Die Einführung von Zeitstudien in einem Betrieb für Reihen- und Massenfertigung der Metallindustrie: (Ein Beitrag zur Methodik) 9783486748161, 9783486748154

162 96 9MB

German Pages 149 [176] Year 1922

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD FILE

Polecaj historie

Die Einführung von Zeitstudien in einem Betrieb für Reihen- und Massenfertigung der Metallindustrie: (Ein Beitrag zur Methodik)
 9783486748161, 9783486748154

Table of contents :
Literaturnachweis
Inhaltsverzeichnis
§ 1. Einleitung und allgemeine Begriffsbildung
I. Teil. Die Voraussetzungen und Grundlagen des Zeitstudiums.
§ 2. Das Zweckgesetz eines Betriebsunternehmens
§ 3. Begriff und Bestimmung der Leistung
§ 4. Die Arbeitskoeffizienten zur Berücksichtigung der Betriebsverluste; der Qualitätskoeffizient zur Berücksichtigung der individuellen Qualität der Arbeiter
§ 5. Gang der Fertigung in dem untersuchten Betrieb
§ 6. Die Arbeiterschaft des Betriebes
II. Teil. Die Methode der Durchführung der Zeitstudien.
§ 7. Die Ermittlung des objektiven Zeitwertes.
§ 8. Die Wirkungsgrade des menschlichen Arbeitsprozesses und ihre Ermittlung
§ 9. Der Qualitätskoeffizient tg und seine Ermittlung
III. Teil. Ergebnisse des Zeitstudiums aus der Praxis
§ 10. Die praktische Durchführung der Zeitstudien
§ II. Zeitstudien und Akkordwesen
§ 12. Die Beziehungen des Zeitstudiums zur Betriebsorganisation.
§ 13. Zeitnormen
§ 16. Zeitstudium und Arbeitsverhältnis
IV. Teil. Die Weiterentwicklung des Zeitstudiums in der Industrie
§ 17. Methodik und Zeitnormen
Zusammenfassung
Anhang
Lebenslauf

Citation preview

Die Einführung von Zeitstudien in einem Betrieb für Reihen- und Massenfertigung der Metallindustrie (Bin Beitrag zur Methodik)

Von der Technischen Hochschule Stuttgart genehmigte

DISSERTATION zur

Rriangung der Würde eines Doktor^Ingenieurs vorgelegt von

Dipl.-Ing. Otto Fahr Stuttgart-Cannstatt

Eingereicht am 13. Mai 1921 Berichterstatter: Professor W . H ä b i d i Mitberiditerstatter: Professor A . W i d m a i e r

Druck von R. Oldenbourg in München 1922

Übersetzungsrechtes, vorbehalten R. Oldenbourg, Mündien

Meinen lieben Eltern gewidmet

E s drängt mich, an dieser Stelle meinem verehrten, früheren Lehrer, Herrn Professor W. H ä b i c h , an der Technischen Hochschule Stuttgart für alle mir bei der Durchführung dieser Arbeit zuteil gewordene Förderung meinen herzlichsten Dank auszusprechen.

Literaturnachweis. B a c h , C., Bemerkungen zur wissenschaftlichen Ausbildung der jungen Ingenieure und zur Frage des weiteren Ausbaues der Technischen Hochschulen. K . Wittwer, Stuttgart 1 9 1 2 . B e r n h a r d , Handbuch der Löhnungsmethoden. Bienkowski, Untersuchungen über Arbeitseignung und Leistungsfähigkeit der Arbeiterschaft einer Kabelfabrik. Schriften des Vereins für Sozialpolitik, 134. Bd. Duncker & Humblot, Leipzig 1910. Brentano, Arbeitslohn und Arbeitszeit nach dem Kriege. G. Fischer, J e n a 1919. C a m p , Der Einfluß des menschlichen Elementes bei der Ermittlung der Arbeitsdauer. Industrial management, November 1 9 1 8 . Die V o l k s z ä h l u n g im Deutschen Reiche vom 1 . Dezember 1 9 1 0 . Veröffentlicht vom Kaiserlich Statistischen Amt, Berlin. Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin 1 9 1 4 und 1 9 1 5 . Ehrenberg-Racine, Kruppsche Arbeiterfamilien. Archiv f ü r exakte Wirtschaftsforschung. Gustav Fischer, J e n a 1 9 1 2 . F r e n z , Kritik des Taylorsystems. Springer, Berlin 1920. F r e y , Die „Wissenschaftliche Betriebsführung" und die Arbeiterschaft. Übersetzt von E . Breslauer, Leipzig. Lindner, Leipzig 1 9 2 0 . H a l l , Selbstkostenberechnung und moderne Organisation von Maschinenfabriken. R . Oldenbourg, München und Berlin 1920. H ä b i c h , W., Vorlesungen über Betriebslehre, Anlage und Organisation von Fabriken, an der Technischen Hochschule Stuttgart. — Was können wir zur Vervollkommnung der Organisation industrieller Werke beitragen ? Sonderdruck aus Süddeutsches Industrieblatt. E . Wahl, Stuttgart. K r a e p e l i n , Die Arbeitskurve. Philosophische Studien. Herausgegeben von W. Wundt. 19. B d . Engelmann, Leipzig 1902. L i c h t n e r , Zeit- und Arbeitsstudien in der Industrie. Industrial management, April 1920. L i l i e n t h a l , Fabrikorganisation, Fabrikbuchführung und Selbstkostenberechnung der Firma L . L o e w e & Co. Springer, Berlin 1914-

Literaturnachweis. L i p m a n n , Methoden zur Auslese hochwertiger Facharbeiter der Metallindustrie. Schriften zur Psychologie der Berufseignung und des Wirtschaftslebens. B d . I i . A. Barth, Leipzig 1920. — Die Grenzen des psychologischen Übungsexperimentes. Der Betrieb, 1920, 3. Jahrg., H e f t 1 . M i c h e l , Wie macht man Zeitstudien (nach Taylor und Merrick). Verlag des Vereins deutscher Ingenieure, 1920. M o e d e , Die psychotechnische Arbeitsstudie. Praktische Psychologie, 1. Jahrg., Nr. 5 und 6. Hirzel, Leipzig. Müller, Untersuchungen über den Begriff der Produktivität, Dissertation. Darmstadt 1 9 1 7 . M ü n s t e r b e r g , Psychologie und Wirtschaftsleben. Barth, Leipzig 1912. P o p p e l r e u t h e r , Die Arbeitsschau-Uhr. Ein Beitrag zur praktischen Psychologie. Wendt & Klauwell, Langensalza 1920. S a c h s , Zur Organisation der Eignungspsychologie. Schriften zur Psychologie der Berufseignung und des Wirtschaftslebens. A. Barth, Leipzig 1920. S c h i l l i n g , Theorie der Lohnmethoden. Springer, Berlin 1 9 1 9 . S e u b e r t , Aus der Praxis des Taylorsystems. Springer, Berlin 1919. S c h l e s i n g e r , Psychotechnik und Betriebswissenschaft. Hirzel, Leipzig 1920. T a y l o r , F . W., Die Grundsätze wissenschaftlicher Betriebsführung. R . Oldenbourg, München und Berlin 1920. T a y l o r - W a l l i c h s , Die Betriebsleitung. Springer, Berlin 1 9 1 9 . Technische Zeitschriften, u. a. : Der Betrieb, Werkstattstechnik, Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure. T r a m m , Arbeitszeit und Ermüdung beim Taylorsystem. Praktische Psychologie, 1 . Jahrg., Nr. 1 1 . Hirzel, Leipzig. V a u t r i n , Die Ermüdung und ihre Berücksichtigung beim industriellen Arbeitsvorgang. Technik und Wirtschaft 1 9 1 9 . W e b e r , E . , Fortschritte in der Ermüdungsmessung. Praktische Psychologie, J a n u a r 1 9 2 1 . Hirzel, Leipzig. W e b e r , Max, Zur Psycho-Physik der industriellen Arbeit. Archiv für Sozialwissenschaft und Sozialpolitik. X X V I I . u. X X V I I I . B d . Mohr, Tübingen 1909.

Inhaltsverzeichnis. Seite-

§ i . Einleitung und allgemeine Begriffsbildung I. T e i l .

i

Die Voraussetzungen und Grundlagen des Zeitstudiums

§ 2. Das Zweckgesetz eines Betriebsunternehmens

. . . .

§ 3. Begriff und Bestimmung der „ L e i s t u n g "

II. T e i 1. Die Methode der Durchführung der Zeitstudien

. .

§ 7. Die Ermittlung des objektiven Zeitwertes

e) Über die Hilfsmittel zur Vornahme der Zeitstudien Arbeitsprozesses

A) Der unpersönliche Arbeitskoeffizient tu Analyse der Verlustursachen Feststellung der Verlustzeiten und

Arbeitspausen:

20 20 23. 2931 32 36 383839

B) Der persönliche Arbeitskoeffizient tp Übung

11 14 17

20

a) Methode der Zeitaufnahme und ihrer Auswertung . b) Die Arbeiter zur Vornahme der Zeitstudien . . . c) Über die Voraussetzungen des Arbeitsplatzes zur Vornahme der Zeitstudien d) Die Feststellung der Hand- und Maschinenzeiten durch die Zeitstudie

I. Ermüdung zient tVa

4 8-

§ 4. Die Arbeitskoeffizienten zur Berücksichtigung der Betriebsverluste; der Qualitätskoeffizient zur Berücksichtigung der individuellen Qualität der Arbeiter . . . . § 5. Gang der Fertigung in dem untersuchten Betrieb . . § 6. Die Arbeiterschaft des Betriebes

§ 8. Die Wirkungsgrade des menschlichen und ihre Ermittlung

4

47 Koeffi47

1. Die Bildung von Arbeitsgruppen

54

2. Die Verteilung der Arbeiter nach ihrer subjektiven Ermüdung

57

3. Die Bemessung der Arbeitspausen

59

a) Arbeiten auf Maschinen mit Drehbewegung und Längs- oder Planvorschub

60

b) Arbeiten auf Maschinen mit Hubbewegung, wie Pressen, Stanzen u. a

67

I nhalts Verzeichnis. Seite

II. Persönliche Verlustursachen außer Ermüdung usw., Koeffizient lVv

70

4. Die Steigerung der Übungsfähigkeit durch Ausbildung und Anleitung

74

§ 9. Der Qualitätskoeffizient tq und seine Ermittlung . . Mengenleistung und Güte der Arbeit als Qualitätsmaß Festsetzung des Qualitätskoeffizienten für jeden Arbeiter III. T e i l . .Ergebnisse des Zeitstudiums aus der Praxis . . . .

76

88

§ 10. Die praktische Durchführung der Zeitstudien . . . . A) Gang der Zeitstudien; Grundsätze B) Entwicklung der Zeitstudienorganisation im Betrieb § 11. Zeitstudien und- Akkordwesen

89 89 97 103

§ 12. Die Beziehungen des Zeitstudiums zur Betriebsorganisation

in

§ 13. Zeitnormen

120

§ 14. Kalkulation und Zeitstudien

125

§ 15. Die Zeitstudien in ihrer Wirkung auf die Produktion und die Lohnverdienste der Arbeiter

129

§ 16. Zeitstudium und Arbeitsverhältnis

132

IV. T e i l . Die weitere Industrie

Entwicklung

§ 17. Methodik und Zeitnormen Zusammenfassung Anhang.

\

des Zeitstudiums in

der

'

142 .

142 147

Einleitung. § 1. Allgemeine Begriffsbildung. Der B e g r i f f der Z e i t s t u d i e ergibt sich aus ihrem Namen in Verbindung mit der Ausführung einer Arbeitsverrichtung: Ihr Z w e c k ist •— ganz allgemein •— das Studium der Zeit, die für die Ausführung einer Arbeit erforderlich ist; ihr W e s e n liegt in dem wissenschaftlichen Vorgehen, das bei der Feststellung dieser Zeit angewendet wird. Der Begriff der Wissenschaftlichkeit bedarf hierbei keiner ausführlicheren Erörterung; er ist umgrenzt durch die Forderung der Objektivität und Exaktheit, die an jede wissenschaftliche Untersuchung zu stellen ist. Daraus ergibt sich gegenüber der Vielseitigkeit der Formen, in denen die Leistung von Arbeit auftritt, eine Einschränkung für die Anwendungsmöglichkeiten der Zeitstudien nach dem oben definierten Begriff: D i e F o r d e r u n g d e r W i s s e n s c h a f t l i c h k e i t bedingt M e ß b a r k e i t d e r F a k t o r e n , die d e n A r b e i t s a b l a u f b e s t i m m e n . Zur Erfüllung ihres Zweckes nimmt die Zeitstudie für jede Arbeit eine Analyse der Zeiten für die regelmäßig wiederkehrenden Einzelverrichtungen, aus denen sich die Arbeit zusammensetzt, in systematischer Weise vor. Die im nachstehenden zu behandelnde Anwendung von Zeitstudien bezieht sich ausschließlich auf die Arbeit des M e n s c h e n an stofflichen Dingen (in Verbindung mit Werkzeug bzw. Maschine). Die Betrachtung eines solchen Arbeitsvorgangs unterscheidet das A r b e i t s s u b j e k t , den Menschen selbst, und das A r b e i t s o b j e k t , auf das der Mensch — allgemein gesprochen — einwirkt. Diese Einwirkung auf das Arbeitsobjekt, das in irgendeiner Form vorhanden ist, kann gestaltend oder ordnend sein und endigt in einem gewollten Ergebnis, das einem wirtschaftlichen Zwecke dient. An diesem F a h r , Die Einführung von Zeitstudien usw.

1

2 Ergebnis muß die menschliche Arbeit als „Leistung" gemessen werden können. Die menschliche Arbeit, die sich an nichtstofflichen Objekten vollzieht, die geistige Arbeit im höheren Sinne, die „Spekulation", scheidet also für die Betrachtung der Zeitstudien aus. Um solche Arbeit an stofflichen Objekten handelt es sich im Werkstattbetrieb, für den die weiteren Untersuchungen hier angestellt werden; für ihre Arbeitsgänge haben die Zeitstudien die „Zeitwerte" zu ermitteln. Der Übertragung der methodischen Ergebnisse dieser Untersuchungen auf andere Arbeitsgebiete als die Werkstatt, steht nichts im Wege, soweit einerseits die Arbeit dort den für die Anwendung von Zeitstudien oben erörterten Voraussetzungen entspricht und soweit andererseits dabei den Betriebsbedingungen Rechnung getragen wird, unter denen die Arbeitsausführung sich vollzieht. Zur Ausführung der gewerblichen Arbeit im weitesten Sinne gehört als Verbindung von Arbeitssubjekt und Arbeitsobjekt das W e r k z e u g , als solches die Hände des Arbeiters oder andere Mittel zur Erreichung des gewollten Arbeitserfolges dienen. Die Betätigung des Werkzeugs kann durch die menschliche Kraft allein erfolgen, wie es im H a n d b e t r i e b der Fall ist, oder das • Zusammenwirken von Werkzeug und Arbeitsstück erfolgt mit Hilfe umgewandelter Naturkräfte beim Maschinenbetrieb. Art und Eigenschaften des M a t e r i a l s (des Werkstückes) sind weiter von Bedeutung für die Arbeitsausführung; ebensodie V o r r i c h t u n g e n , mit deren Hilfe Werkstück oder Werkzeug oder beide befestigt oder geführt werden und zu denen M e ß z e u g e zur Einhaltung der vorgeschriebenen Maße usw treten. Endlich sind die A n t r i e b s v e r h ä l t n i s s e mit in den Kreis der Betrachtung zu ziehen. Mit diesen Arbeitselementen ergibt sich die Gruppe von Betriebsverhältnissen, die wir die u n m i t t e l b a r e n A r b e i t s b e d i n g u n g e n nennen. Sie sind ein i n t e g r i e r e n d e r Bestandteil in jedem Hand- bzw. maschinellen Betrieb; ihr Einfluß auf die Arbeitsausführung muß in der Zeitstudie zum Ausdruck kommen.

3 Als m i t t e l b a r e A r b e i t s b e d i n g u n g e n ergeben sich: Die Anlage der W e r k s t ä t t e n hinsichtlich Licht, Luft, Anordnung der Maschinen usw., die E i n r i c h t u n g und O r g a n i s a t i o n der W e r k s t ä t t e n mit Transportwesen, Lohnverfahren, Arbeitsverhältnis usw., die mittelbar zur Werkstatt gehörenden Z w e c k m ä ß i g k e i t s e i n r i c h t u n g e n an Umkleideräumen, Eß- und Wärmegelegenheiten für die Mahlzeiten, Bedürfnisanstalten u. a. m. Alle diese unmittelbaren und mittelbaren Bedingungen sind bei der Organisatioii des Zeitstudienwesens mit in Rechnung zu setzen, um die objektive Festsetzung des „Zeitwertes" für eine Arbeit bzw. der „Leistung" zu erreichen. Bemerkt sei, daß diese beiden Gruppen von mittelbaren und unmittelbaren Arbeitsbedingungen, die kurz umrissen wurden, in der Praxis zwar durchaus nicht immer scharf abzugrenzen sind, vielmehr auch wechselseitige Beziehungen untereinander haben; ihre Trennung dient aber der Vereinfachung im Ausdruck und der begrifflichen Klarlegung der durch die Zeitstudien zu berücksichtigenden Faktoren. Die oben gegebene allgemeine Begriffsbildung der Zeitstudien hat nun eine Erweiterung zu erfahren im Sinne der Betriebswissenschaft, in der sie ein Teilgebiet sind: entsprechend dem Hauptziel der wissenschaftlichen Betriebsführung dienen die Zeitstudien der R a t i o n a l i s i e r u n g der A r b e i t s v e r f a h r e n . Hand in Hand mit der Feststellung der Zeitdauer, die für eine Arbeitsverrichtung erforderlich ist, hat die Zeitstudie in exakter Weise die Arbeitsbedingungen festzuhalten, unter denen die Arbeit auszuführen ist. Diese Arbeitsbedingungen sind dabei hinsichtlich der größtmöglichen Zweckmäßigkeit zu studieren und zu vervollkommnen. Dies bezieht sich in erster Linie auf die unmittelbaren Arbeitsbedingungen, die für jeden Arbeitsgang einzeln aufzunehmen sind. Parallel dazu hat die Untersuchung und Berücksichtigung der mittelbaren Arbeitsbedingungen in der Zeitstudie zu erfolgen. Besonderer Berücksichtigung endlich bedarf im Zeitstudium der menschliche Faktor des Arbeitsprozesses. l*

4 Die Methode der Durchführung dieser Hauptaufgaben für die Zeitstudien ist in den späteren Kapiteln dargestellt. Bei der vorstehenden Definition des Begriffes der Zeitstudien ist keine Scheidung vorgenommen worden zwischen „Zeitstudien" und „Bewegungsstudien". Eine solche erfolgt in der betriebswissenschaftlichen Literatur vielfach 1 ), wobei der „ Z e i t s t u d i e " die Aufgabe zugewiesen wird, „die Gesamtzeit einer Arbeit einschließlich silier Unterbrechungen und Aufenthalte" festzustellen und dann die Zerlegung in die Zeiteinheiten (Elemente) vorzunehmen, dem sich die „ B e w e g u n g s s t u d i e " anzuschließen hat, um aus der Kenntnis der Zeitelemente heraus, in denen eine gegebene Arbeit ausgeführt werden muß, die Verkürzung derselben „durch Beschleunigung der Ausführung oder Verkürzung des Arbeitsweges oder Änderung des Verfahrens" zu erzielen. Wir verbinden die der „Bewegungsstudie" zugewiesene Aufgabe mit dem Begriff der Zeitstudie, da letztere grundsätzlich mit den Überlegungen der „Bewegungsstudie" verbunden sein muß — soweit jedenfalls der Industriebetrieb in Frage steht — , um einen wirtschaftlichen Zweck zu erfüllen. Weder die Zeitstudie noch die Bewegungsstudie nach obiger Abgrenzung kann für sich allein bestehen; die Scheidung nach beiden ist vielmehr eine theoretische, die in der vorliegenden Untersuchung des praktischen Vorgehens nicht angewendet wird.

I. Teil.

Die Voraussetzungen und Grundlagen des Zeitstudiums. § 2. Das Zweckgesetz eines Betriebsunternehmens. Bevor wir den Aufbau der Zeitstudien im einzelnen darstellen, soll der leitende Grundsatz für die Durchführung der Zeitstudien nach dem orientiert werden, der für ein Betriebsunternehmen im ganzen zu gelten hat. Durch Herausstellen schaft.

Z. B. S c h l e s i n g e r , Hirzel, Leipzig 1920.

Psychotechnik

und

Betriebswissen-

5 des großen Zweckgesetzes, unter dem ein Betrieb steht, ergibt sich eine vertieftere Einsicht in das, was durch die Zeitstudien geleistet werden kann. Das Z w e c k g e s e t z , unter dem jedes Betriebsunternehmen steht, ist das der E r z i e l u n g eines O p t i m u m s des w i r t s c h a f t l i c h e n E r f o l g e s ; es findet seinen Ausdruck in dem Symbol Ropt, wenn mit R der wirtschaftliche Erfolg bezeichnet wird1). Die nähere Begründung dieses Satzes gegenüber der in der Betriebslehre noch vielfach anzutreffenden Forderung der Erzielung des i?max, nach der auch in der Industriepraxis noch zum Teil gearbeitet wird, würde über den Rahmen der vorliegenden Arbeit hinausführen. Es mag genügen, darauf hinzuweisen, daß die objektive Einsicht in die Entwicklung der Industrie und im besonderen in die des Arbeitsverhältnisses in ihr, immer mehr zu der Erkenntnis führt, daß nur auf dem Wege, den das Ropt weist, gesicherte und damit dauernde Möglichkeiten des wirtschaftlichen Erfolgs gegeben sind, und daß nur bei Anwendung des Ropt als Grundsatz für die Durchführung aller Angelegenheiten des großen Arbeitsprozesses der Industrie, das Arbeitsverhältnis in gesunder Weise weiter auszubauen ist. Der wirtschaftliche Erfolg R eines Unternehmens hängt davon ab, daß die von ihm hervorgebrachten Erzeugnisse einerseits den Bedingungen entsprechen, die vom Bezieher hinsichtlich Ausführung, Präzision usw. an sie gestellt werden; zum andern, daß eine solche Preisbildung für jene gewährleistet ist, daß ihr Absatz ein geregelter ist und u n t e r D e c k u n g der S e l b s t k o s t e n m i t Gewinn erfolgt. Der erste Gesichtspunkt liegt vor allem auf konstruktiv-technischem Gebiet; der zweite Das Symbol if für den wirtschaftlichen Erfolg ist den Vorlesungen von Professor W. H ä b i c h , an der Technischen Hochschule Stuttgart, über Betriebslehre entnommen. Gleiches gilt für die im Verlauf der weiteren Untersuchungen angewendeten Symbole für darzustellende Begriffe. Es muß als zweckmäßig bezeichnet werden, diese durch solche Symbole knapp und eindeutig in der, dem Ingenieur geläufigen mathematischen Formelsprache auszudrücken. Die Literatur über wissenschaftliche Betriebslehre läßt solche präzise Begriffsfassung leider noch sehr vielfach vermissen; ihre baldige Einführung ist im Interesse klarer, einheitlicher und kurzer Bezeichnung dringend zu wünschen.

6 ist überwiegend kalkulatorischer und organisatorischer Natur. Mit letzterem haben wir uns eingehender zu befassen. Unter Benutzung der nachstehend erläuterten Symbole für die Komponenten des wirtschaftlichen Erfolges ist dieser darzustellen als „ ,, R = (p — ps)-q=pr-q. wobei nach obigem sein muß R + Pr = J > 0. Wir bezeichnen mit 1 ) p = die Verkaufskosten für die Mengeneinheit eines Erzeugnisses, pT = den Ertrag an der Einheit des Erzeugnisse, ps = die spezifischen Selbstkosten, pn = die spezifischen Unkosten ohne Gehälter, pn„ = die spezifischen Unkosten mit Gehälter, pm — die spezifischen Materialkosten, pi = die spezifischen Lohnkosten. Die Selbstkosten ps für die Mengeneinheit lassen sich damit in der Formel ausdrücken: Pb = (Pm + Pi + Pns). Für die Menge q sind somit die Selbstkosten S=ps-q={M+L + Ns), wobei M, L und Ns die bezüglichen Materialkosten, Lohnkosten und Unkosten mit Gehältern sind. Zur exakteren Analyse der Selbstkosten S wäre erforderlich, die Unkosten NS zu differenzieren nach: Np: Unkosten für Fabrikation N P — Produktionsunkosten =

+

N c : Unkosten für Konstruktion usw.

NH = Handlungsunkosten, N0 = Organisationsunkosten, NX = außerordentliche Unkosten, so daß N s = N F + N c J r N H + N o

+

Nx

.

H ä b i c h , Vorlesungen über Organisation von (Betriebslehre) an der Technischen Hochschule Stuttgart.

Fabriken

7 Da es sich bei der vorliegenden Untersuchung aher nicht um eine Darstellung der Unkosten- und Selbstkostenermittlung im einzelnen handelt, so mag dieser Hinweis genügen. Die spezifischen Unkosten pns werden, wie fast allgemein zur Anwendung gekommen ist, in Funktion von pt berechnet. Obige Formel fis ist dann zu schreiben P. = Pm + Pl +

fU>l).

Aus diesem Ausdruck erhellt die Bedeutung der spezifischen Lohnkosten pl für die Selbstkosten und damit schließlich für den Erfolg des Unternehmens. An der richtigen Bestimmung von pt haben die Zeitstudien durch die Ermittlung der Arbeitszeiten, nach denen die Lohnkosten zu rechnen sind, entscheidend mitzuwirken. Sie sind weiter von Einfluß auf die Höhe der Unkosten / (pi), wie nachstehende Überlegung zeigt: In der industriellen Selbstkostenberechnung wird, wie gezeigt, der Unkostenzuschlag als f (pt) angegeben und dabei im vom Hundert des Arbeitslohnes oder „produktiven" Lohnes pl ausgedrückt. Die Größe dieses Unkostensatzes ist abhängig von den Betriebsverhältnissen: Der industrielle Großbetrieb hat andere Unkostensätze als der Handwerksbetrieb. Die Selbstkosten der letzteren Betriebsform bestimmen für ein Erzeugnis vor allem die erforderlichen (unmittelbaren) Arbeitslöhne. J e mehr der Betrieb seine maschinelle Einrichtung ausbaut und in seiner Größe wächst, desto mehr verbilligt sich zwar der spezifische Selbstkostensatz hinsichtlich der aufzuwendenden unmittelbaren Löhne, desto mehr wachsen aber auch die Aufwendungen für Verzinsung der teuren Anlagen, Maschinen und für deren Abschreibung und gleichzeitig die Aufwendungen für die Leitung und Kontrolle, für die Hilfsarbeiter, für die übrige Verwaltung des Unternehmens nach innen und außen, d. h. es wachsen die Unkosten, die „mittelbaren" Löhne. Diese Aufwendungen sind zum größten Teil erforderlich, ob die Maschinen des Betriebes laufen oder stillstehen. Die Zeiten, in denen der Betrieb oder die einzelne Maschine stillsteht, müssen als Kosten getragen werden von den Zeiten, in denen die Produktion im Gange ist. J e größer daher die

8 letzteren, die „produktiven" Zeiten sind, um so mehr verringert sich der prozentuale Anteil der Unkosten an einem Fabrikat und damit seine Selbstkosten. Die Zeitstudien haben die Festsetzung der möglichen, vollen Optimalleistung vorzunehmen und auf die Vermeidung aller Leerlaufzeiten hinzuarbeiten. Ihre- Rückwirkung auf die Unkostenverminderung'geht hieraus hervor (vgl. u. a. auch H e i d e b r o e c k , „Das Lohnproblem" 1 ). Durch die richtige Bestimmung der Arbeitszeiten für jeden Arbeitsvorgang und damit der Lohnkosten vermindern die Zeitstudien bedeutend die vielfachen und dauernden Schwierigkeiten, die den Betrieben aus der Festsetzung der Lohnpreise (Akkorde) erwachsen, die für die Betriebe die Aufwendung einer Unsumme von Zeit und Kraft und damit von zahlenmäßig nicht zu bestimmenden Kosten bedeuten. Die aus solchen Akkordstreitigkeiten entspringende Minderung der Arbeitsfreude des Arbeiters darf bei der Beurteilung der Kostenfrage ebenfalls nicht übersehen werden. Mit diesen allgemeinen Untersuchungen ist der Kreis der Faktoren umschrieben, auf welche die Zeitstudien zur Erreichung des wirtschaftlichen Zwecks des Betriebsunternehmens einwirken. § 3. Begriff und Bestimmung der Leistung. Im vorhergehenden Abschnitt wurde die Forderung, ein i? opt für das Betriebsunternehmen anzustreben, als Grundsatz für die Regelung aller Angelegenheiten des industriellen Arbeitsprozesses festgestellt. Wir haben zu untersuchen, welche Folgerungen sich hieraus für die Zeitstudien ergeben und wenden uns zu diesem Zweck dem Begriff der menschlichen Arbeitsleistung (31) zu. Bei ihr sind die drei Komponenten 2 ) zu unterscheiden: 1 ) H e i d e b r o e c k , Das Lohnproblem. deutscher Ingenieure, Jahrg. 1 9 2 1 .

Zeitschrift des Vereins

2 ) H ä b i c h , Vorlesungen über Betriebslehre. A n dessen E n t wicklungen lehnt sich die obige Darstellung an. A u s ihnen kann hier nur das Wesentliche wiedergegeben werden. Auf eine demnächst erscheinende Veröffentlichung von Professor W . H ä b i c h über diese Begriffe und weitere Zusammenhänge darf an dieser Stelle hingewiesen werden.

9 nach Quantität nach Qualität nach relativem Wert

|2l|,,. |9l|„ |2I

In jäijj. wird die Arbeitsleistung ausschließlich nach der Menge beurteilt. Der Begriff der „Leistung" des Menschen im industriellen Arbeitsprozeß bezieht sich im allgemeinen auf diese, in einer Zeiteinheit erzielte und in |9l|s ausgedrückte Menge. Dem physikalischen Arbeitsbegriff (Arbeit = Kraft X Weg in der Kraftrichtung) würde der Ausdruck |9I| x =

o

\p,'dq

entsprechen, wenn unter Pz der Kraftaufwand pro Mengeneinheit verstanden wird. Die nebenstehende graphische Darstellung veranschaulicht diesen Ausdruck. Der Faktor Pz (bzw. Pzm) ist in der Praxis aber nicht meßbar, während die Quantität q genau feststellbar ist,'weshalb die Messung der Arbeitsleistung grundsätzlich nach der Menge q erfolgt. Die Faktoren zur Beurteilung der Arbeitsleistung |2l|„ —• d. h. nach der Qualität — sind: Maßhaltigkeit der Werkstücke (Einhaltung von Toleranzmaßen, Passungen usw.), Flächenbehandlung, Materialbehandlung, für die ebenfalls exakte Beurteilung möglich ist. Als Maß ergibt sich für die Qualität = q ' q f q " , wobei unter qf das fabrizierte, unter qa das Ausschußquantum verstanden ist. Die Komponente |2t|z drückt den Wert aus, den die Arbeit der betreffenden Arbeiter für das Betriebsunternehmen hat; sie stellt z. B. das Verhältnis der Leistung des Facharbeiters zu der des ungelernten Arbeiters dar. Entsprechend den oben definierten Komponenten der menschlichen Arbeit ergeben sich W i r k u n g s g r a d e der

10 Arbeit, die durch zahlreiche Faktoren beeinflußbar sind. In diesen Wirkungsgraden treten die innere Disposition zur Arbeit (intellektuelle und moralische Veranlagung), die bei jedem einzelnen verschieden ist, und die äußeren Bestimmungsgründe, die den Anreiz zur Arbeit geben, in Erscheinung. Sie bestimmen daher praktisch den Arbeitswert des einzelnen. Von dieser Einsicht ist in Späterem, bei der Qualitätsbestimmung der Arbeiter, Gebrauch zu machen. Nach dieser notwendigen Gesamtorientierung über die Komponenten der menschlichen Arbeit kehren wir zur Arbeitsleistung in der für unsere Zwecke zunächst notwendigen begrifflichen Fassung, d. i. |2l|x, zurück und bezeichnen die Leistung kurz mit |2I|. Mit T = Zeit, in der eine bestimmte Leistung zu vollbringen, und tm = Arbeitszeit, in der ein Stück in einem jeweiligen Arbeitsgang zu erledigen ist, wobei tm die durchschnittliche, „mittlere" Zeit ist, ergibt sich die theoretisch mögliche Leistung: T |2I|a = = Stückzahl. (Um Späterem nicht vorzugreifen wird die Ermittlung des Zeitwertes tm für ein Stück in irgendeinem Arbeitsgang, die im II. Teil, § 7, eingehend dargestellt ist, hier vorausgesetzt). Diese theoretische Leistung |9l|a ist praktisch nicht möglich, da während der Ausführung der ganzen Arbeit unvermeidbare V e r l u s t e an Arbeitszeit eintreten, die bedingt sind: 1. Durch nicht vorherzusehende Aufenthalte für Riemenreparatur, Instandhalten der Maschine, Herrichten der Werkzeuge, Herbeiholen von Hilfsmitteln für die betreffende Arbeit u. a. m. 2. Durch Unterbrechungen für Ruhepausen zum Ausgleich der Ermüdung des Arbeiters und von solchen für die Erledigung persönlicher Bedürfnisse u. a. m. Die unter i zusammengefaßten Zeitausfälle sind im wesentlichen hervorgerufen durch Maschine, Material, Werkzeuge usw. — durch das A r b e i t s o b j e k t ; die unter 2 genannten Zeitverzüge werden verursacht durch das lebende Material des Arbeitsprozesses — das A r beitssubjekt.

11 Um die praktisch mögliche Arbeitsleistung zu erhalten, sind in obigem Ausdruck für |2l|0, von der Zeit T Zeiten in Abzug zu bringen, die den Zeitausfällen nach i und 2 — auf die Zeit T reduziert — entsprechen; dieselben seien bezeichnet mit (T) und /2 (T), sodaß sich die Solleistung ergibt zu: tm wie sie für den jeweiligen Arbeitsgang auf Grund der Ermittlung der Zeit tm durch die Zeitstudie dem betreffenden Arbeiter vorzuschreiben ist. § 4. Die Arbeitskoeffizienten zur Berücksichtigung der Betriebsverluste; der Qualitätskoeffizient zur Berücksichtigung der individuellen Qualität der Arbeiter. Wie in vorstehendem entwickelt, sind zur Bestimmung der Solleistung für einen Arbeitsgang unvermeidbare Zeitverluste zu berücksichtigen. Wir haben diese in der allgemeinen Beziehung ausgedrückt: (T) und /2 (T). Um sie anwenden zu können, ist die Kenntnis ihres funktionellen Zusammenhangs mit der Bezugszeit T erforderlich. Zur Vereinfachung der Rechnung, und um sie für jede Arbeitsdauer T anwenden zu können, drücken wir die Verlustzeiten im vom Hundert der Bezugszeit T aus und führen ein den u n p e r s ö n l i c h e n A r b e i t s k o e f f i z i e n t e n tu (in %), zur Berücksichtigung der Verlustzeiten f1 (T), den p e r s ö n l i c h e n A r b e i t s k o e f f i z i e n t e n tv (in %), zur Berücksichtigung der Verlustzeiten /2 (T). Damit lautet der Ausdruck für die Arbeitsleistung: or

T-T.ty-T.t,

T(i-tu-tv) ''m Wir erkennen aus dieser Darstellungsform die enge Beziehung der gewerblichen Arbeit zu anderen Arbeitsprozessen mit deren Wirkungsgraden: Eine Wärmekraftmaschine beispielsweise leistet bei verlustlosem Arbeiten, also theoretisch Na = x PS.

80

S ¡0

10 0

V

/m Y20

m

Werkstück ¿t/ssp&nnen

S ÇC a it

1 1

s s 7 6 -t S f 3 "Vs Z f

1

* £ *0

âi

60

70

6

o

m

JTt / />» 120

Werkst, einspannen u. Jt&M anstet/en.

ec. t2 tf a 9 S 7 S S* - S ? 3 > 2 £ 1

roo

1

i

4Ô SJ) ». Aussen

M 2:1

70

Fig. 12.

0

ir

m

'0

i\o

125 Hiebei werden für regelmäßig wiederkehrende Arbeitsgänge auch die M a s c h i n e n z e i t e n genormt, die mit den genormten Griffzeiten zusammen Zeitnormen für ganze Arbeitsgänge ergeben. Für Arbeitsgänge mit kurzen, raschen Bewegungen, z. B. Pressen, die ein Unterteilen des Arbeitsganges in Teilarbeiten nicht ermöglichen — und auch nicht erforderlich machen — werden die Arbeitszeiten als Ganzes genormt. Bei den anderen Arbeiten aber ist daran festzuhalten, die Zeitnormen aus den Teilzeiten für Hand- und Maschinenarbeit zusammenzusetzen, da andernfalls eine genaue Einsicht in die gewonnenen Werte und damit Gewähr für die Richtigkeit solcher Betriebsnormen, die für den Betrieb allgemeine Gültigkeit haben müssen, nicht gegeben ist. Das Vorgehen bei der Ermittlung dieser Normen ist im ganzen dasselbe wie es für die Griffzeiten dargestellt worden ist. Es ist auch hier besonderer Wert darauf zu legen, für die einzelnen Werkstückgrößen eine Reihe von Zeitwerten zur Verfügung zu haben, um aus ihnen lebenswahre Normen bestimmen zu können. Dabei genügt es aber meist, für einige Größen solche Wertreihen zu besitzen, da aus den gewonnenen Einzelnormen für die dazwischen liegenden Werkstückgrößen deren Normen durch Interpolation zu bestimmen sind. Die Aufzeichnung der Zeitkurve für jede Teilarbeit führt dabei rasch und sicher zum Ziel, da erforderlichenfalls die Gleichung der Kurve, die •— sofern sie keine Gerade —• meist eine Kurve zweiter Ordnung ist, auf verhältnismäßig einfache Weise aus •drei Wertepaaren {xly y1; x2, y2; x3, y3) aufgestellt werden kann. (Der Wert x — Abszisse ist die Bestimmungsgröße für die Betriebszeitnormen; der Wert y = Ordinate, die Einzelzeit). § 14. Kalkulation und Zeitstudien. Der begriffliche Inhalt der Bezeichnung Kalkulation ist ein sehr verschiedener. Hierunter wird vielfach sowohl die Vorausberechnung des Preises für ein Erzeugnis als auch die, nach der Herstellung desselben vorzunehmende Ermittlung der tatsächlichen Selbstkosten, der Gestehungskosten, verstanden. Beide sind aber nach ihrem Wesen verschiedene Arbeiten, die auch begrifflich auseinander gehalten werden müssen. Wir umgrenzen den begrifflichen Inhalt der Kalkulation, die hier

126 dargestellt werden soll, als K o s t e n v o r h e r s a g e (Vorkalkulation). Die grundsätzlich andere „(Nach-) Kalkulation", richtiger Kostenauffindung 1 ), bleibt hiebei unberücksichtigt. Aus den vorhergegangenen Ausführungen ergeben sich deutlich die Beziehungen des Zeitstudiums zur Kalkulation: wenn darauf abgehoben wird, die Kalkulation, d. i. die Vorhersage der zur Herstellung eines Stückes aufzuwendenden Kosten, auf möglichst exakter Grundlage aufzubauen, insbesondere die Arbeitsverhältnisse für die Herstellung durch eingehendes Studium des Betriebes richtig vorauszusetzen, so ist klar, daß sich die Kalkulation weitgehend auf die Ergebnisse des Zeitstudiums stützen kann und muß. Einer näheren Begründung dessen bedarf es an dieser Stelle nicht mehr. Es sei aber in kurzem auf die Entwicklungen des I. Teils §2, über die Selbstkosten hingewiesen. Dort ergab sich:

pB = Pm + Pl + t(J>l)Die Bedeutung der Lohnkosten •pl für die Selbstkosten fis ist hieraus ersichtlich. Die dort folgenden Ausführungen gaben Gelegenheit, nachzuweisen, daß die richtige Entlohnung, d. h. die Bestimmung der Lohnkosten letzten Endes nur durch exakte Bestimmung der Arbeitszeiten möglich ist. Aus der Einsicht in die Bedeutung der Lohnkosten für den Erfolg des Unternehmens ergibt sich die Notwendigkeit, die Gestaltung des Lohnwesens nicht den Werkstattabteilungen, Meistern usw., zu überlassen, sondern dieselbe zentral zu bearbeiten und zur Lösung dieser Aufgabe eine besondere Organisation einzurichten. Gleiches gilt für die Kalkulation. Auch sie muß aus den Werkstattabteilungen herausgenommen und der Betriebsleitung angegliedert werden. Durch die Herstellung der geeigneten Verbindung zwischen Zeitstudien- und Kalkulationsabteilung ist eine wirklich exakte Kostenvorhersage sicherzustellen. In welcher Form die Ergebnisse des Zeitstudiums für die Kalkulation praktisch zu verwerten sind, kann nur aus der genauen Kenntnis des Einzelfalles beurteilt werden. Hervorr ) Vgl. S c h l e s i n g e r , stattstechnik, 1920, Heft 21.

Kalkulation und Aufschreibung. Werk-

127 zuheben aber ist, daß die Verbindung zwischen Zeitstudienund Kalkulationsabteilung eine möglichst enge sein soll. Vereinigung beider in einer Abteilung mit Personalverbindung bewährt sich. Die eingehende Betriebskenntnis, die dem technisch geschulten Beamten aus der Bearbeitung des Zeitstudienwesens für eine oder mehrere Werkstattabteilungen erwächst, ist die sicherste Grundlage für die Vorkalkulation. Hier sollen nur die Grundsätze besprochen werden, nach denen sie praktisch zu handhaben ist. Zur Kalkulation eines Erzeugnisses gehört als erstes die Aufstellung des A r b e i t s p l a n e s für dasselbe. Dieser muß sämtliche Arbeitsgänge enthalten. Die für jeden Arbeitsgang vorzusehende Maschine, Vorrichtungen usw. sind genau zu vermerken. Auf Grund der Kenntnis der Leistungsverhältnisse der in Frage kommenden Werkzeugmaschine ist zu untersuchen, welcher Maschinentyp für die Fertigung im einzelnen Fall der wirtschaftlichste ist. Dabei muß naturgemäß auch beurteilt werden, inwieweit die in Frage kommenden Maschinen usw. zur Verfügung stehen. Fühlungnahme mit den Werkstattabteilungen und dem Arbeitsverteilungs- bzw. Terminbureau ist zur Erledigung dieser Fragen notwendig. Letztere Stelle führt — zweckmäßig in Form von Arbeitsverteilungstafeln — eine Übersicht der zeitlichen Belastung der einzelnen Maschinen, wozu die Ergebnisse der Zeitstudien die Unterlagen zu geben haben. Die Kalkulationsarbeiten müssen darauf ausgehen, für alle regelmäßig zur Herstellung kommenden Erzeugnisse und Typen feste Arbeitspläne aufzustellen. Daß die Arbeitspläne nach der Fertigungsart, die jeweils in Frage kommt — Einzel-, Serien- oder Massenfertigung —• zu entwerfen sind, bedarf keiner weiteren Begründung. Für die einzelnen Arbeitsgänge werden die Bearbeitungsz e i t e n , nicht die Lohnpreise ermittelt. Dazu bestimmen dieselben Gründe, die im Lohnwesen die Vergebung der Arbeiten nach Zeiten bzw. Leistungsmengen veranlaßten (vgl. hierzu § Ii). Die Lohnkosten ergeben sich dann aus den jeweils gültigen Lohnsätzen; diese werden auf den Vorkalkulationsaufschrieben zweckmäßig mit angegeben. In Anhang

128 Nr. 20 ist ein Muster der Karten wiedergegeben, die nach obigen Gesichtspunkten für die Vorkalkulation angelegt sind und in Kartotheken zusammengestellt werden. Zur Neuberechnung der Bearbeitungszeiten wird jeder Arbeitsgang in seine einzelnen Unteroperationen, Hand- und Maschinenarbeit, zerlegt. Die Zeitbestimmung für die Griffe erfolgt auf Grund von Zeitnormen oder durch Ableitung aus Zeitstudien, die für ähnliche Arbeitsgänge angestellt wurden. Die systematische Registrierung der Zeitstudien muß die rasche Auffindung des Erforderlichen ermöglichen. Bei der Berechnung von Maschinenzeiten zur Vorkalkulation wird ebenso verfahren, wie an früherer Stelle ausgeführt worden ist. Von Betriebsnormen (vgl. § 13) ist hiebei ebenfalls zweckmäßig Gebrauch zu machen. Die ausgearbeiteten Maschinentabellen leisten zur Bestimmung sicherer Zeitwerte, die praktisch möglich und wirtschaftlich sind, wertvolle Dienste. Die eingehende Beschäftigung mit der Betriebsanlage im Zeitstudium sichert die Wahl der richtigen Geschwindigkeits-, Vorschubusw. Werte. So notwendig die Beachtung der in der Literatur über die Metallbearbeitung hiefür angegebenen Werte ist, müssen diese doch für die Verhältnisse des einzelnen Betriebes (Arbeitsweise, Material, Werkzeuge u. a. m.) nachgeprüft und festgelegt werden. Dies erfolgt bei den im Zeitstudium angestellten Leistungsversuchen. Für die Einrichtezeiten u. a. liefern die Zeitstudien ebenfalls sichere Unterlagen, sodaß bloße Schätzungen entfallen, sobald einmal die Zeitstudien längere Zeit im Betrieb eingeführt sind. In der wissenschaftlichen Betriebsvorkalkulation sind tabellarische Zusammenstellungen von Bearbeitungszeiten für •die in Frage kommenden Größenverhältnisse, Bearbeitungen und Maschinen unerläßlich. Auch hier ist die graphische Darstellung von besonderem Wert. Derartige Zusammenstellungen sind ähnlich wie die früher besprochenen Leistungsdiagramme usw., je nach den Arbeitsverhältnissen zu gestalten. Bei der Vorausberechnung von Laufzeiten auf Automaten werden diese graphischen Zusammenstellungen mit Vorteil angewendet. Die Art der Berechnung der Laufzeiten auf Automaten, mit Hilfe von Arbeitsschemata, die die Größe der

129 einzelnen Arbeitswege und der Schaltung des Revolverkopfes in Graden (von 360°) angeben, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Die gewonnene Kenntnis der Maschinen vermittelt im Zeitstudienbureau die erforderlichen Berechnungsdaten für die Kalkulation (z. B. bei Automaten Zeitdauer zur Zurücklegung von i ° Trommeldrehung bei „Arbeitsschaltung" und bei „Schnellschaltung"). Wie schon ausgeführt sind alle zur Vorkalkulation angestellten Untersuchungen, Überlegungen usw. festzuhalten, um sie bei Wiederkehr gleicher oder ähnlicher Verhältnisse verwerten zu können. Ihre systematische Ordnung ergibt sich aus der Art der Erzeugnisse, der Fabrikationsweise usw. Als Beispiel ist dem Anhang ein Formular für Berechnungsbogen mit Arbeitsplan, wie es im Zusammenhang mit der Einführung von Zeitstudien ausgebildet wurde, beigefügt (Anhang Nr. 21). § 15. Die Zeitstudien in ihrer Wirkung auf die Produktion und die Lohnverdienste der Arbeiter. Die Untersuchung der Wirkung der Zeitstudien auf die Produktion eines Unternehmens hat das Studium der Produktionsverhältnisse zum Ausgangspunkt zu nehmen, wie es vor Einführung der Zeitstudien bestanden hat. Durch Vergleichung dieses Produktionsstandes mit dem, eine gewisse Zeit nach erfolgter Einführung des Zeitstudiums, ist festzustellen, ob und in welchem Umfange eine Leistungssteigerung — ohne Beeinträchtigung der Q u a l i t ä t der Erzeugnisse — erzielt worden ist. Diese Untersuchung stößt praktisch auf vielfache Schwierigkeiten, die darin liegen, daß die Arbeitsbedingungen in unseren Industriebetrieben heute wesentlich andere sind, als sie vor dem Kriege und während desselben waren. Infolge unserer wirtschaftlichen Lage seit Kriegsende entsprechen sie in vieler Hinsicht auch denen nicht, wie sie z. B. im Jahre 1 9 1 9 bestanden haben. Ohne daß die zu vergleichenden Werte auf gleicher Grundlage gewonnen worden sind, gibt eine solche Vergleichung aber kein genaues Bild und ist daher unzulässig. An Faktoren, die zur Änderung der Arbeitsbedingungen beigetragen haben, seien u. a. genannt: Der Zustand des MaF a h r , Die Einführung von Zeitstudien usw.

9

130 schinenparks eines Betriebes unterliegt ständigen Veränderungen, die für heute gegenüber dem im Jahre 1914 besonders beträchtlich sind; Werkzeuge und zu verarbeitende Materialien wiesen in ihrer Qualität vielfache Schwankungen auf; der Beschäftigungsgrad ist wechselnd, die Marktlage unstetig; die Werkstattführung und Organisation hat Änderungen erfahren; die Größe des Betriebes hat sich verändert usw. Hinsichtlich der Arbeiterschaft muß deren teilweise andere Lebenshaltung in Betracht gezogen werden. Die gesamte Disposition zur Arbeit ist vielfach eine andere geworden ; auch Gesundheits-, Wohnungs- und Ernährungsverhältnisse wirken auf die Arbeitsleistungen der Betriebe zurück. Diese Faktoren übergreifen und verdecken sich vielfältig und sind dabei exakter Bestimmung im großen meist nicht zugänglich. Eine weitere Schwierigkeit, die der Leistungsvergleichung entgegensteht, liegt noch darin, daß die Änderungen, die durch die Zeitstudien in den Arbeitsbedingungen bzw. Leistungsverhältnissen herbeigeführt werden, sich meist allmählich vollziehen, weshalb eine scharfe Grenze zwischen verschiedenen Betriebsstadien nicht immer möglich ist. Dies schränkt die Möglichkeit der Leistungsvergleichung weiterhin ein. Um zu einwandfreien Ergebnissen zu gelangen, ist daher auf das Produktionselement, auf die einzelne Maschine und den einzelnen Arbeiter zurückzugehen. Für diese können die zu vergleichenden Werte auf denselben Nenner gebracht werden. Im Hinblick auf die oben erwähnten Verschiedenartigkeiten mußte die Leistungsvergleichung auf weniger Maschinengruppen beschränkt werden, für die die früheren Leistungs- und Arbeitsverhältnisse sicher bekannt sind. Die erzielte Leistungssteigerung für jene durch die Einführung des Zeitstudiums steht fest; sie ist in ihrer Größe nach den einzelnen Fabrikationstypen aber wieder verschieden. Da in erster Linie die Größe des Leistungszuwachses im ganzen (pro Arbeitsgang bzw. Maschinengruppe bzw. Betriebsabteilung) und nicht für jede einzelne Fabrikationstype interessiert, so ist der Leistungszuwachs als oberer und unterer Grenzwert berechnet worden.

131 Die ermittelten Leistungszuwachssätze sind im vom Hundert der früheren Leistungen ausgedrückt und in nachstehender Zusammenstellung aufgeführt: Betriebsabteilung bzw. Mascbinengruppe

Gruppe Automaten I Gruppe Automaten II Schleifereimaschinen Pressen und Stanzen

Leistungszuwachs bei gleicher Güte der Arbeit

25 — 40 •/« 30 — 4 0 % 15 — 20°/ o bis zu 50 °/o (für vereinzelte Arbeitsgänge)

Bei vorstehenden Leistungszuwachswerten ist zu berücksichtigen, daß sie ungefähr % Jahre, nachdem mit der Einführung von Zeitstudien begonnen worden ist, berechnet worden sind. Dieser Stand der Leistungsverhältnisse kann daher bei einzelnen Maschinengruppen noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Außerdem ist er noch nicht gleichmäßig bei allen Maschinen und Abteilungen erreicht. Zur Berechnung der Zuwachszahlen wurden — neben betriebsstatistischen Aufzeichnungen — die Leistungsdiagramme, die im § i i bereits besprochen worden sind, benutzt. Außer diesen zahlenmäßigen Leistungszunahmen darf eine Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades der Betriebsabteilungen durch die Einführung von Zeitstudien angenommen werden; jene ist aber zahlenmäßig noch nicht zu erfassen. Sie ist in der Verminderung der Betriebsverluste (nach § 8), insbesondere auch der unproduktiven Zeiten zu erblicken, die verursacht waren durch vielfache Akkordreklamationen, längeren Leergang der Maschinen, durch zeitraubendere Arbeitseinteilung u. a. m. Die erzielten Produktionssteigerungen wurden nicht durch den Anreiz höheren Verdienstes der Arbeiter, sondern durch technische und organisatorische Maßnahmen erzielt, die in den früheren Abschnitten dargestellt worden sind. Die Lohnverdienste der Arbeiter erfuhren aber auch dabei Steigerungen durch die objektive Leistungsfestsetzung, die die umstehenden Verdienstkurven für Automaten und eine Gruppe Schleifmaschinen ausweisen. Die Akkordverdienste der Arbeiter sind dabei als Durchschnitte pro Stunde je aus den Stundenverdiensten für die Woche errechnet. 9*

132 reAere/AWon i&fen. fj 1eru/rff

d> m Vc>!6 1 •o X

o a 3

O Z

p a Ss a rt O M S> .sâ^ w
o

a 3 *> M J2

Z.

t>C



a

-J

C S

'5 4J c ? «i rt S s

1 Berechnet durch: 1 Datum:

a.

u

Lebenslauf. Ich, O t t o F a h r , bin geboren am 19. August 1892 in Stuttgart-Cannstatt als Sohn des Fabrikanten J. Fahr und seiner Frau Marie, geb. Dann. Meine Schulbildung erhielt ich in der Oberrealschule Cannstatt, die ich im Jahre 1910 mit dem Zeugnis der Reife verließ. Im selben Jahr trat ich in die Maschinenfabrik G. Kuhn, Stuttgart-Berg, als Praktikant zu zwölfmonatlicher praktischer Werkstättentätigkeit ein; außer dieser hatte ich vorher auch im väterlichen Betrieb praktisch gearbeitet. Zum Studium des Maschineningenieurwesens bezog ich im Jahre 1911 die Technische Hochschule Stuttgart, an der ich im Jahre 1912 die Vordiplomprüfung ablegte. Im Jahre 1913 trat ich, um meiner Militärpflicht zu genügen, in das Bayer. Telegr.-Batl. Nr. 2 (Funker-) München ein, rückte im August 1914 ins Feld und machte den Krieg ohne Unterbrechung mit. Nach meiner Rückkehr aus dem Feld, Dezember 1918, nahm ich an der Technischen Hochschule Stuttgart mein Studium wieder auf und legte dort im Jahre 1919 das Diplomexamen ab. Anschließend daran trat ich in die Norma-Werke, Stuttgart-Cannstatt, ein, wo mir die Einführung von Zeitstudien im Betrieb übertragen wurde, und wo ich gegenwärtig als Leiter des Betriebskalkulationsund Zeitstudienbüros tätig bin.