 1931 erbte seine Frau Anna (geb. Opp, 1864 – 1944) die Sammlung, die sie wiederum an ihre drei Enkel weitergab.1010 Ein vollständiger Überblick über die in der Sammlung enthaltenen Werke ist nicht überliefert. Anhand von drei zeitgenössischen Quellen kann nur ein Teil der Sammlung erschlossen werden.1011 Allein elf Gemälde können in den Angeboten der Galerie Gerstenberger aus dem Jahr 1935 als Werke aus der Sammlung Glaeser identifiziert werden, darunter drei großformatige Gemälde von Edvard Munch sowie Gemälde von Emil Nolde, Max Liebermann, Max Slevogt, aber auch von Wilhelm Trübner und Carl Schuch (Abb. 64).1012 1006 Lovis Corinth, Regenstimmung am Walchensee, 1923, Öl auf Leinwand, 70 × 100 cm, Privatbesitz; Berend-Corinth 1992, S. 194/195, Kat.Nr. 928. Zum Ankauf: HAHK, Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1930 – 1939, Bl. 148 – 162. 1007 Luckhardt 1997, S. 12/13. 1008 Die Bezahlung des Corinth-Gemäldes erfolgte durch getrennte Überweisungen. Der Gesamtbetrag von 8.200,– RM beinhalteten 7.000,– RM für Max Glaeser, die auch direkt an diesen überwiesen werden sollten, und 1.200,– RM Provision und Spesenauslagen für die Galerie Gerstenberger. HAHK, Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1930 – 1939, Bl. 159: Rechnung der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Hamburg vom 19. Juli 1935. 1009 Christmann/Friedel 1970, S. 298 – 302. Zur Sammlung Max Glaeser siehe grundlegend Rosebrock 2015 und Christmann 1999, S. 279 – 283. 1010 Dazu Rosebrock 2015, S. 205. 1011 1922 wurde ein Katalog über die Sammlung publiziert: Kehrer 1922. Darüber hinaus wurden drei Aufsätze 1926, 1929 und 1930 über das Haus Glaesers und seine Sammlung publiziert: Hausen 1926; Graf/Hausen 1929 und Hausen 1930. 1012 Lovis Corinth, Amaryllis, Flieder und Anemonen, 1920, Öl auf Leinwand, 79 × 70 cm, Standort unbekannt; Berend-Corinth 1992, S. 171, Kat.Nr. 792. Das Werk war zuvor im Besitz von David Leder gewesen (Kap. 3.5). Ders., Regenstimmung am Walchensee, siehe Anm. 1006. Max Liebermann, Selbstporträt im Anzug neben Staffelei, 1922, Öl auf Leinwand, 90 × 75,5 cm, Standort unbekannt; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1053, Kat.Nr. 1922/9.

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Dass Grosshennig den kommissionsweisen Handel mit den Gemälden übernahm, ist Zeugnis für eine sehr gute Vernetzung des Kunsthändlers zu Privatsammlerinnen und Privatsammler, denn einige der hier genannten Künstler waren, wie bereits geschildert, schon 1935 umstritten und wurden nur noch von wenigen Museen angekauft. Wie in Kapitel 4.3.2 erläutert, konnte Grosshennig Gemälde von Liebermann und Nolde oftmals nur an Privatsammlungen vermitteln. Mit Munch hatte die Galerie zuvor kaum gehandelt, auch wenn ein Geschäftsvorgang z­ wischen der Kunsthandlung und dem Chemnitzer Museum in den 1920er Jahren eindeutig belegt, dass Grosshennig zumindest damals der Markt und die Privatsammlerinnen und -sammler von Munch gut bekannt waren und er über ein entsprechendes Netzwerk verfügte, um schnell Werke des Künstlers zum Weiterverkauf erhalten zu können (Kapitel 3.5). Die Schwierigkeit dagegen, im Jahr 1935 drei großformatige Gemälde Munchs zu verkaufen, wird anhand einer Korrespondenz ­zwischen Grosshennig und Walter Passarge (1898 – 1958), Direktor der Mannheimer Kunsthalle, deut­lich, nachdem letztgenannter sein Interesse an den zwei angebotenen Werken des Künstlers bekundet hatte.1013 Die P ­ reisvorstellungen, die von der Galerie an Passarge übermittelt wurden und mit 12.000,–  RM beziehungsweise 11.000,– RM zehn Mal so teuer waren wie für Werke des deutschen Expressionismus, Edvard Munch, Kniender Akt, 1919/20, Öl auf Leinwand, 150 × 106 cm, Houston, Sarah Campbell Blaffer Foundation; Woll 2009, Bd. 3, S. 1203, Kat.Nr. 1322. Ders., Das rote Haus, 1926, Öl auf Leinwand, 110 × 130 cm, Privatbesitz; ebd., Bd. 4, S. 1430, Kat. Nr. 1571. Ders., Frühlingspflügen, 1916 – 1920, Öl auf Leinwand, 85 × 111 cm, USA, Fram Trust; ebd., Bd. 3, S. 1106, Kat.Nr. 1183. Emil Nolde, Begonien, 1924, Öl auf Leinwand, 67 × 96 cm, Privatbesitz; Urban 1987 – 1990, Bd. 2, S. 311, Kat.Nr. 982. Carl Schuch, Stillleben mit Ente, 70 × 51 cm, keine Angabe zur Technik, Standort nicht ermittelt; Kehrer 1922, S. 47. Max Slevogt, Blühende Kirschbäume bei Neukastel, 1918, Öl auf Leinwand, 62 × 75 cm, Schweinfurt, Sammlung Georg Schäfer; Roland 1991, S. 138. Wilhelm Trübner, Waldinneres, 1900, Öl auf Leinwand, 80 × 90 cm, Freiburg i. Br., Augustinermuseum; Christmann 1999, S. 282, Anm. 8. Fritz von Uhde, Studienkopf eines alten Mannes, um 1897, Öl auf Leinwand, 60 × 74 cm, Standort nicht ermittelt; Rosenhagen 1908, S. 177. Es existiert ein annotiertes Angebotsschreiben der Galerie an die Kunsthalle Mannheim, auf dem hinter einigen Werken handschrift­lich „Glaeser“ vermerkt ist. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 12. Juni 1935 (Vgl. Abb. 64). 1 013 Ebd., Schreiben der Kunsthalle Mannheim an die Galerie Gerstenberger vom 19. Juni 1935. „Wir danken Ihnen für Ihr Bilderangebot vom 12. Juni. Leider kommt keines der angebotenen Bilder für uns in Frage, es sei denn, dass die beiden Bilder von Munch nicht zu teuer für uns sind.“ Es handelte sich um die beiden Gemälde Landschaft mit rotem Haus und Kniendes Mädchen/Kniender Akt. Siehe Anm. 1012.

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erschienen dem Museumsdirektor zu hoch.1014 Da Grosshennig anscheinend selbst nicht in der Lage war, einen definitiven Marktwert für Werke von Munch zu bestimmten, bat er Passarge um die Einschätzung eines angemessenen Preises und erhielt ledig­lich die Antwort: „Über den Marktwert eines Munchbildes kann man heute eigent­lich gar nichts sagen.“ 1015 Vor ­diesem Hintergrund verwundert der Zeitpunkt des Verkaufes dieser Werke umso mehr.1016 Einige der Gemälde aus der Sammlung Glaeser, die in den Angeboten der Galerie Gerstenberger identifiziert werden konnten, gehörten in das tradierte Portfolio der Kunsthandlung, so beispielsweise die deutschen Impressionisten sowie Carl Schuch und Wilhelm Trübner. Andere, näm­lich das Werk von Emil Nolde sowie die von Munch, stehen dagegen viel mehr in Zusammenhang mit dem in dieser Arbeit ausführ­lich erläuterten Verkauf umstrittener Werke aus dem Bestand des Chemnitzer Museums. Die Kunsthandlung erweiterte also nicht nur mit Werken aus dem Museumsbestand ihr Angebot an Werken des Expressionismus, sondern auch mit solchen aus Privatbesitz. Eine weitere Auffälligkeit in der Handelstätigkeit der Galerie ab 1933 steht darüber hinaus in Verbindung mit dem Angebot von Kunstwerken zuvor nicht gehandelter Künstlerinnen oder Künstler. Diese kann im Rahmen dieser Arbeit zwar nur kurz dargestellt werden, ist aber aufgrund der kunsthistorischen Einordnung von besonderem Interesse. In den Jahren 1942 und 1943 fallen fünf Werke des französischen Impressionismus und Realismus ins Auge, die Grosshennig auf dem deutschen Kunstmarkt zu verkaufen versuchte und für die er ausgesprochen hohe Preise verlangte.1017 Im Mai 1942 bot er das Gemälde Felsenschlucht mit Gebirgsbach bei den Grotten von Lou von Gustave Courbet für 35.000,– RM Hans Posse für den Sonderauftrag Linz an, der jedoch ablehnte.1018 Im August desselben Jahres führte Grosshennig wiederum ein Gemälde Courbets, näm­lich Rehe in verschneiter Felsenschlucht, für 32.000,– RM,

1014 Ebd., Schreiben der Kunsthalle Mannheim an die Galerie Gerstenberger vom 16. Juli 1935. Für Werke des deutschen Expressionismus wurden in der Zeitspanne von 1934 bis 1937 durchschnitt­ lich 992,– RM bis 1.992,– RM bezahlt. Jeuthe 2011, S. 73. 1015 Zitat: ebd., Schreiben der Kunsthalle Mannheim an die Galerie Gerstenberger vom 19. Juli 1935. Ebd., Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 18. Juli 1935. „Wir erhielten Ihr Schreiben vom 17. ds. Mts. wegen der Munch-Bilder und würden es ausserordent­ lich begrüssen, wenn Sie uns einmal mitteilen könnten, wie hoch ein solches Bild Ihrer Meinung nach jetzt im Preis sein darf.“ 1016 Bisher konnte keine mög­liche Intention ermittelt werden, warum Familie Glaeser gerade zu d ­ iesem Zeitpunkt diese Werke aus der Sammlung veräußerte. 1017 Bereits 1934 findet sich auch ein Werk von Édouard Manet in den Angeboten der Kunsthandlung. Dieses stammte aber sicher­lich aus dem Kontext einer größeren Privatsammlung und ist als Ausnahme für das Künstlerportfolio der Galerie in d ­ iesem Jahr zu bewerten. SMB-ZA, I/NG 938 Bl. 79: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 1. Dezember 1934. 1018 Gustave Courbet, Felsenschlucht mit Gebirgsbach bei den Grotten von Loue, vermut­lich 1872, Öl auf Leinwand, 65,8 × 82 cm, München, Neue Pinakothek; Museumskat. München 1984, S. 80/81, Kat.Nr. 12519 und Fernier 1977 – 1978, Bd. 2, S. 160, Kat.Nr. 845.

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Abb. 72  Gustave Courbet, Rehe in verschneiter Felsenschlucht, 1860/1870, Öl auf Leinwand, 68 × 83,5 cm, Hannover, Landesmuseum, Inv.Nr. PNM 688 (Zustand vor 1943, Oberfläche heute durch Kriegseinwirkung zerstört)

in den Angeboten an verschiedene Institutionen, darunter auch an den Sonderauftrag Linz.1019 Das Werk wurde im Jahr 1942 für den geforderten Preis von dem Landesmuseum Hannover erworben (Abb. 72).1020 Im selben Jahr ist ein weiteres Werk Courbets für 45.000,– RM in den Angeboten der Galerie zu verzeichnen.1021 Ein Jahr s­päter lassen sich ein Pastell von 1019 Gustave Courbet, Rehe in verschneiter Felsenschlucht, 1866, Öl auf Leinwand, 72 × 92 cm, ehemals Hannover, Landesmuseum (Kriegsverlust); Fernier 1977 – 1978, Bd. 2, S. 22, Kat.Nr. 557. ASM 321- 4/10: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 18. August 1942; BArch, Koblenz B323/133, Bl. 369: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hans Posse vom 18. August 1942. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 19. August 1942. HSTAH Hann.152 Acc.2006 – 13 Nr. 57 Aufn.042 – 49: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das Landesmuseum Hannover vom 19. August 1942. 1020 Siehe dazu auch Andratschke 2015, S. 20/21 und Abb. 17/18. 1021 Gustave Courbet, Landschaft bei Ornans, etwa 1866, keine Angabe zur Technik, 65 × 81 cm, Werk nicht identifiziert. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946:

Die Galerie Gerstenberger und der deutsche Kunstmarkt im Nationalsozialismus  I  299

Edgar Degas für 90.000,– RM und ein Gemälde von Camille Pissarro Hafen von Le Havre für 85.000,– RM nachweisen.1022 Die Angebotsdaten der Werke liegen, abgesehen von dem Gemälde von Pissarro, alle vor der ersten Reise Grosshennigs in die Niederlande und nach Frankreich (Kapitel 4.5.3).1023 Dieser Umstand ist insofern interessant, als es die Mög­lichkeit ausschließt, dass Grosshennig die Werke persön­lich auf dem ausländischen Kunstmarkt erworben hatte. Eine Übernahme von anderen im Ausland tätigen Kunsthändlerinnen oder Kunsthändlern oder der kommissionsweise Verkauf sind ebenso denkbare Varianten wie eine Erwerbung auf dem deutschen Kunstmarkt. So konnte für das Gemälde von Courbet Felsenschlucht mit Gebirgsbach bei den Grotten von Loue, das sich heute im Besitz der Bayerischen Staatsgemäldesammlung befindet, ermittelt werden, dass es Grosshennig vermut­lich auf einer Auktion bei Hans W. Lange im Jahr 1942 erworben hatte, wo das Werk zur Versteigerung kam.1024 Mög­licherweise stammten auch die anderen Werke französischer Kunst des 19. Jahrhunderts in den Angeboten der Galerie Gerstenberger z­ wischen 1942 und 1943 vom deutschen Kunstmarkt. Diese versuchte Grosshennig zu hohen Preisen an verschiedene staat­liche Institutionen zu verkaufen. Dabei war gerade die französische Kunst zu Beginn des 20. Jahrhunderts von national-konservativen Kreisen als „undeutsch“ kritisiert und abgelehnt worden.1025 Rechtskonservative Akteure und Akteurinnen im damaligen Kunstbetrieb propagierten vielmehr vermeint­lich spezifisch „deutsche“ Charaktereigenschaften, die sie an Werken beispielsweise von Arnold Böcklin abzulesen meinten.1026 Darüber hinaus standen die Verschwörungstheorien gegen den Kunsthändler Alfred Flechtheim vor und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten besonders in Zusammenhang mit seinem Handel mit französischer Kunst.1027 Eine grundlegende Untersuchung zu der Rezeption der französischen Kunst des Realismus und des Impressionismus im Nationalsozialismus steht noch aus. Die Handelstätigkeit der mit für diesen Bereich wenig Expertise ausgestatteten Galerie ­Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 31. Dezember 1942. 1022 Edgar Degas, keine Angabe zum Titel, Pastell, 84 × 95 cm, Werk nicht identifiziert. Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Registratur, Kaufangebote durch Private, 21/1b: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Bayerische Staatsgemäldesammlung vom 5. oder 6. (?) Januar 1943. Camille Pissarro, Hafen von Le Havre/La jetée par temps gris, 1903, keine Angabe zur Technik, 55 × 66 cm, Werk nicht identifiziert. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 17. August 1943. 1023 Die erste Reise Grosshennigs ins besetzte Ausland fand im Mai/Juni 1943 in die Niederlande statt. Siehe Kap. 4.5.3.1. 1024 Zum Gemälde siehe Anm. 1018. Auktionskat. Berlin 1942, S. 26, Kat.Nr. 238a, Tafel 46. 1025 Zeising 2008, S. 45. 1026 Ebd., S. 46 – 48. Zur Etablierung des französischen Impressionismus in Deutschland am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts siehe Kuhrau 2005, S. 223 – 227. 1027 Dazu siehe Anm. 816.

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­ erstenberger lässt vermuten, dass es einen florierenden Markt für den französischen ReaG lismus und Impressionismus in Deutschland gab, an dem Grosshennig teilhaben wollte.1028 Die hier zusammengetragenen Einzelbeispiele zeugen von einer aktiven und weitverzweigten Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus. Das verstärkte Interesse der Museumsleitungen an der Kunst des 19. Jahrhunderts hatte dabei eine gesteigerte Nachfrage solcher Werke zur Folge und begünstigte das Geschäft mit dieser Kunstrichtung. Die Galerie Gerstenberger, die schon in den 1920er Jahren mit Kunst aus dieser Epoche gehandelt hatte, war hierfür ein geeigneter Geschäftspartnerin und verfügte über gute Kontakte zu privaten Sammlerinnen und Sammlern sowie Museen. Aufgrund der stabilen Absatzmög­lichkeiten vergrößerte sie ihre Handelstätigkeiten mit der Kunst des 19. Jahrhunderts erheb­lich. Es konnte gezeigt werden, dass vor allem der Handel mit Werken von Hans Thoma und Vertretern der Dresdner Romantik zu Schwerpunkten der Galerie Gerstenberger avancierten. Eben diese Künstler wurden in der nationalsozialistischen Kunstgeschichtsschreibung sehr positiv bewertet.

4.5 Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz Wie vor allem im Kapitel 4.2 deut­lich wurde, war Grosshennig durch seine Kontakte nicht nur auf dem deutschen Kunstmarkt, sondern auch auf lokalpolitischer Ebene gut vernetzt. Als Leiter der größten und arriviertesten Kunsthandlung der Stadt, die immer wieder im Rahmen ihrer Ausstellungen Aspekte der nationalsozialistischen Politik visualisierte, hatte Grosshennig anscheinend gute Verbindungen mit der Führungsebene in der Region. Darüber hinaus zeigt sein selbstbewusstes Agieren auf dem gesamtdeutschen Kunstmarkt sowie mit staat­lichen und sammelnden Institutionen im gesamten Gebiet des damaligen Deutschen Reiches seine gefestigte Reputation. Zusätz­lich engagierte sich Grosshennig in den 1940er Jahren für den sogenannten Sonderauftrag Linz. Seine aktive Beteiligung und die damit verbundenen administrativen und geschäft­lichen Vorgänge zeigen deut­lich, wie stark er in das nationalsozialistische Machtsystem verstrickt war.

4.5.1 Der Sonderauftrag Linz: Personen, Inhalte, Forschungsstand Der Sonderauftrag Linz umfasste die Neugründung eines Museums und einer Bibliothek in Linz, für deren Ausstattungen Kunstwerke, Kunsthandwerk, Bücher und Numismatika 1028 Diese Vermutung wird beispielsweise durch verschiedene Ankäufe von Gemälden Eugène Boudins, Camille Corots, Charles-François Daubigny, Théodore Rousseaus und Alfred Sisleys, die 1942 vom Museum Folkwang in Essen getätigt wurden, bestätigt. Laufer 2012, S. 187.

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gesammelt wurden. Das Projekt war gekoppelt an eine architektonische Umgestaltung der Linzer Innenstadt. Diese wiederum war Teil von weiträumig angelegten stadtplanerischen Veränderungen in verschiedenen deutschen Großstädten, die nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten vorgenommen wurden oder werden sollten.1029 Nach der Annexion Österreichs wurden auch die Städte d ­ ieses Landes in die Projekte der architektonischen Umgestaltung mit einbezogen. Bei der Grundsteinlegung zum Haus der Deutschen Kunst am 15. Oktober 1933 in München gab Hitler das Vorhaben bekannt, Berlin als Reichshauptstadt, Hamburg und Bremen als Hauptstädte der deutschen Schifffahrt, Leipzig und Köln als Handelsmetropolen, Essen und Chemnitz als industrielle Metropolen sowie München als Zentrum der deutschen Kunst auszubauen. Die Anzahl der Städte, die durch die Nationalsozialisten gefördert werden sollten, wuchs entsprechend den militärischen Erfolgen, sodass im Jahr 1940 bereits alle Kommunen mit mehr als 100.000 Einwohnern, also etwa 50 Städte, unter den „Städteneugestaltungserlass“ fielen.1030 Ebenso erfolgte eine Umgruppierung und Prioritätenverschiebung. Es gab nun fünf sogenannte „Führerstädte“: Berlin, Nürnberg, München, Hamburg und Linz.1031 Allen fünf Städten gemeinsam sollten eine zentrale Aufmarschstraße von etwa 100 Metern Breite, eine Versammlungshalle und ein Appellplatz sein. Die zwei zentralen nationalsozialistischen Erneuerungsprojekte für die Stadt Linz stellten die Donauuferbebauung und die „Linzer Achse“ mit Opernplatz und neuem Hauptbahnhof dar. In der Zeit von November 1938 bis März 1939 wurde der Münchner Architekt Roderich Fick (1886 – 1955) zum Reichsbaurat der Stadt Linz berufen.1032 Er musste allerdings ab 1941 immer mehr Planungsverantwortung an den Architekten Hermann Giesler (1898 – 1987) abgeben, der bereits das Amt des Generalbaurates für die Neugestaltung von München innehatte.1033 1029 Zum Folgenden siehe Thies 1978, S. 26 – 35. 1030 Thies 1978, S. 29. Der Begriff „Städteneugestaltungserlass“ wird in der Literaturangabe nicht näher erläutert. Er bezieht sich wohl auf das Gesetz vom 4. Oktober 1937 „Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte“. Das Dokument ist bei Dülffer/Henke/Thies 1978, S. 54 reproduziert (Schreiben des Innenministers Wilhelm Frick an den Chef der Reichskanzlei, Hans Heinrich Lammers vom 23. Juli 1941): „Durch eine Reihe von Erlassen des Führers sind im Verlauf der letzten Jahre in zahlreichen deutschen Städten besondere städtebau­liche Maßnahmen angeordnet worden. Die Vorschriften, die für diese städtebau­lichen Maßnahmen Anwendung finden sollen, sind in dem Gesetz über die Neugestaltung Deutscher Städte vom 4. 10. 1937 (RGB l. I S. 1054) im Einzelnen festgelegt.“ Siehe dazu Buschmann 2000 – 2015, Bd. 2, S. 152 – 159: „42. Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte vom 4. Oktober 1937“ Dieses Gesetz regelte bzw. legitimierte hauptsäch­lich eventuelle Enteignungen, die für die geplante Neugestaltung notwendig waren. In den folgenden Jahren bis 1943 erfolgten dann einzelne „Verordnungen zur Durchführung der Verordnung über den Erlass des Führers und Reichskanzlers über städtebau­liche Maßnahmen“ in der jeweiligen Stadt. 1031 Die Bezeichnung „Führerstädte“ für die genannten Städte wird laut Thies seit 1940 in den Akten der Reichskanzlei verwendet. Thies 1978, S. 29. 1032 Dazu siehe Schmitt-Imkamp 2014, S. 126 – 128. 1033 Sarlay 1990, S. 189/190; Schwarz 2008, S. 133; ausführ­lich: Schmitt-Imkamp 2014, S. 133 – 142.

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Abb. 73  Konzept für die Neugestaltung von Linz, Planungsstand März 1944

Anhand von Besprechungsprotokollen im Nachlass Fick ist eine große Einflussnahme durch Hitler auf die architektonische Umgestaltung von Linz ersicht­lich.1034 Im Februar 1939 wird Fick als Architekt für die sogenannte Linzer Achse herangezogen. Die ersten Pläne besprach er bereits am 5. Februar mit Hitler.1035 Der „Gesamtplan der Bauten“ von 1939 sah auch ein Museum vor, dessen voraussicht­liche Kosten von Hitler übernommen werden sollten, der auch Entwurfsskizzen zum geplanten Museumsbau angefertigt hatte.1036 Die heute bekannten Entwürfe aus dem Jahr 1944 für den Opernplatz in Linz, wo sich der Museumsbau einmal befinden sollte, basieren ursprüng­lich auf einem von Fick erstellten Grundkonzept, das von Giesler übernommen wurde (Abb. 73).1037 Ein Personenbahnhof im Süden und der Opernplatz im Norden stehen sich hier gegenüber und werden von einer breiten Achse mit der Bezeichnung „In den Lauben“ miteinander verbunden. Das zentrale, dominierende Gebäude des Opernplatzes sollte das Opernhaus sein, für das Hitler ebenfalls Gebäudeentwürfe gezeichnet hatte.1038 Als Querriegel des Opernplatzes standen sich im Osten eine Bibliothek und im Westen das bereits erwähnte Kunstmuseum gegenüber.1039 Zum 1. Juli 1939 ernannte Hitler den Direktor der Dresdner Gemäldegalerie, Hans Posse (1879 – 1942), zum 1034 Schmitt-Imkamp 2014, S. 124, 128 und Anm. 649. 1035 Ebd., S. 164. 1036 Dülffer/Henke/Thies 1978, S. 259/260. Dort findet sich auch die Reproduktion einer Abschrift der Reichsministerien des Innern von einem Besprechungsbericht über den Gesamtplan der Bauten in Linz am 1. Juni 1939; und: Schmitt-Imkamp 2014, S. 170, Abb. 110. Zum Museumsbau siehe ebd., S. 169 – 171. 1037 Sarlay 1990, S. 194 und Anm. 5. Das Konzept ist bereits auf einem „Generalbebauungsplan“ von 1942 zu erkennen. Ebd., S. 189, Abb. 2. 1038 Deren Datierungen reichten laut Sarlay bis in die 1920er Jahre zurück. Sarlay 1990, S. 195. 1039 Das Museumsgebäude war von Fick geplant worden und erhielt von Giesler 1944/45 eine neue Fassade. Weitere Literaturhinweise zur Neugestaltung von Linz bei Iselt 2010, S. 162, Anm. 6.

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Sonderbeauftragten für das Museumsprojekt.1040 Nach dessen Tod im Dezember 1942 wurde im März 1943 Hermann Voss (1884 – 1969), Direktor des Nassauischen Landesmuseums in Wiesbaden, als sein Nachfolger eingesetzt.1041 Hans Posse war für die Planung und Koordinierung der Sammlung des Kunstmuseums verantwort­lich. Seine Konzeption sah eine Präsentation von Werken aus der frühgermanischen und der Völkerwanderungszeit, der Romanik, der deutschen Renaissance, der „Donauschule“ des 16. Jahrhunderts, des süddeutschen Barockes, der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts, der italienischen Malerei des 16. bis 18. Jahrhunderts, der französischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts, der Malerei des 19. Jahrhunderts sowie ein graphisches Kabinett mit Zeichnungen und Graphiken vor.1042 Ebenso sind zeitgenössische Werke im Bestand für das Museum in Linz nachweisbar.1043 Darüber hinaus wurden auch kunstgewerb­ liche Objekte, Plastiken, Möbel, Waffen, Münzen und Medaillen, Gobelins sowie Bücher für den Sonderauftrag Linz gesammelt. Der Sonderauftrag schloss dabei nicht nur den Sammlungsaufbau für das neue Museum und die Bibliothek in Linz ein, sondern auch eine Aufwertung der Sammlungsbestände bestehender Museen innerhalb des Deutschen Reiches, für die eine sogenannte „Verteilermasse“ an Kunstobjekten zusammengetragen wurde.1044 Diese überstieg bei Weitem den für das Museum in Linz geplanten Bestand, der sich weitestgehend rekonstruieren lässt: Die Auswahl des jeweiligen Sonderbeauftragten für den Linzer Museumsbestand aus der Gesamtanzahl von akquirierten Kunstwerken wurde in insgesamt 31 Photoalben für Hitler zusammengestellt.1045 Demnach handelte es sich um etwa 1.600 Objekte, wobei der Gesamtumfang des Sonderauftrages noch nicht eindeutig 1040 Schwarz 2004, S. 40. Zu Posse als Direktor der Staat­lichen Gemäldegalerie Dresden siehe auch Kap. 3.3.3. 1041 Iselt 2010, S. 161. Voss wurde ledig­lich für die Bereiche Gemälde, Graphik und Plastik eingesetzt. Die Abteilungen Numismatik, Rüstungen und Waffen sowie die Bibliothek wurden von weiteren Beauftragten betreut. Posse war hingegen zu Anfang für alle Bereiche hauptverantwort­lich. Ebd., S. 161, Anm. 2 – 4. 1042 Siehe dazu Schwarz 2004, S. 44/45, wo das Museumskonzept Posses von 1939 wört­lich wiedergegeben ist, und Löhr 2016, S. 44. 1043 Löhr nennt jeweils ein Werk von Hubert Lanzinger, Adolf Ziegler und Hermann Otto Hoyer. Löhr 2016, S. 147. 1044 Iselt 2010, S. 163. Iselt zitiert hier in der Anm. 11 ein Schreiben von Martin Bormann an Hans Heinrich Lammers vom 31. Mai 1943, in dem dieser berichtet, dass „der Führer beabsichtigt die Sammlungen einer ganzen Reihe weiterer Museen und Galerien in anderen Städten, nament­lich Grenzstädten zu ergänzen.“ Löhr und Schwarz konkretisieren die Verteilung auf Museen in den Ostgebieten des damaligen Deutschen Reiches. Schwarz 2004, S. 42/43, 63 und 68/69 sowie Löhr 2016, S. 89. 1045 Die Photoalben wurden von Birgit Schwarz (2004) analysiert und publiziert. Löhr (2016, S. 90) dagegen nimmt an, dass die Auswahl der Werke für das Museum in Linz wesent­lich größer gewesen sein soll, und bezieht sich dabei auf eine Nachkriegsaussage. Darüber hinaus betont er, dass die Alben ledig­lich die Auswahl der Sonderbeauftragten wiedergeben und nicht die endgültigen Exponate.

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ermittelt wurde, wohl aber mindestens 6600 Objekte betrug, wobei darunter auch einzelne graphische Blätter, Waffen oder Münzen zu zählen sind.1046 Der Sonderauftrag Linz gehört innerhalb der Untersuchungen zur nationalsozialistischen Kulturpolitik zu den zentralen Forschungsfeldern. Umfang, Komplexität und politische Tragweite im NS-Staat erklären einerseits das besondere Interesse, das ­diesem Thema zuteilwird. Andererseits liegt darin gleichzeitig die Ursache dafür, dass viele Aspekte noch immer ungeklärt sind.1047 Nicht einmal die tatsäch­liche Anzahl der Objekte, die in das Konvolut des Sonderauftrages Linz einbezogen werden können, ist nach aktuellem Forschungsstand bekannt.1048 Dies liegt wesent­lich darin begründet, dass die Kunstwerke für den Sonderauftrag Linz nicht an einer zentralen Stelle gelagert waren und bisher keine Auswertung eines wahrschein­lich angelegten Gesamtkataloges des Bestandes erfolgte: Die Forschung nimmt an, dass ein derartiges Inventar Teil der Dokumente gewesen ist, die von der sowjetischen Trophäenkommission beschlagnahmt und in die Sowjetunion verbracht wurden und sich zu großen Teilen im Sonderarchiv des Staat­lichen Militärarchivs in Moskau befinden.1049 Bis heute kann jedoch nicht genau rekonstruiert werden, w ­ elche historischen Dokumente aus Deutschland sich genau in Russland befinden und wo.1050 Dass eine Art Gesamtinventar unter den beschlagnahmten Dokumenten war, wird aufgrund einer Erklärung eines Mitarbeiters des Sonderauftrages, Robert Oertel (1907 – 1981), vom 31. Oktober 1945 vermutet.1051 Dieser schilderte nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft, w ­ elche Unterlagen er noch in Weesenstein vorgefunden hatte. Das nordöst­lich von Dresden gelegene Schloss Weesenstein fungierte als Auslagerungsort für die Gemäldegalerie, 1046 Löhr (2016, S. 89) benennt die Zahl 6658 als „nachweis­lich von Hitler und vom Sonderauftrag angeschafft“. Weiter führt er aus, dass allein die tatsäch­liche Anzahl einzelner Blätter der Papierarbeiten die von ihm ermittelte Zahl von 1547 Positionen weit übersteigt, da unter einer einzelnen Position auch ein Konvolut zusammengefasst sein konnte. Schwarz geht sogar von mindestens 50.000 Objekten aus, „die der NS-Kunstraub für Hitlers Verteilungsprogramm geliefert hat“. Schwarz 2014, S. 268. 1047 Zum Forschungsstand und Quellenlage siehe Iselt 2010, S. 168 – 174 und Löhr 2016, S. 10 – 12 und S. 79 – 86. 1048 Eindrück­lich werden die unterschied­lichen Positionen, wenn man die Diskussion in der Kunstchronik ­zwischen Birgit Schwarz und Hanns Christian Löhr verfolgt. Kunstchronik 60, 2007, S. 33 – 42, Kunstchronik 65, 2012, S. 7 – 12 und 151 – 154 sowie Kunstchronik 69, 2016, S. 3 – 7, 152/153 und 206. In den jeweiligen Aufsätzen und dazugehörigen Zuschriften werfen sich die Autorin und der Autor nicht nur inhalt­liche, sondern auch methodische Unzuläng­lichkeiten vor. Dazu auch Iselt 2010, S. 167, Anm. 29. 1049 So stellte auch Birgit Schwarz schon im Jahr 2007 treffend fest: „Das Hauptproblem aller Untersuchungen zum Sonderauftrag Linz ist also, dass die Dresdner Karteien und Zettelkataloge 1945 von der russischen Armee nach Moskau gebracht worden sind […].“ Kunstchronik 60, 2007, S. 37. Siehe auch Iselt 2010, S. 165, Anm. 21. 1050 Kennedy Grimsted 2015, S. 46. Es gibt ältere publizierte Bestandsverzeichnisse, dazu ebd., S. 49, Anm. 18. 1051 Zu Oertel siehe Anm. 1097.

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wohin auch amt­liche Unterlagen des Museums im Verlauf des Jahres 1944 gebracht worden waren. Neben einer „Großen Kartei“, die aus elf Kästen bestand, ist in dem erwähnten Bericht von Oertel auch eine „Gesamtkartei“ genannt, die allerdings nur einen Kasten umfasste.1052 Die Anweisung, in Dresden eine s­olche „Gesamtkartei“ zu erstellen, ist nachweisbar. Ob die Kartei, die „eine vollständig neue Photokartei“ beinhalten sollte, überhaupt abgeschlossen werden konnte, ist heute unklar, denn sie wurde erst im April 1943 begonnen.1053 Schon zum Zeitpunkt ihrer Erstellung waren die Objekte des Sonderauftrages Linz an vielen verschiedenen Orten deponiert, wie aus dem Auftrag von Voss hervorgeht. Deswegen sollte die „neue Photokartei“ zusätz­lich: […] zu den bereits früher hier [in Dresden, A. d. V.] erfassten Beständen im Führerbau und an den Bergungsorten des Sonderauftrags noch alle bisher nicht mit berücksichtigten Gemälde des Kunstdepots im Führerbau in München enthalten. Auf den Blättern dieser neuen Kartei sind genaue Angaben über den Künstler, die Bezeichnung des Gemäldes, die Maße, den Standort, das Material und den Vorbesitzer, soweit feststellbar, verzeichnet.1054

Bevor die verschiedenen Karteien und Dokumente zum Sonderauftrag Linz aus Weesenstein in die Sowjetunion abtransportiert wurden, standen sie der amerikanischen Militärregierung zur Verfügung, die diese verfilmten.1055 Ob die 59 amerikanischen Filmrollen erstens alle damaligen Originalakten umfassten und zweitens heute vollständig überliefert sind, ist unklar und wäre nur mit einem Vergleich des Bestandes in Koblenz mit den mutmaß­lich im Sonderarchiv des Staat­lichen Militärarchivs in Moskau lagernden originalen Aktenbeständen zum Sonderauftrag Linz zu ermitteln. Mög­licherweise gäbe dies auch Aufschluss über die sogenannte „Gesamtkartei“ des Bildbestandes des Sonderauftrages, also über deren genauen Umfang, die Vollständigkeit und den Informationsgehalt. Alle diese Punkte sind bis heute weitgehend unbekannt. Die Ermittlung von Quantität und Qualität der Kunstwerke, die für den Sonderauftrag zusammengetragen worden waren, sowie von Informationen zu vorherigen Besitzerinnen oder Besitzern und Einlieferungsumständen, die sich mög­licherweise in den noch nicht erschlossenen Aktenbeständen im Moskauer Sonderarchiv finden lassen, ist noch heute ein Desiderat und bedarf der Klärung. 1052 Iselt 2010, S. 237. Zu der so genannten „Großen Kartei“ zählten neun Kästen Gemälde und jeweils ein Kasten Plastik und Graphik. Des Weiteren waren die „Gesamtkartei“ mit einem Kasten und die „Münchner Datei“ mit insgesamt drei Kästen erhalten. Ferner führte Oertel einen Kasten mit „Sichergestellten Sammlungen“ sowie einen Kasten „Graphik“. Laut Löhr (2016, S. 85) befand sich eine Ausfertigung der sogenannten „Gesamtkartei“ nach dem Krieg ebenfalls in München. 1053 Schreiben von Hermann Voss an Helmut von Hummel vom 1. Juli 1943. Zitiert nach Iselt (2010, S. 239), die eine noch viel längere Passage des Briefes wiedergibt. 1054 Ebd. 1055 Ebd., S. 165, Anm. 21 und Löhr 2016, S. 11. Die Positivausdrucke dieser Filme befinden sich heute im Bundesarchiv in Koblenz: Bestand 323/101 – 156.

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Darüber hinaus sind aber die Rekonstruktion von internen Abläufen, Zuständigkeitsbereichen, Autoritätsstrukturen und Handlungsspielräumen des Sonderauftrages sowie die Untersuchung seiner Rolle innerhalb des Kunsthandels und des nationalsozialistischen Machtapparates mindestens genauso wichtig. Die Klärung eben dieser Fragen ist vor allem in Bezug auf die Erforschung von Biographien deutscher Kunsthändlerinnen und Kunsthändler während des Nationalsozialismus von grundlegender Bedeutung, denn diese kamen zwangsläufig mit dem Sonderauftrag Linz in Berührung. Zwei jüngere Publikationen nähern sich diesen Fragen auf verschiedenen Wegen. Birgit Schwarz erläutert in dem 2014 erschienen Buch Auf Befehl des Führers. Hitler und der NS-Kunstraub die zentralen Rollen Adolf Hitlers und Hans Posses im Sonderauftrag Linz und das bewusste Einsetzen des „Führervorbehaltes“, um die Machtposition Hitlers auch hinsicht­lich der Verteilung beschlagnahmter Kunstwerke zu konsolidieren. Leider bleibt das Buch in vielen Unterkapiteln eher summarisch und in der Auflistung des genutzten Quellenmaterials sehr allgemein, sodass hinsicht­lich detaillierter Handlungsabläufe innerhalb des Sonderauftrages keine neuen Erkenntnisse gewonnen werden. Vielmehr dient die Publikation dazu, die Rolle Hitlers im Sinne des nationalsozialistischen Führerprinzips innerhalb des Sonderauftrages darzustellen. Kathrin Iselt beschreibt in ihrer 2010 veröffent­lichten detaillierten Untersuchung zu der Biographie von Hermann Voss auch dessen Rolle als Sonderbeauftragter. Ziel der Arbeit sei es, das Wirkungsfeld und den Einflussbereich von Voss zu analysieren, schreibt Iselt.1056 Durch die sehr differenziert dargestellten „administrativen Strukturen und personellen Konstellationen“ des Sonderauftrages gelingt es der Verfasserin, die Organisation erstmalig transparent werden zu lassen.1057 Von grundsätz­licher Bedeutung für die hier vorliegende Arbeit sind darüber hinaus die Ausführungen zu den Erwerbungen des Sonderauftrages unter Voss, deren administrativen Strukturen und die darin dargestellten Beziehungen zu dem in- und ausländischen Kunstmarkt. Die von Iselt durch den Untersuchungsgegenstand begründete Fokussierung auf Voss bekräftigt dabei die in der Forschung vorherrschende Einteilung des Sonderauftrages in zwei Phasen analog zu den beiden eingesetzten Sonderbeauftragten: die Leitung unter Hans Posse und die unter Hermann Voss. Allgemeiner Tenor der Forschungsliteratur ist, dass Posse im Gegensatz zu Voss mehr auf Qualität der Kunstwerke setzte als auf Quantität.1058 So habe Voss sich eines weiten Netzwerkes von Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern bedient, die in seinem Auftrag Werke für den Sonderauftrag erwarben. Aber nicht nur Voss hat sich vom privaten Kunsthandel Angebote für eventuelle Ankäufe im Rahmen des Sonderauftrages vorlegen lassen, 1056 Iselt 2010, S. 175. 1057 Ebd., S. 196 – 210. 1058 Roxan/Wanstall 1966, S. 171; Petropoulos 1996, S. 139; Schwarz 2004, S. 62/63; dies. 2008, S. 128. Löhr (2005, S. 183, 186/187, 189 sowie ders. 2016, S. 152) postuliert dagegen, dass unter Voss aufgrund erhöhter Schwierigkeiten im Ankauf, weil sich Deutschland im Krieg befand, viel weniger Werke erworben wurden.

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auch Posse arbeitete mit Galerien beziehungsweise „Agenten“ zusammen, von denen er sich Werke anbieten ließ und auch erwarb.1059 In der Forschungsliteratur hat sich ein fester Kanon an Handels- und Korrespondenzpartnern beider Sonderbeauftragter gebildet. Als sogenannte „Kunstagenten“ werden oftmals Erhard Göpel, Kajetan Mühlmann und Prinz Philipp von Hessen genannt, die in den Niederlanden, in Paris und Rom systematisch in Kooperation mit dem Sonderbeauftragten Kunstwerke für Linz ausfindig machten und erwarben.1060 Die in der Literatur am häufigsten genannten Kunsthändlerinnen, Kunsthändler und Auktionshäuser, die mit dem Sonderauftrag geschäft­lich verbunden waren, sind allen voran Karl Haberstock, Hildebrand Gurlitt, Maria Almas-Dietrich und das Dorotheum in Wien. Auch das Auktionshaus von Hans W. Lange in Berlin und die Kunsthandlung von Nathan Katz in Dieren bei Arnheim finden öfter Erwähnung.1061 Zwar sind damit wichtige Handelspartnerinnen und Handelpartner des Sonderauftrages benannt, dennoch stellt diese wiederholte Nennung der immer wieder gleichen Personen 1059 Roxan/Wanstall 1966, S. 113; Kubin 1989, S. 18; Petropoulos 1996, S. 239; Löhr 2005, S. 42 und ders. 2016, S. 39/40. 1060 Erhard Göpel (1906 – 1966) arbeitete offiziell ab Mai 1942 im „Referat Sonderfragen“ des Reichskommissariates in Den Haag für den Sonderauftrag als „Sachverständiger in Holland und Frankreich“. Göpel erwarb bereits seit 1941 Kunstwerke für Posse. Fuhrmeister/Kienlechner 2019, S. 11. Zu Göpel weiterhin: Brenner 1963, S. 158; Roxan/Wanstall 1966, S. 121 und 168; Petropoulos 1996, S. 184, 185 und 235; Schwarz 2004, S. 128; Löhr 2005, S. 36, 56, 121, 138 und 141/142 sowie ders. 2016, S. 52, 120. Kajetan Mühlmann (1898 – 1958) war SS-Offizier, Staatssekretär für Kunst in Wien und arbeitete für den Reichskommissar für die besetzten Gebiete der Niederlande sowie für das Generalgouvernement. Iselt 2010, S. 253 und dort Anm. 432. Die „Dienstelle Mühlmann“ war nach der Besetzung der Niederlande eingerichtet worden und Mühlmann fungierte als „Sonderbeauftragter für die Sicherung Kunst- und Kulturgüter“. Kurz 1989, S. 254/255. Zu Kajetan Mühlmann und der „Dienststelle Mühlmann“ siehe vor allem auch: Hopp 2012, S. 281 – 284 und Anm. 1066. Zu Mühlmann weiterhin Brenner 1963, S. 158; Backes 1988, S. 110 und 115; Petropoulos 1996, S. 184, 185 und 235; Löhr 2005, S. 36, 56, 121, 138 und 141/142 sowie ders. 2016, S. 52, 120. Philipp Prinz von Hessen (1896 – 1980) ging 1923 nach Rom und heiratete dort 1925 Prinzessin Mafalda von Savoyen, womit er seine gesellschaft­liche Stellung in Italien entscheidend verbessern konnte. Von Hessen stand schon früh mit der nationalsozialistischen Bewegung in Deutschland in Kontakt, mit Hermann Göring bereits seit 1924. Im Jahr 1933 übernahm er das Amt des Oberpräsidenten des Landes Hessen-Nassau. Kein anderer adeliger NS-Funktionär verfügte wie Prinz Philipp gleichzeitig über eine „solch hohe Abstammung, Ämter in Staat und Partei und persön­liche Kontakte“ (Goeschel/Petropoulos 2009, S. 273). Neben Vermittlungen z­ wischen der italienischen Führungselite und den Nationalsozialistinnen und Nationalsozialisten wurde von Hessen auch ein Konto für Kunstankäufe bei der diplomatischen Vertretung in Rom eingerichtet. Zu von Hessen siehe Knigge 2009 und Goeschel/Petropoulos 2009. Zu Prinz von Hessen weiterhin: Brenner 1963, S. 158; Backes 1988, S. 110 und 115; Petropoulos 1996, S. 184, 185 und 235 sowie Löhr 2016, S. 52, 120. 1061 Karl Haberstock: Roxan/Wanstall 1966, S. 115 und 130; Backes 1988, S. 106; Petropoulos 1996, S. 235; Nicholas 1997, S. 214; Schwarz 2004, S. 128; Löhr 2005, S. 117, 129 und 141; Schwarz 2012, S. 145 sowie Löhr 2016, S. 96 und 106/107.

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und Institutionen eine Beschränkung auf einige wenige Protagonistinnen und Protagonisten dar und verzerrt das Bild vom eigent­lichen Agieren des jeweiligen Sonderbeauftragten, der sich tatsäch­lich eines viel breiteren Netzwerkes an Personen für die Akquise der Kunstwerke bediente. So postulierte erstmalig Hanns Christian Löhr in seiner 2005 publizierten Schrift Das Braune Haus der Kunst, dass knapp 200 Kunsthändlerinnen und Kunsthändler an den Ankäufen des Sonderauftrages beteiligt waren.1062 Er benennt bereits 2005 exemplarisch einige Namen und erweitert diesen Aspekt in seiner 2016 publizierten, überarbeiteten zweiten Ausgabe der Schrift erheb­lich.1063 Darüber hinaus erwähnt Löhr auch einige Privatpersonen, die entweder an Hitler oder den Sonderauftrag verkauften, oder Verbindungs- und Kontaktpersonen der Kunsthändlerinnen und Kunsthändler in den verschiedenen besetzten Gebieten waren.1064 Hildebrand Gurlitt: Roxan/Wanstall 1966, S. 115, 165 und 168; Backes 1988, S. 106; Petropoulos 1996, S. 235; Nicholas 1997, S. 231; Löhr 2005, S. 56 und 117 sowie ders. 2016, S. 96 und 110. Maria Almas-Dietrich: Roxan/Wanstall 1966, S. 115, 122 – 125; Backes 1988, S. 106; Petropoulos 1996, S. 235; Löhr 2005, S. 56, 117 und 127/128 sowie ders. 2016, S. 96, 105/106 und 116. Dorotheum Wien: Roxan/Wanstall 1966, S. 115; Backes 1988, S. 108; Schwarz 2004, S. 128; Löhr 2005, S. 56, 117 und 131 sowie ders. 2016, S. 109. Hans W. Lange, Berlin: Roxan/Wanstall 1966, S. 169; Petropoulos 1996, S. 235; Löhr 2005, S. 117, 128 und 130 sowie ders. 2016, S. 96 und 106 – 108. Kunsthandlung D. Katz, Dieren: Kubin 1989, S. 60; Schwarz 2004, S. 52; Löhr 2005, S. 56, 118 und 128 sowie ders. 2016, S. 96 und 112. 1062 Löhr 2005, S. 117. Die bei Löhr genannte Zahl soll hier nicht überprüft werden. In der zweiten, überarbeiteten Auflage schreibt Löhr von 197 Kunsthändlerinnen und Kunsthändler aus Deutschland, Österreich, Frankreich, Belgien, der Schweiz, den Niederlanden und Italien, die direkt an den Sonderauftrag verkauften. Die Anzahl von indirekten Einlieferungen (über einen Zwischenhändler oder eine Zwischenhändlerin) sei noch größer gewesen. Löhr 2016, S. 96. Zu der Beteiligung des Kunsthandels und von Privatpersonen am Sonderauftrag Linz siehe vor allem Iselt 2010, S. 269 – 292, 300/301 und 305 sowie Löhr 2016, S. 105 – 121. 1063 Löhr benennt neben den bereits hier im Text erwähnten auch die Galerien Heinemann, Julius Böhler, Wimmer und Zinckgraf in München, das Auktionshaus Rudolph Lepke in Berlin, die niederländische Kunsthandlung Gustav Cramer in Den Haag, die arisierte Kunsthandlung ­Goudstikker (von Alois Miedl übernommen) und das Auktionshaus Frederick Muller & Co. in Amsterdam sowie den in den Niederlanden tätigen Kunsthändler Walter Bachstitz als Beispiele für Personen bzw. Institutionen, die Werke an den Sonderauftrag direkt verkauften. Löhr 2005, S. 117, 128, 130, 134 und 137; zu den hier genannten Personen siehe auch ders. 2016, S. 106/107 und 112/113. Neben den bereits genannten listet Löhr in der zweiten Ausgabe zusätz­lich die Kunsthändler Adolf Weinmüller, Pieter de Boer, Maurice Lagrande, Theodor Fischer, Fritz Nathan, Petro Accorsi und die Kunsthandlung Simotti-Rocchi. Löhr 2016, S. 107, 113/114, 118/119 und 121. 1064 Löhr benennt beispielsweise die im Zusammenhang mit Grosshennig relevanten Cornelius Postma, Roger Dequoy und Martin Fabiani. Löhr 2005, S. 141/142 sowie ders. 2016, S. 116/117. Zu Dequoy und Fabiani siehe Kap. 4.5.3.3. Zu Postma: NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1944, Roberts Commission – Protection of Historical Monuments, Card File on Art-Looting Suspects in France and Germany:

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Die Galerie Gerstenberger oder Wilhelm Grosshennig nennt Löhr nicht. Die Galerie wird aber von Jonathan Petropoulos bereits 1996 gemeinsam mit dem Auktionshaus Hans W. Lange in Berlin, der Galerie Abels in Köln und Hildebrand Gurlitt als Teil der „Schar weniger bedeutender Händler“ aufgezählt, die „einen großen Teil ihrer Geschäfte mit Hitler“ abgewickelt hätten.1065 Die Bedeutung Gurlitts für den Sonderauftrag konnte Kathrin Iselt 2010 besser herausarbeiten, denn dieser nahm unter Hermann Voss die „Position als Chefeinkäufer“ und somit als „wichtigste[r] Akteur auf dem französischen und belgischen Kunstmarkt“ ein.1066 Die hier kurz dargestellten vereinzelten Nennungen verschiedenster Privatpersonen sowie von Hans Posse oder Hermann Voss direkt beauftragter Agenten, Galerien, Auktionshäuser und Kontaktpersonen im Ausland erfassen bei Weitem nicht alle tatsäch­lich involvierten Personen. Allein in der Publikation von Iselt finden sich weitere beispielhaft aus den Akten herausgegriffene Namen, die das breite Netzwerk von Voss erkennen lassen. Neben den genannten Protagonistinnen und Protagonisten bot also eine Vielzahl anderer Galerien Kunstwerke zum Ankauf an und verkaufte diese auch an den Sonderauftrag.1067 Die summarische Auswertung der unzähligen Abrechnungsbelege und Korrespondenzen mit den Kunsthandlungen, Auktionshäusern und Privatpersonen, die Iselt in ihrer Untersuchung erstmalig vornimmt, eröffnet einen Einblick in die umfangreichen Handelsbeziehungen des Sonderbeauftragten Voss mit dem Kunsthandel. Eine genaue Analyse der Geschäftsbeziehungen steht allerdings noch aus. Dabei erlaubt eine genaue Auswertung der Korrespondenzen einen detaillierten Einblick in die Handlungsweisen der Kunsthändlerinnen und Kunsthändler für den Sonderauftrag Linz sowie ein exemplarisches Aufzeigen verschiedener Wege von Kunstwerken in den Bestand des Sonderauftrages. Als eine Fallstudie soll deswegen im Folgenden die aussagekräftige Tätigkeit Grosshennigs für den Sonderauftrag untersucht werden. Da die Zusammenarbeit Grosshennigs mit Hans Posse einerseits und Hermann Voss andererseits signifikante Unterschiede aufweist, ist eine Aufteilung der Betrachtung entsprechend den zwei Phasen des Sonderauftrages sinnvoll.

4.5.2 Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz unter Hans Posse Aus der in Koblenz überlieferten Korrespondenz wird deut­lich, dass Grosshennig bereits wenige Monate nach der Ernennung Hans Posses zum Sonderbeauftragten mit d ­ iesem in regem Austausch stand und immer wieder Werke zum Ankauf für den Sonderauftrag Linz France (A-S), S. 621: Karteikarte zu Cornelius Postma mit dem Hinweis, dass Grosshennig zu seiner Kundschaft gehörte. 1065 Petropoulos 1996, S. 235. Auch Abels findet bei Löhr keine Erwähnung. 1 066 Zitate: Iselt 2010, S. 383. 1067 Iselt benennt in ihrer Publikation von 2010 mindestens 25 in der bisherigen Literatur nicht erwähnte Namen von Privatpersonen, Kunsthändlern und Kunsthändlerinnen, die an den Sonderauftrag verkauften.

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vorschlug.1068 Das erste überlieferte Schreiben Grosshennigs, in dem er Posse eine Parklandschaft mit Rosenhecke von Wilhelm Trübner für 7.500,– RM anbot, datiert auf den 17. November 1939.1069 Wenige Tage ­später erhielt Grosshennig die Antwort, dass das von ihm offerierte Werk „für den besonderen Zweck leider nicht in Betracht“ komme.1070 Auch in der folgenden Korrespondenz benennt Posse den Sonderauftrag Linz zwar nicht beim Namen, umschreibt ihn aber eindeutig mit den Formulierungen: „die bewusste Sammlung“ oder „für den Ihnen [gemeint ist Grosshennig, A. d. V.] bekannten Zweck“.1071 Die erste Nennung des Sonderauftrages in der Korrespondenz ­zwischen der Galerie Gerstenberger und Hans Posse findet sich in einem Schreiben vom 3. Januar 1941, als Posse schon überraschend informell erläutert: Leider aber kann ­dieses Bildnis weder für unsere Sammlung noch für Linz, für das ich schon längst ein besonders schönes und reifes Stück von Rayski vergebens suche, als Erwerbung in Frage kommen.1072

Grosshennig war anscheinend spätestens im November 1939, also sehr frühzeitig, von dem Projekt unterrichtet und die in der eben zitierten Passage verkürzte Bezeichnung des Sonderauftrages als „für Linz“ lässt bereits Anfang 1941 einen sehr informellen Austausch der beiden Korrespondenzpartner über das Thema vermuten. Die vor allem in der älteren Forschungsliteratur oftmals angenommene Geheimhaltung des Projektes bis zur Beerdigung Posses im Dezember 1942, bei der Goebbels den Sonderauftrag in der Trauerrede explizit erwähnte, kann hier zumindest für die Akteure auf dem Kunstmarkt nicht bestätigt werden.1073 Grosshennig

1068 Zu den Angeboten siehe Anhang 8.4. 1069 BA rch, Koblenz B323/133, Bl. 386: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Posse vom 17. November 1939. 1070 Ebd., Bl. 387: Schreiben von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 20. November 1939. 1071 Ebd., Bl. 384: Schreiben von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 22. Mai 1940; Ebd., Bl. 380: Schreiben von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 6. August 1940. 1072 Ebd., Bl. 377: Schreiben von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 3. Januar 1941 (Hervorhebung wie im Original). Grosshennig hatte im Dezember des Vorjahres Posse ein Werk des genannten Künstlers angeboten, näm­lich das Porträt von Pauline Louise Rüssing aus dem Jahr 1831 (Öl auf Leinwand, 97,9 × 77,5 cm, Greifswald, Pommersches Landesmuseum; Walter 1943, S. 287, Kat.Nr. 693). 1073 Brenner 1963, S. 156; Roxan/Wanstall 1966, S. 33; Kubin 1989, S. 19 und 61; Petropoulos 1999, S. 305. Schwarz (2004, S. 22) beurteilt die Einschätzung als geheimgehaltenes Projekt dagegen kritisch und betont, dass zumindest unter den Fachleuten, wie Museumsdirektoren, Personen des Kunsthandels und verschiedenen NS-Organisationen, das Projekt bekannt gewesen sein dürfte. Iselt (2010, S. 190) kommt ebenso zu dem Ergebnis, dass die Geheimhaltung eines solchen Projektes wohl kaum mög­lich gewesen sein konnte.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  311

hatte darüber hinaus keineswegs eine Sonderrolle in Bezug auf den Sonderauftrag Linz eingenommen. In Anbetracht der zwar stetigen, aber quantitativ überschaubaren Angebote an Posse kann Grosshennig wohl eher als „einer unter Mehreren“ eingestuft werden.1074 Informationen über die Sammeltätigkeit Posses für den Sonderauftrag waren aber nicht nur Personen im Kunsthandel bekannt, sondern auch Kolleginnen und Kollegen, die nicht mehr im Kulturbetrieb tätig waren. So wandte sich auch der ehemalige Direktor des Chemnitzer Museums, Friedrich Schreiber-Weigand, an Posse, um diesen auf eine Erwerbungsmög­ lichkeit für den Sonderauftrag aufmerksam zu machen. Das verwundert umso mehr, als Schreiber-Weigand nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten als einer der ersten Museumsdirektoren in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden war und in kurzer Zeit seine sorgfältig ausgewählten Ankäufe expressionistischer und impressionistischer Kunst für die städtische Sammlung von dem nationalsozialistischen Kulturausschuss der Stadt wieder veräußert wurden.1075 Trotzdem schrieb Schreiber-Weigand am 30. Oktober 1941 an Hans Posse, der zwar ein langjähriger Kollege, aber nun gleichzeitig auch ein Repräsentant des NS-Staates war: Wir haben am vorigen Freitag Kommerzienrat Hans Vogel zur letzten Ruhe gebracht. Jetzt wendet sich die Tochter Frau von Dewitz als einzige Erbin an mich und bittet mich, ihr mit Rat [zu] einer teilweisen Veräußerung des Kunstbesitzes beratend zur Seite zu stehen. Nun besaß Kommerzienrat Vogel eine Klingersammlung, die wohl das gesamte Werk umfasst und das in den besten Drucken, z. T. auch in Zuständen und außerdem 90 Zeichnungen, also das Werk in einem Umfange[,] wie es außer in den Sammlungen zu Dresden und vielleicht Leipzig nicht wieder auftritt.1076 Löhr (2005, S. 48) geht auf diese Problematik nicht ein, sondern stellt ledig­lich fest, dass „mit dem Tod von Posse“ der Sonderauftrag „öffent­lich bekannt“ wurde. Über die Beerdigung und die von Joseph Goebbels gehaltene Trauerrede wurde von verschiedenen Tageszeitungen und dem Völkischen Beobachter Bericht erstattet. Am 31. Januar 1943 erschien dann in der Zeitschrift Das Reich ein Bericht zum Sonderauftrag Linz von Robert Oertel. Dazu Schwarz 2004, S. 22/23 und Iselt 2010, S. 190. 1074 Die systematische Untersuchung der Angebote, die von Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern an den Sonderauftrag Linz unter der Leitung von Hans Posse getätigt wurden, steht noch aus. Die Vielzahl der Korrespondenzen und Angebote aus dem Kunsthandel und von Privatpersonen, die im Bestand des Bundesarchives in Koblenz auch aus der Zeit von 1939 bis 1942 überliefert sind, lassen den Schluss zu, dass bereits Posse im regen Austausch mit Personen auf dem privaten Kunstmarkt war. Vgl. BArch, Koblenz B323/120 – 122; 129 – 143 und 149. 1 075 Zu Schreiber-Weigand siehe Kap. 3.3 und zu der Sammlung des Chemnitzer Museums nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten siehe Kap. 4.3. 1 076 BArch, Koblenz B323/149, Bl. 38, Nr. 168: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an Hans Posse vom 30. Oktober 1941. Zur Sammlung von Hans Vogel siehe Kap. 3.4.2. Teile der Sammlung Vogel wurden im Jahr 1941 durch seine Tochter Walpurg Gertrud von Dewitz ebenfalls über Vermittlung von Friedrich Schreiber-Weigand an das Museum der bildenden Künste in Leipzig verkauft. Siehe Archiv MdbK Leipzig, Ankäufe, Schenkungen, Stiftungen

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Mög­licherweise erwies Schreiber-Weigand hier eine Art Freundschaftsdienst für die Familie Vogel, die zu den wichtigsten Förderern des Chemnitzer Museums seit dessen Eröffnung gehörte.1077 Ob Schreiber-Weigand selbst an dem Verkauf durch eine Provision einen Gewinn erzielte, geht aus der Korrespondenz nicht hervor. Posse zeigte sich durchaus interessiert, die Klingersammlung „geschlossen für das Führermuseum zu erwerben“.1078 Dabei benennt er den Sonderauftrag Linz in seinem Antwortschreiben gänz­lich offen und ohne nähere Erklärungen, sodass daraus zu schließen ist, dass Schreiber-Weigand Bedeutung und Inhalt des Sonderauftrages Linz durchaus kannte. Noch im selben Jahr fand der Ankauf statt und Posse erwarb einen Halblederkasten mit 71 Graphiken von Hans Thoma, eine Mappe mit 37 Druckgraphiken deutscher Künstlerinnen und Künstler des 19. und 20. Jahrhunderts, 14 Mappen, 11 Kästen, drei Bände und eine Festschrift jeweils mit Druckgraphiken von Max Klinger sowie 13 Zeichnungen und einen druckgraphischen Entwurf desselben Künstlers aus der Sammlung Hans Vogels über dessen Tochter Walpurg Gertrud von Dewitz für 50.000,– RM.1079 Ob Posse persön­lich Grosshennig und Schreiber-Weigand über den Sonderauftrag Linz unterrichtet hatte oder diese davon über Dritte erfuhren, ist nicht zu rekonstruieren. Ersteres erscheint dabei als nicht unwahrschein­lich, waren beide doch langjährig mit Posse von ­Kunstwerken März 1937 bis Dezember 1941, Bl. 294 – 318 und ebd. Graphische Sammlung, Ankäufe, Schenkungen 1941 – 1959, Bl. 1 – 22. 1077 Zu Hans und Hermann Vogel als Mäzene und Kunstsammler siehe Kap. 3.4.2. 1 078 BArch, Koblenz B323/149, Bl. 38, Nr. 169: Schreiben von Hans Posse an Friedrich Schreiber-Weigand vom 3. November 1941. 1 079 Dazu siehe auch Hartmann 2014. Schriftwechsel zum Ankauf: BArch, Koblenz B323/149, Bl. 9, 11 und 35 – 38. Die angekauften Konvolute lassen sich recherchieren unter der Datenbank zum Sonderauftrag Linz vom Deutschen Historischen Museum: URL: (9. April 2021) sowie in der Provenienzdatenbank.Bund der Kunstverwaltung des Bundes: URL: (28. Dezember 2020) und haben folgende München-Nr.: 44702/7 – 9; 44704/7; 44706/1 – 10; 44710/2 – 6, 9; 44711/1 – 12. Die meisten der Mappenwerke können anhand des Ausstellungskataloges Sonderausstellung Max Klinger im König-Albert-Museum Chemnitz von 1917 als langjähriger Bestand der Sammlung Vogel identifiziert werden, so beispielsweise: Brahms Phantasie (München-Nr.: 44704/7); Probedrucke zu Max Klingers Radierungen für die Festschrift zur Eröffnung des Königl. Kunst-Gewerbe-Museums zu Berlin 21. November 1881 (München-Nr.: 44704/8); Eine Liebe (München-Nr.: 44706/1); Eva und die Zukunft (München-Nr.: 44706/10); Vom Tode II (MünchenNr.: 44706/2); Ein Handschuh (München-Nr.: 44706/9); Intermezzi (München-Nr.: 44711/1); Vom Tode I (München-Nr.: 44711/12); Radierte Skizzen (München-Nr.: 44711/2); Dramen (München-Nr.: 44711/3); Ein Leben (München-Nr.: 44711/4); Zelt I und II (München-Nr.: 44711/5 und 6). Ein stichprobenartiger Vergleich lässt darüber hinaus den Schluss zu, dass auch mehrere der Zeichnungen bereits 1917 im Besitz von Hans Vogel waren, so beispielsweise: Am Tor, Studienblatt 3 zu Zyklus Eine Liebe von 1883 (München-Nr.: 44706/6) und Weib­licher Kopf im Profil nach r., Kohle auf grün­lichem Papier, rosa gehöht (Deckfarbe), signiert mit: M. K. 20.11.06 (München-Nr.: 44710/3).

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Abb. 74/1 und 2  Kranzliste für den Staatsakt zur Beerdigung von Hans Posse, 1942

bekannt.1080 Im Falle Schreiber-Weigand wird dies zusätz­lich anhand des recht familiären Briefschlusses des bereits erwähnten Schreibens vom 30. Oktober 1941 deut­lich: „Ich hoffe Sie [gemeint ist Hans Posse, A. d. V.] bei bester Gesundheit und guter Laune.“ 1081 Auch mit der Galerie Gersten­berger stand Posse schon seit Jahrzehnten in Kontakt. Die erste Korrespondenz ist bereits für das Jahr 1912 belegt.1082 Die langjährige Verbindung Posses mit der Galerie und damit auch mit Wilhelm Grosshennig als deren Leiter wird zuletzt zur 1080 Mit Schreiber-Weigand hatte Posse auch nach 1933, also nach dessen Absetzung aus politischen Gründen, mehrfach Kontakt. Das wird aus den Tagebucheintragungen Posses deut­lich. DKA, NL Posse, Hans, I, B-1: Eintragungen vom 24. und 27. Oktober sowie 10. Dezember 1936; vom 15. Februar, 26. April sowie 24. Mai 1937 und vom 5. November 1941. 1081 BArch, Koblenz B323/149, Bl. 38, Nr. 168: Schreiben von Schreiber-Weigand an Hans Posse vom 30. Oktober 1941. Dabei umgeht Schreiber-Weigand die für die nationalsozialistische Zeit typischen Schlussformeln wie „Heil Hitler!“ oder „Mit deutschem Gruß“, sondern endet mit: „Wie immer Ihr Schreiber-Weigand“. 1082 Altregistratur SKD 01/GG 005 Bd. 25, Bl. 205: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemälde­ galerie Dresden vom 20. April 1912.

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Beerdigung des Museumsdirektors am 11. Dezember 1942 deut­lich, die als Staatsakt zele­ briert wurde und bei der die Teilnahme aller deutschen Museumsdirektoren verpflichtend war.1083 Die Kranzliste (Abb. 74) zählt 70 Positionen, unter denen neben vielen offiziellen Einrichtungen auch einige Privatpersonen verzeichnet sind, die mög­licherweise auf Wunsch und persön­licher Verbundenheit zu Posse einen Kranz stifteten, so beispielsweise die Dresdner Sammlerin Ida Bienert auf Position 11.1084 Kunsthändler sind auf der Liste nur zwei zu finden, näm­lich der mit Posse eng befreundete Karl Haberstock (1878 – 1956) auf Position 39 und die Galerie Gerstenberger in Chemnitz auf Position 60.1085 Die Intensität 1083 Schwarz 2004, S. 22. 1084 Auf die Kranzliste hat mich freund­licherweise Thomas Rudert von der SKD aufmerksam gemacht. Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden, 11127 Gemäldegalerie Dresden Nr. 29/1 (Personalakte Hans Posse). Zu Ida Bienert siehe Grohmann 1932 und Biedermann 1997, S. 35 – 38. 1085 Haberstock, der im März 1933 in die NSDAP eingetreten war, stand in engem geschäft­lichen Kontakt mit einigen Vertretern der nationalsozialistischen Führungselite, wie Martin Bormann,

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des persön­lichen Austausches ­zwischen Grosshennig und Posse kann nur unzureichend rekonstruiert werden, die Indizien sprechen aber für ein mindestens umfäng­liches kollegiales Verhältnis.1086 Die Stiftung des Kranzes zum Staatsakt der Beerdigung Posses bedeutete neben der persön­lichen Verbundenheit sicher­lich auch ein eindeutiges politisches Statement, näm­lich die Verbindung der Galerie Gerstenberger zu der Person Hans Posse und seiner Rolle im nationalsozialistischen Kulturbetrieb zu dokumentieren. Die konkreten geschäft­lichen Transaktionen ­zwischen Hans Posse und der Galerie ­Gerstenberger im Rahmen des Sonderauftrages sind dagegen weniger eindeutig nachweisbar. Die Akten im Bundesarchiv Koblenz dokumentieren den Versuch Grosshennigs, über drei Jahre hinweg Werke an Posse zu veräußern. Neben den oben bereits erwähnten Angeboten, näm­lich der Parklandschaft von Wilhelm Trübner im Jahr 1939 und des Porträts von ­Ferdinand von Rayski im Jahr 1941, ist eine ganze Anzahl weiterer Angebote von Grosshennig an Posse zu verzeichnen: im Mai 1940 eine Gebirgslandschaft mit Kuhherde von Friedrich Voltz für 19.000,– RM und das Gemälde Am Brunnen von Taormina von Ferdinand Waldmüller für 20.000,– RM.1087 Für beide Werke erhielt Grosshennig eine negative Antwort. Im Juli versuchte er es dann mit einer Schwarzwaldlandschaft von Hans Thoma, die 28.500,– RM Joseph Goebbels, Adolf Hitler, Heinrich Hoffmann und Hans Heinrich Lammers. Nach eigener Aussage sprach er sich bei Adolf Hitler für Hans Posse aus, der nach 1933 zwangsbeurlaubt war. Mit Ernennung Posses zum Sonderbeauftragten schloss Haberstock eine Vielzahl an Geschäften mit Posse ab und war für diesen vornehm­lich auf dem französischen Kunstmarkt tätig. Keßler 2008, S. 20 – 30. Die Angabe der Galerie Gerstenberger unter Position 60 ist nicht ganz korrekt, da hier nur Kunstausstellung Chemnitz Gerstenberg (fehlendes -er) angegeben ist. Dass es sich tatsäch­lich um die Galerie Gerstenberger handeln muss, belegt die zusätz­liche Angabe der Adresse: Am Roßmarkt. Darüber hinaus ist in einer Zwischenzeile „von Großhaingen“ vermerkt. Mög­licherweise ist hier der Name Grosshennig gemeint, der aufgrund von Lese- bzw. Tippfehlern bei der Erstellung der Liste in „Großhaingen“ verfälscht wurde. 1086 Zumindest scheinen Posse und Grosshennig über Ereignisse auf dem Kunstmarkt im gegenseitigen Austausch gewesen zu sein. Am 26. April 1938 telefonierte Posse mit der Galerie Gerstenberger und besprach eine bevorstehende Auktion in Berlin, auf der Teile der Sammlung des Dresdners Johann Friedrich Lahmann veräußert wurden (vgl. Auktionskat. Berlin 1938a). Das geht aus einem Tagebucheintrag Posses hervor. Rudert 2015, S. 142. 1 087 Friedrich Voltz, Hirt mit Kühen und Ziegen vor der Almhütte, 1857, Öl auf Leinwand, 108 × 155 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum (Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland), München-Nr. 11094, Linz-Nr. 1139; Anhang 8.4, Nr. 2. Ferdinand Waldmüller, Am Brunnen von Taormina, 1846, Öl auf Holz, 57,5 × 71,5 cm, Halle, Kunstmuseum Stiftung Moritzburg; Feuchtmüller 1996, S. 493, Kat.Nr. 753; Anhang 8.4, Nr. 3. Die zwei Werke hatte Grosshennig anscheinend bereits Albert Speer gezeigt, der sich wohl nicht zu einem Ankauf entschließen konnte und Grosshennig an Posse verwies: „Wir hatten Herrn Prof. Speer nach Berlin 2 Bilder angeboten, von denen wir Ihnen Photos beilegen. Herr Prof. Speer liess [sic] uns nun ausdrück­lich mitteilen, Ihnen doch von dem Angebot Nachricht zu geben,

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kosten sollte und die sich Posse nach Dresden senden ließ, da sie für den Sonderauftrag von Interesse sei.1088 Aus der Korrespondenz geht noch hervor, dass die Galerie Gerstenberger das Werk am 20. August absenden wolle, danach sind keine weiteren das Werk betreffenden Dokumente überliefert.1089 Im nächsten Jahr hatte Grosshennig für Posse ein Porträt von Johann Wilhelm Tischbein und ein Porträt der Clara Lechner von Carl Spitzweg im Angebot, die für Posse allerdings nicht von Interesse waren.1090 Im Jahr 1942 bot er zwei Werke von Gustave Courbet an, die er letztend­lich an zwei deutsche Museen verkaufen konnte.1091 Die über den Zeitraum von drei Jahren dokumentierten Werke zeigen, dass Grosshennig bemüht war, ein vielfältiges und variierendes Angebot zu unterbreiten. Trotzdem können für diesen Zeitraum keine Ankäufe durch Posse nachgewiesen werden.1092 Eines der hier benannten Angebote fand aber über einen anderen Weg in die Sammlung für den Sonderauftrag Linz. Das von Posse abgelehnte Gemälde Kuhherde im Gebirge von Friedrich Voltz konnte die Galerie Gerstenberger an die Kunsthändlerin Maria Almas-­

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weil er Ihnen die Entscheidung des Ankaufes für die Reichskanzlei überlassen möchte.“ BArch, Koblenz B323/133, Bl. 385: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Posse vom 16. Mai 1940. Hans Thoma, Schwarzwaldtal, 1880, Öl auf Leinwand, 62 × 75 cm, Standort nicht ermittelt; Thode 1909, S. 146; Anhang 8.4, Nr. 4. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 382: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Posse vom 29. Juli 1940. Das Werk wurde von der Kunsthandlung unter anderem auch der Kunsthalle in Mannheim und der Neuen Pinakothek in München angeboten. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 29. Juli 1940 und Bayerische Staatsgemäldesammlungen, Registratur, Kaufangebote durch Kunsthandlungen, 21/1a (29. 7. 1940): Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Neue Pinakothek München vom 29. Juli 1940. Posse war an dem Werk interessiert: „Das Bild interessiert mich für den Ihnen bekannten Zweck. Könnten Sie es mir wohl einmal zur Ansicht senden?“ BArch, Koblenz B323/133, Bl. 380: Schreiben von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 6. August 1940. Korrespondenz zum Werk: ebd., Bl. 379 – 382. Der letzte Brief datiert auf den 7. August 1940. Die Geschichte und der Verbleib des Schwarzwaldtales von Hans Thoma konnte nicht ermittelt werden. Zu dem Werk von Tischbein sind keinerlei weitere Angaben überliefert, sodass es nicht identifiziert werden kann. Angebot ohne Preisangabe. Carl Spitzweg, Bildnis Clara Lechner, Öl auf Leinwand, 25 × 19 cm, Standort unbekannt; Wichmann 2002, S. 150, Kat.Nr. 140. Angebot an Posse für 10.500,– RM. Siehe Anhang 8.4, Nr. 8. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 372 – 375: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Posse vom 9. Januar und 21. Februar 1941 sowie von Hans Posse an die Galerie Gerstenberger vom 13. Januar und 25. Februar 1941. Zu den beiden Werken siehe Anm. 1018/1019 sowie Anhang 8.4, Nr. 9 und 10. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 369 und 371: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hans Posse vom 22. Mai und vom 18. August 1942. Mög­licherweise erwarb Posse von der Galerie Gerstenberger mehrere Aquarelle von Moritz von Schwind. Dazu siehe Kap. 4.4.1 und Anm. 953.

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Dietrich verkaufen, die das Werk Ende 1940 beziehungsweise Anfang 1941 für 20.000,– RM an den Sonderauftrag veräußerte.1093 Almas-Dietrich, die heute oftmals als „Großeinkäuferin“ für den Sonderauftrag bezeichnet wird, verkaufte die Bilder nicht über Posse, sondern an Hitler persön­lich und galt, wie dieser Fall beweist, als weniger streng in der Auswahl.1094 Ebenso wenig kann der münd­liche Austausch z­ wischen Grosshennig und den Mitarbeitern des Sonderauftrages rekonstruiert werden. Aus den Korrespondenzen geht hervor, dass der Kunsthändler ­zwischen den Schreiben immer wieder mit Dresden telefonierte. Aus einem kleinen internen Vermerk lässt sich ableiten, dass in den Gesprächen auch mög­liche Ankäufe verhandelt wurden. In einer handschrift­lichen Notiz wird vermut­lich Posse unter Punkt eins berichtet, dass der Verfasser am 10. Oktober 1940 erst mit Paul Ortwin Rave, dem Direktor der Nationalgalerie in Berlin, telefoniert hatte und dann unter Punkt zwei, dass die Galerie Gerstenberger ein Werk von Hans Thoma für 38.000,–  RM anbiete.1095 Allerdings sind wie im Falle des weiter oben erwähnten Werkes von Thoma keine weiteren Vorgänge für ­dieses Angebot überliefert. Zwischen der Galerie Gerstenberger und der Gemäldegalerie gab es also schon unter der Leitung von Hans Posse wiederkehrende Korrespondenzen hinsicht­lich des Sonderauftrages Linz. Nach dessen Tod im Dezember 1942 wurde Grosshennig dann am 20. Januar 1943 von Robert Oertel (1907 – 1981) benachrichtigt, dass der Sonderauftrag Linz weiter in Dresden fortgeführt werde: Bezugnehmend auf unser kürz­liches Telephongespräch kann ich Ihnen heute mitteilen, dass die Arbeit für die Linzer Galerie bis auf weiteres von hier aus weitergeht. Als „Referent für den Sonderauftrag“ zeichnet mein Kollege Dr. G. Reimer. Ich bitte, diese Mitteilung als vertrau­lich behandeln zu wollen. Wir haben nach wie vor Interesse für hochwertige Gemälde insbesondere von deutschen Meistern des 19. Jhdts. und würden uns freuen, wenn Sie uns recht bald wieder einmal etwas Geeignetes anbieten könnten.1096

1093 Vgl. Anhang 8.4, Nr. 2. Auf den verschiedenen Karteikarten zu dem Werk stehen unterschied­liche Einlieferungsdaten, näm­lich einerseits 6. November 1940 (München-Karteikarten – Bestand BADV) und andererseits Januar 1941 (Restitutionskartei BA rch 323/664). Vgl. Online-Datenbank des CCP . URL : Eintrag zur München-Nr. 11094 (28. Dezember 2020). 1094 Roxan/Wanstall 1966, S. 115 und 122 – 126; Backes 1988, S. 106; Petropoulos 1996, S. 235; Löhr 2005, S. 127/128 („die Person, die ihm [Hitler, A. d. V.] die meisten Werke verkaufte“), vor allem auch Schwarz 2009, S. 149 – 152. 1095 Die Notiz zu dem telefonischen Angebot von Gerstenberger vom 10. Oktober 1940 lautet: „Gersten­ berger (Chemnitz) bietet „[unleser­lich]“ von Thoma für 38.000,– RM an.“ (Hervorhebung wie im Original). BArch, Koblenz B323/133, Bl. 378. 1096 Ebd., Bl. 302: Schreiben von Oertel an die Galerie Gerstenberger vom 20. Januar 1943.

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Oertel, der hier im Namen des noch nicht neu benannten Direktors der Dresdner Gemäldegalerie „in Vertretung“ unterzeichnete, war seit August 1939 Kustos an der Gemäldegalerie.1097 Er hatte bereits für Posse einen Großteil der Korrespondenzen und Aufgaben übernommen, die dieser aufgrund von Reisen oder seiner Krankheit nicht selbst erledigen konnte. Auch unter der Direktion von Hermann Voss hatte Oertel s­ päter weitreichende Vollmachten und Verantwortung, bis er im Oktober 1944 zum Militär eingezogen wurde. Der in dem Brief erwähnte Kollege Oertels, Gottfried Reimer (1911 – 1992), arbeitete von Mai 1939 bis 1940 als wissenschaft­licher Hilfsarbeiter ohne Bezahlung an der Gemäldegalerie Dresden und wurde dann zu einem unbekannten Zeitpunkt als Assistent in den Dienst des Sonderauftrages übernommen.1098 Ab Mai 1941 war er als wissenschaft­licher Mitarbeiter für den Sonderauftrag Linz angestellt und ab Juni führte er die auch in dem oben zitierten Schreiben benutzte Bezeichnung „Referent für den Sonderauftrag Linz“. Nach dem Tod Posses führte er gemeinsam mit Oertel bis zum Amtsantritt von Hermann Voss im März 1943 desselben Jahres die kommissarische Leitung des Projektes.1099 Die schrift­liche Information über die Weiterführung des Sonderauftrages an Grosshennig vom 20. Januar erging dabei sogar fünf Tage vor der offiziellen Übertragung der Verantwort­lichkeiten an Reimer, die erst am 25. Januar erfolgte. Darüber hinaus stand noch nicht endgültig fest, ob das Projekt überhaupt weitergeführt werden sollte.1100 Anscheinend war Reimer an einer zügigen Wiederaufnahme der alltäg­lichen Arbeit für den Sonderauftrag interessiert, vielleicht auch, um einer mög­lichen Abwicklung des Projektes entgegenzuwirken.1101 Die Stellung Reimers als Referent für den Sonderauftrag blieb auch nach dem Amtsantritt von Voss bestehen und er war in diesbezüg­lichen Angelegenheiten unterschriftsberechtigt.1102 Reimer war also seit Januar 1943 in besonderem

1097 Zu Oertel siehe jüngst Müller-Kelwing 2020, S. 399 – 401 sowie Iselt 2012. Oertel übernahm die Stelle von Karl Wilhelm Jähnig, der im November 1937 in den vorzeitigen Ruhestand z­ wangsversetzt wurde, da seine Frau nach den Nürnberger Rassegesetzen als jüdisch kategorisiert worden war (Müller-Kelwing 2020, S. 359). 1098 Zu Reimer siehe jüngst Müller-Kelwing 2020, S. 412/413 sowie Iselt 2010, vor allem S. 196 – 200. 1099 Posse wurde bereits im April 1942 in ein Krankenhaus eingeliefert und war ab ­diesem Zeitpunkt wohl kaum in der Lage, die alltäg­lichen Geschäfte des Sonderauftrages zu bewältigen. Ebd., S. 182. 1100 Iselt 2010, S. 197/198: „Die offizielle respektive die amt­liche Übertragung der Geschäfte an den Referenten erfolgte jedoch erst am 25. Januar 1943. Auch zu ­diesem Zeitpunkt war noch offen, ob der ‚Sonderauftrag Linz‘ weitergeführt würde. Reimer, dem an d ­ iesem Tag kommissarisch die Verantwortung für sämt­liche Angelegenheiten, die sich aus ‚[…] der Abwicklung bzw. Fortführung des vom Führer […] erteilten Auftrags zum Aufbau des Neuen Kunstmuseums in Linz […]‘ ergaben, übertragen worden war, und der sich […] für die Belange des Sonderauftrags stets ehrgeizig einzusetzen wusste […]“. Im Zitat zitierte Passage: BArch, Berlin R 43 II/1653, Bl. 139 – 141: Schreiben von Hans Heinrich Lammers an Gottfried Reimer vom 25. Januar 1943. 1101 Auch zum Zeitpunkt der Übertragung der Geschäfte des Sonderauftrages auf Reimer war die Weiterführung des Projekts noch nicht gesichert. Siehe Anm. 1100. 1102 Iselt 2010, S. 200.

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Maße auch an jenen Vorgängen des Sonderauftrages beteiligt, die in der Verantwortung des Sonderbeauftragten lagen. Darüber hinaus führte er die Geschäfte vertretungsweise in der Abwesenheit von Voss selbstständig.1103 So ist es nicht verwunder­lich, dass Grosshennig ab 1943 in Angelegenheiten des Sonderauftrages überwiegend mit Reimer in Korrespondenz stand, der ihm auch Dokumente für seine Reisen ins besetzte Ausland ausstellte. Nur selten sind die Schreiben an Grosshennig von Voss unterzeichnet. Ein Aspekt, der sich von den Geschäftsbeziehungen mit dem Sonderauftrag unter der Leitung von Hans Posse maßgeb­lich unterscheidet, da dieser überwiegend selbst die Korrespondenzen mit Grosshennig führte.

4.5.3 Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz unter Hermann Voss Obwohl Grosshennig also schnell in die Belange des Sonderauftrages Linz involviert war und regelmäßig mit Posse in Kontakt stand, den er zu ­diesem Zeitpunkt schon seit langer Zeit persön­lich kannte, konnten bisher keine konkreten Verkäufe an den Sonderauftrag Linz unter der Leitung von Hans Posse nachgewiesen werden. Unter der Leitung von Hermann Voss steigerte Grosshennig dagegen seine Handelstätigkeit mit dem Sonderauftrag Linz erheb­lich. Für diesen Zeitraum sind nicht nur Angebote der Galerie dokumentiert, sondern auch zahlreiche Verkäufe. Die Zusammenarbeit mit dem Sonderauftrag Linz garantierte nicht nur einen Absatz von Kunstwerken zu bis dahin noch nie erzielten Preisen, sondern ermög­lichte Grosshennig darüber hinaus weitere Vorteile. Einer der bedeutendsten war wohl das Reisen in die von Deutschland besetzten Gebiete im Auftrag für den Sonderauftrag Linz. Reiste Posse zumeist persön­lich ins Ausland, um Kunstwerke anzukaufen, übertrug Voss die Ankäufe beziehungsweise die Vorauswahl der Bilder in den besetzten Gebieten verschiedenen Kunsthändlerinnen, Kunsthändlern und Privatpersonen. So entwickelte sich ein regelrechtes Netz an Handelspartnerinnen und Handelspartner, das zusätz­lich für die Ankäufe auf dem inländischen Markt wichtig wurde.1104 Auch Iselt sieht hier einen „signifikanten Unterschied z­ wischen den beiden Sonderbeauftragten für Linz“ und eine „Besonderheit der späten Phase des Sonderauftrages“.1105 Eben diesen Umstand machte sich Grosshennig zunutze, wie im Folgenden dargelegt wird. Schon vor dem Amtsantritt von Voss unternahm Grosshennig den Versuch, eine Genehmigung für die Reise ins Ausland zum Erwerb von Kunstwerken zu erhalten. Zwei Tage vor dem Tod Posses, am 5. Dezember 1942, sandte Grosshennig ein Schreiben an den Reichs­ kabinettrat Hermann von Stutterheim, den persön­lichen Referenten Hans Heinrich Lammers, um von ­diesem die Unterstützung für die Bewilligung einer Reise nach Frankreich zu erlangen: 1103 Ebd., S. 379. Iselt konstatiert, dass Reimer als „der Ansprechpartner“ für den Sonderauftrag unter Voss galt, da dieser zum Teil wochenlang nicht verfügbar war (Hervorhebung wie im Original). 1104 U. a. bei Löhr 2005, S. 139. 1105 Iselt 2010, S. 269.

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Auf Grund einer Befürwortung der Reichskulturkammer beabsichtigen wir eine Reise nach Holland und in die besetzten französischen Gebiete und wir gestatten uns, Ihnen in dieser Angelegenheit eine Bitte zu unterbreiten. Wir sind von einigen offiziellen Reichsstellen zum Einkauf alter Meister und besonders deutscher Kunstwerke des 19. Jahrhunderts beauftragt worden, weil der Kunstmarkt in Deutschland sehr knapp wird und man dort immer noch wesent­lich günstiger kauft als in Deutschland. Der Zweck dieser Reise ist jedenfalls, den betreffenden Behörden die infrage kommenden Werke mög­lichst vorteilhaft zu beschaffen. Die Reise ist an sich befürwortet und genehmigt von der Reichskammer der bildenden Künste, Herrn Dr. Schulze und das Propagandaministerium wird sie auch befürworten, soweit der Unterzeichnete von Herrn Amtsrat Dr. Krage bei einer persön­lichen Verhandlung erfuhr, aber es wäre doch vielleicht günstiger, wenn wir auch neben den schon vorliegenden Aufträgen von Ihnen eine Bestätigung erhalten können, dass wir Kunstwerke an Sie geliefert haben, und, wenn es mög­lich ist, dass Ihnen unsere Angebote weiter erwünscht sind. Wir erlauben uns diese Anfrage, da wir Sie ja immer vertrauenswürdig beraten und beliefert haben. Vielleicht können Sie uns wenigstens das bestätigen, wenn eine andere Form nicht mög­lich sein sollte. Wir sind von Herrn Prof. Hoffmann und vom Büro des Herrn Dr. Ley beauftragt und werden auch von Herrn Dr. Posse, dem wir schon für das Museum in Linz verschiedent­lich geliefert haben, diesen Auftrag noch erhalten. Wir haben uns erlaubt auf Grund unserer bisherigen Geschäftsverbindung diese Bitte an Sie zu richten und würden uns sehr freuen, wenn Sie uns dabei helfen könnten, denn wir werden ohne Zweifel die uns vorliegenden Aufträge in vertrauenswürdiger Weise für diese Stellen zur Ausführung bringen.1106

Die Antwort der Reichskanzlei eine Woche s­päter fiel knapp aus und von Stutterheim kam nicht nur der Bitte Grosshennigs nicht nach, sondern entzog sich sogar gänz­lich einer Verantwort­lichkeit und Beteiligung für das Vorhaben: Die Erteilung von Sichtvermerken für die Einreise nach Holland und nach den bisher besetzten französischen Gebieten erfolgt durch die zuständigen Polizeibehörden. Für die Ausstellung von Durchlassscheinen zur Einreise in die neu besetzten französischen Gebiete ist der Oberbefehlshaber West zuständig. [handschrift­liche Anmerkung: „der Antrag ist beim Oberkommando des Heeres (Prüfstelle I) einzureichen“] Ich darf jedoch darauf hinweisen, dass nach einer Anordnung des Führers Ankäufe von Kunstgegenständen in den neu besetzten französischen Gebieten ­grundsätz­lich nur durch besondere Beauftragte getätigt werden dürfen. [handschrift­liche Verbesserung einer anderen Person: „die Einreise in die neu besetzten französischen Gebiete zum Zweck des Ankaufs

1106 BArch, Berlin R 43II/1646c, Bl. 115/116: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hermann von Stutterheim vom 5. Dezember 1942.

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von Kunstgegenständen verboten ist.“] Ich vermag unter diesen Umständen Ihnen bei der Durchführung Ihres Vorhabens leider nicht behilf­lich sein.1107

Diese Korrespondenz verdeut­licht eindrück­lich, wie Grosshennig in der krankheitsbedingten Abwesenheit Posses versuchte, seine Tätigkeit als Kunsthändler über die Grenzen des damaligen Deutschen Reiches hinaus zu erweitern. Die Schwierigkeit ­dieses Unterfangens war Grosshennig durchaus bewusst, sodass er versuchte, mög­lichst viele Empfehlungsschreiben zu akquirieren. Darüber hinaus nannte er in dem oben zitierten Schreiben scheinbar wahllos verschiedene im NS-Regime vermeint­lich bedeutende Personen wie Dr. Schulze und Dr. Krage sowie Heinrich Hoffmann und Robert Ley, Leiter der Deutschen Arbeitsfront, um seine Seriosität und eigene Reputation aufzuwerten. Dabei soll nicht bezweifelt werden, dass er diese tatsäch­lich persön­lich kannte. Der Verweis auf Hans Posse, der zu d ­ iesem Zeitpunkt im Sterben lag und sicher­lich keinen Auftrag mehr erteilen konnte, unterstreicht allerdings die allein auf  Wirkung abzielende Nennung der Referenzpersonen.1108 Die Unsicherheit und Zurückhaltung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Reichskanzlei kommt nicht nur anhand des selbst für die nationalsozialistische Zeit überaus devoten Duktus des Schreibens zum Ausdruck, sondern auch anhand der wiederholten Hinweise auf die guten Geschäftskontakte, die die Galerie mit der Reichskanzlei vermeint­lich pflegte. Tatsäch­lich veräußerte Grosshennig 1937 und 1938 Werke an die Reichskanzlei für die Ausstattung von Diensträumen, wie bereits in Kapitel 4.4.2.1 erläutert wurde. Diese Verkäufe können jedoch eher als Einzelbeispiele gewertet werden. So war sich anscheinend auch Grosshennig nicht ganz sicher, was er von der Reichskanzlei verlangen durfte, und er minimierte sukzessive seine eingangs formulierte Bitte um einen Auftrag vonseiten der Reichskanzlei auf das Ersuchen, schrift­lich zu bestätigen, dass die Galerie überhaupt in einer Handelsbeziehung mit der Reichskanzlei steht beziehungsweise stand. In der negativen Antwort von von Stutterheim wird nicht nur die von Grosshennig gewünschte Bestätigung verwehrt, sondern dieser lehnt sogar jeg­liche Stellungnahme für das Projekt des Kunsthändlers mit Verweis auf andere Stellen und eine persön­liche Anordnung Hitlers ab. Eine derartige Anordnung existierte tatsäch­lich und wurde von Hans Heinrich Lammers an das Oberkommando der Wehrmacht mitgeteilt. Von dieser Mitteilung ist eine Abschrift überliefert, die am 4. Dezember 1942 dem Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich (Oberbefehlshaber West) zur Kenntnis vorgelegt wurde, damit dieser entsprechend agierte (Abb. 75):1109 1107 BA rch, Berlin R 43II /1646c, Bl. 117: Schreiben von Hermann von Stutterheim an die Galerie Gersten­berger vom 13. Dezember 1942. 1108 Ende September enden die Eintragungen in Posses Tagebuch. Am 8. Dezember, also drei Tage nachdem das Schreiben Grosshennigs datiert, starb er. Löhr 2016, S. 45. 1109 Die Vorlage zur Kenntnisnahme des Dokumentes erfolgte an der „Prüfstelle II“, wie aus einem Vermerk hervorgeht. Eben diese wurde von von Stutterheim in der Antwort an Grosshennig als

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Abb. 75  Verordnung an den Militärbefehlshaber in Belgien und Nordfrankreich, 4. Dezember 1942

I. Der Reichsminister und Chef der Reichskanzlei hat an Chef OKW [Oberkommando der Wehrmacht, A. d. V.] folgendes Fernschreiben gerichtet: „Dem Führer ist mitgeteilt, dass eine ganze Anzahl von Kunsthändlern aus dem Reich und aus Holland sich anschickt, nach dem neubesetzten [sic] Frankreich zu fahren, um dort Bilder und andere Kunstgegenstände zu kaufen. Der Führer hat bestimmt, dass zunächst nur der Beauftragte des Direktor Dr. Posse, Dr. F. [sic, Erhard, A. d. V.] Göpel, Den Haag, und der Kunsthändler Haberstock, Berlin, Ankäufe im neubesetzten [sic] Frankreich tätigen dürfen. Ich bitte zu veranlassen, dass der Oberbefehlshaber West den beiden vorgenannten Personen die Genehmigung zur Einreise in das neubesetzte [sic] Gebiet Frankreichs zum Zwecke des Ankaufs von Kunstwerken erteilt, die Genehmigung weiterer Einreisen zu d ­ iesem Zwecke aber ausnahmslos ablehnt.1110 zuständige Institution benannt, die die Durchlassscheine zur Einreise in das besetzte Frankreich ausstellte. 1110 Archives nationales, Paris, AJ/40 [Papiers des services d’occupation allemand en France]/37 [Kunstschutz et achats d’œuvres en France], Ordner 6: Ausführung von Kunstwerken, nicht foliiert. Das Dokument ist mit dem Hinweis „Geheim“ gestempelt.

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Dieses Dokument unterstreicht einerseits die Sonderstellung, die Erhard Göpel und Karl Haberstock unter Posse einnahmen.1111 Andererseits geht aus der Mitteilung hervor, dass es anscheinend einen regelrechten Ansturm deutscher Kunsthändlerinnen und Kunsthändler auf die von den Nationalsozialisten besetzten französischen Gebiete gegeben hatte. Spekulationen über die Anzahl der Anträge für Reisen in das besetzte Frankreich zum Ankauf von Kunstwerken zu ­diesem Zeitpunkt sollen hier nicht angestellt werden. Tatsäch­lich kann für den niederländischen und französischen Kunstmarkt in der Zeit der deutschen Besatzung aber ein gewaltiger Boom aufgrund einer gesteigerten Nachfrage vor allem durch Kundinnen und Kunden aus dem Deutschen Reich verzeichnet werden.1112 Darüber hinaus scheinen eben diese Kunstmärkte geprägt von einer besonderen Dynamik, die sich dadurch entwickelte, dass es immer wieder darum ging, die Konkurrenz auszustechen und einen schnelleren und exklusiven Zugang zu bedeutenden Kunstwerken zu haben.1113 Beide Aspekte waren sicher­lich auch im inländischen Markt für den Erfolg eines Kunsthändlers oder einer Kunsthändlerin wichtige Faktoren. In den Niederlanden und in Frankreich entstand hieraus aber eine besonders „kompetitive Atmosphäre“, die Christian Fuhrmeister und Susanne Kienlechner treffend mit „fiebrig“ charakterisieren.1114 Diese Atmosphäre wird mit der Verwendungen von Jagdmetaphern für den Kunstmarkt und -handel in Frankreich und Holland deut­lich, die in den Korrespondenzen des Sonderauftrages Verwendung fanden.1115 Die umgehende Beantragung einer Reise zum Ankauf von Kunstwerken in die „neubesetzten [sic] französischen Gebiete“ Anfang Dezember 1942, also in das erst seit November von Deutschland und Italien besetzte Südfrankreich, verdeut­licht den dringenden Wunsch Grosshennigs, an dieser lukrativen Mög­lichkeit zu partizipieren. Vermut­lich hoffte er auf einen im Vergleich zu den Niederlanden und Nordfrankreich noch unerschlossenen Kunstmarkt. Eine Reise nach Südfrankreich konnte Grosshennig allerdings nie realisieren. Stattdessen stellte er bei der Reichskammer der bildenden Künste im Februar 1943 vorerst einen Antrag für eine noch unbestimmte Reise nach Paris und eine achttägige Reise nach Holland „zum Einkauf vorwiegend deutscher Kunstwerke des 19. Jahrhunderts“ und für die dafür benötigten Dokumente, näm­lich eine „Einreisegenehmigung“ und einen „Ausreise-

1111 Für Göpel stellen das auch Fuhrmeister und Kienlechner (2019, S. 10/11) fest. 1112 David u. a. 2014 (unpubl. Manuskript). Die Autoren der Untersuchung zum niederländischen, französischen und belgischen Kunstmarkt erklären den Boom mit einem Überangebot an Kunstwerken in den Lagerbeständen der Galerien zum Zeitpunkt der Besatzung, basierend unter anderem auf der langen Zeit der wirtschaft­lichen Regression. Der plötz­liche Anstieg der Nachfrage vor allem durch Kunden und Kundinnen aus Deutschland, die darüber hinaus über hohe Finanzmittel verfügten, ließ ab 1940 die Anzahl der gehandelten Werke und deren Preise in die Höhe schnellen. 1113 Fuhrmeister/Kienlechner 2019, S. 12. 1114 Beide Zitate: Ebd. 1115 Fuhrmeister und Kienlechner konnten Begriffe wie Erwerbungsjagd, Bilderjagd und Fischzug aus den Korrespondenzen filtern. Ebd.

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sichtvermerk“.1116 Zumindest die Reise nach Holland wurde vorerst gestattet, wie auf der ­Mitgliederkarteikarte Grosshennigs für die Reichskammer der bildenden Künste vermerkt ist (Abb. 46).1117 Dem Antrag hatte er „Belege für bisherige Lieferungen an die Reichskanzlei, Herrn Prof. Hoffmann [gemeint ist Heinrich Hoffmann, A. d. V.], München, und die Staat­liche Gemäldegalerie Dresden für das Museum in Linz“ beigelegt.1118 Zusätz­lich reichte er noch Schreiben verschiedener Institutionen und Personen nach, näm­lich der Staat­lichen Gemäldegalerie Dresden, der Deutschen Arbeitsfront und von Heinrich Hoffmann. Die zwei erstgenannten Dokumente sind überliefert. Darin wird Grosshennig beauftragt, der jeweiligen Institution Kunstwerke zum Verkauf anzubieten mit der expliziten Aufforderung, „in dem besetzten oder befreundeten Ausland“ beziehungsweise „in Holland und Frankreich“ nach geeigneten Werken zu suchen: Sehr geehrter Herr Großhennig! Ich wäre Ihnen sehr zu Dank verbunden, wenn Sie mir laufend für die Zwecke des Führers, bezgl. als Erwerbungen für das im ständigen Aufbau begriffene Kunstmuseum in Linz/Donau geeignete Gemälde anbieten und mir in Photos vorlegen würden. In ­diesem Zusammenhang würde ich es auch begrüssen [sic], wenn Sie in dem befreundeten oder besetzten A u s l a n d sich nach solchen Kunstwerken umsehen würden.1119 1116 BArch, Berlin R8/X/V/11, Bl. 242/241: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichskammer der bildenden Künste vom 11. Februar 1943. Das hier erwähnte Schreiben beinhaltet nur den Antrag für die Reise nach Holland. Aus einem späteren Schreiben geht allerdings hervor, dass Grosshennig gleichzeitig einen Antrag für eine Reise nach Paris stellte, der jedoch nicht überliefert ist. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 241: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichskammer der bildenden Künste vom 9. März 1943. 1117 Siehe dazu Einleitung zu ­diesem Hauptteil. 1118 Ebd. Die Belege sind nicht überliefert. 1119 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 243: Abschrift eines Schreibens von Gottfried Reimer an Wilhelm Grosshennig vom 16. Februar 1943 (Hervorhebungen wie im Original). BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 244: Abschrift eines Schreibens von Herbert Nadolle an Wilhelm Grosshennig vom 27. November 1942. „Ich bitte Sie, aufgrund Ihres letzten Besuches nochmals sich ernsthaft zu bemühen, für die Häuser und Bauvorhaben des Herrn Reichsorganisationsleiter[s] Dr. Ley und der DAF mir geeignete Ölgemälde und Kunstwerke anzubieten. Da ich Ölgemälde mit figür­lichen Kompositionen besonders benötige und mir aber bekannt ist, dass diese hier in Deutschland schwer zu finden sind, bitte ich Sie, in Erwägung zu ziehen, mit Interessentenkreisen in Holland und Frankreich in Verbindung zu treten.“ Der Verfasser ­dieses Schreibens, der Architekt Herbert Nadolle, war im Bauamt der Zentralstelle für die Finanzwirtschaft der Deutschen Arbeitsfront tätig. Nadolle war unter anderem dafür zuständig, für Robert Ley Kunstwerke zu akquirieren (NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1946, Ardelia Hall Collection: Munich Administrative Records, Restitution Research Records: Interrogations: Ley, Robert, S. 4). Dafür reiste Nadolle auch selbst nach Paris. Das geht aus einem Schreiben an Helmut Knochen, Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD Frankreich, von 1944 hervor: „Der Architekt und Parteigenosse Herbert Nadolle reist im Auftrage des

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Das Schreiben der Dresdner Gemäldegalerie war am 16. Februar 1943 von Gottfried R ­ eimer in seiner Position als Referent für den Sonderauftrag Linz verfasst worden, denn Voss hatte sein Amt zu ­diesem Zeitpunkt noch nicht angetreten. Grosshennig wurde also nicht von Voss „ausgewählt“, wie es die in der Forschungsliteratur zu findende Formulierung vermuten lässt.1120 Vielmehr bemühte sich der Kunsthändler selbst aktiv um eine Mög­ lichkeit, den ausländischen Kunstmarkt in seine Handelstätigkeiten einzubeziehen, und zwar genau zu dem Zeitpunkt, als die Geschäfte des Sonderauftrages weder in den Händen von Posse noch von Voss lagen, sondern als Gottfried Reimer in seiner neuen Position als Referent des Sonderauftrages die Verfügungsbefugnis innehatte. Dass die jahrelange Bekanntschaft Grosshennigs mit Reimer, Oertel und auch Posse die Verbindung zum Sonderauftrag begünstigte und Grosshennig in seinen Reisevorhaben bestärkte, kann hier nur vermutet werden. Anhand der Devisenanträge, Anträge für Spesenrückzahlungen und Korrespondenzen im Rahmen des Sonderauftrages Linz lassen sich insgesamt vier Reisen Grosshennigs rekonstruieren: drei in die Niederlande, dort hielt er sich in Amsterdam und Den Haag auf, und eine nach Paris.1121 Es gab zwei Mög­lichkeiten für deutsche Händlerinnen und Händler, Kunstwerke im Ausland beziehungsweise in den besetzten Gebieten anzukaufen. Entweder wurden die Ankäufe direkt über die in den jeweiligen im Ausland bestehenden Sonderkonten des Sonderbeauftragten abgerechnet oder die Kunsthändlerinnen und Kunsthändler bemühten sich persön­lich um Devisen für das entsprechende Land.1122 Für Wilhelm Grosshennig trifft wohl ausschließ­lich die letztgenannte Variante zu, denn es sind Reichsorganisationsleiters Dr. Ley nach Paris, zwecks Ankauf der von Herrn Dr. Ley ausgesuchten Ölgemälde, die für den Führer als Geschenk bestimmt sind.“ Zitiert nach: Heiber 1994, S. 381. Petropoulos (1996, S. 290) postuliert, dass Robert Ley „häufig Kunde […] bei der Chemnitzer Galerie Gerstenberger [war]; ein Architekt namens Nadolle half ihm, die richtige Auswahl zu treffen“. Mög­licherweise war Grosshennig mit Ley oder Nadolle persön­lich bekannt. Konkrete Hinweise auf eine Bekanntschaft ­zwischen Grosshennig und Ley bzw. Nadolle konnten bisher aber ebenso wenig wie Verkäufe an Ley nachgewiesen werden. 1120 Haase 2008, Bd. 1, S. 137: „Die Galerie Gerstenberger in Chemnitz wurde von Voss ebenfalls mit dem Linz-Zertifikat ausgestattet […]“; Akinsha/Walsh/Yeide 2001, S. 263: „Held Linz certificate signed by Voss.“ Diese Aussagen gehen sicher­lich auf den Consolidated Interrogation Report Nr. 4: Linz: Hitler’s Museum and Library zurück, in dem unter dem Punkt C „Lesser Figures“ auch die Galerie Gerstenberger (Grosshennig) gelistet ist und für die angemerkt wird: „Grosshennig, who directed the Galerie Gerstenberger at Chemnitz, held a Linz certificate from Voss“. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1946, Ardelia Hall Collection: Munich Administrative Records, Restitution Research Records: Linz Museum: Consolidated Interrogation Report (CIR) Nr. 4, S. 55. 1121 In Amsterdam wohnte Grosshennig in dem luxuriösen Hotel Amstel, wie es auf einer seiner Visitenkarten handschrift­lich vermerkt ist (GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, Box 344, folder 2 – 2: Visitenkarte von Wilhelm Grosshennig aus dem Besitz von Gustav Cramer). 1122 Iselt 2010, S. 289. Zu dem Sonderkonto von Posse und Voss in den Niederlanden siehe ebd., S. 269 – 282, in Brüssel siehe ebd., S. 283 – 287 und Paris siehe ebd., S. 283. (Iselt geht nicht d ­ etailliert

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keine Eintragungen für die Galerie Gerstenberger in den Abrechnungen der Sonderkonten zu finden, die Voss der Reichskanzlei übergeben musste. In Holland konnten Reichsmark selbstständig vor Ort in Gulden umgetauscht werden, was den Einkauf für Grosshennig wesent­lich einfacher gestaltete als die Situation in Frankreich.1123 Für Frankreich mussten im Vorfeld Devisen bei der Reichsstelle für Papier beantragt werden.1124 Für Grosshennig sind drei Anträge hierfür überliefert.1125 Allein die Beantragung der verschiedenen Formulare wie Einreisegenehmigungen, Ausreisesichtvermerke, die Notwendigkeit eines aktuellen Passes und der Befürwortung der Reise durch die Reichskammer der bildenden Künste sowie die Anträge auf Devisen verdeut­ lichen, welch großen Aufwand es für Grosshennig bedeutete, seine Handelstätigkeit in die besetzten Niederlande und das besetzte Paris auszuweiten.1126 Zusätz­lich war das Reisen innerhalb Deutschlands und in den besetzten Gebieten grundsätz­lich gefähr­lich geworden, denn Deutschland befand sich in den Jahren 1943 und 1944 mitten im Krieg. So war es beispielsweise ratsam, bei der Verschickung der Kunstwerke mit der Bahn das Frachtgut auf Verlust, Bruch und Bombenschaden zu versichern.1127 Es war also nicht auszuschließen, bei Reisen selbst Opfer einer Kriegshandlung zu werden. Den deutschen Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern erschienen offenkundig die Geschäftsmög­lichkeiten in den ­Niederlanden und in Paris dennoch als besonders einträg­lich und hinreichend vorteilhaft, um ­dieses Risiko einzugehen. Das wird anhand der detaillierten Betrachtung der Reisen Grosshennigs in die Niederlande und nach Paris deut­lich werden.1128

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auf das Sonderkonto in Paris ein, sondern erläutert ausführ­licher die Devisenanträge bzw. -bescheinigungen.) Das Sonderkonto in Rom existierte nur unter Posse. Ebd., S. 283. David u. a. 2014 (unpubl. Manuskript), S. 11. Ebd. und Iselt 2010, S. 289/290. Die Anträge und die betreffende Korrespondenz sind dokumentiert im BArch, Berlin R8/XIV/11, Bestand Reichsstelle für Papier. Dort finden sich auch weitere Devisenanträge anderer Kunsthändlerinnen und Kunsthändler. Siehe Iselt 2010, S. 292. Die Einreisegenehmigung und den Ausreisesichtvermerk beantragte Grosshennig bei der Reichskammer der bildenden Künste. BA rch, Berlin R8/XIV /11, Bl. 242: Schreiben von Wilhelm ­Grosshennig an die Reichskammer der bildenden Künste vom 11. Februar 1943. Drüber hinaus benötigte G ­ rosshennig anscheinend eine Genehmigung des Chemnitzer Polizeipräsidiums: „Die Genehmigung des Chemnitzer Polizeipräsidiums holen wir uns hier ein.“ (ebd.) und einen neuen Reisepass, der beantragt werden musste: „Mein 1939 ausgestellter Pass ist automatisch ungültig geworden; ich habe aber den neuen sofort beantragt. Dafür lege ich Ihnen vorläufig eine Bescheinigung der Polizei bei, dass gegen die Neuausstellung keine Bedenken bestehen.“ BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 241: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichskammer der bildenden Künste vom 9. März 1943. GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, Box 8, folder 13: Schreiben von Gustav Cramer an Robert Schmidt vom 15. Dezember 1943. Zu d ­ iesem Schluss kommt auch der Kunsthändler Gustav Cramer im Februar 1943: „Es muss doch noch manches zu kaufen sein, denn wenn es nicht lohnte, kämen diese Herrschaften, bei

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4.5.3.1 Grosshennigs Reisen nach Holland Grosshennigs erste Reise nach Holland, die er wie oben erläutert im Februar 1943 beantragt hatte, fand ­zwischen Ende Mai und Anfang Juni 1943 statt.1129 Noch vor seiner Abreise hatte er mit Gottfried Reimer einen Ankauf für den Sonderauftrag diskutiert: Das zur Debatte stehende Gemälde von Friedrich Voltz Kuhherde in Abendsonne befand sich zu d ­ iesem Zeitpunkt bereits für Restaurierungsarbeiten in der Dresdner Gemäldegalerie.1130 In einem Schreiben vom 1. Juni 1943 teilte Reimer Grosshennig mit, dass das Gemälde für 45.000,– RM für den Sonderauftrag erworben werde. Der Ankaufsvorgang und die Abrechnung erfolgten gänz­lich über Reimer.1131 Gleichzeitig ist es das erste identifizierbare Werk, das von der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag verkauft worden ist. Zwar betont Grosshennig den Unbequem­lichkeiten, die sie in Kauf nehmen müssen, nicht so oft.“ GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, box 8, folder 7/3: Schreiben von Gustav Cramer an Hans Hartig vom 15. Februar 1943. Zu Cramer siehe Anm. 1149. 1129 Vermut­lich in der Zeit vom 29. oder 30. Mai bis 8. Juni. In einem Schreiben vom 30. Mai 1943 berichtet der Kunsthändler Gustav Cramer in Den Haag, dass „heute […] Händler aus Chemnitz und Köln“ bei ihm gewesen ­seien (GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records /1555 – 553/2001.M.5, Box 8, folder 7 – 1: Schreiben von Gustav Cramer an Hans Harting vom 30. Mai 1943). Es ist von keinem anderen Kunsthändler und von keiner anderen Kunsthändlerin aus Chemnitz bekannt, dass er oder sie ins Ausland reiste, sodass hier sehr wahrschein­lich Grosshennig gemeint ist. Der terminus ante quem für Grosshennigs Rückreise ergibt sich aus einem Schreiben von Grosshennig an Reimer vom 9. Juni 1943, das die Unterschrift Grosshennigs trägt und eingeleitet wird mit: „Nach meiner Rückkehr von Holland fand ich Ihr Schreiben vom 1. Juni vor […]“. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 363: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Gottfried Reimer vom 9. Juni 1943. Die zeit­liche Differenz zu dem Vermerk auf Grosshennigs Mitgliedskarteikarte der Reichskulturkammer, der erst auf den 6. Juli 1943 datiert, kann hier nur mit einer verzögerten Verwaltungsarbeit erklärt werden. 1 130 Friedrich Voltz, Kuhherde in Abendsonne, 1869, Öl auf Holz, 37 × 90 cm, Standort unbekannt (Kunstbesitz der BRD, verkauft), München-Nr.: 48709, Linz-Nr.: 3759; Anhang 8.4, Nr. 11. 1131 BA rch, Berlin R8/XIV /11, Bl. 234 und BA rch, Koblenz B323/133, Bl. 366: Schreiben von Gottfried Reimer an Wilhelm Grosshennig vom 1. Juni 1943. „Im Anschluss an unser vor Ihrer geplanten Reise nach Holland geführtes Telefongespräch beehre ich mich, Ihnen mitzuteilen, dass wir uns entschlossen haben, das gegenwärtig im Atelier der Staatl. Gemäldegalerie zu Restaurierungsarbeiten eingelieferte und befind­liche Gemälde von Friedrich Voltz ‚Kuhherde in Abendsonne‘ signiert und 1869 datiert, Öl auf Holz (Mahagoni), zum Angebotspreis von RM 45.000.— (fünfundvierzigtausend) zu erwerben und von Ihnen käuf­lich zu übernehmen. […] Ich darf Sie deshalb bitten, mir umgehend eine entsprechende Rechnung in dreifacher Ausfertigung gerichtet an den Referenten für den Sonderauftrag Linz Dr. phil. Gottfried Reimer, Staat­liche Gemäldegalerie Dresden, in Dresden – A.1, Im Zwinger, zu übersenden, auf welcher Ihr Bankkonto angegeben ist, damit ich die Auszahlung des Betrages bei der Reichskanzlei veranlassen kann.“ (Hervorhebungen wie im Original).

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in seinem bereits erwähnten Schreiben an Hermann von Stutterheim vom 5. Dezember 1942, dass er schon für das Museum in Linz geliefert habe, bis Juni 1943 konnten aber keine konkreten Ankäufe des Sonderauftrages über die Galerie Gerstenberger ermittelt werden.1132 Im H ­ inblick auf die Reise Grosshennigs betonte Reimer in seinem Schreiben zusätz­lich, dass er von Grosshennig erwarte, dass dieser in der Lage sei, „recht bald eine größere Anzahl bedeutender und für die Zwecke des Führers geeigneter Kunstwerke anzubieten“.1133 Nach seinem Aufenthalt in Holland können fünf Werke aus dem niederländischen Kunstmarkt nachgewiesen werden, die er dem Sonderauftrag offerierte. Die ersten Werke hatte er schon kurz nach seiner Rückkehr am 18. Juni 1943 angeboten, näm­lich ein Stillleben von Frans Ykens und eines von Paul Meyerheim sowie von Franz von Lenbach ein Selbstporträt mit Tochter Marion.1134 Einen Monat ­später, am 20. Juli, hatte Grosshennig ein Blumenstück von Jan van Huysum und ein Porträt von Michiel Jansz. van Miereveld im Angebot.1135 Nur die Gemälde von Meyerheim, van Miereveld und Ykens wurden 1132 Zu dem Schreiben vom 5. Dezember siehe Anm. 1106. 1133 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 366RS: Schreiben von Gottfried Reimer an Wilhelm Grosshennig vom 1. Juni 1943. 1134 Ebd., Bl. 359: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Hermann Voss vom 18. Juni 1943. Frans Ykens, Stillleben mit toten Vögeln, Blumen und Fruchtschale, um 1626, Öl auf Holz, 48,5 × 64,5 cm, Kunstbesitz der BRD, München-Nr.: 1717, Linz-Nr.: 2983, Anhang 8.4, Nr. 17. Paul Meyerheim, Stillleben mit toter Elster, Specht und Pulverhorn, 1863, Öl auf Leinwand, 58 × 47 cm, Kunstbesitz der BRD, München-Nr.: 11714, Linz-Nr.: 2944; Anhang 8.4, Nr. 16. Das Werk von Franz von Lenbach konnte nicht identifiziert werden. Das Gemälde von von Lenbach hatte Grosshennig nach eigener Aussage in den Niederlanden angekauft. „Auf meiner holländischen Reise habe ich mich sehr nach Sachen für Ihre Sonderzwecke umgesehen und ich denke, dass ich etwas gefunden habe. In erster Linie habe ich einen sehr schönen und wirk­lich künstlerisch hochwertigen Lenbach mitgebracht und zwar das, was von Lenbach das Schönste ist, näm­lich ein Doppelbildnis (Selbstporträt mit seiner Tochter Marion) […]“. (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 363: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 9. Juni 1943). Auch zwei weitere Werke, die sich in den Angeboten an den Sonderauftrag in ­diesem Zeitraum finden, bei denen es aber nicht zu einem Erwerb kam, stammen mög­licherweise aus demselben Kontext, ein Gemälde von Hermann Baisch und eines von Hermann Kauffmann. (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 361: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 15. Juni 1943). 1135 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 352: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 20. Juli 1943. Jan van Huysum, Blumenstück, Öl auf Holz, 75 × 61 cm, Karlsruhe, Kunsthalle; Museumskat. Karlsruhe 1966, S. 154/155, Kat.Nr. 2221. Die Kunsthalle Karlsruhe erwarb das Gemälde 1943 von der Galerie Gerstenberger, die Rechnung datiert auf den 16. August. Mitteilung von Tessa ­Rosebrock, Kunsthalle Karlsruhe, an die Verfasserin vom 18. April 2012. Die Provenienz des Werkes ist ungeklärt, Grosshennig erwarb es vermut­lich in Holland. Michiel Jansz. van Miereveld, Männ­liches Porträt (hier benannt mit: Porträt des Marschalls van den Berg), 1630, Öl auf Leinwand, 64 × 54 cm, restituiert in die Niederlande: Nederlands Kunstbezit

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  329

vom Sonderauftrag angekauft. Das Blumenstück von van Huysum erwarb dagegen die Kunsthalle in Karlsruhe. Erst im November bot Grosshennig weitere Gemälde mit niederländischer Provenienz an, insgesamt sechs Werke, von denen fünf an den Sonderauftrag verkauft wurden. Darunter ein Gemälde von Benjamin Gerritsz. Cuyp, das zwar von Voss angefragt wurde, dann aber auf dem holländischen Markt anscheinend doch nicht mehr zur Verfügung stand. Grosshennig konnte allerdings schon im Dezember ein anderes Werk des Künstlers anbieten, das er dann im Februar 1944 nach Deutschland einführte.1136 Mindestens drei der sechs Gemälde, die Grosshennig im November 1943 anbieten konnte, hatte er über die arisierte Kunsthandlung Goudstikker in Amsterdam erworben.1137 Und zwei der sechs Gemälde konnte er auch vorerst nur als Photographien Hermann Voss vorlegen. Anscheinend erwarb Grosshennig nicht alle Werke sofort während seines Aufenthaltes in Holland, sondern hielt sich auch Verhandlungsoptionen mit den niederländischen Kolleginnen und Kollegen offen, um erst bei einer Interessenbekundung vonseiten Voss’ das Werk im 1837, München-Nr.: 3954, Linz-Nr.: 3073; Anhang 8.4, Nr. 19. Grosshennig erwarb das Gemälde durch die Vermittlung von Gustav Cramer. 1136 Siehe Anm. 1138. 1 137 Die Kunsthandlung von Jacques Goudstikker wurde 1940 durch Alois Miedl arisiert. Zu Jacques Goudstikker, seiner Kunstsammlung und seiner Kunsthandlung siehe Hollander/Müller 2009. Jan van Ravenswaay, Landschaft mit Städtchen im Mittelgrund und Staffage, 1845, Öl auf Holz, 71,5 × 90 cm, Nederlands Kunstbezit 2572, München-Nr.: 3054, Linz-Nr.: 3243; Anhang 8.4, Nr. 30. Cornelis Springer, Ansicht der Heerengracht in Amsterdam, 1881, Öl auf Holz, 50,5 × 63,5 cm, Nederlands Kunstbezit 2270, München-Nr.: 8579, Linz-Nr.: 3246; Anhang 8.4, Nr. 32. Die Provenienz des zuerst angebotenen Gemäldes von Benjamin Gerritsz. Cuyp Soldaten in einer Scheune ist unklar (dazu siehe Anm. 1138). Das zweite Gemälde von Cuyp Strand mit Figuren war von März 1942 bis April 1943 im Besitz der Kunsthandlung Goudstikker/Miedl. Vermut­lich wurde es über einen Zwischenhändler an Grosshennig vermittelt. Benjamin Gerritsz. Cuyp, Strand mit Figuren (auch: Hafenszene/Strandszene), um 1637, Öl auf Leinwand, 81 × 115 cm, Nederlands Kunstbezit 2486, München-Nr.: 4464, Linz-Nr.: 3437; Anhang 8.4, Nr. 35. Zu den drei Werken siehe auch die Online-Datenbank der Nederlands Kunstbezit-collectie unter folgenden NK-Nummern: NK2572 (Ravenswaay), NK2270 (Springer), NK2486 (Cuyp, hier: Fish seller on the beach). URL: (28. Dezember 2020). An dem Gemälde Landschaft im Mondschein in der Art von Aert van der Neer aus dem im November 1943 durch Grosshennig nach Deutschland eingeführten Konvolut befindet sich ebenfalls eine Markierung oder ein Etikett der Kunsthandlung Goudstikker. Diesen Hinweis findet man auf der Restitutionskarteikarte (BArch, Koblenz B133/672): Online-Datenbank des CCP: URL: Eintrag zu München-Nr. 18526 (28. Dezember 2020). Aert van der Neer (in der Art von), Landschaft bei Mondschein, um 1628, Öl auf Holz, 30,5 × 41 cm, Nederlands Kunstbezit 2185, München-Nr.: 18526, Linz-Nr.: 3178; Anhang 8.4, Nr. 29. Ein Ankauf Grosshennigs direkt von Miedl ist nicht belegt.

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Original nach Dresden senden zu lassen.1138 Die relativ lange Pause ­zwischen den zwei Zeitpunkten, zu denen Grosshennig Werke von dem niederländischen Kunstmarkt dem Sonderauftrag in Dresden anbot, einmal im Juni und Juli 1943 und einmal im November desselben Jahres, lassen vermuten, dass er sich nach der ersten Reise im Mai und Juni 1943 ein zweites Mal in den Niederlanden aufhielt und seine bereits bestehenden Kontakte nutzte. Grosshennig selbst spricht im März 1944 von seinen „drei holländischen Reisen“, von denen zwei eindeutig zu datieren sind: Eine fand im Mai und Juni 1943 und eine im Februar 1944 statt.1139 Aus einem Schreiben der Galerie Gerstenberger vom Juli 1943 geht hervor, dass Grosshennig bis Mitte August verreist war.1140 Das legt die Vermutung nahe, dass Grosshennig schon Ende Juli beziehungsweise Anfang August zum zweiten Mal nach Holland reiste. Denkbar wäre aber auch, dass er diese Reise Ende Oktober beziehungsweise 1138 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 322: Schreiben von Gottfried Reimer an die Galerie Gerstenberger vom 24. November 1943. Aus dem Schreiben geht hervor, dass der Ankauf von vier Gemälden bereits vereinbart sei. Zwei weitere Gemälde, eines von Cornelis Springer und eines von Benjamin Gerritsz. Cuyp, sind dagegen nur als Photo vorgelegt worden: „Wegen der beiden uns gleichfalls mit Photo angebotenen Gemälde von Springer, Gracht-Vedute für RM 38.000 und Benjamin Cuyp, Soldaten in einer Scheune [für RM] 45.000 bitten wir Sie um eine energische Preisreduktion, da wir nicht beabsichtigen, derartige Preise für ­solche Bilder zu zahlen. Da wir jedoch an einem Ankauf beider Werke grundsätz­lich Interesse haben, wäre ich Ihnen sehr zu Dank verbunden, wenn Sie mir baldmög­lich mit einem entsprechenden Angebot wieder näher treten würden.“ (Hervorhebungen wie im Original). Einige Zeit ­später informierte Grosshennig Reimer darüber: „Der Springer ist von Holland unterwegs. Hoffent­lich kommt er gut in Chemnitz an. Wir s­chicken Ihnen dann das Bild sofort weiter.“ (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 319: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 8. Dezember 1943) Mit der Rechnung zu dem Gemälde, dessen Preis auf 33.000,– RM reduziert wurde, versandte Grosshennig zusätz­lich eine Photographie eines Gemäldes von Benjamin Gerritsz. Cuyp. Allerdings nicht das oben erwähnte Gemälde Soldaten in einer Scheune, sondern Strand mit Figuren [geforderter Verkaufspreis unleser­lich] (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 316/317: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 17. Dezember 1943). Das Gemälde von Springer wurde umgehend erworben (27. Dezember) und Reimer teilte Grosshennig am 6. Januar mit, dass Voss das Gemälde von Cuyp zur Ansicht wünsche (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 313: Schreiben von Gottfried Reimer an die Galerie Gerstenberger vom 6. Januar 1944). Der Verkauf des Werkes von Cuyp für 47.000,– RM erfolgte dann erst nach der dritten Holland-Reise von Grosshennig im März 1944 gemeinsam mit einem Konvolut von sechs weiteren Gemälden (BArch, Koblenz B323/133, Bl. 294: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 21. März 1944). 1139 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 255: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichsstelle für Papier vom 24. März 1944. „Wir besprachen schon telefonisch, dass bei dem Erwerb der Kunstwerke, die ich für Zwecke des Führers bezw. [sic] für das Kunstmuseum der Stadt Linz einkaufe, erheb­liche Nebenkosten entstehen, wie das jetzt bei meinen drei holländischen Reisen der Fall war.“ 1140 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 350: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 23. Juli 1943.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  331

Anfang November unternahm, denn am 5. November bestätigte ein Kunsthändler in Den Haag den Erhalt einer Provision von Grosshennig.1141 Im Februar 1944 fuhr Grosshennig dann ein drittes Mal nach Holland. Die Dauer seines Aufenthaltes lässt sich nicht genau rekonstruieren.1142 Von dieser Reise führte er am 17. Februar zwölf Bilderpakete persön­lich im Schlafwagen aus.1143 Das war eine zu d ­ iesem Zeitpunkt üb­liche, von einem der niederländischen Kunsthändlern sogar empfohlene Praxis, um die teuren Versicherungskosten zu sparen, die im Falle eines Kunsttransportes fällig waren.1144 Sieben Gemälde konnte Grosshennig nach seiner Rückkehr sofort an den Sonder 1141 GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, Box 344, folder 2: Quittung von Gustav Cramer an Wilhelm Grosshennig vom 5. November 1943. Aus dem Schriftstück geht nicht hervor, ob Cramer das Geld von Grosshennig persön­lich erhalten hatte. Zu dem Dokument siehe Anm. 1151. 1142 Anhand einer in Den Haag ausgestellten Bescheinigung ist ersicht­lich, dass sich Grosshennig am 17. Februar 1944 dort aufhielt (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 256: Bescheinigung für die Ausfuhr von Gemälden aus den besetzten niederländischen Gebieten für Wilhelm Grosshennig vom 17. Februar 1944). Das erste wieder von Grosshennig unterzeichnete Schreiben der Galerie Gerstenberger datiert allerdings erst auf den 20. März 1944 (Museum Wiesbaden, Archiv, Korrespondenz zu Ankäufen: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Juliane Harms vom 20. März 1944). 1143 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 256: Bescheinigung für die Ausfuhr von Gemälden aus den besetzten niederländischen Gebieten für Wilhelm Grosshennig vom 17. Februar 1944: „Herr Wilhelm ­Grosshennig […] führt circa 12 Pakete mit sich, die wertvolle Gemälde enthalten. […] In Anbetracht des hohen Kunstwertes der Gemälde wird gebeten, die Stücke ungehindert und ohne, dass sie aus dem Schlafwagen heraustransportiert werden müssen, die Grenze passieren zu lassen.“ Die Anzahl von zwölf Paketen findet sich in einem Schreiben Grosshennigs bestätigt. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 255: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichsstelle für Papier vom 24. März 1944. Mög­licherweise befand sich in ­diesem Konvolut auch das in Anm. 1137 erwähnte Gemälde Strandszene mit Figuren von Benjamin Gerritsz. Cuyp. 1144 GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, box 8, folder 7/3: Schreiben von Gustav Cramer an Hans Hartig vom 15. Februar 1943: „Wenn Sie mal wieder hierher kommen […] dann müssen Sie sich gleich nach Ihrer Ankunft einen Schlafwagenplatz für die Rückfahrt reservieren lassen. Rudolph befördert auf diese Weise immer seine Einkäufe und er hat wohl herausgefunden, dass diese die billigste und schnellste Beförderung für seine Sachen ist: wenn Sie das Gleiche tun, haben Sie keinen Ärger, dass etwas verloren geht oder erst sehr spät ankommt.“ Ebd., box 8, folder 13: Schreiben von Gustav Cramer an Robert Schmidt vom 15. Dezember 1943: „Was nun die Versendung betrifft, so ist der bei weitem billigste und sicherste Weg das Stück im Schlafwagen mitzunehmen. Wenn einer Ihrer Herren hierher käme und den Leuchter selbst in Empfang nähme, so wären die Kosten bei I. Klasse Schlafwagen und einigen Tagen Aufenthalt hier oder Amsterdam kaum 300,– Gulden, während Versicherung gegen Bombenschaden, Verlust und Bruch auf etwa 10 % des Kaufpreises kommt. Bei Bahnversand ist eine besonders gute Verpackung nötig. Abgesehen von den Kosten ist auch das Packmaterial sehr knapp. Beim Mitnehmen im Schlafwagen genügt eine einfache Kiste.“ (Hervorhebung wie im Original).

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auftrag verkaufen, weitere Werke hatte er nur als Photographien vorgelegt, von denen fünf anhand dieser zum Ankauf ausgewählt wurden.1145 Diese Werke hatte sich Grosshennig in ­Amsterdam reservieren lassen.1146 Eines der Gemälde konnte Grosshennig sofort für Voss zusagen, die anderen vier wurden am 28. März 1944 von Holland mit einer Spedition versandt.1147 Ein weiteres Bild konnte Grosshennig noch im Mai 1944 durch seine Kontakte in den Niederlanden an den Sonderauftrag verkaufen.1148 Grosshennig hatte so 20 Kunstwerke im Gesamtwert von 709.000,– RM aus Holland an den Sonderauftrag veräußert. Wesent­lich für den geschäft­lichen Erfolg der Reisen waren Grosshennigs Kontakte, die den niederländischen Kunstmarkt, die dort ansässigen Sammlerinnen und Sammler sowie deren Kunstbesitz persön­lich kannten, denn Grosshennig kaufte in Amsterdam und Den Haag nach heutigem Forschungsstand überwiegend von Kunsthandlungen oder aus Privatbesitz. Für Letzteres war er jedoch auf die Vermittlungen durch ihm bekannte Personen angewiesen, wobei diese Provisionen für die Vermittlung der Werke zum Zeitpunkt des Ankaufes durch Grosshennig oder des erfolgten Verkaufes in Deutschland erheben konnten. Einer davon 1145 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 303: Schreiben von Robert Oertel an die Galerie Gerstenberger vom 21. März 1944: „Wie mir Herr Direktor Voss heute mitteilt, wurden in der gestrigen Verhandlung folgende Gemälde für die Zwecke des Kunstmuseums Linz von Ihnen erworben: Benjamin Gerritsz. Cuyp, Strandbild RM 47.000.-- Jan Wouwerman, Landschaft RM 28.000.-- Vermeer v. Haarlem, Landschaft RM 34.000.-- Rombouts, Landschaft RM 59.000.-- J. Bouman, Früchtestillleben RM 24.000.-- Bilders, Grosse Landschaft 1852 RM 48.000.-- Klombeck, Romantische Landschaft RM 15.000.-- […] Die vorstehenden 7 Gemälde sind bereits gestern übernommen worden. […] Weiterhin wurden auf Grund von vorgelegten Photographien noch folgende 5 Gemälde erworben: Springer, Heerengracht RM 35.000.-- B. C. Koekkoek, Landschaft 1853 RM 55.000.-- Karsen, Scheveningen RM 30.000.-- Karsen, Amsterdam RM 35.000.-- Verboeckhoven, Schafe 24.000.--“. Zu den Werken siehe Anhang 8.4, Nr. 35 und 41 – 46 (die erstgenannten sieben Werke) sowie Nr. 47 – 49, 50 und 52 (die letztgenannten Werke). 1146 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 294: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Gottfried Reimer vom 21. März 1943. „Ferner beauftragte uns Herr Professor Voss auf Grund von vorgelegten Photographien mit dem Kauf der umstehend aufgeführten 5 Bilder. […] Diese Bilder hatte ich mir in Amsterdam zwar reservieren lassen, doch könnte es sein, dass das eine oder andere inzwischen doch verkauft wäre, weil der Termin einige Tage überschritten war.“ 1147 Ebd., Bl. 300: Rechnung der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag Linz vom 21. März 1944 über ein Gemälde von Barend Cornelis Koekkoek. Ebd., Bl. 292: Schreiben der Galerie Gerstenberger an den „Beauftragten des Sonderauftrages für das Kunstmuseum Linz“ vom 28. März 1944. 1148 Barend Cornelis Koekkoek, Landschaft mit Schafherde und Kapelle, 1835, Öl auf Holz, 38 × 52 cm, Standort unbekannt (aus Münchner Depot gestohlen), Linz-Nr.: 3180; Anhang 8.4, Nr. 28. Zu dem Ankaufsvorgang für ­dieses Werk finden sich keine Unterlagen in dem Bestand B323 in Koblenz, da keine Restitution mög­lich war. Der Ankauf ist aber in der Wiedemann-Liste dokumentiert (Altregistratur SKD, Abschrift der Ankäufe für den Führerauftrag Linz ab 8. Dezember 1942 bis 6. April 1945, S. 20 (S. 12): Überweisungsantrag vom 16. Mai 1944).

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war der Kunsthändler Gustav Cramer (1881 – 1961) in Den Haag, der ursprüng­lich aus Kassel stammte und lange in Berlin gelebt hatte.1149 Mög­licherweise kannte Grosshennig Cramer noch aus Deutschland persön­lich, denn er besuchte dessen Kunsthandlung gleich zu Beginn seiner ersten Reise nach Holland am 30. Mai 1943. Cramer vermittelte ihm unmittelbar den Kontakt zu Dr. A. M. de Wild in Den Haag. Wild, der auch der sogenannten Dienststelle Mühlmann Kunstwerke beschaffte, verkaufte an Grosshennig zwei Gemälde von Marinus Adrianus Koekkoek.1150 Cramer erhielt daraufhin eine Provision.1151 Ebenso bestätigte Cramer im November 1943 den Erhalt einer Provision für die Vermittlung von zwei Gemälden an Grosshennig.1152 Dieser war gleichermaßen an Büchern interessiert, die ihm Cramer ebenfalls organisieren konnte. Von Frans Dony (1902 – 1984) in Den Haag erwarb Grosshennig für 6.000,– holländische Florin verschiedene Kunstbücher, darunter neun Bände Klassiker der Kunst, Künstlerlexika und Abhandlungen über die niederländische Malerei.1153 1149 Gustav Cramer erbte die Kunsthandlung seines Großvaters Max in Kassel, der diese im 19. Jahrhundert gegründet hatte. Nach dem E ­ rsten Weltkrieg siedelte Cramer nach Berlin über und arbeitete dort als Leiter der Abteilung „Alte Kunst“ der Kunsthandlung Van Diemen, bis er 1933 ein eigenes Geschäft gründete. 1938 emigrierte er, weil er als jüdisch verfolgt wurde, nach Den Haag, wo er die Kunsthandlung „Oude Kunst“ eröffnete. Nach der Besetzung der Niederlande überschrieb Cramer die Kunsthandlung pro forma an seinen Sohn Hans Max, der nach nationalsozialistischer Rassegesetzgebung nicht als „Volljude“ galt, weil Cramer mit einer als christ­lich kategorisierten Frau verheiratet war. Nach dem Tod Gustav Cramers 1961 führte sein Sohn die Geschäfte weiter. Zu Cramer siehe den biographischen und historischen Kommentar zu dem Bestand: G. Cramer Oude Kunst gallery records, 1901 – 1998 im Getty Research Institute, unter Finding Aids. URL: (28. Dezember 2020). 1150 Zu A. M. de Wild: Rosebrock 2012, S. 156 und Anm. 319. Zur Dienstelle Mühlmann siehe Anm. 1060. 1151 GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, box 344, folder 2 – 2: Quittung von Gustav Cramer für Wilhelm Grosshennig vom 30. Mai 1943: „Empfangen von Herrn Wilhelm Grosshennig, Chemnitz den Betrag von holl.fl. 350.-- (Dreihundertundfünfzig Gulden) für die Vermittlung von zwei Gemälden von A. M. Koekkoek aus dem Besitz von Herrn Dr. Ir. A. M. de Wild den Haag.“ Für ein anderes Gemälde, das im weiteren Textverlauf noch besprochen wird, erhielt Cramer von Grosshennig eine Provision von 5 % (siehe Anm. 1153). Geht man auch hier von einer ähn­lich hohen Provision aus, dann erwarb Grosshennig die zwei Gemälde für 7.000,– Gulden. 1152 Ebd., box 344, folder 2 – 1: Quittung von Gustav Cramer an Wilhelm Grosshennig vom 5. November 1943: „Empfangen von Herrn Grosshennig, Kunstausstellung Gerstenberger, Chemnitz, den Betrag von hfl. 1200.—(Zwölfhundert Gulden), für Vermittlung von zwei Gemälden (van Strij und Calame).“ 1153 Frans (Franciscus Lucien Marie) Dony war ein niederländischer Künstler und Autor kunsthistorischer Abhandlungen zu beispielsweise van Gogh, van Dijck und Botticelli. Für die Informationen zu Frans Dony bedanke ich mich herz­lich bei Jeroen Euwe, Erasmus Universität Rotterdam. Zum Ankauf siehe GRI , G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, Box 347, folder 3 und Box 345, folder 1.

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Beide Kunsthändler konnten aus den Geschäften ihre Vorteile ziehen. So erzielte Cramer auch für weniger qualitätsvolle Werke hohe Preise und machte sich zunutze, dass nicht alle der in die besetzten Niederlande reisenden Personen eine Expertise über die Kunst mitbrachten, die sie ankaufen wollten.1154 Zu ihnen zählte auch Grosshennig. Grosshennig profitierte dagegen davon, dass er Cramer gegenüber anscheinend zu keiner tatsäch­lichen Abrechnung verpflichtet war. Bei seiner ersten Reise nach Holland hatte er durch die Vermittlung Cramers das bereits oben erwähnte Gemälde von Michiel Jansz. van Miereveld erworben. Dieses konnte er offiziell am 28. September 1943 an den Sonderauftrag für 48.000,– RM weiterverkaufen.1155 An Cramer sandte er am 24. September, also noch vor der offiziellen Verkaufsbestätigung durch die Mitarbeiter des Sonderauftrages, einen positiven Verkaufsbescheid, allerdings ohne Informationen darüber, an wen das Werk v­ erkauft Auf der Quittung für Grosshennig sind folgende Autoren und Titel gelistet (ebd., Box 347, folder 3: Quittung von Frans Dony für Wilhelm Grosshennig vom November 1943): „Raimond van Marle, Frühitalienische Kunst; Lugt, Mit Rembrandt in Amsterdam; ThiemeBecker, Künstlerlexikon; Wurzbach, Künstlerlexikon; Antonius Moro, Biographie; Friedländer, Altniederländische Malerei; Propyläen-Band Bode, Niederl. Malerei; Venturi, Geschichter [sic] der italienischen Kunst; Greco, Phaiden-Verlag; Bode, holl. u. fläm. Malerschulen; 9 Bände Klassiker der Kunst.“ Auch für diese Vermittlung erhielt Cramer von Grosshennig eine Provision. Die genaue Höhe ist nicht überliefert. Ebd., box 345, folder 1: Quittung von Gustav Cramer an Wilhelm Grosshennig vom 29. November 1944: „Empfangen von Herrn Grosshennig aus Chemnitz den Betrag von hfl. 200.-- (Zweihundert Gulden) für Provision, Restbetrag wegen der im November 1943 gekauften Bücher.“ 1154 GRI , G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5, Box 7, folder 19: Schreiben von Gustav Cramer an Felix Wilhelm Wickel vom 20. März 1942: „Hierdurch erlaube ich mir höfl. anzufragen, ob Sie noch beabsichtigen eventuell Ihr Gemälde von Guardi abzugeben. In der vorigen Woche habe ich zwei relativ unbedeutende Guardi-Bilder, Grösse etwa 29/38 cm für hollfl. 31.000.-- ohne Provision an einen deutschen Händler vermittelt. Ich glaube auch für Ihr Bild, falls es gut restauriert ist, einen entsprechend hohen Preis erzielen zu können.“ Felix Wilhelm Wickel war in verschiedenen Dienststellen und Organisationen für die Besatzungsmacht in den Niederlanden bis 1943 tätig. Mit hoch bezahlten Verkäufen durch seine Vermittlung, bei denen er anscheinend auf die Provision verzichtete, versuchte Cramer also darüber hinaus Personen im nationalsozialistischen Besatzungsapparat positiv zu beeinflussen. Zu Wickel siehe Koll 2015, S. 354. 1155 Grosshennig wünschte sich explizit eine Überweisung des Betrages erst im Januar 1944. BA rch, Koblenz B323/133, Bl. 331: Schreiben von Gottfried Reimer an Wilhelm Grosshennig vom 1. Oktober 1943: „Ich benutze diese Gelegenheit, um Ihnen den Empfang der Rechnung (Ansichtsrechnung) für das von Ihnen durch Herrn Professor Voss bereits fest gekaufte Gemälde ‚Brustbild eines Herrn‘ von Miereveldt [sic] in Höhe von RM 48.000,– (Reichsmark achtundvierzigtausend) mit Datum vom 28. September 1943 zu bestätigen. Wie Sie mir telefonisch mitteilten, wünschen Sie die Begleichung dieser Rechnung erst im Januar 1944.“ (Hervorhebung wie im Original).

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  335

wurde, und mit Angabe der Summe über nur 30.000,– RM, von denen Cramer 5 % Provision erhielt.1156 Die hier geschilderten Vorgänge zeigen, dass sich Grosshennig auf dem niederländischen Kunstmarkt selbstständig und frei bewegen konnte. Er erwarb hier Kunstwerke, die er eigenständig nach Deutschland im Zug ausführte oder die er sich nachsenden ließ. Die Gemälde bot er zunächst dem Sonderauftrag Linz an, der viele Werke zu statt­lichen Preisen erwarb. Die rest­lichen Kunstwerke konnte Grosshennig im inländischen Kunstmarkt veräußern. Es sind keine Abrechnungen gegenüber dem Sonderauftrag bekannt, auf denen genaue Einkaufspreise, Provisionsabrechnungen oder Ähn­liches verzeichnet sind. Auf dem französischen Kunstmarkt stellt sich das Vorgehen des Kunsthändlers dagegen ganz anders dar.

4.5.3.2 Grosshennigs Reise nach Paris Nicht nur der Handel mit Kunstwerken und das Ausloten günstiger Geschäfte waren während der Aufenthalte in Holland für Grosshennig wichtig. Er bereitete auch eine 2-wöchige Reise nach Paris vor, die sich aus verschiedenen Gründen immer wieder verschoben hatte und die er schließ­lich Ende April/Anfang Mai 1944 antrat.1157 Er holte Informationen über den Pariser Kunstmarkt ein, als er in Holland war, und bemühte sich um ein Treffen mit Erhard Göpel in Paris.1158 Hinsicht­lich des geschäft­lichen Erfolges der Reise schien sich 1156 GRI, G. Cramer Oude Kunst gallery records/1555 – 553/2001.M.5: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Gustav Cramer vom 24. September 1943: „Wir konnten das Bild von Miereveldt [sic] verkaufen und zwar mit RM. 30 000.- und lassen Ihnen beifolgend für Ihre Vermittlung einen Scheck über RM. 1500.- = 5 % zugehen.“ 1157 Der Devisenantrag für die Reise nach Paris datiert auf den 19. April 1943 über eine Summe von 150.000,– RM (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 239: Aktennotiz vom 19. April 1943). Diese Summe sollte auf Bitten Grosshennigs erhöht werden, sodass ein zweiter Devisenantrag mit der Nummer: XXIII/C7/1725/90 von Grosshennig am 1. Juli 1943 über 250.000,– RM gestellt wurde (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 232: Durchschrift zum Antrage auf Erteilung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr vom 1. Juli 1943). Dieser hatte eine Gültigkeit bis 31. Oktober 1943. Er wurde erstmalig im September bis zum 31. Dezember 1943 verlängert (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 231: Schreiben des Bankhauses Bayer und Heinze in Chemnitz an die Reichsstelle für Papier vom 15. September 1943), dann ein weiteres Mal bis 28. Februar 1944, da die Reiseunterlagen von Grosshennig bei einem Fliegerangriff auf Berlin zerstört wurden und erst neu beantragt werden mussten (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 228/227: Durchschrift zum Antrage auf Änderung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr vom 14. Dezember 1943) sowie ein drittes Mal im März 1944 bis 15. Mai 1944, da sich Grosshennigs Reise nach Terminverzögerungen in Holland verschoben hatte (BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 224: Durchschrift zum Antrage auf Änderung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr vom 3. März 1944). 1158 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 224: Durchschrift zum Antrage auf Änderung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr vom 3. März 1944: „Wie wir Ihnen schon telefonisch sagten, hat sich

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Grosshennig besonders absichern zu wollen und ebenso wie für die Reisen nach Holland war es auch in Paris für ihn zunächst wichtig, mög­lichst viele persön­liche Kontakte zu in Paris lebenden Personen aufzubauen, die mit dem Kunstmarkt in Verbindung standen. Sicher­lich wurde Grosshennig durch seine Bekanntschaft mit Göpel schnell in die entsprechenden Kreise eingeführt. Der Kontakt zu Akteurinnen und Akteuren im Kunsthandel vor Ort war in den Niederlanden sowie in Paris von ausschlaggebender Bedeutung, denn als Grosshennig sich dort aufhielt, gab es bereits einen enormen Anstieg der Anzahl von weniger qualitativen Kunstwerken vor allem auf dem Auktionsmarkt zu verzeichnen.1159 Händler, die hochwertige Ware nach Deutschland ausführen wollten, mussten über die richtigen Kontakte verfügen, die vor Ort die gewünschten Kunstwerke vermitteln konnten. Da für Grosshennig keine aktive Handelstätigkeit für Paris und die Niederlande vor der Besatzungszeit nachgewiesen ist, musste er sich vornehm­lich auf seine Kontakte aus Deutschland verlassen. Von der Reichsstelle für Papier erhoffte sich Grosshennig darüber hinaus ein Entgegenkommen, um den reibungslosen Verlauf der Reise zu gewährleisten. Er argumentierte dabei mit seiner Unerfahrenheit auf dem Pariser Kunstmarkt: Das Zusammentragen von Bildern dieser hohen Qualität, die in Bezug auf Echtheit und Erhaltungsstand an Ort und Stelle geprüft werden müssen, erfordert ziem­lich viel Zeit, und man sagte mir in Holland, dass man allein etwa 3 Wochen benötige, um den Pariser Kunstmarkt nur einigermaßen kennen zu lernen. Ich reise dorthin das erste Mal [handschrift­liche Anmerkung Grosshennigs, A. d. V.]. Bei der mir zur Verfügung stehenden Zeit von 14 Tagen wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mir die Devisenbescheinigung in ihrer Handhabung und bezüg­lich der Zahlungsweise so einfach wie nur mög­lich erteilen könnten.1160

die Hollandreise unseres Herrn Grosshennig etwas verzögert, da er sich dort mit dem betreffenden Herrn, der die Angelegenheiten des Führers in Paris bearbeitet, treffen musste und dieser dort bis zur Abreise unseres Herrn Grosshennig noch nicht eintraf. Infolgedessen muss der Termin nun erst telefonisch mit Herrn Dr. [Erhard] Göpel, dem Beauftragten des Führers für Paris, von Den Haag aus vereinbart werden und steht noch nicht fest.“ BA rch, Berlin R8/XIV /11, Bl. 255: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichsstelle für Papier vom 24. März 1944: „Ich bin mit dem Vertreter des Sonderauftrages aus Den Haag (Herrn Dr. [Erhard] Göpel) in Paris verabredet und muss mich mit meiner Reise nach ihm richten.“ Vermut­lich begleitete Erhard Göpel Grosshennig auch zu Ankaufsverhandlungen in Paris. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 202: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 4. Januar 1945: „[…] So ergab sich z. B. in einem Fall, dass, trotzdem der Vertrauensmann des Sonderauftrages zufällig zugegen war […].“ 1159 David u. a. 2014 (unpublz. Manuskript), S. 6. 1 160 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 221: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an die Reichsstelle für Papier vom 24. März 1944.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  337

Zum einen beantragte er, dass die Zahlungen für die betreffenden Kunstwerke umgehend vor Ort nach Vorlage einer quittierten Rechnung der Händlerinnen oder Händler durchgeführt werden können und nicht, wie anscheinend sonst üb­lich, erst nach Eingang bestimmter Ausfuhrdokumente für die entsprechenden Kunstwerke.1161 Damit wollte Grosshennig offiziell die Genehmigungspflicht durch den Kunstschutz unterlaufen, ein Prozess, der zwar zu einigen Komplikationen führte, aber anscheinend allgemein üb­lich war, wie hier am Ende des nächsten Unterkapitels noch erläutert wird. Zum anderen stellte er gleichzeitig bereits im Vorfeld einen Antrag auf Devisen für Nebenkosten in bar, die beispielsweise Bezahlungen von Expertisen, Speditionsspesen und Versicherungen beinhalteten.1162 Beiden Anträgen wurde bereitwillig stattgegeben, sodass Grosshennig in Paris nicht nur über eine gewisse Summe Bargeld verfügte, sondern auch die Kaufvorgänge viel schneller abwickeln konnte, da er die Händlerinnen und Händler vor Ort bezahlte. Grosshennig erwarb während seiner Reise 14 Gemälde, von denen er acht an den Sonderauftrag verkaufen konnte.1163 Darüber hinaus stellte er nach seiner Rückkehr zwei weitere Devisenanträge, um den Ankauf von zwei zusätz­lichen Gemälden sowie vier Zeichnungen von Chemnitz aus in die Wege zu leiten.1164 Diese konnten im Juni an den Sonderauftrag übergeben werden.1165 Anhand der Abrechnungen für die Devisen bei der Reichsstelle für Papier und der Rechnungen, die die Galerie Gerstenberger dem Sonderauftrag stellte, können in diesen Fällen die Überträge ­zwischen den Ankaufs- und Verkaufspreisen ermittelt 1161 Ebd. 1162 Ebd., Bl. 254: Durchschrift zum Antrage auf Erteilung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr sowie zur Bezahlung der entstehenden besonderen Nebenkosten vom 24. März 1944. (Devisenbescheinigungsnummer: XXIII/C7/1725/97). Dabei handelte es sich um einen Betrag von 1.500,– RM. 1163 BArch, Koblenz B323/153, Bl. 372: Rechnung der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag Linz vom 18. Mai 1944 über acht Gemälde. Zu den Werken siehe Anhang 8.4, Nr. 62 – 69. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 202: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 4. Januar 1945. „Mit den Devisenbescheinigungen […] haben wir im Juni 1944 aus Paris für einen Betrag von RM. 526.500,– Gemälde alter Meister für das Kunstmuseum der Stadt Linz eingeführt, die auch s. Zt. sofort vom Kunstmuseum Linz lt. unseren Ihnen damals schon gegebenen Verkaufsnotizen übernommen wurden – bis auf 6 Bilder, die für d ­ ieses Museum wegen zu geringer Qualität nicht infrage kamen.“ 1164 Diese datieren auf den 18. Mai 1944 mit den Devisenbescheinigungsnummern: XXIII/C7/1725/104 mit einem Betrag von 260.000,– RM und XXIII/C7/1725/105 mit einem Betrag von 32.500,– RM. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 203: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 4. Januar 1945 und Bl. 201: Schreiben von Carl Muxfeld an die Galerie Gerstenberger vom 12. Januar 1945. 1165 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 272: Rechnung der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag Linz vom 9. Juni 1944 über ein Gemälde von Francesco Guardi und vier Sepia-Zeichnungen von „Hackert“ (Dasselbe Dokument: BArch, Koblenz B323/153, Bl. 297) sowie ebd., Bl. 271: Rechnung der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag Linz vom 9. Juni 1944 über ein Gemälde von Francisco de Goya.

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werden. Grosshennig erwarb somit in Frankreich zehn Gemälde und vier Zeichnungen für insgesamt 458.500,– RM, die er für 658.500,– RM an den Sonderauftrag verkaufen konnte. Der Gewinn betrug nur für diese Verkäufe damit 200.000,– RM. Doch dieser Betrag kann sicher­lich nicht als Reingewinn für die Galerie angenommen werden. Mög­liche Abzüge wie Provisionen für die Händlerinnen und Händler in Paris, die Reisekosten von Grosshennig etc. sind zu berücksichtigen. Einen ungefähren Anhaltspunkt über die Höhe solcher Kosten geben die drei überlieferten Devisenanträge für entstandene und mög­liche Nebenkosten für unter anderem Speditionen, Abschläge für Wechselkurse, Einholung von Expertisen mit einem Betrag von insgesamt 2617,53 RM .1166 Die Nebenkosten für die Ankäufe, die Grosshennig im Ausland begleichen musste, lagen also ledig­lich z­ wischen 1 und 1,5 % des Verkaufsgewinnes. Zusätz­lich wusste sich Grosshennig geschickt zu helfen, um beispielsweise die zu zahlenden Provisionen so klein wie mög­lich zu halten, wie hier bereits für seine Geschäfte mit Gustav Cramer in den Niederlanden erläutert wurde. Von seinen Reisen in die Niederlande konnte Grosshennig dagegen 20 Gemälde zu einem Gesamtbetrag von 709.000,– RM an den Sonderauftrag Linz verkaufen. Im Vergleich erscheint

Der Überweisungsauftrag zur Begleichung der Rechnung datiert auf den 10. Juni 1944. BArch Koblenz, B323/153, Bl. 295: Schreiben des Sonderauftrages Linz an den Reichsminister und Chef der Reichskanzlei vom 10. Juni 1944. Die Zeichnungen von Jakob Philipp Hackert konnten nicht identifiziert werden. In der Rechnung von der Galerie Gerstenberger und in dem Überweisungsauftrag sind jeweils vier Sepia-Zeichnungen von „Hackert“ für 21.000 RM gelistet. In der sogenannten Wiedemann-Liste ist nur eine „Sepia-Zeichnung v. Makart“ für 21.000 RM verzeichnet. Diese wurde aber ebenfalls gemeinsam mit den Gemälden von Francesco Guardi und Francisco de Goya am 21. Juni 1944 bezahlt. Vermut­ lich handelt es sich hier um die 4 Zeichnungen (Altregistratur SKD, Abschrift der Ankäufe für den Führerauftrag Linz ab 8. Dezember 1942 bis 6. April 1945, S. 52 (S. 30)). 1 166 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 254: Durchschrift zum Antrage auf Erteilung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr sowie zur Bezahlung der entstehenden besonderen Nebenkosten vom 24. März 1944 (Devisenbescheinigungsnummer: XXIII/C7/1725/97). Mit dem vor der Reise bar ausgezahlten Betrag von 1.500,– RM sollten mög­liche „Echtheitsbescheinigungen für hochwertige Gemälde, Speditionsspesen, Versicherungsspesen, Transportspesen“ beg­lichen werden. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 211: Durchschrift zum Antrage auf Erteilung einer Devisenbescheinigung für besondere Wareneinfuhr sowie zur Bezahlung der entstehenden besonderen Nebenkosten vom 16. Mai 1944 (Devisenbescheinigungsnummer: XXIII/C7/1725/106). Der Antrag wurde zur Begleichung der „taxe de l’Office des Changes“ mit einem Betrag von 936,46 RM gestellt, die der Galerie Gerstenberger aufgrund der zur Verfügung gestellten Devisen in Höhe von 250.000,– RM entstanden waren. Antragsteller war das Bankhaus Bayer & Heinze in Chemnitz. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 245: Durchschrift zum Antrage auf Erteilung einer Devisenbescheinigung für die Wareneinfuhr sowie zur Bezahlung der entstehenden Nebenkosten vom 29. Juni 1944 (Devisenbescheinigungsnummer: XXIII/C7/1725/110). Der Antrag wurde zur Begleichung der „Verpackungs- und Fuhrkosten der Firma Spedition Knauer, Paris“ mit einem Betrag von 181,07 RM gestellt.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  339

der aus der Reise nach Paris erzielte Umsatz damit ausgesprochen hoch, denn in Frankreich konnte die Galerie nahezu den gleichen Umsatz mit der Hälfte der Gemälde erzielen. Der hohe Umsatz, den die Galerie bei den Verkäufen aus Paris erzielte, ist mit einem besonders lukrativen Geschäft zu erklären, näm­lich dem Verkauf des Porträts von Don Manuel García de la Prada von Francisco de Goya.1167 Das Werk wurde für 350.000,– RM von der Galerie an den Sonderauftrag verkauft. Das ist das Zehnfache der durchschnitt­lichen Verkaufswerte der anderen Werke, die Grosshennig auf dem niederländischen oder französischen Kunstmarkt akquirierte und die sich im Rahmen von 20.000,– RM bis 55.000,– RM bewegten.1168 Darüber hinaus betrug der Mehrwert aus dem Verkauf des Goya-Gemäldes 90.000,– RM, denn Grosshennig hatte das Werk für 260.000,– RM über einen Kontakt in Paris erworben, worauf im folgenden Unterkapitel noch näher eingegangen wird. Der Verkauf ­dieses Gemäldes erzielte also fast die Hälfte des gesamten Gewinnes von den Verkäufen aus dem Pariser Kunstmarkt. Dieses Beispiel steht somit exemplarisch für die besonders profitablen Geschäftsmög­lichkeiten, die der Sonderauftrag den Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern bot. Dieser Aspekt wird in Anbetracht der Schwierigkeiten Grosshennigs, jene Werke zu verkaufen, die nicht an den Sonderauftrag veräußert werden konnten, umso deut­licher. Von den für Paris als Devisen beantragten 250.000,– RM hatte der Kunsthändler laut Abrechnung 234.000,– RM genutzt, um Gemälde zu kaufen. Er gab an, dass er für den rest­lichen Betrag von 16.000,– RM kein geeignetes Kunstwerk mehr erwerben konnte.1169 Für die verwerteten Devisen hatte Grosshennig 14 Bilder gekauft. Für die acht Gemälde, die er dann an den Sonderauftrag veräußerte, hatte er 151.000,– RM bezahlt. Die rest­lichen sechs Werke, die er für insgesamt 83.000,– RM erworben hatte, wurden dagegen von Voss abgelehnt.1170 Die Kunsthändlerinnen

1167 Siehe dazu auch Kap. 4.5.3.3. 1168 Dabei gibt es wenige „Ausreißer“, beispielsweise ein Stillleben von Paul Friedrich Meyerheim (Anhang 8.4, Nr. 16), das für 12.000,– RM, und ein Gemälde von Eugène Joseph Verboeckhoven (Anhang 8.4, Nr. 51), das für 6.500,– verkauft wurde, sowie eine Landschaft, die damals Salomon Rombouts (Anhang 8.4, Nr. 44) zugeschrieben war, die der Sonderauftrag für 59.000,– RM erwarb. Der durchschnitt­liche Preis für die Gemälde, die die Galerie Gerstenberger aus dem niederländischen und französischen Kunstmarkt an den Sonderauftrag verkaufte, liegt bei ungefähr 34.000,– RM. 1169 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 210: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 1. Juni 1944. „Von unserer Bank Bayer & Heinze werden Sie inzwischen erfahren haben, dass die RM 16.000,– von Paris zurückbeordert wurden und verfallen sind, weil ich kein Objekt mehr dort fand, was in dieser Preislage war. Die Sachen waren alle teurer, sodass ich diesen Betrag nicht mehr ausnutzen konnte.“ Der Betrag wurde von der Pariser Bank Crédit Lyonnais an die Chemnitzer Bank Bayer & Heinze zurück überwiesen. Ebd., Bl. 207: Schreiben der Bank Bayer & Heinze an die Reichsstelle für Papier vom 20. Juli 1944: 1170 Ebd., Bl. 204: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Carl Muxfeld vom 9. September 1944; und Bl. 202: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 4. Januar 1945.

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und Kunsthändler waren dazu aufgefordert, die mit Devisen erworbenen Kunstwerke nur an staat­liche Institutionen zu verkaufen.1171 Dies gestaltete sich anscheinend schwierig, denn Grosshennig hatte bereits 1943 den Antrag gestellt, die Gemälde auch an Privatpersonen abgeben zu können.1172 Für die Kunstwerke, die er auf dem Pariser Markt erworben hatte und nicht an den Sonderauftrag verkaufen konnte, bat er die Reichsstelle für Papier mehrfach „um Geduld“, Vermut­lich handelte es sich bei diesen Werken um Gemälde von: Jan van Goyen, Gustave ­Courbet und Constantin Troyon. BA rch, Koblenz B323/133, Bl. 287: Schreiben von Robert Oertel an ­Wilhelm Grosshennig vom 12. Mai 1944: „Für die mir aus Paris angebotenen Gemälde von Teniers, van Goyen, Calame, Constantin Troyon, Schrieck habe ich keine Verwendung, was ich Ihnen hierdurch bestätige.“ Zu fünf der sechs Gemälde sind Photographien überliefert, auf deren Rückseite einige technische Daten genannt sind sowie Datum und Beteiligte der Einlieferung nach Deutschland: Alexandre Calame, Intérieur d’une grotte à Capri, Öl auf Leinwand, 65 × 81 cm, Verbleib unbekannt; Jan van Goyen (zugeschrieben), Paysage aux figures, 16 × 22,5 cm, Verbleib unbekannt; David Teniers (d. J) (zugeschrieben), Scène de cabaret, Öl auf Holz, 26 × 38 cm, Verbleib unbekannt; Constant Troyon, Bétail dans un pâturage, Öl auf Leinwand, 110 × 80 cm, Verbleib unbekannt. Vgl.: NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1947, Adrelia Hall Collection: Wiesbaden Administrative Records, Restitution Claim Records: Claim: [France]-Mohnen, Wilhelm (Formerly Mannheim), Bl. 69/70, 87/88, 95/96, 121/122. Das Werk von Gustave Courbet, von dem hier ebenfalls eine Photographie archiviert ist (siehe ebd., Bl. 127/128), konnte identifiziert werden: Bords de la Loue avec rochers à droite, um 1846, Öl auf Leinwand, 90 × 75 cm, Verbleib unbekannt, Fernier 1977 – 1978, Bd. 1, S. 220, Kat.Nr. 397. 1171 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 233: Schreiben der Reichsstelle für Papier an die Galerie Gerstenberger vom 12. Juli 1943: „Die Devisenbescheinigung haben wir Ihnen mit der Auflage unter Hinweis auf die §§ 10, 12 – 15 der Verordnung über den Warenverkehr in der Fassung vom 11. 12. 1942 (RGBl. I S. 685) erteilt, dass die einzuführenden Gemälde ausschließ­lich für staat­liche oder städtische Museen oder andere amt­liche Stellen bestimmt sind. Verkäufe an Private aus diesen Einfuhren dürfen nicht erfolgen.“ Dabei mussten die Kunsthändler der Reichsstelle für Papier gegenüber Rechenschaft ablegen. Ebd., Bl. 252: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 19. Mai 1944: „Ich habe ja selbst die Auflage [Rechenschaft über die mit Devisen erworbenen Kunstwerke abzugeben, A. d. V.] Ihnen gegenüber zu erfüllen und den Nachweis über die einzelnen Bilder zu erbringen, was auch auf beiliegendem Zettel, soweit ich sie bis jetzt abgesetzt habe, geschieht.“ 1172 Am 24. September sandte die Galerie Gerstenberger ein Gesuch an das Wirtschaftsministerium um die Erlaubnis, auch Werke, die aus Paris eingeführt werden, gegebenenfalls an Privatpersonen zu verkaufen. BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 230: Schreiben der Galerie Gerstenberger an den Oberregierungsrat Klesper vom 24. September 1943: „Wir möchten Sie nun in dieser Angelegenheit bitten, doch zu ermög­lichen, dass wir auch einzelne Werke, die für staat­liche Stellen wider Erwarten doch nicht infrage kommen, auch an Private verkaufen zu dürfen. Wir sind an sich beauftragt von der Stelle des Referenten für das Museum in Linz und liefern laufend dorthin Werke für Zwecke des Führers, aber nehmen sie immer erst auf eigene Rechnung. Bisher haben wir meistens den Geschmack getroffen, aber es sind natür­lich auch schon Sachen übriggeblieben, die wir dann an Privatleute verkaufen mussten.“

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  341

Abb. 76  Abrechnung der Galerie Gerstenberger für die Reichsstelle für Papier und Verpackungswesen, 9. September 1944

weil er noch immer um den Verkauf der Werke an Museen bemüht sei.1173 Am 4. Januar 1945 stellte er schließ­lich nochmals den Antrag, die betreffenden Werke auch an Privatpersonen Diesem Antrag wurde nicht stattgegeben. Ebd., Bl. 229: Schreiben der Reichsstelle für Papier an die Galerie Gerstenberger vom 26. Oktober 1943. 1 173 Ebd., Bl. 252: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 19. Mai 1944: „Wegen des Restes bin ich noch um den Verkauf an Museen bemüht und bitte deshalb noch um etwas Geduld.“ Ebd., Bl. 206: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 20. Juli 1944: „Ein Teil konnte jedoch noch nicht an andere staat­liche oder städtische Museen abgesetzt werden, und wir bitten Sie, den Termin noch etwas hinauszuschieben.“ Ebd., Bl. 204: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 9. September 1944: „Von RM 234.000.-- sind also noch RM 83.000.-- unverkauft. Der Unterzeichnete war krank und hatte auch einen Fahrrad-Unfall gehabt und kann infolgedessen auch jetzt nicht im Geschäft arbeiten. Deshalb bitten wir Sie, uns entgegenkommenderweise den Verkauf dieser Bilder noch etwas zu stunden, da der Verkauf dieser übrig gebliebenen Dinge nicht so schnell geht als der, die auf den ersten Anhieb genommen worden sind.“

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Abb. 77  Abrechnung der Galerie Gerstenberger für die Reichsstelle für Papier und Verpackungswesen, 4. Januar 1945

verkaufen zu dürfen. Diesem wurde stattgegeben, vielleicht auch, weil Grosshennig mehr oder weniger gekonnt den rest­lichen Betrag der bis dahin unverkauften Werke von 83.000,– RM auf 50.000,– RM herunter kalkuliert hatte.1174 In seinem Schreiben an die Reichsstelle für Papier erklärte er ausführ­lich, dass noch immer sechs Werke unverkauft s­ eien: Ich habe nun versucht, diese Reststücke noch an andere öffent­liche Stellen und Museen abzusetzen, doch hat sich bei meinen intensiven Bemühungen ergeben, dass sie auch dort als nicht genügend Museumsqualität abgelehnt wurden, also, als zu unbedeutend für den jeweiligen Meister und teilweise als zu studienhaft.1175

In der darauf folgenden Gegenrechnung der Höhe der bereitgestellten Devisen mit den Ankaufspreisen der bereits an den Sonderauftrag verkauften Werke gab Grosshennig bei zwei Gemälden nicht den Ankaufs-, sondern den Verkaufspreis an, der natür­lich um einiges höher 1174 Ebd., Bl. 201: Schreiben der Reichsstelle für Papier an die Galerie Gerstenberger vom 12. Januar 1945: „Ich gebe Ihnen hiermit den Verkauf der 6 unverkauften Bilder im Wert von RM 50.000,– ausnahmsweise an Privatsammler frei. Die Reichskammer der bildenden Künste habe ich hiervon unterrichtet.“ 1175 Ebd., Bl. 202: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 4. Januar 1945 (Hervorhebung wie im Original). Zum Folgenden siehe ebd., Bl. 203.

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war. Die Ankaufssumme der in Paris erworbenen und bereits an den Sonderauftrag weiter veräußerten Gemälde ist in dieser Rechnung also um 33.000,– RM höher als noch in der Rechnung vom September des Vorjahres (Abb. 76 und 77). Den ausstehenden Restbetrag für die noch zu verkaufenden Gemälde hatte Grosshennig somit elegant auf 50.000,– RM reduziert und die Reichsstelle für Papier wohl überzeugt, bei einem so geringen Gesamtwert dem Antrag stattzugeben. Der Vorgang führt deut­lich vor Augen, dass Grosshennigs Handeln auf dem französischen Kunstmarkt während der Besatzungszeit viel strengeren Verwaltungsvorgaben unterlag als auf dem niederländischen Kunstmarkt. Allein der Umstand, vor der Reise Devisen beantragen zu müssen und nach der Reise eine genaue Abrechnung vorzulegen, ließen dem Kunsthändler kaum die Mög­lichkeiten für spontane Geschäftsabwicklungen vor Ort. Der im folgenden Kapitel geschilderte Fall unterstreicht die Beobachtung, dass Grosshennig in Paris nicht nur für seine eigene Person handelte, sondern auch im Auftrag für die Vertreterinnen und Vertreter des NS-Regimes.

4.5.3.3 Die Erwerbung des Porträts von Don Manuel García de la Prada von Francisco de Goya Eines der Gemälde, die Grosshennig aus dem französischen Kunstmarkt an den Sonderauftrag Linz verkaufte, erbrachte ihm mit Abstand einen viel höheren Gewinn als alle anderen Werke, die er auf dem aus- und inländischen Kunstmarkt erworben hatte. Der Kunsthändler konnte ­dieses nicht direkt in Paris bezahlen, sondern organisierte nach seiner Rückkehr von Chemnitz aus die Beantragung der Devisen sowie die Ausfuhr des Werkes aus Frankreich. Aus d ­ iesem Umstand resultiert eine besonders gute Quellenüberlieferung heute. Diese erlaubt ein Aufzeigen des Zusammenspieles verschiedener Einzelpersonen und Personenkreise, die an dem Entzug von Kunstwerken aus dem Besitz von als jüdisch verfolgten Sammlerinnen und Sammlern beteiligt waren. Das Gemälde Don Manuel García de la Prada von Francisco de Goya war nach dem Zweiten Weltkrieg vorerst in die Londoner National Gallery verbracht worden, konnte aber Anfang der 1950er Jahre restituiert werden (Tafel 8).1176 Es wurde dann vom Des Moines Art Center in Iowa angekauft. Die Geschichte des Gemäldes ist allerdings weder in der Publikation des Museums noch in den Werkverzeichnissen Goyas erwähnt.1177 1176 Francisco de Goya, Porträt Don Manuel García de la Prada, um 1771, Öl auf Leinwand, 207 × 125 cm, Iowa, Des Moines Art Center. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1949, OMGUS – Monuments, Fine Arts, and Archives, Cultural Property Claim Applications: F95B Jaffe, John France, S. 36: Schreiben vom 2. April 1946. 1177 Des Moines Art Center 1998, S. 124. Auch auf der Homepage des Museums ist die Provenienz zu dem Gemälde nur sehr unvollständig angegeben. URL: Eintrag zu Francisco de Goya, Porträt Don Manuel García de la Prada, Inv.Nr. 1953.15 (28. Dezember 2020): „Family of the sitter, Madrid; Ruiz y Prado, Madrid; M. Emile Pacully, Paris (Pacully Sale, Paris, May 4, 1903, lot no. 50); M. Haro, Paris; M. Knoedler & Co., N. Y.“ In dem zuletzt erschienen Werkverzeichnis über die Gemälde Goyas aus dem Jahr 1994 wird für die Provenienz des Werkes ledig­lich die Pariser Sammlung von Émile Pacully angegeben und der aktuelle Standort (Des Moines Art Center). Morales y Marín 1994, S. 284, Kat.Nr. 346 („Procede de las colecciones de Mr. Pacully y G. Petit de París, subastándose en esa ciudad en 1903.“). Die wenigen Informationen zu dem Werk in anderen, früheren Katalogen stellen sich ähn­lich dar: Gassier/Wilson 1971, S. 198, Kat.Nr. 819 („Des Moines, Art Center“) und Gudiol 1970, S. 312/313, Kat.Nr. 572 („Collections: García de la Prada, Madrid; Art Center, Des Moines, Iowa“). Dagegen findet das Werk und die Umstände seiner Translokation während des Zweiten Weltkrieges Erwähnung in der jüngst publizierten Schrift von Emmanuelle Polack zum französischen Kunstmarkt während der deutschen Besatzungszeit. Polack 2019, S. 152 – 154. Polack verzichtet in ihrer Publikation leider weitestgehend auf vollständige Quellenangaben. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 271: Rechnung der Galerie Gerstenberger an den Sonderauftrag Linz vom 9. Juni 1944 über ein Gemälde von Goya. Zu Anna und John Jaffé siehe Andrew Marton: Stealing Beauty: Part 1 = Zeitungsartikel im Star-Telegram vom 6. Juni 2006 zu finden unter: www.lootedart.com, Kategorie „News“. URL: (28. Dezember 2020) und Polack 2019, S. 150/151 und S. 223. Wann das Werk in die Sammlung von John Jaffé gelangte, ist nicht bekannt. Es wurde, laut einem Auktionskatalog, 1903 aus der Sammlung von Émile Pacully in Paris versteigert. Auktionskat. Paris 1903, S. 94, Kat.Nr. 50. Auktionskat. Nizza 1943. Ebd., S. 10: „57 importants tableaux anciens et modernes des Écoles Hollandaise, Françaises, Flamande, Anglaise, Italienne. Les circonstances nous ont empêché de les décrire au présent catalogue. Les plus importants sont reproduits au catalogue illustré avec indication de leur numéro et de leurs dimensions. Tous seront numérotés et seront présentés de façon précise et détaillée à la vente.“

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Das Fehlen des Katalogteiles für die Gemälde mit genauen Angaben zu den einzelnen Werken, die darüber hinaus nicht alle abgebildet waren, erhärtet den ­später erhobenen Vorwurf, die Gemälde ­seien unter Wert verkauft und für diesen Zweck bewusst als Kopien diskreditiert worden.1182 Und tatsäch­lich wurde der Schätzpreis für das Goya-Gemälde nur mit 300,– Francs angesetzt, da der Auktionator, Jean-Joseph Terris (1890 – 1976), die Authentizität des Werkes infrage gestellt hatte.1183 Die Zuschreibung des Gemäldes als eigenständiges Werk des Künstlers war bis dahin aber in der Fachliteratur nie bezweifelt worden. Als Käufer des Werkes kommen drei Personen infrage, die es wohl für 70.000,– Francs ersteigerten, Roger Dequoy (1892 – 1963), Jean Dutey (1897 – 1954) und Martin Fabiani (1899 – 1986).1184 1182 NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1944, Roberts Commission – Protection of Historical Monuments, Card File on Art-Looting Suspects: [Blank], S. 413: Karteikarte Jaffé Collection: „J. J. Terris […] incorrectly stated that many pictures in subject [Sammlung von John Jaffé, A. d. V.] were copies, thus permitting their sale below true value.“ 1183 NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1949, OMGUS – Monuments, Fine Arts, and Archives, Cultural Property Claim Applications: F95B Jaffe, John France, S. 44: Schreiben von Jean-François Dreyfus an Gustave Cohen vom Januar (?) 1945, Bl. 1: „J’ai [Jean Dutey, A. d. V.] acquis le tableau dont il s’agit dans une vente publique à Nice, ladite vente conduite par Me Terris, commissaire-priseur. La mise à prix de ce tableau etait de 300,– Frs, et il a été specialement indiqué que l’authenticité de ce tableau n’etait pas garantie, c’est ce qui explique que la mise a prix fut si basse.“ Siehe auch Polack 2019, S. 151 und 231. 1184 Zu Dequoy, Dutey und Fabiani siehe Akinsha/Walsh/Yeide 2001, S. 276 und Polack 2019, S. 218/219. Nach Aussage von Dutey hat er das Werk auf der Auktion für 60.000,– Franc plus Gebühren erworben und dann etwa 1944 gegen ein anderes eingetauscht, das ihm besser gefallen habe. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1949, OMGUS – Monuments, Fine Arts, and Archives, Cultural Property Claim Applications: F95B Jaffé, John France, S. 44: Schreiben von Jean-François Dreyfus an Gustave Cohen vom Januar (?) 1945, Bl. 2: „Après diverses enchères, le tableau m’a été adjugé, pour une somme de 60.000,– Frs, plus le frais. Je n’ai plus le tableau en ma possession, depuis un an environ, car je l’ai echangé un autre tableau qui me ‚plaisait mieux‘.“ In den Berichten über die Versteigerung und die Vorgänge danach wird aber auch Roger Dequoy als Käufer des Gemäldes von Goya angegeben. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1949, OMGUS – Monuments, Fine Arts, and Archives, Cultural Property Claim Applications: F95B Jaffé, John France, S. 42: Schreiben von Germain Bazin an den Präsidenten der Recuperation Artistique vom 9. Februar 1945, S. 1: „Ce tableau a été acheté effectivement à Nice par M. Dequoy pour un prix ridicule: une centains de mille frs. au plus. Cette peinture ne figurait d’ailleur au catalogue de la vente ce qui permit a l’acheteur de beneficier grandement de l’effet de surprise.“ (Hervorhebung wie im Original). Eine dritte Person wird im Zusammenhang mit dem Erwerb des Goya-Gemäldes in den Unterlagen des Fold3 genannt: Martin Fabiani, der mit Dequoy in Verbindung gebracht wird, einerseits bezüg­lich des Ankaufes und andererseits hinsicht­lich des Verkaufes nach Deutschland. NARA (fold3), World War II , Holocaust Collection, M1944, Roberts Commission – Protection of Historical Monuments, Card File on Art-Looting Suspects: Card File on Art-Looting Suspects,

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Abb. 78 Schreiben von Jacques Jaujard an Michel Martin, die Ausfuhrgenehmigung für das Porträt Don Manuel García de la Prada von Goya betreffend, 21. Juni 1944

Wer es tatsäch­lich in Nizza erworben hatte, oder ob sie mög­licherweise auch gemeinsam auf der Versteigerung waren, bleibt nach aktuellem Forschungsstand ungeklärt. Alle drei Personen können aber eindeutig mit dem Gemälde in Verbindung gebracht werden. Roger Dequoy, der erst in der Pariser Kunsthandlung von Georges Wildenstein (1892 – 1963) angestellt war und diese dann mit deren Arisierung im Mai 1941 übernahm, hatte das Werk von Goya laut einem Bericht von Germain Bazin (1901 – 1990), zu dieser Zeit Kurator am Louvre, dem Museum für 6.000.000,– Francs angeboten.1185 Bazin berichtete weiter, dass im Jahr 1944 E-F, S. 137: Karteikarte zu Martin Fabiani: „Allied with Dequoy (qv – France) in […] sale of a Goya from Nice to Germans.“ Und ebd., Card File on Art Looting Suspects, C-D, S. 88: Karteikarte zu Roger Dequoy, Bl. 2: „1944 – He and Fabiani bought a Goya portrait of a man in Nice for about 70,000 francs and offered it to the Louvre for 6 million francs, but was turned down as too high.“ 1 185 Die Übernahme der Kunsthandlung durch Dequoy soll mit dem Einverständnis von Wildenstein durchgeführt worden sein, um eine Beschlagnahme zu umgehen. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1944, Roberts Commission – Protection of Historical Monuments, Card File on Art-Looting Suspects: Card File on Art-Looting Suspects, C-D, S. 87: Karteikarte zu Roger Dequoy, Bl.1: „Ran the Paris branch of Wildenstein & Cie., and became owner when it was ‚Aryanized‘ in May 1941 to prevent further seizures by the Einsatzstab Rosenberg. This was arranged at a meeting in Aix-en-Provence in November 1940 between Georges Wildenstein, Dequoy, and the German dealer, Karl Haberstock, whose influence was decisive in effecting the change of ownership and preventing the seizure.“ Die Galerie Wildenstein wurde um 1870 in Paris von Nathan Wildenstein (1851 – 1934) gegründet. 1902 eröffnete er in New York eine Dependance. Zu Wildenstein siehe Cabanne 1963, S. 276 – 305. Dort wird die Arisierung der Galerie während der Besatzungszeit allerdings nicht erwähnt. Zum Angebot an den Louvre durch Dequoy: NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1949, OMGUS – Monuments, Fine Arts, and Archives, Cultural Property Claim Applications: F95B Jaffé, John France, S. 42: Schreiben von Germain Bazin an den Präsidenten der Recuperation Artistique vom 9. Februar 1945, S. 1: „M. Dequoy proposa le tableau à l’acquisition du Louvre en Oct 43 pour la somme de 6 millions de Frs. Cette offre fut declinée […]“.

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ein Herr Dutey für Wilhelm Grosshennig einen Antrag auf die Ausfuhr des Goya-Gemäldes gestellt hatte (Abb. 78).1186 Grosshennig hatte also in Paris Roger Dequoy, Jean Dutey und Martin Fabiani kennengelernt. Von Fabiani hatte er darüber hinaus auch ein Gemälde von Hubert Robert erworben, das er ebenfalls an den Sonderauftrag veräußern konnte.1187 Allerdings hatte nicht Fabiani den Kontakt z­ wischen Grosshennig und Dequoy und Dutey hergestellt, sondern sehr wahrschein­lich Erhard Göpel, mit dem Grosshennig schon in Vorbereitung seiner Reise nach Paris ein Treffen vereinbart hatte. Grosshennig fungierte hier also als Zwischenhändler, wie eindeutig aus einem Schreiben hervorgeht, in dem Robert Oertel am 19. Juni 1944 an Göpel berichtete, dass das Gemälde von Goya, „das auf Ihre Veranlassung über Großhennig erworben“ wurde, gut in Dresden angekommen sei.1188 Grosshennig konnte das Gemälde allerdings nicht gleich bezahlen, da seine Devisen auf 250.000,– RM beschränkt waren und er in Paris vermut­lich bereits andere Gemälde eingekauft hatte. Erst als er wieder in Deutschland war, beantragte er eine weitere Devisengenehmigung für das Werk Goyas, die bewilligt wurde.1189 Vorher hatte er sich von Voss bestätigen lassen, dass dieser das Gemälde für 350.000,– RM für den Sonderauftrag erwerben werde.1190 1186 Ebd.: „En juin 1944, une demande de licence d’exportation en Allemagne (no. 25059) fut presentée par un M. Dutey pour le compter de M. Grosshennig, qui représentait generalement la Galerie Gerstenberger de Chemnitz (Saxe). Il s’agissait du portrait de Goya appartenant a M. Dequoy et qui, modestement attribus à ‚l’École Espagnole‘, etait declaré pour une valeur de 5 200 000 frs. somme inferieure de 800 000 frs. à celle qui avait été indiqué au Musee du Louvre en 1943 lors de l’offre de vente.“ 1187 Hubert Robert, Austreibung der Händler aus dem Tempel, 1758, Öl auf Leinwand, 99,5 × 79 cm, Berlin, Gemäldegalerie, Linz-Nr.: 3783; Anhang 8.4, Nr. 66. NARA (fold3), World War II, Holocaust Collection, M1944, Roberts Commission – Protection of Historical Monuments, Card File on Art-Looting Suspects in France and Germany: Germany (G-H), S. 22: Karteikarte zu Grosshennig, bzw. Galerie Gerstenberger: „Subject [gemeint ist Grosshennig, A. d. V.] bought ‚Les Marchands Chasses du Temple‘ by Hubert Robert from Fabiani.“ 1188 BArch Koblenz, B323/112, Bl. 33, Nr. 793: Schreiben von Robert Oertel an Erhard Göpel vom 19. Juni 1944. Für den Hinweis auf d ­ ieses Dokument bedanke ich mich herz­lich bei Christian Fuhrmeister, Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München. 1189 Die erste Devisenbescheinigung, die Grosshennig für Paris erhalten hatte, mit einer Höhe von 250.000,– RM, war am 15. Mai 1944 abgelaufen. Er hatte damit 16 Gemälde für 234.000,– RM erworben. Siehe Anm. 1157. Am 18. Mai 1944 stellte Grosshennig zwei Anträge von Deutschland aus für weitere Devisen zum Erwerb von Gemälden aus Paris. Eine in Höhe von 32.500,– RM für den Ankauf eines Gemäldes von Francesco Guardi (Devisenbescheinigung Nummer XXIII/C7/1725/195) und eine in Höhe von 260.000,– RM für den Ankauf des Goya-Gemäldes (Devisenbescheinigung Nummer XXIII/ C7/1725/105). Siehe Anm. 1164. 1190 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 286: Schreiben von Hermann Voss an Wilhelm Grosshennig vom 12. Mai 1944: „In Zusammenhang mit unserer heutigen Besprechung bestätige ich Ihnen, dass ich

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Die Organisation der Ausfuhr des Gemäldes sollte erst von Grosshennig über seinen „Vertrauensmann“ Diaz Edzard in Paris abgewickelt werden, erfolgte dann aber durch die Unterstützung von Hildebrand Gurlitt, den Grosshennig zu d ­ iesem Zeitpunkt bereits aus anderen Geschäftsabwicklungen kannte.1191 Gurlitt, wie schon erwähnt einer der ­bedeutendsten Kunsthändler für den Sonderauftrag Linz unter der Leitung von Hermann Voss in Paris, verfügte sicher­lich über ein weitreichendes Netzwerk, sodass er die Ausfuhr des Gemäldes ermög­lichen konnte. Am 19. Juni 1944 erhielt Grosshennig von der Gemäldegalerie Dresden die Nachricht: „Goya in gutem Zustand eingetroffen.“ 1192 Eine Ausfuhrgenehmigung für das Werk, die von Jean Dutey beantragt worden war, scheint allerdings erst viel ­später gestellt oder zumindest bearbeitet worden zu sein. Am 21. Juni 1944 befragte Jacques ­Jaujard (1895 – 1967), Direktor der französischen Nationalmuseen und der École du Louvre, Michel Martin (1905 – 2003), Kurator für Gemälde am Louvre, zu seiner Einschätzung über die Ausfuhrgenehmigung Nr. 25.059, beantragt von Jean Dutey im Auftrag von Herrn Grosshennig (Abb. 78).1193 Martin antwortete am 23. Juni, dass er die Mög­lichkeit hatte, das

die Absicht habe, die beiden von Ihnen angebotenen Gemälde Goya „Porträt des Manuel García“ (Preis: RM 350.000.--) […] für den Sonderauftrag Linz zu erwerben.“ 1191 Ebd., Bl. 274: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hermann Voss vom 9. Juni 1944: „Ich bekam heute früh vom Militärbefehlshaber Frankreich den Bescheid, dass der Transport im D-Zug Gepäckwagen für meinen Vertrauensmann, Herrn Edzard, noch mög­lich ist, und dass das Bild dann unverzüg­lich – wahrschein­lich Freitag oder Sonnabend – zur Verladung gelangt.“ Ebd., Bl. 269: Telegramm von der Gemäldegalerie Dresden an die Galerie Gerstenberger vom 17. Juni 1944. „Weitere 6 Kisten von Gurlitt auf Bahnhof Dresden eingetroffen, darunter vermut­ lich Goya.“ Wie eng die Zusammenarbeit ­zwischen Grosshennig und Gurlitt war, lässt sich aktuell nicht rekon­ struieren, zumal Grosshennig 1944 nach Gurlitts Adresse fragen musste. Ebd., Bl. 236: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hermann Voss vom 20. Juni 1944: „ich habe mich sehr gefreut, dass die beiden Bilder von Goya und Guardi Ihren Vorstellungen entsprechen, und dass sie in gutem Zustand bei Ihnen eingetroffen sind. Beiliegendes Schreiben möchte ich Sie bitten, die Freund­ lichkeit zu haben, an Herrn Dr. Gurlitt weiterzugeben. Ich möchte mich damit bei ihm für die freund­lichen Bemühungen um diese beiden Bilder bedanken und habe seine Adresse leider nicht.“ Hildebrand Gurlitt gab beispielsweise 1939 zwei Zeichnungen von Adolph Menzel in Kommission in die Menzel-Ausstellung der Galerie Gerstenberger. Eine davon erwarb das Wallraf-RichartzMuseum, die andere ging zurück an Gurlitt. Beide wurden bereits an die Erben der rechtmäßigen Eigentümerin Elsa Helene Cohen, geb. Wolffson restituiert, erstgenannte 2016 durch das Museum und die andere Zeichnung 2017 aus dem Nachlass Gurlitt. Olényi von Husen 2017, S. 132/133. 1192 BArch Koblenz, B323/133, Bl. 273: Telegramm der Gemäldegalerie Dresden an die Galerie Gerstenberger vom 19. Juni 1944. 1193 Archives nationales, Paris, Archives des musées nationaux, Bureau des exportations d’oeuvres et douanes de la direction des musées des France (sous-série 4AA), 20144657/7: licenses d’exportation refusées, licences individuelles (4): demande n 25059: Schreiben von Jacques Jaujard an Michel Martin vom 21. Juni 1944. „J’ai l’honneur de vous adresser ci-joint copie d’une demande

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Kunstwerk zu begutachten und dass ­dieses Gemälde ihm und seinen Kolleginnen und Kollegen bereits gut bekannt war. Er sprach sich entschieden gegen eine Ausfuhr aus.1194 Jaujard meldete den abschlägigen Bescheid am 24. Juni an den „secrétaire général des Beaux-Arts“, zu einem Zeitpunkt also, an dem sich das betreffende Kunstwerk schon lange nicht mehr in Frankreich befand und der Kaufvorgang bereits abgewickelt war.1195 Ein Gesetz, das die Ausfuhr von Kunstwerken aus Frankreich regeln sollte, wurde am 23. Juni 1941 von der Vichy-Regierung verabschiedet.1196 Es beinhaltete im Besonderen die Verordnung, dass die Verkäufer oder Verkäuferinnen eine Ausfuhrgenehmigung einholen mussten, die mit einer Gebühr von 5 % des Wertes des Kunstwerkes besteuert wurde. Die Untersuchungen von Elizabeth Campbell Karlsgodt zum französischen Kunstschutz ergaben allerdings, dass das Gesetz bereits einen Monat nach der Verabschiedung in Bezug auf die Ausfuhr von Kunstwerken in deutsche Besitzverhältnisse, die auf dem Gebiet des damaligen Deutschen Reiches lokalisiert waren, für nichtig erklärt wurde.1197 Dass Kunstwerke somit auch ohne vorherige Begutachtung ausgeführt wurden, geht aus den Dokumenten für andere Kunstexporte hervor.1198 In diesen Fällen führte die Vorgehensweise allerdings zu Protesten

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­ ’exportation N° 25.059 formulée par M. Dutey pour lecompte [sic] de M. Grosshennig et relative d à une tableau de l’école espagnole estimé 5.200.000 frs.“ Zu Jacques Jaujard siehe Karlsgodt 2011, S. 37/38; Dictionnaire de Biographie française, Bd. 18, 1994, S. 527 und Polack 2019, S. 223/224. Er wurde 1926 zum Generalsekretär und 1933 zum stellvertretenden Direktor der Nationalmuseen ernannt. Seit 1939 amtierte er als Direktor. Zu Michel Martin siehe Polack 2019, S. 226. Archives nationales, Paris, Archives des musées nationaux, Bureau des exportations d’oeuvres et douanes de la direction des musées des France (sous-série 4AA), 20144657/7: licenses d’exportation refusées, licences individuelles (4): demande n. 25059: Schreiben von Michel Martin an Jacques Jaujard vom 23. Juni 1944: „Comme suite à votre lettre du 21 juin 1944, j’ai l’honneur de vous rendre compte de ce que j’ai examiné le tableau qui fait l’objet de la demande d’exportation N° 25.059 formulée par M. Grosshennig de Chemnitz. Ce tableau, déclaré comme appartenant à l’école espagnole, est un tableau connu de notre département. Attribué à Goya, il constitue une œuvre de première valeur, dont l’acquisition avait été envisagée par notre département. Dans ces conditions, devant l’intérêt évident de ce tableau, j’ai l’honneur de vous priposer [sic] de formuler un avis nettement défavorable à la demande d’exportation N° 25.059 présentée par M. Grosshennig.“ Ebd.: Schreiben von Jacques Jaujard an den „secrétaire général des Beaux-Arts“ vom 24. Juni 1944. Karlsgodt 2011, S. 229/230. Ebd., S. 231. Beispielsweise gibt Martin für andere Ausfuhrgenehmigungen, die in Zusammenhang mit ­Hildebrand Gurlitt stehen, an, die Bilder nie gesehen zu haben und sich somit auch kein Urteil bilden zu können. In einem Fall war ebenfalls ein Gemälde für den Sonderauftrag Linz erworben worden, diesmal von Hildebrand Gurlitt, der dabei beteuert, dass das Werk gegen seinen Willen sofort aus Paris ausgeführt wurde, ohne den amt­lichen Weg zu gehen. Archives nationales, Paris, Archives des musées nationaux, Bureau des exportations d’oeuvres et douanes de la direction des musées des France (sous-série 4AA ), 20144657/7: licenses d’exportation refusées, licences

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Martins, der anscheinend an der Verordnung für eine Ausfuhrgenehmigung festhielt. Die Ausfuhr von Kunstwerken aus Frankreich war also nach Ansicht der beteiligten Personen nicht einheit­lich geregelt und führte zu administrativen Widersprüchen.1199 Diese waren aber letztend­lich für Grosshennig aufgrund seiner Kontakte unerheb­lich. Obwohl Grosshennig von dem Kunstschutzbeauftragten Bernhard von Tieschowitz (1902 – 1968) schrift­lich zu einer Stellungnahme aufgefordert wurde, verlief der Vorfall nach einigen Briefwechseln ­zwischen dem Kunsthändler, von Tieschowitz und Hermann Voss im Sand, denn Voss hatte die Propaganda-Abteilung in Paris eingeschaltet, die anscheinend zu Gunsten Grosshennigs handelte.1200 Dabei war dem Kunsthändler die Unrechtmäßigkeit seiner Handlung durchaus bewusst, denn in seinem Antwortschreiben an den Kunstschutzbeauftragten in Frankreich ­bezeichnete i­ ndividuelles (4): demande n 28834: Schreiben von Michel Martin an Jacques Jaujard vom 27. Juli 1944: „En réponse à votre lettre du 25 juillet 1944, j’ai l’honneur de vous rendre compte de ce qu’il ne m’a pas été possible d’examiner le tableau de Piero di Scosimo [Cosimo, A. d. V.)], qui fait l’objet de la demande d’exportation N° 28834 présentée au nom du Dr. Voss, de Dresde. En effet, le Dr. Gurlitt, qui avait été chargé de négocier cet achat à Paris, m’a déclaré que contre sa volonté et à son regret, ce tableau avait été immédiament enlevé, en raison des circonstances actuelles […]“ Ein weiteres, nur wenig späteres Beispiel betrifft drei Ausfuhrgenehmigungsanträge, bei denen Gurlitt Paris mit den Werken verlassen hatte, ohne diese beurteilen zu lassen. Ebd. demande n. 25950/25951: Schreiben von Michel Martin an Jacques Jaujard vom 4. August 1944: „J’ai l’honneur de vous adresser ci-joint en retour les dossiers N° 25.950 – 25.951 et 28.833 auxquels il m’a été impossible de donner suite. Le Dr. Gurlitt acheteur des tableaux qui font l’objet de ces demandes, a quitté Paris sans soumettre ces oeuvres à notre examen ni remettre aucune photographie.“ Martin kritisierte diese Vorgehensweisen scharf, als betrügerischen Akt der Gewalttätigkeit. Ebd.: Schreiben von Michel Martin an Jacques Jaujard vom 27. Juli 1944: „[…] et je proteste contre cette procédure de violence qui met devant le fait accompli. Si j’acceptais d’entériner la chose, je commettrais à la fois un acte malhonnête […].“ 1199 Zu ­diesem Schluss kommt auch Karlsgodt (2011, S. 231): „As there was little consistency in the export law’s implementation, it seems to have created more administrative confusion than genuine protection of the cultural patrimony.“ 1 200 BArch, Koblenz B323/133, Bl. 251: Schreiben von Bernhard von Tieschowitz an Wilhelm Grosshennig vom 15. Juli 1944: „[D]as französische Finanzministerium teilt dem Militärbefehlshaber mit, es habe die Ausfuhrbewilligung für das von Ihnen erworbene Bild von Goya verweigert. Ich bitte Sie, dazu Stellung zu nehmen und mir mitzuteilen, ob das Bild sich schon in Deutschland befindet.“ Zu Tieschowitz siehe Karlsgodt 2011, S. 147. Nach mehreren Korrespondenzen, in denen Grosshennig beteuert, dass Martin ihm münd­lich die Ausfuhr genehmigt habe und es sich hier wohl um ein Missverständnis handeln müsse (ebd., Bl. 252, 254, 248 – 250), erhielt Grosshennig die Nachricht aus Dresden, dass „Herr Dr. Lange von der Propaganda-Abteilung Paris […] sich bereit erklärt [hat], die […] noch laufenden Anträge bei den zuständigen Herren münd­lich zur Sprache zu bringen.“ Ebd., Bl. 247: Schreiben von Hermann Voss (i. A. Robert Oertel) an Wilhelm Grosshennig vom 29. Juli 1944.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  351

er das Gemälde ausschließ­lich als „Spanische Schule des XIX. Jahrhunderts“ und eben nicht als ein Gemälde Francisco de Goyas.1201 Ebenso nutzte Grosshennig diese Bezeichnung in einem diesen Umstand betreffenden Schreiben an Hermann Voss, obwohl in deren vorheriger Korrespondenz immer von einem Werk Goyas die Rede war.1202 Darüber hinaus war Grosshennig sehr daran interessiert, dass der Abtransport des Gemäldes aus Paris sich mög­ lichst schnell und unauffällig vollzog.1203 Sehr wahrschein­lich war die Ausfuhrgenehmigung also ganz bewusst erst beantragt worden, als sich das Werk bereits in Deutschland befand. Grosshennig hatte durch die Vermittlung von Erhard Göpel ein lukratives Geschäft abschließen können. Göpel nutzte den Kunsthändler in d ­ iesem Fall anscheinend als eine Art Strohmann. Grosshennig beteiligte sich dadurch an einer wenig subtilen Art des Kunstraubes. Der Ankauf des Goya-Gemäldes war nur aufgrund der militärischen Dominanz Deutschlands mög­lich. Das Werk wurde durch Zwang von den Eigentümerinnen und Eigentümern entwendet und weit unter Wert versteigert. Schließ­lich wurde es gegen den Willen der Gutachter aus Frankreich nach Deutschland verbracht. Der persön­liche Handlungsspielraum Grosshennigs innerhalb ­dieses Geschäftes ist schwierig zu bewerten, denn er erwarb das Werk für den Sonderauftrag auf  Veranlassung von Göpel. Somit könnte Grosshennig eher als eine Art Zwischenhändler bezeichnet werden, der damit einen großen Eigengewinn erzielte. Gleichzeitig handelte der Kunsthändler im Auftrag von Vertreterinnen und Vertretern des NS-Regimes. Darüber hinaus war es nicht das einzige Kunstwerk, dass Grosshennig in den besetzen Gebieten erworben hatte. Dabei nutzte er die militärische Zwangslage, in der sich die Länder befanden, aus. Im Fall des Gemäldes von Goya zumindest war er sich eindeutig bewusst, dass er das Werk gegen den Willen der französischen Regierung ausführte. Das geht daraus hervor, dass er in den Schreiben an den militärischen Kunstschutz ausdrück­lich die Formulierung „Spanische Schule des 19. Jahrhunderts“ nutzte. Durch seine Beteiligung an dem Sonderauftrag Linz verstrickte sich Grosshennig also tief in die unmoralischen Handlungsweisen des nationalsozialistischen Machtapparates. 1201 Ebd., Bl. 352: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Bernhard von Tieschowitz (Datum unleser­ lich): „Ich erhielt Ihr Schreiben vom 15. ds. M. wegen des von mir ausgeführten Bildes Spanische Schule des XIX. Jahrhunderts.“ 1202 Ebd., Bl. 249: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hermann Voss vom 25. Juli 1944: „Außerdem fügen wir eine P[h]otokopie einer von Herrn Dr. Martin vom Louvre ausgestellten Bescheinigung bei, dass das Bild als Spanische Schule des XIX. Jahrhunderts für die Ausfuhr freigegeben wird.“ 1203 BArch, Berlin R8/XIV/11, Bl. 252: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Carl Muxfeld vom 19. Mai 1944: „Ich danke Ihnen für die Zusage, dass Sie mir die neuen Pariser Devisen [dabei handelt es sich um die Anträge XXIII/C7/1725/104 und 105, A. d. V.] schnellstens zuschicken wollen. Ich möchte die Bilder begreif­licherweise sehr schnell aus Paris heraushaben [sic] und deswegen bin ich Ihnen ganz besonders dankbar. Paris ist etwas nervös. [handschrift­liche Anmerkung] “. BArch, Koblenz B323/133, Bl. 274: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Hermann Voss vom 9. Juni 1944: „Wir konnten Herrn Verwaltungsrat Leverkus, der den Transport des Goya ganz vertrau­ lich für Herrn Edzard, der mit ihm verwandt ist, durchführt […].“ (Hervorhebung wie im Original).

352 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

4.5.4 Akquisen für den Sonderauftrag Linz: Netzwerke und militärische Dominanz Wie einleitend für d ­ ieses Kapitel erläutert, nahm das Kunstmuseum am neuen Opernplatz in Linz nicht die zentrale Position innerhalb der Stadt ein, sondern das Opernhaus war der dominierende Bau. Im Laufe des Projektes Sonderauftrag Linz aber gewann die Ausstattung des Museums immer mehr an Bedeutung. Unter der Leitung von Hermann Voss wurden massenhaft Kunstwerke für den Sonderauftrag erworben, was zur Folge hatte, dass schon 1943 auf ausdrück­lichen Wunsch Hitlers ein Mitarbeiterstab unter Voss und ­Gottfried Reimer zusammengestellt wurde, der versuchte, die verschiedenen Inventare zu einem Gesamtkatalog des Linzbestandes zu vereinen.1204 Vor dieser Problematik sieht sich auch die heutige Forschung, indem sie versucht, den tatsäch­lichen Umfang der Werke, die für den Sonderauftrag angekauft wurden, zu ermitteln. Wie im einleitenden Forschungsbericht dargestellt, widmen sich den Strukturen hinter den Sonderbeauftragten Hans Posse und Voss dagegen erst wenige Untersuchungen. Dabei stellte der Sonderauftrag Linz für die Akteurinnen und Akteure vor allem des deutschen Kunstmarktes eine Art Großabnehmer mit unbegrenzten Geldmitteln dar.1205 Die Geschäftsverbindungen, die Grosshennig zu Posse und Voss pflegte, machen d ­ arüber hinaus deut­lich, dass der Sonderauftrag Linz die Mög­lichkeit für den Kunsthändler eröffnete, in das besetzte Ausland zu reisen. Die dort akquirierten Werke gingen nicht nur in den Bestand für den Sonderauftrag ein, sondern wurden von Grosshennig auch an andere deutsche Institutionen und Privatpersonen veräußert. Nach heutigem Forschungsstand kann die genaue Anzahl an Werken, die Grosshennig auf dem niederländischen und französischen Kunstmarkt erworben hatte, nicht benannt werden, mindestens waren es aber 36 Gemälde. Die Korrespondenz mit dem Sonderauftrag zeigt, dass er in sehr regelmäßigen und ­kurzen Abständen Kunstwerke aus deutschem und ausländischem Besitz den Mitarbeitern des Sonderauftrages anbot. Von denen konnte er nach bisherigen Recherchen 34 Werke direkt an Voss oder Reimer für den Sonderauftrag verkaufen, vier davon waren Teil der Auswahl für das in Linz geplante Museum.1206 Demnach gehörten die rest­lichen 30 Werke der sogenannten Verteilermasse an.

1204 Iselt 2010, S. 165. 1205 Von Iselt wird immer wieder betont, dass Voss hinsicht­lich des Sonderauftrages jeden Preis zahlte und scheinbar über unend­liche Geldmittel verfügte. Iselt 2010, S. 271/272, 274, 277, 279/280, 299 und 382. 1206 Folgende sechs Werke sind in der Auswahl für das Museum in Linz, die Birgit Schwarz anhand der für Hitler bestimmten Photobücher rekonstruierte, verzeichnet: Schwarz 2004, S. 168, Kat. Nr. XXVI/43; S. 175, Kat.Nr. XXVIII/2; S. 176, Kat.Nr. XXVIII/17; S. 181, Kat.Nr. XXX/14.

Lukrative Geschäfte: Wilhelm Grosshennig und der Sonderauftrag Linz  I  353

In Anbetracht der Mengen an Kunstwerken, die in den Jahren 1943 und 1944 von Voss erworben wurden, kommt Grosshennig keine Sonderstellung zu.1207 Die quantitative Auswertung der einzelnen Verkäufe an den Sonderauftrag Linz mit Blick auf jede einzelne Transaktion ist bisher nicht erfolgt. Dennoch lässt sich feststellen, dass Grosshennig mit aktuell 34 nachweisbaren Verkäufen in keinem Fall zu den bedeutenden Einlieferern gezählt werden kann.1208 Trotzdem waren für ihn die Reisen ein lukratives Geschäft. Allein die Verkäufe der Gemälde aus Paris brachten ihm einen Gewinn von rund 200.000,– RM ein. Darüber hinaus schienen der Aufwand der Reisen sowie der Erwerb und der Transport der Gemälde auf eigenes Risiko durchaus in Relation zu dem geschäft­lichen Erfolg gestanden zu haben. Schon früh war Grosshennig wie auch anderen Personen, die sich innerhalb des deutschen Kunstbetriebes bewegten, mit dem Projekt des Sonderauftrages Linz vertraut und er versuchte sofort Kunstwerke an diesen zu veräußern. Die jahrelangen Kontakte zu Posse und seinen Mitarbeitern begünstigten diese Geschäfte. Anhand der Recherchen zu den Reisen und zu der Handelstätigkeit Grosshennigs in den besetzten niederländischen Gebieten und Paris ist deut­lich geworden, dass er sich im besetzten Ausland in einem ausgesprochen dichten Netzwerk von Kontakten mit Kunsthändlerinnen und Kunsthändlern, Privatpersonen sowie NS -Funktionärinnen und NS -Funktionären bewegte, die alle am nationalen und internationalen Kunstmarkt beteiligt waren und davon profitierten. Allein diese Kontakte ermög­lichten überhaupt den Erwerb von Gemälden, die er vermut­lich kaum auf dem offenen Kunstmarkt hätte akquirieren können. Ankäufe auf Auktionen durch Grosshennig sind beispielsweise nicht bekannt. Dabei war er bereit, innerhalb dieser vermittelten Geschäfte bewusst zu täuschen, um einen persön­lichen finanziellen Vorteil zu erzielen und um der NS-Führungselite zu assistieren. Dass er sich dabei in einem System bewegte, das aus der militärischen Dominanz des Deutschen Reiches gegenüber den Niederlanden und Frankreich resultierte, hielt ihn nicht davon ab. Vielmehr handelte er im Auftrag der NS-Führungselite und beteiligte sich somit wissent­lich an der Verbringung von Raubkunst nach Deutschland.

1207 Allein in dem Zeitraum von April 1943 bis März 1944 erwarb Voss 881 Gemälde, 136 Zeichnungen und Aquarelle, 174 Graphiken, acht Pastelle und Miniaturen, zehn Skulpturen sowie 39 kunstgewerb­liche Gegenstände und Möbel. Iselt 2010, S. 381. 1208 Bei Löhr finden sich Ansätze einer quantitativen Auswertung nach Personen. Löhr nimmt hier jedoch eine Unterscheidung z­ wischen Sonderauftrag und Hitler vor, die nicht immer nachvollziehbar scheint. So verkaufte Haberstock 180 Gemälde an den Sonderauftrag und 202 an Hitler (Löhr 2016, S. 96 und 106), Gurlitt 160 beziehungsweise 201 Objekte (ebd., S. 96 und 110) sowie Hans W. Lange mehr als 50 (ebd., S. 96) Werke an den Sonderauftrag.

354 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

4.6 Fazit: Die Galerie Gerstenberger als erfolgreiche Akteurin auf dem NS-Kunstmarkt Die Zeit des Nationalsozialismus war für die Galerie Gerstenberger insgesamt eine erfolgreiche. Die Ausstellungstätigkeit, ihre lokale und überregionale Handelstätigkeit sowie die Beteiligung an kulturpolitischen Maßnahmen machen ebenso deut­lich wie augenschein­ lich, dass die Kunsthandlung und Wilhelm Grosshennig als Geschäftspartner akzeptiert und etabliert waren. Anhand des Ausstellungsprogrammes konnte gezeigt werden, dass die Galerie schon zu Beginn des Nationalsozialismus ihr Programm und ihr Künstlerportfolio einer Kunstanschauung anpasste, die von den meisten Mitgliedern der neuen Machtelite befürwortet war. Auch wenn für diese Umstellung wichtige Künstlerinnen und Künstler aus dem Programm gestrichen wurden, begünstigte das während der Weimarer Republik etablierte Portfolio der Kunsthandlung eine schnelle Integration in die Maxime der neuen Kulturpolitik. Vor allem der Markt für die Kunst des 19. Jahrhunderts florierte und die Galerie Gerstenberger konnte hier ihre Expertise einbringen. Die erhöhten Absatzmög­lichkeiten hatten dabei eine Verbreiterung des Angebotes zur Folge. Andere Künstler dagegen, wie beispielsweise Vertreter des deutschen Impressionismus, verschwanden zum Teil ganz aus den Angeboten der Galerie. Trotzdem können zwei kurzzeitige Erweiterungen des Portfolios der Kunsthandlung in der Zeit von 1933 bis 1945 beobachtet werden, näm­lich der Handel mit besonders qualitätsvollen Werken des deutschen Expressionismus in den Jahren 1934 und 1935 sowie mit Werken der französischen Kunst der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in den Jahren 1942 und 1943. Bleibt eine tatsäch­liche Klärung der gesteigerten Handelstätigkeit mit der französischen Kunst des Realismus und Impressionismus noch aus, korrelierte der Handel mit Werken des deutschen Expressionismus direkt mit der nationalsozialistischen Kulturpolitik. Durch den Verkauf von Kunstwerken aus dem Bestand des Chemnitzer König-Albert-Museums beteiligte sich die Kunsthandlung aktiv an der Aktion „Entartete Kunst“ und agierte gemeinsam mit der lokalen nationalsozialistischen Führungsebene in Chemnitz. Neben den Museen gehörten auch andere staat­liche Institutionen zu den Kunden Grosshennigs, um dessen Geschäftskontakte der Kunsthändler sich aktiv bemühte, wie seine Verkäufe an die Reichskanzlei belegen. Grosshennig kam während seiner Aktivitäten mit Kunstwerken aus beschlagnahmten oder unter verfolgungsbedingtem Zwang veräußerten Privatsammlungen in Berührung und profitierte somit im Einkauf wie im Verkauf nicht nur von der nationalsozialistischen Kulturpolitik, sondern auch von der antisemitischen Verfolgung. Grundsätz­lich muss jedoch bedacht werden, dass die Vielzahl der verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgüter, die ab 1933 auf dem deutschen Kunstmarkt gehandelt wurden, es für einen aktiven Kunsthändler oder eine aktive Kunsthändlerin fast unmög­lich machten, nicht mit ihnen in Berührung zu kommen. Das in ­diesem Kapitel untersuchte Agieren Grosshennigs im nationalsozialistischen Deutschland belegt allerdings, dass der Kunsthändler nicht nur „zufällig“ in Auswirkungen

Fazit: Die Galerie Gerstenberger als erfolgreiche Akteurin auf dem NS-Kunstmarkt  I  355

und Maßnahmen des nationalsozialistischen Machtapparates involviert war, sondern sich aktiv in dem System bewegte. Dabei nutzte er die politische Dominanz seines Heimatlandes für seine eigenen Interessen aus und kooperierte augenschein­lich mit dem Parteiklüngel der NSDAP . Dieses opportunistische Verhalten erbrachte der Galerie Gerstenberger einen wirtschaft­lichen Vorteil und eine Festigung ihrer Position auf dem Kunstmarkt. Inwieweit Grosshennig, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beziehungsweise die Inhaber der Kunsthandlung das politische System, in dem sie aktiv waren, moralisch hinterfragten oder wie nah diese der nationalsozialistischen Ideologie standen, kann hier nicht beurteilt werden: Aus dem konsultierten Aktenmaterial können allein wirtschaft­liche Motivationen Grosshennigs im Kunsthandel des Nationalsozialismus und der Wunsch, spektakuläre und gewinnbringende Geschäfte durchzuführen, abgeleitet werden. So umging er beispielsweise die strengen Vorgaben des Sonderauftrages Linz, indem er eine Rechnung nach unten „korrigierte“ und die Verantwort­lichen damit täuschte, um die Weiterverkaufsmög­lichkeiten der von ihm erworbenen Kunstwerke zu erhöhen. Grosshennigs Interesse hinsicht­lich der Verkäufe an den Sonderauftrag Linz lag wohl weniger darin, einen Beitrag für ein besonderes Museum für Hitler zu leisten, als vielmehr die sich dadurch ergebenden Mög­ lichkeiten zu ­nutzen, nach Paris sowie in die Niederlande zu reisen und in seinem Beruf erfolgreich zu sein. Das opportunistische Verhalten Grosshennigs setzt sich in der Nachkriegszeit fort. Der Kunsthändler wurde zu einem wichtigen Akteur auf dem Kunstmarkt der jungen BRD. Hilfreich waren dafür seine über Jahrzehnte gewachsenen Netzwerke. Eine Reflexion über sein Handeln in der Zeit des Nationalsozialismus konnte anhand des konsultierten Materials nicht herausgearbeitet werden. Vielmehr wird im folgenden und letzten Kapitel deut­lich, wie er ganz konkret Verdrängungs- und Verfälschungsmechanismen anwendete, um seine eigene Biographie nicht nur mög­lichst unpolitisch erscheinen zu lassen, sondern sich vielmehr als Kritiker des Systems zu stilisieren.

356 I Die Galerie Gerstenberger im Nationalsozialismus

5. Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz und Wilhelm Grosshennigs Neuanfang in Düsseldorf Bei dem 4etagigen Hausgrundstück ist die Vorderfront erhalten und leicht beschädigt. Die Hinter­ front ist beinahe vollkommen zerstört. Die Zwischendecken über Keller, Erdgeschoss und 1. Etage sind erhalten, teilweise aber sehr stark beschädigt. Zwischenwände und Treppenhaus weise[n] größere Beschädigungen auf. Innen ist das Gebäude total ausgebrannt. Zum Zwecke der Baustoffgewinnung wird die Genehmigung zum Abbruch […] erteilt.

Die hier zitierte Beschreibung schildert den Zustand des Grundstückes Rossmarkt 11 in Chemnitz, wie er sich im Oktober 1947 bot.1209 „Total ausgebrannt“ war das Haus am Ende des Krieges, in dem die Galerie Gerstenberger ihre Räume hatte.1210 Die ursprüng­lichen, im Jahr 1906 von Erich Basarke entsprechend den Anforderungen an eine damals moderne Kunsthandlung gestalteten Räume hatten bis dahin nur wenige Veränderungen erfahren. Die verschiedenen Präsentationsmög­lichkeiten in den Ausstellungsräumen, die in Kapitel 2.3.3 herausgearbeitet werden konnten, hatten über die Zeit des E ­ rsten Weltkrieges, der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus an Aktualität nicht verloren. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Haus, in dem die Kunsthandlung fast 40 Jahre situiert war, abgerissen. Und dennoch nahm Grosshennig seine Tätigkeit schnell wieder auf. Im Frühjahr 1946 schreibt er an Ferdinand Möller (1882 – 1956): Sehr geehrter Herr Möller, ich habe mich sehr gefreut von Ihnen etwas zu hören und teile Ihnen mit, dass ich augenblick­lich in Annaberg wohnhaft bin, aber in Chemnitz, wenn auch in kleinem Umfang, mein Geschäft wieder eröffnet habe.1211

1209 StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz Baupolizeiamt 1214, Bl. 32. Die Besichtigung erfolgte am 21. Oktober 1947. 1210 Chemnitz wurde von Februar bis April 1945 bombardiert. 1211 BG-GFM-MF-C; II 2,97: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Möller vom 12. Mai 1946. Die Adresse von Grosshennig wird in dem Schreiben mit „z. Zt. Annaberg, Rathenaustr. 33“ angegeben, die von Möller mit „z. Zt. Zermützel, bei Altruppin, Haus am Teetzensee [sic]“.

Im weiteren Verlauf des Schreibens formulierte Grosshennig seine Interessen für Angebote vonseiten der Galerie Möller und unterbreitete d ­ iesem selbst eines. Bald darauf folgte auch die erste große Ausstellung mit Katalog in den neuen Räumen, auf die s­päter noch eingegangen wird. Dieses letzte Kapitel thematisiert das Fortbestehen der Galerie Gerstenberger nach 1945 und Grosshennigs erfolgreiche Kunsthändlerkarriere in Düsseldorf vor dem Hintergrund der Galeriegeschichte von 1902 bis 1945. Ebenso wie für die Rekonstruktion der Galerie Gerstenberger standen für die 1951 in Düsseldorf gegründete Galerie Wilhelm Grosshennig keine Geschäftsunterlagen zur Verfügung. Ein Nachlass der Kunsthandlung befindet sich seit Juli 2019 im Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung. Dieser noch nicht erschlossene Bestand konnte für diese Publikation nicht mehr berücksichtigt werden. Neben publizierten Quellen, wie Artikeln in Zeitungen und Zeitschriften sowie Katalogen der Galerie, bilden Korrespondenzen mit Museen und anderen Kunsthändlern die Grundlage für die hier formulierten Ergebnisse. Dieses Aktenmaterial kann als ebenso heterogen wie das für die Galerie Gerstenberger beurteilt werden, wurde jedoch in einem sehr viel kleineren Umfang recherchiert und gesichtet.1212 Ausgehend von einer k­ urzen Erläuterung der Nachkriegsgeschichte der Kunsthandlung, ihrer Liquidierung und Grosshennigs Neuanfang, erst in Chemnitz und dann in Düsseldorf, sollen hier die Strategien und Netzwerke Grosshennigs im Fokus stehen, die ihm halfen, an seinen bestehenden Erfolg anzuknüpfen. Die abschließenden Überlegungen nehmen Bezug auf die erst jüngst intensiv geführten Diskussionen in der kunsthistorischen Forschung um eine Neubewertung der Rolle der Kunst des deutschen Expressionismus im Kunstbetrieb der Nachkriegszeit. Besonders untersuchungswürdig ist dabei ihre Instrumentalisierung als scheinbarer Beweis für die Integrität von Personen, deren Biographien problematische Aspekte während der Zeit des Nationalsozialismus aufweisen.

5.1 Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger Die hier einleitend gegenübergestellten zwei Zitate könnten unterschied­licher nicht sein. Das erste beschreibt im Oktober 1947 die noch immer völlig zerstörten Galerieräume und das zweite belegt eindrück­lich die Wiederaufnahme der Handelstätigkeit Grosshennigs spätestens im Frühjahr 1946. Sicher­lich konnte der Galerist auf alte Bestände der Kunsthandlung zurückgreifen, die den Krieg überstanden hatten. Denn nicht nur die Museen lagerten die 1212 In den daraufhin untersuchten Museumsarchiven und Kunsthändlernachlässen (Kunsthalle Hamburg, Landesmuseum Hannover, Kunsthalle Mannheim, Ferdinand Möller Berlin, Julius Böhler München) gibt es eine umfangreiche Überlieferung von Korrespondenzen mit der Galerie Wilhelm Grosshennig aus der Zeit von 1951 bis 1983.

358 I Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz

Kunstwerke während des Krieges aus, sondern auch Kunsthandlungen ihre Bestände und Privatpersonen ihre Sammlungen und so auch die Galerie Gerstenberger, wie aus zwei Schreiben aus den Jahren 1943 und 1944 hervorgeht.1213 Auch die Geschäftsunterlagen hätten so den Krieg überstehen können, selbst wenn sie nach heutigem Forschungsstand nicht überliefert sind. Im Rahmen der Liquidierung der Galerie im Jahr 1949 beschlossen die Gesellschafter, dass die Archivierung der Geschäftsunterlagen von Grosshennig zu übernehmen sei.1214 Um ­welche Unterlagen es sich dabei genau handelte und ob diese aus den Jahren 1945 bis 1949 oder auch aus denen vor 1945 stammten, geht aus den Dokumenten nicht hervor. Neben der Handelstätigkeit konnte sich auch das Ausstellungswesen im Nachkriegsdeutschland schnell wieder installieren. In Berlin wurden bereits im Jahr 1945 über 20 und 1946 über 60 öffent­liche und private Ausstellungen veranstaltet.1215 Im Kulturbetrieb herrschte nach dem Krieg anscheinend schnell pragmatische Aufbruchsstimmung, die

1213 Anscheinend verfasste Grosshennig eine Art Rundbrief an alle Eigentümerinnen und Eigentümer, deren Werke sich zu Ausstellungszwecken oder zum kommissionsweisen Verkauf in der Galerie befanden. In ­diesem Schreiben betonte er, dass die Werke im Falle eines Fliegerangriffes nicht versichert sind und auch keine Ansprüche geltend gemacht werden könnten. In diesen Zusammenhang erwähnt er auch einen Lagerraum im Gebäude am Rossmarkt 11: „Wir haben Ihre Bilder abwechselnd in unserem Lagerkeller und in unseren Ausstellungsräumen. […] Unser Haus ist aber sehr gut gebaut, unsere Ausstellungsräume sind im Parterre und unser Lagerkeller liegt in der Tiefe des Luftschutzkellers.“ KSChA Kunsthütte/125, Briefwechsel 1943 G-L: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Städtische Kunstsammlung Chemnitz vom 18. Dezember 1943. In einer Korrespondenz z­ wischen Grosshennig und der Gemäldegalerie in Wiesbaden berichtet Grosshennig von den Auslagerungsorten der Galerie Gerstenberger: „Wir hatten Herrn Professor Voss telefonisch zugesagt, dass wir sie [die Bronzeplastik, A. d. V.] Ihnen sofort zuschicken wollen und sehen aber, dass wir die Bronce [sic] im Erzgebirge lagern haben und diese erst holen lassen müssten.“ Museum Wiesbaden Archiv, Akte Korrespondenz zu Ankäufen usw.: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Gemäldegalerie Wiesbaden vom 29. März 1944. Für die Zusendung der Kopie dieser und weiterer Akten aus dem Archiv des Museums Wiesbaden bedanke ich mich herz­lich bei Miriam Olivia Merz, Museum Wiesbaden. Bei dem in der Korrespondenz erwähnten Kunstwerk, das die Gemäldegalerie 1944 von der Galerie Gerstenberger erworben hatte, handelt es sich um eine Statuette von Max Klinger: Badende, Bronze, 39,4 × 14,5 × 17,5 cm, Museum Wiesbaden. Diese Figur wurde in verschiedenen Größen gegossen und war eines der beliebtesten Werke Klingers. Aktuell sind drei Höhen bekannt: 150 cm, 62 cm und 24,5 cm (Berger/Dietrich/Gayk 2007, S. 135/136, Kat.Nr. 21 – 23). Das Exemplar im Wiesbadener Museum lässt sich nicht in die übrigen Güsse einordnen. 1214 StadtA Chemnitz, HR B 94, Bl. 59RS : „Die Bücher und Schriften der Gesellschaft werden nach Beendigung der Liquidation Herrn Großhennig überlassen.“ Die Liquidierung war 1950 ­abgeschlossen. Ebd., Bl. 63: „Die Bücher und Schriften der Gesellschaft werden von dem unterzeichneten Liquidator Wilhelm Grosshennig in Chemnitz, Poststr. 8/10 aufbewahrt.“ 1215 Winkler 1988, S. 354. 1945 fanden 17 öffent­liche und sechs private und 1946 28 öffent­liche und 33 private Ausstellungen statt.

Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger  I  359

zugleich ­produktiv war, aber auch Vergangenes unaufgearbeitet ließ.1216 Die erste durch einen Katalog nachweisbare Ausstellung in der Galerie Gerstenberger fand 1946 statt. Die neuen Räume befanden sich in Chemnitz in der Poststraße 8 – 10, dem heutigen Johannisplatz, in einem Gebäude, das von 1922 bis 1924 als Filiale von der Dresdner Bank erbaut worden war.1217 Die Ausstellung Sächsische Künstler stellen aus war ledig­lich an zwei Tagen zu sehen, dem 7. und 8. September, und präsentierte Gemälde, Graphiken und Plastiken.1218 Sie stand unter der Schirmherrschaft des Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands. Diese im Juni 1945 in Berlin gegründete Organisation bildete regionale Landesverbände aus: Der für Sachsen wurde am 23. September 1945 eingerichtet.1219 Bis November 1946 zählte der Landesverband über 10.000 Mitglieder und 160 Ortsgruppen.1220 Der Kulturbund vertrat in erster Linie die Politik der KPD beziehungsweise SED und nahm anfäng­lich niemanden auf, der Mitglied der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen oder angeschlossenen Verbände gewesen war, wobei diese Einschränkung bis 1947 weitestgehend aufgehoben wurde.1221 Im Jahr der Ausstellung der Galerie Gerstenberger beanspruchte der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands die Position, „Sprecher der antinazistischen deutschen Intellektuellen“ zu sein.1222 Die Auswahl der Künstlerinnen und Künstler reichte von solchen, die bereits vor 1933 im Portfolio der Kunsthandlung zu finden waren, über wenige auch überregional bekannte bis hin zu einigen, die gänz­lich neu im Repertoire waren. So wurden neben den ehemaligen Mitgliedern der Künstlergruppe Chemnitz, wie Martha Schrag (1870 – 1957) und Georg Gelbke (1882 – 1947), auch der renommierte Leipziger Künstler Max Schwimmer (1895 – 1960) und der bekannte Dresdner Künstler Josef Hegenbarth (1884 – 1962) ebenso wie gänz­lich unbekannte Künstlerinnen und Künstler präsentiert. Im Ausstellungskatalog ist auf eine Jury verwiesen, die anscheinend die Auswahl getroffen hatte.1223 Diese setzte sich aus dem 1216 Dazu auch Friedrich/Prinzing 2013, S. 8. 1217 Zu dem Gebäude siehe Kassner 2009, S. 46/47. 1218 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1946. Der Titel lautete: Sächsische Künstler stellen aus. ­Malerei – Graphik, Plastik. 1219 Die einzelnen Landesverbände erkannten alle den Führungsanspruch der Berliner Zentrale an. Zur Frühgeschichte des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ siehe grundlegend Heider 1993. 1220 Zusammenfassend zur Geschichte des Landesverbandes in Sachsen ebd., S. 48/49. 1221 Ausgenommen waren vorerst Personen, die bis 1945 aus den NS -Verbänden ausgetreten oder ausgeschlossen waren, sowie nach 1920 Geborene. Ebd. S. 196. Die KPD und die SPD wurden im April 1946 unter massivem Druck der Sowjetischen Militäradministration zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) vereinigt. 1222 Ebd., S. 225. Diesem Anspruch wurde der Kulturbund laut Heider allerdings nicht gerecht. Vielmehr fungierte er aufgrund seiner immer engeren Bindung zur SED ab 1950 als quasistaat­licher Kontrolleur. 1223 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1946, Einband, RS.

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seit Juni 1945 wieder amtierenden Direktor der Städtischen Kunstsammlung Friedrich Schreiber-Weigand sowie den Künstlern Karl Schmidt-Rottluff, Rudi Gruner (1909 – 1984) aus Chemnitz und dem heute nahezu unbekannten Hans Haueisen (1907 – 1969) zusammen.1224 Nach ­welchen Kriterien die Auswahl für die Ausstellung erfolgte, ist heute nicht zu rekonstruieren. Zu unterschied­lich sind die Exponate und Biographien der Kunstschaffenden, deren Werke in dieser Ausstellung unabhängig davon präsentiert wurden, ob sich der jeweilige Künstler oder die jeweilige Künstlerin an den Großen Deutschen Kunstausstellungen in München beteiligt hatte, oder ob seine bzw. ihre Werke im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt worden waren. So stellte der Künstler Carl Lange (1884–?) insgesamt 16 Werke auf der Großen Deutschen Kunstausstellung in München aus und war auch auf der hier besprochenen Ausstellung in der Galerie Gerstenberger mit vier Gemälden und einem Aquarell sehr gut vertreten. Welche seiner Werke genau in Chemnitz zu sehen waren, lässt sich nicht ermitteln, aber thematisch unterscheiden sich diese nicht von denen, die auch in den Jahren zuvor in München zu sehen waren. So wurde in Chemnitz ein Gemälde mit dem Titel Glasermeister gezeigt und in München 1938 eines mit dem Titel Glaser am Gewächshaus.1225 Andere vertretene Künstlerinnen und Künstler sind mit bedeutend weniger Werken in München präsent gewesen, so beispielsweise Karl Miersch (1894 – 1969) und Elisabeth Voigt (1893 – 1977).1226 Die Werke von Martha Schrag und Georg Gelbke in den Beständen der Städtischen Kunstsammlungen und der Kunsthütte sind dagegen 1937 beschlagnahmt worden.1227 Hinsicht­lich der vielen damals nur regional und heute nahezu unbekannten Künstlerinnen und Künstler, die auf der Ausstellung zu sehen waren, entsprach diese Ausstellung den zahlreichen anderen kleinen Ausstellungen im Nachkriegsdeutschland, deren Fokus ebenfalls auf den jeweiligen lokalen Kunstschaffenden lag und bei denen die Exponate eine stark unterschied­liche Qualität aufwiesen.1228 Mit der Präsentation dieser Ausstellung hatte die Galerie Gerstenberger erneut schnell auf die neuen politischen Verhältnisse reagiert, wie es schon nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 zu beobachten gewesen war. Denn für diesen Zeithorizont konnte gezeigt werden, dass die Kunsthandlung rasch ihr Künstlerportfolio und das Ausstellungsprogramm so umstellte, dass nur noch Künstlerinnen und Künstler gezeigt 1224 Schreiber-Weigand blieb bis zu seinem Tod (1953) Direktor der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz. Milde 2010, S. 167. Gruner und Haueisen präsentierten gemeinsam ihre Werke 1947 in der Galerie Gerstenberger im Rahmen einer Sonderausstellung. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1947b. 1225 Online-Datenbank GDK-research, Suche unter dem Stichwort: „Lange“. URL: (28. Dezember 2020). 1226 Vgl. ebd., Suche unter den Stichwörtern „Miersch“ und „Voigt“. 1227 Vgl. „Fischer-Liste“ unter Chemnitz. „Entartete“ Kunst: digital reproduction of a typescript inventory prepared by the Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, ca. 1941/1942. V&A NAL MSL/1996/7. URL: (28. Dezember 2020). 1228 Schröter 2006, S. 217 und Saure 2000, S. 21.

Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger  I  361

wurden, die eine breite positive Resonanz erfuhren. Darüber hinaus warb sie alsbald mit verkäuf­lichen Bildnissen von Vertretern der nationalsozialistischen Führungsebene und organisierte Ausstellungen, die zentrale Punkte des politischen Programmes des NS-Staates visualisierten. Die Galerie Gerstenberger hatte also rasch systemkonform agiert. Es ist schon nahezu erstaun­lich, dass die so gut in den NS-Kunstmarkt integrierte Kunsthandlung nur knapp ein Jahr nach der Kapitulation Deutschlands eine Ausstellung präsentieren konnte, die unter der Schirmherrschaft des Kulturbundes stand, der sich als antinazionalsozialistisch und links-intellektuell verstand. Mög­licherweise spielten auch hier wieder ganz zweckmäßige Umstände eine entscheidende Rolle: Die Galerie verfügte nicht nur über Ausstellungsräume, sondern auch das nötige Know-how, eine Ausstellung professionell durchzuführen. Für die Kunsthandlung war es eine gute Werbung, denn sie kooperierte offiziell mit Vertreterinnen und Vertretern der neuen politischen Führung. Wie selbstverständ­lich stand Grosshennig in ­diesem Zusammenhang auch wieder mit Schreiber-Weigand in Kontakt. Ob ihre unterschied­lichen Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus ­zwischen den beiden Männern standen, kann vermutet, aber nicht belegt werden. Grosshennig bezeugte seine Verbundenheit zum Chemnitzer Museum zumindest mit einer Schenkung im Jahr 1948. Er stiftete ein Gemälde von Christian Friedrich Gille.1229 Das Werk war ursprüng­lich in der Sammlung des Dresdners Johann Friedrich Lahmann (1858 – 1937) gewesen, der die bedeutendste Sammlung von Werken des zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch weitestgehend unbekannten Künstlers besaß.1230 Diese wurde nach dem Tod Lahmanns in zwei Auktionen bei Rudolph Lepke in Berlin versteigert.1231 Aus der Sammlung Lahmann gelangte das kleine Gemälde zu einem unbekannten Zeitpunkt, aber wohl nicht s­ päter als 1938, in die Sammlung von Carl Heumann in Chemnitz.1232 Im Jahr 1943 ist das Werk dann in den Angeboten der Galerie Gerstenberger zu verzeichnen.1233 Unklar ist somit wem das Gemälde rechtmäßig gehörte, als es den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz geschenkt wurde. Einerseits könnte die Galerie Gerstenberger selbst Eigentümerin gewesen sein, wenn sie es von Heumann zuvor erworben hatte. Andererseits könnten die Erben nach Heumann die Eigentümer gewesen sein, nachdem dieser 1945 ums Leben gekommen war. Die Galerie hätte es dann zum Zeitpunkt des Anbietens im Jahr 1943 nur in Kommission geführt, und zum Zeitpunkt der Schenkung wäre sie nicht die Eigentümerin gewesen. Anscheinend hatte die Zeit des Nationalsozialismus keine unüberbrückbare Zäsur in das Verhältnis von

1229 Christian Friedrich Gille, Im Parkgrund, 1830/35, Öl auf Papier, auf Pappe, 25,5 × 35 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Ausstellungskat. Berlin 2018, S. 222, Tafel 87. 1230 Zu Lahmann siehe Ausstellungskat. Dresden 1994, S. 26 – 29. 1231 Auktionskat. Berlin 1938a und b. Das hier besprochene Werk konnte in den Auktionskatalogen nicht identifiziert werden. 1232 Zu Heumann siehe Kap. 3.4.2. 1233 ASM 321 – 4/10, Bl. 45: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Moritzburg Halle vom 14. September 1943.

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Schreiber-Weigand und Grosshennig gerissen. Wie ganz selbstverständ­lich agierten sie nach dem Zweiten Weltkrieg wieder nebeneinander und zum Teil auch miteinander im Chemnitzer Kunstbetrieb. Die erste sehr umfäng­liche und bedeutende Ausstellung präsentierte die Galerie Gerstenberger zum 100-jährigen Jubiläum der Firma im Jahr 1947. Die Schau Mitteldeutsche Kunst hatte sie von dem Museum der bildenden Künste in Leipzig übernommen, wo sie von Dezember 1946 bis Januar 1947 gezeigt worden war. Im Katalog sind Werke von Carl Crodel, Otto Dix, Conrad Felixmüller, Georg Kolbe, Oskar Moll, Otto Mueller, Richard Scheibe, Karl Schmidt-Rottluff und Max Schwimmer gelistet.1234 Der Chemnitzer Katalog entspricht weitestgehend dem der Leipziger Ausstellung.1235 Der ebenfalls unverändert übernommene Katalogtext war von Johannes Jahn (1892 – 1976) verfasst worden. Dieser hatte sich 1927 im Fachbereich Kunstgeschichte an der Universität Leipzig habilitiert und erhielt dort im Jahr 1934 eine außerplanmäßige Professur. Im Jahr 1945 übernahm er die Leitung des Leipziger Museums der bildenden Künste, dessen Direktor er bis 1968 blieb.1236 Jahn betonte in dem einleitenden Katalogtext der Galerie Gerstenberger die Bedeutung des Expressionismus: Eine [Kunstrichtung] ist unter ihnen, die es besonders schwer hat, das Publikum anzusprechen: Der Expressionismus. Denn ihm ist es versagt, was dem Kitsch einen so großen Vorsprung in der Gunst des Publikums verschafft: Die Mühelosigkeit der Aufnahme durch den Betrachter. Gerade weil der Kitsch nichts Neues gibt [, …] verlangt er auch vom Betrachter keinerlei geistige Arbeit. Aber diese wird angesichts expressionistischer Werke in erhöhtem Maße von uns gefordert, nicht, weil jene grundsätz­lich problemhaltiger wären als andere, sondern weil sie uns einfach nicht mehr vertraut, ja, den Jüngeren unter uns fast gänz­lich unbekannt sind.1237

Die besondere Heraushebung des Expressionismus sowie die beacht­liche Anzahl ausgestellter Werke von Vertretern dieser Kunstrichtung stellt im Vergleich zu der weiter oben erwähnten Ausstellung Sächsische Künstler stellen aus und zu den anderen überlieferten Katalogen aus der Nachkriegszeit eine Ausnahme dar und resultierte vermut­lich daraus, dass die Ausstellung vom Leipziger Museum zusammengestellt worden war. Dennoch kann hier ein signifikanter Unterschied zur Jubiläumsausstellung im Jahr 1922 konstatiert werden, in der keine Werke des Expressionismus gezeigt wurden. Diese Beobachtung fügt sich in das Künstlerportfolio, das von der Kunsthandlung für die Zeit bis 1933 rekonstruiert werden konnte. Denn damals spielte die Kunst des deutschen Expressionismus für die Galerie nur eine untergeordnete Rolle. Die Kunsthandlung bediente ein konservatives Publikum, das den immer wieder 1234 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1947a. 1235 Ausstellungskat. Leipzig 1946. Abgesehen von der Abbildung auf dem Einband und der Titelseite. 1236 Sander 2004, S. 41. Zu Jahn siehe auch Kunstchronik 30, H. 1, 1977, S. 30 – 33 (Nachruf ); Topfstedt/­ Zöllner 2009, S. 226. 1237 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1947a, S. 7/8.

Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger  I  363

neuen künstlerischen Positionen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wenig folgte. Für die Zeit der Weimarer Republik konnte herausgearbeitet werden, dass überwiegend Künstler des 19. Jahrhunderts, des deutschen Impressionismus und zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler, die der Akademie- und Genremalerei zugeordnet werden können, die Nachfrage maßgeb­lich bestimmten. Eine Erweiterung des Künstlerportfolios stellten niederländische Maler des 17. und 18. Jahrhunderts gegen Ende der 1920er Jahre dar. An die Handelstätigkeit mit der Kunst des deutschen Impressionismus knüpfte ­Grosshennig schnell nach dem Zweiten Weltkrieg wieder an. Das lässt sich an dem beacht­ lichen Umfang einer Max-Liebermann-Ausstellung ablesen, die er kurz vor der Liquidierung der Galerie Gerstenberger organisierte. Gleichzeitig ist sie Z ­ eichen dafür, wie umfäng­lich und stabil das Netzwerk und die Geschäftskontakte des Kunsthändlers waren. Die Max Liebermann Sonderausstellung. Graphik, Gemälde, Handzeichnung (1890 – 1930) aus Museumsund Privatbesitz wurde vom 1. Mai bis 5. Juni 1948 in der Kunsthandlung gezeigt und umfasste 130 Exponate.1238 Sie gehörte somit zu den umfangreicheren Ausstellungen von Werken Liebermanns in der Zeit von 1945 bis 1948 in Deutschland, zu denen ebenfalls eine Gedächtnisausstellung im Sommer 1947 in Berlin mit 123 Katalognummern zu zählen ist.1239 Anstoß für die Organisation dieser Ausstellung war mög­licherweise eine Einladung von Ferdinand Möller, die Grosshennig im Sommer 1947 erhielt. Möller hatte eine Ausstellung von Max-Liebermann-Graphiken aus seinem Privatbesitz organisiert.1240 Grosshennig ergriff die Chance und bemühte sich darum, die Graphiken auch in Chemnitz auszustellen, worauf Möller zustimmend reagierte. Nach vielen Monaten der Organisation konnten die Blätter im März des folgenden Jahres, also 1948, nach Chemnitz versandt werden.1241 1238 Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1948b. Diese setzten sich aus 110 Graphiken, 13 Zeichnungen und sieben Gemälden zusammen. 1239 Gedächtnisausstellung. Max Liebermann zum 100. Geburtstag, 20. Juli 1947, Hauptamt für Kunst, Ausstellungsräume des Westens, Juli/August 1947. Im gleichen Jahr fand noch eine Gedächtnisausstellung im Landesmuseum Hannover statt mit 10 Katalognummern und im Herbst eine ­Liebermann-Ausstellung in der Neuen Galerie der Stadt Linz mit unbekannter Anzahl an Exponaten. Die Angaben sind der Ausstellungsauflistung im Werkverzeichnis von Max Liebermann entnommen, in der nicht alle Ausstellungen erfasst sind: Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1287. Die Ausstellung in der Galerie Gerstenberger ist hier nicht verzeichnet. Ebenfalls im Jahr 1947 fand eine Max-Slevogt- und Max-Liebermann-Ausstellung als Eröffnungsausstellung im Kunstkabinett von Roman Norbert Ketterer in Stuttgart statt. Die anschließende Auktion umfasste nur die Werke von Slevogt. Ketterer 1988, Bd. 1, S. 206. 1240 BG-GFM-C, II 2,477: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Möller vom 8. August 1947: „Vielen herz­lichen Dank für die freund­liche Einladung zu Ihrer Max-Liebermann-Ausstellung.“ Ebd., Schreiben von Ferdinand Möller an Wilhelm Grosshennig vom 4. September 1947: „Die in Neuruppin gezeigten Liebermann Blätter gehören mir privat […].“ 1241 Ebd., 5315, 72: Schreiben der Galerie Gerstenberger an Ferdinand Möller vom 15. März 1948: „[…] ich danke Ihnen herz­lichst für die Übersendung der Lithos und Radierungen von Liebermann und freue mich, dass die Sachen gut angekommen sind, und dass Sie mir helfen wollen.“

364 I Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz

Grosshennig akquirierte noch weitere verkäuf­liche und unverkäuf­liche Leihgaben für seine Liebermann-Ausstellung, die somit einen beacht­lichen Umfang erreichte.1242 Nicht ganz die Hälfte der gezeigten Graphiken entlieh er aus dem Dresdner Kupferstichkabinett, dessen Direktor Wolfgang Balzer (1884 – 1968) auch das Katalogvorwort für Grosshennig verfasste. Interessanterweise findet sich auch hier eine besondere Würdigung des Expressionismus, die allerdings etwas an das Ende des Textteils im Katalog angestückt erscheint und nur wenig Bezug auf die Exponate nimmt.1243 Umso auffälliger ist die Erwähnung der Kunstrichtung in dem Katalog zu einer Liebermann-Ausstellung, denn der Künstler war zu seinen Lebzeiten der expressionistischen Kunst eher ablehnend gegenüber getreten. Waren ein Großteil der Liebermann-Graphiken aus Dresden und von Möller für die Ausstellung geliehen worden, hatte Grosshennig die Zeichnungen und Gemälde aus anderen Quellen zusammentragen können. Grosshennig beweist hier seine Kompetenz, eine umfangreiche Ausstellung zu organisieren, obwohl er ab 1933 keine Liebermann-Werke mehr präsentiert hatte. Dazu bedurfte es einer genauen Kenntnis der Werke in öffent­lichen und privaten Sammlungen. Eine besondere Schwierigkeit stellten dafür die Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft dar. Denn erstens waren aus den Museen nur wenige Jahre zuvor viele Werke beschlagnahmt worden und zweitens waren einige der privaten Liebermann-Sammlerinnen und -Sammler, die Grosshennig langjährig kannte, aufgrund von Emigration nicht mehr in Deutschland ansässig.1244 Dass Grosshennig so schnell nach der Wiederaufnahme seiner Galerietätigkeit eine umfangreiche Liebermann-Ausstellung zusammenstellen konnte, macht sein gutes Netzwerk mit anderen Akteurinnen und Akteuren des deutschen Kunstbetriebes augenschein­lich. Einerseits ist die Präsentation des im Nationalsozialismus als jüdisch verfolgten Künstlers in einer so großen Ausstellung ein politisches Statement. Andererseits ist es auch ein aufgreifen des tradierten Galerieprogramms, denn Liebermann gehörte in der Weimarer Republik zum festen Programm der Kunsthandlung. Obwohl die Galerie Gerstenberger durch Ausstellungen schnell wieder am kulturellen Leben der Stadt teilnahm, beschlossen die Gesellschafter der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH, Konrad und Hans Stickel sowie Wilhelm Grosshennig, am 1. Dezember 1949 die Auflösung derselben. Die Liquidierung war im April 1950 abgeschlossen.1245 Da Grosshennig nur wenige Monate s­ päter, am 20. Juli 1950, dem Handelsregister die Gründung einer eigenen

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Nach der Ausstellung wurden sie dann nach Dresden in die Kunstausstellung Kühl geschickt. Ebd., 73: Schreiben von Ferdinand Möller an die Galerie Gerstenberger vom 27. Juli 1948: „Ich erwarte von Ihnen noch eine Nachricht bezüg­lich der Liebermann-Graphik. Wenn Sie die Blätter nicht mehr brauchen, wollen Sie sie bitte der Kunstausstellung Kühl in Dresden aushändigen.“ Siehe Anm. 1238. Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1948b, S. 4: „An Liebermanns Meisterschaft haben jüngere starke Begabungen gelernt, bis dann der deutsche Expressionismus, ganz auf die Sichtbarmachung von Inner­lichkeit gerichtet, auch in der Graphik neue Mög­lichkeiten entdeckt hat.“ So beispielsweise David Leder und Erich Goeritz. Siehe Kap. 3.4.2. StadtA Chemnitz, HR B94, Bl. 59/59RS und ebd., Bl. 63.

Der Neubeginn in Chemnitz und die Liquidierung der Galerie Gerstenberger  I  365

Kunsthandlung meldete, ist anzunehmen, dass weniger wirtschaft­liche Argumente für die Liquidierung der Galerie Gerstenberger sprachen als der Wunsch, das partnerschaft­liche Verhältnis mit den Inhabern der Firma Gerstenberger zu lösen.1246 Grosshennigs neue Galerie befand sich gleichermaßen in dem ehemaligen Gebäude der Dresdner Bank, Poststraße 8 – 10. Nur ein Jahr ­später siedelte er mit seiner Frau Margarethe aber nach Düsseldorf über.1247 Die Umstände des Wohnsitzwechsels von Chemnitz nach Düsseldorf sind unbekannt. Grosshennig selbst bezeichnete diese als Flucht.1248 Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Chemnitz wurde am 2. Dezember 1952 auf Anordnung des Rates der Stadt Chemnitz unter die vorläufige Verwaltung des kaufmännischen Angestellten Edmund Hans Erich Naumann (Lebensdaten unbekannt) gestellt, der die Abwicklung der Firma vornehmen sollte.1249 Dieses Vorgehen wurde damit begründet, dass „auf Wilhelm sowie Margarethe Grosshennig der § 1 der VO vom 17. 7. 1952“ zutreffe, der besagt, dass das Vermögen von Personen, die das Gebiet der Deutschen Demokratischen Republik verlassen, ohne die polizei­lichen Meldevorschriften zu beachten, oder hierzu Vorbereitungen treffen, zu beschlagnahmen ist.1250 Am 8. Februar 1958 wurde die Galerie Grosshennig in Chemnitz (seit Mai 1953 Karl-Marx-Stadt) auf Ersuchen des Rates der Stadt gelöscht.1251

5.2 Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf In Düsseldorf eröffnete Grosshennig umgehend eine Galerie in der Kasernenstraße 13. Die Räume mietete er von Friedrich Gottlieb Conzen (1913 – 2006) an, Inhaber des gleichnamigen, seit 1854 bestehenden Unternehmens für Gemälderahmen. Zwischen dem E ­ hepaar G ­ rosshennig

1246 StadtA Chemnitz, HR A4250, Bl. 2: „Nach Auflösung der bisherigen Firma Kunstausstellung Gerstenberger Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Chemnitz, an der ich als Gesellschafter beteiligt und deren Geschäftsführer ich war, betreibe ich nunmehr in eigener Person eine Kunsthandlung mit Gemälden, Graphik, Plastik und Antiquitäten unter der Firma Kunstausstellung Wilhelm Grosshennig.“ 1247 Heuser 1986, S. 10; Galerie Wilhelm Grosshennig 1961, o. S. [Bl. 4]. Gespräch der Verfasserin mit Margret Heuser-Mantell am 1. September 2011, die eine langjährige, ehemalige Mitarbeiterin Wilhelm Grosshennigs ist, die nach seinem Tod seine Galerie unter ihrem Namen weiterführte. 1248 Gespräch der Verfasserin mit Heuser-Mantell am 1. September 2011. 1249 StadtA Chemnitz, HR A4250, Bl. 12. Als Postanschrift der Firma Wilhelm Grosshennig wird hier die Wilhelm-Pieck-Straße 50 (vor 1933 und heute: Theaterstraße) genannt. Ob in der Zeit z­ wischen 1950 und 1951 ein Umzug der Galerie Wilhelm Grosshennig in Chemnitz stattfand, konnte nicht ermittelt werden. 1250 Zitat: StadtA Chemnitz, HR A4250, Bl. 13. Verordnung zur Sicherung von Vermögenswerten vom 17. Juli 1952 (GB l. I 615) publiziert in: Henicke/Tatzkow 1993, S. 234. 1251 StadtA Chemnitz, HR A4250.

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und der Familie Conzen entwickelte sich eine enge Bekanntschaft, die wahrschein­lich auf Kontakten von vor 1945 beruhte.1252 Zumindest die Mitmieter im Erdgeschoss desselben Hauses in der Kasernenstraße 13 waren dem Kunsthändler zusätz­lich gut bekannt. Dort hatte sich näm­lich bereits ein Jahr früher, 1950, das Auktionshaus C. G. Boerner aus Leipzig neu eingerichtet.1253 Obwohl Grosshennig davon sprach, aus Chemnitz geflohen zu sein, und nicht davon, dass er die Kunsthandlung von Chemnitz nach Düsseldorf habe verlegen können, kam die Galeriegründung in Düsseldorf keineswegs einer völligen Neugründung gleich.1254 Die Vermutung, dass er Kunstwerke und Geschäftsunterlagen nach Düsseldorf transferierte und dass ihn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter begleiteten, liegt nahe. Zumindest für eine Mitarbeiterin kann nachgewiesen werden, dass sie Grosshennig nach Düsseldorf folgte. Irmtraut Werner (1922 – 2008) hatte im Januar 1944 in der Galerie Gerstenberger begonnen und blieb noch bis 1965 in Düsseldorf für Grosshennig tätig.1255 In welchem Umfang Grosshennig Kunstwerke aus Chemnitz nach Düsseldorf verbrachte, kann heute nicht mehr nachvollzogen werden.1256 Doch zumindest für einige wenige Werke lässt sich nachweisen, dass diese bereits vor 1945 in Galeriebesitz waren und es über 1951 hinaus blieben: So verkaufte Grosshennig zwei der 1938 auf einer Auktion bei C. G. ­Boerner in Leipzig erworbenen Zeichnungen von Philipp Otto Runge erst, als er schon in Düssel­dorf lebte.1257 Eines der Werke erwarb die Staatsgalerie Stuttgart im Jahr 1952 von der Galerie Wilhelm Grosshennig. Ein anderes verblieb noch länger in der Kunsthandlung, näm­lich bis in die 1970er Jahre, und wurde dann zunächst an eine Privatperson veräußert. Im Jahr 2000 fand 1252 Gespräch der Verfasserin mit Barbara Conzen, Ehefrau von Friedrich Georg Conzen (geb. 1946), Sohn von Friedrich Gottlieb Conzen, am 2. September 2011. Laut Aussage von Frau Conzen waren das Ehepaar Grosshennig die ersten Mieter in der ersten Etage im Haus in der Kasernenstraße 13, nachdem die Renovierung von den Kriegsschäden abgeschlossen war. Es gab wohl z­ wischen dem Ehepaar Grosshennig und der Familie Conzen bereits vor dem Krieg Kontakt. Frau Conzen kann sich weiterhin erinnern, dass ihre Schwiegereltern mit Wilhelm Grosshennig freundschaft­ lich bekannt waren und von ­diesem zu besonderen Anlässen Kunstwerke geschenkt bekommen hatten. Für die Auskunft zu den Lebensdaten bedanke ich mich herz­lich bei Heike M. Blumreiter, Stadtarchiv Düsseldorf. Mitteilung an die Verfasserin vom 14. August 2015. 1253 Zu C. G. Boerner siehe Anm. 939. 1254 Siehe Anm. 1248. 1255 Beschäftigungsbestätigung für Irmtraut Werner von Wilhelm Grosshennig vom 31. Januar 1965, Privatbesitz. Zu Werner siehe Ausstellungskat. Wien 2012. Hier findet sich eine Lebensbeschreibung von ­Irmtraut Werner durch ihre Tochter Henriette Baum-Werner, die angibt, ihre ­Mutter habe „bald nach Kriegsende“ in der Galerie Gerstenberger als Sekretärin angefangen. Vgl. Baum-Werner 2012, S. 14. 1256 Barbara Conzen kann sich an Erzählungen Grosshennigs erinnern, die davon handelten, wie er Kunstwerke von Chemnitz nach Düsseldorf brachte. Gespräch der Verfasserin mit Barbara Conzen am 2. September 2011. Zu Barbara Conzen siehe Anm. 1252. 1257 Zu der Auktion und den Ankäufen siehe Kap. 4.4.1.

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es Eingang in den Bestand der Hamburger Kunsthalle. Von der dritten Runge-Zeichnung, die Grosshennig auf derselben Auktion ersteigert hatte, ist der Standort heute unbekannt. Die vermut­lich nur 9 × 13 cm messende Federzeichnung ist ledig­lich eine flüchtige Figurenstudie für einen Putto und mög­licherweise nie weiterverkauft worden.1258 Während die Mitnahme von Kunstwerken also belegt ist, aber der tatsäch­liche Umfang unbestimmt bleiben muss, lässt sich der Fortbestand von Geschäftsverbindungen, die ­Grosshennig nach 1945 für die Arbeit in seiner Düsseldorfer Galerie nutzte, klarer nachzeichnen. Denn maßgeb­lich für Grosshennigs Erfolg in Düsseldorf waren seine schon vor dem Krieg aufgebauten Beziehungen zu Akteurinnen und Akteuren des Kunstbetriebes und des Kunsthandels im In- und Ausland. Diese Geschäftskontakte waren die Basis für das Gelingen der Galerieneugründung in Düsseldorf, die unter ganz anderen ­Voraussetzungen stand als die Gründung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz, die hier in Kapitel 2 ausführ­ lich untersucht wurde. Grosshennig hatte kein etabliertes Familienunternehmen im Hintergrund, das eine finanzielle Sicherheit zu Beginn gewährleisten konnte. Ebenso fehlte anfangs die soziale Einbindung ins Bürgertum, wohingegen in Chemnitz die alteingesessene Unternehmerfamilie Gerstenberger-Stickel, deren Angehörige in vielen Vereinigungen und Clubs der Stadt Mitglied waren, eng mit vielen Industriellen befreundet und mit Stadträten lange bekannt waren. So beispielsweise mit William Arwed Doehner, der die Ankäufe von der Galerie Gerstenberger durch den Chemnitzer Museumsausschuss vermittelte. Ebenso basierte zumindest ein Teil der Kontakte der Kunsthandlung mit Kundinnen und Kunden in Amerika auf Bekanntschaften mit Chemnitzer Industriellen. Und nicht zuletzt waren auch im Nationalsozialismus die Verbindungen zu verschiedenen NS-Funktionären förder­ lich für das Geschäft. Besonders deut­lich konnte dies in Kapitel 4.3.2 im Zusammenhang mit den Verkäufen aus dem Chemnitzer Museumsbestand und in Kapitel 4.5 anhand der Verbindung Grosshennigs zum Sonderauftrag Linz gezeigt werden. Als weiteren bedeutenden Faktor für die schnelle Etablierung und Institutionalisierung der Galerie Gerstenberger im Chemnitzer Kunstbetrieb konnte herausgearbeitet werden, dass andere Kunsthandlungen der Stadt weniger konkurrenzfähig waren und die Galerie Gerstenberger allein durch die Größe ihrer Räum­lichkeiten eine Sonderstellung einnahm. Auch in ­diesem Punkt stellte sich die Situation für Grosshennig in Düsseldorf im Jahr 1951 anders dar, denn nun musste er sich in einen bereits bestehenden Kunstmarkt integrieren und mit gleichstarken – oder vielleicht stärkeren – Konkurrenten rivalisieren. Der Blick auf die Handelstätigkeit und das Agieren der Galerie Gerstenberger während der Weimarer Republik verdeut­licht, dass die Kunsthandlung, obwohl sie in der kulturellen Provinz verortet war, auf dem überregionalen Kunstmarkt konkurrenzfähig und breit vernetzt war. Dieser Umstand und die in Kapitel 4 ausführ­lich dargestellte Integration Grosshennigs in das nationalsozialistische Kunstmarktsystem verschafften ihm einen enormen Vorteil. Da der Kunsthändler im Zeitraum von 1913 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges ohne 1258 Zu den Werken siehe Anm. 946.

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Unterbrechung seinem Beruf nachgehen konnte, baute er sukzessive ein gewisses „Insiderwissen“ auf und sammelte Informationen darüber, in w ­ elche Sammlungen die gehandelten Kunstwerke wann transferiert wurden. Damit hatte Grosshennig, wie auch die anderen Kunsthändlerinnen und Kunsthändler, die Deutschland nicht hatten verlassen müssen, einen immensen geschäft­lichen Vorsprung gegenüber ihren emigrierten und als jüdisch verfolgten Kolleginnen und Kollegen.1259 Dies sei anhand Grosshennigs Verkaufs eines Gemäldes von Lovis Corinth an das Museum Folkwang in Essen exemplarisch aufgezeigt. Denn ­dieses Geschäft verdeut­licht anschau­lich die Bedeutung einerseits des Wissens um den Standort qualitätsvoller Kunstwerke und andererseits des ungebrochenen Vertrauens, das Geschäftskunden Grosshennig auch nach 1945 entgegenbrachten. Das betreffende Werk zeigt eine Balkonszene in Bordighera und wurde von der Galerie Gerstenberger bereits in den Jahren 1928 und 1929 in ihren Angeboten geführt (Tafel 9).1260 Die damalige Provenienzangabe des Kunsthändlers ist undeut­lich mit: „aus einer bedeutenden Corinth-Privatsammlung“ formuliert.1261 Hier war entweder die Sammlung von Erich Goeritz oder David Leder in Chemnitz gemeint.1262 Die Kunsthandlung hatte ab Mitte der 1920er Jahre immer wieder Werke der Sammlung Leder in ihrem Angebot, da die Familie Leder aus wirtschaft­lichen Gründen Teile dieser verkaufen mussten. Die enge Zusammenarbeit der Galerie Gerstenberger mit privaten Sammlerinnen und Sammlern, die das Angebot der Kunsthandlung maßgeb­lich bestimmten, ist in Kapitel 3.5 ausführ­lich erläutert worden. G ­ oeritz und Leder gehörten dabei zu bedeutenden Kunstsammlern des Chemnitzer Bürgertums, die nach dem Umzug nach Berlin ihre Kontakte zum Chemnitzer Kulturbetrieb und auch zur Galerie Gerstenberger aufrechterhielten. Und zumindest ist in dem Angebotsschreiben von 1928 auch ein Corinth-Gemälde gelistet, das Teil der Sammlung Goeritz war und noch im selben Jahr an die Gemäldegalerie nach Dresden verkauft werden konnte.1263 Corinths 1259 Diesen Umstand betont auch Anja Heuß in ihrem 2008 publizierten Aufsatz über den Kunsthandel im Deutschen Reich als entscheidenden Vorteil für als deutsch eingeordnete, nicht verfolgte Kunsthändlerinnen und Kunsthändler. Heuß 2008, S. 81. 1260 Lovis Corinth, Balkonszene in Bordighera, 1912, Öl auf Leinwand, 83,5 × 105 cm, Essen, Museum Folkwang; Berend-Corinth 1992, S. 136, Kat.Nr. 540; Museumskat. Essen 1963, S. 14, Kat.Nr. 26. Angebote: SMB-ZA, I/NG 930, Bl. 831: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 12. Oktober 1928; SMB-ZA, I/NG 931, Bl.184: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das K ­ aiser-Friedrich-Museum Berlin vom 15. März 1929 und Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 15. März 1929. 1261 SMB-ZA, I/NG 930, Bl. 831: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 12. Oktober 1928. 1262 Zu Erich Goeritz und David Leder siehe Kap. 3.4.2. 1263 Insgesamt waren drei Werke von Corinth in dem Angebot gelistet, die alle „aus einer bedeutenden Corinth-Privatsammlung“ stammen sollten: das hier besprochene Gemälde Balkonszene in ­Bordighera; ferner Meeresbrandung (1912, Öl auf Leinwand, 49 × 61 cm, Dresden, Gemäldegalerie

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Balkonszene in Bordighera hingegen befand sich 1954 in Besitz des nach London emigrierten Erich Goeritz. Basierend auf dem langjährigen Kontakt z­ wischen Goeritz und Grosshennig, der nach dem Zweiten Weltkrieg somit ungebrochen schien, verkaufte Goeritz das Werk im Jahr 1954 über die Galerie Wilhelm Grosshennig an das Museum Folkwang in Essen.1264 Immer wieder handelte Grosshennig nach 1945 mit Kunstwerken, die er bereits kannte, entweder, weil er sie selbst schon einmal zu einem früheren Zeitpunkt angekauft oder in Kommission hatte, oder weil sie Teil einer ihm bekannten Sammlung oder Ausstellung waren. So verkaufte er in den 1950er Jahren ein Gemälde von Otto Mueller an das ­Wallraf-Richartz-Museum in Köln und in den 1970er Jahren ein Aquarell desselben Künstlers an eine Privatperson. Das Gemälde war Grosshennig aus einer Otto-Mueller-Ausstellung bekannt, die von den Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz im Jahr 1947 veranstaltet worden war und in den Räumen des heutigen Schlossbergmuseums stattfand.1265 Das Aquarell hingegen war 1937 aus dem Besitz des Chemnitzer König-Albert-Museums im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt worden.1266 Ein weiteres Beispiel lässt sich wiederum im Œuvre Corinths finden. Im Jahr 1962 erwarb das Von der Heydt-Museum in Wuppertal ein Selbstbildnis des Künstlers von der Galerie Wilhelm Grosshennig, das der Kunsthändler bereits im Jahr 1929 auf einer Auktion bei Rudolph Lepke in Berlin zum Weiterverkauf erworben hatte.1267

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Neue Meister; Berend-Corinth 1992, S. 135, Kat.Nr. 537; Ausstellungskat. München 1996, S. 206, Kat.Nr. 97, dort jeweils Sturm auf Cap Ampeglio) und das Gemälde Reiter auf einem sich bäumenden Pferd (1920, keine Angaben zur Technik, 80 × 100 cm, nicht identifiziert). SMB-ZA, I/NG 930, Bl. 831: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Nationalgalerie Berlin vom 12. Oktober 1928. Museumskat. Essen 1963, S. 14, Kat.Nr. 26. Goeritz verkaufte ebenfalls 1954 ein weiteres Gemälde von Corinth über beziehungsweise an Grosshennig: Selbstbildnis mit Palette, 1923, Öl auf Leinwand, 90 × 75,5 cm, Stuttgart, Staatsgalerie; Museumskat. Stuttgart 1968, S. 44. Otto Mueller, Zwei Zigeunerinnen mit Katze, 1926/1927, Öl auf Leinwand, 144,5 × 109,5 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum; Weiss 1974, S. 140, Kat.Nr. 2872. Den Ausstellungskatalog hatte ­Grosshennig anscheinend aufbewahrt. Zumindest nutzte er eine dort reproduzierte Abbildung 1961 für einen Katalog der Galerie Wilhelm Grosshennig. Galerie Wilhelm Grosshennig 1961, o. S. [Bl. 56]. Dort mit dem Vermerk: „Abb.: Katalog der Otto-Mueller-Ausstellung Nr. 10, S. 16 der Städtischen Kunstsammlung, Chemnitz, Herbst 1947, Schlossbergmuseum“. Otto Mueller, Zigeunerhütten/Weiße Bauernhütten 1919, um 1928, Aquarell auf Gouache auf Papier, 47 × 65 cm, Privatbesitz. Ausstellungskat. München 2003 vgl. dort digitales Werkverzeichnis (ohne Kat.Nr.). Das Werk ist nicht in der sogenannten „Fischer Liste“ verzeichnet. Vgl. „Entartete“ Kunst: digital reproduction of a typescript inventory prepared by the Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, ca. 1941/1942. V&A NAL MSL /1996/7. URL : (28. Dezember 2020). Lovis Corinth, Selbstbildnis mit Strohhut, 1913, Öl auf Leinwand, 98 × 66 cm, Wuppertal, Von der Heydt-Museum; Museumskat. Wuppertal 1974, S. 40, Kat.Nr. 1076.

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Die persön­liche Vertrautheit mit den Kunstwerken und das Wissen um ihre Geschichte ist ein Faktor, den sich Grosshennig über die Berufsjahre angeeignet hatte. Den anderen lang gewachsenen Garanten seines geschäft­lichen Erfolges in Düsseldorf stellten die Kontakte zu Kunsthändlerkolleginnen und -kollegen dar. Der einleitend zu ­diesem Kapitel zitierte Brief an Ferdinand Möller aus dem Jahr 1946 ist nach aktuellem Forschungsstand das früheste Beispiel für die Wiederaufnahme der Geschäftskontakte Grosshennigs im Kunsthandel.1268 Grosshennig, der zu dieser Zeit in Annaberg wohnte, einer kleinen Stadt im Erzgebirge, die ungefähr 35 Kilometer von Chemnitz entfernt liegt, hatte nicht nur das Geschäft in Chemnitz bereits wieder eröffnet, sondern war auch an der Wiederaufnahme der Handels­tätigkeit mit Möller interessiert: Vielleicht können wir wieder in eine Geschäftsverbindung kommen. – Ich denke auf jeden Fall an Sie. […] Was könnten Sie mir wohl anbieten? Ich suche gute Münchner Sachen aus den 80iger Jahren, deutsche Romantiker und französische Barbizoner. Französische Impressionisten werden Sie wohl ohnehin nicht haben. Haben Sie etwas von Slevogt und Liebermann?1269

Grosshennig selbst hatte ein Aquarell von Oskar Kokoschka im Angebot sowie Aquarelle von Emil Nolde.1270 Er knüpft hier also direkt an seine Geschäftsbeziehungen mit Möller vor 1945 an, die vor allem im Hinblick auf den Verkauf von Kunstwerken der Klassischen Moderne aus dem Bestand des Chemnitzer Museums basierten.1271 Möller hingegen reagierte durchaus zurückhaltender:

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Die Galerie Gerstenberger hatte das Gemälde 1929 unter dem Titel Selbstbildnis mit Pinsel und Palette im weißen Rock und Panamahut in ihrem Angebot. SMB-ZA, I/NG 931, Bl. 308: Schreiben der Galerie Gerstenberger an das ­Kaiser-Friedrich-Museum Berlin vom 29. April 1929. Zuvor (am 9. April) war es bei Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus in Berlin versteigert worden: Auktionskat. Berlin 1929, S. 25, Kat.Nr. 213, Tafel 3. Hier ist das Werk unter der Rubrik „Gemälde der Sammlung Niemann †, Berlin“ gelistet. Anscheinend hatte Grosshennig das Gemälde gemeinsam mit dem Kunsthändler Carl Nicolai, Bad Kohlgrub, ersteigert, oder sie gaben sich Werke gegenseitig in Kommission, denn auch dieser wird 1929 in Zusammenhang mit dem Werk genannt, vgl. Berend-Corinth 1992, S. 141, Nr. 576. Wohin das Gemälde 1929 verkauft wurde, ist unbekannt. Grosshennig hatte es 1962 aus der Sammlung von Emil Bührle in Zürich an das Museum in Wuppertal vermittelt. Dieser wiederum hatte es 1955 auf einer Auktion des Kunstkabinetts Roman Norbert Ketterer in Stuttgart ersteigert, vgl. Museumskat. Wuppertal 1974, S. 40 (hier wird die Galerie Gerstenberger für das Jahr 1929 nicht genannt). Siehe Anm. 1211. BG -GFM -C, II 2,97: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Möller vom 12. Mai 1946. Ebd.: „[…] und zwar habe ich augenblick­lich ein Kokoschka-Aquarell erworben, eine liegende Neunzehnjährige auf einem grünen Diwan, in blau[en], rosa und gelben Tönen. Vielleicht inte­ ressiert Sie das. Das Bild soll RM. 4.600,– kosten […]“ Als Postskriptum ist handschrift­lich unter der Signatur Grosshennigs vermerkt: „Es sind mir auch Nolde-Aquarelle angeboten.“ Siehe Kap. 4.3.2.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  371

Solange nicht eine reibungslose Versandmög­lichkeit besteht, ist es zu schwer, Geschäftsverbindungen wieder aufzunehmen. Münchner aus den 80er Jahren habe ich nie gehabt. Gute deutsche Romantiker sind sehr selten und wer heute französische Impressionisten hat, gibt sie ja auch nicht ab.1272

Dennoch kam eine Zusammenarbeit der beiden Kunsthändler zustande, wie die hier bereits betrachtete Liebermann-Ausstellung im Jahr 1948 belegt. Ebenso wie die Geschäftsbeziehungen mit Möller lassen sich auch die Kontakte ­Grosshennigs mit Julius Böhler in München, die sich Ende der 1920er Jahre über den Handel mit niederländischer Kunst zu intensivieren begannen, bis in die Nachkriegszeit verfolgen.1273 Anschau­lich konnte in Kapitel 3.5 dargestellt werden, dass die Zusammenarbeit ­zwischen Grosshennig und Böhler für beide Kunsthändler positiv zu bewerten war. Böhler vermehrte dadurch die Chance auf Verkäufe, die er dringend benötigte, da seine Geschäfte Ende der 1920er Jahre schlecht liefen. Grosshennig war dagegen allein durch Böhler in der Lage, überhaupt seinen Kunden schnell eine hohe Anzahl an Werken der niederländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts anzubieten. Nachdem Grosshennig nach 1945 schon einige Jahre in Düsseldorf ansässig war, schreibt er an Böhler, um d ­ iesem einen vermeint­lichen „Vermeer van Haarlem“ anzubieten.1274 Das Geschäft kam aber nicht zustande, da Böhler nach Betrachtung des Originals ­dieses für zu wenig qualitätsvoll erachtete.1275 Aus den folgenden Jahren sind noch weitere Korrespondenzen ­zwischen Grosshennig und Böhler überliefert.1276 Die Inhalte der Briefe machen deut­lich, dass der Kontakt zu Böhler für Grosshennig hinsicht­lich des Handels mit Kunstwerken aus dem 19. Jahrhundert, der niederländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts und alter Meister noch immer von großer Bedeutung war. So bat Grosshennig Böhler um Hilfe, beispielsweise bezüg­lich einer Expertise, die er über eine Landschaft einholen wollte, ohne genau zu wissen, an wen er sich sonst wenden solle.1277 Darüber hinaus bot Grosshennig Böhler Werke des 19. Jahrhunderts und der niederländischen Malerei des 16. und 17. Jahr 1272 BG-GFM-C, II 2,98: Schreiben von Ferdinand Möller an Wilhelm Grosshennig vom 4. Juni 1946. 1273 Zur Handelstätigkeit der Galerie Gerstenberger mit Julius Böhler in den 1920er Jahren siehe Kap. 3.5, während der Zeit des Nationalsozialismus siehe Kap. 4.4.1. 1274 BWA F 43/ 294: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 25. Juni 1956. 1275 Ebd.: Schreiben von Julius Böhler an Wilhelm Grosshennig vom 10. Juli 1956: „Ich danke Ihnen vielmals für die freund­liche Ansichtssendung der Landschaft von Vermeer van Harlem. Es ist ein hübsches Bild, aber leider ist die Erhaltung nicht so[,] wie sie sein sollte[,] und außerdem ist es mir im Ganzen etwas zu flau und dünn. Ich kann mich deshalb leider nicht entschließen, das Bild zu kaufen[,] und schicke es Ihnen heute wieder franco zurück.“ 1276 1956 (BWA F 43/ 294), 1958 (ebd. F 43/317), 1959 (ebd. F 43/328), 1961 (ebd. F 43/ 367) und 1965 (ebd. F 43/451). 1277 BWA F 43/ 317: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 4. Juni 1958: „Mir ist die Expertise von Herrn Dr. Glück verloren gegangen, die auf van Looten lautete. Halten Sie das Bild auch für einen van Looten? Bitte schreiben Sie mir doch einmal darüber. An wen könnte

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hunderts an.1278 Und im März 1961 erwarb Grosshennig über Böhler ein Gemälde von Carl Spitzweg.1279 Böhler hatte das Werk Grosshennig angeboten, da er gehört habe, dass dieser „immer Interesse für hübsche, kleine Bilder von Spitzweg“ hätte.1280 Und tatsäch­lich ließ sich Grosshennig nicht nur nach dem Ankauf des Spitzwegs von Böhler gleich ein zweites Werk zur Ansicht ­schicken, sondern erkundigte sich auch nur wenige Monate s­ päter, im August, bereits wieder bei Böhler nach verfügbaren Gemälden des Künstlers.1281 In d ­ iesem Zusammenhang sollte nicht unerwähnt bleiben, was die Analyse der Angebotsschreiben der Galerie Gerstenberger während des Nationalsozialismus ergab. Das daraus ermittelte Künstlerportfolio hatte ergeben, dass die Kunsthandlung die Handelstätigkeit mit Werken des 19. Jahrhunderts entsprechend der gestiegenen Nachfrage vonseiten der deutschen Museen massiv intensivierte. Damit profitierte sie indirekt von der nationalsozialistischen Museumspolitik. Grosshennig war ausgewiesener Experte für den Handel mit deutschen Werken des 19. Jahrhunderts. Spitzweg war neben Hans Thoma der am meisten von der Galerie an Museen angebotene Künstler gewesen. Im Gegensatz zu Thoma war die Wertschätzung Spitzwegs auch nach 1945 im deutschen Kunstbetrieb ungebrochen. Die zwei hier angeführten Beispiele vermögen aufzuzeigen, dass Grosshennig seine Korrespondenz mit Geschäftskollegen nach der kriegsbedingten Pause nahtlos weiterführte und an die bestehenden Handelstätigkeiten anknüpfen konnte. Die Rolle von Grosshennig oder anderen Akteurinnen und Akteuren im Kunsthandel des Nationalsozialismus hatte keinen hemmenden Einfluss auf die Wiederaufnahme seiner Geschäfte. Eher ist das Gegenteil der Fall. Eine Reflexion über die Entwicklungen des Kunstmarktes z­ wischen 1933 und 1945 lässt sich in seiner Korrespondenz nicht nachweisen. Mit dem Neubeginn vollzog Grosshennig eine Neuausrichtung des Künstlerportfolios.1282 Der Schwerpunkt lag nun auf der Kunst des Expressionismus. Darüber hinaus sind in den ein- bis zweimal jähr­lich erscheinenden Angebotskatalogen der Galerie Wilhelm Grosshennig Werke der französischen Kunst des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts zu

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man sich wohl auf Verlangung einer Expertise wenden?“ Böhler verwies ihn an Eduard Plietzsch. Ebd.: Schreiben von Julius Böhler an Wilhelm Grosshennig vom 13. Juni 1958. Im Jahr 1961 beispielsweise eine ganze Reihe an Werken aus einer Privatsammlung aus Wuppertal „Sammlung Klischan“. BWA F 43/ 367: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 12. September 1961. Ebd.: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 24. März 1961, und von Julius Böhler an Wilhelm Grosshennig vom 24. März 1961. Carl Spitzweg, Gebirgige Landschaft mit Fluss und Burg, 1876, Öl auf Holz, 12,5 × 25,5 cm, Roennefahrt 1960, S. 146, Kat.Nr. 59. Laut Böhler stammte ­dieses direkt aus der Sammlung Trapp in Nürnberg. BWA F 43/ 367: Schreiben von Julius Böhler an Wilhelm Grosshennig vom 7. März 1961. Ebd.: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 24. März und vom 15. Mai 1961. Ebd.: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Julius Böhler vom 8. August 1961: „Haben Sie wieder einmal einen sehr schönen Spitzweg da?“ Siehe dazu auch Scholz 2012, S. 22/23.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  373

finden, der Fauves, Nabis, der abstrakten Malerei der 1950er und 60er Jahre sowie Werke von Max Liebermann und Lovis Corinth. Das Künstlerportfolio für die Ausstellungen in der Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf schien sich dabei ausgehend von Künstlerinnen und Künstlern, die auch in der Galerie Gerstenberger zu sehen gewesen waren, verstärkt auf die Vertreterinnen und Vertreter des deutschen Expressionismus zu fokussieren und sich dann sukzessive der französischen Kunst des 20. Jahrhunderts und der zeitgenössischen Kunst zu öffnen. Sind beispielsweise in den Jahren von 1958 bis 1964 noch „Meisterwerke“ beziehungsweise „bedeutende Kunstwerke“ des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit denen des 20. Jahrhunderts präsentiert, werden spätere Ausstellungen nicht mehr mit Künstlernamen aus der Zeit vor der Jahrhundertwende im Titel beworben.1283 Dass Grosshennig auch nach 1945 mit Werken der niederländischen Kunst des 17. Jahrhunderts handelte, wird anhand der Galeriekataloge nicht ersicht­lich. Vielmehr ist in den Katalogen sowie hinsicht­lich der Einzelausstellungen und der Berichte über die Galerie in Kunstzeitschriften und Tageszeitungen eine besondere Hervorhebung von Künstlerinnen und Künstler der Klassischen Moderne zu verzeichnen. Ein anschau­liches Beispiel dafür ist der 1961 publizierte Katalog der Galerie Wilhelm Grosshennig mit dem Titel 10 Jahre Kunsthandel in Düsseldorf.1284 Grosshennig erläutert einleitend den Anlass zur Veröffent­lichung: Meine 10jährige Berufsarbeit in Düsseldorf – September 1961 – gibt mir Veranlassung, durch nachstehende Abbildungen einen Einblick in meine kunsthändlerische Tätigkeit innerhalb d ­ ieses 1285 Zeitraumes zu vermitteln.

Der Katalog umfasst 71 Abbildungen, größtenteils von Gemälden, einige von Skulpturen sowie vereinzelte von Zeichnungen und Aquarellen von französischen und deutschen Künstlern, überwiegend aus der Zeit ­zwischen 1900 und 1950. Er ist ein eindrucksvolles Zeugnis, wie schnell sich Grosshennig in den Jahren von 1951 bis 1961 auf dem westdeutschen Kunstmarkt und im Handel mit der Klassischen Moderne etablieren konnte. Die alleinige Ausnahme in der Zusammenstellung bildet ein Gemälde von Caspar David Friedrich aus dem Jahr 1812, das er in eine Privatsammlung vermittelt hatte.1286 Es ist B ­ eispiel 1283 Ausstellungskat. Düsseldorf 1958; Ausstellungskat. Düsseldorf 1962 und Ausstellungskat. Düsseldorf 1963. 1284 Galerie Wilhelm Grosshennig 1961. 1285 Ebd., o. S. [Bl. 3]. 1286 Caspar David Friedrich, Der Chasseur im Walde, 1813/1814, Öl auf Leinwand, 65,7 × 46,7 cm, Privatbesitz Deutschland. Börsch-Supan/Jähnig 1973, S. 327/328, Kat.Nr. 207. Das Gemälde war zuvor Teil der Sammlung von Georg Hirschland, der 1938 aus Deutschland emigrierte und seine Sammlung teilweise an das Museum Folkwang in Essen veräußerte. Nach Kriegsende konnte ­zwischen der Familie und dem Museumsverein eine Einigung erzielt werden (Lechtreck 2013, S. 69). In dem Katalog der Galerie Wilhelm Grosshennig ist als Provenienz ledig­lich „Privatsammlung USA“ angegeben.

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dafür, dass Grosshennig auch in Düsseldorf durchaus mit Kunstwerken aus der Zeit vor 1900 handelte. Seine geschäft­liche Verbindung mit dem qualitätsvollen Werk schien für seine Identifikation als Kunsthändler zumindest noch immer von so großer Bedeutung gewesen zu sein, dass er es nicht nur 1961 in einer Reihe von viel jüngeren Kunstwerken veröffent­lichte, sondern dass seine Mitarbeiterin Margret Heuser es auch 1986 in einer kleinen Publikation über Grosshennig aufnahm, in der ebenfalls sonst nur Werke gezeigt sind, die mindestens 60 Jahre ­später geschaffen wurden.1287 Korrespondenzen mit verschiedenen Museen sowie mit der Kunsthandlung Julius Böhler in München bezeugen, dass Grosshennig noch immer rege mit der Kunst des 19. Jahrhunderts und der niederländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts handelte.1288 So bot Grosshennig in den Jahren von 1951 bis 1955 an die Kunsthalle in Mannheim listenweise Werke des 19. Jahrhunderts an.1289 In der Öffent­lichkeit vertrat Grosshennig aber ausschließ­lich die Kunst der Klassischen Moderne. Das kann zunächst als eine bewusste Geschäftsstrategie erklärt werden, die sich bereits kurz nach dem Krieg als gewinnbringend herausstellte. Der Direktor des Landesmuseums in Hannover, Ferdinand Stuttmann (1897 – 1968), beschrieb im Oktober 1946 dem noch in Chemnitz ansässigen Wilhelm Grosshennig seine Wünsche für mög­liche Angebote: Das Interesse an allem, was auf dem Kunstmarkt erscheint, ist weiterhin groß. In der Hauptsache interessieren mich ältere Bilder und gutes 19. Jahrhundert. Wenn Ihnen etwas wirk­lich Gutes der so genannten „entarteten“ Kunst begegnet, wäre ich Ihnen für ein Angebot sehr dankbar.1290

Grosshennig konnte Stuttmann nur wenig ­später zwei Gemälde von Max Pechstein anbieten, von dem das mit dem Titel Vordüne für das Museum erworben wurde (Tafel 10).1291 Laut

1287 Vgl. Heuser 1986. 1288 Aus einer Korrespondenz mit der Hamburger Kunsthalle geht hervor, dass das Museum Grosshennig beauftragt hatte, jeweils ein Gemälde von Jan von Huysum und von einem Künstler mit Nachnamen Vernet aus dem Bestand des Museums zu verkaufen. Grosshennig hatte allerdings keinen Erfolg. HAHK, Slg. 622: Schreiben der Hamburger Kunsthalle an Wilhelm Grosshennig vom 15. November 1955 und von Wilhelm Grosshennig an die Hamburger Kunsthalle vom 22. Juni 1956. Besonders an Spitzweg war Grosshennig anscheinend sehr interessiert, wie aus einem Schreiben von Julius Böhler hervorgeht: „Sehr geehrter Herr Grosshennig, wie ich von Herrn Schönemann weiss [sic], haben Sie immer Interesse für hübsche, kleine Bilder von Spitzweg.“ (BWA F 43/ 367: Schreiben von Julius Böhler an Wilhelm Grosshennig vom 7. März 1961). Siehe dazu auch Kap. 5.2. 1289 Unter anderem: Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz Wilhelm ­Grosshennig 1947 – 1954: Schreiben der Galerie Wilhelm Grosshennig an die Kunsthalle Mannheim vom 10. Dezember 1952; vom 12. März 1954 sowie vom 5. Februar und 24. November 1955. 1290 HSTAH Hann. 152 Acc. 2006 – 013, Bl. 101: Schreiben von Ferdinand Stuttmann an Wilhelm Grosshennig vom 2. Oktober 1946. 1291 Angebot: HSTAH Hann. 152 Acc. 2006 – 013 Nr. 58, Bl. 103: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Stuttmann vom 14. November 1947.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  375

Provenienzangabe im Bestandskatalog des Landesmuseums hat Grosshennig das Gemälde vermut­lich direkt von Kurt Reutti (1900 – 1967) angekauft oder von ­diesem zum kommissionsweisen Verkauf erhalten.1292 Der Umstand, dass viele der Kunstwerke der Klassischen Moderne im Nationalsozialismus aus den Museen entfernt wurden, hat das Interesse der Museen an derartigen Werken maßgeb­lich begünstigt. So blieb Stuttmann zwar im Jahr 1946 in seinen Angebotswünschen an Grosshennig noch sehr breit, ein Jahr ­später formulierte er sein Projekt für das Landesmuseum in Hannover aber schon viel eindeutiger: Ich möchte gerne in Hannover wieder eine moderne Galerie aufbauen und zu d ­ iesem Zweck jede Mög­lichkeit, die sich bietet, ergreifen. Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir auch weiterhin Angebote machten. Interesse besteht auch für gute Aquarelle bekannter, moderner Künstler.1293 Im Angebot waren ein Stillleben mit Äpfeln, 55 × 75 cm für 6.000,– RM und eine Landschaft mit Haus am See, 80 × 100 cm für 8.500,– RM. Angekauft wurde dann ein Werk von Pechstein mit dem Titel Vordüne. Ob es sich dabei um dasselbe Gemälde handelt wie im hier erwähnten Angebotsschreiben genannt, das falsch betitelt wurde, oder ob es zwei verschiedene Angebote waren, ist nicht zu ermitteln. Ankauf: Max Pechstein, Vordüne, 1919, Tempera auf Leinwand, 80 × 100,7 cm, Hannover, Landesmuseum; Museumskat. Hannover 1973, Bd. 1 (Textband), S. 372, Kat.Nr. 795 und Bd. 2 (Bildband), S. 398, Kat.Nr. 795. Die Dokumente zum Ankauf sind nur lückenhaft erhalten. Nachdem Stuttmann im Januar 1947 Interesse an der Landschaft von Pechstein bekundet hatte, wurde das Werk nach Mitteilung ­Grosshennigs im April 1947 von Berlin nach Hannover versandt. Am 17. Juni bestätigte Grosshennig dann den Eingang der 8.500,– RM. HSTAH Hann. 152 Acc. 2006 – 013, Bl. 107, 109 – 115, 117 und 121. 1292 Museumskat. Hannover 1973, Bd. 1 (Textband), S. 372, Kat.Nr. 795 und Bd. 2 (Bildband), S. 398, Kat.Nr. 795. Zu Reutti siehe Steinkamp 2010. Reutti war zu ­diesem Zeitpunkt ehrenamt­licher Mitarbeiter der Zentralstelle zur Erfassung und Pflege von Kunstwerken, die dem Amt für Museen und Sammlungen in Berlin angegliedert war. Im Oktober 1947 erfolgte seine Anstellung in dieser Zentralstelle, die in „Referat für Rückführung von Kunstgütern im Amt für Museen“ umbenannt wurde. Zu den Aufgaben des Referates beziehungsweise der Zentralstelle gehörten die Sicherung von (herrenlosen) Kunstwerken, die Vorbereitung von Ausstellungen und die Künstlerfürsorge. Reutti war mit dem Auffinden und der Rückgabe von ausgelagertem, verschlepptem oder in den Kunsthandel gelangtem Museumsgut sowie der Sicherstellung von restitutionspflichtigen Kunstgütern beauftragt. Ebd., S. 215. Das Pechstein-Gemälde wurde direkt aus Berlin nach Hannover gesandt (siehe Anm. 1291) und befand sich somit nicht in den Räumen oder Lagern der Galerie Gerstenberger. Grosshennig erwähnt in einem Schreiben an Stuttmann, dass er eines der beiden Pechstein-Gemälde, die er ihm angeboten hatte, auch selbst noch nicht im Original gesehen habe, aber die „Absicht“ habe, es zu erwerben (HSTAH Hann. 152 Acc. 2006 – 013, Bl. 105: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Stuttmann vom 19. Dezember 1946). Um welches der beiden Werke es sich dabei handelt, geht aus der Korrespondenz nicht hervor. 1293 Ebd., Bl. 107: Schreiben von Ferdinand Stuttmann an Wilhelm Grosshennig vom 10. Januar 1947.

376 I Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz

Den Wunsch des Museumsdirektors in Hannover teilten auch andere Direktoren in der Museumslandschaft im Nachkriegsdeutschland. Der Mannheimer Kunsthalle mit ihrem seit 1936 amtierenden Direktor Walter Passarge (1898 – 1958) konnte Grosshennig 1952 beispielsweise ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner verkaufen.1294 Hier sollte nicht unerwähnt bleiben, dass beide Geschäftskontakte, der zu Stuttmann und der zu Passarge, bereits vor 1945 bestanden.1295 So sind fast die Hälfte der abgebildeten Kunstwerke in der schon oben erwähnten Publi­ kation der Galerie Wilhelm Grosshennig aus dem Jahr 1961 an Museen verkauft worden, darunter mehrere beispielsweise an das Museum Folkwang in Essen, die Kunsthalle in Hamburg und das Wallraf Richartz-Museum in Köln.1296 Die Umstellung des G ­ alerieprogrammes 1294 Im April 1952 erwarb Passarge das Werk Bergbach von Kirchner von der Galerie Wilhelm G ­ rosshennig. Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Galerie Grosshennig 1947 – 1954: Schreiben von ­Walter Passarge an Wilhelm Grosshennig vom 19. April 1952: „Zu meiner grossen Freude kann ich Ihnen mitteilen, dass die Stadtverwaltung dem Ankauf des Gemäldes ‚Gebirgslandschaft‘ von E. L. ­Kirchner zugestimmt hat.“ Ernst Ludwig Kirchner, Bergbach, 1919/1920, Öl auf Leinwand, 91 × 152 cm, Mannheim, Kunsthalle; Gordon 1968, S. 356, Kat.Nr. 568. 1295 Im Jahr 1938 erwarb die Kunsthalle Mannheim beispielsweise ein Gemälde von Johan Christian Clausen Dahl von der Galerie Gerstenberger (Blick auf einen Strand in Valdres, 1845, Öl auf Leinwand, 51 × 68,5 cm, Mannheim, Kunsthalle; Bang 1987, Bd. 2, S. 306/307, Kat.Nr. 1023) und 1941 ein Gemälde von Max Slevogt (Weinlese in der Pfalz, 1927, Öl auf Leinwand, 90,5 × 101 cm, Mannheim, Kunsthalle; Skulima 1970, o. S. [S. 23]). Dazu siehe Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Erwerbungen: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 30. Dezember 1937; vom 1./7. und 15. Februar; vom 2./6. und 7. März 1938 sowie vom 4. März 1941). Stuttmann war von 1937 bis 1962 Direktor des Landesmuseums in Hannover (Andratschke 2013, S. 82/83) Er hatte im Winter 1944/45 ein Werk von Alexandre Calame von der Galerie Gerstenberger erworben, das sich 1946 noch in der Kunsthandlung befand. HSTAH Hann.152 Acc.2006 – 013 Nr. 58, Bl. 96: Schreiben von Ferdinand Stuttmann an Wilhelm Grosshennig vom 20. August 1946. Ebd., Bl. 99: Schreiben von Wilhelm Grosshennig an Ferdinand Stuttmann vom 19. September 1946: „Das Bild von Calame ist wohlbehütet, und ich bitte zu entschuldigen, dass ich Ihnen nicht schon schrieb. Ich werde das Bild auch weiter für Sie aufheben.“ Das Gemälde von Calame wurde dann in das Landesmuseum Hannover überführt, wo es sich noch heute befindet. Alexandre Calame, Abend­liche Landschaft, um 1860, Öl auf Leinwand, 60,2 × 80,2 cm, Hannover, Landesmuseum; Museumskat. Hannover 1973, Bd. 1 (Textband), S. 78, Kat.Nr. 159 und Bd. 2 (Bildband), S. 85, Kat.Nr. 159. 1296 Laut Katalog verkaufte Grosshennig an das Museum Folkwang: Max Beckmann, Promenade des Anglais Nice, 1947, Öl auf Leinwand, 81 × 91 cm; Lovis Corinth, Balkonszene in Bordighera, 1912, Öl auf Leinwand, 83,5 × 105 cm; Erich Heckel, Spaziergänger am See, 1911, Öl auf Leinwand, 70,7 × 80,7 cm; Alexej von Jawlensky, Mittelmeer bei Marseille, 1907, Öl auf Pappe, 45,5 × 66 cm und Ernst Ludwig Kirchner, Der rote Turm in Halle, 1915, Öl auf Leinwand, 120 × 90 cm; an die Hamburger Kunsthalle: Edgar Degas, Tänzerin, Bronze, H 43 cm; Oskar Kokoschka, Porträt des nordischen Sängers Hjalmar Ennehjlem, 1912, Öl auf Leinwand, 60 × 50 cm und Pablo Picasso,

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  377

scheint ausgesprochen erfolgreich gewesen zu sein, sodass Grosshennig zum 30-jährigen Bestehen seiner Kunsthandlung in Düsseldorf eine Einzelausstellung eines Brücke-Künstlers organisierte: Vom Mai bis zum Juni 1981 waren Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen von Erich Heckel zu sehen.1297 Paul Vogt (1926 – 2017), Direktor des Museums Folkwang in Essen, verfasste für den kleinen Ausstellungskatalog das Vorwort und betonte dort mit Bezug auf die Brücke-Künstler, dass „[…] viele ihrer bedeutendsten Werke über ihn [Grosshennig, A. d. V.] den Weg in die großen deutschen Sammlungen gefunden haben.“ 1298

So bezeichnete Vogt die Heckel-Ausstellung in den Räumen der Kunsthandlung als logische Folge der Galeriegeschichte. Zusätz­lich unterstreicht er eine besonders enge Beziehung Grosshennigs zu Heckel, indem er die Ausstellung damit charakterisiert, dass sie ein „Gruß an einen alten Freund“ sei.1299 Und tatsäch­lich kannten sich Grosshennig und Heckel persön­ lich. Sie hatten sich nach dem Umzug des Kunsthändlers nach Düsseldorf kennengelernt.1300 In der Heckel-Ausstellung, die 1981 in Düsseldorf in der Galerie Wilhelm ­Grosshennig stattfand, präsentierte der Kunsthändler verkäuf­liche Werke unter anderem aus dem ­Heckel-Nachlass, Leihgaben aus Privatbesitz und einige Leihgaben aus Museumsbesitz, die er an die jeweilige Institution verkauft hatte. Letztgenannte Gemälde sind im Katalog prominent an vorderster Stelle positioniert.1301 Auf der letzten Seite des Kataloges listete Grosshennig, als Referenzen seiner qualifizierten kunsthändlerischen Tätigkeit, alle diejenigen Museen auf, denen er seit 1951 Gemälde und Plastiken verkauft hatte (Abb. 79). Die vierzig Institutionen, die hier genannt sind, bezeugen eindrucksvoll die Fähigkeit des Kunsthändlers, Werke der Klassischen Moderne in Museumsqualität zu akquirieren und erfolgreich weiterzuvermitteln. Bildnis des Kunsthändlers Clovis Sagot, 1909, Öl auf Leinwand, 65 × 81 cm; an das Wallraf RichartzMuseum: Claude Monet, Seineufer bei Giverny, 1884/1885, Öl auf Leinwand, 67 × 82,5 cm und Otto Mueller, Zigeunerinnen mit Katze, 1927, Öl auf Leinwand, 145 × 104 cm. 1297 Ausstellungskat. Düsseldorf 1981. 1298 Ebd., S. 2. 1299 Ebd. 1300 Dazu siehe auch Anm. 1315. 1301 Die im Katalog erkennbaren Museumsleihgaben sind: drei Gemälde aus dem Museum Folkwang in Essen (Ausstellungskat. Düsseldorf 1981, S. 6/7 und 13), eins aus dem Wilhelm-LehmbruckMuseum in Duisburg (ebd., S. 8), zwei aus dem Brücke-Museum in Berlin (ebd., S. 10/11) sowie eins aus dem Saarlandmuseum in Saarbrücken (ebd., S. 17). In der Rezension zur Ausstellung werden auch die unverkäuf­lichen Heckel-Gemälde in der Ausstellung, also die Leihgaben aus Privat- und Museumsbesitz betont: „Zehn frühe unverkäuf­liche Heckel-Gemälde stehen im Zentrum der Ausstellung. Sie alle – mit einer Ausnahme – wurden über die Galerie Grosshennig an Museen sowie Privatsammlerinnen und Privatsammler verkauft. Friedrichs 1981, S. 1684.

378 I Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz

Abb. 79  Werbewirksame Auflistung der Museen, an die Wilhelm Grosshennig Kunstwerke nach 1945 verkauft hatte, 1981

Eine derartige Werbung für seine kunsthändlerischen Fähigkeiten konnte auch für die Zeit vor 1945 nachgewiesen werden. Besonders eindrück­lich erscheint in ­diesem Zusammenhang die in dem Chemnitzer Tageblatt geschaltete Anzeige mit der Abbildung eines Spitzweg-­Gemäldes, das Grosshennig an die Reichskanzlei im Jahr 1937 verkaufte (Abb. 71).1302 Mit dieser offiziellen Bekundung der Galerie Gerstenberger, Geschäftspartnerin von Reichsministerien zu sein, hatte sie sich zugleich selbst im nationalsozialistischen Herrschaftssystem verortet. Im Jahr 1981 agierte Grosshennig dagegen bewusst im internationalen Handel mit Werken des deutschen Expressionismus. Das Bild des Kunsthändlers im Kunstbetrieb des Nachkriegsdeutschlands wurde maßgeb­lich von den Ausstellungen und Handelstätigkeiten nach 1945 bestimmt. In einem Nachruf bezeichnete ihn die Kunstkritikerin Yvonne ­Friedrichs (1923 – 1996) als einen der „bedeutendsten deutschen Kunsthändler“ und 1302 Siehe Kap. 4.4.2.1 und Anm. 1003.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  379

­bescheinigte seiner Kunsthandlung „beste und weiteste Verbindungen auf dem von dieser Galerie vertretenen Gebiet für klassisch-moderne, vor allem deutsche und französische Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere der deutschen Expressionisten, der französischen Impressionisten, Nabis, Fauves und der École de Paris“.1303

1303 Friedrichs 1983, S. 231. Die in Thüringen geborene Yvonne Friedrichs kam nach dem Krieg nach Düsseldorf und studierte Musik (Klavier) an der Staat­lichen Akademie der Tonkunst in Darmstadt und an der Hochschule für Musik und ­Theater in München sowie Kunstgeschichte, Archäologie und Sinologie an der LMU in München. Seit 1969 war sie für Die Weltkunst als Rezensentin tätig (siehe Nachruf: Die Weltkunst 66, H. 21, 1996, S. 2679). Ihr Nachlass befindet sich im Zentralarchiv für deutsche und internationale Kunstmarktforschung e. V. in Köln. Hier sind auch biographische Angaben zur Person online publiziert: URL: (10. April 2021).

380 I Die Liquidierung der Galerie Gerstenberger in Chemnitz

6. Schluss: Wilhelm Grosshennig – ein Kämpfer für den deutschen Expressionismus? In den letzten beiden Kapiteln konnte erläutert werden, dass der geschäft­liche Erfolg ­Grosshennigs in der Nachkriegszeit nicht nur auf kaufmännischem Geschick basierte, sondern auch auf den noch bestehenden Geschäftsgrundlagen aus der Zeit, als er noch die Galerie Gerstenberger leitete. Vor allem hinsicht­lich seiner persön­lichen Geschäftsbeziehungen lassen sich die stabilsten Kontinuitäten nachzeichnen.1304 Umso interessanter ist es, dass er das Künstlerportfolio seiner Kunsthandlung in der Außendarstellung radikal änderte. Wie im Folgenden erläutert, folgte er damit einer allgemeinen Tendenz im Kunstbetrieb nach 1945. Zum 30-jährigen Bestehen der Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf im Jahr 1981 feierte die bereits erwähnte Yvonne Friedrichs die Kunsthandlung als „eine der bedeutendsten deutschen Galerien für klassisch-moderne deutsche und französische Kunst des 20. Jahrhunderts, insbesondere für deutsche Expressionisten“ und darüber hinaus als „eine Kunsthandlung alter Schule“.1305 Die hier formulierte Charakterisierung der Galerie Wilhelm Grosshennig entspricht den Beobachtungen, die im vorhergehenden Kapitel erläutert wurden: Die Etablierung der Kunsthandlung im Zentrum des Handels mit expressionistischer Kunst in der BRD. Die Bezeichnung als „Kunsthandlung alter Schule“ spiegelt dagegen vielmehr die Außenwahrnehmung der Person Grosshennigs wider. Denn das Attribut „Kunsthändler alter 1304 Auch Wilmes betont die Bedeutung der Netzwerke für die Kunsthändlerinnen und Kunsthändler, die nach 1945 mit der Klassischen Moderne gehandelt haben: „Die hier ausgeführten Beispiele belegen, dass im Kunsthandel und Museumswesen nach 1945 die vor dem und im NS etablierten informellen Netzwerke weithin von zentraler Bedeutung sind – gerade was den Austausch über die im NS als ‚entartet‘ beschlagnahmte[n] Kunstwerke betrifft.“ Wilmes 2012, S. 178. Auch über die Galerie Wilhelm Grosshennig konnten einige Museen Kunstwerke erwerben, die 1937 bei ihnen beschlagnahmt worden waren. Unter anderem: Max Beckmann, Stillleben mit Saxophonen, 1926, Öl auf Leinwand, 85 × 195 cm, Frankfurt am Main, Städel Museum, das 1955 von der Städtischen Galerie Frankfurt zurück erworben wurde (Roth 2011, S. 228) und Emil Nolde, Blumengarten H (mit Maria), 1915, Öl auf Leinwand, 70 × 90 cm, Essen, Museum Folkwang, das 1952 das Museum Folkwang zurück erwarb (Lüttichau 2010, S. 215, zum Werk siehe ebd., Kat.Nr. 85), um nur zwei beliebige Beispiele zu nennen. Zu Kurt Reutti siehe Anm. 1292. 1305 Zitat: Friedrichs 1981, S. 1684. Friedrichs verfasste spätestens seit 1971 regelmäßig Besprechungen zu Ausstellungen der Galerie Wilhelm Grosshennig.

Schule“ wurde ihm von Friedrichs des Öfteren zugeschrieben, ebenso wie die Eigenschaften Bescheidenheit, Zurückhaltung, Idealismus und herz­liche Freund­lichkeit.1306 Ein Museumsdirektor soll ihn sogar als „passionierten Kunsthändler mit Herz“ bezeichnet haben.1307 Ebenso stellte sich Grosshennig auch in einem Interview mit Roman Norbert Ketterer (1911 – 2002) dar.1308 Ketterer machte erst nach dem Zweiten Weltkrieg Karriere als Kunsthändler und war von 1946 bis 1962 Eigentümer des Stuttgarter Kunstkabinetts.1309 Im Jahr 1978 führte er mit Grosshennig ein Gespräch, das im Rahmen der Publikation Ketterers mit dem Titel Dialoge veröffent­licht wurde.1310 Aus einem Artikel in der Zeitschrift Der Spiegel von 1960 geht hervor, dass sich Grosshennig und Ketterer zum Zeitpunkt des Gespräches schon lange kannten. In dem Bericht wird der Auktionsmarkt kritisch betrachtet und Ketterer kam dafür in Verruf, dass er vor allem die Preise expressionistischer Kunstwerke in die Höhe getrieben habe und zusätz­lich davon ausgesprochen gut profitierte.1311 Grosshennig wird als guter Kunde Ketterers dargestellt, mit dem er sich einen fragwürdigen Scherz unter Kollegen erlaubte: Als grober Fehlgriff wurde ein anderer Einfall empfunden, mit dem Ketterer den für hohe Einsätze bekannten Düsseldorfer Kunsthändler Wilhelm Großhennig in Verlegenheit brachte. Großhennig hatte eine Weile an Ketterers Zahlengalopp teilgenommen. […] Indes, als er den Arm sinken ließ, feuerte Ketterer eine seiner Grazien an: „Helfen Sie sofort Herrn Großhennig den Arm stützen, er wird müde.“ Die Assistentin gehorchte, hockte sich dicht an Großhennigs Seite und brachte mit viel Charme wie im Scherz seinen Arm noch für die Dauer einiger Zahlensprünge in die Höhe, bis Großhennig sich aus der bestrickenden Fessel befreite.1312

Grosshennig, der, wie bereits erläutert, selbst an den guten Verkaufsmög­lichkeiten deutscher Expressionisten verdiente, wird hier zwar als Opfer unlauterer Auktionspraktiken beschrieben, gehörte aber gleichzeitig wie selbstverständ­lich zu den festen Größen im westdeutschen Kunstbetrieb. Darüber hinaus war er mit den Praktiken auf Auktionen bestens vertraut. Wie in den Kapiteln 3.5 und 4.4.1 aufgezeigt werden konnte, war die Galerie Gerstenberger schon 1306 1307 1308 1309 1310 1311

U. a. Friedrichs 1981, S. 1684, dies. 1983, S. 231 und dies. 1986. Friedrichs 1986 o. S. [S. 11]. Nachruf Ketterers in der Weltkunst 72, H. 7, 2002, S. 1107. Ketterer 1988, Bd. 2, S. 6. Ebd., S. 400 – 403. Der Spiegel 14, H. 35, 1960, Leitartikel Der Mann mit dem Flair. Ebd., S. 43: „Der ehemalige Ölkaufmann wurde in wenigen Jahren zum Bildermillionär, nachdem es ihm mit ungewöhn­lichem Versteigerungsraffinement und publizitätsträchtiger Show-Technik gelungen war, die Kunstrichtung hochzuspielen, die jahrzehntelang im Schatten gestanden hatte: den deutschen Expressionismus seit dem Jahre 1905.“ 1 312 Ebd., S. 52. Ketterer selbst erwähnt in dem Interview von 1978, dass Grosshennig „fast alle Auktionen in Stuttgart besucht“ habe. Ketterer 1988, Bd. 2, S. 402.

382 I Schluss: Wilhelm Grosshennig – ein Kämpfer für den deutschen Expressionismus?

Abb. 80  Wilhelm Grosshennig, Photographie vermut­lich aus den 1970er Jahren

während der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus ausgesprochen konkurrenzfähig auf dem deutschen und internationalen Auktionsmarkt gewesen. Dass Grosshennig sich schon in den 1950er Jahren ausgezeichnet auf dem westdeutschen Kunstmarkt eingelebt hatte, ist wie im vorhergehenden Kapitel dargestellt nicht unerheb­lich darin begründet, dass er mit einigen Akteurinnen und Akteuren schon länger bekannt war. Diese Bekanntschaften spielten auch hinsicht­lich seiner Verbindung zur expressionistischen Kunst in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg eine erheb­liche Rolle. So ist es bezeichnend, wenn allein in dem angeführten Spiegel-Artikel zwei Personen genannt werden, die einerseits mit dem Kunstmarkt für die Klassische Moderne in der Nachkriegszeit verbunden waren und andererseits mit Grosshennig während des Nationalsozialismus Bekanntschaft und Geschäfte gemacht hatten: Erhard Göpel und Wilhelm Rüdiger.1313 Beide Personen waren, wie in den Kapiteln 4.3 und 4.5.3.2 ausführ­lich beschrieben, eng mit dem nationalsozialistischen Machtapparat verbunden. Rüdiger kannte Grosshennig aus der gemeinsamen Zeit in Chemnitz, als Ersterer die Diffamierung der Kunstwerke der Klassischen Moderne aus dem Chemnitzer Museumsbestand mit verantwortete. Göpel lernte Grosshennig in Den Haag kennen, als der Kunsthändler Werke für den Sonderauftrag 1313 Wilhelm Rüdiger wird in dem Artikel als „Mentor“ von Ketterer in dessen ersten Berufsjahren als Kunsthändler bezeichnet. Der Spiegel 14, H. 35, 1960, S. 44/45. Zu Rüdiger siehe Kap. 4.3. Erhard Göpel wird in dem Artikel als „Kunstbörsenspezialist“ bezeichnet und war wohl öfters Gast auf Auktionen: „Ich gehe auf Auktionen so passioniert wie andere zum Pferderennen.“ Ebd., S. 52. Göpel publizierte gemeinsam mit seiner Frau 1976 ein Werkverzeichnis zu Max Beckmann (Erhard und Barbara Göpel: Max Beckmann. Katalog der Gemälde. Hrsg. von Hans Martin von Erffa. Bern 1976). Zu Göpel siehe Kap. 4.5.1 und 4.5.3. Die Verbindung Ketterers mit Rüdiger und anderen in den nationalsozialistischen Kunstmarkt verwickelten Personen wurde 2009 nochmals kritisch von Stefan Koldehoff (2009, S. 159 – 183) betrachtet.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  383

Linz erwarb und die Mög­lichkeit nutzte, in von Deutschland besetzte Gebiete zu reisen. Damals profitierten Grosshennig und Göpel gleichermaßen von der militärischen Dominanz Deutschlands. Grosshennig ließ sich von Göpel als Mittelsmann instrumentalisieren und wickelte dadurch ein für ihn äußerst lukratives Geschäft ab. Mit dem in Kapitel 4.5.3.3 geschilderten Verkauf des Goya-Gemäldes beteiligte er sich nicht nur an der Verbringung von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut nach Deutschland, sondern auch an der illegalen Ausfuhr eines Kunstwerkes aus einem besetzten Land. Grosshennig handelte aktiv innerhalb der Mechanismen des nationalsozialistischen Machtapparates. Diese Kontinuitäten wurden in der Nachkriegszeit allerdings nicht öffent­lich thematisiert. Vielmehr etablierte Grosshennig sein eigenes Bild des fachkundigen und charismatischen Kunsthändlers. Das Photo, das für die erst 1988 erfolgte Publikation des Gespräches z­ wischen Grosshennig und Ketterer ausgewählt wurde, zeigt einen Mann, auf den die von Friedrichs formulierten Eigenschaften ohne Weiteres zutreffen könnten (Abb. 80). Grosshennig ist weltmännisch, modern und mit dozierender Geste dargestellt. Im verschwommenen Hintergrund sind abstrakte Formen zu erkennen, die links zu einer Pflanze und rechts zu einem zeitgenössischen Kunstwerk gehören könnten. Er lächelt freund­lich. Im Text bezeichnet Ketterer Grosshennig als vorbildhaft, ausgesprochen geschäftstüchtig und attestiert ihm das Vermögen, eine „Atmosphäre“ auszustrahlen, „wie kein anderer Besucher“ seiner Versteigerungen.1314 Während des Gespräches wurde immer wieder nach Grosshennigs Verbindung zum Expressionismus gefragt, beispielsweise nach den Künstlern der Brücke oder deren Sammlerinnen und Sammlern. In den Antworten nahm Grosshennig größtenteils Bezug auf Personen, mit denen er nach 1945 in Geschäftskontakt stand, oder Ereignisse, die nach 1945 stattfanden.1315 So berichtete er von Curt Valentin (1902 – 1954), Otto Gerson (1902 – 1962),

1314 Ketterer 1988, Bd. 2, S. 400. 1315 Ebd., S. 400 – 403. Aus dem Nachlass von Curt Valentin erwarb Grosshennig viele Werke des deutschen Expressionismus (für diese Information bedanke ich mich bei Anja Tiedemann). Für Otto Gerson und Harry Brooks hatte er die Galerievertretung in Deutschland inne. Grosshennig berichtet auch von ­Herbert Kurz, den er nach eigener Aussage erst 1948 kennen gelernt hatte (zu Kurz siehe Kap. 4.3.2). Lothar-Günther Buchheim (1918 – 2007) kannte er nach eigenen Angaben aus Chemnitz, wo dieser im Alter von 14 bis 19 Jahren in der Zeit von 1932 bis 1937 wohnte. Die Bekanntschaft mit dem noch sehr jungen Buchheim bezog sich wahrschein­lich auf Buchheims eigene künstlerische Tätigkeit und weniger auf ein Kunsthändler-Sammler Verhältnis (vgl. Eintrag in AKL -online: Dankmar Trier & Michael Heyder: Buchheim, Lothar-Günther (1918). In: AKL -Online). Mit Karl Schmidt-Rottluff hatte Grosshennig vermut­lich tatsäch­lich bereits in Chemnitz Kontakt. Ernst Ludwig Kirchner dagegen kannte er nach eigener Aussage nicht und Erich Heckel hatte er erst nach seinem Umzug nach Düsseldorf kennengelernt. Ebenso beschreibt er die gemeinsame Zeit mit Will Grohmann ab dem Zeitpunkt, als dieser „immer mit Harry Fischer (1903 – 1977) von der Marlborough Gallery, London“ zusammen war (ebd., S. 403). Diese wurde erst 1946 gegründet.

384 I Schluss: Wilhelm Grosshennig – ein Kämpfer für den deutschen Expressionismus?

Harry Brooks (?–1990) und Will Grohmann (1887 – 1968), die er vermut­lich alle erst nach 1945 näher kennenlernte. Mit Karl Schmidt-Rottluff hatte Grosshennig vermut­lich tatsäch­ lich bereits in Chemnitz Kontakt. Erich Heckel hatte er dagegen erst nach seinem Umzug nach Düsseldorf kennengelernt. Die genaue zeit­liche Einordnung, wann er mit w ­ elchen für die Kunst der Moderne wichtigen Akteurinnen und Akteuren in Kontakt trat, nimmt Grosshennig nicht vor. Dadurch wird eine sehr lang tradierte persön­liche Bindung zur Kunst des Expressionismus suggeriert: Sie würden sich wundern, wenn Sie meine Kataloge [aus der Chemnitzer Galerie, A. d. V.] mit Werken des Expressionismus kennenlernen würden, was ich für Arbeiten anzubieten hatte.1316

Auch in anderen Publikationen wird die Biographie Grosshennigs immer wieder besonders mit der Kunst des Expressionismus verbunden. Dabei treten zwei Aspekte auffällig hervor: Erstens wird in den Berichten über Grosshennig seine vermeint­lich kontinuier­liche Handelstätigkeit und Förderung des Brücke-Expressionismus seit der Weimarer Republik kon­ struiert. Dabei fügte sich seine Wirkungsstätte Chemnitz nahtlos in die Erzählung ein, denn dort ergab es sich vermeint­lich „ganz von selbst“, wie es Anna Klapheck 1954 formulierte, dass Grosshennig „mit den Künstlern der Dresdner ‚Brücke‘ – Heckel, Schmidt-Rottluff, Pechstein, Nolde – in engen persön­lichen Kontakt kam“.1317 Zweitens werden seine Verkäufe expressionistischer Kunstwerke an Museen im Nachkriegsdeutschland als Verdienst hervorgehoben. Beide Aspekte machte Grosshennig selbst stark, wie aus einem Artikel in der Weltkunst aus dem Jahr 1981 hervorgeht, in dem Friedrichs ihn zitierte: Ich [Grosshennig, A. d. V.] habe zusammen mit dem damaligen Chemnitzer Museumsdirektor Schreiber-Weigand, einem der fortschritt­lichsten Museumsleute dieser Zeit, für den Expressionismus gekämpft. […] Ich habe, seit ich 1951 nach Düsseldorf kam, dazu beigetragen, die Lücken zu schließen, die durch die Aktion „Entartete Kunst“ in den Museen entstanden.1318

Nichts im Leben des Kunsthändlers nach 1945 lässt auf die Aktivitäten auf dem national­ sozialistischen Kunstmarkt schließen, die hier ausführ­lich in Kapitel 4 dargestellt sind. Gerade diese Tatsache macht eine nähere Betrachtung der Frage notwendig, warum Grosshennig sich auf den Handel mit der Kunst der Klassischen Moderne nach 1945 spezialisierte und Von Ausstellungen in Chemnitz berichtete er in dem Gespräch wenig. Er erwähnt nur zwei, die in den Räumen der Dresdner Bank stattfanden, somit nach 1945: „eine große Sonderausstellung mit Leihgaben aus Chemnitzer Besitz“ und „eine große Ausstellung mit Werken von Liebermann“ (dazu siehe Kap. 5.1). 1316 Ketterer 1988, Bd. 2, S. 403. 1 317 Klapheck 1979, S. 51. 1 318 Friedrichs 1981, S. 1684/1685.

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  385

vor allem weshalb und mit welcher Haltung er eine vermeint­liche kontinuier­liche Handelstätigkeit mit dieser Kunst bis zurück in die Weimarer Republik suggerierte. Einerseits lässt sich die Frage aus einer mög­lichen Geschäftsstrategie und aus der Galeriegeschichte heraus beantworten. Wie in Kapitel 5.1 dargestellt, war der Handel mit Werken des deutschen Expressionismus nach 1945 durchaus lukrativ, denn dieser etablierte sich als „unverzichtbarer Teil der Klassischen Moderne“ für private wie öffent­liche Sammlungen.1319 Dafür sprechen nicht nur der weiter oben erwähnte Artikel von 1960 über das Stuttgarter Kunstkabinett und die darin erwähnten hohen Preise für expressionistische Kunstwerke, sondern auch die vielen Verkäufe Grosshennigs an Museen sowie die Aussage Ferdinand Stuttmanns im Jahr 1947, dass er im Landesmuseum Hannover zuerst wieder eine moderne Galerie aufbauen wolle.1320 Nicht zuletzt sind die finanziellen Mittel, die Grosshennig in der Nachkriegszeit in Düsseldorf schnell erwirtschaften konnte, um lebhaft am Auktionsmarkt teilzunehmen, ­Zeichen für den Erfolg seiner Geschäftsstrategie. Darüber hinaus bewegte sich der Galerist durch den Handel mit expressionistischer Kunst in den Jahren von 1951 bis 1983 in einem Kundenkreis mit einem konservativen, traditionellen Kunstverständnis. Mit Blick auf die in den vorherigen Kapiteln ausführ­lich dargestellte Galeriegeschichte war diese Kundenausrichtung schon immer Teil der Handels­ tätigkeit gewesen. Ob ganz zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als der Brücke-Expressionismus in Sachsen zur Avantgarde zählte und die Galerie Gerstenberger ihren Fokus mehr auf die Vertreter der Düsseldorfer und Karlsruher Akademie legte, oder während der Weimarer Republik, als Grosshennig überwiegend mit Kunst des 19. Jahrhunderts, des deutschen Impressionismus sowie Werken niederländischer Maler des 16. und 17. Jahrhunderts handelte: Nie hatte sich die Galerie Gerstenberger der aktuellen Avantgarde zugewandt. Deswegen ist es nicht verwunder­lich, dass Grosshennig dann den Handel expressionistischer Kunst als Schwerpunkt wählte, als diese auch im Verständnis der Sammlerinnen und Sammler bereits zur etablierten Klassischen Moderne gehörte. Der Handel mit Werken expressionistischer Künstlerinnen und Künstler in der Nachkriegszeit war in etwa so „fortschritt­lich“ oder eben etabliert wie derjenige mit dem deutschen Impressionismus in den 1920er Jahren. Andererseits bildete sich in der Nachkriegszeit ein Konsens darüber aus, dass gerade die ehemaligen Brücke-Künstler hinsicht­lich des Nationalsozialismus als unbelastet gälten, weswegen ihre Kunst „zur deutschen Widerstandskunst umgedeutet“ wurde.1321 Obwohl einige Vertreterinnen und Vertreter der Klassischen Moderne durchaus mit den Inhalten der nationalsozialistischen Ideologie sympathisiert hatten, beispielsweise Emil Nolde und 1319 Saehrendt 2005, S. 82. Sofern sie dazu in der Lage waren, bemühten sich deutsche Museen, ihre nach 1933/1937 verlorenen Brücke-Bestände wieder aufzustocken, und kauften prominente Gemälde, die sie vor 1933 besessen hatten, zurück. Ebd., S. 83/84. 1320 Zur Aussage Stuttmanns siehe Anm. 1293. 1321 Zitat: Wilmes 2012, S. 241. Dazu auch Saehrendt 2005, S. 89.

386 I Schluss: Wilhelm Grosshennig – ein Kämpfer für den deutschen Expressionismus?

Bernhard Hoetger, wurde die deutsche Klassische Moderne basierend auf der Aktion „Entartete Kunst“ pauschal in eine Opferrolle verortet.1322 Die Beschlagnahme und Verfemung von Kunstwerken durch die Aktion „Entartete Kunst“ überlagerte die unvoreingenommene Auseinandersetzung mit den Künstlerinnen und Künstlern dieser Werke und ihrer Rolle im Nationalsozialismus und darüber hinaus die systematische Aufarbeitung der Geschichte der Kunstmuseen in der Zeit von 1933 bis 1945.1323 Daniela Wilmes konstatiert in ihrer 2012 publizierten Untersuchung zur Geschichte des Kunsthandels in Köln nach 1945, dass der unkritische Umgang mit der Kunst der Moderne eine „historische Moderne“ generierte, die im Kunstbetrieb mehrere Funktionen übernahm: Auf individueller Ebene ersetzte sie die jeweilige persön­liche Vergangenheit und damit die Frage nach persön­licher Verantwortung. […] Auf institutioneller Ebene legitimiert sie […] eine Museumspolitik, die die musealen Aktivitäten und Ankaufspraktiken der Jahre 1933 bis 1945 ausblendet. Auf Ebene des Kunstmarktes und seiner Akteure begünstigte sie […] die Vernachlässigung der Provenienzfrage und damit das Florieren des Marktsegments der Kunst des 20. Jahrhunderts.1324

Im Hinblick darauf muss auch im Falle Wilhelm Grosshennigs die Frage gestellt werden, inwiefern seine selektive Erinnerung mit Fokus auf die Klassische Moderne in der Nachkriegszeit eine „entlastende und (selbst-)reinigende Funktion“ gehabt hat, wie es Christian Fuhrmeister mit Blick auf die zahlreichen Akteurinnen und Akteure des Kulturbetriebes, die sich nach 1945 der Kunst der Klassischen Moderne verschrieben, formulierte. 1325 Wirkte 1322 Siehe dazu auch Kap. 4.1. Saehrendt 2005, S. 86 und 88: „Fast alle Autoren betonten nach 1945 Noldes Opferrolle. Seine nationalsozialistische Gesinnung und Popularität in Teilen der Nazibewegung thematisierte 1947 allein Adolf Behne: ‚Es sei völlig inakzeptabel, wenn Nolde jetzt die künstlerische Verfemung als politisches Alibi benutze.‘“ Zitat von Behne: Berlin am Mittag vom 10. September 1947, zitiert nach Saehrendt 2005, S. 88. Zu Nolde im Nationalsozialismus ist mittlerweile umfäng­lich publiziert worden: siehe u. a. Hüneke 2013, Kracht 2013, Fulda/Soika 2014, Fulda 2015a, ders. 2015b, ders. 2016 sowie jüngst Ausstellungskat. Berlin 2019. Zu Hoetger siehe Hirthe 1998. 1323 Dazu siehe auch die Einleitung zu der vorliegenden Publikation sowie Wilmes 2012, S. 246 und Heuß 2002, S. 435/436. 1324 Wilmes 2012, S. 266. 1325 Christian Fuhrmeister stellte diese und folgende Fragen auf einer Tagung im Jahr 2012 in Köln zum Ausstellungswesen und zur Sammlungspolitik in den ersten Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg: „Könnte es sein, dass die Hinwendung zahlreicher Museumsdirektoren und -kuratoren, von Kunsthistorikern und -kritikern, aber natür­lich auch von Galeristen und Kunsthändlern, zu einer wie auch immer rudimentären und fragmentierten Vorstellung von Moderne und Avantgarde zumindest in einigen Fällen eine entlastende und (selbst-)reinigende Funktion gehabt haben

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  387

die in der Außenwahrnehmung betonte Handelstätigkeit Grosshennigs mit Werken des deutschen Expressionismus ablenkend von seiner Verstrickung in das nationalsozialistische Herrschaftssystem? Ebenso wie Wilmes stellt Fuhrmeister fest, dass diese Funktion, die der Kunst der Klassischen Moderne hier zukommt, nicht mög­lich gewesen wäre, wenn sie im Kunstbetrieb der Nachkriegszeit nicht kritiklos als unbelastet gewertet und ihr nicht die Rolle als Repräsentantin einer demokratischen Gesellschaft zugeschrieben worden wäre.1326 Bis heute stellt eine objektive Untersuchung darüber, ­welche der damals lebenden Künstlerinnen und Künstler im Nationalsozialismus in den verschiedenen Museen und Kunsthandlungen ausgestellt waren und problemlos ausgestellt werden konnten, ein Forschungsdesiderat dar. Deswegen ist eine abschließende Bewertung der Ausstellungsprogramme der Kunsthandlungen hinsicht­lich ihrer politischen Dimension derzeit noch nicht zu leisten. Auch für die Galerie Gerstenberger fehlen Vergleichsbeispiele. Dennoch ist in Kapitel 4.2 anhand der erläuterten Sonderausstellungen von Zeichnungen Sven Hedins im Jahr 1936, Werken von Ernst Vollbehr im Jahr 1937, photographischen Aufnahmen Hoffmanns von Konrad Henlein im Jahr 1938 und Gemälden von Guido Joseph Kern im Jahr 1941 deut­lich geworden, wie stark sich die Kunsthandlung in die nationalsozialistische Kulturszene integrierte und politische Standpunkte des Nationalsozialismus in ihren Ausstellungen visualisierte. Vor ­diesem Hintergrund wird die politische Motivation Grosshennigs deut­lich, wenn er beständig behauptete, er habe eine langjährige Bindung zu Werken des Brücke-Expressionismus gehabt. Denn nur scheinbar setzte er seine Handelstätigkeit nach 1945 da fort, wo sie angeb­lich im Nationalsozialismus unterbrochen wurde. Mit eigenen Aussagen, wie etwa dass er mit Schreiber-Weigand um den Expressionismus in Chemnitz gekämpft habe und dass seine Kataloge bedeutende Werke der Brücke-Künstler listeten, vermochte er von sich das Bild als langjährigem Verfechter der Klassischen Moderne, als diese noch um Anerkennung rang, zu erzeugen und aufrecht zu erhalten. Die systematische Untersuchung der Ausstellungen der Kunsthandlung in dem Zeitraum von 1913 bis 1933 ergab, dass von expressionistischen Künstlerinnen oder Künstlern jedoch nur selten Einzelausstellungen präsentiert wurden. Unter der Leitung von Wilhelm Grosshennig wurden um 1920 zwar könnte? […] Von ­welchen dunklen Flecken der eigenen Biographie konnte mit dieser opportunen Neuausrichtung abgelenkt werden? Für wen hatte die Beschäftigung mit der ‚Moderne‘ eine entlastende Funktion, für wen wurde sie zu einem temporären Versteck, in dem man abwarten konnte, und wer konnte nun tatsäch­lich ein bislang zurückgestelltes oder unterdrücktes Engagement realisieren?“ Fuhrmeister 2013, S. 238/239. 1 326 Ebd., S. 239: „Parallel zu den Entnazifizierungsverfahren fokussierten einige Kuratoren und Kunsthistoriker auf diese Weise jene Aspekte der vergangenen Dekaden, die für sie selbst nicht nur völlig ungefähr­lich waren, sondern die auch von ihren teils problematischen Aktivitäten im Nationalsozialismus ablenkten. Dies wäre nicht mög­lich gewesen, wäre die Kunst der Moderne nach 1945 nicht so außerordent­lich stark politisch und moralisch aufgeladen worden, als Repräsentantin einer freien Gesellschaft und einer demokratischen Verfassung.“

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vermehrt expressionistische Kunstwerke ausgestellt, diese Neuerung stellte jedoch keineswegs einen Kurswechsel dar, sondern war nur von kurzer Dauer. Darüber hinaus blieb ein Teil der Räum­lichkeiten während dieser Ausstellungen für das konservativere Publikum vorbehalten. Besonders im Vergleich mit der niederländischen Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts, die erst Ende der 1920er Jahre in das Galerieprogramm aufgenommen wurde, ist deut­lich geworden, wie rigoros die expressionistischen Künstlerinnen und Künstler ab 1922 nur noch mit Arbeiten auf Papier vertreten waren. Das faktische und in den vorhergehenden Kapiteln erläuterte Künstlerportfolio der Galerie Gerstenberger vor 1945 umfasste vor allem Vertreter der Karlsruher und Düsseldorfer Akademie, Künstler aus dem 19. Jahrhundert, des deutschen Impressionismus und der zeitgenössischen Akademie- und Genrekunst. Eben dieser Schwerpunkt der Kunsthandlung vor 1933 lässt sich nur in wenigen Aussagen Grosshennigs erahnen: Auf die Frage, ­welche Künstler er wohl in seinem Leben persön­lich am meisten geschätzt habe, nannte er neben Kirchner, Schmidt-Rottluff und Heckel, Edvard Munch, aber auch die Romantiker Philipp Otto Runge, C. D. Friedrich und Karl Blechen sowie Corinth, Slevogt und Liebermann, denen er sich seit seiner Chemnitzer Zeit lebenslang verbunden fühlt.1327

Der hier in den Kapiteln 4.3.2 und 4.4.2.2 dargelegte Umstand, dass Grosshennig vor 1945 nur für eine sehr begrenzte Zeit, von 1934 bis circa 1938, bedeutende und qualitätsvolle Kunstwerke des Expressionismus in seinen gängigen Angebotslisten an Museen führte, die darüber hinaus zum großen Teil aus dem Bestand des Chemnitzer Museums waren, fand bisher keine Erwähnung in den verstreuten Angaben zu seiner Biographie, die sich zu überwiegenden Teilen nur aus Selbstaussagen speisten. Vor dem Hintergrund der Kunstmarktentwicklungen im Nachkriegsdeutschland und der politischen Bewertung des Brücke-­ Expressionismus in der BRD ist insofern die Annahme nur naheliegend, dass vor allem Grosshennig selbst aus kaufmännischem (und vielleicht nicht zuletzt auch moralischem) Kalkül von sich das Bild eines lebenslangen Händlers und Verfechters der Klassischen Moderne in die Welt gebracht habe. Inwiefern seine charismatische Erscheinung weiteren kunstjournalistischen Recherchen im Wege stand, vermag dabei zumindest die von offenkundig persön­licher Sympathie getragene Berichterstattung von Yvonne Friedrichs anzudeuten. Soweit dies durch schrift­liche Quellen zu belegen ist, blieb seine Selbstinszenierung zumindest auch vonseiten langjähriger Geschäftspartnerinnen oder Geschäftspartner, wie etwa Schreiber-Weigand, unwidersprochen. Historisch zutreffend ist allemal, dass Grosshennig dreifach durch die Aktion „Entartete Kunst“ profitierte: Erstens, indem er sich während des Nationalsozialismus daran beteiligte, Kunstwerke aus dem Bestand mindestens eines Museums zu verwerten. Zweitens verkaufte er während des Nationalsozialismus Werke des 19. Jahrhunderts, die diese aus 1327 Friedrichs 1986, o. S. [S. 11].

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  389

k­ ulturpolitischen Gründen vermehrt nachfragten. Und drittens veräußerte Grosshennig in der BRD den Museen eben diejenigen Stilrichtungen, die im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“ diffamiert und vom NS-Regime beschlagnahmt worden waren. Der Topos des verdienstvollen Kunsthändlers, der die „Lücken“ in den Museen nach 1945 zu füllen vermochte, sollte hinsicht­lich der anderen Geschäfte, an denen sich Grosshennig opportunistisch im Nationalsozialismus beteiligte und auch im Hinblick auf die Biographien anderer Akteurinnen und Akteure des Kunstmarktes überdacht werden.

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7. Dank Die vorliegende Untersuchung wurde 2015 von der Philosophischen Fakultät der Universität Leipzig als Dissertation angenommen und für die Publikation überarbeitet und ergänzt. Während meiner Forschungsarbeit haben mich zahlreiche Personen und Institutionen in den Recherchen und auf andere Art und Weise hilfreich unterstützt. Zuerst möchte ich meinem Doktorvater Frank Zöllner herz­lichst danken, der die Arbeit durch Anregungen und konstruktive Kritik von ihren Anfängen an betreut und mich in vollem Umfang gefördert hat. Ebenso möchte ich meinem Zweitgutachter Christian F ­ uhrmeister für die wichtigen Gespräche vor allem während meiner Zeit am Zentralinstitut für Kunstgeschichte in München danken, die dieser Arbeit wichtige Impulse und Orientierungen gaben. Ihm und Magdalena Bushart danke ich darüber hinaus für die Aufnahme meiner Arbeit in die Reihe Brüche und Kontinuitäten: Forschungen zu Kunst und Kunstgeschichte im Nationalsozialismus. Der Förderungsfonds Wissenschaft der VG Wort sowie die Geschwister-­ Boehringer-Ingelheim-Stiftung haben die Drucklegung dieser Dissertation finanziell großzügig gefördert und beim Böhlau Verlag haben mich Elena Mohr und Julia Beenken kompetent beraten. Das sächsische Landesstipendium erlaubte mir nicht nur die konzentrierte Arbeit an dem Forschungsprojekt, sondern finanzierte auch die verschiedenen Archivreisen und ermög­lichte mir eine institutionelle Einbindung ins Zentralinstitut für Kunstgeschichte. Die inspirierende Zeit in München hat meine Genese zur Wissenschaftlerin maßgeb­lich beeinflusst und ich möchte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Institutes – allen voran Iris Lauterbach – sowie den anderen Personen des wissenschaft­lichen Umfeldes in München für die vielen Gespräche, Anregungen und den fach­lichen Austausch danken. Ebenso erwähnenswert sind die hervorragenden und kollegialen Arbeitsbedingungen am Bonner Kunsthistorischen Institut und der Forschungsstelle Provenienzforschung, Kunstund Kulturgutschutzrecht, die die Drucklegung der Arbeit wesent­lich erleichterten. Meinen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Christoph Zuschlag, möchte ich hierfür danken. In den verschiedenen Archiven und Institutionen haben mich zahlreiche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unterstützt, über das normale Maß hinaus die Mitarbeiterinnen der Städtischen Kunstsammlungen Chemnitz sowie des Chemnitzer Stadtarchives, wo ich mich wochenlang durch die Bestände arbeitete: Tatjana Fischer, Brigitta Milde, Beate Ritter, Kerstin Drechsel, Stephan Pfalzer, Gabriele Viertel, Gudrun Dudek, sowie darüber hinaus Wolfgang Schöddert von der Berlinischen Galerie, Mathias Listl von der Kunsthalle Mannheim, Julia Eßl von der Albertina in Wien, Hanna Strzoda vom Kupferstichkabinett der Staat­lichen Museen zu Berlin, Susanne Köller vom Kunstmuseum Moritzburg in Halle sowie Stefan Pucks. Eine besondere Erwähnung verdient Gesa Vietzen, die sozusagen den Stein für das Projekt überhaupt erst ins Rollen brachte. Ihr und allen anderen, die mich während meiner

Die Galerie Wilhelm Grosshennig in Düsseldorf  I  391

Arbeit an d ­ iesem Projekt unterstützten, durch Feedback und kritische Diskussionen, Korrekturlesen, Mitdenken, gemeinsame Kaffeepausen und Zerstreuung sowie unermüd­liche Ermutigungen, möchte ich herz­lichst danken: Karen Appel, Nadine Bahrmann, Franca Buss, Annett Grundke, Andrea Haarer, Ute Haug, Jasmin Hartmann, Hanna Holtz, Norman ­Holzmüller, Hans Christian Hönes, Anna Keblowska, Léa Kuhn, Dorle Meyer, Annika Michalski, J­ ennifer Morris, Almut Neumeister, Elizabeth Petcu, Jasmin Braun, S­ hireen Prahm, Judith Rauser, Ines Rudolph, Michael Thimann, Sandy Töpfer-Apel, Susanne Th ­ ürigen, Andreas und Danuta Uhlig, Daniela Wagner, Julia Weber, Iris Wenderholm, Petra Winter und Alexander Zeisberg. Ein ganz besonderer Dank gebührt meinen Mann, der mir fach­lich und privat stets mit Rat und Tat zur Seite stand, sowie meinen Eltern und meiner Familie, die mich in allen Phasen meiner Promotion bereitwillig begleitet haben.

392 I Dank

8. Anhang 8.1 Verwendete Abkürzungen AKL  Allgemeines Künstlerlexikon ASM  Archiv Stiftung Moritzburg BADV  Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen BArch  Bundesarchiv BDC  Berlin Document Center BG  Berlinische Galerie BWA  Bayerisches Wirtschaftsarchiv CCP  Central Collecting Point DAF  Deutsche Arbeitsfront DHM  Deutsches Historisches Museum DKA  Deutsches Kunstarchiv (im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg) GBl.  Gesetzblatt GDK  Große Deutsche Kunstausstellung GG  Gemäldegalerie GRI  Getty Research Institute HAHK  Historisches Archiv Hamburger Kunsthalle HR  Handelsregister HSTAH  Hauptstaatsarchiv Hannover KPM  König­liche Porzellanmanufaktur LMO  Landesmuseum Oldenburg

MdbK  Museum der bildenden Künste Leipzig MNR  Musées Nationaux Récuperation NARA  National Archives and Records Administration NG  Nationalgalerie NK  Nederlands Kunstbezit NL  Nachlass RGBl.  Reichsgesetzblatt RKK  Reichskulturkammer RM  Reichsmark RS  Rückseite SAH  Stadtarchiv Halle SD  Sicherheitsdienst des Reichsführers SS SKC  Städtische Kunstsammlungen Chemnitz

Verwendete Abkürzungen  I  393

SKD  SMB 

Staat­liche Kunstsammlungen Dresden Staat­liche Museen zu Berlin StadtA  Stadtarchiv StAW Stadtarchiv Wuppertal ZA  Zentralarchiv

8.2 Galeriegeschichte im Überblick 1902

Einrichtung einer A bteilung K unsthandel (innerhalb des 1847 gegründeten Unternehmens Gustav Gerstenberger, Chemnitz, Rossmarkt 7 und 8 durch Johannes Otto, genannt: Hans, Stickel (1882 – 1962), den Enkelsohn von Gustav Gerstenberger (1820 – 1899). 1904 Erweiterung der Abteilung Kunsthandel und Umzug der Abteilung in den Rossmarkt 11; dort Einrichtung einer „permanenten Ausstellung“ und Umbenennung in: K unstsalon G erstenberger. 1906 Ausgestaltung der Abteilung Kunsthandel (Architekt: Erich Basarke) zu einer Galerie mit mehreren Ausstellungs- und Verkaufsräumen; spätestens ab diesen Zeitpunkt war Hans Abshagen (1878 – 1973) der Leiter der Kunsthandlung (bis 1909). 1909 Eintritt des Galerieleiters Friedrich Wilhelm Frankenfeld (1878–?) in die Kunsthandlung. 1913 Eintritt von Wilhelm Grosshennig (1893 – 1983) in die Kunsthandlung. 1917, S pätestens Umbenennung in A bteilung K unsthandlung J anuar 1927 Wilhelm Grosshennig wird Prokura erteilt. 4. F ebruar 1930 Gründung der K unstausstellung G erstenberger G mbH ­zwischen der Firma Gustav Gerstenberger (vertreten durch Hans und Konrad Stickel (1887 – 1967)) und Wilhelm Grosshennig zu drei Teilen (2 Teile: Firma Gustav Gerstenberger/1 Teil: Wilhelm Grosshennig), als Geschäftsführer werden Hans Stickel und Wilhelm Grosshennig eingesetzt. 1931 Erhöhung der Einlagen der GmbH, Gesellschafterverhältnis bleibt in gleichen Teilen bestehen. 1936, vor Änderung der Gesellschafterverhältnisse auf 50 % Firma Gustav Gerstenberger und 50 % Wilhelm Grosshennig. 1945 Zerstörung der Galerieräume. 1. D ezember 1949 Liquidierung der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH durch Gesellschafterbeschluss. Liquidierung vollendet am 27. April 1950.

394 I  Anhang

J uli 1950

Gründung der K unstausstellung Wilhelm G rosshennig in Chemnitz durch Wilhelm Grosshennig. 1951 Wilhelm Grosshennig geht nach Düsseldorf und gründet dort die G alerie Wilhelm G rosshennig in der Kasernenstraße 13, die er bis zu seinem Tod (1983) führt. 2. D ezember 1952 Die Kunstausstellung Wilhelm Grosshennig in Chemnitz wird durch den Rat der Stadt unter die vorläufige Verwaltung des kaufmännischen Angestellten Edmund Hans Erich Naumann gestellt. 8. F ebruar 1958 Löschung der Kunstausstellung Wilhelm Grosshennig in Chemnitz (seit Mai 1953 Karl-Marx-Stadt) durch den Rat der Stadt.

8.3 Ausstellungen der Galerie Gerstenberger Die folgende Übersicht der recherchierten Ausstellungen in der Galerie Gerstenberger kann keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Die Künstlernamen sind nach Angaben des Allgemeines Künstlerlexikon – Internationale Künstlerdatenbank – Online. wiedergegeben. Wenn der Künstlername nicht nachzuweisen oder uneindeutig war, wurde dieser in Anführungszeichen gesetzt. Die Reihenfolge der Künstlernamen folgt der Auflistung in der jeweiligen Quelle, Titel von Exponaten und Ausstellungen sind kursiv gesetzt.

1902 Anfang November: Eröffnungsausstellung. Bronzen, Büsten, Kunstblätter; Annibale Gatti: Miltons Besuch bei Galileo. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. November 1902, S. 5). 30. November – 7. Dezember: Ausstellung von Künstlersteinzeichnungen und anderen modernen Kunstblättern. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. November, S. 3; vom 29. November, S. 5 und vom 4. Dezember 1902, S. 4). Weihnachtsausstellung. (Chemnitzer Tageblatt vom 29. November 1902, S. 4).

1903 Februar: „Johanna Hollscher“. Landschaften. (Chemnitzer Tageblatt vom 15. Februar 1903, S. 13). Mai: Kaspar Kaltenmoser: Das Holundermus. (Chemnitzer Tageblatt vom 9. Mai 1903, S. 13). Mai: Kunstblätterserien verschiedener Reproduktionsmög­lichkeiten. Im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 17. Mai 1903, S. 17).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  395

Juni: Schwarz-Weiß-Kunst. Radierungen von Georg Jahn; Steinzeichnungen von Ludwig Kühn; Martha Schrag; ein Meisterwerk von Hugo Kaufmann. (Chemnitzer Tageblatt vom 14. Juni 1903, S. 25). Juli/August: Simplicissimus-Originale. Ferdinand von Reznicek; „Heilmann“; „E. Thönn“; Rudolf Wilke; Bruno Paul; Wilhelm Schulz. Im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 30. Juli 1903). 5. – 12. September: Schülerarbeiten der Malschule von „Adelheid Gutzschebauch-Sunde“, Chemnitz. Im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. September, S. 5 und vom 9. September 1903, S. 6). Oktober: Böcklin-Ausstellung. Originale von Wilhelm Franz (*1863): Zwei Frauenköpfe; „Moritz Härtel, Chemnitz“: Sächsische Maschinenfabrik. Alles im Schaufenster. Künstlersteinzeichnungen. Neues Schaufenster für wechselnde Lithographie-Ausstellungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 21. Oktober 1903, S. 5). 29. November – 6. Dezember: Reproduktionen nach Bildern aller Art und Zeit. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. November 1903, S. 4).

1904 Januar: „R. Weber“: Landschaft; „A. von Astudin“: Motiv aus der Chemnitzer Umgebung. (Chemnitzer Tageblatt vom 22. Januar 1904, S. 13). Mai: Selma Kurth (fünf Landschaften). (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Mai 1904, S. 21). Ende August – 15. September: Lionello Balestrieri: Beethoven; Gustav Kampmann; Enrique Serra und Filiberto Petiti; Robert Sterl; Hans Richard von Volkmann; Josef ­Schmitzberger; Johannes Götz (*1865): Die Wasserträgerin. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. August, S. 5 und vom 29. August 1904, S. 3). 17. September – 6. Oktober: Originale aus der Jugend. (Chemnitzer Tageblatt vom 18. September 1904, S. 17). Ab 9. Oktober: Neue umfangreiche Sammlung von Originalen der Jugend. 300 Arbeiten. (Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober 1904, S. 17). Ab 30. Oktober: Ölgemälde schottischer Künstler. Stuart Park; John James Bannatyne; Louise E. Perman: Rosenbilder; Ölgemälde und Aquarelle von: „C. Jacquet“; Ludwig Julius Christian Dettmann; Französische Radierungen: Manuel Robbe; Auguste Brouet; „H. Jukesch“; Bernard Boutet de Monvel; „Lasiti“; „Simonet“; „Lunvis“; „Müller“. (Chemnitzer Tageblatt vom 30. Oktober, S. 25 und vom 6. November 1904, S. 25). 22. – 27. November: Weihnachtsausstellung. (Chemnitzer Tageblatt vom 22. November, S. 2 und vom 24. November 1904, S. 13). Im Schaufenster: Margarete Pfaff: Kunststickereien. (Chemnitzer Tageblatt vom 24. November 1904, S. 13). Ab. 1. Dezember: Dezemberausstellung. Vorwiegend Landschaften. Walter Leistikow; Gustav Kampmann; Hans Richard von Volkmann; Hans Thoma (*1839); „Schultze, Neuburg“;

396 I  Anhang

Leopold von Kalckreuth; Fritz von Wille; Friedrich Kallmorgen; Viktor Weishaupt; Carlos Grethe; Albert Stagura; Bruno Piglhein; Albert Besnard; Gustavo Simoni. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. Dezember, S. 13 und vom 8. Dezember 1904, S. 17). Ab 11. Dezember: Kollektion vorzüg­licher Ölgemälde. Landschaften und Genrebilder. (Chemnitzer Tageblatt vom 11. Dezember 1904, S. 2). Ab 13. Dezember: (zusätz­lich) Max Liebermann: Biergarten; Wilhelm Franz (*1863): zwei Pastelle. (Chemnitzer Tageblatt vom 14. Dezember 1904, S. 17).

1905 Januar: Originallithographien des Karlsruher Künstlerbundes. Gustav Kampmann; Friedrich Kallmorgen; Karl Biese; Franz Hein (*1863); Otto Fikentscher (*1862); Hans Richard von Volkmann; Wilhelm August Theodor Steinhausen. Albert Stagura: Pastelle und Ölbilder; Johannes Paul Ufer: Aquarelle und ein Pastell. (Chemnitzer Tageblatt vom 11. Januar, S. 1 und vom 18. Januar 1905, S. 14). Februar: König­liche Porzellanmanufaktur Berlin. (Chemnitzer Tageblatt vom 27. Januar 1905, S. 1). Ab 1. März: Konrad Immanuel Böhringer: Porträt Friedrich August III., Ölgemälde und dazugehörige Skizzen. Im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1905, 4. Beilage, S. 1). Ab 8. März: Konrad Immanuel Böhringer; Paul Ernst Herrmann; Anton Kaulbach; Otto Modersohn; Hermann Rüdisühli; Paul Sturm; Otto Greiner. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. März, S. 1 und vom 12. März 1905, S. 1). Ab 23. März: Otto Greiner: vorwiegend Lithographien. (Chemnitzer Tageblatt vom 24. März 1905, S. 1). 26. März: Kopie eines Ölgemäldes mit Christusdarstellung von Bernhard Plockhorst angefertigt von Gertrud Beschorener. (Chemnitzer Tageblatt vom 26. März 1905, S. 1). Ab 1. April: Künstlergruppe Elbier. (Chemnitzer Tageblatt vom 2. April 1905, S. 1). Ab 4. Mai: Eduard Krause-Wichmann: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 30. April, S. 1 und vom 12. Mai 1905, S. 3). Juni: Hugo Schimmel; Franz Kunz (*1874); August Schreitmüller; verschiedene Radierungen und Steinzeichnungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 4. Juni 1905, S. 26). Ab 16. Juli – 20. August: Fritz Overbeck; Fritz Mackensen; Friedrich Kallmorgen; Wilhelm Ludwig Heinrich Claudius. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juli, S. 1 und vom 3. August 1905, S. 6).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  397

September: Vorwiegend Landschaft. Ernst Liebermann; Louis Douzette; Karl Biese; Otto Günther-Naumburg; Wilhelm Ludwig Heinrich Claudius; Reinhart von Seydlitz; einige Kunstblätter, Radierungen und Lithographien aus dem Pan. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. September 1905, S. 2). Anfang Oktober – 19. Oktober: Max Klinger: Radierungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Oktober 1905, S. 1). Ab Mitte Oktober: Wiener Künstlerbund Hagen. (Chemnitzer Tageblatt vom 31. Oktober 1905, S. 1). Ab 3. Dezember: Gemälde neuerer Meister, Landschaften und Genrebilder. (Chemnitzer Tageblatt vom 3. Dezember 1905, S. 1).

1906 6. Januar – 1. Februar: Kollektion von „Rud./T. [?] Boeschmann, Dresden“; Hans Richard von Volkmann; Walter Heubach; Hermann de Bruycker; Ernst Dargen; Paul Weimann. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. Januar, S. 1 und vom 10. Januar 1906, S. 13). Ab 4. Februar: Münchner Künstlergruppe die Wanderer. Gustav Schönleber; Hermann Urban; Manuel Wielandt; „Barel Franck“; Franz Xaver Hoch; Hans Lietzmann; Fritz Kunz. (Chemnitzer Tageblatt vom 31. Januar, S. 14 und vom 8. Februar 1906, Beilage, S. 1). März: Emily Lengnick: Zeichnungen, Schwarz-Weiß-Kunst und Ölgemälde; Helene Funke: Ölgemälde; Alexander Liebmann: Radierungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. März 1906, 3. Beilage, S. 1). April: (Eröffnung 8. April): „O. Rer [?]“: Napoleon, Zyklus aus 15 Gemälden; Hans Olde (*1855); Max Wilhelm Roman: Gemälde, Radierungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. April, Beilage S. 1 und vom 12. April 1906, Beilage, S. 1). Mai: (Eröffnung 2. Mai): Dachauer Künstlergruppe mit ca. 40 Gemälden. Ludwig Dill; Adolf Hölzel; Hans Müller-Dachau; Emmi Walther; Hermann Stockmann; Felix B ­ ürgers; „Adolf Thormann“; Erich Otto Engel; Karl Reinhold; „H. Bürger-Laurenz“; Hans von Hayek. (Chemnitzer Tageblatt vom 2. Mai, 3. Beilage, S. 1 und vom 6. Mai 1906, 6. Beilage, S. 1). Juni: Drei Werke von Adolph Menzel: Gouachebild und zwei Zeichnungen (nur eine Woche ausgestellt); Kollektion von Arbeiten: Robert Sterl; Carl August Heinrich Ferdinand Oesterley; Louis Douzette; Lucy DuBois-Reymond; Alois Kolb: Radierungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Juni, 1. Beilage, S. 1 und vom 13. Juni 1906, 3. Beilage, S. 1; Dalbajewa 2011, S. 261). Juli: (Eröffnung 4. Juli): Otto Altenkirch: Ölgemälde, Zeichnungen und Aquarelle; Fritz Overbeck; Walther Günther Julian Witting. (Chemnitzer Tageblatt vom 5. Juli, 3. Beilage, S. 1 und vom 7. Juli, 1. Beilage, S. 1). 7. Juli: Erweiterung der Ausstellung um bedeutende Ölgemälde von Gustav Schönleber; Fritz Overbeck; Walther Günther Julian Witting: Griffelkunst. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Juli, 6. Beilage, S. 1 und vom 10. Juli 1906, 3. Beilage, S. 1). [August: Umbau der Galerieräume]

398 I  Anhang

Ab 3. September: Eröffnungsausstellung. Arnold Böcklin (*1827); Franz von Lenbach; Adolph Menzel; Hans Thoma (*1839); Fritz von Uhde; Claus Meyer; Gotthardt Kuehl. (Chemnitzer Tageblatt vom 31. August, S. 1; vom 3. September und vom 11. September 1906, S. 1). Oktober (Eröffnung am 3. Oktober): Charles J. Palmié: 30 Werke; Einzelwerke von Louis Douzette; Eugen Kampf; Georg Macco; Otto Recknagel; Hans Gabriel Jentzsch; Walter Friederici; Konrad Alexander Müller-Kurzwelly; Enrique Serra y Auque; Emil Rau. Eugen Urban: Der Rat zu Leipzig (14 Tage ausgestellt, Besitzer: Stadt Leipzig); Margarete Pfaff: kunstgewerb­liche Arbeiten. Graphisches Kabinett: Kollektion farbiger Original-Radierungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 4. Oktober, S. 1; vom 9. Oktober, S. 1; vom 10. Oktober, S. 1 und vom 14. Oktober 1906, S. 1) Ab. 3. November – 2. Dezember: Ernst Liebermann: ca. 30 Gemälde, F ­ arbstiftzeichnungen und Radierungen; Helene Funke: ca. 20 Gemälde; Einzelwerke von: Karl Raupp; Richard Linderum; Emil Rau; Carl August Heinrich Ferdinand Oesterley. (Chemnitzer Tageblatt vom 2. November, S. 1 und vom 7. November 1906, S. 1). Dezember: Bilder von „Kröner“; „Lutteroth“; Karl Raupp; Cuno von Bodenhausen; Carl August Heinrich Ferdinand Oesterley; Emil Rau; Georg Papperitz; Gustav Kampmann; Otto Heinrich Engel; Friedrich Kallmorgen; Rose Friedrich; Alfred Kunze. Sammlung des Vereines Münchner Aquarellisten. Graphische Abteilung: Original-Farbenholzschnitte von Walther Klemm; Carl Thiemann. (Chemnitzer Tageblatt vom 7. Dezember 1906, S. 1). 16. Dezember: (Ergänzung): Richard König: Bronze- und Marmorskulpturen. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. Dezember 1906, S. 1).

1907 Dezember: Sonderausstellung der Künstlergruppe Chemnitz mit 77 Originalwerken. (Kunstgewerbeverein Chemnitz 1913, S. 54; Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels vom 31. Januar 1908, S. 16; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1907).

1909 August: Werke von: Themistokles von Eckenbrecher (*1842); Hugo Kreyßig; Walter ­Bertelsmann; Martin A. R. Meyer-Pyritz: Tierplastiken. (Chemnitzer Tageblatt vom 4. August, 1. Beilage, S. 5. und vom 7. August 1909, S. 4). September: Ernst Vollbehr: Brasilien-Gemälde und Skizzen; Max Klinger: Bronzen; Otto Bauriedl; Paul Götz-Räcknitz; Georg Hermann Gelbke; Friedrich Wachenhusen; Fritz Stuckenberg. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. September, S. 4 und vom 16. September 1909, 1. Beilage, S. 5). Ab 28. September: Philipp Klein: Nachlass-Ausstellung. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. September 1909, S. 4).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  399

Dezember: „Adeline Koerner“. (StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III, Sekt. X, Nr. 31, Bl. 17).

1910 Januar – 9. Februar: Kollektionen von „Professor C. Buttke, München“; Wilhelm Überbrück; Richard Birnstengel; Edward B. Fulde; Max Fritz (*1849); Walter Lilie. Einzelwerke von Hugo Kreyßig; Adolf Gustav Döring; Louis Douzette; Johanna Maria Schwenker; Graphische Arbeiten von: Paul Bürck; Karl Grundmann; Kunsthandwerk von Margarete Pfaff; „Dora Seitler“; „Nelly Wolfram“. (Chemnitzer Tageblatt vom 19. Januar 1910, 3. Beilage, S. 13). 17. Februar – 9. März: Franz von Lenbach: 21 Porträts; Franz Müller-Münster; Hermann Hamann; Karl Hänsel; Carl Thiemann. (Chemnitzer Tageblatt vom 12. Februar 1910, S. 4 und 3. Beilage, S. 13). 11. März – 9. April: Heinrich Petersen-Angeln: Landschaften und Seestücke; Originale der Jugend; Paul W. Ehrhardt; Hans Am Ende; „Prof. G. Pfeiffer, München“. (Chemnitzer Tageblatt vom 12. März 1910, 3. Beilage, S. 13). 6. April – 15. April: „Adeline Koerner“: Neue Arbeiten. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. April 1910, S. 4). 10. April – 9. Mai: Vincent van Gogh. (Chemnitzer Tageblatt vom 10. April, S. 4 und vom 7. Mai 1910, S. 12). Mitte Mai – 5. Juni: Worpsweder Künstlergruppe Biene. Franz Wilhelm Voigt; „G. Lehmann, München“; Friedrich Fennel; Georg Fritz (*1884); „G. Joschik, München“. (Chemnitzer Tageblatt vom 21. Mai 1910, S. 12). 7. Juni – Anfang Juli: Kopien erster Künstler nach alten Meistern. Zapp & Basarke [Erich Basarke und Alfred Zapp]: Entwürfe, Modelle, Photographien von Bauten; Rudolf Wille; Margarete Pfaff: Kunstgewerbe. (Chemnitzer Tageblatt vom 5. Juni, S. 12 und vom 10. Juni 1910, S. 11). Mitte/Ende Juni: In zwei Schaufenstern: Darstellungen aus der Reformationsgeschichte und Porträts der Reformatoren. (Chemnitzer Tageblatt vom 26. Juni 1910, S. 26). 9. Juli – Anfang August: Heinrich Zschille; Carl Kayser-Eichberg; Theodor Rocholl; Margarethe Geibel; Edmund Warnatz. (Chemnitzer Tageblatt vom 10. Juli, S. 26 und vom 21. Juli 1910, S. 18). 14. August – 8. September: Fritz Overbeck: Nachlass; Max Burgmeier; Otto Wyler; „Jakob Rytz“; Hanns Fechner; Eduard Rüdisühli. (Chemnitzer Tageblatt vom 14. August, 4. Beilage, S. 17 und vom 7. September 1910, S. 4). 1. September – 2. Oktober: „Hermann Holscher, Chemnitz“; „Schmidt-Fichtelberg“; Hanns Fechner; Ludwig Julius Christian Dettmann; Eva Stort; Ernst Seger; Originale der Lustigen Blätter.

400 I  Anhang

(Chemnitzer Tageblatt vom 11. September 1910, S. 22). 2. Oktober – 18. Oktober: Eugen Spiro: große Kollektion; Ludwig von Senger: ­Landschaften; „Müller-Brieghl (Berlin)“. (Chemnitzer Tageblatt vom 4. Oktober 1910, S. 12). 21. Oktober – 10. November: Moderne künstlerische Porzellane. Erzeugnisse der könig­ lichen Manufakturen Meißen, Berlin, Kopenhagen, Nymphenburg, der Schwarzburger Werkstätten in Unterweißbach, Gebrüder Heubach im Lichte; Große Kollektionen von Majoliken: Großherzog­liche Manufaktur, Karlsruhe; Wiener Werkstätten; Friedrich Goldscheider, Wien. (Chemnitzer Tageblatt vom 23. Oktober 1910, S. 22). Ab 12. November: Charles J. Palmié: Gemälde von seinem Zschopauer Aufenthalt; „Adeline Koerner“; Gustav Lehmann (*1883). (Chemnitzer Tageblatt vom 12. November 1910, S. 12).

1911 Januar: Edmund Steppes; Wilhelm Überbrück; Moriz Melzer. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). Februar: Paul Hoecker: Nachlass; Max Fritz (*1849): Aquarelle; Friska von Graisowska: Ölgemälde. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). März: Jagdausstellung. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). April bis 1. Mai: Hans Unger (*1872); Johanna Maria Schwenker; „Otto Herlbeck“; „D. van Ungeren“; Otto Leu; „Otto Horlbeck“; Originale der Lustigen Blätter; Karl Schmidt-Rottluff. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78, Stadt A Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap. III., Sekt. X, Nr. 31, Bl. 35 – 37 und Chemnitzer Tageblatt vom 28. April 1911, S. 13). Ab 3. Mai: Hugo Schimmel; Max Walter Schmidt. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78 und Chemnitzer Tageblatt vom 28. April 1911, S. 13). Juni: Georg Fritz (*1884); Ernst Eimer, Reinhold Kuntze, Wilhelm Jakob Hertling; Donat Motte. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). Juli – Oktober: Karl Hofer (*1878); Neue Sezession Berlin; Ernst Liebermann; „Adolf Röther“; Hermann Terstegen; Künstlergruppe Chemnitz. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). November: Leo Putz; Fritz Erler (*1868); „Walter George“; Fritz Osswald; Walter Püttner; Reinhold Max Eichler; Hugo von Habermann (*1849); „Richard Weißgerber“; Angelo Jank; Max Feldbauer; Otto Bauriedl; Richard Pietzsch; Karl Haider; Ferdinand Hodler; „Senf“; Hans Richard von Volkmann; Ludwig von Hofmann; Raffael Schuster-Woldan; Hans Olde (*1855); Carl Reiser (*1877); Friedrich Kallmorgen.

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  401

(Chemnitzer Kalender 1912, S. 78). Dezember: Max Landschreiber; „Adeline Koerner“. (Chemnitzer Kalender 1912, S. 78).

1912 Januar: Ausstellung des Ortsverbandes Dresden des Bundes deutscher und österreichischer Künstlerinnen-Vereine; Richard Dreher. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 110). Februar: Leo Rauth; Harry Liebmann: Plastiken. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 110). 22. Februar – 17. März: Charles J. Palmié. Veranstaltet in den Räumen der Vorbildersammlung des Industrie- und Kunstgewerbevereines. (Kunstchronik 22, H. 39, 1912, S. 621; Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1912). März: Karl Haider; Johanna Maria Schwenker; Rudolf Gönner; Paul Wilhelm (*1886). (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). April: Paul W. Ehrhardt; Harald Tillberg; Alfred Schmidt (*1867); „Sophie Rabe, Dresden“: kunstgewerb­liche Arbeiten. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). Mai: Georg M. Meinzolt; Franz Xaver Hoch; Emily Lengnick. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). Juni: Helene von der Leyen; Alfred Hofmann-Stollberg; Leopold Thieme; „Frau HofmannStollberg“: kunstgewerb­liche Arbeiten. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). Juli und August: Viktor Weichart; „Lucy Pelling Hall, München“; „Anton Reinhold, München“; Alexander Weise. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). September: Alfred Sohn-Rethel; Edward Theodore Compton; Erich Hartmann (*1886); „Fritz Naumann, Dresden“. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). Oktober: Marine-Ausstellung. Friedrich Kallmorgen; Willy Stöwer; Eduard Krause-­ Wichmann; Fritz Osswald; Karl Schön (*1868); Manuel Wielandt; Wilhelm Müller-­ Brieghel; Carl Becker (*1862/1926); Otto Heinrich Engel; Carl Saltzmann; Julius ­Wentscher (*1842); Cornelius Wagner; Hans Herrmann (*1858); Leonhard Sandrock; Gustav Adolf van Hees; Carl Heßmert; Ernst Morgenstern; Henry Enfield (*1849); Ulrich Hübner; Karl Walter (*1868); Rudolf Hellwag; Friedrich Wilhelm Schwinge; Hans Bohrdt; Hans von Bartels; „W. Teetz, Hennickendorf“; Carlos Grethe. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). November: Kollektivausstellung. „Adeline Koerner, Chemnitz“; Hans Windisch (*1891); „D. Sitzmann, Chemnitz“; Georg Curt Bauch: Plastiken. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111 und 1914, S. 109).

402 I  Anhang

Dezember: Freier Künstlerbund, München; Konrad Alexander Müller-Kurzwelly; „Ilse Krause-Wittgenstein, Dresden“; Arthur Lewin-Funcke: Plastiken. (Chemnitzer Kalender 1913, S. 111). Weihnachtsausstellung: Hans Licht; Hans Richard von Volkmann; „Elisabet Lotternom“, Heinrich Herzig; Arthur Lewin-Funcke: Plastiken. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109).

1913 Januar und Februar: Gerhard Marcks; Richard Scheibe; Bernhard Hoetger: Majoliken. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109). März: Sascha Schneider. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109 und Kunstchronik 29, 18. April 1913, S. 417). April: Auktion von Gemälden aus der Sammlung eines Münchner Kunsthistorikers; Origi­ nalzeichnungen der Jugend. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109). April: Hans Beat Wieland: Alpenbilder. (Kunstchronik 34, 23. Mai 1913, S. 499). Mai: Ausstellung des Erzgebirgischen Künstlerbundes. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109). Juni: Albert Stagura: Gemälde. (Kunstchronik 40, 1. August 1913, S. 593). August: Willy Tiedjen; Wilhelm Hempfing. (Kunstchronik 43, 12. September 1913, S. 643). September: „Dreyer“; „Albert Athenstaedt, Dresden“. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109). Oktober: Erich Erler. (Chemnitzer Kalender 1914, S. 109).

1915 Dezember: Edward Cucuel; Hugo Vogel (*1855). (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106).

1916 Januar: Alexander Gerbig (*1878). (Chemnitzer Kalender 1917, S. 104). Februar: Max Feldbauer (Künstler der Jugend). (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106). März: Gustav Kampmann: Stimmungsbilder; Hermann Dischler: Landschaften; Carl Albrecht (*1862); Fritz Erler (*1868); Ferdinand Spiegel: Kriegsmappe. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 105/106).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  403

April: Ludwig von Hofmann; Gustav Meyer-Buchwald: Bildnisse und plastische Arbeiten. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 104/105). Mai: Aussteller-Verband Münchner Künstler. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106) 31. Mai – 15. Juni: Verlosungsausstellung von Werken Chemnitzer Künstler. Unterstützungsaktion für Chemnitzer Künstler. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106 und Der Kunstmarkt XIII, Nr. 39, 1915/16, S. 184). Juli: Friedrich Fehr. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106). August: Alfred Heinrich Pellegrini. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 104). September: Die Jagd. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106). September: Alfred Kunze: Ausstellung zum 50. Geburtstag mit 89 Arbeiten. (Chemnitzer Kalender 1917, S. 106).

1917 Januar: Friedrich Kallmorgen: Gemälde; Felix Loch: Entwürfe zu Faust. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 109). Februar: Adolf Fischer-Gurig: Stadtbild der Wendenfeste Bautzen; Erich Buchwald-­Zinnwald: Erzgebirge bei Altenberg. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 109). März: Hans von Bartels: Nachlass- und Gedächtnisausstellung mit Gemälden, Aquarellen, Handzeichnungen und Skizzen. (StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Kap.  III., Sekt. X., Nr. 33, Bd. 2, Bl. 134; Chemnitzer Kalender 1918, S. 107 und Neuigkeiten des deutschen Kunsthandels 31. Mai 1917, S. 52). April: Künstlerbund Bayern. Carl von Marr; Georg und Raffael Schuster-Woldan; Ernst Liebermann; Franz Xaver Hoch; Hermann Urban; „Gesscken“; Carl Blos; August Lüdecke-Kleve. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 110). Mai: Ferdinand Schmutzer (*1870): Graphik. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 110). Mai und Juni: Hans von Petersen: Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 108). Juli: Rudolf Schramm-Zittau; Otto Strützel. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 110). August: Gotthardt Kuehl: Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 108).

404 I  Anhang

September: Lesser Ury: kleine Landschaften und einige Figurenbilder aus der Pariser Studienzeit. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 110). Oktober: Siegfried Laboschin: Graphik; Alfred Hofmann-Stollberg: Erzgebirgische und Vogtländische Landschaften und Ortschaften. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 109/110). Ohne Angabe der Laufzeit: Propaganda-Ausstellung von bulgarischen Künstlern, Plastik, Malerei, Keramik, Kunstgewerbe. (Chemnitzer Kalender 1918, S. 107).

1918 Januar: Max Uth: Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 105). März: Carl von Marr: Gedächtnisausstellung zum 60. Geburtstag; Walther Illner. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 105). 11. April: Kunstversteigerung. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 113). Mai: Karl O’Lynch of Town: Seelandschaften von der flandrischen Küste und von den Gestaden des Mittelmeers. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 105). Juni – 30. Juni: Gustav Schönleber: Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 104). Juni: Hugo von Habermann (*1849). (Chemnitzer Kalender 1919, S. 105). Sommer: Neue Münchner Kunst. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 105). August und September: Franz Xaver Hoch: Gedächtnisausstellung; Hans Borchardt (*1865): Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1919, S. 104).

1919 Januar: Walther Klemm: Malerei und Graphik. (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119) Februar: Rudolf Sieck: Landschaften; Irma Stern: Gouache-Gemälde. (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). März: Ernst Vollbehr: Skizzen aus Afrika. (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). April: Fritz Boehle: Graphik. (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). Mai bis August: Otto Dill; Richard Müller (*1874); Siegfried Mackowsky; Walter Zeising.

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  405

(Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). September: Eugen Bracht. (Chemnitzer Kalender 1920, S. 119). Oktober: Hans Thoma (*1839): Jubiläumsausstellung zum 80. Geburtstag, Graphik und Gemälde aus Privatbesitz. (Chemnitzer Kalender 1920. S. 119). November: Alfred Hofmann-Stollberg; Georg Richter-Lößnitz; Philipp Röth; Karl Hänsel; Bruno Ziegler: Plastiken. (Chemnitzer Kalender 1920. S. 119).

1920 Februar: Theo von Brockhusen: Gedächtnisausstellung. (Chemnitzer Kalender 1921, S. 114). Ab 15. Februar: Lovis Corinth: Gemälde und das graphische Werk aus Museums- und Privatbesitz. (Altregistratur SKD, 01/GG 006 Bd. 12, Bl.277, 6. Feb. 1920 und Chemnitzer Kalender 1921, S. 114 und Der Cicerone 12, H. 9, 1920, S. 386). Juni und Juli: Gustav Schaffer: das gesamte graphische Werk 1905 – 1920. (Chemnitzer Kalender 1921, S.  112; Der Cicerone 12, H.  14, 1920, S.  555/556 und Ausstellungs­kat. Galerie Gerstenberger 1920). September: Moriz Melzer; Alfred Schneider-Chemnitz. (Chemnitzer Kalender 1921, S. 114). September und Oktober: Max Pechstein: Landschaften. (Chemnitzer Kalender 1922. Johannes Rentzsch: Betrachtungen zu den Chemnitzer Ausstellungen, S. 126; Der Cicerone 12, H. 18, 1920, S. 690 und Soika 2011, Bd. 2, S. 62). Oktober und November: Berliner Sezession; Künstlervereinigung Dresden. (Der Cicerone 12, H. 18, 1920, S. 690).

1921 24. – 30. Januar: ­Mutter und Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte, gemeinsame Ausstellung mit der Kunsthütte. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 127 und 138; Der Cicerone 13, H. 5, 1921, S. 161 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1921a). März: Sepp Frank (*1889): Graphik; Max Slevogt: Die Zauberflöte. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 127). April: Künstlervereinigung Dresden. Ludwig von Hofmann; Karl Albiker; Robert Sterl. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 126). Mai: Fritz Erler (*1868): Gemälde; „Westermayer, Hamburg“; Paul Segisser; Alfred Hofmann-­ Stollberg; Alfred Schneider-Chemnitz; Alfred Kunze; Otto Altenkirch; „Hösel“; Lene

406 I  Anhang

Schneider-Kainer: Handzeichungen, Lithographien und Radierungen; Carl Schwalbach: Aquarelle. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 127 und Kunstchronik 56, H. 35, 1921, S. 672). 25. Juni – Mitte Juli: Edvard Munch: Malerei und Graphik. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 125; Kunstchronik 56, H. 35, 1921, S. 672; H. 39, 1921, S. 731; H. 41/42, 1921, S. 762/763 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1921b). August: Moderne deutsche Graphik, insbesondere Käthe Kollwitz; Wilhelm August Th ­ eodor Steinhausen. (Kunstchronik 56, H. 45/46, 1921, S. 825). September – 9. Oktober: Hans Meid: Graphik von 1909 bis 1921, Radierungsfolge Die Bibel Teil 1 – 3, Don Juan, Othello, Aus Baden-Baden, Illustrationen zu Lenau’s Faust; Carlos Grethe: Gemälde. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 127; Chemnitzer Tageblatt vom 21. September, S. 4; vom 28. September 1921, 2. Beilage S. 9; Kunstchronik 56, H. 48, 1921, S. 869; H. 52, 1921, S. 941/942 und Der Cicerone 13, H. 20, 1921, S. 596). Oktober: Gemälde erster Meister, unter anderem ­solche des 19. Jahrhunderts. (Chemnitzer Tageblatt vom 20. Oktober 1921, S. 4). Ab 21. Oktober – November: Oskar Kokoschka: Zeichnungen und Lithographien, Porträts und Akte. Im graphischen Raum; Werke von Meistern des 19. Jahrhunderts: Hans Thoma (*1839); Carl Schuch (*1846); Eduard Schleich (*1812); Ludwig Dill; Friedrich August von Kaulbach; Fritz Boehle; Louis Eysen. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 126; Chemnitzer Tageblatt vom 21. Oktober 1921, S. 4; Kunstchronik 57, H. 5, 1921, S. 83 und H. 6, 1921, S. 105). November: Gustav Schaffer: Ausstellung zum 40. Geburtstag; Sammlung verschiedener Meister: Hans Thoma (*1839); Carl Schuch (*1846); Eduard Schleich (*1812); Fritz Boehle; Lovis Corinth; Wilhelm August Theodor Steinhausen; Karl Buchholz; Karl Hagemeister; Gotthardt Kuehl; Philipp Röth. (Chemnitzer Kalender 1922, S. 79 und 156 und Kunstchronik 57, H. 9, 1921, S. 161).

1922 Januar: Wilhelm Krieger: Tierbronzen (Chemnitzer Tageblatt vom 28. Januar 1922, S. 7). März – April: Jubiläumsausstellung. Deutsche Malerei und Plastik in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von Feuerbach bis Liebermann. (Der Cicerone 14, H. 7, 1922, S. 310/311, 386 und 397/398; Kunstchronik 57, H. 26, 1922, S. 420 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1922). 29. April – 10. Juni: Gustav Schaffer: Gemälde, Temperas, Handzeichnungen und Graphiken. (Der Cicerone 14, H. 12, 1922, S. 526/527 und Chemnitzer Tageblatt vom 29. April, S. 3/4). Ende Mai: Karl Otto Prätorius: Bilder vom Königsee. Im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. Mai 1922, S. 9).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  407

11. Juni – Juli: Berliner Sezession: Gemälde und Graphik. Lovis Corinth; Philipp Franck (*1860); Erich Klossowski; Hans Gerson (*1882); Wilhelm Kohlhoff; Charlotte Berend-Corinth; Eugen Spiro; Paul Paeschke; Gino DeFinetti; Magnus Zeller; Ernst Fritsch; Heinrich Harry Deierling; Willy Jaeckel; Erich Waske; Franz Heckendorf. (Der Cicerone 14, H. 14, 1922, S. 616; Chemnitzer Tageblatt vom 8. Juni, S. 9 und vom 11. Juni 1922, S. 13). Ab 6. August: Graphische Sonderausstellung. Im graphischen Kabinett: Ernst Barlach; Lovis Corinth; Julius Diez; Sepp Frank (*1889); August Gaul; „Geiger“; Franz ­Heckendorf; Josef Hegenbarth; Otto Hettner; Ludwig von Hofmann; Willy Jaeckel; Walther Klemm; Max Klinger; Wilhelm Kohlhoff; Käthe Kollwitz; Christian Landenberger; Max Liebermann; Hans Meid; Ludwig Meidner; Richard Müller (*1874); Edvard Munch; Emil Nolde; Ernst Oppler; Emil Orlik; Paul Paeschke; Max Pechstein; Joseph Pennell, Klaus Richter (*1887); „L. Richter“; Karl Ritter (*1888); Paul Scheurich; Rudolf Schiestl; Ferdinand Schmutzer (*1870); Richard Seewald; Max Slevogt; Jakob Steinhardt; Franz von Stuck; Hermann Struck; Lesser Ury. (Kunstchronik 57, H. 45, 1922, S. 749 und Soika 2011, Bd. 2, S. 68). Ab. 9. September: Einzelwerke erster Künstler: Max Liebermann; Max Slevogt; Carl Spitzweg; Hans Thoma (*1839); Wilhelm Trübner; Heinrich von Zügel; Albert von Keller; Adolf Hengeler; Hans von Bartels. Bronzen von Thomas Theodor Heine; Karl Weinberger; Wera von Bartels-Heimburg; Cipri Adolf Bermann; Franz von Stuck; Willy Zügel; Fritz Behn; Otto Pilz. (Kunstchronik 57, H. 51/52, 1922, S. 868). Ab 13. Oktober – November: Max Pechstein: Gemälde und Graphiken. Einzelwerke bedeutender Maler der Gegenwart. (Kunstchronik 57, H. 51/52, 1922, S. 868 und Kunstchronik 58, H. 7, 1922, S. 130). Dezember: Bilder von Oswald Achenbach; Hans von Bartels; Fritz Beckert; Fritz Boehle; Bernhard Buttersack; Lovis Corinth; Edward Cucuel; Franz von Defregger; Ludwig Dill; Walter Firle; Eduard von Grützner; Hugo von Habermann (*1849); Karl H ­ agemeister; Adolf Hengeler; Ulrich Hübner; Angelo Jank; Leopold von Kalckreuth; Lesser Ury; Max Liebermann; Emil Lugo; Gustav Schönleber; Max Slevogt; Carl Spitzweg; Toni von Stadler (*1850); Hans Thoma (*1839); Wilhelm Trübner; Heinrich von Zügel. Bronzen von: Fritz Behn; Thomas Theodor Heine; Otto Pilz; Renée Sintenis; Arthur Volkmann; Willy Zügel. (Kunstchronik 58, H. 13/14, 1922/1923, S. 251).

1923 März: Ausstellung von Handzeichnungen, Radierungen, Lithographien und Holzschnitte im graphischen Kabinett: Ernst Barlach; Johann Vincent Cissarz; Lovis Corinth; August Gaul; „Geiger“; „Großmann“; Ludwig von Hofmann; Ferdinand Hodler; „Hutloss“; Willy Jaeckel; Klaus Richter (*1887); Wilhelm Kohlhoff; Georg Kolbe; Käthe Kollwitz;

408 I  Anhang

Oskar Kokoschka; „Krauskopf“; Walther Klemm; Max Liebermann; Hans Meid; Felix Meseck; Ludwig Meidner; Emil Nolde; Ernst Oppler; Emil Orlik; Max Pechstein; Robert Richter (*1860); Max Slevogt; Edwin Scharff; Otto Schoff; Jakob Steinhardt; Hermann Stehr (*1887); Richard Seewald; Lesser Ury; „Wagner“; „Zügel“. (Kunstchronik 58, H. 23, 1923, S. 454; Chemnitzer Tageblatt vom 3. März 1923, S. 3 und Soika 2011, Bd. 2, S. 70). März: Heinrich Brenner (*1883): Holzkronleuchter mit 6 Figuren. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. März 1923, S. 3). Einzelwerke von Oswald Achenbach; Fritz Boehle; Franz von Defregger; Karl ­Hagemeister; Adolf Hengeler; Hubert von Herkomer; Albert von Keller; Emil Lugo; Gustav S­ chönleber; Carl Schuch (*1846); Max Slevogt; Carl Spitzweg; Toni von Stadler (*1850); Hans Thoma (*1839); Franz von Stuck; Wilhelm Trübner. Ausstellung von Impressionisten und Expressionisten im graphischen Kabinet: Ernst ­Barlach; Oskar Kokoschka; Max Pechstein; Emil Nolde; Ludwig von Hofmann; Willy Jaeckel; Hans Meidner; Jacob Steinhardt; Richard Seewald; Klaus Richter (*1887); Max ­Liebermann; Käthe Kollwitz; Max Slevogt; Hans Meid; Ernst Oppler; Lesser Ury; Emil Orlik. (Chemnitzer Tageblatt vom 20. März 1923, S. 6). Ab 27. März – 15. April: Eugen Bracht: Gedächtnisausstellung. Arbeiten aus dem Nachlass und deutschem Privatbesitz. (Kunstchronik 58, H. 29, 1923, S. 567 und Chemnitzer Tageblatt vom 27. März 1923, S. 2 und 4). April: Handzeichnungen aus der Romantik im graphischen Kabinett: Friedrich Wasmann; Johann Martin von Rohden, Ludwig Beckmann, Peter Johann Theodor Janssen. (Kunstchronik 58, H. 26/27, 1923, S. 516; Chemnitzer Tageblatt vom 19. April, S. 8 und vom 6. Mai 1923, S. 13). 21. April bis 3. Mai: Schülerausstellung der Kunstschule der Künstlergruppe Chemnitz. (Chemnitzer Tageblatt vom 21. April 1923, S. 4). Ab 9. Mai: Ortsgruppe Chemnitz des Reichswirtschaftsverbandes bildender Künstler Deutschlands. Alfred Kunze; Martha Schrag; Rose Friedrich; Rudolf Pleißner; Bernhard Mehnert; Hanna Klose-Greger; Alfred Schneider-Chemnitz; „Arnold“; Lucie Schreihage; „Schönfelb“; Bruno Ziegler; „Ott“; „Bochmann“; „Wagner-Wilbemann“; „Bielenberg“. (Chemnitzer Tageblatt vom 12. Mai 1923, S. 2). Ab 29. Mai: Aquarellausstellung bedeutender Expressionisten im graphischen Kabinett: H ­ einrich Campendonk; Josef Eberz; Lyonel Feininger; Franz Heckendorf; Willy ­Jaeckel; Alexej von Jawlensky; Oskar Kokoschka; Paul Klee; Emil Nolde; Otto Lange; Max Pechstein; ­Christian Rohlfs; Richard Seewald; Edwin Scharff; Georg Schrimpf; Karl ­Schmidt-Rottluff; Max Unold; Jan Oeltjen; Martel Schwichtenberg; „Hurth“; Artur D ­ egner; „Mareuse“; „Schübin“; „E. Lange“; César Klein; „Kühn“; Karl Buchholz; ­„Erdmann“; „Wagner“; Franz Radziwill; „Lasser“; Alfred Kubin.

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  409

(Kunstchronik 58, H. 35/36, 1923, S. 660; Chemnitzer Tageblatt vom 29. Mai, S. 2 und vom 16. Juni 1923, S. 5). Juni: Gemäldeausstellung aus dem eigenen Besitzstand 1841 – 1914. Franz von Defregger; Fritz von Uhde; Albert von Keller; Walter Leistikow; Hans Thoma (*1839); Wilhelm ­Trübner; Max Slevogt; Lovis Corinth; „Wenk“; Friedrich Voltz; Adolf Hengeler; Toni von ­Stadler (*1850); Franz Skarbina; „Schmitz“; „Hamacher“; Hans Unger (*1872); Carl Spitzweg; Max Liebermann. (Chemnitzer Tageblatt vom 17. Juni, S. 9; vom 11./12. Juli, S. 3/4 und vom 21. Juli 1923, S. 3). Ab 2. September: Gemäldeausstellung verschiedener Künstler. Lovis Corinth; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Wilhelm Trübner; Franz von Stuck; Eugen Bracht. (Chemnitzer Tageblatt vom 2. September, S. 4; vom 17. September, S. 3; vom 24. November, S. 3 und vom 25. November 1923, S. 7). Ab 15. September: Irma Stern: Aquarelle. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. September, S. 2 und vom 24. September 1923, S. 6). Anfang Dezember: Deutsche Graphiker der Gegenwart im graphischen Kabinett: Ernst Barlach; Lovis Corinth; Johann Vincenz Cissarz; Sepp Frank (*1889); Georg Hermann Gelbke; „Großmann“; „Geieger“; Ludwig von Hofmann; Josef Hegenbarth; Otto ­Hettner; Willy Jaeckel; Walther Klemm; Käthe Kollwitz; Georg Kolbe; Alfred Kubin; Max ­Liebermann; Hans Meid; Felix Meseck; Ludwig Meidner; Heinrich Nauen; Emil Nolde; Ernst Oppler; Emil Orlik; Max Pechstein; Karl Schmidt-Rottluff; Ferdinand Schmutzer (*1870); Max Slevogt; Wilhelm August Theodor Steinhausen; Franz von Stuck; Hans Unger (*1872); Erich Wolfsfeld. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Dezember, S. 3 und vom 10. Dezember 1923, S. 3). Dezember: Gemälde-Ausstellung verschiedener Künstler. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. Dezember 1923, S. 3 und 9).

1924 Februar: Josef Hegenbarth: Aquarelle. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3 und Einladungskarte Galerie Gerstenberger 1924). Frühjahr: Hanna Klose-Greger: Aquarelle. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). Frühjahr: Carl Caspar und Maria Caspar-Filser: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). Frühjahr: Henri de Toulouse-Lautrec: Graphik. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). April: Otto Schubert (*1892): Aquarelle, Radierungen, Lithographien. (Der Cicerone 16, H. 7, 1924, S. 332 und Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). April–Mai: Romantik und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung.

410 I  Anhang

(Der Cicerone 16, H. 9, 1924, S. 422; Kunst für alle 39, 1923/1924, S. 316 – 320 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1924). 14. Juni – 14. Juli: Otto Th. W. Stein: Gemälde und Zeichnungen aus der letzten Zeit. (Der Cicerone 16, H. 14, 1924, S. 672; Thormann 1992, S. 284 und Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). Herbst: Impressionistische Werke der Deutschen Malerei. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). Herbst: Gustav Schaffer: Gemälde, Bildnisse, Landschaften, Kompositionen. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3). Oktober: Neu gezeigte Gemälde von Max Slevogt; Lovis Corinth; Max Liebermann; Franz von Stuck; Hans Thoma (*1839); Carl Schuch (*1846); Walter Leistikow; Gotthardt Kuehl; Karl Hagemeister; Ivo Hauptmann; Max Pechstein; Walther Klemm; Franz Heckendorf; „Krauskopf“; Erich Klossowski; Ulrich Hübner; Heinrich Hübner (*1869); Otto Th. W. Stein. Im graphischen Kabinett sind ausgestellt: Max Liebermann; Max Slevogt; Lovis Corinth; Emil Orlik; Lesser Ury; Philipp Franck (*1860); Klaus Richter (*1887); Willy Jaeckel; Max Pechstein; Ludwig von Hofmann; „Karl Voll, Dresden“; Walter Jacob; Emil Nolde. (Der Kunstwanderer, Oktoberheft 1924, S. 48 und Thormann 1992, S. 284). November/Dezember: Wilhelm August Theodor Steinhausen: Gedächtnisausstellung, Gemälde, Zeichnungen, Graphiken. (Der Kunstwanderer, Dezemberheft 1924, S. 119; Kunst und Künstler 23, H. 4, 1925, S. 151 und Chemnitzer Tageblatt vom 1. März 1924, S. 3).

1925 Januar: Gustav Schaffer: Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen; Fritz Huf: Plastiken. (Der Kunstwanderer, Januarheft 1925, S. 155; Der Cicerone 17, H. 2, 1925, S. 102/103 und Kunst und Künstler 23, H. 5, 1925, S. 197). Februar: Ferdinand Hodler: Gemälde aus allen Schaffensphasen. (Der Cicerone 17, H. 4, 1925, S. 227/228 und Kunst und Künstler 23, H. 6, 1925, S. 250). 1. – 31. März: Hans Thoma (*1839): Gedächtnisausstellung. Gemeinsam veranstaltet mit der Kunsthütte. (Der Cicerone 17, H. 8, 1925, S. 435; Kunst und Künstler 23, H. 4, 1925, S. 151 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1925a). 15. Juni – 15. Juli (verlängert bis 20. Juli): Georg Kolbe: Plastik, Zeichnungen und Drucke. Im graphischen Kabinett: Paula Modersohn-Becker: Zeichnungen aus Hamburger Privat­ besitz und Galeriebesitz. (Der Cicerone 17, H. 14, 1925, S. 709; Kunstchronik 59, H. 15, 1925, S. 273; Kunst und Künstler 23, H. 12, 1925, S. 498; Chemnitzer Tageblatt vom 24. Juli 1925, S. 7; Chemnitzer Tageblatt vom 17. Juli 1925, S. 11 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1925b).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  411

Mitte August: Hans Beat Wieland: Aquarelle aus den Schweizer Bergen; Hermann G ­ eibel: Plastiken. (Der Kunstwanderer, Augustheft 1925, S. 437 und Chemnitzer Tageblatt vom 14. August 1925, S. 10). Im Vorraum Aquarelle von Alfred Kunze; Gustav Schaffer; Martha Schrag; Willy Jaeckel; Otto Lange; Otto Schubert (*1892); „Carl Voll“; Walter Jacob; Josef Hegenbarth. (Chemnitzer Tageblatt vom 17. August 1925, S. 5). Ende August/September: Graphikausstellung. Ernst Barlach; Max Pechstein; Karl SchmidtRottluff; Ludwig Meidner; Erich Wolfsfeld; Max Klinger; Käthe Kollwitz; Hans Meid; Ernst Oppler; Richard Seewald; „Beckmann“; Hugo Troendle; „Großmann“; Wilhelm Rudolph (*1889); Willy Jaeckel; Emil Nolde. (Chemnitzer Tageblatt vom 27. August 1925, S. 10). Im Schaufenster: Wilhelm Kuhnert: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 5. September 1925, S. 10). 13. – 30. September: Graphisches Kabinett: Lovis Corinth: graphische Arbeiten. (Chemnitzer Tageblatt vom 13. September 1925, S. 28). Mitte September: Porzellan- und Majolika-Plastik der Gegenwart. Adolph Amberg; Ernst Barlach; Paul Börner (*1888); Ludwig Dasio; Max Esser; August Gaul; Well Habicht; Hermann Hubatsch; Bernhard Hoetger; Max Hoene; Georg Kolbe; „König“, Alfred ­Liebmann; Richard Langer (*1879), Max Laeuger; Gerhard Marcks; Hugo Meisel; ­„Moeller“; Antonie ­Mutter; Adolf Oppel (*1874); Mauritius Pfeiffer; Hans Poelzig; Etha Richter; Gerhard Schliepstein; Hans Schwegerle; „Scheffer“; Paul Scheurich; Otto ­Stichling; Arthur Storch; Milly Steger; Louis Tuaillon; Gustav Weidanz; Joseph Wackerle; Ernst Wenck; Willy Zügel; Susi Singer-Schinnerl; Lotte Calm; Willy Ernst Schade; Dagobert Peche; andere Künstler der Wiener Werkstätte. (Der Cicerone 17, H. 19, 1925, S. 960/961; Kunstchronik 59, H. 29, 1925, S. 477; Kunst und Künstler 24, H. 1, 1926, S. 40; Chemnitzer Tageblatt vom 18. September, S. 7; vom 3. Oktober, S. 7; vom 13. Oktober und vom 21. Oktober 1925, S. 7). Im Graphischen Kabinett: Lovis Corinth: Graphik. Verkaufsausstellung. (Der Kunstwanderer, Septemberheft 1925, S. 34). Ab 3. Oktober: Im Schaufenster: Hans Beat Wieland: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 3. Oktober 1925, S. 7). Ab 12. November: Das dekorative Bild. Ausstellung von Gemälden bedeutender Münchener, Berliner und Dresdner Künstler der Gegenwart. Ernst Liebermann; Otto Dill; Edward Cucuel; Gilbert von Canal; Hugo Kreyßig; „Fritz Benerlein“ [?]; Otto Altenkirch; Hans von Bartels; Gotthardt Kuehl; Adolf Hengeler; Carl Schuch (*1846); Fritz Boehle; Wilhelm Trübner; Walter Leistikow; Franz von Defregger; „Achenbach“; Wilhelm August Theodor Steinhausen; Eduard von Grützner; Franz von Stuck; Max Liebermann; Angelo Jank; Willy Zügel; Dorothea Kirchner-Moldenhauer, Johann Robert Korn; Ludwig Dasio; Cipri Adolf Bermann; Wilhelm Lehmbruck; Fritz Klimsch.

412 I  Anhang

(Chemnitzer Tageblatt vom 12. November, S. 7 und vom 18. November 1925, S. 7). Mitte November: Graphisches Kabinett: Edvard Munch: Graphik. (Chemnitzer Tageblatt vom 18. November, S. 7 und vom 26. November 1925, S. 13). Ende November: Im Schaufenster: Karl Otto Prätorius: Arbeiten. (Chemnitzer Tageblatt vom 30. November 1925, S. 7).

1926 Januar: Deutsche Künstler. U. a. Otto Th. W. Stein. (Thormann 1992, S. 285). Februar: Leo Putz: neue Arbeiten; Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Fritz Boehle; Lovis Corinth; Otto Gebler; Hugo Kaufmann; Albert von Keller; Walter Leistikow; Max ­Liebermann; Gabriel Cornelius von Max; Carl Schuch (*1846); Max Slevogt; Hans Thoma (*1839); Wilhelm Trübner; Bronzen von: Wera von Bartels-Heimburg; Karl Ebbinghaus; August Gaul; Georg Kolbe; Wilhelm Krieger. (Der Kunstwanderer, Februarheft 1926, S. 249). 31. März – 16. April: Graphikausstellung. U. a. Otto Th. W. Stein. (Thormann 1992, S. 285). Mai [?]: Karl Kröner: Sizilianische Landschaften; Otto Rost: Plastiken. (Der Cicerone 17, H. 9, 1926, S. 300). Juli: Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Franz von Defregger; Eduard von Grützner; Albert von Keller; Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Hans Thoma (*1839); Walter Leistikow; Hugo Kaufmann; Otto Gebler; „Achenbach“; Außerdem: Charlotte Berend-Corinth; Franz Heckendorf; Karl Hofer (*1878); Eugen Spiro; Max Pechstein; Ivo Hauptmann; Josef Hegenbarth; Rudolf Otto (*1887); Hans Unger (*1872); Ferdinand Dorsch; Fritz Beckert; Wilhelm Ludwig Heinrich Claudius sowie bekannte Münchner Künstler aus dem Kreise der Münchner Künstlergenossenschaft. (Der Kunstwanderer, Juliheft 1926, S. 462). Oktober: Aquarellausstellung. Bedeutendste deutsche Gegenwartskünstler: Karl Hofer (*1878); Oskar Kokoschka; Lovis Corinth; Christian Rohlfs; Emil Nolde; Karl Schmidt-Rottluff; August Macke; Max Pechstein; Erich Heckel; Otto Mueller; Carl Moll; Wolf Röhricht; Josef Eberz; Georges Mosson; Carl Mense; Ivo Hauptmann; „Groß“ [George Grosz?]; Otto Dix; Sepp Frank (*1889), Charlotte Berend-Corinth; „Hübner“; Gustav Schaffer; Karl Kröner; Richard Birnstengel; Otto Schubert (*1892); „Berndt“. (Der Kunstwanderer, Oktoberheft 1926, S. 79; Der Cicerone 18, H. 18, 1926, S. 681 und Soika 2011, Bd. 2, S. 74). Oktober/November: Kleinplastiken. Bedeutendste deutsche Gegenwartskünstler. (Der Kunstwanderer, Oktoberheft 1926, S. 79).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  413

1927 Januar: Januarausstellung mit einer Anzahl von Meisterwerken des 19. Jahrhunderts und neuere Arbeiten: Eduard von Grützner; Max Liebermann; Max Slevogt; Lovis Corinth; Carl Spitzweg; Hugo Kaufmann; Hans Thoma (*1839); Ludwig von Zumbusch; Oskar Kokoschka; Franz von Defregger; Max Oppenheimer; Anton Hoffmann (*1863); Josef Anton Schmid-Fichtelberg; Alfred Kunze: Stadtmotive; Angelo Jank; Edward Cucuel; Wilhelm Kuhnert; Hans Dahl; Ludwig Dill; Hans Richard von Volkmann; Claus Bergen; Hans Bohrdt; „Neumann-Chemnitz“. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Januar, S. 10; vom 9. Januar, S. 10 und vom 10. Januar 1927). Im Schaufenster: Otto Fikentscher (*1862): Jagdbilder; Hans Kallmeyer: Elche. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. Januar 1927, S. 4). Februar: Ausgestellt sind Werke von Eduard von Grützner; Max Liebermann; Max Slevogt; Lovis Corinth; Carl Spitzweg; Hugo Wilhelm Kauffmann; Hans Thoma (*1839); Joseph Karl Stieler; Caspar David Friedrich; Max Oppenheimer; Anton Hoffmann (*1863); „Kaiser“; Fritz Beckert; Alfred Kunze; Josef Anton Schmid-Fichtelberg; Angelo Jank; Edward Cucuel; Franz Frankl; Franz Roubaud; Wilhelm Kuhnert; Hans Dahl; Ludwig Dill; Hermann Göhler; Claus Bergen; Hans Richard von Volkmann; Hans Bohrdt; Alexander Koester (*1864); „Christian Drahtmann“. (Der Kunstwanderer, Februarheft 1927, S. 251). 13. Februar – Mitte März: Eugen Spiro: neueste Arbeiten aus Südfrankreich und Italien. (Der Kunstwanderer, Märzheft 1927, S. 298; Chemnitzer Tageblatt vom 13. Februar, S. 4 und vom 18. Februar 1927, S. 10). März: Kollektionen: Eugen Spiro; Otto Pippel. Meisterwerke der Malerei: Hans Thoma (*1839); Franz von Defregger; Carl Spitzweg; Ludwig Dill; Eduard von Grützner; Wilhelm ­Trübner; Carl Schuch (*1846); Lovis Corinth; Max Liebermann; Franz von Lenbach; Eugen Bracht; Gabriel Cornelius von Max; Hans von Bartels; Gabriel von Hackl; Ludwig von Zumbusch; Toni von Stadler (*1850); Heinrich von Zügel; Wilhelm August Theodor Steinhausen; Charles J. Palmié; Hans Unger (*1872); Franz Roubaud; Alexander Koester (*1864); Albert Schröder (*1854); Wilhelm Löwith; Wilhelm Kuhnert, Jagdbilder; Angelo Jank; Oswald Achenbach. (Chemnitzer Tageblatt vom 12. März 1927, S. 4). Im Schaufenster: Neue Arbeiten der in Chemnitz neu gegründeten Künstlergruppe „Der Künstlerkreis“: „Alfred Schneider“; „Wolf-Arnold“; Lucie Schreihage; „M. LobrichKühn“; Hanna Klose-Greger. (Chemnitzer Tageblatt vom 9. März 1927, S. 9). März/April: Anselm Feuerbach: Gemälde und Zeichnungen; Arnold Böcklin (*1827): italienische Landschaften. (Chemnitzer Tageblatt vom 17. März, S. 10 und vom 22. März 1927, S. 10). 3. – 30. April: Max Slevogt: Gemälde, Aquarelle und Graphik aus der Zeit von 1888 bis 1927. (Der Kunstwanderer, Aprilheft 1927, S. 336; Der Cicerone 19, H. 8, 1927, S. 262; Chemnitzer Tageblatt vom 18. März, S. 10; vom 3. April, S. 4 und 20; vom 4. April 1927 und

414 I  Anhang

Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1927a). Mai: Anselm Feuerbach: Gemälde; Otto Pippel: Gemälde; Otto Altenkirch; Karl Boehme; Eugen Bracht; Gilbert von Canal; Edward Cucuel; Otto Dill; Walter Firle; Hermann Göhler; Angelo Jank; „Kaiser; Neumeister; Roloff“; Emil Rau; Otto Strützel; Hans Richard von Volkmann. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. Mai, S. 4 und vom 14. Mai 1927, S. 9). Juni: Im Schaufenster: Emil Rau; Walter Firle: Neue Figurenbilder; Alfred Kunze: Neue Chemnitzer Stadtbilder. (Chemnitzer Tageblatt vom 14. Juni 1927, S. 4). Gemälde des 19. Jahrhunderts; Keramiken der Wiener Werkstätten. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juni 1927, S. 3). Juli: Heinrich von Zügel: Gemälde aus allen Schaffensperioden Graphisches Kabinett: Hans Richard Heinmann. Tierplastiken: Fritz Behn; Otto Pilz; Dorothea Kirchner-Moldenhauer; Wilhelm Krieger; Willy Zügel; Walter Sebastian Resch. (Der Kunstwanderer, Juliheft 1927, S. 509; Chemnitzer Tageblatt vom 7. Juli, S. 8 und vom 15. Juli 1927, S. 4). August: Edgar Degas: Plastiken. (Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937, Brief vom 23. August 1927; Der Kunstwanderer, Augustheft 1927, S. 32; Chemnitzer Tageblatt vom 14. August, S. 10 und Ausstellungskat. Berlin 1926). Heinrich von Zügel: Gemälde. Im Schaufenster: Holländische Meister des 17. Jahrhunderts. David Teniers (*vor 1610); „Ostade“; Frans van Mieris (*1635); Cornelis Man; Anthonie Palamedesz; Jan Miense Molenaer; Quiringh Gerritsz. van Brekelenkam; Willem van de Velde (*vor 1633). (Der Kunstwanderer, Augustheft 1927, S. 32 und Chemnitzer Tageblatt vom 13. August 1927, S. 4). September: Neu ausgestellt: Ferdinand von Rayski: Gemälde; Otto Dill: Gemälde sport­ lichen Inhalts; Karl Wagner (*1839): Aquarelle und Gemälde; Einzelwerke von Angelo Jank; Carl Spitzweg; Hans Thoma (*1839); Heinrich von Zügel; Eduard von Grützner; Ludwig von Zumbusch; Gabriel Cornelius von Max; Franz von Defregger; Alfred Kunze: Gemälde von der Kanaren-Reise. (Chemnitzer Tageblatt vom 19. September und vom 24. September 1927). Im Schaufenster: Alfred Streubel: neue Landschaften und Figurenbilder. (Chemnitzer Tageblatt vom 3. September und vom 15. September 1927, S. 4). Ab 8. Oktober: Hans Richard von Volkmann: Gedächtnisausstellung. Graphisches Kabinett: Jussuff Abbo: Plastik, Zeichnungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober, S. 4; vom 12. Oktober, S. 14; vom 14. Oktober, S. 10 und vom 26. Oktober 1927, S. 3).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  415

November: Porzellanausstellung bekannter Bildhauer: Meißen, König­liche Porzellanmanu­ faktur Berlin, Schwarzburger Werkstätten, Rosenthal. (Chemnitzer Tageblatt vom 13. November, S. 4 und vom 20. November 1927, S. 23). Mitte November: Neu ausgestellt: Gemälde namhafter Künstler der Münchner und Düsseldorfer Schule. (Chemnitzer Tageblatt vom 20. November 1927, S. 5). Dezember: Weihnachtsausstellung Seltene Meisterwerke der Malerei. Hans Richard von Volkmann; Otto Altenkirch; Hans von Bartels; „G. Berger“; Franz von Defregger; Otto Dill; Carl von Dombrowski; Elmar von Eschwege; Anselm Feuerbach; Else Franke; Eduard von Grützner; Gabriel von Hackl; Wilhelm Hasselbach; Joseph Peter Hoegg; Alexander Koester (*1864); Carl Kronberger; Richard Linderum; Willy Moralt; Walter Moras; Erich Müller (*1888); Fritz Müller (*1879); Paul Mathias Padua; Emil Rau; Franz Roubaud; Hermann Rüdisühli; Leopold Schmutzler; Rudolf Schramm-Zittau; Albert Schröder (*1854); Hermann Seeger; Hans Thoma (*1839); Hans Unger (*1872); Johannes Raphael Wehle; Heinrich von Zügel; Ludwig von Zumbusch. (Chemnitzer Tageblatt vom 7. Dezember, S. 18; vom 11. Dezember 1927, S. 8 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1927b).

1928 Ab 15. Januar: Münchner Landschaften 1850 – 1890. Paul Mathias Padua: Bilder oberbayerischer Bauern. (Der Kunstwanderer, Januarheft 1928, S. 211). März/April: Franz von Stuck: Gemälde und Bronzen; Wilhelm Jakob Hertling: Nachlass­ ausstellung: Gemälde, Aquarelle und Zeichnungen; Käthe Kollwitz: Ausstellung anläss­lich des 60. Geburtstages: Graphik. (Der Kunstwanderer, Aprilheft 1928, S. 350 und Ausstellungskat. Chemnitz 1928, S. 56). Juni: Juni-Ausstellung. Lucien Adrion: Landschaften; Lovis Corinth: Aquarelle; Emil Nolde: Aquarelle; Alexander Fischer (*1903): Tierplastiken; August Herzog: Oberbayerische Landschaften; Oskar Wiedenhofer: Porträts. Einzelwerke von Ferdinand von Rayski; Max Slevogt; Max Liebermann; Carl Spitzweg; Karl Hofer (*1878); Ludwig von Zumbusch; „Achenbach“; Heinrich von Zügel; Franz von Defregger; Friedrich Voltz; Hans von Bartels. (Der Kunstwanderer, Juniheft 1928, S. 503). August: Zeichnungen von Caspar David Friedrich. Einzelwerke von „Achenbach“; Fritz von Uhde; „Gaisser“; Ludwig von Zumbusch; Friedrich Voltz; Carl Seiler; Max L ­ iebermann; Heinrich von Zügel; Ferdinand von Rayski; Willem van de Velde (*vor 1633); Philips Wouwerman. (Der Kunstwanderer, Augustheft 1928, S. 544). 1. – 31. Oktober: Meisterwerke Deutscher Kunst des 19. Jahrhunderts und der Neueren Zeit. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1928).

416 I  Anhang

1929 Februar: Georg Kolbe: Plastiken. Gemälde von Max Slevogt; Max Liebermann; Carl Schuch (*1846); Lovis Corinth; Wilhelm August Theodor Steinhausen; Hans Thoma (*1839); Philipp Röth; Heinrich von Zügel; Toni von Stadler (*1850); Carl Spitzweg. Holländische Meister des 17. Jahrhunderts. (Der Kunstwanderer, Februarheft 1929, S. 276 und Berger 1990, S. 180). April/Mai: Französische Kunst. Gemälde, Aquarelle und Graphik der Gegenwart und des 19. Jahrhunderts. Nachimpressionisten und zeitgenössische Künstler: Paul Cézanne; Camille Corot; Gustave Courbet; Charles-François Daubigny; Eugène Delacroix; André Derain; „Dufy“; Aristide Maillol; Édouard Manet; Henri Matisse; Jean-François Millet; Pablo Picasso; Auguste Renoir; Camille Pissarro; Paul Signac; Henri de Toulouse-Lautrec; Maurice Utrillo; Maurice de Vlaminck. (Der Kunstwanderer, Maiheft 1929, S. 416; Chemnitzer Tageblatt vom 20. April, 3. Beilage S. 13 und vom 3. Mai 1929, 2. Beilage, S. 9). Mai: Münchner Künstler. (Chemnitzer Tageblatt vom 11. Mai 1929, S. 4). Japanische Malerei: „Fukuda“; „Imai“; Seishō Morohoshi; „Murakami“; „Otsuba“; ­„Shimazaki“; Wakanari Takatori; „Yagioka“. (Chemnitzer Tageblatt vom 24. Mai, S. 7 und vom 28. Mai 1929, 3. Beilage, S. 13). Juni: Deutsche Malerei des 19. Jahrhunderts und holländische Meister des 17. Jahrhunderts: Fritz von Uhde; Hans Thoma (*1839); Max Liebermann; Max Slevogt; Friedrich Voltz; Toni von Stadler (*1850); Franz von Stuck; Heinrich von Zügel; Franz von Lenbach; Ludwig von Zumbusch; Gabriel Cornelius von Max; Carl Spitzweg; Theodor Hagen; Matthys Naiveu; Jacob Salomonsz. van Ruysdael; Hendrik Gerritsz. Pot; Nicolaes Maes; Jan Miense Molenaer; Willem van de Velde (*vor 1633); Nicolaes Berchem. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. Juni, 3. Beilage, S. 13; vom 20. Juni, S. 7 und vom 22. Juni 1929, S. 7). Juli: Im Schaufenster: Piper-Drucke. Reproduktionen von bekannten Gemälden. (Chemnitzer Tageblatt vom 7. Juli 1929, S. 19). August/September: Holländische Meister des 17. Jahrhunderts: Ludolf Backhuysen (*1630); Nicolaes Berchem; Ferdinand Bol; Quiringh Gerritsz. van Brekelenkam; „Pieter Claesz.“; „van Croos“; Abraham Jansz. Begeyn; Albert Jacobsz. Cuyp; „J. van Dyck“; Jan van Goyen; Dirck Hals; „de Heem“; „Heemskerck“; „Jordaens“; Nicolaes Maes; „Lys“; Claes Molenaer; Jan Miense Molenaer; Joos de Momper (*1564); „van der Neer“; Salomon van Ruysdael; Abraham Storck; Gerard ter Borch (*1617); „van Uden“; Adriaen van de Velde (*1636); Willem van de Velde (*vor 1633); „van Vliet“; „de Vlieger“; Emanuel de Witte; Philips Wouwerman; „Bosschaert“; Albert van Ouwater; Jan Olis; Pieter Nolpe; „Soreau“. Außerdem: Madonna eines Tiroler Meisters um 1480.

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  417

(Der Kunstwanderer, Septemberheft 1929, S. 32; Der Cicerone 21, H. 18, 1929, S. 528 – 530; Chemnitzer Tageblatt vom 14. August, S. 13; vom 29. August, S. 4 und vom 3. September 1929, S. 8). September: Heinrich Plühr: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 18. September, S. 8 und vom 30. September 1929, S. 7). Oktober: Leopold von Kalckreuth: Gedächtnissausstellung. (Chemnitzer Tageblatt vom 7. Oktober 1929, S. 7). Technik in der Kunst/Kunst und Technik. Verein der Berliner Künstler: Franz Radziwill; József Bató. (Chemnitzer Tageblatt vom 11. Oktober 1929, S. 9). Oktober/November: Gemälde Münchner Künstler. (Chemnitzer Tageblatt vom 25. Oktober, S. 7 und vom 29. Oktober 1929. S. 13). November: Deutsche Meister und Münchner Künstler. (Chemnitzer Tageblatt vom 1. November, S. 7 und vom 3. November 1929, S. 4). Wilhelm Stumpf. (Chemnitzer Tageblatt vom 26. November 1929, S. 13). Dezember: Weihnachtsausstellung. Niederländische Meister des 17. Jahrhunderts: Philips Wouwerman; „Jan van Kessel“; „van der Mijn“; Quiringh Gerritsz. van Brekelenkam; „Ruysdael“; Jan van Goyen; „de Heem“; Ludolf Backhuysen (*1630); Nicolaes Berchem; „Molnaer“; deutsche Meister des 19. Jahrhunderts: Adolph Menzel; Carl Spitzweg; Johann Wilhelm Schirmer; Ferdinand von Rayski; Max Liebermann; Max Slevogt; Lovis Corinth; Hans Thoma (*1839); Leopold von Kalckreuth; Emil Lugo; Fritz von Uhde; Karl Haider; Franz von Stuck; Friedrich Voltz. (Der Kunstwanderer, Dezemberheft 1929, S. 148; Chemnitzer Tageblatt vom 7. Dezember, S. 8; vom 9. Dezember, S. 4 und vom 15. Dezember 1929, S. 8).

1930 März: Fritz Klimsch: Ausstellung zum 60. Geburtstag, Plastiken. (Der Kunstwanderer, Märzheft 1930, S. 268). 25. September [?] – Oktober oder November: Otto Th. W. Stein: Aquarelle und Zeichnungen. (Allgemeine Zeitung vom 8. Juni, S. 12 und vom 1. Oktober 1930; Chemnitzer Tageblatt vom 30. September 1930; Thormann 1992, S. 289 und Der Kunstwanderer, Novemberheft 1930, S. 80 und 82). Plastiken von Georg Kolbe; Renée Sintenis; Ernesto de Fiori; Richard Scheibe; Karl Albiker. Holländische Meister des 17. Jahrhunderts: Gerard ter Borch (*1617); „Es. van de Velde“; „Ruysdael“; Philips Wouwerman. Einzelwerke von: Hans Thoma (*1839); Max ­Liebermann; Max Slevogt; Lovis Corinth; Fritz von Uhde. (Der Kunstwanderer, Novemberheft 1930, S. 80 und 82).

418 I  Anhang

1931 Januar/Februar: Emil Mund: Plastik. (Chemnitzer Tageblatt vom 24. März 1934, S. 7 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1931a). Februar: Oskar Wiedenhofer: Neue Bildnisse. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1931b).

1932 März: Georg Kolbe: Ausstellung zum 55. Geburtstag, Plastiken. Meisterwerke des 19. Jahrhunderts. (Kunstwanderer 1932, S. 201 und Berger 1990, S. 181). 3. Juni – 29. Juni: Otto Th. W. Stein: Gemälde, Pastelle, Aquarelle und Zeichnungen. (Thormann 1992, S. 291). Oktober/November: Deutsche Romantiker und Ludwig-Richter-Schüler. Gemälde, ­Aquarelle und Zeichnungen. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1932).

1933 Januar: Verkäuf­liche Werke aus Privatbesitz: Hans Thoma (*1839); Ferdinand von Rayski; Ludwig Richter (*1803); Karl Blechen; „Dillis“; „Fohr“; Albert Venus; Carl Gustav Carus; Ernst Ferdinand Oehme; Theodor Hosemann; Joseph Anton Koch; Rosalba Carriera; „Johann Jacob Rentzsch“; Julius Hübner (*1806); Eduard von Grützner; Toni von ­Stadler (*1850); Adolph Menzel; Ludwig von Zumbusch; Hans von Bartels; ­Wilhelm Busch (*1832); Carl Schuch (*1846); Paul Meyerheim; Max Liebermann; Hans Unger (*1872); „Verboeckhoven“; Eugen Bracht; Mathias Schmid; Angelo Jank; Ludwig Dill; Franz Roubaud; Maurice Utrillo; Auguste Renoir. (Chemnitzer Tageblatt vom 27. Januar 1933, S. 4). Ende Januar – 15. Februar: Alfred Kunze: Reisebilder von seiner Arktisfahrt 1932, Schottland, Island, Spitzbergen, Norwegen. (Chemnitzer Tageblatt vom 29. Januar, S. 12 und vom 15. Februar 1933, S. 10). Februar/März: Kunst und Religion. Reichsdrucke religiösen Inhalts. (Chemnitzer Tageblatt vom 23. Februar, S. 13 und vom 26. Februar 1933, S. 21). Ab 10. März: Meisterwerke der deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts: Lovis Corinth; Max Slevogt; Max Liebermann; Fritz von Uhde; Hans Thoma (*1839); Wilhelm August Th ­ eodor Steinhausen; Ferdinand von Rayski; Carl Spitzweg; Gotthardt Kuehl; Otto Gebler; Toni von Stadler (*1850); Heinrich von Zügel; Max Gaisser, Franz von ­Defregger; Eduard von Grützner; Oswald Achenbach; Ludwig von Zumbusch; ­Caspar David ­Friedrich; Christian Friedrich Gille; Carl Gustav Carus; Rudolf Schuster; Adolph Menzel: Zeichnungen. (Chemnitzer Tageblatt vom 10. März, S. 11 und vom 15. März 1933, S. 9).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  419

April: Walther Klemm: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 26. April 1933, S. 9). Juni – August: Deutsche Heimat in Bildern von Ludwig Richter bis Thoma. Mit Leihgaben aus der Sammlung Carl Heumanns. Ludwig Richter (*1803); Hans Thoma (*1839); Fritz von Uhde; Johann Sperl (*1840); Ernst Ferdinand Oehme, „Venus“; Rudolf Schuster; Wilhelm Auguts Theodor Steinhausen; Fritz Boehle; Philipp Röth; Ferdinand von Rayski; Louis Gurlitt; Wilhelm von Kobell; Theodor Hosemann; Adolph Menzel; Julius Hübner (*1806). (Chemnitzer Tageblatt vom 23. Juni, S. 8 und vom 25. Juni 1933, S. 21/22). September: Herbstausstellung von Gemälden Münchner Künstler. Gebirgsbilder, Städteansichten, Landschaften, Seestücke, Blumen, Stillleben. (Chemnitzer Tageblatt vom 7. September 1933, S. 4). Ab 16. September: Romantische und intime Landschaft. Deutsche Romantiker. Edmund Rabe; Ferdinand Schauss; Rudolf Schuster; Andreas Achenbach; August von Bayer; Eduard Hildebrandt; Leopold Venus; Fritz von Uhde; Hans Thoma (*1839); Heinrich von Zügel. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. September, S. 5 und vom 17. September 1933, S. 19). Ab 20. Oktober: Neuromantiker. Fritz Wagner (*1896); Georg Siebert (*1896); „Frieda Kniev“; Ludwig Bartning (*1876); Carl Olof Petersen; Carl Theodor Protzen. (Chemnitzer Tageblatt vom 20. Oktober 1933, S. 7). November: Georg Schrimpf und ältere Münchner. Georg Schrimpf; Richard ­Kaiser (*1868); Christian Friedrich Mali; Wilhelm Frey (*1826); Rudolf Epp; Franz von Defregger; Franz von Lenbach; Hans Thoma (*1839); Wilhelm August Theodor Steinhausen; Toni von Stadler (*1850). (Chemnitzer Tageblatt vom 12. November 1933, S. 19). Ab 3. Dezember: Weihnachtsausstellung. Hermann Gradl (*1883): Gemälde; Albert Stagura: Chiemseebilder. Einzelwerke von Heinrich von Zügel; Hans Thoma (*1839); Ferdinand von Rayski; Toni von Stadler (*1850); Franz von Lenbach; Paul Meyerheim; Max Gaisser; Rudolf Epp; Ludwig von Zumbusch; „Kaulbach“; Eduard von Grützner; Adolph Menzel; Rudolf Schuster; Ludwig Richter (*1803); Wilhelm von Kobell; Gotthardt Kuehl. Sowie Bronzen von Renée Sintenis; Georg Kolbe; Ernst Barlach; Otto Pilz; Willy Zügel. (Chemnitzer Tageblatt vom 3. Dezember 1933, S. 21).

1934 August: Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Fritz von Uhde; Ludwig Richter (*1803); „Dietrich“; Johann Wilhelm Schirmer; Heinrich Adolf Lier; „Achenbach“; Ferdinand von Rayski; Heinrich von Zügel; Hans Thoma (*1839); Caspar David Friedrich; Johann Sperl (*1840); „Verboeckhoven“; Friedrich Voltz; „Eduard Schleich“; Wilhelm Trübner. (Chemnitzer Tageblatt vom 8. August, S. 7; vom 11. August, S. 5 und vom 9. August 1934, S. 9).

420 I  Anhang

1935 28. September – 31. Oktober: Heidelberger Romantikerfamilie Schmitt. Gemälde und Zeichnungen. August Gaul: Tierplastiken und Zeichnungen. (Einladungskarte Galerie Gerstenberger 1935). September/Oktober – November [?]: Wilhelm August Theodor Steinhausen: Gemälde. Einzelwerke des 19. Jahrhunderts: Anselm Feuerbach; Moritz von Schwind; Hans Thoma (*1839); Fritz von Uhde; Carl Spitzweg; Ferdinand von Rayski; Johan Christian Clausen Dahl; Friedrich Voltz; Christian Friedrich Mali; Charles Hoguet; Gotthardt Kuehl; Ferdinand Hodler. (Weltkunst 9, 1935, H. 37/38, S. 3; H. 39/40, S. 3; H. 41, S. 3; H. 42, S. 3; H. 43, S. 3 und H. 47, S. 3). November: Albert Stagura. (Der Türmer von Chemnitz 1935, S. 455). Dezember: Weihnachtsausstellung. Meister des 19. Jahrhunderts: „Eduard Schleich“; Carl Spitzweg; Hans Thoma (*1839); Fritz von Uhde. (Der Türmer von Chemnitz 1935, S. 455).

1936 Januar/Februar: Ernst Haider: Gemälde und Radierungen. Einzelwerke von Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Wilhelm Leibl; Fritz von Uhde; Wilhelm Trübner; „Fohr“; Johann Adam Klein; Heinrich von Zügel; Ferdinand von Rayski; „Daumier“; Paul Signac; Édouard Manet. (Weltkunst 10, H. 7, 1936, S. 2 und Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 76). Februar: Bildnisse und Landschaften von Malern des 19. Jahrhunderts aus dem Besitz des Hauses Wittelsbach. (Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 122). März: Sven Hedin: Zeichnungen und Aquarelle. (Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 131 – 135 und 162). Ab 20. Mai: Meister­liche Malerei des 19. Jahrhunderts. Nachromantische Landschaften, Düsseldorfer Genrebild und neuere Münchner Landschaftskunst. Mit Werken von Carl Spitzweg; „Eduard Schleich“; Ferdinand von Rayski; Hans von Bartels; Franz von Defregger; Rudolf Schuster; Hans Thoma (*1839): Landschaften; Emil Lugo; Fritz von Uhde; August Gaul. (Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 243/244). September: Wilhelm August Theodor Steinhausen: Gemälde. Einzelwerke des 19. Jahrhunderts: Anselm Feuerbach; Moritz von Schwind; Hans Thoma (*1839); Fritz von Uhde; Carl Spitzweg; Ferdinand von Rayski; Johan Christian Clausen Dahl; Friedrich Voltz; Christian Friedrich Mali; Charles Hoguet; Gotthardt Kuehl; Ferdinand Hodler. (Weltkunst 9, 1936, H. 37/38, S. 5; H. 39/40, S. 4; H. 41, S. 3).

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  421

Oktober: August Gaul: Bronzen und Zeichnungen. Einzelwerke des 19. Jahrhunderts: Hans Thoma (*1839); Moritz von Schwind; Anselm Feuerbach; Carl Spitzweg; Wilhelm Leibl; Adolph Menzel. (Weltkunst 9, 1936, H. 42; 43; 44; 45; 46; 47, S. 3). Oktober: Im Schaufenster: Ausstellung der Chemnitzer Bildhauer und Maler im Rahmen der Kulturwoche. (Der Türmer von Chemnitz 1936, S. 441). Dezember: Weihnachtsausstellung. Meister­liche Werke des 19. Jahrhunderts: Ferdinand von Rayski; Hans Best (1874/1942): oberbayrische Porträts; Willy Zügel: Tierplastiken; Chemnitzer Maler: Landschaften. (Der Türmer von Chemnitz 1937, S. 37).

1937 Ab 1. Februar: Aquarelle und Zeichnungen von Romantikern aus einer Privatsammlung. (Der Türmer von Chemnitz 1937, S. 112 und Chemnitzer Tageblatt vom 1. Februar 1937, S. 10). Ab 21. April: Ernst Vollbehr: Bilder von den Straßen des Führers und der Olympiade 1936. (Der Türmer von Chemnitz 1937, S. 183 und Chemnitzer Tageblatt vom 17. April 1937, S. 9). Mai/Juni: Franz Lenk: Landschaften. (Chemnitzer Tageblatt vom 28. Mai 1937, S. 7). Juni: Romantiker und Tiermaler des 19. Jahrhunderts. (Chemnitzer Tageblatt vom 23. Juni 1937, S. 7). September: Altes und Neues. Ausstellung zum 90-jährigen Bestehen der Firma. (Chemnitzer Tageblatt vom 22. September 1937, S. 7). November: Münchner Plastik und Malerei. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. November 1937, S. 8). Dezember: Weihnachtsausstellung. Carl Lange (*1884), Martha Schrag; Alfred Kunze; Alfred Streubel; Bernhard Mehnert; Helene Belitz; Max Krause-Kiederling; Hans Best (1874/1942); Albert Stagura; Otto Pippel; Christian Friedrich Mali; Franz Roubaud; Eduard Leonhardi; „Geibel“; Heinrich von Zügel; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Carl Constantin Heinrich Steffeck; Otto Gebler; Ludwig von Zumbusch; Franz Dreber; Antoine Pesne; Anton Graff (*1736). (Chemnitzer Tageblatt vom 14. Dezember 1937, S. 9).

1938 Februar: Gemälde Münchner Künstler. Gebirgslandschaften, Seestücke, Blumen-, F ­ igurenund Jagdbilder. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. Februar 1938, S. 4). April: Richard Scheibe. Plastiken. (Chemnitzer Tageblatt vom 22. April, S. 7).

422 I  Anhang

Gemälde von Christian Friedrich Gille; Johann Adam Klein; Franz Innocenz Josef Kobell; Viktor Paul Mohn; „Quaglio“; Carl Spitzweg; Carl Constantin Heinrich Steffeck; ­Ferdinand Georg Waldmüller. Meisterwerke der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts von Arnold Böcklin (*1827); Franz von Defregger; Otto Gebler; Eduard von Grützner; ­Wilhelm Leibl; Adolph Menzel; „Schleich“; Toni von Stadler (*1850); Hans Thoma (*1839); Wilhelm Trübner; Fritz von Uhde; Friedrich Voltz; Heinrich von Zügel. (Weltkunst 12, 1938, H. 20/21, S. 4 und H. 22/23, S. 6). Juni: Meisterwerke verschiedener Epochen des 19. Jahrhunderts, 18. Jahrhunderts und 17. Jahrhunderts: Heinrich von Zügel; Fritz von Uhde; Gabriel Cornelius von Max; Wilhelm ­Trübner; Philipp Otto Runge; Moritz von Schwind; Carl Spitzweg; Adrian Zingg; Johann Adam Klein; Hugo Wilhelm Kauffmann; Johann Christian Klengel; Jean Charles C ­ arpentero; Adriaen Hendriksz. Verboom; Jan Fyt; Anton Mirou; Philip Vinckeboons (*1578). (Chemnitzer Tageblatt vom 7. Juni 1938, S. 7). Die Romantikerausstellung wurde noch ergänzt durch Arbeiten von: Philipp Otto Runge; Ludwig Richter (*1803); Caspar David Friedrich; Hermann Kauffmann (*1808); Adrian Zingg; Marianne von Rohden; Moritz von Schwind; Franz Krüger (*1797). (Weltkunst 12, 1938, H. 24/25; 30/31; 34/35; 36/37; 38/39, S. 4; H. 26/27; 28/29, S. 8; H. 32/33, S. 5). Juli: Neue Präsentation im Schaufenster. (Chemnitzer Tageblatt vom 14. Juli 1938, S. 9). Juli – September: Romantiker-Ausstellung. Mit Arbeiten von Philipp Otto Runge; Ludwig Richter (*1803); Caspar David Friedrich; Hugo Wilhelm Kauffmann; Adrian Zingg; Marianne von Rohden; Moritz von Schwind; Franz Krüger (*1797). (Weltkunst 12, 1938, H. 30/31 und H. 36/37, S. 4). September: Einzelwerke großer Künstler des 19. Jahrhunderts: Moritz von Schwind; Carl Spitzweg; „Schleich“; Wilhelm Leibl; Heinrich Adolf Lier; „Quaglio“; „Anton Breitb.“; Adolf Hengeler; Karl Buchholz; Franz von Stuck; Carl Seiler; Albert Heinrich Brendel; Heinrich von Zügel; Franz von Defregger; Johann Georg Meyer (*1813). (Chemnitzer Tageblatt vom 17. September 1938, S. 7). Oktober: Führerbildnisse und neueste Aufnahmen von Benito Mussolini und Konrad Henlein von Heinrich Hoffmann (*1885). (Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober 1938, S. 4). Ab Ende Oktober: Nikola Michajlov (*1876): Porträts; Meisterwerke der Malerei: Oswald Achenbach; Rudolf von Alt; Hans von Bartels; „Julius von Blaas“; Albert Heinrich Brendel; Carl Gustav Carus; Franz von Defregger; Jan Fyt; Max Gaisser; Otto Gebler; Christian ­Friedrich Gille; Eduard von Grützner; „Kaulbach“; Johann Christian Klengel; ­Christian ­Friedrich Mali; Gabriel Cornelius von Max; Adolph Menzel; Johann Georg Meyer (*1813); Viktor Paul Mohn; „Quaglio“; „Schleich“; Gustav Schönleber; Carl Schuch (*1846); Carl ­Spitzweg; Toni von Stadler (*1850); Wilhelm August Theodor Steinhausen; Hans Thoma (*1839);­​

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  423

Wilhelm Trübner; Fritz von Uhde; Philip Vinckeboons (*1578); Ferdinand Georg ­Waldmüller; Ludwig von Zumbusch; Heinrich von Zügel. (Chemnitzer Tageblatt vom 30./31. Oktober 1938, S. 4). November: Max Krause-Kiederling: Erzgebirgslandschaften; Herbstausstellung: Gemälde Münchner Künstler. Hans Beat Wieland; Edward Harrison Compton; Franz von D ­ efregger; Paul Ehrenberg (*1876); Paul W. Erhardt; Raimund Erler; Gustav Eyer; Walter Firle; „Flashar“; Franz Frankl; Max Gaisser; „Gasteiger“; Otto Gebler; Konstantin Ivanovič Gorbatov; Paul Götz-Räcknitz; Georg Arnold-Graboné; „Gradl“; „Ph. Graf“; Eduard von Grützner; Hans Hassenteufel; Angelo Jank; Alexander Koester (*1864); Emil Kuhlmann; Ernst Liebermann; Christian Friedrich Mali; Hanns Maurus; Erich Mercker; Willy Moralt; Rudolf Nißl; Otto Pippel; Carl Theodor Protzen; Emil Rau; Franz Roubaud; „Ed[uard] Schleich“; „Franz Seraph Müller“; Leopold Schmutzler; Carl Seiler; Toni von Stadler (*1850); Albert Stagura; Bolesłav von Szańkowski; Hugo Ungewitter; Franz Xaver Unterseher; Erich Urbahn; Hans Richard von Volkmann; Alfons Walde; „Waltenberger“; Oskar Wiedenhofer; Ludwig von Zumbusch; Heinrich von Zügel. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. November, S. 4 und vom 11. November 1938, S. 8). Erstrangige Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Philipp Otto Runge; Franz Krüger (*1797); Johann Adam Klein; Carl Gustav Carus; Caspar David Friedrich; Christian Friedrich Gille; „Lorenzo Quaglio“; Rudolf von Alt; Ferdinand von Rayski; „Eduard Schleich“; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Adolph Menzel; Heinrich von Zügel; Toni von Stadler (*1850); Fritz Boehle. (Weltkunst 12, 1938, H. 46; H. 49, S. 4; H. 47; H. 51, S. 3; H. 48, S. 2; H. 50, S. 8; H. 52, S. 5). Ab Ende November/Dezember: Weihnachtsausstellung: Friedrich Voltz; Carl Johann Arnold; Franz von Defregger; Hugo Ungewitter; Otto Pippel; Johann Georg Meyer (*1813); Eduard von Grützner; Johann Sperl (*1840); Adolph Menzel; Erstrangige Meister­werke des 19. Jahrhunderts: Philipp Otto Runge; Franz Krüger (*1797); Johann Adam Klein; Carl Gustav Carus; Caspar David Friedrich; Christian Friedrich Gille; „Lorenzo ­Quaglio“; Fritz Boehle. (Die Weltkunst 12, 1938, H. 49, S. 4; Chemnitzer Tageblatt vom 27. November, S. 4 und vom 2. Dezember 1938, S. 9 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1938).

1939 Januar: Erstrangige Meisterwerke des 19.  Jahrhunderts: Philipp Otto Runge; Franz ­Krüger (*1797); Johann Adam Klein; Carl Gustav Carus; Caspar David Friedrich; ­Christian Friedrich Gille; „Lorenzo Quaglio“; Rudolf von Alt; Ferdinand von Rayski; „Eduard Schleich“; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Adolph Menzel; Heinrich von Zügel; Toni von Stadler (*1850); Fritz Boehle. (Weltkunst 13, 1939, H. 3/4, S. 6; H. 5/6, S. 4).

424 I  Anhang

Februar/April/Mai: Erstrangige Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Philipp Otto Runge; Franz Krüger (*1797); Johann Adam Klein; Carl Gustav Carus; Christian Friedrich Gille; Ferdinand von Rayski; „Schleich“; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Carl Schuch (*1846); Adolph Menzel; Heinrich von Zügel; Toni von Stadler (*1850); „Amberg“; Anselm Feuerbach; Fritz von Uhde; Philip Vinckeboons (*1578); Jan Fyt; Anton Mirou. (Weltkunst 13, 1939, H. 7/8; 18; 20, S. 4; H. 14, S. 10). Juni: Erstrangige Meisterwerke des 19.  Jahrhunderts: Philipp Otto Runge, Franz ­Krüger (*1797); Carl Gustav Carus; Christian Friedrich Gille; Ferdinand von Rayski; „Eduard Schleich“; Hans Thoma (*1839); Carl Spitzweg; Carl Schuch (*1846); Adolph Menzel; Heinrich von Zügel; Toni von Stadler (*1850); Anselm Feuerbach; Fritz von Uhde; Ludwig ­Richter (*1803); Joseph Karl Stieler; Anton Graff (*1736); Heinrich ­Bürkel; ­Ferdinand Georg ­Waldmüller; Emil Lugo; Wilhelm Trübner; Heinrich Adolf Lier; Nicolaes ­Berchem; Quiringh Gerritsz. van Brekelenkam. (Weltkunst 13, 1939, H. 22/23, S. 4; H. 24/25, S. 8). 26. Juni – 18. Juli: Adolph Menzel 1815 – 1905. Aquarelle, Gouachen und Handzeichnungen aus bekannten deutschen Privatsammlungen. (Weltkunst 13, 1939, H. 26/27, S. 10 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1939a). Dezember: Weihnachtsausstellung. Otto Pippel; Hans Best (1874/1942); Hugo Ungewitter; Adolf Eberle; Friedrich Voltz; Hanns Maurus. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1939b).

1940 April  – September: Meisterwerke von Anton Graff (*1736); Antoine Pesne, Franz ­Krüger (*1797); Philipp Otto Runge; Carl Gustav Carus; Christian Friedrich Gille; Carl ­Spitzweg; Hans Thoma (*1839); „Schleich“; Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Adolph Menzel; Ludwig Richter (*1803); Friedrich Voltz; Hermann Baisch; Fritz von Uhde; Eduard von Grützner; Gustav Schönleber; Max Slevogt; Heinrich von Zügel. (Weltkunst 14, 1940, H. 3/4; 5/6; 7/8; 13/14; 15/16; 40/41; 46/47, S. 2; H. 9/10; 23/24; 25/26; 28/29; 34/35; 36/37; 52, S. 4; H. 38/39; 42/43; 44/45, S. 5; H. 19/20; 21/22; 30/31; 48/49, S. 6; H. 11/12; 32/33; 50/51, S. 8). Dezember: Weihnachtsausstellung. Edward Harrison Compton; Walter Firle; „Richard Friese“; Ernst Hader; Richard Holst (*1881); Alexander Koester (*1864); Otto Pippel; Carl Schuch (*1846); Otto Vaeltl; Friedrich Voltz; Ludwig von Zumbusch. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1940).

1941 Januar: Meisterwerke von Anton Graff (*1736); Antoine Pesne; Franz Krüger (*1797); Philipp Otto Runge; Carl Gustav Carus; Christian Friedrich Gille; Carl Spitzweg; Hans Thoma (*1839); „Schleich“; Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Adolph Menzel;

Ausstellungen der Galerie Gerstenberger  I  425

Ludwig Richter (*1803); Friedrich Voltz; Hermann Baisch; Fritz von Uhde; Eduard von Grützner; Max Slevogt; Heinrich von Zügel. (Weltkunst 15, 1941, H. 1/2, S. 6). Januar/Februar: Hans Best (1874/1942): Gemälde und Bronzen. „Ludwig Siekmeyer“: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 18. Januar, S. 4 und vom 21. Januar 1941, S. 7). März: Erstrangige Gemälde berühmter Münchner Maler. Hans Best (1874/1942). (Chemnitzer Tageblatt vom 16. März 1941, S. 8). April: Meisterwerke des 19. Jahrhunderts und der Gegenwart. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941b). 19. April – 10. Mai: Guido Josef Kern: Gemälde. (Chemnitzer Tageblatt vom 18 April, S. 4 und vom 21. April 1941, S. 3 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941a). Juni/Juli: Neuromantiker und Werke des 19. Jahrhunderts: Josef Steib; Hermann Gradl (*1883); Anton Müller-Wischin; Richard Holst (*1881); Christian Gotthard Hirsch; Gustav Traub; Josef Wenglein; Toni von Stadler (*1850); Friedrich Voltz; „Achenbach“; Heinrich von Zügel; Heinrich Heinlein; Wilhelm Trübner. (Chemnitzer Tageblatt vom 24. Juni 1941, S. 6). August/September: Holländer, Gemälde und Romantikerzeichnungen zum größeren Teil wenig bekannter und anonymer Künstler: „Willem van de Velde“; Jan Baptist ­Weenix; Franz Werner von Tamm; „de Heem“; „Quaglio“; Franz Pforr, „Fellner“, „PseudoSchwind“; Franz Innocenz Josef Kobell; Albert Venus; Rudolf von Türcke. (Chemnitzer Tageblatt vom 16. August 1941, S. 6). Oktober/November: Meisterwerke des 19. Jahrhunderts: Hans Thoma (*1839); Carl Schuch (*1846); Wilhelm Trübner; Albert Lang (*1847); Mihály von Munkácsy; Fritz von Uhde; Toni von Stadler (*1850); Eduard Leonhardi; „Achenbach“; Josef Wenglein; Rudolf Hirth du Frênes; Friedrich Loos (*1767); Gotthardt Kuehl; Friedrich Voltz; Johann Christian Klengel; Carl Gustav Carus. (Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober, S. 4 und vom 10. Oktober 1941, S. 6). November: Im Schaufenster: Max Krause-Kiederling. (Chemnitzer Tageblatt vom 6. November 1941, S. 4). Dezember: Weihnachtsausstellung. (Chemnitzer Tageblatt vom 10. Dezember 1941, S. 6 und Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1941c).

1946 Ab 7. September: Sächsische Künstler stellen aus. Malerei, Graphik, Plastik. Kulturbund zur Demokratischen Erneuerung Deutschlands. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1946).

426 I  Anhang

1947 März/April: Mitteldeutsche Kunst. Malerei, Graphik, Plastik der Gegenwart. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1947a). April/Mai: Sonderausstellung Hans Haueisen und Rudi Gruner. Rudi Gruner; Hans ­Haueisen; Willy Wittig (*1902); Will Schestak. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1947b).

1948 15. Februar – 20. März: Etha Richter. Sonderausstellung von Plastiken und Handzeichnungen zum 65. Geburtstag. Ernst Barlach: Zeichnungen; Otto Dix: Gemälde und Zeichnungen. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1948a). 1. Mai – 5. Juni: Max Liebermann. Graphik, Gemälde, Handzeichnungen aus Museumsund Privatbesitz. (Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1948b).

8.4 Angebote an den Sonderauftrag Linz Wenn kein anderer Literaturhinweis angegeben ist, sind die Informationen zu den Werken aus dem ehemaligen Bestand für den Sonderauftrag Linz den Online-Datenbanken zu der Sammlung des Sonderauftrages Linz, URL: (10. April 2021) und des CCP s München, URL : (10. April 2021) des Deutschen Historischen Museums in Berlin entnommen. Hier können die Werke nach Provenienz, Künstler und Linz- beziehungsweise München-Nummer recherchiert werden. Lfd. Nr. Angeboten am

Künstler

Werk

Ankauf

1

17. November 1939

Trübner, Wilhelm

Parklandschaft mit Rosenhecke, Gemälde, 53 × 75 cm

Nein

2

16. Mai 1940

Voltz, Friedrich

Kuhherde im Gebirge, 1857, Öl auf Leinwand, 108 × 155 cm, Köln, Wallraf-Richartz-Museum (Leihgabe der BRD), Linz-Nr. 1139

Ja, über Galerie AlmasDietrich, München

3

16. Mai 1940

Waldmüller, Ferdinand Georg

Am Brunnen von Taormina, 1846, Öl auf Holz, 57,5 × 71,5 cm, Halle, Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt; Feuchtmüller 1996, S. 493, Kat.Nr. 753

Nein

4

29. Juli 1940

Thoma, Hans

Schwarzwaldlandschaft, 1880, Öl auf Leinwand, 62 × 75 cm, Standort nicht ermittelt; Thode 1909, S. 146

Unbekannt

5

10. Oktober 1940

Thoma, Hans

Titel unleser­lich

Unbekannt

Angebote an den Sonderauftrag Linz  I  427

Lfd. Nr. Angeboten am

Künstler

Werk

Ankauf

6

Dezember 1940

Rayski, Ferdinand von

Porträt Pauline Rüssing, 1831(?), Öl auf Leinwand, 97,9 × 77,5 cm, Greifswald, Pommersches Landesmuseum; Walter 1943, S. 287, Kat.Nr. 693

Nein

7

9. Januar 1941

Tischbein, Johann von

Porträt

Nein

8

21. Februar 1941

Spitzweg, Carl

Porträt Clara Lechner, Öl auf Leinwand, 25 × 19 cm, Verbleib unbekannt; Wichmann 2002, S. 150, Kat.Nr. 140

Nein

9

22. Mai 1942

Courbet, Gustave

Felsenschlucht mit Gebirgsbach bei den Grotten von Loue, vermut­lich 1872, Öl auf Leinwand, 65,8 × 82 cm, München, Bayerische Staatsgemäldesammlung – Neue Pinakothek; Fernier 1977 – 1978, Bd. 2, S. 160, Kat.Nr. 845

Nein

10

18. August 1942

Courbet, Gustave

Rehe in verschneiter Felsenschlucht, 1866, Öl auf Leinwand, 72 × 92 cm, ehemals Hannover, Landesmuseum (Kriegsverlust); Fernier 1977 – 1978, Bd. 2, S. 22, Kat.Nr. 557

Nein

11

Mai 1943

Voltz, Friedrich

Kuhherde und Hirte in Abendsonne, 1869, Öl auf Holz, 38 × 90 cm, ehemals Kunstbesitz der BRD (verkauft), Linz-Nr. 3759

Ja

12

Anfang Juni 1943

Hübner, Julius

Keine Angaben

Nein

13

9. Juni 1943

Lenbach, Franz von

Porträt mit Tochter Marion

Nein

14

15. Juni 1943

Baisch, Hermann

Keine Angaben

Nein

15

15. Juni 1943

Kauffmann, Hermann

Keine Angaben

Nein

16

18. Juni 1943

Meyerheim, Paul Friedrich

Stillleben mit toter Elster, Specht und Pulverhorn, 1863, Öl auf Leinwand, 58 × 47 cm, Kunstbesitz der BRD, Linz-Nr. 2944

Ja

17

18. Juni 1943

Ykens, Frans

Stillleben mit toten Vögeln, Blumen und Fruchtschale, um 1626, Öl auf Holz, 48,5 × 64,5 cm, Kunstbesitz der BRD, Linz-Nr. 2983

Ja

18

20. Juli 1943

Huysum, Jan van

Blumenstück, Öl auf Eichenholz, 75 × 61 cm, Karlsruhe, Kunsthalle; Museumskat. Karlsruhe 1966, S. 154/155, Kat.Nr. 2221

Nein

19

20. Juli 1943

Miereveld, Michiel Jansz. van

Porträt Marschall van den Berg, 1630, Öl auf Holz, 64,5 × 54,5 cm, Nederlands Kunstbezit 1837, Linz-Nr. 3073

Ja

20

16. August 1943

Voltz, Friedrich

Titel unbekannt, 1835/40, Gemälde, 114 × 150 cm

Nein

21

30. August 1943

Menzel, Adolph

Kopf eines kahlköpfigen Juden mit Vollbart, 1861, Gouache, 43 × 31 cm, Standort nicht ermittelt; Tschudi 1905, S. 277, Kat.Nr. 405

Nein

22

30. August 1943

Thoma, Hans

Im Buchenwald, 1885, auf Pappe, 48 × 38 cm, Standort nicht ermittelt; Thode 1909, S. 227

Nein

23

6. September 1943

Bürkel, Heinrich

Pferdemarkt in Tirol, um 1827, Öl auf Holz, 32,5 × 46,5 cm, Kunstbesitz der BRD, Linz-Nr. 3836

Ja

24

6. September 1943

Thoma, Hans

In der Hängematte, um 1876, Aquarell, 35 × 45 cm

Nein

428 I  Anhang

Lfd. Nr. Angeboten am

Künstler

Werk

Ankauf

25

24. September 1943

Schnorr von Carolsfeld, Julius

Zeichnung

Nein

26

21. Oktober 1943

„Hondius“

Gemälde

Nein

27

23. November 1943

Cuyp, Benjamin Gerritsz.

Soldaten in einer Scheune

Unbekannt

28

23. November 1943

Koekkoek, Barend Cornelis

Landschaft mit Schafherde und Kapelle, 1835, Öl auf Holz, 38 × 52 cm, Verbleib unbekannt, Linz-Nr. 3180

Ja

29

23. November 1943

Neer, Aert van der

Landschaft bei Mondschein, um 1628, Öl auf Holz, 30,5 × 41 cm, Nederlands Kunstbezit 2185, Linz-Nr. 3178

Ja

30

23. November 1943

Ravenswaay, Jan van

Landschaft mit Städtchen und Staffage, 1845, Öl auf Holz, 71,5 × 90 cm, Nederlands Kunstbezit 2572, Linz-Nr. 3243

Ja

31

23. November 1943

Sorgh, Hendrick Martensz.

Mann und Frau beim Frühstück, um 1636, Öl auf Holz, 32,5 × 25,5 cm, Kunstbesitz der BRD, Linz-Nr. 3245

Ja

32

23. November 1943

Springer, Cornelis

Ansicht der Herrengracht in Amsterdam, 1881, Öl auf Holz, 50,5 × 63,5 cm, Nederlands Kunstbezit 2270, Linz-Nr. 3246

Ja

33

24. November 1943

Bruyn, Bartholomäus

Titel unbekannt, Öl auf Holz, 38,5 × 16 cm

Unbekannt

34

24. November 1943

Bruyn, Bartholomäus

Titel unbekannt, Öl auf Holz, 38,5 × 16 cm

Unbekannt

35

17. Dezember 1943

Cuyp, Benjamin Gerritsz.

Hafenszene/Strandszene, um 1637, Öl auf Ja Leinwand, 81 × 115 cm, Nederlands Kunstbezit 2486, Linz-Nr. 3437

36

17. Dezember 1943

Lombard, Lambert

Titel unbekannt, Öl auf Holz, 40 × 28,5 cm

Unbekannt

37

22. Dezember 1943

Meister von Frankfurt

Männ­liches Porträt, 61 × 29 cm, Eismer collection; Friedländer/Pauwels 1971, o. S., Kat.Nr. 160, Tafel 116

Unbekannt

38

Anfang 1944

Bürkel, Heinrich

Gemälde (?)

Unbekannt

39

Anfang 1944

Corot, Jean-Baptiste Camille

Gemälde (?)

Unbekannt

40

Anfang 1944

Spitzweg, Carl

Gemälde (?)

Unbekannt

41

Februar/März 1944

Bilders, Johannes Warnardus

Romantische Landschaft mit Staffage, 1852, Öl auf Leinwand, 110 × 147 cm, Nederlands Kunstbezit 2385, Linz-Nr. 3480

Ja

42

Februar/März 1944

Bouman, Johannes

Früchtestillleben, um 1627, Öl auf Holz, 40 × 66 cm, Nederlands Kunstbezit 1734, Linz-Nr. 3433

Ja

43

Februar/März 1944

Klombeck, Johann Bernard

Romantische Landschaft bei aufziehendem Gewitter, 1850, Öl auf Holz, 38 × 54 cm, Nederlands Kunstbezit 2930, Linz-Nr. 3417

Ja

44

Februar/März 1944

Rombouts, Salomon

Flusslandschaft mit Bauernhütte und Booten, um 1675, Öl auf Holz, 47 × 64 cm, Nederlands Kunstbezit 1786, Linz-Nr. 3434

Ja

Angebote an den Sonderauftrag Linz  I  429

Lfd. Nr. Angeboten am

Künstler

45

Februar/März 1944

Vermeer van Haarlem, Landschaft mit Schimmel, um 1681, Öl auf Holz, 29,5 × 36 cm, Verbleib unbekannt (Niederlande), Jan d. J. Linz-Nr. 3421

Werk

Ja

Ankauf

46

Februar/März 1944

Wouwerman, Jan

Landschaft mit Bauerngehöft, Windmühle und Staffage, um 1654, Öl auf Leinwand, 38 × 53 cm, Verbleib unbekannt (Niederlande), Linz-Nr. 3429

Ja

47

Februar/März 1944

Springer, Cornelis

Ansicht der Heerengracht in Amsterdam, 1868, Öl auf Holz, 49 × 65 cm, Nederlands Kunstbezit 1955, Linz-Nr. 3441

Ja

48

21. März 1944

Karsen, Kaspar

Stadtbild aus Amsterdam, 1873, Öl auf Leinwand, 59 × 74,5 cm, Nederlands Kunstbezit 2517, Linz-Nr. 3423

Ja

49

21. März 1944

Karsen, Kaspar

Ansicht von Scheveningen, 1873, Öl auf Leinwand, 42 × 65,5 cm, Kunstbesitz der BRD, Linz-Nr. 3427

Ja

50

21. März 1944

Koekkoek, Barend Cornelis

Baumlandschaft mit Staffage, 1853, Öl auf ­Leinwand, 73 × 93 cm, Nederlands Kunstbezit 1753, Linz-Nr. 3436

Ja

51

21. März 1944

Koekkoek, Barend Cornelis

Mondscheinlandschaft

Unbekannt

52

21. März 1944

Verboeckhoven, Eugène Joseph

Mutterschaf mit Lamm, 1849, Öl auf Holz, 55 × 72 cm, Nederlands Kunstbezit 2656, Linz-Nr. 3428

Ja

53

3. April 1944

Spitzweg, Carl

Keine Angaben

Unbekannt

54

Mai 1944

Calame, Alexandre

Gemälde

Nein

55

Mai 1944

Courbet, Gustave

Gemälde

Nein

56

Mai 1944

Goya, Francisco de

Porträt Don Manuel García de la Prada, um 1805/1808, Öl auf Leinwand, 207 × 125 cm, Iowa, Des Moines Art Center, Linz-Nr. 3546

Ja

57

Mai 1944

Goyen, Jan van

Gemälde

Nein

58

Mai 1944

Robert, Hubert/ Boucher, François

Große Parklandschaft mit Wäscherinnen, um 1758, Öl auf Leinwand, 217 × 148 cm, Verbleib unbekannt (Jugoslawien), keine Linz-Nr. (München-Nr.: 4592)

Ja, über Hans W. Lange

59

Mai 1944

Schrieck, Daniel van der (?)

Gemälde

Nein

60

Mai 1944

Teniers (?)

Gemälde

Nein

61

Mai 1944

Troyon, Constant

Gemälde

Nein

62

18. Mai 1944 (vor)

Adriaenssen, Alexander

Stillleben mit Steinzeugkrug, 1643, Öl auf Holz, 49 × 78 cm, Verbleib unbekannt

Ja

63

18. Mai 1944 (vor)

Berchem, Nicolaes

Süd­liche Landschaft mit Felspartie und Staffage, um 1645, Öl auf Leinwand, 71,5 × 89 cm, Verbleib unbekannt (Frankreich), Linz-Nr. 3788

Ja

64

18. Mai 1944 (vor)

Bosschaert, Jean Baptiste

Blumenstillleben, 1745, Öl auf Holz, 41,5 × 31 cm, Verbleib unbekannt (Frankreich), Linz-Nr. 3529

Ja

65

18. Mai 1944 (vor)

Calame, Alexandre

Italienische Landschaft, um 1835, Öl auf Leinwand, 52 × 70 cm, Verbleib unbekannt (Frankreich), Linz-Nr. 3818

Ja

430 I  Anhang

Lfd. Nr. Angeboten am

Künstler

Werk

Ankauf

66

18. Mai 1944 (vor)

Robert, Hubert

Austreibung der Händler aus dem Tempel, um 1758, Öl auf Leinwand, 99,7 × 79,4 cm, Berlin, Gemäldegalerie, Linz-Nr. 3783

Ja

67

18. Mai 1944 (vor)

Soreau, Jan

Früchte- und Blumenstillleben, um 1837, Öl auf Holz, 40,2 × 58 cm, Verbleib unbekannt

Ja

68

18. Mai 1944 (vor) Trinquesse, Louis Roland

Kopf eines Mädchens, 1777, Öl auf Leinwand, 41 × 33 cm, Paris, Musée du Louvre, MNR00072, Linz-Nr. 3728

Ja

69

18. Mai 1944 (vor)

Verboeckhoven, Eugen Joseph

Ziege und Zicklein, 1830, Öl auf Holz, 15,5 × 14 cm, Verbleib unbekannt (Frankreich), Linz-Nr. 3490

Ja

70

19. Mai 1944

Guardi, Francesco

Arkadische Landschaft, 1737(?), Öl auf Leinwand, 40 × 31 cm, Rennes, Musées des Beaux-Artes, MNR000323, Linz-Nr. 3895

Ja

71

3. Juni 1944

Boucher, François

Keine Angaben

Nein Ja

72

9. Juni 1944 (vor)

Makart, Hans

Vier Sepiazeichnungen

73

Juni 1944

„Baumann“

Stillleben

Unbekannt

74

11. September 1944 (vor)

Steffeck, Carl

Braunes Rassepferd, Öl auf Leinwand, 48,5 × 58 cm, Dresden, Staat­liche Kunstsammlungen (Lost Art-ID 415548)

Ja

75

14. Oktober 1944

Feuerbach, Anselm

Iphigenie Brustbild

Unbekannt

76

14. Oktober 1944

Sch­lichten, Johann Philipp van der

Keine Angaben

Unbekannt

77

25. Oktober 1944

Lessing, Konrad Ludwig

Landschaft

Unbekannt

78

25. Oktober 1944

Rayski, Ferdinand von

Keine Angaben

Unbekannt

79

1. November 1944

Bosch, Hiernonymus

Versuchung des Heiligen Antonius, Holzschnitt

Unbekannt

80

31. Januar 1945

Alt, Rudolf von

Venezianisches Aquarell

Unbekannt

81

31. Januar 1945

Friedrich, Caspar David

Aquarelle

Unbekannt

82

31. Januar 1945

Fries, Ernst

Italienische Landschaft

Unbekannt

83

31. Januar 1945

Fries, Ernst

Italienische Landschaft

Unbekannt

84

31. Januar 1945

Graff, Anton

Männ­liches Porträt

Unbekannt

85

31. Januar 1945

Kobell, Wilhelm von

Aquarelle

Unbekannt

86

31. Januar 1945

Mieris, Franz von

Keine Angabe

Unbekannt

87

31. Januar 1945

Schnorr von Carolsfeld, Julius

Keine Angabe

Unbekannt

88

31. Januar 1945

Thoma, Hans

Schwarzwaldlandschaft

Unbekannt

89

31. Januar 1945

Waldmüller, Ferdinand Georg

Damenporträt

Unbekannt

Angebote an den Sonderauftrag Linz  I  431

8.5 Aus den Beständen der Städtischen Kunstsammlung und der Kunsthütte in Chemnitz in der Zeit von 1933 bis 1945 verkaufte oder eingetauschte Gemälde, Plastiken und Zeichnungen von antisemitisch verfolgten Künstlerinnen und Künstlern und von denen, deren Werke während des Nationalsozialismus diffamiert wurden Die folgende Zusammenstellung berücksichtigt ledig­lich Kunstwerke, die entweder nachweis­ lich über die Galerie Gerstenberger gehandelt wurden oder in deren Angebotslisten ab 1934 auftauchen.

8.5.1 Verkaufte Kunstwerke Lfd. Nr. Künstler / Künstlerin

Werk

Verkauft am/Verkauf beschlossen am

Zwischenhändler/ Käufer

1

Barlach, Ernst

Das Grauen, 1923, Holz, 89,5 × 44 × 34,5 cm, Essen, Museum Folkwang; Laur 2006, S. 186, Kat.Nr. 367

20. 4. 1937

Käufer: Galerie Gerstenberger

2

Barlach, Ernst

Stehende Bäuerin, 1921, Holz, 98 × 50 × 27 cm, 1934 Privatbesitz; Laur 2006, S. 176, Kat.Nr. 337

Käufer: Fritz ­Niescher, Chemnitz

3

Barlach, Ernst

Steppenweib, 1915, Kohle, 48,5 × 32,4 cm, Aachen, Sammlung Fritz Niescher; Bußmann/Milde 2020, S. 498

17. 9. 1936

Käufer: Fritz Niescher, Chemnitz

4

Bouzianis, Giorgos

Sitzendes Mädchen, Aquarell, 63,5 × 48 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 499

Nicht bekannt

5

Corinth, Lovis

Walchensee, 1922, Öl auf Leinwand, 80 × 100 cm, Darmstadt, Hessisches Landesmuseum; Berend-Corinth 1992, S. 184, Kat.Nr. 868

1938

6

Dix, Otto

Der Geiger Carlo v. Rust, 1920, Kreide und Bleistift laviert auf Papier, 62,2 × 48,6 cm, New York, Museum of Modern Art; Lorenz 2003, Bd. 2, S. 769, Kat.Nr. EDV 6.3.18

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

7

Dix, Otto

Liegende, 1920, Bleistift auf Papier, 32 × 25 cm, Beschluss der Verbleib unbekannt; Lorenz 2003, Bd. 2, Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937 S. 699, Kat.Nr. EDV 5.2.16

Käufer: Fritz ­Niescher, Chemnitz

8

Grosz, George

Ehepaar, Aquarell, 64,8 × 52,2 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

28. 9. 1937

Galerie Gerstenberger

9

Grosz, George

Figür­liche Szene (Bordellszene), Tusche, 48,5 × 40 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/ Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

432 I  Anhang

Galerie Gerstenberger/Carl Nicolai, Bad Kohlgrub (?)

Lfd. Nr. Künstler / Künstlerin

Werk

Verkauft am/Verkauf beschlossen am

Zwischenhändler/ Käufer

10

Heckel, Erich

Badende (Triptychon), 1919, Tempera auf Leinwand, je 96 × 82,8 cm, linke Tafel: Schleswig, Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf; Mitteltafel: Hemmenhofen, Nachlass Erich Heckel; rechte Tafel: Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Vogt 1965, o. S., Kat.Nr. 1919/3

20. 9. 1937

Galerie Gerstenberger/Karl Goeritz, Chemnitz

11

Heckel, Erich

Näherin, 1922, Pinsel auf gelb­lichen Papier, 53,5 × 44,5 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

12

Hofer, Karl

Halbakt, um 1922/23, Kreide, 36,7 × 36,7 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

13

Kandinsky, Wassily

Skala, 1928, Aquarell, 43,3 × 42,2 cm, Humlebaek, Louisiana Museum of Modern Art (Joseph and Celia Ascher Collection, New York); Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

14

Kirchner, Ernst Ludwig

Das Wohnzimmer, 1908 – 1926, Öl auf Leinwand, 115 × 115 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (Leihgabe aus Privatbesitz); Gordon 1968, S. 280, Kat.Nr. 46

1934

15

Kirchner, Ernst Ludwig

Liegende, um 1912, Bleistift, 36,7 × 56 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

16

Kirchner, Ernst Ludwig

Mädchenkopf, Bleistift, 49 × 39,3 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

17

Kokoschka, Oskar

Selbstbildnis, 1923, Öl auf Leinwand, 110,5 × 71 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen (Leihgabe aus Privatbesitz)

1934 – 1935

18

Kokoschka, Oskar

Sitzender weib­licher Akt am Tisch, um 1917, Feder, Tusche, 55 × 38 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

19

Kokoschka, Oskar

Ruth, 1921, Kreide, 70 × 49,5 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

24. 1. 1935

Galerie Gerstenberger

20

Liebermann, Max

Selbstbildnis des 75-jährigen, 1922, Öl auf Leinwand, 100 × 75 cm, wahrschein­lich zerstört; Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 1054, Kat.Nr. 1922/10

8.3.935

Galerie Gerstenberger/Karl Goeritz, Chemnitz

21

Marcks, Gerhard

Rebekka, 1930, Bronze, 86 × 27 × 25 cm, Verbleib unbekannt; Busch 1977, S. 274, Kat.Nr. 208 (hier nur Gipsmodell)

28. 9. 1937

Galerie Gerstenberger/Karl Goeritz, Chemnitz (?)

22

Marcks, Gerhard

Rebekka, 1930, Kreide, 38,5 × 28 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

Galerie Gerstenberger/Herbert Kurz, Meerane (?)

Aus den Beständen der Städtischen Kunstsammlung und der Kunsthütte in Chemnitz  I  433

Lfd. Nr. Künstler / Künstlerin

Werk

Verkauft am/Verkauf beschlossen am

23

Molzahn, Johannes

Kniende Akte (Opus 6), 1928, Kreide, 64,9 × 37,9 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

24

Mueller, Otto

Zigeunerinnen, 1926 – 1928, Leimfarbe auf Sackleinwand, 150,5 × 99 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum (Leihgabe aus Privatbesitz); Ausstellungskat. München 2003, S. 129, Kat.Nr. 98

1935

Galerie Gerstenberger/Herbert Kurz, WolframsEschenbach

25

Munch, Edvard

Zwei Menschen, 1905, Öl auf Leinwand, 80 × 110 cm, New York, Privatbesitz; Woll 2009, Bd. 2, S. 656, Kat.Nr. 640

1937

Käufer: Hildebrand Gurlitt

26

Nolde, Emil

Christus in Bethanien, 1910, Öl auf Leinwand, 106,5 × 86,5 cm, Privatbesitz; Urban 1987 – 1990, Bd. 1, S. 309, Kat.Nr. 353 und Bußmann/Milde 2020, S. 467

1934

Galerie Gerstenberger

27

Nolde, Emil

Doppelbildnis, Aquarell, 34 × 45,5 cm, Verbleib unbekannt; Bußmann/Milde 2020, S. 498

4. 10. 1934

Galerie Gerstenberger

28

Pechstein, Max

Frau im Schilf, 1919, Öl auf Leinwand, 80 × 70 cm, wahrschein­lich zerstört; Soika 2011, Bd. 2, S. 189, Kat.Nr. 1919/115

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

Käufer: Karl Goeritz, Chemnitz

29

SchmidtRottluff, Karl

Fischerhäuser, 1907, Öl auf Leinwand, 64 × 83 cm, wahrschein­lich zerstört; Anna 1993, S. 310

1937

Käufer: Karl Goeritz, Chemnitz

30

SchmidtRottluff, Karl

Männer bei Kerze, 1920, Öl auf Leinwand, 90 × 76 cm, Verbleib unbekannt; Anna 1993, S. 311

22. 10. 1937

Galerie Gerstenberger/Herbert Kurz, Meerane (?)

31

SchmidtRottluff, Karl

Fischerboote auf der Ostsee, 1922, Aquarell, Bleistift, 47,5 × 69,5 cm, Berlin, Brücke-Museum; Anna 1993, S. 312

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

32

SchmidtRottluff, Karl

Gehöfte, 1922, Aquarell, 48 × 60,7 cm, Verbleib unbekannt; Anna 1993, S. 312

28. 9. 1937

Galerie Gerstenberger

33

SchmidtRottluff, Karl

Bildnis eines jungen Mannes, Aquarell, 62,5 × 49 cm, Nürnberg, Germanisches ­Nationalmuseum; Anna 1993, S. 312

28. 9. 1937

Galerie Gerstenberger

34

SchmidtRottluff, Karl

Mädchenkopf, Aquarell, 50,5 × 40,5 cm, Verbleib unbekannt; Anna 1993, S. 313

Beschluss der Stadtkämmerei vom 20. 9. 1937

35

Sintenis, Renée

Selbstbildnis, 1923, Gips auf Holzsockel, 29 × 15 cm, Verbleib unbekannt

Dezember 1944

434 I  Anhang

Zwischenhändler/ Käufer

Galerie Gerstenberger

8.5.2 Eingetauschte Kunstwerke Lfd. Nr.

Abgegebenes Kunstwerk

Erhaltenes Kunstwerk

Tauschdatum/händler

36

Kirchner, Ernst Ludwig, Selbstbildnis mit Frau, 1914/15, Öl auf Leinwand, 60 × 49 cm, Berlin, Nationalgalerie; Gordon 1968, S. 335, Kat.Nr. 417

Zügel, Heinrich von, Ausziehende Schafherde, 1879, Öl auf Holz, 19,50 × 26,50 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen

20. 6. 1934/Galerie Alex Vömel, Düsseldorf

37

Liebermann, Max, Gartenterrasse in Wannsee, 1918, Öl auf Leinwand, 74 × 93 cm, München, Kunsthandel (2004 Gregor Nusser); Eberle 1995 – 1996, Bd. 2, S. 961, Kat.Nr. 1918/16 und Bußmann/ Milde 2020, S. 467

Dahl, J. C. Clausen, Fjordlandschaft mit Menhiren, Öl auf Leinwand, 40 × 57 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen; Bang 1987, Bd. 2, S. 370, Kat.Nr. IV und Oehme, Ernst Ferdinand, Strauchstudie, (frühestens) 1815, Aquarell über Feder in Schwarz, 21 × 17 cm, Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen

26. 8. 1935/Galerie Gerstenberger

38

Schmidt-Rottluff, Karl, Bildnis Lyonel Feininger, 1915, Öl auf Leinwand, 90 × 76 cm, Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, (Leihgabe aus Privatbesitz); Anna 1993, S. 221

Rayski, Ferdinand von, Porträt Oswald von Schönberg, 1841, Öl auf Leinwand, 28,3 × 25,3 cm, ehemals Chemnitz, Städtische Kunstsammlungen (Verlust); Walter 1943, S. 257, Kat.Nr. 476

13. 7. 1937/Galerie Gerstenberger/Herbert Kurz, WolframsEschenbach (?)

8.6 Archivverzeichnis Amsterdam Van Gogh Museum Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation) Bestand Korrespondenz Johanna van Gogh-Bonger Berlin Berlinische Galerie Bestand Ferdinand Möller Stiftung Nachlass Ferdinand Möller Kunstarchiv Werner J. Schweiger (Karteikartenkonvolut Gerstenberger) Bundesarchiv Bestand NS 10, Persön­liche Adjutantur Adolf Hitlers und des Reichskanzlers Bestand NS 15, Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschau­lichen Schulung und Erziehung der NSDAP Bestand R 43, Reichskanzlei Bestand R 8 XIV, Reichsstelle für Papier Bestand R 4606, Generalbauinspektor für die Reichshauptstadt Bestand R 55, Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Karteikarten Reichskulturkammer (RKK, ehemals BDC)

Archivverzeichnis  I  435

BArch R 9361-IX KARTEI / 43070535 für BArch (ehem. BDC), NSDAP-Gaukartei und NSDAP-Zentralkartei

Landesarchiv Bestand A. Rep 243 – 04, Reichskammer der bildenden Künste, Landesleitung Berlin Zentralarchiv der Staat­lichen Museen zu Berlin Bestand Nationalgalerie 1864 – 1969 Breslau Nationalmuseum Gabinet Dokumentow Chemnitz Stadtarchiv Archiv des Vereines für Chemnitzer Geschichte Handelsregistereinträge Nachlass Waldemar Ballerstedt Ortsgesetze und andere Drucksachen Personalakten Polizei­liches Meldewesen Rat der Stadt Chemnitz (1296 – 1928) Rat der Stadt Chemnitz, König-Albert-Museum Rechnungen der Geheimen Kommerzienrat Vogel Stiftung zum Ankauf (1909 – 1938) Städtische Kunstsammlungen Chemnitz, Archiv Bestand Städtische Kunstsammlungen, Briefwechsel 1920 – 1932 Bestand Kunsthütte Inventarbuch Sammlung von Gemälden und Plastiken der Stadt Chemnitz (Auszüge in Kopie) Inventarbuch Kunsthütte zu Chemnitz (Auszüge in Kopie) Verzeichnis der in der städtischen Kunstsammlung zu Chemnitz im August 1937 beschlagnahmten Erzeugnisse „entarteter Kunst“ Privatbesitz Hans Stickel: Erinnerungen und Ausblick. Für unsere Nachfolger. unpubl. Manuskript 1955 Dessau Anhaltinische Gemäldegalerie Inventarkartei der Anhaltinischen Gemäldegalerie

436 I  Anhang

Dresden Altregistratur der Staat­lichen Kunstsammlungen Bestand Gemäldegalerie Abschrift der Ankäufe für den Führerauftrag Linz ab 8. 12. 1942 bis 6. 4. 1945, sogenannte Wiedemann-Liste Sächsisches Hauptstaatsarchiv Bestand 11127, Gemäldegalerie Dresden Düsseldorf Privatbesitz Abschlusszeugnis Handelsfachhochschule Abbenrode: Wilhelm Grosshennig Stadtarchiv Bestand Akten des Amtes 31, Kulturamt Halle Stadtarchiv Halle Bestand Moritzburg Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt Archiv Stiftung Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt Hamburg Hamburger Kunsthalle Historisches Archiv Hamburger Kunsthalle Hannover Hauptstaatsarchiv Bestand Provinzial-/Landesmuseum Koblenz Bundesarchiv Bestand B 323, Treuhandverwaltung von Kulturgut Leipzig Museum der bildenden Künste Bestand Ankäufe, Schenkungen, Stiftungen von Kunstwerken Bestand Graphische Sammlung, Ankäufe und Schenkungen

Archivverzeichnis  I  437

London Victoria and Albert Museum „Entartete“ Kunst: digital reproduction of a typescript inventory prepared by the Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, ca. 1941/1942, sogenannte Fischer-Liste Online abrufbar unter: (28. Dezember 2020) Los Angeles Getty Research Institute Bestand G. Cramer Oude Kunst gallery records, 1901 – 1998 Magdeburg Museum Archiv des ­Kaiser-Friedrich-Museums Mannheim Stadtarchiv Mannheim Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937 Bestand Kunsthalle, Korrespondenz 1938 – 1946 Bestand Kunsthalle, Korrespondenz Wilhelm Grosshennig 1947 – 1954 München Bayerische Staatsgemäldesammlungen Registratur, Kaufangebote durch Kunsthandlungen Registratur, Kaufangebote durch Private Bayerisches Wirtschaftsarchiv Korrespondenz der Kunsthandlung Julius Böhler, München Nürnberg Germanisches Nationalmuseum, Deutsches Kunstarchiv Bestand 6, Nachlass Galerie Ernst Arnold/Ludwig Gutbier Bestand 71, Nachlass Ludwig Fahrenberg Nachlass Oskar Moll Nachlass Hans Posse Oldenburg Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Oldenburg Altaktenarchiv

438 I  Anhang

Paris Archives Nationales AJ /40 [Papiers des services d’occupation allemand en France]/37 [Kunstschutz et achats d’œuvres en France] Archives des musées nationaux Bureau des exportations d’œuvres et douanes de la direction des musées de France (sous-série 4AA) Sinzing bei Regensburg Privatbesitz Privatarchiv Nachfahren Hanns Neudecker Washington National Archives/United States Holocaust Memorial Museum Fold3 – Holocaust archives Online abrufbar unter: URL: (28. Dezember 2020) Wien Belvedere Research Center Hausakten Belvedere, Wien Wiesbaden Archiv des Museums Wiesbaden Bestand 2 Jahrhunderte Deutsche Landschaftsmalerei (April–Juli 1936) Bestand Anfragen und Auskünfte ab 29. Februar 1936 Wuppertal Stadtarchiv Bestand 390, Von der Heydt-Museum

Archivverzeichnis  I  439

8.7 Quellen- und Literaturverzeichnis 8.7.1 Gedruckte Quellen 1328 Auktionskat. Berlin. Die Zeichnungssammlung des Herrn L., Berlin. Paul Cassirer und Hugo Helbing, 3. und 4. März 1925. Berlin 1925. (a) Auktionskat. Berlin. Sammlung D …. L…./Berlin. Amsler & Ruthardt, 29. Oktober 1925. Berlin 1925. (b) Auktionskat. Berlin. Gemälde neuerer Meister: Sammlung Niemann †, Berlin und anderer Privatbesitz. Rudolph Lebke’s Kunst-Auctions-Haus, 9. April 1929. Berlin 1929. Auktionskat. Berlin. Goethe und sein Kreis. Sammlung Leon Nathansohn, Dresden mit Beiträgen aus anderem Besitz. Paul Graupe, 19. und 20. April 1933. Berlin 1933. Auktionskat. Berlin. Gemälde und Zeichnungen des 19. Jahrhunderts aus einer bekannten schlesischen Privatsammlung und aus verschiedenem Privatbesitz. Paul Graupe, 23. März 1935. Berlin 1935. (a) Auktionskat. Berlin. Aus verschiedenem Privatbesitz. Handzeichnungen des 16. bis 20. Jahrhunderts, Gemälde, altes Kunstgewerbe. Paul Graupe, 12. Oktober 1935. Berlin 1935. (b) Auktionskat. Berlin. Gemälde, Plastiken, Antiquitäten aus verschiedenem Privatbesitz. Paul Graupe, 21. Dezember 1935. Berlin 1935. (c) Auktionskat. Berlin. Gemälde, Mobiliar und Perser Teppiche. Ernst Mandelbaum und Peter Paul Kronthal, 19. Februar 1936. Berlin 1936. (a) Auktionskat. Berlin. Verschiedener Kunstbesitz. Gemälde, Kunstgewerbe, Teppiche. Paul Graupe, 18. Juni 1936. Berlin 1936. (b). Auktionskat. Berlin. Gemälde/Kunstgewerbe aus verschiedenem Besitz. Ostasiatisches Porzellan aus dem Besitz der Prinz-Albrecht-Linie des vormals Preußischen Königshauses und aus drei Privatsammlungen. Paul Graupe, 20. und 21. Oktober 1936. Berlin 1936. (c) Auktionskat. Berlin. Nachlass Johann Friedrich Lahmann, Weisser Hirsch – Dresden, Gemälde und Handzeichnen alter und neuer Meister, Möbel, Teppiche, europäisches und ostasiatisches Kunstgewerbe. Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus, 27. bis 29. April 1938. Berlin 1938. (a) Auktionskat. Berlin. Antiquitäten, Möbel, Kunstgewerbe, ägyptische, griechische und iranische Altertümer, ostasiatisches Kunstgewerbe, Gemälde alter und neuerer Meister, Handzeichnung, Nachlass Johann Friedrich Lahmann, Dresden, II. Teil. Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus, 22. bis 24. Juni 1938. Berlin 1938. (b) Auktionskat. Berlin. Verschiedener deutscher Kunstbesitz. Hans W. Lange, 12. und 13. Mai 1942. Berlin 1942.

1328 Die zahlreich verwendeten Zeitschriften sowie Tageszeitungen werden hier nicht im Einzelnen aufgeführt, sondern an betreffender Stelle in der Fußnote zitiert.

440 I  Anhang

Auktionskat. Bern. Sammlung Heumann, Chemnitz. Deutsche und österreichische Arbeiten auf Papier des 18. und 19. Jahrhunderts. Galerie Kornfeld, 17. Juni 2004. Bern 2004. Auktionskat. Frankfurt. Gemälde des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung eines Rheinischen Großindustriellen. Hugo Helbing, 11. Mai 1936. Frankfurt 1936. Auktionskat. Hamburg. Freiwillige Versteigerung einer Hamburgischen Sammlung nebst Beiträgen. Original Handzeichnungen, Radierungen, Lithographien, Holzschnitte von Künstlern des 19. und 20. Jahrhunderts. Galerie Commeter, 18. und 19. Mai 1933. Hamburg 1933. Auktionskat. Köln. Gemälde alter und neuzeit­licher Meister aus verschiedenem Privatbesitz. Mathias Lempertz, 14. April 1934. Köln 1934. Auktionskat. Kopenhagen. Fortegnelse over en samling tyske malerier m. m. tilhørende boet efter afdøde kunsthandler M. Grosell. V. Winkel & Magnussen, 9. und 10. Juni 1932. Kopenhagen 1932. Auktionskat. Leipzig. Deutsche Handzeichnungen der Romantikerzeit. C. G. Boerner, 25. Mai 1938. Leipzig 1938. Auktionskat. München. Galerie Fritz Zickel. Ölgemälde, Aquarelle und Handzeichnungen moderner Meister. Hugo Helbing, 26. November 1927. München 1927. Auktionskat. München. Kunstwerke aus dem Besitz der staat­lichen Museen Berlin. Julius Böhler, 1. und 2. Juni 1937. o. O. 1937. Auktionskat. Nizza. Collection John Jaffé, bronzes italiens XVI me et XVII me, bronzes française XVIIIme et XIXme, importants tableaux anciens et modernes des écoles hollandaise, française, flamande, anglaise, italienne, importante documentation artistique. Hall du Savoy, 12. und 13. Juli 1943. Nizza 1943. Auktionskat. Paris. Collection Émile Pacully. Galerie Georges Petit, 4. Mai 1903. Paris 1903. (Online abrufbar unter: URL: (28. Dezember 2020)) Auktionskat. Stuttgart. Kunst des 18. und 19. Jahrhunderts. Aquarelle, Zeichnungen, Gemälde, Graphik. Sammlung Heumann, Chemnitz. Kunstkabinett Norbert Ketterer, 29. November 1957. Stuttgart 1957. Auktionskat. Zürich. Gemälde des 19. Jahrhunderts. Koller, 23. September 2011 o. O. 2011. (Online-Publikation: URL: < https://www.kollerauktionen.ch/de/zuerich/a158/gemaeldedes-19.-jahrhunderts-8/> (10. April 2021)). Ausstellungskat. Berlin. Ausstellung Deutscher Kunst aus der Zeit von 1775 – 1875. Hrsg. vom Vorstand der Deutschen Jahrhundertausstellung. König­liche Nationalgalerie, Januar bis Mai 1906. 2 Bde. München 1906. Ausstellungskat. Berlin. Verzeichnis der im ehemaligen Kronprinzen-Palais ausgestellten Kunstwerke. Nationalgalerie, Oktober 1919. Berlin 1919. Ausstellungskat. Berlin. Das plastische Werk von Edgar Degas. Galerie Flechtheim Berlin, Juni 1926. Moderne Galerie Thannhauser München, Juli bis August 1926. Galerie Ernst Arnold Dresden, September 1926. Hannover 1926.

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  441

Ausstellungskat. Berlin. Die Meister des holländischen Interieurs. Galerie Dr. Schäffer Berlin, April bis Mai 1929. Berlin 1929. Ausstellungskat. Berlin. Gebt mir vier Jahre Zeit. Reichsausstellung, Ausstellungsgelände am Funkturm, 30. April bis 20. Juni 1937. München 1937. Ausstellungskat. Breslau. Deutsche Landschaftskunst 1750 – 1850. Zeichnungen und Aquarelle aus der Sammlung Heumann. Schlesisches Museum der Bildenden Künste, Mai 1933. Leipzig 1933. Ausstellungskat. Chemnitz. Offizieller Katalog der Kunstausstellung des König-AlbertMuseums. Veranstaltet vom Verein Kunsthütte. König-Albert-Museum, ohne Zeitraum. Chemnitz 1909. Ausstellungskat. Chemnitz. Max Klinger. Zu seinem 60. Geburtstage. König-Albert-Museum, ohne Zeitraum. Chemnitz 1917. Ausstellungskat. Chemnitz. Ausstellung aus Privatbesitz. Malerei – Plastik. König-AlbertMuseum, ohne Zeitraum. Chemnitz 1918. Ausstellungskat. Chemnitz. Neue Sach­lichkeit. Ausschnitt aus der deutschen Malerei seit dem Expressionismus, zusammengestellt von der Direktion der Städtischen Kunsthalle zu Mannheim. König-Albert-Museum, 13. Dezember 1925 bis 17. Januar 1926. Chemnitz 1925. Ausstellungskat. Chemnitz. Joos de Momper 1564 – 1635. König-Albert-Museum, 4. September bis 2. Oktober 1927. Chemnitz 1927. Ausstellungskat. Chemnitz. Ausstellung aus Privatbesitz. Anläss­lich der sächsischen Künstlerhilfswoche veranstaltet von der Kunsthütte zu Chemnitz im Städtischen Museum. König-Albert-Museum, 4. April bis 10. Mai 1928. Chemnitz 1928. Ausstellungskat. Chemnitz. 100 Jahre deutsche Zeichenkunst 1750 – 1850. König-AlbertMuseum, 11. April bis 1. Juni 1930. Chemnitz 1930. Ausstellungskat. Chemnitz. Fünfundsiebzig Jahre Kunsthütte zu Chemnitz 1860 – 1935. Jubiläumsfestschrift und Katalog der Ausstellung „Aus Privatbesitz“. König-Albert-Museum, ohne Zeitraum. Chemnitz 1935. Ausstellungskat. Dresden. Professor Carlos Grethe. Galerie Ernst Arnold, ohne Zeitraum. Dresden 1913. Ausstellungskat. Dresden. Gotthardt Kuehl, Gedächtnis-Ausstellung. Sächsischer Kunstverein, März 1917. Dresden 1917. Ausstellungskat. Dresden. Dritte Jubiläums-Ausstellung. Neuere Kunstwerke aus Dresdner Privatbesitz. Sächsischer Kunstverein, 11. April bis 15. Mai 1929. Dresden 1929. Ausstellungskat. Düsseldorf. Ausstellung bedeutender Kunstwerke des 19. und 20. Jahrhunderts. (Deutsche Expressionisten – deutsche Impressionisten). Galerie Wilhelm Grosshennig, 15. Dezember 1958 bis 15. Februar 1959. Düsseldorf 1958. Ausstellungskat. Düsseldorf. Ausstellung auserlesener Meisterwerke des 19. und 20. Jahrhunderts. Galerie Wilhelm Grosshennig, Juni bis August 1962. Düsseldorf 1962.

442 I  Anhang

Ausstellungskat. Düsseldorf. Ausstellung auserlesener Meisterwerke des 19. und 20. Jahrhunderts. Galerie Wilhelm Grosshennig, Düsseldorf, 20. November 1963 bis 31. Januar 1964. Düsseldorf 1963. Ausstellungskat. Düsseldorf. Erich Heckel. Galerie Wilhelm Grosshennig, 21. Mai bis 16. Juni 1981. Düsseldorf 1981. Ausstellungskat. Florenz. Mostra retrospettiva di Annibale Gatti 1928 – 1909. Hrsg. von Circolo degli artisti di Firenze. Ohne Institution, Juni 1928. Florenz 1928. Ausstellungskat. Hagen. Moderne Kunst. Plastik, Malerei, Graphik. Museum Folkwang, ohne Zeitraum. Hagen 1912. Ausstellungskat. Leipzig. Bildnis und Komposition 1750 – 1850. Aus der Sammlung Heumann, Chemnitz. Museum der bildenden Künste, Februar 1934. Leipzig 1934. Ausstellungskat. Leipzig. Mitteldeutsche Kunst. Malerei, Graphik, Plastik der Gegenwart. Museum der bildenden Künste, 8. Dezember 1946 bis 30. Januar 1947. Leipzig 1946. Ausstellungskat. London. Twentieth Century German Art. New Burlington Galleries, Juli 1938. London 1938 (1988). (Reproduziertes Exemplar: Roters, Eberhard: Stationen der Moderne. Kataloge epochaler Kunstausstellungen in Deutschland 1910 – 1962. Köln 1988.) Ausstellungskat. Mannheim. Neue Sach­lichkeit. Deutsche Malerei seit dem Expressionismus. Städtische Kunsthalle, 14. Juni bis 13. September 1925. Mannheim 1925. Ausstellungskat. München. Offizieller Katalog der X. Ausstellung der Münchener Sezession. Hrsg. vom Deutschen Künstlerbund. Kunstausstellungsgebäude am Königsplatz, ohne Zeitraum. München 1904. Bayer und Heinze 1929 – Bayer und Heinze Bankhaus (Hrsg.): Die Aktiengesellschaften von Chemnitz und Umgebung. Chemnitz 1929. Cichorius 1926 – Cichorius, Erich (Hrsg.): Das Buch der Stadt Chemnitz. Dresden 1926. Dornhöffer 1899 – Dornhöffer, Friedrich: Carlos Grethe und der Karlsruher „Künstlerbund“. In: Kunst und Kunsthandwerk H. 9, 1899 (II), S. 309 – 327. Einstein 1926 – Einstein, Carl: Die Kunst des 20. Jahrhunderts. Propyläen der Kunstgeschichte. Bd. 16. Berlin 1926. Elias 1917 – Elias, Julius: Lesser Ury. In: Kunst und Künstler XV, H. 3, 1917, S. 138 – 140. Erbe 1923 – Erbe, Albert: Be­lichtung von Gemäldegalerien. Eine Reisestudie. Leipzig 1923. Fechter 1919 – Fechter, Paul: Der Expressionismus. München 1919. Friedrich 1937 – Friedrich, Karl J.: Die Gemälde Ludwig Richters. Berlin 1937. Friedrichs 1981 – Friedrichs, Yvonne: Zum 30jährigen Bestehen. In: Weltkunst 51, H. 11, 1981. S. 1684/1685. Friedrichs 1983 – Friedrichs, Yvonne: Wilhelm Grosshennig (1893 – 1983). In: Weltkunst 53, H. 3, 1983, S. 231. Friedrichs 1986 – Friedrichs, Yvonne (ohne Titel). In: Heuser 1986, o. S. [S. 5 – 13]. Galerie Wilhelm Grosshennig 1961 – Galerie Wilhelm Grosshennig (Hrsg.): 10 Jahre Kunsthandel in Düsseldorf. September 1951 – 1961. o. O. und o. J. Gehrig 1933a – Gehrig, Oscar: Guido Joseph Kern. In: Kunst für alle 48, 1932/1933, S. 314 – 319.

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  443

Gehrig 1933b – Gehrig, Oscar: Guido Joseph Kern. Der Maler und Graphiker. München 1933. Glaser 1916/1917 – Glaser, Curt: Lesser Ury. In: Kunstchronik 28, H. 6, 1916/1917, S. 49/50. Göpel 1934 – Göpel, Erhard: Aus der Sammlung „Deutsche Zeichenkunst 1750 – 1850“ von Konsul Heumann, Chemnitz. In: Die Kunst 69, H. 5, 1934, S. 154 – 156. Graf/Hausen 1929 – Graf, Hermann/Hausen, Edmund: Haus und Sammlung Glaeser, Eselsfürth. In: Hand und Maschine. Mitteilungsblatt der pfälzischen Landesgewerbeanstalt 1, H. 1, 1929, S. 105 – 124. Grautoff 1921 – Grautoff, Otto: Die neue Kunst. Berlin 1921. Grohmann 1932 – Grohmann, Will: Sammlung Ida Bienert-Dresden. In: Museum der Gegenwart III, 1932, H. 2, S. 59 – 66. Gurlitt 1907 – Gurlitt, Cornelius: Die deutsche Kunst des Neunzehnten Jahrhunderts. Ihre Ziele und Taten. Berlin 1907. Hamann 1914 – Hamann, Richard: Die deutsche Malerei im 19. Jahrhundert. Leipzig/ Berlin 1914. Handbuch des Kunstmarktes 1926 – Osborn, Max (Hrsg.): Handbuch des Kunstmarktes. Kunstadressbuch für das Deutsche Reich, Danzig und Deutsch-Österreich. Berlin 1926. Häfker 1899/1900 – Häfker, Hermann: Kunstausstellungen und Kunstsalons in Berlin. In: Westermanns illustrierte deutsche Monatshefte für das gesamte geistige Leben der Gegenwart 87, 1899 – 1900, S. 708 – 717. Hausen 1926 – Hausen, Edmund: Die Sammlung Glaeser, Eselsfürth. In: Mitteilungsblatt des Pfälzischen Gewerbemuseums 1, H. 1, 1926, S. 41 – 46. Hausen 1930 – Hausen, Edmund: Die Sammlung Max Glaeser, Eselsfürth. In: Der Sammler 2, 1930, S. 25 – 27. Heuser 1986 – Heuser, Margret (Hrsg.): Ein Leben mit der Kunst. o. O. 1986. Hildebrandt 1919 – Hildebrandt, Ernst: Der Expressionismus in der Malerei. Ein Vortrag zur Einführung in das Schaffen der Gegenwart. Stuttgart 1919. Hirth 1908 – Hirth, Georg: Dreitausend Kunstblätter der Münchner „Jugend“. München 1908. Höver 1928 – Höver, Otto: Erich Basarke. Chemnitz 1928. Hoffmann 1938 – Hoffmann, Heinrich (Hrsg.): Hitler befreit Sudetenland. Berlin 1942. Justi 1905 – Justi, Ludwig: Die Neuordnung der Gemäldegalerie im Städelschen Kunstinstitut. In: Museumskunde I, H. 4, 1905, S. 205 – 215. Kahn 1913 – Kahn, Julius: Münchens Großindustrie und Großhandel. München 1913. Kehrer 1922 – Kehrer, Hugo: Sammlung Max Glaeser, Eselsfürth. München 1922. Koetschau 1911 – Koetschau, Karl: Der neue Rembrandt-Saal der Dresdner Gemäldegalerie. In: Museumskunde VII, H. 2, 1911, S. 84 – 89. Kühn 1926 – Kühn, Alfred: Ernst Ehlers zum Gedächtnis. In: Zeitschrift für wissenschaft­ liche Zoologie 128, 1926, S. 1 – 15. Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913) – Kunstgewerbeverein-Chemnitz (Hrsg.): Chemnitzer Kunst und Kunstgewerbe. Bilder vom Schaffen unserer Zeit 1884 – 1909. Chemnitz 1909 (1913).

444 I  Anhang

Künstlerbund Karlsruhe 1909 – Künstlerbund Karlsruhe (Hrsg.): Katalog der Original- Lithographien, Radierungen, Holzschnitte des Künstlerbund[es] Karlsruhe. Karlsruhe 1909. Künstlergruppe Chemnitz 1918 – Künstlergruppe Chemnitz (Hrsg.): Künstler abseits vom Wege. 10 Jahre Deutsche Kunst in der Provinz. Dresden 1918. Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender 1925 – Lüdtke, Gerhard (Hrsg.): Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender. Bd. 1. Berlin/Leipzig 1925. Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender 1931 – Lüdtke, Gerhard (Hrsg.): Kürschners Deutscher Gelehrtenkalender. Bd. 4. Berlin/Leipzig 1931. Maecenas 1927 – Stern, Joachim (Hrsg.): Maecenas. Berlin 1927. Meier-Graefe 1904 – Meier-Graefe, Julius: Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst. 3 Bde. Stuttgart 1904. Meier-Graefe 1905 – Meier-Graefe, Julius: Der Fall Böcklin und die Lehre von den Einheiten. Stuttgart 1905. Museumskat. Dresden. Staat­liche Gemäldegalerie: Katalog. Kleine Ausgabe. Berlin/Dresden 1927. Museumskat. Leipzig. Museum der bildenden Künste Leipzig: Verzeichnis der Kunstwerke. Leipzig 1903. Museumskat. Leipzig. Museum der bildenden Künste Leipzig: Katalog der Sammlungen von Kartons, Aquarellen, Bildhauerwerken und Gemälden. München 1909. Museumskat. Leipzig. Museum der bildenden Künste Leipzig: Verzeichnis der Kunstwerke. Nachtrag. Leipzig 1911. Pazaurek 1907 – Pazaurek, E. Gustav: Die Stuttgarter König­liche Gemäldegalerie. In: Museumskunde III, H. 2, 1907, S. 62 – 67. Pica 1901 – Pica Vittorio: La pittura all’esposizione di Parigi. In: Emporium 13, H. 76, 1901, S. 243 – 262. Posse 1930 – Posse, Hans: Vorwort zum Katalog der Modernen Galerie. In: Museumskat. Dresden. Moderne Galerie: Katalog. Berlin/Dresden 1930, S. V-XI. Rentzsch 1917 – Rentzsch, Johannes: Bildende Kunst. Über die neue Malerei. In: Chemnitzer Kalender 1917, S. 103 – 106. Schumann 1904 – Schumann, Paul: Die Elbier auf der großen Kunstausstellung in Dresden. In: Die Kunst 9, 1904, S. 509 – 514. Thiele 1909 (1913) – Thiele, Adolf: Chemnitz und die neue Kunst. In: Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 50 – 57. Verein der Freunde der Nationalgalerie 1938 – Verein der Freunde der Nationalgalerie (Hrsg.): National-Galerie. Die wichtigsten Erwerbungen in den Jahren 1933 – 1937. Berlin 1938. Vogt 1910 – Vogt, Adolf: Hotel „Wettiner Hof“ – Bad Elster. In: Innen-Dekoration XXI, H. 2, 1910, S. 91/92 (Photographien bis S. 109). Volbehr 1909 – Volbehr, Theodor: Die Zukunft der deutschen Museen. Stuttgart 1909. Vollbehr 1935 – Vollbehr, Ernst: Die Straßen Adolf Hitlers. Leipzig 1935. Vollbehr 1938 – Vollbehr, Ernst: Arbeitsschlacht. Berlin 1938.

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  445

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8.7.2 Sekundärliteratur Ackermann 2003 – Ackermann, Marion: Farbige Wände. Zur Gestaltung des Ausstellungsraumes von 1880 bis 1930. Hrsg. von der Städtischen Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau. Wolfratshausen 2003. Akinsha/Walsh/Yeide 2001 – Akinsha, Konstantin/Walsh, Amy L./Yeide, Nancy H.: The AAM guide to provenance research. Washington, DC 2001. Alexander 2010 – Alexander, Beatrix: „Verkaufslustige Neigung“ – Gemäldeverkäufe aus dem Besitz der Stadt Köln. In: Jahrbuch des Kölnischen Geschichtsvereins 80, 2009/2010, S. 101 – 122. Andratschke 2013 – Andratschke, Claudia: Zwischen Kontinuität und Neubeginn. Die Kunstabteilung im Landesmuseum Hannover nach 1945. In: Friedrich/Prinzing 2013, S. 82 – 88. Andratschke 2015 – Andratschke, Claudia: Brandbilder. Kunstwerke als Zeugen des Zweiten Weltkriegs. Regensburg 2015. Anna 1993 – Anna, Susanne (Hrsg.): Karl Schmidt-Rottluff. Malerei und Graphik. Chemnitz 1993. Artinger 2014 – Artinger, Kai: Bilder „ohne Herkunft“. Der Kunsthistoriker Prof. Dr. Guido Joseph Kern und die Bilder von Carl Blechen in den Kunstsammlungen Chemnitz. In: Kunstgeschichte. Open Peer Reviewed Journal, 2014 (urn:nbn:de:bvb:355-kuge-403 – 9). (Online-Publikation: URL: (28. Dezember 2020)). Assouline 1988 – Assouline, Pierre: L’homme de l’art D.-H. Kahnweiler (1884 – 1979). Paris 1988. Ausstellungskat. Berlin 1981. Ernst Barlach. Werke und Werkentwürfe aus fünf Jahrzehnten. Hrsg. von Elmar Jansen. Altes Museum, April bis Juni 1981. 3 Bde. Dresden 1981. Ausstellungskat. Berlin. Das Schicksal einer Sammlung. Aufbau und Zerstörung der neuen Abteilung der Nationalgalerie im ehemaligen Kronprinzen-Palais Unter den Linden 1918 – 1945. Hrsg. von Annegret Janda. Neue Gesellschaft für bildende Kunst, 16. Oktober bis 25. November 1988. Berlin 1988. Ausstellungskat. Berlin. Ethos und Pathos. Die Berliner Bildhauerschule 1786 – 1914. Hrsg. von Peter Bloch und Sybille Einholz. Hamburger Bahnhof, 19. Mai bis 29. Juli 1990. Berlin 1990. Ausstellungskat. Berlin/München. Manet bis Van Gogh. Hugo von Tschudi und der Kampf um die Moderne. Hrsg. von Johann Georg Prinz von Hohenzollern und Peter-Klaus Schuster. Nationalgalerie, 20. September 1996 bis 6. Januar 1997 u. a. München 1996.

446 I  Anhang

Ausstellungskat. Berlin. „Was vom Leben übrig bleibt, sind Bilder und Geschichten“. Max Liebermann zum 150. Geburtstag. Rekonstruktion der Gedächtnisausstellung des Berliner Jüdischen Museums von 1936. Hrsg. von Herman Simon. Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, 5. Mai bis 3. August 1997. Berlin 1997. Ausstellungskat. Berlin. Gute Geschäfte. Kunsthandel in Berlin 1933 – 1945. Hrsg. von C ­ hristine Fischer-Defoy. Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, 10. April bis 31. Juli 2011 u. a. Berlin 2011. Ausstellungskat. Berlin. Christian Friedrich Gille 1805 – 1899. Hrsg. von Gerd Spitzer. Villa Grisebach, September bis Oktober 2018. Petersberg 2018. Ausstellungskat. Berlin. Emil Nolde eine deutsche Legende. Der Künstler im Nationalsozialismus. Hrsg. von Bernhard Fulda, Christian Ring und Aya Soika. Hamburger Bahnhof, 12. April bis 15. September 2019. 2 Bde. München u. a. 2019. Ausstellungskat. Bochum. Artige Kunst. Kunst und Politik im Nationalsozialismus. Hrsg. von Silke von Berswordt-Wallrabe u. a. Ruhr-Universität Bochum, Kunstsammlungen, 11. Mai 2016 bis 4. September 2017 u. a. Bielefeld 2016. Ausstellungskat. Bonn. Kleinplastiken des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung der Nationalgalerie. Hrsg. von Bernhard Maaz. Wissenschaftszentrum, 22. Oktober 1992 bis 3. Januar 1993. Berlin 1992. Ausstellungskat. Bonn. Bestandsaufnahme Gurlitt. Hrsg. von Agnieszka Lulińska. Kunstmuseum Bern („Entartete Kunst“ – Beschlagnahmt und verkauft), 2. November 2017 bis 4. März 2018/Bundeskunsthalle (Der NS-Kunstraub und die Folgen), 3. November 2017 bis 11. März 2018. München 2017. Ausstellungskat. Chemnitz. Edvard Munch in Chemnitz. Hrsg. von Kerstin Drechsel, Ingrid Mössinger und Beate Ritter. Städtische Kunstsammlungen, 14. November bis 20. Februar 1999. Köln 1999 Ausstellungskat. Chemnitz. Honoré Daumier. Von Guten Bürgern und Pariser Typen. Stiftung Erich Goeritz. Hrsg. von Ingrid Mössinger u. a. Städtische Kunstsammlungen, 15. März bis 30. Juni 2002. Chemnitz 2002. Ausstellungskat. Chemnitz. Ernst Ludwig Kirchner. Die Deutschlandreise 1925/1926 von Davos nach Frankfurt am Main, Chemnitz, Dresden, Berlin. Hrsg. von Ingrid Mössinger u. a. Städtische Kunstsammlungen, 13. Mai bis 5. August 2007. Köln 2007. (a) Ausstellungskat. Chemnitz. Max Klinger in Chemnitz. Hrsg. von Ingrid Mössinger. Städtische Kunstsammlungen, 18. März bis 28. Mai 2007. Leipzig 2007. (b) Ausstellungskat. Chemnitz. Max Slevogt – Malerei und Grafik. Hrsg. von Ingrid Mössinger. Städtische Kunstsammlungen, 11. Juni bis 4. September 2011. Leipzig 2011. (a) Ausstellungskat. Chemnitz. Otto Dix in Chemnitz. Hrsg. von Thomas Bauer-Friedrich. Museum Gunzenhauser, 13. November 2011 bis 15. April 2012. München 2011. Ausstellungskat. Chemnitz. Henry van de Velde und Edvard Munch in Chemnitz. Hrsg. von Ingrid Mössinger. Städtische Kunstsammlungen, 9. Juni bis 29. September 2013. Bielefeld 2013.

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  447

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448 I  Anhang

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Quellen- und Literaturverzeichnis  I  469

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470 I  Anhang

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Quellen- und Literaturverzeichnis  I  471

Zur Mühlen 2004 – Zur Mühlen, Ilse von: Die Kunstsammlung Hermann Görings. Ein Provenienzbericht der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen. München 2004. Zuschlag 1995 – Zuschlag, Christoph: „Entartete Kunst“. Ausstellungsstrategien im NaziDeutschland. Worms 1995. Zuschlag 1999 – Zuschlag, Christoph: Die Ausstellung „Kulturbolschewistische Bilder“ in Mannheim 1933. Inszenierung und Presseberichterstellung. In: Eugen Blume und Dieter Scholz (Hrsg.): Überbrückt. Ästhetische Moderne und Nationalsozialismus. Kunsthisto­ riker und Künstler 1925 – 1937. Köln 1999, S. 224 – 236. Zuschlag 2016 – Zuschlag, Christoph: „Freiwillige“ Abgaben moderner Kunst durch deutsche Museen nach 1933. In: Tanja Baensch, Kristina Kratz-Kessemeier und Dorothee ­Wimmer (Hrsg.): Museen im Nationalsozialismus. Akteure – Orte – Politik. Köln u. a. 2016, S. 223 – 234.

8.7.3 Online-Datenbanken AKL online URL: (28. Dezember 2020)

Auktionskataloge – digital. German Sales 1930 – 1945 (Universität Heidelberg) URL: (28. Dezember 2020)

Beschlagnahmeinventar „Entartete Kunst“ – Gesamtinventar der 1937/38 in deutschen Museen beschlagnahmten Werke „entarteter Kunst“ (Freie Universität Berlin) URL: (28. Dezember 2020) Central Collecting Point München (Deutsches Historisches Museum) URL: (28. Dezember 2020) The Central Registry of Information on Looted Cultural Property 1933 – 1945 URL: (28. Dezember 2020) Datenbank des Nedelands Kunstbezit-collectie URL: (28. Dezember 2020) Dictionary of Art Historians URL: (28. Dezember 2020) Digitales Belvedere – Sammlungsdatenbank des Belvedere in Wien URL: (10. April 2021) Galerie Heinemann online URL: (28. Dezember 2020) GDK Research – Bildbasierte Forschungsplattform zu den Grossen Deutschen Kunstausstellungen 1937 – 1944 in München URL: (28. Dezember 2020)

472 I  Anhang

Lost Art Internet Database URL: (28. Dezember 2020)

Provenienzdatenbank.Bund (Kunstverwaltung des Bundes) URL : (28. Dezember 2020) POP: La Plateforme ouvert du patrimoine URL: (28. Dezember 2020)

Sammlung des Sonderauftrages Linz (Deutsches Historisches Museum) URL: (10. April 2021) SKD online collection – Sammlungsdatenbank der SKD URL : (28. Dezember 2020)

8.7.4 Veröffentlichungen der Galerie Gerstenberger (chronologisch) Zu jedem Dokument ist der Standort von dem Exemplar angegeben, das durch die Verfasserin eingesehen wurde. Mitteilungsblatt 1902, o. O. o. J. StadtA Chemnitz, Archiv des Vereins für Chemnitzer Geschichte (VfCG), vr 1, Akten des Vereins für 1902. Mitteilungsblatt 1904, o. O. o. J. Privatbesitz. Werbeprospekt ­zwischen 1906 und 1909, o. O. o. J. Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation). Ausstellungskat. Künstlergruppe Chemnitz. Sonderausstellung, Dezember 1907. Chemnitz 1907. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungsplakat. Künstlergruppe Chemnitz. o. O. 1907. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz. Ausstellungskat. Nachlass- und Gedächtnis-Ausstellung Professor Charles J. Palmié. 22. Febru­ar – 17. März 1912. Chemnitz 1912. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Gustav Schaffer. Das graphische Werk 1905 – 1920. Juni bis Juli 1920. Chemnitz 1920. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. M ­ utter und Kind in der Graphik der letzten Jahrzehnte. Ausstellung zum Besten der Kinderhilfe von der Kunsthütte und der Ausstellung Gerstenberger. 24. – 30. Januar 1921. Chemnitz 1921[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan).

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  473

Ausstellungskat. Edvard Munch. Neuere Gemälde und Graphik in der Ausstellung Gerstenberger, Juli 1921. Chemnitz 1921[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz. Ausstellungsplakat. Edvard Munch. o. O. 1921. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz Ausstellungskat. Jubiläumsausstellung. Deutsche Malerei und Plastik in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von Feuerbach bis Liebermann, März – April 1922. Chemnitz 1922. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Denkschrift zum 75-jährigen Bestehen der Firma Gustav Gerstenberger in Chemnitz, 1847 – 1922. Chemnitz 1922. Privatbesitz. Ausstellungsplakat. Jubiläumsausstellung. Deutsche Malerei und Plastik in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts von Feuerbach bis Liebermann. März – April 1922, o. O. 1922. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz. Einladungskarte für die Ausstellung Josef Hegenbarth. Februar 1924. o. O. 1924. Staat­liche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstichkabinett, Inv.Nr. A HA 0602. Ausstellungskat. Romantik und Biedermeier in der deutschen Malerei und Zeichnung. April und Mai 1924. Chemnitz 1924. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Gedächtnisausstellung Hans Thoma 1839 – 1924. Veranstaltet von der Kunsthütte zu Chemnitz und der Kunsthandlung Gerstenberger. 1. bis 31. März 1925. Chemnitz 1925[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Georg Kolbe. Plastik, Zeichnungen, Drucke. 15. Juni bis 15. Juli 1925. Chemnitz 1925[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Max Slevogt. 3. bis 30. April 1927. Chemnitz 1927[a]. Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München. Ausstellungskat. Weihnachtsausstellung. Seltene Meisterwerke der Malerei. Ohne Zeitraum. o. O. 1927[b]. Stefan Pucks, Berlin. Ausstellungskat. Meisterwerke Deutscher Kunst. 1. bis 31. Oktober 1928. Chemnitz 1928. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Emil Mund. Plastik. Januar und Februar 1931. Chemnitz 1931[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Neue Bildnisse von Oskar Wiedenhofer München. Februar 1931. Chemnitz 1931[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan).

474 I  Anhang

Ausstellungskat. Deutsche Romantiker und Ludwig Richter-Schüler. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Oktober und November 1932. Chemnitz 1932. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Einladungskarte für die Ausstellung Heidelberger Romantikerfamilie Schmitt. 28. September bis 31. Oktober 1935. o. O. 1935. SMB-ZA, I/NG 939, Bl. 20. Ausstellungskat. Weihnachtsausstellung 1938. Ohne Zeitraum. o. O. 1938. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungsplakat. Weihnachtsausstellung der Chemnitzer Künstlerschaft. o. O. 1938. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz. Ausstellungskat. Adolph von Menzel. 1815 – 1905. 23. Juni bis 15. Juli 1939. o. O. 1939[a]. Wallraf Richartz-Museum, Köln. Ausstellungskat. Weihnachtsausstellung 1939. Ohne Zeitraum. Chemnitz 1939[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan) und Stefan Pucks, Berlin. Ausstellungskat. Weihnachtsausstellung 1940. Ohne Zeitraum. Chemnitz 1940. Stefan Pucks, Berlin. Ausstellungskat. Prof. G. J. Kern, Berlin. Gemälde. 19. April bis 10. Mai 1941. Chemnitz 1941[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Neu ausgestellt im April 1941. Meisterwerke des 19. Jahrhunderts und der Gegenwart. Chemnitz 1941[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Weihnachtsausstellung 1941. Ohne Zeitraum. o. O. 1941[c]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Sächsische Künstler stellen aus. 7. und 8. September 1946. o. O. 1946. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Mitteldeutsche Kunst. Malerei, Graphik, Plastik der Gegenwart. Zum hundertjährigen Bestehen. März bis April 1947. o. O. 1947[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Ausstellungskat. Sonderausstellung Hans Haueisen, Rudi Gruner. April und Mai 1947. Chemnitz 1947[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan). Denkschrift zum 100-jährigen Bestehen der Firma Gustav Gerstenberger. o. O. 1947. (Manuskript) Privatbesitz. Ausstellungskat. Sonderausstellung von Plastiken und Handzeichnungen der Bildhauerin Etha Richter, Dresden, anläss­lich des 65. Geburtstages der Künstlerin. 15. Februar bis 20. März 1948. Chemnitz 1948[a]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan)

Quellen- und Literaturverzeichnis  I  475

Ausstellungskat. Max Liebermann. Sonderausstellung. Graphik, Gemälde, Handzeichnungen (1890 – 1930) aus Museums- u. Privatbesitz. 1. Mai bis 5. Juni 1948. Chemnitz 1948[b]. Städtische Kunstsammlungen Chemnitz (Scan).

Undatierte Publikationen der Galerie Gerstenberger Ausstellungskat. Ferdinand von Rayski. Gemälde. Chemnitz o. J. (vermut­lich um 1928/1929) Zentralinstitut für Kunstgeschichte, München. Ausstellungskat. Im Januar neu ausgestellte Meisterwerke Münchner Künstler und des 19. Jahrhunderts. o. O. o. J. (vermut­lich ­zwischen 1938 und 1942). Stefan Pucks, Berlin.

Nicht aufgefundene Publikationen der Galerie Gerstenberger Ausstellungskat. Franz von Stuck. März bis April 1928. (Hinweis auf einen Katalog bei Voss 1972, Kat.Nr. 330/595, 359/378, 472/589, 522/309, 525/137, 538/96, 553/10, 564/127, 579/117, 584/273, 587/187, 588/253, 593/97, 604/87, 59, 85, 127, 140) Ausstellungskat. Georg Kolbe zum 55. Geburtstag. März 1932. (Hinweis auf einen Katalog bei Berger 1990, S. 181) Ausstellungskat. O. Th. W. Stein. 34 Gemälde, Pastelle, Aquarelle. 3. Juni bis 29. Juni 1932. (Hinweis auf einen Katalog bei Thormann 1992, S. 291)

8.8 Abbildungsnachweis Abb. 3:

Etikett auf der Rückseite von Karl Reiser: Baumfriedhof. Kreide, Aquarell und Deckfarben, 53,7 × 72,6 cm, Staat­liche Museen zu Berlin – Kupferstich­ kabinett, SZ K.Reiser 1 / F III 2487. Ich bedanke ich mich herz­lich bei Hanna Strzoda für die Photographie. Abb. 9: Cichorius 1926, S. 155 Abb. 10: StadtA Chemnitz, Bildarchiv, 13132, Postkarte Rossmarkt Chemnitz um 1909. Abb. 11: Pica 1901, S. 255. Abb. 12: Ohm 2008, S. 25. Abb. 13: Die Archivalie befindet sich in Privatbesitz. Abb. 14: StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Baupolizeiamt 887, Bl. 1. Abb. 15: StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Baupolizeiamt 1213, Bl. 22 und 23. Abb. 16: StadtA Chemnitz, Rat der Stadt Chemnitz, Baupolizeiamt 1214, Bl. 1/2. Abb. 17: Innen-Dekoration XXI, H. 2, 1910, S. 94. Abb. 18: Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation): Werbeprospekt ­zwischen 1906 und 1909. © Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation)

476 I  Anhang

Abb. 19:

Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation): Werbeprospekt ­zwischen 1906 und 1909. © Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation) Abb. 20: Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 153. Abb. 21: Kunstgewerbeverein Chemnitz 1909 (1913), S. 154. Abb. 22: Denkschrift Galerie Gerstenberger 1947, o. S. [S. 53]. Abb. 23: Die Archivalie befindet sich in Privatbesitz. Abb. 24: Denkschrift Galerie Gerstenberger 1947, o. S. [S. 55]. Abb. 25: Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 20. Abb. 26: Häfker 1899/1900, S. 709. Abb. 27: Kunst für alle 19, 1903/04, S. 248. Abb. 28: DKA, NL Arnold/Gutbier, I,B-6b (0009). Abb. 29: Sheehan 2000, S. 181, Abb. 29. Abb. 30: Koetschau 1911, S. 86. Abb. 31: Denkschrift Galerie Gerstenberger 1922, S. 11. Abb. 32/1 und 2:  Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation). © Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation) Abb. 33: Die Weltkunst 12, H. 50, 1938, S. 8. Abb. 34: © Kunstsammlungen Chemnitz/PUNCTUM/Bertram Kober Abb. 36: Der Cicerone 14, H. 9, 1922, S. 386. Abb. 37: Ausstellungskat. Chemnitz 1928, S. 56. Abb. 38: Chemnitzer Tageblatt vom 29. August 1929, S. 8. Abb. 39/1 – 3:  KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 1932/26, L199: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand [?] an Frau David Leder vom 16. Oktober 1925. Abb. 40: Der Querschnitt 5, H. 8, 1925, S. 93. Abb. 41: Kaufhold/Titzenthaler 2013, S. 69, Tafel 45. Abb. 42: KSChA SKC Briefwechsel 1920 – 1932/40, L193: Schreiben von Friedrich Schreiber-Weigand an David Leder vom 26. April 1926. Abb. 43: Berend-Corinth 1992, S. 123, Kat.Nr. 454. Abb. 44: Kunst Museum Winterthur, Stiftung Oskar Reinhart © Kunst Museum Winterthur Abb. 45/1 und 2:  BWA F 43/98: Schreiben der Kunsthandlung Julius Böhler an die Galerie Gerstenberger vom 30. Mai 1931. Abb. 46: BArch R55, Karteikarte Reichskulturkammer (RKK), Grosshennig, Wilhelm, geb. 15. 11. 1893. Abb. 47: Chemnitzer Tageblatt vom 26. März 1933, S. 8. Abb. 48: Chemnitzer Tageblatt vom 16. April 1933, S. 4. Abb. 49: Chemnitzer Tageblatt vom 20. April 1933, S. 4. Abb. 50: Chemnitzer Tageblatt vom 11. Mai 1933, S. 4. Abb. 51: Chemnitzer Tageblatt vom 18. April 1933, S. 4.

Abbildungsnachweis  I  477

Abb. 52: Abb. 53: Abb. 54: Abb. 55: Abb. 56: Abb. 57: Abb. 58: Abb. 59: Abb. 60:

Ausstellungskat. Galerie Gerstenberger 1938, o. S. [S. 3 des Faltblattes]. Der Türmer von Chemnitz 2, 1936, S. 143. Der Türmer von Chemnitz 2, 1936, S. 142. StadtA Chemnitz, Nachlass Waldemar Ballerstedt, 24, Eintrag Nr. 256. StadtA Chemnitz, Nachlass Waldemar Ballerstedt, 24, Eintrag Nr. 256. Chemnitzer Tageblatt vom 9. Oktober 1938, S. 4. Der Türmer von Chemnitz 2, 1936, S. 98. Der Türmer von Chemnitz 2, 1936, S. 99. SMB-ZA, I-NG 1375, Bl. 225a: Schreiben der Galerie Gerstenberger an ­Eduard von der Heydt vom 1. Juni 1934. Abb. 61: BG-KA-N/F.Möller-207-M77,42: Schreiben vom 26. Mai 1934 von der ­Galerie Gerstenberger an die Galerie Ferdinand Möller. Abb. 62: BG-KA-N/F.Möller-207-M77,40: Schreiben vom 31. Mai 1934 von der Kunstausstellung Gerstenberger GmbH an die Galerie Ferdinand Möller, S. 1. Abb. 63/1 und 2:  SMB-ZA, I-NG 938, Bl. 437 (und 437v): Schreiben der Galerie ­Gerstenberger an die Nationalgalerie vom 12. Juni 1935. Abb. 64: Stadtarchiv Mannheim, Bestand Kunsthalle, Korrespondenz bis 1937: Schreiben der Galerie Gerstenberger an die Kunsthalle Mannheim vom 12. Juni 1935. Abb. 65: KSChA Entartete Kunst/Verzeichnis beschlagnahmter Erzeugnisse entarteter Kunst, 1937, 31. Abb. 66: Die Weltkunst 10, H. 21/22, 1936, S. 3. Abb. 67: Landesarchiv Berlin, A-Rep 243 – 04, Nr. 69, Bl. 61. Abb. 68: Auktionskat. Berlin 1936c, Tafel 3. Abb. 69: Landesarchiv Berlin A-Rep 243 – 04, Nr. 69, Bl. 51: Versteigerungsauftrag für Frau/Herrn Dr. Julius Seligsohn-Netter. Abb. 70: © Staatsgalerie Stuttgart Abb. 71: Chemnitzer Tageblatt vom 16. Oktober 1938, S. 12. Abb. 72: © Landesmuseum Hannover Abb. 73: Sarlay 1990, S. 195, Abb. 9. Abb. 74/1 und 2:  Sächsisches Staatsarchiv, Hauptstaatsarchiv Dresden, 11127 Gemälde­ galerie Dresden, Nr. 29/1 (Personalakte Hans Posse), Bl. 43. Abb. 75: Archives nationales, Paris, AJ/40 [Papiers des services d’occupation allemand en France]/37 [Kunstschutz et achats d’œuvres en France], Ordner 6: Ausführung von Kunstwerken, nicht foliiert. Abb. 76: BArch R8 XIV/11, Bl. 204. Abb. 77: BArch R8 XIV/11, Bl. 203. Abb. 78: Archives nationales, Paris, Archives des musées nationaux, Bureau des ­exportations d’oeuvres et douanes de la direction des musées des France ­(sous-série 4AA), 20144657/7: licenses d’exportation refusées, licences

478 I  Anhang

­individuelles (4): demande n 25059: Schreiben von Jacques Jaujard an Michel Martin vom 21. Juni 1944. Abb. 79: Ausstellungskat. Düsseldorf 1981, S. 57. Abb. 80: Ketterer 1988, Bd. 2, S. 401. Tafel 1: StadtA Chemnitz, Archiv des Vereines für Chemnitzer Geschichte (VfCG), vr 1, 1902, Bl. 1. Tafel 2: Van Gogh Museum, Amsterdam (Vincent van Gogh Foundation): Werbe­ prospekt ­zwischen 1906 und 1909. © Van Gogh Museum, Amsterdam ­(Vincent van Gogh Foundation) Tafel 3: Ausstellungskat. Washington 2004, S. 182, Kat.Nr. 52 Tafel 4: © Kunstpalast – Photo: Horst Kolberg Tafel 5: © Hamburger Kunsthalle/bpk, Photo: Elke Walford Tafel 6: Sammlungskat. Germanisches Nationalmuseum Nürnberg. Moderne Zeiten: Die Sammlung zum 20. Jahrhundert. Hrsg. von Ursula Peters. Nürnberg 2000, S. 45. © VG Bild-Kunst, Bonn 2020 Tafel 7: Wichmann 2002, S. 274, Kat.Nr 528. Tafel 8: © Rich Sanders, Des Moines Tafel 9: Photo: Museum Folkwang Essen – Artothek Tafel 10: © Michael Herling, Aline Gwose, Sprengel Museum Hannover

Abbildungsnachweis  I  479

9. Personenregister A Abbo, Jussuff  116, 137, 224, 415 Abels (Galerie)  271, 310 Abshagen, Hans  44 Accorsi, Petro  309 Achenbach, Andreas  129, 173, 420 Achenbach, Oswald  138, 217, 408 f., 414, 419, 423 Albiker, Karl  138, 406, 418 Almas-Dietrich, Maria  271, 308 f., 318, 427 Alt, Theodor  101 Amsler & Ruthardt (Auktionshaus)  164 Archipenko, Alexander  169 f. Arnold (Galerie)  14 f., 20 f., 24, 29, 36 f., 50, 65, 70 f., 78 ff., 84 f., 87, 95, 107 f., 126, 136, 146, 191, 197, 216 B Bachstitz, Walter  64, 309 Baisch, Hermann  329, 425 Balestrieri, Lionello  39, 43, 47, 396 Ballerstedt, Waldemar  22, 227, 236, 238 f., 243 ff., 250 f., 255, 266 Balzer, Wolfgang  365 Bammann (Kunsthandlung)  250 Bannatyne, John James  37, 396 Barlach, Ernst  92, 104, 110, 115 f., 126, 137, 143 f., 147, 169 f., 172, 225, 254 f., 260, 263, 408 ff., 412, 420, 427 Barlösius, Georg  40 Bartels, Hans von  101, 159, 171, 402, 404, 408, 412, 414, 416, 419, 421, 423 Basarke, Erich  9, 52, 54 ff., 159, 288, 357, 400 Baudissin, Klaus Graf von  248 f. Baumeister, Willy  95 Bazin, Germain  347 Beckmann, Max  107, 116, 126, 140 ff., 146, 251, 259, 269, 377, 381, 383 Behrens, Peter  68 Benario, Hugo  189

Benedict & Co (Galerie)  119 Beneke, Rudolf  284 Bennewitz, Hermann  158 Berend-Corinth, Charlotte  116, 408, 413 Bergen, Claus  159, 414 Berger, Max  160 f. Bernheimer (Galerie), München  29 Besnard, Albert  49 f., 397 Best, Hans  223 f., 422, 425 f. Bienert, Ida  315 Bilders, Johannes  333 Billand, Carl  285 f. Binder, Alois  223 Binder, Moritz Julius  234 Birnstengel, Richard  90, 159, 400, 413 Blechen, Karl  113, 164, 187 f., 233, 235 f., 250 f., 389, 419 Bloemaert, Cornelis  121 Bloot, Pieter de  121 Böcklin, Arnold  75, 103, 172, 300, 399, 414, 423 Bode, Wilhelm von  98 Boehle, Fritz  101, 112, 405, 407 ff., 412 f., 420, 424 Boel, Pieter  121 Boerner (Auktionshaus)  29, 265, 279 f., 283 f., 367 Boerner, Hans  279 Boer, Paul de  119 Boer, Pieter de  309 Böhler, Julius  16, 19 f., 24, 191 f., 194 f., 246, 285, 287, 292, 309, 358, 372 f., 375 Böhmer, Bernhard  16 Bonnard, Pierre  162 Borch, Gerard ter  124, 417 f. Bormann, Martin  315 Bottenwieser, Paul  64 Boudin, Eugène  301 Bouman, Johannes  333 Bracht, Eugen  125, 141, 173, 406, 409 f., 414 f., 419

Brakl, Franz Josef  71, 84, 88 Brendel, Albert  221, 423 Breughel, Jan  194 Brockhusen, Theo von  155, 406 Brooks, Harry  384 f. Buchheim, Lothar-Günther  384 Buchholz, Karl  16, 101, 407, 409, 423 Buder, Max  160 Bührle, Emil  371 Burchard, Otto  64 Bürkel, Heinrich  295, 425 Burlet, Charles A. de  65 Busch, Harald  255 Busch, Otto  119 Busch, Wilhelm  187 f., 218, 419 Buttersack, Bernhard  112, 408 Büttner, Kurt  117 C Calame, Alexandre  334, 341, 377 Campendonk, Heinrich  110 f., 409 Canon, Hans  138 Carus, Carl Gustav  117, 138, 164, 187, 270, 288 f., 295, 419, 423 ff. Caspari, Georg  88, 190 f., 291 Cassirer & Helbing (Auktionshaus)  164, 189 Cassirer, Paul  14 f., 65, 79 f., 84, 87 f., 164, 175, 190, 279 Castell, Johann Anton  295 Cézanne, Paul  154, 417 Chagall, Marc  107 Clauß (verwitwet)  160, 173 Cohen, Elsa Helene  349 Cohn, Fritz  74 Cohn, Martin  160 Cohnreich, Arthur  277 f. Commeter (Galerie)  132, 163, 190 Conegliano, Cima da  171 Constable, John  235 Conzen, Friedrich Gottlieb  366 f. Corinth, Lovis  80 f., 98, 100 ff., 104 ff., 110, 112, 115 f., 125, 136 f., 140, 146, 166 ff., 172, 175 ff., 181, 196, 199, 217, 222, 224, 255, 260, 264 f.,

482 I Personenregister

288, 296, 369 f., 374, 377, 389, 406 ff., 410 ff., 416 ff. Corot, Camille  301, 417 Courbet, Gustave  101, 298 ff., 317, 341, 417 Cramer, Gustav  24, 309, 327 f., 330, 332, 334 ff., 339 Cranach, Lucas  161, 171 Cremers, Paul Joseph  119, 249 Creutzer vorm. M. Lempertz (Kunstversteigerungshaus)  246 Crodel, Carl  363 Cuylenborch, Abraham van  121 Cuyp, Aelbert  122 Cuyp, Benjamin Gerritsz.  330 ff. D Dahl, Johan Christian Clausen  117 f., 138, 159, 172, 187, 264, 289, 295, 377, 421 Daubigny, Charles-François  301 Daugherty, James  34 Defregger, Franz von  112, 173, 292 f., 408 ff., 412 ff., 419 ff., 423 f. Degas, Edgar  80, 118, 125, 138, 169, 300, 377, 415 Del Vecchio (Galerie)  35 Dequoy, Roger  309, 346 ff. Dewitz, Walpurg Gertrud von  171, 312 f. Diez, Wilhelm von  101, 138 Dill, Ludwig  75, 112, 159, 398, 407 f., 414, 419 Dix, Otto  139 f., 145, 363, 413, 427 Dodeck, Anna  190 f. Doehner, William Arwed  91 ff., 368 Dony, Frans  334 f. Dorner, Alexander  143, 145, 247 Dorner, Johann Jakob  118 Dorotheum (Auktionshaus)  308 f. Dreher, Richard  155, 402 Durand-Ruel (Galerie)  71 Dutey, Jean  346, 348 ff. Dyck, Anton van  121, 192 E Eberle, Adolf  159, 425 Eberz, Josef  110 f., 116, 409, 413

Edmondson, Thomas  29 Edzard, Diaz  349, 352 Eger, Leopold  158, 160 f., 178 Ehlers, Ernst  279 f. Einsle, Anton  118 Einstein, Carl  238 Ensor, James  144 Erler, Fritz  83, 401, 403, 406 Erler(-Samaden), Erich  223 Esche, Fritz Eugen  162 Esche, Herbert  88, 132, 134, 158, 160 ff., 173, 197 Esche, Moritz Samuel  162 Everdingen, Allart van  121 Ey, Johanna  14 Eysen, Louis  101, 112, 407 F Fabiani, Martin  309, 346 ff. Fabritius, Barent  121 Fahrenkrog, Ludwig  24 Fechter, Paul  147, 225, 238 Feininger, Lyonel  110 f., 140 ff., 144 f., 409 Felixmüller, Conrad  110, 139, 363 Feuerbach, Anselm  101 f., 105, 175, 184 f., 233, 260, 283, 288, 414 ff., 421 f., 425 Fick, Roderich  302 f. Findeisen, Kurt Arnold  31 Fiori, Ernesto de  116 f., 138, 169, 224, 418 Fischer, Fritz  137, 160 Fischer, Harry  384 Fischer, Otto  159 Fischer, Theodor  309 Flechtheim, Alfred  14 f., 244, 300 Förster, Albert  159 Franke, Günther  16, 226 Frankenfeld, Friedrich Wilhelm  45, 77, 81, 83 ff., 88 f., 93 Frank, Felix  160 Franz, Wilhelm  42, 396 f. Fraustadt, Werner  117 f., 187 Friedrich, Caspar David  91, 113, 117, 138, 141, 175, 187, 196, 217, 264 f., 288 ff., 374, 389, 414, 416, 419 f., 423 f. Friedrich Franz IV  230

Friedrich, Rose  130, 399, 409 Friedrichs, Yvonne  379 ff., 384 f., 389 Friese, Richard  221, 425 Friese’s Buch- und Kunsthandlung  33, 73 Frisch, Hans  74 G Gall, Leonhard  215 Gärtner, Erich  288 Gatti, Annibale  34 ff. Gaugin, Paul  154 Gaul, August  107, 138, 219, 278 f., 408, 412 f., 421 f., 455 Gebler, Otto  292, 413, 419, 422 ff. Geffcken, Walter  223 Gehrig, Oscar  238 Gelbke, Georg  130, 360 f., 399, 410 Georges Petit (Galerie)  345 Gerson, Otto  384 Gerstenberger, Gustav  27 f., 56 Giesler, Hermann  302 f. Gille, Christian Friedrich  117, 138, 161, 295, 362, 419, 423 ff. Glaeser, Anna  296 Glaeser, Max  296 ff. Glantz, Carl  178, 181 f., 196 Glaser, Paul  65 Gleizes, Albert  145 Goebbels, Joseph  225, 311 f., 316 Goeritz, Erich  106, 125, 134, 157, 160 f., 166 ff., 180, 197, 365, 369 f. Goeritz, Karl  160 f., 168, 259, 262 Goeritz, Senta  169 Gogh-Bonger, Johanna van  58, 85, 88 Gogh, Theo van  85 Gogh, Vincent van  58, 80, 84 ff., 89, 95, 112, 144, 146, 154, 162, 400 Gold, Alfred  65 Goldschmidt & Co. (Kunst- und Antiquitätenhandel)  65 Goldschmidt, J. & S. (Kunsthandlung)  65 Goldschmidt-Wallerstein (Kunsthandlung)  65, 119 Göpel, Erhard  308, 323 f., 336 f., 348, 352, 383 f.

Personenregister  I  483

Gorbatoff, Konstantin  222 Göring, Hermann  227, 235, 308 Gosebruch, Ernst  247, 249 Gosschalk, Joseph H.  119 Gottschald, Julius Otto  121 Götz, Johannes  39, 43, 396 Goudstikker, Jacques  309, 330 Goya, Francisco de  338 ff., 344 ff., 384 Goyen, Jan van  124, 192, 195, 341, 417 f. Gradl, Hermann  221, 223, 420, 426 Graff, Anton  129, 134, 187 f., 422, 425 Graupe, Paul  16, 163, 190 f., 272 f., 275 ff. Grautoff, Otto  143 Greiner, Otto  101 f., 397 Grethe, Carlos  49 ff., 397, 402, 407 Grille, Hugo  160 Grohmann, Will  384 f. Grosell, Martin  117 f., 186 ff., 196 Grosshennig, Friedrich Christian  78 Grosshennig, Hermann Friedrich  78 Grosshennig, Margarethe  78, 366 Großmann, Karl Ludwig  139 Grosz, George  139, 145, 254, 266 Grundig, Hans  226 Grundmann, Carl  90 Grundmann, Karl  400 Gruner, Rudi  361, 427 Grützner, Eduard  174, 273 f., 408, 412 ff., 419 f., 423 ff. Guardi, Francesco  335, 338 f., 348 f. Gurlitt, Cornelius  101 ff. Gurlitt, Friedrich  29 Gurlitt, Fritz  119 Gurlitt, Hildebrand  13, 16, 19, 146 f., 152, 308 ff., 349 ff., 354 Gurlitt, Louis  138, 420 Gutbier, Ludwig  15, 70 f., 107, 151 Gutzschebauch-Sunde, Adelheid  38, 396 H Haarlem, Vermeer van  333, 372 Habermann, Hugo von  101, 401, 405, 408 Haberstock, Karl  16, 65, 308, 315, 323 f., 347, 354

484 I Personenregister

Hackert, Jakob Philipp  339 Haenel, Werner  73 Häfker, Hermann  64 f. Hagemeister, Karl  101, 112, 407 ff., 411 Hagen, Theodor  159, 221, 417 Hahmann, Werner  158 Haider, Ernst  219, 421 Haider, Karl  401 f., 418 Haller, Hermann  138 Hamacher, Willy  112 Hamann, Heinrich Richard  43 Hanfstaengl, Eberhard  268 f., 291 Haro, M.  345 Hartlaub, Gustav Friedrich  156 f. Hartmann-McLean, Hans  149 Haubold (Frau Kommerzienrat)  159 Haueisen, Hans  361 Hecht (Kunstauktionshaus)  278 Heckel, Erich  82, 126, 131, 137, 139 ff., 144, 147, 248, 254, 257, 259, 262, 266, 377 f., 384 f., 389, 413 Heckendorf, Franz  110 f., 408 f., 411, 413 Heckrott, Wilhelm  139 Hedin, Sven  227, 229, 231, 240, 388, 421 Heen, Jan Davidsz. de  121 Hegenbarth, Josef  199, 360, 408, 410, 412 f. Heinemann (Galerie)  16, 20, 24, 29, 65, 71 f., 235, 271, 309 Helbing, Hugo  164, 183 f., 246, 285 f. Henlein, Konrad  241, 388, 423 Hermlin, Stephan (Rudolf Leder)  180 Herterich, Ludwig von  171 Hess, Alfred  144 Hessen, Prinz Philipp von  308 Hess, Julius  116 Hetze, Bruno Paul  43 Heumann, Carl  113 f., 158, 160 f., 163 f., 172, 197, 362, 420 Heydt, Eduard von der  255 f., 260, 263 Hildebrandt, Hans  156 Hinrichsen und Lindpaintner (Galerie)  64 Hirsch, Christian Gotthard  221, 426 Hirschland, Georg  374 Hirth, Georg  38

Hitler, Adolf  216, 227, 229 f., 232, 235, 241, 273, 291 f., 302 ff., 307, 309, 316, 318, 322, 353 f., 356 Hoch, Franz  83, 159, 398, 402, 404 f. Hodler, Ferdinand  101, 125, 171, 401, 408, 411, 421 Hoetger, Bernhard  107, 115, 387, 403, 412 Hofer, Karl  116, 126, 137, 140, 143, 167, 179, 226, 242, 401, 413, 416 Hoffacker, Karl  64 Hoffmann, Anton  414 Hoffmann, Heinrich  241, 291, 316, 321 f., 325, 423 Hoffmann, Walther  158 Hofmann, Ludwig von  101 f., 171, 401, 404, 406, 408 ff. Hoguet, Charles  235, 421 Hohenwald, Robert von  158 Hollscher, Johanna  37, 395 Hollstein & Puppel (Auktionshaus)  235 Holst, Richard  221, 223, 425 f. Hondecoeter, Gysbert Gillisz. de  121 Hooch, Pieter de  191 f., 194 Hoogendyk (Kunsthandlung)  124 Horlbeck, Otto  90, 401 Höver, Otto  54, 56 Hoyer, Hermann Otto  304 Hübner, Julius  295, 419 f. Hübner, Ulrich  112, 402, 408, 411 Hübschmann, Hugo  74 Huldschinsky, Oscar  189 Huth, Hermann  119 Huysum, Jan van  329, 375 J Jacob, Walter  139, 411 f. Jaeckel, Willy  92, 110 f., 116, 126, 170, 408 ff. Jaffé, Anna  345 Jaffé, John  345 f. Jähnig, Karl Wilhelm  319 Jahn, Johannes  363 Jank, Angelo  112, 401, 408, 412, 414 f., 419, 424 Janssen, Henry  124 Jaujard, Jacques  349 f. Jawlensky, Alexej von  110 f., 143, 377, 409

Jentsch (Oberkirchenrat)  118, 159 Jentzsch, Hans Gabriel  89, 399 Jongh, Ludolf de  192 Justi, Ludwig  67 ff., 98, 144, 146, 234, 239, 268 K Kaesbach, Walter  143 Kahn, Julius  191 Kahnweiler, Daniel-Henry  14 Kaiser, Arthur  160 Kalckreuth, Graf Stanislaus von  48 f. Kalckreuth, Leopold von  50, 101 f., 110, 397, 408, 418 Kallmorgen, Friedrich  48, 50, 89, 129, 159, 397, 399, 401 f., 404 Kaltenmoser, Kaspar  41 f., 395 Kampmann, Gustav  50, 396 f., 399, 403 Kamprath, Oskar  22, 73 Kandinsky, Wassily  111, 116, 145, 248 f., 265 Karsen, Kaspar  333 Katz, Nathan  308 f. Kauffmann, Hermann  329, 423 Kaulbach, Friedrich August von  101, 112, 407 Kaulbach, Hermann  159, 171 Kaulbach, Wilhelm von  129 Keller, Albert von  101, 112, 408 ff., 413 Kern, Guido Joseph  233 ff., 238 ff., 250 f., 295, 388, 426 Kersting, Georg Friedrich  114, 118, 187, 189 Ketterer, Robert Norbert  364, 371, 382 ff. Kirchner, Ernst Ludwig  74, 82, 87, 131, 135 ff., 141, 144, 146 f., 151, 254, 256 ff., 266, 377, 384, 389 Klee, Paul  110 f., 141, 145 f., 409 Klein, Johann Adam  221, 282, 421, 423 f. Klemm, Walther  217, 219, 399, 405, 408 ff., 420 Klengel, Christian  221, 423, 426 Klenze, Leo von  65 Klinger, Max  100 ff., 105, 110, 132, 171 f., 312 f., 359, 398 f., 408, 412 Klombeck, Johann Bernard  333 Knauer (Spedition)  166, 339 Knaus, Ludwig  218 Knochen, Helmut  325

Personenregister  I  485

Knoedler & Co (Galerie)  345 Kobell, Wilhelm von  113, 186, 420 Koch, Heinrich  146 Koekkoek, Barend Cornelis  333 Koekkoek, Marinus Adrianus  334 Koerner, Adeline  91, 400 ff. Koerner, Heinrich Theodor  162 Koerner, Hildegard Helene  162 Koester, Alexander  129, 414, 416, 424 f. Kokoschka, Oskar  92, 98, 107 f., 110 ff., 116, 126, 137, 139 f., 142 ff., 148, 170, 172, 174, 251 f., 259, 371, 377, 407, 409, 413 f. Kolbe, Georg  31, 62, 80, 100, 104, 107, 115 ff., 125, 138, 199, 222, 363, 409 ff., 417 ff. Kollwitz, Käthe  92, 99, 110, 407 ff., 412, 416 Kraus, August  107 Kraus, Georg Melchior  163 Kretzschmar, Paul  73 Krüger, Franz  282, 423 ff. Kubin, Alfred  111, 409 f. Kuehl, Gotthardt  48, 79 f., 101 f., 399, 404, 407, 411 f., 419 ff., 426 Kühl (Galerie)  365 Kuithan, Erich  71 Kümmel, Otto  234 Kummer, Carl Robert  117, 138 Kunze, Alfred  92, 130, 133, 159, 217, 243, 399, 404, 406, 409, 412, 414 f., 419, 422 Kurth, Selma  37, 396 Kurth, Willy  151 Kurz, Herbert  259, 262, 384 L Laeuger, Max  115, 412 Lagrande, Maurice  309 Lahmann, Johann Friedrich  316, 362 Lammers, Hans Heinrich  316, 320, 322 Lang, Albert  183, 185 Lange, Carl  252, 361, 422 Lange, Hans W.  273, 300, 308 ff., 354 Lange, Konrad  67, 69 Lange, Otto  110, 409, 412 Lanzinger, Hubert  304 Laupheimer, Anton  159

486 I Personenregister

Leder, Carl  161 Leder, David  106, 160 f., 164, 166 ff., 170, 172 f., 178 ff., 190, 196 f., 296, 365, 369 Leder, Lola  106, 166 f., 176, 178, 180 f. Leder, Max  160 f. Leder, Rudolf  siehe Hermlin, Stephan Léger, Fernand  145 Lehmbruck, Wilhelm  110, 116 f., 137, 143 f., 147, 169, 412 Leibl, Wilhelm  101 f., 116, 172, 183, 185, 235, 276, 288 f., 292, 294 f., 421 ff. Leistikow, Walter  48, 50, 101 f., 158, 396, 410 ff. Lempertz (Auktionshaus)  39, 246, 284 Lenbach, Franz von  75, 101 f., 171, 185, 329, 399 f., 414, 417, 420 Lenbach, Marion von  329 Leonhardi, Eduard  218 f., 422, 426 Lepke, Rudolph  172, 189, 309, 362, 370 f. Leu, Otto  90, 401 Lewin-Funcke, Arthur  93 f., 403 Lewin, Leo  189 Leypold, Julius von  187 Ley, Robert  321 f., 325 f. Lichtenberg, Theodor  132 Liebermann, Ernst  223, 398 f., 401, 404, 412, 424 Liebermann, Ferdinand  222 Liebermann, Martha  295 Liebermann, Max  41 f., 100 ff., 104 ff., 110, 116, 136 f., 140 f., 145, 164, 166, 169 f., 172, 175 ff., 181, 196, 199, 217, 222, 224, 235, 248, 255, 259, 261, 264, 275, 288, 295 ff., 364 f., 371 f., 374, 385, 389, 397, 408 ff., 416 ff., 427 Lier, Adolf  101 f., 185, 286, 420, 423, 425 Lilienfeld, Karl  119, 141 Lilienfeld, Margarete  119, 160, 173 Linde, Max  191 Lion (Kunsthandlung)  65 Lips, Johann Heinrich  163 Lissitzky, El  145 Liss, Johann  122 Löwith, Wilhelm  159, 414

M Macke, August  259, 413 Mackensen, Fritz  51, 397 Maillol, Aristide  138, 417 Makart, Hans  339 Mali, Christian  222, 292 Mandelbaum-Kronthal (Auktionshaus)  278 f. Manet, Édouard  170, 298, 417, 421 Manteuffel, Kurt Zoege von  113, 119 Marc, Franz  141, 143, 259 Marcks, Gerhard  115, 266, 403, 412 Marcoussis, Louis  145 Marées, Hans von  101, 105 Martens, Bella  119 Martin, Michel  349, 351 f. Matisse, Henri  162, 417 Matthiesen (Galerie)  64, 119 May’s Buch- und Kunsthandlung  33, 73 Mecklenburg, Georg  137, 160 f., 172, 211 Mecklenburg, Margarethe  211 Meid, Hans  98, 407 ff., 412 Meidner, Ludwig  169, 408 ff., 412 Meier-Graefe, Julius  103 f. Meissner, Richard  121 Menzel, Adolph  89, 95, 100 f., 141, 217 f., 233, 235, 250, 349, 398 f., 418 ff., 422 ff. Mercker, Erich  223, 424 Messow, Leonhard  119 Metternich, Franziskus Graf Wolff  17 Meyerheim, Paul  329, 340, 419 f. Miedl, Alois  309, 330 Miereveld, Michiel Jansz. van  192, 195, 329, 335 f. Miersch, Karl  361 Milton, John  34 Möbius, Martin Richard  113 Modersohn-Becker, Paula  116, 411 Modersohn, Otto  51, 397 Moholy-Nagy, László  145 Molenaer, Claes  122, 417 Molenaer, Jan Miense  121, 415, 417 Möller, Ferdinand  16, 19 ff., 24, 248, 250, 256 ff., 357 f., 364 f., 371 f. Moll, Oskar  24, 142, 144, 363

Momper, Joos de  119 ff., 417 Mondrian, Piet  145 Monet, Claude  101, 103, 169, 378 Moralt, Willy  223, 416, 424 Mosson, Georges  116, 138, 413 Mueller, Otto  136 f., 139, 142, 255, 259, 266, 363, 370, 378, 413 Mühlig, Hugo  159 Mühlmann, Kajetan  308, 334 Muller & Co (Auktionshaus)  309 Müller, Robert  134 Müller-Wischin, Anton  221, 223, 426 Munch, Edvard  10, 15, 80, 84, 86 ff., 98, 101, 107, 125 f., 131 ff., 137, 142, 146, 148, 161 f., 173, 179, 189 ff., 196, 255, 259, 296 ff., 389, 407 f., 413 Mund, Emil  243, 419 Mussolini, Benito  241, 423 Mutschmann, Martin  242 N Nadolle, Herbert  325 f. Nathan, Fritz  186, 285, 309 Nathansohn, Leon  163 Nauen, Heinrich  110, 116, 143 f., 410 Naumann, Edmund Hans Erich  366 Neer, Aert van der  330 Neudecker, Hanns  24, 223 f. Nicolai, Carl  65, 183, 371 Nierendorf, Karl  15, 250 Niescher, Fritz  255 Nolde, Emil  13 f., 16, 95, 107, 110 f., 126, 131, 136 f., 141 ff., 218, 225 f., 248, 255, 257 f., 266, 269, 296 ff., 371, 381, 385 f., 408 ff., 416 Nuyssen, Abraham Janssens von  235 O Oehme, Ernst Erwin  138, 174 Oehme, Ernst Ferdinand  117, 164, 419 f. Oertel, Robert  305 f., 312, 318 f., 326, 348 Oppenheimer, Clemens  119 Oppenheim, Hugo  160 Orlik, Emil  110, 408 ff. Ostade, Adriaen van  124

Personenregister  I  487

Osthaus, Karl Ernst  143 Otto, Ernst Peter  121 Overbeck, Fritz  51, 89, 174, 397 f., 400 P Pacully, Émile  345 Palmié, Charles J.  75 ff., 90 f., 130, 158 f., 175, 183, 399, 401 f., 414 Pankok, Bernhard  68 Park, Stuart  37, 396 Passarge, Walter  297 f., 377 Paterson, James  37 Pauli, Gustav  85, 143 Peche, Dagobert  115, 412 Pechstein, Max  80, 82, 98, 107 ff., 126, 131, 133, 137, 141, 143 f., 147 f., 174, 259, 262, 375 f., 385, 406, 408 ff. Peiner, Werner  223 Perl, Max  269 Perls, Hugo  64 Perman, Louise  37, 396 Pesne, Antoine  159, 422, 425 Pfaff, Margarete  90, 396, 399 f. Pfeiffer, Richard  159 Picasso, Pablo  145, 377, 417 Piglhein, Bruno  49 f., 397 Pilz, Otto  222, 408, 415, 420 Pippel, Otto  223, 414 f., 422, 424 f. Pissarro, Camille  169, 300, 417 Plietzsch, Eduard  373 Plontke, Paul  159 Poel, Egbert Lievensz. van der  121 Poelzig, Hans  115, 412 Posse, Hans  69, 140 f., 211, 293, 298, 303 f., 307 f., 310 ff., 326 f., 353 f. Postma, Cornelius  309 f. Pot, Hendrik Gerritsz.  174, 417 Preller, Friedrich  138 Purrmann, Hans  116, 144 R Radziwill, Franz  107, 111, 409, 418 Ravenswaay, Jan van  330 Rave, Paul Ortwin  318

488 I Personenregister

Rayski, Ferdinand von  116 ff., 138, 141, 172, 175, 196, 217, 264, 267, 285, 288, 295, 316, 415 f., 418 ff., 424 f. Reber, Ernst D.  119 Redslob, Edwin  143 Reichel, Hans  248 Reiche, Richart  143 Reich, Ferdinand  160 f., 173, 295 Reimer, Gottfried  318 ff., 326, 328 f., 353 Reinecker, Johannes  160 f., 173 Reinecker, Julius Eduard  160 Reinhart, Oskar  187 Remer, Paul  147 Rentzsch, Johannes  102 f., 113, 155 f. Retzsch, Moritz  114 Reutti, Kurt  376, 381 Richter, Adrian Ludwig  114, 138, 158 f., 171, 265, 282, 284, 290, 295, 419 f., 423, 425 Richter, Emil  29, 84, 106, 154 Richter, Hans  160 f., 173 Riedel, Fanny  159 Robert, Hubert  348 Rodin, August  172 Rohden, Johann Martin von  294, 409 Rohlfs, Christian  110 f., 136, 143, 248, 254, 266, 409, 413 Romako, Anton  222 Rombouts, Salomon  333, 340 Rootius, Jacob  159 Rosenberg, Alfred  152 Rösler, Waldemar  116, 138 Rousseau, Théodore  301 Rubens, Peter Paul  194 f. Rudert, Carl  120 Rüdiger, Wilhelm  220, 243 f., 383 Rüdishüli, Traugott Hermann  159 Rudolph, Wilhelm  244, 412 Runge, Hans  280, 282 Runge, Otto Sigismund  280, 282 Runge, Philipp Otto  279 ff., 367, 389, 423 ff. Ruth, Valentin  187 S Sachs, Friedrich  119

Sailer, Josef Andreas  159 Samberger, Leo  101 Sattler, Johann Michael  159 Sauerlandt, Max  142 f., 147 Savoyen, Prinzessin Mafalda von  308 Schäffer (Galerie)  121, 124 Schaffer, Gustav  90, 125, 130, 134, 137, 167, 175, 199, 224, 406 f., 411 ff. Schames (Galerie)  136 Schardt, Alois  268 Scharff, Edwin  169, 226, 409 Schaub, Julius  293 Scheffler, Karl  151 Scheibe, Richard  138, 199, 363, 403, 418, 422 Scheller, Rudolf  223 Schinnerer, Adolf  110 Schleich, Eduard  101 f., 112, 407 Schlemmer, Oskar  95, 145, 252 Schlesinger, Julius  278 Schmidt, Adam  27 Schmidt, Emilie  28 Schmidt, Margarethe  siehe Grosshennig, Margarethe Schmidt, Paul Ferdinand  139 Schmidt-Rottluff, Karl  81 ff., 88, 90, 92, 107, 110 ff., 116, 131, 135 ff., 141, 143 f., 146 f., 226, 254, 259, 262 ff., 269, 295, 361, 363, 384 f., 389, 401, 409 f., 412 f. Schmitt, Georg Philipp  113 Schneider, Sascha  78 ff., 101 f., 403 Schnicke, Richard  160, 173 Schnorr von Carolsfeld, Julius  113 Scholderer, Otto  185 Scholtz, Julius  138 Schönberger, Julius  134 Schöneburg, Herbert  119 Schönemann & Lampl (Galerie)  64 Schönleber, Gustav  50, 101, 112, 398, 405, 408 f., 423, 425 Schrag, Julius  159 Schrag, Martha  75, 130, 360 f., 396, 409, 412, 422 Schreiber-Weigand, Friedrich  97, 131, 133 ff., 138 ff., 144 f., 147 ff., 156 f., 166, 173, 179, 189 ff.,

197 f., 242 ff., 247, 251, 256, 266, 312 ff., 361 ff., 388 f. Schrimpf, Georg  111, 116, 409, 420 Schubring, Paul  151 Schuch, Carl  101, 112, 185, 276, 288, 295 ff., 407, 409, 411 ff., 417, 419, 423 ff. Schulte, Eduard  29 Schultze-Naumburg, Paul  48 ff. Schuster, Rudolf  117, 419 ff. Schwarz, Karl  169 Schwegerle, Hans  216, 412 Schwenker, Johanna Maria  90, 400 ff. Schwimmer, Max  360, 363 Schwind, Moritz von  159, 260, 282 f., 317, 421 ff. Schwitters, Kurt  95, 139 Seewald, Richard  111, 408 f., 412 Segall, Lasar  110 f., 139 Seippel, Hermann  248 Seitz, Alexander Maximilian  159 Seligsohn-Netter, Julius  273 f. Siberechts, Jan  174 Siekmeyer, Ludwig  224, 426 Signac, Paul  144, 162, 417, 421 Silberberg, Max  276 f. Simoni, Gustavo  49, 397 Simotti-Rocchi (Kunsthandlung)  309 Sintenis, Renée  116 f., 138, 147, 169, 256, 408, 418, 420 Sisley, Alfred  301 Skarbina, Franz  101, 410 Slevogt, Max  95, 101 f., 105, 107, 112, 116, 125, 138, 140, 166 f., 171, 175 ff., 196, 199, 217, 224, 275, 288, 296 f., 364, 371, 377, 389, 406, 408 ff., 413 f., 416 ff., 425 Speckter, Erwin  163 Speckter, Otto  163 Speer, Albert  293, 316 Sperl, Johann  101, 116, 284, 420, 424 Spiegel, Ferdinand  83, 403 Spiridon, Joseph de  189 Spitzweg, Carl  116, 141, 184 f., 212, 217 f., 277 f., 282, 288, 290 ff., 295, 317, 373, 375, 379, 408 ff., 414 ff., 421 ff.

Personenregister  I  489

Spohr, Ludwig  283 Springer, Cornelis  330 f., 333 Stadler, Toni von  101, 112, 284, 408 ff., 414, 417, 419 f., 423 ff. Stagura, Albert  49 f., 219, 397, 403, 420 ff., 424 Stauffer-Bern, Karl  101 Stecher, Otto  159 Steib, Josef  221, 223, 426 Steinhardt, Jakob  170, 408 f. Steinhausen, Wilhelm  105, 110, 116, 125, 159, 219 Steinmeyer, Heinrich  192 Stein, Otto Theodor Wolfgang  145, 167, 199, 224, 411, 413, 418 f. Sterl, Robert  51, 159, 396, 398, 406 Sternburg, Maximilian Speck von  121 Stern, Julius  246 Stickel, Hans  9 f., 27, 29, 33, 54 ff., 91 f., 94, 159, 212, 365 Stickel, Konrad  10, 29, 56, 212, 365 Stickel, Otto  29 Stiegler, Felix  137 Stieler, Joseph Karl  159, 414, 425 Storck, Abraham  121, 417 Streubel, Alfred  130 f., 149 ff., 197, 266, 415, 422 Streubel, Charlotte  130 Stuck, Franz von  101 f., 125, 141, 159, 171, 275, 408 ff., 416 ff., 423 Sturm, Paul  149, 397 Stutterheim, Hermann von  291, 320 ff., 329 Stuttmann, Ferdinand  375 ff., 386 Suhr, Ferdinand Wilhelm Christian  132 Sussmann, Arthur  160 f. Swarzenski, Georg  143 Szankowski, Boleslav von  222 T Teniers, David (d. J.)  341, 415 Terris, Jean-Joseph  346 Teumer, Helmut  160, 174 Thannhauser, Heinrich  64, 71 f., 79, 106, 146, 178, 190, 271 Thäter, Käthe  285 Thiele, Adolf Eberhard  74, 131, 136 f., 160

490 I Personenregister

Thieme, Alfred  121 Thoerner (Sammlung)  113 Thoma, Hans  48 f., 75, 80, 95, 100 f., 105, 110, 112, 116, 125, 159, 171, 175, 196, 199, 217 f., 260, 275 ff., 286, 288 ff., 294 f., 301, 313, 316 ff., 373, 396, 399, 406 ff., 413 ff. Thomassin, Désiré  159 Thun, Ferdinand  124 Tieschowitz, Bernhard von  351 Tischbein, Johann Wilhelm  317 Traub, Gustav  221, 426 Treu, Georg  143 Troendle, Hugo  116, 412 Troost, Gerdy  215 Troost, Paul Ludwig  215 Troyon, Constantin  174, 341 Trübner, Wilhelm  95, 100 f., 138, 218, 276, 288, 296 ff., 311, 316, 408 ff., 412 ff., 420 f., 423 ff. Trübsbach, Paul  153 f., 158 Tschudi, Hugo von  67 ff., 233, 267 Tuaillon, Louis  107, 412 U Uhde, Fritz von  75, 101 f., 116, 129, 132, 138, 174, 217, 286, 288, 297, 399, 410, 416 ff., 423 ff. Uhlich, Margarete  73 Unger, Hans  83, 90, 158 f., 401, 410, 413 f., 416, 419 Ungewitter, Hugo  223, 424 f. Unold, Max  110 f., 116, 409 Urban, Hermann  223, 398, 404 Ury, Lesser  79 f., 112, 116, 167, 405, 408 f., 411 V Vaeltl, Otto  223, 425 Valentin, Curt  16, 384 Valentiner, Wilhelm  192 Valtat, Louis  162 Van Diemen (Galerie)  190 f., 334 Van Sypesteyn (Familie)  124 Vautier, Benjamin  158 Velde, Adriaen van de  122, 417 Velde, Esaias van de  121 Velde, Henry van de  71, 162

Velde, Willem van de  118, 415 ff. Verboeckhoven, Eugène Joseph  333, 340 Vitzthum von Eckstädt, Friedrich Graf  114, 160 Vitzthum von Eckstädt, Otto Siegfried Graf  160 Vlamick, Maurice de  101 Vogel, Hans Hermann  134, 157 f., 160 f., 171 f., 197, 312 f. Vogel, Hermann Wilhelm  161 f., 171 f. Vogt, Paul  378 Voigt, Elisabeth  361 Volbehr, Theodor  127 Volkers, Emil Ferdinand Heinrich  159 Volkmann, Hans von  48, 50, 159, 175, 396 ff., 401, 403, 414 ff., 424 Vollbehr, Ernst  229 ff., 240, 388, 399, 405, 422 Voltz, Friedrich  288, 292 f., 316 f., 328, 410, 416 ff., 420 f., 423 ff. Vömel, Alex  16, 255 f. Voss, Hermann  265, 304, 306 f., 310, 319 f., 326 f., 329 ff., 333, 335, 340, 348 f., 351 ff., 359 Vrij, M. P.  119 Vuillard, Eduard  144

Wertheim (Antiquitätenhaus)  64, 119 Wichert, Fritz  143 Wickel, Felix Wilhelm  335 Wiede, Georg  158 Wiedemann, Emil Paul  73, 216 Wiegmann, Rudolf  159 Wielandt, Manuel  75, 398, 402 Wild, A. M. de  334 Wildenstein, Georges  347 Wildenstein, Nathan  347 Wilhelm II.  39 Wilisch, Hugo  158 Wille, Fritz von  48, 50, 397 Willrich, Wolfgang  239 Wiltschek, Rudolf  65 Wimmer (Kunsthandlung)  29, 309 Winkel und Magnussen (Auktionshaus)  186 Witte, Emanuel de  122, 417 Woermann, Karl  140 Wolfram, Nelly  90, 400 Wouwerman, Jan  333 Wouwerman, Philips  118, 121, 416 ff. Wuttke, Albert  178, 182

W Wagner, Cosima  290 Wagner, Richard  290 Walden, Herwarth  14 Waldmann, Emil  143 Waldmüller, Ferdinand  285, 292, 294, 316, 423 ff. Waldstein, Saul  74 Walther, Karl  116 Waske, Erich  110, 408 Weigel, Rudolph  279 Weiner, Arthur  74, 160 f. Weinmüller, Adolf  16, 213, 246, 309 Weise, Alexander  159, 402 Weisgerber, Albert  116 Weishaupt, Victor  49 f., 397 Weiske, Günther  74 Weiß, Emil Rudolf  116 Weißgerber, Andreas  166 ff. Werner, Irmtraut  367

Y Ykens, Frans  329 Z Zapp, Alfred  53 Zickel, Fritz  183 f., 186, 189, 196 Ziegler, Adolf  304 Zinckgraf (Galerie)  309 Zingg, Adrian  282, 294, 423 Zschille, Heinrich  159, 400 Zügel, Heinrich von  101, 112, 116, 118, 125, 174, 408, 414 ff., 419 ff. Zügel, Willy  222, 408, 412, 415, 420, 422 Zumbusch, Ludwig von  101, 414 ff., 419 f., 422, 424 f. Zwintscher, Oskar  171

Personenregister  I  491