Während über die zeitliche Reihenfolge jener Schriften Platons, die heute der mittleren und späten Gruppe zugewiesen wer
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German Pages 28 [32] Year 2015
Table of contents :
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II.
III.
IV.
V.
VI.
VII.
Literatur
Die drei frühesten Dialoge Platons
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR • MAINZ FRANZ STEINER VERLAG • STUTTGART
Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse
Ernst Heitsch
weitere Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Geistes- und sozialwissenschaftliche Klasse Jahrgang 2010 1. Thomas Finkenauer Die Rechtsetzung Marc Aurels zur Sklaverei ISBN 978-3-515-09677-5 108 S., 18,– 2. Gernot Wilhelm (Hrsg.) Unterwegs zu neuen Weltordnungen? Folgen der Globalisierung. Zukunftsfragen der Gesellschaft. Vorträge des Symposions vom 22. Februar 2008 ISBN 978-3-515-09724-6 57 S., 13,– 3. Marc Lienhard Identität im Wandel: Die Elsässer ISBN 978-3-515-09725-3 37 S., 8,– 4. Walter Slaje „Néti néti“. On the meaning of an UpaniƂadic citation of some renown in Hindu texts and Western minds ISBN 978-3-515-09799-4 52 S., 10,–
Jahrgang 2011 1. Otmar Issing Krise des Euro? – Krise Europas? Vor trag vom 5. November 2010 anlässlich der Jahresfeier der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz ISBN 978-3-515-09837-3 25 S., 6,– 2. Bernard Andreae Apelles von Kolophon. Das Telephos bild aus Herculaneum im antiken und modernen Kunsturteil ISBN 978-3-515-09838-0 69 S. (inkl. 15 Farbabb.), 16,– 3. Udo W. Scholz Der römische Kalender. Entstehung und Entwicklung ISBN 978-3-515-09892-2 84 S., 16,– 4. Clemens Zintzen (Hrsg.) Die Zukunft des Buches. Vorträge des Symposions der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse und der
Klasse der Literatur in der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, am 20. Mai 2010 ISBN 978-3-515-09893-9 75 S., 15,– 5. Ernst Heitsch Aletheia. Eine Episode aus der Geschichte des Wahrheitsbegriffs ISBN 978-3-515-09917-2 29 S., 7,– 6. Ludwig M. Eichinger Normprobleme, oder: Variation ist sinnvoll. Überlegungen zum heutigen Deutsch ISBN 978-3-515-09931-8 76 S., 15,– 7. Ernst Osterkamp Spartacus unter den Deutschen. Über die Geschichte einer literarischen Niederlage ISBN 978-3-515-10084-7 29 S. (inkl. 3 s/w-Abb.), 7,– 8. Hans-Albert Rupprecht Recht und Rechtsleben im ptolemäischen und römischen Ägypten. An der Schnittstelle griechischen und ägyptischen Rechts 332 a.C. – 212 p.C. ISBN 978-3-515-10085-4 63 S. (inkl. 2 s/w-Abb.), 14,–
Jahrgang 2012 1. Christa Jansohn Zu Pest und AIDS in der englischen Literatur ISBN 978-3-515-10234-6 103 S., 18,– 2. Klaus Ganzer Der päpstliche Primat und das römische Kaiserrecht ISBN 978-3-515-10316-9 24 S., 6,–
AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse Jahrgang 2014 · Nr. 2
Ernst Heitsch Die drei frühesten Dialoge Platons
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AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN UND DER LITERATUR MAINZ FRANZ STEINER VERLAG STUTTGART
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Vorgelegt in der Plenarsitzung am 28. Juni 2014, zum Druck genehmigt am selben Tag, ausgegeben am 19. Dezember 2014.
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I. Während über die zeitliche Reihenfolge jener Schriften Platons, die heute der mittleren1 und späten Gruppe2 zugewiesen werden, im wesentlichen Konsens erzielt ist, steht es um die frühen Schriften schlechter. „We really do not know the order of dialogues within Group I. Hence a responsible scholar has the right to arrange them in any sequence that he or she finds persuasive.“3 Und Michael Erler ordnet denn auch diese Schriften alphabetisch, weil für ihre historische Abfolge Sicherheit nicht gegeben sei.4 Immerhin sind inzwischen einige feste Daten gewonnen. Eine vorzügliche Beobachtung von Emile de Strycker5 hat die Apologie von dem Verdacht befreit, Platons früheste Schrift zu sein, und in die Nähe des Menon, also etwa auf 385 gerückt; und die Annahme, daß der Kriton auf die Apologie folgt, ist gut begründet.6 Für den Menexenos aber hat Carl Werner Müller7 eine Datierung nach 1 2
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Ich zitiere e.g. Charles Kahn (1996) 48 und Erler (2007) 25a: Politeia, Phaidros, Parmenides, Theaitetos. Kahn (1996) 48 und Erler (2007) 25a: Sophistes, Politikos, Philebos, Timaios, Kritias, Nomoi. Für die seinerzeit gewonnenen und noch zu gewinnenden Ergebnisse der stilistischen oder sprachstatistischen Untersuchungen (L. Campbell [1867], W. Dittenberger [1881], C. Ritter [1888] und andere), die L.Brandwood (1990) resümiert, hatte damals F. Blass mit seinen erstmals 1874 (Die attische Beredsamkeit II. 130 und 426-27) veröffentlichten Beobachtungen zur Hiatmeidung schon früh und geradezu vorgreifend eine Bestätigung geliefert, was allerdings zunächst nicht zur Kenntnis genommen wurde. Kahn 43, Erler 24a. So Kahn 46f. Erler 24b, 25a und 26a. de Strycker – Slings (1994) 19 und 282-83. Dazu mein Apologie-Kommentar (²2004) 177180. Zur Datierung der Apologie nach dem Gorgias auch unten Anm. 68. Kahn (1996) 47. Philologus 135, 1991, 140-156 = (1999) 440-462. Trotz Tsitsiridis (1998) 43ff. ist, wie Müller (1999) 461-462 zurecht bemerkt, „auch weiterhin kein Argument zu erkennen, das uns nötigte, den Panegyrikos nach dem Menexenos zu datieren.“ Eucken (2010) Anm. 3 freilich findet bei Tsitsiridis „triftige Argumente gegen Müllers These.“ – Inzwischen haben unabhängig voneinander Labarbe (1991) und Roskala (2005) 37-46 vorgeschlagen, den Abschnitt über den Korinthischen Krieg (244b3-246a4) als unplatonische Einfügung zu werten. Mit dieser These würde in der Tat der besonders krasse Anachronismus, daß Platon Sokrates Ereignisse erwähnen läßt, die er gar nicht mehr erlebt hat, fortfallen. Ich halte diese Erklärung des überlieferten Textes grundsätzlich für nicht abwegig, obwohl ich bisher keine mögliche Motivation, die ja vorausgesetzt werden muß, für eine solche Interpolation sehe. Ist wirklich ein Autor denkbar, der seine Einfügung in einen Text Platons mit einem derartig krassen Anachronismus belastet? Es spricht m. E. mehr dafür, daß nur Platon selbst bei seinem Spiel
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dem Panegyrikos des Isokrates so gut wie bewiesen; was dann durch eine sprachliche Beobachtung bestätigt werden konnte.8 Und für den Phaidon ist jedenfalls
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mit fiktionalen Texten sich das erlauben konnte. Doch wie dem auch sei, Müllers Gesamtinterpretation ist von dieser Frage nicht betroffen. Peter Roth wird demnächst in seinem Kommentar die Frage einer Interpolation ausführlicher erörtern. Heitsch (2008) 183-190. Meine sprachliche Beobachtung ist zunächst einmal unabhängig von Müllers Interpretation und insofern ein eigenes Argument zum Beweis von deren Richtigkeit. Demgegenüber sucht Christoph Eucken (2010, 135-138) zu zeigen, daß die präpositionale Wendung eöc uÖpogußou im Menexenos 235c primär sei gegenüber Paneg. 13. Nun ist Exegese bekanntlich ein schwieriges Geschäft, weil wir alle uns einem Text immer nur nähern können mit unseren persönlichen Erwartungen und Meinungen und weil ein Text, wie Platon wußte, sich nicht wehren kann. Das zugestanden, gibt es aber natürlich unterschiedliche Annäherungen, und es gibt Extremfälle. Einen solchen sehe ich in dem genannten Beitrag von Eucken. Müller ist es in dem in Anm. 7 genannten Beitrag endlich gelungen – übrigens, ohne das offenbar selbst zu bemerken, auf den Spuren von Wilamowitz (dazu das längere Wilamowitz-Zitat in meinem Beitrag 2008, 187) –, für den Menexenos den ‚Sitz im Leben‘ zu finden, indem er diesen Text Platons als unmittelbare Reaktion nicht etwa, wie das üblich, auf eine konkrete Gefallenenehrung im Anschluß an den Königsfrieden von 387/6, sondern auf ein literarisches Ereignis verstanden hat, eben das Erscheinen des Panegyrikos (wodurch die Übertreibungen und die Unernsthaftigkeit des Menexenos überhaupt erst begreiflich werden). Anders als Tsitsiridis (1998), der durchaus sieht, daß Müllers These „eine befriedigende Interpretation des Menexenos unter dem Aspekt der Abhängigkeit vom Panegyrikos bietet“, dann aber doch einige Einwände bringt, die allerdings auch er selbst offenbar nicht so gewichtig nimmt und die im übrigen leicht zu widerlegen sind (Philologus 2008, 186/7), glaubt nun Eucken, Müllers Beobachtungen und Deutungen Schritt für Schritt rückgängig machen zu können. Eine ausführliche Kritik ist hier nicht möglich, und sie wäre vor allem auch deshalb sehr mühselig, weil der Autor sich offenbar schwertut, klar zu formulieren, und der Leser daher nicht selten nicht weiß, wie er, was er liest, verstehen könnte (ein Beispiel folgt unten). Gelegentlich allerdings denke ich fast, Eucken habe einen anderen Text vor sich. Andernfalls wäre es mir unverständlich, wie er angesichts der singulären Selbstempfehlung, die wir im Panegyrikos (14) lesen, behaupten kann, Isokrates rechne den Zeitaufwand, den er seinem Werk gewidmet hat (in der Antike spricht man später, hoffentlich übertreibend, von 10 oder gar 15 Jahren), nicht unter die Faktoren, die für dessen Qualität sorgen. Und was die beiden Parallelen mit dem präpositionalen Ausdruck eöc uÖpogußou angeht, so liegt die Priorität für Eucken, wie schon gesagt, bei Platon, und die Tatsache, daß die Verwendung des Wortes bei Platon singulär ist, bei Isokrates aber immerhin 6 Belege hat, besagt daher natürlich gar nichts angesichts der Entdeckung, die er für sich in Anspruch nimmt, daß Isokrates „den Ausdruck erklärtermaßen als den eines anderen Autors (gebraucht): tou?w me?n ga?r aällouw eön toiqw prooimißoiw oÖrvq ... profasizomeßnouw uÖpe?r tvqn melloßntvn rÖhjhßsesjai kai? leßgontaw tou?w me?n vÖw eöc uÖpogußou geßgonen auötoiqw hÖ paraskeuhß ... (13)“. Damit zitiere nämlich Isokrates die Bemerkung, die Platon Menexenos machen läßt (Mx. 135c), daß die kurzfristige Bestimmung des Termins, an dem die Rede auf die Gefallenen gehalten werden soll, den Redner in Schwierigkeiten bringen werde. Zwischen den beiden Texten (Paneg. 13; Mx. 235cd) sieht Eucken eine „strukturelle Ähnlichkeit“. Und auf ihr beruhe eben der „polemische Witz“, den Isokrates sich erlaube. Denn zwar ironisiere Platon die EpitaphienRedner und ihre fragwürdigen Entschuldigungen, tue selbst aber, worauf Isokrates in seinem
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durch den Rückverweis auf die Erinnerungslehre (72e) gesichert, daß er dem Menon folgt,9 also einer der spätesten Dialoge, wenn nicht der späteste der Gruppe I ist. Da wäre es, scheint mir, besonders erfreulich, wenn es gelänge, auch auf die Frage, mit welchen Texten Platon eigentlich begonnen hat, eine plausible Antwort zu finden.
II. Im folgenden fasse ich zerstreute Bemerkungen, die ich in früheren Beiträgen10 zum Thema gemacht habe, zusammen und plädiere für die These, daß Ion, Kleinerer Hippias und Laches in dieser Reihenfolge Platons früheste Schriften sind. Dabei muß vorausgesetzt werden, daß Ion und Kl. Hippias vor 399 veröffentlicht sind, denn die Annahme, Platon habe seine Schriftstellerei mit den genannten drei Schriften nach 399 begonnen, verbietet sich wegen ihres unterschiedlichen Charakters nahezu von selbst. Nun erfreut sich eine Frühdatierung von Ion und Kl.Hippias heute nicht eben großer Beliebtheit. Doch gibt es zugunsten der opinio communis bisher, wie mir scheint, nur apodiktische Behauptungen und modernistisch getönte Zweifel. Als typisch darf wohl Eduard Meyers Äußerung von 190111 gelten: „die Annahme, daß schon zu Sokrates’ Lebzeiten sokratische Dialoge, und nun gar von Plato, verfaßt worden seien, gehört zu den Ungeheuerlichkeiten der modernen Forschung.“ Text hinweise, in Wahrheit nichts anderes als sie, wenn er seine eigene ausgearbeitete (aber eben, was Eucken offenbar übersieht, ironisch übertreibende) Rede auf die Gefallenen als Improvisation Aspasias ausgebe. Ich hoffe, in dieser Kurzfassung Euckens Argumentation angemessen wiedergegeben zu haben, zitiere aber besser noch sein eigenes Resümee, das ich selbst aber leider so gut wie nicht verstehe: „Für das Verhältnis der beiden Schriften zueinander ist damit ein kaum widerlegbares Zeugnis gegeben. Der explizit kenntlich gemachte wörtliche Rückgriff auf den Redeeingang bei einem Konkurrenten, der in auffallender Weise nicht nur mit der entsprechenden Stelle des Menexenos übereinstimmt, sondern auch in der damit vorgebrachten Kritik an dessen ganzer Vorführung eine schlagende polemische Funktion hat, läßt den Schluß zu, daß dieses Werk dem Panegyrikos vorausgeht.“ Zur Sache verweise ich nur noch einmal auf meine Interpretation des fraglichen Verhältnisses der beiden Texte (2008, 188/9). 9 Kahn 47. 10 Zwar habe ich manches von dem, was ich im folgenden ausführe, schon in anderen Zusammenhängen – 2002, Nr. 6; 2003; 2004 (15-34); ²2004 (181-189) – vertreten, doch meine ich Gründe zu haben, es für angebracht zu halten, meine Argumentation unter eindeutigem Titel noch einmal konzentriert darzustellen. 11 Geschichte des Altertums IV 2 (1901 = ³1956) 151 Anm. 1. Möglicherweise steht hinter Meyers Stellungnahme die Autorität von George Grote (I, 1864, 197-204), die auch noch auf Guthrie (IV, 1975, 54-56) wirkte. Ich gehe auf Grote hier nicht ein und verweise auf meine ausführliche Erörterung in (2002, Nr. 6) 16-22.
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Dreißig Jahre später urteilt G.C. Field12: „It really seems impossible, in spite of the opinion of some undoubted authorities, to make any convincing account of motives that could lead Plato to compose any of them (the dialogues of the first group sc.) while Socrates was still alive.“ Und nach weiteren vierzig Jahren äußert sich ähnlich E.N. Tigerstedt13: „I cannot imagine Plato – or anybody else of Socrates’ disciples – writing a ‚Socratic dialogue‘, whilst the living Master was walking and talking in the streets of Athens.” Und selbst ein Mann wie Taylor14 spricht von der „absurdity of the conception of Plato as ‚dramatizing‘ the sayings and doings of a living man whom he revered above all others.“ Immerhin gibt es in Werner Jaeger15 und W.K.C. Guthrie16 renommierte Autoren, die eine Datierung früher Schriften Platons vor 399 jedenfalls nicht für völlig ausgeschlossen halten. Und Sir David Ross17 urteilt denn auch nüchtern: „it seems by no means impossible that by that time (when he was already twenty-eight or twenty-nine) Plato should have written few dialogues. The argument of Burnet and Taylor, that it is psychologically impossible that he should have written dialogues about Socrates while his master was still alive, is far from convincing.” Wer meint, sich nicht vorstellen zu können, Platon oder sonstwer habe über Sokrates schreiben können, „whilst the living master was walking and talking in the streets of Athens“, sollte daran denken, daß jedenfalls die Antike an diesem Punkte anders dachte.18 Davon sprechen Zeugnisse aus dem 11. Jh. (Michael Psellos), aus dem 6. Jh. (Olympiodor), ebenso aus dem 2. Jh. n. Chr. (Diogenes L.) und aus dem Umkreis von Aristoteles (Dikaiarch).19 Dabei kommt es bei diesen Zeugnissen natürlich nicht auf die Frühdatierung bestimmter Texte als solcher an – konkret also von Lysis und Phaidros (die heute im übrigen als falsch gilt) –, sondern darauf, daß man schon einige Jahrzehnte nach Sokrates’ Tod keine Schwierigkeiten mit der Annahme hatte, Platon habe schon als junger Mann noch zu Lebzeiten des Meisters Dialoge mit ihm als Hauptperson verfaßt. Und derselben Meinung waren seit Beginn der modernen Philologie bekannte Gelehrte wie Wilhelm Gottlieb Tennemann (1761-1819),20 Friedrich Ast (1778-
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Plato and his Contemporaries (1930) 73. Plato’s Idea (1969) 18 Anm. 39. Ähnlich Thesleff (1982) 24f. Plato (1926) 21. Paideia II (1936) 63. History IV (1975) 56. Plato’s Theory (1951) 4. Für das Folgende meine Akademie-Abh. (2002) 3-6. F. Wehrli, Die Schule des Aristoteles: Dikaiarchos, Basel 1944, zu F 42. Vor 399: Lysis, Laches, Charmides, Hipparchos, Ion, Kl. und Gr. Hippias, Euthydemos.
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1841),21 Friedrich Schleiermacher (1768-1834),22 Karl Friedrich Hermann (18041855),23 Franz Susemihl (1826-1901),24 Friedrich Überweg (1826-1871);25 nicht ganz sicher ist sich Wilhelm Windelband (1848-1915).26 Als letzten renommierten Philologen, der offensichtlich noch ohne Kenntnis von Campbell, Blass und Grote sich zur Datierung platonischer Texte geäußert hat, nenne ich Hermann Usener (1834-1905), der seine Ausführungen zur ,Abfassungszeit des Platonischen Phaidros’ so resümiert: „So läßt sich die Zeit der Abfassung des Phaidros, der wir auf Grund der Sophistenrede vorläufig den Raum 403-399 angewiesen hatten, noch sehr erheblich einschränken. Der Dialog könnte schon im J. 403 entstanden, kann aber schwerlich später als in der ersten Hälfte von 402 herausgegeben worden sein“.27 Eduard Zeller (1814-1908) schließlich hat in der 4. und letzten von ihm bearbeiteten Auflage seines Monumentalwerkes von 1889, wo Campbell, Dittenberger und Blass noch nicht, wohl aber Grote berücksichtigt sind, Kl. Hippias, Lysis, Charmides und Laches doch wohl eher vor 399 datieren wollen. Seine früher geäußerten Zweifel an der Echtheit des Kl. Hippias nimmt er ausdrücklich zurück, bleibt aber für den Ion bis zuletzt skeptisch.28 Als Ulrich von Wilamowitz am Platon-Buch29 arbeitet, weiß er inzwischen, daß sprachstatistische Arbeiten endlich ein tragfähiges Fundament für eine Chronologie der Schriften Platons gelegt haben. Er nennt Campbell, verweist auf Arbeiten, die etwas später in Deutschland vergleichbare Beobachtungen vorgelegt hätten, und sieht durch Constantin Ritter und Hans von Arnim so viel erreicht, daß die drei Gruppen der Texte sich sicher scheiden. „Sicher wichtig ist nur, was die Stilkritik nicht ermitteln kann, ob die ersten Schriften vor den Tod des Sokrates fallen. Das zu
21 Vor 399: Protagoras, Phaidros, Gorgias. Ion ist wohl nicht von Platon, eine Abfassung 406 oder 405 aber möglich, und unecht ist auch der Kl. Hippias. 22 Vor 399: Phaidros, Lysis, Protagoras, Laches, Charmides. Ion und Kl. Hippias sind entweder nicht von Platon oder sehr früh. 23 Vor 399: Kl. Hippias, Ion, Alkibiades, Lysis, Laches, Protagoras, Euthydemos. 24 Vor 399: Kl.Hippias, Lysis, Charmides, Laches, Protagoras, Menon. 25 Vor 399: Kl. Hippias, Lysis, Laches, Charmides, Protagoras. Überweg hat, vor allem unter dem Einfluß von Grote, später seine Meinung dahingehend geändert, „daß Platon überhaupt erst nach dem Tode des Sokrates, ja daß er erst seit der Eröffnung seiner Schule Dialoge geschrieben hat“ (Zeitschr. für Philosophie und philosophische Kritik N.F. 57, 1870, 55-85). 26 Windelband (1900) 50. 27 Usener (1879 = 1912) 73. 28 Zeller II 1 (1889 = 1963) 480-83 und 528. 29 Platon. Sein Leben und seine Werke I und II, Berlin 1919. Ich benutze für Bd. I den von Bruno Snell besorgten Nachdruck der 3. Aufl., Berlin 1948; für Bd. II die von R.Stark besorgte 3. Aufl., Berlin 1962.
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beweisen, habe ich in diesem Buch übernommen“ (II 9).30 Aus einer längeren und ungewöhnlich förderlichen Erörterung der Frage, ob Platon über Sokrates schon zu dessen Lebzeiten habe schreiben können (I 97-98), zitiere ich hier nur: „Wenn Platon aber nur satirische Bilder zeichnet, so gibt es nichts, was ihn hätte zurückhalten müssen. Wie Sokrates sich dazu stellte, wird keiner aus sich bestimmen wollen und irgendwelche Rücksichten auf die eigene Person ihm noch weniger zutrauen. Da Platon mehr als eine solche Schrift verfaßt hat, schließen wir, daß Sokrates mindestens nichts dagegen getan hat.“31 Über den Ion urteilt er: „Wenn wir allerding die Karikatur des Ion nicht anerkennen und in ihm einen Gegner sehen wollen, den zu überwinden eines Sokrates würdig wäre, wenn wir’s ernst nehmen, was doch nur ein Fechterstreich ist, daß der Kutscher über Homers Schilderung des Wettrennens der sachverständige Beurteiler ist, so ist der Ion ein törichtes Buch“ (I 100). Und: „Zuzugeben ist, daß die Zeichnung sehr grell ist: Daß Ion sich als geborenen Feldherrn sieht, ist eine Charakteristik, die Goethe mit Recht aristophanisch nennt“ (II 42). Und über den Kl. Hippias: Wenn es Sokrates unter Hinweis auf Fälle wie den des Rechners, der sich absichtlich verrechnet und also besser ist als der, der gar nicht rechnen könne, am Ende gelingt, Hippias zu dem Eingeständnis zu zwingen, gut und tüchtig sei in Wahrheit der, der absichtlich Schimpfliches und Unrechtes tue, so vertrete Sokrates „im Gegensatz zu Hippias die Unsittlichkeit, und so viel sollte jeder einsehen, daß kein Sokratiker nach dem Urteil des Gerichts denjenigen so etwas sagen lassen konnte, der als Verführer der Jugend verurteilt war“ (I 103).32 Wer heute noch meint, eine Datierung von Ion und Kl. Hippias vor 399 ablehnen zu können, müßte genau dieses von Ritter und Wilamowitz vertretene Urteil widerlegen. Und ich sehe nicht, daß bisher auch nur der Versuch dazu gemacht worden wäre. Im übrigen aber zeigt der Überblick, daß nicht nur die Antike, sondern bis zum Ende des 19. Jh.s auch die überwiegende Mehrzahl der Vertreter der modernen Philologie wie selbstverständlich mit Texten Platons vor 399 gerechnet hat. 30 Zur Zeit des Herakles-Kommentars (1889), zur Zeit der Lesefrüchte von 1909 und auch noch des Ilias-Buches (1916) hatte Wilamowitz noch anders gedacht. Genauer dazu meine Abhandlung (2002) 28. 31 Zu der hier angeschnittenen Frage unten unter VII 3. 32 Damit folgt Wilamowitz offensichtlich dem Urteil von Constantin Ritter, der in ‚Platon. Sein Leben, seine Schriften, seine Lehre’ (I, München 1910, 56) über diesen Dialog geschrieben hatte: „Ich bin aber mit älteren Gelehrten (wie Stallbaum) weiter der entschiedenen Ansicht, daß der fragliche Dialog nach dem Tode des Sokrates nicht mehr geschrieben werden konnte. Um von dem übermütigen Ton nicht zu reden, so ist der Inhalt der Art, daß jeder von den Richtern, die das Todesurteil über Sokrates sprachen, darin eine Rechtfertigung seines Spruches und eine Beruhigung seines Gewissens gefunden hätte.“ Demgegenüber hatte Ritter in seinen frühen ‚Untersuchungen über Platon’ (Stuttgart 1888) den Ion für unecht erklärt und daran auch später festgehalten.
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III. Für die Mehrzahl der oben genannten Autoren spielen Ion und Kl.Hippias offensichtlich eine Art Sonderrolle; sie halten entweder beide oder jedenfalls den Ion, wie Ast, Schleiermacher, Zeller und Ritter, für unecht, oder stellen sie, wie Hermann, an den Anfang, oder sie resignieren, wie Susemihl und Überweg für den Ion. Die m. E. einleuchtende Interpretation, mit der Ritter und Wilamowitz für die längst offenkundig gewordenen Schwierigkeiten der beiden Dialoge eine Lösung gefunden haben, hat schließlich Paul Friedländer33 ganz in deren Sinn durch den naheliegenden Gedanken ergänzt, daß für eben diese Dialoge nach 399 ein Platz in der Reihenfolge der Schriften eigentlich nicht zu finden sei. „Sinnvoller scheint alles zu werden, wenn wir mit den ersten Schriften (Ion und Kl. Hippias sc.) noch in das Ende des 5.Jh.s hinaufgehen.“ Und in der Tat sind diese beiden Dialoge zunächst einmal durch zwei Tatsachen sowohl mit einander verbunden als auch gemeinsam von den anderen Texten der ersten Gruppe getrennt. So hat Andreas Patzer34 beobachtet, daß von den Texten der Gruppe I nur vier die tiß pot ö eästi-Frage nicht stellen, nämlich Apologie, Kriton, Ion und Hippias. Patzer möchte das chronologisch deuten und setzt diese Texte an den Anfang. Nun ist dieser Schluß für Apologie und Kriton sicher falsch; ganz abgesehen davon, daß das Sokratesbild in Apologie und Kriton ein völlig anderes ist als das im Ion und Hippias: Apologie und mit ihr zusammen dann doch wohl auch Kriton gehören in die Zeit um 38535, und daß in beiden Schriften die Frage fehlt, zeigt nur, daß Platon hier zugunsten einer idealen Charakterisierung des Meisters alles im engeren Sinne philosophisch Technische zurückhält. Für Ion aber und Hippias ist der Tatbestand geeignet, beide zusammenzuschließen und von den anderen Schriften dieser Gruppe zu trennen. Und eine zweite Tatsache, die den Sonderstatus der beiden Dialoge sichert, kommt hinzu. Anders als in allen anderen Schriften der Gruppe I begegnen in ihnen die Wörter eöpimeßleia ‚Sorge, Aufmerksamkeit’ und eöpimeleiqsjai ‚sich sorgen/kümmern um’ nicht.36 Ihr Autor will eben nicht zeigen, wie Sokrates sich um die Wahrheit, um die Seele, im Auftrag Delphis und geradezu „dem Gott helfend“,37 „wie ein Vater oder älterer Bruder“38 um das recht 33 Platon ²III, 422-423. Die Schwierigkeiten, die diese beiden Dialoge bieten, werden m. E. besonders deutlich in der Anordnung der 16 Schriften der Gruppe I bei Kahn (1996) 47-48. Zu diesem bedeutenden Buch auch meine Besprechung Gnomon 72, 2000, 116-111 (zum Ion 107-108 = Ges. Schr. II [2001] 352-353). 34 Patzer (1987) 442. 35 Oben Anm. 5 mit zugehörigem Text. 36 Dazu mein Apologie-Kommentar (²2004) 187-189. 37 Apol. 23b7 bohjvqn tvqi jevqi. 38 Apol. 31b.
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verstandene Wohl seiner Mitbürger und deren Kinder kümmert, sondern die souveräne Argumentationstechnik des singulären Mannes vorführen, die Raffinesse, die auch Tricks nicht scheut und hier und dort an Rabulistik grenzt, also einen Diskussionskünstler zeigen, dem offensichtlich kein Gesprächspartner gewachsen ist. Wer als Leser diese Technik des von seinen jugendlichen Anhängern bewunderten und verehrten Mannes im Auge hat, sieht sofort, daß der Autor die beiden Dialoge Ion und Hippias nach derselben Struktur konzipiert hat. Will man es auf eine kurze Formel bringen, so sind für Sokrates die beiden Titelfiguren nichts anderes als ein Spielball. Das soll unter IV und V gezeigt werden.
IV. Ion, soeben preisgekrönt von Epidauros nach Athen gekommen, wird von Sokrates in ein Gespräch verwickelt.39 Sokrates bewundert neidvoll den Rhapsoden, der sein ganzes Leben als Interpret des besten und göttlichsten aller Dichter verbringen könne. So harmlos und bewundernd das klingt, Sokrates kommt alsbald auf das Problematische von Ions Tun zu sprechen. Ion, so sein Selbstverständnis, das Sokrates aus ihm herausfragt, ist der beste Interpret Homers, des besten aller Dichter. Für andere Dichter hat er kein Interesse und leistet für sie auch nichts. Ion sieht darin nichts Anstößiges. „Das reicht doch“ (531a3). Sokrates aber findet das sonderbar. Für alle Tätigkeitsgebiete, so meint er, gilt, daß, wer dort gute und beste Produkte beurteilen könne, auch andere, die nicht so gut oder gar schlecht sind, beurteilen könne. Und da, wie Ion zu seinem Schaden vorschnell zugegeben hat, alle Dichter im wesentlichen dieselben Themen haben, müßte eben diese Regel doch auch für ihn, den besten Interpreten des besten Dichters gelten. Und Ion, der naiv und außerdem höflich ist, gibt das ohne weiteres zu und fragt daher: „Was also ist die Ursache“ (532b8), daß es bei ihm anders sei? Und Sokrates ist um eine Antwort nicht verlegen. Wenn Ion mit seiner Kunst auf Homer beschränkt sei, wenn also die Regel, deren Allgemeingültigkeit Sokrates noch einmal an Beispielen sichert (532d533c), auf ihn nicht zutreffe – und daß sie nicht zutrifft, bestätigt Ion noch einmal ausdrücklich (533c4-8) –, dann besitze er die fragliche Fähigkeit eben nicht als handwerkliches Können, nicht als Fach- und Sachwissen (teßxnh kai? eöpisthßmh), sondern dank göttlicher Inspiration. Wie der Magnetstein seine Kraft auf eine Kette aneinander hängender Eisenringe übertrage, so wirke der göttliche Geist zunächst 39 Zum Ion: Diller (1971, 201-219; Erler (2007) 145-151; Flashar (1958); Heitsch (1992) 88101; dsb. (2002.²2004) 184-189; dsb. (2002) 19-25; Kahn (1996) 104-13; von Kutschera (2002) I 67-70); Müller (1999) 393-420 (vertritt eine andere Interpretation als ich hier und sonst).
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im Dichter, gehe von ihm über auf seinen Interpreten, den Rhapsoden, und wirke von ihm aus dann auf sein begeistertes Publikum (533d-535a).40 Es ist kein Wunder, daß Ion für diese für ihn neue Deutung seines Tuns – die Rhapsoden als Dolmetscher der Dichter, die ihrerseits Dolmetscher sind der Götter41 – schnell gewonnen ist (535a3-10). Und hätte Platons Sokrates etwa vorgehabt, den Gesprächspartner über sein verantwortungsvolles Gewerbe aufzuklären und ihm in seriöser Weise, „als Vater oder älterer Bruder“, eine neue Verantwortlichkeit für seine berufliche Tätigkeit und deren Wirkung zu vermitteln, so hätte er sein erstes Ziel erreicht, ihm nämlich erst einmal zu einem angemessenen Selbstverständnis zu verhelfen, auf dem er dann im Fortgang des Gespräches hätte aufbauen können. Doch der Sokrates, wie ihn hier der frühe Platon darstellt, hat etwas ganz anderes im Sinne. Hatte Sokrates bis hierher die Zustimmung seines Partners durch die Betonung der ansprechenden Züge des inspirierten Zustandes gewonnen – der göttliche Geist weht, wo er will, und für alles andere ist der Rhapsode nicht verantwortlich –, so lenkt er jetzt die Aufmerksamkeit auf die eher bedenklichen Züge im Verhalten eines Rhapsoden, der sich beim Vortrag mit den Personen seines Textes identifiziert, wie von Sinnen wirke und vergleichbar sei den Priestern des orgiastischen KybeleKultes, die, wenn der Geist der Göttin über sie komme, außer sich geraten im rasenden Taumel.42 Und nach einer wortreichen Darstellung dieses Zustandes kommt Sokrates nun auf die Frage seines Partners von 532b8 zurück und antwortet: „Die Ursache also dafür, daß du nur für Homer zuständig bist, liegt darin, daß du nicht kraft fachlicher Kunstfertigkeit, sondern durch göttliche Inspiration qualifiziert bist“ (536d2 ouö teßxnhi aölla? jeißai moißrai deinoßw). Und das paßt Ion nun doch nicht (536d4-7). Die ihm jetzt angebotene Rolle des Besessenen und Rasenden (katexoßmenow kai? mainoßmenow) will er nicht spielen, und er meint, auch Sokrates würde ihn, wenn er ihn hörte, nicht so einschätzen. Und Sokrates hält das durchaus für möglich, nimmt also den abermaligen Rollenwechsel seines Partners vom inspirierten zum sachverständigen Rhapsoden zur Kenntnis – schließlich hatte er ja genau diesen Rollenwechsel durch die Art seiner Gesprächsführung intendiert –, möchte aber, bevor er Ions Vortrag höre, erst
40 Für einige Interpreten ist dies das eigentliche Glanzstück des Ion, der vom Autor überhaupt nur deshalb geschrieben und vom Leser auch nur seinetwegen lesbar sei. 41 Wohl nicht ohne Absicht läßt der Autor Sokrates das Wort eÖrmhneußw schon in 530c benutzen, ohne daß dort schon deutlich würde, was daraus in anderem Zusammenhang noch werden kann. 42 Der Autor verwendet hier kateßxesjai in schillernder Bedeutung (533e7, 534a4.5, 534e5 (zweimal), 536a8b4.5.c4), zunächst als ‚in Beschlag genommen werden, besessen sein von einem Gott‘, dann absolut als ‚besessen sein‘, also ziemlich genau wie im deutschen Sprachgebrauch.
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noch wissen, für welche Textpartien des Epos Ion denn dann kompetent sei. Und jetzt beginnt der Ion zur Karikatur und Burleske zu werden. Denn Partien, für deren sachgemäße Deutung er zuständig wäre, wollen sich partout nicht finden lassen. Was sie auch immer ins Auge fassen, so suggeriert Sokrates seinem Partner, immer scheinen es andere zu sein als der Rhapsode, die den erforderlichen Sachverstand besitzen, sei es nun der Wagenlenker, der Arzt, der Fischer, der Seher, der Steuermann oder andere Experten. Denn Platons Sokrates versteht es offensichtlich meisterhaft, die Aufmerksamkeit Ions nur auf die unterschiedlichen Sachbereiche zu lenken, die im Werke Homers zur Sprache kommen, nicht aber auf das spezifisch Poetische, etwa die literarische Konzeption, die Handlung und deren Entwicklung, die Personen mit ihren eigenen Charakeren usw. Was bleibt dann also noch für den Rhapsoden? Ion, so will es der Autor, muß allmählich den Eindruck gewinnen, der Kreis der Sachbereiche, für deren angemessene Deutung der Rhapsode möglicherweise zuständig sei, werde immer kleiner, und so ist der Autor schließlich boshaft genug, angesichts der zahlreichen Kampfschilderungen im Epos Ion als Aufgabenbereich, für deren Interpretation er vielleicht in Frage komme, das militärische Kommando vorzuschlagen. Und Ion, in Sorge, sonst überhaupt keinen Bereich mehr für die Rhapsodenkunst zu behalten, stimmt zu (540d1-3). Zwar scheut er sich zunächst, die Kunst des Rhapsoden und die des Strategen einfach gleichzusetzen (540d4-5). Er spürt offenbar, daß er im Begriff ist, sich lächerlich zu machen. Doch durch Sokrates’ raffinierte Fragen sieht er sich am Ende doch gezwungen zuzugeben, daß seiner Meinung nach die Rhapsoden- und Feldhernkunst ein und dieselben seien (541a1-b5). Und wenn auch nicht jeder gute Feldherr ein guter Rhapsode sei – eine solche Behauptung wäre denn doch zu lächerlich –, so gilt doch jedenfalls das Umgekehrte, daß der gute Rhapsode auch ein guter Stratege ist (541e5-8).43 Offensichtlich endet das Gespräch als Groteske. 43 Spätestens dann, wenn Ion, wie hier, widerstrebend sich gezwungen sieht, die Folgerungen aus seiner einmal getroffenen Wahl zuzugeben, muß m. E. der Versuch meines Freundes C.W. Müller scheitern, in diesem Abschnitt des Ion mehr zu sehen als den absurden Gipfel, zu dem dieser Sokrates die Diskussion mit einem unbedarften Partner zu führen die Absicht hat. Ich zitiere die in meinen Augen für Müllers Überlegungen zentrale Stelle: „Das Amt des Strategen ist das einflußreichste politisch-militärische Amt im demokratischen Athen des fünften und frühen vierten Jahrhunderts. Im lebensweltlichen Zusammenhang des platonischen Dialogs steht der Feldherr für den aönh?r politikoßw, dieser (seiner Idee nach) für den filoßsofow. Er ist es, der den Einzeldisziplinen ihren Platz anweist und ihre Zielsetzungen wie der Philosophenherrscher Platons auf die Verwirklichung des Guten als des letzten Zieles hin ausrichtet. Das muß wissen, wer hinter der Gleichsetzung von Rhapsode und Stratege mehr als nur einen Scherz sehen will, den sich Sokrates mit dem intellektuell unbedarften Ion erlaubt. Hinter der absurd erscheinenden Anbindung des Strategenwissens an das Metier des Rhapsoden steht ein durchaus ernsthafter Gedanke: Wenn die Auslegung von Dichtung auf Wissen beruht, müßte es das Wissen des Philosophen sein. Die Demontage Ions als eines po-
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Denn natürlich hat dieser Sokrates sich die Chance nicht entgehen lassen, aus Ions Anspruch, der beste Rhapsode zu sein, die Folgerung für seine Qualität als Stratege zu ziehen. Und was konnte da näher liegen als die Absurdität auf die Spitze zu treiben und Ion durch die Frage, weshalb in aller Welt er als hoch qualifiziert denn nicht längst in den militärischen Dienst Athens getreten sei, in die peinliche Lage zu bringen, für diese Tatsache auch noch eine Begründung versuchen zu müssen?44 Dann aber läßt der Autor Sokrates abbrechen und zum Ausdruck bringen, daß sie beide die letzten Überlegungen ja wohl nicht so ganz ernst gemeint hätten:45 „Doch (zu ergänzen ist etwa: unsere letzten Überlegungen, nämlich die über deine militärische Kompetenz und über die Gründe, weshalb du sie bisher nicht hast einsetzen können, wollen wir mal auf sich beruhen lassen), denn46 wenn du recht hast mit deiner Behauptung, du könntest kraft rationaler Kompetenz Homer interpretieren, so tust du unrecht, der du trotz deines Versprechens, viel Schönes über Homer zu wissen, und trotz der Behauptung, es mir zu zeigen, mich täuschst und weit entfernt bist, es mir zu zeigen, der du ja nicht einmal sagen willst, was das eigentlich ist, worin du kompetent bist, obwohl ich seit langem darum bitte, sondern geradezu als Proteus vielerlei Gestalt annimmst und dich hin und her wendest, bis du mir schließlich entschlüpfst und als Stratege zum Vorschein kommst, nur um nicht zu zeigen, wie stark dein Wissen ist über Homer. Wenn du also als Fachmann, wie ich eben sagte, trotz deines Versprechens, über Homer eine Vorführung zu geben, tentiellen Feldherrn ist in Wirklichkeit die Demontage des Homerinterpreten als potentiellen Philosophen“ (1999, 404-405). Von manchem anderen abgesehen, im Ion begegnen weder der aönh?r politikoßw noch der filoßsofow, und bis Platon zum Philosophenherrscher kommt, vergehen nach dem Ion noch Jahrzehnte. 44 Ions Anwort, seine Heimat Ephesos werde von Athen politisch und militärisch beherrscht (541c aärxetai uÖpo? uÖmvqn kai? strathgeiqtai) und brauche eben deshalb keine Strategen, paßt m. E. trotz anderer Deutungsversuche nur in die Zeit des Seebundes vor dem Abfall der jonischen Städte um 412. Das aber und auch der von Sokrates gemachte Einwand, die Athener hätten schon oft Fremde zu Strategen gewählt (541cd), stimmt bestens zur Datierung des Ion vor 399: Für die drei von Sokrates Genannten sind militärische Ämter und Ehrungen für Verdienste um Athen im 5. Jh. gut bezeugt. Ausführlicher dazu mein Beitrag (1992) 90-91. 45 Die damit von Sokrates angedeutete Distanzierung von den letzten Überlegungen, zu denen das von den beiden Partnern geführte und von Sokrates durch die Art seiner Fragestellungen entscheidend bestimmte Gespräch geführt hat, findet ihre genaue Parallele am Ende des Kl. Hippias (376b8; dazu unten S. 19). 46 Zur Partikelkombination aölla? gaßr Wilamowitz im Herakles-Kommentar zu 138 (ich benutze die Ausgabe von 1909): „aölla? – gaßr und ohne wesentlichen Unterschied aölla? gaßr fordert in gutem Griechisch immer die Ergänzung des Gedankens, den der vorausgenommene Satz mit gaßr begründet.“ Ferner meine Bemerkungen (2003) 101-103. – Die hier in dem Denn-Satz gegebene Begründung für den mit aöllaß angekündigten Abbruch des Gesprächs durch Sokrates lautet also in Kürze zusammengefaßt: „Denn du willst dich ja wohl nicht ins Unrecht setzen“.
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mich täuschst, tust du unrecht. Wenn du aber nicht als Fachmann, sondern dank göttlicher Inspiration, besessen von Homer, ohne etwas zu wissen, viel Schönes über den Dichter sagst, wie ich behaupte, tust du kein Unrecht. Wähle also, als was du bei uns gelten willst, als ein unkorrekter oder als ein von göttlichem Geist erfüllter Mensch.“ Vor diese Alternative gestellt, ist klar, welche Wahl Ion trifftt. Und der Autor kann Sokrates das Gespräch nicht ohne Hohn beenden lassen: „Dieser schönere Titel also kommt dir bei uns zu, ein gottbegeisterter und nicht fachmännischer Lobredner Homers zu sein.“ Unter dem Einfluß von Sokrates hat Ion mehrmals sein Selbstverständnis gewechselt. Zunächst versteht er sich, wie Sokrates ihm das anbietet, als Fachmann, dann als göttlich inspiriert (535a), dann verzichtet er lieber auf die Inspiration und läßt sich von Sokrates wieder als Fachmann befragen (536de), um sich schließlich doch wieder lieber als inspiriert zu verstehen.
V. Zu den Eigenheiten der griechischen Sprache gehört, daß sie zwischen Irrtum und Lüge, zwischen falsch und gelogen (yeuqdow, yeudhßw) nicht unterscheidet, sofern das Gegenteil eben hier und dort wahr ist.47 In historischer Zeit können die fraglichen Differenzen selbstverständlich zum Ausdruck gebracht werden, aber eben nur durch den Zusatz von Wörtern wie absichtlich/vorsätzlich und unabsichtlich/ unvorsätzlich. Im Kl. Hippias48 macht Platons Sokrates sich diese Eigenheit zunutze, um den international renommierten Sophisten Hippias aus Elis in die Enge zu treiben. Diese Absicht verfolgt er durch seine gezielten Fragen in mehreren Schritten und hat sie am Ende des Dialogs in 376b erreicht: „Der also, der sich absichtlich verfehlt und Häßliches und Schlechtes tut, wenn es denn einen solchen Mann gibt,49 47 Man darf an den analogen Fall denken, daß im archaischen Recht zwischen (vorsätzlichem) Mord und (unvorsätzlichem) Totschlag nicht unterschieden wird, sofern das Opfer eben beidemal tot ist. Juristisch gesehen, herrscht die Erfolgshaftung. 48 Zum Kl.Hippias: Erler (2007) 142-145; Friedländer (1964) ³II 125-134; Heitsch (1994) 2034 = (2001) 306-320; Kahn (1996) 113-124; von Kutschera (2002) I 59-66. 49 Der Bedingungssatz ist mehrdeutig. Dem naiven, nicht im sokratischen Denken vorgebildeten Leser wird der erlösende Gedanke nahegelegt, daß es doch wohl niemanden gibt, der immer nur das Schlechte und Häßliche will, und so wird für ihn die scheinbar perverse These entschärft. Seine dem Kontext angemessene Bedeutung aber erhält der Satz, wenn man eine von Sokrates vertretene These zugrundelegt und ‚gut’ und ‚schlecht’ reflexiv versteht. Dann nämlich zeigt sich, daß es diesen Mann wirklich nicht gibt und auch gar nicht geben kann. Denn: Jedermann will das für ihn Gute; er tut, was er im Augenblick unter den obwaltenden Umständen für richtig, angemessen und gut hält. Er kann sich zwar – selbstverständlich
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dürfte kein anderer sein als der Gute. – Hip.: Das, Sokrates, kann ich dir nicht zugeben. – S.: Und ich mir nämlich auch nicht. Doch im Augenblick jedenfalls hat es sich aufgrund unserer Argumentation zwangsläufig so ergeben.“ Damit sehen sich die beiden Partner am Ende des Gesprächs vor einem Scherbenhaufen, von dem Sokrates allerdings behauptet, daß er sich „im Augenblick jedenfalls“ zwangsläufig ergeben habe, der in Wahrheit aber das Ergebnis ist seiner zielgerichteten Fragen. 363a-365d5. Sokrates beginnt mit der Frage an Hippias, der gerade einen Homervortrag beendet hat, was er von der Behauptung halte, daß die unterschiedliche Qualität von Ilias und Odyssee abhänge von den Qualitäten ihrer Haupthelden. Die Ilias sei, so die Behauptung, um soviel schöner als die Odyssee, wie Achill besser sei als Odysseus. Wie also stehe es um diese beiden Figuren. Nach aufwendiger und anspruchsvoller Einleitung kommt endlich die Antwort: Achill sei bei Homer der Beste, Nestor der Weiseste, Odysseus der Wendigste. Diese Auskunft hat allerdings auch seinerzeit niemandem etwas Neues gesagt. Achill wird schon im ersten Buch der Ilias mehrmals der Beste genannt; daß Nestor als Ältester und Erfahrenster die besten Ratschläge gibt, ist geradezu sprichwörtlich; und das Prädikat polußtropow, das Hippias Odysseus hier zuspricht, wird im Epos ausschließlich für Odysseus gebraucht und steht denn auch gleich im ersten Vers der Odyssee. So trivial also die schließlich gegebene Auskunft, Sokrates tut, als sei die Auskunft für ihn neu, sodaß er mit dem Verständnis seine Schwierigkeiten habe. Sei Achill denn etwa nicht wendig? Und als das und einiges andere geklärt ist, glaubt Sokrates endlich zu verstehen. Hippias meine also, Homer unterscheide zwischen einem Wendigen und einem Ehrlichen? Der eine sei ehrlich (aölhjhßw), der andere verlogen (yeudhßw), und beide sind nicht identisch (365c3)? Und als Hippias, kopfschüttelnd vor soviel Ahnungslosigkeit, das bejaht und natürlich für selbstverständlich hält, hat Sokrates sein erstes Zwischenziel erreicht: „Da du so denkst wie Homer, wollen wir Homer lassen, da wir ihn ja nicht mehr fragen können, was er sich bei seinen Formulierungen gedacht hat. Antworte du für euch beide“ (365cd). 365d6-369a4. Hippias also will zwischen wahrhaftig und lügenhaft unterscheiden. Und Sokrates stellt sich nun in diesem „Argumentationsspiel“ die Aufgabe, Hippias zu zwingen, das Gegenteil anzuerkennen. Und diese Absicht hat er in 368e erreicht: „Blick auf alle Sachbereiche, über die wir eben gesprochen haben, und sag mir dann, ob du aufgrund dessen, worüber ich und du uns einig geworden waren, irgendeinen Bereich siehst, wo der eine wahrhaftig, der andere aber lügenhaft ist, getrennt und nicht identisch. Aber du wirst keinen finden. Denn es gibt keinen. –
– irren: Dann aber tut er das für ihn Schlechte unabsichtlich. Doch wollen kann das im Augenblick für ihn selbst Schlechte niemand, da er das, was er tut, im Augenblick seiner Entscheidung eben für richtig und gut hält.
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Hip: Jetzt im Augenblick jedenfalls kann ich das nicht. – S: Und auch in Zukunft wirst du das nicht können.“ Der Weg, den Sokrates unter ständiger Zustimmung von Hippias zu diesem Ziel eingeschlagen hatte, läßt sich kurz etwa so skizzieren. Lügen ist kein Nichtkönnen, sondern eine Fähigkeit. Diese Ausgangsthese wird durch eine Reihe von Zwischenfragen in dem Sinne erläutert, daß Lügen Geschicklichkeit, eine Art von Klugheit voraussetzt. Und da Sokrates diese und weitere Aussagen seinem Gesprächspartner immer als Frage vorlegt – „Ist nicht ...?“ –, die dieser dann mit ‚ja’ beantwortet, sich also zu eigen macht, stellt sich das, was Sokrates in Frageform sozusagen anbietet, immer als Meinung von Hippias heraus. So schon in 365e1 (kata? to?n so?n loßgon) und erst recht dann in der Zusammenfassung: „Halt also mal. Wir wollen uns erinnern, was du sagst. Die Lügner seien, so behauptest du, fähig und gescheit und kundig und klug darin, worin sie lügen.“50 Das kursiv Gesetzte ist offenkundig mehrdeutig. Hippias kann das in seinem Sinne als „klug im Lügen“, Sokrates aber wird es im Sinne von „klug auf dem Gebiet, auf dem sie lügen“, verstehen. Und an dieser Bedeutungsverschiebung hängt die ganze weitere Argumentation, die Sokrates im Auge hat.51 Zu diesem Zweck appelliert er jetzt an die eigenen Erfahrungen seines Partners. Er, der Rechenexperte, könne eine Aufgabe besonders schnell und sicher lösen, doch ebenso könne er selbstverständlich mit Sicherheit lügen und eine falsche Zahl nennen, während der Laie, wenn er lügen wolle, in Gefahr stehe, gelegentlich aus Ahungslosigkeit die richtige Zahl zu nennen. Und so kommt Sokrates durch eine Reihe ähnlicher Überlegungen zu dem Ergebnis: „Also ist, wer mit größter Sicherheit auf dem Gebiet des Rechnens Falsches und Wahres 50 366a2 eäxe dh?: aönamnhsjvqmen tiß eöstin oÜ leßgeiw. tou?w yeudeiqw fh?iw eiQnai dunatou?w kai? fronißmouw kai? eöpisthßmonaw kai? sofou?w eiöw aÜper yeudeiqw. 51 Platon läßt in der Politeia (487b-c4) seinen Bruder Adeimantos, also einen im Grunde wohlwollenden wenn auch kritischen Beobachter des Gesprächs, auf diesen von Sokrates hier und auch sonst nicht selten angewandten Argumentationstrick ausdrücklich hinweisen: „Widersprechen könnte dir da niemand, Sokrates. Doch ist das noch kein Beweis für die Richtigkeit dessen, was du sagst. Denen nämlich, die dir zuhören, geht es jedesmal etwa so: Sie meinen, daß deshalb, weil sie aus Unerfahrenheit im Fragen und Antworten sich durch die Argumentation bei jeder Frage ein klein wenig ablenken ließen, wenn dann am Schluß der Diskussion diese Kleinigkeiten summiert würden, daß dann der Schaden groß sei und ein Widerspruch herauskomme zur Ausgangsthese. Und wie von kompetenten Brettspielern die anderen schließlich mattgesetzt würden und keinen Stein mehr hätten, den sie setzen könnten, so würden auch sie, die Diskussionspartner, schließlich mattgesetzt und hätten nichts mehr, was sie sagen könnten, durch diese andere Art Brettspielkunst, die nicht Steine verwende, sondern Worte. Denn in Wahrheit sei es keineswegs so (wie sie, von Sokrates im Gespräch bezwungen, zugegeben hätten).“ Die beste Einführung zum Verständnis dessen, was hier und in ähnlichen Texten geschieht, stammt m. E. von Ernst Kapp (1965) und (1968) 254-277. Kapp hat wohl als erster nachdrücklich auf den nicht immer ganz seriösen Charakter dieses Frage- und Antwort-Spiels verwiesen.
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sagen kann, ein und derselbe“.52 Von hier aus aber ist es nur noch ein kleiner Schritt zur Folgerung, daß also auf diesem Gebiet Lügner und Ehrlicher identisch sind, „und sich nicht unterscheiden, wie du vorhin sagtest“.53 Ist das einmal gesichert, ist es für Sokrates ein leichtes, die Argumentation nach Belieben auf andere Gebiete auszudehnen, für die Hippias Kompetenz beansprucht. Und so läßt sich, immer unter der stillschweigenden Voraussetzung, daß zwischen Irrtum und Lüge nicht unterschieden wird, sofern eben das Ergebnis hier und dort falsch ist, schließlich also behaupten, daß der Satz „Allein der Kundige kann mit Sicherheit das Richtige und das Falsche sagen“ den Schluß erlaubt: „Ehrlicher und Lügner sind identisch“ (367d6-369a2). 369a4-372a5. Im dritten Abschnitt nun läßt Platon Sokrates die gewonnenen Einsichten anwenden auf die Frage, von der das Gespräch ausgegangen war, also auf die Frage nach dem Charakter der beiden epischen Haupthelden. Da Lügner und Ehrlicher, wie sich gezeigt habe, identisch seien, sei also Odysseus, so meint jetzt Sokrates, wenn listig und verlogen, auch ehrlich, und umgekehrt Achill, wenn ehrlich, auch verlogen und die beiden seien nicht verschieden und nicht entgegengesetzt, sondern gleich. Und Hippias, der überhaupt erst jetzt sieht, welche Folgerungen die bisherige Diskussion erlaubt, ist nun doch empört. „Ach Sokrates, immer knüpfst du solche Gedankenreihen. Du greifst heraus, was immer an einer Behauptung besonders verfänglich ist, hältst dich daran und hast nur Teile im Auge, mit der Sache insgesamt aber, die zur Diskussion steht, setzt du dich nicht auseinander.“ Das nun ist eine deutliche Kritik, die Platon Hippias an der Art, wie Sokrates diskutiert, üben läßt, und sie ist sicher nicht völlig unberechtigt, hat Ähnlichkeit mit der Kritik von Adeimantos,54 ohne allerdings dessen Präzision zu erreichen. Hippias spürt, so will es der Autor, daß hier bei Sokrates nicht alles mit rechten Dingen zugegangen ist, kann die logischen Verstöße aber nicht genau identifizieren und kommt daher über einen vagen Vorwurf nicht hinaus. Doch ist er andererseits zurecht überzeugt, daß der Text des Epos für ihn spricht. An vielen Beispielen könne er zeigen, daß Homer die beiden Helden unterschiedlich schildere; den einen ohne Falsch, den anderen listig. Doch Sokrates läßt sich nicht beeindrucken und beweist mittels einer allerdings arg rabulistischen Interpretation, daß der wirklich Listige vielmehr Achill sei. Dabei hält er sich immer wieder an vorher gewonnene Einsichten und so also auch daran, daß vorsätzliches Lügen besser sei als unvorsätzlicher Irrtum. Was Hippias nun absolut nicht akzeptieren will. Für ihn hat, was früher bewiesen 52 367c2 ouökouqn oÖ auöto?w yeudhq kai? aölhjhq leßgein peri? logismvqn dunatvßtatow: ouWtow d ö eösti?n oÖ aögajow? peri? toußtvn, oÖ logistikoßw. 53 36c7 oÖraqiw ouQn oÄti oÖ auöto?w yeudhßw te kai? aölhjh?w peri? toußtvn, kai? ouöde?n aömeißnvn oÖ aölhjh?w touq yeudouqw; oÖ auöto?w ga?r dhßpou eösti? kai? ouök eönantivßtatow eäxei, vÄsper su? väiou aärti. 54 Oben Anm. 51.
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wurde, keine Gültigkeit mehr. Die eigentlichen Fehler kann er zwar, wie gesagt, nicht entdecken. Doch er weiß, daß die von Sokrates erzielten Ergebnisse dem gesunden Menschenverstand widersprechen, und er weiß auch, daß er die staatliche Rechtspflege für sich hat, sofern die vorsätzlichen Täter strenger bestraft werden als die unvorsätzlichen (372a). 372a6-376c. Die zuletzt von Hippias gebrachten Einwände bleiben, so will es der Autor, nicht ohne Wirkung auf Sokrates. So zieht er es vor, sich auf seine Ahnungslosigkeit zurückzuziehen. Deshalb, weil er nichts wisse, diskutiere er ja so gerne mit den Gelehrten. Und meist sei er anderer Meinung als sie, dann aber wieder schwanke er. Und im Augenblick meine er aufgrund ihrer vorigen Diskussion, „daß diejenigen, die die Menschen schädigen und ihnen Unrecht tun, sie betrügen, täuschen und sich ihnen gegenüber verfehlen und zwar vorsätzlich, daß die besser sind als die, die das unabsichtlich tun“ (372d4). Daher ist Sokrates für eine Fortsetzung der Diskussion bis hin zu einer endgültigen Klärung. Doch Hippias hat eigentlich die Lust verloren. Und so sucht Eudikos, der am Anfang das Gespräch vermittelt hatte, denn auch jetzt die Gegensätze zu versöhnen. Und auch Hippias hätte im Grunde nichts dagegen. „Aber Sokrates bringt immer Verwirrung in die Diskussion, und es sieht so aus, als tue er das aus Absicht“ (373b4). Dem kritischen Leser zwar kann inzwischen klar geworden sein, daß Hippias nicht ganz Unrecht hat. Doch Sokrates überhört die Kritik und zögert nicht, sie in seinem Sinne auszunutzen: „Mein Bester, ich tue das jedenfalls nicht vorsätzlich – denn dann wäre ich ja nach deiner Behauptung (!) klug und tüchtig –, sondern ohne Absicht, so daß ich, wie du sagtest, Nachsicht verdiene“. Und schließlich ist Hippias, doch nur weil Eudikos darum bittet, zur Fortsetzung bereit. Bei dem neuen Ansatz läßt der Autor Sokrates nun gleichsam kurzen Prozeß machen. In über zwanzig Beispielen argumentiert er immer nach demselben Muster. Wer absichtlich langsam läuft, ist ein besserer Läufer als der, der nur langsam laufen kann. Nur solche Pferde wählt man beim Kauf, auf denen man gut reiten kann, und wenn man doch schlecht reitet, tut man das absichtlich: Also, so die Folgerung, ist ein Pferd, auf dem nur absichtlich schlecht geritten wird, besser als eines, auf dem nur schlecht geritten werden kann. Wir ziehen einen Pfeilschützen vor, der immer trifft und gegebenenfalls nur absichtlich daneben schießt. Beim Erwerb von Sklaven wählen wir die, die, wenn überhaupt, dann nur absichtlich Fehler begehen. Und Hippias ist von diesem Argumentationsmuster so gewonnen, daß er selbst diesen Unsinn akzeptiert, ohne daran zu denken, daß er soeben daran erinnert hatte, daß unvorsätzliche Täter Nachsicht und geringere Strafe erwarten dürfen als vorsätzliche. Und schließlich kann Sokrates seinen letzten Schritt tun, den ich oben schon zitiert habe: „Der also, der sich absichtlich verfehlt und Häßliches und Schlechtes tut, wenn es denn einen solchen Mann gibt, dürfte kein anderer sein als der Gute“.
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Das nun macht nicht nur Hippias nicht mehr mit, sondern auch Sokrates distanziert sich von diesem nur durch seine Fragen gewonnenen Ergebnis (376b7-8); womit Platon jetzt Sokrates seine Karten aufdecken läßt. Denn dieser hat offensichtlich sein Spiel gewonnen55. Er hat Hippias verfängliche Fragen vorgelegt, und Hippias hat sie sich, naiv und unkritisch, wie er ist, durch sein ständiges ‚ja‘ zu eigen gemacht; und da diese Fragen gleichsam die Funktion von Prämissen haben in einem gültigen Schluß, müßte – rein ‚logisch‘ gesehen – Hippias auch den letzten Schritt mitmachen. Daß er sich weigert, ist zwar der Sache nach richtig und ehrenwert, kann aber die Tatsache nicht aus der Welt schaffen, daß er, der international renommierte Gelehrte, dem ihm bis dahin unbekannten Athener Bürger intellektuell unterlegen ist. Und so kann denn Platons Sokrates, wie im Ion den unbedarften Rhapsoden, so hier den internationalen Experten mit Hohn verabschieden: „Wenn wir, die Laien, schwanken, so ist das nicht erstaunlich. Wenn aber auch ihr, die Experten, schwankt, so ist das nachgerade auch für uns schlimm, wenn wir nicht einmal bei euch einen festen Halt finden“ (376c).
VI. Für die beiden Dialoge Ion und Kl. Hippias ist charakteristisch, daß sie so gut wie ohne Umwelt stattfinden. Es gibt keinen konkreten Ort, an dem Sokrates mit Ion oder Hippias zusammentrifft. Was den jugendlichen Autor zur Darstellung gereizt hat, ist offenbar einzig und allein das singuläre Geschick, mit dem es Sokrates gelang, Personen, die in der Öffentlichkeit in und außerhalb Athens, ob nun als Vortragskünstler und Interpret epischer Dichtung oder als Gelehrter, die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten, in Gespräche zu verwickeln und sie argumentativ so in die Enge zu treiben, daß für den Leser das Renommee dieser Männer in einen evidenten Gegensatz geriet zu ihrer Unfähigkeit, auf einfache von Sokrates gestellte Fragen, für deren Beantwortung sie sich aufgrund ihres Metiers zuständig fühlen mußten, angemessene Antworten zu geben. Die internationalen Berühmtheiten waren offensichtlich der souveränen Argumentationskunst des einfachen attischen Bürgers nicht gewachsen. Was der jugendliche Autor in diesem Sinne schrieb, war für Kreise gedacht, die Zeit hatten und Vergnügen an eigener Lektüre oder wohl eher am Zuhören von Vorlesungen solcher Texte, die, wie eben alles Satirische und Komische, der Demaskierung dienten, weniger aber der Information und Belehrung. Sicher aber hatte der Autor auch den Wunsch, seiner Bewunderung des verehrten Meisters Ausdruck zu geben. Und dann war es wohl auch die Möglichkeit 55 Oben S.16 mit Anm. 51.
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der Selbstvergewisserung, die den jungen Platon, der spürte, daß er schreiben konnte, veranlaßte, witzige Gespräche zu konzipieren, in denen ein Mann wie Sokrates seine argumentative Brillanz zeigen konnte. Nachdem Sokrates in Zeiten der Restauration nach einem verlorenen Krieg unter einer fadenscheinigen Anklage verurteilt und hingerichtet worden war, mußte sich für Platon als Autor vieles ändern. Sicher, wenn im Ion ein unbedarfter Rhapsode sich aufs Glatteis und schließlich zu der Behauptung verführen ließ, als kompetenter Homerinterpret auch das nötige Wissen zu haben, um als Stratege militärische Kommandos zu übernehmen, so konnte das auch in den Augen humorloser Agitatoren als literarische Harmlosigkeit gelten, die offenbar nicht auf Verderbnis der Jugend und gesellschaftliche Veränderungen zielte. Wenn aber im Hippias unter Anleitung von Sokrates nach mehreren Anläufen sich als „logisch zwingend“ der Schluß ergab, in Wahrheit sei gerade der vorsätzliche Übeltäter der Gute, so war es seinerzeit sicherlich für nicht wenige mit der Harmlosigkeit dessen vorbei, was Sokrates in Kreisen der jugendlichen Intelligenz offenbar zu treiben pflegte. Das muß auch Platon nach 399 klar gewesen sein56. Was bedeutet, daß er, wenn er weiterhin schreiben und Dialoge mit Sokrates als Hauptfigur verfassen wollte, einen Neuanfang machen mußte. Dieser Neuanfang ist m. E. der Laches. Daß dieser Dialog in Platons frühe und früheste Zeit gehört oder vielleicht gar seine erste Veröffentlichung ist, haben nicht wenige vermutet57. Argumentiert worden ist dafür mit formalen, stilistischen und inhaltlichen Gründen. Kahn58 möchte im Laches den ersten der aporetischen Dialoge sehen. „Thus to write the Laches ist to prepare to write the Euthyphro, the Charmides, the Protagoras, the Meno … and ultimately the Republic”.59 Ich denke, der Laches gewinnt seine Position, wenn wir in ihm nicht Platons Anfang, sondern seinen Neuanfang sehen. Nur in dieser Position, nach Ion und Hippias und als erster Dialog nach 399, wird m. E. nicht nur der ‚Einführungscharakter’ des Hauptteils, sondern werden vor allem auch die Eigenheiten der Einleitung verständlich60. 56 Dies bleibt keine bloße Vermutung, sondern läßt sich durchaus Platons Texten entnehmen. Dazu unten unter VII. 57 Dazu Erler (2007) 152. Von den dort referierten Autoren nenne ich nur Steidle (1950) und füge hinzu W. Wieland (1996) 11. Ferner jetzt J. Hardy (2014) 65-68. 58 (1996) 148. 59 (1996) 58. 60 Bestätigt sehe ich mich für diesen Vorschlag auch durch die Anordnung der 16 Dialoge der Gruppe I, die Kahn 47 gibt und selbst einst chronologisch verstanden hatte, „but I now think it is a mistake to make any claims about a matter on which we have so little evidence. Even if they are taken as chronological, however, my six stages do not pretend to represent the development of Plato’s thought. They represent different moments in his literary presentation of Socrates and different approaches to the philosophical position of the Republic” (48). Die einleitend genannten Beobachtungen zur Datierung von Apologie und Menexenos konnte Kahn
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Anstelle der intellektuellen Spiele von Ion und Hippias wird Sokrates jetzt, so will es der Autor, als Erzieher und Mahner auftreten, der sich wie ein „Vater oder älterer Bruder“ um das Wohl der Mitbürger und der Heranwachsenden kümmert. Dazu müssen die Menschen, denen Sokrates sich zuwendet, vom Autor – und das ist neu gegenüber der literarischen Welt, in der Ion und Hippias gelebt hatten – in eine konkrete Umwelt versetzt werden, in der er ihnen begegnen konnte. Und um diese Umwelt überzeugend darzustellen, nimmt Platon sich im Laches ungewöhnlich großen Raum. Von den insgesamt etwa 24 Seiten (178a-201c) entfallen auf die Einleitung oder das Vorspiel knapp die Hälfte (178a-189d). Diese relative Länge ist bei Platon singulär. Sie dient hier dazu, Lysimachos, Melesias, Nikias und Laches mit ihren jeweils besonderen Erfahrungen und ihren unterschiedlichen Beziehungen zu Sokrates darzustellen. Die vier Personen, die das Gespräch über Erziehung führen, bevor Sokrates dazu gebeten wird, waren soeben gemeinsam bei der Werbeveranstaltung eines Experten, der Ausbildung im Kampf mit schweren Waffen anbot. Lysimachos und Melesias liegt die angemessene Ausbildung ihrer beiden Söhne sehr am Herzen, sind sie sich doch bewußt, daß aus ihnen selbst eigentlich nichts Rechtes geworden ist; ihre Väter aber hatten als Politiker oder Militärs in Athen einen guten Namen, nur eben keine Zeit für ihre Kinder. Das nun wollen sie für ihre Söhne anders machen. Nikias aber und Laches, mit denen die beiden offenbar befreundet sind, waren in der Zeit nach Perikles die bekanntesten Strategen Athens. Nikias hatte Gewicht sowohl als General wie auch als Politiker, stand gegen Kleon und die radikalen Demokraten und war in Athen die treibende Kraft für den Frieden von 421, der denn auch nach ihm benannt wurde. Laches unterstützte ihn bei den Friedensbemühungen, war 427 mit zwanzig Schiffen nach Sizilien geschickt worden und fällt 418 in einem Kampf bei Mantineia. Auch Laches und Nikias sind sich darüber klar, daß sie wegen ihrer öffentlichen Tätigkeit ihre Kinder vernachlässigen. Insofern ist für alle vier die Erziehung der Kinder ein wirkliches Problem. Zu Sokrates hat jeder von ihnen seine Beziehung, doch sehr unterschiedlicher Art. Lysimachos war mit seinem Vater, Sophroniskos, befreundet gewesen, ist aber, wenn die Söhne ihm von einem Sokrates erzählten, nie auf den Gedanken gekommen, daß ein Sohn eben dieses Freundes, im selben Stadtteil lebend, gemeint sein könnte. Erst von den Generälen müssen die beiden Väter erfahren, daß gerade dieser Sokrates sich „stets dort aufhält, wo es um Fragen geht, wie wir sie hier diskutieren.“ Denn denen ist nun alnoch nicht kennen. Werden diese Beobachtungen akzeptiert – und dem steht m. E. nichts entgegen – und dazu auch die hier vertretene Frühdatierung von Ion und Hippias (die Kahn nach 399 hinter Apologie und Kriton stellt; eine Ordnung, die ich für mehr als bedenklich halte), so gerät der Laches nach 399 an den Anfang zusammen mit dem Gorgias. Für dessen wahrscheinliche Datierung auf 390-387, also kurz vor oder nach der ersten sizilischen Reise Platons, Erler (2007) 132-133.
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lerdings Sokrates kein Unbekannter. Laches hatte ihn beim verlustreichen Rückzug vom Delion i.J. 424 erlebt61 und stellt ihm jetzt das beste Zeugnis aus.62 Von sich selbst versichert er, gerne mit jemandem zu sprechen wie Sokrates, bei dem Tun und Worte zusammenstimmen.63 Nikias aber ist im Zivilleben Sokrates offensichtlich schon öfter begegnet und sieht sich jetzt, bevor noch die eigentliche Diskussion mit Sokrates beginnt, durchaus in der Lage zu schildern, was bei einem von Sokrates geführten Gespräch zu geschehen pflegt: „Du scheinst mir“, sagt er zu einem der Väter, „nicht zu wissen, daß, wer auch immer Sokrates nahekommt und sich auf ein Gespräch mit ihm einläßt, daß der, mag die Diskussion auch zunächst einem ganz anderen Thema gegolten haben, keine andere Wahl hat als sich von Sokrates im Gespräch hin und herziehen zu lassen und nicht eher zur Ruhe zu kommen, als bis er über sich selbst Rechenschaft ablegt, auf welche Weise er jetzt lebt und wie er das bisherige Leben verbracht hat; ist er aber dahin gekommen, daß Sokrates ihn dann nicht eher losläßt, als bis er das alles gut und gründlich geprüft hat. Ich bin an ihn gewöhnt und weiß, daß man sich das von ihm gefallen lassen muß, und daß es auch mir jetzt so gehen wird, weiß ich genau. Mir macht der Verkehr mit dem Mann nämlich Vergnügen, und ich halte es für kein Unglück, an das erinnert zu werden, was wir nicht richtig getan haben oder tun, vielmehr wird, wer sich dem nicht entzieht, in Zukunft vorsichtiger verfahren, bereit, nach dem Wort Solons64 entschlossen zu lernen, solange man lebt, ohne zu meinen, das Alter sei es, was einem von selbst die Vernunft bringe. Für mich also ist es nicht ungewohnt und auch nicht unerwünscht, von Sokrates geprüft zu werden. Vielmehr wußte ich so ziemlich von Anfang an, daß, wenn Sokrates dabei ist, das Gespräch nicht über unsere Kinder gehen wird, sondern über uns selbst. Wie gesagt also, was mich angeht, so steht nichts im Wege, mit Sokrates sich so zu unterhalten, wie er das will“ (187e-188c). Die Art, wie Platon Sokrates im Ion und Kl. Hippias hatte diskutieren lassen, und das, was er hier einen der angesehensten Bürger Athens über Sokrates ausführen läßt, ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Dort ein Mann, dem es ein Vergnügen ist, erfolgreiche Experten auf ihren ureigenen Gebieten argumentativ in die Enge zu treiben und zu absurden Folgerungen zu zwingen, hier im Laches jemand, der seine Mitbürger in ihren alltäglichen Tätigkeiten anspricht und alsbald vor die grundsätzliche Frage zu stellen weiß, ob sie ihr Leben eigentlich richtig führen. Auch hier ist Sokrates überlegen, doch diese Überlegenheit gilt dem Versuch, den Partnern die Augen zu öffnen für die echten Fragwürdigkeiten menschlichen Le61 In die Zeit zwischen 424 (Rückzug vom Delion, einem Apollonheiligtum an der Ostküste Böotiens) und 418 (Laches’ Tod) fällt also das fiktive Datum des Dialogs. 62 Lach. 181b: „Wenn die anderen sich so verhalten hätten wie er, so würde Athen sich behauptet haben und hätte keinen solchen Fall getan.“ 63 Lach. 188c-189b. 64 „Älter werd ich und stets lern ich noch vieles hinzu“ (F 18 West).
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bens. Wie es Platons Sokrates hier gelingt, in wenigen Schritten aus einem Gespräch über den möglichen Nutzen eines Unterrichts im Umgang mit schweren Waffen eine gemeinsame Erörterung der Frage werden zu lassen, was denn eigentlich das Objekt einer jeden Erziehung sei und was ihr Zweck, das ist ein Meisterstück des Autors, die Art, wie sein Held Diskussionen zu eröffnen pflegt, darzustellen. Die Ausführungen aber, mit denen er Nikias Sokrates’ Gesprächsführung prinzipiell charakterisieren läßt, öffnet den Blick nicht nur auf den Hauptteil dieses Dialogs, sondern auf alle weiteren sokratischen Dialoge Platons, die noch folgen sollen. Der Leser darf gespannt sein.
VII. Platon hat für angebracht gehalten, die Art, wie Sokrates bei ihm diskutiert, gelegentlich von einem der am Gespräch Beteiligten kommentieren zu lassen. Solche Kommentare sind, wie ich denke, geeignet, Licht auch auf den in diesem Beitrag erörterten Sachverhalt zu werfen. 1) Im Theaitetos kritisiert Sokrates die Lehre des Protagoras, doch dann zweifelt er, ob seine Kritik ganz fair gewesen sei, und macht sich anheischig, das, was seiner Meinung nach der Kritisierte selbst, wenn er denn noch lebte, gegen diese Kritik eingewendet hätte, seinerseits vorzutragen. In dieser Rede, die er also für Protagoras gegen sich selbst hält, führt er eine für die damals etablierten Möglichkeiten zu diskutieren wichtige Unterscheidung ein. „Wenn du diskutieren willst“, so etwa führt er im Namen seines Kontrahenten aus, „so gehe beim Fragen nicht unredlich vor. Die Unredlichkeit aber besteht hier darin, wenn man zwischen Diskussionen, die als Wortgefecht, und solchen, die als sachliche Erörterung geführt werden, nicht unterscheidet: Dort mag man nach Kräften seine Späße treiben und dem Gegner Fallen stellen, im dialektischen Gespräch aber sollte man ernsthaft sein und dem Partner wieder aufhelfen, indem man ihn nur auf jene Fehler hinweist, wo sein Irrtum in ihm selbst und seinem bisherigen Umgang begründet ist“.65 Demnach sind zwei Diskussionsarten zu unterscheiden, beide an ihrem Ort gleich legitim, doch gesondert und unterschiedlichen Zwecken dienend. Im Wortgefecht (aögvnizoßmenow) geht es nur ums Gewinnen. Jeder sprachliche Trick ist erlaubt, solange der Partner nichts merkt. Im dialektischen Gespräch dagegen (dialegoßmenow) geht es um die Sache. Das eine ist ein Spiel, das entweder als solches auch von beiden Gesprächspartnern verstanden wird oder jedenfalls von einem der beiden, dem 65 Theait. 167e3.
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Gesprächsführer und Fragenden, für den alles nur ein Spaß ist. Das andere ist der ernsthafte Versuch, einen problematischen Sachverhalt gemeinsam zu klären, wobei Unklarheiten im Fragen und Antworten nicht als Fallstricke verwendet, sondern sofort aufgeklärt werden. Es dürfte angesichts der von Platon selbst eingeführten Alternative kein Zweifel sein, daß die Dialoge Ion und Kl. Hippias, in denen der fragende Sokrates das Gespräch durch gezielte Fragen zu paradoxen Ergebnissen zu führen versteht, von denen er selbst sich gemeinsam mit dem überwundenen Partner schließlich leichten Herzens distanziert, zu den Wortgefechten gehören, also dem Spaß dienen und nicht der Klärung. 2) Obwohl Platon die Unterscheidung von Wortgefecht und dialektischem Gespräch selbst eingeführt hat, kann der Leser nicht davon ausgehen, daß er Sokrates dort, wo es zweifellos nicht um ein Wortgefecht geht, immer ganz korrekt argumentieren läßt66. Und natürlich hat Platon gesehen, daß Wortgefecht und dialektische Erörterung dieselben logisch-argumentierenden Fähigkeiten voraussetzen. Nirgends macht er das deutlicher als in der Politeia dort, wo er vom Ausbildungsgang des Philosophen spricht. Über Arithmetik, Geometrie, Stereometrie und Harmonielehre soll der Weg schließlich zur Dialektik führen. Bei ihr aber bedarf es besonderer Vorsicht, da sie mißbraucht werden kann. „Denn ich denke, du weißt, daß die jungen Leute, wenn sie erstmals mit der Dialektik in Berührung kommen, sie wie ein Spielzeug und nur zum Widerspruch benutzen, und indem sie die Widerlegenden nachahmen, widerlegen sie selbst andere, wobei sie wie junge Hunde ihren Spaß daran haben, ihren Partner zu zerren und zu quälen“ (539b). Nur gefestigte Naturen also sollen zur Dialektik zugelassen werden. „Wer älter ist, wird an solchem Unsinn nicht teilnehmen wollen, sondern eher dem folgen, der im dialektischen Gespräch die Wahrheit sucht, als dem, der nur seinen Spaß treibt und widerspricht“ (539c5). Was hier mit dem Treiben junger Hunde verglichen wird, ist offensichtlich identisch mit den argumentierenden Spielen im Wortgefecht, von dem Sokrates im Theaitetos spricht. Und daß Platon bei solchen Warnungen nicht auch an seine eigenen beiden frühen Dialoge gedacht hätte, ist ja wohl ziemlich unwahrscheinlich. 3) Sokrates weiß in der Apologie, daß er bei nicht wenigen Mitbürgern wegen seiner ewigen Fragerei nicht gerade beliebt ist. Sie sind es einfach leid, sich immer wieder nachweisen zu lassen, in den für menschliches Leben wichtigen Fragen, entgegen 66 Dazu e.g. die Bemerkung seines Bruders Adeimantos oben Anm. 51. – Eine eigene Gruppe bilden solche, gelegentlich problematischen Fälle wie die Unsterblichkeitsbeweise im Phaidon und dort besonders der letzte von Sokrates selbst sehr aufwendig entwickelte Beweis, der nach dem Willen des Autors schlüssig zu sein scheint, doch, wie er selbst weiß und dem aufmerksamen Leser zu verstehen gibt, nicht schlüssig ist. Dazu meine Abhandlungen (2000 Nr.9) 34-45 (= Kl. Schr. II 206-217) und (2001) 89-95.
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ihrer eigenen Überzeugung, nicht Bescheid zu wissen. Er führe aber, wie er versichert, die fraglichen Diskussionen nicht etwa aus Lust an stets neuen Triumphen, sondern im Auftrag des Gottes von Delphi. Und wenn die Betroffenen das auch anders sehen mögen, er könne den Auftrag nicht zurückgeben, auch wenn er deshalb vielmals sterben müsse. Doch komme nun, wie Sokrates dem Gericht berichtet, noch etwas hinzu, was seinem Ruf besonders schädlich sei. Junge Männer, aus vermögenden Häusern, die reichlich Zeit haben, hören gerne zu, wenn er diskutiere, um seine Partner zu prüfen und ihnen gegebenenfalls Unkenntnis nachzuweisen. „Das ist nämlich nicht ohne Reiz“ (33c4 eästi ga?r ouök aöhdeßw). Und intelligent genug, sich seine Fragetechnik anzueignen, ahmen sie den Meister nach und finden Leute genug, die überzeugt sind, Wissen zu besitzen, doch wenig oder nichts wissen. Und die von ihnen Geprüften sind dann wütend über Sokrates, der die jungen Leute verführt und zu solchen Boshaftigkeiten verleitet67. Nun läßt Platon Sokrates hier so sprechen, als denke er an mündliche Imitationen. Doch fehlen jegliche Berichte oder Zeugnisse darüber, daß es mündliche Imitationen dieser Art tatsächlich gegeben hat. Gibt es aber vielleicht schriftliche? Wir brauchen also bloß zu fragen nach Texten, auf die jene Selbstdeutung, er, Sokrates, kümmere sich um die Mitbürger wie ein Vater oder älterer Bruder (31b4), nicht zutrifft. Und bei Platon kommen dann nur die beiden oben erörterten Dialoge Ion und Kl. Hippias infrage. Ich bin daher überzeugt, daß wir hier in dem Bericht der Apologie über jugendliche Nachahmer einen gleichsam indirekten Verweis des Autors auf die beiden frühesten seiner eigenen Schriften haben68, die vor 399 als harmlose Späße hatten gelten können, doch nach der Verurteilung von Sokrates als einem Verführer der Jugend in ein fatales Licht geraten mußten.
67 Apol. 23cd und 33bc. Dazu mein Buch (2004) 17. 68 Einen analogen Fall bietet die Prophezeiung Apol. 39cd, die Athener würden durch seine Verurteilung nichts gewinnen, denn nach seinem Tode würden junge Männer die Rolle des Kritikers und Mahners übernehmen und, da jünger, schärfer und unduldsamer sein. Auch dort scheint an mündliche Kritik gedacht zu sein. Und so konnte immerhin ein Mann wie Kurt von Fritz (1971) 250-251 meinen, wir hätten hier eine nicht eingetretene Prophezeiung des historischen Sokrates. Doch Simon R. Slings (1999) 147 urteilt sicher richtig: “Now this prediction makes sense only if it refers to something that had already taken place or was taking place at the time when Plato wrote the Apology. Since there is no evidence whatsoever of any of Socrates’ pupils ever addressing people in the streets and on the marketplace, the reference must be to Socratic writings”. Als die Apologie geschrieben wurde, lag also der Gorgias mit seiner beispiellosen Verurteilung der renommierten Politiker Athens schon vor.
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ISSN 0002-2977