Die Dresdner Bank im Dritten Reich: Band 3 Die Expansion der Dresdner Bank in Europa 9783110475593, 9783486577822

Die Dresdner Bank zog aus der Ausdehnung des deutschen Einflussbereiches in Europa und ihrer Regimenähe erhebliche Vorte

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Die Dresdner Bank im Dritten Reich: Band 3 Die Expansion der Dresdner Bank in Europa
 9783110475593, 9783486577822

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Wixforth • Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

Die Dresdner Bank im Dritten Reich Herausgegeben von Klaus-Dietmar Henke

Band 1 Die Dresdner Bank in der Wirtschaft des Dritten Reichs Johannes Bahr Band 2 Die Dresdner Bank und die deutschen Juden Dieter Ziegler Band 3 Die Expansion der Dresdner Bank in Europa Harald Wixforth Band 4 Die Dresdner Bank 1933-1945 Ökonomische Rationalität, Regimenähe, Mittäterschaft Klaus-Dietmar Henke

Harald Wixforth Die Expansion der Dresdner Bank in Europa unter Mitarbeit von Johannes Bähr, Jörg Osterloh, Friederike Sattler und Dieter Ziegler

R. Oldenbourg Verlag München 2006

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

© 2006 Oldenbourg Wissenschaftsverlag G m b H , München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München Internet: http://www.oldenbourg.de Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier (chlorfrei gebleicht) Satz: 01denbourg:digital, Kirchheim bei München Druck und Bindung: Kösel, Krugzell ISBN-13: 978-3-486-57782-2 ISBN-10: 3-486-57782-4

Inhalt I.

Vorbemerkung zu diesem Band

II.

Die Expansion nach Österreich (von Dieter Ziegler) 1. Die Mercurbank als „reichsdeutscher Stützpunkt" in Osterreich 2. Die „Neuordnung" des Bankwesens in Osterreich 3. Die Gründung der Länderbank Wien AG 4. Grundlinien der Geschäftspolitik der Länderbank Wien 1938-1945

III.

Die Dresdner Bank im Sudetenland und im Protektorat Böhmen und Mähren 1. Auftakt zur Ostexpansion - Die Dresdner Bank und die „Neuordnung" des Bankwesens im Sudetenland 2. Der Aufbau des sudetenländischen Geschäfts 3. Industriefinanzierung und wirtschaftliche Strukturpolitik die Dresdner Bank und das Geschäft mit der Industrie im Sudetenland 4. Die „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie 5. Die „Arisierung" im Sudetenland (von Jörg Osterloh) 6. Fazit: Die Dresdner Bank im Sudetenland 7. Die „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren und die Dresdner Bank 8. Die „neue" Böhmische Escompte-Bank 9. Die Böhmische Escompte-Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats 10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik 11. Die „Arisierung" im Protektorat Böhmen und Mähren (von Jörg Osterloh und Harald Wixforth) 12. Die BEB und ihre Zusammenarbeit mit der SS 13. Die Vernichtung der Juden im Protektorat und die BEB 14. Fazit: Die BEB im Konzern der Dresdner Bank

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VI IV.

Inhalt Die Expansion in die Slowakei 1. Die „Neuordnung" des slowakischen Bankwesens 2. Die Geschäftstätigkeit der Deutschen Handels- und Kreditbank 3. Fazit: Die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaft in der Slowakei

V.

VI.

Die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaften im besetzten Polen

395 395 404 429

431

1. Die Expansion der Dresdner Bank nach Oberschlesien 2. Die „Neuordnung" der oberschlesischen Montanindustrie und die Dresdner Bank 3. Das operative Geschäft der Dresdner Bank in Oberschlesien.. 4. Die „Germanisierung" und „Arisierung" in Oberschlesien . . . 5. Fazit: Die Dresdner Bank in Oberschlesien 6. Die Expansion in den Warthegau und nach DanzigWestpreußen 7. Das operative Geschäft im Warthegau und in DanzigWestpreußen 8. Die „Verwertung" von Betrieben in polnischem, jüdischem und ausländischem Besitz 9. Fazit: Die Dresdner Bank im Warthegau und in DanzigWestpreußen 10. Die Kommerzialbank und die Umgestaltung der Kreditwirtschaft im Generalgouvernement 11. Die Geschäftstätigkeit der Kommerzialbank 12. Die Zusammenarbeit mit dem Herrschaftsapparat 13. Fazit 14. Die Vernichtung der Juden im besetzten Polen

537 549 564 577 579

Die Dresdner Bank in den Reichskommissariaten Ostland und Ukraine

621

1. Die Umgestaltung des Bankwesens 2. Die Dresdner Bank, die Handels- und Kreditbank und das Geschäft mit der Industrie im Osten 3. Die Dresdner Bank, die Handels- und Kreditbank und der NS-Herrschaftsapparat im Osten 4. Fazit: Die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaft in den besetzten Ostgebieten

433 446 466 483 495 497 511 526 536

621 630 641 646

Inhalt

VII. Die Dresdner Bank auf dem Balkan 1. Expansion nach Kroatien 2. Hoffnung auf neue Stützpunkte - Serbien 3. Das Engagement in anderen Ländern des Balkans VIII. Die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaften in den besetzten westeuropäischen Gebieten 1. Der Wettlauf um Belgien und das Scheitern der anfänglichen Expansionspläne für das besetzte Westeuropa (von Johannes Bähr) 2. Der Handelstrust West in den Niederlanden (von Friederike Sattler) 3. Die Continentale Bank, Brüssel (von Johannes Bähr) 4. Die Internationale Bank in Luxemburg (Interbank) (von Johannes Bähr) IX.

Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich (von Johannes Bähr) 1. 2. 3. 4.

Vorbemerkung Die Expansion im Elsass und in Lothringen Die Tätigkeit der Pariser Vertretung Die Käufe französischer Beteiligungen in Ost-, Südostund Nordeuropa 5. Die Zusammenarbeit mit der Paribas 6. Fazit

X.

Die Dresdner Bank und ihre Expansion in Europa Bankgeschäfte, Bankenpolitik, Besatzungspolitik 1. Politische Rahmenbedingungen, Herrschaftsstruktur und -praxis 2. Expansion und Geschäftstätigkeit 3. Allianzen und personelle Netzwerke 4. Verantwortung, Schuld Rechtfertigung

Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Archivalische Quellen 2. Gedruckte Quellen 3. Literatur

VII

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Abkürzungsverzeichnis

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Register

925

Danksagung Ohne die tatkräftige Unterstützung und die kompetente Hilfe einer Vielzahl von Personen wäre der vorliegende Band nicht zu erstellen gewesen. Dafür möchte ich mich bedanken. Der sachkundige Rat und die konstruktive Kritik der Mitglieder des Fachbeirats trugen entscheidend dazu bei, einige Schwachstellen im Manuskript zu verbessern, während die intensiven Debatten im „Projektteam" mithalfen, den Blick für die entscheidenden Punkte in der Geschichte der Dresdner Bank während des Nationalsozialismus zu schärfen. Vor allem aber ist denen zu danken, die mit niemals nachlassender Geduld dafür sorgten, dass sich durch sechsjährige Archivarbeit so manche Bresche in das Dickicht der Bankengeschichte im „Dritten Reich" schlagen ließ. Dies gilt vor allem für Herrn Michael Jurk vom Historischen Archiv der Dresdner Bank mit seinen Mitarbeitern, Frau Cornelia Erbe, Herrn Klaus Hopf, Herrn Wolfgang Richter und Herrn Dr. Matthias Kretschmer. Herr Dr. Manfred Schaudwet hat nicht nur den Gang der Forschungsarbeiten durch seine Unterstützung konstruktiv begleitet, sondern auch dafür gesorgt, dass sich oft komplizierte Geldtransfers in osteuropäische Archive problemlos abwickeln ließen. Viele Archivare, aber auch Kollegen und Freunde aus Russland und der Tschechischen Republik haben ebenfalls dazu beigetragen, eine Fülle von neuem Archivmaterial aufzuspüren und zu sichten, so dass es für die Forschungsarbeiten zu diesem Band zu benutzen war. Dies gilt zum einen für das „Team" im Staatlichen Russischen Militärarchiv in Moskau (RGVA Moskau) unter der Leitung von Herrn Dr. Korotaev, aber auch für Herrn Dr. Jiri Novotny vom Archiv der Tschechischen Nationalbank in Prag. Er wie auch die Kollegen von der Prager Karlsuniversität versorgten mich nicht nur mit einer Fülle von Material sowie wertvollen Hinweisen über die Bankentätigkeit im Sudetenland und in den böhmischen Ländern während der Zeit der Besatzung, sondern sie waren auch durch ihre Gastfreundschaft der Garant dafür, dass sich jeder Archivbesuch in Prag auch durch angenehme wissenschaftliche Diskussionen, aber auch durch kulinarische Höhepunkte auszeichnete. Herrn Dr. Roman Matveev danke ich nicht nur für seine kompetente Unterstützung in russischen Archiven, sondern auch dafür, dass er mir einen tiefen Einblick in die Schönheiten des Landes sowie die Tiefen der russischen Seele gewährte. Bielefeld im Oktober 2005

Harald Wixforth

I. Vorbemerkung zu diesem Band Expansion und Großraumwirtschaft waren nicht nur zentrale Bestandteile der NS-Ideologie, sondern auch wichtige Leitmotive für das Handeln der N S D A P und des Staatsapparates nach 1933. Eine weitere Zielsetzung für die Umformung und „Neuordnung" des bisherigen Wirtschaftssystems bestand in einem möglichst hohen Maß an Autarkie. Mit der Realisierung dieser drei Ziele wollten die NS-Ideologen die Hegemonialstellung Deutschlands in Europa auf wirtschaftlichem Gebiet erreichen. Diese Leitmotive waren der deutschen Wirtschaft keineswegs fremd. Vielmehr zeigte sich, dass die NS-Ideologen bei der Formulierung ihrer wirtschaftspolitischen Ziele ebenso wie auf anderen Politikfeldern Versatzstücke eklektisch aus theoretischen Gedankengebäuden und politischen Postulaten zusammengeklaubt hatten, die seit dem Kaiserreich, vor allem in der Weimarer Republik, in wechselnder Intensität den Diskurs über die politische und wirtschaftliche Zukunft Deutschlands prägten.1 Mit der Ernennung Hermann Görings zum „Bevollmächtigten für den Vierjahresplan" und der Errichtung einer neuen Planungsbehörde mit ihm an der Spitze im Herbst 1936 zeichnete sich immer deutlicher ab, dass Expansion und Großraumwirtschaft die bestimmenden Elemente für die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik der Zukunft bilden würden. Mit der veränderten Ausrichtung der Wirtschaftspolitik gab Hitler auch seine bisherige „Selbstverharmlosung" der Außenpolitik auf. Nun wurde offenkundig, dass das Regime nach einer Phase der Herrschaftskonsolidierung gezielt auf territoriale Expansion und „neuen Lebensraum im Osten" setzte, zudem die Hegemonie über möglichst große Gebiete Europas anstrebte.2 Weite Teile von Großindustrie, Handel und Kreditwirtschaft setzten daher darauf, im Zuge einer baldigen Ausweitung des deutschen Herrschaftsraumes selbst in neue Märkte in Europa expandieren und damit die durch staatliche Intervention und Dirigismus limitierte Geschäftsentwicklung im Reichsgebiet korrigieren zu können. 3

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Hans-Erich Volkmann, Zur europäischen Dimension nationalsozialistischer Wirtschaftspolitik, in: ders., Ökonomie und Expansion. Grundzüge der NS-Wirtschaftspolitik. Ausgewählte Schriften von Hans-Erich Volkmann, hg. im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamts von Bernhard Chiari, München 2003, S. 19 f.; ders., Die NS-Wirtschaft in Vorbereitung des Kriegs. Von der Weltwirtschaft zur Großraumwirtschaft, in: ebd., S. 47f. Zur Diskussion über die Pläne zur europäischen Wirtschaftsintegration während der Zwischenkriegszeit: Jürgen Elvert, Mitteleuropa! Deutsche Pläne zur europäischen Neuordnung 1918-1945, Stuttgart 1999. Hans Adolf Jacobsen, Nationalsozialistische Außenpolitik 1933-38, Frankfurt a.M./Berlin 1968, S. 328-339; Eberhard Jäckel, Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft, Tübingen 1969, S. 104-107; Ian Kershaw, Hitler 1936-1945, München 2000, S. 107-115; Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkriegs bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914-1949, München 2003, S. 692f. Richard Overy, German Business and the N a z i - N e w Order, in: Terry Gourvish (Hg.), Business

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I. Vorbemerkung

Diese Motivlage ist ab 1937 auch für die Dresdner Bank zu konstatieren. Das Institut aus der Berliner Behrenstraße hatte seit den traumatischen Ereignissen der Bankenkrise von 1931 eine etwa sechsjährige Phase der Konsolidierung und der Neuorientierung durchlaufen. Unter den großen Berliner Kreditinstituten war die Dresdner Bank fraglos dasjenige, das nach der Bankenkrise die einschneidendsten Veränderungen hatte hinnehmen müssen. Die Dresdner Bank stand seitdem nicht nur unter staatlicher Kontrolle, sondern sie führte auch einen weitgehenden Austausch ihres Führungspersonals durch. Der seit 1933 immer wieder aufflackernden Kritik von NS-Ideologen, aber auch von einigen Banken- und Wirtschaftsexperten am deutschen Universalbanksystem versuchte sie durch eine schnelle und rücksichtslose Entlassung ihrer jüdischen Direktoren und Angestellten zu begegnen, nachdem man sich bereits zuvor von Vorstandsmitgliedern getrennt hatte, die man für die Ereignisse der Bankenkrise verantwortlich machte. 4 Die neuen Führungsgremien der Bank, in die sukzessive überzeugte Nationalsozialisten einrückten, verfolgten ab 1933 die Strategie einer schrittweisen Anpassung an die wirtschaftspolitischen Zielvorgaben des Regimes. Diese Anpassungsbereitschaft diente jedoch auch dem Zweck, ein zunehmendes Maß an Handlungsautonomie und unternehmerischer Strategieplanung zurückzugewinnen. In dem Glauben, eine möglichst rasche Adaption der wirtschafts-, aber auch der rassepolitischen Zielvorgaben des NS-Regimes für die eigene unternehmerische Strategieplanung würde die Wettbewerbsposition des Instituts stärken, beteiligte sich die Dresdner Bank federführend an den ersten großen Rohstoff- und Rüstungskrediten, machte sich zudem zu einem unverzichtbaren Helfer bei der Gründung von staatlich kontrollierten Unternehmen der Rohstoff- und der Rüstungsindustrie, wie etwa der Brabag und den Reichswerken Hermann Göring. Das Kalkül ging auf: Es gelang der Dresdner Bank, ein personelles Netzwerk mit Entscheidungsträgern aus der Berliner Wirtschafts- und Planungsbürokratie herzustellen, das sich schon bald als außerordentlich wichtig bei der Durchführung von Konsortialgeschäften, aber auch bei der Beschaffung von wichtigen Informationen erwies. Zwei Kernelemente in der Strategieplanung der Dresdner Bank, die auch nach 1938 von Bedeutung waren, sind damit definiert: das hohe Maß an Anpassungsbereitschaft an die Zielvorgaben des NS-Regimes und die gezielte Netzwerkbildung als Grundlage zur Stärkung der Wettbewerbsposition. Es ist nicht zu verkennen, dass Vorstand und Aufsichtsrat der Dresdner Bank mit ihrer Unternehmensstrategie nur deshalb erfolgreich waren, weil sie bewusst die Nähe zu Entscheidungsträgern des Regimes suchten, zudem dessen Rassepolitik ebenso befürworteten wie die Expansion in Europa mit militärischen Mitteln. Das bis zum Herbst/Winter 1937/38 erzielte Ergebnis gab den Leitungsgremien der Dresdner Bank recht: Die bis dahin praktizierte geschäftliche Neuorientierung führte dazu, dass sich die staatliche Kontrolle 1937 abstreifen ließ. In diesem Jahr wurde die Dresdner Bank wieder reprivatisiert. Die Dresdner Bank war wieder zu einer wichtigen Konkurrentin für die anderen Berliner Institute geworden. Mehr noch: Die Leitungsgremien der Dresdner Bank hatten zudem Kernelemente

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and Politics in Europe 1900-1970. Essays in Honour of Alice Teichova, Cambridge 2003, S. 175 f.; Paul Erker, Industrie-Eliten in der NS-Zeit, Passau 1994, S. 9. Siehe dazu Bd. 1, Ziegler, Kap. III.l und III.2, sowie Bd. 2, Ziegler, Kap. II.

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ihrer Unternehmensstrategie festgelegt, auf deren Grundlage man ab 1938 mit der Expansion des Instituts in Europa beginnen konnte. Mit der schnellen Anpassung an die Zielsetzungen des NS-Regimes verfolgte die Dresdner Bank noch einen anderen Zweck. Immer wieder artikulierte sich die Kritik an den Strukturen des deutschen Bankwesens. Wenn auch weniger lautstark als 1933, so wollten die Rufe nach einer „Neuordnung" in der deutschen Kreditwirtschaft nicht verstummen. Immer wieder erhoben NS-Ideologen, aber auch Referenten aus dem Reichswirtschaftsministerium die Forderung, die „neue Kreditwirtschaft" müsse „nationalsozialistisch" sein. Das Regime und seine Entscheidungsträger akzeptierten die Geschäftstätigkeit des privaten Bankwesens, so lange sie der Außenhandelsfinanzierung, dem - wenn auch eingeschränkten Devisenverkehr und der Kapitalmobilisierung für die Rüstungswirtschaft diente. Angesichts der ab 1936 praktizierten Wirtschaftspolitik und der daraus resultierenden geringer werdenden Handlungsspielräume bei der Industriefinanzierung, aber auch der immer wieder aufflackernden Kritik an ihrer Rolle im NS-Wirtschaftssystem ahnte man auch in der Vorstandsetage der Dresdner Bank, dass die Geschäftsentwicklung des Instituts nach Abschluss der Konsolidierungsphase im alten Reichsgebiet an Wachstumsgrenzen stoßen würde. 5 Die 1937 durchgeführte Reprivatisierung hatte dem Vorstand der Dresdner Bank jedoch gezeigt, dass es möglich war, sich staatlicher Kontrollen zu entledigen und Handlungsspielräume wieder auszuweiten, sofern man ein ausreichendes Maß an Anpassungsbereitschaft an die Ziele des NS-Regimes an den Tag legte. Die im Herbst 1937 aufkeimende Euphorie über die wiedererlangte Handlungsautonomie wurde zusätzlich durch die Auspizien einer raschen Ausweitung des deutschen Herrschaftsraumes in Europa verstärkt. Durch einen solchen Schritt glaubte man die im alten Reichsgebiet sich abzeichnenden Wachstumsschranken umgehen zu können. Zudem hoffte man auch in der Behrenstraße nicht nur auf eine Präsenz an den wichtigen Finanzplätzen Europas, so wie man es bereits im Kaiserreich angestrebt hatte, sondern auch auf eine weiter gestärkte Position in der deutschen Kreditwirtschaft, zudem in einem von Deutschland beherrschten europäischen Großwirtschaftsraum, sofern man sich weiter in den Dienst des NSRegimes stellte. Zwar war die Dresdner Bank über die Debatten in den Berliner Ministerien und in der NS-Spitze bezüglich der einzelnen Schritte zur Ausdehnung des deutschen Herrschaftsraumes nicht detailliert informiert, doch nahm man hier sehr wohl die zunehmend aggressivere, auf Expansion zielende Außenpolitik des Regimes zur Kenntnis. Mit dem „Anschluss" Österreichs und der Zuspitzung der „Sudetenkrise" im Frühjahr 1938 war man sich auch in der Vorstandsetage der Dresdner Bank darüber im Klaren, dass das Regime auf territoriale Expansion setzte. Diese Chance wollte man um jeden Preis auch für die eigene Geschäftsentwicklung nutzen. 6 Nun hielt man die Stunde für gekommen,

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Harold James, Die Rolle der Banken im Nationalsozialismus, in: Lothar Gall/Manfred Pohl (Hg.), Unternehmen im Nationalsozialismus, München 1998, S. 26. Herbert Matis, An Economic Background to Berchtesgaden. Business and Economic Policy in Austria in the 1930s, in: Gourvish (Hg.), Business and Politics in Europe 1900-1970, S. 4 2 - 6 1 ; Ronald Smelser, Das Sudetenproblem und das „Dritte Reich" 1933-1938, München/Wien 1980, S. 92 ff.

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I. Vorbemerkung

um nicht nur letzte staatliche Restriktionen für die Geschäftspolitik im Reichsgebiet abzustreifen, sondern man wollte endlich die eigene Geschäftsausweitung forcieren. Steigende Marktanteile im neuen deutschen Herrschaftsgebiet sollten der Dresdner Bank das Wachstum verschaffen, das im „Altreich" nur noch bedingt oder kaum möglich schien. Mit dieser Zielsetzung stand die Dresdner Bank jedoch keineswegs allein. Die Deutsche Bank und die Commerzbank verfolgten die gleiche Strategie.7 Bei der Dresdner Bank war man sich dieser Konkurrenz bewusst. Eine weitere Annäherung an die Expansions- und Besatzungspolitik des Regimes und enge Allianzen mit dem Herrschaftsapparat schienen das richtige Mittel zu sein, um eigene unternehmenspolitische Ziele zu verwirklichen. Die bisher praktizierte Unternehmensstrategie mit ihren Kernelementen, hohe Anpassungsbereitschaft und gezielte Netzwerkbildung mit Entscheidungsträgern des Regimes, die sich bis zum Frühjahr 1938 als erfolgreich erwiesen hatte, musste dazu nicht neu definiert, sondern nur intensiviert, das heißt den neuen expansionspolitischen Zielen des Regimes angepasst werden. Angesichts der sich daraus ergebenden Möglichkeiten fiel dies der Dresdner Bank offenbar nicht allzu schwer. Die Nähe des Instituts zum NS-Regime erreichte dadurch eine neue Qualität. Die zunehmende Radikalisierung der NS-Außen- und Rassepolitik fand in der Geschäftspolitik des Instituts ihre Entsprechung. Dies nahm man in Kauf, um in den neu dem deutschen Herrschaftsraum und Einflussbereich inkorporierten Ländern erfolgreich zu sein. Die Ergebnisse ihrer Geschäfts aus Weitung hingen immer mehr von der in den einzelnen Gebieten praktizierten Expansions- und Besatzungspolitik ab. Der Erfolg der eigenen Geschäftsexpansion war zunehmend an die Besatzungspolitik des Regimes gebunden. Stand die Dresdner Bank ähnlich wie andere Kreditinstitute daher unter dem Primat der Politik, wie unlängst behauptet wurde? Gab es für sie nur die Option, einen möglichst großen Gleichklang zwischen ihrer Unternehmensstrategie und den verbrecherischen Expansionszielen des Regimes herzustellen, wenn sie ihren eigenen Geschäftserfolg sichern wollte? Oder gelang es ihr, ihre geschäftspolitischen Interessen unter den herrschenden expansionspolitischen Rahmenbedingungen zu verwirklichen? Konnte sie gar die im Vergleich mit 1933 deutlich veränderte politische und ökonomische Rahmenkonstellation für die Formulierung eigener neuer unternehmensstrategischer Zielvorgaben und deren Durchsetzung bei den Berliner Ministerien oder den lokalen Herrschaftsinstitutionen in den abhängigen oder besetzten Gebieten nutzen? War die Dresdner Bank durch ihre Geschäftsstrategie nicht nur in die Besatzungspolitik des NSRegimes verstrickt, sondern wurde sie dabei zur Komplizin? Welche Handlungsspielräume besaß sie dabei, welche Motive bestimmten ihr Handeln? Die Geschäftsausweitung der Dresdner Bank in Europa von 1938 bis 1945, die dabei angewandten Methoden, die ihnen zugrunde liegenden Motive und die 7

James, Rolle der Banken, S. 31 f. Solche Hoffnungen artikulierte man nicht nur in der Kreditwirtschaft, sondern auch bei anderen Finanzinstitutionen, wie zum Beispiel in Versicherungsunternehmen. Dazu Gerald D. Feldman, Die Allianz und die deutsche Versicherungswirtschaft 1933-1945, München 2001; Ingo Böhle, „Der Fahne folgt der Kaufmann". Die Private Krankenversicherung (PKV) in den „angeschlossenen" und annektierten Gebieten Mitteleuropas während der NS-Zeit, in: Alois Mosser (Hg.), Die Versicherungswirtschaft in Mitteleuropa während des Nationalsozialismus. Geld und Kapital 6/2002, Stuttgart 2004, S. 135-170.

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dafür notwendige vielfältige Vernetzung mit den Entscheidungsträgern aus der NS-Bürokratie in Berlin und dem NS-Herrschaftsapparat vor Ort bilden ebenso den Untersuchungsgegenstand dieses Bandes wie die einzelnen Sparten des operativen Geschäfts. Die Untersuchung konzentriert sich auf die Länder Europas, die in dieser Zeit dem deutschen Herrschaftsbereich inkorporiert wurden oder in ein direktes Abhängigkeitsverhältnis zum NS-Regime gerieten. Nicht alle von ihnen waren im völkerrechtlichen Sinne tatsächlich besetzte Gebiete. Alle hier untersuchten Länder verloren jedoch entweder ihre vorherige staatliche Souveränität oder konnten ihre Eigenständigkeit nur aufgrund von Entscheidungen des NSRegimes in Berlin erlangen bzw. aufrechterhalten. Die politischen Rahmenbedingungen für die Expansion der Dresdner Bank in Europa waren keineswegs gleichförmig, sondern variierten von Land zu Land. Vor diesem Hintergrund ist zu zeigen, welche Handlungsspielräume die Dresdner Bank bei der Festlegung ihrer Unternehmensstrategie und deren Verwirklichung besaß, welches Maß an Anpassung an das Regime sie dabei praktizierte, wie sie die wechselnden politischen Rahmenbedingungen in den einzelnen abhängigen oder annektierten Ländern für ihre Unternehmensstrategie und damit für ihre Geschäftsentwicklung nutzen konnte und in welchem Maß sie sich dabei von konkurrierenden Kreditinstituten unterschied. 8 Eine der zentralen Annahmen dieser Studie ist es, dass sich die in den abhängigen oder annektierten Gebieten vom NS-Regime und seinen Funktionsträgern vor Ort angewandte Herrschaftspraxis auch auf das Geschäftsverhalten und die Geschäftsentwicklung der Dresdner Bank niederschlug. Zu fragen ist daher, ob sich ein Spannungsbogen verschiedener Herrschaftsstile und damit auch des Geschäftsverhaltens der Dresdner Bank in den einzelnen Ländern Europas ausmachen lässt. Es ist anzunehmen, dass die beiden Enden eines solchen Bogens vom „angeschlossenen" Österreich oder dem zumindest teilweise kollaborationswilligen Frankreich auf der einen sowie den von einer eliminatorischen Rassenpolitik und einem Vernichtungskrieg gezeichneten Ländern im Osten Europas, vor allem dem Generalgouvernement und den beiden Reichskommissariaten Ostland und Ukraine auf der anderen Seite, markiert werden. Die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen bestimmten nicht nur die wirtschaftliche Entwicklung der einzelnen Gebiete, sondern auch die Motive und das Handeln von dort operierenden Unternehmen, und damit auch der Dresdner Bank mit ihren Tochtergesellschaften. Anhand der Expansion der Dresdner Bank in Europa von 1938 bis 1945 lässt sich beispielhaft zeigen, wie die unterschiedliche politische Herrschaftspraxis bzw. deren Radikalisierung das Geschäftsverhalten eines bedeutenden Finanzkonzerns prägte und dessen zunehmende Anpassung an die Ziele des Regimes 8

Die Forschung zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus ist sich einig, dass eine ihrer zentralen Aufgaben darin besteht, die Handlungsspielräume von Unternehmen und damit auch ihre Anpassungsbereitschaft an das Regime und seinen Verbrechen aufzuzeigen. Siehe dazu: Werner Plumpe, Unternehmen im Nationalsozialismus, in: Werner Abelshauser/Jan-Otmar Hesse/Werner Plumpe (Hg.), Wirtschaftsordnung, Staat und Unternehmen. Neue Forschungen zur Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus. Festschrift für Dietmar Petzina zum 65. Geburtstag, Essen 2003, S. 243-266; Dieter Ziegler, Die deutschen Großbanken im „Altreich" 1933-1939, in: Dieter Stiefel (Hg.), Die politische Ökonomie des Holocaust. Zur wirtschaftlichen Logik von Verfolgung und „Wiedergutmachung", Wien/München 2001, S. 1 1 7 - 4 8 .

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hervorrief. Am Ende des Zweiten Weltkriegs stand eine Bank, die durch ihre personellen Netzwerke und den daraus resultierenden Allianzen mit dem und durch ihre Loyalität zum Herrschaftsapparat sich weit in dessen Verbrechen in den jeweiligen abhängigen und annektierten Ländern verstrickt hatte, in einigen Fällen sogar zum Komplizen des Regimes geworden war, vielfach jedoch von den jeweiligen politischen Rahmenbedingungen profitiert hatte. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa ist in diesem Band in einzelne Länderkapitel untergliedert. Im Fokus stehen vor allem die Länder, die für die Geschäftsausweitung des Instituts auf der einen und für die Hegemoniebestrebungen des NS-Regimes in Europa auf der anderen Seite von besonderem Interesse waren. Länder oder Gebiete, die für die Geschäftsentwicklung der Dresdner Bank eine geringere Rolle spielten, in denen sich zudem kein größerer Zusammenhang zwischen Besatzungs- und Unternehmenspolitik konstatieren lässt, werden nur kursorisch und am Rande behandelt. Dies gilt vor allem für einige Länder auf dem Balkan und in Skandinavien. Die Expansion der Dresdner Bank nach einzelnen Ländern zu untersuchen folgt einem Verfahren, das auch in anderen Arbeiten zur Unternehmens- und Wirtschaftsgeschichte des Nationalsozialismus angewandt wurde. In vielen dieser Studien wird konstatiert, dass die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen in den einzelnen Ländern derart große Unterschiede aufwiesen, dass ein systematisierender, länderübergreifender Ansatz schwierig ist. Selbstverständlich wirkten sich die divergierenden Rahmenbedingungen auch auf die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank und ihrer Tochtergesellschaften aus. In einer Querschnittsanalyse ließe sich daher nur bedingt verdeutlichen, in welchem Ausmaß dies geschah bzw. in welchem Umfang die Entwicklung der Dresdner Bank oder ihrer Tochtergesellschaften von den jeweils unterschiedlichen Rahmenbedingungen abhängig war.9 Gleichwohl wird auf die Vergleichsperspektive nicht verzichtet. Wenn möglich und angebracht wird in den einzelnen Länderkapiteln sowohl das Verhalten der Dresdner Bank mit konkurrierenden Instituten verglichen als auch ihre Geschäftstätigkeit in den jeweiligen besetzten Gebieten. Eine länderübergreifende, anhand von bestimmten Kriterien vorgenommene Querschnittsanalyse zur Expansion der Dresdner Bank in Europa bildet zudem den Kern der Schlussbewertung. Die unterschiedlichen Rahmenbedingungen für die Expansion der Dresdner Bank in Europa von 1938 bis 1945 lassen sich auf vor allem auf zwei Faktoren zurückführen. Je länger der Zweite Weltkrieg dauerte, desto mehr radikalisierte sich die Besatzungspolitik des NS-Regimes, desto mehr beeinflusste sie auch die Geschäftspolitik der Dresdner Bank und ihrer ausländischen Affiliationen. Je mehr sich der deutsche Herrschaftsbereich nach Osten ausdehnte, desto mehr gewannen die Institutionen des Herrschaftsapparates vor Ort an Handlungsspielräumen, so dass die Besatzungspolitik oft Züge einer Willkürherrschaft aufwies. Im Westen delegierte die Besatzungsmacht dagegen weite Teile der Verwaltung an

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Siehe zum Beispiel die einzelnen Beiträge in Ludolf Herbst/Thomas Weihe (Hg.), Die Commerzbank und die Juden, München 2004, sowie das Vorwort in: Richard Overy/Gerhard Otto/Johannes Houwink ten Cate (Hg.), Die „Neuordnung" Europas. NS-Wirtschaftspolitik in den besetzten Gebieten, Berlin 1997.

I. Vorbemerkung

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einheimische Institutionen, die die bisherigen Rechtssysteme sogar zu einem großen Teil beibehalten konnten. 10 Mit der Expansion der Dresdner Bank nach Osterreich und der Inkorporierung der Mercurbank und der Zentraleuropäischen Länderbank in ihren Konzern beschäftigt sich der erste Abschnitt dieses Bandes. Für das NS-Regime bedeutete der „Anschluss" Österreichs im März 1938 eine erste deutliche Ausweitung seines Herrschaftsbereichs, gleichzeitig einen ersten Test für die Umformung von Wirtschaft und Gesellschaft eines bis dahin unabhängigen Landes. In Osterreich erprobte Mechanismen bei der Umgestaltung des Verwaltungsapparates, bei der Ausschaltung von Juden aus dem Wirtschaftsleben sowie ihrer Marginalisierung in der Gesellschaft wurden später in anderen besetzten Ländern ebenso angewandt wie hier praktizierte Formen der Erfassung und Aneignung von jüdischen Vermögen. War Österreich auch ein „Modell" für die weitere Expansion der Dresdner Bank in Europa? Oder konnte sie hier noch nicht die Allianzen mit dem Herrschaftsapparat herstellen, um eine starke Wettbewerbsposition gegenüber konkurrierenden Instituten herzustellen? Diese Fragen stehen im Mittelpunkt dieses Abschnitts, der im Vergleich zu folgenden Länderkapiteln wesentlich kürzer ist. Hierfür gibt es einen Grund: Durch die Forschungen der Historikerkommission der Republik Österreich sowie der Historikerkommission der Bank Austria-Creditanstalt ließen sich bereits zahlreiche Ergebnisse zur Rolle der Banken in Österreich, vor allem der Länderbank Wien, publizieren, auf die dieser Abschnitt aufbauen kann. 11 Die Expansion der Dresdner Bank in die ehemalige Tschechoslowakei war nicht nur von zentraler Bedeutung für ihre gesamte Geschäftsentwicklung, sondern auch für ihre Positionierung in der Kreditwirtschaft des Nationalsozialismus. Bereits bei der „Neuordnung" des Bankwesens im Sudetenland konnte sie auf personelle Netzwerke zurückgreifen und darauf aufbauend ihre Interessen gezielt bei den Berliner Ministerien und den Behörden des Herrschaftsapparates vor Ort gegenüber denen konkurrierender Institute durchsetzen. Diese Art von Allianzen ließ sich im Protektorat Böhmen und Mähren noch ausbauen. Die besondere Bedeutung seines industriewirtschaftlichen Potenzials für die deutsche Rüstungsindustrie rückte auch die Dresdner Bank in das Zentrum einiger spektakulärer Geschäftstransaktionen, mit deren Hilfe die Behörden in Berlin wichtige Konzerne der Schwerindustrie und des Maschinenbaus in Böhmen und Mähren kontrollieren wollten. Für Hitlers Kriegsführung wollten sie die Kapazitäten der Rüstungsindustrie ausbeuten. Vor allem die Reichswerke Hermann Göring spielten hier eine zentrale Rolle. Wie weit wurde die Dresdner Bank bei diesen Geschäften zur Komplizin oder gar zur Mittäterin, wie weit ließ sie sich von der Protektoratsverwaltung als Mittel zur Herrschaftsdurchsetzung instrumentalisieren, wie weit profitierte sie von der Ausschaltung der Juden aus Wirtschaft und

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Johannes Bähr/Ralf Banken, Ausbeutung durch Recht. Einleitende Bemerkungen zum Einsatz des Wirtschaftsrechts in der deutschen Besatzungspolitik 1939 bis 1945, in: dies. (Hg.), Das Europa des „Dritten Reiches". Recht, Wirtschaft, Besatzung, Frankfurt a . M . 2005, S. 5 f . Siehe dazu: Clemens Jabloner u. a. (Hg.), Schlussbericht der Historikerkommission der Republik Osterreich, yermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, Wien u. München 2003.

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I. Vorbemerkung

Gesellschaft im Protektorat? Dies sind die Leitfragen dieses Abschnitts. Aufgrund des herausragenden Stellenwerts des Sudetenlands und des Protektorats für die wirtschaftliche Landnahme des NS-Regimes in Mittel- und Osteuropa, aber auch als ökonomische Basis für weitere Expansionsschritte nach Osten werden diese beiden Gebiete im vorliegenden Band ausführlicher als andere Länder behandelt. Die besondere Rolle, welche die Dresdner Bank und die von ihr übernommene Böhmische Escompte-Bank bei diesem Prozess spielten, rechtfertigt ebenfalls eine solche Schwerpunktsetzung. Das Beispiel der Slowakei veranschaulicht dagegen eine andere Variante der Expansion, sowohl für das NS-Regime als auch für die Dresdner Bank. Formal selbstständig, doch de facto von ihrer „Schutzmacht" Deutschland in vielen Bereichen abhängig, konfrontierte die Slowakei die Dresdner Bank mit anderen Rahmenbedingungen für ihre Geschäftsausweitung als etwa Osterreich oder das Protektorat. Die Regierung in Bratislava versuchte mit Nachdruck, sich gegenüber den Berliner Behörden Freiräume bei der Gestaltung der Wirtschaftspolitik im allgemeinen und bei der Bankenpolitik im speziellen zu verschaffen. 12 Wie weit wirkte sich diese Konstellation auf die Expansion der Dresdner Bank aus? Erfüllten sich ihre Erwartungen, ließ sich ihre Position in der Slowakei gar zum „Sprungbrett" für eine weitere Geschäftsausdehnung im gesamten „Südostraum" nutzen? Welche Allianzen waren in Bratislava erforderlich, um dieses Ziel zu erreichen? Weniger aus industriepolitischen als aus geostrategischen Überlegungen spielte die Slowakei im Kalkül der Berliner Ministerien und im Vorstand der Dresdner Bank eine wichtige Rolle. Mit der Entfesselung des Zweiten Weltkriegs und der Besetzung Polens im September 1939 radikalisierte sich die Expansions- und Besatzungspolitik des NS-Regimes erheblich. In Polen wollte sich das Regime bereits wichtige Teile des „Lebensraumes im Osten" sichern, auf Kosten der einheimischen Bevölkerung. Rassepolitik, weniger Wirtschaftspolitik bildete das Leitmotiv für die Besatzungspolitik des Regimes in Polen, sieht man einmal von der rigiden Ausnutzung des industriewirtschaftlichen Potenzials in Ost-Oberschlesien für die deutsche Rüstungswirtschaft ab. Diese Ausrichtung der Besatzungspolitik schuf auch neue Rahmenbedingungen sowohl für die Expansion als auch für die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank und ihrer Affiliationen im besetzten Polen. Wie reagierte sie darauf? Zeigte die Dresdner Bank hier ein besonderes Maß an Regimenähe, waren sie und ihre Tochtergesellschaften bereit, mit dem Besatzungs- und Terrorapparat in Polen zusammenzuarbeiten? Welches Vorstandsmitglied unterstützte einen solchen Kurs, welches sprach sich dagegen aus ? Die „Verwertung" von jüdischem Eigentum und die Vernichtung der Juden wurden im besetzten Polen in bisher kaum vorstellbarer Radikalität durchgeführt. Der Aufbau der dafür notwendigen Institutionen, der Haupttreuhandstelle Ost mit ihren Dependancen, die Ghettoisierung der jüdischen Bevölkerung sowie schließlich ihre physische Vernichtung bildeten zentrale Bestandteile der Besatzungspolitik in Polen. Der SS und ihren einzelnen Ämtern fiel dabei eine zentrale 12

Zur Rolle der „Schutzmacht" Deutschland bei der Politikgestaltung in der Slowakei: Tatjana Tönsmeyer, Das „Dritte Reich" und die Slowakei. Politischer Alltag zwischen Kooperation und Eigensinn, Paderborn 2003.

I. Vorbemerkung

9

Rolle zu. Wie verhielt sich die Dresdner Bank mit ihren Affiliationen? Fand diese Art der Besatzungspolitik ihre Zustimmung, konnte sie gar davon direkt profitieren? Zeigte sie hier ihr Gesicht als Bank der SS? Diese Argumentation lässt sich seit dem Erscheinen des OMGUS-Berichtes über die Dresdner Bank in der Literatur immer wieder feststellen. Eine detaillierte empirische Uberprüfung dieser Ansicht steht jedoch noch aus. Sie ist daher in dem Abschnitt über die Expansion der Dresdner Bank im besetzten Polen zu leisten. 13 Durch den Vernichtungskrieg im Osten, das heißt auf dem Territorium der Sowjetunion, sollte nach dem Willen Hitlers und seiner Satrapen das vollendet werden, was im Protektorat und im besetzten Polen begonnen worden war: die Schaffung von „Lebensraum im Osten", die rücksichtslose Ausbeutung der dortigen Bodenschätze und die Versklavung der einheimischen Bevölkerung, die man zum Arbeitseinsatz im Reichsgebiet zwang. Hitlers Rasse- und Vernichtungskrieg, sein Streben nach Hegemonie über Europa wurde nirgendwo anders so deutlich wie im Feldzug gegen die Sowjetunion. Die Herrschaftspraxis in den beiden neu errichteten Reichskommissariaten Ostland und Ukraine spiegelt diese Brutalität wider. Wie wirkten sich diese Rahmenbedingungen auf die Expansion und die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank in diesen Gebieten aus? Ließ sich überhaupt eine „normale" Geschäftstätigkeit in einem Wirkungsumfeld herstellen, das durch Willkür und Terror des Herrschaftsapparats gekennzeichnet war? Oder adaptierte die Dresdner Bank diese Rahmenbedingungen und entfernte sich damit immer weiter von den Standards des Bankgeschäfts, die bis 1933 gegolten hatten? Der Balkan, der „Südostraum", spielte im Kalkül der Rüstungsplaner in Berlin vor allem als Rohstoffreservoir ein Rolle. Die Ausbeutung der Vorkommen an Metallen und Ol bestimmten die dort praktizierte Wirtschafts- und Besatzungspolitik. Für die Dresdner Bank zeigte sich auf dem Balkan vergleichsweise schnell, dass ihre Expansion durch die Geschäftsausweitung konkurrierender Institute, vor allem des Deutsche-Bank-Konzerns, begrenzt wurde. Dieses Kreditinstitut unterhielt traditionell enge Geschäftsbeziehungen mit dem Balkan, vor allem über die mit ihr seit Ende 1938 verbundene Osterreichische Creditanstalt, was sie bei der „Neuordnung" des Bankwesens in dieser Region gezielt zu ihren Gunsten einsetzen konnte. Die Dresdner Bank konnte diese Konstellation nicht entscheidend zu ihrem Vorteil aufbrechen und musste daher bei vielen Geschäftstransaktionen die Führungsrolle des Deutsche-Bank-Konzerns in dieser Region akzeptieren. Daher wird ihre Geschäftstätigkeit und die ihrer Tochtergesellschaften auf dem Balkan im vorliegenden Band nur kursorisch behandelt. Das Ausgreifen des Dresdner-Bank-Konzerns auf die besetzten Länder in Westeuropa bildet gleichsam einen Kontrapunkt zu seiner Ostexpansion. Ökonomisch waren diese Gebiete weitaus mehr entwickelt als die Länder in Osteuropa. In der Besatzungspolitik kam ökonomischen Motiven wie der Ausschöpfung des industriellen Potenzials und dem Zugriff auf die Vermögenswerte von Juden eine besondere Bedeutung zu. Wie flössen diese Rahmenbedingungen in die Strategie13

Dazu: Office of Military Government for Germany, United States/OMGUS, Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, bearbeitet von der Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Nördlingen 1986, S. 124-135.

10

I. Vorbemerkung

und Expansionsplanungen der Dresdner Bank ein? Konnte man hier gleichfalls mit der Rückendeckung des Besatzungsapparats vorgehen, oder waren hier andere Spielregeln zu beachten, zumal man mit Vertretern des heimischen Bankensystem lange vor der Besetzung bei internationalen Finanztransaktionen intensiv zusammengearbeitet hatte? Lassen sich gravierende Unterschiede in der Expansion der Dresdner Bank und in ihrer Geschäftspolitik zwischen den besetzten Gebieten in West- sowie in Mittel- und Osteuropa feststellen? Für die Ausarbeitung der einzelnen Länderabschnitte sowie der synthetisierenden Schlussbetrachtung ließ sich eine Fülle von bisher unbekanntem Material auswerten. Nicht nur im Historischen Archiv der Dresdner Bank, sondern auch in Archiven in Tschechien, in der Slowakei, Polen und Russland auf der einen sowie in den Niederlanden auf der anderen Seite fanden sich umfangreiche Quellenbestände, die der historischen Forschung bisher nicht zur Verfügung standen. Eine Übersicht und eine Charakterisierung dieser Bestände findet sich in einem gesonderten Kapitel im ersten Band. Expansion und Hegemonie über Europa - zwei zentrale Leitmotive für das Handeln der Entscheidungsträger im NS-Regime. Expansion und Vorherrschaft im Kreditwesen des von den Nationalsozialisten besetzten Europa - auch zwei entscheidende Handlungsanreize für die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank von 1938 bis zum Zusammenbruch im Frühjahr 1945? Diese Frage ist als Leitschnur für die Untersuchungen in diesem Band anzusehen. Damit rücken die Motivlagen und das Kalkül der verantwortlichen Entscheidungsträger bei der Dresdner Bank ebenso in das Blickfeld wie die jeweils spezifischen Rahmenbedingungen der Besatzungspolitik in den einzelnen Ländern. Nur vor diesem Hintergrund sind zwei weitere zentrale Fragen zu klären, um die Rolle der Dresdner Bank im NS-Wirtschaftssystem zu bestimmen: 1. Wie weit besaß sie eigene unternehmerische Handlungsspielräume und in welcher Form konnte sie diese nutzen? 2. Wie weit war die Dresdner Bank dadurch in Machenschaften und Verbrechen des NS-Regimes in den abhängigen oder annektierten Gebieten involviert? Die Expansion der Dresdner Bank in Europa wird in diesem Band unter Verzicht auf eine übergeordnete Leittheorie untersucht. Dafür gibt es gute Gründe: Zum einen fehlt bis heute eine stringente Theorie, mit deren Hilfe sich das Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus und das Handeln der Akteure in ihm hinreichend erklären ließe. Zum anderen verbieten es die unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen in den abhängigen oder annektierten Ländern, eine zwangsläufig abstrakte Großtheorie zu verwenden, weil dadurch Spezifika der in den jeweiligen Gebieten praktizierten Besatzungspolitik außer Acht zu lassen wären. Stattdessen stehen die möglichst genaue Rekonstruktion oftmals komplizierter Geschäftstransaktionen und die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank und ihrer Tochtergesellschaften im Zentrum. Gerade durch diese Art des Zugriffs und der Darstellung erlaubt der vorliegenden Band nicht nur einen genauen Einblick in die unterschiedlichen Formen der Besatzungspolitik sowie die verschiedenen Facetten von Expansion und Geschäftspolitik der Dresdner Bank im besetzten Europa, sondern er dient als Basis für weitere Forschungen zum Verhältnis von Wirtschaft und Staat während des Nationalsozialismus.

II. Die Expansion nach Österreich von Dieter

Ziegler

1. Die Mercurbank als „reichsdeutscher Stützpunkt" in Osterreich Die Darmstädter Bank für Handel und Industrie hatte sich bereits 1902 an der 1887 in Wien gegründeten Wechselstuben AG „Mercur" beteiligt. Zu einem österreichischen Stützpunkt baute sie ihr Engagement aber erst während der zwanziger Jahre aus, als sie ihren Kapitalanteil 1920 von 5% auf knapp 25% und 1927 auf über 50% erhöhte.1 Die Mercurbank, wie sie sich seit 1922 nannte, gehörte zu diesem Zeitpunkt aber nicht zu den Wiener Großbanken, sondern war mit einer Bilanzsumme von 138 Mio. Schilling (1930) deutlich kleiner als die Creditanstalt (1885 Mio. Schilling), die Niederösterreichische Escomptegesellschaft (580 Mio. Schilling) und der Wiener Bank-Verein (532 Mio. Schilling). Selbst die Wiener Niederlassung der Banque des Pays de l'Europe Centrale war mit einer Bilanzsumme von 327 Mio. Schilling noch fast doppelt so groß wie die Mercurbank.2 Im Gegensatz zur Darmstädter Bank für Handel und Industrie bzw. zur Darmstädter- und Nationalbank (Danatbank) hatte die Dresdner Bank am ÖsterreichGeschäft vor ihrer Fusion mit diesem Institut wenig Interesse gezeigt. Selbst ein von der Reichsregierung aus außenpolitischen Gründen erwünschtes Engagement bei der Finanzierung der österreichischen Genossenschaften lehnte die Bank 1927 ab.3 Daher verwundert es nicht, dass die Dresdner Bank die mit der Fusion 1932 übernommene inzwischen rund 95%ige Kapitalbeteiligung an der Mercurbank am liebsten sofort abgestoßen hätte, zumal diese wegen ihrer bekannt engen Bindung an die Danat-Bank am 14. Juli 1931 als einzige Bank in Osterreich ihre Schalter hatte schließen müssen. Da weder die Danat-Bank noch das Deutsche Reich zu diesem Zeitpunkt in der Lage waren, die Mercurbank zu stützen, hatte erst ein Überbrückungskredit der Osterreichischen Nationalbank Ende August 1931 die Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit ermöglicht. Gleichzeitig wurde das Aktienkapital der Mercurbank von 20 Mio. auf 15 Mio. Schilling zusammengelegt." ' N A R A , R G 260, U S A C A , German External Asset Branch, Box 21. Desiree Verdonk, The Wiener Bank-Verein and its Customers in the 1920s and 1930s, in: Alice Teichova (Hg.), Universal Banking in the Twentieth Century. Finance, Industry and the State in North and Central Europe, Aldershot 1994, S. 195. 3 Kurt Stuhlpfarrer u. Leopold Steurer, Die Ossa in Österreich, in: Ludwig Jedlicka u. Rudolf Neck (Hg.), Vom Justizpalast zum Heldenplatz, Wien 1975, S. 46. 4 Hans Kernbauer, Währungspolitik in der Zwischenkriegszeit. Geschichte der Osterreichischen Nationalbank von 1923 bis 1938, Wien 1991, S. 321 ff. 2

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II. D i e Expansion nach Österreich

Aber selbst für den unwahrscheinlichen Fall, dass die Dresdner Bank zu diesem Zeitpunkt einen Käufer für ihre Mercurbank-Beteiligung gefunden hätte, kam eine Aufgabe dieses reichsdeutschen Stützpunktes aus außenpolitischen Gründen nicht in Frage. 5 Das galt bereits für die Zeit unmittelbar nach der Bankenkrise, aber ganz besonders nach der „Machtergreifung" der Nationalsozialisten in Deutschland. Die Dresdner Bank war deshalb in der schwierigen Situation, die Mercurbank einerseits wieder in die Lage zu versetzen, rentabel zu arbeiten. Dies erforderte eine gewisse Anpassung an die politischen Rahmenbedingungen in Osterreich. Andererseits durfte sie aber nicht gegen die Interessen des Reiches als Mehrheitsbeteiligten an der Dresdner Bank und damit auch an der Mercurbank handeln. Bei den guten deutsch-österreichischen Beziehungen während der Weimarer Republik wäre das kein Problem gewesen. Aber seit 1933 hatte sich das Verhältnis zwischen beiden Staaten deutlich abgekühlt. In dieser schwierigen Situation gelang es der Dresdner Bank im März 1933, eine Geschäftsbeziehung zwischen der Mercurbank und der österreichischen Tochter der Vereinigten Stahlwerke, der Alpine Montangesellschaft, herzustellen. Durch einen von der Dresdner Bank verbürgten Kredit über sechs bis acht Mio. Schilling konnte die Mercurbank erstmals eine Kreditbeziehung zu einem österreichischen Großunternehmen aufbauen. 6 Diese Beziehung wurde wenig später dadurch vertieft, dass der Generaldirektor der Alpine Montan, Anton Apold, Anfang 1934 in den Verwaltungsrat der Mercurbank gewählt wurde. Diese Berufung war allerdings nicht nur eine Folge der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zur Alpinen Montangesellschaft, sondern sie besaß einen durchaus politischen Hintergrund: Apold war der exponierteste Nationalsozialist unter Österreichs Unternehmern. Die politische Dimension dieser Umgestaltung des Verwaltungsrates unterstreicht auch die Berufung eines zweiten Nationalsozialisten: Otto Kämper war Erster Direktor der Deutschen Bau- und Bodenbank, die sich über ihre Tochter, die Wiener Baukreditbank, besonders durch ihre „volkstumspolitischen" Aktivitäten hervortat. 7 Mit der Aufnahme von Apold und Kämper in den Verwaltungsrat der Mercurbank waren die österreichischen Nationalsozialisten aber in keiner Weise zufriedengestellt. Wiederholt erhoben sie Forderungen, die Leitung der Bank verstärkt mit „österreichischen nationalen Kräften" zu durchsetzen. Dabei bot der hohe Anteil jüdischer Vorstands- und Verwaltungsratsmitglieder ein willkommenes Argument, um die nationale UnZuverlässigkeit der Mercurbank anzuprangern. 5

6

7

Zur außenpolitischen Konstellation zu Beginn der dreißiger Jahre vgl. Dieter Ziegler, Die „Germanisierung" und „Arisierung" der Mercurbank während der Ersten Republik Osterreich, in: ders. (Hg.), Banken und „Arisierung" in Mitteleuropa während des Nationalsozialismus. Geld und Kapital 5/2001, Stuttgart 2002, S. 22-27. Gerald D. Feldman, The Länderbank Wien A G in the National Socialist Period (Bericht der unabhängigen Historikerkommission der Bank Austria Creditanstalt), Wien 2003, S. 5. Herbert Matis zählt Apold zu den fünf bedeutendsten nationalsozialistischen Unternehmern der Ersten Republik Osterreich, vgl. ders., An Economic Background to Berchtesgaden. Business and Economic Policy in Austria in the 1930s, in: Terry Gourvish (Hg.), Business and Politics in Europe 1900-1970. Essays in Honour of Alice Teichova, Cambridge 2003, S. 61, Anm. 26. Zu Apold vgl. Ziegler, „Germanisierung", S. 26 f.; zu Kämper vgl. Stuhlpfarrer/Steurer, Ossa, S. 51-62; Reinar Matthes, Das Ende der Ersten Republik Österreich. Studien zur Krise des politischen Systems, Diss. F U Berlin 1979, S. 124.

1. Die Mercurbank als „reichsdeutscher Stützpunkt" in Österreich

Abb. 1: Die Wechselstube Landstraße der Mercurbank

in Wien im Frühjahr

13

1938.

Quelle: HADrB.

Tatsächlich erklärten die Vertreter der Dresdner Bank im Juni 1934 ihre „Bereitwilligkeit zu einer vorsichtigen Umbesetzung der in Frage kommenden leitenden Posten im Verwaltungsrat bzw. Vorstand der Mercurbank". 8 Es geschah aber zunächst nicht viel. Lediglich das jüdische Vorstandsmitglied Julius Rüben musste die Bank im August 1934 verlassen. 9 Weitere Maßnahmen wurden dadurch verhindert, dass der gescheiterte nationalsozialistische Putsch die neue österreichische Regierung Schuschnigg im Sommer 1934 zu einer härteren Gangart gegen die Nationalsozialisten im Land veranlasste. Es war nun nicht mehr an die Neuberufung von Nationalsozialisten in die Leitungsgremien der Bank zu denken. Apold musste auf Druck des österreichischen Finanzministeriums sogar seinen Verwaltungsratssitz räumen. Knapp zwei Jahre lang verhielten sich diejenigen Unternehmen ruhig, die aufgrund einer deutschen Kapitalmehrheit von Berlin als „Stützpunkte des Reiches" in Osterreich betrachtet wurden. Aber bereits im Jahr 1936 änderte sich angesichts des wachsenden außenpolitischen Gewichts und der militärischen Stärke des Reiches die Situation erneut. In dem so genannten „Juli-Abkommen" musste sich die österreichische Regierung damit einverstanden erklären, das Land wieder stärker für deutsche Einflüsse zu öffnen. 8

9

Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918-1945, Ser. C, Bd. 11,2, Nr. 479, Göttingen 1973, S. 850. NARA, RG 260, USACA German External Asset Branch, Box 21, Auszug Handelskammerregister.

14

II. D i e E x p a n s i o n nach Österreich

Der Mercurbank, die wegen der zwischenzeitlichen Neuordnung des österreichischen Bankwesens zur drittgrößten Bank des Landes aufgestiegen war, kam als Stützpunkt des Reiches jetzt eine noch größere Bedeutung zu als in der Vergangenheit. Ein besonders glücklicher Umstand war es für die Dresdner Bank, dass Hitlers Wirtschaftsberater Wilhelm Keppler von der N S D A P das Mandat erhielt, die „wirtschaftliche Durchdringung Österreichs" zu organisieren. Dank der verwandtschaftlichen Beziehungen Kepplers zu ihrem Vorstandsmitglied Emil Meyer besaß die Dresdner Bank einen deutlichen Startvorteil gegenüber den anderen deutschen Banken, falls es der nationalsozialistischen Regierung gelingen sollte, den „Anschluss" Österreichs zu erzwingen. Zunächst musste die sich zu diesem Zeitpunkt noch in Reichsbesitz befindliche Dresdner Bank den personalpolitischen Erwartungen entsprechen, die die Nationalsozialisten für einen Stützpunkt des Reiches im Ausland hegten. Im März 1936 teilte Keppler Carl Goetz deshalb unmissverständlich mit, dass leitende jüdische Angestellte bei der Mercurbank nicht zu dulden seien. Gleichzeitig erwartete er, dass an ihre Stelle einige zuverlässige Nationalsozialisten treten würden. 10 Die „Arisierung" der Mercurbank kam aber nicht richtig voran. Ausschlaggebend dafür waren Befürchtungen, die zahlreiche „nichtarische" Kundschaft könne bei einer offenen „Arisierung" der Mercurbank ihre Gelder abziehen.11 Carl Goetz schätzte später „die von jüdischer Seite kontrollierten Einlagen auf 80%". 1 2 Tatsächlich musste außer Rüben nur das zweite jüdische Mitglied, Jacques Kahane, den Vorstand im September 1936 verlassen. Zuvor war im April 1936 der Direktor der Filiale Bregenz, Reichsbürger und NSDAP-Mitglied Adolf Warnecke, auf Veranlassung von Edmund Veesenmayer, Kepplers Büroleiter und Verbindungsmann zur NSDAP-Landesleitung in Wien, in den Vorstand eingetreten. Seitdem wurde die Mercurbank de facto von Warnecke und dem im Jahr 1933 aus Berlin nach Wien beorderten deutschen Staatsbürger Leonhard Wolzt geleitet.13 Das einzige aus der Zeit vor Beginn der verdeckten „Entjudung" der Bank verbliebene Vorstandmitglied, der „jüdisch versippte" österreichische Staatsbürger Alois Hitschfeld, 14 trat bis zum „Anschluss" Österreichs nach außen hin nicht mehr in Erscheinung. Im Verwaltungsrat waren die Veränderungen weniger einschneidend als im Vorstand. Nur der von Keppler namentlich als unerwünscht qualifizierte Fritz Lemberger musste aus dem Gremium ausscheiden, während der „starke Mann", 10 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NI-3908, Brief Kepplers an Goetz vom 20. 3. 1936. 11 Hans Pilder gab in einer Sitzung des Arbeitsausschusses des Aufsichtsrates zu bedenken, dass in der Frage des „Ausscheidens der leitenden Herren, die nichtarisch sind, [...] die Tatsache nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass ein großer Teil der Kundschaft nichtarisch ist." H A D r B , Bestand 135, Aufsichtsrat, Akte 7408-2002, Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses vom 24. 8. 1936. 12 Ebd., Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses vom 9.11. 1937. 13 Wolzt hatte zunächst keine Funktion in der Mercurbank. Er wurde lediglich dem „jüdischen Präsidenten Neumann beigeordnet". Im Jahr 1936 wurde er zum Prokuristen der Mercurbank ernannt. Zu Wolzt vgl. auch Peter Eigner/Peter Melichar, Enteignungen und Säuberungen. Die österreichischen Banken im Nationalsozialismus, in: Ziegler (Hg.), Banken und „Arisierungen", S. 93 f.; Feldman, Länderbank, S. 23-25. 14 N A R A , R G 260, O M G U S Records of the Property Division, Box 539, Aktennotiz Meyers vom 5. 4. 1940.

1. D i e M e r c u r b a n k als „reichsdeutscher S t ü t z p u n k t " in Ö s t e r r e i c h

15

der geschäftsführende Vizepräsident und ungarische Staatsbürger Gabriel Neumann, trotz seiner „nichtarischen" Herkunft in seinem Amt blieb. Die gegenüber der österreichischen Öffentlichkeit kaum zu verschleiernden „Entjudungs"-Bemühungen der Dresdner Bank führten sofort zu einem fühlbaren Geschäftsrückgang. Die Dresdner Bank zögerte deshalb, auch die zahlreichen jüdischen Mitarbeiter im mittleren Management zu entlassen. Daraufhin verstärkte Keppler den Druck. Um die Folgen einer länger dauernden „Entjudung" zu mildern, bemühte sich Edmund Veesenmayer, reichsdeutsche Unternehmen mit Tochtergesellschaften in Österreich dazu zu bewegen, eine Geschäftsbeziehung mit der Mercurbank aufzunehmen. Daraufhin erklärte sich die Dresdner Bank bereit, mit Neumann eine Vereinbarung zu treffen, die Bank zum 1. Oktober 1937 zu verlassen. Gegen diesen Plan lief der von der Dresdner Bank nach Wien beorderte Verbindungsmann Leonhard Wolzt Sturm. Er sah sogar die „Existenz der Mercurbank gefährdet", falls Neumann der Bank den Rücken kehren müsse.15 Da auch die Bemühungen Veesenmayers um neue reichsdeutsche Geschäftskonten wenig Erfolg hatten, beschloss der Vorstand der Dresdner Bank Ende August 1937, dass Neumann erst mit Ablauf seines Vertrages zu Beginn des Jahres 1938 als geschäftsführender Vizepräsident des Verwaltungsrates zurücktreten müsse, erlaubte ihm aber gleichzeitig ein weiteres Verbleiben als einfaches Mitglied im Verwaltungsrat. Außerdem wurde ihm zugesagt, weiterhin Geschäfte für die Bank erledigen zu dürfen. Gegenüber der jüdischen Kundschaft hoffte man die „Arisierung" dadurch zu tarnen, dass Neumanns Position als geschäftsführender Vizepräsident ganz abgeschafft wurde und seine Aufgaben auf den Vorstand übergingen. 16 Tatsächlich erklärte sich Neumann zu Beginn des Jahres 1938 bereit, auf eine Wiederwahl zu verzichten und zum 30. Juni 1938 gegen eine Abfertigung (Abfindung) auszuscheiden. Zudem sollte er drei Jahre lang mit der „Pflege der ausländischen Beziehungen der Mercurbank betraut" werden. 17 Zum Zeitpunkt des „Anschlusses" Österreichs im März 1938 konnte die Dresdner Bank auf eine recht erfolgreiche personelle Umgestaltung der Mercurbank verweisen: Die beiden jüdischen Vorstandsmitglieder waren 1934 bzw. 1936 entlassen und durch Nichtjuden ersetzt worden. Einer von ihnen fungierte sogar als Verbindungsmann zur NSDAP. Aus dem Verwaltungsrat waren bis einschließlich 1937 insgesamt sechs jüdische Mitglieder ausgeschieden und teilweise durch „treue Nationalsozialisten" ersetzt worden. Unter den Bankangestellten waren im Juni 1937 immerhin noch 65 Personen „nichtarisch". Das entsprach einem Anteil von rund 18% der Belegschaft. 18 Während der folgenden Monate setzte sich die

's H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 1397-2002.P, Personalakte Wolzt, Denkschrift vom 28. 7. 1937. " N A R A , R G 260, O M G U S Records of the Property Division, Box 539, Aktennotiz vom 2 6 . 8 . 1937. Vgl. hierzu auch die Begründung gegenüber dem Reichsbank-Direktorium vom 13.9. 1937, in: ebd. 17 ÖStA, AdR, Gruppe 06, Dept. 15, Index 694 (1938), Nr. 21905, Aktennotiz des Bundesministeriums für Finanzen vom 4. 3. 1938. 18 Angesichts des Ausgangswerts von 2 4 % im Jahr 1933 wurde die Reduktion von 71 auf 65 Personen gegenüber der Reichsbank als ein „Fortschritt der Arisierung des Beamtenkörpers" bezeichnet. H A D r B , Tätigkeitsbericht der Auslands-Abteilung für den Monat Juni 1937 (unverzeichnet), S. 21. Vgl. hierzu auch Lieselotte Wittek-Saltzberg, Die wirtschaftspolitischen Auswirkungen der

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II. Die Expansion nach Österreich

Verdrängung der Juden aus der Mercurbank fort. Am Vorabend des „Anschlusses" waren es noch 61 „Nichtarier", wobei der Anteil unter den leitenden Angestellten mit 16 von insgesamt 43 Personen (oder 37%) weiterhin deutlich über dem Durchschnitt lag.19

Okkupation Österreichs, phil. Diss. Wien 1970, S. 142; Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 304, Anm. 1115. " RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 2, Akte 101, Bl. 27, Kurzer Bericht über die Tätigkeit des Staatskommissars in der Privatwirtschaft auf dem Gebiet des Finanzwesens vom 3.11.1938, S. 4f.

2. D i e „ N e u o r d n u n g " des B a n k w e s e n s in Ö s t e r r e i c h

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2. Die „Neuordnung" des Bankwesens in Österreich Die gerade reprivatisierte Dresdner Bank konnte dank der Aktivitäten ihrer österreichischen Tochter als reichsdeutscher Stützpunkt nach dem „Anschluss" auf ein besonderes Entgegenkommen der Behörden hoffen, als die „Neuordnung" des Bankwesens in Österreich anstand. Tatsächlich hatte die Mercurbank bereits Monate bevor Hitler die österreichische Regierung im Februar 1938 in Berchtesgaden mit seinen Ultimaten erpresste, selbstständig erste Schritte unternommen: Im O k tober 1937 bat Neumann den Verwaltungsratsvorsitzenden der Mercurbank, Hans Pilder aus dem Vorstand der Dresdner Bank, um die Genehmigung, mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale (Zentraleuropäische Länderbank) in Paris Verhandlungen wegen der Übernahme ihrer Wiener Filiale durch die Mercurbank aufzunehmen. Auch Pilder erkannte die Notwendigkeit, für den Fall des „Anschlusses" Österreichs vorzusorgen. Allgemein erwartete man, dass die Deutsche Bank in diesem Fall die mit Abstand größte österreichische Bank, die Creditanstalt-Wiener Bankverein, übernehmen würde, mit der sie schon lange eine freundschaftliche Beziehung pflegte. Da die Kapitalmehrheit der Creditanstalt beim österreichischen Staat lag, brauchte die Deutsche Bank dessen Aktienpaket nur zu übernehmen. In diesem Falle hätte die Deutsche Bank nicht nur einen großen Vorteil gegenüber ihren Konkurrenten in Österreich erzielt, sondern sich auch die beste Ausgangsposition für ein eventuelles weiteres Ausgreifen ihres Konzerns nach Südosteuropa verschafft. 20 Anfang März 1938, wenige Tage vor dem Einmarsch der Wehrmacht in Österreich, nahm Neumann deshalb Verhandlungen mit dem Generaldirektor der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Henry Reuter, über einen Zusammenschluss der Mercurbank mit der Wiener Filiale des französischen Instituts auf. Die Dresdner Bank verließ sich aber nicht allein auf diese Sondierungen, sondern ventilierte gleichzeitig im Auswärtigen Amt die Möglichkeit, eine Beteiligung an der Creditanstalt zu erwerben. In diesem Fall wäre man auch bereit gewesen, sich aus der Mercurbank zurückzuziehen. Mit dem Einmarsch deutscher Truppen in Wien wurde die Frage der „Neuordnung" des österreichischen Bankwesens plötzlich konkret. Die Dresdner Bank hatte Neumann die Flucht über die Schweiz nach Paris ermöglicht, wo er umgehend Kontakt zu Reuter aufnahm. Denn auch für die Banque des Pays de l'Europe Centrale stellte sich die Situation nun ganz anders dar als Anfang März. Es war äußerst unwahrscheinlich, dass die deutschen Behörden auf Dauer eine Bank dulden würden, die sich mehrheitlich in französischem Besitz und unter der Leitung eines jüdischen Generaldirektors befand. 21 20

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H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29961-2001.BE, Arisierungen Österreich 1938, Schreiben an Alfred Busch aus dem Vorstand der Dresdner Bank vom 1. 2. 1938. Tatsächlich empfahl der Vorsitzende der Reichsgruppe Banken, O t t o Christian Fischer, dem Reichswirtschaftsministerium am 19. März 1938, aufgrund des ausländischen und jüdischen Einflusses in der Banque des Pays de l'Europe Centrale einen Staatskommissar einzusetzen. Die Berliner Behörde machte sich diesen Vorschlag zu eigen, angeblich wegen der Gefahr von „Kapitalverschiebungen" durch die Bank. R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 2, Akte 104, Schreiben Fischers vom 19. 3. 1938; Brief Fischers an den Delegierten des Reichswirtschaftsministeriums in Wien, Ministerialdirigent Hermann Landwehr, vom 21. 3. 1938.

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II. Die Expansion nach Österreich

!

Karte 1: Österreich nach dem „Anschluss" an das Deutsche Reich 1938.

2. D i e „ N e u o r d n u n g " d e s B a n k w e s e n s in Ö s t e r r e i c h

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Zudem musste sich die Banque des Pays de l'Europe Centrale rasch um Verhandlungen mit Interessenten bemühen, weil sich ihre Filiale in Wien in Auflösung befand. Mit der Ausnahme des Barons Victor von der Lippe waren die Mitglieder der Geschäftsleitung ausnahmslos jüdisch, außerdem drei der fünf Direktoren, alle zehn Vizedirektoren und zwölf von sechzehn Prokuristen. Zahlreiche jüdische Angestellte hatten Wien Ende März bereits verlassen oder waren im Begriff dies zu tun. Reuter und sein Vertrauensmann in Wien, der französische Staatsbürger Joseph Chappey, waren deshalb durchaus bereit zu verkaufen. Aber die Dresdner Bank war nicht ihre erste Wahl. Chappey zog wahrscheinlich das ebenfalls interessierte Münchner Privatbankhaus Merck, Finck & Co. vor. Auch eine Übernahme durch die Creditanstalt wurde erwogen. Deren Generaldirektor Josef Joham hielt eine solche Option allerdings für chancenlos, solange die Dresdner Bank interessiert blieb. 22 Diese Einschätzung war durchaus richtig. Die Dresdner Bank wurde bei ihren Bemühungen, die Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale durch die Mercurbank übernehmen zu lassen, massiv sowohl von Keppler als auch vom Reichswirtschaftsministerium und der Reichsbank unterstützt. Während sich Neumann und Pilder um die französischen Verhandlungspartner bemühten, kümmerten sich ihr Vorstandsmitglied Karl Rasche und der Münchner Filialdirektor Georg Rienecker um die politischen Stellen, vor allem um Görings Generalreferenten für Sonderaufgaben im Reichswirtschaftsministerium, Hans Kehrl, und Kepplers Büroleiter Edmund Veesenmayer. Unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Truppen 23 hatte Rasche Kehrl, der zu dieser Zeit in die Reichsstatthalterei nach Wien abkommandiert war, vorgeschlagen, dass die Mercurbank bei der „Neuordnung" des österreichischen Bankwesens die Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale sowie vier zum Konzern der Creditanstalt gehörende Regionalbanken, die Bank für Oberösterreich und Salzburg in Linz, die Bank für Kärnten in Klagenfurt, die Steiermärkische Escompte-Bank in Graz und die Hauptbank für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck, 24 übernehmen solle. Nachdem sich Kehrl mit dem österreichischen Wirtschaftsminister Hans Fischböck abgestimmt hatte, akzeptierte er nicht nur Rasches Vorschlag, sondern ging noch einen Schritt weiter: Er unterbreitete den Plan, dass die Mercurbank auch das staatseigene Österreichische Kreditinstitut für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten erwerben solle. Im Gegenzug verlangte Kehrl, dass die Dresdner Bank „einige der Regierung in 22 23

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F e l d m a n , L ä n d e r b a n k , S. 37. A m 15. M ä r z 1938 befand sich Pilder bereits in Wien. In einem Telegramm forderte er Rasche auf, unverzüglich nach Wien zu k o m m e n , u m K o n t a k t mit Veesenmayer a u f z u n e h m e n , den er zu diesem Zeitpunkt für die ausschlaggebende Figur hielt. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, A k t e 2 9 9 6 1 - 2 0 0 1 . B E , Arisierungen Österreich 1938, Telegramm v o m 15. 3. 1938. D i e größte dieser K o n z e r n b a n k e n war nach d e m Stand v o n 1936 die B a n k f ü r Oberösterreich und S a l z b u r g mit einer B i l a n z s u m m e v o n rund 34 M i o . Schilling u n d zehn Filialen, gefolgt von der Steiermärkischen E s c o m p t e - B a n k mit einer B i l a n z s u m m e v o n 25 M i o . Schilling, aber nur zwei Filialen, der H a u p t b a n k für Tirol u n d Vorarlberg mit einer B i l a n z s u m m e von 19 M i o . Schilling und sechs Filialen sowie der B a n k f ü r Kärnten mit einer B i l a n z s u m m e v o n 7 M i o . Schilling und drei Filialen. D a s Aktienkapital der vier B a n k e n betrug z u s a m m e n 5,75 M i o . Schilling, Minderheitsbeteiligungen hielten auch die Bayerische H y p o t h e k e n - und Wechselbank und die Bayerische Vereinsbank.

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II. Die Expansion nach Österreich

Österreich oder den Reichsstellen genehme [...] Persönlichkeiten in den Verwaltungsrat wählen" lassen müsse. Außerdem sollte die Dresdner Bank auf die Eröffnung eigener Filialen in Osterreich verzichten und die Mercurbank als selbstständiges Institut bestehen lassen. Schließlich sollte sich die Mercurbank verpflichten, ihre Filialen an den Plätzen zu schließen, an denen die übernommenen Regionalbanken vertreten waren. 25 Nachdem Carl Goetz in Berlin seine Zustimmung erteilt hatte, erklärte sich Rasche gegenüber Kehrl im Grundsatz mit diesen Vorschlägen einverstanden, betonte aber die „hohe Belastung des Geschäfts [der Banque des Pays de l'Europe Centrale] durch Pensionen", womit in erster Linie die bereits ausgeschiedenen und demnächst ausscheidenden jüdischen Mitarbeiter gemeint waren. Außerdem verwies Rasche auf die Forderungen der Franzosen nach einer Vergütung des Goodwill. Um die Verhandlungsposition der Dresdner Bank zu stärken, legte er Kehrl nahe, Druck auf die Führung der Banque des Pays de l'Europe Centrale in Paris und den einzigen verbliebenen Repräsentanten in Wien, Baron von der Lippe, auszuüben. 26 Anfang April 1938 verhandelten Pilder und Neumann in Basel und Paris mit Henry Reuter über eine Fusion der Mercurbank mit der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale. Dabei verfolgte Pilder eine andere Strategie als sein Vorstandskollege Rasche. Während dieser ganz auf die Durchsetzungskraft der politischen Autoritäten vertraute, war Pilder laut einer Aussage Neumanns nach dem Krieg um die internationale Reputation der Dresdner Bank besorgt und verhielt sich gegenüber seinen Verhandlungspartnern im großen und ganzen fair.27 Tatsächlich erwiesen sich die Berechnung des Goodwill und die Behandlung der „nichtarischen" Angestellten der Banque des Pays de l'Europe Centrale in Wien als die schwierigsten Verhandlungspunkte. Die französische Seite konnte mit Recht auf die Bedeutung und das Prestige des gut eingeführten Firmennamens verweisen. Die bereits 1880 in Wien gegründete Länderbank war vor dem Ersten Weltkrieg eine von acht Wiener Großbanken gewesen. Im Zuge der Verhandlungen über die Valorisierung der österreichischen Vorkriegsschulden gegenüber ausländischen Gläubigern fasste man Anfang der zwanziger Jahre den Entschluss, den Firmensitz einiger österreichischer Banken ins westliche Ausland zu verlegen. Deshalb wurde das Institut 1921 als Banque des Pays de l'Europe Centrale neu gegründet. Der geschäftliche Schwerpunkt lag trotzdem weiterhin in Osterreich. Denn der Wiener Repräsentanz standen immerhin 60 Mio. Franc des 100 Mio. Franc betragenden Aktienkapitals zur Verfügung. 28 Während der gesamten Zeit

" 26

27 28

H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29961-2001.BE, Arisierungen Österreich 1938, Schreiben Kehrls vom 28. 3. 1938. „Wir möchten uns daher die Anregung erlauben, auf dem Wege über [...] Baron von der Lippe eine solche Meinungsäußerung [das österreichische Geschäft in österreichische Hände zurückzulegen, D.Z.] der zuständigen amtlichen Stellen an die Direktion der Länderbank gelangen zu lassen. Wir gehen [...] davon aus, dass es keinen anderen deutschen oder österreichischen Bankstellen gestattet wird, in der Zeit, in der wir verhandeln, mit der gleichen Bankstelle in Verhandlungen zu treten." Ebd., Schreiben an Kehrl vom 30. 3. 1938. Zitiert nach Feldman, Länderbank, S. 40. Zur Vorgeschichte des Länderbankgesetzes vom 6. Oktober 1921 vgl. Philip L. Cottrell, Aspects of Western Equity Investments in the Banking System of East Central Europe, in: ders./Alice Tei-

2. Die „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens in Österreich

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bis zur Übernahme durch die Mercurbank im Jahr 1938 entfielen mindestens drei Viertel aller Aktiva und Passiva auf das österreichische Geschäft. 29 Der Anteil des jüdischen Personals war bei der Wiener Filiale mit 260 Beschäftigten auch für österreichische Verhältnisse sehr hoch. Henry Reuter forderte für diese Personen entweder eine garantierte Betriebsrente oder (bei nur wenigen Jahren im Dienst der Bank) eine Abfindung. Dasselbe verlangte er für einige Direktoren der zum Konzern der Länderbank gehörenden Unternehmen. Reuter und Pilder errechneten durch diese Regelungen Pensionslasten von jährlich 700000 bis 800000 Schilling. Da die Länderbank nicht über einen Pensionsfonds verfügte, gingen diese Pensionslasten vollständig zu Lasten des Gewinns. Pilder hoffte allerdings, dass die Rationalisierungsgewinne durch die Zusammenlegung mit der Mercurbank einen Großteil dieser zusätzlichen Lasten ausgleichen würden. Nachdem das Reichswirtschaftsministerium Mitte April 1938 die Verhandlungen über den Kaufpreis der Wiener Niederlassung der Banque des Pays de l'Europe Centrale freigegeben hatte, einigten sich beide Seiten darauf, dass die Mercurbank im Rahmen eines Asset-deals 30 alle Aktiva und Passiva, einschließlich aller Beteiligungen, der Bankgebäude und der Pensionsverpflichtungen, mit Wirkung vom 1. Januar 1938 übernehmen solle. Ausgenommen von der Übernahme wurden Aktiva im Wert von etwa 13,5 Mio. Schilling. Dabei handelte es sich um ausländische Debitoren und Effekten, welche die Banque des Pays de l'Europe Centrale in Devisen realisieren konnte. Der Buchwert dieser Aktiva entsprach in etwa den Verbindlichkeiten der Wiener Filiale gegenüber der Pariser Zentrale. Auf diese Weise konnte das in Wien bestehende mit Eigenkapitalfunktion ausgestattete Passivum nach Paris transferiert werden, ohne dass dafür Devisen benötigt wurden. Da die Debitoren zum Buchwert übernommen wurden, räumte man der Mercurbank acht Wochen Zeit zur Bonitätsprüfung ein, wobei der Stichtag auf den 11. März 1938 festgelegt wurde (§7). Damit erreichte Reuter, zusätzliche Rückstellungen für die verschlechterte Bonität jüdischer Schuldner seit dem Einmarsch zu vermeiden. Obwohl der Übernahmevertrag keine ausdrückliche Goodwill-Zahlung vorsah, unterschied sich diese Übernahme von den meisten „Arisierungs"-Verträgen: Die Mercurbank verpflichtete sich, in alle am 11. März 1938 bestehenden Anstellungsverträge einschließlich der Pensionsanwartschaften einzutreten. Dabei war im Übernahmevertrag ausdrücklich festgelegt worden, dass die „nichtarischen" Pensionäre und Angestellten, einschließlich derjenigen, die nach dem „Anschluss" ins Ausland geflohen waren, nicht schlechter behandelt werden sollten als „die von den gleichen Maßnahmen betroffenen [...] Angestellten der Credit-Anstalt"

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chova (Hg.), International Business and Central Europe 1918-1939, New York 1983, S. 316-321; Alice Teichova, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte, München 1988, S. 89-91. Von der Bilanzsumme per 31. Dezember 1937 in Höhe von umgerechnet 331,3 Millionen Schilling entfielen 284,5 Millionen Schilling auf die österreichischen Niederlassungen. „Das Fundament der gesamten bankgeschäftlichen Tätigkeit, nämlich das Finanzierungs- und Kreditgeschäft, war im wesentlichen auf die Niederlassung Wien beschränkt, während die Pariser Zentrale ihr Hauptbetätigungsfeld im Devisen- und Escomptegeschäft sowie in der Platzierung festverzinslicher Emissionen suchte". N A R A , R G 260, U S A C A , German External Asset Branch, Box 21, Exposé zur Länderbank Wien A G von H . Kreis (undat.), S. 3. Zu diesem Verfahren vgl. Bd. 2, Köhler, Kap. V.2

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II. Die Expansion nach Österreich

in vergleichbarer Position (§ 22). D e r Barwert dieser Verpflichtungen w a r auf etwa 22,6 Mio. R M geschätzt worden. 3 1 Die Leistung könnte man als eine versteckte Goodwill-Zahlung der Mercurbank bzw. der Dresdner Bank interpretieren, 3 2 die allerdings nicht unmittelbar der Pariser Muttergesellschaft, sondern den österreichischen Angestellten - und damit zu einem nicht unwesentlichen Teil den jüdischen Angestellten - zugute k o m m e n sollte. Dafür verzichteten die ehemaligen Angestellten der Banque des Pays de l'Europe Centrale auf alle Forderungen gegen das Institut. Parallel zu den Verhandlungen mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale nahm die Dresdner Bank auch Kontakt mit der Zivnostenska banka in Prag auf, u m mit dieser die Modalitäten einer möglichen Ü b e r n a h m e ihrer Wiener Filiale zu besprechen. 3 3 Die schließlich getroffene Vereinbarung ist dem Ubernahmevertrag mit der Länderbank Paris auf den ersten Blick sehr ähnlich. Eine genauere A n a lyse der Vertragsbedingungen zeigt jedoch, dass die Dresdner Bank ihre Interessen gegenüber der tschechischen Bank sehr viel energischer durchsetzte als gegenüber ihren französischen Verhandlungspartnern. A n zwei wesentlichen Punkten unterscheiden sich die Vertragsbedingungen erheblich. Von den 121 Angestellten der Wiener Filiale der Zivnostenska banka war zwar nur einer Jude, so dass sich das „Entjudungs"-Problem nicht stellte. Wie bei der Banque des Pays de l'Europe Centrale übernahm die Mercurbank aber auch hier nur „Deutschösterreicher" als Angestellte. Im Fall der Wiener Filiale der Zivnostenska banka waren dies 65 Personen. 3 4 Das Problem von Abfindungen bzw. Pensionierungen stellte sich also ähnlich. Anders als bei der Banque des Pays de l ' E u r o p e Centrale trat die Mercurbank bei der Zivnostenska banka aber nur in die Pensionsanwartschaften der übernommenen Angestellten ein (§ 18). Die nicht weiter beschäftigten Angestellten musste die Zivnostenska banka auf ihre Kosten

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N A R A , R G 260, O M G U S , Office of the Finance Division and Financial Advisor, B o x 49, Vertragsentwurf (undatiert); ebd., U S A C A , German External Asset Branch, B o x 20, Bericht der Länderbank Wien vom 2 0 . 1 1 . 1946. Zu diesem Ergebnis kam auch eine Untersuchungskommission der US-amerikanischen Besatzungsbehörde in Osterreich, als sie feststellte: „It is a fair inference that the pension liabilities were considered as offsetting the good will assets." Ebd., Länderbank Wien A G , Report vom 17. 7. 1947. Von welcher Seite die Initiative für diese Verhandlungen ausging, ist unklar. Während Alfred Busch in einer Aktennotiz Anfang April 1938 darauf verwies, dass die tschechische Bank den ersten Schritt tat ( H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5462-2000, Aktennotiz vom 4 . 4 . 1938), behauptete der damalige stellvertretende Filialleiter der Zivnostenska banka, Josef Velek, im Jahr 1990, dass ein Repräsentant der Mercurbank bereits am 13. März 1938 in Begleitung von zwei SA-Männern erschienen sei und die Übergabe des Geschäfts verlangt habe. O b w o h l ein weiterer Beleg für diese These fehlt, wird sie von der Österreichischen Historikerkommission übernommen, weil es „keine Gründe" gebe, an dieser Version zu zweifeln (vgl. Eduard Kubü/Gudrun Exner, Tschechen und Tschechinnen, Vermögensentzug und Restitution, Veröffentlichungen der Osterreichischen Historikerkommission, Bd. 23/3, München/Wien 2004, S. 69 f.). Gegen diese Version spricht allerdings, dass bei den Diskussionen über die „Neuordnung" des österreichischen Bankwesens zwischen Rasche und Kehrl Ende März zwar von der Länderbank, dem Österreichischen Kreditinstitut für öffentliche Unternehmungen und mehreren Regionalbanken, nicht aber von der Zivnostenska banka die Rede war. Unter den 65 übernommenen Angestellten waren fünf tschechische und ein jugoslawischer Staatsbürger. Von den übrigen Angestellten wurden 34 in die Zentrale nach Prag übernommen und 32 entlassen. Ebd., S. 71.

2. Die „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens in Österreich

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in den Ruhestand versetzen, sofern sie diese nicht nach Prag übernahm. Darüber hinaus beteiligte sich die Mercurbank auch nicht an den Pensionslasten der ausgeschiedenen Angestellten. Die Pensionsverpflichtungen für die bereits im Ruhestand befindlichen Angestellten verblieben bei der Zivnostenskä banka. Sofern diese Personen ihren Wohnsitz im Deutschen Reich behielten, sollten ihnen die Pensionen in Reichsmark ausgezahlt werden. Zu diesem Zweck hatte die Zivnostenskä banka bei der Mercurbank ein Wertpapierdepot im Wert von 500 000 R M zu unterhalten, das die Zahlungen garantierte (§ 26). Der zweite wichtige Unterschied zum Ubernahmevertrag mit der LänderbankFiliale betraf die Übernahme der Debitoren. Danach durfte die Mercurbank eine Reihe von Schuldnern ablehnen, deren Kredite ihr nicht ausreichend gesichert erschienen. Damit verblieben bei der Prager Bank zahlreiche Engagements, die aufgrund der Ereignisse nach der Besetzung Österreichs „notleidend" geworden waren. Eine Obergrenze für die zurückgewiesenen Debitoren wurde nicht festgelegt (§ 6). Ihr Nominalwert wurde Mitte Juni auf gut 3 Mio. R M geschätzt. Im Hinblick auf die Gesamtsumme aller Passiva, die in der Wiener Filiale der Zivnostenskä banka in Höhe von etwa 22,2 Mio. R M verbucht worden waren, lag dieser Wert auch weit höher als die bei Asset-deals übliche Obergrenze von 10%." Während der Verzicht auf die Zurückweisung „jüdischer" Debitoren und die Übernahme der Pensionsverpflichtungen im Fall der Banque des Pays de l'Europe Centrale als eine verdeckte Goodwill-Zahlung interpretiert werden kann, bedeutet das Fehlen entsprechender Regelungen im Übernahmevertrag mit der Zivnostenskä banka, dass in diesem Fall nicht nur kein offener, sondern auch kein verdeckter Goodwill vergütet wurde. Über die Gründe für diese unterschiedliche Behandlung kann nur spekuliert werden. Auffällig ist allerdings, dass die Verhandlungen über den Vertrag mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale von Pilder unter Vermittlung von Neumann geführt wurden, während die Verhandlungsdelegation der Zivnostenskä banka unter der Leitung des Oberdirektors (Vorstandsvorsitzenden) der Prager Zentrale, Jan Dvoräcek, mit Karl Rasche konfrontiert war. Die Verhandlungsbasis war annähernd gleich. Der einzige Unterschied bestand darin, dass die Wiener Filiale der Zivnostenskä banka sehr viel kleiner war als die Niederlassung der Banque des Pays de l'Europe Centrale. Ihr Anteil an der Bilanzsumme des fusionierten Instituts lag gerade einmal bei 6 % . Über nennenswerte Beteiligungen in Osterreich verfügte sie auch nicht. Die Mercurbank hätte also auf die Filiale der zivnostenskä banka verzichten können und wäre mit der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale trotzdem zur zweiten Großbank in Wien aufgestiegen. Auf die Filiale des französischen Instituts musste sie dagegen den größten Wert legen. Diese steuerte etwa zwei Drittel der Bilanzsumme der späteren Länderbank Wien A G bei. 36 Bei den Verhandlungen dürfte sich dieser Unterschied kaum ausgewirkt haben. Weder die Banque des Pays de l'Europe Centrale noch die Zivnostenskä banka » 36

ÖStA, AdR, Gruppe 06, Dept. 15, Index 694 (1938), Nr. 47016, Vertragsentwurf (undatiert), Schreiben der Mercurbank vom 12. 6. 1938. Vgl. hierzu die Daten in N A R A , R G 260, USACA, German External Asset Branch, Box 20, Länderbank Wien AG, Report vom 17. 7 . 1 9 4 7 .

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II. D i e E x p a n s i o n nach Österreich

waren gleichwertige Verhandlungspartner für die Dresdner Bank. Beide mussten zu einer Vereinbarung gelangen. Ihre Verhandlungspositionen waren ähnlich schwach, weil die Fortführung des Geschäfts in W e n angesichts der politischen Lage aussichtslos war, zudem die staatlichen Stellen die Einschaltung möglicher anderer Interessenten untersagten. Die unterschiedlichen Ergebnisse der Verhandlungen können deswegen nur so interpretiert werden, dass Pilder tatsächlich Wert auf ein weiterhin untadeliges Ansehen der Dresdner Bank im Ausland legte und deshalb einen gemessen an den Umständen fairen Umgang mit seinen Verhandlungspartnern pflegte, während Rasche die Notlage der tschechischen Verhandlungspartner ohne irgendwelche Skrupel ausnutzte. Dabei kam ihm sicherlich auch die heraufziehende „Sudetenkrise" zugute, die während der Verhandlungen in der Tschechoslowakei Panik auslöste. 37 Im Juli 1938 war „ein wirtschaftlich neues Bankunternehmen" entstanden, das, so formulierte es die Dresdner Bank in ihrem Genehmigungsantrag für die Übernahmeverträge, „den besonderen Bedürfnissen im Lande Osterreich, soweit sie im Rahmen des Vierjahresplanes auftauchen, mit unserer Unterstützung dienen und sich außerdem vornehmlich den bankmäßigen Aufgaben in dem südosteuropäischen Wirtschaftsraum widmen" soll. 38 Nachdem die Fusion vollzogen war, stellte die Dresdner Bank darüber hinaus stolz fest, dass es „während der letzten Jahre [...] das Ziel ihrer Politik bei der Mercurbank" gewesen sei, „im Augenblick des Anschlusses und des Sieges der nationalsozialistischen Bewegung in Osterreich ein schlagkräftiges Bankinstitut zur Verfügung zu stellen für den wirtschaftlichen Zusammenschluss Österreichs mit dem Altreich", wobei ihrer Ansicht nach die „Umschichtung aller Besitzverhältnisse durch das Ausmerzen des nichtarischen Elements" ein besonderes Problem darstellte.39 U m diese Aufgaben zu bewältigen, wurde das Aktienkapital der nun als „Länderbank Wien A G " firmierenden regionalen Großbank auf 20 Mio. RM verdoppelt. Doch während sich die Situation in Wien mit der Übernahme der Filiale der Zivnostenskä banka sogar noch besser gestaltete, als in den „Neuordnungsplänen" unmittelbar nach dem „Anschluss" vorgesehen, entwickelten sich die Verhältnisse in der österreichischen Provinz für die Mercurbank nicht so günstig. Die Mercurbank konnte zwar ihre Filialen in Innsbruck, Linz, Salzburg, Baden bei Wien und Graz (alles Filialen der Banque des Pays de l'Europe Centrale) sowie in Bregenz, Bludenz, Klosterneuburg und Wener-Neustadt (alles Mercurbank-Filialen) weiterführen. Gegen die Übernahme der vier Regionalbanken aus dem Konzern der Creditanstalt regte sich jedoch Widerstand. Erstens war die Creditanstalt nicht bereit, ihre Töchter kampflos der Konkurrenz zu überlassen. Dafür brachte sie vor allem den ehemaligen Direktor ihres Industriebüros, den mittlerweile zum Handels- und Finanzminister ernannten Hans Fischböck, gegen

Darauf weisen vor allem Kubü u. Exner mit Bezug auf tschechische Quellen hin. Vgl. dies., Tschechen, S. 73. 38 N A R A , R G 260, U S A C A , German External Asset Branch, Box 20, Schreiben an den Staatsminister für Finanzen vom 2. 6. 1938 (Kopie). 3 ' H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5458-2000, Denkschrift (ohne Autor, undat., Juli 1938), S. 1 ff.

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2. D i e „Neuordnung" des Bankwesens in Österreich

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Wilhelm Keppler als den wichtigsten Befürworter dieser Pläne in Stellung. 40 Zweitens widersetzten sich auch die Gauleiter der betroffenen Provinzen einem solchen Vorgehen. 41 Nachdem über die Zukunft des Osterreichischen Kreditinstituts für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten schon im Mai 1938 durch den Verkauf der Aktienmehrheit an eine Tochter der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, die Salzburger Kredit- und Wechselbank, entschieden worden war, zog sich das Tauziehen um die Zukunft der Provinzbanken aus dem Konzern der Creditanstalt bis in das Jahr 1939 hinein. Allerdings waren die Chancen der Länderbank Wien für eine Übernahme der vier Banken ab Mitte 1938 eher gering. Die Diskussion spitzte sich zu diesem Zeitpunkt auf die Frage zu, ob die Provinzbanken beim Konzern der Creditanstalt bleiben oder - wie von den Gauleitern verlangt - verselbstständigt werden sollten. 42 Die Länderbank änderte deshalb ihre Strategie und bemühte sich um die Genehmigung für die Eröffnung weiterer Filialen in Klagenfurt, Krems, Leoben, St. Pölten, Steyr und Wels. Der zuständige Reichskommissar für das Kreditwesen verhielt sich diesen Wünschen gegenüber aber zurückhaltend, weil er entweder die Region ausreichend mit Kreditinstituten versorgt sah oder weil sich die Gauleiter gegen die Errichtung weiterer Filialen von Wiener Banken aussprachen. Der Reichskommissar für das Kreditwesen genehmigte schließlich nur die Eröffnung einer Niederlassung in St. Pölten, wo die Banque des Pays de l'Europe Centrale bereits eine Zweigstelle unterhalten hatte. 43 Erfolgreicher als in der österreichischen Provinz war die Länderbank 1939 in Wien und in den annektierten südmährischen Gebieten, wo sie Ende 1938 die Filialen der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt (Bebca) in Znaim, Lundenburg und Nikolsburg übernehmen konnte. 44 Im Juni 1939 unterbreitete die „Hermes" Ungarische Allgemeine Wechselstuben A G der Länderbank Wien den Wunsch, sie möge das Geschäft ihrer Wiener Filiale mit rund 40 (ausnahmslos deutschen) Angestellten weiterführen. Nachdem die Genehmigung des Reichskommissars erfolgt war, legte die Länderbank Wien das Geschäft der ehemaligen Filiale der Zivnostenskä banka mit der Hermes-Zweigstelle zusammen und verfügte damit über eine große, auf ausländisches Reisepublikum spezialisierte Nie-

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RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 2, Akte 305, Aktennotiz des Oberregierungsrates Joachim Riehle aus dem Reichswirtschaftsministerium vom 30. 5. 1938. Die erste nachweisbare Attacke des in dieser Hinsicht aktivsten aller Gauleiter, des Oberösterreichers August Eigruber, gegen den „Wiener Zentralismus" datiert von Mitte April 1938. Ebd., Akte 103, Schreiben Eigrubers an Riehle vom 16. 4. 1938. Vgl. hierzu den Briefwechsel zwischen Ministerialrat Wolf vom Reichskommissariat für das Kreditwesen, Riehle und Oberregierungsrat Kratz vom Reichskommissariat für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich in ebd., Akte 89. Ebd., Akte 83, Aktenvermerk des Reichskommissars für das Kreditwesen, Friedrich Ernst, vom 10. 1.1939; ÖStA, AdR, Bürckel Materie, Karton 92, Mappe 2/65/2/1, Schreiben der. Länderbank Wien vom 3 . 2 . u. 16.2.1939; Schreiben Riehles vom 28.2.1939; ÖstA, AdR, Gruppe 06, Dept. 15, Index 697 (1939), Nr. 32240, Schreiben Emsts vom 14.3. 1939; Index 697 (1939), Nr. 33666, Schreiben der Länderbank Wien vom 18. 5. 1939. Vgl. hierzu ausführlich Harald Wixforth, Auftakt zur Ostexpansion. Die Dresdner Bank und die Umgestaltung des Bankwesens im Sudetenland 1938/39, Dresden 2001, S. 112 f., sowie Kap. III in diesem Band.

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II. Die Expansion nach Österreich

derlassung.45 Wenig später übernahm die Länderbank noch die Wiener Filiale der Societä Italiana di Credito. Quantitativ waren beide Institute jedoch kaum von Bedeutung. 46

« ÖStA, AdR, Gruppe 06, Dept. 15, Index 697 (1939), Nr. 34811, Schreiben der Länderbank vom 6. u. 17. 7. 1939. Die Genehmigung zur Übernahme der Filiale erfolgte am 10. 8. 1939 durch ein Schreiben des Reichskommissars für das Kreditwesen. 46 Die Bilanzsumme betrug jeweils etwa nur 1 % der Bilanzsumme der Länderbank. Eigene Berechnung nach den Angaben in NARA, RG 260, USACA German External Asset Branch, Box 21, Expose über die Länderbank Wien AG von H. Kreis (undatiert, 1947).

3. Die Gründung der Länderbank Wien A G

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3. Die Gründung der Länderbank Wien A G Obwohl die Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale weit mehr als die Hälfte des Geschäfts des fusionierten Instituts einbrachte, spielte deren Führungspersonal bei der neuen Länderbank Wien keine Rolle. 47 Die meisten ihrer leitenden Angestellten hatten Österreich als „Nichtarier" zum Zeitpunkt der Fusion bereits verlassen, die verbliebenen wurden nicht weiter beschäftigt. Der einzige nichtjüdische Wiener Direktor, Baron Victor von der Lippe, kam ursprünglich für eine Führungsposition in Frage, um die Überleitung des Geschäfts auf das fusionierte Institut abzuwickeln. Er wurde bei der Neubesetzung des Vorstandes aber nicht berücksichtigt, weil er sich auch noch nach der Einigung über die Fusion seinem alten Arbeitgeber gegenüber loyal verhielt und Versuche der Dresdner Bank hintertrieb, das neue Institut nachträglich von einigen eingegangenen Verpflichtungen zu befreien. 48 Das Führungspersonal der Filiale der Zivnostenskä banka war für einen Vorstandsposten der Länderbank Wien A G ebenfalls ungeeignet, weil es sich bei ihnen - wie Pilder in einer Denkschrift ausführte - entweder um „Nichtarier" handelte (womit in diesem Fall wahrscheinlich nicht Juden, sondern Tschechen gemeint waren) oder sie „aus anderen Gründen nicht in Frage" kamen. 49 Damit musste praktisch das gesamte Führungspersonal der Mercurbank übernommen werden, was auch Alois Hitschfeld einschloss, der als „jüdisch versippt" galt und unter anderen Umständen sicherlich nicht in den Vorstand einer bedeutenden Regionalbank berufen worden wäre. Für Hitschfeld sprachen seine Erfahrung und seine unbestrittene fachliche Qualifikation, aber er war kaum als ein Garant für die von den Behörden geforderte nationalsozialistische Ausrichtung der Länderbank anzusehen. Deshalb sah sich die Dresdner Bank gezwungen, auch Adolf Warnecke in den Vorstand zu übernehmen, obwohl er, wie Pilder ganz offen zugab, allein „unter dem Gesichtspunkt des Ariers und des Deutschen in die Wiener Zentrale berufen worden" war. Als Nationalsozialist erhielt Warnecke allerdings die Funktion des „Betriebsführers". Hitschfeld war als einziges fachlich qualifiziertes Vorstandsmitglied für das neue Institut natürlich nicht ausreichend, zumal die Position des geschäftsführenden Vizepräsidenten, bei der Mercurbank Gabriel Neumann, abgeschafft werden musste, da sie dem deutschen Aktienrecht widersprach. Im Frühjahr 1938 hatte die Dresdner Bank zunächst mit dem 40-jährigen Münchner Filialdirektor Georg Rienecker und mit einem 35-jährigen Direktor der Gesamtbank, Hermann Richter, zwei Fachleute nach Wien beordert, die zusammen mit dem bereits 1933 nach Wien entsandten Leonhard Wolzt die Verhandlungen vor Ort führten (Rienecker) bzw. die Fusion technisch abwickelten (Richter und Wolzt). Da Richter und Rien47

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Von den Wiener Direktoren und stellvertretenden Direktoren wurde niemand übernommen. L e diglich unter den Prokuristen und Filialdirektoren der Länderbank Wien finden sich einige wenige ehemalige Mitarbeiter der Banque des Pays de l'Europe Centrale. Vgl. Eigner/Melichai; E n t eignungen und Säuberungen, Anhang, S. 106 ff. H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Protokoll der Sitzung des Personalausschusses der Mercurbank vom 12. 7. 1938, S. 5; Aktennotiz Pilders vom 2. 8. 1938. Zu den Indiskretionen des Barons von der Lippe siehe unten. Ebd., Akte 5458-2000, Denkschrift (undatiert, Juli 1938), S. 3.

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II. D i e E x p a n s i o n nach Österreich

ecker im Sommer 1938 wieder abgezogen wurden, bot es sich an, Wolzt in den Vorstand zu berufen. Seitdem wurde die Länderbank Wien de facto von Hitschfeld und Wolzt geleitet.50 Mit Warnecke als einzigem Vertrauensmann in der Führung der Länderbank Wien waren die Wiener Parteistellen nicht zufrieden, zumal er die in ihn gesetzten Erwartungen offenbar schon vor dem „Anschluss" nicht ganz erfüllt hatte.51 Der Staatskommissar in der Privatwirtschaft Walter Rafelsberger „empfahl" der Dresdner Bank deshalb, den 42-jährigen gebürtigen Österreicher Josef Ritter von Paic als Direktor zu berufen. Das langjährige Parteimitglied besaß zwar Berufserfahrung im österreichischen Bankwesen - zuletzt war er Präsidialsekretär bei der Osterreichischen Industriekredit A G - , aber nach Ansicht der Dresdner Bank war er nicht versiert genug, um sofort in den Vorstand der Länderbank Wien aufzurücken. Er wurde deshalb ebenso wie einige weitere zuverlässige Nationalsozialisten aus der Mercurbank und der alten Länderbank 52 zum Direktor ernannt. Obwohl der weitere Aufstieg in den Vorstand für von Paic nur eine Frage der Zeit war, wollte er diese „Lehrzeit" offenbar nicht abwarten und wechselte im Dezember 1938 in den Vorstand der Österreichischen Kontrollbank für Industrie und Handel. 53 Einen zweiten Personalvorschlag unterbreitete Rafelsbergers innerparteilicher Widersacher, der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Josef Bürckel, der den Direktor der Orientbank-Filiale Alexandria, Karl Wilhelm Lehr, gerne als Führungskraft bei der Länderbank sehen wollte. 54 Zwar war Pilder von dieser Personalie wenig begeistert, 55 doch akzeptierte die Dresdner Bank schließlich diesen Vorschlag, zumal es sich um einen leitenden Angestellten aus dem eigenen Konzern handelte. Lehr wurde deshalb zusammen mit Wolzt im Oktober 1938 in den Vorstand der Länderbank Wien berufen. Die politischen Stellen nahmen auf die Zusammensetzung des Verwaltungsrates einen noch größeren Einfluss als bei der Neubesetzung des Vorstandes. Aufsichtsratsmitglieder der Banque des Pays de l'Europe Centrale kamen für ein Mandat im Verwaltungsrat der Länderbank von vornherein nicht in Frage: Entweder waren sie Juden, oder man unterstellte ihnen eine ungebrochene Loyalität zum Pariser Institut. Dies galt selbst für den bisher amtierenden Vizepräsident des Wolzt und Karl Wilhelm Lehr wurden im Sommer 1938 zunächst nur zu stellvertretenden Vorstandsmitgliedern ernannt. Die Berufung zum ordentlichen Mitglied erfolgte im Frühjahr 1939. Ebd., Akte 5460-2000, Protokoll der Verwaltungsratssitzung vom 17. 4.1939. Seitdem übte Wolzt das informelle Amt des Vorstandssprechers aus. Vgl. Feldman, Länderbank, S. 72. 51 Vgl. hierzu die Kritik des Leiters des Bundes der Auslandsdeutschen in Osterreich, einer Unterorganisation der NSDAP-Auslandsorganisation, aus dem Jahr 1937. N A R A , R G 260, O M G U S Records of the Property Division, Box 539, Aktennotiz Meyers vom 5.8. 1937, sowie die Nachkriegsaussage von Leonhard Wolzt, ebd., U S A C A German External Asset Branch, Box 21, Vermerk vom 14. Juni 1947. 52 Vgl. hierzu Feldman, Länderbank, S. 72 ff. 53 Zu Ritter von Pai£, der im September 1932 in die N S D A P eingetreten war, vgl. H A D r B , Bestand 137, Personalbüro Berlin, Akte E.4874. Als Vorstandsmitglied der Kontrollbank arbeitete von Paid eng mit Rafelsberger zusammen, der die Vermögensverkehrsstelle leitete. 54 ÖStA, AdR, Bürckel Materie, Karton 92, Mappe 2/65/2/1, Schreiben Bürckels vom 27.5. 1938. 55 Lehr werde ihm zufolge als „Innenmann und Revisor [...] sehr nützlich sein, aber nicht eigentlich die Geschäftsführung darstellen" können. HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 54582000, Denkschrift (undatiertjuli 1938), S. 3 ff. 50

Abb. 2: Die Zentrale der Länderbank

Wien, Am Hof 2.

Quelle: HADrB.

Gremiums, Emil Freund, einen österreichischen Staatsbürger. Das Gros des neuen Verwaltungsrats bildeten deshalb Personen, die bereits bei der Mercurbank in diesem Gremium gesessen hatten, darunter auch Nationalsozialisten wie der Stahlindustrielle Otto Böhler, der Privatbankier Alfred Prinz zu HohenloheSchillingsfürst und der reichsdeutsche Bankdirektor Otto Kämper.56 Nach dem „Anschluss" kehrte auch das ehemalige Mitglied Anton Apold auf seinen Posten zurück, der 1936 auf Druck der österreichischen Regierung das Gremium hatte verlassen müssen. Als ausschließlich politisch motivierte Neuberufungen können außer Apold auch Edmund Veesenmayer und der Gauwirtschaftsberater für Niederdonau, Heinz Birtheimer, angesehen werden. Zudem hatten sich weitere neu in den Verwaltungsrat der Länderbank Wien berufene Personen während der Endphase der Ersten Republik als illegale Nationalsozialisten und damit aus Sicht der neuen Machthaber in Wien als politisch zuverlässig erwiesen: der Verwaltungsratsvorsitzende des Wiener Giro- und Kassenvereins Robert Hammer, der Baustoffunternehmer Walter Hiedler und der Eisenindustrielle August SchmidtSchmidtsfelden. Für die Dresdner Bank übernahmen die Vorstandsmitglieder Hans Pilder und Hans Schippel den stellvertretenden Vorsitz im Verwaltungsrat der Länderbank. Zudem delegierte sie neben Pilder auch Karl Rasche in den Vorstand des Instituts, denen noch Hermann Richter als Mitglied eines „Beirats" zur

56

Zur Nazifizierung des Verwaltungsrats der Mercurbank vor 1938 vgl. Ziegler, „Germanisierung", S. 26 ff.

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II. Die Expansion nach Österreich

Seite gestellt wurde. Feldman charakterisiert den Einfluss der Dresdner Bank auf die Länderbank Wien deswegen zu Recht als „dominant". 57 Nicht nur die beiden letzten jüdischen Verwaltungsratsmitglieder der Mercurbank, der Vizepräsident Gabriel Neumann und das ehemalige Vorstandsmitglied der Dresdner Bank, Samuel Ritscher, erhielten kein Mandat mehr im Verwaltungsrat der Länderbank, sondern auch andere Personen, die bei der Mercurbank in diesem Gremium gesessen, sich aber politisch nicht in der gewünschten Weise exponiert hatten. 58 Im Ergebnis war der Verwaltungsrat der Länderbank eines der am stärksten mit überzeugten Nationalsozialisten durchsetzten Gremien der privaten Wirtschaft während der NS-Diktatur. Dies war der Preis, den die Dresdner Bank für die Unterstützung der Parteistellen bei der „Neuordnung" des Bankwesens in Osterreich zu zahlen hatte. Die Übernahme der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale war auf den ersten Blick eine insgesamt faire Transaktion, berücksichtigt man die politischen Rahmenbedingungen und die verdeckte Goodwill-Zahlung. Dies bestätigte auch der Präsident des Instituts aus Paris, André Luquet, auf einer außerordentlichen Generalversammlung im Juli 1938. 59 Nach der Vertragsunterzeichnung zeigte es sich aber sehr schnell, dass das nicht der Fall war. Ahnlich wie bei der „Arisierung" des Dresdner Stammhauses von Gebr. Arnhold versuchte die Dresdner Bank auch hier, die Konditionen nachträglich zu ihren Gunsten zu verändern. Die parallel zu den Verhandlungen mit Henry Reuter von Emil Meyer und Alfred Busch aus dem Vorstand der Dresdner Bank geführte Korrespondenz mit dem österreichischen Finanzministerium belegt eindeutig, weshalb die Dresdner Bank nicht gewillt war, sich gegenüber der Banque des Pays de l'Europe Centrale auf eine bestimmte Summe für die Erfüllung der Ansprüche jüdischer Angestellter festzulegen. Während die französische Seite unter der Vertragsbestimmung, wonach ihre österreichischen Angestellten, einschließlich der jüdischen, nicht schlechter gestellt werden durften als diejenigen der Creditanstalt, die Regelung verstand, dass Abfindungs- und Pensionszahlungen entsprechend den österreichischen Gesetzen festzulegen seien, versuchte die Dresdner Bank, diese Regelungen zu Ungunsten der Anspruchsberechtigten zu verändern. Henry Reuter hatte geglaubt, auf eine präzisere Festlegung verzichten zu können, weil das österreichische Verfahren im internationalen Vergleich als außerordentlich günstig für die Beschäftigten galt. Während in Deutschland im Zuge des Personalabbaus nach der Stabilisierung der Mark Mitte der zwanziger Jahre und nach der Bankenkrise Anfang der dreißiger Jahre in der Regel ein Monatsgehalt je Zur Bildung des Verwaltungsrat der Länderbank Wien vgl. ausführlich Feldman, Länderbank, S. 70 f. Rasche wurde wahrscheinlich deswegen nicht auch formal Mitglied des Vorstandes der Länderbank, weil das deutsche Aktienrecht die gleichzeitige Mitgliedschaft in Vorstand und Aufsichtsrat desselben Unternehmens nicht zuließ. 58 Das galt allerdings nicht für den Sektionschef im österreichischen Finanzministerium, Alfred Kempf, der nach dem „Anschluss" in die Direktion der Ersten Osterreichischen Spar-Casse in Wien berufen wurde und daher kein Aufsichtsratsmandat bei einer privaten Bank wahrnehmen konnte. Vgl. Ziegler, „Germanisierung", S. 31. 5 9 N A R A , R G 260, O M G U S Records of the Property Division, Box 539, Ansprache des Präsidenten (deutsche Ubersetzung) vom 18. 7. 1938. 57

3. Die Gründung der Länderbank Wien A G

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Dienstjahr gezahlt worden war, sah die Vollzugsanweisung des österreichischen Staatsamtes für soziale Verwaltung vom 2. Juni 1919 vor, dass bei einer Dienstzeit von bis zu fünf Jahren das Einfache, bei bis zu zehn Jahren das Eineinhalbfache, bei bis zu 25 Jahren das Doppelte und bei mehr als 25 Jahren das Dreifache des Jahresgehalts zu zahlen war. Bevor der Vertrag mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale unterzeichnet war, stellte Busch folgende Berechnung auf: Nach den in Osterreich gültigen Bestimmungen wurden für Abfindungen der nicht übernommenen ca. 140 „nichtarischen" Länderbank-Angestellten etwa 450000 R M benötigt. Für die 648 Altpensionäre der Zentraleuropäischen Länderbank in Osterreich - wovon etwa ein Drittel „Nichtarier" waren - fielen jährlich etwa 740 000 R M an. Durch die Pensionierung von „nichtarischen" Länderbank-Angestellten, die zum Zeitpunkt des „Anschlusses" noch im aktiven Dienst standen, erhöhte sich diese Summe um etwa 400 000 RM, „wenn nicht [...] im Interesse der österreichischen Wirtschaft eine Senkung erfolgen sollte". Sowohl Emil Meyer als auch Alfred Busch bezeichneten es in ihren Schreiben an das Finanzministerium darüber hinaus als „unbillig", wenn die neue Länderbank mit solchen Kosten belastet würde, wobei Meyer ausdrücklich darauf hinwies, dass es sich bei den abzufindenden Angestellten fast ausschließlich um „Nichtarier" handelte. 60 Busch verlangte deshalb wenig später eine gesetzliche Regelung, welche die Banque des Pays de l'Europe Centrale aus allen Vertragsverpflichtungen gegenüber ihren ehemaligen Angestellten entließ. Damit entsprach er auch den Erwartungen der französischen Vertragspartner. Denn es lag in erster Linie in deren Interesse, wenn sich diejenigen ehemaligen Angestellten, die eine Uberführung ihrer Verträge auf die Mercurbank ablehnten, wegen der Erfüllung ihrer Ansprüche nicht mehr an das Pariser Institut wenden konnten. Gleichzeitig schlug Busch dem Finanzministerium vor, die österreichischen Regelungen zur Berechnung von Abfindungen ausdrücklich auszuschließen. 61 Leider sind Berechnungsmodelle für die Abfindungen nicht überliefert. Wahrscheinlich ließ die Dresdner Bank ihre Verhandlungspartner in dem Glauben, sie werde sich an die gültigen Gesetze halten. Als der in Wien verbliebene Repräsentant des Pariser Instituts, Baron Victor von der Lippe, gegenüber Hans Pilder im Mai 1938 das Problem der zu erwartenden Anträge auf eine Kapitalisierung der Betriebsrenten ansprach, wich dieser aus. Dem Baron schwebte vor, dass die Mercurbank ihren jüdischen Pensionären den siebenfachen Betrag der ihnen zustehenden Jahrespension als Abfindung zahlen sollte. Da dieser Vorschlag sehr vorsichtig abgelehnt worden war, konnte sich von der Lippe kaum vorstellen, dass Pilder unter den zu dieser Zeit in Deutschland für „Arier" üblichen Kapitalisierungssatz gehen würde, der bei dem fünffachen Betrag der Jahrespension lag. Die Gleichstellung der „jüdischen" mit den nichtjüdischen Angestellten war für die Franzosen ohnehin eine Grundvoraussetzung für eine Regelung der Pensionsund Abfindungsfrage. 60

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Ebd., Schreiben Meyers vom 24. 5. 1938; ebd., USACA, German External Asset Branch, Box 20, Schreiben Büschs vom 2. 6. 1938. Ebd., O M G U S Records of the Property Division, Box 539, USACA, German External Asset Branch, Box 20, Schreiben vom 2. 6. 1938.

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II. Die Expansion nach Österreich

Das Gesetz, das die Übernahme der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale regelte, enthielt die von den Franzosen gewünschte Bestimmung. Danach wurde das Institut von allen Ansprüchen seiner ehemaligen österreichischen Angestellten befreit. Einen Passus, der die vorzeitige Lösung von Dienstverträgen mit jüdischen Angestellten oder gar besondere Regelungen für Abfindungen oder Pensionen vorsah, enthielt das Gesetz jedoch nicht.62 Dennoch wurden die alten österreichischen Regelungen durch eine Verordnung Bürckels aufgehoben, in der gleichzeitig bestimmt wurde, dass alle „Nichtarier" zum 31. August zu entlassen und ihre Abfindungen auf höchstens 18 Monatsgehälter zu begrenzen seien.63 Diese Verordnung wurde nicht veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Dresdner Bank bereits folgende Berechnung der zu zahlenden Abfindungen aufgestellt: Von den 130 jüdischen Angestellten, die zu Beginn der Verhandlungen noch im Dienst der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale standen, waren 39 bereits ausgeschieden. Ihnen war eine Abfindung in Höhe von etwa 350000 RM gezahlt worden. Drei jüdische Angestellte waren zwischenzeitlich verstorben oder hatten von sich aus gekündigt. Von den verbleibenden 88 jüdischen Angestellten sollten nur acht eine Betriebsrente erhalten, während 80 Personen abgefunden werden sollten. Dafür wurde aufgrund der neuen Abfindungsregelung nach den Berechnungen der Dresdner Bank nur noch ein Betrag von insgesamt 315000 RM benötigt. Die Zahl der jüdischen Betriebsrentner lag zu Beginn der Verhandlungen bei 220 Personen (einschließlich der Witwen) mit einer jährlichen Pensionsverpflichtung in Höhe von insgesamt 374 000 RM. Um diese Belastung zu senken, sollten alle 101 Betriebsrentner, die das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, mit einer Abfindung entlassen werden. Mit 29 jüdischen Betriebsrentnern war bereits eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden. Die dafür notwendige Abfindungssumme lag bei 80000 RM. Den übrigen 72 Betriebsrentnern unter 65 Jahren sollte nun nur noch eine Abfindung nach den neuen Richtlinien gezahlt werden. Der dafür notwendige Betrag wurde auf rund 180000 RM geschätzt.64 Nach den Vorstellungen der Dresdner Bank wären demnach 220 jüdische Angestellte und Betriebsrentner der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale entlassen und abgefunden worden. Der Gesamtbetrag für die Abfindungen wurde auf etwa 925 000 RM geschätzt,65 wobei die Bank in der Mehrheit der Fälle von den neuen Richtlinien Gebrauch machen konnte, wonach nur höchstens 62

Gesetz betreffend die Wiener Niederlassung der Zentraleuropäischen Länderbank, Paris, vom 6.7. 1938, Gesetzblatt für das Land Österreich, Jg. 1938,27. Stück, Nr. 233, S. 657. « HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Aktennotiz Pilders vom 2.8. 1938; NARA, RG 260, O M G U S Records of the Property Division, Box 539, Exposé Leeses vom 2.11. 1938. 64 HADrB, Bestand 277, Revisionsabteilung, Akte 109350, Bericht über die technische Übernahme und Revision der Zentral-Europäischen Länderbank, Niederlassung Wien vom 30. 6. 1938, S. 14. 65 In der ersten Bilanz der Länderbank Wien vom 31. Dezember 1938 wurden Abfindungen und Sonderzahlungen als außerordentliche Unkosten in Höhe von 2,07 Mio. RM ausgewiesen. Dazu: Ebd., Akte 109351, Bericht über die Revision der Länderbank Wien 1939, S. 13. Diese Zahl ist aber nicht mit der Schätzung vom Juni 1938 zu vergleichen, weil darin auch die Abfindungen der jüdischen Angestellten der Mercurbank enthalten sind. Außerdem werden zahlreiche Betriebsrentner zwischen dem 31. August und dem Jahresende ihre Rentenansprüche kapitalisiert haben. Diese Möglichkeit war im Juni noch nicht thematisiert worden.

3. D i e G r ü n d u n g d e r L ä n d e r b a n k W i e n A G

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18 Monatsgehältern zu zahlen waren. Am 1. September 1938 waren beim Wiener Institut zudem 127 jüdische Betriebsrentner gemeldet. Die dafür aufzuwendenden Pensionsverpflichtungen wurden auf 229000 RM pro Jahr taxiert, womit sie deutlich unter den Pensionsverpflichtungen vom Mai 1938 lagen. Henry Reuter erfuhr von der Absicht der Dresdner Bank, ab sofort keine höheren Abfindungen als 18 Monatsgehälter zu zahlen, durch Baron von der Lippe. Nachdem die ersten Entlassungsschreiben verschickt waren, wandte sich Reuter an seinen Verhandlungspartner Hans Pilder, um diesen zu veranlassen, die bisher in Österreich geltenden Regelungen einzuhalten. Pilder erwiderte darauf, dass die Höhe der Abfindungssummen vertraglich nicht fixiert worden sei. Es sei vielmehr nur festgelegt worden, dass die Angestellten der Länderbank nicht schlechter gestellt werden dürften als diejenigen der Creditanstalt, 66 die sich natürlich auch an Bürckels Vorgaben hielt. Formal war Pilder mit seiner Argumentation im Recht. Damit rächte sich Reuters Vertrauen in seinen Verhandlungspartner, der offenbar nie vorgehabt hatte, Reuters Erwartungen zu entsprechen, und sich in der Hoffnung auf eine neue gesetzliche Regelung allen Festlegungen entzogen hatte. Die Verhandlungen zogen sich über ein halbes Jahr hin, wobei sich die Fronten weiter verhärteten. Pilder schlug im Arbeitsausschuss des Aufsichtsrats Anfang Oktober 1938 vor, für die Betriebsrenten der „nichtarischen Pensionisten" eine „analoge Behandlung" einzuführen, wie sie im Altreich gehandhabt" wurde. 67 Dabei schwebten ihm Kürzungen in der Größenordnung von 25% vor. Wegen der vertraglichen Verpflichtung, die eine Schlechterstellung der Länderbank - im Vergleich zu den Betriebsrentnern der Creditanstalt - nicht erlaubte, schlug Pilder außerdem vor, entgegen der Praxis im „Altreich" über den Bankenverband eine landesweit abgestimmte Regelung zu erreichen. Zudem beschäftigte sich das Gremium mit Vorschüssen auf die zu erwartende Abfindung im Falle von kapitalisierten Rentenansprüchen, welche die ehemaligen jüdischen Angestellten benötigten, um ihre Auswanderung zu finanzieren. „Nach einer längeren Diskussion" wurde auch hier ein restriktiveres Vorgehen als in der Vergangenheit beschlossen. Diese Entscheidung ist nur so zu interpretieren, dass die Länderbank weitere Kürzungen bei der Kapitalisierung von Rentenansprüchen ins Auge fasste. 68 Auch diese Praxis entsprach dem Verhalten der Dresdner Bank im „Altreich", wobei allerdings die Zahl der jüdischen Betriebsrentner bei der Länderbank Wien im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft wesentlich größer war als bei der Dresdner Bank. 69 Das Reichswirtschaftsministerium zeigte sich sehr zurückhaltend, wenn die impliziten Vereinbarungen zwischen der Dresdner Bank bzw. Mercurbank und 66 67 68

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HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Aktennotiz Pilders vom 2. 8. 1938. Vgl. hierzu ausführlich Bd. 2, Ziegler, Kap. III.2. H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Protokoll der Sitzung des Arbeitsausschusses vom 2 . 1 0 . 1938. Nach dem Revisionsbericht vom August 1939 hatte die Länderbank Wien insgesamt 777 Betriebsrentner (einschließlich Witwen) zu „betreuen", davon waren 240 Personen Juden. HADrB, Bestand 277, Revisionsabteilung, Akte 109351, Bericht über die Revision der Länderbank Wien A G 1939, S. 29 f. Angesichts einer Gesamtbelegschaft von etwa 1200 Mitarbeitern stellten die Rentenansprüche dieses Personenkreises in der Tat eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Diese Zahlen waren der Mercurbank und der Dresdner Bank bereits bei der Vertragsunterzeichnung bekannt. Sie wussten also von Anfang an, welche Belastungen auf das fusionierte Institut zukamen.

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II. Die Expansion nach Österreich

der Banque des Pays de l'Europe Centrale umgangen werden sollten. Zum Beispiel war die Berliner Behörde darüber befremdet, dass sie nur eingeschaltet wurde, damit die Dresdner Bank einen von ihr geschlossenen Vertrag nicht einhalten musste. Außerdem sei es kein guter Beginn für die neue Bank, wenn sie staatliche Hilfe verlange, bevor die erste Bilanz vorliege. Die Übernahme der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale sei für die Mercurbank ein großer Vorteil gewesen, da sie als ehemals kleineres Institut nun zu einer ernsthaften Konkurrentin der Creditanstalt aufgestiegen sei. Daher seien alle Klagen völlig unbegründet - so das Reichswirtschaftsministerium. 70 Die Länderbank Wien sah sich in ihrer Haltung nicht nur isoliert, sondern auch Anfang Dezember 1938 gezwungen, einer Forderung Henry Reuters zu entsprechen. Dieser hatte verlangt, die bisher gezahlten Betriebsrenten sowie die noch für Dezember und Januar offenstehenden Betriebsrenten nicht auf die bei der Ablösung der Rentenansprüche anfallenden Abfindungen anzurechnen. Reuters Forderung, den fünffachen Betrag einer Jahresrente zur Berechnungsgrundlage für diese Abfindungen anzuerkennen, lehnte der Personalausschuss der Länderbank jedoch ab und erklärte sich nur bereit, entsprechend der Praxis bei der Creditanstalt zu verfahren. Diese hatte den zweieinhalbfachen bis dreifachen Betrag einer Jahresrente zur Ablösung der Rentenansprüche ausgezahlt. In diesem Zusammenhang stellten Pilder und Veesenmayer noch einmal die Frage zur Diskussion, die Ansprüche der „nichtarischen" Betriebsrentner zu kürzen. Dabei beriefen sie sich auf die Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom November 1938. 71 Anfang Januar 1939 war Reuter mit seiner Geduld am Ende. Ultimativ forderte er die Länderbank Wien auf, binnen acht Tagen zu erklären, ob sie „im Sinne der Ubernahmeverträge gewillt sei, jene Verpflichtungen zu erfüllen, welche die Zentraleuropäische Länderbank, Niederlassung Wien, ihren Angestellten, gleichgültig ob Arier oder Nichtarier, gegenüber übernommen hatte". Obwohl Pilder genau wusste, dass Reuter unter diesen „Verpflichtungen" etwas anderes verstand als die Länderbank Wien, schlug er als Antwort eine Erklärung vor, dass die Länderbank Wien „selbstverständlich in diese Verpflichtungen vertragsgemäß eintrete", aber nicht ohne den Hinweis, „soweit dies mit Rücksicht auf die geltenden Gesetze des Deutschen Reiches möglich sei". Gleichzeitig ließ er sich die Option einräumen, Reuter zu drohen, dass die Länderbank Wien künftig eine Kapitalisierung der Rentenansprüche gar nicht mehr genehmigen werde, wenn sich die Banque des Pays de l'Europe Centrale nicht endlich mit der Wiener Praxis einverstanden erklärte. In diesem Fall verlöre ein Auswanderer entschädigungslos seine Rentenansprüche, sobald er die Grenze des Deutschen Reiches überschreiten würde. Dies war sicherlich keine leere Drohung. Denn die Dresdner Bank war ihrerseits Anfang 1939 im „Altreich" dazu übergegangen, ihren auswandernden

™ RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 2, Akte 68, Bl. 41, Schreiben der Dresdner Bank und der Länderbank Wien vom 1. 11. 1938; Schreiben an die Länderbank Wien vom 8. 11. 1938. 71 HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Protokoll der Sitzung des Personalausschusses vom 2.12. 1938.

3. D i e Gründung der Länderbank Wien A G

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Betriebsrentnern gar keine Entschädigung für die Einstellung der Rentenzahlungen mehr zuzuerkennen. 72 In den folgenden Wochen fanden weitere Verhandlungen zwischen Reuter und Pilder statt, bei denen sich jedoch kein konkretes Ergebnis erzielen ließ. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erklärte Reuter, die Länderbank Wien habe tatsächlich die Zahlungen eingestellt. Dies sei nur deswegen rückgängig gemacht worden, weil er sich an den Präsidenten der Schweizer Nationalbank gewandt habe, um das vertraglich vereinbarte Schiedsgerichtsverfahren einzuleiten. 73 Offensichtlich befürchtete man bei der Dresdner Bank, von einer neutralen Instanz vor der Weltöffentlichkeit als vertragsbrüchig gebrandmarkt zu werden. Denn bereits im Jahr 1938 war es einem ehemaligen Direktor der Wiener Niederlassung der Banque des Pays de l'Europe Centrale nach seiner Flucht gelungen, sämtliche Guthaben der Länderbank Wien in den USA zur Sicherstellung der ihm zustehenden Abfindungsansprüche beschlagnahmen zu lassen. Bis Mitte 1939 war es der Bank zwar gelungen, die beschlagnahmte Summe auf den Betrag zu begrenzen, den der ehemalige Direktor für seine Ansprüche geltend machte. Uber den Ausgang des anhängigen Gerichtsverfahrens wagte die Bank aber selbst kurz nach Kriegsausbruch noch keine Prognose. 74 Obwohl sich die Banque des Pays de l'Europe Centrale durch den Verkauf ihrer österreichischen Filialen wesentlich verkleinert hatte - die Bilanzsumme schrumpfte von 1,8 Mio. Francs 1937 auf gerade 400000 Francs 75 - , obwohl sie sich ausdrücklich vertraglich hatte zusichern lassen, dass sie keine Verpflichtungen gegenüber ihren österreichischen Angestellten mehr hatte, bemühten sich das Pariser Institut und namentlich ihr Generaldirektor Henry Reuter darum, möglichst vielen ehemaligen jüdischen Angestellten die Auswanderung zu ermöglichen. Im Herbst 1938 hatte Reuter noch die von der Länderbank Wien vorgeschlagene Beteiligung an der Gildemeester-Aktion abgelehnt. Mit dieser vermeintlichen „Hilfsaktion" wollte man österreichischen Juden die Auswanderung ermöglichen. 76 Später holte Reuter aber 22 ehemalige Angestellte nach Paris und stellte sie dort wieder ein. Ferner nutzte er seine Kontakte ins Ausland, um weitere Anstellungsmöglichkeiten zu finden. Schließlich stattete er ehemalige Angestellte mit Devisen aus, wenn entweder die Länderbank Wien ihren Verpflichtungen nicht nachgekommen war oder wenn ihnen durch die konfiskatori-

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Ebd., Protokoll der Sitzung des Personalausschusses vom 17.1. 1939. NARA, R G 260, USACA German External Asset Branch, Box 21, Aussage vom 12.6. 1947. HADrB, Bestand 277, Revisionsabteilung, Akte 109351, Bericht über die Revision der Länderbank Wien AG 1939, S. 17. NARA, R G 60, Records of the Economic Welfare Section, Box 85, Board of Governors of the Federal Reserve System, „German Banking Penetration in Continental Europe" (September 1944). Zur Gildemeester-Aktion allgemein vgl. Theodor Venus/Alexandra-Eileen Wenck, Die Entziehung jüdischen Vermögens im Rahmen der Aktion Gildemeester. Bericht der Österreichischen Historikerkommission, Wien 2002; Peter Berger, The Gildemeester Organisation for Assistance to Emigration and the Expulsion of Jews from Vienna 1938-1943, in: Gourvish (Hg.), Business and Politics in Europe 1900-1970, S. 215-245. In einem konkreten Fall hatte Reuter die Bereitstellung von Devisen im Wert von $ 100000 für die Auswanderung von 100 Personen abgelehnt, weil er an der Durchführbarkeit der Aktion zweifelte. HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 54602000, Protokoll der Sitzung des Personalausschusses vom 2.12.1938.

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II. Die Expansion nach Österreich

sehen Steuer- und Devisenbestimmungen des Reiches kaum Geldbeträge geblieben waren. 77 Damit unterschied sich die Praxis der Banque des Pays de l'Europe Centrale im Umgang mit den jüdischen Angestellten in Wien fundamental von der Verfahrensweise bei der Dresdner Bank bzw. der Länderbank Wien. Während die Dresdner Bank ihren Handlungsspielraum eindeutig zu Ungunsten der betroffenen jüdischen Angestellten ausnutzte und die antijüdische Gesetzgebung schamlos für ihre Zwecke instrumentalisierte, so dass sich selbst das Reichswirtschaftsministerium darüber irritiert zeigte, unterstützte Reuter die ehemaligen Angestellten seiner Bank, obwohl weder er noch sein Institut dazu verpflichtet waren. Sein langes Zögern erklärt sich allein dadurch, dass er erst zu Jahresbeginn 1939 begriffen hatte, dass er die Länderbank Wien nicht mehr dazu bewegen konnte, die im Frühjahr 1938 vereinbarten Regeln zur Behandlung jüdischer Angestellter einzuhalten. Insofern entspricht es keineswegs der Realität, wenn Pilder im August 1938 über Reuter urteilte, dass sich dieser während der Verhandlungen nicht um das Schicksal der jüdischen Mitarbeiter seiner Wiener Filiale gekümmert habe, aber jetzt die „Rechte der Juden bei uns [...] eifrig zu schützen" versuche, „die er selbst nicht geschützt hat". 78

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Eine ausführliche Würdigung der Aktivitäten Reuters in Feldman, Länderbank, S. 65. HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 5460-2000, Aktennotiz Pilders vom 2. 8. 1938.

4. G r u n d l i n i e n der Geschäftspolitik der L ä n d e r b a n k W i e n

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4. Grundlinien der Geschäftspolitik der Länderbank Wien 1938-1945 Die Befürchtungen der Dresdner Bank, die Ertragskraft ihrer neuen Tochtergesellschaft in Wien sei wegen Abfindungen und Pensionsbelastungen eher gering, erwiesen sich schon bald als unbegründet. Seit der Errichtung der neuen Länderbank Wien wuchs deren Bilanzsumme innerhalb eines halben Jahres bis Ende 1938 um 25% von etwa 265 Mio. RM auf 330 Mio. RM. Dabei ließ sich der Rückgang der Kreditoren und Spareinlagen vom Frühjahr 1938, der wegen „spürbarer Abhebungen von jüdischer Seite" allein bei den Kundeneinlagen der Wiener Filiale der Banque des Pays de l'Europe Centrale etwa 25% betragen hatte, mehr als ausgleichen. Auch in den folgenden Jahren stieg der Kreditorenbestand weiter an. Lediglich der Kriegsausbruch im September 1939 unterbrach diesen Trend kurzzeitig. Die Spareinlagen brauchten dagegen eine längere Zeit, um den rückläufigen Trend umzukehren. Der Tiefpunkt scheint erst im Spätsommer oder Herbst 1939 erreicht worden zu sein, als die Auswanderung der österreichischen Juden sich dem Ende zuneigte. 79 Während des Krieges stiegen die Spareinlagen dann sogar wieder schneller an als der Kreditorenbestand (s. Tab. II/l). Die Deutsche Revisions- und Treuhand AG stufte die Liquidität der Länderbank ebenfalls bereits am Ende des Jahres 1938 wieder als günstig ein. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein wesentlicher Grund für diese vermeintlich positive Entwicklung in der für die NS-Zeit typischen Struktur des Wechselportfolios lag: Wie Tabelle II/l zeigt, standen immer weniger echten Handelswechseln zunehmend Mefo-Wechsel und kurzfristige Staatsschuldtitel gegenüber. 80 Nicht ganz so günstig entwickelte sich das Effekten- und Kreditgeschäft. Die Länderbank Wien hatte einige wertvolle Beteiligungen an österreichischen Industrieaktiengesellschaften von der Banque des Pays de l'Europe Centrale übernommen. Im Vergleich zum Effektenbestand der Creditanstalt war dieser Beteiligungsbesitz allerdings recht klein. Den wichtigsten Posten stellten dabei die Aktienpakete der Perlmooser Zement AG (Aktienkapital 19,5 Mio. R M ) im Nominalwert von knapp 5 Mio. RM, der Waagner-Biro Brückenbau AG (Aktienkapital ca. 6,3 Mio. RM) im Nominalwert von 2,3 Mio. RM und der Hirmer Zuckerfabrik AG (Aktienkapital 3,5 Mio. R M ) im Nominalwert von 1,4 Mio. RM dar.81 79

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Die Revisionsabteilung der Dresdner Bank machte für den anhaltenden Rückgang der Spareinlagen „das Abziehen jüdischer Spareinlagen" und die Einführung des Legitimationszwanges von Sparbuchinhabern verantwortlich (HADrB, Bestand 277, Revisionsabteilung, Akte 109351, Bericht über die Revision der Länderbank Wien 1939, Anlage 1). Bei der Interpretation der Tabelle sollte man berücksichtigen, dass sie durch einen „WindowDressing"-Effekt beeinträchtigt wird. Während die Monatsausweise für den Dezember-Ultimo zugleich die veröffentlichte Jahresbilanz darstellten und die Bank deshalb bemüht wai; das Verhältnis von „Wechseln" zu Schatzwechseln etwas zu schönen, zeigen die Ausweise der übrigen Monate ein realistisches Bild. Uber den Anteil der Mefo-Wechsel am gesamten Wechselbestand liegen für die Jahresbilanzen keine Informationen vor. Es ist aber anzunehmen, dass die Bank jeweils um die Weihnachtszeit Schatzwechsel gegen Mefo-Wechsel austauschte, um einen höheren Anteil echter Handelswechsel gegenüber den Finanzwechseln vorzutäuschen. H A D r B , Bestand 277, Revisionsabteilung, Akte 109350, Bericht über die technische Übernahme und Revision der Zentral-Europäischen Länderbank, Niederlassung W e n , vom 30. 6. 1938, A n lage 2.

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II. Die Expansion nach Österreich m 00„ (N M- NO" ON ND in Ö

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0 O " Ebd. 126 Ebd., Brief Hans Weinmanns an die Dresdner Bank vom 2. 3. 1939. 123

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

16130 Aktien der Brüxer Kohlenbergbau-Gesellschaft Abstriche machen musste. Wurden für diese Aktien im Nennwert von 500 Kc im November 1938 noch Preise von um die 1000 Kc gezahlt, so wollte die Dresdner Bank dafür nun die eine Hälfte zu pari, die andere zu 480 Kc übernehmen. 127 Die Dresdner Bank drängte zur Eile, die Transaktion durchzuführen, da die dafür erforderliche Devisengenehmigung zeitlich eng begrenzt war. Der Kaufpreis für die Aktien sollte über ein Sonderkonto der Reichsbank bei der Tschechoslowakischen Nationalbank bezahlt werden, während Hans Weinmann seine Aktien auf ein Depot transferieren sollte, das die Dresdner Bank bei der Zivnostenskä banka eingerichtet hatte. 128 Hans Weinmann hatte zu Recht erkannt, dass er die Transaktion abwickeln musste, bevor sich die politische Lage in Prag dramatisch verändern würde. Er bat die Dresdner Bank, das Geschäft bis zum 17. März 1939 abzuschließen, so dass er ab diesem Zeitpunkt über den Betrag von 7991900 Kc für die von ihm gelieferten Aktien verfügen konnte. 129 Wie richtig diese Einschätzung war, bestätigte sich schon bald. Mit der Okkupation Prags wurden alle Devisentransfers und Vermögensübertragungen zwischen reichsdeutschen Banken und Prager Instituten gestoppt. Das Geschäft mit Hans Weinmann drohte daher zunächst zu scheitern. 130 Doch nachdem einige devisenrechtliche Fragen geklärt waren und die beteiligten Kreditinstitute wohl auch interveniert hatten, ließ sich die Transaktion wie geplant abwickeln. 131 Hans Weinmann glaubte daher, der Dresdner Bank guten Willen und ein hohes Maß an „Fairness" unterstellen zu können. Es gibt Hinweise darauf, dass er aus diesem Grund der Dresdner Bank weitere Aktienpakete aus seinem Besitz und dem des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins anbot, als er Mitte März 1939 zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geriet. 132 Seine Hoffnung auf schnelle und „faire Verhandlungen" wurde jedoch enttäuscht. Die Anfang März endgültig fertig gestellten Gutachten über die einzelnen Kohlenzechen und Weiterverarbeitungsbetriebe des Weinmann-Konzerns zeigten, dass die Bergbauexperten deren Wert teilweise deutlich niedriger beziffert hatten als in den ersten Schätzungen. 133 Ebd., Aktennotiz vom 22. 2. 1939. Eine genaue Kursnotiz für die Aktien der Brüxer Kohlenbergbau-Gesellschaft für Anfang März ist nicht verfügbar. Daher ist nicht zu entscheiden, ob der von der Dresdner Bank gezahlte Preis dem aktuellen Kursniveau entsprach. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass der Aktienkurs von November 1938 bis 1939 gefallen war: Akte 30837-2001 .BE, Sudetenländische Bergbau AG, Brief (ohne Unterschrift) an Rasche vom 5 . 1 2 . 1938. 128 Ebd., Akte 2 9 7 3 5 - 2 0 0 1 . B E , Weinmann-Konzern (1), Brief von Rasche und Ansmann an Hans Weinmann vom 8. 3 . 1 9 3 9 . 129 Ebd., Brief Hans Weinmanns an die Dresdner Bank vom 13. 3 . 1 9 3 9 ; Brief Rinns und Ansmanns an Hans Weinmann vom 14. 3. 1939; Brief der ¿ivnostenskä banka vom 14.3. an die Dresdner Bank, Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 15. 3. 1939. 130 Ebd., Brief der Zivnostenskä banka an die Dresdner Bank vom 15. 3 . 1 9 3 9 ; Depesche der Dresdner Bank an die Zivnostenskä banka vom 16. 3. 1939. 131 Ebd., Brief der Zivnostenskä banka an die Dresdner Bank vom 1 7 . 3 . 1939; Briefe der Dresdner Bank an Hans Weinmann und an die Zivnostenskä banka vom 21. 3 . 1 9 3 9 . Die in der Literatur vertretene Auffassung, das Geschäft sei geplatzt, trifft nicht zu. Vgl. Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 327. >32 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Brief Hans Weinmanns an die Dresdner Bank vom 21. März 1939; Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 30. 3. 1939. 133 Für einige der Betriebsanlagen liegen detaillierte Prüfberichte und Wertfestsetzungen vor. Ausführlich kann auf diese Prüfungen hier nicht eingegangen werden. Ebd., Brief des Bergwerksdirektors Vorsatz an Ansmann vom 3. 3. 1939. 127

4. Die „ N e u o r d n u n g " der sudetenländischen Montanindustrie

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Bei der Dux-Bodenbacher Eisenbahn hatten die Sachverständigen sowohl den Ertragswert als auch den Substanzwert erheblich nach unten korrigiert und empfahlen, für die Verhandlungen mit den Weinmanns nur noch einen arithmetischen Mittelwert von 4,85 Mio. RM zugrunde zu legen, statt der 5,33 Mio. RM aus der ersten Berechnung.134 Bei der Dresdner Bank erkannte man den möglichen Konfliktstoff, der sich aus der deutlich unterschiedlichen Wertfestsetzung ergab, so dass man ein „Obergutachten" anforderte, das der Generaldirektor der Brüxer Kohlenbergbau-Gesellschaft und designierte Vorsitzende des Sudetenländischen Kohlensyndikats, Hermann Locker, anfertigen sollte.135 Dadurch verstrich nicht nur weiter Zeit, was den Verhandlungsspielraum der Weinmanns zunehmend einengte, sondern Locker kam substanziell zu keiner anderen Bewertung, als sie bereits vorlag. Mehr noch: Rasche drängte Locker dazu, bestimmte Aktiva bei seinen Berechnungen nicht zu berücksichtigen. Die Dresdner Bank wollte zum Beispiel bei der DuxBodenbacher Eisenbahn keinesfalls „alle dort außerhalb des reinen Anlagevermögens aufgeführten Aktiven übernehmen, insbesondere keine Forderungen gegen das Bankhaus Ed. J. Weinmann in Aussig."136 Ähnlich wollte sie bei der Bewertung des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins vorgehen. Hier waren die tschechischen Staatspapiere in seinem Besitz und Aktienpakete von anderen Unternehmen vorsichtig, das heißt mit etwa der Hälfte des in der Bilanz von „Westböhmen" ausgewiesenen Wertes, zu berücksichtigen. Die Dresdner Bank, aber auch die Bergbaugutachter sowie die Fachleute der Deutschen Revisions- und Treuhand hielten ein solches Verfahren für durchaus gerechtfertigt, da nach der Besetzung Prags nicht abzusehen war, zu welchem Kurs tschechische Industrieaktien noch verkauft werden könnten bzw. ob tschechische Staatspapiere überhaupt verkäuflich waren. Die Bergbauexperten kamen daher zu dem Ergebnis, dass der Wert der Westböhmen-Aktien nur auf 85%, das heißt 15% unter pari für eine 500-Kc-Aktie, festzusetzen sei.137 Die Weinmanns wurden somit ein Opfer der sich lange hinschleppenden Verhandlungen und der neuen politischen Rahmenbedingungen, die den Wert ihrer Unternehmen und ihrer Aktienpakete unmittelbar beeinträchtigten. Einerseits ist es verständlich, dass die Dresdner Bank daran interessiert war, konkrete Berechnungen über den wahren Wert der Betriebsanlagen zu erhalten, andererseits war Rasche an einer sehr niedrigen Wertfestsetzung gelegen. Sein Taktieren führte zu einer weiteren, aus Sicht der Weinmanns fatalen Verzögerung.138 Die beiden Weinmann-Brüder, denen die Dresdner Bank die endgültigen Gutachten Mitte März 1939 hatte zukommen lassen, waren mit den dort fixierten Berechnungen überhaupt nicht einverstanden und protestierten gegen die Berechnungsmethoden. 139 Dennoch waren sie bereit, die Verhandlungen mit der 134

Ebd., Auszug aus dem Gutachten über die Dux-Bodenbacher Eisenbahn vom 27.3. 1939. Ebd., Brief Ansmanns an Locker vom 11. 3. 1939; Brief Rasches und Ansmanns an Locker vom 14.3. 1939. 136 Ebd. 137 Ebd., Auszug aus dem Gutachten betr. Westböhmischer Bergbau-Aktienverein vom 30.3. 1939; Brief Rinns und Ansmanns an Vorsatz vom 22. 3. 1939. 138 Ebd., Brief Rinns und Ansmanns an Vorsatz vom 15. 3. 1939. ,3 ' Ebd., Brief Rinns und Ansmanns an Hans Weinmann vom 18. 3. 1939; Brief Fritz (Frederick) 135

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen u n d Mähren

Dresdner Bank möglichst schnell wieder aufzunehmen. Anfang April 1939 fand in Prag eine weitere Unterredung zwischen Hans Weinman und Ansmann statt. Dabei traten die Unterschiede in der Bewertung von Betriebsanlagen und Wertpapierbesitz offen zu Tage. Während Hans Weinmann die hohe Förderleistung und die moderne Ausrüstung der Betriebsanlagen betonte, hielt Ansmann diese für weitaus weniger profitabel. Für die Anlagen der Brucher Kohlenwerke verlangte Hans Weinmann zum Beispiel, dass deren Wert doppelt so hoch zu veranschlagen sei, wie ihn die reichsdeutschen Gutachter und Ansmann bei dieser Unterredung bezifferten. Eine mangelnde Rentabilität des Unternehmens wollte Hans Weinman ebenfalls nicht anerkennen, da seiner Meinung nach bisher unrentable Schächte bei einer erhöhten Förderleistung, die er angesichts eines baldigen Wirtschaftsaufschwungs im Sudetenland erwartete, in Kürze wieder wirtschaftlich arbeiten würden. 140 Ähnlich groß waren die Meinungsunterschiede bei der Bewertung des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins. Während Ansmann erklärte, dass die Dresdner Bank die Aktien dieses Unternehmens gemäß des Votums der Gutachter nur mit einem Disagio von 15%, also zu einem Kurs von 425 Kc übernehmen wolle, verlangte Hans Weinmann 600-700 Kc. Er forderte, dass die Betriebsanlagen seiner Konzerngesellschaften noch einmal von einer unabhängigen Revisionsgesellschaft zu überprüfen seien. Einen solchen Schritt hielt man bei der Dresdner Bank für überflüssig, da er nur zu weiteren Verzögerungen führen würde. 141 Auch beim Transfer der Kaufpreises verhärteten sich bei diesem Gespräch die Fronten. Während Hans Weinmann verlangte, dass zumindest ein Teil des Preises in Devisen zu bezahlen sei, lehnte Kehrl, den Ansmann kurze Zeit nach seiner Unterredung in Prag kontaktierte, dies kategorisch ab. Offenbar war sich Kehrl zu diesem Zeitpunkt schon sicher, dass Hans Weinmann nach der Besetzung Prags kaum noch einen Verhandlungsspielraum besaß und keine Forderungen mehr stellen konnte. 142 Ein Abschluss der Verkaufsverhandlungen stand in weiter Ferne. Die Behörden in Berlin, aber auch die neuen Dienststellen des Reiches in Prag beschlossen daher, den Druck auf Hans Weinmann zu erhöhen. Ende März 1939 setzte in Böhmen und Mähren die erste „Arisierungswelle" ein, da die Behörden in Prag möglichst rasch „deutsche Wirtschaftspositionen durch eine gezielte Arisierung sichern" wollten. 143 Kurz nach der Besetzung Prags war Hans Weinmann verhaftet und verhört worden, weil er angeblich gegen Devisengesetze verstoßen hatte. 1936 hatten die Weinmanns der tschechischen Regierung ein Darlehen gewährt, das in Weinmanns an die Dresdner Bank vom 20. 3. 1939; Brief von Vorsatz an die Dresdner Bank vom 20.3. 1939. Ebd., Aktennotiz Ansmanns vom 5. 4. 1939 betr. Kohlenbesitz Weinmann und gestrige Unterhaltung mit Herrn Hans Weinmann in Prag. Siehe auch StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-15607, Notiz Ansmanns über die Kohlengesellschaften des Weinmann-Konzerns vom 18. 4. 1939. 1« HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Aktennotiz Ansmanns vom 5.4. 1939 betr. Kohlenbesitz Weinmann und gestrige Unterhaltung mit Herrn Weinmann in Prag. 142 Ebd., Brief Rinns und Ansmanns an Czermak vom 5.4. 1939. 143 So Herbeck in einem für Rasche verfassten Memorandum vom 29. 3. 1939. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13365, Punktuationen Herbecks über Besprechungen mit Referenten des RWM, des SD und der Gestapo.

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4. D i e „ N e u o r d n u n g " der sudetenländischen Montanindustrie

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Devisen zurückzuzahlen war. Nach der Auflösung der Zweiten Tschechoslowakischen Republik warf man Hans Weinmann vor, er wolle sich mit Devisen bereichern, wenn er auf der Rückzahlung des Darlehens bestehe. Zwar wurde er nach kurzer Zeit freigelassen, doch war ihm jetzt klar geworden, dass er Prag verlassen musste, wollte er sich nicht der Gefahr aussetzen, schon bei einem geringen Anlass wieder verhaftet zu werden. Er beantragte daher die Ausreisegenehmigung, doch verweigerten ihm die Behörden einen gültigen Pass. Erst wenn Hans Weinmann bereit sei, die Betriebe seines Konzerns an die Dresdner Bank zu veräußern, sollte ihm ein Pass ausgehändigt und die Ausreise ermöglicht werden. Die Verweigerung der Ausreise wurde bewusst als Druckmittel eingesetzt, um Hans Weinmann zum Verkauf seiner Konzernunternehmen zu zwingen. 144 Der in London lebende Fritz Weinmann zahlte an die Protektoratsbehörden eine Summe von 20000 Schweizer Franken, damit sein Bruder einen „echten Pass" bekam und ausreisen konnte. Hans Weinmann gelang es jedoch mit Hilfe von Mittelsmännern, aus Prag zu flüchten und sich auch ohne einen Pass über Polen nach England abzusetzen. 145 Die Protektoratsbehörden werteten dies als ein schweres Vergehen und sahen darin einen willkommenen Anlass, die Betriebe der Weinmanns zu beschlagnahmen. Fritz Weinmann wollte die Verhandlungen mit der Dresdner Bank jedoch um jeden Preis weiterführen, so dass sich Rasche nach einem erneuten Briefwechsel mit ihm bereit erklärte, den Verhandlungsfaden noch nicht abreißen zu lassen. 146 Für den 25. Mai 1939 organisierten Rasche und Ansmann daher in Paris eine weitere Unterredung mit Fritz Weinmann und seinem Finanzberater Geiringer. Gleich zu Beginn des Gesprächs erklärte Rasche, dass durch die illegale Ausreise Hans Weinmanns eine schwierige Situation entstanden sei. Das Reichswirtschaftsministerium habe der Dresdner Bank keinesfalls das Mandat zur Fortführung von Verhandlungen mit den Weinmanns erteilt, so dass es ein großes Entgegenkommen sei, wenn er und Ansmann „eine Lösung im Verhandlungswege" weiterhin anstreben würden. 147 Fritz Weinmann konterte diese einleitenden Bemerkung damit, dass er und sein Bruder nach wie vor verhandlungsbereit seien, dass er aber die Summe von 20 000 Franken, die er über einen Mittelsmann für den Pass nach Prag habe schaffen lassen, zurück verlange. Dass sein Bruder Hans Prag verlassen habe, sei angesichts seiner wachsenden Bedrohung nur verständlich. Offenbar durch die geglückte Flucht seines Bruders ermutigt, verlangte Fritz Weinmann, dass Unternehmen aus seinem Konzern nur zu veräußern seien, wenn der Kaufpreis in Devisen auf Konten im Ausland transferiert würde. Sowohl er als auch sein Bruder Hans hätten einen Anspruch auf einen solchen Transfer, da sie sich 1« H A D r B , Bestand 82, Zentraldirektion West, Akte 3 2 9 7 5 - 2 0 0 1 . B E , Bericht von August Urban, staatlich eingesetzter Vermögensverwalter über den Stand der Vermögensmassen Ed. J . Weinman, Aussig-Prag, Hans Weinmann, Fritz Weinmann und deren Familienmitglieder für die Geheime Staatspolizei, S. 9 - 1 1 . Siehe auch Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 118. i « H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 2 9 7 3 5 - 2 0 0 1 . B E , Weinmann-Konzern (1), Brief Rasches und Ansmanns an Fritz Weinmann vom 5. 5 . 1 9 3 9 . H A D r B , Bestand 82, Zentraldirektion West, Akte 3 2 9 7 5 - 2 0 0 1 . B E , Bericht von August Urban für die Geheime Staatspolizei, S. 11. 1« H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 2 9 7 3 5 - 2 0 0 1 . B E , Weinmann-Konzern (1), Brief Rasches und Ansmanns an Fritz Weinmann vom 5. 5. 1939. 147 Ebd.; Brief Rinns und Ansmanns an Kehrl vom 6. 5. 1939; Aktennotiz Ansmanns vom 26. 5. 1939 über eine Besprechung in Paris vom 25. 5. 1939 betr. Weinmann-Komplex.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

während der „Tschechenzeit" intensiv für das Deutschtum im Sudetenland eingesetzt hätten.148 Im weiteren Verlauf der hitzigen Unterredung erklärte Fritz Weinmann, sein Anspruch auf einen Devisentransfer sei auch deshalb berechtigt, da er und sein Bruder auf Wunsch der SdP die Betriebsanlagen des Konzerns „gehalten und nicht an Tschechen verkauft habe[n]." Angeblich hatten Henlein und sein Wirtschaftsberater Richter, ja sogar Göring zugesagt, dass man die Weinmanns für dieses Verhalten „kompensieren" müsse. Als Rasche und Ansmann ihm erwiderten, dass sie von Wolfgang Richter eine völlig abweichende Darstellung dieser Vorgänge gehört hätten, zog Fritz Weinmann „in ungewöhnlich frecher Weise über den Nationalsozialismus her," wie Ansmann in seiner Niederschrift über die Unterredung vermerkte. Während Fritz Weinmann auf seinen Forderungen in der Transferfrage beharrte, entgegneten Rasche und Ansmann kühl, dass eine Regelung dieses Problems „im Sinne seiner Wünsche völlig ausgeschlossen sei". Dafür führten sie zwei Gründe an: Zum einen hätten sich die Weinmanns durch die illegale Ausreise von Hans bei den deutschen Behörden diskreditiert, so dass von dieser Seite mit keinerlei Unterstützung mehr zu rechnen sei. Zum anderen habe sich die Situation seit der Besetzung Prags verändert, da die böhmische Braunkohle nun keine Ware mehr sei, mit der sich Exporterlöse erzielen ließen. Die frühere Idee, durch den Export tschechischer Kohle Deviseneriöse zu erwirtschaften und diese zur Bezahlung der Weinmann-Betriebe zu verwenden, sei damit obsolet geworden. Die kontroversen Standpunkte prallten auch bei der Bewertung von Betriebsanlagen aufeinander. Während Fritz Weinmann darauf beharrte, die in der letzten „tschechischen" Bilanz publizierten Werte für die einzelnen Posten des Anlagevermögens seien die richtigen, insistierten Rasche und Ansmann darauf, dass die von der Dresdner Bank bestellten Gutachter den tatsächlichen Wert der Betriebsanlagen ermittelt hätten. Fritz Weinmann drohte daraufhin, detaillierte Gegengutachten anfertigen zu lassen, in denen er nachweisen würde, dass die Produktivität und Rentabilität der Schachtanlagen wesentlich höher seien.149 Vor allem diese Drohung Fritz Weinmanns verärgerte Rasche zutiefst. Er erklärte, dass ein solcher Versuch von vornherein aussichtslos sei, dass auch die von ihm verlangte Lösung in der Frage des Transfers des Kaufpreises völlig indiskutabel sei. Zudem wies er Fritz Weinmann nachdrücklich darauf hin, dass nach der Ausreise seines Bruders Hans eine vollständige Beschlagnahmung des gesamten Besitzes der Weinmanns zu erwarten sei, wenn nicht schnell ein Vertragsabschluss erreicht werde. Da Fritz Weinmann nach dieser Drohung Rasches weiter auf seinem Standpunkt beharrte, wurde das Gespräch ergebnislos abgebrochen. Rasche machte Fritz Weinmann klar, „dass er bei seiner Einstellung keine Möglichkeit zu einer Lösung des Problems sehe und sich mit ihm nicht weiter befassen möchte," wie Ansmann in seiner Niederschrift festhielt. Ein letzter Versuch Weinmanns, Rasche durch das Angebot umzustimmen, die notwendigen Devisen aus Exporten einer Textilfirma zu erzielen, an der er beteiligt war, konnte das Scheitern der Unterredung nicht verhindern. 150 148 150

Ebd. Ebd. Ebd.

4. Die „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie

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War es die Selbstüberschätzung der Weinmanns oder die Fehlinterpretation ihres Verhandlungsspielraumes, war es eine Verkennung der politischen Veränderungen in der Tschechoslowakei seit dem 15. März 1939, oder war es die wenig kooperative und unflexible Haltung der Dresdner Bank, die zu diesem Ergebnis führte? Eine eindeutige Antwort auf diese Frage fällt schwer. Festzuhalten bleibt, dass sich die Dresdner Bank durchaus kooperationsbereit zeigte und die Verhandlungen mit Fritz Weinmann weiterführen wollte, obwohl die neu errichtete Bürokratie im Protektorat und die zuständigen Berliner Behörden bereits Maßnahmen zur Beschlagnahmung ihres Besitzes in Aussig und im Sudetenland eingeleitet hatten. Vor allem das wiederholte Anzweifeln der Bewertungsergebnisse löste bei Rasche Unmut aus. Er hielt das Bewertungsverfahren für korrekt und sah keinen Anlass, die Richtigkeit der von den Gutachtern präsentierten Zahlen in Frage zu stellen. Das kurz vor der Unterredung in Paris bekannt gewordene erste Quartalsergebnis des Jahres 1939 für die Brucher Kohlenwerke, das einen deutlichen Betriebsverlust aufwies, schien Rasches Ansicht zu bestätigen. 151 Dass Fritz Weinmann einen vollkommen konträren Standpunkt einnahm, dürfte Rasche so sehr verärgert haben, dass er die Unterredung ergebnislos abbrach. Allerdings ist nicht zu verkennen, dass die Dresdner Bank durch das von ihr in Gang gesetzte Bewertungsverfahren eine Art von „Expertisenmonopol" für die Betriebsanlagen aus dem Weinmann-Konzern beanspruchte. Andere Einschätzungen wollte sie nicht gelten lassen. Es ist anzunehmen, dass der von den Gutachtern errechnete Ertragswert für das laufende Geschäft sowie der Substanzwert der einzelnen Betriebe durchaus realistisch waren. Andererseits erscheint die Interpretation Fritz Weinmanns keineswegs abwegig, dass sich Produktivität und Rentabilität der Konzern-Betriebe bei einer weiteren konjunkturellen Erholung im Sudetenland deutlich verbessern würden. Genau diese Entwicklung trat ein, jedoch erst ab 1940 und unter anderen untemehmensorganisatorischen und wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Auch für die Sichtweise Fritz Weinmanns gab es daher gute Gründe. Beide Parteien insistierten bei der Bewertung der Betriebsanlagen auf ihrem Standpunkt. Der Verhandlungsspielraum der Weinmanns hatte sich jedoch bereits so sehr verringert, dass eine solche Position für sie kaum zielführend sein konnte. Angesichts des unüberbrückbaren Dissenses in dieser Frage sah man bei der Dresdner Bank keine Veranlassung mehr, neue Modelle zur Regelung der Transferfrage zu entwerfen und zur Diskussion zu stellen.152 Alle Bemühungen, bei Kehrl und bei den zuständigen Stellen im Reichswirtschaftsministerium die Genehmigung für einen Devisentransfer zu erhalten, wurden daraufhin eingestellt. Kurz vor dem Gespräch in Paris setzten die zuständigen Reichsbehörden in Berlin und die lokalen Funktionsträger im Sudetenland den Mechanismus zur Ent- und Aneignung der Betriebe aus dem Weinmann-Konzern in Gang. So diskutierte man bereits zu diesem Zeitpunkt unter Einschaltung des gegenüber den 'S' Ebd., Briefe Czermaks an die Dresdner Bank vom 17., 18. u. 27.4. 1939 u. vom 12. 5. 1939; Brief Ansmanns an Czermak vom 19. 5. 1939. i" Ebd., Brief Herbecks an Rasche vom 18.4. 1939; Brief Herbecks an Ansmann vom 18.4. 1939, Brief Ansmanns an Herbeck vom 24.4.1939; Brief des Juristischen Büros der Dresdner Bank vom 15. 5.1939 an Ansmann.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Weinmanns nicht mehr loyalen Generaldirektors des Westböhmischen BergbauAktienvereins, Czermak, darüber, wie und wann der Weinmann-Konzern seinen Firmensitz in das Reichsgebiet verlegen könne oder in eine Gesellschaft deutschen Rechts umzuwandeln sei, um die Möglichkeit „einer deutschen Kontrolle zu erhöhen." 153 Czermak dachte bereits an eine Fusion zwischen dem Westböhmischen Bergbau-Aktienverein und der Dux-Bodenbacher Eisenbahn, wodurch zum einen die gegenseitige Aktienverflechtung aufgehoben werden und zum anderen ein großer „Montankomplex" mit ihm als Generaldirektor entstehen sollte. Ende Juli 1939 konnte Czermak zumindest einen Teilerfolg erzielen: Der Regierungspräsident in Aussig teilte ihm mit, dass er ihn zum kommissarischen Leiter sowohl des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins als auch der Brucher Kohlenwerke bestellt habe. Czermak löste damit die im Winter 1938/39 eingesetzten kommissarischen Leiter ab und nahm für die folgenden Verhandlungen eine Schlüsselposition ein.154 Seine Planspiele ließen sich jedoch nicht so schnell wie erhofft realisieren. Nach Prüfung der Rechtslage kam man zum Beispiel im Juristischen Büro der Dresdner Bank zu der Schlussfolgerung, dass eine Sitzverlegung von Unternehmen, deren Zentrale sich im Ausland, deren Produktionsstätten sich jedoch im Reichsgebiet befanden, auf der Grundlage einer Verordnung vom 20. Januar 1939155 zwar erzwungen werden könne, dass im Reichsjustizministerium aber noch geprüft würde, ob diese Zwangsmaßnahme auch gegen Unternehmen mit einem Firmensitz im Protektorat Böhmen und Mähren anzuwenden seien. In der Berliner Behörde war man sich noch nicht schlüssig geworden, ob das Protektorat völkerrechtlich noch als Ausland anzusehen und damit die Verordnung auch dort gültig sei. Das Juristische Büro der Dresdner Bank empfahl Rasche, Ansmann sowie Czermak entweder abzuwarten, bis eine Entscheidung aus Berlin zu der Frage vorlag, oder einen Besitzerwechsel bei den Unternehmen des Weinmann-Konzerns durch den Erwerb der Aktienmajorität herbeizuführen. 156 Nach dem Scheitern der Gespräche mit Fritz Weinmann lag gerade hier das Problem. Gegenüber Kehrl musste Ansmann Anfang Juni 1939 etwas kleinlaut einräumen, dass „die Verhandlungen mit Weinmann [...] völlig negativ und so gut wie abgebrochen seien." 157 Die Dresdner Bank hatte ihre Verhandlungskompetenz in diesem Fall nicht unter Beweis stellen können. Daher bat Ansmann Kehrl, in der Vierjahresplan-Behörde oder im Reichswirtschaftsministerium prüfen zu lassen, welche juristischen Möglichkeiten für eine Zwangsenteignung und „Zwangsarisierung" der Unternehmen aus dem Weinmann-Konzern bestünden. Erneut warnten die Rechtsexperten der Dresdner Bank vor einem solchen Schritt. Ebd., Brief Czermaks an die Dresdner Bank vom 9. 4. 1939; Brief Rinns und Ansmanns an das Sekretariat der Ed. J. Weinmann Aussig vom 1 1 . 4 . 1939. 154 Ebd., Brief Czermaks an Ansmann vom 29. 7. 1939; Brief Ansmanns an Czermak vom 3. 8. 1939; Exposé Ansmanns vom 29. 9 . 1 9 3 9 für Assessor Scheidemann vom „Judenreferat" des Reichswirtschaftsministeriums. 155 Hier handelte es sich um die Verordnung über Betriebe und Zweigniederlassungen ausländischer Unternehmen in den sudetendeutschen Gebieten vom 2 0 . 1 . 1939, RGBl. I, 1939, S. 57. 15' HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Brief des Juristischen Büros der Dresdner Bank an Ansmann vom 1.6. 1939; Brief des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins an die Dresdner Bank vom 8. 6. 1939. 157 Ebd., Aktennotiz Ansmanns für Kehrl vom 3. 6. 1939.

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4. Die „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie

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Sie vertraten mit Nachdruck die Auffassung, dass rechtlich weitreichende Maßnahmen, wie zum Beispiel eine Sitzverlegung, Satzungsänderungen oder Eigentumsverschiebungen, nur mit der Zustimmung des Verwaltungsrats und vor allem der Großaktionäre, den Weinmanns, möglich seien. Würden entsprechende Schritte von den Unternehmensgremien nicht genehmigt, verstießen sie eindeutig gegen geltendes Recht und seien damit rechtlich nicht wirksam. Die Juristen der Dresdner Bank empfahlen daher, nach Möglichkeiten zu suchen, die Aktienmajorität der einzelnen Weinmann-Unternehmen kontrollieren zu können. 158 Dazu boten sich im Sommer 1939 drei Wege an: die Wiederaufnahme der Verhandlungen mit den Weinmanns, intensive Nachforschungen über die Aktienverteilung im Weinmann-Konzern mit dem Ziel, Unregelmäßigkeiten bei Aktientransfers zu entdecken, sowie die Einleitung eines Devisenstrafverfahrens gegen die beiden Brüder Weinmann. Alle drei Wege wurden gleichzeitig beschritten. Nach den gescheiterten Verhandlungen in Paris meldete sich Fritz Weinmann Anfang Juni bei der Dresdner Bank und kündigte an, Gegengutachten zu der Ausarbeitung der deutschen Bergbausachverständigen erstellen zu wollen, auf deren Grundlage er weiter zu Verhandlungen bereit sei. 159 Weinmanns Stellungnahme traf Ende Juni 1939 bei der Dresdner Bank ein. Nach seinen Berechnungen besaßen die Aktien der Dux-Bodenbacher Eisenbahn einen inneren Wert von 2446 Kc, die des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins einen Wert von 984 Kc. „In dem Bestreben, eine schnelle Vereinbarung auch durch wesentliche Opfer meinerseits zu erreichen", hatte Weinmann die Aktien der „Duxbahn" im Besitz des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins mit 1750 Kc beziffert sowie den Wert der tschechischen Staatspapiere in den Händen des Unternehmens ebenfalls niedriger angesetzt, so dass er einen Kurs von 950 Kc für die Aktien des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins für angemessen hielt. Für 125000 Aktien des Unternehmens aus seinem Besitz sowie dem seines Bruders Hans und der Dux-Bodenbacher Eisenbahn verlangte er eine Summe von 118,75 Mio. Kc. Diesen Betrag hielt Fritz Weinmann für gerechtfertigt, weil ein potentieller Interessent nicht nur die Kapitalmehrheit des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins, sondern auch der Dux-Bodenbacher Eisenbahn erwerben würde. Für die Aktien der Brucher Kohlenwerke, die je zur Hälfte ihm und seinem Bruder Hans gehörten, verlangte Fritz Weinmann nun 230 Millionen Kc anstelle der vorher geforderten 262,8 Mio. Kc. Zudem betonte er, dass er auch beim Devisentransfer zu Abstrichen bereit sei. 160 Offenbar hatte er erkannt, dass er für ihn schmerzliche Konzessionen machen musste, wollte er nicht riskieren, dass das gesamte Geschäft platzte und seine Betriebe „zwangsarisiert" würden. Die Dresdner Bank ließ das Gegengutachten sowie das modifiziertes Verhandlungsangebot unverzüglich an ihre Bergbauexperten weiterleiten, die dazu eine detaillierte Stellungnahme verfassten.161 Im Ergebnis hielten sie die von Fritz Ebd., Brief des Juristischen Büros der Dresdner Bank an Ansmann vom 10.6. 1939. ' Ebd., Brief von Fritz (Frederic) Weinmann an die Dresdner Bank vom 2. 6. 1939. i«> Ebd., Brief von Fritz (Frederic) Weinmann an die Dresdner Bank vom 23. 6. 1939. i " Ebd., Brief der Dresdner Bank an die Deutsche Revisions- und Treuhand A G vom 29. 6. 1939; Briefe des Bergwerksdirektors Vorsatz an die Dresdner Bank vom 7. und 10. 8. 1939; Exposé von Vorsatz für Ansmann vom 31.8. 1939. 158 ,5

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Weinmann durchgeführte Berechnung für nicht realistisch und damit auch den von ihm ermittelten Wert für die Aktien des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins, der Dux-Bodenbacher Eisenbahn und der Brucher Kohlenwerke. Mit Blick auf die Brucher Kohlenwerke betonten die Gutachten noch einmal, dass der von der Dresdner Bank angebotene Kaufpreis von 40 Mio. Kc gerechtfertigt sei, da dieses Unternehmen den Höhepunkt seiner Entwicklung bereits überschritten habe. Mit einer deutlichen Verbesserung der Rentabilität, so wie von Fritz Weinmann prognostiziert, sei nicht zu rechnen.162 Noch schärfer kritisierten die Gutachter Weinmanns Berechnung des Aktienwerts bei der Dux-Bodenbacher Eisenbahn - einen Wert von 2446 Kc hielten sie ebenso für „indiskutabel" wie die von ihm vorgeschlagene Verhandlungsbasis von 1750 Kc pro Aktie163 - und seine Wertfestlegungen für den Westböhmischen Bergbau-Aktienverein. Ihrer Meinung nach betrieb dieses Unternehmen eine Reihe von Schachtanlagen mit „gestörten Kohlevorkommen", auf denen minderwertige Kohle abgebaut werden musste, so dass auch in Zukunft keineswegs mit einer zufriedenstellenden Rentabilität zu rechnen sei. Der von Weinmann für die Westböhmen-Aktie errechnete Wert von 950 Kc sei überzogen, der von der Dresdner Bank angebotene Preis von 425 Kc realistisch. Die Gutachter hielten diese Einschätzung für richtig, da sie glaubten, Anhaltspunkte dafür gefunden zu haben, dass selbst die Dux-Bodenbacher Eisenbahn ihre Westböhmen-Aktien intern nur mit 450 Kc bewertete.164 Nach dieser Stellungnahme zu dem Gutachten Fritz Weinmanns war es offensichtlich, dass eine „freundschaftliche Verständigung" über den Verkauf von Unternehmen aus seinem Konzern an die Dresdner Bank nicht mehr zu erreichen war. Die Dresdner Bank stellte daher alle weitere Schritte in dieser Richtung ein. Man beschloss abzuwarten, weil sich die Hinweise verdichteten, dass die Reichsbehörden Zwangsmaßnahmen gegen die Weinmanns vorbereiteten. Die zuständigen Zollfahndungsstellen und das Devisenschutz-Sonderkommando für Böhmen und Mähren ließen akribisch überprüfen, ob die Weinmanns zwischen ihren Unternehmen im Sudetenland und ihren Holdinggesellschaften in der Schweiz Devisentransaktionen durchgeführt hatten, die illegal waren.165 Den Weinmanns wurde vorgeworfen, die ihnen zugeflossenen Erträge aus diesen Beteiligungen nicht bei der Tschechoslowakischen Nationalbank bzw. der Nationalbank für Böhmen und Mähren angemeldet und abgeliefert zu haben und für die dem tschechoslowakischen Staat gewährte Devisenanleihe immer noch eine Rückzahlung in Devisen zu verlangen.166 Das Devisenschutz-Sonderkommando sammelte daher Informationen über drei Holdinggesellschaften, an denen die Weinmanns beteiligt 162 163 164

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Ebd., Stellungnahme von Vorsatz zum Gegengutachten Weinmanns betr. Brucher Kohlenwerke AG, Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG, Westböhmischer Bergbau-Aktienverein AG, S. 5-20. Ebd., S. 21-26; Stellungnahme für die Dux-Bodenbacher Eisenbahn, die unser Gutachten Nr. 3808/11364 betrifft. Ebd., Stellungnahme von Vorsatz zum Gegengutachten Weinmanns betr. Brucher Kohlenwerke AG, Dux-Bodenbacher Eisenbahn AG, Westböhmischer Bergbau-Aktienverein AG, S. 26-32; Brief Vorsatz an Ansmann vom 31.8. 1939. Ebd. Aktennotiz Ansmanns vom 24. 7. 1939 betr. Weinmann-Konzern und Besprechung mit Dr. Köster aus dem Reichswirtschaftsministerium. Ebd., Streng vertrauliches Schreiben des Devisenschutz-Sonderkommandos in Böhmen und Mähren an das Vorstandssekretariat der Dresdner Bank vom 7. 7. 1939.

4. Die „ N e u o r d n u n g " der sudetenländischen Montanindustrie

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sein sollten: die Montserrat A G in Zug, die A G für Motanwerte in Glarus und die A G für Minen und Metallwerte in Schaffhausen. "Wenn auch nach wiederholter Aufforderung, so fand sich die Dresdner Bank doch bereit, der Behörde in Prag Auskünfte über zwei der drei Gesellschaften und über die Rolle der Weinmanns zu erteilen.167 Dabei kam sie mit Blick auf die Montserrat A G und die A G für Montanwerte zu dem Ergebnis, „dass diese beiden Gesellschaften weitgehend identisch mit Weinmann sind." Zudem informierte sie die Devisenbehörden über Konten der beiden Schweizer Firmen, die bei ihr geführt wurden und über die die Weinmann-Brüder verfügungsberechtigt waren. 168 Der Forderung des Devisenschutz-Sonderkommandos vom 4. August 1939, alle bei ihr geführten Konten und Depots der A G für Motanwerte zu sperren und vor jeder beabsichtigten Transaktion bei der Behörde in Prag anzufragen, kam die Dresdner Bank ebenfalls nach. Allerdings lässt sich nicht feststellen, ob diese Forderung eine direkte Folge der vorher erteilten Auskünfte war.169 Trotz aller intensiven Recherchen ließ sich im Sommer 1939 nicht genügend belastendes Material zusammentragen, um eine rasche Zwangsenteignung der Weinmanns durchzuführen. Da auch alle Verhandlungsinitiativen gescheitert waren, war man bis zum Spätsommer 1939 mit der „Arisierung" des Weinmann-Konzerns nicht recht weitergekommen. 170 Der Aufbau eines großen sudetenländischen „Montankomplexes" verzögerte sich daher. Bei der Dresdner Bank ahnte man, dass ihre Vermittlungs-, Beratungs- und Verhandlungskompetenz von den Reichsbehörden angezweifelt wurde. Für die schleppende Entwicklung machte man jedoch das Verhalten der beiden Weinmann-Brüder verantwortlich, zum einen die durch die Flucht Hans Weinmanns ausgelösten „Irritationen", zum anderen die „freche Allgemeinhaltung von Fritz Weinmann", wie Ansmann in einer Stellungnahme für das Reichswirtschaftsministerium betonte. 171 Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges glaubten die Behörden in Berlin, dass die Weinmann-Unternehmen nur durch eine „Zwangsarisierung unter deutsche Kontrolle" zu bringen seien. Dies sollte durch den schnellen und direkten Zugriff auf Aktienpakete der Weinmanns ermöglicht werden. Dabei diskutierte man zwei Modelle: Kehrl wollte ähnlich wie bei den Unternehmen der Ignaz-Petschek-Gruppe auch die Weinmann-Betriebe unter Zwangsverwaltung stellen und 167

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Ebd., Brief des Devisenschutz-Sonderkommandos Prag an die Direktion der Dresdner Bank vom 22. 7. 1939; Auskünfte über die A G für Montanwerte vom 18. 7. 1939; Auskünfte über die Montserrat A G vom 13.7. u. 19. 7. 1939. Uber die A G für Minen und Metallwerte lagen der Dresdner Bank keine Informationen vor. Aktennotiz Kupprions für Ansmann vom 18. 7. 1939 betr. Weinmann- Konzern. Ebd., Streng vertraulicher Brief Ansmanns und Andres an das Devisenschutz-Sonderkommando in Böhmen und Mähren sowie das Devisenfahndungsamt vom 20. 7. 1939; Brief des Devisenschutz-Sonderkommandos für Böhmen und Mähren an die Dresdner Bank vom 29.7. 1939. Ebd., Notiz Ansmanns vom 31.7.1939 betr. Weinmann-Konzern; Streng vertrauliche Notiz Ansmanns vom 4. 8. 1939 betr. A G für Montanwerte in Glarus. Ebd., Briefe der Dresdner Bank an den kommissarischen Leiter der Firma Ed. J. Weinmann in Aussig vom 3. u. 4. 8. 1939; Antwortschreiben vom 5. 8. 1939; Brief Czermaks an die Dresdner Bank vom 7. 8. 1939; Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 9. 8. 1939; Briefe der Dresdner Bank an den kommissarischen Leiter der Dux-Bodenbacher Eisenbahn, Schaubergei; vom 9. u. 14. 8. 1939. Ebd., Exposé Ansmanns vom 29. 9. 1939 für Assessor Scheidemann vom „Judenreferat" des Reichswirtschaftsministeriums.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

sie durch einen Verkaufstreuhänder in reichsdeutschen Besitz überführen. 172 Einen etwas anderen Vorschlag unterbreitete die Dresdner Bank. 173 Bei den Ermittlungen wegen angeblicher Devisenvergehen der Weinmans hatte sich herausgestellt, dass diese ihre Pakete an Aktien des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins und der Dux-Bodenbacher Eisenbahn während der 1930er Jahre mehrfach auf verschiedene Konzerngesellschaften verlagert bzw. rücktransferiert hatten. Wahrscheinlich wollten sie die tschechischen Behörden über die tatsächlichen Besitz- und Kapitalverhältnisse im Unklaren lassen. Die Ermittler bei den Devisenstellen glaubten nun Hinweise gefunden zu haben, dass sich 50000 Aktien des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins nicht in einem persönlichen Depot Hans Weinmanns, sondern in dem einer Tochtergesellschaft der Kohlenhandlung Ed. J. Weinmann befand, der Gewerkschaft Eleonore, deren sämtliche Kuxe wiederum in den Händen von Hans Weinmann lagen. 174 Von dieser Konstellation wollten die Behörden in Berlin und die Dresdner Bank profitieren. Im August und September 1939 recherchierte man hektisch, wer die aktuelle Verfügungsgewalt über die Kuxe der Gewerkschaft Eleonore und über die von ihr verwalteten 50000 Westböhmen-Aktien besaß, wobei sich Czermak erneut als „wertvoller" Informant entpuppte. 175 Die Nachforschungen ergaben, dass Fritz Weinmann tatsächlich Inhaber von 20% des Aktienkapitals des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins war, dass sein Bruder Hans die Verfügungsgewalt für seine 20%ige Beteiligung jedoch an die Gewerkschaft Eleonore abgetreten hatte. Allerdings hatte er sich die Option einräumen lassen, jederzeit über dieses Aktienpaket wieder zu verfügen. Während Hans Weinmann energisch die Meinung vertrat, diese Option vor seiner Flucht ausgeübt zu haben und damit der rechtmäßige Verfügungsberechtigte über das Aktienpaket zu sein, bestritten dies die Vertreter der Reichsbehörden und ihre Helfer. Sie behaupteten, weder aus den Aktien- und Vermögensaufstellungen der Gewerkschaft Eleonore noch aus den Depotauszügen von Hans Weinmann bei der Böhmischen Union-Bank lasse sich ersehen, dass er diese Option tatsächlich ausgeübt habe. Damit schien ihnen sicher zu sein, dass sich das Paket an Aktien des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins in der Verfügungsgewalt der Gewerkschaft Eleonore befand, die damit auch das Stimmrecht auf den Hauptversammlungen in ihrem Sinne ausüben konnte. 176

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Ebd.; Brief von Rasche und Ansmann an Kehrl vom 1. 9.1939; Aktennotiz des Direktors Flaskämper von der Dresdner Bank-Filiale in Aussig vom 19. 9. 1939; streng vertraulicher Brief Ansmanns an Czermak vom 21. 9. 1939; Antwortschreiben Czermaks vom 24. 9. 1939. Ebd., Akte 50491-200l.BE, Dux-Bodenbacher Eisenbahn (H. Ansmann), Brief Czermaks an Ansmann vom 8.11. 1939. Ebd., Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Briefe Czermaks an Ansmann vom 12. und 13. 10. 1939 nebst Expose über die Gewerkschaft Eleonore. Ebd., Briefe der Dresdner Bank an Czermak vom 10., 23. und 29. 8.1939; Antwortschreiben Czermaks an die Dresdner Bank vom 21. 8. und 1. 9. 1939; Brief der Firma Ed. J. Weinmann an Ansmann vom 14. 10. 1939; Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 16.10. 1939. Ebd., Aktennotiz Ansmanns vom 8.11.1939; Brief Ansmanns vom 16.10.1939 an Assessor Scheidemann aus dem Reichswirtschaftsministerium; Akte 50491-2001 .BE, Dux-Bodenbacher Eisenbahn (H. Ansmann), Briefe Czermaks an Ansmann vom 6. und 7.11. 1939; Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 8. 11. 1939; Brief Ansmanns an Regierungsrat Stier, Reichsprotektorat, Abt. gewerbliche Wirtschaft, vom 29. 1. 1940.

4. Die „ N e u o r d n u n g " der sudetenländischen Montanindustrie

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Auf dieser Grundlage wurde folgendes Verfahren für die „Arisierung" der Unernehmen aus dem Weinmann-Konzern ins Auge gefasst: Bei den Brucher Kohlenwerken sollte ein Verkaufstreuhänder eingesetzt werden, der das Unternehmen in „reichsdeutschen Besitz überführen sollte." Hierfür war erneut Dr. Rittstieg von der Deutschen Revisions- und Treuhand A G vorgesehen. 177 Das gleiche Verfahren wurde für die Kohlenhandlung Ed. J . Weinmann ins Auge gefasst.178 Die „Arisierung" des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins wollte man dagegen wie folgt durchführen: Der kommissarische Leiter, Czermak, sollte eine Hauptversammlung einberufen, auf der die Verlegung des Firmensitzes und die Neubesetzung der Verwaltungsgremien zu beschließen war. Das Reichswirtschaftsministerium sollte garantieren, dass ein von ihm bestellter kommissarischer Leiter bei der Gewerkschaft Eleonore dafür sorgte, dass dieses Unternehmen das Stimmrecht für die von ihm vertretenen 50 000 Aktien im Sinne „deutscher Interessen" ausübte. Ein bei der Dux-Bodenbacher Eisenbahn eingesetzter kommissarischer Leiter sollte gewährleisten, dass das Stimmrecht für 33 000 Westböhmen-Aktien aus dem Besitz des Unternehmens in gleicher Weise geltend gemacht wurde. 179 Das Reichswirtschaftsministerium wollte seinerseits sicherstellen, dass Fritz Weinman seine Westböhmen-Aktien nicht für die Hauptversammlung anmelden konnte. Dies wollte man mit Hilfe spezieller Unterlassungsverfügungen bei der Böhmischen Union-Bank und der Bebca - den beiden Depotbanken Fritz Weinmanns in Prag - erreichen. In gleicher Weise sollte dies mit Paketen an Westböhmen-Aktien geschehen, die unter Umständen von Schweizer Holdinggesellschaften vertreten werden könnten, an denen die Weinmanns beteiligt waren. Waren diese Aktienpakete Weinmanns für die Hauptversammlung „ausgeschaltet", so genügte nach Ansicht des Reichswirtschaftsministeriums das Stimmrecht der von ihm indirekt kontrollierten 83 000 Aktien, um die erwünschten Statutenänderung des Westböhmischen Bergbau-Aktienvereins zu bekommen. 180 Dennoch wollte man weitere Aktien der beiden Unternehmen über die Börse aufkaufen, um die Gefahr einer möglichen Einflussnahme Fritz Weinmanns zu verringern. 181 Nach Sitzverlegung und Neuwahl der Unternehmensgremien sollte der Westböhmische Bergbau-Aktienverein seine 66%-Beteiligung an der Dux-Bodenbacher Eisenbahn an die Sudetenländischen Bergbau A G veräußern. In einem zweiCzermak hatte sich angeboten, außer der Funktion des kommissarischen Leiters auch die des Treuhänders zu übernehmen. Ansmann hatte Mühe, ihm dies auszureden, indem er darauf hinwies, dass seitens des Reichswirtschaftsministeriums „als Treuhänder eine Persönlichkeit ausgewählt werden wird, die auf dem Gebiet der Zwangsarisierung besondere Erfahrungen hat." Ebd., Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Brief Ansmanns an Czermak vom 28. 9. 1939. 178 Ebd., Brief der Dux-Bodenbacher Eisenbahn an das Reichswirtschaftsministerium vom 16.12. 1939; Aktennotiz Kühnens vom 20. 1. 1940 betr. Weinmann-Konzern. Die rechtliche Grundlage für diese Maßnahmen war die Verordnung des Reichsprotektors vom 21. Juni 1939 über die Konfiskation jüdischen Vermögens. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30839-2001.BE, Sudetenländische Bergbau A G 3 (ab 2. 1. 1941), Geschäftsberichte der Sudetenländischen Bergbau A G für das Geschäftsjahr 1939.

4. Die „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie

171

von ihr geforderten Provisionen machen. Zunächst hatte die Dresdner Bank einen Provisionssatz von 300000 R M für die Geschäftstransaktionen bei der Gründung und der Restrukturierung des Unternehmens verlangt, später musste sie sich mit 250 000 R M zufrieden geben. 227 Dieser Kompromiss schmerzte sie jedoch weniger als die Tatsache, dass es der Deutschen Bank durch hartnäckiges Insistieren bei Pleiger und Nathow schließlich doch gelungen war, eine Geschäftsbeziehung mit einem der größten Unternehmen der sudetenländischen Industrie und einem der besten Kunden der Dresdner Bank in der Region herzustellen. Selbst die Commerz- und Privatbank versuchte mehrfach, sich in den Bankverkehr einzuschalten. 228 Trotz aller Bemühungen, durch ihre Beratertätigkeit und durch ihre finanziellen Dienstleistungen einen Großkunden exklusiv an sich zu binden, musste die Dresdner Bank auch im neuen deutschen Herrschaftsraum mit der Konkurrenz anderer Berliner Banken rechnen. Die Dresdner Bank und das Sudetenländische

Kohlensyndikat

Nicht nur die Förderung und die Weiterverarbeitung von Kohle, sondern auch der Kohlenhandel war nach den erheblichen Veränderungen in den sudetenländischen Montanbetrieben neu zu organisieren. Angesichts des bereits vollzogenen bzw. bevorstehenden Besitzerwechsels bei einigen sudetenländischen Bergbauunternehmen waren auch Liefer- und Verkaufsquoten unter den neuen Eigentümern neu zu definieren. Erste Gespräche hierzu fanden bereits um den Jahreswechsel 1938/39 statt, bevor die Sudetenländische Bergbau A G als neuer großer Montankomplex errichtet wurde. Die Dresdner Bank versuchte sofort, sich in diese Gespräche einzuschalten, um Geschäftsbeziehungen zu den einzelnen, in einem Verkaufssyndikat zusammengeschlossenen Handelsgesellschaften anzuknüpfen. Zudem suchte sie den Kontakt zur Geschäftsleitung des Kohlensyndikats. Beunruhigt zeigte man sich in einigen der neuen Dresdner-Bank-Filialen, aber auch in der sudetenländischen Gebietsdirektion in Reichenberg, dass sich die Kreditanstalt der Deutschen bereit erklärt hatte, den im Kohlenverkaufssyndikat zusammengeschlossenen Handelsgesellschaften erhebliche Kredite zu bewilligen. Mehr noch: Im Winter 1938/39 kursierten im sudetenländischen Kohlenbergbau hartnäckig Gerüchte, dass die Kreditanstalt der Deutschen selbst ca. 1/3 der gesamten Kohlelieferungen übernehmen oder durch eine von ihr gegründete Handelsgesellschaft absetzen wolle. In den neuen Dresdner-Bank-Filialen im Sudetenland fürchtete man daher, in Zukunft nicht mehr ausreichend an Geschäftstransaktionen mit Kohlenhandelsgesellschaften der Region zu partizipieren. 229 Die Dresdner Bank musste zudem die Erfahrung machen, dass es schwierig war, die Verhandlungen über die Restrukturierung des Kohlensyndikats zu beeinEbd., Akte 3 0 8 3 8 - 2 0 0 1 . B E , Sudetenländische Bergbau A G 2 ( 2 . 1 . 1940 bis 21. 12. 1940), Aktennotizen Kühnens vom 16. 7 . 1 9 4 0 , 2 2 . 1 1 . 1 9 4 0 und 18. 1 2 . 1 9 4 0 ; Akte 3 0 8 3 9 - 2 0 0 1 . B E , Sudetenländische Bergbau A G 3 (ab 2. 1. 1941), Aktennotizen Kühnens vom 14. und 27. 5. 1941, vom 20. 2. 1942; Brief Rasches an Nathow vom 2 7 . 2 . 1942. 2 2 8 Ebd., Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Brüx an Kühnen vom 22. 9. und vom 10. 10. 1941; Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg an das Filialbüro vom 15.1. 1942. 2 2 ' Ebd., Akte 2 9 4 9 3 - 2 0 0 1 . B E , Sudetenländisches Kohlensyndikat G m b H , Brief der Dresdner-BankFiliale in Teplitz-Schönau an die Gebietsdirektion in Reichenberg vom 2 9 . 1 2 . 1938. 227

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

flussen. Aufgrund divergierender Interessen zwischen den Kohlenhändlern und zwischen den Produktions- und Liefergesellschaften der großen Bergbauunternehmen zogen sich die Verhandlungen über die Bildung eines neuen Syndikats hin. Vor allem die Frage der garantierten Fördermengen und der Absatzgarantien war nicht zu klären. Diese Situation versuchte die Dresdner Bank zu nutzen, indem sie über Rasche Verbindung zu Kehrl aufnahm, der beim tschechoslowakischen Kohlenhändlerverband, beim tschechoslowakischen Industriellenverband und beim Eisenbahnministerium in Prag Druck ausüben sollte, um eine Lösung im „deutschen Interesse" zu finden. 230 Vor allem die Intervention Kehrls bei der tschechoslowakischen Regierung sorgte dafür, dass Anfang März 1939 ein Rahmenabkommen über Lieferkontingente und garantierte Absatzmengen abgeschlossen wurde. Ein Kohleliefervertrag zwischen der Tschechoslowakei und dem Reich ergänzte diese Vereinbarungen. Damit war ein wichtiger Schritt hin zur Bildung eines neuen Kohlenhandelssyndikats vollzogen. 231 Ihre Bemühungen, beim Zustandekommen des Lieferabkommens mit der Tschechoslowakei zwar im Hintergrund, doch koordinierend aktiv geworden zu sein, wollte sich die Dresdner Bank honorieren lassen. Sie verlangte, dass der gesamte Bankverkehr des Syndikats über sie abzuwickeln sei. Sie glaubte sogar, „einen moralischen Anspruch auf die Bankverbindung mit dem Syndikat erworben zu haben." 232 Zudem konnte sie erreichen, dass mit Hermann Locker und Wolfgang Richter zwei Funktionsträger aus der sudetenländischen Industrie die Leitung des Syndikats übernahmen, die zum einem ihrem sudetenländischen Landesausschuss angehörten, zum anderen leitende Funktionen in Unternehmen besaßen, die in den Interessenkreis der Dresdner Bank oder der Reichswerke Hermann Göring übergegangen waren. Am 14. März 1939 wurde das Sudetenländische Kohlensyndikat offiziell gegründet. Seine Arbeit konnte es jedoch nicht sofort aufnehmen, da durch die einen Tag später vollzogene Okkupation der Zweiten Tschechoslowakischen Republik eine völlig neue politische Lage geschaffen wurde. Bisher geschlossene Liefer- und Garantieverträge waren der neuen Situation anzupassen. 233 Einige Direktoren der Dresdner Bank bedrängten Rasche, dass dieser Kehrl dafür gewinnen solle, sich in die Klärung der nun entstandenen Fragen und Probleme einzuschalten. Kehrl winkte offenbar ab und übertrug die Lösung dieses Komplexes an Henleins Wirtschaftsbeauftragten Wolfgang Richter, der gleichzeitig zum Geschäftsführer des Sudetenländischen Kohlensyndikats avancierte. Bis zum l . M a i 1939 sollten die

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Ebd., Brief Rasches und Ansmanns an Wolfgang Richter vom 6. 3. 1939. Ebd., Brief Rasches und Ansmanns an Kehrl vom 6. März 1939; Brief Rasches und Ansmanns an Locker vom 6. 3. 1939. Brief Rinns und Ansmanns an Generaldirektor Charvat von der Böhmischen Handelsgesellschaft vom 7. 3. 1939; Antwortschreiben der Böhmischen Handelsgesellschaft vom 8. März 19239. Ebd.; Brief von Busch und Ansmann an Direktor Jensen von der Dresdner-Bank-Filiale Reichenberg vom 6 . 3 . 1939. Ebd., Brief der Aussiger Montangesellschaft an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 16. 3 . 1 9 3 9 ; Brief des Sudetenländischen Kohlensyndikats an die Aussiger Montangesellschaft vom 25. 3. 1939; Brief der Aussiger Montangesellschaft an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 28. 3. 1939.

4. Die „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie

173

wichtigsten Fragen geklärt sein und das Syndikat endlich seine Arbeit aufnehmen. 234 Die Dresdner Bank hatte es unter Einschaltung ihres personellen Netzwerkes in den Berliner Reichsbehörden und in der sudetenländischen Wirtschaft erreicht, dass das Syndikat einen großen Teil des Bankverkehrs mit ihr bzw. ihren Filialen abwickeln wollte. Selbst der Vorstand der Bebca, ab dem Frühsommer 1939 ja eine Tochtergesellschaft der Dresdner Bank, musste die Erfahrung machen, dass für sein Institut im Geschäftsverkehr mit dem Kohlensyndikat kein Platz war. Alle Anfragen des Prager Geldhauses, an Geschäften mit dem Kohlensyndikat zu partizipieren, wurden von der Berliner Zentrale der Dresdner Bank entweder dilatorisch behandelt oder gar abgelehnt. Die Dresdner Bank betrachtete die neu strukturierte sudetenländische Kohlewirtschaft als ihre Domäne, auf der sich kein anderes Kreditinstitut betätigen sollte. 235 Die Dresdner Bank reagierte daher ausgesprochen empört, als sie im Oktober 1939 erfuhr, dass das Kohlensyndikat bei der Kreditanstalt der Deutschen einen kurzfristigen Kredit zur Bezahlungen von Kohlelieferungen bei sudetenländischen Zechen in Anspruch genommen hatte. In einem ausführlichen Gespräch mit dem Leiter der Dresdner-Bank-Filiale in Aussig, wo das Syndikat sein zentrales Konto führte, wiegelte Wolfgang Richter zwar ab und erklärte, es handele sich um einen einmaligen Vorgang, da die KdD ausgesprochen günstige Konditionen geboten habe. Der Leiter der Aussiger Niederlassung, Flaskämper, insistierte gegenüber Richter jedoch darauf, dass die Dresdner Bank die unumschränkte „Hauptbankverbindung" des Syndikats bleiben müsse, so wie es im Frühjahr 1939 festgelegt worden war. Bei der Kreditanstalt der Deutschen oder der Deutschen Bank dürfte es höchstens einige kleine Umsätze tätigen. Richter bestätigte Flaskämper noch einmal, sich als Geschäftsführer des Syndikats an diese Usancen zu halten. Um sein korrektes Verhalten unter Beweis zu stellen, erklärte er gegenüber Flaskämper, dass er den Wunsch der Commerz- und Privatbank, ebenfalls ein Konto für das Kohlensyndikat eröffnen zu dürfen, kategorisch abgelehnt habe. 236 Von Richters Darstellung war der Leiter der Aussiger Niederlassung jedoch keineswegs überzeugt. In einem Schreiben an sein Pendant in der Filiale Reichenberg artikulierte er deutlich seinen Unmut über das Verhalten des Kohlensyndikats. Der Reichenberger Filialleiter wollte sogar noch weiter gehen. Er mutmaßte, dass Richter als Vertrauensmann der Dresdner Bank „abtrünnig" werden könne, da er sich als „Sudetendeutscher" doch eher den Interessen der Kreditanstalt der Deutschen verpflichtet fühle, in deren Aufsichtsgremien er zudem Mitglied sei. 237 Ganz unbegründet war dieser Verdacht nicht. Schon mehrfach hatte sich gezeigt, 234

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Ebd., Brief Rinns und Ansmanns an Rasche vom 17.3. 1939; Brief Pilders und Ansmanns an die Länderbank Wien A G vom 4. 4. 1939. Ebd., Brief der Bebca an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank, z. Hd. Ansmanns vom 5.5. 1939; Antwortschreiben Rinns und Ansmanns vom 12. 5.1939; Brief der Bebca an die Konsortialabteilung vom 25. 5. 1939. Ebd., Aktennotiz des Leiters der Filiale Aussig der Dresdner Bank, Flaskämpei; für die DresdnerBank-Filiale in Reichenberg, betr. Sudetenländisches Kohlensyndikat GmbH in Aussig, vom 21. 10. 1939; Akte 29735-2001.BE, Weinmann-Konzern (1), Aktennotiz Flaskämpers vom 14.10. 1939. Ebd., Brief der Dresdner Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 25.10.1939.

174

III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

dass der Dresdner Bank im operativen Geschäft eine ernst zu nehmende Konkurrenz in Gestalt der Kreditanstalt der Deutschen erwuchs. Bei größeren Geschäftstransaktionen, bei denen Richtungsentscheidungen zu treffen waren, konnte die Dresdner Bank aufgrund ihrer engen Kontakte zu „Berliner Stellen", vor allem zu Kehrl, diese oft in ihrem Sinne beeinflussen. Im alltäglichen, operativen Geschäft tauchte die Kreditanstalt der Deutschen jedoch häufig als Konkurrentin auf. Diese versuchte, ihre intensiven sudetenländischen Kontakte und Netzwerke zu mobilisieren und die Dresdner Bank aus einigen Geschäftsverbindungen herauszudrängen, die sie mit Hilfe der Berliner Stellen aufgebaut hatte. Ganz ausschalten konnte die Dresdner Bank konkurrierende Institute im Kohlenhandel des Sudetenlands indes nicht. In den folgenden Jahren zeigte sich, dass es sowohl der Kreditanstalt der Deutschen als auch der Böhmischen Union-Bank und der Zivnostenskä banka gelungen war, Geschäftsbeziehungen mit Kohlenhandelsgesellschaften herzustellen. Die Dresdner Bank setzte daher darauf, eher durch Allianzen, etwa mit der Zivnostenskä banka, als durch rücksichtslosen Verdrängungswettbewerb ihre Stellung in dieser Branche zu verteidigen. Sie hatte offenbar erkannt, dass ein austariertes Interessengefüge ihr eher konstruktive Geschäftsbeziehungen mit den großen Verkaufsorganisationen garantieren würde als permanente Konflikte mit konkurrierenden Banken. 238 Diese Strategie erwies sich durchaus als erfolgreich: Das Sudetenländische Kohlensyndikat blieb bis in das Jahr 1944 ein wichtiger Kunde der Dresdner Bank, der mehrfach größere Kredite in Anspruch nahm. Die Dresdner Bank konnte hier durchaus gute Zins- und Provisionseinnahmen verbuchen, auch wenn sie einen Teil des Bankverkehrs des Syndikats mit der Kreditanstalt der Deutschen teilen musste. 239

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Ebd., Aktennotiz Ansmanns vom 11.1. 1940 betr. Kohlenhandel im Protektorat; Brief Ansmanns vom 11.1. 1940 an von Lüdinghausen; Antwortschreiben von Lüdinghausens vom 18.1. 1940; Brief Ansmanns an von Lüdinghausen vom 19.1. 1940. Ebd., Aktennotiz zum Kreditantrag der Filiale Aussig vom 8. 7. 1943; Prolongation des Kredits vom 9 . 3 . 1944.

5. D i e „ A r i s i e r u n g " i m S u d e t e n l a n d

175

5. Die „Arisierung" im Sudetenland von Jörg Osterloh Die

Rahmenbedingungen

1930 wurden etwa 4000 bis 5000 selbstständige jüdische Industrie- und Handelsunternehmen auf dem Gebiet des späteren „Reichsgaues Sudetenland" gezählt.1 Von den ursprünglich etwa 24 500 Juden dort hatten die meisten infolge des „Anschlussterrors" und des Novemberpogroms bis Dezember 1938 ihr Heil in der Flucht gesucht oder waren vertrieben worden. 2 Im Mai 1939 ließen sich bei der Volkszählung des „Großdeutschen Reiches" noch knapp 2400 Juden feststellen.3 Wie zuvor im „Altreich" und in Osterreich setzten sofort nach der Besetzung des Sudetenlandes die wirtschaftlichen Verfolgungsmaßnahmen ein. Während sich zwischen 1933 und 1938 im Reich Phasen der Gewalt und der administrativen Verfolgung abgewechselt hatten, gab es im Sudetenland kaum Rücksichtnahmen, etwa auf die Meinung des Auslandes. Die „Abwesenheit" der meisten jüdischen Betriebs- und Geschäftsinhaber bestimmte den Ablauf der „Arisierung" und unterschied diese wesentlich von den Vorgängen im „Altreich" und in Osterreich: Einerseits waren die oftmals verlassenen jüdischen Betriebe in Gang zu halten, um die Arbeitsplätze in dem von der Wirtschaftskrise arg gebeutelten Gebiet zu sichern. Andererseits musste unmittelbar nach dem Einmarsch der Wehrmacht die Uberleitung der meisten jüdischen Unternehmen in „arischen" Besitz betrieben werden. Zunächst versuchte das Reichswirtschaftsministerium, mit Hilfe von „Schutzverordnungen" den drohenden und unkontrollierten Ausverkauf des jüdischen Besitzes an kapitalkräftige Interessenten aus dem „Altreich" zu verhindern. Da sie die Einreise und den Zuzug von Reichsdeutschen in das Sudetenland strengen Auflagen unterwarfen, bevorzugten die Behörden zunächst eindeutig Interessenten aus der Region. Dabei galten folgende Grundsätze: Nur ein Bewerber sollte eine Verhandlungsgenehmigung erhalten.4 Tschechoslowakische und jüdiDiese Zahl lässt sich anhand der Daten aus zehn Städten näherungsweise errechnen. Eine umfassende Ubersicht über die wirtschaftliche und soziale Lage der jüdischen Bevölkerung im Sudetenland liegt nicht vor. Cechoslovakische Statistik, Bd. 116, Reihe VI (Berufsstatistik, Heft 4), Teil II, Prag 1935, S. 174-195 (Tab. 5). Die Zahlen entsprachen damit im Wesentlichen jenen im „Altreich", wo 1933 rund 5 2 0 0 0 0 Juden lebten und ca. 100000 selbstständige jüdische Betriebe bestanden, darunter etwa 5 0 0 0 0 Einzelhandelsgeschäfte. Vgl. Avraham Barkai, Die deutschen Unternehmer und die Judenpolitik im „Dritten Reich", in: Ursula Büttner (Hg.), Die Deutschen und die Judenverfolgung im Dritten Reich, Hamburg 1992, S. 2 0 7 - 2 2 9 , hier: S. 209 mit Anm. 10. 2 Stand nach der Volkszählung vom 1. Dezember 1930. In den Gebieten, die infolge des Münchner Abkommens dem Regierungsbezirk Oppeln in der Provinz Schlesien, den Regierungsbezirken Niederbayern und Oberpfalz bzw. den österreichischen Gauen Niederdonau und Oberdonau angeschlossen wurden, hatten 1930 ca. weitere 4500 Juden gelebt. Vgl. Cechoslovakische Statistik, Bd. 98, Reihe VI (Volkszählung, Heft 7), Teil I, Prag 1934, S. 8 2 - 9 9 . 5 Statistik des Deutschen Reiches, Bd. 552,4: Volkszählung. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach den Ergebnissen der Volkszählung 1939, Heft 4: Die Juden und die jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich, Berlin 1944, S. 38 f. * R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 220, Bl. 231, Zweite Bekanntmachung über die Voraussetzungen für Genehmigungen nach der Verordnung zum Schutze der sudetendeutschen Wirtschaft vom 15. 10. 1938 bei wirtschaftlich bedeutsamen Unternehmungen und Betrieben vom 7 . 1 1 . 1938. 1

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

sehe Unternehmen in den „übersetzten" Wirtschaftszweigen sollten nicht wieder eröffnet, alle übrigen allmählich „arisiert" werden. 5 Nach dem Novemberpogrom erließ die Reichsregierung in rascher Folge die „Entjudungsbestimmungen". Die „Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben" vom 12. November 1938 6 wurde zeitgleich im Sudetenland veröffentlicht. 7 Sie führte die gesetzlichen Maßnahmen zur „Entfernung" der Juden aus einzelnen Gewerbezweigen fort und bedeutete die „Gesamtentjudung" des Einzelhandels und des Handwerks. Juden war es ab dem 1. Januar 1939 untersagt, als „Betriebsführer" tätig zu sein.8 Am 2. Dezember 1938 erließ Göring die „Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden in den sudetendeutschen Gebieten", 9 die - analog zum entsprechenden Erlass vom 26. April 1938 im „Altreich" 10 - bestimmte, dass das Vermögen der jüdischen Bevölkerung nach dem Stand vom 1. Dezember 1938 bis zum 31. Januar 1939 anzumelden und zu bewerten sei. Am 3. Dezember 1938 folgte die „Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens", 11 die auch im Sudetenland jeder jüdischen Wirtschaftstätigkeit ein Ende setzte. Juden konnten nun gezwungen werden, ihr Unternehmen innerhalb einer bestimmten Frist zu veräußern oder abzuwickeln. Die jüdischen Eigentümer verloren damit jeden Handlungsspielraum. 12 Im Dezember 1938 entsprach der rechtliche Rahmen für die „Arisierung" im Sudetenland jenem im „Altreich". Grundsätzlich war zu klären, ob ein Unternehmen im Interesse der sudetenländischen Wirtschaft fortzuführen oder zu liquidieren war. Unbedingt sollte eine weitere Konzernbildung vermieden werden. 13 Das Reichswirtschaftsministerium behielt die Federführung bei der „Arisierung" im Sudetenland: Bei allen Betrieben aus den wirtschaftlich wichtigen Branchen überprüfte es die Entscheidung der sudetenländischen Behörden. Bei bestimmten Firmen aus der Glas- und der keramischen Industrie reservierte es sich die Bewerberauswahl ausdrücklich selbst. 14 Generell behielt sich das Ministerium die Regelung im Bergbau, in der Energiewirtschaft, in der Eisen-, Stahl- und Walzwerkerzeugung sowie

Ebd., Akte 219, Bl. 40, Rundschreiben des Reichswirtschaftsministeriums vom 7 . 1 1 . 1938. ^ RGBl. I, S. 1580. Vgl. auch Joseph Walk (Hg.), Das Sonderrecht für die Juden im NS-Staat. Eine Sammlung der gesetzlichen Maßnahmen und Richtlinien - Inhalt und Bedeutung, 2. Aufl., Heidelberg 1996, S. 254; Bruno Blau, Das Ausnahmerecht für die Juden in Deutschland 1933-1945, 3. Aufl., Düsseldorf 1965, S. 53 f. Zu den Rahmenbedingungen siehe Peter Longerich, Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung, München/Zürich 1998, S. 208; U w e Dietrich Adam, Judenpolitik im Dritten Reich, Düsseldorf 1972, S. 211. 7 Verordnungsblatt für die sudetendeutschen Gebiete, S. 168. 8 Hans Wagner, Die Uberführung jüdischer Betriebe in deutschen Besitz, unter Berücksichtigung der Verhältnisse in Baden, unveröffentlichte Dissertation, Universität Heidelberg 1941, S. 76 f. 9 R G B l I, S. 1703; Verordnungsblatt für die sudetendeutschen Gebiete, S. 263. 10 Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden vom 2 6 . 4 . 1 9 3 8 ; RGBl I, S. 414f. Vgl. auch Walk, Sonderrecht, S. 223; Blau, Ausnahmerecht, S. 43 ff. 'i RGBl I, S. 1709; Verordnungsblatt für die sudetendeutschen Gebiete, S. 2 6 6 - 2 6 9 . 12 So Bernhard Lorentz, Die Commerzbank und die „Arisierung" im „Altreich". Ein Vergleich der Netzwerkstrukturen und Handlungsspielräume von Großbanken in der NS-Zeit, in: VfZ, 50 (2002), S. 2 3 7 - 2 6 8 , hier: S. 268. 13 O O L A , Film: Arisierungen 35, Reichskommissar für die sudetendeutschen Gebiete an die Regierungspräsidenten in Aussig, Karlsbad, Troppau, Regensburg und Oppeln sowie die Landeshauptmannschaften in Nieder- und Oberdonau vom 1 0 . 1 2 . 1938 mit Anlage. » R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 218, Bl. 105-106, Schreiben des RWM an den Reichskommissar für die sudetendeutschen Gebiete vom 14.1. 1939. 5

5. Die „Arisierung" im Sudetenland

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im Bank-, Sparkassen- und Versicherungswesen vor.15 Im Zuständigkeitsbereich des Ministeriums blieben damit vor allem Unternehmen in „übersetzten", aber arbeitsintensiven Branchen sowie Betriebe von wehrwirtschaftlicher Bedeutung. Für die übrigen Industriezweige waren die Behörden auf Gau- und Bezirksebene zuständig. Im Reichskommissariat für die sudetendeutschen Gebiete wie auch in den Regierungspräsidien in Aussig, Karlsbad und Troppau fanden regelmäßige „Arisierungsbesprechungen" statt, auf denen die Teilnehmer über anstehende „Entjudungen" diskutierten und mögliche Bewerber beurteilten.16 Die Rolle der Dresdner Bank Für die Banken war bei der „Arisierung" der jüdischen Unternehmen im Sudetenland und die damit verbundene „Neuordnung" der Wirtschaft eine zentrale Rolle vorgesehen, wie sich am Beispiel der Montanindustrie bereits feststellen ließ. Vor allem die Dresdner Bank und die Deutsche Bank waren für diese Aufgabe prädestiniert. Einerseits kannten sie die „Arisierungsabläufe" aus dem Reich, andererseits übernahmen sie mit den Filialen der Bebca und der B U B zahlreiche Industriebeteiligungen.17 Die reichsdeutschen Institute waren im Oktober 1938 besser über die Wirtschaftslage und potenzielle „Arisierungsobjekte" informiert als die zuständigen staatlichen Stellen.18 Anfang November erklärte das Reichswirtschaftsministerium, es könne zweckmäßig sein, „eine neutrale Stelle, zum Beispiel eine Bank, mit der Führung der Verhandlungen zu beauftragen und die Auswahl unter verschiedenen Bewerbern" vorzunehmen. 19 Das Ministerium selbst stellte den Banken Listen jüdischer Betriebe im Sudetenland zur Verfügung mit der Bitte um deren systematische „Arisierung". 20 Die Dresdner Bank war auf allen Ebenen mit der „Entjudung" der sudetenländischen Wirtschaft befasst, von ihren Filialen vor Ort bis hin zur Vorstandsetage in Berlin. Sie konnte - wie die anderen Banken auch - ihren Kunden eine breite Palette an Dienstleistungen im Zusammenhang mit der „Arisierung" anbieten. Dazu zählten insbesondere die Unternehmensberatung und -Vermittlung sowie die Finanzierung der Geschäfte. 21 In der Zentrale war die 1936/37 der Konsortialabteilung angegliederte „Arisierungsabteilung" für Berlin und „gewichtige Fälle aus dem Reich, die den Vorstand interessieren", zuständig. O b Paul Binder deren Ebd., BI. 99, Entwurf einer Anordnung über das Genehmigungsverfahren nach der „Verordnung zum Schutze der sudetendeutschen Wirtschaft" für den Geschäftsbereich des RWM, Januar 1939. 16 O O L A , Film: Arisierungen 35, Reichskommissar für die sudetendeutschen Gebiete an die Regierungspräsidenten Aussig, Karlsbad, Troppau, Oppeln und Regensburg sowie die Landeshauptmänner Niederdonau und Oberdonau vom 31.1. 1939; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 243, Bl. 91 f., Rundschreiben des RWM vom 14.1. 1939. 17 Vgl. die Aufstellung über die Industriebeteiligungen der Bebca im Anhang. Koppei; Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 316, 320; Michael Hepp, Deutsche Bank, Dresdner Bank - Erlöse aus Raub, Enteignung und Zwangsarbeit 1933-1945, in: 1999, 15 (2000), S. 64-116, hier: S. 86, Anm. 53. 18 Vgl. Lorentz, Die Commerzbank und die „Arisierung", S. 257; Wixforth, Auftakt zur Ostexpansion, S. 147. i« RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 219, Bl. 40, Rundschreiben des RWM vom 7. November 1938. 20 Vgl. James, Die Deutsche Bank und die „Arisierung", S. 141. 21 Vgl. Lorentz, Die Commerzbank und die „Arisierung", S. 239. 15

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Leiter oder nur ein - wenn auch maßgeblicher - Sachbearbeiter war, lässt sich nicht eindeutig klären. 2 2 Harald Kühnen bearbeitete große und komplizierte „Arisierungsfälle" und war für Verhandlungen mit dem Reichswirtschaftsministerium zuständig. 2 3 Vor allem in den ersten Monaten spielte auch Ansmann als Leiter der Konsortialabteilung II bei „Arisierungsangelegenheiten" eine wichtige Rolle. Mit der Vermittlung und dem Verkauf jüdischer Unternehmen im Sudetenland waren zudem Hans Rinn, F r i t z Krüger und Kurt Claus befasst. 24 I m Sudetenland selbst liefen die Fäden in der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg zusammen. Sie sammelte alle Informationen über die „Arisierungsobjekte", u m potenziellen Investoren darüber Auskunft zu erteilen. 25 A m 21. N o v e m b e r 1938 erhielt die Reichenberger Direktion eine Kopie der branchenmäßigen Aufgliederung der Berliner „Arisierungskartei", 2 6 u m sich daran zu orientieren. D e r wichtigste Bearbeiter von „Arisierungen" in der Gebietsdirektion war Ernst Schumann. 2 7 Von Februar bis September 1939 bearbeitete zudem O t t o B. Frank „Arisierungsangelegenheiten". 2 8 Aufgrund der engen Verflechtung des sächsischen und schlesischen Wirtschaftsraumes mit dem Sudetenland zählten die Niederlassungen der Dresdner Bank in Dresden und Breslau zu jenen, „die sich in größerem Umfang mit der Arisierung beschäftigen". 2 9 Die Bank arbeitete in einigen Fällen auch mit verschiedenen Maklern und Rechtsanwälten im Reich zusammen, die sich - den „Schutzverordnungen" z u m Trotz - frühzeitig auf die Ver22

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S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 2 0 9 4 , Aussage Fritz Andrés unter Eid in Nürnberg vom 2 3 . 1 . 1948. Vgl. Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 278; Hepp, Deutsche Bank, S. 73. Zur Rolle Binders vgl. auch: H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale in Saarbrücken an die Dresdner Bank in Berlin, z. H d . Dr. Paul Binder, vom 2 8 . 1 2 . 1938. H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, 1945^17, Zusammenfassung über Arisierungen bzw. Germanisierungen durch den Dresdner Bank Konzern im Sudetenland und Protektorat, verfasst von Dr. Städing am 13. 11. 1946. Vgl. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Aktennotiz für eine Besprechung Ansmanns mit Claus vom 22. 3. 1939. Ebd., Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Marienbad an die Filiale in Reichenberg vom 6 . 4 . 1939. Ahnlich agierten die Commerzbank und Deutsche Bank: Lorentz, Die Commerzbank und die „Arisierung", S. 249. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der K o n sortialabteilung der Dresdner Bank an die Gebietsdirektion in Reichenberg vom 2 1 . 1 1 . 1938. Die Kartei konnte bislang nicht aufgefunden werden. Folgende Gliederungsnummern sind aus dem Schriftwechsel zu rekonstruieren: 1. Geld- und Kreditinstitute; 2. Bergbau und Hüttenwesen; 3. Eisen, Stahl und Metallwaren; 4. Maschinen- und Apparatebau; 5. Industrie der Steine und Erden; 6. Elektrotechnische Industrie und Feinmechanik; 7. Chemische Industrie und Handel; 8. Textilindustrie; 9. Leder- und Pelzindustrie; 10. Holz; 11. Papier- und Zellstoffindustrien; 12. Nahrungs- und Genussmittelindustrie; 13. Landwirtschaft; 14. Warenhäuser; 16. Baugewerbe; 18. Elektrizitäts-, Wasser- und Gasversorgung; (nach 18.) Schifffahrt, Transport, Verkehr, Lagerhäuser; 22. Sonstiges. H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946-47, Zusammenfassung über Arisierungen bzw. Germanisierungen durch den Dresdner Bank Konzern im Sudetenland und Protektorat, verfasst von Dr. Städing am 13. 11. 1946. H A D r B , Sammlung Hopf, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Reichenberg an die Personalabteilung vom 22. 9. 1939. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Dresdner Bank, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 2 6 . 4 . 1 9 3 9 . Aus der Niederlassung Leipzig stammt eine der frühesten dokumentierten Anfragen wegen Ü b e r nahme eines jüdischen Unternehmens im Sudetenland: Akte 2 9 9 4 1 - 2 0 0 1 . B E , Arisierungen im Sudetenland 2, Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Leipzig an die Konsortialabteilung vom 1 2 . 1 0 . 1938.

5. Die „Arisierung" im Sudetenland

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mittlung jüdischen und tschechischen Besitzes im Sudetenland an Interessenten aus dem Reich spezialisiert hatten. Dies war jedoch mit Blick auf die „Arisierungstätigkeit" der Dresdner Bank eher die Ausnahme. 30 „ Wettlauf" um

Verhandlungsgenehmigungen

Ihre herausragende Rolle bei der „Neuordnung" der sudetenländischen Montanindustrie und ihre daraus resultierende Verstrickung in die Expropriation der jüdischen Eigentümer lässt vermuten, dass hier der Schwerpunkt in der „Arisierungstätigkeit" der Dresdner Bank im Sudetenland zu suchen ist. Betrachtet man die „Arisierung" im Sudetenland als Ganzes, so war die Dresdner Bank jedoch am häufigsten an der „Überführung" jüdischer Textil- und Glasbetriebe in „arische Hände" beteiligt. Generell standen die Kreditinstitute bei der Abwicklung von „Arisierungsgeschäften" in scharfer Konkurrenz zueinander. Die Ziele der Institute waren dieselben: Die Pflege und der Ausbau alter Geschäftsbeziehungen, der Aufbau neuer Kundenkontakte und die Ankurbelung des Kreditgeschäfts. Der „Arisierungswettlauf" hatte nicht nur zwischen den potenziellen Erwerbern, sondern auch zwischen den Bankhäusern unmittelbar nach dem „Anschluss" des Sudetenlandes eingesetzt. Spätestens Mitte Oktober 1938 traf die Dresdner Bank ebenso wie die Deutsche Bank erste Vorbereitungen für die Zeit nach der Aufhebung der Zugangsbeschränkungen. 31 Seit Anfang Oktober hatte die Bank bereits Listen jüdischer Unternehmen zusammengetragen, deren „Arisierung" vorgesehen war. Am 18. Oktober 1938 erklärte die Zentrale der Dresdner Bank ihren Niederlassungen, dass Unternehmensbeteiligungen im Sudetenland vorläufig verboten seien, dass aber etwaige Beteiligungswünsche, die „trotzdem aus ihrer Kundschaft geäußert" würden, an die Konsortialabteilung zu melden seien, die diese einheitlich bearbeiten werde. 32 Tatsächlich hatten einige Kunden ihre Wünsche bereits genau benannt, während andere nur eine Branche oder die Höhe des zur Verfügung stehenden Kapitals anführen konnten. So listete etwa die Filiale Hirschberg in Schlesien Interessenten für „den Erwerb eines Basaltwerkes", für eine „bedeutende Fabrikation der Nahrungsmittelbranche oder auch ähnliches", für eine „größere Malzfabrik, Mühle oder Brauerei", für eine „Spinnerei für Baumwolle oder Zellwolle" sowie für eine „Baumwollspinnerei für feine Makkogarne" auf. 33 Spätestens Ende Oktober reichte die Konsortialabteilung bereits die ersten konkreten Vorschläge für jüdische „Arisierungsobjekte" an die Filialen weiter. 34 Als die Deutsche Bank im November 1938 ihren Kunden Unterlagen über stillgelegte Spinnereien und auch Adressen von Mittelsmännern für Maschi30

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Ebd., Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Saarbrücken an Binder vom 28. 12. 1938. Bereits Mitte O k t o b e r 1938 wandte sich die Zentrale der Deutschen Bank an ihre Niederlassungen, mit der Bitte, „Arisierungswünsche" der Kundschaft zu benennen. SächsHStA, Altbanken Dresden, 543, Deutsche Bank, Sekretariat, an Filiale Dresden vom 14.10. 1938. SächsStA Leipzig, Bestand 45, Dresdner Bank Leipzig, Schreiben der Dresdner-Bank-Direktion an die Niederlassungen vom 18. 10. 1938. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 2 9 9 5 3 - 2 0 0 1 . B E , Arisierungen im Sudetenland 14, Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Hirschberg an die Konsortialabteilung vom 20. 10. 1938. Ebd., Akte 29947-2001 .BE, Arisierungen im Sudetenland 8, Brief der Konsortialabteilung (Rinn u. Krüger) an die Filiale in Cottbus vom 2 9 . 1 0 . 1938.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

nenankäufe an die Hand gab, fragte die Rheydter Filiale der Dresdner Bank bei ihrer Zentrale an, ob man den eigenen Kunden nicht in ähnlicher Form behilflich sein könne - was diese jedoch mangels geeigneter Informationen verneinen musste. 35 Den Mitarbeitern der Dresdner Bank waren die repressiven Methoden der „Judenpolitik" des NS-Regimes und die Hintergründe der „Arisierung" im Sudetenland bekannt. Als sich die Filiale Trautenau wegen der Vermittlung der Firma Friedrich Eisenberger aus Hohenelbe an die Konsortialabteilung wandte, teilte sie dieser mit, dass der jüdische Inhaber des Betriebes „anlässlich der Angliederung des Sudetengaues einige Zeit in Haft genommen worden sei." Nach seiner Entlassung habe er das Reichsgebiet nach Holland verlassen. 36 Dass die Dresdner Bank mit Hilfe der „Arisierung" bemüht war, sich neue Kundenkreise zu erschließen, belegt das folgende Beispiel: Als der „arische" Inhaber der Tuchfabrik Krauss & Hoffmann, Vincenz Hoffmann, einen neuen Teilhaber anstatt seiner beiden bisherigen jüdischen Gesellschafter Paul Krauss und Josef Feigel suchte, erfuhr die Dresdner Bank, dass Hoffmann mit seiner bisherigen Bankverbindung, der BUB, unzufrieden sei. Die Berliner Zentrale der Dresdner Bank folgerte: „Diejenige Bank, die ihm möglichst schnell mit Rat und Tat zur Seite springt, [...] wird sicher die Möglichkeit haben, mit der Firma später weiter zu arbeiten." 37 Ahnlich argumentierte die Filiale Hirschberg, die sich besonders für einen Kunden einsetzen wollte, der „gleichzeitig noch mit der Deutschen Bank und der Commerz- & Privatbank arbeitet, für uns außerordentlich wertvoll ist und größere Pflege erfordert". 3 « Vor allem die Bestimmung, dass jeweils nur eine Verhandlungsgenehmigung zu erteilen sei, setzte die Banken im Sudetenland unter erheblichen Zeitdruck. So musste auch die Dresdner Bank die Bewerber und deren Anlagewünsche möglichst rasch dem Reichswirtschaftsministerium bekannt geben, um bei lukrativen „Arisierungsobjekten" zum Ziel zu kommen. 39 Am 19. November 1938 beantragte die Gebietsdirektion in Reichenberg beim Reichswirtschaftsministerium bereits Verhandlungsgenehmigungen für 17 bedeutende jüdische Unternehmen, so etwa für die Karbitzer Stahlgusshütte, die Böhmisch Krumauer Maschinen-Papierfabriken Ignaz Spiro & Söhne AG, die sudetenländischen Betriebe der Textilwerke Mautner AG und die Eisenwerke Sandau. Zu den Bewerbern zählten unter anderem der Glasindustrielle Walter Riedel, der Düsseldorfer Fabrikant Max Dilthey und die Fried. Krupp AG aus Essen.40 Die Dresdner Bank unterstrich ihre Ansprüche mit dem Hinweis, dass die jüdischen Unternehmen der Bebca

Ebd., Akte 29948-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 9, Brief der Dresdner-Bank-Filiale Rheydt an die Konsortialabteilung vom 2 2 . 1 1 . 1938. 36 Ebd., Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Trautenau an die Konsortialabteilung vom 29. 7. 1940. 37 Ebd., Akte 29947-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 8, Notiz der Konsortialabteilung vom 2 6 . 1 0 . 1938. 38 Ebd., Akte 29941-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 2, Brief der Dresdner-Bank-Filiale Hirschberg an die Konsortialabteilung II vom 2 1 . 1 0 . 1938. 39 Ebd., Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Brief der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 1 1 . 1 1 . 1938. « Siehe Kapitel III.2. 35

5. D i e „ A r i s i e r u n g " i m Sudetenland

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bzw. der 2ivnostenska banka nahe ständen, „deren sudetendeutschen Interessen bekanntlich auf uns übergehen werden". 41 Der rechtliche Rahmen änderte sich bald, da es zu wenige Bewerber aus dem Sudetenland gab. Als das Reichswirtschaftsministerium Anfang 1939 die Bestimmungen der „Schutzverordnungen" lockerte, war die Dresdner Bank bereits darüber informiert, dass die Regierungspräsidenten im Sudetenland ermächtigt würden, Reichsdeutschen unter bestimmten Umständen den Erwerb sudetenländischer Unternehmen zu gestatten.42 Die Konsortialabteilung und die Filialen im „Altreich" sahen darin die Chance, die Wünsche ihrer Kundschaft nach Übernahme jüdischer Unternehmen im Sudetenland zu erfüllen. Im Reichsgebiet selbst war dies 1939 aufgrund des fortgeschrittenen Stadiums der „Entjudung" kaum noch möglich. 43 Am 13. Mai 1939 erbat sich die Konsortialabteilung von der Gebietsdirektion in Reichenberg eine Liste der Objekte, die noch zum Verkauf standen. Es sollte der Versuch unternommen werden, „aus dem Kreise unserer Kundschaft für das eine oder andere Unternehmen noch Interessenten zu gewinnen". 44 Aufgrund der neuen Rechtslage versuchte die Dresdner Bank einerseits, verstärkt reichsdeutsche Industrielle für „Arisierungsobjekte" im Sudetenland zu interessieren, bemühte sich andererseits intensiv darum, Investoren aus der Region zu finden, da diese die Behörden bevorzugten. Vor allem der Gauwirtschaftsberater Wolfgang Richter unternahm alles, um sudetenländische Bewerber für jüdische Betriebe ausfindig zu machen. Die Kontakte zu den Behörden der Region waren daher von besonderem Gewicht. Im Fall der Böhmisch-Mährischen Malzfabriks- und Exportgesellschaft Klatscher & Lorenz (Werk Hohenstadt) war klar, dass es nach der grundsätzlichen Einigung zwischen dem Eigentümer und dem Bewerber - einem Unternehmen aus dem „Altreich" - auf die Zustimmung von Rudolf Raschka ankam, dem Beauftragten für Ernährungsfragen im Sudetenland. Von Lüdinghausen, der Raschka persönlich kannte, arrangierte eine Besprechung, wohl mit Erfolg. 45 Aber nicht in jedem Fall konnte sich die Dresdner Bank mit ihren Vorstellungen durchsetzen. Vor allem die sudetenländischen Behörden blockierten wiederholt Übernahmen durch Bewerber aus dem „Altreich", wie das folgende Beispiel zeigt: In Troppau existierten drei Warenhäuser, die sich alle in jüdischem Besitz befanden: Hermann & Vogel, Bernhard Huppert sowie Breda & Weinstein. Die Dresdner Bank stufte die Zukunftsaussichten der ersten beiden Häuser als problematisch ein.46 Breda & Weinstein aber war das größte Waren41

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H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der Konsortialabteilung an das Reichswirtschaftsministerium vom 29.11. 1938, vom 6. u. 9.12. 1938. Ebd., Schreiben der Konsortialabteilung an die Gebietsdirektion in Reichenberg vom 6.1. 1939. Die Bank war im Wesentlichen über alle Ausnahmeregelungen informiert worden. O b die „exklusive[n] Beziehungen" der Bank zum RWM dazu geführt hatten, dass der Inhalt der Verordnung bei ihr vor deren Verabschiedung bekannt wurde, ist nicht belegt, aber anzunehmen. Vgl. hierzu auch Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 278. Bis 1938 hatte sich die Zahl der jüdischen Betriebe bereits um etwa 40000 auf weit weniger als die Hälfte verringert. Vgl. Barkai, Unternehmer, S. 211. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der Konsortialabteilung an die Filiale Reichenberg vom 13. 5. 1939. Ebd., Akte 29952-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 13, Aktennotiz der Konsortialabteilung vom 9. 12. 1938. Ebd., Akte 29953-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 14, Brief der Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 26.1. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

haus in Schlesien und Nordmähren. Für die Troppauer Filiale der Dresdner Bank galt es als eines der „besten Arisierungsobjekte" im gesamten Regierungsbezirk Troppau. 47 Die jüdischen Inhaber waren geflüchtet, das Unternehmen leitete der langjährige Prokurist des Hauses, Weirich, kommissarisch. An der Übernahme war eine Gruppe leitender Angestellter interessiert. Im Januar 1939 schätzte die Bebca den Wert des Hauses auf etwa 31 Mio. Kc (ca. 3,7 Mio. RM). Für die Übernahme und Fortführung des Geschäfts waren nach ihrer Ansicht jedoch nur 2,5 Mio. RM notwendig. 48 Bewerbungen von Interessenten aus dem „Altreich" galten als aussichtslos. Sofern die Gruppe der leitenden Angestellten, die einen reichsverbürgten Kredit beantragt hatte, nicht zum Zuge kommen sollte, hoffte ein anderes sudetenländisches Konsortium, den Zuschlag zu erhalten. Die Dresdner Bank verfolgte jedoch andere Pläne. Sie setzte sich dafür ein, dass die Bewerbung eines früheren Direktors der Tobis A G in München, Mainz, berücksichtigt würde. Die Troppauer Filiale der Dresdner Bank ging davon aus, für Mainz infolge seiner langjährigen Parteimitgliedschaft eine Verhandlungsgenehmigung erwirken zu können. 49 Ende April 1939 entschloss sich Mainz, beim Regierungspräsidium offiziell eine Verhandlungsgenehmigung einzuholen. Die Dresdner Bank ging von einem Kaufpreis von 600 000 RM aus. Von dieser Summe könne Mainz, so glaubte sie, 250 000 bis 300 000 RM selbst aufbringen. Im Gegenzug wollte man die „Arisierungsabgabe" für ein bis zwei Jahre stunden. Zudem besäße Breda & Weinstein bei den Banken noch ein Guthaben von etwa 200000 RM, das jedoch überwiegend für Warenkäufe benötigt wurde. Mainz müsse daher einen Betriebsmittelkredit in Höhe von etwa 250 000 RM aufnehmen, der durch eine Warenübereignung und die Belastung des sehr wertvollen Grundstücks zu sichern sei. Drei Prozent des Kaufpreises sollten der Dresdner Bank als Provision zufließen.50 Der Plan zerschlug sich, als bekannt wurde, dass die Bezirksregierung in Troppau mittlerweile selbst mit einem Übernahmekandidaten Tuchfühlung aufgenommen hatte. Dabei handelte sich um den Industriellen Hugo Melder aus dem Sudetenland, der mit seinem Schwiegervater, einem bekannten Hutfabrikanten aus Neutitschein, das Unternehmen erwerben wollte. 51 Generell ist festzuhalten, dass Bewerber aus dem Sudetenland - im Gegensatz zum Fall Breda & Weinstein etwa - häufig erst auftraten, wenn sie sahen, dass sich Unternehmer aus dem „Altreich" für einen Betrieb interessierten. Dann, so klagte Gauwirtschaftsberater Richter, sei es sehr schwer, eine einmal erteilte Genehmigung zu widerrufen. 52 Zudem waren in einigen Branchen die meisten lukrativen Ebd., Brief der Dresdner-Bank-Filiale Troppau an die Konsortialabteilung vom 11.4. 1939. Ebd., Schreiben der Bebca an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 27.1. 1939. 49 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank-Filiale in Troppau an die Konsortialabteilung vom 11.4.1939. 50 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank-Filiale Troppau an die Konsortialabteilung vom 27. 4. 1939. Nach anderen Planungen wollte Mainz mit dem Bankguthaben von Breda & Weinstein die „Arisierungsabgabe" begleichen und den Geschäftsverkehr mit dem Betriebsmittelkredit aufrecht erhalten. Schreiben der Konsortialabteilung an die Dresdner-Bank-Filiale in Troppau vom 2. 5.1939. 51 Ebd., Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale in Troppau an die Konsortialabteilung vom 5. 5. 1939. Zu Melder vgl. auch: Akte 29958-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 16, Schreiben der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg, Vermerk zu Generaldirektor H u g o Melder vom 19. 6. 1939. 52 S O A L , IN N S D A P (Gauleitung der N S D A P ) , inv. c. 24, Kt. 29, Weisung des Gauwirtschaftsberaters, K-7/39 vom 8. 5. 1939.

47 48

5. D i e „ A r i s i e r u n g " i m S u d e t e n l a n d

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„Arisierungsobjekte" binnen weniger Wochen „vergeben". Bereits Ende November 1938 notierte die Zentrale der Dresdner Bank über einen durch die Filiale in Hof geäußerten Wunsch, einem Kunden ein jüdisches Textilgeschäft zu vermitteln: „Gar nichts mehr vorhanden, zumal in dieser Preislage". 53 Die Finanzierung der „Arisierung" Außer der Kundenakquisition war der immense Kapitalbedarf zahlreicher Bewerber ein entscheidender Grund dafür, dass sich die Dresdner Bank in die „Arisierungen" im Sudetenland einschaltete. Nicht zuletzt wegen der Finanzierungsfrage hatte das Reichswirtschaftsministerium den Banken eine zentrale Rolle bei der „Arisierung" zugedacht. Das Problem des Kapitalmangels war den Behörden aus dem „Altreich" bekannt. Bereits die „Arisierung" von Breda & Weinstein illustriert den Kapitalbedarf von Interessenten aus dem Sudetenland. Eine Gesamtaufstellung über die von der Dresdner Bank gewährten „Arisierungskredite" lässt sich jedoch nicht rekonstruieren. 54 Allein für die „Arisierung" der relativ kleinen Teplitzer Maschinenfabrik A G aus Teplitz-Schönau war die Vergabe eines Kredites von 600000 R M durch die Dresdner Bank erforderlich. 55 Im Sudetenland bestand für Erwerber jüdischer Unternehmen jedoch die Möglichkeit, sich im Rahmen der Reichswirtschaftshilfe um einen „Arisierungskredit" zu bewerben. Für die Banken handelte es sich aufgrund der 85%igen Reichsbürgschaft um ein weitgehend risikofreies Geschäft, das von ihnen hart umkämpft wurde, wie das folgende Beispiel zeigt. Der „arische" Teilhaber des Porzellanwerks Pfeiffer & Löwenstein in Schlackenwerth bei Karlsbad reichte Mitte Dezember 1938 beim Gaukreditausschuss einen Antrag auf Gewährung eines reichsverbürgten Kredits in Höhe von 170000 RM ein. In dem beiliegenden Finanzplan gab er an, etwa 30000 bis 50000 R M für die vollständige „Arisierung" des Unternehmens, das heißt für die Abfindung seiner jüdischen Mitgesellschafterin Luise Löwenstein, 19000 R M für Investitionen und etwa 100000 R M als Betriebsmittelkredit zu benötigen. Die Kreditanstalt der Deutschen hatte bereits ihre Bereitschaft signalisiert, das Geld zur Verfügung zu stellen. 56 Verhandelt wurde der Kreditantrag schließlich im März 1939, nachdem Pfeiffer seinen Kapitalbedarf auf 120000 RM reduziert hatte. Aufgrund seiner Gespräche mit dem Regierungspräsidium glaubte Pfeiffer nunmehr, „Frau Löwenstein mit einem Betrag von R M 26000 abfinden zu können". Die Tatsache, dass eine erste Kalkulation Anfang Dezember 1938 sogar noch von 75000 RM an „Arisierungskosten" ausging, während im Kreditantrag Mitte Dezember 1938 nur H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 2 9 9 4 6 - 2 0 0 1 . B E , Arisierungen im Sudetenland 7, Schreiben der Gebietsdirektion der Dresdner Bank an die Konsortialabteilung IV vom 2 4 . 1 1 . 1938. Gedacht war an ein Unternehmen in der Preislage von etwa 5 0 0 0 0 R M . 54 Vgl. hierzu Kapitel III. 11. Auch für die Deutsche Bank und die Commerzbank lässt sich der U m fang der „Arisierungskredite" im Sudetenland offenbar nicht mehr berechnen. Vgl. James, Die Deutsche Bank und die „Arisierung", S. 141-183; Lorentz, Die Commerzbank und die „Arisierung", S. 267. » H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946-47, „Temag" Teplitzer Maschinenfabrik A G , Teplitz - Aktennotiz Dr. Städings vom 9. 11. 1946. 5' B A B , Bestand R 2, Akte 16177, Bl. 24ff., 2. Kreditausschusssitzung vom 13. 12. 1939, Vorbericht Firma Pfeiffer & Löwenstein, Schlackenwerth. 53

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

noch 50000 RM vorgesehen waren, zeigt, dass der auf Luise Löwenstein lastende Verkaufsdruck erheblich zugenommen hatte. Die 10. Sitzung des Gaukreditausschusses am 30. März 1939 entschied schließlich positiv über Pfeiffers Antrag. 57 Pfeiffer erhielt einen Kredit von 80 000 RM, den die Dresdner Bank zur Verfügung stellte.58 Auf seiner nächsten Sitzung genehmigte der Kreditausschuss Pfeiffer eine weitere Reichsbürgschaft über 30000 RM, die wiederum die Dresdner Bank bereitstellte. 59 Bereits im November 1938 war die Dresdner Bank erstmals angesprochen worden, ob sie bereit sei, das Übernahmegeschäft zu finanzieren 60 zunächst ohne Erfolg, da die Bonität Pfeiffers nicht klar war.61 Die Reichsbürgschaft für den Kredit hatte die Lage jedoch grundlegend verändert. Anzumerken ist auch, dass der Dresdner Bank aufgrund der Diskussionen um den Finanzierungsplan bekannt gewesen sein musste, in welcher Weise Pfeiffer die Zwangslage seiner Teilhaber ausgenutzt hatte. Trotz des Finanzierungsangebots durch die Reichswirtschaftshilfe scheiterten die Übernahmeplänen vieler Bewerber am Kapitalmangel. So lehnte die Dresdner Bank im Frühjahr 1940 die Vergabe eines reichsverbürgten Kredits in Höhe von 150000 RM ab, da der Käufer der Westböhmischen Glas- und Holzindustrie AG, vorm. Gebr. Naschauer aus Mies, ein Berliner Geschäftsmann, über keine ausreichenden Sicherheiten verfügte. 62 Die Dresdner Bank hatte unter dem Strich nur einen geringen Anteil an den im Rahmen der Reichswirtschaftshilfe vergebenen „Arisierungskrediten", die auch nur rund neun Prozent der gesamten Kredite der Reichswirtschaftshilfe ausmachten. Einer Erhebung von Franz Svatosch zufolge gewährte die Dresdner Bank etwas mehr als drei Prozent der reichsverbürgten Kredite. Zum Vergleich: Auf die Kreditanstalt der Deutschen entfielen mehr als 50 Prozent! 63 Die „ Arisierung" zwischen „ Marktbereinigung" Regionalinteressen

und

sudetenländischen

Die „Arisierung" im Sudetenland war geprägt von den erheblich divergierenden wirtschaftlichen Interessen des Reiches und der Behörden aus der Region. Während das Reichswirtschaftsministerium eine „Marktbereinigung" anstrebte, lag das Interesse der sudetenländischen Behörden im Erhalt möglichst vieler Be-

57

Ebd. Ebd., Bl. 202 f., Brief der Deutschen Revision- und Treuhand AG an das Reichsfinanzministerium vom 30. 3. 1939, mit Anlage: Zusammenstellung der genehmigten Kreditersuchen über 5000 RM. 59 Ebd., Akte 16178, Bl. 320, Protokoll über die 10. Sitzung des Gaukreditausschusses vom 13.4. 1939, mit Anlage: Zusammenstellung der genehmigten Kreditersuchen über 5000 RM. M HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben an die Dresdner Bank vom 10.11. 1938. 61 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank an Rechtsanwalt Erittani vom 17.11. 1938. 62 HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946^7, Westböhmische Glas- und Holzindustrie AG, vorm. Gebr. Naschauer, Mies - Aktennotiz Dr. Städings vom 26. 11. 1946. 63 Vgl. Franz Svatosch, Das Grenzgebiet unter dem Hakenkreuz. Die sozialökonomischen Veränderungen Nord- und Nordwestböhmens während der ersten Phase der hitlerfaschistischen Okkupation, unveröffentl. Dissertation, Potsdam 1969, S. 820. 58

5. D i e „Arisierung" im Sudetenland

185

triebe. 64 In diesem Spannungsverhältnis agierten die Banken. Zu den krisengeschüttelten Branchen zählte die Textilindustrie, die aber aufgrund der Zahl der Betriebe und ihrer Beschäftigten eine besondere Bedeutung für die sudetenländische Wirtschaft besaß. 65 Auch die Dresdner Bank versuchte intensiv, sich an den „Arisierungen" in dieser Branche zu beteiligen. So wollte sie sich zum Beispiel in die „Entjudung" des Firmenkomplexes Friedrich Pollack einschalten, indem sie Kunden aus dem „Altreich" für eine Übernahme „interessierte". Die Schafwoll- und Seidenwarenfabrik Fr. Pollack (Hilbeten, Kr. Landskron) produzierte in einer Seidenweberei mit 217 Webstühlen, einer Wollweberei mit 167 Webstühlen, einer Wirkerei mit 87 Wirkstühlen, einer Strickerei mit 110 Strickmaschinen und in einer Färberei. Das Unternehmen beschäftigte rund 1000 Angestellte und Arbeiter. Bis 1937 hatte es seine Kapazitäten noch zu 75 Prozent auslasten können. Im Krisenjahr 1938 war der Umsatz jedoch von 29 Mio. Kc (etwa 3,5 Mio. RM) im Vorjahr auf 18 Mio. Kc (rund 2,2 Mio. R M ) eingebrochen. Zunächst war geplant, die „Arisierung" durch Gründung einer neuen Aktiengesellschaft mit einem Kapital von 1,8 Mio. R M durchzuführen, wovon der „nichtarische" Inhaber Pollack 25 Prozent behalten sollte. Gemäß den Bestimmungen im Protektorat, wo Pollack sich aufhielt, war dies möglich. Die Dresdner Bank sprach unter ihren Kunden unter anderen die Firmen Jung & Simons aus Elberfeld, die Tuchfabriken A. Paasche A G aus Burg bei Magdeburg, die Mechanische Weberei Linden aus Hannover sowie die Augsburger Kammgarnspinnerei an. Alle Bemühungen schlugen jedoch fehl, als im März 1940 das Reichswirtschaftsministerium den Übergang des Unternehmens in den Besitz der Spinnstoffwerke Arntz & Co. aus Hilbeten für einen Preis von 2,1 Mio. R M dekretierte. Der Kaufpreis war in drei Tranchen zu entrichten. Ursprünglich hatten Arntz & Co. vorgesehen, hierfür einen Kredit in Höhe von 1,3 Mio. R M aufzunehmen. 600000 R M sollten auf die Dresdner Bank, 700000 R M auf die Deutsche Industriebank entfallen. Hinter dem Rücken der beiden Geldinstitute schloss Arntz & Co. aber mit der Deutschen Bank einen Kreditvertrag über 1,5 Mio. R M ab. Die Dresdner Bank erhielt für ihr Engagement dennoch eine Provision von 25 000 RM. 6 6 Nicht nur einheimische Unternehmer sahen es gerne, wenn jüdische Konkurrenzbetriebe endgültig vom Markt verschwanden, sondern auch Industrielle aus dem „Altreich". Allerdings formulierten nur wenige so offen ihre Wünsche wie die Direktoren der Mechanischen Weberei Linden aus Hannover. Mit Unterstützung der Dresdner Bank, deren Direktor Emil Meyer zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates war, fragte das Hannoveraner Unternehmen beim Reichswirtschaftsministerium an, ob die Firma G. A. Fröhlich's Sohn A G aus Warnsdorf Vgl. BAB, Bestand R 2, Akte 16174, Bl. 1163, Kreditausschusssitzung des Gaukreditausschusses (RWH) vom 9. 1. 1939, Vorbericht Firma RA Dr. Erich Hermann, Deutsch-Gabel. « Zur Textilindustrie vgl.: RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 3, Akte 40, Bl. 128, Commerz- und Privatbank, Sudetendeutsches Wirtschaftsgebiet. Sonderbeilage zum Wirtschaftsbericht Nr. 10 vom Oktober 1938 mit Ergänzungen; Akte 5, Bl. 6, Reichs-Kredit-Gesellschaft, Deutschlands wirtschaftliche Lage an der Jahreswende 1938/39, Berlin, Januar 1939; Findbuch 10, Akte 220, Bl. 173-196, Die Wirtschaft des Sudetenlandes, bearb. von der Dresdner Bank, Stand: 3.10. 1938, S. 57-80. « HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946-47, Schafwollund Seidenwarenfabrik Fr. Pollack, Hilbetten - Aktennotiz Dr. Städing, 26.11. 1946. 64

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

nicht stillzulegen sei.67 Bemerkenswert ist, dass man im Ministerium tatsächlich überlegte, ob man Fröhlich nicht wenigstens „entsprechende Preisverpflichtungen" auferlegen könne. Ob die Intervention Meyers dazu führte, dass das Reichswirtschaftsministerium den Vorschlag der Mechanischen Weberei überhaupt in Betracht zog, ist fraglich, aber nicht auszuschließen. 68 Die G. A. Fröhlich's Sohn AG, deren Gründung auf das Jahr 1777 zurückging, produzierte eine breite Palette von Stoffen: Baumwollsamte, Wasch- und Cordsamte, Kunstseidenstoffe und anderes mehr.69 Die Qualität der Produkte galt als hervorragend, die technische Einrichtung des Betriebs als modern. Dennoch hatte Fröhlich in den vergangenen Jahren Verluste eingefahren, die vor allem auf verhältnismäßig hohe Bankschulden zurückzuführen waren. 70 Das Aktienkapital des Unternehmens betrug 6 Mio. Kc, im Verwaltungsrat saßen mit Dr. Adolf Fröhlich und Max Fröhlich sen. zwei Vertreter der Gründerfamilie. 71 Franz Schnabel, Direktor der Gottlieb Schnabel Neupakaer Baumwoll-Spinnerei u. Weberei in der CSR und ebenfalls Verwaltungsratsmitglied bei Fröhlich, hatte bereits am 1. November 1938 dem Direktor der Mechanischen Weberei den Verkauf seines 23,5%igen Anteils an der Warnsdorfer Gesellschaft angeboten, fügte aber hinzu, er sei auch in der Lage mit seinen Bankpartnern über den Verkauf von 100 % des Aktienbesitzes zu verhandeln. Am 18. Februar 1939 ging ein ähnliches Angebot an die Dresdner Bank. 72 Diese zeigte sich zunächst interessiert und ließ einen Prüfungsbericht über die Aktienverteilung der Fröhlich's Sohn AG erstellen (siehe Tabelle III/9 auf S. 380). 73 Da die Dresdner Bank von der Bebca bereits deren 24,5%igen Anteil „ohne Zahlung eines Gegenwertes" übernommen hatte, zeigte sie nur wenige Bereitschaft, weitere Aktien zu kaufen - es sei denn, dass die Reichenberger Gebietsdirektion den „Erwerb der Schnabel'schen Aktien zu einem ganz geringfügigen Gegenwert" und aus bestimmten Gründen, „etwa zur Stärkung unseres Einflusses gegenüber der BUB", für notwendig hielte. Auch hier trat der permanente Konkurrenzkampf der Großbanken zu Tage. Meyer sprach sich weiter offen dagegen aus, die G. A. Fröhlich's Sohn AG zu erwerben. Er erklärte, dass er den Standpunkt seiner Kollegen verstehe, möglichst viel aus dem Fröhlich-Engagement herauszuschlagen. Dennoch müsse man ebenso versuchen, „die Interessen der alt67

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Vgl. hierzu: H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29946-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 7, Aktennotiz Meyers vom 5. 11. 1938. Ebd., Akte 13899-2000-E, Sudetenland, Aktennotiz über eine Besprechung mit Dr. Bauer aus dem Reichwirtschaftsministerium vom 8.3. 1939. „Vom Standpunkt der Mechanischen Weberei zu Linden aus wäre es erwünscht, wenn diese Samt-Fabrikation ausgeschaltet werden könnte. Vielleicht besteht die Möglichkeit, dass diese Firma unter Mitwirkung der Mechanischen Weberei liquidiert wird." Ebd., Akte 29946-200l.BE, Arisierung im Sudetenland 7, Aktennotiz der Konsortialabteilung vom 5 . 1 1 . 1938. v Compaß. Finanzielles Jahrbuch. Cechoslovakei, 71. Jg., Prag 1938, S. 1252. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29946-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 7, Aktennotiz der Konsortialabteilung vom 5. 5. 1939. Vgl. auch das Expose der Dresdner Bank-Filiale Reichenberg vom 6. 7. 1939. v Compaß. Finanzielles Jahrbuch. Cechoslovakei, 71. Jg., Prag 1938, S. 1252. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29946-200l.BE, Arisierungen im Sudetenland 7, Brief Schnabels an die Dresdner Bank vom 18.2. 1939, Brief Schnabels an Direktor Grossmann von der Mechanischen Weberei Linden vom 1 . 1 1 . 1938. Ebd., Schreiben der Konsortialabteilung an die Gebietsdirektion in Reichenberg vom 22.2. 1939.

5. Die „Arisierung" im Sudetenland

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deutschen Werke zu schützen". Er denke vielmehr an den Erhalt einzelner Teile des Unternehmens. 74 Zur gleichen Zeit sprachen sich die beteiligten Banken in Prag und im Sudetenland wegen der „Sanierung" - so ihre Interpretation - von Fröhlich ab und planten, den Betrieb in die Hände einer sudetenländischen Investorengruppe zu übergeben. 75 Die Lage änderte sich Mitte März 1939 grundlegend. Als nach der Besetzung der Zweiten Tschechoslowakischen Republik auch die Weberei Schnabels „arisiert" werden sollte, gab es wenige Tage später bei der Dresdner Bank in Reichenberg bereits erste Überlegungen, den Neupakaer Betrieb und Fröhlich zu einem „Arisierungskomplex" zusammenzufassen. 76 Damit reagierte die Dresdner Bank auf den Reflex der sudetenländischen Wirtschaft, vermeintliche Versäumnisse bei der „Arisierung" der heimischen Industrie im Protektorat Böhmen und Mähren nachholen zu wollen. 77 Auf der nächsten „Arisierungsbesprechung" im Reichskommissariat für die sudetendeutschen Gebiete wurde diese Idee ausführlich diskutiert, zunächst ohne Ergebnis. 78 Grundsätzlich wollten die Behörden die Arbeitsplätze in Warnsdorf erhalten. Vor allem die „neue" Böhmische Escompte-Bank in Prag machte sich für die „Komplettlösung" stark, da eine ausreichende Rohstoffversorgung als Voraussetzung für die „Sanierung" der Fröhlich's Sohn A G galt. Schnabel sei aber deren „beste Rohstoffbasis". Daher wollte die BEB die „Arisierung" Schnabels durch Fröhlich „bevorzugt beim Protektor vormerken lassen". Schnabel selbst könne nach den im Protektorat zu dieser Zeit geltenden Bestimmungen zur „Entjudung" der Wirtschaft vorerst mit 25% an einer neu zu gründenden Aktiengesellschaft beteiligt bleiben. 79 Die Reichenberger Filiale der Dresdner Bank war daran interessiert, „an einen möglichst großen Kreis vermutlicher Interessenten heranzutreten". Sie selbst schrieb die Filialen in Chemnitz, Dresden, Nürnberg, Köln, Düsseldorf, Stuttgart und Breslau an 80 - ohne Erfolg. Die Dresdner Bank wurde erneut aktiv, als im September 1939 mit der Firma Kunert & Söhne aus Warnsdorf einer ihrer guten Kunden Interesse an Fröhlich anmeldete. Die Gebietsdirektion in Reichenberg verschaffte Kunert darauf die Verhandlungsgenehmigung der Behörden. Kurze Zeit später sprang Kunert wieder ab, da man eine behördlich angeordnete Stilllegung von Fröhlich befürchtete. Die Reichenberger Filiale der Dresdner Bank verbuchte, dass sich durch die Verhandlungen immerhin die geschäftlichen Beziehungen zu Kunert „vertieft" hätten. 81 Schließlich übernahm ein Konsortium aus sudetenländischen Industriellen die G. A. Fröhlich's Sohn AG. 82 « Ebd., Aktennotiz vom 25. 2. 1939. 75 Ebd., Schreiben der Gebietsdirektion in Reichenberg an die Konsortialabteilung. vom 25.2. 1939. 76 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank-Filiale Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 20.3. 1939. 77 RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 218, Bl. 249-250, Vermerk über eine Besprechung vom 20. 7. 1939. 78 HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29946-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 7, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 4.4. 1939. 79 Ebd., Schreiben der BEB an die Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg vom 22. 8. 1939. 80 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 13.7. 1939. 81 Ebd. 7, Schreiben der Dresdner Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 14.9. 1939. 82 Vgl. Compaß. Finanzielles Jahrbuch. Deutsches Reich: Ostmark und Sudetenland, 77. Jg., Wien 1944, S. 1317f.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Vor allem in der Textilindustrie gab es sudetenländische Unternehmer, die mit der Industrie aus dem „Altreich" konkurrieren konnten, allen voran die Familien Kunert und Liebieg. 83 So fragten etwa Kunert & Söhne mehrfach bei der Dresdner Bank an, ob sie ihr nicht „Arisierungsobjekte" vermitteln könne. Anfang September 1940 teilte die Firma der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg mit, dass man noch „weiteren Anlagebedarf für einige Millionen R M " habe und passende Objekte in der Textilindustrie suche, bevorzugt Spinnereien und Webereien, aber auch Warenhäuser.84 Im November 1940 erklärte Kunert, man wolle noch einmal 5 Mio. RM anlegen.85 Die Dresdner Bank bemühte sich, die Kundenwünsche zu erfüllen. Zu diesem Zeitpunkt waren jedoch kaum lukrative Unternehmen zu vermitteln. Dennoch: Aufgrund ihrer Bedeutung für die Wirtschaft des Sudetenlandes war die „Entjudung" der Textilbranche ein wichtiges Betätigungsfeld für die Dresdner Bank. Insgesamt beobachtete sie mehr als 100 jüdische Textilunternehmen, in wenigstens 36 „Arisierungen" war sie selbst involviert. 22 der Erwerber aus ihrer Klientel kamen aus dem Sudetenland.86 Für ihre Vermittlungsbemühungen berechnete die Dresdner Bank im Sudetenland normalerweise eine Provision in Höhe von drei Prozent des Kaufpreises. Obgleich die sudetenländischen Regierungspräsidenten der Dresdner Bank ihre Vermittlungsgebühren verübelten, hielt sie unbeirrt daran fest. Die Reichenberger Gebietsdirektion der Dresdner Bank stellte sich auf den Standpunkt, dass „der Käufer eines nichtarischen Objektes von vornherein mit dieser Provision rechnet, also dem Juden entsprechend weniger für sein Objekt bietet". 87 Die Gebühren sollten also aus Sicht der Dresdner Bank zu Lasten der jüdischen Verkäufer gehen. Eine vorsorgliche Anfrage der Konsortialabteilung im Reichswirtschaftsministerium ergab, dass man dort durchaus mit der Praxis konform ging, dass die Banken bei der „Arisierung" Provisionen kassieren wollten. Die Dresdner Bank mochte die Frage aber nicht grundsätzlich klären lassen, um nicht unnötigerweise Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Dennoch wollte man sich mit anderen Bankinstituten absprechen. Von der Deutschen Bank sei immerhin bekannt, dass „diese keinesfalls auf Provisionen verzichten" wolle. 88

Die Übernahme

und „Arisierung" jüdischer Betriebe aus der der Bebca

Interessensphäre

Mit der Ubergabe ihrer sudetenländischen Filiale musste die Bebca auch einige ihrer Industriebeteiligungen an die Dresdner Bank abtreten, um ihren Debetsaldo auszugleichen.89 Während das Geldhaus aus der Berliner Behrenstraße einige AkVgl. Zimmermann, Die Sudetendeutschen im NS-Staat, S. 203. 8" HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29947-2001 .BE, Arisierungen im Sudetenland 8, Auszug aus einem Schreiben der Filiale Reichenberg vom 4 . 9 . 1 9 4 0 . 85 Ebd., Aktennotiz der Konsortialabteilung vom 2 0 . 1 1 . 1940. 86 Ebd., Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 23. 8. 1939 mit Anlagen. 87 Ebd., Schreiben der Dresdner Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 18.3. 1939. 88 Ebd., Schreiben der Konsortialabteilung an die Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg vom 25. 3. 1939. «9 RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 220, Bl. 29-31, Schreiben der D A I B an das RWM 83

5. Die „Arisierung" im Sudetenland

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tienpakete an ihre Kunden weiterveräußerte, behielt sie die Anteile an ausgewählten Betrieben in ihrem Portefeuille. 90 Darunter befanden sich auch jüdische U n ternehmen, die „arisiert" und saniert werden sollten, wie das folgende Beispiel zeigt. Die Josef Rindskopf's Söhne, Glasfabriken A G mit Sitz in Teplitz-Schönau produzierte unter anderem Press-, Hohl- und Luxusglas. 91 1936 waren die Anglotschechoslowakische und Prager Creditbank mit 15600 Aktien sowie verschiedene Mitglieder der Familie des Firmengründers Hauptaktionäre des Unternehmens, darunter Edwin (1935 Aktien), Sidney (4260 Aktien), Hans (4260 Aktien) und Sherman Riethof (4285 Aktien). 9 2 Im April 1937 übernahmen die Glasfabriken und Raffinerien Josef Inwald A G aus Prag fast 9 9 % des Kapitals von Rindskopf. Der neue Großaktionär besaß nun 3 5 0 0 0 Aktien, während Sidney, Sherman, Oskar und Henry Riethof ebenso wie vier weitere Verwaltungsratsmitglieder nur noch über jeweils 25 Anteilscheine verfügten. 93 Die Inwald A G , die zum „Industriekonzern" der Bebca gehörte, erzeugte in Teplitz-Schönau, Podebrady und Deutsch-Schützendorf Hohlglasprodukte, darunter Beleuchtungsartikel, Pressund Kristallglas. Sie war stark exportorientiert. Daher hatte sie die Wirtschaftskrise im Sudetenland Anfang bis Mitte der 1930er Jahre schwer getroffen. 94 Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Schwierigkeiten hatten die beiden Traditionsunternehmen, nachdem man sie unter dem Dach der Bebca vereinigt hatte, eine enge Kooperation und eine gemeinsame Leitung vereinbart: 95 Henry Riethof wurde zum Generaldirektor der Inwald A G ernannt, blieb aber zugleich leitender Direktor der Rindskopf A G . 9 6 Nach der Besetzung des Sudetenlandes bestimmte der Regierungspräsident in Aussig, dass für die Produktionsstätten der beiden Unternehmen ein kommissarischer Leiter einzusetzen war. 97 Nicht nur dies: Bei der Übernahme des sudetenvom 3.10. 1938 samt Anlage: Zusammenstellung über den Konzern der Bebca. Soweit bekannt, galten folgende Unternehmen als „jüdisch": Nestomitzer Zuckerraffinerien A G (Prag); Troppauer Zuckerraffinerie A G (Troppau); Nordmährische Brauerei und Malzfabriks A G (Mähr. Schönberg); Leitmeritzer Bierbraugesellschaft „Zum Elbschloß" (Leitmeritz); Eisenwerk A G (RothauNeudek); Webstuhl- und Weberei-Maschinenfabrik A G (Troppau, Werk in Jägerndorf); Altrohlauer Porzellanfabriken A G (Karlsbad); C. Stölzle's Söhne A G für Glasfabrikation (Prag); Glasfabriken und Raffinerien Josef Inwald AG (Prag); A G der Fezfabriken (Strakonitz); Neudeker Wollkämmerei- und Kammgarnspinnerei A G (Brüx); Böhmische Glanzstoffabrik System Elberfeld (Prag); „Cephag" Chemische- und Pharmazeutische Industrie AG, vorm. Gehe (Aussig). Eine Aufstellung der Dresdner Bank nannte zusätzlich noch: A G für Spiritusindustrie (Mährisch Ostrau); Königshofer Zement-Fabrik AG. BAB, Bestand R 30 Anh., Akte 8, Schreiben der Dresdner Bank an das RWM, 5. 10. 1938 mit Anlage: Die Bebca in Prag. 90 Vgl. Wixforth, Auftakt zur Ostexpansion, S. 149. 91 Vgl. Compaß. Finanzielles Jahrbuch. Cechoslovakei, 71. Jg., Prag 1938, S. 635 f. Rindskopf wurde seit April 1920 als A G geführt. Siehe: S O A L pobocka Most (Außenstelle Brüx), Inwald, Kt. 4, inv. c. 293/4, Bericht des Wirtschaftsprüfers Dr. Franz Schiffner über Josef Rindskopf's Söhne AG, vermutlich Januar 1940. 92 Ebd., inv. c. 293, Präsenzliste der 17. Generalversammlung der Firma Josef Rindskopfs Söhne A G vom 30. 6. 1936. 93 Ebd., inv. c. 293/4, Deponierungsliste für die 18. Generalversammlung der Josef Rindskopfs Söhne A G am 22.12.1937 vom 13. 12. 1937. Vgl. auch Compaß. Finanzielles Jahrbuch. Cechoslovakei, 71. Jg., Prag 1938, S. 636. « Vgl. ebd., S. 630 f. Die Bebca war zu 100% an der Inwald A G beteiligt. Siehe Tabelle III/2 auf S. 384. » Vgl. ebd., S. 636. * S O A L pobocka Most, Inwald, Kt. 8, inv. c. 342, Dienstvertrag zwischen der Inwald A G und Henry Riethof vom 2. 6. 1937. 97 So berief das Aussiger Regierungspräsidium im November 1938 Josef Friedrich zum kommissari-

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

ländischen Geschäfts der Bebca verhandelte die Dresdner Bank mit dem Prager Geldhaus auch darüber, ihr den Besitz an Aktien der Inwald AG zu überlassen. Zudem wollte die Dresdner Bank die im Sudetenland liegenden Produktionsstätten von Inwald übernehmen. Das Engagement der Bebca bei dieser Firma hatte die Revisoren der Dresdner Bank als sehr risikobehaftet eingestuft. Sie wollte den „Debitor Inwald" nur dann übernehmen und das Engagement weiterführen, wenn die Bebca ihr die freie Verfügungsgewalt über die Aktien und Betriebsstätten im Sudetenland überließ. Zunächst diskutierte man bei der Dresdner Bank folgende Planspiele, wie mit dem Unternehmen zu verfahren sei: Eine Variante sah vor, die Geschäftsführung von Inwald auszuwechseln, das Unternehmen zu sanieren und danach an Interessenten zu veräußern. Alternativ dazu erwog man, Teile des Unternehmens auszugliedern und in eine neue Gesellschaft mit Sitz im Reichsgebiet einzubringen.98 Mitte Februar 1939 wurde schließlich ein Übernahmevertrag unterzeichnet." Dieser bestimmte, dass alle Produktionsstätten der Inwald AG im Sudetenland, die Aktien der Rindskopf AG in ihrem Besitz - inzwischen 36 277 Stück ä 200 Kc - sowie sämtliche Aktiva der Gesellschaft lastenfrei in eine neue Gesellschaft einzubringen seien, die ihren Sitz im „Altreich" hatte. Die neue, deutsche Aktiengesellschaft sollte den Name Inwald weiterführen dürfen. 100 Bis zu deren Gründung wollte die Dresdner Bank die Verfügungsgewalt über die Aktiva von Inwald behalten. Die restlichen Produktionsstätten sollten im Besitz der Inwald AG mit Sitz in Prag bleiben. Die sudetenländischen Inwald-Werke wurden vorläufig als Josef Inwald AG in Zuckmantl bei Teplitz-Schönau geführt. Die „Ausgliederung" der Betriebe in Teplitz-Schönau aus dem Prager Konzern erfolgte rückwirkend zum 1. Januar 1939.101 Im Sommer 1939 machte das Unternehmen - und damit die Dresdner Bank allerdings etwa 3000 bis 4000 RM Verlust pro Tag.102 Seit August 1939 verhandelte zunächst Teichmann, später auch Claus gemeinsam mit dem neuen Leiter des Unternehmens, Fritz Werthmann. Sie verlangten, dass das Reich eine Unterstützung im Rahmen der Reichswirtschaftshilfe gewähren solle. Werthmann bezifferte den Investitionsbedarf auf etwa 1 bis 2 Mio. RM. Allerdings erhielt die Dresdner Bank lange Zeit keine konkreten Zahlen über die Lage des Betriebs. Teichmann notierte daher kritisch: „Schließlich interessiert ferner sowohl den Kreditgeber als auch den Unternehmer - beide zunächst in der Person der Bank vereint - die Ertragsfähigkeit der im einzelnen vorzunehmenden Investitionen." 103 Die Sanierung sehen Leiter von Rindskopf. Ebd., Kt. 3, inv.c. 293, Bericht des Wirtschaftsprüfers Dr. Franz Schiffner über Josef Rindskopfs Söhne AG, vermutlich Januar 1940. BAB, Bestand R 2501, Akte 3343, Bl. 291, Inwald gibt sudetendeutsche Glasfabriken wieder ab, in: Deutsche Allgemeine Zeitung vom 14.1. 1939. " HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13835-2000, Sudetenland, Bl. 259, Auszug aus einem Schreiben an Dir. Claus, betr. Trennung Inwald Prag-Teplitz vom 1. 6. 1939. 100 Dresdner Bank AG Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 363, Übernahmevertrag zwischen der Bebca, Prag, und der Dresdner Bank vom 4.2. 1939. 101 SOAL pobocka Most, Inwald, Kt. 3, inv. c. 293, Bericht des Aufsichtsrats der Glasfabriken und Raffinerien Josef Inwald AG über die Rechnungsabschlüsse der Jahre 1938 und 1939 vom 27.5. 1940. 2 i° HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13835-2000, Sudetenland, Auszug aus einem Schreiben an Direktor Claus vom 24. 5. 1939. 103 Ebd., Aktennotiz Teichmanns vom 23. 2. 1940. 98

5. D i e „ A r i s i e r u n g " im S u d e t e n l a n d

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drängte, da ein „Schwebezustand" drohte, der das Ansehen der Josef Inwald A G in Zuckmantl und das der Dresdner Bank selbst „aufs schwerste" schädigen konnte. 104 Zur gleichen Zeit forcierten die Behörden zusammen mit der Dresdner Bank die „Arisierung" der Rindskopf A G . Auf einer Sitzung des Verwaltungsrates des Unternehmens im September 1939 verkündete der Vorsitzende des Gremiums, der ehemalige Bebca-Direktor Franz Fousek, zunächst die Demissionierung der jüdischen Mitglieder Theodor Hirsch, Paul Low und Sidney Riethof. Zudem erklärte er den Rückzug des emigrierten Sherman Riethof. Einstimmig wählten die Anwesenden statt dessen Karl Hölzer aus dem Vorstand der B E B und Walter Teichmann von der Dresdner Bank als neue Mitglieder in das Gremium. Fousek erklärte zudem den Verzicht auf sein Mandat als Vorsitzender des Verwaltungsrates. Dieses Amt übernahm Fritz Werthmann. 105 Die Übertragung der 2008000 R M Rindskopf-Aktien von der B E B auf die Dresdner Bank genehmigte die Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidenten in Berlin daraufhin am 2. November 1939. 106 Damit hatte man die Grundlage für die Neuorganisation des Firmenkomplexes Inwald/Rindskopf im Sudetenland unter Federführung der Dresdner Bank geschaffen. Die Generalversammlung der Rindskopf A G beschloss im Januar 1940, in der RM-Eröffnungsbilanz rückwirkend zum 1. Januar 1939 das Aktienkapital von 8 Mio. Kc auf 192000 R M umzustellen und zugleich von 192000 RM auf 2,2 Mio. R M zu erhöhen. Im Gegenzug sollten die sudetenländischen Betriebe der Inwald A G eingebracht werden. Die Inwald A G aus Zuckmantl erhielt dafür 2008 Rindskopf-Aktien ä 1000 RM. Einstimmig beschloss das Gremium, den Namen in Vereinigte Böhmische Glasindustrie A G mit Sitz in Teplitz abzuändern. Zudem vereinbarte man, dass die Inwald A G ihre im Sudetenland liegenden Werke mit allen Liegenschaften auf das neue Unternehmen zu übertragen habe. In dessen Verwaltungsrat zogen Kurt Claus, Felix Steinrücke und Walter Teichmann als Vertreter der Dresdner Bank, Karl Hölzer von der B E B und Fritz Werthmann ein. Zu Mitgliedern des Aufsichtsrates wurden unter anderem Werthmann, Claus, Hölzer und Steinrücke gewählt. 107 Am 18. Januar 1940 enthob das Regierungspräsidium in Aussig Josef Friedrich seines Amtes als kommissarischer Leiter der Rindskopf AG, da deren „Arisierung" nun abgeschlossen war.108 Mit der personellen und organisatorischen Umstrukturierung war die Sanierung aber noch nicht beendet. Am 22. Januar 1940 erhielt Claus vom Reichswirtschaftsministerium die telefonische Auskunft, das Prüfergebnis der Deutschen Revisions- und Treuhand A G über den InvestitionsEbd., Auszüge aus einem Schreiben der Dresdner Bank an Franz Witt aus dem Industriebüro der Böhmischen Escomtpte-Bank vom 2. 8. 1939 und an Felix Steinrücke vom 19. 8. 1939. 105 S O A L pobocka Most, Inwald, Kt. 4, inv. c. 298, Protokoll über die Sitzung des Verwaltungsrates der Josef Rindskopf's Söhne A G am 20. 9. 1939. " " Ebd., Kt. 8, inv. c. 342, Schreiben des Oberfinanzpräsidenten Berlin, Devisenstelle, an die Dresdner Bank vom 2. 11. 1939. 107 Ebd., Kt. 4, inv. c. 293/4, Niederschrift über die 20. Generalversammlung der Firma Josef Rindskopf's Söhne Glasfabriken A G vom 19. 1. 1940. 108 Ebd., Inwald, Kt. 8, inv. c. 342, Schreiben des Regierungspräsidenten von Aussig, Dr. Moelle, an Josef Friedrich vom 1 8 . 1 . 1940. 104

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

bedarf der früheren Inwald A G liege nunmehr vor. Die Wirtschaftsprüfer befürworteten ein Reichsdarlehen von 1 Mio. RM und sahen darüber hinaus einen Kreditbedarf von etwa 600 000 RM. 1 0 9 Am 20. Februar 1940 bewilligte der Gaukreditausschuss einen Konsortialkredit von 1 Mio. RM im Rahmen der Reichswirtschaftshilfe. 110 Am 7. März 1940 fasste Teichmann die Sanierungsmaßnahmen für die Inwald A G wie folgt zusammen: Die neue Gesellschaft erhielt einen Nachlass von 1,85 Mio. RM auf ihre Bankschuld. Darüber hinaus hatte man vereinbart, einen Teil der Schulden in Höhe von rund 2 Mio. RM in Aktien umzuwandeln, welche die Dresdner Bank übernehmen wollte. Zudem sollte die Gesellschaft im Rahmen der Reichswirtschaftshilfe noch zusätzliche Mittel bekommen. Als Nachfolger für die ehemalige Betriebsleitung der Rindskopf A G , die ja fast nur aus Juden bestanden hatte, war nach längerer Suche Theodor Koldewey vorgesehen, der bisherige Direktor der Obernkirchener Sandsteinbrüche. Allerdings gab es Probleme, Koldewey aus seinem Arbeitsverhältnis frei zu bekommen. Da der Besitzer der Sandsteinbrüche Kunde der Dresdner Bank war, wollte diese Dissonanzen im Geschäftsverkehr mit ihm vermeiden. Das Reichsarbeitsministerium wurde als Vermittler eingeschaltet.111 Im April 1940 konnte Koldewey seine neue Stellung antreten. Werthmann erklärte hierzu: „Die Angelegenheit Inwald kommt ja nun endlich, Gott sei Dank, in Ordnung." 1 1 2 Bei der Restrukturierung des Komplexes Inwald/Rindskopf unter der Federführung der Dresdner Bank handelte es sich um eine „Arisierung", sofern das Führungspersonal betroffen war. Sämtliche jüdischen Mitglieder im Vorstand und im Verwaltungsrat der beiden Unternehmen verloren ihre Posten. Schwerer fällt die Antwort, wenn man die Besitzverhältnisse in Betracht zieht. Fast das gesamte Kapital der Inwald A G befand sich im Besitz der Bebca. Zwar wurde dieses Prager Geldhaus auf dem Treffen in Unter-Polaun im Sommer 1938 als „jüdisches Institut" eingestuft, doch befand sich seine Aktienmehrheit in den Händen der Prager Zivnostenskä banka sowie von Geldinstituten aus Belgien und Großbritannien - allesamt keine jüdischen Banken. Zudem wies die Übernahme und Restrukturierung der Inwald A G durch die Dresdner Bank eher den Charakter einer Sanierung und nicht einer der sonst üblichen „Arisierungen" auf. Angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage der beiden Unternehmen Inwald und Rindskopf bestand ein akuter Handlungsbedarf für eine grundlegende Sanierung, als deren Folge auch ein Austausch des Führungspersonals und eine tief greifende Veränderung der Unternehmensstruktur stattfand. An der Verdrängung der Juden aus den Führungsgremien der beiden Firmen kann kein Zweifel bestehen. Dies geschah wohl auch auf Druck der Dresdner Bank. Ob man dem Institut angesichts der langwierigen Unternehmenssanierung allerdings hier einen „Beutezug" H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13835-2000, Sudetenland, Aktennotiz Claus vom 22. 1. 1940. BAB, R2301, Akte 6525, Bl. 131, Zusammenstellung der genehmigten Konsortialkredite - 29. Sitzung des Gaukreditausschusses vom 20.2.1940. " i H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13835-2000, Sudetenland, Schreiben Teichmanns vom 7. 3. 1940. 112 Ebd., Schreiben des Direktors Werthmann von der Vereinigten Böhmischen Glasindustrie A G an die Dresdner Bank, z. Hd. Gustav Overbeck, vom 17. 4. 1940.

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5. Die „ A r i s i e r u n g " im Sudetenland

bei jüdischen Vermögenswerten attestieren kann, scheint zweifelhaft zu sein. Betriebsverluste, die von der Dresdner Bank in den ersten Monaten nach Übernahme der Inwald A G hinzunehmen waren, sprechen ebenso nicht dafür der allseits befürchtete Imageschaden, sollte sich der Unternehmenskomplex wald/Rindskopf nicht in absehbarer Zeit sanieren lassen. Die „Arisierungstätigkeit"

193 Die der wie In-

der Dresdner Bank im Sudetenland - eine Bilanz

Die „Arisierungsaktivitäten" der Dresdner Bank konzentrierten sich im Sudetenland auf die Jahre 1938 bis 1940. 113 Im Juni 1940 erklärten auch die zuständigen Behörden, dass die „Arisierung" dort weitgehend abgeschlossen sei.114 Blicken wir auf die Charakteristika, welche die „Arisierungstätigkeit" der Dresdner Bank im Sudetenland prägten. Für die Anbahnung von „Arisierungen" und die Vermittlung „jüdischer Objekte" an Interessenten aus ihrem Kundenkreis spielte die Gebietsdirektion in Reichenberg unter ihrem zwischenzeitlichen Leiter von Lüdinghausen eine zentrale Rolle. Hier liefen viele Informationen zusammen, hier wurden Exposés erstellt, hier fanden oft erste Gespräche mit potenziellen Erwerbern aus dem Sudetenland und dem „Altreich" statt. Die Gebietsdirektion entfaltete auch deshalb zahlreiche Aktivitäten und unterbreitete eigenständige Vermittlungsvorschläge, da sie stets befürchtete, andere Kreditinstitute, vor allem die Deutsche Bank, könnten sie bei lukrativen Geschäften und bei den begehrtesten „jüdischen Ojekten" ausstechen. Aber auch innerhalb der Dresdner Bank mussten zuweilen divergierende Interessenlagen austariert werden, wie der Fall G. A. Fröhlich's Sohn belegt. Die Dresdner Bank profitierte - wie die anderen Banken auch - vor allem durch „indirekte Arisierungsgewinne". 115 Ihre Aktivitäten bei der Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben des Sudetenlandes dienten dazu, den Kundenstamm zu vergrößern. Mit Hilfe der „Arisierungen" gelang es der Dresdner Bank, sich in den unterschiedlichsten Zweigen der sudetenländischen Industrie neue Geschäftsverbindungen zu erschließen. Nicht nur dies: Direktoren oder andere Vertreter der Dresdner Bank wurden häufig Mitglieder in den Verwaltungs- und Aufsichtsräten „arisierter" Unternehmen. 116 Mit Blick auf zukünftige Geschäfte mit Firmen aus der Region erwies sich diese Art von „Netzwerkbildung" als enorm wertvoll. Die Einnahmen aus den „Arisierungsprovisionen" boten dage113

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Ebd., Akte 13775-2000, Arisierungen 1946—47, Zusammenfassung über Arisierungen bzw. Germanisierungen durch den Dresdner Bank Konzern im Sudetenland und im Protektorat, verfasst von Dr. Städing am 1 3 . 1 1 . 1946. Vgl. auch Svatosch, Grenzgebiet, S. 312. Im Juni 1940 gab der Aussiger Regierungspräsident Hans Krebs anlässlich eines Besuchs von Reichsstatthalter Konrad Henlein bekannt, dass die „Wiedergutmachungs- und Arisierungsabteilung" in seinem Regierungspräsidium ihre Arbeit nun beendet habe. Vgl. Zimmermann, Die Sudetendeutschen im NS-Staat, S. 205. Vgl. Eduard Kubü, Die Verwaltung von konfisziertem und sequestrierten Vermögen - eine spezifische Kategorie des „Arisierungs-Profits": Die Kreditanstalt der Deutschen und ihre Abteilung „F", in: Ziegler (Hg.), Banken und „Arisierungen", S. 175-210, hier: S. 175. So stellte die Dresdner Bank die Vorsitzenden in den Verwaltungs- bzw. Aufsichtsräten folgender Unternehmen: Ignaz Klinger G m b H (Adalbert Jensen); Vereinigte Böhmische Glasindustrie A G und Neudeker Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei A G (Gustav Overbeck); Vereinigte Seidenwarenfabriken Gebr. Schiel A G (Fritz André); Montan- und Industrialwerke A G vorm. Johann David Starck (Heinz Ansmann). Vgl. Svatosch, Grenzgebiet, S. 7 4 3 - 7 4 5 , S. 778.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

gen kaum nennenswerte Verdienstmöglichkeiten. Sie machten nur einen geringen Teil des Gesamtumsatzes der Dresdner Bank aus.117 Das Institut betrachtete die „Arisierung" im Sudetenland als normalen Bestandteil ihres Vermittlungs- und Kreditgeschäfts, mit dem Ziel, den eingeschlagenen Expansionskurs konsequent fortzusetzen. Dafür nutzte auch die Dresdner Bank die repressiven Maßnahmen der von den Behörden in Berlin und Reichenberg verordneten antijüdischen Politik ohne Skrupel und moralische Bedenken für ihre Belange aus. Exakt lässt sich die „Arisierungstätigkeit" der Dresdner Bank im Sudetenland nicht quantifizieren. Genaue Übersichten über die von der Zentrale in Berlin „betreuten" Fälle liegen nicht vor. Zwei Berichte der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg erfassten aber die hier bis Mitte August 1939 bearbeiteten bzw. beobachteten „Arisierungsfälle". So verzeichnete eine erste Zwischenbilanz der Gebietsdirektion vom 25. Mai 1939 bereits 288 „Arisierungsobjekte". In 111 Fällen war die Dresdner Bank in die direkten Verhandlungen zwischen Vorbesitzer und Bewerber eingeschaltet.118 Bis zum 15. August 1939 schieden schließlich 302 jüdische Unternehmen aus der „Bearbeitung" durch die Gebietsdirektion der Dresdner Bank aus.119 Bei 84 Unternehmen war die Dresdner Bank das alleinige oder eines von mehreren Kreditinstituten, die in die „Arisierung" involviert waren. Von 27 Unternehmen war ihr bekannt, dass sie in die Interessensphäre der Deutschen Bank fielen, neun Unternehmen hatte die Adca vermittelt, die dort auch zur wichtigsten Bankverbindung geworden war. Die meisten Unternehmen, die unter Einschaltung der Dresdner Bank „arisiert" worden waren, stammten aus folgenden Branchen: Textilindustrie (115), Nahrungs- und Genussmittelindustrie (38), Industrie der Steine und Erden (33) sowie Eisen- und Stahlindustrie und Metallverarbeitung (29). Bei zehn Unternehmen glaubte die Gebietsdirektion in Reichenberg, dass intensive Vermittlungsbemühungen „nicht lohnenswert" seien. 40 Betriebe waren zu klein, inzwischen stillgelegt, im Konkursverfahren oder in Liquidation und wurden daher von der Beobachtungsliste gestrichen. Der Zentrale in Berlin konnte sie dagegen mitteilen, dass 146 „Arisierungsfälle" als perfekt anzusehen seien oder kurz vor dem Abschluss ständen. Dies bedeutete nicht, dass in jedem Fall ein Kaufvertrag zustande kam. Mit Blick auf die Akquisition oder die Bindung von Kunden hatten sich die „Arisierungsaktivitäten" ausgezahlt. Von den 146 Unternehmen, die die Dresdner Bank erfolgreich vermittelt hatte, führten " 7 BAB, Bestand R 8119 F, Akte P 11752, Dresdner Bank, Rentabilität 1937-1939. Hier nach James, Deutsche Bank und die „Arisierungen", S. 206. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 13899-2000.E, Sudetenland, Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale Reichenberg an das Industriebüro vom 25. 5. 1939. In den übrigen 177 Fällen gab es noch keine Bewerber, oder die Betriebe waren aus verschiedenen Gründen aus der Bearbeitung ausgeschieden. 119 Ebd., Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg an die Konsortialabteilung vom 23. 8. 1939 mit Anlagen. Diese Aufstellung verzeichnete insgesamt 349 Unternehmen, die aus der Bearbeitung ausschieden. Eine zweite Liste umfasste 138 „weiter zu beobachtende Objekte". Es gab zahlreiche Doppelnennungen, die sowohl in der Aufstellung vom 25. Mai wie in jener vom 23. August 1939 auftauchten. Die folgende Auswertung basiert auf dem Bericht vom 23. August, ist aber um einige Betriebe aus der Liste vom 25. Mai 1939 ergänzt. Die Auswertung ist von Wiederholungen bereinigt und lässt zudem die versehentlich aufgenommenen tschechischen und „arischen" Betriebe - soweit diese feststellbar sind - außer Acht. Zudem wurden landwirtschaftliche Betriebe (15) nicht berücksichtigt, da in den meisten Fällen zweifelhaft ist, ob es sich tatsächlich um jüdischen Besitz handelte.

5. Die „Arisierung" im Sudetenland

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56 ein Konto bei einer ihrer Niederlassungen. In weiteren 23 Fällen bemühte sich die jeweils zuständige Filiale, die Kontoführung zu übernehmen. Eine weitere Bestandsmeldung verzeichnete 104 jüdische Unternehmen, deren „Arisierung" noch nicht abgeschlossen war. Die Gebietsdirektion in Reichenberg sicherte der Zentrale in Berlin jedoch zu, diese Fälle weiter intensiv zu beobachten. 120 Nicht nur diese statistischen Angaben, sondern auch die geschilderten Einzelfälle geben einen Eindruck von der „Arisierungstätigkeit" der Dresdner Bank im Sudetenland. Deren Palette reichte von spektakulären und komplizierten Firmenübernahmen, nachdem die ehemaligen jüdischen Inhaber ihre Abwehrfront nicht mehr aufrecht erhalten konnten, bis hin zu einer reinen Vermittlungstätigkeit für ihre Klientel aus dem „Altreich" und dem Sudetenland. Auch hier zeigte sich, dass sich hinter dem Begriff „Arisierung" eine Fülle variierender Transaktionen verbergen kann. Nicht zu bestreiten ist jedoch, dass die Dresdner Bank durch ihre „Arisierungstätigkeit" massiv in die Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben des Sudetenlandes involviert war.

Ebd.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

6. Fazit: Die Dresdner Bank im Sudetenland Mit dem Einmarsch deutscher Truppen in die Grenzgebiete der Ersten Tschechoslowakischen Republik, in das Sudetenland, konnte die Dresdner Bank ihre in Osterreich begonnene Expansion in die abhängigen oder besetzten Gebiete erfolgreich fortsetzen. Mehr noch: Es gelang ihr, ihre Position gegenüber konkurrierenden Instituten, vor allem der Deutschen Bank, deutlich zu verbessern. Dies lässt sich auf verschiedene Gründe zurückführen. Zum einen verstand es Karl Rasche, die Interessen der Dresdner Bank bei der Umgestaltung des sudetenländischen Bankwesens gegenüber denen der Deutschen Bank durchzusetzen. Er konnte offenbar nicht nur die besseren Sachargumente in Form der engen Beziehungen zwischen der Zivnostenskä banka und der Bebca vorbringen, sondern mobilisierte auch geschickt seine Beziehungen zu den Berliner Behörden, vor allem zur Vierjahresplan-Behörde und zu Görings Generalreferenten Hans Kehrl, um die Deutsche Bank im Konkurrenzkampf um die gewinnbringenden Bebca-Filialen im Sudetenland auszustechen. Zum anderen entpuppte sich die Dresdner Bank unmittelbar nach der Okkupation der Grenzgebiete als unnachgiebiger Anwalt der Expansionsinteressen der deutschen Industrie. Ohne ihre Einschaltung und ohne ihre Kontakte zur Prager Bankenwelt, vor allem zur Zivnostenskä banka, hätte sich die „Germanisierung" tschechischer Großunternehmen, wie zum Beispiel des Aussiger Vereins, nicht so schnell realisieren lassen. Auch bei der Klärung schwieriger Währungs- und Devisenprobleme zeigte sich die Dresdner Bank als wertvolle Hilfe für die deutsche Großindustrie und ihre Expansionspläne. Damit war die Basis bereitet für eine intensive Mitwirkung der Dresdner Bank, als die Schlüsselbranchen der sudetenländischen Wirtschaft nach den Vorstellungen der Wirtschafts- und Rüstungsplaner in Berlin grundlegend umzugestalten waren. Der Dresdner Bank wurde die Aufgabe übertragen, die großen Braun- und Steinkohlenunternehmen aus dem Besitz der Petscheks und der Weinmanns unter „deutsche Kontrolle" zu bekommen, damit deren Potenzial in die Planspiele der Berliner Behörden eingespeist werden konnte, einen deutschen Großwirtschaftsraum in Mitteleuropa zu schaffen. Zudem sollten die ungezügelten Expansionspläne der Reichwerke Hermann Göring unbedingt in die Tat umgesetzt werden. Hier stieß die Verhandlungs- und Vermittlungskompetenz der Dresdner Bank jedoch an erste Grenzen. Es gelang nur in einem Fall, eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. In zwei weiteren Fällen scheiterte sie an der Abwehrfront der jüdischen Unternehmer. Hier mussten die Staatsorgane massive Zwangsmittel einsetzen, um das angestrebte Ziel, die Kontrolle der großen Montankomplexe, zu verwirklichen. Dennoch zeigte man sich in Berlin mit den Vermittlungsbemühungen und der Verhandlungsführung der Dresdner Bank zunächst zufrieden. Sie wurde damit beauftragt, die Gründung des neuen Montankomplexes im Besitz der Reichswerke zu organisieren, für seine Finanzierung zu sorgen und damit die Umgestaltung der sudetenländischen Montanwirtschaft zum Abschluss zu bringen. Die Dresdner Bank entpuppte sich hier erneut als wichtiger Ideengeber, Berater und Vermittler. Die Allianz zwischen ihr, den Reichswerken und den Rüstungsplanern in Berlin gestaltete sich dadurch immer enger, auch die zwischen Karl Rasche und Hans Kehrl. Im Frühjahr 1940, nach der Umgestaltung der sude-

6. Fazit: Die Dresdner Bank im Sudetenland

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tenländischen Wirtschaft, konnte Rasche für sich in Anspruch nehmen, für die Dresdner Bank nicht nur große und gewinnbringende Geschäftstransaktionen akquiriert, sondern dem Institut bei den Berliner Behörden eine Stellung verschafft zu haben, die auch in Zukunft, im Zuge einer weiteren Ostexpansion, große Geschäfte versprach. Es schien, als hätte die Dresdner Bank ihre große Konkurrentin aus der Berliner Mauerstraße, die Deutsche Bank, ebenso wie andere Kreditinstitute deutlich übertrumpft. Hierdurch werden Einschätzungen in der älteren Forschung auf den ersten Blick betätigt. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, wie wichtig eine differenzierte Analyse ist. Eine enge Allianz zwischen der Dresdner Bank und den Behörden in Berlin ist ebenso wenig zu bestreiten wie die Tatsache, dass das Institut dadurch zu einem Instrument für die Errichtung und Festigung der deutschen Herrschaft in einem weiteren Teil Mitteleuropas wurde. Die Gewichtsverteilung in dieser Allianz ist jedoch eindeutig. Die Behörden in Berlin erstellten nicht nur die Vorgaben für die Besatzungspolitik und die Realisierung wirtschaftspolitischer Expansionsziele, sondern die Dresdner Bank hatte sich danach zu richten. Sie tat dies aus kaufmännischem Kalkül, wohl weniger aus politischer Uberzeugung zumindest noch zu diesem Zeitpunkt. Die oft holzschnittartige, auch ideologisch vorgeprägte Interpretation älterer Forschungen greift zu kurz. Sie verkennt nicht nur die Gewichtsverteilung in der Allianz zwischen Reichsbehörden und Dresdner Bank, sondern auch ihre Motivlage. Bestimmend war hier der Gedanke, die eigene Wettbewerbsposition durch eine Expansion in das Sudetenland und die enge Zusammenarbeit mit den „Berliner Stellen" bei großen Transaktionen im Rahmen der wirtschaftlichen Umgestaltung zu verbessern. Dies gelang zweifelsfrei. Politisch-ideologische Motive, wie zum Beispiel Pläne zur gezielten „Germanisierung" des Sudetenlandes und der Schaffung eines Großwirtschaftsraumes, standen in der Prioritätenliste der Dresdner Bank ganz unten. Der Hinweis auf das bankkaufmännische Kalkül als handlungsbestimmenden Faktor für die Expansion der Dresdner Bank in das Sudetenland kann jedoch nicht verdecken, dass sie de facto ein Verhalten an den Tag legte, das mit tradierten Grundüberzeugungen von Bankiers brach. Die Dresdner Bank beteiligte sich nicht nur intensiv an der „Neuordnung", sondern auch an der „Arisierung" der sudetenländischen Wirtschaft. Sie leistete durch ihre Vermittlertätigkeit einen Beitrag zur gezielten „Entjudung" von Industrie und Handel in der Region. Moralische Bedenken wurden - ähnlich wie zuvor im „Altreich" und Osterreich - zurückgestellt. Was zählte, war die Tatsache, dass sie durch die „Arisierung" ihren Kundenstamm vergrößern und ihre Beziehungen zu Teilen der Klientel durch die Vermittlung von „Arisierungsobjekten" deutlich festigen konnte. Die „Entjudung" der Wirtschaft galt der Dresdner Bank auch im Sudetenland als probates Mittel, die eigene Wettbewerbsposition zu festigen. So lange sich die Konkurrenz anderer Kreditinstitute ausschalten oder in Schach halten ließ, war die Dresdner Bank nur allzu gerne bereit, die neuen politischen Rahmenbedingungen ohne Bedenken für ihre eigenen Zwecke auszunutzen. Lange Zeit schien dieses Kalkül aufzugehen. Umso schmerzlicher war für die Dresdner Bank vor allem ab 1941 die Erfahrung, dass die von den Behörden in Reichenberg protegierte Kreditanstalt der Deutschen und selbst die Deutsche Bank ihr nicht nur bei großen Ge-

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

schäftstransaktionen, sondern auch bei der Gestaltung des alltäglichen Geschäftsverkehrs mit Unternehmen aus Industrie und Handel ihre Rolle in der sudetenländischen Kreditwirtschaft streitig machten - mit Erfolg. Dennoch: Für die Dresdner Bank war ihr Engagement im Sudetenland gewinnbringend. Sie konnte ihr Zweigstellennetz um rentable Niederlassungen ebenso erweitern wie ihren Kundenstamm. Sie konnte bei großen und spektakulären Geschäftstransaktionen, die im Zuge der von den Berliner Behörden verordneten „Neuordnung" von Schlüsselbranchen in der sudetenländischen Wirtschaft stattfanden, gute Provisionen verdienen. Am wichtigsten war jedoch, dass sich ihre Beziehungen zur Berliner Ministerialbürokratie entscheidend ausbauen ließen. Gerade dadurch konnte sie die Grundlage sowohl für ihre Mitwirkung an weitere großen Geschäftstransaktionen als auch für zukünftige Expansionsschritte in andere vom NS-Regime besetzte Länder schaffen.

7. Die „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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7. Die „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren und die Dresdner Bank Die gescheiterte Übernahme der Bebca im "Winter 1938/39 Seit einem konspirativen Treffen in Reichenberg am 24. November 1938, an dem Kehrl, von Lüdinghausen, Novotny sowie die beiden tschechischen Industriellen Anton Hödl und Josef Kislinger teilnahmen, 1 wurde immer wieder über die Möglichkeit diskutiert, die Bebca mit ihren wertvollen Industriebeteiligungen komplett durch die Dresdner Bank erwerben zu lassen. Vor allem Kehrl wollte die Bebca „zum Konzentrationspunkt für deutsche Interessen in der Tschechoslowakei" ausbauen. Gegen Widerstände im Reichswirtschaftsministerium und bei einigen reichsdeutschen Kreditinstituten vertrat er mit Nachdruck die Meinung, dass „die Bebca die einzige von den in Prag ansässigen Großbanken ist, die durch eigene Beteiligungen Einfluss auf Industriefirmen besitzt, welche in den leitenden Stellungen mit Deutschen besetzt sind und die noch bis heute eine deutsche Agenda haben." 2 Die Dresdner Bank sollte daher so lange Aktien der Bebca aufkaufen, bis sie über deren Majorität verfügen würde. Rasche und andere Direktoren der Dresdner Bank waren nur allzu gerne bereit, durch eine Kontrolle des Prager Instituts mögliche Expansionsbestrebungen der Deutschen Bank zu konterkarieren und ihre eigene Wettbewerbsposition sowohl im Sudetenland als auch in der übrigen Tschechoslowakei wesentlich zu stärken. Wie schnell und auf welche Weise dieses Vorhaben zu realisieren sei, darüber herrschte bei den Teilnehmern des Treffens in Reichenberg noch keine klare Vorstellung.3 Im Dezember 1938 zeigte sich, dass der Plan, eine Mehrheitsbeteiligung an der Bebca oder zumindest einen entscheidenden Posten an Aktien durch die Dresdner Bank erwerben zu lassen, zu scheitern drohte. 4 Weder die Anteilseigener aus Westeuropa wie die Banque de Bruxelles oder das Londoner Bankhaus Kleinwort & Sons noch tschechische Großaktionäre wie die Industriellen Friedrich Kubinsky, Fritz und Hans Weinmann oder einige Konzerngesellschaften der Bebca waren zu diesem Zeitpunkt bereit, ihre Aktienpakete zu veräußern. Das gleiche galt für die Zivnostenskä banka. Die Dresdner Bank musste die Aktienmehrheit oder einen strategisch bedeutsamen Posten an Bebca-Aktien also aus tschechoslowakischem Streubesitz erwerben, was sich als zeitaufwändig erwies. Zwar wurden den ganzen Winter 1938/39 über Bebca-Aktien aufgekauft, doch ließ sich eine strate-

Anton Hödl war der Generaldirektor der Ersten Brünner Maschinenfabrik, Josef Kislinger war Mitglied in Verwaltungsräten wichtiger tschechischer Unternehmen. Zudem war er ein einflussreicher Verbandspolitiker. 2 St A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 4 0 4 , Notiz von Lüdinghausens über ein Gespräch mit Novotny, Kehrl, Generaldirektor Hödl und Kislinger am 2 4 . 1 1 . 1938 in Reichenberg. 3 Ebd. 4 Ebd., N I D - 1 3 4 0 5 , Brief Anton Hödls an Kehrl vom 6.12. 1938. Hier heißt es: „Der Versuch, aus Gruppe 6 (kleinere Besitzer in der CSR) möglichst viel Material herauszuholen, ist sicher richtig, doch wird die Gesamtsumme des erhältlichen Aktienmaterials voraussichtlich nicht bedeutend sein. Meiner Uberzeugung nach müsste dieses Bemühen sofort parallel gehen mit dem Erwerb des größeren Paketes der Gruppe 4 (Privatbesitz)". 1

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren Abb. 7: Hans Kebrl, Generalreferent Görings in der Vierjahresplanbehörde. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv Hoffmann.

gische Aktienbeteiligung nicht so schnell erreichen wie von Kehrl und anderen Funktionsträgern im Reichswirtschaftsministerium erhofft. 5 Aufgrund fehlender Unterlagen lässt sich schwer entscheiden, ob der Vorstand des Prager Instituts im Winter 1938/39 der Dresdner Bank selbst den Vorschlag unterbreitete, sich dauerhaft bei der Bebca zu engagieren. Einer der Direktoren der Dresdner Bank, Walter Teichmann, kolportierte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, bei einem abendlichen Treffen mit dem Bebca-Vorstandsvorsitzenden O t t o Feilchenfeld habe dieser es „sehr begrüßt, wenn die Dresdner Bank sich an der Bebca beteiligen würde." Zudem habe Feilchenfeld in Aussicht gestellt, dass „es möglich wäre, der Dresdner Bank eine Aktienmajorität auf Basis eines Kurses von etwa 30% des Nominalbetrags der Aktien zu verschaffen." 6 Wie dies geschehen solle, dazu machte auch Teichmann in seinen Ausführungen keine näheren Angaben. Angesichts der Schwierigkeiten der Dresdner Bank, die Aktienmajorität des Prager Instituts zu bekommen, erscheint eine solche Offerte eher als unrealistisch. D a Teichmanns Ausführungen zum Vorschlag Feilchenfelds zudem im Gegensatz zu der tatsächlich von der Dresdner Bank und Kehrl verfolgten Strategie stehen, die Bebca übernehmen zu wollen, ist auch seine Interpretation der Aussage Feilchenfelds u n d der Wahrheitsgehalt des Angebots zu bezweifeln. Dennoch ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass im Winter 1938/39 Gespräche über die Zukunftsperspektiven der Bebca stattfanden. Unwahrscheinlich ist dagegen, dass die Dresdner Bank bereits zu diesem Zeitpunkt die Bebca „kontrollierte", wie der damals amtierende Vorstandsvorsitzende der Zivnostenskä 5 Ebd. Ebd., NID-6534, Affidavit von Walter Teichmann, „Auf welchem Wege hat die Dresdner Bank die Kontrolle über die Böhmische Escompte-Bank erreicht?"

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7. D i e „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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banka, Jan Dvoräcek, von Feilchenfeld gehört haben will. Eine direkte Kontrolle war aufgrund der Probleme, sich in den Besitz der Aktienmajorität zu bringen, kaum möglich. Denkbar ist nur, dass die finanziell angeschlagene und um den größten Teil ihres Filialnetzes verkleinerte Bebca, die zu dieser Zeit mit der Dresdner Bank über die Veräußerung von Industriebeteiligungen verhandelte, zunehmend auf eine Mittelzufuhr von außen angewiesen war und daher schrittweise an Handlungsautonomie einbüßte. 7 In Berlin glaubte man trotz aller Schwierigkeiten, bald die Aktienmehrheit der Bebca zu bekommen. Vor allem Kehrl hatte am Gelingen des Plans keine Zweifel. Ende Januar 1939 ließ er verbreiten, Reichsaußenminister von Ribbentrop habe in einem Gespräch mit seinem tschechoslowakischen Amtskollegen Franz Chvalkovsky gefordert, die Regierung in Prag solle die Zivnostenskä banka veranlassen, ihren Bestand an Bebca-Aktien an die Dresdner Bank zu verkaufen. Chvalkovsky habe sich dieser Forderung nicht widersetzt - wahrscheinlich aus Furcht vor deutschen Repressionen. Kehrl rechnete daher mit „einer positiven Erledigung dieser Sache in kürzester Zeit." 8 Mitte Februar 1939 sinnierte er darüber, dass die Bebca bald „umzubauen" sei, damit ihr „jüdischer Charakter vollends beseitigt und ein deutsch-arisches Institut gebildet wird". Uber die zukünftige Funktion der Bebca besaß Kehrl präzise Vorstellungen: Zum einen sollte sie gezielt die „deutsche Industrie" in der Tschechoslowakei betreuen und Wirtschaftskontakte im „gesamten Südostraum" aufbauen, zum anderen nach ihrer vollständigen „Entjudung" selbst „jüdischen Besitz in deutsch-arische Hände überführen". 9 Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen glaubte Kehrl, die Bebca sei bereits so handlungsunfähig, dass der Austausch der jüdischen Mitglieder in ihren Verwaltungsgremien eine ausgemachte Sache sei.10 In dieser Meinung wurde er bestärkt, als die Dresdner Bank den Plan unterbreitete, dass nicht sie alleine, sondern ein Konsortium, das aus „reichsdeutschen und tschechoslowakischen Volksdeutschen Kreisen bestehen solle", die Majorität der Bebca erwerben wolle. Auch die Deutsche Bank und selbst die Zivnostenskä banka als eine der Großaktionärinnen der Bebca, sollten dem Konsortium beitreten. 11 Das größte Prager Geldhaus sollte im Gegenzug aus dem Besitz der Bebca Aktienpakete von wichtigen Industrieunternehmen erhalten. Die Absicht des Plans war klar: Man wollte die Substanz der Bebca weiter aushöhlen, damit die Zivnostenskä banka dem Konsortium beitrat. 12 Für den Fall, dass dieser Plan gelang, hatte die Dresdner Bank bei Kehrl vorgeEbd, NID-14348, Erklärung von Jan Dvoräcek vom 2. 2. 1948. « RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 238, Bl. 180, Brief des Ministerialrats Köster aus dem Büro Kehrls an Riehle vom 24.1.1939. 9 BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 13, Aktenvermerk des Ministerialrats Litter aus dem Reichsfinanzministerium vom 18. 2. 1939; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 234, Bl. 165, Brief Kehrls an die Abteilung V, Ld 8, des Reichswirtschaftsministeriums vom 13.2. 1939. 10 Ebd. 11 Ebd., Akte 89, Bl. 10, Aktennotiz des Reichskommissars für das Kreditwesen, Ernst, vom 8.2. 1939, über ein Gespräch mit Karl Rasche; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13662, Punktuationen vom 2.2. 1939 über Gespräche zwischen der Dresdner Bank und der Bebca. Mit den „tschechoslowakisch-volksdeutschen" Kreisen waren wohl die Kreditanstalt der Deutschen und einige Konzernunternehmen der Bebca wie die Poldi-Hütte und die Erste Brünner Maschinenfabrik gemeint, die Interesse an einem solchen Schritt signalisiert hatten. '2 Ebd.; NID-13800, Protokoll über die Vorstandssitzung vom 16. 2. 1939; BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 7f., Aktenvermerk des Ministerialrats Litter vom 6.2. 1939. 7

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

fühlt, ob die Bebca nicht mit der Deutschen Agrar- und Industriebank zu fusionieren sei, um die deutschen Finanzinteressen in der Tschechoslowakei zu bündeln. Kehrl wollte sein Plazet zu diesem Plan geben, wenn das Konsortium die Kontrolle über die Bebca bekäme. 13 Zudem stellte er in Aussicht, eine neue und „arisierte" Bebca finanziell durch das Reich zu stärken. Einen Teil der Kc-Noten, die die Reichsbank im Sudetenland eingezogen hatte, wollte er nach Prag zurückschleusen und der Bebca als Betriebsmittel zur Verfügung stellen. 14 Bis Ende Februar 1939 war man in der Angelegenheit jedoch nicht weitergekommen. 1 5 In einem Brief an Kehrl vom 22. Februar 1939 zog von Lüdinghausen eine Zwischenbilanz der bisherigen Aufkäufe und der aktuellen Verteilung des Aktienbesitzes. Demnach befanden sich von den insgesamt 650000 Bebca-Aktien zu je 200 Kc 100000 Aktien im Besitz von Konzerngesellschaften, 50000 Aktien im Besitz sudetenländischer Industrieller, wo die Dresdner Bank sie geparkt hatte, 115000 Aktien im Besitz der Banque de Bruxelles, 70000 Aktien in den Händen der Zivnostenskä banka, 15000 Aktien im Portefeuille des Bankhauses Kleinwort & Sons, 26 000 Aktien im Besitz der Aussiger Industriellenfamilie Weinman und 32 000 Aktien in den Händen des Prager Industriellen Kubinsky. Den Rest hielten Kleinaktionäre. Bei der Dresdner Bank diskutierte man daher den Plan, sowohl die 100000 Aktien der Konzerngesellschaften als auch die 26000 Aktien der Familie Weinman zu erwerben. Zudem wollte man den Kleinaktionären weitere 24000 Aktien abkaufen. Dies reichte jedoch nicht aus, um einen strategisch bedeutsamen Posten an Bebca-Aktien zu kontrollieren. Daher wurde erwogen, dass Konzerngesellschaften der Bebca, vor allem die Poldi-Hütte und die Brünner Maschinenfabrik, 85 000 Bebca-Aktien aus dem Portefeuille der Banque de Bruxelles und die 15000 Bebca-Aktien des Londoner Bankhauses Kleinwort & Sons aufkaufen sollten. Den beiden Anteilseignern sollte der Verkauf schmackhaft gemacht werden, indem die Bezahlung in Devisen erfolgen sollte, die durch Exporterlöse der beiden Unternehmen erwirtschaftet worden waren. 16 Sollten diese Transaktionen gelingen, sollte die Zivnostenskä banka sich außerdem dazu durchringen können, einen wesentlichen Teil ihres Besitzes an Bebca-Aktien an die reichsdeutsche Gruppe um die Dresdner Bank zu veräußern oder auch nur kurzfristig zur Verfügung zu stellen, so stand die Kontrolle der Bebca für Kehrl außer Zweifel. In seinem Brief an Kehrl präzisierte von Lüdinghausen die Maßnahmen zur Umstrukturierung der Bebca. So hielt er eine Kapitalzusammenlegung für notwendig und ein Aktienkapital von 60 bis 65 Mio. Kc für ausreichend. Sollte die

" RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 238, Bl. 180, Brief des Ministerialrats Köster aus dem Büro Kehrls an Riehle vom 24. 1. 1939. 1" StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13662, Punktuationen vom 2.2. 1939 über Gespräche zwischen der Dresdner Bank und der Bebca; BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 12ff., Aktenvermerk des Ministerialrats Litter vom 18.2. 1939. is StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13926, Brief der Dresdner Bank an das Reichswirtschaftsministerium, z. Hd. Regierungsrat Rechenberg, vom 8.2.1939. " Ebd., NID-13796, Brief von Lüdinghausens an Kehrl vom 22.2. 1939. Nach der Aufstellung von Lüdinghausens in diesem Brief hätte sich folgende Verteilung der Bebca-Aktien nach der Durchführung dieser Transaktionen ergeben: Konzerngesellschaften 100000 Stück, reichsdeutsche Gruppe um die Dresdner Bank 150000 Stück, sudetenländische Industrielle 50000 Stück, die Banque de Bruxelles 30000 Stück, der Industrielle Kubinsky 32000 Stück, die Zivnostenskä banka 70000 Stück.

7. D i e „ N e u o r d n u n g " des B a n k w e s e n s i m P r o t e k t o r a t B ö h m e n u n d M ä h r e n

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Bebca jedoch mit der Deutschen Agrar- und Industriebank fusionieren, so musste man das Kapital wieder auf 100 Mio. Kc aufstocken. Wann dieser Plan zu verwirklichen war, musste von Lüdinghausens jedoch offen lassen.17 Festzuhalten bleibt, dass es der Dresdner Bank trotz erheblicher Bemühungen und massiver Rückendeckung der Reichsbehörden bis Ende Februar 1939 nicht gelungen war, eine strategisch bedeutsame Aktienbeteiligung an der Bebca zu erwerben. Erst unter dramatisch veränderten politischen Verhältnissen konnte die Dresdner Bank ihre Expansionspläne in die Tat umsetzen. 18 Die „Neuordnung"

des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren

Am 15. März 1939 besetzten deutsche Truppen die Zweite Tschechoslowakische Republik. Die Hoffnung der Regierung in Prag, die Eigenstaatlichkeit zu erhalten, war mit einem Schlag beseitigt worden. Lähmendes Entsetzen, aber auch stille Resignation machten sich unter der Bevölkerung des Landes breit. Monatelange Bemühungen, durch eine Neuausrichtung der Außenpolitik und durch verschiedene diplomatische Initiativen eine Okkupation zu verhindern, waren gescheitert. Alle Versuche der Regierung in Prag, Loyalität mit Hitlers Regime zu beweisen und dadurch die Souveränität zu retten, hatte der deutsche Diktator missachtet. Unruhen in Bratislava und eine am 14. März 1939 proklamierte Unabhängigkeitserklärung der slowakischen Landesregierung lieferten Hitler den letzten Vorwand, Prag sowie die „historischen Länder" Böhmen und Mähren zu besetzen. Damit hatte er sich endgültig die Maske eines angeblich friedliebenden Verfechters von berechtigten Interessen der deutschen Volkstumspolitik vom Gesicht gerissen und sich als Parteigänger einer imperialen Macht- und Expansionspolitik mit all ihren Folgen desavouiert. 19 Durch Hitlers Gewaltakt brach die Zweite Tschechoslowakische Republik auseinander. Die Slowakei konnte sich einer Pseudo-Souveränität von deutschen Gnaden erfreuen und sank zu einem „Vasallenstaat" Berlins herab, während die Karpatho-Ukraine unter ungarische Verwaltung fiel. Durch Erlass Hitlers vom 16. März „über die Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren" wurde der verbliebene Rest der „historischen Länder" als minderberechtigter Teil und ohne eigene, wirkliche Souveränität dem Reichsgebiet inkorporiert. Für sechs Jahre wurde der Reichsprotektor auf der Prager Burg der neue Machthaber in Böhmen und Mähren. 20

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Ebd. Drahomir Jancik, Die „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte Bank im Protektorat Böhmen und Mähren, in: Dieter Ziegler (Hg.), Banken und „Arisierungen", S. 143 f. Siehe u.a. Jörg K. Hoensch, Geschichte der Tschechoslowakei, Stuttgart 1992, S. 100-104; Ian Kershaw, Hitler 1 9 3 6 - 1 9 4 5 , Stuttgart 2000, S. 2 3 1 - 2 3 8 ; Jiri Paclik, Zerschlagung und Dreiteilung der Tschechoslowakei, in: Wolfgang Benz/Gerhard Otto/Johannes Houwink ten Cate (Hg.), Anpassung-Kollaboration-Widerstand. Kollektive Reaktionen auf die Okkupation, Berlin 1996, S. 2 2 7 - 2 3 2 . Hoensch, Geschichte der Tschechoslowakei, S. 105; Kershaw, Hitler, S. 236 f.; Detlef Brandes, N a tionalsozialistische Tschechenpolitik im Protektorat Böhmen und Mähren, in: ders./Vaclav Kural (Hg.), D e r Weg in die Katastrophe. Deutsch-tschechoslowakische Beziehungen 1 9 3 8 - 1 9 4 7 , Essen 1994, S. 3 9 - 5 5 . Die Verordnung Hitlers über die „Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren" findet sich in: R G B l . , 1939 I, S. 4 8 5 - 8 8 .

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Abb. 8: Die Besetzung des Prager Hradscbin durch deutsche Soldaten im März 1939. Quelle: Bayerische Staatsbibliothek, Bildarchiv H o f f m a n n .

7. D i e „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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Die Besetzung Prags durch deutsche Truppen hatte auch für die Kreditwirtschaft einschneidende Folgen. Bereits vor dem Einmarsch sahen sich die Prager Banken einem „run" ausgesetzt. Bei der Bebca erreichten die Abzüge von Depositen bis zum 14. März ein solches Ausmaß, dass man eine völlige Zahlungseinstellung befürchtete. Angesichts der sich dramatisch zuspitzenden Situation verlangte Kehrl, dass die Reichsbank aus ihrem Guthaben bei der Tschechoslowakischen Nationalbank 100 Mio. Kc zur Verfügung stellen sollte. Rasche intervenierte persönlich bei Kehrl, um eine solche Unterstützung zu erreichen.21 Die Verbindung zwischen beiden erwies sich erneut als wirkungsvoll. In hektischer Betriebsamkeit gelang es, dass der Bebca unter Einschaltung des Reichsfinanzministeriums und der Reichsbank eine Finanzhilfe gewährt wurde, ohne eine vertragliche Vereinbarung zu unterzeichnen. 22 Kurz nach der Okkupation erschienen bei einigen der Prager Banken angeblich von den neuen Machthabern autorisierte, in Wirklichkeit wohl selbst ernannte Kommissare und verlangten, dass jüdische Vorstandsmitglieder sofort ihre Ämter und Funktionen zur Verfügung stellen sollten. Außerdem glaubten die Kommissare befugt zu sein, die laufende Geschäftstätigkeit der Institute zu kontrollieren. Bei der Böhmischen Union-Bank tauchte bereits am 13. März 1939 ein junger und karrierebewusster Mitarbeiter aus dem Vorstandssekretariat der Deutschen Bank in Berlin auf - Walter Pohle. Dieser stellte sich bei Leitung der B U B als der „Vertrauensmann" der Deutschen Bank vor und verhandelte mit ihr über finanzielle Fragen. Am 16. März kam Pohle erneut in die B U B und verlangte von den jüdischen Vorstandsmitgliedern, zurückzutreten. Am selben Tag fand eine Vorstandssitzung der B U B statt, auf der fast der gesamte Vorstand und ein großer Teil der Verwaltungsratsmitglieder „angesichts der veränderten politischen Verhältnisse" demissionierte. 23 Sofort nach der Okkupation Prags kam auch von Lüdinghausen in die Zentrale der Bebca und forderte den Vorstand und die anderen leitenden Mitarbeiter auf, ihre Ämter zu verlassen. Von Lüdinghausen wies darauf hin, dass er befugt sei, die Bebca kommissarisch zu leiten. Der amtierende Vorstand habe daher die Entscheidungsbefugnis an ihn abzutreten. Alle jüdischen Direktoren und Angestellten seien zudem zu entlassen.24 Bisher ist in der Literatur betont worden, dass von Lüdinghausen bei seinem Besuch in der Bebca-Zentrale eine Wehrmachtsuniform getragen habe, um die Entscheidungsträger des Prager Instituts sichtbar einzuschüchtern.25 In seinen Aufzeichnungen über seine Tätigkeit in Prag bestritt von 21

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BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 31, Brief Kehrls an den Reichsminister der Finanzen, z. Hd. Herrn Ministerialrat Bayrhoffer, vom 14. 3. 1939. Ebd., Bl. 33, Brief an Kehrl vom 16. 3.1939, ohne Unterschrift; Bl. 34, Brief Bayerhoffers an Kehrl vom_21. 3. 1939 mit Kopie des Briefes an Rasche. M F C R , Aktendepositum Kladno, Böhmische Union-Bank, Protokollbuch des Vorstands, Bl. 104, Protokoll der Vorstandssitzung vom 16. 3. 1939; siehe James, Deutsche Bank und „Arisierung", S. 154. StAN, KV-Prozess, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-11870, Befragung des Ing. Jan Dvofäcek in Prag vom 22. 11. 1946, S. 8 f.; NID-13918, Affidavit Jan Dvoräceks vom 27. 11. 1946. Der tschechische Historiker Vaclav Kral übernahm die Darstellung Dvoräceks über die Vorgänge am 15. März 1939 wohl ungeprüft. Vaclav Kral, Otäzky hospodarskeho a socialniho vyvoje v ceskych zeitlich v letech 1938-1945, 2 Bde., 2. Bd., Praha 1958, S. 25. So zum Beispiel Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 329; ders., „Arisierung" der deutsch-

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Lüdinghausen keineswegs, dass er an diesem Tage in Uniform zur Bebca gegangen sei. Der Grund dafür sei jedoch gewesen, dass er als Ordonanzoffizier einem der Generäle zugeteilt war, deren Einheiten die Besetzung Prags durchgeführt hätten. Handlungen und Anweisungen, zu denen er nicht ausdrücklich von der Dresdner Bank autorisiert war, habe er aber nicht vorgenommen. 26 Beide Sichtweisen schließen einander nicht aus. Von Lüdinghausen könnte durchaus die „Gunst der Stunde" genutzt haben, um als Ordonanzoffizier in Uniform seine neue Autorität zur Schau zu stellen und die tschechischen Direktoren der Bebca einzuschüchtern. Es ist davon auszugehen, dass er mit der Berliner Zentrale in direktem Kontakt stand. Nicht exakt nachweisen lässt sich jedoch, ob von Lüdinghausen seit dem 15. März 1939 der kommissarische Verwalter der Bebca oder nur als „Berater" tätig war, wie er seine Funktion beim Prager Bankhaus bis zum April 1939 selbst bezeichnete. Angesichts der seit dem Sommer 1938 andauernden Versuche der Dresdner Bank, die Bebca zu übernehmen und sich in Prag festzusetzen, wirkt von Lüdinghausens Darstellung kaum überzeugend. Zudem verbot der Chef der Zivilverwaltung in Prag am 18. März 1939 die Einsetzung von kommissarischen Leitern. U m dieses Verbot zu umgehen, tarnten sich die neuen Entscheidungsträger in einigen Unternehmen und Banken als „Berater" oder „Vertrauensmänner", waren de facto aber kommissarische Leiter.27 Eine knappe Woche nach dem Einmarsch deutscher Truppen fand eine entscheidende Zusammenkunft im Prager Ministerium für Handel und Gewerbe statt, auf der über die zukünftige Bankenstruktur im Protektorat Böhmen und Mähren beraten, aber auch die Interessenssphären von Dresdner Bank, Deutscher Bank und Kreditanstalt der Deutschen abgegrenzt werden sollten.28 Ministerialrat Köster aus dem Reichswirtschaftsministerium bzw. aus der Abteilung Kehrls in der Vierjahresplan-Behörde umriss zu Beginn die Zielsetzung des Treffens: Die Banken, die in das gerade besetzte Gebiet expandieren wollten, sollten ihre Interessen untereinander abstimmen, damit die Berliner Behörden in der Frage der „Bankenneuordnung eine einheitliche Linie feststellen" konnten. Zudem wollte man einen Plan erarbeiten, welche Bank konkret an welchem Prager Institut „in-

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böhmischen Aktienbanken, S. 241; Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen EscompteBank, S. 143. Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 367, Tschechoslowakei, von Lüdinghausen/ w. Böhmische Escompte-Bank und Tätigkeit Dresdner Bank 1 9 3 8 ^ 5 , Reinhold Freiherr von Lüdinghausen, Bemerkungen und Richtigstellungen zu den Veröffentlichungen der Tschechen über die Tätigkeit der Dresdner Bank in den böhmischen Ländern und in der Slowakei 1938-1945, S. 12; ders., Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis der Vorgänge in der Wirtschaft der Tschechoslowakei (Protektorat) in den Jahren 1938-45, S. 4, 24. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 8, Bl. 49, Rundschreiben des Chefs der Zivilverwaltung in Prag vom 18. 3. 1939 an die Korpskommandeure. An der Sitzung nahmen teil: Ministerialrat Köster aus dem Reichswirtschaftsministerium bzw. aus dem Büro Kehrls; Dr. Rudolf Schicketanz vom Reichskommissariat für die sudetendeutschen Gebiete aus Reichenberg; Karl Rasche und Reinhold Freiherr von Lüdinghausen von der Dresdner Bank; Oswald Rösler, Walter Pohle und Hans Osterwind von der Deutschen Bank; Dr. Werner von den Vereinigten Finanzkontoren Berlin; Anton Kiesewetter, Hubert Baumann und Josef Pulz aus dem Vorstand der Kreditanstalt der Deutschen. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (WilhelmstraßenProzess), NID-1820, Aktennotiz über die Besprechung im Handelsministerium in Prag vom 21.3. 1939.

7. Die „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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teressiert" war und wie sich ihre „Interessenahme" gestalten sollte. Diesen Plan wollte man an Kehrl weiterleiten. 29 Im Gegensatz zur Umgestaltung des sudetenländischen Bankwesens war es nun Görings Generalreferent, der die letzte Entscheidungskompetenz für die „Neuordnung" der Kreditwirtschaft im Protektorat besaß. Kehrl war am 20. März 1939 von Reichswirtschaftsminister Funk zum „Bevollmächtigten für alle die Wirtschaft im Protektorat Böhmen und Mähren und ihre wirtschaftliche Eingliederung betreffenden Fragen bestellt" worden. Alle Fragen und Entscheidungen, welche die Wirtschaftsstruktur und die Wirtschaftspolitik des Protektorats betrafen, fielen somit in sein Ressort. 30 Selbst Riehle aus dem Reichswirtschaftsministerium, der sich zu dieser Zeit ebenfalls in Prag aufhielt, um sich ein Bild von der Leistungsfähigkeit der Prager Institute zu machen, war in die eigentliche Entscheidungsfindung über die Umgestaltung des Bankwesens im Protektorat nicht eingebunden. 31 Nach einer Reorganisation der Protektoratsverwaltung im Sommer 1939 übertrug Reichsprotektor Konstantin von Neurath alle Fragen, welche die „Neuordnung" der Kreditwirtschaft in Böhmen und Mähren betrafen, dem frisch ernannten Leiter der Abteilung II „Wirtschaft", Walter Bertsch. 32 Im Reichswirtschaftsministerium behielt Kehrl seine Entscheidungskompetenz für diesen Komplex. 33 Als generelle Richtlinie für die Umgestaltung des Bankwesens empfahl Köster, dass sich die reichsdeutschen Institute „gegenüber den Tschechen nicht allzu aggressiv verhalten sollten", da diesen die in „ihrem eigenen Industriegebiet liegende Lebensmöglichkeiten erhalten" werden müssten. Dies bedeutete, dass die Dresdner Bank und die Deutsche Bank von Kehrl und seinen Mitarbeitern aufgefordert wurden, sich nicht allzu massiv Prager Kreditinstitute und deren Besitz an Industriebeteiligungen anzueignen. So wollte man die Zivnostenskä banka, die Böhmische Industrialbank, die Legio-Bank, die Agrarbank sowie einige kleinere Institute zunächst nicht in die „Neuordnung" mit einbeziehen. 34 Gleich zu Beginn der Sitzung artikulierte die Dresdner Bank ihr großes Interesse an einer engen Verbindung mit der Bebca. Dies konnte kaum überraschen, « 30

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Ebd. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 8, Bl. 10, Mitteilung Funks an alle Hauptabteilungen, Abteilungen und Referate vom 20. 3.1939. Mitarbeiter in der Kommission Kehrls, die im Prager Ministerium für Handel und Gewerbe ihren Sitz hatte, waren zudem Ministerialrat Koelfen, Ministerialrat Köster und Oberregierungsrat von Wedelstädt. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-7364, Bericht Riehles über „Die Beteiligung deutscher Banken an ausländischen Banken in den Jahren 193 8 ff." RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 12, Bl. 202, Verfügung des Reichsprotektors Konstantin von Neurath vom 1. 8.1939. Bertsch erhielt im Verlauf seiner Tätigkeit im Protektorat den Rang eines SS-Obergruppenführers. Zum Aufbau der Wirtschaftsverwaltung im Protektorat siehe Alice Teichova, Instruments of Economic Control and Exploitation: the Occupation of Bohemia and Moravia, in: Richard Overy/Gerhard Otto/Johannes Howink ten Cate (Hg.), Die „Neuordnung" Europas. NS-Wirtschaftspolitik in den besetzten Gebieten, Berlin 1997, S 83-107; dies. The Protectorate Bohemia and Moravia: the Economic Dimensions, in: Mikulas Teich (Hg.), Bohemia in History, Cambridge 1998, S. 267-308. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 12, Bl. 169, Brief von Reichswirtschaftsminister Funk an alle Abteilungen und Referate des Reichswirtschaftsministeriums vom 28. 8. 1939. Ebd., Akte 8, Bl. 34, Aktennotiz Dr. Schicketanz vom 2 1 . 3 . 1939; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1820, Aktennotiz über die Besprechung im Handelsministerium in Prag vom 21. 3. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

da die Dresdner Bank bereits seit dem Sommer 1938 den Plan verfolgte, die Bebca komplett zu übernehmen, und nun offenbar die Möglichkeit gekommen sah, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Zudem erklärte Rasche, dass angesichts der veränderten politischen Verhältnisse bei der Dresdner Bank der Plan aufgegeben worden sei, gemeinsam mit der Deutschen Bank auf dem Finanzplatz Prag präsent zu sein, da sich nun ganz andere „Entfaltungsmöglichkeiten" für die deutschen Kreditinstitute ergeben würden. Wichtiger war jedoch Rasches Ankündigung, dass die Dresdner Bank beabsichtige, sich keinesfalls auf eine Interessennahme an der Bebca zu beschränken, sondern auch die Prager Länderbank in ihren Konzern inkorporieren wolle. 35 Durch eine enge Verbindung oder gar die Übernahme einer zweiten Prager Großbank wollte sich die Dresdner Bank im Kampf um Marktanteile und Geschäftsfelder im Protektorat eine besonders günstige Ausgangsposition gegenüber der Konkurrenz verschaffen. Dass sie dabei die Prager Länderbank im Auge hatte, überrascht nicht. Bereits seit den Verhandlungen über die Neustrukturierung der Wiener Länderbank unterhielt sie enge Kontakte mit der Großaktionärin des Länderbank-Konzerns, der Pariser Banque des Pays de l'Europe Centrale und deren Entscheidungsträgern. Daher hoffte sie, unter Ausnutzung dieser Verbindung schnell eine gezielte Interessenahme an der Prager Länderbank zu verwirklichen.36 Eine Verbindung mit der Anglo-tschechoslowakischen und Prager Creditbank lehnte Rasche ab, da er diese zum einen als „rein tschechisches Institut" ansah, bei dem die Dresdner Bank „bei einer möglichen Aufteilung auf Widerstand stoßen würde", zum anderen hier einen erheblichen Sanierungsbedarf konstatierte. Gleichzeitig sprach er sich dagegen aus, dieses Institut zusammen mit der B U B der Deutschen Bank zuzuweisen, da diese dann im Bankwesen des Protektorats ein zu großes Ubergewicht erlangen würde, das „er nicht unwidersprochen zulassen könne." 37 Die Deutsche Bank ließ dagegen durch ihren Vorstandssprecher Oswald Rösler erklären, dass ihr Interesse vor allem auf eine Übernahme der Böhmischen UnionBank ziele. Allerdings erwartete sie eine grundlegende Sanierung der B U B mit Hilfe einer Sperrmarktransaktion. Die B U B sei im Herbst und Winter 1938/39 zunehmend in finanzielle Schwierigkeiten geraten und könne nunmehr „kaum eine glatte Bilanz vorlegen". 38 Auch die Deutsche Bank schielte auf ein zweites Prager Kreditinstitut, wie Rösler in der Besprechung darlegte. Er argumentierte, die Deutsche Bank müsse die im Vergleich zur Bebca weniger leistungsstarke B U B übernehmen, so dass sie auch Ansprüche auf eine „Interessenahme" bei der Anglo-tschechoslowakischen und Prager Creditbank anmelden dürfe. 39 Die Deutsche Bank „interessierte" sich für dieses Institut, obwohl Berliner Bank» "

Ebd. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 8, Bl. 35, Aktennotiz Dr. Schicketanz vom 21. 3. 1939. Gemäß dem Sprachgebrauch in den Quellen wird auch hier für die Bank für Handel und Industrie der Name Prager Länderbank verwandt. " Ebd.; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1820, Aktennotiz über die Besprechung im Handelsministerium in Prag am 21. 3. 1939. « Ebd.; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 8, Bl. 35, Aktennotiz Dr. Schicketanz vom 21.3. 1939. *> StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1820, Aktennotiz über die Besprechung im Prager Handelsministerium am 21.3. 1939.

7. D i e „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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experten dessen Auspizien eher mit Vorsicht beurteilten. Dennoch glaubte die Deutsche Bank, dass sie durch eine Übernahme des zweitgrößten Prager Instituts und dessen Verschmelzung mit der B U B in der Kreditwirtschaft des Protektorats eine solche Stellung erreichen könne, dass dadurch die Risiken bei der „AngloBank" zu kompensieren seien.40 Das dritte vertretene Institut, die Kreditanstalt der Deutschen, verlangte die Zuweisung der Länderbank. Dieses Institut wollte die K d D liquidieren und die rentablen Geschäftsfelder in sich aufnehmen. Ein solches Ansinnen hielt der Vorstandsvorsitzende Kiesewetter für gerechtfertigt, da die K d D zum einen die Interessen des „Deutschtums auf tschechischem Boden" vertreten habe, zum anderen angesichts ihrer derzeitigen Größe durchaus in der Lage sei, die rentablen Geschäftsbereiche der Prager Länderbank weiterzuführen. Erstaunlicherweise sprach sich Kiesewetter bei dieser Zusammenkunft dafür aus, gegenüber nationaltschechischen Banken „mit entsprechender Rücksicht vorzugehen, um nicht den Anschein zu erwecken, berechtigte tschechische Interessen zu stören." Ob es sich hier um seine innere Uberzeugung handelte oder ob er diese Empfehlung in die Beratungen einbrachte, um ein zu massives Vorgehen der reichsdeutschen Konkurrenz zu konterkarieren, muss offen bleiben. Als Ergebnis dieses Treffens lässt sich festhalten, dass sich die Dresdner Bank für die Übernahme der Bebca, die Deutsche Bank für die der B U B interessierte, jedoch deren Sanierung mit Reichshilfe forderte. Während die Deutsche Bank zudem Ansprüche auf die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank anmeldete, existierten für die Prager Länderbank zwei Prätendenten: die Dresdner Bank und die KdD. Hier bahnte sich ein Konflikt um das weitere Schicksal des Prager Instituts an. Für die Mährische Bank, die Legio-Bank, die Böhmische Industrialbank, aber auch die 2ivnostenskä banka meldete dagegen keiner der an der Zusammenkunft beteiligten Bankenvertreter sein Interesse an. Die beiden letztgenannten Institute dürften angesichts ihres rein national-tschechischen Charakters zunächst kaum für eine Übernahme zur Disposition gestanden habe, wollte man tatsächlich „berechtigte tschechische Wirtschaftsinteressen" nicht beeinträchtigen.41 Obwohl Kehrl den auf dieser Besprechung entworfenen Plan billigte und sich damit die Konturen für die „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren abzeichneten, blieben einige Probleme und Fragen ungelöst. 42 Die Deutsche Bank forderte während des gesamten Frühjahrs und Sommers 1939 Reichshilfen in Form einer Sperrmarktransaktion zur Sanierung der Böhmischen Union-Bank, die jedoch abgelehnt wurden. 43 Die Deutsche Bank musste ihre neue Prager Affiliation daher durch eine Kapitalherabsetzung und -wiederaufstockung

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Ebd.; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 8, Bl. 35, Aktennotiz Dr. Schicketanz vom 21.3. 1939. « Ebd.; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1820, Aktennotiz über die Besprechung im Prager Handelsministerium am 21. 3. 1939. « BAB, Bestand R 2, Akte 13526, Bl. 126, Brief der Kreditanstalt der Deutschen an das Reichsbankdirektorium, z. Hd. Reichsbankdirektor Puhl, vom 3. 5. 1939. 43 James, Die Deutsche Bank und die „Arisierung", S. 153.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

aus eigenen Mitteln sanieren. Nach ihrer Reorganisation fusionierte die B U B mit der Deutschen Agrar- und Industriebank. 44 Angesichts der aufgewandten eigenen Mittel forderte die Deutsche Bank 1939 und 1940 nachdrücklich, auch die Anglo-tschechslowakische und Prager Creditbank - dieses Institut firmierte nach der Errichtung des Protektorats als AngloPrager Creditbank - übernehmen zu dürfen, um am Finanzplatz Prag besser vertreten zu sein. Über das Schicksal dieses Institutes konnte man sich auch in den Berliner Ministerien und in der Protektoratsverwaltung lange Zeit nicht einigen. Während Riehle aus dem Reichswirtschaftsministerium eine Zusammenlegung der Anglo-Prager Creditbank mit der Böhmischen Industrialbank und der LegioBank zu einem zweiten leistungsstarken „tschechischen" Kreditinstitut forderte, favorisierte die Protektoratsverwaltung eine andere Lösung. Sie wollte, dass sich die Deutsche Bank über die Böhmische Union-Bank maßgeblich an der AngloPrager Creditbank beteiligte und zudem deren südosteuropäische Auslandsfilialen übernahm. 45 Diese Entscheidung kritisierten die Dresdner Bank und die Commerzbank scharf. Letztere insistierte durch ihr Vorstandmitglied Bändel bei Riehle darauf, eine Mehrheitsbeteiligung am Prager Geldhaus zu erhalten.46 Vor allem die Dresdner Bank in Person von Rasche lief gegen die Entscheidung der Protektoratsverwaltung Sturm. Auf einer geheimen Sitzung am 26. November 1940 wurde über diesen Sachverhalt erneut beraten.47 Rasche machte deutlich, dass die Dresdner Bank eine maßgebliche Beteiligung der B U B bzw. Deutschen Bank am Prager Institut als Affront betrachten müsse, da dadurch die Gewichtsverteilung in der Kreditwirtschaft des Protektorats zu sehr zu Gunsten der Konkurrentin aus der Berliner Mauerstraße verändert würde. Diese Auffassung wies Walter Pohle, der neue Leiter der Böhmischen Union-Bank, natürlich scharf zurück. Er argumentierte, dass die Deutsche Bank bei der bisherigen „Aufteilung der Banken benachteiligt" worden sei, so dass sie nun einen „Anspruch" darauf habe, die Anglo-Prager Creditbank zu übernehmen. Dem widersprach Rasche heftig. Die Vertreter der Protektoratsregierung konnte er jedoch nicht überzeugen. Sie sprachen sich dafür aus, dass die B U B die Anglo-Prager Creditbank übernehmen solle. Allerdings waren sie bemüht, allzu tiefe Gräben zwischen der B U B und der Böhmischen Escompte-Bank zu vermeiden. Sie schlugen daher vor, dass die B U B ihrer Prager Konkurrentin eine Unterbeteiligung an der Anglo-Prager Creditbank einräumen solle. Ein solches Arrangement müsse aber nach außen hin streng geheim gehalten werden. 48

Ebd., Wixforth, Im Visier deutscher Finanzinteressen, S. 161. R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 64, Bl. 27, Brief Riehles an Oberregierungsrat von Wedelstädt beim Amt des Reichsprotektors vom 22.10. 1940; Bl. 40, Aktennotiz vom 25.11. 1940 über eine Besprechung in Prag betr. die Anglo-Prager Creditbank. « Ebd., Bl. 62, Aktenvermerk Riehles vom 29.11. 1940. 4? S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1806, Geheime Notiz des Vorstandsmitglieds Hölzer von der Böhmischen Escompte-Bank über Besprechungen zwischen der Dresdner Bank und der Protektoratsregierung wegen der Übernahme tschechischer Banken. An der Sitzung beim Reichsprotektor am 26. November 1940 nahmen teil: Staatssekretär Carl-Hermann Frank, Ministerialdirigent Walter Bertsch, Ministerialrat von Wedelstädt, Karl Rasche von der Dresdner Bank, Karl Hölzer von der Böhmischen Escompte-Bank sowie Walter Pohle von der Böhmischen Union-Bank. « Ebd.

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7. D i e „ N e u o r d n u n g " des B a n k w e s e n s i m P r o t e k t o r a t B ö h m e n u n d M ä h r e n

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Da es Walter Pohle gelang, die Commerzbank zu überreden, auf ihre angestrebte „Interessnahme" an der Anglo-Prager Creditbank zu verzichten, 49 konnte im Frühjahr 1941 die von der Deutschen Bank seit langem geforderte Verbindung zwischen diesem Institut und der B U B in Form einer Kapitalbeteiligung zustande kommen. 50 Das ehemals zweitgrößte Kreditinstitut der Tschechoslowakei blieb zwar formal selbstständig und änderte nur noch einmal seinen Namen in Prager Creditbank, doch musste es seine wichtigen Auslandsfilialen sowie einige Niederlassungen im Protektorat an die B U B abtreten. Walter Pohle und zwei andere Direktoren der Böhmischen Union-Bank wurden zudem in den Verwaltungsrat der Prager Creditbank gewählt.51 Die Dresdner Bank hatte sich mit ihren Forderungen bei der Protektoratsverwaltung, vor allem beim zuständigen Leiter der Abeilung Wirtschaft, Walter Bertsch, nicht durchsetzen können und musste eine Regelung akzeptieren, die sie lange bekämpft hatte. Eine nachhaltige Schwächung ihrer Position und derjenigen ihrer Prager Affiliation bedeutete diese Maßnahme jedoch nicht. Als im Herbst 1942 auch im Protektorat Planungen für eine weitere Straffung und „Rationalisierung" des Bankwesens anliefen, stufte man die Prager Creditbank in der Gruppe derjenigen Institute ein, die aufzulösen waren. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1942 wurde dieser Schritt vollzogen. 52 Ein ähnliches Schicksal ereilte auch die Böhmische Industrialbank. Dieses Institut konnte gemäß den am 21. März 1939 verlautbarten Richtlinien in den ersten Jahren des Protektorats seine Selbstständigkeit bewahren und als eines der „tschechischen" Kreditinstitute weiterarbeiten. Anfang 1941 geriet die Böhmische Industrialbank ins Visier zweier Geldhäuser aus dem „Altreich", der Commerzbank und der Leipziger Adca, die zusammen das Prager Institut übernehmen wollten. Beide Banken erhielten eine Kapitalbeteiligung, zu einer kompletten Übernahme und „Germanisierung" der Böhmischen Industrialbank kam es infolge von Streitigkeiten zwischen der Adca und der Commerzbank jedoch nicht. 53 Im Zuge der „Rationalisierungsmaßnahmen" im Bankwesen des Protektorats wurde die Böhmische Industrialbank ebenfalls als Institut eingestuft, das „abzuwickeln" sei.54 49

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SächsStA Leipzig, Bestand Adca, Akte 1157, Bl. 98, Aktennotiz Bassermanns vom 6. 5. 1941 über eine Unterredung bei Ministerialrat von Wedelstädt. Die Commerzbank gab sich stattdessen mit einer Minoritätsbeteiligung an der Böhmischen Industrialbank zufrieden. R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 64, Bl. 122, Berliner BörsenZeitung vom 19.6. 1941: „Gesellschaftsvorgänge im Protektorat"; Bl. 267, Brief von Walter Bertsch an den Reichsprotektor in Böhmen und Mähren vom 1.11. 1941. Ebd., Akte 65, Bl. 3, Brief der Dresdner Bank an das Reichswirtschaftsministerium, z. Hd. Herrn Oberregierungsrat Rust, vom 17. 9. 1941. Ebd., Akte 63, Bl. 49, Bl. 52, Streng vertraulicher Bericht des Grundsatzreferenten W V I vom 1 1 . 1 1 . 1 9 4 2 zum Konzentrationserlass des Herrn Ministers vom 26. 8 . 1 9 4 2 ; ebd., Akte 65, Bl. 104, Brief Wolfgang Richters an Riehle vom 3. 7. 1943. Zur „Bankenrationalisierung" im „Altreich" siehe: Bähr, „Bankenrationalisierung" und Großbankenfrage, S. 7 1 - 9 3 ; Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 3 4 9 - 3 5 3 . SächsStA Leipzig, Bestand Adca, Akte 1157, Bl. 136, Aktennotiz Bassermanns vom 17.1. 1941 über einen Besuch bei Ministerialdirigent Bertsch, Oberregierungsrat von Wedelstädt und Regierungsrat Hofmann; R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 64, Bl. 267, Vermerk von Walter Bertsch vom 1. 11. 1941. Ebd., Akte 63, Bl. 53, Streng vertraulicher Bericht des Grundsatzreferenten W V I vom 11.11. 1942 zum Konzentrationserlass des Herrn Ministers vom 26. 8. 1942. Die Adca und die Commerzbank mussten ihre Kapitalbeteiligung an der Böhmischen Industrialbank aufgeben. Die Commerzbank

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Da mit der Zivnostenskä banka selbst das größte „tschechische" Institut im Rahmen der geforderten „Ausdünnung der Filialnetze" fast die Hälfte ihrer Niederlassungen schließen musste, wurde offenkundig, dass der ursprünglich von der Protektoratverwaltung für richtig erachtete Grundsatz, auch „tschechische Positionen" zu erhalten, vollends aufgegeben worden war.55 Zudem erhielt die Dresdner Bank auf Bitten von Emil Meyer die Erlaubnis, die „im nichtarischen Besitz anfallenden Aktien" der Zivnostenskä banka zu erwerben. Die Dresdner Bank wollte sich rechtzeitig eine strategische Kapitalbeteiligung sichern, um das Institut zum gegebenen Zeitpunkt ganz zu übernehmen. 56 Ein solcher Schritt fand zwar nicht statt, doch war die von der Besatzungsmacht verordnete vollständige „Germanisierung" der tschechischen Wirtschaft auch im Bankwesen des Protektorats Böhmen und Mähren spätestens ab Mitte 1942 zur Realität geworden. Die Übernahme der Länderbank Prag durch die Bebca Ein weiterer Streitpunkt, über den man sich auf dem Treffen am 21. März 1939 im Prager Handelsministerium nicht hatte einigen können, war das Schicksal der Prager Länderbank (Bank für Handel und Industrie). Wie die Bebca und die Böhmische Union-Bank stand auch dieses Institut seit dem Einmarsch deutscher Truppen in die tschechische Hauptstadt unter kommissarischer Leitung. In einer „umgestalteten Kreditwirtschaft" des Protektorats schien für die Prager Länderbank kein Platz mehr zu sein. Erste Pläne im Reichswirtschaftsministerium sahen vor, das Institut mit der Kreditanstalt der Deutschen oder der Anglo-tschechoslowakischen und Prager Creditbank (bzw. Anglo-Prager Creditbank) zu fusionieren. Die Kreditanstalt der Deutschen, die bei der Umgestaltung des sudetenländischen Bankwesens ihren Geschäftsumfang nicht wie erhofft hatte ausdehnen können, pochte darauf, dass ihr als „Kreditinstitut des deutschen Volkstums" endlich die Chance eingeräumt würde, ihre operative Basis in Böhmen massiv auszubauen.57 Der KdD-Vorstandsvorsitzende Kiesewetter konnte zunächst auch den zuständigen Referenten im Reichswirtschaftsministerium, Riehle, davon überzeugen, dass die Übernahme der Länderbank durch sein Institut sinnvoll sei, zumal Dresdner Bank und Deutsche Bank im Bankwesen des Protektorats durch die Übernahme der Bebca bzw. B U B expandieren konnten. 58 Schnell erhob sich Widerspruch gegen die Forderung der KdD. In einigen Abteilungen des Reichswirtschaftsministeriums drängte man ebenso wie in den Gremien der Genossenschaftsorganisation war seit dem Frühjahr 1943 nur durch eine Beteiligung am Prager Privatbankhaus Hasek & Co. in der Kreditwirtschaft des Protektorats präsent. Ebd., BI. 119, Brief der Commerzbank an das Reichswirtschaftsministerium, z. Hd. Herrn Ministerialdirigent Riehle, vom 4. 6. 1943; Akte 64, Bl. 268, Brief Riehles an den Reichsprotektor in Böhmen und Mähren vom 14. 8. 1942; Akte 90, Bl. 174, Brief des Reichsaufsichtsamtes für das Kreditwesen an den Vorstand der Commerzbank vom 2 5 . 6 . 1943. 55 Ebd., Akte 63, Bl. 49, Streng vertraulicher Bericht des Grundsatzreferenten W VI vom 1 1 . 1 1 . 1 9 4 2 zum Konzentrationserlass des Herrn Ministers vom 26. 8. 1942. 56 Ebd., Akte 64, Bl. 180, Brief Meyers und Teichmanns an das Reichswirtschaftsministerium, z. Hd. Ministerialdirigent Riehle, vom 6. 8. 1941. 57 B A B , Bestand R 2, Akte 13526, Bl. 126f., Brief der Kreditanstalt der Deutschen an das Reichsbankdirektorium, z. Hd. Reichsbankdirektor Puhl, vom 3 . 5 . 1939. 58 Ebd., Bl. 124, Brief Riehles an Kehrl vom 6 . 4 . 1 9 3 9 .

7. D i e „ N e u o r d n u n g " des B a n k w e s e n s i m P r o t e k t o r a t B ö h m e n und M ä h r e n

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darauf, dass die KdD ihren spezifischen Charakter behalten müsse, so dass man sie weder in eine Aktiengesellschaft umwandeln noch mit der vor allem im Industriefinanzierungsgeschäft tätigen Länderbank fusionieren könne. 59 Auch der Großaktionär der Prager Länderbank, die Pariser Banque des Pays de l'Europe Centrale und ihr Vorstandsvorsitzender Henry Reuter protestierten gegen die zur Diskussion gestellten Pläne. Eine Verbindung Länderbank und Anglo-tschechoslowakischer und Prager Creditbank lehnte Reuter mit dem Hinweis ab, dass das daraus entstehende Institut aufgrund des enormen Sanierungsbedarfs kaum lebensfähig sei. 60 Eine Übernahme der Länderbank durch die Kreditanstalt der Deutschen schied für Reuter aufgrund der Nähe des Instituts zur SdP, zu Spitzen der N S D A P und seines deutsch-nationalistischen Charakters aus.61 In einem ausführlichen Gespräch mit Karl Rasche und Hans Pilder von der Dresdner Bank am 28. und 29. März 1939, um das er aufgrund der langjährigen engen Kontakte zwischen beiden Instituten gebeten hatte, erläuterte Reuter seinen Standpunkt ausführlich. 62 Dabei führte er aus, dass sich der Vorstand und der Verwaltungsrat der Banque des Pays de l'Europe Centrale auch aus einem anderen Grund gegen eine Verbindung zwischen der Länderbank und der KdD wehren würden: Das Schicksal der Angestellten des Prager Instituts, je zur Hälfte Tschechen und Juden, könne nicht einer Bank überlassen werden, die ihren deutschnationalistischen Charakter offen zur Schau trage.63 Nach den Aufzeichnungen Pilders über das Gespräch war es auch Reuter, der den Gedanken zur Diskussion stellte, die Prager Länderbank in den Interessenkreis der Dresdner Bank „zu überführen." Ein solcher Schritt war nach seiner Meinung deshalb möglich, da ein Erwerb der Länderbank-Aktien durch die Dresdner Bank leicht durchzuführen sei. Die Länderbank Prag, deren Aktienkapital in Höhe von 120 Mio. Kc sich zu knapp 80% in den Händen der Pariser Banque des Pays de l'Europe Centrale befand, war nach Reuters Überzeugung ein gesundes Institut, das außer einem ausreichenden Reservefonds für Pensionslasten noch über einen Bestand von 6,4 Mio. Kc an Gold und Devisen in London und über wertvolle Industriebeteiligungen verfügte. Auch wenn Rasche und Pilder sich gegenüber Reuters Ausführungen zunächst bedeckt hielten, so liefen dessen Vorstellungen mit ihren eigenen über das Schicksal der Länderbank Prag parallel. Knapp zwei Wochen nach der Okkupation Prags zeigte sich, dass die Dresdner

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A C N B , Fond N B , Akte N B - P X X V - 1 9 (61), Banky a bankovni dohled 1939-40, Brief Friedrich Müllers an Emil Puhl, Mitglied des Reichsbankdirektoriums, vom 2 3 . 3 . 1939. Müller wurde vom Reichsbankdirektorium quasi als „Kontrolleur" der Tschechoslowakischen Nationalbank, später Nationalbank für Böhmen und Mähren nach Prag entsandt. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 7 1 6 5 , Aktennotiz Pilders vom 2 9 . 3 . 1939 über Gespräche zwischen Rasche, Reuter und ihm am 27. u. 28. 3. 1939. B A B , Bestand R 2, Akte 13526, Bl. 127f., Brief der Kreditanstalt der Deutschen an das Reichsbankdirektorium, z. Hd. Herrn Reichsbankdirektor Puhl, vom 3 . 5 . 1939. Zu Beginn der Unterredung mit Reuter machten Rasche und Pilder deutlich, dass nach ihrem derzeitigen Kenntnisstand im Reichswirtschaftsministerium eine Fusion zwischen Länderbank und K d D angestrebt werde. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 7 1 6 5 , Aktennotiz Pilders vom 29. 3. 1939 über Gespräche zwischen Rasche, Reuter und ihm am 27. und 28. 3. 1939. Ebd.; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 15, Brief Riehles an Kehrl vom 6 . 4 . 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Bank ihre Position in der Kreditwirtschaft des Protektorates durch eine Inkorporierung der Prager Länderbank in ihren Interessenkreis deutlich stärken konnte. 64 Die Position der Dresdner Bank in der Auseinandersetzung über die Zukunft der Prager Länderbank sollte sich in den nächsten Wochen noch verbessern. Wieder schaltete sich Kehrl in die Verhandlungen ein. Er sprach sich dezidiert dafür aus, auf die K d D einzuwirken, nicht mehr auf dem Kauf der Länderbank zu insistieren.65 Offenbar wurden bis in die Spitze des Reichswirtschaftsministeriums die Bedenken gegen eine solche Transaktion geteilt. Kehrl deutete jedenfalls an, dass er die „gesamte Angelegenheit nochmals mit Minister Funk besprechen wolle," 66 der die direkte Übernahme der Prager Länderbank durch die Dresdner Bank befürwortete. 67 Angesichts dieser Rückendeckung aus dem Reichswirtschaftsministerium und des bereits durch Henry Reuter artikulierten Interesses leitete die Dresdner Bank unverzüglich Verhandlungen mit der Banque des Pays de l'Europe Centrale ein. Weitere intensive Gespräche zwischen beiden Parteien über die geplante Transaktion fanden vom 20. bis 23. April 1939 in Paris statt. Als Emissär bei den Verhandlungen fungierte auf Seiten der Dresdner Bank erneut Hans Pilder, der bereits bei der Übernahme des Wiener Geschäfts der Zentraleuropäischen Länderbank eine wesentliche Rolle gespielt hatte. Aus Sicht der Dresdner Bank wurden die Verhandlungen sicherlich dadurch begünstigt, dass Wirtschaftsminister Funk und Kehrl inzwischen entschieden hatten, dass die Länderbank Prag auf keinen Fall von der Kreditanstalt der Deutschen zu übernehmen sei.68 Reuter konkretisierte in Paris sein bereits vor drei Wochen unterbreitetes Angebot: Die Banque des Pays de l'Europe Centrale besaß von den 120 Mio. Kc Aktienkapital der Prager Länderbank den Großteil in Höhe von 92,3 Mio. Kc. 69 Das Pariser Institut war nun bereit, seinen Aktienbesitz am Prager Geldhaus an die Dresdner Bank zu veräußern, wenn es dafür 92,3 Mio. Kc, also einen Kurs zu pari erhielt. Diese Summe hielt Reuter für angemessen, da seiner Meinung nach die Substanz der Prager Bank in Ordnung war, nicht zuletzt aufgrund der relativ hohen Summe von 30 Mio. Kc an Reserven, die nicht zur Abdeckung dubioser Forderungen und Debitoren benötigt wurden. Die 92,3 Mio. Kc sollten der Banque des Pays de l'Europe Centrale zu 67 Mio. Kc in Devisenguthaben und Gold der Prager Länderbank in London und New York und zu 26 Mio. Kc in Aktien "

StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-7165, Aktennotiz Pilders vom 29.3. 1939 über Gespräche zwischen Karl Rasche, Henry Reuter und ihm am 27. und 28.3. 1939. « RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 15, Brief Riehles an Kehrl vom 6.4. 1939. « A C N B , Fond N B , AkteNB-PXXV-19 (61), Banky abankovnidohled 1939-40,Bl. 13,Notizüber eine Besprechung mit Präsident Kehrl am 14. 4. 1939; BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 57, Brief des Ministerialrats Prause aus dem Reichsfinanzministerium an den Reichsfinanzminister vom 7. 7. 1939. 67 Der Kreditanstalt der Deutschen wurde nach langen Verhandlungen im Herbst 1940 gestattet, Teile der ehemaligen Legio-Bank zu übernehmen, die nach der Besetzung der Tschechoslowakei und einigen Fusionen als Böhmisch-Mährische Bank firmierte. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 72, Bl. 60, Brief Riehles an Ministerialdirigent Gottschick vom Reichsaufsichtsamt für das Kreditwesen vom 16. 10. 1940. A C N B , Fond N B , Akte NB-PXXV-19 (61), Banky a bankovni dohled 1939-40, Bl. 16, Brief der Direktion der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt an die Nationalbank, z. Hd. Herrn Reichsbankrat Steindamm vom 18.4. 1939; RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 42, Brief Riehles an die Kreditanstalt der Deutschen vom 25.4. 1939. 69 Das Aktienkapital war eingeteilt in 300000 Aktien ä 400 Kc.

7. D i e „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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der tschechischen Unternehmen Sphinx, Carborundum und Schönpriesener Zuckerraffinerie bezahlt werden, an denen die Prager Länderbank erheblich beteiligt war.70 Mit diesem Verfahrensvorschlag erklärte sich Pilder jedoch keineswegs einverstanden. Seiner Meinung nach war ein solcher Kaufpreis für die Aktien nicht gerechtfertigt, da die Substanz des Prager Instituts deutlich niedriger einzuschätzen war, als Reuter behauptet hatte. Bei der Länderbank in Prag hatte Pilder inzwischen eine Prüfung der Aktiva und Passiva angeordnet, um die tatsächliche Substanz zu ermitteln. 71 Pilder skizzierte daher folgenden Vorschlag: Sollte die Prüfung des Prager Instituts ergeben, dass nur ein niedrigerer Kaufpreis, als von Paris verlangt, in Höhe von ca. 67 Mio. Kc angemessen war, so sollte dieser Betrag wie von Reuter vorgeschlagen in Devisen und Gold nach Paris überwiesen werden. Sollten die Recherchen zeigen, dass ein höherer Kaufpreis für die Aktien gerechtfertigt sei, so sollte der über die Summe von 67 Mio. Kc hinausgehende Betrag zu einem Drittel der Länderbank in Paris überwiesen werden, zu zwei Dritteln jedoch bei der Prager Länderbank verbleiben, um die Reserven zu stärken. Ein dermaßen finanziell gestärktes Institut in Prag barg nach Pilders Auffassung nur noch ein geringes Risiko, da eine mögliche Substanzverschlechterung infolge von etwaigen später entdeckten dubiosen Forderungen durch die Reserven mehr als ausgeglichen wurde. Dennoch hatte sich Pilder das Verhandlungsziel gesetzt, Reuter dazu zu bewegen, einen Kaufpreis von 67 Mio. Kc zu akzeptieren. 72 Zudem hatte sich Pilder einen weiteren Bonus für die Dresdner Bank ausgedacht: Zur Bezahlung der Länderbank-Aktien sollte die Dresdner Bank bei diesem Institut einen Kredit in gleicher Höhe aufnehmen. Das hieß konkret, dass sich die Dresdner Bank die zum Aktienerwerb notwendigen Mittel bei dem Institut leihen wollte, dessen Aktien sie kaufen wollte. Den Vorteil dieses Verfahrens sah Pilder darin, dass seiner Meinung nach unnötige Verrechnungen auf Transferzahlungen von Devisen nach Prag entfallen würden, da nur noch Buchungen bei der Prager Länderbank, der Dresdner Bank Zentrale in Berlin sowie der Banque des Pays de l'Europe Centrale erforderlich waren. Die Dresdner Bank müsse sich bei der Realisierung dieses Verfahrens aber ausbedingen, dass sie die Schuld bei der Länderbank Prag durch „die Hingabe von Länderbank Prag-Aktien jederzeit zu pari tilgen kann" - so Pilder in einem Brief an Rasche. Dies hätte wiederum bedeutet, dass das Prager Institut seine eigenen Aktien von der Dresdner Bank hätte zurückkaufen müssen, damit diese ihre Schulden tilgen konnte. Pilders Uberlegungen zielten bereits auf die weitere Zukunft der Prager Länderbank. Im Falle einer raschen Fusion mit der Bebca sollte diese auch die von der Banque des Pays de l'Europe Centrale erworbenen Aktien der Prager Länderbank erhalten. Ein Zusammenschluss zwischen Bebca und Länderbank war dann leicht möglich. Den Vorteil für die Dresdner Bank fasste Pilder in folgendem Satz zusammen: „Der

™ StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-7164, Brief Pilders an Rasche vom 20. 4. 1939. " Ebd., NID-7176, Brief Teichmanns an Overbeck vom 21.4. 1939. « Ebd., NID-7164, Brief Pilders an Rasche vom 20.4. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

entscheidende Vorzug meines Gedankens scheint mir zu sein, dass die Dresdner Bank auf diese Weise kein Kapital aufzubringen hat." 73 Angesichts dieser Auspizien und der bereits auf der Sitzung am 21. März 1939 durch Rasche verkündeten weiteren Expansionsziele im Protektorat Böhmen und Mähren setzte die Dresdner Bank alles daran, sich schnell mit dem französischen Großaktionär der Prager Länderbank zu verständigen. Sowohl Rasche als auch Pilder hatten klar erkannt, dass der Besitz der Aktienmajorität der Länderbank Prag und eine darauffolgende Fusion dieses Instituts mit der Bebca die Position der Dresdner Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats gegenüber konkurrierenden Instituten stärken würde, ohne dass sie auch nur eine Mark dafür aufbringen musste. Mehr noch: Durch die Übernahme der Reserven und der guten Debitoren der Prager Länderbank würde sich auch die Substanz der Bebca im Falle einer Fusion erheblich verbessern. 74 Rasche und auch Goetz drängten daher zur Eile. Die Vorstands- und Verwaltungsratsmitglieder der Prager Länderbank spielten in den Verhandlungen keine Rolle. Ihre Meinung, aber auch ihr Schicksal waren der Dresdner Bank gleichgültig. Deren Kalkül zielte nur auf eine schnelle und massive Expansion in das Protektorat, die durch eine Verständigung mit Henry Reuter und den französischen Aktionären des Prager Instituts zu erreichen war. Das Kalkül der Dresdner Bank ging auf, ihre Verhandlungsführung trug schnell die erhofften Früchte. Am 23. April 1939 konnten Pilder und der Justitiar Herbeck die Einigung mit der Pariser Banque des Pays de l'Europe Centrale vermelden. 75 Die Verhandlungen und ihr Ergebnis vermitteln den Eindruck „normaler" Geschäftsbeziehungen. Allerdings: Auch hier ist nicht zu vergessen, dass die gesamte Transaktion und die Zustimmung dazu aus Paris nur eine Folge der deutschen Okkupation in der Tschechoslowakei war. Unter anderen politischen Verhältnissen hätte die Banque des Pays de l'Europe Centrale niemals ihre Prager Affiliation veräußert. Die Dresdner-Bank-Emissäre konnten folgendes Ergebnis ihrer Verhandlungen nach Berlin mitteilen: Die Banque des Pays de l'Europe Centrale verkaufte ihren Bestand an Aktien der Länderbank Prag zu einem Kurs von 75% und damit zu einem Gesamtpreis von 69,18 Mio. Kc an die Bebca. 76 Auch wenn der Kaufpreis und der ihm zugrunde liegende Aktienkurs etwas höher ausfielen als von Pilder errechnet, so hatte sich die Dresdner Bank mit ihren Preisvorstellungen gegenüber der Pariser Seite durchgesetzt. Henry Reuter hatte erkannt, dass ein langes Feilschen über die Aktiva- und Passivabewertung und den angemessenen Kurs für die Aktien der Prager Länderbank eine Zeitverzögerung bedeuten würde, deren Folgen riskant sein konnten. Vielleicht hatte er in Paris auch vom warnenden Beispiel der Brüder Weinmann gehört, die sich zu diesem Zeitpunkt ebenfalls häufiger in der französischen Metropole aufhielten. Oder die ausgehandelten Modalitäten für den Kaufpreis hatten ihn zum Einlenken bewogen. Der « * 75

76

Ebd. Ebd. An den Verhandlungen war noch Walter Teichmann beteiligt, der vorher die Kreditoren- und Debitorenbewertung und die Substanzprüfung bei der Prager Länderbank vorgenommen hatte. BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 44, Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag. Insgesamt sollten 230600 Länderbank-Aktien den Besitzer wechseln. Ebd.

7. D i e „ N e u o r d n u n g " des Bankwesens im Protektorat B ö h m e n u n d M ä h r e n

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Großteil in Höhe von 67,6 Mio. Kc sollte durch die Übergabe der Gold- und Devisenbestände der Prager Länderbank in Londoner Depots beglichen werden. Die verschwindend kleine Restsumme sollte dagegen durch die Herausgabe von Aktien und durch einen Barbetrag von der Bebca bezahlt werden. 77 Dies hieß nichts anderes, als dass die Bebca die Aktienmajorität der Prager Länderbank von deren Pariser Großaktionär kaufte, die Mittel dafür aber von der Prager Länderbank selbst bekam. Wie die Bebca ihre Schulden bei ihrer Prager Konkurrenz begleichen sollte, wurde in dem Vertrag bewusst offen gelassen: „Die Regulierung der Kaufpreise für den Erwerb der Gold- und Devisenbestände der ,Länderbank Prag' und der Aktien der,Länderbank Paris' bleibt künftigen Vereinbarungen der ,Bebca' und der Geschäftsleitung der ,Länderbank Prag' vorbehalten." 78 Zwar entsprach diese Regelung zu einem gewissen Teil der Variante zur Bezahlung des Kaufpreises, die Reuter selbst vorgeschlagen hatte, doch ist es offensichtlich, dass die Dresdner Bank und die Bebca hier auf Zeit spielten: Sollte es zu einer Fusion zwischen beiden Prager Instituten kommen, wie es sich Ende April 1939 bereits andeutete, so würde die Begleichung des Kaufpreises durch die Bebca entfallen. Dass sich eine solche Variante verwirklichen ließ, hatten Pilder und Rasche zu Beginn der Verhandlungen mit dem Pariser Geldhaus wahrscheinlich selbst nicht zu hoffen gewagt. Mit dem Transfer ihrer Länderbank-Aktien auf die Dresdner Bank bzw. die Bebca musste die Banque des Pays de l'Europe Centrale auch ihre Verwaltungsund Aufsichtsratsmandate sowohl bei ihrer Prager Affiliation als auch bei deren „Konzerngesellschaften" zurückziehen. Alle diese Mandate sollten auf Direktoren oder andere Funktionsträger der Bebca oder der Dresdner Bank übertragen werden. Damit endeten definitiv das Engagement und die Präsenz der Banque des Pays de l'Europe Centrale in der Wirtschaft der Tschechoslowakei. Ein internationales Schiedsgericht sollte die vertraglich vereinbarten Maßnahmen überwachen.79 Vor der endgültigen Umsetzung dieser Regelungen waren jedoch gravierende Probleme zu lösen. Die in Londoner Depots verbuchten Gold- und Devisenguthaben der Prager Länderbank mussten durch die dortigen Behörden „entsperrt" werden, um sie überhaupt nach Paris transferieren zu können. Das Pariser Institut wollte es selbst übernehmen, mit den Londoner Behörden darüber zu verhandeln.80 Eine weitere Schwierigkeit kam hinzu: Zur Abdeckung und Si-

77

Ebd.; HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 1-3. Außerdem gibt es eine weitere, modifizierte Vertragsfassung vom 13. 7. 1939 in StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13930. 78 HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 3. 79 Ebd., Anlage 1, Brief der Dresdner Bank und der Bebca an die „Länderbank Paris" (Banque des Pays de l'Europe Centrale), ohne Datum. so BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 44f., Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag; HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 5. Mit dem Einmarsch deutscher Truppen nach Prag hatten die Bank of England und die Regierung

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III. Sudetenland u n d Protektorat Böhmen u n d Mähren

cherung von Auslandskrediten (Rembourskrediten) hatte die Prager Länderbank Devisenguthaben zur Verfügung stellen müssen. Ihr Devisenvorrat in London hatte sich dementsprechend verringert. Durch „Entsperrung" bzw. „Freimachung" von Devisenguthaben der Tschechoslowakischen Nationalbank bei Londoner Banken sollten die Devisenguthaben der Länderbank Prag ihre ursprüngliche Höhe erreichen. Die Dresdner Bank und die Bebca wollten es übernehmen, solche Zusagen von der Tschechoslowakischen Nationalbank einzuholen.81 Noch ein weiteres Problem war zu klären: Die Länderbank Prag verwahrte in ihrem Portefeuille einen erheblichen Bestand an tschechoslowakischen Staatsanleihen und so genannten „Rüstungsbonds", das heißt Anleihen zur Finanzierung der Rüstungsindustrie in Böhmen und Mähren. Zu prüfen war daher, ob diese Anleihen und Bonds, die außer den Debitoren das wichtigste Aktivum bildeten, in Zukunft noch einzulösen waren, da es keinen tschechoslowakischen Staat mehr gab. Auch hier wollte es die Dresdner Bank übernehmen, diese Frage bei der Tschechoslowakischen Nationalbank innerhalb von vierzehn Tagen zu klären. Sollte die Antwort negativ ausfallen, so war ihrer Meinung nach die gesamte Aktivabewertung und damit auch die Festsetzung des Aktienkurses und des Gesamtkaufpreises hinfällig.82 Trotz dieser noch offenen Fragen wurde mit Hochdruck ein Vertrag ausgearbeitet. So groß war für die Dresdner Bank offenbar die Versuchung, zu den ausgehandelten Konditionen rasch einen weiteren wichtigen Expansionsschritt im Protektorat zu vollziehen, zu verlockend vielleicht auch die Aussicht, durch eine Verschmelzung mit der noch vergleichsweise liquiden und rentablen Prager Länderbank der Bebca neue Mittel zu zuführen. 83 Die Dresdner Bank wollte bei der juristischen Abwicklung dieser Transaktion selbst nicht mehr in Erscheinung treten, höchstens als „Garant" der Bebca. Auch wenn deren Übernahme formalrechtlich zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war, so bestanden bei der Dresdner Bank keine Zweifel mehr, durch die Inkorporierung von zwei Prager Instituten in die Kreditwirtschaft des Protektorats expandieren zu können.84 Der enge Zeitrahmen für die Vertragsunterzeichnung erwies sich für alle Beteiligten jedoch als kontraproduktiv. Zwar wurde am 28. April 1939 der Vertrag paraphiert, doch waren die strittigen Fragen noch immer nicht gelöst. Hinzu traten auf Seiten der Dresdner Bank und der Bebca Zweifel, ob die vom Vorstand der Länderbank Prag gegenüber Revisoren der Dresdner Bank gemachten Angaben über die Bonität bestimmter Debitoren tatsächlich zutreffend waren.85 Der für

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84

in London alle Guthaben von Wirtschaftssubjekten aus der Tschechoslowakei bei englischen Banken gesperrt. Ebd. BAB, Akte 13547, Bl. 45, Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag. Ebd., Bl. 45 ff.; Bl. 59 f., Brief des Ministerialrats Prause aus dem Reichsfinanzministerium an den Reichsfinanzminister vom 7. 7. 1939. Die Prager Länderbank galt unter Fachleuten neben der ¿ivnostenskä banka noch als das liquideste unter den Prager Instituten. Ebd., Bl. 48, Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag. Ebd.; HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 12-14. BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 50f., Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr.

7. Die „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren

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den 6. oder 7. Mai 1939 ins Auge gefasste Termin für die Vertragsunterzeichnung musste mehrfach verschoben werden. Beide Vertragsparteien machten dennoch nicht von dem im Vertrag vorgesehenen Rücktrittsrecht Gebrauch. Sowohl die Dresdner Bank und die Bebca auf der einen als auch die Banque des Pays de l'Europe Centrale und ihre Entscheidungsträger auf der anderen Seite stuften die Transaktion als so wichtig ein, dass sie ein Scheitern nicht riskieren wollten. 86 Nach weiteren Verhandlungen im Mai und Juni 1939 zeigte sich keine Lösung der Probleme. Im Gegenteil: Recherchen in London hatten ergeben, dass von den dortigen Gold- und Devisenguthaben der Länderbank Prag ein größerer Betrag als zuvor angenommen zur Abdeckung und Sicherung von Auslandskrediten dienen musste, mithin nicht zur Bezahlung des Kaufpreises an die Banque des Pays de l'Europe Centrale zur Verfügung stand. Zudem blieben die Devisenguthaben der Tschechoslowakischen Nationalbank trotz wiederholter Intervention des Pariser Instituts blockiert, so dass sie in den Transfer ebenfalls nicht mit einbezogen werden konnten. Die Vertragsparteien einigten sich Mitte Juli 1939 schließlich darauf, den Teil des Kaufpreises, der durch die Übertragung von Gold und Devisen gedeckt werden sollte, zu reduzieren, dafür den Teil, der durch Barzahlung bzw. die Lieferung von Aktien zu entrichten war, zu erhöhen. Die Summe des Gesamtkaufpreises änderte sich jedoch nicht. 87 Der Banque des Pays de l'Europe Centrale fiel weiter die Aufgabe zu, die „Freimachung", das heißt die „EntSperrung" der auf Londoner Konten der Länderbank Prag verbuchten Gold- und Devisenguthaben zu erwirken. Das Risiko der gesamten Transaktion hing damit an dem Pariser Institut, nicht mehr an der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation. 88 Nachdem die Banque des Pays de l'Europe Centrale mehrfach auf eine „Entsperrung" der Gold- und Devisenguthaben gepocht hatte, erteilten die englischen Behörden Mitte Juli 1939 die erforderliche Genehmigung. Die gesamte Transaktion konnte wie vorgesehen abgewickelt werden. 89 Die Dresdner Bank konnte erneut expandieren, ohne dafür eigene finanzielle Mittel aufzuwenden. Mit der Inkorporierung der Prager Länderbank in ihren Interessenkreis und mit der Verschmelzung des Instituts mit der Bebca hatte sie sich in kurzer Zeit eine Markt- und Wettbewerbsposition im Protektorat verschaffen Länderbank Prag; HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 8, Abs. 3. «' Ebd., §16. 87 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13930, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 23. 7. 1939, § 2. Demnach sollte der Kaufpreis, der in Gold und Devisen zu bezahlen war, nur noch 60 Mio. Kc betragen, der in bar zu entrichtende Betrag dagegen 6,5 Mio.n Kc. Der Rest war durch die Übertragung von Aktien aus dem Besitz der Prager Länderbank an die Banque des Pays de l'Europe Centrale zu begleichen, s» Ebd., §4 u. 5. 89 BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 59, Brief des Ministerialrates Prause aus dem Reichsfinanzministerium an den Reichsfinanzminister vom 7.7. 1939; Bl. 75, Brief des Reichsfinanzministers Schwerin von Krosigk an Reichswirtschaftsminister Funk vom 16. 8. 1939. Reichswirtschaftsminister Funk hielt diese Genehmigung für einen „Präzedenzfall", durch den „eine Bresche in die ablehnende englische Front geschlagen werden könne," wenn es um die Frage der blockierten tschechischen Devisen gehe.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

können wie kein anderes reichsdeutsches Institut. Nur die „tschechische" Zivnostenskä banka war von 1939 bis 1942 ihrem Geschäftsumfang nach ein gleichrangiger Konkurrent. Auch in den Berliner Ministerien war man der Meinung, „dass die Dresdner Bank bei der Übernahme tschechischer Bankinstitute ungemein gut weggekommen ist". Angesichts der Schwierigkeiten der Deutschen Bank bei der Inkorporierung der Böhmischen Union-Bank war diese Einschätzung wohl gerechtfertigt. 90 Wie es scheint, war Reichswirtschaftsminister Funk diese Position der Dresdner Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats später doch etwas zu dominant. Er ordnete an, dass nach der Übernahme der Prager Länderbank einige Aktiva dieses Instituts - Debitoren oder sogar Filialen - auf die Kreditanstalt der Deutschen zu übertragen seien, ohne zunächst konkrete Angaben dazu zu machen. Die Dresdner Bank protestierte gegen diese Entscheidung, fügte sich aber.91 Zu diesem Entschluss war man gekommen, da sich das Reich bereit erklärt hatte, die Staatspapiere im Besitz der Prager Länderbank zu pari zu übernehmen, obwohl deren Kurs inzwischen fast auf die Hälfte gesunken war. Die Dresdner Bank hatte von der Banque des Pays de l'Europe Centrale jedoch die Zusage erhalten, dass von Paris eine Summe von ca. 30000 Pfund an die Stelle transferiert würde, welche die Staatskassenscheine abnehmen und umtauschen würde. Pilder war sich zudem sicher, die französische Seite dazu bewegen zu können, diese Summe auf ca. 43 000 Pfund zu erhöhen. Für diesen Betrag sollten Sperrmark aus dem Besitz jüdischer Auswanderer erworben werden. Pilder war der Meinung, dass dabei eine Summe von 8 Mio. RM an „Juden-Sperrmark" zu erzielen sei. Dieser Betrag würde ausreichen, damit das Reich alle etwaigen Verluste bei der Konversion der tschechischen Staatspapiere ausgleichen könne. Unter diesen Auspizien stimmten Reichsfinanz- und Reichswirtschaftsministerium sowie das Reichsbankdirektorium der Transaktion zu. 92 Die Allianz zwischen Dresdner Bank und den Reichsbehörden zeigte sich beim Umtausch der tschechischen Staatspapiere erneut in aller Deutlichkeit: Der Hunger nach Devisen war das Motiv für das Reich, sich an diesem Geschäft zu beteiligen, die Vermeidung jeglicher Risiken und die Schonung der eigenen finanziellen Mittel bei Geschäftsübernahmen waren dagegen die Intention der Dresdner Bank. Sie beschaffte dem Reich durch ihre Verhandlungsführung die begehrten Devisenbeträge, das Reich nahm der Bank dafür Risiken ab, indem es tschechische Staatspapiere weit über Kurs umtauschte. 93 Ähnlich wie bei der Beschaffung von Mitteln zur Bildung von Risikorückstellungen, die im Zusammenhang mit der Übernahme der Bebca-Filialen durch die Dresdner Bank notwendig waren, griffen das Reich und die Dresdner Bank auf Sperrmark-Beträge jüdischer Auswanderer zurück, um die Umtauschtransaktion zu finanzieren. Wie im Frühjahr 1939 waren es erneut inzwischen als „Sperrmark" Ebd., Bl. 62 f., Brief des Ministerialrat Prause aus dem Reichsfinanzministerium an den Reichsfinanzminister vom 7. 7. 1939. 'i Ebd. 92 Ebd., Bl. 67, Brief Pilders und Anspachs an das Reichsfinanzministerium, z. Hd. Herrn Ministerialrat Prause, vom 17. 7. 1939; Bl. 75 f., Brief des Reichsfinanzministers Schwerin von Krosigk an Reichswirtschaftsminister Funk vom 16. 8. 1939. 93 Ebd., Bl. 71-74, Brief des Ministerialrats Prause aus dem Reichsfinanzministerium an den Reichsfinanzminister vom 20. 7. 1939. 90

7. Die „Neuordnung" des Bankwesens im Protektorat Böhmen und Mähren

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deklarierte Geldbeträge jüdischer Auswanderer, durch die sich das Reich und die Dresdner Bank schadlos hielten. Durch die Ausnutzung dieser Beträge ließen sich die Interessen des Reiches, aber auch der Dresdner Bank in Tateinheit verwirklichen. Erneut hatte die Dresdner Bank mit dem Reich eine Allianz zu beiderseitigem Nutzen gestiftet - allerdings zu Lasten jüdischer Auswanderer. Weder die Reichsbehörden noch die Dresdner Bank schien dies zu stören, wenn sich ihre Interessen schnell und risikolos realisieren ließen.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

8. Die „neue" Böhmische Escompte-Bank Die „neue" Böhmische Escompte-Bank - Kapitalanpassung und Fusion mit der Länderbank Prag Ende April, Anfang Mai 1939 informierte die Dresdner Bank Riehle darüber, dass die Maßnahmen zur Umstrukturierung der Bebca angelaufen seien. Nach Einschätzung Rasches und Teichmanns hatte eine Uberprüfung der großen Kreditengagements gezeigt, dass viele risikobehaftet waren. 1 Dieses Urteil kam nicht überraschend, da die so genannten „Risikodebitoren" des Prager Instituts bereits bei den Verhandlungen im Winter 1938/39 für Konfliktstoff und für die ungewöhnliche Kapitalzuführung in Form der groß angelegten Sperrmarktransaktion gesorgt hatten. Den Abschreibungsbedarf bei einigen Engagements der Bebca hielten die Revisoren der Dresdner Bank für so beträchtlich, dass die Summe der Aktiva deutlich niedriger zu veranschlagen war, als es die Leitung des Prager Instituts dargestellt hatte. Nach Einschätzung der Dresdner Bank stand das Aktienkapital der Bebca in keinem adäquaten Verhältnis mehr zu den tatsächlichen Aktiva. Eine Kapitalreduktion schien unumgänglich. 2 Die Dresdner Bank schlug daher vor, das Aktienkapital der Bebca in Höhe von 130 Mio. Kc im Verhältnis von 4:1 auf 32,5 Mio. Kc zusammenzulegen. Für die Aktionäre des Prager Instituts bedeutete ein solcher Schritt einen Verlust ihres Vermögens. Einige Aktionäre protestierten heftig, fühlten sie sich doch um ihre Ersparnisse und ihre Investition betrogen. 3 Auf der Generalversammlung der Bebca, auf der über die ins Auge gefassten Kapitalmaßnahmen entschieden werden sollte, machten sie ihrem Unmut über die Zusammenlegung des Aktienkapitals Luft und verlangten eine Kompensation für finanzielle Verluste. Rasche entgegnete ihnen kühl, dass „es sich auch für die Bebca als notwendig erwiesen habe, sich für die kommenden großen Aufgaben so schlagfertig als möglich zu machen. Dies sei leider nicht ohne Opfer für die Aktionäre durchführbar gewesen." 4 Gerade gegenüber Kleinaktionären ließ sich die Dresdner Bank auf keine Diskussion über die Modalitäten der geplanten Kapitalreduktion ein.5 Dagegen nahm sie mit den größeren Anteilseignern der Bebca Kontakt auf, um ihre Meinung zu der beabsichtigten Transaktion einzuholen. Wie es scheint, stimmten die meisten Aktionäre der Maßnahme zu, konnte die Dresdner Bank in einem Schreiben an Reichswirtschaftsminister Funk von Anfang Mai 1939 doch 1 RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 170, Brief Andres und Ansmanns an Riehle vom 10. 5. 1939. Ebd., Bl. 171, Brief der Dresdner Bank (ohne Unterschrift) an Reichswirtschaftsminister Funk vom 10.5. 1939. 3 Ebd., Akte 62, Bl. 19, Eingabe an das Reichswirtschaftsministerium in Berlin (ohne Unterschrift) vom 19. 8. 1939. t StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13776, Bericht über die 75. ordentliche Jahreshauptversammlung der Bebca in Prag. 5 Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Brief Andrés an einen Kleinaktionär aus Lobositz vom 18.8. 1939. Hier heißt es: „[...] da Ihre Auffassung, aus dem Verlust der Aktionäre würde unser Institut Nutzen ziehen, so abwegig ist, dass wir in eine Erörterung hierüber einzutreten nicht die geringste Veranlassung haben." Zu weiteren Beschwerden von Kleinaktionären siehe die Aktennotiz von Krüger vom 17. 8. 1939. 2

8. Die „neue" Böhmische Escompte-Bank

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ein solches Plazet vermelden. O b diese Zustimmung auf Druck der Dresdner Bank zustande kam oder das Resultat der dramatischen politischen Veränderungen in Prag war, lässt sich nicht klären. Wahrscheinlich ist jedoch, dass die im Vergleich zum Winter 1938/39 inzwischen gänzlich anderen politischen Rahmenbedingungen die Anteilseigner der Bebca zu der Entscheidung kommen ließen, sich nicht gegen eine Kapitalreduktion zu sperren. Den Großaktionären war klar, dass die Bebca nach dem Plazet Kehrls zur Umgestaltung des Bankwesens im Protektorat von der Dresdner Bank kontrolliert werden sollte. Massive Opposition schien daher aussichtslos zu sein. Einige Alt-Aktionäre der Bebca schienen daher zu resignieren und wollten ihr Engagement bei dem Prager Geldhaus ganz beenden. Dies gilt auch für Anteilseigner, die noch vor wenigen Wochen und Monaten den Verkauf ihrer Aktien an die Dresdner Bank oder ein Konsortium unter ihrer Führung abgelehnt hatten. 6 Allein die Zivnostenskä banka überlegte, bei der Kapitalbeschaffungsmaßnahme die ihr zustehenden jungen Aktien zu zeichnen. 7 Nach der Kapitalzusammenlegung wollte man das Aktienkapital der Bebca in einem zweiten Schritt wieder auf 100 Mio. Kc erhöhen. Den Ausgabekurs für die jungen Aktien wollte man auf 110% festsetzen, um dem Prager Institut genügend neues Kapital zu zuführen. Diese Konditionen hielt die Dresdner Bank für absolut erforderlich, um die Bebca auf einer ausreichenden Kapitalbasis zu einem leistungsstarken Institut „für die deutsch beeinflusste Industrie und die Volksdeutschen Kreise in Böhmen und Mähren werden zu lassen." 8 Zwar sollten die jungen Aktien den bisherigen Aktionären zum Bezug angeboten werden, doch rechnete die Dresdner Bank nicht damit, dass diese ihr Bezugsrecht auch ausüben würden. Dies bedeutete, dass die Dresdner Bank die jungen Aktien selbst übernehmen konnte. Sie wurde damit auf einen Schlag Mehrheitsaktionärin. Den Betrag, den sie zum Ankauf für die jungen Bebca-Aktien benötigen würde, bezifferte die Dresdner Bank auf 74,25 Mio. Kc. Diese Summe musste nach Prag transferiert und auf das bei der Bebca für die Kapitalerhöhung eingerichtete Konto überwiesen werden. 9 Auf Anweisung der Dresdner Bank lud die Bebca ihre Aktionäre für den 22. Mai 1939 zu einer Generalversammlung ein, auf der sie die beabsichtigte Kapitaltransaktion, aber auch eine Statuten- und Namensänderung beschließen sollten. 10 Gleichzeitig beantragte die Dresdner Bank beim Reichswirtschaftsministerium die Genehmigung für den erforderlichen Devisentransfer. In ihrem Schreiben betonte sie noch einmal, dass fast alle „größeren Aktionärsgruppen ihr Bezugsrecht nicht ausüben werden, so dass die Dresdner Bank mit dem Bezug der 67,5 Millionen Kc an jungen Aktien rechnen muss." Zudem hoben Busch ' RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 171, Brief der Dresdner Bank (ohne Unterschrift) an den Reichswirtschaftsminister vom 10. 5. 1939. 7 ACNB, Fond ZB, S VIIIa-9/la, Ceskä Eskomptni a üverni üstav, Praha, Zpravy pro reditelstvi 1924-1945 (Vorstandsberichte 1924-1945), Zprava pro reditelstvi (Vorstandsbericht) vom 2.5. 1939; Zprava pro reditelstvi vom 22. 5. 1939; Zprava pro reditelstvi vom 26. 9. 1939. « RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 84, Bl. 172, Brief der Dresdner Bank (ohne Unterschrift) an Reichswirtschaftsminister Funk vom 10. 5. 1939. » Ebd. 10 Dresdner Bank AG Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Brief der Bebca an die Dresdner Bank vom 27. 4. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

und André gegenüber der Berliner Behörde hervor, dass ein Aktienkapital von 100 Mio. Kc das Minimum bedeute, welches die umstrukturierte Bebca benötige, um die anstehenden Aufgaben im Protektorat zu bewältigen. Da auch die Referenten im Reichswirtschaftsministerium von der Position der „neuen" Böhmischen Escompte-Bank am Finanzplatz Prag wussten, war die Genehmigung für die Kapitaltransaktion und den Devisentransfer nur eine Formsache. 11 Wie geplant beschloss man auf einer Generalversammlung der Bebca am 22. Mai 1939 die Kapitalherabsetzung und -wiederaufstockung. 12 Nennenswerten Protest dagegen gab es nicht, konnte Ansmann dem Reichswirtschaftsministerium doch wenige Tage später mitteilen, dass die Transaktion gebilligt worden sei, so dass sich nach der Eintragung der jungen Aktien ins Handelsregister nunmehr zwei Drittel des Aktienkapitals der Bebca im Besitz der Dresdner Bank befanden. 13 Offensichtlich wollten weder die Konzerngesellschaften der Bebca noch andere Großaktionäre wie die Banque de Bruxelles oder die Zivnostenskä banka ihr Bezugsrecht ausüben, obwohl sie formalrechtlich korrekt dazu aufgefordert wurden. 14 Das Kalkül der Dresdner Bank ging auf: Von den neuen 168750 BebcaAktien wurden im „Altreich" nur 675, im Gebiet des Protektorats nur 1347 Stück bezogen, während die Dresdner Bank 166728 Stück übernehmen konnte. Sie war nunmehr die entscheidende Mehrheitsaktionärin der Bebca und konnte die weitere Geschäfts- und Personalpolitik des Instituts nach ihren Vorstellungen bestimmen. 15 Die Eintragung ins Handelsregister und damit der Umtausch der alten in neue Aktien der Bebca dauerte bis zum Herbst 1939. Mit Ablauf der Umtauschund Bezugsfrist änderte die Bebca ihren Namen und firmierte fortan als Böhmische Escompte-Bank und Affiliation der Dresdner Bank in Prag (BEB). Die Dresdner Bank hatte ihr Ziel erreicht: Nach verschiedenen Versuchen, die über ein Jahr dauerten, war sie endlich mit einer Tochtergesellschaft in Prag präsent. 16 Formalrechtlich handelte es sich bei einem Kapitalschnitt mit Kapitalaufstockung um eine Maßnahme, die bei Sanierungen von Unternehmen allgemein üblich ist. Die Dresdner Bank bediente sich daher keineswegs Manipulationen, um sich in 11

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Ebd., Schreiben von Busch und André an das Reichswirtschaftsministerium vom 1 0 . 5 . 1 9 3 9 ; Brief des Reichswirtschaftsministeriums an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 2 6 . 5 . 1 9 3 9 ; Brief des Oberfinanzpräsidenten Berlin an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 9 . 9 . 1939. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 7 7 6 , Bericht über die 75. Jahreshauptversammlung der Bebca in Prag. Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Brief Ansmanns an das Reichswirtschaftsministerium vom 14. 6. 1939. Ebd., Brief der Konsortialabteilung der Bebca an die Dresdner Bank, z. Hd. Herrn Direktor Lubotta, vom 17. 7. 1939. Die Umtausch- und Bezugsfrist lief vom 25. 9. 1939 bis zum 9 . 1 0 . 1939. Brief Andres und Ansmanns an die Konsortialabteilung der Bebca vom 17. 8 . 1 9 3 9 ; Aufforderung zum Umtausch der Bebca-Aktien und zur Ausübung des Bezugsrechtes vom 2 3 . 9 . 1 9 3 9 ; Brief der Bebca an die Direktion der Deutschen Handels- und Kreditbank vom 19. 9. 1939; Brief der Dresdner Bank an das Reichswirtschaftsministerium vom 2 1 . 9 . 1939; Brief der Länderbank Wien A G an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 2 2 . 9 . 1 9 3 9 . A C N B , Fond ¿ B , S VIII/a-9/ 1 a, Ceskä eskomptni banka a üverni üstav, Zpravy pro reditelstvi, Zprava pro reditelstvi vom 2. und 22. 5 . 1 9 3 9 , Referent Ing. Jan Dvoräcek. Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Brief Ansmanns und Krügers an das Reichswirtschaftsministerium vom 1 5 . 1 1 . 1939. Ebd., Brief der Konsortialabteilung der Bebca an die Dresdner Bank, z. Hd. Walter Teichmann, vom 10. 8. 19939; Brief von Ansmann und Krüger an das Reichswirtschaftsministerium vom 16. 8. 1939

8. Die „neue" Böhmische E s c o m p t e - B a n k

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den Besitz der Kapitalmehrheit der Bebca zu bringen. 17 Allerdings ist nicht zu vergessen, dass ihr die Kontrolle über die Bebca nur gelang, weil fast alle bisherigen Aktionäre ihr Bezugsrecht nicht ausübten. Dies ist höchst ungewöhnlich. Nur vor dem Hintergrund der dramatisch veränderten politischen Rahmenbedingungen im Protektorat und der engen Allianz zwischen der Dresdner Bank und der Politik lässt sich dieses Verhalten erklären. Handelte es sich bei dieser Transaktion um eine „Arisierung"? 18 Fraglos fand sowohl bei der Bebca als auch bei der Länderbank Prag eine massive Verdrängung jüdischer Direktoren und Angestellter statt. Auf der Personalebene ist deshalb von einer „Arisierung" zu sprechen. Eine solche eindeutige Antwort ist mit Blick auf die Besitzverhältnisse nicht zu geben. Die wichtigsten Großaktionäre beider Institute, wie die Zivnostenká banka, die Banque de Bruxelles oder die Banque des Pays de l'Europe Centrale, waren keine „jüdischen Geldhäuser", auch wenn bei einigen von ihnen Juden in den Leitungsgremien saßen. Auch andere Aktionäre der Bebca, wie ihre Konzerngesellschaften Brünner Maschinenfabrik oder PoldiHütte, galten nicht als „jüdisch". Angesichts dieser Verteilung des Aktienbesitzes, aber auch der Modalitäten der Kapitaltransaktion kann man die Übernahme der Bebca und der Länderbank Prag durch die Dresdner Bank nicht als Übergang von Kapital aus ehemals „jüdischem" in „arischen" Besitz einstufen. Gerade dies ist jedoch das entscheidendes Kriterium für eine „Arisierung". 19 Der Besitz der Aktienmajorität in ihren Händen reichte der Dresdner Bank nicht aus. Sie wollte mehr. Rasche drängte im Sommer 1939 darauf, den Aktienbesitz von 67,5% auf 75% zu erhöhen, um eine völlige Kontrolle der neuen Prager Affiliation zu gewährleisten. Vor allem von Konzerngesellschaften der Bebca bzw. BEB wollte man weitere Aktienpakete aufkaufen. Aber auch aus dem Besitz „arisierter" oder liquidierter Privatbankhäuser aus dem „Altreich", wie zum Beispiel Mendelsohn & Co., sollten Aktien übernommen werden. Bis zum August 1939 konnte die Dresdner Bank ihren Besitz auf knapp 69% des Aktienkapitals ausdehnen. Zudem hoffte sie, weitere 115000 Alt-Aktien der Bebca aus den Händen der Banque de Bruxelles zu bekommen, die ihre Pakete abstoßen wollte. Diese Transaktion verzögerte sich jedoch um ein Jahr. 20 Dennoch konnte die Dresdner Bank Ende September 1939 mitteilen, dass sich ca. 75% des BEB-Aktienkapitals in ihren Händen befänden. Dies schien ihr für die angestrebte Kontrolle der BEB zu genügen, lehnte sie doch weitere Verkaufsofferten in den kommenden Wochen ab.21 Der letzte Schritt bei der Umstrukturierung und Reorganisation der Bebca bzw. BEB bildete deren Fusion mit der Länderbank Prag. Dafür riefen die verant17 18 19

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So aber Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 143 f. So zum Beispiel Kopper in: „Arisierung" der deutsch-böhmischen Aktienbanken, S. 236-240. So Dieter Ziegler, Die Deutschen Großbanken im „Altreich" 1933-1939, in: Dieter Stiefel (Hg.), Die politische Ökonomie des Holocaust. Zur wirtschaftlichen Logik von Verfolgung und Wiedergutmachung, Wien-München 2001, S. 1 1 7 - 1 4 7 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-6451, Aktennotiz der Konsortialabteilung vom 7. 10. 1940; NID-6106, Zusammenstellung über die Zusammenarbeit zwischen der Brufina und der Dresdner Bank und über Aktientransaktionen; Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Aktennotiz Andrés und Ansmanns vom 2. 6 . 1 9 3 9 ; Aktennotizen Ansmanns vom 21.7. und 16. 8. 1939. Ebd., Aktennotiz Krügers vom 21. 9. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

wortlichen Gremien eine außerordentliche Generalversammlung der Länderbank Prag für den 6. Dezember, der BEB für den 15. Dezember 1939 ein.22 Da sich zu diesem Zeitpunkt bereits 92% der Länderbank-Aktien im Besitz der BEB befanden, handelte es sich hier nur um einen formalen Akt. Auf den Generalversammlungen wurde beschlossen, dass für je vier Aktien der Länderbank Prag drei Aktien der BEB zu beziehen waren. Die wenigen verbliebenen freien Aktionäre der Länderbank machten von dieser Offerte Gebrauch, so dass die Fusion zwischen beiden Instituten Anfang Januar 1940 in die Tat umgesetzt,23 aber auf den 1. Januar 1939 zurückdatiert wurde. Zudem beschloss man eine Statutenänderung, die das vereinigte Prager Geldhaus auch formalrechtlich als Affiliation der Dresdner Bank auswies. Die zuständigen Behörden genehmigten auch diese Schritte, so dass die Dresdner Bank seit Anfang Januar 1940 die „neue", um die Länderbank Prag erweiterte BEB offiziell als Tochtergesellschaft führen konnte.24 Die Verdrängung der Juden aus den Leitungsgremien Prager Länderbank

der Bebca und der

Bei den Verhandlungen zwischen Pilder und Reuter über die Übernahme der Prager Länderbank durch die Dresdner Bank respektive Bebca bildete das Schicksal der jüdischen Vorstandsmitglieder und Direktoren eine der zentralen Fragen. Nach einer für die Ubernahmeverhandlungen erstellten Liste beschäftigte das Prager Institut im März 1939 456 Personen, davon 3 leitende Direktoren, 12 Direktoren-Stellvertreter, 38 Prokuristen, 25 Bevollmächtigte, 266 Bankbeamte und 112 Skontisten. Aufgeschlüsselt nach Nationalität und religiöser Zugehörigkeit bestand das Personal aus 245 Tschechen, 48 Deutschen und 164 „Nichtariern". Ein Blick auf die berufliche Qualifikation und Stellung zeigt folgende Verteilung: Unter den insgesamt 245 Tschechen waren die 112 Skontisten, während die 48 Deutschen fast alle eine Position als „Funktionär" bekleideten, das heißt im Range eines Direktors, Prokuristen oder Bevollmächtigten arbeiteten. Auch das „nichtarische" Personal, das überwiegend deutschsprachig war, war zu einem großen Teil in leitender Stellung tätig: 50 von ihnen waren Funktionäre, 114 Bankbeamte. Das heißt, während das tschechische Personal zu einem großen Teil in nur wenig qualifizierter Stellung beschäftigt war, nahmen die Leitungspositionen tschechoslowakische Staatsbürger deutscher Abstammung oder jüdischen Glaubens ein. Allein zwei der drei Vorstandsmitglieder waren Juden. 25 Über das weitere Schicksal des tschechischen Personals konnten sich die Vertragsparteien relativ schnell verständigen: Die 112 Skontisten sollten auch in einer 22

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"

Ebd., Schreiben der Dresdner Bank, Konsortialabteilung, an die Böhmische Escompte-Bank vom 22^11. 1939; Schreiben der Dresdner Bank, Konsortialabteilung, an die Bebca vom 9.12. 1939; A C N B , Fond ZB, S VIII/a-9/la, Ceskä eskomptni banka a üverni üstav, Zpravy pro reditelstvi, Zprava pro reditelstvi vom 27. 10. 1939, Referent Ing. Jan Dvoräcek Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Schreiben Ansmanns an das Reichswirtschaftsministerium vom 5.1. 1940; Brief der B E B an die Dresdner Bank vom 20.5. 1940. Ebd., Protokoll der außerordentlichen Generalversamlung der B E B vom 15.12.1939; Bekanntmachung der Länderbank Prag vom 26. 2.1940; Bekanntmachung der B E B vom 28. 2. 1940. B A B , Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 49, Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag.

8. D i e „neue" B ö h m i s c h e E s c o m p t e - B a n k

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mit der Bebca verschmolzenen Länderbank Prag weiterbeschäftigt werden. Wer nicht unterzubringen sei, sollte in einigen der Unternehmen eine Anstellung bekommen, die zum „Industriekonzern" der Länderbank zählten. Die gleich Lösung war auch für die tschechischen Bankbeamten vorgesehen. Die Verhandlungsführer der Dresdner Bank vertraten die Ansicht, dass in einer um die Länderbank Prag erweiterten Bebca auch ein Großteil des tschechischen Personals benötigt werde, da das Institut rasch expandieren würde. Das „deutsche Personal" allein werde für eine solche Entwicklung nicht ausreichen. Angeblich waren sich die Betriebsobleute in der Bebca darüber im Klaren, dass sich durch einen Eintritt des „tschechischen" Länderbank-Personals der Anteil der „deutschen Beschäftigten" im fusionierten Institut reduzieren würde. 26 Längere Diskussionen gab es über das Schicksal der jüdischen Angestellten der Prager Länderbank. Reuter hatte im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der Wiener Zentraleuropäischen Länderbank die Erfahrung machen müssen, dass den neuen Inhabern des Instituts die Zukunft der jüdischen Angestellten gleichgültig war. Es ging nur darum, zu welchen Bedingungen man diese entlassen konnte. Dabei hatte sich herausgestellt, dass viele ehemalige jüdische Angestellte mit einem Teil der ihnen zustehenden Pensionsansprüche abgefunden bzw. „entfertigt" worden waren. 27 Während der Verhandlungen mit der Dresdner Bank bzw. der Bebca konfrontierte man Reuter mit ähnlichen Forderungen. Keiner der jüdischen Angestellten der Prager Länderbank sollte übernommen werden. Stattdessen sollten sie gegen Zahlung einer Abfindung bzw. ihrer Pension den Dienst quittieren. Die Verhandlungsführer der Dresdner Bank wiesen in einem internen Papier darauf hin, dass sich eine solche Lösung für ihr Institut bzw. die Bebca „rechnen" würde: „Durch die Entlassung der jüdischen Angestellten würde auch die Globalsumme der Gehälter sämtlicher nichtarischer Funktionäre und Beamten [...] eine beträchtliche Reduzierung erfahren". Die zu erwartende Gesamtsumme für Abfindungen und Pensionen sei dagegen verhältnismäßig gering, da das Durchschnittsalter der jüdischen Angestellten niedrig sei, mithin nur kleine Abfindungen und geringe Pensionen zu zahlen seien. 28 Da die Dresdner Bank auf dieser Position ohne Anzeichen von Konzessionsbereitschaft beharrte, musste Reuter erkennen, dass der Verhandlungsspielraum für die Länderbank Prag und für ihre jüdischen Angestellten äußerst klein bzw. gar nicht vorhanden war. Für ihn und die Banque des Pays de l'Europe Centrale konnte es nur darum gehen, eine möglichst hohe Summe an Pensionen und Abfindungen für die jüdischen Angestellten auszuhandeln. Ein gravierendes Missverhältnis mit der Dresdner Bank und der Bebca durfte dabei nicht eintreten, was erklärt, warum sich Reuter und die Verhandlungsführer des Pariser Instituts bereit fanden, schnell vertrauliches

2' Ebd. 27 Zur „Entjudung" des Personals bei der Zentraleuropäischen Länderbank siehe Eigner/Melichar, Enteignungen und Säuberungen, S. 52 f. u. 57-72. Zur Verdrängung der Juden aus der Dresdner Bank vgl. Bd. 2, Ziegler, Kap. II u. III, sowie ders., Die Verdrängung der Juden aus der Dresdner Bank, in: VfZ, 47. Jg., 2. Heft, 1999, S. 187-216; ders., Die Deutschen Großbanken im „Altreich" 1933-1939, S. 117-147. « BAB, Bestand R 2, Akte 13547, Bl. 49, Bericht Herbecks und Teichmanns vom 23. 4. 1939 betr. Länderbank Prag.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Material über die Gehälter und Pensionen der jüdischen Angestellten aus ihrer Prager Tochterfirma an die Dresdner Bank auszuhändigen. 29 Für die Behandlung der jüdischen Angestellten der Prager Länderbank fixierte man folgendes Verfahren: Allen wurde gekündigt, wobei ältere Angestellte pensioniert, jüngere dagegen abgefunden werden sollten. Mit Blick auf die Pensionsund Abfindungszahlungen sicherten Dresdner Bank und Bebca zu, dass sich diese in der gleichen Größenordnung bewegen sollten wie für die jüdischen Angestellten bei anderen Prager Banken mit einem ähnlichen Schicksal. Angestellten, die eine Pension beziehen konnten, war die Möglichkeit einzuräumen, sich anstelle der Pensionszahlungen „entfertigen" zu lassen, das heißt, sich mit einer Zahlung eines vierfachen Jahrespensionsbeitrages abfinden zu lassen. Ein solcher Betrag sollte - nach Lebensalter und Dienstzeit gestaffelt - mindestens 50000 Kc, höchstens 150000 Kc betragen und war in Prag bar auszuzahlen. 30 Ahnlich wie ihre zahlreichen Schicksalsgenossen, die aus den Diensten der Berliner oder Wiener Großbanken ausscheiden mussten, standen auch die jüdischen Angestellten der Prager Länderbank vor der Entscheidung, dieses „Entfertigungsangebot" anzunehmen oder darauf zu hoffen, dass sie tatsächlich die ihnen zustehenden monatlichen Pensionszahlungen erhalten würden. 31 Zwar sicherten die Dresdner Bank und die Bebca im Übernahmevertrag mit der Prager Länderbank zu, allen Pensionsberechtigten, gleich ob im In- oder Ausland, ihre monatlichen Zahlungen zukommen zu lassen, doch kursierten bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses unter den Länderbank-Angestellten Zweifel, ob diese Zusage eingehalten würde. 32 Diese Zweifel ließen sich auch durch einen anderen Vertragspassus nicht zerstreuen: Aus den freien Reserven der Prager Länderbank war ein Fonds in Höhe von 1,2 Mio. Kc zu schaffen, der speziell der Unterstützung entlassener und pensionierter Angestellter dienen sollte. Der Betrag sollte auf ein spezielles Konto überwiesen werden, das bei der Prager Länderbank für Rechnung der Banque des Pays de l'Europe Centrale einzurichten war. Die Bebca hatte zugesichert, dafür die notwendige Genehmigung der Behörden einzuholen, wonach das Pariser Geldhaus Überweisungen von diesem Konto an Unterstützungsberechtigte vornehmen konnte. Aus dem Quellenmaterial lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob dieser Fond tatsächlich eingerichtet wurde bzw. ob die behördliche Genehmigung eingeholt und ob wirklich Zahlungen durch die Banque des Pays de l'Europe Centrale geleistet wurden. 33

Ebd.; H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 9, Abs. 1. "i Ebd., §9, Abs. 2; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13930, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 23.7. 1939,

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S9-

Mit Blick auf die Entscheidung jüdischer Bankangestellter aus den Wiener Großbanken ausführlich Eigner/Melichar, Enteignungen und Säuberungen, S. 57-72. H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, § 9 Abs. 2. Ebd., § 10, Abs. 1.

8. D i e „neue" Böhmische E s c o m p t e - B a n k

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Die Richtlinien zur Regelung von Pensionsansprüchen bzw. zur „Entfertigung" galten nicht für die drei Direktoren der Prager Länderbank und für deren Stellvertreter. Hier waren Sondervereinbarungen vorgesehen. 34 Ein jüdisches Vorstandsmitglied, August Lengsfeld, sollte Ende 1939 aus dem Dienst des Prager Instituts ausscheiden und war bis dahin unter Zahlung seiner vollen Bezüge beurlaubt worden. Danach sollten die ihm zustehenden Pensionsbezüge gezahlt werden, es sei denn, er würde auf einer „Gesamtentfertigung" bestehen. Zudem wollten Bebca und Dresdner Bank garantieren, dass Lengsfeld seine Pensionszahlungen erhielt, die ihm aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung mit den „Sphinx" Vereinigte Emallierwerken - einer der „Konzerngesellschaften" der Länderbank Prag - zustanden. Die mit Lengsfeld getroffene Regelung lässt allerdings erkennen, dass dieser nur auf massiven Druck aus dem Vorstand des Prager Instituts ausscheiden musste. 35 Auch das zweite jüdische Vorstandsmitglied der Prager Länderbank, Karl Kress, musste den Dienst quittieren. Er wurde bereits mit Wirkung vom 1. April 1939 in den Ruhestand versetzt. Außer seinen Pensionszahlungen sollte Kress für die Dauer von drei Jahren einen Betrag von 125000 Kc erhalten. Dadurch wollte man den Fortfall der Bezüge aus Verwaltungsratsmandaten abgelten, die Kress nach seinem Ausscheiden aus dem „aktiven Dienst" ebenfalls aufgeben musste. Selbst für das „arische" Vorstandsmitglied Karel Budis war kein Platz mehr in den Leitungsgremien eines fusionierten Instituts. Er wurde daher auf den Posten eines Direktors bei einer - noch nicht näher bezeichneten - „Konzerngesellschaft" der Länderbank abgeschoben. Die Zusage der Dresdner Bank, dass er dort für die Dauer von drei Jahren die gleichen Bezüge erhalten sollte wie als geschäftsführender Direktor der Prager Länderbank, dürfte für ihn kaum ein Trost gewesen sein. Auch Budis wurde gezwungen, seinen Platz im Vorstand einer der Prager Großbanken zu räumen und Direktoren der Dresdner Bank an seine Stelle zu lassen. Seine Spur im Wirtschaftsleben des Protektorats verliert sich ebenso wie die von Kress oder Lengsfeld. 36 Den neuen Anteilseignern der Länderbank Prag schien auch der Vizepräsident des Verwaltungsrats, Minister a. D. Bohumil Vlasak, nicht mehr tragbar zu sein. Sie waren der Meinung, dass er für ein Mandat im neuen Verwaltungsrat des fusionierten Instituts nicht in Frage komme. Sein Ausscheiden aus dem Gremium sowie den Verwaltungsräten anderer Konzerngesellschaften der Länderbank und den damit verbundenen Verlust von Tantiemen versuchte die Dresdner Bank dadurch zu mildern, dass sie ihm für die Dauer von fünf Jahren Mandate plus Be-

« Ebd., § 9 , Abs. 2; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13930, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 23.7. 1939,

§9.

HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 13938-2000, Vertrag zwischen der Banque des Pays de l'Europe Centrale, Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt sowie der Bank für Handel und Industrie (Länderbank Prag) in der Fassung vom 28.4. 1939, Anlage 1, Brief der Dresdner Bank und der Bebca an die Länderbank Paris (Banque des Pays de l'Europe Centrale), ohne Datum. » Ebd. 35

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

züge in den entsprechenden Gremien bei Unternehmen aus dem „Industriekonzern" der „alten" Bebca anbot. 37 In die Leitungsgremien der neuen Böhmischen Escompte-Bank sollte offenbar kein Entscheidungsträger aus der Prager Länderbank einziehen. Die bisherige enge Zusammenarbeit mit den Direktoren und Repräsentanten des französischen Mutterinstituts hielt die Dresdner Bank wohl für ein Risiko, da Informationen über die Geschäftspolitik ihrer neuen Affiliation in Prag nach Paris dringen konnten. Schwer zu beurteilen ist die Frage, ob es Reuter in den Verhandlungen mit der Dresdner Bank gelang, für die ausscheidenden jüdischen Vorstandsmitglieder und Angestellten seiner Prager Tochtergesellschaft Regelungen zu finden, die über die zu diesem Zeitpunkt übliche Praxis hinausgingen. Dagegen spricht, dass die getroffenen Pensions- und Abfindungsregelungen denen ähnelten, die auch für die jüdischen Angestellten der B U B und der Bebca angewandt werden sollten. Dafür spricht, dass die Abfindungsregelungen für die Vorstandsmitglieder großzügiger gefasst waren als bei anderen Prager oder Wiener Banken. 38 Eine exakte Antwort auf die Frage fällt zudem schwer, da sich nicht feststellen lässt, in welchem Umfang Pensionen und Abfindungen tatsächlich gezahlt wurden. Fest steht dagegen, dass mit der Verschmelzung der Bebca mit der Länderbank Prag deren jüdische Direktoren und Angestellte aus dem Dienst ausscheiden mussten. Für sie war in der neuen Bebca, aber auch in der Wirtschaft des Protektorats kein Platz mehr. Noch rigider als bei der Länderbank Prag verfuhr die Dresdner Bank, als es darum ging, die jüdischen Direktoren und Angestellten der Bebca von ihren Positionen zu entfernen. Nach einer Aufstellung vom April 1939 waren in der Prager Bebca-Zentrale 96 so genannte Oberbeamte (Vorstandsmitglieder, Abteilungsdirektoren und Bevollmächtigte) beschäftigt, von denen allein 52 Juden waren. Von 282 weiteren Bankbeamten waren 81 Juden, von den 118 Bankbeamtinnen 47. Ganz anders war das Bild in der Gruppe der relativ gering qualifizierten Berufe (Bürodiener und Skontisten): Hier fand sich unter den 121 Angestellten nur ein Jude. Mit anderen Worten: Selbst nach der von Kehrl im Winter 1938/39 geforderten raschen „Entjudung" der Bebca waren deren leitenden Positionen noch von Juden besetzt. 39 In den Niederlassungen der Bebca waren die Relationen ähnlich. Für das gesamte Institut (Zentrale und Filialen) lassen sich daher folgende Aussagen treffen: Von den insgesamt 127 Oberbeamten waren 67, also mehr als die Hälfte, Juden, während sich unter den 367 weiteren Beamten 114 Personen zum jüdischen Glauben bekannten. Unter den 145 Beamtinnen fanden sich 57 Jüdinnen. In der Gruppe der insgesamt 152 Skontisten und Bürodiener war dagegen nur eine Person jüdischen Glaubens. Für die gesamte Bebca lässt sich konstatieren, dass ein 37

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Ebd. Henry Reuter und Charles Rist, die in ihrer Funktion als Vorstands- bzw. Verwaltungsratsvorsitzender der Banque des Pays de l'Europe Centrale auch dem Verwaltungsrat der Prager Länderbank präsidierten, zeigten nach dem Rückzug des Pariser Instituts aus der Kreditwirtschaft in Böhmen und Mähren verständlicherweise keinerlei Ambitionen mehr auf eine Mitgliedschaft in Leitungsgremien von Prager Banken. Siehe dazu die knappen Ausführungen bei James, Deutsche Bank und „Arisierung", S. 154, und die breitere Behandlung dieser Frage bei Eigner/Melichar, Enteignungen und Säuberungen, S. 57-72. H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aufstellung über die Personalverteilung der Bebca.

8. Die „neue" Böhmische Escompte-Bank

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großer Teil der Leitungspositionen und die Stellen, für die eine besondere Berufserfahrung und/oder eine spezielle Qualifikation erforderlich waren, von Juden besetzt waren. 40 Bei der Dresdner Bank war man sich durchaus bewusst, dass die Bebca ihre qualifiziertesten Mitarbeiter verlieren würde, sollte man alle jüdischen Direktoren und Angestellte entlassen. Diesen Verlust hielt man für wenig gravierend, da angesichts der bevorstehenden Umstrukturierung und Neuausrichtung des Instituts ohnehin eine Verkleinerung der Personaldecke geplant war. Sowohl Walter Teichmann, der die notwendigen Revisionsarbeiten bei der Bebca durchführte, als auch Gustav Overbeck, der die Restrukturierung des Instituts und seine Fusion mit der Länderbank Prag vorbereiten sollte, vertraten die Meinung, dass für die „nichtarischen" Angestellten „ein nennenswerter Ersatz nicht notwendig sein wird, da das verbliebene Bebca-Geschäft sehr stark zusammengeschrumpft ist." 41 Für die jüdischen Direktoren und Angestellten der Bebca bedeutete dies, dass sie dort keine Zukunft mehr hatten. Noch schneller als bei der Prager Länderbank drängte die Dresdner Bank auf eine rasche Entlassung der jüdischen Mitarbeiter. Auf einer Sitzung am 29. April 1939, auf der von der Dresdner Bank Overbeck, Schuberth und Posth, von der Bebca deren Vorstandsmitglied Hölzer teilnahmen, diskutierte man die bisher durchgeführten Schritte und die noch zu ergreifenden Maßnahmen in der „Frage der jüdischen Angestellten". In diesem Zusammenhang erklärte Hölzer, dass allen älteren jüdischen Angestellten der Bebca zum 31. August 1939, allen jüngeren zum 30. Juni 1939 gekündigt worden sei. Nur einige wenige, noch unentbehrliche jüdische Angestellte sollten „vielleicht bis äußerst Ende diesen Jahres beschäftigt werden." Nur in den mährischen Filialen sei eine Kündigung noch nicht erfolgt, da durch einen noch rechtsgültigen Erlass der mährischen Landesregierung Kündigungen bei Kreditinstituten nicht zulässig seien. Dieser Erlass schütze im Augenblick noch 40 jüdische Angestellte der Bebca. Nach den Worten Hölzers werde er aber in Kürze abgeschafft, so dass auch dort die Kündigung des jüdischen Personals möglich sei. Mit den bisher ausgesprochenen Kündigungen war die Dresdner Bank offenbar eigenmächtig vorgeprescht, da es eine gesetzliche Notwendigkeit für einen solchen Schritt nach den Worten Hölzers noch gar nicht gab und eine rechtliche Regelung für die Beschäftigung bzw. Entlassung von Juden noch ausstand. 42 Eigenmächtig verfuhr die Dresdner Bank auch in der Frage, wie die Gehälter des noch beschäftigten jüdischen Personals und die Pensionen zu bemessen seien. „Ohne Rücksicht auf rechtliche Unterlagen" - so in der Niederschrift über die Sitzung vom 29. April 1939 - habe man „die Bezüge der jüdischen Angestellten per 1. April 1939 herabgesetzt und würde die Pensionen der jüdischen Pensionäre per 1. Mai 1939 ohne Ankündigung herabsetzen". In der Regel sollten Gehälter und Pensionen um 15 bis 20%, in der Spitze um 25% gekürzt werden, wodurch eine Ersparnis von Lohnkosten um 540000 Kc zu erreichen sei. Erstaunlicher40

Insgesamt waren zu diesem Zeitpunkt v o n 791 Beamten und Angestellten der Bebca 239 J u d e n . E b d . Eine Aufstellung über die Personalverteilung in den einzelnen Filialen findet sich in Tabelle

41

E b d . , A k t e n n o t i z Teichmanns für Gaebelein und Richter v o m 22. 3. 1939. E b d . , A k t e n n o t i z über die Sitzung v o m 2 9 . 4 . 1939.

111/10, S. 390.

42

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

weise rechnete man weder bei der Bebca noch bei der Dresdner Bank mit Protesten seitens der jüdischen Angestellten gegen diese Maßnahme. Für die gekündigten jüdischen Angestellten war die gleiche Regelung bei der Festsetzung ihrer Pensionen bzw. Renten vorgesehen. Zudem bot man auch ihnen an, anstelle einer gekürzten Betriebsrente eine einmalige „Entfertigung" zu bekommen. Im Vergleich zu ihren Schicksalsgenossen bei der Prager Länderbank wollte man diese Abfindung aber deutlich niedriger bemessen. Ihre Höhe sollte bei dem Zweifachen, maximal bei dem Zweieinhalbfachen der Jahrespension liegen, die einem ehemaligen jüdischen Angestellten zustand. Im Falle der Prager Länderbank war die Dresdner Bank noch bereit gewesen, das Vierfache einer Jahrespension als „Entfertigung" zu zahlen. Offenbar erwartete man hier, anders als im Fall der Länderbank, kaum Proteste aus dem Ausland, die zu einem Imageschaden in der internationalen Finanzwelt führen konnte. Angesichts der niedrigen Summe, die für Entfertigungen vorgesehen war, überrascht es nicht, dass bis Ende April 1939 nur wenige Angestellte auf dieses Angebot eingegangen waren. 43 Ähnlich wie bei der Länderbank Prag mussten auch bei der Bebca alle jüdischen Vortandsmitglieder und ihre Stellvertreter ihren Dienst quittieren, allerdings zu wesentlich ungünstigeren Bedingungen. Ihnen war bereits zum 1. April 1939 gekündigt worden. Bis zum 30. Juni 1939 sollten sie noch ihre vollen Bezüge bekommen, von da ab bis zum Ende des Jahres 1939 die vertraglich festgesetzte Pension. Ab dem 1. Januar 1940 sollten alle Vorstandsmitglieder jährlich nur noch eine Summe von je 15000 RM und ihre Stellvertreter von je 12000 RM erhalten deutlich weniger, als ihnen per Dienstvertrag als Pension zugestanden hätte. Die Dresdner Bank sah in dieser Regelung ebenso einen „Erfolg" ihrer Verhandlungsführung wie in dem Passus, dass die Auszahlung selbst der erheblich herabgesetzten Bezüge von ihr jederzeit neu zu regeln sei. Eine willkürliche Fixierung der Pensionszahlung, ja sogar ihre Abschaffung waren dadurch möglich. Auch die jüdischen Vorstandsmitglieder der Bebca waren damit deutlich schlechter gestellt als ihre Kollegen bei der Länderbank Prag. Zudem lassen sich keine Angaben finden, dass die ehemaligen Vorstandsmitglieder noch eine Abfindungssumme für entgangene Tantiemen oder andere Zahlungen aus ihrer Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglieder bei anderen Aktiengesellschaften erhalten sollten. Ihren Kollegen bei der Länderbank Prag hatte man dies ja noch zugestanden. 44 Die Dresdner Bank drängte sehr darauf, dass die jüdischen Vorstandsmitglieder der Bebca möglichst rasch ihren Dienst quittierten. Mit der Kündigung zum 1. April wurde dies in die Tat umgesetzt. Offen bleiben muss, ob die Dresdner Bank angesichts einer drohenden Verhaftung der jüdischen Vorstandsmitglieder und Direktoren mit der von ihr durchgesetzten Regelung nur der Form genügen wollte, da sie wusste, dass sie ohnehin nicht allzu lange Pensionen oder „Entfertigungen" an die jüdischen Direktoren und Angestellten zahlen musste. Jedenfalls wollte sie die Führungspositionen der Bebca schnell und aus ihrer Sicht „kostengünstig" räumen, damit sie die Restrukturierung des Prager Instituts unverzüglich in Angriff nehmen konnte. « Ebd. « Ebd.

8. D i e „ n e u e " Böhmische E s c o m p t e - B a n k

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Für die jüdischen Direktoren der Bebca, aber auch ihre Angestellten bildete ihre Verdrängung aus dem aktiven Dienst und ihre „Entfertigung" den bitteren Endpunkt von Ereignissen, die am 15. März 1939 mit dem Erscheinen von Lüdinghausens in der Prager Zentrale des Instituts begonnen und sich mit ihrer Entlassung wenige Tage bzw. Wochen später fortgesetzt hatten. Für sie bedeutete dies einen Schicksalsschlag, dessen Härte kaum zu ermessen ist. Alle mussten die Erfahrung machen, dass der Dresdner Bank ihr berufliches und auch persönliches Schicksal gleichgültig war. Besonders betroffen war der langjährige Vorstandsvorsitzende der Bebca, Otto Feilchenfeld. Mitte der zwanziger Jahre war ihm seitens der Großaktionäre des Prager Instituts zugesichert worden, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand in das Präsidium des Verwaltungsrats wechseln sollte, um später den Vorsitz in diesem Gremium zu übernehmen. Unter normalen Bedingungen wäre dies zum Jahreswechsel 1939/40 der Fall gewesen.45 Nun sah sich Feilchenfeld all seiner Amter und zukünftigen Aufgaben beraubt, zudem musste er in eine ungünstige „Entfertigungsregelung" einwilligen. Uber das weitere Schicksal Feilchenfelds liegen nur spärliche Informationen vor. Er soll zunächst in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert worden sein, später nach Auschwitz, wo er umgekommen ist. Ein ähnliches Schicksal erlitten auch seine beiden Vorstandskollegen Max Kantor und Artur Lob. Beide wurde ebenfalls nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag entlassen, später inhaftiert und nach Theresienstadt deportiert. Während Lob 1942 einem Transport von Häftlingen zugeordnet wurde, dessen Ziel das K Z Izbica war, wurde Kantor ebenfalls nach Auschwitz deportiert, wo er ermordet wurde. Auch das vierte jüdische Vorstandsmitglied, Stephan Popper, kam nach seiner Verhaftung nach Theresienstadt. Ob er 1944 ebenfalls nach Auschwitz verschleppt wurde, lässt sich den Quellen nicht entnehmen.46 Dennoch: Der Dresdner Bank dürfte dieses Schicksal der jüdischen Vorstandsmitglieder und Direktoren der Bebca, mit denen man im Winter 1938/39 noch in „freundschaftlicher Atmosphäre" verhandelt hatte - so zumindest die Aussagen Heinrich Ansmanns oder Walter Teichmanns völlig gleichgültig gewesen sein. Es lassen sich keine Hinweise darauf finden, dass man seitens der Dresdner Bank bei den zuständigen Stellen des neuen Machtapparates in Prag zugunsten der Bebca-Direktoren interveniert oder ihnen sogar die Möglichkeit zur Ausreise eröffnet hätte. Beides wäre im Sommer und Herbst 1939 sicherlich noch möglich gewesen, hätten sich deutsche Stellen im allgemeinen und die Dresdner Bank im speziellen für die Bebca-Direktoren eingesetzt. Dies geschah jedoch nicht. Die Dresdner Bank nahm damit die Verhaftung, die Deporta« 46

A C N B , Fond ¿B, Akte ¿B SVIII/a-9/a, Ceska eskompt ni banka a üverni üstav, Praha, Poznämky pro akta, Aktennotiz vom 2. 11. 1924. Das Schicksal der jüdischen Direktoren der Bebca nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag lässt sich wohl nur anhand ihrer Personalakten rekonstruieren, die bis heute aber nicht aufgefunden wurden. Angaben nach: StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-11870, Befragung des Oberdirektors der ¿ivnostenskä banka, Jan Dvoracek, vom 22.11. 1946; N I D 13918, Zeugenaussage des Oberdirektors der Zivnostenskä banka, Jan Dvoracek, vom 27.11. 1946; NID-11867, Affidavit von Dr. Josef Kaifuss, ehemaliger Finanzminister der Tschechoslowakischen Republik vom 25.11.1946. Terezinskä pametni kniha. Zidovske obeti nacistickych deportaci z Cech a Moravy 1941—45 (Theresienstädter Gedenkbuch. Die Jüdischen Opfer der nazistischen Deportation aus Böhmen und Mähren), Teil 1, Praha 1995, S. 322, 358,494; Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 144.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

tion, vielleicht sogar die Ermordung der ehemaligen Vorstandsmitglieder ihrer neuen Prager Affiliation in Kauf. 4 7 Allerdings gibt es auch keine Hinweise darauf, dass die beiden „arischen" Vorstandsmitglieder der Bebca, Hölzer und Novotny, ihren Kollegen in irgendeiner Form geholfen hätten. Beide verwandten im März und April 1939 ihre Energie darauf, für ihre eigene berufliche Zukunft zu sorgen. Hölzer und Novotny konnten ihre Amter nach der Reorganisation des Prager Instituts durch die Dresdner Bank behalten. Ihr Opportunismus hatte sich somit ausgezahlt. Solidarität mit und Hilfe für ihre ehemaligen jüdischen Vorstandskollegen wären dabei wohl nur hinderlich gewesen. Veränderungen

in der Personalstruktur

der Böhmischen

Escompte-Bank

Nach der Entlassung der jüdischen Vorstandsmitglieder und Direktoren und nach der Verschmelzung mit der Länderbank Prag waren die Führungspositionen der Böhmischen Escompte-Bank neu zu besetzen. Zunächst musste der Vorstand nach dem Ausscheiden der vier jüdischen Mitglieder Feilchenfeld, Lob, Kantor und Popper neu gebildet werden. Die zwei übrig gebliebenen Vorstandsmitglieder Karl Hölzer und Karl Novotny waren für das neue Gremium vorgesehen. Seit dem Sommer 1938, vor allem aber seit dem Herbst diesen Jahres hatte die Dresdner Bank nicht nur enge Kontakte mit beiden unterhalten, sondern mehrfach mit ihnen die Strategie zur Übernahme der kompletten Bebca diskutiert. Dabei stand auch zur Debatte, ob sie nicht in die Dienste der Dresdner Bank treten wollten. Während sich Hölzer zunächst zurückhaltend zeigte und auch Angebote von der Deutschen Bank prüfen wollte, war Novotny schon zu diesem Zeitpunkt bereit, für die Dresdner Bank zu arbeiten. 48 Angesichts dieser engen Kontakte überrascht es nicht, dass sowohl Hölzer als auch Novotny das Angebot annahmen, in den neuen Vorstand der B E B einzutreten. Sie sollten die personelle K o n tinuität in diesem Gremium sicherstellen. Infolge einer zu erwartenden Abtretung an Handlungsautonomie an die Berliner Zentrale der Dresdner Bank und eines verkleinerten Geschäftsumfanges herrschte darüber Konsens, dass der neue Vorstand der B E B verkleinert werden sollte. Bei der Dresdner Bank war man sich darüber einig, dass außer Hölzer und Novotny von Lüdinghausen in dieses Gremium einziehen sollte. Mit seiner Wahl wurden offensichtlich seine Bemühungen honoriert, die Übernahme der Bebca vorzubereiten. A m 18. April 1939 teilte Rasche seinen Vorstandskollegen in der Dresdner-Bank-Zentrale dieses Ergebnis mit und erhielt dafür auch ihre Zustimmung. 4 9

47

« «

Selbst von Lüdinghausen räumte ein, dass man die ehemaligen Dirktoren der Bebca einem ungewissen Schicksal überlassen habe, obwohl er ihnen persönlich zur schnellen Auswanderung geraten habe. Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 367, Tscheschoslowakei, von L ü dinghausen/w. Böhmische Escompte-Bank und Tätigkeit der Dresdner Bank 1 9 3 8 - 4 5 , S. 25. H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 5 0 3 4 0 - 2 0 0 1 . B E , Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aktennotiz Hermann Richters vom 4 . 1 1 . 1938. S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 4 6 4 1 , Protokoll über die Sondersitzung des Vorstands am Dienstag, 1 8 . 4 . 1939; Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt für 1938, S. 4.

8. Die „neue" Böhmische Escompte-Bank

235

Ähnlich gravierend wie im Vorstand der B E B waren auch die Veränderungen im Verwaltungsrat. Alle jüdischen Mitglieder mussten das Gremium verlassen, zudem ehemalige Großaktionäre oder ihre Interessenvertreter - mit Ausnahme der Zivnostenskä banka, deren Belange weiterhin ihr Oberdirektor Jan Dvoräcek wahrnahm. 50 Die seit längerem engen Beziehungen zwischen dieser Prager Großbank und der Dresdner Bank sollten offenbar nicht beeinträchtigt werden. Andere bedeutende Industrielle aus der Ersten Tschechoslowakischen Republik, wie der langjährige Verwaltungsratsvorsitzende Felix Redlich oder Herbert Fuchsrobetin, mussten aus dem Gremium ausscheiden. Im Übrigen verfuhren die Dresdner Bank und die neue Leitung der B E B nach der Devise, vor allem „befreundete" Industrielle und Verbandsvertreter in das Gremium wählen zu lassen, mit denen man bereits enge Geschäftsbeziehungen unterhielt oder mit denen man in Zukunft intensiv zusammenarbeiten wollte. Zu den maßgeblichen Entscheidungsträgern im Verwaltungsrat gehörte der Oberdirektor der Zivnostenskä banka jedoch nicht mehr. Das neue Präsidium des Gremiums wurde aus Karl Rasche und den beiden Industriellen Anton Hödl und Franz Hummelberger gebildet, zu denen die Dresdner Bank ja seit dem Herbst 1938 enge Kontakte unterhielt. Mit Anton Kiesewetter, Fürst Alain Rohan, Felix Richter und Walter Riedel wurden zudem Personen Mitglieder im Verwaltungsrat, die bereits an den Gesprächen in UnterPolan teilgenommen hatten. Gustav Overbeck nahm ebenfalls die Interessen der Berliner Zentrale wahr, während Leonhard Wolzt die Länderbank Wien A G vertrat. Mit Eduard Outrata, dem Generaldirektor der Waffenwerke Brünn, und Baron Franz Ringhoffer vom gleichnamigen Maschinenbau-Konzern aus PragSmichov kooptierte man hochkarätige Industrielle aus den Industriezweigen, die auch im Zentrum der Geschäftsinteressen der B E B stehen sollten. 51 Die erheblichen personellen Verschiebungen im Verwaltungsrat der Bebca bzw. B E B lassen sich verdeutlichen, indem man seine Zusammensetzung in den Jahren 1938 und 1939 vergleicht. Aus dem 19-köpfigen Gremium des Jahres 1938 tauchten ein Jahr später nur noch acht Personen wieder als Mitglieder des umgebildeten Verwaltungsrats auf, während 21 Personen neu hinzugewählt worden waren Ausdruck der neuen Kapital- und Machtverhältnisse bei der B E B , aber auch der Strategie der Dresdner Bank, dieses Gremium mit Personen aus ihrem Interessenkreis zu besetzen. 52 Diese Strategie setzte man in den nächsten Jahren fort. An die Stelle von Mitgliedern, die aus dem Verwaltungsrat ausschieden, wurden Personen gewählt, welche in erster Linie Großkonzerne aus dem Protektorat repräsentierten. Nach der Jahreshauptversammlung der B E B 1940 mussten zum Beispiel der letzte noch 50

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Die Zivnostenskä banka war außer der Dresdner Bank noch die einzige nennenswerte Einzelaktionärin, in deren Besitz sich Aktien der B E B befanden. Auf der außerordentlichen Generalversammlung vom 15. Dezember 1939 vertrat Dvoräcek für die Zivnostenskä banka zum Beispiel einen Posten von 12095 Aktien. Ebd., Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung vom 15. 12. 1939. Eine Ubersicht über die Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Bebca und der B E B nach der Umstrukturierung befindet sich in Tabellen I I I / l l , S. 390, u. 111/12, S. 391. Siehe auch: ebd., Pressebericht der Bebca vom 22. 5. 1939. Vgl. dazu die Aufstellung über die personelle Zusammensetzung des Verwaltungsrats in Tabellen I I I / l l , S. 390, u. 111/12, S. 391.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

verbliebene Vertreter der Banque de Bruxelles das Gremium ebenso verlassen wie der sudetenländische mittelständische Textilindustrielle Felix Richter. Sie wurden durch Karl Staller, den neuen Leiter der Waffenwerke Brünn, und Kar(e)l Kuchinka, den „Betriebsführer" und neuen Generaldirektor der Witkowitzer Bergbauund Eisenhüttengewerkschaft, ersetzt. An die Stelle Josef Kislingers, der immerhin seit Herbst 1938 in die verschiedenen Planspiele zur Übernahme der Bebca eingebunden gewesen war, trat dagegen der Prager Großindustrielle Albin Schräm. 53 Desgleichen lässt sich die Tendenz beobachten, im Gleichklang mit der forcierten „Germanisierung" im Protektorat „tschechische" Mitglieder aus dem Verwaltungsrat hinauszudrängen und durch „deutsche" zu ersetzen. Vergleicht man die Zusammensetzung des Veraltungsrats von 1940 mit der von 1942, so waren dort „tschechische" Mitglieder wie der ehemalige Bebca-Direktor Franz Fousek oder der inzwischen aus seinem Amt ausgeschiedene Generaldirektor der Waffenwerke Brünn, Eduard Outrata, nicht mehr präsent. Allein Jaroslav Charvat von der Böhmischen Handelsgesellschaft und der Brünner Großgrundbesitzer Viktor Stoupal saßen als „national-tschechische" Netzwerkspezialisten noch in diesem Gremium. 54 Diese Entwicklung machte selbst vor der Zivnostenskä banka nicht halt. Nachdem das Institut durch die Entsendung eines „Vertrauensmannes" der Protektoratsregierung teilweise unter die Kontrolle der Machthaber in Prag geraten war, entschloss man sich, seinen Besitz an 14500 Aktien der BEB zu veräußern.55 Rasche traf sich daraufhin mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Jan Dvoräcek und besprach mit ihm die neue Lage. O b er den Oberdirektor der Zivnostenskä banka selbst zum Rücktritt aus dem Verwaltungsrat der BEB drängte und sich dieser an die „Absprache" hielt, oder ob sich Dvoräcek allein zu diesem Schritt entschloss, da die Zivnostenskä banka „nun keine Interessen" mehr an der BEB besaß, lässt sich nur schwer entscheiden.56 Das Prager Geldhaus gab 1943 seine Beteiligung an der BEB auf und zog seinen Vertreter aus dem Verwaltungsrat des Instituts zurück. Dies ist als ein Indiz für die abnehmende Bedeutung der Zivnostenskä banka in der Kreditwirtschaft des Protektorats zu werten - sicherlich eine Folge der rigiden „Germanisierungspolitik", von der auch die noch verbliebenen „tschechischen" Banken am Finanzplatz Prag mehr und mehr betroffen waren. Personelle Veränderungen gemäß den Wünschen der Dresdner Bank gab es nicht nur im Vorstand und im Verwaltungsrat der Böhmischen Escompte-Bank, sondern auch auf der Ebene der Abteilungsleiter. Nach der Entlassung der jüdischen Direktoren und Angestellten waren hier zahlreiche Stellen neu zu besetzen. Auf tschechische Bankangestellte, die vorher in Diensten der Bebca oder der Länderbank Prag gestanden hatten, sollte bei diesem personellen Revirement weitge53

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Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 357, Böhmische Escompte-Bank, Protokoll der 76. ordentlichen Generalversammlung der Böhmischen Escompte-Bank vom 30.4. 1940. Ebd., Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1942. A C N B , Fond ¿ B , Akte ZB SVIII/a-9/43, Ceskä eskomptni banka a üverni üstav, Praha, Rüzne 43, Prodej akcii Ceske Eskomptni Banky, Praha, Dresdner Bance, Berlin, a resignace p.v. Ing. J. Dvorackä, Brief der Zivnostenskä banka (Gewerbebank) vom 21.12. 1942 an die Böhmische Escompte-Bank; Brief Rasches und Teichmanns an die Gewerbebank (Zivnostenskä banka) vom 28. 1. 1943. Ebd., Brief Rasches an Dvoräcek vom 27.1. 1943.

8. D i e „neue" Böhmische E s c o m p t e - B a n k

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hend verzichtet werden. Sie sollten ebenfalls aus dem Dienst der Böhmischen Escompte-Bank ausscheiden. Die nach der Fusion zwischen Bebca und Länderbank entlassene Skontisten wurden an anderen Stellen nicht mehr eingesetzt, da sie „nicht die notwendige sprachliche Qualifikation aufwiesen." 57 Hier handelte es sich um einen eindeutigen Widerspruch zu vorherigen Ankündigungen der Dresdner Bank und der Bebca. Stattdessen wollte die Dresdner Bank Mitarbeiter aus dem Reichsgebiet nach Prag delegieren, um mit ihnen die personelle Veränderung und Neuausrichtung der Böhmischen Escompte-Bank durchzuführen. Nicht immer ließen sich dafür problemlos qualifizierte Kräfte finden, die einerseits in der Zentrale in Berlin oder in den Niederlassungen abkömmlich und andererseits bereit waren, für längere Zeit in Prag zu arbeiten. Das Personalbüro der Dresdner-Bank-Zentrale fragte daher im März und im April 1939 bei ihren Niederlassungen im „Altreich" an, welcher qualifizierte Mitarbeiter für die neuen Aufgaben in Prag „freigestellt" werden könne. Besondere Aufmerksamkeit schenkte man der personellen Besetzung in der „Arisierungsabteilung". Im Sommer 1939 wurde diese von Ernst Kanzler geleitet, der bis zum Frühjahr 1939 an der Spitze des Industriebüros der Bebca gestanden hatte. Kanzler hatte danach bewusst den Kontakt zur Dresdner Bank gesucht und darauf gehofft, durch einen Wechsel einen Karrieresprung zu vollziehen. 58 Ihm zur Seite stand seit Anfang Mai 1939 Leonhard Stitz-Ulrici, ein jüdischer Mischling ersten Grades, der in der Dresdner-Bank-Zentrale in Berlin seine Stelle verloren hatte und nun als „freier Mitarbeiter" und Fachmann für Industriekredite und „Arisierungen" für verschiedene Bankkonsortien, speziell für die Dresdner Bank, die Veräußerung und die Abwicklung jüdischer Betriebe betreuen sollte. Gustav Overbeck, der StitzUlrici nach Prag entsandt hatte, hielt ihn für den geeigneten Fachmann, das „Arisierungsgeschäft" der B E B im Protektorat aufzubauen. Zum einen war er ein hervorragender Bankfachmann und hatte lange Zeit Erfahrungen mit „Arisierungen" gesammelt, zum anderen war er aufgrund seiner Herkunft gefährdet, was die Dresdner Bank jedoch als Garant für seine Loyalität und Effektivität einschätzte. Stitz-Ulrici sollte zunächst nur vier bis sechs Wochen in Prag arbeiten, blieb dort aber bis Ende 1944. 59 Außer Kanzler und Stitz-Ulrici waren im Juni 1939 noch sieben weitere Mitarbeiter in der „Arisierungsabteilung" beschäftigt. 60 Diesen Personalbestand hielt man in der Zentrale der Dresdner Bank für zu gering. Zum einen erwartete man in 57

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HADrB, Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aktennotiz vom 20.2. 1939 betr. Herrn Kanzler; Aktenotiz des Personalbüros für Herrn Marschall (Sekretariat Rasche) vom 17. 4. 1939; Aktennotiz des Personalbüros der Böhmischen Escompte-Bank vom 9. 3. 1940. Ebd., Aktennotiz vom 20. 2. 1939 betr. Herrn Kanzler. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13908, Erklärung von Leonhard Bernhard Stitz-Ulrici vom 16.12. 1946; HADrB, Bestand 137, Personalbüro, Akte 503402001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aktennotiz Overbecks vom 6.6. 1939; Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30731-200l.BE, Sudetenland Kredit, Bd.2, Schreiben StitzUlricis an Ansmann vom 6. 5. 1939. Siehe auch Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 146. Dabei handelte es sich um den Prokuristen Humburger, den Bevollmächtigten Hesoun sowie um die Angestellten Golitschek, Hoffmann, Dr. Nather, Strache und Weger. HADrB, Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aktennotiz Overbecks vom 6. 6. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

den nächsten Wochen die Inkraftsetzung der für das Protektorat gültigen „Arisierungsverordnungen", zum anderen wollte man im kommenden „Arisierungswettlauf" die Konkurrenz in Gestalt der Böhmischen Union-Bank bzw. der Deutschen Bank aus dem Feld schlagen. Daher verlangte die Dresdner Bank-Zentrale in Berlin, den Personalbestand der Prager „Arisierungsabteilung" um zwei mit der Materie vertraute Spezialisten aufzustocken. Es wurde daran gedacht, zwei „Arisierungsfachleute" von der Länderbank Wien abzuziehen und nach Prag zu beordern, da man das „Arisierungsgeschäft" in Osterreich zu diesem Zeitpunkt bereits für soweit „fortgeschritten" hielt, dass man die dafür „eingesetzten Kräfte entbehren" konnte. 61 Während die Dresdner Bank in der „Arisierungsabteilung" darauf verzichtete, Mitarbeiter aus dem „Altreich" an die Spitze zu stellen, achtete sie bei der Besetzung zahlreicher anderer Führungspositionen ihrer neuen Prager Affiliation darauf, dass es sich hier um qualifizierte Fachkräfte aus ihren reichsdeutschen Niederlassungen handelte. Die Aufstiegs- und Karrierechancen für die jüngeren Mitarbeiter aus der ehemaligen Bebca waren deshalb gering. Viele wollten daher im Sommer 1939 aus dem Dienst des Instituts ausscheiden und ließen sich nur durch die Zahlung weiterer finanzieller Zulagen von diesem Schritt abhalten.62 Nur wenigen Angestellten der ehemaligen Bebca gelang ein wirklicher Karrieresprung. Zu diesen ist Guido Gacek zu rechnen, seit 1921 Angestellter, danach stellvertretender Leiter der Bebca-Filiale in Trautenau. Von dort wechselte er in die BebcaZentrale nach Prag. Nach der Übernahme des Instituts durch die Dresdner Bank arbeitete er im Sekretariat von Lüdinghausens. 63 Die beruflichen Zukunftsaussichten für einheimische Bankangestellte verbesserten sich auch in den folgenden Jahren nicht wesentlich. Im Gegenteil: Als im Protektorat die im Reichsgebiet bereits geltenden Tarifsätze für Bankangestellte zum 1. Januar 1941 eingeführt werden sollten, versuchte die B E B , die dadurch zu erwartenden höheren Personalkosten durch den Abbau von Arbeitsplätzen zu kompensieren. Nicht nur tschechische Skontisten, sondern auch 30 bis 35 qualifizierte Mitarbeiter aus den einzelnen Abteilungen wollte man entlassen oder frühzeitig pensionieren. Die Führung der Dresdner Bank in Berlin drängte den Vorstand ihrer Prager Affiliation zu einem größer angelegten „Reorganisationsprogramm", in deren Verlauf der Personalbestand gestrafft und die Arbeitsabläufe vereinfacht werden sollten. 64 Die Verwirklichung des Programms in den folgenden Monaten bedeutete für viele jüngere Mitarbeiter der B E B , dass sie ihre Hoffnungen auf eine rasche Karriere im Prager Institut begraben mussten. 65

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Ebd., Aktennotiz Teichmanns vom 13. 6. 1939. Ebd., Aktennotizen vom 3. u. 9.5., 13.6. und 9. 8. 1939. H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Personalbogen für Guido Gacek, Vollmacht Nr. 555 der Dresdner Bank für Guido Gacek, Brief von Hardy & Co. an die Kundschaft vom Juli 1956. H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personalia I, Aktennotiz vom 4. 5. 1940; Aktennotiz Teichmanns vom 4. 9. 1940. Ebd., Aktennotiz Teichmanns vom 4. 4. 1941.

9. D i e Böhmische E s c o m p t e - B a n k in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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9. Die Böhmische Escompte-Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats Die Geschäftsentwicklung der BEB im Uberblick Im Frühjahr 1939 legten die neuen Leitungsgremien der B E B die Richtlinien für die Geschäftspolitik fest. U m Kosten zu sparen, wollte die B E B auf ein engmaschiges Filialnetz verzichten und sich nur auf sieben Standorte beschränken: Außer in Prag wollte sie nur in Brünn, Pilsen, Budweis, Iglau, Mährisch-Ostrau und O l m ü t z Niederlassungen betreiben. 1 Diese Vorgaben hielt man nur im ersten Jahr des operativen Geschäfts ein. Durch die Fusion mit der Länderbank Prag übernahm die B E B auch deren Niederlassungen in Jungbunzlau, Königgrätz und N a c h o d sowie zwei Exposituren in Prag, die sie alle als eigene Filialen weiterführte. 1941 eröffnete sie zudem eine Zweigstelle in Beraun, Anfang 1942 eine weitere in Kolin. Im Zuge der ab Herbst 1942 anlaufenden Rationalisierung im Bankwesen des Protektorats musste sie diese beiden Niederlassungen jedoch wieder schließen. 2 N a c h der Eingliederung in den Dresdner-Bank-Konzern stabilisierte die B E B ihre Ertragslage. Z u m einen entfiel eine weitere Substanzvernichtung, wie dies bei der Abtretung der sudetenländischen Niederlassungen der Fall gewesen war, zum anderen konnte die B E B auf die Rückendeckung ihrer Muttergesellschaft vertrauen. Im Herbst 1939 konnte die Leitung der B E B eine deutliche Belebung des Geschäfts, vor allem mit der Industrie, konstatieren. Dies schlug sich in einem Anstieg der Debitoren, aber auch in einer Zunahme anderer Bilanzposten nieder. Zudem konnte die B E B wenig profitable Aktienpakete und Industriebeteiligungen abstoßen und die Substanz ihres Effektenportefeuilles verbessern. Alle Faktoren führten im Ergebnis zu einer Stärkung von Rentabilität und Liquidität. 3 Die B E B konnte für ihr erstes volles Geschäftsjahr nach der Eingliederung in den Dresdner-Bank-Konzern wieder befriedigende Bilanzzahlen präsentieren. 4 Für das Geschäftsjahr 1940 ließ sich das Betriebsergebnis weiter steigern. Der Reingewinn wuchs auf 14 Mio. Kronen. N a c h längerer Zeit konnte die B E B wieder Reserven aufbauen und neue Investitions- und Pensionsfonds anlegen. Zudem konnte das Institut eine Dividende in H ö h e von 4,5% ausschütten. 5 In allen Spar-

Von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S. 21. 75. Jahresbericht der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt für 1938; 76. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1939; 77. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1940; 78. Geschäftsbericht der Böhmischen Esompte-Bank für 1941; H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personal I, Filialrundschreiben vom 13. 4. 1942; Filialrundschreiben vom 28. 7. 1943. J H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Bericht für die Verwaltungsratssitzung der Böhmischen Escompte-Bank am 24. 10. 1939; Bericht über die Geschäftsentwicklung der Bebca in der Zeit vom 1.1. 1939 bis 30. 9. 1939; Zusammenstellung des Effektenportefeuilles per 30.9. 1939. 4 Siehe dazu auch die Ausführungen Rasches auf der Hauptversammlung der Dresdner Bank vom 12. April 1940, in: StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-1863, 77. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1940. s RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 64, Bl. 88, Berliner Börsenberichte vom 2.5. 1941: „4,5% Dividende bei der Bebca". H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, 1

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

ten des Bankgeschäfts ließen sich deutliche Zuwächse verzeichnen. Die Summe der Debitoren und der Kreditoren erhöhte sich beträchtlich, ebenso die Zahl der bei der B E B geführten Kontokorrent- und Sparkonten. Ende 1940 betrug die Höhe der Debitoren 1042 Mio. Kronen, die der Kreditoren 2292 Mio. Kronen. Die Zahl der Kontokorrentkonten gab die B E B mit 13900 an, während sie die Zahl der Sparkonten mit Einlagenbüchern auf 15215 bezifferte, auf denen 303 Mio. Kronen verbucht waren. An eigenen Wertpapieren oder Beteiligungen verwaltete die B E B in diesem Jahr einen Bestand von 408 Mio. Kronen. 6 1941 ließ sich das Wachstumstempo beim Betriebsergebnis und bei der Bilanzsumme nicht mehr in dem Umfang der beiden vorhergehenden Jahre beibehalten. Die Debitoren nahmen zwischenzeitlich sogar leicht ab. Nur die Kreditoren und die Spareinlagen wuchsen kontinuierlich an. Den Grund für diese Entwicklung sah die Geschäftsleitung der B E B zum einen in der Abschöpfung von Liquidität durch eine voluminöse Anleihe des Protektorats, zum anderen in der Steigerung der Lebenshaltungskosten und der Löhne, die zu einer gewissen Investitionszurückhaltung führten. Immerhin stieg die Bilanzsumme im Vergleich zum Vorjahr um 4 0 % von 2836 Mio. Kronen auf 3986 Mio. Kronen. An Debitoren verbuchte die B E B 879 Mio. Kronen, an Kreditoren 3281 Mio. Kronen. Die deutliche Zunahme der Kreditoren lässt sich hier ebenso erkennen wie das langsamere Wachstum der Debitoren. 7 Dennoch konnte die B E B einen Anstieg der Kontokorrentkonten auf 15500 und der Sparkonten auf 16871 vermelden, auf denen 372 Mio. Kronen verbucht waren. Als Erfolg wertete es die Geschäftsleitung, dass man bei den Debitoren unter einer Million Kronen Kredite an 25 Firmen ausleihen konnte, die vor Jahresfrist noch nicht Kredite in Anspruch genommen hatten. Bei den Debitoren über einer Million Kronen waren 20 Firmen neu hinzugekommen. 8 Angesichts der Schwierigkeiten, die zuströmenden fremden Gelder im Aktivgeschäft zu guten Konditionen auszuleihen, investierte die B E B einen großen Teil dieser Mittel in Staatspapiere, vor allem in Anleihen des Protektorats. 1941 übernahm sie für 10,8 Mio. Kronen Papiere aus der in diesem Jahr emittierten Protektoratsanleihe. Insgesamt verwaltete sie in ihrem Portefeuille Ende 1941 an Protektoratsanleihen einen Bestand von 18,5 Mio. Kronen. Beim Bilanzposten Wertpapiere und Beteiligungen verzeichneten diese Papiere von 1940 auf 1941 mit Abstand den größten Zuwachs. 9 Die zweite große Gruppe bildeten die übernommenen jüdischen Effekten, die in der Bilanz von 1941 mit einer Größenordnung von 41 Mio. Kronen beziffert Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939—41, Protokoll der 77. ordentlichen Generalversammlung der BEB vom 30. 5.1941. 6 HADrB, Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische EscompteBank Prag/Hardy & Co. 1941-1943, Bericht über die Entwicklung der Böhmischen EscompteBank im Jahre 1941. 7 Ebd.; 78. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1941. « HADrB, Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische EscompteBank Prag/ Hardy & Co. 1941-1943, Bericht über die Entwicklung der Böhmischen EscompteBank im Jahre 1941; » HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5461-2000, Notizen und Aufstellungen über die Böhmische Escompte-Bank, ohne Datum; 78. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für 1941.

9. Die Böhmische Escompte-Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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wurden. Hier handelte es sich im Wesentlichen um Wertpapiere der ehemals jüdischen Kundschaft, die von der Gestapo oder vom Devisenschutz-Sonderkommando beschlagnahmt worden und von der B E B treuhänderisch, zu einem kleineren Teil auch fest und für eigene Rechung übernommen worden waren. 10 Mit der ab 1941 anlaufenden systematischen Konfiskation jüdischer Vermögenswerte im Protektorat und ihrer „Verwertung" durch die Kreditinstitute gewann diese Sparte des „Effektenhandels" auch bei der B E B immer mehr Bedeutung. Auch wenn sich die genaue Höhe der Provisionen und Dividenden für die übernommenen und veräußerten jüdischen Effekten nicht mehr feststellen lässt, ist davon auszugehen, dass auch sie zur Steigerung des Betriebsgewinns der B E B auf 16,5 Mio. Kronen beitrugen. Die B E B sprach daher von einem zufriedenstellenden Geschäftsergebnis und zahlte ihren Aktionären eine Dividende in Höhe von 6 % . n Ab 1942 wirkten sich die spezifischen Bedingungen einer Kriegswirtschaft auch auf den Geschäftsgang der B E B aus. In diesem Jahr wuchs die Bilanzsumme um 4 8 % auf 5933 Mio. Kronen. In erster Linie war dies eine Folge der zunehmenden „Geldflüssigkeit" und der Steigerung bei den Kreditoren. Dagegen fiel es der B E B zunehmend schwerer, ein „normales" Kreditgeschäft zu betreiben. Kredite wurden immer häufiger an Unernehmen vergeben, die für die Kriegsproduktion wichtig waren. Gravierender war jedoch, dass die B E B die bei ihr deponierten Gelder oft nicht anders als in Schuldtitel der öffentlichen Hand anlegen konnte. Auch die B E B verstrickte sich zusehends in die Schuldenlast von Reich und Protektoratsregierung oder anderen öffentlichen Institutionen. Hier stand sie jedoch nicht allein. Die meisten Kreditinstitute im „Altreich" sahen sich mit der gleichen Entwicklung konfrontiert wie die Protektoratsbanken. Von 1941 bis 1942 wuchsen die fremden Gelder der B E B um 50,3% von 3654 Mio. auf 5492 Mio. Kronen. Die Steigerung der Bilanzsumme lässt sich zu einem großen Teil darauf zurückführen. 12 Die Freude in der Geschäftsleitung der B E B über diese Entwicklung klang eher verhalten. Dennoch glaubte man, „unser Kapital dem wesentlich erweiterten Geschäftsumfang anpassen zu sollen." Mit Wirkung vom 1. Januar 1942 wurde das Aktienkapital der B E B daher um 50 Mio. Kronen auf 150 Mio. Kronen erhöht. Immerhin konnte die B E B in diesem Jahr mit 18 Mio. Kronen einen Reingewinn erwirtschaften, der denjenigen des Vorjahres noch übertraf. Die Dividende wurde daher auf 6 % festgesetzt - beides Indizien für eine vermeintlich positive Geschäftsentwicklung. 13 Das Geschäftsjahr 1943 brachte der B E B zwar einen weiteren Anstieg der Bilanzsumme um 16% auf 6934 Mio. Kronen, doch beklagte der Vorstand im GeH A D r B , Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische EscompteBank Prag/Hardy & C o . 1941-1943, Bericht über die Entwicklung der Böhmischen EscompteBank im Jahre 1941; Jancik, „Arisierungsaktivitäten", S. 169, beziffert die Summe mit 41,1 Mio. Kronen. Auf Einzelheiten dieser Geschäfte wird unten eingegangen. » H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Bericht über den Geschäftsgang für das Jahr 1941; Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische Escompte-Bank Prag/Hardy & Co. 1 9 4 1 1943, Bericht über die Entwicklung der Böhmischen Escompte-Bank im Jahre 1941. 12 H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50594-2001.BE, Direktor Overbeck-Sudetenland, 79. Ge-schäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Geschäftsjahr 1942 nebst Anlagen. » Ebd. 10

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

schäftsbericht zum ersten Mal offen die Dominanz der Rüstungsproduktion und der Kriegswirtschaft im Protektorat, die auch die Geschäftsentwicklung immer fühlbarer beeinflussten. Die Leitung der BEB gab offen zu, dass der Anstieg des Geschäftsvolumens zu einem großen Teil auf die Inkorporierung von Aktiva der Prager Creditbank zurückzuführen sei, deren Liquidation in diesem Jahr vollzogen wurde. 14 Der Bestand der kurzfristigen Schuldtitel der öffentlichen Hand war zwar in diesem Jahr gesunken, doch hatte dafür der Posten an längerfristigen Schatzanweisungen und Obligationen des Protektorats deutlich zugenommen. Der Bilanzposten „Eigene Wertpapiere" war dementsprechend um 490 Mio. Kronen gewachsen. Die Tendenz, fremde Mittel vor allem in Schuldtitel der öffentlichen Hand anzulegen, hatte sich noch verstärkt. Offenbar fiel es der BEB zu dieser Zeit immer schwerer, diese Mittel in Form von Krediten an gesunde, nicht aus der Kriegswirtschaft mit ihren gebundenen Preisen stammende Unternehmen auszuleihen. Außer den Titeln der öffentlichen Hand gewannen daher Kredite an Betriebe aus der Landwirtschaft oder Unternehmen an Bedeutung, welche in der Erzeugung und Verteilung von Versorgungsgütern engagiert waren. Trotz einer Geschäftsentwicklung, die immer weniger einen „normalen" Bankbetrieb widerspiegelte, konnte die BEB auch in diesem Jahr eine gute Ertragslage vorweisen und einen hohen Reingewinn erzielen. Ihre Aktionäre erhielten daher erneut eine Dividende von 6%. 1 5 Für das Geschäftsjahr 1944 konnte die BEB keinen ausführlichen Geschäftsbericht präsentieren, da die Arbeiten dazu infolge der Kriegsereignisse im Protektorat und im Reichsgebiet immer wieder unterbrochen wurden. Daher liegen über die Geschäftsentwicklung des Instituts in diesem Jahr nur Zahlen aus internen Erhebungen vor.16 Diese weisen bis zum September 1944 einen weiteren Zuwachs von Schuldtiteln der öffentlichen Hand bei den Aktiva aus. Im Vergleich zu den Vorjahren investierte die BEB jedoch weniger in langfristige Schuldtitel, sondern mehr in kurzfristig zu liquidierende Papiere. Offenbar rechnete man zu diesem Zeitpunkt mit der Notwendigkeit, sich schnell Liquidität beschaffen zu müssen zum Beispiel im Falle einer Räumung des Instituts. Die zahlreichen Evakuierungsmaßnahmen bei anderen Tochtergesellschaften der Dresdner Bank im Winter 1944/45 und der drohende Zusammenbruch bestärkten auch die Geschäftsleitung der BEB in dieser Einschätzung. 17 Aus Gründen der Liquiditätssteigerung wurde ab Sommer 1944 auch der Bestand „Eigene Wertpapiere" deutlich von 1,15 Mrd. Kronen am 30. Juni 1944 bis auf 305 Mio. Kronen Ende Februar 1945 verringert. Für die Zeit danach liegen keine zuverlässigen Angaben vor.18 14

H A D r B , Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001.BE, Böhmische Escompte-Bank, Personal I, Filialrundschreiben Nr. 281 vom 28. 7. 1943; Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 505942001.BE, Direktor Overbeck-Sudetenland, 80. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Geschäftsjahr 1943.

15 E b d 16

17

18

'

Siehe dazu den Schriftverkehr in ebd. Die BEB berief für März 1945 noch eine Generalversammlung ein, auf der allerdings der Jahresabschluss für 1943 beraten werden sollte. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30016-2001.BE, Dresdner Bank-Direktor Busch (2. 9. 1938 bis zum Zusammenbruch), Stand der BEB per 30.6. 1944; Stand der BEB per 30. 9. 1944. H A D r B , Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 6238-2002, Böhmische Escompte-Bank, Notiz zu den Ziffern der Bilanzposition „Eigene Wertpapiere".

9. Die Böhmische E s c o m p t e - B a n k in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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Ungeachtet der Umschichtungen innerhalb der Aktiva stieg die Bilanzsumme der B E B auch 1944 weiter an, bis auf 7887 Mio. Kronen im letzten Quartal. Auch die Kreditoren erreichten mit einer Summe von 6213 Mio. Kronen einen neuen Höchststand. Nur der geringere Teil der zuströmenden fremden Gelder wurde offenbar noch für „normale" Kredite an Unternehmen aus Industrie und Handel verwandt, bilanzierte die B E B per 30. September 1944 doch nur einen Debitorenbestand von 1088 Mio. Kronen. Der überwiegende Teil wurde in kurzfristige und schnell liquidierbare Titel der öffentlichen Hand investiert. Neu erlassene Bestimmungen für die Kreditvergabe mit einer Prioritätensetzung für kriegswichtige Unternehmen waren ebenfalls für diese Anlagepolitik verantwortlich. Diese Zahlen zeigen, dass die B E B 1944 und in den ersten drei Monaten 1945 immer mehr von einer „normalen" Geschäftstätigkeit abrückte. Das Institut bereitete sich schrittweise auf den kommenden Zusammenbruch des NS-Regimes vor. 19 Die BEB im

Industriefinanzierungsgeschäft

Nach Angaben von Lüdinghausens diskutierte man in den neuen Leitungsgremien der B E B während des Frühjahrs 1939 intensiv darüber, wie das reguläre Kreditgeschäft mit Unternehmen aus dem Protektorat zu gestalten sei. Auch die Dresdner-Bank-Zentrale in Berlin schaltete sich in diese Debatte ein. Von Lüdinghausen konnte mit Rückendeckung Rasches erfolgreich die von ihm vorgeschlagene Strategie durchsetzen. Die B E B sollte in erster Linie die Industrieengagements der „alten Bebca" fortführen und gegebenenfalls ausbauen. Wenn möglich sollte sie aber auch erstklassige und rentable neue Industriebeteiligungen hinzu erwerben. Dabei strebte sie an, sich auf die Kundensegmente zu konzentrieren, die aller Erwartung nach in der Protektoratswirtschaft prosperieren würden. Außer den Großkunden aus der Schwerindustrie und dem Maschinenbau, zu denen bereits die „alte Bebca" traditionell enge Kontakte unterhalten hatte, sollte die „neue B E B " Beziehungen mit Kunden aus der Nahrungsmittelindustrie aufbauen. Volksdeutsche und reichsdeutsche Unternehmer wollte sie besonders intensiv „betreuen", sofern sie im Protektorat neue Firmen ins Leben gerufen hatten. Offenbar wollte sie dadurch einen Beitrag zur „Germanisierung" der Wirtschaft leisten. Auf einer Sitzung Ende Mai 1939 verabschiedeten die Delegierten des Vorstandes und des Verwaltungsrats endgültig von Lüdinghausens Vorschläge zur Geschäftspolitik und erklärten sie zur Richtlinie für die kommende Geschäftstätigkeit. 20 Zudem wurden auf dieser Sitzung die Kompetenzen für die Kreditgewährung festgelegt. Danach durften die BEB-Filialen ohne Rücksprache mit der Prager Zentrale Kredite bis zu 25 000 Kronen bewilligen. N u r der Niederlassung in Brünn wurde zugestanden, eigenmächtig Kredite bis zu 50000 Kronen zu vergeben. Die zuständigen Abteilungsdirektoren der Prager Zentrale erhielten " 20

H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 300162001.BE, Dresdner Bank-Direktor Busch (2. 9. 1938 bis zum Zusammenbruch), Stand der B E B per 30. 9. 1944. An dieser Sitzung nahmen teil: Rasche, Hödl, Hummelberger und Overbeck aus dem Verwaltungsrat sowie die BEB-Vorstandsmitglieder von Lüdinghausen, Novotny und Hölzer. H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 5 0 0 2 1 - 2 0 0 l . B E , Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Protokoll über die am 22. 5. 1939 abgehaltene 7. Sitzung des Vorstandes der Delegierten der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Abb. 9: Sparbuch der Escompte-Bank.

Böhmischen

Quelle: HADrB.

^

C r e d i t i

j die Erlaubnis, Kredite bis zu 100000 Kronen zu gewähren, sofern es sich nicht um langfristige Investitionskredite handelte. Alle Kredite über 100000 Kronen mussten vom Kreditausschuss der BEB genehmigt werden. Jedes Vorstandsmitglied der BEB erhielt zudem ein eigenes Kreditreferat, in dem es die Engagements zu bestimmten Firmen und Branchen betreute. Mit diesen Regelungen waren die Kompetenzen für das Kreditgeschäft mit der Industrie im Protektorat abgesteckt. 21 Die Einschaltung von Vorstandsmitgliedern aus der Dresdner-Bank-Zentrale blieb bei der Kreditvergabe die Ausnahme. Der Vorstand der BEB und der Kreditausschuss gestalteten die Kreditbeziehungen eigenverantwortlich. Nur bei großen und komplizierten Engagements mussten sie die Genehmigung aus der Behrenstraße einholen. Im Vorstand der BEB verlagerte sich die Zuständigkeit für die Kreditvergabe ab dem Sommer 1941, vor allem ab 1942 immer mehr auf die beiden Direktoren Hölzer und Novotny. Bei zahlreichen kleineren Engagements war von Lüdinghausen nicht mehr involviert. Als Reserveoffizier musste er häufiger an Einsätzen an der Front teilnehmen. Hölzer und Novotny betreuten daher

21 Ebd.

9. D i e Böhmische E s c o m p t e - B a n k in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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große Teile des Kreditgeschäfts, während sich von Lüdinghausen um wichtige Transaktionen und Engagements der BEB kümmerte. 22 Abgestützt wurden die Beziehungen zwischen der BEB und ihrer industriellen Klientel durch ein personelles Netzwerk. Seit dem Sommer 1939 wurden von Lüdinghausen, Hölzer und Novotny, aber auch Rasche, Overbeck und Herbeck in zahlreiche Verwaltungsräte von Firmen der Protektoratswirtschaft gewählt. Das bewährte und seit langem im Mitteleuropa praktizierte Netzwerk von Bank-Industriebeziehungen behielt man auch unter veränderten politischen Rahmenbedingungen bei. Die drei BEB-Vorstandsmitglieder übernahmen vielfach die Mandate ihrer Vorgänger bei den jeweiligen Unternehmen, während die Direktoren der Dresdner Bank neu in die entsprechenden Gremien gewählt wurden. Nicht zu bestreiten ist, dass Rasche, Overbeck oder anderen Direktoren der Dresdner Bank die Aufgabe zufiel, als „Vertrauensmänner" für die Wahrung von „Reichsinteressen" bei den jeweiligen Unternehmen zu fungieren. 23 Dadurch sowie durch die von ihr praktizierte Kreditpolitik leistete die BEB einen Beitrag zur gezielten „Germanisierung" der tschechischen Wirtschaft. Bei der Gestaltung ihrer Kundenbeziehungen und ihres Geschäfts mit der Industrie setzte die BEB auf Kontinuität. Dies war sinnvoll, musste sie sich nach ihrer Umgestaltung doch der Konkurrenz der verbliebenen Prager Großbanken erwehren - trotz aller Erfolge, die sie zusammen mit ihrer Muttergesellschaft aus Berlin bei spektakulären Geschäftstransaktionen in der Schwerindustrie des Protektorats erzielen konnte. Die BEB pflegte daher ihre traditionell guten Beziehungen zu Unternehmen mit der Schwer- und Rüstungsindustrie. Hier profitierte sie zudem von Regelungen, die bei der Bildung von Syndikaten getroffen wurden. Art und Umfang des Engagement der BEB bei den Skoda-Werken waren zum Beispiel im Syndikatsvertrag fixiert worden. Der BEB gelang es jedoch, ihr Engagement beim Pilsener Rüstungskonzern auszubauen. Sie konnte nicht nur der Muttergesellschaft mehrfach Kredite zur Verfügung stellen, sondern auch deren Tochtergesellschaften AVIA und Konstruktiva. 24 Die Skoda-Werke in Pilsen zählten bis zum Frühjahr 1945 zu den guten Kunden der BEB. Neben dem Kreditgeschäft konnte sie einen beträchtlichen Teil der Umsätze im Bankverkehr für sich reklamieren und war auch Zahlstelle für die Generalversammlungen sowie bei der Abwicklung von Kapitaltransaktionen, was ihr weitere Einnahmen in Form von Provisionen und Spesen bescherte.25 22

23

25

Siehe dazu die Aufstellung der zahlreichen Kreditanträge in: H A D r B , Bestand Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische Escompte-Bank Prag/Hardy & Co. 1941-1943, Anlage II zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Verwaltungsrats und des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank Prag vom 4. 7. 1941. Mit Rückendeckung von Bertsch stellte die B E B beim O K W den Antrag, in Zukunft bei Fronteinsätzen nicht mehr auf Lüdinghausen zurückzugreifen, sondern ihn bei der Rüstungsinspektion in Prag „zu verwenden". St A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-8234, Brief der B E B an das Oberkommando der Wehrmacht, ohne erkennbares Datum. Siehe dazu den umfangreichen Schriftverkehr in H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bamk 1939^1, sowie Tabelle 111/13 auf S. 392. A C N B , Fond ZB, S VIIId-3/3, Podminky. Korespondence se Skodovymi Zavody, 1919-1945, Brief der Skoda-Werke an die Böhmischen Escompte-Bank vom 1. 7. 1941; Brief der B E B an die Zivnostenskä banka vom 12. 6. 1941. Ebd., Briefe der Zivnostenskä banka an die Direktion der BEB vom 11. 6. 1941 und 4. 7. 1941. H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-200l.BE, Dr. Rasche-Böhmische Es-

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Auch zu anderen Unternehmen, an deren Aktiensyndikat die BEB beteiligt war, unterhielt sie weiterhin enge Geschäftsbeziehungen. Die Waffenwerke Brünn bekamen ebenso mehrfach größere Kredite wie die Erste Brünner Maschinenfabrik, deren Kapitalerhöhung 1940 sie zudem federführend organisierte. Ende 1944, Anfang 1945 hatte die BEB der Brünner Maschinenfabrik vier unterschiedliche Kreditlinien eingeräumt. 26 Auch die Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggonfabrik zählte zu den guten Kunden der BEB. Mitte 1939 hatte das Unternehmen zum Beispiel mehrere Bar- und Avalkredite in Anspruch genommen, die ihm die BEB und die B U B zur Verfügung gestellt hatten. Das Engagement der BEB beim Brünner Maschinenbauunternehmen wurde in den folgenden Jahren in gleichem Umfang fortgesetzt. 27 Intensive Geschäftsbeziehungen unterhielt die BEB auch mit einem anderen bedeutenden Maschinenbau- und Rüstungskonzern aus dem Protektorat - den Ringhoffer-Tatra-Werken in Prag-Smichov. Von Lüdinghausen und Rasche wurden im Mai 1939 zu Mitgliedern des Verwaltungsrats dieses Unternehmens gewählt, das seine Beziehungen mit der Protektoratsverwaltung und den Reichsbehörden in Berlin in den folgenden Jahren ausbaute. 28 Die Beziehungen zwischen der Dresdner Bank, der BEB und den Ringhoffer-Tatra-Werken blieben bis zum Ende der NS-Herrschaft im Protektorat eng. Zwischen einem ihrer Inhaber, Baron Hans Ringhoffer, und von Lüdinghausen entwickelten sich sogar freundschaftliche Kontakte. 29 Vor diesem Hintergrund fand sich die BEB bereit, die oft skrupellosen Geschäfte der Ringhoffers zu finanzieren. Sie erhielten bis zum Frühjahr 1945 mehrfach größere Kredite. Zum einen konnten sie auf einen BarDiskontkredit in Höhe von 17,5 Mio. Kronen zurückgreifen, zum anderen auf einen Lombardkredit von 15 Mio. Kronen. Je nach Geschäftslage wurden diese Kreditlinien in Anspruch genommen. Die Geschäftsleitung der BEB sah keinerlei Risiken, diese Kredite zu prolongieren. Selbst im Februar 1945 schätzte sie die Lage des Unternehmens noch als günstig ein, so dass sie bei der Kreditverlängerung auf die Beibringung von neuen Daten über die Unternehmensentwicklung verzichtete.30 Bis zum Ende der NS-Herrschaft lassen sich auch Kredite der BEB an ein anderes Unternehmen im Besitz von Hans und Felix Ringhoffer nachweicompte-Bank 1939-41, Anlage 2 zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Bömischen Escompte-Bank vom 4. 7. 1939. 26 Ebd., Protokoll über die am 22. 5. 1939 stattgefundene Sitzung des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt Prag; Protokoll über die am 4. 7. 1939 abgehaltene Sitzung der Delegierten des Vorstandes und zugleich Sitzung des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank; Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 6238-2002, Böhmische EscompteBank, Aktennotiz Rasches und Teichmanns vom 7. 3. 1945 über die Besprechung wichtiger Positionen der Böhmischen Escompte-Bank. 2? H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939^11, Protokoll über die am 22. 5. 1939 stattgefundene Sitzung des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt. 2« A C N B , Fond ¿ B , S VIII/d-60/2, Ringhoffery Zavody, Prahä, Zpravy pro reditelstvi (Vorstandsberichte) 1930-1944, Zprava pro reditelstvi (Vorstandsbericht) vom 5. 5.1939 u. 23. 10.1939; Fond ZB, S VIII/d-60/7, Zavody Ringhoffer-Tatra, Praha, Rüzne Pismenosti 1929-1944, Brief der Ringhoffer-Tatra-Werke an Dvoräcek vom 14. 11. 1941. 29 30

Von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S. 13 f. HADrB, Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 6238-2002, Böhmische Escompte-Bank, Kreditantrag der Böhmischen Escompte-Bank für die Ringhoffer-Tatra-Werke in Prag-Smichov vom 5.2. 1945.

9. Die Böhmische Escompte-Bank in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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sen, das in Prag-Smichov eine Brauerei, eine Brennerei, eine Kunstmühle und eine Bäckerei betrieb. Mit Datum vom 1. Februar 1945 wurde der bisher eingeräumte Kontokorrentkredit von 2,7 Mio. Kronen sogar um 1,6 Mio. Kronen erhöht. 31 Ohne die finanzielle Unterstützung der B E B hätte der Ringhoffer-Konzern nicht zu einem führenden Unternehmen in der Rüstungswirtschaft des Protektorats werden und seine Geschäftsexpansion wie geplant durchführen können. Die besondere Rolle der B E B als Finanzier der Rüstungsindustrie lässt sich auch an ihrem Engagement bei der Gewerkschaft Witkowitz erkennen, auch wenn sie sich hier etwas vorsichtiger verhielt als beim Ringhoffer-Konzern. Witkowitz erhielt von der B E B mehrfach Diskontkredite, die verlängert wurden. Der Kapitalbedarf bei Witkowitz war jedoch derart hoch, dass die Leitung der Gewerkschaft die Einräumung von „Sonderkrediten" verlangte, um groß dimensionierte Investitionsprogramme zu finanzieren. Als Witkowitz im Februar 1945 erneut forderte, ihr auf diese Weise Mittel zur Verfügung zu stellen, plädierte man bei der B E B zur Vorsicht. Zwar wurde der Wunsch der Gewerkschaft nicht abgelehnt, ihr einen Sonderkredit in Höhe von 50 Mio. Kronen zu gewähren, doch bildete die B E B für diese Transaktion ein Konsortium, dem außer ihr die ¿ivnostenskä banka, die B U B , die KdD und das Wiener Bankhaus E. von Nicolai & Co. angehörten. Zunächst war dieser Kredit auf einen Monat befristet. Sollte er prolongiert werden, so verlangte die B E B dafür die Beibringung von aktuellem Material über den Geschäftsgang und eine weitere Abdeckung durch die Bereitstellung von Wechseln. Offenbar wollte sie das Risiko auf mehrere Schultern verteilen. 32 Eine solche Vorsichtsmaßnahme schien angebracht zu sein, da Witkowitz Anfang März 1945 einen Gesamtkreditbedarf von 150 bis 200 Mio. Kronen anmeldete. Daraus sollte der alte Konsortialkredit zurückgezahlt werden, jedoch war auch daran gedacht, einen großen Teil dieser Mittel auf die Reichswerke Hermann Göring überzuleiten. Gegen diesen Schritt wandten sich sowohl die Geschäftsleitung der B E B als auch Rasche, der in einem Gespräch mit einem Direktor von Witkowitz darlegte, dass sich auch die Dresdner Bank dagegen aussprechen würde. Zudem seien sich Rasche und die Leitung der B E B darin einig, dass die Betriebsanlagen von Witkowitz in einem „gefährdeten" Gebiet lägen, so dass eine besondere Sicherung der Kredite notwendig sei. Daher beschloss man, die weiteren Kreditwünsche von Witkowitz dilatorisch zu behandeln. O b dem Unternehmen im Frühjahr 1945 tatsächlich die beantragten Mittel zur Verfügung gestellt wurden, ist zweifelhaft. 33 Unter den Krediten an Unternehmen aus der Schwerindustrie sticht ein weiterer hervor. Im Sommer 1941 gewährte die B E B nach Fürsprache ihres Vorstandsmitglieds Karl Novotny den Graf Johann Wilczek'schen Ostrauer Kohlen- und Kokswerken einen Barkredit von 20 Mio. Kronen. Das Unternehmen aus dem Kohlengebiet um Mährisch-Ostrau, deren Inhaber Mitglied im Verwaltungsrat >• Ebd. 32 Ebd., Briefe des Filialbüros der B E B an das Sekretariat des Verwaltungsrats vom 10. und 26. 2. 1945; Brief der Konsortialabteilung der Dresdner Bank an N o v o t n y vom 2 5 . 1 . 1945. An diesem Konsortium war die B E B mit 3 4 % , die Zivnostenskä banka mit 2 4 % , die B U B mit 2 2 % , die K d D und das Bankhaus E . von Nicolai mit jeweils 1 0 % beteiligt. 33 Ebd., Aktennotiz Rasches und Teichmanns vom 7. 3. 1945 über die Besprechung wichtiger Positionen der Böhmischen Escompte-Bank.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

der BEB war, hatte jedoch weder eine Bilanz vorgelegt noch Angaben zur Sicherung des Kredits machen wollen. Dennoch setzte sich Novotny dafür ein, dass ihm der beantragte Kredit mit der Option bewilligt wurde, ihn mehrfach zu verlängern. Novotny hielt es für eine ausreichende Sicherheit, dass das Vermögen des Grafen Wilczek auf „einige Hundert Millionen Kronen geschätzt wird." Erstaunlicherweise wurde der Kredit vom Kreditausschuss ohne weitere Diskussion gebilligt. Offenbar waren dessen Mitglieder so sehr vom Urteil Novotnys, aber auch von den Vermögensverhältnissen Wilczeks überzeugt, dass sie glaubten, auf eine intensive Prüfung ebenso verzichten zu können wie auf die Beibringung von Sicherheiten. Diese Art der Kreditvergabe war jedoch die Ausnahme. 34 Dennoch: Die umfangreichen Engagements der BEB bei einigen großen Unternehmen aus der Schwerindustrie des Protektorats zeigen, dass sie als Finanzier der dortigen Rüstungswirtschaft eine bedeutende Rolle spielte. Sie stellte sich in den Dienst der Rüstungswirtschaft und finanzierte zu einem großen Teil deren Ausbau, so wie von der Besatzungsmacht und den Berliner Rüstungsplanern gefordert. Dieser Befund lässt sich durch die zahlreichen Kredite stützen, die die BEB Rüstungsfirmen aus dem Maschinenbau und der Flugzeugindustrie zur Verfügung stellte. Nachweisen lässt sich etwa eine Kreditlinie an die Walter Automobil- und Flugmotorenfabrik in Prag-Jinonitz. Die bereitgestellten Kredite in Höhe von 40 Mio. Kronen wurden jedoch kaum von dem Unternehmen in Anspruch genommen. 35 Den Flugzeugwerken Letov A G aus Prag-Letna gewährte sie einen Betriebsmittelkredit von 35 Mio. Kronen. Zudem war sie mit 60% an einem Investitionskredit beteiligt, an dem die B U B ebenfalls partizipierte. 36 Traditionell gehörten Unternehmen aus der Textilindustrie ebenfalls zur Klientel der „alten Bebca". Diese Branche bildete auch nach dem Frühjahr 1939 einen Schwerpunkt im Kreditgeschäft der BEB mit der Industrie. Eine Reihe von Unternehmen, vor allem aus den Textilregionen um Brünn, Nachod oder aus Südmähren und dem Grenzgebiet zur Slowakei, wie die Silleiner Tuchfabrik, die Brüder Mahler Strumpffabrik aus Deutsch Brod, die Schafwollwarenfabrik Gebr. Schöller aus Brünn, die Spinnerei Ernst Essler aus Brünn-Obrany, die Tuchfabrik von Leopold Brdlik & Söhne aus Zirnovice oder die Weberei von B. Spiegier & Söhne aus Hronov konnten mehrfach einen Kredit in verschiedenen Niederlassungen der BEB in Anspruch nehmen.37 Bemerkenswert ist es, dass die BEB bis zum Spätsommer 1939 jüdischen Textilfirmen vor allem aus der Brünner Textilregion noch Kredite zur Verfügung stellte. Erst ab diesem Zeitpunkt wurden bestehende Kreditlinien nicht mehr prolongiert bzw. abgebaut. Bis dahin konnten jüdische Unternehmen wie zum Beispiel die Schafwollwarenfabrik Moritz Fuhr34

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H A D r B , Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische EscompteBank Prag/Hardy & Co. 1941-1943, Anlage II zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Verwaltungsrats und des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank Prag vom 4. 7.1941. H A D r B , Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 6238-2002, Böhmische Escompte-Bank, Kreditantrag der Böhmischen Escompte-Bank für die Walter Automobil- und Flugmotorenfabriken A G in Prag vom 19. 2. 1945. Ebd., Aktennotiz Rasches und Teichmanns vom 7. 3. 1945 über die Besprechung wichtiger Positionen der Böhmischen Escompte-Bank. H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Anlage 1 und 2 zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Bömischen Escompte-Bank vom 4. 7. 1939.

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mann aus Brünn oder die Weberei von Franz und Rudolf Zentner aus Prag auf Kontokorrentkredite bei der BEB zurückgreifen. Die Situation änderte sich, als Reichprotektor Konstantin von Neurath im Sommer 1939 Verordnungen zur Verdrängung der Juden aus dem Wirtschaftsleben des Protektorats und zur „Verwertung" ihres Besitzes erließ. Seitdem lassen sich im Quellenmaterial auch keine Kredite der BEB an „nichtarische" Firmen mehr nachweisen.38 Ende 1944, Anfang 1945 stieg der Kapitalbedarf bei den Unternehmen aus der Textilindustrie deutlich an, die bisher in größerem Umfang für die Wehrmacht produziert hatten. Die Wehrmacht geriet jedoch zusehends mit ihren Zahlungen in Verzug, was zu Liquiditätsproblemen bei diesen Firmen führte. Ein gutes Beispiel für diese Entwicklung bietet die Kreuzthaler Tuchfabrik Schwarz & Klein, die ihre Kreditlinie bei der BEB aufstocken musste. Beim Prager Institut entschloss man sich, diesem Wunsch nachzukommen, nachdem auch die Zentrale der Dresdner Bank nach längerem Zögern dazu ihr Plazet gegeben hatte.39 Zu den Kunden der BEB gehörte auch die Deutsche Textil A G des Berliner Industriellen Gustav Winkler, der im Protektorat eine Reihe von „arisierten" jüdischen Textilfirmen übernommen und sie in seiner Holdinggesellschaft zusammengefasst hatte.40 Gemäß der Richtlinien, die von Lüdinghausen im April 1939 für ihre Geschäftspolitik durchgesetzt hatte, weitete die BEB ihre Kreditvergabe im Bereich der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und der Landwirtschaft aus. Dies gelang, indem sie Geschäftsbeziehungen zu neu geschaffenen Institutionen knüpfte, die entweder aus Berlin oder von der Protektoratsverwaltung gesteuert wurden. Zusammen mit der B U B , der KdD, der Zivnostenská banka und der Zemská banka stellte sie zum Beispiel 1939 der Reichgetreidestelle einen größeren Barkredit in Höhe von 50 Mio. Kronen zur Verfügung. Dieser Kredit wurde nicht nur mehrfach prolongiert, sondern auch aufgestockt. 41 Auch dem Zentralverband der deutschen landwirtschaftlichen Genossenschaften Mährens, Schlesiens und der Slowakei gewährten sowohl die Prager Zentrale der BEB als auch ihre Filiale in Brünn mehrmals Kredite. 42 Darüber hinaus lassen sich in den Quellen dafür Beispiele finden, dass die BEB ihr Kreditengagement bei vielen kleineren Unternehmen aus dem Bereich der Nahrungsmittelindustrie und der Landwirtschaft seit dem Frühsommer 1939 Ebd. Auf die einzelnen Erlasse und Verordnungen von Neuraths zur „Arisierung" jüdischen Besitzes wird weiter unten eingegangen. 31 H A D r B , Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 6238-2002, Böhmische Escompte-Bank, Kreditantrag der Böhmischen Escompte-Bank für die Kreuzthaler Tuchfabrik Schwarz & Klein vom 28. 1. 1945. 40 Ebd., Aktennotiz Rasches und Teichmanns vom 7. 3. 1945 über die Besprechung wichtiger Positionen der Böhmischen Escompte-Bank. H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Protokoll über die am 22. 5. 1939 stattgefundene Sitzung des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt Prag; Tagesordnung der 8. Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Bömischen Escompte-Bank vom 4. 7.1939; Anlage 2 zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank vom 4. 7. 1939. « H A D r B , Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-200l.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Protokoll über die am 22. 5. 1939 stattgefundene Sitzung des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt. 38

250

III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

spürbar erweiterte. Der Verein der mährischen Zuckerfabriken aus Olmütz erhielt von der dortigen BEB-Niederlassung einen Kontokorrentkredit in Höhe von 30 Mio. Kronen, während die Lundenburger Zuckerraffinerie von der Filiale Brünn einen Kontokorrentkredit in gleicher Höhe und einen Avalkredit von 12 Mio. Kronen bekam.43 Auch im Protektorat konnte die BEB im hart umkämpften Kreditgeschäft mit der Industrie ihre Position gegenüber konkurrierenden Instituten ausbauen. Dies ist auf die Rückendeckung ihrer Berliner Muttergesellschaft, aber auch die der Protektoratsbehörden zurückzuführen. Der BEB gelang es dadurch, sich - ähnlich wie die Dresdner Bank - als wichtiger Finanzier der Rüstungs- und Schwerindustrie im Protektorat zu positionieren. Die BEB im Emissions-, Konsortial-

und

Effektengeschäft

Mit ihrer Inkorporierung in den Einflussbereich der Dresdner Bank verlor das Emissions- und Konsortialgeschäft bei der BEB 1939 an Bedeutung. Nach der Okkupation war die Börse in Prag geschlossen worden, so dass weder ein Aktienhandel stattfinden konnte noch die Emission neuer Aktien und festverzinslicher Wertpapiere durchzuführen war. Erst im November 1940 wurde die Prager Börse wieder eröffnet. Einige Firmen entschieden sich, ihre eigenen Mittel durch Kapitalerhöhungen zu stärken. Da sich die Aktienkurse seit der Börsenöffnung kontinuierlich nach oben bewegten, wollten einige Firmen an diesem kleinen „Börsenboom" partizipieren und sich Geld für anstehende Investitionen beschaffen oder einfach ihr Aktienkapital dem inzwischen gewachsenen Geschäftsumfang anpassen. Die BEB sollte vor allem bei den Unternehmen die Kapitalbeschaffung organisieren, die bereits zum „Industriekonzern" der „alten Bebca" gehört hatten und nun zu ihrer industriellen Klientel zählten. 1940 und 1941 war die BEB daher an einigen Kapitalerhöhungen beteiligt. Außer Kapitalbeschaffungsmaßnahmen für Unternehmen aus der Schwerindustrie und des Maschinenbaus führte sie solche Transaktionen bei der AG für Spiritusindustrie, der Franz Xaver Brosche AG, der Elbkosteletzer Zuckerraffinerie, der Koliner Spiritus- und Pottaschefabriks AG sowie der Milchindustrie AG durch.44 Ein Jahr später war sie in die Kapitalerhöhungen der Papierindustrie Olleschau AG, der Ringhoffer-Tatra-Werke, der „Sphinx", Vereinigte Emaillierwerke und Metallwarenfabriken AG sowie der Vereinigten Carborundum- und Elektro-Werke AG involviert.45 Zudem war sie in dem Konsortium vertreten, das für die Prager Eisenindustrie eine Anleihe in Höhe von 250 Mio. Kronen emittieren sollte. Auch bei der geplanten Kapitaler43

44 45

Ebd., Tagesordnung der 8. Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Bömischen Escompte-Bank vom 4. 7. 1939; Anlage 2 zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Vorstands und des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank Prag vom 4. 7. 1939. Weitere Kreditengagements in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie lassen sich entnehmen aus: HADrB, Bestand 202, Vorstandssekretariat/Affiliationen, Akte 7588-2002, Böhmische Escompte-Bank Prag/Hardy & Co. 1941-1943, Anlage II zum Protokoll über die Sitzung der Delegierten des Verwaltungsrats und des Kreditausschusses der Böhmischen Escompte-Bank Prag vom 4. 7. 1941. 77. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Jahr 1940. 78. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Jahr 1941.

9. D i e Böhmische E s c o m p t e - B a n k in der Kreditwirtschaft des Protektorats

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höhung dieses Unternehmens von 280 Mio. auf 350 Mio. Kronen wollte die BEB mitwirken. Während die Anleiheemission nach langem Ringen mit den Protektoratsbehörden im Herbst 1943 durchgeführt wurde, kam die Kapitalerhöhung nicht zustande, da sich keine Einigung über die Modalitäten erzielen ließ.46 Größere Provisionen und Gewinne konnte die BEB bei vielen dieser Transaktionen nicht erzielen, da es sich hier nicht um die Emission junger Aktien und deren Platzierung an der Börse handelte, sondern um eine reine Aufstempelung der Anteilsscheine. Die BEB bemerkte daher in ihrem Geschäftsbericht für 1941 zu Recht, dass eher von einer Kapitalberichtigung als von einer Kapitalerhöhung zu sprechen sei: „Zahlreiche Unternehmen haben auch im folgenden Jahr ihr Aktienkapital durch Aufstempelung gegen Entnahme aus dem Reservefonds berichtigt, um dieses ihrem gestiegenen Geschäftsumfang anzupassen." 47 Wie wenig lukrativ solche Transaktionen waren, veranschaulicht das Beispiel der Königshofer Zementfabrik A G . Auch dieses Unternehmen gehörte bereits zum „Industriekonzern" der „alten Bebca". 1940 wollte es sein Aktienkapital erhöhen, auch hier in Form einer Aufstempelung der Altaktien. Die Verwaltungsgremien der Königshofer Zementfabrik hatten beschlossen, das Aktienkapital zu verdoppeln, indem jede Aktie einen neuen Nennwert von 400 Kronen statt der vorherigen 200 Kronen bekommen sollte. Dies sollte durch Aufstempelung des neuen Nominalwerts bei Vorlage der Altaktien und Einzahlung des Differenzbetrags in den Filialen der Böhmischen Escompte-Bank, der Dresdner Bank und der Länderbank Wien geschehen. Für jede abgestempelte Aktie sollten die drei Konsortialbanken eine Provision von 0,10 RM erhalten.48 Große Provisionseinnahmen waren bei diesem Verfahren nicht zu erwarten, zumal die BEB selbst eine der Großaktionärinnen der Königshofer Zement war. Für die BEB liegen keine Angaben dazu vor, wie viele Aktien bei ihr abgestempelt wurden, wohl aber für die Dresdner Bank. Bis zum Ende der vereinbarten Frist wurden bei ihr 1751 Aktien eingereicht, so dass sie eine Provision von 175,10 RM vereinnahmen konnte. 49 Bei der BEB dürften die Provisionseinnahmen höher gewesen sein, ohne dass sie ein Ausmaß erreichten, um diese Transaktion als profitabel einzustufen. Bei anderen Geschäften dieser Art dürften sich die Provisionen in ähnlicher Größenordnung bewegt haben. Die BEB konnte selbst auf solche Provisionen nicht verzichten, da andere große Transaktionen im Rahmen des Konsortial- und Emissionsgeschäftes auch nach 1941 eher selten waren. Aufgrund der Penetration der Protektoratswirtschaft durch deutsches Kapital und aufgrund der herrschenden wirtschafspolitischen Direktiven führten „tschechische" Unternehmen in dieser Zeit wenige Kapitalbeschaffungsmaßnahmen durch, vergleicht man ihre Zahl mit der vor 1938. Zudem wurde den Protektorats-Firmen erst 1941 « 47

« 49

H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 31158-2001.BE, Diverse, Bd. 101, Brief der B E B an das Vorstandssekretariat der Dresdner Bank vom 24. 9. 1943. 78. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Jahr 1941. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30302-2001.BE, Königshofer Zementfabrik A G , Brief der B E B an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 9.3.1940; Brief Kühnens an die Konsortialabteilung der B E B vom 14. 3. 1940. Ebd., Brief der B E B an die Dresdner Bank vom 23. 4.1940; Antwortschreiben Kühnens vom 29.4. 1940; Brief der B E B vom 19. 6. 1940; Antwortschreiben Kühnens vom 22.6. 1940; Brief Kühnens vom 10. 10. 1940.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen u n d Mähren

erlaubt, ihren langfristigen Kapitalbedarf durch die Emission von Industrieanleihen oder -Obligationen zu decken. Während der Besatzungszeit bildeten daher die Emissionen von Protektoratsanleihen die größten Kapitaltransaktionen, weniger die Ausgabe von Industrieaktien oder -anleihen.50 Immerhin konnte die BEB an der Emission einiger Anleihen mitwirken: für die Sudetenländischen Treibstoffwerke, den Chemischen Verein Aussig-Falkenau und für die AVIA AG für Flugzeugindustrie. Zwar konnte sie in keinem der Fälle die Führung des Konsortiums für sich reklamieren, doch war sie mit vergleichsweise hohen Quoten engagiert. Bei der Emission einer Anleihe für die AVIA in Höhe von 100 Mio. Kronen im Jahre 1942 war sie zudem intensiv in die Beratungen über den geeigneten Emissionskurs, den Zinssatz und die Tilgungsmodalitäten eingebunden.51 Trotz aller Restriktionen investierten „tschechische" Anleger ab 1940 in Aktien von Industrieunternehmen, da es wenige alternative Anlageformen gab. Ein stetiger Kursanstieg war daher zu beobachten.52 Diese Entwicklung wollte auch die Protektoratsverwaltung nutzen. Sie empfahl, dass reichsdeutsche oder österreichische Firmen den Weg zum Prager Kapitalmarkt suchen sollten. Die Einführung von Aktien schien ein aussichtsreiches Geschäft zu werden. Reichsdeutsche Firmen wie die AEG, I.G. Farben, Mannesmann oder Siemens, aber auch Industriekonzerne aus Osterreich wie Gebr. Böhler oder Steyer-Daimler-Puch wollten ihre Aktien an der Prager Börse notieren lassen, um sich den Kapitalmarkt des Protektorats für die Finanzierung weiterer Expansionsschritte zu erschließen.53 Auch die Dresdner-Bank-Zentrale, vor allem Karl Rasche, begrüßte diese Entwicklung und forderte von der BEB, sich in die bevorstehenden Transaktionen einzuschalten.54 Rasche und André verfassten einen Brief an die großen Industriekunden der Dresdner Bank aus dem Reichsgebiet und forderten diese auf, ihre Aktien an der Prager Börse einzuführen, natürlich mit Hilfe der BEB.55 Eine zu große Konkurrenz mit der BUB bzw. der Deutschen Bank wollte man jedoch vermeiden, um aus „allgemeinem und wirtschaftspolitischem Interesse heraus" beabsichtigte Kapitalmaßnahmen nicht durch Konflikte mit den beiden Instituten zu belasten.56 Dem Beispiel der Dresdner Bank folgte ihre Wiener Affiliation, die Länderbank. Der Vorstand des Instituts forderte die Firmen aus seinem Kundenkreis zur Aktiennotierung in Prag auf. Zudem bestand er darauf, die Börseneinführung von österreichischen Unternehmen alleine vorzubereiten. Dies rief Irritationen bei der

50

78. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Jahr 1941. si HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 31157-2001.BE, Diverse, Bd. 100, Brief der BEB an das Vorstandssekretariat der Dresdner Bank vom 8. 6.1942; Brief der BEB an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom gleichen Tag; Brief der Konsortialabteilung der Dresdner Bank an die BEB vom 10. 6. 1942. 52 Ebd.; 79. Geschäftsbericht der Böhmischen Escompte-Bank für das Jahr 1942. 53 HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30552-2001.BE, Prager Börse, Notiz Andrés vom 7. 2. 1941; Brief der Böhmischen Escompte-Bank an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 12. 2. 1941. si Ebd., Notiz Andrés für Rasche vom 17. 2. 1941. 55 Ebd., Brief Rasches und Andrés an die Wintershall AG vom 18. 2. 1941. 56 Ebd., Brief Andrés an die BEB vom 16.2. 1942; Brief der BEB an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 18. 2. 1942.

9. D i e Böhmische E s c o m p t e - B a n k in der Kreditwirtschaft des Protektorats

253

BEB hervor, die das ganze Geschäft für sich reklamierte.57 Die Länderbank Wien und die B E B betrachteten sich bei den bevorstehenden Transaktionen als große Konkurrenten, die argwöhnisch darauf achteten, dass das eine Institut nicht die Interessensphäre des anderen berührte.58 Angesichts dieser Entwicklung schaltete sich die Dresdner-Bank-Zentrale ein und legte die Richtlinien für diese Art von Transaktionen fest. Sie übertrug diese Geschäfte an ihre Prager Affiliation, da diese die besten Kenntnisse des dortigen Kapitalmarkts besaß. 59 Ab dem Frühjahr 1941 beantragten einige reichsdeutsche und österreichische Unternehmen die N o tierung ihrer Aktien an der Prager Börse. Die große, von der Protektoratsverwaltung erhoffte Resonanz blieb jedoch aus, da viele Firmen ihre Zulassungspläne zurückstellten. Selbst die Reichswerke Hermann Göring konnten sich nicht zu einem solchen Schritt entschließen. Für die Dresdner Bank und ihre Prager Affiliation bedeutete dies eine Enttäuschung, zählte das Unternehmen mit seinen Tochtergesellschaften doch zu ihren größten Kunden. Dieser Sachverhalt verdeutlicht, dass die Abschöpfung liquider Mittel vom Prager Kapitalmarkt nicht in dem Maße stattfand, wie sie die Berliner Stellen gefordert hatten.60

Ebd., Brief der Länderbank Wien an die Perlmooser Zementwerke A G und die Gebr. Böhler A G vom 21. 2. 1941; Brief der B E B an die Dresdner Bank vom 22.2. 1941. 58 Siehe dazu den intensiven Schriftverkehr und die detaillierten Aufstellungen in H A D r B , Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5458-2000. 5» H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30552-2001.BE, Prager Börse, Briefe der B E B an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 5. und 12. 3. 1941; Brief der Länderbank an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 6. 3.1941. 60 Ebd., Brief der B E B an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 29.3.1941; Brief Kühnens an die Reichwerke Hermann Göring vom 5.5. u. 5. 9. 1941. 57

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik Wenn auch nicht immer mit dem anfangs erhofften Erfolg, so hatte sich die Dresdner Bank bei der Umgestaltung und der folgenden Ausbeutung der sudetenländischen Montanindustrie als wichtige und loyale Stütze der Rüstungsplaner und Wehrwirtschaftsexperten in der Berliner Ministerialbürokratie positionieren können. Ohne ihr Fachwissen, ohne ihre Beziehungen und ohne ihr Engagement wären viele der Verhandlungen wahrscheinlich schwieriger verlaufen. Andererseits hatte die Dresdner Bank die Reichsbehörden in Berlin in ihrem Expansionsdrang ebenso unterstützt wie die Reichswerke Hermann Göring und ihre neue Tochtergesellschaft im Sudetenland. Vor allem Rasche konnte eine enge Allianz mit Kehrl und anderen Entscheidungsträgern aus der Vierjahresplan-Behörde schmieden. Konkurrierenden Instituten aus der Berliner Finanzwelt war dies in gleichem Maß nicht gelungen. Diese Position wollte die Dresdner Bank nach der Besetzung der Zweiten Tschechoslowakischen Republik um jeden Preis verteidigen, wenn nicht gar ausbauen. Bereits seit den Verhandlungen über die Übernahme der sudetenländischen Bebca-Filialen wusste die Dresdner Bank um den ungestillten Expansionsdrang der Reichwerke Hermann Göring und die rüstungspolitischen Planspiele in Berlin. Im Protektorat befanden sich mit die größten und modernsten Unternehmen der Schwerindustrie und des Maschinenbaus im Europa der Zwischenkriegszeit, wie die Poldi-Hütte, die Waffenwerke Brünn oder die Skoda-Werke. Darüber hinaus versprach das böhmische und mährische Kernland mit seiner hoch entwickelten Industrie eine deutliche Geschäftsausweitung, sofern es gelang, enge Beziehungen mit den zahlreichen Unternehmen aus den verschiedenen Branchen aufzubauen. Nach der Okkupation der Zweiten Tschechoslowakischen Republik und der Errichtung des Protektorats Böhmen und Mähren zeigte sich, dass die Dresdner Bank und ihre neue Prager Affiliation im Hinblick auf das Industriegeschäft eine Doppelstrategie verfolgten. Wenn es galt, reichsdeutsche Konzerne, vor allem die Reichswerke Hermann Göring, bei ihrer Expansion in das neue deutsche Herrschaftsgebiet zu unterstützen, schaltete sich die Berliner Zentrale der Dresdner Bank ein und bot an, Hilfestellung als Finanzier, Beraterin und Vermittlerin zu leisten. Die einmal errungene Position als wichtigste Ansprechpartnerin und Bankverbindung der Reichswerke wollte man auch im Protektorat mit aller Macht verteidigen. Dies gelang offenbar mit Erfolg, da auch die Leitung der Reichswerke und die zuständigen Referenten in der Vierjahresplan-Behörde die „Loyalität", aber auch den „Einfallsreichtum" der Dresdner Bank, vor allem Karl Rasches inzwischen zu schätzen wussten. Gerade Rasche und seine Mitarbeiter hatten mit ihrem bisherigen Vorgehen bei der „Arisierung" des Petschek- und Weinmann-Konzerns gezeigt, in welchem Umfang sie bereit waren, um jeden Preis Allianzen mit den Rüstungsplanern in Berlin zu schmieden. Offenbar waren es die loyalen „Spitzeldienste" und die Rücksichtslosigkeit, die Rasche und seine Crew an den Tag legten, die von der Vierjahresplan-Behörde honoriert wurden. Göring und seine Rüstungsexperten in Berlin schielten bereits vor, und dann vor allem nach der Okkupation Prags auf

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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das immense rüstungswirtschaftliche Potenzial im böhmischen Kernland. Göring und seinem Generalreferenten war jedoch bewusst, dass zur Übernahme der großen, mit internationalen Finanzkreisen verflochtenen Rüstungsbetriebe zum Teil komplizierte Verhandlungen notwendig waren. Göring beauftragte Kehrl daher mit Schreiben vom 20. März 1939, die Verhandlungen zur Übernahme der Waffenwerke Brünn, der Skoda-Werke in Pilsen und der Bergbau- und EisenhüttenGewerkschaft Witkowitz zu führen. Aber nicht nur dies: Göring setzte auf die bewährte Allianz zwischen Kehrl und Rasche und erteilte diesem die Vollmacht, bei allen Rechtsgeschäften, die bei der Übernahme der ins Auge gefassten Rüstungsbetriebe anfielen, im Sinne der Vierjahresplan-Behörde mitzuwirken. 1 Rasche hatte damit ein großes Ziel erreicht: Wie kein anderer deutscher Bankier stand er nun im Zentrum von zum Teil rücksichtslos durchgeführten Unternehmensübernahmen durch die Reichswerke mit dem Ziel, das deutsche Rüstungspotenzial zu stärken. Die ihm von Göring erteilte Vollmacht ließ nicht nur ihn, sondern die Dresdner Bank zu Mittätern bei der Aneignung und Kontrolle der böhmischen Rüstungsbetriebe durch die Reichswerke werden. Die enge Allianz zwischen Rüstungsindustrie und Dresdner Bank war damit auch nach außen hin besiegelt.2 Kein anderes deutsches Kreditinstitut konnte auf eine solche Konstellation für den Ausbau seines Geschäfts im Protektorat verweisen. Wie sich zeigen sollte, entpuppte sich diese Konstellation als entscheidende Basis für die Geschäftsausweitung der Dresdner Bank in Böhmen und Mähren während der deutschen Besatzung. Die enge Allianz mit den Rüstungsplanern verschaffte auch der B E B als Tochtergesellschaft der Dresdner Bank im Protektorat den Startvorteil gegenüber konkurrierenden Instituten, um schneller und gezielter das eigene Geschäft ausbauen zu können. Wenn es galt, sich Marktanteile im regulären Industriefinanzierungs- und Konsortialgeschäft zu sichern, konnte die Berliner Zentrale dagegen die Initiative oft der neuen Direktion ihrer Prager Tochtergesellschaft überlassen. Diese Arbeitsteilung war durchaus sinnvoll. Bei der „Betreuung" von Expansionsinteressen reichsdeutscher Rüstungskonzerne konnte die Dresdner Bank auf ihre intensiven Kontakte zu Kehrl und hochkarätigen Referenten aus der Ministerialbürokratie zurückgreifen. Für das reguläre Industriefinanzierungsgeschäft erwiesen sich dagegen die Industriebeziehungen der „alten" Bebca als die Basis, von der aus Marktanteile im Protektorat Böhmen und Mähren auszubauen waren. Zudem waren einige der Bebca-Direktoren immer noch in das personelle Netzwerk von Industriellen und Bankiers in Prag und anderen wichtigen Industriestandorten eingebunden. Mit dieser Strategie verfolgten die Dresdner Bank und ihre Prager Affiliation das Ziel, das wichtigste, wenn nicht gar dominierende Kreditinstitut im Protektorat zu werden und die Konkurrenz in Gestalt reichsdeutscher Banken, aber auch der Kreditanstalt der Deutschen aus dem Feld zu schlagen. 1

2

Vollmacht Görings für Kehrl und Rasche vom 20. März 1939, abgedruckt in Teichova, Instruments of Economic Control and Exploitation, S. 97. Ebd., S. 97, wo es heißt: „Soweit hierzu Rechtsgeschäfte mit Dritten erforderlich werden oder Verbindlichkeiten einzugehen sind ist er [Hans Kehrl, H.W.] bevollmächtigt, in Gemeinschaft mit Dr. Rasche die noch zu benennende Stelle oder Rechtsperson zu vertreten und alle zur Durchführung dieses Auftrags ihm zweckmäßig erscheinenden Rechtsgeschäfte abzuschließen und Willenserklärungen abzugeben".

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren Die Aktiensyndikate

Poldi-Hütte

und Erste Brünner

Maschinenfabrik

Zu den wichtigsten Industriebeteiligungen der Bebca gehörten die Poldi-Hütte in Kladno, das modernste Edelstahlwerk in Europa, und die Erste Brünner Maschinenfabriksgesellschaft, eines der führenden Unternehmen des Maschinenbaus auf dem Kontinent. An beiden Unternehmen war das Prager Institut maßgeblich beteiligt.3 Ihre Produktionsstätten lagen nicht im Sudetenland, so dass die Behörden in Berlin und Reichenberg nach dem 1. Oktober 1938 hierauf nicht zugreifen konnten. Dennoch reifte während der Verhandlungen zwischen der Dresdner Bank und der Bebca im Herbst und Winter 1938/39 der Plan, die bei der Bebca liegenden Aktienpakete der Poldi-Hütte und der Brünner Maschinenfabrik für „reichsdeutsche Interessen zu sichern". Kehrl wollte die Poldi-Hütte und die Erste Brünner Maschinenfabrik unter „deutsche Kontrolle" bekommen, um ihre Produktionskapazitäten für die Rüstungswirtschaft auszunutzen. Beide Unternehmen galten als rentabel und „gut geführt" mit einer Produktpalette, die „auch in der deutschen Wirtschaft, insbesonders der Wehrwirtschaft von ganz besonderer Bedeutung sein wird." Zudem wurden die Generaldirektoren der beiden Unternehmen, Franz Hummelberger und Anton Hödl, als „Exponenten des Deutschtums" eingestuft.4 Spätestens seit Ende November 1938 wurde offenkundig, dass Kehrl eine Allianz zwischen Politik, Kreditwirtschaft und Großindustrie schmieden wollte, die eine „Germanisierung" der tschechoslowakischen Wirtschaft und eine massive Verringerung von wirtschaftspolitischen Handlungsspielräumen der Regierung in Prag zum Ziel hatte. Durch die Kontrolle großer Teile der tschechoslowakischen Schwerindustrie und ihrer wichtigsten Unternehmen wollte man dieses Ziel erreichen.5 Kehrl ging in dieser Frage mit der Rückendeckung Görings vor, ohne andere Referenten im Reichswirtschaftsministerium über Details seiner Planspiele zu informieren. Eine Reihe von Ministerialbeamten dieser Behörde erhielt erst Ende Januar 1939 davon Kenntnis, als die Durchführung der Transaktion in groben Zügen fixiert war.6 Bereits im Dezember 1938 fanden erste Gespräche zwischen Kehrl, Hödl und Rasche, aber auch zwischen von Lüdinghausen und den beiden Bebca-Direktoren Feilchenfeld und Novotny statt, bei denen man Details des Aktienerwerbs diskutierte. Der Vorstand des Prager Geldhauses vertrat in dieser Frage unterschiedliche Positionen. Der Vorstandsvorsitzende Feilchenfeld erhoffte sich eine Intensivierung des Bankverkehrs mit beiden Unternehmen. Von Lüdinghausen erklärte in einem der Gespräche, die Dresdner Bank werde sich bei den Berliner Behörden 3

An der Poldi-Hütte war die Bebca mit ca. 30%, an dem der Ersten Brünner Maschinenfabrik mit 25% beteiligt. Weitere Großaktionäre bei der Poldi-Hütte waren die Zivnostenskä banka, bei der Brünner Maschinenfabrik die Böhmische Union-Bank und die Länderbank Prag, t StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-10639, Notiz Rasches für das Reichsfinanzministerium vom 9. 5. 1939 über den Erwerb einer qualifizierten Minderheit an der PoldiHütte, Kladno-Prag, und der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft. 5 Dieser Aspekt wird in der neuesten Kehrl-Biographie nur unzureichend thematisiert: Rolf-Dieter Müller, Der Manager der Kriegswirtschaft. Hans Kehrl: Ein Unternehmer in der Politik des Dritten Reiches, Essen 1999. » StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-14593, Streng vertraulicher Brief Herbecks an Regierungsrat von Wedelstädt aus dem Reichswirtschaftsministerium vom 21.1.1939. Selbst zu diesem Zeitpunkt bat Herbeck von Wedelstädt noch um strengste Geheimhaltung des Briefs.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

257

dafür einsetzen, dass beiden Unternehmen in Zukunft dauerhaft große Aufträge aus Deutschland erteilt würden. 7 Nach der Abtretung ihres sudetenländischen Geschäfts befand sich die Bebca in einer solchen Zwangslage, dass sie auf steigende Umsätze im Geschäftsverkehr mit zwei der bedeutendsten Unternehmen aus ihrem „Industriekonzern" angewiesen war.8 Andererseits benötigte die Bebca die Gelder aus einem Verkauf von Aktien der Poldi-Hütte und der Ersten Brünner Maschinenfabrik, um kurzfristige Kredite in beträchtlicher H ö h e zurückzuzahlen, die sie bei der Zivnostenskä banka und der Tschechoslowakischen Nationalbank aufgenommen hatte. Zur Deckung dieser Kredite hatte die Bebca einen Teil ihres Portefeuilles aus Aktien bedeutender Industrieunternehmen verpfänden müssen, darunter auch 65 000 Aktien der Poldi-Hütte. 9 Der Bebca-Direktor N o votny befürchtete, dass diese Aktien vollends in den Besitz der Zivnostenskä banka übergehen würden, sollten sich die Liquiditätsprobleme der Bebca weiter verschärfen. Wahrscheinlich ohne Wissen Feilchenfelds drängte Novotny darauf, der Bebca neue Liquidität zu zuführen, damit diese ihre Verbindlichkeiten zurückzahlen konnte. Dies konnte nur durch den Verkauf von Aktien geschehen. 10 Kehrl und die Dresdner Bank erkannten die Möglichkeiten, die sich aus der prekären Situation der Bebca ergaben. Nach ihrer Einschätzung musste die Bebca vor einen Kollaps gerettet werden, um die Grundlage für die Ausweitung der deutschen Industrieinteressen in der Tschechoslowakei zu schaffen. Sollte die finanziell angeschlagene Bebca auf Drängen ihrer Anteilseigner, vor allem der Zivnostenskä banka, zerschlagen und ihre Industriebeteiligungen in andere tschechoslowakische Hände überführt werden, so bot sich kaum noch die Chance zur Realisierung des von Kehrl skizzierten Verfahrens. Die kurzfristige Stützung der Bebca lag damit auch im reichsdeutschen Interesse, um ihre Industriebeteiligungen zu erhalten. Langfristig wurde die Substanz des Instituts durch einen solchen Schritt noch mehr ausgehöhlt. Die Dresdner Bank drängte daher darauf, den Ankauf der Aktienpakete aus den Händen der Bebca rasch in die Tat umzusetzen. 11 Aber auch Novotny sprach sich Anfang 1939 mehrfach für diese Transaktion aus

7

Ebd., NID-13793, Aufzeichnungen von Lüdinghausens über Gespräche und Vereinbarungen mit der Bebca am 24.12. 1938; NID-13651, Brief Herbecks an Rasche vom 5.1.1939. Ebd., NID-14593, Streng vertraulicher Brief Herbecks an Regierungsrat von Wedelstädt aus dem Reichswirtschaftsministerium vom 21. 1. 1939. ' Ebd.; NID-10639, Notiz Rasches für das Reichsfinanzministerium vom 9.5. 1939 über den Erwerb einer qualifizierten Minderheit an der Poldi-Hütte, Kladno-Prag, und der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft. Siehe auch HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 307442001.BE, Diverse Firmen 1947-68, Nachkriegskorrespondenz, Brief der Dresdner Bank (Konsortialabteilung) an den Reichsminister der Finanzen vom 17. 3. 1939. Ebd. " St AN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-10639, Notiz Rasches für das Reichsfinanzministerium vom 9. 5. 1939 über den Erwerb einer qualifizierten Minderheit an der Poldi-Hütte, Kladno-Prag, und der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft; NID-14593, Streng vertraulicher Brief Herbecks an Regierungsrat von Wedelstädt vom Reichswirtschaftsministerium vom 21.1. 1939. Angeblich musste die Bebca in diesen Tagen 300 Mio. Kc an kurzfristigen Mitteln aufnehmen, um Liquiditätsengpässe zu beseitigen. ACNB, Fond ¿B, Ceskä eskomptni banka a üverni üstav, Praha, Rüzne 33c, Rüzne dopisy v roce 1938^7, Protokoll über die 117. Vorstandssitzung der Böhmischen Escomptebank und Creditanstalt vom 27.10. 1938; HADrB, Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50021-2001.BE, Dr. Rasche-Böhmische Escompte-Bank 1939-41, Protokoll über die abgehaltene 1. Sitzung der Delegierten des Vorstands der Böhmischen Escomptebank und Creditanstalt vom 11.1. 1939. 8

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

und blieb damit seiner bereits im Sommer 1938 eingenommenen „deutschfreundlichen" Haltung treu, die sich zusehends mit Opportunismus und Kollaborationsbereitschaft paarte. Andere Direktoren und Verwaltungsratsmitglieder der Bebca lehnten den Verkauf der Aktien weiterhin energisch ab.12 In Gesprächen zwischen Unterhändlern der Bebca und der Dresdner Bank wurde der Plan geboren, dass ein Syndikat große Aktienpakete der beiden Unternehmen erwerben und danach im Sinne der Reichsregierung verwalten sollte. Am 24. Dezember 1938 unterzeichneten Feilchenfeld, Novotny und von Lüdinghausen auf einer Eisenbahnfahrt zwischen Berlin und Dresden ein erstes Rahmenabkommen zur Umsetzung des Plans. 13 Dieses sah vor, dass die Bebca der Dresdner Bank oder einer von ihr zu bezeichnenden Stelle 78125 Aktien der Poldi-Hütte zum Kurs von 1450 Kc verkaufen sollte. Diese Aktien sollten auf ein Syndikat übertragen werden, welches außer der Dresdner Bank noch aus der Bebca, dem tschechischen Großindustriellen Friedrich Kubinsky und Generaldirektor Hummelberger von der Poldi-Hütte bestehen sollte. Da die Aktien der Poldi-Hütte Anfang des Jahres 1939 an der Prager Börse mit einem Kurs von 1065 Kc je 400 Kc-Aktie notiert wurden, erhielt die Bebca für ihr Paket einen guten Preis. 14 Zudem sollte die Dresdner Bank mit zwei Mandatsträgern in den Verwaltungsrat der Poldi-Hütte einziehen, während der Glasindustrielle Walter Riedel seinen Platz in diesem Gremium als Vertrauensmann sowohl der Dresdner Bank als auch der Bebca behalten sollte. Die Bebca forderte zunächst, weiterhin mit fünf Vertretern im Verwaltungsrat der Poldi-Hütte präsent zu sein.15 Ähnlich sollte mit den Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabrik verfahren werden. Hier wollte die Dresdner Bank 45 000 Aktien aus dem Besitz der Bebca zum Kurs von 280 Kc erwerben. In den Verwaltungsrat dieses Unternehmens sollte die Dresdner Bank dafür zwei Mandatsträger delegieren.16 Die Bebca sicherte zudem zu, dass sie die ihr verbliebenen 25 000 Aktien der Poldi-Hütte und 16000 Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabrik an die Dresdner Bank veräußern würde, sollte das Syndikat nicht zustande kommen oder sollte die Dresdner die von der Bebca syndizierten Aktienpakete für eigene Rechnung kaufen wollen. Wie von Feilchenfeld gewünscht, sollten die beiden tschechoslowakischen Unternehmen zusichern, für die nächsten zwölf Jahre mit der Bebca als Hauptbankverbindung zu arbeiten, indem die Poldi-Hütte 3 / 4 und die Brünner Maschinenfabrik 7 /9 ihres Bankverkehrs mit dem Prager Institut abwickelten. Beide Seiten stimmten am 24. Dezember darin überein, dass genauere Informationen über die BilStAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 4 5 9 3 , Streng vertraulicher Brief Herbecks an Regierungsrat von Wedelstädt vom Reichswirtschaftsministerium vom 2 1 . 1 . 1939. ,:> Ebd., N I D - 1 3 7 9 3 , Aufzeichnungen von Lüdinghausens über Gespräche und Vereinbarungen mit der Bebca am 24. 12. 1938; N I D - 8 6 2 0 , Brief von Herbeck an Rasche vom 5 . 1 . 1939 wegen Poldihütte und Erste Brünner Maschinen. » H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30 744-2001.BE, Diverse Firmen 1947-68, Brief der Dresdner Bank (Konsortialabteilung) an den Reichsminister der Finanzen vom 17.3. 1939. Reichsfinanzminister Schwerin von Krosigk hielt diesen Preis für zu hoch. Die Dresdner Bank erläuterte in dsem Schreiben jedoch, warum sie mit Rückendeckung Kehrls einem solchen Kurs zugestimmt hatte.

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StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 7 9 3 , Aufzeichnungen von Lüdinghausens über Gespräche und Vereinbarungen mit der Bebca am 2 4 . 1 2 . 1938. Ebd.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, R ü s t u n g s p o l i t i k

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dung des Syndikats erst nach dem 20. Januar 1939 in die Öffentlichkeit gelangen sollten - dem Tag, für den zunächst die Unterzeichnung des Vertrags über die Filialübernahme zwischen der Bebca und der Dresdner Bank vorgesehen war. Rasche wollte es bis dahin übernehmen, sowohl bei der Zivnostenskä banka als Großaktionärin der Bebca als auch bei den zuständigen Berliner und Prager Behörden die Zustimmung für die Syndikatsbildung einzuholen. 17 Voraussetzung für die Bildung eines Syndikats war, dass sich die Generaldirektoren der beiden Unternehmen, Hummelberger und Hödl, weiterhin zu der von ihnen in Gesprächen mit Kehrl signalisierten Beteiligung für die „deutsche A g e n d a " bekannten und ihrerseits in den Verwaltungsgremien ihrer Unternehmen die Zustimmung für einen solchen Schritt erreichen konnten. 1 8 In den folgenden Tagen fanden weitere Unterredungen über die Ausgestaltung des Syndikats statt. Unklar blieb noch, ob ihm die Zivnostenskä banka als weitere Großaktionärin der Poldi-Hütte ebenfalls beitreten sollte, wie von der Dresdner Bank und der Bebca gewünscht. 1 9 Auch über andere organisatorische Fragen wurde diskutiert. Z u m Beispiel fertigte man eine Liste der Personen an, die aus den Verwaltungsgremien der Poldi-Hütte ausscheiden sollten, sowie derjenigen, die als „Vertrauensleute" der jeweiligen Syndikatsmitglieder in den einzelnen O r ganen der Gesellschaft bleiben konnten. Angesichts der Gewichtsverteilung bei der ins Auge gefassten Aufteilung der Aktien bestand die Dresdner Bank natürlich darauf, dass sie die meisten Mandatsträger in den Verwaltungs- und Aufsichtsrats entsenden konnte. Den Vorstand der Poldi-Hütte wollte man unverändert lassen, zumal alle drei Vorstandsmitglieder „arisch" waren, wie Herbeck in einem Brief an Rasche betonte. 20 In ähnlicher Weise wie bei der Poldi-Hütte sollte auch bei der Ersten Brünner Maschinenfabrik verfahren werden, um das Unternehmen zu kontrollieren. Auch hier wollten die Dresdner Bank und die Bebca ein Syndikat bilden, das über ca. V3 des Aktienkapitals des Unternehmens die Dispositionsgewalt besitzen sollte. Innerhalb des Syndikats sollten 45000 Aktien auf die Dresdner Bank und 16000 Aktien auf die Bebca entfallen. Die Dresdner Bank wurde damit nicht nur zum dominierenden Faktor im Syndikat, sondern zur wichtigsten Aktionärin bei der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Ähnlich wie bei der Poldi-Hütte war auch bei diesem Unternehmen eine Umgestaltung seiner Verwaltungsgremien vorgesehen. 21 Rasche und Herbeck informierten Kehrl über diese Vorschläge, denen er sofort zustimmte. 2 2 Auch mit der Bebca ließen sich durch Verhandlungen Rasches in Prag im Januar 1939 noch offene Punkte klären. Ende Januar 1939 wurden diese Ebd.; NID-14593, Streng vertraulicher Brief Herbecks an Regierungsrat von Wedelstädt aus dem Reichswirtschaftsministerium vom 21.1. 1939. 18 Ebd., NID-13793, Aufzeichnungen von Lüdinghausens über Gespräche und Vereinbarungen mit der Bebca am 24. 12. 1938. " Eine erste Aufteilung der Syndikatsquoten sah vor, dass die Dresdner Bank 78125 Aktien der Poldi-Hütte, die Bebca 25 000 Aktien, der Großindustrielle Kubinsky 7000 Aktien und der Generaldirektor Hummelberger 10000 Aktien übernehmen sollte. Ebd., NID-8620, Brief Herbecks an Rasche vom 5. 1. 1939 wegen Poldihütte und Erste Brünner Maschinen. 20 Ebd., Brief Herbecks an Rasche vom 5.1. 1939. » Ebd. 22 Ebd., NID-13763, Notiz Herbecks über Gespräche mit Kehrl wegen Poldi-Hütte und Erste Brünner Maschinenfabrik vom 21. 1. 1939. 17

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Gesprächsergebnisse in einer Vereinbarung der Dresdner Bank mit der Bebca fixiert. 23 Als Kaufpreis für die Aktien der Poldi-Hütte legte man eine Summe von 113,28 Mio. Kc fest, als Kaufpreis für die Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabrik 12,6 Mio. Kc. Die Dresdner Bank wollte den Kaufpreis per Barzahlung, in einzelne Tranchen unterteilt, an die Bebca transferieren, sobald die dafür notwendige Devisengenehmigung vorlag. Genauere Absprachen waren noch zu treffen. Immer dann, wenn sie einen Teil der Kaufsumme bekommen hatte, sollte die Bebca das entsprechende Quantum an Aktien an das Syndikat liefern. 24 Das Prager Institut erklärte sich mit dieser Verfahrensweise ebenso einverstanden wie mit den anderen Regelungen zum Transfer ihrer Aktien. Nicht zu erkennen ist, dass die Bebca den vereinbarten Kaufpreis für zu niedrig hielt. Wichtig war ihr jedoch, wie sie in einem Schreiben an die Dresdner Bank vom 2. Februar 1939 betonte, dass sie ihren Geschäftsverkehr mit den beiden Untenehmen ausbauen und ihre Vertrauensleute „angemessen" in deren Gremien entsenden konnte. Zudem wollte sie durch langfristige Anstellungsverträge garantiert sehen, dass die Vorstandsmitglieder beider Firmen wie bisher deren Leitung wahrnehmen konnten. Hinweise darauf, dass sich die Bebca gegen die von der Dresdner Bank mit Rückendeckung Kehrls vorgeschlagenen Modalitäten gesperrt hätte, gibt es nicht. Als man sich beim Prager Institut einmal dazu durchgerungen hatte, sich an der Transaktion zu beteiligen, wollte man die dazu erforderlichen Schritte schnell vollziehen. Selbst der von der Dresdner Bank angedeutete Plan, dass an ihrer Stelle eine deutsche „Industriellen-Gruppe" die Aktien der Poldi-Hütte und der Ersten Brünner Maschinenfabrik übernehmen könne, wurde von der Bebca nicht zurückgewiesen oder kritisiert. Aufgrund ihrer Liquiditätsengpässe und dem Verlust von rentablen Filialen war ihre Handlungsautonomie dafür schon zu gering.25 Mitte Februar 1939 genehmigten die Verwaltungsgremien der Bebca und die Tschechoslowakische Nationalbank als Devisenbehörde die gesamte Transaktion. Für den Transfer der jeweiligen Barzahlungen war damit auch das letzte Hindernis aus dem Wege geräumt. 26 Der Syndikatsvertrag war von beiden Seiten paraphiert, aber noch nicht unterzeichnet worden, da das Reichswirtschaftsministerium bei einigen Punkten nach Klärungsbedarf entdeckt hatte. Vor allem bei der Besetzung von frei werdenden Posten in der Direktion und im Verwaltungsrat der beiden Unternehmen wollte sich Kehrl ein größeres Mitspracherecht sichern, als bisher vorgesehen war.27 Die endgültigen Syndikatsabkommen wurden am 5. April 1939, also nach der Okkupation Prags durch deutsche Truppen, in Kraft gesetzt. 28 Aufgrund weiterer Verhandlungen zwischen allen Beteiligten, aber auch 23 Ebd., N I D - 1 3 7 1 2 , Brief der Dresdner Bank an die Bebca vom 2 9 . 1 . 1939. 24 Ebd.; N I D - 1 3 6 6 2 , Punktuationen vom 2. 2 . 1 9 3 9 über Verhandlungen zwischen der Bebca und der Dresdner Bank. " Ebd., N I D - 1 4 3 4 9 , Brief der Bebca an die Dresdner Bank vom 2 . 2 . 1939; N I D - 1 3 6 7 0 , Brief Kühnens und Ansmanns an Kehrl vom 5. 3. 1939. » Ebd., N I D - 1 3 6 6 5 , Notiz Herbecks für Rasche und Ansmann vom 1 6 . 2 . 1939. Nach dieser Notiz wollte die Bebca die von der Dresdner Bank erhaltenen Barzahlungen in der Tat zur Abdeckung von Krediten bei der ¿ivnostenska banka und der Nationalbank (Narodni banka) verwenden. 17 Ebd.; N I D - 1 3 6 7 0 , Brief Kühnens und Ansmanns an Kehrl vom 5. 3. 1939 nebst Anlage: „Entwurf eines vom Reichswirtschaftsminister an die Dresdner Bank zu richtenden Schreibens." 28 Ebd., N I D - 1 3 6 3 1 , Abkommen über das Poldi-Aktiensyndikat vom 5 . 4 . 1939. Für die Dresdner Bank vollzogen Rasche und Herbeck die Unterzeichnung.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, R ü s t u n g s p o l i t i k

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wegen der veränderten politischen Lage war es im Vergleich zu den ersten Entwürfen noch zu leichten Veränderungen gekommen. An der dominierenden Position der Dresdner Bank im Syndikat hatte sich jedoch nichts geändert.29 Zweck des Syndikats war die „gemeinschaftliche Wahrnehmung der Aktionärsrechte der Syndikatsmitglieder sowie eine vertrauensvolle enge Zusammenarbeit der im Syndikat vereinigten Aktienbesitzer mit der Geschäftsleitung des Unternehmens". Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Syndikat hieß dies nichts anderes, als dass die Interessen der Dresdner Bank und die hinter ihr stehenden Kreise aus der deutschen Rüstungswirtschaft gegenüber der Direktion der Poldi-Hütte durchgesetzt werden sollten, auch wenn es im Abkommen weiter hieß, „dass die Syndikatsmitglieder versuchen werden, sich in allen das Syndikat angehenden Fragen freundschaftlich zu verständigen." 30 Die Mehrheitsverhältnisse schlugen sich auch bei der Neubesetzung des Verwaltungsrats der Poldi-Hütte nieder, in dem die Dresdner Bank vier, die Bebca drei, die ¿ivnostenskä banka zwei, Generaldirektor Hummelberger und der Industrielle Kubinsky je ein Mandat erhielten. Die Dresdner Bank ließ sich zudem einräumen, ihre Beteiligung und ihren Aktienbesitz an eine nicht näher bezeichnete deutsche „Industriellen-Gruppe" zu veräußern und ihre Rechte und Pflichten im Syndikat an diese abzutreten. 31 Dies bedeutete, dass anstelle der Dresdner Bank reichsdeutsche Industrielle oder Konzerne in das Syndikat eintreten und damit die Geschäftspolitik und die Unternehmensstrategie der Poldi-Hütte in ihrem Sinne kontrollieren konnten. Mit diesem Passus zeigte sich, dass die Dresdner Bank nur als Mittelsmann und als - wie sie es nannte - Treuhänder für andere reichsdeutsche Interessen aktiv geworden war, so wie es Kehrl zu Beginn der Transaktion vorgeschwebt hatte. Die Zugeständnisse an die Bebca im Hinblick auf die Gestaltung des Bankverkehrs der Poldi-Hütte besaßen nur eine Feigenblattfunktion für die wahren Hintergründe der Transaktion: Die Kontrolle der Poldi-Hütte durch die Reichswerke Hermann Göring und die Rüstungsplaner in Berlin sowie die Ausnutzung ihrer Produktionskapazitäten für die deutsche Rüstungswirtschaft. Das Abkommen zur Syndizierung der Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabrik entsprach im Wesentlichen demjenigen über die Aktien der Poldi-Hütte. Allerdings wollten in diesem Fall nur die Dresdner Bank und die Bebca ihre Bestände an Aktien des Brünner Maschinenbauunternehmens poolen. Zweck, Dauer und innere Organisationsstruktur des Syndikats waren jedoch mit den entsprechenden Punkten der Vereinbarung über die Aktiensyndizierung bei der PoldiHütte identisch. Angesichts der Aktienverteilung besaß die Dresdner Bank auch hier die dominierende Position. Auf dieser Grundlage konnte sie natürlich dafür sorgen, „dass in den Verwaltungsrat der Gesellschaft nur dem Syndikat genehme Vertreter entsandt werden". 32 Der Bebca wurde allerdings zugestanden, dass sie 29

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Ebd. Die im Syndikatsabkommen festgeschriebene Aktienverteilung lautete wie folgt: Dresdner Bank: 78125 Aktien; Bebca: 28000 Aktien; Zivnostenskä banka: 10000 Aktien; Generaldirektor Hummelberger: 12000 Aktien; Friedrich Kubinsky: 7500 Aktien; Ing. F. Felzmann: 2375 Aktien. Ebd. Ebd. Ebd., NID-14592, Syndikatsvertrag zwischen der Dresdner Bank und der Bebca über die Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft vom 5.4. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

für „die Dauer des Abkommens die ausschließliche Bankverbindung der Gesellschaft darstellt." 33 Auch bei diesem Syndikatsvertrag ließ sich die Dresdner Bank das Recht einräumen, ihre Aktienbestände an eine deutsche „IndustriellenGruppe" weiterzugeben, für die sie beim Erwerb der Aktien der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft als „Treuhänder" aufgetreten war. Die „Industriellen-Gruppe" konnte Mitglied des Syndikats werden, wenn sie sich mit der Dresdner Bank darüber verständigt hatte. Wenn auch nicht explizit formuliert, so waren hier die Reichswerke Hermann Göring gemeint. Der Bebca blieb nicht anderes übrig, als diesen Passus zur Kenntnis zu nehmen.34 Bis Anfang Juli 1939 waren beide Transaktionen abgewickelt. In Verhandlungen mit dem Reichswirtschaftsministerium hatte die Dresdner Bank erreicht, dass ihr die vorgestreckte Summe mit einem Zinssatz von 1,5% über dem Reichsbankdiskontsatz vergütet wurde. Zudem sollte sie 2% des Kaufpreises als Provision für ihre Verhandlungsführung und der ihr dabei entstandenen Kosten erhalten. Dies bedeutete zu dieser Zeit mehr als ein Äquivalent für die von ihr verauslagten Gelder. Auf Weisung Kehrls erwarb die Dresdner Bank außer den Aktien der PoldiHütte, die syndiziert worden waren, weitere Papiere auf dem Markt. 35 Die Bebca bot zudem an, weitere Aktien der Poldi-Hütte an die Dresdner Bank zu veräußern. Die Dresdner Bank ging auf diese Offerte ein.36 Ende August 1939, kurz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, befanden sich zusätzliche 28702 Aktien der Poldi-Hütte in ihrem Besitz, 1169 im Besitz der „neuen B E B " . Damit kontrollierten das Syndikat sowie die Dresdner Bank und ihre neue Prager Affiliation deutlich mehr als die Aktienmehrheit des Stahlwerks in Kladno. Weitere Käufe wollte man durchführen, wenn sich die Gelegenheit dazu bot. Die Dresdner Bank konnte Paul Pleiger von den Reichswerken daher Ende August 1939 mitteilen, dass sich die Poldi-Hütte vollständig unter „deutscher Kontrolle" befinde. Das gleiche erwartete sie in den nächsten Wochen für die Erste Brünner Maschinenfabrik. Bei Kriegsausbruch konnten die Rüstungsplaner in Berlin die Kapazitäten dieser beiden wichtigen Unternehmen aus der Schwerindustrie in ihre Kalkulationen mit einbeziehen.37 Erneut hatte sich die Dresdner Bank als „loyale" Verhandlungsführerin zur Durchsetzung von Interessen der deutschen Rüstungsindustrie erwiesen. Im Gegensatz zu den schwierigen Verhandlungen mit den Petscheks und den Weinmanns waren die Kräfteverhältnisse bei dieser Transaktion anders verteilt. Die Bebca war kaum noch in der Lage, sich gegenüber der Dresdner Bank und der hinter ihr stehenden „Industriellengruppe" zu behaupten. Vor diesem Hintergrund fiel es der Dresdner Bank leicht, das von Kehrl vorgegebene Verhandlungsziel zu realisieren, zumal sie von Vorstandsmitgliedern der beiden Unternehmen aus Brünn und Kladno Unterstützung erhielt. Angesichts dieser Kräftekonstella» * " "

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Ebd. Ebd. Ebd., NID-13913, Aktennotiz Ansmanns für Kehrl vom 3. 6. 1939. Ebd., NID-13652, Brief der Bebca an Gustav Overbeck vom 31.8. 1939 nebst Anlage. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13667, Brief von Reichswirtschaftsminister Funk an die Direktion der Dresdner Bank vom 3. 7. 1939.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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tion befand sich die Bebca fast schon in einer aussichtslosen Lage. O b man in den Verwaltungsgremien des Instituts die wahren Gründe für die beiden Transaktionen durchschaute, und wenn ja wann, lässt sich nicht feststellen. Das Prager Kreditinstitut verfügte angesichts seiner Liquiditätsprobleme und der sich rasch ändernden politischen Verhältnisse über einen derart kleinen unternehmerischen Handlungsspielraum, dass es sich gezwungen sah, in die von Berlin aus geplanten Schritte und Maßnahmen einzuwilligen - wohl in der Hoffnung, einen kleinen Rest an Handlungsautonomie durch eventuell steigende Umsätze im Verkehr mit Großkunden zu bewahren. Mit Abschluss der beiden Syndikatsverträge hatte Kehrl das im Herbst 1938 anvisierte Ziel erreicht: Mit Hilfe der Dresdner Bank war die Grundlage dafür geschaffen worden, dass die Reichswerke Hermann Göring und die Rüstungsexperten aus der Vierjahresplan-Behörde zwei der wichtigsten Industrieunternehmen der Tschechoslowakei kontrollieren. Von ihrer Mitwirkung an der Transaktion profitierten sowohl die Dresdner Bank als auch ihre neue Affiliation in Prag erheblich. Im umstrukturierten, 11köpfigen Verwaltungsrat der Poldi-Hütte saßen ab 1939 nicht nur fünf Personen aus ihrem Vorstand bzw. Aufsichtsrat, sondern das prosperierende Unternehmen zählte mit zu den besten Kunden aus dem Protektorat. 38 Bereits im Herbst und Winter 1938/39 gelang es von Lüdinghausen, Generaldirektor Franz Hummelberger davon zu überzeugen, intensive Geschäftsbeziehungen mit der Dresdner Bank einzugehen. Bisher hatte die Poldi-Hütte für die Abwicklung ihrer Exporte und die Finanzierung ihrer Verkaufsorganisationen im „Altreich" in erster Linie mit der Deutschen Bank zusammengearbeitet. Nun erhielt von Lüdinghausen von Hummelberger die Zusage, dass er die Umsätze im Reichsgebiet auf die Dresdner Bank verlagern wolle. Hiervon profitierten vor allem die Dresdner-Bank-Filialen in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt und Leipzig, wo sich jeweils Verkaufsorganisationen der Poldi-Hütte befanden. 39 Auch im Sudetenland, später im Protektorat wurde der Kontokorrent- und Zahlungsverkehr auf Filialen der Dresdner Bank bzw. der B E B übertragen. Zudem nahmen Tochtergesellschaften der Poldi-Hütte hier mehrfach größere Kredite auf. 40 Auf dieser Grundlage ließen sich auch die Geschäftsbeziehungen mit der Zentrale des Unternehmens intensivieren. Als die Poldi-Hütte ihre Betriebsanlagen in Komotau auf eine neue Tochtergesellschaft übertrug, zogen Vertreter der Dresdner Bank auch in deren Aufsichtsrat ein.41 Ab Sommer 1939 nahmen nicht nur die Umsätze der Poldi-Hütte auf den Konten bei den Filialen der Dresdner Bank deutlich zu, sondern auch ihre Inanspruch38

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Vorsitzender des Verwaltungsrats wurde bei dessen Umbildung im Mai 1939 Karl Rasche, während von Lüdinghausen und Novotny zu Mitgliedern gewählt wurden. Aus dem Interessenkreis der Dresdner Bank zogen mit Walter Riedel und Anton Hödl zwei Personen in das Gremium ein. Alle jüdischen Verwaltungsratsmitglieder mussten ihren Posten aufgeben. H A D r B , Bestand 127, Industriebüro, Akte 25302-2001.BE, Poldi-Hütte A G Prag, für Werks- und Bergdirektion Komotau. Geschäftsberichte der Poldi-Hütte für die Jahre 1938, 1939 u. 1940. Ebd., Brief von Lüdinghausens an das Filialbüro der Dresdner Bank in Berlin vom 4.11. 1938; Schreiben der Dresdner-Bank-Filiale in Leipzig an das Filialbüro vom 10.11. 1938. Ebd., Brief der Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg an das Filialbüro in Berlin vom 2 1 . 1 1 . 1938; Kreditantrag der Filiale Reichenberg vom 14.11. 1938; Aktennotiz des Filialbüros vom 14. 1. 1939 über Kreditbegehren der Filiale Reichenberg vom 6 . 1 . 1939. Ebd., Brief des Filialbüros an Carl Goetz vom 9. 3. 1939; Brief des Filialbüros an Direktor Felix Steinrücke, Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg, vom 14. 3. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

nähme von Krediten. Die Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg gewährte dem Unternehmen und seinen Tochtergesellschaften mehrfach größere Blanko-Kredite. 42 Gleiches konnten andere Niederlassungen der Dresdner Bank, aber auch die Zentrale der BEB aus Prag während der Jahre 1939 bis 1942 mitteilen. Auch die Länderbank Wien wurde in den Geschäftsverkehr mit einbezogen und partizipierte mehrmals an der Kreditgewährung. Vor allem von Lüdinghausen und Rasche befürworteten es mehrfach, der Poldi-Hütte Mittel zur Verfügung zu stellen. Das Kalkül der Dresdner Bank war aufgegangen. Indem sie bei der Übertragung des Aktienkapitals der Poldi-Hütte auf „reichsdeutsche Interessen" mitgewirkt hatte, hatte sie das Unternehmen als dauerhaften Kunden im Industriefinanzierungsgeschäft gewonnen. 43 Im Frühsommer 1940 übernahmen die Reichswerke Hermann Göring die bisher in den Syndikaten gebundenen Aktienbestände. Angesichts einer bevorstehenden Intensivierung der Rüstungsproduktion wollten die Reichswerke das Edelstahlwerk in Kladno und das Maschinenbauunternehmen aus Brünn direkt kontrollieren. Die Leitung der Reichswerke wies das Reichswirtschaftsministerium an, den Gegenwert für den gesamten Bestand an 109641 Aktien der PoldiHütte, den die Dresdner Bank inzwischen im Syndikat oder auf eigene Rechnung verwaltete, in die Zentrale in die Behrenstraße zu überweisen. Ende Mai 1940 war diese Transaktion durchgeführt, die Aktien der Poldi-Hütte mithin in den Besitz der Reichswerke übergegangen, die dadurch zum entscheidenden Großaktionär des Unternehmens wurden. Das im November 1938 von Kehrl formulierte Ziel war damit nach anderthalb Jahren in die Tat umgesetzt worden. 44 Bis 1944 gelang es den Reichswerken mit Hilfe der Dresdner Bank und der BEB, ihren Besitz an Aktien der Poldi-Hütte bis auf 56% aufzustocken. 45 Ähnlich entwickelte sich das Engagement der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation bei der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Auch zu diesem Unternehmen ließen sich intensive Geschäftsbeziehungen herstellen. Mehrfach erhielt es von der Dresdner Bank und der BEB Betriebsmittelkredite. Da sich seine Ertragslage und Rentabilität infolge umfangreicher Rüstungsaufträge seit dem Sommer 1939 deutlich verbesserte, war es seitdem nicht mehr wie früher auf eine Mittelzufuhr von außen angewiesen. 46 Nach der Syndizierung der Aktienpakete des Gesellschaft wurde der Verwaltungsrat ebenfalls umgebildet. Die Interessenvertreter der „alten Bebca", Otto Feilchenfeld und Felix Redlich, mussten das Gremium verlassen. An ihre Stelle traten mit Gustav Overbeck und Reinhold von Lüding42

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Ebd., Briefe der Dresdner-Bank-Filiale in Reichenberg an das Filialbüro vom 16. 5., 6. und 24. 6., 3. 7. und 1. 8 . 1 9 3 9 . Siehe dazu die weiteren Kreditanträge und den Schriftverkehr dazu in: ebd. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13915, Brief Andrés und Kühnens an Kehrl vom 2 4 . 5 . 1940. Angaben nach Richard Overy, Goering. The „Iron Man", London 1984, S. 115, der sich hier auf Daten der Reichs werke beruft. Vgl. auch Kopper, Marktwirtschaft und Dirigismus, S. 324 f., 334, der die Transaktion sehr kursorisch und vielfach falsch darstellt. Die Ansicht Mollins, die Dresdner Bank hätte sich bis 1941 „gesträubt", ihr Paket an Aktien der Poldi-Hütte an die Reichswerke zu veräußern, lässt sich in den Quellen keineswegs belegen. Mollin, Montankonzerne, S. 192. H A D r B , Volkswirtschaftliche Abteilung, Akte 65/7010, Erste Brünner Maschinenfabrik, „Zeitenwende für Brünner Maschinenfabrik" vom 27. 7 . 1 9 3 9 .

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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hausen zwei Direktoren der Dresdner Bank. Auch der neu in den Verwaltungsrat kooptierte Wolfgang Richter stammte aus dem Interessenkreis der Dresdner Bank. Während der 1938 amtierende Verwaltungsratsvorsitzende Carl Reissig sein Amt noch ein Jahr behalten durfte, manifestierten sich die neuen Macht- und Besitzverhältnisse bei der nächsten Generalversammlung darin, dass mit Wilhelm Voss ein Vorstandsmitglied der Reichswerke Hermann Göring zum neuen Vorsitzenden des Gremiums gekürt wurde. Anton Hödl konnte dagegen - wie in den Vereinbarungen zwischen der Dresdner Bank und den übrigen Syndikatsmitgliedern vorgesehen - seine Stellung als Generaldirektor des Unternehmens behalten. 47 Infolge der zahlreichen Rüstungsaufträge stellte sich bei der Ersten Brünner Maschinenfabrik im Herbst 1939 heraus, dass die vorhandenen Produktionskapazitäten nicht mehr ausreichten. Die Syndikatsmitglieder beschlossen daher, nicht nur ein umfangreiches Investitions- und Ausbauprogramm durchzuführen, sondern auch das Eigenkapital aufzustocken. Dazu wollte man eine Kapitalerhöhung von einem Konsortium durchführen lassen, das aus der Böhmischen EscompteBank und der Böhmischen Union-Bank bestand. 48 Das inzwischen auf 3,6 Mio. R M umgestellte Aktienkapital wurde am 30. November 1939 auf 6,5 Mio. R M erhöht, wobei den Altaktionären ein Bezugsrecht von 2 : 1 angeboten wurde. Allerdings waren auf Weisung des Reichwirtschaftsministeriums nur 1,8 Mio. R M an jungen Aktien mit einem Bezugsrecht ausgestattet worden, die restlichen 1,1 Mio. RM dagegen nicht. 49 Diese Regelung hatte ihren Grund. Alle bezugsrechtsfreien jungen Aktien erwarben die Reichswerke Hermann Göring, dazu den größten Teil der Aktien, die man mit einem Bezugsrecht ausgestattet hatte. Die Reichswerke kauften zudem einen beträchtlichen Teil der Altaktien aus dem Besitz von Syndikatsmitgliedern, vor allem der Dresdner Bank. Durch diese Maßnahmen wurden die Reichswerke der neue Mehrheitsaktionär bei der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Angesichts weiter zu erwartender Rüstungsaufträge und seiner guten Ertragslage sowie der steigenden Bedeutung von Unternehmen aus dem Protektorat für die deutsche Rüstungsproduktion wollten die Reichswerke die Erste Brünner Maschinenfabrik direkt kontrollieren. Die komplizierte Syndikatsregelung wollte man nun abschaffen. 50 Wie das Reichswirtschaftsministerium in einem Schreiben an die zuständigen Referenten des Reichsfinanzministerium mitteilte, hatte es die einzelnen Schritte 47 Ebd., Geschäftsberichte der Gesellschaft von 1937 bis 1940. "8 Ebd., „Brünner Maschinen erhöhen ihr Kapital" vom 5. 7. 1939; BAB, Bestand R 2, Akte 15132, Erste Brünner Maschinenfabrik/Reichswerke Hermann Göring, Bl. 5 ff., Begründung für die im Jahre 1939 durchgeführte Kapitalerhöhung bei der Ersten Brünner Maschinenfabriksgesellschaft und der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggonfabriksgesellschaft vom 8 . 3 . 1940. 49 Ebd.; Bl 2 ff., Brief des Staatssekretärs Landfried aus dem Reichswirtschaftsministerium an das Reichsfinanzministerium vom 2 5 . 1 . 1940. 50 Ebd., Bl. 3. Die einzelnen Schritte des Aktienerwerbs durch die Reichswerke Hermann Göring sind diesem Schreiben Landfrieds zu entnehmen. Overy ist zuzustimmen, wenn er die Ansicht vertritt, die Reichswerke hätten nur 4 9 % des Aktienkapitals der Ersten Brünner Maschinenfabrik besessen. Weitere Aktienpakete befanden sich jedoch im Besitz der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggonfabriks AG, einer Tochtergesellschaft der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Durch diese Uberkreuzverflechtung kontrollierten die Reichswerke auch die Aktienmajorität der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Siehe dazu den oben zitierten Brief Landfrieds. Vgl. Overy, Goering, S. 115.

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dieser Transaktion mit der Dresdner Bank und der BEB abgestimmt. Daher ist davon auszugehen, dass die Dresdner Bank und die BEB freiwillig darauf verzichteten, ihr Bezugsrecht auszuüben. Auf Weisung von Kehrl wurden der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation die von ihnen verauslagten Gelder einschließlich Zinsen und Provisionen zurückerstattet. Gut zwei Jahre nach Beginn der Verhandlungen über den Ankauf der Aktienmehrheit war die Transaktion damit auch für die beiden Kreditinstitute definitiv beendet. Vor allem die Dresdner Bank hatte ihre Rolle sehr gut gespielt. Zu dieser Einschätzung kam man auch im Reichswirtschaftsministerium. Dazu bestand durchaus Anlass: Die Erste Brünner Maschinenfabrik war nach zweijährigem Bemühen ebenso wie die Poldi-Hütte endgültig unter die Kontrolle der Reichswerke geraten - wenn auch unter anderen politischen Rahmenbedingungen als zu Beginn der Syndikatsbildung. Die neuen Machthaber im Protektorat waren einen wichtigen Schritt bei der „Germanisierung" der tschechischen Schwerindustrie vorangekommen. 51 In den folgenden Monaten intensivierte sich dieser „Raubzug". Nach dem gleichen Muster wie beim Brünner Maschinenbauunternehmen wollten sich die Reichswerke am Kapital der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggonfabriks A G beteiligen, einer Tochtergesellschaft der Ersten Brünner Maschinenfabrik. Auch hier war zunächst geplant, dass die Reichswerke von der BEB und der B U B den größten Teil an jungen Aktien des Unternehmens erwerben sollten, die Ende November 1939 im Zuge einer Kapitalerhöhung emittiert worden waren. 52 Nach längeren Beratungen modifizierte die Berliner Ministerialbürokratie diese Plan etwas. Die Erste Brünner Maschinenfabrik, inzwischen unter der Kontrolle der Reichswerke, sollte alle jungen Aktien ihrer Tochtergesellschaft selbst übernehmen, dem Reich aber bei Bedarf zur Verfügung stellen. Die zuständigen Referenten in den Ministerien und in der Vierjahresplan-Behörde hielten dies für den richtigen Weg, da die Reichswerke dadurch keine eigenen Mittel aufwenden mussten, um das Unternehmen in Brünn-Königsfeld zu beherrschen.53 Auch die Erste Brünner Maschinenfabrik sollte den Erwerb der jungen Aktien nicht mit eigenen Geldern finanzieren, sondern den anfallenden Betrag mit Warenlieferungen an ihre Tochtergesellschaft saldieren.54 An der Absicht der Reichswerke, durch diese Transaktion auch ein weiteres Unternehmen des Maschinenbaus aus der Brünner Industrieregion zu beherrschen, kann kein Zweifel bestehen. Der Dresdner Bank und der BEB war es relativ gleichgültig, wie dieses Ziel erreicht wurde. Auch mit diesem Unternehmen stellten sie intensive Geschäftsbeziehungen her, deren sieht -

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BAB, Bestand R 2, Akte 15132, Erste Brünner Maschinenfabrik/Reichswerke Hermann Göring, Bl. 4. Landfried bemerkte dazu: „Der maßgebliche Einfluss der Reichswerke auf die Gesellschaft ist sichergestellt." Ebd., Bl. 43 f., Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 22.6. 1940 für das Reichswirtschaftsministerium betr. Beteiligungen am Grundkapital der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggon-Fabriks AG. Ebd.; Bl. 45, Brief des Reichsfinanzministeriums an das Reichswirtschaftsministerium vom 22. Juni 1940; Bl. 46, Zwischenvermerk des Reichsfinanzministeriums vom 22.6. 1940; Bl. 48, Brief des Reichswirtschaftsministeriums an das Reichsfinanzministerium, z. Hd. Herrn Ministerialdirigent Nasse, vom 12. 7. 1940. Ebd., Bl. 49, Brief des Reichsfinanz- an das Reichswirtschaftsministerium vom 7. 8.1940.

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barer Ausdruck die Wahl Otto Herbecks in seinen Verwaltungsrat und Ernst Kanzlers in seinen Aufsichtsrat war.55 Das Konsortium Kehrl-Rasche und die Übernahme der Waffenwerke

Brünn

Die vergleichsweise problemlosen Verhandlungen zur Bildung der beiden Aktiensyndikate für die Poldi-Hütte und die Erste Brünner Maschinenfabrik ließen Kehrl und die Vierjahresplan-Behörde ein weiteres Unternehmen des Maschinenbaus und der Rüstungsproduktion ins Visier nehmen, die Tschechoslowakischen Waffenwerke in Brünn (Ceskoslovenskä Zbrojavkä Brno) - einer der größten Rüstungsproduzenten in Europa. Sie stellten Gewehre, Geschütze und eine breite Palette anderer Waffen, aber auch Munition und Munitionszubehör her. Ihre Produkte exportierten sie in über 25 Länder. Damit gehörten sie zu den Unternehmen in der Tschechoslowakei, die durch den Export große Mengen an Devisen erwirtschafteten. 56 Im Gegensatz zu den beiden anderen Syndikaten gestaltete sich der Erwerb großer Aktienpakete, mindestens aber einer Sperrminorität, aus Sicht der Rüstungsplaner in Berlin wesentlich schwieriger. Die Bebca besaß nur einen vergleichsweise kleinen Posten an Aktien der Waffenwerke Brünn, so dass sie als Verhandlungspartnerin für eine Aktienübernahme ausschied. Das Aktienkapital der Waffenwerke Brünn in Höhe von 120 Mio. Kc (300000 Stück ä 400 Kc) befand sich zu 43,8% im Besitz des tschechoslowakischen Staates und zu 35% im Besitz eines Konsortiums, welches aus der Anglo-tschechoslowakischen und Prager Creditbank, der Zivnostenskä banka, der Agrarbank, der landwirtschaftlichen Einkaufsgenossenschaft Kooperativa sowie der Kaiser Ferdinand-Nordbahn bestand. 2 0 % der Aktien lagen im Portefeuille der Skoda-Werke, der Rest entfiel auf Kleinaktionäre. Das Konsortium war gebildet worden, da der tschechoslowakische Staat von seinem Aktienbesitz 35% des Aktienkapitals an die Waffenwerke Brünn selbst veräußert hatte, die das Aktienpaket ihrerseits an das kurz zuvor errichtete Konsortium weitergereicht hatten. 57 Die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank hatte aus diesem Aktienpaket 5 % des Kapitals für eigene Rechnung erworben. Zusammen mit den 2 0 % des Aktienkapitals der Waffenwerke im Besitz von Skoda kontrollierte das Syndikat 55% des Kapitals des Brünner Rüstungskonzerns. 58

Ebd., Bl. 53, Geschäftsbericht des Verwaltungsrats der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggon-Fabrik A G für das Jahr 1939; Vermerk des Reichsfinanzministeriums zum Jahresabschluss der Brünn-Königsfelder Maschinen- und Waggonfabriks A G vom 17. 10. 1940. 5' StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9387, Bericht Herbecks für Rasche über die Tschechoslowakischen Waffenwerke in Brünn vom 17. 3. 1939, S. 3ff. 57 Ebd., NID-7088, Waffenwerke Brünn AG, Aufstellung über das Aktienkapital - die Aktienbesitzer. Zum Verkauf der staatlichen Anteile an den Waffenwerken Brünn siehe Alice Teichova/Robert Waller, Der tschechoslowakische Unternehmer am Vorabend und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, in: Waclaw Dtuogborski (Hg.), Zweiter Weltkrieg und sozialer Wandel. Achsenmächte und besetzte Länder, Göttingen 1981, S. 295-297. 5» Ebd., S. 296, sowie StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9387, Bericht Herbecks für Rasche über die Tschechoslowakischen Waffenwerke in Brünn vom 17.3. 1939, S. 1-5. 55

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Trotz der unübersichtlichen Besitzverhältnisse stand die Übernahme der Waffenwerke Brünn in der Prioritätenskala Görings und Kehrls ganz oben. Auch hier wollten sie die Produktionskapazitäten und -technologie sowie das Know-how des Unternehmens für die deutsche Rüstungsproduktion ausnutzen. Die Waffenwerke verfügten nicht nur über moderne Produktionsanlagen, sondern waren an Firmen aus dem Maschinenbau und der Rüstungsproduktion in der Tschechoslowakei, aber auch in verschiedenen Balkanstaaten beteiligt - darunter mit 30% an den Skoda-Werken in Pilsen und Prag. 59 Durch die Übernahme von Tochtergesellschaften und Industriebeteiligungen der Waffenwerke wären deutsche Rüstungsbetriebe sofort im Balkanraum präsent gewesen. Diese Chance wollten Göring, Kehrl und die Rüstungsplaner in Berlin natürlich nutzen. Ende Januar, Anfang Februar 1939 reiften bei ihnen Pläne, die Waffenwerke Brünn unter deutsche Kontrolle zu bekommen. Noch war jedoch nicht entschieden, ob und wann das Unternehmen in den Konzern der Reichswerke Herman Göring einzugliedern war.60 Unmittelbar nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Prag nahmen Emissäre der Dresdner Bank Kontakt zur Direktion und zum Verwaltungsrat der Waffenwerke Brünn auf. Dabei erfuhren sie, dass das Konsortium noch nicht den gesamten Kaufpreis für seine Aktien der Waffenwerke bezahlt hatte. Der Gegenwert für 34500 Aktien war noch offen. 61 Von dieser Konstellation wollten die Berliner Behörden, aber auch die Dresdner Bank profitieren. Sie sahen die Chance, sich in den Besitz dieser Aktien zu bringen. Zudem glaubten sie, auch die Aktienpakete aus dem Besitz des tschechoslowakischen Staates übernehmen zu können. Dieses Quantum an Aktien sollte ausreichen, um die Waffenwerke zu beherrschen. Kehrl, der sich nach dem Einmarsch deutscher Truppen in Prag befand, beurteilte diese Konstellation anders. Er bestand darauf, ein ähnliches Verfahren wie bei der Poldi-Hütte und der Ersten Brünner Maschinenfabrik anzuwenden, um die Waffenwerke Brünn möglichst rasch im Sinne der deutschen Rüstungswirtschaft zu kontrollieren. Emissäre der Dresdner Bank wandten sich daher an Großaktionäre der Waffenwerke Brünn mit dem Vorschlag, auch hier ein Konsortium zu bilden, das die Aktienmajorität auf sich vereinigen sollte. Die Dresdner Bank erklärte sich zudem bereit, für eigene Rechnung Aktien der Waffenwerke aufzukaufen. 62 Die Leitung des Unternehmens wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Als Kehrl in seiner Funktion als Bevollmächtigter für die Wirtschaft im Protektorat kurz nach der Okkupation nach Prag reiste, ließ er den Generaldirektor der Waffenwerke, Eduard Outrata, zu sich kommen und teilte ihm lakonisch mit, dass die Dresdner Bank, vor allem Rasche, damit beauftragt sei, die Verhandlungen über ' Ebd., S. 2. Ein anderer wichtiger Anteilseigner bei den Skoda-Werken war die Omnipol A G , eine konzerneigene Handelsgesellschaft der Skoda-Werke. Teichova/Waller, Der tschechoslowakische Unternehmer, S. 296. «> StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9387, Bericht Herbecks für Rasche über die Tschechoslowakischen Waffenwerke in Brünn vom 17. 3. 1939, S. 5f. « Ebd., Notiz Herbecks für Rasche vom 24. 3. 1939. 62 Ebd., NID-9388, Brief des Reichsfinanzministeriums an Rasche vom 21.3. 1939; Brief der Dresdner Bank an das Reichsbankdirektorium vom 22.3. 1939; Antwortschreiben an die Dresdner Bank vom 23. 3. 1939.

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den Aktienerwerb und die Bildung eines Konsortiums zu führen. Rasche hatte dieses Mandat erneut gerne angenommen, sah er doch die Chance, die Allianz zu Kehrl und der Rüstungsbürokratie noch fester zu schmieden. Deshalb entwarf er verschiedene Modelle, wie das Unternehmen aus Brünn zu kontrollieren sei. Auf Geheiß Kehrls wurde in dessen Direktion ein Verbindungsmann der gerade installierten Wehrwirtschaftsinspektion aus Prag mit der Aufgabe „eingeschleust", die Betriebsleitung zu kontrollieren und mit den Vorarbeiten für eine kommende Übernahme zu beginnen. 63 Offenbar setzte Kehrl auch die neue Protektoratsregierung massiv unter Druck. In einem Gespräch mit Finanzminister Josef Kaifuss soll er diesen gedroht haben, Görings Luftwaffe werde Angriffe auf Prag fliegen, wenn die Regierung in Prag ihre Aktien nicht an „deutsche Stellen" übertrage. 64 Dermaßen eingeschüchtert stimmte Kaifuss zu. In einem Prager Restaurant wurde über die Einzelheiten der Ubergabe verhandelt, wobei Kehrl zusammen mit Rasche und von Lüdinghausen erneut rigoros die Kontrolle der Aktienpakete im Besitz des tschechoslowakischen Staates verlangte. Diese Konstellation bot offenbar den Schlüssel für das Gelingen der Transaktion: Die neue Regierung in Prag war vom Wohlwollen der deutschen Besatzungsmacht abhängig bzw. konnte von dieser je nach Belieben unter Druck gesetzt werden. „Faire" Verhandlungen über die Überlassung der Brünner Waffen-Aktien fanden daher nicht einmal in Ansätzen statt. Stattdessen handelte es sich um ein Diktat, dem die Protektoratsregierung nichts entgegensetzen konnte. Vor diesem Hintergrund fiel es auch Rasche und der Dresdner Bank leicht, die Transaktion wie von Berlin gewünscht erfolgreich abzuschließen. 65 Mit den Vertretern des Finanzministeriums wurde lange über die angemessene Bewertung der Aktien und den Kaufpreis verhandelt. Für insgesamt 130528 Aktien der Waffenwerke Brünn wollte die deutsche Seite einen Peis von 195,79 Mio. Kc bezahlen, was 1500 Kc oder 375% für eine 400 Kc-Aktie des Unternehmens entsprach. In der Retrospektive musste selbst von Lüdinghausen einräumen, dass dieser Preis „niedrig" und günstig für die deutschen Käufer gewesen sei. Als Grund dafür gab er das „einseitige Produktionsprogramm" der Waffenwerke und die vergleichsweise kleine Produktpalette an - ein Argument, das kaum stichhaltig ist. Zieht man in Betracht, dass die Vierjahresplan-Behörde gerade dieses Produktionsprogramm kontrollieren und für die deutsche Rüstungswirtschaft ausnutzen wollte, dürfte diese Produktpalette kaum von Nachteil gewesen sein. Die Rüs-

Ebd., NID-7719, Brief an den Inspekteur der Wehrwirtschaftsinspektion Prag vom 30. 3. 1939, ohne Unterschrift. Siehe auch Teichova/Waller, Der tschechoslowakische Unternehmer, S. 297. « St A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-11867, Erklärung von Josef Kaifuss vom 25. 11. 1946. Leider gibt es bis heute kaum verfügbares Quellenmaterial über die Verhandlungen und Gespräche Kehrls in Prag, so dass der Wahrheitsgehalt der Äußerung von Kaifuss nicht zu überprüfen ist. Müller übergeht in seiner Studie über Kehrl dessen Gespräche und Maßnahmen in Prag während des März 1939 fast vollständig. Müller, Manager der Kriegswirtschaft, S. 51 f. Auch Volkmann behandelt diesen Aspekt nur kursorisch. Hans-Erich Volkmann, Die Eingliederung der Sudetengebiete und Böhmen-Mährens in das Deutsche Reich, in: Bernhard Chiari, im Auftrage des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (Hg.), Ökonomie und Expansion. Grundzüge der NS-Wirtschaftspolitik. Ausgewählte Schriften von Hans-Erich Volkmann, München 2003, S. 197, 200. « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-11867, Erklärung von Josef Kaifuss vom 25. 11. 1946. 63

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tungsexperten aus der Vierjahresplan-Behörde widerlegten mit ihrem Drang, die Waffenwerke Brünn beherrschen zu wollen, Lüdinghausens Argumentation eindeutig. Die Festsetzung des Kaufpreises ist als ein weiteres Indiz dafür zu werten, dass sich die Regierung in Prag den deutschen Forderungen beim Verkauf ihres Aktienpaketes beugen musste.66 Nach der erzwungenen Zustimmung der Protektoratsregierung bildeten Kehrl und Rasche für die deutsche Seite ein Konsortium, das die Aktien kaufen und verwalten sollte. Unter Einschaltung der Reichsbank ließ sich mit Hilfe der Dresdner Bank der größte Teil der Mittel für die Aktienkäufe beschaffen. Diese Gelder wurden auf ein Sonderkonto bei der Tschechoslowakischen Nationalbank überwiesen. Von dort wurden sie auf ein Konto des Konsortiums Kehrl-Rasche bei der Bebca transferiert und dann an das Finanzministerium in Prag weitergereicht. Bis zum September 1939 lassen sich auf dem Konto Kehrl-Rasche Überweisungen feststellen.67 Dadurch gelang es der Dresdner Bank bzw. dem Konsortium KehrlRasche, sich in den Besitz von 130528 Aktien der Waffenwerke Brünn zu bringen. Diese Aktien verbuchte man auf einem bei der Konsortialabteilung der Dresdner Bank geführten Treuhanddepot, das extra für Rasche und Kehrl eingerichtet worden war.68 Rasche und Herbeck übernahmen es auch, die Verhandlungen über die Bildung eines Syndikats zu führen, in dem die anderen großen Aktienbestände der Waffenwerke Brünn „gepoolt" werden sollten. Während sich mit den Prager Kreditinstituten vergleichsweise schnell eine Einigung erzielen ließ, erwiesen sich die Gespräche mit einigen Großaktionären als problematisch. Ein Durchbruch gelang erst, als sich die Aktiengesellschaft, vormals Skoda-Werke in Pilsen, nach ihrer eigenen Umstrukturierung an dem geplanten Syndikat beteiligte.69 Ende März 1939 konnte Herbeck Rasche mitteilen, dass eine Einigung bevorstünde.70 Am 5. April 1939 wurde ein Syndikatsabkommen unterzeichnet. Folgende Unternehmen bzw. Gruppierungen verpflichteten sich darin, ihren Besitz an Aktien der Waffenwerke Brünn zu syndizieren und gemeinsam ihre Aktionärsinteressen wahrzunehmen: das Konsortium Kehrl-Rasche mit einem Bestand von 130528 Aktien; die Skoda-Werke mit einem Bestand von 61312 Aktien; die Böhmische Escompte-Bank und die Zivnostenska banka mit jeweils einem Bestand von 15600 Aktien; die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank mit 66

Dresdner Bank AG Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 367, Tschechoslowakei, von Lüdinghausen w/Böhmische Escompte-Bank und Tätigkeit der Dresdner Bank 1938-1945, Reinhold Freiherr von Lüdinghausen, Bemerkungen und Richtigstellungen zu den Veröffentlichungen der Tschechen über die Tätigkeit der Dresdner Bank in den böhmischen Ländern und in der Slowakei 19391945, S. 10; ders., Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis der Vorgänge in der Wirtschaft der Tschechoslowakei (Protektorat) in den Jahren 1938-1945, S. 28. Leider ist im Historischen Archiv der Dresdner Bank bis heute kein Material zu den Verhandlungen zwischen Kehrl, Rasche und von Lüdinghausen auf der einen und dem Prager Finanzministerium auf der anderen Seite aufzufinden. " StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9388, Brief des Reichsfinanzministeriums an Rasche vom 21. 3. 1939; Brief der Dresdner Bank an das Reichsbankdirektorium vom 22. 3. 1939; Antwortschreiben an die Dresdner Bank vom 23. 3. 1939. 68 Ebd., NID-13911, Brief Kühnens und Ansmanns an Rasche vom 2.9. 1939. 69 Zur Einflussnahme der Reichswerke bei den Skoda-Werken und zu deren Reorganisation siehe das folgende Kapitel. ™ StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13365, Brief Herbecks an Rasche samt Aktennotizen vom 29. 3.1939.

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15000 Aktien; die Tschechoslowakische Agrarbank mit 8229 Aktien; die Kaiser Ferdinand-Nordbahn mit 22223 Aktien; die Chemiefirma Explosia mit 17375 Aktien und der landwirtschaftliche genossenschaftliche Einkaufsverband Kooperativa mit 10 973 Aktien. Insgesamt waren 296 840 Aktien der Waffenwerke Brünn in dem Syndikat „gepoolt" - fast das gesamte Kapital. 71 Auf das Konsortium Kehrl-Rasche entfiel der größte Posten an Aktien, wenn auch nicht die Majorität. Rechnet man die Aktien der mit der Dresdner Bank inzwischen verflochtenen Böhmischen Escompte-Bank sowie die der Zivnostenskä banka hinzu, besaß diese Gruppe die Mehrheit im Syndikat. 72 Was mit dem Syndikat bezweckt wurde und wer dabei die Richtung vorgab, lässt sich aus den einzelnen Bestimmungen des Syndikatsabkommens deutlich ersehen. Zum einen wollte man mit Hilfe des syndizierten Aktienbesitzes eine weitreichende Statutenänderung bei den Waffenwerken erreichen, zum anderen eine Neubesetzung in den Leitungsgremien des Unternehmens. Dass der Gruppe Kehrl-Rasche die Richtlinienkompetenz im Syndikat zufiel, steht außer Frage. Nach den im Abkommen getroffenen Bestimmungen wurden Kehrl und Rasche zu „Syndikatsführern" ernannt, die das Syndikat nicht nur nach außen hin vertraten, sondern auch alle organisatorischen und verwaltungsrechtlichen Angelegenheiten regelten. Zusammen mit den Banken, die inzwischen mit der Dresdner Bank verbunden waren oder mit ihr teilweise kooperierten, konnten sie im Syndikat durch einfache Mehrheit die Beschlüsse herbeiführen, die auf Hauptversammlungen der Waffenwerke Brünn beantragt und umgesetzt werden sollten. U n schwer lässt sich erkennen, dass diese Funktion Kehrl und Rasche nicht nur zum entscheidenden „Machtfaktor" innerhalb des Syndikats, sondern bei den Waffenwerken Brünn insgesamt werden ließ. 73 Diese Konstellation fand ihren Niederschlag in der personellen Zusammensetzung der Leitungsgremien des Rüstungsunternehmens. Aus dem Verwaltungsrat der Waffenwerke Brünn des Jahres 1938 konnte kein einziges Mitglied auf eine nächste Amtsperiode hoffen: Alle mussten ihre Posten räumen, das Gremium wurde komplett mit neuen Personen besetzt. Zum Präsidenten des Verwaltungsrats ernannte man den ehemaligen Gesandten der Tschechoslowakei in Berlin, Vojtech Mastny, der eher der Zivnostenskä banka nahe stand. 74 Die Funktion des Vizepräsidenten erhielten von Lüdinghausen, Rudolf Schicketanz vom Reichskommissariat für die sudetendeutschen Gebiete in Reichenberg und Vojtech Mixa, ein Vorstandsmitglied der Zivnostenskä banka. Die Interessen der Rüstungsplaner in Berlin nahmen Karl Bodenschatz, Görings Verbindungsoffizier zur Vierjahresplan-Behörde und zur Rüstungsindustrie, Paul Rheinländer vom Amt für Wirtschaftsausbau und Wilhelm Voss, Vorstandsmitglied der Reichswerke Hermann Göring wahr. Zum neuen Generaldirektor anstelle von Eduard "

Ebd., NID-13653, Syndikatsabkommen vom 5. 4. 1939; NID-7088, Waffenwerke Brünn, Entwicklung des Aktienkapitals - Die Aktienbesitzer. « Ebd., NID-13653, Syndikatsabkommen vom 5 . 4 . 1939. « Ebd. 74 H A D r B Berlin, Volkswirtschaftliche Abteilung, Akte 65/681, Waffenwerke Brünn, Geschäftsberichte der Gesellschaft von 1937 bis 1940. Zur Person Mastnys und zu seinen Beziehungen zur Zivnostenskä banka siehe seine umfangreiche Korrespondenz mit Jaroslav Preiss in: A C N B , Fond 2 B , SVII/i-l-I, Korrespondenz mit Vojech Mastny, Gesandter in Berlin.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Outrata wurde Karl Staller bestimmt. 75 Diese Mandatsverteilung sorgte dafür, dass im Verwaltungsrat der Waffenwerke die Gruppe Kehrl-Rasche ein personelles Ubergewicht besaß. Diese Gruppe verfügte auch im Exekutivkomitee des Gremiums, in dem alle wichtigen Entscheidungen vorbereitet wurden, und im Aufsichtsrat der Waffenwerke Brünn über die Mehrheit der Mandate. Zudem wurde von Lüdinghausen zum Vorsitzenden des Exekutivkomitees gewählt. 76 Ahnlich wie bei den Aktiensyndikaten für die Poldi-Hütte und die Erste Brünner Maschinenfabrik erklärten Kehrl und Rasche, dass sie als Treuhänder für ein noch nicht näher bezeichnetes deutsches Unternehmen auftreten würden. Auch hier war offensichtlich, dass die Reichswerke Hermann Göring gemeint waren. Angesichts der im Frühjahr 1939 anlaufenden Expansion des reichseigenen Rüstungskonzerns in das Sudetenland waren die übrigen Syndikatsmitglieder wohl kaum so naiv, dass sie dies nicht gewusst oder geahnt hätten. 77 Zwei Fragen stellen sich dennoch: Warum traten die Reichswerke auch hier nicht direkt als Erwerber der Aktienpakte auf und versuchten quasi durch die „Hintertür", durch die komplizierte Bildung eines Aktiensyndikats und die Ernennung eines Treuhänders, die Kontrolle über die Waffenwerke Brünn zu erlangen? Warum spielten die anderen Syndikatsmitglieder bei dieser Transaktion mit und verweigerten nicht einfach ihre Teilnahme? Eindeutig lassen sich die beiden Fragen nicht beantworten. Zu vermuten ist jedoch, dass die Reichswerke angesichts der im Frühjahr 1939 noch ungeklärten politischen Situation in der Tschechoslowakei nach außen hin nicht als Erwerber großer Aktienpakete wichtiger tschechischer Industrieunternehmen auftreten wollten, um nicht ihren Drang nach Expansion und Kontrolle der Rüstungsindustrie des Landes entlarven zu müssen. Zudem wollte man außenpolitische Irritationen im Falle einer zu raschen und direkten Expansion vermeiden. Daher schickten sie - ähnlich wie in der sudetenländischen Montanindustrie die Dresdner Bank vor, um die Transaktionen zu verwirklichen. Zudem war ein solches Vorgehen für die Reichswerke kostengünstiger als der direkte Aktienerwerb: Sie konnten für lange Zeit Such- und Transaktionskosten sparen, ebenso wie Gelder für den Aktienerwerb. Diese Kosten hatte zunächst die Dresdner Bank zu tragen, auch wenn sie für ihre Bemühungen entsprechende Provisionen erhielt. Aufgrund ihres „standings" bei den „Berliner Stellen" und der scharfen Konkurrenz anderer Institute konnte es sich die Dresdner Bank nicht leisten, ein Laut Angaben von Lüdinghausens hatte sich Outrata nach dem Abschluss des Syndikatsvertrags entschlossen, von einer Geschäftsreise nach Deutschland nicht mehr nach Brünn zurückzukehren, sondern ins Exil nach London zu gehen. Dresdner Bank A G Frankfurt, Rechtsabteilung, Akte 367, Tschechoslowakei, von Lüdinghausen w/Böhmische Escompte-Bank und Tätigkeit der Dresdner Bank 1938-1945, Reinhold Freiherr von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis der Vorgänge in der Wirtschaft der Tschechoslowakei (Protektorat) in den Jahren 1938-1945, S. 29. 7 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13653, Syndikatsabkommen vom 5. 4. 1939. Als Interessenvertreter der Gruppe Kehrl-Rasche sind außer von Lüdinghausen noch Karl Bodenschatz, Paul Rheinländer, Rudolf Schicketanz und Wilhelm Voss anzusehen. Im A u f sichtsrat der Waffenwerke waren die Dresdner Bank bzw. BEB mit Guido Gacek, Franz Witt und Emil Hocke präsent. HADrB, Volkswirtschaftliche Abteilung, Akte 65/681, Waffenwerke Brünn, Geschäftsberichte der Gesellschaft für 1938 und 1939. 77 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13653, Syndikatsabkommen vom 5. 4. 1939; NID-13365, Brief Herbecks an Rasche vom 29.3. 1939. 75

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, R ü s t u n g s p o l i t i k

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Scheitern der Transaktion in Kauf zu nehmen. Die Deutsche Bank in Person Karl Kimmichs beschwerte sich bei Paul Pleiger mehrfach darüber, dass nur die Dresdner Bank in diese Art von Transaktionen eingeschaltet würde, und verlangte, ebenfalls an solchen Geschäften zu partizipieren. Gerade aufgrund dieses Wettbewerbs der Berliner Banken war man sich bei den Reichswerken sicher, dass die Dresdner Bank alles daran setzen würde, einen erfolgreichen Abschluss der Transaktion herbeizuführen, um sich erneut als „loyale" und verlässliche Partnerin der deutschen Rüstungsindustrie zu positionieren. 78 Eine plausible Antwort auf die zweite Frage ist schwierig. In der sudetenländischen Montanindustrie waren es der Verkaufsdruck und die Notlage der tschechisch-jüdischen Industriellen, die zu Unternehmensveräußerungen und „Arisierungen" führten. Bei der Poldi-Hütte und der Ersten Brünner Maschinenfabrik musste die angeschlagene und in ihrer Handlungsautonomie eingeschränkte Bebca an den Syndikaten partizipieren, um durch den Verkauf von Industriebeteiligungen neue Liquidität zu erhalten. Beide Faktoren spielten bei den Waffenwerken Brünn kaum eine Rolle. Warum sich die tschechischen Unternehmen ohne direkte ersichtliche Vorteile dennoch bereit fanden, dem Syndikat beizutreten, lässt sich nicht klären. Bei den Skoda-Werken lässt sich mutmaßen, dass ein Verlust an unternehmerischer Entscheidungsfreiheit infolge einer bevorstehenden KonzernUmgestaltung der Grund war. Nach Aussage Dvoräceks war für die Zivnostenskä banka und die anderen „tschechischen" Prager Geldhäuser das entscheidende Motiv, angesichts der drohenden „Germanisierung" der böhmischen Rüstungsindustrie noch „tschechische" Positionen in den wichtigsten Unternehmen zu halten. Durch die Mitwirkung am Syndikat wollte man versuchen, ein Minimum an Einfluss „tschechischer Wirtschaftskreise" zu bewahren. Nach seiner Einschätzung gelang dies durchaus erfolgreich, wofür er die Besetzung des Verwaltungsrats als Maßstab heranzog. Da die anderen Syndikatsmitglieder vielfach zum „Industriekonzern" der Prager Institute zählten, dürften sie sich ebenfalls an der Transaktion beteiligt haben. Nach Dvoräcek gab es zwischen ihnen und den Banken eine weitgehende Absprache über ein solches Vorgehen.79 Dagegen bleibt Raum für Spekulationen, warum Rasche persönlich in Verbindung mit Kehrl und nicht die Dresdner Bank Mitglied des Syndikats wurde. In der deutschen und internationalen Finanzwelt, ja sogar in der gesamten Industrie wurde die enge Liaison zwischen Rasche und Kehrl durch diesen Schritt mehr als offenkundig. Bei den anderen Transaktionen wirkte nach außen hin die Dresdner Bank als Gesamtinstitut mit, auch wenn Rasche der entscheidende Ideengeber und „Drahtzieher" war. Für sein „standing" als Bankier befürchtete Rasche offenbar keine Nachteile, eher sah er Vorteile im Hinblick auf weitere große Geschäftstransaktionen mit der deutschen Rüstungsindustrie. Die Initiative zu der Transaktion ging sicherlich nicht von Rasche aus, sondern von Kehrl und den Rüs78

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Siehe dazu Mollin, Montankonzerne, S. 189, der sich hier auf ein Dokument aus Dietrich Eichholtz/Werner Schumann (Hg.), Anatomie des Krieges. Neue Dokumente über die Rolle des deutschen Monopolkapitals bei der Vorbereitung und Durchführung des Zweiten Weltkriegs, Berlin 1969, S. 219, stützt. Siehe dazu die ausführliche, wenn auch quellenkritisch mit Vorsicht zu beurteilende Darstellung von Jan Dvoräcek. A C N B , Fond ¿ B , S VII/a-40/3, Jan Dvoräcek, Zivnostenskä banka za okupace a välky (Die Zivnostenskä banka während der Okkupation und des Krieges), S. 39-45.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

tungsplanern in Berlin. Zudem muss man Rasche zugute halten, dass er mit der Geschäftsleitung der Waffenwerke verschiedene Modelle für eine „deutsche Interessenahme" diskutierte und erst später von Kehrl auf eine bestimmte Variante festgelegt wurde. 80 Dennoch war er stets bereit, zusammen mit Kehrl in jeder Phase an der gesamten Transaktion mitzuwirken. Seine Tätigkeit beschränkte sich keineswegs auf die „bankmäßigen Aspekte", sondern ging weit darüber hinaus: Er wollte für die Dresdner Bank, vielleicht auch für sein eigenes Prestige an einem Geschäft mitwirken, an dem andere reichsdeutsche Institute nicht partizipieren konnten, und damit die engen Beziehungen zur Rüstungswirtschaft weiter ausbauen. 81 Unbestritten ist, dass die Dresdner Bank auch mit dieser Transaktion gute Zinsund Provisionseinnahmen erzielte. Für die 20 Mio. RM, die sie kurzfristig für den Ankauf der Aktien verauslagt hatte, verlangte sie zunächst einen Zinssatz von 6,5%, den das Reichsfinanzministerium als zu hoch ablehnte.82 Nachdem sich Rasche persönlich in die Verhandlungen mit den Reichswerken Hermann Göring und dem Reichswirtschaftsministerium eingeschaltet hatte, ließ sich eine Einigung erreichen. Die Dresdner Bank erklärte sich mit einem „Vorzugszinssatz" von 6% einverstanden, forderte aber noch eine Vermittlungsprovision von 1,5% des Kaufpreises. O b diese Konditionen tatsächlich „vorteilhaft" für das Reichswirtschaftsministerium waren, muss bezweifelt werden. Im Sommer 1939 waren ähnliche Bedingungen im Zusammenhang mit dem Erwerb von Unternehmen aus der ehemaligen Julius-Petschek-Gruppe der Anlass für Dissonanzen zwischen der Berliner Behörde und der Dresdner Bank. 83 Für ihre Verhandlungsführung und für die Ausarbeitung des Syndikatsvertrages verlangte diese eine Pauschalvergütung von 150000 RM. Die Quellen zeigen, dass das Reichswirtschaftsministerium die Summe anstandslos an die Dresdner Bank zahlte.84 Die Übernahme der Skoda-Werke Zeitgleich zur Interessenahme an den Waffenwerken Brünn rückten auch die Skoda-Werke in Pilsen in das Visier der Berliner Ministerien. Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs hatte der französische Rüstungskonzern Schneider-Creusot die Aktienmehrheit dieses Unternehmens aus den Händen seines Besitzers, Baron 80

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Diese Einschätzung des ehemaligen Ministerialrats Köster aus dem Reichswirtschaftsministerium aus dem Jahr 1948 ist sicherlich richtig. H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozesse, Akte 143572000, Aktenvermerk betr. Vernehmung von Dr. Köster am 20. bis 22. 9. 1948. Ebd. Die Ausführungen des Verteidigers Kubuschok, die sich ebenfalls in dieser Akte befinden, haben zum Ziel, Rasches Teilnahme an der Transaktion herunterzuspielen, was aber nicht überzeugend gelingt. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-14597, Aktennotiz Ansmanns vom 21. 11. 1939 für Karl Rasche. Ebd., NID-14331, Brief Rasches an Wilhelm Voss, Generaldirektor der Reichswerke Hermann Göring, vom 3. 11. 1939. Insgesamt verlangte die Dresdner Bank eine Pauschalvergütung in Höhe von 200000 RM. 50000 RM waren jedoch für ihre Bemühungen bei der Ubernahmen der Gewerkschaft Witkowitz entstanden. Auf diese Transaktion wird weiter unten eingegangen. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Brief Overbecks und Ansmanns an Kehrl vom 30.11.1939; Brief Ansmanns an Kehrl vom 14.12. 1939; Akte 30729-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939.

10. I n d u s t r i e f i n a n z i e r u n g , w e h r w i r t s c h a f t l i c h e P l a n u n g e n , R ü s t u n g s p o l i t i k

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Kar(e)l Skoda, erworben und zu einem der größten und profitabelsten Unternehmen der Schwerindustrie in Europa ausgebaut. Nur wenige „gemischte Werke" in der Schwerindustrie verfügten über eine solche diversifizierte Produktpalette wie der Skoda-Konzern in den zwanziger Jahren: Sie umfasste Kohlegruben, Stahlwerke und Maschinenfabriken, in den unter anderem Turbinen, Lokomotiven, Werkzeugmaschinen, ja sogar komplette Fabrikeinrichtungen hergestellt wurden. Zudem gehörten dem Konzern mit die modernsten Betriebe für die Rüstungsproduktion in Mitteleuropa. Hier wurden Panzer, Kanonen und Munition jeder Art gefertigt. Das Verhältnis der so genannten Friedensproduktion zur Kriegsproduktion betrug in den zwanziger Jahren etwa 60:40. Ungefähr 50% der Erzeugung wurden exportiert. 85 Die Weltwirtschaftskrise traf auch die Skoda-Werke hart. Zum einen hatte der Konzern mit Absatzschwierigkeiten zu kämpfen, zum anderen untersagte ihm sein Großaktionär Schneider-Creuzot aus politischen Gründen, Waffen, Munition und anderes Kriegsgerät nach Deutschland oder Italien zu exportieren. Der Verlust weiterer Absatzmärkte in Mitteleuropa war die Folge dieses Verdikts. Mitte der dreißiger Jahre hatten die Skoda-Werke ihre Schwierigkeiten zum größten Teil überwunden. Die Rüstungsproduktion hatte fast ihr altes Niveau erreicht, neue Absatzmärkte waren erschlossen worden, so dass Skoda wieder zu den wichtigen „Waffenschmieden" in Europa zählte.86 Nach dem „Münchener Abkommen" entschloss man sich bei Schneider-Creusot, seine 350 000 Aktien der Skoda-Werke zu veräußern. Dieses Paket erwarb die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank zum Preis von 9,5 Mio $ für ein neu gegründetes Syndikat. 87 Außerdem waren die Waffenwerke Brünn, die zum Skoda-Konzern gehörende Handelsgesellschaft Omnipol und die Zivnostenskä banka Mitglieder des Syndikats, das seinen Aktienbesitz in den folgenden Monaten weiter aufstockte. Danach hielten die Waffenwerke Brünn 210000 Aktien der Skoda-Werke, Omnipol 105000 Aktien, die Zivnostenskä banka und die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank je 31000 Aktien. 88 Sowohl die neuen Besitzverhältnisse bei den Skoda-Werken als auch ihre breit gefächerte Produktion boten ein verlockendes Ziel für die Rüstungsplaner in Berlin. Ihnen war nicht entgangen, dass der Pilsener Konzern nach dem Wegfall der französischen Mehrheitsbeteiligung an seinem Aktienkapital wieder ungehindert Waffen 85

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N e b e n K r u p p und dem französischen Konzern Schneider-Creusot zählte S k o d a zu den großen „Waffenschmieden" in E u r o p a . Ausführlich dazu: Alice Teichova, Kleinstaaten im Spannungsfeld der Großmächte. Wirtschaft und Politik in Mittel- und Südosteuropa in der Zwischenkriegszeit, Wien 1988, S. 105-109; dies., Wirtschaftsgeschichte der Tschechoslowakei, Köln/Graz/Wien 1988, S. 37 ff. Teichova, Kleinstaaten, S. 163; dies., E c o n o m i c Background, S. 267. N a c h Alice Teichova und Robert Waller bekam Schneider-Creusot bzw. seine Holdinggesellschaft L'union Européenne Industrielle et Financière, die den Aktienbestand verwaltete, für eine SkodaAktie â 320 Kc einen Preis von 810 Kc, machte also mit der Transaktion ein gutes Geschäft. Teichova/Waller, Der tschechoslowakische Unternehmer, S. 296. N a c h Angaben Dvoräceks verwaltete das Syndikat 350000 der insgesamt 690000 Aktien der Skoda-Werke. Von Lüdinghausen nennt dagegen eine Zahl von 377000 Aktien bei insgesamt 600000 Aktien. Dvoräcek, Zivnostenskä banka za okupace a vâlky, S. 39 f.; von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen z u m besseren Verständnis, S. 27. Vgl. auch A C N B , F o n d Z B , S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive S k o d o v y Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zpräva pro reditelstvi, 26. 8. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

und Munition nach Deutschland liefern konnte. Göring und Kehrl dachten daher darüber nach, den Skoda-Konzern ebenso wie die Waffenwerke Brünn rasch unter deutsche Kontrolle zu bekommen. Ende Januar, Anfang Februar 1939 fassten sie daher den Entschluss, die notwendigen Schritte einzuleiten.89 Der Wechsel bei den Besitzverhältnissen im Skoda-Konzern erregte auch die Aufmerksamkeit der Dresdner Bank. Bereits Ende 1938 begann man dort, Material über das Unternehmen zu sammeln und sich mit der neuen Verteilung des Aktienkapitals vertraut zu machen. Entweder war man zu diesem Zeitpunkt schon über beabsichtigte Schritte der Berliner Ministerien informiert und hoffte darauf, in kommende Verhandlungen mit dem tschechischen Rüstungskonzern eingeschaltet zu werden, oder man ahnte, dass Berlin die Skoda-Werke für eine Übernahme ins Visier nehmen würde. Auf jeden Fall wollte man bei der Dresdner Bank für diese Szenarien gerüstet sein.90 Zu diesen Zweck nahm die Dresdner Bank im Herbst 1938 Kontakt zu Schneider-Creusot mit der Absicht auf, die dort liegenden Pakete an Aktien der Skoda-Werke für das Reich zu sichern.91 Da die Waffenwerke Brünn innerhalb des Syndikats mit Abstand den größten Posten an Aktien der Skoda-Werke besaßen, bedeutete die deutsche Interessenahme am Brünner Rüstungsunternehmen auch die Kontrolle der „Waffenschmiede" aus Pilsen. Die Dresdner Bank in Person Rasches und von Lüdinghausens musste keine langen Verhandlungen führen, um diese Kontrolle durch die Bildung eines neuen Syndikats abzusichern. Vielmehr war nach der Einigung über das Syndikat der Waffenwerke Brünn klar, dass auch Skoda unter den Einfluss der deutschen Rüstungsplaner kommen würde. Auf dieser Grundlage ließ sich am 5. April 1939 ein Vertrag über die Gründung eines neuen Syndikats schließen, das die Aktien der Skoda-Werke verwaltete. Am gleichen Tag einigten sich die Waffenwerke Brünn, Omnipol, die Böhmische Escompte-Bank, die Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank (später Anglo-Prager Creditbank), die Zivnostenskä banka sowie die Tschechoslowakische Agrarbank darauf, ihren Bestand an Aktien des Pilsener Konzerns in einem neuen Syndikat zu „poolen". 92 Die Vereinbarung sah vor, insgesamt 378 000 Aktien gemeinsam zu verwalten. Der größte Anteil an Aktien entfiel auf die Waffenwerke Brünn mit 210000 Aktien sowie auf Omnipol mit 105000 Aktien, während die Prager Kreditinstitute nur vergleichsweise kleine Bestände in das Syndikat einbrachten.93

Von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S 27. Diese Transaktion wird von Müller vollständig ignoriert. Müller, Manager der Kriegswirtschaft, S. 52. ° HADrB Berlin, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29940-2001 .BE, Arisierungen Sudetenland, Branche 1 und 2, Aktennotiz Rinns vom 22.10.1938. 91 Teichova/Waller, Der tschechoslowakische Unternehmer, S. 295 f. « ACNB, Fond ¿B, S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Vollmacht für Rechtsanwalt Dr. Schicketanz vom 13. 4. 1939, die in tschechischer Sprache abgefassten Vertragsurkunden über die Aktien-Syndikate Brünner Waffenwerke und Skoda-Werke-Aktien-Syndikat mit Rechtsverbindlichkeit zu unterzeichnen; Niederschrift über die am 14.4. 1939 vorgenommene Unterfertigung des Syndikatsvertags. 93 Die BEB war am Syndikat mit 20 850, die Anglo-Prager Creditbank mit 20 000, die ¿ivnostenskä banka mit 18000 und die Agrarbank mit 4150 Aktien beteiligt. St AN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13638, Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5.4. 1939; ACNB, Fond ZB, S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, dne 5. 4. 1939. Siehe auch Dvofäcek, Zivnostenskä banka za okupace a välky, S. 40.

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10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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Ziel und Zweck der Vereinbarung entsprachen denen des Syndikats für die Waffenwerke Brünn: Gemeinsame Vertretung der Aktienbestände zwecks Interessendurchsetzung auf den Generalversammlungen und gegenüber der Unternehmensleitung. Auch bei den Skoda-Werken war eine weit reichende Veränderung der Statuten nach den Forderungen der Rüstungsplaner in Berlin vorgesehen. Interessant war die Regelung zur Verwaltung der syndizierten Aktienbestände. Sämtliche Aktien sollten in einem speziell dafür eingerichteten Depot bei der 2ivnostenskä banka hinterlegt werden. Damit fiel einer „tschechischen" Bank im Protektorat die Verwaltung der Bestände zu - ein Unterschied zu den anderen Syndikaten. Das größte Prager Kreditinstitut war jedoch von den Weisungen des Syndikatsführers und den Beschlüssen auf Syndikatssitzungen abhängig. Aufgrund der Aktienverteilung im Syndikat ernannte man die Waffenwerke Brünn zum Syndikatsführer, da sie zusammen mit den Aktien von Omnipol und der BEB die Mehrheit besaßen. Dies bedeutete, dass das Konsortium Kehrl-Rasche und die mit ihm verbundenen Banken über ihre maßgebliche Position bei den Waffenwerken Brünn auch die Entscheidungsfindung und die Unternehmensstrategie bei den Skoda-Werken bestimmen konnten. Genau dies war die Absicht Kehrls und seiner Rüstungsplaner. 94 Ein weiterer Passus im Syndikatsvertrag ließ die neuen Macht- und Besitzverhältnisse bei den Skoda-Werken vollends deutlich werden: Die Aktien von Omnipol und der Waffenwerke Brünn konnten im Syndikat nur durch den Vorsitzenden des Exekutivkomitees des Brünner Unternehmens, also durch von Lüdinghausen, vertreten werden. Damit war sichergestellt, dass das Konsortium KehrlRasche bzw. die Dresdner Bank auch bei den Skoda-Werken den entscheidenden Einfluss ausübten. 95 Diese Konstellation schlug auf die Unternehmensgremien durch. Auch bei Skoda wurde ein Exekutivkomitee des Verwaltungsrats installiert, welches aus fünf Mitgliedern bestehen sollte, von denen drei vom Konsortium Kehrl-Rasche bestimmt wurden. Diese drei konnten festlegen, wer das auf die BEB entfallende Mandat im Exekutivkomitee wahrnehmen sollte. Das Konsortium Kehrl-Rasche beherrschte also auch dieses Gremium, das die Geschäftsführung und die Unternehmenspolitik der Skoda-Werke in großem Maße festlegte. Dies wurde zusätzlich unterstrichen, indem man von Lüdinghausen auch bei den Skoda-Werken zum Vorsitzenden des Exekutivkomitees ernannte.96

StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13638, Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5. 4. 1939; A C N B , Fond ¿ B , S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, dne 5. 4. 1939; Dvoräcek, ¿ivnostenskä banka za okupace a välky, S. 40. Dvoräcek war der Ansicht, dass diese Regelung trotz allem auch Vorteile für die tschechische Seite bot, da die Verwaltung der Aktien zum Beispiel von seinem Institut durchgeführt werden sollte. Dies sei auch der Grund dafür gewesen, dass die Zivnostenskä banka der Regelung zugestimmt habe. « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13638, Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5. 4. 1939; A C N B , Fond 2 ß , S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, dne 5. 4. 1939. * StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13638, Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5. 4. 1939; A C N B , Fond ZB, S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, dne 5. 4. 1939; von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S. 28. Die beiden anderen Vertreter des Konsortiums Kehrl-Rasche waren Paul Rheinländer und Rudolf Schicketanz. 94

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Bei den Wahlen zu den einzelnen Gremien im Mai 1939 zeigten sich die neuen Machtverhältnisse in aller Deutlichkeit. Gemäß den Bestimmungen des Syndikatsvertrages wählte man in den neuen Verwaltungsrat zehn Vertreter der deutschen Interessen, rechnet man den Mandatsträger der BEB, Karl Novotny, hinzu. Unter den vom Konsortium Kehrl-Rasche bestimmten Personen finden sich bekannte Namen, die aufgrund der neuen Machtverhältnisse auch in die Gremien anderer Unternehmen delegiert wurden: Rasche selber, von Lüdinghausen, Kislinger, Hödl, aber auch der aus der Berliner Ministerialbürokratie stammende Paul Rheinländer sowie Rudolf Schicketanz vom Reichskommissariat für die Sudetendeutschen Gebiete. Komplettiert wurde die Liste durch Hans Ringhoffer, Prinz Hohenlohe und durch einen Direktor Hans Eltze aus Berlin. 97 Die tschechische Seite, die mit insgesamt elf Personen im Verwaltungsrat der Skoda-Werke vertreten war, dürfte es kaum als Erfolg betrachtet haben, dass mit Vilem Hromädko der Präsident des Verwaltungsrats sein Amt vorerst behalten konnte, zogen in das Präsidium mit von Lüdinghausen und Schicketanz doch zwei Repräsentanten des Konsortiums Kehrl-Rasche ein. Die vierte Stelle wurde dagegen mit Ferdinand Klindera von der Einkaufsgenossenschaft Kooperativa und damit von einem Tschechen besetzt. 98 Die tschechische Seite dürfte es kaum als Kompensation für den erlittenen Bedeutungsverlust und als Ausgleich für die dominierende Stellung des Konsortiums Kehrl-Rasche empfunden haben, dass dieses Konzessionen bei der Gestaltung des zukünftigen Bankverkehrs der Skoda-Werke machte. 45% des Umsatzes sollten auf die Zivnostenskä banka entfallen, 33,3% auf die BEB oder ein anderes vom Konsortium Kehrl-Rasche benanntes Institut, 15% auf die Anglo-Prager Creditbank und 6,7% auf die Agrarbank. O b mit dieser Quotenverteilung die Zustimmung der Zivnostenskä banka zum Syndikatsvertrag „erkauft" wurde, lässt sich aus den Quellen nicht ersehen.99 Die Machtstellung der Dresdner Bank und des Konsortiums Kehrl-Rasche berührte diese Regelung nicht entscheidend: Ein Schiedsgericht, das unter der Leitung von Carl Goetz stand, sollte Streitfälle unter den Syndikatsmitgliedern schlichten. Wie es scheint, hatten die Juristen der Dresdner Bank, die maßgeblich an der Ausarbeitung des Syndikatsvertrages beteiligt waren, jede Möglichkeit genutzt, die dominierende Stellung ihres Hauses, der BEB und des Konsortiums Kehrl-Rasche bei den Skoda-Werken zu zementieren. In keinem anderen der vorher abgeschlossenen Syndikatsverträge trat deren Führungsanspruch so offen zutage wie bei dem Pilsener Rüstungskonzern. Mit dem Abschluss des zunächst auf zwölf Jahre terminierten Syndikatsvertrags geriet 97

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Zwölf ^tschechische" Mitglieder mussten den Verwaltungsrat auf Druck des Syndikats hin verlassen. A C N B , Fond ZB, S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zpräva pro reditelstvi, 26. 5. 1939. Ebd.; H A D r B , Volkswirtschaftliche Abteilung, Akte 65/681, Waffenwerke Brünn, „Der neue Verwaltungsrat der Skoda-Werke und der Waffenwerke Brünn", in: Der Neue Tag vom 27. 5. 1939. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13638, Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5. 4. 1939. A C N B , Fond 2ß, S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, dne 5. 4. 1939. Dvoräcek macht dazu in seinen Ausführungen keine Angaben. Bei einzelnen Bankgeschäften, wie zum Beispiel Devisentransaktionen, sollte die Quotenverteilung leicht modifiziert werden: Brief der Skoda-Werke an die Agrarbank, die Anglo-Prager Creditbank, die BEB und die Zivnostenskä banka vom 13. 5. 1939; Aufstellung über die Quotenverteilung vom gleichen Tag.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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auch dieses Unternehmen unter die Kontrolle der Rüstungsplaner in Berlin. Auch diesmal hatte die Dresdner Bank, vor allem Rasche durch seine enge Liaison mit Kehrl, dazu einen wichtigen Beitrag geleistet. 100 Die alte Geschäftsleitung Skodas wurde bald vor vollendete Tatsachen gestellt. Am 19. April 1939 fand in der Direktion eine Besprechung statt, auf der man über die neue Unternehmensstruktur und über die Kompetenzverteilung diskutierte. Von tschechischer Seite nahmen daran der Präsident des Verwaltungsrats, Vilem Hromädko, Generaldirektor Vambersky und ein weiterer Direktor, Josef Modry, sowie der Generaldirektor der Brünner Waffenwerke, Eduard Outrata, teil. Die deutschen Interessen vertraten von Lüdinghausen und sein Adlatus Guido Gacek. 101 Von Lüdinghausen konnte auf dieser Sitzung die Forderungen der deutschen Seite durchsetzen, denen seine Verhandlungspartner zustimmen mussten. Von Lüdinghausen teilte zum Beispiel mit, dass er von nun an die Leitung des Exekutivkomitees als obersten Organs des Syndikats übernehmen werde. Als Gegenleistung bot er an, dass Hromädko und Vambersky ihre Posten als Vorsitzender des Verwaltungsrats und Generaldirektor zunächst behalten sollten. Dennoch konnte von Lüdinghausen als Leiter des Exekutivkomitees die Handlungsautonomie der Direktion beeinflussen, wenn nicht gar ausschalten. Ein Indiz dafür ist, dass ein jüdischer Direktor von Skoda zum 30. April 1939 bei Auszahlung einer „Entfertigung" von 90 000 Kc ebenso aus dem aktiven Dienst ausscheiden musste wie 13 jüdische Angestellte aus den einzelnen Verkaufsorganisationen des Unternehmens. 102 Im weiteren Verlauf der Sitzung legten von Lüdinghausen und seine tschechischen Gesprächspartner nicht nur die neue Kompetenzverteilung fest, sondern besprachen auch Einzelheiten des in Aussicht genommenen Investitionsprogramms. Die Finanzlage, der Umsatz, die Gestaltung des Bankverkehrs und die Lage der einzelnen Tochtergesellschaften waren ebenfalls Gegenstand längerer Erörterungen. Man einigte sich darauf, dass im gesamten Skoda-Konzern in Zukunft 6 0 % der Produktion für Kriegszwecke bestimmt sein sollten, während 4 0 % für das so genannte „Friedensgeschäft" vorgesehen waren. Bereits hier zeigte sich, dass sich die neuen Besitz- und Machtverhältnisse auf das Produktionsprogramm von Skoda auswirkten. Zudem wurde in der Besprechung vereinbart, dass jede Woche donnerstags eine Sitzung stattfinden sollte, auf der die Skoda-Direktion von Lüdinghausen über den Geschäftsgang und die Finanzlage zu informieren hatte. 103 Nach dieser Sitzung waren die Kompetenzverteilung und die Machtverhältnisse endgültig festgelegt. Das Konsortium Kehrl-Rasche bzw. von ihm benannte Personen bestimmten fortan die Geschäftspolitik der Skoda-Werke. Göring und Kehrl war es erneut gelungen, einen großen und leistungsstarken Konzern aus der Schwerindustrie im böhmischen Kernland unter ihre Kontrolle zu bekommen. ™ Ebd., Syndikätni dohoda, dne 5 . 4 . 193?; S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 6 3 8 , Syndikatsvertrag über die Skoda-Werke vom 5. 4. 1939. 'oi S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 9 3 8 4 , Protokoll über die am 19.4. 1939 bei der Direktion der Skoda-Werke stattgefundene Sitzung. Ebd. 105 Ebd.; von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S. 28

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Die Dresdner Bank hatte dazu abermals Hilfestellung geleistet. Diese Entwicklung war eine logische Folge der Interessenahme bei den Waffenwerken Brünn. Für die tschechische Seite blieb nur die traurige Erkenntnis, dass ein weiteres Kernstück ihrer modernen und international hoch angesehenen Schwer- und Rüstungsindustrie in den Machtbereich der Reichswerke Hermann Göring überführt wurde. Bei keinem anderen der Syndikate waren zudem die Möglichkeiten für eine Einflussnahme von ihrer Seite so gering wie bei den Skoda-Werken. Die Rüstungsplaner in Berlin konnten dagegen einen weiteren Erfolg bei ihren Expansionsbestrebungen verbuchen. 104 Die Beteiligung

der Reichswerke Hermann Göring bei den Waffenwerken und bei den Skoda-Werken

Brünn

Ende Juli 1939 begannen im Reichswirtschaftsministerium und in der Vierjahresplan-Behörde Beratungen, wie die Rüstungs- und Maschinenbauunternehmen des Protektorats vollends und direkt für die Wehrmacht und die rüstungspolitischen Ziele der „Berliner Stellen" zu nutzen waren. Der kommende Krieg warf seine Schatten voraus.105 Durch weitere Aktienkäufe wollte man den deutschen Einfluss absichern. Diese Aufgabe hatte ebenfalls die Dresdner Bank übernommen. Dabei erwies es sich als schwierig, sich einen nennenswerten Anteil an Aktien zu sichern. Bis zum Sommer 1939 hatte die Dresdner Bank insgesamt 59530 Aktien oder 8,5% des Aktienkapitals der Skoda-Werke zu unterschiedlichen Kursen erworben. Einen großen Teil davon hatten die Bebca bzw. die B E B und die B U B geliefert, den sie zum Teil aus Eigenbesitz, zum Teil aus dem Besitz ihrer Kunden an die Dresdner Bank veräußerten.106 Angesichts des schleppenden Verlaufs der Transaktion wies Kehrl die Dresdner Bank Ende August 1939 an, bei den beiden Prager Banken dafür zu sorgen, dass weitere Aufkäufe unterblieben. Stattdessen beschlossen Kehrl und sein Stab, die Kontrolle über die Waffenwerke Brünn und die Skoda-Werke durch eine direkte Kapitalbeteiligung der Reichswerke Hermann Göring zu sichern. 107 Offenbar dauerte es eine Zeit, bis sich die Berliner Ministerialbürokratie darüber einigte, wie die notwendigen Schritte durchzuführen waren. Die Interessenahme der Reichswerke zeigte sich zunächst nur in den Leitungsgremien der Wafi « A C N B , Fond ¿ B , S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, Brief der Skoda-Werke an die Agrarbank, Anglo-Prager Creditank, die B E B und die 2ivnostenskä banka vom 1. 6. 1939; Brief der Skoda-Werke an die gleichen Prager Banken vom 31. 8. 1939. 105 RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 10, Akte 10, Bl. 93, Brief des Staatssekretärs Landfried aus dem Reichswirtschaftsministerium an Generalmajor von Hanneken aus der Vierjahresplanbehörde vom 28. 7. 1939. Die Aktien der Waffenwerke Brünn wurden zu diesem Zeitpunkt weiter vom Syndikat verwaltet und waren bei der Dresdner Bank deponiert. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz der Konsortialabteilung und der Sekretariatsbuchhaltung (ohne Unterschrift) vom 5. 1. 1940. 106 Ebd., Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939. Von der Bebca bzw. B E B hatte die Dresdner Bank 3 3 9 7 8 Stück erworben, von der B U B 10500 Stück. 15052 Aktien hatte die Dresdner Bank bei freien Aktionären aufgekauft. Vgl. auch StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 7 9 5 , Protokoll der Vorstandssitzung von Donnerstag, den 29. 6. 1939. 107 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 3 0 7 2 9 - 2 0 0 l . B E , Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939.

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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fenwerke Brünn und der Skoda-Werke. In den Verwaltungsrat der beiden Unternehmen wurde mit Wilhelm Voss ein Vertreter des designierten neuen Besitzers, der Reichswerke Herman Göring, gewählt. Zudem wurde mit General Wolfgang Weigand ein Militär von der Rüstungsinspektion in Prag Mitglied des Verwaltungsrats der Skoda-Werke. Weigand und Voss wurden auch in das Exekutivkomitee dieses Gremiums delegiert, dessen Leitung Voss sogar übernahm. 108 Ein ähnliches Bild lässt sich für die Waffenwerke Brünn beobachten: Auch hier wurde Voss zum Vorsitzenden des Exekutivkomitees gewählt und löste damit von Lüdinghausen auf diesem Posten ab. Es zeigte sich immer deutlicher, dass die Reichswerke die beiden Unternehmen beherrschen wollten. Diese personellen Veränderungen fanden auf Weisung Kehrls statt, ohne die dazu eigentlich notwendigen Hauptversammlungen abzuwarten. 109 Die dominierende Rolle von Voss in der Rüstungswirtschaft des Protektorats trat ein Jahr später noch deutlicher zutage. Außer seiner Funktion als Vorsitzender des Exekutivkomitees übernahm er sowohl bei den Waffenwerken Brünn als auch bei den Skoda-Werken die Unternehmensleitung. Nicht nur dadurch wurde die Einbindung der beiden Rüstungsunternehmen in den Konzern der Reichswerke zementiert. Die neuen Leitungsgremien der Skoda-Werke setzten zudem eine weitreichende Satzungsänderung durch. Das Unternehmen wurde in A G , vorm. Skoda-Werke Pilsen umbenannt und ein integraler Bestandteil des reichseigenen Rüstungskonzerns. Durch weitere Änderungen der Satzung und des Syndikatsvertrags im Jahre 1943 wurde diese Konstellation bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs festgeschrieben. 110 Die direkte Beteiligung der Reichswerke an den beiden tschechischen Unternehmen bildete in Berlin Anlass für Diskussionen. Sowohl im Reichswirtschaftsais auch im Reichsfinanzministerium plädierte man dafür, die kostengünstigste Lösung anzuwenden. Dies hieß, dass man nur die 130528 Aktien im Besitz des Konsortiums Kehrl-Rasche erworben wollte. Dieser Aktienbestand und die Papiere im Besitz der mit der Dresdner Bank liierten Kreditinstitute sollten die Kontrolle der Waffenwerke Brünn garantieren. Deren dominante Stellung im Syndikat ms A C N B , Fond ¿B, S V/a-88/i, Skoda Syndikitni üverovä dohoda, Syndikätni dohoda, Protokoll über die am 25. 8. 1939 stattgefundene Sitzungvder Mitglieder des Aktiensyndikats der SkodaWerke; S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zprava pro reditelstvi, 27. 10. 1939; Zprava pro reditelstvi, 15. 11. 1939. ' « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9396, Aktennotiz Herbecks vom 15. 8. 1939; A C N B , Fond S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zprava pro reditelstvi, 26. 8. 1939; von Lüdinghausen, Einige Bemerkungen zum besseren Verständnis, S. 29. In den folgenden Monaten zeigten die Verwaltungsräte der beiden Unternehmen eine vergleichsweise hohe personelle Fluktuation. Bei den Skoda-Werken wurde die Zahl der Mandate auf 23 erhöht, wobei zwölf auf die tschechische, elf auf die deutsche Seite entfielen. Bei den Waffenwerken Brünn wurde die Zahl der Mandate auf 17 festgelegt, wovon neun der tschechischen und acht der deutschen Seite zustanden. Im Exekutivkomitee der Skoda-Werke wurde außer Voss noch Görings Verbindungsoffizier Karl Bodenschatz Mitglied. A C N B , Fond ZU, S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zprava pro reditelstvi, 27.10.1939; Zprava pro reditelstvi, 15.11. 1939; Zpräva pro reditelstvi, 18. 1. 1940. HO Ebd., S V/a-88/i, Skoda Syndikätni üverovä dohoda, Syndikatsvertrag: Neufassung gemäß dem Beschluss der Syndikatssitzung vom 21.1.1943; BAB, Bestand R 2, Akte 15128, Bl. 7 f., Brief von Voss an Helmut Roehnert, Vorsitzender des Arbeitsauschusses des Aufsichtsrats der Reichswerke Hermann Göring vom 30.4. 1941; Brief Roehnerts an Ministerialdirigent Nasse vom Reichsfinanzministerium vom 5. 5. 1941.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

für die Skoda-Werke sowie Posten von Aktien, die von den Reichswerken von der Dresdner Bank und B E B erworben worden waren, sollten dagegen den beherrschenden Einfluss der Reichswerke beim Rüstungskonzern aus Pilsen sichern. Im Frühjahr 1940, gut ein Jahr nach Gründung der beiden Syndikate, wollte man die von Kehrl initiierte Transaktion endgültig abschließen. Die Reichswerke erwarben die vom Konsortium Kehrl-Rasche verwalteten 130528 Aktien der Waffenwerke Brünn. Rasche sollte es übernehmen, die anderen Syndikatsmitglieder von diesem Schritt zu unterrichten. Eine ernsthafte Opposition dagegen befürchtete man nicht. 111 Im Juni 1940 überwiesen die Reichswerke den Kaufpreis für die Aktien an die Dresdner Bank und wurden damit deren neue Eigentümer.112 Das bei der B E B geführte Depot für das Konsortium Kehrl-Rasche wurde im August 1940 aufgelöst, die Aktien der Waffenwerke Brünn nach Berlin gebracht und in ein Depot der Reichswerke bei der Dresdner Bank gelegt. Das Konsortium KehrlRasche wurde beendet, Rasche selber schied als Mitglied aus dem Aktiensyndikat bei den Waffenwerken Brünn aus, allerdings wurde er Mitglied des Verwaltungsrats. 113 Die Transaktion, die wie keine andere die engen Beziehungen zwischen Rasche und den Rüstungsplanern in Berlin dokumentiert, war damit endgültig abgeschlossen. Aus Sicht der Dresdner Bank war es Rasche gelungen, die Allianz mit Kehrl weiter zu stärken. Aus Sicht der tschechischen Rüstungsunternehmen war die Dresdner Bank noch mehr zum Komplizen der deutschen Rüstungswirtschaft, vor allem der Reichswerke Hermann Göring geworden. Fraglich ist, ob der gesamte Vorstand in der Behrenstrasse über die Tragweite dieses Vorgehen genau informiert war. Der Ausbau der Rüstungswirtschaft, die Dresdner Bank und die BEB Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs zog man in der Berliner Ministerialbürokratie und bei den Reichswerken eine Bilanz der bisherigen Expansionsschritte in die Rüstungswirtschaft des Protektorats. Bei den Waffenwerken Brünn kontrollierte das Reich ca. 99% des Aktienkapitals, nachdem sich die Reichswerke dort beteiligt hatten und das Aktiensyndikat neu strukturiert worden war. Für diese Beteiligung und den Erwerb der 130528 Aktien hatte das Reich 19,58 Mio. R M aufgewandt.114 Bei den Skoda-Werken waren 55% des Aktienkapitals syndiziert. Zudem hatten die Reichswerke von der Dresdner Bank und der B E B 59530

in StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 4 4 7 6 , Aktennotiz vom 4. 5. 1940; N I D - 1 3 9 1 5 , Brief Rasches und Andrés an die Reichswerke Hermann Göring, Sekretariat Voss, vom 21. 5. 1940; NID-14610,, Brief Andrés und Kühnens an Kehrl vom 24. 5. 1940. "2 Ebd., N I D - 1 3 9 3 3 , Brief der Skoda-Werke an Rasche vom 22. 6 . 1 9 4 0 ; N I D - 1 8 6 7 , Aktennotiz vom 4. 12. 1940. Ebd., N I D - 1 3 3 9 0 , Brief Kehrls und Rasches an die B E B vom 5. 8. 1940; Brief der B E B an Kehrl vom 7. 8. 1940; Brief der B E B an Rasche vom 7. 8. 1940. Der Verwaltungsrat der Waffenwerke Brünn wurde in diesem Zusammenhang aufgestockt. In das Gremium zogen als neue Mitglieder Erich von Wedelstädt von der Protektoratsverwaltung und Karl Svoboda von der Prager Agrarbank ein. H A D r B Berlin, Volkswirtschaftliche Abteilung, Akte 65/681, Waffenwerke Brünn, Geschäftsberichte der Gesellschaft für 1937 bis 1940. " 4 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 9 1 2 , Brief der B E B an Rasche vom 6. 11. 1940; B A B , Bestand R 2, Akte 15128, Bl. 37, Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 11. 10. 1940.

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Aktien des Pilsener Unternehmens im freien Verkauf erworben. Für diese Beteiligung von 8,5% am Aktienkapital waren 6,5 Mio. R M an die beiden Institute bezahlt worden. Die Reichswerke kontrollierten auch hier eine deutliche Aktienmehrheit. 115 Dieser Aktienbesitz genügte dem Reich keineswegs. Sie wollten die Beteiligung der Reichswerke am Pilsener Rüstungskonzern ausbauen, um ihn vollends zu beherrschen und noch intensiver in die Rüstungswirtschaft einzubinden. 1 ^ Die Reichswerke schalteten die Dresdner Bank und die B E B ein, um dieses Ziel zu verwirklichen. Die beiden Geldhäuser sollten dafür sorgen, dass weitere Aktien der Skoda-Werke in den Besitz der Reichswerke gelangten. Aber auch Aktien der Poldi-Hütte und der Ersten Brünner Maschinenfabrik sollten gekauft werden. Im Auftrag Kehrls erwarben die Dresdner Bank und die B E B vom Herbst 1939 bis Mitte 1942 vor allem Aktien, die sich bis dahin in jüdischem Besitz befunden hatten. Das Amt des Reichsprotektors hatte inzwischen eine Verordnung erlassen, in dem die „Verwertung" jüdischen Vermögens geregelt worden war. Der Zugriff und die Weiterveräußerung von Aktienpaketen aus jüdischem Besitz schien eine einfache Möglichkeit zu sein, den Reichswerken die gewünschten Aktien zu beschaffen. Die Dresdner Bank und die B E B wollten diese Möglichkeit sofort ausnutzen. Im Juni 1941 wurde zum Beispiel bekannt, dass noch ein gewisses Quantum an Aktien der Poldi-Hütte auf Sperrkonten deponiert war, deren Inhaber Juden waren. Karl Novotny, Vorstandsmitglied der B E B , informierte Rasche über diesen Sachverhalt und schlug ihm vor, den Reichswerken diese Aktien unter Einschaltung seines Instituts anzudienen. Für diese Transaktion war jedoch das Plazet des Reichsprotektors, konkret des Leiters der Gruppe Wirtschaft, Walter Bertsch, erforderlich. Bei einer Unterredung mit einem Mitarbeiter von Bertsch, Erich von Wedelstädt, erfuhr Novotny jedoch, dass die Reichswerke mit einem ihrer Direktoren inzwischen selber bei Bertsch vorstellig geworden waren und die Ubergabe von Aktien aus jüdischem Besitz von allen Unternehmen in Böhmen und Mähren gefordert hatten, die der „Montankomplex" inzwischen kontrollierte. Bertsch war auf diese Forderung eingegangen und hatte dem Direktor der Reichswerke zugesichert, alle „jüdischen Aktien für sein Unternehmen zu reservieren". 117 Sowohl bei der B E B als auch bei der Dresdner Bank wollte man jedoch nicht vorschnell die Hoffnung aufgeben, sich in die Transaktion einzuschalten. N o votny schlug Rasche vor, mit der Leitung der Reichswerke in Berlin Kontakt aufzunehmen und ihr die Hilfestellung der beiden Banken anzubieten. Die B E B und die Dresdner Bank wollten auf jeden Fall an diesem Geschäft partizipieren. Die Enteignung jüdischen Vermögens, die Intensivierung der Rüstungswirtschaft und die „Germanisierung" der tschechischen Schwerindustrie vermischten sich hier mit der Intention der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation, sich weiterhin als unentbehrlicher Partner für die Reichswerke und ihren Expansionsdrang zu 115

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Ebd.; S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 9 1 2 , Brief der B E B an Rasche vom 6. 11. 1940. B A B , Bestand R 2, Akte 15128, Bl. 38, Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 11.10. 1940. Mollin, Montankonzerne, S. 190; Volkmann, Eingliederung der Sudetengebiete und Böhmens und Mährens, S. 199-202. S t A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 6 2 9 , Brief Novotnys an Rasche vom 18. 6. 1941.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

positionieren. 118 In den Quellen lassen sich mehrfach Hinweise darauf finden, dass die BEB beschlagnahmte jüdische Aktien an die Reichswerke weiterveräußerte bzw. als Treuhänderin bei Hauptversammlungen vertrat. Zum Beispiel verkaufte die BEB im Juli 1942 Aktien der Poldi-Hütte aus ehemaligem jüdischem Besitz. Zudem vertrat sie auf der Hauptversammlung des Unternehmens 3000 Aktien, die beschlagnahmt worden waren und von ihr zunächst treuhänderisch verwaltet wurden. 119 Nicht zuletzt aufgrund dieser Hilfestellung der BEB gelang es den Reichswerken, ihre Position in der Rüstungsindustrie des Protektorats weiter auszubauen. Zudem arbeiteten die vier von ihnen kontrollierten Unternehmen so profitabel, dass sich ihre Ertragslage stetig verbesserte. Die Skoda-Werke führten 1942 eine Kapitalerhöhung durch, um ihr Eigenkapital dem erweiterten Produktionsprogramm anzupassen. Die Mittel für diese Kapitalerhöhung konnten sie den eigenen Reserven entnehmen, die sie infolge guter Erträge angesammelt hatten. 120 Angesichts dieser Entwicklung entschlossen sich Göring, Kehrl und die zuständigen Referenten in der Vierjahresplan-Behörde, die Kontrolle der vier Unternehmen 1942 beizubehalten, als die „Führungsgesellschaften" der Reichswerke grundlegend restrukturiert wurden. Die Poldi-Hütte, die Erste Brünner Maschinenfabrik, die Waffenwerke Brünn und die Skoda-Werke wurden ausdrücklich von einer geplanten Reprivatisierung ausgenommen. 121 Stattdessen ordnete man im Juli 1942 eine Reorganisation der beiden letzten Unternehmen an, um die Kontrolle noch effizienter zu gestalten. Die Leitung der Waffenwerke Brünn und der AG, vorm. Skoda-Werke Pilsen wurde in einer neuen Dachgesellschaft, der Waffenunion Skoda-Brünn GmbH, zusammengefasst. 122 Die Gremien und Organe dieses Unternehmens besetzte man mit Personen und Funktionsträgern aus den Reichswerken, der Berliner Ministerialbürokratie, der Vierjahresplan-Behörde und der Protektoratsverwaltung. 123 Resümiert man die Bildung der Syndikate und die danach durchgeführte Übernahme von vier der bedeutendsten Unternehmen aus der tschechoslowakischen Schwerindustrie durch die Reichswerke Hermann Göring, so lässt sich Folgendes festhalten: An Kehrls Rolle als „verlängertem Arm" Görings ist nicht zu zweifeln. Damit realisierte er die seit dem Herbst 1938 in der Vierjahresplan-Behörde dis" 8 Ebd. »9 Ebd., NID-8247, Telegramm von Lüdinghausens an Rasche vom 4. 3 . 1 9 4 2 ; NID-13916, Schreiben der Konsortialabteilung der BEB an die Dresdner Bank vom 13. 7. 1942. 120 BAB, Akte 15128, Bl. 153-163, Prüfbericht der Deutschen Revisions- und Treuhandanstalt über den Jahresabschluss für 1940, der A G , vorm. Skoda-Werke Pilsen; Bl. 184-187, 193, 214, Bericht der Deutschen Revisions- und Treuhand A G über die bei der A G , vorm. Skoda-Werke Pilsen vorgenommene Prüfung des Jahresabschlusses zum 3 1 . 1 2 . 1940; A C N B , Fond S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Zprävy pro reditelstvi, Zpräva pro reditelstvi, 19. 3. 1941; 24. 4. 1941; Geschäftsbericht für das Jahr 1940; Zpräva pro reditelstvi, 8. 7. 1941, 3. 3. 1942; Bericht für die Direktion 23. 5. 1942. •21 BAB, Bestand R. 2, Akte 15128, Bl. 321, Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 3. 7. 1942. A C N B , Fond ZB, S VIII/d-3/6, Akciovi spolecnost, drive Skodovy Zavody, Berichte für die Direktion vom 2 2 . 1 2 . 1942 u. 23. 6. 1944. 122 BAB, Bestand R 2, Akte 15128, Bl. 328, Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 2 0 . 1 1 . 1942 über die Gründung der Waffenunion Skoda-Brünn. •23 Ebd., Bl. 128, Vermerk des Reichsfinanzministeriums vom 2 4 . 4 . 1942; Bl. 324, Brief des Generals Bodenschatz an Reichsminister Schwerin von Krosigk vom 1 5 . 1 2 . 1942.

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kutierten Denkmodelle und Planspiele sowie die von Göring seit dieser Zeit immer wieder ausgegebenen Direktiven. Ebenso eindeutig nachzuweisen ist die enge Beziehung zwischen Kehrl und Rasche sowie dessen nachhaltiges Bemühen um Kooperation und Zusammenarbeit mit den Berliner Rüstungsplanern. Ohne Rasches Engagement, ohne seinen Rückgriff auf den Apparat der Dresdner Bank und deren Know-how, ohne die Einschaltung seiner Mitarbeiter wie von Lüdinghausen, Herbeck oder Ansmann hätten sich auch diese Transaktionen wesentlich schwieriger gestaltet. Damit werden ältere Forschungsergebnisse nachhaltig bestätigt, gleich aus welchem ideologisch-theoretischen Lager sie stammen. Fraglich bleibt jedoch, ob Rasches wesentliches Motiv für seine Mitwirkung, die seiner Mitarbeiter und seiner Bank in einer gezielten Penetration der Protektoratswirtschaft und einer forcierten „Germanisierung" in Böhmen und Mähren zu suchen ist. Dies war sicherlich die Intention der zuständigen Referenten und Entscheidungsträger im Reichswirtschaftsministerium und der Vierjahresplan-Behörde. Rasche ging es in erster Linie um die Sicherung von Marktanteilen im Konkurrenzkampf mit anderen reichsdeutschen Instituten, aber auch um die Zementierung der Wettbewerbsposition der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation in der Kreditwirtschaft des Protektorates. Richard Overy ist zuzustimmen, wenn er für die verschiedenen im Frühjahr und Frühsommer 1939 durchgeführten Transaktionen einen „curious legalism" in der deutschen Rüstungswirtschaft, aber auch bei der Dresdner Bank konstatiert.124 Trotz aller Bestrebungen nach Kontrolle der böhmischen Rüstungsindustrie, trotz aller nicht zu leugnenden „Germanisierungstendenzen" wagten es weder das Reichswirtschaftsministerium und die Vierjahresplan-Behörde noch die Reichswerke und die Dresdner Bank, sich durch eine rücksichtslose Beschlagnahmung und Enteignung in den Besitz der vier Rüstungsunternehmen zu bringen. Den äußeren Schein, das Beharren auf allseits akzeptierten Gepflogenheiten und Usancen im internationalen Geschäftsverkehr wollte man nicht vorschnell verlassen, wohl aber jede sich bietende Gelegenheit zur Ausweitung der eigenen Wettbewerbs-, ja Machtposition ausnutzen. Dazu wurden auch gezielt Drohkulissen aufgebaut. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass diese Praxis eindeutig zu Lasten der tschechischen Wirtschaft, ihrer Unternehmen und ihrer Führungspersönlichkeiten ging - trotz aller legalistischen Camouflage. Dieses Verhalten entsprach der Verwaltungs- und Herrschaftspraxis in den ersten Monaten der Ära von Neuraths als Reichsprotektor. Noch musste die eigene Herrschaftsposition ausgebaut bzw. abgesichert werden, noch durfte man nicht allzu viele Konflikte und Widerstände in der tschechischen Bevölkerung riskieren. Auch dies, oft mit dem Anschein des Legalismus durchgeführte Durchdringungspolitik bereitete gezielt die ökonomische Landnahme im Protektorat sowie die spätere Radikalisierung der Besatzungsherrschaft vor.

1« Overy, Iron Man, S. 125-127.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Rüstungspolitik und „Arisierung" - Der „Fall Witkowitz" Bereits während der Habsburger Monarchie gehörte die Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft Witkowitz in der Nähe von Mährisch Ostrau zu den größten Montankomplexen in Europa. Seit dem Durchbruch der Industrialisierung in den böhmischen Ländern waren hier unter Führung des Bankhauses Rothschild in rascher Folge Betriebe des Kohlen- und Eisenerzbergbaus, der Eisenverhüttung, der R o h - und Feinstahlerzeugung sowie des Maschinenbaus entstanden. Witkowitz zählte zu den Unternehmen, die Schienen und rollendes Material für den Eisenbahnbau in der gesamten Habsburger Monarchie geliefert hatten. Witkowitz war aber auch im Maschinenbau und in der Produktion von Rüstungsgütern engagiert. Zudem besaß das Unternehmen zahlreiche Beteiligungen an Erzgruben und an Bergbaugesellschaften im Ausland, darunter auch in Schweden. Mitte der 1930er Jahre produzierte es 3 0 % des Rohstahls und 4 0 % des Roheisens der gesamten Tschechoslowakei. 1 2 5 Daher rückte dieser „Montankomplex" lange vor der Okkupation und der Zerschlagung der Tschechoslowakei in das Visier der deutschen Rüstungsplaner und Militärexperten, die seine Produktpalette und sein Know-how möglichst schnell für die deutsche Rüstungswirtschaft ausnutzen wollten. 1 2 6 Auch die komplizierten Besitzverhältnisse bei Witkowitz schreckten die Reichsbehörden nicht ab. Ursprünglich befand sich eine Hälfte der 100 Kuxe im Besitz des Bankhauses Rothschild und seiner verschiedenen Familienzweige, während die andere Hälfte einer mit den Rothschilds befreundeten Bankiers- und Industriellenfamilie, den Gutmanns, gehörte. Die Gutmanns betrieben in Wien ein Bankhaus, waren aber in Osterreich und in Böhmen auch an Kohlengesellschaften und Betrieben der Eisen- und Stahlindustrie beteiligt. Mitte der dreißiger Jahre hatten die Betriebe der Gutmanns mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen und mussten Schulden bei englischen Banken aufnehmen, die unter der Führung der Rothschilds standen. Ende 1936, Anfang 1937 entschlossen sich die Inhaber des Wiener Bankhauses, 24 Kuxe an die Rothschilds zu verkaufen, um ihre Schulden zurückzuzahlen. Nach dieser Transaktion waren sie noch mit 26 Kuxen bei Witkowitz beteiligt, die verschiedenen Zweige der Familie Rothschild dagegen mit 74. Für die Verwaltung der Kuxe wurde ein Komitee gebildet, dem Mitglieder

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Christopher Kopper, Die Rothschilds im „Dritten Reich", in: Georg Heuberger (Hg.), Die R o t h schilds. Beiträge zur Geschichte einer europäischen Familie, Bd. 2, Sigmaringen 1994, S. 330; Peter Melichar, Neuordnung im Bankwesen. Die NS-Maßnahmen und die Problematik der Restitution, Bericht der Historikerkommisssion der Republik Österreich, Bd. 11, München/Wien 2004, S. 112. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 3 0 7 3 0 - 2 0 0 1 . B E , Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz über die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft, Witkowitz, vom 17. 2. 1939, ohne Unterschrift. Die wichtigste Beteiligung von Witkowitz in Schweden war die Freja Bergwerks-Aktiebolaget mit Sitz in Stockholm. Siehe dazu: S t A N , KVProzesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 5 5 7 , Brief Georg Stillers aus dem Sekretariat Rasche an das Auswärtige Amt in Berlin vom 2 1 . 6 . 1941.

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H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 3 0 7 3 0 - 2 0 0 1 . B E , Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz über die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft, Witkowitz, vom 17. 2 . 1 9 3 9 , ohne Unterschrift; Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 107; Hans Radandt, Die Vitkovicer Berg- und Hütten-Gewerkschaft als Organisationszentrum der Reichswerke A G „Herman Göring" für die Beherrschung der Eisen- und Stahlwirtschaft südosteuropäischer Länder, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, 1973/3, S. 19.

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des Wiener, Pariser und Londoner Zweigs der Familie Rothschild ebenso angehörten wie des Wiener Bankhauses Gutmann. In den Leitungsgremien von Witkowitz stellten Vertreter der beiden Bankdynastien ebenfalls die Mehrheit. Zudem gehörten den Gremien prominente böhmische Industrielle und Bankiers wie Jaroslav Preiss von der Zivnostenskä banka an. 127 Den zunehmenden Druck auf die Juden im Reichsgebiet sowie den wachsenden Antisemitismus in Osterreich während des „Ständestaates" registrierten auch die Rothschilds und Gutmanns mit wachsender Besorgnis. Ahnlich wie die Petscheks entschlossen sie sich, ihren Besitz an Industriebeteiligungen zu schützen. Sie übertrugen im Mai 1937 ihre Eigentumsrechte an Witkowitz auf eine britische Holdinggesellschaft, die Londoner Alliance Assurance Company. 1 2 8 Dieses U n ternehmen gab seinerseits Inhaberzertifikate heraus, welche den Besitz an Kuxen der Gewerkschaft Witkowitz repräsentierten. Die Zertifikate waren wiederum in Einzelstücke (Units) unterteilt, wobei ein Zertifikat 1000 Units entsprach. Fünf Zertifikate oder 5000 Units verbrieften das Recht, einen Kux zu erwerben. 1 2 9 Die Zertifikate und die Units befanden sich im Besitz der Familien Rothschild und Gutmann. Diese hofften, dadurch ein wirksames Hindernis vor einer möglichen „Arisierung" aufgebaut zu haben: Die Gewerkschaft Witkowitz war nun britisches Eigentum und nach Ansicht der Rothschilds und Gutmanns vor dem Zugriff deutscher oder österreichischer Stellen geschützt. Die beiden ehemaligen Inhaberfamilien hatte sich jedoch über die Inhaberzertifikate weiterhin Verfügungs- und Kontrollrechte an der Gewerkschaft gesichert. 130 Die Hoffnung der Rothschilds und Gutmanns erwies sich jedoch bald als trügerisch. A m 12. März 1938 marschierten deutsche Truppen in Osterreich ein. Zwei Tage nach dem „Anschluss" wurde der Kopf der Wiener Rothschild-Familie, Louis Nathaniel von Rothschild, verhaftet. Schnell wurde deutlich, dass die neuen Machthaber in Wien ihn als Geisel festsetzen wollten, um auf die Rothschilds Druck auszuüben, in Verhandlungen über den Verkauf ihrer Inhaberzertifikate an der Gewerkschaft Witkowitz einzuwilligen. 131

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H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz über die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft, Witkowitz, vom 17. 2. 1939, ohne Unterschrift; A C N B , Fond ZB, S VIII/d-15/8, Bratri Gutmannovi a.s., Praha, R 8, Rüzne 1931-1945, Aktennotiz für die Zivnostenskä banka vom 20. 6. 1934. Bei dieser Gesellschaft dürfte es sich um ein Unternehmen aus dem Interessenkreis des Londoner Bankhauses Rothschild gehandelt haben. Dessen Inhaber, Lionel Rothschild, war gleichzeitig der Präsident des Board of Directors der Alliance Assurance Company. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz über die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengesellschaft, Witkowitz, vom 17. 2. 1939, ohne Unterschrift. Insgesamt hatte die Alliance Assurrance Company für die 100 Kuxe 500000 Units herausgegeben. HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Erklärung der Alliance Assurance Company über die Inhaberzertifikate der Gewerkschaft Witkowitz vom 6. 5.1937. Weitere Angaben finden sich bei Melichar, Neuordnung im Bankwesen, S. 375-179, und Radandt, Vitkovice, S. 19 f. Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 107; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-15625, Affidavit von Leonhard Keesing, Finanzberater der Familie Rothschild, vom 19. 3. 1948. Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, B. 1, S 107; Fritz Weber, Der letzte große Kapitalist. Louis Nathaniel von Rothschild, in: Karl Sotriffer (Hg.), Das größere Österreich. Geistiges

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Abb. 10: Louis de Rothschild (links) und der sozialistische Politiker Leopold Kuntschak während ihrer gemeinsamen Gestapo-Haft im Hotel Metropol in Wien 1938/39. Quelle: Osterreichische Nationalbibliothek, Wien.

A m 29. Dezember 1938 übersandte die Länderbank W e n den Reichswerken Hermann Göring ein Gutachten mit einer Bewertung der Betriebsanlagen in Witkowitz. Diese Bewertung stammte jedoch aus dem Jahre 1935, so dass die Länderbank einräumen musste, dass der aktuelle Wert der Witkowitzer Werke sich durchaus von dem aus dem Gutachten unterscheiden könne. Auf der anderen Seite war man sich sowohl bei der Länderbank als auch bei den Reichswerken darüber im Klaren, dass eine neue Bewertung der Betriebsanlagen sehr zeitaufwändig sein würde. Das Ziel, möglichst schnell mit den Rothschilds über den Verkauf ihrer Werke zu verhandeln, ließ sich dann nur schwer realisieren. Deshalb sollte das Gutachten aus dem Jahre 1935 als Bewertungsgrundlage dienen, obwohl der aktuelle Wert der Witkowitzer Werke deutlich höher lag, als hier ausgewiesen worden war. 132 N o c h spielten die Rothschilds auf Zeit und zeigten keine Neigung, Verhandlungen mit Emissären der Reichswerke oder der Vierjahresplan-Behörde zu beginnen. Offensichtlich glaubten sie, sich noch in einer sicheren Position zu befinden. Im Februar 1939 reiste Eugen (Eugene) von Rothschild, der Kopf des Prager Rothschild-Zweiges, nach London, um sich hier der Unterstützung für künftige Verhandlungen mit der deutschen, aber auch mit der tschechoslowakischen Regierung zu vergewissern. Die Regierung in Prag hatte angeboten, unter Umstänund soziales Leben von 1880 bis zur Gegenwart, Wien 1982, S. 351-355; Melichar, Neuordnung im Bankwesen, S. 379f.; Eigner/Melichar, Enteignungen und Säuberungen, S. 56. "2 StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-5697, Brief der Länderbank Wien an die Reichswerke Hermann Göring vom 29.12. 1938.

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den selbst die Werke in Witkowitz zu erwerben, verlangte dafür aber eine Kompensation des Kaufpreises durch eine großzügige finanzielle Unterstützung aus London. Als Unterhändler für die tschechische Seite fungierte Jaroslav Preiss, der Verwaltungsratsvorsitzende der Zivnostenskä banka. 133 Als Preis für einen Verkauf der Anlagen in Witkowitz stand eine Summe von 10 Mio. Pfund zur Diskussion, die in etwa dem Betrag entsprach, den London der Tschechoslowakei als mögliche Kompensation für finanzielle Verluste aus dem „Münchener Abkommen" zugesagt hatte. Zu intensiven und konkreten Verhandlungen kam es jedoch nicht mehr: Mit der Okkupation Prags und dem Ende der Zweiten Tschechoslowakischen Republik wurden die Sondierungen mit den Rothschilds und Gutmanns abgebrochen. 134 Das Gesetz des Handelns bestimmte nun die deutsche Seite. Eine Woche nach der Besetzung Prags informierte Kehrl die Dresdner Bank darüber, dass Devisen für einen Erwerb der Anlagen in Witkowitz bereit stünden. Zudem erteilte er Rasche das Mandat, die Verhandlungen mit den Rothschilds bzw. der Alliance Assurance Company zu führen. Kehrl setzte erneut auf die Verhandlungsführung der Dresdner Bank und die Durchsetzungsfähigkeit Rasches, um die Kontrolle über den „Montankomplex" in Mährisch-Ostrau zu bekommen. Für Rasche und die Dresdner Bank bedeutete das Mandat eine weitere Chance, sich als die wichtigste Bank- und Finanzverbindung der Reichswerke Hermann Göring zu positionieren und die Beziehungen zur Berliner Ministerialbürokratie zu festigen. Die Dresdner Bank hatte im Frühjahr 1939 alle konkurrierenden Institute aus dieser Position verdrängen können und genoss das uneingeschränkte Vertrauen Kehrls und seiner Referenten in der Vierjahresplan-Behörde. Die Kontrolle und Ausbeutung des wehrwirtschaftlichen Potenzials durch die Reichswerke schien auch im Protektorat ohne die Mithilfe der Dresdner Bank nicht möglich zu sein. 135 Zwar sollte Rasche die Verhandlungsführung übernehmen, doch sollten ihm dabei zwei prominente Bankiers assistieren: Jaroslav Preiss von der Zivnostenskä banka und Leonhard Wolzt, der neue „starke Mann" bei der Länderbank Wien AG. Dies war eine interessante Konstellation: Außer Rasche wurden der Verwaltungsratsvorsitzende des größten tschechoslowakischen Kreditinstituts und der maßgebliche Entscheidungsträger der neuen Affiliation der Dresdner Bank in Wien damit beauftragt, die Verhandlungen mit den Rothschilds und Gutmanns zu führen. O b diese personelle Zusammensetzung der Verhandlungskommission einem Wunsch Kehrls oder Rasches entsprach, ist unklar. Dagegen steht fest, dass die Dresdner Bank in Verbindung mit der Länderbank und der Zivnostenskä banka die Interessen des Reiches, vor allem der Reichswerke Herman Göring wahrnehmen sollte. 136 Am 27. März 1939 trafen Rasche, Preiss und Wolzt in Paris ein, um hier mit Vertretern der Familien Rothschild und Gutmann über den Erwerb von WitkoEbd., NID-15625, Affidavit von Leonhard Keesing vom 19.3.1948; Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 108. Ebd.; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 15625, Affidavit von Leonhard Keesing vom 19. 3. 1948. 135 Ebd., NID-13407, Brief Kehrls an Rasche vom 23. 3. 1939; NID-12212, Erklärung Georg Stillers (Sekretariat Rasche) vom 12. 11. 1946. i " Ebd., NID-13407, Brief Kehrls an Rasche vom 23. 3. 1939. 133

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witz zu verhandeln. 137 Paris hatte man als Verhandlungsort gewählt, weil Eugen von Rothschild und einige seiner Berater nach der Okkupation Prags dorthin geflohen waren und ihre Geschäfte von dort aus weiterführen wollten. Paris galt zu diesem Zeitpunkt noch als vergleichsweise sicherer Zufluchtsort für Juden und damit auch für die Rothschilds und die „nichtarischen" Entscheidungsträger der Gewerkschaft Witkowitz. 138 Die Delegation unter der Leitung Rasches unterbreitete in Paris ein erstes konkretes Angebot. Für die Übernahme der Werke in Witkowitz einschließlich des schwedischen Tochterunternehmens Freja Bergwerke wollte das Reich 1341 Mio. Kc zahlen. Diesen Betrag wollte man bis auf eine kleine Summe, die in Devisen zu begleichen war, in tschechischer Währung auf Konten der Rothschilds und Gutmanns transferieren, sobald die Genehmigung der Behörden vorlag. Rasche hielt ein solches Verfahren für gerechtfertigt, da seiner Meinung nach die Gewerkschaft Witkowitz nach der Errichtung des Protektorats im deutschen Wirtschaftsraum lag und wichtige Anteilseigner wie Eugen von Rothschild dort ihren Wohnsitz hatten. Sie seien daher als Deviseninländer zu behandeln. Gleiches galt nach Rasche für die Mitglieder der Wiener Rothschilds und die Gutmanns. Die Flucht einiger Rothschilds nach Paris oder die Ubersiedlung in andere europäische Länder bildeten nach Rasches Auffassung kein Kriterium dafür, diese als Devisenausländer mit Anspruch auf Auszahlung des Kaufpreises in Devisen zu betrachten.139 Hier trat erneut ein Problem zutage, das bereits die Verhandlungen mit den Petscheks und den Weinmanns hatte scheitern lassen: Das Reich wollte den Kaufpreis für Witkowitz zum allergrößten Teil in Kc bezahlen. Die Vierjahresplan-Behörde und das Reichswirtschaftsministerium glaubten, mit einem solchen Angebot wertvolle Devisen zu sparen. Sie hielten die Zwangslage der Rothschilds und Gutmanns für so gravierend, dass sie ihrer Meinung nach auf das Angebot eingehen würden. Ahnlich wie die Petscheks und die Weinmanns lehnten auch die Vertreter der Familien Rothschild und Gutmann eine solche Offerte als indiskutabel ab. Die Begleichung des Kaufpreises in Kc war für sie völlig nutzlos, da es sich hier um eine „gebundene Währung" handelte, die im Ausland nicht zu konvertieren war. Sie forderten daher, den Kaufpreis komplett in konvertierbaren Devisen zu begleichen. Wenn sie ihre Inhaberzertifikate abgeben sollten, dann verlangen sie dafür einen angemessenen Preis und dessen Transfer in Devisen, mit denen sie im Ausland neue Investitionen finanzieren konnten. 140 Auf Seiten der Rothschilds und Gutmanns nahmen folgende Personen an der Besprechung teil: Baron Eugen (Eugene) von Rothschild, Baron Alphonse de Rothschild, Baron Willi Gutmann, Direktor Leonhard Keesing, Direktor Schnabel, Generaldirektor Federer von der Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft Witkowitz. Ebd., NID-14473, Aktennotiz von Wolzt vom 1. 4. 1939 über die am 27. und 28. 3.1939 in Paris stattgefundenen Besprechungen über die Repatriierung der Kuxe der Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft, Mährisch-Ostrau (Aktennotiz Wolzt), Anlage zum Brief an Karl Rasche vom 1.4. 1939. Ebd., N I D - 15625, Affidavit von Leonhard Keesing vom 19.3. 1948. 139 Ebd., NID-14473, Aktennotiz Wolzt vom 1. 4. 1939. Die deutsche Seite wollte den Besitzern von Inhaberzertifikaten, die im Sinne des Reichsdevisengesetzes als Ausländer galten, Devisen anbieten. Als Ausländer im Sinne des Reichsdevisengesetzes galten die Personen, die ihren Wohnsitz nicht im Reich hatten oder Auswanderer waren, die im Reich Vermögenswerte besaßen. Siehe RGBl. I, S. 1734, Reichsdevisengesetz vom 12.12.1938. i « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-14473, Aktennotiz Wolzt vom 1. 4. 1939.

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Die Vertreter der Rothschilds präsentierten ein weiteres Argument, das ihre Forderung unterstützte: Der rechtliche Eigentümer der Gewerkschaft in Witkowitz war eine britische Gesellschaft, die den Ertrag (Ausbeute) an die Inhaber der Zertifikate in englischen Pfund und damit in Devisen auszahlte. Aus diesem Grund verlangten die Rothschilds und Gutmanns, dass die gesamte Verkaufstransaktion ebenfalls in englischer Währung abzuwickeln sei. Eine Summe von zehn Mio. Pfund hielten sie für angemessenen,141 da sie auf einer Bewertung der Betriebsanlagen von Witkowitz basierte, die ihr Generaldirektor Federer im Laufe der Besprechung in Paris vorlegte. Dieser Betrag untergliederte sich nach der, wie Federer betonte, äußerst vorsichtigen Bewertung wie folgt: Der eigentliche Kaufpreis für die Inhaberzertifikate bzw. die Kuxe der Familien Rothschild und Gutmann sollte 7,5 Mio. Pfund betragen, zu denen noch 2,5 Mio. Pfund an Ausbeute für die Jahre 1937 und 1938 hinzukamen. Zudem hatte Federer einen Plan aufgestellt, wie der Kaufpreis für die Kuxe zu begleichen war: Eine Million Pfund sollte bei Vertragsabschluss in bar an die Rothschilds und Gutmanns ausbezahlt werden, danach waren viermal jeweils eine Million Pfund im Abstand von sechs Monaten auf Konten der beiden Inhaberfamilien ins Ausland zu transferieren. Der Rest sollte durch die Einräumung von Hypotheken zugunsten der Rothschilds und der Gutmanns beglichen werden. Sowohl die Höhe des Kaufpreises als auch die Modalitäten zu seiner Bezahlung lehnte Rasche kategorisch ab. Ein greifbares Ergebnis schien nicht in Sicht, so dass die Verhandlungen vertagt wurden. 1 « Einen Tag später setzte man die Gespräche fort. Rasche, Preiss und Wolzt mussten dabei erstaunt und verärgert zur Kenntnis nehmen, dass sich die Verhandlungsgrundlage inzwischen verändert hatte: Zahlreiche bei Schweizer, niederländischen, englischen und amerikanischen Banken deponierte Gelder der Gewerkschaft Witkowitz waren auf Weisung der Rothschilds gesperrt worden. Zudem hatte der Grubenvorstand von Witkowitz die Beteiligung an der FrejaAktiebolaget aus der Gewerkschaft herausgelöst und auf Konten in Frankreich transferiert. Die Rothschilds und Gutmanns fürchteten offenbar die Beschlagnahmung von Devisenguthaben und Beteiligungen des tschechischen Montankomplexes. Rasche und seine Delegation wollten die Verhandlungen abbrechen, da sie zum einen die ursprüngliche Substanz von Witkowitz gefährdet, zum anderen erhebliche Devisenstrafverfahren der deutschen Behörden auf die Gewerkschaft zukommen sahen. 143 Eugen von Rothschild und Willi Gutmann warnten vor übereilten Reaktionen. Sie erklärten, sowohl die Guthaben als auch die Freja-Beteiligung von Witkowitz würden sofort wieder freigegeben, wenn eine tragfähige Einigung mit Rasche und den von ihm vertretenen Kaufinteressenten erreicht sei. Zudem bat Eugen von Ebd. Witkowitz bzw. die Alliance Assurance Company verfügte über solche Summen an Devisen, da der größte Teil der Produktion - Stahl- und Panzerplatten - an die Royal Navy verkauft wurde. Siehe dazu: StAN, N I K - 9 0 4 3 , Aufzeichnung des Regierungsbaurats Teuber vom Oberkommando der Wehrmacht vom 22. 6 . 1 9 3 9 über eine Besprechung vom gleichen Tag bei der Fried. Krupp A G in Essen. ' « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 4 4 7 3 , Aktennotiz Wolzt vom 1. 4. 1939. ' « Ebd. 1,1

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Rothschild um ein neues Angebot. Nach kurzer Beratung präsentierte Rasche eine neue Offerte. Nun wollte die deutsche Seite für einen Gesamtpreis von 2,75 Mio. Pfund die Gewerkschaft Witkowitz inklusive der Beteiligung an Freja erwerben, was die Rothschilds und Gutmanns ablehnten. Nach erneuter Beratung besserte Rasche nach: Jetzt wollte er 3,2 Mio. Pfund bezahlen. Nach weiteren Verhandlungen kam auf dieser Basis eine erste, vorläufige Einigung zustande, allerdings unter einer Bedingung: Die Ausbeute für das Jahr 1938 sollte komplett den Rothschilds und Gutmanns zustehen. 144 Entscheidend war jedoch, dass eine weitere, zentrale Forderung erfüllt war: Louis von Rothschild sollte aus der Haft entlassen werden, wenn die anderen Mitglieder der Familie in den Verkauf ihrer Kuxe bzw. Zertifikate einwilligten. Die Rothschilds wurden von Rasche und seiner Delegation unter Druck gesetzt, einen Preis zu akzeptieren, der wesentlich niedriger war als ihre ursprüngliche Forderung. Dafür sollte Louis von Rothschild wieder freikommen. 145 Dies zeigt auch ein Schriftwechsel zwischen Rasche und SS-Gruppenführer Karl Wolff, Chef des persönlichen Stabes von Himmler. Hier dankte Rasche Wolff und seinem Mitarbeiter Eilers, Chef des SD-Sonderkommandos in Prag, für die „wertvolle Unterstützung" bei den Verhandlungen in Paris. Laut Aussage Rasches habe ihn das SD-Sonderkommando in Prag vor und während der Verhandlungen in Paris mit „wertvollen Informationen und Winken" versehen. Hiermit können nur Mitteilungen über Vermögens- und Devisentransaktionen der Rothschilds und der Gewerkschaft Witkowitz gemeint sein. Diese vertraulichen Informationen setzte Rasche in Paris gezielt ein, um die Rothschilds zum Einlenken zu bewegen, wie er in einem Brief an Wolff offen zugab. Nur dadurch sei es möglich gewesen, den Kaufpreis um eine Million Pfund zu „verbilligen" und ein für das Reich „günstiges" Ergebnis zu erzielen. Die unheilvolle Allianz zwischen Rasche, Kehrl und den Reichswerken Hermann Göring wurde bei den Verhandlungen über den Erwerb von Witkowitz offensichtlich um die enge Zusammenarbeit mit dem SD und seinen Sonderkommandos „ergänzt". 146 Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, dass man sich in Paris auch über die Zahlungsmodalitäten „verständigen" konnte. 2,75 Mio. Pfund sollten spätestens sechs Monate nach Vertragsabschluss an die Verkäufer überwiesen werden, der Rest nach einem Jahr. Mit dieser Regelung schienen die größten Probleme überwunden zu sein. In einer letzten Verhandlungsrunde am Nachmittag des 28. März 1939 besprachen die Teilnehmer die Details der Transaktion, wobei alle Beteiligten der Verkäufergruppe ihr Plazet signalisierten. 147 Für 3,2 Mio. Pfund konnte das Reich 80% der Kuxe von Witkowitz bzw. der Inhaberzertifikate erwerben. Sollten sich das Reichswirtschaftsministerium und die VierjahresplanBehörde bereit finden, 3,6 Mio. Pfund zu bezahlen, so konnten sie sich in den BeEbd. Vgl. ebd., NID-15625, Affidavit von Leonhard Keesing vom 19. 3.1948. Ein ausführlicher Bericht Louis von Rothschilds über seine oft unerträglichen Haftbedingungen befindet sich in: RGVA Moskau, Fond 637, Findbuch 1, Akte 356. i« StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13669, Brief Rasches an SS-Gruppenführer Wolff vom 2. 8.1939; NID-13674, Brief Rasches an SS-Gruppenführer Wolff vom 2. 8. 1939; NID-14594, Brief Herbecks an Rasche vom 25. 7. 1939. Ebd., NID-14473, Aktennotiz Wolzt vom 1. 4. 1939.

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sitz aller Kuxe bringen. Die Rothschilds und Gutmanns hatten bei der Preisfestsetzung für den Verkauf der Kuxe erhebliche Konzessionen gemacht und auf zwei Drittel der ursprünglich geforderten Summe verzichtet. Dafür hatte sich das Reich bereit erklärt, den Kaufpreis in englischen Pfund und nicht in Reichsmark oder Kc zu entrichten. Das Interesse der Reichsbehörden, möglichst schnell die Gewerkschaft Witkowitz und ihre Produktion in die eigenen rüstungswirtschaftlichen Planungen einzubinden, war so groß, dass sie sogar ein erhebliches Quantum der sonst so knappen Devisen abgeben wollten. Auf den ersten Blick war es Rasche erneut gelungen, ein für das Reich akzeptables Ergebnis in vergleichsweise kurzer Zeit zu erreichen. Auch diesmal nutzten er und seine Delegation die Zwangslage der Verhandlungspartner aus. Ohne die täglich zunehmende Bedrohung für ihren Besitz, ja sogar für ihre Person, hätten auch die Rothschilds und die Gutmanns dem in Paris ausgehandelten Ergebnis nicht zugestimmt. Noch war Louis von Rothschild nicht frei, noch war der endgültige Verkaufsvertrag nicht ausgearbeitet. Die Reichsbehörden verlangten, dass unverzüglich alle Konten und Guthaben der Gewerkschaft Witkowitz, aber auch der Rothschilds selber zu „entsperren" seien, bevor Louis von Rothschild aus der Haft entlassen würde. Die Reichsbehörden zogen offenbar in Erwägung, nach der Entsperrung von Guthaben und Effekten der Rothschilds und von Witkowitz mit diesen den Kauf der Kuxe zu bezahlen. Sofern sie auf Konten im Reichsgebiet deponiert waren, wären Guthaben und Effekten beschlagnahmt worden. Ein Treuhänder für die Vermögenswerte der Rothschilds im Reichsgebiet war schon bestellt.148 Zudem sträubte sich die Gestapo in Wien, Louis von Rothschild wieder freizulassen. Das in Paris erreichte Verhandlungsergebnis, ja sogar die gesamte Transaktion zum Erwerb der Kuxe der Gewerkschaft Witkowitz stand zur Disposition. Kehrl schaltete erneut Karl Rasche ein, der sowohl mit der Gestapo in Wien als auch mit Louis von Rothschild über die konkreten Modalitäten für dessen Freilassung verhandeln sollte. 149 Die Behörden in Berlin und Wien insistierten darauf, dass die Rothschilds erst alle Guthaben und Depots der Gewerkschaft Witkowitz „entsperren" müssten, bevor Louis von Rothschild auf freien Fuß gesetzt werden könne. Die Rothschilds mobilisierten daraufhin ihre Beziehungen in der internationalen Finanzwelt, um diese Forderung zu erfüllen. Bankhäuser wie Kuhn, Loeb & Co. in New York, Blankart & Cie. in Zürich, die Bank of Manhattan oder die Nederlandsche Handelsmaatschaappij erhielten Briefe und Depeschen, in denen die „Entsperrung" der Guthaben angeordnet wurde. Damit war die wichtigste Bedingung für die Freilassung Louis von Rothschilds erfüllt. 150 Auch Kehrl übte Druck auf die Wiener Behörden aus, den prominenten Häftling nicht länger festzuhalten. Nach Hierbei handelte es sich um einen Regierungsrat Dr. Britsch im Reichswirtschaftsministerium. Ebd., NID-15550, Brief des Rechtsanwalts Karl von Lewinski an Regierungsrat Dr. Britsch vom 25. 4. 1939. ' « Ebd., NID-13790, Brief Kehrls an die Staatspolizeileitstelle Wien vom 14.4. 1939; NID-13792, Brief Kehrls an Rasche vom 14. 4. 1939. 150 Ebd., NID-15550, Brief von Karl von Lewinski an Regierungsrat Britsch, Reichstreuhänder für die Rothschildschen Vermögen, vom 25.4. 1939; Siehe auch den Brief Keesings an das Bankhaus S.M. von Rothschild in Wien vom 28. 4. 1939. 148

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weiteren Gesprächen wurde Louis von Rothschild Anfang Mai aus der GestapoHaft in Wien entlassen und konnte nach Frankreich ausreisen. Sein Wiener Bankhaus blieb jedoch unter der Kontrolle eines von den Behörden eingesetzten Treuhänders, bevor es die Privatbankfirma E. v. Nicolai „arisierte". 151 Diese Konstellation wollten Kehrl und seine Referenten in der Vierjahresplan-Behörde nutzen und den endgültigen Vertrag über den Verkauf der Gewerkschaft Witkowitz mit den Rothschilds und Gutmanns rasch abschließen. Gutachter besichtigten die Anlagen in Witkowitz, um sich ein Bild von dem Zustand der Betriebe und der Produktion zu machen. Zudem berieten einige Rüstungsplaner bereits Mitte Juni 1939 darüber, wie bei einer Einbindung der Gewerkschaft Witkowitz in die deutsche Rüstungswirtschaft die Erzeugung von Panzerplatten und Geschützen zu steigern sei - eindeutige Signale für einen heraufziehenden Krieg! 1 5 2 Rasche und Herbeck pendelten im Juni 1939 zwischen Berlin, Paris und Prag, um die letzten Details für die Vertragsunterzeichnung mit den Rothschilds, den Gutmanns, der Protektoratsregierung, aber auch der Zivnostenskä banka zu klären. Das Prager Geldhaus verlangte, in Zukunft zusammen mit einem Konsortium den Geschäftsverkehr für die Gewerkschaft Witkowitz abzuwickeln. Zudem wollte sich das Konsortium am Kapital des Unternehmens beteiligen, sollte es zu einer Umgründung in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft kommen. 1 5 3 Genau dies war der Plan, den Herbeck für Rasche und Kehrl ausgearbeitet hatte: Nach Abschluss des Kaufvertrags und der Aushändigung der Inhaberzertifikate bzw. Kuxe wollte man eine Gewerkenversammlung einberufen, welche die Ubertragung sämtlicher Vermögenswerte der Gewerkschaft Witkowitz auf eine zuvor gegründete Bergbau- und Eisenhütten Witkowitz A G beschließen sollte. Herbeck sah in einem solchen Verfahren drei Vorteile: eine vereinfachte Vermögensübertragung ohne die langwierige Umschreibung der Besitzverhältnisse im Gewerkenbuch; die vereinfachte Besetzung der Leitungsgremien mit Personen aus der Ministerialbürokratie; die anonymen Besitzverhältnisse, die leichter Kapitalbeteiligungen oder -Verschiebungen erlaubten. 154 Sowohl bei den Verhandlungen mit den Rothschilds und Gutmanns als auch bei der angedachten Umstrukturierung der Gewerkschaft Witkowitz stellte die Dresdner Bank ihren Apparat zur Verfügung. Kehrl wollte und konnte auf die Vermittler- und Beraterdienste der Dresdner Bank nicht verzichten. Die enge Allianz zwischen ihm und Rasche schien erneut zu einem „Erfolg" für die deutsche Rüstungswirtschaft zu führen, rechneten die zuständigen Experten in Berlin doch damit, bald einen der größten und leistungsfähigsten Konzerne der Schwerindustrie in Europa zu kontrollieren. Auf die Einschaltung Rasches und der Dresdner Hinter dem Wiener Bankhaus E. von Nicolai stand das Münchener Privatbankhaus Merck, Fink & Co. Zur „Arisierung" der Wiener Rothschild-Bank siehe Eigner/Melichar, Enteignungen und Säuberungen, S. 56. 152 St A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NIK-9043, Aufzeichnung des Regierungsbaurats Teuber vom Oberkommando der Wehrmacht vom 22. 6.1939 über eine Besprechung vom gleichen Tag bei der Fried. Krupp A G in Essen; Aufzeichnung Teubers vom 15. 6. 1939 über eine Besprechung von Rüstungsexperten unter Vorsitz von Oberstleutnant Nagel vom gleichen Tag. Ebd., NID-14474, Bericht Herbecks für Rasche vom 23. 6. 1939 betr. Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft. 154 Ebd. 151

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Bank sowie die enge Allianz zwischen ihr und Kehrl war es zurückzuführen, dass das NS-Regime hoffte, seine Rüstungskapazitäten deutlich auszubauen. Nicht nur in der Vierjahresplan-Behörde, sondern auch bei der Dresdner Bank verbuchte man dieses Ergebnis als einen Erfolg, der bei anderen Berliner Kreditinstituten neidvolle Reaktionen hervorrief. So beschwerte sich Karl Kimmich von der Deutschen Bank erneut bei Paul Pleiger darüber, dass sein Haus von solchen großen Transaktionen ausgeschlossen worden war. 155 Anfang Juli 1939 war der Vertrag über den Verkauf der Gewerkschaft Witkowitz ausgearbeitet. Vertragsparteien waren eine Holdinggesellschaft der Alliance Assurance Company, welche die Inhaberzertifikate der Rothschilds und der Gutmanns verwaltete, sowie Karl Rasche als Bevollmächtigter einer deutschen, nicht näher bezeichneten Käufergruppe. Als Gewährträger für die Verkäufer fungierten Eugen von Rothschild und Willi Gutmann, während die Dresdner Bank die gleiche Funktion für die Käufergruppe übernahm. Vertragsgegenstand war der Verkauf von 80 von 100 Kuxen zum Preis von 3,2 Mio. Pfund an die deutsche Gruppe. Zudem war der Verkäufer berechtigt, die verbleibenden 20 Anteile zum Preis von 400 000 Pfund bei Bedarf anzubieten, während die Käufer verpflichtet waren, dieses Angebot anzunehmen. Die Ausbeute der Gewerkschaft Witkowitz für 1938 sollte der Käufergruppe zustehen - im Gegensatz zu der in Paris vereinbarten Regelung. 156 Der Kaufpreis sollte zu 80% in Devisen und zu 20% in Reichsmark bezahlt werden. Die Devisen sollten zum größten Teil aus Forderungen der Gewerkschaft Witkowitz, aber auch der Waffenwerke Brünn gegenüber ausländischen Firmen stammen. Der Rest der Devisen sollte aus Guthaben der Gewerkschaft Witkowitz entnommen werden - für das Reich eine Lösung, bei der es seine knappen Devisenvorräte schonen konnte. 157 Sonst entsprachen alle anderen Vertragsteile den Vereinbarungen, die man bereits im März 1939 in der französischen Hauptstadt getroffen hatte. Allerdings: Der Vertrag sollte erst zum 1. Oktober 1939 in Kraft treten - ein Passus, der sich als brisant entpuppen sollte. 158 Am 13. Juli 1939 unterzeichneten beide Seiten in Basel den Vertrag, die Verhandlungen mit den Rothschilds und den Gutmanns galten aus Sicht der Dresdner Bank damit als abgeschlossen. 159 Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 verhinderte, dass der Vertrag in Kraft trat. Die britische Regierung sperrte sämtliche Vermögenswerte von Ausländern, die in Depots britischer Banken oder anderer Finanzinstitutionen lagerten. Darunter fielen auch die Inhaberzertifikate für die Gewerkschaft Witkowitz, die nicht mehr an die deutsche Käufergruppe geliefert werden konnten. Umgekehrt war auch ein Transfer von Devisen von Berlin nach London Aufzeichnung von Karl Kimmich vom 28. 6. 1939, in: Dietrich Eichholtz/Wolfgang Schumann (Hg.), Anatomie des Krieges, Berlin 1969, S. 219 f.; James, Deutsche Bank und „Arisierung", S. 172; ders., Die Deutsche Bank im „Dritten Reich", München 2003, S. 137. is' StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-15551, Vertrag über den Verkauf von Inhaberzertifikaten der Gewerkschaft Witkowitz, ohne Datum. 157 Ebd., NID-2823, Zusammenfassung der Vertragsbestimmungen; NID-12212, Erklärung Georg Stillers (Sekretariat Rasche) vom 1 2 . 1 1 . 1946. 158 Ebd., NID-15551, Vertrag über den Verkauf von Inhaberzertifikaten der Gewerkschaft Witkowitz, ohne Datum. Ebd., NID-15368, Protokoll der Vorstandssitzung vom 7. 7. 1939; NID-15547, Brief Herbecks an Rasche vom 13. 7. 1939. 155

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oder Paris unmöglich geworden. Der Vertrag zwischen den Rothschilds und Gutmanns auf der einen sowie Rasche und der Dresdner Bank auf der anderen Seite war zwar geschlossen worden, konnte aber nicht mehr umgesetzt werden! 160 Die Inhaberzertifikate blieben daher in Depots bei Londoner Banken, bis auf wenige Ausnahmen, die den Kuxenanteil der Pariser Rothschilds repräsentierten. Laut Aussage ihres Finanzberaters Keesing hatten die Rothschilds auf dieses Szenario spekuliert. Offenbar waren sie sich sicher, dass es zu einem Krieg kommen würde, als dessen Folge finanzielle Transfers oder die Übertragung von Rechtstiteln an Unternehmen von den Regierungen der kriegführenden Länder untersagt wurden. Gerade deswegen hatten sie in den Vertrag den Passus aufnehmen lassen, dass dieser erst zum 1. Oktober 1939 in Kraft treten solle. Die Rothschilds und Gutmanns blieben somit formalrechtlich weiter Inhaber der von der Alliance Assurance Company herausgegebenen Zertifikate und damit der Gewerkschaft Witkowitz. Sie hofften offenbar, ihren Besitz über den Krieg zu retten und nicht für ca. ein Drittel seines eigentlichen Wertes an die deutsche Seite verschleudern zu müssen. Sie glaubten offensichtlich an einen kurzen Krieg, eine Niederlage Deutschlands und die Beseitigung der NS-Diktatur, so dass sie danach ihren Besitz wie bisher weiter verwalten konnten. 161 Kehrl, der Vierjahresplan-Behörde und der Dresdner Bank blieb nichts anderes übrig, als abzuwarten. Zwar diskutierten Kehrl, Rasche, Herbeck und Vertreter von Witkowitz darüber, welche Devisenguthaben auf welche Weise aus dem Protektorat nach Berlin zu transferieren seien, doch blieben diese Planspiele ergebnislos. 162 Die Erfolge im „Blitzkrieg" nährten jedoch die Hoffnung, auch ohne das rüstungswirtschaftliche Potenzial der Gewerkschaft Witkowitz auszukommen. Dennoch versuchte das Reichswirtschaftsministerium im Winter 1939, sich mit Hilfe eines Gerichtsbeschlusses die Verfügungsgewalt über die Aktien der FrejaBergwerke zu sichern, allerdings ohne greifbares Ergebnis. 163 Dies veranlasste die Reichsbehörden in Berlin, aber auch die neuen Machthaber in Prag, rigide Maßnahmen zu ergreifen. Sowohl die Protektoratsregierung als auch die Dresdner Bank sollten prüfen, ob die Gewerkschaft Witkowitz nicht eine neue Rechtsform erhalten könne, so dass ihre Kontrolle durch „deutsche Interessen" leichter herzustellen sei. 164 Auf der Grundlage spezieller Verordnungen zur „Staatsverteidigung" bestimmte Reichsprotektor Konstantin von Neurath im Januar 1940, dass der alte Grubenvorstand der Gewerkschaft Witkowitz abzulösen H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30729-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939; Akte 30730-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Diverse Gruben-Offerten, Aktennotiz Ansmanns vom 2 7 . 1 2 . 1939 für den Arbeitsausschuss des Aufsichtsrates. i " StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 5 6 2 5 , Affidavit von Leonhard Keesing vom 19. 3. 1948; Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 112. i " StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 4 7 5 5 , Briefwechsel zwischen Herbeck und Karl von Hinke, Generaldirektor der Gewerkschaft Witkowitz, vom 15. und 18. 8 . 1 9 3 9 ; H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30729-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939. i " StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 5 6 7 8 , Affidavit von Leo Spitzer, Anwalt der Gewerkschaft Witkowitz, vom 15. 10. 1948; Hilberg, Die Vernichtung der europäischen Juden, Bd. 1, S. 112. 164 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30729-2001.BE, Sudetendeutsche Braunkohle, Aktennotiz Ansmanns vom 30. 8. 1939. 160

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sei und dass die „Aufsicht" über das Unternehmen stattdessen einem Gremium zu übertragen sei, dem folgende Personen angehörten: Hans Conrad Delius von den Reichswerken Hermann Göring, Karl Hermann Frank, Staatssekretär beim Reichsprotektor, Paul Pleiger und Paul Raabe, die beiden Generaldirektoren der Reichswerke, Karl Rasche, Generalmajor Wolfgang Weigand von der Rüstungsinspektion in Prag und Dr. Paul Rheinländer von der Reichsstelle für Wirtschaftsausbau in Berlin - fraglos eine illustre Mischung von Entscheidungsträgern aus der Rüstungswirtschaft, dem Militär, aus den Besatzungsbehörden, aber auch der Dresdner Bank! 165 Von einer kompletten Beschlagnahmung aller Betriebsanlagen wurde nach einer Unterredung zwischen der Betriebsleitung in Witkowitz, Vertretern der Vierjahresplan-Behörde und Karl Rasche vorerst abgesehen, 166 doch wiederholten die staatlichen Stellen die Drohgebärden, die sie auch bei den Petscheks und Weinmanns inszeniert hatten, wenn sich der „Erfolg im Verhandlungswege" und unter Einschaltung der Dresdner Bank nicht einstellen wollte. Auf der Basis ihrer Machtposition verfügten sie Zwangsmaßnahmen, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Auch die Gewerkschaft Witkowitz und ihre Führungskräfte wurden ein Opfer dieser radikalen Machtpolitik. Bei den Reichswerken Hermann Göring glaubte man, endlich die Produktion von Witkowitz kontrollieren und das Unternehmen in die deutsche Rüstungswirtschaft einbinden zu können. Die Rechtsexperten der Dresdner Bank warnten jedoch vor einer solchen Auffassung. Noch immer war Witkowitz englisches Eigentum, noch immer konnten alle Beschlüsse des selbst ernannten „Aufsichtsgremiums" angefochten und für rechtlich nicht wirksam erklärt werden. Besonders problematisch erwies sich diese Konstellation im Hinblick auf die Tochtergesellschaft von Witkowitz, die Freja-Bergwerke, deren Eisenerzförderung die Reichswerke ebenfalls für sich beanspruchten. Mit den Schweden konnte man nicht so verfahren wie mit dem ehemaligen Grubenvorstand von Witkowitz im Protektorat. Daher bemühte sich die Dresdner Bank darum, mit dem Vorstand von Freja zu einem Vertragabschluss „im Verhandlungswege" zu kommen. Rasche schrieb an den Verwaltungsratspräsidenten von Freja, den Stockholmer Rechtsanwalt Sune Wetter, mit der Bitte, den Verhandlungsfaden nicht abreißen zu lassen. Er bot an, bei einer seiner nächsten Reisen nach Schweden Wetter persönlich aufzusuchen und mit ihm über Lösungsmöglichkeiten für die bestehenden Probleme zu sprechen. 167 Zu einer solchen Maßnahme war Rasche von den Reichsbehörden offenbar nicht autorisiert worden, wie er bei seiner Unterredung mit Wetter eingangs bemerkte. Seine Verhandlungsinitiative sei nur als ein Schritt zu verstehen, die verhärteten Fronten aufzubrechen und eine Verständigung zu erreichen, bevor dies in einer späteren Phase des Kriegs völlig unmöglich sei. Konkrete Vorschläge konnte er bei der Unterredung indes nicht präsentieren. Er regte nur mehrfach an,

166 167

StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-15347, Anordnung des Reichsprotektors Konstantin von Neurath vom 15.1. 1940; NID-13654, Brief Rasches an den Stockholmer Rechtsanwalt Sune Wetter vom 11. 3. 1940. StAN, NID-2924, Notiz über eine Unterredung wg. Witkowitz vom 3. 1. 1940. Ebd., NID-13654, Brief Rasches an den Stockholmer Rechtsanwalt Sune Wetter vom 11. 3. 1940; NID-13637, Brief Rasches an Wetter vom 30. 3. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

dass ein erneutes persönliches Zusammentreffen der Verhandlungsführer notwendig sei, die sich dafür die Rückendeckung bei den jeweiligen Behörden verschaffen sollten. 168 Neben diesen eher allgemeinen, konstruktiv gehaltenen Anregungen baute Rasche in seinem Gespräch mit Wetter auch eine wohl dosierte Drohkulisse auf: Sollten keine Verhandlungen zustande kommen, so würde das neue Aufsichtsgremium von Witkowitz weit reichende unternehmensrechtliche Schritte zum Nachteil der Gewerken ergreifen. Möglich sei zum Beispiel eine komplette Verpachtung der Betriebsanlagen an einen deutschen Rüstungskonzern, vorzugsweise die Reichswerke Hermann Göring. Auch drastische Maßnahmen zur Beschlagnahmung und Konfiskation des Vermögens der Rothschilds und Gutmanns im Protektorat seien denkbar. Auch für die Freja würden sich daraus gravierende Nachteile ergeben. 169 Woher Rasche diese Informationen hatte, da er doch angeblich nicht zu Verhandlungen autorisiert war, sagte er nicht. Eine nachhaltige Wirkung erzielten sie weder bei Wetter und der Leitung der Freja noch beim ehemaligen Grubenvorstand von Witkowitz und den Rothschilds, die von Wetter über das Gespräch mit dem Emissär aus Deutschland unterrichtet wurden. Sowohl Oskar Federer, der ehemalige, inzwischen nach London geflüchtete Generaldirektor von Witkowitz, als auch die Rothschilds und Gutmanns ignorierten die erneute Verhandlungsinitiative Rasches. Selbst ein zweiter Besuch von ihm in Stockholm brachte keine Bewegung in die festgefahrenen Gespräche. Im Sommer 1940 mussten Rasche und die Dresdner Bank zur Kenntnis nehmen, dass ihre Vermittlungsbemühungen gescheitert waren. Rasche konnte seine vor einem Jahr noch gelobte Verhandlungskompetenz nicht unter Beweis stellen. Die Fronten zwischen den Parteien blieben verhärtet.170 Erst nach dem Angriff gegen Frankreich und nach dem aus Sicht des NS-Regimes erfolgreichen Abschluss dieses „Blitzkriegs" kam Bewegung in die Angelegenheit. Bei der Dresdner Bank verdichteten sich zu dieser Zeit Gerüchte, sowohl Aktien der Freja als auch Kuxe der Gewerkschaft Witkowitz seien in Paris beim dortigen Bankhaus Rothschild deponiert. 171 Die Möglichkeit, diese angesichts der veränderten Machtverhältnisse in der französischen Hauptstadt zu konfiszieren, schien verlockend zu sein. Wieder ergriff Rasche als einer der ersten die Initiative. Kurz nach der Kapitulation Frankreichs wollte er nach Paris reisen, um hier die beim Pariser Zweig der Rothschilds deponierten Aktien von Freja „sicherzustellen". Am schwerwiegendsten war jedoch, dass ein Beauftragter des SD in die Leitung des zu dieser Zeit noch immer existierenden Bankhauses Rothschilds eingeschleust werden sollte, um weitere Informationen über das Schicksal der Roth-

Ebd., NID-13637, Brief Wetters an Oskar Federer vom 6. 4. 1940. ' Ebd.; Brief Wetters an Rasche vom 6. 4. 1940; Antwortschreiben Rasches am 12. 4. 1940. 74 Ebd., 175 Ebd.,

173

N I D - 1 8 5 3 , Brief Stillers an den Generalquartiermeister/Passierscheinstelle in Berlin vom 1940. N I D - 1 8 1 0 , Brief von Carl Goetz an Karl Rasche vom 2 1 . 1 2 . 1940. N I D - 1 8 1 0 , Antwortschreiben Rasches an Goetz vom 2 5 . 1 2 . 1940.

300

III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

zum Beispiel in Frankreich, wo sich diese Wertpapiere befinden könnten, indem sie ihre Beziehungen zu anderen Geldhäusern und der Besatzungsmacht einsetzte. Im November 1940 schienen sich diese Bemühungen auszuzahlen. Ein Beauftragter der Dresdner Bank informierte Rasche darüber, dass 43 300 Units für Kuxe der Gewerkschaft Witkowitz bei einer Nebenstelle der Banque de France in Nevers gefunden worden seien. Auch im besetzten Frankreich durchkämmten Devisenschutz-Sonderkommandos - ähnlich wie in den anderen vom NS-Regime annektierten Ländern - Finanzinstitutionen und Behörden, um Informationen über vermeintliche Devisenvergehen zu sammeln und nicht angemeldete Devisen oder Wertpapiere aufzuspüren. Eines dieser Kommandos hatte die Units entdeckt und beschlagnahmt.176 Sofort schaltete sich die Dresdner Bank ein und stellte Nachforschungen an, wie die Units in ihren Besitz zu bringen seien. Hier ging die Initiative wieder von Rasche aus. Am 27. November 1940 beauftragte Rasche Pilder damit, festzustellen, ob es sich um Units aus dem Besitz der Pariser, Prager oder Wiener Rothschilds handele. Sollte dies zutreffen, so sollte Pilder Kontakt mit Mitgliedern der Familien oder ehemaligen Direktoren von Witkowitz aufzunehmen, um die Möglichkeit von Verkaufsverhandlungen zu sondieren. Zudem sollte Pilder bei den französischen Behörden Informationen einholen, wie mit den Units zu verfahren sei.177 Erneut wollte die Dresdner Bank ihren Informationsvorsprung und ihre Kontakte zu Behörden und Institutionen des NS-Herrschaftsapparats ausnutzen, um für das Reich eine Transaktion erfolgreich abzuschließen. Die Dresdner Bank mobilisierte ihre Beziehungen in Paris, um sich darüber zu informieren, wie die 43 300 Units der Witkowitzer Werke zu beschaffen seien.178 Mitte Dezember 1940 konnte ein Emissär der Dresdner Bank die gewünschten Informationen übermitteln. Er hatte Kontakt zu Angestellten des Pariser Bankhauses der Rothschilds aufgenommen und erfahren, dass die Units Eugen von Rothschild gehörten und dieser die Units sogar verkaufen würde, sofern der Kaufpreis in Dollar bezahlt würde.179 Dem Prokuristen des Pariser Bankhauses Rothschild ließ der Mitarbeiter der Dresdner Bank wenige Tage später mitteilen, dass sein Institut unter Umständen bereit sei, den Preis in Dollar zu begleichen. Voraussetzung sei, dass man sich mit dem französischen Finanzministerium einigen könne, das die beschlagnahmten Units inzwischen verwahrte.180 Hier entstand ein weiteres Problem. Die zuständigen Referenten in den französischen Ministerien sträubten sich, die Units herauszugeben. Schwierige Verhandlungen drohten auch hier. Deshalb wurde erneut Pilder eingeschaltet, um die Interessen der Dresdner Bank durchzusetzen. Pilder konnte erreichen, dass die Effekten der Rothschilds, „für die sich die Dresdner Bank interessierte", von Paris nach Berlin verschickt werden sollten, um sie dort in einem Depot der Dresdner 176

HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Aktennotiz Henzels für Rasche über ein Telefonat mit Herrn Erk vom 5.11. 1940. Ebd., Aktennotiz vom 27. 11. 1940 (ohne Unterschrift). 78 ' StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-7718, Aktennotiz der Dresdner Bank (ohne Unterschrift) vom 23. 8. 1942. 179 HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Reisebericht des Mitarbeiters Erk vom 10. 12. 1940. 1»° Ebd., Reisebericht Erks vom 13. bis 15.12.1940. 177

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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Bank zu lagern. Sowohl das Devisenschutz-Sonderkommado als auch die Devisenfahndungstelle in Paris gaben nach Gesprächen mit Pilder dazu ihr Plazet. Im Gegenzug verlangten die Franzosen, dass ihnen „die Verwertung" der übrigen Aktienpakete zugestanden würde.181 Uber diese Frage verhandelte man den gesamten Sommer über ebenso wie über die Höhe des Kaufpreises, den die Dresdner Bank an die französischen Behörden zahlen sollte.182 Zwar wurde mehrfach ein Kaufvertrag entworfen und erörtert, doch kam man nicht über das Diskussionsstadium hinaus.183 Ein Problem erkannten alle Beteiligten erst relativ spät: Zwar lagerten bei den französischen Behörden 43 300 Units, aber nicht die dazugehörenden Kuxe, die sich noch immer in den Händen der Londoner Alliance Assurance Company befanden. Die französische Seite hatte indes nichts unternommen, die Dresdner Bank frühzeitig auf dieses Problem hinzuweisen. Erst im Herbst 1941 wurde Rasche, Pilder und den Verantwortlichen aus der Vierjahresplan-Behörde und den Reichswerken klar, dass man im Begriff war, eine große Geldsumme für die Units nach Frankreich zu überweisen, dass deren Besitz jedoch keine Auswirkung auf die Machtverhältnisse von Witkowitz hatte. Man war weiterhin gezwungen, sich mit den Rothschilds bzw. der Alliance Assurance Company zu verständigen. Erst wenn es gelingen sollte, 125000 Units, das heißt 25 Kuxe und damit ein Viertel des Kapitals von Witkowitz zu kontrollieren, konnte man nach den Statuten der Gewerkschaft die Herausgabe dieser Anteilsscheine verlangen. Hektisch sondierte man daher, ob nicht weitere Units aufzukaufen oder zu konfiszieren seien. Diese Recherchen führten jedoch bis zum Frühjahr 1942 zu keinem greifbaren Ergebnis.184 Über das weitere Vorgehen kam es auf der deutschen Seite zum Dissens. Während die Referenten im Reichswirtschaftsministerium dafür plädierten, erst einmal zu prüfen, ob die Units überhaupt zu erwerben seien, bestand man bei den Reichswerken und in der Vierjahresplan-Behörde darauf, diese auf jeden Fall vom französischen Finanzministerium zu übernehmen. Eine solche Transaktion hielten Pleiger und Delius von den Reichswerken für relativ risikolos, da sie dafür sorgen wollten, dass Witkowitz selber den benötigten Betrag den Reichsbehörden oder einer von ihnen benannten Adresse zur Verfügung stellen würde. Obwohl formalrechtlich immer noch im Besitz der Rothschilds und Gutmanns bzw. der Alliance Assurance Company, konnten die Reichswerke über ihre Vertretung im 181

Ebd., Aktennotiz (ohne Unterschrift) über die Besprechungen Pilders in Paris vom 8. bis 10.1. 1941. Außer für die Units von Witkowitz interessierte sich die Dresdner Bank für Aktienpakete der Allgemeinen Ungarischen Creditbank und der Norsk Hydro AG, die ebenfalls aus dem Besitz der Rothschilds stammten und beschlagnahmt worden waren. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-14868, Protokoll über die Vorstandssitzung der Dresdner Bank vom Donnerstag, den 27.2.1941; HADrB, Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf, Akte 1130-2002, Eugen de Rothschild/Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft, Brief Pilders an Rasche vom 4. 8.1941; Entwurf eines Briefes der Dresdner Bank an das Französische Finanzministerium (Verfasser Direktor Marty) vom 4. 8.1941; Kaufvertrags-Entwurf der Dresdner Bank, Notiz für Direktor Marty vom 29.11. 1941. 183 HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Entwurf eines Kaufvertrags für die Units, ohne Datum; Aktennotiz für Rasche, ohne Datum; Brief des französischen Finanzministeriums an die Dresdner Bank vom 6.10. 1941; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-2647, Brief Marotzkes von der Vierjahresplan-Behörde an Rasche vom 6.11.1941. 8 >« HADrB, Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Aktennotiz Pilders für Rasche vom 19. 11. 1941; Aktennotizen Martys für Rasche vom 24. u. 28.11.1941.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

Aufsichtsorgan die Geschäftspolitik des Montankomplex in Mährisch-Ostrau weitgehend bestimmen. Witkowitz sollte daher nach den Plänen von Pleiger und Delius selber die Summe aufbringen, um den Expansionsdrang der Reichswerke zu finanzieren und deren rechtliche Kontrolle über die Gewerkschaft zu gewährleisten. Die Dresdner Bank bot sich sofort an, hierbei Hilfestellung zu leisten und den Transfer der Summe durchzuführen. 185 Im Frühjahr 1942 wurde definitiv entschieden, die 43300 Units von den Franzosen zu kaufen und nach Berlin zu transferieren. Die Dresdner Bank erhielt dafür vom Reichswirtschaftsministerium die erforderliche Genehmigung. Zudem erreichte sie nach weiteren Verhandlungen mit Vertretern des französischen Finanzministeriums, dass sich dieses mit einem geringeren Preis - 50 bis 55 R M pro Unit - einverstanden erklärten als die anfangs vorgesehenen 60 RM. Im März 1942, knapp anderthalb Jahre nach der Beschlagnahmung der Units, kam deren Verkauf zustande. 186 Auch über die Transfermodalitäten konnte sich die Dresdner Bank mit den französischen Behörden einigen. Diese Transaktion war damit abgeschlossen. Im Ergebnis blieb sie für die Besitzverhältnisse bei Witkowitz jedoch ohne größere Bedeutung. Die Units lagerten nun in einem Depot der Reichsbank in Berlin, doch konnten die deutschen Behörden weiterhin nicht über die Kuxe verfügen. Trotz aller Anstrengungen der Reichsministerien und der Dresdner Bank blieb die Verteilung der Kuxe und damit des Unternehmenskapitals bei Witkowitz auch im Sommer 1942 unverändert. 187 Ab dem Spätsommer 1942 zeigte sich immer deutlicher, dass die Kapitalverteilung und die Besitzverhältnisse bei Witkowitz für das eigentliche operative Geschäft eine zunehmend geringere Rolle spielten. Das Aufsichtsgremium von Witkowitz installierte eine neue von ihm abhängige Direktion und setzte sich damit kaltschnäuzig über die Interessen der Eigentümer hinweg. Ab diesem Zeitpunkt hielten es die Reichswerke und die Entscheidungsträger in der Vierjahresplan-Behörde nicht mehr für nötig, sich mit den Rothschilds und Gutmanns „auf dem Verhandlungswege zu verständigen" und auch formalrechtlich zum Eigentümer der Gewerkschaft Witkowitz zu werden. Nun wurden vollendete Tatsachen geschaffen und auf bestehende rechtliche Bindungen und Besitzverhältnisse keine Rücksicht mehr genommen. Mehr noch: Die neue Geschäftsleitung von WitkoEbd., Aktennotiz Martys vom 15.12. 1941; Aktennotizen Stillers für Rasche vom 5. 2. 1942; Aktennotiz Stillers (ohne Datum); Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf, Akte 1130-2002, Eugen de Rothschild/Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft, Brief der B E B an das Vorstandsekretariat der Dresdner Bank vom 21. 3. 1942; Brief Panners an die B E B vom 24. 3. 1942; Brief Martys an die B E B vom 10. 4. 1942; Brief Martys an das Reichswirtschaftsministerium vom 18.2. 1942. 186 H A D r B , Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Notiz Stillers für Rasche vom 16.2. 1942; Brief der Gewerkschaft Witkowitz an Rasche vom 28. 2. 1942; Notizen Eistels für Rasche vom 7. u. 12. 3.1942; Brief Pilders und Eistels an die Dresdner Bank-Vertretung in Paris vom 17. 3. 1942; Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf, Akte 1130-2002, Eugen de Rothschild/Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft, Aktennotiz vom 13. 5. 1942 (ohne Unterschrift); Brief des Reichswirtschaftsministeriums an die Direktion der Dresdner Bank vom 14. 3. 1942. 187 H A D r B , Bestand 130, Auslandsabteilung, Akte 5374-2000, Auszug aus einem Reisebericht Pilders vom 20. bis 27. 7.1942; Aktennotiz Martys vom 26. 8.1942; Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf, Akte 1130-2002, Eugen de Rothschild/Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerk schaft, Brief Pilders und Martys an das Reichswirtschaftsministerium vom 25. 8. 1942. StAN, KVProzesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 2 6 4 5 , Brief Stillers an Regierungsrat Köster aus dem Reichswirtschaftsministerium vom 4. 9. 1942. 185

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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witz mutierte im Auftrag der Reichswerke und der Vierjahresplan-Behörde zu einem Instrument zur Enteignung der Rothschilds. Nachdem die französische Regierung in Vichy das gesamte Vermögen Eugen von Rothschilds und das des Pariser Bankhauses Rothschild beschlagnahmt hatte, verlangte auch die Gewerkschaft Witkowitz Ende Juli 1942, dass einige ihrer angeblich offenen Forderungen an die Rothschilds aus dem konfiszierten Besitz der Bankiersdynastie zu begleichen seien. Sie schaltete die Dresdner Bank ein, um beim französischen kommissarischen Verwalter des Rothschild'schen Besitzes herausfinden zu lassen, wie vorzugehen sei. 188 Sofort mobilisierte die Dresdner Bank ihre Kontakte zu den Behörden in Paris, so dass sie der Geschäftsleitung von Witkowitz die gewünschten Informationen liefern konnte. 1 8 9 Angesichts dieser prompten Hilfestellung beauftragte Witkowitz die Dresdner Bank damit, die angeblichen Forderungen an die Rothschilds beim französischen Verwalter einzutreiben. Die Dresdner Bank fand sich bereit, Außenstände eines Unternehmens geltend zu machen, das den Rothschilds und Gutmanns noch immer gehörte. Es war offenkundig, dass dieses Manöver dazu dienen sollte, sich in den Besitz von Vermögenswerten der Rothschilds zu bringen. 190 D a s Reich und die Rüstungsexperten in der Vierjahresplan-Behörde hatten lange darauf gewartet, die Gewerkschaft Witkowitz in ihre wehrwirtschaftlichen Planungen einzubinden. Auch ohne den Besitz von Kuxen, Inhaberzertifikaten oder Units wurde das Unternehmen ab Sommer 1941 systematisch für die deutsche Rüstungs- und Kriegsproduktion eingesetzt. Die Reichswerke waren bis zum Ende des Krieges niemals (Teil-)Eigentümer der Gewerkschaft, beuteten deren Betriebsanlagen aber dennoch rücksichtslos für die Kriegsmaschinerie aus. Für die Reichswerke, aber auch für die Gewerkschaft und ihre neue Leitung war dies ein profitables Geschäft, das ohne die Rückendeckung der Vierjahresplan-Behörde nicht zustande gekommen wäre. Ende 1941 wusste Paul Pleiger, beim wem er sich auf welche Weise zu bedanken hatte. In einem Brief an Göring betonte er, dass Witkowitz und die Poldi-Hütte im Geschäftsjahr 1941 derart gute Gewinne erwirtschaftet hätten, dass sie Göring davon eine Summe von 3 Mio. R M zur Verfügung stellen wollten. Pleiger wies nachdrücklich darauf hin, „dass die günstige Entwicklung der Unternehmungen diese Entnahme rechtfertigt, zumal beide Protektoratsunternehmen ihre Gewinne nicht zuletzt den wirtschaftlichen Maßnahmen des Dritten Reiches zu verdanken haben!" Der Expansionsdrang der Reichswerke und ihre rücksichtslose Ausbeutung von Industriekapazitäten in den abhängigen oder annektierten Gebieten wurde mit dem „Fall Witkowitz" um ein weiteres Kapitel ergänzt. 1 9 1 188

189

1,0

H A D r B , Bestand 130, Auslandsabteilung, A k t e 5374-2000, Brief der G e w e r k s c h a f t Witkowitz an die D r e s d n e r B a n k , z. H d . Stillers, v o m 24. 7. 1942; St A N , K V - P r o z e s s e , Fall 11 (WilhelmstraßenProzess), N I D - 2 6 4 3 , A k t e n n o t i z Stillers v o m 3. 2. 1943. H A D r B , Bestand 130, Auslandsabteilung, A k t e 5374-2000, Dresdner-Bank-Vertretung Paris an das Auslandssekretariat der D r e s d n e r B a n k v o m 11.8. 1942; Schreiben M a r t y s an die Geschäftsleitung der G e w e r k s c h a f t W i t k o w i t z v o m 15. 8. 1942. Ebd., Brief der G e w e r k s c h a f t Witkowitz v o m 8. 10. 1942 an die D r e s d n e r Bank; Brief der D r e s d n e r B a n k an Witkowitz v o m 19. 12. 1942; Brief der D r e s d n e r B a n k Paris an das A u s l a n d s sekretariat der D r e s d n e r B a n k v o m 2 . 4 . 1943. S t A N , K V - P r o z e s s e , Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 5 5 7 5 , Brief Pleigers an G ö r i n g v o m 6. 12. 1941 und an Staatssekretär K ö r n e r v o m 5 . 1 2 . 1941.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Wie ist die Rolle der Dresdner Bank bei diesem Fall zu bewerten? Auch hier schalteten die Berliner Behörden das Geldhaus ein, um auf seine Beratungs- und Vermittlungskompetenz zurückzugreifen. Die Dresdner Bank, vor allem Rasche, folgten gerne diesem Wunsch, sahen sie doch eine weitere Möglichkeit, sich als kompetente Ratgeber beim Aufbau des Reichswerke-Konzerns im Protektorat zu profilieren. Bei den Verhandlungen mit den Eigentümern der Gewerkschaft Witkowitz zeigte sich, dass diese unter anderen Rahmenbedingungen abliefen als die zeitgleich stattfindenden Gespräche mit den Petscheks und den Weinmanns. Hier wurde offen und rücksichtslos mit Verhaftungen und Erpressungen gearbeitet. Die Dresdner Bank, vor allem Rasche, nutzte diese Rahmenbedingungen skrupellos aus. Vieles spricht dafür, dass er nur dadurch ein für die Reichswerke und die Vierjahresplan-Behörde günstiges Ergebnis erreichen konnte - auf den ersten Blick. Weder Kehrl und die zuständigen Entscheidungsträger in der Berliner Ministerialbürokratie, noch Rasche und die Dresdner Bank hatten mit wirksamen Gegenmaßnahmen der Rothschilds gerechnet. Das bei den Petscheks und Weinmanns angewandte Instrumentarium von Zwangsmaßnahmen, Einschüchterungen, Erpressungen und Enteignungen schien hier nicht zu greifen. Auch die Sachund Verhandlungskompetenz Rasches und der Dresdner Bank wurden dadurch in Frage gestellt. Daher verwundert es nicht, dass Rasche immer wieder versuchte, die Abwehrmaßnahmen der Rothschilds zu unterlaufen und das von der deutschen Rüstungswirtschaft geforderte Ergebnis zu erreichen. Dafür war ihm jede Allianz, wie zum Beispiel mit Funktionsträgern der SS oder dem NS-Herrschaftsapparat in Frankreich, recht. Die Reichswerke und die Vierjahresplan-Behörde begleiteten diese Bemühungen zwar wohlwollend, hatten jedoch längst eine eigene Strategie zur Kontrolle von Witkowitz entworfen. Wieder einmal setzten sie auf rücksichtslose Ausbeutung und Beschlagnahmung von Betriebsanlagen aus jüdischem Besitz, ohne die formalrechtliche Absicherung dieses Unrechtsaktes abzuwarten. Damit wurde eine neue Dimension der „Arisierung" von jüdischem Besitz offenkundig. Man brauchte sich jüdisches Eigentum nicht anzueignen, sondern konnten es für das angestrebte Ziel nutzen, obwohl die Besitzverhältnisse bestehen blieben. Auch bei diesem Manöver wirkte die Dresdner Bank durch die Mitgliedschaft Rasches im neuen Aufsichtsgremium von Witkowitz mit. Die Betriebsanlagen von Witkowitz wurden den Rothschilds und Gutmanns als Eigentümer entwendet und ihre Produktionskapazitäten für die deutsche Rüstungsmaschinerie ausgenutzt. Die Dresdner Bank befürwortete und unterstützte alle dazu notwendigen Maßnahmen. Der „Fall Witkowitz" kam nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erneut auf die Tagesordnung. Nachdem die auch nach 1945 fortbestehende Zivnostenskä banka zehn der in Nevers beschlagnahmten Units an das Londoner Bankhaus Rothschild verkaufen wollte, zeigten sich die einzelnen Zweige der Bankiersdynastie besorgt, dass auch von anderer Seite aus Units der Gewerkschaft Witkowitz präsentiert werden würden. Sie verlangte die Herausgabe der beschlagnahmten Papiere. Die Dresdner Bank konnte in einem längeren Schriftwechsel mit den Rechtsvertretern der Rothschilds deutlich machen, dass die Units nicht in ihren Depots, sondern in denen der Reichsbank gelagert hätten. Aber auch dort waren sie nicht aufzufinden. Es wurden Mutmaßungen darüber angestellt, ob die Units

10. Industriefinanzierung, wehrwirtschaftliche Planungen, Rüstungspolitik

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nach der Besetzung Berlins erneut beschlagnahmt und an die Tschechoslowakei ausgehändigt worden seien. Dies wollte man mit letzter Sicherheit weder bestätigen noch dementieren. 192 Die Rechtsvertreter der Rothschilds gaben sich offensichtlich mit den Auskünften der Dresdner Bank zufrieden, kündigten jedoch an, weiter nach dem Verbleib der Units zu forschen. In welchem Umfang dies geschah, von wem und wann die Rothschilds, aber auch die Gutmanns nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die Rückgabe ihres beschlagnahmten Eigentums in Deutschland, Frankreich und der Tschechoslowakei verlangten, lässt sich nach den vorliegenden Akten ebenso wenig klären wie die Frage, in welchem Ausmaß die beiden Bankiersdynastien für Verluste entschädigt wurden. 193 Der „Fall Witkowitz" bildete für die Dresdner Bank den Abschluss ihrer Vermittlertätigkeit für die Vierjahresplan-Behörde und für die Reichswerke im Protektorat. In einem Brief an einen Mitarbeiter Görings vom 23. Dezember 1943 zog Rasche eine positive Bilanz seiner Arbeit. Indem er auf die verschiedenen Transaktionen einging stellte er fest: „[...] Im weiteren Verlauf der Geschehnisse wurde, wie Sie wissen, Herrn Präsident Kehrl und mir eine noch weitergehende Sondervollmacht zum Erwerb und zur Umgruppierung solcher Industrie-Angelegenheiten von Herrn Reichsmarschall erteilt, und es ist uns, glaube ich, mit gutem Erfolg gelungen, diesen Auftrag auf Grund seiner Vollmacht zu erfüllen [...] Sie sehen aus alledem, wie sehr wir gerade für die H G W auch auf diesem Gebiete tätig waren, ähnlich wie wir es vorher in anderer Beziehung in Deutschland gewesen sind [.,.]" 1 9 4 Rasche rühmte sich seiner Vermittlertätigkeit und seiner engen Beziehungen zu Kehrl und Göring. Mehr noch: Er selbst sah darin einen entscheidenden Grund für die Expansion der Reichswerke und ihre Aneignung von tschechischen Rüstungsbetrieben, aber auch für die strategische Rolle der Dresdner Bank bei diesen Transaktionen. Die Allianz zur Vierjahresplan-Behörde und zur deutschen Rüstungsindustrie stufte Rasche selber als einen Garanten für den Geschäftserfolg der Dresdner Bank ein. Er verlangte daher von der Berliner Ministerialbürokratie Anerkennung und Protektion bei weiteren anstehenden Transaktionen. Nichts dokumentiert die unkritische Nähe und die unheilvolle Allianz der Dresdner Bank mit der Rüstungsindustrie besser als diese Einschätzung Rasches Ende 1943.

i « H A D r B , Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf, Akte 1130-2002, Eugen de Rothschild/Witkowitzer Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft, Brief des Rechtsanwalts Möhring an die Dresdner Bank A G , Rechtsabteilung, z. Hd. Herrn Adolf Schafer, vom 22. 2. 1958; Aktennotiz Schäfers vom 3. 3.1958, Brief Schäfers an Möhring vom 4. 4.1958. >» Ebd., Brief Schäfers an Möhring vom 17. 3. 1958. i « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NI-2028, Schreiben Rasches an Ministerialdirektor Erich Gritzbach, Chef des Stabsamtes des Ministerpräsidenten und Reichsmarschalls Hermann Göring vom 23.12. 1943.

306

III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

11. Die „Arisierung" im Protektorat Böhmen und Mähren Rahmenbedingungen

und gesetzliche

von Jörg

Vorgaben

Osterloh

Wie im Sudetenland bot auch im Protektorat Böhmen und Mähren die „Arisierung" des jüdischen Besitzes den deutschen Besatzungsbehörden die Möglichkeit, die Wirtschaft nicht nur in ihrem Interesse „neu zu ordnen", sondern auch gezielt nach ihren Vorstellungen zu „durchdringen." Rund 30000 Unternehmen galten als „jüdisch". Selbst „bei niedrigster Schätzung" veranschlagten die neuen Machthaber in Prag das jüdische Vermögen auf rund 17 Mrd. Kronen oder 1,7 Mrd. RM. 1 Sofort nach der Besetzung begann der Terror gegen die Feinde des NS-Regimes - mit der Wehrmacht waren auch so genannte Einsatzkommandos des S D in Böhmen und Mähren einmarschiert. Eine Aktion „Gitter" richtete sich vor allem gegen Kommunisten, Sozialdemokraten und tschechische Funktionäre, betraf aber auch viele Juden. Der Grund für ihre Verhaftung war in der Regel noch kein rassistischer. 2 Allerdings kam es sofort nach der Besetzung zu zahlreichen „wilden" Aktionen gegen Juden, was die deutschen Besatzungsbehörden jedoch untersagten. 3 Die tschechische Regierung unter Ministerpräsident Rudolf Beran wurde dagegen sofort nach der Okkupation Prags aktiv. A m 17. März 1939 beschloss sie erste antijüdische Maßnahmen, am 21. März folgte eine Verordnung, welche die Einsetzung von Treuhändern in Betrieben ermöglichte. Zudem ermächtigte sie das Prager Handelsministerium, über den Ausschluss von „Nichtariern" aus allen leitenden Stellen zu befinden. 4 Der deutsche Besatzungsapparat in Prag fürchtete, dass es auch im Protektorat zu ähnlichen anarchischen Zuständen und „wilden Arisierungen" kommen könne wie in Wien im Frühjahr 1938. Anders lässt es sich kaum erklären, dass Göring bereits am 16. März 1939 anordnete, den An- und Verkauf von Grundstücken, Industrieunternehmen, Aktienbeständen oder Beteiligungen „den Interessen der deutschen Industrie" unterzuordnen. Er behielt sich das 1

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Walter Uternöhle/Herbert Schmerling, Die Rechtstellung der Juden im Protektorat Böhmen und Mähren. Eine systematische Darstellung der gesamten Judengesetzgebung - Stand 15. August 1940, o.O, o.J., S. 14. Eine ähnliche Schätzung kursierte 1939 auch in der tschechoslowakischen Presse, u.a. in der Tageszeitung „Venkov". Siehe hierzu u.a. Miroslav Karny, Die „Judenfrage" in der nazistischen Okkupationsppolitik, in: Historica, Jg. 21,1982, S. 137-192, hier: S. 159. Die tatsächliche Zahl der jüdischen Unternehmen im Protektorat dürfte in Anbetracht der entsprechenden Angaben zum Deutschen Reich und zum Sudetenland deutlich kleiner gewesen sein. Realistischer scheint eher eine Zahl von etwa 20000 bis maximal 24000 Unternehmen. Vgl. Kapitel III.5. Hierzu: ebd., S. 140 f.; Hans Umbreit, Deutsche Militärverwaltungen 1938/39. Die militärische Besatzung der Tschechoslowakei und Polens (Beiträge zur Militär- und Kriegsgeschichte 18), Stuttgart 1977, S. 57; Helmut Krausnick, Hitlers Einsatzgruppen. Die Truppe des Weltanschauungkrieges 1938 bis 1942, Frankfurt a. M. 1989, S. 245. Die bis heute immer noch beste Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung im Protektorat ist Miroslav Karny, Konecne Reseni. Genocida ceskych Xidu v nemecke Protektorätni politice, Praha 1991. SÜA, Bestand ÜRP, Karton 2, Der Oberlandrat von Mährisch Budweis an die Bezirkshauptleute des Kreises vom 19. 3. 1939. Vgl. auch Karny, Die „Judenfrage", S. 141. Regierungsverordnung Nr. 87, in: Sbirka zakonü a narizeni (Sammlung der Gesetze und Verordnungen), Nr. 33 vom 31. 3. 1939. Siehe auch Miroslav Karny, Die Protektoratsregierung und die Verordnungen des Reichsprotektors über das jüdische Vermögen, in: Judaica Bohemiae, X X I X , 1993, S. 54-66, hier S. 60; ders., Die „Judenfrage", S. 146,154.

11. Die „Arisierung" im Protektorat Böhmen und Mähren

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Recht vor, selbst über Fälle zu urteilen, die den Wert von 500 000 Kronen (50 000 RM) überstiegen. Er allein wollte über „Zeit, Maß und Tempo etwaiger Entjudungsmaßnahmen" entscheiden. 5 Zunächst befand sich das Protektorat unter Militärverwaltung. Den beiden Heeresgruppen stand jeweils ein Chef der Zivilverwaltung (CdZ) zur Seite: der sudetenländische Gauleiter Konrad Henlein in Böhmen und der Reichskommissar für die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Reich, Josef Bürckel, in Mähren. Diese reagierten auf Görings Rahmenrichtlinien, indem sie am 20. März 1939 die Einsetzung von Verwaltern und Kommissaren, zwei Tage später den Verkauf, die Verpachtung und Schenkung von Realbesitz untersagten.6 An der Sitzung der Protektoratsregierung vom 21. März 1939 hatte bereits ein Dr. Bachmann als Vertreter der deutschen Behörden teilgenommen und erklärt, dass die „Judenfrage" auch „im Interesse der Weiterführung der jetzigen Wirtschaft und der Beruhigung der Öffentlichkeit nicht überstürzt oder ungesetzlich behandelt" werden solle. Am 23. März 1939 erging daraufhin der Befehl, „dass die Einsetzung von Treuhändern und Kommissaren für Einzelunternehmen grundsätzlich zu unterbleiben" habe und „wilde Arisierungen" zu verhindern seien. Trotz eindeutiger Anweisungen musste die Wehrmacht erste willkürliche Enteignungen jüdischen Besitzes unterbinden, so etwa in Brünn. 7 Ein Tagesbefehl vom 28. März 1939 bestimmte, es sei „nicht im Interesse der Wirtschaft, die Arisierung zu forcieren". Von den tschechischen Behörden eingesetzte Treuhänder und Zwangsverwalter durften diese Funktion nicht mehr ausüben. Der Oberlandrat von Deutsch Brod beispielsweise widerrief am 1. April 1939 die Ernennung eines tschechischen Kommissars in der jüdischen Firma E. Lang in Altenburg. Dennoch gab es weitere Bestrebungen, jüdischen Besitz zu „tschechisieren". Die Närodni sourucenstvi (Nationale Gemeinschaft) wollte bis zum 15. April 1939 ein Verzeichnis des gesamten „nichtarischen" Besitzes in Böhmen und Mähren erstellen. Der Generaldirektor der Anglo-tschechoslowakischen und Prager Creditbank, Bohuslav Kucera, forderte zudem am 13. April 1939 vom Finanzminister der Protektoratsregierung, Josef Kaifuss, die „Arisierung" müsse allein unter dem Gesichtspunkt des nationalen tschechischen Interesses stattfinden. Dennoch waren im Bereich des Oberlandrats von Prag Ende Juni 1940 1109 der Treuhänder Deutsche, aber lediglich 96 Tschechen. 8 Am 15. April 1939 bezog Konstantin Freiherr von Neurath den Hradschin und nahm seine Tätigkeit als „Reichsprotektor in Böhmen und Mähren" auf. Die neue Protektoratsverwaltung übertrug der Gruppe VII „Gewerbliche Wirtschaft" Drahomir Jancik, Die „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank im Protektorat B ö h m e n und Mähren 1939-1945, in: Ziegler, Banken und „Arisierungen", S. 145; Jaroslava Milotovä, Zur Geschichte der Verordnung Konstantin vor. Neuraths über das jüdische Vermögen, in: Theresienstädter Studien und Dokumente 2002, S. 91. 6 S Ü A , Bestand Ü R P , K a n o n 2, Verordnung des C d Z beim Heeresgruppenkommando 5 vom 20. 3. 1939; Verordnung des C d Z beim Heeresgruppenkommando 3 vom 22. 3. 1939; vgl. auch Karny, „Die Judenfrage"j S. 140 ff. 7 S Ü A , Bestand Ü R P , Karton 2, Tagesbefehl Nr. 5 vom 23. 3. 1939; vgl. auch Karny, „Die Judenfrage", S. 142-148; Umbreit, Deutsche Militärverwaltungen, S. 54. « S Ü A , ÜRP, Karton 2, Tagesbefehl Nr. 9 vom 28. 3. 1939; der Oberlandrat in Deutsch-Brod an den C d Z beim XIV. Armeekorps in Pardubitz vom 1 . 4 . 1939. Vgl. auch Karny, Die „Judenfrage", S. 142, 150, 167. 5

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

unter ihrem Leiter Erich von Wedelstädt die Regelung aller Fragen, welche die „Entjudung" der Wirtschaft im Protektorat berührten. In von Wedelstädts Abteilung wurde ein eigenes Referat V l l a („Entjudung") errichtet, welches die „Arisierung" im Protektorat durchführen sollte. Zum Leiter dieses Referats ernannte man zunächst Oberregierungsrat Siegfried Ludwig, der aus der „Arisierungsabteilung" im Reichswirtschaftsministerium nach Prag entsandt worden war. Ihm folgte im Herbst 1939 Regierungsrat Dr. Rudolf Stier, der bereits einschlägige Erfahrungen in der „Arisierungsabteilung" beim Reichsstatthalter in Reichenberg gesammelt hatte. 9 Anträge auf Übernahme eines jüdischen Betriebs bearbeitete fortan ausschließlich das „Entjudungsreferat". Es schlug dem Vermögensamt beim Reichsprotektor 10 die Bewerber vor, die daraufhin mit dieser Behörde die Kaufpreise verhandelten. „Konzernzusammenballungen" wollte man durch die Ablehnung von „Großinteressenten" verhindern. „Parteigenossen" wurden als Bewerber bevorzugt. Das Amt des Reichsprotektors ließ die Kaufpreise durch die Deutsche Revisions- und Treuhand-Gesellschaft in Prag überprüfen. Kam diese zu einer Bewertung, die über dem vereinbarten Kaufpreis lag, so wurden zumeist 70% dieses „Mehrwerts" als „Arisierungs-" bzw. Ausgleichsabgabe festgesetzt, die vom Käufer zusammen mit dem Kaufpreis zu entrichten, allerdings direkt an die Behörde abzuführen war. 11 Die „Arisierung" war nicht nur Mittel zur Aneignung jüdischen Eigentums, sondern auch zur „Germanisierung" Böhmens und Mährens. Dem Leiter der Gruppe Gewerbliche Wirtschaft beim Amt des Reichsprotektors galt die „Entjudung" als wichtiges Instrument, um dem „deutschen Volkstum die Stellung wieder zu erobern, die es einmal hatte". Die „Arisierung" sollte den Volksdeutschen im Protektorat eine „sichere Existenz" bieten und zugleich Deutsche aus dem Reich in das Protektorat führen, um „dort das Deutschtum zu stärken". 12 Nachdem sich die „Arisierung" mehrere Monate rechtlich in der Schwebe befunden hatte, erließ von Neurath am 21. Juni 1939 die „Verordnung des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren über das jüdische Vermögen". Diese verbot den Juden im Protektorat rückwirkend zum 15. März 1939, ohne besondere Genehmigung der Allgemein zur Geschichte des Protektorats Böhmen und Mähren und zum Aufbau der Verwaltungsorganisation: Detlef Brandes, Die Tschechen unter deutschem Protektorat. Teil I: Besatzungspolitik, Kollaboration und Widerstand im Protektorat Böhmen und Mähren bis zu Heydrichs Tod (1939 bis 1942), München/Wien 1969; Vgl. auch Milotovä, Zur Geschichte der Verordnung Konstantin von Neuraths, S. 97. 10 Das Vermögensamt beim Reichsprotektor wurde per Erlass am 2. September 1941 eingerichtet. Es hatte die Aufgabe, das Eigentum „der Feinde des Deutschen Reiches" zu verwalten. Hierbei handelte es sich in erster Linie um von der Gestapo konfiszierte Immobilien und Wertgegenstände von Juden und Tschechen, deren Tätigkeit aus politischen oder ökonomischen Gründen als „feindlich" gegenüber dem Deutschen Reich eingestuft wurde. Die Konten des Vermögensamtes wurden zunächst bei der Kreditanstalt der Deutschen, später bei der BEB geführt. Kubü, Kreditanstalt der Deutschen, S. 20. » N A R A , R G 260, Records of United States Occupation Headquarters, World War II, O M G U S , Office of the Finance Division and Finance Advisor, Records regarding Investigations; Records regarding Bank Investigations, 1945-1947, Dresdner Bank, Exhibits 82-130, Box 50, BEB an Botschafter Ritter vom 21. 5. 1942; HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946—47, Zusammenfassung über Arisierungen bzw. Germanisierungen durch den Dresdner-Bank-Konzern im Sudetenland und im Protektorat, verfasst von Dr. Städing am 1 3 . 1 1 . 1946. 12 Zitiert nach Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 144. 9

11. Die „Arisierung" im Protektorat Böhmen und Mähren

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zuständigen Behörden über ihren Besitz zu verfügen (§§ 1 und 2). Grundstücke, Edelmetalle und -steine sowie Schmuck- und Kunstgegenstände mussten angemeldet werden (§§ 3-5). Zugleich definierte die Verordnung die Begriffe „Jude" und „jüdisches" Unternehmen in Anlehnung an die einschlägigen Bestimmungen des Reiches (§§ 6 und 7). In „geeignet erscheinenden Fällen" war die Bestellung von Treuhändern durch den Reichsprotektor vorgesehen (§ 9). Mit dieser Verordnung verschafften sich die deutschen Besatzungsbehörden und ihre Mitarbeiter einen nahezu unbegrenzten Zugriff auf einen beträchtlichen Teil des jüdischen Vermögens im Protektorat. Durch das Verfügungsverbot für Juden verhinderte die Besatzungsmacht, dass dieser Besitz in „unerwünschte" Hände fiel.13 Diese Verordnung bedeutete eine Zäsur in der Gestaltung der Okkupationspolitik. Damit verlor die Regierung des Protektorats das Recht, in „Schlüsselfragen" der Wirtschaft eigenständige Entscheidungen zu treffen. Dies zeigte sich, als die offiziöse Tageszeitung „Der neue Tag" am 22. Juni 1939 verkündete, die Einsetzung von Treuhändern könne sowohl in „jüdischen" wie in nichtjüdischen Betrieben angeordnet werden. Am folgenden Tag beschwerte sich der tschechische Staatspräsident Emil Hächa bei den deutschen Behörden, die Verordnung sei ein „Instrument der Germanisierung unter dem Deckmantel der Arisierung". Seine Intervention blieb jedoch ohne Resonanz. 14 Die Gruppe Wirtschaft beim Amt des Reichsprotektors arbeitete statt dessen in den folgenden Wochen Richtlinien für die Handhabung der Verordnung aus, die im September 1939 in Kraft traten. Danach war die „Entjudung" des Protektorats die Angelegenheit der deutschen Verwaltungsbehörden. „Privatwirtschaftliche Interessen" waren „den allgemeinen Interessen" unterzuordnen. U m Klagen von im Ausland lebenden Juden zu konterkarieren, betonten die Richtlinien die Freiwilligkeit der Veräußerungen. Generell verfolgten die deutschen Besatzungsbehörden bei den „Arisierungen" den Grundsatz: langsam aber gründlich. Die Behörden wollten jedoch interimistische Übernahmen „jüdischer" Unternehmen durch Banken vermeiden. Daher war eine „wirtschaftliche Uberbrückung des Schwebezustandes durch Einsetzung von Treuhändern" vorgesehen. 15 Am 26. Januar 1940 ordnete von Neurath die „Ausschaltung der Juden aus der Wirtschaft des Protektorats" an. Er bestimmte, dass jüdischen Unternehmern die Führung ihrer Betriebe zu untersagen sei. Ausnahmen seien nur erlaubt, wenn die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen sei. Noch am selben Tag wurde Ju13

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Verordnungsblatt des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren 1939, S. 45—48, abgedr. in: Utermöhle/Schmerling, Die Rechtsstellung der Juden, S. 7 - 1 3 ; Das neue Recht in Böhmen und Mähren. Im amtlichem Auftrag herausgegeben von Helmut Krieser, Amsterdam u.a. 1943, S. 1 0 4 5 1048. Als zeitgenössische Analyse: Moses Moskowitz, The Jewish Situation in the Protectorate Bohemia and Moravia, in: Jewish Social Studies, Vol. 4 , 1 9 4 2 , S. 17-44, hier S. 23-25; Milotovä, Zur Geschichte der Verordnung Konstantin von Neuraths, S. 75-78. Grundlegend zur rechtlichen Stellung der Juden im Protektorat: Helena Petrüv, Prävni postaveni zidü v Protektoratü Cechy a Morava, Praha 2000. Milotovä, Zur Geschichte der Verordnung Konstantin von Neuraths, S. 75-78; Karny, Die „Judenfrage", S. 159. Dies erklärte Regierungsrat Wolkwitz auf einer „Arisierungssitzung" am 26. 9.1939. HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen 1946-47, Zusammenfassung über Arisierungen bzw. Germanisierungen durch den Dresdner-Bank-Konzern im Sudetenland und im Protektorat, verfasst von Dr. Städing am 13. 11. 1946. Vgl. auch Jancik, Die „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 148.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

den zum 30. April 1940 die Führung von Unternehmen im Bereich des Textil-, Schuhwaren- und Kleinhandels verboten. „Jüdische" Unternehmen mussten bis zum 15. März 1940 ihr gesamtes in- und ausländisches Vermögen nach dem Stand vom 31. Dezember 1939 anmelden. Auf diesem Weg wollten die Behörden klären, in welchen Branchen Juden besonders stark vertreten waren, so dass es im „Interesse des Volksganzen unbedingt erforderlich" schien, mit „möglichster Beschleunigung durch Arisierung oder Einsetzung von Treuhändern den Einfluss der Judenschaft zu brechen und auszuschalten". 16 Ein Durchführungserlass zu dieser Verordnung vom 10. Januar 1941 schuf jedoch erst die Möglichkeit, den Zwangsverkauf eines „jüdischen" Unternehmens anzuordnen. Da die Behörden in „Arisierungsfragen" allein entscheiden wollten, war die „Einschaltung privatwirtschaftlicher Stellen möglichst" zu vermeiden. Den Banken wurde eine Rolle als Finanziers der Geschäfte zugedacht. Sie sollten die „Leistungsfähigkeit der Unternehmen erhalten und Bürgschaften sowie Darlehen" gewähren.17 Der Beginn der „Arisierungsaktivitäten" Böhmischer Escompte-Bank von Jörg

von Dresdner Bank und im Protektorat

Osterloh

Während die „Arisierung" aus Sicht der NS-Behörden die Möglichkeit zur wirtschaftlichen Neuordnung bot, sahen die Banken in ihr ein Mittel zum eigenen raschen Vordringen in den böhmischen und mährischen Wirtschaftsraum. Daher ergriffen sie bei der „Arisierung" selbst die Initiative. Innerhalb des Dresdner-BankKonzerns war vor allem die Böhmische Escompte-Bank für die „Arisierungen" im Protektorat zuständig. Die B E B verfolgte einerseits das Ziel, die eigenen „jüdischen Geschäftsverbindungen selbst in nichtjüdisches Eigentum überzuleiten und nicht durch die Konkurrenz ,wegarisieren' zu lassen", andererseits die „einzigartige und einmalige Gelegenheit einer Werbung großen Stils wahrzunehmen und möglichst viele fremde Arisierungen auf Dauer zu uns herüberzuziehen", um den Kundenstamm zu vergrößern. Die B E B befand sich nach eigenem Bekunden 1939 gegenüber der Konkurrenz „stark im Nachteil": Die Masse des „mittleren" Kontokorrentgeschäfts habe im Sudetenland gelegen und sei direkt an die Dresdner Bank gegangen. In Prag und der böhmischen Provinz sei man aber viel schwächer vertreten gewesen als die Konkurrenz der BUB, „die zudem viel stärker im jüdischen Geschäft engagiert" gewesen sei.18 Am 29. März 1939 informierte Kehrl die Repräsentanten der deutschen Banken in Prag über die - bislang vagen - „Arisierungsrichtlinien" im Protektorat. Über eine weitere Besprechung am selben Tag mit Vertretern des Reichswirtschaftsministeriums, der Gestapo und des SD berichtete der von der Dresdner Bank nach Verordnungsblatt des Reichsprotektors in Böhmen und Mähren 1940, Bl. 4 1 , 4 3 , 4 5 , abgedruckt in: Utermöhle/Schmerling, Die Rechtstellung der Juden, S. 14ff., S. 40; Karny, Die „Judenfrage", S. 184. 17 Zitiert nach Jancik, „Arisierungsaktivitäten" der Böhmischen Escompte-Bank, S. 149. Siehe auch: Jüdisches Nachrichtenblatt vom 21. 2. 1941, abgedr. in: Moskowitz, The Jewish Situation, S. 41. '8 IfZ-Archiv, M A 1 5 5 5 - 1 1 0 , N I D 13463; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), N I D - 1 3 4 6 3 , Arisierungsbericht der Böhmischen Escompte-Bank, August 1941, S. lf.

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11. D i e „ A r i s i e r u n g " im Protektorat B ö h m e n und Mähren

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Prag entsandte Justitiar Otto Herbeck: „Um deutsche Wirtschaftspositionen in Böhmen und Mähren zu halten, werden hiesige deutsche Banken bevorzugt bei der Arisierung eingeschaltet. Arisierung soll privatwirtschaftlich durchgeführt werden. Unser Vorsprung gegenüber tschechischen Banken: Bevorzugte Ausreisebewilligung durch Gestapo. Nichtarier übertragen Vermögen treuhänderisch auf hiesige deutsche Banken und erhalten dagegen Ausreisegenehmigung. U m die Tschechisierung jüdischer Positionen zu verhindern, erscheint morgen eine besondere Verordnung, die die Veräußerung jüdischen Vermögens an Behördengenehmigung knüpft. Schicketanz und Overbeck haben bereits mit ersten Arisierungsfällen (Bloch-Bauer) begonnen." 19 Die BEB begann wenige Tage nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Prag damit, eine eigene „Arisierungsabteilung" in ihrem Filial-Büro aufzubauen. Am 4. April 1939 erbat der nach Prag delegierte Heinrich Schneider von der Dresdner Bank die einschlägigen „Arisierungsbestimmungen". Die Dresdner-Bank-Zentrale konnte nur auf ihre entsprechenden Filial-Rundschreiben aus dem Jahr 1938 verweisen und einige grundlegende Ratschläge erteilen: Eine „Arisierung" werde vor allem bei derjenigen Niederlassung bearbeitet, in deren Zuständigkeitsbereich sich der betreffende Betrieb befinde. 20 Die BEB übergab dagegen der DresdnerBank-Zentrale regelmäßig Informationen über jüdische Unternehmen im Protektorat. Am 15. Mai 1939 übersandte sie zum Beispiel Listen „nichtarischer Firmen" an die Konsortialabteilung nach Berlin, die „zunächst eine Auslese aus Hunderten von Firmennamen darstellen, die noch der näheren Bearbeitung unterliegen." Die Verzeichnisse gingen zugleich an die sudetenländische Gebietsdirektion der Dresdner Bank in Reichenberg und die Länderbank Wien. Unter den angeführten Firmen befanden sich bereits eine Reihe bedeutender Betriebe, so etwa der von Edmund Pick in Hronov, die F.M. Oberländer und Hronover Baumwollspinnerei A G in Hronov-Eipel sowie die Flachs- und Juteindustrie A G in Eipel. Die „Bearbeitung" der Firmen und der Interessenten sollte nach Vorstellung der BEB von Prag aus erfolgen, nur in besonderen Fällen durch die Gebietsdirektion in Reichenberg. Mit einiger Besorgnis sah die BEB das Bemühen der Deutschen Bank, über die Böhmische Union-Bank „stark in die Arisierungen einzudringen, um den Vorsprung, den wir gewonnen haben, einzuholen". Daher solle auch die Dresdner Bank die Bearbeitung derjenigen „Arisierungs-Fälle", bei denen man in Konkurrenz zur B U B stehe, möglichst intensivieren.21 Im Juni 1939 konferierten Overbeck und Stitz-Ulrici mit Regierungsrat Joachim vom Amt des Reichsprotektors über die von der BEB bis dahin gestellten „Arisierungsanträge". Ludwig erteilte der BEB „allgemein die Genehmigung, alle >« Ebd., NID-13365, Brief Herbecks an Rasche vom 29. 3.1939 nebst Anlage. Kehrl wies die Vorbereitung einer entsprechenden Verordnung noch am 29. 3. 1939 an. Die Verordnung wurde am 1. 4. 1939 im Amtsblatt des Reichsprotektors veröffentlicht. Vgl. Karny, Die „Judenfrage", S. 150. ™ N A R A , T 83, Roll 205, Reel 95, Direktion der Dresdner Bank (Heinrich Schneider) an die Konsortialabteilung vom 4. 4. 1939. Zum Aufbau der „Arisierungsabteilung" siehe Kapitel III.5. Rasche erklärte bei seiner Vernehmung Anfang 1946, sich nicht an eine „Arisierungsabteilung" bei der B E B erinnern zu können. IfZ-Archiv, MA-1555, NID-13935, Verhör von Karl Rasche am 3. und 4. 1. 1946. « H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29980-2001.BE, Arisierungen der Bebca Prag, Schreiben der Bebca an die Direktion der Dresdner Bank vom 15.5. 1939.

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III. Sudetenland und Protektorat B ö h m e n und Mähren

von ihr beabsichtigten oder bereits eingeleiteten Verkaufsverhandlungen aufzunehmen bzw. weiterzuführen". Einig war man sich, dass „die meisten ernsthaften Kaufinteressenten wohl nur aus dem Altreich in Frage kämen". Die Behörde unterstütze diese Entwicklung, so Ludwig weiter, solange die Erwerber in Böhmen und Mähren sesshaft würden. Der Ablauf bleibe wie gehabt, neu zu bearbeitende Fälle seien „durch Karte an die Dienststelle,Gewerbliche Wirtschaft' zu melden." Stitz-Ulrici und Overbeck erfuhren bei dieser Gelegenheit, dass sich die Anmeldungen durch BEB und B U B zu diesem Zeitpunkt im Verhältnis 5:1 bewegten. 22 Die Verordnung von Neuraths vom 21. Juni 1939 beseitigte die unsichere Rechtslage. Die Auswahl der Bewerber blieb dennoch ein heikles Thema. Nur wenige Wochen nach diesem Erlass kursierte das Gerücht, das Reichswirtschaftsministerium habe unter anderem die Handelskammer Dresden ersucht, „gegenüber reichsdeutschen Beteiligungen im Protektorat eine ablehnende Tendenz" zu verfolgen. Da ein großer Teil der Interessenten aus dem Reich stammte, sah die BEB ihre Bemühungen gefährdet, wenn für diese Personen Einreiseanträge für das Protektorat dilatorisch behandelt würden. Die von der BEB um Auskunft gebetene Dresdner Bank konnte das Gerücht zwar nicht bestätigen, erklärte sich aber bereit, Einreisegenehmigungen beim Reichswirtschaftsministerium zu erwirken. Man wolle aber „aus bestimmten Gründen das RWM dieserhalb nicht zu stark in Anspruch nehmen" und sich „deshalb nur dann einschalten, wenn tatsächlich gar keine andere Möglichkeit besteht". 23 Die Dresdner Bank und ihre Prager Affiliation hofften zudem, ihre Position im Konkurrenzkampf mit der B U B bei anstehenden „Arisierungen" zu verbessern, indem die BEB auch die „Arisierungsfälle" mit bearbeiten sollte, die aus der Klientel der von ihr übernommenen Länderbank Prag stammten. Die BEB sollte eine Liste der gesamten jüdischen Kundschaft der Länderbank erhalten und diese „als außerordentlich wertvolle Bereicherung ihres jetzigen Arisierungsbestandes praktisch bearbeiten, in dem sie dieselbe in die inzwischen von ihr aufgebaute Interessentenapparatur einfügt." Weiter vereinbarte man, dass die BEB sowohl die jüdische Kundschaft als auch die Interessenten bei sich empfangen und mit diesen verhandeln, aber im Namen der Länderbank mit ihnen korrespondieren sollte. Besonders wichtig waren für die BEB jüdische „Objekte" in den Gebieten um Königgrätz und Nachod, in denen sie bislang kaum in die „Arisierung" involviert war.24 In einer Vereinbarung zwischen der BEB und der formal bis Ende 1939 noch selbstständigen Länderbank Prag legte man die Modalitäten fest, nach denen bei der Übernahme von „Arisierungsobjekten" zu verfahren sei. Sofort nach Abschluss dieser Regelung wandte sich die BEB an die Dresdner Bank mit der Bitte, potenzielle Interessenten für Objekte der Länderbank ausfindig zu machen.25 22 N A R A , T 83, Roll 205, Reel 95, BEB, Arisierungsabteilung, Aktennotiz vom 10.6.1939 über eine Besprechung beim Reichsprotektor für Böhmen und Mähren, Dienststelle Gewerbliche Wirtschaft, am 9. 6. 1939 zwischen Regierungsrat Ludwig sowie Overbeck und Stitz-Ulrici von der Dresdner Bank. 23 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 29980-2001.BE, Arisierungen der Bebca Prag, Schreiben des Filial-Büros der BEB an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 26. 7. 1939; Schreiben der Dresdner Bank an die Direktion der BEB vom 31. 7. 1939. 24 Ebd., Brief der BEB über die Arisierungen der Länderbank Prag vom 28.7. 1939. 25 Ebd., Aktennotiz vom 28. 7. 1939; Akte 29946-2001.BE, Arisierungen im Sudetenland 7, Akten-

11. D i e „ A r i s i e r u n g " im Protektorat B ö h m e n und Mähren

Die Zusammenarbeit

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zwischen Dresdner Bank und BEB bei „ Arisierungen" im Protektorat von Harald

Wixforth

Bei der Akquisition von „Arisierungsobjekten" setzte die BEB ihre Kontakte und ihren Apparat ein, um für sie lukrative Geschäfte anzubahnen. Bei der Vermittlung der „Objekte" war sie jedoch auf die Beziehungen der Dresdner Bank zu ihrer Klientel im Reichsgebiet angewiesen, um hier zahlungskräftige Interessenten ausfindig zu machen. Mitte Mai 1939 legten die BEB und die Dresdner Bank eine Art von Arbeitsteilung bei „Arisierungen" im Protektorat fest. Sollte eine Firma „arisiert" werden, die ihren Sitz im Sudetenland oder im Protektorat hatte, so sollte dies durch die BEB geschehen. Auch die Akquisition von Interessenten fiel in die Zuständigkeit der BEB, sofern es sich um Personen oder Unternehmen aus dem Protektorat, dem Sudetenland oder Österreich handelte. Die Dresdner Bank und ihre Niederlassungen wollten dagegen die Akquisition von Interessenten aus dem „Altreich" und die Weiterleitung von Informationen übernehmen. Die Zentrale in der Behrenstrasse sollte zudem dafür sorgen, dass die Namen der Interessenten bei ihr gesammelt und dann in Form von Listen an die BEB und deren „Arisierungsabteilung" weitergereicht wurden. Sowohl die Leitung der BEB als auch Ansmann und Joachim Overbeck als Repräsentanten der Dresdner Bank waren mit dieser Aufgabenverteilung einverstanden.26 Als Folge dieser Arbeitsteilung entwickelte sich in der Folgezeit ein intensiver Informationstransfer und Meinungsaustausch über anstehende „Arisierungsfälle". Vor allem die BEB drängte die Dresdner-Bank-Zentrale immer wieder zu einer intensiven Zusammenarbeit, um möglichst rasch „Arisierungsobjekte" für ihre Klientel oder die der Dresdner Bank vermitteln zu können. Die Konkurrenz der BUB bzw. der Deutschen Bank im „Arisierungsgeschäft" wollte man dadurch in Schach halten.27 Die „Arisierungsabteilung" der BEB, vor allem Kanzler und Stitz-Ulrici, kooperierten daher eng mit den Direktoren und Sachbearbeitern der Dresdner Bank-Zentrale in Berlin, die dort für die „Arisierungen" zuständig waren. Bis 1940 waren dies Ansmann und Kühnen, nach 1940 vor allem Kühnen. Gerade zwischen ihm auf der einen sowie Stitz-Ulrici und Kanzler auf der anderen Seite herrschte ein reger Informationsaustausch über anstehende „Arisierungsgeschäfte" bzw. bereits abgewickelte Transaktionen. Kühnen hatte erkannt, dass die „Arisierungen" im Protektorat sowohl für die BEB als auch für die Dresdner Bank ein großes Geschäft waren. Daher ermunterte er Stitz-Ulrici immer wieder, sich nach neuen Objekten umzuschauen. Nicht auszuschließen ist, dass Kühnen, Kanzler und Stitz-Ulrici weitere Schritte auf der Karriereleiter bzw. die Sicherung ihres Posten erwarteten, wenn sie das „Arisierungsgeschäft" im Protektorat erfolgreich durchführen würden.

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notiz betr. die Arisierung der Länderbank, S. Heller's Witwe u. Söhne AG. Künftig liefen die entsprechenden Vorgänge unter dem gesonderten Vermerk „Arisierungen der Länderbank" oder einem Stempel „Länderbank Arisierung". Ebd., Akte 29980-2001.BE, Arisierungen der Bebca Prag, Brief der BEB an die Direktion der Dresdner Bank vom 15. 5. 1939. Ebd.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Stitz-Ulrici unterrichtete die Berliner Zentrale der Dresdner Bank ausführlich über zum Verkauf stehende „Arisierungsobjekte" bzw. über abgeschlossene Geschäfte. Im Frühjahr 1940 informierte er Kühnen zum Beispiel darüber, dass die Strumpffabrik von J. Kunert & Söhne aus dem sudetenländischen Warnsdorf das Prager Kaufhaus A R A zum Preis von 12 Mio. Kronen aus jüdischem Besitz übernommen habe. Die B E B konnte für die Vermittlung des Geschäfts eine Provision von 2 % einstreichen. Langfristig war für die B E B ebenso wertvoll, dass sich eine dauerhafte Geschäftsverbindung sowohl zum „arisierten" Kaufhaus als auch zu J. Kunert & Söhne herstellen ließ. 28 Zur gleichen Zeit konnte die B E B eine Bierbrauerei und Mälzerei an Interessenten aus dem „Altreich" vermitteln, wie StitzUlrici Kühnen voller Genugtuung mitteilte. Für die Jaroschauer Bierbrauerei hatte sie zwei Brüder aus Wuppertal ausfindig gemacht, die das „Objekt" für 9 Mio. Kronen erwerben wollten. Die B E B erhielt dafür eine Vermittlungsprovision von 2 % und wurde alleinige Bankverbindung. 29 Angesichts dieses Ergebnisses überrascht es nicht, dass Kühnen Stitz-Ulrici zusicherte, „Ihnen bei der Unterbringung der noch freien Objekte durch die Interessierung reichsdeutscher Firmen behilflich zu sein." 30 Die Zusammenarbeit zwischen der Dresdner-Bank-Zentrale und der „Arisierungsabteilung" der B E B wurde auch bei der Übernahme von drei Unternehmen aus der chemischen Industrie durch die Explosia A G offenkundig. Diese Firma war eine Tochtergesellschaft der Waffenwerke Brünn und gehörte damit zum Konzern der Reichswerke Hermann Göring, nachdem diese die „Brünner Waffenschmiede" mit Hilfe der Dresdner Bank kontrollieren konnten. Anfang 1940 wollten die Reichswerke über die Explosia A G auch in der chemischen Industrie des Protektorats Fuß fassen. Dazu sollte die Explosia Chemieunternehmen aus jüdischem Besitz erwerben. Angesichts wiederholter Interventionen aus Berlin zogen sich die Verhandlungen ebenso lange hin wie das Genehmigungsverfahren durch Stier und seine Abteilung. Die dazu notwendigen Verhandlungen führte die B E B , doch unterrichtete sie die Konsortialabteilung der Dresdner Bank in Berlin ausführlich über ihre Schritte. Ende Januar 1940 konnte sie mitteilen, dass die Gespräche zwischen der Explosia und der Juralit Kunstharzfabrik Emil Schreiber aus Leipnik erfolgreich abgeschlossen seien. Für eine Summe von 750000 Kronen wurde dieses Unternehmen „arisiert". Mit Genugtuung konnte Kanzler gegenüber der Konsortialabteilung feststellen, dass die B E B für ihre Bemühungen diesmal eine Provision von 6 % erhalten hatte. Zudem wurde sie auch hier alleinige Bankverbindung. 31 Schwieriger gestalteten sich die Verhandlungen über andere „Arisierungsobjekte", an denen die Explosia ebenfalls interessiert war. Bei den Chemischen Werken Butyl aus Olmütz verlangte sie eine deutliche Herabsetzung des Kaufpreises, da ihrer Meinung nach deren Produktionsprogramm keine Gewinne versprachen. Aus rüstungswirtschaftlichen Überlegungen sollte die Transaktion dennoch stattfinden. Der Erwerb der Fistag A G für Fettindustrie und Stärkefabrik aus Prag 28 Ebd., Brief Stitz-Ulricis an Kühnen vom 6 . 4 . 1940. » Ebd. M Ebd., Brief Kühnens an Stitz-Ulrici vom 12. 4. 1940. 31 Ebd., Brief Kanzlers an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank nebst Anlage vom 2 9 . 1 . 1940.

11. D i e „ A r i s i e r u n g " im Protektorat B ö h m e n und Mähren

315

wurde vom Amt des Reichsprotektors zunächst untersagt. 32 Mitte September 1940 konnte die BEB der Dresdner-Bank-Zentrale jedoch mitteilen, dass es infolge ihrer Vermittlungsbemühungen gelungen war, die Verhandlungen zwischen der Explosia, den Chemischen Werken Butyl sowie einem anderen Unternehmen aus der chemischen Industrie, der Firma Oxygen Tramer & Co., abzuschließen. Auch in diesen Fällen erhielt die BEB eine Vermittlungsprovision von 6%. Zudem wurde ihre Filiale in Olmütz die alleinige Bankverbindung. Aufgrund dieses Ergebnisses, das sie ausschließlich als Folge ihres Verhandlungsgeschicks betrachtete, insistierte Kanzler ausdrücklich darauf, auch Gustav Overbeck vom positiven Geschäftsabschluss zu informieren. Offenbar wollte man Overbeck und den Vorstand der Dresdner Bank durch dieses Ergebnis beeindrucken. 33 Nicht nur mit der Zentrale in der Berliner Behrenstraße, sondern auch mit den größeren Filialen der Dresdner Bank stand die „Arisierungsabteilung" der BEB in regem Informationsaustausch, um deren Kundschaft jüdische Betriebe zu vermitteln. Eine besondere Rolle spielte dabei offenbar die Dresdner-Bank-Filiale in Hamburg. Seit Sommer 1939 stand diese unter der Leitung von Joachim Overbeck, der sich im Frühjahr 1939 für kurze Zeit in Prag aufgehalten hatte, um die Umstrukturierung der Bebca mit vorzubereiten. Jetzt wollte Overbeck seine Prager Kontakte nutzen. Im September 1939 fragte er bei der „Arisierungsabteilung" der BEB an, welche Betriebe in jüdischem Besitz aus der Nahrungs- und Genussmittelindustrie sowie aus dem Großhandel in absehbarer Zeit „arisiert" werden sollten. Offenbar gab es unter der Klientel der Hamburger Filiale eine Reihe von Interessenten an solchen „Objekten". Die B E B antwortete prompt und sandte Overbeck ein 11-seitiges Exposé, in dem sie detailliert die wichtigsten Firmen dieser Branchen in jüdischem Besitz samt Informationen über den aktuellen Stand der „Arisierungen" aufgelistet hatte. Als besonderen „Service" betrachtete es die BEB, dass sie in ihrer Liste auch die Namen von jüdischen Betrieben aus dem Eisenwarenhandel und dem Maschinenbau aufgeführt hatte, die ebenfalls „arisiert" werden sollten.34 Nicht nur die Filiale Hamburg, sondern auch andere Niederlassungen versorgte die BEB mit Informationen über anstehende „Arisierungen". Der Filiale in Regensburg teilte das Prager Geldhaus zum Beispiel mit, welche Güter in jüdischem Besitz in Mähren enteignet worden waren und von den Treuhändern zum Verkauf angeboten wurden. 35 Die Niederlassung in Düsseldorf unterrichtete sie darüber, welche Lebensmittelgeschäfte und „Detailgeschäfte" vor allem in Prag „arisiert" werden sollten. Offenbar bestand im Kundenkreis der Düsseldorfer Filiale ein großes Interesse, durch die „Arisierung" solche Geschäften billig übernehmen zu können. 36 Weitere, ähnliche gelagerte Fälle, in denen sich die BEB und ihre „Arisierungsabteilung" als „Informationsbroker" für die reichsdeutsche Klientel der Dresdner Bank anboten, lassen sich häufig finden. 32

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35 36

Ebd., Brief Stitz-Ulricis an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 17. 8. 1939 samt AnlageEbd.; Brief Stitz-Ulricis an die Generaldirektion der Explosia vom 22. 8. 1939; Brief Kanzlers an die Konsortialabteilung vom 17. 9. 1940. Ebd., Brief der B E B (ohne Unterschrift) an Joachim Overbeck, Direktor der Dresdner-BankFiliale Hamburg, vom 21. 9. 1939 samt Anlage. Ebd., Brief der B E B an die Dresdner-Bank-Filiale in Regensburg vom 11.7.1939. Ebd., Brief der B E B an die Dresdner-Bank-Filiale in Düsseldorf vom 10. 7. 1939 nebst Anlage.

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III. Sudetenland und Protektorat Böhmen und Mähren

Die Zusammenarbeit zwischen Dresdner Bank und BEB verfolgte noch einen anderen Zweck: Durch eine geschlossen Phalanx wollte man die Konkurrenz der BUB und ihrer Muttergesellschaft Deutsche Bank im „Arisierungsgeschäft" möglichst ausschalten. Seit dem Frühjahr 1939 fürchtete man bei der BEB, dass man gegenüber der Böhmischen Union-Bank bei den anstehenden „Arisierungen" an Boden verlieren könne. Immer wieder wiesen die neue Leitung des Prager Geldhauses, aber auch Overbeck und Ansmann darauf hin, dass man die „Arisierungsabteilung" der BEB personell ausbauen müsse, um gegen die Konkurrenz der BUB im kommenden „Arisierungswettlauf" gewappnet zu sein. In der Tat versuchte die BUB, sich ab Sommer 1939 massiv in die „Arisierungen" einzuschalten. Das Institut und seine Muttergesellschaft aus der Berliner Mauerstraße wollten dadurch kompensieren, dass sie an den großen Geschäftstransaktionen und „Arisierungen" in der Schwerindustrie des Protektorats nicht beteiligt worden waren. Bei der BEB argwöhnte man daher, „die führende Stellung in diesem Geschäftsfeld" an die BUB zu verlieren. Erste persönliche Kontakte zwischen Overbeck und der „Arisierungsabteilung" der BUB schienen diesen Eindruck zu bestätigen. 37 Darauf reagierte man bei der BEB auf zweierlei Weise. Zum einen intensivierte man seit Juli 1939 die Bemühungen, möglichst viele „Arisierungsobjekte" zu akquirieren, zum anderen suchte man das Gespräch mit der BUB, um sich über „grundsätzliche Fragen der Arisierungen im Protektorat zu verständigen." Bei der BUB verhielten sich die zuständigen Direktoren - Gärtner und Kramer - ähnlich. Auch hier versuchte man, Listen von „Arisierungsobjekten" zusammenzustellen und diese an ihre Klientel oder die der Deutschen Bank zu vermitteln. Andererseits zeigte sich auch Gärtner an Kontakten mit der BEB interessiert, um gemeinsam Probleme im „Arisierungsgeschäft" zu besprechen. Er schlug daher vor, ein Treffen zu arrangieren, um offene Fragen zu diskutieren. 38 Eine solche Zusammenkunft fand Ende August 1939 statt. Von der BUB nahmen daran Gärtner und ihr Vorstandsmitglied Seelige, von der BEB Kanzler und Stitz-Ulrici teil. Dabei wurde ein gemeinsames Problem offenkundig, das bis dahin viele Verhandlungen über „Arisierungsobjekte" blockiert hatte. Sowohl die BUB als auch die BEB hatten die Erfahrung machen müssen, dass das Amt des Reichsprotektors äußerst schleppend Einreisegenehmigungen in das Protektorat für Interessenten aus dem Reichsgebiet ausgestellt hatte. Dadurch waren viele Verhandlungen im Anfangsstadium verblieben. Hinzu kam, dass die Protektoratsbehörden bei der BUB, weniger bei der BEB, lange brauchten, um definitiv zu entscheiden, ob ein Betrieb aus jüdischem Besitz an einen Interessenten aus dem Reichsgebiet zu veräußern sei. Dennoch herrschte Konsens zwischen den Vertretern der BEB und der BUB, dass die Zusammenarbeit mit den Protektoratsbehörden zu verbessern sei.39

37 HADrB, Bestand 137, Personalbüro, Akte 50340-2001 .BE, Böhmische Escompte-Bank Personalia I, Notiz Overbecks vom 6. 6 . 1 9 3 9 . ' 8 HADrB, Bestand 87, Konsortialabeilung, Akte 29980-2001.BE, Arisierungen der Bebca, Prag, Aktennotiz Stitz-Ulricis vom 22. 8. 1939. Zur „Arisierungstätigkeit" der BUB siehe James, Deutsche Bank und „Arisierung", S. 164-168; ders., Deutsche Bank im „Dritten Reich", S. 133f. J' HADrB, Bestand 87, Konsortialabeilung, Akte 29980-2001.BE, Arisierungen der Bebca Prag, Aktennotiz Stitz-Ulricis vom 22. 8. 1939.

11. Die „Arisierung" im Protektorat Böhmen und Mähren

317

Zu diesem Zweck stellten die Teilnehmer der Zusammenkunft einen Katalog von Kriterien für die Behandlung von „Arisierungen" bzw. von eigenen Forderungen an die Protektoratsbehörden auf. Sie verlangten, dass deren Dienststellen allen Interessenten, welche die beiden Banken vorgeschlagen hatten, die Einreise in das Protektorat genehmigen und erlauben sollten, Verhandlungen über „ Arisierungsobjekte" zu führen. Die Kreditinstitute wollten es übernehmen, die erforderlichen Referenzen der Kaufinteressenten wie politische Zuverlässigkeitszeugnisse, Befürwortungen der jeweiligen Wirtschaftsberater oder der zuständigen Fachgruppen beizubringen. Zudem verlangten sie klare Angaben darüber, wann und warum die Oberlandräte in den „Arisierungsprozess" einzuschalten seien. Zwei Forderungen berührten das unmittelbare Interesse der BEB und der BUB. Zum einen sollte ihnen überlasen bleiben, wie der Erwerb eines „arisierten" Betriebs durch einen Kaufinteressenten zu finanzieren sei, zum anderen sollten die Protektoratsbehörden darauf verzichten, jede Form von Garantien bei Devisentransfers zu verlangen. Dies wollten ebenfalls die Banken organisieren.40 Während sich die beiden Prager Geldhäuser bei ihrem Treffen auf diesen Verfahrens- und Forderungskatalog verständigen konnten und darüber gemeinsam mit den Protektoratsbehörden verhandeln wollten, erwies sich eine Einigung über die Abgrenzung von Interessen bei der Akquisition von „Arisierungsobjekten" als schwierig. Während die BUB vorschlug, dass jede Bank den „Arisierungsfall" behandeln solle, für den sie zuerst einen Interessenten ausfindig gemacht hatte, beharrte die B E B darauf, dass es einen „freien Wettbewerb ernsthafter Interessenten" geben müsse. Sollten die beiden Geldhäuser zwei aussichtsreiche Interessenten ermittelt haben, so wäre gegebenenfalls die „Arisierungsprovision" und sogar die spätere Bankverbindung zu teilen. Offenbar wollte die BEB nicht vorschnell in eine strikte Interessenabgrenzung mit der B U B einwilligen, war sie doch in dem Glauben, ihre Konkurrentin bei vielen „Arisierungsfällen" übertrumpfen zu können. Die Konkurrenz mit der BUB blieb der BEB bei ihrer „Arisierungstätigkeit" im Protektorat erhalten. Nur in wenigen Fällen ließ sich eine Verständigung mit diesem Institut erreichen.41 Die „Betreuung" von Interessenten und die Zusammenarbeit

an „Arisierungsobjekten" durch die BEB mit den Protektoratsbehörden

von Harald

Wixforth

Außer den erfolgreichen „Arisierungen", bei denen in die Verhandlungen zwischen Verkäufern und Erwerbern die B E B und die Dresdner Bank eingeschaltet wurden bzw. die Initiative dazu von den beiden Geldhäusern ausging, lassen sich zahlreiche Fälle nachweisen, in denen Interessenten bei ihnen nachfragten, wie Objekte aus jüdischem Besitz zu erwerben seien. Bei einigen dieser Interessenten handelte sich um hochkarätige Industrielle oder um skrupellose Karrieristen, die jedoch die Rückendeckung der NSDAP und ihrer Untergliederungen sowie der Berliner Ministerien genossen. Gerade diese Interessenten verlangten eine beson«> N A R A , T 83, Roll 205, Reel 95, Schreiben der Konsortialabteilung der Dresdner Bank an die BEB vom 20. 11. 1940. 142 Ebd., Schreiben der BEB an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 23.11. 1940. o

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rt J Ebd. 91 Bei der Huta Bankowa handelte es sich um eine Eisenhütte, die in Dombrowa verschiedene Sorten von Stahl und Eisengussprodukte herstellte. Die Aktienmehrheit des Unternehmens befand sich in 87

2. Die „Neuordnung" der oberschlesischen Montanindustrie

455

Herbst 1941 bei Max Winkler, dem Leiter der Haupttreuhandstelle Ost, vorgesprochen, um ihn für seinen Plan zu gewinnen. Winkler hatte in einer Unterredung bei Göring erreicht, dass dieser für die beabsichtigte Großfusion sein Plazet gab. Gegenüber Overbeck und Hölzer legte Pohle dar, dass eine vollständige Verzahnung von großen oberschlesischen Montanunternehmen die richtige Maßnahme sei, um die vielfältigen Probleme bei der Rohstoff- und Halbzeugbeschaffung endgültig zu lösen. Nicht zu Unrecht argwöhnte Hölzer, dass Pohle - von Ehrgeiz getrieben - in Oberschlesien die Rolle eines entscheidenden Ideengebers und Initiators von „Neuordnungsplänen" einnehmen wollte. 92 Pohle verfolgte offenbar noch megalomanere Expansionspläne für die Berghütte. Er träumte bereits von einem Hüttenverbund zwischen dem oberschlesischen Montankonzern und einer Monopolgesellschaft, die auf Befehl Görings die Eisen- und Stahlindustrie in der gerade besetzten Ukraine und in Südrussland ausbeuten sollte. 93 Für diese Expansion brauchte die Berghütte Teschen enorme Summen an Kapital. Gedacht war an eine Kapitalerhöhung von 75 Mio. RM sowie an die Emission einer Anleihe von 50 Mio. RM. An den Besitzverhältnissen sollte sich nach den Vorstellungen Pohles jedoch nichts ändern: Die Aktienmajorität sollte wie bisher und in der gleichen Quotenverteilung beim Konsortium aus BUB, BEB und Zivnostenská banka bleiben. Bei der Dresdner Bank blickte man mit Skepsis auf diese Expansionspläne. Sollten sie in die Tat umgesetzt werden, so hätte Pohle als Ideengeber für die Umgestaltung von Schlüsselbranchen in den besetzten Gebieten mit Rasche gleichgezogen. 94 Im Januar 1942 fanden weitere Gespräche zwischen Vertretern des Reichswirtschaftsministeriums, der HTO, der Berghütte und der I.G. Kattowitz statt, auf der Einzelheiten der Übernahme geklärt wurden. In der Dresdner-Bank-Zentrale reagierte man verstimmt, da man keinen Vertreter zu diesen Sondierungen entsenden durfte. Rasche entschloss sich daher, die Interessen seines Hauses entschiedener zu vertreten. Er verlangte, dass die Dresdner Bank im Falle einer Fusion zwischen Berghütte und I.G. Kattowitz bei zukünftigen Finanztransaktionen dieselbe Quote erhalten solle wie das Institut aus der Berliner Mauerstraße. Erstaunlich ist, dass sich Rasche erst jetzt intensiv mit der Berghütte befasste. Erst als die Dresdner Bank durch die anstehende Fusion mit der I.G. Kattowitz Gefahr lief, hier ihren Führungsanspruch zu verlieren, reagierten Rasche und seine Mitarbeiter. 95 Sowohl der Vorstand der Deutschen Bank als auch Walter Pohle blieben jedoch bei ihrer Haltung. Sie wollten die Federführung bei der Fusion zwischen Bergfranzösischen Händen, daher lag ihr Verwaltungssitz in Paris. Die Berg- und Hüttenwerke Modrzejow-Hantke A G stellte in verschiedenen Hochöfen- und Hüttenwerken in Sosnowitz und Tschenstochau Draht, Eisenrohr und Eisenbahnmaterial her. Ihr Firmensitz befand sich in Warschau. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30480-2001.BE, Oberschlesien, Kapitalbeteiligungen an den polnisch-oberschlesischen Bergbau- und Hüttenunternehmungen, Abteilung Eisenhütten. « StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9014, Brief Pohles an Overbeck vom 22. 12. 1941; Depesche Hölzers an Overbeck vom 23. 12. 1941. 93 Ebd. Zur Monopolgesellschaft für die ukrainische und russische Schwerindustrie, die BerghütteOst, siehe Kap. VI.2. 94 Ebd., Brief Hölzers an Overbeck vom 23. 12. 1941. « HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, „Berghütte", Brief Andrés an Rasche vom 14. Januar 1942; Brief Andrés an Overbeck vom 4. Februar 1942.

456

V. Die Dresdner Bank im besetzten Polen

hütte und I.G. Kattowitz keineswegs teilen. Am 27. Januar 1942 unterzeichneten der Vorstand der Berghütte, die kommissarischen Leiter der I.G. Kattowitz sowie Vertreter der H T O einen Vertragsentwurf. Die wertvollen Hüttenwerke der I.G. Kattowitz, u.a. die Bismarckhütte, die Königs- und Laurahütte, die Eintrachthütte sowie ihr Besitz an Kohlen- und Erzgruben gingen auf die Berghütte Teschen über. Sollte sich eine schnelle Einigung mit den französischen Aktionären der Huta Bankowa erzielen lassen, so sollte die Berghütte auch dieses Hüttenwerk übernehmen. Ein entsprechender Beschluss stand jedoch noch aus. Dagegen war der Erwerb der Modrzejow-Hantke AG mit ihren Hüttenwerken durch die Berghütte bereits gesichert. 96 Mit Schreiben vom 27. Januar 1942 informierte Max Winkler die kommissarischen Verwalter der I.G. Kattowitz über die neuen Besitz- und Machtverhältnisse. Innerhalb kurzer Zeit war in Oberschlesien ein großer Montankonzern entstanden - auf Initiative der BUB und der Deutschen Bank, nicht der Dresdner Bank. Eine Reihe von Fragen war jedoch nicht geklärt: Wie lange sollte das Konsortium um die BUB Mehrheitsaktionär der Berghütte bleiben? Wer sollte das Aktienpaket kaufen? Wie sollte sich das Verhältnis zu anderen großen Montankonzernen, vor allem zu den Reichswerken Hermann Göring, entwickeln? 97 In den folgenden Wochen drängten der Vorstand und der Aufsichtsrat der Berghütte darauf, die gesamte Transaktion möglichst rasch abzuschließen, die bisherigen kommissarischen Verwalter bei der I.G. Kattowitz abzulösen und selbst die Betriebsführung zu übernehmen. Für die Finanzierung des Kaufpreises sollte ein Bankenkonsortium einen Zwischenkredit in Höhe von 70 Mio. RM zur Verfügung stellen. Auf einer Sitzung am 30. April 1942 in Prag verhandelten Vertreter der Konsortialbanken über diesen Kredit. 98 Demnach sollte die Zivnostenská banka 10% der Kreditsumme bereitstellen, während 90% auf die Deutsche Bank und die Dresdner Bank entfielen. Die beiden Institute sollten die von ihnen aufzubringende Summe von 63 Mio. RM nach dem Schlüssel aufteilen, der bei Finanztransaktionen mit der Berghütte galt: 55% für die Deutschen Bank, 45% für die Dresdner Bank. Damit war letztere bei diesem Kredit mit einer Summe von 28,35 Mio. RM engagiert, von denen sie 10 Mio. RM der BEB als Unterbeteiligung abtrat. Die Deutsche Bank plante das gleiche für ihre Prager Affiliation. 99 HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, „Berghütte", Aktennotiz Stillers vom 2 4 . 1 . 1942; Aktennotizen Andrés vom 27.1. u. 3. 2. 1942; StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9014, Vertrag vom 2 7 . 1 . 1942 über die Übertragung der I.G. Kattowitz, der Huta Bankowa und der Modrzejow-Hantke A G auf die Berghütte Teschen nebst Anlagen; A P K , Bestand 320/0, Dresdner-Bank-Filiale Kattowitz, Akte 113, Bl. 134, Jahresbericht der Dresdner-Bank-Filiale Sosnowitz für 1942. n StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9014, Briefe Winklers an Sabass und Pietsch vom 27. 1. 1942; NID-8617, Brief von Sabass an Meyer vom 29. 8. 1942. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, Brief der Berghütte an das Reichswirtschaftsministerium vom 16. 3 . 1 9 4 2 ; Brief Overbecks an Rudolf Schicketanz, Vorstandsmitglied der Berghütte Teschen, vom 25. 3. 1942. 98 A n dieser Sitzung nahmen teil: Gustav Overbeck von der Dresdner Bank, Hermann Josef Abs, Hermann Kaiser und Oswald Rösler von der Deutschen Bank, Karl Hölzer von der BEB und Walter Pohle von der BUB. StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-9376, A k tennotiz Hölzers vom 30. 4. 1942 über eine Besprechung betr. Berghütte vom gleichen Tag. Siehe auch HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, „Berghütte", Aktennotiz Andrés vom 14. 3. 1942; Brief Schicketanz an Overbeck vom 16. 3. 1942. 99 Ebd., Aktennotiz Hölzers vom 30. 4. 1942 über eine Besprechung vom gleichen Tag.

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2. Die „ N e u o r d n u n g " der oberschlesischen Montanindustrie

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Auf einer Hauptversammlung am 6. Juli 1942 beschlossen die Aktionäre der Berghütte die Umstrukturierung des Konzerns und die Modalitäten der Kapitalbeschaffungsmaßnahmen. Die neue Konzernstruktur nahm Konturen an. Als Zentrale fungierte die Berghütte, Berg- und Hüttenwerksgesellschaft A G mit Sitz in Teschen. Zu ihren Tochtergesellschaften gehörte die Berg- und HüttenwerksGesellschaft Karwin-Trzynietz. Den größten Teil der ehemaligen I.G. Kattowitz, aber auch der Huta Bankowa, sollte von der Königs- und Bismarckhütte A G als weiterer Tochtergesellschaft verwaltet werden. Die Berghütte war damit der größte „gemischte" Montankonzern Oberschlesiens mit Tochtergesellschaften im Protektorat und der Slowakei. Sie sollte ein expansives Investitionsprogramm durchführen und für das Reich das zweite Standbein - neben den Reichswerken Hermann Göring - in der Montanwirtschaft der besetzten Länder bilden. 100 Nach der Hauptversammlung erlebte die Berghütte gravierende personelle Veränderungen in ihren Führungsgremien. Am wichtigsten war, dass Walter Pohle von der B U B seinen Posten als Vorsitzender des Aufsichtsrats niederlegen und ganz aus dem Gremium ausscheiden musste. Über die Hintergründe für diesen Schritt lässt sich nur spekulieren. Möglich ist, dass Pohle aus Sicht der Rüstungsplaner in Berlin eine zu eigenmächtige Politik bei der Berghütte verfolgen wollte. Aus Sicht der Dresdner Bank war dies ein bemerkenswerter Schritt, wurde doch ein Konkurrent bei der „Neuordnung" von Schlüsselbranchen in den besetzten Gebiet deutlich zurechtgestutzt. Den Posten des Aufsichtsratsvorsitzenden der Berghütte übernahm mit Hans Adolf von Moltke ein Diplomat aus dem Auswärtigen Amt, während die Dresdner Bank mit Gustav Overbeck weiterhin in diesem Gremium vertreten war.101 Nach diesem Revirement blieb noch eine entscheidende Frage zu klären: "Wie und wann sollten die geplanten Kapitalbeschaffungsmaßnahmen bei der Berghütte durchgeführt werden? Auf einer Unterredung zwischen Vertretern der Deutschen und der Dresdner Bank im Juli verständigte man sich über die Transaktion: Ein größeres Bankenkonsortium als bisher sollte die 50 Mio. R M an neuen Aktien unter Ausschluss des Bezugsrechts übernehmen und zu einem Kurs von 130 bis 135% bei Anlegern platzieren. Interesse für Aktienpakete hatten bereits der Flick-Konzern und die Robert Bosch G m b H aus Stuttgart angemeldet. 102 Bei der geplanten Kapitalerhöhung wollte sich das Reichswirtschaftsministerium offenbar massiv bereichern. Es ordnete an, den Emissionskurs auf mindestens 135% festzusetzen. Den Konsortialbanken sollte jedoch nur der EmissionsiM Ebd., Exposé Andres über die Berghütte, ohne Datum; Exposé Kühnens: Berg- und HüttenwerksGesellschaft Teschen, vom 3. 7. 1942 nebst Anlagen. 101 Ebd., Aktennotiz Kühnens vom 10. 7. 1942: Berghütte-Konzern, zukünftige Gestaltung des Aufsichtsrats. Aus den Quellen der Dresdner Bank lässt sich nicht ersehen, warum Walter Pohle demissionieren musste. Auch James gibt darauf keine klare Antwort. James, Deutsche Bank im „Dritten Reich", S. 143. '02 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, Brief der B E B an das Vorstandssekretariat der Dresdner Bank vom 6. 7. 1942 nebst Anlage. Am Konsortium sollten die 2ivnostenska banka und die Commerzbank mit je 8 % , die Berliner Handelsgesellschaft und die ReichsKredit-Gesellschaft mit je 5 % , die Adca mit 4 % sowie die Privatbankhäuser von Nicolai, Schöller und Delbrück, Schickler & Co. mit je 3 % beteiligt werden. Die restlichen 6 1 % sollten zwischen den Konzernen der Deutschen Bank und der Dresdner Bank im Verhältnis von 55% zu 4 5 % aufgeteilt werden.

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V. Die Dresdner Bank im besetzten Polen

gewinne bis zu einem Kurs von 115% zufallen, während das Reich die restlichen 20% einstreichen wollte - ein in der Tat höchst ungewöhnliches Verfahren, gegen das die Kreditinstitute protestierten. Als Begründung führte das Reichswirtschaftsministerium an, beim Erwerb der Berghütte-Aktien habe die BUB davon profitieren können, dass ihr bzw. ihrem Konsortium Gelder aus konfiszierten Vermögen zur Verfügung gestellt worden seien. Zudem habe sie die Aktien aus jüdischem Besitz sehr günstig erhalten, schließlich für den gesamten Aktienbestand Dividenden vereinnahmt. 103 Reichswirtschaftsminister Funk zeigte hier nur wenig Konzessionsbereitschaft. In Ubereinstimmung mit Kehrl verlangte er, den Emissionskurs für die jungen Aktien auf 130%, den Kurs für die Platzierung der aus früherem französischen und jüdischen Besitz stammenden Anteilsscheine auf 135% festzusetzen. 104 Auf einer Sitzung am 14. August 1942 besprachen die Konsortialbanken letzte Details der Transaktion. Insgesamt 33 Mio. RM alte Berghütte-Aktien aus ehemalig französischem Besitz, 4 Mio. RM aus ehemalig jüdischem Besitz und 50 Mio. RM an jungen Aktien sollten platziert werden. 7,2 Mio. RM an Aktien waren für Altaktionäre oder -Obligationäre der I.G. Kattowitz vorgesehen. Der Rest war bei Investoren vor allem aus der Schwerindustrie des Reichsgebiets unterzubringen, wobei kein Aktionär mehr als 250 000 RM an Anteilsscheinen bekommen sollte. Das Reichswirtschaftsministerium verlangte zudem eine Aufstellung darüber, wer die Aktien gezeichnet hatte. Es wollte die Aktienverteilung kontrollieren, um einen „unerwünschten Einfluss" auf die Berghütte zu verhindern. 105 Die Dresdner Bank partizipierte an dieser Transaktion mit einer Konsortialquote von 15,35% oder 11,5 Mio. RM. Zusätzlich erhielt sie 2,5 Mio. RM an jungen Aktien als Altobligationär der I.G. Kattowitz. Verglichen mit den Quoten der Deutschen Bank und ihrer Tochtergesellschaften in Wien und Prag bekamen die Dresdner Bank, die Länderbank und die BEB deutlich weniger an Aktien zugeteilt - Ausdruck des weiterhin bestehenden Führungsanspruchs der Deutschen Bank bei der Berghütte. 106 Mit der Platzierung der Berghütte-Aktien im Herbst 1942 fand eine der spektakulärsten Maßnahmen zur „Neuordnung" der oberschlesischen Schwerindustrie ihr Ende. Mehr als zwei Jahre hatte es gedauert, bis die einzelnen, oft konfliktreichen Schritte dieser Transaktion abgeschlossen waren. Dabei hatten die Rüstungs103 104

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Ebd., Brief Kühnens an Overbeck vom 21. 7. 1942; Aktennotiz Rinns vom 21. 7. 1942. Ebd., Brief des Vorstands der Berghütte an die Deutsche Bank vom 31. 7. 1942; Vorstandsbeschluss der Berghütte vom gleichen Tag. Zur Zusammensetzung des Konsortiums siehe Tabelle V/1, S. 617. Ebd., Brief der Deutschen Bank an den Vorstand der Dresdner Bank vom 11.8. 1942; Aktennotiz Andrés vom 14. 8. 1942; Bestand 170, Direktionskabinett, Akte 50495-2001.BE, Filiale Breslau, Direktion (Direktor Overbeck), Brief Overbecks an Blancke vom 21. 8. 1942. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30775-2001.BE, „Berghütte", Aktennotiz Andrés vom 14. 8. 1942; Brief der Deutschen Bank an den Vorstand der Dresdner Bank vom 17. 8. 1942; Brief Andrés an den Vorstand der Deutschen Bank vom 18. 8. 1942; Brief der Deutschen Bank an den Vorstand der Dresdner Bank vom 21. August 1942. Mit den Erlösen aus der Aktienplatzierung war die Dresdner Bank nur bedingt zufrieden, sprach sie doch nur von einem dadurch hervorgerufenen „gewissen Auftrieb" im Effektengeschäft. APK, Bestand 320/0, Dresdner-Bank-Filiale Kattowitz, Akte 113, Bl. 88, Bericht der Dresdner-Bank-Filiale Kattowitz über die Entwicklung der Wirtschaft in Ost-Oberschlesien sowie der in diesem Gebiet gelegenen Dresdner-Bank-Filialen für dem Monat August 1942.

2. Die „ N e u o r d n u n g " der oberschlesischen Montanindustrie

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planer in Berlin erneut ihre Richtlinienkompetenz demonstrieren können. Sowohl die zukünftige Konzernstruktur als auch die Besitz- und Machtverhältnisse dieses ab Mitte 1942 größten „gemischten Montankomplexes" in Oberschlesien hingen vom Plazet der „Berliner Stellen" ab. Dies hatte die Dresdner Bank zu akzeptieren. Im Gegensatz zu den großen Transaktionen im Sudetenland und im Protektorat musste sie auf Wunsch Kehrls der Deutschen Bank bzw. deren Prager Affiliation den Vortritt lassen. Das Reichswirtschaftsministerium und die Vierjahresplan-Behörde verschafften sich mit der Berghütte neben den Reichswerken ein zweites bedeutendes Standbein in der oberschlesischen Montanindustrie, dessen Kapazitäten sie für die deutsche Rüstungsindustrie ausbeuten konnten, ohne dafür eigenes Geld aufzuwenden. Dies besorgten die privaten Investoren, unter Einschaltung der Deutschen Bank und der Dresdner Bank. Beide Institute halfen daher mit, dass sich diese neue Variante für die ökonomische Penetration der Wirtschaft in den besetzten Gebieten in die Tat umsetzen ließ. Wie sich zeigen sollte, war dies eine sehr effiziente und für das Reich kostensparende Variante. Für ihre Realisierung war erneut der unter Druck zustande gekommene oder sogar erzwungene Verkauf von Aktienpaketen aus ausländischem und jüdischem Besitz eine grundlegende Voraussetzung. Trotz des von der Deutschen Bank vehement verteidigten Führungsanspruchs bemühte sich die Dresdner Bank, für ihre Filialen in Oberschlesien neue Geschäftskontakte mit der Berghütte und ihren Tochtergesellschaften herzustellen. 107 Der einmal festgelegte Schlüssel für die Abwicklung des Bankverkehrs blieb jedoch bis zum Herbst 1944 bestehen. Dies galt auch für weitere große Kapitaltransaktionen. Wie auf der Besprechung im April 1942 in Prag festgelegt, stellte im Sommer 1942 ein Konsortium der Berghütte einen Zwischenkredit in Höhe von 70 Mio. R M mit einem Zinssatz von 5 % zur Verfügung, der durch den Erlös aus der Kapitalerhöhung getilgt werden sollte. Die Dresdner Bank partizipierte daran mit einer Quote von 26,5%, die Böhmische Escompte-Bank mit 14%.i°8 Nach weiteren Beratungen mit dem Vorstand der Berghütte legte die Deutsche Bank als Konsortialführerin im Frühjahr 1943 auch die Konditionen für die Anleiheemission fest. Zunächst war an eine Tranche von 70 Mio. R M gedacht. Die Laufzeit sollte 20 Jahre betragen, der Zinssatz 4 % und der Emissionskurs 102% für die Berghütte durchaus günstige Konditionen. 109 Die Deutsche Bank konnte Besonders rührig waren hier die Filialen in Teschen und Kattowitz. Im August 1940 freute sich die Dresdner-Bank-Filiale in Kattowitz noch, dass sie und die Niederlassung in Teschen mit der „Berghütte" laufende Geschäftsverbindung gekommen" war. Die Vormachtstellung der Deutschen Bank konnten die beiden Filialen aber nicht brechen. A P K , Bestand 320/0, Dresdner-BankFiliale Kattowitz, Akte 112, Bl. 13, Bericht für den Monat August 1940 der Dresdner-Bank-Filiale Kattowitz vom 6. 9. 1940. >™ H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30776-2001.BE, „Berghütte"-Kredit, Schreiben der Deutschen Bank an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 1.6. 1942, Antwortschreiben der Dresdner Bank vom 2. 6. 1942. Dem Konsortium gehörte außerdem die 2ivnostenskä banka mit einer Quote von 10% an. Ebd., Akte 30777-2001.BE, „Berghütte", 4%-Anleihe, Brief der Deutschen Bank an den Reichswirtschaftsminister, ohne Datum; Entwurf eines Offertenschreibens der Deutschen Bank an den Vorstand der Berghütte, ohne Datum. 107

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V. D i e D r e s d n e r B a n k im besetzten Polen

durchsetzen, dass sie und ihre Tochtergesellschaften nicht nur eine höhere Q u o t e bekamen wie bei der Kapitalerhöhung, sondern dass die B U B an der Führung des Konsortiums beteiligt wurde. Die Dresdner Bank sperrte sich nicht gegen diese Entscheidung. Wie es scheint, hatte sie sich im Frühjahr 1943 damit abgefunden, dass sie beim Bankverkehr mit dem Berghütte-Konzern die führende Stellung der Deutschen Bank zu überlassen hatte. Mitte Juni 1943 wurde die Anleihe emittiert und mit dem Verkauf an interessierte Anleger begonnen. 110 Fassen wir das Engagement der Dresdner Bank und ihrer Tochtergesellschaften beim Berghütte-Konzern zusammen: Die Entscheidung Kehrls, der Deutschen Bank bzw. der B U B die führende Position bei strategisch bedeutsamen Transaktionen mit diesem Montanunternehmen einzuräumen, konnte die Dresdner Bank 1941 und 1942 nicht mehr unterlaufen. Ihre Vorschläge zur Unernehmensreorganisation und der damit verbundenen Umgestaltung der oberschlesischen Montanwirtschaft scheiterten ebenso wie ihre Bemühungen, die Deutsche Bank aus ihrer führenden Position bei der Berghütte zu verdrängen. Fraglos bedeutete dies für die Dresdner Bank einen Prestigeverlust - nach der aus ihrer Sicht bisher erfolgreichen Zusammenarbeit mit den Rüstungsplanern in Berlin und den Reichswerken eine neue Erfahrung. Die Dresdner Bank betrachtete daher ihr Engagement bei der Berghütte seit Mitte 1942 als Routineangelegenheit ohne strategische Bedeutung für ihre Position in der oberschlesischen Wirtschaft. Diese Motivlage bestimmte ihre Mitwirkung bei größeren Finanztransaktionen der Berghütte. Die Dresdner Bank wollte hier durch Zins- und Provisionseinnahmen Gewinne erwirtschaften, verzichtete aber darauf, sich bei den „Berliner Stellen" zu exponieren.111 Die zweite Phase der „Neuordnung" Bei weiteren Schritten zur „Neuordnung" der oberschlesischen Montanindustrie wiederholte sich aus Sicht der Dresdner Bank das Szenario, das sie bereits bei der Berghütte erlebt hatte. Nach der Besetzung Ost-Oberschlesiens wollte Graf Ballestrem die Konzernbetriebe, die zuvor auf polnischem Gebiet lagen oder an denen der polnische Staat beteiligt war, wieder in seinen Besitz bringen. Dies galt vor allem für die Friedenshütte und die Rudaer Steinkohlengewerkschaft. Mit der H T O verhandelte er darüber, wie vorzugehen sei. Erneut versuchte die Dresdner Bank, sich in die Verhandlungen einzuschalten, aber auch diesmal musste Blancke die Erfahrung machen, dass die Deutsche Bank ihm zuvorgekommen war. Aus deren Vorstand hatte bereits Johannes Kiehl dem Ballestrem-Konzern einige Kreditvarianten angeboten. Als sich Blancke gegenüber der Leitung Ballestrems darüber irritiert zeigte, sicherte man ihm zu, die Dresdner Bank an allen kommenden Gesprächen zu beteiligen. Blancke sah erneut die Gefahr, dass die Dresdner Bank no Ebd., Vertrauliches Schreiben der Deutschen Bank an die Dresdner Bank vom 3. 6. 1943; Aktennotiz Kühnes vom 4. 6. 1943; Brief der Dresdner Bank an die Direktion der Deutsch-Südamerikanischen Bank vom 8. 6. 1943; Aktennotiz Andrés vom 14. 7. 1943. Zur Zusammensetzung des Konsortiums siehe Tabelle V/2, S. 617. 111 Siehe dazu ebd., Akte 30778-2001.BE, „Berghütte", Aktienaufnahme-konsortium, Schriftverkehr zwischen der Dresdner Bank und der Deutschen Bank.

2. D i e „ N e u o r d n u n g " der oberschlesischen M o n t a n i n d u s t r i e

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nach den Verhandlungen zwischen Ballestrem und der Deutschen Bank vor vollendete Tatsachen gestellt wurde. 112 Genau dieses Szenario trat ein: Der Ballestrem-Konzern nahm für die Vereinigten Oberschlesischen Hüttenwerke Kredite bei der Deutschen Bank in Anspruch, um damit die bei der HTO liegenden Aktienpakete zurückzukaufen. Im Sommer 1941 fand dieser Schritt für die Friedenshütte statt. Diese fusionierte mit Wirkung vom 1. Oktober 1941 mit der „Oberhütte" und änderte dabei ihren Namen in Oberhütten, Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke AG. Im Aufsichtsrat dieses Unternehmens saß zwar mit Gustav Overbeck ein Vertreter der Dresdner Bank, doch hatte diese ihrer Konkurrentin aus der Berliner Mauerstraße bei einem weiteren Schritt zur „Neuordnung" der oberschlesischen Montanindustrie den Vortritt überlassen müssen. 113 Die Bemühungen der Dresdner Bank, sich intensiv in den Bankverkehr mit dem Pless-Konzern einzuschalten, warfen für sie ebenfalls große Probleme auf. Die Betriebsanlagen des Pless-Konzerns, die sich bis 1939 zum größten Teil im Besitz des polnischen Staates befanden, sollten nach ihrer Beschlagnahmung durch die HTO an die Alteigentümer zurückgegeben und grundlegend modernisiert werden. Dafür benötigte der Pless-Konzern erhebliche finanzielle Mittel. Die Deutsche Bank, seine Hauptbankverbindung, hatte bereits signalisiert, einen großen Teil der Summe bereitzustellen. Aber auch bei der Dresdner Bank witterte man die Chance, ein weiteres bedeutendes Unternehmen der oberschlesischen Montanindustrie als Großkunden akquirieren und sich gegebenenfalls in die Umstrukturierung des Konzerns einschalten zu können. 114 Diese Hoffnung wuchs, als dessen Leiter Franz Ludwig die Absicht äußerte, die Dresdner Bank bei einer anstehenden Anleiheemission zu beteiligen. Als Ludwig sich in Berlin mit Busch, Overbeck und Rinn ausführlich über die Anleihepläne des Pless-Konzerns unterhielt, war man sich bei der Dresdner Bank sicher, einen neuen Großkunden gewonnen zu haben. 115 Im Frühjahr 1941 änderte sich jedoch die Situation. Der Pless-Konzern gründete zusammen mit der I.G. Farben eine neue Zechengesellschaft, in die er eine Kohlegrube einbrachte: die Fürstengrube. Die I.G. Farben wollte sich durch diesen Schritt eine ausreichende Kohlebasis für ihr geplantes Buna-Werk in Auschwitz verschaffen. Dennoch hielt man im Pless-Konzern zunächst an den AnleihePlänen fest. In der Behrenstraße zeigte man sich jedoch irritiert, als Johannes St A N , KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-7226, Aktennotiz Blanckes vom 10. 6. 1940. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30818-2001 .BE, Textilhandelsgesellschaft, Aktennotiz Anspachs vom 30. 5. 1942; Brief der Kommerzialbank an das Auslandssekretariat der Dresdner Bank vom 16. 7. 1942; Brief des Auslandssekretariats an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 19. 8. 1942; A A N , Bestand Rz^d G G , Akte 1348, Bl. 86-88, Aktenvermerk vom 11. 7. 1942; Bl. 81-85, Brief der Bankenaufsichtsstelle an die Hauptabteilung Wirtschaft der Regierung des Generalgouvernements vom 16. 6. 1942; Akte 1387, Bl. 208 ff., Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 6. 5. 1942 über eine Unterredung mit Direktor Glathe von der Kommerzialbank, ohne Unterschrift. 432 H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30818-2001 .BE, Textilhandelsgesellschaft, Aktennotiz des Auslandssekretariats vom 17. 9.1942; Brief Büschs an den Oberfinanzpräsidenten Berlin vom 29. 9. 1942; Brief der Kommerzialbank an das Auslandssekretariat der Dresdner Bank vom 2.10. 1942; A A N , Bestand Rz?d G G , Akte 1348, Bl. 74 ff., Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 25. 7. 1942; Bl. 52, Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 4. November 1942.

11. Die Geschäftstätigkeit der Kommerzialbank

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eine Summe von bis zu 30 Mio. Ztoty.433 Erst im Herbst 1944 wurde die Kreditlinie reduziert. Dennoch: Für die Kommerzialbank war dies ein Engagement, mit dem sie durchaus gute Gewinne erwirtschaften konnte. Moralische Erwägungen angesichts der Geschäftstätigkeit der Textilhandelsgesellschaft wollte man daher beiseite schieben. Das rein bankkaufmännische Kalkül dominierte auch hier. Allerdings: Mit dieser Motivlage stand das Institut aus Krakau nicht allein, da auch andere Kreditinstitute am Platze der Textilhandelsgesellschaft Kredite zur Verfügung stellten, wenn auch nicht im gleichen Umfang. 434 Nur wenige Kredite der Kommerzialbank an private Firmen erreichten die Größenordnung wie die Engagements bei der Landwirtschaftlichen Zentralstelle oder der Textilhandelsgesellschaft. Abgesehen von großen Krediten an die Betriebsgesellschaften der Reichswerke Hermann Göring im Generalgouvernement stellte das Institut aus Krakau Mittel in größerem Umfang in erster Linie Firmen zur Verfügung, die von reichsdeutschen Unternehmen als Tochtergesellschaften im Generalgouvernement ins Leben gerufen worden waren. Das Motiv reichsdeutscher Konzerne, ins Generalgouvernement zu expandieren, ist vor allem in der rücksichtslosen und brutalen Ausnutzung von polnischen und jüdischen Zwangsarbeitern in den neu errichten Produktionsstätten zu suchen. Dies lässt sich am Beispiel der Hugo Schneider AG (Hasag) aus Leipzig verdeutlichen, die im Generalgouvernement eine Munitionsfabrik, eine Granatenfabrik und ein Hüttenwerk betrieb. In kurzer Zeit stieg die Hasag zum führenden Munitionshersteller auf. 1942 war sie mit fast 54 000 Beschäftigten das größte für die Wehrmacht produzierende Unternehmen im Generalgouvernement. Auf ihren Betriebsanlagen setzte die Hasag bis zu 40000 jüdische Zwangsarbeiter ein und war damit das Unternehmen aus der Privatwirtschaft, das die meisten „Arbeitsjuden" beschäftigte. Die Arbeits- und Produktionsbedingungen im Werk in SkarzyskoKamienna zählten mit zu den brutalsten, die deutsche Unternehmen im Generalgouvernement zu verantworten hatten. Allein in den zu diesem Betriebskomplex gehörenden Arbeitslagern kamen bis zum Kriegsende 18 000 bis 22 000 Menschen ums Leben. 435 HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30818-2001.BE, Aktennotiz Büschs vom 2 . 2 . 1943, Aktennotiz des Auslandssekretariats vom gleichen Tag; Brief der Kommerzialbank an das Auslandsskretariat der Dresdner Bank vom 3 . 4 . 1943; A A N , Bestand Rz^d G G , Akte 1348, Bl. 41 ff., Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 5 . 1 . 1943; Bl. 40, Brief der Kommerzialbank an die Emissionsbank vom 18. 2. 1944; Bl. 30, Brief der Kommerzialbank an die Bankenaufsichtsstelle vom 3. 5. 1944. «4 HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30818-200l.BE, Textilhandelsgesellschaft, Brief der Kommerzialbank an das Auslandssekretariat der Dresdner Bank vom 4. und 5 . 1 0 . 1943; Brief der Kommerzialbank (Glathe u. Kawohl) an das Vorstandssekretariat Affiliationen vom 2 . 1 1 . 1943; Brief Glathes und Kawohls an die Konsortialabteilung der Dresdner Bank vom 1 1 . 7 . 1944: Aktennotiz des Vorstandsekretariates Affiliationen vom 16. 9. 1944; A A N , Bestand Rz$d G G , Akte 1387, Bl. 128f., Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 2 3 . 1 0 . 1942 über eine Unterredung mit Direktor Glathe vom 2 2 . 1 0 . 1942; Bl. 120, Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 4. 11. 1942 über eine Unterredung mit Direktor Glathe vom 3 . 1 1 . 1942; Bl. 78-81, Briefe der Kommerzialbank an die Emissionsbank des Generalgouvernements vom 2 0 . 1 . 1943. 435 Spoerer, Zwangsarbeit, S. 54 f. Einen Bericht über die unmenschlichen Arbeitsbedingungen in Skarzysko-Kamienna findet sich in: Roza Baumingers Memoiren über die Sklavenarbeit der Juden in einem Betrieb des Hugo Schneider A G - K o n z e r n s in Skarzyko-Kamienna, in: Jüdisches Historisches Institut Warschau (Hg.), Faschismus-Getto-Massenmord. Dokumentation über die Ausrottung und den Widerstand der Juden in Polen während des Zweiten Weltkriegs, Berlin 1961,

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V. Die Dresdner Bank im besetzten Polen

Die Arbeits- und Produktionsbedingungen in den Betrieben der Hasag waren sowohl der Regierung des Generalgouvernements als auch der Leitung der Kommerzialbank bekannt. Dennoch räumte das Institut der Hasag Anfang 1941 einen ersten Avalkredit ein, um Löhne und Gehälter zu zahlen. In kurzer Zeit weitete die Kommerzialbank ihr Engagement deutlich aus. Ende 1941 hatte sie dem Unternehmen bereits Mittel in einer Gesamthöhe von 10 Mio. Zloty zur Verfügung gestellt, welche dazu benutzt wurden, die Produktionsanlagen auszubauen. 436 Ein halbes Jahr später gewährte die Kommerzialbank der Hasag zusammen mit der Landeswirtschaftsbank einen weiteren Kredit von 15 Mio. Zloty, da das Unternehmen infolge von Zahlungsrückständen der Wehrmacht in Liquiditätsschwierigkeiten geraten war. Die Kommerzialbank wollte ein so großes Engagement nicht alleine tragen und beantragte bei der Bankenaufsichtsstelle, sich dafür bei der Emissionsbank des Generalgouvernements refinanzieren zu können. Dieser Antrag wurde genehmigt. Sowohl die Bankenaufsichtsstelle als auch die Emissionsbank stuften die Hasag als „wichtigen Wehrmachtsbetrieb" ein, so dass sie dessen Finanzierung und Produktion nicht gefährden wollten, obwohl ihnen nicht die sonst bei einer Kreditgewährung üblichen Bilanzunterlagen vorgelegt worden waren. 437 Bis Ende 1944 blieb die Hasag mit ihren Produktionsstätten im Generalgouvernement einer der größten Kunden der Kommerzialbank im Industriegeschäft. Ende Oktober 1944 verbuchte das Institut aus Krakau für das Unternehmen noch einen Barkredit in Höhe von 12 Mio. Zloty und einen Avalkredit von 625 000 Zloty, die beide fast vollständig in Anspruch genommen worden waren. Es ist anzunehmen, dass diese Kredite dem Ausbau der Produktionsanlagen und damit der weiteren „Beschäftigung" von jüdischen Zwangsarbeitern dienten. Irgendwelche Hinweise auf Bedenken der Kommerzialbank bei der Kreditvergabe finden sich nicht. Stattdessen sorgte man sich bei dem Institut ebenso wie in der Bankenaufsichtsstelle technokratisch kühl nur um die banktechnisch korrekte Verwendung und die notwendig Sicherung der verauslagten Mittel. 438 Nicht nur die Hasag, sondern auch andere Filialbetriebe reichsdeutscher Konzerne unterhielten Geschäftsbeziehungen mit der Kommerzialbank. In der Liste dieser Unternehmen finden sich sowohl die AEG und die Telefunken mit ihren Niederlassungen in Warschau und Krakau, die Vereinigten Stahlwerke und die Chemiewerke Knoll AG aus Ludwigshafen als auch der Wiener Kaffeeröster Julius Meinl und die Kabelwerke Krakau, zunächst eine Tochtergesellschaft der Kabelwerke Pressburg, die im Frühjahr 1940 von den Reichswerken Hermann Göring übernommen wurden. 439 Allein die Deutsche Handels AG - eine Han-

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Dok. 374, S. 463. Zu den Geschäften der Dresdner Bank mit der Hasag s. Bd. 1, Schneider, Kap. VII.7. A A N , Bestand Rz$d G G , Akte 1387, Bl. 285, Aktennotiz der Bankenaufsichtsstelle des Generalgouvernements betr. Kommerzialbank Krakau vom 1 7 . 1 1 . 1941. Ebd., Bl. 179, Aktenvermerk der Bankenaufsichtsstelle vom 3 1 . 7 . 1942 über einen Anruf von Direktor Glathe. Ebd. HADrB, Bestand 102, Kommerzialbank Krakau, Akte 5575-2000, Kredite der Kommerzialbank A G Krakau von 4 0 0 0 0 0 Zloty und darüber per 5. 8 . 1 9 4 4 ; Kredite der Kommerzialbank A G Krakau über 5 0 0 0 0 0 Zloty per 10. 10. 1944. Zu den Krediten an die Ostindustrie Lublin G m b H und die Konten der Deutschen Wirtschaftsbetriebe bei der Dresdner Bank siehe Bd. 1, Bahr, Kap. IX. Ebd., Kredite der Kommerzialbank A G Krakau von 4 0 0 0 0 0 Zloty und darüber per 5. 8. 1944;

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11. Die Geschäftstätigkeit der Kommerzialbank

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KOMMBtZSAUANK. A. 0. KRAKAU Nr. V EMMtSStONSA iNKK . RAKAU DEUTSCHE EMAHW . AKENFAMK I. KKAKAm i ASZÔW n ldMtTMOMC BÄK, Z 45 F, 2/49/2 (auch NID-6391), Aktennotiz Carl Goetz, o.D., Sept./Okt. 1940, S. 4-7. Gegenüber Reichswirtschaftsminister F u n k legte Abs noch zusätzlich dar, dass die Deutsche Bank über die Banque de la Société Générale auch alte Beziehungen zur Banque Générale du Luxembourg, z u m Jugoslawischen Bankverein, zur Böhmischen Union-Bank und zu einigen industriellen Beteiligungen dieser Banken hatte. BÄK, Z 45 F, 2/207/4, Statement by Walther Funk, S. 5 (32.02). N a c h G o e t z ' oben erwähnter Aktennotiz machte Abs aber auch das „bankfremde" Argument geltend, dass er belgischer Generalkonsul sei. « BÄK, Z 45 F, 2/49/2 (auch NID-6391), Aktennotiz Carl Goetz, o.D., Sept./Okt. 1940, S. 4-7; N A R A , R G 260, Box 184, Folder 6,20.04, Schreiben von Carl G o e t z an Reichswirtschaftsminister Walther F u n k vom 20. 9. 1940.

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VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

Dresdner Bank, dass die Deutsche Bank bis 1939 eindeutig die Hauptbankverbindung der Banque de la Société Générale in Deutschland gewesen war.25 Nach der Intervention von Abs begann das Reichswirtschaftsministerium, die Entscheidung für den Goetz-Plan zur Aufteilung Belgiens und der Niederlande zu überdenken. 26 Goetz musste feststellen, dass es Abs gelungen war, seine Strategie für die Westexpansion der Dresdner Bank wirksam zu durchkreuzen. Zwischen beiden Bankiers kam es in diesem Zusammenhang zu einem Schlagabtausch, der in einem ungewöhnlich scharfen Ton geführt wurde. 27 Das Reichswirtschaftsministerium wollte es jetzt zunächst Goetz und Abs überlassen, sich in der Belgien-Holland-Frage untereinander zu einigen, was aber nicht gelang. Im Oktober 1940 verständigte man sich schließlich darauf, den früheren Reichsbankpräsidenten und Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht als Schlichter anzurufen, der der Reichsregierung noch als Minister ohne Geschäftsbereich angehörte. Schacht empfahl, auf eine Entscheidung des Ministeriums im Streit um die Société Générale zu verzichten, und setzte eine Absprache durch, nach der die Deutsche Bank und die Dresdner Bank sowohl in Belgien als auch in den Niederlanden „freie Hand" hatten. 28 Verlauf und Ausgang dieses Konflikts zeigen, dass die Dresdner Bank bei der Expansion in den besetzten westeuropäischen Ländern nicht von ihren politischen Verbindungen profitierte. Sie konnte sich hier gegen die „unpolitischere" Deutsche Bank nicht durchsetzen. Die nationalsozialistischen Vorstandsmitglieder der Dresdner Bank und vor allem Karl Rasche, der sich im Protektorat so erfolgreich seiner politischen Beziehungen bediente, spielten beim Wettlauf um Belgien und Holland keine nennenswerte Rolle. Die Protagonisten waren in diesem Konflikt sowohl bei der Dresdner Bank als auch bei der Deutschen Bank nichtnationalsozialistische Bankiers: Carl Goetz und Hermann Josef Abs. Auch für das Reichswirtschaftsministerium ging es in dieser Frage nicht um politische Vernetzungen. Entscheidend waren das „bankmässige" Kriterium der Hauptbankverbindung, wie sie die Deutsche Bank geltend machen konnte, und das Interesse an einer einvernehmlichen Zusammenarbeit mit dem mächtigsten Konzern Belgiens. Die Société Générale konnte deshalb selbst bestimmen, mit welcher deutschen Großbank sie eine enge Kooperation einging.29 25

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Die Dresdner Bank befragte damals mehrere pensionierte Angestellte nach den Verbindungen zur Banque de la Société Générale. Die Antworten ergaben durchweg, „dass nicht die Dresdner Bank die Hauptverbindung war". H A D r B , 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1105, N o t i z über die Banque de la Société Générale de Belgique vom 18. 9 . 1 9 4 0 . Die Banque de la Société Générale hatte seit 1905 durch Vermittlung des Berliner Bankhauses Warschauer & Co. mit der Bank für Handel und Industrie in Verbindung gestanden, die später in der Danatbank aufging. N o c h engere Beziehungen bestanden aber schon vor dem Ersten Weltkrieg zur Disconto-Gesellschaft, die 1929 mit der Deutschen Bank fusionierte. B Ä K , Z 45 F, 2 / 4 9 / 2 (auch N I D - 6 3 9 1 ) , Aktennotiz Carl Goetz, o.D., Sept./Okt. 1940, S. 5. In der zusammenfassenden Aktennotiz für Reichsminister Schacht vom Herbst 1940 schrieb Carl Goetz: „Wenn Herr Abs taktvoll hinzufügt, dass meine Beziehungen nur darauf beruhten, dass ich als junger Mann' in Belgien tätig gewesen sei, so muss ich erwidern, dass ich immerhin damals nicht sehr viel jünger gewesen bin als er heute..." Ebd., S. 6. James, Deutsche Bank im „Dritten Reich", S. 162; Kreutzmüller/Kucera, Commerzbank, S. 191. Dies wird auch nicht durch die spätere Aussage des Reichsbankvizepräsidenten Emil Puhl widerlegt, wonach die Deutsche Bank von der Finanzabteilung der Militärregierung in Brüssel unterstützt worden sei. Wie der Aussage Puhls zu entnehmen ist, forderte die Militärregierung erst nach der Entscheidung des Reichswirtschaftsministeriums die Société Générale auf, ihre Beziehungen

1. D e r Wettlauf um Belgien

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Für Carl Goetz und die Dresdner Bank bedeutete die von Schacht vorgeschlagene „freie Hand"-Lösung eine schwere Niederlage. 30 Die Dresdner Bank hatte ihre gesamte Expansionsstrategie im besetzten Westeuropa bis dahin auf den „Goetz-Plan" gestützt, der nun obsolet geworden war. Im Vertrauen darauf, den Zuschlag für Belgien zu bekommen, hatte sie es der Deutschen Bank überlassen, Verhandlungen in Holland zu führen. Auch nach den Vorstellungen des Reichswirtschaftsministeriums sollte die Dresdner Bank wegen der belgischen Interessen „mit ihrem Wunsch nach Verbindung mit der Rotterdamschen Bank hinter der Deutschen Bank zurücktreten." 31 Die Deutsche Bank konnte nun mit Unterstützung des Reichswirtschaftsministeriums daran gehen, ihre ohnehin relativ starke Position in den Niederlanden weiter auszubauen, indem sie die Beteiligung an H. Albert de Bary aufstockte und Verhandlungen mit der Rotterdamschen Bankvereeniging, ihrem wichtigsten holländischen Geschäftspartner, aufnahm. 32 Während die Deutsche Bank mit holländischen Großbanken verhandelte, wollte das Reichswirtschaftsministerium der Dresdner Bank in den Niederlanden lediglich einen begrenzten Ausbau des Handelstrusts Wests und eine Verbindung mit der stark in Niederländisch-Indien engagierten Nederlandschen Handels-Maatschappij zugestehen. Uber die Nederlandsche Handels-Maatschaapij konnten sich der Dresdner Bank aber keine interessanten Geschäftsperspektiven eröffnen, solange die Verbindungen zwischen den Niederlanden und deren Kolonialreich unterbrochen waren. 33 Wegen ihrer belgischen Interessen hatte die Dresdner Bank nicht nur in den Niederlanden der Deutschen Bank den Vortritt gelassen, sondern auch im Elsass und in Lothringen. Beide Großbanken hatten dort zunächst um die Übernahme des dichten Filialnetzes des Crédit Industriel de l'Alsace et de Lorraine konkurriert. Nach Darstellung von Carl Goetz verzichtete die Dresdner Bank, weil das Reichswirtschaftsministerium sie „auf Grund der zu unseren Gunsten in Belgien gefällten Entscheidung" dazu aufforderte. 34 Nur in Luxem-

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zur Deutschen Bank zu intensivieren. Protokoll des Verhörs von Emil Puhl vom 14.1. 1946. Auszugsweise zitiert in: O M G U S , Finance Division - Financial Investigation Section: Ermittlungen gegen die Deutsche Bank 1946/47. Übersetzt und bearbeitet von der Dokumentationsstelle zur NS-Politik Hamburg, Nördlingen 1986, S. 224, Beweisstück 40. Vgl. Gillingham, Belgian Business, S. 55. RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 19, Akte 74, Bl. 284, Schreiben des Reichswirtschaftsministeriums, Abteilung IV Kred., an den Kommissar bei der Niederländischen Bank vom 5.9. 1940. Ebd., Bl. 250, Schreiben des Kommissars bei der Niederländischen Bank an das Reichswirtschaftsministerium z.Hd. von Herrn Ministerialdirigent Dr. Riehle vom 17. 8. 1940. Ebd., Bl. 30, Vermerk vom 6. 8. 1940 der Abteilung IV Kred. (Min.Rat Dr. Martini, RR. Heitmann). Dieser Vermerk bezieht sich auf eine Besprechung, die am 1. August 1940 im Reichswirtschaftsministerium mit dem Kommissar bei der Niederländischen Bank, Staatsrat Helmuth Wohlthat, stattfand. Umrissen wurden bei dieser Besprechung mögliche Verbindungen zwischen der Deutschen Bank und der Rotterdamschen Bankvereeniging, der Berliner Handels-Gesellschaft und ihrem Wunschpartner Amsterdamsche Bank, der Dresdner Bank und der Nederlandschen Handels-Maatschappij sowie zwischen den Bankhäusern Warburg, Hamburg und Warburg, Amsterdam. Die Commerzbank zog es vor, „noch abzuwarten". Die Reichs-Kredit-Gesellschaft bekundete Interesse an der Nederlandschen Handels-Maatschappij. Ebd., Bl. 282, Schreiben des Kommissars bei der Niederländischen Bank an das Reichswirtschaftsministerium vom 17.8.1940. Vgl. hierzu auch Milja van Uelhof, Banken in bezettingstijd. De voorgangers van A B N A M R O tijdens de Tweede Wereldoorlog en de periode van rechtsherstel, Amsterdam/Antwerpen 2003, S. 111-115. BÄK, Z 45 F, 2/49/2 (auch NID-6391), Aktennotiz Carl Goetz, o.D., Sept./Okt. 1940, S. 4. Ähnlich: Schreiben von Carl Goetz an Reichswirtschaftsminister Walther Funk vom 20. 9. 1940, aus-

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VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

bürg war die Dresdner Bank gegenüber der Deutschen Bank im Vorteil. Hier hatte sie vor dem Krieg eine Minderheitsbeteiligung an der führenden Geschäftsbank des Landes, der Banque Internationale à Luxembourg (Internationale Bank in Luxemburg) erworben. Diese Beteiligung konnte die Dresdner Bank nach der Annexion Luxemburgs aufstocken. 35 Doch scheiterte auch hier die ursprüngliche, noch weitergehende Absicht, die Internationale Bank in Luxemburg mit der zweitgrößten Geschäftsbank des Großherzogtums, der Banque Générale du Luxembourg, zu einem neuen Geldinstitut unter Kontrolle der Dresdner Bank zu fusionieren. Stattdessen wurde die Deutsche Bank neue Großaktionärin der Banque Générale du Luxembourg (Generalbank Luxemburg).36 Im Herbst 1940 wurde deutlich, dass die Deutsche Bank auch den Wettlauf der beiden führenden deutschen Geschäftsbanken um Belgien eindeutig gewann. Hermann Josef Abs hatte die „freie Hand"-Lösung zu intensiven Verhandlungen mit der Société Générale genutzt, die bereit war, mit der Deutschen Bank zusammenzugehen. Beide Banken wollten ihre traditionell guten Beziehungen nun zu einer engen Kooperation ausbauen. Den Erfolg der Deutschen Bank bei der Westexpansion konnte Abs durch Vereinbarungen mit dem Société-Génerale-Konzern abrunden, die der Deutschen Bank nicht nur in Belgien, sondern auch bei der Arbed, dem zweitgrößten europäischen Montankonzern, eine Vorrangstellung sichern sollten. In einem Vertrag vom 19. November 1940 sagten die Banque de la Société Genérale und ihre Holdinggesellschaft zu, der Deutschen Bank mehrere Beteiligungen an Banken in Mittel- und Südosteuropa, vor allem aber die Hälfte ihrer wichtigen Beteiligung an der Banque Générale du Luxembourg zu verkaufen.37 In weiteren, im November und Dezember 1940 getroffenen Vereinbarungen einigten sich beide Banken darauf, dass die Banque de la Société Générale die Hälfte ihrer Kapitalbeteiligung bei der in Luxemburg ansässigen Arbed (Aciéries Réunies de Burbach-Eich-Dudelange) und anderen luxemburgischen Industrieunternehmen an die Deutsche Bank abgab. Beide Seiten vereinbarten ferner, ihre Arbed-Anteile in eine neu zu gründende deutsch-belgische Dachgesellschaft einzubringen, bei der die Deutsche Bank maßgebend beteiligt sein sollte.38 Die Banque de la Société Générale war kontrollierende Großaktionärin der Arbed. Mit einer Kapitalbeteiligung von 16% besaß sie das größte Paket von Anteilen am zugsweise zitiert in: OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 226, Beweisstück 197. Vgl. ferner: HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13761-2000, Militär-Regierung von Deutschland (Ver. Staaten), Dresdner Bank und Deutsche Bank - Sonderbericht des Militär-Gouverneurs Zone der Ver. Staaten, Juni 1947, S. 25. Siehe dazu auch Kapitel XI.2, S. 835. " Siehe hierzu Kapitel VIII.4, S. 825 und S. 827. « Van der Wee/Verbreyt, Generale Bank, S. 254 f. 37 Ebd.; OMGUS, Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 227-230. Ahnlich wie dies die Dresdner Bank der Société Générale vorgeschlagen hatte, kamen die Deutsche Bank und die Société Générale überein, bei der Leitung der Banque Générale du Luxembourg gemeinsam vorzugehen. Hermann Josef Abs wurde zunächst stellvertretender Vorsitzender, ab 1943 dann Vorsitzender des Aufsichtsrats der Banque Générale du Luxembourg. 38 James, Deutsche Bank im Dritten Reich, S. 163; Mollin, Montankonzerne, S. 246 f.; HADrB, 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1139, Schreiben Joachim Overbecks an Carl Goetz vom 22.1. 1941. Joachim Overbeck erfuhr Mitte Dezember 1940 von Bankenkommissar Becker, dass nach dem Vertrag zwischen Société Générale und Deutscher Bank „50% der Ste Generale Beteiligungen an die Deutsche Bank flössen ,wenn der Krieg gut ausgehe'". HADrB, 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1131, Brief Joachim Overbecks an Carl Goetz vom 17.12. 1940.

1. Der Wettlauf um Belgien

675

Grundkapitel des Montankonzerns. Da sich die meisten Aktien der Arbed in Streubesitz befanden und das Reichswirtschaftsministerium die Anteile luxemburgischer Arbed-Aktionäre unangetastet lassen wollte, war die Kapitalbeteiligung der Banque de la Société Générale der Schlüssel zur Beherrschung dieses Konzerns, der das Herzstück der Schwerindustrie in der Region Maas-Mosel-Saar bildete. 39 Abs war es gelungen, bei den Arbed-Vereinbarungen auch den einflussreichen nationalsozialistischen Privatbankier Kurt von Schröder als Verbündeten zu gewinnen, der den Aufsichtsratsvorsitz bei der Kölner Arbed-Tochter Feiten & Guilleaume inne hatte. 40 Zusammen mit von Schröder drängten Abs und die Société Générale die Dresdner Bank aus dem Arbed-Geschäft. Das Nachsehen hatten auch die Reichswerke Hermann Göring, die die Arbed seit dem Waffenstillstand unter ihre Kontrolle bringen wollten. Die Reichswerke waren nicht bereit, die von Abs getroffenen Vereinbarungen hinzunehmen und das lukrativste Ubernahmeobjekt im besetzten Westeuropa der Deutschen Bank zu überlassen. Ihre Versuche, Einfluss auf die Arbed zu erlangen, führten im Frühjahr 1941 zu einer Vereinbarung mit der Deutschen Bank, hatten aber letztlich keinen Erfolg, weil der Chef der Zivilverwaltung für Luxemburg, der Koblenzer Gauleiter Simon, eine Beteiligung der Reichswerke bei der Arbed ablehnte und sich selbst die Kontrolle über den Montankonzern sichern wollte. 41 Schließlich scheiterte aber auch Abs' Konzept für die Arbed. Angesichts der Konflikte zwischen der Deutschen Bank, den Reichswerken und dem Gauleiter entschied sich das Reichswirtschaftsministerium für eine andere Lösung und setzte im Juli 1941 einen Feindvermögensverwalter für den luxemburgischen Montankonzern ein. 42 Nachdem der Arbed-Großaktionär Banque de la Société Générale mit der Deutschen Bank zusammengegangen war, versuchte die Dresdner Bank, auch im Auftrag der Reichswerke Hermann Göring, über andere Kanäle an Arbed-Aktien zu gelangen. Dabei bot es sich an, mit der Banque de Bruxelles in Verbindung zu treten, die zur Brufina-Gruppe, dem zweitgrößten belgischen Industrie- und Finanzkonzern, gehörte und 8 % des Arbed-Kapitals hielt. Carl Goetz hatte sehr gute Beziehungen zur Banque de Bruxelles, da er vor dem Ersten Weltkrieg längere Zeit bei dieser Bank gearbeitet hatte. Die Dresdner Bank konnte aber nicht allein deshalb mit einer Kooperation der Brufina rechnen. Entscheidend war vielmehr, dass der Chef des Brufina-Konzerns, Baron Paul de Launoit, vorbehaltlos mit der Besatzungsmacht kollaborierte. De Launoit setzte ganz auf die ZusamMollin, Montankonzerne, S. 244 f. Größere Kapitalbeteiligungen bei der Arbed hatten außer der Banque de la Société Générale noch die Banque de Bruxelles ( 8 % ) und der französische SchneiderCreusot-Konzern. Die Arbed-Aktien der Schneider-Creusot-Gruppe wurden von einer Schweizer Gesellschaft verwaltet. Dazu: Ebd., S. 244. Der Arbed gehörten damals u.a. 10 Hüttenwerke, 7 Kohlebergwerke, 946 Koksöfen, 31 Hochöfen und 39 Walzwerke; B A B , Bestand R 2501, Akte 6846, Bl. 62, Deutsche Reichsbank, Volkswirtschaftliche Abteilung, Material über die Arbed vom 18. 6. 1940. « G all, Bankier Abs, S. 8 0 - 8 3 ; Mollin, Montankonzerne, S. 2 4 5 - 2 4 8 ; H A D r B , 13802-2000.E/ T 8 3 _ 9 7 , Bl. 1139, Schreiben Joachim Overbecks an Carl G o e t z vom 2 2 . 1 . 1941. Von Schröder hatte ursprünglich der Dresdner Bank und deren Vorstandsmitglied Karl Rasche seine Unterstützung im Fall Arbed zugesagt. 41 Mollin, Montankonzerne, S. 247 f. « Ebd., S. 248; Gall, Bankier Abs, S. 8 0 - 8 3 .

39

676

Vili. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

menarbeit mit dem Reich und wurde von der Militärverwaltung in Brüssel hofiert.43 In Besprechungen mit Karl Rasche und Joachim Overbeck erklärte sich Baron de Launoit bereit, Arbed-Aktien an die Dresdner Bank zu verkaufen. 44 Im April 1941 konnte die Dresdner Bank von den deutschen Behörden die Zusage erreichen, dass Arbed-Aktien in Belgien nur von ihr und der Deutschen Bank angekauft werden durften. 45 Der französische Schneider-Creusot-Konzern, der 1 2 % des Aktienkapitals der Arbed hielt, hatte ihr im Dezember 1940 schon das Vorkaufsrecht für seine Arbed-Aktien zugesagt. 46 Nach der Schätzung eines Mitarbeiters der späteren Dresdner-Bank-Affiliation in Brüssel, der Continentalen Bank, konnten die Continentale Bank und die Dresdner Bank während des Krieges insgesamt rund 1 0 - 1 2 0 0 0 Stück Arbed-Aktien von der Banque de Bruxelles und aus anderen Quellen erwerben, was einem Anteil von weniger als 5 % des Aktienkapitals entsprach. 47 Einfluss auf die Arbed erlangte die Dresdner Bank durch diese Aktenkäufe nicht. Die meisten der erworbenen Arbed-Aktien gab sie an Kunden ab, darunter auch an die SS. 48 Für eigene Rechnung erwarb die Dresdner Bank bis März 1944 insgesamt 406 Arbed-Aktien. 4 9 Der Allianz aus Deutscher Bank, Société Générale und Arbed hatte die Dresdner Bank wenig entgegenzusetzen. Auch ihre Versuche, durch eine Annährung an die von Baron Paul de Launoit geleitete Brufina-Gruppe mit der Banque de Bruxelles ein gewisses Gegengewicht aufzubauen, änderten nichts daran, dass die Dresdner Bank im besetzten Westeuropa der Deutschen Bank eindeutig unterlegen blieb. 50 43

44

« « 47

48

« so

John Gillingham, The Baron de Launoit: a Case Study in the Politics of Production of Belgian Industry during Nazi Occupation, in: Revue Belge d'Histoire Contemporaine, Jg. 1974, Nr. 1-2, S. 1-59, vor allem S. 8-10. Karl Rasche erklärte dazu nach dem Krieg: „Je me souviens que suivant un rapport d'Overbeck, de Launoit était disposé à céder des actions Arbed, mais le Arbed n'ont pas été acquises par nous". HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 103499.E, Auditoriat Militaire près le Conseil de Guerre de Liège, Déposition de Temon, déclaration Rasche (traduite). Ähnlich: Procès verbal, audition du sujet allemand Goetz, Nuremberg 19.2. 1948. Auditorat Général près la Cour Militaire, Bruxelles, Dossier No. C.I. 3574/45. Zu den Besprechungen mit Baron Paul de Launoit und dessen Verbindungen zur Dresdner Bank siehe Kap. VIII.3, S. 805 f. HADrB, Bestand 126, Vorstand, Akte 11091-200l.VO, Dresdner Bank, Protokoll der Vorstandssitzung am 21. 4. 1941, dort mitgeteilt von Karl Rasche. H A D r B 13803-2000.E/T83_101. Bl. 3059, Vermerk von Karl-Ernst Erk vom 14.12. 1940 betr. Arbed-Aktien aus dem Besitz der Firma Schneider & Cie., Paris. HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 102205, Auditoriat Militaire près le Conseil de Guerre de Liège, Pro Justitia, Déposition de Témoin, Audition de Prinsler, Hermann, S. 9. Nach Mollin bestand das Aktienkapital der Arbed damals aus 250000 Anteilen. Mollin, Montankonzerne, S. 244 f. Diese Zahl nennt auch ein 1940 erstelltes Dossier der Reichsbank: Deutsche Reichsbank. BAB, Bestand R 2501, Akte 6846, Bl. 59, Deutsche Reichsbank, Volkswirtschaftliche Abteilung, Material über die „Arbed" vom 18. 6. 1940. Zum Verkauf von Arbed-Aktien an die Deutschen Wirtschaftsbetriebe der SS siehe Band 1, Bähr, Kap. IX.4, S. 538 f. BAB, Bestand 3101, Akte 34409, Bl. 538, Schreiben der Dresdner Bank, Börsen-Direktion, an das Reichswirtschaftsministerium vom 25. 3. 1944. Paul de Launoit blieb auch nach dem Krieg Präsident der Banque de Bruxelles. Als Alfred Holling im Dezember 1949 nach Belgien reiste, um die Verbindungen der Nachfolgebanken der Dresdner Bank dorthin zu verbessern, vermied er es, Baron de Launoit aufzusuchen, weil dieser „nach dem Krieg gewisse Schwierigkeiten wegen Kollaboration gehabt haben soll". Holling wurde damals bedeutet, ein Besuch von deutscher Seite sei „als etwas verfrüht anzusehen". HADrB, Bestand 126, Vorstand, Akte 11135-2001.VO, Alfred Holling, Bericht über meine Reise nach Belgien und Holland in der Zeit vom 4. 101949- 22.12. 1949, S. 7.

1. D e r Wettlauf u m Belgien

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Dass die Dresdner Bank in Belgien von der Deutschen Bank derart ausmanövriert wurde, muss für Carl Goetz angesichts seiner persönlichen Bindung an dieses Land eine besonders bittere Erfahrung gewesen sein. Als sich im Dezember 1940 eine Gelegenheit zu bieten schien, Abs' Position in Belgien zu schwächen, zögerte Goetz vielleicht auch deshalb nicht, dies mit allen Mitteln zu betreiben. Die Dresdner Bank bediente sich dabei ihrer politischen Verbindungen und schreckte auch vor einer Denunziation nicht zurück. Ausgelöst wurde der Vorgang durch eine Information, die Joachim Overbeck in Brüssel von einem der Société Générale nahe stehenden Geschäftsmann erhalten hatte. Overbeck erfuhr damals, dass Abs in den Vereinbarungen mit der Banque de la Société Générale gemeint waren die Absprachen über die Arbed und die Banque Générale du Luxembourg - Rücktrittsklauseln für den Fall einer militärischen Niederlage Deutschlands zugestanden hätte. Nach Angaben Overbecks enthielt der Vertrag über die Neuordnung bei der Banque Générale du Luxembourg eine Klausel, nach der die Deutsche Bank die Aktien endgültig erhielt, wenn Luxemburg auch nach dem Krieg beim Reich blieb, die Transaktion aber storniert würde, „wenn Luxemburg nach Belgien zurückkommt". 51 Diese Information, die Max Lambert, der Leiter der Luxemburger Dresdner-Bank-Tochter, bestätigte, gab Overbeck umgehend an Goetz weiter. 52 Wenige Tage später zeigte die Dresdner Bank ihre Konkurrentin wegen der Rücktrittsklauseln bei mehreren Ministerien an. Die Vorstandsmitglieder Meyer und Pilder richteten am 21.12. 1940 entsprechende Schreiben an den Staatssekretär in der Vierjahresplan-Behörde, Kurt Neumann, und an Staatsekretär Wilhelm Keppler vom Auswärtigen Amt, Meyers Vetter.53 Die Kampagne blieb jedoch ohne Erfolg, weil der Deutschen Bank die fraglichen Vertragsklauseln angeblich nicht nachgewiesen werden konnten. 54 In diesem Zusammenhang bauten Carl Goetz und Joachim Overbeck auch die Legende auf, dass die Dresdner Bank den Wettlauf um Belgien gegen die Deutsche Bank verloren habe, weil sie in Brüssel wegen ihrer Nähe zum NS-Regime nicht gerne gesehen sei. Overbeck schrieb in einem Brief an Goetz vom 11. Dezember 1940, die Dresdner Bank gelte bei der Société Générale als „Nazi-Bank", welche „rückhaltlos die politischen Ziele des Reiches verkörpere", während die Deutsche Bank dort für ein Geldinstitut gehalten werde, „welches nach internationalen bankmäßigen Gebräuchen seine Abkommen schließe und den belgischen Ge-

BAB, Bestand 99 US 7, Fall XI, Akte 438, Bl. 119, Schreiben Joachim Overbecks an Carl Goetz vom 11.12. 1940 (auch in: H A D r B , 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1131). Overbeck stützte sich auf Informationen, die er „von Herrn Häven, unserem alten Freund von der Société Générale in Verviers" erhalten hatte. BAB, Bestand 99 US 7, Fall XI, Akte 438, Bl. 115. 52 Ebd., Bl. 115 ff. Lambert bestätigte Overbeck die Rücktrittsklausel aufgrund einer Information, die von einem Aufsichtsratsmitglied der Banque Générale du Luxemburg stammte. Ebd., Bl. 119. Vgl. auch H A D r B , 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1125, Schreiben von Max Lambert, Internationale Bank in Luxemburg, an Carl Goetz vom 13. 12. 1940. » H A D r B , 13802-2000.E/T83_97, Bl. 1134 f., Schreiben der Dresdner Bank (Pilder und Meyer) an Herrn Staatssekretär Kurt Neumann vom 21. 12. 1940; Bl. 1136 f., Schreiben der Dresdner Bank (Pilder u. Meyer) an Herrn Staatssekretär Wilhelm Keppler vom 2 1 . 1 2 . 1940. 54 Ebd., Bl. 1141, Schreiben von Staatssekretär Wilhelm Keppler an die Dresdner Bank, Direktion, vom 25. 1. 1941. Nach Harold James handelte es sich in beiden Fällen um „stillschweigende Übereinkünfte" zwischen der Deutschen Bank und der Banque de la Société Générale. James, Deutsche Bank im Dritten Reich, S. 162.

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VIII. D i e Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

sichtspunkten größtes Verständnis entgegenbringe". 55 Dieses Schreiben wurde der Dresdner Bank nach dem Krieg von den Alliierten als Beweisstück vorgehalten, schien doch daraus eindeutig hervorzugehen, dass sich die Dresdner Bank bei der Westexpansion im Unterschied zur Deutschen Bank als eine reine Handlangerin des NS-Regimes gebärdet hatte. Der Inhalt des Schreibens entsprach aber nicht den Tatsachen. Overbeck hatte in diesem Brief wohl ganz bewusst eine verzerrte Darstellung verfasst, mit der die Behörden in Berlin auf die Seite der als politisch loyal geschilderten Dresdner Bank gezogen und gegen die Deutsche Bank aufgebracht werden sollten. In einem Anschreiben zu dem betreffenden Brief vom 11. Dezember 1940 teilte Overbeck Goetz mit, dass er den Brief „absichtlich so gehalten habe, dass Sie es evtl. im Original verwerten können", und er fügte hinzu: „Den teilweise gebrauchten Jargon bitte ich Sie aus diesem Gesichtspunkt heraus zu erklären". 56 Schon im Herbst 1940 begann sich abzuzeichnen, dass die belgischen und niederländischen Banken nicht in dem Maße zur Kooperation mit der Besatzungsmacht bereit waren, wie man es auf deutscher Seite erwartet hatte. Dies zeigte sich bei der Finanzierung von Rüstungsaufträgen und stärker dann noch in der Frage der „Kapitalverflechtung". In Belgien waren die einheimischen Banken nur begrenzt bereit, Kredite und Bürgschaften für deutsche Rüstungsaufträge zu gewähren. Nach Angaben der Dresdner Bank räumten sie „ihren Kunden für die Finanzierung der Geschäfte mit deutschen Stellen nur verhältnismäßig kleine Kontingente" ein. 57 Nachdem Göring im August 1940 in einem Geheimerlass den Erwerb strategisch wichtiger Kapitalbeteiligungen in den besetzten Ländern durch deutsche Unternehmen und Behörden angeordnet hatte, teilte das Reichswirtschaftsministerium in einem Schnellbrief vom 20. September 1940 22 Banken, darunter auch der Dresdner Bank und der Länderbank W e n , mit, es beabsichtige, die „kapitalmäßigen Verflechtungen zwischen der holländischen, belgischen und französischen Wirtschaft einerseits und der deutschen Wirtschaft andererseits enger als bisher zu gestalten und die Einflussnahme deutschen Kapitals in Holland und Belgien zu verstärken." 58 Zu diesem Zeitpunkt war bereits zu erkennen, dass

55 BAB, Bestand 99 US 7, Fall XI, Akte 438, Bl. 116f., und StAN, KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess), NID-13825, Schreiben Joachim Overbecks an Carl Goetz, Aufsichtsratsvorsitzender der Dresdner Bank, vom 11. 12. 1940. Overbeck berief sich dabei auf seinen Informanten Häven aus der Société Générale (siehe Anm. 51). 56 Ebd., Anschreiben zum Schreiben Joachim Overbecks an Carl Goetz vom 11.12. 1940. Allzu stichhaltige Belege konnte Overbeck für seine Darstellung in dem Schreiben an Carl Goetz vom 11. 12. 1940 auch nicht anführen. Für die angebliche Behauptung, die Dresdner Bank gelte bei der Société Générale als „Nazi-Bank", nannte er als - von seinem Informanten erhaltene - Begründung die rasche Übernahme der Filialen im Eupener Gebiet, die Verwendung des Hitler-Grusses in Schreiben aus diesem Gebiet nach Brüssel und einen nicht näher beschriebenen Auftrag des Reichswirtschaftsministers. Ebd., Schreiben Joachim Overbecks an Carl Goetz vom 11.12. 1940. Aus anderen Quellen gibt es keinen Hinweis, dass die Beziehungen zwischen der Dresdner Bank bzw. der Continentale Bank und den belgischen Banken aus derartigen oder ähnlichen Gründen getrübt gewesen wären. 5? H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13770-2000, Continentale Bank S.A./N.V, Situationsbericht Prinsler, Sept. 1947, S. 2. 58 Schnellbrief des Reichswirtschaftsministers, gez. Dr. Schlotterer, vom 20. 9 . 1 9 4 0 betr. Erwerb von Beteiligungen in Holland, Belgien und den besetzten französischen Gebieten (Streng vertraulich), abgedruckt in: Ulshöfer, Einflussnahme, S. 150-154. Auch in: Die faschistische Okkupationspoli-

1. D e r W e t t l a u f u m Belgien

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die belgischen und niederländischen Banken kein Interesse hatten, sich von deutschen Banken aufkaufen zu lassen oder auch nur größere Aktienpakete einheimischer Unternehmen nach Deutschland zu verkaufen. Der deutsche Kommissar bei der Niederländischen Bank, Helmuth Wohlthat, berichtete bereits im Juli 1940 nach Berlin, die niederländischen Banken hätten „wenig Neigung, derartige Beziehungen zu entwickeln". 59 Grundsätzlich wollten die belgischen und niederländischen Banken einen derartigen Ausverkauf vermeiden, solange das Reich den Krieg nicht endgültig gewonnen hatte. Da die meisten Niederländer und Belgier auch in den Jahren 1940/ 41 keineswegs von einem deutschen Sieg überzeugt waren, hielten selbst kollaborationswillige Bankiers dieser Länder „Verflechtungsgeschäfte" für zu riskant. Der Leiter der Koordinierungsstelle für die Banken beim Reichskommissar in Den Haag, Mojert, stellte in einer internen Denkschrift vom 15. Oktober 1941 unverblümt fest: „Eine deutsch-holländische Wirtschaftsverflechtung in größerem Ausmaße als bisher kann nur betrieben werden, wenn der Holländer nicht mehr an Englands Endsieg glaubt." 60 In den Niederlanden bekam dies vor allem die Deutsche Bank zu spüren, der es nicht gelang, eine Beteiligung bei der Rotterdamsche Bankvereeniging zu erwerben. 61 In Brüssel musste das vom deutschen Kommissar bei der Nationalbank geleitete Bankaufsichtsamt im November 1940 feststellen, dass die von Berlin favorisierte Beteiligung deutscher Banken an einheimischen Geldinstituten „zur Zeit nicht durchführbar" sei. Eine solche Lösung würde von der Banque de la Société Générale und vermutlich auch von der Banque de Bruxelles abgelehnt. Auf „privatwirtschaftlicher Grundlage" sei vor allem bei der Banque de la Société Générale ein „Eindringen" nicht möglich. 62 Der Chef der deutschen Militärverwaltung in Brüssel empfahl deshalb Carl Goetz, belgischen Geschäftspartnern gegenüber auf „allmähliche Beeinflussung" zu setzen und „möglichst freundliche Unterhaltungen" zu führen. Er fügte aber hinzu, nach einem endgültigen deutschen Sieg könne „keiner der Belgier, der heute mit allen möglichen Ausreden und Windungen sich einer vertraglichen Zusammenarbeit zu entziehen suche, [...] uns dann durch die Lappen gehen". 63 Vor diesem Hintergrund kam es im Spätherbst 1940 zu einer Kurskorrektur in der deutschen Bankenpolitik im besetzten Belgien und im Reichskommissariat Niederlande. Die Behörden setzten nun auf eine stärkere direkte Präsenz der tik in Frankreich (1940-1944). Dokumentenauswahl und Einleitung von Ludwig Nestler, unter Mitarbeit von Friedel Schulz, Berlin 1990, S. 123 f. « RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 19, Akte 74, Bl. 38 f., Schreiben des Kommissars bei der Niederländischen Bank an das Reichswirtschaftsministerium vom 18. 7. 1940. 60 Zitiert nach James, Deutsche Bank im Dritten Reich, S. 160 (aus dem Memorandum Mojerts über die „Verflechtung der deutschen und holländischen Wirtschaft" vom 15. 10. 1941). " RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 19, Akte 74, Bl. 251, Schreiben des Kommissars bei der Niederländischen Bank an das Reichswirtschaftsministerium z.Hd. von Herrn Ministerialdirigent Dr. Riehle vom 17. 8. 1940. 62 Ebd., Findbuch 16, Akte 73, Bl. 6 f., Vermerk des Leiters des Bankaufsichtsamts in Belgien vom 29. 11. 1940, Referent: Leutnant Dr. Herbeck (Abschrift). « H A D r B , 13804-2000.E/T83_102, Bl. 3228, zitiert nach Carl Goetz, Notizen über meine Brüsseler Besprechungen für die Vorstandssitzung vom 29. 8. 1940. Goetz gibt hier eine Aussage des Chefs der deutschen Militärverwaltung in Brüssel, Eggert Reeder, wieder, mit dem er sich getroffen hatte. Karl-Heinz Roth schreibt dieses Zitat fälschlicherweise Carl Goetz zu. Roth, Einleitung des Bearbeiters, in: O M G U S , Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, S. LV.

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VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

deutschen Banken in diesen Ländern durch den Ausbau bzw. die Gründung von Tochtergesellschaften. Das deutsche Bankaufsichtsamt in Brüssel begründete die neue Strategie wie folgt: „Die starke wirtschaftliche Betätigung Deutschlands in allen belgischen Wirtschaftskreisen (Vergebung von industriellen Großaufträgen, Einflussnahme auf die belgische Schiffs-Tonnage, Aufkauf der belgischen Produktion, Lieferung deutscher Rohstoffe) bringt eine Fülle von großen Finanzierungsaufgaben mit sich, zu deren Durchführung die belgischen Banken aus verschiedenen Gründen, zum Teil allein wegen der Vertraulichkeit der Geschäfte, nicht ausschliesslich herangezogen werden können. Die Zulassung deutscher Banken in Belgien ist weiter wünschenswert, um die kapitalmässige Durchdringung Belgiens zielbewusst durchführen zu können." 64 Im Frühjahr 1941 gründeten daraufhin die Dresdner Bank und die DAF-eigene Bank der Deutschen Arbeit Tochtergesellschaften in Brüssel. Die Commerzbank folgte ein halbes Jahr später. Parallel dazu wurde das Kapital der bereits bestehenden Tochtergesellschaften der deutschen Banken in Amsterdam erhöht. Die Deutsche Bank war nicht bereit, eine Tochtergesellschaft in Belgien zu errichten. Sie begnügte sich mit der Gründung einer Agentur in Brüssel. Hermann Josef Abs stellte dazu Anfang März 1941 fest, seine Bank beabsichtige, ihre Geschäfte in Belgien weiterhin „auf die sehr alten und guten Beziehungen zu der ersten belgischen Bank, der Banque de la Société Générale, zu stützen und vor der Herbeiführung irgend welcher Entschlüsse nach Möglichkeit die weitere politische Entwicklung abzuwarten." 65 Für die Deutsche Bank waren die Beziehungen zur Société Générale angesichts eines offensichtlich für unsicher gehaltenen Kriegsausgangs wichtiger als die Wünsche der Okkupationsverwaltung in Brüssel. Die Dresdner Bank und die Commerzbank reagierten dagegen mit der Errichtung von Tochtergesellschaften in Belgien wohl auch auf den Vorsprung, den die Deutsche Bank dort durch die enge Zusammenarbeit mit der Banque de la Société Générale erlangt hatte. Die als „Stützpunktbanken" bezeichneten Tochtergesellschaften der deutschen Banken in Belgien und in den Niederlanden waren auf Aufträge aus dem Reich und Dienstleistungen für die deutschen Okkupationsverwaltungen spezialisiert. Sie hatten Anweisung, den einheimischen Banken keine Konkurrenz zu machen. Dass sich die Gründung der Stützpunktbanken als notwendig erwies, war dadurch bedingt, dass sich das ursprüngliche, in Berlin favorisierte Modell der deutschen Bankenpolitik im besetzten Westeuropa, das ganz auf die Kooperation mit den einheimischen Banken gesetzt hatte, als korrekturbedürftig erwies. Anders als es das Reichswirtschaftsministerium und die Berliner Großbanken erwartet hatten, waren die belgischen und niederländischen Banken eben nicht vorbehaltlos zur Kollaboration bereit, sondern nur insoweit, als dies auch ihren eigenen Geschäftsinteressen entsprach. So gesehen verlief die Expansion der deutschen 64

65

R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 16, Akte 73, Bl. 4f., Vermerk des Leiters des Bankaufsichtsamts in Belgien vom 2 9 . 1 1 . 1940. Zitat aus einem Aktenvermerk Helmut Pollems von der Deutschen Bank vom 3.3. 1941, abgedr. in: James, Deutsche Bank im Dritten Reich, S. 164. Vgl. R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 16, Akte 194, Bl. 71 f., Vermerk des Kommissars bei der Nationalbank von Belgien vom 25.3. 1941, betr.: Besprechung mit Herrn Abs.

1. D e r Wettlauf u m Belgien

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Großbanken im besetzten Westeuropa nicht nach einem festen Konzept - wie es nach dem Krieg unterstellt wurde 66 - und auch nicht in den ursprünglichen Bahnen. Der Ausbau der Stützpunktbanken war auch nicht Ausdruck kompromissloser Expansionsbestrebungen, sondern eine aus der Sicht der deutschen Großbanken suboptimale Lösung, auf die zurückgegriffen wurde, weil die ursprünglichen, weitergehenden Ziele damals nicht erreicht werden konnten.

66

Der OMGUS-Bericht von 1946 stellte zur Brüsseler Dresdner-Bank-Tochter Continentale Bank fest: „Sie führte den Gesamtplan für die industrielle Vorherrschaft in Belgien aus, indem sie tatkräftig Aktienanteile an belgischen Schlüsselindustrien aufkaufte". O M G U S , Ermittlungen gegen die Deutsche Bank, S. 156.

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VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

2. Der Handelstrust West in den Niederlanden von Friederike Sattler Vorgeschichte und Gründung67 Die Dresdner Bank besaß vor dem Zweiten Weltkrieg in den Niederlanden keine offizielle Niederlassung. Schon seit Anfang der zwanziger Jahre bestand aber eine Beteiligung am Bankhaus Proehl & Gutmann, das 1919 von Vertretern der Dresdner Bank in Amsterdam, dem Kaufmann Ernst Proehl und dem jüngsten Sohn Eugen Gutmanns, Fritz Gutmann, gegründet worden war.68 Nachdem die Dresdner Bank im Juli 1929 die Kapitaleinlagen Ernst Proehls und Fritz Gutmanns übernommen hatte, befand sich das gesamte Kapital in ihrer Hand. 69 Doch erwies sich das holländische Bankhaus nach der deutschen Bankenkrise vom Juli 1931 nicht als überlebensfähig.70 Die Dresdner Bank entschloss sich im Sommer 1933, ihren Chefsyndikus Hugo Israel nach Amsterdam zu schicken. Dieser kam zu dem Schluss, dass das Bankhaus keine Zukunft mehr habe, und schlug die Liquidation vor.71 Der Kommanditvertrag mit Proehl & Gutmann wurde daraufhin gekündigt.72 Die Dresdner Bank erwarb stattdessen von der Commerzbank eine Beteiligung von knapp 25% an der Hugo Kaufmann & C o s Bank, die sie aber nur wenige Jahre hielt und schon 1935 an ein britisches Bankenkonsortium unter Führung von S. Japhet & Co., London, verkaufte. 73 67

Dieses Teilkapitel stützt sich auch auf Vorarbeiten von Johannes Bahr und Dieter Ziegler. HADrB, Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 50786-2001.BE, Proehl & Gutmann, Verträge mit Ernst Proehl und Fritz Gutmann vom 22. 8. 1918 und 29. 9. 1919. Das Bankhaus Proehl & Gutmann betrieb zum einen Vermögensverwaltungen für deutsche Staatsbürger, zum anderen vermittelte es Devisenkredite an deutsche Gebietskörperschaften und Unternehmen. Siehe hierzu HADrB, Bestand 127, Industriebüro, Akte 24778-2001.BE, Proehl & Gutmann, Kreditengagements. •» H A D r B , Bestand 15, Nürnberger Prozess, Akte 13780-2000, Affiliationen 1, Situationsbericht über den Handelstrust West N.V. von Fritz Dellschow und Wilhelm Paul vom September 1947. Zur klaren Zwecksetzung dieses Berichtes als Entlastungsmaterial für den Nürnberger Prozess: Ebd., Bestand 101, Auslandssekretariat, Geschäftsbereich Ausland, Akte 5434-2000, DresdnerBank-Filiale Hannover, Brief Bernhard Repkes an Wilhelm Paul, Berlin, vom 14. 7. 1947. N A R A , R G 260, Box 50, Folder 3, Niederschrift Georg Rieneckers wegen Holland vom 6.12. 1940 (auch NID-8240). Vgl. auch O M G U S , Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, S. 139f. Diese Richtlinie wurde den HTW-Mitarbeitern vor Ort sehr eindringlich vermittelt. Vgl. die Aussage Cornelis Brandes' in: N I O D , Doc. 11-305, Map A, Rapport van het Bureau Vooronderzoek Collaboratie betreffende een onderzoek naar de gedragingen van C. Brandes, directeur van de Handelstrust West, waaraan toegevoegd een rapport van Brandes zelf, Carel L. Buenting, 18.3. 1946; Aussage Hendrik F. Lensens, in: Rapport van het Bureau Vooronderzoek Collaboratie betreffende een onderzoek naar de Handelstrust West en de gedragingen van C . Brandes, Carel L. Buenting, 18.3. 1946. 1 , 5 N A R A , R G 260, Box 50 Folder 3, Niederschrift Georg Rieneckers wegen Holland vom 6.12. 1940 (auch NID-8240). Ebd. 147 Schon bei Abschluss der amtlichen Erfassung des „Feindvermögens" im Herbst 1941 schlug der von Ansmann über die Ergebnisse informierte Hans Rinn gegenüber Karl Rasche voi; sich besonders um die „größeren Bestände in holl. Bankaktien" zu bemühen. Es bestehe die Möglichkeit, „in unauffälliger Weise u. U . geeignete Positionen im holl. Bankgewerbe sich zu sichern, zumal ja noch der jüdische Besitz an holl. Bankaktien hinzukommt". Doch so schnell, wie von Rinn erhofft, kam

698

VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

tember 1940 geforderte und von der Dresdner Bank gegenüber den eigenen Filialen sofort unterstützte Kapitalverflechtung zum Zwecke der wachsenden Einflussnahme deutscher Unternehmen auf holländische Firmen entwickelte sich schnell zum vorerst wichtigsten Geschäftsfeld. Auch wenn der Handelstrust keine Mühen scheute, für die Kunden der Dresdner Bank die gewünschten Beteiligungen an holländischen Firmen zu erlangen - allein im Dezember 1940 war er in die Verhandlungen über mehr als 140 angestrebte „Besitzübergänge" involviert 148 - , blieben die Erfolge dieser Anstrengungen im Ergebnis weit hinter den Erwartungen zurück. Es kamen nur wenige Übernahmen oder Beteiligungen zustande, vor allem bei mittelständischen Betrieben, die schon früher intensive deutsch-holländische Geschäftsbeziehungen gepflegt hatten. Ein weiteres wichtiges Geschäftsfeld des Handelstrusts mit unmittelbarem staatlich-politischen Bezug lag in der „Arisierung" holländischer Unternehmen mit jüdischen Eigentümern. Nur in wenigen Einzelfällen konnten solche „Geschäfte" noch vor Erlass gesetzlicher Bestimmungen zur Zwangsarisierung im März 1941 auf privatwirtschaftlicher Verhandlungsbasis zum Abschluss gebracht werden. Obwohl der Handelstrust nach Erlass der „Wirtschaftsentjudungsverordnung" eng mit dem deutschen Besatzungsapparat zusammenarbeitete - wie die anderen deutschen Banken auch - und keine Mühen scheute oder gar moralische Zurückhaltung zeigte, war es ihm auch dann kaum möglich, die zahlreichen deutschen Kundenanfragen wegen „Arisierungsmöglichkeiten" zu deren Zufriedenheit zu bearbeiten. Was den Handelstrust von anderen deutschen Banktöchtern unterschied, war ein allgemein aggressiveres Auftreten bei der Suche nach Geschäftsmöglichkeiten und das Ausmaß seiner Beteiligung an Lösegelderpressungen für die Bewilligung von Ausreisen. Gelang es tatsächlich, ein „Arisierungsgeschäft" erfolgreich zu vermitteln, hatte der Handelstrust in aller Regel auch eine neue Firmenkundin gewonnen, die zumeist an der Bereitstellung von zusätzlichen Krediten interessiert war und ihre erworbenen Aktien zur Depotverwaltung übergab. Die Aufhebung der deutsch-holländischen Devisengrenze zum 1. April 1941, die zum ungebremsten Zufluss von Reichsmark führte und deshalb einer wirtschaftlichen Annexion des Landes gleichkam, 149 eröffnete dem Handelstrust zwei die Dresdner Bank nicht zum Zuge. Erst im Verlauf des Jahres 1942 gelang es dem HTW - wie unten noch genauer dargelegt wird - über Direktankäufe bei Lippmann, Rosenthal & Co. in der Sarphatistraat „Judeneffekten" im Wert von 1,5 Mio. hfl. der Nederlandschen Handel Mij. für die Dresdner Bank zu erwerben. Ebd., Vermerke Rinns für Rasche vom 3. 9. 1941 und 19. 1. 1942 (auch NID-8867); NIOD, Archief 264, Nr. 157/1, Erklärung unter Eid von Emst Groser vom 24. 9 . 1 9 4 7 (auch NID-13905). Vgl. auch OMGUS, Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, S. 148. i« N A R A , RG 260, Box 50, Folder 3, Niederschrift Rieneckers wegen Holland vom 6 . 1 2 . 1 9 4 0 (auch NID-8240). i« VOBl. Niederlande 1941, S. 266, Verordnung Nr. 65/1941 des RK Niederlande über die Aufhebung der Devisengrenze zwischen dem Deutschen Reich und den bes. nied. Gebieten vom 31.3. 1941. Diese Entscheidung führte zum Rücktritt des Präsidenten der Niederländischen Notenbank, Leonardus J. A. Trip, und war auch auf deutscher Seite nicht unumstritten. Fischböck konnte sie jedoch gegen den Widerstand von Funk bei Göring durchsetzen. Vgl. Niederschrift Breyhans über eine Beratung bei Reichswirtschaftsminister Walther Funk zur vorgesehenen Aufhebung der deutsch-niederländischen Devisengrenze am 24.10. 1940, abgedruckt in: Die faschistische Okkupationspolitik in Belgien, Luxemburg und den Niederlanden (1940-1945), Dokumentenauswahl und Einleitung von Ludwig Nestler, Berlin (Ost) 1990, S. 121 f.; Ulshöfer, Einflussnahme, S. 68; Aalders, Geraubt, S. 33-36.

2. Der Handelstrust West in den Niederlanden

699

weitere Geschäftsfelder: den Kontokorrentverkehr und den Effektenhandel. Die Aufhebung der Beschränkungen im Devisenverkehr hatte zum einen die zügige Einbindung des Handelstrusts in das Gironetz der Muttergesellschaft zur Folge, so dass nun die schnelle Auszahlung transferierter RM-Beträge in Gulden möglich wurde, der Kontokorrentverkehr also zügig anwachsen konnte. Die Umsätze steigerten sich von monatlich etwa 7 Mio. hfl. zu Beginn des Jahres 1941 auf monatlich etwa 30 Mio. hfl. in der Jahresmitte 1941.150 Da die wichtigsten Kontoinhaber deutsche Zivil- und Militärinstanzen waren, die oft in stark schwankenden Großbeträgen über ihre Konten verfügten, war eine ständige Beobachtung der Liquiditätsentwicklung und der Unterhalt hoher Nostroguthaben erforderlich, was den in diesem Bereich zu erzielenden Gewinn schmälerte. Die Aufhebung der Beschränkungen im Devisenverkehr bewirkte jedoch zum anderen einen schnellen Aufschwung des prinzipiell lukrativeren Effektengeschäfts, denn angesichts des festgelegten niedrigen Guldenkurses mussten deutsche Käufer nun keine „echten" Gegenwerte mehr aufbringen. 151 Die Umsätze im Effektengeschäft erreichten bis Ende Juni 1941 den Betrag von knapp 15,4 Mio. RM, während die Zahl der Buchungen von durchschnittlich 73 in den ersten drei Monaten des Jahres 1941 sprunghaft auf 437 im April 1941 anstiegen. Einen besonderen Stellenwert im allgemein belebten Effektengeschäft besaßen die amtlich beschlagnahmten Aktien und sonstigen Wertpapiere aus jüdischem Eigentum, die zu mehr als zwei Dritteln über die Amsterdamer Börse veräußert wurden und um deren Ankauf für deutsche Kunden sich auch der H a n delstrust nach Kräften bemühte. Nachdem der Präsident der Niederländischen Bank im März 1943 amtliche „Stoppkurse" verfügt hatte, um den allgemeinen Kursauftrieb zu begrenzen, fand der freie Handel an der Amsterdamer Börse ein Ende. Für den Handelstrust verringerten sich spätestens seit Herbst 1943 infolge eines immer knapperen Angebots auch die sonstigen Umsätze deutlich. 152 Auf Beschluss des Vorstands der Dresdner Bank wurden die erworbenen Effekten, die zumeist bei der Kas-Vereeniging hinterlegt worden waren, nun systematisch abgebaut und nach Berlin sowie zu den Filialen Hamburg, Düsseldorf und Frankfurt/Main verlagert, um dem wachsenden Kriegsrisiko zu begegnen. 153 Ein weiteres Geschäftsfeld im öffentlichen deutschen Interesse lag in der Finanzierung von Rüstungsaufträgen und dem damit eng zusammenhängenden Kreditgeschäft, wobei vor allem die Anzahlungskredite für holländische Schiffswerften

150

Dazu und zu den folgenden Zahlenangaben: N A R A , R G 260, Box 50, Folder 3, Bericht des Auslandssekretariats über die Geschäftsentwicklung des H T W im ersten Halbjahr 1941 vom 12.9. 1941 (auch NID-8868). Vgl. auch O M G U S , Ermittlungen gegen die Dresdner Bank, S. 147. 151 Vor dem Mai 1940 mussten für 100 hfl. noch 666,67 R M aufgebracht werden, ab April 1941 waren es nur noch 132,70 RM, also etwa ein Fünftel der vorherigen Summe. Vgl. Bericht des Kommissars bei der Nederlandschen Bank, Rost van Tonningen, vom 12. 6. 1941, zitiert in: BÄK Z 45 F, 2/182/ 6, Extracts Pertinent to the Bank Investigation f r o m the O C C : Trial Brief on the Spoliation of Western Europe, O M G U S , o.D. [1945], 152 H A D r B , Bestand 101, Auslandssekretariat, Akte 5431-2000, Handelstrust West, Monatsbericht des H T W für März 1944. i» H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 31157-2001.BE, Diverse, Bd. 100, Aufstellung über festverzinsliche holländische Wertpapiere und börsengängige holländische Aktien im Besitz der Dresdner Bank von der Börsenabteilung vom 29. 9. 1943.

700

VIII. D i e Dresdner B a n k in den besetzten westeuropäischen Gebieten

und Bauunternehmen, aber auch Barkredite für Flugzeugbauer zu nennen sind. 154 Gesichert wurden diese risikobehafteten Anzahlungskredite in aller Regel durch die Zession von Forderungen, meist an die deutsche Wehrmacht, weshalb der Aufbau eines gesunden Kreditportefeuilles für den Handelstrust auch hier kaum möglich war. Hinzu kamen lebhafte Akkreditiv- und Dokumentengeschäfte, wobei die Kassenauszahlungen gegen Vorlage von Dokumenten überwogen und kaum Hereinnahmen von Akzepten zu verzeichnen waren. Barkredite wurden fast ausschließlich als Betriebs- oder Überbrückungskredite und in mäßigen Summen von durchschnittlich nur 40000 hfl. vergeben. 155 Der Gesamtbetrag der Kreditlimite lag im Höchstfall bei 9 Mio. hfl., wurde aber nie ausgeschöpft. Trotzdem entpuppte sich die Rüstungsfinanzierung als wichtigstes Standbein des Handelstrusts, in dem die höchsten Erträge erwirtschaftet wurden. Über die Entwicklung der Aktiva und Passiva des Handelstrusts zwischen 1939 und 1944 gibt Tabelle VIII/1 näheren Aufschluss. Sie zeigt, dass sich seine Geschäftstätigkeit nach der Gründung intensivierte, 1940/41 nochmals einen deutlichen Auftrieb bekam und teilweise bis ins Frühjahr 1944 hinein gesteigert werden konnte, etwa im Bereich der Abwicklung des Zahlungsverkehrs für die Gläubiger. Diese bis ins Frühjahr 1944 hinein anhaltende Ausweitung der Geschäftsaktivitäten erlaubte dem Handelstrust - wie Tabelle VIII/2 zeigt - eine beständige Steigerung seiner Erträge, so dass nach Abzug aller Aufwendungen auch die Rohgewinne deutlich anstiegen; sie wurden allerdings zur umfangreichen Rücklagen- und Reservenbildung genutzt und nur zu einem geringen Anteil als Reingewinne ausgewiesen, die deshalb in den Bilanzen der Jahre 1941, 1942 und 1943 mit konstant 50000 hfl. erscheinen (vgl. Tabelle VIII/1). 156 Für die Geschäftstätigkeit des Handelstrusts generell von großer Bedeutung war die Tatsache, dass er sich im Vergleich mit der Deutschen Bank-Tochter H. Albert de Bary & Co., die in Amsterdam seit mehr als zwanzig Jahren eingeführt war, in der Position der lediglich „zweiten" deutschen Geschäftsbank vor Ort befand. Hinzu kam seit dem Frühjahr 1941 die wachsende Konkurrenz der neu gegründeten und sehr schnell an Boden gewinnenden Rijnsche Handelsbank als Tochter der Commerzbank. Der in Tabelle VIII/3 gezogene Vergleich wichtiger Der HTW hatte bis Ende Juni 1941 bereits für knapp 16,9 Mio. R M Werftavale übernommen, davon gut 7,2 Mio. RM auf eigenes Risiko. N A R A , R G 260, Box 50, Folder 3, Bericht über die Geschäftsentwicklung des HTW im ersten Halbjahr 1941, Auslandssekretariat S, vom 12.9. 1941 (auch NID-8868). 155 H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13780-2000, Affiliationen 1, Situationsbericht über den Handelstrust West N.V. von Fritz Dellschow und Wilhelm Paul vom September 1947. >5' Der Rohgewinn des H T W lag 1941 bei 247000 hfl., 1942 bei 465000 hfl. und 1943 bei 750000 hfl. H A D r B , Bestand 126, Vorstand, Akte 5233-2000, Vorstandsgruppe West, Korrespondenz mit Handelstrust West, Brief Dellschows an Bardroff vom 14. 3. 1944; Brief Bardroffs an Gaebelein vom 25. 3. 1944. Nur leicht davon abweichend gab der HTW-Buchhalter Hendrik Stam später an, der Nettogewinn des HTW habe 1940 bei 48000 hfl., 1941 bei 250000 hfl., 1942 bei 450000 hfl., 1943 bei 750000 hfl. und 1944 bei 751000 hfl. gelegen. N I O D , Doc. 11-305, Map A, Ausführungen Hendrik Stams, in: Rapport van het Bureau Vooronderzoek Collaboratie betreffende een onderzoek naar de Handelstrust West en de gedragingen van C. Brandes, directeur der N.V., Carel L. Buenting, 18. 3. 1946. Die Reingewinne beliefen sich über die Jahre konstant auf 50000 hfl. und wurden in Form einer Dividende von 5% auf das Grundkapital ausgeschüttet, die in voller Höhe der alleinigen Anteilseignerin Dresdner Bank zugute kam. H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 30165-2001.BE, Handelstrust West, Bericht des Vorstandes über das Geschäftsjahr 1941 des HTW, Dellschow, Knobloch, Brandes vom Mai 1942.

154

2. D e r Handelstrust West in den Niederlanden Tabelle VIII/1: Vergleichende West 1939-1944

Zusammenstellung

der Aktiva

und Passiva des

(Stand jeweils zum 31. 12. bzw. 31. 3., 31. 7. und 31. 10. 1944, in 1000 1939

1940

1941

1942

701

1943

Handelstrusts

hfl.)

31.3. 1944

31.7. 1944

31. 10. 1944

Aktiva Kasse, G i r o guthaben Schatzwechsel Bankguthaben Wertpapiere Schuldner Beteiligungen Immobilien Bürgschaften Eigene Aktien Zusammen

1066

1712

5024

961

391

149

11284

26058

35257

25423

12706

2 799

7100 966 5595

9971

7543 1112 7847

1741

68

191

596

2335

2922



833 9107

1340 7795

>

382 4218 -,-

>

156 1200

155 5243

»

>

467

>

>

>

y

>

153 4106 >

"301 152 3399 >

806 8305 k.A. 96 k.A.

k.A. 96 k.A. »

>

255 3298 465 96 k.A. 500

1131

8482

19326

29189

48595

(55396)

(42412)

(19210)

25

250

1000 100

1000

1000

1000

500 43646

1000 722

1000

200 23832

976

50 4107

50 3399

53674 k.A. k.A.

40436 k.A. k.A.

500 16898 k.A.

Passiva Grundkapital Reserven

>

Gläubiger Reingewinn Bürgschaften Gewinn/Verlust

1101 5

Zusammen

1131

>

>

6983 49 1200

.

8482

12933 50 5243

.

19326

>

29189

» 48595

>

(55396)

Ì

(42412)

k.A. 812 (19210)

* Diese Angabe weicht erheblich vom Anschaffungswert für die im Jahr 1943 erworbene Beteiligung des H T W an der Continentalen Bank in Höhe von nom. 5 Millionen bfrs. ab, die laut Bericht des HTW-Vorstands über das Geschäftsjahr 1943 einem Aktivposten von 465000 hfl. in der Bilanz entsprach. Gründe für die außerordentlich hohen Abschreibungen werden jedoch nicht gegeben. Vgl. HADrB, Bestand 137, Personalbüro, Akte 50342-2001.BE, Bericht des Vorstands über das Geschäftsjahr 1943 der HTW, Dellschow, Knobloch, Brandes vom April 1944. Quellen: Vergleichende Zusammenstellung der Bilanzen des H T W zum 31. Dezember 1939, 1940, 1941, 1942 und 1943, HADrB, 5436-2000; Jahresbilanz des H T W per 31.12.1941, HADrB, 30165-2001.BE; Jahresbilanz des H T W per 31. 12.1942, HADrB, 5549-2000; Jahresbilanz des HTW per 31. 12.1943, HADrB, 5431-2000. Die Angaben zum Stand der Bilanz des HTW zum 31. 3., 31. 7. und 31. 10. 1944 beruhen auf weniger solide ermittelten und nur unvollständigen Daten, so dass keine volle Vergleichbarkeit zu den Angaben der Vorjahre besteht. Vgl. Einzelnachweise in: HADrB, 5429-2000 und HADrB, 5431-2000.

F i n a n z k e n n z i f f e r n d e r h o l l ä n d i s c h e n T ö c h t e r d e u t s c h e r G r o ß b a n k e n in d e n J a h ren 1 9 4 1 , 1 9 4 2 u n d 1 9 4 3 verdeutlicht diese Position des Handelstrusts z w i s c h e n geschäftlich vermeintlich übermächtiger „alter" K o n k u r r e n z u n d äußerst d y n a m i s c h e r „ j u n g e r " K o n k u r r e n z , d i e o f f e n s i c h t l i c h z u e i n e m in v i e l e n

Bereichen

besonders aggressiven Auftreten führte. B e i d i e s e m Vergleich d e r B a n k e n fallen v o r allem z w e i E n t w i c k l u n g e n auf: z u m einen d e r deutliche R ü c k g a n g des G e w i n n s w i e d e r Z a h l der D e b i t o r e n v o n

H.

A l b e r t d e B a r y & C o . a b 1 9 4 2 , z u m a n d e r e n d e r in b e i d e n F ä l l e n s t a r k e A n s t i e g

702

VIII. Die Dresdner Bank in den besetzten westeuropäischen Gebieten

Tabelle VIII/2: (in hfl.)

Gewinnübersicht

des Handelstrusts West 1941, 1942 und 1943 im Vergleich 31. Dezember 1941

31. Dezember 1942

31. Dezember 1943

179494 66 024 28128 937 274583

457857 86284 30776 1251 576168

711647,42 4126,76 30064,71 1151,31 816990,20

155554 -,4272

147001 5591 5924

107376,22 12411,29 2765,66

159826

158516

122553,17

975

1329

1527,31

1329

1527,31

I. Kreditgeschäft -Zinsen - Kreditprovisionen - Avalprovisionen - Erträge aus sonstigen Immobilien zusammen: II. Effektengeschäft -Börsengeschäft - Konsortialgeschäft - Verwaltungsgeschäft (Depotgebühren, Tresormieten) zusammen: III. Kupons - Provisionen - Handelsgewinn zusammen:

~~

975

IV. Devisen- und Sortenhandelsgeschäft - Devisenhandelsgewinne - Sortenhandelsgewinne zusammen: V. Dienstleistung im Zahlungsverkehr - Umsatzprovisionen - Inkassoprovisionen - Sonstige Zahlungsmittelprovisionen zusammen: VI. Sonstige Provisionen"' Einnahmen insgesamt: ./. laufende Unkosten (Personalu. Sachunkosten) verbleiben: ./. Steuern (ohne vom Gewinn abhängige) verbleiben: ./. außerordentliche Unkosten verbleiben: ./. Mobilien und Inventar Betriebsgewinn + Sondereinnahmen ./. Sonderaufwendungen zur Gewinnverteilung zur Verfügung:

~~> —

7 7

>

1168 2162 22710 26040

15459 2891 17017 35367

14700,34 9215,91 42522,70 66438,95

22614 484058 175829

81592 852988 285973

83 017,37 1090527,00 318527,38

308229 5967

567015 49349

771999,62 44547,23

302262 1297 300965 7672 293293

517666

727452,39



>

293293

>

517666 9508 508158 1194 71954

727452,39 1622,90 725829,49 43494,40 1 500,00

435000

767823,89

* Zu den „sonstigen Provisionen" zählten: Zessionsverwaltungsgebühren, Überwachungsgebühren für jüdische Konten und Depots, Vermittlungsprovisionen für Hypotheken- und Grundstückstransaktionen (auch für „arisierte" Objekte, im Jahr 1942 nachweislich für die Grundstücke der Firma Gebr. Cats in Rotterdam) sowie „restliche sonstige Provisionen" (darunter offensichtlich auch Vermittlungsprovisionen für die „Arisierung" von gewerblichen Unternehmen auf Verhandlungsbasis). Quellen: Gewinnübersicht für den HTW, o.D. [nach dem 31.12. 1942], N I O D , Archief 180 a, Map 1; Gewinnübersicht für den HTW, o.D. [nach dem 31.12.1943], HADrB, 5233-2000.

2. Der Handelstrust West in den Niederlanden 00 o

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4. Die Käufe französischer Beteiligungen

853

Gründung einer „französischen Wochenschaugesellschaft", an der sich die UFA mit 240000 RM (40% des Kapitals) beteiligen wollte. 65 Weitere Verflechtungsgeschäft waren schließlich noch die „Repatriierungskäufe", bei denen es darum ging, französische Kapitalbeteiligungen auf dem Gebiet des „Altreichs" in deutsche Hände zu überführen. 6 6 Die Angaben zu den Verflechtungskäufen zeigen, dass die Bank hier in einigen Fällen primär aus Eigeninteresse gehandelt haben dürfte, in anderen dagegen in erster Linie als Agentin des Reichs. Mit dem Erwerb der Beteiligungen bei der Internationalen Bank in Luxemburg und bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank rundete die Dresdner Bank ihr Netz von Konzernstützpunkten in den Nachbarländern ab. Bei den Aufträgen des Reichsluftfahrtministeriums und des Reichsverkehrsministeriums ging es dagegen um strategisch wichtige Interessen des Reichs. Insgesamt dienten die in Paris getätigten Verflechtungskäufe in besonderem Maße der deutschen Ostexpansion, wie die Aufträge zeigen, die die Dresdner Bank für die Reichswerke Hermann Göring und die Haupttreuhandstelle Ost durchführte. Der als demokratisch und weltoffen geltende Hans Pilder, der für die Geschäfte verantwortlich war und auch selbst Verhandlungen in Paris führte, leistete diesen Auftraggebern nicht weniger gute Dienste, als es der Nationalsozialist und Expansionsspezialist Karl Rasche an seiner Stelle hätte tun können. Für die Reichswerke verhandelte die Dresdner Bank um die Kapitalmehrheit an zwei Schlüsselunternehmen der Schwerindustrie im Protektorat Böhmen und Mähren, die seit 1939 von den Reichswerken betrieben wurden: die Skoda-Werke in Pilsen und die Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft in Mährisch-Ostrau. Die Skoda-Werke gehörten seit 1919 mehrheitlich dem französischen Rüstungskonzern Schneider (Creusot). Bei der Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft, dem bedeutendsten Eisen- und Stahl-Produzenten des Protektorats, besaß die Familie Rothschild die Kapitalmehrheit. Interesse bekundeten die Reichswerke Hermann Göring auch an den Aktien der Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft, die die Dresdner Bank für die Länderbank Wien in Frankreich erwarb. 67 65

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Ebd. Der Kaufbetrag (4,8 Mio. ffrs.) wurde am 30. Mai 1942 im Auftrag der Deutschen Wochenschau GmbH, Berlin, an die Alliance Cinématographique Européenne, Paris, für Rechnung der Société France Actualités ausbezahlt. HADrB, Akte 13876-2000.E/T 83-182, Bl. 4138, Schreiben der Dresdner Bank, Ausland-Direktion, an den Vorstand der Universum-Film Aktiengesellschaft, Berlin, vom 4. 6. 1942. Ein Beispiel dafür ist der Fall der Kammgarnspinnerei Thuringia G m b H in Mühlhausen/Thüringen. Dieses Unternehmen befand sich im Eigentum des französischen Textilkonzerns de la Motte und war seit Kriegsbeginn auf Weisung des Reichswirtschaftsministeriums stillgelegt. Die Gladbacher Wollindustrie AG, Mönchengladbach, zeigte Interesse, die Thuringia GmbH zu erwerben. Nachdem die Eigentümer zunächst wohl bereit gewesen waren, das Unternehmen zu verkaufen, zogen sich die Verhandlungen dann über mehrere Jahre hin und blieben offensichtlich ergebnislos. HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Aktennotiz über die Arisierungs- und Germanisierungsverhandlungen in Frankreich (o.D., 1946/47). Zu den Skoda-Werken und der Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft siehe Kap. 111.10. Zum Interesse der Reichswerke Hermann Göring an der Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft: HADrB, Bestand 126, Vorstand, Akte 11091-20Û1.VO, Dresdner Bank, Protokoll über die Vorstandssitzung am 5. 6. 1941. Die Trifailer Kohlenwerks-Gewerkschaft besaß Kohlengruben, ein Zementwerk und Elektrizitätswerke in der vom Reich annektierten Untersteiermark. Der Sitz des Unternehmens befand sich in Laibach/Ljubljana. Dort hatten italienische Dienststellen eine

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I X . D i e Aktivitäten der D r e s d n e r B a n k in Frankreich

Verkauft wurden die genannten Beteiligungen durchweg von französischen Banken, vor allem von der Banque de Paris et des Pays-Bas und ihrer Tochtergesellschaft Banque des Pays de l'Europe Centrale, aber auch von der Banque des Pays du Nord, der Banque de l'Union Parisienne und deren Tochtergesellschaft Union Européenne Industrielle et Financière, die zum Schneider-Creusot-Konzern gehörten (siehe Tabelle IX/2). Die Paribas und die Banque de l'Union Parisienne waren die führenden Geschäftsbanken ( b a n q u e s d'affaires) Frankreichs, die im Unterschied zu Depositenbanken wie dem Crédit Lyonnais oder der „HauteBanque", den großen Pariser Privatbanken, auf das Emissions- und Effektengeschäft spezialisiert waren. Nach dem Ersten Weltkrieg hatten beide Banken durch die Konzerngesellschaften Banque des Pays de l'Europe Centrale bzw. Union Européenne Industrielle et Financière stark nach Ostmitteleuropa expandiert.68 Die von der Dresdner Bank erworbenen Aktienpakete kamen zum Teil aus dem Besitz der genannten französischen Banken oder deren Holdinggesellschaften, andere waren diesen Banken von Kunden angeboten oder an der Börse erworben worden. Ein weiterer Teil der an die Dresdner Bank verkauften Aktien stammte aus beschlagnahmtem jüdischem Eigentum, besonders aus den gesperrten Depots der Pariser Rothschild-Bank. Uber diese Aktienpakete verfügte der französische Staat, der die Konfiskation jüdischer Vermögen nicht der Besatzungsmacht überließ, sondern durch eigene Bestimmungen regelte.69 So erwarb die Dresdner Bank im Frühjahr 1941 von der Paribas Aktien der Ungarischen Allgemeinen Creditbank, welche die Direction des Domaines de la Seine angeboten hatte, die das beschlagnahmte Vermögen der Rothschilds im Auftrag des französischen Finanzministeriums verwaltete. Hinzu kam noch ein größeres Paket Aktien der Ungarischen Allgemeinen Creditbank aus „dem vom französischen Staat beschlagnahmtem Rothschild-Besitz". 70 Nach einer Aktennotiz Hans Pilders waren diese Wertpapiere vom Devisenschutzkommando „behandelt" worden. 71 Pilder selbst sprach Anfang 1941 in Paris mit einem Vertreter des Devisenschutzkommandos und mit Henri Ardant, kommissarische Leitung eingesetzt. Die Göring-Werke kamen bei der Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft nicht zum Zuge, weil der Chef der Zivilverwaltung für die Untersteiermark, der steirische Gauleiter Uiberreither, sämtliche in deutscher Hand befindlichen Aktien dieser Gesellschaft unter Sequester stellte und dann an den neu gegründeten Konzern Energieversorgung Südsteiermark AG, Marburg/Maribor, abgab. Die Länderbank Wien verkaufte die in Frankreich erworbene Beteiligung an die Energieversorgung Südsteiermark weiter. Ebd.; H A D r B , Bestand 131, Vertretung Paris, Akte 13844-2001.BE, Durch die Militärregierung beschlagnahmte Akten, B1.27f., Dresdner Bank, Vertretung Paris, Aktennotiz betr. Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft vom 2. 9. 1942; Bl. 12, Abschrift eines Briefes der Dresdner Bank, Auslandsdirektion, an Herrn Generaldirektor Jahan, Banque de Paris et des Pays-Bas, vom 29. 8. 1942. Zusammenfassend zu dieser Transaktion und den Beziehungen der Länderbank Wien zur Energieversorgung Steiermark AG: Feldman, Länderbank Wien, S. 158-161. 68 Zur Geschichte der Paribas vgl. Eric Brassière, Paribas 1872-1992. L'Europe et le monde, Antwerpen 1992. Zur Gliederung des französischen Bankwesens in den dreißiger Jahren vgl. auch Hans W. Aust, Frankreichs Banken zwischen Krise und Reform, in: Der deutsche Volkswirt Nr. 42 vom 18. Juli 1941. 69 Siehe oben S. 846 f. und die dort angegebene Literatur. ™ RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 5, Akte 408, Bl. 3, Dresdner Bank, Vertretung Paris, Bericht über die Betätigung der Dresdner Bank in Frankreich vom 11.6. 1942. 71 H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Aktennotiz Pilders vom 12. 11.1940 betr. Ergebnis der Verhandlungen in Paris vom 31.10. bis 7.11. 1940 wg. Ungarische Allgemeine Kreditbank.

4. Die Käufe französischer Beteiligungen

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dem Generaldirektor der zweitgrößten französischen Bank Société Générale und Vorsitzenden des französischen Bankenausschusses, über die „Verwertung" der „Rothschild-Pakete". 72 Dabei schlug er Ardant vor, „eine Sonderstelle zu schaffen, bei der wir mitarbeiten könnten." Ardant zeigte sich zwar interessiert, verfolgte die Idee aber nicht weiter. 73 Bei der im Herbst 1941 durchgeführten Norsk-Hydro-Transaktion kaufte die Dresdner Bank über die Paribas wiederum ein größeres Aktienpakete aus dem Besitz der Rothschild-Bank. Hinzu kamen weitere Aktien aus jüdischem Besitz die sich offensichtlich in Depots bei der Banque de Rothschild Frères (en Liquidation) befunden hatten. 74 Diese Wertpapiere erhielt die Dresdner Bank über die Parisbas, der sie die Rothschild-Bank unter der Bedingung zum Kauf angeboten hatte, dass ihr der Erlös umgehend im unbesetzten Teil Frankreichs zur Verfügung gestellt wurde. 75 Wenig später kaufte die Dresdner Bank für die Haupttreuhandstelle Ost ebenfalls aus jüdischem Eigentum eine Beteiligung bei der Papier- und Zellstofffabrik Steinhagen und Saenger. Auch an diesem Geschäft wirkte die Paribas mit, die das Aktienpaket von der Direction des Domaines de la Seine gekauft hatte und es dann umgehend an die Dresdner Bank verkaufte. 76 Einen besonders komplexen Fall bildeten die Bemühungen der Dresdner Bank, eine in Paris liegende Beteiligung des Hauses Rothschild bei der Witkowitzer Bergbauund Eisenhütten-Gewerkschaft zu erwerben. Da der Vorgang Teil eines sehr viel umfassenderen, von Karl Rasche seit 1939 betriebenen Manövers zur Übernahme des Witkowitz-Konzerns aus dem Rothschild-Besitz war, kann er hier nicht im Einzelnen beschrieben werden. 77 Insgesamt hatten allein die fünf wichtigsten Beteiligungskäufe der Dresdner Bank in Frankreich (Norsk Hydro, Ungarische Allgemeine Creditbank, Skoda, Steinhagen und Saenger, Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft) einen Wert von rund 26 Mio. RM. Damit kam die Dresdner Bank der finanziellen Größenordnung nach zwar nicht an die Verflechtungskäufe der Deutschen Bank in Frankreich heran, die allein bei der Mines-de-Bor-Transaktion Aktien im Wert von rund 100 Mio. RM erwarb, doch lag sie deutlich vor der Berliner Handels-Gesellschaft

« HADrB, Akte 13875-2000.E/T 83-181, Bl. 5033, Besprechung Pilders in Paris vom 8. bis 10.1. 1941; Henri Ardant war Generaldirektor der Société Générale pour favoriser le Développement du Commerce et de l'Industrie de France und Vorsitzender des unter der Vichy-Regierung gebildeten comité d'organisation der französischen Banken. Zu seiner Rolle in der Besatzungszeit vgl. Andrieu, La banque; Lacroix-Riz, Industriels et banquiers. « HADrB, Akte 13875-2000.E/T 83-181, B1.5033, Besprechung von Herrn Pilder in Paris vom 8.bis 10. 1. 1941.Dievon Ardant geleitete Société Générale sollte damals sämtliche Aktien aus den Depots der Rothschild-Bank übernehmen. Zu Pilders Vorschlag heißt es in diesem Vermerk über seine Besprechung mit Ardant: „Ardant die Verwertung aller Rothschild-Pakete übernehmen soll. Ich habe ihm vorgeschlagen, das nicht selbst oder durch seine Bank zu tun, sondern lieber eine Sonderstelle zu schaffen, bei der wir mitarbeiten könnten. Ardant nahm diesen Gedanken lebhaft auf und wird ihn weiterverfolgen." Ebd. ™ HADrB, Akte 13803-2000.E/T 83-101, Bl. 2844, Aktennotiz vom 8.10. 1941 betr. Norsk Hydro. Zur Norsk Hydro-Transaktion siehe unten S. 858 ff. Vgl auch. Lacroix-Riz, Industriels et Banquiers, S. 262 ff. " HADrB, Akte 13803-2000.E/T 83-101, Bl. 2843, Schreiben der Dresdner Bank, Direktion, an die Dresdner Bank, Auslandssekretariat Westen, vom 24. 9. 1941. 76 Lacroix-Riz, Industriels et banquiers, S. 253. " Siehe Kap. 111.10.

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

(10,7 Mio. RM). 7 8 Insgesamt scheint die Deutsche Bank bei diesen Geschäften stärker auf den Kauf französischer Beteiligungen in Südosteuropa ausgerichtet gewesen zu sein. Neben der Kapitalmehrheit an den Kupferminen von Bor, die damals das bedeutendste Unternehmen im besetzten Serbien waren und für die deutsche „Rohstoffsicherung" eine wichtige Rolle spielten, erwarb sie u.a. Beteiligungen an den rumänischen Erdölfirmen Colombia und Concordia, die im Auftrag der Kontinentalen Ol gekauft wurden. 79 Bei der Dresdner Bank betrafen dagegen mehrere wichtige Beteiligungskäufe Unternehmen, die ihren Sitz im annektierten Teil Polens (Steinhagen und Saenger) und im Protektorat (Skoda) hatten oder in anderen annektierten Gebieten produzierten (Trifailer Kohlenwerks-Gewerkschaft). Bedingt war dies im Fall Steinhagen und Saenger durch einen Auftrag der H T O , im Fall Skoda-Werke durch einen Auftrag der Reichswerke Hermann Göring. Unter den Verflechtungskäufen, die von der Dresdner Bank auf eigene Rechnung in Paris getätigt wurden, war der Erwerb der Ungarischen Allgemeinen Creditbank das bedeutendste Geschäft. Die seit 1867 bestehende, von der Rothschild-Gruppe gegründete Ungarische Allgemeine Creditbank (Magyar Altanos Hitelbank) war die führende Großbank Ungarns mit 27 Filialen und zahlreichen Kapitalbeteiligungen bei ungarischen Industrieunternehmen und Banken. Nach dem Ersten Weltkrieg erwarb der Schneider-Creusot-Konzern eine Beteiligung bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank. 80 Die Dresdner Bank nahm nach eigener Darstellung unmittelbar vor Beginn des Zweiten Weltkrieges, im Sommer 1939, mit dem französischen Rüstungskonzern Kaufverhandlungen wegen dieses Aktienpakets auf. Schneider-Creusot sei damals bereit gewesen, „ohne weiteres" an die Dresdner Bank zu verkaufen. Die Verhandlungen mussten aber wegen des Krieges abgebrochen werden. 81 Nach der Besetzung Frankreichs beantragte die Dresdner Bank umgehend die erforderlichen Genehmigungen für den Erwerb der französischen Beteiligungen an der Ungarischen Allgemeinen Creditbank. Neben der Schneider-Creusot-Beteiligung hatte sie nun auch eine kleinere Beteiligung des Hauses Rothschild im Blick. Für die Vichy-Regierung gab der Direktor für Außenfinanzen und Devisenwirtschaft, Maurice Couve de Murville, der Dresdner Bank zunächst eine Zusage. 82 Als bei der deutsch-französischen Waffenstill78 79

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Lacroix-Riz, Industrieis et banquiers, S. 255. Ebd., S. 2 5 0 - 2 5 4 . Die Beteiligungen an den Firmen Colombia und Concordia wurden von der Paribas verkauft, die also nicht nur mit der Dresdner Bank, sondern auch mit der Deutschen Bank derartige Geschäfte tätigte. Zu diesen Transaktionen vgl. Band 1, Wixforth, Kap. VII.6, S. 363, sowie Rainer Karlsch/Raymond G. Stokes, Faktor Ol. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974, München 2003, S. 210. B A B , Bestand 31.01, Anhang M C C , Nr. 383, Preliminary Study of the Dresdner Bank. Prepared by Program Planning Section Treasury Department, Foreign Funds Control, S. 27. Nach den Unterlagen der Dresdner Bank befanden sich im Herbst 1940 von insgesamt 800000 Aktien der Ungarischen Allgemeinen Creditbank 3 0 0 0 0 0 im Eigentum dieses Unternehmens. 150000 Aktien waren in Frankreich deponiert. Von diesen gehörten rund 1 0 1 0 0 0 der Schneider-Gruppe und ihrer Banque de l'Union Parisienne, 4 0 0 0 0 waren im Besitz des Hauses Rothschild. H A D r B , Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Aktennotiz Pilders vom 12.11. 1940 betr. Ergebnis der Verhandlungen in Paris vom 31.10. bis 7 . 1 1 . 1940 wg. Ungarische Allgemeine Kreditbank. Notiz (zum Sonderbericht vom Juni 1947) betr. Bemerkungen zum Abschnitt „Ungarn", September 1947, H A D r B , 13761-2000. H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz

4. Die Käufe französischer Beteiligungen

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standskommission in Wiesbaden über eine Genehmigung für diese Transaktion verhandelt wurde, lehnte die französische Seite einen Verkauf jedoch ab. Das Reichswirtschaftsministerium teilte der Dresdner Bank daraufhin mit, es bemühe sich „mit Nachdruck, eine Änderung des französischen Standpunktes herbeizuführen".« Im Dezember 1940 erteilte das Ministerium der Dresdner Bank die Genehmigung, eine Beteiligung bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank zu kaufen. Die Bank hatte zuvor ihren Anspruch auf einen Ausgleich für die Verluste geltend gemacht, die ihr im Baltikum entstanden waren. Dort hatte sie als Folge des Hitler-Stalin-Pakts ihre Beteiligungen an der Libauer Bank in Riga und an der Litauischen Kommerzbank in Kowno verloren. 84 Für den Kauf einer Beteiligung bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank überließ das Reich der Dresdner Bank deshalb einen Betrag von 1 Mio. RM auf die Dauer von fünf Jahren. 85 Nachdem das Reichswirtschaftsministeriums die Transaktion genehmigt und die benötigten Mittel bereitgestellt hatte, konnte die Dresdner Bank im April 1941 von der Banque de l'Union Parisienne und der Union Européenne Industrielle et Financière die Beteiligung der Schneider-Creusot-Gruppe bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank erwerben ( 16100 bzw. 102 543 Aktien). Hinzu kamen weitere Aktienpakete, die der Sequester des Rothschild-Konsortiums ebenfalls im April 1941 an die Dresdner Bank verkaufte. Darunter befanden sich Aktien aus konfiszierten jüdischen Depots (15952) und Aktien aus dem Besitz des Hauses Rothschild, die bereits vom Devisenschutzkommando erfasst worden waren (963 7).86 Insgesamt erwarb die Dresdner Bank 145005 Aktien der Ungarischen Allgemeinen Creditbank aus französischem Besitz.87 Damit besaß sie rund 18% des Aktienkapitals dieser Bank.88 über eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager vom Reichswirtschaftsministerium am 26.11. 1940. Maurice Couve de Murville (1907-1999) war damals Generaldirektor der Direction Générale des Finances Etrangères et des Changes und ab 1943 Finanzkommissar in de Gaulles Comité Français de Libération Nationale. Später wurde er Außenminister (1958-1968) und Premierminister (19681969) der Fünften Republik. » Ebd. M RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 18, Akte 76, Bl. 3 ff., Schreiben der Dresdner Bank, Direktion Ausland, an das Reichswirtschaftsministerium (Geheim!) vom 20.1. 1941. 85 Dabei handelte es sich um einen Disagiogewinn, der im Zusammenhang mit einem anderen Verflechtungskauf, dem Erwerb eines Aktienpakets der Veitscher Magnesitwerke, an das Reich hätte abgeführt werden sollen. Ebd., Bl. 5, Schreiben der Dresdner Bank, Konsortialabteilung, an den Herrn Reichswirtschaftsminister vom 16.1. 1941; Bl. 7, Schreiben der Dresdner Bank, Auslandssekretariat Westen, an das Reichswirtschaftsministerium z. Hd. von Herrn Reichsbankrat Maiwald vom 6. 10. 1942. 86 Ebd., Findbuch 5, Akte 408, Bl. 3, Dresdner Bank, Vertretung Paris, Bericht über die Betätigung der Dresdner Bank in Frankreich vom 11.6. 1942. Zum Eingriff des Devisenschutzkommandos: HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Aktennotiz Pilders vom 12.11.1940 betr. Ergebnis der Verhandlungen in Paris vom 31.10. bis 7.11.1940 wg. Ungarische Allgemeine Kreditbank; Bestand 80, Verlagerungsabteilung, Akte 12979-2001, Schreiben Paul Beises an Herrn Bankdirektor Fritz André vom 21.4. 1949. »? RGVA Moskau, Fond 1458, Findbuch 5, Akte 408, Bl. 7, Schreiben der Dresdner Bank, Auslandssekretariat Westen, an das Reichswirtschaftsministerium z. Hd. von Herrn Reichsbankrat Maiwald vom 6.10. 1942; HADrB, Bestand 80, Auslandssekretariat, Akte 12979-2001, Schreiben Paul Beises an Fritz André vom 21.4. 1949. 88 Nach dem Krieg gab die Dresdner Bank an, sie habe bei der Ungarischen Allgemeinen Creditbank eine Beteiligung von rund 15% gehabt. HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 137612000, Wirtschaftsprozess gegen die Großbanken, Notiz (zum Sonderbericht vom Juni 1947) betr.

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

Unter den für das Reich und deutsche Staatsunternehmen durchgeführten Verflechtungskäufen war die Norsk Hydro-Transaktion das bedeutendste Geschäft. Die Norsk Hydro (Norsk Hydro-Elektrik-Kvaelstof A/S, Oslo, frz.: Société Norvégienne de l'Azote et des Forces Hydro-Electriques), der größte Industriekonzern Norwegens, befand sich bis 1941 zu rund 60% in französischem Eigentum. Die I.G. Farben hielt eine Minderheitsbeteiligung von rund 25%. 89 Wegen der großen kriegswirtschaftlichen Bedeutung der Norsk Hydro wollte Hans Kehrl, der „Großraummanager" des Reichswirtschaftsministeriums, erreichen, dass die Kapitalmehrheit des Unternehmens in deutschen Besitz überging. Die Norsk Hydro war ein wichtiger Aluminiumhersteller und hatte bedeutende Kapazitäten auf dem Gebiet der Stickstoffchemie und der Energietechnik. Zudem besaß sie das weltweit einzige Werk, das damals „schweres Wasser" ( D 2 0 ) für die Atomforschung liefern konnte. Da „schweres Wasser" für den Bau von Nuklearwaffen unverzichtbar war, hatte die Norsk Hydro eine herausragende Bedeutung für das deutsche Atomwaffenprojekt. 90 Kehrl ging es bei der Norsk-Hydro-Transaktion allerdings weniger um das „schwere Wasser" als um die Aluminiumproduktion dieses Konzerns. Die Kontrolle über die Schwerwasserproduktionsanlagen der Norsk Hydro hatte sich das Reich schon mit der Besetzung Norwegens im April 1940 gesichert. Die Übernahme der Kapitalmehrheit war dafür nicht notwendig. Daher dürfte Kehrl mit diesem Vorhaben eher bezweckt haben, die geplanten Investitionen in den Ausbau der Aluminiumproduktion abzusichern. Kehrl wollte die französischen Beteiligungen an der Norsk Hydro in einer geheim gehaltenen Aktion aufkaufen lassen und beauftragte die Dresdner Bank, dieses heikle Geschäft durchzuführen. 91 Dabei mag eine Rolle gespielt haben, dass sich die französischen Beteiligungen mehrheitlich im Besitz der Paribas befanden, des wichtigsten Geschäftspartners der Dresdner Bank in Frankreich. Besonders deutlich zeigt sich in diesem Fall aber auch der Einfluss der engen, fest eingespielten Kooperation zwischen Kehrl und Rasche bzw. der Dresdner Bank auf dem Gebiet der Verflechtungspolitik. 92 In einer Besprechung mit Hans Pilder und Karl-Ernst Erk teilte Kehrl am 20. Januar 1941 mit, dass etwa 30% des Kapitals der Norsk Hydro erworben werden sollten. Dieser Anteil ergab zusammen mit der bereits bestehenden I.G.-Farben-Beteiligung eine deutsche Majorität. Kehrl und Pilder einigten sich darauf, „dass die Dresdner Bank hier lediglich eine Verhandlungsaufgabe zu erfüllen hat." Ausdrücklich bat Kehrl noch „um strengste Bemerkungen zum Abschnitt „Ungarn", September 1947. Aus einer Aktennotiz Pilders vom Herbst 1940 geht dagegen hervor, dass das Aktienkapital der Ungarischen Allgemeinen Creditbank in 800 000 Aktien à 50 Pengö gestückelt war. Die von der Dresdner Bank aus französischem Besitz erworbenen 145005 Aktien hätten demnach rund 1 8 % des Aktienkapitals ausgemacht. Ebd., Akte 13775-2000, Arisierungen, Aktennotiz Pilders vom 1 2 . 1 1 . 1940 betr. Ergebnis der Verhandlungen in Paris vom 31. 10. bis 7. 11. 1940 wg, Ungarische Allgemeine Kreditbank. 89 HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz über eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager im Reichswirtschaftsministerium vom 1 5 . 1 . 1941 (auch in: HADrB, 13803-2000.E/T83_101, Bl. 2875). M p e r F. Dahl, Heavy Water and the Wartime Race for Nuclear Energy, London 1999. 91 HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Vermerk Auslandssekretariat Westen vom 22. 8. 1941, Zur Berichterstattung in der Ausschusssitzung betr. Norsk Hydro-Elektrik Kvaelstofaktieseselskab, Notodden. 92 Zur Abstimmung zwischen Kehrl und Rasche bei Verflechtungsgeschäften in besetzten Ländern siehe oben Kapitel VIII.1.

4. D i e Käufe französischer Beteiligungen

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Geheimhaltung der Verhandlungen". 93 Auftraggeberin der Dresdner Bank bei diesem Geschäft wurde dann die reichseigene Viag, die von Kehrl die Genehmigung erhielt, sich an der Norsk H y d r o zu beteiligen. Die Viag-Tochtergesellschaft Vereinigte Aluminum-Werke spielte schon seit 1939 eine wichtige Rolle bei den deutschen Planungen zur Neuordnung der internationalen und speziell auch der norwegischen Aluminiumindustrie. 94 Die insgesamt rund 60%ige französische Kapitalbeteiligung bei der Norsk H y dro befand sich überwiegend in den Händen der Banken Paribas, Kuhlmann und Rothschild. Außerhalb Frankreichs waren neben der I.G. Farben noch die Stockholms Enskilda-Bank an der Norsk H y d r o beteiligt, die mit Marcus Wallenberg auch den Verwaltungsratsvorsitzenden stellte, sowie die in Basel ansässige I.G. Chemie. 9 5 Die I.G. Chemie befand sich bis 1940 im Besitz der I.G. Farben. Sie wurde dann in ein Schweizer Unternehmen umgewandelt, stand aber der I.G. Farben weiterhin sehr nahe. Auch nach dem Krieg wurde immer wieder vermutet, bei der Trennung von der I.G. Farben hätte es sich um ein reines Tarnmanöver gehandelt. 96 Bei der Norsk-Hydro-Transaktion rechnete die Dresdner Bank jedenfalls die I.G.-Chemie-Beteiligung dem deutschen Anteil zu. 97 Bei ersten Verhandlungen um die französischen Norsk-Hydro-Beteiligungen musste die Dresdner Bank im Herbst 1940 feststellen, dass die Vichy-Regierung einen Verkauf in der von Kehrl geplanten Größenordnung nicht genehmigen wollte. Nach Einschätzung der Bank wollten die französischen Behörden den Verkauf damals wegen „der politischen Situation und der Stimmung in Frankreich" nicht erlauben. 98 Auch die Paribas war - vermutlich aus ähnlichen Gründen

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H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz vom 20. 1. 1941 betr. N o r s k Hydro. An dieser Besprechung nahm außer Kehrl, Pilder und Erk auch noch Dr. Saager, der Verflechtungsexperte des Reichswirtschaftsministeriums, teil. Zur Rolle der Vereinigten Aluminiumwerke (VAW) bei den europäischen Expansionsplänen der deutschen Aluminiumindustrie vgl. Petrick, Der „Leichtmetallausbau Norwegen", S. 8 2 - 8 5 , 108 ff. Nach Angaben Kehrls hatte die Viag zudem „sowohl wegen ihrer Stickstoffinteressen als auch über die Reichselektrowerke an der N o r s k H y d r o ein begreifliches wirtschaftliches Interesse". H A D r B , Akte 1 3 8 0 3 - 2 0 0 0 . E / T 8 3 - 1 0 1 , Bl. 2880f., Schreiben Kehrls an den Reichsminister der Luftfahrt vom 26. 7. 1941. Zur Viag gehörten neben der VAW auch die Elektrowerke A G und die Reichs-Kredit-Gesellschaft. 1940 übernahm die Viag das Stickstoffwerk C h o r z ö w in Königshütte, das dann als Oberschlesische Stickstoffwerke A G firmierte. Vgl. Manfred Pohl/Andrea Schneider, V I A G A G 1923-1998. Vom Staatsunternehmen zum internationalen Konzern, München/Zürich 1998, S. 150-153 u. 186f.; Petrick, D e r „Leichtmetallausbau Norwegen", S. 108ff. Zum Umfang dieser Beteiligungen liegen unterschiedliche Angaben vor. Die Dresdner Bank ging davon aus, dass die I.G. Chemie 5 - 6 % des Norsk-Hydro-Kapitals besaß und die Enskilda-Bank zusammen mit anderen schwedischen Anteilseignern eine Beteiligung von 7 - 8 % hielt. H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz für eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager im Reichswirtschaftsministerium vom 15.1. 1941 (auch in: H A D r B , 13803-2000.E/T83_101, B1.2875). Nach Lacroix-Riz, Industrieis et banquiers, S . 2 6 2 , belief sich die Beteiligung der Enskilda-Bank auf 1 5 % des Aktienkapitals. Mario König, Interhandel. Die schweizerische Holding der I G Farben und ihre Metamorphosen eine Affäre um Eigentum und Interessen (1910-1999), Zürich 2001. König weist in dieser Untersuchung der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz - Zweiter Weltkrieg nach, dass die Aufhebung der vertraglichen Bindungen zwischen der I.G. Chemie und der I.G. Farben im Mai 1940 ohne Vorbehalt erfolgte und somit keine Tarnoperation war. H A D r B , Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Vermerk vom 25. 7. 1941 für das Vorstandsprotokoll. Ebd., Aktennotiz für eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager im Reichswirtschaftsministerium vom 15. 1. 1941.

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

- nicht zum Verkauf von Norsk-Hydro-Aktien bereit. Ihr Generaldirektor Henry Jahan wies die Dresdner Bank aber darauf hin, dass in Frankreich weitere Beteiligungen vorhanden seien, „besonders bei Rothschild". 99 So erwarb die Dresdner Bank zunächst unter der Hand kleinere Aktienpakete und suchte zusammen mit der Paribas nach einer Lösung. Hans Pilder verhandelte in dieser Angelegenheit mehrfach mit Paribas-Generaldirektor Henry Jahan. Wie Pilder in einer Aktennotiz vom 3. Januar 1941 vermerkte, war die Paribas „bereit, von sich aus mitzuwirken, dass diese deutsche Majorität geschaffen werden kann."100 Pilder und Jahan fanden auch einen Weg, auf dem dieses Ziel in gegenseitigem Einvernehmen und mit Zustimmung des Vichy-Regimes erreicht werden konnte. Zunächst vereinbarten sie, sich gemeinsam darum zu bemühen, dass die beim Bankhaus Rothschild liegenden Aktienpakete zum Verkauf kamen. Die Paribas erklärte sich bereit, dann auch noch einen gewissen Anteil von Norsk HydroAktien aus eigenen Beständen und Depots ihrer Kundschaft zu verkaufen. Dafür erhielt sie von der Dresdner Bank die Zusage, dass ihre „Position in der Norsk Hydro nicht verschlechtert werden soll".101 Die Paribas sollte weiterhin an der Norsk Hydro beteiligt bleiben sowie ihre Verwaltungs- und Aufsichtsratsmandate behalten. Unter diesen Bedingungen stimmte auch die Vichy-Regierung der geplanten Transaktion zu. Sie genehmigte den Verkauf von bis zu 60 000 NorskHydro-Aktien im Wert von nom. 10,8 Mio. norwegischen Kronen aus französischem Besitz und sagte zu, dass die Dresdner Bank weitere 15000 Norsk-HydroAktien erwerben konnte.102 Insgesamt bekam die Dresdner Bank in Paris aufgrund dieser Genehmigung rund 75000 Norsk-Hydro-Aktien, was einem Kapitalanteil von 12,9% entsprach.103 Bezahlt wurden die Käufe ebenso wie mehrere andere Verflechtungsgeschäfte mit französischen Staatsanleihen, die im Auftrag des Reichs in anderen Ländern aufgekauft worden waren. Von der Paribas konnte die Dresdner Bank 20408 Norsk-Hydro-Aktien erwerben, die diese zuvor aus dem Besitz der beschlagnahmten Rothschild-Bank gekauft hatte. Hinzu kamen 14612 Aktien aus „jüdisch gesperrtem, jedoch nicht konfiszierten Besitz", die die Banque de Rothschild Frères der Paribas gegen Bezahlung im unbesetzten Frankreich angeboten hatte.104 Weitere rund 40000 Aktien erhielt die Dresdner Bank von der Paribas aus " Ebd., Notiz Pilders an Herrn Erk am 15.11. 1940 telefonisch nach Paris durchgegeben. im Ebd., Aktennotiz Pilders vom 3. 3. 1941 (auch in: HADrB, 13803-2000.E/T83_101, Bl. 2869). «1 Ebd. 102 Ebd., Schreiben Pilders an Herrn Direktor Fritz Rudorf, Bank der Deutschen Luftfahrt AG, vom 4. 8. 1941; Vermerk Auslandssekretariat Westen vom 22. 8. 1941, Zur Berichterstattung in der Ausschusssitzung betr. Norsk Hydro-Elektrik Kvaelstofaktieseselskab, Notodden; HADrB, 13803-2000.E/T 83-101, Bl.2880, Schreiben Kehrls an den Reichsminister der Luftfahrt vom 26. 7. 1941; Petrick, Der „Leichtmetallausbau Norwegen", S. 116, Anm. 164. 103 HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz vom 27. 10.1941 betr. Kauf von 15 000 Norsk Hydro Aktien; Aktennotiz betr. Norsk Hydro vom 3. 2. 1942. Das Aktienkapital der Norsk Hydro belief sich auf 104300100 norwegische Kronen und war in 579445 Aktien gestückelt. Aktennotiz für eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager im Reichswirtschaftsministerium vom 15.1. 1941. Die von der Dresdner Bank in Paris erworbenen Pakete mit insgesamt 75 000 Norsk-Hydro-Aktien beliefen sich somit auf 12,94% des Grundkapitals der Norsk Hydro. 104 Ebd., Aktennotiz vom 8. 10. 1941; Aktennotiz vom 27.10. 1941 betr. Kauf von 15000 Norsk Hydro Aktien (Zitat).

4. Die Käufe französischer Beteiligungen

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„Publikumsbesitz".105 Die erworbenen Aktienpakete verkaufte die Dresdner Bank an die Viag weiter, die sie dann an die Bank der Deutschen Luftfahrt abgab.106 Eine deutsche Mehrheitsbeteiligung kam durch diese Aktienkäufe noch nicht zustande.107 Die Dresdner Bank und die Paribas hatten aber vereinbart, dass parallel dazu eine Kapitalerhöhung bei der Norsk Hydro durchgeführt wurde, über die schließlich eine deutsche Majorität hergestellt werden konnte. 108 Nachdem das Aktienkapital von 104 Mio. auf 156 Mio. norwegische Kronen erhöht worden war, kaufte die Dresdner Bank den französischen Aktionären ihre Bezugsrechte auf die neuen Aktien ab. Nach Angaben Kehrls entsprachen diese Bezugsrechte jungen Aktien im Nominalwert von rund 14 Mio. Kronen, also etwa 9% des erhöhten Grundkapitals der Norsk Hydro, womit faktisch eine deutsche Majorität hergestellt war.109 Die Dresdner Bank erwarb die Bezugsrechte, anders als die in Paris gekauften Aktienpakete, im Auftrag der Bank der Deutschen Luftfahrt, an die sie dann abgegeben wurden. 110 So konnte die von Kehrl betriebene Germanisierung der Norsk Hydro erreicht werden, ohne dass der französische Großaktionär die Mehrheit seiner Aktien nach Deutschland verkaufen musste und seinen Einfluss bei diesem Unternehmen verlor.111 Nicht ohne Stolz erstatteten die Dresdner-Bank-Vorstandsmitglieder

ms Ebd., Aktennotiz vom 8. 10. 1941. Zur Herkunft der an die Dresdner Bank verkauften NorskHydro-Aktien vgl. auch Lacroix-Riz, Industriels et banquiers, S. 264. Dort wird angegeben, dass 41916 dieser Aktien aus Publikumsbesitz stammten, 20408 aus dem sequestrierten Vermögen der Rothschild-Bank und 12626 aus den vom Commissariat général aux questions juives gesperrten jüdischen Depots. Zum Verkauf an die Viag: HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz vom 3. 2. 1942 betr. Norsk Hydro. Im April 1942 befanden sich 98000 Norsk-Hydro-Aktien im Besitz der Bank der Deutschen Luftfahrt. HADrB, Akte 13875-2000.E/ T 83-181, Bl. 391, Schreiben der Dresdner Bank (Busch/Pilder) an das Reichswirtschaftsministerium z. Hd. des Herrn Dr. Saager vom 7. 4. 1942. io7 Nach Angaben der Dresdner Bank belief sich der deutsche Anteil am Norsk-Hydro-Kapital vor 1941 auf rund 25% (I.G.-Farben-Beteiligung). HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Aktennotiz für eine Besprechung mit Herrn Dr. Saager im Reichswirtschaftsministerium vom 15.1. 1941. Nachdem die Dresdner Bank in Paris knapp 13% des Norsk-Hydro-Kapitals erworben hatte (siehe Anm. 103), ergab sich auch dann keine deutsche Majorität, wenn man die 5-6%ige Beteiligung der I.G. Chemie (siehe Anm. 95) noch hinzuzählt, •os Ebd., Aktennotiz Pilders vom 3. 3. 1941 (auch in: HADrB, 13803-2000.E/T83_101, Bl. 2869). Die Kapitalerhöhung konnte von der Paribas durchgeführt werden, weil sie die Emissionsbank der Norsk Hydro war. Ii» Ebd., Bl. 2830, Schreiben von Generalreferent Kehrl an den Reichsminister der Luftfahrt vom 26. 7. 1941. Vgl. hierzu die Angaben in Anm. 111. n° HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Vermerk Pilders vom 25. 7. 1941 für das Vorstandsprotokoll („Wir werden die anfallenden Bezugsrechte in Frankreich zukaufen, diese jedoch für die Bank der Deutschen Luftfahrt"). Die Bank der Deutschen Luftfahrt erwarb die Bezugsrechte wiederum für ein Konsortium, an dem die neu gegründete Leichtmetall Hansa AG und die I.G. Farben beteiligt waren. Ebd., Schreiben Pilders an Herrn Direktor Fritz Rudorf, Bank der Deutschen Luftfahrt AG, vom 4. 8. 1941. Vgl. auch Lacroix-Riz, Industriels et banquiers, S. 263. m Aus den Unterlagen der Dresdner Bank über diese Transaktion ergibt sich, dass der deutsche Anteil am Kapital der Norsk Hydro im Frühjahr 1942 bei rund 47% gelegen hat. (25% alter I.G.Farben-Besitz plus knapp 13% in Paris erworbener Aktienbesitz plus 9% aus der Übernahme französischer Stimmrechte bei der Kapitalerhöhung laut Angabe Kehrls.) Eine deutsche Majorität ergab sich also nur, wenn man auch die Norsk-Hydro-Aktien der I.G. Chemie hinzuzählte, die ein Sch weizer Unternehmen war, aber faktisch unter Kontrolle der I.G. Farben stand. Nach Angaben

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I X . Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

Busch und Pilder am 7. April 1942 dem Reichswirtschaftsministerium eine Art Vollzugsmeldung: „Damit ist das Programm erfüllt und durchgeführt, das die Dresdner Bank im Dezember 1940 mit der Leitung der Banque de Paris et des Pays Bas unter Zustimmung der französischen Regierung aufgestellt hat, dass nämlich die Majorität der Norsk Hydro Aktien in deutschen Besitz übergehen soll, wobei eine Minderheitsbeteiligung der Franzosen aufrechterhalten bleiben sollte." 112 Wie wichtig die Transaktion für die deutsche Kriegsrüstung war, zeigte schon das Engagement des Luftfahrtministeriums. In den damaligen Planungen für den Ausbau der deutschen Luftrüstung spielte die norwegische Aluminiumindustrie eine wichtige Rolle. Durch zusätzliche Kapazitäten im besetzten Norwegen sollte die bestehende Lücke in der Aluminiumversorgung der deutschen Luftfahrtindustrie geschlossen werden. Das seit Herbst 1940 konzipierte Programm „Leichtmetallausbau Norwegen" hing wesentlich von der Einbeziehung der Norsk Hydro ab. 113 Das Reichsluftfahrtministerium setzte deshalb bei Kehrl durch, dass die von der Dresdner Bank erworbenen französischen Bezugsrechte für NorskHydro-Aktien und dann auch die im Auftrag der Viag in Frankreich gekauften Aktienpakete an die Bank der Deutschen Luftfahrt bzw. deren neu gegründete Tochtergesellschaft Hansa Leichtmetall AG übergingen, die nun zusammen mit der I.G. Farben die Norsk Hydro kontrollierte.114 Schon im Frühjahr 1943 ging die Hansa Leichtmetall AG aber in Liquidation, weil das Programm „Leichtmetallausbau Norwegen" eingeschränkt werden musste.115 Eine besondere Rolle spielte das Vemork-Werk der Norsk Hydro in Rjukan, das „schweres Wasser" für das deutsche Atomwaffenprogramm herstellte. Das Werk wurde zu einem wichtigen Angriffsziel der Alliierten wie auch des norwegi-

der I.G. Farben stieg der deutsche Kapitalanteil an der Norsk Hydro von zunächst 22,5% auf ca. 42% im Mai 1942 (ohne die I.G.-Chemie-Beteiligung), während der französische Kapitalanteil von zunächst 65% bis Mai 1942 auf 34% zurückging. Petrick, Der „Leichtmetallausbau Norweg e n " ^ . 117. HADrB, Akte 13875-2000.E/T 83-181, Bl. 393, Schreiben der Dresdner Bank (Busch/Pilder) an das Reichswirtschaftsministerium z. Hd. des Herrn Dr. Saager vom 7. 8. 1942. 113 Das Projekt „Leichtmetallausbau Norwegen" ging auf einen Plan von Junkers-Chef Heinrich Koppenberg zurück. Koppenberg, der dem Aufsichtsrat der Dresdner Bank angehörte, war Sonderbeauftragter Görings für das Ju-88-Programm und erhielt von Göring die Vollmacht für den „Leichtmetallausbau Norwegen". Lutz Budraß, Flugzeugindustrie und Luftrüstung in Deutschland 1918-1945, Düsseldorf 1998, S. 610ff. u. 647. Zum gesamten Projekt „Leichtmetallausbau Norwegen" vgl. Petrick, Der „Leichtmetallausbau Norwegen". 1,4 Die Bank der Deutschen Luftfahrt erwarb die Bezugsrechte für ein Konsortium, an dem die Leichtmetall Hansa AG und die I.G. Farben beteiligt waren. HADrB, Bestand 96, Auslandssekretariat, Akte 109518, Auslandssekretariat Westen, Schreiben Pilders an Herrn Direktor Fritz Rudorf, Bank der Deutschen Luftfahrt AG, vom 4. 8.1941. Zur Intervention des Reichsluftfahrtministeriums bei Kehrl: HADrB, Akte 13803-2000.E/T 83-101, Bl. 2830, Schreiben Kehrls an den Reichsminister der Luftfahrt vom 26. 7. 1941. Zu den Verhandlungen zwischen Viag, Nordag und Reichsluftfahrtministerium vgl. Petrick, Der „Leichtmetallausbau Norwegen", S. 110ff. Die Hansa Leichtmetall AG ging im Mai 1941 aus der Nordischen Aluminium AG (Nordag) hervor, deren Kapital sich zu 98% im Besitz der Bank der Deutschen Luftfahrt befand. Sie war eine Art Holding für Kapitalbeteiligungen, die das Reich im Rahmen der Aluminiumprogramme der Luftwaffe übernommen hatte. Budraß, Flugzeugindustrie, S. 617 f. i' 5 BAB, Bestand R 2, Nr. 5481, Bl. 163, Schreiben des Reichsministers der Luftfahrt an den Reichsminister der Finanzen vom 31.5. 1943.

4. Die Käufe französischer Beteiligungen

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sehen Widerstands. Nach einem schweren Luftangriff im November 1943 stellten die Norsk H y d r o bzw. die I.G. Farben die Schwerwasserproduktion in Rjukan ein. Die Produktionsanlagen wurden nach Deutschland verlagert. 116

' 1 6 Dahl, Heavy Water. Französischen Spezialisten war es schon einige Jahre vorher gelungen, den Vorrat des Vemork-Werks von etwa 185 kg „schweren Wassers" an der deutschen Besatzungsmacht vorbei nach Frankreich zu bringen. Mitarbeiter des Atomforschers Frédéric Joliot konnten das „schwere Wasser" von dort aus nach England weiterschmuggeln. Die Kommandounternehmen, Sabotageakte und Luftangriffe gegen das Vemork-Werk in Rjukan wurden später u.a. zur Vorlage für einen Hollywood-Film („Heroes of Telemark", 1965) und einen im Militärverlag der D D R erschienenen Roman (Hasso Graber, Geheimsache Norsk Hydro, 4. Aufl., Berlin [Ost] 1974).

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

5. Die Zusammenarbeit mit der Paribas Nicht nur bei den Beteiligungskäufen, sondern auch bei anderen Geschäften arbeitete die Dresdner Bank reibungslos mit der Paribas zusammen. Zwischen beiden Konzernen bestand eine enge Geschäftspartnerschaft. Die Dresdner Bank bezeichnete die Paribas auch gegenüber den deutschen Behörden als ihre Bankverbindung in Paris. 117 Die meisten Beteiligungen der Dresdner Bank an Garantien französischer Banken entfielen auf die Paribas. 118 Die Beziehungen zwischen beiden Banken orientierten sich auch unter den Bedingungen der Besatzungsherrschaft an den traditionellen Gepflogenheiten internationaler Geschäftspartnerschaften. Dazu gehörten die Anerkennung der Gleichwertigkeit beider Seiten und die gegenseitige Respektierung geschäftlicher Interessen. Während beide Banken nicht zögerten, Geschäfte zu tätigen, die das Haus Rothschild schädigten, handelten sie untereinander einvernehmlich und entgegenkommend. Die Paribas zeichnete sich unter Leitung ihres im Januar 1941 ernannten Präsidenten André Laurent- Atthalin durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Vichy-Regime und eine aktive Kollaboration mit der Besatzungsmacht aus. So war die Bank u.a. maßgebend an der Finanzierung des von der Vichy-Regierung betriebenen GazogèneProgramms und der I.G.-Farben-Aktivitäten in Frankreich beteiligt. 119 Die Beziehungen zur Dresdner Bank gewannen durch diesen Kollaborationskurs zweifellos an Gewicht. Sie waren aber nicht erst nach dem Waffenstillstand und schon gar nicht aus politischem Kalkül geknüpft worden, sondern resultierten aus einer älteren, geschäftlich begründeten Partnerschaft. Die guten Beziehungen zwischen der Paribas und der Dresdner Bank waren zwei Jahre vor der Besetzung Frankreichs eindrücklich bekräftigt worden. Damals hatte die Paribas nach dem „Anschluss" Österreichs die dortigen Niederlassungen der von ihr kontrollierten Banque des Pays de l'Europe Centrale bereitwillig an die neu gegründete Dresdner-Bank-Tochter Länderbank Wien abgegeben. 120 Später »? HADrB, Akte 13875-2000.E/T 8 3 - 1 8 1 , Bl. 3702, Schreiben der Dresdner Bank, Auslandssekretariat Westen, an den Oberfinanzpräsidenten Berlin, Devisenstelle Berlin, vom 3 . 1 2 . 1941. »s R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 5, Akte 408, Bl. 9, Dresdner Bank, Vertretung Paris, Bericht über die Betätigung der Dresdner Bank in Frankreich vom 1 1 . 6 . 1 9 4 2 . 119 Brassière, Paribas, S. 141 f.; Lacroix-Riz, Industriels et banquiers, S. 153 ff. Das Gazogène (Holzgas) wurde als Ersatzstoff für Benzin zum Betrieb von Last- und Personenkraftwagen verwendet. Eine wichtige Rolle spielte die Paribas auch bei der Finanzierung von Fertigungen auf dem Gebiet der synthetischen Rohstoffe. Hier war sie, wie eine deutsche Zeitung schrieb, „mit ihrer Iniatiative zielbewußt vorausgegangen". Banque de Paris et des Pays-Bas, in: Kölnische Zeitung Nr. 215/216 vom 29. 4 . 1 9 4 2 . Die meisten französischen Unternehmen waren unter der deutschen Besatzungsherrschaft weder zum Widerstand noch zu unbegrenzter Kollaboration bereit. Sie verfolgten eine Strategie des „business as usuai" oder passten sich an, um ihren Fortbestand zu sichern. Patrick Fridenson, French Enterprises under German Occupation, 1940-1944, in: James/Tanner (Hg.), Enterprise, S. 263. Eric Brassière führt auch die Kollaboration der Paribas auf das Interesse zurück, die Integrität der Bank in einem von Deutschland beherrschten Europa zu erhalten. Brassière, Paribas, S. 141. Ein Vergleich mit anderen französischen Banken wie auch den belgischen und niederländischen Banken legt dagegen die Schlussfolgerang nahe, dass das Selbsterhaltungsinteresse keineswegs eine so aktive Kollaborationspolitik erforderte, wie sie die Paribas unter Laurent-Atthalin betrieb. •20 Siehe Kap. II.2. Die Banque des Pays de l'Europe Centrale war 1921 aus der Osterreichischen Länderbank hervorgegangen. Mit dieser Umwandlung hatte die Bank ihren Sitz von W e n nach Paris verlegt. Der Geschäftsschwerpunkt blieb aber in Österreich und anderen Nachfolgestaaten des

5. D i e Zusammenarbeit mit der Paribas

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verkaufte die Banque des Pays de l'Europe Centrale auch ihre Filialen in der zerschlagenen Tschechoslowakei an den Dresdner-Bank-Konzern. 121 Während des Krieges kooperierte die Paribas dann mit den neuen Tochtergesellschaften der Dresdner Bank in Amsterdam und Brüssel. Karl-Ernst Erk von der Dresdner Bank traf sich im Februar 1941 mit zwei Direktoren der Paribas, um eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Handelstrust West und der Amsterdamer ParibasFiliale zu vereinbaren. Die holländische Paribas-Filiale litt unter der „Abstempelung als Feindbank", die zu einem Rückgang der Kundeneinlagen geführt hatte. 122 Um dem akuten „Geldmittelmangel" der Filiale abzuhelfen, erklärte sich die Dresdner Bank bereit, beim Einzug von Forderungen in Drittländern behilflich zu sein. Ihre Unterstützung bot die Dresdner Bank auch beim Transfer einer Kreditrückzahlung der Paribas-Zentrale an die Amsterdamer Filiale in Höhe von 500000 hfl. an. Weil die Banque de France diesen Transfer nicht genehmigte, wollte die Dresdner Bank versuchen, den Betrag „über deutsches Clearing nach Amsterdam zu überweisen." 123 Wie eng die Kooperation war, zeigt sich im Übrigen schon daran, dass die Depeschen zwischen Paribas Paris und Paribas Amsterdam, die offensichtlich nicht direkt übermittelt werden konnten, zunächst an die Dresdner Bank Berlin gingen, die sie dann weiterleitete. 124 In Brüssel ließ sich die im April 1941 gegründete Dresdner-Bank-Tochter Continentale Bank im Gebäude der dortigen Paribas-Filiale nieder, die als „Feindvermögen" beschlagnahmt war. 125 Die Continentale Bank und die Paribas-Filiale vergaben gemeinsam Kredite. Für den Fall einer Annexion Belgiens sagte die Paribas der Dresdner Bank ein „Prioritätsrecht" für den Erwerb ihrer Brüsseler Filiale zu, was Generaldirektor Jahan schriftlich bestätigte. Eine ähnliche Zusage wurde in Bezug auf die Amsterdamer Filiale gegeben. 126 Als Karl-Ernst Erk bei Henry Jahan anfragte, ob er „mit der Einsetzung eines Dresdner Bank-Herrn als Treuhänder bei der Paribas, Brüssel, einverstanden wäre", stieß er jedoch auf Ablehnung. Jahan bat, „hiervon abzusehen, um den Charakter der freien freundschaftlichen Absprache nicht zu verfälschen." 127

Habsburger-Reichs, wo die Banque des Pays de l'Europe Centrale zahlreiche Filialen und Industriebeteiligungen unterhielt. Sie kann bis zum „Anschluss" Österreichs und zur Zerschlagung der Tschechoslowakei als eine „multinationale Bank- und Industriestruktur mit Sitz in Paris" bezeichnet werden. Teichova, Kleinstaaten, S. 91. Zur Geschichte der Zentraleuropäischen Länderbank in der Zwischenkriegszeit vgl. Piperger, Osterreichische Länderbank, S. 88-98; Teichova, Economic Background, S. 349 f. 121 Siehe Kap. III.7. 122 HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Karl-Ernst Erk, Zusammenarbeit Handelstrust West N.V./Paribas, Amsterdam, aus: Bericht des Herrn Erk: Reise Paris 2.-20.2. 1941. "a Ebd. 124 Einige derartige Mitteilungen sind überliefert in: HADrB, Bestand 104, Korrespondenzabteilung, Akte 27269-2001.BE, Banque de Paris et des Pays Bas. i " HADrB, Akte 13831-2000.E/T 83-137, Bl. 6000, Dresdner Bank, Protokoll der Vorstandssitzung am 13. 3. 1941 (Ausbau des Stützpunktes in Belgien). i» HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Karl-Ernst Erk, Einrichtung eines Dresdner Bank-Stützpunktes bei der Banque de Paris et des Pays-Bas in Brüssel (auch Amsterdam) und bei der Société française de Banque et de Depots, Antwerpen, aus: Bericht des Herrn Erk: Reise Paris 2.-20.2. 1941. •27 Ebd.

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

I m Frühjahr 1941 ging die Dresdner Bank davon aus, eine Minderheitsbeteiligung bei der Paribas zu erhalten, die ihr die französische Partnerbank in Aussicht gestellt hatte. Möglicherweise handelte es sich u m ein Projekt für die Nachkriegszeit, das damals in der E r w a r t u n g eines baldigen Kriegsendes geplant wurde. 1 2 8 Ein Jahr später bot die Paribas der Dresdner Bank eine 1 5 % i g e Beteiligung bei der Banque des Pays de l'Europe Centrale an, bei der zu diesem Zeitpunkt neben der Paribas ( 1 5 % i g e Kapitalbeteiligung) auch noch die Bank von England ( 1 0 % i g e Kapitalbeteiligung) Großaktionärin war. 1 2 9 Das Reichswirtschaftsministerium genehmigte der Dresdner Bank dann im September 1942 aber nur den Kauf von 2 0 0 0 Stammaktien der Banque des Pays de P E u r o p e Centrale statt der vorgesehenen 3 0 0 0 0 . 1 3 0 Bei diesem Projekt ging es nicht u m eine Expansion der Dresdner Bank in Frankreich, sondern u m den Aufbau eines von der Dresdner Bank dominierten europäischen Bankennetzwerks. Schon im Frühjahr 1941 hatte Carl G o e t z der Schweizerischen Bankgesellschaft in Zürich angeboten, sich gemeinsam mit der Dresdner Bank an der Paribas zu beteiligen. 131 Die Paribas erwartete von der Zusammenarbeit mit der Dresdner Bank nicht nur im besetzten Westeuropa Vorteile. Sie w a r auch daran interessiert, ihr O s t e u ropa-Geschäft mit Unterstützung der Dresdner Bank wiederzubeleben. 1 3 2 Das galt besonders in Bezug auf die z u m Paribas-Konzern gehörende Allgemeine K r e ditbank A G in Warschau, die stark unter der Besetzung Polens gelitten hatte. Ü b e r die Situation dieser Bank, in der ein deutscher Treuhänder eingesetzt w o r den war, konnte sich ihre französische Muttergesellschaft, die Banque des Pays de 128

130

Carl Goetz teilte im Frühjahr 1941 der Schweizerischen Bankgesellschaft mit, dass der Dresdner Bank „unter Umständen eine Beteiligung in Höhe von ca. ffr. 100 Millionen an einer vorgesehenen Kapitalerhöhung der Banque de Paris et des Pays-Bas offeriert werde". Rapport betr. Besuch des Herrn Carl Goetz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Dresdner Bank, Berlin, vom 30. 4. 1941. UBS-Archiv, Fonds S B G , 12000002603. Lacroix-Riz vermutet, dass es sich um eine von mehreren „collaborations bancaires d'avenir" handelte. Andere deutsch-französische Bankenverflechtungen, die damals geplant wurden, waren eine Beteiligung der Commerzbank am „arisierten" Pariser Bankhaus Worms und die Gründung der Bank Charles in Monaco. Lacroix-Riz, Industrieis et banquiers, S. 421. Angeblich erklärten sich Carl Goetz und Hans Pilder bei einem Besuch in Paris am Banque-Charles-Projekt interessiert. Zur Banque Charles siehe ebd., S. 488 ff. H A D r B , Bestand 126, Vorstand, Akte 1 1 0 9 3 - 2 0 0 1 . v 0 , Dresdner Bank, Protokoll der Vorstandssitzung am 28. 5. 1942 („Die Banque de Paris et des Pays-Bas hat uns die Uebernahme einer 15%igen Beteiligung bei der Banque des Pays de l'Europe Centrale angeboten. Das Aktienkapital beträgt ffrs. 100 Millionen [...] Die Bank von England hat 1 0 % des Kapitals, die Paribas 1 5 % , der Rest ist im Publikum." Der französische Finanzminister Pierre Cathalin und Elmar Michel, der Leiter der Wirtschaftsabteilung der deutschen Militärverwaltung in Paris, stimmten damals einer Beteiligung der Dresdner Bank an der Banque des Pays de l'Europe Centrale zu. Ebd. B A B , Bestand 31.01, Akte 34409, Bl. 533, Schreiben des Reichswirtschaftsministers an die Dresdner Bank, Börsen-Direktion, vom 30. 9. 1942. In ihrem Tätigkeitsbericht vom Juli 1942 war die Dresdner Bank noch davon ausgegangen, 30000 Aktien der Banque des Pays de l'Europe Centrale erwerben zu können. R G V A Moskau, Fond 1458, Findbuch 5, Akte 408, Bl. 6, Dresdner Bank, Vertretung Paris, Bericht über die Betätigung der Dresdner Bank in Frankreich vom 11.6. 1942.

»i UBS-Archiv, Fond S B G , 12000002603, Rapport betr. Besuch des Herrn Carl Goetz, Vorsitzender des Aufsichtsrats der Dresdner Bank, Berlin, vom 3 0 . 4 . 1 9 4 1 . Die Schweizerische Bankgesellschaft lehnte das Angebot der Dresdner Bank wegen der „heutigen unübersichtlichen Verhältnisse" ab. 132 Es kann vermutet werden, dass die 1942 angebotene Kapitalbeteiligung bei der Banque des Pays de l'Europe Centrale eng mit dem Interesse des Paribas-Konzerns an einem gemeinsamen Ostgeschäft mit der Dresdner Bank zusammenhing. Vgl. Ulrich Völklein, Geschäfte mit dem Feind. Die geheime Allianz des großen Geldes während des Zweiten Weltkrieges auf beiden Seiten der Front, Hamburg/Wien 2002, S. 106.

5. D i e Zusammenarbeit mit der Paribas

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l'Europe Centrale, erst mit Hilfe der Dresdner Bank informieren. 133 Ein Direktor der Banque des Pays de l'Europe Centrale äußerte gegenüber Karl-Ernst Erk „den Wunsch, dass seine Bank zur gegebenen Zeit mit der Dresdner Bank zusammen die Zukunftsgestaltung der Allgemeine Kreditbank A.G. Warschau, vornehmen wolle, da wir bezüglich Abtretung der Länderbank-Filialen Wien und Prag so erfreulich zusammengearbeitet haben." 134 Ein noch weitergehendes Projekt schlug Graf Boissieau vom Schneider-Creusot-Konzern, mit dessen Banken die Dresdner Bank ebenfalls eng zusammenarbeitete, Hans Pilder im Juni 1941 vor. Er wollte „alle französischen Werte in Polen" in eine Holding einbringen, „wobei die Deutschen die Majorität und Geschäftsführung hätten, während die Franzosen beteiligt blieben." 135 Das Verflechtungsprojekt Dresdner Bank - Paribas scheiterte zwar an einem Veto der französischen Regierung. 136 Die Beziehungen zwischen beiden Banken blieben aber unabhängig davon durch eine enge Geschäftspartnerschaft auf der Basis gegenseitigen Respekts gekennzeichnet. So gesehen unterschied sich die Zusammenarbeit der Dresdner Bank mit ihrem wichtigsten Geschäftspartner im besetzten Frankreich kaum von der Kooperation mit „befreundeten" Banken in der neutralen Schweiz.

' » HADrB, Bestand 125, Nürnberger Prozess, Akte 13775-2000, Arisierungen, Karl-Ernst Erk, Allgemeine Kreditbank A.G., Warschau/Banque des Pays de l'Europe Centrale, Paris, aus: Bericht des Herrn Erk: Reise Paris 2.-20. 2. 1941 (auch in: HADrB, 13867-2000.E/T 83_173, Bl. 5636). i* Ebd. HADrB, Akte 13874-2000.E/T 83-180, Bl. 2616, Auszug aus dem Reisebericht des Herrn Pilder vom 13.6. 1941. 136 Lacroix-Riz, Industriels et banquiers, S. 421.

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IX. Die Aktivitäten der Dresdner Bank in Frankreich

6. Fazit Im Unterschied zu den Aktivitäten der Dresdner Bank in anderen besetzten Ländern wurde die Tätigkeit des Unternehmens im besetzten Frankreich nach dem Krieg wenig beachtet. Sie passte nicht in das Bild von der expansionslüsternen NS-Bank, wie es im OMGUS-Bericht von 1946 und im Nürnberger Prozess gegen Karl Rasche anhand der Vorgänge in Wien und Prag, im besetzen Polen, aber auch in den Niederlanden gezeichnet wurde. Die Dresdner Bank machte im besetzten Frankreich zwar auch Geschäfte für das Reich. Sie handelte hier aber stets als Geschäftspartnerin einheimischer Banken, respektierte die Integrität des französischen Bankwesens und hatte in Frankreich keine eigene Tochtergesellschaft wie in den Niederlanden und in Belgien. In Paris wurde nur eine Repräsentanz ohne eigenes Geschäft errichtet. Anders verhielt sich die Dresdner Bank in den faktisch annektierten Gebieten Frankreichs, dem Elsass und Lothringen. Hier beteiligte sie sich aktiv an der Germanisierung des Bankwesens. Dass die Dresdner Bank in Paris eine reine Kooperationsstrategie verfolgte, hing mit der Politik der dortigen Militärverwaltung ebenso zusammen wie mit der Struktur des französischen Bankwesens und der traditionell engen Geschäftspartnerschaft mit einigen französischen Banken, vor allem der Paribas. In Zusammenarbeit mit diesen Banken erwarb die Dresdner Bank französische Kapitalbeteiligungen in Drittländern und in den vom Reich annektierten Gebieten, zum Teil für das Reich und Staatsunternehmen wie die Hermann-Göring-Werke, zum Teil aber auch auf eigene Rechnung wie im Fall der Ungarischen Allgemeinen Creditbank. Im Gegenzug konnte die französische Seite einen Verkauf von Kapitalbeteiligungen im besetzten Frankreich nach Deutschland erfolgreich ablehnen. Auch der Erwerb von Aktienpaketen aus den beschlagnahmten RothschildDepots wurde von der Dresdner Bank in Zusammenarbeit mit französischen Banken und mit Genehmigung der Vichy-Regierung durchgeführt. Abgesehen von diesen Geschäften war die Bank im besetzten Frankreich nicht an der Veräußerung geraubter jüdischer Vermögen beteiligt, da diese anders als in den Niederlanden und in Belgien nicht von deutschen Dienststellen, sondern von einheimischen Behörden verwaltet wurden. An „Arisierungen" jüdischer Unternehmen war die Dresdner Bank im Elsass und in Lothringen beteiligt, nicht aber im besetzten Frankreich. Die Rolle der Dresdner Bank im besetzten Frankreich deckte sich mit den Zielen der deutschen Besatzungspolitik in Westeuropa, die zunächst auf eine Kooperation mit der einheimischen Wirtschaft setzte. Aber auch für die deutschen Banken in diesen Ländern waren Geschäfte, Verbindungen und Informationsnetzwerke mit einheimischen Partnern vorrangig. Die Geschäfte der relativ kleinen Stützpunktbanken, wie sie die Dresdner Bank in Amsterdam und Brüssel errichtete, waren demgegenüber von nachgeordneter Bedeutung und sollten ja auch nie mit denen der einheimischen Banken kollidieren. So gesehen wurden die Interessen der Bank und des Reichs im besetzten Frankreich reibungsloser umgesetzt, als dies in den Niederlanden oder in Belgien der Fall war. Das „französische Modell" war für die Dresdner Bank deshalb wohl vorteilhafter als das „belgischniederländische Modell" der Stützpunktbanken. Erst nach dem Krieg wurden die

6. Fazit

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Tochtergesellschaften in Amsterdam und Brüssel von den alliierten Ermittlern zum Muster der Dresdner-Bank-Strategie im besetzten Westeuropa erklärt, wegen ihrer Geschäfte mit den Besatzungsregimes und ihrer Beteiligung an rechtswidrigen Geschäften mit jüdischem Besitz. Wegen der Geschäfte im besetzten Frankreich konnte die Bank dagegen nicht angeklagt werden. Tatsächlich hat die Dresdner Bank aber auch mit diesen Geschäften dem NS-Regime effizient zugearbeitet.

X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa - Bankgeschäfte, Bankenpolitik, Besatzungspolitik 1. Politische Rahmenbedingungen, Herrschaftsstrukturen und -praxis Expansion und Großraumwirtschaft - zwei zentrale Pfeiler des NS-Ideologiegebäudes, zwei grundlegende Ziele des Regimes, die es ab 1938 mit militärischen Mitteln und oft mit brutaler Gewalt gegen die Zivilbevölkerung verwirklichen wollte. Was sich aus heutiger Sicht als eine Bilanz des Schreckens, der Verwüstung und des millionenfachen Leides darstellt, war keineswegs das Resultat eines in sich stimmigen und gezielt verlaufenden Prozesses. Die Veränderung der politischen Rahmenbedingungen, der Aufbau und die Etablierung von Herrschaftsstrukturen sowie die jeweilige Herrschaftspraxis waren unkoordiniert, oft von tagespolitischen ad-hoc-Entscheidungen abhängig, zudem eine Folge von sich gegenseitig überlagernden oder konterkarierenden Entscheidungsinstanzen. Darüber hinaus waren sie das Ergebnis von Lernprozessen in den neu geschaffenen Organen und Instrumenten zur Herrschaftssicherung - Lernprozesse, die 1938 begannen und im Verlauf des Zweiten Weltkriegs die wechselnden Verhältnisse in den besetzten Ländern Europas einbezogen. Direktiven miteinander konkurrierender Reichsbehörden in Berlin standen den Plänen und Zielvorgaben lokaler Institutionen und Organe des Herrschaftsapparates jedoch oft entgegen. Allerdings: Im Verlauf des Zweiten Weltkriegs und mit der Radikalisierung der Herrschaftspraxis ließen sich in den abhängigen und besetzten Ländern Entscheidungsabläufe bündeln, Entscheidungsstrukturen wurden zudem vereinfacht. Mit dem Rückzug der deutschen Truppen und dem Zusammenbruch der Front brach diese Entwicklung ab, da nun andere Prioritäten für die Besatzungspolitik galten. Für die Herausbildung der Herrschaftsstrukturen war es von Bedeutung, welchen Rechtsstatus ein vom Regime annektiertes oder abhängiges Gebiet erhielt. In Regionen, die als neue Reichsgaue dem deutschen Herrschaftsgebiet inkorporiert wurden, bildeten die neuen Machthaber die Verwaltungsstrukturen denjenigen im Reichsgebiet nach. Für die Unternehmen und Banken, die in diese Gebiete expandierten, existierten damit Organe des Herrschaftsapparates, die ihnen in ihrer Funktionsweise bereits aus dem „Altreich" bekannt waren. Dies lässt sich für die neue Verwaltungsstruktur in Österreich, dem Sudetenland, aber auch im Elsass konstatieren. In anderen besetzten Gebieten, die über ein größeres Maß an verwaltungsrechtlicher Autonomie verfügen sollten, teilweise als quasi selbstständige völkerrechtliche Einheiten existierten, schufen die neue Machthaber andere Ver-

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

waltungs- und Herrschaftsstrukturen. Gebiete wie das Protektorat Böhmen und Mähren oder das Generalgouvernement besaßen eigene Regierungen, verfügten über eigene Notenbanken und eigenes Geld, schufen sich eigene Instrumente zur Ausbeutung von Wirtschaft und Gesellschaft. Mit anderen politischen Rahmenbedingungen sahen sich die expansionswilligen Unternehmen und Kreditinstitute aus dem „Altreich" in den Staaten Europas konfrontiert, die formal selbstständig waren, aber in einem Abhängigkeitsverhältnis zum NS-Regime in Berlin standen. Dies galt vor allem im „Vasallenstaat" des NS-Regimes, in der Slowakei, aber auch in Balkanländern wie Kroatien und Serbien. Die Regierungen dieser Staaten verstanden es, ein gewisses Maß an Handlungsautonomie gegenüber den Direktiven aus Berlin zu verteidigen. Zwar waren sie ein Teil des deutschen Hegemonialsystems in Europa, doch konnten sie in vielen Politikfeldern, wie etwa in der Finanz- und Wirtschaftspolitik, eigene Interessen artikulieren und durchsetzen. Die Herrschaftspraxis folgte hier trotz einiger Gemeinsamkeiten mit den annektierten Ländern häufig einem anderen Muster. Dieser Befund gilt auch für die besetzten Länder im Westen Europas. Die Niederlande, Belgien und Frankreich galten in den Augen der deutschen Politik sogar als Kooperationspartner. Anders als die besetzten Gebiete im Osten blieben die Niederlande, Belgien und Frankreich als formal eigenständige Staaten mit eigenen Verwaltungen bestehen. Während im Osten eine rassenideologisch motivierte „Germanisierung" betrieben wurde, blieben in diesen Gebieten die Eigentumsrechte in Kraft, sofern es sich nicht um „jüdischen" oder „feindlichen" Besitz handelte. Die Besatzungsregimes begnügten sich hier mit der „Aufsichtsverwaltung", das heißt, die einheimischen Behörden waren an die Weisungen der Besatzer gebunden, arbeiteten mit ihnen jedoch vielfach zusammen, so dass sie an der Umsetzung der Besatzungsziele beteiligt waren. Zu diesem Zweck übertrugen ihnen die Besatzer sogar bestimmte Befugnisse. Es lässt sich somit ein System von Herrschaftsstrukturen konstatieren, das auf Kollaboration angewiesen war und Kollaborateuren bestimmte Verfügungsrechte und Privilegien zukommen ließ. Weder die reichsdeutschen Konzerne noch die Banken konnten die Festlegung der politischen Rahmenbedingungen und der Herrschaftsstrukturen sowie die konkrete Herrschaftspraxis entscheidend beeinflussen. Dies galt auch für den Bereich, der die Expansion der Kreditinstitute in die abhängigen und annektierten Gebiete Europas und ihre Geschäftstätigkeit dort unmittelbar betraf: die Finanzund Währungspolitik. An der Errichtung der dazu notwendigen Organe und Instrumente waren die Kreditinstitute und damit auch die Dresdner Bank nicht beteiligt, in den Gremien der dafür verantwortlichen Institutionen konnten sie keine Vertreter entsenden. An allen richtungsweisenden währungspolitischen Entscheidungen konnten sie nicht partizipieren. Über die Einführung der Reichsmark als neues Zahlungsmittel in Osterreich, dem Sudetenland oder dem Reichskommissariat Ostland wurde im Reichfinanz- und Reichswirtschaftsministerium und in den Entscheidungsgremien vor Ort beschlossen. In die Reorganisation oder Errichtung der Notenbanken waren reichsdeutsche Kreditinstitute und ihre Vertreter ebenfalls nicht involviert. Auch bei der Umgestaltung der jeweiligen Bankensysteme mussten die Banken die Entscheidungsgewalt der Politik akzeptieren. Zum Meinungsbildungsprozess

1. Politische Rahmenbedingungen, Herrschaftsstrukturen und -praxis

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wurden die Repräsentanten der reichsdeutschen Institute hinzugezogen und konnten so ihre Wünsche und Vorstellungen artikulieren, die Entscheidung lag aber bei der Politik. Sachbezogene, bankkaufmännische Argumente spielten für die Entscheidungsfindung jedoch eine wesentlich größere Rolle als politisch-ideologische. Dies galt vor allem für die Gebiete, die als neue Reichsgaue in den deutschen Herrschaftsraum eingegliedert wurden. Traditionelle Bindungen und Geschäftsbeziehungen der einzelnen reichsdeutschen Institute gaben für die Umgestaltung des Bankwesens ebenfalls den Ausschlag. So profitierte die Dresdner Bank bei der „Neuordnung" der Kreditwirtschaft im Sudetenland sicherlich von ihren guten Kontakten zur Zivnostenskä banka, die als Branchenführerin im tschechoslowakischen Bankwesen einen entscheidenden Einfluss bei der Böhmischen Escompte-Bank und Creditanstalt besaß. In Danzig-Westpreußen und im Warthegau gab dagegen ihre langjährige Beteiligung an der Posener Bank für Handel und Gewerbe, der späteren Ostbank, den Ausschlag für ihre wichtige Stellung in der umgestalteten Kreditwirtschaft. In Ost-Oberschlesien, in Österreich und im Balkanraum, aber auch in Belgien, musste die Dresdner Bank dagegen akzeptieren, dass die Deutsche Bank sie nach der „Neuordnung" des Bankwesens übertrumpfte. Maßgeblich für diese Entwicklung war sicherlich die ungebrochene Präsenz der Deutschen Bank in Ost-Oberschlesien während der gesamten Zwischenkriegszeit, während das Institut aus der Berliner Mauerstraße in Österreich seine guten Beziehungen zur Österreichischen Creditanstalt als Argument zunächst für eine maßgebliche Kapitalbeteiligung, später für eine Inkorporierung in den eigenen Konzern in die Waagschale werfen konnte. Mit der Creditanstalt als neuer Affiliation in Wien verfügte die Deutsche Bank auch über ein „Sprungbrett" für die weitere Expansion in den Balkanraum, mit dem das Wiener Institut traditionell enge Beziehungen unterhielt. Die Wiener Mercurbank, eine Beteiligung der Dresdner Bank und der Darmstädter- und Nationalbank während der Zwischenkriegszeit, hatte dagegen in der österreichischen Kreditwirtschaft nicht eine solche strategische Position erringen können. Auch das neue Tochterinstitut der Dresdner Bank in Wien, die Länderbank, war in der Zwischenkriegszeit hier nicht in diesem Ausmaß präsent. Die Dresdner Bank musste daher akzeptieren, dass sie gerade im rohstoffreichen Balkanraum dem Deutsche-Bank-Konzern unterlegen war. Die Rolle der Politik als zentrale Instanz bei der Entscheidungsfindung für die Umgestaltung des Bankwesens zeigte sich noch deutlicher in den Gebieten, deren Verwaltung und deren Herrschaftsstruktur nicht der des „Altreichs" angepasst wurden. Auch hier konnten die Institute aus Berlin und Wien ihre Vorstellungen und Forderungen gegenüber den zuständigen Behörden artikulieren, auch hier spielten langjährige Geschäftsbeziehungen und Beteiligungen eine Rolle. Das Votum der Politik bei der „Neuordnung" der Kreditwirtschaft war hier jedoch von ungleich größerer Bedeutung. Im Protektorat war es vor allem Görings Generalreferent in der Vierjahresplan-Behörde, Hans Kehrl, von dessen Plazet oder Verdikt es abhing, welche der Prager Banken welchem reichsdeutschen Institut zugeordnet wurde. Rüstungspolitische und wehrwirtschaftliche Überlegungen in der Vierjahresplan-Behörde bestimmten Kehrls Entscheidung, der eine leistungsstarke „deutsche Bank" im Protektorat als Gegengewicht zur Zivnostenskä banka

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

schaffen wollte, um dadurch ein Instrument in die Hand zu bekommen, mit dessen Hilfe er die großen böhmischen Rüstungskonzerne kontrollieren wollte. Bei der Entscheidungsfindung über die zukünftige Bankenstruktur im Protektorat konnte die Dresdner Bank ihre große Konkurrentin ausstechen, da sie intensivere Kontakte zu Kehrl unterhielt, zudem mit der Bebca seit langem in Verhandlungen wegen der Übernahme der sudetenländischen Niederlassungen stand. Dass der Dresdner Bank zudem die Prager Länderbank „zugeordnet" wurde, war ein zusätzlicher Verhandlungserfolg Karl Rasches, dem es damit gelang, seinem Institut und dessen Prager Affiliation die zunächst dominierende Stellung in der Kreditwirtschaft des Protektorats zu sichern. Noch deutlicher als im Protektorat bestimmten politische Instanzen im Generalgouvernement die Umgestaltung des Bankwesens. Zwar konnte die Dresdner Bank hier ihre Beteiligung an der Krakauer Kommerzialbank ausbauen, doch scheiterten alle weiteren, groß angelegten Expansionspläne am Veto der Politik, vor allem an dem der Regierung des Generalgouvernements und ihrer Bankenaufsichtsstelle. Nicht nur die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaft in Krakau, sondern auch die Deutsche Bank und die Wiener Creditanstalt mussten die Erfahrung machten, dass die Politik ihrem Expansionsdrang enge Grenzen setzte. Sofern die Präsenz der reichsdeutschen Institute mit ihren Affiliationen den Plänen entsprachen, welche die Regierung auf dem Krakauer Wawel für die zukünftige Bankenstruktur des Generalgouvernements entworfen hatte, konnten sie expandieren. Darüber hinausgehende Schritte zur Geschäftserweiterung wurden untersagt, wie sich am Beispiel einer möglichen Übernahme der Warschauer Kreditinstitute durch deutsche Banken zeigte. Einen Kontrast zu dieser Konstellation bildete jedoch die Expansion der reichsdeutschen Institute in den Westen Europas. Hier legte das Reichswirtschaftsministerium als Bankenaufsichtsbehörde den Berliner Großbanken nahe, in den Niederlanden und in Belgien eine Kooperation mit einheimischen Instituten einzugehen. Sie sollten auf die Wirtschaft dieser Gebiete über Partnerbanken Einfluss nehmen, nicht durch die Errichtung eigener Affiliationen. Es galt daher die Maxime, dem Eindruck entgegenzuwirken, man wolle die Wirtschaft dieser besetzten Gebiete „vergewaltigen". Die Expansion auf dem Verhandlungs- und Verständigungswege mit niederländischen und belgischen Instituten bildete daher das Muster für die Geschäftsausweitung im Westen - ein deutlicher Unterschied zu dem gezielten Vorgehen auf Kosten der Kreditinstitute in den jeweiligen Ländern des Osten. Das von der Politik vorgegebene Muster für die Besatzungspolitik, Kooperation anstelle von rigider Herrschaftspraxis, bildete auch die Richtschnur für das Verhalten der reichsdeutschen Institute im Westen. Noch deutlicher als bei der Umgestaltung der Bankensysteme manifestierten sich die Gestaltungsmacht der Politik und die Prägekraft der politischen Rahmenbedingungen und Herrschaftsstrukturen auf zwei anderen Feldern, die für die Expansion des NS-Regimes in Europa entscheidende Bedeutung besaßen: die Ausbeutung von Rohstoffen und die Ausnutzung der Produktion einheimischer Rüstungsunternehmen sowie die Beschlagnahmung und „Verwertung" von jüdischem und ausländischem Vermögen. Im Zentrum aller Pläne, einen möglichst großen Teil der Rüstungsproduktion in den besetzten Gebieten für die deutsche

1. Politische Rahmenbedingungen, Herrschaftsstrukturen und -praxis

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Kriegswirtschaft zu sichern, standen die Reichswerke Hermann Göring. Im Zuge der Landnahme des Regimes in Europa gelang es, mit den Reichswerken einen länderübergreifenden „Montantrust" aufzubauen, der die einheimischen Produktionskapazitäten ausbeuten konnte und zum wichtigsten Lieferanten für die deutsche Rüstungswirtschaft wurde. In Osterreich, im Sudetenland, im Protektorat, aber auch in Oberschlesien und im Generalgouvernement besetzten die Reichswerke schnell die Schlüsselpositionen in der Motanwirtschaft und in der Rüstungsindustrie. Die reichsdeutschen Banken, vor allem die Dresdner Bank und ihre Affiliationen, halfen dabei tatkräftig mit, beeinflussen konnten und wollten sie die Expansion der Reichswerke jedoch nicht. Das Interesse der Dresdner Bank bestand in möglichst engen, da lukrativen Kundenbeziehungen zum Komplex der Reichswerke, dafür schmiedete sie Allianzen mit deren Führungsspitze und der Berliner Ministerialbürokratie. Wie sich schnell zeigen sollte, ging dieses Kalkül auf. Die Beschlagnahmung und die „Verwertung" von jüdischem und ausländischem Vermögen war sicherlich der Teil der Herrschaftspraxis in den besetzten Gebieten, auf dem die reichsdeutschen Institute sich am meisten mit Vorgaben und Restriktionen der Politik konfrontiert sahen. Trotz aller staatlichen Vorgaben ähnelte das „Arisierungsgeschäft", vor allem die Vermittlung von „jüdischen O b jekten" an ihre Kundschaft, in den westlichen Gebieten noch am ehesten demjenigen im „Altreich". Die Dresdner Bank und ihre dortigen Affiliationen, der Handelstrust West in Amsterdam sowie die Continentale Bank in Brüssel, besaßen hier noch vergleichsweise große Handlungsspielräume und trugen vielfach mit dazu bei, dass jüdischer Besitz in die Hände ihrer Kundschaft überging. Auch für das Sudetenland lässt sich ein ähnliches Bild konstatieren. Zahlreiche Beispiele belegen, wie gezielt sich die Dresdner Bank hier in das „Arisierungsgeschäft" einschaltete und durch ihre Vermittlungstätigkeit ein neues profitables Geschäftsfeld erschloss. Sie hoffte daher, auch im Protektorat oder im besetzten Polen die „Arisierung" als lukratives Geschäftsfeld für sich zu reklamieren. Alle Kreditinstitute aus dem „Altreich" mit ihren Affiliationen mussten jedoch feststellen, dass Ausmaß und Tempo der „Verwertung" jüdischen Vermögens erheblich von Organen des Herrschaftsapparates festgelegt wurden. Dies galt auch für Österreich, wo die Vermögensverkehrsstelle über die Veräußerung jüdischer Vermögenswerte entschied, während im Protektorat das so genannte „Entjudungsreferat" beim Reichsprotektor, die Zentralstelle für jüdische Auswanderung bzw. das Zentralamt für die Regelung der Judenfrage mit ihren Vorgaben und Maßnahmen weitgehend die Ausplünderung und wirtschaftliche Vernichtung der Juden bestimmten. Wer zu diesen Instanzen intensive Kontakte besaß, so wie vielfach die Dresdner Bank und ihre Prager Affiliation, der konnte damit rechnen, an diesem Prozess partizipieren zu können. Die Hoffnung der Kreditinstitute, ähnlich wie im „Altreich" durch ihre Einschaltung in die „Arisierung" zum einen gute Provisionen zu verdienen, zum anderen neue Kundenbeziehungen akquirieren zu können, erfüllten sich am ehesten in den Westgebieten, im Sudetenland und im Protektorat. In den Ländern und Gebieten, in denen die Herrschaftsstrukturen deutlich dem „Altreich" angepasst waren, in denen zudem die Herrschaftspraxis nicht durch einen ideologisch motivierten Rassenkrieg, durch massiven Raub und

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X . Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

durch brutalen Terror gekennzeichnet war, bot sich der Dresdner Bank und ihren Affiliationen am ehesten die Möglichkeit, sich direkt in die „Arisierung" einschalten zu können. Wesentlich geringer waren dagegen ihre Handlungsspielräume bei der wirtschaftlichen Vernichtung der Juden im besetzten Polen. Die Haupttreuhandstelle Ost mit ihren Dependancen bzw. die Treuhandstelle des Generalgouvernements führten hier im Rahmen der Beschlagnahmung und „Verwertung" jüdischen und ausländischen Vermögens eine der „radikalsten Räubereien der Weltgeschichte" (Otto Bräutigam) durch, ohne dass die Kreditinstitute diesen Prozess mitbestimmen konnten. An ihrer Absicht, sich auch hier intensiv in die Ausplünderung der Juden einzuschalten, ist nicht zu zweifeln. Dennoch: Viele Versuche der Banken, „jüdische Objekte" an ihre Kundschaft zu vermitteln, scheiterten am Veto der H T O und ihrer Dependancen. Deren Richtlinien für die „Verwertung" jüdischen, aber auch ausländischen Besitzes ließen sich nicht umgehen, nach ihnen hatte sich die Dresdner Bank mit ihren Affiliationen im „Arisierungsgeschäft" zu richten. Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Dresdner Bank wie alle anderen Kreditinstitute die von der Politik festgelegten Rahmenbedingungen für die Herrschaftspraxis nicht beeinflussen konnte. Angesichts ihrer Stellung im politischen und wirtschaftlichen System des Regimes vor dessen Expansion in Europa kann ein solcher Befund nicht überraschen. Die Geldhäuser erkannten rasch, dass sie die politischen Rahmenbedingungen und die Gestaltungsmacht der Politik in den annektierten und abhängigen Gebieten zu akzeptieren hatten. Wer dazu bereit war, wer die Entscheidungsträger in der Politik in ihrer Herrschaftspraxis direkt unterstützte, der konnte daraus einen unmittelbaren Nutzen für seine eigene Expansion ziehen. Kam es zu Spannungen, ja sogar zu Reibungsverlusten mit den Organen des Herrschaftsapparates, so mussten sie Nachteile für ihre Geschäftstätigkeit und einen Prestigeverlust gegenüber ihrer Konkurrenz in Kauf nehmen. Die Banken mussten sich mit den unterschiedlichen politischen Rahmenbedingungen als entscheidende Determinante für ihre Expansion und den Aufbau ihres Geschäfts arrangieren. Dass sie die Expansion des Regimes gezielt und mit Nachdruck für ihre eigene Geschäftsausweitung nutzen wollten, steht außer Frage. Entscheidend für den Geschäftserfolg wurde für die Banken damit ein anderer Faktor: die Nähe zum Regime und seinen Herrschaftsorganen als Voraussetzung für die Artikulierung und Durchsetzung von Geschäftsinteressen. Die Regimenähe war jedoch in den einzelnen besetzten Gebieten Schwankungen unterworfen, je nachdem welche Herrschaftsstrukturen dort existierten oder welche politischen Ziele der Herrschaftsapparat dort verfolgte. In ihren Auswirkungen für die Geschäftstätigkeit und in ihren Konsequenzen für die personelle Vernetzung mit Entscheidungsträgern aus dem Herrschaftsapparat bedeutete Regimenähe der Kreditinstitute in der Slowakei oder auf dem Balkan durchaus etwas anderes als im Generalgouvernement oder im Reichskommissariat Ostland. Regimenähe war daher keineswegs eine feste gegebene Konstante, sondern variierte je nach den politischen Rahmenbedingungen, nach der Ausgangskonstellation für die eigene Geschäftsexpansion, vor allem aber nach der Intensität der persönlichen Beziehungen mit Entscheidungsträgern aus dem Herrschaftsapparat. Die politischen Rahmenbedingungen und die Herrschaftsstrukturen schufen für die Banken ein

1. Politische Rahmenbedingungen, Herrschaftsstrukturen und -praxis

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Wirkungsumfeld, das sie nicht entscheidend verändern konnten. Inwieweit sie in diesem Umfeld erfolgreich agieren konnten, hing von ihrer Nähe zum Herrschaftsapparat und der Akzeptanz der jeweiligen Herrschaftspraxis ab.

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X . Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

2. Expansion und Geschäftstätigkeit Sowohl für die Dresdner Bank mit ihren Affiliationen als auch für die anderen reichsdeutschen Institute lag das Hauptmotiv für ihre Expansion in Europa in der Hoffnung auf eine deutliche Ausweitung des operativen Geschäfts. Neue Kundenbeziehungen in den annektierten und abhängigen Gebieten sowie ihre Mitwirkung an großen und spektakulären Geschäftstransaktionen bei der „Neuordnung der europäischen Wirtschaft" nach den Zielvorgaben der Besatzer sollten Umsätze und Gewinne steigen lassen. Im Ergebnis sollte damit ein Ausgleich für das langsame Wachstum des privaten Bankgewerbes im „Altreich" geschaffen werden. Keine der reichsdeutschen Banken verfolgte mit ihrer Geschäftsausweitung ideologische Ziele. Zwar stellten sie sich in die Dienste der jeweiligen Besatzungsmacht, um ihren eigenen Geschäftserfolg zu sichern, doch waren sie keineswegs Instrumente, um die NS-Ideologie zu transportieren oder gar die politischen Ziele des Regimes in eigener Verantwortung zu realisieren. Dies ließen die politischen Rahmenbedingungen und die Herrschaftspraxis in den einzelnen Ländern nicht zu - trotz aller Unterschiede. Alle Banken hatten jedoch erkannt, dass eine wohl kalkulierte Interessenannäherung und ein wohl dosierte Interessenausgleich mit der Besatzungsmacht die wesentlichen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Geschäftstätigkeit im besetzten Europa bildeten. Mehr als jegliche ideologische Überlegungen spielte der Konkurrenzdruck für die Expansion der reichsdeutschen Geldhäuser eine wesentliche Rolle. Jede der Großbanken wollte sich die ertragsstärksten einheimischen Institute oder deren Filialen sichern, jede so schnell wie möglich mit neuen Affiliationen, eigenen Filialen oder mit strategischen Partnerschaften das operative Geschäft beginnen. In der Weimarer Republik hatten die Berliner Banken aufgrund der harten Konkurrenz mit öffentlichen Instituten Kundensegmente verloren. Diese Entwicklung schien sich im Wirtschaftssystem des Nationalsozialismus mit der Privilegierung von Sparkassen und Kreditgenossenschaften zu wiederholen. Eine schnelle und gezielte Expansion als Mittel, um die Konkurrenz abzuwehren und neue Marktanteile zu erobern, schien allen Berliner Banken geboten zu sein. Wie sehr staatliche Institutionen als Konkurrenten für die privaten Banken auftraten, zeigte sich bereits in Osterreich. Die reichseigene Viag-Holding sollte die Aktienmajorität des größten Instituts des Landes, der Creditanstalt, übernehmen, während für die Deutsche Bank nach den Plänen der neuen Machthaber nur eine Minderheitsbeteiligung vorgesehen war. Offenbar konnte man bei der Dresdner Bank die Intentionen der Berliner Ministerialbürokratie und der Repräsentanten des NS-Herrschaftsapparates vor Ort auf der Basis eigener Netzwerkbeziehungen besser einschätzen, gelang es doch, fast alle Forderungen bei der „Neuordnung" des Bankwesens in Österreich bei den Behörden umzusetzen. Mit der Länderbank Wien, entstanden aus der Mercurbank, der Zentraleuropäischen Länderbank und der Wiener Filiale der Prager Zivnostenskä banka, verfügte die Dresdner Bank ab 1938 über eine Wiener Affiliation, die nicht nur der Creditanstalt als dem Branchenführer der österreichischen Kreditwirtschaft Paroli bieten konnte, sondern die auch rentabel arbeitete. Dafür waren zwei Faktoren verantwortlich: Die Mercurbank, bereits vor 1938 eine Tochtergesellschaft der Dresdner

2. Expansion und Geschäftstätigkeit

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Bank, konnte bei der „Neuordnung" der österreichischen Kreditwirtschaft aufgrund ihrer Funktion als Institut für die „reichsdeutschen Interessen" in Osterreich gegenüber der Creditanstalt einen Startvorsprung verbuchen. Dieser ließ sich durch die enge Allianz zwischen Mitgliedern aus dem Vorstand der Dresdner Bank auf der einen und Repräsentanten des NS-Herrschaftsapparats in Wien auf der anderen Seite schnell und gezielt ausbauen. Die engen Verbindungen zwischen Karl Rasche und Hans Kehrl sowie zwischen Emil Meyer und Edmund Veesenmeyer, dem Wiener Büroleiter Kepplers, waren der Garant dafür, dass die Länderbank Wien nicht nur zum am meisten „nazifizierten" Kreditinstitut in Osterreich wurde, sondern auch an allen größeren Geschäfts- und Kredittransaktionen beteiligt wurde. Gerade durch ihre intensiven Beziehungen zum Herrschaftsapparat und den einzelnen Gliederungen der N S D A P gelang es der Länderbank, ein operatives Geschäft aufzubauen, das sich als profitabel erwies, obwohl „traditionelle" Geschäftsfelder, wie etwa das „normale" Kreditgeschäft mit der Industrie, nicht die Gewinne abwarfen, die man sich zunächst erhofft hatte - der Ausbau anderer Geschäftssparten kompensierte dies. Die Länderbank wurde zur größten und wichtigsten Tochtergesellschaft der Dresdner Bank, zudem ein „Sprungbrett" für geplante weitere Expansionsschritte in das besetzte Mittel- und Südosteuropa.1 Mit der Inkorporierung der Länderbank in ihren Konzern war das Kalkül der Dresdner Bank aufgegangen: Durch geschicktes Taktieren und Paktieren mit den Machthabern, durch ein großes Maß an Nähe zum Herrschaftsapparat ließ sich die angestrebte Expansion in dem Maße umsetzen, wie man es sich in der Berliner Zentrale erhofft hatte, zudem die Konkurrenz anderer Geldhäuser abschütteln. In dieser Hinsicht bildeten Österreich und die Geschäftspolitik der Länderbank ein „Modell" für die weiteren Expansionsschritte des Dresdner-Bank-Konzerns in den kommenden Jahren. Dieses „Modell" ließ sich im Sudetenland und im Protektorat Böhmen und Mähren unter den hier geltenden Rahmenbedingungen wiederholen. Im Vergleich zur Konkurrenz in Gestalt der Deutschen Bank und der Commerzbank erreichte die Dresdner Bank hier, dass ihr nicht nur die ertragsstärksten einheimischen Institute „zugeordnet" wurden, sondern dass sie schnell ihre Filialen in Betrieb nehmen und ihr operatives Geschäft beginnen konnte. Auf dieser Grundlage konnte sie auch im weiteren Verlauf ihrer Geschäftstätigkeit ihre große Konkurrentin, die Deutsche Bank übertrumpfen. Zwei Gründe waren dafür verantwortlich: Zum einen gelang es Karl Rasche, für die Interessen seines Instituts bei der Umgestaltung des sudetenländischen Bankwesens bei den Berliner Behörden mehr Gehör zu finden als die Unterhändlern der Deutschen Bank. Zum anderen bot sich die Dresdner Bank bereits kurz nach dem Einmarsch deutscher Truppen in die Grenzgebiete an, als unnachgiebige Anwältin von Expansionsinteressen der deut1

Eine Aufstellung aus dem Jahre 1940 verdeutlicht die herausragende Stellung der Länderbank Wien unter den Affiliationen des Dresdner-Bank-Konzerns: Demnach betrugen per 3 1 . 1 0 . 1940 Debitoren und Kreditoren bei der Länderbank insgesamt 103,4 Mio. R M , bei der Böhmischen EscompteBank 75,9 Mio. R M , bei der Societatea Bancara Romana 28,3 Mio. R M , bei der Kommerzialbank Krakau 14,2 Mio. R M , bei der Ostbank Posen 13,8 Mio. R M und bei der Deutschen Handels- und Kreditbank in Bratislava 4,5 Mio. R M . H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 300152 0 0 1 . B E , Handakte Direktor Busch, Debitoren und Kreditoren der Tochtergesellschaften insgesamt per 3 1 . 1 0 . 1940, ohne Unterschrift.

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

sehen Industrie zu fungieren. Sie war damit ein unverzichtbares Instrument bei der „Germanisierung" der sudetenländischen Wirtschaft. Damit war die Basis bereitet für eine intensive Mitwirkung der Dresdner Bank, als die Schlüsselbranchen der einheimischen Wirtschaft nach den Vorgaben der Berliner Rüstungsplaner umgestaltet wurden, wobei sich erneut Rasche und seine Mitarbeiter als kompetente Verhandlungsführer und Berater für die Reichsbehörden exponierten. In der raschen Ausweitung ihrer Kundenbeziehungen und der damit zusammenhängenden - Mitwirkung an der „Arisierung" auf der einen und einer Vermittler- und Beratertätigkeit für die Reichsbehörden auf der anderen Seite sah die Dresdner Bank ein Erfolgsrezept, um mit Nachdruck die gewünschte Geschäftsausweitung zu erreichen und sich als führendes Institut in der Kreditwirtschaft zunächst des Sudetenlandes, später des Protektorats zu etablieren. Das Kalkül der Dresdner Bank und ihrer Tochtergesellschaft in der böhmischen Hauptstadt schien lange Zeit aufzugehen. Durch die bei der Böhmischen Escompte-Bank rigoros durchgeführte „Entjudung" und durch ihre Mitwirkung bei rüstungspolitisch wichtigen Geschäftstransaktionen konnte die Dresdner Bank ihr „Standing" bei den Reichsbehörden verbessern. Sie profitierte von einer besonderen Wechselwirkung: Die Politik protegierte sie, damit sie sich als Ideengeberin, Vermittlerin und Organisatorin bei heiklen Geschäften im Reichsinteresse engagierte, die Dresdner suchte die Nähe zur Politik, damit sie solche Transaktionen auch in Zukunft durchführen konnte. Ab 1942 musste die Dresdner Bank jedoch sowohl im Sudetenland als auch im Protektorat die Erfahrung machen, dass ihr Erfolgsrezept an Grenzen stieß. Nachdem die Politik in Gestalt der Besatzungsmacht ihre Ziele bei der Umgestaltung und „Germanisierung" der Wirtschaft erreicht hatte, änderte sie ihr Verhalten gegenüber der Dresdner Bank. Im Sudetenland protegierte sie zunehmend die deutsch-nationalistische Kreditanstalt der Deutschen, im Protektorat verlangte sie - wie von anderen Geldhäusern auch - die Schließung von Filialen im Zuge der „Bankenrationalisierung". Zwar konnten die Dresdner Bank und ihre Prager Affiliation diesen „Angriff" der Politik abwehren und ihre Spitzenstellung in der Kreditwirtschaft des Sudetenlandes und des Protektorats verteidigen, doch wurde ihnen bewusst, dass ihr Erfolgsrezept aus der unmittelbaren Expansionsphase nicht zu perpetuieren war. Meyer versuchte, dieser Entwicklung durch weitere Konzessionen gegenüber dem Regime und seinem Terrorapparat zu begegnen. Er setzte sich dafür ein, dass die BEB der SS Kredite zu günstigen Konditionen vermittelte. Selbst diese bedenklichen und für die BEB kaum rentablen Geschäfte halfen jedoch nicht, der Dresdner Bank und ihrer Prager Affiliation eine exklusive Mitwirkung bei den vom Herrschaftsapparat initiierten Geschäftstransaktionen zu garantieren. Dennoch erwies sich die Geschäftsausweitung in das Sudetenland und das Protektorat für die Dresdner Bank als Erfolg. Im Ergebnis konnte sie ihren Kundenstamm deutlich erweitern, wobei vor allem Großkonzerne aus der Rüstungsindustrie zu ihrer Klientel zählten. Gestützt auf ein sich verdichtendes personelles Netzwerk in ihren Beziehungen mit der Industrie und erweitert durch eine umfassende Beratungs- und Vermittlungstätigkeit konnte die BEB im hart umkämpften Industriefinanzierungsgeschäft deutliche Marktanteile gewinnen. Ein steigen-

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des Betriebsergebnis und wachsende Umsätze belegen dies deutlich. Nach ihrer Umstrukturierung konnte die „neue B E B " eine Geschäftsentwicklung vorweisen, die unter den fünf großen Affiliationen des Dresdner-Bank-Konzerns nur noch von der Länderbank in Wien erreicht wurde. Eine derart erfolgreiche Expansion ließ sich sowohl in der Slowakei als auch in den dem Reich eingegliederten Teilen Polens und im Generalgouvernement nicht wiederholen. Der Regierung der Slowakei in Bratislava gelang es, die Expansion reichsdeutscher Institute in ihrem Sinne zu kanalisieren. Im Gegensatz zu anderen besetzten Gebieten konnte die Dresdner Bank hier weder auf die Rückendeckung des Herrschaftsapparates zurückgreifen noch auf persönliche Kontakte mit den neuen Machthabern. Wo sich die Machthaber in Berlin aus außenpolitischen Erwägungen mit der Rolle einer Schutzmacht begnügten, mithin ein „nationaler" Herrschaftsapparat die politischen Entscheidungen fällte, stieß der Expansionsdrang der Dresdner Bank - wie auch ihrer Konkurrentin Deutsche Bank - offenbar an Grenzen. Wo die Wirtschafts- und Rüstungsplaner aus Berlin ihre Interessen mit den nationalen - hier slowakischen - Wirtschaftsinteressen austarieren mussten, ließ sich das in Osterreich, dem Sudetenland oder dem Protektorat erprobte „Modell" nicht anwenden. Die Allianz zwischen Kehrl und Rasche war für die Expansion der Dresdner Bank in die Slowakei ebenso ohne größere Bedeutung wie Meyers Antichambrieren bei der SS und ihren Hauptämtern. Vor diesem Hintergrund konnte die Affiliation der Dresdner Bank in Bratislava, die Deutsche Handels- und Kreditbank, im sonst während des Kriegs florierenden Kreditgewerbe der Slowakei nicht die Bedeutung erlangen, die man sich in der Zentrale in der Behrenstraße zunächst erhofft hatte. Das Institut konnte sich aufgrund seiner permanenten Unterkapitalisierung und mangelnder Refinanzierungsmöglichkeiten weder als Finanzier slowakischer Firmen noch als entscheidende Bankverbindung von Tochtergesellschaften reichsdeutscher Konzerne in der Slowakei exponieren. Zudem wirkte sich die Konkurrenzsituation mit den von der Regierung in Bratislava protegierten slowakischen Instituten negativ auf die Geschäftstätigkeit der Deutschen Handels- und Kreditbank aus. Diese Konstellation verhinderte auch, dass das Institut die ihm zunächst zugedachte Rolle als „Sprungbrett" für die Expansion des Dresdner-Bank-Konzerns in den gesamten „Südost-Raum" nicht in dem Maße erfüllen konnte, wie man in der Behrenstraße anfangs erwartet hatte. Die Deutsche Handels- und Kreditbank war zwar Bestandteil von Plänen zur wirtschaftlichen Penetration und politischen Einflussnahme in der Slowakei und in ganz Südosteuropa, wie man sie sowohl in der Berliner Ministerialbürokratie als auch in der Zentrale der Dresdner Bank diskutierte - ohne politische Rückendeckung gelang es ihr jedoch nicht, sich als Bank der „deutschen Wirtschaftsinteressen" oder für die verschiedenen volkstumspolitischen Aktivitäten der NS-Ideologen in der Slowakei zu etablieren. Im Ergebnis musste die Dresdner Bank daher konstatieren, dass ihre Expansion in den deutschen Vasallenstaat nicht zur anfangs erhofften strategischen Schlüsselrolle in der dortigen Kreditwirtschaft geführt hatte. Wie wichtig die Rückendeckung der Politik und die Netzwerkbildung mit den Machthabern für ihre eigene Geschäftsausweitung war, erlebte die Dresdner Bank auch im besetzten Polen. In Oberschlesien verstand es die Deutsche Bank auf der

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Grundlage einer langjährigen Präsenz in der Region und daraus resultierender intensiver Netzwerkbeziehungen, sich die politische Rückendeckung zu verschaffen, um ihre Konkurrenten bei der „Neuordnung" der Kreditwirtschaft auszustechen. Das Institut aus der Berliner Mauerstraße eröffnete dort schneller seine Filialen und begann rascher das operative Geschäft als die Dresdner Bank. Diesen Startvorsprung konnte man in der Behrenstraße nicht wieder aufholen. Entscheidend für die Rolle der Dresdner Bank in Oberschlesien war jedoch, dass sie sich hier nicht wie im Sudetenland oder dem Protektorat als Ideengeberin, Vermittlerin und Finanzier für die deutsche Rüstungswirtschaft exponieren konnte. Die Politik verschaffte den Reichswerken per Anordnung die Betriebe, die sie gefordert hatten. Die Dresdner Bank als Vermittlerin und Beraterin für komplizierte privatrechtliche und privatwirtschaftliche Geschäftstransaktionen war damit überflüssig, die Allianz zwischen Rasche und Kehrl spielte keine zentrale Rolle für die Positionierung der Dresdner Bank in der Kreditwirtschaft der Region. Warum sich Rasche in Oberschlesien deutlich zurückhielt und die Interessen seines Instituts bei weitem nicht mit dem Engagement vertrat wie etwa im Protektorat, ob er etwa von Kehrl einen Hinweis bekommen hatte, da man in Berlin die Deutsche Bank als wichtigste Bankverbindung für die Rüstungswirtschaft in Oberschlesien auserkoren hatte, lässt sich nicht genau beantworten. Fest steht dagegen, dass die Dresdner Bank ohne das nachhaltige Engagement Rasches, ohne dessen persönliches Netzwerk und ohne eine exponierte Rolle in der Rüstungsfinanzierung gegenüber der Konkurrenz der Deutschen Bank bei vielen bedeutenden Geschäftstransaktionen unterlegen war. Selbst der Commerzbank musste sie einige lukrative Geschäftsverbindungen und Kreditgeschäfte überlassen. Da sie bei einer Reihe von großen Kreditgeschäften mit der Industrie nicht die Führungsrolle übernehmen konnte, waren die Dresdner Bank, ihre oberschlesischen Filialen und deren Leiter bereit, vielfach heikle und moralisch bedenkliche Kredite zu vergeben. Sie unterstützte Unternehmen, die mit der SS zusammenarbeiteten, ebenso wie Firmen, welche in großem Stil die Enteignung und „Germanisierung" von polnischen und jüdischen Einzelhandelsgeschäften organisierten oder bei so genannten Verteilergeschäften, der Verteilung konfiszierten und geraubten jüdischen Eigentums, engagiert waren. Das Motiv, unbedingt neue Kunden akquirieren und ihre Marktposition gegenüber der in Oberschlesien dominanten Deutschen Bank verbessern zu wollen, veranlasste die Dresdner Bank zu solchen Geschäftsabschlüssen. Im Warthegau und in Danzig-Westpreußen konnte die Dresdner Bank dagegen gegenüber konkurrierenden Geldhäusern die günstigere Startposition bei der „Neuordnung" der Kreditwirtschaft und beim Aufbau des operativen Geschäfts für sich verbuchen. Hier war sie über die Bank für Handel und Gewerbe sowie über ihre Filialen in Danzig während der gesamten Zwischenkriegszeit vertreten und fühlte sich als „Anwalt" deutscher Bank- und Wirtschaftsinteressen in den „eingegliederten Ostgebieten". Diesen Sachverhalt honorierten die zuständigen Behörden in Berlin und Posen, als die Kreditwirtschaft dieser Region „neu geordnet" wurde. Zudem erhielt die Dresdner Bank Unterstützung durch einen ehemaligen Mitarbeiter, der nicht nur die neu gegründete Bankenaufsichtsstelle des Warthegaus leitete, sondern schnell zu einem der wichtigsten Netzwerkspezialisten

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und Repräsentanten des Herrschaftsapparats avancierte. Mit H u g o Ratzmann besaß sie einen zentralen Ansprechpartner im Herrschaftsapparat des Warthegaus, wie er ihr in Oberschlesien gefehlt hatte. Schnell zeigte sich aber, dass die Dresdner Bank ihre im Vergleich zur Konkurrenz günstige Ausgangsposition beim Aufbau des operativen Geschäfts nicht nutzen konnte. Die von der Zentrale erwartete und auch gut geheißene „Germanisierung" der „eingegliederten Ostgebiete", gestützt auf eine repressive Bevölkerungspolitik, blieb aus, „deutsche" Industriestädte im neuen „Mustergau" entstanden keineswegs, neue Kunden im Industriegeschäft ließen sich nicht wie erhofft akquirieren, das Geschäft mit der Industrie verlief insgesamt eher schleppend. Die Aufbruchstimmung, mit der Mitarbeiter der Dresdner Bank aus Berlin zur neu gegründeten O s t b a n k nach Posen gewechselt waren, schwand angesichts schlechter Arbeitsbedingungen und fehlender Zukunftsperspektiven schnell. Entscheidend war zudem, dass der Herrschaftsapparat in den „eingegliederten Ostgebieten" nicht gewillt war, Regulierungsmechanismen in der Wirtschaft an den Bankenapparat abzutreten. Weder im Industriegeschäft noch bei der „Verwertung" beschlagnahmten polnischen und jüdischen Vermögens konnten die Geldhäuser und damit auch die Ostbank eine wichtige Rolle spielen. Ihre Handlungsspielräume waren ebenso von der Politik begrenzt wie ihre Geschäftsfelder. Die intensive Zusammenarbeit mit dem Herrschaftsapparat war daher eine der wenigen Möglichkeiten, die enttäuschenden E r träge im Industriegeschäft zu kompensieren. Diese Chance nutzte die Ostbank jedoch mit allen Konsequenzen - sie wurde die Bank des NS-Herrschaftsapparats in den „eingegliederten Ostgebieten". Die Expansion in den Warthegau brachte für die Dresdner Bank daher eine neue Facette ihrer Geschäftsausweitung. Zwar verfügte sie gegenüber konkurrierenden Instituten über gute Startbedingungen, doch determinierten die von der Politik geschaffenen Rahmenbedingungen in bisher nicht gekanntem Ausmaß die Geschäftspolitik ihrer neuen Affiliation in Posen. Angesichts der engen Handlungsspielräume beim Aufbau von Geschäftsfeldern boten sich jedoch kaum Möglichkeiten, diese Rahmenbedingungen im eigenen, bankkaufmännischen Sinne zu nutzen. Die Geschäftsausweitung der Dresdner Bank in die „eingegliederten Ostgebiete" erfüllte daher nicht die in sie gesetzten Hoffnungen. Dieselbe Konstellation lässt sich für die Affiliation der Dresdner Bank im G e neralgouvernement, der Kommerzialbank aus Krakau, beobachten. Unter den Tochtergesellschaften der Dresdner Bank war das Institut dasjenige, das am wenigsten das „normale" Kreditgeschäft betrieb. Das reguläre Industriegeschäft ließ sich auch im Generalgouvernement nur langsam entwickeln. Wenn eine G e schäftsbelebung eintrat und ein Zuwachs an Kreditoren und Debitoren zu verzeichnen war, so waren hierfür in erster Linie Transaktionen mit wenigen G r o ß kunden verantwortlich, deren Eigentümer Institutionen des Herrschaftsapparats vor O r t oder das Reich waren. U n t e r den Banken des Generalgouvernements war die Kommerzialbank diejenige, die die engsten Verbindungen zu diesen Firmen unterhielt. Mehr noch: Keine andere Affiliation einer reichsdeutschen Bank knüpfte so gezielt und massiv Kontakte zur Regierung auf dem Wawel und zur Maschinerie de Judenvernichtung wie die Kommerzialbank. Auf die rückhaltlose Unterstützung durch die Dresdner-Bank-Zentrale konnte sie sich dabei verlassen,

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kam die Initiative für heikle Geschäftstransaktionen doch häufig aus der Behrenstraße. Mehrfach sorgte Emil Meyer dafür, dass die SS und ihre Untergliederungen intensive Geschäftsbeziehungen mit der Kommerzialbank aufnahmen. Die Geschäfte des Instituts mit dem Herrschaftsappparat waren daher Ausdruck einer bewusst gewählten Kompensationsstrategie für das nur mühsam zu steigernde Geschäft mit der Industrie. Auch im Generalgouvernement ließen die geringen Verdienstmöglichkeiten im Industriegeschäft die Kreditinstitute auf Geschäfte mit dem Herrschaftsapparat ausweichen. Die Intensität der Beziehungen zwischen Kommerzialbank und staatlichen Stellen einerseits sowie ein Blick auf die Geschäftspolitik konkurrierender Institute andererseits zeigen jedoch, dass es sich hier keineswegs um einen Sachzwang handelte, sondern um eine bewusste Entscheidung der Dresdner Bank und ihrer Affiliation. Im Ergebnis führte die von der Kommerzialbank betriebene Geschäftspolitik zu einer Verstrickung des Instituts in die Herrschaftspraxis, ja sogar zu einer direkten und gewollten Unterstützung des Herrschaftsapparats im Generalgouvernement mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen. Die Kluft zwischen anfänglichen Hoffnungen und der tatsächlichen Geschäftsentwicklung kennzeichnet auch die Expansion der Dresdner Bank in das Baltikum und in die Ukraine. Vor allem Rasche und die ihm nahe stehenden Direktoren sahen in der Geschäftsausweitung in den „Ostraum" den Höhe- und Endpunkt der Expansion des Dresdner-Bank-Konzerns. Sie träumten von einer Dresdner Bank mit Affiliationen, die dort profitable Geschäfte machen und beim Aufbau einer leistungsfähigen Wirtschaftsstruktur mithelfen konnte. Die anfängliche Aufbruchstimmung wich jedoch schnell großer Ernüchterung. Die Gründung der neuen Affiliation in Riga, der Handels- und Kreditbank, und mehr noch ihr operatives Geschäft warfen große Probleme auf, da sie permanent verlustreich arbeitete. Im Reichskommissariat Ukraine war die Dresdner Bank - wie die anderen Berliner Geldhäuser gar nicht erst vertreten. Die Verluste im regulären Geschäft mit der Industrie wollten die Dresdner Bank und die Handels- und Kreditbank durch eine Mitwirkung an Finanztransaktionen von Unternehmen kompensieren, die als Instrumente für die wirtschaftliche Penetration und Ausbeutung des „Ostens" vorgesehen waren. Hier wurde ihr Handlungsspielraum jedoch durch die Konkurrenz der sich in öffentlichem Besitz befindenden Kreditinstitute wie der Reichs-Kredit-Gesellschaft und der Preußischen Staatsbank deutlich eingeengt. Die großen Montankonzerne in der Ukraine, die Unternehmen zur Ausbeutung der Erdölressourcen oder zur Ausbeutung der Textilindustrie entstanden und wickelten ihre Geldgeschäfte ab, ohne dass die Dresdner Bank dabei eine Führungsrolle - wie etwa im Sudetenland oder dem Protektorat - für sich reklamieren konnte - für Rasche aufgrund seiner Ambitionen im „Ostland" sicherlich eine große Enttäuschung. Aufgrund des von der Politik reglementierten Aufbaus der Kreditwirtschaft im Baltikum und in der Ukraine sowie der von ihr bestimmten Modalitäten bei der Durchführung von großen und lukrativen Geschäftstransaktionen setzte die Dresdner Bank alles daran, das Geschäft der Handels- und Kreditbank durch enge Allianzen mit dem Herrschaftsapparat auszubauen. Im Gegensatz zu anderen besetzten Gebieten, wie etwa in Polen, ließen sich dadurch die Verluste im normalen operativen Geschäft jedoch nicht kompensieren. Im Ergebnis erwies sich die Ex-

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pansion der Dresdner Bank in das Baltikum aus kaufmännischer Sicht schon bald als Fehlschlag, wie auch Rasche im Winter 1944 einräumen musste. Wesentlich vorsichtiger, aber auch mit weniger persönlichem Engagement behandelte man die Expansion auf dem Balkan. Die Beteiligung an der Kroatischen Landesbank in Zagreb und an der Süd-Bank in Belgrad ist als ein Versuch zu werten, sich Stützpunkte auf dem Balkan aufzubauen, um hier ein Gegengewicht gegen die wachsende Dominanz der Deutschen Bank und der mit ihr verbundenen Wiener Creditanstalt zu schaffen. Dieser Versuch gelang jedoch nur in Ansätzen. Sowohl die politischen Rahmenbedingungen als auch die wirtschaftliche Entwicklung Kroatiens und Serbiens standen einer erfolgreichen Entwicklung der beiden Affiliationen entgegen. Daher gelang es auch nicht, den Vorsprung des Deutsche-Bank-Konzerns in dieser Region aufzuholen. Hatte man sich bei der Dresdner Bank schnell mit dieser Gewichtsverteilung abgefunden? Eine solche Einschätzung wäre überraschend, galt der Balkan doch als äußerst wichtiges Rohstoffreservoir, das in den rüstungswirtschaftlichen Überlegungen der Berliner Ministerialbürokratie eine wichtige Rolle spielte. Andererseits blieb die politische und wirtschaftliche Lage in der Region bis zum Ende des Kriegs derart instabil, dass sich der Kampf um Marktanteile und der Aufbau eines rentablen operativen Geschäfts als mühsam erwies. Das Verhalten der Dresdner Bank legt den Schluss nahe, dass man rechtzeitig erkannte, wie schwer es sein würde, den Vorsprung des Deutsche-Bank-Konzerns einzuholen, so dass man von einer massiven Geschäftsausweitung in dieser Region absah. Eine harte Konkurrenz mit anderen Geldhäusern und teilweise scharfe Auseinandersetzungen um die beste Ausgangsposition kennzeichneten die Expansion der Dresdner Bank in die besetzten oder abhängigen Gebiete in Westeuropa. Alle reichsdeutschen Kreditinstitute hatten erkannt, dass eine Geschäftsausweitung in diese Region vielversprechend war, handelte es sich hier doch um Länder mit einem deutlich höheren wirtschaftlichen Leistungsniveau als etwa Polen, das Baltikum oder die Staaten auf dem Balkan. Hier existierte eine ausdifferenzierte Industrie und eine vermögende Privatkundschaft, hier konnte man auf gut entwickelte Netzwerke zurückgreifen, da man mit Banken aus den Niederlanden, Belgien oder Frankreich bereits in der Zwischenkriegszeit Geschäfte gemacht hatte. Hier schien eine Geschäftsausweitung auch im „normalen" operativen Geschäft einträglich zu sein. Zudem winkten Einnahmen aus Geschäftstransaktionen im Zeichen von Kriegswirtschaft und Besatzung. Die weit reichenden Expansionshoffnungen standen jedoch im Gegensatz zu den von den Berliner Behörden ausgegebenen Direktiven, dass deutsche Banken in diesen Ländern nur in Kooperation mit einheimischen Instituten tätig sein sollten. In Verbindung mit dem Reichswirtschaftsministerium als Bankenaufsichtsstelle strebten die reichsdeutschen Banken nach der Besetzung der Niederlande und Belgiens also eine möglichst enge Verbindung zu einheimischen Geldhäusern an, um sich die strategisch interessantesten Kooperationspartner zu sichern. Obwohl sich Carl Goetz, der seine Karriere in Belgien begonnen hatte und über intensive persönliche Kontakte in diesem Land verfügte, massiv dafür einsetzte, der Dresdner Bank ihren Wunschpartner, die Société Générale, zu verschaffen, hatte man in der Behrenstraße gegenüber der Konkurrenz in Gestalt der Deutschen Bank das Nachsehen. Hermann Josef Abs gelang es, eine

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strategische Verbindung zwischen diesen beiden Instituten herzustellen. Zudem konnte er der Deutschen Bank weitere intensive Kontakte zu holländischen Banken sichern. Dies war nicht das Ergebnis einer politischen Intervention zugunsten des Instituts aus der Berliner Mauerstraße, sondern allein das Resultat der Verhandlungen und Sondierungen zwischen den beteiligten Banken. Wieder einmal musste die Dresdner Bank die Erfahrung machen, dass sie ihre Expansionsinteressen nicht durchsetzen konnte, wenn sie keine Rückendeckung in der Politik besaß. Die führende Rolle der Deutschen Bank und ihrer strategischen Partner in den Niederlanden und in Belgien ließ sich auch nicht erschüttern, als sich das ursprünglich von Berlin aus favorisierte Modell der deutschen Bankenpolitik im besetzten Westeuropa als korrekturbedürftig erwies, da sich herausstellte, dass die einheimischen Institute keineswegs in großem Stil zur Kollaboration bereit waren. Das Reich und die Okkupationsverwaltungen erlaubten den reichsdeutschen Geldhäusern ab dem Spätherbst 1940, in Belgien und den Niederlanden mit eigenen Stützpunktbanken präsent zu sein, die aber den einheimischen Instituten keine Konkurrenz machen sollten. Damit war entschieden, dass viele lukrative Geschäftstransaktionen ebenso für diese Banken reserviert blieben wie bestimmte Kundensegmente. Die Expansion der Dresdner Bank in Westeuropa konnte sich daher nur in diesem von der Politik eng abgesteckten Rahmen vollziehen. Vor diesem Hintergrund konnte der Handelstrust West, von der Dresdner Bank im Oktober 1939 als getarnte Tochtergesellschaft gegründet, ab 1940 seine Geschäftstätigkeit ausweiten, auch wenn er von der Berliner Muttergesellschaft stets dazu angehalten wurde, nicht als Konkurrenz, sondern als Partner der holländischen Banken aufzutreten. Der Handelstrust betätigte sich jedoch schon bald nicht nur als klassische Handels- und Privatbank für vornehmlich deutsche Kunden, sondern er übernahm auch immer mehr staatlich-politische Aufgaben für die Besatzungsmacht. Ganz besonders aktiv war er in den Geschäftsfeldern Rüstungsfinanzierung, Kapitalverflechtung und „Arisierung". Aber auch das reguläre Kreditgeschäft entwickelte sich profitabel, die daraus erzielten Einnahmen überschritten die Gewinne aus den anderen Geschäftsfeldern. Die Dresdner Bank und ihre niederländische Affiliation ließen nichts unversucht, um der Deutschen Bank mit ihrer „Stützpunktbank" Albert de Bary oder anderen konkurrierenden Geldhäusern Paroli zu bieten. Diese Konkurrenzsituation war wohl die eigentliche Triebfeder für alle Aktivitäten des Handelstrusts in den Niederlanden, weniger die politischen Verbindungen seiner Direktoren zu den deutschen Besatzungsbehörden. Dennoch konnte oder besser wollte man bei der Dresdner Bank und beim Handelstrust nicht verhindern, dass das operative Bankgeschäft im Laufe des Krieges immer mehr von den besatzungspolitischen und militärischen Rahmenbedingungen geprägt wurde. Eine ähnliche Struktur und eine ähnliche Geschäftsentwicklung wie der Handelstrust West konnte die von der Dresdner Bank als „Stützpunktbank" für Belgien 1941 errichtete Tochtergesellschaft Continentale Bank vorweisen. Ebenso wie der Handelstrust West sollte sich das Institut in Brüssel auf Geschäfte mit deutschen Firmen und Aufträge deutscher Behörde spezialisieren. Ähnlich wie ihre Affiliation in den Niederlanden wies die Zentrale auch ihre Affiliation in Brüssel an, den belgischen Banken keine Konkurrenz zu machen. Die Continen-

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tale Bank konzentrierte ihre Geschäftstätigkeit außer auf das Effektengeschäft auf Verflechtungskäufe und -geschäfte, auf die „Arisierung" und auf die Gewährung von Rüstungskrediten. Gerade auf diesen Gebieten war sie jedoch sehr erfolgreich, so dass sie unter den drei deutschen „Stützpunktbanken" im besetzten Belgien schnell zum führenden Institut avancierte. In Frankreich verzichtete die Dresdner Bank sogar auf die Errichtung einer „Stützpunktbank", sie errichtete in Paris nur eine eigene Repräsentanz. Die Dresdner Bank machte in Frankreich zwar Geschäfte im Interesse des Reichs, seiner Behörden und der in seinem Besitz befindlichen Unternehmen, handelte aber stets als Geschäftspartner einheimischer Banken und respektierte die Integrität des einheimischen Bankwesens. Anders verhielt sie sich in den faktisch annektierten Gebieten Frankreichs, im Elsass und in Lothringen, wo sie eigene Filialen errichtete und sich an der „Germanisierung" der Kreditwirtschaft beteiligte. Dennoch: Gerade in Paris verfolgte die Dresdner Bank eine stringente Kooperationsstrategie, ganz im Sinne der dortigen Militärverwaltung, so dass auch die engen freundschaftlichen Beziehungen zu einer der größten Pariser Banken, der Paribas, nicht beeinträchtig wurden. Diese Kooperation zahlte sich aus: In Zusammenarbeit mit französischen Banken erwarb die Dresdner Bank französische Kapitalbeteiligungen, zum Teil für das Reich, zum Teil für reichseigene Unternehmen, zum Teil auf eigene Rechnung. Damit erfüllte sie den ihr von den Reichsbehörden gestellten Auftrag und die Vorgaben der Besatzungsbehörden. Angesichts der hohen wirtschaftlichen Leistungskraft, großer, international tätiger Industrieunternehmen sowie der hier weniger rigorosen, eher auf Kollaboration zielenden Besatzungspolitik hätte man erwarten können, dass die Dresdner Bank mit aller Macht nach Westeuropa expandieren, neue Kundensegmente akquirieren und ihre geschäftliche Basis deutlich ausbauen wollte. Dies war jedoch nicht der Fall. Der Grund hierfür ist jedoch weniger in einer „Selbstbeschränkung" der Dresdner Bank zu suchen, sondern in der stets erforderlichen Austarierung von eigenem Geschäftsinteresse und den von der Politik vorgegebenen Rahmenbedingungen der Besatzungspolitik. Die Politik hatte die Kooperation mit einheimischen Banken „verordnet" und verlangte, diesen keine Konkurrenz zu machen. Die Dresdner Bank hielt sich an diese Maßgabe, wollte sie doch keinen Konflikt mit den politisch verantwortlichen Behörden riskieren. Zudem konnte und wollte die Dresdner Bank ihre langjährigen freundschaftlichen Geschäftsbeziehungen mit einheimischen Banken nicht aufs Spiel setzen, da sie hoffte, mit diesen gemeinsam nach einem Friedensschluss und bei einer endgültigen „Neuordnung" der Wirtschaft in Westeuropa sich entsprechende Marktanteile und Geschäftsbereiche im Bankwesen der jeweiligen Länder zu sichern. Bis dahin musste sie diesen Zustand akzeptieren und sich mit einer Expansion in Form von kleineren Stützpunktbanken begnügen, die - im Gegensatz zu den meisten Affiliationen in Mittel- und Osteuropa - nicht die gesamte Palette an Bankgeschäften betreiben, sondern sich nur auf bestimmte Geschäftsfelder konzentrieren sollten. Angesichts der wirtschaftlichen Potenz in den Ländern Westeuropas hätte man erwarten können, dass sich bei den Affiliationen der dorthin expandierenden Banken das „normale" Industrie- und Privatkundengeschäft zu einer wichtigen Säule der Geschäftstätigkeit entwickeln würde. Dies war aufgrund der politischen Rah-

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menbedingungen und der unternehmensstrategischen Überlegungen in der Dresdner-Bank-Zentrale nicht der Fall. Wenn überhaupt, so ähnelte in den abhängigen und besetzten Gebieten die Geschäftsentwicklung von Niederlassungen und Affiliationen der Dresdner Bank in Osterreich, im Sudetenland, im Protektorat und in Oberschlesien derjenigen im „Altreich". Die hier operierenden Filialen und Tochtergesellschaften boten die gesamte Palette von Bankgeschäften an. Nicht zu übersehen ist jedoch, dass ihr Handlungsspielraum oft begrenzt war. Die Durchführung großer, spektakulärer und lukrativer Geschäftstransaktionen behielt sich die Zentrale in Berlin vor, während auf die Filialen und Affiliationen oft nur das operative Tagesgeschäft entfiel. Zudem lässt sich von 1938 bis 1945 eine Schwerpunktverschiebung in der Geschäftstätigkeit konstatieren. Das „normale" Industrie- und Privatkundengeschäft nahm an Bedeutung ab, wie sich etwa in Österreich, dem Sudetenland oder dem Protektorat feststellen lässt, während die großen Konsortialgeschäfte, die Rüstungsfinanzierung, die Verflechtungskäufe und die Vermittlungsgeschäfte, selbst die „Arisierung" wachsende Anteile in der Geschäftstätigkeit verbuchen konnten. Die Mitwirkung an großen Konsortialgeschäften - meistens Anleiheemissionen für reichseigene Unternehmen, für Gesellschaften zur Ausbeutung der besetzten Gebiete oder im Rahmen der jeweiligen Struktur- und Wirtschaftshilfen - sollte die sinkenden Margen im Industriefinanzierungsgeschäft kompensieren. Da es sich dabei oft um Anleiheemissionen mit Reichsgarantien handelte, waren diese Geschäfte zudem relativ risikolos. Der Streit um Konsortialquoten und Führungsprovisionen unter den reichsdeutschen Geldhäusern war daher vorprogrammiert und an der Tagungsordnung. In diesen Konflikten konnte sich die Dresdner Bank dann behaupten, wenn sie die Rückendeckung der Politik genoss. War dies nicht der Fall, so musste sie ihre Führungsrolle entweder mit anderen Instituten teilen, etwa mit der Deutschen Bank bei den Konsortialkrediten für die Reichswerke Hermann Göring, oder sich nur mit dem zweiten oder dritten Platz in einem Konsortium begnügen. Eine zentrale Bedeutung sowohl für die Geschäftstätigkeit der Dresdner Bank als auch für ihr „Standing" in den besetzten Gebieten spielten die Rüstungsfinanzierung und die Vermittlung von Betrieben der Schwer- und Rüstungsindustrie für die deutsche Rüstungswirtschaft. Ihr Renommee und ihre Protektion durch die Berliner Behörden hingen davon ab, inwieweit sie vor allem den Reichswerken Hermann Göring die geforderten Unternehmen und Betriebe aus jüdischem oder ausländischem Besitz vermitteln konnte. Schaltete sich Rasche in diese Transaktionen ein, wie etwa im Sudetenland oder im Protektorat, so ließ sich das von den Reichswerken gewünschte Ergebnis erzielen und das Ansehen der Dresdner Bank bei den Berliner Rüstungsplanern deutlich steigern. War dies nicht der Fall, wie etwa in Oberschlesien, so konnte die Dresdner Bank nicht die Rolle als entscheidende Finanzadresse für die deutsche Rüstungswirtschaft für sich reklamieren. Nicht zu bestreiten ist, dass die Rüstungsfinanzierung und die Geschäfte mit der Rüstungsindustrie in fast allen abhängigen oder besetzten Gebieten zu den wichtigsten Geschäftsfeldern des Dresdner-Bank-Konzerns zählten. Für ihre große Konkurrentin, die Deutsche Bank, traf dies ebenso zu. Die Vermittlungstätigkeit der Dresdner Bank und ihrer Affiliationen im Rahmen der „Arisierung" war zwar nicht gleichermaßen ertragreich, gehörte aber

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dennoch zu den entscheidenden Säulen der Geschäftstätigkeit in vielen abhängigen und besetzten Ländern. Dies gilt sowohl für den Westen als auch für Osterreich, für das Sudetenland und das Protektorat. Nicht die direkten „Arisierungsgewinne" in Form von Provisionen, sondern die indirekten in Form von neuen Kunden und Geschäftsverbindungen waren das Motiv für die Dresdner Bank und ihre Tochtergesellschaften, sich massiv in die wirtschaftliche Vernichtung der Juden in Europa einzuschalten. Diese Kalkül ging vielfach auf: Auch wenn das „Arisierungsgeschäft" unter den Geldhäusern hart umkämpft war, so konnte die Dresdner Bank mit ihren Tochtergesellschaften hiervon profitieren, indem sie neue Kunden akquirierte und sich zudem als kompetente Vermittlungs- und Beratungsagentur in diesem heiklen Geschäftsfeld profilierte. Dies gelang jedoch nur dort, wo die „Arisierung" ein gesellschaftlicher Prozess war, wie etwa im Sudetenland oder im Protektorat, und keine von staatlichen Institutionen und Organen direkt reglementierte und kontrollierte Beraubung und „Verwertung" jüdischen und ausländischen Vermögens darstellte. In Polen etwa lief die gesamte „Arisierung" über die H T O und ihre Dependancen. Die Dresdner Bank und ihre polnischen Affiliationen versuchten zwar, die Restriktionen der H T O durch personelle Netzwerke zu unterlaufen, in der Regel blieben dieser Versuche jedoch ohne Erfolg. Die Deutsche Bank war mit dieser Art der Netzwerkbildung zwar in Oberschlesien erfolgreicher als ihre Konkurrentin, jedoch konnte auch sie die Vorgaben der H T O nicht umgehen. Die Handlungsspielräume und die Möglichkeit, direkt oder indirekt von der „Arisierung" zu profitieren, waren für die Geldhäuser in diesem Geschäftsfeld in Polen daher eher gering. Je mehr die Dresdner Bank in die wirtschaftlich weniger leistungsstarken Länder in Mittel- und Osteuropa expandierte - Polen, das Baltikum, die Ukraine umso mehr entfernte sich ihre Geschäftstätigkeit vom „normalen" Bankgeschäft und seinen Standards. Bankgeschäfte ließen sich hier nur in direkter Abhängigkeit vom Herrschafts- und Terrorapparat vollziehen, Bankenpolitik war hier unmittelbar mit der Besatzungspolitik verknüpft. Aufgrund der wirtschaftlichen Rückständigkeit und des Mangels an bedeutenden Industrieunternehmen und vermögenden Privatkunden dominierten in diesen Gebieten die Geschäfte mit dem Herrschaftsapparat. Vor allem die Geschäftsverbindung zur SS und ihren Untergliederungen trat hier hervor. In diesen Gebieten zeigte sich jedoch auch, wie weit die Dresdner Bank bereit war, mit dem NS-System zu paktieren. Trotz eher geringer Aussichten auf Gewinne diente sie sich dem Herrschaftsapparat als wichtigste Bankverbindung, als Finanzier und Beraterin bei der Umsetzung der Ausbeutungs- und Besatzungspolitik an. Die Konkurrenz anderer Geldhäuser in diesem Geschäftsfeld dürfte dabei kaum das handlungsbestimmende Motiv gewesen sein, eher die unbestimmte Aussicht, in einem „germanisierten", deutsch beherrschten osteuropäischen Großwirtschaftsraum eindeutig die Spitzenstellung unter den hier operierenden Kreditinstituten einnehmen zu können. Lässt sich eine solche Aussicht noch als kaufmännisch rational begründet einstufen, oder lässt sich hier eher das Ausmaß an ideologischer Verblendung ablesen? Hat sich die Expansion in das besetzte Europa für die Dresdner Bank gelohnt? Wie weit konnte sie davon profitieren? Die Antwort auf diese Frage hängt von der jeweils gewählten Perspektive ab. Unstrittig ist, dass die Dresdner Bank in den

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Jahren ab 1938 eine Geschäftsausweitung in Gang setzen konnte, die ihr in ihrer Geschichte bis dahin nicht gelungen war. 1943 war sie in fast ganz Europa mit eigenen Niederlassungen oder Affiliationen präsent. In einigen der abhängigen oder besetzten Gebiete, wie etwa im Sudetenland, dem Protektorat, aber auch im Warthegau oder dem Generalgouvernement, zählten ihre Niederlassungen oder Tochtergesellschaften zu den Marktführern der Kreditwirtschaft, in anderen Ländern wie etwa in Belgien oder dem Reichskommissariat Ostland hatte sie zumindest konkurrierende reichsdeutsche Institute hinter sich gelassen. Obwohl sie 1931 vor dem Bankrott gestanden und danach nur mit intensiver staatlicher Hilfe ihren Geschäftsbetrieb hatte aufrechterhalten können sowie grundlegend saniert werden musste, hatte sie innerhalb eines Jahrzehnts eine bisher nicht gekannte Expansion in Europa starten und sich als eines der führenden Kreditinstitute auf dem Kontinent etablieren können. Wie sehr der Dresdner-Bank-Konzern ab 1938 in Europa expandierte, lässt sich auch anhand folgender, aus internen Erhebungen stammenden Daten ablesen. Im Zeitraum vom Ende 1941 bis Mitte 1943 wuchs die Bilanzsumme aller 12 Tochtergesellschaften um 4 7 % , während sich beim Dresdner-Bank-Konzern insgesamt nur ein Wachstum von 2 5 % und bei allen „inländischen" Filialen (das heißt reichsdeutschen, sudetenländischen, oberschlesischen und elsässischen Filialen) ebenfalls ein Wachstum von 2 5 % erzielen ließ. Mitte 1943 entfielen auf die Affiliationen 31% der gesamten Bilanzsumme des Konzerns, während der Anteil Ende 1941 noch bei 2 7 % gelegen hatte. Mitte 1943 steuerten die Tochtergesellschaften 54% zum gesamten Filialgeschäft des Konzerns bei, Ende 1941 3 0 % . Besonders dynamisch waren in diesem Zeitraum der Handelstrust West, die Kommerzialbank und die Böhmische Escompte-Bank gewachsen. Auch Debitoren und Kreditoren ließen sich in den anderthalb Jahren von Ende 1941 bis Mitte 1943 bei den Tochtergesellschaften weitaus mehr steigern als beim Gesamt-Konzern oder bei den Filialen. Bei den Tochtergesellschaften wuchsen die Debitoren in diesem Zeitraum um 3 0 % , bei den Filialen insgesamt um 16%. Bei den Kreditoren war gar eine Steigerung von 5 6 % bei den Tochtergesellschaften zu verzeichnen, im Vergleich zu 2 6 % bei den Filialen und 2 9 % beim Gesamt-Konzern. Mitte 1943 entsprach der Debitorenstand aller Tochtergesellschaften 3 8 % des Gesamtkonzerns (Ende 1941 3 5 % ) und 70% aller Filialen (Ende 1941 64%). Die gesamten Kreditoren der Tochtergesellschaften betrugen Mitte 1943 4 8 % der Einlagen aus den Filialen und 3 1 % des gesamten Konzerns. Angesichts dieser Zahlen überrascht es nicht, dass auch der Betriebsgewinn in diesem Zeitraum bei den Tochtergesellschaften schneller wuchs als bei den Filialen und im Gesamt-Konzern. 2 Selbst wenn man in Betracht zieht, dass das Wachstum einiger Tochtergesellschaften von einem ungleich niedrigeren Niveau als das der reichsdeutschen Filialen oder auch der Länderbank Wien begann, sich mithin allein aufgrund dieses Effektes schneller höhere Wachstumsraten erzielen ließen, so lässt sich dennoch 2

Detaillierte Angaben dazu finden sich in: H A D r B , Bestand 87, Konsortialabteilung, Akte 300152 0 0 1 . B E , Handakte Direktor Busch, Bilanz- und Ertragsentwicklung unserer Tochtergesellschaften vom 31. 1 2 . 1 9 4 1 bis zum 30. 6 . 1 9 4 3 , erstellt von der Revisionsabteilung (Klein) am 6 . 1 2 . 1 9 4 3 . Leider wurde die Steigerung des Betriebsgewinns in dieser Aufstellung nicht detailliert für die einzelnen Tochtergesellschaften ausgewiesen.

2. Expansion und Geschäftstätigkeit

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nicht übersehen, dass die ausländischen Tochtergesellschaften der Dresdner Bank von Ende 1941 bis Mitte 1943 ein deutlich höheres Wachstum erreichten als der Gesamtkonzern oder die inländischen Filialen, mithin einen zunehmenden Anteil zum Wachstum des Gesamtkonzerns beisteuerten und damit einen steigenden Anteil an den Bilanzdaten des Gesamtkonzerns für sich reklamieren konnten. Ohne die Expansion in Europa, ohne das Wachstum seiner Tochtergesellschaften, hätte der Gesamtkonzern zumindest in dem hier erfassten Zeitraum nicht die Steigerung des gesamten Betriebsergebnisses erreichen und damit seine Stellung in der Kreditwirtschaft verteidigen können. 3 Möglich war ein solches Ergebnis nur, weil die Dresdner Bank geschickt und mit Nachdruck die durch die Expansion des NS-Regimes in Europa und die jeweilige Besatzungspolitik geschaffenen Rahmenbedingungen zu ihren Gunsten ausnutzte. Ohne die mittels Einschüchterung, Erpressung und Krieg vollzogene Ausweitung des deutschen Herrschaftsgebiets in Europa hätte auch die Dresdner Bank ihre geschäftliche Basis nicht so schnell und erfolgreich verbreitern können. Ihre Expansion basierte nicht auf ihrer eigenen ursprünglichen Marktposition und betrieblichen Stärke, sondern war eine politisch induzierte. Dies hatte man bei der Dresdner Bank durchaus erkannt. Daher suchte man die direkte Nähe zum NSRegime, seinen Funktionsträgern, seinen Behörden und Organen, um unmittelbar in Form einer eigenen Geschäftsausweitung von der politischen Expansion zu profitieren. Offenbar war die Dresdner Bank in dieser Hinsicht erfolgreicher als ihre reichsdeutschen Konkurrentinnen, so dass ihre Expansion in Europa ab 1938 eine größere Dynamik aufwies als etwa bei der Deutschen Bank oder der Commerzbank. Im Sudetenland, im Protektorat, ja sogar in der Slowakei, im Warthegau und im Reichskommissariat Ostland konnte die Dresdner Bank ihre Interessen gezielter und eindeutiger durchsetzen als ihre große Berliner Konkurrentin oder die teilweise zögernde Commerzbank. Dass die Dresdner Bank dabei auch politisch gewollte Rückschläge verkraften musste, wie etwa in Oberschlesien oder bei der so genannten „Bankenrationalisierung", kann diesen Befund nicht relativieren. Möglich war die Expansion in Europa ab 1938 aber auch, weil die Dresdner Bank in den abhängigen und besetzten Gebieten rigoros und ohne Bedenken in heiklen Geschäftsfeldern aktiv wurde, die mit lange Zeit gültigen Standards des „ehrenhaften Bankiers" schwer oder kaum noch zu vereinbaren waren. Ihre massive Beteiligung beim Ausbau der deutschen Rüstungswirtschaft belegt dies ebenso wie ihr Engagement bei der Finanzierung von Unternehmen zur wirtschaftlichen Ausbeutung der besetzten Gebiete, ihre zahlreichen finanziellen Dienstleistungen für die und ihre engen Kontakte zur SS sowie ihre Mitwirkung bei der „Verwertung" jüdischen Vermögens. Auch hier ging die Dresdner Bank vielfach gezielter und geschickter vor als ihre Konkurrenz, so dass sie im Ergebnis auf diesen heiklen Geschäftsfeldern erfolgreicher war - länder- oder gebietsspezifische Unterschiede mit einbezogen. Vergleicht man die nach den ersten erfolgreichen Expansionsschritten rasch wachsende Euphorie in der Dresdner-Bank-Zentrale mit der tatsächlichen Ge5

Siehe dazu die einzelnen Kennziffern in ebd.

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

schäftsentwicklung von Niederlassungen und Affiliationen in einigen abhängigen oder besetzten Gebieten, so ist der Befund einer ausgesprochen erfolgreichen Expansion der Dresdner Bank ab 1938 zu modifizieren. Gerade in den wirtschaftlich weniger entwickelten Gebieten wie etwa in weiten Teilen Polens oder in den beiden Reichskommissariaten blieb die Geschäftsentwicklung nicht nur hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück, sondern war auch vielfach von nicht einkalkulierten Risiken gekennzeichnet. Die enge Anbindung an den Herrschaftsapparat und die Durchführung von Finanztransaktionen für ihn konnte die Schwäche im operativen Geschäft nicht kompensieren. In den wirtschaftlich entwickelten Ländern Westeuropas wurde die Expansion der Dresdner Bank durch politische Vorgaben limitiert, so dass sie hier kein umfassendes Bankgeschäft aufbauen konnte. Trotz ihrer intensiven Mitwirkung an der „Arisierung", der Rüstungsfinanzierung und den Verflechtungskäufen blieb die tatsächliche Geschäftsexpansion daher hinter den anfänglichen Erwartungen zurück. Lassen sich diese Erwartungshaltung und die ab 1938 wachsende Euphorie als Bewertungsmaßstab und Vergleichskriterien für die Expansion der Dresdner Bank in Europa heranziehen? Wohl kaum, handelte es sich doch um eine durch anfängliche Expansionserfolge gespeiste und darauf basierende Sichtweise, die aber keineswegs auf einer sachlichen Analyse der tatsächlichen politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den jeweiligen Ländern fußte. Zudem beinhaltete sie nicht die Risiken des Kriegsverlaufs und die Konsequenzen der Herrschaftspraxis für die Geschäftsentwicklung in den besetzten Gebieten. Einige Leiter von Affiliationen und Niederlassungen vor Ort forderten eine nüchterne Analyse bereits frühzeitig ein, ab 1942 dürfte sich diese auch bei weiten Teilen des Vorstands der Dresdner Bank durchgesetzt haben. Im Ergebnis war die Expansion der Dresdner Bank in Europa ausgesprochen erfolgreich, auch wenn sich einige euphorische Erwartungen an die zukünftige Marktposition in einem von Deutschland dominierten „europäischen Großwirtschaftsraum" nicht erfüllten. Die Expansion der Dresdner Bank war jedoch abhängig von der Politik. Mit dem Niedergang und dem Zerfall des NS-Regimes war absehbar, dass auch die Geschäftsausweitung der Dresdner Bank in Europa beendet war.

3. Allianzen und personelle N e t z w e r k e

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3. Allianzen und personelle Netzwerke Mit dem Aufstieg des Universalbanksystems entstanden auch personelle Netzwerke zwischen Industriellen, Verbandsvertretern und Bankdirektoren. Spätestens mit der Ausrichtung der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik auf Rüstungsproduktion und Kriegswirtschaft veränderten bisher existierende Netzwerke ihren Charakter. Nicht mehr die „Netzwerke des Vertrauens" zwischen Industriellen und Bankdirektoren waren für die Informationsbeschaffung und Strategieplanung von ausschlaggebender Bedeutung, sondern die Netzwerke mit den politischen Entscheidungsträgern - Ausdruck des wachsenden staatlichen Dirigismus in der deutschen Wirtschaft. 4 Die Banken trugen dieser Entwicklung Rechnung, indem sie in ihren Vorständen und Aufsichtsgremien Personen etablierten, die bewusst die Nähe zu Funktionären des NS-Herrschaftsapparats suchten oder bereits über enge persönliche Beziehungen zu politischen Entscheidungsträgern verfügten. Die Nähe zur Politik wurde ein wichtiges Element sowohl für die Informationsbeschaffung als auch für die Artikulation und die Durchsetzung eigener Interessen. Dies galt vor allem für die neu geschaffenen Institutionen, die für die Wirtschaftsplanung eine entscheidende Rolle spielen sollten, dies galt aber auch für die Unternehmen, die sich im Besitz des Staates oder seiner Organe befanden, wie etwa die Reichswerke Hermann Göring, die Kontinentale Ol A G oder die Monopolgesellschaften zur wirtschaftlichen Ausbeutung des Ostens. Der „persönliche Faktor", das heißt personalisierte Geschäftsbeziehungen zwischen der Wirtschaft zur Politik und damit auch der Banken zur Politik gewannen für den angestrebten Geschäftserfolg an Bedeutung. Diese Entwicklung zeigte sich auch bei der Dresdner Bank in aller Deutlichkeit. Nach der Reprivatisierung des Instituts, spätestens mit dem Beginn seiner Expansion in Europa im Schatten des NS-Regimes, nahm seine Nähe zum NS-Herrschaftsapparat eine andere Qualität an. War die Nähe zum Staat, seinen Organen und seinen Funktionsträgern zunächst vor allem eine Folge der Sanierungsmaßnahmen nach der Bankenkrise von 1931, so waren die engen Beziehungen zur NSDAP, zu staatlichen Organen, aber auch zu Instrumenten des Terrorapparats in den besetzten Ländern eine bewusste Entscheidung der jeweils zuständigen Vorstandsmitglieder. Handelte es sich in der ersten Hälfte der 1930er Jahre eher um eine „erzwungene Nähe" zu staatlichen Institutionen, so war die Nähe zum Herrschaftsapparat nach 1938 eindeutig intentional gewollt. Engte die erzwungene Nähe die unternehmerischen Handlungsspielräume der Dresdner Bank nach der Bankenkrise zunächst ein, so diente sie nach 1938 eindeutig zur Ausweitung der Handlungsspielräume. Nähe zu N S D A P - und staatlichen Institutionen war ein Instrument, um die Konkurrenz bei der Vergabe von Rüstungsaufträgen ebenso aus dem Feld zu schlagen wie bei der „Neuordnung" großer Teile der Wirtschaft in den abhängigen und an4

Dazu: Martin Fiedler, Netzwerke des Vertrauens. Zwei Beispiele aus der deutschen Wirtschaftselite, in: Dieter Ziegler (Hg.), Großbürger und Unternehmer, Göttingen 2000, S. 93-114; Harald Wixforth, Banken und Lobbyismus in der Weimarer Republik und der NS-Diktatur, in: Wissenschaftlicher Beirat des Instituts für bankhistorische Forschung (Hg.), Bankenlobbyimus. Beiheft 44 des Bankhistorischen Archivs, Stuttgart 2004, S. 47 f.

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

geschlossenen Gebieten. Nähe bedeutete aber auch über die bei der Dresdner Bank praktizierte Netzwerkbildung eine unmittelbare Partizipation an den Informationsströmen zwischen den einzelnen Institutionen des Staates und der NSDAP, die Ausnutzung der gewonnenen Informationen für die eigene unternehmerische Strategiebildung und umgekehrt die Positionierung der Dresdner Bank als Informationsagentur aufgrund der bei ihr zusammenfließenden Informationsströme aus Wirtschaft und Politik. Wer intensiven Umgang mit Entscheidungsträgern in den Berliner Ministerien, der Vierjahresplan-Behörde oder den Organen des Herrschaftsapparates in den einzelnen Gebieten pflegte, konnte sich selbst als unverzichtbarer „Informationsbroker" positionieren und erhielt im Gegenzug Informationen, die für sein eigenes operatives Geschäft von großer Bedeutung waren. Die Dresdner Bank praktizierte diese Art von Netzwerkbildung, als deren Resultat die von ihr gewollte Nähe zum Regime zu sehen ist, vielfach gezielter und nachhaltiger als ihre Konkurrenten in der Berliner Finanzwelt. Dies scheint erklärungsbedürftig zu sein. Eine Schlüsselrolle zum Verständnis dieses Phänomens fällt für die abhängigen und besetzten Gebiete den Vorstandsmitgliedern Karl Rasche und Emil Meyer zu. Aber auch einige andere Vorstandsmitglieder wie etwa Carl Lüer, Abteilungsdirektoren sowie Leiter von Affiliationen folgten Rasches und Meyers Beispiel und suchten direkt und unmittelbar die Nähe zu Exponenten des NS-Herrschaftsapparates. Zu nennen wären hier Reinhold Freiherr von Lüdinghausen in seiner Funktion als Leiter der Reichenberger Gebietsdirektion und als Vorstandsmitglied der Böhmischen Escompte-Bank, Heinrich Ansmann und Paul Binder als Referatsleiter und Fachleute für „Arisierungsfragen", Harald Kühnen als Nachfolger Ansmanns, aber auch Max Stein als Vorstandsmitglied der Ostbank oder Arthur Glathe und Rudolf Kawohl, die die gleiche Funktion bei der Kommerzialbank ausübten. Sie alle erhielten durch die Expansion der Dresdner Bank in die abhängigen und besetzten Gebiete verantwortungsvolle Positionen, sie alle hatten keine Skrupel, eng mit den Entscheidungs- und Funktionsträgern des NS-Regimes oder den Staatsorganen zusammenzuarbeiten, sie alle hofften, dadurch die Grundlage für eine glanzvolle Karriere im Dresdner-Bank-Konzern zu schaffen. Für den Geschäftserfolg der Dresdner Bank beim Ausbau und der Finanzierung der Rüstungswirtschaft und des damit zusammenhängenden erzwungenen Verkaufs von Unternehmen aus jüdischem Besitz zu Gunsten der Reichswerke Hermann Göring, aber auch beim Aufbau und bei der Finanzierung des Wirtschaftsimperiums der SS in Gestalt des W V H A spielten personelle Netzwerke eine zentrale Rolle. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Immer dann, wenn Karl Rasche seine engen Beziehungen zu Görings Referent für Wirtschaftsfragen Hans Kehrl ausspielen konnte, konnte die Dresdner Bank beim Ausbau der Rüstungswirtschaft ihre Konkurrenten ausstechen. Die spektakulären, für die Dresdner Bank und für Rasche persönlich erfolgreichen Geschäftstransaktionen im Sudetenland und im Protektorat belegen dies nur allzu deutlich. Immer dann, wenn sich Rasche auf diesem Geschäftsfeld Zurückhaltung auferlegte oder auf Weisung Kehrls auferlegen musste, mithin eine Allianz mit ihm keine direkten Konsequenzen für die Durchführung der Transaktion besaß, konnte die Deutsche Bank ihre Konkurrentin übertrumpfen.

3. Allianzen und personelle Netzwerke

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Antichambrierte Meyer bei den Entscheidungsträgern der SS und ihren Organen, dann eröffneten diese bei der Dresdner Bank Konten und betrauten sie mit der Abwicklung von äußerst heiklen Geschäftstransaktionen. Auch hier war es der „persönliche Faktor", der die Dresdner Bank zu dem Kreditinstitut werden ließ, das wie kein anderes enge Geschäftsverbindungen mit der SS unterhielt. Dennoch lassen sich Unterschiede in den Allianzen und den personellen Netzwerken Rasches und Meyers ausmachen. Rasche, bereits vor seinem Eintritt ein gewandter und karrierebewusster Bankier mit guten persönlichen Beziehungen zur rheinisch-westfälischen Schwerindustrie, musste sich mit seinen Allianzen und seinem Taktieren in einem hart umkämpften Geschäftsfeld behaupten. Meyer, ein biederer, dafür eng der NS-Ideologie verhafteter Bankier, konnte auf der Grundlage seiner persönlich engen Kontakte etwa zu Oswald Pohl, dem Leiter des WVHA, Geschäftstransaktionen mit der SS abschließen, jedoch vielfach nur dann, wenn er bei der Bemessung der Konditionen zu Konzessionen bereit war. Dass er sich fast immer auf die Wünsche der SS einließ, zeigt, dass er als Bankier kaum über Verhandlungsgeschick verfügte, aus ideologischen und aus - nach seiner Sicht - Prestigegründen dennoch um jeden Preis Geschäfte mit der SS abschließen wollte. Dieses Geschäft war jedoch von den anderen Banken bei weitem nicht so hart umgekämpft wie etwa der Ausbau der Rüstungswirtschaft. Jedenfalls ließen sich bisher nur wenige Hinweise darauf finden, dass sich etwa die Deutsche Bank oder die Commerzbank mit ihren Affiliationen sehr darum bemüht hätten, sich als erste Finanzadresse der SS zu etablieren. Kehrl schätzte Rasche aufgrund seiner Qualitäten als Bankier, wegen seiner Findigkeit, Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit. Dass Oswald Pohl oder Wilhelm Keppler gegenüber Meyer eine gleiche Wertschätzung an den Tag legten, ist nicht bekannt. Waren die personellen Netzwerke der Dresdner Bank effizienter als die konkurrierender Institute, und wenn ja, warum? Viele Geschäftstransaktionen des Instituts in den abhängigen oder besetzten Gebiete wären ohne die Allianzen und personellen Netzwerke Rasches und Meyers nicht möglich gewesen. Nicht zu übersehen ist jedoch, dass sich die Deutsche Bank oder die Commerzbank um eine ähnliche Form der Netzwerkbildung bemühten. Fraglos waren Oswald Rösler, Johannes Kiehl oder Hermann Josef Abs aus dem Vorstand der Deutschen Bank ebenso Netzwerkspezialisten wie Friedrich Reinhart oder Karl Hettlage aus dem Vorstand der Commerzbank. In einigen Gebieten, wie etwa in Oberschlesien oder auf dem Balkan, erwiesen sich die Netzwerkbildung und die personelle Allianzen zumindest der Deutschen Bank im Vergleich zur Dresdner Bank als zielführender. Bei einer Reihe von spektakulären und heiklen, für den Ausbau der Rüstungswirtschaft wichtigen Transaktionen brachten jedoch Rasches Allianzen und Netzwerke den von ihm und der Dresdner Bank gewünschten Erfolg. Ein gewisser „Zufallsfaktor" spielte in diesem Zusammenhang sicherlich eine Rolle. Bei seinem Eintritt in die Dresdner Bank konnten weder Rasche noch der Vorstand und der Aufsichtsrat des Instituts vorhersehen, dass Hans Kehrl der wichtigste politische Entscheidungsträger für eine Reihe von wichtigen Fragen bei der „Neuordnung" der Wirtschaft in den abhängigen oder besetzten Gebieten werden würde, zudem beim Ausbau der Rüstungswirtschaft in der Vierjahresplan-Behörde die Entscheidungskompetenz besaß. Gleichermaßen war nicht absehbar,

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X . D i e E x p a n s i o n der D r e s d n e r B a n k in E u r o p a

dass Paul Pleiger und Helmut Roehnert im Vorstand der Reichswerke Hermann Göring eine schnelle Karriere machen würden. Rasche, Pleiger und Roehnert kannten sich schon seit langem aufgrund gemeinsamer Geschäfte in der westfälischen und oberbergischen Eisen- und Metallwarenindustrie und pflegten seitdem intensive Kontakte. Pleiger und Kehrl hatten zunächst im „Büro Keppler" zusammengearbeitet, bevor sie die wichtigsten Funktions- und Entscheidungsträger in der deutschen Rüstungsindustrie wurden. Mit der Etablierung der VierjahresplanBehörde, mit der Gründung der Reichswerke Hermann Göring, vor allem aber mit der Ausweitung des deutschen Herrschaftsraumes in den besetzten Gebieten formten Rasche, Kehrl, Pleiger und Roehnert ein Viererbündnis, bei dem die zentralen Entscheidungen über den Ausbau der Rüstungswirtschaft zusammenliefen.5 Eher war absehbar, dass Wilhelm Keppler zumindest zeitweilig eine Schlüsselposition in der NS-Wirtschaft einnehmen würde. Mit seinem Schwager engere Beziehungen zu unterhalten und ein Netzwerk aufzubauen, dürfte selbst Meyer nicht allzu schwer gefallen sein. Das gleiche gilt wohl auch für Meyers Allianzen zur SS und ihren Untergliederungen, deren Wohlwollen er sich um jeden Preis erkaufen wollte, so dass er alles daran setzte, mit deren Entscheidungsträgern intensive persönliche Kontakte zu unterhalten. Fraglich ist allerdings, ob die SS-Spitze Meyer als gleichrangiges Mitglied in ihren Netzwerken und ihrem Geflecht persönlicher Beziehungen und Abhängigkeiten einstufte, oder ob er als „Außenseiter" behandelt wurde, der Konzessionen machen musste, um seine SS-Kontakte aufrechtzuerhalten. Allianz- und Netzwerkbildung liefen bei der Deutschen Bank oder der Commerzbank anders ab als bei der Dresdner Bank. Die Dresdner Bank nutzte den „persönlichen Faktor" und den „Zufallsfaktor" direkter für ihre unternehmerische Strategiebildung aus. Sie paktierte gezielter mit den neuen Entscheidungsträgern in der Rüstungsindustrie und der SS-Wirtschaft als ihre Konkurrenten. Die Netzwerke und Allianzen eines Emil von Stauß, Oswald Röslers oder Hermann Josef Abs aus dem Vorstand der Deutschen Bank oder eines Friedrich Reinharts und Karl Hettlages aus dem Vorstand der Commerzbank zielten wahrscheinlich nicht in dem Maße wie bei der Dresdner Bank auf die beiden neuen, im Rahmen der NS-Wirtschaft ab 1936 zunehmend an Bedeutung gewinnenden „Machtzentren": die Vierjahresplan-Behörde und das Wirtschaftsimperium der SS. Angesichts des zunehmenden Gewichts von Geschäften mit der Rüstungswirtschaft und der SS gewannen Rasche und Meyer auch im Vorstand der Dresdner Bank an Bedeutung. Waren sie mit ihren Geschäften erfolgreich, waren diese für die Bank profitabel, so akzeptierten wohl der gesamte Vorstand und der Aufsichtsrat diese Geschäftspraktiken. So lange das auf der Grundlage einer „gewollten Nähe" intentional herbeigeführte Engagement in der Rüstungswirtschaft und bei der SS dazu beitrug, die Gewinnsituation der Bank zu verbessern und ihr Prestige beim Herrschaftsapparat zu steigern, wurde es von den Entscheidungsträger in der

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Informationen zur Person Roehnerts und Pleigers und zur Zusammensetzung des Vorstands der Dresdner Bank finden sich in Band 1.

3. Allianzen und personelle Netzwerke

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Dresdner Bank in keiner Weise hinterfragt, sondern vom gesamten Vorstand und Aufsichtsrat mitgetragen. Diese Konstellation, diese Allianzen waren für die Dresdner Bank allerdings nur so lange zielführend, wie Kehrl, die Vierjahresplan-Behörde, die Reichswerke Hermann Göring und das W V H A in der NS-Wirtschaft eine herausragende Position besaßen. Mit dem zunehmenden Machtverlust Görings und dem damit einhergehenden Bedeutungsrückgang der Vierjahresplan-Behörde, mit der Konkurrenz anderer schwerindustrieller Konzerne (Berghütte, Werke des Generalgouvernements) für die Reichswerke verloren auch die Allianzen und Netzwerke der Dresdner Bank, vor allem Rasches, an Gewicht. Rasche und die Dresdner Bank machten die Erfahrung, dass sie die Position des führenden Kreditinstituts beim Auf- und Ausbau der Rüstungswirtschaft nicht mehr für sich reklamieren konnten - eine Folge des Bedeutungsverlustes der von ihnen geknüpften Allianzen und Netzwerke. Sie mussten akzeptieren, dass ihnen vor allem die Institute in Staatsbesitz diese Stellung streitig machten.

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

4. Verantwortung, Schuld, Rechtfertigung In ihrer offiziellen, anlässlich ihres 120-jährigen Bestehens publizierten Geschichte startete die Dresdner Bank einen eher untunlichen Versuch, sich für ihre Geschäftspolitik während des NS-Regimes zu rechtfertigen. Zwar konzediert sie, dass es Mitarbeiter gegeben habe, „die einen gewissen Ubereifer bei der Einhaltung staatlicher Anordnungen, einen vorauseilenden Gehorsam zeigten". 6 Die Bank sei jedoch nicht, so die Argumentation weiter, die Hauptbankverbindung der N S D A P gewesen, außerdem habe im Institut niemals die NS-Ideologie vorgeherrscht. Stattdessen sei sie „gleichgeschaltet" gewesen und von NS-Funktionären aufgrund ihrer „liberalistischen Grundhaltung" misstrauisch betrachtet worden. Zwar ist ebenso wenig zu bestreiten, dass das kurz vor der so genannten „Machtübernahme" kollabierte Bankwesen in Deutschland von NS-Ideologen argwöhnisch beäugt wurde, wie die Tatsache, dass bestimmte wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen des NS-Systems die Tätigkeit der Banken im alten Reichsgebiet einschränkte. Doch ist die von der Dresdner Bank 1992 vorgelegte Interpretation ihrer Geschichte während des NS-Regimes eher als irreführend und falsch einzustufen. In dem hier vorgelegten Band ließ sich nachweisen, wie massiv die Dresdner Bank bei ihrer Expansion in Europa seit 1938 vom NS-Regime und seiner Annexionspolitik profitierte. Zudem ließ sich zeigen, wie bewusst und gezielt sie Allianzen mit dem Regime schmiedete und daher „gewollte Nähe" zu ihm herstellte. Obwohl sich einige Hoffnungen, die man in der Behrenstraße in den Expansionsprozess setzte, nicht erfüllten, konnte die Dresdner Bank direkt vom NSRegime profitieren. In ihrer offiziellen Darstellung versuchte die Dresdner Bank auch mit einem anderen Manöver, ihre Verantwortung und ihre Schuld zu relativieren. Sie räumte persönliches Fehlverhalten von Entscheidungsträgern ein, bestritt aber eine Gesamtschuld der Bank. Sie berief sich dabei auf Ausführungen der Spruchkammer Wiesbaden anlässlich eines hier gegen die Dresdner Bank anhängigen Verfahrens, in dem die Richter die Meinung vertraten, dass Verfehlungen während de NSDiktatur nicht der „Gesamtheit der in einem Großbetrieb tätigen führenden Beamten zur Last gelegt werden" können. 7 Die Zielrichtung der von der Dresdner Bank vorgelegten Argumentation ist offenkundig: Sie wies Vorstandsmitgliedern wie Rasche und Meyer die Verantwortung und die Schuld für die während der NS-Diktatur praktizierte Geschäftspolitik zu, während sie andere Vorstandsmitglieder, Abteilungsdirektoren oder Leiter von Affiliationen davon freisprechen wollte, eng mit dem NS-Herrschaftsapparat paktiert und die herrschenden politischen Rahmenbedingungen direkt und gezielt zu Gunsten der Bank oder zu ihrem eigenen Vorteil ausgenutzt zu haben. An der besonderen Stellung Rasches und Meyers im Vorstand der Bank, an ihrer Verantwortung und Schuld kann kein Zweifel bestehen. Dennoch: Zwar konnten beide ihre Allianzen mit dem Herrschaftsapparat schmieden und auf dieser Grundlage vielfältige Geschäfte durchführen, doch mussten sie dem Vorstand und den Aufsichtsgremien der Bank darü' Meyen, 120 Jahre, S. 133. 7 Ebd.

4. Verantwortung, Schuld, Rechtfertigung

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ber berichten. Sowohl der gesamte Vorstand als auch der Aufsichtsrat wussten daher von Geschäftspraktiken und ihren Konsequenzen. Sie billigten diese Art der Geschäftspolitik. Jedenfalls lässt sich kein Veto aus diesen Reihen gegen die von Rasche und Meyer eingeleiteten Geschäfte nachweisen. In der Behrenstraße wussten alle Entscheidungsträger um die oft heiklen Geschäfte, billigten sie und sahen darin häufig einen „großen Geschäftserfolg", wenn sich konkurrierende Institute dabei ausstechen ließen. Die Ergebnisse des vorliegenden Bandes belegen eindeutig, dass es verfehlt wäre, Rasche und Meyer allein die Verantwortung für die Geschäftspolitik der Dresdner Bank in den abhängigen und besetzten Gebieten zuzuschreiben. Wenn auch nicht in der Intensität wie Rasche und Meyer, so waren doch andere Vorstandsmitglieder wie Hugo Zinsser, Carl Liier, Hans Pilder oder Gustav Overbeck an der Geschäftsausweitung der Dresdner Bank in Europa ebenso beteiligt und in die daraus resultierenden Geschäftspraktiken involviert wie Carl Goetz als Aufsichtsratsvorsitzender. Wichtiger war jedoch, dass Abteilungsdirektoren und Leiter von Affiliationen massiv und direkt die Expansion der Dresdner Bank in Europa mittrugen, zudem für heikle und moralisch bedenkliche Geschäfte verantwortlich waren. Ohne die Sondierungen eines Heinz Ansmanns oder Werner Teichmanns bei den Berliner Ministerien hätte Rasche die Dresdner Bank nicht derart gezielt in den Ausbau der Rüstungswirtschaft einschalten können; ohne die Vermittlungsbemühungen eines Paul Binders oder Harald Kühnens wären viele „Arisierungsgeschäfte" für die Dresdner Bank im Sande verlaufen; ohne die Arbeit eines Hans Rinns oder Fritz Andrés hätten die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen für viele heikle und moralisch bedenkliche Geschäftstransaktionen gefehlt. Sie alle wirkten an Geschäften mit, die sie unter anderen politischen Rahmenbedingungen abgelehnt hätten, da sie im Gegensatz zu ihrem lange gepflegten Selbstverständnis als „ehrbare Bankiers" standen. Noch deutlicher wird dies bei den Leitern von Gebietsdirektionen und Affiliationen der Dresdner Bank. Walter Blancke war von blindem Ehrgeiz getrieben und dafür verantwortlich, dass die von ihm betreuten oberschlesischen Filialen ausgesprochen heikle Kredite vergaben und Geschäfte um jeden Preis abschlössen. Leonhard Wolzt, Reinhold Freiherr von Lüdinghausen oder Herbert Knobloch waren entscheidend daran beteiligt, dass die von ihnen geleiteten Affiliationen sowohl vielfältige Beziehungen zum jeweiligen Herrschaftsapparat knüpften als auch sich bei „Arisierungen" und Rüstungsgeschäften engagierten. Max Stein aus dem Vorstand der Ostbank war von der Richtigkeit der im Warthegau durchgeführten rigorosen „Germanisierungspolitik" ebenso überzeugt wie Arthur Glathe oder Rudolf Kawohl aus dem Vorstand der Kommerzialbank von der wirtschaftlichen Ausplünderung des Generalgouvernements. Sie alle hofften auf eine schnelle Karriere im Konzern der Dresdner Bank, sie alle waren mindestens Opportunisten, die längst das Credo eines „ehrbaren Bankiers" hinter sich gelassen hatten. Sicherlich gab es Vorstandsmitglieder und Abteilungsdirektoren, die der NSDiktatur kritisch gegenüber standen oder deren Distanz zum Regime vor allem in der zweiten Hälfte des Krieges wuchs. Hans Pilder etwa galt als „unsicherer Kantonist" und musste Verantwortungsbereiche abgeben. Gustav Overbeck zeigte

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

sich beim Aufbau des oberschlesischen Geschäfts und der „Betreuung" der dortigen Rüstungswirtschaft wenig entschlossen, was zu Konflikten mit den Filialleitern vor Ort führte. Dennoch: In den Leitungspositionen der Dresdner Bank gab es keineswegs nur eine geringe Zahl von Nationalsozialisten, die gleichsam isoliert von Vorstand, Aufsichtsrat und anderen Leitungsgremien agierten, wie das Institut in seiner offiziellen Geschichte suggeriert. Im Gegenteil: Neben Rasche und Meyer fanden sich viele Entscheidungsträger bereit, die Verbrechen des Regimes zu akzeptieren, sich bei ihm anzubiedern und mit ihm zu paktieren, zu ihrem eigenen und zum Vorteil der Bank. Nur daher war es möglich, dass die Dresdner Bank das erforderliche Maß an Anpassungsbereitschaft an den Tag legte und ab 1937/38 die „gewollte Nähe" zum Regime herstellte, auf deren Grundlage sie eine bis dahin nicht gekannte Expansion in Europa beginnen konnte. Alle diese Personen tragen ihren Teil von Verantwortung und Schuld für die von der Dresdner Bank dabei praktizierten Geschäftspolitik mit all ihren Folgen. Die Dresdner Bank war sicherlich an die jeweiligen Vorgaben der Besatzungspolitik gebunden, so dass sie sich in einigen Fällen zum reinen Instrument der Herrschaftspraxis machen ließ, wie etwa in ihrer Funktion als „Informantin" und „Zuträgerin" für die H T O bei der Konfiskation und „Verwertung" jüdischer Vermögen im Protektorat und im besetzten Polen. Gegen diese Rolle opponierte die Dresdner Bank jedoch keineswegs. Im Gegenteil. Sie akzeptierte diese Rolle bereitwillig, wusste sie doch, dass sie eine wichtige Voraussetzung für die aktive Mitgestaltung bei heiklen Geschäftstransaktionen auf der Grundlage der „gewollten Nähe" zum Regime war. Dieses honorierte das Verhalten der Dresdner Bank und übertrug ihr die Verantwortung, unter Anwendung ihres spezifischen Knowhows und ihrer Kontakte heikle Geschäftstransaktionen in seinem Sinne durchzuführen. Die großen „Arisierungsfälle" im Sudetenland und im Protektorat - Petschek, Weinmann, Witkowitz - zeigen dies ebenso deutlich wie die Geschäftstransaktionen beim Aufbau des Wirtschaftsimperiums der SS. In diesen Fällen wurde die Dresdner Bank vom Instrument zur direkten Komplizin des Regimes. Diese Art der Mittäterschaft wurde nicht nur von den gesamten Leitungs- und Aufsichtsgremien der Dresdner Bank getragen, sondern ihre Konsequenzen - die Aneignung von Unternehmen aus jüdischem Besitz durch die deutsche Rüstungsindustrie - als „großer Erfolg" gefeiert. Gerade in der Zeit, als die Dresdner Bank für das Regime die von ihm gewünschten Geschäftstransaktionen durchführte, befand sie sich im Zenit ihrer Geschäftsentwicklung während des Nationalsozialismus. Das Regime profitierte vom Fachwissen und von den Kontakten der Dresdner Bank, die ihrerseits aus der Expansion des Regimes und der dabei angewandten Herrschaftspraxis ihren unmittelbaren Nutzen zog. Diese Form der „Partnerschaft" bei der wirtschaftlichen Ausbeutung des vom Regime abhängigen oder von ihm besetzten Europa wollte die Dresdner Bank bis zum Ende des Krieges perpetuieren. Dass dies nicht wie gewünscht gelang, hatte seine Ursachen zum einen in der zunehmenden Bedeutung ideologischer und rassischer Zielvorgaben in der NS-Wirtschaftspolitik, zum anderen im Kriegsverlauf. In den Fällen, in denen sich die Dresdner Bank bewusst in den Dienst des Regimes stellte und sich damit zur Mittäterin machte ließ, benutzte sie subtile und nach außen unspektakuläre Methoden, um die von ihr und der Berliner Ministeri-

4. Verantwortung, Schuld, Rechtfertigung

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albürokratie angestrebten Ziele zu erreichen. Ihr Arsenal umfasste Expertisen, die im Gegensatz zu denen ihrer Verhandlungspartner standen, Indiskretionen, die Weitergabe vertraulicher Informationen und Daten, Verzögerungen wichtiger Geldtransfers, aber auch Einschüchterungen und Erpressungen. Diese Instrumente setzte sie nach dem jeweiligen Stand der Verhandlungen ein. Im Ergebnis wurde der Handlungsspielraum der anderen Seite derart eingeengt oder gar beseitigt, dass ihr oft keine andere Wahl blieb, als in das von den „Berliner Stellen" verlangte Ergebnis einzuwilligen. Die Anwendung massiven Drucks wie etwa von Verhaftungen oder direkten Vermögenskonfiskationen gehörte zum Instrumentarium von Institutionen des Herrschaftsapparats, doch erwies sich das Arsenal der Dresdner Bank vielfach als gleichermaßen wirkungsvoll. Beide Instrumentarien ergänzten einander, die Institutionen des Herrschaftsapparats und die Dresdner Bank wurden gerade bei spektakulären Geschäftstransaktionen zu „partners in crime". Was war das Handlungskalkül der Dresdner Bank bei solchen Geschäften? Sicherlich war das Handeln des Instituts wie auch das der anderen Berliner Geldhäuser in erster Linie von ökonomischen, weniger von ideologischen Motiven bestimmt. Die Dresdner Bank wollte wie ihre Konkurrenten unter den Bedingungen der NS-Wirtschaftspolitik, speziell der Expansions- und Besatzungspolitik ihren Marktanteil steigern und ihre Wettbewerbsposition verbessern. In der Behrenstraße dürfte man jedoch schnell gemerkt haben, dass die private Kreditwirtschaft keineswegs zu den hofierten Kernelementen der NS-Wirtschafts- und Besatzungspolitik zählte. Eher sahen die Wirtschaftsplaner in Berlin, aber auch die Besatzungsbürokratie in den jeweiligen Ländern, in den privaten Banken lange Zeit nützliche Handlanger zur Realisierung ihrer besatzungspolitischen Ziele. Wer die intensivsten Allianzen und die tragfähigsten personellen Netzwerke mit dem Herrschaftsapparat unterhielt, der konnte am ehesten damit rechnen, diese Position am längsten für seine eigene Geschäftsausweitung zu nutzen - das wusste man auch in der Berliner Bankenwelt. Die Dresdner Bank war am ehesten bereit, dieses Maß an Nähe zum Regime herzustellen und mit ihm zu paktieren, um damit die eigene geschäftliche Basis zu erweitern. Die Mittäterschaft der Dresdner Bank war in erster Linie bankkaufmännisch-rational begründet und hatte ihre Ursachen nicht in einer uneingeschränkten Sympathie für die NS-Ideologie. Dass die Dresdner Bank rational handelte, ihre Motive damit offenkundig leicht nachvollziehbar waren, entschuldigt ihre Geschäftspolitik und ihr Verhalten in den abhängigen und besetzten Gebieten nicht im geringsten. Ihre unternehmerische Strategie war sorgsam geplant, ihr Kalkül wohl durchdacht und berechnend, ihr Verhalten keineswegs nur das Ergebnis von politischen Rahmenbedingungen, sondern das bewusste Ausnutzen von Handlungsspielräumen, die die Politik den Banken ließ. Ein solchermaßen rationales Handeln impliziert eine direkte und besondere Verantwortung für dessen Folgen. Diese Verantwortung hat die Dresdner Bank zu tragen. Ein Ausweichen auf die besonderen Rahmenbedingungen des NSWirtschaftssystems, wie in ihrer Darstellung aus dem Jahr 1992 praktiziert, ist hier fehl am Platz. Zudem gab es für die Dresdner Bank sicherlich auch Handlungsalternativen, wie das Beispiel anderer Kreditinstitute zeigt. Die Berliner Handelsgesellschaft,

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X. Die Expansion der Dresdner Bank in Europa

welche die Bankenkrise des Jahres 1931 von den Berliner Geldhäusern am besten überstand, zeigte aufgrund ihrer Geschäfts- und Eigentümerstruktur wenig Ambitionen, sich in den Dienst des Regimes zu stellen. Sie musste daher Marktanteile an die Dresdner Bank und die Deutsche Bank ebenso abgeben wie an die Institute im öffentlichen Besitz. Dafür zahlte sie einen hohen Preis: Auch in der Kreditwirtschaft der Bundesrepublik konnte das Institut nie wieder die Bedeutung erlangen wie etwa im Kaiserreich oder in der Weimarer Republik. Dennoch: Das Beispiel der Berliner Handelsgesellschaft dokumentiert, dass Nähe zum und Allianzen mit dem Herrschaftsapparat keineswegs ein Automatismus für die Berliner Kreditinstitute im Nationalsozialismus war. Es gab Handlungsalternativen. Wer wie die Dresdner Bank die Nähe zum Regime suchte, handelte wohldurchdacht. Wer Allianzen und Netzwerke mit Entscheidungsträgern des Regimes herstellte, der kannte die Ziele und die Ergebnisse der Besatzungspolitik, der akzeptierte die dabei angewandten Methoden und die daraus resultierenden Folgen und wollte diese zudem für seine eigenen Ziele ausnutzen. Für dieses Verhalten hat die Dresdner Bank die Verantwortung zu tragen. Die Geschichte der Dresdner Bank während der NS-Diktatur, vor allem ihre Geschäftstätigkeit in den abhängigen und besetzten Gebieten, ist aber auch als Mahnung für die Zukunft zu verstehen - als eine Mahnung, sich weder aus reiner Geschäftemacherei noch aus purem Opportunismus kritiklos tagespolitischen Zeitströmungen zu unterwerfen und langjährige Uberzeugungen und Verhaltenskodices vorschnell zu beseitigen, nur um einen vermeintlich schnellen Gewinn einzustreichen. Dies gilt vor allem dann, wenn politische und wirtschaftliche Meinungsmache vermeintliche Sachzwänge vorgaukeln, wenn die Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft reduzierte Handlungsspielräume auszumachen glauben und daher eine Einschränkung von persönlichen Freiräumen sowie Ge~ staltungs- und Mitwirkungsrechten fordern, die im Ergebnis die demokratische Gesellschaft unterhöhlen, aber auch die Regelungskompetenz gesellschaftlicher Institutionen beseitigen. Gerade Großkonzerne und damit auch Großbanken stehen in einer gesellschaftlichen Verantwortung. Durch die Garantie individueller Freiheits- und Gestaltungsrechte konnten sie erst zu dem werden, was sie sind, durch die Ausschöpfung weit gefasster individueller Handlungsspielräume konnten sie sich erst derart entfalten, dass sie in ihren Branchen und Ländern zu „Machtzentren" aufstiegen. Sie sollten sich daher nicht dem Postulat von zunehmenden Sachzwängen beugen oder sich sogar zu deren Sprachrohr machen, sondern für die Bewahrung und Verteidigung von Freiheits- und Gestaltungsrechten eintreten. Daher ist Jürgen Ponto zuzustimmen, als er 1972 anlässlich des 100-j ährigen Jubiläums der Dresdner Bank formulierte: „Erhalten wir uns ein feines Ohr für die falschen Töne. Generationen sind mit leeren Händen ausgegangen, weil sie dem Drange schöner Parolen und wohl auch schöner Gefühle erlagen. Diese Welt ist einst mit Trümmern übersät worden, weil der Verstand nicht mehr zu Worte kam [...] Und lassen wir uns die Freiheit nicht ausreden, die allen denen immer unbehaglich sein wird, denen Macht und Gewalt über die Freiheit anderer alles gilt." 8

8

Jürgen Ponto, Staat-Wirtschaft-Freiheit, in: ders., Wirtschaft auf dem Prüfstand. Reden zur Wirtschafts- und Währungspolitik, Düsseldorf 1975, S. 80 f.

Quellen- und Literaturverzeichnis 1. Archivalische Quellen Algemeen Rijksarchiv Den Haag (ARA) Bestand N B I

Archiv des Bundesverbandes Deutscher Banken (ArchBdB) Bestand Liquidationen, Reihe A-Z

Archiv Ceske Ndrodnt banka/Archiv der Tschechischen Nationalbank

(ACNB)

Fond N B (Närodni banka) Fond ZB (Zivnostenskä banka)

Archiv des Instituts für Zeitgeschichte, München

(IfZ-Archiv)

MA 1555-10 Nürnberger Prozess-Dokumente

Archiwum Akt Nowych w Warszawie / Archiv der neuen Akten in Warschau (AAN) Bestand Rz^d G G

Archiwum Paristwowe w Katowicach (APK) Bestand 124/0, Treuhandstelle Kattowitz Bestand 320/0, Dresdner Bank-Filiale Kattowitz

Archiwum Panstwowe w Krakowie (APKr) Bestand Industrie- und Handelskammer Bestand Stadthauptmann Krakau (SMKr)

Archiwum Panstwowe w todzi

(APL)

Bestand Ältester der Juden Bestand Ghettoverwaltung

Archiwum Panstwowe we Wrodawiu (APW) Bestand Dresdner Bank Filiale Breslau

Archiwum Panstwowego Muzeum Oswiecim

(APMO)

Bestand Zentralbauleitung Au II

Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde

(BAB)

Bestand N S 3, Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS

904 Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand

Quellen- und Literaturverzeichnis R 2, Reichsfinanzministerium 26 I, Vierjahresplan-Behörde R 30 Anhang, Böhmische Escompte-Bank R 58, Reichssicherheitshauptamt R 87, Reichskommissariat für die Behandlung feindlichen Vermögens 99, US 7 R 144, Hauptreuhandstelle Ost 2501, Reichsbank 31.01, Reichswirtschaftsministerium 8119 F, Deutsche Bank B D C , Berlin Document Center

Bundesarchiv Koblenz (BÄK) Bestand Z 45 F, O M G U S Office of the Finance Advisor; O M G U S Financial Intelligence Group Bestand O M G U S 3/86-3/8

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden (HessHStA) Bestand Abteilung 50, B W Nr. 6, Spruchkammerakten Hugo Zinsser

Historisches Archiv der Dresdner Bank AG (HADrB) I. Dresdner Bank AG bis 1945 Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand

65, Volkswirtschaftliche Dokumentation 87, Konsortialabteilung 96, Auslandssekretariat 104, Korrespondenzabteilung 126, Vorstand 127, Industriebüro 130, Auslandsabteilung 135, Aufsichtsrat 137, Personalbüro 138, Sonstiges 152, Filialbüro 170, Direktionskabinett 202, Vorstandssekretariat - Affiliationen 277, Revisionsabteilung

II. Dresdner Bank-Gruppe,

Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand

1946-1957

35, Rhein-Main-Bank, Konsortial-Büro 80, Verlagerungsabteilung 82, Zentraldirektion West 108, Dresdner Bank Berlin (Altbank) 125, Nürnberger Prozesse

III. Dresdner Bank AG, Frankfurt a. M., ab 1957 Bestand Bestand Bestand Bestand Bestand

8, Filiale Metz 28, Filiale Beckum 44, Filiale Düsseldorf 46, Filiale Wuppertal-Elberfeld 68, Filiale Straßburg

1. Archivalische Quellen

905

Bestand 100, Zentralbuchhaltung Bestand 101, Auslandssekretariat Bestand 102, Kommerzialbank Bestand 131, Vertretung Paris Bestand 132, Beteiligungen Bestand 138, Nachlass Hugo Zinsser Bestand 186, Rechtsabteilung Düsseldorf Bestand 225, Continentale Bank Brüssel Bestand 264, Ostbank Bestand 271, Filiale Mühlhausen im Elsass Rechtsabteilung Frankfurt Landesarchiv Berlin (LAB) B Rep. 039-01, Archiv für Wiedergutmachung Ministerstvo

Financi

Ceske Republice/Finanzministerium

der

Tschechischen

Republik (MFCR) Aktendepositum Kladno, Böhmische Union-Bank National Archives at College Park, Maryland (NARA) R G 60, Records of the Welfare Section R G 260, US Allied Command Austria, German External Asset Branch, R G 260, O M G U S Records of the Property Division R G 260, Office of Finance Division and Financial Advisor R G 260, Box 50 T 83 Nederlands Instituut voor Orlogsdocumentatie Archief 180 a Archief 264 Bestand HSSPF Doc. II, Lippmann, Rosenthal & Co., Sarphatistraat Doc. 11-305 Oberösterreichisches Film Arisierungen 35

Landesarchiv

Österreichisches Staatsarchiv (OstA), Bürckel-Materie Bundesministerium des Inneren Gruppe 06

(NIOD)

(OÖLA)

Archiv

der Republik

Rossiskij Gosudarstvennyj Voennyj Archiv v Moskve (RGVA Fond 502, Zentrale Bauleitung der Waffen SS im K L Auschwitz - Findbuch 1 Fond 637, Bankhaus Rothschild/Wien Fond 700, Vierjahresplan-Behörde Fond 1458, Reichswirtschaftsministerium - Findbuch 2, Österreich - Findbuch 3, Deutschland - Findbuch 5, Frankreich

(AdR)

Moskau)

906

Quellen- und Literaturverzeichnis

- Findbuch 9, Jugoslawien - Findbuch 10, Tschechoslowakei - Findbuch 11, Schweiz - Findbuch 15, Polen - Findbuch 16, Belgien - Findbuch 18, Ungarn - Findbuch 19, Niederlande - Findbuch 40, Sowjetunion

Sächsisches Hauptstaatsarchiv Dresden (SächsHStA

Dresden)

Bestand Altbanken Dresden

Sächsisches Staatsarchiv Leipzig (SächsStA) Bestand 45, Dresdner Bank-Filiale Leipzig Bestand Allgemeine Deutsche Creditanstalt (Adca)

Slovensky Narodni Archiv Bratislava/Slowakisches Nationalarchiv Bratislava (SNA) Bestand Deutsche Handels- und Kreditbank Bestand Ruda

Staatsarchiv Nürnberg

(StAN)

KV-Prozesse, Fall 11 (Wilhelmstraßen-Prozess)

Stdtni oblastni archiv Litomefice

(SOAL)

Bestand 2upni vedeni N S D A P (Gauleitung der N S D A P )

Stdtni oblastni archiv Litomefice (SOAL), pobocka Most (Außenstelle Most) Bestand Inwald

Stdtni Üstfedni Archiv Praha/Staatliches Zentralarchiv, Prag (SÜA) Bestand C E B Bestand Ü R P

Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar Bestand geschlossene Banken - Teilbestand B - Dresdner Bank-Filiale Erfurt - Teilbestand B - Deutsche Bank-Filiale Erfurt - Teilbestand B - Commerzbank-Filiale Erfurt

UBS-Archiv Fonds S B G

Wiener Stadt- und Landesarchiv Gauakt Josef von Paic

(WStLA)

(ThürHStA)

2. Gedruckte Quellen

907

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Verzeichnis der Abkürzungen Archiwum Akt Nowych w Warszawie Archiv Ceské Narodni banka/Archiv der Tschechischen Nationalbank Allgemeine Deutsche Credit-Anstalt Adca Archiv der Republik AdR AG Aktiengesellschaft AKU Algemeene Kunstzijde Unie N.V. Allwafinag Allgemeine Waren-Finanzierungs-Gesellschaft mbH Archiwum Paristwowe w Katowicach APK APKr Archiwum Paristwowe w Kraköwie APL Archiwum Paristwowe w Lodzi Archiwum Paristwowe we Wroclawiu APW ArchBdB Historisches Archiv des Bundesverbandes deutscher Banken Arbed Acéries Réunies de Burbach-Eich-Dudelange Allgemeine Treuhandgesellschaft ATAG Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde BAB Bundesarchiv Koblenz BAK Berlin Document Center BDC Bebca Böhmische Escompte-Bank und Credit-Anstalt BEB Böhmische Escompte-Bank (nach der Übernahme durch die Dresdner Bank) bfrs. Belgische Francs Brufina Société de Bruxelles pour la finance et l'industrie BUB Böhmische Union-Bank CA Osterreichische Creditanstalt-Wiener Bankverein CdZ Chef der Zivilverwaltung Contvalor Continentale Gesellschaft für Bank- und Industriewerte DAF Deutsche Arbeitsfront DAIB Deutsche Agrar- und Industriebank Danat-Bank Darmstädter und Nationalbank A G DEA Deutsche Erdöl A G DEST Deutsche Erd- und Steinwerke G m b H DHI Deutscher Hauptverband der Industrie in der CSR DRuT Deutsche Revisions- und Treuhand-AG DUT Deutsche Umsiedlungs- und Treuhand G m b H ffrs. Französische Francs Gestapo Geheime Staatspolizei GK Generalkommissar AAN ACNB

922

HADrB Hasag HessHStA hfl. HGW HSL'S

Verzeichnis der Abkürzungen

Historisches Archiv der Dresdner Bank Hugo Schneider A G Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden Holländische Gulden Hermann-Göring-Werke Hlinkovä Slovenskä L'udova Strana (Hlinkas Slowakische Volkspartei) HSSPF Höhere SS- und Polizeiführer HTO Haupttreuhandstelle Ost HTW Handelstrust West IfZ Institut für Zeitgeschichte I.G. Farben Interessengemeinschaft Farbenindustrie A G Kc Tschechoslowakische Krone KdD Kreditanstalt der Deutschen Ks Slowakische Krone KV Kriegsverbrecher LAB Landesarchiv Berlin LAG Luftfahrtanlagen G m b H LiRo Lippmann, Rosenthal & Co. Sarphatistraat MFCR Ministerstvo Financi Ceske Republice (Finanzministerium der Tschechischen Republik) NA Nationaal Archief NAGU Niederländische Aktiengesellschaft für Abwicklung von Unternehmen NARA National Archives/National Archives and Records Administration NBI Nederlandse Beheersinstituut Nuremberg Industrial NI NID Nuremberg Industrial Dresdner Bank NIK Nuremberg Industrial Krupp NIOD Nederlands Instituut voor Oorlogsdocumentatie NSB Nationaal-Socialistische Bewegening der Nederlanden Nationalsozialistische Partei Deutschlands NSDAP OKW Oberkommando der Wehrmacht OMGUS Office of Military Government for Germany, United States OÖLA Oberösterreichisches Landesarchiv Österreichisches Staatsarchiv ÖStA Paribas Banque de Paris et des Pays-Bas RG Record Group RGBl. Reichsgesetzblatt RGVA Rossijskij Gosudarstvennyi Voennyj Archiv (Russisches Staatliches Militärarchiv) RK Reichskommissariat RM Reichsmark RS Rasse- und Siedlungshauptamt der SS RSHA Reichssicherheitshauptamt SächsHStA Sächsisches Hauptstaatsarchiv

Verzeichnis der Abkürzungen

SächsStA SD SdP SFr/sfrs SNA

Sächsisches Staatsarchiv Sicherheitsdienst (der SS) Sudetendeutsche Partei Schweizer Franken Slovensky N ä r o d n y Archiv (Slowakisches Nationalarchiv) Bratislava SOAL Stâtni oblastni archiv Litomërice SS Schutzstaffel StAN Staatsarchiv Nürnberg SUA Stäcni Ustredni Archiv Praha (Staatliches Zentral-Archiv Prag) SUBAG Sudetenländische Bergbau A G UBS Union de Banques Suisses/Union Bank of Switzerland UCC United Continental Corporation URP Urad Risskeho Protektora (Amt des Reichsprotektors) USACA United States Allied C o m m a n d Austria VfZ Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte VOBl Verordnungsblatt VOMI Volksdeutsche Mittelstelle WRA Vermögensverwaltungs- und Rentenanstalt WVHA Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt der SS ZAST Zentrale Auftragsstelle Zentratex Zentraltextilgesellschaft m b G Z H G Ost Zentrale Handelsgesellschaft Ost ZLG Zentrallagergemeinschaft für Bekleidung G m b H Z V N S D A P 2 u p n i vedeni N S D A P (Gauleitung der N S D A P )

923

Register Personenregister Wenn im Text ein Name in zwei verschiedenen Varianten auftaucht, sind beide aufgeführt, die zweite in Klammern.

Abs, Hermann Josef 65, 95, 120, 133, 447, 885, 895, 896, 651, 656, 660, 671-675, 67, 680, 805 Adenauer, Konrad 133 Altenburg, Legationsrat 134 André, Fritz 193, 224, 252, 445,466, 528, 529, 532, 533, 557, 625, 637, 689, 711, 713 f., 766, 807, 814, 830, 899 Ansmann, Heinrich (Heinz) 41, 70, 75, 88, 95, 96,108, 118,131, 138-140, 144, 145, 150-152,154,159,160,163,164,167-170, 178,193,224,234,285,313,316,319,447, 448,483,485,526,695-697,709-711,715, 718, 739, 751, 752, 759, 839,894, 899 Anspach, Richard 70. 410,426,542,546, 549, 615, 624, 628, 629 Apold, Anton 12,29,50 Ardant, Henri 845, 864, 855 Auer, Clemens 40 Aus der Fünten, Friedrich H. 688 Bachmann, Dr. 307 Baier, Johannes 356 Ballestrem, Johannes Graf 449, 460 Bändel, Eugen 210 Bardroff, Max 441,483,484, 688, 690,691, 726, 739 f., 744, 745, 754, 757, 760, 783, 785, 786 Bäsch, Anthony 103,104 Bauer, Alfons 548 Bauer, Walter 694,738 Baumann, Hubert 66, 95, 144,206 Bechtolf, Erich 747 Becker, Hans von 669, 674, 796 Behr, Hans von 338,339 Behrens 326 Behring, Emil von 559

Beran, Rudolf 306 Bertsch, Walter 207,210, 211,245,283, 318 Biebow, Hans 588,592 Bieroth, J. W. 742 Binder, Paul 177,894,899 Birtheimer, Heinz 29,48, Blancke, Walter 441, 443, 453,460, 463, 465,466, 608, 899 Blick, Joseph 728 Bloch-Bauer, Rudolf 311 Blom, Dirk 691 f. Blüth, Curth 727-729 Bodenschatz, Karl 271,272,280,318 Böhler, Otto 29 Boissieau, Graf 867 Bracht, Fritz 435,480 Brandes, Cornelis 685-687, 690, 747f., 768f., 786, 787f. Brandt, Günther 788 Braune, Rudolf 473 f., 597 Brinkmann, Rudolf 102 Brunk 774 Brunner 102 Budis, Karel 229 Bühler, Alfred 694, 735, 762 f., 820 Bühler, Josef 569 Bühmann, Georg 507 Bührmann 742, 744 f. Bührmann (General) 534, Bürckel Josef 28, 32 f., 49, 307, 835 Busch, Alfred 30 f., 136,223,444 f., 461 f., 466,469, 486,493, 510, 530, 624 f., 718, 742, 745 f., 862 Cathalin, Pierre 866 Cats, L. E. 742,744 Chamberlain, Neville 55

926

Register

Chappey, Joseph 19 Charvat, Jaroslav 131,236 Chvalkovsky, Frantisek 137, 201 Claus, Kurt 178,190 f. Collot d'Escury, Cornelis J. Baron 717 Couve de Murville, Maurice 856 Czernin von und zu Chudenitz, Felix Graf 792, 794 f., 806,815 Czernin von und zu Chudenitz, Ottokar 795 Czermak, Alois 144 f., 154, 158-160 Daelen, Hendrik van 738-741,816 Daelen, Isaac van 738 Dahmen, W. 735,820 Darré, Walter 339 Delius, Hans Conrad 164, 297, 301 f., 448 Dellschow, Fritz 629, 687 f., 690, 692, 725, 731, 733, 739-741, 749, 764, 768, 774, 784-788 Dessel, M. van, 817 Dilthey, August 327 Dilthey, Günter 751 Dilthey, Max 180,327 Dittmann, Ernst 465, 608 Dörr, Richard-Eugen 327,441 Doutlik, Ing. 489 Duncan, Sir Oliver 133 Dvoräcek, Jan 23, 71, 85, 101,103-105, 124 f., 128, 131, 235 f., 274,278 Eberhardt, Staatsrat 123, 144 Ebert, Bergrat 134 Eichmann, Adolf 46,364 f., 419, 767 Eigruber, August 25 Eilers 292 Eisler 340 Eistel 659 Elbracht, Martin 545 Eltze, Hans 278 Emmer 755 Entzian, Joachim 689f., 709, 714, 731, 775, 777f., 783f., 786, 792, 795f„ 812, 815, 818, 820 f., 823, 824 Erk, Karl-Ernst 714, 844, 858 f., 865, 867 Ernst, Friedrich 25, 63, 65-71, 80, 85, 501 Faber, Ernst 727 f. Falck, Karl 596 Fasold 659 Federer, Oskar 290 f., 298 Feigel, Josef 180

Feilchenfeld, Otto 62,200 f., 233,234,256258, 264 Felzmann, Ing. 261 Fenselau 776,782 Fick 341 Fischböck, Hans 19,24, 670, 688, 693 f., 698, 724, 756, 762, 767 Fischer, Otto Christian 17 Fitzner, Otto 435 Flaskämper, Kurt 173 Flesche, Alfred 734 f. Flick, Friedrich 120f., 124,133 Forster, Albert 498 Fousek, Franz 191,236 Frank, August Franz 571 Frank, Hans 537, 539, 542, 563 f., 567, 571, 573, 575, 577 Frank, Karl Hermann 210, 297, 326, 359 Frankl, Arthur 409 Freund, Emil 29 Freyberg, Wilhelm von 318 Friedrich, Josef 191 Fritscher, Ludwig 400 Fröhlich, Adolf 186 Fröhlich,Josef 340 f. Fröhlich, Max 186 Fuchsrobetin, Herbert 91,235, Funk, Walther 207, 214, 219f., 222, 458, 545, 621, 628, 666, 668, 670f., 698, 708 Funke, Gustav 411 Fürstenberg, Werner Fritz 737 f. Gacek, Guido 238, 272,279 Galopin, Alexandre 669-671, 804 f. Gärtner 316 Gdynia, Richard 468 Gebert, Erich 404 f., 420 Gebhardt, Ministerialrat 134, 137 Geiringer, Ernst (Ernest) 143 Gerzon, Familie 757 Glathe, Arthur 541, 546, 552, 571, 894, 899 Globocnik, Odilo 574-576 Goedkoop, D. 775 Goedkoop, Piet 775 Goetz, Carl 14, 20, 51-53, 75, 86,144 f., 216, 278,299, 438, 510f., 521, 615, 667675,677-679,682,775,794,796,801,805, 807, 827, 835, 866, 885, 899 Gold, Ernst 659 Gold, Franz 52 f., 407, 410 f. Göring, Hermann 1, 66, 117, 120 f., 133 f., 152, 176, 196, 207, 254-256,268f„ 271, 276,279, 284 f., 303, 305-307, 333, 448,

927

Personenregister 452,455,483,561,622,634,636,644,678, 698, 705, 708, 760, 792, 804, 807, 809, 845 f., 862, 873, 894, 897 Gottberg, Curt von 352 Götz, Baron Jan 567 Goudsmit 754,756 Goudstikker, Jaques 760 Grabarz, Georg 594 Grawinkel, Fritz 737 Greiser, Arthur 497 f., 502, 504, 513, 524 f., 528 Groser, Ernst 691,717 Große, Karl 548 Grossheide 755 Gundlach, Edgar 792,795, 818 Günther, Hans 365, 367 Gurr, Rudolf 793, 795, 797 Gutmann, Eugen 682 Gutmann, Fritz 682 Gutmann, Willi 290 f.,295 Gutmann, Familie 286 f., 289-296, 3 0 0 302, 304 f. Güttl, Walter 43 Haase-Mühlner, Alex von 50 Hächa, Emil 309 Haefliger, Paul 101 Hahn, Ludwig 727 f. Hahn, Assessor 134 Halt, Karl Ritter von 355 Hamersfeld, Jan van 736 Hammer, Robert 29 Hanneken, Hermann von 117,164 Harperath, Johannes Paul 683, 685-687 Hasche, Bernhard 797 Heiler 320 Heilmann, Albert 41 Hein, Kurt 475 Held, Hanns 475 Heller, Erich 9 5 , 6 5 9 Hellings, Jan 685 Henckel von Donnersmarck, Lazy Graf 442 Henlein, Konrad 5 9 , 1 1 7 , 1 5 2 , 1 6 3 , 1 9 3 , 3 0 7 Herbeck, Otto 82 f., 216,245, 256, 259, 267, 270, 285, 294,296, 311,410 Herberg-Schaefer, Leonhard 442 Herle 483 Hesoun, Willy 237, 341 f. Hess, Rudolf 731 Hettlage, Karl 503, 895 f. Heydrich, Reinhard 48, 367, 580, 767 Hiedler, Walter 2 9 , 5 3

Himmler, Heinrich 48, 356, 513, 575, 580 Hinke, Karl 43 Hirsch, Theodor 191 Hirschfeld, Hans M. 708 Hirt, Hermann 596 Hitler, Adolf 1, 7, 9, 17, 55, 59,203, 351, 367, 431 f., 434 f., 497, 501, 514, 537, 580, 622 f., 692, 761, 794, 825, 839, 845 f. Hitschfeld, Alois 14, 27, 51 Hobirk, Robert 690, 695, 726, 739 f., 743, 745, 751, 757 Hocke, Emil 272 Hochheimer, Familie 753 f., 756 Hödl, Anton 199, 235, 256, 259, 263,265, 278 Hoesch, Eberhard 745 Hoffmann, Paul 624 f. Hoffmann, Vincenz 180 Hofrichter, Helmut 796, 820 Hofstede de Groot 715 Hohberg, Hans 3 1 9 , 3 5 2 - 3 6 2 , 4 2 6 Hohenlohe-Schillingsfürst, Prinz Alfred zu 2 9 , 2 7 8 Holling, Alfred 789 Hölzer, Karl 64, 191, 210, 231, 234, 244f., 332,374, 454 f. Hoogendijk, Leendert Proos 717 Hopf, Alfred 742 Horlberg, Paul 719 Höfle, Hans 573 Horlbog, Paul 711 Höß, Rudolf 593, 594 Houwing, Wesselius M. 717, 755 Hrncär, Jozef 4 0 7 , 4 0 8 , 4 1 3 Hromädko, Vilem 278,279 Hummelberger, Franz 2 3 5 , 2 5 6 , 2 5 8 f., 261, 263 Huth, Willy

335

Isaac, Familie 753 Israel, Hugo 682,685 Jahan, Henry 8 4 5 , 8 6 0 , 8 6 5 Jakob, Arthur 4 3 5 , 4 4 1 , 4 5 3 , 4 8 3 , 4 8 8 Jankovic, G. 859 Janmart, Georges 821 Janssen, Georges 793 Jensen, Adalbert 193, 445 Joham, Josef 19,43 Jong.de 755 Kahane, Jacques 14 Kaifuss, Josef 269,307

928

Register

Kaiisch, Konsul 134 Kaltenbrunner, Ernst 49 Kammler, Hans 594 Kämper, O t t o 12, 29 Kantor, Max 233 f. Kanz, Emil 339 Kanzler, Ernst 237, 267, 313-316, 319 f., 321 £., 325, 327,329, 334 Kardos, Emmerich 411 Karg, Georg 754-756 Karger, Walter von 735, 763, 765 Kaschade, Albert 784, 788 Kasper, Max 320 Kats, Johannes Petrus van 789 Kaufmann, Carl 795 Kaufmann, Hugo 682 Kaus, Willy 330 f. Kawohl, Rudolf 541, 571, 894, 899 Keesing, Issak 731 Keesing, Leonhard 290, 296 Keesing, Leopold Theodor 731 Kehrl, Hans 19 f., 22, 44, 54, 66 f., 90, 102, 110f„ 118, 123 f., 135-137, 139f., 150, 153 f., 157,161, 163-165, 167, 172, 174, 196,199-202,205-207,209,214,223,230, 254-274, 276-285, 289,292-296, 304 f., 310, 327, 398 f., 429, 451, 453,458^60, 464-466, 495, 519, 533 f., 538, 567, 635 f., 802, 806, 848, 858-862, 873 f., 879, 881 f., 894-897 Kempf, O t t o 30 Keppler, Wilhelm 14, 19, 25, 48, 101, 133, 398, 400,410, 542, 571, 677, 879, 895 f. Kessler 694 Kiehl, Johannes 169,436,460,462,544,895 Kiesewetter, Anton 60-62, 66,206, 209, 212, 235 Kimmich, Karl 273,295 Kislinger, Josef 199,236, 278 Klein, Itzak 488 Klindera, Ferdinand 278 Klinger, Baron Oskar von 114 Klose, Kurt 503, 505, 507, 527 Kluge, Josef 596 Klüser, August 749 Knieriem, Ottokar von 624 f. Knobloch, Herbert 683,690,691,715, 747, 751, 765, 768, 772 f., 776, 780-783, 785, 788, 899 Knott, Hermann 442, 468 f. Koch 737 Koch, Erich 497,623 Koenigs, Franz 112

Koldewey, Theodor 192 Köllner (Reichstreuhänder für Arbeit im Sudetenland) 83 Konka, Gejza 419 Koole, Reinier 716f. Koppenberg, Heinrich 862 Köster, Ministerialrat 206 f. Kramer 316 Krauss, Paul 180 Krebs, Hans 193 Kreibich, Emil 60 Kremmnizter-Berg, Familie 730 Kress, Karl 229 Krieken, C. S. van 742, 744 Krüger, Friedrich Wilhelm 571 f., 574 Krüger, Fritz 178 Kubinsky, Eugen Friedrich 199,202,258 f., 261,332 Kucera, Bohuslav 307 Kuchinka, Karl 236 Küchenberg, Theo 812 Kuhn 321 Kühnen, Harald 178, 313f„ 319, 325, 328, 345, 485, 487, 489, 492, 528 f., 532 f., 557, 689,695,709-712,714,724,727,741,747, 751, 759, 813, 830, 842, 894, 899 Kunert, Josef 188 Kurzmeyer, Alfred 671 Laabs, Dr. Joachim 141 Laer, Gerrit W. A. van 716, 753 Lage, Willy P. F. 688 Lambert, Georg 828 Lambert, Karl 828 Lambert, Max 677, 792, 795, 827-830 Lange, Kurt 95 Larisch-Mönnich, Johann (Johannes) Graf 443, 453, 470 Laurent-Atthalin, André 864 Launoit, Baron Paul de 675 f., 805 f. Leese, Ernst 659, 767 Leeuwen, Familie 744, 746 Leeuwen, H . van 742 Leeuwen, Herman F. van 716f. Lehr, Karl Wilhelm 28, 48-50, 410 Lemberger, Fritz 14 Lengsfeld, August 229 Lensen, Hendrik F. 691, 716f., 788 Lesler 321 Liebieg, Theodor von 60,188 Liebieg, Wolfgang von 60, 86, 98,188 Lind, Reichskohlenkommissar 134 Lippe, Baron Victor v o n d e r 19 f., 27,31,33

Personenregister Lob, Artur 233 f. Locker, Hermann 149,172 Lohse, Hinrich 622, 625 Low, Paul 191 Löwenstein, Luise 183, 184 Lubbers, Jan 789 Lübke, Heinrich 548 Lüdinghausen, Reinhold Freiherr von 60-62, 81, 86, 88 f., 123,128,144, 181, 193, 199, 202f., 205-207, 233f„ 238, 243245,249,256-258,263,269-272,276-279, 281, 284 f., 320, 379, 646, 894, 899 Ludwig, Franz 461 f. Ludwig, Siegfried 308, 311 f. Lüer, Carl 83 f., 894, 899 Luquet, André 30 Maasdijk, H. C. van 718 Mahla, Bruno 340,341 Mahlmann, Freddy 60 Mainz, Generaldirektor 182 Malchus, Johan A. C. 713 f. Mann, Hans 43, 53 Marcuzzi, 341 f. Martin, Viktor 319,327,358 Marx, Arthur 756 f. Mastny, Vojtèch 271 Matouschka, Michael von 435 May, Kurt 360 Meindl, Georg 51-53 Melder, Hugo 182 Merten, Karl 328 Metzelaar, A. C. 776 Meyer, Emil 14,30f., 48-50,54,185 f., 319, 352-357, 361-363, 381, 399f., 404^06, 408,413,425-427,436,485,503,507,512, 519, 542, 544, 546, 549, 567 f., 571 f., 576578, 609, 615, 624f., 653f., 658-660, 677, 879, 880 f., 884, 894-900 Michel, Elmar 866 Miedl, Alois 760 Milch, Erhard 561 Mixa, Vojtèch 271 Modry, Josef 279 Mojert, Paul 679,694 Moltke, Hans Adolf von 457 Moravek, Augustin 419 Morbeek, J. 690,692 Mosler, Georg 136 Most, Bernhard 753 Mühlig, Josef Max 86 Müller, Ernst Robert 818 Müller, Oberregierungsrat 137

929

Münchmeyer, Alwin 794 Münchmeyer, Gertrud 794 Münchmeyer, Hermann 794 Munck, Willy de 669-671, 805 Mündt, Ministerialrat 164 Muth, Hermann 738 Mutschmann, Martin 102,336 Nathow, Hanns 86 f., 163 f., 170 Nepras, Anton 131 Neubauer, Erich 769 Neugebauer, Ernst Albrecht 442 Neumann, Gabriel 15, 17,19f., 23,27, 30 Neumann, Kurt 677 Neurath, Konstantin von 207,249,285, 296, 307-309, 312, 352, 364, 451 Novotny, Karl 60, 62, 64, 199,234,244 f., 247 f., 256-258,263, 278, 283, 352-355, 357, 375f., 410, 420 Oberländer, Familie 327 Ocklenburg 749 Oostra, H. A. 742 Oostra 744-746 Orssich, Philipp 800 Osterwind, Hans 206 Othegraven, Wilhelm von 70 Outrata, Eduard 235 f., 268, 272,279 Overbeck, Gustav 115, 193, 231, 237, 245, 264, 316, 334, 343, 443, 453-455, 457, 462-465,469,489,493,495,531,557,609, 615,625, 899 Overbeck,Joachim 311-316,667,671,674, 676-678, 697, 714, 792, 794-797, 800f., 805, 807, 814, 816, 818 Overhoff, Carel F. 762 Paersch, Fritz 538,574 Paié, Josef Ritter von 28,48, 50, 410 f. Panner, Bedo 361, 463, 522 Patek 659 Petschek, Ernst 119f., 122, 138f., 143, 160 f., 196, 262,290,304, Petschek, Franz 119,135f., 138f., 143, 160 f., 196, 262, 290, 304 Petschek, Ignaz 119,138,143 Petschek, Julius 119, 122,133, 139, 143, 161,196,262, 290,304 Petschek, Karl 119, 122, 133,135f., 138f„ 143,160f., 196,262,290, 304 Petschek, Paul 119,122 Petschek, Walter 119,122

930

Register

Petschek, Wilhelm 119 f., 138f.,S. 143,160, 196, 304 Pfeffer 763 Pfeiffer 183 f. Pick, Otto 332 Pigeolet, Raymond 824 Pilder, Hans 1 4 , 1 7 , 1 9 - 2 1 , 23 f., 27-29, 3 1 36, 40, 50-53, 213-217, 220, 226, 300f„ 404, 490, 637, 653, 656f., 660, 667, 677, 688, 711, 733, 761, 796, 844 f., 849, 854 f., 858-860, 862, 867, 899 Pilger, Hugo 442 Pleiger, Paul 133, 144,164,168 f., 171, 262, 273,295,297,301-303,469,479,556,639, 813, 837, 896 Podewils, Carl 329 f., 441 Pohl, Oswald 352-357, 359, 425 f., 573, 615, 895 Pohle, Walter 95f., 205f., 210f., 4 5 1 , 4 5 3 455, 457 Pollack, Friedrich 185 Ponto, Jürgen 902 Popper, Stephan 233 f. Posse, Hans E. 133 Posth, Hans 231 Pott, Alfred 453 Preiss, Jaroslav 7 1 , 1 0 1 , 1 2 3 f., 287,289,291 Prinsler, Hermann 794 f., 801, 815, 818, 821 f. Proehl, Ernst 682 Prüfer, Kurt 599 Puc, Vojtéch 335, Puhl, Emil 574,672 Pulz, Josef 206 Raabe, Paul 297,557 Rabeneck 426 Rafelsberger, Walter 28, 42, 50 f., 53 f. Rahir 791,818 Rajakowitsch, Erich 766 f. Rasche, Karl 19 f., 22-24, 29 f., 43, 48, 50 f., 53f., 62, 70, 75, 80, 95,118, 124, 128f., 131,135-141, 144 f., 149, 151-154,160, 163f., 166-170, 172, 196f., 199, 206, 208, 210,213-217,222,225,234-236,245-247, 252, 254-256, 259, 263 f., 267-274, 2 7 6 279, 282-285, 289-301, 304 f., 311, 357, 361, 363, 379, 413, 429, 438, 451, 455, 4 6 4 ^ 6 6 , 469, 495, 510, 623 f., 626, 632 f., 639, 646, 647, 667, 672, 675, 688 f., 697, 711, 714, 718 f., 731, 733, 741, 754, 760, 764-766, 777 f., 786, 794, 796, 805 f., 820,

823 f., 845, 853, 855, 858, 874, 879-882, 884 f., 888, 894-900 Raschka, Rudolf 181 Ratzmann, Hugo 498 f., 504 f., 522, 526 f., 531, 624 f., 883 Rauter, Hans Albin 694 Rebholz, Otto 763 Redlich, Felix 235,264 Reeder, Eggert 679 Rehn, Karl 328 Reinbothe 632 Reinefahrth, Heinz 524 Reinhart, Friedrich 895 f. Reinhold, Peter 43 Reissig, Carl 265 Repke, Bernhard 667 Reuter, Henry 17,20f., 3 0 , 3 3 - 3 6 , 2 1 3 - 2 1 7 , 226 f., 230 Rheinländer, Paul 271 f., 278,297 Ribbentrop, Joachim von 201 Richter, Felix 235 f. Richter, Hermann 2 7 , 2 9 , 8 2 - 8 4 . 438,444, 501, 503, 507 Richter, Max von 60 Richter, Werner von 325, 336 Richter, Wolfgang 66, 86, 109, 115,152, 163, 167,172 f., 181 f., 265 Richthofen, Freiherr Carl von 441 Riedel, Arbo 60 Riedel, Walter 60, 62, 8 6 , 1 8 0 , 2 3 5 , 2 5 8 , 2 6 3 Riehle, Joachim 6 6 , 2 0 7 , 2 1 0 , 2 1 2 , 2 2 2 , 4 0 0 402, 406-408, 416, 429, 436f., 439, 443f., 501 f., 538, 543 f., 652 f., 670, 827 Rienecker, Georg 19,27,688,729,731,755, 779 Riethof, Edwin 189 Riethof, Hans 189 Riethof, Henry 189 Riethof, Sherman 189 Riethof, Sidney 189,191 Ringhoffer, Felix 246, 375 Ringhoffer, Franz 235 Ringhoffer, Hans 246, 278, 375, 487 Rinn, Hans 179, 461, 486, 695, 697, 717f„ 721, 735, 763-765, 820, 823, 840, 899 Rist, Charles 230 Rittstieg, Dr. 140, 159 f. Ritscher, Samuel 30 Rohan, Fürst Alain 60, 86, 235 Rohde, Paul 411 Röhn, Wilhelm 836 Rosenberg, Alfred 622 Roehnert, Helmut 896

Personenregister Rösler, Oswald 65, 206, 208, 400,456, 895 Roth, Theodor 830 Rothschild, Alphonse de 290 Rothschild, Eugen (Eugene) von 288, 2 9 0 292, 295, 298, 300, 303 Rothschild, Lionel 287 Rothschild, Louis Nathaniel von 287, 2 9 2 294 Rothschild, Familie 286-296,298-305, 853-856 Rüben, Julius 13 Rumkowski, Chaim 591 Saager, Gerhard 718-720, 724, 755, 806, 850, 859 Sabass, Max 442 f., 488 f., 492, 542 Sachau, Gerhard 67 Sauckel, Fritz 133 Schacht, Hjalmar 668 f., 672 f. Schäfer, Adolf 164,624 Schallinger, Samuel 41 Scheiberg, von 796 Schellin, Erich 572, 573 Scherkamp, Karl Heinz 815 Schicketanz, Rudolf 206, 271 f., 278, 311 Schiel, Adolf 110 Schiel, Emil 110. Schiel, Franz 110 Schindler, Oskar 555 f. Schippel, Hans 29 Schirach, Baidur von 50, 53 Schlotterer, Gustav 666, 705 Schmelt, Albrecht 473 f. Schmidt, Fritz 694 Schmidt, Walter 712 Schmidt, Wilhelm 712 Schmidt-Schmidtsfelden, August 29, 45 Schmoeckel, Ernst 441,445 Schnabel, Franz 186 f. Schneider, Franz 318 f. Schneider, Heinrich 311, 410 f. Schneider Manns-Au, Karl von 659 Schoen, Ernst von 67 Schönthür, R. 735 Schräm, Albin 236 Schröder, Kurt von 675 Schuberth, Max 231 Schumann, Ernst 178 Schuschnigg, Kurt Edler von 13 Seebohm, Kurt 101 f., 167f. Seelige, Max 316 Seidel, Helmut 713 f.

931

Seyß-Inquart, Arthur 693, 724, 731, 735, 762, 767 Simon, Gustav 675, 825, 827, 829 Skoda, Karl (Karel) Baron 275 Soet, Benjamin 746 Speer, Albert 804,809 Spieker, Dr. 758 Sponholz, Fritz 624 f. Springfield, Dr. 812, Staffelt 823 Stahlecker, Walter 365 Stalin, Josef 431,621 Staller, Karl 236,272 Stauß, Emil von 896 Stein, Max 505, 507, 514, 894, 899 Steinbrinck, Otto 120, 124, 135f. Steinrücke, Felix 191 Sterly, Rudolf 792 f., 823 f. Stiassni, Alfred 332 Stier, Rudolf 308, 314, 318-322, 324f„ 327 f., 330, 335-337, 349 Stiller, Georg 70, 689, 766 f. Stitz-Ulrici, Leonhard 237, 311-316, 3 1 8 322, 325, 328, 331, 335f., 338, 341, 345f„ 373 Stoedter, Rolf 781 Stoupal, Viktor 236 Stuart, Verijn 715 Süssmann, Alexander 507 Svatosch, Franz 184, Svoboda, Karl 282 Teichmann, Walter 70, 89, 190-192, 200, 216,222,231,233,343,355,357,361,363, 373, 899 Theodor, Leopold 731 Tietz, Hermann 754 Tonningen, Meinoud M. Rost van 763 Topf, Ernst-Wolfgang 599 Topf, Johanna 599 Topf, Ludwig 599 Treskow, Albrecht von 441 Trip, Leonardus J. A. 698, 708 Tuka, Vojtech 419 Uebelhoer, Friedrich Uiberreither 854 Ulbrich, Viktor 64

588

Vambersky 279 Vasek, Anton 419 Veesenmayer, Edmund 14 f., 19, 3 4 , 4 9 f., 52, 54, 400, 410, 542, 546, 879

932

Register

Velde, van der 773 Velek, Josef 22,131 Veitjens, Dr. 720,733 Veitjens, Joseph 733 Vlasak, Bohumil 229 Volk, Leo 356 Voss, Wilhelm 265,271 f., 281, 556 Wagner, Heinrich 710 f. Wagner, Josef 435 Wagner, Robert 835 Wal, van de 755 Walczuch, Roman 475,595 Waldes, Heinrich 335 Waldes, Siegmund 335 Wallenberg, Marcus 859 Walsheimer 754 Wanieck, Otto 733 Warnecke, Adolf 14, 27f., 40, 52, 413, 542 Wedelstädt, Erich von 210, 256,282f., 308 Weidler, Otto 465,482,488^90,613 Weigand, Wolfgang 281, 297 Wein, Tibor 411 Weinmann, Edmund J. 142 Weinmann, Frederick (Fritz) 128,142-161, 168 f., 196, 199,216, 290,304 Weinmann, Hans 128,142-161, 168f„ 196, 199,216,290, 304 Weirich 182 Weismann, Otto 844 Weiss 319 Wenischnigger, Anton 548 Werthmann, Fritz 190-192, 450

Wetter, Sune 297f. Weyer 755 Wilczek, Graf Johann 247 f. Wild, Martin 748 Wimmer, Friedrich 693 Winkler, Gustav 108 f., 249, 325, 332 f., 530 Winkler, Max 445, 455 f., 483, 508, 530 Wisliceny, Dieter 419-421 Witscher, Otto 735 Witt, Franz 272 Wittje 335 f. Wohlfarth, Siegbert 320 Wohlthat, Helmut(h) 133-137, 140, 666, 673, 679, 694 Wolf, Franz 738 Wolf, Kurt (Ministerialrat) 25, 66, 83 f., 439, 502 f. Wolff, Karl 292 Wolff, Otto 417 Woltersom 707 Wolzt, Leonhard 14f„ 27f., 53f., 95,235, 289, 291,332, 490, 899 Wondrey, Dr. 145 Zee-Heräus, Ministerialrat 95, 99, 443 Zentner, Franz 249 Zentner, Rudolf 249 Ziegra, Hans 325 Zinnecke, Hans 792 Zinsser (Zinßer) Hugo 70,102-104, 135, 844, 899 Zoepf 739 Zöllner 792,795,800

Firmenregister Taucht im Text eine Unternehmensbezeichnung in mehreren Varianten auf, ist lediglich diejenige Bezeichnung registriert, die zuerst im Text auftaucht. Varianten/Abkürzungen/Ubersetzungen des Namens folgen in Klammern und sind nicht separat im Register aufgeführt. Ausnahme: Unternehmen, die (z.B. durch „Arisierung") den Namen wechselten. Die Firmennamen werden in der Schreibweise wiedergegeben, in der sie im Text vorkommen (z.B. Anton Rückl & Co. statt Rückl, Anton & Co.).

A. Holzer (Bankhaus Holzer) 570 A. Reiners 611 Aachener Streichgarnwebergemeinschaft 812 Adolf Gleue 548 AEG 252,554,803,818 Aero Bank (Aero-Bank S. A.) 771, 775, 843 A G der Fezfabriken 189 A G für Minen und Metallwerte 157 A G für Montanwerte 157 A G für Spiritusindustrie 189,250 A G vorm. Paul Würth-Werke 830 A G vormals Skoda-Werke 270, 284, 851 Agrarbank (Prager Agrarbank) 110, 207, 267, 271, 276,278 Aktiengesellschaft für Verkehrswesen 800 Albert Reinhardt, Armand Geiershöfer Nachf. 830 Alexanderwerk A. von der Nahmer A G 334 Allgemeene Kunstzijde Unie N . V. (AKU) 706-708, 719 Allgemeine Deutsche Creditanstalt (Adca) 63, 65, 67-69, 79f., 9 3 , 1 1 3 , 1 9 4 , 211, 457 Allgemeine Elsässische Bankgesellschaft 835 f. Allgemeine Kreditbank A G 866 f. Allgemeine Treuhandgesellschaft (ATAG) 377 Allgemeine Warenhandelsgesellschaft A G (ehem. Wertheim) 756 Allgemeine Waren-Verkehrs G m b H (Allgemeine Waren Verkehrs Gesellschaft) 667, 794 Allgemeiner Bank-Verein Warschau 544 Allgemeiner Jugoslawischer Bankverein (später Bankverein Belgrad) 52,656-658,

661 Allgemeiner Polnischer Bankverein 570 Alliance Assurance Company 287, 289, 291,295 f., 299, 301

Alliance Cinématographique Européenne 853 Allwafinag 684 f., 768, 792, 794 f. Almi (Amsterdamer Leder-Maatschappij) 828 f. Alpine Montangesellschaft (Alpine Montan) 1 2 , 3 9 , 1 1 7 Alpine Montan A G Hermann Göring Linz 39 Altrohlauer Porzellanfabriken A G 189 Amstel 732 Amsterdamer Crediet Mij. N . V. 690 Amsterdamsche Bank 673, 715-717, 739 f., 753, 755-757, 762, 779 Anglo-International Bank 139 Anglo-tschechoslowakische und Prager Creditbank (auch Anglo-Prager Creditbank; Prager Creditbank) 58, 6 3 , 6 5 , 6 7 , 189,208-213, 242, 267, 2 7 0 , 2 7 5 f „ 278, 307, 379 Anhaltische Kohlenwerke A G 120 Anton Rückl & Co. 87 „Apollo" (Mineralölraffinerie) 413,415 f., 418 A R A (Prager Kaufhaus) 314 Arbed-Konzern (Arbed; Aciéries Réunies de Burbach-Eich-Dudelange) 667, 674— 677, 805, 825, 830 Aschaffenburger Transport Mij. 742 Aschaffenburger Zellstoffwerke 741-745 Astra Romana 719 Augsburger Kammgarnspinnerei 185 August Dilthey & Söhne 751 Aussiger Montangesellschaft mbH 121123,125-127 Aussiger Montangesellschaft mbH & Co. (Montana) 122, 125-127 Aufbaugesellschaft der Zuckerindustrie im Wartheland 523 Auffanggesellschaft für Kriegsteilnehmerbetriebe des Handels G m b H 476-478

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Register

Auffanggesellschaft für Kriegsteilnehmerbetriebe Wartheland 523 Auto Palace 803 AVIA (AVIA A G für Flugzeugindustrie) 245, 252 Aviolanda (Aviolanda Mij. voor Vliegtuigb o u w N . V . ) 770-775,782 Azete Marly 812 B. Spiegier & Söhne 248,328-331 Badische Bank 835f. Badisch-Elsässische Bank 836 Baildonstahlwerke 449 Ballestrem-Konzern 453, 460 f., 470 Baltische Öl G m b H 630 f. Bank Austria-Creditanstalt 7 Bank der Deutschen Arbeit 470, 480, 505, 517,542,545,565,569,578,596,627,630, 636, 734, 793, 804, 838f., 843 f. Bank der Deutschen Luftfahrt 39,719,774, 802, 843, 861 Bank des Verbandes der Erwerbsgenossenschaften 522 Bank für Brauindustrie (Braubank) 568 Bank für Handel und Gewerbe Posen (Poznanski Bank dla Handiu i Przemysiu) 4, 99-501, 503-507, 511 f., 529, 536, 581, 583, 873, 882 Bank für Handel und Industrie 58, 63, 65, 67 Bank für Kärnten 19 Bank für Oberösterreich u. Salzburg 19 Bank Gospodarstwa Krajowego (Landeswirtschaftsbank) 435, 522, 539, 546 f., 552, 562 f. Bank Handtowy (Handelsbank) 522, 544 Bank Lodscher Industrieller 522 Bank of England 130,217 Bank of Manhattan 293 Bank Polski 4 3 5 , 5 2 2 , 5 3 9 Bank von Danzig 502 Bank voor Handel en Nijverheid 817 Bank voor Nederlandsche Arbeid 725,771, 790 Bankhaus Frankl & Co. 409 Bankhaus Gutmann 287 Bankhaus Karl Papenberg (PapenbergBank) 585,587 Bankhaus Petschek & Co. 119,121 Bankhaus Rothschild (Rothschild-Bank) 42,286, 298, 304, 566, 854 f., 860 f., 864 Banque de Bruxelles 64, 199, 202, 224 f.,

236, 667-669, 675 f., 679, 720, 800, 805, 825 827 Banque de France 300, 865 Banque de l'Union Parisienne 825, 827, 854, 856 f. Banque de la Société Générale de Belgique (Banque de la Société Générale) 651, 656, 668-672, 674-680, 720, 800 f., 804 f., 825, 845, 855 Banque de Paris et des Pays Bas (Paribas) 797, 845, 854-856, 858-861, 864-868, 887 Banque de Rothschild Frères (en Liquidation) 855,860 Banque des Pays de l'Europe Centrale (Zentraleuropäische Länderbank) 11,17, 1925, 27 f., 30-32, 34-37, 46, 53, 208, 2 1 3 220, 225,227f., 230, 652, 850f., 854, 864867, 878 Banque des Pays du Nord 854 Banque Générale de Liège 801 Banque Générale de Luxembourg (Banque Générale du Luxembourg) 669-671, 674, 677, 825 Banque Internationale à Luxembourg (Interbank; Internationale Bank in Luxemburg) 669, 674, 795, 825-831, 851, 853 Banque Nationale pour le Commerce et l'Industrie 835-837 Banque de Verviers 801 Barclays Bank 75 Basler Handelsbank 113 Bataafsche Petroleum Mij. 707 Baugesellschaft Lolat Eisenbeton G m b H 605 Bauindustrie Ost G m b H 639 Bayerische Hypotheken- und Wechselbank 19 Bayerische Staatsbank 660 Bayerische Vereinsbank 19 Behring-Institut 559-561 Behring-Werke 559-561 Belgier Montage Dr. von Schelling 804 Berg- und Hüttenwerksgesellschaft A G (Berghütte AG) 9 1 , 4 4 9 - 4 6 0 , 4 7 1 , 4 8 7 , 495, 897 Berg- und Hüttenwerksgesellschaft Coburg (AG der Berg- und Hüttenwerke Coburg) 413,417 Berg- und Hüttenwerks-Gesellschaft Ost (Berghütte Ost) 479 f., 631, 636-638 Bergwerksverwaltung Oberschlesien GmbH 442,448,468-470

Firmenregister Berliner Handelsgesellschaft 457,636,715, 850, 901 f. Berliner Verkehrsgesellschaft AG 673 Bernhard Huppert 181 Bernhard Leineweber KG 325 Beukelaers Fabriken 809 Bielefelder Seidenweberei C. A. Delius & Söhne llOf. Blankart & Cie. 293 Blumenthal & Sohn 487 Böhmische Escompte-Bank und Creditanstalt (Bebca) 25, 47, 58-65, 67, 70-87, 89-93, 111-113, 115, 121, 159, 168, 173, 177,180,182,186,188-192,196,199-203, 205-209,212,215-220,222-238,243,248, 249-251,254-264,267,280,315,349,379, 396, 409, 794, 873 f. Böhmische Escompte-Bank (BEB) 187, 224-226,230,234-253,255,263-266,272, 276-278, 280, 282-284, 308, 310-363, 367-370, 372-382,404, 409, 421, 488, 455-459, 515, 801, 880f„ 890 Böhmische Glanzstofffabrik, System Elberfeld 189 Böhmische Handelsgesellschaft 118,121 f., 125-132, 163 f., 236 Böhmische Industrialbank 58, 67, 68,207, 209-211 Böhmische Kunstseidefabrik 90 Böhmische Union Bank (BUB) 58-60, 63, 65, 79,111-113,143, 158 f., 174,177,180, 186,205,208-212,220,230,246-249,252, 256, 265f., 280, 310-315, 317f., 321 f., 324-328, 336 f., 348 f., 354 f., 369, 374, 376-378, 379, 400 f., 450-t58, 460 Böhmische Zuckerindustriegesellschaft 90 Böhmisch-Krumauer Maschinenpapierfabrik Ignaz Spiro & Co. 91,180 Böhmisch-Mährische Malzfabriks- und Exportgesellschaft Klatscher & Lorenz 181 Brasch & Rothenstein 746 Bratislavaer Allgemeine Bank 401 Bratislavaer Handels- und Kreditbank 396, 398 f. Bratislavaer Mühlen A G 413 Brauerei Malmedy 812 Brauerei zur Perle 837, 839 Braunkohle-Benzin AG (Brabag) 2 Braunkohle- und Brikettindustrie AG, (Bubiag) 120 Braunkohlenwerke Wartheland 518 f. Breda & Weinstein 181-183

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Britannia-Kohlenwerke A G 135, 138, 140, 167,169 Brown Harriman 739 Brucher Kohlenwerke AG 142, 144, 147, 150, 153-156, 159, 161, 167, 169 Brüder Mahler Strumpffabrik 248 Brüder Stiassni 346, 358 Brüder Utitz 320,344 Brufina-Gruppe (Brufina-Konzern; Société de Bruxelles pour la finance et l'industrie) 64, 668, 675 f., 800, 805, 825 Brünn-Königsfelder Maschinen- und WaggonfabriksAG 246, 266 f. Brüsseler Emissionsbank 817 Brüsseler Treuhandgesellschaft 795, 799, 818 Brüxer Kohlenbergbau-Gesellschaft 79, 121-123, 125-132, 135f., 139,146-149, 165-167 Bulgarische Handelsbank 662, 663, 851 Buna-Werk (I. G. Farben) 461, 593, 598, 609, 611 f., 803 Butonia, Brüder Langweil - Robert Eisler (Knopffabrik Butonia) 340-342 „Butonia" Marcuzzi & Klaus o H G 341 f. C. Mackprang jr. 758 C. Stölzle's AG für Glasfabrikation 189 Campine 805, 813 f. Carl M. Meyn 328 Cebelac 809 Cegielski & Co. (H. Cegielski) 519, 529 Cellulosefabrik A G 413,415,418 Centrale Suiker Mij. 731 Ceskomoravskâ Kolben Danek 610 Charbonnage Behringen 812 Charbonnages de Houthalon 812 Charbonnages Limbourg-Meuse 812 Charbonniere Belge-Westphalienne 803 Chemical Trust 123 Chemiewerke Knoll AG 554, 556 Chemische Werke Aussig-Falkenau 104— 107, 252 Chemische Werke Butyl 314 f. Colombia 662, 856 Commerzbank (auch Commerz- und Privatbank) 4, 58, 63, 67-69, 165, 171, 173, 180,210f., 338, 380, 437-440,457,467, 470 f., 476 f., 481, 486, 503, 505, 507, 509 f., 542, 545, 552, 569, 578, 601, 603605, 623, 625-627, 632 f., 636, 733, 879, 882, 891, 895 Compagnie des Mines d ' O r du Pek 847

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Register

Compagnie Franco-Polonaise des Chemins de Fer 851 Concordia 662, 856 Confindus 805 Continentale Bank S.A./N. V. 535, 610, 676, 681, 741, 765, 770, 792-802, 804, 806-809,812, 815,817-824,827,848,865, 875, 886 Continentale Gesellschaft für Bank- und Industriewerte (Contvalor) 490 f. Continentale Handelsgesellschaft Krakau 557 Conze & Colsmann 806 Crediet- & Handel Mij. „Holland" 683, 685, 768 Crédit Industriel de l'Alsace et de Lorraine 673, 835 f. Crédit Lyonnais 854 Creditanstalt (auch Creditanstalt-Wiener Bankverein, CA) 1 1 , 1 7 , 1 9 , 2 4 f., 30, 3 3 35, 37, 41-45, 48, 51 f., 68,400-403, 537, 542-544,546,552,556,559,569,572,578, 651, 653, 656-658, 873, 874, 878, 879, 885 Creditanstalt Krakau A G 543 Cserehater Bank 3 9 7 , 4 0 1 , 4 0 2 , 4 1 6 Czernitzer Steinkohlenbergbau A G 138 D. Fabrykant 534 D . H e c h t 328 Dampfziegelei Josef Kluge 596 Danatbank 11, 500, 672, 715, 836 „Danubius" Textilwerke A G 413 Danziger Bank für Handel und Gewerbe 500 Danziger Creditanstalt 500 Danziger Privat-Actienbank (ab 1940: Ostdeutsche Privatbank) 502, 503, 581 Darmstädter Bank für Handel und Industrie 11,683 „De Bijenkorf" 709, 719, 753-756, 759 De la Motte (Textilkonzern) 853 „De Maasmond" 742 Degussa 102 Delbrück, Schickler & Co. 457, 825, 827 Deutsche Erdöl A G (DEA) 120 Deutsche Agrar- und Industriebank (DAIB) 59 f.,64 f.,202 f.,210 Deutsche Ansiedlungsgesellschaft 351 Deutsche Ausrüstungswerke (DAW) 360, 576, 595 Deutsche Bank 4, 9, 17, 51, 54, 63-65, 6 7 69, 79 f., 93, 95 f., 113-115,137,141, 168 f., 171, 173,177, 179,180, 185, 193 f.,

196f., 2 0 1 , 2 0 5 - 2 1 0 , 2 1 2 , 220,238, 252, 263, 295, 311, 355, 379f., 398,400-403, 427,437-4-40,443^47,450-452,454,456, 458—471,475, 479, 486f., 493, 495, 501, 503, 507, 509 f., 542-545, 556, 559, 565, 595,597,600,602-605,610,623,627,636, 651 f., 654, 656, 658, 660, 661, 666 f., 6 7 0 678, 686, 694, 707, 719, 732 f., 747, 782, 825, 835, 844, 849 f., 856, 873 f., 878 f., 882, 885, 886, 888 f., 895, 896 Deutsche Bau- und Bodenbank 12 Deutsche Edelmöbel A G 361 Deutsche Effekten- und Wechselbank 830 Deutsche Emailwarenfabrik 555 f. Deutsch Erd- und Steinwerke (DEST) 615 Deutsche Gasolin A G 40 Deutsche Girozentrale 444, 632 Deutsche Golddiskontbank 800, 806 Deutsche Handels A G 554 Deutsche Handels- und Kreditbank A G 51 f., 362, 397-402, 404-427, 881 Deutsche Industriebank 185,634 Deutsche Länderbank 462 Deutsche Luftfahrt- und Handels A G 802 Deutsche Meisterwerkstätten G m b H 360 f. Deutsche Ostlandbank A G (später: Handels-und Kreditbank AG) 624 f. Deutsche Revisions- und Treuhand A G (auch Deutsche Revisions- und Treuhand-Gesellschaft, DRuT) 37, 96, 140, 147, 149, 159, 191,505, 779f. Deutsche Textil A G 249 Deutsche Umsiedlungstreuhand ( D U T ) 512, 528, 575 f., 614, 642 Deutsche Verrechnungskasse 405, 424 Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken 519, 803 Deutsche Wirtschaftsbetriebe 358, 3 6 0 363, 426, 427, 490, 524, 595 Deutsche Wochenschau 853 Diamant-Kontor G m b H 803 Dillinger Hütte A G 851 Disconto-Gesellschaft 672 Ditmar, Urbach & Co. 89 Dok- en Werf-Mij. Wilton Fijenoord N . V. (Dok- en Werfmaatschappij Wilton-Fijenoord; Wilton-Fijenoord Werft) 706, 708, 782 Dombrowaer Drahtindustrie Gebr. Klein 488 Donalies & Co. 481 Dornier 773 Dreiturm Seifen G m b H 747

Firmenregister Dunajskâ banka 396 Dux-Bodenbacher Eisenbahn A G 142, 144, 147, 149, 154-156, 158-161, 167 Duxer Kohlengesellschaft 136, 140,169 Dynamit Nobel A G 103, 398,415f. E. Lang 307 E. V. Nicolai (auch Privatbankfirma E. v. Nicolai) 42,247,294 Ed. Hamburger & Sohn (Malzfabrik Ed. Hamburger & Sohn) 339 Edmund Pick 311 Edmund Taub 344 Eesti Posforiit A G 631 Egerländer Bergbau A G 168 Eintrachthütte 456 Eisen- und Stahlwerke Hagendingen (Hagondange) 837 Eisenwerk A G Rothau-Neudek 189 Eisenwerk Sandau A G 91, 180 Eisenwerke Podbrezova A G 424 f. Elbkosteletzer Zuckerraffinerie 250 Elbemühl A G 43 Elektrizitätswerk Straßburg 837 Elektrizitätswerke Wartheland 518, 524 Elektrowerke A G 163,859 Elsässische Maschinenbau A G 837 Elsässische Tabakmanufaktur 840 Emaillierwerk A G Fulda 91 Emil Köster A G 326, 749, 756 Emil Kummerlé 713 Emissionsbank des Generalgouvernements 538f., 551,554, 572 Engelhardt-Brauerei 716 Engrenages L. Thiebault S. A. 808 Erdölraffinerie Trzebinia 851 Ernst Essler 248 Erste Brünner Maschinenfabriksgesellschaft (auch Erste Brünner Maschinenfabrik) 199, 201 f., 225,246,256-262,264-268, 283 f. Erste Mannheimer Dampfmühle vorm. Ed. Kauffmann Söhne GmbH 816 Erste Osterreichische Spar-Casse 30 Erste Prager Malzfabrik Reiser & Söhne 337-339 Erste Schattauer Thonwarenfabrik A G 79, 89 Escompte- und Volkswirtschaftliche Bank 398 Etablissement de Prouw S. A. 815 f. Eupen-Malmedyer Lederwerke 812 Eupener Kammgarnwerke 812

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Eupener Textilwerke 795, 812 Explosia A G 271, 314f. F.M. Hämmerle 332 F. M. Oberländer und Hronover Baumwollspinnerei A G 311, 327 f. Falkenau-Neusattler Werke 142 Feiten & Guilleaume 847 f. Ferrostahl A G (Ferrostaal A G ) 777 f. Ferrowolff G m b H 417 FistagAG 315 Flachs- und Jutespinnerei A G (Flachs- und Juteindustrie AG) 311, 324 Flick-Konzern 120,123f„ 133 135-137, 140 f., 449, 457 Ford Motor Co. Belgium, S. A. 803 Ford-Werke A G Köln 803, 808 Francolor 847,850 Frankfurter Societätsdruckerei 848 Franz Krull (Maschinenfabrik Franz Krull) 631 f. Franz Langer und Söhne Malzfabrik 339 Franz Xaver Brosche A G 250 Französisch-Serbische Bank 652 Freja Bergwerke Aktiebolaget 286, 290 f., 297 f. Freudenthaler Getränke GmbH 362 f., 425 f. Fried. Krupp A G (Krupp) 275, 449, 706, 709, 807, 812 f. Friedenshütte 460 f. Friedrich Eisenberger 180 Friedrich Mattausch & Sohn A G 91,109 Fröhlich & Schickel 340 Fruta, A G für Obstverwertung 79 Fürstengrube 461 Fürstlich Kinsky'sche Generaldirektion 321 Fürstlich Lobkowitzsche Zentraldirektion 166 Fulmen, Oberschlesische Kohlenhandelsgesellschaft 138 G. A. Fröhlich's Sohn 185-187,193 G. H. Bührmann's Papiergroothandel N.V. 742,745 G. Morgenstern (Malzfabrik G. Morgenstern) 339 Galerie Lafayette 847 Gebr. Arnhold 30 Gebr. Böhler & Co. A G (Gebr. Böhler) 39, 252

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Register

Gebr. Gerzon's Modemagazijnen (N. V. Gebr. Gerzon's Modemagazijnen) 709, 719, 756-758, 760 Gebr. Lengsfeld 597f. Gebr. Naschauer 184 Gebr. Pappenheim 760 Gebr. Schöller 248 Gemeinschaftsbank des Ostlandes 634 General Motors Co. 800 General Stores and Investment Corporation 757 Gera-Greizer Kammgarnspinnerei AG 533 Gerstel (Möbelfabrik Gerstel) 353, 360 f. Gesellschaft für chemische Werte 138 Getreidehandelsgesellschaft Prag 321 Gewerkschaft Eleonore 158-161,168 Gladbacher Wollindustrie 853 Glasfabriken und Raffinerien Josef Inwald AG (auch Josef Inwald AG) 73,189-193 Göhler & Weiss 339 Golleschauer Portland-Zementfabrik AG 490 f. Gottfried Schnabel Neupakaer Baumwollspinnerei u. Weberei (auch Neupakaer Baumwoll-Spinnerei und Weberei) 186, 358 Graf Johann Wilczek'sche Ostrauer Kohlen- und Kokswerke 247 Gräflich Schaffgot'sche Werke 120 Grube Poseidon 125 Grube Minerva 125 Grün & Bilfinger 803 Gruschwitz Textilwerke AG 441 Guaranty Trust 797 H. Albert de Bary & Co. (Albert de Bary & Co. N.V.) 666, 668, 686, 690, 700 f., 704, 706,713,736,742,748,761,772-774,779, 782, 790 f., 886 H. Dietel AG 473 H. Lorach & Co. 842 H. Ripper 570 Hadega 366 f. Hadir 805 Halberstädter Wurst- und Fleischkonservenwerke Heine & Co 711 Hamburger Landesbank 661 Handelsgesellschaft Ostland Öl 631 Handels- und Kreditbank AG Riga 625627, 630-633, 641-643, 646f., 884 Handelstrust West N.V. (HTW) 666, 682-691, 695-700, 706-719, 721, 725793, 798 f., 801, 827, 865, 886, 890

Handelstrust West N. V. i. L. 789 Hansa Leichtmetall AG 861 f. Hansabank 630, 793, 817, 820 f. Hardy & Co. 498, 526, 587, 792 Harzer Bleiweissfabrik L. Heubach 759 Hauptbank für Tirol und Vorarlberg 19 Haupttreuhandstelle Ost (HTO) 8, 435, 445, 448, 450 f., 455 f., 460-464, 476, 483494, 508 f., 523, 526, 528-534, 536, 564566,568,579,582-587,612,614,876,889, 900 Heinekens Bierbrouwerij (Heineken) 708, 732 Heinik's Erben 337 Heinkel-Werke 563 Heinrich Auer-Mühlenwerke KgaA 40 Heinrich Klinger 90 f. Heinrich Mattoni AG 362 Heinrich W. Koch 759 Helimont AG 133,138 Hellco 415 Helmut Seidel Elektrische Apparate 713 Henckel von Donnersmarck-Beuthen Estates Limited 442, 470 Henschel-Werke 518 f., 549 Hermann Duchrow & Co. 336 Hermann & Vogel 181 Hermann Pollack's Söhne AG 108 Hermann Tietz 754 Hermes Kreditversicherung 775, 777 „Hermes" Ungarische Allgemeine Wechselstuben AG 25 Hertie AG 709,754,756 Herzfeld & Victorius 529 Hettlage KG 326 Hieronimus Schiffs Erben 522 Hirmer Zuckerfabrik AG 37, 39 Hirsch & Co. 719 Hochofen & Werke AG Ostrowiece 557 f. Hochtief Gesellschaft für Hoch- und Tiefbauten 475,611 Hoesch AG (Hoesch-Konzern) 453, 808 Hohenlohe-Werke 448 Hollandsche Buitenland Bank N. V. 774 Hollandsche Koopmannsbank 706 Holsteinische Lebensmittelfabriken Wagner 8c Co. 711,839 Homan Sc Co. 341 Horten KG (Helmut Horten KG) 709, 756 f. Hotelbetriebs AG 493 Hotel- und Gaststätten GmbH Kattowitz 492 f.

Firmenregister Hotel- und Gaststätten-Gesellschaft Wartheland 523 Hubertus Braunkohle A G 120 Hugo Kaufmann & Co's Bank 682 f., 685, 690, 715 Hugo Schneider A G (Hasag) 553 f. Huller & Freimuth 323 Huta Bankowa (Bankhütte) 454,456 f., 462, 463 Huta, Hoch- und Tiefbau A G 595, 6 0 5 610 Hutstoffwerke Fulda Muth Sc Co. K G 738-741, 816 Hüttenverwaltung Westmark 837 f. Hüttenwerk Ruda (Ruda Bergbau- und Hüttenbetriebs A G ) 415,418 I . G . C h e m i e 859, 861 f. I. G. Farben 40, 101-104,106,119-121, 136, 252, 398,415, 461, 559, 593 f., 597 f., 610-612, 858 f., 861, 863 f. I. G. für Bergbau und Hüttenbetrieb 446 I. G. Kattowitz 446, 448 f., 454-458, 471 Ideal-Lederwerke 828-830 Ig. Klinger (auch Klinger-Lanex; Klinger A G ) 113-115,193 Ignaz Petschek-Gruppe 119f., 123, 128, 133-141, 157, 162 Incassobank 716 f. Industriebau A G 596 International Acceptance Bank 64 Internationale Bank te Amsterdam 715 J. & K. Smit's Scheepswerven N. V. 777 J. Kunert (auch J. Kunert & Söhne) 114 f., 187f., 314 J. Roeckls Handschuhfabrik 830 Jäkel's Eisenindustrie A G 487 f. Jan Götz, Okocimer Brauerei und Industrieanlagen A G (Brauerei Okocim) 567 f. Janssen-Gruppe 668 Jaworznower Steinkohlengruben A G 445 Johann Liebieg & Co. 7 6 , 9 8 - 1 0 0 Josef Rindskopf's Söhne, Glasfabriken in Kosten, Dux und Tischau A G (Rindskopf A G ) 189-192 Jugoslawische Bank A G 652 Julius Berger Tiefbau A G 711 Julius Meinl 554 Julius Petschek-Gruppe 118-133,137,141, 162,166,274 Juljan Glass 582

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Jung & Simons 185 Juralit Kunstharzfabrik Emil Schreiber 314 Kabel- und Drahtfabrik Bendsburg 492 Kabel- und Gummiwerke Eupen 812 Kabel- und Metallwerke Neumayer 594 Kabelwerke Krakau A G 554, 556 Kabelwerke Pressburg 554 Kaiser Ferdinand-Nordbahn 267,271 Kalibach 726,760 Kammgarnspinnerei Allart Rousseau (Allart Rousseau & Co.) 533 Kammgarnspinnerei Thuringia 853 Karbitzer Stahlgusshütte A G 9 1 , 1 8 0 Karl Falck, Baugeschäft 596 Karl Fuhrmann 749 Karl Grabowski Holzhandel und Holzimport 596 f. Karpathen-Öl A G 548 Kas-Vereeniging 699, 717, 762 Kattowitzer Bergbau- und Eisenhüttenbetrieb A G 446 Keesing 731 Kleinwort & Sons 64, 199, 202 Klinker-Zement G m b H 490 f., 524 Klüser & Burghardt GmbH 749 Knorrbremse A G 489 Kohlenhandelsgesellschaft Ed. J. Weinmann (Ed. J. Weinmann) 146, 149, 158 Koliner Spiritus- und Pottaschefabriks A G 250 Kommerzialbank A G Krakau 51,439f., 481, 540-578, 582, 585, 589f., 610, 615, 874, 883 f., 890, 894, 899 Königs- und Bismarckhütte A G (Bismarckhütte) 449, 456 f., 466, 471 Königshofer Zementfabrik AG 189, 251 Koninklijke Nederlandsche Hoogovens en Staalfabrieken N. V. 6 9 4 , 7 0 6 , 7 1 9 Konstruktiva 245 Kontinentale Öl A G 549, 630, 662, 719, 777, 851, 856, 893 Kontrollbank für Industrie und Handel (auch Österreichische Kontrollbank für Industrie und Handel; Kontrollbank) 42-44, 47 Kooperativa 267,271, 278 Krauss & Hoffmann 180 Kreditanstalt der Deutschen (KdD) 59-61, 6 5 , 9 2 , 9 6 - 1 0 0 , 1 6 4 f., 168,173 f., 183,197, 201,206,209,212-214,247,249,255,308, 322, 362, 374, 376-379, 880 Kreissparkasse Bielitz 486

940

Register

Krentschker & Co. (auch Privatbankhaus Krentschker & Co.) 46 Kroatische Landesbank A G 50, 52, 6 5 3 655, 658, 659, 885 Krompacher Kupferwerke 413, 415 Kuhn, Loeb & Co. 293 Kupferwerke Böhmen 373 Kurmärkische Zellwolle A G 441 Kurt Endisch 98

Lippmann, Rosenthal & Co. Sarphatistraat (LiRo) 698, 725, 734 f., 756, 762-765, 767 f., 820-823 Litzmannstädter Warenhandelsgesellschaft 589 Lodscher Depositenbank 522 L'udovä banka 399 f., 426 Luftfahrtanlagen G m b H (LAG) 561, 563 Lundenburger Zuckerraffinerie 250

L. Smit & Zoon's Scheeps- en Werktuigb o u w N . V . 777 L. u. C. Hardtmuth A G 98 Laceba Agence Maritime Marx 804 Landbewirtschaftungsgesellschaft Ostland 642 Länderbank Prag (Bank für Handel und Industrie) 91,110f., 1 1 3 , 2 0 8 , 2 0 9 , 2 1 2 220, 225, 227-234,236 f., 239, 256, 312, 379, 487, 874 Länderbank Wien A G 2 0 - 5 4 , 7 1 , 2 0 8 , 236, 238,251-253, 264, 288 f., 311, 332, 382, 396, 399f., 404f., 410,411, 458, 490, 541 f., 651- 658 f., 661 f., 678, 797, 801, 853, 864, 867, 873, 878, 879, 881, 890

M. Fischl's Söhne 321 M. Mandl's Söhne 323 M. Neissner & Co. 334 M. Taussig & Co. 323 Magdeburger Farben- und Lackgroßhandlung 807 Mährische Bank 68,92 f., 2 0 9 , 4 0 3 , 4 0 8 , 4 2 6 Maison de Bonneterie 719, 748 Maison de Vries 726 Malzfabrik Niedersedlitz 338f. Malzfabriken Langensalza 338 Mannesmann 252 Mansfeld-Kupfer-Schieferbau A G 660 Margarine Verkaufs-Union G m b H (Margarine-Union) 764 Mauz & Pfeiffer 727f. Mechanische Weberei Linden 185 f. Mechanische Weberei M. Zweig 87 Mechanische Weberei Schulenburg & Bessler 491 Meisenheim-Schmeißbacher Mälzerei A G 338 Mendelssohn & Co. 668, 691, 695, 715 Merck, Finck & Co. (Privatbankhaus Merck, Finck & Co.) 19,294, 734 Mercurbank (früher Wechselstuben A G „Mercur") 7, 1 1 - 1 7 , 1 9 - 2 4 , 2 7 - 3 4 , 3 9 4 1 , 4 3 , 45f., 48, 540f., 873, 878 Merkel & Kiemlin 713 Metallwerke Wartheland 519 Meurisse 809 M e y & Edlich 323

Landesgenossenschaftsbank Posen 500, 504-506, 581 Landesversicherungsanstalt Wartheland 524 Landwirtschaftliche Bank Danzig 505 Landwirtschaftliche Industrie- und Handels A G (Lihag) 4 1 3 , 4 1 8 , 4 2 6 Landwirtschaftliche Zentralstelle 481,550, 577 Lanex G m b H 113 f. Laura et Vereeniging 812 Lazard Freres et Cie 848 Lederer & Wolf A G 91 Legio-Bank (Prager Legio-Bank) 68,209 f., 214, 395 Leitmeritzer Bierbraugesellschaft „Zum Elbschloss" 189 Lenzinger Papierwerke A G 45 Leopold Brdlik & Söhne 248 Leopold Telatko 91 Lesnoplod Orava 425 f. L e t o v A G 248 Leutschauer Bank 400 Lever Brothers & Unilever 708, 764 Libauer Bank 857 Libauer Eisenwerke 631 Linoleum A G Blum-Haas 41

Meyer-Kauffmann-Werke (Meyer-Kauffmann Textilwerke) 329, 330 f. Mij. voor Diamantbeweerking 726, 733, 760 Milchindustrie A G 250 Milchspeiser & Katscher (Mälzerei Milchspeiser und Katscher) 321, 339 Mildenauer Kammgarnspinnerei Anton Richter's Söhne 115 Mitteldeutsche Creditbank 437 Mitteldeutsche Stahlwerke 120 f., 809

Firmenregister Modrzejow Hantke AG (ModrzejowHantke AG) 454,456,488 Montan- und Industrialwerke vorm. Johann David Starck 123, 167,193 Montserrat AG 157 Moritz Fuhrmann 248 Most Kakao- und Schokoladenfabriken (Most) 753,809 Moulins van der Stucken S. A. 815f. Mühlig-Union Glasindustrie AG 76 Münchener Exportmalzfabrik AG (Malzana-Konzern) 339 Myjavskä banka 403 N. Eitingon 534 N. V. Amsterdamsche Kantoorgebouwen Mij. 683 N. V. Bendien's Confectiefabriek 759 N. V. Buitenlandsche Bankvereeniging 761 N. V. Chemo-Metallurgische Industrie 750 N. V. Commissiehandel Cereales 759 N. V. Crediet- & Handel Mij. „Holland" 683, 685, 768 N. V. Derde Mij. Hoedhaar 739, 741 N. V. Emaille en Metaalwarenfabriek Gelria 785 N. V. Frank Rademaker's Cacao- & Chocolateworks „Frarao" 712 f. N. V. Handelmij. „OCO" 727 f., 760 N. V. Handelscompagnie Nidera 758, 760 N. V. Hamburger & Co's Bankierskontoor 683 N. V. Industrieele Mij. vorheeren J. W. Bronwasser Czn. 713 f. N. V. Internationale Uitgevers- en Handelmij. Systemen Keesing 731 N. V. Koninklijke Mij. „De Scheide" 782, 784 N. V. Kunsthandel vorheen J. Goudstikker 760 N. V. Metaalwarenfabriek Efa-Union 714 N. V. Mij. tot Financierung van Electrische Ondernemingen (Finelon) 683 N. V. Nederlandsche Bankinstelling 717f., 764 N. V. Nederlandsche Nikkei Mij. 750 N. V. Noord-Hollandsche Koperwarenfabriek 759 N. V. Olieslagerij en Graanhandel „De Gaasp" 759 N. V. Papiergroothandel en -fabrieken vorheen Gebr. Cats 726, 731, 741-746, 760

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N. V. Stoom Chocolade- en Cacaofabriek „Kwatta" 752 N. V. Stoomspinnerijen en Weverijen vorheen S. J. Spanjaard 751 N. V. Thabur Industrieele en Technische Handelsmij. 727 N. V. Tweede Mij. Hoedhaar (Hoedhaar) 726,731,738-741,744, 816 N. V. Verschure & Co's Scheepswerf en Maschinefabriek 777 f., 780, 782 N. V. Werkspoor 706, 709, 719 N. V. Zwangenberg's Slachterijen en Fabrieken 710f. Najda Gebr. Winter & Weiss 522 Nalos & Mansfeld Holzindustrie 358 Nederlandsche Bank (Niederländische Bank) 694, 699, 708, 736, 762, 772, 789 Nederlandsche Blokmetaal N. V. 750 Nederland'sche Credietverzekering Mij. N. V. 683,715,766,777-779 Nederlandsche Handelsmaatschappij (Nederlandsche Handel Mij.) 293, 673,698, 715-717, 764, 766, 779 Nederlandsche Maatschappij voor Havenwerken N. V. 711 f. Nederlandsche Scheepsbouw Mij. 776, 779-782, 784 Nederlandsche Stofzuigerfabriek N. V. „EFA" 713 Nederlandsche Wolspinnerij „Newo" 713 Nestomitzer Zuckerraffinerie AG 189 Netty Fischer 323 Neudeker Wollkämmerei und Kammgarnspinnerei 73, 111-113,115,189, 193 Neuflize & Co. 800 Nica Nickel-Industrie 749 f. Niederländische Aktiengesellschaft für Abwicklung von Unternehmungen (NAGU) 725, 732-734, 743, 757, 767 Niederländische Grundstücksverwaltung 737, 768 Niederländische Notenbank 698 Niedhart & Co. 471 f. Nijmogensche Saggeren Bedrijf 726, 760 Nikolai Langen 611 Nordböhmische Kohlenwerks-Gesellschaft AG 121 f., 125-128,130-132,135,139, 165-167 Nordische Aluminium 862 Nordmährische Brauerei und Malzfabriks AG 189 Norsk Hydro (Norsk Hydro-ElektrikKvaelstof A/S; Société Norvégienne de

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Register

PAzote et des Forces Hydro-Electriques) 301, 850f., 855, 858-863 Obereggendorfer Papierfabrik 39 Obernkirchener Sandsteinbrüche 192 Oberschlesische Bank 92 Oberschlesische Discontobank 433, 441, 447, 540 Oberschlesische Erzgruben A G 471 Oberschlesiche Stickstoffwerke A G 859 Oberschlesische Furnier und Sperrholzhandlung Eduard Werner 596 Oehringen Bergbau A G 442, 448 Omnia Treuhandgesellschaft m b H 725 Omnipol A G 268,275-277 „Opta" Fabrik fotomechanischer Erzeugnisse 531 Orientbank 28 Osmag 471 Ostbahn 471 f., 542 Ostbank für Handel und Gewerbe 499 Ostbank A G 506 f., 509,511-519,521-529, 531 f., 534, 536, 581, 583-585, 587, 883, 899 Ostdeutsche Baustoffwerke 524 Ostdeutsche Landesbewirtschaftungsgesellschaft m b H (Ostland) 523, 642 Ostdeutsche Maschinenbau-Gesellschaft 519 Ostdeutsche Privatbank 502f., 516f., 581 Osterreichische Industriekredit A G 28 Österreichische Kontrollbank für Industrie und Handel (Kontrollbank für Industrie und Handel) 28 Österreichische Linoleum-Wachstuch und Kunstlederfabriken 41 Österreichische Nationalbank 11 Österreichische Zuckerindustrie A G 40 Österreichisches Kreditinstitut für öffentliche Unternehmungen und Arbeiten 19, 22,25 Ossa 11 Ostfaser G m b H 631, 635, 752 Ostland Öl Vertriebs G m b H 631 Ostland-Werke G m b H (Ostland-Werke) 634 f. Ostlandfaser G m b H 631,635 Ostländische Eisenhandels G m b H 632 Oswiecim, Vereinigte Automobil- und Maschinenfabriken 610 Otavi-Minen 800 Ougree-Marihaye 805 Oxygen Tramer & Co. 315

Panstwowy Bank Rolny (Staatliche Agrarbank) 539 Papeterie du Mont de la Marche 812 Papier- und Zellstofffabriken A G Steinhagen und Saenger (Steinhagen und Saenger) 851, 855 f. Papierindustrie Olleschau A G 91, 250 Patronenfabrik Hirtenberg 39 Peek & Cloppenburg KG 325 Perfecta 809 Perlmooser Zement A G (Perlmooser Zementwerke) 37 Petschek-Konzern 118,134, 136-138 Pfälzische Mühlenwerke Mannheim 40 Pfeiffer & Löwenstein 183 Pferdmenges & Co. (bis 1938: Sal. Oppenheim jr. & Cie.) 551, 825, 827, 829 Ph. Morawetz und Sohn 328 Philips' Gloeilampenfabrieken 708, 719, 773 Phrix-Werke 111,327 Pless-Konzern 461 f., 470 Poldi-Hütte 75,135, 201 f., 225, 254, 256264, 266-268, 272 f., 283 f., 303 Portlandzement A G 807 Postsparkasse 417, 539 Prager Eisenindustrie (Prager Eisenindustriegesellschaft) 121,250, 334 Pressburger A G zur Erzeugung vegetabilischer Öle 413 Preussag 120,660 Preußengrube A G 442,448 Preußische Staatsbank (Seehandlung) 47, 636-638, 646, 884 Preußische Genossenschaftskasse (auch Preußenkasse) 96 Proehl & Gutmann 682, 683, 685, 715, 754 Rakonitzer- und Untert-Themenauer Kaolinwerke A G 121 Rebholz' Effektenkantoor (Rebholz' Bankierskantoor) 706, 763 Reichsbahn (Deutsche Reichsbahn) 471, 542, 595 Reichsbank 15, 19, 49, 66, 68, 82, 95, 145, 202, 205, 270,299, 302, 304, 371, 574 Reichs-Kredit-Gesellschaft 457,470,520 f., 585-587, 635 f., 638-640, 646, 656 f., 673, 694, 844, 859, 884 Reichspost 595 Reichswerke A G für Erzbergbau und Eisenhütten 442 Reichswerke Hermann Göring 2,39,117 f.,

Firmenregister 123-125, 129f„ 132, 137f„ 140 f., 143f., 162-164,166,169,172,196,247,253-255, 261-266, 268,272-274,280-285, 288 f., 292,297-299,301-305,314,380,435,442, 447f., 450,453,456 f., 459, 464,468 f., 479, 495, 550, 553 f., 556-559, 563, 577, 632,636,675,837,851,853,856, 875,888, 893, 896 f. Reiwinkel - Reisse & Grawinkel KG 737 Reveillon (N. V. Reveillon „Het Huis voor Geschenken") 726,731,737,760 Rhein-Ruhr Bank 788 f. Rheinisch-Westfälische Disconto-Gesellschaft 801 Rheinisch-Westfälische „Revision" Treuhand AG 733 Rheinmetall Borsig AG (Rheinmetall-BorsigAG) 519,706,709,719 Rhenania-Ossag Mineralölwerke AG 707 Rhodius-Koenigs Handel-Mij. 111, 706, 734 Rico-Werke Brüx 90 Riedel & Sohn 595,607 Rigaer und Revaler Werft 631 Rijnsche Handelsbank 700, 704, 749, 756, 761, 771, 790 Ringhoffer-Tatra-Werke 246, 250, 375 f., 487 f. Rinn & Cloos 823,840 Robert Bosch GmbH 457 Roben Streit, Dachpappenfabrik und Baustoffgroßhandlung 611 Rodingen 805 Rolffs&Cie. 108 f. Roth-Kosteletzer Spinnereien und Webereien 332 f. Rothmüller-Mewa, Metallwarenfabriken AG 40 Rottenmanner Eisenwerke AG 45 Rotterdamsche Bankvereeniging 670, 673, 679, 715, 717 Rudaer Steinkohlengewerkschaft 460 Rudolf Brandt & Co. (Brandt & Co.) 480 f. Rule 726,760 Rüstungskontor GmbH 518 f. Rütgerswerke 102 RWE 812 RWS Munitionsfabrik 561 Rybniker Steinkohlegewerkschaft 448 S. Katzau 328, 330 f. S. A. de Coene Frères 804 S. A. Hoedhaar 726,738,740,816

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S . A . Solacier 792 S.K.W. Sanitär-keramische Werke AG 318 S. Jolesch & Sohn 323 Salvator Malzfabrik GmbH 339 Salzburger Kredit- und Wechselbank 25 Salzdethfurth-Konzern 120 f. Sandauer Eisenwerke 79 „Sbor" Gustav Sborowitz & Sohn 324-326 Schaefer & Schael AG 442 Schafwoll- und Seidenwarenfabrik Fr. Pollack 185 Scharlachberg 847 Schattauer und Unter-Themenauer Schamotte Werke 89 Schenker AG 413 Schiffahrt-Treuhand GmbH 781 f. Schicht-Konzern 415 Schlesische Elektrizitäts- und Gas AG 442 Schlesische Industriebau Lenz & Co. 596 Schlesische Mühlenwerke AG 40 Schlesische Wäsche- und Bekleidungswerke Hanns Held KG 474,491 Schlesische Zellwolle AG 441 Schmidt Söhne Kakao- und Schokoladenfabrik 712,806 SchmiedagAG 808 Schneider-Creusot (Schneider-CreusotGruppe) 274, 276, 449-453, 675, 676, 827, 853 f., 856 f., 867 Schönpriesener Zuckerraffinerie 215 Schultheiß (auch Schultheiss-Brauerei) 732, 807, 839 Schwechater Brauerei 568 Schwechert-Brauerei 709 Schweizer Nationalbank 35 Schweizerische Bankgesellschaft 866 Schweizerischer Bankverein (Schweizer Bankverein) 730, 741 Sedliackä banka (Bauernbank) 403 Seeschifffahrt Holland 800 Selchwaren- und Konservenfabrik AG 359 „Sentenda" 323 Serma 812 Shell 719 f. Siemens 252,413 Simons Mühlen AG 40 Silleiner Tuchfabrik 248 Skoda-Werke 135,245, 254, 267f„ 270, 273-284, 853, 855 f. Slovenskä banka 395, 399, 403 Slovenskä vseobecna üvernä banka (Slowakische Allgemeine Creditbank) 395, 401 f.

944

Register

Slowakische Nationalbank 405,414 f., 424 Societatea Bancara Romana 48, 662 Sociétà Italiana di Credito 26 Société Belge de Banques 668 Société de Bruxelles pour la finance et l'industrie 800 Société France Actualité 853 Société de Mines de Bor (Mines de Bor) 660, 855 f. Société de Mines de Pyrites de Vedrin 808, Société Française de Banque et de Dépôts 819 Société Générale de France 819 Société Générale de Sucreries et Raffineries en Roumanie „La Danubienne" 848 Société Générale pour favoriser le Development du Commerce et de l'industrie de France 855 Solinger Stahlwaren 792 Solvay-Gruppe 101-104 Sosnowitzer Röhren- und Eisenwerke AG 462 „Sphinx", Vereinigte Emaillierwerke und Metallwarenfabriken 91,215,229,250 Spinnerei und Tuchfabrik Gebr. Czeczowicka 491 Spinnstoffwerke Arntz & Co. (Arntz & Co.) 185 St. Joachimsthaler Bergbau GmbH 98 Staatsmontankonzern 118, 163 f. Städtische Sparkasse Königshütte 476 Stadtsparkasse Krakau 591 f. Stadtsparkasse Litzmannstadt 589-592 Stadtwerke Kattowitz 595 Stahlverein 709 Stahlwerke Braunschweig 556 f. Stahlwerke Röchling (Gebr. Röchling) 449, 803 Stalowa Wola AG 557-559 Stanley-Werke GmbH 759 Starachowicer Bergwerksbetriebs AG 557559 Steiermärkische Escompte-Bank 19 Steyer-Daimler-Puch 39, 252 Stickstoffwerk Chorzów 859 Stockholm Enskilda Bank 370-372 Stollwerck (Schokoladenfabrik Gebr. Stollwerck) 413,809 Stoomeelfabrik 726, 760 Straßburger Werft 837 Stredoslovenska banka (Mittelslowakische Bank) 403 „Strem", Chemische Werke 472

Südbank (Süd-Bank; Jugo-Banka) 658661, 885 Süddeutsche Drahtindustrie AG 848 Sudetendeutsche Bank 64 Sudetenländische Bergbau AG (SUBAG) 86, 129, 132, 140, 160-171 Sudetenländische Treibstoffwerke AG 252 Sudetenländisches Kohlensyndikat 86,149, 171-174 Südost AG 660 Südost-Montan AG 660 „Sumag"-Sudetendeutsche Maschinen- und Gerätebau GmbH 100 „Swiatowit" 488 f. Tatra-Bank 395, 402 f., 415 Techna GmbH 418 Telefunken 554 Teplitzer Maschinenfabrik AG 183 Textilhandelsgesellschaft Krakau GmbH 550-553, 577 Textilwerke Mautner AG (Mautner-Konzern) 79,88,91,108-110, 180 Textilwerke-, Seiden- und Schafwollfabrik e n A G 344 Thannwalder Baumwollspinnfabrik 108 f. Theodor Gilissen 706 Thomasmehlgesellschaft mbH 809 Tilburgsche Tricotiagefabriek 726 TobisAG 182 Topf & Söhne (J. A. Topf & Söhne) 593, 595,599-605 Transandine Handel Mij. 754 Transandine Trust Cie. 753 Treuhand-Aktiengesellschaft 733 Treuhand-Vereinigung AG 733 Treuhandstelle des Generalgouvernements 564 f., 568, 585, 876 Treuhandstelle Kattowitz 435, 441, 453, 483-488, 490, 492, 494, 496 Treuhandstelle Posen 524, 526-529, 531533, 583 f. Triebschitzer Werke 142 Trifailer Kohlenwerks-Gesellschaft 849856 Triton GmbH („Triton") 475, 595 f. Troppauer Zuckerraffinerie AG 189 Trust Métallurgique Electrique et Industriel 812 f. Tschechoslowakische Nationalbank 106, 148,156,218f., 257, 260, 270 Tschechoslowakische Waffenwerke Brünn (Ceskoslovenskâ Zbrojovka Brno)

Firmenregister 235 f., 246,254 f., 267-272,275-277,280282,284, 295,314, 424 Tuchfabriken A. Paasche AG 185 Twentsche Bank 715-717, 762, 776, 779781 UFA 852 Ujpest-Konzern 415 Ulrich Gminder GmbH 839 f. Ungarische Allgemeine Creditbank (Magyar Altanos Hitelbank) 409, 849-851, 853-858, 868 Unilever 719,764 Union-Bank Pressburg 401 f., 409, 414 f., 420, 423, 429 Union de Consommateurs de Produits Métallurgiques et Industriels 830 Union Européenne Industrielle et Financière 854, 857 Union Textil AG 533 United Continental Corporation (UCC) 119, 121 V. O. Maschinoimport 777, 779 Valentin Mehler 330 Valentin Röhren und Eisen GmbH 487 Van Vollenhoven's Bierbrouwerij N. V. 709,715 Veitsche Magnesitwerke (Veitsche Magnesit AG) 490 Vereeniging voor den Effectenhandel 762 Verein für chemische und metallurgische Produktion Aussig (Aussiger Verein) 79 101-107,121,196,375 Vereinigte Aluminiumwerke (VAW) 859 Vereinigte Böhmische Glasindustrie AG 98 f., 191,193 Vereinigte Britannia Kohlewerke AG 135, 140,167,169 Vereinigte Carborundum- und ElektrowerkeAG 215,250 Vereinigte Dachpappen-Fabriken AG (VEDAG) 595 Vereinigte Färbereien AG 329 Vereinigte Flachsspinnereien und Textilwerke G. A. Buhl 327,329 Vereinigte Glanzstoff-Fabriken AG 707 Vereinigte Königs- und Laurahütte 446, 449, 456, 460 Vereinigte Oberschlesische Hüttenwerke („Oberhütte") 461 Vereinigte Ostwerke 556

945

Vereinigte Seidenwarenfabriken Gebr. Schiel AG (Gebr. Schiel AG) 110,111, 193,327 Vereinigte Seidenwebereien AG Krefeld 110 Vereinigte Stahlwerke AG 12,39,554, 563, 706, 719 Vereinigte Textilfabriken Noë Stross AG 108 Vereinsbank Hamburg 335, 338 Verenigden Koninklijken Papierfabrieken Van Gelder 708 Verkehrskreditbank 542 Vermögensverwaltungs- und Rentenanstalt ( W R A ) 735-737,739,744,767 Verschure & Co.'s Scheepswerf en Maschinefabriek 777 f., 780, 782 Verteilungsstelle Wartheland für Bausteine 523 Viag 851, 859f., 878, 881 f. V i c h r & C o . 89 Vistra 415 Von Heyden AG (Chemische Fabrik von Heyden; von Heyden) 101-106 Waagner-Biro Brückenbau AG 37, 39 Waffenunion Skoda-Brünn GmbH 284 Wagon-Lits 812 Waldes & Co. 335-337 Waldmühle AG 742 Walter Automobil- und Flugmotorenfabrik 248 Wanderer Werke 823 Warburg & Co. 673 Warschauer & Co. 672 Weberei Anton Kaltenberger 46 Webstuhl- und Webereimaschinenfabrik Jägerndorf 79,189 Weinmann-Konzern 118, 141-148, 153155,157, 159-162,254, 900 Welkenraedter Mosaikplatten AG 812, Welser Papierfabrik GmbH 43 Wendel-Konzern 847 Wendel'sche Hüttenwerke 837 Werf Conrad 777 Werf Gusto Firma A. F. Smulders 777,782785 Werke des Generalgouvernements 550, 564 f., 567, 569, 897 Werkzeug- und Maschinenfabrik Georg Stehr 517 Werschen-Weissenfelser Braunkohle AG 120

946

Register

Westbank 570, 793, 817, 820 f. Westböhmische Kaolin-Schamotte und slowakische Magnesit-Werke 89,121 Westböhmischer Bergbau-Aktienverein 142, 144,148-150, 154-156, 158-161, 170 Westfalenbank 661 Westmark GmbH 837 i. Wickrather Leder 829 Wiener Bank-Verein (auch Wiener Bankverein) 11,656 Wiener Baukreditbank 12 Wiener-Neustädter Flugzeugwerke GmbH 39 Wiener Watt Elektrizitäts- und Glühlampen A G 418 Wijnhoff & van Gulpen & Larsen 726, 760 Wilhelm Jenkner Pumpenfabrik 611 Wilhelm-Gustloff-Stiftung 39 Willeumier van Tyen & van Laer (Willeumier von Tijen & van Laer) 716, 762 William Prym 335 Winkler-Gesellschaft 4 6 2 ^ 6 4 Wintershall A G 102, 119-121 Wirtschaftseinsatz Ost 639 f., 644 f. Witkowitzer Bergbau- und Eisenhüttengewerkschaft (auch Bergbau- und Eisenhütten-Gewerkschaft Witkowitz; Gewerkschaft Witkowitz) 236, 247, 255, 286-305,318,380,415,437,851-853,855, 900

Wodan Handelsmij. N . V. 706 Wünsche & Marcuzzi 341 f. Zellwolle Lenzing A G 45 Zemskä banka 249 Zentralhandelsgesellschaft Ost ( Z H G Ost) 635, 642 Zentrallagergemeinschaft 480, 644, 645 Zentrale Textil-Gesellschaft mbH (ZentralTextil GmbH) 509, 534 f., 802 Zentralwirtschaftsbank Ukraine 628 f., 643 Zieditz-Haberspirker Braun- und Glanzkohlengewerkschaft 135,169 Zinkwitfabriek Ned. Industrie v. Metaalchemie 759 Zinnbergbau Sudetenland G m b H 98 f. Zipser Bank 51, 400 f., 4 0 4 ^ 0 6 , 407 f., 411 f., 416 Zipser Kreditbank 407 ¿ivnostenskä banka (Gewerbebank) 2 2 25, 27, 52, 58, 60, 64 f., 67-72, 78, 81, 84, 87-90, 92 f., 101-107, 109, 118, 121-133, 135,140,162,174,181,192,196,199-202, 207, 209, 212,218, 220, 223-225, 235 f., 247, 249,256-261, 267,270 f., 273, 2 7 5 278,287,289,294,304,376,403,408,414, 4 5 0 ^ 5 2 , 455-457, 652 f., 873, 878 Zuckerfabrik Brüx 90 Zyrardower Manufakturwaren A G (Manufakturwaren A G ) 566 f.

Ortsregister Aachen 794 f., 812, 823 Almelo 759 Altenburg 307 Amsterdam 668,673,680-685,688,691, 694 f., 700, 711-713, 717, 723, 725-727, 730 f., 737, 741 f., 746, 748-751, 763, 765, 776 f., 784-789, 799, 801, 820-822, 827, 843, 865, 868 Andrichau 491 Antwerpen 792, 797, 799, 803 f., 807, 809, 816, 819 Arnheim 725,785 Auschwitz (Oswi^cim) 233, 347, 461, 475, 583, 593-599, 602-612, 615, 683, 768, 803 Auschwitz-Birkenau 594 f., 597-599 Auschwitz-Monowitz 559, 597f., 610-612 Aussig (Usti nad Labem) 71, 101 f., 104, 119, 128, 135, 138 f., 141, 144-146, 149, 153 f., 167, 173, 177, 189, 191, 373, 375 Baarn 730 Babi bei Nachod 328 Bad Homburg 824 Bad Nauheim 783, 786, 796 f., 823 f. Baden bei Wien 24 Banska Bystrica 402 Barcelona 737 Basel 20,295,490,859 Belgrad (Beograd) 652, 654, 656-660, 849, 885 Bendsburg (Bendzin) 442, 466 f., 473 f., 488, 492 f., 613 f. Bensen 91, 109 Berchtesgaden 17 Beraun (Beroun) 239 Berlin 70 f., 74, 78, 80, 83, 85, 92-94, 108, 111, 114-118, 124, 125, 150, 177, 191, 194-197, 201, 205 f., 220, 228,234 f., 237 f., 258 f., 263, 267 f., 271,277, 279285, 293-297, 300, 302, 305, 313 f., 318320, 325 f., 329, 332, 334-337, 341, 351, 359, 361-363, 365, 373, 375, 379-382, 398-400,403—405, 407-410, 416,418f., 421,429,435-440,442,446,450,453,459, 461 f., 465 f., 468 f., 480-486, 488-490, 493, 500, 503f., 509f., 513, 518, 520, 527, 531,533-540,542-546,549,564,566,568, 570, 573 f., 583 f., 597 f., 600 f., 603-605, 609,621-628,630,632-635,637-639,656, 658 f., 665, 679 f., 685, 688, 690 f., 695,

699, 710f., 716f., 727-729, 732, 735, 737, 749, 753, 756, 758 f., 776, 786 f., 795, 802, 807, 830, 865, 871, 873, 881-883, 886, 888 Beuthen (Bytom) 440, 447, 471 f., 596 f. Bielitz (Bielsko-Biala) 437-440, 476, 486, 490—492, 535, 537, 596, 607, 611 Bludenz 24 Böhmisch-Krumau (Cesky Krumlov) 68 Borne 751 Brandenburg/Havel 713 Bratislava (Pressburg) 51, 103,203, 362, 395—415, 4 1 7 ^ 2 9 , 881 Braunau/Riesengebirge 108 Breda 752 Bregenz 24 Bremen 794 Breslau (Wroclaw) 40, 178, 187,435, 442, 447, 453, 466, 489 f., 566, 595 f., 605-610 Brieg (Brszeg) 442 Breukelen bei Utrecht 713 f. Bromberg (Bydgoczsz) 498, 501, 503, 507, 513, 517f., 531 Brünn (Brno) 92, 236, 239, 243, 248-250, 262, 264,266 f., 269, 272, 277, 318, 323, 328, 332, 346, 365, 403 Brünn-Königsfeld 266 Brüssel (Bruxelles) 535, 610,656, 666-672, 677, 679 f., 741, 765, 792-802, 804, 806809, 812-815, 817f., 820-824, 827, 843, 848, 865, 868 f., 875, 886 Brüx (Most) 123, 142, 144, 163 f., 189 Buchenwald 559 Budapest 408, 416, 657, 851 Budweis (Budéjovice) 124, 239 Bukarest (Bucuresti) 662, 737 Burg bei Magdeburg 185 Bussum 685,742,744,788 Charleroi 819 Chelmno (Kulmhof) 583 Chemnitz 187 Cottbus (Chozebusz) 328, 541 Courtrai 804 Danzig (Gdansk) 498-502, 504, 513, 521, 527, 536, 882 Den Haag 666,670,679,687-689,691,695, 707,710,715,727-729,732,739,752,755, 759,766-768,772,774,781,787,789,820, 839, 843

948

Register

Denhelder 690,788 Deutsch Brod (Nemecky Brod) 248, 307 Deutschendorf (Poprad) 402 Deutschroben (Nemecké Pravno) 402 Deutsch-Schützendorf 189 Diedenhofen (Thionville) 836-838, 840 Dolhain (bei Verviers) 823 Dolny-Kubin 425 Dombrowa (D^browa) 454, 473, 488 Dresden 101, 105, 178, 187,258, 338f., 584 Duisburg 756 f. Düsseldorf 187,263, 315, 327, 686, 688, 699, 757, 759, 786, 788 Dux (Duchov) 136 Edam 759 Eindhoven 773 Eipel 311, 324, 327f. Eisenach 709 Eiwanowitz 339 Elbing (Elblag) 527 Erfurt 599-605 Essen 758,777 Esslingen 713 Eupen 678,801,812 Falkenau (Falknov) 101 f., 104, 135,144, 167 Frankfurt am Main 78, 263, 686, 699, 749, 794, 803, 830 Frankfurt an der Oder 503 Franzensthal 91,109 Freistadt 487 Freiwaldau (Fryvaldov) 327 Friedland (Frydlant) 91, 109 Friedrichsthal 91, 109 Fulda 330,747 Gablonz (Jablonec) 92 f.,340 Gdingen/„Gotenhafen" (Gdynia) 501,504, 851 Georgenberg (Spisska Sobota) 402 Gera 491 Glarus 157 Gleiwitz (Gliwice) 440,442, 447, 480 f., 594, 596 Gnesen (Gniezno) 522 Golleschau 490 Göllnitz (Gelnica) 402 Graudenz (Grudzi^dz) 501 f., 529 Graz 24 Groningen 787 Groß-Schönau 341

Grünwald 91,109 Haarlem 750,777 Hagen 808 Hagendingen (Hagendange) 837 Haida 92 Haifa 329 Halle 753,809 Hamburg 315,335,531,673,699, 710, 758, 769, 780, 783, 794 f., 839 Hannover 185, 373 Heidelberg 339 Heemstede 769 Herford 795 Heuchelheim (bei Gießen) 823, 840 Hilbeten (Kreis Landskron) 185 Hirschberg/Schlesien (Jelena Gora) 179f., 441 Hof 183 Hohenelbe (Vrchlabi) 180 Hohensalza (Inowroctaw) 497, 503, 522 Hohenstadt (Zabreh) 92 f., 181 Holoubkau 450 Hronov 248, 311, 327, 329f., 344 Hronov-Eipel 311 Hultschin 92 Iglau (Jihlava) 239, 323, 328, 334 Innsbruck 24 Iserlohn 686,788 Izbica 233 Jägerndorf (Krnov) 189 Jareschau 318 Jungbunzlau (Mlada Boleslav) 239 Kaiisch (Kalisz) 497, 507, 513 f., 522, 588 Karlovac 654 Karlsbad (Karlovy Vary) 71, 81, 88, 135, 142, 144, 146,177,189 Karwin-Trzynietz 453,454 Käsmark (Kezmarok) 402, 411 Kassel 507,518 Kattowitz (Katowice) 431, 433^37, 439443,445,446,459,462,463,466-493,537, 540, 570, 579, 586, 595, 598, 606, 608-612 Kauen (Kaunas) 625,631 Kehl 837 Kispest 110 Kladno 256,262,264 Klagenfurt 25 Klosterneuburg 24 Klösterle 100

Ortsregister Kolin 239 Köln a. R. 713,753,796,803,809, 836, 846, 847 Konin 518 Komotau (Chomutov) 142, 263 Königgrätz (Hradec Kralove) 239, 312 Königinhof (Dvur Kralove) 323 Königsberg (Kaliningrad) 527, 634, 846 Königshütte (Chorzow) 433,436,439-441, 446,466, 467, 596, 859 Kowno 857 Krakau (Krakow) 320,439, 481, 537-544, 549-560,562,564-573,576,583,591,874, 883 Kralup (Kralupy nad Vltavou) 319 Krefeld 751 Krems 25 Krickerhau (Handlova) 402 Krk Venica 654 Kursk 473 Kutno 507,511 Kuttenberg (Kutna Hora) 328 Laibach (Ljubljana) 50,656, 851-853 Langenberg 806 Leipnik 314 Leipzig 178,263,553 Leitmeritz 189 Lemberg (Lwöw/Lviv) 472, 540, 543, 545548, 559, 560, 588 Leoben 25 Leslau (Wroclawek) 507, 511-513, 518 f., 851 Leutschau (Levoca) 402 Libau (Lipieja) 625 Libauthal 108 Limburg 694 Linz 24 Lissa 522 Lodz (Litzmannstadt) 472, 497, 507-510, 517, 519, 521 f., 526, 528-536, 551, 584, 588-592 Lokeren 726, 738, 740, 816 Lomnitz 344 London 75,165 f., 217-219,287-289, 296, 298, 685, 789 Loosch-Dux 98 Losonc 409 Lublin 507, 544, 562, 572, 575 f., 580 Ludwigshafen 554 Lundenburg (Breclav) 25, 68 Luxemburg 669, 674 f., 677, 714, 795, 799, 825, 827-831, 851, 853

949

Lyon 794 Maastricht 773, 791 Magdeburg 712, 807 Mährisch-Altstadt 327, 329 Mährisch-Ostrau (Moravska Ostrava) 239, 247,289,302,318 Mährisch-Schönberg (Sumperk) 110, 440 Majdanek 594 Malmedy 801,812 Mannheim 40,338,847 Marburg 559 f., 854 Marienwerder (Kwidzyn) 498 Marseille 794 Mauthausen 559 Metz 714,836-841 Mies (Stribro) 184 Mildenau 115 Minsk 622,625 Moresnet 801,812 Moskau (Moskwa) 622 Mülhausen (Mulhouse) 714, 836 f., 840 München 688 Myszkow 488 Myslowitz 437f., 595 Nachod 91, 239, 248, 312, 323, 328-330, 332 Narwa 625 Neudek (Nejdek) 189 Neupaka 186,358 Neu-Perstein 88 Neusalz 441 Neustadt a. d. Tafelfichte 113 Neutitschein (Novy Jicin) 182 Neuß 40 Nevers 300,304 New York 214,293, 738 f. Nikolsburg 25 NoviSad 654, 656 f. Nürnberg 187,594 Oberleutensdorf 332 Obernai (Oberehnheim) 837 Oberrosenthal 87 Oderberg (Bohumin) 437,438 Olmütz (Olomouc) 239, 250, 314, 315, 339 Oppeln (Opole) 175 Oschersleben 712,806 Osijek 654 Oslo 852,858 Oss 710 Osterwied 759

950

Register

Ostrowiec 813 O u d o r p 769 Paderborn 587 Panama-City 757 Papendrecht 773 Paris 17, 35,151,153, 155, 213-217, 230, 287,289-294, 296, 298, 300 f., 303, 714, 737, 794, 800, 830, 833, 843-848, 850f„ 853-855, 860 f., 864-866, 868, 887 Pilsen (Plzen) 142, 147, 239, 255,268, 270, 276,278, 281-284, 334, 851, 853 Podersam 98 Podebrady 189 Posen (Poznan) 431, 497-507, 509, 513520, 523f., 526-536, 583 f., 882, 883 Prag (Praha) 22, 72-74, 82 f., 89,101,103 f., 106, 110f„ 119, 123-125,130, 146, 148151,157, 159-161, 172, 186, 189f„ 196, 199-206, 210, 215-219, 224,228,230, 232-234,237, 239, 248-253, 254-256, 259 f., 264,268-270, 281, 288-294,296, 298, 306, 308, 310f„ 314f„ 318-326, 332335, 344, 348 f., 351-356, 358-363, 364366,369,372-375,377-382,395,397-400, 404 f., 410, 449-454, 456-159, 487, 653, 725, 794, 796 f., 801, 851, 867 f., 873 f. Prag-Smichov (Praha-Smichov) 87, 235, 246 f., 375 Prag-Jinonitz 248 Prag-Letna 248 Prakovce 413 Prerau 337 Preschau (Presov) 402 Pressburg siehe Bratislava Prossnitz (Prostejov) 324 f. Pudlein 409 Radebeul bei Dresden 101 Radom 544,563 Rathenow 336 Ratibor (Racziborcz) 92 Raudnitz (Roudnice) 340 Rawitsch (Rawicz) 513 Regensburg 315 Reichenberg (Liberec) 70, 71, 79, 81 f., 89, 94,95,98,99,108,111-117,145,164,171, 173,178,180,186,187,193,194,197,199, 263, 264, 271, 329, 445, 565 Remscheid 334 Reutlingen 837,839 Reval (Tallinn) 625 f., 630, 631, 752 Rheydt 180,751

Riga 622, 625-627, 630-633, 635, 641, 646, 857, 884 Rjukan 862 f. Römerstadt 110 Rotterdam 690, 702, 712, 726, 738, 740, 742, 758, 788,816 Rowno 622,627-629 Rszeszöw 505 Ruzemberok 397,399 Rybnik 437 f. Saarbrücken 835 Saaz (Satec) 88 Salzburg 24 Salzgitter 470 Schaffhausen 157 Schatzlar 142,147 Schaulen (Siauili) 625 Schiedam 759, 777, 782, 784 Schlackenwerth bei Karlsbad 183 Schleifmühl 830 Seestadt 135 Sillein (Zilina) 401 f., 409 Skarzysko-Kamienna 553 Sliedrecht 777 Sobibor 573 Sofia 662f., 851 Sosnowitz (Sosnowiec) 439—443, 463 f., 466,472-476, 482, 488, 491 f., 557, 597, 611, 613 f. St. Joachimsthal 118 St. Pölten 25 Stargard (Stargard Szczecinski) 502 Steinau (Kreis Schlüchtern) 747 Steyr 25 Stockholm 859 Stolberg 335 Strakonitz 189 Straßburg 714, 836f„ 840 Striegau 441 Strzemieschütz 472 Stuttgart 187,457,710,727,839 Stuttgart-Botnang 727 Tarnöw 540,542,547,566 Teplitz (Teplice) 191 Teplitz-Schönau (Teplice-Sanov) 71, 189, 340 Teschen (Cziezyn) 433,435, 437-140, 449454,457, 459, 466 f., 470 f., 476, 487, 611 Theresienstadt (Terezin) 233, 347, 364, 36f., 369-372, 378 Thorn (Torün) 503

Ortsregister Trautenau (Trutnov) 180,238 Triesch 334 Troppau (Oppava) 92 f., 177,181 f., 189, 363, 440 Trzebinia 490 Tschenstochau (Cz^stochowa) 583 Turcansky Sväty Martin 395,413 Ungvär 409 Unter-Polaun (Polubny) 60-62, 86 Untermetzenseifen (Nizny Medzev) 397, 402, 416 Veenendaal 713 Velbert 759 Vichy 303, 833 Vlissingen 694,784 Wagendrüssel 409 Warnsdorf (Varnsdorf) 114, 185-187, 314, 346, 758 Warschau (Warszawa) 431, 450, 472, 524, 535, 537, 543-545, 554, 561 f., 566, 582, 849, 866 f. Weesperkarspel 759 Weimar 603 Wels 25 Wien 19, 21,27, 37, 41, 47, 50-54, 57, 71, 111,228, 230, 286 f., 293 f., 306, 323,

951

332 f., 349, 364, 398, 400, 405, 418 f., 458, 542f., 554, 567f., 656, 658, 661, 692, 735, 766, 801, 830, 851, 864, 867f., 873, 879 Wiener Neustadt 24 Wiesbaden 814,837,857 Wilna (Vilnius) 625 Wiltz 828 Wittenberge 441 Wolframs bei Iglau 359 Wüstegiersdorf 329,441 Wuppertal 314,707 Wuppertal-Elberfeld 185, 749 Zagreb (Agram) 52, 652 f., 656 f., 885 Zamosc 576 Zasole 593 Zeist 783 Zichenau (Ciechanów) 579 Zipser Bela (Spisska Bela) 402 Zipser Neudorf (Spisska Nova Ves) 402, 409 2irnovice 248 Znaim (Znojmo) 25, 68 Zoppot 319,500,634 Zuckmantl 191 Zug 157 Zürich 293,730,741,866 Zwittau (Svitavy) 90 Zyrardow 566

Die Autoren Johannes Bähr, Dr. phil., Privatdozent für Wirtschaftsgeschichte an der Freien Universität sowie freier Publizist und Bearbeiter von Forschungsprojekten; Veröffentlichungen zur Wirtschafts- und Industriegeschichte im 20 Jahrhundert. Jörg Osterloh, Jg. 1967, Dr. phil., Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Forschung zur Geschichte des Flick-Konzerns im 20. Jahrhundert; Dissertation über „Nationalsozialistische Judenverfolgung im Reichsgau Sudetenland 1938-1945". Friederike Sattler, Dr. phil., Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Zentrum für Zeithistorische Studien in Potsdam; Veröffentlichungen zur Politik-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, insbesondere zur D D R . Harald Wixforth, Dr. phil., Geschäftsführer der Gesellschaft für mitteleuropäische Banken- und Sparkassengeschichte in Bielefeld; Veröffentlichungen zur Wirtschaftsgeschichte, darunter besonders zur Bankengeschichte. Dieter Ziegler, Jg. 1956, Dr. phil., Professor für Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum; Veröffentlichungen zur Geld- und Bankengeschichte Englands, Deutschlands und im europäischen Vergleich sowie zur wirtschaftlichen Verfolgung der Juden im Dritten Reich.