Die evangelische Weltmission: Ihre Ziele, Wege und Erfolge [Reprint 2019 ed.] 9783111388076, 9783111026770

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Die evangelische Weltmission: Ihre Ziele, Wege und Erfolge [Reprint 2019 ed.]
 9783111388076, 9783111026770

Table of contents :
Zum Geleit
Inhalt
I. Die Verpflichtung der Christenheit zur Weltmission
II. Die Heilsbotschaft des Christentums an die nichtchristliche Welt
III. Die Siele der evangelischen Missionsarbeit
IV. Die Arbeitswege der evangelischen Weltmission
V. Die Erfolge der evangelischen Weltmission
VI. Literatur
VII. Die wichtigsten deutschen Missionsadressen
Von Professor D. Dr. z. Witte sind folgende andere Schriften erschienen

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Die evangelische Wettmission Ihre Ziele, Wege und Erfolge von

Johannes Witte Prof. D. Dr. in Berlin

1928

Verlag von Alfred Töpelmann in Gießen

Rus der Welt der Religion Forschungen und Berichte, unter Mitwirkung von Rudolf Otto und

Friedrich Niebergall herausgegeben von Gustav Mensching

Religionsgeschichtliche Reihe. Ejeft 4.

Printeb in Germany

3iiin Geleit. Der bekannte Schriftsteller Alfons paquet schreibt: „von allen Ausstreuungen geistiger Art ist die Mission die eindringlichste und am weitesten verbreitete." Der Schriftsteller B. L. Freiherr von Mackay urteilt: „Man würde dem Thinesentum einen hohlen, seelenlosen Popanz vorhalten, wollte man es in den Lichtkreis abend­ ländischer Zivilisation einführen, ohne ihm die Lichtquelle des Evangeliums zu zeigen." Der bekannte Geograph Ferdinand Frei­ herr von Richthofen, der Erforscher Chinas, schreibt: „Ich habe die feste Überzeugung, daß die Chinesen solange in ihrem niedrigen Zustande bleiben werden, als sie in ihrer alten Religion verharren werden. Nichts als der Übergang zum Christentum wird sie aus diesem Zustande zu erheben vermögen." Der berühmte Naturforscher Darwin urteilte schon 1831: „Die Kritiker (der Mission) vergessen, oder wollen sich nicht daran erinnern, daß Menschenopfer oder die Macht einer götzendienerischen Priesterschaft, ein System von Verworfenheit, wie es sich nirgends sonst in der Welt findet, Rindermord, das Er­ gebnis dieses Systems, blutige Kriege, wo die Sieger weder Frauen noch Rinder schonten, - daß dies alles (durch die Mission) abge­ schafft ist, daß Unredlichkeit, Unmätzigkeit und Zuchtlosigkeit durch die Einführung des Christentums sehr vermindert sind. (Es ist nie­ drige Undankbarkeit von einem Reisenden, das alles zu vergessen; im Falle eines drohenden Schiffbruches an einer unbekannten Rüste würde er vielmehr sehr dringend darum bitten, daß die Unter­ weisung der Miffionare sich soweit erstreckt haben möchte." Dies sind nur ganz wenige, anerkennende Urteile bedeutender, urteilsfähiger Männer, welche die nichtchristliche Welt aus Augenschein gründlich kennen und auch die Mission zu beurteilen vermögen. Zahlreiche gleichlautende Urteile stehen zur Verfügung. Natürlich, wem selbst das Christentum nicht das Zentrum seines Lebens ist, und wer nicht den Glauben hat an die göttliche, rettende Macht des Christentums, der kann die Notwendigkeit und den Wert der Mission nicht verstehen. Die Urteile solcher Männer sind nicht maß­ gebend. Ebensowenig bedeuten die Äußerungen solcher Männer, welchen die nichtchristlichen Völker nur Ausbeutungs-Objekte der jetzigen Herrenvölker der Erde sind.

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von der weltumspannenden, tiefgrabenden Arbeit der christ­ lichen Mission soll hier gehandelt werden, in Sonderheit von der evangelischen Weltmission. Freilich Kann dies kleine Buch nur eine Anregung sein zu gründlichen Forschungen. Möchte es dazu helfen, das Verständnis für die evangelische Weltmission zu fördern und die opferwillige Mitarbeit an ihr zu stärken. Professor O. Dr. Witte, Direktor der Gstasien-Mission

Berlin-Steglitz, Sedanstr. 40.

3m Januar 1928.

Inhalt: Seite

I. Die Verpflichtung der Christenheit zur weltmission.......................... 5 II. Vie Heilsbotschaft des Christentums an die nrchtchristliche Welt . 9 III. Vie Ziele der evangelischen Missionsarbeil........................................ 19 IV. Vie Rrbettsroege der evangelischen Weltmission.................................. 32 V. Die Erfolge der evangelischen Weltmission........................................ 40 VI. Literatur....................................................................................................... 50 VII. Vie wichtigsten deutschen Mssionsadressen.............................................50

I. Die Verpflichtung der Christenheit zur weitmisfion. 1. Jesus und die Weltmission. Schon lange vor Jesu Seit war im Judentum die Erkenntnis ganz lebendig, daß Jahwe der alleinige Herr der ganzen Welt sei und einmal von allen Völkern der Erde an gebetet werden solle. (Jes. 16, 19-21; Jes. 18, 7; 42, 1-8; 59, 18—20; 60, 1 bis 17; 66, 1—20; Sach. 2, 14-17; 8, 20—23; Sept). 2, 11; 3, 8 bis 10; hab. 2, 14; Psalm 86, 8-10). Demgemäß trieb das Judentum in seinen zerstreuten Kolonien eine Mssionsarbeit, durch die es zahlreiche Nichtjuden gewann. Es wäre geradezu erstaunlich, wenn bei dieser Sachlage Jesu Gedanken nur auf die Juden selbst beschränkt gewesen sein sollten. (Db daher der Missionsbefehl NIatth. 28, 18-20 (Mark. 16, 15 — 16) wirklich im überlieferten Wort­ laut von Jesus gegeben worden oder ihm erst nachträglich von seinen Jüngern in den Mund gelegt worden ist, so haben sie ihn doch sicher richtig so verstanden, daß es sein Wille war, daß auch die Nicht­ juden Teil haben sollten am Reiche Gottes, und daß es die Aufgabe der Seinen war, allen Völkern der Erde das heil zu bringen. Fühlte Jesus persönlich sich auch an das wirken unter den Juden gebunden, (Matth. 15, 24; 10, 5. 23) so hat er doch auch Nichtjuden sich nicht versagt (Matth. 15, 21-28; 8, 5-13; Jot). 4, 5 ff.) und zahlreiche seiner Worte (Matth. 5, 13. 14; 13, 38; 6, 10; 22, 2 ff; 24, 14; Jot). 10, 16) sind ohne weltweite Aufgabensetzung für sein heil garnicht verständlich. Ebenso ist Jesu Verkündigung von dem Einen Gott als Vater aller Menschen, von der Gotteskindschaft aller Menschen und von der Bruderliebe unter allen Menschen ihrem Wesen nach Weltbotschaft für alle Völker.

2. Die Urgemeinde und die Weltmission.

Die erste Christenheit hat alsbald auch Nichtjuden getauft (Apostelgesch. 8, 38; 10, 34 — 48) und die Aufnahme der Nicht­ juden in das Reich Gottes als dem Willen Gottes entsprechend er­ kannt (Apostelgesch. 11, 18). 3n dem Streit des Paulus mit den Christen aus den Juden handelt es sich nur noch um die Frage, ob die Nichtjuden an das jüdische, religiöse Erbgut gebunden sein sollten oder nicht. Paulus wurde der große Bahnbrecher des Christentums als vom Judentum gelöster, universaler Weltreligion, hob so die

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Botschaft von der Erlösung in Christus aus der Gefahr der Ver­ engung heraus und ward zugleich der erste große Weltmissionar des Christentums. 3. Vie christliche Kirche und die Weltmission. Daß das Christentum zunächst die Völker des griechisch-römischen Kulturpreises und dann die Germanen und Slaven gewann, ist das Werk seiner unermüdlichen Missionsarbeit. Daß wir heute Christen sind, danken wir dem Umstande, daß frühere Christengeschlechter es als ihre unerläßliche Verpflichtung empfanden, die Botschaft von Christus allen Völkern der (Erbe zu bringen. Die katholische Kirche hat in ununterbrochener Entwicklung an der Missionierung der Welt gearbeitet. Sie hat in die Welt des Islam, dann bis Indien und China schon im Mittelalter Missionare entsandt. Der neuentdeckten Welt Amerikas wurde sofort am Ausgang des Mittelalters auch das Christentum gebracht. Die Erschütterungen der Reformationszeit wurden ihr nur noch ein stärkerer Ansporn zur Missionsarbeit in Amerika, Indien, China und Japan. Die neuzeitliche afrikanische Kolonialära fand die katholische Mission alsbald zu großzügiger Missi­ onsarbeit gerüstet, heute ist die katholische Missionsarbeit ein die ganze Welt umspannendes, um alle Völker werbendes Werk, hat den evangelischen Kirchen in der Anfangszeit des schweren Ringens um ihre Existenz der Weitblick und die Kraft zur Missions­ arbeit auch gefehlt, so hat es von Anfang an doch Männer gegeben, so Zwinglis Nachfolger Theodor Buchmann (Bibliander) und Martin Bntzer, welche die Notwendigkeit der Missionsarbeit erkannten und betonten. Daher war die Weckung des Missionssinnes und der An­ fang der Missionstätigkeit in der evangelischen Kirche nur eine Frage der Zeit. Durch den Pietismus und die Kolonialbeziehungen der evangelischen Staaten wurde die erste evangelische Missionsarbeit angeregt, möglich und in die Tat umgesetzt, heute ist die evangelische Weltmission ein Werk, das an Umfang und Intensität der katholi­ schen Weltmission ebenbürtig, wenn nicht überlegen ist. Die Missi­ onsaufgabe des Christentums ist aber noch längst nicht erfüllt, von den 1700 Millionen Menschen auf der Erde sind erst 700 Millionen Christen, alle bloßen Namenschristen eingeschlossen; 1000 Millionen Menschen wissen noch nichts vom Christentum oder sind erst ganz flüchtig von ihm berührt, von den 1000 Millionen Nichtchristen ge­ hören 230 Millionen zum Islam, 250 Millionen zum Hinduismus, 300 Millionen zum Konfuzianismus (und Taoismus), 60 Millionen zum Schintoismus, 11 Millionen zum Judentum, die übrigen zum Jainismus, dem Parsismus, der Sikh-Religion und zu primitiven Kulten.

4. Vie heutige allgemeine Weltlage und die Weltmission.

Die nichtchristlichen Völker der Erde in Afrika, Indien, China, Japan und den Südsee-Inseln werden heute von der westlichen Zivili­ sation und Kultur überflutet. Fraglos wird dadurch ihr Leben materiell und geistig in vielfacher Hinsicht gefördert. In Ackerbau, Viehzucht, Gewerbe und Industrie, Bergbau und handel werden sie emporgehoben, auch ihre Volksbildung und Geisteskultur wird be­ reichert. Zugleich aber werden sie ihrem eigenen Volkstum und ihrer bisherigen niedrigen oder hohen Kultur entfremdet. Eine ihnen wesensfremde Zivilisation und Kultur wird unvermittelt und über­ stürzt als etwas Fertiges in ihr Leben hineingestellt. Eine unge­ heure Revolutionierung aller Lebensverhältnisse, Sitten und Anschau­ ungen ist die unausbleibliche Folge, hinzu kommt, daß nicht nur das Gute, sondern auch alles Minderwertige, ja Schlechte aus den west­ lichen Ländern in ihr Leben eindringt. Ganze Völkerschaften der primitiven Länder sind an der Berührung mit dem Westen zu Grunde gegangen, Chinas Staat und Staatsreligion ist dadurch entwurzelt worden, selbst in Japans gesamtem Leben ist die schwere Erschütterung zu spüren, welche die Umwandlung des Lebens mit sich bringt (vergl. J.witte, Japan zwischen zwei Kulturen, 1928, 505 S., 19,50 HL, Verlag I. C. Hinrichs, Leipzig). Kein Volk der Erde aber kann sich dem Prozeß der Verwestlichung seines gesamten Lebens mehr entziehen. Vie Kolonialvölker werden einfach dazu gezwungen, und die halbfreien und freien Staaten können sich nur dadurch politisch und wirtschaftlich behaupten, daß sie ihr Leben dem Wesen des Westens angleichen. Vie Völker des Westens aber, die der ganzen Welt ihre Zivilisation und Kultur aufzwingen, das sind zugleich die christlichen Völker. Aus den christlichen Ländern kommt also in die nicht­ christliche Welt durch Kolonisation, handel, Industrie, Wissenschaft und Weltverkehr alles hinein, was die christlichen Völker besitzen, auch alles Schlechte, nur nicht das Christentum, wenn die Christen­ heit es nicht durch die Missionsarbeit hineinbringt. Wie aber sollen die nichtchristlichen Völker die Revolutionierung ihres gesamten Da­ seins überstehen ohne das Christentum? Worauf sollen sie ihr neues, nach den Einrichtungen und Ideen des Westens umgestaltetes Leben sittlich und religiös aufbauen, wenn sie nicht das Christentum erhalten? Die alten Religionen fallen teils in der Krisis der Gegenwart hin, teils sind sie mit den neuen, aus der westlichen Welt unaufhaltsam eindringenden Ideen völlig unvereinbar (Pantheistische Lebenver­ neinung — Monotheistische Lebensbejahung ; Unterdrückung, ja Negierung des Ich - Bejahung und Pflege des Ich). Diese religiöse

8 und sittliche Krisis der nichtchristlichen Völker, die aus der Umwand­ lung ihres gesamten Lebens folgt, kennzeichnet der bedeutendste christliche Führer Japans, Kanso Utschimura, in bezug auf sein Volk mit den Worten: „Die altjapanische Moral und gute, ernste Lebens­ art haben sie verloren, und die gute, europäische Moral und das Christentum nehmen sie nicht. Ghne das Christentum aber ist die westliche Zivilisation und Kultur ein größerer Schade und eine größere Gefahr für die Menschen als irgend eine andere Lebensform." Vas gilt von der Lage in allen nichtchristlichen Ländern. England, Frank­ reich, Deutschland, die Schweiz, kurz alle christlichen Länder haben großen politischen und wirtschaftlichen Gewinn sei's durch die Kolonial­ herrschaft über die nichtchristlichen Völker, sei's durch den handel mit ihnen. Dürfen wir als Christen diese Geldgewinne unserer Heimatländer, an denen wir auch teilhaben, hinnehmen, ohne daß wir uns verpflichtet fühlen, jenen das Christentum zu bringen? wo wir doch wissen, in welch schwere Erschütterungen und Umwälzungen unser westliches Leben, das ihnen aufgezwungen ward und wird, sie hineinbringt? ftls Christen müssen wir auch Weltpolitik und Welthandel unter die sittliche Verpflichtung des Christentums stellen. So hat sich im Jahre 1926 mit vollem Recht auch die Botschaft des Stockholmer Weltkongresses an die gesamte Christenheit ausgesprochen. 5. Vie heutige religiöse Weltlage und die christliche

Weltmission. Durch die vom Weltverkehr herbeigeführte Annäherung der Völker sind auch die religiösen Ideen der nichtchristlichen, großen Weltreli­ gionen in den christlichen Ländern bekannt geworden und haben hier Anhänger gefunden. 3n Frohnau bei Berlin gibt es ein buddhistisches Heiligtum und eine deutsche, buddhistische Gemeinde. Eine umfassende, literarische Bewegung wirbt in allen Ländern der Christenheit für den Buddhismus. Die Theosophie und Anthroposophie und ihr ver­ wandte Bestrebungen wollen das Christentum teils durch indische Religion ersetzen, teils ergänzen und befruchten. Diese Bestrebungen gehen sämtlich von Europäern und Amerikanern, früheren Christen, aus, nicht von den Religionsgemeinschaften der andern Religionen selbst. Aber die großen nichtchristlichen Religionen, die ebenso wie das Christentum Weltreligionen sind und sein wollen, treiben auch ihrerseits Missionsarbeit. Die durch den Westen empfangene, geistige Anregung der nichtchristlichen Völker und die christliche Missionsarbeit in den nichtchristlichen Ländern hat diese Religionen zu neuer Reg­ samkeit erweckt. Der Islam treibt erfolgreiche Missionsarbeit in Afrika und im gesamten Indien, einschließlich der holländischen Kolo-

nien, der ostasiatische Buddhismus regt sich zu neuer Missionsarbeit und hat auf Anregung eines deutschen Buddhisten in Tokyo auf seinem großen Kongreß vom Jahre 1925 ein umfassendes Missions­ programm für die ganze Erde aufgestellt. 3n London arbeitet ein Inder als buddhistischer Missionar, in Paris ein Missionar der schintoistischen Gmotokyo-Sekte. Selbst im schwer erschütterten Konfuzia­ nismus ist der Gedanke heute lebendig, den 1898 der Führer der Reformbewegung, Kang I)ou Wei, so ausgesprochen hat: „Einst wird der Tag kommen, da alle Lebenden der Weisheit des Konfuzius teilhaftig werden, überall wird ihr gewaltiger Widerhall erklingen, und man wird sich bemühen, die Lehre des Konfuzius vom Welt­ frieden und von der Welteinheit allen Ländern der Erde zu ver­ künden; denn das ist der Weisheit letzter Schluß". Zum ersten Mal in seiner fast 2000 jährigen Geschichte steht das Christentum vor der Aufgabe, sich mit andern großen, lebenden und blühenden Welt­ religionen grundsätzlich auseinander zu setzen und im Wettstreit mit ihnen zu ringen um die Gewinnung der großen Menschheit. Ts sind Religionen, welche in tiefgründigen Systemen die großen Fragen der Religion ganz anders beantworten als das Christentum und die ihm in manchem ähnlichen Religionen (Islam und Judentum) es tun. Eine neue religiöse Weltlage steht gebieterisch Größtes von uns Christen fordernd vor uns. Die christliche Mission ist die Vormacht der Christen­ heit in diesem die ganze Welt umspannenden Ringen der Welt­ religionen um die Seele der Menschheit. Da dies Ringen in die eigenen Besitzgebiete der christlichen Kirchen in der alten Christenheit hineinreicht, so hat die christliche Mission zentrale Bedeutung für die gesamte Zukunft des Christentums. Da aber die christliche Mission nur auf der freiwilligen Unterstützung durch die Pfarrer und Ge­ meinden der alten Christenheit beruht, so hängt die Zukunft ihrer Arbeit und ihrer Erfolge von dem Matz dieser freiwilligen Gpferfreudigkeit der Christenheit ab.

II. Die Heilsbotschaft des Christentums an die nichtchristliche Welt. 1. Vie Notwendigkeit des christlichen Heils für die nichtchristlichen Völker.

Die Mission hat kein Interesse und keine Freude daran, die anderen Religionen schlecht zu machen. Sie sucht auch in den niedrigsten Religionen und erst recht in den geistig höherstehenden alles Gute anzuerkennen und das, was sie ihren Völkern Wertvolles gaben, zu erhalten und in das Christentum hineinzunehmen. Aber das ent­ bindet sie nicht von der Pflicht einer grundsätzlichen Stellungnahme

10 zu den anderen Religionen und einer kritischen, vorurteilslosen Beur­ teilung ihres Inhaltes. Selbstverständlich muß eine Beurteilung in gerechter Weife erfolgen und ohne allen Hochmut von Seiten der Christen. Subjektiv find ja viele Nichtchristen viel ernster und frommer als wir Christen. vatz die primitiven Kulte und Religionen der Natur­ völker minderwertig sind, bedarf keines Beweises. Dasselbe gilt vom japanischen Schintoismus. Dieser ist eine national gebundene, poly­ theistische Naturreligion von sehr geringem religiösen und sittlichen Wert. Ruch das Judentum und der Islam sind als Gesetzes­ religionen dem Christentum als Erlösungs-Religion nicht gleichwertig. Das Judentum gehört als nationale Religion nicht zu den Welt­ religionen. Der Islam, der Weltreligion ist und sein will, ist, religions­ wissenschaftlich beurteilt, sogar tiefer als das ethisch-zentral orientierte Judentum der Propheten und der heutigen Zeit zu stellen. Er ist eine religiöse Rlischbildung, die trotz ihres Monotheismus das Sitt­ liche nicht in den Mittelpunkt ihres Wesens gestellt hat, sondern in naturhaftem Ritualismus und in politisch-theokratischen Zielen ihre wichtigsten Merkmale hat. Sein jenseitiges Ziel ist das kraß sinn­ lich ausgemalte Paradies (der Männer!), sein diesseitiges Ziel die politische Herrschaft der Gläubigen über alle nicht-islamischen Völker der Erde. Ein Gläubiger ist, wer: 1. an Allah, den Herrn (nicht Vater), und Mohammed glaubt; 2. fünfmal am Tage die Gebets­ riten ausführt; 3. die Almosensteuer zahlt; 4. die vorgeschriebenen Fasten hält; 5. eine Wallfahrt nach Mekka ausführt. Die Ver­ äußerlichung und Verflachung dieser Ideen im vergleich zum Juden­ tum und erst recht zum Christentum liegt auf der Hand. Sein Glaube an Allah führt unweigerlich zum Fatalismus und zur Erstarrung des Lebens. Die christliche Idee der weltumspannenden Liebe als In­ halt und Aufgabe der Religion fehlt. Allah ist gnädiger Herr und Gott nur der Mohammedaner. Seine spätere mystische und sittliche Ver­ tiefung hat der Islam genau wie alles, was an seinen ursprüng­ lichen Ideen gut ist, vom Christentum empfangen. Der Buddhis­ mus des Südens (hinayana, kleines Fahrzeug zur Rettung der einzelnen Seele), wie er auf Ceylon, in Siam, Birma und Cambodja relativ rein heute vertreten wird, stellt den schroffsten Gegensatz zum Christentum dar, denn er leugnet die Gottheit, verneint ein Sein der Welt und leugnet die Existenz der Seele. Das anfangslose, nur scheinbare Sein der Welt und der Lebewesen, das in Wirklichkeit nur ein durch den wahnsinnigen, unheilvollen Lebensdurst sich immer wieder erneuerndes Werden und vergehen ist, kann und wird zu einer Erlösung, zu einem Ende kommen, zu dem großen Nichtmehr des Nirvana. Die Menschen kommen dazu durch Erkenntnis, Tun

des Guten und Versenkung, volles heil hat nur der Mönch, der allem Leben und Lebenwollen abgesagt hat. Diese rein negative Re­ ligion, die allem Streben, Arbeiten, Lmporringen, aller geistigen Veredelung, aller sittlichen Entwicklung zu höheren Lebensinhalten und dem Ausbau guter Menschengemeinschaften (in Familie und Staat), ja die der reinsten Liebe jeden Wert abspricht und auch von dieser Liebe erlösen will, die schlechthin alles Gute und hohe, worum wir Menschen ringen und was wir hochschätzen, für ver­ derblich erklärt, steht zum Lhristentum in dem ausschließenden Ver­ hältnis des Entweder — Gder. Dieser Buddhismus ist die vollendete Konsequenz der Menschheit, die Gott nicht hat und doch einen Ausweg sucht aus den Rätseln und dem Leid des Seins. Seine Erlösung ist Erlösung vom Sein zum Nichtmehr, beim Christentum ist es Erlösung vom Bösesein zum Gottähnlichsein und zum ewigen Sein. Das Sittliche steht bei dem Buddhismus nicht im Mittelpunkt. Es ist nicht Inhalt seiner Re­ ligion, sondern nur einer der drei Wege zum Ziel. Der beste Weg ist nicht das Tun des Guten, sondern die mystische Versenkung. Der deutsche Buddhist Dr. Paul Dahlke sagt in seinem Buche: „Buddhismus als Religion und Moral" (1914), keinem Gemein­ wesen könne daran gelegen sein, „solcher Lehre den Zutritt zu seinen Bildungsanstalten zu ermöglichen", sie sei auch für den Staatsge­ danken „verderblicher als der schlimmste Anarchismus". Daß Dr. Dahlke trotzdem sich zu dieser Ausprägung des Buddhismus bekennt und sie für die alleinige Wahrheit hält, zeigt den Ernst jenes Ent­ weder - Gder. 3n ein wenig abgeschwächtem, aber doch im Grunde gleichem Gegensatz zum Ehristentum stehen die Religionen, welche, bei sonst großer Verschiedenheit untereinander, gemeinsam den Pantheis­ mus vertreten: Der Hinduismus (Brahmanismus), der Buddhismus des Nordens (Mahayana, großes Fahrzeug zur Rettung der ganzen Menschheit), wie er in Tibet, der Mongolei, Thina und Japan vertreten ist, und der Konfuzianismus (einschließlich der LaotseStrömung). Dem Konfuzianismus ist alles Sein in Himmel und Erde, in Natur und Menschenleben eine große Einheit, das Göttliche, dargestellt in der unpersönlichen Macht des „Himmels" (Gien), ist ihm das in allem Sein nach sittlichen Gesetzen wirkende Leben des Alls (naturhafter, monistischer Pantheismus). Dem Hinduismus, dem Buddhismus des Nordens und der Laotse-Strömung ist die Gottheit das unpersönliche, rein geistige Sein, das, im Menschen in das minderwertige Stoffliche gebannt, der Erlösung harrt, (geistiger, dualistischer Pantheismus). Der Konfuzianismus ist auf dem religiösen Hintergründe seines Pantheismus eine rein diesseitige

12 Sittenlehre, was nach dem Tode sein wird, ist ihm ungewiß, höchstens wird es ein Fortvegetieren der Seele in einem freudlosen Hades sein, das ein wenig erleichtert wird durch den Ahnenkult, höchste Aufgabe der Menschen ist der Ausbau des Erdendaseins zu feinster Kultur durch sittliches Leben. Der Mensch kann aus der eigenen Kraft seiner guten Natur das Gute tun. Tut er das Böse, so liegt das an seiner Unwissenheit. Belehrung, Vorbild, die schönen Künste, .Bestrafung der Bösen und Belohnung der Guten sind ihm die Antriebe zum Tun des Guten. Feinste Kultur war einmal verwirklicht in der heiligen Urzeit vor 5000 Jahren. So mutz das Ideal des Strebens für die Zukunft dies sein, daß alles wieder so wird, wie es vor 5000 Jahren war. Vas kann erreicht werden, wenn der Mensch mit allem Sein und Wollen in blindem Gehorsam gegenüber der Familie und dem Staat das Gute tut. (Es gibt nur ein Unter- bzw. Übereinander der Menschenbeziehungen, kein Nebeneinander freier Persönlichkeiten, nicht einmal bei Bruder und Bruder oder Freund und Freund. Die reine Diesseitigkeit, der die Religion tatsächlich nur Hintergrund, nicht aber Mittelpunkt oder gar Kraftquelle ist, die Annahme von der guten Kraft der guten Natur des Menschen, das Fehlen religiöser Motive und Kräfte zum Tun des Guten, die Rückwärtsorientierung am Altertum und die starke Unterdrückung des einzelnen Menschen sind ganz krasse Schwächen dieser Religion. Der Hinduismus, der Buddhismus des Nordens und die Laotse-Strömung stellen im Unterschied von der viesseitigkeitsreligion des Konfuzianismus eine Religion reiner Jenseitigkeit dar. Ihr jenseitiges Ziel ist die Erlösung des dem Göttlichen entströmten Elements im Menschen aus der Bindung in das Materielle, das Aufgehen der Seele im All (Brahman, Tao oder Urbuddha). Ihr diesseitiges Ziel ist die möglichst voll­ kommene Lösung aus dem verstricktsein in das Leben. Sie sind weltabgewandt und lebensflüchtig. Vie höchste Frömmigkeit besteht in dem Sichzurückziehen aus der Welt zur mystischen Einigung mit dem All (Brahman, Tao oder Urbuddha). Die Reform-Bewegung des Amida-Buddhismus lehrt wohl, daß man auch im Berufs­ leben durch Glauben das volle heil haben könne, aber auch hier ist das Leben in der Welt kein positiver Wert. Vas Tun des Guten ist auch hier nur ein Weg neben anderen (Erkenntnis, Ver­ senkung), nicht Mittelpunkt der Religion. Selbst die Liebe, die hier wie im Buddhismus des Südens bis zur Feindesliebe gefordert wird, bleibt daher egozentrisch. Der andere, das Objekt der Liebe, wird für unwesenhaft erklärt, und man übt Liebe nur um der eigenen Erlösung willen und nur, soweit man eben notgedrungen handeln mutz. Erlösung ist im Hinduismus, im gesamten Buddhismus des

Nordens und der Laotse-Strömung Erlösung vom Ich-Sein zum Nichtmehr Ich — sein, also ebenso wie beim Buddhismus des Südens keine sittliche, sondern eine ontologische Frage. Buch diesen Reli­ gionen gegenüber handelt es sich also im vergleich mit dem Christen­ tum um ein Entweder — (Ober. Stellt man die Religionen des gesamten Buddhismus, des Hinduismus und der Laotse-Strömung dem Christentum gegenüber, so fragt sich: welcher Religionstyp ist für die Menschen wertvoller, der Pantheismus und Atheismus mit ihrer Negierung alles Seins, bzw. des Jchseins, der Lebensnegierung bzw. Lebensabkehr und dem Ziel des Nichtmehr bzw. des Aufgehens im All, oder das Christentum mit seinem persönlichen Gott der Liebe, der Lebensbejahung und der Vollendung des Ich in der seligen, ewigen Gottesgemeinschaft? Vie Antwort ist eine doppelte: 1. Die religiöse Entwicklung in den Ländern des Hinduismus, des gesamten Buddhismus und der Laotse-Strömung zeigt, daß weder der Atheismus noch der Pantheismus das religiöse verlangen der Menschen befriedigt. So wurde im Buddhismus des Südens der Gottesleugner Buddha selbst sehr bald zum Gott, der neben vielen andern Göttern angebetet wurde und wird, und in den anderen Religionen war eine unmittelbare Folge des Pantheismus der Poly­ theismus. Das religiöse verlangen aller Menschen auf der Erde, ganz winzige Gruppen nicht gerechnet, sucht in der Religion per­ sönliche Gemeinschaft mit einem persönlichen Gott. Da diese Religionen den Einen, persönlichen Gott den Menschen nicht geben konnten, so ward der Polytheismus der minderwertige Ersatz des Monotheismus. In Indien wird in einzelnen Strömungen eine einzelne Gottheit aus der Zahl der vielen dann so herausgehoben, daß sie fast als die einzige erscheint. Ganz ähnlich wird aus der Zahl der vielen Buddhas im Buddhismus des Nordens hier und da ein Buddha so verehrt, als wäre er der einzige. Diese Entwicklung zum Polytheismus und Henotheismus liegt also auf der Linie der personalistischen Gottes­ auffassung, deren Höhepunkt die christliche, monotheistische Gottes­ auffassung ist. Ähnlich hat sich in jenen Völkern in Abkehr von dem negativen, bzw. pantheistischen, jenseitigen Ziel der Lehre ihrer Religionen überall ein positives, seliges Jenseitsziel gebildet mit per­ sönlichem Fortleben. Und überall suchen die Menschen, die im Leben stehen, Hilfe, halt und Freude für dies Erdenleben bei ihren Reli­ gionen. Sie suchen nicht Lebensverneinung und Lebensabkehr, sondern Lebenshebung und Lebensbereicherung. Da die geistig-religiösen Ideen ihrer Religionen dies nicht geben konnten, so entstanden die unge­ zählten mechanischen, ritualistischen Hilfsmittel zur Lebensbereicherung, welche das religiöse Leben jener Völker kennzeichnen. Die gesamte, religiöse Entwicklung jener Länder steht also zu den grundlegenden

14 Ideen ihrer Religionen im Gegensatz und sucht das, was in voll­ kommener Weise das Christentum gibt: Persönliche Gottesgemein­ schaft mit einem persönlichen Gott, seliges, ewiges Sein sowie halt, Hilfe und Freude für dieses Leben. 2. Ruch vom Denken des Menschen aus ergibt sich die Überlegenheit des Christentums. Wir Menschen können von Gott nur so reden, daß wir ihm formal das denkbar höchste Sein und inhaltlich den denkbar höchsten, sittlichen Wert beilegen, höchstes Sein ist uns persönliches, geistiges Sein. Alles nicht-persönliche Sein ist minderwertiges Sein. Wir Menschen bezeichnen unser persönliches, geistiges Sein als einen Vorzug gegenüber den Tieren. Dürfen wir Gott niedriger stellen als uns Menschen, in dem wir ihn unpersönlich fassen? Vas geht nicht an. Gott ist eine geistige Persönlichkeit, ohne körperliche Bindung und irdische Beschränkung, daher ewig, daher der Schöpfer und Herr aller Dinge und Wesen, höchste sittliche Macht ist uns Liebe, daher ist Gottes Wesen vollkommene, allumfassende, unendliche, reine, d. h. heilige Liebe, höchstes, jenseitiges Siel ist daher nicht ein seliges Paradies mit sinnlichen oder geistigen Freuden, sondern ewiges Leben, dessen Seligkeit die Liebesgemeinschaft mit Gott ist. Diese selbe Liebesgemeinschaft ist zugleich der Inhalt des religiösen Lebens auf der Erde als Besitz (Glaube). Vie Aufgabe des religiösen Lebens ist die Ausübung dieser Liebe gegen alle Lebe­ wesen und die Umgestaltung des gesamten Daseins durch die Kräfte der Gottesliebe. Diese Gottesliebe, die int Glauben des Menschen eigenes Wesen wird, ist die Kraft zur Verwirklichung aller der hohen, sittlichen Ideale, welche die andern Religionen wohl auch fordern, zu deren Erfüllung sie die Kraft aber nicht zu geben vermögen. Das Christentum gibt zur Erfüllung der sittlichen Aufgaben die denk­ bar höchste Kraft, die Kraft der Liebe des allmächtigen Gottes. Der sündige, schuldbeladene Mensch, dessen Natur bis in die wurzeln hinein böse ist, kann dies heil erreichen und das höchste leisten, wenn er durch Christus mit Gott versöhnt, aus der Knechtschaft unter die Sünde durch die Kraft der Liebe Gottes erlöst ist und Gottes Wesen (heiliger Geist) ihn erfüllt nach seiner grundlegenden Umwand­ lung (Römer 8, 14; Phil. 4, 13; Markus 9, 23; 1. Kor. 4, 20; 2. Kor. 5, 17; 1. Tim. 1, 7). Das Christentum vertritt weder den illusionistischen Optimismus des Konfuzianismus (und Islam), noch den Pessimismus der andern großen, östlichen Religionen: es ist vielmehr Pessimismus und Optimismus zugleich, wie es auch Jenseits« und Diesseits-Religion zugleich ist. So faßt das Christentum die Fragen der Religion tiefer auf als alle andern Religionen. Nicht im Sein, sondern int Sosein, d. h. int Lösesein, liegt der Grund aller Not der Menschen und alles Elendes der empirischen Welt. Aber

zugleich gibt es dem Menschen höchstes Leben, Leben in und mit dem einen, heiligen Gott der Liebe sowie Verklärung und Vollendung alles Seins in der neuen, seligen, ewigen Welt Gottes. Weil das Christentum das religiöse Verlangen der Menschen auf der ganzen Erde erfüllt und den höchsten Inhalt hat, den wir denken können, ist es die absolute Religion. Daher ist es not­ wendig für alle Menschen und Völker der (Erbe.

2. Vie Botschaft des Christentums an die nichtchristlichen Völker.

Die christliche Heilsbotschaft fand ihre gcdankenmätzige Gestaltung in den Dogmen der Christenheit und ihre Vertretung in den christ­ lichen Rirchen. Die Bildung der Dogmen und Kirchen erfolgte unter der Einwirkung der griechisch-römischen, nichtchristlichen Philosophie und unter Cinbauung vieler völkischer Elemente und starker Kultur­ einflüsse aus der nichtchristlichen Umwelt der Völker, die dem Christen­ tum zufielen. So stellen weder die christlichen Dogmen noch ihre Rirchen reines Christentum dar, sondern zeigen die christliche Heils­ botschaft umhüllt, von vielen, aus ganz bestimmten, geschichtlichen Bildungen erwachsenen Elementen. Vie heutige Christenheit zeigt daher auch das Bild einer starken Mannigfaltigkeit von verschiedenen Ruffassungen der Heilsbotschaft und von verschiedenen kirchlichen Ausprägungen. von diesen vielen, in Lehre, Kultus und Verfassung stark unterschiedenen, christlichen Rirchen wird die christliche Heilsbot­ schaft durch ihre Missionsorden und Missionsgesellschaften den nicht­ christlichen Völkern gebracht. Vie geschichtlichen Ausprägungen des Christentums in den verschiedenen Dogmen, Kulten und Verfassungen der vielen Rirchen mögen für die Völker, in denen diese Bildungen erfolgt sind, ihre hohe Bedeutung haben, für die nichtchristlichen Völker, die ganz anderen Rassen angehören, eine ganz andere Kultur­ entwicklung gehabt haben und eine andere geistige- Einstellung zeigen, sind sie nicht nur ohne Bedeutung, sondern geradezu ein Hindernis für die Erzielung des rechten Verständnisses und der innerlichen Aneignung der christlichen Heilsbotschaft. Die katholische Mission kann nach ihrem Wesen nicht anders, als allen Völkern ihren ganzen, geschichtlichen, heutigen Besitz an Dogmen und kirchlichen Einrich­ tungen als zum heil notwendig zu übermitteln. Anders die evange­ lischen Missionen. Sie sind sich des nur relativen Wertes aller ge­ schichtlichen Formen der Religion bewußt und können und wollen einer besonderen, völkischen Ausprägung des Christentums auch bei den neu zu gewinnenden Völkern Raum geben. Das evangelische Christentum ist ja auch in seinen heutigen Heimatländern volksmäßig

16 sehr verschieden gestaltet. Vie besondere Volksart der Inder, Chinesen, Japaner usw. aber hat genau dasselbe Recht und denselben wert wie die der heute schon christlichen Völker. Daher müssen und können die evangelischen Missionen davon absehen, den nichtchrist­ lichen Völkern alle ihre Dogmen, Kulte und Verfassungen als zum Heilsbesitz notwendig zu übermitteln. (Es gilt vielmehr, alle diese geschichtlich aus besonderem Boden und aus besonderen Zeiten ge­ wordenen Formen des Christentums zurückzustellen, und als Heils­ botschaft nur die Grundwahrheiten des Christentums darzubieten. Leider hat auch die evangelische Mission nicht immer in ihrer Ge­ schichte nach diesem Grundsatz gehandelt. Teilweise tut sie es sogar heute noch nicht. Über mehr und mehr mutz sie es lernen, genötigt wenn nicht durch eigengewonnene Einsicht, dann durch die neu gewonnenen Christen selbst, welche eine Belastung ihres christlichen Lebens mit dem für sie wertlosen und sie hindernden, geschichtlichen Erbe der alten Christenheit ablehnen. So hat der schon erwähnte Kanso Utschimura den Missionaren zugerufen: „werft auch ihr eure Götzen fort! werft eure Glaubensartikel fort, die ihr doch selbst nicht mehr glaubt! werft eure Kirchen fort, die doch ein Werk von Menschen sind! werft eure Taufen und Abendmahls, eure Kreuze, geweihten Geräte und heiligen Gewänder fort! Das alles sind Götzen. Predigt nur nicht uns allein, man soll die Götzen fortwerfen, ver­ langt nicht von den Leuten, was ihr selbst nicht tut. 3m Namen unseres Herrn Christus wagen wir es, euch diese unsere Forderung auszusprechen." Auf dem ersten grotzen Nationalen Christen-Kongretz in China (1922) hat der Generalsekretär der Christlichen Vereine junger Männer in China, Dr. David hui, gesagt: „verlangt nicht, datz Jung-China die kirchlichen Verschiedenheiten des Westens an­ nimmt. was im Westen geschichtlich geworden ist, ist nicht brauch­ bar für uns. wir müssen die Erkenntnis Christi aus erster Hand haben, aus der heiligen Schrift. Christus predigen, den lebendigen Christus, ihn leben, das ist unsere Aufgabe. Dogmen, kultische Formen aus dem Westen, haben bei uns keinen Platz. Wir müssen uns unsere eigenen Formen schaffen, die zur Eigenart unserer Rasse paffen." Ähnliche Mahnungen sind bereits im Jahre 1910 auf dem grotzen Edinburger Weltmissionskongretz von Missionaren geäutzert worden. Aber schon vorher, im Jahre 1909, hat der Leiter der grotzen Mission der amerikanischen Presbyterianer, Dr. A. Brown, erklärt: „Vie chinesische Kirche der Zukunst mutz sich aus eigenen, ihr innewohnenden Gesetzen entwickeln, und der Westländer hat kein Recht, diesen Entwicklungsgang nach seinen Auffassungen zu beein­ flussen. Ja, nicht einmal ein fertiges Dogma hat er zu überliefern. Venn auch das Dogma wurde unter Verhältnissen festgelegt, die sich

so im heutigen China nicht finden, was der Missionar zu bringen hat, das ist eine Person: Jesus, und ein Grundsatz: das Evan­ gelium." Ja, bereits im Jahre 1876 hat der Gründer der Gstasien-Misfion (des Allgemeinen, (Ed. prot. Missionsvereins), Pfarrer D. Buß, in einer von der Haager Theologischen Gesellschaft preisgekrönten Schrift (Vie christliche Mission, ihre prinzipielle Berechtigung und praktische Durchführung, Leiden, 1876) diese Forderung erhoben, die für die Gstasien-Mission zum Leitmotiv geworden ist. D. Butz forderte für die Darbietung des Christentums an die nichtchriftlichen Völker: „(Es bedarf vor allem einer dogmatischen Reinigung und Vereinfachung. Es mutz befreit werden von all den Schlacken, die sich im Lauf der Zeit durch seine Berührung mit den antik-klassischen, den orientali­ schen, keltischen, germanischen Religionen, Philosophien und Bildungs­ formen wie eine harte Kruste um seinen Kern herumgesetzt haben" (S. 245). Es ist also das die zentrale Rufgabe der Mission, die Botschaft der Bibel selbst an die Herzen der Nichtchristen heranzubringen, da­ mit die biblischen Schriften selbst zu ihnen reden. Aber natürlich be­ darf die Verkündigung der Botschaft der Bibel der Auslegung. Venn die Bibel ist jenen Völkern ein fremdes und in vielem befremdendes Buch. Vas gilt namentlich vom Alten Testament. Aber auch das Neue Testament ist in seinem Inhalt für die fremden Völker ohne weiteres nicht verständlich, ist doch auch sein Inhalt viel mit histo­ rischem verflochten und ist doch die Botschaft der einzelnen Schriften des Neuen Testaments selbst verschiedenartig in mannigfacher Hin­ sicht. Nun ist aber die Beurteilung der Bibel auch bei den christ­ lichen Theologen eine sehr verschiedene. Der amerikanische Funda­ mentalismus verkündet die Bibelbotschaft unter dem Grundurteil der Verbalinspiration, von den Vertretern dieser Richtung unter den Missionaren in China spricht Professor D. I. Richter (Das werden der christlichen Kirche in China, 1928, S. 309 f.) als von „aufrichtig frommen, aber engstirnigen und geschichtslosen Bibelfanatikern." Richter urteilt ferner: „Auch der positivste, wissenschaftliche Theologe auf dem Kontinent (Europas) wäre nicht mehr imstande, sich für die Verbalinspiration der ganzen heiligen Schrift, für alle Wunder des Alten und Neuen Testaments uneingeschränkt einzusetzen" (S. 303). In dem großen Edinburger Mifiionswerk wird gesagt: „Die Bibel heute noch so zu lehren, wie sie vor 100 Jahren gelehrt worden ist, ist von einem Miflionar Torheit im Lichte alles deflen, was seither über die Bibel erforscht worden ist." (IV, S. 67). So mutz also auch bei der Darbietung der Bibel als der reinsten (Quelle der christlichen Heilsbotschaft zwischen der historischen Form ihrer Schriften und den Witt«, Di« «vanMsch« MItmtssion. 2

18 ewigen Heilswahrheiten ihres Inhalts unterschieden werden. Sie ist zu lehren als die in menschlicher $orm und geschichtlicher Ausprägung uns Menschen gegebene Urkunde von der Botschaft der Liebe Gottes, der Erlösung durch Christus und dem alleinigen, vollkommenen heil für alle Menschen. So Kann die christliche Heilsbotschaft in der Dar­ bietung des ewigen, göttlichen, vollen Heilsinhaltes der heiligen Schrift auch den fremden und andersartigen Völkern verständlich gemacht werden. Vieser Heilsinhalt ist so allgemein menschlich und so schlicht, daß alle Menschen aller Kassen ihn verstehen, als auch für sie notwendig erkennen und sich aneignen können. Darin finden sie das allgenugsame volle heil. Daß das richtig geurteilt ist, bezeugt der genannte Japaner Kanso Utschimura, wenn er gegenüber der törichten Äußerung eines Missionars schreibt: „Ein Missionar sagte von mir: „Er ist Kein Christ." Es mag sein, daß ich kein Christ bin. Sch steife mich nicht darauf, daß ich ein Christ bin . . . Der, der Christus, aber nicht die Kirche kennt; der, der die Bibel, aber nicht die Theologie kennt; der, der Gott als Hirten, aber keinen menschlichen Hirten (Pastor) kennt; der, der das einfache Evangelium, aber kein kompliziertes Dogma kennt; der, der nicht die Taufe, nicht das Abendmahl, nicht Bischöfe, nicht Älteste, nicht Diakonen kennt; der, der nur Christus und sein Evangelium kennt, der ist ein gesegneter Mensch... Sch habe kein Christentum; ich habe Jesus von Nazareth, der Christus genannt wurde. Sch habe keine Kirche; ich habe eine brüderliche Gemeinschaft mit Jüngern Jesu. Sch habe keine Dogmen, an die ich mich halte; ich habe die Reden Jesu und sein Vorbild. Jesus ist meine Religion, meine Kirche und mein Leben. Außer ihm frage ich nach nichts". „(Das Christentum) ist nicht gänzlich ohne Verwandtschaft mit den andern Religionen, und wir wollen nicht alle andern Religionen schlecht machen, um zu beweisen, daß überhaupt nur das Christen­ tum einen Wert als Religion habe. Aber mir ist es viel, viel mehr als irgend eine Religion, die ich kenne, und nachdem ich alles, was ich von Religionsvergleichung weiß, erwogen habe, weiß ich nichts vollkommneres als das Christentum". „Vas Heidentum .... lehrt uns die Sittlichkeit und schärft uns ihre Gebote ein. Es zeigt uns den Weg und heißt uns, ihn gehen; mehr kann es nicht". „Das Christentum ist uns willkommen, weil es uns hilft, unsere eigenen Ideale zu erreichen". „Das Christentum ist mehr und höher als das Heidentum, weil es die Kraft zum halten des Gesetzes gibt. Es ist Heidentum plus Leben. Durch das Christentum allein wird das halten des Gesetzes möglich. Die christliche Religion ist der Geist des Gesetzes. Sie allein wirkt von innen heraus. Sie ist das, wo­ nach das Heidentum mit Tränen gesucht und getastet hat. Sie zeigt

uns nicht nur das Gute, sondern sie macht uns gut, denn sie führt uns gleich zu dem ewigen Guten selbst. Sie gibt uns nicht nur den Weg, sondern auch das Leben, nicht nur die Schienen, sondern auch die Lokomotive. Vie Religionsvergleichung hat mir noch keine an­ dere Religion gezeigt, die das leistet". „Das also ist das Christen­ tum, wenigstens ist es mir das: Befreiung von der Sünde durch die versöhnende Gnade des Gottessohnes" (Ranso Utschimura, Wie ich ein Christ wurde, Stuttgart 1923, Verlag D. Gundert, 2,50 Rlk.). hat die Mission, um die Aneignung des christlichen Heils den Nichtchristen zu erleichtern, sich bei der Darbietung der Heilsbot­ schaft so auf das Wesentliche des biblischen Heilszeugnisses zu be­ schränken, so werden die jungen, neu entstehenden, christlichen Rirchen nun ihrerseits die Rufgabe haben, eine solche Ruffassung der Bibel herauszuarbeiten, wie sie dem Verständnis ihrer Völker angepaßt ist. Sie werden auch die christlichen heilswahrheilen lehrhaft so auszuprägen haben, daß ihre Völker sie von ihrer Volkseigenart und von ihrem geistigen Gesamtbesitz aus gut verstehen können. Sie werden in Auseinandersetzung mit ihrem besonderen, nichtchrist­ lichen Religionsbesitz ihre besonderen Dogmen bilden müssen, wie die alte Christenheit sie bilden mußte in Auseinandersetzung mit dem nichtchristlichen, religiösen Besitz der griechisch-römischen Welt. Dabei wird in Indien und Gstasien die Auseinandersetzung mit dem Pantheismus, die Frage des individuellen Lebens gegenüber dem Lebensall, die Frage des persönlichen Fortlebens u. a. eine große Rolle spielen. Sie werden sich ihre besonderen Rultformen und Rirchenverfassungen herausarbeiten müssen unter Berücksichtigung ihrer besonderen Sozialorganisationen. So wird also der Inhalt der christlichen Heilsbotschaft auch dort ganz bestimmte lehrhafte und organisatorische Formen haben, die vielleicht von den mistigen sehr verschieden sind. Und doch wird es eine große, christliche Einheit auf der Erde geben, die Einheit des Besitzes des zentralen, vollen, christlichen Heils.

III. Vie Siele der evangelischen Mlssionsarbeit. 1. Das höchste Siel. Das höchste Siel des Christentums ist in dem wort 1. Timotheus 2, 4 kurz und klar zusammengesaßt: „Gott will, daß allen Men­ schen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen". Darin ist der Sinn vieler anderer ähnlicher Worte des Neuen Testa­ ments prägnant zusammengesaßt. (Es soll und muß darum gerungen werden, daß alle einzelnen Menschen persönlich gläubige Christen 2*

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werden, und daß alles Leben der Menschen mit einander in der Familie, in der Gesellschaft, in handel und Wandel, im Staatsleben und in der großen, internationalen Politik beherrscht und geleitet wird von den Lebenskräften und dem Geiste Christi. Gottes Wille soll auf Erden so voll erfüllt werden wie im Himmel (Matthäus 6, 10). Wer nicht den Glauben hat, daß das möglich ist, und nicht mit aller Kraft des gewissen Steges an der Verwirklichung dieses Zieles arbeitet, der kann die 2. Bitte des Vater-Unfers nicht wahr­ haft beten. Für das Christentum gibt es kein Unmöglich (Markus 9, 23; 11, 23; Phil. 4, 13), denn Gottes, des Allmächtigen, hei­ liger Geist und ganze Kraft ist gegenwärtig zu unserer Verfügung. 3n der vollen Gewißheit des Sieges schafft der Glaube an der Herstellung des Sieges in der ganzen Menschheit (1. Joh. 5, 4). Wann der volle Sieg eintritt und wie er verwirklicht wird, das liegt in Gottes Hand. Man wird dabei eingedenk bleiben, daß vor Gott tausend Jahre sind wie ein Tag und wie eine Nachtwache (Psalm 90, 4). Aber erreicht wird das Ziel bestimmt, denn Gott hat zugesagt, daß sein heil allem Volke widerfahren wird (Luk. 2, 10) und daß allen Menschen geholfen werden soll. Und was Gott zusagt, das hält er gewiß (Psalm 33, 4; Psalm 115, 3). Das ist die absolute Gewißheit des Glaubens gegenüber aller Skepsis auch der scheinbar klügsten Bedenken und auch angesichts aller Ent­ täuschungen, Mißerfolge und Irrwege bei der Durchführung der Arbeit zur Erreichung des Sieges in der praktischen Arbeit des Christentums. Wir erleben in der alten Christenheit, trotzdem hier schon mehr als tausend Jahre das Christentum verkündigt wird, daß immer wieder getaufte Christen stehlen, betrügen und morden. Trotzdem sind wir überzeugt, das braucht nicht so zu sein, und sagen darum jedem neuen Geschlecht: Du sollst nicht stehlen, Du brauchst nicht zu betrügen. Gottes Kraft kann dir den Sieg geben über alle Leidenschaften und kann dich frei machen, wirklich frei, von aller Sünde, nicht nur von der Schuld, sondern auch von der Herrschaft der Sünde. So hat die Stockholmer Botschaft von 1926 die ganze Christenheit gemahnt, jetzt sei es Zeit, daß Christi Geist auch im Wirtschaftsleben und in der Politik die Herrschaft gewinne. Es wäre sinnlos, diese Mahnungen überhaupt auszusprechen, wenn ihre Verwirklichung nicht möglich wäre. Sie ist möglich, das ist ganz gewiß. Darum gilt es, mit aller Entschiedenheit um ihre Durch­ führung zu ringen. wird so in der alten Christenheit um die volle Durchführung der Heilskräfte Christi im ganzen Leben aller Einzelnen und der Menschengemeinschaften gerungen, so gilt es in der Missionsarbeit

unter den nichtchristlichen Völkern, überhaupt erst anfangsweise das Christentum zu gestalten. Dabei ergeben sich für die Missionsarbeit drei Cinzelziele, die, wenn sie in der Praxis auch oft ineinander­ greifen, grundsätzlich doch zu unterscheiden sind. 2. Die drei Einzelziele der Missionsarbeit.

a) Die Gewinnung einzelner Menschen zum persönlichen Glauben. Dar Lhristentum will den einzelnen Menschen den Heils­ besitz vermitteln, die Vergebung der Schuld, die Freiheit von der Herrschaft der Sünde in Liebesgemeinschaft mit Gott, die Kraft des heiligen Geistes zu einem neuen, gottgemätzen Leben und die Ge­ wißheit der ewigen Seligkeit. Das ist der Inhalt des uns durch Christus vermittelten, religiösen Besitzes, den wir Glauben nennen. Sollen nun Menschen, die bisher als Nichtchristen Gott nicht kannten und ihm fernstanden, den Glauben gewinnen, so mutz die Hinwendung zu Gott bei ihnen vor sich gehen, welche die christliche Terminologie Bekehrung nennt. Nun handelt es sich bei den Nichtchristen um Menschen sehr verschiedener Art. Sie sind schon nach Volksart und Temperament sehr verschieden. Der naturwüchsige Neger zeigt andere Äußerungen seines Gemütrlebens als der indische Brahmane, der chinesische, schlichte Bauer oder der seingebildete, durch straffste Selbst­ zucht beherrschte, sein Innenleben nach außen nur ungern äußernde Japaner. Sie sind erst recht verschieden nach dem Charakter ihres vor dem Bekanntwerden mit dem Christentume geführten sittlichen und religiösen Lebens: es sind da die Fetisch-Anbeter Afrikas, oft belastet durch schwere Blutschuld und grobe Unsittlichkeit, es sind da die nüchternen, in vielem sittlich handelnden, aber auf äußeren Geldgewinn bedachten Chinesen; aber es gibt auch Chinesen, Japaner, Inder u. s. w., die von Jugend an nie eine grobe, sittliche Verfehlung begangen haben, Menschen, die sich durch sehr edle, feine Tugenden, bis zur geübten Zeindesliebe auszeichnen, sowie andere, die mit tiefer Inbrunst, ernstesten Gebeten, großen (Opfern und bewundernswerter Askese, ja qualvollsten Übungen ihre Götter oder einen Gott ver­ ehren oder in ernstester, mystischer Vertiefung ihre ganze Seele und ihr ganzes Leben an das eine, höchste Göttliche (Brahman, Tao, Buddha) hingeben. Wohl fehlt ihnen allen das wahre heil in Christus, aber der Vollzug ihrer Bekehrung wird entsprechend ihrer Volksart, ihrem Bildungsstande, ihrem sittlichen Zustand und ihrem bisherigen religiösen Leben ein sehr verschiedener sein. (Es sind auch ganz ver­ schiedene Momente der christlichen Heilsbotschaft, die die Einzelnen anlocken und zur Entscheidung für das Christentum bewegen. Die einen lockt die Befreiung von der Zriedlosigkeit und Furcht, die

22 allen Polytheismus kennzeichnen, durch die Botschaft von dem einen Gott der Liebe, die anderen lockt der Trost dieser Liebe Gottes für das Leid des Lebens, die anderen die Verheißung des persönlichen, ewigen Lebens in und mit Gott, wieder andere die Botschaft von der Liebe Gottes als das Leben beherrschender und verklärender Macht, die jedem Menschen, ohne Rücksicht auf Stand und Geschlecht, auch den in allen nichtchristlichen Ländern und Religionen verachteten und gedrückten Frauen, ein innerlich reiches Leben und das volle heil verheißen kann, andere werden, aus dem Ekel über unsittliches Leben heraus, angezogen durch die sittliche Reinheit des Thristentums, schließlich führt andere das Bewußtsein der Schuld zum Ersehnen der Vergebung und der Versöhnung mit Gott. Gegenüber der theo­ retischen Ronstruktion eines Bekehrungsschemas muß gesagt werden, daß bei den meisten Nichtchristen, wenn sie sich zum Christentum hinwenden, es nicht das Verlangen nach Versöhnung und Vergebung ist, was sie treibt. In vielen erwacht dies Verlangen erst, wenn sie Christen geworden sind. Natürlich ist auch der Grad ihres inneren Ergriffenseins von den verschiedenen Momenten der christlichen Heils­ botschaft ein sehr verschiedener, oft ist es nur ein ganz unbestimmtes Sehnen nach einem neuen, befriedigenderen, religiösen Besitz als der ist, den sie haben. Manchmal hat dies Sehnen Formen, welche durchaus noch das Gepräge heidnischen Aberglaubens tragen, zumal bei wenig gebildeten Menschen. Ja, es mischen sich in das religiöse Verlangen auch wohl ganz äußerliche, minderwertige Motive, die Hoffnung, durch die neue Religion Bewahrung vor Rrankheit und Unglück, mehr Erfolg, besseren, irdischen Segen, ein leichteres Leben oder gar äußere Vorteile durch die Mission zu erlangen, Schutz durch den Missionar, bessere Erziehungsmöglichkeiten für ihre Rinder, Hilfe in Lebensnöten und bergt Vas alles weiß jeder verständige Missionar. Daher ist die Mission bemüht, in dem der Taufe voraufgehenden Unterricht die Motive zu ergründen, welche die Einzelnen herbeige­ führt haben, ihrem religiösen Verlangen zur Rlarheit zu verhelfen und sie zur vollen Aneignung des zentralen Heils zu führen. Vie Mission ist sich aber auch darüber klar, daß sie dies Letztere nicht bei allen erreicht. Wo nach ernster Prüfung und genügendem Unter­ richt nach dem gewissenhaften Urteil des Missionars oder einheimischen Predigers bei den Nichtchristen ein ernster Wille zu spüren ist, daß sie wirkliche Christen sein wollen, da wird die Taufe erteilt. Daß dabei Selbsttäuschungen mancher Missionare und bewußte Täuschungen der Missionare durch Heuchler vorkommen, die nur um äußerer Vorteile willen Christen werden wollen, ist nicht zu vermeiden. Da­ durch gibt es dann in den Missionsländern allerlei „Reischristen", welche dem Namen des Christentums Schande machen und leider in

den Augen der europäischen Kaufleute der Mission zur Last gelegt werden, auch wenn die Mission diese üblen Elemente längst wieder abgestoßen hat. Besonders bei großen Erweckungsbewegungen, wie sie hie und da auf manchen Missionsfeldern auftauchen, Bewegungen, die oft viele Tausende erfassen, sind stets echte und unechte Motive mit einander vermischt. Da erwächst den Missionaren eine schwere, verantwortungsvolle Last. Die evangelische Mission drängt daher nie­ mals zum Übertritt, sondern ist vorsichtig und zurückhaltend mit der Erteilung der Taufe, sosehr sie sich natürlich anderseits freut, wenn sich viele aus freien Stücken dem Christentum zuwenden. (Es gibt sogar zahlreiche Fälle, in denen die Missionare, wenn einzelne Glieder nichtchristlicher Familien oder Stämme die Taufe begehren, die Be­ treffenden, auch wenn diese wirklich ganz tief vom christlichen Ejeil erfaßt sind, bitten, vorläufig auf die Taufe zu verzichten. Venn oft genug schließt sich beim Übertritt eines einzelnen Gliedes die ganze übrige Familie oder der ganze übrige Stamm in Feindschaft gegen das Christentum ab, während es bei klugem warten, wenn der junge Bekehrte weiter mit den Seinen verbunden bleibt, oft gelingt, alle übrigen mit zu gewinnen. Oft genug macht freilich auch solch warten einen Konflikt mit der Familie oder dem Stamm nicht vermeidbar. Dann tritt nach der inneren Entscheidung für das Christentum vor die erweckten Nichtchristen die oft sehr schwere Frage der auch äußeren Entscheidung für das Christentum, das Bekennen des Christseinwollens vor den Ihrigen und der Öffentlichkeit als ein schweres Problem. Da heißt es für viele, zu wählen zwischen Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Heimat, Besitz und Achtung der Volksgenossen oder Christus, genau wie das Matthäus 10, 35 — 39 von Jesus vorausgesagt worden ist. Selbst in den alten nichtchristlichen Kultur­ ländern, in denen, wie in Japan, die Negierung dem Christentum kein Hindernis mehr in den weg legt, sondern es geradezu fördert, gibt es oft die allerschärfsten Kämpfe, wenn ein Familienmitglied Christ werden will. Noch heute ist, wenn der Neuchrist fest bleibt, häufig übelste Behandlung, ja Ausstoßung aus dem Familienverband und Enterbung die unausbleibliche Folge. Daß die nichtchristlichen Familien so rea­ gieren, kann man durchaus verstehen. Ihnen ist ihre Religion das höchste und heiligste, was sie besitzen. Götterverehrung und Ahnen­ kult sind mit dem Familienleben auf das allerintimste verwoben, wer Christ wird, erklärt das alles schon durch seinen bloßen Ent­ schluß, ein Christ werden zu wollen, für ungenügend, für falsch, ja wohl für schlecht. Vas erscheint den Nichtchristen als unfromm, gottlos und unsittlich in höchstem Maße, als Frevel gegen das höchste und heiligste und als Abfall von der höchsten Tugend, der Ehrerbietung gegen die Toten und gegen die lebenden Alten. Für die Nichtchristen

24 aber, die Christen werden möchten, ist es ein ungeheuer schwerer Gewissenskonflikt, denn sie lieben ihre Litern und Geschwister, lieben ihre Heimat, ihre alten Sitten und sehen sich für den Fall des Bruches nicht bloß innerlich von den Ihrigen getrennt und äußerlich verstoßen, sondern oft auch wirtschaftlich vor der bittersten Not. In allen Christengemeinden in allen Missionsländern gibt es viele Neuchristen, welche in diesem Konflikt tatsächlich um Christi willen alles geopfert haben, und die sich nicht beirren lassen, wenn sie auch nach ihrem Christwerden von Berufsgenossen, Vorgesetzten und andern Volksgenossen schwer zu leiden haben, weil sie Christen sind. Uns, die wir so unangefochten und in Frieden Christen sein Können, muß solch heldenhaftes Christentum mit der größten Bewunderung erfüllen. Wer aber von uns hat den Mut, einen Stein zu werfen auf die, welche wohl Christen sein möchten, auch als ernste Christen wirklich leben, aber die Kraft zu dieser schweren Entscheidung des Bruches mit den Ihrigen nicht finden oder sie hinauszuzögern suchen in der Hoffnung eines späteren, friedlichen Ausgleiches? Jede Mission weiß von dramatischen Bekehrungen und Kämpfen zu erzählen, die an die Erlebnisse der ersten Christenheit erinnern, wie ja auch jeder Pfarrer in der alten Christenheit ähnliches genug erlebt. Aber in der Mehrzahl der Fälle sind, gottlob, die Bekeh­ rungen auf dem Missionsfelde weder begleitet von erschütternden Bußkämpfen grober Sünder noch von solchen schweren Leidens­ schicksalen der Neuchristen. (Es ist daher sehr zu bedauern, daß noch immer viele Christen in der alten Christenheit bei Missionsfesten und in Missionsberichten in der Hauptsache solche wunderbaren, dramatischen Erzählungen von den Rednern der Mission erwarten. Wo die Mission draußen solche erschütternden Umwandlungen oder schweren Kämpfe erlebt, sind das doch eigentlich viel zu heilige und ernste Dinge, um sie zur Unterhaltung der Missionsfreunde, wohl gar bei behaglicher Tafel mit Kaffee und Kuchen, immer wieder erzählen zu müssen. Zur eigenen Glaubensstärkung und Mehrung der Missionsfreudigkeit genügt es doch vollauf, zu erfahren, daß Menschen aller Völker mit uns im christlichen Glauben eins werden! Muß man durchaus die ganz intimen und zarten Erlebnisse der einzelnen Neuchristen vor der Öffentlichkeit ausbreiten? Zartfühlende, gebildete Neuchristen aus den alten Kulturländern empfinden es als eine grobe Taktlosig­ keit, daß man ihre religiösen Erlebniffe so ganz fremden Menschen preisgibt, oder wohl gar erwartet, daß sie selbst es tun. 3n diesem Widerstreben liegt fraglos eine berechtigte Regung religiöser Keuschheit. Nach eigenen Lrlebniffen in Amerika beklagt sich der genannte

Japaner Kanfo Utschimura in sehr sarkastischen Worten über dieses Verlangen der Christen des Westens nach dem hören solcher Bekehrungs­ geschichten. (Er schreibt von Missionsfesten: „Schlimm geht's den bekehrten Heiden, die zufällig anwesend sind. Man holt sie hervor und zeigt sie, wie in einem Zirkus ein gezähmtes Rhinozeros". „Manche lassen sich? gefallen und täppisch, wie sie sind, treten sie auf und erzählen, wie man sie zu Menschen gemacht hat. (Es gibt aber auch Heidenchristen, denen so etwas nicht gefällt. Sollen sie sich ihren inneren Frieden rauben lassen durch eine Schaustellung vor Leuten, die garnicht alle verstehen können, auf was für ver­ schlungenen Wegen sie dazu kamen, ihr Rhinozerosleben aufzugeben?" „Ich, der ich selbst ein wiedergeborenes Rhinozeros bin, rate den Missionszirkusleuten, in diesem Punkte rücksichtsvoller zu sein, denn sie verderben durch ihr Treiben die gezähmten Rhinozerosse... man gibt auch den Leuten, die man für die Mission gewinnen will, eine falsche Vorstellung über deren wahres Wesen." (wie ich ein Christ wurde, S. 89). 3n der Hauptsache vollzieht sich die Gewinnung der einzelnen Menschen in der Stille seelsorgerlicher Arbeit und all­ mählicher Entfaltung des neuen, christlichen Lebens in den Seelen der Nichtchristen. Die religiöse Entwicklung ist ja auch mit der ersten Bekehrung und der Taufe keineswegs abgeschlossen oder gar schon vollendet, sondern erst in einem oft noch sehr unentfalteten Anfänge gesetzt. 3n den Neuchristen lebt noch unendlich viel von dem nicht­ christlichen, bisherigen, religiösen Erbe fort, das ausgeschieden oder wenigstens geläutert werden muh. Ihr sittliches Urteil und ihr Gewissen ist vielfach noch unentwickelt und bleibt noch oft lange an der nichtchristlichen Sittlichkeit orientiert und in den alten Sitten und Volksbräuchen befangen. Besondere Bekehrungs-Erlebnisse ver­ bürgen durchaus nicht immer ein folgendes, besonders ernstes und tiefgegründetes Christenleben, sondern werden, wenn nicht die tägliche Reue und Buhe der Heiligung folgt, manchmal geradezu zu einer Gefahr, indem sie zum Dünkel statt zur Demut führen, wie man das bei den „Bekehrten" in der alten Christenheit auch genug beobachten kann. So bedürfen die Neuchristen einer sorgfältigen Pflege und Erziehung. Sonst bleibt ihr Christsein flach und ohne tiefe Wurzeln. Gft genug fallen trotz aller Bemühungen solche flachen Christen aus den Matthäus 13, 18-22 von Jesus dargelegten Gründen wieder ab oder sie erstarren, werden dann geradezu ein Unsegen für die andern Gemeindeglieder und hemmen die Wirkungs­ kraft der sich bildenden, neuen Christenheit auf ihre nichtchristlichen Volksgenossen. b) Die Bildung von Volkskirchen. Die weitere Pflege der neuen Christen geschieht in den Christengemeinden, zu denen

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sie zusammengeschlossen werden. Diese jungen Christengemeinden sind schon in ihrer ersten Generation keine Jdealgemeinden; sie be­ stehen nicht aus lauter persönlich tief und voll gläubigen Christen. Nicht einmal die Gemeinden des Apostels Paulus waren solcher Art. Man denke an die Zustände in Korinth! Erweitert sich die Zahl der Christen, und wächst in den Kindern der Christen ein zweites und dann ein drittes Geschlecht heran, so tritt neben die erste Auf­ gabe, die Gewinnung immer neuer Menschen, die dauernd weiter verfolgt werden mutz, die zweite Aufgabe der Ausgestaltung einer neuen Kirche. Vie wichtigste Aufgabe auch dieser Kirche ist die Lebendigerhaltung und Vertiefung des neu erweckten, christlichen Lebens. 3n allen diesen neuen Kirchen gibt es Gruppen von lebendigen Christen, die „die erste Liebe" nicht erkalten lassen, son­ dern in denen das Feuer ihres Gotteslebens Heller und Heller brennt. Aber nun gilt es zugleich, das kirchliche Leben auszugestalten in Unterricht der Kinder, Gottesdiensten und Gottesdienst-Ordnungen, Bildung eines Pfarrerstandes und anderer Lerufsarbeiter, Organi­ sation und Verwaltung, Lehre und Schaffung neuer, christlicher Sitte. Dabei sucht die Mission von dem Volkstum, seinen Ordnungen und Sitten, auch von der bisherigen Sittlichkeit und Religion mög­ lichst viel zu erhalten, alles, was sich irgendwie mit dem Christen­ tum vereinbaren läßt, damit kein Bruch in der Entwicklung der Stämme und Völker eintritt, und eine Entwurzelung der Christen möglichst vermieden wird. Vie Gefahr einer Entfremdung von ihrem alten Leben, in dem mancherlei Wertvolles liegt, ist heute ohnedies sehr groß für alle nichtchristlichen Stämme und Völker infolge der Überflutung mit der westlichen Zivilisation und Kultur. Gegenüber dieser zersetzenden Macht der westlichen Zivilisation und Kultur wirkt die Mission geradezu als das Alte schützende und erhaltende Macht. Seit der chinesischen Revolution von 1912 werden z. B. in den Missions­ schulen in China die konfuzianischen, heiligen Schriften ernster und gründlicher getrieben als in den Staatsschulen, Hatte man früher vielleicht diese Aufgabe der Erhaltung des Volkstums nicht genügend erkannt, so ist jetzt das Bewußtsein von der Wichtigkeit dieses Erfordernifles in der gesamten, evangelischen Mission erwacht. Einmal nötigen dazu die zerstörenden Wirkungen der westlichen Zivilisation und Kultur, sodann das in allen nichtchristlichen Völkern sich regende, nationale Selbstbewußtsein, das zu neuen Gestaltungen drängt und einerseits in der Gefahr steht, die alten Grundlagen zu gering zu achten gegenüber dem neuen Leben, anderseits, wo man das Alte wieder mit Bewußtsein pflegt, dies so eng zu gestalten droht, daß für das Christentum kein Raum bleibt.

Der Ephorus der jungen vatakkirche auf Sumatra, D. Warneck, schreibt darüber („Vie Volkskirchen auf Sumatra und Nias", 1927): „In einer Missionskirche muß das Evangelium als Sauerteig in alle Volksverhältnisse hinein, in das gesamte tägliche Leben mit all seinen Verzweigungen und Beziehungen: Geburt, Kinderbehandlung, Brautsuche, heirat, Ehe. Die Stellung der Frau und Tochter muß gehoben werden, das häusliche Leben ist christlich zu durchdringen; christliche Feste in Haus, Dorf und Gemeinde werden zu Freudenspendern. Auch das öffentliche Leben verlangt nach christ­ licher Prägung. Wir Europäer können das wohl wünschen, können verbieten und Zäune ziehen, sind aber unerfindlich im Schaffen von neuen Formen des Lebens. Nun fangen die batakischen Thristen selbst an, nach dieser Seite zu suchen. Der Inländer ist von Natur religiös veranlagt und hat das Bedürfnis, allen Beziehungen seines Lebens eine religiöse weihe zu geben". „Vas verlangen ist da, das Leben christlich zu gestalten". (S. 21). „wir haben also zu vermeiden, daß wir der batakischen Christenheit wehe tun oder schaden, indem wir ihr europäische Formen des Christentums oder dogmatische Ausprägungen westlicher Art aufdrängen. 3n Musik, Baustil, Über­ tragung von Kirchenformen, gottesdienstlichen Riten, Agende, For­ men der Konfirmation, der Trauung, Amtstracht der Geistlichen, Erhaltung der Predigt usw. hat man sich früher allzusehr von der eigenen Gewöhnung leiten lassen. Allen Fragen des christlichen Volkslebens muß die Gemeinde selbständig urteilend gegenüberstehen, von Europa aus kann nicht entschieden werden, ob ein polygamist seine zwei Frauen beim Übertritt in die Gemeinde behalten kann, ob ein Christ, der eine zweite Frau genommen hat, darum dauernd auszuschließen ist. (Db Zähnefeilen, Tätowieren zu verbieten ist, in welcher weise und in welchem Tempo die Stellung der Frau dem christlichen Ideale anzunähern ist, in welchen Formen sich Ver­ lobung und heirat zu vollziehen haben, ob und in welchen Fällen Geschiedene wieder heiraten dürfen, unter welchen Umständen die Taufe der Kinder zu verweigern ist, wieweit Trauergebräuche zu verbieten oder zu veredeln sind, das sind Fragen, die nur gelöst werden können, wenn beide Faktoren, Evangelium und Volksart, zusammen das Forum der Entscheidung bilden. Mag sein, daß das Empfinden unserer Christen da andere Wege geht als das unsere; aber es handelt sich ja nicht um das Gefühl des deutschen Christen, der an solche Fragen aus ganz anderer Vergangenheit herantritt und in Gefahr ist, das eigene rassenhaft und völkisch beeinflußte Empfinden als vorbildlich christlich anzusehen, während es doch zum guten Teil das Produkt einer geschichtlichen Entwicklung und volksartlicher Faktoren ist. In diesen Fragen können wir wohl als Be-

28 roter der Gemeinde helfen, aber die Entscheidung liegt je länger je mehr bei ihr". „Es können draußen keine lutherischen, refor­ mierten, presbyterianischen oder anglikanischen Kirchen entstehen, sondern nur batakkische, niassische, javanische usw." (S. 19 f.). 3n Japan sind z. B. einige Eigenarten des neuen christlichen Lebens heute schon deutlich herausgearbeitet: Dort herrscht allge­ mein eine Abneigung gegen die Frühtaufe der Kinder. Die christ­ lichen Eltern nehmen es sehr ernst mit der christlichen Erziehung der Kinder, aber die Taufe soll dann der Kinder eigenes Bekenntnis sein. 3n der Regel vollzieht sie sich im Alter von 15 — 20 Jahren. Sehr gebräuchlich ist dort ferner eine aktive Teilnahme von Laien am Gottesdienst. Ein Laie spricht die Gebete, Laien halten häufig die Taufreden oder sogar die predigten. Das Gedächtnis der Toten wird sehr intensiv gepflegt durch christliche Feiern an den Gräbern am Todestag der Verstorbenen und durch Gedächtnisfeiern in den Kirchen. So hat man das Gute des Ahnenkults erhalten. Auf allen Missionsgebieten ist die Lntwiklung heute noch zu jung, als daß sich schon ein völlig neuer Typ christlichen und kirchlichen Leben herausgebildet haben könnte. Alle nichtchristlichen Stämme und Völker stehen unter der Einwirkung der Verwestlichung in einer Umformung, welche auf die Bildung einer neuen Gestaltung ihres Gesamtlebens hindrängt. 3n diesem Prozeß steht das junge Christentum mitten darin und ringt erst um Lebensgestaltung. Auf einem Missionsgebiet wie Sumatra wird der Ausbau der Volkskirche ver­ hältnismäßig leicht sein, denn dort handelt es sich um ein kleines Volk von 500 000 Seelen, von denen schon 48 vom hundert durch die Rheinische Missionsgesellschaft für das Christentum gewonnen worden sind, hier hat eben die eine Missionsgesellschaft die Thristianisierung allein in der Hand und treibt ihr Werk mit großem Weit­ blick, wie aus D. Warnecks Worten hervorgeht. Schwer aber ist die Lösung der Aufgabe z. B. in Südafrika, wo plötzlich die primi­ tiven Stämme in das westliche Großstadt- und 3ndustrie-Getriebe hin­ eingezogen werden, und zugleich zahlreiche, verschiedene, evangelische Missionen wirken, oder wo in den alten Kulturländern Asiens, in Indien, China und Japan, die Christengemeinden in dem Gesamt­ leben ihrer Völker an Zahl noch fast ganz verschwinden und zugleich das ganze Leben in einem rasend schnellen und das Tiefste auf­ wühlenden Umgestaltungsprozeß steht, wird es hier überhaupt möglich werden, neue, christliche Lebensformen zu bilden, ohne daß diese doch im volksganzen, das sich ohne das Christentum gestalten will, wieder wie ein Fremdkörper für sich stehen? Soll in diesen Völkern eine Wirkung ins Große geschehen, und sollen die Christen ihren Volkszusammenhang wahren, so ist hier der Zusammenschluß

aller evangelischen Christen zu einer großen, evangelischen Kirche unbedingtes Erfordernis. (Es ist ja schon bedauerlich, daß es nicht gelingt, die Spaltung zwischen evangelischem und katholischem Christen­ tum den neuen Christen zu ersparen. Aber am bedauerlichsten ist, daß es bisher auf keinem großen Missionsgebiet gelungen ist, auch nur alle evangelischen Kirchen zu einer einheitlichen Kirche zusammen­ zuschließen. Zwar wirkt diese Zerrissenheit der Mission und des jungen Christentums nicht so verwirrend und befremdend auf die nichtchristlichen Völker, wie man es manchmal in der Heimat be­ haupten hört, denn die alten Religionen dieser Länder sind ebenso in viele Sekten gespalten. Aber das Christentum sollte in dieser Hinsicht eben doch höher stehen, wenn es mit dem Anspruch kommt, die vollkommene Religion zu sein, besser als die andern, hier muß in der evangelischen Mission noch vieles gebessert werden. (Es ist z. B. eine sehr bedenkliche Schwäche der evangelischen Mission, daß in China mehr als 100 evangelische Missionskirchen bestehen, von diesen haben einige wenige eine Vereinheitlichung ihrer Kirchen durch­ geführt, die andern arbeiten teilweise wohl auf dem Gebiete des Schulwesens, der literarischen Mission und der Liebeswerke Hand in Hand, aber ihre Gemeinden sind getrennt. Auf dem Nationalen Christen-Kongreß in Schanghai haben seit 1922 vor allem die chinesischen Christen immer wieder den Zusammenschluß aller Evange­ lischen zu einer einheitlichen Rirche gefordert. 3m Anschluß an den Kongreß des Jahres 1927 haben sich 1000 Gemeinden mit 117 000 Christen in 17 Provinzen zu einer Kirche Christi in China vereinigt. Aber, so begrüßenswert der Fortschritt ist, so umfaßt diese Kirche doch erst einen Teil der rund 800 000 evangelischen Christen, die es in China gibt. Kleinere Missionsgesellschaften sollten auf die Gründung eigener Kirchen überhaupt verzichten, wie das der Allge­ meine, (Ed. Prot. Missionsverein (Gstasien-Mission) in China von Anfang an getan hat. Vieser arbeitet in Verbindung mit einer in Schantung schon vorhandenen, von den Presbyterianern gegründeten, jetzt aber selbständigen Chinesenkirche. Daß man dann auf den Ruhm eigener Statistik in bezug auf gewonnenen die Christen verzichten mutz, schadet der Missionsarbeit draußen nicht und ist doch nur in den Augen kurzsichtiger Missionsfreunde in der Heimat eine Schwäche. Vie Heranziehung der einheimischen Christen und Pfarrer zur Leitung der Missionsarbeit und Führung der Kirchen macht heute in den meisten Missionen große Fortschritte. Sogar die katholische Mission hat bereits zahlreiche Bischöfe aus den Neuchristen. 3n einigen der größten japanischen Kirchen haben die fremden Missionare nur noch beratende Stimme. 3n China ist die Leitung fast aus­ schließlich in die Hände der Chinesen übergegangen. Vie chinesische

30 Regierung verlangt für alle Missionsschulen, welche staatliche An­ erkennung wünschen, einen chinesischen Leiter und einen leitenden Ausschuß, in welchem die Chinesen die Mehrheit bilden. Trotzdem sind fremde Missionare noch auf lange hinaus auf allen Missions­ feldern dringend notwendig. Auch die neuen Christen sehen diese Notwendigkeit durchaus ein und treten für die weitere Aussendung neuer Missionare ein. Von diesen Missionaren wird neben ihren reli­ giösen (Qualitäten eine sehr gute, geistige Ausbildung gefordert. Namentlich in den alten Kulturländern Asiens, in denen heute schon viele Tausende im Besitz der besten, europäischen, akademischen Bildung sind, bedürfen für die Arbeit auf so fremdem, schwierigem Boden die Missionare der besten Bildung, die der Westen ihnen geben kann. Fordert man doch mit vollem Recht für die Verwaltung jedes Pfarr­ amts auf dem kleinsten Dorf in der Heimat mit ihren vertrauten, geordneten Verhältnissen die akademische Bildung. Alle Missions­ gesellschaften streben danach, möglichst viele akademische Theologen für den Missionsdienst zu gewinnen, der Allgemeine, Cv. prot. Missionsverein (Gstasien-Mission) sendet nur akademisch gebildete Theologen, welche die Examina für die Heimat abgelegt haben, als Missionare aus. Die Stellung der Missionare erfordert, je mehr die eigentliche Leitung in die Hände der einheimischen Christen übergeht, um so größere Selbstentsagung, kann aber gleichwohl große Befriedigung gewähren und behält ihre hohe Bedeutung. Sie werden durchaus nicht zu minderwertigen Hilfsarbeitern herabgedrückt. Sie werden auf Grund der reicheren Erfahrung der alten Christenheit und ihrer geistigen Überlegenheit noch lange die eigentlichen Führer sein. Frei­ lich erfordert ihr Beruf ein hohes Matz von Einfühlungsfähigkeit, Gewandtheit und Takt. Für die Einwurzelung des Christentums in den neuen Ländern ist es von großer Wichtigkeit, daß die ein­ heimischen Christen die Leitung in der Hand haben, denn nur so können die Volksmassen wirklich für das Christentum gewonnen werden. Denn bei dem erwachten Nationalbewußtsein der nicht­ christlichen Völker ist einer der wirkungsvollsten Einwände gegen das Christentum, daß es die Religion der Fremden, der Bedrücker, der Rolonialherren ist. 3n China hetzt man gegen die einheimischen Christen heute geradezu mit dem Schlagwort, die chinesischen Christen seien „Jagdhunde der Fremden", selbst in Japan tauchen noch hie und da Stimmen auf, welche erklären, das Christentum sei mit dem japanischen Nationalbewußtsein nicht vereinbar, es sei international und daher eine Gefahr für den Staat. Die neu entstehenden Volks­ kirchen sind keine Fremdkörper mehr, sondern gehören zu ihren Völkern und wirken von innen heraus werbend auf ihre Volksgenossen.

c) Die Einwirkung auf das öffentliche Leben der nichtchristlichen Völker, Wohl hat die Mission heute bereits erfreuliche Anfänge in der Bildung von Volkskirchen gemacht, aber auf den meisten Gebieten bilden bis heute die Ehristen erst einen kleinen oder ganz kleinen Teil der Bevölkerung. Vas Ziel muß aber die Gewinnung aller Glieder dieser Völker sein. Um dies Ziel zu erreichen, ist gewiß die Gewinnung der einzelnen Menschen sehr wichtig, aber sie allein genügt nicht. Sie kann auch, intensiv getrieben, ihrem Ziele nur dann schnell und erfolgreich näherkommen, wenn sie begleitet ist von einer zielbewußten Einwirkung auf das öffentliche Leben der nichtchristlichen Völker. Auf dem Boden der verhältnismäßig einfachen und kleinen Verhältnisse der Naturvölker übt die Mission diese Wirkung in der Hauptsache schon durch ihr bloßes Dasein aus. Ihre Überlegenheit in Zivilisation, Kultur und Sittlichkeit wirkt ohne weiteres auf die Gesamtheit des Stammes­ lebens ein. Gleichwohl wird auch dort die Mission versuchen, die Häuptlinge der Stämme und auch alle Nichtchristen dahin zu beein­ flussen, daß sie den groben Unsittlichkeiten absagen, den Wert des Christentums kennen lernen und dem Christentum freie Bahn geben. Ungleich wichtiger ist diese Arbeit im Gebiet der großen nichtchrist­ lichen Kulturvölker. Km klarsten wird das an dem Beispiele Japans, wo die Dinge am weitesten entwickelt sind. Seit 1868 ist hier die Neugestaltung des Lebens in sehr schnellem Tempo vollzogen worden. Japan hat heute eine gute Volksbildung, die 99,1 v. h. aller Kinder erreicht, hat Hochschulen aller Art, hat eine glänzend ausgebaute presse, hat ein Parlament, eine ganz moderne Rechtspflege, kurz, das Leben zeigt dasselbe Gepräge wie in einem Großstaat des Westens. Aber Japan ist eine nichtchristliche Großmacht, im öffentlichen Leben gab es bei seiner Gestaltung nicht die vielfachen, umfassenden und tiefgreifenden Einflüsse, die das Christentum bei uns auf die Staats­ gesetze, die Kommunen-Verwaltung, das Sozialleben und die öffent­ liche Sittlichkeit zum Segen der Gesamtheit der christlichen Völker ausübt. hier galt und gilt es nun, in der presse das Christentum bekannt zu machen, Vorurteile zu beseitigen, Angriffe abzuwehren, den wert des Christentums für das volksganze aufzuzeigen, um im ganzen Volke eine dem Christentum günstige Stimmung zu schaffen. Es gilt, auf dem Gebiet der Erziehung, die grundsätzlich von Religions-Unterricht absieht, aber doch den Schintoismus unter der Firma der Förderung vaterländischer Gesinnung pflegt, durch Be­ einflussung der Regierung, des Parlaments und der Öffentlichkeit für die Kinder der Christen und christliche Lehrer Freiheit vom Zwang zum Besuch von Tempeln des Schintoismus zu erreichen und für die Missionsschulen staatliche Anerkennung zu erwirken. Vie Mission

32 hat zuerst das Recht der Frauen in Japan vertreten. Sie hat das üble Virnenwesen Japans bekämpft, sie hat bei der Abfassung des neuen bürgerlichen Gesetzbuches gewisse Vorteile für die Frau in der Ehegesetzgebung erreicht und ringt jetzt darum, daß das Gesetz in Zukunft auch einen Ehebruch des Mannes für unrecht erklärt, was bisher nicht der Fall ist. 3tt den neuen sozialen Kämpfen in der Industrie und Landwirtschaft Japans gilt es, die Stimme des Ehristentums zur Geltung zu bringen, damit das soziale Gewissen der regierenden Kreise und der Arbeitgeber geweckt wird, und da­ mit die Arbeiterschaft merkt, daß das Christentum für ihre Rot ein herz hat. Japanische Christen und Missionare müssen sich für alle Liebeswerke zur Verfügung stellen, welche heute vom Staat und den Gemeinden nach dem christlichen Vorbild des Westens getrieben werden. Es gilt, dem lesefreudigen Volke gute Literatur zu schaffen, nicht nur zur religiösen Beeinflussung, sondern auch zu edler Unter­ haltung. Auf diese und vielfach andere Weise muß die Mission das Ziel zu erreichen suchen, daß das Christentum weit über die Kreise der Christen hinaus im öffentlichen Leben eine Macht wird, der Geist Christi das gesamte Leben jener Völker christianisiert, und so der Boden bereitet wird für die endgültige Gewinnung der Massen der Völker auch zu persönlicher Heilsaneignung. Diese Arbeit der Wirksamkeit zur christlichen Leeinfluffung der Öffentlichkeit ist um so wichtiger, als einerseits die großen nicht­ christlichen Religionen auch erwacht sind, ihr Leben neu zu gestalten suchen und, begünstigt durch ihre tiefere Festwurzelung im Volke, um Geltendmachung ihrer Ideen und ihres Einflusses mit allen Mitteln des modernen Lebens ringen, anderseits die katholische Miffion gerade in Japan sich um politischen und kulturellen Einfluß bemüht, in dem sie sich in der Unruhe des vielfach erschütterten Lebens als den besten, festen, ewigen Grund für das Menschenleben und als das sicherste Fundament für die Monarchie anpreist. Vie so stark gewachsene, politische Macht der katholischen Kirche in Europa und Amerika kommt ihr dabei sehr zugute, will der Protestantis­ mus in der Menschheit der Zukunft eine geistige Führerstellung einnehmen, so mutz er die ungeheure Wichtigkeit gerade dieser Missionsaufgabe der Hineinfügung christlich - evangelischen Geistes in das sich neu gestaltende Kulturleben der riesigen, nichtchristlichen Völker verstehen und fördern helfen.

VI. vie klrbeitswege der evangelischen weltmiffion. Soll und will die Miffion die geschilderten Ziele erreichen, so muß und kann sie auf sehr verschiedenen und verschiedenartigen

Wegen darum ringen. (Eine allgemeingültige, feste Arbeitsmethode aufzustellen, ist unmöglich. (Es handelt sich schon um zu viele, sehr stark von einander unterschiedene Stämme und Völker. Die Mission arbeitet unter den Kopfjägern Borneos, den Menschenfressern NeuGuineas und Afrikas, den wilden, kulturarmen Naturvölkern des heißen Südens und des kalten Nordens, unter den armen, un­ wissenden Klassen und den feingebildeten Kasten Indiens, unter den verschiedenen Ständen Chinas und den kulturell hochstehenden JaManern. Dazu handelt es sich nicht um so relativ stabile Zustände wie in der alten Christenheit, sondern um Völker, deren Leben sich in schnellem Tempo wandelt. So steht die gesamte Mission immer wieder vor ganz veränderten Sachlagen und mutz sich in viel grö­ ßerer Beweglichkeit wandeln können als die Kirchen der Heimat. Früher glaubte man, an der urchristlichen Mission ein festes Vorbild für die Arbeitswege zu haben, heute weiß man, daß das ein Irr­ tum war. Die urchristliche und die heutige Mission sind wohl in den Zielen gleich, ihre Wege jedoch sind sehr verschieden. (Es han­ delt sich um völlig andere Verhältnisse. Damals wurde die Kirche, indem sie Mission trieb, heute sind große, in sich geschlossene Kirchen vorhanden, die außerhalb ihres Gebietes Mission treiben. Damals handelte es sich um ein einheitliches Gebiet: das gut regierte, wohl geordnete, römische Reich, heute handelt es sich um die ganze Welt. Damals handelte es sich um Völker der einen und gleichen Kultur­ gemeinschaft und der einen, weißen Rasse, heute handelt es sich um Stämme und Völker allerverschiedensten Rassen und sehr fremd­ artiger, in langer Geschichte entwickelter Kulturen. Damals stand das Christentum im Wesentlichen verfallenden Religionen gegenüber, die nicht sonderlich hoch standen. Denn, so fein ihre Philosophie war, so dürftig war die Religion der Griechen, Römer, Syrer usw. heute handelt es sich um große, blühende Weltreligionen, die, wenn auch die neue Zeit sie erschüttert hat, doch in sich fest gefügt sind und mit dem Christentum ringen um die ganze Menschheit. Damals warben die kleinen Christenkreise in ihrer Umwelt um neue Christen, und nur wenige Missionare standen direkt im eigentlichen Missionars­ beruf. heute gibt es in Deutschland allein 26 große Missionsgesellschaften, freie Organisationen, die im Anschluß an die Heimat­ kirchen ihre Missionare in viele nichtchristliche Länder aussenden und zielbewußt und methodisch ihr werk treiben, gestützt und gerechtfertigt durch die Missionswissenschaft an den staatlichen, deutschen Universitäten, gefördert von den Kirchenregierungen, und durch freiwillige Gaben der Christen mit den nötigen Mitteln versorgt für ihre weitreichende Arbeit. Jedoch die heutige Mission hat ja auch schon ihre lange Ge­ schichte. Die Brüdergemeinde treibt seit 200 Jahren Mission, die Wi e, Die evangelische Weltmission. 3

34 Basler, Berliner und Barmer Mission seit 100 Jahren und mehr. So haben sich natürlich bestimmte Arbeitswege herausgebildet, die, wenn auch in Einzelheiten wandelbar und oft geändert, doch in großen Linien Dauer hatten und bleiben werden. 1. Vie predigt. Vie Nichtchristen müssen die Botschaft des Heils möglichst schnell und in möglichst großer Zahl kennen lernen. Das geht natürlich nicht ohne lange Vorarbeit des Missionars. (Er mutz die fremde Sprache und das fremde Volk, dem er predigen will, erst gründlich studieren, heute sucht jede Mission möglichst schnell einheimische Christen zu Predigern heranzubilden, weil diese doch ganz anders das herz ihres Volkes treffen können als der fremde. Gleichwohl muß auch der Missionar predigen, er hat wieder anderes zu geben als der einheimische Prediger, reichere Erfahrung, weiteren Blick und umfassendere Bildung. Die Gemeindepredigt hat draußen wesent­ lich den gleichen Charakter wie in der Heimat, wenn freilich sie auch stets so gehalten werden muß, daß sie auch den stets anwesenden Nichtchristen etwas gibt. Vie Missionspredigt im eigentlichen Sinne aber ist Evangelisation. Man hält sie, wie es die Verhältnisse ge­ bieten. hier bittet man den Häuptling, die Leute seines Stammes einzuladen. Dort nimmt der Missionar seine Trompete und ruft ein Dorf zusammen unter einem großen Baum. Man schlägt wohl bei großen Festen der anderen Religionen nahe den Tempeln ein Zelt auf und bittet die vorübergehenden, einzutreten. Man spricht unter freiem Himmel an den Markttagen. 3n Indien, China und Japan veranstaltet man große Evangelisations-Unternehmungen in vielen großen Städten, mietet die Stadthallen oder ein Theater oder ladet durch Zeitungsanzeigen und Handzettel und Plakate zu den Ver­ sammlungen ein. Da reden dann einheimische, christliche Professoren oder bekannte Männer aus dem töeften, die nur vorübergehend auf den Missionsfeldern sind. 3m Jahre 1917 wurden z. B. in Japan die 4788 besonderen Werbeversammlungen von 777 119 Japanern und Japanerinnen besucht. 3n China und Japan sind Redner aus dem Westen stets begehrt von den Universitäten, den Zeitungen, die in ihren Häusern große Vortragssäle besitzen. So hatte der Verfasser dieses Buches oft Gelegenheit, vor 400, 600, ja 1000 Menschen zu reden. Das bleibt bei vielen natürlich nur ein flüchtiges hören. Aber andere kommen wieder, besuchen dann die Gemeindegottesdienste und Bibel­ stunden oder kommen mit Fragen zum Missionar ins Haus. Natürlich ist auch das Leben des Missionars, der einheimischen Prediger und der Neuchristen eine laute und oft, gottlob, sehr eindrucksvolle predigt.

Der Inhalt der predigt durch das Wort mutz sich möglichst fern­ halten von jeder Polemik. Den Nichtchristen sind ja ihre Religionen heilig. Jede Polemik verletzt und kränkt. Man muß auch nicht die niedrigen Bräuche und Mißstände dieser Religionen kritisieren, sondern das Gute, das in ihnen ist, loben und zeigen, daß das Christentum die Erfüllung und Vollendung dieses Guten ist. Nur so kann man Menschen gewinnen. Man mutz nicht von oben herab reden, sondern als Mensch, der nicht besser ist als sie, ebenso voll Schuld und Sünde und Sehnen und nur durch Gnade gerettet, zu Menschen, die nicht schlechter sind und die Gott mit der gleichen Inbrunst liebt wie uns. So merken sie, daß man ein herz für sie hat und ihnen doch etwas geben kann. Dabei muß jedes Drängen zum Übertritt fehlen. Sonst entartet die Mission, die ein Zeugnis vom christlichen heil für alle Menschen ist, in Propaganda im üblen Sinne aus, die nur Proselyten machen will. Die Nichtchristen haben ein sehr feines Empfinden für diesen Unterschied. Das methodistische Treiben mancher EvangelisationsVersammlungen schadet mehr als es nützt und gewinnt die besten Elemente der Völker nicht. 2. Die Schularbeit.

3n den meisten Völkern sind die Massen heute noch ohne jede Bildung. Wie sollen sie Christen sein, wenn sie das Gesangbuch und die Bibel nicht lesen können. So sucht man auch Erwachsene das Lesen und Schreiben zu lehren, wie Zeit und Verhältnisse das er­ lauben. Nber das Wichtigste ist natürlich der Unterricht der Rinder, der Rinder der Christen, aber auch der Nichtchristen, vor dem Kriege wurden in den deutschen Kolonien 147 OOO Rinder unter­ richtet, davon 140000 in den Schulen der Mission. 3n China werden die Missionsschulen der evangelischen und katholischen Mission von 600 000 Rindern und jungen Leuten besucht. Es gibt heute Schulen aller Nrt in der Missionsarbeit. Die meisten Schulen auf den meisten Missionsgebieten sind Elementarschulen. Über es gibt auch Mittelschulen, Handwerkerschulen, Handelsschulen, Gymnasien, Lehrer­ und Lehrerinnen-Seminare und Universitäten. 3n Japan, wo die Regierung ein sehr gutes. Schulsystem unterhält, ist nur noch Raum für höhere Schulen und besondere Fachschulen, an denen noch auf lange hinaus Mangel ist. Ruch die Schularbeit muß so getrieben werden, daß die Nicht­ christen den Eindruck bekommen, daß man ihren Rindern ernst und ehrlich helfen will, die erwünschten Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhalten, um in dem schweren Kamps ums Dasein besser voran­ zukommen. Ruch wir Christen der Heimat senden unsere Rinder zu 3*

36 dem Zweck in die Schule, damit sie tüchtig werden für dar Ringen um das tägliche Brot. Natürlich wissen wir, daß Charakterbildung noch wichtiger ist als Ropfkenntnisse, und daß zur Charakterbildung christlicher Religions-Unterricht das beste Mittel ist. Aber in der Mission ist es um den christlichen Religions-Unterricht in den Missions­ schulen eine andere Sache. Selbstverständlich brauchen die Rinder den christlichen Religions-Unterricht. Die Frage aber ist, ob man ihn zum Zwang machen soll oder ob man ihn auf Freiwilligkeit stellt. Die Praxis der Mission ist in diesem Punkte so verschieden, wie die Lage aus den Missionsseldern überhaupt. In den alten, nichtchristlichen Rulturländern haben weitblickende Missionen schon lange keinen zwangsweisen, sondern freiwilligen Religions-Unterricht gehabt. Die nichtchristlichen Eltern senden ihre Rinder, weil es noch an Schulen fehlt, freilich auch in solche Schulen, in denen der Religions-Unterricht Zwangsfach ist. Über ob dieser Unterricht, zu­ mal wenn er unwillig nur ertragen wird, weil man sonst bei dem Mangel an Schulen überhaupt nichts lernen könnte, sehr wirksam ist, das ist die Frage. 3n China und Japan ist in allen Schulen, auch den Missionsschulen, die staatlich anerkannt werden wollen, Re­ ligions-Unterricht im Lehrplan untersagt. Man mutz also außerhalb des Lehrplans zu freiwilligem Unterricht einladen. 3n Japan darf in dem im Lehrplan vorgesehenen Moral-Unterricht in den Missions­ schulen die Bibel zu Grunde gelegt werden, verzichten die Missionen auf staatliche Anerkennung, so verlieren sie leicht das beste SchülerMaterial, weil ihren Schülern das Fortkommen für viele Berufe dadurch erschwert ist. viele Missionen, z. B. in Rorea, bezeugen, daß der nun eingeführte, freiwillige Religions-Unterricht ihnen bessere, religiöse Erfolge bringe als der frühere Zwangs-Unterricht. Für die Ziele her Mission ist auf jeden Fall die Schularbeit von großem Wert. Der ganze Geist der Missionsschulen ist eben ein anderer als in den staatlichen und anderen Schulen. Und kein Schüler der Missionsschulen, auch wenn er nie in den Religions­ unterricht kam, verläßt die Schule, ohne für sein ganzes Leben die Segenskräfte Christi mitzunehmen; und alle werden dem Christen­ tum anders gegenüberstehen, als die es nie kennen lernten. Die direkte Wirkung der Missionsschulen, auch der mit Zwangs-ReligionsUnterricht, auf das Anwachsen der Zahl der Getauften ist überall verhältnismäßig gering. Das besagt garnichts gegen ihren hohen wert. Die Mission sucht, soweit sie es irgend vermag, ihr Schul­ wesen auf das beste auszubauen, um bei dem Steigen der Bildung der Völker mit der Geistesentwicklung in enger Fühlung zu bleiben und um auf dies Geistesleben durch ihre früheren Schüler einen möglichst großen Einfluß ausüben zu können. Darum ist in allen

nichtchristlichen Kulturländern der Ausbau eines höheren Schulwesens für die Mission so dringend nötig. Venn aus den höheren Schulen gehen die geistigen Führer der Völker hervor. Wie wichtig ist das, daß diese mit dem Geiste Christi in Fühlung kommen! Diese ge­ bildeten Kreise bestimmen die Gesetze des Landes, werden Lehrer und Professoren, hohe Regierungs-Beamte und Künstler. Der Leiter der Religionsabteilung im Unterrichts-Ministerium Japans ist ein früherer Schüler einer Missionsschule der Gstasien-Mission (Allge­ meiner Missionsverein), wie ist das ganz anders, als wenn das ein Schüler einer buddhistischen Schule wäre. Außer den Schulen für Kinder und junge Menschen unterhält die Mission aber auch Abendkurse für Erwachsene. In diesen Abend­ schulen werden meist fremde Sprachen gelehrt, und es kommen Menschen der verschiedensten Berufe, Männer und Frauen. Da ergibt sich oft genug, z. B. bei Goethes Faust, Gelegenheit, vom Christentum zu reden. Vie Besucher ladet man dann ferner ein zum Besuche von deutschen oder englischen Bibelstunden. So werden wertvolle Beziehungen zu neuen Menschen gewonnen.

3. Die Sonntags sch ulen. Die Sammlung von Kindern an den Sonntagen zu kurzen An­ dachten mit Gesang und Erklärung von biblischen Geschichten, mög­ lichst an der Hand von Bildern, gibt Gelegenheit, viele nichtchrist­ liche Kinder mit dem Christentum bekannt zu machen. 3m Jahre 1925 wurden die Sonntagsschulen in Japan von 205 887 Kindern besucht, in China waren es 292 857, in Indien 721000.

4. Vie Arbeit an der erwachsenen Jugend. Auf allen Missionsfeldern wird mit Sorgfalt darum gerungen, die Jugend der christlichen Familien in der gefährlichen Seit durch Jugendvereine in christlichem Sinne zu leiten, daher schließt man sie in den Christlichen Vereinen junger Männer und junger Mädchen oder ähnlichen Organisationen zusammen. Aber diese Jugendvereine werden auch zu Werbemitteln unter der nichtchristlichen Jugend. 3n China und Japan ist es das besondere Werk der Amerikaner, daß diese Jugendvereine, die in den großen Städten sehr schöne Gebäude besitzen, Sammelpunkte für viele Tausende gerade von gebildeten jungen Männern und Mädchen sind. Sum Bau der Häuser spenden auch wohlhabende, nichtchristliche Kreise große Summen, da sie den Segen dieser Arbeit erkennen. Man übt in diesen Vereinen keinen religiösen Swang aus, hat aber doch vielerlei Gelegenheit und Mittel, um die jungen Leute christlich zu beeinflußen.

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5. Vie literarische Missionsarbeit. Vie evangelische Mission hat für viele primitive Völker über­ haupt erst eine Schriftsprache geschaffen. Das ist ein großes, bleiben­ des Verdienst, namentlich der deutschen Mission, ein Merk gründlicher, mühseliger Forscherarbeit. So muß sie auch die Schulbücher schreiben, Gesangbücher schaffen, Sonntagsblätter und Zeitschriften, und vor allen Dingen gute Bibelübersetzungen. Vie Schaffung der Bibel­ übersetzungen in 566 verschiedenen Sprachen und Mundarten ist eine gewaltige, auch kulturelle Leistung der Mission, die garnicht hoch genug eingeschätzt werden kann. In jeder fortgeschrittenen Mission ergibt sich bald die Notwendigkeit, für den einheimischen Pfarrer­ und Lehrerstand gute theologische, pädagogische und philosophische europäische Bücher in Übersetzungen herauszugeben und eigene Werke aus diesen Gebieten zu schaffen. In Indien, China und Japan werden solche Werke auch schon von einheimischen Christen verfaßt. Auch gute, nichtreligiöse Literatur mutz geschaffen werden. Wo eine entwickelte presse vorhanden ist, muß an den Tageszeitungen und den Zeitschriften mitgearbeitet werden, damit die Geistesmacht des Christentums in der breitesten Öffentlichkeit zur Geltung kommt. Natürlich verbreitet man auch zahlreiche Flugblätter und kleine Werbeschriften. Cs gibt in den großen Missions-Ländern eigene „Christliche Literatur- und Bibelgesellschaften", welche diese Ziele ver­ folgen. In Japan wurden im Jahre 1925 nicht weniger als 1 489 132 Exemplare von Bibeln und christlichen Büchern gedruckt und 1281613 verkauft, daneben wurden 1809 976 Exemplare von Bibelteilen und kleineren Schriften gedruckt und 727 299 ver­ kauft. In den primitiven Ländern schafft die Mission den ein­ heimischen Stämmen und Völkern eine höhere Geisteskultur, in den nichtchristlichen Kulturländern arbeitet sie an ihrer geistigen und sitt­ lichen Vertiefung. Vas Buch des christlichen Japaners, des Predigers und Arbeiterführers Kagawa „Across the deathline“ (Jenseits der Todeslinie) ist in Japan in Hunderttausenden von Exemplaren im ganzen Volke gelesen und hat durch die Schilderung seiner eigenen, aufopfernden Arbeit an den elendesten Armen Japans das soziale Gewiffen des Volkes geweckt. Auf dies Buch hin wurde Kagawa zur Beratung des Aufbaus der Arbeiterquartiere von Tokyo von der Regierung berufen, und wurde in Kobe das Wohnviertel der Ärmsten niedergerissen und menschenwürdig neu erbaut. 6. Vie Liebeswerke der Mission. In dies Gebiet sind zunächst zu rechnen die ungezählten Anre­ gungen und Förderungen, welche von der Mission auf das wirtschaftliche

und soziale Leben der vielen Völker und Stämme ausgeübt wurden und werden. Da sind zu nennen: Der Bau gesunder Häuser, der Wegebau, die Hebung des Ackerbaus und der Viehzucht, die Ein­ führung besserer Geräte für den Ackerbau, die Handwerke und den haushalt. Manche Missionsgesellschaften unterhalten eigene Handels­ gesellschaften, welche nur wirklich gute Handelswaren aus dem Westen einführen, den Schund fernhalten und die Übervorteilung der einheimischen Bevölkerung verhindern. Dazu sind ferner zu rechnen die Bemühungen der Mission um die Aufklärung der Be­ völkerung über gesundheitsgemäße Lebensweise, um die Ernährung und pflege der Säuglinge, um Bekämpfung von Ungeziefer und. Mücken und Verhütung von oft bodenlos leichtsinniger Verbreitung von Seuchen. 3n Hungersnöten und bei den großen Überschwem­ mungen (in China) steht die Mission stets an der Spitze der HilfsUnternehmungen. Dazu kommt das unendlich segensreiche Werk der ärztlichen Mission durch Missionsärzte, Krankenschwestern, Missionare und einheimische Helfer. Vie Anregung zur Gründung von Waisen­ häusern, Asylen für Aussätzige und Blinde, von Schulen für Blinde und Taubstumme ist in allen nichtchristlichen Ländern von der Mission durch vorbildliche Werke gegeben worden, hierher ist schließlich noch zu rechnen die Arbeit der Mission für die Befreiung und Hebung der Stellung der Frau, die in allen nichtchristlichen Ländern in un­ würdiger Unechtschaft steht, die von den nichtchristlichen Religionen geradezu gebilligt wird. Selbst in den vom Buddhismus beeinflußten Ländern fehlt es an solchen Liebeswerken, und die Stellung der Frau wird von keiner Religion so niedergedrückt wie vom Buddhis­ mus. Selbstverständlich stellen sich die Missionen den Kolonial» Regierungen und den Regierungen der freien, nichtchristlichen Länder auch gern zur Verfügung für öffentliche, heute überall geschaffene Wohlfahrtswerke, wie die Bekämpfung des Opiums in China oder die Siedlungszwecke in Afrika und die soziale Arbeit an den Minen­ arbeitern oder die Fürsorge für entlassene Gefangene in Japan oder die sittliche und religiöse Beeinflussung der staatlichen EisenbahnBeamten in Japan. So hält der Pfarrer Akashi vom Allgemeinen Missionsverein iGstasien-Mission) fortlaufend solche Vorträge in vielen Städten vor den 44 000 Eisenbahnbeamten der Eisenbahn-Direktion Tokyo. 7. Sonstige Missionsarbeit.

3n den oben geschilderten Arbeitszweigen ist die vielgestaltige Missionsarbeit keineswegs erschöpfend gekennzeichnet. Es muß außer­ dem eine Fülle von anderer Arbeit geleistet werden. Jede Mission erfordert eine umfassende Verwaltungsarbeit mit Rechnungswesen für

40 Bauten und in der Kirchenverwaltung, selbst da, wo die Führung mehr und mehr in die Hände der einheimischen Christen übergeht. Dazu kommt die sehr wichtige Seelsorge an Christen und Nichtchristen, der Verkehr mit den Behörden, die Anknüpfung und Pflege von Bezie­ hungen mancherlei Art mit den verschiedensten Kreisen der Bevölkerung, Hilfeleistung in mancherlei Lebensnöten an alle, welche Hilfe begehren, die Erteilung von Unterricht an Schulen und Hochschulen, die nicht der Mission gehören, die Abhaltung von Vorträgen in wissenschaftlichen Gesellschaften. 3n manchen Missionsgebieten (Afrika, China, Japans trägt die Mission auch ein gut Teil der Arbeit und der Kosten der kirchlichen Versorgung der evangelischen Christen aller Länder und der Schulversorgung der deutschen, englischen u. a. Kinder. Schließlich sei noch gedacht der wertvollen wiflenschaftlichen Tätigkeit vieler Missionare aller Länder für die Förderung der Völkerkunde und der Religionswiflenschaft in Europa und Amerika.

V. Vie Erfolge der evangelischen Weltmission. Ehe von den Erfolgen der lveltmission geredet werden kann, muß zunächst ein Überblick gegeben werden über ihren heutigen Stand. Das kann nicht anders geschehen als in Form einer Statistik. Die evangelische lveltmission wird getragen und getrieben von 380 Missionsgesellschaften und 66 Hilfsorganisationen für Spezial­ zwecke. Davon sind 139 (26) in den vereinigten Staaten, 75 (13) in England und 26 (3) in Deutschland und der deutschen Schweiz beheimatet. Diese Gesellschaften verfügten 1925 für ihre Arbeit über ein Einkommen von 14 958 102 Pfund Sterling (—20 Mark). Die vereinigten Staaten brachten davon 9736 084 Pf. St. auf, England 2 324 292, Norwegen 214 610, Schweden 212 973, Deutschland und die deutsche Schweiz 239 000, Holland 93 453. 3m Dienste aller evangelischen Missionen stehen auf der ganzen Erde 29188 Miflionsarbeiter aus den altchristlichen Ländern. Diese Zahl faßt Männer, Ehefrauen (8619, die meist auch beruflich an der Miflion mithelfen) und unverheiratete weibliche Arbeiterinnen (9125 Ärztinnen, Lehrerinnen, Krankenschwestern) zusammen. Ordi­ nierte Missionare sind es 7625. von diesen 29188 fremden Missio­ naren arbeiten 16524 in Asien (1253 in Japan ohne Korea und Formosa, 598 in Korea, 7663 in China, 5682 in 3ndien), 6289 in Afrika, 139 in Europa, 1810 in Australien, Niederländisch-3ndien und auf den Südsee-3nseln, 3249 in lateinisch Amerika und lvestindien und 1177 in Nordamerika und Grönland. Die Zahl der einheimischen männlichen und weiblichen Berufs­ arbeiter beträgt 151 735, davon sind 10 493 ordinierte Prediger.

Die Zahl der Hauptstationen, auf denen fremde Missionare wirken, beläuft sich auf 4598, dabei sind solche Orte, an denen mehrere oder viele Missionare verschiedener Gesellschaften wirken, nur alr eine Station gerechnet. Vie Frucht der Arbeit sind 36 246 organisierte Kirchengemeinden, von denen sich 3973 selbst unterhalten. Vie Zahl aller erwachsenen Neuchristen beträgt 8 342 378. Diese Neuchristen brachten im letzten Jahr 7 469198 amerikanische Dollar für christliche Zwecke auf. Aus den größten Missionsgebieten stellen sich die Zahlen der obigen beiden letzten Abschnitte, wie folgt: 1. I a p a n (ohne Korea und Formosa): 3535 einheimische Arbeiter (950 ordinierte), 1349 Kirchengemeinden (320 sich selbst erhaltende), 164 700 erwachsene Christen, welche 916542 Dollar aufbrachten. 2. China: 27133 einheimische Arbeiter (1966 ordinierte), 5424 Kirchengemeinden (152 sich selbst erhaltende), 795 075 erwachsene Christen, welche 741080 Dollar aufbrachten. 3. Indien: 48787 einheimische Ar­ beiter (2207 ordinierte), 7837 Kirchengemeinden (1247 sich selbst erhaltende), 2 242 798 erwachsene Christen, welche 995 660 Dollar aufbrachten. 4. Afrika: 43181 einheimische Arbeiter (2021 ordi­ nierte), 10 592 Gemeinden (1573 sich selbst erhaltende), 2 629 437 erwachsene Christen, welche 1 952 003 Dollar aufbrachten.

Die 50 277 Sonntagsschulen der evangelischen Mission werden von 2 535 726 Kindern besucht. Vas Schulwesen der evangelischen Mission stellt sich in folgen­ den Zahlen dar: a) Kindergärten: 742 mit 27 005 Kindern, b) Volksschulen: 46580 mit 2165842 Schülern, davon sind 570511 Mädchen, c) Mittlere und höhere Schulen: 1512 mit 188 952 Schülern, davon sind 55154 Mädchen, ci) handwerker­ und Handelsschulen: 295 mit 10718 Schülern, davon sind 3829 Mädchen, e) Lehrerseminare: 297 mit 11 442 Besuchern, davon sind 3112 Mädchen, k) Hochschulen und Universitäten: 101 mit 22 827 Studenten, davon sind 2233 Studentinnen, g) Theologische und Bibel-Schulen: 461 mit 11363 Besuchern, davon sind 3097 Frauen, b) Medizin-Schulen: 19 mit 914 Studenten, davon sind 251 Frauen, i) Krankenpfleger-Schulen: 72 mit 1085 Besuchern, davon sind 757 Frauen. Der Bestand der ärztlichen Mission ist folgender: 801 fremde Arzte, 356 fremde Ärztinnen, 1007 fremde Krankenschwestern. 513 einheimische Arzte, 99 einheimische Ärztinnen, 2597 einheimische Heil­ gehilfen, 2861 einheimische Krankenpflegerinnen. Die 858 Kranken­ häuser verfügen über 31 264 Betten. 3n den Krankenhäusern wurden im letzten Jahr 389712 Patienten behandelt; in den 1686 poli»

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Kliniken fanden 10441 539 Behandlungen statt. Die Zahl der im letzten Jahr im Ganzen behandelten Kranken betrug 4788 258. AnLiebeswerken wurden außerdem unterhalten: 361 Waisen­ häuser mit 15 106 Kindern, 104 Aussätzigen-Asple mit 10 880 Aus­ sätzigen, 47 Heime für Kinder von Aussätzigen mit 710 Kindern, 32 Heime für Blinde und Taubstumme (mit Schulen) für 1163 Insassen, 114 andere Heime und Anstalten verschiedener Art mit 3 451 Bewohnern. von den Bibelgesellschaften wurden im letzten Jahre 262 599 Bibeln, 521405 Neue Testamente und 9 332 743 Bibel­ teile abgesetzt. Der Anteil Deutschlands und der deutschen Schweiz (Basler Mission und Allgemeiner Missionsoerein) an dem Werk der Welt­ mission stellt sich in folgenden Zahlen dar: Ts gibt 1 155 deutsche und schweizerische Missionsarbeiter, davon sind 451 ordinierte Missionare, 22 Arzte und 164 Krankenschwestern, neben ihnen ar­ beiten 5 737 einheimische Berufsarbeiter (234 ordinierte). Vie Zahl der erwachsenen Christen beträgt 867 799. Die Missionen unterhalten 2717 Volksschulen, 52 höhere Schulen und 28 Schulen zur Aus­ bildung von Lehrern und Predigern. Sie haben keine einzige Hoch­ schule oder Universität. Die Zahl der Liebeswerke ist nicht fest­ stellbar. 3n den obigen Zahlen sind die Erfolge der Mission insofern schon dargestellt, als die Zahl der gewonnenen Christen das direkte, erreichte Ergebnis zeigt. Auf einigen kleinen Missionsfeldern ist die Missionsarbeit schon zu einem Abschluß gekommen. So sind die etwa 12 000 Seelen zählenden Eskimo vollständig christianisiert und im Jahre 1900 von der Brüdergemeine-Mission dem Schutz der dän­ ischen Kirche übergeben worden. Die Rheinische Mission hat auf Sumatra und Utas, die Goßnersche Mission auf dem kleinen Ge­ biet der Kols schon Volkskirchen bilden können, welche eine ein­ flußreiche, geistige Macht im volksganzen bilden. Dasselbe gilt von den Missionskirchen in Südafrika. Aber hier handelt es sich überall -um primitive Stämme und Völker. 3n den großen nicht­ christlichen Völkern Indiens, Chinas und Japans bilden die Christen erst einen verschwindend kleinen Teil der Bevölkerung. Und wenn in Japan die jährliche Volksvermehrung etwa 1 Million beträgt, die Zunahme der getauften Christen aber nur etwa 15 000, so erhebt sich die Frage, ob da überhaupt eine Aussicht aus eine Ge­ winnung der gesamten Bevölkerung besteht. Jedoch/ das wäre ein ganz verkehrter Schluß. Denn die Zahl der bis heute gewonnenen Christen bringt die wirklichen Erfolge des Christentums auf den Missionsgebieten keineswegs voll zum Aus-

druck. Vie Seit ist vorüber, in welcher durch den Übertritt von Fürsten ganze Völker sich dem Christentum anschlossen, oder man große Massen mehr oder weniger zwangsweise äußerlich dem Christentum einverleibte, heute ist die Missionsarbett ein rein geistiges Ringen um die Gewinnung einzelner Menschen und um die Durchdringung der nichtchristlichen Völker mit den Lebenskräften Christi. Ein solch rein geistiges Ringen um die Gewinnung von 1000 Millionen Nichtchristen ist ein Arbeiten auf sehr lange Sicht. Die evangelische Mission ist ja noch jung. Ihre Anfänge vor 200 Jahren waren sehr bescheiden.' Deutschland treibt in größerem Maße überhaupt erst seit 50 Jahren Mission. 3n China ist in größerem Umfange evangelische Missionsarbeit erst seit 1880 vorhanden, erst seit 1912 herrscht dort Religionsfreiheit. In Japan hat die evangelische Mission erst 1859 sehr klein begonnen, und erst seit 1899 ist das Innere des Landes für die Missionare freigegeben worden. Wenn man die Rürze der Seit bedenkt und die ungeheuren Schwierigkeiten in Rech­ nung stellt, die die Mission zu überwinden hat (Klima, Sprachen, Ein­ gewöhnung in fremde Volksseelen, das Hindernis der Kasten-Grdnung in Indien, die Aufstände in den Kolonien, die politischen Wirren in China u. a.), so ist als sichtbares Seichen auch die erreichte Sahl der Neuchristen sehr erfreulich, zumal das Wachstum in steigendem Maße zunimmt. Das sieht man z. B. an China, trotz Boxer-Aufstand, Revo­ lution, Bürgerkriegen und der unheilvollen Verquickung der Mission in die politischen Verträge der Fremden. (Es gab evangelische Christen in China,im Jahre 1860:1200,1873:9715,1883:21560,1893:55093, 1898:215000. Dann kam 1900 der Boxer-Aufstand und 1912 die Revolution. 1915 waren es 268652, 1925:795075. So hat die Mission gar keinen Grund, sich dieser Sahlen zu schämen. (Es trifft also nicht einmal in bezug auf diesen direkten, sichtbaren Erfolg der Vorwurf zu, daß die Mission nichts oder wenig erreiche. Die Mission kann mit fester Suversicht der Sukunft entgegensehen. (Es kommt sicher einmal die Seit, in welcher auch in den großen Völkern die Massen sich dem Christentum zuwenden. Das wird die Frucht der geduldigen, ins weite wirkenden, selbstlosen Arbeit sein, die geleistet wird. Der größte Missionserfolg ist ja doch der, daß in nahezu allen nichtchristlichen Ländern der Welt vom evangelischen Christentum nur auf Grund von freiwilligen Gaben ein Werk von achtunggebietender Größe getrieben werden kann. Die oben angegebenen Sahlen zeigen ja, wie groß die Sahl der Berufsarbeiter, der Schulen und Liebes­ werke ist. Und diese Sahlen spiegeln die wirklich geleistete Arbeit doch nur unvollkommen wieder. Keine Religion der Erde hat je etwas Ähnliches geleistet oder heute aufzuweisen. Die evangelische Missionsarbeit steht heute im Leben der nicht­ christlichen Stämme und Völker als eine hochbedeutende, geistige

44 Macht und wirkt nicht mehr nur durch fremde Missionare, sondern auch durch einheimische Christen und Berufsarbeiter auf alle Gebiete des Lebens ein. Daß die meisten Neuchristen zunächst aus den schlichten und armen Volkskreisen gewonnen werden, ist ein naturgemäßer Vorgang. Buch bei uns sind diese Kreise die wertvollsten und opfer­ freudigsten Christen. Aber je länger je mehr werden auch Glieder der gebildeten und führenden Schichten erreicht und schließen sich dem Christentum an. 3n Japan setzen sich die Christen überwiegend aus Kreisen des gebildeten Mittelstandes zusammen, es gibt aber auch hochgestellte Persönlichkeiten unter ihnen in wachsender Zahl, viel besser als manche schiefen und falschen Urteile von „Christen" wird der nichtchristliche, hochbedeutende, japanische Staatsmann Graf Gkuma der Mission gerecht, der 1915 als Ministerpräsident in einem Vortrag sagte: „Christlicher Einfluß auf die Japaner muß nicht nur nach der Zahl der Getauften gemessen werden, soviele es auch sein mögen, sondern die sozialen, politischen, philantropischen und andern Einrichtungen Japans verkörpern mehr oder weniger den Geist und die Ideale der Lehre Christi". „3n bezug auf die soziale Hilfsarbeit insbesondere ist das moderne Japan ganz besonders den vereinigten Anstrengungen der ausländischen Missionen und den ja­ panischen Christen zu Dank verpflichtet". Vas kann der Minister­ präsident dieser nichtchristlichen Großmacht sagen, obwohl es in Japan im Jahre 1915 erst 107 000 erwachsene, evangelische und 70000 katholische Christen gab! Freilich gibt es in Japan heute sicher 5 Millionen Menschen, welche innerlich Christen sind, auch ernst als Christen leben, aber wegen der drohenden Schwierigkeiten mit dem Zamilien-Verband die Taufe und den Übertritt bisher nicht voll­ zogen haben. Seit dem Jahre 1912 hat die japanische Regierung einen aus­ gesprochen dem Christentum freundlichen Kurs beibehalten. Schon beklagen sich die Buddhisten, daß die Regierung dem Christentum mehr Wohlwollen zeige, als dem Buddhismus. Seit dem Jahre 1912 hält die Regierung von Seit zu Seit amtliche Religionskonferenzen ab mit Vertretern der drei Landesreligionen (Schintoismus, Bud­ dhismus, Christentum), erkennt also damit das Christentum an. 3n einem jetzt geplanten Religionsgesetz soll diese Anerkennung auch gesetzlich festgelegt werden. Das japanische Kaiserhaus zahlt jährlich 100000 Mark für verschiedene Anstalten der Mission, die Kaiserin besucht Anstalten der Miflion, hat auch schon einmal einen christlichen Gottesdienst besucht, bei besonderen Staatsfesten werden Vertreter des Christentums vom Hofe eingeladen. Man sieht also, daß der wert des Christentums im öffentlichen Leben Japans sehr hoch ein­ geschätzt wird.

höher einzuschätzen sind noch die geistigen Einwirkungen der Mission auf das Volksleben. Daß heute die Einehe in allen sittlich­ ernst gerichteten Volkskreisen Japans als die allein berechtigte Ehe­ form angesehen wird, und die Stellung der Frau dauernd steigt, ist ein wichtiger Erfolg der Mission. Der Minister des Innern Tokonami hat ähnlich wie Graf Gkuma erklärt, die soziale Frage könne nur mit Hilfe der japanischen Ehristen gelöst werden. Eine große, von Nichtchristen geleitete Tageszeitung Japans bekannte Ostern 1924: „Wo Christus am wahrsten herrscht, da findet man am wenigsten Sünde!" Vie Zeitungen und zahlreiche Bücher zollen der Persönlich­ keit Jesu sehr häufig hohe Anerkennung, christliche Bücher und Zeit­ schriften werden von vielen Nichtchristen gelesen und haben auch in den nichtchristlichen Schulen mehr Verbreitung als die Schriften der andern Religionen. Menn diese Wirkungen des Thristentums sich erst längere Jahrzehnte auswirken können, so wird das Christentum mehr und mehr die beherrschende, religiös-sittliche Macht im Leben Japans werden. So wird Japan mehr und mehr von innen heraus christianisiert. Gb und wann das Christentum dann auch als Religions­ gemeinschaft das Volk in seinen Kirchen vereinigen wird, das liegt in keines Menschen Macht. Vie abendländischen Missionen und die japanischen Rirchen arbeiten mit Hingabe an der Erreichung dieses Zieles. In China ist zwar, wie es auch natürlich in Japan nicht an widerstand und Widerspruch von Seiten der andern Religionen und der extremen Nationalisten fehlt, mit dem Erwachen der National­ bewegung und dem Erstarken einer materialistisch gesinnten, modernen Schicht, seit 1921 eine antireligiöse und antichristliche Bewegung im Wachsen begriffen. Aber sie hindert doch den Fortschritt des Christen­ tums nicht wesentlich. Die Führer Chinas, auch die streitenden Generäle aller Art, haben sich bis in die neuste Zeit oft zu Gunsten des Christentums ausgesprochen und haben alles getan, um auch in den Kämpfen des Bürgerkrieges die Mission zu schonen. Wo Ver­ folgungen und Zerstörungen von Missionaren, chinesischen Christen und Stationen in letzter Zeit vorgekommen sind, da sind schuld ent­ weder bolschewistisch aufgehetzte Offiziere und Soldaten oder der zügellose Pöbel, der in solchen Zeiten der politischen Unruhe ja in allen Ländern schwer zu zügeln ist. So gilt für die Haltung der führenden Kreise Chinas noch heute das Wort, das der General Li Puan hung, der von 1912 -17 erst Vize-Präsident und dann Präsident Chinas war, gesagt hat: „Sch wünschte wohl, daß noch mehr Miffionare nach China kommen möchten, um das Christentum zu lehren und in die inneren Provinzen zu gehen, wir müffen alles, was wir können, tun, um die Missionare zu unterstützen. Je mehr

46 Missionare nach China kommen, um so lieber wird es der repu­ blikanischen Regierung sein". Der nichtchristliche, konfuzianische Ge­ lehrte Ku hung Ming hat geurteilt: „was wir nicht haben und was nicht entbehrt werden kann, das ist die Kraft der Liebe, die in Jesus liegt". In China ist die Stellung der Mission im volks­ ganzen bis heute dadurch erschwert, daß sie noch immer, abgesehen von der deutschen Mission, unter dem politischen Schutz der „un­ gleichen Verträge" steht, die China mit Gewalt abgezwungen wurden. Nur durch den Schutz der Kanonen konnte die Mission ihre Arbeit im Innern treiben. Die Missionare genießen auch die Exterritorialität. Aus dieser Lage ergaben sich oft scharfe Reibereien mit den Behörden und dem Volke. Bis heute wird von weiten Kreisen deshalb der Mission der Vorwurf gemacht, sie sei nur ein politisches Werkzeug der Großmächte. Um so bemerkenswerter sind die anerkennenden Urteile der führenden Kreise. Auch vor 1912 hat es aber an An­ erkennung nicht gefehlt. Der berühmte, verstorbene Vizekönig Li hung Cschang schreibt in seinen Memoiren (Deutsch 1915 bei C. Siegismund, Berlin): „Tseng Kuo Fang (auch ein berühmter Vizekönig) hat ebenso wie ich in den letzten fünf bis sechs Jahren seine An­ sichten erheblich geändert, er ist nicht mehr ein Feind des Christen­ tums". „Christliche Geistliche, Priester und barmherzige Schwestern predigen Frieden und das Gute, sie beweisen durch ihr Leben und ihre Tätigkeit unter dem Volk, daß sie es aufrichtig meinen und den von ihnen Bekehrten ein gutes Beispiel geben wollen". „Soviel weiß ich, daß, wenn mein Los so gefallen wäre, daß ich in England, Frankreich oder Amerika lebte, ich selber gern ein Christ wäre". AIs japanische Christen ihm nach seiner Verwundung durch einen japanischen Fanatiker ihre Teilnahme aussprachen, ihn in Tientsin besuchten und für ihn beteten, da ist er von diesem Erlebnis tief er­ schüttert. Er schreibt, er sei lange Jahre unumschränkter Herr über Leben und Tod vieler Millionen gewesen, habe mit Königen und Fürsten verkehrt und sich stets überlegen gefühlt, bis zu dieser Stunde, da die Christen zu ihm kamen: „Da war es, glaube ich, das erste Mal, daß ich das Gefühl hatte, es würde mir eine Gnade erweisen, Armer, guter Herr Sato! Da kommt er den weiten weg von Japan her, um für den „Heiden", den alten Vizekönig zu beten. Ich glaube nicht, daß irgend jemand innerhalb meiner Familie mich genügend liebt, um derartiges für mich zu tun. Ich liebe die Japaner nicht, aber vielleicht könnte das Christentum mich dazu bringen". In dem riesigen, chinesischen Lande, in dem von den 86 Millionen Kindern in schulpflichtigem Alter erst 6 Millionen eine Schule be­ suchen können, in dem es keine modernen Arzte und Krankenhäuser gibt und alle Seuchen hemmungslos sich auswüten, ist die Arbeit

der Mission ein so einzigartiges Werk durch ihre Krankenhäuser,. Schulen und Liebeswerke, daß dieser Eindruck den Segen des Christen­ tums in besonders Hellem Licht erstrahlen läßt. So wirkt das Christen­ tum auf das Volksleben in vielfacher Weise fördernd ein. Vas ist heute schon ausgemacht, daß nicht nur die führenden Kreise, sondern auch weite andere nichtchristliche Volksschichten die Mission nicht mehr entbehren mochten. Und das ist ein ganz großer Missions­ erfolg. In den Kolonialländern der christlichen Großmächte, in Indien,, der Südsee und Afrika, gibt es keine Negierung mehr, welche heute nicht die unendlich segensreiche Wirksamkeit der Mission anerkennt und mehr oder weniger fordert. Das war durchaus nicht immer so. Uber seitdem man eingesehen hat, daß der wichtigste Reichtum der Kolonien eine blühende, einheimische Bevölkerung ist, daß öte Gefahr des Unterganges der primitiven Stämme und Völker infolge des Zusammenpralls mit der westlichen Zivilisation und Kultur nur durch das Christentum abgewandt werden kann, gilt als Kolonial­ grundsatz heute allgemein das Wort des letzten Vorkriegs-Kolonialstaalssekretärs Deutschlands, Dr. Sols: „Kolonisieren heißt missio­ nieren". Zu dieser Erkenntnis ist es gekommen durch die Beob­ achtung der Regierungen, daß die Christen unter den Einheimischen trotz mancher Mängel erheblich über den Uichtchristen stehen, daß. die Mission die wilden Sitten und schädlichen Gebräuche auch bei den Nichtchristen überwindet, daß die Mission die Bildung hebt und die Gesundheit fördert. Für die Mission sind diese Dinge nur Neben­ wirkungen ihrer zentral religiösen Arbeit, aber diese Nebenwirkungen schaffen dem Christentum den Boden für eine spätere, religiöse Ge­ winnung all dieser Stämme und Völker. Selbstverständlich fehlt es nicht an Spannungen zwischen den Kolonial-Regierungen und der Mission, die sich ganz für die Einheimischen einsetzt, oft im Konflikt mit den Herren-Knsprüchen der Fremden, aber das hindert nicht, daß heute der Segen der Mission von diesen Regierungen offen an­ erkannt wird. Und das ist wieder ein großer Missionserfolg. Wie die Bevölkerung der nichtchristlichen Länder, auch der Kolo­ nien, das Christentum mehr und mehr achten lernt, sich ihm zuneigt, zahlreiche Anregungen der Mission in ihr Leben überträgt und sodeutlich das Wachsen des christlichen Einflusses zeigt, das muß man in den Berichten der einzelnen Missionsgesellschaften nachlesen. Eine eigenartige Wirkung der Mission, die auch als Erfolg ge­ bucht werden kann und muß, ist die anregende Wirkung, welche die Mission überall auf die nichtchristlichen Religionen ausübt. Das gilt besonders von den großen nichtchristlichen Wellreligionen, dem Budd­ hismus, dem Konfuzianismus, dem Hinduismus und dem Islam. Die

48 lebendige, wirksame Entfaltung des Christentums in den Ländern dieser Religionen hat diese zum Erwachen gebracht. Sie haben er­ kannt, daß ihr Dasein bedroht ist und suchen sich zu reformieren, um dem Christentum gewachsen zu sein und seine Erfolge zu ver­ hindern. Rber das Ergebnis ist dies, daß sie ihre Reformen durchführen genau nach dem vorbilde des Christentums. Sie ahmen die Art des Wirkens der Mission nach: sie bilden ihre Priester besser aus, sie führen Predigten ein mit aktiver Beteiligung der Andäch­ tigen durch Gesang, sie haben Sonntagsschulen eingerichtet, Jugend­ vereine, Gefangenen-Seelsorge, Zrauenoereine, Liebeswerke, lite­ rarische, religiöse Propaganda u. a. mehr. (Es bleibt aber nicht bei dieser formalen Nachahmung des Christentums. 3n diese Reli­ gionen selbst dringt dadurch mehr und mehr christlicher Geist ein. Worte Jesu, Verse christlicher Lieder, christliche Ziele der Wirkung auf das Leben und der Ewigkeitshoffnung gewinnen Be­ deutung in der Verkündigung dieser Religionen und bahnen eine Christianisierung auch dieser Religionen von innen heraus an. Dieser Prozeß ist am fortgeschrittensten in Japan, aber auch in China, Indien, vorderasien und Afrika zu spüren. Ruf dieser Linie der Beeinflussung der fremden Religionen durch die Mission ist die prägnanteste Er­ scheinung die Bildung von Mischreligionen und von Bewegungen, welche einen Ausgleich unter den Religionen anstreben, von den älteren Bewegungen dieser Krt ist aus Indien der „Brahmo-Samaj," die Brahma-Gemeinschaft, zu nennen. Einer ihrer bedeutendsten Führer war Debendranath Tagore, der Vater des berühmten Dichters Rabindranath Tagore. Der Brahmo-Samaj hat die Absicht, die besten Ideen des Christentums mit dem besten Erbgut Indiens zu ver­ schmelzen. Wir verdanken dieser Bewegung einige wundervolle Hymnen auf Jesus. So ist also der berühmte Dichter Tagore nicht ein Vertreter rein indischen Geistes. Was die Europäer an seinen Dichtungen bewundern, ist in starkem Maße europäisch-christlicher Geist in indischem Rleid. In Japan sind zwei religiöse Mischbild­ ungen die schon ältere Tenrikyo-Bewegung und die junge GmotokyoBewegung (vergl. 3. Witte, Japan zwischen zwei Kulturen). 3n China regt sich die Tao-Püan-Bewegung, welche Buddha, Laotse, Konfuzius, Mohammed und Christus verehrt. Alle diese Strömungen entnehmen das Neue, das sie bringen, bewußt oder unbewußt dem Christentum. Vie geringsten direkten und indirekten Erfolge hat das Christen­ tum in der Welt des Islams. In den freien islamischen Staaten steht nach dem Gesetz über den Abfall vom Islam auf den Über­ tritt zum Christentum noch heute der Tod, und auch in den andern islamischen Ländern ist ein Christ gewordener Muslim nicht sicher.

Vas ist natürlich eine schwere Hemmung. Trotzdem fehlt es nicht an Übertritten, aber ihre Zahl ist klein, und die einzige Rettung der Neuchristen ist oft die Flucht. In Hinter-Indien und Afrika, wo die Mission des Islam unter den primitiven der Mission des Christen­ tums schwere Konkurrenz bereitet, kommt freilich das Christentum trotzdem voran, auch ist hier der Fanatismus der Muslime nicht so stark, aber doch wird auch hier der Fortschritt des Christentums durch den Islams schwer gehindert. Der Islam ist ja fraglos, wie oben nachgewiesen, dem Christentum nicht gleichwertig, seine Kon» kurrenzkraft und die geringen Erfolge des Christentums in der Welt des Islams werden durch folgende Gründe zu erklären sein: a) Je ähnlicher sich zwei religiöse Gebilde sind, um so schwerer ist die Ge­ winnung ihrer Anhänger für die Gegenseite, b) Eine zu starre und einseitige, dogmatische Fassung der christlichen Verkündigung (Trinität, Gottessohnschaft Christi) hemmt die Wirkung der christlichen Mission. 3n Cdinburg wurde 1910 eine weitherzige Fassung dieser Lehrsätze gefordert, c) Der islamische Satz von der Sondererwähltheit der Muslime vor allen andern Menschen hat eine solche Selbstsicherheit der Mohammedaner geschaffen, daß gar kein verlangen nach besserem Besitz aufkommt, d) Vas Christentum bestreitet die vom Islam ge­ lehrte Herrschastsstellung der Muslime über alle andern Menschen und Völker und die Herrschaft des Mannes über die Frau und ist da­ durch verpönt, e) Vie politische Fanatisierung der Muslime durch die Hoffnung auf ein neukommendes, islamisches Weltreich hat einen starken haß gegen die christlichen, heute die Welt beherrschenden Völker geschaffen, f) Das Christentum ist die Religion der die islamischen Völker bedrückenden weißen Völker, denen auch die christ­ lichen Missionare angehören. Der Islam ist die Religion der von den christlichen Mächten unterdrückten Völker, seine Missionare sind vielfach auch farbige Mohammedaner; da ist dann sofort Sympathie hergestellt, zumal die politische Hoffnung des Islams eine Sehnsucht der Völker nach Beseitigung der weißen Fremdherrschaft unterstützt, g) Das Christentum fordert von den Völkern Aufgabe ihres Götterdienstes, der Vielweiberei, der sittenlosen pubertätsfeste. Der Islam duldet das alles und macht es daher den Menschen leichter, sich ihm anzuschließen. Die neue Türkei hat jetzt (1927) das Gesetz über den Abfall vom Islam beseitigt und den Übertritt zum Christentum freigegeben, hat ferner die Stellung der Frau gehoben und will das gesamte Leben modernisieren. Da scheint sich nun in einer Richtung die Arbeit der christlichen Mission zu erleichtern, wenn freilich auch die türkische Regierung das Christentum heute noch stark hindert. Sehr gute Ausnahme finden aber auch in der Welt des Islams die Liebeswerke der christlichen Mission, denen der Islam nichts an Witte, Tie evangelische Weltmission. 4

50 die Seite zu setzen hat. Aber das ist eben auch Arbeit auf lange Sicht. wie sich die Erfolge der Mission in der Zukunft gestalten werden, das hängt, soweit Menschen es in Händen haben, von der lebendigen, religiösen Kraft der alten Christenheit, von der Tiefe und Regsam­ keit der Neuchristen und von der Willensentwicklung der nichtchrist­ lichen Völker ab. Die evangelische Mission kann und will das Evangelium nur anbieten und in seinem heil durch vorbildliches Leben und vorbildliche Taten darstellen. Gb die nichtchristlichen Völker es wollen und annehmen, das liegt in ihrer eigenen Hand. Das bisher Erreichte berechtigt aber bei der Größe der Aufgabe und der kurzen Zeit, welche die Mission bisher erst arbeiten konnte, zu der Hoffnung, daß wirklich einmal alle Völker der Erde dem Christen­ tum zufallen werden.

VI. Literatur. 3. Richter, Evangelische Missionskunde. 2. flufl. 1927. h. Zrick, Vie evangelisch« Mission, Ursprung, Geschichte, Siel. 1922. L. Mirbt, Vie evangelische Mission in ihrer Geschichte und Eigenart. 1922. W. Bug, Die evangelische Mission, ihre prinzipielle Berechtigung und praktische Durchführung. 1876. G. warneck, Abriß einer Geschichte der protestantischen Missionen von der Reformation bis auf die Gegenwart. 10. Rufi. 1913. 3. Richter, Allgemeine, evangelische Missionsgeschichte.4Bände. 1908-1927. Neue Allgemeine Missionszeitschrift, herausgegeben von 3. Richter. Seitschrift für Missionskunde und Religionswissenschaft, herausgegeben von 3. Mitte und h. Haas. Jahrbuch der vereinigten Deutschen Missionskonferenzen, herausgegeben von 3. Richter. Gstasien-Jahrbuch, herausgegeben von 3. Mitte.

VII. Die wichtigsten deutschen Missionsadressen. 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10.

Mission der Vrüdergemeine: Herrnhut i. Sachsen. Evangelische Missionsgesellschaft in Basel: Basel, Schweiz. Berliner Missionsgesellschaft: Berlin N. O. 43, Georgenkirchstraße 70. Rheinische Missionsgesellschaft: Barmen, Rudolfstratze 137/139. Norddeutsche Missionsgesellschaft: Bremen, Hm vobben 123. Gotznersche Missionsgesellschaft: Berlin-Zriedenau, handjerystrahe 19/20. Evangelisch-Lutherische Mission zu Leipzig: Leipzig, Larolinenstr. 19. Missionsanstalt zu Hermannsburg: Hermannsburg, Hannover. Schleswig-Holsteinische ev.-luth Missionsgesellschaft: Breklum. Waisen- und Missionsanstalt Neukirchen: Neukirchen, Rr.Mörs.

11. Allg. Lv.-Prot. Missionsverein ((Dftafien^IUiffion), Berlin W. 57, pallasstraße 8/9. 12. Bethel Mission: Bethel bei Bielefeld. 13. Gesellschaft für innere und äußere Mission im Sinne der luth. Kirche in Bayern: Neuendettelsau, Bayern. 14. Allianz - China - Mission: Barmen, Seifenstraße 3/5. 15. Liebenzeller Mission i. verband der China-Inland-Mission: Liebenzell i. Würt. 16. Dr. Lepsius Deutsche Grient-Mission: Potsdam, Noonstraße 13. 17. Sudan - Pionier - Mission: Wiesbaden, walkmühlstraße 8. 18. Missionsgesellschaft der deutschen Baptisten: Neuruppin. 19. Mission der hannoverschen Lv. luth. Freikirche: Molzen und Bleckmar, Hannover. 20. Deutsches Institut für ärztliche Mission: Tübingen. 21. Deutsche Gesellschaft für Missionswissenschaft: Hamburg 23, Blumenau 144, D. Schlunk. 22. Deutsche Evangelische Missionshilfe: Berlin-Steglitz, humboldtstraße 14. 23. Deutscher Evangelischer Missions-Ausschuß: Hamburg 23, Blumenau 144, D. Schlunk. 24. Deutscher Evangelischer Missionsbund: Hamburg 23, Blumenau 144, D. Schlunk. 25. Verbands-Kusschuß der Deutschen Cv. Missionskonferenzen: Essen, Pfarrer Lic. Johannsen.

von Professor D. Dr. z. Witte sind folgende andere Schriften erschienen. Alle diese Schriften können vom Büro des Allgemeinen Missions­ vereins, Berlin W. 57, Pallasstr. 8/9 bezogen werden. 1. Vas Buch des Marco Polo als Duelle für die Neligionsgeschichte. 1916. 1 Mk. 2. Graf Keyserlings Neisetagebuch eines Philosophen und dar Christen­ tum. 1922. 1 Mk. 3. Nus dem Missionsleben draußen für die Arbeit daheim. 3 Mk. 4. Die ostasiatischen Kulturreligionen. (Aus Wissenschaft und Bildung). 1,60 Mk. 5. Sommer-Sonnentage in Japan und China. 1925. 6 Mk., geb. 8 Mk. 6. Auf vulkanischem Boden. Reiseerlebnisse in Japan und China. 1925. 1 Mk. 7. Japan heute. 1926. 0,50 Mk. 8. Die Religionen Ostasiens. Ein Ouellenbuch. 1926. 0,60 Mk. 9. Buddhismus und Christentum. Ein Guellenbuch. 1926. 0,95 Mk. 10. Die evangelische Weltmission. Schilderungen aus der Arbeit in aller Welt. 1926. 0,80 Mk. 11. Japan zwischen zwei Kulturen. 1928. 19,50 Mk., geb. 21 Mk.

aus der Welt der Religion

Dom werden der neuen Gemeinde von

1925

Pastor

Ludwig HeitMüNN

Hamburg

80 pfge.

Diese eindrucksvoll geschriebene Arbeit behandelt die Voraussetzung der neuen Gemeinde, die Stadien des neuen werdens, ferner die gegenwärtig so lebendige Frage nach dem Objektiven und der Beziehung der Gemeinde zu ihm.

1927

5:

Var Religiöse in -er neuesten lyrischen Dichtung von

2.70 MK.

Lic. theol.

W. KttCÜClS

Heidelberg

Geb. 4 MK.

hier hat ein Theologe, der offenbar seinen Stoff ganz und gar beherrscht, eine Auswahl der neuesten Lyrik von 90 Dichtern gegeben oder sie doch in einem Knappen Zitat charakterisiert. Der literar. Kenner setzt uns nicht allzu Bekanntes vor, sondern fast durchweg auch dem Gebildeten selten zu Gesicht Kommendes. Dies Buch ist das beste Geschenk für die religiösen Volksbildner, wie für alle ernsthaft interessierten Laien.

6: Religionswissenschaft und psychanalyse von

1927

Pfarrer Dr.

®SÄ(lt Pf ist 11

Zürich

1 Mk.

Das verlangen des Seelsorgers mutz darauf gerichtet sein, eine Methode zu gewinnen, die ihm vergönnt, die Zusammenhänge der religiösen Prozesse bis unter die Schwelle des Bewußtseins zu verfolgen. Das psychanalytische Verfahren bietet sich diesem verlangen an. Vie durch Sigmund Freud begründete, auf theologischem Gebiete zum ersten Male vom Verfasser der vorliegenden Schrift angewandte Tiefen­ psychologie setzt ein, wo die bisherige Keligionspsychologie stecken bleiben mutzte.

Z;

Der Gottesdienst der Synagoge

>»-7

Sein Aufbau und fein Sinn Mit ausgewShlten Gebeten von

2.70 MK.

Else Schubert-Ehristaller

Geb. 4 MK.

vielen sind die keligionsformen des mit ihnen zusammen lebenden heutigen Judentums unbekannt. Und doch ist hier eine religiöse Welt voll Kraft und Ligen­ art, aus dem Geist der Psalmen geboren, gestaltet durch die einzigartigen Schicksale des jüdischen Volkes.

Aus der Welt der Religion stus dem Gedanken heraus, daß die Ungunst der gegenwärtigen Zeitverhält­ nisse die Verbindung zwischen den im Rmte stehenden Pfarrern und Religionslehrern einerseits und der Universitätswissenschaft andererseits vielfach aufgehoben hat, wurde, um diesem Mißstand abzuhelfen, die oben genannte Sammlung gegründet. Vie in ihr erscheinenden hefte und Bücher sollen in der Form wissenschaftlich einwand­ freier Berichte über den neuesten Stand theologischer und religionswifsenschaftlicher Spezialforschung, die der Einzelne nicht mehr zu überschauen vermag, unterrichten. In­ dessen sind bes. auch die Gebiete der prakt. Theologie in den Kreis der Veröffentlichungen einbezogen, und hier vor allem das Gebiet der gottesdienstlichen Reformarbeit.

praktisch-theologische Seihe:

'■

Moderne Evangelisation von

1924

Prof. D.

Zt. NiebergüH

Marburg

70 pfge.

Diese Schrift enthält moderne religiöse Vorträge über brennende Fragen christ­ licher Lebens- und Weltanschauung.

2:

Zur Erneuerung und Ausgestaltung des Gottesdienstes von

1925

prof.D.Dr. BUÖOlf ®ttO Marburg

3.50Mk.

Rudolf (Otto, berühmt durch sein bedeutendes Werk „Das heilige", wendet sich in diesem Buche der Reform des evangelischen Gottesdienstes zu und bietet die gottesdienstlichen Konsequenzen aus den im „heiligen" niedergelegten Er­ kenntnissen bis in konkrete Einzelheiten hinein. Eine Reihe verschiedenartiger liturgischer Entwürfe und ein Rnhang mit Notenbeilagen erhöhen die praktische Verwendbarkeit des Buches.

3:

Ehorgebete zusammengestellt von

1925

R. Otto und G. Menschtng

1.50 Mk.

Ein sehr anregendes Büchlein zu schlichter, gemeinsamer Feier. Cs enthält außer je einer Anordnung für den Sonntagsdienst und einem Rbendsegen eine sehr reichhaltige Auswahl bes. aus den Psalmen und dem H. T. wie auch mehr Be­ rücksichtigung des Kirchenjahres zu wechselweisem Sprechen. - (Es ist der erste Schritt, um im gottesdienstlichen Leben wieder zu einem wirklichen Kollektivgebet zu kommen, woraus sich dann das musikalische psalmodieren entwickeln kann.

Religionsgeschichtliche Reihe:

l:

Vie Bedeutung der Leidens im Buddhismus und Christentum von

Gustav Menschiug

1924

30pfge.

(Ein sehr interessantes Thema. Alles was der verf. darüber sagt, ist sehr gut. (Er greift tiefer als die meisten Vergleichungen der beiden Religionen: dort ist das natürliche Menschenleid der Gegenstand, hier der Schmerz über das Böse mit seinem Fluch der Gottesferne. Im Buddhismus kommt es nur zu einer Negierung des Lebens als mit dem Leiden identisch. Im Christentum kommt es zu einer Über­ windung des Leidens unter Bejahung des Lebens trotz der Leiden und alles Sterbens. Diese Gedanken sind sehr klar herausgearbeitet. Man hörte vom Verfasser gern mehr darüber. (Missionsdir. Dr. Witte-Berlin)

2: 1927

Mission oder Propaganda? von Prof. D. Dr. $1Gießen

1 Mk.

Km Schlüsse einer sehr empfehlenden Besprechung heißt es: Frick entwickelt sich immer mehr zu einem unserer besten und gediegensten Missionswissenschastler.

5: Var Christentum im Kreise der Weltreligionen Grundsätzlicher über das Verhältnis 6er $rem6reHgtonen zum Christentum von

Gustav Menschiug

1928

75 pfg«.

Diese Arbeit bietet die Darstellung des Problems des Verhältnisses der außer­ christlichen Religionen zum Christentum. Nicht Probleme zu lösen, sondern sie aufzuzeigen und in konzentrierter weise zum Ausdruck zu bringen ist ihr Sinn.

Rltteftamentliche Reihe:

Var Buch Daniel von

1926

prof.D.Dr.

Walter Baumgartner Gießen

1 Mk.

Die Schrift zeigt, wie das Buch Daniel von der neuesten Forschung im Zu­ sammenhang mit moderner Altertums- und Religionswissenschaft verstanden wird.

aus -er Welt -er Religion Reuteftamentliche Reihe:

' Vie Erforschung der synoptischen Evangelien von

1925

Prof. O.

RU-0lf VultMÜNN

Marburg

70 pfge.

(Eine ausführliche durch eine Fülle von Beispielen verdeutlichte Darstellung der modernen stilkritischen Fragestellungen und Forschungsmethoden.

1:

Religionsphilosophische Reihe:

Zrledrich Nietzsche und das heutige Christentum von

1926

Priv.-Doz. I-ic.

Th. O-eNWÜl-

Heidelberg

70 pfge.

Kat Nietzsche zu dem heutigen Christentum, das um eine neue Sinngebung kämpft und sich neu auf seine Weltausgabe besinnt, Beziehung? Diese Frage zu stellen und eine Antwort zu geben, ist der Zweck dieser Schrift.

2:

vom Gott int Menschetz von

1926

Prof. D.

Wilhelm vruhn

Kiel

1.80 Mk.

Die vorliegende Schrift wendet sich gegen den Pessimismus der dialektischen Theologie, welche mit ihrem logisch-dualistischen Distanzbegriff die Welt gott­ leer macht und den hallsuchenden Menschen auf das vielleicht verweist oder auf die garantierende Überlieferung. Sie zeigt dem gegenüber, daß die Im­ manenz eines Jenseitigen im Diesseitigen zwar für die Logik ein Absurdum ist, in der denkenden Besinnung auf das lebendige Menschsein aber, welches mehr ist als Logik, zur Grund Wirklichkeit und -Wahrheit wird, die ein Menschenleben tragen kann.

ttonfessionrkunde von

prof.d.

Hermann Mulert

m-i

525 Seiten. 1927. Geheftet 12 Mark, gebunden 14 Mark Das Buch ist ein ausgezeichnetes Studentenbuch und stellt sich in seinem Reichtum und in der Knappheit und Klarheit seiner Darstellung neben die besten Grundrisse der Sammlung Töpelmann. (Es ist aber auch sehr geeignet, gebildeten Laien in die kjand gegeben zu werden, wenn sie eine Übersicht über die Konfessionen und ihre Unterscheidungslehren wünschen. Freie Volkskirche, 1926.