Die Drogen, das Öl und der Krieg: Zur Tiefenpolitik der USA
 3861506335,  9783861506331

Table of contents :
Die Drogen, das Öl und der Krieg
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Inhalt
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Vorwort
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Einführung: Die Tiefenpolitik der amerikanischen Interventionen
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1. Die Drogen und das Öl in den asiatischen Kriegen der USA: von Indochina nach Afghanistan
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2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan: Ein Muster wird sichtbar
......Page 59
3. Die Drogenverbündeten der USA: die Guomindang und das organisierte Verbrechen
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4. Die USA und das Öl in Kolumbien
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5. CIA und Drogenhändler in Kolumbien
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6. Raus aus Kolumbien!
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7. Öffentliche, private und geheime politische Macht - ein Überblick
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8. CAT/Air America 1950-1970
......Page 157
9. Laos 1959-1970
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10. Kambodscha und das Öl 1970
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11. Das Opium, die Chinalobby und die CIA
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Dank
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Anmerkungen
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Ausgewählte Literatur
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Glossar
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Register
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Über den Autor
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Citation preview

Peter Dale SCOTT

DIE DROGEN, DAS ÖL UND DER KRIEG Zur Tiefenpolitik der USA

Aus dem Amerikanischen von Michael Bischoff

Zweitausendeins

Deutsche Erstausgabe. 1. Auflage, Juni 2004.

Die englische Originalausgabe Drugs, Oil, and War. The United States in Afghanistan, Colombia, and Indochina ist 2003 bei Rowman & Littlefield Publishers in Lanham, Maryland erschienen.

Copyright © 2003 by Peter Dale Scott. Alle Rechte für die deutsche Ausgabe und Übersetzung Copyright © 2004 by Zweitausendeins, Postfach, D-60381 Frankfurt am Main. www.Zweitausendeins.de

Alle Rechte Vorbehalten, insbesondere das Recht der mechanischen, elektronischen oder fotografischen Vervielfältigung, der Einspeicherung und Verarbeitung in elektro­ nischen Systemen, des Nachdrucks in Zeitschriften oder Zeitungen, des öffentlichen Vortrags, der Verfilmung oder Dramatisierung, der Übertragung durch Rundfunk, Fernsehen oder Video, auch einzelner Text- und Bildteile. Der gewerbliche Weiterverkauf und der gewerbliche Verleih von Büchern, CDs, CDROMs, DVDs, Downloads, Videos oder anderen Sachen aus der ZweitausendeinsProduktion bedürfen in jedem Fall der schriftlichen Genehmigung durch die Geschäfts leitung vom Zweitausendeins Versand in Frankfurt am Main. Lektorat: Katharina Theml und Klaus Gabbert (Büro W, Wiesbaden). Glossar: Katharina Theml (Büro W, Wiesbaden). Register der deutschen Ausgabe: Ekkehard Kunze (Büro W, Wiesbaden). Korrektorat: Beate Koglin, Frankfurt am Main. Umschlaggestaltung: Sabine Kauf, Plön. Satz und Herstellung: Dieter Köhler GmbH, Nördlingen. Druck und Einband: Freiburger Graphische Betriebe. Printed in Germany.

Dieses Buch gibt es nur bei Zweitausendeins im Versand, Postfach, D-60381, Frankfurt am Main, Telefon 069-420 8000, Fax 069-415 003. Internet www.Zweitausendeins.de, E-Mail [email protected]. Oder in den Zweitausendeins-Läden in Berlin, Düsseldorf, Essen, Frankfurt am Main, Freiburg, 2x in Hamburg, in Hannover, Köln, Mannheim, München, Nürnberg, Stuttgart. In der Schweiz über buch 2000, Postfach 89, CH-8910 Affoltern a.A.

ISBN 3-86150-633-5

Inhalt

Vorwort ............................................................................. Einführung: Die Tiefenpolitik der amerikanischen Intervention..................................................................

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TEIL I

Afghanistan - das Heroin und das Öl............................. 1. Die Drogen und das Öl in den asiatischen Kriegen der USA: von Indochina nach Afghanistan ............... 2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan: Ein Muster wird sichtbar............................................. 3. Die Drogenverbündeten der USA: die Guomindang und das organisierte Verbrechen..................................

45 47 61

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TEIL II

Kolumbien - das Kokain und das Öl............................. 4. Die USA und das Öl in Kolumbien.............................. 5. CIA und Drogenhändler in Kolumbien...................... 6. Raus aus Kolumbien!....................................................

99 101 117 131

TEIL III

Indochina - das Opium und das Öl................................ 7. Öffentliche, private und geheime politische Macht ein Überblick................................................................. 8. CAT/Air America 1950-1970 ..................................... 9. Laos 1959-1970 ........................................................... 10. Kambodscha und das Öl 1970 ..................................... 11. Das Opium, die Chinalobby und die CIA .................

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145 159 195 221 243

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Inhalt

Dank............................................................................................271 Anmerkungen ............................................................................273

Ausgewählte Literatur.............................................................. 339 Glossar ....................................................................................... 343

Register....................................................................................... 355 Über den Autor......................................................................... 369

Vorwort

In diesem Buch geht es um die amerikanische Strategie der indirekten Intervention - eine Strategie, die sich auf Allian­ zen mit Kartellen des Drogenhandels stützt, um in Ländern der Dritten Welt den gewünschten Einfluss auszuüben. Ur­ sprünglich wurde diese Strategie in den späten 40er Jahren entwickelt, um die Macht der Volksrepublik China einzu­ dämmen; seither benutzt man sie, um die Kontrolle über aus­ ländische Erdölvorkommen zu sichern. Das Ergebnis war ein gewaltiger Anstieg des weltweiten Drogenhandels und eine Zunahme der damit verbundenen mafiosen Vereinigungen, und dieses Problem wird sich noch weiter verschärfen, wenn es keinen Politikwechsel gibt. In diesem Buch untersuche ich durchgängige Kausalmus­ ter, die die amerikanische Außenpolitik auf subtilere Weise beeinflusst und geprägt haben, als selbst hohe Funktionsträ­ ger des Staatsapparats zu erkennen vermochten. Unter dem Druck ihrer regionalen Alliierten beschlossen die Vereinigten Staaten - nach dem Zweiten Weltkrieg in Birma und dann 1959 bis 1965 in Laos -, Militärs und Regierungen zu unter­ stützen, die sich ihrerseits auf den Drogenhandel stützten. Das führte zu einer Serie von Kriegen, von Vietnam bis Afghanistan, die weit mehr den Zwecken internationaler Öl­ gesellschaften und den verbündeten Drogenbaronen gedient haben als den Interessen der amerikanischen Regierungen oder des amerikanischen Volkes. Diese Entscheidungen wa­ ren die Hauptursachen für den dramatischen Anstieg des Drogenhandels in den letzten fünfzig Jahren.

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Vorwort

Heute bilden Drogennetzwerke auf allen Kontinenten wichtige Faktoren der Politik. Die Vereinigten Staaten füh­ ren immer wieder Kriege in Gebieten mit Erdölvorkommen und bedienen sich dabei mit Vorliebe der Hilfe von Verbün­ deten, die in den Drogenhandel verwickelt sind. Erstaun­ licherweise gilt das selbst für Kolumbien, wo offiziell ein Krieg gegen die Drogen geführt wird. Doch die stärkste Kraft des dortigen Drogenhandels, die Paramilitärs, sind Verbündete unseres Verbündeten, der kolumbianischen Ar­ mee. Schlimmer noch, sie verdanken ihre Entstehung einer anderen cleveren CIA-Idee, die gerade jetzt wieder einmal auf uns zurückfällt, der Idee nämlich, Terroristen für den Kampf gegen die Linke auszubilden. Aus diesem Grund haben die Vereinigten Staaten in Afghanistan eingegriffen, einem Land, in dem die amerika­ nische Ölgesellschaft Unocal bis 1998 hoffte, Öl- und Gas­ pipelines bauen zu können. Das im Drogenhandel aktive Netzwerk Al Qaida von Osama Bin Laden - einst ein Ver­ bündeter der CIA, dessen Höhlenverstecke mit deren finan­ zieller Hilfe geplant und gebaut wurden - ist im Dezember 2001 mit Hilfe eines anderen Verbündeten aus dem Bereich des Drogenhandels, der afghanischen Nordallianz, besiegt worden. Bei der Jagd nach Bin Laden besiegten die USA dessen Verbündete, die Taliban (die im Jahr 2000 auf ihrem Gebiet ein totales Anbauverbot für Mohn erlassen hatten), und zwar mit Hilfe der Nordallianz (die zur selben Zeit auf ihrem Gebiet für eine Verdreifachung der Mohnanbaufläche sorgte). Obwohl die neue afghanische Interimsregierung offiziell ein Verbot des Mohnanbaus erlassen hat, gewähren die Ver­ einigten Staaten dem Regime des Hamid Karzai nicht die finanzielle Unterstützung, die es bräuchte, um solch ein Ver­ bot auch durchzusetzen. Der Drogenhandel ist in dieser Re­ gion heute eine international organisierte, finanziell bestens

ausgestattete Macht, und es gibt keinerlei Pläne, daran etwas zu ändern. (Es gibt nur Minimalpläne zur Beseitigung der Schäden, die das amerikanische Bombardement in der nach Jahrzehnten des Krieges und Bürgerkrieges bereits am Boden liegenden Wirtschaft des Landes angerichtet hat.) Selbst wenn man ein wirkungsvolles Verbot der Opium­ produktion und des Opiumhandels in Afghanistan durchset­ zen könnte, ließe sich doch mit großer Sicherheit vorher­ sagen, dass dies durch eine entsprechende Zunahme in benachbarten Ländern wie Tadschikistan und Kirgisistan ausgeglichen würde. Die Zunahme des Drogenhandels würde zu einer Destabilisierung dieser Länder beitragen, die sich ohnehin sämtlich durch schwache Regierungen aus­ zeichnen. Ohne einen Politikwechsel werden die Vereinigten Staaten, die bereits Truppen in die Region entsendet haben, früher oder später mit einer weiteren Krise konfrontiert sein, die wiederum nach einer Intervention verlangt. Die immer noch großen Widerstände gegen das Einge­ ständnis, dass die Vereinigten Staaten in der Vergangenheit in solche Machenschaften verwickelt und für geheime Intri­ gen verantwortlich waren, tragen dazu bei, dass sie unfähig sind, der übrigen Welt wirklich Frieden und Sicherheit zu bringen. Die für frühere Fehler verantwortlichen Institutio­ nen sind allzu sehr darauf bedacht, nicht nur ihr Ansehen zu bewahren, sondern auch ihre Allianzen und vor allem die korrupten sozialen Systeme zu erhalten, in denen solche Allianzen gedeihen konnten. Und darum gedeiht auch der internationale Drogenhandel, zu dessen Wachstum die Ver­ einigten Staaten beigetragen haben. Wie sich diese Widerstände manifestieren, konnte ich 1987 selbst erleben, als ich Mitglied eines Think-Tanks in Washington war, der dokumentarisches Material für den Kerry-Untersuchungsausschuss* des Kongresses liefern sollte, dem die Untersuchung der Drogenverbindungen der

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Vorwort

Contras* und ihrer Helfer oblag. Ein gewissenhafter Zeuge, ein republikanischer Geschäftsmann und Reagan-Anhänger, erhielt ernst zu nehmende Todesdrohungen, denen wohl auch Realisierungsversuche folgten. Ein anderer wurde in ähnlicher Weise bedroht und von Oliver North* im Weißen Haus ganz direkt als »terroristische Gefahr« bezeichnet. Selbst Mitglieder unseres Think-Tanks wurden vom FBI verhört - gewiss die noch am wenigsten lästige Unannehm­ lichkeit, der die um Aufklärung Bemühten ausgesetzt waren. Andere wurden rund um die Uhr von Kräften überwacht, die von der Washingtoner Polizei nicht identifiziert werden konnten, oder verloren ihre Arbeitsstelle. Eine aus Mitteln des Außenministeriums finanzierte Propagandakampagne, die im Stil der CIA durchgeführt wurde, wandte sich gegen die Gegner der Contras im Kongress und verletzte damit die Interessen des amerikanischen Volkes in dieser Angelegen­ heit. Bis heute werden diese Lügen aufrechterhalten. Unser Land wird schrittweise in einen Krieg gegen angebliche kolumbianische »Drogenguerillas« hineingezogen, deren Anteil an der Kokainproduktion 2001 nach offiziellen Schät­ zungen gerade einmal 2,5 Prozent betrug. Unsere Waffen und Militärhilfe gehen an das kolumbianische Militär, das mit den im Drogenhandel aktiven paramilitärischen Todesschwadronen zusammenarbeitet. Der Anteil dieser Todesschwadronen am Drogenhandel wird von der kolum­ bianischen Regierung für 2001 auf 40 Prozent geschätzt. Die zutiefst orwellsche Absurdität unseres in völliger Ver­ kehrung des Sachverhalts so genannten »Kriegs gegen die Drogen« wird heute von der amerikanischen Presse voll­ kommen ignoriert. Das entspricht ganz dem gewohnten Muster, denn auch in der Vergangenheit ignorierten die Medien den Drogenhandel unserer Verbündeten in Vietnam, Afghanistan, Mittelamerika und jüngst im Kosovo. Eben­

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falls kaum beachtet wird das Ausmaß, in dem amerikanische Ölgesellschaften sich für den im zweiten Teil dieses Buches analysierten Kolumbienplan einsetzen, wie sie auch in den 60er Jahren die entschlossene Kampagne ignorierte, die die Ölgesellschaft Socony Mobile damals für ein verstärktes Engagement in Vietnam führte. Ich stelle in diesem Buch die These auf, dass verdeckte Operationen, die der Schaffung oder Stärkung einer auto­ nomen politischen Macht dienen, in aller Regel die speziellen Zwecke überdauern, denen sie ursprünglich dienen sollten. Stattdessen stärken sie die Kräfte, mit denen die Vereinigten Staaten dann zu kämpfen haben, oder werden sogar ein Teil von ihnen. Präziser gesagt, »Parapolitik«, die geheime Aus­ übung von Macht, artet leicht in »Tiefenpolitik« aus, in ein Wechselspiel unerkannter Kräfte, über die der ursprüngliche parapolitische Akteur keine Kontrolle mehr besitzt. Das ist der Kern meiner Analyse. So benutzten beispielsweise die Vereinigten Staaten im Nachkriegsitalien Mafiagestalten wie Vito Genovese* als pa­ rapolitisches Instrument. Das war eine geplante Operation, die schließlich zur tiefenpolitischen Beherrschung der italie­ nischen Parteien durch eine außer Kontrolle geratene Mafia führte. Im Kleinen steht dieses Beispiel für die gesamte spä­ tere Geschichte der amerikanischen Interventionen in Asien. 1951 beschloss die US-Regierung, den Armeen des Guo­ mindang*-Drogennetzes in Birma Waffen und Versorgungs­ güter zu liefern. Das führte zu einer Verfünffachung der bir­ manischen Opiumproduktion innerhalb eines Jahrzehnts, von 70 Tonnen auf 350 Tonnen. 1999, in dem Jahr, bevor das von den Taliban erlassene Verbot Wirkung zeigte, hatte die Weltopiumproduktion den Spitzenwert von 6.300 Ton­ nen erreicht. Davon wurden 4.200 Tonnen oder zwei Drittel in Afghanistan erzeugt und von den Erben jener Mudscha­ heddin in den Handel gebracht, die in den 80er Jahren von

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der CIA finanziert, mit Waffen versorgt und unterstützt wor­ den waren. Auch hier waren die Vereinigten Staaten nicht allein ver­ antwortlich. Ein Teil des Wachstums wäre auch ohne ihre Hilfe erfolgt, möglicherweise (wie die amerikanische Regie­ rung gerne behauptete) unter der Ägide einer feindlichen Macht wie China oder der Sowjetunion. Der entscheidende Punkt ist jedoch: Das Drogenproblem lässt sich nicht begrei­ fen oder gar erfolgreich bekämpfen, bevor nicht die para­ politischen Konsequenzen der CIA-Verwicklungen erkannt und korrigiert worden sind. Öl

Ähnliche Überlegungen wie zur Rolle des Drogenhandels bei der amerikanischen Interventionspolitik lassen sich auch für die des Erdöls anstellen. Auch hier brachten Entscheidungen, die nach dem Zweiten Weltkrieg aus freien Stücken getroffen wurden, die Vereinigten Staaten in eine problematische Situ­ ation. Unmittelbar nach Kriegsende begannen die Vereinigten Staaten, gestützt auf die so genannten Quincy-Abkommen* mit Saudi-Arabien von 1945, die Herrschaft über die welt­ weite Erdölförderung und -Vermarktung anzustreben. Seit der Truman-Doktrin von 1946 ist das gesamte geostrategi­ sche Denken der USA vom Öl geprägt. Was als Strategie zur Eindämmung der sowjetischen Macht begann, entwickelte sich rasch zu der mehr oder weniger offen demonstrierten Entschlossenheit, die Kontrolle über die Erdölreserven der Erde zu erlangen. Dieses Bestreben deformierte nach und nach die heimische amerikanische Wirtschaft, sorgte dort für ein ausgeprägtes Ungleichgewicht und machte sie abhängig von gewaltigen Militärausgaben in entlegenen, nicht regier­ baren Regionen. Das jüngste Beispiel ist Afghanistan. Außer­

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dem wurden die Vereinigten Staaten dadurch zu einem sehr kriegerischen Land, das immer wieder und insbesondere in Asien Kriege führte, in denen es sich auf Verbündete stützte, die eine bedeutende Rolle im weltweiten Drogenhandel spielten. Von Anfang an zielte die amerikanische Strategie in Süd­ ostasien auf den Schutz des, wie Präsident Eisenhower ein­ mal gesagt hat, »reichen indonesischen Reiches«, dessen wichtigstes Exportgut Erdöl war.1 Ich behaupte nicht, dass die Herrschaft über die Erdöl­ vorkommen das einzige Kriterium in den Überlegungen der politischen Planer in Washington gewesen wäre. Im Gegen­ teil: Sie glaubten an ihre eigene Rhetorik, wonach es um den Schutz der so genannten freien Welt vor einer kommunisti­ schen Herrschaft durch die Sowjets oder die Chinesen ging. Da sie eine kommunistische Kontrolle der Erdölvorkommen jedoch am meisten fürchteten, sorgten sie dafür, dass die amerikanische Herrschaft über das immer weiter zusammen­ wachsende Welt-Erdölsystem ständig erweitert wurde. Vom Iran 1955 bis Indonesien 1965 und Ghana 1966 be­ teiligte sich die CIA heimlich am Sturz zahlreicher Regierun­ gen in aller Welt, die gedroht hatten, ihre nationale Ölindus­ trie zu verstaatlichen.2 In den 60er Jahren nahm die Zahl der amerikanischen Interventionen zu, und zugleich wuchs auch die Abhängigkeit von ausländischem Erdöl, um den wach­ senden Bedarf zu decken. Als diese Abhängigkeit dann zu den Ölkrisen der 70er Jahre führte, sahen die Vereinigten Staaten sich zu einer Politik gezwungen, die nicht nur auf die Herrschaft über die internationalen Erdölströme, sondern auch auf die Kontrolle über die Petrodollars zielte. Wie wir noch sehen werden, löste man das zweite Problem durch geheime Absprachen, mit deren Hilfe man den Wert des Dollars auf Kosten der Dritten Welt auf einem hohen Niveau hielt.

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Die daraus resultierende Verarmung der Dritten Welt war von einem gewaltigen Anstieg des weltweiten Terrorismus begleitet, der heute ins Zentrum der amerikanischen Außen­ politik gerückt ist. Doch wie Frank Viviano im San Fran­ cisco Chronicle vom 20. September 2001 bemerkte: Worum es im Krieg gegen den Terrorismus insgeheim geht, lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Öl. Die Karte der Terroristenschlupflöcher im Mittleren Osten und in Zentral­ asien und der dortigen Ziele im Kampf gegen den Terror ist in bemerkenswertem Maße identisch mit einer Karte der welt­ weit größten Energievorräte des 21. Jahrhunderts. Die Vertei­ digung dieser Energievorräte - und nicht die bloße Konfron­ tation zwischen dem Islam und dem Westen - wird nach Ansicht von Beobachtern dieser Region in den kommenden Jahrzehnten der wichtigste Zündstoff für weltweite Konflikte sein.3

Das gilt auch für andere, von Viviano hier nicht angespro­ chene Regionen, in denen Öl und Terrorismus eine Rolle spielen, zum Beispiel für Indonesien, Kolumbien, Somalia und (wegen der Ölpipelines) für Tschetschenien und sogar den Kosovo. Kurz gesagt, die Ursachen und Wurzeln des weltweiten Terrorismus hängen geschichtlich zum Teil mit früheren politischen Entscheidungen der Vereinigten Staaten zu Fra­ gen des Erdöls und der Drogen zusammen.

Was tun?

Das Problem wird nicht gelöst, indem immer mehr amerika­ nische Truppen in fremde Länder geschickt werden, von Kolumbien bis Kirgisistan. (Beide Länder liegen übrigens in Erdölgebieten und erleben gegenwärtig einen rapiden An­ stieg des Drogenhandels.) Das Paradebeispiel für solch einen

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Aufbau mit amerikanischen Waffen und Personal war der Iran der 70er Jahre - wie wir heute wissen, eine wichtige Ursache für die Revolution gegen den von Amerika unter­ stützten Schah. Mehrere hundert Millionen Dollar amerika­ nische Unterstützung für den somalischen Diktator Siad Barre ermöglichten die Aufrechterhaltung seines unter­ drückerischen Systems, das schließlich 1991 gestürzt wurde. Die Vereinigten Staaten müssen ihre repressive Politik aufgeben, deren oft durchaus beabsichtigtes Ergebnis die Aufrechterhaltung hoher Drogenpreise ist und die damit den internationalen Drogenhandel und seine Drogenbarone stärkt. Was das Öl angeht, so müssen wir nach technischen Möglichkeiten suchen, den nationalen Verbrauch zu senken und uns am Aufbau eines multilateralen und gerechteren internationalen Erdölsystems beteiligen. Um zu dem multilateralen System globaler Regulierung zurückzukehren, an dessen Aufbau die Vereinigten Staaten nach dem Zweiten Weltkrieg wesentlichen Anteil hatten, bedarf es auch einer veränderten Strategie im Umgang mit dem Dollar und den Petrodollars, insbesondere denen SaudiArabiens und seiner Nachbarn am Persischen Golf. Gegen­ wärtig regulieren die Vereinigten Staaten ihr Zahlungs­ bilanzdefizit durch geheime Absprachen mit Saudi-Arabien über die Rückführung von Petrodollars und über die Selbst­ verpflichtung der OPEC, alle Ölverkäufe weltweit in Dollar abzurechnen. Diese Absprachen, die den Druck von der amerikanischen Währung nehmen sollen, führen unvermeid­ lich zu Schuldenkrisen in der gesamten Dritten Welt. Die geheimen Absprachen, die ich im zweiten Kapitel behandle, sind wahrscheinlich das beste Beispiel dafür, wie sehr die geheime (und kaum dokumentierte) amerikanische Politik weltweit Armut und Unruhen auszulösen vermag. Bürgerproteste gegen die offizielle Politik nach Art der Demonstrationen, zu denen Aktivisten wie Noam Chomsky

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unermüdlich aufrufen, dürften meines Erachtens erfolglos bleiben, solange sie nicht die ungerechten geheimen Abspra­ chen anklagen, auf denen diese Politik basiert. Das scheinbar so unangreifbare politische Establishment der Vereinigten Staaten wird sich als verletzbar erweisen, wenn die privaten, verdeckten und teilweise konspirativen Ursprünge der angeb­ lich doch öffentlichen Politik deutlich werden. Mein Buch untersucht die Kriegspolitik auf dieser tieferen Ebene. Gegenwärtig mindern offizielle Strategien, die Amerika reicher und den Rest der Welt ärmer machen, die Chancen auf Frieden und Fortschritt. Und unsere Sicherheit gerät in noch größere Gefahr, wenn wir unbeliebten Diktatoren Militärhilfe gewähren. Diese Strategie haben die Vereinigten Staaten während der 60er Jahre in Vietnam, während der 70er im Iran und während der 80er Jahre in Somalia ein­ gesetzt, um nur einige Beispiele zu nennen. Noch heute leiden wir unter den antiamerikanischen Gefühlen, die da­ durch ausgelöst wurden. Aber als hätte man aus alledem nichts gelernt, baut man heute Stützpunkte in Usbekistan und gewährt dort einem Diktator und ehemaligen sowjeti­ schen Apparatschik Militärhilfe, dem im Umgang mit der starken muslimischen Opposition nichts anderes einfällt, als sie ins Gefängnis zu werfen. Von den gegenwärtigen Führern der beiden großen Par­ teien Amerikas ist eine Abkehr von dieser Strategie nicht zu erwarten, da sie den ständig wachsenden Zwängen eines globalen Systems unterworfen sind, das sie in weiten Teilen selbst geschaffen haben. Durch Enthüllungen aus jüngster Zeit wissen wir, in welchem Maße sich die beiden großen Parteien Amerikas wie auch ausländische Politiker durch Spendenzahlungen von Unternehmen der Energiebranche korrumpieren lassen. Aus Washington hört man, wenn auch nicht ohne Widerspruch, immer lautere Rufe nach einer uni­ lateralen Politik in einer angeblich unipolaren Welt. Der tri­

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umphale Unilateralismus der Vereinigten Staaten und der terroristische Islamismus werden einander immer ähnlicher (und immer abhängiger voneinander), wenn sie ihre Exzesse unter Verweis auf die jeweils andere Seite rechtfertigen. Die Zukunft der amerikanischen Demokratie hängt da­ von ab, dass es uns gelingt, die Kausalfaktoren zu erkennen und abzustellen, die bisher den Kern der geopolitischen Aktivitäten Amerikas ausmachen - einer Politik, die großen Schaden angerichtet hat, und zwar nicht nur bei den eigent­ lichen Opfern dieser Politik, sondern auch in den USA selbst. Zu diesem Ziel hoffe ich mit meinem Buch beitragen zu kön­ nen. Am Anfang stehen sechs Kapitel zur Tiefenpolitik des amerikanischen Engagements in Afghanistan, Kolumbien und Indochina. Der dritte Teil besteht aus aktualisierten Fassungen mehrerer Kapitel aus meinem 1972 erschienenem Buch The War Conspiracy: The Secret Road to the Second Indochina War. Die gemeinsamen Muster der geschilderten Fälle lassen sich meines Erachtens am ehesten durch eine vergleichende Analyse erkennen. Vor allem sehen wir die unablässige Lobbyarbeit von Interessengruppen wie dem American Security Council (ASC)*, in dem die Ölgesell­ schaften vertreten sind, und von Fluggesellschaften, die in staatlichem Auftrag Waffen transportieren und zugleich in den Drogenhandel oder das organisierte Verbrechen ver­ wickelt sind. Ich möchte mit diesem Buch nicht in Konkurrenz zu an­ deren historischen Darstellungen derselben Ereignisse treten, die ich der archivarischen Geschichte zuordne, weil sie das Geschehen aus der dokumentierten Sicht der Akteure nach­ zeichnen. Ich konzentriere mich dagegen auf tiefere Kausal­ muster, die aus weniger gut dokumentierten Bereichen der Gesellschaft hervorgehen und von der akademischen Ge­ schichtswissenschaft häufig übersehen werden. Ich glaube,

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dass wir auf diese Weise eher Faktoren isolieren und auf­ zeigen können, die sich verändern lassen. So wie die amerikanische Regierung pauschal eine »Achse des Bösen« konstruiert hat, so wenden andere ganz ähnliche Charakterisierungen auf die amerikanische Regierung an. Ich halte es nicht für sonderlich sinnvoll, die Vereinigten Staaten oder deren Feinde als vollkommen unzugängliche Mächte darzustellen. Die Mittel, die man gegen diese Kräfte einsetzt, können sich leicht als kontraproduktiv erweisen. Was für den Islamismus gilt, den wir in seiner Komplexität begreifen müssen, das gilt auch für Amerikas Macht, die mindestens ebenso komplex ist. Vor allem müssen wir einsehen, dass der Einfluss der USA nicht nur auf militärischer und wirtschaftlicher Macht basiert, sondern auch auf Fak­ toren »weicher« Macht wie »der Attraktivität einer Kultur, einer Ideologie, bestimmter Institutionen«.4 Wir brauchen eine »weiche Politik« der Überzeugung und der Gewaltlosig­ keit, um die weiche Macht unseres Landes zu verändern. Dieser Vorschlag ist durchaus nicht utopisch. Die weiche Politik der Antikriegsbewegung trug trotz mancher strate­ gischer Fehler dazu bei, den Abzug der Vereinigten Staaten aus Vietnam zu beschleunigen. Wenn es sich erst herum­ gesprochen hat, dass dieser Krieg »der Fähigkeit der Ver­ einigten Staaten, die führende Wirtschaftsmacht der Welt zu bleiben, einen schweren Schlag versetzte«5, dann werden vielleicht auch die Anhänger einer harten amerikanischen Macht einmal den Kritikern des Vietnamkriegs ihren Dank aussprechen.

Einführung: Die Tiefenpolitik der amerika­ nischen Interventionen

Überblick 1969 und 1970, in der Zeit des Einmarschs nach Kambod­ scha und der Erschießung von vier Studenten an der Kent State University*, schrieb ich ein Buch mit dem Titel The War Conspiracy. Darin beschrieb ich eine Reihe verbor­ gener, öffentlich nie erörterter Kräfte, die meines Erachtens zur Verstrickung der Vereinigten Staaten in den Vietnam­ krieg beigetragen hatten. Ich suchte hinter den offiziellen Regierungsverlautbarungen nach anderen, stärkeren Fak­ toren, die sich der allgemeinen Aufmerksamkeit entzogen. Einige meiner Freunde hielten diesen Ansatz für pessimis­ tisch, aber er war es gar nicht. Er war optimistisch und von der altmodischen Hoffnung getrieben, ein besseres Verständ­ nis dieser Faktoren werde uns helfen, sie eher unter Kon­ trolle zu bekommen. Während ich immer mehr Fällen verborgener Manipula­ tionen auf höchster wie auch untergeordneter Ebene nach­ ging, prägte ich den Ausdruck »Parapolitik« zur Kennzeich­ nung eines politischen Verhaltens, das durch Irreführung, heimliche Absprachen und Betrug gekennzeichnet ist. Doch dieser Begriff deckte noch nicht das gesamte Spektrum der dort behandelten Vorgänge ab, denn er steht für eine be­ wusste Kontrolle, meist auf der Ebene der Exekutive oder der Staatsbürokratie. Heute würde ich eher von »Tiefenpolitik« oder von poli­

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tischen Tiefenprozessen als von Verschwörungsvorgängen sprechen. Damit meine ich eine Reihe von Praktiken, die mit den Gesetzen und den gesellschaftlichen Sitten nicht überein­ stimmen und daher eher unterdrückt als anerkannt werden. Die politischen Tiefenprozesse umfassen auch »Parapolitik«, sind aber weniger zielgerichtet. Parapolitik ist ein Mittel der Kontrolle. Tiefenpolitik meint jede Form finsterer Machen­ schaften und geheimer Einflüsse. Diese Unterscheidung ist in der Theorie sehr viel leichter zu treffen als in der Praxis. Bei manchen der in diesem Buch aufgezeigten Manipulationen staatlicher Stellen wie den Aktivitäten der Air America in Laos handelte es sich ganz offensichtlich um parapolitische Intrigen. In der südostasia­ tischen Geschichte jener Zeit spielte der politisch einfluss­ reiche Drogenhandel eine wichtige Rolle, und die CIA war tief in diesen Drogenhandel verwickelt, vor allem über ihre Fluggesellschaft, die Air America. Aber sie kontrollierte die­ sen Handel nicht vollständig, und wahrscheinlich versuchte sie das nicht einmal. Ihr ging es darum, bei Bedarf alles ab­ streiten zu können, in diesem Fall dank einer äußerst prak­ tischen Rechtskonstruktion. Die Air America befand sich zwar vollständig im Besitz der CIA, aber sie verfügte über ein Wartungszentrum in Taiwan und stellte vielfach taiwane­ sische Piloten ein. Die Flugzeuge, die oft für den Transport von Drogen eingesetzt wurden, befanden sich zu 60 Prozent im Besitz von Guomindangchinesen und wurden von Taiwa­ nesen geflogen. So war die CIA in der angenehmen Lage, die Verantwortung abschieben zu können, wenn sie mit Leuten zusammenarbeitete, von denen sie wusste, dass sie nach dem Zweiten Weltkrieg den Drogenhandel in Südostasien organi­ sierten. Die amerikanische Regierung war fest entschlossen, dafür zu sorgen, dass der Drogenhandel und das Netzwerk der Triaden (der chinesischen Variante der Mafia) - in der Region unter der Kontrolle der Guomindang blieben, auch

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wenn es dazu erforderlich war, im Nachkriegsbirma Armeen logistisch zu unterstützen, deren Haupttätigkeit in der Aus­ weitung der Opiumproduktion bestand. Die komplizierte rechtliche Konstruktion der Fluggesellschaft, die ursprüng­ lich Civil Air Transport (CAT) und erst später Air America hieß, bot dafür ideale Möglichkeiten. (Einige CAT-Piloten hatten sich schon vor dem Zweiten Weltkrieg, als die Flug­ gesellschaft noch nicht der CIA gehörte, am Drogenschmug­ gel beteiligt.)1 Der Erwerb der CAT war von Anfang an Teil einer um­ fassenden Strategie, deren wichtigster Befürworter der ur­ sprüngliche Besitzer General Claire L. Chennault gewesen war. Chennault sagte in den späten 40er Jahren voraus, dem Sieg Mao Zedongs auf dem chinesischen Festland werde eine massive Ausweitung des kommunistischen Einflusses folgen, zunächst in Indochina, dann in Thailand, Malaysia und Birma und möglicherweise sogar in Indien. Da er wusste, dass der Einsatz amerikanischer Truppen bei der Abwehr dieser Bedrohung politisch nicht möglich war, schlug er vor, seine Fluggesellschaft für die logistische Unterstützung der nationalchinesischen Armee einzusetzen, die ohnehin von amerikanischen Militärs beraten würde.2 Chennaults Projekt stieß anfangs in der Regierung Truman nicht auf Gegenliebe, wurde dann aber mit Hilfe des Time Magazine von Heraus­ geber Henry Luce und der Chinalobby unter den Kongress­ abgeordneten gegen eine widerwillige Regierung durch­ gesetzt.3 Chennaults Plan verdient deshalb Beachtung, weil er als Vorbild für die amerikanische Zusammenarbeit mit Drogen­ händlern gelten kann, die noch 2001 bei der amerikanischen Intervention in Afghanistan eine Rolle gespielt hat.4 Die in den 50er Jahren in Birma erprobte Zusammenarbeit mit Drogenhändlern wäre schon gefährlich genug, wenn sie politisch neutral wäre. Ein noch gefährlicheres Milieu für

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Verschwörungen und Intrigen entstand jedoch Anfang der 60er Jahre, als Präsident Kennedy sich von den Zielen der Guomindang und der immer noch mächtigen Chinalobby zu distanzieren begann, die nach wie vor auf eine Invasion des chinesischen Festlandes hinarbeitete.5 Unter dem Eindruck der immer offensichtlicheren Spal­ tung zwischen der Sowjetunion und der Volksrepublik sprach Chiang Kai-shek 1962 offen von einer bevorstehen­ den Invasion Chinas. Wie weiter unten noch ausführlicher dargestellt, wurde dieser Vorschlag von Ray Cline, dem frü­ heren Leiter der CIA-Außenstelle in Taiwan (und späteren stellvertretenden CIA-Direktor), unterstützt. Ebenso von Admiral Harry D. Feit, dem Oberbefehlshaber der Streit­ kräfte im Pazifik. Viele hohe Militärs und Mitarbeiter der CIA standen dem Plan gleichfalls positiv gegenüber.6 Noch weiter ging der Aufsichtsratsvorsitzende der Air America, Admiral Felix B. Stump, vormals Oberbefehlshaber der Streitkräfte im Pazifik. Er forderte öffentlich dazu auf, den Kommunismus im Fernen Osten mit militärischen Mitteln zu besiegen, falls nötig auch durch den Einsatz taktischer Atomwaffen. Wie schon oft gezeigt, führten Chiangs Aktivitäten auf dem chinesischen Festland lediglich zur Festnahme oder Tötung seiner Agenten. Eine erfolgreiche konspirative Rolle spielten die Verbündeten der Guomindang dagegen zusam­ men mit der Air America 1960 bis 1964 bei der Destabili­ sierung von Laos, und noch erfolgreicher waren sie mit Unterstützung durch die Vorgängerin CAT beim Aufbau des Drogenhandels nach dem Zweiten Weltkrieg. Beides war in den Laoskrisen wahrscheinlich bedeutsamer als der Einfluss, den die CIA damals der Volksrepublik China zuschrieb. Denn die politischen Ziele, Ressourcen und Verbündeten der Guomindang in Laos lassen sich nicht von deren inzwischen gewichtigen Rolle im Drogenhandel trennen.

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Das Fiasko, das die CIA in Laos erlebte, verdient auch heute noch unsere Aufmerksamkeit, denn in Kolumbien und Afghanistan setzen die Vereinigten Staaten nach wie vor auf die Drogenkarte. Durch das Bemühen der CIA, ungestört und möglichst unkontrolliert agieren zu können, kam es in den 60er Jahren zu einigen Vorgängen, die immer noch nicht ganz aufgeklärt sind, aber dauerhaft verheerende Folgen zeitigten. Fehler, die damals gemacht wurden und ganz er­ heblich zur Ausbreitung des internationalen Drogenhandels beitrugen, werden offenbar heute wieder begangen.

Das Vermächtnis Chennaults und der CAT: Tarnorganisa­ tionen, Infrastruktur und Lobbys des Drogenhandels

Im Folgenden möchte ich in umgekehrter zeitlicher Reihen­ folge aufzeigen, wie die Kräfte des aus CIA, Air America und Guomindang bestehenden Komplexes sich zur gegenwär­ tigen Tiefenpolitik um Öl und Drogen in Kolumbien und Afghanistan entwickelt haben. Das Gesamtbild ist komplex, aber einige allgemeine Aussagen sind durchaus möglich. Die erste These besagt, dass aus anfangs kleinen, nicht aus­ reichend überwachten verdeckten Operationen Gewinn­ chancen für diverse Interessengruppen von der Öl- bis hin zur Herbizidindustrie entstehen. Die zweite These besagt, dass Tarnorganisationen wie die Air America dank der von ihnen selbst geschürten Kriegs­ ängste überleben. Im Gefolge der Air America finden wir heute eine Reihe ausgelagerter, nominell privater Unterneh­ men wie DynCorp, die der Schulung und Unterstützung amerikanischer Tarnorganisationen im Ausland dienen. Da diese Organisationen über kein regelmäßiges Budget ver­ fügen, sind sie auf die Fortsetzung der Interventionspolitik angewiesen, wenn sie als Partner des amerikanischen Vertei­ digungsestablishments im Geschäft bleiben wollen. Und sie

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brauchen dieses Geschäft nicht nur, sondern können auch selbst dazu beitragen, dass der Bedarf bestehen bleibt. Die dritte These besagt, dass dort, wo die Klugheit Zu­ rückhaltung gebietet, die militärischen Ausgaben aber derart in die Höhe getrieben werden, auch mit einer exzessiven Militärstrategie zu rechnen ist. Eine Politik, die mehr als 90 Prozent ihrer außenpolitischen Ausgaben in das Pentagon und die CIA steckt, wird bei der Suche nach Problem­ lösungen immer militärische und geheime Operationen be­ vorzugen. Ein zu wenig beachteter Faktor der politischen Korrup­ tion in der amerikanischen Asienpolitik ist das Geld, darun­ ter auch Drogengeld, das ausländische Regierungen über ihre Lobbyisten und PR-Agenturen einfließen lassen. Davon wird in diesem Buch noch ausführlich die Rede sein. Als die wahrscheinlich drogenfinanzierte Chinalobby in den 60er Jahren an Einfluss verlor, trat die Korealobby an ihre Stelle, wobei Anna Chennault, die junge chinesische Frau des Ge­ nerals, in beiden eine wichtige Rolle spielte.7 Die rechts­ gerichtete Washington Times wird bis heute finanziell von der Vereinigungskirche des San Myung Mun* unterstützt, einem Ableger der Korean Central Intelligence Agency (KCIA)* und der Asian People’s Anti-Communist League (APACL), der späteren World Anti-Communist League (WACL)*.8 Deren beträchtliche Mittel stammen ebenfalls aus dem Drogenhandel.9 Diese ausländischen Interessengruppen, die sich nachein­ ander für mehrere Kriege der Vereinigten Staaten einsetzten, wurden auch von Washingtoner Interessengruppen unter­ stützt, etwa vom American Security Council (dem auch große Ölgesellschaften angehören).10 Manche Ölgesellschaf­ ten setzten sich über ihre eigenen Interessenvertretungen ganz direkt für ein verstärktes Engagement in Vietnam, Afghanistan oder Kolumbien ein - Socony Mobile in Viet­

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nam, die Foreign Oil Companies Group in Afghanistan, die U.S.-Colombia Business Partnership in Kolumbien.11 Mit ihrer Hilfe entstanden Frontlobbygruppen, in deren Namen die ökonomischen Interessen nicht ganz so deutlich zum Ausdruck kamen, etwa die Friends of Vietnam in den 50er und 60er Jahren oder das Committee for a Free Afghanistan in den 80er Jahren.12 Das Spektrum solcher Lobbytätigkeiten ist sehr breit und reicht von Öffentlichkeitsarbeit bis zur Bestechung. Die Öl­ gesellschaften zögern nicht, sich öffentlich mit dem Ameri­ can Security Council und anderen offenen Interessengruppen zu verbünden. Erst auf tieferer Ebene stößt man immer wie­ der auf indirekte Verbindungen zu den Geldmitteln und Zie­ len von Institutionen, die in den Drogenhandel verwickelt sind. In der Praxis jedoch sind beide Ebenen eng miteinander verwoben, wie wir am Beispiel Afghanistans in den 80er Jah­ ren sehen werden.

Eine Fallstudie zur Deformation der Politik: Stinger-Raketen für Afghanistan

Ein gutes Beispiel für tiefere politische Prozesse hinter der offiziellen Politik ist die Geschichte, wie die Vereinigten Staaten 1986 dazu kamen, den Mudschaheddin in Afghani­ stan Flugabwehrraketen vom Typ Stinger zu liefern. Kon­ ventionelle Darstellungen halten sich an folgendes Muster: Ab Oktober 1986 erhielten einige Widerstandsgruppen über die CIA amerikanische Stinger-Raketen ... Die Stinger war die wichtigste unter den zahlreichen neuen Waffen, die in diesem Krieg eingesetzt wurden. Damit verfügten die Mud­ schaheddin Ende 1986 erstmals über ein glaubwürdiges Luft­ abwehrsystem. Berichte über deren unglaubliche Treffsicher­ heit veranlassten die Sowjets, ihre bis dahin erfolgreiche Luftkriegsstrategie zu verändern.13

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In einem anderen Buch heißt es: Der bemerkenswerteste und wichtigste Erfolg der CIA war die Lieferung von Stinger-Flugabwehrraketen, die 1985 [eigentlich 1986] eine Wende im Afghanistankrieg herbeifüh­ ren sollten, weil sie die sowjetischen Kampfflugzeuge und ge­ panzerten Hubschrauber zwangen, in einer Höhe zu bleiben, aus der sie nicht mehr wirkungsvoll angreifen konnten.14

Es ist allerdings keineswegs klar, dass die Stinger-Raketen, wie oft behauptet, die »Wende« gebracht hätten. Im Gegen­ teil, eine nachträgliche Analyse der Akten des sowjetischen Politbüros veranlasste den Politikwissenschaftler Alan J. Kuperman zu dem Schluss: Entgegen nahe liegenden Vorstellungen und landläufigen Mei­ nungen scheint die amerikanische Gegeneskalation von 1985 bis 1986 für den sowjetischen Rückzugsbeschluss im Novem­ ber 1986 bedeutungslos gewesen zu sein ... Das gilt insbe­ sondere für die Stinger, die in Afghanistan erst im September 1986 zum Einsatz kam, also gerade einmal zwei Monate vor dem Beschluss des Politbüros, einen spätesten Termin für den Rückzug festzulegen. In der entscheidenden Sitzung des Polit­ büros im November 1986 wurden weder die Stinger noch die Gegeneskalation seitens der Amerikaner erwähnt.15

Außerdem führte die so oft als erfolgreiche Politik gelobte Lieferung der Stinger-Raketen später zu einem ernsten Fol­ geproblem. Wie die Kritiker gewarnt hatten, gerieten die Raketen schon bald in die falschen Hände: Im Herbst 1986 lockten sowjetische Kommandos eine Gruppe Rebellen in einen Hinterhalt und erbeuteten zwei Stinger-Raketen. Im Juni 1987 erbeuteten oder kauften irani­ sche Revolutionsgarden 16 Stinger-Raketen bei afghanischen Rebellentruppen des Yunis Khalis. Eine der Raketen und eine

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Abschussvorrichtung fanden sich im Herbst 1987 auf einem iranischen Schnellboot, das geentert worden war, nachdem es Hubschrauber der U.S. Navy im Persischen Golf beschossen hatte.16

In den Jahren 1989 und 1990 musste die CIA Millionen von Dollar für den verzweifelten und nur teilweise erfolgreichen Versuch aufwenden, die unbenutzten Stinger-Raketen zu­ rückzukaufen.17 Die Befürchtung, dass die Taliban mög­ licherweise bis zu 300 Stinger-Raketen besaßen, war der Grund, weshalb die Amerikaner 2001 den Luftkrieg in Afghanistan anfangs aus so großer Höhe führten.18 Außerdem kam der stärkste Antrieb zur Lieferung der Ra­ keten nicht, wie oft behauptet, von der CIA, sondern von Kongressabgeordneten und den hinter ihnen stehenden Interessengruppen. Die Armee war entschieden dagegen, weil sie befürchtete, diese hochmodernen Waffen könnten den Russen in die Hände fallen und nachgebaut werden.19 Dasselbe galt für die CIA, »die davor warnte, die Lieferung von Stinger-Raketen könne die Sowjetunion zu Vergeltungs­ schlägen gegen Pakistan veranlassen, von wo aus die CIA ihre Unterstützung der Rebellen organisierte«.20 Die Schlüs­ selrolle bei der Stinger-Lieferung fiel einem texanischen De­ mokraten mit Verbindungen zum American Security Council zu: Im Herbst 1983 begann der Abgeordnete des Repräsen­ tantenhauses Charles Wilson eine Kampagne, deren Ziel es war, die Guerillas mit wirkungsvolleren Luftabwehrwaffen zu versorgen. »Der Widerstand gegen die Stinger war so groß, dass wir uns mit etwas Geringerem als solchen Rake­ ten begnügen mussten«, erklärte er und erinnerte sich, dass selbst William J. Casey, Direktor der CIA, die Lieferung von Stinger-Raketen nicht forcierte. Ende 1983 überredete er seine Kollegen, 40 Mio. Dollar für den Kauf von Waffen zu bewilligen, und ein großer Teil davon wurde für den Kauf

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schwerer 20-mm-Luftabwehrgeschütze der Schweizer Firma Oerlikon verwendet. Die Guerillas erhielten die automati­ sche Kanone, Wilson zufolge, ab Herbst 1984.21 Mehrere Monate lang hatten konservative Gruppen den stellvertre­ tenden CIA-Direktor John N. McMahon heftig kritisiert, weil er sich den Bemühungen widersetzte, die Guerillas mit Stinger-Raketen auszurüsten. Anfang März 1986 bewilligte Reagan die Lieferung solcher Raketen. Etwa um dieselbe Zeit quittierte McMahon nach 35 Jahren CIA-Zugehörigkeit den Dienst, aus »persönlichen Gründen«, wie er selbst an­ gab. Sein Rücktritt sei mitnichten »Ausdruck einer Unzufrie­ denheit mit der Politik des Präsidenten«.22 Aus der Sicht des Historikers, der hauptsächlich auf Archive zurückgreift, resultierte die Entscheidung über die Lieferung der Stinger-Raketen aus der National Security Decision Directive 166 vom März 1985, die unterzeichnet wurde, weil Reagan nach Möglichkeiten suchte, den Rebel­ len in Afghanistan zum Sieg zu verhelfen. Es ist jedoch klar, dass der eigentliche Umschwung 1983 und 1984 erfolgte, als die geheime Militärhilfe der Vereinigten Staaten für die afghanischen Rebellen (die bis dahin relativ stabil bei 30 bis 35 Mio. Dollar jährlich gelegen hatte) mehr als verdoppelt wurde.23 Die 1986 getroffene Entscheidung über die Liefe­ rung der Stinger-Raketen geht auf die vor 1985 betriebene Lobbyarbeit im Kongress zurück, und zwar seitens derselben Interessengruppen, die später für die Intervention in Kolum­ bien warben und davor für die Intervention in Vietnam ge­ worben hatten. Eine dieser Interessengruppen war der American Security Council, der sich in den 60er Jahren für ein verstärktes En­ gagement in Vietnam und in den 80er Jahren für ein Enga­ gement in Afghanistan einsetzte. Charles Wilson war selbst Mitglied der Arbeitsgruppe Mittelamerika dieses vermeint­ lichen Beirates.24 Eine Mitarbeiterin des Council, Odilie Eng­

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lish, reiste in den 80er Jahren mehrfach nach Afghanistan, bevor sie Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit des Committee for a Free Afghanistan wurde und sich später dann als Lobbyistin für die Nordallianz betätigte.25 Der Leiter dieses Komitees, Generalmajor a. D. Milnor Roberts, war zugleich Vizepräsident des American Security Council.26

Die dunkle Seite von Tarnfirmen

Einen noch dubioseren und »tieferen« Einfluss übte Farhad Azima aus, der beiden großen Parteien Amerikas Dienste er­ wies.27 Wie wir noch sehen werden, beteiligte sich seine Flug­ gesellschaft Global International Airways in den 80er Jahren am Transport amerikanischer Waffen nach Afghanistan. Ge­ meinsam mit Air America in Vietnam, Southern Air Trans­ port, die Geschäfte mit den Contras und in Kolumbien machten, und Azimas RACE Airlines, die amerikanische Waffen in den Iran flog, gehörte Global International Air­ ways zu einer Gruppe von Luftfrachtunternehmen, die für die CIA arbeiteten.28 Azima gründete Global International 1978: »Mit Krediten einer internationalen arabischen Bank wurde Global International rasch zur größten Charterflug­ gesellschaft des Landes.«29 Ein FBI-Agent erzählte dem Autor Pete Brewton, mit manchen Global-Flügen seien »Waffen und Munition ins Ausland und Rauschmittel zu­ rück ins Land geflogen worden«.30 Azima hatte für Global auch einen Auftrag akquiriert, Spezialitäten für die reichen Gäste des Dunes Kasinohotels in Las Vegas einzufliegen. An­ geblich vermittelte er dem Dunes Hotel ein Darlehen der von der Unterwelt kontrollierten Indian Springs State Bank in Kansas City (bei der auch er Kredite aufgenommen hatte).31 Man erkennt, dass immer wieder dieselben Lobbys und ihr Umfeld beteiligt sind, wobei jeweils die Ölinteressen auf offener Bühne agieren, während die Verbindungen zur

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Unterwelt und zum Drogenhandel verborgen bleiben. So gibt es eine erstaunliche Kontinuität zwischen den Aktivi­ täten eines Paul Helliwell - zunächst Mitarbeiter des militä­ rischen Geheimdienstes Office of Strategie Services (OSS) und später der CIA mit Verbindungen zu Meyer Lanskys* Bank32, der dafür sorgte, dass die CAT (die spätere Air Ame­ rica) in den Besitz der CIA überging - und einer ganzen Reihe von Banken mit Verbindungen zur CIA, zum Drogen­ handel und zur Unterwelt: der Castle Bank of the Bahamas (einer Helliwell-Gründung), der World Finance Corpora­ tion, der Nugan Hand Bank und vor allem der Bank of Cre­ dit and Commerce International (BCCI)*.33 Man darf nicht übersehen, dass skrupellose Einzelperso­ nen oder Gruppen durch die Beteiligung an verdeckten Ope­ rationen ein Vermögen machen können. Der in die IranContra-Affäre* verstrickte Richard Secord (der zur Klientel der Nugan Hand Bank gehörte) verdiente zuvor Millionen, weil er über seine Firma EATSCO für Farhad Azima und Global International Waffen nach Ägypten lieferte.34 Weite­ res Geld verdiente er dann durch die gemeinsam mit David Kimche vom israelischen Mossad geführten Verhandlungen über Iran-Contra-Waffengeschäfte (im Juli 1986 flog Azimas in Madrid beheimatete Fluggesellschaft RACE Airlines 23 Tonnen in den Iran).35 Und schließlich verhandelten Secord und Kimche 1992 angeblich in Aserbaidschan über den Verkauf israelischer Waffen. Ein Jahr später wurde Gulbuddin Hekmatyar, der größte Drogenhändler unter den Führern der afghanischen Mudschaheddin, dabei »beobach­ tet, wie er afghanische Söldner [das heißt in Afghanistan ausgebildete ausländische Söldner] für den Kampf gegen die Armenier und deren russische Verbündete in Aserbaidschan anwarb«.36

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Geheimoperationen, Interessengruppen und Erdöl Die Iran-Contra-Affäre hat gezeigt, dass solche Intrigen sich zumindest mit einem Ölmann wie William J. Casey an der Spitze der CIA durchaus zu einer Verfassungskrise ausweiten können. Sie müssen aber nicht unbedingt einen Krieg zur Folge haben. Auch die gewaltigen Ausgaben für diverse strategische Waffensysteme haben nicht zum Krieg geführt. Zum Krieg kam es dagegen in kleineren Ländern, an denen Ölgesellschaften und ihre Lobbys ein gewisses Interesse hatten und deren Namen den meisten Amerikanern kaum bekannt waren: Vietnam, Afghanistan, Kuwait. In der Zukunft könnten die zentralasiatischen Staaten solch eine Rolle spielen, zum Beispiel Aserbaidschan. Die staatliche Ölgesellschaft des Landes hat 1994 einen auf 30 Jahre ausgelegten Vertrag im Gesamtwert von acht Mrd. Dollar mit BP, Unocal, Exxon und anderen ausländischen Ölgesellschaften zur Erschließung der Ölfelder abgeschlos­ sen, die zu den größten im Kaspischen Becken gehören dürf­ ten. Solche Zukunftsinvestitionen schaffen für die amerika­ nische Regierung einen nicht unerheblichen Absicherungs­ druck, und das heißt in diesem Fall, die Pipelines zu sichern, die erforderlich sind, damit die Erträge dieser Investitionen fließen können. Es wird immer wieder behauptet, amerika­ nische Ölgesellschaften beteiligten sich direkt oder indirekt an verdeckten Operationen. In Kolumbien nahm (wovon noch die Rede sein wird) ein für Occidental Petroleum arbei­ tendes Sicherheitsunternehmen an einer Militäraktion der kolumbianischen Armee teil, bei der »versehentlich 18 Zivi­ listen getötet wurden«.37 Im ersten Teil des Buches werden wir sehen, dass gerade durch das Kaspische Becken, in dem die Ölgesellschaften aktiv sind, die wichtigsten Drogen­ routen verlaufen, zum Beispiel durch Aserbaidschan.38 Gefährdete amerikanische Ölinteressen finden sich auch

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in Kasachstan und Turkmenistan. Vor allem seit dem 11. Sep­ tember 2001 sind in Zentralasien, von Georgien bis Kirgisis­ tan, weitere amerikanische Truppen stationiert worden. Fast alle Staaten dort sind instabil und haben mit einer be­ waffneten Opposition zu kämpfen. Kurzfristig führen Öl­ investitionen meist zu noch größerer Instabilität, weil sie der Korruption Vorschub leisten, den zur Schau gestellten Reich­ tum einiger weniger fördern und die Diktatur verschärfen. Das Wissen um diese Instabilität verstärkt wiederum das Be­ dürfnis nach einer irrationalen, aber definitiven Demonstra­ tion amerikanischer Macht - wie im Fall der amerikanischen Invasion im Irak. Als Gründe für das militärische Engagement der Vereinig­ ten Staaten in der Dritten Welt werden meist hehre strategi­ sche Ziele genannt. Doch die eigentlichen Motive verdanken sich ganz spezifischen Interessen, und die privaten Lobbys, die sie vertreten, setzen sich für die von ihnen gewünschte Politik mit erheblichen Mitteln ein, die vielfach aus dem Öl­ geschäft oder dem Drogenhandel finanziert werden - oder aus beidem. Das gilt in besonderem Maße für die offizielle amerikani­ sche Politik in Asien, wo die beiden mächtigsten Interessen­ gruppen Amerikas - das Ölkartell und die Israellobby - in maßloser wechselseitiger Opposition stehen.39 Gemeinhin gilt das American Israel Public Attain Committee (AIPAC) als die einflussreichste und bestorganisierte Interessengruppe in Washington, die zwar für ihre geringe Medienpräsenz be­ rühmt ist, deren Bekanntheitsgrad aber dennoch weit über dem solcher Öllobbys wie der Foreign Oil Companies Group liegt.40 Das AIPAC arbeitet zumindest teilweise im Kongress; die Öllobbys halten sich eher an die verschwiegenen Hinterzim­ mer des Außenministeriums, des Nationalen Sicherheitsrats und der CIA. Man hat einmal gesagt: »Die Öllobby ist ...

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eine eigene Unterregierung, mit Wurzeln, die tief in den Bo­ den der wirklichen Regierung hinein reichen.«41 AIPAC und Öllobby haben sich weitgehend im Konflikt miteinander ent­ wickelt, doch gelegentlich kommen ihre Interessen auch zur Deckung. Im Jahr 2002 verfolgen sie mindestens zwei ge­ meinsame Interessen: Beide unterstützen die Expansion ame­ rikanischer Macht in den zentralasiatischen Raum, und beide befürworten die amerikanische Invasion im Irak.

Der psychologische Widerstand gegen die Wahrnehmung tiefenpolitischer Intrigen

In meinen früheren Büchern habe ich auf den psychologi­ schen Widerstand hingewiesen, der eine offene Wahrneh­ mung des dysfunktionalen und zuweilen auch kriminellen Stützwerks unseres politischen Establishments behindert. Besonders stark ist dieser Widerstand im Fall der amerika­ nischen Asienpolitik, die von Sonderinteressen und deren Machenschaften beherrscht wird. Im ersten Teil hoffe ich zeigen zu können, dass der internationale Drogenhandel mit seinem Einfluss auf amerikanische Interventionen von Viet­ nam bis Afghanistan eine besonders sensible Rolle in diesem Komplex spielte. Für diese Vorgänge würde ich heute nicht mehr den Aus­ druck »Verschwörung« benutzen, zu dem mich meine frü­ hen Nachforschungen über die Guomindang, die mit ihr ver­ bundene Fluggesellschaft Air America, die Chinalobby und deren zweifellos konspirative Verbindungen zu Nixon 1968 anregten. Der Ausdruck »Verschwörung« lässt unvermeid­ lich an eine einzelne Gruppe oder Intrige denken, doch haben wir es hier mit einem ungleich breiten Milieu zu tun. Allerdings stieß ich im Lager derjenigen, die den Vietnam­ krieg befürworteten auf eine ähnlich ausgeprägte konspira­ tive Mentalität, aus der heraus sie alles versuchten, jede

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Friedensbemühung des Präsidenten oder des Kongresses zu durchkreuzen. Die Ereignisse seit dem Erscheinen meines Buchs The War Conspiracy haben hinreichend bewiesen, dass diese Men­ talität immer noch ausgeprägt ist. So wurden bei der Untersuchung der Iran-Contra-Affäre Gesetzesverstöße zur Durchsetzung kriegsähnlicher Ziele dokumentiert, die am Ende, wenn auch nur indirekt, zu Amtsenthebungen und Verurteilungen führten. Ein Jahrzehnt später fand man her­ aus, dass das Pentagon trotz eines ausdrücklichen Verbots durch den Kongress weiterhin ein Tötungstraining für so ge­ nannte Elitesoldaten der indonesischen Armee durchführte, von denen bekannt war, dass sie Kriegsverbrechen begangen hatten.42 Langjährige Beobachter der CIA oder des Pentagon sind von solchen Gesetzesverstößen keineswegs überrascht. Es gehört zur »Kultur« dieser Institutionen, nur unwillig auf äußere Beschränkungen einzugehen, und es gehört zur Kultur eines Teils der amerikanischen Öffentlichkeit, auf jedes aufgedeckte Fehlverhalten stets wieder überrascht und schockiert zu reagieren. Eigentlich ist »Verschwörung« (conspiracy) ein zu starkes Wort für die von mir beschriebenen Sachverhalte, »Menta­ lität« wäre jedoch eindeutig zu schwach. Zumindest für die 60er Jahre lässt sich nachweisen, dass Entscheidungen über Kriege und kriegerische Akte nicht nur offen und unvoreingenommen getroffen, sondern maßgeblich durch Täuschungsmanöver und Intrigen jenseits der politischen Debatte beeinflusst wurden. Die zunehmende US-Präsenz in Kolumbien kann als Test für die Frage dienen, ob das auch heute noch der Fall ist. Vielleicht hätte ich damals statt conspiracy das alte engli­ sche Wort conspiration benutzen sollen. Durch die Analogie mit aspiration (Bestrebung, Trachten) bezöge der Begriff sich dann eher auf eine grundsätzliche Verschwörungsmentalität

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als auf einzelne Gruppen von Verschwörern.43 Ironischer­ weise handelten auch manche Präsidenten wie Verschwörer, da sie ihre gelegentlichen Friedensinitiativen oft in aller Heimlichkeit vorbereiteten. So überraschte Eisenhower mit seiner prägend gewordenen Bemerkung über den »militä­ risch-industriellen Komplex« - ein Thema dieses Buches selbst seine engen Berater. Kennedys Ansprache an der Ame­ rican University, in der er im Juni 1963 größere Anstrengun­ gen um einen Frieden mit der Sowjetunion forderte, »wurde im Weißen Haus ohne Rücksprache mit dem Pentagon oder dem Außenministerium verfasst«.44 Als Nixon Kissinger zu einem Treffen mit Zhou Enlai nach Peking entsandte, sorgte das Weiße Haus mit konspirativen Mitteln für vollkommene Geheimhaltung; der Öffentlichkeit erklärte man, Kissinger habe wegen eines Magenleidens einen Urlaub in den Bergen angetreten.45 Der Unterschied liegt darin, dass solche »Friedensver­ schwörungen« sich im Rahmen der gesetzlichen Macht­ befugnisse ihrer Akteure bewegten. Die Kriegsverschwörer versuchten dagegen wiederholt und gelegentlich mit unge­ setzlichen Mitteln, der gesetzlichen Macht Widerstand zu leisten und sie zu entmutigen, um ihre dysfunktionalen Ziele durchzusetzen. Das ist ein aufschlussreiches Paradoxon.

Tiefere Quellen der Dysfunktionalität im Krieg Der Ausdruck »dysfunktional« lässt an Irrationalität den­ ken, und das ist durchaus beabsichtigt. Eine Reihe von Autoren hat auf die Irrationalität des gesamten Vietnam­ kriegs hingewiesen. So schreibt etwa David Kaiser, dass die­ ser Krieg nur deshalb geführt wurde, um die »Glaubwürdig­ keit« der Vereinigten Staaten und deren »Treue gegenüber ihren Verpflichtungen« zu beweisen, aber dass er letztlich »die Glaubwürdigkeit des Landes untergrub und seine

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Fähigkeit gefährdete, anderen Verpflichtungen nachzukom­ men«.46 Der Historiker Fredrik Logevall sieht die Dysfunktiona­ lität direkt im Weißen Haus angesiedelt, wenn er behauptet, zumindest 1964 sei »die treibende Kraft hinter der ameri­ kanischen Vietnampolitik« nicht die Glaubwürdigkeit des Landes, sondern allenfalls die der jeweiligen Partei oder die einzelner Personen gewesen.47 Dazu passt auch seine These, wonach amerikanische Führer sich 1964 zu keinem Zeit­ punkt »hinsichtlich Vietnam in einer Zwangslage befanden. Ihnen stand immer beträchtliche Entscheidungsfreiheit of­ fen, welchen Weg sie in diesem Krieg einschlagen wollten«.48 Logevalls nobles Plädoyer für die Entscheidungsfreiheit in der Geschichte widerlegt all jene, die (wie Leslie Gelb oder David Dallek) behaupten, der amerikanische Kriegseintritt sei so überdeterminiert gewesen, dass im Grunde gar keine andere Wahl bestanden habe. Andererseits haben die tat­ sächlich gewählten Optionen auch nichts mit etwaigen Charaktermängeln Lyndon B. Johnsons oder seiner obersten Berater wie Robert McNamara zu tun. Diese Männer waren Akteure innerhalb eines umfassenden Sozialsystems, das ihre politischen Möglichkeiten beträchtlich einschränkte. Eine andere Entscheidung als die tatsächlich getroffene wäre gar nicht vorstellbar ohne eine Veränderung jener Machtstruk­ tur, die ihnen erst die Möglichkeit zum Handeln eröffnete. Seit den Wahlen 1964 fürchtete Lyndon B. Johnson eine Eskalation des Krieges ebenso sehr, wie er sie bis dahin gewünscht hatte. Und Kennedy schreckte bis zu seiner Ermordung vor einem Rückzug größerer Kontingente ame­ rikanischer Truppen zurück.49 Obwohl beide ganz unter­ schiedlicher Meinung waren, wussten sie, dass ihre Füh­ rungsfähigkeit in erheblichem Maße von Kräften abhing, die sich ihrer Kontrolle entzogen - im Kongress, in den Medien, in ihrem politischen Lager und in der ganzen Nation.

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Dieser Punkt ist sehr bedeutsam für die alternative Ana­ lyse, die ich in diesem Buch vorstelle. Ohne die Bedeutung der großen Politik schmälern zu wollen, lassen sich doch auch andere, weniger sichtbare Faktoren aufzeigen, deren kumulative Wirkung über die Jahre gleichfalls beträcht­ lichen Einfluss ausübte. Und diesen verborgenen Faktoren ist nichts entgegenzusetzen, solange man sie nicht kennt. Der gemeinsame Nenner weiter Bereiche der in diesem Buch diskutierten »systemischen« Dysfunktionalität ist eine gewisse Teilrationalität. Teile der U.S. Navy und der Air Force versuchten, Strategien und Taktiken des Bombenkriegs einzuführen oder zu unterstützen, die den Zielen der ameri­ kanischen Diplomatie widersprachen. Die Leute, denen die Kontrolle der geheimsten Geheimdienstquellen (elektro­ nische Aufklärung und das Abhören des Funkverkehrs) ob­ lag, ließen es zu, dass diese Informationen manipuliert wur­ den, um politische Entscheidungen zu beeinflussen und den Kongress zu täuschen. Kreise, die befürchteten, der Krieg werde am Verhandlungstisch (und nicht auf dem Schlacht­ feld) verloren gehen, übten wiederholt Druck aus, um die Ge­ fahr eines diplomatischen Friedens abzuwehren. Interessen­ vertreter der Ölindustrie, die von den unerschlossenen Öl­ vorkommen im Südchinesischen Meer wussten, setzten sich lautstark und erfolgreich für ein verstärktes Engagement der Vereinigten Staaten in Vietnam ein, und das schon lange vor den offiziellen politischen Entscheidungsträgern des Landes. Mächtige Interessengruppen wie der American Security Council plädierten für eine Intervention und Eskalation, doch hinter ihrer patriotischen Rhetorik standen in Wirklich­ keit die Profitinteressen der Anteilseigner. Ich unternehme diese tiefenpolitische Analyse des Viet­ namkriegs in der Absicht, Vorstellungen von institutioneller Rationalität, wie sie uns von Max Weber geläufig sind, eher zu verfeinern als zu widerlegen. In mancherlei Hinsicht hat

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das Pentagon seit Vietnam gelernt, Kriege anders zu führen, vor allem aus der Luft, sodass die eigenen Verluste gering bleiben. Doch in gewisser Weise ist die eigene wie auch die ausgelagerte Infrastruktur dieselbe geblieben. Zwar gibt es die Air America nicht mehr, aber in Kolumbien immerhin eine Nachfolgerin der anderen in CIA-Besitz befindlichen Fluggesellschaft: die Southern Air Transport. Kolumbien ist - wie früher Indochina - ein Beispiel für die geheimnis­ volle Überschneidung der CIA mit dem Ölgeschäft und mit dem internationalen Drogenhandel, der seine eigenen tiefen­ politischen Ziele verfolgt. Die Geschichte der amerikanischen Interventionen weist Kontinuitäten, aber auch große Unterschiede auf. Der größte Unterschied liegt wahrscheinlich in der Macht der Privat­ unternehmen, die auf Kosten der bürokratischen Macht be­ trächtlich zugenommen hat, vor allem im Pentagon. Den­ noch glaube ich, dass eine genaue Untersuchung verborgener Kontinuitäten erforderlich ist, wenn die Öffentlichkeit je­ mals Kontrolle über den Prozess erhalten soll, der die Ver­ einigten Staaten wiederholt in den Krieg geführt hat.

Vietnam und Verdrängung - oder: die notwendige Skepsis gegenüber den Archiven

Während die Vereinigten Staaten sich neuerlich auf ein En­ gagement nach Art des Vietnamkriegs eingelassen haben, behält meine politische Analyse von 1970 ihre Gültigkeit. Zwar gibt es inzwischen eine umfangreiche Literatur zu den damaligen Entscheidungsprozessen innerhalb der Regierung, die sich in einem Ausmaß auf staatliche Archive stützt, wie es 1970 noch gar nicht möglich war. So hat beispielsweise das Außenministerium sieben Bände mit Vietnamakten von 1961 bis 1965 in seiner Archivreihe Foreign Relations of the United States veröffentlicht.

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Doch die wachsende Zahl verfügbarer Dokumente führt nicht zu einhelligen Auffassungen. Der Streit zwischen de­ nen, die den Vietnamkrieg für einen notwendigen Krieg halten, und denen, die darin eine amerikanische Tragödie er­ blicken, besteht weiter.50 Aus den besten dieser Bücher (mei­ nes Erachtens die von Kaiser und Fredrik Logevall) ergeben sich zwei wichtige Punkte. Punkt eins: Die Präsidenten Eisenhower, Kennedy und Johnson waren mit einem politischen Establishment kon­ frontiert, das ständig auf eine Eskalation aus war. Punkt zwei: Die Eskalation wurde aus der Angst heraus immer wei­ ter vorangetrieben, der Krieg könne verloren gehen, und zwar nicht auf dem Schlachtfeld, sondern aus ganz anderen Gründen: etwa weil der Kongress sich abwenden, die Joint Chiefs of Staff (die Oberbefehlshaber aller Waffengattungen) wegen der auferlegten Beschränkungen für die Einstellung aller Angriffe plädieren, die Verbündeten in Saigon der Ver­ suchung eines neutralen Status erliegen oder weil die Nord­ vietnamesen sich zu Verhandlungen bereit erklären könnten. Doch fast die gesamte Literatur erliegt dem archivalischen Vorurteil, wonach man der Wahrheit am nächsten kommt, wenn man den dokumentierten Diskussionen, Äußerungen und Fakten der staatlichen Bürokratie möglichst genau nachgeht. Mit wachsender Differenzierung dieser Bücher (und viele von ihnen sind tatsächlich exzellent) laufen wir Gefahr, die tieferen Kräfte aus den Augen zu verlieren, die sich bestenfalls indirekt auf ganz anderen Bühnen, eher aber gar nicht äußern. Und mit der sukzessiven Freigabe immer größerer Teile der politischen Akten werden wichtige andere Quellen wie der Foreign Broadcast Intelligence Service (FBIS) oder die Defense Department Contract Awards nur noch sel­ ten zu Rate gezogen oder vollkommen ignoriert. Das archivalische Vorurteil ist im Falle Indochinas be­ sonders gefährlich. Als die Vereinigten Staaten dort zu einem

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wichtigen Akteur aufstiegen, wurde die einschlägige Auf­ klärung nicht nur umfangreicher, sondern auch unzuverläs­ siger. Die besseren Historiker wissen um dieses Problem und haben angemessen, wenn auch auf unterschiedliche Weise darauf reagiert. Aber selbst Kaiser, der wohl am besten ver­ steht, inwiefern die Laoskrisen den Vietnamkrieg entfachten, schreibt in seinem Buch viel über die (nicht vollkommen grundlosen, aber gewiss übertriebenen) Ängste Amerikas hinsichtlich einer 1962 einsetzenden kommunistischen Ag­ gression in Laos, aber kaum etwas von den Ängsten der an­ deren Seite, die zumindest ebenso begründet waren.51 Es ist an der Zeit, dass amerikanische Historiker sich die nordvietnamesische Seite etwas genauer ansehen und einräu­ men, dass Nordvietnam weit mehr Grund zu Befürchtungen und zu einer Reaktion auf die amerikanischen Aktivitäten in Laos hatte als umgekehrt. Vielleicht sollte ich meine Sicht erläutern und zeigen, auf welche Weise Laos mich veranlasste, über Vietnam zu schrei­ ben und mich aktiv mit dieser Frage zu beschäftigen. Bis zum Jahr 2002 hatte ich Asien nie besucht. Während meiner letz­ ten zwei Jahre im diplomatischen Dienst Kanadas (19591961) arbeitete ich in Polen. Polen war zusammen mit Kanada und Indien in der Internationalen Kontrollkommis­ sion vertreten, die zur Überwachung des Genfer IndochinaAbkommens* von 1954 ins Leben gerufen worden war. Mit jedem Diplomatenkoffer kamen entmutigend große Stapel Telegramme herein, die vom jüngsten Mitglied der Gesandtschaft gelesen werden mussten - und das war ich. Natürlich konnte ich die Fülle der Einzelheiten nicht im Ge­ dächtnis behalten, als ich 1961 von Warschau nach Berkeley zog, um eine neue berufliche Laufbahn einzuschlagen. Aber mir war deutlich geworden, dass die meisten Verbündeten der Vereinigten Staaten in der Indochinafrage eine andere Auffassung vertraten als Washington. Kanada stand nicht

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allein da mit seinem Wunsch, an dem Genfer Abkommen von 1954 festzuhalten. Die Vereinigten Staaten waren na­ hezu die einzigen, die es zu untergraben versuchten - um einen schrecklichen Preis, wie wir heute wissen. Während meiner Zeit in Warschau galt die Unzufriedenheit vor allem dem Verhalten der offiziellen amerikanischen Vertreter in Laos. Mehr als mir bewusst war, nährte das damals Gelesene meine spätere Skepsis gegenüber dem Verhalten der ameri­ kanischen Regierung in anderen Staaten. An dieser Skepsis scheint es mir in den archivalisch ge­ stützten historischen Darstellungen zu fehlen, selbst in den besten. So will Kaiser einen Blick auf »die Ursprünge des Vietnamkriegs« werfen, doch (wie Logevall) erwähnt er den Druck, den der American Security Council und andere Inter­ essengruppen auf Kennedy und Johnson ausübten, mit kei­ nem weiteren Wort. Auch die Air America wird nur an zwei Stellen nebenher erwähnt, obwohl diese Fluggesellschaft die stärkste amerikanische Präsenz in Laos darstellte.52 Kaiser und Logevall unterstellen (meines Erachtens fälschlich), die Air America sei nur ein passives Werkzeug gewesen und kein mit der Guomindang verbundener Akteur, der eigenstän­ digen Einfluss auf die Entwicklung nehmen konnte.

Das Wuchern geheimer Programme

Die unzureichende Quellenlage bezüglich der politischen Entscheidungsprozesse innerhalb des Regierungsapparats er­ weist sich als eher geringfügiges Problem, wenn man sie mit unserer Unwissenheit hinsichtlich des verborgenen Drucks vergleicht, den staatliche Bürokratien und private Interessen­ gruppen ausgeübt haben. Ein Beispiel: Das geheime Entlaubungsprogramm, das schließlich die von Nixon angeordnete, gleichfalls geheime Bombardierung Kambodschas begleitete, zeigt, wie ver­

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deckte, dem Urteil der politischen Öffentlichkeit entzogene Programme über jedes rational begründbare Maß hinaus zu wuchern vermögen. Was als Mittel zur Beseitigung von Hecken und Rainen begann, steigerte sich zu einer Praxis, die ganze Regionen unbewohnbar machte (siehe Tabelle 1). Tabelle 1 Die Herbizidkriegsführung in Vietnam Operation »Trail Dust«, 10. August 1961-31. Oktober 1971 (3.735 Tage)

Jahr

Gesamtmenge (Liter)

1962

64.999

Gesamtfläche km2 70

1963

282.996

303

1964

1.065.995

1.140

1965

2.515.992

2.691

1966

9.598.972

10.262

1967

19.393.940

20.733

1968

19.263.938

20.596

1969

17.256.946

18.449

1970

2.872.990

3.072

38.002

41

unbekannt

1.064.458

1.137

insgesamt

73.419.228

78.493

1971

Quelle: Die für die Umrechnung in Liter und km2 zugrunde gelegten Zahlen stammen aus: William A. Buckingham Jr., Operation RANCH HAND: The Air Force and Herbicides in Southeast Asia, 1961-1971, Washington, D.C.: Office of the Air Force History, 1981.

Das hier dokumentierte Ausmaß der Entlaubungsstrategie erscheint in einem noch drastischeren Licht, wenn man sich vergegenwärtigt, dass schon im Oktober 1967 die Research and Development Corporation (RAND) erklärte, das Pro­ gramm habe die Anwohner der zerstörten Felder geschädigt, die ländliche Bevölkerung Südvietnams der eigenen Regie­ rung entfremdet und gegen die Vereinigten Staaten aufge­

Einführung

43

bracht. Das Programm könne sich daher leicht als kontra­ produktiv erweisen.53 Einen Monat später schloss sich der stellvertretende Verteidigungsminister Alain Enthoven die­ sem negativen Urteil an. Dennoch wurde mehr als die Hälfte der gesamten in Südvietnam eingesetzten Entlaubungsmittel noch nach diesem Zeitraum versprüht, nämlich von 1968 bis 1971. Selbst der scheinbare Rückgang 1969 ist (wie wir noch sehen werden) eine Täuschung, denn damals verlagerte die Air Force ihre Aktivitäten auf eine ähnlich massive Entlaubungsaktion gegen französische Gummiplantagen in Kambodscha. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass Programme, die mit lukrativen Verträgen verbunden sind, selbst dann noch wu­ chern und expandieren können, wenn eine rationale Prüfung ergeben hat, dass sie gar nicht funktionieren. Es bleibt auch in diesem Fall zu vermuten, dass sich eine Interessengemein­ schaft zwischen den Anbietern der Herbizide und deren An­ wendern in den Streitkräften herausbildete.54 Der Vietnamkrieg war kein isoliertes Ereignis. Er war das Produkt kriegstreibender und vornehmlich amerikanischer Kräfte, die bis heute nicht hinreichend identifiziert worden sind. Von diesen Kräften ist jedoch keine einflussreicher und geheimnisvoller als die Verbindung der CIA und der für sie arbeitenden Fluggesellschaften mit wichtigen Drogenhänd­ lern - damals in Indochina, heutzutage in Kolumbien und Afghanistan. In der Vergangenheit hat vor allem die amerikanische Re­ gierung die Aufklärung über diese Kräfte verhindert. Wäh­ rend der ganzen 50er Jahre verdeckte die amtliche Gegen­ propaganda, dass die Guomindang aktiv an der illegalen Einfuhr von Drogen in die USA beteiligt war. Der wichtigste Akteur war hier Harry Anslinger, der Leiter des Federal Bureau of Narcotics (FBN), der wiederholt die falsche Be­ hauptung aufstellte, die Vereinigten Staaten würden von

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Einführung

der Volksrepublik China mit Drogen aus Jünnan über­ schwemmt.55 Doch hinter ihm stand eine starke Chinalobby innerhalb und außerhalb der Regierung, die mächtig genug war, das einzige Buch zu unterdrücken, das damals auf die Rolle der Guomindang im Drogenhandel hinwies.56 Die amerikanische Regierung hielt auch weiterhin an einer projektiven Gegenpropaganda fest und machte Kom­ munisten für einen Drogenhandel verantwortlich, der in Wirklichkeit in den Händen geheimer Verbündeter lag. In den 80er Jahren beschuldigte Ronald Reagan die Sandinis­ ten, das Land mit Kokain zu überschwemmen, obwohl die Drug Enforcement Administration (DEA) hauptsächlich Händler dafür verantwortlich machte, die den Contras nahe standen.57 In den 90er Jahren schob Clintons Drogenzar General Barry McCaffrey die Kokainflut den »Drogengueril­ las« in die Schuhe, obwohl die kolumbianische Regierung sie rechtsgerichteten paramilitärischen Kreisen zuschrieb. Die gewaltige Aufgabe, einen neuen Vietnamkrieg in Kolumbien oder in Afghanistan zu verhindern, erfordert ganz sicher ein besseres Verständnis des weltweiten Drogen­ handels samt seiner Verbindungen zu den Ölgesellschaften und anderen ökonomischen Interessen. Diesem Ziel widme ich mein Buch. Es bietet gewiss keine endgültige Antwort. Aber es konzentriert sich auf politische Tiefenprozesse, die in anderen Bücher allzu oft übersehen werden.

TEILI

Afghanistan - das Heroin und das Öl

1. Die Drogen und das Öl in den asiatischen Kriegen der USA: von Indochina nach Afghanistan

Öl, Drogen und die amerikanischen Interventionen in der Dritten Welt

In dem halben Jahrhundert seit dem Koreakrieg waren die Vereinigten Staaten in der Dritten Welt in vier größere Kriege verwickelt: in Vietnam (1961-1975), am Persischen Golf (1990-1991), in Kolumbien (1991 bis heute) und in Afghanistan (2001-2002).1 All diese Kriegsschauplätze lagen in oder in der Nähe von Erdölregionen. Und in allen vier Fällen stützte Amerika sich auf Verbündete, die eine wichtige Rolle im internationalen Drogenhandel spielten. Diese Vorliebe, Verbündete aus dem Bereich des Drogenhan­ dels auszubilden, zu bewaffnen und zu finanzieren, um die Ölversorgung zu sichern, hat erheblich zu dem gewaltigen Anstieg des illegalen internationalen Drogenhandels seit dem Zweiten Weltkrieg beigetragen. Das Muster wird noch deutlicher, wenn wir zwei größere indirekte Interventionen Amerikas aus etwa derselben Zeit hinzunehmen, die Unterstützung der nicaraguanischen Con­ tras (1981—1988) und der afghanischen Mudschaheddin (1979-1991). Die CIA bediente sich zur Unterstützung der Contras in Mittelamerika einer Fluggesellschaft, die einem Anführer des größten Kokainrings der Region gehörte.2 Und sie stellte dem vom pakistanischen Geheimdienst ISI (InterServices Intelligence) zum Helfer auserkorenen Drogenhänd­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

ler Gulbuddin Hekmatyar Mittel zur Verfügung, die dazu beitrugen, dass er zeitweilig zum größten Drogenbaron Afghanistans und vielleicht sogar der ganzen Welt aufstieg.3 Alle großen Reiche seit der Renaissance waren getrieben von der Suche nach ausländischen Rohstoffen, und fast alle zum Beispiel das britische, das französische und das nieder­ ländische Weltreich - nutzten Drogen als billige Möglichkeit, ihre Expansion in Übersee zu bezahlen. Als die Vereinigten Staaten beschlossen, den westlichen Einfluss in Südostasien zu sichern, übernahmen sie von den früheren Kolonialherren eine soziale Struktur, die in der einen oder anderen Weise mit den mächtigen, im Drogenhandel aktiven chinesischen Tria­ den koexistiert hatte.4 Die Vereinigten Staaten strebten immer entschiedener nach der ausschließlichen Herrschaft über die weltweite Erd­ ölwirtschaft, um den wachsenden eigenen Bedarf zu sichern und um zu verhindern, dass diese Macht in andere Hände fiel. Die Tatsache, dass sie sich immer wieder in Aktionen stürzten, die den weltweiten Drogenhandel stärkten, wirft die Frage nach einer möglichen Analogie auf: Versuchten die USA, die Kontrolle über den weltweiten Drogenhandel zu behalten, um sicherzustellen, dass die dort umgesetzten Gel­ der die eigene Wirtschaft und nicht die ihrer kommunisti­ schen Gegner stärkten? Die amerikanische Abhängigkeit von Verbündeten aus Kreisen des Drogenhandels lässt sich bis auf die von der CIA 1949-1950 getroffene Entscheidung zurückverfolgen, Rest­ kräfte der chinesischen Guomindang in Birma mit Waffen und Nachschub zu versorgen. Daraus entwickelte sich ein weitaus größeres Programm zur Unterstützung der Hmong, eines Stammes in Nordostlaos, der Opium anbaut. Nach dem im eigenen Land so unpopulären Vietnamkrieg verbün­ deten die Vereinigten Staaten sich im Blick auf ein immer deutlicher formuliertes geostrategisches Interesse an den

1. Die Drogen und das Öl

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weltweiten Erdölvorkommen auch weiterhin mit lokalen Drogenhändlern, um den Einsatz eigener Truppen zu ver­ meiden oder zumindest zu stützen. Ich behaupte nicht, alle Aspekte der amerikanischen Außenpolitik seien von der Sorge um Erdöl und Erdgas bestimmt gewesen. Im Gegenteil, als Clinton 1996 von der Ölgesellschaft Unocal gedrängt wurde, die Taliban anzuer­ kennen, weil das Unternehmen eine Erdgaspipeline durch Afghanistan bauen wollte, lehnte er das ab. Als entscheidend erwies sich hier der Druck der Frauenbewegung, die den Taliban wegen deren frauenfeindlicher Politik mit Ableh­ nung begegnete.5 Aber in der Regel ist das Öl ein wichtiger Faktor, wenn man erklären will, weshalb die Vereinigten Staaten sich überhaupt zu einer interventionistischen Macht entwickelt haben, auch wenn es im konkreten Einzelfall nicht erklärt, warum sie sich in einem bestimmten Gebiet militärisch engagieren. Erdölinteressen bestimmen in langfristiger Betrachtung die Grundzüge der amerikanischen Außenpolitik seit dem Zweiten Weltkrieg. In Zentralasien gehen diese Interessen heute weit über einzelne Länder oder Ölpipelines hinaus. Das Ziel ist der Zugang zu den riesigen Erdöl- und Erdgas­ feldern im Kaspischen Becken und die Kontrolle darüber. Ich möchte zeigen, dass die immer wieder festzustellende Verbindung zwischen Erdöl und Drogen kein Zufall ist, son­ dern ein Aspekt der tiefenpolitischen Faktoren der amerika­ nischen Außenpolitik. Die Rolle des Erdöls im geostrategi­ schen Denken der Vereinigten Staaten ist weithin anerkannt, nicht aber die Rolle der Verbindungen zum Drogenhandel bei der Austragung und Finanzierung von Konflikten, die vom Kongress und vom amerikanischen Steuerzahler an­ sonsten nicht ausreichend finanziert worden wären. Das hier beschriebene Phänomen wird gelegentlich als blowback (Rückstoß) bezeichnet. So nennt die CIA selbst

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

unerwünschte Rückwirkungen eigener geheimer (und meist illegaler) Auslandsoperationen auf die Vereinigten Staaten. Aber da der Ausdruck an ungewollte Nebenfolgen geringe­ ren Ausmaßes denken lässt, wird er den gewaltigen Dimen­ sionen nicht gerecht, die der Drogenhandel dank der Hilfe der Vereinigten Staaten seit dem Zweiten Weltkrieg ange­ nommen hat. Der Drogenhandel hat sich vervielfacht und wie eine Krebsgeschwulst in der ganzen Welt ausgebreitet. Und er zieht Phänomene wie Geldwäsche und Menschen­ handel nach sich, die ihren Teil dazu beigetragen haben, dass der Terrorismus heute zu solch einem Problem geworden ist. Natürlich ist der Rückgriff Amerikas auf Verbündete aus dem Drogenhandel von dem Wunsch motiviert, den Zugang zu den Rohstoffvorräten der Dritten Welt und insbesondere zum Erdöl zu sichern. Die Verbindung aus Öl und Drogen fand sich aber auch anderswo. 1998 intervenierten die Vereinigten Staaten auf Seiten der Kosovo-Befreiungsarmee, die zuvor vom amerika­ nischen Außenministerium als eine in den Drogenhandel ver­ wickelte terroristische Kraft dargestellt worden war.6 Dann aber kam der Balkan als Durchgangsgebiet für westliche Pipelines ins Gespräch, mit denen Erdöl aus den neu erschlossenen Erdölfeldern Zentralasiens ans Mittelmeer transportiert werden sollte.7 In den 80er Jahren unterstützte die CIA die nicaraguanischen Contras mit Hilfe eines auf der Mexikoroute agie­ renden Drogenkartells um Matta Ballesteros, Caro Quintero und Felix Gallardo, das zur selben Zeit von der Drug Enfor­ cement Administration (DEA) ins Visier genommen wurde, weil es einen großen Teil (vielleicht ein Drittel oder sogar die Hälfte) des aus Kolumbien in die Vereinigten Staaten ge­ schmuggelten Kokains kontrollierte.8 Dass die CIA die Straf­ verfolgung dieses Drogenkartells seitens der DEA vereitelte, offenbarte ihre Zusammenarbeit mit dem Geheimdienst und

1. Die Drogen und das Öl

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mit den wichtigsten Drogenhändlern Mexikos, einer mäch­ tigen rechtsgerichteten Kraft in diesem ölreichen Land.9 Der eindeutigste und wichtigste Fall folgenreicher Para­ politik war die im April und Mai 1979 von den Vereinigten Staaten getroffene Entscheidung, den Mudschaheddin in Afghanistan Waffen zu liefern, darunter auch Gulbuddin Hekmatyar, der bereits als Drogenbaron mit eigener Heroin­ veredelung bekannt war. In den folgenden Jahren schnellte die Opiumproduktion im Goldenen Halbmond Afgha­ nistans und Pakistans in die Höhe. Vor 1979 hatte fast gar kein Opium aus dieser Region die Vereinigten Staaten er­ reicht, aber 1980 stammten nach offiziellen Schätzungen 60 Prozent des nach Amerika gelangenden Opiums von dort.10 Dieser Skandal schlug sich erst dann in der großen ame­ rikanischen Presse nieder, als die CIA ihre Unterstützung zurückfuhr. Sehr spät, nämlich 1990, berichtete die Wa­ shington Post, die Verantwortlichen in den USA hätten es versäumt, die Verwicklung des pakistanischen Geheimdien­ stes ISI und Hekmatyars, des wichtigsten Schützlings der CIA und der ISI, in den Drogenhandel zu untersuchen, »weil die amerikanische Drogenpolitik in Afghanistan hinter den Kampf gegen den sowjetischen Einfluss zurückgestellt würde«.11 Öl, Geostrategie und nationale Sicherheit

Von 1979 bis 1991 war die amerikanische Afghanistanpoli­ tik beherrscht von der Furcht vor der iranischen Revolution, in der Präsident Carters Sicherheitsberater Zbigniew Brze­ zinski eine »sowjetische Bedrohung für die Erdölfelder am Persischen Golf« erblickte.12 Diese Befürchtung wurde durch den sowjetischen Einmarsch einige Monate später noch bestärkt. Newsweek schrieb damals: »Die Kontrolle über Afghanistan brächte die Sowjets 500 Kilometer an den Indi­

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L Afghanistan - das Heroin und das Öl

schen Ozean heran und damit an eine Lebensader für die Ölversorgung des Westens und Japans. In Afghanistan sta­ tionierte sowjetische Flugzeuge könnten diese Lebensader jederzeit durchtrennen.«13 Später schrieb Brzezinski, der Einmarsch der Sowjets habe »eine massive Steigerung amerikanischer Militärprä­ senz im Persischen Golf« bewirkt und die Entschlossenheit zur »Verteidigung der Golfregion« gestärkt.14 Das Ergebnis war die Carter-Doktrin vom Januar 1980: »Jeder Versuch einer fremden Macht, die Kontrolle über den Persischen Golf zu erlangen, wird als Angriff auf die lebenswichtigen Interes­ sen der Vereinigten Staaten von Amerika angesehen.«15 Sie trat an die Stelle der Nixon-Doktrin, wonach die USA sich zur Aufrechterhaltung »ihrer« Ordnung auf starke Regio­ nalmächte stützten. Diese Doktrin hatte in der Region ihre Geltung verloren, als 1979 das Schahregime von radikalen schiitischen Fundamentalisten gestürzt wurde. Brzezinski empfand die Lage in Afghanistan als besonders besorgnis­ erregend, weil durch den Sturz des Schahs ein Machtvakuum entstanden war, zumal die Briten sich schon 1971 aus der Golfregion zurückgezogen hatten. Dazu passt auch Brzezinskis späteres offenes Eingeständ­ nis, dass er durch die 1979 (schon vor dem sowjetischen Ein­ marsch) erfolgte Einmischung in Afghanistan die »Sowjets zu einer Intervention provozieren« wollte.16 Da sich Wa­ shington Sorgen wegen eines möglichen Vorstoßes der Sow­ jets durch den Iran machte (aus rein geostrategischer Sicht der leichtere Weg zum Golf), erschien es als attraktive Alter­ native, die sowjetischen Kräfte im gebirgigen und nicht zu erobernden Gelände Afghanistans zu binden. Brzezinskis Motive in Afghanistan waren letztlich geo­ strategischer Natur; er wollte die Sowjets zu einer Reaktion zwingen, die sie schwächte und den Zerfall ihres Reiches be­ schleunigte. Zu seinen Motiven gehörte wahrscheinlich auch

1. Die Drogen und das Öl

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der Wunsch, die Schritte rückgängig zu machen, die Präsi­ dent Carter und Außenminister Cyrus Vance mit der Unter­ zeichnung des SALT-II-Abrüstungsvertrags einen Monat zu­ vor unternommen hatten, um eine Entspannung mit der Sowjetunion herbeizuführen.17 Doch in seiner Begründung für eine »eurasische Geostra­ tegie« ließ Brzezinski keinen Zweifel daran, dass die »geo­ strategische Bedeutung« des zentralasiatischen Raumes letzt­ lich daraus resultiert, dass »er sich zu einem ökonomischen Filetstück entwickeln könnte, konzentrieren sich in dieser Region doch ungeheure Erdgas- und Erdölvorkommen, von wichtigen Mineralien einschließlich Gold ganz zu schwei­ gen«. Diese Erdöl- und Erdgasvorkommen würden ange­ sichts des für die nächsten zwanzig Jahre geschätzten An­ stiegs der weltweiten Nachfrage um 50 Prozent noch bedeutsamer, »und dabei dürfte der Ferne Osten die bedeu­ tendste Zunahme verzeichnen«.18 Auch Präsident Clinton verwies später auf die große Be­ deutung der zentralasiatischen Energiereserven für die Ver­ einigten Staaten. Er erklärte 1997 mit Blick auf Aserbaid­ schan: In einer Welt mit wachsendem Energiebedarf ... kann unser Land es sich nicht leisten, für seine Energieversorgung auf eine einzelne Region angewiesen zu sein. Durch eine enge Zu­ sammenarbeit mit Aserbaidschan bei der Erschließung der kaspischen Ressourcen helfen wir nicht nur Aserbaidschan bei der Mehrung seines Wohlstands, sondern sorgen auch für eine Diversifizierung unserer Energieversorgung und stärken die Sicherheit unseres Landes.19

Seine Ausführungen fanden breiten Widerhall, so etwa in einem Artikel des Foreign Military Studies Office in Fort Leavenworth, der drei Monate vor dem Anschlag auf das World Trade Center veröffentlicht wurde:

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

Das Kaspische Meer liegt gleichsam über einem anderen Meer - aus Kohlenwasserstoffen. Westliche Ölgesellschaften haben in der Region Verträge für viele Milliarden Dollar ab­ geschlossen. Amerikanische Firmen haben großen Anteil an den Verhandlungen, und wohin amerikanische Firmen gehen, dahin folgen ihnen die amerikanischen Interessen ... Das Vor­ handensein dieser Erdölvorräte und die Möglichkeit ihres Exports weckt in den Vereinigten Staaten und anderen west­ lichen Industriemächten neue strategische Befürchtungen. Wenn die Ölgesellschaften Pipelines aus dem Kaukasus und Zentralasien zur Versorgung Japans und des Westens bauen, gewinnen diese strategischen Befürchtungen auch militä­ rische Bedeutung ... Die ungestörte Versorgung des Welt­ ölmarkts wird auch weiterhin ein wichtiger Faktor der inter­ nationalen Stabilität sein.20

Dem amerikanischen Engagement in Afghanistan liegen ganz eindeutig Erdölinteressen zugrunde. Amerikanische Öl­ gesellschaften (darunter auch Unocal) sind seit 1995 in der privaten Foreign Oil Companies Group zusammengeschlos­ sen und setzen sich darüber in Washington gemeinsam für eine aktive Politik Washingtons zur Förderung ihrer Interes­ sen im Kaspischen Becken ein.21 Ihrer Zusammenkunft mit der Energieexpertin Sheila Heslin vom Nationalen Sicher­ heitsrat im Sommer 1995 folgte wenig später die Gründung eines »überbehördlichen Komitees« zur Ausarbeitung einer Politik im Blick auf den Kaspischen Raum.22 Der in der Regierung der beiden Ölleute George W. Bush und Dick Cheney so sichtbare Einfluss des Ölgeldes war un­ ter deren Vorgängern kaum geringer. Ein ehemaliger Mit­ arbeiter der CIA klagte über den Einfluss der Öllobby auf die Clinton-Regierung: Heslins einzige Rolle schien darin zu bestehen, den Wasser­ träger für eine illustre Gruppe zu spielen, die unter dem Na­ men Foreign Oil Companies Group lief, ein Deckname für ein

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Kartell aus den größten Petroleumfirmen, die am Kaspischen Meer Geschäfte machen ... Noch etwas anderes habe ich ge­ lernt: Heslin war nicht allein. Ihr Boss, der stellvertretende Berater für Nationale Sicherheit, Sandy Berger, stand dem überbehördlichen Komitee für die Ölpolitik am Kaspischen Meer vor, war demnach also eher so etwas wie der Regie­ rungsbotschafter für das Kartell und keineswegs ein desinte­ ressierter Beobachter des Spektakels. Er besaß Aktien im Wert von 90.000 Dollar von Amoco, dem wohl einfluss­ reichsten Kartellmitglied ... Je tiefer ich grub, desto mehr Geld aus dem Ölgeschäft am Kaspischen Meer fand sich über ganz Washington verteilt.23

Heroin in Afghanistan

Zur selben Zeit, als das amerikanische Interesse an Afghani­ stan zunahm, stieg das Land zum größten Opiumproduzen­ ten der Welt auf. Als die Vereinigten Staaten Afghanistan im Oktober 2001 angriffen, hätte man eigentlich erwarten sol­ len, dass sie diesen Schritt als weiteres Kapitel in ihrem »Krieg gegen die Drogen« ausgegeben hätten. Im Ausland war schon oft behauptet worden, Osama Bin Ladens Al Qaida und die Taliban finanzierten sich aus Drogengeldern. Russland hatte dem Weltsicherheitsrat im März 2001 einen detaillierten Bericht über die Drogengeschäfte der Taliban unterbreitet, doch Washington zog es nach Jane’s Intelli­ gence Review vor, nicht darauf zu reagieren.24 Stattdessen gab es in den Vereinigten Staaten zeitweilig fast so etwas wie eine Nachrichtensperre zu diesem Aspekt des Al-Qaida-Netzwerks - ganz anders als in Frankreich, England und Kanada, wo ausgiebig darüber berichtet wurde.25 Bei meinen Recherchen im September 2001 konnte ich in der amerikanischen Presse nur einen einzigen Satz zu diesem Thema finden, tief verborgen in einem langen Artikel der Los Angeles Times:

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

Nach CIA-Angaben überquert das Netzwerk oft die Grenze zum Kriminellen. Ein Mitarbeiter der CIA spricht von »zahl­ reichen Beweisen«, dass Bin Ladens Gruppe ihren Kampf un­ ter anderem mit Gewinnen aus dem Drogenhandel finanziert. Einzelne Anhänger wurden auch mit Banküberfällen, Raub­ überfällen, Kreditkartenbetrug und anderen Verbrechen in Verbindung gebracht.26

Der Grund für das amerikanische Schweigen wurde dann schrittweise deutlich: Washington war im Begriff, die Nord­ allianz (die gerade die Opiumproduktion in dem von ihr kontrollierten Gebiet verdreifacht hatte) als Verbündeten einzusetzen, um die Taliban zu besiegen (die gerade ein voll­ ständiges Verbot der Opiumproduktion erlassen hatten). Die Verbindungen der CIA zu Islamisten und ihre Unter­ stützung für Leute wie Bin Laden reichen mindestens bis 1971 zurück, als die CIA gemeinsam mit dem saudischen Geheimdienst in ihrem weltweiten Kampf gegen den Kom­ munismus die Muslimbruderschaft und deren Verbündete zu unterstützen begann.27 Während des afghanischen Wider­ stands gegen die Sowjets in den 80er Jahren wurde Bin Laden Finanzier und Logistikexperte in Afghanistan für das aus Saudi-Arabien finanzierte Makhtab al-Khidamat, das »Dienstleistungsbüro«, eine Organisation, die über die Mus­ limbruderschaft in aller Welt - und auch in den USA - Frei­ willige rekrutierte.28 Es wurde immer wieder behauptet, dass die CIA diese Rekrutierungskampagne direkt oder über Mittelsmänner unterstützt habe.29 So erfuhr Simon Reeve von einem pensionierten CIA-Mann, amerikanische Emis­ säre in Pakistan hätten »sich mit Bin Laden persönlich ge­ troffen«, und der sei es auch gewesen, der »auf Anraten seiner Freunde im saudischen Geheimdienst als Erster den Vorschlag gemacht hatte, die Mudschaheddin mit StingerRaketen auszurüsten«.30 Französische und italienische Zei­ tungen berichteten, dass es selbst noch im Juli 2001 zu einem

1. Die Drogen und das Öl

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Treffen zwischen Bin Laden und einem CIA-Mann gekom­ men sei.31 Angesichts der gewaltigen Aufmerksamkeit, die Bin Laden in der gesamten Presse auf sich zog, ist es schon erstaunlich, dass meines Wissens keine Zeitung aus der Biographie zitierte, die Yossef Bodansky, Leiter der vom amerikanischen Kongress geschaffenen Task Force zum Terrorismus, 1999 veröffentlicht hatte: Beste Möglichkeiten für islamistische Geldmittel bietet die Verbindung von Staaten der ehemaligen Sowjetunion in Zen­ tralasien mit Deutschland und Osteuropa. Der Zugang zu dieser scheinbar unverbundenen Gruppe von Staaten war erst durch die Beziehungen möglich geworden, die Bin Laden zur russischen Mafia geknüpft hatte ... Angesichts der gewaltigen Expansion des afghanischen Drogenhandels erlangte diese Verbindung allergrößte Bedeutung ... Als die Gewinne aus dem Drogenhandel Zunahmen, schufen Bin Laden und die russische Mafia ein weiteres kompliziertes Verfahren zur Geldwäsche ... Mit diesem Geld werden die Taliban und zahlreiche terroristische Aktivitäten von Islamisten finan­ ziert. Bin Laden erhält eine Provision für die Transaktionen, und das Geld wird von der russischen Mafia außerhalb Russ­ lands oder Afghanistans gewaschen.32

Warum proklamierten Washington und seine folgsamen Medien in dieser Situation keinen Krieg gegen die Drogen? Warum wählten sie als Hauptziel nicht Bin Laden, sondern die Taliban, die doch 2001 bereits der Forderung der USA und der Vereinten Nationen nach einer vollständigen Ein­ stellung der Opiumproduktion nachgekommen waren? Wie Jane’s Intelligence Review am 22. Oktober 2001 bemerkte, hätte »das vom obersten Talibanführer Mullah Mohammad Omar im Juli 2000 ausgesprochene Verbot.... etwa 70 Pro­ zent des weltweit illegal erzeugten Opiums fast mit einem Schlage vom Markt genommen«. Die amerikanischen Ver­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

bündeten von der Nordallianz reagierten damals auf das von den Taliban erlassene Verbot mit einer Verdreifachung der Opiumproduktion in dem von ihnen beherrschten Teil Afghanistans. Kurz gesagt, die Vereinigten Staaten führten keinen Krieg gegen, sondern einen mit Hilfe der Drogen. Es trifft zwar zu, dass die Nordallianz vorher weniger als fünf Prozent des afghanischen Drogenhandels kontrolliert hatten, gegenüber 75-80 Prozent auf Seiten der Taliban. Doch schon vor dem Beginn der amerikanischen Luftangriffe hatten sich die Ver­ hältnisse gewandelt. Im Oktober 2001 berichtete Jane’s Intelligence Review, aus den von den Taliban kontrollierten Gebieten Afghanistans sei »der Mohnanbau nahezu voll­ ständig verschwunden«, während sich aus der nordöst­ lichen, von der Nordallianz kontrollierten Ecke Afghani­ stans »eine wachsende Flut von Drogen» ergieße, und zwar »sowohl Opium als auch das daraus gewonnene Heroin«.33 Ein etwas später erschienener Artikel des Londoner Ob­ server führte die Veränderung im Opiumangebot auf das von den Taliban im Jahr 2000 erlassene Verbot zurück: Während des Verbots wurde Mohn nur auf dem Territorium der Nordallianz angebaut. Dort verdreifachte man die Pro­ duktion. In den Hochtälern von Badachschan - einem Gebiet, das von Anhängern des früheren Präsidenten Burhanuddin Rabbani kontrolliert wurde - erhöhte sich die Anbaufläche letztes Jahr sprunghaft von 2.458 auf 6.342 Hektar. Im sel­ ben Zeitraum stammten 83 Prozent der gesamten afghani­ schen Opiumproduktion von 165 Tonnen aus dem Gebiet der Nordallianz. Jetzt, da die Nordallianz so reiche Mohnanbau­ gebiete wie Nangarhar erobert hat, dürfte die Produktion wie eine Rakete in die Höhe schießen.34

Kurz gesagt, die militärische Intervention der Vereinigten Staaten in Afghanistan führte zu einer Erholung des Welt­

1. Die Drogen und das Öl

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opiummarktes, wie es auch schon veschiedentlich der Fall gewesen ist: bei der früheren amerikanischen Intervention zwischen 1979 und 1980 oder nach 1959 in Indochina oder während der 50er Jahre in Südostasien. So gelangen wir wiederum zu dem Schluss, zu dem ein Experte der Brookings Institution 1997 kam, als er mit Blick auf die amerikanische Intervention von 1979 und 1980 schrieb: »Der Kampf gegen die Drogen wurde offensichtlich größeren strategischen Zie­ len geopfert.«35

2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan: Ein Muster wird sichtbar

Wie schon in Laos während der 60er Jahre und dann in Afghanistan während der 80er war auch im Afghanistan­ krieg von 2001 und 2002 der wichtigste amerikanische Ver­ bündete ausgerechnet das dominierende Drogenkartell. Auch in Kolumbien führen die Vereinigten Staaten einen an­ geblichen war on drugs, der in Wirklichkeit teilweise aus Drogengeldern finanziert wird, und sie führen diesen Krieg mit Hilfe eines Verbündeten, der tief in den Drogenhandel verstrickt ist - der korrupten kolumbianischen Armee und ihrer noch korrupteren paramilitärischen Helfer. Nach Schätzungen der Regierung in Bogotá wurden 2001 gut 40 Prozent des kolumbianischen Kokainexports von rechts­ gerichteten paramilitärischen Warlords und ihren Kom­ plizen aus den Drogenkartellen kontrolliert. Den Export­ anteil der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC), die das offizielle Ziel des amerikanischen »Kriegs gegen die Drogen« bilden, veranschlagten die Behörden mit lediglich 2,5 Prozent.1 Auch die Rolle des Erdöls im kolumbianischen Konflikt ist unabweisbar. Die Anfänge der gegenwärtigen US-Präsenz in dem südamerikanischen Land reichen bis 1983 zurück, ein Jahr nachdem Occidental Oil das auf eine Milliarde Bar­ rel geschätzte Ölfeld Cano Limon entdeckt hatte. 1984 be­ gann eine amerikanische Propagandakampagne gegen die angeblichen Machenschaften einer verschwörerischen Bande von Drogenhändlern, der nicaraguanische Sandinisten, ko­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

lumbianische »Drogenguerillas« und Drogenhändler aus Medellín, insbesondere Carlos Lehder und Pablo Escobar, angehören sollten. Diese Kampagne verzerrte die Wahrheit in zwei wichtigen Punkten: Sie behauptete fälschlich die Be­ teiligung der FARC, und sie eliminierte alle Bezüge auf die Konkurrenten des Medellín-Kartells* in Cali, die der Armee und den kolumbianischen Sicherheitskräften näher standen. Aber sie war erfolgreich: Am Ende standen die unter Beru­ fung auf die nationale Sicherheit beschlossenen Erlasse von 1986 und 1989, die erst die amerikanische Militärpräsenz in Kolumbien ermöglichten.2 Wieder einmal haben wir es mit einer Verbindung zwi­ schen Drogen und Öl zu tun - ein Muster, das sich in Süd­ ostasien schon nach dem Sieg der chinesischen Revolution und dem Rückzug der Guomindang nach Taiwan herausbil­ dete. Zum einen waren die amerikanischen Verbündeten in Laos, vor allem also die Hmong, die laotische Armee und die Armeen der Guomindang, sämtlich an führender Stelle im Drogenhandel aktiv. Zum anderen sind das Erdöl und ins­ besondere die Offshore-Lagerstätten im Südchinesischen Meer einer der Hauptgründe für das allgemeine Interesse der Vereinigten Staaten an Südostasien. Amerikanische Politiker, die für eine verstärkte US-Präsenz in der Region eintraten, begründeten das Engagement ihres Landes in Vietnam wie zuvor schon in der SEATO (Southeast Asia Treaty Organiza­ tion) stets mit dem Schutz antikommunistischer Kräfte in Indonesien.3 Zu den eifrigsten Lobbyisten dieser Art gehörte William Henderson, der zugleich als Funktionär der Ameri­ can Friends of Vietnam arbeitete und als Berater für inter­ nationale Fragen im Dienst von Socony Mobile stand (einem großen Ölinvestor in Indonesien). Dem Einmarsch amerika­ nischer Truppen in Kambodscha 1970 war eine aeromagne­ tische Vermessung der kambodschanischen Küstengewässer durch Flugzeuge der U.S. Navy vorausgegangen, und die seit

2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan

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1963 in Thailand vertretene Union Oil of California (heute Unocal) hatte eine Konzession für das gesamte Erdöl in Kambodscha und große Teile der Offshore-Lagerstätten er­ worben?

Grundmuster

• Jeder Krieg führt zu einem dramatischen Anstieg des internationalen Drogenhandels und des Drogenkonsums in den USA. Als die CIA Anfang der 50er Jahre ihre Geheimoperationen in Birma begann, lag dort die Opiumproduktion in der Grö­ ßenordnung von 80 Tonnen im Jahr. Zehn Jahre später wur­ den dort dank der von CIA und Civil Air Transport (später Air America) unterstützten Guomindang-Warlords 270-360 Tonnen pro Jahr produziert.5 Während des Vietnamkriegs erreichte die Jahresproduktion den Spitzenwert von 1.100 Tonnen. 1971 gab es in der Region sieben Heroinlabors, und eines davon, das in der Nähe des CIA-Stützpunkts Ban Houei Sai in Laos lag, produzierte schätzungsweise 3,2 Ton­ nen im Jahr.6 Als der Vietnamkrieg zu Ende ging, verringerte sich auch die Opiumproduktion im Goldenen Dreieck. In Laos fiel sie von 180 Tonnen im Jahr 1975 auf 27 Tonnen im Jahr 1984.7 Auch der Heroinkonsum in den USA ging zurück. Obwohl der Produktionsrückgang in Laos auf eine Dürreperiode zu­ rückgeführt wird, lag einer der Gründe eindeutig auch in der gesteigerten Produktion im Grenzgebiet zwischen Afghani­ stan und Pakistan, dem so genannten Goldenen Halbmond. Dort stieg die Produktion von 360 Tonnen im Jahr 1971 auf 1.100 Tonnen im Jahr 1978.8 Damit einher ging eine Reihe politischer Entwicklungen in der Region, zu denen auch die pakistanische Unterstützung für islamistische Widerstands­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

gruppen in Afghanistan nach dem 1973 erfolgten links­ gerichteten Putsch in Kabul gehörte.9 Der Rückgang des amerikanischen Heroinkonsums kor­ respondierte mit einem Anstieg in anderen Gebieten, vor allem in Europa und Australien. Der erste große Drogen­ import nach Australien wurde von der Nugan Hand Bank finanziert und teilweise von Veteranen der amerikanischen Special Forces und der CIA in Laos organisiert. Die Bank verband die Finanzierung des Drogenhandels mit Waffen­ geschäften und Unterstützungsaktionen für Geheimopera­ tionen der CIA in anderen Regionen, zum Beispiel in Afrika.10 Der Australien-Deal erfolgte genau zu der Zeit, als Richard Nixon seinen »Krieg gegen die Drogen« prokla­ mierte, der Opium und Heroin von den Vereinigten Staaten fernhalten sollte.11 Auch die amerikanische Militärintervention in Kolum­ bien ging mit einem dramatischen Anstieg des Coca-Anbaus einher. Die Anbaufläche stieg von 3.800 Hektar im Jahr 1991 auf 12.300 Hektar im Jahr 1999.12 Das U.S. Bureau of Narcotics schätzte die gesamte illegale Opiumproduktion 1970 auf 1.100-1.250 Tonnen, wobei mehr als die Hälfte aus dem Goldenen Dreieck in Birma, Laos und Thailand kam - eine immense Steigerung, gemessen an den 42 Tonnen jährlich, die dort vor dem Zweiten Weltkrieg produziert worden waren.13 1999 veranschlagten die Vereinten Natio­ nen allein die afghanische Opiumproduktion mit 4.200 Ton­ nen oder zwei Dritteln der Weltproduktion.14 Das Wachstum des weltweiten Drogenhandels förderte auch andere Schmuggel- und verwandte kriminelle Akti­ vitäten und führte so zur Konsolidierung des globalen organisierten Verbrechens. Die chinesischen Triaden, die japanischen Yakusa, russische Gangsterbanden und die Ma­ fiagruppen Italiens, Amerikas und Kolumbiens haben sich zu einem »weltweiten kriminellen Konsortium« zusammenge­

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schlossen, das nach Ansicht von Experten ein »exponentiel­ les Wachstum« aufweist.15 Auf einer Konferenz zum inter­ nationalen Verbrechen im November 1994 hieß es, dass der Umsatz des organisierten Verbrechens jährlich 750 Mrd. Dollar betrage. Ein großer Teil dieses Geldes dient dazu, Märkte zu korrumpieren oder Institutionen, Geschäftsleute und natürlich auch Politiker zu bestechen.16 Im Rückblick auf seine Erfahrungen mit der Aufklärung der Affäre um die Bank of Credit and Commerce International (BCCI) schrieb Senator John Kerry 1997: »Heute vermag das globalisierte Verbrechen uns Amerikanern nicht nur unser Geld, sondern auch unseren way oflife zu rauben.«17 Seine Prophezeiung kann heute als erfüllt gelten. Zwar mögen Al Qaida und Taliban oberflächlich als Beispiel für den »Kampf der Kulturen« gelten, doch sie finanzieren ihre Aktivitäten, wie oben bereits angemerkt, mit Opium und Heroin, was sie - über alle religiösen Grenzen hinweg mit der globalen organisierten Kriminalität in enge Geschäfts­ beziehungen bringt.

• Die amerikanische Abhängigkeit von ausländischem Erd­ öl und von Petrodollars beschleunigt sich im Kontext der Globalisierung und des Krieges. Als die Inflation auf dem Höhepunkt des Vietnamkriegs Lyndon B. Johnsons innenpolitisches Programm zur Schaf­ fung einer great society zu zerschlagen drohte, lockerte er die Einfuhrbeschränkungen, die Eisenhower zum Schutz der hei­ mischen Erdölförderung eingeführt hatte.18 Dadurch erhöhte sich die amerikanische Anfälligkeit für den Druck, den das Ölembargo der OPEC in den 70er Jahren auslöste, und diese steigerte sich noch, als Nixon die Einfuhrbeschränkungen 1973 vollständig aufhob. Die Vereinigten Staaten reagierten auf die Vervierfachung

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der Erdölpreise in den 70er Jahren, indem sie geheime Absprachen mit Saudi-Arabien über die Rückführung der Petrodollars in die amerikanische Wirtschaft trafen. Die erste dieser Absprachen sorgte für ein starkes und dauer­ haftes Interesse der Saudis an einer gesunden amerika­ nischen Wirtschaft, die zweite für deren beständige Unter­ stützung im Hinblick auf eine Abrechnung des gesamten OPEC-Öls in US-Dollar.19 Diese beiden Absprachen stellten sicher, dass die amerikanische Wirtschaft durch die hohen Preise des OPEC-Öls nicht ärmer wurde. Die schwerste Last hatten die Volkswirtschaften der weniger entwickelten Län­ der zu tragen.20 Aus diesen Entwicklungen ergaben sich die beiden Phäno­ mene, die den Ereignissen vom 11. September zugrunde lagen: der triumphale amerikanische Unilateralismus auf der einen Seite und die globale Verschuldung der Dritten Welt auf der anderen. Die geheimen Absprachen vergrößerten die wechselseitige Abhängigkeit zwischen den Vereinigten Staa­ ten und Saudi-Arabien zu Lasten des internationalen Einver­ nehmens, das seit dem Zweiten Weltkrieg die Grundlage des amerikanischen Wohlstands gebildet hatte. Sie erhöhten auch den Einfluss Saudi-Arabiens auf die amerikanische Außenpolitik, wie man an dem 1979 gegen heftigen israeli­ schen Widerstand erfolgten Verkauf von F-15-Kampfflug­ zeugen an das Königreich erkennen kann.21 Insbesondere er­ klärt sich daraus, warum George Bush sich 1990 so rasch entschloss, der von Saddam Hussein ausgehenden Bedro­ hung der saudisch-amerikanischen Sicherheit im Persischen Golf entgegenzutreten. Die Bedrohung lag nicht nur in einem möglichen Ausfall der Öllieferungen aus dieser Region, den die Vereinigten Staaten angesichts des großen weltweiten Angebots teilweise hätten ausgleichen können. Die größere Bedrohung lag darin, dass Saddam Hussein möglicher­ weise die direkte Kontrolle über 20 Prozent der OPEC-Öl­

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förderung und 25 Prozent der weltweiten Erdölreserven er­ langte.22 Die Absprachen zwischen Amerikanern und Saudis ver­ stärkten auch die Abhängigkeit Amerikas von arabischen Finanzkreisen, die sich aus Öleinnahmen und Drogengeldern finanzierten - so zum Beispiel die BCCI, die in den 80er Jah­ ren zum wichtigsten Zahlmeister für die antisowjetischen Mudschaheddin in Afghanistan wurde und sie sogar direkt aus Karatschi mit Waffen belieferte.23 Das Scheitern der amerikanischen Ermittlungen gegen die BCCI zeigt nicht nur, welchen Einfluss die Bank in den Führungskreisen Amerikas erlangt hatte, sondern auch, wie sehr die amerikanische Wirtschaft auf den ständigen Rückfluss von Petrodollars und Drogengeldern angewiesen ist. Ein Wirtschaftsberater des Nationalen Sicherheitsrats bemerkte dazu: Finanzminis­ ter James Baker »ließ die BCCI ungeschoren davonkommen, weil er befürchtete, solch eine Strafverfolgung könne dem Ansehen Amerikas als sicherer Hafen für Fluchtkapital und ausländische Investitionen schaden«.24 Manche Kommentatoren hatten erwartet, die erfolgreiche OPEC-Revolte der 70er Jahre gegen die amerikanische und britische Wirtschaftspolitik sei der Vorbote einer »neuen Wirtschaftsordnung«, die den Süden gegenüber dem Norden stärken werde. Die geheimen Absprachen zwischen Ameri­ kanern und Saudis sorgten für ein anderes Ergebnis: eine »neue Weltordnung« mit wachsender militärischer Vorherr­ schaft der Vereinigten Staaten und wachsender ökonomi­ scher Instabilität sowie gelegentlichen Krisen in der übrigen Welt. Statistische Daten belegen diesen Richtungswechsel. Von 1960 bis 1980 wuchs das Pro-Kopf-Einkommen in Lateinamerika um 73 Prozent, in Afrika um 34 Prozent. Von 1980 bis 2000 waren es in Lateinamerika nur noch sechs Prozent, und Afrika musste gar einen Rückgang um 23 Pro­ zent verzeichnen.25

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Amerikanische Kriege im Lichte des Drogenhandels Die oben angeführten Beispiele für die Rolle des Drogenhan­ dels bei amerikanischen Interventionen demonstrieren, was ich unter Tiefenpolitik verstehe. Natürlich ist der Anstieg des Drogenkonsums nie ein absichtsvolles Ziel amerikanischer Politik gewesen, aber er war fast immer die unmittelbare Folge politischer Entscheidungen, die in Washington getrof­ fen wurden. Es stellt sich jedoch die Frage, ob es einschlä­ gigen Interessengruppen und ausländischen Verbündeten nicht immer gerade dann, wenn der illegale Drogenhandel in den USA darniederlag, gelang, die Vereinigten Staaten zu einer Einmischung in einen asiatischen Krieg zu bewegen. Ich habe keinerlei Belege dafür, dass Washington sich je zu einer militärischen Intervention ganz bewusst in der Absicht entschlossen hätte, die Kontrolle über den weltweiten Dro­ genhandel zu behalten. Aber eindeutig wurden immer wie­ der Entscheidungen getroffen, um lokale Drogenbarone als Verbündete zu gewinnen. Dabei ging es den Vereinigten Staaten meist darum, die Kosten und Verluste eigener Kampfhandlungen gering zu halten oder möglichst nicht selbst in Erscheinung zu treten. Die Drogenbarone und deren Komplizen scheinen diese Situation mit schöner Regelmäßig­ keit ausgenutzt zu haben, um ihre Aktivitäten zu verstärken und ihre eigenen Ziele zu verfolgen. Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sich Amerikas bedeu­ tendster Fernostverbündeter aus Drogenkreisen, die Guo­ mindang nämlich, mit Hilfe der Chinalobby eine beträcht­ liche Unterstützung durch das politische Establishment in Washington erworben oder gekauft. Obwohl das Bild kom­ plex ist und keine simplifizierende Erklärung verträgt, kann man in der Rolle der Chinalobby ganz gewiss einen jener Faktoren erblicken, die 1950 zum ersten amerikanischen Krieg auf dem asiatischen Festland führten: zum Korea­

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krieg.26 Kurz zuvor hatten Mao Zedongs siegreiche Armeen damit begonnen, der Opiumproduktion in China ein Ende zu setzen, und aus China kamen damals 85 Prozent des welt­ weit verkauften Heroins. Außerdem erfolgte der Drogenschmuggel aus Regionen, in denen die CIA aktiv war, oft über andere Länder mit eben­ falls starker Präsenz des Geheimdienstes, wobei vielfach Or­ ganisationen oder Gruppen eine wichtige Rolle spielten, die als CIA-Hilfstruppen bezeichnet werden können. In den 50er Jahren gelangte Opium aus Indochina über Persien und den Libanon an die korsische Mafia in Marseille und an die ita­ lienische Mafia unter Lucky Luciano*.27 In den 80er Jahren erreichte das Heroin der Mudschaheddin die sizilianische Mafia auf dem Weg über die Grauen Wölfe* in der Türkei, »die mit der Antiguerilla-Organisation der türkischen Armee zusammenarbeiteten, die ihrerseits den türkischen Part in einem multinationalen Programm übernahm, das es der CIA ermöglichen sollte, im Hintergrund zu bleiben«.28 Die Trans­ portwege wechselten je nach politischer Großwetterlage, aber stets war dabei die CIA eine konstante Größe. Sehen wir uns einmal exemplarisch - und entgegen der Chronologie - drei Zeiträume an, in denen Amerikas Kriege engstens mit dem weltweiten Drogenhandel verknüpft wa­ ren.

2001 Im Oktober 2001 bestätigte ein Bericht der Vereinten Natio­ nen, dass es den Taliban gelungen war, die Opiumproduk­ tion in ihrem Land zu unterbinden. In den Jahren zuvor waren dort 90 Prozent des Heroins für den europäischen Markt erzeugt worden. Doch inzwischen wurde der in einem halben Jahrhundert größte Rückgang der Opiumproduktion wieder ausgeglichen. Nach der Niederlage der Taliban wech­

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selten viele Bauern vom Weizen wieder zurück zum Mohn. Für 2002 schätzt man die Opiumernte auf 3.400 Tonnen, das ist mehr als im Jahr 2000.29 In diesem Bericht des Büros der Vereinten Nationen für Drogenkontrolle und Verbrechensverhütung (ODCCP) heißt es im Einzelnen, dass sich im Jahr 2001, also nach dem An­ bauverbot der Taliban, die geschätzte Produktion auf ledig­ lich 185 Tonnen belief. Das entsprach nur noch sechs Pro­ zent der im Jahr 2000 erzeugten Gesamtmenge von 3.276 Tonnen, die mehr als die Hälfte der weltweiten Produktion ausgemacht hatten. Über 90 Prozent dieser stark zurück­ gegangenen Ernte stammten aus Provinzen, die unter der Kontrolle der Nordallianz, der späteren Verbündeten der Vereinigten Staaten, standen. Dort hatte man die Anbau­ flächen beträchtlich ausgeweitet. Für die von den Taliban kontrollierte Provinz Helmand, die 2000 noch das größte Anbaugebiet gewesen war, verzeichnete man hingegen 2001 gar keinen Mohnanbau.30 In dem Bericht des ODCCP heißt es weiter, der Ausfall von etwa 3.100 Tonnen Opium gegenüber der afghanischen Jahresproduktion von 2001 sei nicht durch eine verstärkte Produktion in anderen Ländern ausgeglichen worden. Wie June’s Intelligence Review am 22. Oktober 2001 bemerkte, eliminierte »das vom obersten Talibanführer Mullah Mo­ hammad Omar im Juli 2000 ausgesprochene Verbot ... mit einem Schlage gut 70 Prozent des weltweit illegal erzeugten Opiums«. Manche waren skeptisch gegenüber den Motiven Mullah Omars und meinten, die Taliban besäßen große Vor­ räte an verarbeitetem Opium und wollten die Preise in die Höhe treiben. Doch selbst das amerikanische Außenministe­ rium berichtete im März 2002, das von den Taliban aus­ gesprochene Verbot sei »bemerkenswert erfolgreich« gewe­ sen. Glaubwürdiger ist da schon die Erklärung, dass die Taliban durch das Verbot Legitimation und Anerkennung

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seitens der Vereinigten Staaten und anderer Länder erwerben wollten - eine Politik, die bekanntlich scheiterte. Trotz des Verbots blieb Afghanistan, wie es in dem Bericht heißt, »einer der führenden Opiumproduzenten der Welt, weil der Anbau in den [von der Nordallianz kontrollierten] nörd­ lichen Gebieten fortgesetzt wurde«.31 Als die Taliban 2001 aus einer Provinz nach der anderen vertrieben wurden, begannen überall hungernde Bauern wieder die einzige für sie lukrative Pflanze anzubauen, oft auf Geheiß örtlicher Kommandeure. Der Mohn kündigte die Rückkehr der Warlords an - regionaler Militärführer und Armeen, die sich auf ihrem Territorium über das Opium finanzieren und eifersüchtig darauf bedacht sind, eine so lukrative Einnahmequelle nicht an eine Zentralregierung ab­ zutreten. So konnte es zu einer Wiederbelebung der mörde­ rischen Fehden kommen, die nach dem Rückzug der Sow­ jets in den 90er Jahren so viele Zivilisten das Leben gekostet hatten.32 Der Londoner Observer berichtete am 25. November 2001: »Westliche und pakistanische Offizielle befürchten, Afghanistan könne in ein oder zwei Jahren wieder die Spit­ zenwerte der Opiumproduktion erreichen, mit einer Anbau­ fläche von 60.000 Hektar und 2.500 Tonnen Opium - mehr als der Hälfte der weltweiten Erzeugung.« Am 10. Dezember hieß es in derselben Zeitung: »Seit dem Fall der Taliban sind die Bauern Afghanistans zu ihrem alten lukrativen Geschäft zurückgekehrt. In den Stammesgebieten Pakistans, wo das meiste Opium verarbeitet wird, sind die Preise in Erwartung einer Superernte in den Keller gefallen.« Die Financial Times (London) berichtete am 18. Februar 2002: »Die USA und die Vereinten Nationen haben die wiederholten Warnungen internationaler Institutionen zur Drogenbekämpfung igno­ riert, sich mit den zunehmenden Gefahren des Opiumanbaus in Afghanistan zu befassen, der bei dem nun beginnenden

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Wiederaufbau des Landes einen Keil zwischen Europa und die USA zu treiben droht.« Die anfänglich fehlende Bereitschaft der amerikanischen Presse, über diese Entwicklungen zu berichten oder sie zu kommentieren, war ein unheilvolles Anzeichen dafür, dass Washington es möglicherweise dulden würde, wenn seine ehemaligen Schützlinge sich wieder durch Drogenhandel finanzierten. Noch unheilvoller war die von Regierungs­ vertretern aktiv betriebene Desinformation. Die drastische Verringerung des Opiumanbaus durch die Taliban wurde ignoriert und von CIA-Direktor George Tenet sogar völlig falsch dargestellt, als er in seinem Bericht vor dem Kongress am 7. Februar 2001 unter Androhung von Vergeltungs­ schlägen gegen die Taliban erklärte: Die Produktion in Afghanistan ist explodiert; im Jahr 2000 machte sie 72 Prozent der weltweiten illegalen Opiumpro­ duktion aus. Die Bedrohung durch die Drogen verbindet sich zunehmend mit anderen Gefahren. Das Taliban-Regime in Afghanistan etwa, das es Bin Laden und anderen Terroristen erlaubt, auf ihrem Territorium zu operieren, fördert den Dro­ genhandel und bezieht Gewinne daraus.33

Am 17. Januar 2002 erließ der neue Führer Afghanistans Hamid Karzai erneut ein Verbot des Mohnanbaus und ver­ sprach, bei der Durchsetzung mit den Geberländern zu­ sammenzuarbeiten. Doch aus dem amerikanischen Außen­ ministerium hieß es: Ob die Gruppierungen im Land einem von der Interimsregie­ rung erlassenen Verbot folgen werden, ist ungewiss. So unter­ nimmt die Nordallianz, soweit die Vereinigten Staaten wis­ sen, nichts gegen den Mohnanbau und den Opiumhandel in dem von ihr kontrollierten Gebiet. Nach jüngsten Berichten bringen Bauern in den von der Nordallianz kontrollierten Ge­ bieten sogar zwei Ernten im Jahr ein.34

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Das hat zur Folge, dass weiterhin Drogen nach Tadschi­ kistan und Kirgisistan strömen, die dort der Finanzierung radikaler Islamistengruppen dienen. Wie der Schriftsteller und Journalist Ahmed Rashid berichtet, waren die Behörden in Tadschikistan überzeugt, dass die stärkste, aus Drogen­ geldern finanzierte Gruppe, mit der sie es zu tun haben, die Islamische Bewegung Usbekistans, insgeheim von Russland unterstützt wird, weil Moskau versucht, [den usbekischen Diktator] Karimov zu bewegen, russische Truppen und einen verstärkten russi­ schen Einfluss in Usbekistan zu dulden ... Andere tadschiki­ sche Offizielle behaupten, die Islamische Bewegung Usbeki­ stans werde von Saudi-Arabien und Pakistan unterstützt, die sich in Zentralasien für islamische Gruppen einsetzen, um dort größeren Einfluss zu gewinnen.35

Rashid selbst bestätigt sowohl saudische Hilfsgelder als auch eine »diskrete Hilfe« seitens der ISI für die Islamische Bewe­ gung Usbekistans und fügt hinzu, hohe ISI-Mitarbeiter seien der Überzeugung, dass diese Gruppierung »eng mit russi­ schen Geheimdienstkreisen verbunden ist«.36 Nach wie vor nimmt die amerikanische Regierung keine klare Haltung zu dem selbst verursachten Wiedererstarken der Drogenströme ein. Es fehlt an ausreichenden Geldmit­ teln zum Wiederaufbau der afghanischen Wirtschaft und dem entschlossenen Willen, das Problem der Warlords anzu­ gehen. Wieder einmal lassen es die Vereinigten Staaten an der Bereitschaft fehlen, der Drogenpolitik ihrer eigenen Ver­ bündeten in der Region entgegenzutreten. Vermutlich gibt es in Washington - wie übrigens auch in der russischen Regie­ rung - einige Kräfte, die eine Korrumpierung der zentral­ asiatischen Staaten durch den Drogenhandel akzeptieren, weil sie sich davon größeren Einfluss auf die dortigen Politi­ ker versprechen.37

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Die Situation im Jahr 2001 erinnert in vielem an die 80er Jahre, als amerikanische Offizielle den Heroinhandel der Mudschaheddin ignorierten, »weil die amerikanische Dro­ genpolitik in Afghanistan dem Kampf gegen den sowjeti­ schen Einfluss untergeordnet wurde«, wie die Washington Post am 13. Mai 1990 feststellte. Die Folgen dieser offiziellen Tolerierung des Drogenhan­ dels hat Michael Griffin in treffenden Worten zusammen­ gefasst: Mitte der 80er Jahre hatten Verarbeitung und Export von Heroin sich in Pakistan zu einer Schattenwirtschaft von acht Mrd. Dollar Umfang ausgeweitet - etwa halb so viel wie die offizielle -, und manches sprach dafür, dass die pakistanische Militärregierung sich zu einer Regierung von Drogenhänd­ lern entwickelte ... Die Zahl der pakistanischen Heroin­ abhängigen war von praktisch null im Jahr 1979 auf 1,2 bis 1,7 Mio. im Jahr 1988 hochgeschnellt. Ein so rasches Wachs­ tum wäre undenkbar gewesen ohne den Schutz oder die aktive Beteiligung der ISI, die sich dank der finanziellen Unterstützung und der Waffenlieferungen der CIA aus einer kleinen militärischen Abteilung zu einem modernen Geheim­ dienst mit 150.000 Bediensteten und einem Budget von meh­ reren hundert Millionen Dollar entwickelt hatte ... Die Ver­ einigten Staaten beteiligten sich am Aufbau dieser neuen Heroinquelle, weil sie befürchteten, sonst das Bündnis der CIA mit den Mudschaheddin aufs Spiel zu setzen.38

Außer Griffin sehen auch viele andere Autoren in diesem ge­ waltigen Anstieg des Drogenhandels eine Nebenfolge des Kriegs gegen die Sowjets. Aber es gibt Anzeichen dafür, dass die Drogenhändler mehr taten, als aus dem Krieg Profit zu schlagen. Möglicherweise halfen sie auch, ihn herbeizu­ führen. Mit Sicherheit war die Erweiterung der Opium- und

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Heroinproduktion im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan keine Folge des Krieges, sondern ging ihm vor­ aus. Besonders auffällig ist die Tatsache, dass der Krieg 1979 (wie auch 2001) dazu beitrug, einen drohenden Rückgang der weltweiten Opiumproduktion von den jeweils erreichten Höchstständen zu verhindern. In seinem wichtigen Buch Die CIA und das Heroin be­ merkt Alfred McCoy, dass Heroin aus Südasien bis zu den 70er Jahren auf dem Weltmarkt keine Rolle gespielt hatte. Damals blieb der Monsun in Birma und Laos zwei Jahre hintereinander aus. Als Reaktion auf diese Dürre erweiterte man die Anbauflächen in Pakistan und richtete Heroinlabors in der nordwestlichen Grenzprovinz ein (worauf das kanadi­ sche Maclean’s Magazine schon am 30. April 1979 hinwies). McCoy nennt die Zuwächse, zu denen es in der Folge­ zeit kam: »Bis 1980 dominierte pakistanisch-afghanisches Opium den europäischen Markt und befriedigte auch 60 Prozent der illegalen US-Nachfrage.«39 Er vermerkt auch, dass Gulbuddin Hekmatyar einen Komplex aus sechs Hero­ inlabors im Bezirk Koh-i-Sultan in Belutschistan kontrol­ lierte, einem Gebiet, das vollständig unter der Kontrolle der ISI stand.40 Diese zeitliche Reihenfolge wirft dieselbe Frage auf wie das Geschehen im Jahr 2001. Welche Kräfte veranlassten die CIA im Mai 1979, sich mit der Ermächtigung durch Brzezinski und den Nationalen Sicherheitsrat auf eine Zu­ sammenarbeit mit der ISI und deren Schützling Hekmatyar einzulassen, und dies angesichts eines bereits boomenden Heroinmarktes, der beherrschende Bedeutung für die Ver­ bindung zwischen ISI und Hekmatyar und für deren Akti­ vitäten erlangen sollte?41 Schon vorher hatte die CIA Verbindungen nach Pakistan aufgebaut, die nun Teil der Waffenpipeline nach Afghanistan wurden. Eine davon war die Gulf Group, eine Reederei, die

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den Brüdern Gokal gehörte und intensiv an der Verschiffung amerikanischer Hilfsgüter in Länder der Dritten Welt betei­ ligt war.42 Eine weitere war die BCCI, der größte Geldgeber der Gulf Group.43 Der Vorstandsvorsitzende der BCCI, Agha Hasan Abedi, stand im Verdacht, schon vor der Gründung der Bank im Jahr 1972 Beziehungen zur CIA gehabt zu ha­ ben.44 Engere Verbindungen zur CIA kamen offenbar 1976 zustande, als die CIA unter ihrem Direktor George Bush »die Beziehungen zu »befreundeten« arabischen Geheimdiensten intensivierte. Einer der wichtigsten davon war der saudische Geheimdienst [Istakhbarat], der von Kamal Adham, Prinz Turki [al-Faisal al-Saud] und Abdul-Raouf Khalil geleitet wurde, sämtlich Insider der BCCI.«45 Die Verbindungen der BCCI zu CIA-Kreisen, insbesondere zu CIA-Direktor George Bush und seinem späteren Nachfol­ ger William Casey, sollen 1976 intensiviert worden sein, als Jimmy Carter sich weigerte, Bush für eine weitere Amtszeit zu bestätigen. Wegen der Verkleinerung der Geheimdienste wurden damals zahlreiche Mitarbeiter der CIA entlassen. Es wird behauptet, dass die wachsende Schar ausgemusterter CIA-Agenten damals heimlich eine »CIA im Exil«, eine »in­ formelle Gruppe von Ehemaligen«46 gründete. Und ebenso wird behauptet, CIA-Direktor Bush habe 1976 gemeinsam mit dem britischen Geheimdienst und William Casey (der damals Ronald Reagans erste Wahlkampagne für die Prä­ sidentenwahlen leitete) der BCCI bei der Gründung ihrer Niederlassung auf den Cayman-Inseln geholfen (die als Ver­ bindungsstelle zu den Geheimdiensten diente).47 Zweck die­ ser Aktion war es, die BCCI »zu einem Geheimdienst­ konsortium mit britischer, amerikanischer und arabischer Beteiligung« zu machen.48 Nach dieser Theorie spielte der syrische Drogenhändler Monzer al-Kassar, der vom britischen Geheimdienst rekru­ tiert worden war, »eine Schlüsselrolle ... Er überredete alle

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Terroristengruppen, von Abu Nidal bis hin zu den Marxis­ ten, ihre Konten in die neue BCCI-Niederlassung in London zu verlegen. Dort konnte der Geheimdienst jede verschlüs­ selte Überweisung leicht entschlüsseln und verfolgen.«49 Der Kerry-Brown-Senatsbericht über die BCCI bestätigte, dass Informationen über Monzer al-Kassars und Abu Nidals Konten bei der Londoner BCCI-Niederlassung vom Leiter der Zweigstelle, der offenbar ein »bezahlter Informant«50 war, an den britischen und amerikanischen Geheimdienst weitergegeben wurden. Der Bericht monierte auch die unzu­ reichende Kontrolle in Großbritannien, die ihren Tiefpunkt erreichte, als »die Bank of England unwissentlich zum Part­ ner bei der Verschleierung krimineller Aktivitäten der BCCI wurde«.51 Eine dritte Firma, die Bestandteil der afghanischen Waf­ fenpipeline wurde, war Global International Airways mit Sitz in Kansas City. Das Unternehmen hatte schon 1979 ex­ pandiert, und zwar »mit Krediten einer internationalen ara­ bischen Bank« - angeblich der BCCI.52 Inzwischen bezahlte die CIA ihre afghanischen Mitarbeiter mit Devisen, die sie bei der Schweizer Firma Shakarchi Trading kaufte. Später wurde bekannt, dass diese Firma Gewinne aus dem afghani­ schen Heroin- und dem kolumbianischen Kokainhandel ge­ waschen hat.53 Agha Hasan Abedis Eintritt in die amerikanische Banken­ welt war von Anfang an begleitet von Bemühungen, persön­ lichen Einfluss auf die amerikanische Politik zu erlangen, wahrscheinlich mit Hilfe proarabischer Elemente in der CIA und schließlich auch mit Hilfe Präsident Carters, nachdem er dessen umstrittenem Budgetdirektor Bert Lance mehrfach einen Gefallen getan hatte. Noch lange nach dem Ende sei­ ner Präsidentschaft reiste Carter in Abedis BCCI-Flugzeug durch die Welt und erlaubte dem Banker, von gemeinsamen Auftritten mit ihm in Kenia, Ghana, Pakistan, Bangladesch,

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China, Thailand und der Sowjetunion zu profitieren, »sämt­ lich wichtige Ziele für die geschäftliche Entwicklung der BCCI«.54 Doch Abedis Bemühungen um Carter hatten nach 1979 nur begrenzten Erfolg. Das damals unter amerikanischer Vermittlung zustande gekommene Camp-David-Abkom­ men* ließ eine zentrale saudische Forderung unberücksich­ tigt: den Abzug der Israelis aus Ostjerusalem und vom Tem­ pelberg.55 Im April 1979 stellten die Vereinigten Staaten außerdem ihre Hilfe für Pakistan ein, weil das dortige Regime mit Krediten der BCCI und Einnahmen aus dem Drogenhandel eine Atombombe entwickelte.56 In der Folge­ zeit unterhielten saudischer Geheimdienst und BCCI auch weiterhin bessere Beziehungen zu einigen CIA-Mitarbeitern als zum Weißen Haus.57 Die hartnäckigen, 1978 begonnenen Bemühungen der BCCI, eine amerikanische Bank in Wa­ shington zu erwerben, blieben erfolglos, solange Carter Prä­ sident war. Doch unter der Ägide Reagans wurde das Vor­ haben 1981 einstimmig gebilligt.58 Abedi stand dem pakistanischen General Mohammed Ziaul-Haq sehr nahe, der 1977 die Macht ergriff. Abedi und Zia trafen sich auch häufig mit Fazle Haq, den Zia zum Militärgouverneur der nordöstlichen Grenzprovinz er­ nannte. Er war angeblich der Schutzherr der pakistanischen Heroinverarbeiter, die den Mudschaheddin das Opium ab­ kauften.59 Wie Abedi war auch Fazle Haq für seine CIA-Ver­ bindungen bekannt; 1982 setzte Interpol ihn auf die Liste der internationalen Drogenhändler.60 Drogen spielten dabei möglicherweise von Anfang an eine wesentliche Rolle. Wie ein BCCI-Informant amerikanischen Behörden berichtete, gründete Abedis Einfluss auf Zia zum Teil auf dem »Rückhalt eines Pakistani namens Fazle Haq, der ... tief in den Drogenhandel verwickelt war und das He­ roingeld über die Bank leitete.«61 In der Zentrale der DEA in

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Washington sagte man Reportern, man wisse nichts über Fazle Haq. Aber ein hochrangiger amerikanischer Offizieller erklärte gegenüber Time-Korrespondent Jonathan Beaty, das habe man gesagt, »weil Haq unser Mann war ... Alle wuss­ ten, dass Haq auch den Drogenhandel leitete« und dass »die BCCI tief darin verwickelt war«.62 Wir haben bereits gesehen, dass Brzezinski die Verant­ wortung für die Intervention der CIA und der ISI in Afgha­ nistan übernommen hat. Doch 1989 behauptete Fazle Haq in einem Interview, die Pakistanis (darunter er selbst) hätten Brzezinski gedrängt, die ISI-Schützlinge in Afghanistan zu unterstützen: »Ich sagte Brzezinski, ihr habt es in Vietnam und Korea verbockt. Diesmal solltet ihr es lieber richtig machen.«63 In seinem Buch Drugs in South Asia äußert M. Emdad-ul Haq außerdem die Vermutung, dass Fazle Haq der »ausländische Berater« war, der General Zia nach An­ gaben der Hindustan Times geraten hat, das Drogengeld ein­ zusetzen, um die Sowjets herauszufordern.64 Sicher ist, dass schon im Mai 1979, also Monate vor dem sowjetischen Einmarsch, die ISI einen Kontakt zwischen der CIA und ihrem Schützling Hekmatyar herstellte - jenem Warlord, der zur zentralen Figur im Drogenhandel der Mud­ schaheddin werden sollte.65 Das geschah zu einem Zeit­ punkt, als der internationale Heroinhandel unter einem star­ ken Rückgang der Opiumproduktion im Goldenen Dreieck litt und daher eine neue Lieferquelle aufbauen musste. Als Pakistan den Opiumanbau im Februar 1979 verbot und der Iran im April folgte, veranlasste das Fehlen jeder staatlichen Kontrolle in den paschtunischen Gebieten Pakistans und Afghanistans »westliche Drogenkartelle und >Wissenschaft­ ler< [einschließlich einiger >Glücksritter< aus Europa und Amerika], in diesem Stammesgürtel Verarbeitungsstätten für Heroin einzurichten«.66 Diese neue Aufmerksamkeit der »in­ ternationalen Drogensyndikate« entstand offenbar vor der

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aktiven CIA-Intervention in Afghanistan im August 1979 und auch vor dem sowjetischen Einmarsch im Dezember.67 Die Bedeutung, die der Drogenhandel für die ISI als Mittel der politischen Einflussnahme und (für manche ihrer Vertreter) der persönlichen Bereicherung besaß, steht außer Frage. In den 80er und 90er Jahren erlaubte der pakista­ nische Geheimdienst Hekmatyar, mit Hilfe von Drogen sei­ nen Einfluss auf andere afghanische Kommandeure zu ver­ größern, die nicht im selben Maße unter der Kontrolle der ISI standen.68 Die Kontrolle der Drogenströme wurde offenbar Teil der von CIA und ISI verfolgten Strategie, den Afghanistankrieg nach Norden in die Sowjetunion zu tragen. Als ersten Schritt scheint Casey einen von Alexandre de Marenches stammen­ den Plan verfolgt zu haben, wonach die CIA sowjetische Sol­ daten mit Drogen versorgen sollte.69 Obwohl Marenches später bestritt, dass der Plan ausgeführt wurde, gibt es Be­ richte, wonach schon bald Heroin, Haschisch und sogar Ko­ kain aus Südamerika sowjetische Soldaten erreichten und die mit CIA und ISI eng liierte BCCI sowie »einige amerikanische Geheimdienstleute tief in den Drogenhandel verwickelt wa­ ren«, bevor der Krieg zu Ende ging.70 Maureen Orth erfuhr von Mathea Falco, unter Jimmy Carter Leiterin der Abtei­ lung Internationale Drogenkontrolle im State Department, dass CIA und ISI die Mudschaheddin gemeinsam ermunter­ ten, sowjetische Soldaten drogenabhängig zu machen.71 Aber die Pläne gingen noch weiter. Während eines gehei­ men Besuchs in Pakistan überraschte CIA-Direktor Casey seine pakistanischen Gastgeber 1984 mit dem Vorschlag, den afghanischen Krieg in das Land des Feindes zu tragen - nämlich in die Sowjetunion ... Pakistani­ sche Geheimdienstleute begannen damals unabhängig - wenn auch teils von Casey dazu angeregt - Afghanen auszubilden und mit CIA-Waffen auszurüsten, die vereinzelte Angriffe auf

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militärische Einrichtungen, Fabriken und Depots in der Sow­ jetunion ausführten ... Diese Anschläge alarmierten später manche amerikanische Offizielle in Washington, die in mili­ tärischen Angriffen auf dem Staatsgebiet der Sowjetunion eine unglaubliche Eskalation erblickten, wie Graham Füller berichtet, damals ein hoher Mitarbeiter des Geheimdienstes [CIA], der sich entschieden gegen solche Angriffe aus­ sprach.72

»So waren es also die Amerikaner«, erklärte der pakistani­ sche Brigadegeneral Mohammed Yousaf, »die eine beträcht­ liche Eskalation des Krieges herbeiführten, welche in den fol­ genden drei Jahren in zahlreichen grenzüberschreitenden Angriffen und Sabotageaktionen« nördlich des Amudarja gipfelte.73 Ahmed Rashid schrieb dazu: »1986 einigten sich die Geheimdienste der Vereinigten Staaten, Großbritanniens und Pakistans auf einen Plan, der Guerillaangriffe in Tad­ schikistan und Usbekistan vorsah.«74 Diese Aufgabe »über­ trug man dem von der ISI besonders gehätschelten Mud­ schaheddin-Führer Gulbuddin« Hekmatyar75, der zu dieser Zeit seine von der CIA und aus saudischen Quellen stam­ menden Bezüge durch Einkünfte aus seinen Heroinlabors im pakistanischen Bezirk Koh-i-Sultan ergänzte, einem Gebiet, das vollständig unter der Kontrolle der ISI stand.76 Zur gleichen Zeit half die CIA der ISI und Saudi-Arabien, tausende Korane, die ins Usbekische übersetzt worden wa­ ren, in der Sowjetunion zu verteilen, ein bedeutender Beitrag zur Ausbreitung des Islamismus in Zentralasien.77 Casey war ein Ölmann, und seine Initiative von 1984 fiel in eine Zeit, als rechtsgerichtete Ölkreise in Texas längst ein Auge auf das Erdöl im Kaspischen Becken geworfen hatten. Seine über die Grenze hinweg operierenden Guerillas, die im Wesentlichen aus Usbeken und Tadschiken bestanden, ent­ wickelten sich mit der Zeit zu islamistischen Gruppen wie der Islamischen Bewegung Usbekistans, die sich aus dem

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Drogenhandel finanzierten und dann in den 90er Jahren zu einer Geißel Zentralasiens wurden.78 Es stellt sich eine weitere Frage: Wie weit reicht der Ein­ satz Hekmatyars und des Drogenhandels zurück, und wer initiierte ihn? Nahm die CIA im Mai 1979 den Kontakt zu Hekmatyar im Rahmen der von Carter und Brzezinski ein­ geleiteten Politik auf? Oder arrangierten Abedi, Haq und Konsorten den Kontakt über ihre besonderen Verbindungen zu prosaudischen Elementen in der CIA, um einen Zugang zum Drogenhandel zu erhalten, der schon bald beträchtliche Gewinne abwerfen sollte?79 Oder stärkte die CIA die Posi­ tion von Freunden wie der BCCI oder Fazle Haq, weil sie un­ ter den Muslimen die sowjetisch unterstützten, durch Dro­ gen finanzierten Geheimdienstaktivitäten von Männern wie Rifaat Assad fürchtete, der die Drogenproduktion und La­ bors im libanesischen Bekaatal kontrollierte?80 Immerhin ist klar, dass die BCCI und die mit ihr verbun­ dene Gokal-Reederei (und möglicherweise auch Global International Airways) bald das Rückgrat der von CIA und ISI betriebenen Waffenpipeline zu Gulbuddin Hekmatyar wurden. Und die Vereinigten Staaten, die über Hekmatyars Drogengeschäfte und seinen Antiamerikanismus bestens in­ formiert waren, drängten die ISI niemals, ihm die amerika­ nische Hilfe vorzuenthalten.81 Diese Untätigkeit ist umso er­ staunlicher, als Hekmatyar ganz offensichtlich keinerlei Beitrag zu den militärischen Aktionen der Mudschaheddin leistete.82 1959 1959 hatten südostasiatische Drogenkartelle, die den Verlust ihrer bisherigen Opiumquellen und Verbindungen fürchte­ ten, in Laos eine Scheinkrise ausgelöst. Wie schon in den ge­ schilderten Beispielen aus den Jahren 1979 und 2001, so war

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auch 1959 der regionale Drogenhandel durch politische Ent­ wicklungen bedroht - was sich erst nach einer von der CIA unterstützten Eskalation und der Machtergreifung durch Kräfte änderte, die in den Drogenhandel verwickelt waren.83 1959 waren es Stämme in Nordostlaos sowie Birma und Thailand, die entsprechenden Druck ausübten. Seit Jahren waren die Drogen der Guomindang vom thailändischen Zoll »beschlagnahmt« und dann vor Ort oder an Drogenhändler aus Hongkong verkauft worden, zum Nutzen der thailändi­ schen CIA-Marionette Phao Sriyanon. Dieser Zustand fand 1959 ein abruptes Ende: Feldmarschall Sarit [Thanarat] unternahm einen schweren Militärschlag gegen den Drogenhandel [in Thailand]. Am 1. Juli 1959, eine Minute nach Mitternacht, durchsuchten Sarits Truppen das ganze Land, hoben Opiumhöhlen aus, beschlagnahmten deren Vorräte und konfiszierten Opium­ pfeifen. In einer Ansprache an sein Volk erklärte Sarit: »Der 1. Juli kann als ein Tag von historischer Bedeutung angesehen werden, weil damit das erste Kapitel eines neuen Zeitalters in der Geschichte der thailändischen Nation beginnt.«84

Mit dieser konspirativ herbeigeführten »Krise« begann nur zwei Wochen später, am 16. Juli 1959, ein neues Kapitel in der laotischen Geschichte. Die laotische Scheinkrise vom Juli und August 1959 führte dazu, dass die Luftbrücke der von den Guomindang kontrollierten CIA-Fluggesellschaft Air America, nach Laos nun auch offiziell vom Weißen Haus abgesegnet wurde. Schon bald begann Air America auch mit einer regelmäßigen Versorgung der Hmong(Meo)-Camps in Nordostlaos. 1965 war diese Luftbrücke zum wichtigsten Exportweg für das traditionell von den Hmong angebaute Opium geworden, und ab 1968 transportierte man auch Heroin auf diesem Wege. Offenbar landeten diese Drogen in den seit langem be­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

stehenden Drogennetzen der Guomindang, die über Hong­ kong in die Vereinigten Staaten führten. Die »Krise« von 1959 war die erste in einer ganzen Reihe von Krisen, die von 1961 bis 1964 zu einem immer stärkeren Engagement der Vereinigten Staaten zunächst in Laos und dann in Vietnam führten. Die Unterstützung des laotischen Rebellen und Drogenhändlers Phoumi Nosavan durch die Air America trug zu diesen »Krisen« bei, an denen sowohl Kreise außerhalb der amerikanischen Regierung als auch hochrangige Vertreter der Ministerialbürokratie interessiert waren. Wir wissen heute, dass ein 1951 von Truman gebil­ ligter Plan zur Rückeroberung Chinas durch die Guomin­ dang noch lange nach dem Koreakrieg von einigen Generä­ len und CIA-Vertretern verfolgt wurde. Das Spektrum dieser Leute reichte von Extremisten wie dem Air-Force-General Curtis LeMay, der privat schrieb, man solle die Chinesen mit Atombomben ausradieren, bis hin zu CIA-Direktor Ray Cline, der die CIA-Niederlassung in Taipeh geleitet hatte.85 Der Plan wurde 1959 bis 1962 von rechtsgerichteten Oppo­ sitionellen wiederbelebt, als zu der alten McCarthy-Frage »Wer hat China verloren?« eine neue Frage hinzukam, näm­ lich: »Wer hat Kuba verloren?«86 Der wohl lautstärkste Verfechter des Plans in der Zeit von 1959 bis 1965 war die von der Guomindang geförderte Asian People’s Anti-Communist League (nach 1966 World Anti-Communist League), deren Sektion in der Zentrale in Taipeh auch die Luftbrücke zu den Guomindanglagern in Westlaos finanzierte. Doch die Machenschaften der Guomindang, die 1959 in Laos eine Scheinkrise zu erzeugen versuchte, wären nicht weiter beachtet worden, wenn sie nicht die Unterstützung der örtlichen und höherer CIA-Vertreter gefunden hätten.87 Eine Schlüsselrolle spielte dabei der einflussreiche CIA-Verbün­ dete Joseph Alsop, ein alter Chinafreund und Kolumnist, der

2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan

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mit seinen aufhetzenden Berichten aus Laos dazu beitrug, dass man die Charterflüge der Air America in Washington genehmigte.88 So bemühten sich die CIA und ihre Freunde 1959, den da­ mals stark gefährdeten Drogenhandel der Guomindang zu schützen und zu stärken. Schon seit einem Jahrzehnt hatten die CIA und die teilweise in ihrem Besitz befindliche Air America eine Schlüsselrolle beim Aufbau dieses Handels ge­ spielt, der inzwischen zum zuverlässigsten Verbündeten der CIA in Ost- und Südostasien geworden war. Die Ursprünge dieser Zusammenarbeit verdienen eine genauere Betrach­ tung.

3. Die Drogenverbündeten der USA: die Guomindang und das organisierte Verbrechen

Nach dem Zweiten Weltkrieg hätte es eigentlich gelingen können, den internationalen Drogenhandel in Grenzen zu halten, da er durch die Unterbrechung der Seewege stark geschwächt worden war. Auf die Vertreibung der Guomin­ dang vom chinesischen Festland 1949 und die Gründung der Volksrepublik China folgte die Zerstörung der Mohn­ felder in Jünnan und Setschuan, die wahrscheinlich den größten Teil des weltweiten Angebots produzierten und eine wichtige Einnahmequelle für das Guomindangregime dar­ gestellt hatten.1 Doch schon vor dem Ausbruch des Koreakrieges im Juni 1950 gab es in Washington Befürworter einer Stärkung der verbliebenen Guomindangarmeen in Birma. Am 10. April 1950 legten die Joint Chiefs of Staff ein Programm vor, um die »wiedererstärkten« Kräfte der nationalchinesischen Streitkräfte auszunutzen. Im Rahmen dieses Programms unterstützte das Office of Policy Coordination (OPC) unter einem privaten Deckmantel die Truppen des Guomindang­ generals Li Mi in Birma, der seit Mai 1950 oder sogar schon früher für die CIA arbeitete.2 Der wahre Urheber des Plans war General Claire Chennault, dessen Fluggesellschaft Civil Air Transport (CAT, die spätere Air America) den Nach­ schub des OPC für Li Mi flog. Es zeigte sich schon bald, dass Li Mis Armee keine wirk­ liche Bedrohung für die neue Volksrepublik darstellte. Die

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

beiden Invasionsversuche 1951 und 1952 wurden von den Milizen in Jünnan schon nach weniger als 100 Kilometern mühelos zurückgeschlagen.3 Doch bei der Wiederherstellung der Opiumversorgung für die Guomindang waren Li Mi und seine Armee so erfolgreich, dass die Jahresopiumproduktion in Birma von weniger als 40 Tonnen vor dem Zweiten Welt­ krieg auf 270-360 Tonnen im Jahr 1962 stieg. »Ende der 50er Jahre hatten sich Birma, Laos und Thailand zu einem gewaltigen Produzenten und zur Quelle von über der Hälfte des gegenwärtigen illegalen Angebots von 1.250-1.400 Ton­ nen jährlich entwickelt.«4 Das OPC, das später in der CIA aufging, war maßgeblich an dieser Produktionssteigerung beteiligt. Ab Februar 1951 versorgten Flugzeuge der von der CIA finanzierten CAT die Truppen über die vom OPC gebaute Militärbasis Mong Hsat mit Waffen, die von einer anderen, im Besitz der CIA befind­ lichen Firma namens Sea Supply stammten. Nach der Ablieferung von Waffen für die Guomindang-Ein­ heiten in Birma beluden amerikanische Piloten der CAT für den Rückflug ihre Maschinen mit dem Guomindang-Opium. Einer von ihnen, ein US-Chinaveteran namens Jack Killam, wurde 1951 ermordet, nachdem ein Opiumdeal fehlschlug. CIA-Agent Sherman Joost setzte ihn in einem anonymen Grab bei.5

Nach dem Abtransport wurde das meiste GuomindangOpium an den thailändischen Polizeichef Phao Sriyanon verkauft, der »zufällig«, wie McCoy schreibt, »auch der Vertraute der CIA in Thailand war«.6 Der »Zufall« ging noch weiter, denn es war ein und dasselbe Unternehmen, Sea Supply, Inc., das sowohl die Guomindang als auch die thai­ ländische Grenzpolizei belieferte. Die fortgesetzte Unterstützung der CIA für das Opium­ unternehmen der Guomindang in Birma lässt sich zumindest

3. Die Drogenverbündeten der USA

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teilweise durch den amerikanischen Wunsch erklären, die wachsende Beliebtheit der Volksrepublik bei den wohl­ habenden und einflussreichen Auslandschinesen in ganz Südostasien zu bekämpfen.7 Die Guomindang erreichte deren Gemeinschaften über die Triaden und andere Geheim­ gesellschaften, die traditionell in den Opiumhandel verwi­ ckelt waren. Der Aufbau einer Opiumproduktion in Birma als Ersatz für die verloren gegangenen Produktionsstätten in Jünnan sorgte daher für den Fortbestand eines sozialen Ge­ flechts, das zwar korrupt, aber doch traditionsbestimmt war. Außerdem finanzierte die Guomindang auf diese Weise Sabotageakte und Opposition gegen die Volksrepublik. Diese Erklärung unterstellt, dass OPC und CIA die Guo­ mindang und das organisierte Verbrechen für ihre Zwecke einsetzten. Man kann jedoch auch die Frage stellen, ob es nicht umgekehrt ebenso war, ob also Kräfte, die entschlossen waren, den Vorkriegszustand im Drogenhandel wiederher­ zustellen, nicht die amerikanische Regierung manipulierten, um dieses Ziel zu verwirklichen. Dazu müssen wir uns zu­ nächst die verborgene Geschichte des Koreakriegs ansehen. Zu dessen Ausbruch im Juni 1950 trugen sowohl amerikani­ sche als auch sowjetische Interessen bei. Auf amerikanischer Seite bahnten Chiang Kai-shek, Chennault und andere den Weg zum Koreakrieg und zu der Rolle, die CAT darin spielte. Und daraus ergab sich wiederum die CAT-Luftbrücke zu den Guomindangtruppen in Birma.8 Begleitet waren diese Ereignisse von außergewöhnlichen Intrigen, die damals immer wieder zu wechselseitigen Kon­ spirationsvorwürfen führten.9 Bruce Cumings, der maßgeb­ liche Chronist dieser komplizierten Intrigen, schreibt: »Die Chinalobby infiltrierte die CIA und umgekehrt.« Insider wussten schon Mitte 1950, dass der Krieg bald beginnen würde. Das war die Situation, als Whiting Willauer von der CAT Mitte Juni 1950 nach Washington flog, um über die

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endgültige Übernahme der Fluggesellschaft durch das staat­ liche Office of Policy Coordination (OPC) zu verhandeln. »Wahrscheinlich schon vor dem Ausbruch des Koreakriegs am 25. Juni« beschloss Frank Wisner vom OPC, »die Flug­ gesellschaft zu erwerben«10, und am 28. Juni 1950 billigte CIA-Direktor Hillenkoetter formell die Übernahme durch OPC und CIA. Das war drei Tage nach dem Beginn des Krie­ ges, der der CAT 15.000 Flugaufträge bescheren sollte.11 Man erinnere sich aber, dass General Li Mi, dessen Über­ leben in Birma von dieser Fluggesellschaft abhing, angeblich schon »im Mai 1950 oder sogar noch früher für die CIA arbeitete«.12 Die eigentliche Schlüsselfigur im Vorfeld des Koreakrieges war offenbar Paul Helliwell, der Mann, der 1949 die erste Begegnung zwischen Chennault und Wisner arrangierte.13 Als ehemaliger Mitarbeiter der OSS-Niederlassung in Kun­ ming, der im Zweiten Weltkrieg mit Opium-Warlords zu­ sammengearbeitet und Leistungen regelmäßig mit Opium bezahlt hatte, machte er Geschäfte mit dem GuomindangPolizeichef Tai Li, dessen Büro weitgehend mit Drogenhänd­ lern der Grünen Bande besetzt war, und wie Tai Li baute er eine Verbindung zwischen Drogenhändlern und staatlichen Geheimdiensten auf. Als Mitarbeiter des OPC war Helliwell nicht nur an der Gründung der CAT (später Air America), sondern auch am Aufbau von Sea Supply, Inc. beteiligt, dem Unternehmen, das gegen den Willen des amerikanischen Außenministeriums Waffen an Chiang Kai-shek lieferte.14 Nach 1949 lieferte Sea Supply Waffen an die Drogenstreit­ kräfte der Guomindang in Birma und an die thailändische Grenzpolizei des Phao Sriyanon - die beiden Hauptzweige der birmanisch-thailändischen Guomindang-Drogenverbindung.15 Helliwell arbeitete viele Jahre als Berater für Meyer Lans­ kys Bank in Miami, und er investierte zu einer Zeit in Im­

3. Die Drogenverbündeten der USA

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mobilien, als er Repräsentant Thailands war und Guomin­ danggelder von dort und aus Birma über Hongkong in die Vereinigten Staaten verschoben wurden, um sie von Immo­ bilienfirmen, die mit Lansky in Verbindung standen, wa­ schen zu lassen.16 Später war er an der Gründung der Castle Bank auf den Bahamas beteiligt, die Gelder für die CIA und das organisierte Verbrechen wusch.17 Die Castle Bank war nur eine von vielen Banken, die diese Doppelrolle übernah­ men; sie unterhielt komplizierte Verbindungen zur Nugan Hand Bank in Australien und zu dem Washingtoner Bankier George Olmsted, dessen Firma (Financial General Bank­ shares) schließlich von der BCCI übernommen wurde.18 Helliwells Karriere ist symptomatisch für ein Netz außer­ staatlicher Verbindungen mit Schwerpunkt auf den Geschäf­ ten und Geldwäsche-Aktivitäten des organisierten Ver­ brechens. Zu diesen außerstaatlichen Intrigen hat Bruce Cumings auf Archivalien gestützte Geschichte wenig zu sagen. Das lässt sich schon an seinem Register erkennen, das keine Einträge zu Helliwell, Geheimgesellschaften, Triaden, Mafia oder Opium enthält.19 Noch erstaunlicher ist aller­ dings, dass sich in einem Buch, in dem auf 102 Seiten von Chiang Kai-shek und auf 15 von der Chinalobby die Rede ist, kein Hinweis auf die Tatsache findet, die ich für den Schlüs­ sel zu ihrem Einfluss auf die amerikanische Politik halte. Ich meine den Vorwurf, den Ross Koen schon 1960 erhoben hat: Es gibt ... gewichtige Beweise dafür, dass eine Reihe natio­ nachinesischer Offizieller sich mit Wissen und Billigung ihrer Regierung an der illegalen Einschleusung von Drogen in die Vereinigten Staaten beteiligten. Die Materialien begründen den Verdacht, dass auch einige prominente Amerikaner sich an diesen Geschäften beteiligt und davon profitiert haben. Sie zeigen außerdem, dass der Drogenhandel eine wichtige Rolle in den Aktivitäten und Machenschaften der Chinalobby ge­ spielt hat.20

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Dazu passt auch, dass Cumings nicht auf die Geheim­ gesellschaften und Triaden eingeht, die doch die eigentliche soziale Grundlage der Guomindang und der Chinalobby bildeten - in China, in ganz Südostasien und vor allem in Amerika. Er spricht nur einmal kurz von »Figuren aus der Chinalobby, die auf Taiwan fixiert waren« und übersieht dabei die reale Macht dieser Leute, denen es nur am Rande um Taiwan oder das chinesische Festland ging, sondern allein darum, den Opiumhandel zu retten und wiederherzu­ stellen.21 Diese Geheimgesellschaften waren weitaus älter als die Guomindang, die ihre historische Bedeutung längst verloren hat, und bestehen noch heute. Wir wissen aus einer Reihe ausgezeichneter historischer Darstellungen des Opiumhan­ dels, dass die Opiumfarmen in Südostasien seit der Mitte des 19. Jahrhunderts »fast stets mit den Geheimgesellschaften in Verbindung standen, die in den chinesischen Gemeinschaf­ ten florierten«.22 Heute gilt allgemein als gesichert, dass Chiang Kai-shek die Macht in der Guomindang wie auch in China mit Hilfe der in den Drogenhandel verwickelten Grü­ nen Bande des Tu Yueh-sheng ergriff, zu beider Nutzen.23 Mitte der 30er Jahre produzierte China sieben Achtel des weltweiten Opiumangebots, und ein Teil davon gelangte auch zu den chinesischen Geheimgesellschaften in den Ver­ einigten Staaten und zu deren Kontaktleuten aus dem orga­ nisierten Verbrechen, zum Beispiel zu Meyer Lansky und Lucky Luciano.24 Diese Kontakte zur amerikanischen Unterwelt waren of­ fenbar auch im Zweiten Weltkrieg nicht abgebrochen. Und mit Sicherheit wurden sie nach 1949 erneuert, als Tu Yuehsheng und die Reste der Grünen Bande zusammen mit einer rivalisierenden Geheimgesellschaft nach Hongkong flohen.25 Nach einem unbestätigten Bericht hatte Fang Chih, der für die Guomindang 1959 Laos besuchte, in den 30er Jahren in

3. Die Drogenverbündeten der USA

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Shanghai mit Tu Yueh-sheng zusammengearbeitet. An einem großen Drogengeschäft, das 1959 in San Francisco aufge­ deckt wurde, war mit Sicherheit die Geheimgesellschaft Hip Sing beteiligt, die schon in den 30er Jahren durch Drogen­ geschäfte aufgefallen war. Bezeichnenderweise sorgten ame­ rikanische Offizielle dafür, dass Chung Wing Fong, der Chef dieses Drogenrings und offizieller Vertreter der Anti-Com­ munist League (einer Tarnorganisation der Guomindang) in San Francisco, nach Taiwan entkam, bevor die örtliche Poli­ zei ihn verhaften konnte. In einem amerikanischen Bericht an die Vereinten Nationen hieß es später über diesen Vorfall, die Aktivitäten der Geheimgesellschaft seien möglicherweise eine Parallele zu den »Operationen der Triaden in Hong­ kong«.26 Die Drogengeschäfte und sonstigen kriminellen Aktivitä­ ten amerikanischer Geheimgesellschaften wie Hip Sing, On Leong oder Bing Kong gingen den Guomindang-Verbindungen zur Grünen Bande aus dem Jahr 1927 lange voraus und überdauerten sie beträchtlich. 1905 und 1906 fand in New York City ein Bandenkrieg zwischen den beiden Rivalen Hip Sing und On Leong statt. Neunzig Jahre später wurde das organisierte Verbrechen in der New Yorker Chinatown im­ mer noch von drei Geheimgesellschaften beherrscht, zu de­ nen nach wie vor auch Hip Sing und On Leong gehörten.27 1996, lange nach dem Niedergang der Guomindang als poli­ tischer Kraft in Taiwan, war Hip Sing an einem weiteren ge­ scheiterten Drogengeschäft in San Francisco beteiligt.28 Die Guomindang hat ihre Bedeutung verloren, doch die Geheim­ gesellschaften und ihre Verbindungen zum Drogenhandel sind - weitgehend dank der Aktivitäten des OPC in den Jah­ ren 1949 bis 1951 - erhalten geblieben. Diese Kontinuität verleiht den Intrigen, die zum Korea­ krieg führten, eine Kohärenz, die sie ansonsten nicht hätten. So schreibt Cumings, dass Satiris »Sonny« Fassoulis, eine

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

eher unbedeutende Figur aus der Unterwelt, der sich später an Betrügereien mit gestohlenen Staatsanleihen beteiligte, eine halbe Million Dollar für eine Kampagne der China­ lobby zur Unterstützung Chiang Kai-sheks bereitstellte (die mit Hilfe der U.S. Army, aber gegen den Willen des State Department erfolgte).29 Fassoulis wurde von »einem Col. Williams von der Army« für die Kampagne angeworben. Dabei handelte es sich mit größter Sicherheit um Colonel Garland Williams, den Schöpfer des U.S. Army Counterin­ telligence Corps. Nach dem Krieg setzte Williams seine Ge­ heimdienstkarriere im Federal Bureau of Narcotics fort, als Mitglied einer kleinen Gruppe von Mitarbeitern des Amtes, die ihr Wissen über die Drogenwelt nutzten, um Leute aus der Unterwelt für geheimdienstliche Zwecke zu rekrutie­ ren.30 Ein Paradebeispiel war Williams’ ehemaliger Unter­ gebener George White, der im Zweiten Weltkrieg mit Meyer Lanskys Hilfe Lucky Luciano für das Unterweltprojekt des Office of Strategie Services (OSS) und des Office of Naval Intelligence (ONI) anwarb und 1959 Chung Wing Fong von der Geheimgesellschaft Hip Sing zur Flucht verhalf, als deren Drogengeschäfte aufflogen.31 Kurzum, die politischen Bemühungen der Chinalobby waren untrennbar verbunden mit deren Verbindungen zur amerikanischen Unterwelt, die mehr an der Zukunft des Drogenhandels interessiert war als an den Ergebnissen der Chinapolitik. Und diese Figuren konnten eine Rolle spielen, weil sie ihrerseits über tiefenpolitische Verbindungen zu den amerikanischen Geheimdiensten verfügten. In dieser Hin­ sicht stand niemand besser da als Meyer Lansky, der in den 60er Jahren den Schutz des FBI wie auch der CIA genoss und vor jeder Strafverfolgung nahezu sicher war.32 Wenn wir uns diese verborgenen Grundlagen für die Intrigen in der ameri­ kanischen Fernostpolitik der Nachkriegszeit anschauen, werden wir leichter verstehen können, wie es möglich war,

3. Die Drogenverbündeten der USA

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dass diese Politik zum Wiederaufbau der weltweit größten Opiumquelle führte, und das zu einer Zeit, als die Vor­ kriegsquellen für den Opiumhandel gerade vernichtet wur­ den.33 Natürlich hat kein hoher amerikanischer Regierungs­ vertreter je den bewussten Entschluss gefasst, den weltweiten Opiumhandel wiederherzustellen oder auszubauen. Aber gewisse Elemente in der Ministerialbürokratie waren um­ standslos bereit, mit den Guomindangtruppen zusammenzu­ arbeiten, obwohl deren Aktivitäten im Bereich des Drogen­ handels längst bekannt waren. 1949 erklärte selbst der vergleichsweise gemäßigte spätere Außenminister Dean Rusk, die Vereinigten Staaten »sollten jedes Mittel einsetzen, das angezeigt ist ... - hier Waffen, dort Opium, an anderer Stelle Bestechung und Propaganda«.34 Vielleicht war gar nichts anderes zu erwarten. Als die Vereinigten Staaten in Asien die Rolle der früheren Kolonialmächte übernahmen, war es am einfachsten, Einfluss auf dem Weg über die Opi­ umtriaden auszuüben, die schon die Kolonialherrschaft der Briten und Franzosen unterstützt hatten.35 Und diese Neben­ regierung in Sachen des weltweiten Drogenhandels wusste sehr wohl, dass es zur Förderung ihrer Geschäfte vor allem darauf ankam, reguläre Regierungen zu manipulieren.

Ausblick

Es ist noch zu früh für ein endgültiges Urteil über die Frage, ob auch die faktische Wiederbelebung des Opiumhandels im Jahr 2001 das Ergebnis solch einer Manipulation war. Doch unzweifelhaft ist der Drogenhandel heute größer und mäch­ tiger als jemals zuvor. Und zugleich wird sich aber auch die amerikanische Präsenz im Mittleren Osten verstärken. Wie Paul Rogers gezeigt hat, sind die Erdölvorräte der Vereinig­ ten Staaten auf 2,8 Prozent der gesamten Weltvorräte gesun­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

ken, während die Golfstaaten heute über 65,5 Prozent der weltweiten Erdölvorräte verfügen. Und die Abhängigkeit der einzig verbliebenen Weltmacht vom Erdöl wird immer grö­ ßer. 1990 importierten die Vereinigten Staaten 42 Prozent ihres Erdölverbrauchs; zehn Jahre später war der Anteil auf 60 Prozent gestiegen.36 Und die nationale Debatte über außenpolitische Fragen wird in beiden Parteien zunehmend von Geostrategen beherrscht, die eine unilaterale Kontrolle über die Welt mit einer Kontrolle über die erdölproduzieren­ den Länder verknüpfen. Diese beiden Faktoren - Drogen und Erdöl - werden mit größter Sicherheit dafür sorgen, dass die Vereinigten Staaten mit neuen Krisen in jenen Ländern rechnen müssen, in denen die Traditionen einer freiheitlichen Demokratie kaum Ge­ wicht haben und viele Menschen in größter Armut leben, während andere vor ihren Augen durch Drogen und Öl ge­ waltige Reichtümer ansammeln. Das gilt insbesondere für die von Drogen beherrschten Länder Zentralasiens. In dem Jahrzehnt seit der Auflösung der Sowjetunion hat Russland mit allen möglichen schmutzigen Tricks versucht, Druck auf die ehemaligen Sowjetrepubliken auszuüben und die Kon­ trolle über sämtliche Pipelines zu behalten, mit denen Öl und Erdgas aus der kaspischen Region abtransportiert werden. Wie wir gesehen haben, glauben viele Asienbeobachter, dass zu diesen schmutzigen Tricks auch »enge Geheimdienst­ verbindungen« zu der in den Drogenhandel verwickelten Islamischen Bewegung Usbekistans gehörten.37 Die Frage ist jedoch, ob nicht die CIA oder zumindest die multinationalen amerikanischen Ölgesellschaften dieselben ambivalenten Motive wie die Russen haben, eine Koexistenz mit der Islamischen Bewegung Usbekistans anzustreben. Was für Usbekistan und dessen Nachbarstaaten gilt, das gilt auch für Russland selbst. Es wird behauptet, an der Pri­ vatisierung der russischen Ölindustrie und anderer Staat­

3. Die Drogenverbündeten der USA

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licher Unternehmen seien auch Drogengelder beteiligt gewe­ sen, die den großen amerikanischen Ölgesellschaften den Zugang nach Russland und Zentralasien ermöglicht hätten. So schrieb Maureen Orth im März 2002 in der Zeitschrift Vanity Fair, dass 1996 vermutlich mehr als 180 Mio. Dollar aus Drogenprofiten in die russische Privatisierung investiert worden seien, vornehmlich in den Energiesektor und den Telekommunikationsbereich. Schließlich stellt sich die Frage nach dem Ausmaß, in dem amerikanische und europäische Banken von der Wäsche afghanischer Drogengelder profitieren, denn die großen Gewinne werden natürlich in den Zielländern des Rausch­ gifts und nicht in den Herkunftsgebieten realisiert. Alain Labrousse, ehemals Herausgeber des angesehenen Geopoli­ tical Drug Dispatch, schätzt, dass 80 Prozent der Gewinne aus dem Drogenhandel in den Banken der reichen Staaten landen oder in deren Zweigniederlassungen in unterentwi­ ckelten Ländern, in denen die staatliche Kontrolle weniger streng ist. Heute zeichnet sich immer deutlicher ab, dass die BushRegierung Druck auf Nachfolgestaaten der Sowjetunion von Georgien bis Usbekistan und Kirgisistan ausübt, um den rus­ sischen Einfluss zurückzudrängen. Die Vereinigten Staaten haben bereits 100 Soldaten in Georgien, 1.000 in Usbekistan und 300 nahe der chinesischen Grenze in Kirgisistan statio­ niert, und weitere sollen folgen. Die amerikanische Militärhilfe und die ausländischen In­ vestitionen kommen bisher nach Ansicht von Beobachtern wie dem pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid nur der ökonomischen und politischen Elite der zentralasiatischen Staaten zugute. Auf der einen Seite geht die Militärhilfe nicht mit umfangreichen ökonomischen Anreizen einher. Auf der anderen Seite lassen die Investitionen westlicher Ölgesell­ schaften in der Region »eine kleine, extrem reiche und kor­

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I. Afghanistan - das Heroin und das Öl

rupte Schicht« entstehen und erzeugen dadurch »noch grö­ ßere soziale Unzufriedenheit«.39 Das amerikanische Außenministerium scheint entschlos­ sen, dieses Problem zu ignorieren, und behauptet auf seiner Website: »Die Vereinigten Staaten ... schätzen Usbekistan als stabile, gemäßigte Kraft in einer stürmischen Region«.40 Das erinnert an die absurden Behauptungen, die das Außen­ ministerium einst über Diems Republik Vietnam verbreitete. Wenn die Vereinigten Staaten seit dem Vietnamkrieg tat­ sächlich nichts hinzugelernt haben, kann man mit großer Sicherheit voraussagen, dass bald wieder auf amerikanische Soldaten geschossen werden wird.

TEIL II

Kolumbien - das Kokain und das Öl

4. Die USA und das Öl in Kolumbien

Das heutige Engagement der USA in Kolumbien begann mit einem Hilfsprogramm der Kennedy-Regierung zur Guerilla­ bekämpfung und eskalierte dann in mehreren Phasen. Ent­ scheidende Stationen waren:

• ein Programm der CIA und der Special Forces von 1962 zur Ausbildung der Polizei und paramilitärischer Grup­ pen (autodefensas) in Techniken der Guerillabekämpfung einschließlich Sabotage und Terror, • die National Security Decision Directive 221 vom April 1986, in der zum ersten Mal der Drogenhandel als Frage der nationalen Sicherheit definiert wurde und die 1991 den mit der CIA koordinierten Einsatz amerikanischer Truppen in Kolumbien ermöglichte, • das 1,3 Mrd. Dollar umfassende Hilfsprogramm, mit dem Clinton im Jahr 2000 den Kolumbienplan unterstützte und • die Maßnahmen, mit denen George W. Bush seit 2001 das amerikanische Engagement über die Drogenbekämpfung hinaus ausdehnte, zum Beispiel auf ein Programm, das die Bewachung der Ölpipelines durch die kolumbianische Armee vorsieht. Die schon seit Jahrzehnten durch amerikanische Einmi­ schung immer wieder angeheizte Gewalt in Kolumbien wird mit großer Sicherheit auch weiterhin eskalieren. Der seit Mai 2002 amtierende Präsident Alvaro Uribe Velez ist selbst Pro­

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II. Kolumbien - das Kokain und das Öl

dukt und Exponent des paramilitärisch-konterrevolutionä­ ren Systems, das mit Hilfe der Vereinigten Staaten in Kolum­ bien entstanden ist. Business Week schrieb im Februar 2002: Uribe Velez erklärt, wenn er Präsident sei, werde er entschie­ dener gegen die Rebellen vorgehen. Genau das tat er von 1995 bis 1997 als Gouverneur von Antioquia, der zweitgröß­ ten Provinz Kolumbiens und Heimat des berüchtigten Medellín-Drogenkartells. Dort förderte Uribe Vélez die Aufstellung der umstrittenen Convivirs. Diese im Stil von Selbstschutz­ trupps auftretenden bewaffneten Milizen lieferten Informa­ tionen an die Streitkräfte und unterstützten die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung. Schon bald verwandelte sich eine dieser Milizgruppen, von denen es am Ende 67 in Antioquia und 400 in ganz Kolumbien gab, in eine paramilitärische Todesschwadron, die nicht nur Guerillas verfolgte, sondern auch Zivilisten, die im Verdacht standen, mit den Guerillas zu sympathisieren. Das veranlasste die kolumbianische Regie­ rung 1997, den Convivirs den größten Teil ihrer Macht zu nehmen.

Business Week sagte voraus, Uribes Versprechen, solch eine Politik auf nationaler Ebene zu fördern, könne »Kolumbien leicht noch tiefer in einen Konflikt verstricken, der in den letzten zehn Jahren 30.000 Menschenleben gekostet hat«.1 Bemühungen um eine Reform der kolumbianischen Armee haben bisher nur magere Ergebnisse gezeitigt. Wir wissen heute, dass die CIA 1998 voraussagte, die Verbindungen zwischen Militärs und Paramilitärs dürften »auch weiterhin bestehen und vielleicht sogar noch zunehmen«.2 Einige Kommentatoren gehen sogar davon aus, dass die Ausein­ andersetzungen in Kolumbien, die sich schon jetzt auf Vene­ zuela und Ecuador ausgedehnt haben, auch Auswirkungen auf die sozialen Probleme in Nachbarländern wie Peru und Brasilien haben werden.

4. Die USA und das Öl in Kolumbien

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Mit der Zeit sind die Revolutionären Streitkräfte Kolum­ biens (FARC) unter dem Druck der Vereinigten Staaten im­ mer mehr zu jener mit Drogengeldern finanzierten Organisa­ tion geworden, als die sie von Propagandisten der Regierung seit mehr als zwei Jahrzehnten dargestellt werden. 2002 setz­ ten die FARC konventionelle Granatwerfer und Kampftech­ niken ein, um ein großes Gebiet im Norden Kolumbiens zu erobern, möglicherweise (wie manche amerikanischen Beob­ achter behaupten) wegen der Bedeutung dieser Region für den Transport von Drogen. Ein neuer und immer wichtigerer Faktor ist die Rolle mächtiger russischer Mafiagruppen im kolumbianischen Drogenhandel wie auch bei den Waffen­ lieferungen - möglicherweise an beide Seiten. Doch es kommen nicht nur schlechte Nachrichten von der kolumbianischen Front. Im September 2001 setzte Außen­ minister Colin Powell endlich die rechtsgerichteten paramili­ tärischen Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) auf die Liste der ausländischen terroristischen Organisationen. Mit Blick auf deren Rolle bei den Gewalttaten in ländlichen Regionen und im Drogenhandel bezeichnete General Gary Speer, Leiter des Südkommandos der amerikanischen Streit­ kräfte, die AUC als die »größte langfristige Bedrohung« für die kolumbianische Demokratie.3 Doch die vom Außen­ ministerium gegen die AUC verhängten Sanktionen (Auf­ hebung von Visen für Mitglieder der AUC und Aufnahme anderer Mitglieder auf die Visa-Beobachtungsliste) dürften kaum etwas zur Beendigung des AUC-Terrors beitragen. Auch dürften die Vereinigten Staaten amerikanische Unter­ nehmen in Kolumbien kaum davon abhalten, mit den AUC zusammenzuarbeiten, um ihre dortigen Besitzungen zu schützen. Bisher deutet alles darauf hin, dass die Vereinigten Staaten sich in Kolumbien weiterhin auf die FARC konzen­ trieren werden (die nach Angaben der kolumbianischen Re­ gierung 2001 gerade einmal 2,5 Prozent des kolumbiani­

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II. Kolumbien - das Kokain und das Öl

schen Coca-Anbaus kontrollieren) statt auf deren Feind, die AUC (die für 40 Prozent des Coca-Anbaus verantwortlich sein sollen). Eine ehrliche Erklärung für die militärischen Anstrengun­ gen der USA in Kolumbien wären die amerikanischen Öl­ gesellschaften und deren Pipelines, die von Revolutions­ armeen wie den FARC angegriffen, von den AUC dagegen geschützt werden. Wie wir noch sehen werden, begann das amerikanische Interesse an Kolumbien ein Jahr, nachdem Occidental Oil 1983 das auf mehr als eine Milliarde Barrel Erdöl geschätzte Ölfeld Caño Limon entdeckt hatte. Das führte zu den National Security Decision Directives von 1986 und 1989, die eine amerikanische Militärpräsenz in Kolumbien ermöglichten. Ich behaupte, dass die amerikanischen Programme in je­ der Phase das Problem, das sie lösen sollten, in Wirklichkeit noch verschärften. Hier findet sich eine deutliche Parallele zu Vietnam: Die Aktivitäten Washingtons verschärfen den Kon­ flikt in einem schon geteilten Land. Und diese Verschärfung stellt die amerikanische Regierung vor die unglückliche Alternative, entweder ihre erfolglosen Programme fortzu­ führen und auf eine neue Ebene zu heben, die alles nur schlimmer macht, oder aber sich zurückzuziehen.

Der Kolumbienplan: ein Programm, das selbst von seinen Erfindern inzwischen für falsch gehalten wird

Die amerikanische Presse bezeichnet das laufende Hilfspro­ gramm der Vereinigten Staaten für Kolumbien als »Kolum­ bienplan«. Diese Bezeichnung ist falsch und gleicht dem Wolf im Schafspelz. Der Kolumbienplan war ursprünglich ein Weißbuch, das der kolumbianische Präsident Andres Pastrana nach seiner Amtsübernahme im Jahr 1998 vorlegte, um den sozialen Unruhen in seinem Land zu begegnen.

4. Die USA und das Öl in Kolumbien

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Darin schlug er ein weitaus ehrgeizigeres Programm im Umfang von 7,5 Mrd. Dollar vor, das eine ausgeglichene Mischung ökonomischer, sozialer und militärischer Maß­ nahmen vorsah. Dabei ging es nicht nur um eine Verringe­ rung des kolumbianischen Drogenhandels, sondern vor allem um die Einleitung eines Friedensprozesses in dem ge­ schundenen Land. Der amerikanische Kolumbienplan, der dann unter Clin­ ton ausgearbeitet wurde, beschränkte sich wie so viele der bisherigen so genannten Hilfsprogramme der Vereinigten Staaten zu 90 Prozent auf das Militärische. Ursprünglich sollte der Plan durch Wirtschaftshilfe seitens der Europäi­ schen Union ergänzt werden, doch die Europäer zogen sich zurück, weil sie den militärischen Ansatz der Amerikaner missbilligten.4 Zuvor hatte eine Koalition von 13 kolumbia­ nischen Menschenrechtsgruppen und anderen NGOs (Non­ governmental Organizations) die für Entwicklungsprojekte vorgesehenen Gelder des Plans abgelehnt und an Europa ap­ pelliert, gleichfalls die Unterstützung zu verweigern.5 Als Reaktion auf die Kritik kündigte die neue BushRegierung im April 2001 auf einem Gipfel in Quebec an, sie wolle den Kolumbienplan durch eine Andenregion-Initiative »zur Förderung des Wirtschaftswachstums und des Wohl­ stands in den Anden« ergänzen. Zu diesem Zweck versprach Bush 882 Mio. Dollar für den Aufbau demokratischer Insti­ tutionen, von denen die Hälfte Kolumbien zugute kommen sollte.6 Im Mai 2001 kündigte das Außenministerium weiter an, die vorhandenen Mittel durch Gelder für die wirtschaftliche Entwicklung, die Bekämpfung der Kindersterblichkeit und die Förderung des Gesundheitswesens aufzustocken. Diese neuen Geldmittel brachten zwar die lautstarke Opposition von politischen Führern wie Hugo Chávez, dem derzeitigen Staatspräsidenten Venezuelas, zum Schweigen, reichen aber

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nicht aus, um das destabilisierende Ungleichgewicht zwi­ schen sozialen und militärischen Ausgaben auszugleichen. Die Wirkung der neuen Geldmittel bleibt daher kosmeti­ scher Art. Man fühlt sich an gut gemeinte Hilfsprogramme für Vietnam erinnert, die wegen der tragischen Realität des Vietnamkriegs keine Früchte tragen konnten. Als Entwicklungsprogramm bleibt der Kolumbienplan letztlich nutzlos. Da er keine kohärenten Ziele für das süd­ amerikanische Land formuliert, ist er lediglich ein Gottes­ geschenk für die üblichen Lieferanten von Munition, Herbi­ ziden und Hubschraubern (allein mit Sikorsky Aircraft wurde ein Vertrag in Höhe von 234 Mio. Dollar abgeschlos­ sen).7 Außerdem nutzt das Pentagon die Gelegenheit, um neue Militärbasen wie Manta in Ecuador aufzubauen; von dort hofft man (nach dem Verlust wichtiger Stützpunkte in Panama) auch weiterhin die gesamte ölreiche Region beherr­ schen zu können. Die Erdölindustrie erhofft sich - wenn auch nicht öffentlich - von dem Plan ein Ende der von der Natio­ nalen Befreiungsarmee (ELN, der zweitgrößten revolutionä­ ren Kraft des Landes) verfolgten Taktik, die Pipelines der Öl­ gesellschaften in die Luft zu sprengen. Vor allem aber benutzt das Pentagon den Plan, um ausgelagerte Teile ihrer Infra­ struktur, an deren Erhalt es interessiert ist, mit lukrativen Verträgen und fetten Gewinnen zu versorgen; das gilt insbe­ sondere für den Bereich des militärischen Lufttransports und für private Sicherheitsdienste (DynCorp und MPRI). Amerikanische und ausländische Kenner der Verhältnisse, die nicht für bestimmte Interessengruppen arbeiten, sind be­ merkenswert einhellig der Auffassung, dass die amerikani­ schen Pläne die Probleme in Kolumbien verschärfen werden. Das wohl beredteste Zeugnis stammt von einstigen Befür­ wortern des Plans, überzeugten Gegnern der revolutionären Bewegungen, die maßgeblich an den Aktivitäten der ReaganRegierung in Mittelamerika beteiligt waren. Einer von ihnen

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ist Andrew Messing, unter Reagan Kommandeur der Green Beret Special Forces in El Salvador: Wenn wir Hilfe leisten, sollte sie unbedingt aus zwei Teilen bestehen, zu einem Viertel aus Militärhilfe und zu drei Vier­ teln aus Wirtschaftshilfe. Das ist die Erfolgsformel, die wir in El Salvador eingesetzt haben, und so müssen wir auch hier vorgehen.8

Der republikanische Abgeordnete des Repräsentantenhauses Benjamin Gilman (New York), zugleich Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses, gehörte früher zu den stärks­ ten Verfechtern des Plans. Zusammen mit Messing entzog er ihm jedoch die Unterstützung, weil er der Ansicht ist, die amerikanische Hilfe solle nicht an die kolumbianischen Streitkräfte, sondern an die Polizei des Landes gehen.9 Wenn es Washington, wie die Regierung so oft behauptet, wirklich um Drogenbekämpfung ginge, müsste man eigent­ lich erwarten, dass auch die kolumbianische Armee und deren paramilitärische Verbündete ins Visier gerieten. Denn beide sind unmittelbar in den Drogenhandel verwickelt, im Unterschied zu den FARC-Guerillas, die den Handel ledig­ lich mit Steuern belegen. So landete im November 1998 auf dem Hollywood International Airport in Fort Lauderdale eine kolumbianische Militärmaschine mit einer versteckten Fracht an Bord, die aus mehr als 700 Kilogramm Kokain be­ stand.10 Das Flugzeug hatte sich beständig in den Händen der kolumbianischen Streitkräfte befunden. Noch stärker in den Drogenhandel verwickelt sind die verbrecherischen paramilitärischen Todesschwadronen, die in vielen Teilen Kolumbiens mit den Militärs Zusammen­ arbeiten und jährlich für 70 bis 80 Prozent der nicht im Kampf getöteten Opfer verantwortlich sind. Nach einer neueren Untersuchung der kolumbianischen Regierung gibt es überzeugende Beweise dafür, dass in den Jahren 1997 bis

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1999 »Armeeoffiziere eng mit Paramilitärs unter dem Kom­ mando Carlos Castaños zusammenarbeiteten«, dem wich­ tigsten AUC-Führer, der aus einer Familie von Drogenhänd­ lern stammt.11 In einem seiner seltenen Fernsehinterviews erklärte Cas­ tano, dass 70 Prozent der Einkünfte seiner Gruppe aus dem Drogenhandel stammen. Im Juli 2000 beschlagnahmte die kolumbianische Polizei eine Kokainlieferung von nahezu 1,5 Tonnen (im Marktwert von 53 Mio. Dollar), die nach An­ sicht der Polizei den AUC gehörte.12 Geheimdienstquellen in Bogotá schätzten 2001, dass 40 Prozent des kolumbiani­ schen Kokainexports von rechtsgerichteten paramilitäri­ schen Warlords und deren Verbündeten aus dem Drogen­ handel kontrolliert wurden.13 Keine geringere Autorität als die DEA sieht eine enge Ver­ bindung zwischen Castano und dem mächtigen HenaoMontoya-Drogennetz: Die Henao-Montoya-Gruppe ist der mächtigste unter mehre­ ren Drogenringen in der Drogenmafia von Norte del Valle ... Diese Gruppe ist berüchtigt wegen ihrer Gewalttätigkeit und ihrer Verbindung zu den brutalen paramilitärischen Gruppen unter Führung von Carlos Castaño.14

Donnie Marshall, der von Clinton zum Leiter der DEA er­ nannt wurde, berichtete dem Kongress 1997, die wichtigsten Gruppen der Drogenmafia in Norte del Valle, allen voran die Henao-Montoya-Gruppe, seien »im Begriff, zu den mäch­ tigsten Drogenhändlern in Kolumbien aufzusteigen«.15 In der amerikanischen Presse findet man nur selten offi­ zielle kolumbianische Schätzungen über die jeweiligen An­ teile der paramilitärischen Gruppen und der FARC am ko­ lumbianischen Drogenhandel. Nach Berichten in Newsweek und dem San Francisco Chronicle schätzte die Regierung in

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Bogotá 2001 den Anteil der paramilitärischen Gruppen auf 40 Prozent, den der FARC auf 2,5 Prozent.16 Die amerikanische Politik der Vernichtung von Cocaplan­ tagen wird gewöhnlich mit dem Argument verteidigt, wenn man zehn Prozent der gesamten Produktion zerstöre, sei das immer noch eine Verbesserung der Lage. Aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Nach einem Jahrzehnt ständig wach­ sender militärischer Anstrengungen Washingtons sind die Drogenproduktion in Kolumbien und die entsprechenden Exporte in die Vereinigten Staaten größer als jemals zuvor. Der Drogenhandel blüht gerade in Zeiten des Krieges und Bürgerkrieges. Offizielle Statistiken zeigen, dass die CocaAnbaufläche sich trotz der verstärkten Vernichtungsaktio­ nen in Kolumbien zwischen 1991 und 1999 verdreifachte (von 3.800 auf 12.300 Hektar) und die Opiumanbaufläche sich um das 5,8fache vergrößerte (von 130 auf 750 Hek­ tar).17

Das militärische Engagement der USA in Kolumbien von 1962 bis 2001

Von alters her ist die Geschichte Kolumbiens von Gewalt geprägt. In dieser Gewalt spiegelt sich eine nahezu feudale Sozialstruktur, in der eine reiche Oberschicht schon seit lan­ gem brutale Mittel einsetzt, um Bauern zu vertreiben und Plantagenarbeiter einzuschüchtern. Doch die Amerikaner, die 1962 mit einer Strategie der so genannten »Aufstands­ bekämpfung« (counterinsurgency) ins Land kamen, machten die Lage nur noch schlimmer. Sie zwangen kleine Gruppen von Revolutionären, sich zu einer organisierten nationalen Bewegung zusammenzuschließen. Auch hier finden wir eine Parallele zu Vietnam, wo die Nationale Befreiungsfront 1960 als Reaktion auf die von den Amerikanern unterstützte Ver­ nichtung der Vietminh-Kader gegründet wurde.18

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1962 besuchte ein amerikanisches Team für spezielle Kriegsführung unter Leitung von General William Yarbo­ rough für zwei Wochen das Land. Mit diesem Besuch, in dem sich die Vorliebe der Kennedy-Regierung für Counter­ insurgency-Techniken und unkonventionelle Formen der Kriegsführung äußerte, begann das Zeitalter des systema­ tischen, von professionell ausgebildeten paramilitärischen Gruppen ausgeübten Gegenterrors. Weil Washington be­ fürchtete, Castro werde schon bald versuchen, seine Revolu­ tion auch auf das südamerikanische Festland zu tragen, beeilten sich die Experten für spezielle Formen der Kriegs­ führung in Fort Braggs, die kolumbianische Armee in den­ selben Counterinsurgency-Techniken auszubilden, die da­ mals auch in Vietnam eingeführt wurden. In seinem Bericht an die Joint Chiefs of Staff empfahl Yarborough den Aufbau einer »zivilen und militärischen Struktur ..., die mit Gegen­ agenten und Gegenpropaganda arbeitet und bei Bedarf auch paramilitärische Aktionen, Sabotageakte und Terror gegen bekannte Kommunisten ausführen kann. Diese Struktur sollte von den Vereinigten Staaten unterstützt werden.«19 Nach Yarboroughs Besuch kamen mehrere Gruppen von Ausbildern ins Land, die sich am so genannten Lazo-Plan der kolumbianischen Armee beteiligten, einem umfang­ reichen Counterinsurgency-Plan, der 1962 bis 1965 umge­ setzt wurde. Als Reaktion auf diese systematische Kampagne zur Verschärfung der sozialen Unterdrückung - und nicht dank irgendeiner äußeren Unterstützung durch Castro - ent­ standen 1964 FARC und ELN. Michael Clintock bemerkt dazu: »Aus dem Banditentum der frühen 60er Jahre ... wurde 1965 eine organisierte revolutionäre Guerilla, die bis heute fortbesteht.«20 Einen wichtigen Bestandteil des in Fort Bragg verfolgten Counterinsurgency-Konzepts bildete nach den dort ein­ gesetzten Lehrbüchern die Organisation von »Selbstschutz­

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einheiten« und anderen paramilitärischen Gruppen, darun­ ter auch »Jäger-Killer-Teams«.21 Geist und Sprache dieser Lehrbücher wurden in die Dienstvorschriften der kolumbia­ nischen Armee für die Guerillabekämpfung, das Reglamento de Combate de Contraguerillas, übersetzt. Dort wird die Selbstschutzgruppe (junta de auto-defensa) definiert als »eine Organisation militärischer Art, die aus zivilem Perso­ nal aus dem Kampfgebiet besteht, das für Aktionen gegen Guerillagruppen ausgebildet und entsprechend bewaffnet ist«.22 Seither sind die autodefensas (wie die paramilitäri­ schen Gruppen in Kolumbien genannt werden) eine Geißel des Landes. In den 70er Jahren bot die CIA Kolumbien und anderen lateinamerikanischen Ländern an, Polizisten in ihrer »Bom­ benschule« in Los Fresnos, Texas, auszubilden. Im Rahmen eines CIA-Programms zur Förderung der inneren Sicherheit (Public Security Program) bot die Agency for International Development (AID) dort Lehrgänge an, auf denen unter an­ derem folgende Themen behandelt wurden: »Terrorkon­ zepte; terroristische Mittel; Herstellung und Funktionsweise solcher Mittel; improvisierte Zünder; Brandstiftung« und auch »Mordwaffen: Diskussion diverser Waffen, die von Mördern benutzt werden können«. Bei einer KongressAnhörung räumte ein AID-Beamter ein, dass die so genannte Bombenschule nicht die Entschärfung, sondern die Herstel­ lung von Bomben lehrte.23 So verfügten die staatlichen kolumbianischen Sicherheits­ dienste denn schon bald über ausgebildete antirevolutionäre Terroristen. Sie wurden auch von amerikanischen Unterneh­ men und von kolumbianischen Zulieferern großer amerika­ nischer Unternehmen eingesetzt, die verhindern wollten, dass ihre Arbeiter den Gewerkschaften beitraten.24 Vor allem Ölgesellschaften beteiligten sich an dem vom Staat koordi­ nierten Feldzug gegen die linksgerichtete Guerilla. Im Juni

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2001 ging ein kolumbianisches Gericht der fatalen Rolle nach, die ein privates amerikanisches Sicherheitsunterneh­ men bei einem misslungenen Angriff der Armee auf Kräfte der FARC gespielte hatte, »bei dem irrtümlich 18 Zivilisten durch Beschuss aus einem Hubschrauber der Firma getötet wurden«.25 Viele Darstellungen des kolumbianischen Konflikts lassen die frühen amerikanischen Bemühungen um den Aufbau paramilitärischer Organisationen außer Acht und datieren den Beginn der Allianz zwischen Armee und Paramilitärs auf das Jahr 1981. Damals gründete der größte Drogenhändler des Landes, der mit der kolumbianischen Armee zusammen­ arbeitete, eine Schule, die Gegenterroristen für ein landes­ weites Netzwerk mit Namen Muerte a Sequestradores (MAS - Tod den Entführern).26 Der Drogenhändler gab das Geld, und die Generäle engagierten israelische und britische Söld­ ner, die in der Schule der Todesschwadronen als Ausbilder fungieren sollten. Einer der wichtigsten Figuren, die aus die­ ser Schule hervorgingen, war Carlos Castano. Obwohl das Ziel des Netzwerks angeblich die Bekämp­ fung der Entführungen sein sollte (eine bevorzugte Einnah­ mequelle der FARC), spielte MAS eine offen politische Rolle als krimineller Arm der Armee. Vor allem konnte sie mit Hilfe dieses Netzwerkes in den 80er Jahren Präsident Betan­ curs Friedensabkommen mit den FARC erfolgreich hinter­ treiben, indem MAS mehr als 700 FARC-Mitglieder ermor­ dete, die sich im Rahmen einer politischen Partei, der Union Patriotica, auf den verfassungsmäßigen politischen Prozess eingelassen hatten.27 Es gibt keinerlei Hinweise darauf, dass die Regierung Reagan, die Betancour und dessen Friedens­ plan ablehnte, Druck auf die kolumbianische Armee aus­ geübt hätte, um dem Morden ein Ende zu setzen. Die autodefensas konnten ungestraft bis 1989 agieren, dann wurden sie verboten. Human Rights Watch hat jedoch

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in einem detaillierten Bericht aufgezeigt, dass Angehörige der amerikanischen Streitkräfte und der CIA 1991 mit der kolumbianischen Armee zusammenarbeiteten, um ein neues System geheimer ziviler Einheiten aufzubauen. Trotz eines grundsätzlichen Verbots in Befehl 200-05/91 der Dienstan­ weisungen agierten einige dieser Einheiten auch weiterhin als paramilitärische Gruppen und wurden von der kolumbiani­ schen Armee mit Waffen ausgerüstet, die zum Teil aus ame­ rikanischen Beständen stammten.28 In einem neuen Bericht wies Human Rights Watch im Jahr 2000 nach, dass auch weiterhin hohe Kommandeure der Armee an der Vorbereitung und Ausführung von Massa­ kern beteiligt sind. Nach diesem Bericht gibt es »Beweise ..., wonach die Hälfte der achtzehn auf Brigadeebene angesie­ delten Einheiten der kolumbianischen Armee Verbindungen zu paramilitärischen Aktivitäten hat«. Der Bericht be­ schreibt auch ein als legalización bezeichnetes Verfahren, bei dem Paramilitärs Leichen von Zivilisten in die Kasernen der Armee bringen und dafür Waffen erhalten. Die Offiziere ge­ ben die Leichen dann als im Kampf getötete Guerillas aus.29 Das Ziel dieser von den USA unterstützen Strategien war es, die FARC aus dem ölreichen Nord- und Mittelkolumbien zu vertreiben und in die Amazonasregion südöstlich der Kor­ dilleren abzudrängen, ein entlegenes Gebiet, das die Zentral­ regierung den Rebellen seit 1998 nahezu vollständig überlas­ sen hat. Dort übt die Guerilla heute faktisch die Staatsgewalt aus, sie erhebt Steuern und sorgt für die Verwaltung. Es mag unglaublich erscheinen, aber ausgerechnet eine weitere Strategie Washingtons, nämlich die Zerstörung von Cocaplantagen, hat diese Region zu einem wichtigen CocaAnbaugebiet gemacht. Als die Vereinigten Staaten in den Nachbarstaaten Bolivien und Peru massive Programme zur Vernichtung der Cocafelder einleiteten, führte das dort zwar zu einer erheblichen Verringerung der Anbauflächen, aber

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»nicht zu einer Verringerung der gesamten Anbaufläche in der Region, denn zum Ausgleich wurde der Coca-Anbau in Kolumbien ausgeweitet«.30 Dagegen ist die politische Lage jetzt eine völlig andere. Die Cocaproduktion ist heute in einem Gebiet konzentriert, das unter der ständigen Kontrolle einer revolutionären Gruppe steht und dem normalen Ein­ fluss der Regierung entzogen ist. Die umfangreichen Bemühungen Washingtons führten also letztlich nur zur Verwirklichung eines amerikanischen Alptraums: der Drogenguerilla. Als Anfang der 80er Jahre der Ausdruck »Drogenguerilla« geprägt wurde, machten viele Experten sich darüber lustig und zeigten, dass es sich dabei nur um ein rhetorisches Ablenkungsmanöver rechtsge­ richteter Geheimdienstkreise in Lateinamerika handelte, die selbst in den Drogenhandel verwickelt waren.31 Selbst als Clintons Drogenzar General Barry McCaffrey 1997 erneut mit dem Kriegsgeschrei gegen die Drogenguerilla begann, wies die New York Times darauf hin, dass der Ausdruck vom amerikanischen Botschafter in Kolumbien, Myles R. Frechette, öffentlich in Frage gestellt worden war.32 Aber nach so großen Bemühungen existiert die Drogenguerilla in­ zwischen tatsächlich, und das Pentagon ist in einen Kampf verwickelt, den der Kongress weiterhin unterstützen wird. Die 1994 wegen der Menschenrechtsverletzungen gestri­ chene Militärhilfe für die kolumbianische Armee ist im Rah­ men des Kolumbienplans wieder aufgenommen worden. Trotz offiziell gegenteiliger Zielsetzung hat die amerikani­ sche Politik in Kolumbien eindeutig zum Zusammenbruch der sozialen Ordnung in diesem Land beigetragen. Kolum­ bien ist das größte und deutlichste Beispiel für ein Muster, das auch anderswo auf der Welt, vor allem aber in Mittel­ und Südamerika erkennbar ist. Durch die unausgewogene Unterstützung des Militärs haben die Vereinigten Staaten die Rolle und Autonomie der Streitkräfte in der kolumbiani­

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schen Gesellschaft so weit gestärkt, dass sie als repressive Kraft auftreten und dabei die von Präsident und Parlament immer wieder eingeführten Beschränkungen ignorieren kön­ nen. Es steht außer Frage, dass manche amerikanischen Planer dieses Ergebnis gewünscht und gefördert haben. Auf einer Konferenz, die die RAND Corporation 1959 über »Die Rolle des Militärs in unterentwickelten Ländern« ausrichtete und die von Offizieren aus Staaten wie Brasilien, Birma und Indonesien besucht wurde, beklagten amerikanische Wissen­ schaftler, die mit der CIA zusammenarbeiteten, die im Westen verbreitete »Abneigung« gegen »militaristische Ge­ sellschaften«. Sie forderten die Offizierskorps auf, eine akti­ vere politische Rolle zu übernehmen. Die nachfolgenden Ausführungen des MIT-Professors Lucian Pye gehörten kei­ neswegs zu den extremsten: Militärische Führer sind oft weniger misstrauisch gegenüber dem Westen als zivile Politiker, weil sie emotional gefestigter sind ... Militärherrschaft kann ihrerseits steril werden, wenn sie nicht zu einem Interesse an der Entwicklung der gesamten Nation führt ... Daraus ziehen die Vereinigten Staaten den Schluss, dass das Militär in unterentwickelten Staaten einen wichtigen Beitrag zur Stärkung der staatlichen Funktionen leisten kann.33

Innerhalb der nächsten sechs Jahre führten Offiziere aus Birma, Brasilien und Indonesien (von denen einige an der RAND-Konferenz teilgenommen hatten) in ihren Heimatlän­ dern erfolgreich einen Militärputsch durch. Auf derselben Konferenz wurde der kurz zuvor abgesetzte kolumbianische Diktator General Rojas Pinilla als einer der »neuartigen, reformorientierten Führer« Südamerikas bezeichnet, der »einen wichtigen Beitrag zur Demokratisie­ rung« geleistet habe. Seinen Sturz 1957 führte man auf zu

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geringe Erfahrung auf dem Gebiet der Verwaltung zurück; außerdem sei er allzu »halsstarrig dem Rat ziviler Berater ge­ folgt«. Der Widerstand der Öffentlichkeit habe dann »einen Punkt erreicht, an dem seine Offizierskollegen ihn absetzen mussten«.34 Kolumbien gehört seit 1957 zu den wenigen lateiname­ rikanischen Ländern, die keinen von den USA unterstützten Militärputsch erlebt haben. Doch im Wissen um die Unter­ stützung aus dem Pentagon tritt die Armee dort als auto­ nome Macht auf. Bis vor kurzem hatte sie das Recht, Offi­ ziere und Soldaten, denen Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wurden, vor eigene Gerichte zu stellen (und in der Regel freizusprechen). Im Mai 2001 beriet das kolumbi­ anische Parlament ein Gesetz zur Terrorismusbekämpfung, das diese Immunität der Armee wiederherstellen soll.35 Zusammenfassend kann man also durchaus behaupten, dass die amerikanische Politik in den letzten vier Jahrzehn­ ten auf verheerende Weise zur Verschärfung der sozialen Konflikte in Kolumbien beigetragen hat. Die FARC, die Paramilitärs und das Phänomen der drogenfinanzierten bewaffneten Auseinandersetzungen sind sämtlich eher das Ergebnis einer destabilisierenden Politik der USA als deren Ursache.

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Über die Tätigkeit der CIA in Kolumbien ist relativ wenig be­ kannt. Sicher ist allerdings, dass die CIA in den 60er Jahren kolumbianische Polizisten in Sabotagetechniken und ande­ ren terroristischen Praktiken ausbildete. Die daraus resul­ tierende Verwicklung in die Aktivitäten paramilitärischer Kräfte wirkt bis in den gegenwärtigen Auftrag der CIA in Kolumbien hinein: den Kampf gegen die Drogen. Nach Angaben von Human Rights Watch arbeitete An­ fang der 90er Jahre ein Team des amerikanischen Verteidigungsministeriums und der Central Intelligence Agency (CIA) gemeinsam mit kolum­ bianischen Offizieren an der 1991 erfolgten Reorganisation der kolumbianischen Geheimdienste, aus der diverse Killer­ netzwerke hervorgingen, die der Unterstützung der Guerilla verdächtigte Zivilisten aufspürten und ermordeten.1

Der ehemalige amerikanische Militärattaché Colonel James Roach, der an der Reorganisation mitarbeitete, erklärte nach seiner Pensionierung, die CIA sei dabei der wichtigste Part­ ner gewesen und habe die neuen Netzwerke sogar unmittel­ bar finanziert.2 Verbindungen zwischen Drogenhandel und rechtsgerich­ teten terroristischen Aktivitäten gibt es in Kolumbien seit mindestens 30 Jahren. Offensichtlich standen die kolumbia­ nischen Sicherheitsdienste gemeinsam mit der CIA ständig in Kontakt mit diesem organisatorischen Geflecht und beteilig­ ten sich möglicherweise auch an dessen Organisation. Die

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Geschichte reicht zurück bis zur Alianza Anticomunistica Americana (AAA) der 70er Jahre, einem internationalen, in Argentinien beheimateten Netzwerk, das mit Hilfe kuba­ nisch-amerikanischer Terroristen, die von der CIA ausgebil­ det worden waren, Jagd auf linke Revolutionäre machte.3 Nach Angaben linksgerichteter Quellen operierte die AAA in Kolumbien im Rahmen der staatlichen Sicherheitsdienste und mit Unterstützung durch die CIA.4 Offenbar unterhielt die CIA dauerhafte Beziehungen zu einigen paramilitärischen Einheiten, die zumindest bis zur Gründung von Muerte a Sequestradores (MAS) im Jahr 1981 zurückreichen. In den 80er Jahren fungierte MAS als gemeinsames Instrument der Armee und der Drogenkartelle gegen die FARC (und deren politischen Arm, die Union Patriótica), und es gibt Anzeichen dafür, dass die CIA diese Allianz billigte.5 Eines davon ist die Tatsache, dass Santiago Ocampo, Chef des Cali-Kartells (und Leiter von MAS), in der Lage war, problemlos zwischen den USA und Kolumbien hin und her zu reisen, obwohl er auf der Fahndungsliste der DEA stand.6 Ein anderes ist die Tatsache, dass derselbe israe­ lische Ausbilder, der für Ocampo und MAS in Kolumbien arbeitete, auch für die von den USA unterstützten Contras in Honduras und für die guatemaltekische Armee tätig war.7 Im Blick auf diese Tätigkeit bemerkte ein General in der israeli­ schen Knesset einmal: »Israel erledigt die Schmutzarbeit für die amerikanische Regierung. Israel agiert als Komplize und verlängerter Arm der Vereinigen Staaten.«8 Und Ocampos Drogenverbündeter in Honduras, Juan Ramon Matta Bal­ lesteros, war unantastbar, bis die Vereinigten Staaten 1988 die Unterstützung der Contras beendeten. Die CIA und in ihrem Gefolge auch das State Department hatten alle Luft­ transporte für die Contras in Honduras an Mattas Flug­ gesellschaft SETCO vergeben.9 In diesem Zusammenhang ist auch bedeutsam, dass die

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Drogen aus Kolumbien in den 80er Jahren zur Finanzierung nahezu aller konkurrierenden Fraktionen der von der CIA unterstützten Contras in Mittelamerika beitrugen.10 Bei der CIA war es schon lange gängige Praxis, den mit ihr verbün­ deten Armeen zu erlauben, sich durch Drogenhandel zusätz­ liche Einnahmen zu verschaffen, gelegentlich auch mit direk­ ter Hilfe des Geheimdienstes. Die Beispiele reichen von Birma und Laos in den 50er und 60er Jahren bis hin zu Gul­ buddin Hekmatyars Guerillatruppen der Hizb-i-Islami in den 80er Jahren.11 Zum Teil dank der Hilfe und des Schutzes der CIA wurde Hekmatyar zeitweilig einer der führenden Heroinlieferanten der Welt.12 Angeblich gefördert von CIADirektor Casey, fand kolumbianisches Kokain zu dieser Zeit über Hekmatyars Mudschaheddin in Afghanistan auch erst­ mals seinen Weg in die Sowjetunion - offenbar ein Vorläufer der intensiven Handelsbeziehungen, die heute zwischen den kolumbianischen Kokainkartellen und der »Roten Mafiya« in Russland bestehen.13 Die amerikanische Regierung sah nicht nur über den Dro­ genhandel der meisten Contra-Gruppen hinweg, sondern be­ günstigte auch bekannte Drogenhändler, indem sie ihnen staatliche Aufträge zukommen ließ und in schwebende Ver­ fahren eingriff, um sie vor strafrechtlicher Verfolgung zu schützen.14 In der Strafvereitelung tat sich besonders der stellvertretende US-Oberstaatsanwalt in Miami Richard Gregorie hervor, der später für die Anklage gegen Manuel Noriega verantwortlich zeichnete.15 Unterstützt wurde Gregorie in seinen Bemühungen von Mark Richard, der Nummer drei im Justizministerium in Washington.16 Im ent­ scheidenden Jahr 1986 erhielt Richard von der CIA einen Ehrenpreis für den »Schutz der nationalen Sicherheit bei Strafprozessen«.17 Der Schutz der Contras durch die amerikanische Regie­ rung hatte Auswirkungen auf die amerikanische Drogen­

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politik in aller Welt und insbesondere in Kolumbien. 1984 begannen das Weiße Haus und die CIA eine konzertierte Pro­ pagandakampagne gegen den angeblichen Drogenhandel einer verschwörerischen Gruppe aus nicaraguanischen San­ dinisten, kolumbianischen Drogenguerillas und Drogen­ händlern aus Medellín, insbesondere Carlos Lehder und Pablo Escobar.18 In dieser Kampagne wurde die Wahrheit in zwei Aspekten verzerrt. Die Amerikaner behaupteten fälsch­ lich, die FARC seien in den Drogenhandel verwickelt, und tilgten jeden Hinweis auf das konkurrierende Kartell in Cali. Als etwa die große Cocaplantage Tranquilandia 1984 aus der Luft angegriffen wurde, hieß es amtlich, sie sei »von kommunistischen Guerillas [der FARC] bewacht« und vom Medellín-Kartell etabliert worden.19 In Wirklichkeit hatte die Plantage unter dem Schutz der kolumbianischen Armee gestanden und war bei einem gemeinsamen Treffen in Cali geplant worden.20 Große Drogenhändler und Drogenliefe­ rungen, die man bis dahin dem Cali-Kartell zugerechnet hatte, wurden nun wie auch MAS von der amerikanischen Regierung dem Medellín-Kartell zugeordnet.21 So stärkte und schützte die intensive Verfolgung des Medellín-Kartells den Fortbestand der Interessenverbindung zwischen AntiFARC-Terroristen, Cali-Kartell und CIA. Viele der 1984 gegen die Allianz aus Sandinisten, Medel­ lín-Kartell und FARC erhobenen Vorwürfe stammten von Lewis Tambs, dem amerikanischen Botschafter in Bogotá. Er war ein ideologisch ungewöhnlich fixierter Diplomat, der seine Anweisungen in Drogenfragen nicht vom State Depart­ ment erhielt, sondern auf geheimen Wegen von Reagans Sicherheitsberater William Clark.22 Doch Tambs’ Anschuldi­ gungen wurden ganz offiziell von Kongressausschüssen und insbesondere vom amerikanischen Justizministerium bestä­ tigt. Derselbe Richard Gregorie, der später die Verfolgung

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der Contra-Drogenverbindungen vereitelte, brachte 1984 die Regierung in Nicaragua mit dem Drogenhandel in Ver­ bindung, als er die ersten beiden Anklagen gegen Lehder, Escobar und einen Vertreter der Sandinisten erhob. Dabei stützte er sich auf Aussagen und umstrittene Fotografien eines Piloten, der früher im Dienst der CIA gestanden und die Fotos aus einem von der CIA ausgerüsteten Flugzeug aufgenommen hatte.23 Neben fünf Drogenhändlern aus Medellín (den Brüdern Ochoa, Pablo Escobar und Carlos Lehder) betraf die Anklage auch Federico Vaughan, angeb­ lich Assistent des nicaraguanischen Innenministers Tomäs Borge. Die zweite Anklage gegen das Medellín-Kartell und die Sandinisten gab Gregorie am 18. November 1986 vor der Presse bekannt, einen Tag vor Reagans verheerender Pressekonferenz zur Aufdeckung der Iran-Contra-Affäre.24 Als selbst der DEA-Bevollmächtigte John Lawn Zweifel an Borges Beteiligung äußerte, konzentrierten die Vereinig­ ten Staaten sich auf Lehder, dem man Verbindungen zur revolutionären Gruppe M-19 und zu Fidel Castro vorwarf.25 Im Februar 1987 wurde Lehder verhaftet und an die Verein­ igten Staaten ausgeliefert, nachdem Escobar dem amerikani­ schen Justizminister Ed Meese einen Deal vorgeschlagen und daraufhin seine früheren Kumpane verraten hatte.26 Dies war die erste Festnahme eines gesuchten Drogenhändlers, an der nicht nur die Strafverfolgungsbehörden beteiligt waren, sondern auch Konkurrenten aus dem eigenen Milieu. Die unwahrscheinliche Verbindung zu M-19 nutzte Vize­ präsident George Bush dann zur Rechtfertigung der Natio­ nal Security Decision Directive 221 vom April 1986. Dort wurde der Drogenhandel erstmals als Frage der nationalen Sicherheit definiert, sodass nun in Kolumbien neben der CIA auch amerikanische Truppen eingesetzt werden konnten.27 Im Rückblick erweist sich die Direktive 221 zusammen mit einer weiteren, von Bush 1989 unterzeichneten Direktive als

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Äquivalent zur Golf-von-Tongking-Resolution* von 1964, die zur direkten Verwicklung der amerikanischen Streit­ kräfte in den Bürgerkrieg eines anderen Landes führte. Wie die Resolution über den Zwischenfall im Golf von Tongking, so wurde auch die National Security Decision Directive 221 mit angeblich zuverlässigen Geheimdienst­ informationen begründet, die sich inzwischen als grundlos erwiesen haben. Als Vizepräsident Bush die Direktive im Juli 1986 bekannt gab, beschuldigte er die sandinistische Regierung in Nicaragua, Geld aus illegalen Drogengeschäften zur Finanzierung des internationalen Ter­ rorismus einzusetzen; er warf dem kubanischen Präsidenten Fidel Castro vor, Flugzeugen Unterschlupf zu gewähren, die für den Drogenschmuggel benutzt würden ..., und behaup­ tete, eine Drogenconnection habe hinter dem Angriff der M19-Guerillas auf den Justizpalast in Kolumbien gestanden, bei dem 1985 einhundert Menschen, darunter zwölf Richter des Obersten Gerichtshofs, ums Leben gekommen waren. Er erklärte, die kolumbianischen Behörden hätten nach der Be­ lagerung festgestellt, dass die Rebellen sämtliche amerika­ nischen Auslieferungsersuchen bezüglich der größten kolum­ bianischen Drogenhändler vernichtet hätten.28

Die Geschichte hat die DEA in ihrer damaligen Zurück­ haltung gegenüber ideologischen Behauptungen dieser Art nicht bestätigt.29 Insbesondere der letzte Vorwurf lässt sich nicht aufrechterhalten, denn mit größter Sicherheit fielen die Richter ebenso wie die Akten dem Gegenangriff der Armee zum Opfer.30 Die im Anschluss an Direktive 221 verstärkte amerikani­ sche Präsenz in Kolumbien führte nicht zu mehr Ordnung, sondern zu einer erheblichen Verschärfung der Gewalt von Seiten des Medellín-Kartells. Sie erreichte ihren Höhepunkt 1989, als ein Passagierflugzeug in die Luft gesprengt wurde, wobei 110 Passagiere ums Leben kamen (nicht jedoch

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der Präsidentschaftskandidat, der eigentlich das Ziel des Anschlags gewesen war). Im September startete die neue Bush-Regierung, die solche Gewalt als Frage der nationalen Sicherheit behandelte, die Andeninitiative mit einer neuen Sicherheitsdirektive, die den amerikanischen Streitkräften bei der Drogenbekämpfung in Lateinamerika eine größere Rolle erlaubte. Zur selben Zeit wuchs das CIA-Kontingent in Bogotá auf nahezu einhundert Mitarbeiter an, wodurch diese Dependance zur größten der ganzen Welt wurde.31 Obwohl nun die neuesten Technologien für die Verfol­ gung des Drogenhandels zur Verfügung standen, spielten Allianzen mit anderen Drogenhändlern, insbesondere dem Cali-Kartell, immer noch eine wichtige Rolle. Es steht außer Frage, dass der Führer der AUC Carlos Castano, der damals für das Cali-Kartell arbeitete, »mit der CIA und der kolum­ bianischen Polizei kollaborierte, um den flüchtigen Drogen­ baron Pablo Escobar zu fangen«.32 Carlos Castano und sein Bruder waren Führer einer Todesschwadron namens Los Pepes, die Mitglieder der Escobar-Organisation aufspürte und ermordete. Das taten sie auf der Basis von CIA-Infor­ mationen, die ihnen durch eine Spezialabteilung der kolum­ bianischen Polizei übermittelt wurden, welche auf gutem Fuß mit dem Cali-Kartell stand.33 Der amerikanischen Bot­ schaft lagen Geheimdienstberichte vor, wonach Los Pepes »sogar vom Cali-Kartell gegründet worden war«, was aber dem vertrauten Umgang mit mindestens zwei DEA-Agenten keinen Abbruch tat; einem von ihnen schenkten die Killer der Gruppe eine goldene Uhr.34 Bis zu seinem Tod leitete Escobar die Drogengeschäfte sei­ ner Organisation, obwohl er nominell im Gefängnis saß. Eine Zeitlang schien es, als würde der Drogenhandel von dem etwas gefälligeren Cali-Kartell beherrscht, das lieber über den Staat agierte als gegen ihn. Doch das änderte sich im Juni 1994, als Tonbandmitschnitte abgehörter Telefon­

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gespräche veröffentlicht wurden, aus denen mit einiger Sicherheit hervorging, dass das Cali-Kartell 3,5 Mio. Dollar in den Wahlkampf des späteren Wahlsiegers Ernesto Samper gesteckt hatte.35 Die Enthüllungen erlaubten es dem Weißen Haus, gegenüber der geschwächten Samper-Regierung harte Maßnahmen durchzusetzen, und im August 1995 saßen die drei wichtigsten Führer des Cali-Kartells hinter Gittern.36 Offenbar beaufsichtigen die Cali-Führer, wie vor ihnen schon Escobar, ihre Drogengeschäfte auch aus dem Gefäng­ nis heraus.37 Nach Angaben der DEA ist der Drogenhandel in Kolum­ bien seit der Zerschlagung des Cali-Kartells stärker dezen­ tralisiert.38 Ein kolumbianischer Experte ist da anderer An­ sicht. Er glaubt (und die DEA scheint ihm Recht zu geben), dass seit der Zerschlagung der beiden großen Drogenkartelle ein wachsender Anteil des kolumbianischen Drogenexports von Kartellen in Mexiko kontrolliert wird.39 Nach Angaben der DEA ist einer der Hauptlieferanten der mexikanischen Kartelle die Henao-Montoya-Gruppe, mit der auch Carlos Castano in Verbindung steht.40 In den Vereinigten Staaten dürften manche nicht unglück­ lich über diese Verlagerung nach Mexiko sein. Zweimal in den letzten zwei Jahrzehnten bestand die Gefahr, dass Mexiko seine Schulden bei amerikanischen Banken nicht zurückzahlen konnte; die Krise wurde jeweils in letzter Sekunde durch Kredite der amerikanischen Regierung ab­ gewendet. Gewinne aus dem Drogenhandel bilden einen be­ trächtlichen Teil der mexikanischen Exporteinnahmen; ihr Wert entspricht der Hälfte der für den Schuldendienst benö­ tigten Devisen. Bevor der erste Kredit 1982 gewährt wurde, hatte die amerikanische Regierung bereits von DEA und CIA erfahren, dass die Drogenprofite für Kolumbien und Mexiko »wahrscheinlich 75 Prozent der Exporteinnahmen aus­ machen«.41

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Zusammenfassend können wir sagen: Die CIA verweist (zu Recht) auf die Rolle, die sie bei der Verhaftung oder Eli­ minierung einer Reihe wichtiger Drogenhändler gespielt hat. Die Verhaftungen haben zwar nicht zu einer Verringerung des Kokainstroms in die Vereinigten Staaten geführt, der vielmehr im Jahr 2000 einen neuen Höchstwert erreichte. Aber sie haben die Beziehungen zwischen den Strafverfol­ gungsbehörden und rivalisierenden Kartellen institutiona­ lisiert und erkennbar zu einer Verschärfung der Gewalt­ anwendung seitens städtischer Kartelle beigetragen. Der eigentliche Zweck des Kolumbienplans - wie der der meisten Kampagnen dieser Art - war nicht die Ausrottung des Drogenhandels, sondern die Verschiebung der Marktan­ teile. Es ging darum, bestimmte Gegner ins Visier zu nehmen und dadurch sicherzustellen, dass der Drogenhandel unter der Kontrolle von Händlern blieb, die sich mit den kolumbi­ anischen Sicherheitsdiensten und/oder der CIA verbündet hatten.42 Das bestätigt das Urteil, zu dem der Senatsermittler Jack Blum schon vor einem Jahrzehnt gelangte und wonach Amerika keine Drogenverschwörung bekämpft, sondern »auf subtile Weise ... Teil dieser Verschwörung geworden ist«.43 Die Verwicklung von Fluggesellschaften in den Drogen­ handel In Kolumbien wie im Fernen Osten hat man Fluggesellschaf­ ten, die sich im Besitz der CIA befinden oder in ihrem Auftrag fliegen, vorgeworfen, ganz unmittelbar in den Dro­ genhandel verwickelt zu sein. Die amerikanische Fluggesell­ schaft Southern Air Transport (SAT) fliegt nach Kolumbien und Venezuela, seit sie 1960 vorübergehend in den Besitz der CIA gelangte.44 Seit dieser Zeit wurde sie in einer Reihe un­ bewiesener Berichte immer wieder mit Kokain in Verbin­

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dung gebracht. Im Januar 1987, in der ersten Phase der Ent­ hüllungen zur Iran-Contra-Affäre, berichteten Zeitungen, das Justizministerium habe kürzlich Ermittlungen unterbun­ den, die von der DEA gegen die SAT wegen Drogenhandels eingeleitet worden waren: Der heftig bestrittene Verdacht sorgt für Aufregung. Vertreter der Drug Enforcement Agency erklären, sie hätten schon im vergangenen September über eine Luftfrachtoperation im Rahmen des Programms Waffen für Drogen berichtet, an der Southern Air Transport beteiligt gewesen sei - ein Unterneh­ men, das sich früher im Besitz der CIA befand und tief in die Irangate-Transporte verwickelt war -, aber das Justizministe­ rium habe die Beweise heruntergespielt.45

In der New York Times hieß es damals, die Anschuldigungen würden im Rahmen der Iran-Contra-Ermittlungen »noch­ mals überprüft«. Aber wie vorauszusehen war, geschah das nicht. Die Anschuldigungen gingen jedoch weiter. In einem kürzlich vorgelegten Bericht erklärte der Generalinspekteur der CIA: Aus einem Telegramm der DEA an die CIA aus dem Jahr 1990 geht hervor, dass die SAT in den Akten der DEA von Januar 1985 bis September 1990 wegen angeblicher Betei­ ligung am Kokainhandel geführt wurde. In einem Akten­ vermerk der DEA vom August 1990 wird behauptet, es seien zwei Mio. Dollar auf das Firmengelände der SAT geliefert worden; außerdem wird gegen mehrere Piloten der Firma der Verdacht erhoben, sich am Schmuggel von »Drogengeldern« beteiligt zu haben.46

Diese Feststellung bestätigt eine Aussage der FBI-Informan­ tin Wanda Palacio, die mit einem Drogenhändler verheiratet war. Sie erklärte 1986 gegenüber Ermittlern des KerrySenatsunterausschusses zur Klärung der Contra-Verbindun­

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gen zum Drogenhandel, sie habe 1983 im kolumbianischen Barranquilla gesehen, wie man Gewehre aus Flugzeugen der Southern Air Transport entlud, die anschließend mit Kokain beladen wurden.47 Zwei spätere Ereignisse stärken die Glaubwürdigkeit die­ ser Geschichte. Als am 5. Oktober 1986 ein SAT-Flugzeug in Nicaragua abgeschossen wurde, fand man in dem Wrack Flugpläne, die belegten, dass der Pilot 1985 einen SATTransport nach Barranquilla durchgeführt hatte.48 Außer­ dem war die Reaktion der amerikanischen Regierung sehr interessant, als Senator Kerry und sein Assistent Jonathan Winer dem Vertreter des Justizministeriums William Weid einen elfseitigen, auf Palacios Aussage basierenden Bericht vorlegten. Winer schrieb später eine Aktennotiz über dieses Treffen: Weld las eine halbe Seite und lachte in sich hinein. Ich fragte ihn, warum er lachte. Er sagte, es sei nicht das erste Mal, dass er von Verwicklungen der CIA in den Drogenhandel gehört habe ... Als er Wandas Aussage las, bemerkte er mehrfach, dass er nicht jede Zeile bestätigen könne, aber es gebe auch nichts, was ihm unwahr oder unvereinbar mit Dingen er­ scheine, die er bereits wisse.49

Der Text wurde vom Justizministerium an Richard Gregorie in Miami weitergeleitet, der ihn jedoch als bedeutungslos ab­ tat, weil Palacio »meschugge« sei.50 Mindestens eine der Firmen, die gemeinsam mit der SAT in umstrittene Hilfsaktionen für die Contras verwickelt wa­ ren, erhält heute Aufträge im Rahmen des Kolumbienplans, und zwar die Eagle Aviation Services and Technology, Inc. (EAST), die sich im Auftrag der DynCorp an Herbizidsprüh­ aktionen gegen Cocaplantagen beteiligt.51 EAST wurde 1982 von dem ehemaligen Offizier der Air Force Richard Gadd gegründet, den Oliver North bei Hilfsaktionen für die Con­

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tras einsetzte, obwohl ein Angehöriger der CIA ihn gewarnt hatte, eine Überprüfung seines Hintergrunds löse »Ganoven­ alarm« aus.52 Gadd wurde auch von einem anderen ehema­ ligen CIA-Mann als »profitsüchtig« und als »Gauner« be­ zeichnet, konnte aber dennoch über seine Firma EAST 550.000 Dollar für geheime Contra-Hilfsaktionen einstrei­ chen. 1999 und 2000 erhielt EAST über mehrere Verträge mit dem Verteidigungsministerium mehr als 30 Mio. Dollar, und zwar zusätzlich zu einem unbekannten Anteil an den 170 Mio. Dollar des Fünfjahresvertrags für Kolumbien, den DynCorp mit dem State Department geschlossen hatte.53 Für seine Aussage in der Iran-Contra-Affäre bekam Gadd Straffreiheit zugesprochen und wurde niemals angeklagt. Es gab jedoch eine Reihe von Gerüchten, wonach die von EAST für Oliver North gebaute Start- und Landepiste auf der Halbinsel Santa Elena in Costa Rica auch für den Transport von Drogen benutzt wurde.54 Jet Avia ist eine weitere kleine, inzwischen aufgelöste Fluggesellschaft, die im Verdacht steht, sowohl für die CIA in Kolumbien geflogen als auch in den Drogenhandel ver­ wickelt gewesen zu sein. Nach den Autoren Sally Denton und Roger Morris »wussten Beamte von Strafverfolgungs­ behörden des Bundes ..., dass Jet Avia seit ihrer Gründung von der CIA benutzt worden war«. 1977 landete in Kolum­ bien ein Lear-Jet der Fluggesellschaft mit Jimmy Chagra an Bord, einem wichtigen Drogenhändler aus Texas. Das Flug­ zeug gehörte Danny Ray Lasater, »einem reichen Spieler aus Las Vegas, gegen den schon bald Ermittlungen wegen seiner Verbindungen zum organisierten Verbrechen eingeleitet wurden. Am Ende wurde er wegen des Handels mit Kokain verurteilt.«55 Lasater war nicht nur Spieler und Drogenhändler, son­ dern leistete auch große Spenden für die Wahlkämpfe des Gouverneurs Bill Clinton in Arkansas und des Gouverneurs

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John Y. Brown, Jr., in Kentucky.56 Wie die verschlungene Ge­ schichte des afghanischen Heroins und der Bank of Credit and Commerce International (BCCI) in Washington, so könnte auch die Geschichte des kolumbianischen Kokains und seiner Verbindungen zu Las Vegas bei genauerer Unter­ suchung Licht in die Tiefenpolitik nicht nur der Dritten Welt, sondern auch der Vereinigten Staaten bringen.

6. Raus aus Kolumbien!

Die wahren Interessen der Vereinigten Staaten in Kolumbien: Frieden und Stabilität Die wahren Interessen der Vereinigten Staaten (wie auch Kolumbiens) müssen deutlich von denen der Cowboys im Pentagon und in der CIA unterschieden werden, die für vier Jahrzehnte einer falschen Politik verantwortlich sind. Wie Spieler, die mehr verloren haben, als sie sich leisten können, scheinen sie entschlossen zu sein, ihre Fehler noch auszuwei­ ten statt sie zu korrigieren. Hier besteht eine starke Ähnlich­ keit mit dem Vietnamkrieg, in den dieselben Bürokraten einst die Vereinigten Staaten mit wachsender Blindheit und ohne jede vernünftige Aussicht auf Erfolg verwickelten. Die demokratischen Interessen der Vereinigten Staaten liegen dagegen in einem demokratischen Kolumbien auf einem demokratischen Kontinent. Praktisch heißt das, wie Präsident Pastrana deutlich erkannte, als er zum ersten Mal gewählt wurde, dass man den Friedensprozess in Kolumbien voranbringen und das Land aus dem gegenwärtig herrschen­ den Konflikt herausführen muss. Theoretisch fühlt sich die amerikanische Regierung genau diesen Zielen verpflichtet. In seinen Erläuterungen zum Ko­ lumbienplan schrieb das amerikanische Außenministerium: »Das vorgeschlagene amerikanische Hilfspaket wird es Kolumbien ermöglichen, seine vielfältigen Probleme zu be­ wältigen - den Kampf gegen den Drogenhandel, die Schaf­ fung eines Rechtsstaats, den Schutz der Menschenrechte, die

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Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung, die Durchfüh­ rung einer Justizreform und die Herstellung des Friedens.«1 Doch aus derselben Veröffentlichung geht hervor, dass die Mittel für die Förderung der Menschenrechte nur 93 Mio. Dollar betragen sollten, was nicht einmal fünf Prozent der gesamten amerikanischen Zahlungen in Höhe von 1,6 Mrd. Dollar entspricht. Zum Friedensprozess heißt es: »Die Re­ gierung der Vereinigten Staaten ist zuversichtlich, dass die Friedensverhandlungen zwischen der kolumbianischen Re­ gierung und den FARC sowie zwischen der kolumbianischen Regierung und der Guerillagruppe ELN erfolgreich abge­ schlossen werden können.« Doch für die Verwirklichung dieser Hoffnung sieht der Plan keinen einzigen Penny vor, und mit keinem Wort wird erwähnt, dass die damaligen Be­ mühungen der Vereinigten Staaten zu dieser Zeit eines der Haupthindernisse für die Verhandlungen mit den FARC dar­ stellten.2 Hier zeigt sich in knapper Form, was - ob nun für Ko­ lumbien oder andere Länder - immer schon falsch an den amerikanischen Hilfsprogrammen war, bei denen die Men­ schenrechte nur als Deckmantel für Militärhilfe dienten. Dazu möchte ich Robert White zitieren, der unter Jimmy Carter amerikanischer Botschafter in Kolumbien war: Sag mir, wofür du dein Geld ausgibst, und ich sage dir, welche Außenpolitik du betreibst. Wenn wir von jedem für die Außenpolitik ausgegebenen Dollar 90 Cent in das Pentagon und die CIA stecken, dann leistet unsere Politik militärischen und geheimdienstlichen Problemlösungen Vorschub. So ist das Budget der Drogenbehörde des Weißen Hauses, des Office of Narcotics Control, größer als das des State Depart­ ment und des Handelsministeriums zusammengenommen. Welchen Sinn könnte das haben? Man hungert die Diploma­ tie aus und stärkt übermäßig den militärischen Ansatz der Problemlösung. Und offen gesagt zeigen all unsere Erfahrun­

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gen, dass diese Programme gegen den Drogenhandel nicht funktionieren. In den drei Jahren, die das Programm, dieses intensive Programm zur Bekämpfung des Drogenhandels, nun schon in Kolumbien besteht, haben sich die Drogen­ exporte in die Vereinigten Staaten mehr als verdoppelt.3

Es ist kein Zufall, dass in den letzten zehn Jahren mit der zu­ nehmenden Zusammenarbeit zwischen den amerikanischen und den kolumbianischen Streitkräften auch der Strom der Drogen in die Vereinigten Staaten gewachsen ist. Mit dem zunehmenden Flugverkehr zwischen beiden Ländern bieten sich auch immer bessere Möglichkeiten für den Schmuggel. Der spektakuläre Drogenfund, den man im November 1998 auf dem Flughafen in Fort Lauderdale machte, war über kurz oder lang zu erwarten: mehr als 700 Kilogramm Ko­ kain in einem Flugzeug der kolumbianischen Luftwaffe, das sich nie in fremden Händen befunden hatte. Ein amerika­ nischer Offizier in Kolumbien und seine Ehefrau wurden wegen Geldwäsche und Drogenschmuggel verhaftet.4 Es ist wie eine Wiederholung des Aufschwungs, den der Drogen­ handel während des Vietnamkriegs erlebte, als Drogen selbst in den Leichen gefallener amerikanischer Soldaten ge­ schmuggelt wurden. Die paramilitärischen Gruppen sind heute immer noch das Haupthindernis für den Friedensprozess, den Pastrana angekündigt hatte und den sein Nachfolger Uribe umzuset­ zen versucht. In der amerikanischen Presse wird oft der Ein­ druck erweckt, die FARC lehnten alle Verhandlungen ab. In Wirklichkeit stellen die FARC angesichts der verheerenden Erfahrungen, die sie in den 80er Jahren machen mussten, nur die Bedingung, dass die Regierung vor solchen Verhandlun­ gen die autodefensas unter ihre Kontrolle bringt. Da die Re­ gierung in Bogotá nicht die Macht und die Armee nicht den Willen zu solch einer Vorleistung hat, ist die Position der FARC durchaus verständlich.

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In Kolumbien wird es immer gefährlicher, sich gegen diese Spirale der Gewalt auszusprechen. Castaños Organisation, die schon Menschen mit Kettensägen ermordet hat, droht »Mitgliedern von Menschenrechtsgruppen und NGOs, sie zu einem objetivo militar - einem militärischen Zielobjekt - zu machen und sie zu entführen«.5 Auch Mitglieder der Frie­ densbewegung in Kolumbien werden von ihr bedroht und entführt. Mehr als 25 Menschen sind auf diese Weise seit Anfang 1997 »verschwunden« oder ermordet worden.6 Auch amerikanische Friedensaktivisten in den Internatio­ nalen Friedensbrigaden wurden Anfang 2001 zu einem ob­ jetivo militar erklärt.7 Die paramilitärischen Todesschwadronen werden von der wachsenden amerikanischen Militärpräsenz keineswegs an den Rand gedrängt, sondern arbeiten mit den Amerikanern zusammen. Sie töten und terrorisieren die Menschen in den Cocaplantagen, und die amerikanischen Sprühflugzeuge können ihre Pflanzenvernichtungsmittel ungestraft aus ge­ ringer Höhe verspritzen.8 Inzwischen nimmt die Zahl der Flüchtlinge in Kolumbien dramatisch zu. Allein 1998 wurden (nach Angaben des State Department) annähernd 300.000 Menschen aus ihrer Hei­ mat vertrieben, meist durch paramilitärische Aktivitäten; insgesamt soll es sich um 1,5-2 Mio. Flüchtlinge handeln.9 In jüngster Zeit fliehen die meisten vor den Sprühaktionen aus der Luft, denen Cocapflanzen, legal angebaute Pflanzen und Fische in Zuchtteichen zum Opfer fallen. Außerdem führen die Pflanzenvernichtungsmittel zu Gesundheitsschä­ den bei den Menschen und beim Vieh.10 Kolumbien gleich Vietnam

Wenn dieser Alptraum ein Ende finden soll, muss der Rich­ tungswechsel aus den Vereinigten Staaten kommen. Aber die

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Lage ist paradox. Der Kolumbienplan hat seine ursprüng­ lichen Planer und Befürworter wie Major Andrew Messing und den Kongressabgeordneten Benjamin Gilman längst ver­ loren. In den meisten Artikeln zum Kolumbienplan reichen die Meinungsäußerungen von milder Kritik bis hin zu mora­ lischer Empörung. Außerhalb der Washingtoner Bürokratie setzt sich heute offenbar niemand mehr für den Plan ein. Sollte solche Einmütigkeit die Kritiker hoffnungsvoll stimmen? Ich glaube nicht. Die Urheber des Kolumbienplans dachten ursprünglich an einen »erfolgreichen« Feldzug nach dem Vorbild El Salvadors - einem schmutzigen Krieg, in dem die Vereinigten Staaten die Ermordung der Aufständischen lokalen Kräften überließen, die von ihnen ausgebildet wor­ den waren. Heute sehen immer mehr Beobachter Parallelen zu Amerikas fehlgeschlagenem Abenteuer in Vietnam. Die Taktik ist auf unheimliche Weise ähnlich: von Militärbera­ tern, Hightech-Abhörstationen, Entlaubungsprogrammen, Schnellbooten und Helikoptern bis hin zu Angriffen in abge­ schiedenen Landstrichen, die Hunderttausende von Zivilis­ ten vertreiben.11 Ähnliche Parallelen finden sich bei den Interessen und Interessenvertretern: Hubschrauberindustrie und Herbizid­ hersteller, Ölgesellschaften und Pentagon suchen nach neuen Stützpunkten in der Region. Wir hören dasselbe geopoliti­ sche Gerede über Seewege und Bodenschätze. Professionelle Think-Tanks wie RAND und FPRI schüren den Wahnsinn in Washington mit Vorschlägen, wie man eine grundfalsche Politik noch weiter verschlimmern kann.12 Und wir finden denselben ominösen Hintergrund aus tief verwurzelten Ver­ bindungen zu lokalen Drogenbossen wie in Afghanistan, Peru, Haiti, Honduras und im Kosovo. All diese Parallelen zu Vietnam - und deren gibt es viele gründen in einer fundamentalen Ähnlichkeit: Die Forderung großer amerikanischer Ölgesellschaften nach mehr Sicher­

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heit veranlasste »ihre« Regierung, sich noch stärker auf eine faktische Allianz mit lokalen rechtsgerichteten Kräften ein­ zulassen, die in den Drogenhandel verwickelt waren.13 (In den 60er Jahren waren die Interessen dieser Ölgesellschaften zwar nicht in Vietnam, sondern in Indonesien bedroht, doch das in der so genannten Dominotheorie gipfelnde strate­ gische Denken der Vereinigten Staaten hinsichtlich Südost­ asien resultierte aus der Befürchtung, die Ölanlagen in Indo­ nesien zu verlieren.)14 Wenn ich hier auf die tiefenpolitischen Dimensionen des Erdöls und der Drogen verweise, so will ich damit nicht behaupten, dass andere Interessen und Inter­ essengruppen keine Rolle spielten. Doch Drogen und Öl ha­ ben eines gemeinsam: Sie üben auf breiter Front und unter der Oberfläche beträchtlichen Einfluss aus. In der heftigen Kritik am Kolumbienplan wird die Bedeu­ tung der Lobbyarbeit amerikanischer Ölgesellschaften für das militärische Engagement der USA in dieser Region viel­ fach zu wenig beachtet. Seit George Bush 1989 die Anden­ initiative* startete, ist die Ölförderung in Kolumbien um fast 80 Prozent gestiegen. Der größte Teil des Exports geht in die Vereinigten Staaten, sodass Kolumbien heute deren acht­ größter ausländischer Rohöllieferant ist. Und mindestens seit Mitte der 90er Jahre gibt es eine konzertierte Kampagne der großen Ölgesellschaften für ein amerikanisches Engage­ ment in Kolumbien: 1996 gründeten BP Amoco, Occidental und die Enron Cor­ poration, ein in Houston beheimatetes Energieunternehmen, gemeinsam mit anderen Unternehmen die U.S.-Columbia Business Partnership. Seither setzt sich die Vereinigung ent­ schieden für eine verstärkte Hilfe ein und untermauert ihre Lobbyarbeit mit großen Wahlkampfspenden der Ölindustrie an Politiker. Lawrence P. Meriage, der für Öffentlichkeits­ arbeit zuständige Vizepräsident von Occidental, sprach sich im vergangenen Jahr nicht nur entschieden für den Kolum­

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bienplan aus, sondern drängte auch einen Unterausschuss des Repräsentantenhauses, die Militärhilfe auf die weiter nörd­ lich gelegenen Länder auszudehnen, um die Sicherheit der Er­ schließungsinvestitionen zu verbessern.15

So geht es den führenden Lobbys also nur darum, die Inves­ titionen so lange wie möglich zu schützen, auch wenn keine Aussicht auf einen endgültigen Erfolg besteht. In Kolumbien sehen wir wie einst in Vietnam einen weit reichenden Kon­ sens unter den Fachleuten, dass die gegenwärtigen Anstren­ gungen zum Scheitern verurteilt sind und die gesetzten Ziele unmöglich erreicht werden können. Aus der Sicht der Regie­ rung ist das Muster genau dasselbe: Eine große, zu jedem Richtungswechsel unfähige Staatsbürokratie setzte über Jahre hinweg und mit ständig verstärktem Einsatz eine ver­ fehlte Politik fort, von der die Verantwortlichen wissen, dass sie kaum Aussicht auf Erfolg hat.16 Wie wir gesehen haben, ist eine im großen Maßstab dysfunktionale Politik wie der so genannte Krieg gegen die Drogen einer rationalen Kritik nicht zugänglich. Sie beginnt vielmehr zu wuchern und wird zu einem bürokratischen Selbstlauf, in dem die Aussicht auf Scheitern nur als Anlass zu einer Eskalation gesehen wird. Nach sechs Monaten Bush-Regierung kam es 2000 wie­ der zu Warnungen jener Art, wie sie den diversen Eska­ lationsschritten in Vietnam vorausgingen. Aussagen der RAND Corporation zufolge stehen »die Vereinigten Staaten vor einer Verschlechterung der militärischen Lage in Kolum­ bien, welche die Bush-Regierung vor die Alternative eines Rückzugs oder eines verstärkten Engagements stellen könnte«. Da die Zerstörung der Cocaplantagen den Anstieg der Kokainproduktion nicht habe bremsen können, fordert die RAND Corporation die Regierung dazu auf, den Schwer­ punkt ihrer Bemühungen von der Drogenbekämpfung auf die Guerillabekämpfung zu verlagern. Falls das misslinge,

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stünden die Vereinigten Staaten vor einer »unangenehmen Wahl ... Sie könnten ihr Engagement verstärken - und mög­ licherweise eigene Truppen operativ in Kolumbien einsetzen - oder aber herunterschrauben und damit erhebliche Kosten riskieren, unter anderem den Verlust der eigenen Glaubwür­ digkeit.«17 Eine weitere Ähnlichkeit besteht in der Berichterstattung der amerikanischen Medien über Kolumbien. Bis September 1998 war es in der Presse üblich, Kolumbien als Drogen­ demokratie zu bezeichnen. Der Index des Onlinedienstes NexisLexis weist aus, dass der Begriff von 1992 bis Septem­ ber 1998 insgesamt 69 Mal benutzt wurde (davon acht Mal im Jahr 1998).18 Angemessen ist solch eine Bezeichnung nur für ein Land, in dem die Drogenkartelle seit zwei Jahrzehn­ ten Geld in den Wahlkampf einzelner und (wie 1978, 1982 und vielleicht auch 1994) aller Präsidentschaftskandidaten zugleich gesteckt haben.19 Seit der Einführung des Kolum­ bienplans ist die Bezeichnung »Drogendemokratie« jedoch aus den nordamerikanischen Zeitungen verschwunden. Ko­ lumbien wird immer noch als ein Land im Belagerungs­ zustand dargestellt, doch als Feind gelten nun (wie in den 70er Jahren) die revolutionären FARC (oder die Drogen­ guerillas, wie die Presse heute im Anschluss an General Barry McCaffrey sagt). Noch eine Ähnlichkeit besteht schließlich in dem endlos wiederholten Versprechen, die Vereinigten Staaten würden sich unter allen Umständen auf eine Beraterrolle beschrän­ ken. Und das, obwohl Washington sein offizielles Kontin­ gent an Beratern von 250 auf 500 aufgestockt hat, zu denen noch weiteres Personal in zwei vom Verteidigungsminis­ terium beauftragten »Privatunternehmen«, DynCorp und MPRI (Military Professional Resources, Inc.), kommt.20 Die »Auslagerung« sensibler Tätigkeiten in solche Unternehmen wurde schon früher in Kroatien, Bosnien und dem Kosovo

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praktiziert. Das Personal stammt aus den amerikanischen Streitkräften, und angeblich können die Mitarbeiter noch nach Jahren dorthin zurückkehren, wobei die Zeit in diesen Unternehmen ihnen bei den Pensionsansprüchen angerech­ net wird. Hier besteht auch eine Parallele zu den Air-America-Pilo­ ten in Indochina.21 Einer der vernachlässigten Gründe für die bürokratische Trägheit in Vietnam, die zu einer immer stär­ keren Eskalation führte, lag in dem Bemühen, unterbeschäf­ tigte Transportfirmen, insbesondere im Bereich des militäri­ schen Lufttransports, mit Aufträgen zu versorgen.22 Damals wie heute verlangen strategische Überlegungen des Pentagon die Aufrechterhaltung vertraglicher Beziehungen zu privaten Fluggesellschaften, die bei Bedarf von ziviler zu militärischer Fracht wechseln können. Eine ansonsten unsinnige Eskala­ tion, die CIA und Pentagon 1959 in Laos auslösten, wird in einem bürokratischen Sinne verständlicher, wenn man sie vor dem Hintergrund der damaligen Befürchtung sieht, die wichtigste Transportverbindung in den Fernen Osten (PanAm) müsse eventuell ihre internationalen Aktivitäten einschränken, »falls neben dem normalen Zivilverkehr keine weiteren Frachtaufträge hereinkämen«. Die Krise der PanAm wurde dann durch die Luftbrücke nach Laos rasch gelöst.23 Eine ganz ähnliche Rolle spielte der Kolumbienplan bei der Restrukturierung der Southern Air Transport, die im September 1998 Konkurs anmeldete.24 Die SAT hatte im Golfkrieg von 1990 beträchtliche Gewinne gemacht, konnte anschließend jedoch nicht von den zivilen Aufträgen leben: »Nach den Akten des Konkursgerichts schrieb die Fracht­ abteilung der Firma Mitte der 90er Jahre tiefrote Zahlen. 1995 betrug der Verlust 24,9 Mio. Dollar ... 1997 flog die Luftfrachtabteilung der Firma jeden Monat Verluste ein mehr als 39 Mio. Dollar im gesamten Jahr.«25

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Doch 1999 konkurrierten bereits zwei weitere Luftfracht­ gesellschaften mit dem SAT-Nachfolger Southern Air um die einst von der SAT bediente Frachtfluglinie zwischen den USA und Kolumbien.26 Das Tempo hatte sich eindeutig beschleu­ nigt: Für Luftfrachtunternehmen aus aller Welt ist Lateinamerika in den letzten zwei Jahren zu einem der aussichtsreichsten Märkte für ihre Branche geworden. Der Optimismus litt zeit­ weilig unter der instabilen Lage in manchen Ländern, doch insgesamt gewinnt der Markt an Dynamik. Angesichts der rückläufigen Erträge auf den traditionellen Pazifikrouten gilt Lateinamerika inzwischen sogar noch eher als das kommende Eldorado der Luftfracht.27

Als eine ähnliche Goldgrube erwies sich der Kolumbienplan für die ausgelagerten Ausbilderteams des Pentagon bei Dyn­ Corp und MPRI. Beide Firmen können bei Luftfracht- und Ausbildungsverträgen mit der amerikanischen Regierung auf eine lange Geschichte zurückblicken, die vom Koreakrieg bis hin zu den Auseinandersetzungen um Kroatien, Bosnien und den Kosovo reicht. Seit das amerikanische Engagement auf dem Balkan zurückgeht, hat sich der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf Kolumbien verlagert (auch wenn das aus ihren aufwändig gestalteten Websites nicht deutlich wird). Der Fünfjahresvertrag, den DynCorp mit dem State Depart­ ment über Kolumbien abgeschlossen hat, hat ein Volumen von 170 Mio. Dollar.28 Wer sich noch an die 60er Jahre und Vietnam erinnert, der weiß, dass die veränderten vertraglichen Anforderungen des Kriegsgeschäfts größeres Gewicht haben als die warnen­ den Stimmen in den Zeitungen, wenn es um das zukünftige Engagement der Vereinigten Staaten im Ausland geht. Aus dem Vietnamkrieg haben wir auch gelernt, dass die Gefahr einer einseitigen amerikanischen Eskalation zunimmt, so­

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bald reale Aussichten auf eine Verhandlungslösung bestehen - wie wir es wiederum vor ein paar Jahren bei der neuer­ lichen Aufnahme von Gesprächen zwischen dem damaligen Präsidenten Pastrana und den FARC erlebt haben. Seit 1950 haben die Vereinigten Staaten sich erst zwei Mal ohne Querelen aus hoffnungslosen Situationen befreit aus Somalia und dem Libanon -, und in beiden Fällen riskierte das Pentagon nicht, seine Glaubwürdigkeit zu ver­ lieren. Nach 40 Jahren aktiven Engagements in Kolumbien lässt sich kaum erkennen, was die Vereinigten Staaten veran­ lassen könnte, sich freiwillig zurückzuziehen: weder der ge­ sunde Menschenverstand noch die wachsende internationale Kritik, auch nicht die Entfremdung der Regierungen und der Öffentlichkeit in benachbarten Staaten wie Ecuador und Venezuela,29 erst recht nicht die Mahnungen von Auguren und Leitartiklern. Das sich zuspitzende Desaster wird früher oder später noch eine weitere Parallele zu Vietnam hervorbringen: die wachsende Opposition im eigenen Land. Selbst das Penta­ gon sollte kein Interesse an der Wiederkehr jener weit ver­ breiteten sozialen Entfremdung haben, die als Vietnam­ syndrom bezeichnet wird. Wir wissen heute, dass die Vereinigten Staaten sich nicht über lange Zeit auf kriege­ rische oder terroristische Aktivitäten im Ausland einlassen können, ohne dadurch den Frieden und die Sicherheit im eigenen Land zu gefährden. Die internationalen Drogennetze in Kolumbien und an­ derswo stellen eine erhebliche Bedrohung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten dar. Experten haben darauf hin­ gewiesen, dass Drogenhandelswege auch »für noch gefähr­ lichere Zwecke benutzt werden können, für den Transport gedungener Mörder über Landesgrenzen hinweg oder für den Schmuggel von Raketen ..., von atomaren Minen und Sprengköpfen für terroristische Staaten oder Gruppen«.30

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Mit der Zeit mehren sich die Anzeichen für eine Zu­ sammenarbeit zwischen kolumbianischen und venezolani­ schen Drogenhändlern, der italienischen und der türkischen Mafia sowie Schmugglern im Fernen Osten und der ehema­ ligen Sowjetunion.31 Gelegentlich wird von klandestinen Gipfeltreffen berichtet, auf denen Vertreter unterschiedlichs­ ter Schattenwelten nicht nur den weltumspannenden Strom von Drogen und Drogengeldern koordinieren, sondern auch den von illegalen Einwanderern, Prostituierten und Falsch­ geld. Unglücklicherweise verfolgen die Vereinigten Staaten in Kolumbien nicht den mächtigsten Gegner. Obwohl die Be­ deutung der FARC gewachsen ist, stellen sie doch eine weit­ aus geringere internationale Bedrohung dar als einstige rechtsgerichtete Verbündete der CIA und deren Nachfolger.32 Die Wahrnehmung des Problems ist in den USA durch fünf Jahrzehnte eigener Propaganda über den kommunistischen Drogenhandel verzerrt worden, durch die Washington seine Unterstützung rechtsgerichteter antikommunistischer Dro­ genhändler verschleiern wollte.33 Die in letzter Zeit wieder geschürte Aufregung über die Bedrohung durch Drogengue­ rillas ist nur der jüngste Versuch von Leuten, die sich noch nicht von den schlechten Traditionen des Kalten Krieges gelöst haben.

TEIL III

Indochina - das Opium und das Öl

7. Öffentliche, private und geheime politische Macht - ein Überblick

In meinem Buch The War Conspiracy habe ich die Kräfte untersucht, die daran beteiligt waren, die Vereinigten Staa­ ten in den Vietnamkrieg zu führen. In vielen Fällen waren dabei nicht nur Täuschungsmanöver im Spiel, sondern wiederholt auch Verstöße gegen den erklärten Willen der staatlichen Organe, gegen zivile Kontrollinstanzen und so­ gar gegen das Gesetz. Für mich erfüllt das den Tatbestand einer »Kriegsverschwörung«, auch wenn es sich hierbei nicht um eine abgrenzbare Gruppe von Verschwörern handelte, sondern um ein durchgängiges Muster aus Komplotten und Täuschungen, an denen diverse Personen beteiligt waren, die miteinander gar nicht in Verbindung standen.1 Dieses Kapitel habe ich - wie alle folgenden mit Aus­ nahme des 11. Kapitels auch - vor dem ersten glaubwür­ digen Artikel in der New York Times vom 6. Juni 1971 ge­ schrieben, in dem darüber berichtet wurde, dass Heroin aus Labors, die der Kontrolle der Königlich-Laotischen Armee unterstanden, in die Vereinigten Staaten gelangt war.2 Da­ rum kommt hier das im 11. Kapitel behandelte Problem des Drogenhandels nicht zur Sprache. * * * In den 50er und 60er Jahren, zwischen dem Ende des Korea­ kriegs und dem Anfang des Vietnamkriegs, gab es niemals eine echte Deeskalation der Vereinigten Staaten in Südost­ asien. Jede scheinbare Deeskalation der Kämpfe wie 1954 in

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Vietnam und 1961 bis 1962 in Laos wurde durch eine da­ mals oft unbemerkte Eskalation ausgeglichen, die langfristig zu einem verstärkten militärischen Engagement der Vereinig­ ten Staaten führte. So beschränkte sich die direkte militäri­ sche Beteiligung Amerikas am ersten Indochinakrieg 1954 auf ein paar Dutzend Flugzeuge der U.S. Air Force und ein paar an Claire Chennaults Fluggesellschaft Civil Air Trans­ port (CAT) »ausgeliehene« Piloten sowie 200 Mann techni­ sches Personal. Zwar scheiterten der damalige Außenminis­ ter John Foster Dulles, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, Admiral Radford, und Vizepräsident Nixon mit ihrer Forderung nach amerikanischen Luftangriffen und/ oder dem Einsatz von Bodentruppen, doch statt einer direk­ ten Intervention konnte Dulles immerhin seinen Vorschlag zur Gründung einer Southeast Asia Treaty Organization durchsetzen. Die SEATO wurde schon bald zu einem Deck­ mantel für »begrenzte Kriegsspiele« in Südostasien, aus denen sich 1959 das erste verdeckte militärische Engagement der Vereinigten Staaten in Laos entwickelte - der Beginn des zweiten Indochinakriegs. Anfang 1961 widersetzte sich der neugewählte Präsident Kennedy erfolgreich dem starken Druck seiner Joint Chiefs of Staff (Generalstabschefs), die eine offene Invasion in Laos mit bis zu 60.000 Soldaten und bei Bedarf sogar den Einsatz taktischer Atomwaffen forderten. Auch Nixon bedrängte ihn, wenigstens einem »Einsatz amerikanischer Luftstreit­ kräfte« zuzustimmen.3 Aber Kennedy entschloss sich in Laos zu einer politischen Lösung, die am 3. Mai 1961 mit einem Waffenstillstand begann. Am 4. und 5. Mai 1961 verkünde­ ten er und sein Außenminister Dean Rusk eine Reihe von Maßnahmen zur Stärkung des amerikanischen Militärenga­ gements in Südvietnam. Das Timing legt den Schluss nahe, dass das Weiße Haus die Anhänger eines Showdown mit China durch die Verlagerung des Schauplatzes der Ausein­

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andersetzung von einem Land in ein anderes besänftigen wollte. Ganz ähnlich kam das Genfer Laos-Abkommen* von 1962 erst zustande, nachdem die Vereinigten Staaten die Fal­ ken in Asien und im eigenen Land durch den ersten Einsatz von Kampftruppen in Thailand zufrieden gestellt hatten. Heute wissen wir auch, dass die im März und Oktober 1968 von Präsident Johnson verkündete Beendigung der Bombar­ dierung Nordvietnams eine Irreführung und alles andere als eine »Deeskalation« war. In Wirklichkeit wurden die Flug­ zeuge nur von Nordvietnam nach Laos umgeleitet. Ingesamt gingen die Bombardierungen nicht zurück, sondern nahmen noch weiter zu. Um die verborgene Geschichte der amerikanischen Eska­ lation in Südostasien nachzuzeichnen, muss man sich auf drei Schlüsselkrisen konzentrieren, die dazu beitrugen. Nur so lässt sich das falsche Bild zerstören, das von diesen Ereig­ nissen in das kollektive Gedächtnis der Amerikaner ein­ gegangen ist. Das erste falsche Bild beruht auf der Vorstellung einer friedliebenden Großmacht, die sich nur widerwillig in die asiatischen Verwicklungen habe hineinziehen lassen, und zwar durch eine Reihe von »Reaktionen« auf diverse aggres­ sive Akte sozialistischer Länder, zum Beispiel 1959 durch eine »massive« nordvietnamesische Invasion in Laos, 1962 durch eine drohende Invasion in Thailand, 1964 durch zwei nicht provozierte Angriffe auf zwei amerikanische Zerstörer und 1970 durch eine aus Kambodscha drohende Invasion Südvietnams. Diese Episoden werden erst dann wirklich ver­ ständlich, wenn man sie im Rahmen eines Prozesses oder Syndroms betrachtet, in denen Geheimdienste und deren Verbündete wiederholt dazu benutzt wurden, die Vorausset­ zungen für eine Eskalation zu schaffen. Ein zweites falsches Bild der amerikanischen Eskalation fand sich selbst unter Anhängern der amerikanischen Frie­

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densbewegung. Danach resultierte das amerikanische Enga­ gement eher zufällig aus einer Reihe von »Fehlern« oder »Irrtümern«, die ihrerseits einer chronischen Naivität oder einem antikommunistischen Verfolgungswahn, Fehlern in den Kommunikations-, Befehls- und Kontrollprozessen oder auch der Schwerfälligkeit von Mammutbehörden und deren Probleme bei der Informationsverarbeitung zugeschrieben wurden. Jeder Eskalationsschritt wurde nun auf Mängel der eigenen Aufklärung zurückgeführt und ironischerweise zum Anlass genommen, für eine Optimierung der Geheimdienste zu plädieren, damit solche »Fehler« nicht noch einmal vor­ kamen. Doch waren es gerade die Aktivitäten von Geheimdienst­ leuten (darunter auch solchen, die für verdeckte Aktionen oder »Spezialoperationen« verantwortlich waren), die die vermeintlichen Fehldeutungen in Washington verursach­ ten. Ganz offenbar fabrizierte der Apparat, der eigentlich objektive Informationen liefern sollte, stattdessen falsche Vorwände für eine einseitige amerikanische Aggression. Führende Geheimdienstvertreter waren die Hauptverant­ wortlichen für die Verstärkung des amerikanischen Engage­ ments. Um dieses Bild einer zufälligen oder irrtümlichen Ver­ wicklung zu korrigieren, muss von einer »Kriegsverschwö­ rung« gesprochen werden: dem fortgesetzten Einsatz kon­ spirativer Mittel, nicht autorisierter Provokationen und bewusster Täuschungsmanöver und insbesondere durch Mitglieder der Geheimdienste mit dem Ziel, das amerika­ nische Engagement in Asien aufrechtzuerhalten oder zu ver­ stärken. Eine solche Kriegsverschwörung ist als allgemeines Syndrom zu verstehen, nicht als das Werk eines einzelnen privaten Komplotts, und ein Krieg muss keineswegs ihr er­ klärtes Ziel sein, selbst wenn sie am Ende dahin führt. Im Gegenteil, sowohl das Personal als auch die Ziele der

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Vietnamkriegsverschwörung wechselten innerhalb von zwei Jahrzehnten beträchtlich. In den 50er Jahren beschränkte sich das geheime Engagement weitgehend auf ein paar unter­ nehmungslustige Einzelpersonen wie General Chennault und seine »private« Fluggesellschaft Civil Air Transport oder auf einige übereifrige CIA-Agenten wie Colonel Lansdale oder Robert Campbell James (einen Vetter des Socony-Präsiden­ ten B. B. Jennings). In den 60er Jahren wurde das Bild dann immer militärischer. Die CIA-Agenten wurden ergänzt oder ersetzt durch die ersten Kader von »Special Forces«, wäh­ rend Mitglieder der elektronischen militärischen Aufklärung dazu beitrugen, dass die Vereinigten Staaten schon bald in einen echten Boden- und Luftkrieg verwickelt waren. In den 70er Jahren war es dann die einst aggressive CIA, die sich eher für deeskalierende Optionen aussprach, während das Kriegslager hauptsächlich in den konkurrierenden militäri­ schen Geheimdiensten beheimatet war. Mit anderen Worten, wir müssen die Verschwörung als einen kontinuierlichen Vorgang begreifen, etwa nach dem Vorbild eines lebenswich­ tigen Organs, dessen Funktion erhalten bleibt, während die Zellen ausgetauscht werden. Eine andere Analogie wäre ein illegales Glücksspiel, bei dem die Spieler (und Dealer) wech­ seln, das Gewinnmotiv aber dasselbe bleibt. In ähnlicher Weise veränderten sich auch die jeweils spe­ zifischen Ziele des amerikanischen Imperialismus in Südost­ asien. Anfang der 50er Jahre spielte offenbar die Sicherung knapper kriegswichtiger Rohstoffe wie Wolfram eine wich­ tige Rolle bei der geheimen Unterstützung der nationalchine­ sischen Guerillas in Birma durch Chennaults CAT. Später wurde dieselbe Fluggesellschaft dann in Laos für eine neue amerikanische Strategie eingesetzt, die mit den Mitteln eines verdeckten oder begrenzten Krieges arbeitete. Hinter der 1971 erfolgten amerikanischen Intervention in Asien stand offenbar die Aussicht auf schnelle Profite (in der Größenord­

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nung von 35 Prozent pro Jahr oder sogar noch mehr) durch Investitionen in der Region, insbesondere die Hoffnung auf die Entdeckung neuer Erdölvorkommen vor den Küsten Thailands und Kambodschas im Südchinesischen Meer. Nach 1968 verdoppelte man die Zahl der Probebohrungen in Südostasien, und es gab Voraussagen, wonach diese Re­ gion schon bald »das weltweit wichtigste Gebiet für die aktive Suche nach Erdöllagerstätten« sein werde.4 In den 70er Jahren war bereits fast das gesamte Südchinesische Meer nördlich von Java und Sumatra durch Konzessionen an internationale Ölgesellschaften vergeben, bis auf ein be­ sonders viel versprechendes Gebiet vor der Küste Kambod­ schas und Südvietnams, in dem allerdings die Probebohrun­ gen gleichfalls schon begonnen hatten.5 Trotz der scheinbaren Vielfalt der Gruppen und Interes­ sen in diesen Phasen des amerikanischen Engagements ent­ hüllt die hier dargestellte Geschichte doch eine latente Kon­ tinuität. Man denke etwa an die Anwaltskanzlei Thomas G. Corcoran, die Chennault beim Aufbau der Flying Tigers wie auch der CAT behilflich war.6 In den frühen 50er Jahren ver­ trat Corcoran die CAT, die Versicherungsfirmen von C. V. Starr (einem ehemaligen OSS-Agenten) in Asien und United Fruit. In der Zeitschrift Fortune hieß es, er unterhalte »den besten Geheimdienst in Washington«: Die meisten [seiner Kunden] sind Unternehmen mit interna­ tionalen Interessen - eine auserlesene Klientel. Dazu gehören United Fruit Co., American International Underwriters Corp. (Teil der Versicherungsunternehmen von C. V. Starr in Asien und anderswo) sowie General Claire Chennaults Civil Air Transport, Inc. Ende 1951 zum Beispiel ließ Corcoran seinen Geheimdienst Überstunden machen, um mit der amerikani­ schen Politik im Iran Schritt zu halten - was das State De­ partment damals tat, könnte Rückschlüsse darauf erlauben, was es möglicherweise tun oder nicht tun wird, um zu ver­

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hindern, dass sein [Corcorans] Kunde United Fruit aus Gua­ temala hinausgeworfen wird.7

Nach dem erfolgreichen Staatsstreich der CIA gegen den ira­ nischen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh* im August 1953 wechselte Chennaults Partner Whiting Wil­ lauer von der CAT auf den Posten des amerikanischen Bot­ schafters in Honduras, wo er United Fruit und der CIA half, den guatemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz Guzman zu stürzen. Miguel Ydigoras Fuentes, ein Antikommunist, der später die Nachfolge des von der CIA unterstützten Cas­ tillo Armas als Präsident Guatemalas antrat, berichtet, dass ein ehemaliger Manager von United Fruit versucht habe, ihn für den Staatsstreich zu gewinnen, und dass nach seinem Amtsantritt eine »Washingtoner Anwaltskanzlei« ihm er­ klärt habe, sie hätte »die >Befreiungsbewegung< des Castillo Armas finanziert, der sich seinerseits zu bestimmten Zahlun­ gen verpflichtet habe. Bei seinem Tod habe er ihnen immer noch 1.800.000 Dollar geschuldet, und da sie in mir seinen Erben sähen, erwarteten sie von mir, dass ich das Geld zu­ rückzahle.«8 Während Willauer, Mitarbeiter von United Fruit und CAT-Piloten sich 1960 an den Vorbereitungen der CIA für die Invasion in der Schweinebucht beteiligten, half Chennaults CAT der CIA beim Sturz Souvanna Phoumas in Laos und diente später als Infrastruktur für den vom Geheimdienst in Laos geführten Geheimkrieg. Schon damals war eines der wichtigsten amerikanischen Finanzinstitute in Indochina die Compagnie Franco-Americaine d’Assurance in Saigon, die sich im Besitz des Corcoran-Kunden C. V. Starr and Com­ pany befand. Als Präsident der Gesellschaft fungierte ab 1960 Corcorans Partner William S. Youngman. Nach 1950 vertrat Corcoran auch die Interessen einiger Ölgesellschaf­ ten, die nach 1963 immer größeres Interesse an Offshore-

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Bohrungen im Südchinesischen Meer zeigten. Eine davon war die Tenneco Corporation, die bereits zwei Konzessionen im Golf von Siam zwischen Thailand und Kambodscha besaß und weitere Anteile an der Konzession der Frontier Petro­ leum in der Nähe von Singapur erwarb. So erweisen sich auf funktionaler oder operativer Ebene diverse Geheimdienstoperationen wie die in Guatemala und Laos und diverse ökonomische Interessen im Ausland wie Bananen, Versicherungen und Erdöl als Teil ein und dersel­ ben Geschichte. Mindestens bis 1968 hielten Corcorans Partner Ernest Cuneo (ehemals OSS), Robert Amory (ehe­ mals CIA) und James Rowe (neben Corcoran selbst einer der frühesten Berater von Lyndon B. Johnson) sich über CIA und Weißes Haus ständig auf dem neusten Stand hinsichtlich der Entwicklung in Asien. Außerdem zeigt sich bei genauerer Betrachtung, dass die scheinbar so verschiedenen Geschäfts­ interessen, die Corcorans Kanzlei vertrat (United Fruit, CAT und C. V. Starr), weniger unterschiedlich waren, als das plu­ ralistische Modell der amerikanischen Gesellschaft eigent­ lich erwarten lässt. So war Robert Lehman mehrere Jahre Direktor bei Uni­ ted Fruit und bei PanAm Airlines, die zunächst das techni­ sche Personal für die CAT stellten und dann auch weiterhin durch technische Hilfe direkt von deren Operationen in Indochina profitierten. Und zumindest zwei mit Chennault verbundene PanAm-Manager (Gordon Tweedy und John S. Woodbridge) waren auch eng an C. V. Starrs weltweiten Ver­ sicherungsaktivitäten beteiligt. Der private Einfluss der An­ waltskanzlei Corcoran auf die amerikanische Politik war einer der Gründe, weshalb Fortune berichten konnte, dass Robert Lehmans Familienunternehmen Lehman Brothers (das auch am internationalen Ölgeschäft beteiligt war) 1957 »den größten Gewinn der Nachkriegszeit von allen an der Wallstreet notierten Unternehmen« verzeichnete und »einer

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der größten oder, wie viele glauben, der größte Gewinn­ bringer« war.9 Anders gesagt, von Anfang an standen mächtige ökono­ mische Interessen hinter den verdeckten Werkzeugen wie der CAT, die einen wichtigen Beitrag zur Aufnahme des ameri­ kanischen Engagements in Südostasien leisteten. Die bloße Tatsache einer verdeckten Verbindung zu diesen Bemühun­ gen beweist noch nicht, in welchem Ausmaß das amerikani­ sche Engagement durch die Hoffnung auf private Profite motiviert war. Aber immerhin beruht die Macht der Ge­ heimdienste nicht auf bürokratischen Strukturen, sondern in erster Linie auf einer engen Verbindung und Zusammen­ arbeit mit privatem Reichtum und staatlicher Macht. Die Geschichte komplizierte sich in den 60er Jahren, als sie stärker militärischen Charakter annahm und intensiver wurde. Nach 1959 wurden, wenn auch nicht widerspruchs­ frei, die privaten wirtschaftlichen Motive für ein Bleiben in Indochina durch staatliche Motive verstärkt, und die ameri­ kanische Intervention umfasste nun weit mehr als die Akti­ vitäten einer einzelnen Behörde oder paramilitärischen Flug­ gesellschaft. Air America verlor 1960 das Monopol auf geheime Luftoperationen und war nun nicht mehr das zen­ trale Instrument des amerikanischen Geheimdienstes, das in Südostasien private Interessen mit staatlicher Macht ausstat­ tete. In den 60er Jahren wurde das Unternehmen in seiner Bedeutung von Unternehmen übertroffen, die sich auf Auf­ klärungstechnologien spezialisierten, etwa von der (mit der CIA verbundenen Elektronikfirma) Itek oder von LingTemco-Vough, die streng geheime Ausrüstungen für elektro­ nische Abhöroperationen wie die des Zerstörers Maddox* oder des Spionageschiffs Pueblo* lieferten. Und es gab noch zahlreiche andere Wege, auf denen Privatunternehmen Deckmäntel, Personal oder Infrastruktur für Geheimdienst­ operationen bereitstellten.

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Doch auch dieses polymorphe Bild der Beziehungen zwi­ schen privatem und staatlichem Bereich ist nicht so plura­ listisch, wie es zunächst erscheinen mag. Hinter den militäri­ schen Aufklärungsoperationen der 60er und den »privaten« Operationen der 50er Jahre standen dieselben Finanzinteres­ sen. Als Beispiel für diese Kontinuität in der finanziellen Basis des amerikanischen Engagements sei hier nur auf die Tatsache hingewiesen, dass Harper Woodward, der in den 50er Jahren als Direktor bei der CAT arbeitete, in den 70er Jahren im Management von Itek zu finden war. Und das nicht nur deshalb, weil Woodward sich auf Dienstleistun­ gen für die CIA spezialisiert hatte. Er arbeitete dort als »Kompagnon« von Laurance Rockefeller, einem Mitglied der Rockefeller-Familie mit weltweitem Engagement im Ölund Finanzbereich (vor allem bei Standard Oil of New Jersey und Socony Mobile). Es ist sicher kein Zufall, dass Nelson Rockefeiler 1951 wegen einer vermeintlichen Knappheit an Rohstoffen Alarm schlug10 oder dass Laurance Rockefeiler dem Rockefeller Brothers Fund Panel Two Vorstand, das 1957 die ersten öffentlichen Pläne für begrenzte Kriege vorlegte, oder dass die Rockefellers und Socony Mobile in den 50er Jahren als Gastgeber für den südvietnamesischen Politiker Diem und thailändische Offizielle in Amerika auftraten. So bot etwa die Asian Society John D. Rockefellers III 1963 einem Mit­ arbeiter von Socony Mobile ein öffentliches Forum, auf dem er neben anderen Sprechern mit Geheimdiensthintergrund jene offene amerikanische Intervention in Vietnam fordern konnte, die ein Jahr später, nach der Ermordung Diems und Kennedys, dann auch begann.11 Robert Lehman und die Rockefellers, sämtliche Wall-Street-Financiers, waren an dem gesamten Spektrum ökonomischer Interessen beteiligt, denen der Vietnamkrieg nützte. James Rockefeller saß neben Lehman im Aufsichtsrat der PanAm.

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Angesichts so allgegenwärtiger ökonomischer Interessen hinter den Geheimdienstoperationen, die zum Vietnamkrieg beitrugen, kann man nicht umhin, den Gedanken einer »zu­ fälligen« Verwicklung der Vereinigten Staaten durch den gegenteiligen Schluss zu ersetzen, wonach diese Verwicklung geradezu unausweichlich und unvermeidbar war. Gabriel Kolko nennt es eine »Realität von zentraler Bedeutung«, dass »herrschende Klassen ihre Politik« über einen umfassenden, »von der Geschäftswelt definierten Konsens« verwirklichen. Und er fügt hinzu: »Wer diese wesentliche Tatsache begreift, kann Verschwörungstheorien nur ablehnen.«12 Doch Kolko unterschätzt die Widersprüche in der ameri­ kanischen Vietnampolitik seit 1944, wenn er zum Beispiel feststellt: »Trotz der nahezu paranoiden Überzeugung des französischen Vertreters, das OSS arbeite gegen Frankreich, trug das OSS lediglich dazu bei, die Unterstützung Washing­ tons für die Franzosen zu festigen. Sie ... waren einhellig der Auffassung, dass Ho ... ein Kommunist sei.«13 In einem Auf­ satz des Institute of Pacific Relations äußerte der OSS-Vete­ ran George Sheldon sich positiv über die Vietminh und kriti­ sierte französische Grausamkeiten in der Nachkriegszeit. Dort heißt es, Ho Chi Minh sei bei den Wahlen im Januar 1946 »in aller Form von einer großen Mehrheit gewählt« worden. »Neutrale Beobachter, darunter auch Amerikaner, bezeugten, dass die Wahlen effizient und ordentlich durchge­ führt wurden und die überwältigende Popularität Präsident Hos nicht zu bestreiten sei.«14 Nicht zu bestreiten ist aber auch, dass solch eine erstaunliche Unvoreingenommenheit bei Geheimdienstleuten weitaus seltener anzutreffen war, nachdem das Institute of Pacific Relations wegen seiner ab­ weichlerischen Haltung 1952 von dem rechtsgerichteten McCarran-Ausschuss* unter Beschuss genommen worden war. Wenn sich die amerikanische Politik allein durch Klassen­

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interessen erklären ließe, hätte gar kein Bedarf bestanden für Geheimdienstoperationen, für die Lüge der Laosinvasion 1959 oder für den zweiten »Zwischenfall« im Golf von Tongking 1964. Die amerikanischen Truppen wären einfach so arrogant in Laos und Vietnam eingedrungen wie die sow­ jetischen Panzer in die Tschechoslowakei. Vielleicht werden wir in Zukunft solche nackten amerikanischen Aggressionen erleben, doch die Vergangenheit zeigt, dass die Frage einer Eskalation die amerikanische Regierung bisher stets gespal­ ten hat. Dieselben Ereignisse, die eine schwere Herausforde­ rung für unsere Verfassungsprozesse darstellten, zeigen gerade wegen der Verheimlichung und Täuschung auch, dass diese Verfassungsprozesse keineswegs bedeutungslos sind. Die Paragraphen 956-960 des amerikanischen Straf­ gesetzbuchs verbieten Verschwörungen zur Verletzung aus­ ländischen Staatseigentums, die Anwerbung oder Verpflich­ tung von Personen für ausländische Militärdienste innerhalb der Vereinigten Staaten und die Bereitstellung von Geld für militärische Unternehmungen gegen das Staatsgebiet eines fremden Staates. Gegen diese Gesetze wurde während der verdeckten Interventionen in Südostasien mindestens sechs Mal verstoßen: in Bezug auf Taiwan (1950 und 1952), Viet­ nam (1953), Birma (1951-1953 oder länger), Indonesien (1958) und Laos (1959). In allen Fällen erzeugte man mit denselben Mitteln einen Anschein von Legalität: Angehörige der amerikanischen Streitkräfte wurden nicht direkt von fremden Staaten in Dienst genommen, sondern indirekt über Privatunter­ nehmen, mit denen diese Staaten entsprechende Verträge abschlossen. Diesen Deckmantel schuf erstmals Präsident Roosevelt 1941 für Chennaults Flying Tigers durch einen nicht in die Akten aufgenommenen Regierungserlass vom 15. April 1941.

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Als Flugzeuge und Piloten der U.S. Air Force 1953 an Chennaults CAT »ausgeliehen« und im Dienst der Franzosen in Indochina eingesetzt wurden, scheint man auch dieses Vorgehen »auf höchster Ebene« abgesegnet zu haben.15 Die amerikanische Beteiligung am ersten Indochinakrieg war zwar geheim, aber keine Verschwörung, denn es gab kein Komplott von Privatleuten gegen die amerikanische Regie­ rung. Ganz anders stellte sich die rechtliche Lage 1950 dar, als Admiral Charles M. Cooke als Leiter einer privaten Berater­ gruppe für die Regierung Chiang Kai-shek in Taiwan offi­ ziell im Dienst einer Firma namens CIC (Commerce Inter­ national China) stand. Cooke selbst klagte später, er habe vergeblich versucht, die Genehmigung des Präsidenten für seine Pläne zu erlangen: »Ich habe nie eine Reaktion auf meine Empfehlungen erhalten, weder rotes noch grünes Licht.«16 Cooke leitete eine private militärische Mission, für die sein Helfer William Pawley sich 1949 bei Außenminister Dean Acheson vergeblich um eine Autorisierung bemühte, wie er sie während des Zweiten Weltkriegs für Chennaults Flying Tigers erhalten hatte.17 Bei dieser Erweiterung des amerikanischen Engagements durch die Chinalobby, in der Cooke über zahlreiche Verbindungen verfügte, wurde er auch von anderen einflussreichen Kreisen unterstützt. Die für diese Mission gegründete CIC belieferte auch William Donovans World Commerce Corporation, die von führen­ den Kapitalisten wie Nelson Rockefeiler unterstützt wurde und ihre eigenen Ziele bei der Förderung des Kapitalismus in der Nachkriegszeit verfolgte. Geleitet wurde die Firma von Satiris (»Sonny«) Fassoulis, der einige Jahre später wegen der Beteiligung an Manipulationen des organisierten Verbre­ chens im Zusammenhang mit Staatsanleihen vor Gericht gestellt wurde. Ausgewählt wurde Fassoulis für diesen Job

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offenbar von einem gewissen »Col. Williams von der Army«, wahrscheinlich Colonel Garland Williams, der über seine Arbeit für das Federal Bureau of Narcotics in zahl­ reichen Geheimdienstfunktionen tätig war. Auch »Ölleute aus Texas« waren beteiligt.18 In den beiden bemerkenswert ähnlichen Tongking- und Pueblo-Zwischenfällen gab es Hinweise darauf, dass Ge­ heimdienste »unanfechtbare« Beweise für feindliche Aggres­ sion vorlegten, und zwar in Gestalt angeblich »abgefange­ ner« Befehle, die so verzerrt wiedergegeben wurden, dass man möglicherweise von Betrug sprechen kann. Ähnliche Fehlinterpretationen abgefangener Nachrichten trugen 1970 zur Invasion in Kambodscha bei. Es mag pedantisch erscheinen, wenn ich hier auf so iso­ lierten Beispielen für Verschwörungen gegen Recht und Ge­ setz herumreite und über die Gräuel des Vietnamkriegs Napalmangriffe, die Massaker, die Entlaubungsaktionen, möglicherweise sogar den Völkermord - kein weiteres Wort verliere. Aber selbst die erschreckenden Enthüllungen über My Lai* stellten nur jene bloß, die den Krieg ausführten, nicht aber jene, die dafür verantwortlich waren, dass er überhaupt begonnen wurde: mit Provokationen, Lügen und illegalen Handlungen.

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1969 stellte ich erstmals dar, wie die Vereinigten Staaten sich über ihre in CIA-Besitz befindliche Fluggesellschaft in Laos auf einen Krieg einließen, aus dem später ein zweiter Indo­ chinakrieg (1959-1975) werden sollte. Die damalige Dar­ stellung erweitere ich hier erheblich. Dafür gibt es zwei Gründe, einen historischen und eine aktuellen.1 Den historischen Grund benennt David Kaiser, wenn er schreibt: »Die wirklichen Wurzeln des Vietnamkriegs liegen in der Politik, die Eisenhower und seine Regierung nach 1954 gegenüber Südostasien einschlugen.« Deren wichtigs­ tes Element bestand in einer Laospolitik, die nahezu einseitig »eine schwere Krise provozierte«.2 1969 sah ich auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Quellen die Schuld für die unsinnig aggressive und wahn­ hafte Laospolitik bei Air America, unterstützt von den Falken in der CIA und im Pentagon, die zum Teil hofften, entgegen der offiziellen Politik einen Krieg gegen das kom­ munistische China zu provozieren. Nachdem nun die internen Akten des State Department zugänglich gemacht worden sind, wissen wir jedoch, wie we­ nig Opposition es auch auf höchster Ebene gegen diese krie­ gerischen Aspirationen gegeben hat, und zwar auch bei dem friedfertig wirkenden Eisenhower, der es 1954 abgelehnt hatte, die verlorene Sache der Franzosen in Indochina durch den Einsatz von Atomwaffen zu unterstützen. Andersons Urteil über die Vietnampolitik bleibt auch dann noch wahr, wenn man »Vietnam« durch »Laos« ersetzt:

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Die Eisenhower-Regierung war gleichermaßen Urheberin und Gefangene der Illusionen über Vietnam. Eine Reihe von Faktoren - das bipolare und paranoide Denken des Kalten Krieges, die Arroganz der Macht, kultureller und rassischer Chauvinismus - machten die amerikanischen Führer blind für die soziale, politische, geschichtliche und militärische Realität in Vietnam ...In Vietnam ... sah seine Regierung die Dinge allzu einfach und engagierte sich viel zu stark.3

Die fundamentale Illusion lag in der Vorstellung, der groß­ artige Erfolg des Marshallplans beim Wiederaufbau der eu­ ropäischen Volkswirtschaften ließe sich in Vietnam und in Laos wiederholen und man könne dort Nationen »auf­ bauen«, die bis dahin noch gar nicht existiert hatten.4 Für Laos war die Hoffnung auf solche Fortschritte ebenso illu­ sorisch wie für Vietnam, und das aus denselben Gründen: Die für die Entwicklung bestimmten Hilfsgelder wurden für militärische Zwecke, Korruption und den Luxus der herr­ schenden Klasse veruntreut.5 In beiden Ländern war außer­ dem der Drogenhandel der Hauptgrund für Korruption und politische Auseinandersetzungen.6 In Laos wurden die Kor­ ruption und die militärische Deformation eines friedlieben­ den buddhistischen Landes noch verstärkt durch verzerrte (oder gänzlich falsche) Geheimdienstermittlungen. Mein aktueller Grund für die Konzentration auf diesen Zeitraum liegt in der Tatsache, dass wir solche Illusionen auch heute wieder aufleben sehen. Die Kampagne der Brü­ der Dulles gegen den Neutralismus* unter der Parole » Wer nicht mit den Vereinigten Staaten ist, der ist gegen sie« ließ eine naive Arroganz erkennen, durch die sich auch heute wieder hoch gestellte Kreise auszeichnen. Wer glaubt, wir könnten im Irak einen »Regimewechsel« herbeiführen, sollte sich einmal die verheerenden und kontraproduktiven Ergeb­ nisse des 1959 und 1960 mit militärischen Mitteln von den USA durchgeführten Versuchs ansehen, einen »Regimewech­

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sel« in Laos zu erzwingen, einem weitaus kleineren und schwächeren Land.7 Diese Ähnlichkeiten sollten jedem objektiven Beobachter eigentlich klar sein. Nicht so leicht zu erkennen ist dagegen eine Parallele aus dem Bereich der Tiefenpolitik, über die gewöhnlich nicht gesprochen wird. In Afghanistan haben die Vereinigten Staaten 2002 das drogenfeindliche Taliban­ regime ersetzt durch eine umstrittene Regierung, deren Mit­ glieder zum Teil auf eine langjährige Geschichte als Drogen­ händler zurückblicken können. In Laos taten die Vereinigten Staaten 1959-1960 etwas entmutigend Ähnliches. Wir haben guten Grund, uns auch die Sonderinteressen anzusehen - insbesondere diejenigen, die von der Air Ame­ rica, der Chinalobby und der Guomindang vertreten wur­ den, die sich mit Nachdruck für die illusorische Politik von 1959-1960 einsetzten. Diese Lobbyisten waren in der Eisen­ hower-Regierung gut vertreten. Aber wir können Sonder­ interessen nicht für einen Verfolgungs- und Größenwahn verantwortlich machen, der die Regierung als ganze erfasste. Wir müssen verstehen, warum die CIA so hartnäckig dar­ auf drängte, die legale Regierung Souvanna Phoumas in Laos durch eine Gruppe von Generälen zu ersetzen, die in den Drogenhandel verwickelt waren. Zum Teil hatte das mit der amerikanischen Abneigung gegen politische Führer zu tun, die wie Souvanna Phouma Neutralisten waren. Die von den Amerikanern gegen ihn eingesetzte Subversionsstrategie hatte große Ähnlichkeit mit dem Vorgehen gegen Sihanouk in Kambodscha und deutlicher noch gegen Sukarno in Indo­ nesien, wo Civil Air Transport eine »vollständige logistische und taktische Luftunterstützung« für die Geheimoperation leistete.8 Kambodscha und vor allem Indonesien waren für ameri­ kanische Ölgesellschaften von großem Interesse, und sowohl Sihanouk als auch Sukarno hatten (anders als Souvanna

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Phouma) die Regierung auf dem chinesischen Festland an­ erkannt. Doch die amerikanischen Bemühungen gegen Siha­ nouk waren erfolglos und wurden im Juli 1960 weitgehend eingestellt.9 Auch die Kampagne in Indonesien wurde nur halbherzig unterstützt und dann rasch aufgegeben, als ein CAT-Pilot in Gefangenschaft geriet. Laos war dagegen ein kleines, dünn besiedeltes Land mit nur wenigen nachgewiesenen Bodenschätzen (außer Zinn). Dennoch beschäftigte die nahezu substanzlose »Laoskrise« die Regierungen Eisenhower und Kennedy über Jahre hin­ weg.10 Wie war das möglich? Auf diese Frage gibt es meines Erachtens zwei Antworten. Erstens grenzt Laos an China und Nordvietnam. In den frühen 50er Jahren zielte die amerikanische Eindämmungs­ politik darauf, die Volksrepublik China von den weitgehend städtischen chinesischen Minderheiten an den Küsten des Südchinesischen Meeres zu isolieren. In den späten 50er Jah­ ren sorgte das Gerede von der so genannten »Vorwärtsver­ teidigung« dafür, dass die Aufmerksamkeit sich zunehmend auf die nur ungenau festgelegte und unzureichend verteidigte laotische Grenze konzentrierte. Berichte über angebliche kommunistische Grenzverlet­ zungen, die meist auf der systematischen Übertreibung un­ bedeutender Ereignisse beruhten, wurden von den amerika­ nischen Generalstabschefs immer wieder genutzt, um auf die Entsendung amerikanischer, mit taktischen Atomwaffen ausgerüsteter Truppen nach Laos zu drängen. Solch eine Konfrontation in Laos diente den Interessen derer, die hoff­ ten, einen Krieg zwischen den USA und der Volksrepublik China provozieren zu können. Der zweite, eng damit zusammenhängende Grund liegt in der Tatsache, dass die von der CIA unterstützten konspira­ tiven Versuche, die Kontrolle über die laotische Regierung zu gewinnen, de facto auch Kämpfe um die Festigung der Kon­

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trolle über das laotische Opium waren. Oer Schutz eines ab­ gelegenen Gebiets im Nordosten von Laos bescherte dem ehemaligen CAT-Repräsentanten William Bird Verträge über den Bau von Start- und Landepisten, die schon bald dazu be­ nutzt wurden, Hmong-Opium auszufliegen.11 (Flugzeuge und Personal der Guomindang flogen diese Flugplätze unter dem Deckmantel einer »laotischen« Fluggesellschaft namens Veha Akhat an.) Auf diese Weise konnte man die Opium­ produktion der Hmong vor den Guerillas des kommunisti­ schen Pathet Lao schützen, die von 1959 bis 1964 die tiefer gelegenen Gebiete der Region besetzen.12 Das war keine Kleinigkeit. Die im Nordosten konzen­ trierte laotische Opiumproduktion erreichte eine Größen­ ordnung von 45 bis 90 Tonnen im Jahr und bildete »das wertvollste Exportgut des Landes«.13 Im Rückblick waren die Bemühungen der CIA in Laos offenbar darauf gerichtet, dieses Opium zur Unterstützung der in den Drogenhandel verwickelten Generäle einzusetzen, an deren Machtergrei­ fung die CIA sich 1959 und nochmals 1960 beteiligte. Den Schlüssel für diese Unterstützung bildete 1959 die nach außen nationalchinesische Fluggesellschaft CAT, die sich in Wirklichkeit jedoch zum Teil in CIA-Besitz befand. Im selben Jahr wurde die CAT in Air America umbenannt.

Nixon, das Ehepaar Chennault, Air America und die Chinalobby Kurz vor der Präsidentschaftswahl 1968 versuchte der repu­ blikanische Kandidat Richard Nixon auf konspirative und möglicherweise auch ungesetzliche Weise, den Vietnamkrieg auszuweiten.14 Mit Hilfe der Witwe General Chennaults, Anna Chennault, überredete er Nguyen Van Thieu, den Chef des Saigoner Regimes, eine Teilnahme an den von Präsident Johnson arrangierten Pariser Friedensverhandlungen abzu­

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lehnen. Nixons Intrige sicherte ihm die Wahl und sorgte da­ für, dass noch mehr Vietnamesen und Amerikaner völlig nutzlos ihr Leben verloren. Als ich die Hintergründe dieser konspirativen Verbindung zwischen Nixon und dem Chennaultkreis15 untersuchte, stellte ich fest, dass der Fluggesellschaft CAT in Laos 1959 und 1960 immer dann wichtige Genehmigungen erteilt wur­ den, wenn Eisenhower sich außerhalb Washingtons aufhielt. Bedeutsam an Nixons außergewöhnlicher Karriere ist, dass er finanziell von vier Gruppen mit gemeinsamen Inter­ essen im Fernen Osten unterstützt wurde: vom organisierten Verbrechen, von der Chinalobby, von Ölleuten und mög­ licherweise von der CIA.16 1970 wusste ich noch nichts von Nixons weit reichenden und inkriminierenden finanziellen Beziehungen zu der mit der Unterwelt und der CIA verbun­ denen Castle Bank auf den Bahamas, einer Gründung Paul Helliwells, der noch als Hauptarchitekt der Drogenverbin­ dungen der CIA im Fernen Osten in Erscheinung treten wird.17 Auch die Rolle Nixons bei der Vorbereitung der In­ vasion in der Schweinebucht ließ ich damals unberücksich­ tigt.18 Nixon war ein komplexes politisches Talent, das sich nicht auf die Wünsche der Leute reduzieren lässt, die seinen Aufstieg zur Macht finanzierten. Es bleibt eine Tatsache, dass in den zwei Jahrzehnten nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Expansion der amerikanischen Macht in die Dritte Welt unter Präsidenten erfolgte, die viel Zeit darauf verwandten, den Druck derjenigen abzuwehren, die sich für diese Expansion einsetzten. Bis 1967 war Nixon, ob in einem öffentlichen Amt oder nicht, ein führender Sprecher eben dieser Kräfte. Zwei Fragen zu Nixons außergewöhnlicher Karriere sind bis heute unbeantwortet. Die erste betrifft das Ausmaß, in dem Wahlkampfspenden aus dem Ausland (einschließlich

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Asien) seine Politik und seine Karriere beeinflussten,19 Die zweite Frage lautet, ob Nixon sich in seiner frühen Laufbahn auf geheime und möglicherweise konspirative Verbindungen zu den Brüdern Dulles und zur gerade erst entstandenen CIA stützen konnte,20 * * * In den letzten Tagen des Präsidentschaftswahlkampfs 1968 versuchten die Demokraten, den Wahlsieg ihres Kandidaten Hubert Humphrey in letzter Stunde durch die Ankündigung des Weißen Hauses zu sichern, dass man die Bombardierung Nordvietnams einstellen und in Kürze Friedensverhandlun­ gen aufnehmen werde. Dieser Schachzug wurde 30 Stunden später offenbar vom südvietnamesischen Präsidenten Thieu torpediert, der öffentlich erklärte, er werde an den Friedens­ verhandlungen nicht teilnehmen. Drei Tage später siegte Nixon mit einem hauchdünnen Vorsprung vor seinem demokratischen Konkurrenten. Nach der Wahl wurde aufgedeckt, dass eine wichtige Spendensammlerin und Helferin Nixons den Plan der De­ mokraten durch eine ausgeklügelte Intrige in Saigon sabo­ tiert hatte (unter anderem hatte sie fälschlich behauptet, Nixon werde solchen Verhandlungen im Falle seines Wahl­ siegs nicht zustimmen). Durch das Abhören von Telefonen wurde gleichfalls aufgedeckt, dass der demokratische Präsi­ dentschaftskandidat Humphrey und das Weiße Haus von diesen Machenschaften schon vor der Wahl gewusst und Humphreys Wahlkampfstrategen eine hitzige Debatte über die Frage geführt hatten, ob der Kandidat diese Entdeckung in den allerletzten Phasen des Wahlkampfs ausschlachten sollte. Humphrey verzichtete auf diese Chance, weil er sich, wie er sagte, sicher sei, dass Nixon nichts von den Aktivitä­ ten seiner Anhänger in Saigon wusste und sie ansonsten missbilligt hätte.21

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Bei der genannten Anhängerin handelte es sich um Madame Anna Chan Chennault, die Witwe des 1958 ver­ storbenen Generals Claire Chennault, die nun eng mit des­ sen ehemaligem Anwalt Tommy Corcoran befreundet war. Für sie und ihre Komplizen war diese Aktion keineswegs der erste geheime Eingriff in hohe staatspolitische Angelegen­ heiten. Dank ihrer Beteiligung an der Chinalobby und dem Kom­ plex privater CIA-Unternehmen spielten beide, Claire und Anna Chennault, eine wichtige Rolle für das gesamte ameri­ kanische Engagement in Südostasien. So wurde General Chennaults Fluggesellschaft 1954 von der amerikanischen Regierung zur Unterstützung der Franzosen für Hilfsflüge nach Dien Bien Phu eingesetzt. Auch bei den neuen Kämp­ fen, die 1959 und 1960 in Laos ausbrachen, fiel dem Unter­ nehmen eine Schlüsselrolle zu. Bei dem Versuch, das militärische Engagement in Laos und anderswo der internationalen Kontrolle zu entziehen, bediente sich die CIA lange Zeit der eigentlich in ihrem Be­ sitz befindlichen »privaten« Fluggesellschaft Civil Air Trans­ port des Generals Chennault. Eisenhower scheint anfangs gar nicht gewusst zu haben, dass er und sein Amt in diesen Laoskonflikt hineingezogen wurden.

Wie Air America Krieg führte Die Frachtflugzeuge der Air America waren auf den Flug­ häfen in Laos, Südvietnam, Thailand und Taiwan nicht zu übersehen. Das Unternehmen hatte seinen Sitz in Taiwan, wo eine Tochtergesellschaft, Air Asia, mit ihren etwa 8.000 Beschäftigten das zeitweilig größte Flugzeugwartungs- und Reparaturzentrum unterhielt. Zwar waren nicht alle Opera­ tionen der Firma paramilitärischer oder auch nur geheimer Natur, doch in Vietnam und mehr noch in Laos war Air

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America die wichtigste Fluggesellschaft im Dienst der gehei­ men Kriegsaktivitäten der CIA. In den 60er Jahren war die größte dieser Operationen der Transport des Nachschubs für die 45.000 Angehörigen des Hmong-Stammes, die in den bergigen Regionen in Nord­ ostlaos hinter den Linien des Pathet Lao* kämpften. Die Hmong lebten beiderseits der laotisch-vietnamesischen Grenze und brachten nur wenig Sympathie für ihre laoti­ schen Herren auf. Die meisten Hmong-Außenposten verfüg­ ten über kleine Landepisten für Flugzeuge, die mit kurzen Start- und Landebahnen auskamen, doch wegen der Gefahr feindlichen Beschusses setzten die meisten amerikanischen und nationalchinesischen Crews ihre aus Gewehren, Mör­ sern, Munition, Reis und sogar lebenden Schweinen oder Geflügel bestehende Ladung mit Fallschirmen ab. Die Flug­ zeuge von Air America dienten zugleich zum Abtransport des wichtigsten Agrarprodukts der Hmong, nämlich Opium. Die ursprünglich von den Franzosen aufgebauten und ausgebildeten Hmong-Einheiten waren für die Amerikaner zuverlässige einheimische Hilfstruppen in Laos. Gemeinsam mit ihren »Beratern« von der CIA und den amerikanischen Special Forces setzte man sie ein, um die Nachschubwege des Pathet Lao und der Nordvietnamesen zu stören. In den spä­ ten 60er Jahren beteiligten sie sich an der konventionellen Kriegsführung, bei der sie mit Flugzeugen und Hubschrau­ bern von Air America transportiert wurden.22 Die Hmong verteidigten außerdem bis zu deren Einnahme 1968 die wichtige amerikanische Radarstation bei Pathi nahe der nordvietnamesischen Grenze, die auch bei der Bombardie­ rung Nordvietnams eingesetzt wurde. Weiter im Süden flog Air America vom laotischen Pakse aus, wo sich das Hauptquartier für die Operationen der CIA befand. Von dort aus versorgte man ein isoliertes Camp der U.S. Army in Attopeu im Südwesten des Landes und unter­

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stützte die Operationen der amerikanischen und südviet­ namesischen Special Forces in derselben Region. Ursprüng­ lich war der Hauptzweck dieser Operationen die Beobach­ tung und Störung des Ho-Chi-Minh-Pfades gewesen, doch schließlich erweiterten sich die Kämpfe im laotischen Pfan­ nenstiel wie auch in anderen Teilen des Landes zu einem all­ gemeinen Luft- und Bodenkrieg. Auch in diesem größeren Feldzug sollen Flugzeuge von Air America Waffen, Nach­ schub und Verstärkung transportiert haben.23 Nach außen hin agierten Flugzeuge von Air America nur im Charterdienst für Frachtflüge. Vor 1968, als die U.S. Air Force ihr Operationsgebiet von Nordvietnam nach Laos ver­ lagerte, waren Luftkampfoperationen weitgehend »laoti­ schen« Flugzeugen vorbehalten; zumindest einige davon sol­ len jedoch aus Thailand heraus operiert haben, und zwar mit amerikanischen, thailändischen und nationalchinesischen Piloten, die von Air America angeheuert wurden. Außerdem waren viele Piloten und Mitglieder des Bodenpersonals von Air America für Aufklärungsaufträge oder »Sondereinsätze« ausgebildet. 1964 bemerkte ein Reporter amüsiert, dass er bei vielen Mitgliedern des Bodenpersonals von Air America eine Redeweise und ein Gehabe beobachtete, die ohne Zwei­ fel auf die Ivy League* hinwiesen.24 Und jahrelang flogen Air-America-Piloten Einsätze, die der Unterstützung bei Bo­ denkämpfen dienten. Schon im April 1961, als amerikani­ sche »Berater« erstmals laotische Truppen bei Kampfhand­ lungen anleiteten, flogen Air-America-Piloten Soldaten mit Transportflugzeugen und Hubschraubern in den Kampf, die von den U.S. Marines zur Verfügung gestellt worden wa­ ren.25 Das Genfer Laos-Abkommen von 1962 untersagte so­ wohl die »Bildung ausländischer paramilitärischer Ein­ heiten« als auch die Unterstützung »ausländischer Zivilisten für die Lieferung, Wartung, Lagerung und Anwendung von

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Kriegsmaterial«. Die Beteiligung von Air America an militä­ rischen und paramilitärischen Operationen (unter dem Deckmantel eines Auftrags durch die amerikanische Wirt­ schaftshilfe) dürfte danach eindeutig illegal gewesen sein. Wenn man Air America als paramilitärisches Hilfsinstru­ ment bezeichnet, sollte man jedoch nicht aus dem Blick ver­ lieren, dass die Hauptfunktion der Firma im logistischen Bereich lag. Das Unternehmen sollte nicht selbst Krieg füh­ ren, sondern in erster Linie die Kriegsführung ermöglichen.

Die frühe Geschichte von Air America

Wenn wir die komplizierten Operationen von Air America verstehen wollen, müssen wir bis zum Jahr 1941 und zur Gründung der American Volunteer Group oder den Flying Tigers zurückgehen - einer privaten Luftwaffeneinheit, die General Claire Chennault aufbaute, um Chiang Kai-shek im Kampf gegen die Japaner zu unterstützen. Damals wünschte Präsident Roosevelt solch eine Hilfe für Chiang, und er wollte gleichfalls, dass amerikanische Reservisten aus dem Kreis der Piloten aller drei Waffengattungen Flugerfahrung sammeln konnten. Doch die USA befanden sich noch nicht im Krieg, und nach amerikanischem Strafrecht war die Be­ teiligung aktiver Soldaten oder Reservisten der eigenen Streitkräfte an ausländischen Kriegen verboten. Die Lösung lag in einer juristischen Fiktion, die von Chennaults »Wa­ shingtoner Mannschaft« ausgearbeitet wurde; dazu zählten unter anderen der zu Roosevelts »Braintrust« gehörende Rechtsanwalt Thomas Corcoran und der junge Kolumnist Joseph Alsop. Nach diesem Plan sollte Chennault Militär­ basen besuchen und Piloten für die Central Aircraft Manu­ facturing Company, Federal, Inc. (CAMCO) rekrutieren, ein Unternehmen, das sich ganz im Besitz von William Pawley befand, der zuvor im Vertrieb des traditionsreichen Flug­

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zeugherstellers Curtiss-Wright gearbeitet und dann die PanAm-Tochtergesellschaft in China geleitet hatte. Der Ar­ beitsvertrag sah lediglich vor, dass die Piloten sich an »Her­ stellung, Betrieb und Reparatur von Flugzeugen« in China beteiligen, doch Chennault erklärte ihnen mündlich, dass sie auch Kriegseinsätze fliegen sollten. Theoretisch trug die chinesische Regierung die Kosten, doch in der Praxis stellte die amerikanische Regierung das gesamte Geld über einen Leihpachtvertrag zur Verfügung. Die Operation war äußerst gewinnbringend für Pawleys ehe­ maligen Arbeitgeber. Curtiss-Wright wurde hundert P-40Jagdflugzeuge los, die selbst die unter großem Druck stehen­ den Briten als »veraltet« abgelehnt hatten. Pawley hätte das ganze Geschäft beinahe platzen lassen, weil er auf einer Provision von zehn Prozent oder 450.000 Dollar bestand. Finanzminister Morgenthau protestierte, ließ sich dann aber von den Chinesen überreden, die eine Zahlung von 250.000 Dollar zugestanden.26 Die chinesische Niederlassung der PanAm konnte später viele der Piloten in der lukrativen Charterluftbrücke über den Himalaja nach Tschungking einsetzen. Doch Pawleys neue CAMCO durfte die amerikanischen Piloten nicht ohne eine Genehmigung durch den amerikani­ schen Präsidenten für Kriegszwecke einsetzen, und diese Ge­ nehmigung ließ auf sich warten. Am 15. April 1941 unter­ zeichnete Roosevelt indes einen Erlass, der die Rekrutierung von Reserveoffizieren der amerikanischen Streitkräfte für die Flying Tigers genehmigte. So wurde CAMCO zu einem Prä­ zedenzfall für die staatlich genehmigte Gründung privater Kriegsunternehmen. In der Nachkriegszeit nahm es die CIA mit einer Zustimmung des Präsidenten selten so genau. Nach dem Krieg erkannte Chennault, dass man mit Char­ terverträgen für die amerikanische Luftbrücke nach China ein Vermögen machen konnte. Durch Corcorans Vermitt­

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lung versorgte die UN-Hilfsorganisation UNRRA Chennault nicht nur mit den nötigen Verträgen, sondern auch mit billi­ gen Flugzeugen und den zu ihrem Kauf erforderlichen Kredi­ ten. Zu Corcorans Verbindungen gehörte der CIA-Mann und spätere Diplomat Whiting Willauer, der dann auch rasch zur Nummer zwei unter Chennaults Leuten aufstieg. Dank der großzügigen Unterstützung durch den amerikani­ schen Steuerzahler benötigten Chennault und Willauer nur eine Million Dollar, um die neue Fluggesellschaft auf­ zubauen. Auch hielten sich hartnäckige Gerüchte, wonach ihre Civil Air Transport ursprünglich von Madame Chiang und/oder deren Bruder T. V. Soong, Chiang Kai-sheks Bot­ schafter in den Vereinigten Staaten, finanziert wurde, dessen persönliches Vermögen in den USA - nach der chinesischen Leihpachtverwaltung - 1944 bei 47 Mio. Dollar gelegen haben soll.27 Der Zweite Weltkrieg war vorüber, nicht aber die chine­ sische Revolution. Die ursprünglich für Hilfslieferungen ge­ gründete CAT beteiligte sich schon bald an militärischen Versorgungsflügen in die belagerten nationalchinesischen Städte, wobei häufig ehemalige Piloten der Flying Tigers zum Einsatz kamen. Chennault selbst verbrachte einen gro­ ßen Teil seiner Zeit in Washington, zusammen mit Corcoran, Senator William Knowland und anderen Mitgliedern der von Soong finanzierten Chinalobby. Er bemühte sich ver­ geblich um ein 700-Millionen-Dollar-Hilfsprogramm für Chiang, das zur Hälfte für eine militärische Luftbrücke be­ stimmt sein sollte. Nach der Gründung der Volksrepublik China im Oktober 1949 gingen Truman und das Außenministerium auf Distanz zur Chiang-Clique und versuchten, sich aus der Verteidigung Taiwans herauszuhalten. Die CAT dagegen erweiterte ihre Aktivitäten im paramilitärischen Bereich und suchte weitere »erwiesenermaßen loyale« Piloten.28

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Um eine Invasion Taiwans zu verhindern, kauften Chen­ nault und seine Partner mit 4,75 Mio. Dollar aus ihrem Pri­ vatvermögen die zivile Luftflotte Chinas auf, die damals in Hongkong beheimatet war. Bei dieser »legalen Entführung« ging es nach außen nicht darum, in den Besitz der Flugzeuge zu gelangen, sondern sie vor der drohenden Beschlagnahme durch die neue chinesische Regierung zu schützen. Es ist un­ klar, wer Chennault finanziell bei dieser wichtigen Aktion unterstützte (Soong bestritt später, dass er beteiligt war).29 Wir wissen aber, dass die CAT kurz vor dem Koreakrieg als Unternehmen mit Sitz in Delaware (das heißt als CIA-Unter­ nehmen) refinanziert wurde. Ab Winter 1950-1951 spielte die CAT dann eine Schlüsselrolle bei der Luftbrücke nach Korea, und Chennault war »intensiv mit geheimdienstlichen Aktivitäten für die amerikanische Regierung« befasst (wie seine Frau in ihren Memoiren vermerkt).30

Chennaults Bemühungen, den Kommunismus zurückzudrängen Chennaults Vision für seine Fluggesellschaft fasste sein enger Freund und Biograph Robert Lee Scott im Jahr 1959, als die CAT in Laos aktiv wurde, folgendermaßen zusammen: »Überall, wo die CAT fliegt, verkündet die Fluggesellschaft der Welt, dass man Maos Leute irgendwie besiegen und vom Festland vertreiben wird und dass ganz China eines Tages wieder frei sein wird.«31 Noch im März 1952 lehnte die Truman-Regierung es ab, die damals von John Foster Dulles vorgeschlagene »Vor­ wärtsstrategie« gegenüber China zu übernehmen.32 Doch in einer CIA-Operation flogen CAT-Flugzeuge 1951 Waffen und möglicherweise auch Soldaten von Taiwan zu den 12.000 Mann umfassenden Truppen Chiang Kai-shecks, die nach Birma geflohen waren. In seinem Buch berichtet Roger

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Hilsman, die Truppen seien aus der Luft versorgt worden und hätten einen großangelegten Einfall in die chinesische Provinz Jünnan unternommen, doch der Angriff sei ein »ko­ lossaler Fehlschlag« gewesen.33 Im »Krisenjahr« 1959 dran­ gen 3.000 dieser Soldaten nach Laos ein und wurden auch dort mit Nachschub versorgt. Bei einer weiteren CIA-Operation setzte 1952 ein CAT-Flugzeug die CIA-Agenten John Downey und Richard Fecteau samt Nachschub für die na­ tionalchinesischen Guerillas auf dem Festland ab. 1954 führte Chennault eine intensive politische Kam­ pagne für einen grandiosen, aber durchaus detaillierten Plan, wonach seine alten Freunde Chiang Kai-shek und der korea­ nische Präsident Syngman Rhee durch eine 470 Mann zäh­ lende »International Volunteer Group« nach dem Vorbild der alten Flying Tigers im Kampf gegen die Volksrepublik China unterstützt werden sollten. »Sobald Chiang seine Flagge auf dem Festland hisst«, versprach Chennault, »wird Mao durch spontane Bauernaufstände und Sabotage hin­ weggefegt werden.«34 Chennault besaß tatsächlich eine Liste von Piloten und hatte Trainingslager für die Gruppe in Mittelamerika vor­ gesehen, wo sein einstiger Partner Whiting Willauer, in­ zwischen amerikanischer Botschafter in Honduras, eine Schlüsselrolle bei dem von der CIA organisierten Sturz des guatemaltekischen Präsidenten Jacobo Arbenz Guzmán spielte. (Willauer und Pawley waren gemeinsam mit Nixon zur Zeit der Regierung Eisenhower auch an der Planung der Invasion in der Schweinebucht beteiligt.) Chennaults Plan wurde von Admiral Radford, dem Chef der Joint Chiefs of Staff, gefördert und fand offenbar auch bei der CIA eine gewisse Unterstützung. Er scheiterte jedoch am Widerstand des State Department, des Pentagons und der nationalchine­ sischen Luftwaffe.35 Dennoch war die CAT keineswegs untätig. Die Gesell­

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schaft flog 24 der 29 mit C-119-Maschinen vorgenommenen Versorgungsabwürfe für die Franzosen in Dien Bien Phu. Die Flugzeuge hatte man bei der U.S. Air Force »geliehen«, und einige »Zivilisten«, die sie flogen, waren in Wirklichkeit Piloten der amerikanischen Streitkräfte. Nach Bernard Fall, der an diesen Einsätzen beteiligt war, wurden die Piloten »stillschweigend der CAT überlassen, damit sie sich mit dem Einsatzgebiet vertraut machten, falls die Amerikaner sich zu einer Luftunterstützung der Franzosen entschlossen«, wie Dulles und Nixon hofften.36 Die C-119-Maschinen der CAT wurden in Vietnam von 200 Mechanikern der 81st Air Service Unit der U.S. Air Force gewartet. Fünf dieser Männer wurden am 18. Juni 1954 als vermisst gemeldet. Die CAT-Operation führte also zu den ersten offiziellen amerikanischen Verlusten im Viet­ namkrieg. Senator John Stennis, der ein verstärktes Enga­ gement befürchtete, erklärte, das State Department habe sein »feierliches Versprechen« gebrochen, die Einheit bis zum 12. Juni abzuziehen.37 Vom Abschluss des Genfer Abkommens 1954 bis zu Chennaults Tod vier Jahre später scheint CAT eine eher ab­ wartende als aktive paramilitärische Rolle in Indochina ge­ spielt zu haben. Flugzeuge und Piloten wurden für die von der CIA unterstützten Aufstände in Indonesien, Birma und Tibet eingesetzt. Außerdem bildete die Gesellschaft in ihren riesigen Werksanlagen in Taiwan weiterhin eine große An­ zahl chinesischer Mechaniker aus. Wie ein rechtsgerichteter Lobredner 1955 bemerkte, war man auf diese Weise bereit für den Fall, dass die Kommunisten Formosa oder Thailand angreifen ... CAT ist zu einem Symbol der Hoffnung für das gesamte freie Asien geworden. Schon morgen könnte der Himmel über dem Fernen Osten sich von einem neuen Krieg röten; dann werden die beladenen Frachtflugzeuge wieder an die Startbahnen rollen.38

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Alsops »Invasion«: Air America geht nach Laos Die Quemoy-Krisen* von 1954 und 1958 gingen zu einem großen Teil von nationalchinesischen Truppen aus, die auf den der Küste vorgelagerten Inseln stationiert wurden und in Bataillonsstärke Angriffe auf das Festland unternahmen. Der von örtlichen »Militärberatern« und CIA-Leuten empfoh­ lene Truppenaufbau wurde von Washington offiziell miss­ billigt. Die Krisen gaben den Kräften im Pentagon Auftrieb, die das chinesische Festland bombardieren wollten, doch mit deren Ende sank offenbar auch deutlich die Gefahr einer von den Vereinigten Staaten unterstützten Offensive. Amerika­ nische Geheimdienstkreise bestätigten später, dass die Volks­ republik China während der Krise von 1958 von der Sow­ jetunion insgeheim sehr enttäuscht war, weil sich die Hilfszusagen nur auf den Verteidigungsfall erstreckten. Manche amerikanische Offizielle zogen daraus den Schluss, die USA könnten südlich der chinesischen Südgrenzen un­ gestraft eine Konfrontation riskieren, da jede chinesische Reaktion nur die Spaltung zwischen der Volksrepublik und der Sowjetunion vertiefen werde. Wie falsch diese Einschät­ zung war, sollte sich schon bald heraussteilen. Nach der zweiten Quemoy-Krise schien die größte Kriegs­ gefahr im Fernen Osten in Laos zu bestehen, wenn auch nicht auf Grund expansionistischer Bestrebungen in Vienti­ ane. 1958 stand die eigenständig agierende Regierung des Prinzen Souvanna Phouma offenbar kurz vor einer neutralis­ tischen Versöhnung mit dem kommunistischen Pathet Lao. Aus Angst, Laos könne dadurch dem kommunistischen Block einverleibt werden, entschloss die amerikanische Re­ gierung sich zu einer Intervention, stellte alle Hilfsleistungen ein und zwang Souvanna Phouma dadurch am 23. Juli 1958 zum Rücktritt.39 Unter dem Einfluss amerikanischer Berater erklärte die Nachfolgeregierung, sie fühle sich nicht länger

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an das Genfer Abkommen von 1954 gebunden. Der neue Premier Phoui Sananikone erkannte die nationalchinesische Guomindangregierung in Taiwan an und akzeptierte ge­ heime amerikanische Militärhilfe, zu der auch nichtunifor­ mierte Berater gehörten. Dennoch waren CIA und Militär nicht zufrieden mit der neuen, vom State Department gebilligten Regierung. Allen Dulles war entschlossen, einen »Regimewechsel« herbeizu­ führen, und erklärte am 23. Dezember 1958 vor dem Natio­ nalen Sicherheitsrat, in der laotischen Regierung seien »dras­ tische Veränderungen erforderlich, falls man den Einfluss des Pathet Lao zurückdrängen will«.40 Die CIA unterstützte eine rechtsgerichtete Gruppe unter Führung von Oberst (später General) Phoumi Nosavan, die sich als Komitee zur Verteidigung der Nationalen Interessen bezeichnete, und machte Phoumi in den folgenden Jahren zu einer Schlüsselfigur in den von ihr herbeigeführten Szena­ rien.41 Das Pentagon unterstützte derweil einen Plan zu einer »deutlichen Erhöhung« des amerikanischen Militärperso­ nals, obwohl die im Genfer Abkommen von 1954 festgeleg­ ten Obergrenzen dadurch überschritten würden.42 Washingtoner Offizielle verfolgten nun einen Kurs, der zwar vom Nationalen Sicherheitsrat gebilligt wurde, aber vielfach den Empfehlungen des amerikanischen Botschafters in Vientiane zuwiderlief und zu einer weiteren Destabilisie­ rung des Landes führte, die das Wachstum des Pathet Lao beschleunigte.43 Deshalb wird oft behauptet, das CIA-Kom­ plott zu Gunsten General Phoumis habe sich letztlich selbst besiegt. Doch das setzt voraus, dass die Ziele der CIA sich auf die recht amorphe laotische Innenpolitik beschränkt hät­ ten. In Wirklichkeit aber verfolgte die CIA eine »Vorwärts­ strategie« für die gesamte Region, und viele hochrangige Mitarbeiter hofften auf einen umfassenden Krieg mit der Volksrepublik China.

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Im Dezember 1958 begannen Nordvietnam und die südchinesische Provinz Jünnan, über Verletzungen ihres Luftraums durch amerikanische oder »laotische« Flugzeuge zu klagen. Wie Arthur J. Dommen meint, könnten diese Anschuldigungen tatsächlich auf »Flüge amerikanischer Aufklärungsflugzeuge« zurückzuführen sein. Diese Vermu­ tung wird bestärkt durch die Enthüllung in den PentagonPapieren, wonach die CAT gemeinsam mit CIA und Guo­ mindang zu dieser Zeit aktiv an der Unterstützung der Operationen in Tibet beteiligt waren.44 Wenig später begann Peking, sich über nationalchinesische Spezialeinheiten zu beklagen, die mit Unterstützung der Amerikaner in Jünnan operierten. Im März 1959 hatten nach Bernard Fall »einige der im Shanstaat des benachbarten Birma operierende Guerillas die laotische Grenze überschritten und wurden dort über eine Luftbrücke durch >unbekannte Flugzeuge< versorgt«.45 Laos begann schon wieder zum Schauplatz internationaler Aus­ einandersetzungen zu werden. Die »Schlusskrise« folgte auf den Vorstoß einer laotischen Patrouille in die kleine, aber sensible (weil umstrittene) Re­ gion Huong Lap an der nordvietnamesischen Grenze, die in der Kolonialzeit von den Franzosen als Teil Vietnams behan­ delt worden war. Als die Patrouille, wie vorauszusehen, be­ schossen wurde, warf die laotische Regierung den Nordviet­ namesen Grenzverletzungen vor und behauptete, die Aktion stünde im Zusammenhang mit einem geplanten Aufstand des Pathet Lao. Danach erhielt sie Sondervollmachten von der Nationalversammlung und drang wenig später darauf, dass die beiden verbliebenen Bataillone des Pathet Lao un­ verzüglich der nationalen Armee einzuverleiben seien. Der Pathet Lao hatte dieser Integration im Rahmen einer politischen Abmachung zugestimmt, nach der er zwei Kabi­ nettsposten erhalten sollte und an Wahlen für eigens ge­

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schaffene Sitze in der Nationalversammlung teilnehmen durfte. Bei diesen letzten korrekten Wahlen errangen der Pathet Lao und sein Verbündeter (die Partei des der Linken zuneigenden Neutralisten Quinim Pholsena) 32 Prozent der Stimmen und 13 der 21 zu vergebenden Sitze, womit deut­ lich wurde, dass seine Popularität in den vier Jahren seit dem Abschluss des Genfer Abkommens 1954 beträchtlich zugenommen hatte. Durch Aktivitäten Washingtons, deren Interesse einem prowestlichen Regime galt, wurde im An­ schluss an die Wahl eine Parlamentskrise ausgelöst, und die Mitglieder des Pathet Lao wurden aus dem gerade bestätig­ ten Kabinett ausgeschlossen. Die Lage verschärfte sich im Mai 1959, als die vom Komitee zur Verteidigung der Nationalen Interessen be­ herrschte Regierung Sananikone sich (gegen den Rat der amerikanischen Botschaft) entschloss, die beiden Bataillone des Pathet Lao endgültig zur Integration in die KöniglichLaotische Armee zu verpflichten. Eines der Bataillone fügte sich, doch das andere bestand hauptsächlich aus Mitgliedern der Schwarzen T’ai, Hmong und Kha - Minderheiten, die von alters her guten Grund hatten, der laotischen Regierung zu misstrauen.46 Dieses Bataillon zog sich in seine Heimat­ stützpunkte in der Provinz Xieng Khouang im Nordosten von Laos zurück.47 Das war der Beginn eines erweiterten Einflusses des Pathet Lao in den tiefer gelegenen Regionen des wichtigsten Opiumanbaugebiets, der schließlich zum Bau der Lande­ pisten für Air America und die Hmong in den Bergregionen der Region führte.48 Die Regierung Sananikone erklärte dar­ aufhin, der Pathet Lao hätte sich eines Aktes offener Rebel­ lion schuldig gemacht, dem man nur mit militärischen Mit­ teln begegnen könne. Sie selbst trieb also den Pathet Lao aus der Rolle einer politischen Opposition in einen militärischen Aufstand, für den er nur schlecht gerüstet war, sodass er

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immer stärker in die Abhängigkeit Nordvietnams geriet. Außerdem veranlasste diese Entwicklung den Ausbruch sporadischer Kämpfe, die General Phoumi sogleich als nord­ vietnamesische »Invasion« bezeichnete. Das erste dieser angeblich grenzüberschreitenden Ge­ fechte begann am 30. Juli an einem kleinen Grenzposten, der »hauptsächlich mit den Aktivitäten von Opiumschmugg­ lern der Meo [Hmong] befasst war«. Bernard Fall schrieb später, bei dem Angriff sei ein Mann getötet worden, der Kommandeur des Postens, den Mitglieder seines eigenen T’ai-Stammes in seinem Haus erschossen hätten.49 Doch noch am 30. Juli, dem Tag des Zwischenfalls, erklärte Allen Dulles dem Nationalen Sicherheitsrat, »lokale kommunis­ tische Kräfte« hätten »mit Unterstützung durch Freiwillige, die von jenseits der Grenze stammten, die Kontrolle über einen Teil der Provinz Sam Neua übernommen«.50 Am 23. August berichtete die New York Times über die Ankunft zweier Air-America-Transporte in der laotischen Hauptstadt Vientiane. Weitere Transporte folgten wenig später.51 Am 30. August kam es zu einer »Krise«, die, im Rückblick betrachtet, als Vorwand für den Aufbau einer per­ manenten paramilitärischen Luftbrücke benutzt wurde. Während des ganzen Monats August sorgten die Berichte dreier Phoumi-Generäle in der amerikanischen Presse für eine Kriegshysterie, wonach fünf oder mehr nordvietname­ sische Bataillone nach Laos eingedrungen sein sollten. Als die Augustregenfälle einmal eine Brücke unterspülten, berichtete die New York Times (aus »westlichen Militärkreisen«): »La­ otische Aufständische nehmen Armeeposten in der Nähe der Hauptstadt« ein, und spekulierte, die »Aufständischen« ver­ suchten, Vientiane vom Süden abzuschneiden. Zur »Krise« vom 30. August schrieb die Washington Post, 3.500 kommu­ nistische Rebellen, »einschließlich regulärer Vietminh-Trup­ pen, haben bei einem neuen Angriff 80 Dörfer in Nordlaos

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eingenommen«.52 Erst viel später erfuhr man, dass nicht 80, sondern nur drei Dörfer evakuiert worden waren, nachdem zwei von ihnen am Morgen des 30. August kurz unter dem Feuer von 81-mm-Mörsern gelegen hatten. Ein Infanterie­ angriff war nicht beobachtet worden. Die zur Verteidigung bestimmten Soldaten waren, wie so oft in Laos, einfach ge­ flohen.53 Als alles vorüber war, erklärte die laotische Regierung, sie habe in der Zeit der »Invasionskrise« vom 16. Juli bis 17. Oktober 1959 insgesamt 92 Männer verloren; mehr als die Hälfte davon (»schätzungsweise 50 Tote«) am 30. August. Eine Untersuchungsgruppe der Vereinten Nationen setzte nach persönlichen Gesprächen die geschätzte Zahl der Toten von 50 auf fünf herab. Nordvietnamesische Invasoren wur­ den niemals gesichtet. Zwar behaupteten die Laoten einmal, sie hätten sieben nordvietnamesische Kriegsgefangene, doch später räumte man ein, dass es sich um Deserteure handelte, die aus Nordvietnam über die Grenze gekommen waren, um sich zu ergeben. Der Journalist Joseph Alsop aber, der gerade rechtzeitig nach Laos gekommen war, um über die Ereignisse vom 30. August zu schreiben, berichtete sogleich von einem »massi­ ven neuen Angriff auf Laos« durch »mindestens drei und vielleicht sogar fünf neue Bataillone feindlicher Truppen aus Nordvietnam«.54 Wenige Tage später sprach er von einer »Aggression, so nackt und flagrant wie ein Angriff der Sow­ jets und Ostdeutschen auf Westdeutschland«, und meinte, »der uralte Prozess der chinesischen Expansion hat wieder mit neuer, explosiver Kraft begonnen«. Dabei konnte Alsop behaupten, sich auf Berichte aus erster Hand zu stützen. Am 1. September hatte er in der Stadt Sam Neua Überlebende eintreffen sehen, die zu Fuß aus den beschossenen Außen­ posten kamen (einer von ihnen hatte »schwere Beinverlet­ zungen«). Bernard Fall, der gleichfalls in Laos war und die

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Region gut kannte, bezeichnete all das später als »baren Un­ sinn«, denn »ein Dörfler mit einer schweren Beinverletzung kann im laotischen Dschungel nicht auf einem zweitägigen Fußmarsch 70 Kilometer zurücklegen«.55 Nach Falls Dar­ stellung war Alsop bereitwillig auf eine von zwei PhouiGenerälen für ihn inszenierte Scharade hereingefallen.56 Wie so oft von 1949 bis 1964 sollten Alsops Berichte eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der von ihm beschriebenen Entwicklungen in Asien spielen. Senator Dodd und andere forderten vergeblich, angesichts der »Invasion« den bevor­ stehenden Besuch Chruschtschows in den Vereinigten Staa­ ten abzusagen. Das geschah zwar nicht, doch der »große Laos-Betrug« vom August 1959 zeitigte andere weit rei­ chende Folgen.57 Erstens kündigte das State Department am 26. August an, man werde weiteres Hilfsmaterial und zusätzliches Hilfsper­ sonal nach Laos schicken. Damit überschritt die Militärhilfe die im Genfer Abkommen von 1954 festgelegten Grenzen, und das zu einer Zeit, als das Hilfsprogramm vollständig beendet zu werden drohte, weil der Kongress dessen skan­ dalöse Durchführung und Nutzlosigkeit erkannt hatte. Zweitens verlegte der Oberkommandierende für den Pazifik (CINCPAC), Commander Harry D. Feit, Einheiten aller drei Waffengattungen in weiter vorgeschobene Positionen, um für einen möglichen Einsatz in Laos gerüstet zu sein. (Eine Fernmeldeeinheit soll damals direkt in Laos stationiert worden sein; sie wäre damit die erste amerikanische Kampf­ einheit in Südostasien gewesen.)58 Drittens verlegte man die Flugzeuge von Air America nach Laos, um die verstärkten Hilfslieferungen abzuwickeln, und man gewährte der lao­ tischen Regierung zusätzliche Hilfe (über das 1954 erlaubte Maß hinaus). Zugleich verhandelte eine nach Chennault’schem Vorbild aus aktiven amerikanischen Offizieren und Reservisten gebildete »Freiwilligen-Luftwaffeneinheit«

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(»American Fliers for Laos«) nach einem Bericht der New York Times über den Auftrag zu einer Operation »nach Art der Flying Tigers«.59 Das Timing dieser folgenreichen Entscheidungen ist aus­ gesprochen interessant. An dem Tag, an dem die verstärkte Hilfe angekündigt wurde, war Eisenhower um 3.20 Uhr morgens nach Europa aufgebrochen, um sich vor Chruscht­ schows Besuch in Washington mit führenden westlichen Politikern zu beraten. Auf einer am Abend abgehaltenen Pressekonferenz bekannte er, nichts über die Einzelheiten des laotischen Hilfeersuchens zu wissen, das am Morgen dieses Tages eingetroffen war. Er teilte jedoch mit, das State Department habe noch nicht erklärt, dass eine »Invasion« vorliege (was es in seiner Abwesenheit tun würde).60 Für das Datum des »Präsidentenerlasses« zu Laos, den 4. September, war auf Eisenhowers Reiseplan ein Golf-Aufenthalt auf dem abgelegenen Culzean Castle in Schottland vorgesehen.61 In seinen Memoiren schrieb er (und bestätigte damit frühere Presseberichte): »Unsere Ferien, die wir abgezwackt hatten, wurden bereits am nächsten Morgen [also am 5. September] von schlechten Nachrichten aus Laos unterbrochen.« Dann fügte er hinzu: »Nach der Rückkehr in die Vereinigten Staa­ ten billigte ich eine verstärkte Hilfe für die proamerikanische Regierung.« Über die tatsächlich von ihm genehmigten Truppenbewegungen sagt er nichts.62 Angesichts dieser Umstände wüsste man gerne, warum die amerikanische Reaktion auf einen künstlich aufge­ bauschten »Notfall« am 30. August bis zu seinem Aufent­ halt auf dem abgelegenen schottischen Schloss fünf Tage später verzögert wurde, obwohl die Entscheidung angeblich nicht weitere drei Tage bis zu seiner Rückkehr warten konnte. Wieder einmal liefert der kenntnisreiche Joseph Alsop aufschlussreiche Einzelheiten:

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In dem kleinen Laos gibt es keine Kommunikationsmittel. Die Nachricht von der neuen »Invasion« brauchte daher mehr als 48 Stunden, bis sie den Kommandeur der laotischen Armee, General Ouane Rattikone, erreichte. Natürlich gab es eine weitere Verzögerung, bis die schwerwiegende Nachricht in Washington eintraf. Und auch dort brauchte man Zeit, um ihre Bedeutung einzuschätzen.63

Bernard Fall verwirft diese Erklärung: »Die Führung der la­ otischen Armee ... wusste, was in den Grenzposten vor sich ging, denn sie stand in Funkkontakt mit ihnen.«64 Wichtiger noch ist die Tatsache, dass der amerikanische Militärattaché in Laos, der selbst in Sam Neua gewesen war, militärische Geheimdienstberichte nach Washington geschickt hatte, die - einer Zusammenfassung des State Department zufolge »unbestreitbar auf eine von der DRV [Nordvietnam] unter­ stützte Intervention hindeuten«, die eine Intervention aus­ ländischer Truppen rechtfertigen könne.65 Der Washingtoner Kolumnist Marquis Childs berichtete kurz nach der »Inva­ sion«: In den oberen Rängen des Verteidigungsministeriums und der Geheimdienste gibt es mächtige Bestrebungen, Präsident Eisenhower zu bewegen, amerikanische Truppen nach Laos zu schicken. ... Sie sollen aus zwei Regimentern der in Oki­ nawa stationierten Third Marine Division und Teilen des lst Marine Air Wing bestehen [der im Verlauf der Krise nach Okinawa verlegt worden war]. Den Kommunisten - Rot­ china und Nordvietnam - sei mitzuteilen, dass man sie an­ greifen werde, falls sie sich nicht innerhalb einer Woche zu­ rückzögen. Einer Quelle zufolge sollen auch die taktischen Atomwaffen zum Einsatz kommen, mit denen die Einheiten zumindest teilweise bereits ausgerüstet sind.66

Aus inzwischen freigegebenen Dokumenten geht hervor, dass man auf den Einsatz weiterer SEATO- (Southeast Asia Treaty Organization) und US-Truppen drängte.67

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Am 7. September fragte Senator Mansfield im Senat, ob immer noch der Präsident und Außenminister Herter die Außenpolitik bestimmten oder ob sie diversen Behörden wie dem Verteidigungsministerium und der CIA überlassen wor­ den sei. Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir mehr über die Ankunft der CAT-Flugzeuge in Vientiane am 22. August wissen, also vor der Krise vom 30. August und der verspäteten Genehmigung durch die amerikanische Regierung.68

Air America hilft beim Sturz einer Regierung Obwohl der von der CIA gestützte General Phoumi die Hauptrolle in den Intrigen um die »Invasion« vom 30. Au­ gust spielte, war der vom State Department unterstützte Phoui Sananikone immer noch im Amt. Erst am 30. Dezem­ ber »ergriff die CIA Maßnahmen zur Sicherung ihrer Investi­ tion«, wie Schlesinger es ausdrückte, und beteiligte sich am Sturz Phouis.69 Mit tätiger Beihilfe des von der CIA unter­ stützten Komitees zur Verteidigung der Nationalen Interes­ sen gelang Phoumi Nosavan ein erfolgreicher Militärputsch, der ihn als neuen starken Mann an die Regierung brachte. Durch ihre gegen den Widerstand des amerikanischen Botschafters Horace Smith erfolgte Unterstützung des Put­ sches trug die CIA maßgeblich dazu bei, dass die Macht an Leute fiel, die (wie Phoumi, aber anders als seine Gegner) be­ reits damals oder schon bald in den Drogenhandel verwickelt waren.70 Innerhalb desselben Jahres sollte die CIA diese Koa­ lition aus Drogenhändlern zum zweiten Mal herstellen. Wenige Monate später, im April 1960, half die CIA bei der Fälschung einer Wahl zu Gunsten des Komitees und Phoumis. Dommen berichtet, CIA-Agenten hätten sich »mit oder ohne Genehmigung des amerikanischen Botschafters an der Wahlfälschung beteiligt. Ein Angehöriger des Foreign

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Service ... hatte gesehen, wie CIA-Agenten Beutel voll Geld an Dorfchefs verteilten.«71 Doch diese Machenschaften wa­ ren so offenkundig, dass sie die Regierung in Misskredit brachten und im August zu einem neuerlichen Staatsstreich beitrugen, durch den der alte neutralistische Premier Sou­ vanna Phouma wieder an die Macht kam.72 In den folgenden Wochen gelang es Souvanna Phoumas neuer Regierung, sich vom König, dem amerikanischen Bot­ schafter und der neuen rechtsgerichteten, aber willfährigen Nationalversammlung absegnen zu lassen. Wenig später wurde seine neutralistische Regierung auch offiziell von den Vereinigten Staaten anerkannt. Dennoch beschloss General Phoumi, nachdem er sich mit seinem Vetter Marschall Sarit in Thailand beraten hatte, sich gegen Souvanna zu stellen und in Südlaos ein »Revolutionskomitee« ins Leben zu rufen. Öffentlich verkündete Phoumi seinen Widerstand erstmals in Flugblättern, die aus einer C-47 über der lao­ tischen Hauptstadt abgeworfen wurden. Zu der Entwicklung der folgenden drei Monate schreibt Schlesinger: Botschaft und CIA [das heißt, der Leiter der örtlichen CIANiederlassung Gordon L. Jorgensen] schlossen sich einstim­ mig der Empfehlung [des neuen US-Botschafters] Brown an, Washington solle die [von Souvanna gebildete] Koalition akzeptieren ... Das Verteidigungsministerium war entschie­ den für Phoumi. Möglicherweise inoffiziell durch PentagonBeamte und CIA-Agenten ermutigt ..., rief er [Phoumi] eine neue Regierung aus und distanzierte sich von Souvanna. Nun erhielt das Phoumi-Regime die amerikanische Militärhilfe, während die Regierung Souvanna Phouma in Vientiane nach wie vor Wirtschaftshilfe bezog. Botschafter Brown bemühte sich weiterhin, die beiden zusammenzuführen, aber die Mili­ tärhilfe überzeugte Phoumi, dass Washington ihm zur Macht verhelfen würde, wenn er nur durchhielt.73

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Tatsächlich fand Phoumi hochrangige Unterstützung in Pen­ tagon und CIA für seinen Kampf gegen Souvannas Anhän­ ger in Vientiane. Der Beweis liegt in der Tatsache, dass wäh­ rend der Blockade Vientianes durch Marschall Sarits Kräfte in Thailand Air America die militärische Luftbrücke zu Phoumis Stützpunkt in Savannakhet ausbaute. Dommen schreibt: Es war deutlich, dass General Phoumi seine Ressourcen an Menschen und Material für einen Marsch auf Vientiane rasch ausbaute. Ab Mitte September landeten und starteten in Savannakhet immer mehr nicht gekennzeichnete, von ameri­ kanischen Besatzungen geflogene C-46- und C-47-Transport­ flugzeuge. Diese Maschinen gehörten der Air America, Inc., einer zivilen Charterfluggesellschaft, die organisatorisch von der U.S. Air Force unterstützt wurde und im Auftrag der amerikanischen Regierung flog.74

Wie Hilsman berichtet, erklärte Botschafter Brown dem Prin­ zen Souvanna im Oktober, die Vereinigten Staaten hätten »Phoumis Versprechen, die Hilfe nicht gegen ... die neutra­ listischen Kräfte« in Vientiane einzusetzen. Doch während er das tat, flogen zwei Männer »nach Savannakhet und gaben Phoumi grünes Licht für die Einnahme von Vientiane«.75 Diese zwei Männer waren nicht irgendwelche zwielichtigen CIA-Agenten, sondern John N. Irwin II, stellvertretender Verteidigungsminister für Fragen der internationalen Sicher­ heit, und Vizeadmiral Herbert D. Riley, Stabschef des ame­ rikanischen Pazifikkommandos.76 Ein freigegebenes Tele­ gramm des State Department bestätigt, dass Irwin und Riley mit Phoumi im thailändischen Ubon zusammentrafen: »Den Kern ihrer Diskussion bildete die Zusage, dass die Vereinig­ ten Staaten bereit seien, einen Marsch auf Vientiane und die Rückeroberung der Regierungsgewalt durch Phoumi zumin­ dest insgeheim zu unterstützen.«77

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Inzwischen ermutigte die CIA die unter Führung von Vang Pao stehenden, Opium anbauenden Hmong von Sou­ vanna abzufallen, was dann im Oktober auch geschah. Zur selben Zeit begann Air America, sie mit Material und Bera­ tern der amerikanischen Special Forces aus Savannakhet zu versorgen.

Wollte die CIA Krieg mit China? Warum schürten hochrangige amerikanische Offizielle einen Konflikt zwischen nichtkommunistischen Kräften in Laos, der schließlich zu einer raschen Ausweitung des vom Pathet Lao gehaltenen Gebietes führte? Im Time Magazine heißt es dazu am 17. März 1961: »Das Ziel, erklärte die CIA, die Phoumi >ihren Mann< nannte, bestand in der >Polarisierung< der kommunistischen und antikommunistischen Fraktionen in Laos.« Falls das zutrifft, wurde dieses Ziel erreicht: Das Land wurde zu einem Schlachtfeld mit schließlich etwa 600.000 Flüchtlingen, das 1970 Tag für Tag 400 bis 500 amerikanischen Bombardements ausgesetzt war. Als die »Polarisierung« sich durch eine thailändische Blockade von Vientiane und die amerikanische Verweigerung von Hilfs­ lieferungen zuspitzte, sah sich Souvanna gezwungen, die Sowjets zu bitten, über eine Luftbrücke Reis und Öl (und später dann Waffen) nach Vientiane zu bringen und am Ende auch nordvietnamesische und chinesische »Techniker« ins Land zu holen. Die ersten sowjetischen Frachtflugzeuge tra­ fen am 4. Dezember 1960 in Vientiane ein, und die Russen achteten sehr darauf, dass sie von zivilen Piloten geflogen wurden. Wie Dommen bemerkt, folgten sie »dem Beispiel, das die Vereinigten Staaten vorgegeben hatten«.78 Ende Dezember wurde eine amerikanische Transport­ maschine von einer sowjetischen Iljuschin-14 beschossen, und ein größerer internationaler Konflikt schien möglich.

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Die Hardliner in der CIA und im Verteidigungsministerium waren ohnehin davon überzeugt, dass ein »Showdown« mit den Kommunisten in Asien unausweichlich sei. Auch die Joint Chiefs of Staff glaubten, dass es Amerika in Laos vor allem um internationale Fragen gehe und dass hier dem an­ geblichen Expansionsdrang der Chinesen mit einer militäri­ schen »Vorwärtsstrategie« begegnet werden müsse. Vor die­ sem Hintergrund waren die antikommunistischen Kräfte nur allzu bereit, den Konflikt zu internationalisieren. Die New York Times und Le Monde berichteten, dass General Phou­ mis Truppen von thailändischen Soldaten in laotischen Uni­ formen und von thailändischen Hubschraubern unterstützt wurden.79 Souvannas Vertreibung aus Vientiane Mitte De­ zember brachte keine Lösung. Für die nächsten achtzehn Monate gab es in Laos zwei »Regierungen«, die jeweils von einer Großmacht anerkannt und unterstützt wurden. Zum zweiten Mal war die CIA, wie schon ein Jahr zuvor, eine Koalition mit Drogenhändlern eingegangen, um eine nicht in den Drogenhandel verwickelte zivile Regierung zu stürzen. Und diesmal waren die Drogenverbindungen noch stärker als zuvor. Denn mit Hilfe von Air America hatte die CIA das Bündnis zwischen Phoumi im Süden und den im Opiumanbau aktiven Hmong-Truppen des Vang Pao gefes­ tigt.80 Die Vereinigten Staaten fanden zwar viele harte Worte für die gestürzten Führer, insbesondere für Souvanna Phouma und Kong Le, doch meines Wissen hat man ihnen niemals vorgeworfen, in den Drogenhandel verwickelt zu sein.81 Am 15. September hatte »der Präsident der Unterstützung Phoumis durch die Vereinigten Staaten zugestimmt« und er­ klärt, dass man »Phoumi möglicherweise auch einige weitere C-47-Maschinen zur Verfügung stellen könne«. Doch zu die­ ser Zeit hoffte das State Department noch, Phoumi in eine größere antikommunistische Koalition einbinden zu können,

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während die Joint Chiefs wollten, dass Phoumi eine eigene Regierung bildete.82 So genehmigten denn auch die Joint Chiefs am 3. Oktober erstmals offiziell Air-America-Hilfsflüge für Phoumi.83 In Wirklichkeit hatte Air America Phoumi bereits seit Mitte September in Savannakhet unterstützt. Der erste Air-Ame­ rica-Hilfsflug erreichte Vang Pao am 5. Oktober und sicherte damit dessen Treue gegenüber Phoumi.84 Erst am 11. Okto­ ber wurde Eisenhower davon unterrichtet, dass man Hilfs­ güter »in die nichtkommunistischen [Hmong-] Gebiete flie­ gen wird [sic!]«.85 (Es gibt keinerlei Hinweis darauf, dass er oder sonst jemand in Washington erfuhr, dass es sich dabei um Hilfsflüge für Opiumanbauer handelte.) Als Souvanna Phouma und Phoumi eindeutig erklärt hat­ ten, dass sie nichts miteinander zu tun haben wollten, geneh­ migte Eisenhower am 21. November offiziell die Hilfsliefe­ rungen an Phoumis Rebellen. Außenminister Herter hatte ihm erklärt, es sei an der Zeit, sich öffentlich für Phoumi ein­ zusetzen, und der Präsident bekundete sein Einverständnis, »Phoumi mit CAT-Flugzeugen zu versorgen«.86 In der betreffenden Passage seiner Memoiren übergeht Eisenhower all diese Entwicklungen: Als Phoumi Novasan Fortschritte in der Rückeroberung Vientianes machte, berichtete mir General Goodpaster [tele­ fonisch am 14. Dezember] über die Ereignisse ... Goodpaster stellte dann einige Fragen. »Erstens: Sollen wir die Verwen­ dung von thailändischen Flugzeugen für den Nachschub­ transport in das Gebiet unterstützen? Zweitens: Wenn die Thailänder dazu nicht in der Lage sind, sollen wir amerikani­ sche Maschinen einsetzen?« ... Ich billigte sowohl den Ein­ satz thailändischer als auch amerikanischer Flugzeuge.87

Die offizielle Mitschrift dieses Telefongesprächs bestätigt Eisenhowers Sorge hinsichtlich der Unterstützung Souvanna

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Phoumas durch sowjetische Flugzeuge und die vermeintliche Notwendigkeit, »entschieden vorzugehen, da wir nun über einen legalen Deckmantel verfügen, weil wir auf das Er­ suchen einer legal konstituierten Regierung reagieren«.88 Eisenhowers nachdrücklicher Hinweis auf die Frage der Legalität legt den Verdacht nahe, dass er nicht ganz so un­ informiert war, wie die oben zitierte Passage aus seinen Memoiren anzudeuten scheint. Wusste er wirklich nicht oder hatte er nur vergessen, dass thailändische Hubschrauber längst Kampfeinsätze unterstützten und Air America seit mehr als einem Jahr Hilfsflüge nach Laos und seit drei Monaten auch zu den Rebellen durchführte? Air America spielte eine zentrale, aber auch geheime Rolle bei den Ereignissen des Jahres 1960 in Laos. Die Nachricht vom Absturz einer Air-America-Maschine im November auf der Ebene der Tonkrüge wurde in keiner amerikanischen Zeitung gedruckt, wohl aber in der Bangkok Post vom 28. November 1960. (Der amerikanische Pilot wurde dabei schwer verletzt, der Kopilot, Angehöriger der Guomindang und Sohn von Hollington Tong, dem nationalchinesischen Botschafter in Washington, kam ums Leben.) Sechs Tage bevor Eisenhower die Flüge genehmigte, er­ klärten amerikanische Offizielle, sie hätten die »militäri­ schen Nachschubflüge« für Phoumi »unterbrochen«.89 Glaubte Eisenhower, er solle den Aufbau der Luftbrücke ge­ nehmigen, obwohl es sich nur um die Wiederaufnahme der Versorgungsflüge handelte? Fünf Tage nach dem Telefon­ gespräch mit dem Präsidenten telegrafierte das State Depart­ ment, man solle nun »dem Einsatz ziviler CAT-Flugzeuge keine Beschränkungen mehr auferlegen«.90 Das bedeutete eine Wiederaufnahme der am 7. Dezember unterbrochenen Versorgungsflüge für Phoumi. Ganz offensichtlich wurde Air America gerade rechtzeitig vor der Übernahme der Amtsgeschäfte durch Kennedy

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»legalisiert«. Für diese Legalisierung war die sowjetische Luftbrücke - für deren Einrichtung CIA und Pentagon durch ihre Machenschaften so viel getan hatten - keineswegs eine Katastrophe, sondern ein Gottesgeschenk. Die Luftbrücke konnte nun gegenüber dem Präsidenten (wie auch gegenüber der Öffentlichkeit) mit der Formel gerechtfertigt werden, wonach es sich lediglich um eine »Reaktion« auf die sow­ jetische Luftbrücke handelte.91 Wie schon im September 1959, so erfolgte auch die Ge­ nehmigung der Air-America-Flüge im Dezember 1960 zu einer Zeit, als sich Eisenhower nicht im Weißen Haus auf­ hielt. Wochenlang hatten General Phoumis Truppen auf ihrem Vormarsch den Mekong hinauf innegehalten, bevor sie dann wieder vorrückten und am 16. Dezember, um 5 Uhr morgens Washingtoner Zeit, in Vientiane einmarschierten. Eisenhower hatte die amerikanischen Versorgungsflüge gegenüber General Goodpaster am 14. Dezember geneh­ migt.92 Damals hielt der Präsident sich nicht im Weißen Haus auf, sondern im Walter Reed Army Hospital, wohin er sich wie geplant am Vorabend zu seiner jährlichen Untersuchung begeben hatte; er verließ das Krankenhaus am 15. Dezember um 10.20 Uhr. Wieder einmal wurde - Zufall oder nicht eine äußerst wichtige Entscheidung hinsichtlich Air America ausgerechnet dann getroffen, als Eisenhower bekannterma­ ßen von allen Entscheidungsroutinen abgeschnitten war. Einen weiteren Hinweis auf verfassungsrechtliche Win­ kelzüge bei der Genehmigung der Air-America-Flüge liefert die Energie, mit der rechtsgerichtete CIA-Kreise die laotische Geschichte des Dezember 1960 umzuschreiben versuchten. Das zeigt sich etwa an dem von der CIA inspirierten Angriff Charles Murphys auf die Rolle Eisenhowers und Kennedys beim Schweinebucht-Fiasko, den der Geheimdienst un­ verschämterweise durch das State Department offiziell frei­ geben lassen wollte:

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Phoumi nahm schließlich Mitte Dezember die Hauptstadt Vientiane ein, doch zu diesem Zeitpunkt intervenierten die Russen ganz offen ... In Abstimmung mit einem großangeleg­ ten Vormarsch gut ausgebildeter Truppen aus Nordvietnam errichteten sie eine intensive Luftbrücke (die bis heute fortge­ führt wird). Der Zusammenbruch der Königlich-Laotischen Armee wäre unvermeidlich gewesen, wenn die Vereinigten Staaten nicht mindestens ebenso stark auf Phoumis Seite ein­ gegriffen hätten. Eine Möglichkeit wäre es gewesen, die Luft­ brücke zu unterbrechen. Diese Aufgabe hätten »freiwillige« Piloten übernehmen können, aber bei einem nicht allzu gro­ ßen Anfangsrisiko der Vereinigten Staaten hätte sich dann die Frage gestellt, wie weit die Russen gehen würden. Eine wei­ tere Möglichkeit wäre es gewesen, SEATO-Truppen einzuset­ zen, denn der SEATO-Vertrag lässt das zu. Am Ende ent­ schloss sich Eisenhower, keine dieser beiden Möglichkeiten zu nutzen ... Selbst die bescheidene zusätzliche Hilfe, die das Verteidigungsministerium in den letzten Wochen der Regie­ rung Eisenhower für Phoumis Kampftruppen zu organisieren versuchte, wurde wegen des Streits zwischen Verteidigungs­ ministerium und State Department ausgedünnt.93

Phoumi eroberte Vientiane erst am 16. Dezember. Die sow­ jetische Luftbrücke hatte jedoch schon am 4. Dezember begonnen. Durch die Umkehrung der zeitlichen Reihenfolge erweckt der Artikel den Eindruck, die Vereinigten Staaten hätten einer legalen Regierung Hilfe gewährt, die Sowjet­ union dagegen Rebellen. Die Entstehungsgeschichte des Konflikts verlief aber in Wirklichkeit genau andersherum. Murphys Artikel ist zwar hinsichtlich der historischen Tatsachen irreführend, zeigt aber sehr wohl, wie bedeutsam die von Eisenhower zu treffende Entscheidung war. Die La­ oskrise im Wahljahr 1960 setzte den Präsidenten ebenso un­ ter Druck, weitere amerikanische Truppen nach Asien zu schicken, wie der Tongking-Zwischenfall im Wahljahr 1964 und die Pueblokrise im Wahljahr 1968. In allen drei Fällen

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wollte das Militär mit Vorfällen, die es gemeinsam mit der CIA selbst inszeniert hatte, eine eindeutige Eskalation durch­ setzen. Die sowjetische Luftbrücke wurde gegenüber Eisen­ hower als derart verwerflich dargestellt, dass »Freiwillige« die Flugzeuge abschießen sollten. Aber in Wirklichkeit hatte Air America das Vorbild dafür geliefert, und das offenbar ohne Genehmigung des Präsidenten. All diese Aktivitäten führten die Vereinigten Staaten in den Krieg in Südostasien. Und es ist ziemlich unvorstellbar, dass die Führung von Air America davon nichts gewusst ha­ ben sollte. Admiral a.D. Felix B. Stump, bis 1958 Oberkom­ mandierender der amerikanischen Streitkräfte im Pazifik und nach 1959 Aufsichtsratsvorsitzender von Air America, sagte im April 1960 bei einer öffentlichen Veranstaltung in Los Angeles: »Der Dritte Weltkrieg hat schon begonnen, und wir sind tief darin verwickelt.« Später erklärte er, es sei »höchste Zeit«, dass Amerika den Kommunismus im Fernen Osten besiege, und er forderte, bei Bedarf auch taktische Atomwaffen einzusetzen. Bloße Eindämmung sei nicht ge­ nug. Die Vereinigten Staaten müssten »über dieses begrenzte Ziel hinausgehen«.94 Der Admiral redete nicht in einem luftleeren Raum. Tat­ sächlich verstärkten die Vereinigten Staaten in den folgenden Jahren ihre Operationen in Südostasien, mal hier, mal dort. Nach einem katastrophalen Experiment mit den neuesten Counterinsurgency-Techniken in Laos (bei dem Flugzeuge und Piloten von Air America für den Transport laotischer Truppen eingesetzt wurden) stimmte die Kennedy-Regierung im Mai 1961 einem Waffenstillstand in Laos und Friedens­ verhandlungen zu. Einen Tag später kündigte der neue Außenminister Dean Rusk den ersten einer ganzen Reihe von Schritten zur Verstärkung des amerikanischen Engage­ ments in Vietnam an, wozu der Einsatz von Truppen und von Air America gehörte. Ein Jahr später unterzeichneten die

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Vereinigten Staaten das Genfer Abkommen, in dem Laos sich zur Neutralität verpflichtete. Der Preis für diese schein­ bare Deeskalation war wie schon 1954 und 1961 ein ver­ stärkter Einsatz von US-Truppen in Vietnam und Thailand. Trotz des Genfer Abkommens von 1962 stellte Air Ame­ rica ihre privaten Kriegsaktivitäten in Laos nicht ein. Ob­ wohl das Abkommen in weiser Voraussicht den Abzug »aus­ ländischer Zivilisten für die Lieferung, Wartung, Lagerung und Anwendung von Kriegsmaterial« verlangte, führte Air America weiterhin Versorgungsflüge nach Nordlaos durch, und wie es scheint, zogen manche amerikanische Militär­ berater lediglich die Uniform aus und arbeiteten wie zu Eisenhowers Zeiten unter zivilem Deckmantel weiter. Der erste militärische Zwischenfall, der die Kämpfe wieder aufflammen ließ, war der Abschuss einer Air-AmericaMaschine im November 1962, drei Tage nachdem der Pathet Lao solche Maßnahmen angedroht hatte. Warum hielten Pentagon, CIA und Air America so hart­ näckig an ihren Aktivitäten in Laos fest? Hilsman schreibt, zumindest ab 1962 hätten manche Verantwortliche in Penta­ gon und CIA »eine direkte Konfrontation mit dem kommu­ nistischen China für unausweichlich gehalten«.95 Dieser Ein­ schätzung und dem Vorgehen der CIA in Laos wie auch der Luftbrücke zu den Hmong lag offenbar der Gedanke zu Grunde, »dass Laos früher oder später zu einem wichtigen militärischen Schlachtfeld zwischen Ost und West werden würde«.96

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Dieses Kapitel erschien ursprünglich in der New York Re­ view of Books als kritische Reaktion auf Nixons Erklärung vom 6. März 1970, in der er seine Eskalation in Laos vertei­ digte.1 Als ich den Dingen nachging, fielen mir die zahl­ reichen Intrigen zur Stärkung der Präsenz von Air America in Laos auf, in denen nicht nur die CIA, sondern auch die Guomindang in Taiwan, die Guomindangtruppen in Laos und deren rechtsgerichtete laotische Verbündete eine Rolle spielten. Ich stellte diese Intrigen in einen Zusammenhang mit den nachlassenden Bemühungen Chiang Kai-sheks und seiner amerikanischen Helfer, die Herrschaft der Guomin­ dang wieder auf das chinesische Festland auszudehnen. 1970 wusste ich jedoch noch nicht, in welchem Ausmaß wichtige Akteure dieser Intrigen, darunter auch Air America, am lokalen Drogenhandel beteiligt waren. General Ouane Rattikone von der Königlich-Laotischen Armee, der im Au­ gust 1959 an dem Betrugsmanöver einer angeblichen nord­ vietnamesischen Invasion beteiligt gewesen war, hatte Alfred McCoy noch nicht die Bücher gezeigt, die er als Verwalter des laotischen Opiummonopols auch dann noch geführt hatte, nachdem das Monopol 1961 für illegal erklärt worden war.2 Auch hatte McCoy noch nicht die Pepsi-Cola-Abfüllanlage am Mekong entdeckt, die Ouane als Deckmantel für den Im­ port von Essigsäureanhydrid diente, dem wichtigsten chemi­ schen Hilfsstoff bei der Herstellung von Heroin.3 McCoys Studie macht deutlich, dass die wichtigsten in der laotischen Politik aktiven Generäle - Phoumi Nosavan, sein

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Vetter Sarit Thanarat in Thailand und sein Rivale Ouane Rattikone, der ihn später ablösen sollte - sämtlich in den Drogenhandel verwickelt waren. McCoy behauptet sogar, bei dem in diesem Kapitel behandelten Staatsstreich vom 19. April 1964, der den Sturz der laotischen Koalitionsregie­ rung herbeiführte und Phoumi von der Macht verdrängte, sei es letztlich um »Phoumis knausrige Verwaltung seiner Monopole« gegangen (zu denen auch die Opiumhöhlen im Gebiet von Vientiane gehörten). Das »führte im rechten Lager zu ernsthaften Spannungen«.4 Der bedeutendste CIAVerbündete in der Region Nam Tha, in die Phoumi sich 1962 zurückzog, war »wahrscheinlich der wichtigste Opiumhändler der Nam-Tha-Provinz«.5 Aufgrund der Enthüllungen McCoys muss jede Ge­ schichte der laotischen Politik dieser Zeit (einschließlich mei­ ner eigenen) oberflächlich bleiben, wenn sie die Bedeutung des Drogenhandels für die laotische Politik und die laotische Wirtschaft nicht thematisiert. In diesem Kapitel behandele ich jedoch immerhin die Hauptelemente der Drogenge­ schichte (CIA, Air America, die Guomindang und deren Ver­ bündete), um sie dann im letzten Kapitel zusammenzufügen.

* * * Der Schlüssel zu Präsident Nixons Programm eines offenen Truppenabzugs aus Vietnam war die verdeckte Eskalation in Laos. Er selbst lenkte in seiner Laos-Erklärung, die er am 6. März 1970 in Key Biscayne abgab, die Aufmerksamkeit auf den Zusammenhang zwischen beiden Konflikten. In Wirklichkeit wurde die so genannte »Vietnamisierung« des Bodenkriegs in Südvietnam (also der massive Aufbau der südvietnamesischen Armee bei gleichzeitigem Rückzug ame­ rikanischer Bodentruppen) durch eine deutliche Eskalation des amerikanischen Luftkriegs in Laos ausgeglichen, wo er der Beobachtung westlicher Presseleute entzogen war. Diese

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Eskalation wurde dann durch die Laos-Erklärung des Prä­ sidenten begründet, die eine weitgehend irreführende Ge­ schichte einer »permanenten Subversion« und einer »Inva­ sion« durch Nordvietnam präsentierte. Die Geschichte war schon lange vor Amtsantritt der Re­ gierung Nixon ausgekügelt worden. Viele der darin auf­ gestellten Behauptungen basierten auf alten Berichten ameri­ kanischer Geheimdienste, die an der falschen Darstellung des Krieges in Laos interessiert waren. Nicht die Nordviet­ namesen, sondern die Vereinigten Staaten und insbesondere deren militärische und zivile Geheimdienste waren immer wieder die eigentlichen Urheber der Subversion jeglicher Ordnung, die durch internationale Verträge in Laos geschaf­ fen wurde. Darum muss Nixons Erklärung im Lichte der un­ bestreitbaren CIA- und Air-Force-Aktivitäten gesehen wer­ den, die darin vollkommen unerwähnt bleiben. Obwohl der Krieg in Laos faktisch schon 1959 begonnen hatte (vgl. Kap. 8), schweigt sich Nixon über die Zeit von 1959 bis 1961 aus. Das ist verständlich, denn nahezu alle unabhängigen Beobachter verurteilen die subversiven Akti­ vitäten, die die CIA und andere amerikanische Institutionen in der Zeit entfaltet hatten, als Nixon noch Vizepräsident war. So heißt es in einem Bericht der RAND Corporation, nicht der prokommunistische Pathet Lao, sondern die rechtsgerichtete Regierung Phoui Sananikone (die durch amerikanische Intrigen ins Amt gebracht und von amerika­ nischen Beratern unterstützt wurde) habe »die Krise ver­ schärft, die zum Krieg in Laos führte«.6 Sehen wir uns Nixons Erklärung genauer an. 1 1961 zeichnete sich das nordvietnamesische Engage­ ment deutlich ab, die kommunistischen Streitkräfte machten große Fortschritte, und die Regierung Ken­ nedy befand sich in einer schwierigen Lage.

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Die Krise, mit der Kennedy Anfang 1961 zu kämpfen hatte, war der bewaffnete Konflikt im Anschluss an die erfolgrei­ che Vertreibung der von Washington offiziell anerkannten neutralistischen Regierung des Prinzen Souvanna Phouma aus der Hauptstadt Vientiane durch die von der CIA unter­ stützten aufständischen Truppen des Generals Phoumi No­ savan. Seine Rebellion gegen Souvanna erhielt von Anfang an logistische Unterstützung durch die im Besitz der CIA be­ findliche Fluggesellschaft Air America. Mit ihrer Hilfe trieb Phoumis Königlich-Laotische Armee die neutralistischen Truppen des Generals Kong Le, Souvannas Oberbefehls­ haber, in den Norden und in eine zeitweilige Allianz mit dem prokommunistischen Pathet Lao. Als Kong Le die Ebene der Tonkrüge von Phoumis Truppen zurückeroberte, rückte der Pathet Lao nach Süden vor, um sich mit seinen Truppen zu vereinigen. Souvanna Phouma und Kong Le waren echte Neutralisten, die den nordvietnamesischen Einfluss fürchte­ ten, aber sie mussten die Unterstützung der Kommunisten suchen, um Phoumis Angriff zu überstehen. Die von der CIA geförderte Subversion war also unmittelbar verantwortlich für die »großen Fortschritte« der Kommunisten.7 Angesichts der von den Amerikanern angestrebten Rebel­ lion holte Souvanna Phoumas Regierung Ende 1960 russi­ sche, nordvietnamesische und chinesische »Berater« ins Land und sorgte damit für die erste nordvietnamesische Mi­ litärpräsenz in Laos seit dem Genfer Abkommen von 1954. Doch A. J. Dommen datiert die Präsenz nordvietnamesischer Kampftruppen (entlang der »Grenze zwischen Laos und Vietnam«) auf Juli oder August 1962 und unterscheidet sie von den »technischen Experten und Kadern, die Nordviet­ nam Ende 1960 nach Laos geschickt hatte«.8 Bernard Fall glaubt, dass an den »Gefechten 1960 bis 1962 in Laos rela­ tiv kleine Teile der 335. und 336. [nordvietnamesischen] Division beteiligt waren, und viele der Soldaten gehörten zu

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denselben Thai-Bergstämmen wie die Stammeskämpfer auf der laotischen Seite«.9 Der britische Beobachter Hugh Toye schreibt, insgesamt sei es »unwahrscheinlich, dass an den Scharmützeln 1961 und 1962 auch vietnamesische Infante­ rie beteiligt war«. Doch Anfang 1961 brachten die Vereinig­ ten Staaten mit Bomben und Raketen bewaffnete AT-6-Flug­ zeuge ins Land, dazu amerikanische Piloten, die sie flogen, und »White Star Teams« der Special Forces, die Angehörige der Hmong hinter den Linien des Pathet Lao zu Guerilla­ aktionen ermuntern sollten. Außerdem setzte Air America amerikanische Flugzeuge und Piloten ein, um Phoumis Trup­ pen in den Kampf zu fliegen. Zu dieser Zeit drangen die Joint Chiefs of Staff auf einen Entscheidungskampf in Laos, bei dem auch taktische Atomwaffen eingesetzt werden soll­ ten, während Richard Nixon Kennedy bei einem Treffen zum »Einsatz amerikanischer Luftstreitkräfte« zu veranlas­ sen suchte.10 2 Während dieser langen Verhandlungen [1962 in Genf über einen Frieden in Laos] gingen die Kämpfe weiter, und die Kommunisten machten weitere Fortschritte.

Das ist irreführend, denn sowohl die Verzögerungen als auch das neuerliche Aufflammen der Kämpfe gingen nicht auf die Kommunisten, sondern auf Phoumi Nosavan zurück. Mona­ telang hatten Präsident Kennedy und sein Sonderbeauftrag­ ter Averell Harriman versucht, durch die Schaffung einer Koalitionsregierung (aus Phoumisten, Neutralisten und Pathet Lao) die laotische Neutralität wiederherzustellen und den Abzug ausländischer militärischer Kräfte zu erreichen. Phoumi widersetzte sich Harrimans Bemühungen um die Bil­ dung solch einer Koalitionsregierung noch Monate, nach­ dem Kennedy ihn durch die Einstellung der Militärhilfe von 3 Mio. Dollar im Monat dazu zu zwingen versucht hatte.

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Unter Verletzung des Waffenstillstandsabkommens vom Mai 1961 und gegen den Rat amerikanischer Offizieller ver­ stärkte Phoumi eine Garnison in Nam Tha (kaum 25 Kilo­ meter von der chinesischen Grenze entfernt) auf 5.000 Mann und begann mit Einfällen in das gegnerische Territorium. Als der Pathet Lao nach wiederholten Warnungen Nam Tha im Mai unter Beschuss nahm, zogen Phoumis Truppen sich Hals über Kopf nach Thailand zurück. Die »weiteren Fortschritte« gingen also »auf einzelne Feuergefechte und nicht auf einen Angriff des Pathet Lao« zurück.11 Die thai­ ländische Regierung bat nun die SEATO um Hilfe, und die Vereinigten Staaten reagierten mit der Entsendung von Trup­ pen, wie es das zwei Monate zuvor unterzeichnete ThanatRusk-Kommunique der beiden Außenminister vorsah, das eine unilaterale amerikanische Hilfe für Thailand ermög­ lichte. Nach allen Darstellungen »floh die Königlich-Lao­ tische Armee beim Einschlag der ersten Granaten aus Nam Tha« und behauptete fälschlich (wie in früheren und späte­ ren Krisen), sie sei von nordvietnamesischen und chine­ sischen Truppen angegriffen worden.12 Diese ganz bewusst erfolgte Flucht bezeichnete Präsident Nixon als »potenzielle Bedrohung für Thailand«. Die von Phoumi in Nam Tha verfolgten Ziele waren den meisten Darstellungen zufolge nicht militärischer, sondern politi­ scher Natur. Es ging darum, die Genfer Verhandlungen zu torpedieren und die Vereinigten Staaten zu einem stärkeren Engagement zu bewegen. Nach der Londoner Times hatte wieder einmal die CIA Phoumi ermutigt, sich der Bildung einer neutralistischen Regierung in Laos zu widersetzen; sie hatte die von Kennedy zurückgehaltene Hilfe durch eigene Mittel ersetzt und Phoumi gedrängt, die Garnison in Nam Tha gegen den Rat amerikanischer Regierungsvertreter zu verstärken.13 Ein Sprecher des State Department bestritt die Darstellung, und andere meinten, die Hilfe sei von Phoumis

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Verwandtem Sarit Thanarat in Thailand oder von Ngo Dinh Diem bezahlt worden. McCoy bietet eine glaubwürdige Erklärung für Phoumis neue Einnahmequelle, nachdem Kennedy die Hilfsgelder in Höhe von monatlich drei Mio. Dollar gestrichen hatte: Verzweifelt auf der Suche nach Geld, aber entschlossen, nicht zurückzutreten, wandte sich Phoumi dem Opiumhandel als alternativer Einkommensquelle seiner Armee und Regierung zu. Obwohl er schon seit mehreren Jahren von den kor­ sischen und chinesischen Schmugglern Bestechungsgelder kassiert hatte, war er nicht aktiv am Handel beteiligt gewesen ... Die nahe liegende Lösung von Phoumis Finanzkrise war die direkte Beteiligung seiner Regierung am Im- und Export birmanischen Opiums. Diese Entscheidung führte letztlich dazu, dass Nordwestlaos zu einem der größten Zentren der weltweiten Heroinproduktion heranwuchs.

Phoumi legte die Verantwortung für die birmanische Opium­ verbindung in die Hände Ouane Rattikones, der »Anfang 1962 ... zum Leiter der halboffiziellen laotischen Opium­ verwaltung ernannt« wurde.14 Zur selben Zeit beauftragte die CIA einen ihrer Leute, William Young, Nam Tha nach Phoumis Rückzug zu verteidigen. Young arbeitete mit ört­ lichen Stammesführern wie Chao Mai zusammen, einem Yao, der die Kontrolle über den Opiumhandel dieses Berg­ stammes von seinem Vater geerbt hatte.15 Es gibt beunruhigende Übereinstimmungen zwischen Phoumis Truppenverstärkung in Nam Tha und der »Quemoy-List« der CIA und der Guomindang 1958, als die CIA Chiang Kai-shek ermunterte, offensive Kräfte auf die dem chinesischen Festland vorgelagerte Insel zu verlegen, und zwar auch damals gegen offiziellen amerikanischen Rat. Eine dieser Gemeinsamkeiten war die Aktivität national­ chinesischer Guomindangtruppen in der Region Nam Tha,

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die offensichtlich von der CIA und Air America bewaffnet und mit Nachschub versorgt wurden.16 3 Mit der Billigung [des Genfer Abkommens] von 1962 akzeptierte die Regierung Kennedy in Wirklichkeit die Grundformel, die von Nordvietnam und der Sowjet­ union für einen politischen Frieden in Laos vorgelegt worden war ... Die 666 Amerikaner, welche die König­ lich-Laotische Regierung unterstützt hatten, wurden unter Aufsicht der Internationalen Kontrollkommis­ sion abgezogen. Die Nordvietnamesen dagegen schick­ ten gerade einmal 40 Mann durch die Checkpoints der Kontrollkommission und ließen über 6.000 Soldaten im Land.

Im Rahmen des Genfer Abkommens von 1962 erklärte die laotische Regierung, sie werde »keine ausländische Ein­ mischung in die inneren Angelegenheiten des Königreichs Laos zulassen«, während die anderen Unterzeichnerstaaten dem Verbot jeglicher ausländischer Truppen und »paramili­ tärischer Formationen« in Laos zustimmten, zu denen auch »Berater« gehörten (mit Ausnahme einer »genau festgeleg­ ten Zahl französischer Militärberater«). Nixons Darstellung nordvietnamesischer Verletzungen des Abkommens basierte auf Geheimdienstberichten über die Anwesenheit von 6.000 nordvietnamesischen Soldaten in Laos, die von Wissen­ schaftlern wie Toye nicht bestätigt werden. Wie es scheint, begannen um diese Zeit einige Bataillone der nordvietnamesischen Grenztruppen in Positionen auf der laotischen Seite der Grenzpässe vorzurücken. Dommen und Toye sehen in dieser Aktion jedoch eine vornehmlich defen­ sive Reaktion auf die 5.000 amerikanischen Soldaten, die nach Thailand geflogen worden waren. Zur selben Zeit ver­ letzten die Vereinigten Staaten das von Kennedy gebilligte Genfer Abkommen zumindest in zwei Punkten. Erstens »sollte es keine ... schwarzen [geheimen] Aufklä­

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rungsflüge mehr zur Klärung der Frage geben, ob die Nord­ vietnamesen sich tatsächlich zurückgezogen hatten«.17 Doch nur eine oder zwei Wochen nach der Unterzeich­ nung des Abkommens wurden solche Aufklärungsflüge von der U.S. Air Force mit RF-100-Voodoo-Jets über PathetLao-Lagern durchgeführt. Nach Dommen waren die Flüge Teil der »regelmäßigen Luftüberwachung der Region Nord­ laos im Rahmen der Notfallplanung für die Stationierung amerikanischer Truppen in Thailand«.18 Am 13. August 1964 wurde eine RF-100 über der Ebene der Tonkrüge ge­ troffen, schaffte es jedoch zurück zu ihrer Basis in Bangkok. Die Aufklärungsflüge wurden fortgesetzt und erst verspätet von den neuen Regierungen genehmigt, die in den Vereinig­ ten Staaten und in Laos an die Macht gekommen waren. Die Aufklärungsflüge galten offenbar von Anfang an we­ niger dem Ho-Chi-Minh-Pfad* in Südlaos als der Ebene der Tonkrüge etwa 300 Kilometer nordwestlich davon. In dieser Region hatten CIA und Air America seit 1960 und 1961 Hmong-Guerillas bewaffnet, ausgebildet und mit Nach­ schub versorgt. Zweitens verlangte das Abkommen den Abzug »auslän­ discher Militärberater, Experten, Ausbilder ... und auslän­ discher Zivilisten, die mit dem Nachschub ... von Kriegs­ material in Zusammenhang stehen«,19 denn der Pathet Lao wehrte sich entschieden gegen die Unterstützung der Hmong-Guerillas innerhalb ihres eigenen Gebietes in Nord­ ostlaos durch die CIA und Special Forces. Der Pathet Lao und einige Neutralisten protestierten heftig gegen die Luft­ brücke, über die ihre Gegner von Air America versorgt wur­ den, und noch heftiger protestierten sie gegen die Luft­ brücke, die Air America im Oktober 1962 ganz offen zu Kong Le aufbaute. Der erste militärische Zwischenfall, der den Zusammen­ bruch des Genfer Abkommens von 1962 markierte, war der

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Abschuss einer Air-America-Maschine über der Ebene der Tonkrüge am 27. November 1962. Die C-123 war, wie sich bald herausstellte, nicht vom Pathet Lao abgeschossen wor­ den, sondern von einer neuen, linksgerichteten Neutralisten­ fraktion unter Oberst Deuane, die sich gegen Kong Le und dessen wachsende Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten stellte.20 Soweit es die Air-America-Luftbrücke betraf, war Nixons Behauptung falsch, wonach »unsere Hilfe immer auf Ersu­ chen der rechtmäßigen Regierung des Premierministers Sou­ vanna Phouma erfolgte«. Die aus drei Parteien bestehende laotische Koalitionsregierung war nicht gefragt worden. Souvanna hatte, wie Dommen schreibt, »die Air-AmericaLuftbrücke weder gebilligt noch untersagt (der Vertrag war von der [rechtsgerichteten Phoumi-] Regierung übernommen und gerade einmal von Sozialminister Keo Vithakone, einem Phoumisten, paraphiert worden)«.21 Außerdem wurde Sou­ vanna offenbar erst im Mai 1964 über die Aufklärungsflüge informiert. Diese Verletzungen des Genfer Abkommens von 1962 durch die Vereinigten Staaten waren keine Reaktion auf nordvietnamesische Aktivitäten. Sie gingen vielmehr auf die Zeit der Unterzeichnung des Vertrages zurück, und das Da­ tum für den Abzug ausländischer Truppen lag einen Monat später. Mit diesen Verstößen drängten die amerikanischen Geheimdienste die andere Seite im August 1962, ihrerseits gegen die Bestimmungen des Abkommens zu verstoßen. Außerdem war der »Abzug« der amerikanischen Militär­ berater bloße Täuschung. Mehrere hundert Mitglieder der »zivilen« USAID-Mission (die in der so genannten »länd­ lichen Entwicklung« arbeiteten) waren ehemalige Mitglieder der Special Forces oder der U.S. Army, die dem örtlichen GIA-Chef unterstanden und in Nordostlaos mit den von der CIA unterstützten Hmong-Guerillas des Generals Vang Pao

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zusammenarbeiteten. Vang Paos Geheimarmee unterstand nicht der Königlich-Laotischen Regierung oder Armee; sie wurde ausschließlich von der CIA finanziert und versorgt. Dommens gewissenhafte Beschreibung der amerikani­ schen Einhaltung des Genfer Abkommens von 1962 (»kein einziger uniformierter Angehöriger des amerikanischen Mili­ tärs blieb in Laos«) enthält keinen Hinweis, mit dem sich die von amerikanischen Reportern bestätigte Anschuldigung des Pathet Lao widerlegen ließen, wonach die den Special Forces angehörenden Berater der Hmong entweder blieben oder schon bald zurückkehrten und unter dem Deckmantel ziviler USAID-Angehöriger weiterhin für die CIA arbeiteten.22 Die Sowjetunion war über diese Provokationen empört. Moskau hatte 1962 wie schon 1954 geholfen, seine asia­ tischen Verbündeten zu bewegen, einen Verhandlungsfrieden zu akzeptieren, den die Amerikaner nicht honorierten. Die Sowjetunion begann sich aus ihrem laotischen Engagement zurückzuziehen, da ihre Unterstützung für Souvanna inzwi­ schen nicht nur ihr Verhältnis zu Peking, sondern auch zu Hanoi belastete. 4 Die politischen Arrangements für eine Dreiparteien­ regierung hielten nur bis April 1963, als die kommu­ nistischen Führer des Pathet Lao die Regierung verlie­ ßen und sich aus der Hauptstadt zurückzogen. Bald wurden die Kämpfe wieder aufgenommen.

Die Führer des Pathet Lao traten nicht von ihren Regie­ rungsämtern zurück. Zwei ihrer vier Minister verließen Vientiane aus gutem Grund, denn am 1. und am 12. April waren zwei ihrer Verbündeten in der linksneutralistischen Fraktion des Oberst Deuane (darunter der laotische Außen­ minister Quinim Pholsena) ermordet worden. Der Pathet Lao machte für die Morde einen vom Chef der laotischen Militärpolizei namens Siho angeheuerten CIA-Killertrupp

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verantwortlich. Wir wissen, dass die CIA nicht nur solche Killertrupps in Vietnam einsetzte, sondern auch mit Siho bei der Ausbildung seiner Leute zusammenarbeitete. Die Morde könnten jedoch auch auf die wachsende Spaltung innerhalb der neutralistischen Fraktion zwischen Kong Le und Deuane zurückgehen. (Einer von Deuanes Leuten tötete am 12. Fe­ bruar Kong Les Stellvertreter, einige Wochen nach der Er­ mordung eines linksgerichteten chinesischen Kaufmanns.) Die im April wieder aufflammenden Kämpfe auf der Ebene der Tonkrüge wurden hauptsächlich oder sogar aus­ schließlich zwischen den beiden neutralistischen Fraktionen ausgetragen und nicht mit dem Pathet Lao. Außerdem konnte Kong Les Fraktion mit Hilfe ihres alten Gegners Phoumi einige wichtige Außenposten erobern, zum Beispiel Tha Thom, das die Kontrolle über eine nach Norden in die Ebene der Tonkrüge führende Straße ermöglichte.23 Doch die Verhandlungen, die (nach einer französischen Friedensinitia­ tive) im April und Mai 1964 zwischen Souvanna Phouma und Souphanouvong geführt wurden, belegen, dass die poli­ tischen Arrangements von 1962 trotz aller Vorbehalte im­ mer noch akzeptiert wurden. 5 Mitte Mai 1964 griff der Pathet Lao mit Unterstützung der Nordvietnamesen die Truppen des neutralistischen Premierministers Souvanna Phouma auf der Ebene der Tonkrüge an.

Kong Les Leute wurden im Mai 1964 tatsächlich von den linksgerichteten Anhängern des Oberst Deuane angegriffen. Der Pathet Lao beschoss die Stellungen von Phoumi-Trup­ pen, die seit 1962 eingesickert waren, während die Nord­ vietnamesen möglicherweise Hilfe leisteten, wie es die Ame­ rikaner gegenüber Kong Le taten. Das Ergebnis des von Deuane gestarteten Angriffs war im Wesentlichen der Status quo ante vom April 1963. Insbesondere wurde die Stadt Tha

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Thom zurückerobert. Ende Mai hielten Deuanes Leute und der Pathet Lao nahezu das gesamte Gebiet, das letzterer und die Neutralisten im Juni 1962 besetzt hatten, aber nicht mehr.24 Diese Vorgänge sind deshalb von Bedeutung, weil sie den Vorwand für die amerikanische Bombardierung des Landes im Mai lieferten, also für eine neue Vorgehens­ weise, die schon bald auf Nord- und Südvietnam ausgedehnt wurde. Nixon überging die Tatsache, dass auch den Kämpfen im Mai keine von links, sondern eine von rechts ausgehende In­ itiative vorausging. Am 19. April unternahm eine von Poli­ zeichef Siho geführte rechtsgerichte Fraktion einen Putsch gegen Souvanna Phouma, der zum endgültigen Zusammen­ bruch der Dreierkoalition, zu einem stärker rechtslastigen Umbau des Kabinetts, zum Verschwinden einer unabhängi­ gen neutralistischen Fraktion und letztlich zum Niedergang und Sturz des einstigen Führers der Rechten Phoumi Nosa­ van führte.25 Es stimmte also nicht, dass, wie Nixon behaup­ tete, »die gegenwärtige laotische Regierung ... die ursprüng­ lich von den Kommunisten vorgeschlagene ist«. Das 1962 ausgehandelte politische Arrangement brach vollständig zusammen, als das Kabinett ohne Zustimmung oder Betei­ ligung des Pathet Lao umgebildet wurde. Es war also durch­ aus nicht unvernünftig, wenn der Pathet Lao (wie Anfang 1970) eine Konferenz forderte, auf der alle Parteien eine neue Koalitionsregierung bilden sollten (New York Times, 10. März 1970). Am 18. April, dem Tag vor Sihos Putsch, waren Souvanna und Phoumi mit dem Pathet-Lao-Führer Prinz Souphanou­ vong auf der Ebene der Tonkrüge zusammengetroffen, an­ geblich um die Details einer neuen Vereinbarung über die Neutralisierung der königlichen Hauptstadt Luang Prabang und die Wiederherstellung der Koalitionsregierung auszu­ handeln.

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Die Verhandlungen verliefen ergebnislos, aber dass sie überhaupt stattfanden, genügte Siho offenbar als Vorwand für den Putsch.26 Botschafter Unger und William Bundy vom State Department überredeten Siho persönlich, den von ihm sistierten Souvanna frei zu lassen und als Premierminister wieder einzusetzen, doch die Besetzung des neuen General­ stabs der laotischen Armee mit neun rechtsgerichteten Gene­ rälen und nur einem Neutralisten belegen die tatsächliche Machtverschiebung zu Gunsten der Rechten.27 Die neue Führung gab dann auch den Befehl, die neutralistischen Truppen auf der Ebene der Tonkrüge in die eigenen rechts­ gerichteten Streitkräfte zu integrieren. Dieser Befehl war für Kong Les Leute zu viel. Statt sich zu fügen, desertierten sechs Bataillone, und ein Teil von ihnen lief zu Deuanes neutralistischer Fraktion über, was im Mai »zur Niederlage der Truppen Kong Les und zum Fall der Ebene der Tonkrüge« führte.28 Wie schon 1962 in Nam Tha zogen viele Truppen sich zurück und sprachen von einer Inva­ sion durch nordvietnamesische und chinesische Kommunis­ ten, obwohl sie gar nicht direkt angegriffen worden waren.29 Ob nun amerikanische Berater vor Ort die Manöver der Rechten in Laos direkt oder indirekt förderten, kann dahin­ gestellt bleiben. Sicher ist jedoch, dass die unter großer An­ teilnahme der Öffentlichkeit in Washington geführte Diskus­ sion über Vietnam in diese Richtung wirkte. Anfang 1964 forderten viele Generäle Luftangriffe auf so genannte kom­ munistische Stützpunkte im Norden und auf den Ho-ChiMinh-Pfad in Laos. Das Ergebnis - und vielleicht auch die Absicht - von Sihos Putsch im April war es, den Weg für die Aufnahme dieser Bombenpolitik frei zu machen. Ein erstaunlicher Aspekt des Putsches vom 19. April ist die Tatsache, dass er einen Tag zuvor in der Bangkok Post und zwei Tage zuvor im taiwanesischen Radio angekündigt wurde.

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6 Als die nordvietnamesische Präsenz zunahm, begannen die Vereinigten Staaten im Mai 1964 auf Ersuchen der Königlich-Laotischen Regierung mit Luftaktionen zur Abwehr von Invasoren, die die laotische Neutralität verletzten.

Mit dieser wichtigen Feststellung wurde zum ersten Mal ein­ geräumt, dass die Vereinigten Staaten im Mai 1962 in Laos eine Kombattantenrolle übernahmen, und das zu einer Zeit, als die nordvietnamesische Armee sich noch auf eine unter­ stützende Rolle vergleichbar der von Air America be­ schränkte. (Die Vereinigten Staaten beschuldigten Nord­ vietnam erst am 29. Juni 1964 offiziell, gegen das Genfer Abkommen zu verstoßen.) Die Luftangriffe wurden anfangs von »zivilen« amerikanischen Air-America-Piloten geflogen, und zwar mit T-28-Kampfbombern, die in Thailand statio­ niert waren, aber laotische Kennzeichen trugen. Am 11. Juni 1964 griff einer dieser Bomber die chinesische Kultur- und Wirtschaftsmission in der Hauptstadt des Pathet Lao auf der Ebene der Tonkrüge an und tötete mindestens einen Chine­ sen. Die Vereinigten Staaten wiesen damals jede Verantwor­ tung von sich, obwohl das State Department zugab, dass auch thailändische Piloten die T-28-Bomber flogen und an den Angriffen beteiligt waren.30 Am 21. Mai 1964 gaben die Vereinigten Staaten erstmals zu, dass »unbewaffnete amerikanische Flugzeuge« Auf­ klärungsflüge über Laos durchführten. Außenminister Dean Rusk erklärte später, das sei im Rahmen des allgemeinen Hilfeersuchens Souvanna Phoumas geschehen, doch Sou­ vanna lehnte es in den folgenden drei Wochen ab, sich zu den Aufklärungsflügen zu äußern. Tatsächlich waren diese Flüge schon seit August 1962 regelmäßig durchgeführt worden. Neu war lediglich, dass Präsident Johnson Mitte Mai verfügt hatte, die Flugzeuge nicht mehr in großer, sondern nun in provozierend niedriger Höhe operieren zu lassen. Auf Drän­

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gen des Oberbefehlshabers der Seeoperationen genehmigte er außerdem, dass die Aufklärer von bewaffneten Kampfflug­ zeugen begleitet wurden. Diese Begleitmaschinen erhielten den Befehl, laotische Einrichtungen erst dann zu bombardie­ ren oder zu beschießen, wenn amerikanische Flugzeuge be­ schädigt worden waren.31 Als am 6. Juni eine RF-8 der Navy abgeschossen wurde, ordnete Johnson Vergeltungsschläge an. Darauf verlangte Souvanna Phouma, die Aufklärungs­ flüge unverzüglich einzustellen. Doch am 12. Juni kündigte er deren Fortsetzung an. Manche Beobachter zogen daraus den Schluss, dass Souvanna seit dem Putsch vom 19. April und dem Zusammenbruch der Neutralisten nicht mehr Herr im eigenen Hause war.32 Es war wohl diese widerwillige nachträgliche Billigung des Einsatzes bewaffneter Begleit­ flugzeuge, die Nixon meinte, als er sich auf ein »Ersuchen der Königlich-Laotischen Regierung« um Abwehrmaßnah­ men bezog. Es ist niemals erklärt worden, warum die Piloten der ame­ rikanischen Aufklärungsflugzeuge den Befehl erhielten, in geringer Höhe und mit niedriger Geschwindigkeit über Laos zu fliegen, obwohl sie mit ihrer modernen Ausrüstung sehr wohl in der Lage waren, auch aus größerer Höhe ebenso gute Aufnahmen zu schießen.33 Die Befehle zeugen offenbar von der Entschlossenheit mancher Vertreter der Air Force und der Navy, entweder die andere Seite durch die eigene demonstrative Präsenz unter Druck zu setzen oder eine brauchbare Provokation für die Bombardierung Nordviet­ nams zu erhalten, wie sie schließlich Anfang August der Zwischenfall im Golf von Tongking lieferte. Der Rückzug von der Ebene der Tonkrüge 1964 hatte zur Folge, was Phoumi 1962 mit dem Rückzug aus Nam Tha vergeblich zu erreichen versucht hatte: eine direkte bewaff­ nete Intervention der Vereinigten Staaten in Laos und die

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Abwehr einer neuen (diesmal von den Franzosen ausgehen­ den) Initiative zur Wiederherstellung des Friedens in Laos. Die Übereinstimmungen zwischen den beiden Rückzügen die willkürlichen Provokationen der Rechten, die Flucht vor irgendwelchen Angriffen und die unglaubwürdigen Berichte über eine Invasion chinesischer Kommunisten - werden von manchen Kommentatoren auf die mangelnde Disziplin der laotischen Streitkräfte zurückgeführt. Toye will diese Er­ klärung jedoch für 1962 nicht gelten lassen34, und es gibt beunruhigende Hinweise darauf, dass laotische und ame­ rikanische Falken 1964 immer noch gemeinsam auf eine weitere Amerikanisierung des Krieges hinarbeiteten. Den wichtigsten Hinweis darauf stellt wohl die Entsendung ame­ rikanischer Flugzeugträger in das Gebiet des Golfs von Tongking dar, von denen aus »Aufklärungsflüge« und Luft­ angriffe auf Laos geflogen werden sollten, obwohl die Air Force die neuen bewaffneten Flüge auch wie bisher schon aus Thailand hätte durchführen können. 7 Seit diese Regierung im Amt ist, hält der Druck der Nordvietnamesen an. Im vergangenen Frühjahr began­ nen die Nordvietnamesen einen Feldzug, der die könig­ liche Hauptstadt bedrohte und über die bis dahin von Kommunisten gehaltenen Gebiete hinausging. Ein Gegenangriff laotischer Streitkräfte, der den militä­ rischen Druck verringern und Nachschublinien zer­ schneiden sollte, überraschte den Feind undwar un­ erwartet erfolgreich, indem er ihn ... von der Ebene der Tonkrüge vertrieb.

Diese Erklärung lässt gerade die wichtigste Entwicklung der Nixon-Ära unerwähnt. Kurz nach November 1968 (als die Regierung die Bombardierung Nordvietnams unterbrach) begannen die Vereinigten Staaten, die bislang auf Vietnam und den Ho-Chi-Minh-Pfad im laotischen Pfannenstiel be­ schränkte Taktik massiver Bombardierungen auf das lao­

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tische Kampfgebiet auszudehnen. Die Luftangriffe in Laos wurden von 4.500 Einsätzen pro Monat (vor der Einstellung der Bombardierung Nordvietnams im November 1968) auf monatlich 20.000 Einsätze im Jahr 1970 gesteigert.35 Dieses Bombardement führte zur völligen Zerstörung vieler laotischer Städte, für die man anfangs fälschlich eine angeblich von den Vietnamesen verfolgte »Politik der ver­ brannten Erde« verantwortlich machte. Hinzu kam die Eva­ kuierung und offenbar zum Teil zwangsweise erfolgte Um­ siedlung von 500.000-600.000 Laoten. Das entsprach etwa einem Viertel der Gesamtbevölkerung.36 Angesichts dieser neuen Taktik gab man den von der CIA beratenen Hmong-Guerillas des Generals Vang Pao die Anweisung, sich lieber zurückzuziehen als eigene Verluste beim Versuch einer Verteidigung vorgeschobener Positionen hinzunehmen. Sie hatten eher die Aufgabe, den Feind in Ge­ fechte zu verwickeln und ihn dadurch den Angriffen der Luft­ waffe auszusetzen. Diese Taktik, sofern sie sich denn bewäh­ ren sollte, wollten die amerikanischen Generäle dann auch in Vietnam anwenden: Zermürbung des Gegners durch massive Luftangriffe statt des ernsthaften Versuchs, Territorien zu halten. Und sie wurde, wie das erste verdeckte militärische Engagement der Vereinigten Staaten acht Jahre zuvor, in einer Phase des Übergangs zwischen zwei Regierungen ein­ geführt. Im Dezember 1968 legte der Pathet Lao bei der Internationalen Kontrollkommission förmlichen Protest ein, weil amerikanische Flugzeuge vier oder fünf Mal so viele Bomben über Laos abwarfen wie zwei Monate zuvor.37 In Übereinstimmung mit der Anweisung, den Feind in Ge­ fechte zu verwickeln, aber eigene Verluste möglichst zu ver­ meiden, unternahmen Vang Paos Guerillas 1969 zwei spek­ takuläre Vorstöße in die vom Gegner gehaltene Ebene der Tonkrüge (einer davon bis knapp 50 Kilometer vor der nord­ vietnamesischen Grenze), um sich dann auf wichtige Außen­

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posten wie Xieng Khoumang und Ban Ban zurückzuziehen. Diese angesichts gegnerischer Vorstöße erfolgten Rückzüge wurden weithin publik gemacht und als Argumente für die amerikanische Eskalation benutzt. Die Regierung Nixon reagierte 1970 mit B-52-Luftangriffen. Im Gefolge der erweiterten Bombardierung wurde auch über verstärkte Bodenaktivitäten des Pathet Lao und der Nordvietnamesen berichtet. Die meisten Aktivitäten des Pathet Lao im Nordosten des Landes richteten sich jedoch nur gegen Hmong-Außenposten und deren Nachschub­ basen, insbesondere den vorgeschobenen Kommunikations­ posten Na Khang, der für die Allwetterbombardierung Nordvietnams benutzt wurde, und gegen die amerikanisch­ thailändische Basis in Muong Soui, von der aus man die Außenposten der Hmong versorgte. Am 25. August 1969 schrieb die New York Times: »Wenn Vang Vieng fällt ..., wird die laotische Regierung hinter die Waffenstillstandslinie von 1961 zurückgeschlagen sein.« Doch selbst Vang Vieng lag noch auf der Pathet-Lao-Seite dieser Linie. Es gibt beunruhigende Hinweise darauf, dass auch 1969 (wie schon 1962 und 1964) rechtsgerichtete Kreise mit Pro­ vokationen und Eskalationen bewusst versuchten, Souvanna Phoumas fortwährende Bemühungen um die Wiederherstel­ lung des Friedens und die Bildung einer Koalitionsregierung zu durchkreuzen. Im Mai 1969 traf Souvanna zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren mit dem nordvietnamesischen Botschafter (auf dessen Einladung) zusammen. Am 15. Mai bekundete er seine Zuversicht, das Laosproblem könne noch vor dem Ende des Vietnamkriegs gelöst werden. Er schlug eine schrittweise Reduzierung der Bombardierung gegen einen schrittweisen Rückzug der nordvietnamesischen Trup­ pen vor. Und in der Tat zogen sich vier Monate danach die Nordvietnamesen vollständig aus der Ebene der Tonkrüge zurück.

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Vier Tage nach diesem Treffen berichtete die New York Times, dass es mit dem Beginn der Regenzeit in Laos »plötz­ lich ruhig« geworden sei; der Druck des Pathet Lao habe nachgelassen. »Wo es noch Aktionen gibt, scheint die Initia­ tive von Regierungstruppen auszugehen.« Doch nur zwei Tage später wurde von »heftigen Kämpfen« auf der Ebene der Tonkrüge berichtet. Die von der CIA unterstützten Gue­ rillas des Vang Pao waren 20 Kilometer vor Xieng Khouang mit dem Feind zusammengestoßen. Am nächsten Tag er­ oberten seine Truppen das knapp 50 Kilometer von der nordvietnamesischen Grenze entfernte Ban Ban, »während laotische und amerikanische Bomber weiterhin verheerende Angriffe auf nordvietnamesische Soldaten und Nachschub­ linien in ganz Nordostlaos flogen«.38 Diese Chronologie erinnert an die deprimierende Abfolge der Ereignisse im Vietnamkrieg, bei der auf jede neue diplo­ matische Initiative statt der erhofften Verringerung der Kampfhandlungen stets weitere Eskalationen oder eine In­ tensivierung der Bombardierungen folgten.39 Anfang Februar 1970 überraschte Souvanna Phouma die diplomatische Gemeinschaft mit dem öffentlichen Angebot, nach Hanoi zu fahren und über ein Ende des Konflikts zu verhandeln ... Souvanna war, wie er sagte, bereit, einer Neu­ tralisierung der Ebene der Tonkrüge zuzustimmen ..., und ... versprach, seine Regierung werde hinsichtlich der Vorgänge auf dem Ho-Chi-Minh-Pfad »die Augen verschließen«.40

Am 17. Februar meldete Associated Press »einige der schwersten Luftangriffe, die jemals in Südostasien geflogen worden sind«, und am 19. Februar den »ersten massiven Luftangriff amerikanischer B-52-Bomber in der Ebene der Tonkrüge«. Am 22. Februar fütterte die Nachrichtenagentur die amerikanische Öffentlichkeit mit der üblichen panischen Geschichte, die seit der Scheinoffensive vom August 1959

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immer wieder aus Nordostlaos berichtet wurde. Vang Paos Guerillas seien durch einen »überwältigenden nordvietna­ mesischen Angriff von der Ebene der Tonkrüge gefegt wor­ den ... Ein Drittel ihrer Soldaten sind tot oder vermisst ... Die 1.500 in Xieng Khouang stationierten Regierunsgsolda­ ten wurden von 6.000 Nordvietnamesen mit Panzerunter­ stützung angegriffen.« In den nächsten Tagen folgten die üblichen Korrekturen: An dem Angriff seien nicht 6.000, sondern nur 400 Soldaten beteiligt gewesen, und die Verteidiger hätten sich »ohne grö­ ßere Feindberührung« zurückgezogen. Wieder einmal hatten offenbar maßlos übertriebene Berichte aus entlegenen Ge­ genden eine Friedensinitiative vereitelt und zu einer bedeu­ tenden Eskalation der Bombardierungen geführt.41 8 Wir bemühen uns vor allem, das Leben von Amerika­ nern und ihren vietnamesischen Verbündeten zu schüt­ zen, die durch die ständige Infiltration nordvietname­ sischer Truppen und den Nachschub auf dem Ho-ChiMinh-Pfad bedroht werden ... Heute stehen 67.000 nordvietnamesische Soldaten hier [in Laos]. Amerika­ nische Soldaten sind dort nicht. Hanoi wird von Laos nicht bedroht. Dem Land droht nur Gefahr, wenn seine Truppen die Grenze überschreiten.

Die ständige Unterstützung, Anleitung und Ermutigung der Hmong-Guerillas in Nordostlaos durch die CIA kann nicht mit dem Hinweis auf den Ho-Chi-Minh-Pfad gerechtfertigt werden. Schon ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der Ho-Chi-Minh-Pfad vom Mu-Gia-Pass durch den südlichen Teil des Pfannenstiels verläuft, 300 Kilometer von der Ebene der Tonkrüge entfernt. Die Hmong wurden ursprünglich von den Franzosen für paramilitärische Aktionen im heuti­ gen Nordvietnam ausgebildet, wo manche von ihnen noch viele Jahre nach dem Genfer Abkommen von 1954 operier­ ten, etwa bis zu der Zeit, als die französischen Offiziere von

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den Special Forces der CIA abgelöst wurden.42 Veteranen der Special Forces, die als »Zivilisten« im Dienst der CIA stan­ den, operierten gemeinsam mit den Hmong hinter den feind­ lichen Linien. Air America und später dann Continental Air Services hatten nie aufgehört, sie über ihre Luftbrücke zu versorgen. Hanoi war von diesen CIA-Aktivitäten jenseits der laoti­ schen Grenze tatsächlich unmittelbar bedroht. Befestigte Außenposten der Hmong in Pa Thi und Na Khang wurden zu vorgeschobenen Kommunikationsposten für die Allwet­ terbombardierung Nordvietnams ausgebaut.43 Am 12. No­ vember 1968 berichtete die Far Eastern Economic Review von Beweisen dafür, dass »amerikanische Flugzeuge, darun­ ter auch Jets, von einer geheimen Basis in Nordlaos ..., knapp 80 Kilometer von der nordvietnamesischen Grenze entfernt, operieren«. Die Zähigkeit, mit der die CIA an Bodenoperationen hin­ ter den feindlichen Linien in Nordostlaos festhielt oder die Umwandlung der Ebene der Tonkrüge in eine evakuierte Zone betrieb, in der der die F-4-, F-105- und B-52-Maschi­ nen nach Belieben zuschlagen konnten, lässt sich allenfalls als Teil einer »Vorwärtsstrategie« begreifen, die Nordviet­ nam daran erinnern sollte, dass die Vereinigten Staaten die Bormbardierung des Landes jederzeit wieder aufnehmen konnten. Die Regierung Nixon hoffte tatsächlich, die Eska­ lation in Laos als Mittel zur Durchsetzung ihrer Friedens­ vorstellungen für Vietnam einsetzen zu können. Die von den Geheimdiensten für 1970 behauptete Trup­ penstärke von 67.000 Nordvietnamesen in Laos stellte selbst eine deutliche »Eskalation« gegenüber der nur einen Monat zuvor vom Pentagon angegebenen Zahl von 50.000 dar.44 Das erinnert an eine ähnliche »Eskalation« der für Südviet­ nam 1965 geschätzten Größenordnung infiltrierter Soldaten. Die damals gemachten Angaben über die Anwesenheit regu­

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lärer nordvietnamischer Truppen in Südvietnam in Batail­ lons- oder sogar Divisionsstärke wurden nur sechs Monate später stillschweigend von keiner geringeren Autorität als dem Verteidigungsminister Robert McNamara revidiert.45 Aber da war es natürlich zu spät. Die regelmäßige Bombar­ dierung Nord- und Südvietnams hatte bereits begonnen; die vollständige »Amerikanisierung« des Vietnamkriegs war Realität. Nixons Laos-Erklärung war ein alarmierendes Dokument - gar nicht einmal wegen der falschen Tatsachenbehauptun­ gen, sondern wegen der möglichen Folgen. In der detaillier­ ten Aufzählung von Ereignissen, über die nur wenige Be­ scheid wussten, ähnelte es dem Vietnam-Weißbuch des State Department vom Februar 1965. Das Weißbuch, das sich gleichfalls in weiten Teilen auf »Schätzungen« der Geheim­ dienste stützte, war nicht Ausdruck eines echten Bemühens, die wahren Entwicklungen der Vergangenheit zu verstehen. Vielmehr war es der unheilvolle Vorbote einer neuen Strate­ gie, die den Amerikanern durch einen massiven Luftkrieg den Sieg bringen sollte, ein Dokument, das nicht für seriöse Kenner Südostasiens bestimmt war (die es rasch durchschau­ ten), sondern für die »schweigende Mehrheit« dieser Zeit. Die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere bestätigte die Doppelrolle der Geheimdienstdokumente, die schließlich 1961 und 1965 als Weißbücher des State Department pub­ liziert wurden. In beiden Fällen stärkten die Dokumente zunächst die Position der Befürworter einer Eskalation inner­ halb der Staatsbürokratie, um dann später als Teil eines sorg­ fältig inszenierten Eskalationsszenarios Verwendung zu fin­ den.46 Nicht nur die öffentliche Meinung, sondern auch der bürokratische Entscheidungsprozess wurde durch die in bei­ den Dokumenten enthaltene übertriebene Darstellung einer nordvietnamesischen Intervention unheilvoll beeinflusst. Mit seinen übertriebenen Angaben über das Ausmaß der

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nordvietnamesischen Infiltration in der Erklärung von Key Biscayne hat Nixon ganz offenbar dasselbe dubiose Doppel­ spiel gespielt: Die in jüngster Zeit verstärkten militärischen Anstrengungen Hanois in Laos bedeuten eine erhebliche Eskalation. In den letzten Monaten sind weitere 13.000 Soldaten nach Laos ein­ gedrungen, sodass die Gesamtzahl auf über 67.000 gestiegen ist. Dreißig nordvietnamesische Bataillone aus regulären Divisionen beteiligen sich an dem gegenwärtigen Feldzug auf der Ebene der Tonkrüge mit Panzern, gepanzerten Fahr­ zeugen und weitreichender Artillerie.

Doch es ist sehr unwahrscheinlich, dass 30 nordvietname­ sische Bataillone (etwa 9.000 Soldaten) sich an einem Feld­ zug beteiligten, an dem (wie wir gesehen haben) nur 400 Sol­ daten teilnahmen, die in der Mehrzahl dem einheimischen Pathet Lao angehörten. Die Zahl 400, die durchaus typisch für Operationen des Pathet Lao war, wurde später aus Krei­ sen der amerikanischen Botschaft in Vientiane bestätigt. Französische und laotische Offizielle in Vientiane schätzten die Gesamtzahl der Mitte 1970 im Land befindlichen Nord­ vietnamesen auf 30.000 bis 35.000, von denen mindestens 60 Prozent mit der Instandhaltung des Ho-Chi-Minh- und des Sihanouk-Pfades beschäftigt waren und fünf bis zehn Prozent in der Reserve gehalten wurden. Da mindestens die Hälfte (nach Meinung des britischen Militärattaches 75 Pro­ zent) der restlichen Soldaten mit Nachschubaufgaben be­ traut waren, blieben danach nur etwa 5.000 nordvietname­ sische Soldaten, die tatsächlich als Kampftruppen zur Verfügung standen.47 Die Zahl der in Laos befindlichen nordvietnamesischen Kampftruppen entsprach etwa den 4.800 irregulären thai­ ländischen Soldaten, die nach Schätzung von Senator Ful­ bright unter Führung der CIA in Laos kämpften, und blieb

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deutlich unter den insgesamt 30.000 Söldnern, die von der CIA in Laos eingesetzt wurden. Die in Key Biscayne genann­ ten Zahlen, die Anfang 1970 zusammengestellt wurden also zur selben Zeit, als der Pathet Lao seinen wichtigen Fünf-Punkte-Plan für den Frieden vorlegte -, erweisen sich in diesem Zusammenhang als konstruierte Argumente für die Fortsetzung des größten verdeckten Krieges, den die Ver­ einigten Staaten jemals geführt haben. Sie wurden vorgetra­ gen von denselben Geheimdienstkreisen, die für diesen Krieg verantwortlich waren. In Laos - wie wenig später auch in Kambodscha - bildete die Manipulation der Geheimdienstin­ formationen den Schlüssel für die Manipulation der Politik.

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In zwei neueren Studien des Australiers David P. Chandler und der Französin Marie Alexandrine Martin werden die internen Gründe für den Zusammenbruch Kambodschas in den 70er Jahren ausgezeichnet analysiert.1 Doch beide Bücher unterschätzen oder ignorieren externe Faktoren wie die verdeckten Interventionen von Amerikanern Japanern und Indonesiern, Und keines der beiden Bücher behandelt die mittlerweile bewiesene Verwicklung des militärischen Geheimdienstes der Vereinigten Staaten in den Sturz der kambodschanischen Regierung,2 Unocal besitzt heute mindestens drei Konzessionen in dem zu Thailand bzw, Kambodscha gehörigen Teil des Golfs von Thailand, die gemeinsam mit der japanischen Mitsui Oil Ex­ ploration Company gehalten werden. Die älteste dieser Kon­ zessionen, Gas Sale Agreement No, 1, geht auf den 1. März 1972 zurück, als Richard Nixon noch erfolgreich General Lon Nol in Phnom Penh an der Macht hielt. Eine weitere Konzession, die von Chevron gemeinsam mit der British Gas Asia, Inc. gehalten wird, stammt vom 8. März 1972.3 Als Kambodscha 1995 erstmals drei Offshore-Blocks in der Nähe von Sihanoukville zur Versteigerung anbot, soll Unocal zu den 17 Firmen gehört haben, die daran Interesse zeigten.4 Zwei Jahre später wurde der Streit zwischen Thai­ land, Kambodscha und Vietnam um die Aufteilung des Off­ shore-Bereichs schließlich beigelegt. Man erklärte: »Nach Jahrzehnten des Wartens hofft Unocal Thailand nun, im nächsten Jahr mit der Exploration eines Gebiets beginnen zu

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können das ihr 1968 von der thailändischen Regierung zugestanden wurde.«5 * * *

Hinweise in den Pentagon-Papieren rechtfertigen es, den ge­ heimen amerikanischen Luft- und Bodenoperationen in Kambodscha, die schon vor Nixons Beschluss zur Invasion des Landes stattfanden, größeres Gewicht beizumessen.6 Unter der nominellen Führung Prinz Sihanouks entwi­ ckelte sich in Kambodscha eine nicht zu bestreitende Krise. Im Rückblick wird deutlich, dass Sihanouks Bemühungen um die Aufrechterhaltung einer neutralistischen Position aus wirtschaftlichen wie auch strategischen Gründen immer hoffnungsloser und anachronistischer wurden. Lon Nols Putsch vom März 19707, der den Weg für die amerikanische und südvietnamesische Invasion frei machte, war nur der letzte und sichtbarste Schritt einer Verschiebung der Macht­ verhältnisse nach rechts, die drei Jahre zuvor begonnen hatte. Der Grund lag in dem Druck, der zum Teil auf die sich ständig verschlechternde wirtschaftliche Lage zurückging. In den letzten Jahren war die kambodschanische Wirtschaft wachsenden Belastungen ausgesetzt. Kambodscha war in außergewöhnlichem Maße abhängig von Importen [sowohl von Waren des alltäglichen Konsums ... als auch von Investitionsgütern]. Die dafür gelie­ ferten Exportgüter waren Kautschuk und Reis. Doch der Überschuss aus diesen Exporten war nie so groß, dass er das Importvolumen des Landes hätte aufwiegen können. Bis 1963 wurde dieser Bedarf weitgehend durch amerikanische Wirtschafts- und Militärhilfe gedeckt. Als Sihanouk 1963 auf die amerikanische Hilfe verzichtete, um sich dem Druck aus Washington zu entziehen, wurde der Dollarstrom unter­ brochen, was seit 1964 zu einem wachsenden Zahlungs­ bilanzdefizit führte.8

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Im Herbst 1967 war Sihanouk gezwungen, sich der von den Vereinigten Staaten beherrschten Weltbank, dem Inter­ nationalen Währungsfonds und der Asiatischen Entwick­ lungsbank anzunähern, die jede Aussicht auf Hilfe von der Beendigung seiner Versuche zur Schaffung eines »buddhisti­ schen Sozialismus« und zur Verstaatlichung des Exporthan­ dels abhängig machten. In diesem Zusammenhang rückte Sihanouk nach rechts und erhöhte zunehmend den Druck auf die Truppen der Roten Khmer und der Nationalen Befrei­ ungsfront. Im August 1969 bildete Sihanouk eine neue Re­ gierung unter Führung Lon Nols und Sirik Mataks, der bei­ den Männer, die ihn bald stürzen sollten. Im Juni 1969 nahm Sihanouk die diplomatischen Beziehungen zu den Vereinig­ ten Staaten wieder auf. Die amerikanische Botschaft, die man 1959 auf frischer Tat bei einem gegen Sihanouk gerichteten Komplott ertappt hatte, durfte ihre Tore wieder öffnen. Politische und ökonomische Probleme sorgten in Wa­ shington dafür, dass strategische Argumente der Joint Chiefs of Staff für eine Ausdehnung des Krieges auf Kambodscha größeres Gewicht erhielten. Verteidigungsminister Melvin Laird, der nach den damaligen Maßstäben als »Falke« gelten musste, sah sich 1969 und 1970 zunehmend umgangen und übergangen von militärischen Forderungen nach einer Eska­ lation des Krieges. Der Grund lag im Weißen Haus. Ein Prä­ sident, der gerade erst wegen eines Friedensprogramms ge­ wählt worden war, erwies sich als hochgradig empfänglich für militärische Vorschläge, die eine rasche Beendigung des Krieges versprachen - empfänglicher jedenfalls als ein Ver­ teidigungsminister, der eine Schwächung der geostrate­ gischen Position Amerikas befürchtete. Nixon und sein Außenminister Henry Kissinger begannen, über Lairds Kopf hinweg mit den Joint Chiefs zu verhandeln. Zur Zeit der Präsidentenwahl 1968 galt die Aufmerksam­ keit der großen amerikanischen Ölgesellschaften den mög­

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lichen Ölvorkommen vor der Küste Kambodschas. Die ers­ ten geologischen Untersuchungen des Küstengebiets hatten in den 50er Jahren Wissenschaftler aus der Volksrepublik China vorgenommen. In der Folge unternahm eine franzö­ sische Firma 1971 eine erste Probebohrung, die allerdings erfolglos blieb.9 Im September 1967 hatten sechs Ölgesell­ schaften (fünf davon aus Amerika) Konzessionen in den thailändischen Küstengewässern erhalten. Dadurch wurde es immer dringlicher, die ungelösten Grenzstreitigkeiten zwi­ schen Thailand und Kambodscha in diesem Küstengebiet beizulegen.10 Im Gefolge der 1957 begonnenen, von der U.S. Navy ge­ förderten hydrographischen und geomagnetischen Unter­ suchungen wurde im November und Dezember 1968 in der Umgebung der im Süden Kambodschas gelegenen südviet­ namesischen Insel Poulo Panjang eine letzte »hochgradig er­ folgreiche« Erdölexploration vorgenommen.11 Diese Unter­ suchung war zwar im Auftrag der United Nations Economic Commission for Asia and the Far East (ECAFE) durch­ geführt worden, aber offizielle Dokumente belegen, obwohl das State Department dies bestritt, dass die technische Hilfe für diese Untersuchungen überwiegend vom U.S. Naval Oceanographic Office (NAVOCEANO) kam.12 Die Erdöluntersuchung in der Umgebung der Insel Poulo Panjang erfolgte in einem Gebiet nahe der kambodscha­ nischen Küste und berührte daher die ungelösten Grenzstrei­ tigkeiten zwischen beiden Ländern um einige der Küste vor­ gelagerte Inseln. Außerdem lag das Gebiet in der Nähe einer Esso-Konzession nordöstlich von Malaysia, in der nach da­ mals umlaufenden Gerüchten bereits Öl gefunden worden war.13 Das mag erklären, warum die ECAFE schon vor Juni 1967 beschloss, »eine umfassende regionale Untersuchung des nordöstlichen Teils des Sundashelfs in Südostasien, ein­ schließlich des Golfs von Thailand und der benachbarten

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Offshore-Gebiete Kambodschas und der Republik Südviet­ nam«, vorzunehmen14, obwohl Kambodscha damals gar nicht der ECAFE angehörte und höchstwahrscheinlich auch nicht gefragt wurde. Jedenfalls besaß Ende 1970, als Lon Nols Regime nicht mehr ohne verstärkte amerikanische Hilfe überleben zu können schien, die »Union Oil of Cali­ fornia ... eine Konzession für das gesamte kambodschani­ sche Erdöl und einen großen Teil der ehemals französischen Offshore-Konzession«.15 Das komplexe Bild vielfältiger ökonomischer und poli­ tischer Faktoren wird sehr viel klarer, wenn wir uns die ge­ heimen amerikanischen Militäraktionen und Geheimdienst­ operationen dieser Zeit genauer ansehen. So wurde die kambodschanische Zahlungsbilanzkrise, die Sihanouk zwang, seinen innenpolitischen Gegnern an die Macht zu verhelfen und neue Beziehungen zur einer feindse­ ligen amerikanischen Staatsbürokratie aufzunehmen, durch geheime amerikanische Operationen beträchtlich beschleu­ nigt. Schon seit 1964, besonders intensiv aber im April und Mai 1969, entlaubten amerikanische Flugzeuge von Südviet­ nam aus systematisch ein Drittel der in französischem Besitz befindlichen Gummiplantagen in Kambodscha und zerstör­ ten damit die Haupteinnahmequelle des Landes. Zwar be­ hauptete das Verteidigungsministerium anfangs, die Planta­ gen seien nicht absichtlich besprüht worden, aber für eine Gruppe amerikanischer Biologen, die vor Ort recherchier­ ten, erwies sich diese Behauptung als unglaubwürdig. Die Tatsache, dass Gummiplantagen (die aus der Luft leicht zu erkennen sind) so schwer getroffen wurden (ein Drittel dieses wichtigen kambodschanischen Produkts), legt den Ge­ danken an eine Strafaktion seitens der Vereinigten Staaten nahe. Dass amerikanische Piloten, wie man uns sagte, in Süd­ vietnam den ständigen Befehl haben, Gummiplantagen von ihren Sprühaktionen auszunehmen, bestätigt nur die Hypo­

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these, dass es sich in diesem Fall um eine absichtliche Aktion handelte.16

Die Biologen gelangten zu dem Schluss, dass die kurz vor Be­ ginn der Wachstumsperiode durchgeführte Sprühaktion in manchen Gebieten bis zu 80 Prozent der Bäume geschädigt und 1969 zu einem ökonomischen Verlust von 11 Mio. Dol­ lar beim Kautschuk sowie von weiteren 1,2 Mio. Dollar bei anderen landwirtschaftlichen Produkten geführt hatte. Diese Verluste entsprachen mehr als der Hälfte des gesamten kam­ bodschanischen Exports im Jahr 1968 (insgesamt 22,9 Mio. Dollar), an dem der Kautschuk einen Anteil von 64 Prozent (oder 14,6 Mio. Dollar) hatte.17 Die daraus folgende Wirt­ schaftskrise (samt einem Haushaltsdefizit von 20 Mio. Dol­ lar) veranlasste Sihanouk im Juli und August 1969, öffent­ lich in Erwägung zu ziehen, direkte amerikanische Hilfe anzunehmen und von seinem Amt zurückzutreten.18 Nach der Befragung durch einen außenpolitischen Unter­ ausschuss des Repräsentantenhauses erklärte Thomas R. Pickering vom State Department schriftlich, »dass der größte Teil der Schäden durch den absichtlichen, direkten Flug über die Gummiplantagen verursacht wurde«.19 Er behauptete je­ doch: »Es waren keine US-Missionen mit Ziel Kambodscha beteiligt, und die Ermittler konnten nicht feststellen, dass US-Flugzeuge direkt an Sprühaktionen in diesem Gebiet be­ teiligt gewesen wären.« Wie schon bei den amerikanischen Geheimoperationen 1959 und 1967 in Kambodscha sollte die Öffentlichkeit den Schluss ziehen, eine andere Regierung, wahrscheinlich die südvietnamesische, trage die Verantwortung. Doch dieses Argument taugt kaum für ein Entlaubungsprogramm, das schon acht Jahre zuvor begonnen hatte, also zu einer Zeit, als die Maschinen der rudimentären südvietnamesischen Luftwaffe noch weitgehend von amerikanischen Piloten ge­

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flogen wurden. Es gibt auch die Möglichkeit, dass Flugzeuge und Piloten von Air America die Aktion durchführten, denn Vertreter dieser Fluggesellschaft haben zugegeben, dass sie an umfangreichen Entlaubungsprogrammen gegen aufstän­ dische Gebiete in Thailand beteiligt waren, und amerikani­ sche Offizielle verfallen gern auf das Argument, dass die in Taiwan, Thailand oder Südvietnam stationierten Maschinen von Air America keine »US-Flugzeuge« seien.20 Die Verantwortung der Vereinigten Staaten für den wiederholten Einsatz ihrer Entlaubungsmittel im Rahmen internationaler Aggressionen lässt sich nicht bestreiten. Schon vor der Invasion erschien in der maßgeblichen Far Eastern Economic Review ein Artikel, wonach »Henry Kissinger und Nixon im vergangenen Frühjahr (April-Mai 1969) ... Bombenangriffe auf kommunistische Stützpunkte in Kambodscha anordneten«.21 Mit anderen Worten: Der Berater, der als Vorsitzender der Special Action Group des Nationalen Sicherheitsrats ein Jahr später maßgeblich an dem Geheimbeschluss zur Invasion in Kambodscha beteiligt war, hatte für die beiden Monate des geheimen Entlaubungs­ programms Angriffe auf Kambodscha angeordnet. Die geheimen Operationen, die Präsident Nixon in sei­ nem ersten Amtsjahr gegen Kambodscha durchführen ließ, gehören zu einer ganzen Reihe von Aktionen, die bis in seine Zeit als Vizepräsident zurückreichen. 1958 und 1959 unter­ stützte die CIA mit Geld, Ausrüstung und Beratern die kurze militärische Erhebung der Khmer Serei, deren halbvietname­ sischer politischer Führer Son Ngoc Thanh unter den Japa­ nern kambodschanischer Premierminister gewesen war. Um die Verwicklung der CIA in den Aufstand zu beweisen, soll Sihanouk darauf verwiesen haben, dass ein politischer Be­ amter der amerikanischen Botschaft, Victor Masao Matsui, sich im Hauptquartier der Khmer-Serei-Rebellen aufgehalten habe. Soweit ich weiß, wurde diese Tatsache in der amerika­

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nischen Presse erst elf Jahre später erwähnt: »Südvietname­ sische Undercover-Agenten, die den Aufstand geleitet hatten, erklärten später, Matsui sei nur zufällig dort gewesen. Sie enthüllten jedoch, dass die CIA die Operation finanziert hatte.«22 Matsuis Anwesenheit erscheint weniger zufällig, wenn wir erfahren, dass er zwölf Jahre lang der U.S. Army angehörte, bevor er als »politischer Beamter« an die Bot­ schaft in Kambodscha kam. Während der 60er Jahre benutzte die CIA in Saigon auch weiterhin ihre Kontakte zu Son Ngoc Thanh und den Khmer Serei auf dreierlei Weise: für die Sammlung geheimdienst­ licher Informationen, für Sonderaufträge in Kambodscha so­ wie für die Rekrutierung und Ausbildung paramilitärischer Kräfte aus der großen Khmer-Minderheit in den südviet­ namesischen Provinzen des Mekongdeltas.23 Die meisten die­ ser Leute gehörten zu den bewaffneten Banditen der Khmer Kampuchea Krom (KKK), von denen Robin Moore in sei­ nem Buch The Green Berets ein wenig schmeichelhaftes Bild gezeichnet hat. Die von amerikanischen Special Forces, von Khmer Serei und später von thailändischen Offizieren in Thailand ausgebildeten Soldaten wurden Teil der Civilian Ir­ regular Defense Groups (CIDG), der aus ethnischen Minder­ heiten rekrutierten »Mike Force«, die neben den amerikani­ schen Green Berets und den gegen Nordvietnam eingesetzten 34-A-Operationsgruppen von der in Saigon angesiedelten Studies and Operations Group (SOG oder MACSOG) kon­ trolliert wurde. Die SOG unterstand ihrerseits theoretisch den Generälen William C. Westmoreland und Creighton Ab­ rams (COMUSMACV), in der Praxis aber wurde sie von der CIA geführt. 1969 erhielt die amerikanische Öffentlichkeit einen Hin­ weis auf die tiefe Spaltung innerhalb des Militärs wie auch der Geheimdienste im Gefolge zweier Mordskandale bei den Green Berets. Die zwei ermordeten Agenten hatten beide in

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Kambodscha gearbeitet und mindestens einer von ihnen, In­ chin Hai Lam, war Mitglied der Khmer Serei gewesen. Kurz vor Sihanouks Sturz enthüllte die New York Times in einem Artikel, wie sich die Vereinigten Staaten der Khmer Serei be­ dient hatten, einer Organisation, »die auf den Sturz der rechtmäßigen Regierung Kambodschas hinarbeitete und 1967 Geheimaufträge in diesem Land ausführte.24 1967 erneuerte Sihanouk seinen Vorwurf, dass die CIA immer noch (wie schon 1959) gegen ihn konspirierte und die Aktivitäten der Khmer Serei vor allem an der thailändischen Grenze deutlich zunähmen.25 Seine Vorwürfe wurden später bestätigt: Ein Offizier der Green Berets behauptet, 1967 an einer gehei­ men Mission teilgenommen zu haben, deren Ziel der Sturz des kambodschanischen Prinzen Norodom Sihanouk gewe­ sen sei ... Capt. John McCarthy ... erklärte, die Geheim­ operation in Kambodscha sei von Vietnam aus von der CIA geleitet worden ... An der Mission mit dem Decknamen »Operation Cherry« nahmen McCarthy als UndercoverAgent und Mitglieder der Khmer Serei teil.26

Nach demselben Bericht in der New York Times gab es Quellen, die behaupteten, »dass mehrere hundert ehemalige Mitglieder [der Khmer Serei] in Kambodscha ihre Loyalität [gegenüber der Sihanouk-Regierung] bekundeten«. Das war 1967, als Lon Nol für kurze Zeit Premierminister war, aber es gibt Hinweise, wonach die Khmer Serei ihre Identität, ihren militanten Widerstand gegen linke Elemente in der Sihanouk-Koalition und ihre Verbindungen zu amerikani­ schen Geheimdienstkreisen beibehielten. Von den Geheim­ diensten blieb zumindest die Defense Intelligence Agency (DIA) auch dann noch in Phnom Penh, als die Vereinigten Staaten die diplomatischen Beziehungen zu Kambodscha abgebrochen und ihr Personal offiziell abgezogen hatten.27

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Der australische Journalist Wilfred Burchett hat behaup­ tet, dass die gewalttätigen Ereignisse im Umfeld des Sihanouk-Sturzes - die geplanten Angriffe auf die Botschaften Nordvietnams und der Provisorischen Revolutionsregierung vom 11. März und die nachfolgenden Massaker an viet­ namesischstämmigen Zivilisten in Kambodscha - sämtlich unter Führung der von der CIA ausgebildeten Khmer Serei stattfanden.28 In den Wochen und Monaten nach dem Putsch vom 18. März 1970 wurde klar, dass die zuverlässigsten Kader der kambodschanischen Armee die von den Khmer Serei und den Green Berets in Südvietnam rekrutierten und ausgebildeten Einheiten waren.29 Obwohl die Mehrzahl die­ ser Einheiten erst nach dem Putsch nach Kambodscha ver­ legt wurde, verleiht ihre zentrale Rolle dieser Hypothese Glaubwürdigkeit. Dasselbe gilt für die beispiellosen und un­ erklärten »Demonstrationen vom 8. und 9. März ... in der Ostprovinz Svay Rieng, bei denen Dörfler [sic] mit Unter­ stützung durch kambodschanische Truppen Waffen von viet­ namesischen Guerillas erbeuteten«.30 Dabei muss es sich schon um gut ausgebildete Dörfler ge­ handelt haben, wenn sie ohne amerikanische Luftunterstüt­ zung erreichten, was selbst den besten kambodschanischen Einheiten später nicht mehr gelang. Dem folgte am 15. März, drei Tage vor dem Putsch, die erste öffentlich angekündigte und durchgeführte gemeinsame Operation kambodscha­ nischer und südvietnamesischer Truppen.31 Angesichts des traditionellen Misstrauens zwischen den beiden Ländern scheint es wahrscheinlich, dass hier spezielle Kader der Khmer Serei aus Südvietnam eingesetzt wurden. Die besondere Beziehung zwischen Lon Nols Armee und den KKK-Einheiten in deren Zentrum legt den Schluss nahe, dass amerikanische Geheimdienste nicht nur beim Putsch selbst, sondern auch bei der nachfolgenden »Provokations­ strategie« im Spiel waren. Nach einer Reihe hoffnungsloser

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Angriffe auf größere und überlegene gegnerische Kräfte folgte die offizielle amerikanische Intervention. Die Betei­ ligung amerikanischer Geheimdienste, insbesondere des pa­ ramilitärischen Personals der SOG und der CIA, bedeutet nicht, dass die kambodschanische Geschichte des Jahres 1970 einem Masterplan folgte, der in der CIA-Zentrale ent­ standen ist. Neben den Geheimdiensten der Vereinigten Staaten, Thailands und Südvietnams waren auch geheim­ dienstähnliche Strukturen anderer Länder am Sturz der Re­ gierung Sihanouks beteiligt. Sihanouk selbst hat behauptet, ein großer Teil des Kom­ plotts sei zwischen Prinz Sirik Matak (einem der Putschisten, der damals Botschafter in Tokio war), Song Sak (einem Khmer-Serei-Führer und angeblichen CIA-Agenten, der 1964 mit zehn Mio. Dollar aus Phnom Penh geflüchtet war) und CIA-Leuten in Japan geschmiedet worden.32 Le Monde diplomatique verweist auf Kontakte eines dritten Putschisten zu »japanischen Geheimgesellschaften, die von der CIA ma­ nipuliert wurden«.33 Und Son Ngoc Thanh selbst verdankte seinen Einfluss zu einem großen Teil den drei Jahren, die er während des Zweiten Weltkriegs in Japan verbrachte. Dieser Zusammenarbeit der CIA mit japanischen Geheimgesell­ schaften in Kambodscha im März 1972 folgte die Gewäh­ rung einer gemeinsamen Konzession in den thailändisch­ kambodschanischen Küstengewässern an Union Oil of California und die Mitsui Oil Exploration Company. Noch direkter in den Putsch verwickelt war nach einem Bericht in Newsweek General Suhartos Indonesien, obwohl später der Verdacht geäußert wurde, dass Indonesien in Kambodscha nur als Strohmann für Japan agierte:34 Eine Gruppe kambodschanischer Offiziere besuchte im No­ vember letzten Jahres [1969] und nochmals im Januar heim­ lich Indonesien, um genau zu studieren, wie die indonesische

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Armee es [1965] geschafft hatte, Präsident Sukarno abzuset­ zen. Manche Indonesier behaupten, dadurch habe Djakarta im Voraus von dem Putsch des kambodschanischen Generals Lon Nol gegen Prinz Sihanouk im März dieses Jahres erfah­ ren. So erklärt sich auch das rasche Angebot Indonesiens, Lon Nol Truppen zu schicken.35

Schon wenige Tage nach dem Putsch trafen in Phnom Penh indonesische »Experten« für psychologische Kriegsführung ein. Sie betätigten sich als »Berater« bei der fremdenfeind­ lichen antikommunistischen Kampagne gegen die vietname­ sischstämmige Bevölkerung, die zu den auffälligsten Über­ einstimmungen zwischen dem indonesischen und dem kambodschanischen Putsch gehört.36 Diese zusätzlichen externen Faktoren begünstigten die Inthronisation eines repressiven Regimes, für das die Ver­ einigten Staaten und ihre Geheimdienste nicht allein die Verantwortung tragen. Die zentrale koordinierende Rolle amerikanischer Geheimdienste und insbesondere jener para­ militärischen Fraktion innerhalb der CIA, die der Öffentlich­ keit durch die Operationen der CAT bzw. der Air America bekannt geworden ist, steht dennoch außer Frage.37 Bei dem indonesischen Putschversuch 1958 sorgte die CAT für eine »vollständige und taktische Luftunterstützung«.38 Tony Poe, der legendäre technische Leiter der Air America, der sich von 1958 bis 1970 aktiv an Guerillaoperationen gegen Tibet und (in Laos) gegen Südchina beteiligte, soll auch mit den Khmer-Serei-Rebellen in Südwestkambodscha zusammen­ gearbeitet haben.39 Und schließlich arbeitet Air America in Südostasien auch für große Ölgesellschaften40, von denen viele eigene »Geheimdienstnetze« unterhalten, deren Perso­ nal meist aus CIA-Veteranen besteht. Wie der rechtsgerichtete Staatsstreich im Januar 1964 in Saigon und im April 1964 in Laos wäre auch der Lon-NolPutsch 1970 kontraproduktiv gewesen, hätte er nicht zu

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einem verstärkten amerikanischen Engagement geführt. 1964 standen am Anfang amerikanische Geheimoperatio­ nen, im Februar 1964 34-A-Operationen gegen Nordviet­ nam, im April und Mai in Laos Bombenangriffe mit T-28Maschinen, die von Thais und Air-America-Piloten geflogen wurden. In beiden Fällen vermochten diese militärischen Provokationen die Position der Amerikaner zwar nicht zu verbessern, aber sie verschärften den Konflikt in einer Weise, die zum ersten offenen Einsatz amerikanischer Streitkräfte führte.41 Der Zusammenfall der ersten geheimen T-28- und 34-A-Angriffe auf Nordvietnam und die Provokation des Zwischenfalls im Golf von Tongking zeigen, dass die Eskala­ tion gewollt war. Aus den Pentagon-Papieren geht hervor, dass die Falken auf die Unterstützung des CIA-Direktors John A. McCone zählen konnten42, aber wichtige Kabinettsmitglieder über ihre Pläne im Unklaren ließen. Vor allem Verteidigungs­ minister McNamara behauptete, von den 34-A-Operationen, die während der elektronischen Aufklärungsmission der USS Maddox durchgeführt wurden, nichts gewusst zu haben, selbst als er für den 5. August den Befehl zur Bom­ bardierung Nordvietnams gab. Später konnte ein Vertreter des State Department nur berichten, dass die T-28-Bomben­ angriffe vom 1. und 2. August »wahrscheinlich« stattgefun­ den hätten, was McNamara noch immer bestritt.43 So kam auch die offene amerikanische Intervention 1970 in Kambodscha nur nach Intrigen, Heimlichtuereien und Täuschungsmanövern innerhalb der riesigen Staatsbüro­ kratie zustande, obwohl sie unerlässlich war, wenn die seit Monaten durchgeführten Geheimoperationen nicht zu­ sammenbrechen sollten. Der einzige wichtige Unterschied zu 1964 betraf offenbar die Rolle des CIA-Direktors. 1964 be­ saß der nur kurze Zeit amtierende John A. McCone, einer der schärfsten Falken in Washington, Aktien im Wert von

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einer Mio. Dollar der Standard Oil of California, einer der zwei größten amerikanischen Ölgesellschaften in Indonesien und Südostasien, deren Tochtergesellschaft Caltex 70 Pro­ zent der Ölförderung auf Sumatra kontrollierte. Sein Nach­ folger Richard Helms dagegen war ein Karrierebeamter ohne besondere ökonomische Interessen am Fernen Osten. Wie schon anderen umstrittenen Eskalationen des Indo­ chinakriegs, so ging auch der Invasion Kambodschas 1970 ein »Geheimdienstkrieg« voraus. Dabei wurde eine eigent­ lich politische Debatte als vermeintlich sachlicher Streit über die sich verschlechternde Lage in Kambodscha und deren Bedeutung für die amerikanischen Aussichten in Vietnam geführt. Im Kern ging es um den Wahrheitsgehalt zweier Aussagen, die Nixon schließlich in seine Erklärung zur In­ vasion vom 30. April aufnahm: 1. In den so genannten kambodschanischen Rückzugsgebieten liege das COSVN (Central Office for South Vietnam), also das »Hauptquar­ tier für sämtliche militärischen Operationen der Kommu­ nisten in Südvietnam«. 2. Der Feind ziehe »seine Haupt­ streitmacht in diesen Rückzugsgebieten zusammen, um einen massiven Angriff auf unsere Truppen [in Südvietnam] vorzubereiten«.44 In der militärischen Phantasie des amerikanischen Gene­ ralstabs spielte das COSVN offenbar die Schlüsselrolle in einem Agententhriller nach Art der James-Bond-Filme: »In der Nähe der Stadt Memot [Mimot] ... sollen sich in ver­ stärkten Betonbunkern, die fünf bis sieben Meter unter dem Dschungelboden liegen, an die 5.000 Mann aufhalten, dar­ unter zahlreiche Fernmeldespezialisten und Artillerie-Exper­ ten.«45 Andere »Geheimdienstanalysten« in Saigon erklärten dagegen, das COSVN sei »kein statischer Ort«, sondern eine »mobile Gruppe von Leuten ..., die selten öfter als eine Nacht im selben Bett schlafen«.46 Diese Analysten sagten korrekt voraus, dass man das COSVN nicht finden werde.

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Eine ähnliche Skepsis herrschte in der Bürokratie hin­ sichtlich angeblich abgefangener Dokumente aus »alliierten Geheimdienstquellen« über Pläne für eine »Reihe von An­ griffen in Südvietnam in der ersten Maiwoche«, die »ebenso heftig wie die der Tet-Offensive« sein sollten. Nur der Ap­ parat des Nationalen Sicherheitsrats nahm diese Pläne ernst.47 Zwei Mitarbeiter des Fulbright-Ausschusses, die einen ganz anderen Eindruck gewonnen hatten, fügten in ihren Bericht eine Anspielung auf diese Dokumente ein: »Anscheinend gibt es abgefangene Dokumente, mit denen man alles beweisen und nachträglich jeden Schluss rechtfer­ tigen kann.«48 Die beiden Behauptungen, die Nixon in seiner Erklärung aufstellte, wurden schließlich auch dadurch widerlegt, dass die amerikanischen Truppen weder das COSVN noch mas­ sive Truppenkonzentrationen in den kambodschanischen Rückzugsgebieten aufspüren konnten. Doch schon lange vor dem 30. April waren diese Behauptungen in der amerika­ nischen Presse mehrfach von maßgeblicher Seite widerlegt worden. So verwies etwa Robert Shaplen, ein gut informier­ ter Journalist, der schon seit den frühen 50er Jahren über gute Verbindungen zur »CIA-Linken« verfügte, auf »zuver­ lässige Berichte«, wonach das so genannte COSVN »wäh­ rend des Putsches gegen Sihanouk« am 18. März aus den Rückzugsgebieten verlegt worden war.49 Vor allem waren es wohl General Wheeler und Admiral Moorer, die wichtigsten Falken innerhalb des Stabes, die das falsche Bild des COSVN abgesegnet hatten, um ihrerseits eine amphibische Invasion mit 30.000 amerikanischen Sol­ daten zu planen.50 Der Präsident ist wütend auf die Joint Chiefs, weil sie ihn hin­ sichtlich der Möglichkeit, das kommunistische Hauptquar­ tier zu zerstören, irregeführt haben. Sie stellten die gegneri­ sche Kommandozentrale offenbar als Dschungelversion ihres

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eigenen, nach Pentagon-Art bestens eingerichteten Haupt­ quartiers dar. Andere Geheimdienstexperten hatten dagegen gewarnt, das Hauptquartier könne wie ein Spielbrett rasch zusammengelegt und in einem anderen Dschungelversteck wieder aufgeschlagen werden.51

Obwohl diese Geschichte nur als weiterer Seitenhieb im Krieg der Geheimdienste erscheinen mag, hat sie doch den Vorteil, dass sie wahr ist. Anfang 1971 gab es Gerüchte, de­ nen zufolge der Präsident sich nach Kambodscha weniger auf die Defense Intelligence Agency (DIA) und stärker auf die CIA verließ. Der Kolumnist Jack Anderson führte die Fehlinformation über das COSVN auf angeblich vom militärischen Geheim­ dienst der U.S. Army in Vietnam abgefangene Funksprüche zurück: General Creighton Abrams glaubte zu wissen, wo das COSVN sich befand, weil die Army Funksprüche aus der nordvietnamesischen Kommandozentrale abgefangen hatte. Sofort schickte man Suchtrupps an die bezeichnete Stelle, fand aber keine Spur von dem Hauptquartier. Mit Hilfe der weiteren Überwachung des feindlichen Funkverkehrs machte die Army Jagd auf das Hauptquartier, konnte es aber niemals aufspüren. Der Geheimdienst der Army gelangte schließlich zu dem Schluss, dass die Nordvietnamesen ihre Funkgeräte in sicherer Entfernung vom Hauptquartier aufgestellt hatten und die Nachrichten von dort über Melder weiterleiteten.52

Diese neue Information »erklärt« keineswegs den Irrtum des Army-Geheimdienstes und der Joint Chiefs. Im Gegenteil, sie erhöht noch die Wahrscheinlichkeit einer »Geheimdienstver­ schwörung«, die durch gezielte Fehlinformation die Invasion vom 30. April herbeiführen sollte. Es ging gar nicht um die Frage, ob bestimmte geographische Koordinaten korrekt waren, sondern um die Behauptung der Army, dass es diese

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festen Betonunterkünfte für 5.000 Soldaten tatsächlich gab. Bestätigten die abgefangenen Funksprüche die Existenz die­ ser Einrichtung oder nicht? Wenn also Senator Fulbrights Ausschuss ernsthaft dem Ursprung und Verlauf der amerikanischen Intervention in Indochina nachgehen wollte, musste er klären, welche Be­ deutung diese angeblich abgefangenen Funksprüche und Dokumente für die Eskalation im Gefolge der TongkingZwischenfälle 1964 und der Ereignisse in Kambodscha 1970 tatsächlich hatten, insbesondere musste er das 1964 und 1970 anzutreffende Muster klären, wonach Geheimdienste im Gefolge einer geheimen Aggression durch die Air America und paramilitärische Kräfte unter Führung des SOG und der CIA, die zur Auslösung der Krise beitrug, Funksprüche oder Dokumente »abfingen«, die fälschlich auf eine feind­ liche Offensive hindeuteten und/oder den Anlass für eine offene militärische Vergeltung seitens der Vereinigten Staaten lieferten. Die Annahme einer Geheimdienstverschwörung setzt vor­ aus, dass die jeweiligen amerikanischen Präsidenten eine Es­ kalation scheuten. Die komplexe Rolle, die Nixon im Wahl­ jahr 1970 spielte, ähnelte Johnsons Verhalten im Wahljahr 1964. Beide hatten sich zu Beginn ihrer Amtszeit darauf fest­ gelegt, für lange Zeit in Indochina zu bleiben, auch wenn sie in der Öffentlichkeit das populäre Image von Friedens­ suchern pflegten. So hatten beide anfangs die Phantasien des Oberkommandos der pazifischen Streitkräfte und des Penta­ gons hinsichtlich eines »Sieges« in Indochina gefördert. Als dann jedoch der Wahltermin näher rückte, schwand ihre Neigung, den von den Joint Chiefs of Staff bevorzugten Es­ kalationsplänen zuzustimmen. Nixon und Johnson kehrten jeweils zurück zu einer unentschlossenen Haltung, was zu wachsenden Spannungen zwischen ihnen und den Joint Chiefs führte, und zwar sowohl nach als auch vor ihren

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spektakulären und äußerst zweifelhaften Entscheidungen zu Gunsten einer weiteren Eskalation. Nixon und Johnson waren keine Tauben. Sie scheuten nicht die Eskalation, sondern die persönliche Verantwortung für eine entsprechende Entscheidung. Diese Unentschlossen­ heit begünstigte eine Parapolitik in Gestalt geheimer Opera­ tionen und manipulierter Geheimdienstberichte, die den je­ weiligen Präsidenten die Entscheidung tatsächlich aus der Hand nahmen. Was vor allem Nixon später erzürnte, war nicht so sehr die Tatsache, dass man ihm falsches Geheim­ dienstmaterial vorgelegt hatte, sondern die Verlegenheit, in die er geriet, als die Öffentlichkeit diese Irreführung so schnell und so leicht durchschaute. Solche Spekulationen gehen nicht der Frage nach, ob die beiden Präsidenten diese Geheimdienstverschwörungen ge­ gen ihre eigene Amtsführung förderten. Doch auch diese Frage sollte geklärt werden, denn beide Politiker verdankten ihren politischen Erfolg in erheblichem Maß den Öl- und Luftfahrtinteressen, die sich so entschieden für eine starke Position in Indochina einsetzten. Nixons persönliche Rolle in der »Kambodschakrise« ist hier besonders klärungsbedürftig. Am 28. April, dem Tag vor dem Invasionsbeschluss und zwei Tage bevor die eigenen Kongressführer darüber unterrichtet wurden, sagte Nixon zu »mehreren Privatpersonen« aus elf »Veteranenvereinen und patriotischen Organisationen«, die Aktion, die er bald anordnen werde, sei »unerlässlich, wenn wir der Wahr­ scheinlichkeit einer vollständigen und erniedrigenden Nie­ derlage in Vietnam entgehen wollen«.53 Warum konsultierte er nicht seinen eigenen Kongress hinsichtlich der bevorste­ henden Invasion, sondern teilte sein Geheimnis mit einer kleinen Gruppe pensionierter Offiziere und deren Freunden? Die Antwort könnte darin liegen, dass diese Offiziere dem American Security Council nahestanden, einer mächtigen

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Lobby mit starken Verbindungen zu Nixon selbst, zu den amerikanischen Geheimdiensten und zu den Öl- und Luft­ fahrtgesellschaften in Los Angeles, die 1968 so viel für seine Wahl getan hatten. Zu den Mitgliedern des National Strategy Committee des American Security Council gehörten Admiral Felix B. Stump, Aufsichtsratsvorsitzender von Air America und ehemaliger Oberbefehlshaber der Pazifikstreitkräfte, sowie Henry O’Melveny Duque, ehemals Nixons Partner in dessen Anwaltskanzlei, der nun im Aufsichtsrat der Union Bank of California saß, zusammen mit zwei Direktoren von Union Oil of California (dem Nutznießer des Putsches in Kambodscha) sowie von TRW (Thompson-Ramo-Wool­ bridge, einem führenden Luftfahrtunternehmen aus dem Rüstungsbereich). Mit dem American Security Council arbeiteten außerdem Vizepräsidenten von Atlantic-Richfield, Standard Oil of Ca­ lifornia und General Dynamics zusammen sowie Admiral Robert W. Berry, Leiter der Abteilung Pacific Coast der sel­ ten erwähnten, aber mächtigen National Security Industrial Association (NSIA). Die Auflistung solcher Verbindungen zwischen dem American Security Council, Nixon, Geheim­ dienstleuten und im Pazifikraum aktiven Ölgesellschaften ließe sich noch seitenlang fortsetzen. Noch ein Wort zur NSIA, die sich selbst als eine »1944 von James Forrestal gegründete, nicht als Interessenvertre­ tung auftretende Vereinigung von 400 Firmen« aus dem Rüstungsbereich beschreibt: »Die NSIA ist sowohl in der In­ dustrie als auch bei der Regierung bekannt für ihr faires Auf­ treten, weil sie nur solche Ansichten zum Ausdruck bringt, die geeignet sind, unsere nationale Verteidigung zu verbes­ sern.«54 Seit April 1964 befasste sich ein großer Teil der NSIA-Publikationen mit der Unterstützung des National Oceanographic Program durch die Industrie. Im Rahmen

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dieses Programms wurden die Flugzeuge und Schiffe des U.S. Naval Oceanographic Office für Vorarbeiten zur Ölsuche in den Küstengewässern Indochinas eingesetzt.55 Nixons Verbindungen zum Geheimdienst- und Öl-Estab­ lishment waren 1964 stärker ausgeprägt, als er zu den frü­ hesten und entschiedensten Befürwortern einer Politik ge­ hörte, die »den Vietnamkrieg nach Norden tragen« wollte. Welche Geschäftsinteressen vertrat Nixon bei seinen zwei Besuchen im Fernen Osten 1964, von denen einer 24 Tage dauerte? Warum wurde er von Henry Kearns begleitet, der die Interessen der japanischen Ölgesellschaft Mitsui vertrat, die 1963 einen Zehnjahresvertrag über ein Ölbohrprogramm in Indonesien abgeschlossen hatte?56 Ist es bedeutsam, dass Nixons New Yorker Anwaltskanzlei die Interessen von Mit­ sui in den Vereinigten Staaten vertrat und dass sein früherer Partner, Justizminister John Mitchell, das einzige Kabinetts­ mitglied war, das sich 1970 entschieden für die Invasion in Kambodscha aussprach? Nixon war 1970 gewiss weder ein allmächtiger Machia­ vellist noch eine sklavische Marionette verborgener ökono­ mischer Interessen. Seine eigene, an Johnson 1964 und 1965 erinnernde Unfähigkeit, die Folgen seiner Eskalationspolitik zu erkennen, zeigt sich in seiner öffentlichen Erklärung vom 8. Mai 1970: »Ich erwarte, dass die Südvietnamesen etwa zur selben Zeit losschlagen wie wir, denn wenn wir losschla­ gen, wird unsere Nachschub- und Luftunterstützung eben­ falls mit der ihren beginnen.«57 Beide Aussagen sollten sich schon bald als falsch heraus­ steilen. Im Falle Nixons von der »Illusion einer Kontrolle des Präsidenten« über widerspenstige Generäle zu sprechen ist unzulässig. Nixon kann nicht von der Verantwortung für systematische Geheimoperationen gegen Kambodscha frei­

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gesprochen werden, die zumindest zum Teil vom Weißen Haus ausgingen wie die Bombenangriffe im April und Mai 1969 oder ihren Höhepunkt in seiner Amtszeit erreichten wie das Entlaubungsprogramm in derselben Zeit.

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Die unterbelichtete Zusammenarbeit der Vereinigten Staaten mit Drogenhändlern Ich kenne kein Buch, durch das meine 1970 gemachten Ent­ hüllungen über die Verwicklung von CAT/Air America und deren Personal in den asiatischen Drogenhandel als überholt gelten könnten. Das tiefenpolitische Element liegt hier in der Tatsache, dass im Hintergrund das organisierte Verbrechen Asiens wie auch Amerikas präsent waren, und zwar in jeder Phase der Geschichte, von der ersten Beteiligung der Verei­ nigten Staaten an der Infrastruktur des asiatischen Drogen­ handels kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bis hin zur Einschleusung asiatischer Geldmittel in die amerikanische Politik durch die Chinalobby und später dann durch die An­ waltskanzlei Corcoran and Rowe. In seiner umfangreichen und überaus wertvollen Studie Die CIA und das Heroin verweist Alfred McCoy zwar auf die Bedeutung, die Paul Helliwell für die Unterstützung der Fluggesellschaft CAT durch die amerikanische Regierung hatte, beschreibt ihn dort jedoch lediglich als »Rechts­ anwalt« und übergeht die Tatsache, dass Helliwell enge Ver­ bindungen zum organisierten Verbrechen unterhielt, zum Beispiel auch zu Meyer Lanskys Bank.1 McCoy bestätigt zwar, dass Opium in CAT-Flugzeugen transportiert wurde, aber er spielt die strukturelle Rolle der Fluggesellschaft beim Aufbau des Opium- und Heroinhandels in der Nachkriegs­ zeit herunter. Seine Feststellung, General Chennault habe

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»CAT im August [eigentlich Juli] 1950 an die CIA verkauft«, übergeht die wichtige Tatsache, dass auch danach noch die Guomindang 60 Prozent des Unternehmens hielt, in dessen Besitz die CAT-Flugzeuge übergingen, die dann für den Drogenhandel eingesetzt werden konnten.2 Da McCoys Themenwahl weitgehend durch die Gespräche bestimmt war, die er 1971 führte, hatte er wenig oder gar nichts zu den Verbindungen zu sagen, die in den 60er Jahren zwischen Laos und der Guomindang in Taiwan bestanden. Andere über das ganze Buch verstreute Bemerkungen legen den Gedanken nahe, CIA und CAT/Air America wären nur passive Komplizen der Drogenhändler gewesen, oder die Beteiligung habe sich auf einzelne Agenten beschränkt.3 In Wirklichkeit jedoch spielten CIA und CAT bei der massiven, unter Führung der Guomindang durchgeführten Restruk­ turierung des Drogenhandels nach dem Zweiten Weltkrieg eine wichtige organisatorische Rolle. Wer McCoys Thema, die Heroinpolitik, wirklich verstehen will, muss auch auf die Rolle der aus Drogengeldern finanzierten Chinalobby in den Vereinigten Staaten eingehen. Vorerst ist noch nicht hinreichend geklärt, warum die CIA sich wiederholt in Europa, in Afghanistan, im Mittleren Osten, in Lateinamerika und anderswo mit Elementen ver­ bündete, die eine zentrale Rolle im Drogenhandel spielten in jüngster Zeit im Kosovo, in Kolumbien und in Afghani­ stan. Schon vor gut einem Jahrzehnt stellte ein hochrangiger Mitarbeiter der Drug Enforcement Administration (DEA) fest: » Während meiner dreißigjährigen Tätigkeit in der Drug Enforcement Administration und verwandten Einrichtungen stellte sich immer wieder heraus, dass die wichtigsten Ziel­ personen meiner Ermittlungen für die CIA arbeiteten.«4 Dieses Phänomen lässt sich nur so erklären, dass die Ver­ bindung zwischen Politik und Verbrechen sowohl den Dro­ genhändlern als auch wichtigen Finanzinteressen nützt und

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dass sie bis auf den heutigen Tag die Entwicklung in Asien wie auch in Amerika beeinflusst.

* * * Der Historiker Samuel Eliot Morison hat beschrieben, wie Theodore Roosevelt 1903 »gegen Völkerrecht und Moral« der U.S. Navy den Befehl erteilte, die »revolutionäre« Sezes­ sion Panamas von Kolumbien zu unterstützen. Er bezeichnet die Sezession, die schon bald zum Abschluss des Vertrags über die Kanalzone führte, als einen Plan »von panama­ ischen Geschäftsleuten, von Agenten des französischen Unternehmens [das durch den Vertrag eine Entschädigung von 40 Mio. Dollar erhalten sollte] und von Offizieren der U.S. Army«.5 Er unterlässt den Hinweis, dass es sich bei den »Agenten« der französischen Panamakanal-Gesellschaft um die New Yorker Investment-Banker J. & W. Seligman und deren Washingtoner Lobbyisten Philippe Jean Bunau-Varilla handelte, die damals die »Revolution« aus einer Suite im Waldorf-Astoria organisierten und finanzierten. Die Inter­ vention der U.S. Navy war nicht Roosevelts, sondern BunauVarillas Idee, der sich an den Präsidenten wandte und ihm erklärte, »amerikanische Menschenleben und Interessen« stünden auf dem Spiel. Selbst die Flagge der neuen Republik Panama, für die spätere Generationen idealistischerer Natio­ nalisten demonstrierten und starben, wurde von BunauVarilla entworfen und in James Seligmans Sommerhaus in Westchester, New York, von Hand aus Seide der Kaufhaus­ kette Macy’s zusammengenäht.6 Die mit einem Federstrich vorgenommene Abtrennung Panamas, die im Anschluss durchgeführte sorgfältige, aber wirkungslose Untersuchung des Vorgangs durch den Kon­ gress und die dahinter verborgenen ökonomischen Interes­ sen einschließlich eines »französischen Unternehmens«, das von der Wall Street finanziert wurde, ist ein lehrreiches Vor­

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bild für das Nachkriegsengagement der Vereinigten Staaten in Indochina. In rechtlicher Hinsicht mag das Bild sich gewandelt haben, da Bunau-Varillas Aktivitäten zur Vor­ bereitung einer Revolution und eines Krieges heute in weiten Teilen nach den Paragraphen 956-960 des amerikanischen Strafgesetzbuchs verboten sind. Zumindest in der Theorie ist die Zuständigkeit für eine derartige Verteidigung amerikani­ scher »Interessen« heute ein Monopol der CIA, auch wenn der Geheimdienst weiterhin enge Verbindungen zu J. & W. Seligman und ähnlichen Wall-Street-Institutionen unterhält. Hinter diesen Verbindungen standen mächtige Gruppen, und so war es denn die Wall Street, die die gerade erst ge­ gründete CIA 1948 zu ihren ersten verdeckten Operationen drängte. Präsident Truman erklärte später, dass er unglück­ lich über diese Abweichung der CIA von der reinen Aufklä­ rungsfunktion war. »Als ich die CIA gründete ..., hatte ich nie daran gedacht, dass sie einmal in Friedenszeiten ver­ schwörerische Operationen durchführen würde.«7 Seine Ab­ sichten zählten jedoch weniger als die von Allen Dulles, da­ mals Syndikus eines Privatunternehmens und Präsident des Council on Foreign Affairs, als in der Regierung die Sorge aufkam, die Kommunisten könnten die Wahlen in Italien knapp gewinnen: [Verteidigungsminister James] Forrestal hielt geheime Gegen­ maßnahmen für unerlässlich, doch er meinte anfangs, die Italienaktion müsse auf privater Ebene organisiert werden. Die reichen Industriellen in Mailand zögerten, das nötige Geld bereitzustellen, weil sie Repressalien der Kommunisten nach einem möglichen Wahlsieg befürchteten, und so gab Wa­ shington die Angelegenheit an den Brook Club in New York weiter. Allen Dulles glaubte jedoch, die Sache könne von Pri­ vaten nicht wirkungsvoll durchgeführt werden. Er drängte daher entschieden darauf, dass die Regierung eine Geheim­ organisation aufbaute. Da die Organisation aus unkontrol­

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lierten Geldern finanziert werden sollte, beschloss man, sie unter dem Dach des Nationalen Sicherheitsrats einzurichten.8

Dieser verhängnisvolle Versuch, direkte Verantwortung zu vermeiden, ist aufschlussreich. Der Verteidigungsminister meinte, die Operation solle auf privater Ebene durchgeführt werden, doch der Anwalt eines Privatunternehmens ent­ schied, sie müsse staatlich organisiert sein. Durch dieses Ar­ rangement erhielten die Leute im Brook Club wahrscheinlich sogar ihr Geld zurück, denn von nun an kamen die (unkon­ trollierten) Mittel aus dem Staatshaushalt. Trumans Abneigung gegen die »Abweichung« der CIA in Richtung verdeckter Operationen führte zu keinerlei Versu­ chen, die Kontrolle der CIA durch Wall-Street-Republikaner einzudämmen. Im Gegenteil, als die CIA unter Bedell Smith zu wachsen begann, kamen alle sieben Männer, die unter Smith und Truman als stellvertretende CIA-Direktoren fun­ gierten, aus Kreisen New Yorker Juristen und Finanzleute. • Frank G. Wisner (OSS) kam 1948 zur Regierung aus der Anwaltskanzlei Carter, Leydyard, and Milburn, die ver­ schiedene Rockefeller-, Whitney- und Standard-Oil-Fir­ men vertrat. Als Direktor des Office of Policy Coordina­ tion, aus dem am 4. Januar 1951 die Planungsabteilung der CIA wurde, war Wisner verantwortlich für die ver­ deckten Operationen der CIA. • Der Republikaner William Harding Jackson, von 1950 bis 1951 Smiths Stellvertreter, hatte von 1934 bis 1947 bei Carter, Leydyard, and Milburn gearbeitet und war nun ein Investmentpartner von John Hay Whitney im Aufsichtsrat des Bankers Trust. • Der Republikaner Allen Welsh Dulles (OSS), der während des Krieges Direktor der J. Henry Schroeder Banking Corporation gewesen war und viele Jahre als Partner

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von Sullivan and Cromwell gewirkt hatte (die mit diver­ sen Rockefeller- und Schroeder-Unternehmen verbunden waren), folgte Jackson als stellvertretender Direktor im August 1951. Murray McConnel, Präsident der Manufacturers Capital Corporation an der Wall Street, war 1950 und 1951 stell­ vertretender CIA-Direktor für Verwaltungsfragen. Der Republikaner Walter Reid Wolf, Vizepräsident der National City Bank of New York und deren Investment­ tochter City Bank Farmers Trust, war stellvertreten­ der CIA-Direktor von 1951 bis 1953 (wahrscheinlich als Nachfolger von McConnel). Robert Amory Jr. (Sohn eines New Yorker Industriellen, der mindestens in drei Bostoner Firmen gemeinsam mit United-Fruit-Direktoren als Direktor fungierte) kam (nach dem Who’s Who) 1952 als stellvertretender Direk­ tor für Geheimdienstfragen zur CIA. Loftus E. Becker von der Wall-Street-Anwaltskanzlei Ca­ hill, Gordon, Reindel, and Ohl (die die Investmentunter­ nehmen Dillon Reed sowie Stone and Webster vertrat) wurde im April 1951 zur CIA beurlaubt und wurde (nach dem Martindale-Hubbard-Anwaltsverzeichnis) ab 21. Ja­ nuar 1952 für ein Jahr stellvertretender CIA-Direktor (für Geheimdienstfragen).

Alle diese Männer mit Ausnahme von Becker waren im ex­ klusiven New York Social Register aufgeführt und gehörten daher nicht nur zur New Yorker Finanz- und Juristenelite, sondern auch zur erblichen Oberklasse. Die bekannten Ver­ bindungen zwischen der CIA und Civil Air Transport/Air America stammen aus dieser Zeit, als New Yorker Finanz­ kreise ein Monopol auf die höchsten zivilen Posten der CIA besaßen. Sie nutzten ihre in Privatunternehmen gewonnenen Erfahrungen und Verbindungen zum Aufbau diverser priva­

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ter Scheinfirmen, die sich teilweise oder vollständig im Besitz der CIA befanden und insbesondere im Fernen Osten aktiv wurden. Nach dem Vorbild der von William Pawley 1941 gegründeten Central Aircraft Manufacturing Company (CAMCO), die als Tarnfirma für Chennault und die Flying Tigers diente, stammte das Kapital aus staatlichen Quellen, während die Gewinne (falls es solche gab) an die angeblichen »Eigentümer« gingen. William Ray Peers zum Beispiel, der in Birma und China für das OSS gearbeitet hatte und später zum Stabschef der Army als Sonderberater für spezielle Kriegführung abkom­ mandiert wurde, gründete in Taiwan die Western Enter­ prises, Inc., die als Tarnfirma für Kommandoaktionen der Guomindang auf Quemoy und Matsu diente.9 Willis Bird (OSS China) leitete in Bangkok ein »Handelsunternehmen« namens Sea Supply, Inc., das Waffen und anderen Nach­ schub an die Guomindangtruppen des Generals Li Mi in Birma lieferte10 und später die dem thailändischen Innenmi­ nister Phao Sriyanon unterstellte Grenzpolizei ausbildete.11 Die bei weitem größte CIA-Firma in Asien war die in Delaware beheimatete Fluggesellschaft CAT, Inc., die im Juli 1950 gechartert wurde und ab 31. März 1959 den Namen Air America, Inc., trug. General Lansdales Memorandum vom Juli 1961 an Maxwell Taylor über unkonventionelle Kriegführung, das im Rahmen der Pentagon-Papiere ver­ öffentlicht wurde, bestätigt diese bekannten Tatsachen: CAT. Zivile Lufttransporte (nationalchinesisch). CAT ist eine kommerzielle Fluggesellschaft, die planmäßige und außer­ planmäßige Flüge im ganzen Fernen Osten durchführt. Ihr Hauptquartier und die großen Wartungsbasen liegen auf For­ mosa. Als kommerzielles Unternehmen getarnt, unterstützt die CAT, die der CIA gehört, die Agenturen der CIA und der amerikanischen Regierung bei der Versorgung aus der Luft... Die letzten zehn Jahre erbrachten so bemerkenswerte Leis­

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tungen wie den Einsatz beim Rückzug der Nationalchinesen vom Festland, die Versorgung der Franzosen bei Dien Bien Phu aus der Luft, die gesamte logistische und taktische Luft­ unterstützung der indonesischen Operation, das Ausfliegen nordvietnamesischer Flüchtlinge, mehr als zweihundertmali­ ges Überfliegen des chinesischen Festlands und Tibets sowie die ausgedehnten Luftunternehmen während der augenblick­ lichen laotischen Krise [von 1961].12

General Lansdale irrte sich allerdings insofern, als er keinen Unterschied machte zwischen der taiwanesischen Fluggesell­ schaft CAT Co., Ltd., auch Civil Air Transport (CATCL) ge­ nannt, und der amerikanischen CAT, Inc., die sich im Besitz der CIA befand und die CATCL mit Piloten und sonstigem Personal versorgte. Sechzig Prozent der Anteile und der Kon­ trolle der CATCL lagen in den Händen der nationalchine­ sischen Guomindang, vertreten durch Mitarbeiter der ein­ stigen Kincheng Bank in Shanghai, die angeblich T. V. Soong und/oder dessen Schwester Madame Chiang Kai-shek ge­ hörte.13 CATCL war 1946 von General Chennault gegründet worden, nachdem das State Department auf Druck von T. V. Soong und Madame Chiang die Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen (UNRRA) gezwungen hatte, ihre Position zu revidieren und die Gründung der Fluggesellschaft zu unter­ stützen.14 Chennaults Partner bei der CAT war Whiting Wil­ lauer, ein Agent der amerikanischen »Wirtschaftsspionage«, der während des Zweiten Weltkriegs als Mitarbeiter der von T. V. Soong geleiteten Firma China Defense Supplies die Fly­ ing Tigers versorgt hatte. Für die Finanzen des Unternehmens war in den 40er Jahren James J. Brennan zuständig, der wäh­ rend des Krieges gleichfalls zu Chennaults »Washingtoner Gruppe« um Tommy Corcoran und Alsop gehört hatte und nach dem Krieg in China als T. V. Soongs Privatsekretär ar­ beitete. Der Anwalt der CAT wie auch zuvor schon der Flying

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Tigers war ebendieser Corcoran, der nach dem Krieg angeb­ lich T. V. Soongs auf viele Millionen Dollar geschätzten Inves­ titionen in den Vereinigten Staaten verwaltete.15 In den späten 40er Jahren übernahm die CAT militärische Hilfsflüge für die Guomindang im Kampf gegen die Kom­ munisten, während Chennault aus seinem Washingtoner Büro offen Lobbyarbeit gegen die inzwischen vorsichtigere Chinapolitik des von Dean Acheson geleiteten State Depart­ ment unter Truman betrieb. Im November 1949 flog Chen­ nault nach einem ähnlichen Besuch bei Chiang zu Singman Rhee nach Korea, um ihm »einen Plan für die koreanische Luftwaffe« zu unterbreiten, obwohl es damals noch offizielle amerikanische Politik war, Rhee Flugzeuge zu verweigern, um ihn von einer Invasion Nordkoreas abzuhalten.16 Im De­ zember 1949 erklärte Dean Acheson gegenüber einem Kor­ respondenten der Time, es gehe »nun darum, uns von den Nationalchinesen zu lösen«, während George Kennan im Ja­ nuar 1949 voraussagte: »Nächstes Jahr um diese Zeit wer­ den wir die chinesischen Kommunisten anerkannt haben.«17 Doch solche Gedanken verloren ihre Bedeutung durch den plötzlichen Ausbruchs des Koreakriegs am 25. Juni 1950 ein Ereignis, das immer noch nicht zureichend geklärt ist und möglicherweise von gewissen Spekulanten der Guomindang vorausgesehen wurde, die wegen des Krieges durch Spekula­ tionen mit Sojabohnen »schätzungsweise einen Gewinn von 30 Mio. Dollar« machten.18 Bemühungen um eine Annähe­ rung an Peking wurden dann nochmals durch die QuemoyKrisen von 1954 und 1958 vereitelt. Kurz nach dem Ausbruch des Koreakriegs, am 10. Juli 1950, wurde CAT, Inc., (zusammen mit der Muttergesell­ schaft Airdale Corporation) aus Mitteln des Office of Policy Coordination (OPC) in Delaware gechartert.19 Unmittelbar darauf versorgte das amerikanische Unternehmen CAT, Inc., das taiwanesische Unternehmen CATCL, das damals als ein­

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zige Fluggesellschaft unter der Flagge der von Chiang ge­ gründeten neuen Republik20 flog, mit Flugzeugen, Piloten und amerikanischen Frachtaufträgen. Während Tommy Corcoran weiterhin Soong, Chennault und CATCL vertrat, übernahm die auf Flugrecht spezialisierte Kanzlei Pogue and Neal die Umwandlung der CAT, Inc., deren späterer Syn­ dikus Brackley Shaw einst im militärischen Geheimdienst ge­ arbeitet und der Air Force als Rechtsberater gedient hatte. In dieser Aufbauphase fungierte ein Vizepräsident der National City Bank of New York, Walter Reid Wolf, für kurze Zeit, von 1951 bis 1953, als stellvertretender CIA-Direktor. Wenig später wurden zwei seiner Mitdirektoren bei der kleinen Em­ pire City Savings Bank (Samuel Sloan Walker und Arthur B. Richardson) in den Aufsichtsrat der CAT, Inc., und später der Air America berufen. Zur selben Zeit kam Desmond FitzGerald zur CIA, und zwar aus der mit der Citybank verbundenen Anwaltskanzlei Samuel Sloan Duryees, eines Vetters von Wolf, der mit ihm zusammen Direktor bei der Investmenttochter der Citybank (City Bank Farmers Trust) gewesen war. FitzGerald, der einst Verbindungsoffizier zur chinesischen Neuen Sechsten Armee gewesen war, verbrachte einen großen Teil des fol­ genden Jahrzehnts in Asien und war zuständig für die in Laos »vor Ort« operierenden CIA-Agenten, die nach Ansicht Präsident Kennedys so schwer zu kontrollieren waren. Das von Roger Hilsman so genannte »Problem CIA« entstand nicht, weil FitzGerald und CAT dem Zentrum der Macht so fern standen, sondern weil sie ihm so nahe waren. FitzGerald gehörte auch dem 400 Mitglieder zählenden Brook Club in New York an, dem »wohl reichsten unter allen Clubs, wenn man den ererbten Reichtum seiner Mitglieder als Maßstab anlegt«.21 Mitglieder des Clubs waren außerdem drei Direk­ toren der CAT, Inc., zwei Direktoren der PanAm, der Chi­ ang-Kai-shek-Förderer Walter S. Robertson, der Eisenhower

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sechs Jahre als stellvertretender Außenminister für fernöst­ liche Angelegenheit gedient hatte, und Joe Alsop. In dieser Pyramide erfolgte die offizielle Kontrolle der CATCL durch die CIA aus der Ferne und auf nicht ganz nachvollziehbaren Wegen. Der im Besitz der CIA befind­ lichen Airdale Corporation (die 1957 in Pacific Corporation umbenannt wurde) gehörten 100 Prozent der CAT, Inc./Air America, Inc., die auch Piloten einstellte, und der CAT-Inc.Tochter Asiatic Aeronautical Company, später Air Asia, die Flugzeuge und eins der größten Flugzeugwartungs- und Reparaturzentren der Welt im südtaiwanesischen Tainan be­ saß.22 Doch Airdale gehörten nur 40 Prozent der CATCL, und sie konnte kaum verantwortlich gemacht werden, wenn - wie es häufig vorkam - CAT-Flugzeuge aus der Luft Ope­ rationen unterstützten, die zwar der Außenpolitik Taiwans und der Guomindang entsprachen, die aber im Widerspruch zur offiziellen Außenpolitik der Vereinigten Staaten standen. Selbst die Kontrolle der CIA über die Airdale bzw. Pacific Corporation, die immerhin Jahresgewinne in einer Größen­ ordnung von zehn Mio. Dollar erwirtschaftet haben soll, wirft Fragen auf. Es ist möglich, dass dieses Besitzverhältnis als »offizieller« Tarnmantel für private Profite oder aber als »privater« Tarnmantel für die CIA genutzt wurde.23 Air America selbst hatte privaten Anteil an der aufblühenden Erdölwirtschaft Asiens, denn die Gesellschaft flog »Geo­ logen, die in Indonesien nach Kupfer und nach Öl suchten, und stellte kommerziellen Fluggesellschaften Piloten zur Ver­ fügung, etwa der Air Vietnam, der Thai Airways sowie der China Airlines«, der neuen, unter der Flagge Taiwans flie­ genden und in chinesischem Besitz befindlichen Fluggesell­ schaft, die 1968 den Passagierdienst der CAT übernahm.24 Noch größer aber waren die finanziellen Interessen, die in den Aufsichtsräten der Pacific Corporation und der CAT, Inc., repräsentiert waren - etwa die von Dillon Read, ver­

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treten durch William A. Read jr., und die der Rockefellers, vertreten durch Laurence Rockefellers Mitarbeiter Harper Woodward. Den bedeutendsten Anteil hatte jedoch die PanAm, in de­ ren Aufsichtsrat Robert Lehman von Lehman Brothers und James Sterling Rockefeiler von der National City Bank sa­ ßen. Wie die National City Bank und die noch größere, in der frühen Nachkriegszeit immer noch mit ihr verbundene Bank of America25 interessierte PanAm sich sehr für die Ent­ wicklung einer »Pazifischen Gemeinschaft« als Gegen­ gewicht zur »Atlantischen Gemeinschaft«. Die gewaltigen Gewinne, die PanAm in den 60er Jahren einfahren konnte, resultierten vor allem aus dem anfänglichen Monopol in den kommerziellen Flugverbindungen nach Thailand und Indo­ china. Der Indochinadienst der PanAm, den die amerika­ nische Regierung »im nationalen Interesse« unterstützte, wurde am 22. Mai 1953 aufgenommen, 17 Tage nachdem die CAT mit Flugzeugen und Piloten, die man bei der U.S. Air Force »entliehen« hatte, die militärische Luftbrücke nach Dien Bien Phu eingerichtet hatte. Die Einrichtung der CAT-Luftbrücke nach Laos im Sep­ tember 1959, die mit kurzen Unterbrechungen ein Jahrzehnt lang aufrechterhalten wurde, war ein Glücksfall für PanAm und die anderen großen amerikanischen Luftgesellschaften, die gerade schwierige Zeiten durchmachten. Die Gescheh­ nisse in Laos schufen einen Bedarf an zusätzlichen militäri­ schen Lufttransportleistungen, mit dessen Deckung schließ­ lich nach beträchtlicher Lobbyarbeit und wiederholten Drohungen, den internationalen Frachtdienst einzustellen, die kommerziellen Fluggesellschaften beauftragt wurden.26 Dank der Operationen im Pazifik stiegen die Einkünfte der PanAm aus dem Chartergeschäft in den folgenden vier Jah­ ren um 300 Prozent, sodass die Gesellschaft 1961 erstmals seit 1956 wieder einen Gewinn ausweisen konnte, obwohl

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das Geschäft auf den Atlantikrouten immer noch Verluste einbrachte.27 Mit einigem Zynismus kann man sagen, dass der Kern der so genannten Chinalobby im Kongress in den frühen 50er Jahren (Claire Boothe Luce, Pat McCarran und Owen Brewster) mit dem Kern der PanAm-Lobby identisch war. Senator Pat McCarran aus Nevada, der den Untersuchungsausschuss des Kongresses zu Owen Lattimore und dem Institute of Pacific Relations leitete, war zunächst als Initiator des Civil Aeronautics Act von 1938 und später dann als Öllobbyist bekannt geworden. Der »Senator der Spieler« hielt im Riverside Hotel in Reno Hof, wo er Geschäfte mit Leuten machte, die den Syndikaten angehörten und eine kriminelle Vergan­ genheit hatten; dabei veschaffte er ihnen auch rechtswidrig Spielbanklizenzen.28 Trotz der Aktionen solcher zweifelhaf­ ten Gestalten kann man diese Lobbyarbeit nicht als Ver­ schwörung bezeichnen. Und auch die Tatsache, dass die Füh­ rungsriege der Air America von PanAm kam, ist keineswegs illegal.29 Betrachtet man aber die Aktivitäten der zu 60 Pro­ zent in nationalchinesischem Besitz befindlichen CAT in Asien, so kommt man nicht umhin, den kriminellen Aktivitä­ ten und Verbindungen zwischen Guomindang und Unter­ welt nachzugehen. Zu den fragwürdigsten Aktivitäten der CAT gehörte de­ ren Lieferung von Waffen und sonstigem Nachschub an den Guomindanggeneral Li Mi und dessen Nachfolger in Birma und Nordthailand in der Zeit von 1949 bis 1961. Li Mi ist wahrscheinlich der einzige große Opiumhändler der Welt, der mit der amerikanischen Legion of Merit und der Medal of Freedom ausgezeichnet wurde. Seine 93. Division begann schon 1946, bei den Hmong in Nordlaos Opium einzusam­ meln.30 Als Birma sich über die Anwesenheit dieser auslän­ dischen Eindringlinge beklagte, erteilte die amerikanische Regierung der CAT 1954 den Auftrag, die Soldaten aus­

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zufliegen. Der größte Teil der Truppen weigerte sich jedoch, das Land zu verlassen, und die CATCL versorgte sie auch weiterhin mit Nachschub, möglicherweise sogar mit densel­ ben Flugzeugen, die für die Scheinrepatriierung gechartert worden waren. Die CIA hielt diese Truppen für einen »Dorn in Maos Flanke und unterstützte sie weiterhin mit Waffen und Geld«, obwohl sie »beschlossen hatten, sich dort niederzulassen und durch den Anbau von Opium reich zu werden«.31 Die Finanzierung und Versorgung der verbleibenden Truppen Li Mis hatte weit reichende Folgen für den welt­ weiten Opium- und Heroinhandel, auch für den Teil, den das so genannte Nationale Verbrechersyndikat in den Ver­ einigten Staaten abwickelte. Die neue rechtsgerichtete thai­ ländische Regierung des Phibun Songgram, der 1948 im Streit um die Kontrolle über die im Land befindlichen Chi­ nesen durch einen Putsch an die Macht gekommen war32, legalisierte den Opiumhandel und errichtete am 17. Septem­ ber ein staatliches Opiummonopol. Das geschah zur selben Zeit, als die chinesischen Kommunisten die letzten mit der Guomindang verbundenen Warlords vertrieben, die den Fer­ nen Osten und Amerika vor dem Zweiten Weltkrieg mit Opium versorgt hatten. Wenig später wurde bei einer Razzia in Boston aufbereitetes Opium gefunden, das sich in Behäl­ tern des staatlichen thailändischen Opiummonopols befand. Die amerikanische Presse berichtete nicht über den Vorfall, doch die amerikanische Regierung meldete den Fund pflicht­ gemäß an die United Nations Commission on Narcotic Drugs.33 Während der 50er Jahre registrierten amerikanische Behörden im Stillen, dass aus Thailand Opium und Heroin in die Vereinigten Staaten importiert wurden, doch dieser Eifer ließ mit der Eskalation des zweiten Indochinakriegs in den 60er Jahren deutlich nach. Man wusste also Bescheid über die rasche Zunahme des Opiumhandels wie auch des

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Opiumanbaus in Nordthailand, wo die Guomindangtrup­ pen sich befanden, und man wusste auch, dass der größte Teil dieses Opiums auf illegalen Wegen aus Thailand expor­ tiert wurde.34 Bis etwa 1964 beklagten sich die Vereinigten Staaten auch offiziell und demonstrativ bei der Drogenkommission der Vereinten Nationen über »Jünnan-Opium«, Morphin 999 und Heroin »vom chinesischen Festland«, die Bestandteil des »Zwanzig-Jahres-Plans [der kommunistischen Regie­ rung in Peking] zur Finanzierung politischer Aktivitäten und zur Verbreitung der Drogensucht« sein sollten.35 Die Kom­ mission berichtete 1958, 70 Kilogramm Heroin seien »vom chinesischen Festland« in die Vereinigten Staaten geschmug­ gelt worden, und erklärte 1960, »die Hauptquelle des in den Vereinigten Staaten beschlagnahmten Diacetylmorphins« (also Heroins) seien »Hongkong, Mexiko und das kommu­ nistische China«.36 Andere Delegierte und die Kommission selbst stellten diese irreführende Darstellung jedoch richtig. Als »Jünnan-Opium« wird das gesamte Opium bezeichnet, das aus dem »fruchtbaren Dreieck«, also aus dem Grenz­ gebiet zwischen Birma, Thailand, Laos und Jünnan, kommt. Die Behörden in Hongkong »wussten nichts von Drogen, die vom chinesischen Festland über Hongkong liefen«, wohl aber, dass »gewisse Mengen Drogen Hongkong über Thai­ land erreichten«37. Das »Jünnan-Opium« und vor allem das Morphin 999 wurde tatsächlich unter dem Schutz der von der CAT versorgten Guomindangtruppen in Birma und Nordthailand in den Handel gebracht. 1960 verwies die UNKommission diskret auf die Anwesenheit von »Überresten der Guomindangtruppen« im birmanischen Teil des »frucht­ baren Dreiecks«, die sich »weitgehend durch Gewinne aus dem Opiumhandel finanzierten. Diese sollen von Zeit zu Zeit aus der Luft versorgt werden«.38 Warum unterstützten die CAT-Flugzeuge bis 1961 die Lie­

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feranten jenes Heroins, das über Thailand und Hongkong in die Vereinigten Staaten strömte? Ein Grund war ohne Zwei­ fel militärischer Art: der Einsatz der Guomindangtruppen und ihre Überfälle als »Dorn in Maos Flanke«, insbesondere während der von CIA und CAT unterstützten Operationen 1956 bis 1960 in dem Jünnan benachbarten Tibet, für die CIA-Agent Tony Poe, der später in dem laotischen Opium­ zentrum Ban Houei Sai stationiert war, in den Bergen Colo­ rados tibetanische Guerillas ausbildete.39 Ein zweiter Grund war politischer Natur: Man wollte die Verbindung zu dem über ganz Südostasien gespannten Netz­ werk der chinesischen Geheimgesellschaften aufrechterhal­ ten. Die Profite aus dem Drogenhandel und die zugehörigen Verbindungen sollten dazu beitragen, den aus der Vorkriegs­ zeit überkommenen Einfluss der Guomindang auf die chine­ sische Mittelschicht dieser Länder zu bewahren und eine Hinwendung zur neuen Volksrepublik China zu verhindern. Besonders akut wurde die Frage der chinesischen Loyalität Anfang der 50er Jahre im Malaiischen Bund, wo die briti­ schen Behörden mindestens seit den 1870er Jahren Opium­ anbaukonzessionen an die chinesischen Triaden vergeben hatten.40 Der Opiumhandel war zu einer festen Einrichtung mit ausgeprägten Kontrollmechanismen geworden, und nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Opium hauptsächlich aus dem »fruchtbaren Dreieck«.41 Dem Angebot der Triaden und der Guomindang, gegen den Aufstand der Chinesen im Malaiischen Bund mobil zu machen, widerstanden die Briten weitgehend, doch sie taten sich schwer, die Opium- und Glücksspielaktivitäten der Ge­ heimgesellschaft Wa Kei einzuschränken, um nicht »das Ge­ flecht« der Wa Kei zu zerreißen und dadurch ein Vakuum zu schaffen, das dann die Kommunisten füllen könnten.42 In­ zwischen unterstützten die reichen chinesischen Besitzer der Zinnminen in den stärker gefährdeten ländlichen Gebieten

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eine Wa-Kei-Privatarmee mit starkem Guomindang-Rück­ halt als mobile Einsatztruppe gegen die kommunistischen Guerillas. Dieser »Kinta Valley Home Guard« wird das Ver­ dienst zugeschrieben, die Sicherheit für den dortigen Zinn­ bergbau bis 1954 wiederhergestellt zu haben.43 Auch in Thailand setzte der Staat seit mehr als einem Jahrhundert die Opiumanbaukonzession als Mittel zur Kon­ trolle der einheimischen chinesischen Bevölkerung ein, und die gewaltigen Profite aus dem Opiumhandel waren von je­ her eine Quelle der Korruption innerhalb des siamesischen Staatsapparats.44 In den 50er Jahren bewies der thailän­ dische Innenminister General Phao Sriyanon nach anfäng­ licher Feindseligkeit gegenüber den Chinesen »seine volle Bereitschaft, im Kampf gegen den Kommunismus mit der Guomindang zu kooperieren«.45 Zugleich arbeitete seine Polizei - und insbesondere seine Grenzpolizei - mit Li Mis Guomindangtruppen in Birma zusammen, indem sie deren eingeschmuggeltes Opium offiziell »beschlagnahmte« und im Gegenzug Prämien an »Informanten« zahlte. Schon 1950 kommentierte ein Vertreter der amerikanischen Regierung zynische Berichte, wonach es für die Opiumhändler profi­ tabler war, sich fangen zu lassen und die Einnahmen mit der Polizei zu teilen.46 Ohne Zweifel setzten manche Elemente in der Guomin­ dang Opium als Mittel ein, um die Verbindung zu den gro­ ßen chinesischen Bevölkerungsgruppen in Südostasien zu organisieren und zu finanzieren. Das ist nicht weiter er­ staunlich, denn die Guomindang hatte sich schon seit 1927 auf die Triaden und die im Opiumhandel aktiven Banden ge­ stützt. Damals benutzte Chiang Kai-shek, von ausländischen Bankiers ermuntert, die »Grüne Bande« Ch’ing Pang des Tu Yueh-sheng, um den Aufstand der Kommunisten in Shang­ hai niederzuschlagen. (Er soll sogar selbst Mitglied der »Grünen Bande« gewesen sein.)47

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Die Überreste der »Grünen« und der »Roten Bande« ver­ lagerten ihre Aktivitäten aus Shanghai nach Hongkong. Von da an finden sich in Berichten der Vereinten Nationen immer häufiger Hinweise auf Opiumgeschäfte der Triaden in Hong­ kong und in der ganzen Welt. Das weltweite Netzwerk der chinesischen Geheimgesell­ schaften im Bereich des Drogenhandels umfasste vor und nach dem Zweiten Weltkrieg auch chinesische Geheimgesell­ schaften in den Vereinigten Staaten, zum Beispiel Hip Sing und Bing Kong. In den 30er Jahren wurde Yee On Li, der na­ tionale Präsident des Geheimbunds Hip Sing, wegen eines Drogengeschäfts mit der Mafia verurteilt, an dem auch die Frau Thomas Pennachios, eines Partners von Lucky Luci­ ano, beteiligt war. Yee hatte auch Verbindung zu Hip-SingDrogenhändlern in Chicago, San Francisco, Pittsburgh, New York, Cleveland, Dallas und anderen Großstädten.48 Im Januar 1959 wurde eine neue Generation von Hip-SingRepräsentanten, darunter der Präsident der Hip Sing in San Francisco, George W. Yee, wegen Drogenschmuggels ange­ klagt. In einem Bericht der amerikanischen Regierung zu den Anklagen heißt es, die Aktivitäten der Geheimgesellschaften stünden möglicherweise in einem Zusammenhang mit »Ope­ rationen der Triaden in Hongkong«.49 Die Profite aus dem Drogenschmuggel in die Vereinigten Staaten flossen wiederum der Chinalobby zu und trugen dazu bei, die durch Laos und Thailand führenden Transport­ wege für Opium freizuhalten. 1960 schrieb Ross Y. Koen, es gebe zahlreiche Hinweise, wonach eine Reihe [nationallchinesi­ scher Offizieller sich mit Wissen und Billigung der national­ chinesischen Regierung am Einschmuggeln von Drogen in die Vereinigten Staaten beteiligt haben. Danach waren auch diverse prominente Amerikaner in diese Geschäfte involviert und machten Gewinne damit. Aus den Hinweisen geht auch

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hervor, dass der Drogenhandel eine wichtige Rolle bei den Aktivitäten und Machenschaften der Chinalobby spielte.50

Koen äußerte die Hoffnung, diese Anschuldigungen würden zu einer genaueren strafrechtlichen Untersuchung der Zu­ sammenhänge führen. Doch stattdessen dementierte der Drogenbeauftragte der Regierung Anslinger diese Aussagen, und der Verlag nahm Koens Buch vom Markt. Doch Anslingers Dementi betrifft gar nicht Koens Anschuldigungen ge­ gen die Chinalobby: Ich darf Ihnen versichern, dass diese Anschuldigungen frei er­ funden sind. Es gibt auch nicht die Spur eines Beweises dafür, dass chinesische Offizielle sich mit Wissen und Billigung der nationalchinesischen Regierung an der illegalen Einfuhr von Drogen in die Vereinigten Staaten beteiligt hätten.51

Ohne die kursiv gesetzte Einschränkung wäre Anslingers Dementi kaum glaubwürdig. Denn Huang Chao-chin, der zur Zeit der Hip-Sing-Prozesse Ende der 30er Jahre Chiangs Generalkonsul in San Francisco war, »entging nur knapp einer Verurteilung ... wegen des Einschmuggelns von Dro­ gen in die USA«.52 Nach 1952 gehörte Huang dem Zentral­ komitee der Guomindang an, und 1971 wurde er Präsident der First Commercial Bank of Taiwan.53 Die Beteiligung der Guomindang an der CAT-Luftbrücke zu ihren Truppen im »fruchtbaren Dreieck« wurde 1961 offensichtlich, als Fang Chih, Mitglied des Zentralen Auf­ sichtskomitees der Guomindang und Generalsekretär der Free China Relief Agency (FCRA), die Verantwortung für den unangemeldeten Flug eines CAT-Flugzeugs übernahm, das gerade von der birmanischen Luftwaffe über thailän­ dischem Staatsgebiet abgeschossen worden war.54 Die FCRA war eine Unterorganisation der Asian People’s Anti-Com­ munist League (APACL), über die die Guomindang geheime

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Kontakte zu rechtsgerichteten Politikern und Finanzkreisen in Europa und Amerika sowie zu den dort lebenden Chine­ sen unterhielt. Die APACL wurde 1967 in die World AntiCommunist League (WACL) umgewandelt, deren latein­ amerikanische Sektion rechtsgerichtete, durch Drogen finanzierte Verschwörungen wie den bolivianischen »Ko­ kainputsch«* von 1980 koordinierte.55 Der Leiter der geheimen Verbindungsgruppe der APACL in Amerika und in Wirklichkeit die zentrale Gestalt in der amerikanischen Chinalobby war 1959 Charles Edison, gleichfalls ein rechtsgerichtetes Mitglied des Brook Club.56 Die APACL arbeitete auch mit Experten für psychologische Kriegführung im Verteidigungsministerium und mit der rechtsradikalen John-Birch-Society zusammen. Der heim­ liche Besuch Fang Chihs in Laos, wenige Wochen vor der Scheininvasion von 1959, legt den Gedanken nahe, dass die CAT-Flugzeuge auf Grund des Drogenhandels und der Akti­ vitäten des Pathet Lao im selben Jahr ihre Flüge in die Opiumanbaugebiete der Hmong in der Provinz Sam Neua aufnahmen. Das würde auch die Gerüchte erklären, wonach die »Opiumflüge [der laotischen Luftwaffe] unter dem >Schutz< der CIA« erfolgten.57 Es ist nicht abwegig zu vermuten, dass die Aufnahme der CAT-Flüge in Laos mehr mit Opium als mit Nordvietnam und der niemals stattgefundenen »Invasion« in Laos, über die Brook-Club-Mitglied Joe Alsop berichtete, zu tun hatte. Im Blick auf die Unruhen im selben Jahr im ganz in der Nähe gelegenen Shanstaat Birmas sprach die amerikanische Regie­ rung selbst von einer »Rebellion, die durch den Opium­ handel ausgelöst wurde«.58 Zu der von der Guomindang unterstützten Shan-Rebellion kam es, als die birmanische Regierung im Sommer 1959 scharf durchgriff, nachdem gut 2.000 Guomindangsoldaten 1958 aus den Sanskyin-Bergen in Jünnan nach Birma vertrieben worden waren.59

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Im März 1959 hatten nach Bernard Fall »einige der im Shanstaat in Birma operierenden nationalchinesischen Gue­ rillas die Grenze nach Laos überschritten und wurden dort von »unbekannten Flugzeugen< mit Nachschub versorgt«.60 Ihre alten Opiumrouten nach Süden waren gleichfalls be­ droht. Im Juli 1959 kündigte die thailändische Regierung auf Druck der Vereinigten Staaten an, sie werde das Opium­ monopol abschaffen und den Opiumhandel in Zukunft be­ kämpfen.61 Kurz nach diesem Verbot galt statt des Opiums nun Heroin als »Hauptproblem« in Thailand.62 Im Septem­ ber 1959 baute die CAT dann die vom amerikanischen Steu­ erzahler bezahlte Charterluftbrücke in Laos auf. Im Mai und Juni 1959 und nochmals 1960 besuchte Fang Chih von der APACL die Guomindanglager in Laos, Birma und Thailand. Am 18. August 1959, fünf Tage vor der An­ kunft der zwei CAT-Flugzeuge in Vientiane und zwölf Tage vor der angeblichen »Invasion«, empfing Ku Cheng-kang, Präsident der FCRA wie auch der taiwanesischen Sektion der APACL, in Taiwan den mysteriösen, aber einflussreichen Oberst Oudone Sananikone, ein Mitglied der damals in Laos herrschenden Familie und Neffe des laotischen Premier­ ministers Phoui Sananikone.63 Am 26. August 1959 unter­ zeichnete Oudones Vater Ngon Sananikone in Washington ein amerikanisch-laotisches Nothilfeprogramm, in dem die Vereinigten Staaten die Kosten für die Charter der drei Tage zuvor in Vientiane eingetroffenen Flugzeuge übernahmen. Nur wenige Stunden zuvor war Eisenhower nach Europa ab­ gereist, ohne vorher die Zeit zu finden, das Hilfeersuchen zu lesen, das Ngon erst am 25. August unterbreitet hatte. Am 27. August nahm Oudone Sananikone in Taiwan an der Gründungsveranstaltung einer sino-laotischen Freund­ schaftsgesellschaft teil, zu deren Kuratoren auch Ku Cheng­ kan und Fang Chih gehörten.64 Oudone Sananikone leitete die paramilitärische »laoti­

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sche« Fluggesellschaft Veha Akhat, die damals die Opium­ anbaugebiete nördlich der Ebene der Tonkrüge mit national­ chinesischen Flugzeugen und Piloten anflog (die CAT hatte die Flüge zu den Hmong in dieser Region noch nicht auf­ genommen, die den Piloten so einträgliche Chancen auf einen Nebenerwerb boten).65 Oudone Sananikone spielte auch eine wichtige Rolle in den Geheimgesprächen zwischen laotischen, südvietnamesischen und taiwanesischen Offizie­ ren, die dem Putsch in Vientiane und der daraus resultieren­ den Krise vom 19. April 1964 vorausgingen - jenem Putsch, über den der taiwanesische Rundfunk zwei Tage im Voraus berichtet hatte.66 Eine weitere wichtige Figur in den laotischen Komplotten von 1959 und 1964 war General Ouane Rattikone, der 1959 mit Joe Alsop nach Sam Neua flog, um ihm die inszenierten Beweise für die angebliche Invasion zu zeigen. General Ouane soll in den 70er Jahren in einem Interview eingestan­ den haben, dass er der »wahre Boss« der Opiumoperationen in Laos war.67 Außergewöhnlich und nach amerikanischem Recht sogar strafbar ist hier nicht die Beteiligung der Guomindang und der von ihr kontrollierten taiwanesischen Fluggesellschaft CATCL an Drogengeschäften, sondern die Tatsache, dass Amerikaner die Autorität der CIA für solche Zwecke ein­ setzten. Natürlich kann man die CIA als Behörde ebenso­ wenig mit dem Drogenhandel identifizieren wie die Guomin­ dang. 1955 etwa, als die CIA die Luftbrücke zu den Opiumhändlern in Thailand unterhielt, setzte General Lans­ dale in Vietnam Gelder der CIA ein, um den profranzö­ sischen Apparat der Binh Xuyen zu zerschlagen, der den Drogenhandel und das Glücksspiel in Saigon und dessen chinesischen Stadtteilen auf ähnliche Weise kontrollierte, wie die Triaden es im Malaiischen Bund getan hatten.68 Und 1971 beteiligten sich Air-America-Flugzeuge an amerikani­

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schen Bemühungen zur Eindämmung des Drogenhandels, während der ehemals zur CIA gehörige Kongressabgeord­ nete Robert Steele aus Connecticut einen Bericht mit dem Titel The World Heroin Problem verfasste, nachdem er zu­ sammen mit einem ehemaligen Leiter der CIA-Niederlassung in Saigon die ganze Welt bereist hatte.69 Während General Lansdale gegen den Drogenhandel in Vietnam vorging, soll der CAT-Repräsentant in Bangkok, William H. Bird, die Abwürfe der CAT für Li Mis Truppen im »fruchtbaren Dreieck« koordiniert haben. Als die Flug­ gesellschaft auf Grund des »großen Laos-Betrugs« 1960 die Flüge in Laos aufgenommen hatte, begann seine private Bau­ firma Bird and Son mit dem Bau kurzer Start- und Lande­ pisten im Hmong-Gebiet, die schon bald zum Verladen des laotischen Opiums benutzt wurden. Ein Teil dieses Opiums wurde dann in Marseille zu Heroin verarbeitet, das an das Nationale Verbrechersyndikat der Vereinigten Staaten ging.70 Bald besaß Bird and Son eine eigene, aus fünfzig Flug­ zeugen bestehende Luftflotte, die in amerikanischem Auftrag Versorgungsgüter zu den Hmong flog, und es kamen Ge­ rüchte auf, wonach diese Flugzeuge wie die von Air America in derselben Region häufig auch für den Schmuggel benutzt wurden.71 William Birds angeblicher Bruder oder Vetter in Bangkok, der Chinaveteran der OSS Willis Bird, leitete in Bangkok das dortige Büro des »Handelsunternehmens« Sea Supply, Inc. Sea Supply lieferte zunächst Waffen an die Guomindang­ truppen General Li Mis und bildete später Phao Sriyanons thailändische Grenzpolizei aus, die gleichfalls am Schmuggel des Guomindang-Opiums beteiligt war. Wie William so gründete auch Willis Bird sein eigenes Bauunternehmen. Nach Ansicht eines Kongressausschusses zur Untersuchung der Korruption in Laos bestach er in Vientiane einen Vertre­ ter der International Cooperation Administration (ICA)72.

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Als Kennedy sich 1962 bemühte, die CIA-Falken in Thailand unter Kontrolle zu bringen, verzögerte sein Bruder Robert, der Justizminister, eine Anklage gegen Willis Bird, der nie­ mals zurückkehrte, um sich dem Prozess zu stellen.73 Von Interesse sind hier natürlich weniger die Bestechlich­ keit eines amerikanischen Bauunternehmers oder die Piloten, die sich am Opiumschmuggel beteiligten, sondern die Rolle von CIA-Firmen bei Drogenschmuggelaktivitäten, von de­ nen auch die Vereinigten Staaten betroffen waren. Es ist keineswegs klar, dass diese Politik von höchster Ebene ab­ gesegnet war. Wie ich im 8. Kapitel ausgeführt habe, scheint Eisenhower über die Situation in Laos nur äußerst vage in­ formiert gewesen zu sein. Und die Kennedy-Regierung be­ mühte sich, die »schätzungsweise 4.000 Nationalchinesen« zurückzuführen, die »1961 angeblich in Westlaos operier­ ten« und »aus Taiwan auf Stützpunkte in Nordthailand ge­ flogen worden sein« sollten.74 Selbst die Regierung Johnson kündigte im Februar 1964 an, sie werde Air America aus Laos zurückziehen. Diese Ankündigung verlief jedoch im Sande, nachdem der für die Rückverlagerung von CAT nach Amerika zuständige John Davidson von Seabord World Services bei einem dubiosen und umstrittenen »Unfall«, der Explosion eines CAT-Flugzeugs, ums Leben kam.75 Wie war es möglich, dass die Ziele einer CIA-Firma im Widerspruch zu den Zielen amerikanischer Präsidenten stan­ den? Die Beteiligung der Guomindang an CATCL bietet eine Teilerklärung, der man möglicherweise noch private ame­ rikanische Interessen hinzufügen kann. Denn es ist eine er­ staunliche Tatsache, dass Tommy Corcorans Washingtoner Anwaltskanzlei, die sowohl CATCL als auch T. V. Soong vertrat, eigene Verbindungen zu den ihrerseits miteinander verzahnten Welten der Chinalobby und des organisierten Verbrechens unterhielt. Sein Partner W. S. Youngman saß in den Aufsichtsräten der U.S. Life und anderer amerikanischer

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Versicherungsgesellschaften, die C. V. Starr vom OSS China mit Hilfe philippinischen und anderen asiatischen Kapitals kontrollierte.76 Zu Youngmans Mitdirektoren bei Starrs Unternehmen gehörten John S. Woodbridge von PanAm, Francis R. Randolph von J. &c W. Seligman, W. Palmer Dixon von Loeb Rhoades, Charles Edison von der Nachkriegs-Chinalobby und Alfred B. Jones von der in Taiwan beheimateten Universal Trading Corporation. Der McClellan-Ausschuss erfuhr, dass U.S. Life (bei der Edison als Direktor fungierte) zusammen mit einer sehr viel kleineren Gesellschaft (Union Casualty of New York) von der Transportarbeitergewerk­ schaft Teamsters den Zuschlag für einen großen Versiche­ rungsvertrag erhielt, nachdem ein günstigeres Angebot einer größeren und sichereren Gesellschaft abgelehnt worden war. Von einem Kollegen, der unter Eid vor einem anderen Aus­ schuss aussagte, wurde Gewerkschaftschef Jimmy Hoffa be­ schuldigt, zu Gunsten von U.S. Life und Union Casualty interveniert zu haben, deren Agenten Hoffas enge Geschäfts­ freunde Paul und Allen Dorfman waren.77 Selbst die National City Bank hatte einmal ihre Rennbahn in Havanna und über eine Tochtergesellschaft auch das Kasino des Hotel Nacional de Cuba an Meyer Lansky vom Syndikat des organisierten Verbrechens verpachtet.78 1950 wurde der größte Anteilseigner der Citibank, die Transamericana Corporation, durch James F. Cavagnaro bei der ob­ skuren, von mehreren OSS-Veteranen aufgebauten World Commerce Corporation vertreten. Damals war die World Commerce Corporation in dubiose Sojabohnengeschäfte verwickelt79, während ihre Tochtergesellschaft Commerce International (China) die ungenehmigte, von Pawley und Cooke organisierte militärische Hilfsaktion für Taiwan80 und die illegale Lieferung von Flugzeugen aus Kalifornien an die Regierung Chiang Kai-sheks unterstützte.81 Satiris »Sonny« Fassoulis, dem die Weitergabe von Bestechungs­

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geldern als Vizepräsident der Commerce International vor­ geworfen wurde, stand zehn Jahre später vor Gericht, weil er im Rahmen der mit dem organisierten Verbrechen zu­ sammenhängenden Guterma-Skandale aufgefallen war.82 Robert Guestier Goelet war zehn Jahre Direktor bei Air America. Er kam von der City Investing Co., wo zu seinen Mitdirektoren Joseph Binns von U.S. Life und John W. Houser gehörten (Binns war an den Bodenspekulationen Lou Cheslers, eines engen Geschäftspartners von Meyer Lansky, auf den Bahamas und anderswo beteiligt83, und Houser, ein Geheimdienstveteran aus dem Pazifikraum, hatte die Anmie­ tung des Kasinos des Havana Hilton durch kubanische Be­ auftragte des Syndikats ausgehandelt).84 Dasselbe Netzwerk aus CIA-Firmen, Kriegslobbys und organisiertem Verbrechen finden wir, wenn wir uns einem anderen Unternehmen zuwenden, das in den Opiumhandel verstrickt war, nämlich Sea Supply, Inc. Das Unternehmen wurde in Miami, Florida, organisiert, wo sein Syndikus, Paul L. E. Helliwell, zugleich als Syndikus für Versicherungs­ gesellschaften von C. V. Starr und als thailändischer Konsul fungierte. Es lässt sich nur schwer entscheiden, ob Helliwell (ehemals Chef des Sondergeheimdienstes des OSS in China) sich aktiver für amerikanische oder für thailändische Interes­ sen einsetzte. 1955 und 1956 gingen zum Beispiel über das thailändische Konsulat in Miami, das in Helliwells Büro als Syndikus der American Bankers Insurance Company of Flo­ rida untergebracht war, mehr als 30.000 Dollar an James Rowe, Tommy Corcorans Partner in dessen Anwaltskanz­ lei, der in Washington offiziell als ausländischer Lobbyist für Thailand registriert war. Da Corcoran und Rowe enge persönliche Berater des in raschem Aufstieg befindlichen demokratischen Mehrheitsführers im Senat Lyndon Baines Johnson waren, dürfte Helliwells Lobbyarbeit für die in den Opiumhandel verstrickte Regierung Phibun und Phao Sri­

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yanon durchaus größeren Einfluss auf die amerikanische Politik gehabt haben als seine juristischen Aktivitäten für die CIA. Miami gilt als ein »Ort, an dem viele wichtige Drogen­ händler aus den Vereinigten Staaten, Kanada und auch Frankreich zusammenkommen«.85 American Bankers Insu­ rance, die Firma, in deren Büro Helliwell zugleich als thai­ ländischer Konsul und als Syndikus für Sea Supply, Inc., agierte, scheint auch selbst am Rande Beziehungen zu In­ stitutionen unterhalten zu haben, die der Welt des Drogen­ handels und des organisierten Verbrechens dienten.86 Die erstaunlichste Verbindung ist die des Sea-Supply-Direktors J. L. King, der 1964 zugleich Direktor der Miami National Bank war. 1969 wurde festgestellt, dass von 1963 bis 1967 über die Miami National Bank Syndikatgelder von Kurieren Meyer Lanskys ins Ausland geschafft und bei der mit ihr ver­ bundenen Exchange and Investment Bank in Genf »gewa­ schen« wurden.87 Der McClellan-Ausschuss ermittelte gegen Lou Poller, Kings Mitdirektor bei der Miami National Bank und zugleich Direktor der Schweizer Exchange and Invest­ ment Bank, wegen der Verwendung von Teamster-Kapital für den Erwerb der Miami National Bank. Nach dem Pro­ zess wurde er wegen Meineids angeklagt.88 Es heißt, reiche thailändische und andere asiatische Kapi­ talisten und wohlhabende Syndikatgangster wie »Trigger Mike« Coppola hätten nach dem Krieg über Firmen wie die General Development Corporation Lou Cheslers, des Ge­ schäftspartners von Meyer Lansky, große Summen in den boomenden Grundstücksmarkt Floridas investiert.89 Solche Geschäftsbeziehungen könnten erklären, warum der thailän­ dische Prinz Pucharta 1966 als einziger Vertreter des thai­ ländischen Königshauses an der Eröffnung von Cesar’s Palace in Las Vegas teilnahm, einem Hotelkasino, das von Jimmy Hoffa kontrolliert worden sein soll.90 Dieselben Ver­

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bindungen könnten, sofern sie offen gelegt würden, Licht in die unerklärliche Geschäftsreise bringen, die Santo Traffi­ cante, ein alter, bei Drogenermittlungen häufig auftauchen­ der Geschäftspartner Meyer Lanskys, 1968 nach Hongkong und Südostasien unternahm.91 Vor Trafficante hatte schon 1965 John Pullman, Meyer Lanskys Kurier zur Miami Na­ tional Bank, eine ähnliche Reise unternommen. Im April 1965 besuchte er das »Peninsular Hotel in Hongkong, wo das Syndikat Kasinos unterhielt und einen großen Teil seiner Drogen einkaufte«.92 Die peinlichen Verbindungen zwischen Air America und CATCL nahmen nach 1965 ab. Doch die auf Opium basie­ rende laotische Wirtschaft wurde auch weiterhin von einer Koalition aus Opium anbauenden CIA-Söldnern, Air-Ame­ rica-Flugzeugen und thailändischen Truppen beschützt.93 Als Nixon 1971 gegen die von Korsen kontrollierte Opiumpro­ duktion in der Türkei vorging, stärkte er damit nur die Be­ deutung des aus dem »fruchtbaren Dreieck« stammenden und dort verarbeiteten Heroins, das nach Schätzungen schon damals 25 Prozent des amerikanischen Heroinkonsums aus­ machte.94 Die zweideutige Rhetorik offizieller amerikanischer Stel­ len hinsichtlich des Heroinproblems in den USA wie auch die in den 60er Jahren fehlende Bereitschaft, das »fruchtbare Dreieck« offen als Herkunftsgebiet zu benennen, ist nur ein weiteres Symptom für die Tatsache, dass die öffentlichen Sanktionen des Strafrechts und der Verfassung privaten Interessen und geheimen, von der CIA realisierten Sanktio­ nen gewichen sind.

Dank

Ich danke Susan McEachern, meiner Lektorin bei Rowman & Littlefield, für ihren Rat, ihre Klugheit, ihre Ermutigung und ihre Geduld, und ebenso ihrer Assistentin Jessica Grib­ ble. Ich danke allen, die an der Produktion des Buches betei­ ligt waren: April Leo, Crisona Schmidt und Lynn Gemmei. Mein besonderer Dank gilt Michael Leon und Rex Bredford für die vielen Stunden, die sie an meinem Text verbrachten. Ich danke meiner Agentin Virginia Shoemaker und Mike Ruppert, die mich erst zu diesem Buchprojekt ermuntert haben; desgleichen Bill Firth und Frank Dorrel für ihre frühe Unterstützung. Ich danke auch den Wissenschaftlern, die sich die Zeit nahmen, den Text zu lesen und teilweise auch zu kommentieren, insbesondere Mark Seiden, Bruce Cumings, David Kaiser, Fredrick Logevall, Edwin Moise und Carl Trocki. Unendlich viel verdanke ich den Arbeiten und der Klugheit anderer Forscher, vor allem Alfred McCoy, Alan A. Block und Lawrence Lifschultz. Danken möchte ich Barnett Rubin für Ratschläge zu einer zentralen Frage und George Hunsinger, der mich vor der Drucklegung über wich­ tige aktuelle Ereignisse auf dem Laufenden hielt. Vor allem danke ich meinem besten Freund Daniel Ellsberg für seine wertvollen Kommentare und seine Hilfe, die weit über dieses Buch hinausgeht. Mein größter Dank geht jedoch an meine Frau Ronna Ka­ batznick nicht nur für die Inspiration und Hilfe bei diesem Buch, sondern auch für ihre Liebe und Gemeinschaft, die mir Kraft in der schwierigen Auseinandersetzung mit der Poesie und der Welt gegeben haben.

Anmerkungen

Vorwort 1 Dwight D. Eisenhower, Rede vom 4. August 1953, The Pentagon Papers: The Defense Department History of United States Decisionmaking on Vietnam, hg. von Senator Gravel, Boston 1971-1972, Bd. 1, S. 592 (Diese Ausgabe ist nur teilidentisch mit der deutschen Ausgabe: Die Pen­ tagon-Papiere. Die geheime Geschichte des Vietnamkrieges, hg. von Neil Sheehan, München 1971.) 2 Michael Tänzer, The Political Economy of International Oil and the Underdeveloped Countries, Boston 1969. 3 Frank Viviano, San Francisco Chronicle, 26. September 2001; http:// www.sfgate.com/cgi-bin/article.cgi?file=/chronicle/archive/2001/09/26/M N70983.DTL. 4 Joseph S. Nye Jr., The Paradox of American Power: Why the World’s Only Superpower Can’tGo It Alone, Oxford 2002; dt.: Das Paradox der amerikanischen Macht. Warum die einzige Supermacht der Welt Verbün­ dete braucht, Hamburg 2003, S. 30. 5 Immanuel Wallerstein, »The Eagle Has Crash Landed«, Foreign Policy, Juli-August 2002, http://www.foreignpolicy.com/issue_julyaug_2002/ wallerstein.html.

Einführung 1 Martha Byrd, Chennault: Giving Wings to the Tiger, Tuscaloosa, Ala­ bama, 1987, S. 277-288. Siehe auch Peter Dale Scott, »Opium and the Empire: McCoy on Heroin in Southeast Asia« (Rezension von Alfred W. McCoy, The Politics of Heroin in Southeast Asia, 1972; die erweiterte Neuauflage ist auch als deutsche Ausgabe erschienen: Die CIA und das Heroin, Frankfurt 2003), Bulletin of Concerned Asian Scholars, V, 2 (September 1973), S. 49-56. Zu den komplizierten Verhältnissen zwi­ schen der CIA und der Fluggesellschaft siehe auch William M. Leary, Perilous Missions: Civil Air Transport and CIA Covert Operations in Asia, 1946-1955, Montgomery, Alabama, 1984; und Christopher Robbins, Air America, New York 1985. 2 Leary, Perilous Missions, S. 67f. Siehe auch Byrd, Chennault, S. 325-328. 3 Byrd, Chennault, S. 312, 327f., 334.

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Anmerkungen ...

4 Chennault war auch einer der ersten, die den Vorschlag machten, den Kommunismus mit Hilfe der Muslime in Westchina zu bekämpfen, von denen später einige als Mudschaheddin in Afghanistan kämpften. Siehe Byrd, Chennault, S. 322f.. 5 Gordon H. Chang, Friends and Enemies: The United States, China and the Soviet Union, 1948-1972, Stanford 1990, S. 224f. 6 Chang, Friends and Enemies, S. 225f. 7 Anna Chennault spielte eine wichtige Rolle in dem von Tongsan Park organisierten George Town Club. Park benutzte Gelder, die er von der südkoreanischen Regierung und der KCIA erhielt, »um einflussreiche Mitglieder des Kongresses zu bestechen und die gewaltigen Ausgaben des George Town Club zu finanzieren« (Susan B. Trento, The Power House, New York 1992, S. 97-103). Siehe auch Peter Dale Scott, Deep Politics and the Death ofJFK, S. 234-238. 8 Scott und Jon Anderson, Inside the League, New York 1986, S. 122-129. 9 Scott und Jon Anderson, Inside the League, S. 129 (zur Vereinigungs­ kirche); Peter Dale Scott und Jonathan Marshall, Cocaine Politics, Berke­ ley und Los Angeles 1998, S. 86f. (zu APACL und WACL). Ein Teil dieser rechtsgerichteten Propaganda wurde auch von ausländischen Regierun­ gen bezahlt, die auf amerikanische Unterstützung angewiesen waren, also indirekt vom amerikanischen Steuerzahler. In den 70er Jahren ließ die Marionettenregierung Lon Nol über ihre Botschaft in Washington groß­ zügig rechtsgerichtete Propaganda der Vereinigungskirche San Myung Muns verteilen. 10 Die Grenze zwischen in- und ausländischen Interessengruppen darf nicht zu eng gezogen werden. Tongsan Park »stammte aus einer Familie, die schon lange enge Beziehungen zum koreanischen Geheimdienst und zu amerikanischen Ölgesellschaften mit Geschäftsinteressen in Korea unter­ hielt« (Trento, Power House, S. 97). 11 Zu den einander überlappenden Aktivitäten der Ölindustrie, des Außen­ ministeriums und der U.S. Navy siehe Daniel Yergin, The Prize: The Epic Quest for Oil, Money, and Power, New York 1991; dt.: Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht, aktualisierte deutsche Ausgabe, Frankfurt am Main 1991; Ovid Demaris, Dirty Business, New York 1975, S. 191-289. 12 Zur Lobbyarbeit im Bereich der Außen- und Verteidigungspolitik siehe Jerry W. Sanders, Peddlers of Crisis: The Committee on the Present Dan­ ger and the Politics of Containment, Boston 1983; Russell Warren Howe, The Power Peddlers: How Lobbyists Mold America's Foreign Policy, Garden City, N.Y., 1977. 13 Larry P. Goodson, Afghanistan’s Endless War: State Failure, Regional Politics, and the Rise ofthe Taliban, Seattle 2001, S. 68. 14 John K. Cooley, Unholy Wars: Afghanistan, America and International Terrorism, London 1999, S. 75. 15 Alan Kuperman, Political Science Quarterly (Sommer 1999). Siehe auch Alan J. Kuperman, »The Stinger Missile and U.S. Intervention in Afgha­

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nistan«, in: Demetrios James Caraley (Hg.), The New American Interven­ tionism: Lessons from Successes and Failures, New York 1999. In Goodsons eigenen Fußnoten heißt es: »Eine Analyse der im Afghanistan Report mitgeteilten Daten ergibt keinen nennenswerten Anstieg der Verluste an Flugzeugen und Hubschraubern unmittelbar nach der Einführung der Stinger-Raketen.« (S. 209) Zu einer gegenteiligen Einschätzung siehe zum Beispiel Robert Gates, From the Shadows, New York 1996, S. 350. New York Times, 12. März 1989. Im April 1990 vereitelte das FBI einen Versuch kolumbianischer Mitglieder des Medellín-Kartells, in Florida 120 Stinger-Raketen zu kaufen (Washington Post, 8. Mai 1990). Das führte zu weiterer Kritik an der CIA, »weil sie sich auf den Rückkauf der Waffen konzentrierte, die den sowjetischen Truppen so großen Scha­ den zugefügt hatten, und dabei die weit größeren Probleme des poli­ tischen Vakuums vernachlässigte, das der Abzug der sowjetischen Einhei­ ten 1989 in Afghanistan hinterließ. Die CIA-Kampagne zum Rückkauf der Raketen ist Ausdruck der falsch gesetzten amerikanischen Prioritäten, wie eine Geheimdienstquelle meint, die der Ansicht ist, die Konzentration auf die Waffen habe Washington - einschließlich der Geheimdienste offenbar blind für die Gefahren gemacht, die aus dem politischen Zerfall Afghanistans und dem Zusammenbruch jeder wirkungsvollen Zentral­ regierung nach dem Abzug der Russen erwuchsen.« (International Herald Tribune, 26. September 2001). Chicago Tribune, 21. Oktober 2001. Howard Means, Colin Powell: Soldier/Statesman - Statesman/Soldier, New York 1992, S. 208ff. Ottawa Citizen, 6. Oktober 2001. Ahmed Rashids Behauptung, wonach die Initiative von CIA-Direktor Casey ausging (Taliban, New Haven 2001; dt.: Taliban. Afghanistans Gotteskrieger und der Dschihad, Mün­ chen 2002, S. 221), wird von dem tatsächlichen Initiator Charles Wilson bestritten, der erklärte, dass selbst Casey »die Lieferung von StingerRaketen nicht forcierte« (New York Times, 18. April 1988). Ein weiterer entschiedener Verfechter war Orrin Hatch, republikanischer Senator für Utah, der zuerst nach China und dann nach Pakistan flog, wo er General Zia angeblich überredete, »die Lieferung der Stinger-Raketen zu akzep­ tieren. Sechs Monate später, nach einem langwierigen Streit innerhalb der Regierung Reagan zwischen Gegnern aus CIA und Army auf der einen, hartnäckigen Befürwortern aus Pentagon und Geheimdiensten auf der anderen Seite, begann schließlich das Stinger-Programm. Im Rückblick sehen viele hochrangige Beamte in dieser Entscheidung einen Wende­ punkt des Krieges und räumen ein, dass Hatchs heimliche Lobbyarbeit dabei eine entscheidende Rolle spielte.« (Washington Post, 20. Juli 1992) Hatch reiste in Begleitung seines Assistenten Michael Pillsbury, der sich auch später als stellvertretender Verteidigungsminister für die Fortfüh­ rung des Programms einsetzte. Pillsburys undurchsichtige Verbindungen zu Mohammed Hammoud von der BCCI (Bank of Credit and Commerce International) wurden später in The BCCI Affair untersucht, einem

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Bericht der Senatoren John Kerry und Hank Brown an den außenpoli­ tischen Ausschuss des Senats (102nd Cong., 2nd Sess., Senate Print 102-140, S. 470ff.). Wilson behauptete, der Vorschlag zur Lieferung der Oerlikonkanone »stammte vom pakistanischen Präsidenten Zia«; Bob Woodward, Veil: The Secret Wars of the CIA 1981-1987, New York 1987, S. 316. Im Januar 1987 klagte Andrew Eiva, Direktor der Federation for AmericanAfghanistan Action, tatsächlich hätten nur elf der vierzehn versprochenen Kanonen die Mudschaheddin erreicht, und nährte damit den Verdacht, die Mittel seien für andere Zwecke abgezweigt worden; Washington Post, 13. Januar 1987. New York Times, 18. April 1988. Siehe auch Woodward, Veil, S. 316ff., 372. Goodson, Afghanistans Endless War, S. 146. Vgl. Woodward, Veil, S. 372. Russ Bellant, Old Nazis, the New Right and the Republican Party, Bos­ ton 1988. Möglicherweise hatte Wilson auch ein persönliches Interesse an dem 40-Millionen-Programm, für das er sich einsetzte. David Isenberg schrieb 1997: »The Voice of America berichtete Anfang der Woche, das Schweizer Bundesgericht habe entschieden, die Schweizer Bundesregie­ rung dürfe die Vereinigten Staaten bei der Untersuchung einer Schmier­ geldaffäre unterstützen, an der ein Kongressmitglied und sein Partner beteiligt gewesen sein sollen. Der Vorwurf, wonach der Abgeordnete Schmiergelder von Firmen erhalten hat, die Waffen an afghanische Rebel­ len lieferten, reicht zurück in das Jahr 1983, als der Kongress 40 Mio. Dollar für Waffenlieferungen an die Rebellen bewilligte. Der größte Teil davon wurde für den Kauf von Luftabwehrgeschützen bei einer von dem Abgeordneten empfohlenen Firma verwendet. Die amerikanische Regie­ rung wirft den beiden Männern nun vor, gut vier Mio. Dollar Schmier­ geld für die Lieferung der Waffen an die Mudschaheddin erhalten zu ha­ ben. Die Identität der beiden Beschuldigten wird zwar geheim gehalten, aber im Urteil des Schweizer Gerichts heißt es, der Familienname des amerikanischen Abgeordneten beginne mit W. Das ist ein deutlicher Hin­ weis für alle, die sich noch an die Zeiten der Reagan-Doktrin erinnern. Bei dem nicht namentlich genannten Kongressabgeordneten dürfte es sich um den ehemaligen Abgeordneten des Repräsentantenhauses Charles Wilson, einen Republikaner aus Texas, handeln.« (David Isenberg, »The Stinger that keeps on Stinging«, Center for Defense Information, Weekly - http://www.cdi.org/weekly/1997/Issue11/). Pittsburgh Post-Gazette, 10. Oktober 2001 - http://www.post-gazette. com/columnists/2001101Osally 1010p 1 .asp. Man könnte noch zahlreiche weitere Beispiele anführen. So war der Lei­ ter der Abteilung National Affairs der ASC Foundation Jim Guirard Auf­ sichtsratsmitglied des Committee to Free Afghanistan und in den 80er Jahren ein führendes Mitglied der Arbeitsgruppe Nicaragua, der Coali­ tion for Peace Through Strength.

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27 New York Times, 9. Februar 2000 (Demokraten); Washington Weekly, 14. Juli 1997 (Fred Thompson, Republikaner); Associated Press, 30. Sep­ tember 1997. 28 Siehe Peter Brewton, The Mafia, CIA, and George Bush, New York 1992, S. 197-204; Stephen Pizzo, Mary Fricker und Paul Muolo, Inside Job, New York 1989, S. 89ff., 341f.; Anthony Kimery, »Failed Banks and Farhad Azima«, http://www.microsp.com/sources/azima.html. 29 Pizzo u.a., Inside Job, S. 89. Es gibt zwar keinen Beweis, aber man nimmt an, dass es sich bei der Bank um die ins Drogengeschäft verwickelte Bank of Credit and Commerce International (BCCI) handelte. Bei seinen Nach­ forschungen zum Zusammenbruch der Indian Springs Bank erfuhr Pete Brewton, das FBI sei den Vorgängen bei der Bank deshalb nicht nach­ gegangen, weil die CIA Azima für »off limits« erklärt habe (Brewton, Ma­ fia, S. 211; Houston Post, 8. Februar 1990). Dem Staatsanwalt, der die Ermittlungen gegen die Indian Springs Bank leitete, wurde gesagt, er solle »die Finger von dem Hauptverantwortlichen lassen, weil der Verbindun­ gen zur CIA habe« (Gary W. Potter, »Organized Crime, the CIA and the Savings and Loan Scandal« http://www.policestudies.eku.edu/POTTER/ International/S&L.htm). 30 Brewton, Mafia, S. 211. 31 Pizzo u.a., Inside Job, S. 90-91. Vgl. die Fluglinie Jet Avia in Las Vegas, die für die CIA in Kolumbien geflogen sein soll; siehe in diesem Buch S. 128. 32 Helliwell beteiligte sich auch an diversen Immobiliengeschäften in Florida, und zwar gemeinsam mit Morris Kleinman, der über das Desert Inn in Las Vegas aus der Mayfield Road Gang in Cleveland gekommen war (Alan A. Block, Masters of Paradise, New Brunswick, N.J., 1991, S. 189f.). 33 Die Nachkriegsverbindungen der Geheimdienste zum asiatischen Dro­ genhandel gehen zurück auf die Niederlassung des OSS in Kunming, wo Helliwell mit Tai Li, dem Drogenboss und Geheimdienstchef der Guo­ mindang, zusammenarbeitete und das OSS seine Agenten mit Opium bezahlte. Außer Helliwell, der später die CAT und Sea Supply, Inc., auf­ baute, waren dort stationiert: Lou Conein, der spätere Verbindungsmann der CIA zu den korsischen und anderen Drogenhändlern in Saigon; Ray Cline und John Singlaub, beide Teil der CIA-Verbindung zur Guomin­ dang und deren Geschöpf, der Asian People’s (später World) Anti-Com­ munist League; Howard Hunt, der sich am Aufbau der lateinamerikani­ schen Sektion der World Anti-Communist League beteiligte; und Mitchell WerBell, ein Waffenbeschaffer der CIA, der später wegen eines mit Dro­ gen bezahlten Waffengeschäfts angeklagt wurde und an einem zweifel­ haften Geschäft beteiligt war, bei dem es um die Umsiedlung von Ange­ hörigen des Hmong-Stammes unter Beteiligung der Nugan Hand Bank ging. Leiter der OSS-Niederlassung in Kunming war George Olmsted, dessen Washingtoner Bank schließlich von der BCCI übernommen wurde. 34 Brewton, Mafia, S. 201.

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35 Theodore Draper, A Very Thin Line: The Iran-Contra Affairs, New York 1991, z.B. S. 200ff. 36 Cooley, Unholy Wars, S. 180. 37 San Francisco Chronicle, 15. Juni 2001. Oliver Roy schrieb einmal in Le Monde Diplomatique: »Als die Taliban die Macht in Afghanistan ergriffen (1996), geschah das mit erheblicher Unterstützung durch den pakistanischen Geheimdienst und die Ölgesellschaft Unocal mit ihrem saudischen Partner Delta.« (Richard Labeviere, Dollars for Terror, New York 2000, S. 280) Man hat mich darauf hingewiesen, dass Unocal mit der Bereitstellung von Mitteln für solch eine Operation gegen das Foreign Anti-Corruption Act verstoßen hätte. Doch für ihren Partner, die saudi­ sche Ölgesellschaft Delta, bestanden solche Hindernisse nicht. 38 Cooley, Unholy Wars, S. 157,159. 39 Paul Findley, They Dare to Speak Out, Westport 1985. Angeblich »war es die Forderung des Außenministers Dulles, mit einer einzigen jüdischen Organisation zu sprechen, die zur Gründung des AIPAC führte. Der erste geschäftsführende Vorsitzende des AIPAC, I.L. Kenen, behauptet, man habe die Organisation gegründet, um der Propaganda und Macht des >petro-diplomatischen Komplexes< entgegenzutreten, dem Ölleute, Diplo­ maten, Missionare und CIA-Agenten angehörten. Verteidigungsminister James Forrestal und die Arabisten im Außenministerium seien gewichtige Vertreter dieses Komplexes gewesen.« (Umut Uzer, »The Impact of the Jewish Lobby on American Foreign Policy in the Middle East«, http:// www.mfa.gov.tr/grupa/percept/VI-4/u.uzer.htm) Wie wir noch sehen wer­ den, war und ist Geld aus Öl- und Drogengeschäften auf beiden Seiten zu finden, über die BCCI auf pro-arabischer Seite, über Figuren wie Meyer Lansky (Drogen) und Marc Rieh (Öl und mehr) auf pro-israelischer Seite (siehe Justin Raimundo, »Marc Rieh: Treason is the Reason«, http:// www.antiwar.eom/j ustin/j021601 .html). 40 Im ersten Kapitel komme ich noch ausführlich auf die Klage des ehemali­ gen Mitarbeiters der CIA Robert Baer zu sprechen, wonach wichtige Mit­ glieder des Nationalen Sicherheitsrats in der Regierung Clintons für die Ziele der Foreign Oil Companies Group gearbeitet hätten: »ein Deck­ name für ein Kartell aus den größten Petroleumfirmen, die am Kaspi­ schen Meer Geschäfte machten« (Robert Baer, See No Evil, New York 2002; dt.: Der Niedergang der CIA, München 2002, S. 362). Mit dieser Klage über den Einfluss der Öllobby steht Baer nicht allein. 41 Demaris, Dirty Business, S. 191. 42 Allan Nairn, »Indonesia’s Killers«, Nation, 30. März 1998. 43 Man denke etwa an Philip Morris, »eines der wenigen amerikanischen Unternehmen außerhalb der Rüstungsindustrie, die sich entschieden für den Kolumbienplan einsetzten«. Philip Morris war an Kolumbien inter­ essiert, weil im Rahmen komplizierter Geldwäscheprozeduren für Ge­ winne aus Drogengeschäften gewaltige Mengen Zigaretten ins Land ge­ schmuggelt wurden. Nach Marc Shapiro profitierte das Unternehmen auf diese Weise von illegalen Geschäften. In seiner Lobbyarbeit hielt es sich

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von anderen Unternehmen fern, auch wenn diese Arbeit mit derselben Mentalität betrieben wurde. Siehe Marc Shapiro, »Big Tobacco«, Nation, 6. Mai 2002, S. 11-20. David Kaiser, American Tragedy: Kennedy, Johnson, and the Origins of the Vietnam War, Cambridge 2000, S. 209. H. R. Haldeman, The Haldeman Diaries: Inside the Nixon White House, New York 1994, S. 316f. Kaiser, American Tragedy, S. 492. Immanuel Wallerstein verweist sehr deutlich auf die ökonomischen Kosten des Krieges: »Der Vietnamkrieg war nicht nur eine militärische Niederlage oder ein Makel für das Anse­ hen Amerikas. Er bedeutete auch einen schweren Schlag für die Fähigkeit des Landes, seine wirtschaftliche Vormachtstellung auf den Weltmärkten zu behaupten. Der Konflikt war extrem teuer und zehrte die seit 1945 so gewaltigen Goldreserven nahezu vollständig auf. Außerdem trugen die Vereinigten Staaten diese Kosten zu einer Zeit, als Westeuropa und Japan einen kräftigen Wirtschaftsaufschwung erlebten. Dadurch verlor Ame­ rika seine Vormachtstellung in der Weltwirtschaft.« (I. Wallerstein, »The Eagle Has Crash Landed«, Foreign Policy, Juli-August 2002, http:// www.foreignpolicy.com/issue_julyaug_2002/wallerstein.html). Fredrik Logevall, Choosing War: The Lost Chance for Peace and the Escalation ofWar in Vietnam, Berkeley 1996, S. 388. Ebd., S. xvii. Sehr gut ausgeführt bei John M. Newman, JFK and Vietnam, New York 1992, S. 449. Michael Lind, Vietnam: The Necessary War, New York 1999; Kaiser, American Tragedy. Kaisers negatives Urteil über den Krieg wird noch ver­ stärkt durch Robert Mann, A Grand Delusion, New York 2001. Man vergleiche einmal meine kurze Darstellung des Geschehens in Laos 1962-1964 (siehe das 9. Kapitel dieses Buches) mit Kaisers umfangrei­ cher, aber doch eher einseitigen Darstellung, in der er auch unbegründete Behauptungen über eine Eskalation seitens des Pathet Lao und der Nord­ vietnamesen aufstellt (z.B. American Tragedy, S. 198, 210, 316). Kaiser, American Tragedy, S. 28, 197. Auf Seite 197 spricht Kaiser von der »Vertragsluftgesellschaft der CIA, Air America«. Aber in Wirklichkeit gehörte Air America der CIA. In Logevalls Buch Choosing War, das Laos nicht so ausführlich behandelt, wird die Air America gar nicht erwähnt. William A. Buckingham Jr., Operation Ranch Hand: The Air Force and Herbicides in Southeast Asia, 1961-1971, Washington, D.C.: Office of the Air Force History, 1982, S. 133f. Zu den zahlreichen Korruptionsvorwürfen gegen Angehörige der ameri­ kanischen Streitkräfte in Vietnam gehört auch der Vorwurf gegen einen für die Entlaubungsaktionen zuständigen Offizier, heimlich Schmiergeld von einer Firma angenommen zu haben, die solche Mittel lieferte. Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 172; McCoy, Die CIA und das Heroin. Weltpolitik durch Drogenhandel, Frankfurt a.M. 2003, S. 62, 198; Original: The Politics of Heroin: CIA Complicity in the Global

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Drug Trade, Brooklyn, NY 1991; Peter Dale Scott, Deep Politics and the Death ofJFK, Berkeley 1976, S. 167-176. 56 Es handelt sich um das Buch von Ross Y. Koen, The China Lobby in American Politics, New York 1960. Der Verlag (Macmillan) zog das Buch 1960 nicht nur zurück, sondern bestritt, es jemals veröffentlicht zu haben. Glücklicherweise blieben einige Exemplare in Bibliotheken erhal­ ten, zum Beispiel in der Bibliothek der University of California in Berke­ ley. Das Buch wurde schließlich 1974 von Octagon (New York) wieder­ veröffentlicht. Siehe in dieser Ausgabe S. 193f. 57 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 172f.

TEIL I; Afghanistan - das Heroin und das Öl

1. Die Drogen und das Öl in den asiatischen Kriegen der USA: von Indochina nach Afghanistan 1 Daneben gab es einige kürzere militärische, paramilitärische oder ge­ heime Interventionen. Was ich über Drogen und/oder Öl sage, gilt auch für einige dieser Interventionen, insbesondere für Indonesien und Pana­ ma. Der derzeitige Irakkrieg begann erst nach dem Redaktionsschluss dieses Buches. 2 Peter Dale Scott, Drugs, Contras, and the CIA: Government Politics and the Cocaine Economy, Sherman Oaks, Calif., 2000, S. 30. Der Führer des Drogenrings war Juan Ramon Matta Ballesteros. 3 McCoy, Die CIA und das Heroin: Weltpolitik durch Drogenhandel, Frankfurt am Main 2003, S. 616f. 4 Siehe Carl A. Trocki, Opium, Empire, and the Global Political Economy: A Study of the Asian Opium Trade, 1750-1950, London 1999; Timothy Brook und Bob Tadashi Wakabayashi (Hg.), Opium Regimes: China, Britain, and Japan, 1839-1952, Berkeley 2000. 5 Ahmed Rashid, Taliban: Militant Islam, Oil, and Fundamentalism in Central Asia, New Haven, Conn., 2001; dt.: Taliban: Afghanistans Got­ teskrieger und der Dschihad, München 2001, S. 286f., 295. 6 Washington Times, 3. Mai 1999: »1998 wurde die Kosovo-Befreiungs­ armee - Uschtria Clirimtare e Kosoves (UCK) - vom amerikanischen Außenministerium als internationale terroristische Vereinigung einge­ stuft, die ihre Aktivitäten mit Geldern aus dem internationalen Heroin­ handel und Krediten bekannter Terroristen wie Osama Bin Laden finan­ ziert habe.« Auch die Londoner Times berichtete am 24. März 1999, die Kosovo-Befreiungsarmee finanziere sich angeblich durch Gewinne aus dem Drogenhandel. 7 Guardian (London), 15. Januar 2001: »Während des Balkankriegs von 1999 behaupteten manche Kritiker der NATO-Intervention, die west­ lichen Mächte versuchten dadurch den Transport des Erdöls vom Kaspi­ schen Meer zu sichern. Viele machten sich über diese Behauptung lustig

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... In den letzten Wochen hat nun ein freier Forscher namens Keith Fisher immer wieder auf ein Projekt hingewiesen, über das meines Wissens in der britischen, europäischen oder amerikanischen Presse kaum berichtet worden ist. Es handelt sich um die so genannte Transbalkan-Pipeline, und das Projekt soll Ende nächsten Monats beschlossen werden. Zweck dieses Unternehmens ist es, den Transport von Erdöl aus dem Gebiet des Kaspi­ schen Meers zu sichern.« David McClintock, Swordfish: A True Story of Ambition, Savagery, and Betrayal, New York 1993, S. 227f.; Newsweek, 15. Mai 1985; Peter Dale Scott, Drugs, Contras, and the CIA, S. 29-32. Peter Dale Scott und Jonathan Marshall, Cocaine Politics: Drugs, Armies, and the CIA in Central America, Berkeley 1998, S. 37-42. William French Smith, »Drug Traffic Today: Challenge and Response«, Drug Enforcement, Sommer 1982, S. 2f.; McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 611 (1980 waren es 60 Prozent). Washington Post, 13. Mai 1990; McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 630f. John K. Cooley, Unholy Wars: Afghanistan, America, and International Terrorism, London 2000, S. 17. Alexander Cockburn und Jeffrey St. Clair, Whiteout: The CIA, Drugs, and the Press, London 1998, S. 259; vgl. Daniel Yergin, The Prize: The Epic Quest for Oil, Money, and Power, New York 1991; dt.: Der Preis. Die Jagd nach Öl, Geld und Macht, aktualisierte deutsche Ausgabe, Frankfurt am Main 1991, S. 864f. Zbigniew Brzezinski, The Grand Chessboard: American Primacy and Its Geostrategic Imperatives, New York 1997; dt..- Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft, Frankfurt am Main 1999, S. 23. Yergin, Der Preis, S. 865. Es lohnt sich, Brzezinskis Bemerkungen gegenüber Le Nouvel Observa­ teur, 15.-21. Januar 1998, en detail nachzulesen: B.: Am 3. Juli 1979 unterzeichnete Präsident Carter den ersten Erlass zur geheimen Unterstützung der Gegner des prosowjetischen Regimes in Kabul. Und am selben Tag schrieb ich dem Präsidenten einen Vermerk, in dem ich ihn darauf hinwies, dass diese Hilfe meines Erachtens zu einer sowjetischen Militärintervention führen werde. F.: Trotz des Risikos waren Sie ein Befürworter dieser Geheimoperation. Aber vielleicht wünschten Sie, dass die Sowjets in diesen Krieg eintraten. Wollten Sie die Sowjets provozieren? B.: Das ist nicht ganz richtig. Wir drängten die Russen nicht zur Inter­ vention, aber wir erhöhten bewusst die Wahrscheinlichkeit, dass sie es taten. F.: Als die Sowjets ihre Intervention mit der Behauptung rechtfertigten, sie wollten damit gegen das geheime Engagement der Amerikaner in Afghanistan vorgehen, glaubten die Menschen ihnen nicht. Aber im Grunde war es wahr. Bedauern Sie heute irgendetwas? B.: Was sollte ich bedauern? Die Geheimoperation war eine ausgezeich­ nete Idee. Sie führte dazu, dass die Russen in die afghanische Falle gingen,

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und Sie möchten, dass ich das bedauere? An dem Tag, als die Russen of­ fiziell die afghanische Grenze überschritten, schrieb ich an Präsident Car­ ter: Jetzt haben wir die Möglichkeit, den Russen ihr Vietnam zu bereiten. Und tatsächlich musste Moskau einen fast zehn Jahre währenden Krieg führen, der für die Regierung unerträglich wurde, ein Konflikt, der zur Demoralisierung und schließlich zum Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums führte. F.: Und Sie bereuen auch nicht, den islamischen Fundamentalismus unterstützt und zukünftige Terroristen mit Waffen versorgt und ausgebil­ det zu haben? B. Was ist denn wichtiger für die Weltgeschichte? Die Taliban oder der Zusammenbruch des sowjetischen Imperiums? Ein paar aufgehetzte Mus­ lime oder die Befreiung Mitteleuropas und das Ende des Kalten Krieges? F.: Ein paar aufgehetzte Muslime? Aber es wird doch immer behauptet, der islamische Fundamentalismus stelle heute eine globale Bedrohung dar? B.: Unsinn. Es wird behauptet, der Westen hätte eine globale Politik gegenüber dem Islam. Das ist Unsinn. Es gibt keinen globalen Islam. Sehen Sie sich den Islam vernünftig und ohne Demagogie oder Emotionen an. Mit 1,5 Mrd. Gläubigen ist er die führende Weltreligion. Aber welche Gemeinsamkeit besteht denn zwischen dem saudi-arabischen Fundamen­ talismus, dem gemäßigten Marokko, dem pakistanischen Militarismus, dem prowestlichen Ägypten oder dem zentralasiatischen Säkularismus? Jedenfalls keine größere als zwischen den christlichen Ländern.« In seinen gegen die Entspannung gerichteten Manövern erhielt Brzezinski noch im selben Monat Juni Unterstützung, als »NSA und militärischer Geheimdienst behaupteten, Luftaufnahmen, elektronische Aufklärung und einige wenige Hinweise von Informanten bewiesen eindeutig die geheime Anwesenheit einer sowjetischen Brigade« in Kuba, wie die Wa­ shington Post am 9. September 1979 schrieb. Dass es diese »Phantombri­ gade« tatsächlich gegeben hat, gilt inzwischen als weitgehend widerlegt. Brzezinski, Die einzige Weltmacht, S. 182. Brzezinskis Eingeständnis zeigt, wie flach und irreführend sein abgenutztes Bild von Eurasien als dem »großen Schachbrett« ist. Heute geht es in Wirklichkeit nicht um die gegnerischen Figuren, sondern um das Brett oder vielmehr um das, was darunter liegt. Presseerklärung des Weißen Hauses vom 1. August 1997, zit. nach Michael Klare, Resource Wars: The New Landscape of Global Conflict, New York 2001, S. 4. Lester W. Grau, »Hydrocarbons and a New Strategie Region: The Cas­ pian Sea and Central Asia«, Military Review, Mai-Juni 2001. Rashid, Taliban, S. 285; Guardian (London), 12. Januar 2002. 1996 wurde eine ähnliche Gruppe gegründet, die aus Occidental, BP, Amoco, Enron sowie anderen Unternehmen besteht und sich für die ame­ rikanischen Energieinteressen in Kolumbien einsetzen soll. Siehe 6. Kapi­ tel. Robert Baer, See No Evil: The True Story ofa Ground Soldier in the CIA’s

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War on Terrorism, New York 2002; dt.: Der Niedergang der CIA: Der Enthüllungsbericht eines CIA-Agenten, München 2002, S. 362f. Jane’s Intelligence Review, 5. Oktober 2001, http://www.janes.com/security/international_security/news/jid/jidpromo011005.shtml. Siehe London Daily Telegraph, 15. September 2001,16. September 2001; Montreal Gazette, 15. September 2001; Le Monde, 14. September 2001. Los Angeles Times, 15. September 2001. Cooley, Unholy Wars, S. 43. Michael Griffin, Reaping the Whirlwind: The Taliban Movement in Afghanistan, London 2001, S. 133; Cooley, Unholy Wars, S. 243; Peter L. Bergen, Holy War, Inc.: Inside the Secret World of Osama bin Laden, New York 2001; dt.: Heiliger Krieg Inc.: Osama Bin Ladens Terrornetz, Berlin 2003, S. 117. Rashid, Taliban, S. 225; Cooley, Unholy Wars, S. 87; Yossef Bodansky, Bin Laden: The Man Who Declared War on America, New York 2001, S. 213. Vgl. Richard Labeviere, Dollars for Terror: The United States and Islam, New York 2000, S. 102ff., 223f. Nach einem Bericht des Spiegel vom 6. Oktober 1986 wurde ein in Kuwait ausgebildeter Sprengstoff­ experte von der CIA 1986 in Deutschland mit falschen Papieren ausge­ stattet und über Pakistan nach Afghanistan geflogen. Simon Reeve, The New Jackais: Ramzi Youzef, Osama bin Laden, and the Future of Terrorism, Boston 1999, S. 167. Wahrscheinlich gehörten zu diesen amerikanischen Emissären auch Angehörige des Kongresses, z.B. der republikanische Abgeordnete Charles Wilson mit seinen engen Verbindungen zu dem von texanischen Rüstungsinteressen beherrschten American Security Council. Wilson, einer der Hauptverfechter des Stinger-Programms, reiste 14-mal nach Südasien, um die afghanische Angele­ genheit voranzutreiben (siehe Cooley, Unholy Wars, S. 110f.). Außerdem behauptet Labeviere, dass es direkte Verbindungen zwischen der CIA, dem Makhtab und Bin Laden gegeben habe. Die meisten amerikanischen Kenner der Lage glauben dagegen, dass die Unterstützung der CIA über den pakistanischen und den saudischen Geheimdienst lief. Guardian (London), 1. November 2001. Bodansky, Bin Laden, S. 314f.: »Die Einnahmen der Taliban aus dem Drogenhandel werden auf acht Mrd. Dollar jährlich geschätzt. Bin Laden verwaltet diese Gelder - und lässt sie von der russischen Mafia waschen. Dafür erhält er eine Provision von 10 bis 15 Prozent, so dass seine Ein­ nahmen sich auf etwa eine Mrd. Dollar jährlich belaufen dürften.« Siehe http://www.janes.com/security/international_security/news/jir/jir01 1022_3_n.shtml. Unter den afghanischen Führern, die von den Vereinig­ ten Staaten 2001 für würdig befunden wurden, einen Posten in der Inte­ rimsregierung zu erhalten, waren nicht wenige während der 80er Jahre in den Drogenhandel verwickelt. Die BBC stellte im November 2001 eine entsprechende Liste zusammen. Ganz oben auf der Liste stand Präsident Burhanuddin Rabbani, dessen Heimatprovinz Badakschan in den 90er Jahren, als sie noch unter seiner Herrschaft stand, »zum Ausgangspunkt

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eines ganz neuen Transportwegs für Opiate wurde, der über Tadschi­ kistan, Usbekistan und die zentralasiatische Eisenbahn Russlands nach Europa führte« (siehe Griffin, Reaping the Whirlwind, S. 150). Der ehe­ malige General Rashid Dostum in Mazar-i-Sharif »stand im Verdacht, riesige Gewinne aus dem Export von Drogen über Usbekistan zu erzie­ len« (siehe Colley, Unboly Wars, S. 155). Von den sieben genannten Paschtunenführern wurden drei (Pir Sayed Gailani, Gulbuddin Hekma­ tyar und Hazi Bashir) in der Vergangenheit mit dem Drogenhandel in Verbindung gebracht. Ein vierter, Younus Khalis, war eine mächtige Figur in der drogenreichen Provinz Nangarhar und der Mann, mit dem Osama Bin Laden 1996 Kontakt aufnahm, bevor er seine Reichtümer den Tali­ ban anbot. Der wiedereingesetzte Führer der Schura-i-Maschriqi (der öst­ lichen Schura) in der Provinz Nagarhar, Haji Abdul Qadir; wurde einst reich, weil er den Ausgangspunkt einer afghanischen Drogenpipeline bil­ dete, an der in Pakistan Haji Ayub Afridi, >der Herr des Khyber-Heroin­ handels< beteilgt war« (siehe Griffin, Reaping the Whirlwind, S. 142f.; vgl. auch Cockburn und St. Clair, Whiteout, S. 267). Unter der Über­ schrift »US turns to drug baron to rally support« berichtete Asia Times Online am 4. Dezember 2001: »Afridi ist am vergangenen Dienstag [dem 29. November 2001] aus dem Gefängnis in Karatschi entlassen worden, nachdem er nur wenige Wochen einer siebenjährigen Haftstrafe für den Export von 6,5 Tonnen Haschisch abgesessen hatte.« 34 Observer, 25. November 2001, http://www.observer.co.uk/Distribution/ Redirect_Artifact/0,4678,0-605618,00.html. 35 Paul Stares, Global Habit: The Drug Problem in a Borderless World, Washington, D.C., zit. nach John Kerry, The New War: The Web of Crime That Threatens America’s Security, New York 1997, S. 96.

2. Indochina, Kolumbien und Afghanistan: Ein Muster wird sichtbar 1 Newsweek, 21. Mai 2001: »Kolumbianische Geheimdienstquellen schät­ zen, dass heute 40 Prozent des gesamten Kokainexports des Landes von diesen rechtsgerichteten Warlords und ihren Verbündeten in der Unter­ welt des Drogenhandels kontrolliert werden.« San Francisco Chronicle, 21. Juni 2001: »Das Planungsministerium der kolumbianischen Regie­ rung schätzt, dass die FARC jährlich 290 Mio. Dollar aus dem Drogen­ handel einnehmen. Das entspricht weniger als 2,5 Prozent des Gesamt­ werts der auf 520 Tonnen geschätzten jährlichen Kokainproduktion Kolumbiens.« 2 Peter Dale Scott und Jonathan Marshall, Cocaine Politics, Berkeley und Los Angeles 1998, S. 96-103. 3 Richard Nixon, »Asia after Vietnam«, Foreign Affairs, Oktober 1967, S. 111. Weitere Beispiele in Peter Dale Scott, »Exporting Military-Econo­ mic Development«, in: Malcolm Caldwell (Hg.), Ten Years Military Ter­ ror in Indonesia, Nottingham 1975, S. 215ff.

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4 Peter Dale Scott, The War Conspiracy: The Secret Road to the Second Indochina War, Indianapolis 1972, S. 154-167. 5 McCoy, Die CIA und das Heroin. Weltpolitik durch Drogenhandel, Frankfurt am Main 2003, S. 245. 6 Ebd.,S.396f. 7 Peter Dale Scott, »Honduras, the Contra Support Networks, and Cocaine: How the U.S. Government Has Augmented America’s Drug Crisis«, in: Alfred W. McCoy und Alan A. Block (Hg.), War on Drugs: Studies in the Failure ofU.S. Narcotics Policy, Boulder 1992, S. 126f. 8 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 611. 9 M. Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia: Front the Opium Trade to the Present Day, New York 2000, S. 175-186; Rashid, Taliban, S. 40. 10 Jonathan Marshall, Peter Dale Scott und Jane Hunter, The Iran-Contra Connection: Secret Teams and Covert Operations in the Reagan Era, Boston 1987, S. 36-40; Jonathan Marshall, Drug Wars: Corruption, Counterinsurgency, and Covert Operations in the Third World, Forest­ ville, Calif., 1991, S. 55f.; Jonathan Kwitny, The Crimes ofPatriots, New York 1987. 11 Zu den unbeantworteten Fragen hinsichtlich der Nugan Hand Bank ge­ hörten: Warum befand sich ihre Zweigstelle im thailändischen Chiangmai im selben Haus wie das dortige Büro der DEA? Warum wurden so viele ehemalige Mitarbeiter der CIA bei der Bank angestellt, obwohl sie nicht über die nötige Ausbildung verfügten? Warum wurde das Amtshilfeersu­ chen der australischen Behörden bei ihren Ermittlungen gegen die Bank von den Vereinigten Staaten unter Verweis auf die »nationale Sicherheit« abgewiesen? 12 Scott, »Honduras, the Contra Support Networks, and Cocaine«, S. 126f. 13 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 281, und die dort zitierten Quellen. 14 John K. Cooley, Unholy Wars: Afghanistan, America, and International Terrorism, London 2000, S. 139. 15 Claire Sterling, Thieve’s World: The Threat ofthe New Global Network of Organized Crime, New York 1994, S. 44; dort zitiert sie aus einem Vortrag des italienischen Richters Giovanni Falcone vom November 1990. 16 Antonio Nicaso und Lee Lamothe, Global Mafia: The New World Order of Organized Crime, Toronto 1995, S. xiii. 17 Kerry, New War, S. 18. 18 Yergin, Der Preis, S. 675ff. 19 David E. Spiro, The Hidden Hand of American Hegemony: Petrodollar Recycling and International Markets, Ithaca, N.Y., 1999, S. x: »1974 schloss [Finanzminister William] Simon einen geheimen Handel mit den Saudis, der es der saudischen Zentralbank ermöglichte, Staatsanleihen des amerikanischen Schatzamtes außerhalb der üblichen Auktionen zu kaufen. Einige Jahre später schloss Finanzminister Michael Blumenthal einen geheimen Handel mit den Saudis, der sicherstellte, dass die OPEC ihre Ölverkäufe auch weiterhin in Dollar abrechnete. Diese beiden Ab­

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sprachen waren geheim, weil die Vereinigten Staaten anderen demokra­ tischen Industriestaaten versprochen hatten, keine einseitige Politik dieser Art zu betreiben.« »Solange die OPEC ihre Ölverkäufe in US-Dollar abrechnete und solange die OPEC die Dollars in geldpolitischen Instrumenten der amerikani­ schen Regierung anlegte, konnten die Vereinigten Staaten sich einen dop­ pelten Kredit verschaffen. Der erste Teil des Kredits bestand aus dem Öl. Die Regierung konnte Dollars drucken, um das Öl zu bezahlen, sodass die amerikanische Wirtschaft keine Waren und Dienstleistungen als Gegenleistung für das OPEC-Öl produzieren musste, sofern die OPECStaaten das Geld nicht für Güter und Dienstleistungen ausgaben. Offen­ sichtlich konnte diese Strategie nur dann funktionieren, wenn das Öl auf Dollarbasis abgerechnet wurde. Der zweite Teil des Kredits stammte von all den Ländern, die das Öl in Dollar bezahlen mussten, aber keine Dollars drucken konnten. Diese Volkswirtschaften mussten Güter und Dienstleistungen gegen Dollar verkaufen, um damit das OPEC-Öl bezah­ len zu können.« (Ebd., S. 121). John Loftus und Mark Aarons, The Secret War against the Jews, New York 1994, S. 343, erwähnen die geheimen Absprachen mit den Saudis nicht und geben eine andere, wie ich meine einseitige Darstellung des Ver­ kaufs der F-15; vgl. Spiro, Hidden Hand, S. 123f. Yergin, Der Preis, S. 950. Cooley, Unholy Wars, S. 116f. Jonathan Beaty und S. C. Gwynne, The Outlaw Bank: A Wilde Ride into the Heart ofBCCI, New York 1993, S. 357. Greg Palast, The Best Democracy Money Can Buy, London 2002, S. 48 (dt.: Shame on you! Die Wahrheit über Macht und Korruption in west­ lichen Demokratien, München 2003). Palast zeigt an diversen Beispielen, dass der Internationale Währungsfonds (IWF), der 1944 in Bretton Woods zur Förderung des Wirtschaftswachstums und der Stabilität geschaffen wurde, seit 1980 den entgegengesetzten Weg einschlägt und eine restriktive Wirtschaftspolitik verfolgt, die eine Fortsetzung der Schuldenzahlungen sichern soll. Vgl. die Aussage des Wirtschaftswissen­ schaftlers und Nobelpreisträgers Joseph Stiglitz, der früher bei der Welt­ bank arbeitete, über die Reaktion des IWF auf die Asienkrise von 1997: »Ich fuhr in diese Länder und sagte ihnen, sie sollten restriktiver vor­ gehen, als sie es eigentlich wollten, und die Zinsen deutlich heraufsetzen. Das war genau das Gegenteil der ökonomischen Analyse, die einst die Grundlage für die Schaffung des IWF gebildet hatte. Und warum? Um sicherzustellen, dass die Kreditgeber ihre Kredite zurückbekamen.« (Interview mit Joseph Stiglitz von Lucy Komisar, Progressive, Juni 2000, S. 34). Bruce Cumings, The Origins of the Korean War, Bd. 2, The Roaring ofthe Cataract, 1947-1950, Princeton 1990, S. 106-117,599-602 (insb. S. 601). Zu den Verbindungen der CIA mit Luciano und den korsischen Mafia­

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gruppen siehe mein Vorwort in Henrik Krüger, The Great Heroin Coup, Boston 1980, S. 3,14f. Martin A. Lee, The Beast Reawakens, Boston 1997, S. 202. Washington Post, 20. Dezember 2001; San Francisco Chronicle, 21. De­ zember 2001 (Ersatz von Weizen durch Mohn); New York Times, 28. Oktober 2002 (3.400 Tonnen). United Nations Office for Drug Control and Crime Prevention, Afghani­ stan Annual Opium Poppy Survey, 2001. U.S. Department of State, International Narcotics Strategy Report, 2001; http://www.state.gov/g/inl/rls/nrcrpt/2001/rpt/8482.htm. So ist denn die Wiederbelebung der afghanischen Opiumwirtschaft eine gute Nachricht für islamistische Terroristen vom Kosovo bis nach Kasch­ mir, die davon abhängig waren, seit diese Verbindung in den 80er Jahren mit Hilfe der ISI aufgebaut wurde. Aussage des CIA-Direktor George Tenet vor dem Geheimdienstausschuss des Senats am 7. Februar 2001; http://www.cia.gov/cia/public_affairs/ speeches/archives/200l/UNCLASWWT_02072001.html. U.S. Department of State, International Narcotics Strategy Report, 2001. Ahmed Rashid, Jihad: The Rise of Militant Islam in Central Asia, New Haven, Conn., 2002, S. 178. Ebd.,S.214ff. In Peter Dale Scott, Deep Politics and the Death ofJFK, Berkeley 1996, S. 203, habe ich von einer amerikanischen Ölgesellschaft berichtet, die eine wichtige Figur der sizilianischen Mafia als Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft einstellte, und zwar unmittelbar bevor diese Tochter­ gesellschaft Förderrechte in Tunesien erwarb. Ich kommentierte diesen Vorgang damals so: »Es ist keineswegs ungewöhnlich, sondern ganz nor­ mal, dass große amerikanische Unternehmen ihren Zugang zu Ländern der Dritten Welt durch Korruption erleichtern und unterstützen oder überhaupt erst ermöglichen.« Rashid zeigt in seinem Buch Jihad, dass die Investitionen westlicher Ölgesellschaften in den zentralasiatischen Staa­ ten »eine kleine, extrem reiche und korrupte Schicht« entstehen lassen und dadurch »noch größere soziale Unzufriedenheit erzeugen« (S. 237). Oliver Roy schreibt: »Die Amerikaner sind es, die sich Zugang zu den zentralasiatischen Ländern verschafft haben, vor allem wegen ihre Erdölund Erdgasinteressen. Chevron und Unocal sind politische Akteure, die auf gleicher Augenhöhe mit den Staaten (das heißt deren Präsidenten) sprechen. Die Ölgesellschaften spielen eine immer größere Rolle in der Region.« (Zit. nach Richard Labeviere, Dollars for Terror: The United States and Islam, New York 2000, S. 280). Michael Griffin, Reaping the Whirlwind: The Taliban Movement in Afghanistan, London 2001, S. 145-146. Vgl. Christina Lamb, Waiting for Allah: Pakistans Struggle for Democracy, New York 1991, S. 195: »Der Krieg in Afghanistan hatte Pakistan zum größten Heroinlieferanten der Welt gemacht, und 1989 brachte der Drogenhandel dem Land min­ destens vier Mrd. Dollar jährlich ein - mehr als alle legalen pakistani­

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schen Exporte zusammengenommen.« Lamb zitiert Zahlen des Pakistani­ schen Amtes für Drogenkontrolle und Angaben, die Melvyn Levitzky, der für Fragen der internationalen Drogenbekämpfung zuständige Staatsse­ kretär im Außenministerium, am 8. Januar 1989 vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses machte. Nach Schätzungen von Giovanni Qua­ glia, dem geschäftsführenden Direktor des Büros für Drogenkontrolle der Vereinten Nationen, liegt der Jahresumsatz der gesamten pakistanischen Schmuggelwirtschaft heute bei 15 Mrd. Dollar (Orth, Vanity Fair, März 2002, S. 178). McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 611. Die Produktionszahlen für Pakistan, Afghanistan und den Iran zitiert McCoy nach statistischen An­ gaben des amerikanischen Außenministeriums. Nach anderen Quellen, darunter auch einem Bericht des amerikanischen Kongresses aus dem Jahr 1986, waren diese Zahlen jedoch aus politischen Gründen manipu­ liert, damit sie für die 80er Jahre einen Rückgang der pakistanisch-afgha­ nischen bei gleichzeitigem Anstieg der iranischen Produktion anzeigten. (Das Außenministerium »behauptete, auf Grund klimatischer Bedingun­ gen sei die Opiumproduktion in Pakistan und Afghanistan in den 80er Jahren gesunken«.) Mit größter Sicherheit war das Gegenteil der Fall; siehe M. Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 194f. McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 628; Griffin, Reaping the Whirl­ wind, S. 148 (zu den Labors); Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 189 (zur ISI). Lawrence Lifschultz, »Pakistan: The Empire of Heroin«, in: War on Drugs, S. 451. Peter Truell und Larry Gurwin, False Profits: The Inside Story ofBCCI, the World’s Most Corrupt Financial Empire, Boston 1992, S. 123. Kerry-Brown-Report: U.S. Congress, Senate, Committee on Foreign Re­ lations, The BCCI Affair, von Senator John Kerry und Senator Hank Brown, Washington, D.C., 1992, S. 27f. Truell und Gurwin, False Profits, S. 123. Ebd., S. 130. Joseph J. Trento, The Secret History ofthe CIA, New York 2001, S. 410, 467. Loftus und Aarons, Secret War, S. 395. Die Zweigniederlassung auf den Cayman-Inseln war eine dort ansässige Bank, die International Credit and Investment Company Ltd. (ICIC). Das Anwaltsbüro Bruce Campbell & Company, das die ICIC für die BCCI einrichtete, war auch offizieller Ver­ treter der mit der CIA verbundenen australischen Drogenbank Nugan Hand. BCCI und Nugan Hand bedienten sich derselben Buchprü­ fungsgesellschaft, nämlich Price Waterhouse; siehe Truell und Gurwin, False Profits, S. 125. Zu dieser Theorie passt die weithin anerkannte Beobachtung, dass CIAMitarbeiter, die von Carters CIA-Direktor Admiral Stansfield Turner ent­ lassen wurden, eine »Schatten-CIA« bildeten, die von außen unterstützt und finanziert wurde: »Die CIA mochte Präsident Carter nicht ... Die

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Wölfe in den Geheimdiensten gingen dem Präsidenten an die Kehle und zerstörten schließlich seine Präsidentschaft ... Dass George Bush nicht [zum CIA-Direktor] ernannt wurde, verlieh der Schaffung einer CIA im Exil Auftrieb. Als Reagan und Bush das Amt übernahmen, hatten sie die Wahl zwischen zwei CIAs, mit denen sie arbeiten konnten - eine, die der Aufsicht des Kongresses unterstand, und eine informelle Gruppe, die aus Ehemaligen bestand.« (Trento, Secret History, S. 466f.). Loftus und Aarons, Secret War, S. 395. Loftus und Aarons beziehen sich auf diverse Nachrichten, die später aus dem Mossad sickerten, zum Bei­ spiel: »Die CIA besaß seit 1976 eine geheime Verbindung zur BCCI. Da­ mals war George Bush Direktor der CIA. Wie wir erfahren, traf sich der inzwischen verstorbene William Casey ... regelmäßig und heimlich mit dem Gründer der Bank Aga Hassan Abedi.« (Siehe Arnold Fine, Jewish Press, 6. März 1992). Kerry-Brown Report, S. 68; vgl. S. 611. Ebd., S. 361-363. Ein strengeres Urteil über die britische Untätigkeit im Fall der BCCI findet sich bei Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 105ff. Zit. nach Stephen Pizzo, Mary Fricker und Paul Muolo, Inside Job: The Looting of America’s Savings and Loans, New York 1989, S. 89. Marshall, Drug Wars, S. 52; Robert I. Friedman, Red Mafiya, Boston 2000, S. 226f; Independant (London), 18. Februar 1990. Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 195-196. Am Ende nahm Carter Millionen Dollar von Abedi an, »davon 1,5 Mio. Dollar lange nachdem die BCCI wegen der Wäsche von Drogengeldern angeklagt und verurteilt worden war« (ebd., S. 63). Robert Lacey, The Kingdom: Arabia and the House of Saud, New York 1981, S. 451-455. New York Times, 16. Juli 1980,16. April 1979; Washington Post, 18. April 1979; Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 238,255,272-77. Kerry-Brown Report, S. 300, mit Zitat aus der New York Times vom 6. Dezember 1981: »Als Adham 1977 noch für die CIA als Verbindungs­ mann [zum Istakhbarat] fungierte, entschloss sich Raymond H. Close, Leiter der CIA in Saudi-Arabien, für Adham zu arbeiten, wenn er die CIA verließ ... Wie Jeff Gerth von der New York Times 1981 berichtete glauben manche, Close arbeite immer noch in derselben Funktion für die CIA, obwohl er offiziell aus der CIA ausgeschieden ist. Die Sache werde noch komplizierter, weil manche Saudis privat derselben Ansicht sind. Die Times berichtet, dass Close den saudischen Waffenverkäufen an Pakistan Anfang der 70er Jahre zustimmte, obwohl das der vom ame­ rikanischen Botschafter offiziell vertretenen Politik widersprach.« Vgl. Cooley, Unholy Wars, S. 112f. James Ring Adams und Douglas Frantz, A Pull Service Bank, New York 1992, S. 64-72. Bis 1977 war Financial General von General George Olmsted kontrolliert worden, dem ehemaligen Leiter des Office of Strate­ gic Services (OSS) in China. Truell und Gurwin, False Profits, S. 160-161; McCoy, Die CIA und das

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Heroin, S. 621; Lifschultz, »Pakistan«, S. 342. Zu Zias Rolle bei der Er­ nennung von Fazle Haq siehe Alain Labrousse, La drogue, Vargent et les armes, Paris 1991, S. 110. Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 52 (zur CIA); Lifschultz, »Pakis­ tan«, S. 342 (zu Interpol). Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 48. Der hier »Mirza« genannte In­ formant wurde später von Adams (S. 257) und dem Kerry-Brown Report (S. 348, vgl. S. 226) als Amir Lodhi identifiziert. Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 52. General Fazle Haq (über die Zuversicht der Pakistaner, dass Washington ihren Entschluss zur Unterstützung des afghanischen Widerstands billigen werde); Christina Lamb (die Haq interviewt hatte], Waiting for Allah, S. 222 (vgl. S. 206); zit. nach Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 185. Ebd., S. 187; Zitat aus Hindustan Times, 1. Oktober 1994. Fazle Haqs Darstellung (wonach die amerikanische Unterstützung der Mudschahed­ din auf pakistanische Initiative erfolgte) wird von dem CIA-Mitarbeiter Robert Gates bestätigt. Gates schreibt in seinen Memoiren, im März 1979 sei »ein hoher pakistanischer Offizieller an einen CIA-Vertreter her­ angetreten« - also vier Monate, bevor Carter »den ersten Erlass über die geheime Unterstützung der Mudschaheddin unterzeichnete« (Robert M. Gates, From the Shadows, New York 1996, S 144, 146). Haqs Vorschlag dürfte erklären, warum es zu dem von der CIA unterstützten Beschluss der ISI kam, die Hilfe auf Gulbuddin Hekmatyar zu konzentrieren, des­ sen Hizb-i-Islami bei der Bildung der ersten organisierten afghanischen Widerstandsbewegung Mitte 1978 in Pakistan so gut wie unbekannt und »nahezu nicht existent« war. Siehe Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 187 (vgl. S. 185); Zitat aus Hamidullah Amin und Gordon B. Schiltz, A Geography of Afghanistan, Kabul 1984, S. 381. Vgl. Larry Goodson, Afghanistans Endless War: State Failure, Regional Politics, and the Rise ofthe Taliban, Seattle 2001, S. 56; Cooley, Unholy Wars, S. 64. McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 617; Lifschultz, »Pakistan«, S. 321ff., 326. Emad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 188. Die Präsenz übernationaler Kräfte im Drogenhandel Afghanistans wurde noch deutlicher, als in den 90er Jahren ein französischer Journalist in Erfahrung brachte, »dass >die Pakistanis< - wahrscheinlich Geheimagenten der ISI ... - Saatgut einer neuen, ertragreicheren Mohnsorte geliefert hatten ..., das angeblich aus Birma ... und Afrika stammte, wahrscheinlich aus Kenia« (Stephane Allix, La petite cuillère de Scheherazade, sur la route de l’héroine, Paris 1998, S. 33f.; Cooley, Unholy Wars, S. 150 (vgl. Griffin, Reaping the Whirlwind, S. 148). Nach einer zeitgenössischen Darstellung geht die Beteiligung von Euro­ päern und Amerikanern am Drogenschmuggel aus Afghanistan auf die frühen 70er Jahre zurück; siehe Catherine Lamour und Michael R. Lam­ berti, The International Connection: Opium from Growers tu Pushers, New York 1974, S. 190ff.

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68 Vgl. Maureen Orth, Vanity Fair, März 2002, S. 170. Erst 2001 wurde ein ISI-General in Pakistan verurteilt, weil er »über Mittel verfügte, die in keinem Verhältnis zu seinen Einkünften« standen (ebd., S. 152). 69 Cooley, Unholy Wars, S. 128f.; Beaty und Gwynne, Outlaw Bank, S. 305f. 70 Ebd., S. 306, 82; vgl. auch Allix, La petite cuillere, S. 35, 95. 71 Orth, Vanity Fair, S. 170f. Eine tadschikische Soziologin erklärte dazu, »dass damals Drogen überall angeboten wurden«; sie habe oft gehört, dass russische Soldaten zu Kostproben aufgefordert wurden. 72 Washington Post, 19. Juli 1992. 73 Mohammed Yousaf und Mark Adkin, Afghanistan - Bear Trap: The Defeat of a Superpower, Havertown, Penn., 2001, S. 189. 74 Rashid, Jihad, S. 43. 75 Rashid, Taliban, S. 166. 76 Emdad-ul Haq, Drugs in South Asia, S. 189. 77 Yousaf, Bear Trap, S. 193; Rashid, Jihad, S. 223. 78 Allix, La petite cuillere, S. 100. 79 Zu den Verbindungen der BCCI zum Drogenhandel siehe zum Beispiel den Kerry-Brown Report, S. 49ff.; Truell und Gurwin, False Profits, S. 160. 80 Loftus und Aarons, Secret War, S. 381f. 81 Bergen, Holy War Inc., S. 67. 82 Ebd., S. 70. 83 Die ganze Geschichte rekonstruiere ich ausführlich im 8. und 9. Kapitel, aber aus Gründen der Darstellungssystematik gehört sie im Vorgriff auch in dieses Kapitel. 84 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 279. Diese Aussage verwies auf eine Reorganisation des Drogenhandels in Thailand, nicht auf dessen Ab­ schaffung. Das gesetzliche Opiummonopol endete in Thailand 1959; das­ selbe geschah zwei Jahre später in Laos. Der Drogenhandel prosperierte auch weiterhin und konsolidierte sich unter den neuen Bedingungen. 85 Scott, War Conspiracy, S. 64 (zu Cline); Cumings, Origins, S. 102 (zu Le May); LeMay machte diese Bemerkung in den 60er Jahren in einem Brief an seinen Freund Whiting Willauer (der zu den Gründern der CAT gehörte). 86 Siehe Anthony Kubek, How the Far East Was Lost, Chicago 1963; besprochen in Scott, Deep Politics, S. 292f. 87 Henry Hecksher, der 1959 die CIA-Niederlassung in Laos leitete, war 1970 CIA-Chef in Chile und spielte eine Schlüsselrolle bei dem hinter dem Rücken des Botschafters geschmiedeten Komplott gegen Allende, das zur Ermordung des Generals Rene Schneider in Washington führte. Siehe Seymour Hersh, The Prize of Power, New York 1983, S. 267f., 288f., 293. 88 Ein gemeinsamer Freund erzählte mir später, Alsop habe ihm gesagt, er hätte diese Kolumnen in den Glauben geschrieben, dazu beitragen zu können, dass Amerika sich aus Laos zurückzog.

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3. Die Drogenverbündeten der USA: die Guomindang und das organisierte Verbrechen 1 Carl A. Trocki, Opium, Empire, and the Global Political Economy: A Study ofthe Asian Opium Trade, 1750-1950, London 1999, S. 134. 2 Joseph Burkholder Smith, Portrait of a Gold Warrior, New York 1976, S. 66f.; Bruce Cumings, The Origins of the Korean War, Bd. 2, The Roa­ ring of the Cataract, 1947-1950, Princeton 1990, S. 533, 872. 3 McCoy, Die CIA und das Heroin. Weltpolitik durch Drogenhandel, Frankfurt am Main 2003, S. 256, 263. 4 Ebd., S. 281. 5 Ebd., S. 264, zitiert William R. Corson, The Armies of Ignorance: The Rise of the American Intelligence Empire, New York 1977, S. 320ff. Im Gefolge solcher Skandale führte eine »Thailand-Panik« zu der Ent­ scheidung, das OPC aufzulösen und mit der CIA zusammenzulegen. Das Ergebnis war jedoch, dass der Stil des OPC nicht etwa verschwand, sondern auf die CIA überging. 6 Ebd., S. 265. 7 Ebd., S. 273. McCoy zitiert ein Positionspapier des Nationalen Sicher­ heitsrats aus dem Jahr 1954 mit der Empfehlung, antikommunistische Aktivitäten bei den Auslandschinesen zu fördern; The Pentagon Papers, Bd. 1, S. 438. 8 Bruce Cumings bemerkt, Chiang Kai-shek habe »möglicherweise den An­ satzpunkt auf der koreanischen Halbinsel gefunden, die Provokation zu einem Krieg, der sein Regime für weitere zwei Jahrzehnte rettete und die Chance bot, nationalistische Truppen zurück auf das Festland zu brin­ gen« (Cumings, Origins, Bd. 2, S. 600). 9 Zum Beispiel Cumings, Origins, Bd. 2, S. 65 (General Hodge an Preston Goodfellow, 15. Januar 1947): »Entweder [Syngman] Rhee weiß nichts von den Entwicklungen hier, oder er hat sich gegen die amerikanischen Bemühungen verschworen. Ich glaube Letzteres.« 10 William M. Leary, Perilous Missions: Civil Air Transport and CIA Covert Operations in Asia, 1946-1955, Montgomery, Alabama, 1984, S. 110. Die CIA verwehrte Leary den Zugang zu ihrer offiziellen Geschichte der Fluggesellschaft. Die Aufzeichnungen eines Rechtsanwalts, der sie einge­ sehen hat und auf den Leary sich stützt, ergeben jedoch kein genaueres Datum. 11 Martha Byrd, Chennault: Giving Wings to the Tiger, Tuscaloosa, Ala­ bama, 1987, S. 343. 12 Cumings, Origins, Bd. 2, S. 872. 13 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 251; vgl. Scott, Deep Politics, S. 165f. An den Verhandlungen mit Chennaults Anwalt Tommy Corco­ ran war außerdem Richard G. Stilwell beteiligt (siehe Burton Hersh, The Old Boys: The American Elite and the Origins of the CIA, New York 1992, S. 299).

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14 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 251f. Mehr über die Nachkriegs­ karriere der sechs bekannten Agenten in der OSS-Niederlassung in Kun­ ming findet sich bei Jonathan Marshall, Peter Dale Scott und Jane Hun­ ter, The Iran-Contra Connection: Secret Teams and Covert Operations in the Reagan Era, Boston 1987, S. 64f. Zwei von ihnen, Ray Cline und Howard Hunt, sollen sich am Aufbau von Sektionen der Asian People’s Anti-Communist League beteiligt haben. 15 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 252ff. 16 Penny Lernoux, In Banks We Trust, Garden City, N.Y., 1984, S. 42ff., 84 (zu Lansky); R. T. Naylor, Hot Money and the Politics of Debt, New York 1987, S. 292. 17 Wall Street Journal, 18. April 1980; Lernoux, In Banks We Trust, S. 82-88. Zu denen, die Treuhandkonten bei der Castle Bank hatten, ge­ hörten Chiang Kai-sheks Tochter und deren Ehemann (siehe ebd., S. 86). Ein anderer war möglicherweise Richard Nixon (siehe Anthony Summers und Robbyn Swan, The Arrogance of Power: The Secret World of Richard Nixon, New York 2000, S. 253-257). 18 Peter Dale Scott und Jonathan Marshall, Cocaine Politics, Berkeley und Los Angeles 1998, S. 92f. (zu Nugan Hand); Lernoux, In Banks, S. 87 (zu Olmsted). Lernoux schreibt, Olmsted habe »Helliwell gekannt, als der die China-Abteilung des OSS leitete«. 19 Es gibt in seinem Buch allerdings Hinweise auf die Mafia (S. 133) und auf Opium (S. 533), aber nicht in einer Weise, die für den Titel des Buches, The Origins of the Korean War, von Bedeutung wäre. 20 Ross Y. Koen, The China Lobby in American Politics, New York 1960, S. ix. Als die Aussagen dieses Abschnitts in Abrede gestellt wurden, zog der Verlag Macmillan das Buch zurück. 21 Cumings, Origins, Bd. 2, S. 515. Die Rolle der Triaden bei der Rettung der Guomindang in Taiwan beschreibt Claire Sterling, die sich dabei weit­ gehend auf Quellen amerikanischer und ausländischer Strafverfolgungs­ behörden stützt: »Als China unter der Last der Drogensucht versank und das Opium in all seinen Formen verbot ..., hatten die Triaden einen flo­ rierenden Heroinschwarzmarkt ganz für sich allein. Als China nach dem Zweiten Weltkrieg an die Kommunisten fiel, halfen die Triaden in weiser Voraussicht einem Triadenbruder namens Generalissimus Chiang Kai­ shek [einem Mitglied der Grünen Bande] nach Formosa [heute Taiwan] zu fliehen und einen großen Teil der beweglichen Reichtümer des Landes mitzunehmen.« (Claire Sterling, Thieve’s World: The Threat of the New Global Network of Organized Crime, New York 1994, S. 45). 22 Trocki, Opium, S. 149. Vgl. Timothy Brook und Bob Tadashi Wakaba­ yashi (Hg.), Opium Regimes: China, Britain, and Japan, 1839-1952, Berkeley 2000, S. 83, 92, 94, 97, 305, 309; John Butcher und Howard Dick (Hg.), The Rise and Pall of Revenue Farming, New York 1993, S. 90f., 168-189, 179f., 251-255 usw. 23 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 369ff.; Trocki, Opium, S. 133. Brook und Wakabayashi, Opium Regimes, S. 278, 327.

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Anmerkungen ...

24 Trocki, Opium, S. 133, zitiert Jonathan Marshall, »Opium and the Poli­ tics of Gangsterism in Nationalist China, 1927-1945«, Bulletin of Con­ cerned Action Scholars, Juli-September 1976, S. 29f. 25 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 378. 26 Scott, Deep Politics, S. 167. 27 New York Times, 2. Juni 1995, Al, A16. Claire Sterling schätzte 1994, dass drei Viertel des amerikanischen Heroins von den Triaden nach Ame­ rika gebracht wurden (siehe Thieve’s World, S. 43). 28 San Francisco Chronicle, 6. Februar 1996; 7. Februar 1996. 29 Cumings, Origins, Bd. 2, S. 511f. Als weiteres Beispiel für diesen Zu­ sammenhang verweist Cumings darauf, dass der Verbindungsmann für die Unterstützung der Guomindang, für die Fassoulis arbeitete, William Pawley war. Er verweist auf Pawleys Rolle bei der Aufstellung der Flying Tigers gemeinsam mit General Chennault und auf seine »zahlreichen sen­ siblen Missionen für die CIA in den frühen 50er Jahren« und fügt dann hinzu, es gebe »Gerüchte über eine Verbindung [Pawleys] zu Mafia­ führern«, aber er bezieht diese Tatsache (die mehr als ein Gerücht ist) nicht in seine Darstellung ein, in der er die Drogen kaum erwähnt. Die von Cumings zitierte Quelle identifiziert den Mafiaboss als John Martino. Martino arbeitete im Auftrag des internationalen Drogenhändlers Santos Trafficante, der in Mittelamerika für die CIA viele heikle Missionen über­ nahm. 30 Alan A. Block, »Failures at Home and Abroad: Studies in the Implemen­ tation of U.S. Drug Policy«, in: Alfred W. McCoy und Alan A. Block (Hg.), War on Drugs: Studies in the Failure of U.S. Narcotics Policy, Boulder 1992, S. 41; Alan A. Block und John McWilliams, »On the Ori­ gins of American Counterintelligence: Building a Clandestine Network«, Journal of Policy History, 1989. 31 Scott, Deep Politics, S. 165ff. 32 Curt Gentry, J. Edgar Hoover: The Man and the Secrets, New York 1991, S. 531-532 (zum FBI); Scott, Deep Politics, S. 145f. (zum FBI); Sally Denton und Roger Morris, The Money and the Power, New York 2001, S. 254, 424 (zur CIA); Peter Dale Scott, Minding the Darkness: A Poem for the Year 2000, New York 2000, S. 178f. (zu FBI und CIA). 33 Das Erdöl spielte bei den Intrigen 1949-1951 keine besondere Rolle, eher noch koreanisches Gold und Wolfram (siehe Cumings, Origins, Bd. 2, S. 62, 123, 143, 803 usw.). Allerdings beteiligten sich aus irgendwelchen Gründen »texanische Ölleute« an den Intrigen von Fassoulis und Willi­ ams (siehe ebd., S. 512). 34 Ebd., S. 872 Fußnote 93. 35 Siehe dazu McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 155-164. 36 Paul Rogers, »Oil and the >War on TerrorismSubversion< Verdächtigte. Nach den vorliegenden Beweisen, zu denen auch Dokumente des kolumbianischen Militärs gehören, ging es der CIA weniger um Drogenbekämpfung als um die Bekämpfung links­ gerichteter Widerstandsbewegungen.« 29 Human Rights Watch, The Ties That Bind: Colombia and Military-Para­ military Links, 2000; http.://www.hrw.org/reports/2000/colombia; Alma Guillermoprieto, »Our New War in Colombia«, New York Review of Books, 13. April 2000. 30 Ebd.: »Nach einem neueren Bericht des amerikanischen Außenministe­ riums wurden 1995 in Bolivien 48.600 Hektar für den Coca-Anbau genutzt. 1999 waren es nur noch 21.800. Noch daramtischer war der Rückgang in Peru, wo die Anbaufläche 1995 mit 115.300 Hektar ihren Höhepunkt erreichte und in den folgenden vier Jahren auf 38.700 Hektar sank. Betrachtet man jedoch die gesamte in den drei Ländern Kolumbien, Bolivien und Peru für den Coca-Anbau genutzte Fläche, ergibt sich ein etwas anderes Bild. 1995 lag die Anbaufläche bei schätzungsweise 214.800 Hektar. 1999 waren es 183.000 Hektar.« Vgl. Chicago SunTimes, 21. Januar 2001: »In den 90er Jahren unternahm man in Peru und Bolivien große Anstrengungen zur Verringerung der Cocaproduktion. In Peru ging der Anbau in den letzten vier Jahren um 66 Prozent zurück (zum Teil auch wegen eines Pilzes, der die dortigen Cocapflanzen befiel). In Bolivien verringerte sich der Anbau in zweieinhalb Jahren um 55 Pro­ zent. Doch im selben Zeitraum stieg die Produktion in Kolumbien rasch an, wenn auch nicht ganz so stark wie die Rückgänge, sodass insgesamt eine Verringerung der Produktion zu verzeichnen war. Jedenfalls dachten das die Behörden. Eine genauere Analyse zeigte jedoch, dass die kolum­ bianische Kokainproduktion zweieinhalbmal höher lag, als man ange­ nommen hatte. Wir wissen nicht, seit wann die Vereinigten Staaten die Kokainproduktion in Südamerika zu niedrig veranschlagten. Doch wenn man für 1998 und 1999 die korrigierten kolumbianischen Zahlen ein­ setzt, löst sich der kräftige Rückgang der Kokainproduktion in nichts auf.« 31 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 81-84. 32 New York Times, 25. Oktober 1997. 33 Lucian R. W. Pye, »Armies in the Process of Political Modernization«, in: John J. Johnson (Hg.), The Role of the Military in Underdeveloped Coun­ tries, Princeton 1962, S. 87ff. Auf derselben Konferenz forderte Guy Pau-

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ker von der RAND Corporation die anwesenden indonesischen Offiziere auf, »loszuschlagen und ihr Haus zu fegen« (ebd., S. 224). Einige der Konferenzteilnehmer spielten später beim indonesischen Staatsstreich von 1965 eine wichtige Rolle. 34 Edwin Lieuwen, »Militarism and Politics in Latin America«, in: Johnson (Hg.), Role of the Military, S. 138, 147, 153f. 35 New York Times, 28. Mai 2001.

5. CIA und Drogenhändler in Kolumbien 1 Human Rights Watch, Colombia’s Killer Network: The Military-Paramilitary Partnership and the United States, 1996; http://www.hrg.org/ reports/1996/killer1.html. 2 Frank Smyth, Progressive, Juni 1998. 3 Jonathan Marshall, Peter Dale Scott und Jane Hunter, The Iran-Contra Connection: Secret Teams and Covert Operations in the Reagan Era, Boston 1987, S. 70f. 4 Siehe z.B. »Paramilitarismo como politica contrainsurgente de estado«; http://home3.swipnet.se/w-34817/FARC/990120-para-militar-documen­ to.htm. 5 Rensselaer W. Lee III, The White Labyrinth, New Brunswick, N.J., 1988, S. 117f. 6 James Mills, The Underground Empire, New York 1986, S. 882. 7 3.000 Kalaschnikows aus einem Lager der nicaraguanischen Polizei wur­ den im November 2001 von israelischen Waffenhändlern an die para­ militärischen Autodefensas Unidas de Colombia (AUC) geliefert; siehe Associated Press, 9. Mai 2002. 8 Andrew Cockburn und Leslie Cockburn, Dangerous Liaisons: The Inside Story of the U.S.-Israeli Covert Relationship, New York 1991, S. 214218. Der israelische Oberst Yair Klein bemerkte zu seiner Ausbildertätig­ keit für die Todesschwadron von Jose Gonzalo Rodríguez Gacha, dem führenden Mitglied des Medellín-Kartells: »>Wir sind sicher, dass unsere Aktivitäten im Interesse der Vereinigten Staaten lagen, und das war im­ mer schon so.< Sie hätten davon gehört, wenn es nicht so gewesen wäre, sagte Klein« (ebd., S. 215). Klein verkaufte später in Sierra Leone Waffen aus der Ukraine und Weißrussland. In Kolumbien und den Vereinigten Staaten liegen immer noch Haftbefehle gegen ihn vor; Washington Post, 16. Oktober 1999; Jerusalem Post, 21. September 1999. 9 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 56-64. Miguel Angel Felix Gallardo, Verbindungsmann von Ocampo und Matta in Mexiko, unter­ stützte gleichfalls die Contras und genoss eine Zeitlang entsprechenden Schutz (siehe ebd., S. 41f.; Peter Dale Scott, Drugs, Contras, and the CIA, Sherman Oaks, Calif., 2000, S. 7f.). 10 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 54-64, 101-121; Scott, Drugs, Contras, and the CIA, S. 7-37.

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Anmerkungen ...

11 Alfred W. McCoy, Die CIA und das Heroin, Frankfurt am Main 2003, S. 21f., 245-265, 394-402, 612-620. 12 Im März 1982 billigte die Reagan-Regierung eine Geheimabsprache zwi­ schen Justizministerium und CIA, wonach die CIA nicht mehr verpflich­ tet war, das Ministerium von Aktivitäten ihrer Agenten, Einrichtungen oder Vertragspartner im Bereich des Drogenhandels zu unterrichten (siehe U.S. Central Intelligence Agency, Office of Inspector General [Frederick Hitz], Investigations Staff, Report of Investigation concerning Allegations between CIA and the Contras in Trafficking Cocaine to the United States, 96-0143-IG, Bd. 2, The Contra Story, §§ 23-30, 57-71; Scott, Drugs, Contras, and the CIA, S. 12). 13 Vgl. zweites Kapitel; Stephen Handelman, Comrade Criminal: Russia’s New Mafiya, New Haven 1995, S. 195-204. Caseys so genannte Opera­ tion Mosquito verdient ebenso untersucht zu werden wie die Devisen­ beschaffung der CIA bei der Schweizer Firma Shakarchi Trading, die später beschuldigt wurde, Geld aus dem afghanischen Heroin- und dem kolumbianischen Kokainhandel gewaschen zu haben. 14 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 10ff., 132-150. 15 Ebd., S. 149. Siehe auch David Harris, Shooting the Moon, Boston 2001, S. 157-159. 16 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 133f., 149f., 154. 17 Gary Webb, Dark Alliance, New York 1998, S. 332. 18 Wie oben bereits angemerkt, begann diese Propagandakampagne ein Jahr, nachdem Occidental Oil 1983 das auf eine Milliarde Barrel ge­ schätzte Ölfeld Cano Limon entdeckt hatte. Sie führte zu den National Security Decision Directives von 1986 und 1989, aus denen die amerika­ nische Militärpräsenz in Kolumbien resultierte. 19 New York Times, 21. März 1984 (zu den »Guerillas«); Mark Bowden, Killing Pablo, New York 2001, S. 44 (zum Medellín-Kartell). Die An­ schuldigung, wonach die FARC die Tranquilandia-Labors schützte, geht offenbar auf die Entdeckung einer FARC-Uniform zurück, die durchaus absichtlich dort deponiert worden sein könnte. 20 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 97f. 21 Beispiele dazu ebd., S. 94. 22 Martha Honey, Hostile Acts: U.S. Policy in Costa Rica in the 1980s, Gainesville 1994, S. 412. 23 Die Anklagen wurden erhoben, um Anschuldigungen gegen Helfer der von der CIA unterstützten Contras zu begegnen. So behauptete Reagan am 16. März 1986, »hohe Mitglieder« der nicaraguanischen Regierung seien »tief in den Drogenhandel verstrickt«. Das geschah wenige Stunden, nachdem der San Francisco Examiner auf der Titelseite die Beteiligung von Führern und Helfern der Contras an einem fehlgeschlagenen Dro­ gengeschäft drei Jahre zuvor enthüllt hatte (siehe Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 172f.). 24 Es bestehen große Meinungsverschiedenheiten über die Frage, welche Dro­ genhändler auf den unscharfen Fotos zu sehen sind; siehe ebd., S. 99-103.

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25 Damals wurde Lehder beschuldigt, einen Angriff der linksgerichteten Gruppe M-19 und nicaraguanischer Sandinisten auf den kolumbia­ nischen Justizpalast koordiniert zu haben. George Bush nutzte diese An­ schuldigung, um die Sicherheitsdirektive 221 zu erlassen. Inzwischen wurde sie von Beamten der DEA und Fachleuten wie Rensselaer Lee als unglaubwürdig eingestuft; siehe ebd., S. 95f., 102. 26 Bowden, Killing Pablo, S. 54. 27 Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 102; Bowden, Killing Pablo, S. 54. 28 Los Angeles Times, 8. Juni 1986. 29 Lee, White Labyrinth, S. 172-175; 179ff.; Shannon, Desperados, S. 142f., 173-176; Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 95f., 102. 30 Carrigan, Palace of Justice. 31 Bowden, Killing Pablo, S. 159. 32 Ana Carrigan, Irish Times, 23. August 2000. Ende 1989 war das Cali-Kartell zur »wichtigsten Informationsquelle der [kolumbianischen] Sicherheitsdienste« geworden (siehe Patrick Clawson und Rensselaer W. Lee III, The Andean Cocaine Industry, New York 1996, S. 57). 33 Bowden, Killing Pablo, S. 184-225. Im April 2001 strengte Amnesty International einen Prozess an, um Einsicht in die CIA-Akten zu Los Pepes zu erhalten. Die amerikanische Sektion erklärte, ihre Ermittlungen verwiesen auf eine »äußerst verdächtige Beziehung zwischen der ameri­ kanischen Regierung und der Familie Castano, und das zu einer Zeit, als die amerikanische Regierung über die Verwicklung der Familie in para­ militärische Gewalt und in den Drogenhandel bestens Bescheid wusste« (Amnesty International USA, Presseerklärung vom 25. April 2001; http://www.amnestyusa.org/news/2001/colombia04252001_2.html). 34 Washington Post, 21. Juli 1996 (zu den Geheimdienstberichten); Bow­ den, Killing Pablo, S. 186, 263, 268 (zu den DEA-Agenten). Nach der an­ gesehenen kolumbianischen Schriftstellerin Ana Carrigan sah die DEA in Castano auch 2000 noch einen potenziellen Verbündeten: »Es gibt ernst­ zunehmende Behauptungen, wonach Agenten der amerikanischen Drug Enforcement Administration (DEA) dem paramilitärischen Führer Carlos Castano Unterstützung angeboten haben, falls er sie im Kampf gegen die Drogenhändler unterstützt. In einem Fernsehinterview erklärte Castano aus seinem Herrschaftsgebiet im Norden, er wisse nicht, ob das Hilfe­ ersuchen Ausdruck der amerikanischen Politik sei oder von Agenten ausging, die auf eigene Initiative agierten. Nach Angaben eines DEAInformanten, der behauptet, bei Treffen zwischen DEA-Agenten, Drogen­ händlern und Mitgliedern der paramilitärischen Gruppe Castaños als Dolmetscher gedient zu haben, kam man überein, dass amerikanische Offizielle mit Castano Zusammentreffen sollten, um einen Handel mit ihm abzuschließen.« (Ana Carrigan, Irish Times, 23. August 2000). Car­ rigan glaubt, Castano wolle der Mittelschicht durch fortgesetzte militäri­ sche Aktionen die Hoffnung auf den Friedensprozess nehmen und sie für eine von ihm geführte militärisch-zivile »Regierung der nationalen Ein­ heit« gewinnen.

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Anmerkungen ...

35 Die Bänder wurden von dem späteren Wahlverlierer Andres Pastrana an die Öffentlichkeit gebracht, der vier Jahre danach die Wahl gewann. Nach amerikanischen Quellen wurden die ursprünglichen geheimen Bän­ der im September 1994 von Joe Toft, dem aus dem Dienst scheidenden Leiter der DEA-Niederlassung in Bogotá, an die Öffentlichkeit gebracht (siehe Bowden, Killing Pablo, S. 272; vgl. Washington Post, 21. Juli 1996). Toft veröffentlichte eine gereinigte Fassung, in der die Hinweise auf Pastrana gelöscht waren. Erstmals veröffentlicht wurden die Bänder im Juni 1994 von Pastrana selbst (siehe z.B. Montreal Gazette, 28. Juni 1994). 36 Washington Post, 28. August 1995. Die drei waren Gilberto Rodriguez Orejuela, sein Bruder Miguel und Jose Santacruz Londono. Ein vierter Führer, Helmer Herrera Buitrago, wurde 1998 im Gefängnis ermordet. 37 Clawson und Lee, Andean Cocaine Industry, S. 61; Boston Globe, 11. November 1999. Der selbst als Drogenhändler angeklagte Fernando Jose Flores besuchte die Führer des Cali-Kartells Gilberto und Miguel Rodri­ guez Orejuela ein Dutzend Mal im Gefängnis. 38 DEA, »Traffickers from Colombia«, http://www.usdoj.gov/dea/traffickers/colombia.htm. 39 Ricardo Rocha, »The Colombian Economy after 25 Years of Drug Traf­ ficking«; http://www.odccp.org:80/colombia/rocha.html. 40 http://www.usdoj.gov/dea/briefingbook/page34-48.htm. 41 Mills, Underground Empire, S. 1135, 1181; Peter Dale Scott, Minding the Darkness: A Poem for the Year 2000, New York 2000, S. 153-157. 42 Beim Mapiripan-Massaker vom 14. bis 20. Juli 1997 unterstützten ko­ lumbianische Militärs die Paramilitärs bei der Übernahme der Haupt­ stadt des Coca-Anbaugebiets. Nach dem Bericht eines Journalisten der kolumbianischen Tageszeitung El Espectador hielten sich Ausbilder der amerikanischen Green Berets ganz in der Nähe auf. »Es war, als benutzte die Armee Mapiripan als Test für zukünftige Operationen.« (San Fran­ cisco Chronicle, 22. April 2001) Der für dieses Massaker verantwortliche General wurde später von einem Militärgericht zu 40 Monaten Haft ver­ urteilt (New York Times, 14. Februar 2001). 43 Paul Eddy, The Cocaine Wars, New York 1988, S. 342. 44 Siehe http://www.airlines2.freeuk.com/417.htm . 1972 wurde Southern Air an ihren Präsidenten »verkauft«. Im Church Committee Final Report von 1976, Bd. 2., S. 239, heißt es, der Verkauf ähnlicher im Besitz der CIA befindlicher Unternehmen sei gewöhnlich mit einer Abmachung ver­ bunden, wonach »das Unternehmen auch weiterhin Güter und Dienst­ leistungen für die CIA bereitstellt« (siehe Marshall; Scott und Hunter, Iran-Contra Connection, S. 17). 45 Guardian (London), 21. Januar 1987. Vgl. New York Times, 20. Januar 1987; Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 166. 46 U.S. Central Intelligence Agency, Office of Inspector General, Report of Investigation Bd. 2, The Contra Story, § 907. 47 Webb, Dark Alliance, S. 254; Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 18;

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New York Times, 23. August 1987. Bei der Beurteilung dieser und ande­ rer Behauptungen, wonach die CIA sich am illegalen Drogenhandel be­ teiligt hat, sollte auch berücksichtigt werden, dass die CIA den Import von mindestens einer Tonne Kokain (und wahrscheinlich sehr viel mehr) aus dem benachbarten Venezuela in die Vereinigten Staaten erlaubte (siehe Wall Street Journal, 22. November 1996; New York Times, 23. No­ vember 1996). Webb, Dark Alliance, S. 254. Jonathan Winer, Aktennotiz zum Treffen mit William Weid am 26. Sep­ tember 1986, in: Webb, Dark Alliance, S. 254. Dennoch reagierte das Justizministerium ganz anders, als Palacios Geschichte einen Monat später an die Presse gelangte: »Erstmals enthüllt wurde die Zeugenaussage am 30. Oktober [1986]. An diesem Tag erklärte der stellvertretende Justiz­ minister Stephen Trott im Auftrag von Justizminister Edwin Meese dem FBI-Direktor William Webster, er solle die Ermittlungen der Behörde gegen Southern Air hinausschieben. Die Bitte um diesen Aufschub stammte ursprünglich von Meeses Sicherheitsberater Vizeadmiral John Poindexter.« (Siehe San Francisco Chronicle, 20. Januar 1987; Scott und Marshall, Cocaine Politics, S. 18; vgl. U.S. Congress, Iran-Contra Affair, Report of the Committees Investigating the Iran-Contra Affair, House Report 100-433, Senate Report 100-216, Washington, D.C., 1987, S. 288). Harris, Shooting the Moon, S. 158. Ken Guggenheim, Associated Press, 5. Juni 2001. Cockburn und Cockburn, Dangerous Liaison, S. 218. Der CIA-Mann war Alan Fiers. Noch ein weiterer ehemaliger CIA-Mann, Felix Rodri­ guez, erhob Anschuldigungen gegen Gadd (siehe Lawrence E. Walsh, Iran-Contra: The Final Report, New York 1994, S. 495). Associated Press, 5. Juni 2001. Honey, Hostile Acts, S. 406-409. Sally Denton und Roger Morris, The Money and the Power, New York 2001, S. 327ff. Roger Morris, Partners in Power: The Clintons and Their America, New York 1996.

6. Raus aus Kolumbien!

1 U.S. Department of State, »United States Support for Columbia: Fact Sheet Released by the Bureau of Western Hemisphere Affairs«, 28. März 2000,http://www.state.gov/www./regions/wha/colombia/fs_000328_plan colombia.html. 2 Das amerikanische Außenministerium nahm bei der Einleitung des Friedensprozeses zwar an einem Vorbereitungstreffen in Costa Rica teil, zog sich dann aber von den Gesprächen zurück, als die FARC einräumten, dass einer ihrer Führer für den Tod dreier amerikanischer Aktivisten ver­ antwortlich war, die mit den U’wa-Indianern zusammengearbeitet hatten.

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Anmerkungen ...

3 Center for Defense Information, Show Transcript: Colombia in Crisis, http://www.cdi.org/adm/1315/transcript.html. 4 Washington Post, 7. November 2000. 5 Reuters, 17. November 1998 (zu den Kettensägenmorden); Amnesty International, »Enough Is Enough!«, Amnesty International Report AMR 23/48/99 (zu den Drohungen). 6 Ebd. Im Juni 2001 trat Castano als militärischer Leiter der AUC zurück, angeblich um »die Führung des politischen Flügels zu übernehmen« (New York Times, 7. Juni 2001). Manche sahen darin ein Anzeichen für eine Spaltung der AUC; andere meinten, Castano bringe sich dadurch in Position für eine größere Rolle in der politischen Zukunft Kolumbiens. 7 San Francisco Chronicle, 12. Februar 2001. 8 Jeremy Bigwood, »DynCorp in Colombia: Outsourcing the Drug War«, http://www.corp-watch.org. 9 San Francisco Chronicle, 19. Dezember 2000. 10 Siehe z.B. Baltimore Sun, 1. Juni 2000; New York Times, 21. Januar 2001; Toronto Star, 12. Januar 2001. 11 Siehe z.B. Tad Szulc, »The Ghost of Vietnam Haunts >Plan ColombiaDrogendemokratieThe Cork< Corcoran, T. V. Soongs Mann in Wa­ shington, aufgebaut hatte« (siehe Bruce Cumings, The Origins of the Korean War, Princeton 1990, Bd. 2, S. 133, unter Verweis auf Robbins, Air America, S. 48f., 56f., 70). Im September 1949 begann Frank Wisner für das OPC mit dem State Department über die vollständige Übernahme der Firma zu verhandeln. Als George Kennan vom State Department »Wisner am 4. Oktober einen Aktenvermerk schickte, in dem Wisners Pläne weder gebilligt noch abgelehnt wurden ..., hatte Wisner alles, was er brauchte. Das OPC war bereit, gegen die Kommunisten in China in den Krieg zu ziehen, und die CAT sollte Teil dieser Operation sein« (Byrd, Chennault, S. 333). 29 Obwohl Soong wie auch die amerikanische Regierung sich in diesem Fall aktiv auf Chennaults Seite beteiligten, stammten die Geldmittel aus Schuldscheinen einer zweiten Firma namens CATI, die keine Verbindung zum Aufkauf der CAT durch CIA und OPC hatte. Die CATI-Schuldverschreibungen wurden schließlich 1954 durch eine kleinere, komplizier­ tere Zahlung ausgelöst, und zwar zur selben Zeit, als die CAT das Recht erhielt, als zivile Luftfahrtgesellschaft Taiwans aufzutreten (siehe ebd., S. 338, 346ff.). 30 Anna Chan Chennault, A Thousand Springs, New York 1962, S. 248; vgl. dies., Chennault and the Flying Tigers, S. 275. Nach Leary gab die CIA Chennault den »leeren Titel« eines Vorsitzenden des neuen CAT-Auf­ sichtsrats und rief ihn gelegentlich zu Konsultationen nach Washington zurück, weil die Regierung ihm wegen seiner Nähe zu dem inzwischen

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Anmerkungen ...

entfremdeten ehemaligen Verbündeten Chiang Kai-sheck misstraute (siehe Leary, Perilous Missions, S. 137). Robert Lee Scott Jr., Flying Tiger: Chennault of China, Garden City, N. Y., 1959, S. 282. Stewart Alsop, Saturday Evening Post, 13. Dezember 1958, S. 86. Roger Hilsman, To Move a Nation, Garden City, N. Y., 1967, S. 300. Siehe 11. Kapitel. Claire Lee Chennault, »Voice of the Tiger« (wie von Tom McClary be­ richtet), Flying, Oktober 1954, S. 64-68. Siehe auch Look, 7. September 1954, S. 80-83; Flying, Mai 1955, S. 69; Newsweek, 26. April 1954, S.41. Pentagon-Papiere, Nr. 22, S. 125-133; Chennault, Thousand Springs, S. 263f. Chennault und seine nach dem Krieg gemachten Vorschläge wur­ den in Washington wegen dessen Nähe zu Chiang Kai-shek, Madame Chiang und T. V. Soong selbst von der CIA mit Misstrauen betrachtet (siehe Leary, Perilous Missions, S. 113, 137). Bernard Fall, Hell in a Very Small Place, Philadelphia 1967, S. 24. New York Times, 19. Juni 1954, S. 3. Corey Ford, Saturday Evening Post, 12. Februar 1955, S. 102. Zu CAT in anderen Ländern siehe Pentagon-Papiere, Nr. 22, S. 125-133. Wie es scheint, hatte das State Department nicht die Absicht, Souvanna Phouma vollends zu beseitigen, sondern ihn zu zwingen, eine breitere Ver­ tretung von CIA-Günstlingen in seinem Kabinett zu akzeptieren. Gemeint war damit, wie Allen Dulles es ausdrückte, eine »neue dynamische Gruppe, das Komitee zur Verteidigung Nationaler Interessen«. Diese Gruppe lehnte es jedoch ab, unter Souvanna Phouma zu dienen, und Bot­ schafter Smith erhielt die Anweisung, er solle keinen besonderen Druck auf die Gruppe ausüben, ihren Widerstand aufzugeben. Ob die CIA das Komitee 1958 in seinem Widerstand bestärkte (wie es 1960 geschah), ist nicht bekannt. Siehe FRUS 1959-1960, Bd. 16, Nr. 190f., S. 471ff. FRUS 1959-1960, Bd. 16, Nr. 202, S. 491. Phoumi scheint anfangs von Henry Hecksher geführt worden zu sein, der die CIA-Niederlassung in Laos bis 1959 leitete, sowie von dessen Nach­ folger Gordon Jorgensen und auch von Robert Jantzen, dem Leiter der CIA-Niederlassung in Thailand. Im Dezember 1959 klagte Phoumi, Bot­ schafter Smith sei schuld daran, dass Hecksher Laos früher als erwartet verlassen musste, und sagte dann zutreffend voraus, dass Smith selbst schon bald abberufen werde. Siehe FRUS 1959-1960, Bd. 16, Nr. 319, S. 723 (zu Hecksher, aber ohne Namensnennung), Nr. 421, S. 887 (zu Jantzen). FRUS 1959-1960, Bd. 16, Nr. 203, S. 491. Ich muss an dieser Stelle ein­ räumen, dass meine Darstellung der Ereignisse hier zweifellos beeinflusst wurde von meiner vierjährigen Tätigkeit im diplomatischen Dienst Kana­ das, das den Auftrag übernommen hatte, die Einhaltung des Genfer Ab­ kommens zu überwachen. So kann ich der von Kaiser gegebenen Darstel­ lung dieser Zeit nicht zustimmen, der zwar den Plan des Pentagons zur

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»Expansion der Mission« erwähnt, aber nichts über die Verletzung des Genfer Abkommens sagt, die doch den umstrittensten Aspekt des Plans bildete (siehe Kaiser, Tragedy, S. 23). Ebenso wenig kann ich folgender Passage aus demselben Absatz zustimmen: »Im Januar 1959 ... sprach Premierminister Phoumi Sananikone angesichts einer verhängnisvollen Entwicklung vor der Nationalversammlung von militärischen Zwischen­ fällen an der nordvietnamesischen Grenze und erhielt besondere Voll­ machten zur Abwehr dieser Bedrohung.« Die RAND Corporation gelangt in einem Bericht über Laos zu dem Urteil, nicht der prokommu­ nistische Pathet Lao, sondern die rechtsgerichtete Regierung Sananikone habe »die Krise verschärft, die zum Krieg in Laos führte« (siehe A. M. Halpern und H. B. Friedman, Communist Strategy in Laos, Rand, RM2561, S. 51; zitiert und ausgearbeitet in Bernard Fall, Anatomy of a Crisis: The Laotian Crisis of 1960-1961, hg. und mit einem Nachwort versehen von Roger M. Smith, Garden City, N. Y., 1969, S. 108). Fall bemerkt, dass Hanoi sich schon vor Phoumis Vorwürfen über laotische Übergriffe beschwert hatte und dass die Hauptforderung der Nordviet­ namesen nach einer Rückkehr der (aus Indien, Kanada und Polen beste­ henden) Internationalen Kontrollkomission von den Vereinigten Staaten entschieden abgelehnt wurde. Im Gefolge der Erteilung von Sondervoll­ machten durch die laotische Nationalversammlung wurden die älteren Minister des Kabinetts durch junge Obristen des von der CIA unterstütz­ ten Komitees zur Verteidigung Nationaler Interessen ersetzt. »Damit war Sananikone rundum ein Gefangener der >Jungtürkenauf höchster Regierungsebene< gebilligt worden war«, die Ermordung eines gemäßigten Politikers der Mitte durch einen Linken vor, um einen Vorwand für eine Machtergreifung der Rechten zu schaffen. Diese Formel lag dem rechtsgerichteten Militärputsch 1965 gegen den indonesischen Staatspräsidenten Sukarno zu Grunde, und sie wirft die Frage auf, ob bei der Aktion gegen Sukarno auch ausländische Elemente in die Geheimpolizei eingeschleust wurden, die hinter Sukarno stehende Generäle ermordeten. Coen Holtzappel, »The 30 September Movement«, Journal of Contemporary Asia 11, Nr. 2 (1979), S. 222, äußert den Ver­

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dacht, dass man »Ausländern die nötige Tarnung verschaffte, um den schmutzigen Job zu verrichten« (siehe Peter Dale Scott, »The United Sta­ tes and the Overthrow of Sukarno, 1965-1967«, Pacific Affairs, Sommer 1985, S. 239-264; http://www.pir.org/scott.html). Die CIA spielte jedoch möglicherweise eine zentralere Rolle, als mir 1971 klar war. Douglas Valentine, dessen Buch auf mehr als hundert Gesprä­ chen mit Veteranen der CIA und der Special Forces basiert, gibt folgende knappe Darstellung des Lon-Nol-Putschs: »Die abschließende Phase be­ gann am 12. März 1970, als Sihanouk sich im Ausland aufhielt und sein Premierminister Lon Nol auf Anweisung der CIA alle Nordvietnamesen aufforderte, Kambodscha binnen 72 Stunden zu verlassen. Am selben Tag kündigte Vizepremier Sirik Matak einen Handelsvertrag zwischen Kam­ bodscha und der Provisorischen Revolutionsregierung [Vietnams]. Vier Tage später wurde der amerikanische Frachter Columbia Eagle, der nach außen hin Nachschub für Einheiten der U.S. Air Force in Thailand trans­ portierte, von zwei CIA-Agenten in den Hafen von Sihanoukville um­ geleitet. Mit Waffen und Munition von der Columbia Eagle und mit Unterstützung der Khmer Kampuchea Krom (von der CIA in Thailand trainierte Exilkambodschaner) sowie der Khmer Serei (gleichfalls von der CIA in Thailand trainierte Kambodschaner unter Führung von Son Ngoc Thanh) ergriffen Lon Nols Truppen die Macht und zogen gegen die Khmer Rouge (die kambodschanischen Kommunisten) und die Vietna­ mesen, die Sihanouk unterstützten.« (Valentine, The Phoenix Program, S. 327) Valentine behauptet, dass die CIA auch in die nachfolgenden Massaker an Kambodschanern vietnamesischer Herkunft verwickelt war (ebd., S.328). »Lansdales Memo an Taylor über unkonventionelle Kriegführung« vom Juli 1961, Pentagon-Papiere, Nr. 22, S. 125-133; vgl. David Wise und Thomas B. Ross, The Invisible Government, New York 1965, S. 145156. San Francisco Chronicle, 4. September 1970, S. 24. New York Times, 5. April 1970, S. 1, 22. »Mindestens zwei akademische Forscher haben berichtet, dass die (von der CIA ausgebildeten) Khmer Kampuchea Krom schon vor dem Putsch gegen Sihanouk im März innerhalb Kambodschas operierten. Der An­ thropologe Gerald C. Hickey ... erklärte dem Pentagon, KKK-Soldaten seien an der Plünderung der Botschaften Nordvietnams und der Provi­ sorischen Revolutionsregierung in Phnom Penh am 16. März beteiligt gewesen ... George McT. Kahin [erklärte] am 6. März 1975 vor dem außenpolitischen Ausschuss des Senats ..., er habe erfahren, dass 4.800 KKK-Soldaten, die bei den Green Berets und in der südvietnamesischen Armee dienten, aus ihren Einheiten herausgezogen und wenige Wochen vor dem Putsch mit amerikanischen Flugzeugen nach Kambodscha geflo­ gen wurden.« (Hersh, Price, S. 181; vgl. Kahin und Kahin, Subversion, S. 246). Pentagon-Papiere, S. 383, 440.

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Anmerkungen ...

43 Ebd., S. 261f. 44 Präsident Nixon, Rede vom 30. April 1970, wiederabgedruckt in: Gettle­ man, Conflict in Indochina, New York 1970, S. 382, 384. 45 Newsweek, 11. Mai 1970, S. 25. 46 San Francisco Chronicle, 4. Mai 1970, S. 13. 47 San Francisco Chronicle, 2. Mai 1970, S. 7; Wall Street Journal, 28. April 1970, S. 1. 48 U.S. Congress, Senate, Committee on Foreign Relations, Cambodia: May 1970, Staff Report, Washington, D.C., 1970, S. 5f. 49 Robert Shaplen, »Letter from Cambodia«, New Yorker, 9. Mai 1970, S. 139. 50 Oakland Tribune, 2. Mai 1970, S. 1. 51 San Francisco Chronicle, 14. Mai 1970, S. 43. Vgl. »End Run by Joint Chiefs? Laird Pushes JCS Reorganization«, Christian Science Monitor, 14. Mai 1970: »Viele Zivilisten im Verteidigungsministerium glauben, dass die Joint Chiefs einen Endspurt eingelegt haben bei ihren Bemühun­ gen, eine Genehmigung für die Angriffe auf die Grenzgebiete zu erhal­ ten.« 52 San Francisco Chronicle, 30. März 1971, S. 33. 53 San Francisco Examiner, 21. Mai 1970, S. 1. 54 Richard D. Terry, Ocean Engineering, Washington, D.C., 1966, S. 1. 55 Zu den Titeln siehe National Union Catalogue, Autorenverzeichnis, 1963-1967, S. 39, 50f. 56 World Petroleum, September 1963, S. 66. Henry Kearns arbeitete 1955 in der Hoover Commission Task Force on Intelligence Activities, und zwar unter General Mark Clark, der gelegentlich in geschäftlicher Verbindung zu Nixon stand und 1971 im National Strategy Committee des American Security Council arbeitete. 57 New York Times, 9. Mai 1971, S. 8.

11. Das Opium, die Chinalobby und die CIA 1 Alfred McCoy, Die CIA und das Heroin: Weltpolitik durch Drogenhan­ del, Frankfurt am Main 2003, S. 251ff. Zu Helliwells kriminellen Ver­ bindungen siehe Alan A. Block, Masters of Paradise, New Brunswick, N.J., 1991, S. 165,168-171, 189f. 2 McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 251 (zum Verkauf von CAT). An anderer Stelle verweist McCoy auf die Bedeutung von »Transportflug­ zeugein] vom Typ C-46- und C-47 ohne Hoheitszeichen« für die Anwe­ senheit der Guomindang in Birma (ebd., S. 254). Das 60-Prozent-Arran­ gement, über das ich 1972 geschrieben habe, wird ausführlich dargestellt in William Leary, Perilous Missions, University, Ala., 1984, S. 204-208. Learys archivalische, auf Dokumenten und Akten von CAT und Air Ame­ rica basierende Darstellung beschreibt jedoch nicht hinreichend das Aus­ maß der Verbindungen von Guomindang und CAT zu den im Drogen­

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handel aktiven Truppen in Birma. So übergeht Leary bei der Darstellung der 1953 und 1954 mit CAT-Flugzeugen erfolgten Evakuierung von Truppen aus Birma nach Taiwan Berichte, wonach auf dem Rückflug jeweils frische Truppen nach Birma gebracht wurden (siehe ebd., S. 195f. In diesem Punkt ist McCoys Darstellung sehr viel besser; siehe McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 259-262). Zum Beispiel McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 60, 203, 400f., 420f. usw. McCoy erwähnt auch nicht die Operation Mosquito, ein von Casey, Reagan und dem Chef des französischen Geheimdienstes Alexandre de Marenches ins Leben gerufenes Programm zur Demoralisierung der Sow­ jetarmee in Afghanistan durch eine Drogenflut; siehe zweites Kapitel; Stephane Allix, La petite cuillere de Scheherazade, Paris 1998; Alexandre de Marenches, Dans le secret des princes, Paris 1986. McCoy stützt sich zu sehr auf amtliche amerikanische Quellen. So behauptet er (S. 611), der Drogenstrom durch den Iran sei nach dem Sturz des Schah stärker ge­ worden. Nach äußerst glaubwürdigen außeramerikanischen Quellen trifft jedoch das Gegenteil zu: »>Nach der Revolution von 1979 gelang es dem Iran, der seit Jahren Drogen produziert hatte, den Anbau von Mohn innerhalb von anderthalb Jahren auszumerzenbefreundeten< Opiumsendungen erhielten eine spezielle Genehmigung und Überwachung seitens der CIA. Zwei Flüge, die ohne diesen >Schutz< stattfanden, endeten mit einem mysteriö­ sen Absturz.« Note der amerikanischen Regierung an die UN Commission on Narcotic Drugs vom 29. April 1960, E/CN.7/394, S. 2. Ebd., S. 1; Free China and Asia, Januar 1959, S. 10. Bernard Fall, Anatomy ofa Crisis, Garden City, N.Y., 1969, S. 99. Die Begünstigung der Guomindang durch die thailändische Polizei in den Jahren 1952 bis 1954 war 1956 zurückgenommen worden. Damals er­ klärte Premierminister Phibun in einer Pressekonferenz: »Die Guomin­ dang schafft zu viele Probleme. Sie handelt mit Opium und sorgt dafür, dass Thailand in den Vereinten Nationen in Misskredit gerät.« (Skinner, Chinese Society in Thailand, S. 343) Im folgenden Jahr wurde Phao von den gegenwärtigen Militärherrschern Thailands von der Macht vertrieben. Dabei hieß es, Phao, »gleichsam ein lokaler Berija«, habe den »Gold- und

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den Opiumhandel kontrolliert« (New York Times, 6. November 1957, S. 34). Vgl. das 2. Kapitel; McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 278ff. UN Commission on Narcotic Drugs, Report of the Seventeenth Session (1962), E/CN.7/432, S. 11. APACL, Free China and Asia, Oktober 1959, S. 14. Ebd., S. 31. In Wirklichkeit war Veha Akhat kaum mehr als eine Tarnfirma für die na­ tionalchinesischen Fluggesellschaften, von denen sie sechs Flugzeuge und Piloten mietete. Am 19. Februar 1961, vier Tage nach dem Abschuss des CAT/FCRA-Flugzeugs durch die birmanische Luftwaffe, wurde eine bei einer taiwanesischen Gesellschaft gemietete C-47 der Veha Akhat über Laos abgeschossen; vier der sechs Personen an Bord sollen nationalchine­ sische Offiziere gewesen sein (Bangkok Post, 22. Februar 1961, S. 1; Singapore Straits Times, 22. Februar 1961, S. 3). Im selben Jahr meldete die zweite taiwanesische Fluggesellschaft Foshing eine Verringerung ihrer Flotte um drei C-47-Maschinen. Foshing Airlines wurde von Moon Chin geleitet, der früher unter William Pawley stellvertretender Betriebsleiter der chinesischen PanAm-Tochter CNAC gewesen war. Bangkok Post, 18. April 1964. San Francisco Chronicle, 16. August 1971, S. 12. Siehe McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 18-23. Es ist erstaunlich, dass die CIA 1961, als sie in Saigon mit verdeckten Luftoperationen begann, die auf dem Saigoner Flughafen befindlichen Flugzeuge und Einrichtungen der CAT überging und eine neue, nicht da­ mit verbundene »Firma« aufzog, Aviation Investors, Inc., d/b/a Vietnam Air Transport. Es heißt, Vietnam Air Transport habe Nguyen Cao Ky ein­ gestellt und dann wieder entlassen, als man erfuhr, dass er die Flüge sei­ ner »Operation Haylift« dazu benutzte, Opium aus Laos nach Saigon zu schmuggeln. Vgl. McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 323ff. U.S. Congress, House, Committee on Foreign Affairs, The World Heroin Problem, Report of Special Study Mission, House Report Nr. 92-298, 92nd Cong., Ist sess., Washington, D.C., 1971. Stanley Karnow, »The Opium Must Go Through«, Life, 30. August 1963, S. 12, bezeichnete einmal einen »würdevollen Korsen mit schma­ lem Oberlippenbart namens Bonaventure Francisci« als einen der größten Opiumhändler in Laos. Die Familie Francisci wird mit dem Spirito-Ven­ turi-Zweig der korsischen Mafia in Marseille in Verbindung gebracht, der ihrerseits über das Syndikatsmitglied Vincent Cotroni aus Montreal Ver­ bindungen nach Amerika unterhält (siehe U.S. Congress, Senate, Com­ mittee on Government Operations, Organized Crime and Illicit Traffic in Narcotics, Hearings, 88th Cong., 2nd sess., Washington, D.C., 1964, S. 956, 961, im Folgenden zitiert als Narcotics Hearings). Dieser korsi­ sche Drogenhandel soll nach Martin Pera, einem Beamten des Narcotics Bureau, mindestens seit den 50er Jahren bestanden haben: »Als es Fran­ zösisch-Indochina noch gab, wurden große Mengen Opium in die Labors bei Marseille geschafft, zur korsischen Unterwelt dort, und dann weiter in

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die Vereinigten Staaten transportiert.« (U.S. Congress, Senate, Select Committee on Improper Activities in the Labor or Management Field, Hearings, 85th Cong., 2nd sess., Washington, D.C., 1959, S. 12225; im Folgenden zitiert als McClellan Hearings). Vgl. McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 407-411. 71 1965 wurde Birds Luftflotte an Continental Air Services verkauft, eine neu gegründete Tochter der Continental Air Lines, die von Robert Rous­ selot, einem CAT- und Air-America-Veteranen, geleitet wurde. Der Ver­ kaufspreis soll mehr als eine Mio. Dollar betragen haben (Wall Street Journal, 23. August 1965, S. 20; Continental Airlines, Annual Report, 1965, S. 13; New York Times, 27. August 1964, S. 6). 72 U.S. Congress, House, Committee on Government Operations, U.S. Aid Operations in Laos, House Report no. 546, 86th Cong., Ist sess., Was­ hington, D.C., 1959, S. 2; Hearings, S. 327; New York Times, 24. März 1959, S. 19. 73 New York Times, 2. Februar 1962, S. 8. 74 Stanley Karnow, Washington Post, 16. März 1970, A10. Theodore Sorenson, Kennedy, New York 1965, S. 661, berichtet: »Chiang war ... verärgert über Kennedy ..., weil wir ihn im Geheimen drängten, seine ma­ rodierenden Truppen aus Birma abzuziehen.« Die Guomindang warb öffentlich dafür, diesen Truppen den Auftrag zu geben, als »Freiwilligen­ armee« in Laos gegen den Kommunismus zu kämpfen; Free China and Asia, Dezember 1960, S. 5f. In den Vereinigten Staaten wurde sie unter­ stützt von Elementen im Pentagon und im American Security Council (darunter auch Admiral Felix Stump, dem Aufsichtsratsvorsitzenden von Air America). Westlaos war Schauplatz der hoch gerühmten »Opium­ schlacht« im Juli 1967 zwischen 800 Guomindangsoldaten und den Truppen des in den Opiumschmuggel verwickelten laotischen Generals Ouane Rathikone, der auch bei dem Betrugsmanöver der angeblichen In­ vasion im September 1959 eine wichtige Rolle gespielt hatte (San Fran­ cisco Chronicle, 16. August 1971, S. 12; Feingold, »Opium and Politics«, S. 323; Frank Browning und Banning Garrett, »The New Opium War«, Ramparts, Mai 1971, S. 34. Vgl. McCoy, Die CIA und das Heroin, S. 478-484). 75 New York Times, 19. März 1964, S. 4; Bangkok Post, 20. März 1964; New York Times, 27. August 1964, S. 6; South China Morning Post, 22. Juni 1964, S. 1; Saturday Review, 11. Mai 1968, S. 44. 76 Starrs Firmen hatten während des Krieges Verbindung zu amerikanischen Geheimdiensten in China. Heute ist daraus das riesige Konglomerat AIG geworden, das auch weiterhin Verbindungen zu den Geheimdiensten ha­ ben dürfte. In jüngster Zeit wurde AIG von Maurice Greenberg geleitet, der 1995 als Anwärter auf den Posten des CIA-Direktors gehandelt wurde; Washington Weekly, 17. März 1977. 77 McClellan Hearings, S. 15262-15272. 78 Hank Messick, Lansky, New York 1971, S. 89. Die Citibank weigerte sich 1968, eine Einlage von 200.000 Dollar zu bestätigen, deren Offen­

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Anmerkungen ...

legung bei einer Ermittlung wegen Aktienbetrug gerichtlich angeordnet worden war (New York Times, 1. Dezember 1969, S. 42). New York Times, 23. Mai 1950, S. 34. Auf Anraten von Präsident Roosevelt und Tommy Corcoran baute Paw­ ley die Flying Tigers auf, und zwar auf Grund eines geheimen Präsiden­ tenerlasses, der ihn von der Neutralitätspflicht des amerikanischen Straf­ gesetzbuchs ausnahm; siehe Anna Chan Chennault, Chennault and the Flying Tigers, New York 1963, S. 76-83. 1949 bat er das State Depart­ ment um eine ähnliche Genehmigung für die Mission der Commerce International (China), die jedoch verweigert wurde (U.S. Congress, Senate, Committee on Judiciary, Communist Threat to the United States through the Caribbean, Hearings, 86th Cong., 2nd sess., Aussage William D. Pawleys vom 2. September 1960, S. 72, 9). Admiral Charles Cooke, später Mitglied des American Security Council, machte dennoch weiter. Washington Post, 9. September 1951, Al, A8; wiederabgedruckt in: Con­ gressional Record, Senate, 10. September 1951, S. 11066f.; Reporter, 29. April 1952, S. 10f.; Koen, China Lobby, S. 50. Weitere Informationen in: Bruce Cumings, The Origins of the Korean War, Princeton 1990, Bd. 2, S. 509-512. T. A. Wise, »The World of Alexander Guterma«, Fortune, Dezember 1959, S. 160. Ein weiterer Akteur in den Guterma-Skandalen war Mathew Fox, ein ehemaliger eingetragener Lobbyist für Indonesien, der möglicherweise Verbindungen zur CIA besaß (Chester Cooper, The Lost Crusade, New York 1970, S. 52). Außerdem Herman Brann, der im Zweiten Weltkrieg amerikanischer Geheimagent gewesen war. Guterma kam aus Shanghai und von den Philippinen und kaufte sich mit philippinischem Kapital in den Grundstücksmarkt in Florida ein. Über Chesters Seven Arts Productions; vgl. Messick, Lansky, S. 228; Reid, Grim Reapers, S. 107. Messick, Lansky, S. 211. McClellan Hearings, S. 12246. Präsident der Gesellschaft war ein Angestellter der Immobilieninvesti­ tionsunternehmen von Lindsey Hopkins Jr., der in den 60er Jahren selbst für CIA-Firmen (Zenith Enterprises und Melmar, Inc.) in Miami arbei­ tete. Als Direktor der Sperry Corporation und deren Tochtergesellschaf­ ten hatte Hopkins beim Aufbau der Flying Tigers 1941 Verbindung zu William Pawley (über die Sperry-Tochter Intercontinent Corp., deren Prä­ sident Pawley war). Durch die Carl G. Fisher Corporation erbte Hopkins wertvolle Hotels in Miami Beach und beteiligte sich nach dem Krieg am Grundstücksboom auf den Bahamas. New York Times, 1. Dezember 1969, S. 42. Helliwell arbeitete auch als Rechtsberater für die Miami National Bank. Nach zahlreichen Besitz­ wechseln fiel Miami National schließlich als Ausgleich für einen nicht zu­ rückgezahlten Kredit an die Citibank, vormals National City Bank of New York. Die Verbindung zu Helliwells Kanzlei überdauerte sogar Hel­

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liwells Tod 1976. Der neue Syndikus und Vorsitzende des Kreditaus­ schusses der Miami National Bank war Truman A. Skinner von Helli­ wells Firma Helliwell, Melrose, and DeWolf. Eine Sonderkommission des Justizministeriums zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens be­ schuldigte Skinner später betrügerischer Machenschaften mit Staatsanlei­ hen und der eigenmächtigen Gewährung von Krediten der Bank an ein Bauprojekt mit Verbindungen zur Unterwelt (siehe Penny Lernoux, In Banks We Trust, Garden City, N. Y, 1984, S. 42ff., 84). New York Times, 14. August 1959, S. 9; Messick, Lansky, S. 269. Allen Dorfman, dessen Freundschaft mit Hoffa dazu beitrug, dass U.S. Life 1950 den Zuschlag für den Teamsters-Versicherungsvertrag erhielt, wurde wegen der Annahme von Schmiergeld für einen Teamster-Kredit an die Neisco Corporation angeklagt (San Francisco Chronicle, 15. Juli 1971, S. 5). Der Vorstandsvorsitzende von Neisco, G. A. Horvath, war 1964 Aufsichtsratsvorsitzender und Haupteigentümer der Miami Natio­ nal Bank. Carl O. Hoffmann vom OSS, 1945 bis 1950 Generalkonsul des thailän­ dischen Königs in New York, wurde Aufsichtsratsvorsitzender der First Florida Resource Corporation, und zwar zu einer Zeit, als »Gelder der Guomindang aus Thailand und Birma über Hongkong hereinkamen, da­ mit sie in Immobilienfirmen mit Verbindungen zu Lansky gewaschen wurden« (R. T. Naylor, Hot Money and the Politics of Debt, New York 1987, S. 292). Reid, Grim Reapers, S. 225f. Ebd, S. 296. Messick, Lansky, S. 241. So flog Air America im März 1970 mehrere hundert thailändische Solda­ ten zur Verteidigung des Außenpostens der von der CIA unterstützten Hmong in Long Cheng ein (New York Times, 5. April 1970, S. 22; Flight International, 16. Juli 1970). Eliot Marshall, »Heroin: The Source of Supply«, New Republic, 24.31. Juli 1971, S. 24: »Wer die Opiumroute durch die Türkei sperrt .., dürfte damit die Opiumindustrie nur weiter nach Osten drängen.«

Ausgewählte Literatur

Anderson, Scott und Jon Lee Anderson, Inside the League: The Shocking Ex­ posure of How Terrorists, Nazis, and Latin American Death Squads Have Infiltrated the World Anti-Communist League, New York 1986. Bamford, James, Body of Secrets: Anatomy of the Ultra-Secret National Security Agency: From the Cold War Through the Dawn of a New Cen­ tury, New York 2001. Beaty, Jonathan und S. C. Gwynne, BCCI: The Outlaw Bank: A Wild Ride into the Secret Heart of BCCI, New York 1993. Block, Alan A., Masters of Paradise: Organized Crime and the Internal Revenue Service in the Bahamas, New Brunswick, N. J., 1991. Brewton, Pete, The Mafia, CIA, and George Bush, New York 1992. Chomsky, Noam und Edward S. Herman, The Political Economy of Human Rights, Boston 1979; dt.: Die politische Ökonomie der Menschenrechte, Grafenau 2000. Cockburn, Alexander und Jeffrey St. Clair, Whiteout: The CIA, Drugs, and the Press, London 1998. Colby, Gerard zus. mit Charlotte Dennett: Thy Will Be Done: The Conquest of the Amazon: Nelson Rockefeller and Evangelism in the Age of Oil, New York 1995. Cooley, John K., Unholy Wars: Afghanistan, America, and International Ter­ rorism, London 1999. Corson, William R., Armies of Ignorance: The Rise of the American Intel­ ligence Empire, New York 1977. Cumings, Bruce, The Origins of the Korean War, Princeton 1981, 1990. Demaris, Ovid, Dirty Business, New York 1975. Denton, Sally und Roger Morris, The Money and the Power: The Making of Las Vegas and Its Hold on America, 1947-2000, New York 2001. Dorman, Michael, Dirty Politics, New York 1979. Ellsberg, Daniel, Secrets: A Memoir of Vietnam and the Pentagon Papers, New York 2002. Griffin, Michael, Reaping the Whirlwind: The Taliban Movement in Afgha­ nistan, London 2001. Haq, M. Emdad-ul, Drugs in South Asia: From the Opium Trade to the Pre­ sent Day, New York 2000. Hersh, Seymour, The Price of Power: Kissinger in the White House, New York 1983.

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Glossar

Kerry-Untersuchungsausschuss - Der Demokrat John Kerry, seit 9 1985 Senator von Massachusetts, versuchte im Rahmen des außen­ politischen Senatskomitees zu beweisen, dass die Regierung Reagan die Contras in Nicaragua mit Waffen unterstützte und dass diese wiederum in Drogengeschäfte verwickelt waren. Demonstrativ traf er sich 1985 mit dem nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega, um dem Drohgespenst des nicaraguanischen Kommunismus ent­ gegenzuwirken. Diese Reise wurde ihm nicht nur von den Republi­ kanern, sondern auch von Parteifreunden übelgenommen. Kerry wurde seines Platzes im Senatskomitee verwiesen. Als sich die → Iran-Contra-Affäre 1986 entlud, erhielt er lediglich den Vorsitz im Unterausschuss zur Terrorismus- und Drogenbekämpfung.

Contras → Iran-Contra-Affäre

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Oliver North → Iran-Contra-Affäre

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Vito Genovese - Geboren am 2.1.1897 in Rosiglino in Italien, wan­ 11 derte Genovese 1913 in die Vereinigten Staaten aus, wo er eine steile Karriere zum führenden Mitglied der Gang von -► Lucky Luciano machte. Um einer Verhaftung wegen Mordes zu entgehen, kehrte er 1937 nach Italien zurück, wo er schon bald ein guter Freund Musso­ linis wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Genovese in der USA unter Mordanklage gestellt; als der Hauptzeuge in seinem Pro­ zess jedoch umgebracht wurde, kam er wieder auf freien Fuß und wurde zum größten Mafiaboss in New York. 1958 wurde er wegen Drogenhandels angeklagt und zu 15 Jahren verurteilt; er starb 1969 im Gefängnis. Guomindang - Die nationalchinesische Partei Guomindang (KMT) ging 1912 aus einer Geheimgesellschaft hervor und wurde unter

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ihrem Führer Chiang Kai-shek zur führenden Kraft in China. Auf­ grund von Korruption und der Vernachlässigung der für die Bevöl­ kerung so wichtigen Agrarfrage verlor die KMT in den 40er Jahren an Ansehen und wurde im Bürgerkrieg von den Truppen Mao Zedongs 1949 vom chinesischen Festland vertrieben. Ein Teil der KMT unter Chiang Kai-shek floh von Shanghai über Hongkong nach For­ mosa (Taiwan), während eine andere Gruppe unter General Li Mi über Jünnan in den Norden von Thailand und nach Birma auswich. Dort bauten die Überreste der Guomindangarmee ein intensives Drogennetz auf, das von den westlichen Mächten toleriert und von der CIA bis in die 60er Jahre hinein unterstützt wurde. Sie steiger­ ten die Heroinproduktion um fast 1000 Prozent, und bis heute kon­ trollieren Splittergruppen der Guomindang große Teile des Opium­ handels der Region, vor allem in den Grenzbereichen zu Thailand und China.

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Quincy-Abkommen - 1945 vereinbarten König Ibn Saud von SaudiArabien und Präsident Franklin D. Roosevelt an Bord der USS Quincy im Suezkanal eine langfristige Zusammenarbeit, die sich auf handfeste gemeinsame Interessen stützte. Den USA ging es primär um Öl, während der saudische König den Fortbestand seines König­ reichs gegen Ansprüche aus Jordanien, dem Irak, später aus Ägypten und dem Iran mit amerikanischer Unterstützung sichern wollte.

17 American Security Council (ASC) - Als Reaktion auf den Koreakrieg gründeten General Robert Wood und Robert R. McCormick von der Chicago Tribune 1955 den ASC - eine antikommunistische Vereini­ gung, in der sich vor allem pensionierte Offiziere, Wirtschaftsvertre­ ter und stramm rechte Politiker zusammenfanden. Das ASC legte ein eigenes Archiv »verdächtiger« Personen an, um die Infiltration ame­ rikanischer Institutionen und Unternehmen mit Sympathisanten kommunistischer Ideen zu verhindern. Auf seinem Höhepunkt in der McCarthy-Ära beriet der ASC über 3500 Firmen und verfügte über etwa sechs Millionen Personalakten. Sein Ziel ist die Stärkung der militärischen und wirtschaftlichen Kraft der USA, um die Dominanz der USA in der Weltpolitik sicherzustellen. 19 Erschießung von vier Studenten an der Kent State University - Am 1. Mai 1970, einen Tag nachdem Präsident Nixon öffentlich die

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Invasion Kambodschas bekanntgegeben hatte, versammelten sich auf dem Campus der Universität von Kent, Ohio, etwa 500 Studen­ ten und begruben symbolisch ein Exemplar der amerikanischen Ver­ fassung, anschließend schlossen sie sich mit anderen demonstrieren­ den Gruppen zusammen. Die Antikriegsdemonstrationen nahmen an den Folgetagen zu und führten schließlich zum Einsatz der National­ garde von Ohio auf dem Campus der Universität. Am 4. Mai eska­ lierte die Situation: Die Polizei feuerte Schüsse ab, vier Studenten wurden getötet. San Myung Mun - Am 15.5.1954 gründete San Myung Mun in Süd- 24 korea die Vereinigungskirche (Mun-Sekte), die ihren Gründer als zweiten Messias und dritten Adam verehrt. Ihr Wirkungsbereich breitete sich in der westlichen Welt rasant aus und wurde in der Folge des Militärputschs in Südkorea Mitte der 80er Jahre immer stärker von radikalen, antikommunistischen Gedanken geprägt. Seit der offiziellen Anerkennung durch die südkoreanische Regierung entstand ein Geflecht von untereinander verwobenen Industrieunter­ nehmen (darunter auch Rüstungskonzerne) und religiösen Organisa­ tionen, die alle ein Ziel - die Errichtung der Weltherrschaft der MunFamilie - verfolgen.

Korean Central Intelligence Agency (KCIA) - Die (süd)koreanische 24 CIA wurde in direkter Folge des Militärputschs vom 16. Mai 1961 gegründet und schnell zu einem mächtigen Geheimdienst mit quasi unbeschränkten Vollmachten ausgebaut, der alle oppositionellen Re­ gungen im Land verfolgte. 1979 wurde Präsident Park Chung Hee, seit 1962 Staatsoberhaupt Südkoreas, von der KCIA ermordet. Asian People’s Anti-Communist League (APACL) bzw. World Anti- 24 Communist League (WACL) - Eine Organisation der Mun-Sekte, die während des Kalten Krieges in Taiwan unter Beteiligung westlicher Geheimdienste gegründet wurde. Zu den antikommunistischen Kreuzzügen der WACL gehörte es auch, die nicaraguanischen Con­ tras mit Waffen zu beliefern. Einer ihrer Präsidenten war dann auch der in die → Iran-Contra-Affäre verwickelte amerikanische Offizier und Geheimdienstmann John Singlaub. 1990 wurde die WACL in World League for Freedom and Democracy umbenannt.

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30 Meyer Lansky (1902-1983) - Neben Lucky Luciano und Bugsy Siegel (dem »Gründer« von Las Vegas) war Lansky von den 30er bis in die 60er Jahre einer der großen Figuren des organisierten Verbre­ chens. Gegen Ende seiner Karriere machte er sein Geld vor allem mit dem Glücksspiel, indem er etwa in Florida, im vorrevolutionären Kuba und auf den Bahamas Kasinos betrieb. Außerdem war er zu­ nehmend um legale Geschäfte bemüht und investierte u.a. in Hotels und Golfplätze. Seine liquiden Gelder parkte er auf Schweizer Kon­ ten. Um 1970, als er zwischenzeitlich nach Israel floh, um sich in den USA diverser Strafverfahren zu entziehen, wurde sein Vermögen auf rund 300 Mio. Dollar geschätzt. Bis zu seinem Tod 1983 konnten ihm keine Verbindungen zur Mafia nachgewiesen werden. Ein Kon­ gressausschuss, der 1979 die Untersuchungsergebnisse der WarrenKommission zum Mord an John F. Kennedy evaluierte, brachte ihn mit Jack Ruby in Verbindung - jenem Nachtklubbesitzer, der vor laufenden Kameras den mutmaßlichen Attentäter Lee Harvey Oswald erschossen hatte.

30 BCCI - Die Bank for Credit and Commerce International, 1972 von Agha Hasan Abedi, dem Vorstandsvorsitzenden der größten pakista­ nischen Bank, zusammen mit einem ehemaligen Chef des saudischen Geheimdienstes gegründet, prosperierte vor allem in der arabischen Welt, war mit ihrem Netz von Zweigbanken in 73 Ländern vertreten und brachte es zur siebtgrößten Privatbank weltweit. Ab 1990 geriet die BCCI durch Untersuchungen der Bank of England in Betrugsver­ dacht. Im Juni 1991 musste sie schließen, da sich die aufgelaufenen Verluste von insgesamt rund zehn Mrd. Dollar nicht mehr decken ließen. Da die BCCI unter Verletzung der amerikanischen Bank­ gesetze auch die First American in Washington aufgekauft hatte, die die Gehaltskonten vieler Angehöriger des Regierungsapparats führte, entwickelte sich die BCCI-Pleite in den USA zu einem innen­ politischen Skandal. Es stellte sich heraus, dass über die BCCI die Mudschaheddin in Afghanistan und andere fundamentalistische Kämpfer, die zur Zeit des Kalten Krieges noch als Verbündete galten, ihre geheimdienstlichen Zuwendungen erhalten hatten. Ein beträcht­ licher Teil des Bankenumsatzes entfiel auch auf die Geldwäsche der Rauschgiftdollar, mit denen die CIA operierte. 30 Iran-Contra-Affäre - Während der ersten Jahre des Iran-Irak-Krieges

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(1980-1988) verkaufte die CIA mit Billigung des Nationalen Sicher­ heitsrates Waffen an den Iran, obwohl die USA offiziell eine neutrale Position vertraten. Mit den Erlösen hätten eigentlich amerikanische Geiseln im Libanon freigekauft werden sollen. Stattdessen wurden entgegen einem entsprechenden Beschluss des Kongresses von 1984 mit diesem Geld (die Schätzungen schwanken zwischen 30 und 80 Mio. Dollar) die rechtsgerichteten Contras unterstützt, die die in Nicaragua seit 1979 regierenden Sandinisten bekämpften. Diese ille­ gale Aktion flog auf, als im Oktober 1986 ein CIA-Flugzeug von der nicaraguanischen Armee abgeschossen wurde. Anschließende Unter­ suchungen klärten nicht zweifelsfrei, ob nicht auch Präsident Reagan und sein Vize Bush von dem Waffenhandel mit dem Iran wussten. Als Bush selber Präsident wurde, begnadigte er die elf Chargen, die wegen der Iran-Contra-Affäre verurteilt worden waren - allen voran Oliver North vom Stab des Nationalen Sicherheitsrates. Genfer Indochina-Abkommen - Die Genfer Konferenz 1954 been­ 40 dete den achtjähigen Indochinakrieg, in dem die ehemalige Kolonial­ macht Frankreich vergeblich versucht hatte, ihre politische und öko­ nomische Macht in Vietnam wiederherzustellen. Weltweite Proteste gegen den Krieg und die Niederlage der französischen Truppen in der Schlacht von Dien Bien Phu im Frühjahr 1954 führten zur Unter­ zeichnung des Abkommens, in dem Frankreich die Unabhängigkeit Vietnams anerkannte. Trotzdem war das Abkommen ein Kom­ promiss: Die Unabhängigkeit und Einheit Vietnams wurde an die Durchführung freier Wahlen im Jahr 1956 gebunden, bis dahin wurde eine militärische Demarkationslinie entlang des 17. Breiten­ grades gezogen, die faktisch die Teilung des Landes besiegelte, als sich das Regime in Saigon mit Unterstützung der USA den verein­ barten Wahlen verweigerte. Medellín-Kartell - In Medellín, der zweitgrößten Stadt Kolumbiens, 62 häufte das gleichnamige Drogenkartell unter Pablo Escobar und Carlos Lehder vor allem in den 80er Jahren durch den Kokainhandel Geld und Macht an. Der Drogenhandel brachte so viele Devisen ins Land, dass Politik und Polizei sich an den illegalen Machenschaften beteiligten. Die führenden Köpfe des Medellín-Kartells waren zeit­ weise Mitglieder der Regierungspartei der Liberalen und verwandten ihre Drogengelder auch für die Finanzierung sozialer Projekte und

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die Unterstützung von Fußballvereinen. Als die USA den Druck auf Kolumbien erhöhten und die Auslieferung Escobars und anderer Drogenbosse forderten, versuchten diese mit terroristischen Gewalt­ akten, ihre eigene Regierung davon abzuhalten. Mittlerweile ist das Medellm-Kartell zerschlagen. Carlos Lehder saß seine 15-jährige Freiheitsstrafe in einem amerikanischen Gefängnis ab und wurde im Jahr 2000 aus der Haft entlassen. Pablo Escobar, der sich nach seiner Festnahme im Jahr 1992 sein eigenes Gefängnis bauen ließ, wurde 1993 auf der Flucht von einer Spezialeinheit erschossen. 69 Lucky (Charlie) Luciano (1896-1962) - Seine Familie wanderte 1906 aus Sizilien nach New York aus, wo er schon bald mit Drogen handelte und sich in der Gang von Joe Masseria einen Namen machte. Seinen Spitznamen erhielt er, nachdem er die Entführung durch eine rivalisierende Gang überlebte. Nach den Morden an Joe Masseria und dessen Rivalen Salvatore Maranzano, an denen er be­ teiligt war, galt Luciano als größter Mafiaboss in New York. 1936 wurde er wegen Drogenhandels und Erpressung zu 30 Jahren Haft verurteilt, wobei er seine Geschäfte vom Gefängnis aus weiter in der Hand behielt. 1942 half er der Regierung dabei, Sabotageakte im New Yorker Hafen unter Kontrolle zu bringen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er entlassen und nach Italien abgeschoben.

69 Die Grauen Wölfe - Kommandos der türkischen faschistischen MHP, der 1969 gegründeten Nationalistischen Bewegungspartei. Diese vertritt nach innen eine Politik der Zwangsassimilierung aller Minderheiten im eigenen Land (Kurden, Griechen, Armenier) und nach außen das panturanistische Ideal der Vereinigung aller Turk­ völker. Ihr Führer Alpaslan Türkes spielte schon in den 40er Jahren eine entscheidende Rolle in der panturanistischen Bewegung und versuchte, die Türkei an der Seite des faschistischen Deutschland in den Zweiten Weltkrieg hineinzuziehen. 1958 arbeitete Türkes in der türkischen Militärmission in Washington und knüpfte dort enge Kontakte zur CIA und zum Pentagon. In den 60er Jahren baute er die Grauen Wölfe auf, die sich mit Gewaltaktionen gegen die türki­ sche Linke und gegen Kurden hervortaten. 1975 wurde die MHP Bündnispartner der regierenden Gerechtigkeitspartei und Türkes stellvertretender Ministerpräsident, was den Terror gegen die Oppo­ sition quasi legitimierte. Nach dem Militärputsch 1980 wurde die

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MHP vorübergehend verboten, aber Ende der 80er Jahre wieder zu­ gelassen. Camp-David-Abkommen - Am 17. September 1978 vereinbarten 78 der ägyptische Präsident Mohammed Anwar Al-Sadat und der israe­ lische Ministerpräsident Menahem Begin unter Vermittlung Jimmy Carters auf dessen Sommerresidenz Camp David den vollständigen Abzug israelischer Truppen aus dem Sinai. Damit beendeten sie den Kriegszustand zwischen den beiden Staaten und sprachen sich für eine friedliche Lösung des Nahost-Konflikts aus. Für ihre Bemühun­ gen um den Frieden in der Region erhielten Begin und Al-Sadat noch im selben Jahr den Nobelpreis.

Golf-von-Tongking-Resolution - Im August 1964 meldeten zunächst 122 der US-Zerstörer Maddox und kurz darauf ein Begleitschiff, sie seien im Golf von Tongking von nordvietnamesischen Torpedobooten an­ gegriffen worden. Dieser Vorfall wurde von Präsident Lyndon B. Johnson als Vorwand zur militärischen Eskalation benutzt. In der Tongking-Resolution erteilte der amerikanische Kongress dem Prä­ sidenten eine Generalvollmacht zur Kriegsführung gegen Nord­ vietnam. Damit traten die USA nun auch offiziell in den Krieg ein. Später wurde bekannt, dass der so genannte Tongking-Zwischenfall eine pure Erfindung gewesen war. Andeninitiative - Der Kolumbienplan, in dem die USA für dieses 136 Land ihre Strategie beim »Krieg gegen die Drogen« formulierten, wurde nach dem 11.9.2001 um den »Krieg gegen den Terrorismus« erweitert und in der Andeninitiative festgeschrieben: Ziel ist die Rückeroberung und Sicherung der amerikanischen Hegemonie im Andenraum und im Amazonasgebiet sowie die zwangsweise Einglie­ derung der Region in das Amerikanische Freihandelsabkommen (ALCA), das 2005 in Kraft treten soll. Damit können die USA Druck und Kontrolle über die angrenzenden Staaten wie Ecuador, Vene­ zuela, Brasilien und Peru ausüben. In ihren Hegemonialansprüchen werden sie von der kolumbianischen Regierung Alvaro Uribes unter­ stützt, was einen breiten Widerstand in der Bevölkerung entfacht hat.

Genfer Laos-Abkommen - Seit der Unabhängigkeit von Frankreich im Jahr 1953 befand sich Laos im Bürgerkrieg, in dem der prokom­

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munistische → Pathet Lao und die prowestlichen laotischen Regie­ rungstruppen um die Macht kämpften. Sowohl die USA als auch die Sowjetunion und China versuchten, durch Waffenlieferungen die Entwicklung in Laos zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Nachdem sich der Bürgerkrieg zu einer internationalen Krise auszuweiten drohte, wurde in Genf die Laos-Konferenz einberufen, während der man sich auf eine Koalitionsregierung zwischen Neutralisten, Kom­ munisten und Königstreuen einigte. Die Regierung gab ihre neutrale Position jedoch schon bald wieder auf und schloss mit den USA ein Abkommen über die Versorgung der in Südvietnam stationierten US-Truppen. Daraufhin legten die Pathet-Lao-Minister ihre Ämter nieder, was zu einem erneuten Ausbruch des Bürgerkriegs führte.

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Staatsstreich der CIA gegen den iranischen Ministerpräsidenten Mohammed Mossadegh - Großbritannien, als ehemalige Kolonial­ macht am Persischen Golf, kontrollierte auch noch nach dem Zwei­ ten Weltkrieg die iranischen Ölfelder durch die Anglo-Iranian Oil Company. Am 1.5.1951 verfügte der frisch installierte Ministerprä­ sident Mossadegh, gestützt auf einen Parlamentsbeschluss, die Ver­ staatlichung der Ölindustrie. Als daraufhin die Förderung fast zum Erliegen kam, trat Mossadegh im Juli 1952 freiwillig zurück, musste aber vom Schah aufgrund landesweiter Proteste wieder eingesetzt werden. Der britische Geheimdienst und auch die CIA taten nun mit »grauer Propaganda« und inszenierten »kommunistischen Übergrif­ fen« alles dafür, die Regierung Mossadegh zu schwächen und zu dis­ kreditieren. Schließlich veranlasste Roosevelt den Schah, Mossadegh zu entlassen und stattdessen den General Zahedi einzusetzen. Dessen Truppen besetzten am 19.8.1953 Teheran.

153 Maddox

Golf-von-Tongking-Resolution →

153 Pueblo, auch Pueblo-Zwischenfall - Am 23. Januar 1968 wurde das Aufklärungsschiff USS Pùeblo von nordkoreanischen U-Boot-Jägern vor der nordkoreanischen Küste beschossen und gekapert, die Besat­ zung als Geisel genommen und fast ein Jahr lang in Wonsan gefan­ gen gehalten. Nordkorea beschuldigte die USA der Grenzverletzung, während diese darauf bestanden, sich in internationalen Gewässern bewegt zu haben. Erst nach zähen Verhandlungen kamen schließlich die 82 Geiseln im Dezember 1968 frei.

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McCarran-Ausschuss - In der Zeit der rabiaten Hexenjagden 155 McCarthys brachten die Senatoren Pat McCarran und Robert E. Wood 1950 mit überwältigender Mehrheit einen International Secu­ rity Act im Repräsentantenhaus und im Senat durch, in dem fest­ geschrieben wurde, dass sich Mitglieder kommunistischer Organisa­ tionen registrieren lassen mussten, aus Jobs im öffentlichen Dienst entlassen und gegebenenfalls sogar deportiert werden sollten. Selbst Präsident Harry S. Truman warnte vor solch einem rigiden Gesetz, dass ideologische Anschauungen so offen der Verfolgung aussetzte. Mit diesem Gesetz erhielten Senator John McCarthy und sein Unter­ suchungskomitee Generalvollmacht.

My Lai - Im März 1968 töteten amerikanische Soldaten in einem 158 Massaker etwa 500 Dorfbewohner in einem Weiler im südvietname­ sischen Annam. In einem der so genannten Search-and-Destroy-Ein­ sätze wurde das gesamte Dorf - darunter 173 Kinder, 76 Kleinkinder, 182 Frauen und 60 Männer über sechzig Jahren - hingerichtet, weil es angeblich Vietcong beherbergt hatte. Die Hauptverantwortlichen an diesem Massaker wurden 1971 in einem Strafprozess in den USA zur Verantwortung gezogen, allerdings schon wenige Jahre später un­ ter der Ägide Richard Nixons wieder auf freien Fuß gesetzt. Kampagne der Brüder Dulles gegen den Neutralismus - John Foster 160 Dulles, von 1953-59 Außenminister unter Dwight D. Eisenhower, und sein Bruder Allan Welsh Dulles, zur gleichen Zeit Chef der CIA, waren einflussreiche Gegner einer neutralistischen Politik, wie sie etwa die blockfreien Staaten vertraten. Der Außenminister bezeich­ nete Neutralismus als »unmoralisch« und bestand auf einer Politik der Stärke und Konfrontation im Kalten Krieg, die mit einer Vergel­ tung durch das amerikanische Atompotenzial drohte und gleichzeitig versuchte, die westliche Welt durch ein System von Militärpakten zu verbünden.

Pathet Lao - (laotisch »Lao-Land«) kommunistisch orientierte Gue­ 167 rillabewegung in Laos, die in den späten 40er Jahren entstand und im Indochinakrieg von 1946-54 die Vietminh unterstützte. 1957-58 und 1962-63 waren Vertreter des Pathet Lao an einer Koalitions­ regierung in Laos beteiligt. Nach dem Bruch mit Ministerpräsident Souvanna Phouma gewann die Bewegung in einem Bürgerkrieg die

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Kontrolle über zwei Drittel des Landes. Nach Beendigung des Viet­ namkriegs, in dem der Pathet Lao Nordvietnam und den Vietcong unterstützt hatte, wurde in Laos unter der nun alleinregierenden Staatspartei »Laotische Revolutionäre Volkspartei«, mit der sich der Pathet Lao zusammenschloss, eine Republik nach volksdemokra­ tischem Muster errichtet.

168 Ivy League - Bezeichnung für eine Gruppe nordamerikanischer Uni­ versitäten und Colleges, die als Eliteeinrichtungen gelten (Harvard, Yale, Pennsylvania, Princeton, Columbia, Brown, Dartmouth und Cornell). Sie alle sind Mitglieder in der Sportvereinigung The Ivy League, deren Wurzeln bis zu Fußballturnieren in den 1870er Jahren zurückreichen. 175

Quemoy-Krisen - Bei ihrem Rückzug nach Taiwan besetzten die ge­ schlagenen nationalchinesischen Truppen auch 37 kleinere und grö­ ßere Inseln unmittelbar vor der Küste. In der ersten Quemoy-Krise im September 1954 versuchte die VR China, diese Inseln zu erobern, was von Taiwan mit Bombardierungen des chinesischen Küstenstrei­ fens beantwortet wurde. Die USA veranlassten die → Guomindang im Januar und Februar 1955, bis auf Quemoy alle Inseln zu evakuie­ ren, drohten in ihrer »Formosaerklärung« der VR China bei einem etwaigen Angriff auf Taiwan aber zugleich mit dem Einsatz von Atombomben. Von August bis Oktober 1958 verschärfte sich die Lage abermals, und Quemoy wurde aufs Neue von chinesischen Truppen beschossen. Peking gab schließlich bekannt, die Insel nur noch an ungeraden Tagen beschießen zu wollen. Die Angriffe wur­ den in der Folge immer seltener und immer ritualisierter, zogen sich aber noch bis 1979 hin.

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Ho-Chi-Minh-Pfad - Im Indochinakrieg (1946-1954) angelegt, wurde der Ho-Chi-Minh-Pfad von Nordvietnam während des Viet­ namkrieges zur Unterstützung des Vietcong genutzt, um die Gueril­ latruppen mit Rohstoffen, Nahrung und Waffen zu versorgen. Der weitverzweigte Versorgungspfad führte durch den Osten von Süd­ laos und verband das nördliche mit dem südlichen Vietnam (zum Teil durch Kambodscha). Seit Februar 1965 bombardierten die USA neben Nordvietnam auch den Ho-Chi-Minh-Pfad flächendeckend.

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Bolivianischer Kokainputsch - Seit der Unabhängigkeit Boliviens 262 1825 hat das Land mehr als 200 Putsche erlebt - in dieser Reihe steht auch der Putsch des Generals Garcia Meza, dem 1980 der frisch ge­ wählte Hernan Silez Zuazo zum Opfer fiel. 1981 allerdings dankte die Regierung Meza wegen Korruption und Drogenhandels ab, wo­ durch der Wahlsieger Zuazo doch noch sein Amt antreten konnte.

Register

Abedi, Agha Hasan (BCCI-Vor­ standsvorsitzender) 76ff., 82 Abrams, Creighton (amerikan. General) 228, 236 Abu Nidal 77 Acheson, Dean Gooderham (ameri­ kan. Außenminister) 157, 251 Adham, Kamal (saudischer Geheim­ dienstchef) 76 Agency for International Develop­ ment (AID) 111 Air America / Civil Air Transport CAT (Flugdienst der CIA) 20-23, 29f., 33, 38, 41, 63, 83ff., 87ff., 139, 146, 149-153, 159,161, 163f., 166-169, 171f., 174, 177ff., 181,184, 186-191, 193ff., 198, 202ff., 209,216, 227, 232f., 237, 239, 243f., 248ff., 253, 255, 258, 262ff., 266, 268, 270 Air Asia 166, 253 Air Vietnam 253 Airdale Corporation 251,253 al-Kassar, Monzer (syrischer Drogenhändler) 76f. Al Qaida 8,55,65 Alianza Anticomunistica Americana (AAA) 118 Alsop, Joseph (Journalist) 84, 169, 180ff., 250, 253, 262, 264 Amazonas 113 American Israel Public Affairs Committee (AIPAC) 32f. American Bankers Insurance Company 268f.

American International Under­ writers Corp. 150 American Security Council (ASC) 17, 24f., 27ff., 37, 41, 238f. American Volunteer Group (AVG) 169 -* »Flying Tigers« Amory, Robert (CIA-Vizedirektor) 152, 248 »Andeninitiative« 123, 136 Anderson, David (Autor) 159 Anderson, Jack (Kolumnist) 236 Anslinger, Harry (FBN-Leiter) 43, 261 Antioquia (kolumbian. Provinz) 102 APACL (Asian People’s Anti-Com­ munist League) 24, 84, 261ff. Arbenz Guzman, Jacobo (guate­ maltek. Präsident) 151, 173 Asian People’s Anti-Communist League → APACL Asian Society 154 Asiatic Aeronautical Company 253 Assad, Rifaat (libanes. Geheim­ dienstler) 82 Associated Press 214 Atlantic-Richfield (amerikan. Unter nehmen) 239 Attopeu (US-Camp) 167 AUC (Autodefensas Unidas de Colombia) 103f., 111,123 Azima, Farhad (Eigner von Global International Airways) 29

356 B-52 213f., 216 Badachschan (afghan. Provinz) 58 Baker, James (amerikan. Finanz­ minister) 67 Balkan 50 Ban Ban (Laos) 213f. Ban Houei Sai (CIA-Stützpunkt in Laos) 63, 258 Bangkok Post 190, 208 Bank of America 254 Bank of Credit and Commerce International -> BCCI Bank of England 77 Bankers Trust 247 Barranquilla (Kolumbien) 127 BCCI (Bank of Credit and Com­ merce International) 30, 65, 67, 76-80, 82, 91, 129 Beaty, Jonathan (Twie-Korrespondent) 79 Becker, Loftus E. (CIA-Vizedirektor) 248 Bekaatal (libanes. Drogenproduk­ tionsgebiet) 82 Berger, Sandy (amerikan. Sicher­ heitsberater) 55 Berkeley 40 Berry, Robert W. (amerikan. Admiral) 239 Betancur, Belisarion (kolumbian. Präsident) 112 Bin Laden, Osama 8, 55ff., 72 Bing Kong (chines. Geheimgesell­ schaft) 93, 260 Binh Xuyen (Saigoner Verbrecher­ bande) 264 Binns, Joseph (U.S. Life-Direktor) 268 Bird, William (CAT-Repräsentant) 163,265 Bird, Willis (OSS-Mitarbeiter) 249, 265f. Bird and Son (Baufirma) 265 Blum, Jack (amerikan. Senats­ ermittler) 125

Register Bodansky, Yossef (Task-ForceLeiter) 57 Bogotá 61,108f., 123,133 Borge, Thomas (nicaraguan. Innen­ minister) 121 Boston 256 BP (British Petroleum) 31 BP Amoco 136 Brennan, James J. 250 Brewster, Owen 255 Brewton, Pete (Autor) 29 British Gas Asia, Inc. 221 Brook Club, New York 246f., 252, 262 Brookings Institution 59 Brown, John Y. jr. (amerikan. Gouverneur) 129 Brown, Winthrop (amerikan. Botschafter) 185f. Brzezinski, Zbigniew (amerikan. Sicherheitsberater) 51ff., 75, 79, 82 Bunau-Varilla, Philippe Jean 245f. Bundy, William (amerikan. Bot­ schafter) 208 Burchett, Wilfred (austral. Jour­ nalist) 230 Bureau of Narcotics and Dangerous Drugs (BNDD)64 Bush, George 66, 76, 121f., 136 Bush, George W. 54, 101 Bush-Regierung 105, 123, 137 Business Week 102 C. V. Starr and Company 151 Cahill, Gordon, Reindel, and Ohl (Anwaltskanzlei) 248 Cali-Kartell 62,118, 120, 123f. Caltex 234 CAMCO (Central Aircraft Manu­ facturing Company) 169f., 249 Camp-David-Abkommen 78 Campbell, Robert (CIA-Agent) 149 Cano Limon (kolumbian. Ölfelder) 61, 104

Register Carter; Jimmy 51ff., 76ff., 82 Carter, Leydyard, and Milburn (Anwaltskanzlei) 247 Casey, William (CIA-Direktor) 27, 31,76, 80f., 119 Castano, Carlos (AUC-Führer) 108, 112, 123f., 134 Castillo Armas, Carlos (guate­ maltek. Präsident) 151 Castle Bank of the Bahamas 30, 91, 164 Castro, Fidel 110,121f. CAT (Civil Air Transport) -* Air America CATCL (CAT Co., Ltd.) 250-253, 256, 264, 266, 270 Cavagnaro, James F. 267 Cayman-Inseln 76 Central Aircraft Manufacturing Company - CAMCO Central Office for South Vietnam -> COSVN Chagra, Jimmy (texan. Drogen­ händler) 128 Chaing Kai-Shek 157, 169 Chandler, David P. (austral. Autor) 221 Chao Mai (Yao-Kriegsherr) 201 Chävez, Hugo (Präsident Vene­ zuelas) 105 Cheney, Dick 54 Chennault, Anna Chan 24,163, 166 Chennault, Claire Lee (amerikan. General, CAT-Eigner) 87, 90, 146,149ff., 156f., 164, 166, 169f., 172ff., 243, 249-252 Chesler, Lou 268f. Chevron (Ölgesellschaft) 221 Chiang Kai-shek 22, 89-92, 94, 171ff., 195, 201, 250ff., 259, 267 Chicago 260 Childs, Marquis (Washingtoner Kolumnist) 183

357 China Airlines 253 China Defense Supplies (Firma) 250 Chomsky, Noam 15 Chruschtschow, Nikita 181f. Chung Wing Fong 93f. City Bank Farmers Trust 248, 252 City Investing Co. 268 Civil Aeronautics Act 255 Civil Air Transport (CAT) -* Air America Civilian Irregulär Defense Groups (CIDG) 228 Clark, William (amerikan. Sicher­ heitsberater) 120 Cleveland 260 Cline, Ray (Leiter der CIA-Außen­ stelle in Taiwan) 22, 84 Clintock, Michael 110 Clinton, Bill 44, 49, 53f., 101,105, 108,114,128 Colombia Business Partnership 25 Commerce International China (CIC) 157, 267f. Committee for a Free Afghanistan 25, 29 Compagnie Franco-Americaine d’Assurances, Santiago 151 Continental Air Services 216 Contras 10, 29, 44, 47, 50,118f., 121, 127f. Convivirs (kolumbian. Selbstschutz­ truppen) 102 Cooke, Charles M. (amerikan. Admiral) 157,267 Coppola, »Trigger Mike« 269 Corcoran, Thomas »Tommy« (ame­ rikan. Anwalt) 150ff., 169ff., 250ff., 266, 268 Corcoran and Rowe (Anwalts­ kanzlei) 243 COSVN (Central Office for South Vietnam) 234f. Council on Foreign Affairs 246 Counterinsurgency-Plan 110, 193 Counterintelligence Corps (US-Army) 94

358 Culzean Castle, Schottland 182 Cumings, Bruce 89, 91ff. Cuneo, Ernesto (OSS-Agent) 152 Curtiss-Wright (Flugzeughersteller) 170 Dallas 260 Dallek, David 36 Davidson, John 266 DEA (Drug Enforcement Admini­ stration) 44, 50, 78, 108,118, 121-124,126, 244 Defense Department Contract Awards 39 Defense Intelligence Agency -> DIA Delaware 172, 249 Denton, Sally (Autor) 128 Deuane Siphaseuth (laot. Oberst) 204ff., 208 DIA (Defense Intelligence Agency) 229, 236 Diem, Ngo Dinh (Präsident Süd­ vietnams) 98, 154, 201 Dien Bien Phu (Hochlandtal in Nordwesttongking) 166, 174, 250, 254 Dillon Red (Investmentunter­ nehmen) 248 Dixon, W. Palmer 267 Djakarta 232 Dodd, Thomas J. (amerikan. Senator) 181 Dommen, Arthur J. (Autor) 177, 184, 186f., 198,202-205 Donovan, William (amerikan. Bot­ schafter in Thailand) 157 Dorfman, Allen, und Paul 267 Downey, John (CIA-Agent) 173 »Drogendemokratie« 138 »Drogenguerilla« 114 Drug Enforcement Administration - DEA Dulles, Allen (Präsident des Council on Foreign Affairs) 160, 165, 176,179, 246f.

Register Dulles, John Foster (amerikan. Außenminister) 146, 160,165, 172, 174 Duque, Henry O’Melveny (Berater Nixons) 239 Duryee, Samuel Sloan (Anwalt) 252 DynCorp (amerikan. Sicherheits­ unternehmen) 23, 106, 127f., 138, 140

EAST (Eagle Aviation Services and Technology, Inc.) 127f. EATSCO (Firma R. Secords) 30 Ebene der Tonkrüge 190, 198, 203f., 206-209, 212-216, 218, 264 ECAFE (UN Economic Commission for Asia and the Far East) 224f. Edison, Charles (Brook-Club-Mitglied) 262,267 Eisenhower, Dwight David 13, 35, 39, 65,159-162, 164, 166, 173, 182f., 189-193, 252, 263, 266 ELN (Nationale Befreiungsarmee Kolumbiens) 106, 110, 132 Empire City Savings Bank 252 English, Odilie (ASC-Mitarbeiterin) 28 Enron Corporation 136 Enthoven, Alain (amerikan. stellv. Verteidigungsminister) 43 Entlaubungsprogramm 41ff., 158, 225ff., 241 Escobar, Pablo (kolumbian. Drogen­ baron) 62, 120f., 123f. Essigsäureanhydrid 195 Esso 224 EU 105 Exxon 31 Falco, Mathea (DrogenkontrollLeiterin unter Carter) 80 Fall, Bernard (Autor) 174, 176, 179ff., 183, 198, 263 Falschgeld 142 Fang Chih 92, 261ff.

Register

359

Far Eastern Economic Review 216, Fulbright, William (amerikan. Senator) 218 227 FARC (Revolutionäre Streitkräfte - Ausschuss 235, 237 Füller, Graham 81 Kolumbiens) 61L, 103f., 107-110, 112f., 116, 118,120, 132f., 138,141f. Gadd, Richard (US-Air-ForceOffizier) 127f. Fassoulis, Satiris »Sonny« 93f., 157, 267 Gallardo, Felix (Drogenhändler) 50 Gas Sale Agreement (Konzession) Fazle Haq (pakistan. General, Militärgouverneur) 78f., 82 221 FBI (Federal Bureau of Investigation) »Geheimdienstverschwörung« 236ff. Gelb, Leslie 36 10, 94, 126 FBN (Federal Bureau of Narcotics) Geldwäsche 91, 97,133 General Development Corporation 43, 94 FCRA (Free China Relief Agency) 269 General Dynamics 239 261,263 Genfer Indochinaabkommen (1954) Fecteau, Richard (CIA-Agent) 173 Feit, Harry D. (amerikan. Admiral) 40f., 174,176, 178,181,194, 22,181 198,215 Genfer Laosabkommen (1962) 147, Financial General Bankshares 91 168,194,202-205 Financial Times 71 First Commercial Bank of Taiwan Genovese, Vito (Mafiaboss) 11 Geopolitical Drug Dispatch 97 261 Gilman, Benjamin (amerikan. FitzGerald, Desmond 252 Abgeordneter) 107, 135 »Flying Tigers« 150, 156f., 169ff., 173,182, 249f. Global International Airways 29f., 77, 82 Foreign Broadcast Intelligence Glücksspiel 264 Service (FBIS) 39 Foreign Military Studies Office, Fort Goelet, Robert Guestier 268 Leavenworth 53 Gokal-Reederei 76, 82 Goldener Halbmond 51, 63 Foreign Oil Companies Group, Goldenes Dreieck 63f., 79 Afghanistan 25, 32, 54 Foreign Policy Research Institute Golf von Siam 152 Golf von Tongking 122 (Resolu­ (FPRI) 135 tion), 156,158,192, 210f., 233, Forrestal, James (amerikan. Verteidi­ gungsminister) 239, 246 237 Goodpaster, Andrew J. (amerikan. FortBraggs 110 General) 189,191 Fort Lauderdale (Flughafen) 107, »Graue Wölfe« 69 133 Green Berets (US-Spezialeinheit) Fortune 150,152 107, 228ff. Frechette, Myles R. (amerikan. Bot­ Gregorie, Richard (amerikan. Ober­ schafter in Kolumbien) 114 staatsanwalt) 119ff., 127 Friends of Vietnam 25, 62 Griffin, Michael 74 Frontier Petroleum 152 »Grüne Bande« (Shanghaier Verbre­ »fruchtbares Dreieck« 257f., 261, chersyndikat) 90, 92f., 259f. 265, 270

360 Gulf Group (Reederei) 75f. Guomindang (chines. Nationalpartei und Armee) 11, 20, 23, 43f., 48, 62f., 68, 83ff., 87-90, 92, 161,163,177,195, 201, 244, 249ff., 255f., 258f., 261, 263f., 266 Guterma-Skandale 268 Hanoi 205, 214ff., 218 Haq, M. Emdad-ul 79, 82 Harriman, Averell (amerikan. Sonderbeauftragter) 199 Havanna 267f. Hekmatyar, Gulbuddin (afghan. Drogenhändler) 30, 48, 51, 75, 79-82, 119 Helliwell, Paul (OSS-Mitarbeiter) 30, 90f., 164, 243, 268f. Helmand (afghan. Provinz) 70 Helms, Richard (CIA-Chef, USBotschafter) 234 Henao-Montoya-Drogennetz 108, 124 Henderson, William 62 Herter, Christian Archibald (ameri­ kan. Außenminister) 189 Heslin, Sheila (Energieexpertin) 54f. Hillenkoetter, Roscoe Henry (CIADirektor) 90 Hilsman, Roger (Autor) 172f., 186, 194, 252 Hindustan Times 79 Hip Sing (chines. Geheimgesell­ schaft) 93f., 260 Hizb-i-Islami 119 Hmong (laot. Hochlandstämme) 48, 62, 83, 163,167,178, 187f., 194,199, 204f.,212f.,215f., 255, 262, 264f. Ho-Chi-Minh-Pfad 168, 203, 208, 211, 214f., 218 Ho Chi Minh 155 Hoffa, Jimmy (Gewerkschafter) 267, 269

Register Hongkong 83f., 91ff., 172, 257f., 260, 270 Houser, John W. 268 Huang Chao-chin (Generalkonsul in San Francisco) 261 Human Rights Watch 112f., 117 Humphrey, Hubert (amerikan. Präsi­ dentschaftskandidat) 165 Huong Lap (laot. Region) 177 Hussein, Saddam 66 Inchin Hai Lam (Khmer-Serei­ Mitglied) 229 Indian Springs State Bank, Kansas City 29 Institute of Pacific Relations 155, 255 International Cooperation Admini­ stration (ICA, US-Auslandshilfe) 265 International Volunteer Group 173 Internationale Friedensbrigade 134 Internationale Kontrollkommission 40, 202, 212 Internationaler Währungsfonds (IWF) 223 Interpol 78 Interservice Intelligence - ISI Iran-Contra-Affäre 30f., 34, 121, 126, 128 Irwin, John N. II (amerikan. Vize­ verteidigungsminister) 186 ISI (Interservice Intelligence, Paki­ stan. Militärgeheimdienst) 47, 51, 73ff., 79-82 Islamisten 57, 73 Islamistische Bewegung Usbekistans 73, 81, 96 Istakhbarat (saudischer Geheim­ dienst) 76 Itek (Elektronikfirma) 153f. Ivy League 168 IWF (Internationaler Währungs­ fonds) 223

Register J. Henry Schroeder Banking Cor­ poration 247 Jackson, William Harding (CIAVizedirektor) 247f. Jane’s Intelligence Review 55, 57f. Java 150 Jennings, B. B. (Socony-Präsident) 149 Jerusalem 78 Jet Avia (Fluggesellschaft) 128 John-Birch-Society 262 Johnson, Lyndon B. 36, 39, 41, 65, 147,152,163, 209f., 237f., 240, 266, 268 Joint Chiefs of Staff (amerikan. Ge­ neralstabschefs) 110, 146, 173, 188f., 199, 223, 235, 237 Jones, Alfred B. 267 Joost, Sherman B. (CIA-Agent) 88 Jorgensen, Gordon L. (CIA-Mann) 185 Jünnan / Yunnan (südchin. Provinz) 44, 87ff., 177, 2571. Kabul 64 Kaiser; David (Autor) 35, 39ff., 159 Kansas City 77 Karatschi 67 Karimov, Islam (Usbekistan. Diktator) 73 Karzai, Hamid (afghan. Premier­ minister) 8, 72 Kautschuk 225f. Kearns, Henry 240 Kennan, George 251 Kennedy, John F. 22, 35f., 39, 101, 110,146,154,162,190f., 193, 197-202,252,266 Kennedy, Robert 266 Kent State University 19 Keo Vithakone (laot. Sozialminister) 204 Kerry, John (amerikan. Senator) 65, 127 - Untersuchungsausschuss 9, 126 Key Biscayne 196, 218f.

361 Kha (laot. Volksminderheit) 178 Khalil, Abdul-Raouf (saudischer Geheimdienstchef) 76 Khalis, Yunis (afghan. Rebellen­ führer) 26 Khmer Kampuchea Krom -> KKK Khmer Serei 227-230,232 Killam, Jack (US-Chinaveteran) 88 Kimche, David 30 Kincheng Bank, Shanghai 250 King, J. L. 269 Kinta Valley Home Guard 259 Kissinger, Henry 35, 223, 227 KKK (Khmer Kampuchea Krom) 228, 230 Knowland, William (amerikan. Senator) 171 Koen, Ross 91, 260f. Koh-i-Sultan (Bezirk in Belutschistan) 75, 81 Kokainputsch 262 Kolko, Gabriel 155 »Kolumbienplan« 101, 104f., 127, 131, 135f., 138, 140 Komitee zur Verteidigung der Natio­ nalen Interessen (laot. Partei) 176, 178 Kong Le (laot. Hauptmann) 188, 198, 203f., 206, 208 Kongress (USA) 9,111, 114, 120, 181,238, 245, 255 Korean Central Intelligence Agency (KCIA) 24 Kosovo-Befreiungsarmee 50 Ku Cheng-kang (FCRA-Präsident) 263 Kunming 90 Kuperman, Alan J. (PolitikWissen­ schaftler) 26

Labrousse, Alain 97 Laird, Melvin (amerikan. Verteidi­ gungsminister) 223 Lance, Bert (Budgetdirektor Carters) 77

362 Lansdale, Edward G. (General, CIAAgent) 149, 249f., 264f. Lansky, Meyer (Krimineller) 30, 90ff., 94, 243, 267-270 Las Vegas 29 (Dunes Kasinohotel), 128f., 269 Lasater, Danny Ray (Spieler aus Las Vegas) 128 Lattimore, Owen 255 Lawn, John (DEA-Mitarbeiter) 121 Lazo-Plan 110 Le Monde 188 Le Monde diplomatique 231 Lehder, Carlos (Kokainhändler) 120f. Lehman, Robert (PanAm-Direktor) 152,154, 254 Lehman Brothers 152, 254 LeMay, Curtis (amerikan. General) 84 Li Mi (Guomindang-General) 87f., 90, 249, 255f., 259, 265 Ling-Temco-Vough (Elektronik­ firma) 153 Loeb Rhoades 267 Logevall, Fredrik (Historiker) 36, 39,41 Lon Nol (kambodschan. General) 221ff., 225, 229f., 232 Los Angeles 193, 239 Los Angeles Times 55 Los Fresnos »Bombenschule«, Texas 111 Los Pepes (Todesschwadron) 123 Luang Pragang (laot. königl. Haupt­ stadt) 207 Luce, Claire Boothe 255 Luce, Henry (Herausgeber vom Time Magazine) 21 Luciano, Lucky (Salvatore C. Luciana) 69, 92, 94, 260 M-19 (marxist. Guerillagruppe) 121f. Maclean’s Magazine (kanad. Zeit­ schrift) 75

Register Maddox (USS) 153,233 Mafia 64, 69 (korsische), 142 (türkische), 260 -russische 57,119 - sizilianische 69,142 Mailand 246 Makhtab al-Khidamat 56 Malaiischer Bund 258, 264 Mansfield, Mike (amerikan. Senator) 184 Manta (US-Militärbasis in Ecuador) 106 Manufacturers Capital Corporation 248 Mao Zedong 21, 69,172f. Marenches, Alexandre de 80 Marseille 69, 265 Marshall, Donnie (DEA-Leiter) 108 Marshallplan 160 Martin, Marie Alexandrine (frz. Autorin) 221 MAS (Muerte a Sequestradores) 112, 118, 120 Matsui, Victor Masao (amerikan. Botschaftsangehöriger) 227f. Matta Ballesteros, Juan Ramon (Kokainhändler aus Honduras) 50,118 McCaffrey, Barry (amerikan. General) 44,114,138 McCarran, Pat (amerikan. Senator) 255 McCarran-Ausschuss 155 McCarthy, John (amerikan. Captain) 229 McCarthy, Joseph Raymond 84 McClellan-Ausschuss 267, 269 McCone, John A. (CIA-Direktor) 233 McConnel, Murray (Präsident der Manufacturers Capital Corpora­ tion) 248 McCoy, Alfred W. (Autor) 75, 88, 195f., 201, 243f. McMahon, John N. (CIA-Vizedirek­ tor) 28

363

Register McNamara, Robert (amerikan. Verteidigungsminister) 36,217, 233 Medellm-Kartell 62, 102, 120ff. Meese, Ed (amerikan. Justizminister) 121 Mekong 191 Mekongdelta 228 Meo 179 -* Hmong Meriage, Lawrence P. (OccidentalVizepräsident) 136 Messing, Andrew (Kommandeur der Green Berets Special Forces) 107, 135 Miami 90, 268f. Miami National Bank 269f. Mike Force 228 Military Professional Resources, Inc. -> MPRI Mitchell, John (amerikan. Justiz­ minister) 240 Mitsui Oil Exploration Company (japan. Firma) 221, 231, 240 Mong Hsat (Militärbasis in Birma) 88 Moore, Robin (Autor) 228 Moorer, Thomas H. (amerikan. Admiral) 235 Morgenthau, Henry jr. (amerikan. Finanzminister) 170 Morison, Samuel Eliot (Historiker) 245 Morphin 999 257 Morris, Roger (Autor) 128 Moskau 205 Mossad 30 Mossadegh, Mohammed (iran. Ministerpräsident) 151 MPRI (Military Professional Resour­ ces, Inc.) 106,138,140 Mu-Gia-Pass 215 Mudschaheddin 11,25,30,47,51, 56, 67, 69, 74, 78ff., 82,119 Muong Soui (amerikan.-thail. Militärbasis) 213

Murphy, Charles 191f. Muslimbruderschaft 56 My-Lai-Massaker 158 Na Khang (laot. Kommunikations­ posten) 213, 216 Nam-Tha-Provinz 196, 200f., 208, 210 Nangarhar (afghan. Provinz) 58 Napalm 158 National City Bank of New York 248, 252, 254, 267 National Oceanographic Program 239 National Security Decision Directive 28 (Direktive 166), 104 -Direktive 221 101, 121f. National Security Industrial Associa­ tion (NSIA) 239 National Strategy Committee 239 Nationale Befreiungsarmee Kolum­ biens ELN Nationale Befreiungsfront Vietnams FNL Nationaler Sicherheitsrat (USA) 54, 67, 75,176, 179, 235, 247 Naval Oceanographic Office 240 New York 93,260 New York Review of Books 195 New York Times 114, 126,145, 179, 182,188, 207, 213f., 229 Newsweek 51, 108,231 NexisLexis (Onlinedienst) 138 Ngon Sananikone 263 Nixon, Richard 33, 35, 41, 52 (Doktrin), 64f., 146, 163ff., 173f., 195ff., 199f., 202, 204, 207, 210f., 213, 216ff., 221ff., 227, 234f., 237ff., 270 Nordallianz 8, 29, 56, 58, 70ff. Nordvietnamesen 167, 206, 213, 215f., 218, 236 Noriega Morena, Manuel (panama. General) 119 Norte del Valle 108

364 North, Oliver (Oberstleutnant, Na­ tionaler Sicherheitsrat) 10, 127f. Nugan Hand Bank 30, 64, 91

Observer 58, 71 Ocampo, Santiago (Cali-KartellChef) 118 Occidental Oil 61,104 Occidental Petroleum 31 Ochoa, Jorge (Kokainhändler) 121 ODCCP (UN-Büro für Drogen­ kontrolle und Verbrechens­ verhütung) 70 Oerlikon (Schweizer Firma) 28 Office of Narcotics Control 132 Office of Policy Coordination (OPC) 87-90, 93, 247, 251 Office of Strategie Services - OSS Okinawa 183 Olmsted, George (Washingtoner Bankier) 91 Omar, Mohammad (Mullah, Tali­ banführer) 57, 70 On Leong (Geheimgesellschaft) 93 ONI (Office of Naval Intelligence) 94 OPEC 15, 65 (Embargo), 66f. »Operation Cherry« 229 Orth, Maureen 80, 97 OSS (Office of Strategie Services) 30, 90, 94,155, 268 Ouane Rattikone (laot. General, Heroinproduzent) 183, 195, 201, 264 Oudone Sananikone (laot. General) 263f.

Pa Thi (Hmong-Posten) 216 Pacific Corporation 253 Pakse (Südlaos) 167 Palacio, Wanda (FBI-Informantin) 126f. PanAm Airlines 139, 152, 154, 170, 252, 254f., 267 Parapolitik 11, 19f., 51, 238

Register Paris 163 Pastrana, Andres (kolumbian. Präsi­ dent) 104,131,133,141 Pathet Lao (revolut. Bewegung) 163, 167,175-178,187, 194, 198ff., 203-207, 212ff., 218f., 262 Pawley, William (CAMCO-Eigner) 157,169f., 173, 249, 267 Peers, William Ray (OSS-Mit­ arbeiter) 249 Peking 205 Pennachio, Thomas 260 Pentagon 34, 38, 106, 114, 131f., 135, 139ff., 159,173, 175f., 185f., 191,194,216, 237 Pentagon-Papiere 177, 217, 222, 233, 249 Pepsi-Cola (am Mekong) 195 Phao Sriyanon (thail. General, Poli­ zeichef) 83, 88, 90, 249, 259, 265, 268f. Phibun Songgram (thail. Oberst, Premierminister) 256, 268 Phnom Penh 221, 229, 231f. Phoui Sananikone (laot. Premier­ minister) 176, 178, 184,197, 263 Phoumi Nosavan (laot. General, Verteidigungsminister) 84, 176, 179,184ff., 188-192,195f., 198-201, 206f., 210 Pickering, Thomas R. (amerikan. Politiker) 226 Pittsburgh 260 Poe, Tony (techn. Leiter der Air America) 232, 258 Pogue and Neal (Anwaltskanzlei) 252 Poller, Lou 269 Poulo Panjang (südvietnam. Insel) 224 Powell, Colin 103 Public Security Program 111 Pueblo (Spionageschiff) 153,158, 192

Register Pullman, John (Alkoholschmuggler, Kurier) 270 Pye, Lucian (MIT-Professor) 115

Quebec 105 Quemoy-Krisen 175,201,251 Quincy-Abkommen (1945) 12 Quinim Pholsena (laot. Außen­ minister) 178, 205 Quintero, Caro (Drogenhändler) 50

Rabbani, Burhanuddin (afghan. Präsident) 58 RACE Airlines 29f. Radford, Arthur (amerikan. Admiral) 146,173 RAND (Research and Development Corporation) 42, 115, 135, 137, 197 Randolph, Francis R. 267 Rashid, Ahmed (pakistan. Jour­ nalist) 73, 81, 97 Read, Dillon 253 Read, William A. jr. 254 Reagan, Ronald 44, 76, 78, 106, 112,121 Reeve, Simon 56 Reno 255 Research and Development Cor­ poration -> RAND Revolutionäre Streitkräfte Kolum­ biens -> FARC Revolutionsgarden, iranische 26 Rhee, Singman 251 Richard, Mark (amerikan. Justiz­ ministerium) 119 Richardson, Arthur B. 252 Riley, Herbert D. (amerikan. Vize­ admiral) 186 Roach, James (amerikan. Militär­ attache) 117 Roberts, Milnor (ASC-Vizepräsident) 29 Robertson, Walter S. 252

365 Rockefeller, James 154, 254 Rockefeller, John D. III 154 Rockefeller, Laurance 154, 254 Rockefeller, Nelson (Gouverneur) 154, 157 Rockefeller Brothers Fund Panel Two 154 Rogers, Paul (US-Abgeordneter) 95 Rojas Pinilla, Gustavo (kolumbian. General, Diktator) 115 Roosevelt, Franklin D. 156, 169f. Roosevelt, Theodore 245 Rote Khmer 223 Rowe, James (Berater Johnsons) 152,268 Rusk, Dean (amerikan. Außen­ minister) 95,146, 193, 209 Saigon 165, 228, 232, 264 SALT II 53 Sam-Neua-Stadt 180, 264 Sam Neua (Provinz in Nordlaos) 179,183, 262 Samper, Ernesto (kolumbian. Politiker) 124 San Francisco 93, 260f. San Francisco Chronicle 14, 108 San Myung Mun 24 Sandinisten 44, 120f. Sarit Thanarat (thail. Marschall) 83,185f., 196, 201 SAT (Southern Air Transport) 29, 38, 125, 127, 139f. Savannakhet (Südlaos) 186f., 189 Schah von Persien 15, 52 Schiiten 52 Schlesinger, Arthur; jr. 184f. Schweinebucht 151, 164, 173, 191 Scott, Robert Lee 172 Sea Supply, Inc. (CIA-Tarnfirma in Bangkok) 88, 90, 249, 265, 268f. Seabord World Services 266 SEATO (Southeast Asia Treaty Organization) 62, 146, 183, 192, 200

366 Secord, Richard (amerikan. General) 30 Seligman, James, und W. (New Yorker Investment-Banker) 245f., 267 SETCO (Fluggesellschaft) 118 Setschuan 87 Shakarchi Trading (Schweizer Firma) 77 Shan-Staat, Birma (Myanmar) 177, 262f. Shanghai 93, 259f. Shaplen, Robert (amerikan. Korre­ spondent) 235 Shaw, Brackley 252 Sheldon, George (OSS-Veteran) 155 Siad Barre, Mohammed (somal. Diktator) 15 Sihanouk, Norodom (kambodschan. Politiker) 161f., 222f., 225ff., 229-232, 235 Sihanouk-Pfad 218 Sihanoukville (kambodschan. Stadt) 221 Siho Lamphoutacoul (laot. Militär­ polizeichef) 205-208 Sikorsky Aircraft 106 Sirik Matak, Prinz (kambodschan. Botschafter in Tokio) 223, 231 Smith, Bedell (CIA-Direktor) 247 Smith, Horace (amerikan. Bot­ schafter) 184 Socony Mobile (amerikan. Ölgesell­ schaft) 11,24,62,154,231 SOG (Studies and Operations Group) 228,237 Son Ngoc Thanh (kambodschan. Premierminister) 227f. Song Sak (Khmer-Serei-Führer) 231 Soong, T. V. (Botschafter Taiwans in den USA) 171f., 250ff., 266 Souphanouvong, Prinz (Pathet-LaoFührer) 206f. Southern Air Transport -►SAT

Register Southest Asian Treaty Organization - SEATO Souvanna Phouma (laot. Premier­ minister) 151, 161f., 175, 185190,198, 204-207, 209f., 213f. Speer, Gary (amerikan. General) 103 Standard Oil of California 234, 239 Standard Oil of New Jersey 154 Starr, C. V. (OSS-Agent) 150ff., 267f. Steele, Robert H. (amerikan. Abgeordneter) 265 Stennis, John (amerikan. Senator) 174 Stinger (Flugabwehrrakete) 25-28, 56 Stone and Webster (Investment­ unternehmen) 248 Studies and Operations Group - SOG Stump, Felix B. (amerikan. Admiral) 22,193, 239 Suharto (indones. General und Politiker) 231 Sukarno, Achmed (indones. Staats­ präsident) 161, 232 Sullivan and Cromwell 248 Sumatra 150, 234 Svay Rieng (kambodschan. Provinz) 230 Syngman Rhee (korean. Präsident) 173

T’ai 179 T’ai, Schwarze (laot. Volks­ minderheit) 178 Tai Li (Guomindang-Polizeichef) 90 Tainan (Flugzeugwartungszentrum in Südtaiwan) 253 Taipeh 84 Taliban 8, 27, 55-58, 65, 69-72, 161 Tambs, Lewis (amerikan. Botschaf­ ter in Bogotá) 120

Register Task Force 57 Taylor; Maxwell 249 Teamsters (Transportarbeiter­ gewerkschaft) 267 Tenet, George (CIA-Direktor) 72 Tenneco Corporation 152 Tet-Offensive 235 Tha Thom (laot. Stadt) 206f. Thai Airways 253 Thanat-Rusk-Kommunique 200 Thieu, Nguyen Van (vietnam. Gene­ ral, Präsident) 163,165 Tiefenpolitik 11,17,19f., 23, 49, 68,129, 161 Time Magazine 21,187 Time 79,251 Times 200 Todesschwadron 10, 102, 107, 112, 123,134 Toye, Hugh (brit. Beobachter) 199, 202,211 Trafficante, Santo jr. (Mafiaboss) 270 Transamericana Corporation 267 Triaden (chines. Mafia) 20, 48, 64, 89, 92f., 95, 258ff., 264 Truman, Harry 12 (Doktin von 1946), 21, 84,171f., 246f., 251 TRW (amerikan. Luftfahrtunter­ nehmen) 239 Tu Yueh-sheng (»Opiumkönig«, Green-Gang-Führer) 92f. Turki al-Faisal al-Saud (saudischer Prinz und Geheimdienstchef) 76 U.S. Live 266ff. Ubon (thail. Stadt) 186 UQK (Kosovo-Befreiungsarmee) 50 UN 57, 64, 69, 71, 93, 180, 260 Unger, Leonard (amerikan. Bot­ schafter) 208 Union Bank of California 239 Union Casualty of New York 267 Union Oil of California 225,231, 239

367 Union Patriötica (kolumbian. Partei) 112,118 United Fruit Co. 150ff., 248 Universal Trading Corporation 267 Unocla (amerikan. Ölgesellschaft) 8, 31, 49, 54, 63, 221 UNRRA (UN-Hilfsorganisation) 171, 250 Uribe Velez, Alvaro (kolumbian. Präsident) 101,133 USAID (US-Entwicklungshilfebehörde) 204f. Vang Pao (Hmong-General, Kom­ mandeur einer CIA-Geheim­ armee) 187ff., 204f., 212, 214f. Vang Vieng (laot. Marktstadt) 213 Vanity Fair 97 Vaughan, Federico 121 Veha Akhat (laot. Fluggesellschaft) 163, 264 Verschwörung 33f. Vientiane (laot. Hauptstadt) 175f., 179,184-189, 191f., 196, 198, 205, 263f. Vietminh (laot. u. Vietnam. Nationa­ listen) 155,179 Viviano, Frank 14 Wa Kei (chines. Geheimgesellschaft) 258f. Walker, Samuel Sloan 252 Walter Reed Army Hospital 191 Warschau 40f. Washington Post 51, 74, 179 Washington Times 24 Weber, Max 37 Weltbank 223 Weltsicherheitsrat 55 Western Enterprises, Inc. 249 Westmoreland, William C. (ameri­ kan. General) 228 Wheeler, Earle G. (amerikan. General) 235 White, George (amerikan. Bot­ schafter in Kolumbien) 94, 132

368 Whitney, John Hay 247 Willauer, Whiting (amerikan. Bot­ schafter in Honduras) 89,151, 173, 250 Williams, Garland (amerikan. Colonel) 94,158 Wilson, Charles (amerikan. Abgeordneter) 27f. Winer, Jonathan 127 Wisner; Frank (OPC-Gründungsdirektor) 90, 247 Wolf, Walter Reid (CIA-Vizedirek­ tor) 248,252 Woodbridge, JohnS. 267 Woodward, Harper (CAT-Direktor) 154, 254 World Anti-Communist League (WACL) 24, 84,262 World Commerce Corporation 157, 267 World Finance Corporation 30 World Trade Center 53 Xieng Khouang (laot. Stadt) 213ff.

Register Yakusa (japan. Mafia) 64 Yao (Volk) 201 Yarborough, William (amerikan. General) 110 Ydigoras Fuentes, Miguel (guate­ maltek. Präsident) 151 Yee, George W. (Hip-Sing-Präsident in San Francisco) 260 Yee On Li (Hip-Sing-Präsident) 260 Young, William (CIA-Agent in Laos) 201 Youngman, William S. (Partner Corcorans) 151, 266f. Yousaf, Mohammed (pakistan. General) 81

Zhou Enlai 35 Zia ul-Haq, Mohammed (pakistan. General, Staatspräsident) 78f. 34-A-Operationsgruppe 228, 233

Über den Autor

Peter Dale Scott wurde 1929 in Montreal, Kanada geboren. Er studierte in seiner Heimatstadt, in Paris und Oxford und promovierte in Politikwissenschaft. Scott unterrichtete an verschiedenen Universitäten in Kanada und in den Vereinig­ ten Staaten Politikwissenschaft, Sprachen und Literatur. In den 50er Jahren war er im diplomatischen Dienst Kanadas tätig: an der kanadischen Botschaft in Warschau, bei der UN in Genf und in Wien. Zurück an der Universität unterrich­ tete er mehr als dreißig Jahre an der Universität Berkeley, Kalifornien. Als Gegner der aggressiven Interventionspolitik der Vereinigten Staaten äußerte er sich sowohl im Vietnam­ ais auch in den beiden Golfkriegen kritisch und beteiligte sich aktiv an der Gründung des Studiengangs Friedens- und Konfliktforschung in Berkeley. Scott schreibt sowohl Lyrik als auch politische Sachbü­ cher wie The War Conspiracy (1972), The Assassinations: Dallas and Beyond (1976), Crime and Cover-Up: The CIA, the Mafia, and the Dallas-Watergate-Connection (1977), The Iran-Contra Connection (1987), Cocaine Politics: Drugs, Armies, and the CIA in Central America (1991), Deep Politics and the Death ofJFK (1993). Für sein literari­ sches Werk wurde er im Jahr 2002 mit dem Lannan Poetry Award ausgezeichnet.