Die Bereitung zum Sterben: Studien zu den frühen reformatorischen Sterbebüchern 9783666550386, 9783525550380, 9783647550381

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Die Bereitung zum Sterben: Studien zu den frühen reformatorischen Sterbebüchern
 9783666550386, 9783525550380, 9783647550381

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Refo500 Academic Studies

Edited by Herman J. Selderhuis In co-operation with Marianne Carbonnier, Günter Frank, Bruce Gordon, Ute Lotz-Heumann, Mathijs Lamberigts, Barbara MahlmannBauer, Tarald Rasmussen, Johannes Schilling, Günther Wassilowsky, Siegrid Westphal Volume 5

Vandenhoeck & Ruprecht

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Luise Schottroff

Die Bereitung zum Sterben Studien zu den frühen reformatorischen Sterbebüchern

Vandenhoeck & Ruprecht

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISBN 978-3-525-55038-0 ISBN 978-3-647-55038-1 (E-Book)  2012, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Printed in Germany. Druck und Bindung: e Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf alterungsbeständigem Papier.

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Inhalt Vorwort von Herman J. Selderhuis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorbemerkung der Autorin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Abkürzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Einleitung: Die Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Trost als Wirkung der reformatorischen Lehre . . . . . . 2. Die Sterbebücher als Ausdruck dieses reformatorischen Selbstverständnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sterbetrost . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Orientierung an Luther . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Der Problemkreis von Anfechtung und Trost . . . . . . . 6. Die Methode einer Traditionsgeschichte der Themen . . 7. Abgrenzung des Quellenmaterials und Aufbau der Arbeit

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1. Kapitel: Der Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher . Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Die Geschichte der Gattung bis zum 15. Jahrhundert . . . . . . . 1.1.1 Betrachtungen über den Tod, die auf ein frommes Leben hinführen wollen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.2 Abschnitte über die visitatio infirmorum im mittelalterlichen Ritual . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1.3 Literatur über das Todesproblem . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die Verkettung der Sterbebuchtexte im 15. Jahrhundert . . . . . 1.3 Pastorale Anweisungen im Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Die Anfechtungsreihe im Sterbebuch des 15. Jahrhunderts . . . 1.5 Die Breite des Themenbestandes und seine einzelnen Themen . 1.6 Nachdrucke spätmittelalterlicher Sterbebücher nach 1520 und die neuen katholischen Sterbebücher . . . . . . . . . . . . . . .

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2. Kapitel: Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“ im Zusammenhang der Sterbebuchtradition . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Das Problem der literarischen Abhängigkeit und der Traditionsgeschichte für Luthers Sterbesermon . . . . . . . . . 2.2 Die Vorlage des Sterbesermons: der „Libellus auro praestantior …“ ca. 1518 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

2.3 Der Einfluß des Libellus auf Schriften Luthers . . . . . . . 2.4 Die Aufnahme spätmittelalterlicher Sterbebuchthemen im Sterbesermon Luthers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Die Anfechtungsreihe im Sterbesermon . . . . . . . . . . . . 2.6 Die Bewertung der Anfechtung und der Trost im Sakrament 2.7 Die Bedeutung des Sterbesermons für die Sterbebuchgattung 2.8 Weitere Sterbetrostschriften Luthers . . . . . . . . . . . . .

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3. Kapitel: Die Schule von Luthers Sterbesermon: Sterbeschriften als Traktate über das Sündenverständnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 Die Traditionen der Anfechtungsreihe . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Reformatorischer Trost als Sterbetrost . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Überwindung der Sterbeanfechtung als Kampf des christlichen Ritters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Das Fortfallen des Anfechtungsinhaltes und der Trost aus dem Auferstehungsglauben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5 Die Sterbestunde als Krisis des Gerechtfertigten . . . . . . . . . 3.6 Die literarischen Abhängigkeiten (Zusammenfassung) . . . . . . 4. Kapitel: Sterbebücher als Handbücher für die Seelsorge an Kranken und Sterbenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Die Entwicklung des Themenbestandes . . . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Die Angleichung an die Literatur der Kirchenordnungen . 4.1.2 Ein Schema der Entwicklung des Themenbestandes . . . . 4.1.3 Die Wechselbeziehung zwischen Sterbebüchern, Kirchenordnungen und Gebetbüchern . . . . . . . . . . . 4.1.4 Der Verbleib der Anfechtungsprobleme . . . . . . . . . . 4.2 Der Einfluß der Kirchenordnungen auf die Struktur der Sterbebücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Die Sterbeschriften als Gebetbuch oder Spruchbuch . . . . . . . 4.4 Kompilatorische Sterbeschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.5 Der Katechismus am Krankenbett . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.6 Trost als Unterricht (Zusammenfassung und eine katholische Parallele) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Kapitel: Sterbebücher als Anleitung zu christlichem Leben und seligem Sterben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.1 Die „meditatio mortis“ in der Sterbeschrift des Erasmus von Rotterdam („de praeparatione ad mortem“ 1533) . . . . . . . 5.2 Der Einfluß humanistischer Gedanken und die Bedeutung der Sterbeschrift Bullingers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5.3 Sterbebereitung als stete Buße und die Todessehnsucht . . . . 5.4 Die Sterbestunde als „Doctorath“ . . . . . . . . . . . . . . . . 5.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Inhalt

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Text des „Libellus auro praestantior …“ . . . . . II. Bibliografie der Sterbeschriften des 16. Jahrhunderts III. Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

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Vorwort von Herman J. Selderhuis Die Thematik des Sterbens ist fortwährend relevant und faszinierend. Bei allen Veränderungen durch die Jahrhunderte hindurch, bei allen wissenschaftlichen Entdeckungen, medizinischen Fortschritten und neuen technischen Möglichkeiten ist das Sterben des Menschen ein Ereignis geblieben, dem keiner entkommen kann. Faszinierend ist zu sehen und zu lesen, wie Menschen in früheren Zeiten mit dem Sterben umgegangen sind, wie sie sich auf das Sterben vorbereitet haben und wie sie ihr Sterben erlebt haben. In der historischen und theologiegeschichtlichen Forschung hat man sich besonders der Ars Moriendi-Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit zugewendet. Gottesglauben und Sterbensangst, Heilsgewissheit und Sündenbewusstsein, die Hilfe Christi und die Anfechtungen des Teufels verbanden sich auf einzigartige Weise in einer Literatur, die helfen sollte, gut zu sterben. Zu dieser Gattung gab es eine Dissertation, die bisher ungedruckt blieb und trotzdem ein wichtiger Beitrag zur Ars Moriendi-Forschung war und ist. Es freut mich sehr, dass ich Prof. Dr. Luise Schottroff einladen und bewegen konnte, ihre Dissertation für den Druck vorzubereiten. Seit sie ihre Dissertation schrieb, ist zum Thema viel neue Sekundärliteratur erschienen und eine Verarbeitung all dieser Werke würde ein neues Buch erfordern. Aber gerade weil dieses Werk sich vorwiegend auf Originalquellen bezieht und versucht, auf dieser Basis eine Art von Gattungstypologie zu zeichnen, ist das Werk auch in seiner Originalfassung von großer Bedeutung und gerade für die heutige Forschung eine Bereicherung. Gerade weil der Focus auf der frühen Reformation liegt, wird hier Material geboten, das bisher kaum in solch gründlicher Weise analysiert wurde. Das Buch erscheint in der Reihe Refo500 Academic Studies und steht damit im Rahmen der Reformationsfeier 2017. Die Reformation hat in ihrem grundlegend neuen theologischen Ansatz auch das Sterben geändert. So jedenfalls besagen es die Schriften zum Thema. Leben und Sterben sind auch fundamentale Themen für Menschen von heute und gerade deshalb können wissenschaftliche Werke die Aktualität der Reformationen des 16. Jahrhunderts verdeutlichen. Das Buch von Kollegin Schottroff ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel und es freut mich sehr, es mit einem Vorwort einleiten zu dürfen.

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Vorbemerkung der Autorin Mit diesem Buch wurde ich 1960 an der Theologischen Fakultät der GeorgAugust-Universität Göttingen zur Dr. theol. promoviert. Berichterstatter waren Prof. D. Otto Weber und Prof. D. Ernst Wolf. Ihnen beiden bin ich heute noch, viele Jahre nach ihrem Tod, in Dankbarkeit verbunden. Sie haben mich ermutigt und durch Anregungen bereichert. Das Manuskript wurde unter meinem Herkunftsnamen Luise Klein maschinenschriftlich in wenigen Exemplaren veröffentlicht. Ich danke Herrn Prof. Dr. Herman J. Selderhuis, dass er nun nach mehr als einem halben Jahrhundert vorgeschlagen hat, die Dissertation als Buch zu drucken. Dies ist eine große Überraschung und Freude für mich. Ich bin ihm herzlich dankbar. Ich widme dieses Buch Dietrich Braun und Willy Schottroff. Dietrich Braun hat meine Arbeit an der Dissertation in Liebe begleitet. Wir teilten unsere Freude an wissenschaftlicher Arbeit. Er starb 1960 mit 26 Jahren. Danach habe ich mit Willy Schottroff 36 Jahre lang bis zu seinem Tod 1997 im Dialog gelebt: persönlich und wissenschaftlich. So verbindet für mich dieses Buch die Gefährten meiner Arbeit, die heute Lebenden und diejenigen, die schon gestorben sind, für mich aber weiter lebendig bleiben.

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Abkürzungen Cl. MPL WA

Luthers Werke in Auswahl, hrsg. Von O. Clemen, Berlin 1933 ff. Migne, Patrologiae Cursus completus, Series latina, Paris 1844 ff. D. Martin Luthers Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1883 ff.

Sekundärliteratur wird nur mit dem Namen des Verfassers und einem Titelstichwort zitiert. Der vollständige Titel ist jeweils im alphabetischen Literaturverzeichnis aufgeführt. Die Quellen (d. h. Sterbebücher des 16. Jahrhunderts) werden mit dem Namen des Verfassers zitiert. In den Fällen, in denen mehrere Sterbeschriften eines Verfassers bekannt sind, wird noch ein Titelstichwort hinzugefügt. Die anonymen Schriften werden mit dem Beginn ihres Titels zitiert. Die vollen Titel der Quellen sind in der Bibliografie aufgeführt.

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Einleitung: Die Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur 1. Trost als Wirkung der reformatorischen Lehre „Es gibt die Erfahrung, wie die Mönche selbs1 bekennen müssen, dass sich die Gewissen nicht lassen stillen noch zufrieden bringen, denn durch den Glauben an Christum. Und die Gewissen können kein rechten, beständigen Trost haben in den großen Ängsten an der Todesstunde und in Anfechtung wider das große Schrecken des Todes, der Stunde, wenn sie nicht an die Zusage der Gnade in Christo sich halten.“2 Diese Darstellung Melanchthons wie überhaupt das Verständnis der Sündenvergebung und Heilszusage als Trost in der Apologie drückt das Selbstverständnis eines großen Kreises der reformatorischen Literatur aus: Das Wesen der reformatorischen Literatur ist Trost, denn der Trost des verzweifelten Gewissens ist nur im Rahmen der reformatorischen Rechtfertigungslehre möglich. Das Trösten allein durchbricht den Verdienstglauben, der gerade angesichts des Todes nur zur Verzweiflung führen kann.

2. Die Sterbebücher als Ausdruck dieses reformatorischen Selbstverständnisses Die Sterbebücher der Reformationszeit3 müssen in diesem Bereich gesehen werden. In den ersten Jahrzehnten der Reformation schreibt fast jeder reformatorische Theologe ein Sterbebuch. Eine spätmittelalterliche Literaturgat1 „Die Mönche selbst – also das Idealbild der gegnerischen Position, die Summe der Werkgerechtigkeit.“ E. Wolf, Peregrinatio, S. 99. 2 Apologie XX,8. 3 Sekundärliteratur zu den evangelischen Sterbebüchern des 16. Jahrhunderts fehlt fast völlig. Die umfangreichste Äußerung findet sich in Althaus, Gebetsliteratur, bes. S. 37 – 39. Hier werden Gebetsanhänge mehrerer Sterbeschriften auf ihre Herkunft und Aufnahme in späterer Literatur untersucht. In der älteren Literatur hat H. Beck einige Sterbebücher beschrieben (Beck, Erbauungslit. passim). Im Anschluß an Beck begegnen einzelne Sterbebücher als Beginn der evangelischen „speciellen Seelsorge“ bei A. Hardeland, Geschichte Bd. II. Auf der Basis dieser ersten Quellensammlungen wurde eine Bibliografie zusammengestellt. Als wertvollste Hilfsmittel speziell zur Bibliografie der Sterbebücher und anderer Erbauungsliteratur des 16. Jahrhunderts

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Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur

tung wird seit ca. 1520 von reformatorischer Literatur abgelöst. Erst wieder gegen Ende des 16. Jahrhunderts behauptet sich daneben eine katholische Sterbeliteratur. Die Sterbebücher sind neben den Gebetbüchern die meistgebrauchte „Erbauungsliteratur“ im 16. Jahrhundert. Der Begriff „Erbauungsliteratur“ trifft allerdings die Intention einer solchen Literaturgattung in dieser Zeit nicht.4 Ihr Wesen ist es vielmehr, „Trostliteratur“ zu sein.5 Damit ist die Stellung der Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur umschrieben. Die reformatorische Rechtfertigungslehre findet ihre Anwendung als Trost.

3. Sterbetrost Warum aber kleidet sich das Anliegen des Trostes als Wirkung der Rechtfertigungslehre nun vor allem in die Form des Sterbetrostes? Denn darin liegt die Bedeutung der Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur. Diese Konzentration auf den Sterbetrost hat ihren Antrieb in der Verbindung von Todesstunde und Anfechtungserlebnis, die durch Luther im Zusammenhang von Sünde und Tod radikalisiert wird. Der Hintergrund dieser Verbindung, nach dem in dieser Arbeit nicht weiter gefragt werden soll, ist das Selbstverständnis des frühneuzeitlichen Menschen aus seiner Todesbedrohtheit.6 Die theologischen Sterbebücher sind auch im 16. Jahrhundert nur ein Bestandteil einer breiten Todesliteratur (z. B. Totentanzliteratur und Jederhaben sich die Kataloge Hohenemser (Sammlung Gustav Freytag) und Stevenson (Bibliotheca Palatino-Vaticana) erwiesen. Eine bisher kaum bekannte Fundgrube für theologische Literatur besonders der Jahre 1560 – 1620 ist das Sammelwerk von Draudius, das auf Frankfurter Messkataloge zurückgeht. 4 Die Anwendung des Begriffes „Erbauungsliteratur“ auf Literatur vor ca. 1600 ist nur sehr bedingt möglich, da zur Definition von „Erbauungsliteratur“ immer Begriffe wie Volkstümlichkeit oder Frömmigkeit in Abgrenzung gegen wissenschaftliche Theologie zu Hilfe genommen werden müssen. (Wie die Definitionen von Wendland in RGG 2. Aufl. s.v. Erbauungslit. und Rçbbelen in EKL. s.v. Erbauungslit. zeigen.) Eine pietistische Begrifflichkeit kann nur mit Vorbehalten auf reformatorische Literatur angewandt werden, zum mindesten darf dabei nicht eine Trennung von „eigentlich wissenschaftlicher“ und „volkstümlich erbaulicher“ Literatur entstehen. (So trennt W. Maurer exegetische Schriften und Trostschriften Luthers voneinander, Vgl. Maurer, von der Freiheit S. 811), Vgl. dazu auch S. 32 Anm. 4. Der Begriff der Erbauung in seiner spezifisch pietistischen Ausprägung als Erbauung des Einzelnen, der Seele, (also nicht allein als Übersetzung des neutestamentlichen Begriffes oikodome) hat bereits einige Anklänge im 16. Jh. „Erbauung des Gewissens“ bei Schwenckfeld ist wohl so zu verstehen. Ähnlich auch die „erbauliche“ Tendenz der Berichte, die die Jesuiten regelmäßig an den Provinzial zu schicken hatten (Vgl. Duhr, Geschichte der Jesuiten I 675). Daneben aber ist im 16. Jh. der Begriff auch im Zusammenhang mit dem neutestamentlichen oikodome noch ohne das subjektive Element anzutreffen, etwa: der Gottesdienst dient zur Erbauung der Gemeinde (Vgl. Graff, Auflösung Bd. II, S. 3 Anm. 8). 5 „tröstlich“ ist das häufigste Beiwort zur Charakterisierung einer Sterbeschrift in ihrem Titel: 6 Vgl. Dçring-Hirsch, Tod und Jenseits … und W. Rehm, der Todesgedanke. Beide Bücher stellen dieses menschliche Selbstverständnis aus dem Tode dar.

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Der Problemkreis von Anfechtung und Trost

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manndramen). Im Verlaufe dieser Arbeit wird sich zeigen, wie sehr die Sterbebücher zum Ausdruck eines spezifisch reformatorischen Anliegens werden: Trost als Sterbetrost.

4. Orientierung an Luther Stellen also die Sterbebücher eine Anwendung reformatorischer Lehre dar, so ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass die Beziehung auf Luther sonst in keiner Literaturgattung so ausgesprochen und lange bewahrt wird. Luthers Sterbesermon ist für lange Zeit prägendes Gattungsvorbild, obwohl der Sterbesermon bei weitem nicht die Verbreitung durch häufige Nachdrucke erreicht wie einige von ihm abhängige Sterbeschriften. Daraus ergibt sich für die Methode dieser Arbeit die Notwendigkeit der ständigen Rückbeziehung auf die Fragestellung Luthers.

5. Der Problemkreis von Anfechtung und Trost Die traditionsgeschichtlich notwendige Gegenüberstellung der Sterbebücher zu ihrem Gattungsvorbild, dem Sterbesermon Luthers, führt zur immer wieder neuen Behandlung der Frage Anfechtung und Trost. Es ist öfter gezeigt worden, wie der Trost ein Problem der reformatorischen Theologie – besonders bei Melanchthon im Gegensatz zu Luther – darstellt.7 Das Problem ist, ob nicht Trost als Eingehen auf ein menschliches Heilsbedürfnis bereits ein Verzicht auf die Radikalität der lutherischen Rechtfertigungslehre sei. Es wird sich zeigen, dass im Rahmen der Sterbebücher die Wiedergabe der Rechtfertigungslehre als Trost in ihrer Bedeutung immer am besten auf dem Wege über das jeweils vorliegende Anfechtungsverständnis zu erfassen ist. Denn mit der Anfechtungsdarstellung fällt zugleich auch die Entscheidung über das Sündenverständnis. Darum ist das Sterbebuch als Ausdruck des Rechtfertigungsverständnisses anzusehen. Die Anfechtungsdarstellung, obwohl im Rahmen einer geformten Tradition, erfährt immer wieder entscheidende Modifikationen. Die für die ganze Gattung entscheidende Ausgangsposition ist die Darstellung Luthers: Die Sterbestunde als Bild der Anfechtungserfahrung verdeutlicht, wie wenig diese Erfahrung eine Menschenmöglichkeit ist, da die Sterbestunde Endpunkt ist, ein Widerfahrnis, das nicht mehr zum Ausgangspunkt des Heilsbegehrens werden kann.8 Dieses Anfechtungsverständnis verdeutlicht dann auch, was 7 H.E. Weber I,1 S. 65ff u. 104. R. Bring, bes. S. 58 ff. 8 Die Beziehung des Glaubens auf die Situation von Geburt und Tod im Neuen Testament zeigt, daß die „Realität des Glaubens und der ihm gewährten Erfahrung“ nicht in den Rahmen einer

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Sterbebücher im Rahmen der reformatorischen Literatur

mit dem Trost gemeint ist. Anfechtung und Trost gehören als opera Gottes zusammen, da es der gleiche Gott ist, der tötet und lebendig macht, nicht aber als menschliche Frage und Antwort Gottes. Es wird sich zeigen, wie sich schon in der direkten Schule des Sterbesermons Luthers das Anfechtungsverständnis modifiziert. Die Entwicklung ist durch die Psychologisierung der Anfechtung in differenzierten Anfechtungsreihen gekennzeichnet. Die Anfechtung ist Ausdruck der menschlichen Situation, aber ihre Not ist angesichts des Glaubens nur eine scheinbare Not, da die in ihr ausgedrückte menschliche Wirklichkeit durch die Rechtfertigung aufgehoben ist. In der Fortführung der Probleme in einer zweiten Gruppe reformatorischer Sterbeschriften (den seelsorgerlichen Handbüchern) wird sich zeigen, wie sich das Anfechtungsverständnis weiterhin verschiebt. An die Stelle der Anfechtung tritt die durch die Anrede des Seelsorgers veranlaßte Sündenerkenntnis als Voraussetzung für die Verkündigung des Trostes. Das Gegenüber von Anfechtung und Trost ist zugleich das Gegenüber von Krankem und Seelsorger. Die Darstellung von Anfechtung und Trost bewegt sich, also zwischen zwei Schwerpunkten. Auf der einen Seite wird die Anfechtung als Tat Gottes verstanden, auf der anderen Seite tritt an ihre Stelle das dem Menschen verfügbare Sündenbewußtsein.

6. Die Methode einer Traditionsgeschichte der Themen Da die Sterbebücher, als eine stark durch das Thema bedingte Literaturform, immer im Zusammenhang speziell der Sterbebuchtradition zu erklären sind, wird in dieser Arbeit zuerst nach der Traditionsgebundenheit der einzelnen Schriften gefragt. Diese Tradition ist einmal anhand der Übernahme von fremden Texten zu verfolgen, weitaus fruchtbarer jedoch für die Sterbebuchtradition ist die Verfolgung der Thementradition. Die Schwerpunkte der Sterbebuchthemen und der traditionsgeschichtliche Hintergrund der reformatorischen Sterbebücher werden im ersten Kapitel aus dem Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher gewonnen. Dabei wird sich zeigen, dass die entscheidenden Schwerpunkte die Anfechtungsreihe und die pastorale Anweisung sind. Diese beiden Grundthemen bringen die Gattung in die Bewegung zwischen der Darstellung eines grundsätzlichen Problems: Tod und Sünde (so die Anfechtungsreihe) und der Anweisung für den Ablauf der Situation der Sterbestunde.

Reflektion gehören (Weber, Dogm. S. 604), daß also das Verständnis der Anfechtung als Sterbeanfechtung gerade die Unmöglichkeit einer menschlichen Frage nach dem Heil deutlich macht.

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Aufbau der Arbeit

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7. Abgrenzung des Quellenmaterials und Aufbau der Arbeit Aus der Breite des Quellenmaterials, in die die Bibliografie einen Einblick gibt (ohne auf Vollständigkeit Anspruch erheben zu können), werden einige Schriften als typische Punkte der Gattungsentwicklung dargestellt. Das 1. Kapitel gibt eine Darstellung des Themenbestandes der spätmittelalterlichen Sterbebücher. Auf dem Hintergrund dieser Tradition wird im 2. Kapitel der Sterbesermon Luthers, seine direkte Vorlage und seine Radikalisierung der spätmittelalterlichen Themen aufgezeigt. Das 3. Kapitel bewegt sich um die Problematik des reformatorischen Anfechtungsverständnisses, um das sich die Sterbeschriften der direkten Schule des Sterbesermons immer wieder bemühen. Das 4. Kapitel (Sterbeschriften nach ca. 1530 bis ca. 1540) zeigt das Eindringen der Tradition der pastoralen Anweisung durch Impulse aus ev. Kirchenordnungen und ähnlicher Literatur. Das Anfechtungsmotiv wird durch die Auffassung der Sterbestunde als Beichtsituation zum Thema der Sündenerkenntnis abgewandelt. Das Material der Sterbebücher nach ca. 1540 bis 1600 wird im abschließenden 5. Kapitel eine neue Fragestellung der Sterbebücher zeigen: Sterbebereitung als Ausdruck der vita christiana. Der Ansatz ist die Besinnung auf Tod und christliche Zukunft als Element einer christlichen Ethik. Die Anfechtung kann in diesem Zusammenhang fast nur noch als Beschreibung eines psychischen Zustandes in der Sterbestunde Platz finden. Die neue Besinnung am Ende des 16. Jahrhunderts auf das eigentliche Anliegen des Sterbebuches: Trost zu geben, die durch die Anleitung zum christlichen Leben verlorengegangen war, macht aber nun das Sterbebuch wirklich zu einem Erbauungsbuch, da die grundsätzliche Bedeutung der Sterbeanfechtung nicht mehr gesehen wird und so der Trost nicht mehr in das Zentrum der Theologie gehörte. Es liegt hier der Ansatzpunkt einer beginnenden pietistischen Erbauungsliteratur, die sich gegen theologische Literatur abgrenzt.

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1. Kapitel: Der Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher Vorbemerkung Die große Ausdehnung der Sterbebuchgattung im 15. Jahrhundert ist oft beachtet worden.1 Neben der Biblia pauperum sind die Sterbebücher die meistgedruckte Literatur in der ersten Zeit des Buchdruckes. Als Ausdruck des Zeitgefühles der Todesbedrohtheit gehören sie zur Eigenart des späten Mittelalters.2 In diesem Kapitel wird nun die Tradition der reformatorischen Sterbebücher auf diese ihre Vorgeschichte im Spätmittelalter hin angesehen. Es geht nicht darum, Quellen für Luthers Sterbesermon zu suchen, auch nicht darum, die vorreformatorischen Sterbebücher den reformatorischen theologisch gegenüberzustellen. Vielmehr soll das Gattungsbild festgestellt werden, das den Hintergrund für die reformatorischen Sterbebücher bildet. Objekt dieser Betrachtungsweise sind hauptsächlich die im vorreformatorischen Sterbebuch behandelten Themen und Themengruppen. Diese Vorgeschichte ist umso wichtiger, als sich zeigen wird, dass der breite Strom der spätmittelalterlichen Sterbebücher ohne weiteres, (ohne Polemik und Abgrenzung gegen die mittelalterlichen Vorformen), in den wohl ebenso breiten Strom reformatorischer Sterbebücher übergeht. Bei dieser Behauptung wird dann weiterhin die Frage nach dem Fortbestehen der spätmittelalterlichen Sterbebücher und ihrer Texte nach 1520 und dem Neuentstehen katholischer Sterbebücher gestellt werden müssen.

1 Die Sterbebücher des 15. Jh. sind oft bearbeitet worden. Eine erste Bibliografie stellte F. Falk 1890 zusammen (Falk, Sterbebüchlein). N. Paulus bearbeitete dieses Material dann in zwei Aufsätzen theologisch aus apologetischem Interesse (in Zeitschrift f. kath. Theol. 28, 1904, S. 1ff und S. 449ff). Die Bußauffassung und das Rechtfertigungsverständnis der Sterbebüchlein sind Beweis für die ungerechten Vorwürfe gegen die katholische Lehre und Frömmigkeit vor der Reformation. Wie sehr tatsächlich die Sterbebücher zu dieser Apologetik geeignet sind, zeigt die Darstellung der Ars moriendi von R. Rudolf (1957). Die Sterbebücher gehören eng zu einzelnen Reformbestrebungen. Ihre Verfasser sind bedeutende Theologen aus dem Welt- und Ordensstand. Außer der umfassenden Arbeit von R. Rudolf liegen noch zwei neuere ausländische Untersuchungen vor: O’Connor, the art of dying well, 1942 und Tenenti, la vie et la mort, 1952. 2 Vgl. Huizinga, Herbst des Mittelalters, S. 193 – 212, bes. S. 207 und Andreas, Deutschland vor der Reformation, S. 193.

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Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher

1.1 Die Geschichte der Gattung bis zum 15. Jahrhundert Der Blick nach rückwärts hat das Ziel, die Herkunft der ausgebildeten Form, in der das Sterbebuch im 15. Jahrhundert begegnet, und die sich weiterhin im 16. Jahrhundert fortsetzt, aufzuzeigen. Das Material für diese Vorformen ist von R. Rudolf3 erschöpfend zusammengestellt worden. Unter Bezugnahme auf sein Material sollen hier nur kurz die Quellentypen beobachtet werden. Verschiedene Gattungsformen der Schriften über den Tod sind Vorgänger der Sterbebücher des 15. Jahrhunderts:

1.1.1 Betrachtungen über den Tod, die auf ein frommes Leben hinführen wollen Solche Schriften der Kirchenväter (besonders Cyprian, de mortalitate, MPL 4, 603 – 627) sind auch noch im 16. Jahrhundert durchaus als Gattungsparallelen empfunden worden. Sie werden mit den eigenen Schriften zusammen gedruckt oder neu als Sterbeschriften veröffentlicht.4 Die mittelalterliche Todesbetrachtung des Rupert von Deutz5 war wohl späterhin nicht mehr recht bekannt. Als einer der Väter des Sterbetrostes wird in den späteren Sterbebüchlein oft Bernhard von Clairvaux genannt.6 Einzelne Themen der Sterbebücher des 15. und 16. Jahrhunderts lassen sich in dieser Literatur weit zurückverfolgen. Die Anfechtungen des Sterbenden als Anfechtungsreihe aus drei Versuchungen weist Rudolf zuerst bei Hildegard v. Bingen (1098 – 1179) nach.7 Eine eigene Sonderform von Sterbeschriften erzeugte die Sterbeanweisung Seuses.8 Sie wurde im 15. Jahrhundert sehr oft abgeschrieben und gedruckt und veranlaßte eine Gruppe von Schriften, die die Abschreckung durch den Tod des Sünders, der die Schrecken der Hölle vor sich sieht, zum Thema haben.

3 Vgl. R. Rudolf, Ars moriendi, S. 11 – 49. 4 Einige Beispiele: Der Sammeldruck von Sterbeschriften unter dem Namen G. Aemylius, der 1542, 1547 und 1590 gedruckt wurde, enthält unter anderem: Cyprian, sermo de mortalitate, und Chrysostomus, de patientia et consummatione huius seculi. Cyprians Schrift begegnet auch als Anhang in: Nic. Selneccer, christlicher Bericht, Leipzig 1565. 5 De meditatione mortis lib. II = MPL 170, 357 – 390. Vgl. U. Jaeschke, Heilsgeschichte als Christuspredigt in der Theologie des Rupert v. Deutz, Diss. theol. Göttingen 1956, S. 150 f und R. Rudolf, Ars moriendi S.12. 6 Vgl. R. Rudolf, Ars moriendi, S. 12. Bernhard wurden auch einige apokryphe Sterbetröstungen zugeschrieben, Vgl. Rudolf a. a. O. S. 24. 7 Vgl. R. Rudolf, Ars moriendi, S. 13. 8 Die Sterbeschrift Seuses ist das 21. Kapitel im 2. Teil des „Büchlein der ewigen Weisheit“: „wie man sol lernen sterben …“ = Seuse ed. Bihlmeyer S. 278 – 287.

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Die Geschichte der Gattung

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1.1.2 Abschnitte über die visitatio infirmorum im mittelalterlichen Ritual Ein weiterer wesentlicher Themenbereich, den die Sterbebücher des 15. Jahrhunderts aufnehmen, stammt aus den verschiedenen Formen des mittelalterlichen Rituale.9 In dieser Literatur entsteht eines der wichtigsten Elemente der späteren Sterbebücher : die sog. Fragen Anselms.10 Zur Aufgabe des Priesters am Krankenbett gehört in vielen frühen Ritualetexten die Frage nach dem Glauben. Aus dieser Frage muß man sich die Fragenreihe der „Fragen Anselms“ entstanden denken.11 Diese Fragenreihe und die Ritualia überhaupt können in ihrer Bedeutung für die Sterbebücher des 15. Jahrhunderts nicht überschätzt werden. Die Sterbeschrift Gersons etwa ist nur auf dem Hintergrund des Rituals zu verstehen. Sie muß als ausgedehnte Beichtfrage und Unterweisung am Sterbebett angesehen werden. Ihr „Sitz im Leben“ ist die Beichtsituation, als die die Sterbeseelsorge verstanden wird. So wird praktisch ein Teil der Ritualien zu einer eignen Literaturgattung verselbständigt.

1.1.3 Literatur über das Todesproblem Hier wird alle jene Literatur zusammengefaßt, die eine mehr vordergründige Auseinandersetzung mit dem Todesproblem enthält: Es geht weniger um die Frage nach der Überwindung des Todes als Überwindung der Sünde, als um die Gegenüberstellung Mensch und Tod. Die memento-mori-Gedichte, die conflictus-Literatur (Streitgespräche mit dem Tod), vado-mori-Gedichte und Totentanztexte12 vermitteln nur einzelne wenige Motive in die Sterbetrostliteratur. Sie bleiben neben den Sterbebüchern als völlig eigne Gattung bestehen, zu der kaum eine Verbindung festzustellen ist. Der Anstoß zum Weltverzicht aus Todesbedrohtheit und Vergänglichkeit in der contemptus-mundi-Literatur gehört ebenfalls in diesen Rahmen. Denn auch diese Literatur macht das Erlebnis des Todes zum Hauptargument. Aus diesem Bereich übernehmen die Sterbebücher sofort dann einige Motive (etwa die Beschreibung des elenden menschlichen Lebens), wenn der schlafende Mensch erst aufgeweckt werden soll, das Sterbebuch also weniger Trost als Mahnung ist.

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Ein solcher Text ist abgedruckt in A. Franz, das Rituale von St. Florian, 1904. Admonitio morienti, Anselm zugeschrieben. Text in MPL 158, 685 ff. Vorformen der Fragen Anselms bei Rudolf, Ars moriendi S. 56 f. Vgl. zu dieser Literatur Rudolf a. a. O. S. 25 ff.

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Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher

1.2 Die Verkettung der Sterbebuchtexte im 15. Jahrhundert Die meisten Sterbebücher des 15. Jahrhunderts sind Kompilationen mit wenig eignem Text. Das Material für diese Kompilationen bieten hauptsächlich zwei Grundformen: Die Sterbeschrift Gersons und die Bilderars. Sie sind ihrerseits zwar literarisch von Vorlagen abhängig, aber trotzdem durch ihren einheitlichen und knappen Aufbau die Grundformen. Daneben gibt es noch weitere Themen, die aus ganz verschiedenen Quellen stammen, häufig wiederkehren und so zum festen Bestand der Sterbebücher gehören. Die meisten spätmittelalterlichen Sterbebücher sind anonyme Zusammenstellungen des vorgefundenen Materials, besonders aus den genannten beiden Grundformen. Auch die Sterbebücher mit Verfassernamen, wie etwa Geilers ABC, sind weithin Zusammenstellungen. Die wenigen selbständigen Schriften, wie etwa Staupitz, Nachfolgung, lassen sich zum mindesten in den Themen als Glieder der Tradition erweisen. Die Sterbebücher des 15. Jahrhunderts ergeben gerade in ihrer Verkettung einen festen Themenbestand. An diesem Themenbestand kann man die Geschichte der Sterbebücher als Geschichte einer Tradition verfolgen. Bei der Darstellung des Themenbestandes werden jene Themen nun besonders beachtet, die den Sterbeschriften ihre Ausprägung durch eine verschiedene Intention geben: die Anfechtungsreihe und die pastorale Anweisung. Man kann sich aber trotzdem die Vielfalt der Themen nicht groß genug denken.

1.3 Pastorale Anweisungen im Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher Durch die Sterbeschrift Gersons und ihren großen Einfluß wird die pastorale Tendenz zu einem wesentlichen Zug der spätmittelalterlichen Sterbebücher. Wie sehr Gerson13 die Krankenseelsorge als kirchliches Handeln versteht, zeigt sein starkes Interesse an der Beichtsituation des Krankenbesuches und die Betonung der Kirchenzucht. Er wandelt die Fragen Anselms zu einer neuen Fragenreihe ab, die nur noch aus Fragen nach der rechten Reue und Sündenerkenntnis besteht.14 Die „observationes“ haben die Aufgabe, zu einer straffen Kirchenzucht bei Kranken und Sterbenden anzuhalten.15 13 Gersons Sterbeschrift ist der dritte Teil des „opus tripartitum de praeceptis decalogi, de confessione et de arte moriendi“ 1408. Der dritte Teil ist auch als Einzelschrift sehr verbreitet. Die Schrift enthält exhortationes, interrogationes, orationes und observationes. Für diese Arbeit wurde die Ausgabe 1482 („Tabula de arte …“, vorhanden Mainz, Stadtbibliothek) benutzt. 14 In den Fragen Anselms geht es nicht so sehr um das „poenitet te“, vielmehr steht die Frage nach dem rechten Glauben und Hoffen auf das Verdienst Christi im Vordergrund. Zu dem Vergleich

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Pastorale Anweisungen

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Die Funktion der Krankenseelsorge bei Gerson ist nicht, Trost zu spenden – davon fällt kein einziges Wort. Einen klaren Ausdruck findet das darin, dass Gerson die Fragen Anselms umformt und die „assecuratio“, die tröstliche Anrede nach den Fragen, dabei fortläßt.16 In der letzten Stunde kommt alles darauf an, Reue über die Sünden des Lebens zu erwecken. Die Gersonschrift hat im 15. Jahrhundert fast jede Sterbeschrift beeinflußt. Wir begegnen außerdem Teilen aus Gerson vermischt mit liturgischen Texten und Gebeten in späteren Ritualien.17 Im Sterbeteil des verbreiteten Hortulus animae ist die Gersonschrift fast völlig aufgenommen.18 Einzelne von Gerson nur kurz erwähnte Verhaltensfragen werden später sogar zu eigenen, oft behandelten Themen: so z. B. dass der Sterbende sein Testament machen soll, wie er über den Abschied von der Familie denken soll. Doch trotz der starken Beeinflussung durch Gerson ist das von hier ausgehende pastorale Anliegen

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der Fragen Anselms mit den Fragen bei Gerson Vgl. Appel, Anfechtung und Trost, S. 74, Anm. 1. Vom Kranken ist eine eindeutige Buße gefordert. Wenn die Antworten auf die interrogationes noch nicht genügen, soll Beichte und Abendmahl ihn zur Buße bringen. Man male ihm die Gefahr für seine Seligkeit aus, wenn er nicht bereut (2. observatio). Der Priester ist deshalb wichtiger als der Arzt am Krankenbett (10. observatio). Der Gedanke des meritum Christi in den Fragen Anselms, besonders aber in der abschließenden assecuratio, ist oft, auch schon im 16. Jahrhundert beachtet worden. Als Beispiel für die Rechtfertigungslehre vor der Reformation führt sie M. Chemnitz an (Chemnitz, Examen conc. Trid. de iustificatione, sectio II, ed. Preuss 1861, S. 164). Ähnlich auch Joh. Gerhard (Loci, ed. Preuss, Bd. VIII, S. 387 f). Beiden war der Text wohl aus Gebetbüchern bekannt. Denn im Anschluß an kathol. Gebetbücher werden die Fragen Anselms auch in einigen ev. Gebetbüchern in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts abgedruckt. In den ev. Sterbebüchern des 16. Jahrhunderts begegnen sie erst spät, d. h. erst wieder auf dem Wege über zeitgenössische katholische Literatur, z. B. in Barschamp, Sterbenskunst 1561. Auch in der neueren Literatur wird auf die Rechtfertigungstheologie dieses Stückes hingewiesen (Vgl. Falk, Sterbebüchlein S. 37 und Rçbbelen, Theologie S. 305, Anm. 49). Über die Herkunft dieses Stückes, das bereits seit dem 13. Jahrhundert Anselm zugeschrieben wird, Vgl. Rudolf, Ars. moriendi S. 57 f. Es ist interessant, daß sich in der assecuratio zugleich eine frühe Vorform einer Anfechtungsreihe findet: (Text nach MPL. 158, 686 f) „Age ergo dum superest in te anima. in hac sola morte totam fiduciam tuam constitue. in nulla alia re fiduciam habeas. huic morti te totum committe. hac sola te totum contege. hac morte te totum involve. et si Dominus Deus voluerit te iudicare, dic: Domine, mortem Domini nostri Jesu Christi objicio inter me et iudicium tuum. aliter non contendo tecum. et si tibi dixerit quia peccator es, dic: Domine, mortem Domini N.J.C. obtendo inter te et peccata mea. si dixerit tibi quia meruisti damnationem, dic: Domine, mortem Domini N.J.C. pono inter te et mala merita mea. ipsiusque meritum offero pro merito quod habere debuissem, nec habeo. si dixerit quod tibi iratus est, dic: Domine mortem Domini nostri Jesu Christi pono inter te et me, et iram tuam …“ Hier ist die Anfechtung ein Dialog des zornigen Gottes mit dem Menschen. Z.B. J.U. Surgant, Manuale curatorum (1503), nach der Ausgabe Straßburg 1516, lib. II, consideratio XIII: de exhortationibus faciendis circa infirmos. hortulus animae mit Gersontext: Vgl. Falk, Sterbebüchlein, S. 69. Der Text ist abgedruckt in Huttler, Ars moriendi, S. 144 ff u. S. 63 ff. In etwas lockerer Form, aber auch von Gerson abhängig, begegnet noch eine weitere Sterbetröstung in Drucken des hortulus animae, Vgl. den Text in Hasack, Glaube, S. 367 – 372.

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Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher

der Reue im Tode nicht in allen Sterbeschriften des 15. Jahrhunderts dominierend. Die Bilderars vor allem repräsentiert eine andere Art von Sterbebüchern, die in ihrer Tendenz das Grundanliegen der pastoralen Anweisung – die Reue im Tode – nicht aufnehmen. Auch die Bilderars ist von Gerson abhängig, doch ist sie im wesentlichen nicht aus ihrer pastoralen Tendenz zu erklären. Durch die Anfechtungsdarstellung kommt etwas Neues hinzu: die Tröstung des Sterbenden als eines Angefochtenen. Hier ist die Reue im Tode eine Gefahr für den Sterbenden, die Gefahr der Verzweiflung. Der Gegensatz von Anfechtungstrost und Sündenmahnung, der mit dieser Abgrenzung der Bilderars Gerson gegenüber gemeint ist, stammt nicht aus der Gegensätzlichkeit von kirchlicher und privater Sterbetröstung – so darf die Abgrenzung gegen die „pastorale Anweisung“ hier nicht verstanden werden – sondern aus der Verschiedenheit des Sündenverständnisses, das in der Sterbeliteratur zu einem verschiedenen Aufbau und grundsätzlich anderer Auffassung der Aufgabe eines Sterbebuches führt. Dieser Gegensatz, der trotz aller Beziehungen zwischen Gerson und der Bilderars besteht, wird sich auch im reformatorischen Sterbebuch wieder als für die Gattung entscheidend erweisen.

1.4 Die Anfechtungsreihe im Sterbebuch des 15. Jahrhunderts Das Thema der Sterbeanfechtung entnimmt das Sterbebuch dem Rahmen der pastoralen Anweisung, dem Rahmen des Rituals. Schon lange Zeit vor der Bilderars begegnen Anfechtungsaufzählungen, weniger zwar in eigentlichen Sterbetröstungen (hier ist wohl nur die „assecuratio“ der Fragen Anselms zu nennen. Vgl. o. S. 23, Anm. 16), als in allgemeiner Trostliteratur. Es scheint geradezu eine Wesenseigenschaft des Themas „Anfechtung“ zu sein, dass man ihre Arten aufzählt. Solche Aufzählungen begegnen etwa bei Joh. v. Dambach mit weit über 1000 Anfechtungen und Trostgründen.19 In „de diversis diaboli tentationibus“ zählt Gerson 60 Teufelsanfechtungen auf.20 Neben diesen Bemühungen um vollständige Kataloge begegnet die Anfechtungsreihe auch oft in der Dreizahl.21 Hildegard von Bingen wendet die dreigliedrige Anfechtungsreihe wohl als Erste auf den Sterbetrost an.22 Die direkte Vorlage der Bilderars ist bereits ein Sterbetrost mit einer fünfgliedrigen Reihe. In den festen Themenbestand der Sterbebücher gelangt die Anfechtungsreihe aber erst durch die Bilderars. Gerson redet in seiner Sterbeschrift kein Wort von Sterbeanfechtungen. Nach der Bilderars aber wird die An19 Vgl. Appel, Anfechtung S. 23. 20 Vgl. Appel, Anfechtung S. 43. 21 Z.B. Tauler, Predigten ed. Vetter, S. 13, 17 ff und 86, 15 ff. Die Anfechtungen mit Welt, Fleisch und Teufel. 22 Vgl. Rudolf, Ars moriendi S. 13.

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Die Anfechtungsreihe im Sterbebuch

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fechtungsreihe zum festesten Glied des Themenbestandes überhaupt. Wie sich zeigen wird, liegt hier auch die entscheidende Brücke zum Themenbestand des reformatorischen Sterbebuches.

Die Ars moriendi 23 Ist die Ars moriendi (oder die sog. Bilderars) in ihren einzelnen Teilen auf literarische Vorlagen – zurückzuführen,24 so ist sie trotzdem eine Grundform für die Sterbebücher der folgenden Zeit. Ihre Bedeutung liegt in der Konzentration der Sterbebuchthemen auf die Anfechtungsreihe und in der Direktheit der Anrede. Die Themen der Gersonschrift werden in der Ars mor. in Einleitung und Schluß verhandelt. Aber im wesentlichen ist die Ars mor. nur Darstellung der Anfechtungen. Diese Konzentration auf die Anfechtungsreihe hat im Spätmittelalter keine Schrift mehr in dieser ausgeprägten Form. Schon das Speculum25, direkter Nachfolger der Bilderars und wohl verbreiteter als sie, hat die Anfechtungsreihe neben anderen Themen. 23 Die Ars Moriendi in der ursprünglichen Form besteht aus fünf Anfechtungen und fünf „bonae inspirationes“ des Schutzengels, einer Einleitung und einem Schluß. Zu diesem Text gehören 11 Holzschnitte, die den Inhalt noch einmal bildlich für die Ungebildeten darstellt. Die Ars moriendi ist zwischen 1408 und 1419 entstanden. Der unbekannte Verfasser dieser wichtigen Schrift ist wahrscheinlich ein französischer Geistlicher gewesen (Vgl. Rudolf, Ars mor. S.70). Eine Aufstellung der Handschriften der Bilderars bei Rudolf, Ars mor. S. 70, Anm. 6. Über die Wiegendrucke der Ars moriendi Vgl. W.L. Schreiber, Manuel, IV, (1902), S. 254. Die einzelnen Texttypen sind in Facsimileausgaben zugänglich: 1. editio princeps … ed. Rylands 1881; 2. editio princeps … ed. T.O. Weigel 1869; 3. editio princeps … ed. Lionel Cust 1898; 4. spätere Lat. Ausg. … ed. Benj. Pifteau ca. 1890; 5. spätere Lat. Ausg. … ed. A. Pilinski 1883; 6. spätere Lat. Ausg. … ed. O. Clemen 1910; 7. deutscher Text … ed. A.F. Butsch 1874; 8. deutscher Text … ed. E. Weil 1922 Eine vollständige Textausgabe mit Facsimile der Bilder ist zu finden in Tenenti, La vie 1952. 24 Die Interrogationes in der Einleitung der Ars mor. (Blatt 1 u. 2) sind aus den Fragen Anselms und den Fragen Gersons zusammengestellt. Hatten die Fragen aber bei Gerson die Aufgabe, dem Sterbenden seine Sünde eindrücklich zu machen, so ist hier ihre Funktion anders verstanden: „inducatur moriturus ad ea quae necessario ad salutem requiruntur.“ Die Fragen sind Hinweis (oder gar Unterweisung) auf den christlichen Glauben. Die observationes Gersons begegnen am Schluß der Ars moriendi in einer Auswahl, die alle jene Stücke fortläßt, die die priesterliche Funktion als Kirchenzucht verstehen. Die orationes Gersons sind zu einer Gebetsanweisung geworden, formulierte Gebetstexte erscheinen nur am Rande. Die Quelle für die Anfechtungen der Ars mor. ist von Rudolf nachgewiesen worden: Joh. v. Kastl „Scire bene mori“ ca. 1410. Der Text der Vorlage ist abgedruckt bei Rudolf, a. a. O. S. 69. In ihr werden nur Stichworte für die fünf Anfechtungen in je einem Satz gegeben. 25 Speculum artis bene moriendi, in vielen Handschriften und Drucken verbreitet (für die Handschriften Vgl. Rudolf a. a. O. S. 75, Anm. 1, für die Drucke Vgl. besonders Deutscher Gesamtkatalog s.v. Ars moriendi mit dem incipit: cum de presentis exilii miseria.) Das Speculum erschien gelegentlich mit Verfassernamen (Mathäus v. Krakau oder Dominicus Capranica), die aber nicht zutreffen. Es ist in Wien entstanden, sein Verfasser ist Nikolaus v. Dinkelsbühl, wie Rudolf nachgewiesen hat (Vgl. Rudolf, Der Verfasser der Speculum artis bene moriendi, Anzeiger d. österreich. Akademie der Wissenschaften, phil.-hist. Klasse, Jg. 1951, S. 387 – 398).

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Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher

Hand in Hand mit dieser Konzentrierung, die erst auf dem Hintergrund anderer Sterbebücher in ihrer Bedeutung auffällt, geht die Direktheit der Anrede in der Ars mor. Die Anfechtung wird nicht referiert, sondern in die Form direkter Darstellung und Rede gekleidet. Auch diese Direktheit fällt im Speculum wieder fort, hier werden die Anfechtungen nur referiert. In der Ars mor. steht der Todeskampf im Vordergrund, er ist verstanden als Auseinandersetzung mit der Sünde. Anfechtung und Trost werden in Dialogform dargestellt.26 Hier liegt nun der Grund dafür, dass man in der Luther Forschung gelegentlich angenommen hat, Luther habe die Ars moriendi gekannt.27 Eine direkte Verbindung zu Luther ist nicht festzustellen. Vielmehr hat man in der Ars moriendi eine Parallele in der Auswahl der Themen zu sehen, beide Schriften (Luthers Sterbesermon und die Ars mor.) stellen die Anfechtung in den Mittelpunkt.

1.5 Die Breite des Themenbestandes und seine einzelnen Themen Neben den beiden Hauptthemen der pastoralen Anweisung und der Anfechtungsreihe werden noch weitere Themen in den Sterbebüchern immer wieder aufgenommen. Der Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher ist, bis auf einige Ausnahmen wie Gerson und die Ars moriendi, sehr breit. Ein Beispiel ist etwa Geilers von Kaysersberg Sterbe-ABC.28 Unter Verzicht auf einen systematischen Aufbau (er richtet sich nach dem Alphabet in den Anfangsbuchstaben seiner Abschnitte) reiht er 27 Punkte aneinander. Einen noch breiteren Themenbestand hat das Speculum oder auch die Sterbeschrift des Jacob von Jterbog.29 Der systematische Aufbau ist für alle Schriften sehr schwierig, wenn sie die Breite des Themenbestandes, den sie vorgefunden haben, wiedergeben wollen. Die Aufzählung der Themen blickt überall durch den aufgesetzten systematischen Aufbau hindurch. Auch bei Staupitz ist diese Schwierigkeit zu spüren. Formal folgt er in cap. 9 – 1530 den sieben Worten Christi am Kreuz, tatsächlich aber sind die Abschnitte nur locker mit dem hinzugefügten Jesuswort verbunden. Der einigende Gedanke der Nachfolge Christi als Sterbensregel ist auf übernommene einzelne Themen angewandt. 26 Durch die Dialogform ist in der Anfechtungsdarstellung die priesterliche Funktion nun völlig ausgeschaltet. Eine ähnliche Entwicklung beschreibt Rosenfeld (Totentanz S.67 u. 73ff) in der Totentanzliteratur. Ausgangsform ist die Anrede des Bußpredigers an den Menschen, die nächste Stufe ist dann der direkte Dialog der Menschen mit den Toten. 27 So besonders Gerke, die satan. Anfechtung 1932. Vgl. dazu auch u. S. 27 f. 28 Der Text ist abgedruckt In: A. Hoch, Geilers von Kaysersberg „Ars moriendi“ aus dem Jahre 1497. 29 Jac. v. Jterbog, De arte bene moriendi. Benutztes Exemplar: Leipz. ca. 1495 (Göttingen UB). 30 Zitiert nach: J. v. Staupitzens sämmtliche Werke, ed. J.K.F. Knaake. 1. Bd. Deutsche Schriften, Potsdam 1867.

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Die Breite des Themenbestandes

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Solche Themen sind bei ihm: die Anfechtungsreihe, der Abschied von der Freunden u. ä.). Die Aufzählung, die den Aufbau so vieler Sterbeschriften beherrscht, verdeutlicht die formale Tatsache des Themenbestandes. Auch Luther hat im Sterbesermon eine Aufzählung der Abschnitte, die sich mit dem systematischen Aufbau gelegentlich stößt.

Die einzelnen Themen: 1. Die Einteilung des Todes 31 Dieses Thema ist Kennzeichen für eine Todesbetrachtung, die ausgesprochen lehrhaft und nicht zu direkter Verwendung am Krankenbett gedacht ist. Es begegnet im 16. Jahrhundert erst wieder in späteren lehrhaften Werken, die ein gelehrtes Aussehen haben: „was der Tod sei“.32

2. Das Vorbild des sterbenden Christus Mehrere Themen des Sterbetrostes stammen aus der Passionsbetrachtung: a) Die Beispielhandlungen Christi, ein sehr altes Formstück, sind die festeste Form des Vorbildes Christi für den Tod des Christen.33 (Sie begegnen meistens in folgender Form: oratio, sudatio, remissio, ploratio, clamatio, commendatio, traditio.) b) Die sieben Worte Christi am Kreuz Dieses in jeder Gattung der „Erbauungsliteratur“ auftretende Thema ist auch vom Sterbetrost öfter aufgenommen worden. Staupitz hat die sieben Worte mit dem imitatio-Gedanken verbunden. c) Die Anfechtungen Christi Die Versenkung in das Leiden Christi zur Überwindung der Sterbensnot begegnet überall, wo von den Anfechtungen des Sterbenden die Rede ist.34 Die Ausprägung dieses Trostes in der Darstellung der Anfechtungen Christi ist aber 31 Seit Augustin ist die Einteilung des Todes in: mors corporis, mors animae, mors aeterna Bestandteil der kirchlichen Lehre. Im 14. und 15. Jh. begegnet eine eigene Literaturgattung in Ausweitung dieses Stückes des christlichen Dogmas: z. B. de triplici morte … (Vgl. Rudolf, Ars mor. S. 14). In der luth. Orthodoxie ist die Einteilung des Todes nach Augustin fester Lehrbestandteil. 32 Z.B. Malch. Specker, vom leiblichen Todt … 1560. 33 Nach Falk, Sterbebüchl. S. 25 begegnet diese Reihe der Beispielhandlungen Christi zuerst bei Gregor d. Gr. (Falk nennt aber keine Stelle bei Gregor d. G.). In den spätmittelalterlichen Sterbebüchlein findet sie sich u. a. in: Speculum, Teil VI., Jac. v. Jterbog, cap. 19, und Geiler ABC, Regel 26. Im 16. Jh. wird er in den Sterbeschriften von Bullinger (Bericht, 1536) und Walasser (Kunst, 1569) wieder aufgenommen. 34 Vgl. Rudolf, Ars mor. S. 116.

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Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher

erst ein sehr spätes Thema. Das Vorbild Christi nicht nur im Tragen des Leidens, sondern auch in der Erfahrung der Anfechtungsnot hat Staupitz aus Elementen der Passionsbetrachtung durch die Betonung des imitatio-Gedankens entwickelt.35 Die Anfechtungen Christi sind im Libellus36 und in Luthers Sterbesermon aus Staupitz übernommen. In der Form der Anfechtung Christi – wobei Luther eindeutig der Vermittler ist – wird der imitatio-Gedanke in den reformatorischen Sterbebüchern aufgenommen.37 3. Die Betrachtung der zukünftigen Dinge Ein sehr komplexes Thema ist die Ausmalung des Zustandes nach dem Tode, die Einordnung des Todes in ein Strafe-Lohn-Denken. Zu den Formen dieses Themas gehört: a) Der Tod des Sünders und des Frommen Im Anschluß an Seuse waren mehrere Schriften über den Tod des Sünders entstanden.38 Der Sterbende sieht die Hölle vor sich und geht tatsächlich zugrunde. Diese harte Darstellung dient zur Abschreckung und verfolgt allein das Ziel, den Lebenden zur rechtzeitigen Todesvorbereitung, zur rechtzeitigen Buße zu bringen. Der Tod des Sünders und des Frommen ist auch Motiv in der Kunst.39 Sehr häufig, besonders als Titelbild zu Sterbebüchern begegnet die Darstellung der Sterbeszene des Frommen.40 b) Die Schrecken der Hölle und die Freuden des Himmels sind nur eine andere Form für denselben Gedanken, den die Darstellung des Todes von Sünder und Frommen verfolgt. Die drohenden Schrecken der Hölle erwecken die Bußbereitschaft und die Freuden des Himmels Todessehnsucht.41 Dieses 35 Vgl. u. S. 42 Anm. 52. 36 Vgl. u. S. 42 Anm. 52. 37 In der zweiten Hälfte des 16. Jh. begegnet die Darstellung der Anfechtung Christi nur noch selten, mehr nur in Form einer Reminiscenz an Luther. 38 Vgl. o. S. 20, Anm. 8. 39 Z.B. bei Heinrich VOGTHERR d.J. (geb. 1513): Der Tod des Gerechten und des Ungerechten, Vgl. GEISSBERG Einblattdrucke Nr. 1466/67. Auf einem quer über das Bild reichenden Bett liegen der Gerechte rechts und der Ungerechte links. Sie berühren sich mit den Füßen. Der Gerechte ist umgeben von Glaube, Liebe, Hoffnung und Danksagung. Ein Engel über ihm öffnet die Arme. Der Sterbende hat die Hände gefaltet und blickt nach oben. Nach dem Ungerechten greift aus dem Flammenloch der Hölle ein ekler Teufel. Der Sterbende blickt mit verzerrtem Gesicht nach unten. Der Tod und Frau Welt stehen neben ihm. 40 Z.B. das Schlußbild in der Bilder-Ars und das Titelbild in der Ausgabe Augsburg 1536 von Bullinger, Bericht. 41 Eine solche Betrachtung der zukünftigen Dinge findet sich u. a. bei GEILER, ABC, Regel 5 und 11, Jacob von Jterbog, Kap. 7. Das Speculum enthält gelegentlich einen Anhang, der aus Thomas v. Kempen, imitatio lib. I, 23 schöpft (Vgl. Appel, Anfechtung S. 86). Er besteht aus Abschnitten über: 1. de penis eternalibus, 2. de extremo iudicio, 3. de gaudijs super celestibus. Der Zusammenhang der Themen mit den „quatuor novissima“ ist hier zu erkennen. Die „quatuor novissima“ sind an sich eine eigne Literaturgattung, die das memento mori bezweckt (Vgl. die Titel

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Nachdrucke spätmittelalterlicher Sterbebücher

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Thema scheint aus der Beichtdisziplin zu stammen, jedenfalls eng damit zusammenzuhängen. Als ein Teil der Beichtpraxis begegnet es in dem Beichtgedicht des Hans Foltz (1497).42 c) Das Elend der Welt Jedes Lebensalter trägt die Zeichen der Vergänglichkeit. Die Betrachtung des Elends der Welt zur Weltentsagung und -verachtung stammt aus der contemptus mundi – Literatur. Die ursprünglich aszetische Aufgabe der Betrachtung des Elends der Welt wird im Sterbebuch abgewandelt. Das Elend der Welt ist ebenso Anreiz zur Todessehnsucht wie die Betrachtung der zukünftigen Herrlichkeit. Das Elend der Welt ist die Sünde, der Tod ist das Ende der Sünde und darum herbeizusehnen.43 Diese Themen sind das Material der Kompilatoren und auch der mehr selbständigen Sterbeschriften. In ihrem Rahmen ist die ständige Verkettung der Texte zu denken.

1.6 Nachdrucke spätmittelalterlicher Sterbebücher nach 1520 und die neuen katholischen Sterbebücher Nach der Übersicht über die spätmittelalterlichen Sterbebücher drängt sich die Frage auf: Was ist aus dieser reichen und vielfältigen Literatur späterhin geworden? Bis 1520/21 begegnen jährlich mehrere Nachdrucke.44 Danach aber scheint eine starke Zäsur einzutreten.45 Insgesamt sind mir bis etwa 1560 nur noch 6 Nachdrucke bekannt geworden. Drei davon sind dicht hintereinander Nachdrucke vom selben Drucker einer „geystlichen und leiblichen artzney-

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solcher Schriften bei Appel, Anfechtung, S. 104, Falk, Sterbeb. S. 79 ff und Rudolf, Peuntner S. 78). Abgedruckt in: Hoch, Geiler S. 107 und 110. So bei Geiler ABC, der das „abzerren von der Welt“ zum Ziel der vielen aufgenommenen Themen gemacht bat. Ähnlich benutzt auch Jacob v. Jterbog das Thema vom Elend der Welt. Im 16. Jh. begegnet es innerhalb der ev. Sterbebücher zuerst wieder bei Bullinger 1536, Blatt Biij. Eine zahlenmäßige Auswertung bibliographischen Materials ist sehr schwierig, da Vollständigkeit völlig ausgeschlossen ist. Trotzdem ergibt das vorliegende Material wohl annähernd ein wirklichkeitsgetreues Bild. 1520/21 sind mir noch 5 Nachdrucke bekannt: Geiler 1520 (Falk, Sterbeb. S. 21), Speculum 1520 (Falk, Sterbeb. S. 28), Ars moriendi, niederdeutsch (Borchling-Clausen, Niederd. Bibliogr. Nr. 652), Geiler 1521 (Hoch, Geiler S. 4). Das Krankenbuch der Herzogin Sidonia (Falk, Sterbeb. S. 62). 1520 ist als Zäsur in der Buchgeschichte auch sonst bekannt. Nicht nur die Sterbeliteratur, sondern überhaupt die sonst so reichlich gedruckte spätmittelalterliche Erbauungsliteratur, wird nach 1520 immer seltener gedruckt. Einen Einblick gibt am ehesten die Übersicht über die in Köln gedruckte niederdeutsche Erbauungsliteratur. Borchling-Clausen, Niederd. Bibliogr. verzeichnet für 1520 noch 10 solcher Drucke, von 1521 – 32 dagegen nur noch insgesamt 7 Drucke.

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ung“, einer Sterbebereitung, die mit medizinischen Anweisungen verbunden ist.46 Nach 1520/21 tritt das Material der spätmittelalterlichen Sterbebücher also völlig zurück. In den frühen reformatorischen Sterbebüchern (bis ca. 1540/50) ist eine Benutzung der Stoffe des Spätmittelalters nicht festzustellen. Auch mit der neu beginnenden Vorliebe für vorgeformte Stoffe47 setzt der Rückgriff auf das spätmittelalterliche Material noch nicht ein. Die Lage ist also anders als in den reformatorischen Gebetbüchern, die eine bewußte Umformung und Übernahme spätmittelalterlichen Materials vornehmen.48 Nach 1520/21 übernimmt also die reformatorische Sterbeliteratur die exklusive Nachfolge der spätmittelalterlichen Sterbebücher.49 Erst nach 1550/60 wird dieses Bild wieder anders. Die Wiederaufnahme spätmittelalterlicher Stoffe durch die Andachtsbücher der Gegenreformation wirkt sich auf die evangelische Literatur aus.50 Aber trotzdem sind die Beziehungen zwischen den evangelischen Sterbebüchern und der katholischer Parallelliteratur nicht so eng wie in der Gebetsliteratur.51 Der Grund dafür wird darin zu suchen sein, dass es nur sehr wenige katholische Sterbebücher auch noch nach 1560 gibt und diese wenigen Sterbebücher durchgehend nur Zusammenstellungen alten Materials bieten.52 Eine eigenständige katholische Sterbetrostliteratur gibt es erst wieder im 17. Jahrhundert.53 Die Erbauungsliteratur der Gegenreformation konzentriert sich fast völlig auf Gebetbücher und Katechismen.54 Die Andachtsbücher sind Neuzusammenstellungen oder Neudrucke spätmittelalterlicher Texte. 46 An Drucken spätmittelalterlicher Sterbebücher nach 1521 sind mir bekannt geworden: Staupitz, Nachfolgung 1523; Ars moriendi 1532 (Borchling-Clausen 1135); Ars moriendi 1533 (Deutscher Gesamtkatalog s.v. Ars moriendi). „Versehung leibs und seel“ ist dreimal von Chr. Egenolff in Frankfurt/M. nachgedruckt worden: 1537 (Straßburg Stadtbibl. Vgl. Ritter, Cat. 2161) 1537, eine weitere Ausgabe im selben Jahr (vorhanden Frankfurt/M. Stadtbibl. und Upsala UB) 1541 (Stevenson, Inventario 2686 b). Zu den Drucken der „Versehung“ vor 1520 vgl. Falk, S. 62. 47 Vgl. Althaus, Gebetslit. S. 19. 48 Vgl. Althaus, Gebetslit. S. 19. 49 Die völlige Überdeckung durch reformatorisches Material ist auch daran zu erkennen, daß selbst die Nachdrucke der „Versehung“ (Vgl. Anm. 47) im lutherischen Sinne umgearbeitet sind, (Vgl. Falk, Sterbebüchl. S. 62). 50 Eine Sonderstellung nimmt innerhalb dieser Traditionsgeschichte die Sterbeschrift Bullingers ein. In ihr wird bereits vor den Impulsen der gegenreformatorischen Literatur auf spätmittelalterliche Stoffe zurückgegriffen. Vgl. u. S. 112. 51 Für die Gebetsliteratur hat Althaus, Gebetslit. den großen und bestimmenden Einfluß der katholischen, speziell der jesuitischen Literatur auf die evangelischen Gebetbücher der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts nachgewiesen (Vgl. Althaus, a. a. O. bes. S. 65 ff). 52 An katholischen Sterbebüchern dieser Art ist zu nennen: Walasser, Sterbenskunst 1569; Leisentritt, Catholisch Pfarrbuch 1577; Kispenning, Betrachtung 1578. 53 Einen Einblick in die reiche jesuitische Sterbelit. nach 1600 gibt: Sommervogel, Bibl. Bd. 10 (1909) col. 510 – 19. 54 Herrn Dr. J. Benzing verdanke ich den Einblick in eine ungedruckte Bibliografie der Drucke des Druckers Sebald Mayer 1550 – 1570 von Otto Bucher. Aus dieser Bibliografie, die einen Überblick über einen wichtigen Ausschnitt der katholischen Literatur dieser Zeit überhaupt bildet, ist

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Nachdrucke spätmittelalterlicher Sterbebücher

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Wenn also der Gegenstand dieser Arbeit die evangelischen Sterbebücher des 16. Jahrhunderts sind, so nicht aus konfessionellem Interesse, sondern weil die Lage des Materials diese Fragestellung bedingt.

eindeutig die Vorrangstellung der Gebetbücher und Katechismen innerhalb der katholischen Erbauungslit. zu erkennen.

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2. Kapitel: Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“ im Zusammenhang der Sterbebuchtradition 2.1 Das Problem der literarischen Abhängigkeit und der Traditionsgeschichte für Luthers Sterbesermon An den Sterbetrostschriften Luthers von 1519, den „Tessaradecas consolatoria“ und dem Sterbesermon, ist die Frage einer Traditionsgebundenheit Luthers ganz besonders aufgebrochen. Der eigenartige Aufbau der Tessaradecas wird öfter für Luther als Fremdkörper, der nur durch Tradition zu erklären ist, empfunden.1 Für den Sterbesermon ist die Frage durch die Aufsätze von Fr. Gerke bekannt geworden.2 Er vergleicht den Sterbesermon mit der Bilderars. Für ihn ist die Bilderars Ausdruck des „Glaubens des gemeinen Mannes“. Luther knüpft im Sterbesermon darum an „Volksvorstellungen“ an.3 In der Feststellung von Beziehungspunkten speziell zur Bilderars geht Gerke zu weit. Sie sind fast ausnahmslos Allgemeingut der Sterbebücher. Auch ist es fraglich, ob man nur dem Sterbesermon als „Volksbuch“ innerhalb der Lutherschriften eine Sonderrolle einräumen darf, ebenso wie die volkskundliche Seite der Sterbebüchlein des Spätmittelalters noch nicht geklärt ist.4 Das Wesentliche aber ist mit Gerkes Aufsätzen durchgeführt. Der Sterbesermon ist Glied einer Literaturgattung. Die spezielle Verknüpfung mit der Bilderars ist aber nicht möglich, solange man nicht von dem breiteren Bild des gesamten Themenbestandes in spätmittelalterlichen Sterbebüchern ausgeht. Appel5 untersucht solch breites Material zum Thema „Anfechtung und Trost“. Ihm geht es dabei um eine theologische Gegenüberstellung des Anfechtungsverständnisses der deutschen Mystik und der spätmittelalterlichen Sterbebücher zu Luthers Trostschriften. An diesen Arbeiten wird klar, wie schwierig 1 Vgl. Hans Preuss, das Frömmigkeitsmotiv von Luthers Tessaradecas. NKZ 26 (1915), S. 211ff und Joh. HECKEL, M. Luther: vierzehn Tröstungen, 1948, S. 7: die Tessaradecas seien „geschichtlich gebundener“ als die deutschen seelsorgerlichen Schriften des Jahres 1520. 2 Gerke, die satanische Anfechtung 1932 und Gerke, Anfechtung und Sakrament 1934. 3 Gerke, Anfechtung Sp. 199. 4 Auf keinen Fall sind die Sterbebücher Glaube des „gemeinen Mannes“ (Gerke, Anfechtung Sp. 199). So sagt Rudolf, Ars moriendi, S. 73 Anm. 9: daß „… die Ars moriendi, zumindest in der lateinischen Urfassung, kein „Volksbuch“ im landläufigen Sinne ist, sondern für den Klerus bestimmt war …“ Auch für die Sterbebücher des 16. Jahrhunderts ist es nicht ohne weiteres vorauszusetzen, daß wir hier „Volksbücher“ vor uns haben. 5 appel, Anfechtung und Trost 1938.

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Die Vorlage des Sterbesermons

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das Problem der Traditionsgebundenheit bei Luthers Trostschriften ist. Es muß unterschieden werden zwischen Material, das direkte literarische Vorlage ist – also nicht unbedingt ein Sterbebuch zu sein braucht – und Material, in dessen Themenbereich die einzelne Schrift gehört. Die direkte Vorlage sagt noch nichts über die Stellung innerhalb der Gattungstradition aus. Luther hat eine solche Vorlage gehabt. Ein Sterbebuch, wahrscheinlich 1518 erschienen, vermittelt ihm Anregungen für den Sterbesermon und die Tessaradecas. Im Folgenden soll nun das Verhältnis zur Vorlage untersucht werden, dann aber darüber hinaus die Stellung des Sterbesermons im Themenbestand der Sterbebuchtradition deutlich gemacht werden.

2.2 Die Vorlage des Sterbesermons: der „Libellus auro praestantior …“ ca. 1518 6 Der Verfasser des Libellus ist unbekannt. Die Schrift ist wahrscheinlich 1518 in Hagenau gedruckt7 und in dieser Ausgabe wahrscheinlich auch Luther bekannt gewesen.8 In der Hamburger Ausgabe von Luthers Betbüchlein 1523, 6 Zur Bibliografie: I Lateinische Ausgaben: a) Libellus av// ro praestantior // de animae praepa// ratione in extremis laboran// tis deque Praedestinatio // ne et Tentatione// Fidei … a.E.: Hagenoae, apud Thomam Anshelmum Mense Septembri. in 4, 8 Bll. Vgl. Knaake III, 956, Kuczinsky 2480 und 1261, Panzer, 7, 116, Nr. 400. Dieser Druck ist vorhanden in: Paris, Bibl.Nat. London, Brit.Mus., Mainz Stadtbibl., München SB, Slestat (Cat. Walther Nr. 2215). b) Libellus … Antwerpen Juli 1520. Vgl. Nijhoff-Kronenberg Nr. 1882 vorhanden in Paris, Bibl.Nat. c) Antwerpen 1522. Vgl. Nijhoff-Kronenberg Nr. 01091. d) Cohrs in WA 10,II, S. 366 Nr. 19 redet von einer Ausgabe Hagenau 1518. Eine solche datierte Ausgabe ist mir nicht bekannt geworden. Es handelt sich entweder um eine Datierungsvermutung von Cohrs zu der Ausgabe Hagenau o. J. (=a) oder doch um eine davon zu trennende datierte Ausgabe. II Hochdeutsche Ausgabe: Eyn wunderschons vn gar// nuczlichs buchlein/ dar// in der mensch vnderwiesen vn gelernt/ // weß er sich in aller triebsall/ an=// fechtung/ vn widerwertig-// keit/ seynes leben. Auch// in zeit seins ster// ben halten soll. Anno M.D.XXIII. in 48, 10 Bll. ohne Orts- und Druckerangabe. Vorhanden: Wolfenbüttel HAB, Augsburg Stadtbibl., München SB, Rothenburg, Konsistorialbibl. Diese Ausgabe ist von Joh. Eckhart in Speyer, der hauptsächlich durch Nachdrucke bekannt ist, gedruckt worden, Vgl. Jos. Benzing, Johann Eckhart, ein Nachdrucker zu Speyer. In: Gutenberg-Jahrbuch 1956, S. 184, Nr. 23. III Niederdeutsche Aushabe: Ein schone underrichtunge teghen de anvechtinge in dem dode … Anhang in Luthers Betbüchlein, Hamburg 1523, Vgl. WA 10, II, 442. Zur Verfasserfrage: Einige Kataloge führen den Libellus unter dem Verfassernamen Joh. Setzer (Secerius). Auch die beiden Antwerpener Drucke (1520 u. 1522) nennen Setzer als Verfasser. Setzer ist irrtümlich für den Verfasser gehalten worden, weil er zu der sonst anonymen Ausgabe Hagenau o.J, auf die die anderen Ausgaben zurückgehen, eine Vorrede geschrieben hat. Setzer war der Korrektor des Hagenauer Druckers Anshelm, bei dem der Libellus erschien. Setzer hat noch öfter anonyme Werke mit Vorreden versehen, auf Grund deren er versehentlich für den

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

die nicht von Luther redigiert worden ist, ist eine niederdeutsche Übersetzung des Libellus angefügt. Luther hat später den Libellus an dieser Stelle durch den eignen Sterbesermon ersetzt.9 Der Libellus hat die Form einer Predigt über Sir. 11,26: „in die malorum memor esto bonorum et in die bonorum memor esto malorum.“ Dieser Vers ist Trostregel, an ihm wird der Gedanke von Anfechtung und Trost besonders in der Sterbestunde durchgeführt. Die Quellen des Libellus Die Interpretation der traditionellen Sterbebuchthemen, die der Libellus aufnimmt, ist von der deutschen Mystik geprägt. So vereinigt der Libellus mehrere Einflußbereiche:

Verfasser gehalten wurde. Vgl. K. Steiff: Joh. Setzer (Secerius) der gelehrte Buchdrucker in Hagenau, in: Centralblatt für Bibliothekswesen 1892 S. 304. 7 Die Datierung des Libellus: Der vorliegende erste Druck ist undatiert und enthält nur den Vermerk „Mense Septembri“. Es ist anzunehmen, daß hiermit September 1518 gemeint ist. Cohrs in WA 10, II, 366 Nr. 19 nennt ohne weitere Angaben den Titel des Libellus mit dem Datum 1518. Aber auch ohne die Jahresangabe bei Cohrs möchte man den undatierten Druck auf 1518 datieren. Das ergibt sich aus Folgendem: Im Juli 1520 ist der Libellus in Antwerpen nachgedruckt worden. Dabei hat eindeutig der Anshelmdruck vorgelegen, da Setzer, der im Anshelmdruck die Vorrede geschrieben hatte, für den Verfasser angesehen wird. Der Anshelmdruck müßte also spätestens Sept. 1519 gedruckt sein. Nun ist aber aus dem Text die Beziehung zu Luthers Sterbesermon sicher. Diese Beziehung als Abhängigkeit des Libellus von Luther zu verstehen, verbietet sich, weil der Sterbesermon Luthers erst Sept./Okt 1919 geschrieben und am 1. 11. 1519 gedruckt worden ist. Der Libellus, der spätestens 1519 im Sept. gedruckt sein müßte, kann zu diesem Zeitpunkt noch nicht von ihm abhängig sein. Da nun die Beziehung als Abhängigkeit Luthers vom Libellus anzusehen ist, muß wohl Sept. 1518 das späteste Druckdatum des Libellus sein. Nach dem Erweis der oberen Zeitgrenze ist auch nicht anzunehmen, daß der Libellus schon vor Sept. 1518 gedruckt worden ist. Zwar ist der Drucker Anshelm und auch Secerius schon seit 1516 in Hagenau, aber die Verwendung einer Initiale deutet auf 1518, da das zugehörige Initialalphabet wohl erst 1518 entstanden ist. (Vgl. Heitz, Paul: Die Zierinitialen in den Drucken des Thomas Anshelm (Hagenau 1516 – 23) in: Der Initialschmuck in den elsässischen Drucken des 15. und 16. Jahrhunderts 1. Reihe, S. 18. Die im Libellus verwendete Initiale „Q“ gehört in das Alphabet Nr. 6, das kleine Kinderalphabet, das zuerst 1518 von Anshelm verwendet wird und dessen Entstehung Heitz für das Jahr 1518 vermutet.) Die Entstehungszeit des Libellus ist zwischen 1515 und 1518 anzunehmen. Vor 1515 kann es kaum entstanden sein, da die Benutzung von Staupitz, Nachfolgung, die erst 1515 erschien, als sicher anzunehmen ist. 8 Luther hat Secerius zum mindesten dem Namen nach gekannt, vielleicht sogar aus der Vorrede zum Libellus, den Luther allerdings m.W. nirgends erwähnt. Vgl. WA 19, 174 (1526). 9 Vgl. WA 10, II, 345. In späteren Ausgaben des Betbüchleins tritt der Libellus nicht wieder auf. Der Text dieser für Luther wichtigen Schrift ist also in niederdeutscher Übersetzung in der WA enthalten, allerdings ohne daß der Zusammenhang mit Luthers eignen Trostschriften erwähnt wird.

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Die Vorlage des Sterbesermons

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1. Heinrich Seuse Die Verwendung von Sir. 11,26 als Trostregel stammt aus Seuses Büchlein der ewigen Weisheit.10 Bei Seuse ist Sir. 11,26 Anweisung zur Gelassenheit in der immer wiederkehrenden „wandelbarkeit“ von Verlassenheit von Gott und Einssein mit Gott. In diesem Bruch soll sich der Mensch dann so verhalten, wie es Sir. 11,26 beschreibt: du sollst in den guten Tagen (des Einsseins mit Gott) die bösen ansehen und in den bösen Tagen (der Verlassenheit von Gott) die guten nicht vergessen. Sir. 11,26 ist Bestandteil der mystischen Trosttradition. Es begegnet auch bei Ekkehart.11 Die Sprache des Libellus ist von Seuse geprägt. Es begegnen fast hymnische Anreden an den „süssesten Herre“, die an Seuses Büchlein der ewigen Weisheit anklingen. Nur einmal wird das „horologium aeternae sapientiae“ direkt zitiert.12 Die Aussagen des Libellus über das Leiden Christi und die Liebe Gottes sind auf dem Hintergrund Seuses zu verstehen.

2. Sterbebuchthemen Diese mystischen Gedanken sind nun auf Sterbebuchthemen angewandt. Die Anfechtung des Sterbenden als Aufgabe für den Trost kennt Seuse nicht in dieser Weise.13 Der Libellus nun aber zählt Sterbeanfechtungen hintereinander auf. Die Anfechtungsreihe des Libellus enthält folgende Glieder: Sündenangst, speziell die Angst um die ungebeichtete Sünde, und Erwählungszweifel.

10 Vgl. Seuse (ed. Bihlmeyer), Büchl. d. ew. Weisheit, 235, 1 ff. 11 Ekkehart, Buch von der göttlichen Tröstung ed. Strauch in: Lietzm. kl. Texte Nr. 55, S. 10, Z. 29 ff „alles ungemach unt schade ist nicht luter schade“ Ekkehart erklärt dies an einem Beispiel: Wenn jemand von hundert Mark vierzig verliert, so soll er nicht an die vierzig verlorenen denken, sondern sich an den übrigen sechzig freuen: „Darumb spricht Salomon: in den tagen der leide und betrübde vergisse nit der güti und der lusten …“ Willst du getröstet werden, so vergiß die, denen es besser geht, und denke an die, denen es schlechter geht. Bei Ekkehart ist Sir. 11,26 angewandt auf die rationale Überlegung der Relativierung des eignen Unglücks im Blick auf die, denen es noch schlechter geht. Strauch vermutet irrtümlich für die angegebene Ekkehartstelle Eccl. 7,15 als Herkunft. 12 Vgl. Libellus S. 6,11 Der Text des Libellus wird im Folgenden nach den Seiten- und Zeilenzahlen des beigegebenen Textanhanges zitiert. 13 Wer in der Anfechtung, d. h. unbereit, stirbt kann keinen Trost mehr empfangen. Diese Sterbensnot erfährt nur der Gottlose. Vgl. o. S. 22.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

3. Luther Die Anfechtung, die im Libellus am ausführlichsten behandelt wird, wird nicht genau beschrieben, sondern begegnet in Form einer Stichwortreihe: mors, ira, infernus.14 Hier liegt es nun nahe, an eine Beeinflussung durch Luther zu denken. Ein sicherer Beweis hierfür läßt sich nicht bringen, ehe nicht der Verfasser des Libellus bekannt ist. Für die Lutherkenntnis des unbekannten Verfassers des Libellus spricht aber folgendes: Tod, Sünde, Hölle, Zorn Gottes – in verschiedenen ähnlichen Begriffsreihen – sind schon in den frühen Vorlesungen Grundbegriffe in Luthers Sprache. Sie beschreiben die Aufgabe des Amtes Christi: Christus erlöst von Tod, Sünde und Hölle.15 Diese „Grundbegriffe von Luthers Weltanschauung“16 bezeichnen das opus alienum Gottes.17 Ihre Verwendung ist bei Luther fast stichwortartig und begegnet andauernd. Die Reihe enthält, nur um weniges variiert, die paulinischen Grundbegriffe des Machtbereiches der Welt.18 Die Besonderheit Luthers, die die Verwendung dieser Begriffe bei ihm zeigt, ist das Erfahren von Tod, Sünde und Hölle als Anfechtung.19 In der reformatorischen Literatur wird diese Reihe bis ins 18. Jahrhundert fester Bestandteil der frommen Sprache.20 Vor Luther be-

Vgl. Libellus S. 3, 4, 5, 8, u. ö. Die einzelnen Bestandteile dieser Begriffsreihe wechseln. Vgl. E. Hirsch, Hilfsbuch z. Studium der Dogmatik 1951, S. 54. Vgl. Stange, Todesfurcht S. 23. Vgl. als ein Beispiel: Hebräervorlesung ed. Hirsch-Rckert S. 130, 3 ff. Die Nähe zur paulinischen Sprache belegt etwa: Hebräervorlesung ed. Hirsch-Rckert S. 131, 23ff: „… apostolus paulus ubique effuso gaudio praedicat resurrectionem Christi, quod per eam et Lex et peccatum et mors et infernus et diabolus, mundus et caro, omnia superata sunt omnibus qui credunt in eum et invocant eum. sic. 1. Corinth.15. ,Deo autem gratias qui dedit nobis victoriam‘ …“ Die Reihe enthält um weniges variiert die paulinischen Grundbegriffe: thanatos, hamartia, kosmos, sarx, satanas, nomos. In dem zitierten Satz ist die Reihe eine erweiternde Paraphrase von 1. Kor. 15,55. „infernus“ stammt nicht aus der paulinischen Sprache. „infernus“ signalisiert für Luther im Anschluß an mystischen Sprachgebrauch (Vgl. Beintker, Überwindung S.87 f) die ultima tentatio. Dies erläutert auch der Gebrauch von Cant. 8,6 „fortis ut mors et dura sicut infernus“ bei Luther. Dieser Vers ist bei Luther Stichwort für die ultima tentatio (Vgl. WA.5, 163; WA 4, 564; WA 1, 298; Vgl. auch Beintker, Überwindung, S.89 Anm. 1. Staupitz verwendet das Zitat ähnlich, Vgl. Staupitz ed. Knaake S.81, 16 f). Dieser eine Vers bestimmt für Luther das Verständnis des Hohen Liedes. Es könne zwar sonst als Dichtung über irdische Liebe angesehen werden, aber von irdischer Liebe kann nicht gesagt werden, sie sei „dura sicut infernus“. Hier kann nur die Erfahrung der Höllenanfechtung gemeint sein. Vgl. WA 5, 163, 9ff und die Vorlesung Luthers über das Hohelied, WA 31, II, 586 ff z.St. 19 Bei Luther werden die aus der Paulusinterpretation genommenen Begriffe, die von der Macht der Sünde reden, als Anfechtung verstanden. Deshalb eben kann ihnen „infernus“ gleichwertig zugeordnet werden. „sunt enim illa horrenda obiecta (sc. mors etc.) nihil aliud quam exercitia, per quae fides fiat ,fortis ut mors et dura sicut infernus‘, dum velut vi et impetu urgent et separare conantur cor a fiducia Christi …“ Hebräervorlesung ed. Hirsch-Rckert 133, 3 ff. 20 Beispiele für dieses verbreitete Sprachelement in Kirchenliedern: (nach den Nummern im Evang. Kirchengesangsbuch 1951) Nr. 88,8 und 261,4. 14 15 16 17 18

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gegnet sie in dieser Form nicht.21 Die Anfechtungstermini des Libellus können also u. U. aus früheren Schriften Luthers zu erklären sein. Dann wäre Luther durch eine Schrift angeregt worden, die ihrerseits schon von ihm angeregt ist.

Anfechtung und Trost im Libellus Sir. 11,26 beschreibt im Libellus die wechselnde Erfahrung des Glaubens. Der Glaubende lebt zwischen Furcht und Hoffnung. „Necesse, ut nulla etiam hora sit, Christianus quin vel timeat vel speret, timeat in prosperis, speret in adversis.“22 In der Zeit des Glücks leidet er inwendig, „a se ipso et in se ipso.“23 Dann erfährt er den Zorn Gottes. In der Not aber, wenn er „ab aliis et extra seipsum“24 leidet, freut er sich inwendig und erfährt die Gnade Gottes. Das Ernstnehmen und Vergegenwärtigen von Zorn und Gnade Gottes drückt sich als wechselnde menschliche Haltung aus. Das Heilshandeln Gottes geschieht in Glückseligkeit und Widerwärtigkeit. Durch die Glückseligkeit drückt er den Menschen nieder und in der Widerwärtigkeit macht er ihn selig. „patet quod deus sanctos suos non nisi in contrariis rebus salvat, quia per adversitates exaltat intus, et per prosperitates deprimit intus“.25 Furcht und Hoffnung, Gnade und Zorn werden im zeitlichen Nacheinander erfahren. Auf diesem Hintergrund des Verhaltens des Glaubenden ist nun die Sterbeanfechtung Gegenstand des Trostes. Die teuflische Anfechtung im Tode besteht darin, dass der Teufel Gnade und Zorn Gottes verkehrt, indem er sie dem Menschen zur Unzeit vorhält. Er erinnert im Tode an den zornigen Gott. So ist das Handeln des Teufels „confundere, misceri, coniungere“. Darum muß die Anfechtung, wenn der Teufel mors, ira und infernus vorhält, abgeschoben werden. Es ist jetzt nicht Zeit, den zornigen Gott zu betrachten, sondern nur die Guttaten Gottes.26 Aus diesem Anfechtungsverständnis des Libellus erklärt es sich, warum der Libellus zwar eine Anfechtungsreihe im Anschluß an Sterbebuchtradition aufzustellen versucht, im Grunde aber nur immer ein Erlebnis darunter versteht und somit das Wesen der Anfechtungsreihe: Die Differenziertheit der Anfechtungen, aufgibt. Der Libellus kennt nur die Alternative Furcht oder Hoffnung; jede Anfechtung ist Erfahrung der Ungnade. Das mystische Erlebnis der Gottferne, hier von Seuse geprägt, das auf die Sterbeanfechtungen übertragen wird, löst die Anfechtungsreihe auf. So wird die Anfechtung wegen der Sünde, die man vergessen hat zu beichten, als nebensächlich abgetan.27 Der 21 Als volkstümliche Vorstellung böser Mächte begegnen gelegentlich Anklänge (wie Tod und Teufel), aber nicht die Ausprägung dieser paulinischen Begriffe als Anfechtungsreihe. 22 Libellus S. 3, Z. 1 ff. 23 Libellus S. 1, Z. 25. 24 Libellus S. 2, Z. 6. 25 Libellus S. 3, Z. 13 ff. 26 Libellus S. 4, Z. 19 f. 27 Libellus S. 8, Z. 23 ff.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

Trost gegen die Sterbeanfechtungen besteht darin, die Unzeitigkeit der Furcht klarzumachen. „Hoc tempore non est disputandum“.28 Im Tode soll man nur an die Gnade Gottes denken. Die Gnade Gottes aber wird Wirklichkeit in der Passionsbetrachtung aus uneigennütziger Liebe. „Passiones et opera Christi … ruminanda et imprimenda donec anima admirata et dulciter effecta …“29 Die Liebe zu Gott kommt aus der Verwunderung über die Größe des Leidens Christi. Die Leidensbetrachtung ist der letzte Hintergrund alles Glaubens, an ihr einzündet sich die Seele. Die Leidensbetrachtung muß aus uneigennütziger Liebe kommen.30 Nicht wegen der Sündenvergebung, oder aus dem Wunsche, selig zu werden, darf das Leiden betrachtet werden. Wer so das Leiden betrachtet, der schafft nichts.31 Die Anfechtung Christi, hier bereits wie bei Luther im Zusammenhang mit der Erwählungsanfechtung erwähnt,32 wird als ein Teil des Leidens Christi bedacht. Die uneigennützige Liebe zu Gott, zum Leiden Christi, ist der Glaube. Darum kann die confessio als nicht entscheidend angesehen werden. Die „recta contritio“ entsteht nicht aus der „memoria peccatorum“, die allein nur zur Verzweiflung führt, sondern aus der Liebe zu Christus. „prius diligitur iustitia“, „ante omnia ex vulneribus Christi sugendus est dulcis affectus erga Christum“33 Darum ist es nicht entscheidend, ob nun die Beichte vor dem Tode durchgeführt wurde, „amans deum non potest perire.“ Die Heilsbedeutung des Leidens Christi und damit verbunden die Forderung der uneigennützigen Liebe sind Gedanken, die in dieser Form aus Seuse stammen. Eine Abwandlung der Gedanken Seuses geschieht durch die Anwendung auf die Sterbe-

28 29 30 31

Libellus S. 11, Z. 22. Libellus S. 7, 8 ff. Libellus bes. S. 7 u. 8 passim. Libellus S. 7, 23. Die Abgrenzung gegen eine falsche Passionsbetrachtung im Libellus beruht auf der Gegenüberstellung von Verdienstlichkeit und mystischem Sichversenken. Der schafft nichts, der allein „pro remissione peccatorum vel salute“ das Leiden betrachtet (7,24), wer also an die Verdienstlichkeit der Leidensbetrachtung denkt. Richtige „meditatio“ aber ist, daß er seine Liebe am Leiden Christi entzündet, bis er bereit ist, aus dieser Liebe heraus alles zu leiden, was Christus will (7,20ff). Luther grenzt sich ebenfalls gegen eine falsche Passionsbetrachtung ab. („Sermon von der Betrachtung des heiligen Leidens“ 1519, Cl. I, 154ff). Die Tatsache der Abgrenzung und die Art der Abgrenzung ist noch nicht allein als reformatorische Tat anzusehen, wie die Parallele im Libellus zeigt. Denn für Luther ist falsche Leidensbetrachtung: 1. Judas und die Juden schelten, 2. oberflächliche und abergläubische Leidensbetrachtung, 3. Beklagen und Beweinen, das zu Werkgerechtigkeit führt. Er wehrt in seiner Polemik gegen die Gebräuche der Passionsbetrachtung jedesmal als ihren Hintergrund die Verdienstlichkeit ab. Hierin trifft er sich noch mit dem Libellus. Völlig anders aber ist bei ihm die positive Wendung der Leidensbetrachtung: Angesichts des Leidens soll der Mensch über seine Sünde erschrecken, sich als Sünder erkennen. Zu der Frage der Passionsbetrachtung bei Luther und in der reformator. Lit. Vgl. u. S. 42 Anm. 54. Eine Quellenzusammenstellung ev. Passionsbetrachtungen bietet der Anhang von Wiesenhtter, Passion. 32 Libellus S. 11 Anm. zu Zeile 17. 33 Libellus S. 9 passim und S. 10,7.

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Der Einfluß des Libellus

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anfechtung, die Gegenstand des Trostes sind und nicht abschreckendes Beispiel wie bei Seuse.34

2.3 Der Einfluß des Libellus auf Schriften Luthers Es ist anzunehmen, dass Luther den Libellus um die Jahreswende 1518/19 spätestens kennengelernt hat. Die Erwähnung von Sir. 11,26 als Trostregel in der Druckbearbeitung der Psalmenvorlesung35 (Januar 1519) geht sehr wahrscheinlich schon auf den Libellus zurück. Durch den Libellus ist die mit Sir. 11,26 verknüpfte Trosttradition in die Schriften Luthers gelangt. In den Tessaradecas36 ist Sir. 11,26 als Motto der Schrift vorausgestellt. An diesem Vers erklärt Luther seine Trostmethode. Die Trostmethode der Umwertung der mala zu bona ist auf dem Hintergrund des Libellus, der auch mala und bona als nicht eindeutig interpretiert, zu sehen. Der Sterbesermon ist im Mittelteil (Stück 5 – 15), in der Darstellung der Anfechtung mit Tod, Sünde und Hölle und ihrer Gegenbilder Leben, Gnade und Himmel, vom Libellus beeinflußt. Der Gedanke, der im Libellus so oft wiederkehrt: im Tode ficht der Teufel mit dem Tod, Hölle, Gottes Zorn und Sünde an, ist hier in eine Ordnung gebracht. Luther formt daraus eine Reihe der teuflischen Anfechtungen und ihrer Gegenbilder. Besonders in der Beschreibung der Höllenanfechtungen sind einige Motive aus dem Libellus aufgegriffen.37 Wichtig für die Beziehung des Sterbesermons zum Libellus ist die Betonung der „Unzeitigkeit“ der Anfechtung in beiden Schriften. Luther formuliert aus diesem Gedanken heraus die Gegenbilder Leben, Gnade und Himmel. Immer wieder betont er: die Anfechtungen muß man „ausschlahen“ „sie gehoren gar nichts / yn diße zeyt“, sie sind „vnzeitige bilde“38. Im Libellus ist der Gedanke der „Unzeitigkeit“ durch die Anwendung von Sir. 11,26 veranlaßt. Luther erwähnt Sir. 11,26 im Sterbesermon nicht, wohl aber ist die Spur dieses Anfechtungstrostes noch im Aufbau zu erkennen. Hier ist also die Kenntnis der Vorlage für die Interpretation wichtig, da der Gedanke der „unzeitigen“ Anfechtung für den Sterbesermon entscheidend ist.39 Eine Anlehnung an den Libellus begegnet weiterhin in Luthers Auslegung 34 Vgl. o. S. 20. 35 Die Druckbearbeitung der Psalmenvorlesung über Ps.1 – 5 erschien im Druck kurz vor dem 22. 3. 1519. Gearbeitet ist die betreffende Stelle (bei Ps.5,12) im Januar 1519. Vgl. E. Vogelsang, unbekannte Fragmente aus Luthers Psalmenvorlesung 1518. = Arbeiten zur Kirchengeschichte 27, 1940, S. 11 u. 14. Sir. 11,26 wird erwähnt WA 5, 182, 21. 36 WA 6, 104 ff. Geschrieben im August 1519. 37 Vgl. Libellus S.10, Z. 11ff und Luther Cl. I, 164, 11 ff. 38 Cl. I, 164, 29 u. 9. 39 Vgl. u. S. 45.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

des Vaterunsers l519.40 Die Aufteilung der Anfechtungen geht auf den Libellus zurück, auch wenn man annimmt, dass der Libellus seinerseits Tradition verarbeitet. Eine wörtliche Anlehnung an seine Vorlage ist für Luther nicht festzustellen. Er übernimmt Motive und Gedanken, schaltet dann aber völlig frei mit dem übernommenen Material. Auch sonst können wir dieselbe Art der Materialbenutzung bei Luther feststellen. Er übernimmt die Beschreibung der Anfechtungen Christi eindeutig aus Staupitz.41 Neun Anfechtungen bei Staupitz hat Luther zu einer dreigliedrigen Reihe verkürzt, die ihre Vorlage deutlich erkennen läßt, wenn sie auch nicht wörtlich erhalten ist. Was Luther am Libellus interessiert haben mag, ergibt sich aus Tessaradecas und Sterbesermon. Es ist das Ineinander von bonum und malum, das in den Tessaradecas direkt zu erkennen ist und im Sterbesermon in der Form der Gegenbilder der Anfechtungen dargestellt wird. Sir. 11,26 wird für Luther zu einem Ausdruck der Gleichzeitigkeit von malum und bonum, der Dialektik von Anfechtung und Trost.

2.4 Die Aufnahme spätmittelalterlicher Sterbebuchthemen im Sterbesermon Luthers Der Sterbesermon ist dem Themenbestand nach drei Abschnitte zu gliedern.42

1. Die Verhaltensfragen (Stück 1 – 5) Leiblicher Abschied und geistlicher Abschied (das Testament machen und allen verzeihen) sind notwendig, man soll sie erledigen, aber sie sind im Zusammenhang der Sterbeschrift für Luther unwichtig. Die eigentliche Sterbebereitung beginnt erst, wenn der Mensch „sich dan alleyn zu gott (richtet)“.43 Auch Beichte und Sakramentsempfang (Ölung und Abendmahl) sind zwar Attribute der christlichen Sterbebereitung, „ßo man sie haben mag“, „wo aber nit“, so soll der Mensch doch nicht erschrecken. Der tatsächlich im Sterben vollzogene Sakramentsempfang ist auch noch nebensächliches Thema. Hier in diesem ersten Abschnitt werden die für Luther wichtigsten Themen der Sterbebücher erwähnt und als vordergründig abgetan. 40 41 42 43

Vgl. Libellus S.1 Anm. zu Zeile 17. Vgl. u. S. 42, Anm. 52. Luther selbst teilt in 20 Stücke ein, Vgl. zu dieser Methode der Aufzählung o. S. 24. Cl. I, 162, 4.

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Die Aufnahme spätmittelalterlicher Sterbebuchthemen

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2. Zweiter Abschnitt (Stück 6 – 14) Die Anfechtungen sind der Hintergrund, auf dem die entscheidende Sterbebereitung, der Trost, deutlich wird. Abgesehen von der direkten Vorlage, dem Libellus, ist hier darüber hinaus der Einfluß spätmittelalterlicher Themen zu spüren.44 3. Dritter Abschnitt (Stück 15 – 20) Die Sakramente haben eine grundsätzliche Bedeutung für den Trost, abgesehen von ihrem momentanen Empfang. Das spätmittelalterliche Themengebiet der pastoralen Anweisung spiegelt sich hier in einer theoretischen Unterweisung über die Bedeutung des Sakraments als Zeichen. Hier ist nur noch das Thema Anknüpfung an Tradition. Die Ausführung aber enthält keine geformte Tradition. Bei diesem Vergleich mit dem spätmittelalterlichen Themenbestand zeigt sich, dass alle Themen in den Rahmen der Tradition gehören.45 Bedeutsam ist, dass das Thema der Sterbesakramente nicht als pastorale Anweisung, sondern im Gegenteil als grundsätzliche Abhandlung über das Sakrament aufgenommen ist. So ist nur das Thema gleich, die Ausführung aber steht im Gegensatz zur Tradition. Dieser Vergleich zeigt weiterhin die Konzentration auf die wesentliche Auseinandersetzung von Anfechtung und Trost. Die peripheren Themen, zu denen auch der Sakramentsempfang gehört, werden vor der eigentlichen Sterbebereitung behandelt. Die Anfechtungsreihe ist der entscheidende Verbindungspunkt zur Tradition. Hier wird ein wichtiges Stück des spätmittelalterlichen Themenbestandes aufgenommen, und zwar als einziges, das die Tradition wirklich fortführt. Dieses Stück der Tradition macht einen wesentlichen Teil des Sermons aus.

44 Die Darstellung von Anfechtung und Trost in Form einer Anfechtungsreihe und Gegenreihe setzt die übliche spätmittelalterliche Anfechtungsdarstellung, die meistens in die Form eines Dialoges gekleidet ist, voraus. Das bekannteste Beispiel für diese Dialogform sind die „tentationes“ und „bona inspirationes“ der Bilderars. 45 Die Tatsache der Themenkomplexe wird von Luther selbst empfunden. Er verknüpft die beiden großen Themen Anfechtung. und Sakrament sehr umständlich miteinander: „Die tugend der sacrament zu erkennen/, muß man vorwissen die untugent/, da widder sie fechten …“ (Cl. I, 163, 23) so leitet Luther die Anfechtungsreihe ein.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

2.5 Die Anfechtungsreihe im Sterbesermon Die drei Anfechtungen des Sterbesermons beschreiben jedesmal dieselbe Situation: die Todesfurcht (1. Anfechtung) führt dazu, dass der Mensch „gottis vorgesse … vnd alßo gott am letzten ende / vngehorsam erfunden werde vnd bleybe“46 Zuvieles Ansehen der Sünde (2. Anfechtung) bedeutet „das der mensch aber muß verzagen oder unwillig werden zu sterben / vnd alßo gottis vorgessen / vnd vngehorsam erfunden“ werde.47 Mit der Höllenanfechtung (3. Anfechtung) fällt der Mensch „yn gottis haß vnd lesterung.“48 Alle drei Anfechtungen bedeuten Ungehorsam und Haß gegen Gott. Sie beschreiben die äußerste Anfechtung,49 das Erfahren der Sünde. „Unwillig sterben“ ist mehr als nur Todesfurcht, es ist die Auflehnung des Sünders gegen Gott. So ist die Todesstunde Abbild der menschlichen Situation Gott gegenüber.50 Luther hat in den Tessaradecas dieses Todesverständnis sehr viel breiter ausgeführt.51 Im Sterbesermon deutet er es in den Anfechtungsbeschreibungen nur an. Es kommt ihm hier wenig darauf an, im einzelnen seine Beziehung von Tod und ultima tentatio darzulegen, sie ist selbstverständliche Voraussetzung. Seine Absicht ist es nicht, etwas über den Tod zu sagen. Das Wesen der Anfechtungsreihe, die verschiedene gegen einander differenzierte Anfechtungen aufzählt, ist hier im Sterbesermon aufgegeben. Die Anfechtungsreihe ist undifferenziert.52 Auch sonst sind die Begriffe Tod, Sünde 46 47 48 49

Cl. I, 163, 23. Cl. I, 163, 36. Cl. I, 164, 23. Mit diesem Begriff soll hier nur das Stichwort gegeben sein für eine Sache, die Luther sehr verschieden bezeichnet: z. B. auch als Prädestinationsanfechtung. Auch die Wortkombination mors et infernus in den Tessaradecas beschreibt dieselbe Sache. Vgl. dazu u. S. 48. Dieser wichtige Gedanke der Theologie Luthers ist oft untersucht worden. Vgl. Die Literaturdarstellungen in Beintker, Überwindung S. 31 ff. 50 Eine Parallele zu dieser Deutung der Sterbestunde bietet die Erweiterung Luthers in dem mittelalterlichen Todeslied „media in vita in morte sumus“. Durch zwei weitere Verse entsteht dieselbe Reihe wie im Sterbesermon: V.1 – Tod, V.2 – Hölle, V.3 – Sünde. Dadurch handelt das Lied nun nicht mehr von der ständigen Todesbedrohtheit, sondern von der menschlichen Wirklichkeit Gott gegenüber, die der Tod kennzeichnet. 51 Vgl. u. S. 47 f. 52 Die Anfechtungsreihe in den Operationes in Psalmos zu Ps.22, 8 u. 9 ist ebenfalls undifferenziert. Auch in diesen sechs Anfechtungen wird immer nur wieder dieselbe Situation beschrieben: die Situation des Todes als Erfahrung der Sünde. Vgl. dazu Beintker, Überwindung S. 83. In spätmittelalterlichen Sterbebüchern sind die Anfechtungsreihen differenziert. Ansätze zur undifferenzierten Reihe begegnen im Libellus. Der Libellus verstand die Sterbeanfechtung auf dem Hintergrund des mystischen Erlebnisses der Gottverlassenheit. Der Traditionszusammenhang zwischen Luthers Verständnis der ultima tentatio und dem mystischen Gedanken der Gottverlassenheit zeigt sich auch an diesem Punkt der Beziehung zum Libellus. Über diese Beziehung hinaus bestehen auch noch überraschende Parallelen zur Beschreibung SEUSEs vom Tode des Gottlosen, der keine Rettung mehr zu erwarten hat und die Hölle um sich sieht. Diese Beschreibung bedient sich ähnlicher Motive: „Owe, zornliche anblik des strengen richters, wie

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Die Anfechtungsreihe im Sterbesermon

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und Hölle (oder ähnliche Zusammenstellungen) bei Luther austauschbar oder werden sogar synonym gebraucht. Mit diesem Verzicht auf eine differenzierte Anfechtungsreihe, (der kein grundsätzlicher Verzicht ist; Luther beschreibt die Anfechtung in anderem Zusammenhang durchaus auch in einer differenzierten, psychologisch vorgestellten Anfechtungsreihe53), ist eine wichtige Tatsache klargestellt. Im Sterbesermon geht es nicht um Vorgänge in der Seele zum Zeitpunkt der Sterbestunde, nicht um die Vorbereitung auf ein irgendwann einmal eintretendes Ereignis. Dieses Ereignis – der Tod – ist vielmehr nur der extreme Fall der menschlichen Situation, der den Machtbereich der Sünde erfahrbar macht.54 Die Sterbestunde ist mit der ultima tentatio gleichgesetzt.

reht scharp dinu gericht sint!“ (Seuse, ed. Bihlmeyer, S. 285, 10ff). Seuse kann die Radikalität der Sündenerfahrung nur am Gottlosen, der nicht mehr das Heil erlangen wird, beschreiben – dieselbe Sündenerfahrung, die Luther aber für den Glaubenden beschreibt. Die Quellen des Gedankens der Anfechtung Christi bei Luther sind ebenfalls in der deutschen Mystik zu suchen. Die Darstellung der Anfechtung Christi bei Luther enthält Motive der mystischen Passionsbetrachtung. Die Verbindungslinie läßt sich u. a. anhand der Verwendung von Mt. 27,39ff erkennen. Luther verwendet diesen Komplex im Sterbesermon (Cl. I. 167, 38 ff) und ähnlich in den Operationes in Psalmos (WA 5, 618, 5ff). Seine nachweisbaren Quellen sind Staupitz (ed. Knaake, S. 66), der auch für die Anfechtungen Christi jeweils ein Wort der Juden unter dem Kreuz zitiert, und der Libellus (S. 11), der an Staupitz anküpft. Der Hintergrund für Staupitz und Luther wird in der Passionsbetrachtung in Seuses Büchlein der Ewigen Weisheit Kap. XV deutlich (ed. Bihlmeyer, S. 259 ff). Auch hier wird die Angst und Todesnot Christi anhand von Mt 27 beschrieben. Die spöttischen Worte der Umstehenden martern den Gekreuzigten. Danach wird auch das „Ersterben“ des Menschen dazu in Parallele beschrieben. Allerdings unterscheidet Seuse streng zwischen innerem und äußerem Menschen. Die obersten Kräfte Christi sind im Schauen und Genießen Gottes, nur die niederen Kräfte leiden. Der Ruf Christi „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ ist auch für Seuse ein Anstoß, den er dann allerdings beseitigt. Die Weisheit, Christus, spricht: „und do ich genzklichen als gar hilflos und gelazen (= verlassen) also stunt mit nider trieffenden wunden, mit weinenden ogen … in sterbender not, do hub ich uf ein jemerlich stimme und rufte ellendklich zu minem vater und sprach ,min got, min got, wie hast mich gelazen!‘ Und doch so waz min wille mit sinem willen in ewiger ordnunge vereinet.“ (ed. Bihlmeyer, S. 272, 17 ff). Der Gedanke, ob Christus nicht wirklich von Gott verlassen ist, steht dicht hinter diesen Worten. Darum wird immer wieder beteuert, daß Christus mit seinen obersten Kräften nicht wirklich von Gott verlassen ist. Staupitz wehrt sich gegen diesen Gedanken, indem er Christi Anfechtung zu etwas Göttlichem macht. „Seine Anfechtung war die größte auf Erden, wie sein Leiden das größte war.“ (ed. Knaake, S. 66). Der völlige Umbruch im Gedanken des Exempels Christi in der Sterbeanfechtung geschieht darin, daß Luther die angedeuteten Gedanken radikalisiert und die Einschränkung fortläßt: „Er ist eben ßo wol angefochten … als wir.“ (Cl. I, 167, 37). Die Anfechtung des Menschen geschieht nicht nach dem Bilde der Anfechtung Christi, sondern Christus erniedrigt sich in seiner Anfechtung bis zur menschlichen Sünde. 53 Material dazu: P.Th. Bhler, Die Anfechtung bei Martin Luther, 1942, S. 21 ff. 54 Vgl. auch WA 19, 139 ff.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

2.6 Die Bewertung der Anfechtung und der Trost im Sakrament Die Todesstunde wird als Aufdecken des Sünderseins erfahren. Wie aber ist dieses Erfahren der Sündhaftigkeit zu werten? Die Anfechtungen sind „unzeitig“. „Im Leben solt man sich mit des todts gedancken vben …“, im Sterben ist es gefährlich und zu nichts nütze.55 Also wird die ultima tentatio doch verschieden gewertet je nach der Situation des Menschen? Im Leben soll man sich mit Tod, Sünde und Hölle konfrontieren, im Sterben ist es „unzeitig“, hier sollte man nur an Leben, Gnade und Himmel denken. Dass die Anfechtung jetzt geschieht, ist Verkehrung durch den Satan.56 Das Verhalten den Anfechtungen gegenüber ist: abwenden, nicht zerren und fechten, sondern sie fallen lassen. Die Augen fest zuhalten vor solchem Anblick.57 Auch Christus hat in seiner Anfechtung geschwiegen und getan, als höre er nicht. Eine Antwort gibt dem Feind nur wieder neuen Stoff.58 Leben, Gnade und Himmel, die Gegenbilder der Anfechtung, erfährst du, wann du Christus und seine Heiligen ansiehst. „Alßo wann du Christum und all seyne heyligen ansihist / vnd dir woll gefellet / die gnad gottes / der sie alßo erwelet hatt / vnd bleybst nur fest / yn dem selben wolgefallen / ßo bistu schon auch erwelet.“59 Der Sterbesermon fragt nun weiter: wer hilft mir, das zu glauben? Der Mensch braucht ein Zeichen von Gott, er muß sich auf etwas verlassen können. „die sacrament … (sind) … gar eyn großer trost … / vnd gleich eyn sichtlich zeichen gotlicher meynung / daran man sich halten soll mit eynem festen glauben.“60 Die Sakramente sind der Stab, auf den wir uns stützen, die Laterne, nach deren Schein wir uns richten können.61 Hier darf man sich vom Teufel keine Zweifel einblasen lassen, Glaube und Zweifel schließen sich aus.62 Der Trost, den das Sakrament vermittelt, bedeutet, dass der Mensch durch das Sakrament nicht mehr allein ist. Er ist der communio sanctorum einverleibt. Das Sakrament gibt die Zusage: die Heiligen und Engel haben mich lieb.63 Von hier aus, dem Trost aus der communio sanctorum, sind auch die Gegenbilder der Anfechtung zu verstehen, in denen Luther jedesmal wiederholt: Sieh auf Christus und seine Heiligen, dort siehst du Leben, Gnade und Himmel. Dort ist das Heilswirken Gottes verwirklicht zu sehen ohne die Überdeckung durch die Sünde. Die 55 Cl. I, 163, 25 ff. 56 Cl. I, 164, 4 f. 57 Cl. I, 165, 6 ff u. 166, 26. Die Berührung mit dem Libellus ist hier am engsten: das Verhalten gegenüber der Anfechtung und die Bewertung der Anfechtung. Die Ausdrücke sind weitgehend bei Luther und im Libellus gleich. 58 Der Rat, in der Anfechtung nicht mit dem Teufel zu disputieren klingt hier bei Luther auch an. Er ist wohl der häufigste Rat für die Anfechtung. 59 Cl. I, 166, 38. 60 Cl. I, 169, 7 ff. 61 Cl. I, 169, 11 ff. 62 Cl. I, 169, 30; 170, 9; 171, 35. 63 Cl. I, 169, 4; 170, 33.

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Die Bedeutung des Sterbesermons

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communio sanctorum repräsentiert das iustus-Sein des Menschen, das in der Welt ihm nur als Sünder zugänglich ist. „Ditz seyn alls große dinck / wer mags gleuben? darumb soll man wissen das gottis werck seyn / die großer seyn dan iemand dencken mag / vnd sie doch wircket ynn solchem cleynen tzeichen der Sacrament / das er unß lere wie groß dinck sey eyn rechter glaub tzu Gott“.64 Aus eigener Kraft können wir nicht daran glauben, wir können nichts tun als darum bitten, uns vor Gott auf Gottes Gebot zu berufen, darauf pochen, dass er uns befohlen hat ihn um den rechten Glauben zu bitten. (20. Stück). Die Bewertung der Anfechtung als „unzeitig“ und der Trost aus dem Sakrament als einem Stab, auf den wir uns stützen können, uns verlassen können, dieses beides macht die besondere Ausprägung des Sterbesermons aus. Er verzichtet weithin auf paradoxe Formulierungen.65 Er tröstet mit dem, worauf wir uns verlassen können, und redet nicht von der Notwendigkeit der Anfechtungserfahrung. Von der Anfechtung wird in der Todesstunde weggewiesen auf Leben, Gnade und Himmel. In der Todesstunde, d. h. in der Not der Anfechtung, die nur noch den Tod vor sich sieht, ist Trost gefordert. Die Not ist so sehr Wirklichkeit, dass die Notwendigkeit zu trösten eine dialektische Redeweise ausschließt. Die direkte Veranlassung für den Gedanken der „unzeitigen“ Anfechtung erhielt Luther durch den Libellus. Für beide gehört die Anfechtung in die Zeit des bonum (Libellus) oder des Lebens (Sterbesermon). Und für beide ist die Anfechtung im Tode fehl am Platz, „unzeitig“. Der Libellus überwindet die Sterbeanfechtung durch die Forderung der uneigennützigen und unreflektierten Liebe. Dies aber ist bei Luther nicht wiederzutreffen. Diese höchste Form der Verdienstlichkeit ist kein Trost angesichts des Todes und der Hölle. Er redet nur noch vom Geschenk der Gnade in der communio sanctorum, die wir im Sakrament erfahren. Die Situation beeinflußt durchaus die Form des Trostes, der Seelsorge (im Leben … im Tode. So die Unterscheidung im Sterbesermon). Nur ist die Art der Situation zu beachten. Die Situation der Sterbestunde ist nicht anders als die der Verzweiflung, der ultima tentatio. In der Darstellung der Sterbeanfechtungen geht es um die Situation des Menschen gegenüber Gott.

2.7 Die Bedeutung des Sterbesermons für die Sterbebuchgattung Die Bedeutung des Sterbesermons liegt nicht in einer Originalität der Form oder gar Überwindung der Tradition. Er hat eine direkte Vorlage und paßt sich völlig in den überkommenen Themenbestand ein. Seine Bedeutung liegt in der Radikalisierung des Themas der Sterbebücher. 64 Cl. I, 172, 23. 65 Dies ist der Unterschied des Sterbesermons zu den Tessaradecas. In den Tessaradecas antwortet der Glaubende auf die Konfrontation mit dem Tode, indem er den Tod liebt.

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Luthers „Sermon von der Bereitung zum Sterben“

Vor der eigentlichen Blütezeit der Sterbebücher im 15. Jahrhundert zeigten sich zwei Tendenzen in der Behandlung des Todesproblems: pastorales Handeln bei den Sterbenden, auf eine bestimmte Situation eingestellt, das die psychische Verfassung des Angeredeten berücksichtigt. Daneben eine aszetische Tendenz, da der Tod durch seine Furchtbarkeit geeignet ist, Buße zu erwecken. Diese beiden Tendenzen verschmelzen im 15. Jahrhundert, so hatten wir gesehen, und deuten an manchen Punkten bereits etwas völlig Neues an. Denn die Bilderars stellt in ihren Anfechtungen nicht nur eine Psychologie des Todeskampfes dar und hat gar nicht die Not der Todesstunde allein zur Voraussetzung. Staupitz’ Traktat, der völlig auf alle pastorale Anweisung verzichtet, ist an manchen Punkten mehr als nur eine Auseinandersetzung mit dem Tode, der früher oder später alle trifft. Das allmähliche Fortfallen pastoraler Anweisung im Sterbebuch und die Fragestellung der Anfechtungsreihe deutet eine Tendenz an, die die Gattung dem Rahmen der Seelsorge (im Sinne pastoraler Anweisung) und der Askese entnimmt. Typisch für diese Entwicklung ist weiterhin der Libellus. Er vermischt ein dialektisches Prinzip der Haltung im Glaubensleben, Sir. 11,26, mit der Situation der Sterbestunde. So entsteht in ihm eine gedankliche Unklarheit. Hier beginnt nun die Bedeutung des Sterbesermons. Die Sterbebereitung ist Ausdruck der christlichen Existenz, für die der Tod nur ein Bild der Situation Gott gegenüber ist. Hier wird klar, wie wenig der Begriff „Erbauungsliteratur“ auf die Sterbebücher der Reformationszeit, aber auch schon z. T. des 15. Jahrhunderts anzuwenden ist, solange man Erbauungsliteratur als situationsgebunden – für allerlei Fälle – oder ihr Ziel als Askese – frommes Leben – versteht. Indem Luther pastorales Handeln fortläßt und außerdem die Anfechtung nicht als Vorgang in der Seele des Sterbenden beschreibt, sondern sie ein Bild der menschlichen Situation sein läßt, ist diese Schrift, das Sterbebuch, theologischer Traktat. Theologie, deren Aufgabe es ist zu trösten, also durchaus Seelsorge, aber nicht Situationsseelsorge („spezielle Seelsorge“). Die Not der Anfechtung begegnet nicht im einzelnen Fall, sondern sie ist ständiges Gegenüber des theologischen Redens, das nur damit – als Trost – überhaupt wahr ist. Von diesem Blickpunkt aus muß die Bedeutung der Sterbebuchgattung und ihre Entwicklung gesehen werden. Wieweit ist das Thema Sterbetrost Spiegelung der Aufgabe aller Theologie, und wo beginnt die Erbauungsliteratur? So wird im Folgenden darzustellen sein: die Zeit des Sterbebuches als reformatorischer Traktat, die Zeit der direkten Schule des Sterbesermons. Danach das Einfließen pastoraler Anweisungen und drittens die stärkere Spezialisierung der seelsorgerlichen Aufgabe auf die Situation und damit verbunden die Vielfalt der Formen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Mit der Darstellung des Sterbesermons soll die Bedeutung der Sterbebuchgattung klar geworden sein, eine Bedeutung, die schon im 15. Jahrhundert beginnt und im Sterbesermon Luthers ihre radikalste Form findet.

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Weitere Sterbetrostschriften Luthers

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2.8 Weitere Sterbetrostschriften Luthers 1. Die „Tessaradecas consolatoria pro laborantibus et oneratis“ 1520 Die „Tessaradecas consolatoria“ sind vor dem Sterbesermon als Trostschrift für den kranken Kurfürsten geschrieben.66 Die Schrift ist sehr eigenartig aufgebaut. Sieben mala und sieben bona umgeben den Menschen (in, vor, hinter, unter, links, rechts, über uns). Luther knüpft an die bildliche Darstellung der 14 Nothelfer an.67 Dem verbreiteten massiven Trostmittel der Nothelferanrufung, er nennt es Aberglaube68, will er eine rechte consolatio spiritualis69 entgegenstellen in 14 Tafeln. Die Eigenart des Aufbaus entsteht durch das „stereometrische“ Schema.70 Eine konkrete Vorlage dafür ist nicht bekannt. Diese Konstruktion ist in Zusammenhang mit Exerzitientradition zu bringen, wie sie z. B. bei Bonaventura begegnet.71 Die anima devota wendet sich ad interiora, exteriora, inferiora, superiora. Die Anregung zur Formung der Tessaradecas geht auch vom Libellus aus. Hierher stammt das Motto Sir. 11,2672 und der Gedanke der Gegenüberstellung von bona und mala. Die Zweideutigkeit der bona und mala ist der entscheidende Verbindungspunkt zum Libellus. Die daraus entstehende Dialektik hat Luther am Libellus interessiert, wenn er auch damit etwas völlig anderes meint. Der Gattungsform nach sind die Tessaradecas keine Sterbetrostschrift, 66 Text: WA 6, 104 – 134. Spalatin hatte Luther um eine Trostschrift für den Kurfürsten gebeten. Am 22. Sept. 1519 schickte Luther ihm den lateinischen Text mit der Bitte um Übersetzung. Gedruckt ist die Schrift Februar 1520. 67 Vgl. Preuss, das Frömmigkeitsmotiv S. 218. 68 WA 6, 106, 8. 69 WA 6, 106, 4. 70 Preuss, das Frömmigkeitsmotiv S. 229. 71 Bonaventura, Soliloquia de quatuor mentalibus exercitiis, abgedruckt in Doctoris Seraphici S. Bonaventurae opera omnia, Tom. VIII, 28 (1898): „Debet enim anima devota per mentale exercitium contemplationis radium reflectere primo ad interiora sua, ut videat, qualiter sit formata per naturam, deformata per culpam, reformata per gratiam. Secundo debet convertere radium contemplationis ad exteriora, ut cognoscat, quam instabilis sit mundana opulentia, quam mutabilis mundana excellentia, et quam miserabilis mundana magnificentia. Debet etiam tertio radium contemplationis convertere ad inferiora, ut intelligat humanae mortis inevitabilem necessitatem, iudicii finalis formidabilem austeritatem, poenae infernalis intolerabilem poenalitatem. Debet quarto convertere radium contemplationis ad superiora, ut cognoscat et sapiat caelestis gaudii inaestimabilem pretiositatem, ineffabilem delitiositatem et interminabilem aeternitatem.“ Die Versuche von Preuss, Vorlagen für die Tessaradecas beizubringen, sind mit Appel, Anfechtung S.120 als gescheitert anzusehen. Die Motive sind zu allgemein. Auch mit dem Bonaventuratext ist keine direkte Vorlage gemeint, sondern hier soll nur eine Exerzitientradition belegt werden, die in den Tessaradecas nachklingt. In eine ähnliche Richtung weist der von Preuss beigebrachte Text: Pseudo-Bernhard MPL 184, 1137, 7 bei Preuss S. 225: Quatuor esse dicuntur, quae nostrae gratiam devotionis adaugent. Memoria peccatorum … Recordatio poenarum … Consideratio peregrinationis … Desiderium vitae perennis. 72 Vgl. o. S. 39.

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sondern eine allgemeine Trostschrift. Trotzdem gehört sie in unseren Zusammenhang, denn ein wesentlicher Teil der Schrift behandelt den Tod. Die Bedeutung des Todes in den „Tessaradecas consolatoria“. Die Haltung dem menschlichen Leiden (den mala) gegenüber entscheidet sich an der Haltung zum Tod, Er ist der äußere Grenzfall des malum.73 Mit ihm muß der Mensch rechnen, während er anderen mala meint ausweichen zu können. An seinem Ernst findet jeder Trost sein Kriterium. Für die Christen ist der Tod eine viel ernstere Bedrohung, als es das menschliche Ableben allein sein könnte. Das sagt Luther mit der ständig wiederkehrenden Wortzusammenstellung: mors et infernus. Immer wenn er diesen Ausdruck gebraucht, meint er das Erfahren der ira dei, die ultima tentatio. Die Kombination mors et infernus schützt also vor dem Mißverständnis des Todes als natürlichem Tod. Die sichtbaren mala sind nur Abbild, „quaedem monitoria“74, des eigentlichen malum, des Sünderseins mit seinen Konsequenzen. Der Glaubende, der so seine Situation erkennt, antwortet darauf, indem er den Tod zu lieben beginnt. Wer ihn nicht liebt, in dem ist die fides Christi „infirma“.75 „mortem amare“ ist das einzige Werk des Glaubens, das er der Sünde (mors et infernus) entgegensetzt. Es bedeutet die völlige Aufgabe der natürlichen Empfindung, das Anerkennen des eigenen Todes, da das Ende der Sünde der Tod ist.76 So wird der Tod Anfang des Lebens. Die Bedeutung des Todes in den Tessaradecas verstärkt das zum Sterbesermon Gesagte. Wie der Tod Prototyp alles Übels (malum) ist, so muß jeder Trost auch Sterbetrost sein.

2. Die Auslegung von Ps. 21 (22) in den Operationes in Psalmos 1521 77 Ein Teil der Auslegung von Ps. 22 ist weitgehend als Sterbeschrift anzusehen. Sie ist auch in einer Auswahl als Einzeldruck mit dem Sterbebuchtitel erschienen.78 Die von Maurer durchgeführte Parallelsetzung von Teilen der Operationes mit einzelnen „Erbauungsschriften“ (Maurer) der Jahre 1519/ 2079 bewahrheitet sich auch für die Sterbeschriften Luthers. Die Auslegung 73 WA 6, 109, 25 f „… omnium terribilium maximum dicitur“. Luther knüpft an die allgemeine Meinung an wie oft in den Tessaradecas. Dieser Satz über den Tod taucht in den Sterbebüchern häufig auf z. B. Bilderars Blatt 1. 74 WA 6, 107, 18. 75 WA 6, 123, 9 ff. 76 WA 6, 115, 10 ff amare mortem gehört bei Luther in den Gedankenzusammenhang der resignatio ad infernum. 77 WA 5, 589ff geschrieben Februar 1521. 78 WA 5, 16 Nr. i. Vonn dem hailigen leyden Christi, wie wir das zu der zeit vnsers sterbens sollen brauchen … 1524. 79 Maurer (von der Freiheit eines Christenmenschen 1949) interessiert die Beziehung zwischen Vorlesung und Volksschrift. Die zeitliche Priorität der wissenschaftlichen Vorlesung gegenüber dem Erbauungsbuch ist für den Sterbesermon nicht gegeben. PS.22,8 u. 9 in den Operationes ist später als der Sterbesermon geschrieben.

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Weitere Sterbetrostschriften Luthers

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enthält eine Anfechtungsreihe.80 Die Anfechtung Christi in ihrer Bedeutung für den Tod – die ultima tentatio ist Thema. So sehr wir im 16. Jahrhundert den Spuren des Sterbesermons begegnen, so wenig scheint sowohl Tessaradecas als auch diese Sterbeschrift in den Operationes im Rahmen der Sterbebuchgattung verwertet worden zu sein.

3. „Ob man vor dem Sterben fliehen möge“ 1527 81 Diese Schrift ist ein Gutachten Luthers über das Verhalten bei Seuchen. Neben den eigentlichen Sterbeschriften begegnen solche Gutachten im 16. Jahrhundert häufig. Sie sind keine Sterbebücher, da sie mehr praktische Fragen behandeln. Oft werden sie mit medizinischen Pestbüchern zusammen gedruckt, so auch diese Lutherschrift.82

80 Vgl. Beintker, Überwindung S. 83, der für diese Stelle eine Parallele aus Lyra, Glossa ordinaria nachweist (S. 83 Anm.8). Die Anfechtungsreihe hält sich eng an die Verse des ausgelegten Psalms. 81 WA 23, 323 ff. 82 Marburg 1554. Vgl. Dommer, die ältesten Drucke Nr. 113.

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3. Kapitel: Die Schule von Luthers Sterbesermon: Sterbeschriften als Traktate über das Sündenverständnis 3.1 Die Traditionen der Anfechtungsreihe Durch Luthers Sterbesermon hat die Sterbebuchgattung einen wesentlichen Impuls empfangen. Das Sterbebuch bekam grundsätzliche Bedeutung. Bis zu dem Einfließen neuen Materials – besondere in Form liturgischer Stücke – ist der Sterbesermon fast ausschließlich prägender Buchtypus. Diese Gruppe von Sterbebüchern ist wohl als Höhepunkt der Gattung anzusehen.1 Entscheidend für die Ausprägung dieser Schule des Sterbesermons ist die Anfechtungsreihe. Für die Sterbeschriften des Venatorius (1527) und des Rhegius (1529) sind die Anfechtungen des Sterbesermons: Tod, Sünde und Hölle direkt übernommenes Thema, das aber neu behandelt wird. Auch Gttel (Sermon 1523), der z. T. den Sterbesermon ausschreibt, behandelt dieses übernommene Gut dann selbständig. Andere Schriften formen eine neue, meistens umfangreichere Reihe, so die anonyme Schrift „nunc dimittis“ (1532) und Osiander (1538). Die Nachwirkung des Sterbesermons ist hauptsächlich Nachwirkung seiner Anfechtungsreihe und Anfechtungsinterpretation. Als formal festestes Glied des neuen Themenbestandes erweist sich in allen Fällen die Erwählungsanfechtung. Eine wörtliche Anlehnung an Luther, die sonst selten ist, wird hier oft gefunden. So sehr die Erwählungsanfechtung aber bei Luther Schlüssel zum Verständnis der ganzen Anfechtungsreihe ist,2 so wenig gilt dies für die daran anschließende Gruppe der Sterbeschriften. Sie ist nicht wirklich lebendig, und wird meistens nur der Vollständigkeit halber erwähnt.3 Die eigentliche Problematik geht bei der Erwählungsanfechtung verloren, sobald sie gegenüber der Sündenanfechtung differenziert wird. Die Sorge um die Erwählung ist in dieser Form zweitrangig gegenüber der Angst um die Sünde und den Zorn Gottes. Über den Rahmen dieser Gruppe von Sterbeschriften hinaus bleibt die Erwählungsanfechtung in einer ähnlichen Form durch das ganze 16. Jahrhundert erhalten. Wie sehr dieser Gedanke späterhin 1 In der Sekundärliteratur ist diese Gruppe kaum bekannt. Althaus, Gebetsliteratur, behandelt sie nicht, weil sie im allgemeinen keine Gebetstexte enthält. 2 Vgl. o. S. 42 Anm. 49. 3 So bei Osiander, und im „nunc dimittis“.

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Die Traditionen der Anfechtungsreihe

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nur noch in der Erinnerung an Luther lebendig bleibt, zeigt die Erwähnung bei Beust (1592): „quando tibi suggerit (Satanas) periculosam illam cogitationem de praedestinatione, quam inferni tentationem appellant, … ut eleganter tradit Lutherus in sua concione de morte.“4 Das sachliche Gewicht der Anfechtungsreihe liegt für diese Gruppe der Schriften auf der Sündenanfechtung. Hier ist die Bedeutung des Sterbesermons zu sehen. Diese Sterbebücher behandeln durchweg die Auseinandersetzung mit dem Tode als Auseinandersetzung mit der Sünde. Hier formuliert jeder Verfasser neu. In einigen Fällen wird überhaupt nur diese Anfechtung behandelt, die Anfechtungsreihe ist überflüssig geworden (so bei Diepold 1522, Castenbaur 1523 und Schwenckfeld 1537). Traditionsgeschichtlich ist auch diese eine Anfechtung auf dem Hintergrund der Anfechtungsreihe zu sehen. Die starke Betonung der Sündenanfechtung verbindet sich mit einem Zurücktreten der Todesanfechtung. Brenz (1529) interpretiert sie als Sorge um die Familie, sie hat also nur vordergründige Bedeutung. Osiander versteht sie als Sündendanfechtung angesichts des Todes. Der Tod selbst ist also nicht das Problem. In den meisten Fällen aber wird sie gar nicht erwähnt, wichtig ist allein die Sündenanfechtung.5 Die Anfechtungsreihe bestimmt also die Sterbeschriften der Lutherschule. Andere Themen des Spätmittelalters werden nicht behandelt, die Tradition der Ars moriendi ist nicht lebendig. Trotz der großen Vorliebe für die Anfechtungsreihe begegnet die Anfechtungsreihe der Bilderars auch nicht in einer einzigen Andeutung. Die Konzentration der Themen auf die Anfechtungsreihe führt dazu, dass alle Gedanken dem Tod gegenüber zur Anfechtung werden. Das Verhalten gegenüber der Familie und anderen Menschen, ursprünglich aus dem Bereich der pastoralen Anweisung stammend, wird allmählich Glied der Anfechtungsreihe. Venatorius bringt im Anschluß an Luther diese Frage noch als vordergründig, aber schon sehr viel ausführlicher. Bei Brenz ist die Not um die Kinder Inhalt der Anfechtung mit dem Tode. Bei Osiander und im „nunc dimittis“ ist die Sorge um die Familie formal gleichberechtigte Anfechtung neben der durch Sünde und Hölle. Der Vergleich des Themenbestandes dieser Sterbebücher mit dem der Tradition ergibt: Luther, der selbst völlig in den Rahmen des spätmittelalterlichen Themenbestandes gehört, ist hier fast ausschließlich Vermittler des spätmittelalterlichen Gutes, das nur noch in der durch ihn isolierten Anfechtungsreihe fortbesteht. Die reformatorischen Schriften wandeln damit die Bedeutung der Gattung dem Spätmittelalter gegenüber um.

4 Beust, quartum praeceptum. 5 So bei Schwenkfeld, Diepold, Castenbaur und „nunc dimittis“.

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Die Schule von Luthers Sterbesermon

3.2 Reformatorischer Trost als Sterbetrost Eine Literaturform der frühen Reformationszeit wirft einiges Licht auf die Bedeutung der Sterbebuchgattung im Rahmen der theologischen Literatur. Es gibt Schriften, die aneinandergereiht mehrere Themen behandeln, die grundsätzliche Auskunft über die Reformation geben sollen. In ihnen wird neben Messe, Beichte, Buße und guten Werken häufig der Sterbetrost behandelt. Die Beobachtung dieser Titel zeigt, dass hier etwas Grundsätzliches und Wesentliches gesagt werden soll.6 Zu dieser Bedeutung kommt der Sterbetrost, weil in ihm Entscheidendes über das neue Sündenverständnis gesagt wird.7 Spiegel des Sündenverständnisses ist die Deutung der Sterbestunde. Stephan Castenbaur (1523),8 der ursprünglich von mystischen Gedanken geprägt ist, versteht die Todesnot als Gericht Gottes in der Begegnung mit der eigenen Sünde – im Anschluß an Luthers Sterbesermon.9 Ohne die Verkündigung von der geschenkten Gnade ist hier kein Trost möglich. Christi Verdienst macht alle noch so große Sünde zu verziehener Sünde, wem wollte da das Sterben schwerfallen? Castenbaur verdeutlicht das reformatorische Anliegen im Sterbetrost viel handgreiflicher als Luthers Sterbesermon. Er beschränkt sich auf eine kurze Darstellung der Todesnot als Sündennot und sagt in eindringlichen Sätzen reformatorische Grundgedanken, z. T. noch in Wendungen der deutschen Mystik.10 Wenn wir zum Sterben bereit sind, dann wird der Tod 6 Die Titel solcher Schriften: 1. Diepold, Ain nutzliche Sermon zu allen Christenmenschen von der rechten Evangelischen mess vnd von beraytung zu dem Tisch Gottes, von dem Trost der sterbenden menschen … 1522. 2. anonym, Euangelische lere vnnd vermanung eines sterbenden menschen zu den sacramenten vnd hienfahrt. Item was ein mensch betrachten soll, das da will fruchtbarlich vnd christlich Meßs horen. Item was du auff den Sontag solt gedencken. Item … 3. anonym, Vom Grund Gutter vnd Falscher Werck. von bereytung zu einem seligen vnd Frölichen todt … 4. Borner, Anfangk eines rechten Christlichen Lebens. von der waren pus. von der Beycht. von der Bereitung zum hochwirdigen Sacrament. wie man ein sterbenden menschen trösten sol. Borner faßt unter diesem Titel mehrere Lutherschriften zusammen. Auch der Sterbeteil ist nur ein Auszug aus dem Sterbesermon. 7 Die Anwendung von Polemik in den Sterbeschriften erhärtet diesen Eindruck. Gegenstände der Polemik sind vorläufig nicht Fegefeuer, Seelenmessen, Sterbesacramente und ihr Mißbrauch, sondern der Verdienstglaube. Es geht primär nicht um den Tod, sondern um die Sünde. Vgl. solche Polemik bei Diepold und Gttel, sterbb Büchlein Bl. Aij b. 8 Stephan Castenbaur od. Agricola (1491 – 1547). Die Sterbeschrift ist von ihm im Gefängnis geschrieben und noch z. Zt. seiner Gefangenschaft durch einen Freund herausgegeben worden. Zu Castenbaur Vgl. Neue Deutsche Biographie und RGG 3. Aufl. s.v. Agricola. 9 In der Darstellung der Sterbeanfechtung bl. Aiij und Aiij b. 10 Besonders in der Einleitung der Sterbeschrift. An die eigentliche Sterbeschrift, die nur 3 Druckseiten umfaßt, sind 86 Thesen über die rechte Passionsbetrachtung angehängt. In ihnen wird in mystischer Sprache und mystischen Gedanken der Grundgedanke von Luthers „Sermon von der Betrachtung des hl. Leidens“ 1519 wiedergegeben. Man soll den leidenden Christus lieben, „mitleiden“, „beschmerzigen“ Vgl. z. B. Stück 5. Der Schmerz, den der Mystiker nach-

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Reformatorischer Trost als Sterbetrost

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zum Leben „durch Christum ist es (das leyblich sterben) ain kostbarliche guthait worden.“11 Die Anfechtungsreihe wird auf diesem klaren Hintergrund nebensächlich, sie klingt nur noch an. Eigentlich tut Castenbaur sie ab: „… und der gleychen / mer ding so dir der teuffel für wirt halten / dann so sag nu es sol wol also sein wa sein barmhertzigkait mir durch Jhesum Christum nit geschenckt wer / und du wöllest nit mit aygner gerechtigkait zu got tringen / sonder du habst den gunst Christi / des du brieff und sigel hast in der tauff und flaisch und blut Christi / den mag gott nit verschmehen darauff laß dich festigklich / und far hin im glauben“.12 Eine mehr bewußte Grundsätzlichkeit begegnet in der Sterbeschrift des Johann Diepold.13 Hier wird der Zusammenhang von Sterbetrost und reformatorischem Trost überhaupt schon fast lehrmäßig verhandelt. Diepold projiziert die Hauptfrage der Reformation aus der Gesetzesnot heraus in vereinfachter, populärer Form in die Sterbeanfechtung: „Er mug nit selig werden / er hab nichtes guts gethan“ (Bl. A2). Diepolds Darstellung zeigt, wie sehr mit dieser Klage ein Zeitgefühl ausgesprochen ist. Der Trost Diepolds hat entsprechend die Grundaussage der Entdeckung Luthers zum Inhalt „wann so der mensch lebte biß an den jungsten tag / so mocht er das ewig leben nit verdienen. Christus nit aus den wercken … sonder nach seiner barmherzigkeyt / hat er uns selig gemacht“ (Bl. A2). Die Todesstunde ist von Diepold in ihrer entscheidenden Bedeutung für die Verdiensthoffnung erkannt. Hoffnung auf eigenes Verdienst kann nur da sein, wo noch Leben ist. Dem Verdienstglauben wird von der Tatsache des Todes das Gericht gesprochen: „o solt ich noch ein monat leben / ich wolt den hymel verdienen“ (Bl. A2), aber es ist nun zu spät. Die Situation des Sterbenden ist darum so geeignet, Grundgedanken der Reformation zu erklären. Die Antithese zum Trost ist in die Form der Anfechtung gekleidet. Anfechtung und Trost sind eine Form der dialektischen Gedankenführung. Damit ist die Anfechtung nur noch sekundär als psychisches Erlebnis empfindet, ist aber reformatorisch verstanden: er bedeutet „der sünde sterben“, sich selbst als Sünder verstehen lernen, denn meine Sünde ist des Leidens Ursache (so auch Luther im Passionssermon), nicht aber kann man mit der Leidensbetrachtung die eigene Sünde abverdienen. (Stück 49). Die Beschreibung der Größe des Leidens Christi (Stück 39) ist mystisches Gut. Christus ist von Gott verlassen, aber nur „nach der menschhayt“, nicht „das er were überwunden worden von dem Leiden“ (Stück 32). Mystisches Vergleichsmaterial dazu Vgl. o. S. 42. Aber dieser mystische Gedanke ist wieder reformatorisch verstanden. Die Überwindung des Teufels kommt nicht aus der Göttlichkeit Christi, sondern aus dem elenden Menschen Christus (Stück 35). 11 Bl. Aiij. 12 Castenbaur, Bl. A3b und A4. 13 Joh. Diepold war Prediger in Ulm. Er hat in den Jahren 1522/23 mehrere Sermone drucken lassen, die auch recht oft nachgedruckt wurden. Über sein Leben ist eigentlich nichts bekannt, obwohl seine Schriften ihn durchaus als bedeutend ausweisen und wohl auch viel gelesen wurden. Über sein Meßbüchlein Vgl. Smend, Messe, S. 32 ff. Einige Titel seiner Schriften in Zerener, Studien S. 72 ff. Diepold übersetzte den Brief Oekolampads an Hedio, vgl. Staehelin, Oekolampad, S. 162 u. 165. Die Sterbeschrift ist zitiert nach dem anonymen Druck Leipzig 1522.

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Die Schule von Luthers Sterbesermon

vorgestellt. Das Unpsychologische wird bei Diepold noch unterstrichen durch die Einzahl der Anfechtung, eine Konsequenz aus der Undifferenziertheit der Anfechtung bei Luther. Diepold polemisiert gegen die katholische Trostpraxis bei Sterbenden: „o yr munch / pfaffen vnd nonnen / wie kundt yr so wol den sterbenden menschen trosten / yr machent sie forchtsam / vnd zweyfelheftig.“ Denn diese erinnern ihn an den strengen Richter, an das Urteil Gottes und fordern ihn dann auf: „streyt ritterlich“, dann kannst du die Seligkeit verdienen.14 Nicht die vordergründige Form der Trostpraxis durch die Sterbesakramente wird angegriffen, sondern der Verdienstglaube. Sobald der Sterbetrost in Aufforderung zum Kampf gegen die Anfechtung besteht, wird vorausgesetzt, dass der Mensch kämpfen und überwinden kann und sich damit die Seligkeit verdient. In der Konsequenz der reformatorischen Theologie liegt es, dass das Ideal des christlichen Ritters in der Sterbeanfechtung keinen Trost geben kann. In beiden Schriften, bei Castenbaur und Diepold, begegnet der Sterbetrost als Verkündigung der geschenkten Gnade. Beide Schriften müssen gattungsmäßig gerade hierin auf dem Hintergrund des Sterbesermons Luthers gesehen werden. Die Modifikation Luther gegenüber besteht darin, dass das Erlebnismoment der ultima tentatio im Sterbesermon hier einer größeren Grundsätzlichkeit gewichen ist. Das Sterbebuch behandelt in dieser Zeit eine Frage, die nicht erst im Tode akut wird. Daraus ist auch die lange Zurückhaltung gegen liturgische Formeln, die ja immer auf eine bestimmte Stunde berechnet sind, zu erklären. Der radikal verstandene Zusammenhang von Sünde und Tod macht den Sterbetrost zum Spiegel allen Trostes überhaupt.

3.3 Die Überwindung der Sterbeanfechtung als Kampf des christlichen Ritters Die Anwendung des Ritterideals auf die Todesüberwindung ist in Bildern und Dramen des 16. Jahrhunderts eines der häufigsten Motive.15 Die Abgrenzung gegen die kämpfende Überwindung der Sterbeanfechtung im Sterbesermon 14 Diepold bl. Aij b u. Aiij. 15 Die Anwendung auf den Tod besagt in fast allen Fällen eine Todesüberwindung aus Todesüberlegenheit und -verachtung. Bekanntester Ausdruck dafür ist Dürers Bild vom Ritter, Tod und Teufel. (Über die Entstehung dieses Motives in der Kunst Vgl. P. Weber, Beiträge zu Dürers Weltanschauung, 1900.) Im 16. Jahrhundert entsteht eine ausgedehnte Gruppe von Dramen, die das alte Jedermannsmotiv mit dem Ritterideal kombinieren. Luthers „Tod, Sünde, Hölle“ begegnet in diesen Dramen öfter unter den allegorischen Figuren, die den Ritter bedrängen. (Über diese Dramen Vgl. K. Koedeke, Everyman, 1856, und W. Rehm, Todesgedanke S. 149, Anm. 2). Das Ritterdeal, das im Anschluß besonders an Eph. 6 immer Bedeutung hatte, ist im Mittelalter eng verknüpft mit dem Ideal des christlichen Pilgers. Seit dem Enchiridion militis christiani des Erasmus (1503) begegnet es auch öfter als Thema der Erbauungsliteratur. Die bekanntesten Erbauungsschriften zu diesem Thema stammen von C. Huberinus, vomm Christlichen Ritter, 1545, und J. Spangenberg, Ein new Trostbüchlein … und vom christlichen Ritter, 1543, in denen

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Die Überwindung der Sterbeanfechtung

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Luthers16 und in Diepolds Verdienstpolemik17 zeigt, wie wenig die Sterbebuchgattung für eine beginnende individualistische Todesüberwindung in Anspruch zu nehmen ist.18 Indem die Begegnung mit dem Tode ihren Ausdruck in der Sterbeanfechtung findet – und das ist das wesentliche Anliegen der Sterbebücher dieser Zeit – wird das Todesproblem auf einer ganz anderen Ebene verhandelt, als etwa im Ackermann von Böhmen und in der ConflictusLiteratur.19 Auf diesem Hintergrund gibt sich die Anwendung des Ritterideals auf die Todesüberwindung als beginnende Säkularisierung des Todesverständnisses zu erkennen. Die reformatorischen Sterbebüchlein machen sich also gerade nicht die individualistische Tendenz der Todesdeutung zu eigen, sondern radikalisieren den Ansatz der spätmittelalterlichen Sterbebüchlein. Insofern gehört die Sterbeliteratur durch die Fragestellung der Sterbeanfechtung als geistesgeschichtliches Phänomen nicht in die Neuzeit. Diese hier aufbrechende Diskrepanz zwischen Sterbetrost und ritterlicher Todesüberwindung verdeutlichen zwei reformatorische Sterbeschriften, die in die nächste Nähe Luthers gehören und die entweder zu einer Zweigleisigkeit von Trost und ritterlicher Überwindung oder zu einer völligen Abwandlung des reformatorischen Trostes gelangen, da sie den Gegensatz – anders als Diepold – nicht erfassen können. Diese beiden Schriften sind: C. Gttel, Sermon, 1523, und die anonyme Schrift „nunc dimittis“ 1532. Die Schrift Gttels20 ist mit Lutherreminiscenzen durchsetzt. Die Dar-

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ähnlich wie in den Ritterdramen in dramatisierter Form der Ritter mit allegorischen Figuren redet. Über die Bedeutung des Ritterideals für die Verehrung des Reformators Luther 16. Jahrhundert Vgl. E. Schmidt, Der christliche Ritter, in: Deutsche Rundschau, 1890. CI.I,165, 3ff: „Wer nu wol mit yhn fechten will / vnd sie außtreiben / dem wirt nit gnug seyn / das er sich mit yhn zerre vnd schlage / odder ringe / dan sie werden yhm zu starck seyn / vnd wirt erger vnd erger. Die kunst ists gantz vnd gar / sie fallen lassen / vnnd nichts mit yhn handeln …“ Luther polemisiert nicht gezielt gegen die Kampfterminologie wie Diepold, trotzdem aber kommt die Überwindung von Anfechtung und Tod für ihn nicht durch menschlichen Kampf zustande, (Vgl. Beintker, Überwindung S. 74 f) auch wenn er vom Kämpfen redet, wie die zitierte Stelle zeigt. Vgl. o. S. 53. Die Sterbebuchgattung, deren Blüte ja wohl im 15. und 16. Jahrhundert liegt, darf nicht ohne weiteres als Renaissance-Phänomen im Sinne einer individualistischen Todesüberwindung angesehen werden. So ist auch kaum der Ackermann von Böhmen als Vorläufer von Luthers Todesauffassung anzusehen. Rehm, Todesproblem, S. 138 – 188 über das Todesproblem im 16. Jahrhundert setzt durch eine falsche Lutherinterpretation völlig falsche Akzente. Er sagt (S. 142): „Luther fordert auch vor dem Tod Persönlichkeitserlebnis und -verteidigung … Todesüberwindung – das ist das große und mächtige Evangelium, das Luther unermüdlich verkündet, Todesverachtung des furchtlosen und glaubensstarken Menschen im keuchenden Kampf …“ So sieht er Luther in einer Linie mit dem Ackermann von Böhmen und im Gegensatz zur Ars moriendi-Literatur. Hier ist aber kein Gegensatz Luthers zur Ars moriendi. Ein Beispiel für die Conflictus-Literatur: Vadian, Dialog mit dem Tode, 1511. Vgl. W. Nf, Vadian und seine Stadt St. Gallen, 1944 S. 312 ff. Caspar Gttel, 1471 – 1542. Augustiner und Freund Luthers. Er wirkte als Reformator in Zwickau und Eisleben. Zur Biographie Gttels und Bibliografie seiner Schriften Vgl. G. Kawerau, Caspar Gttel, ein Lebensbild. In: Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und

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Die Schule von Luthers Sterbesermon

stellung der Anfechtungen und der Gegenbilder ist aus Luthers Sterbesermon übernommen. Halbe Sätze Luthers sind mit eigenen Überleitungen versehen. Gttel hat aber durchaus seine eigene Auffassung vom Sterbetrost, auch wenn er den Sterbesermon ausschreibt. Er greift das reformatorische Verständnis von Verkündigung als Trost auf. Der Sterbetrost hat von Glauben zu reden „das gantz christliche wesen / vnnd des Christen trost / nicht alleyn ym leben / sonder auch ym sterben (ist) eynig vnnd allein / durch den Glauben auff Christum / gegründt vnnd erbawet“.21 Wie versteht er nun den Glauben, um den es im Sterbetrost geht? Das Christsein entscheidet sich nicht an Glaube oder Zweifel, sondern an starkem oder schwachem Glauben. Der starke Glaube ist gefordert. Der Fels (Mt 16) ist ein häufig wiederholtes Bild des „bestendiglichen“ Glaubens.22 Der rechte Glaube ist der rechtschaffene, starke, beständige Glaube.23 Wie drückt sich dieses Starksein aus? Der Glaube kämpft, um die Sünde abzutöten. Mit dem Bild vom christlichen Ritter im Zusammenhang der Anfechtungen kennzeichnet er, wie sehr es um Kämpfen und Überwinden geht.24 Aus diesem Gedanken heraus wendet er den Sinn der aus Luther zitierten Stücke teilweise völlig um. So die Sündenanfechtung: Es ist schon richtig, sich im Gewissen selbst zu strafen. Das ist ein Teil des Kampfes. Die Anfechtung besteht darin, dass das Gewissen sich selbst nicht genug straft. Sündenanfechtung heißt für Gttel: der Teufel wirft dem Menschen vor, dass er im Leben nicht genug bereut hat.25 Bei diesem Glaubensverständnis kann der Trost in der Sterbestunde nur im Rückgriff auf den Glauben in gesunden Tagen geschehen. Ein Bestehen in der Anfechtung ist nur möglich, wenn man vorher den Glauben geübt hat. Die Überwindung der Anfechtung ist Bild des Lebens, der Gnade und des Himmels, wie Gttel aus Luther übernimmt. Sie wird als Übung des Glaubens zu Lebzeiten verstanden, nicht aber als Trost des Sterbenden, der nichts hat, das er voraussetzen kann. Die Passivität im Trostempfang bei Luther wird verändert zur Aktivität der Glaubensübung, die eben vorher stattzufinden hat.26 Damit aber ist das eigentlich reformatorische Anliegen des Sterbetrostes aufgegeben. In der anonymen Sterbeschrift „nunc dimittis“ führt die Kampf- und Ritterterminologie zu einer Uneinheitlichkeit der Gedanken. Es sind fünf Anfechtungen, die den Sterbenden treffen. Kampf und Überwindung in der Sterbestunde ist christliche Ritterschaft.27 Die einzelnen Anfechtungen sind nicht mehr vom Sterbesermon aus verstanden, vielmehr bilden sie eine sehr

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Altertumskunde 14. Jg. 1882, S. 33 – 132. Der Sermon, der nur anonym erschienen ist, ist wahrscheinlich eine in Zwickau 1523 bei einem Besuch gehaltene Predigt. (Kawerau S. 81ff). Gttel, Sermon, bl. aij b. Gttel, Sermon, bl. aiij. Gttel, Sermon, bl. aij b u. ö. Gttel, Sermon, bl. biij. Gttel, Sermon, bl. bij. Gttel, Sermon, bes. Bl. b2b. „nunc dimittis“ Bl. A2b (Nr. 1 in der Bibliografie).

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Die Überwindung der Sterbeanfechtung

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psychologisch vorgestellte, differenzierte Reihe.28 Die reformatorische Sterbeanfechtungsdeutung ist nicht aufgenommen. Damit ist auch die Verbindung des Anfechtungskampfes mit Ritterschaft und ritterlichem Überwinden zu erklären. Der Trost – in Form von Aussagen Simeons als Auslegung von Lk.2 – entspricht den Anfechtungsdarstellungen nicht. Bis in einzelne Formulierungen spürt man hier die Nähe zu Luther. Alle Grundgedanken reformatorischen Sterbetrostes sind wiedergegeben. So entstehen gedankliche Lücken zwischen Anfechtung und Trost. Der Teufel macht dem Menschen das zukünftige Leben verächtlich: „Ich weis wol wie es hie ist / weis aber nicht wie es dort mit mir zugehen wird.“29 Nun beginnt der Trost, ganz richtig als Antwort darauf: Simeon „beschreibt uns das zukünfftige leben“. Dann wird der Gedanke aber aufgegeben, und der unbekannte Verfasser fährt fort: „Inn das hymelreich gehören die … diener … dieses kindleins“, nicht aus Verdienst, sondern aus Gnade.30 Hatte die Anfechtung vom Mißtrauen gegen die unbekannte Zukunft geredet, so wird nun im Trost der Gedanke nicht weitergeführt. Der Trost beschreibt nicht das zukünftige Leben, sondern die Gnade Gottes, die den Menschen ohne Verdienst aufnimmt. Ähnlich ist das Verhältnis zwischen Anfechtung und Trost in der ersten Anfechtung. Der Mensch will noch länger leben, um noch mehr Gutes zu tun. Diepold hatte dieselbe Anfechtung als Ausdruck des Verdienstglaubens interpretiert.31 Obwohl der unbekannte Verfasser diese grundsätzliche Deutung nicht aufnimmt, umfaßt der Trost auch eine solche Konsequenz: „Itzund / … mein Gott bin ich zum todt bereit.“32 Ähnlich ist es nun auch mit dem ritterlichen Kampf. Tatsächlich wird im Trost gar nicht zum Kämpfen und Überwinden aufgefordert, wie es die anfängliche Darstellung der Ritterschaft erwarten ließe. Die reformatorischen Gedanken des Trostes sind in dieser Schrift nicht recht mit der jeweiligen Anfechtungsdarstellung verknüpft. In den Anfechtungen wird nicht die Sündhaftigkeit gesehen. Und doch ist der Trost dann nicht phrasenhaft gesagt, sondern lehrt die geschenkte Gnade und ein Geborgensein in der Unterordnung unter das Kind, das Simeon auf dem Arm trägt.33

28 Die Anfechtungen sind: 1. der Mensch will noch länger leben; 2. er klagt über die Todesursache; 3. er verachtet das zukünftige Leben; 4. er quält sich mit dem Gedanken an das eigene böse Leben; 5. Die Erwählungsanfechtung. 29 „nunc dimittis“ Bl. A3b. 30 „nunc dimittis“ Bl. A4. 31 „nunc dimittis“ Bl. A3, zu Diepold vgl. o. S. 53. 32 „nunc dimittis“ Bl. A3. 33 Diese anonyme Schrift hat eine eigenartige und warme Sprache. Der Verfasser wird wohl in die Nähe Luthers gehören. Die Benutzung von Vorlagen ist mit Sicherheit nur für den Libellus nachzuweisen (Bl. Blb und B2). Vielleicht hat der Verfasser auch die Sterbeschrift des Diepold gekannt, die erste Anfechtung bietet eine gewisse Parallele.

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3.4 Das Fortfallen des Anfechtungsinhaltes und der Trost aus dem Auferstehungsglauben Wie sich bereits im „nunc dimittis“ gezeigt hatte: der reformatorische Trost wird eher weitergegeben und ist beständiger als das reformatorische Sündenverständnis. So wird in den Sterbeschriften des Thomas Venatorius (1527) und des Urbanus Rhegius (1529) – neben der Sterbeschrift Odenbachs die verbreitetsten des 16. Jahrhunderts – die Anfechtungsreihe des Sterbesermons (Tod, Sünde und Hölle) nur als Thema, das die Schriften formal völlig bestimmt, übernommen. Der Anfechtungsinhalt und die Anfechtungsbeschreibung fallen aber fast völlig fort. Die Anfechtung ist selbstverständliche Voraussetzung, an der die Autoren kein neues Interesse haben. Diese beiden Schriften zeigen Folgendes: sobald die Anfechtungsdarstellung fortfällt, erhält der Trost einen veränderten, mehr formalen Charakter, wie der Trost aus der Sicherheit des Glaubens bei Venatorius und der Trost aus den Aussagen des Credo bei Rhegius zeigen werden. Das Fortfallen des Anfechtungsinhaltes bedingt außerdem durch das dadurch völlig veränderte Verständnis der Todesstunde den Trost aus dem Auferstehungsglauben. Dem Tod als Ende des Lebens wird die zukünftige Möglichkeit des ewigen Lebens entgegengestellt und so dem Tod die Furchtbarkeit genommen.34 Rhegius und Venatorius sind beide humanistisch gebildete Theologen, deren weitere Arbeiten durchaus den Charakter dieser humanistischen Bildung tragen.35 In den Sterbeschriften ist von einem humanistischen Einfluß nichts zu spüren, für sie ist der Sterbesermon prägendes Gattungsvorbild, dessen Fragestellung und einzelne Gedanken aufgegriffen werden. Im Sterbeunterricht des Thomas Venatorius36 werden die drei Anfechtungen mit Tod, Sünde und Hölle jeweils mit dem Hinweis auf das ewige Leben beantwortet. Der Trost handelt vom Glauben, er muß den Sterbenden seines Heils, des ewigen Lebens gewiß machen. Glaube ist feste Bindung ans Heil. Die Unsicherheit ist Sache der Verdammten. Der Sterbende, nicht der Angefochtene wird hier getröstet: „Nu lieber bruder / so zweyffel nit an götlichem zusagen / dann got hat dir das ewig leben versprochen / so ist on zweiffel diser dein hingang auß der welt ein 34 Daß „die Tiefe des Todesernstes und die Botschaft vom Leben, von der Auferstehung zusammengehören“ (Weber, Dogmatik S. 692) ist etwas anderes als das Ablenken vom Tode, zu dem hier der Trost aus der Auferstehung führt. 35 Die in evang. Gebetbüchern sehr verbreitete „Beichte Urbani Rhegii“ ist ein Excerpt aus Erasmus, Vgl. Althaus, Gebetslit. S. 71. 36 Zu Thomas Venatorius vgl. Th. Kolde, Thomas Venatorius, in: Beiträge zur bayrischen Kirchengeschichte XIII (1907), S. 97 ff u. S. 157 ff. Und RE 3. Aufl. 20, 489 ff (Nolde). Venatorius war seit 1522 Prediger in Nürnberg. An der Einführung der Reformation in Nürnberg hat er sich nicht besonders aktiv beteiligt. Die große Verbreitung der Sterbeschrift des Venatorius hängt mit Luthers empfehlender Vorrede zusammen. Die Sterbeschrift ist bis auf wenige einleitende Worte in die Form der direkten Anrede an den Sterbenden gekleidet.

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Das Fortfallen des Anfechtungsinhaltes

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gewisser eingang zu dem leben. Das leben aber ist Christus / der do spricht / Ich bin der wege / die wahrheit / vnd das leben. Nun magstu ye nit irren / dann Christus ist der weg. Du magst auch nit betrogen werden / dann Christus ist die warheit / Vnd kanst auch nit sterben des ewigen tods / dann Christus ist das leben. Darum ergib dich willig mit allem dem das du bist vnd vermagst / deinem schöpfer vnd erlöser.“37 Trotz der Anfechtungsreihe aus Luthers Sterbesermon ist der Tod hier nur die Sterbestunde. Der Not der Sterbestunde wird die Auferstehung gegenübergestellt. Unmerklich geschieht der Übergang zur Situationsseelsorge, sogar noch im Rahmen von Luthers Sterbeanfechtungen. Inhaltlich ist der Trost nicht vom Sterbesermon bestimmt, sondern eine ganz allgemeine Verarbeitung von Gedanken Luthers. Das Fortfallen des Anfechtungsinhaltes bedeute eine Vereinfachung: Der Sterbetrost ist darauf zusammengedrängt, den Glauben an das ewige Leben als Hilfe in der Todesnot eindringlich zu machen. Diese Schrift war verbreiteter als Luthers Sterbesermon, nicht zuletzt wohl liegt der Grund dazu in der Vereinfachung des Todesverständnisses. Auch die Seelenarznei des Urbanus Rhegius38 (1529) geht im Sterbetrost vom Glauben aus. Der Glaube muß stark genug die reichen Güter Gottes ergriffen haben, nämlich Vergebung der Sünde, Auferstehung des Fleisches, Gemeinschaft der Heiligen und ewiges Leben. In den Stücken des 3. CredoArtikels „sollen wir uns teglich üben.“39 So stellt er als Trost gegen die Sterbeanfechtung die Glaubensaussagen des Credo und Spruchsammlungen aus dem Neuen Testament, die die einzelne Aussage des Credo belegen. Der Trost besteht aus Aussagen, die die Anfechtung gegenstandslos machen sollen. Die Sünde braucht dich nicht anzufechten, da sie vergeben ist.40 Der Tod braucht dich nicht zu schrecken, wenn dieser Leib, der jetzt krank ist, in ewiger Gesundheit auferstehen wird, und alle Menschen sich wiedersehen.41 Die Erwählung braucht dich nicht anzufechten: Da du doch die Gnade in Taufe und Wortverkündigung erfahren hast, hast du keinen Grund an ihr zu zweifeln.42 Gnade und Leben mußt du glauben, aus dem, was in Schrift und Credo gesagt ist. Diese formale Trostmethode findet schnell ihre Grenze. Wenn gegen den Tod die Auferstehung steht, muß die Auferstehung massiv vorgestellt werden: Dieser Leib kommt zu ewiger Gesundheit. Die Frage: Ist nun mit dem Tod alles 37 Venatorius, bl. A4a. Zitiert nach der Ausgabe Nürnberg (Peypus) 1527. 38 Urbanus Rhegius 1489 – 1541, Studium in Freiburg und Ingolstadt. Anschließend Lehrer für Rhetorik in Ingolstadt. 1517 poeta laureatus. 1519 Priesterweihe. Ca. 1520 wandte sich Rhegius, der vorher ein eifriger Verehrer Ecks war, zur Reformation. 1524 – 30 Wirksamkeit in Augsburg für die Reformation. Nach 1530 Superintendent in Celle für Lüneburg. Vgl. G. Uhlhorn, U.R., in: Leben und ausgewählte Schriften der Väter der Luth.Kirche, 1861. 1531 verfaßte Rhegius die Schul- und KO der Stadt Lüneburg (Sehling VI,1, 633ff). Es wird nach d. Ausg. in Rhegius, Deutsche Bücher … 1562 zitiert. 39 Rhegius, bl. XII. 40 Rhegius, bl. XIIbff. 41 Rhegius, bl. XVff. 42 Rhegius, bl. XVIIbff.

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aus?43 ist zu sehr vordergründige Frage, als dass die Gegenaussage: es ist nicht aus mit dem Tod, noch vom Leben, das Gott gibt, redete. Nach dieser Trostreihe44 geht Rhegius dieselbe Anfechtungsreihe noch einmal durch, diesmal auch in Einzelheiten mehr von Luther abhängig, anhand der Anfechtungen Christi.45 Diese neue Durchführung führt Rhegius dazu, eigentlich seinen eigenen Trost in Frage zu stellen. Der Anfechtungsinhalt – vorher ihm nicht lebendig – klingt am Ende nach zweimaliger Behandlung auf einmal erschreckend an: Wie furchtbar ist die Anfechtung, wenn der Mensch sich glaublos fühlt. Die Anfechtung Christi „mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen“ stellt ja gerade den Glauben in Frage.46 Nicht der Gedanke an die Sünde (Tod, Sünde, Hölle) weckt dieses Erschrecken, sondern die Vorstellung, dass der Glaube in Frage gestellt wird. Die Abhängigkeit von Luther führt Rhegius schrittweise immer näher zu Luthers Anfechtungsverständnis. Im Ringen um die Tradition des Sterbesermons bekommt die Anfechtungserfahrung schließlich ein neues Gewicht. So schließt Rhegius ähnlich wie Luther im Sterbesermon mit der Wendung zum Gebet: „bitt den Vatter alles trostes / das er sein angesichte zu dir wende und dich nicht verlaß.“47

3.5 Die Sterbestunde als Krisis des Gerechtfertigten Die reformatorische Ausprägung der Sterbeschriften, die Begegnung mit dem Tode als Begegnung mit der Sünde zu verstehen, gewinnt bei Brenz (1529), Osiander (1538) und Schwenckfeld (1537) ein neues Gewicht. Wenn der Gerechtfertigte Christus einverleibt ist, dann ist die Todesfurcht und die Sterbeanfechtung als sichtbarstes Zeichen der Sündhaftigkeit ein tiefes Problem. Todesnot und Todesfurcht zwingen dazu, das Verhältnis des Gerechtfertigten zur Sünde zu behandeln. Bei allen Unterschieden im einzelnen treffen sich die Sterbeschriften von Brenz, Osiander und Schwenckfeld doch in dem Bemühen um dieses Anliegen, da sie von einer fast als unio mit Christus verstandenen Rechtfertigung ausgehen. Alle Verhaltensfragen sind für Brenz48 nur, wenn auch notwendige, Nebenfragen.49 Die wirkliche Sterbebereitung setzt erst mit dem Unterricht der Rhegius, bl. XV: „die welt die meinet … es sey nun auß“. Rhegius, bl. XIIb–XVIII. Rhegius, bl. XVIIIff. Rhegius, bl. XVIIIb. Rhegius, XIX. Die Sterbeschrift ist eine frühe Arbeit von Brenz, vor der Auseinandersetzung mit Melanchthon über den locus de justificatione. 49 Brenz, bl. A4. Zu den Verhaltensfragen gehört auch der Sakramentsempfang, ähnlich wie bei Luther im Beginn des Sterbesermons, dessen Behandlung der Verhaltensfragen hier nachklingt.

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Die Sterbestunde als Krisis

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Gewissen ein.50 Es ist kennzeichnend, dass hier der Trost als Unterricht der Gewissen geboten wird. Die Sterbestunde ist Krisis, denn was dem Tode die Macht gibt, ist die Sünde. Chrisus hat bereits für die Sünde genug getan. Darum bedeutet Todesbereitung „das man durch den glauben vnd gentzlicher zuversicht die sünd … auf Christum wirft.“51 Damit kann der Tod nicht mehr schrecken. Wie geschieht das aber : die Sünde im Glauben auf Christus schieben? Der Mensch tut es, „so er jm stets fürbildet vnd ernstlich bedencket / wie er durch den tauff in den tod Christi begraben sey / hab im glauben Christum gleych als ein kleidung angezogen / vnnd sey in posseß seiner güter gesetzt worden.“52 Durch das glaubende Hören des Evangeliums wird er Christus einverleibt, „wirdt (er) auß dem glauben nit von ym selbs sonder durch vnsern herrn Jesum Christum vor gottes angesicht frum.“53 Diese Gemeinschaft mit Christus soll der Glaubende „sich stets fürbilden“ und „ernstlich bedencken“. Anders ausgedrückt: er ist mit dem „pfand des heiligen geistes gesalbt vnd versigelt (dz ist) er entpfint in seinem gemüt ein lust / ein hertzlich begirde / vnd ernstlich treiben zur frumkeit vnd gerechtigkeit / welche lust alhie der heilig geist genent wird.“54 Die Terminologie der Gemeinschaft mit Christus: „lust“, „begierde“, „empfinden“ u. ä. läßt die Vermutung aufkommen, dass der Glaube, wie ihn Brenz versteht, zum mindesten Elemente einer mystischen unio-Vorstellung enthält.55 Jedenfalls ist der Glaube in seiner subjektiven Empfindung betont. Diese unio ist der Gegenstand des Unterrichts und der Hintergrund der Anfechtungsüberwindung. Die Sünden- und Erwählungsanfechtung wird im Anschluß an den Sterbesermon behandelt.56 Die Sündenanfechtung wird überwunden in der Berufung auf die Verheißung Christi an die Sünder. Die Verheißung der Gnade wird durch die Anfechtung nicht in Frage gestellt.57 In der Behandlung der Erwählungsanfechtung wird Brenz noch deutlicher. Er weist auf die Gemeinschaft mit Christus als Überwindung hin. Die Gemeinschaft mit Christus, die wir im Glauben haben und empfinden, macht die Erwählungsanfechtung gegenstandslos. So kommt es, dass Brenz die wirkliche Sündennot nur für den Verdammten kennt: „mancher so ungerüst (d. h. ohne Glauben, ohne die Gemeinschaft mit Christus) mitt dem tod zu streytten angefangen hat / an aller hilff vnd heyl verzweyffelt / vnd ob ym schon die barmherzigkeit gottes würdt furgehalten / so schlecht yn doch darneben die Gerechtigkeit und das streng urteyl gottes so hefftig vnnder die augen / das er darob erplindt / wo dan nun hinauß? nirgends hin / dann der hell zu / sihe also gehet es den yhenigen so sych 50 51 52 53 54 55 56 57

Brenz, bl. A4b. Brenz, bl. A6. Brenz, A6b. Brenz, B5b. Brenz, B5. Vgl. H.E. Weber, Reformation … I, S. 48 und Fricke, Brenz, S. 71ff und 77 ff. Brenz, Bff. Brenz, B2 u. B2b.

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bey yrem leben des tods nit hoch bekümmern.“58 Hier wird genau das beschrieben, was Luther die ultima tentatio nennt. Die Barmherzigkeit Gottes hat mich verlassen, „der hell zu“. Brenz aber läßt diese Erfahrung der Verlassenheit von Gott den erfahren, den keine Gnade mehr erreichen wird, der verdammt ist. Gerade hier wird rückschauend noch einmal die Furchtbarkeit der Anfechtungserfahrung bei Luther deutlich. Brenz weiß so nur vom Verdammten zu reden.59 Die teuflische Anfechtung mit Sünde und Erwählung hat nicht wirkliches Gewicht. Furchtbare Anfechtung für den Gerechtfertigten ist vielmehr der Glaubenszweifel. Nicht die Unwürdigkeit des Menschen, sondern die Unsicherheit des Glaubens stellt die unio in Frage, wenn der Christ sich der mangelnden Garantie bewußt wird: „wan es nur in der wahrheit also wer?“60 Die Verwandlung der Anfechtung in Glaubenszweifel läßt Brenz als Wegbereiter der Lutherischen Mystik ansehen, die Betonung der subjektiven Seite des Glaubens als wesentlichen Schritt zur Psychologisierung der Anfechtung. Aus der Gemeinschaft des Glaubenden mit Christus ergibt sich als Frucht der fromme Wandel.61 Der Glaubende ist so sehr von Christus erfüllt und wandelt auch recht, so dass Brenz sagen kann: „wer recht lebt der stirbt auch recht“62, nicht im Sinne eines Verdienstes, sondern einer notwendigen Folge des Glaubens. Der Glaube als Gemeinschaft mit Christus bedeutet gerade ein dem Verdienstglauben entgegengesetztes Extrem. Die Gerechtigkeit des Sünders ist vorgestellt, bildhaft gemacht, und gerät damit in die Nähe mystischer Spekulation. So gibt es auch ein „zu spät“ für den Glauben, die Sterbebereitung muß rechtzeitig sein. Man muß den Harnisch der Sterberüstung, den Glauben, rechtzeitig anziehen. Die Aufnahme der Ritter- und Kampfterminologie63 meint hier nur vordergründig eine Aufforderung zu menschlicher Aktivität. Sie ist für Brenz die geeignete Sprache, um die Innigkeit der Christusgemeinschaft zu verdeutlichen. Harnisch und Ritterbild meint nicht Aufforderung zum Kampf, sondern vielmehr die Unüberwindlichkeit des Glaubens. Damit geht Brenz im Zusammenhang der Ritterterminologie einen eigenen Weg.64 In Osianders65 Sterbeunterricht (1538) findet die lutherische Tradition der Sterbeanfechtungen einen Höhepunkt. „Die Schrift gehört zum Schönsten, was Osiander geschrieben hat. Nur von Luthers ,Bereitung zum Sterben‘ wird sie 58 Brenz, A3b. 59 Ohne damit eine Verbindungslinie ziehen zu wollen: derselbe Gegensatz wie hier zwischen Luther und Brenz begegnet für das Motiv der Höllenerfahrung zwischen Luther und Seuse. Vgl. o. S. 42 Anm. 52. 60 Brenz, A7b. 61 Brenz, B6bff. 62 Brenz, B7. 63 Brenz, A3. 64 Zur Ritterterminologie Vgl. o. S. 54 ff. 65 Die Sterbeschrift des Osiander (1498 – 1552) ist in Nürnberg geschrieben. Mir ist nur eine Ausgabe bekannt geworden: Sie ist ein Jahr nach ihrem Erscheinen von Caspar Kantz in dessen Sterbeschrift ausgeschrieben worden.

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noch übertroffen“ (E. Hirsch).66 Der Sterbeunterricht ist auf einer Anfechtungsreihe67 aufgebaut, die aus der Tradition zusammengestellt ist.68 Die Dreizahl der Anfechtung ist Anlehnung an den Sterbesermon. Osianders Anfechtungsreihe enthält unter dieser Dreizahl an sich mehr Glieder, darum hat sie auch Kantz späterhin als fünfgliedrige Reihe wiedergegeben.69 Auch hier bei Osiander ist die Anfechtungsdarstellung wieder der Tradition entnommen, während der Trost weithin völlig selbständiger Lösungsversuch ist. Der Trost wird jeweils an einer Parallele zur Sterbeanfechtung in Christi Leben und Leiden dargestellt. Das Exempel Christi ist der beste Anfechtungstrost. Ansätze zu dieser Trostform begegneten im Zusammenhang von Leidensbetrachtung und imitatio Christi (besonders bei Staupitz) und ihrer Fortführung als Trost aus der Anfechtung Christi.70 Osiander hat diesen Gedanken eigenartig erweitert. Das Exempel Christi ist der Mittelpunkt des Trostes. Da durch die Gerechtmachung, die unio mit Christus, uns Christi Überwindung des Leidens geschenkt wird, ist seine Anfechtungsüberwindung nicht Vorbild, sondern Trost. Das zeigt sich besonders deutlich daran, dass Osiander zu den Anfechtungen der Sterbenden, die er aus der Tradition übernimmt, ihnen Parallelen aus Christi Leben nachformt. Von frappierender Kühnheit ist die so entstandene Darstellung der Anfechtung Christi wegen seines Amtes. Christus mußte sein Amt, die Menschheit von Tod, Sünde und Hölle zu erlösen,71 verlassen, als er gerade damit begonnen hatte. Er hatte noch nicht 4 1/2 Jahre gepredigt und erst 12 Apostel und 70 Jünger gewonnen. Und Gott hat es so gewollt, dass Petrus an Pfingsten mit seiner einen Predigt mehr erreichte als 66 Vgl. E. Hirsch, Osiander S. 83 Anm. 12. 67 Osiander, A2b u. A3. 68 Erste Anfechtung: Die Sorge um Familie und Beruf. – Vgl. Brenz, B.6 Der Wunsch, länger zu leben. – Vgl. Diepold, A2. Zweite Anfechtung: Die Gewissensnot um vergangene Sünde, – Vgl. Diepold, A2 und Brenz bl.B, auch Luther, Cl.I,163,31 Die Aufteilung in vergangene und gegenwärtige Sünde begegnet aber nur bei Osiander. Dritte Anfechtung: Todesfurcht und Erwählungsangst. – Vgl. u. a. Brenz, Bl.B. – Diese Parallelen in der Anfechtungstradition brauchen nicht unbedingt Osiander als literarische Vorlage gedient zu haben. Osiander hat die Sterbeschriften von Luther und Brenz gekannt. Die Bekanntschaft mit der Sterbeschrift von Brenz ist nur an unwesentlichen Punkten zu spüren, aber als höchst wahrscheinlich anzunehmen. Vgl. die Nebenordnung der Anfechtung wegen der Familie neben die mit Sünde und Erwählung, die sich in dieser Form zuerst bei Brenz findet. Einige Formulierungen bei Osiander lassen die Beziehung noch erkennen, z. B. „kleine unerzogene Kinder“, Osiander, A2b u. B und Brenz, B6. Deutlicher noch ist die Beziehung in der Erwählungsanfechtung. Brenz bringt ein Bild von Christus als einer Leiter zum Himmel. (Brenz, B3b). Bei Osiander findet sich im selben Zusammenhang eine Andeutung dieses Bildes, die ohne die Gedanken von Brenz gar nicht zu verstehen ist (Osiander, B4). 69 Vgl. Kantz, 2. Abschn. „etliche sondere anfechtung“. 70 Libellus S. 11, Luther, Cl.I,167,34ff, Rhegius, XVIIIff, Link, B6 ff. 71 Das Amt Christi wird bei Luther ebenso formuliert.

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Christus mit allen seinen Predigten. So sind auch wir in Familie und Beruf entbehrlich, werden doch sogar die Kinder oft besser erzogen, wenn sie keine Eltern mehr haben. Hier ist deutlich, dass nichts mehr vom ursprünglichen imitatio-Gedanken übrig geblieben ist, nicht nachzueifern ist das Exempel Christi gegeben, sondern als Gabe und Geschenk.72 Christus trägt alle menschlichen Sorgen und Nöte in menschlicher Niedrigkeit, ja reichlicher als ein Mensch. In Christi Leiden sind alle Fälle menschlichen Leidens mit eingeschlossen. Es ist tröstlich zu wissen, Christus hat dies auch erlitten. Das meint der Trost aus dem Exempel auch, aber noch wichtiger ist: Christus hat es uns zu Gute gelitten und überwunden.73 Mit der Gerechtmachung wohnt Christus uns ein, und uns gehört nun auch seine Überwindung der Anfechtung. „Vnd ob wir solche zuversicht zu gott / nicht so reichlich haben / wie wir sollten / so sol uns doch das trösten / das sie Christus volkomenlich gehabt und gelaystet / vnd vns damit erworben vnd verdienet hat / das vns gott / die gerechtigkeyt Christi / im glauben zurechnet / als were sie vnser aigen.“74 Denn „wann dann Christus in vns ist / so haben wir ja alle güter in jm / vnd mit jm.“75 Wenn uns nun die Anfechtung auch begegnet, so können wir uns trösten, da wir wissen: er ist dennoch der liebste Sohn Gottes gewesen. Darum können wir hoffen, wir seien auch liebe Kinder Gottes.76 Wenn die Gabe unser Eigen geworden ist, ist dann die Anfechtung nicht nur ein Irrtum? Eine Qual des Menschen, der es im Augenblick nicht realisiert, was doch Tatsache ist. In diese Richtung weisen viele Aussagen Osianders über die Anfechtung: „das es nichts dann bloße vnd vnnötige anfechtung sein / der wir in der warheyt möchten ledig steen / wann wir got recht vnd volkomenlich erkenneten.“77 Der Glaube wird in der Anfechtung zugedeckt wie die Kohle von der Asche, aber er kann nicht auslöschen, wir empfinden nur den Glauben nicht mehr.78 Angefochten werden ist ein „sich bedüncken lassen.“79 Die Anfechtung ist nur ein Empfinden, sie berührt den Glauben nicht wirklich. Die Entscheidung über Leben und Tod ist schon früher geschehen. Die Anfechtung ist nicht Aufdecken des Sünderseins und kann darum nur das Empfinden des Glaubens treffen. Dabei ist aber niemals die Überwindung der Anfechtung, der Trost, dem Wagnis des Glaubens entnommen: „der wir in der warheyt möchten ledig steen / wann wir got recht vnd volkomenlich erkenneten vnd ym von hertzen ver-

72 Wie E. Vogelsang, der angefochtene Christus, S.56 aufzeigt, ist hier der Punkt, an dem Luther den imitatio-Gedanken kritisiert. Nicht ein Gesetz soll die Nachfolge Christi sein, sondern ein Geschenk. 73 Osiander, A3b. 74 Osiander, B. 75 Osiander, B3. 76 Osiander, B2b. 77 Osiander, A3b. 78 Osiander, B2b. 79 Osiander, B2b.

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traweten.“80 Die Anfechtung ist Ausdruck dafür, dass der Glaube ein Wagnis ist „vnd verhengt got solche (sc. die Anfechtung) gern und offt vber seine auserwelten / dann er wil / sie sollen seinem zusagen glauben vnd trauen / nicht darumb / das sie sich wol empfinden / sondern darumb / das er warhafftig ist.“81 Das Wagnis des Glaubens heißt: an die Gerechtmachung glauben, obwohl ich sie nicht empfinde, nicht aber an die Gerechtmachung glauben, obwohl ich Sünder bin. Die Gerechtmachung ist schon geschehen, die Anfechtung ist keine echte Entscheidung mehr. Die Ausprägung der Anfechtungsreihe zeigt die Nivellierung der Anfechtungen durch die Abschwächung des Sündenverständnisses. Die Anfechtung wegen Familie und Beruf ist gleichberechtigt neben die Anfechtung wegen der Sünde und der Erwählung gestellt. Aufschluß über dass Sündenverständnis gibt besonders die aufgeteilte Sündenanfechtung. (Vergangene und gegenwärtige Sünde).82 Gegenwärtige Sünde – d. h. Unglaube und Verlassenheit von Gott, Sündhaftigkeit. Vergangene Sünde aber heißen Verstöße, die das Gewissen belasten – Nachlässigkeit und Undankbarkeit – aber doch nicht den Menschen als Sünder bloßlegen. In dieser Aufteilung ordnet Osiander zwei verschiedene Sündenauffassungen nebeneinander. Er trennt den Ballast eines vordergründigen Sündenverständnisses (vergangene Sünde) vom reformatorischen Sündenverständnis (gegenwärtige Sünde), verliert dabei aber durch diese Nebenordnung die Radikalität der Sündenauffassung. Im osiandrischen Streit ist ihm auch von Melanchton vorgeworfen worden, er könne den Angefochtenen nicht trösten, da er nichts von Sündenvergebung zu sagen habe.83 Die Berechtigung dieses Vorwurfs zeigt sich auch bei der hier gegebenen Darstellung seines Sündenverständnisses, das im Rahmen der Sterbeschrift über die Ausprägung von Anfechtung und Trost entscheidet. Schwenckfeld entwickelt die Problematik, die bei Brenz und Osiander begegnete, in sehr viel mehr reflektierter Form. Er hat alle Einzelheiten der Sterbebuchtradition ignoriert: auch die Verhaltensfragen und die Anfechtungsreihe. In seiner Sterbeschrift in der Form eines Trostbriefes an Valentin Ickelsamer (1537)84 – ist die reformatorische Sterbetrostfrage seit Luthers Sterbesermon klar angesteuertes Problem: Der Wiedergeborene begegnet der Todesfurcht, die Rechtfertigung ist ihm nicht sicherer Besitz, darum braucht er Trost. Er geht das Problem völlig grundsätzlich an: wie ist das Verhältnis des Wiedergeborenen zur Sünde? Schwenckfeld stellt gleich an den Anfang die wesentliche Voraussetzung: „Ain Christen mensch ist auß Gott geborn.“85 80 81 82 83 84

Osiander, A3b. Osiander, B2b. Osiander, A3. Vgl. E. Hirsch, Osiander, S. 201 ff. „Tröstung Aines so vnder dem Creütz Christi steht / Das er den // Tod / Teufel vnd Hell // nit fürchte.“ Zuerst 1537, Von Valentin Ickelsamer herausgegeben und mit einer Vorrede versehen. Der Text ist abgedruckt in Corpus Schwenckfeldianorum Bd.V,798 – 829. 85 Schwenckfeld, Tröstung, 810,31.

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Die Schule von Luthers Sterbesermon

„Darumb sol er sich vor dem zeitlichen tod nit fürchten / dieweil er dadurch Christo seinem Herren vnd liebhaber näher kumbt.“86 Doch dies ist noch kein Trost. Hier zeigt es sich, dass es kein einfaches Zurückziehen auf einen sicheren Besitz gibt. Schwenckfeld weiß sehr wohl davon zu reden, in welcher Not der Wiedergeborene ist. Das Fleisch entsetzt sich vor dem Tod.87 Äußerer und innerer Mensch, Fleisch und Geist, stehen sich im Widerspruch gegenüber. „Davon hebet sich dann zanck vnd streyt mit den flaischlichen begirden / die wider die seel streyten / das flaisch lainet sich weder den gaist auff … Hie fellt offt der glaubig / aber er steht bald wider auf durch Christum.“88 Der Wiedergeborene bedarf täglich der Vergebung. So wird der „ware Christ“, in dem der Geist Gottes regiert, inmitten von Tod, Sünde und Hölle erhalten.89 Seine Haltung gegenüber dem Tod ist Sehnsucht nach dem Ende dieses Gefängnisses. Der Geist sehnt sich danach, aus dem Kerker des Fleisches zu entkommen. Der Wiedergeborene bleibt hier immer noch „zu ainem thail flaisch“, angebunden, angeklebt.90 Er sehnt sich danach, das vollkommen zu besitzen, was er hier hofft,91 darum freut er sich über den Tod. Die Aussage: die Sünde herrscht nicht mehr in ihm, ist bei Schwenckfeld nur dialektisch zu verstehen. Nur ist Inhalt der Dialektik, dass die Sünde bis zum Tode immer noch die Schale des Wiedergeborenen bleibt. Die Sünde ist Lebensfrage, aber nicht Heilsfrage. Das Verständnis der Rechtfertigung als Wiedergeburt in der Welt nimmt der Anfechtung die Bedeutung der Sündenerfahrung. Tod, Sünde und Hölle bezeichnen zwar für Schwenckfeld im Anschluß an Luther den Machtbereich der Sünde, der Welt, aber er versteht sie nicht mehr als Anfechtung – das hieße eine zu enge Beziehung zum Wiedergeborenen. Als Machtbereich der Welt wird Tod, Sünde und Hölle dem Glaubenden polar entgegengestellt. Die Anfechtung gehört zum Fleisch, zum äußeren Menschen, oder gar in den Bereich der Heiden. Von der Anfechtung ist ihm allein die Todesfurcht lebendig.92 Der Sterbetrost hat die Aufgabe, den Geist zu stärken gegen das Fleisch, so dass der Geist den Tod herbeisehnt. Der Tod wird beschrieben mit einem verbreiteten Bild, das hier einen veränderten Ton erhält: das Huhn kriecht aus der Eierschale, aber es war schon immer das, was es sein wird.93 Ein weiterer Ausdruck für die Not des Wiedergeborenen in der Welt – für die Schwenckfeld, Tröstung, 810,35. Schwenckfeld, Tröstung, 811,38. Schwenckfeld, Tröstung, 814,30 ff. Schwenckfeld, Tröstung, 815,9 ff. Schwenckfeld, Tröstung, 813,12 u. 814,23. Schwenckfeld, Tröstung, 810,36. Sehr deutlich wird das Fortfallen der Anfechtung in Luthers Sinne bei dem Gebrauch der „experientia“ des Glaubenden. Für Luther ist die Erfahrung Anfechtung. Hier dagegen bezieht sie sich auf den empfangenen Rechtfertigungsstand, „welches jm sein hertz zeugknus gibt.“ (811,11). In deutlicher Nähe zu Luther verwendet Schwenckfeld Cant.8,6 im Zusammenhang der Anfechtung. Schwenckfeld deutet diesen Vers auf die Höllenerfahrung wie Luther. Vgl. Corp.Schw. V,714,7ff (1537). 93 Schwenckfeld, Tröstung, 812,38. 86 87 88 89 90 91 92

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Die literarischen Abhängigkeiten

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Dialektik des Glaubens – ist das Leiden der Christen. Eine frühere Krankentröstung Schwenckfelds (1533)94 hatte sich damit begnügt, das Leiden in seiner Notwendigkeit und Verdienstlichkeit für den Wiedergeborenen aufzuzeigen, und damit den Kranken zu trösten. Leid heißt Verfolgung und Märtyrertum. Es gehört zum wesentlichen Merkmal des christlichen Leidens, dass es von der Welt, von den Ungläubigen, vom Teufel ausgeht und so den Widerspruch der Verdammten gegen die wahren Christen zum Ausdruck bringt. So wie Fleisch und Geist im Kampf sind, sobald der Geist von Gott geboren ist, so befindet sich auch die Welt im Kampf gegen die wahren Christen. Darum ist das Leiden heilsnotwendig. Wer nicht leidet, ist auch nicht wiedergeboren. Leiden ist die Bestätigung der Wiedergeburt und darf darum auch erbeten werden.95 Hier ist Gegenstand des Trostes nicht die Anfechtung, sondern das Leiden. So ist es zu verstehen, dass von der traditionellen Fragestellung der Anfechtungsreihe nur die Todesfurcht übrig geblieben ist. Wenn auch in dieser Sterbeschrift keine Bekanntschaft mit irgendeiner anderen Sterbeschrift ermittelt werden kann – wegen der grundsätzliche Einlinigkeit des Problems – so kann doch diese Schrift als Glied der lutherischen Sterbebuchtradition angesehen werden, gerade wegen jener Grundsätzlichkeit. Der Tod ist Begegnung mit der Sünde auch für den Wiedergeborenen, Krisis des Gerechtfertigten.

3.6 Die literarischen Abhängigkeiten (Zusammenfassung) Nachdem die erste Gruppe reformatorischer Sterbebücher behandelt worden ist, muß nach ihrem Verhältnis zur spätmittelalterlichen Sterbebuchtradition, die hier fortgesetzt wird, gefragt werden. Der Themenbestand der spätmittelalterlichen Sterbebücher ist fast durchgehend ein Bestand von festen Formstücken.96 In den ersten reformatorischen Sterbebüchern fehlen diese Formstücke. Sogar die wichtigsten, die Fragen Anselms und die Sterbeschrift Gersons, werden nirgends aufgegriffen. Aber noch mehr: es treten keine neuen Formstücke an ihre Stelle. Wörtliches Übernehmen von Vorlagen ist in dieser Zeit eine Seltenheit. Die Bekanntschaft mit anderen Sterbebüchern ist nur gelegentlich festzustellen,97 ohne dass aber ein Text abgeschrieben wird. Diese Selbständigkeit hat nichts mit größerer literarischer Ehrlichkeit zu tun. Der Grund zu der Selbständigkeit liegt in einer anderen formalen Struktur der Sterbeschriften. Hier werden keine geformten Texte geboten, die zur pastoralen Verwendung geeignet sind, sondern grundsätzliche Abhandlungen. Ein 94 95 96 97

„Ain trostbichlin allen Krancken …“ 1533, zuerst anonym erschienen, = Corp.Schw. V,816 ff. Schwenckfeld, Trostbüchl. 829, 19. Vgl. o. S. 19 ff. So bei Osiander die Bekanntschaft mit Brenz (vgl. o. S. 62 f) und im „nunc dimittis“ die Bekanntschaft mit dem Libellus.

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Die Schule von Luthers Sterbesermon

Thema des spätmittelalterlichen Themenbestandes wird isoliert verhandelt. Der Vermittler ist Luthers Sterbesermon. Wie kann das Verhältnis zum Sterbesermon, das sich als entscheidend für diese Gruppe herausgestellt hat, nun charakterisiert werden? In fast allen Schriften ist die literarische Bekanntschaft mit dem Sterbesermon festzustellen.98 Aber die literarische Abhängigkeit allein ist noch nicht entscheidend, wie ja die allgemeine Zurückhaltung im Übernehmen vorgefundener Texte zeigt. Vielmehr ist die Beziehung zum Sterbesermon eine strukturelle Abhängigkeit. Die Anfechtungsreihe des Sterbesermons prägt die Struktur dieser Gruppe von Sterbeschriften, wie die Darstellung gezeigt hatte. Durch diese strukturelle Abhängigkeit ist eine Problemstellung vorgegeben. Die Anfechtungen der Sterbestunde sind Ausdruck der Sündhaftigkeit des Menschen. Wenn auch Luthers Anfechtungsverständnis bei jeder Wiedergabe ein eigenes Gesicht bekommt, so erhält sich doch das damit vorgegebene Problem. Durch die Veränderung der formalen Struktur, das geringe Interesse an der pastoralen Anrede und geformten Stoffen, wird die Tradition des Spätmittelalters von den ersten reformatorischen Sterbebüchern unterbrochen. Hierin unterscheiden sich die frühreformatorischen Sterbeschriften von der Gebetsliteratur, die sonst durchaus eine vergleichbare Gattung ist. Nach einer sehr kurzen Unterbrechung der Tradition durch das biblische Gebet99 orientiert sich die reformatorische Gebetsliteratur wieder an spätmittelalterlichen Gebetstradition,100 während in dieser Zeit die Sterbebücher ihre Vorgänger nicht einmal zu kennen scheinen. Auch in den Kirchenordnungen wird der bewußte Verzicht auf Anweisungen und Formulare schnell beendet und das spätmittelalterliche Rituale-Material wieder bekannt gemacht.101 Die bewußte Anknüpfung an vorreformatorische Stoffe geschieht in den Sterbeschriften diesem Vergleichsmaterial gegenüber erst spät. In den frühen reformatorischen Sterbeschriften wird – bei allen Unterschieden im einzelnen – Sterbeseelsorge nicht in der Form der pastoralen Anweisung betrieben. Das verdeutlicht besonders der Unterschied zur spätmittelalterlichen Sterbebuchtradition. Das Sterbebuch ist theologischer Traktat über die Sünde und reformatorischer Trost, der als Sterbetrost verstanden ist. Diese Gattungsausprägung geht auf Luthers Anfechtungsverständnis zurück.

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Vgl. o. S. 52 ff. Vgl. Althaus, Gebetsliteratur, S. 15 f. Vgl. Althaus, Gebetsliteratur, S. 19. Im Bereich der Ordnung des Krankenbesuches Vgl. z. B. die Baseler Ordnung 1526 (Staehelin, Oekolampad, S. 438 ff). Ein früher evangelischer Reformversuch der Allerheiligenlitanei für die Sterbenden begegnet in der anonymen „Letaney zu Gott dem vater“ 1523, der vielleicht auch von Oekolampad stammt. (Vgl. die Bibliografie Nr. 87.) Zur Verfasserfrage Staehelin, Oekolampad, S. 147 ff.

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4. Kapitel: Sterbebücher als Handbücher für die Seelsorge an Kranken und Sterbenden 4.1 Die Entwicklung des Themenbestandes 4.1.1 Die Angleichung an die Literatur der Kirchenordnungen Die evangelischen Sterbeschriften des Zeitraumes von ca. 1530 bis ca. 15401 enthalten gegenüber der ersten Gruppe reformatorischer Sterbeschriften neue Formen und Tendenzen. Sie sind Handbücher und Materialsammlungen für den Seelsorger. War in der vorigen Gruppe die Anfechtungsreihe allein bestimmendes Thema, so fehlt sie hier fast völlig. Sie hat in einem seelsorgerlichen Handbuch keinen rechten Platz. Der Anstoß zu dieser Veränderung kommt aus anderen reformatorischen Literaturgattungen: der Literatur der Kirchenordnungen, Katechismen und Gebetbücher. An diese Gattungen gleicht sich die Sterbeliteratur an.

4.1.2 Ein Schema der Entwicklung des Themenbestandes Bei einer groben Schematisierung könnte folgendes Bild der Entwicklung des Themenbestandes in der Sterbeliteratur entworfen werden: war im 15. Jahrhundert die pastorale Tendenz neben einer aszetischen Tendenz vorhanden, so fällt in den ersten reformatorischen Sterbeschriften die pastorale Tendenz durch die Vorrangstellung der Anfechtungsprobleme fort. Nach ca. 1530 wird diese grundsätzliche Tendenz völlig von einer neuen Welle ausschließlich pastoraler Sterbebücher aufgehoben. Das neue Aufleben der pastoralen Tendenz geschieht aber nicht im Rückgriff auf ähnliche Formen im 15. Jahrhundert, sondern ist Ausdruck der sich institutionell festigenden evangelischen Kirche. Auch die Sterbeseelsorge erhält eine reformatorische Ordnung. Die Sterbebücher sind jetzt als literarische Erscheinung breite Sonderkapitel einer Kirchenordnung. Der naheliegende Rückgriff auf römische Ritualien geschieht erst später in der Ausbildung der agendarischen Form.

1 Diese Zeitangabe bietet nur einen losen Anhaltspunkt.

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Sterbebücher als Handbücher

4.1.3 Die Wechselbeziehung zwischen Sterbebüchern, Kirchenordnungen und Gebetbüchern Mit der aus den Kirchenordnungen entwickelten Tendenz ist nicht unbedingt zugleich die Übernahme von Texten aus den Kirchenordnungen verbunden. Die literarischen Beziehungen sind durchaus wechselseitig, meistens sogar haben die Sterbebücher die Priorität. Sterbeschriften werden als Ersatz einer eigenen Krankenkommunionsordnung, empfohlen.2 Gebetstexte, die aus Sterbebüchern stammen, werden Allgemeingut der Gebetsliteratur.3 Da die Kirchenordnungen meistens auf vorgeformte Texte zurückgreifen, werden sie oft zu einer Sammlung von Traditionsgut.4

4.1.4 Der Verbleib der Anfechtungsprobleme Die Anfechtungsreihe begegnet in diesen Sterbebüchern nur noch im Rückgriff auf die früheren Sterbeschriften. Beliebtestes Traditionsgut wird die Sterbeschrift des Venatorius, die sich zur wörtlichen Tradition besonders eignet, da sie geformte Krankenanreden enthält.5 C. Kantz übernimmt Teile aus Osianders Sterbeschrift, die er in eine straffere Form bringt. Dabei stellt er die Anfechtungen einzeln als Fälle der seelsorgerlichen Aufgabe dar.6 L. Brunner schreibt Schwenckfelds Sterbeschrift aus, ohne den Verfasser zu nennen.7 Im ganzen ist die Nachwirkung der ersten reformatorischen Schriften trotz zahlreicher Nachdrucke recht gering.

2 Vgl. KO Herzog Julius von Braunschweig 1569 = Sehling, Kirchenordnungen Bd. 6,1 S. 170. 3 So die Gebete aus Odenbach, Kantz u. a., Vgl. P. Althaus, Gebetsliteratur, passim. Das Gebetsmaterial dieser Sterbebücher ist weithin von Althaus bearbeitet worden. 4 Vgl. H. Jahr, Reformation und Tradition in der hessischen Kirchenordnung von 1566, Diss. theol. Göttingen 1955. 5 Sie ist von Spalatin, Tröstung, 1531, Spangenberg, Trostbüchlein 1543, und Gallus 1544 (Vgl. s.v. Nuber in der beigefügten Bibliografie) ausgeschrieben worden. 6 Vgl. o. S. 62 ff. 7 Brunner ca. 1544.

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Der Einfluß der Kirchenordnungen

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4.2 Der Einfluß der Kirchenordnungen auf die Struktur der Sterbebücher Bugenhagens Krankentröstung (1527) ist das erste Glied einer Reihe von Sterbeschriften, die Handbücher der Sterbeseelsorge sind.8 Diese Sterbeschrift besteht aus einer Krankenanrede. Die Sterbestunde ist in ihr als Beichtsituation und Ort der Unterweisung über das rechte Evangelium aufgefaßt. So gipfelt die Schrift in dem zusammenfassenden Lehrsatz: „… das dis ein recht Christlich bekentnis ist / das wir vnserthalben / vnd alles was wir sind / von natur vnd vernunfft vermügen / verdampt sind / niemand kan auch selig werden aus seinen werken oder vermügen / sondern aus lauter gnad vnd barmherzigkeit gottes … Das ist das recht Evangelion.9 Diese Lehre wird in der Krankenanrede nahegebracht. So ist das Ziel der Anrede, dem Menschen das Bewußtsein seiner Verlorenheit an Tod, Sünde und Hölle zu wecken. „Gott der Herr will / das wir uns fur sunder vnd sunderin erkennen / das wir sunder sind / kan er wol leiden / das wir uns aber dafur nicht halten kan er nicht leiden.“10 Die Sündenerkenntnis ist das Ziel der Anrede – in der Anfechtungsliteratur ist sie Ausgangspunkt. Hier folgt Sünden- und Beichtmahnung und Trost aufeinander wie sonst Anfechtung und Trost. Die Sterbestunde ist nicht seelsorgerliche Aufgabe wegen ihrer Anfechtungsnot, sondern wegen der Gelegenheit zu Beichtmahnung und christlicher Lehre.11 An den Anredetext ist noch eine kurze Anweisung zur Absolution angeschlossen, die aus dem Bewußtsein um die Beichtähnlichkeit kommt. Merkwürdig ist sie nur insofern, als in der Anrede bereits von Gottes Barmherzigkeit, für die das Abendmahl ein Zeichen ist, die Rede war. Die über dies hinausgehende Anweisung zur Absolution zeigt, wie sehr die Gnadenverkündigung als Lehre und nicht als Trost gemeint war. Die Sündenmahnung ist also der entscheidende Schritt zur neuen Gestaltung der Sterbeschriften in Parallele zu den Kirchenordnungen. So sind Beichte und Absolution auch die frühesten Handlungselemente in Sterbeschriften, nicht das Krankenabendmahl. M. Keller (1531) trennt bereits eine Sterbeanrede von Beichte und Absolution. In den verschiedenen Sterbeschriften des Huberinus12 ist die Entwicklung 8 Aus dieser Gruppe von Sterbeschriften werden nur einige typische Beispiele ausgewählt und im Folgenden dargestellt. 9 Bugenhagen, Schlußsatz, Bl. F8. (Zitiert nach der Ausgabe in: Odenbach, Wittenberg 1535, Die Schrift Bugenhagens steht dort auf Bl. F2ff). 10 Bugenhagen, Bl. F2. 11 Für Luther war der tatsächliche Vollzug nebensächlich. 12 Huberinus hat mehrere Krankentröstungen drucken lassen, die alle eng miteinander verwandt sind. Die früheste Form ist ein Sterbetrostabschnitt in: „Vom Zorn und von der Güte Gottes“ zuerst 1529 (Vgl. WA 38, 315ff) Eine selbständige Sterbeschrift begegnet ab 1531 „Tröstung aus göttlicher geschrifft …“. Diese frühen Formen werden später noch nachgedruckt, nachdem Huberinus noch eine erweiterte Form herausgab: „Wie man … 1542. In dieser Arbeit ist die

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Sterbebücher als Handbücher

innerhalb dieser Gruppe zu verfolgen. In der früheren Sterbeschrift ist die Situation noch mehr als bei M. Keller in einzelne Teile zergliedert: getrennte Kranken- und Sterbeanrede, eine Gebetsunterweisung ohne Gebetsformulare, eine Credoauslegung und die commendatio. In den Anreden geht es um das Verhältnis von Leiden und Glauben. Große Eindringlichkeit wird aufgeboten, um den Glauben entgegen dem Schein: Krankheit und Tod, aufrecht zu erhalten. Die lutherische Anfechtungsterminologie wird auf Leiden, Krankheit und Tod angewandt. So kurz und eindringlich diese frühe Schrift des Huberinus ist, so weitschweifig und unübersichtlich ist die spätere Schrift, die sich im Aufriß noch an die frühere Schrift hält.13 Diese Schrift ist eine Sammlung von Material für alle möglichen Fälle in der Kranken- und Sterbeseelsorge.14 Sie enthält nun auch Krankenabendmahl15 und Gebetsformulare und sehr viel szenische Anweisungen für den Seelsorger. Die Schrift ist von der Sorge gekennzeichnet, der Stoff könne dem Seelsorger ausgehen, wenn sich der Tod hinzieht: „wa sich aber die sach zulang mit den zügen verziehen wurde / Dann ich es mermals gesehen hab / das etliche ain zeitlang inn zügen gelegen seind / unnd zuletzt / widerumb angefangen haben zureden / …“16 Die lutherische Anfechtungstradition ist diesen Trosttexten, die zur Auswahl gegeben werden, eingeordnet. Er zergliedert sich in 15 Anfechtungen. Die Kasuistik nimmt sich hier wie jetzt auch öfter der Anfechtungsreihe an, so entstehen 15 „Rezepte“ für Anfechtungsfälle.17

4.3 Die Sterbeschriften als Gebetbuch oder Spruchbuch Seitdem Johann Odenbachs erfolgreiches Trostbüchlein 153018 erschien, gibt es in der Sterbeliteratur die neue Form des Trostbuches als Gebetbuch.19 Damit ist die Sterbeschrift nun völlig von geformten Stoffen bestimmt. Die Bedeutung

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frühe Form nach der Ausgabe Straßburg 1541 und die spätere Form nach der Ausgabe Augsburg 1542 zitiert. Identisch mit der früheren Sterbeschrift ist die Credoauslegung und z. T. die commendatio. P. Althaus, Gebetsliteratur S. 49 f urteilt über diese Schrift: „die Ansprachen häufen sich, der Schematismus ist komplizierter, die einzelnen Gebetsakte sind je mit längeren einleitenden „vermahnungen“ versehen … Der Wert dieser durchweg selbständig verfaßten Stücke liegt in ihrer fast kindlichen Einfachheit und Volkstümlichkeit.“ Wie hier taucht auch bei Leonhard Brunner das Krankenabendmahl erst in der späteren erweiterten Form 1545 auf. Huberinus, wie man … bl. F5. Die Benennung der Anfechtungen ist jedesmal verschieden, der Inhalt aber wiederholt sich ständig. In ähnlicher Form findet sich die lutherische Anfechtungstradition noch öfter in Schriften dieser Gruppe, Vgl. Spangenberg, Trostbüchlein. Johann Odenbach war ein pfälzischer Pfarrer, Vgl. G. Biundo, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch 1930, S. 405. Odenbach hat noch einige andere Schriften geschrieben, die

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Die Sterbeschriften als Gebetbuch

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der Gebete hängt mit dem neuen Interesse an einer geformten Ordnung eng zusammen. Odenbachs Trostbüchlein besteht aus Gebeten20 und Spruchsammlungen.21 Hier begegnet in einem Sterbebuch sehr früh die Spruchbuchform. Ihren bekanntesten Vertreter hat diese Gattung in Melanchthons „etlich sprüch“ (1527).22 Dort sind unter bestimmten für das fromme Leben wichtigen Gesichtspunkten Bibelsprüche zusammengestellt. Diese Spruchsammlung wurde als Katechismus benutzt.23 Das Spruchbuch in Katechismusform gibt es weiterhin durch das ganze 16. Jahrhundert.24 Nach 1530 erhalten immer mehr Teile der Erbauungsliteratur Spruchbuchcharakter. Spruchsammlungen für die seelsorgerliche Verwendung als Trost sind fast überall eingefügt, auch in Kirchenordnungen. Daneben wird aus der ursprünglichen pädagogischen Absicht bei Luther und Melanchthon, die die Spruchsammlungen als komprimierten Lernstoff verstanden,25 allmählich eine Legitimationsabsicht. Jeder Gedanke muß durch Schriftworte legitimiert werden.26 In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts werden aus Spruchbüchern ausgedehnte Lexika.27 Wenige eigene Aussagen hat Odenbach den Bibelsprüchen eingefügt, in denen er seine eigene Interpretation der Todesstunde ausdrückt, für die die Bibelsprüche nicht alle Gedanken wiedergeben. Die Todesstunde hat ihre Bedeutung als Übermaß des Leidens. Die Anfechtung der Sterbestunde, von Odenbach kurz im Anschluß an die lutherische Tradition beschrieben,28 ist Ausdruck des Leidens. Die Aufgabe des christlichen Trostes ist es, die Bedeu-

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aber neben der Sterbeschrift nur geringe Bedeutung hatten. Seine Sterbeschrift gehört sicher zu den bekanntesten Erbauungsschriften im 16. Jahrhundert. In den späteren Ausgaben ist aus ihr ein Sammelwerk von Sterbeschriften geworden, das unzählige Nachdrucke erlebt hat. Im Gegensatz zu anderen Schriften dieser Zeit ist dem Text der Schrift Odenbachs nie etwas hinzugefügt worden. Vgl. zu dem Sammelwerk Odenbachs die beigefügte Bibliografie s.v. Odenbach. Diese Schriften werden hier nur nach ihrer Form ausgewertet, da die Gebete hier im einzelnen nicht berücksichtigt werden können. Odenbachs Schrift enthält 4 Beichttexte und 11 Gebete. Für die Herkunft der Gebete und Beichten weist Althaus, Gebetsliteratur S. 38 f einige Quellen nach. Über die Gebete urteilt er: „sie gehören zu dem Besten, was die lutherische Gebetsliteratur aufzuweisen hat.“ 1. Sprüche und bericht / den krancken des tods begirig zu machen. 2. Tröstung für den krancken aus dem neuen Testament. Die Bibelsprüche sind nach Themen gruppiert. Vgl. Cohrs, Katechismusversuche Bd. 2, 229 ff. Vgl. Cohrs, Katechismusversuche Bd. 2, 229. Vgl. Reu, Quellen … II, LXXVff. Vgl. Luther, Cl.III,229,3 ff. Bei Beispiel innerhalb der Sterbebücher : L. Culmann, de praeparatione 1539, der jeden Gedanken in Schriftworten ausdrückt. Z.B. M. Vogel, Trost oder Seelenarzneibuch 1571 „… in dem fast wider alle Anfechtungen … edle Recept.“ Die Rezepte sind endlose Zusammenstellungen von Bibelsprüchen, in 4 Registern geordnet, in denen weit über 100 Anfechtungen berücksichtigt werden. Es ist eine offene Frage, ob die Spruchsammlung in dieser Verbreitung eine entsprechende Vorform im Spätmittelalter hat. Odenbach bl.A5b und A6 (zitiert nach der Ausgabe Wittenberg 1535).

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Sterbebücher als Handbücher

tung des Leidens zu erklären. Die Bitterkeit des Todes übertrifft alle Schmerzen des Lebens29 – davon wird ausgegangen. Das Leiden ist Strafe, wieviel mehr hätten wir verdient! Aber es ist noch mehr: Nachvollzug des Leidens Christi. „Du bist des Leidens Christi jnn deinem leben nie recht gewar geworden / jtzt soltu es im tod williglich erfahren.“ Der Tod entspricht dem Martyrium der Apostel.30 So ist der willige Tod Bewährung. „Itzund wil Christus dein Heiland und Erlöser / warten und zusehen ob du auch bey jm stehen / und des todes umb seinetwillen ritterlich erwarten / und seinem Leiden gleichförmig werden wölltest.“31 Der Tod ist gleichsam die Bezahlung für den Empfang des Heils aus dem Leiden Christi. „Tausent leibe (wo es müglich were) solltestu verlieren / allein darumb / das du das Evangelion gehört und erfahren hast / Das du die erlösung und vergebung deiner sunde / durch das blut Christi und nicht durch dein verdienst erlangen kannst.“32 Der Tod als Leiden ist Bewährung der empfangenen Gnade, nicht mehr Ausdruck der Sündhaftigkeit, die auch im Tode noch auf die Gnade angewiesen ist.

4.4 Kompilatorische Sterbeschriften Mit dem neuen Interesse an geformten Stoffen endet die literarische Selbständigkeit weitgehend. Den entscheidenden Anstoß für die kompilatorische Arbeit hat wohl Odenbachs Sterbeschrift durch ihre Form gegeben. Diese Schrift ist immer wieder ausgeschrieben worden. Leonhard Brunners Sterbeschrift (1531)33 ist eine Ausweitung der von Odenbach gegebenen Anregung. Die Annäherung an die Gebetsliteratur, die Odenbach begann, ist hier weitervollzogen. Brunners Schrift ist weithin nur noch Gebetssammlung. Die literarische Abhängigkeit ist nun – und das ist neu – offen ausgesprochenes Prinzip. Wie Brunner beruft sich auch Joh. Spangenberg34 auf frühere Sterbeschriften, die als Vorlage dienen.35 29 Odenbach bl.A5. 30 Odenbach bl.A7b. Es ist bedeutsam, daß die Märtyrerterminologie des NT auf das Todesleiden angewandt wird. Auch bei Schwenckfeld ist nicht klar zwischen Krankheit und Martyrium unterschieden, Vgl. o. S. 65. Ebenso werden alle die Worte, die von der Plötzlichkeit der Parusie reden, in den Sterbebüchern auf die Unberechenbarkeit des Todes angewandt. 31 Odenbach bl.A7b. 32 Odenbach bl.A6b. 33 Leonhard Brunner (ca. 1500 – 1558) war Prediger in Worms, Straßburg und Landau. Vgl. Neue Deutsche Biographie 2,683 und RGG 3. Aufl. I, 1449. 34 „Ein new Trostbüchlein“ zitiert nach der Ausgabe Wittenberg 1551. 35 Brunner bl.A5: „es ist mir … nit unwissend / daß vor mir / etlich thewere menner sich / umb die heimsuchung d’krancken / bekümmert … Beger auch jr schreiben gantz nit zu verkleynen / sonder mer bekant zu machen / in dem / daß auch ich etliche auß jnen in mein büchlin geschriben hab …“ Spangenberg in seiner Vorrede zum Trostbüchlein: „es haben aber diese zeit her / viele … vom

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Kompilatorische Sterbeschriften

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Beide Schriften enthalten nur wenig eigenes Gut.36 Die literarische Unselbständigkeit als Prinzip, verbunden mit dem Interesse an einer möglichst direkt verwendbaren Form, findet einen weiteren Ausdruck in der Verwendung der Bibelsprüche. Die Bevorzugung der Bibelsprüche liegt auf derselben Linie wie die Übernahme fremden Materials – Zurückhaltung gegenüber der eigenen Aussage. In der weiteren Entwicklung der kompilierten Sterbeschriften geschieht nun auch der Rückgriff auf alte Tradition. So nimmt die Sterbeschrift von C. Kantz (1539)37 wohl als erste ausgesprochene Rituale-Texte auf. Nachdem nun also die literarische Abhängigkeit wieder wie im Spätmittelalter Allgemeinerscheinung ist, muß die Traditionsgeschichte neben der Tradition der Themen auch die Tradition der Stoffe berücksichtigen. Die Herkunft der Stoffe in den einzelnen Fällen vollständig festzustellen, stößt auf große Schwierigkeiten. Im allgemeinen läßt sich beobachten, dass nur aus kurz vorher erschienen Büchern abgeschrieben wird. Althaus hat im einzelnen nachgewiesen, wie etwa eine neue Augustinausgabe in den nächsten Jahren aufgearbeitet wird.38 Die enge Verknüpfung vieler Bücher miteinander bedingt eine Vergröberung meiner Methode. Für einen Texttypus lassen sich jeweils mehrere Parallelersterben geschrieben / welchr Bücher / dieweil sie ein jedermann nicht bekomen mag / hab ich etliche ubersehen / und diese kurtze vnnterrichtung (selig zu sterben) draus genommen …“ 36 Brunner nennt seine Vorlagen selbst nur zweimal: das Formular für das Krankenabendmahl stamme von Johann Bader aus Landau. Vor der Anfechtungströstung in der erweiterten Ausgabe ca. 1545 schreibt er: „vormals auch im Truck ausgangen / durch eynen / des namen Gott … bekant.“ Hier schreibt er die Sterbeschrift Schwenckfelds völlig ab. War ihm der Verfasser unbekannt? Nach Althaus, Gebetsliteratur S. 39 ist eine Beichte ebenfalls aus Schwenckfeld zusammengestellt. Außerdem verarbeitet Brunner fast die ganze Schrift Odenbachs, ohne sie zu nennen. – Joh. Spangenberg hat seine Sterbeschrift zusammengestellt aus: 1. seiner eigenen humanistisch geformten Schrift über den Tod (dialogus 1540), die stark Totentanztradition verarbeitet und nur ganz an den Rand der Sterbebücher gehört. Die „quatuor präparationes“ aus dem „dialogus“ sind im Trostbüchlein aufgenommen. Ihnen sind Trostsprüche gegen die Anfechtung hinzugefügt. Im „dialogus“, der die reformatorische Sterbebuchtradition nicht benutzt, hatte die Sterbeanfechtung gefehlt. Hier gleicht sich Spangenberg der Struktur der anderen Tradition an. 2. er nimmt fast die ganze Schrift des Venatorius 1527 auf, und bringt sie in die Form von sieben direkten Ermahnungen. 3. Das Gebetsmaterial stammt weithin aus Kantz u. a. Vgl. Althaus, Gebetsliteratur S. 50. 37 Zur Traditionsbenutzung bei Kantz: Althaus, Gebetesliteratur S. 49: „… die beiden Litaneien nebst den zugehörigen Kollekten, sowie die abschließende Commendatio (sind) ganz nach dem Vorbilde der traditionellen kirchlichen Formeln gearbeitet.“ Ergänzend läßt sich feststellen, daß die erste Litanei von Kantz aus der Basler Ordnung des Oekolampad 1526 übernommen worden zu sein scheint. (Zu dieser Ordnung Vgl. Staehelin, Oekolampad, S. 438) Die 2. Litanei scheint Kantz selbständig der katholischen Allerheiligenlitanei nachgebildet zu haben. Sie hält sich stärker als die erste Litanei an die Vorlage. Die unpassenden Teile, besonders die Heiligenanrufung: ora pro nobis …, sind nicht – wie in der Baseler Ordnung – Staehelin Oekolampad S. 438 – umgeformt, sondern weggelassen. Eine doppelte Litanei begegnet auch sonst, z. B. im Rituale von St. Florian, ed. Franz, S. 73 ff. In der Anfechtungsdarstellung hält sich Kantz sehr eng an Osianders Sterbeschrift 1538. 38 Vgl. Althaus, Gebetsliteratur S. 137 u. ö.

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Sterbebücher als Handbücher

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scheinungen aufzeigen, die nur in Kleinigkeiten abweichen. Hier sollen aber nicht die literarischen Beziehungen im Blickpunkt stehen, sondern die einzelnen Typen und Formen, die die Entwicklung der Sterbebuchgattung kennzeichnen.39

4.5 Der Katechismus am Krankenbett Einige Sterbeschriften verbinden den Sterbetrost mit dem Katechismus. Der Grund dazu ist die nun schon öfter begegnete Auffassung der Sterbestunde als Beichtsituation. Auf dem Wege über die Beichte findet der Katechismus seinen Platz im Sterbebuch. In der ersten und bedeutendsten Schrift dieser Gruppe, der Sterbeschrift des Wenzeslaus Link (1529), ist der Katechismus in seiner Einteilung Abbild des Trostes. Schon der Titel40 läßt erkennen, dass diese Schrift dem Seelsorger einen Stoff darbieten soll. Die Grundlagen des Glaubens. „darauff das gantz christlich wesen stehet“, sind das Trostmaterial. Die Sterbeschrift enthält alle Stücke des lutherischen Katechismus: Dekalog (hier ist die Beichte eingefügt), Credo (hier ist eingefügt: ein Abschnitt über Christus am Kreuz, Taufe und Abendmahl, d. h. die beiden Sakramente werden noch nicht ganz als eigene Teile des Katechismus empfunden) und Vaterunser. Für die Entwicklung, die zu dieser Schrift geführt hat, gibt es ein interessantes Zeugnis. Luthers Betbüchlein weist schon seit dem Jahr seines Erscheinens 1522 in späteren Ausgaben Zusätze auf.41 In einer solchen erweiterten Neuausgabe (Nürnberg 1527) findet sich eine Sterbetröstung,42 die in direktem Zusammenhang mit der Sterbeschrift Links steht. Sie enthält Stücke über 1. 2. 3. 4.

Taufe Christus am Kreuz Vaterunser Credo.

In etwas erweiterter Form sind diese Stücke dann in der Sterbeschrift Links wiederzufinden. Die Sterbetröstung im Betbüchlein 1527 dürfte von Link 39 Die Sterbebücher dieser Gruppe sind zu einem großen Teil in Althaus, Gebetsliteratur, behandelt. Er weist im einzelnen die Verknüpfung der Gebetstexte in den Sterbebüchern auf. So wird hier, was die Aufarbeitung der Tradition angeht, auf Althaus verwiesen und es werden nur in Anmerkungen einige Quellen aufgezeigt, die Althaus noch nicht festgestellt hatte. 40 „Wie man Christenlich die krancken trösten müge, durchs vater vnnser, Zehen gebot, vnnd Artickel des glaubenns, sampt nützunge der Sacramennt, darauff das gantz Christliche wesen stehet.“ 41 Vgl. WA 10,II,368. Von der Ausgabe E (Grym 1522) an ist der Bestand des Betbüchleins, z. T. auch durch Luther selbst, erweitert worden. 42 „Tröstung was bey eynem sterbenden menschen zu handlen sey.“ WA 10,II,454.

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Der Katechismus am Krankenbett

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selbst stammen.43 Sie verhält sich zur Sterbeschrift wie ein Entwurf zur Ausführung. Dies ergibt sich bei einem Vergleich der Anordnung beider Schriften. Die Tröstung reiht verschiedene Stücke aneinander, ohne über ihre Verknüpfung zu reflektieren. Die spätere Schrift dagegen hat einen durchgeformten Aufbau: Gesetz, Evangelium und Gebet. Dabei werden Teile, die in der Vorlage gleichgeordnet sind, untergeordnet. Dem Credo ist das Stück über Christus am Kreuz eingefügt. Wir sehen hier insofern eine Entwicklung, als diese erste Schrift nur im Ansatz eine Tröstung mit dem Katechismus ist, die eigentliche Sterbeschrift aber sich in ihrem Aufbau völlig an den Katechismus hält.

Die Katechismuströstung Die Sterbeschrift Links ist im gleichen Jahr wie Luthers Katechismen erschienen. In ihrer Veränderung gegen die Tröstung 1527 spiegelt sich die Formung des lutherischen Katechismus.44 Link setzt die drei Katechismus43 In WA 10,II,454 findet sich kein Hinweis auf die Herkunft der Tröstung. Nach der Kenntnisnahme der Sterbeschrift Links, die 2 Jahre später erschien, dürfte die Verfasserschaft Links als sicher anzunehmen sein. Wie weit die Gestaltung dieser Neuausgabe des Betbüchleins auch sonst auf Link zurückgeht, ist nicht festzustellen. Außer dieser anonymen Tröstung ist dieser Ausgabe des Betbüchleins 1527 noch hinzugefügt: ein Kalender mit Monatsversen, Luthers Sermon von Beicht und Sacrament, Melanchthons „etlich sprüch“, vgl. WA 10,II,368. Die Hinzufügung des Kalenders bedeutet einen wesentlichen Schritt im Prozeß der formalen Angleichung von Luthers Betbüchlein an die traditionellen Themen des Hortulus animae. Ein ebensolcher Schritt war schon früher die Hinzufügung von Sterbetröstungen. Die Urheber solcher veränderten Ausgaben zu kennen wäre interessant, vielleicht ist Link der Urheber für diese Ausgabe Nürnberg 1527. Dieselbe Zusammenstellung ist nur noch einmal wiederholt worden, Nürnberg 1537. 44 Vergegenwärtigen wir uns in großen Zügen den Entwicklungsgang, der zu den drei Hauptstücken geführt hat (vgl. Cohrs, Katechismusversuche, Bd. 4, S. 281ff): Credo und Vaterunser sind schon durch das ganze Mittelalter hindurch Patenbekenntnis. Die 10 Gebote tauchen in späterer Zeit im Zusammenhang mit dem Beichtunterricht auf. In der „kurzen Form“ 1520 hat Luther diese drei Stücke zusammengestellt und alles andere, was noch außerdem an „Katechismusstoff“ vorhanden war, z. B. das Ave Maria, beiseite gelassen. Diese drei Hauptstücke sind sehr bald Grundbestandteil aller reformatorischen Katechismen, auch schon vor Luthers Katechismen 1529. Wichtig ist nun die Stellung des Dekalogs und damit zusammenhängend die Beziehung der drei Stücke zueinander. Der Dekalog ist auch noch von Reformatoren als Anhängsel empfunden worden – Melanchton im „Enchiridion elementorum puerilium“ bringt den Dekalog erst als Anhängsel nach dem Ave Maria etc., vgl. Cohrs, Katechismusversuche, Bd. 4, S.281 – entsprechend seiner Stellung im Katechismusstoff des Mittelalters. So ist auch hier bei Link in der Tröstung 1527 der Dekalog noch nicht erwähnt neben Credo und Vaterunser. In der Sterbeschrift 1529 ist die Gruppierung dann genau wie bei Luther durchgeführt, der Dekalog steht an erster Stelle. Ob nun die Aufnahme des Dekalogs und die Gruppierung der drei Stücke in direktem Zusammenhang mit dem Erscheinen von Luthers Katechismen 1529 steht, wird nicht zu entscheiden sein, da die Formung des Katechismusstoffes bis zum Erscheinen der Katechismen schon einen längeren Prozeß hinter sich hatte. Link hat die Zusammengehörigkeit des Dekalogs mit dem Beichtunterricht noch beibehalten, indem er dem Dekalog Beichte und Absolution einfügt.

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Sterbebücher als Handbücher

stücke in eine Beziehung zueinander, so dass sie fortschreitende Akte in einem Prozeß sind, und der Katechismus als Krankentrost verwandt werden kann. Gesetz, Evangelium und Gebet werden als die Grundpfeiler der christlichen Lehre bezeichnet;45 Auf diesen Grundpfeilern steht auch der christliche Trost. Die Gebote und die Sündenerkenntnis müssen den Kranken demütigen, damit er weiß, er hat alles verdient, was er leidet. (Die Absolution wird in diesem Abschnitt von Link mitbehandelt, obwohl sie logisch überragt.) Damit ist der Zusammenhang dieses Abschnittes über den Dekalog mit der Beichttradition deutlich.46 Danach soll der Seelsorger den Gedemütigten wieder aufrichten und mit den Gaben und Verheißungen des Credo trösten. Die beiden Sakramente sind eine Bestätigung des Credo, also noch nicht selbständige Katechismusstücke.47 Das Gebet, das Vaterunser, soll aus der Liebe des Kranken kommen. Er soll Gott anflehen, weil Gott ihm befohlen hat zu beten, auch wenn er seine Unwürdigkeit erkennt.48 Auch Luther und andere Reformatoren49 setzen in ihren Katechismen die drei Stücke in eine Beziehung. „drey dingk seyn nott eynem menschen zu wissen / das er selig werden muge. Das erst / das er wisse was er thun und lassen soll. Zum andern / wen er nu sicht das er nit thun noch lassen kan auß seynen krefften / das er wisse wo erß nehmen und suchen und finden soll / damit er dasselb thun und lassen müge. Zum dritten / das er wisse / wie er es suchen und holen soll.“50 Die Gebote lehren den Menschen, sich als Sünder zu erkennen. Danach lehrt ihn der Glaube, wo er die Gnade finden soll, die ihm die Gebote halten hilft. Das Vaterunser lehrt ihn, wie er die Gnade zu sich holen kann, „ßo wirts yhm geben / und wirt alßo durch die erfüllung der gepott Gottis selig.“51 Die entscheidende Frage ist hier für die drei Hauptstücke die nach der Bedeutung des Dekalogs. Ist der Dekalog der Sündenspiegel, der erst einmal den Menschen von seinem Sündersein überzeugt, um ihn für die Gnade bereitzumachen? Wenn der Dekalog so nur als Vorbereitung des Gnadenempfanges angesehen wird, ist er nicht ernst genommen. Er hat nur negative Bedeutung, denn niemand kann die Gebote erfüllen, „weil sie so hoch sind / das sie niemand durch menschen krafft erlangen kan.“52 Luther fährt dann aber fort; Credo und Vaterunser lehren uns, wo wir die Erfüllung der Gebote erlangen können. Gott schenkt dem Menschen, der ihn bittet, die Erfüllung der Gebote, und der Sünder „wird alßo durch die erfüllung der gebote selig.“53 Die unerfüllbaren Gebote werden erfüllt, so haben sie nicht nur die 45 46 47 48 49 50 51 52 53

Link bl.Aib. Der erste Abschnitt der Sterbeschrift Links über den Dekalog bl.A4 ff. Der zweite Abschnitt der Sterbeschrift Links über das Credo bl.B2b ff. Der dritte Abschnitt der Sterbeschrift Links über das Gebet bl.C6b ff. Eine Parallele zu den hier verwendeten Gedanken: Luther im Sterbesermon, Cl.I,173, 10 ff. Vgl. Cohrs, Katechismusversuche Bd. 4, S. 282 f. Luther, Cl.II,39,5 ff. Cl.II,39,25. Cl.IV,48,26. Cl.II,39,25.

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Der Katechismus am Krankenbett

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Funktion, den Menschen zu demütigen, ihm seine Sünden vorzuhalten. Link versucht das Paradox des Glaubens, das Luther in der Beziehung der drei Katechismusstücke erklärt, sich als Prozeß des Glaubens vorzustellen. Erst Demütigung, dann Tröstung. Die Sündenerkenntnis ist als seelsorgerliches Mittel in einer Sterbeschrift nur möglich, wenn Sünde und Gnade als pädagogisch bestimmbares Nacheinander gedacht sind, nicht aber als gleichzeitig. Die drei Hauptstücke sind exemplarischer Ausdruck des Glaubensprozesses. Eben aber weil der Katechismus diese exemplarische Bedeutung hat, ist er auch Grundlage der Tröstung. Die Anwendung als Krankentröstung bedingt eine Veränderung der Form dem Katechismus gegenüber. Hier heißt es: du hast … nicht erfüllt. „Nicht alleyn aber solt du die sündt und gottes urteyl an sich selb bedencken sunder vil mer auch an dir / nemlich / wie greülich du dein leben lang …“54 darauf folgt dann die Wiedergabe der 10 Gebote, die oft an Luthers Erklärungen im Kleinen Katechismus erinnert. Die Gebote sind nicht erfüllt. „Hierinnen muß ein Seelhirte warnehmen … gleych als gemeine regeln der Ertzney / welliche eyn vernünfftiger … Artzt moderieren muß nach Gelegenheit.“55 Die Demütigung durch das Gesetz ist pädagogisches Mittel in der Hand des Seelsorgers, um die Verkündigung vorzubereiten. Sie muß dosiert werden wie Arznei. Am Krankenbett wird die Sünde erst einmal aufgezeigt. Dieses Vorhalten der Sünde ist für Luther der verkehrteste Weg der Sterbetröstung: „die sund betrachten hat da kein fug noch zeit / das soll man yn der zeit des lebens thun.“ Der Mensch wird dadurch unwillig zu sterben, er denkt an die Sünde, „dieweyll der mensch meynt / er muß die sund alß dan betrachten / und thu woll recht und nutzlich dran.“56 Die Anfechtung wird von Link aber nicht mehr als Ausdruck der Sündenerkenntnis verstanden. Er wähnt sie auch nur in direkter Abhängigkeit vom Sterbesermon. Der Abschnitt über Christus am Kreuz geht weithin auf den Sterbesermon Luthers zurück. Die Anwendung des Katechismus bedeutet grundsätzlich eine wichtige Erkenntnis: Lehre ist Trost. In der Ausführung bedeutet sie aber eine Schematisierung der Glaubensvorstellung, die im wesentlichen auf die verlorengegangene Einsicht in die Angefochtenheit zurückgeht. Auch diese Form des Sterbetrostes aus dem Katechismus wird in der Folgezeit noch starrer ausgewertet. Es geht nicht mehr um den Katechismus als Trost, sondern um die Darbietung der Lehre. Die Beichtsituation der Sterbestunde – bei Myconius (1539)57 deutlich ausgesprochen – ist Gelegenheit zum Unterricht in der Lehre. „Damit nu solchem einfeltigen Hauffen / und sonderlich den blöden / betrübten Gewissen / jnn irer kranckheit / oder sonst jnn 54 55 56 57

Link bl.A5b. Link bl.B2. Cl.I,163,39. Friedrich Myconius war Pfarrer in Gotha. Luther hat zur Sterbeschrift des Myconius eine Vorrede geschrieben, Vgl. WA 50,662 ff. In dieser Arbeit ist der Text nach der Ausgabe Wittenberg 1539 zitiert.

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der Beicht / müge geholffen und sie recht und einfeltig unterricht werden …“58 Die Sterbeschrift besteht aus Unterricht (9 Ermahnungen) und Prüfung (14 Fragstücke). In beiden Teilen ist Buße und Sündenvergebung Thema. Sündenerkenntnis und Absolution versteht Myconius als Aufgabe des Krankenunterrichts. Das macht besonders Frage 4 – 7 deutlich. Zuvor in Frage 1 – 3 wird die Erklärung Luthers zum ersten Credo-Artikel wiedergegeben. Nach Frage 3 aber unterbricht Myconius die eigentlichen Credofragen. Auf die Frage: „Bekennestu auch / das es billich und recht gewest were / das du … deinen … schöpffer … soltest gefurcht / geehret / und von gantzem hertzen … geliebet …“59 fährt Myconius hier fort: „das du es leider nicht gethan hast / sondern offt … wider Gott … gehandelt habst“ (Frage 4). „Das du billich Gottes zorn … verdienst habest“ (Frage 5). Der Unterrichtseifer richtet sich immer auf eine Ermahnung: weißt du auch, dass du ein Sünder bist und Gottes Zorn verdient hast? Das Evangelium bringt dir die Absolution. Christus macht die Sünder selig.60 Der Ton liegt darauf, den Einfältigen aufzuwecken, dass er sich als Sünder verstehen lernt. Luther ist mit dieser Tendenz wohl nicht recht einverstanden gewesen. Jedenfalls klingt seine Vorrede nicht mehr empfehlend: „Wiewol ich nicht gemeinet hette / das not sein solt / den leuten zu dieser zeit das abc Christlicher lere so kindlich fur ze kewen / weil so viel (Gott lob) bücher vorhanden …“61 Er nimmt die Notwendigkeit einer solchen Schrift als Zeichen für den schlimmen Zustand der Kirche. Es müsse wohl nötig sein, „das man dise kindliche weise leßt durch den druck ausgehen …“62

4.6 Trost als Unterricht (Zusammenfassung und eine katholische Parallele) Die grundsätzliche Veränderung aller dieser Sterbeschriften gegenüber den Anfechtungsschriften im Einflußbereich von Luthers Sterbesermon ist die Interpretation der Kranken- und Sterbeseelsorge aus der Beichtsituation. Die Sündenmahnung hängt hier mit dem Interesse an reformatorischer Lehre zusammen. Man weiß, dass nur nach der Sündenerkenntnis das Evangelium von der geschenkten Gnade verstanden werden kann, darum muß für ihr Verständnis von der Sündenmahnung ausgegangen werden. So ist es am deutlichsten bei Bugenhagen ausgesprochen. Auch der Katechismus ist von Link in ein entsprechendes Heilschema gebracht worden. Die Ordnung, die 58 Myconius Bl.C2b. 59 Myconius Bl.C3. Diese 3. Frage entspricht etwa in Luthers Erklärung zum ersten Artikel: „des alles ich ihm zu danken und zu loben und dafür zu dienen und gehorsam zu sein schuldig bin.“ 60 Myconius Bl.C4. (VIII.). 61 WA 50,66e,1 ff. 62 WA 50,664,14.

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Trost als Unterricht

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hier geschaffen wird, ist von diesem Interesse an der Lehre inhaltlich gefüllt. Die Ordnung des seelsorgerlichen Handelns auch in Einzelheiten wird erst in den späteren Formen dieser Schriften ausgeführt. Auch die Krankenkommunion ist erst ein späteres Thema, früher als sie ist die Beichte (mit oder ohne Absolution). Die Sterbeanfechtung hat nur noch die Bedeutung einer seelsorgerlichen Sonderlage. Eine grundsätzliche Umkehrung des Anfechtungsverständnisses ist weithin vollzogen, da die Sündenerkenntnis zum Ziel der Anrede geworden ist. Diese seelsorgerlichen Handbücher sind nicht mehr eigentliche „Sterbe“-bücher, trotz der Gattungskontinuität. Sie verstehen sich als Krankenunterricht. Die Sterbestunde selbst ist in diesem Zusammenhang nur eine unwichtige Situation. Zum Unterricht in der Lehre ist sie nicht geeignet. Einige Schriften trennen deshalb Kranken- und Sterbeanrede. Die meisten Schriften aber bedenken nur noch den Krankenunterricht. Diese Tendenz kommt aus der Verbindung mit den Kirchenordnungen. Die KO BrandenburgNürnberg (1533) formuliert diese Tendenz, die uns hier in Sterbebüchern begegnete: „wan es die zeyt leydet / soll er jne mit kurtzen und klaren sprüchen auß der heyligen schrifft unnterrichten / Das wir alle sünder sein / das uns die sünde durch den Glauben an Christum vergeben werden … (nach Abendmahl und Vaterunser:) … nach disem soll er unterrichten / von der Tauff Creutz und Leyden … darin kan man kein sundern form stellen / sunder ein yeder mensch muß sich selbs mit ernst befleyßen der sach recht zu thun.“63 Veit Dietrich (1544), der in den Einzelheiten schon mehr Vorlagen und Anweisungen gibt, faßt die Krankenseelsorge auch ähnlich auf.64 Einer katholischen Sterbeschrift ist es – mehr als diesen evangelischen seelsorgerlichen Handbüchern – gelungen, den Unterricht am Kranken- und Sterbebett bei starker Betonung der Lehre doch zu einem Trost zu machen. Canisius hat zu dieser sonst anonymen Schrift (1554) eine Vorrede geschrieben und ist darum öfter für den Verfasser gehalten worden.65 Sie ist als Anweisung für die ministri et sacerdotes eines Wiener Hospitals geschrieben. Die Aufgabe des Priesters oder Laien66 am Krankenbett ist vor allem: „universam Christianam religionem summatim“ zu unterrichten (explicare, instruere), danach erst zu trösten. Die Lehre („… creationis nostrae, sumptae poenae, et voluntatis Dei de nobis, promissionis denique divinae vera historia“67) ist Gegenstand der Unterweisung. So ist die Einteilung der Sterbeschrift eine Art dogmatischer Katechismus:

63 KO Brandenburg-Nürnberg, Nürnberg 1533 (Göttingen UB: Mulert 140) bl.LIII b. 64 Veit Dietrich, Agendbüchlein (1544), Nürnberg 1545 (Göttingen UB: H.E.Rit. I,3663,4) bl.m,1 – q,3 interpretiert durchgehend Trost als Unterricht. 65 Vgl. dazu die beigefügte Bibliografie s.v. Canisius. 66 Wie in dieser katholischen Schrift wird auch in den evang. Sterbeschriften kein Unterschied zwischen der Aufgabe der Priester oder Laien zur Krankentröstung gemacht. 67 Ende des 1. Abschnittes (De beneficio creationis).

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1. de beneficio creationis atque lapsu hominis 2. de beneficio Redemptionis atque hominis iustificationis 3. de agonismo et poenitentia hominis. Unter diesem heilsgeschichtlichen Schema wird von der Anfechtung gehandelt. Sie ist eine Parallele zum Sündenfall. Gott läßt zwar fallen, aber nicht untergehen. Die Anfechtungen sind „instrumenta“, Zucht Gottes und noch mehr: sie sind „argumenta“ des Heils. Anfechtung ist Sündenangst. In dieser Sündenangst gibt es zwei Gefahren, die der Verzweiflung, wenn ich die Verdammnis für meine Taten erwarte, oder die des Hochmutes, wenn ich in der Betrachtung meiner guten Werke zu weit gehe. Durch die Lehre wird die Anfechtung überwunden, darum ist Unterweisung so wichtig. „constanter et fortiter in vera fide“ hält der Mensch dem Teufel die Taten der Heilsgeschichte Gottes entgegen. Er überwindet die Anfechtung im Bekenntnis.68 Man darf nicht zweifeln an der Heilstat Gottes, der den Sünder gerecht gemacht hat, sondern muß fest glauben. Inhalt dieses Glaubens ist der Consensus der katholischen Kirche und des Credo. Diese Schrift geht von der Anfechtung aus. Durch die Verknüpfung mit dem Sündenfall erhält die Anfechtung grundsätzliche Bedeutung. Auf diesem Hintergrund ist das Bekenntnis zur Lehre Überwindung der Anfechtung, Trost. Diese katholische Schrift macht deutlich, dass die Umkehrung der Anfechtung in die Sündenmahnung der Sterbeschrift den Charakter einer Trostschrift weithin nimmt.69

68 3. Abschnitt (De agonismo). 69 Die Sündenerkenntnis von der Vergebung her ist in diesen Schriften in ein logisches Nacheinander von Sündenerkenntnis und Vergebung auseinandergerissen. Letztlich wird die Sündenerkenntnis hier zu einer Menschenmöglichkeit, zu einer Voraussetzung für das glaubende Hören des Evangeliums, Vgl. Weber, Dogmatik S. 604, 641.

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5. Kapitel: Sterbebücher als Anleitung zu christlichem Leben und seligem Sterben

Die im einzelnen sehr verschiedenen Sterbeschriften der Zeit nach etwa 1540 treffen sich doch in einem Grundgedanken. Die Bereitung zum Sterben ist entscheidend für das christliche Leben. Darum sind diese Sterbeschriften als Anleitung zum christlichen Leben angelegt. „Seliges Leben“, die Heiligung und die tägliche Buße werden zum Ausdruck der rechten Sterbebereitung. Der humanistische Gedanke der meditatio mortis wird als ein Ausdruck dieses Grundgedankens in den Sterbebüchern aufgegriffen. In diesem Traditionszusammenhang kommt der Sterbeschrift Bullingers eine besondere Bedeutung zu. Neben dem humanistischen Gedanken der meditatio mortis als Ausdruck des christlichen Lebens gewinnt die Sterbebereitung auch in einem zweiten Bereich die Bedeutung einer Lebenshaltung. Aus der Sorge um den Mißbrauch der lutherischen Rechtfertigungslehre geben besonders J. Menius und G. Maior ihren Sterbeschriften den Charakter einer Anleitung zu christlichem Leben. In einem Schlußabschnitt wird die Fortführung dieser Gedanken in den Sterbeschriften des ausgehenden 16. Jahrhunderts angedeutet. Das „selige Stündlein“, wie der Christ es erträgt und wie er sich darauf vorbereitet, wird entscheidend für sein Leben und seine Seligkeit. Das letzte Stündlein ist Höhepunkt, das Examen über das christliche Leben.

5.1 Die „meditatio mortis“ in der Sterbeschrift des Erasmus von Rotterdam („de praeparatione ad mortem“ 15331) Die Grundlage der praeparatio ad mortem ist das Frömmigkeitsideal des miles christianus. Zu dieser Frömmigkeit gehört auch die meditatio mortis, die bei Erasmus Ziel der Sterbebereitung ist. Er übernimmt den Begriff aus Plato und Cicero2, wobei er aber bewußt um eine Umdeutung bemüht ist: „siquidem a 1 Es wird zitiert nach den Seitenzahlen der Ausgabe: Des. Erasmi Rotero // dami liber cum primis pius, de // praeparatione ad mortem … Basel (Froben) 1534, Göttingen UB. Die Sterbeschrift hat Erasmus drei Jahre vor seinem Tod in Freiburg geschrieben. 2 Vgl. Erasmus S. 7 und Thielicke, Tod und Leben, S. 17 Anm. 1.

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philosopho philosophice dictum, Christiani Christiano sensu accipiamus“.3 Meditatio mortis ist bei Erasmus nur ein neuer Begriff für einen längst vorhandenen Gedankenzusammenhang. Er ist nicht primär, sondern entspricht dem weiteren Begriff „philosophia christiana“ oder auch einfach nur „fides“ oder „pietas“, bezeichnet also die Haltung des miles Christianus, der „pie“ lebt. Die Beziehung auf den Tod, die die meditatio mortis ausdrückt, verdeutlicht eine wesentliche Tendenz dss Ritterideals, wie es schon im Enchiridion militis christiani (1503) vorliegt. Meditatio mortis ist das Gegenteil von Todesfurcht,4 sie ist eine Haltung, die nur dem Glaubenden möglich ist. („sola fides nobis porrigit“5). Die meditatio mortis macht dem Christen seine Wanderschaft deutlich. Wenn er begreift, dass „tota vita cursus ad mortem“ ist, dann löst er sich von der Welt. Meditatio mortis ist also ein Wechselbegriff mit peregrinatio des miles christianus. Peregrinatio heißt mit Paulus 1. Kor. 7: haben, als hätte man nicht, die Welt ist nur „momentanea“, wie den Juden das Halljahr, so soll uns der Tod das Verhältnis zur Welt nur vorläufig machen. Der miles christianus liebt die Welt nicht, sondern verachtet das Zeitliche. Der Gedanke an den Tod verbietet ihm „conquiescere in temporariis“.6 Der miles christianus ist der wandernde Kriegsknecht, dem der Leib nicht festes Haus, sondern nur Lagerhütte ist.7 So wendet Erasmus auch die synoptischen Bilder für die Plötzlichkeit der Parusie auf den Tod an, wobei für ihn der eschatologische Sinn erhalten bleibt.8 Der Tod ist das eschatologische Ereignis: „nec refert quod Dominicus sermo loqui videtur de supremo mundi die. nam cuique supremus vitae dies supremus mundi dies est.“9 Der Fromme ist der Wartende, dem der Tod immer gegenwärtig ist. So polemisiert Erasmus sehr konsequent gegen die zeitgenössische Sorge um den „unversehenen Tod“.10 Die mediatio mortis verdeutlicht den eschatologischen Charakter der pietas des miles christianus. Praparatio ad morten ist also nicht Vorbereitung auf ein irgendwann einmal eintretendes Ereignis, sondern es ist die ständige Auseinandersetzung damit, die Haltung der peregrinatio.11 3 Erasmus S. 7. 4 Die Sterbeschrift des Erasmus beginnt mit dem selben Satz, mit dem die spätmittelalterliche Bilderars beginnt: „omnium terribilium maxime terribilis est mors …“. Erasmus fährt dann fort: die Todesfurcht, die dieser Satz ausspricht, gehört zu den Heiden. Es liegt sicherlich eine ganz bewußte Distanzierung gegen den Anfang der Bilderars vor. 5 Erasmus S. 3. 6 Erasmus S. 5 – 7. Fast alle diese Wendungen begegnen auch im Enchiridion militis christiani vgl. A. Auer, Frömmigkeit S. 89. 7 Erasmus S. 44: „corpus habet non pro domo sed pro tabernaculo, nec ibi recondit thesaurum suum, sed quod ad diurnum dimensum satis est, in zona gestat, semper in excubiis vigilans, semper arma habens in procinctu.“ 8 Erasmus S. 37. 9 Erasmus S. 37. 10 Erasmus S. 37 ff. 11 Das Ritterideal enhält viele Bilder aus dem Pilgerleben.

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Die „meditatio mortis“

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Das Verständnis der Anfechtung Erasmus behandelt in der Sterbeschrift sehr ausgedehnt das Thema Anfechtung. Er steht damit also völlig im Rahmen der Tradition und ist vielleicht auch von der lutherischen Tradition berührt.12 Daneben findet sich spätmittelalterliches Traditionsgut: Er erweitert das Exempel von den zwei doctores, die der Teufel anficht,13 und er bringt die Versucherfragen.14 Von dem Ideal des miles christianus her hat er aber ein sehr eigenes Verständnis der Anfechtung, das eigentlich gar nicht in die Tradition, die er bringt, paßt. Anfechtung ist ihm nicht Erfahren der Sünde, auch nicht ein psychisches Erlebnis, sondern Kampf. Der Ritter muß kämpfen. Kampf ist sein Verhältnis zur vorhandenen Welt, „mundus non mediocre certamen afferens piis.“15 Kampf ist der Ausdruck dafür, dass der Fromme noch in der Welt ist. Es geht um das Verhältnis des Gerechten zur Sünde. Mit diesem Kampf begründet Erasmus seine Haltung zur Reformation. Wir müssen kämpfen, um die Krone zu gewinnen. Es gibt einen Fortschritt und ein Ziel, nach dem wir streben. „Perfectorum exempla veluti stimuli sunt ad robur spiritus parandum.“16 Das Ziel ist erreichbar, Christus hat den Feind besiegbar gemacht, aber er hat ihn nicht getötet. „Dum omnia mala nobis debita in se recepit (Christus) ea nobis superanda traditit, videlicet iam fractis illorum viribus.“17 Christus hat sie für uns überwunden, aber wir müssen diesen Sieg noch nachvollziehen, für uns wahrmachen. Wenn wir dann siegen, so siegen wir nicht aus unseren Werken oder unserer Gerechtigkeit, sondern weil Christus in uns geblieben ist, er hat

12 Erasmus S. 14 – 25 behandelt die Anfechtungsreihe als Weltüberwindung des christlichen Ritters: „restat peccatum in quo infeliciter nati sumus (S. 15) … restat Satanas et peccati et mortis parens et princeps (S. 16) … quid adhuc superest tentationum? mors (S. 18) … ut autem peragamus, quod nunc agimus. superest his omnibus in unum acervum conflatis terribilius malum, Tartarus (S. 22)“ In die lockere Form der Rede ist hier die Anfechtungsreihe eingeflochten, wobei Erasmus deutlich auf sie als geformte Reihe Bezug nimmt. Der Herausgeber und Übersetzer der präparatio 1584 Reynhard Lutz („Gar krefftige Ermanunge zur notwendiger Vorbereytunge zum sterben …“ Köln 1564 – Mainz UB: B577.) nimmt in seiner Vorrede auf dieses Traditionselement Bezug. Er zählt die Anfechtungen der Sterbestunde auf und gleicht die Erasmusreihe noch mehr der lutherischen Tradition an: Sünden, Tod und Hölle ängstigen den Sterbenden (bl. A4 f). 13 Dasselbe Exempel für die richtige Art, mit dem Teufel zu disputieren, findet sich in: Antonius (Archiep. florentinus, gestorben 1459) Summa theologica, pars I, tit. 5, cap. 2, §1: Man darf nicht auf die teuflischen Fragen eingehen, sondern muß antworten: „credo quod credit … ecclesia. Et ille quod credit ecclesia? respondet infirmus. id quod ego credo.“ Geiler v Kaisersberg verwendet dieses Exempel in: Sermones prestantissime … 1514 (Göttingen UB: 48 Patr. lat. 2442/57 bl. ff4b) und auch im Sterbe-ABC, Vgl. Hoch, Geiler S. 53. 14 Die „Versucherfragen“ bei Erasmus S. 70 ff sind eindeutig spätmittelalterliche Tradition. Eine Quelle nachzuweisen ist mir nicht gelungen. 15 Erasmus, S. 14. 16 Erasmus, S. 9. 17 Erasmus, S. 11.

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Sterbebücher als Anleitung

gesiegt.18 Der Kampf ist unsere Vereinigung mit Christus als consortes crucis, also werden wir auch consortes gloriae.19 Uns bleibt etwas zu tun – „tuum est clamare“ – aber nicht unsere eigene Kraft anzurufen, sondern Gott, der allein aus dem Bösen erretten kann.20 Erasmus wehrt immer wieder das „ex operibus“ ab. Die Aufforderung zum Kampf ist ihm aber bitter ernst. Ohne sie wird es nämlich dem Menschen zu bequem gemacht. So gibt es zwei Fehlerquellen der Verkündigung: desperare und dormire,21 wobei für Erasmus aber das dormire greifbarer und gefährlicher ist. So begründet er seine Ablehnung der Reformation. Es wird dem Menschen dort zu bequem gemacht. Der Stachel der Furcht fehlt.22

5.2 Der Einfluß humanistischer Gedanken und die Bedeutung der Sterbeschrift Bullingers Die Sterbeschrift Heinrich Bullingers (1536) ist in der Form weithin pastorales Handbuch.23 Trotzdem ist diese Schrift der Beginn einer Umformung der Sterbebuchgattung. Neben den Fragen der Krankenseelsorge behandelt Bullinger mehrere Themen, die an Themen der spätmittelalterlichen Sterbebücher anknüpfen. Statt der lutherischen Anfechtungsreihe bringt er einen Dialog zwischen dem Teufel und dem Sterbenden, der weithin die Gedanken der Bilderars wiederholt. Statt des Trostes aus der Angefochtenheit Christi steht hier wieder wie im Mittelalter der Sterbeunterricht nach dem Vorbild der Passion Christi.24 Er beschreibt das Elend der Welt und die Herrlichkeit des Himmels.25 Fragt man nun nach den Quellen für solche Stoffe und Themen, die in dieser Form im Rahmen der evangelischen Sterbebücher etwas Neues sind, so ergibt sich, dass die Sterbeschrift des Erasmus die Grundlage Bullingers 18 19 20 21 22 23

Erasmus, S. 11. Erasmus, S. 13. Erasmus, S. 13. Erasmus, S. 15. Erasmus, S. 47 ff. Wie die seelsorgerlichen Handbücher behandelt Bullinger Kranken- und Sterbeanrede (getrennt), Beichte, Sterbesakramente und commendatio. Bedeutsam ist es, daß diese Schrift so ausgeprägt ein seelsorgerliches Handbuch ist, daß das Thema Krankenabendmahl behandelt wird, obwohl Bullinger es aus seinem Abendmahlsverständnis heraus ablehnt. Er widmet ausführliche Kapitel den Verhaltensfragen: ob man einen Arzt rufen dürfe und wie man sein Testament machen soll. Auch das Interesse an der Lehre, wie es in den seelsorgerlichen Handbüchern begegnete, findet sich bei Bullinger. In zwei grundsätzlichen Kapiteln behandelt er die „summa des ganzen Evangelii“ (Kapitel 6 u. 7 bei Bullinger): Sündenvergebung und Auferstehung. Die lehrmäßige grundsätzliche Aussage ist Trost. 24 Die sieben Beispielhandlungen Christi bei Bullinger, bl.E8b ff. Zu der Verwendung dieses Motives im Spätmittelalter vgl. o. S. 26 ff. 25 Bei Bullinger unter anderem bl.B3b ff.

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Die Bedeutung der Sterbeschrift Bullingers

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ist. Von ihm hat Bullinger den Dialog zwischen Teufel und Krankem.26 Durch ihn kommt offensichtlich das Interesse an alten Erbauungsstoffen.27 Entscheidend aber für die ganze Schrift Bullingers ist die Begründung der Sterbebereitung aus der Betrachtung der elenden Welt und der zukünftigen Herrlichkeit. Der Hintergrund hierfür ist der Grundgedanke der Sterbeschrift des Erasmus, das Verständnis der meditatio mortis als Ausdruck der peregrinatio.28 Bullinger sieht die Betrachtung des Todes29 als Ausdruck des Lebens aus der Zukunft des Christen. Dieses macht eine Sterbeschrift wichtig, wie er in der Vorrede deutlich macht.“ … (der mensch) / der sein trost und hertz auff gott und auff das ewig leben setzt / derselb betrachtet offt sein end / ernietet sich der jrdischen dingen / und freut sich inn den himmlischen.“30 Der pflegt die höchste Weisheit, der danach trachtet, wie er zu einem „seligen Ende“ komme. Der Hintergrund aller dieser Sätze ist die meditatio mortis bei Erasmus, oft sind die Formulierungen wörtlich übernommen. Die meditatio mortis findet ihren Ausdruck in dem Verhältnis zur Welt. Wie Erasmus beschreibt Bullinger dieses Verhältnis mit Paulus 1.Kor.7: haben, als hätte man nicht.31 Denn die Welt ist vergänglich und elend. Für jedes Lebensalter und jeden Stand malt Bullinger das gleichbleibende Elend aus: Alle tragen sie das Leben als eine Last, der Reiche wie der Arme, „hat einer weib und kind / so hat er sorg und leid / hat er niemants / so ist er verlassen.“32 Die Beschreibung des Elends der Welt ist als Ausdruck der Sündhaftigkeit des Menschen verstanden. Der Glaubende antwortet auf das In-der-Welt-Sein mit dem Warten auf ein seliges Ende, „denn das recht und ewig bestendig leben erst nach disem leben angehet.“33 Bullingers Sterbeschrift ist für die Geschichte der evangelischen Sterbebücher ähnlich wichtig geworden wie der Sterbesermon Luthers. Man kann für die Schriften von L. Culmann (1538), L. Werner (1556), Joh. Rivius (1542) und die anonyme Schrift „Streyt wider die anfechtung“ (1544) von einer „Bullingerschule“ sprechen. Die Anfechtungstradition wird in der Folgezeit nicht mehr nur von den lutherischen Sterbeanfechtungen stimmt, sondern fast noch mehr von den Versucherfragen.34 Die Sterbeanfechtung wird zu einer

26 Bullinger Cap.10, bei Erasmus S. 70 ff. Es ist zu vermuten, daß die Versucherfragen spätmittelalterliches Gut sind, vielleicht eine Auswirkung der Bilderars. 27 Erasmus hatte spätmittelalterliche Erbauungsstoffe aufgenommen. 28 Vgl. o. S. 83 ff. 29 Die Schrift Bullingers ist in deutscher Sprache geschrieben, doch sind die Begriffe des Erasmus zu erkennen: hier meditatio mortis. 30 Bullinger bl.A2. 31 Bullinger bl.B6b, zu Erasmus Vgl. o. S. 83 ff. 32 Bullinger bl.B3b. 33 Bullinger bl.A2bf. 34 Die Versucherfragen begegnen in Abhängigkeit von Bullinger, die sich eindeutig am Fehlen des zweiten Teils (Versuchung mit Hoffart) erkennen läßt, da ihn Bullinger nur in wenigen Worten referiert, und der dann auch bei den Schülern fehlt: Werner (1556), „Streyt wider die anfech-

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Sterbebücher als Anleitung

Beschreibung der Situation des Sterbenden, eine besondere Gelegenheit zu teuflischer List. Der Sterbeanfechtung ist damit die grundsätzliche Bedeutung als Auseinandersetzung mit der Sünde genommen. Sie ist nur noch Nebenfrage. Gegenstand der Auseinandersetzung ist in Zukunft nicht mehr primär die Sünde, sondern die Welt und das Leben des Christen in ihr. Ein neues Verständnis der Sterbebereitung entsteht mit Bullingers Aufnahme spätmittelalterlicher Themen und ihrer Ausprägung durch den erasmischen Gedanken der meditatio mortis als peregrinatio. Hier liegt der Beginn des Verständnisses der Sterbeschrift als Anleitung zu christlichem Leben und seligem Sterben.35 Auch in der Sterbeschrift des L. Culmann (1538),36 die von Bullinger abhängig ist und darüber hinaus in humanistischen Gedanken und Formen lebt, wird die Welt – wenn auch anders als bei Bullinger – entscheidend für den Glauben. Die Welt begegnet in ihren täglichen „perturbationes“ (Vorrede). Aber diese Anfechtungen der Welt sind notwendig, „ut probaretur et exerceatur … fides“ (Bl.A4), damit das Fleisch getötet werde, damit geheilt wird, nicht aber vernichtet. Die christliche Haltung, die darum in der Welt notwendig wird, ist, die Welt „aequo animo“ zu ertragen (so der immer wiederkehrende Grundgedanke Culmanns). Wie sehr hier unter einem humanistischen Ideal ein letztlich positives Verhältnis zur Welt vorliegt, zeigt die Wendung zum Trost: „magna profecto consolatio est scire crucem a Deo esse … non a Satana“ (Bl.A4). Wenn der Christ die Welt und ihre perturbationes auf den Teufel zurückführt – „sentire esse accidens quoddam diabolo autore“ (Vorrede) – dann verkennt er ihre Aufgabe und erträgt sie „iniquo et impatienti animo“ (Vorrede). So ist es die entscheidende christliche Aussage über das Leben und die Welt: „a Deo solo crux est.“ Hatte Althaus an den Gebetbüchern das Phänomen der subjektiven Gebetshaltung und der Kasuistik – das Problem der „Mystik im Luthertum“ – als Auswirkung mittelalterlicher Stoffe auf dem Wege über zeitgenössische rötung“ (1544), Rivius (1542), Culmann (1538). Zu der weiteren Verwendung der Versucherfragen Vgl. u. S. 89 Anm. 38. 35 In diesem Zusammenhang ist auch den Begriff der meditatio futurae vitae bei Calvin (Institutio IIIA,9) zu sehen. Dieser Begriff bei Calvin geht auf den erasmischen Gedanken der meditatio mortis zurück. (So zuerst nachgewiesen von M. Schulze, 1901 und 1902.) Die an die Darstellung Schulzes anschließende Diskussion bewegt sich um das Problem einer negativen Ethik bei Calvin. (Vgl. die Darstellung der Diskussion in Quistorp, Die letzten Dinge, S.46 ff.) Bei Bullinger ist jedenfalls nicht von einer negativen Ethik zu reden. Denn wie nahe läge es gerade in einer Sterbeschrift in diesem Zusammenhang von Todessehnsucht und Verzicht auf das Leben zu reden, aber diese Konsequenz zieht Bullinger nicht. 36 Leonhard Culmann (1497 – 1562). Ausbildung in Erfurt und Leipzig. Er wirkte in Nürnberg, späterhin als Vertreter der Lehre Osianders (nach 1552). Zu seinen Schriften gehören einige erbauliche Dramen, Vgl. Julius Tittmann, Schauspiele des 16. Jahrhunderts = Deutsche Dichter des 16. Jahrhunderts, 1868. Zu Culmann finden sich einige biographische und bibliographische Angaben in Will, Nürnbergisches Gelehrtenlexikon I,228 und in Allg. Deutsche Biographie 4 (1876), S. 639. Die Sterbeschrift ist zitiert nach der Ausgabe Nürnberg 1546.

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Sterbebereitung als stete Buße

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mische Literatur aufgezeigt,37 so gilt dieses Phänomen auch für die Sterbebücher. Nur findet vorher im Rahmen einer humanistischen Tradition schon eine erste Einführung spätmittelalterlicher Themen statt, die die Gattung grundlegend umgestalten. Durch die römische Literatur der Gegenreformation werden dann ähnliche Stoffe noch ein zweites Mal eingeführt, wie das Beispiel der Versucherfragen deutlich zeigt, die zweimal unabhängig voneinander aufgenommen werden.38

5.3 Sterbebereitung als stete Buße und die Todessehnsucht Das Bemühen um die reformatorische Rechtfertigungslehre, das hinter den Streitigkeiten eines J. Menius und G. Maior steht, führt zu Motiven in der Auffassung der Sterbebereitung, die denen einer humanistisch-stoischen Tradition sehr nahe kommt. Eine Sterbeschrift, die Anleitung zu christlichem Leben ist, hat nicht zufällig eine gewisse Rolle in den Streitigkeiten um die Rechtfertigungslehre gespielt. Justus Menius39 wurde auf Grund seiner Sterbeschrift (1556) von Amsdorf angegriffen.40 Die Sterbebereitung ist in dieser Schrift Anlaß, die Auffassung des christlichen Lebens zu entwickeln. Sie wird zu einem Wechselbegriff mit dem der steten Buße. Menius ist Schriftsteller der vita christiana, seine „oeconomia christiana“ erschien seit 1529. Auch die weitläufige Sterbeschrift besteht im wesentlichen aus haustafelartigen Exkursen, z. B. Ermahnungen für Eheleute. Ihnen entsprechen Lasterkataloge und Tadelexkurse, z. B. über die „Ross- und Kälberärzte“ im Anschluß an die Frage des Arzneigebrauches. Die Sterbeschrift des Menius ist so sehr Anleitung zu christlichem Leben, dass sie sich von seinen anderen Schriften kaum unterscheidet. Die spezielle Sterbebuchtradition wird zwar einigemale aufgenommen, tritt aber völlig in den Hintergrund. Wie sehr 37 Althaus, Gebetsliteratur S. 59 ff. 38 In dieser zweiten Traditionsform begegnen die Versucherfragen bei Barschamp (1560). Er geht auch sonst auf katholische Tradition zurück. In katholischen Sterbebüchern begegnen die Versucherfragen bei Walasser (1569) und Leisentritt (1577). Sie bilden späterhin ein wesentliches Element bei Moller (1593), Praetorius (1593) und Gerhard (1611). Es ist für die Funktion der Sterbeanfechtung in diesen Sterbeschriften bezeichnend, daß Leisentritt die Fragen des Versuchers vom Priester stellen läßt. Es geht nicht um die Begegnung mit der Sünde, sondern um die Vergewisserung anhand der Anfechtung, ob der Sterbende richtig antwortet, richtig glaubt. 39 Justus Menius 1499 – 1558. Über ihn vgl. G.L. Schmidt, J.M., 2 Bde, Gotha 1867, G. Kawerau, Die Reformation und die Ehe, Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte, O. Albrecht, Der Katechismus des J.M., Th.Stud.u.Krit.82 (1909) S. 78 – 102., RE 3. Aufl. 12,577 – 581 (Kawerau), RGG 2. Aufl. 3, 2094 (Blanckmeister). Vgl. auch WA 30,II,49 ff. (Die Vorrede Luthers zur „oeconomia“.) 40 Vgl. u. S. 90 Anm. 47.

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Menius die Sterbebuchtradition seinen Absichten einordnet, zeigt die Umwandlung des Exempels Christi. Der Abschied Jesu ist ein Exempel für den christlichen Hausvater, wie er sein Testament machen soll.41 Die Sterbebereitung gehört zu den Aufgaben des christlichen Lebens. Für Menius ist in jeder Frage der Gegensatz: Sünde – Seligkeit Ausgangspunkt.42 Diesem Gegensatz dient die Einteilung des Sterbebuches: das Leben vor dem Sündenfall und nach dem Sündenfall. Das Leben vor dem Sündenfall soll dem Menschen die Seligkeit zu einem ersehnten Ziel machen.43 Die Sehnsucht nach dieser Seligkeit ist Appell zu einen christlichen Wandel. Der Mensch soll sich gegen das Verharren in der Sünde auflehnen. „Denn wir (sind) von Gott nicht darzu erschaffen … das wir allein hie auff erden / eine zeitlang gleich andern thieren / leben sollen … Dann wenn wir keines anderen noch bessern lebens zu gewarten hetten / dann dieses zeitlichen weltlebens … so werden wir fürwar gar unselige leut … Dazu aber sind wir erschaffen … zu einem andern seligern und herrlichern sichern Leben.“44 Das fromme Leben ist Warten auf die Seligkeit.45 Die Rechtfertigung wird uns zwar trotz unseres sündigen Lebens geschenkt, aber damit der Gerechtfertigte „in der geschenckten Seligkeit erhalten werde“, muß er durch sein frommes Leben die Seligkeit aufrechterhalten, „damit er nicht wiederum aus gnaden in zorn … zurückfalle / wie bald und leichtlich geschehen.“46 Die Rechtfertigung ist der Spannung der sündigen Gegenwart entnommen, da sie als vergangen gedacht wird, dafür tritt bei Menius der Hilfsbegriff „Seligkeit“ ein, der durchaus eine Spannung erhält, denn das fromme Leben ist auf die Zukunft hin gedacht.47 Die Einführung dieses Hilfsbegriffs soll die Spannung als eine Aufgabe im Leben kennzeichnen. Auf die Erkenntnis der geschenkten Gnade folgt „das er jnn solcher erkendtnis und glauben / auch seines Beruffs warte / als / so er ein Hausvater ist …“48 41 Vgl. Menius Bl. Qff. 42 Im Streit mit Amsdorf ist die Ausprägung des Begriffes „Seligkeit“ bei Menius deutlich geworden. Er benutzt ihn als Gegenbegriff zu „Rechtfertigung“. Rechtfertigung und Seligkeit sind insofern verschieden, als die Rechtfertigung ohne vorherige Erneuerung geschieht, dann aber mit der Erneuerung erst die Vollendung zur Seligkeit hin beginnt. (Der Text der Erwiderung des Menius auf die Anklage Amsdorfs 1566 in: Schmidt a. a. O. II, 208.) „Seligkeit“ ist für Menius ein gefüllter Begriff, der die Heiligung im frommen Leben als Voraussetzung der zukünftigen Seligkeit einschliesst. 43 Menius bl.C5b. 44 Menius bl.G7b. 45 Menius bl.L6b. 46 Vgl. Schmidt a. a. O. II,206. 47 Darum kann Menius im Streit mit Amsdorf immer wieder die Anschuldigung zurückweisen, er lehre die Notwendigkeit der guten Werke. Der Streit mit Amsdorf fand an dieser Sterbeschrift und an einer gleichzeitig gedruckten Predigt „von der Seligkeit“ (vorhanden: Dresden LB) neue Nahrung. Amsdorf empfand in diesen Schriften majoristische Tendenzen. Besonders übel nahm man Menius, daß er beide Schriften in Erfurt drucken ließ, anscheinend um dem strengen Urteil, das ihn in Jena gehindert hätte, aus dem Wege zu gehen. Die Gutachten und Erwiderungen sind abgedruckt bei Schmidt a. a. O. II, 195 ff. 48 Menius bl.F2.

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Der Gegensatz zwischen Gläubigen und Gottlosen repräsentiert den Gegensatz zwischen Sünde und Seligkeit. Die Christen unterscheiden sich von den Gottlosen durch ihr frommes Leben, zu dem auch ihr seliger Tod gehört.49 Deshalb ist die Sterbebereitung Bestandteil der vita christiana. Die immer neue Sündenerkenntnis, denn die Sünde bleibt auch den Heiligsten immer noch vorhanden,50 führt zur steten Buße und zur Sterbebereitung das ganze Leben hindurch. Die Betonung der Sündenerkenntnis findet einen klaren Ausdruck in der Darstellung der Sterbeanfechung. Menius greift die lutherische Tradition auf,51 wendet aber in der Sündanfechtung den Sinn völlig um: „wider die anfechtung / von wegen der sünden. 1. wer für sich selbst nicht bedencket / das er mit sünden beladen sey / und Gottes gnaden bedürff / der sol sich nachfolgende sprüche erinnern lassen / das er nicht zu sicher sey. 2. wer aber dencket als achte gott der Sünden nicht und wolte sie immer mehr straffen … 3. wider die verzweiflung als wolt gott die sünde nicht vergeben …“52 Die Umkehrung der Sündenanfechtung53 kommt aus der Sorge des Menius – die die ganze Schrift durchzieht – um die Gefahr der reformatorischen Rechtfertigungslehre. „Als achte gott der sünden nicht“ – nicht mehr Gegenstand der tröstlichen Verkündigung, sondern Inhalt der Anfechtung.54 Hier ist die Sündenerkenntnis nicht mehr nur aktuelle Vorbereitung der Heilsverkündigung wie in den „seelsorgerlichen Handbüchern“, sondern ein Lebensprinzip, das auch die Sterbebereitung einschließt: die stete Buße. Um der Sünde willen ist das Leben von Geburt an ein Anfang des Sterbens, so ist die Sterbebereitung Ausdruck der Sündenerkenntnis. War bei Menius die Spannung zwischen den Aufgaben des christlichen Lebens und dem Warten auf die Zukunft eine wirkliche Spannung – gerade in der Betonung des christlichen Lebens – so bietet die Sterbeschrift Georg Maiors55 eine Auflösung dieser Spannung durch das Warten auf die Zukunft. 49 So beschreibt Menius ausführlich den Tod des Frommen und des Gottlosen. 50 „Wie nun alle menschen / auch die allergrößisten heiligen gottes / in jrm fleisch und natur allzeit ubrige sunde haben und behalten … Also ist es ihnen auch von nöten / das sie in der bekerung und buße jr ganzes leben lang für und für beharren …“ Vgl. Menius bl. N6b und N4b. 51 Menius bl. V3bff: 1. Erwählungsangst; 2. Sündenanfechtung; 3. Furcht und Grauen vor dem Tod; 4. „wider die anfechtung / da sich die leute düncken als köndten sie nicht glauben.“ 52 Menius bl.a. 53 In 1. und 2., in 3. aber nimmt Menius die lutherische Tradition auf. 54 Diese Umkehrung, die Ausdruck eines veränderten Sündenverständnisses ist, läuft logisch damit parallel, daß die Verzweiflung und Sündennot nur bei dem Gottlosen vorgestellt wird. 55 Georg Maior 1502 bis 1574, über ihn vgl. RE 3. Aufl. (Kawerau) XII, 85 ff. Die Quellen zum maioristischen Streit sind zusammengestellt in: C. Schlsselburg, Catalogus Haereticorum Bd. 7, Frankfurt 1599.

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Die Vollkommenheit ist so sehr nur zukünftig zu denken, dass der Christ darauf mit Todessehnsucht wartet. Buße und Bekehrung sind auch hier Ausgangspunkt der Unterweisung zum seligen Sterben. Die Sterbebereitung setzt voraus, „das der mensch vor allen Dingen Buße thue / und sich zu Gott bekere / erkenne und bekenne Gott seine Sünde.“56 Sie umfaßt das ganze Leben.57 Maior wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die guten Werke und die Heilsnotwendigkeit des bußfertigen Lebens. Die Todessehnsucht ist die Folge der Bekehrung. An ihr erweist sich die Welt als böse, Welt ist Sünde. Die Erwartung des Heils richtet sich von ihr weg auf die Zukunft.58 Die Todessehnsucht ist die Mitte des Glaubens, denn sie besagt die Ablehnung der Welt – der Sünde – und die Bejahung Gottes. Diese Identifizierung von Welt und Sünde ist ein entscheidender Schritt. Die Todessehnsucht bedeutet dann, dass der Christ nur noch uneigentlich an der Welt teilhat. Der Tod ist nicht mehr ernst genommen, die Todessehnsucht geht über ihn hinweg. Letztlich geht es hier nicht um Todestrost, sondern um Weltbewältigung. Hier bahnen sich in Andeutungen bereits Gedanken an, die im 17. Jahrhundert Bedeutung gewinnen, Weltverachtung, Todesverachtung und Todessehnsucht.59 In den Schriften von Menius und Maior wird klar, wie das Interesse an der Heiligung aus dem Bewußtsein um die Gefahr der – falsch verstandenen – Rechtfertigungslehre in die Nähe humanistisch-stoischer Motive führt.

5.4 Die Sterbestunde als „Doctorath“ Für das ausgehende 16. Jahrhundert ist ein Gedanke aus dem Zusammenhang der Sterbebücher bedeutsam: das Ziel des christlichen Lebens ist ein „seliges Stündlein“. Die Bitte um ein seliges Stündlein ist nicht allein aus dem Thema der Sterbebücher zu erklären, sie ist allgemein ein Bestandteil der Frömmig-

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Eine Bibliografie der zahlreichen Schriften Maiors gibt es nicht. Ansätze dazu in: Will, Nürnbergisches Gelehrtenlexikon II, 527ff und Jçcher, Gelehrtenlexikon, 4,419. Die Sterbeschrift ist hier nirgends erwähnt und scheint auch sonst unbekannt zu sein, (sie fehlt auch in W. Mejer, Der Wittenberger Drucker Hans Lufft, Leipzig 1923, obwohl die Sterbeschrift von Lufft gedruckt wurde). Die Sterbeschrift wird nur erwähnt von Lçhe (ges.Werke Bd. 33,1 Neuendettelsau 1951, S. 264), der berichtet, daß das Sterbebuch Maiors einem Magdeburger Domherrn als Vademecum gedient habe. Maior bl.A4. Menius war in der Stellungnahme für Maior zu seiner Position gekommen. Die Beschreibung der Buße, Bekehrung u. ä. ist bei beiden fast gleich. Seine Kapiteleinteilung beschäftigt sich mit immer neuen Bildern für diesen Gedanken: Cap. 2: aus dem baufälligen Haus in das schöne Haus. Cap. 3 aus der bösen Gemeinschaft in die Gemeinschaft der Heiligen. Cap. 4: aus der Finsternis ans Licht. Cap. 5: aus der Sünde in die Sündlosigkeit. Vgl. Althaus, Friedhof, der diese Motive in den Sterbeliedern besonders des 17. Jahrhunderts aufzeigt.

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Die Sterbestunde als „Doctorath“

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keit.60 So begegnet bezeichnenderweise auch in Kirchenliedern, die nicht ausgesprochene Sterbelieder sind, oft ein letzter Vers, der vom seligen Sterben handelt.61 Aus diesem Interesse an der Sterbestunde ist eine eigene Literaturform der Sterbebücher entstanden, die der Sterbeexempel.62 Hier zeigt sich, dass die Sterbestunde um so mehr Bedeutung gewinnt, je mehr das christliche Leben betont wird. Die Sterbestunde ist endgültige Entscheidung über Seligkeit oder Verdammnis. „Die gefahr dazumahl am größten und beyde seligkeit und verdammnis nahe bey einander sindt / unnd gleichsam an einem haar oder seidenfaden hangen.“63 Darüber, was der Christ in seinem Leben in der Schule des Hl. Geistes gelernt hat, muß er dann Examen machen – sein „Doctorath“.64 Christlicher Wandel zeigt sich darin, dass der Christ von Jugend auf, oder doch wenigstens schon lange vor dem Tod, sich zum Sterben bereitet. Das „Disce mori“ ist die wichtigste Frage für das ganze Leben.65 So sehr steht das Sterben im Mittelpunkt des Lebens, dass Bruno Quinos die Bitte des Vaterunsers: erlöse uns von dem Übel interpretiert „beschere uns ein seliges ende“.66 Ein böses Leben kann geändert werden, „aber mit dem letzten stündlein / wie es einmal geredt (=gerät) / dabey mus es bleyben.“ In den Sterbeexempeln wird nun gezeigt, wie die großen Frommen der Kirche und fromme Fürsten sich in der Sterbestunde verhalten haben. Diesen Vorbildern soll man nacheifern und so das „edle Disce mori“ lernen. „Das mann sich in der rechten heiligen gottes Exempel wol bespiegele / auch … anleitung daraus nehme / wie mans sich dermahlseinss … in derselben Fustappen tretten möge.“67 Das Material zu diesen Sterbeexempeln stammt im wesentlichen aus Leichenpredigten. Es ist für die Bedeutung der Leichenpredigt im 16. Jahrhundert charakteristisch, dass sie in dieser Form Eingang in die Erbauungsliteratur findet. Zu der literarischen Gestalt der Leichenpredigt gehört nicht nur die 60 Der Begriff der Frömmigkeit soll hier als Hilfsbegriff für den Ort solcher Motive dienen, die nicht eigentlich Theologie sind und auch in dieser Zeit schon oft von Theologie distanziert werden. 61 Vgl. die Lieder (zitiert nach den Nummern im Evang. Kirchengesangbuch 1951): Schalling 1570, Nr. 247 V.3, Bienemann 1582, Nr. 285 V.3. Nr. 280. V.3 (1554). Nr. 357 V.6 (1597). Selnecker 1572, Nr. 207 V.9. Ringwaldt 1588, Nr. 167 V.7. Moller 1584, Nr. 119 V.5. Nr. 110 V.4 (1583). 62 Z.B. Quinos, Disce mori, 1572; Heyland, Trostbüchlein, 1566; Glaser, 42 wichtige ursachen, 1570; M. Mylius, Sterbekunst, 1593. Das literarische Motiv der erbaulichen Todesstunde begegnet später unter anderem im Zusammenhang einer Legitimation von Kirchenliedern, zu deren Geschichte ihre Verwendung in der Sterbestunde eines Frommen erzählt wird, vgl. J.Chr. Olearius: Evangelischer Liederschatz 1707. 63 Bruno Quinos, Disce mori, 1572, wird im Folgenden zitiert nach den Seitenzahlen der Ausgabe 1577. Quinos war Prediger in Zittau. Außer der umfangreichen Sterbekunst scheint er nichts veröffentlicht zu haben. Die oben zitierte Stelle ist aus Quinos I S. 3. 64 Quinos in der Vorrede. 65 Quinos, I, S. 4. 66 Quinos, I, S. 4. 67 Quinos, I, S. 5.

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Sterbebücher als Anleitung

Beschreibung des frommen Wandels des Gestorbenen, sondern auch die Beschreibung seines Verhaltens in der Sterbestunde. Der Topos der rechtzeitigen Todesbereitung ist fast überall anzutreffen. „Das ist nun auch ein besonder Gnad und Erkenntnis Gottes von dem Manne gewesen, dass er sich zum Abschied und Tode bereitet hat ein ganzes Jahr zuvor.“68 Die rechtzeitige Sterbebereitung, auch in den Sterbeexempeln ein regelmäßig wiederkehrender Gedanke, nimmt dem Tode den Charakter der Zufälligkeit und erhebt seine Bewältigung zu einem Werk der Frömmigkeit. Die rechtzeitige Bereitung ist eng verbunden mit dem Vorausahnen des Todes und verleugnet oft nicht den Zusammenhang mit dem Gedanken einer überirdischen Qualifikation. In einer parallelen katholischen Sterbeschrift – der Sterbekunst des A. Wallasser (1569) – werden, ähnlich wie hier die Fürstenexempel, Heiligenexempel verwendet. Die Anwendung der Heiligenleben als Vorbilder des Sterbens ist ihnen erst sekundär hinzugefügt. Nicht nur die rechtzeitige Sterbebereitung, sondern auch andere feste Topoi bestimmen die Sterbeexempel, die sich eigentlich nur durch biographische Einzelheiten voneinander unterscheiden. Die vorbildliche Sterbestunde, wie sie in den Exempeln gezeichnet wird, enthält als einen wesentlichen Zug die Beständigkeit des Glaubens – das Durchhalten der Frömmigkeit auch in schlimmster Krankheit, noch im Delirium, so dass das letzte Wort ein frommes Wort ist. Um die Größe des Durchhaltens deutlich zu machen, werden alle Nöte der Krankheit, oft bis zu peinlichster Intimität erzählt. Das Durchhalten hat einen sehr formalen Charakter. Die priesterlichen Handlungen, auch das Krankenabendmahl, treten in diesen Sterbestunden völlig in den Hintergrund. Entscheidend für das fromme Leben und das Durchhalten in der Sterbestunde ist die Liebe zum Wort.69 Die Liebe zum Wort ist in einem persönlichen Verhältnis zu einzelnen Bibelsprüchen ausgedrückt. Das tägliche Lesen in der Schrift ist in den Sterbeexempeln die Grundlage des christlichen Lebens. Kein Tag, an dem der vorbildliche Fromme nicht in der Bibel liest, oder genauer: nicht seine Lieblingssprüche bedenkt. Sein Leben ist von Sprüchen umgeben, die eine besondere Bedeutung gewonnen haben. Ein frommer Mann hat eine meist eigenhändig aufgeschriebene Spruchsammlung, von der er sich nie trennt, auch nicht auf Reisen.70 Während der letzten Tage wird ohne Unterbrechung vorgelesen, „also ist er diese ganze zeit über … tag und nacht in solcher christlichen ubung / bestendiglich ohn uberdruß verharret.“71 Einzelne Sprüche sind „Symbola“, sie werden in Gebäude und Geschirr eingeschrie68 Justus Jonas in: „Zwo Tröstliche // Predigt / Vber der Leich / D.Doct.Martini // Luther …“ Wittenberg 1546, Bl.B2. 69 Vgl. auch Beust (1592), der vier „praecepta“ für das fromme Leben aufstellt: „quomodo vitam hanc instruere … ut bene beateque ex hac vita terrestri in coelestem migrare possimus“ (so die Überschrift). Das 1. praeceptum lautet: „verbum Dei ama …“ 70 Vgl. auch Menius, Vorrede: Die Sterbeschrift des Menius ist aus einer solchen Spruchsammlung für einen Bürgermeister entstanden. Sie war sein Vademecum auch auf Reisen (A3). 71 Quinos I, 183 f.

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Die Sterbestunde als „Doctorath“

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ben.72 Der Beichtiger hat sich mit dem Sterbenden über solche Sprüche zu unterhalten, und im Tode, wenn der Sterbende nicht mehr reden kann, ruft er sie ihm mit lauter Stimme zu. Die persönliche Bindung an das geschriebene Wort ist ein Wesenszug der eigentlichen „Erbauungsliteratur“. Zu einem ähnlichen Vademecum wie die Spruchsammlungen werden auch manche Sterbebücher.73 Die Anweisung zum seligen Sterben wird buchstäblich nicht aus den Augen gelassen: „Eine Tafel hat sie jhr zu gesichte / für jhr Bette hangen lassen / daran gemahlet / wie ein Christ seliglich sterben soll … dardurch sie verursacht jhren allerliebsten Herrn jhre stete gedancken nach bey guter gesundheyt zu vermehren.“74 Gerade die Bedeutung der Bibelsprüche zeigt, dass hier nicht mehr eigentliche theologische Probleme verhandelt werden. Die Bemühung um das christliche Lehen ist nicht wie bei Menius und Maior als grundsätzliches Problem durchdacht. Hier geht es um „Erbaulichkeit“ – Orientierung an Vorbildern zu einem frommen Leben und Sterben. Die Tatsache des Durchhaltens und der Beständigkeit steht für einen Inhalt des christlichen Lebens, denn die Orientierung am Vorbild ist sehr formal. Die theologische Analyse solcher Schriften wird darum nur zum Teil ihrem Charakter gerecht. Fragt man nach dem Hintergrund dieser Schriften, nicht nun der Sterbeexempel, sondern auch etwa der zeitlich nahen Schriften von Beust und Moller, so ist ihr Grundgedanke der der Sterbestunde als „Doctorath“. Die vorliegende Auffassung des christlichen Lebens ist aus der Entscheidungssituation der Sterbestunde zu verstehen.75 Bei M. Moller (1593) wird die tägliche Bitte um ein seliges Stündlein zum Mittelpunkt. Um den Vollzug dieser täglichen Bitte oder Übung betet man zu Gott: „gib das ich täglich mit hertzlicher zuversicht für dein angesicht trette / umb ein seliges stündlein bitte.“76 Es geht nicht an, diese Bedeutung der Sterbestunde allein aus ihrer zeitlichen Stellung – als der letzten und damit endgültigen Entscheidung – zu verstehen. Mollers Schrift und ihre Betonung der täglichen Bitte um ein seliges Stündlein zeigt, dass die Sterbestunde für die Situation des Menschen vor Gott entscheidend ist. Was heißt christlich leben – so fragt Moller: „er (der Christ) lesset sich keinen Augenblick in einem solchen Stande finden / darinnen er nicht getrauet selig zu werden.“ Darum heißt es „seliglich sterben“, „… alle Stunden und Augenblicke trachtet (er) also abzuscheiden / das er ein gewisser Erbe bleibe der ewigen Seligkeit.“77 So ist es zu verstehen, dass die richtige Sterbebereitung den Unterschied zwischen

72 73 74 75

Quinos I, 155 u. 117. Quinos I, 39: Christian von Dänemark habe so das Sterbebuch des Menius stets mit sich geführt. Quinos I, 134. Die Stoa zeigt, wie bei einer bestimmten Form der Sittlichkeit die Sterbestunde wichtig wird. Für die Bedeutung der Sterbestunde in der Stoa vgl. BENZ, Todesproblem S. 85. 76 Moller S. 6, zitiert nach der Ausgabe Görlitz 1613. 77 Moller, Vorrede.

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Sterbebücher als Anleitung

Christen und Heiden ausmacht.78 Jederzeit dem Tod entgegentreten zu können, heißt, sich jederzeit Gott aussetzen können. Weil die Sterbestunde der Beginn von Seligkeit oder Verdammung ist, darum steht sie im Mittelpunkt des christlichen Lebens. Ist in den Sterbeexempeln die Grundlage des christlichen Lebens die persönliche Bindung an einzelne Bibelsprüche, so ist bei Moller die Grundlage des Lebens die Vereinigung des Frommen mit Christus. Das tägliche Excercitium der Sterbebereitung ist Ausdruck der Einigung mit Jesus.

5.5 Zusammenfassung Die aus der Fülle der Sterbebücher der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts ausgewählten typischen und einflußreichen Schriften und Motive sollten die Tendenz der Gattungsentwicklung in dieser Zeit verdeutlichen. Die Sterbebereitung ist Ausdruck des frommen Lebens, die Sterbebücher sind Anleitung zu christlichem Leben und seligem Sterben. Die aus dieser Grundhaltung entstehenden Motive hat Johann Gerhard in seiner Sterbeschrift in einem Satz zusammengefaßt: „Qui sese moriturum recordatur quotidie, is terrena omnia facile contemnit, per veram et seriam conversionem ad beatum obitum sese praeparat, sincerae pietati studet, patienter adversa quaevis tolerat, et ardenti aeternae vitae desiderio cordetenus flagrat.“79 Sich als Sünder begreifen, heißt sich als „moriturus“ verstehen. So ist in vielen Schriften der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Beschreibung der Vergänglichkeit der Welt und des elenden menschlichen Lebens der Ansatzpunkt als ein Aufweisen der Sünde. Johann Gerhard setzt eine Neubesinnung auf die Aufgabe des Sterbebuches hinzu, die wohl als Kritik an der Entwicklung der Gattung zu verstehen ist: „exhortationes ad veram pietatem alium habent locum, totus hic labor in consolationibus morti, et tentationibus in morte opponendis occupatus est.“80 Die Anfechtungsfragestellung der Bilderars und der frühen reformatorischen Sterbeschriften war weithin verloren gegangen. Im Anschluß an Bullinger wurde sie durch eine Fragereihe des Versuchers ersetzt. Diese Versucherfragen hatten nicht so sehr die Aufgabe, die Anfechtung des Christen darzustellen, als in einem Dialog ein Beispiel zu geben, wie der Christ allen teuflischen Verkehrungen auf Grund seines Glaubens standhält, oder gar, wie der Christ aus seinem Bekenntnis heraus die richtigen Antworten weiß.81 Jedenfalls war dieser Dialog nicht mehr der Dialog zwischen Anfechtung und Trost. So ist die Neubesinnung der Sterbebuchgattung auf ihre Aufgabe, den Sterbenden zu trösten, mit einer neuen Konzen78 79 80 81

Moller Vorrede. Die mors honesta steht auch den Heiden offen, nicht aber die mors christiana. Gerhard, A3 und A3b (zitiert nach der Ausgabe Jena 1622). Gerhard, A6b. Vgl. o. S. 89 Anm. 38.

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Zusammenfassung

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tration auf die Sterbeanfechtung verbunden. Die Sterbeschrift Johann Gerhards und vorher schon die Schrift Stephan Praetorius’ bestehen aus der Darstellung von Sterbeanfechtungen und ihrem Trost. Sterbeanfechtung und Sterbetrost sind aber in diesen beiden Schriften, wie auch ähnlich in der Schrift M. Mollers, nicht mehr zugleich die Darstellung von Sünde und Gnadenverkündigung. Die Sterbeanfechtung ist hier die Klage des Frommen über die Nöte seiner Seele, in die ihn die christliche Lehre, die Probleme des Lebens und das Sterben versetzen.82 Damit aber ist etwas Neues angebahnt. Es ist wohl berechtigt, hier von „Erbauungsliteratur“ zu sprechen, da auch in dieser Zeit sich die Sterbebücher zuerst von theologischer Literatur distanzieren.83

82 Das Register der behandelten tentationes in der Sterbeschrift J. Gerhards bietet ein Verzeichnis solcher Nöte. 83 So z. B. Moller (Vorrede): nicht ein Lehrbuch für die Gelehrten soll die Sterbeschrift sein, sondern eine einfältige Anleitung für das „Einfeltige Hertze“. Der Gegensatz zwischen den Einfältigen und den Gelehrten, von dem Moller hier spricht, bekommt bei Praetorius das Gewicht einer Glaubensaussage: Auf der Welt werden die einfältigen Schriften der Frommen verachtet, aber am jüngsten Tage werden die Heiligen ihr Recht bekommen: „Da werden die fromen hertzen / welche für nichts so sehr wie fürs Evangelium gesorgt haben / eröffnet werden / und ihre seufftzer herfür leuchten. Da wird man jre edle wort hören / welche sie hier im winkel geredet haben … Da werden ihre köstlichen Schriften, welche hier der Sauwelt gestunken haben / allen heiligen fürgelesen / und mit großer verwunderung angehöret werden. Denn sollen alle werck den Heiligen nachfolgen / wie St. Joannes bezeuget / So werden jnen auch jre Bücher nachfolgen müssen.“ Ihre Bücher und Seufzer werden von der Welt verachtet, aber die Heiligen reden heimlich in ihren Herzen mit Gott. (Praetorius 1593 Bl.B4) Stephan Praetorius ist als einer der Vorläufer des Pietismus anzusehen. Er ist 1536 in Salzwedel geboren, studierte in Rostock, war ab 1565 Pfarrer in Salzwedel und starb dort 1603. Er hat viele Schriften veröffentlicht. Johann Arnd veranlaßte eine Ausgabe seiner Schriften, die mit einer Vorrede von Arnd 1622 erschien: „58 Schöne, Außerlesene, Geist- und Trostreiche Tractätlein …“, Lüneburg (Stern) 1622, 2 Bde. (vorhanden in HAB Wolfenbüttel). Der Königsberger Martin Statius zog daraus ein Buch zusammen, in dem er die Gedanken systematisch ordnete, Anstößiges fortließ, im allgemeinen aber den Text möglichst erhielt: „Geistliche Schatzkammer der Gläubigen …“, zuerst Lüneburg 1642. In dieser Form wurde Praetorius oft nachgedruckt, auch noch im 19. Jahrhundert „… Schatzkammer“ herausgegeben von I.H. Staudt, Stuttgart 1848. Die Sterbeschrift ist in der „Schatzkammer“ fast vollständig erhalten. Seine eigenartige Theologie hat Praetorius schon zu Lebzeiten viele Feinde verschafft. Darauf geht er in der Vorrede zur Sterbeschrift ein: „und ob wol viele grobe Leute / welcher maul nur offen steht nach dem zeitlichen / solchen unsern fleis nicht gros achten / sondern nur hönisch davon reden …“ (A2b). Über die Streitigkeiten um Praetorius berichtet C.J. Cosack 1871, S. 1 – 96.

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Anhang I. Der Text des „Libellus auro praestantior …“ Libellus Au // ro praestantior // de animae praepa // ratione in extremo laboran // tis, deque Praedestinatio // ne & Tentatione // Fidei. (München SB)

In die malorum memor esto bonorum, Et in die bonorum memor esto malorum.1 Quum omnis vita christiana sit martyrium quoddam, & assiduus cum diabolo conflictus, sicut & Job dicit,2 Militia (seu ut innuit alius textus) Tentatio est vita hominis super terram Impossibile est ut unquam possit esse securus & quietus,3 ideo necesse est ut secundum praeceptum Christi semper vigilemus & parati simus. Verum notandum, quod duplex est Tentatio, scilicet Dies bonorum, Dies malorum, haec est a sinistris, illa a dextris, hic cadunt mille, ibi cadunt decem millia, hic peccatur desperatione, timore, pusillanimitate, tristicia, impatientia, ibi peccatur praesumptione, securitate, inepta laetitia, confidentia &c. Ideo plures pereunt tempore pacis quam tempore belli, plures perduntur prosperitate quam adversitate. Quocirca cum in omni adversitate.4 tum praecipue in tempore mortis, huius doctrinae regula diligenter est servanda, ut in die malorum memores simus bonorum. Et econtra, in die bonorum memores simus malorum, quando vita favor gloria sanitas caeteraque mundi transitoria arriserint. Qui enim in tempore prosperitate timet ac solicitus est, sicut Job ait.5 Verebar omnia opera mea. Et Sapiens. Beatus homo, qui semper est pavidus, hic patitur a se ipso et in se ipso portans crucem et passionem, (a ii) foris autem 1 2 3 4

Sir. 11,26. Hiob 7, 1. Randnotiz: Augustinus. Randnotiz: Ambrosius. Zum Vorangehenden Vgl. Luther, Auslegung des Vaterunsers 1519 (begonnen Dezember 1518, gedruckt 5. 4. 1519) WA 2, 123 (Auslegung der 6. Bitte). Der Aufbau ist bei Luther ähnlich. Auch er beginnt mit Hiob 7, 1. Unter der Überschrift „was ist Anfechtung“ beschreibt er zweierlei Anfechtung, zur Rechten und zur Linken. Die Einzelheiten der Anfechtungsaufzählungen sind verschieden. Luther versteht sie nicht wie der Libellus als geistliche Anfechtung. 5 Hiob 5, 17. Pred. 2, 20.

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Anhang

salutem et pacem. Tunc enim foris operatur, sed intus patitur. Intus Christum crucifixum, foris gloriosum portat. Qui autem tempore adversitatis sperat ac letatur in Deo, memor bonorum eius. Sicut Apostolus ait ad Roma. v.6 Gloriamur in tribulationibus &c.hic patitur ab aliis & extra se ipsum, foris portans crucem & passionem, intus salutem et pacem. Tunc enim foris patitur quidem, sed intus robustissime operatur. Intus Christum gloriosum, foris crucifixum gestans. Vide ergo miraculum, quod in die bonorum Deus avertit oculos a bonis, quae apponuntur presentia, & intuetur mala quae non videtur, & sunt absentia. Rursus in die malorum avertit oculos a malis, quae urgent, & intuetur bona quae nusquam apparent. Quod siquis tam stultus fuerit, vt in die malorum tamen modo mala inspiciat & consyderet quae assunt, oblitus bonorum. Nec aversus a malis hic necessario timet horret, fugit, cadit, tristatur atque desperat. Econtra, si aeque stultus in die bonorum, tantum ipsa bona inspiciat oblitus malorum, nec aversus a bonis, hic necessario praesumit ridet laetatur, timoremque dei.i. verum dei cultum reiicit, securus omnique malo propinquus. Et haec duo agunt homines mundi ut videmus experientia, qui praesentibus malis non nisi flere queri dolere noverunt. Presentibus autem bonis non nisi ridere insanire & dei oblivisci. Corollarium. Cum nulla sit hora in qua non agimus utram illarum dierum, scilicet bonorum vel malorum. Necesse, ut nulla etiam hora sit, Christianus quin vel timeat vel speret, timeat in prosperis, speret in adversis. Sed timere in prosperis non potest, nisi oblitus gratiae et bonitatis dei adversa.i. iram iudicium minas dei consyderet.i. memor sit malorum. Ita nec potest in adversis nisi oblitus irae minarum iudicii dei, consyderet pro spera & bona.i. suavissimam misericordiam dei atque inaestimabilia beneficia eius. Haec enim duo sunt sacrificia quae deo placent, unum laudis quod in adversitate solvitur, de quo Sacrificium laudis honorificat me etc.7 Alterum crucis quod in prosperitate solvitur, de quo dicit.8 Sacrificium deo spiritus contribulatus cor contritum & humiliatum deus non despicies. Quae cum ita sunt, patet quod deus sanctos suos non nisi in contrariis rebus salvat, quia per adversitates exaltat intus, & per prosperitates deprimit intus, & confundit sapientiam mundi. Qwe exaltatur in prosperis et deprimitur in adversis, quia nescit neque sustinet consilium dei. Ex istis itaque patet. Quomodo obviandum & resistendum sit diabolo in infirmitate & morte. Haec enim est omnium ut novissima ita maxima adversitas. Hic enim summe cavendum est, ne diabolo consentiatur. Qui tunc non nisi peccata praeterita, & horrorem mortis, poenamque inferni furorem irae divinae & insustentabilis iudicii omni iudicio & mira astucia coram ponit, 6 Rö 5, 3. 7 Ps. 50, 23. 8 Ps. 51, 19.

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Der Text des „Libellus auro praestantior“

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ut homini cogitationem arripiat, & in istis malis haerere faciat, ne sit memor bonorum domini. Sed Tantummodo cogitet & aestuet, quomodo ab istis malis effugiat, et tamen fugere non potest. (aiii) Fallit autem plurimos, quod tam efficaciter eos urget, ut credant non a diabolo, sed a deo sibi talia opponi, cum tamen deus sit absconditus, & tunc maxime latens in sua bonitate quietus. Sicut quando sol sub nube, non est causa solis quod tristis est celi aspectus, sed nubium. Sol enim in sua luce idem est qui fuit, sed nunc latet. Ita deus semper est mitis suavis benignus, quantumlibet nobis vel timore conscientiae vel diabolo agitante iratus appareat. Ita ut recte Salomon dixerit.9 Fugit impius nemine persequente. Et Moses.10 Terrebit eos sonitus folii volantis. Deus enim non persequitur, et tamen fugatur ab eo per oblivionem bonorum in die malorum. Si itaque vel conscientia dictet vel diabolus negocium faciat in morte, de peccatis, de inferno, de ira die. Respondendum est.11 Hoc nunc non est agendum, & breviter dicendum. Tempus flendi, tempus ridendi,12 peccata meminisse & iram dei, pertinet ad tempus bonorum. Omnia enim suum tempus habent.13 Ita cavendum ne tempora et opera eorum misceantur. Ad tempus autem malorum i.mortis, non pertinet malorum meminisse, & peccatorum aut poenarum, sed omnino bonorum tantummodo. Sic faciebat Psal.xljj.14 Dum confringuntur ossa ma, exprobraverunt mihi qui tribulant me inimici mei (hoc enim in morte vel mortis simili tentatione fit, ut etiam ossa i. omnes vires, debilitentur a facie malorum) dum dicant mihi per singulos dies, ubi est deus tuus15 i. ecce etiam non habes deum, quia & deus tibi iratus est, Es ist kein got nierent der dir helffen vuel.16 Quid ergo in hac die pessimorum faciet? Sperabit. Unde sequitur seipsum a malis avertens. Quare tristis es anima mea, & quare conturbas me?17 Sed quid faciam? prement me mala, nec apparet nisi mors ira infernus. Respondet.18 Spera in deo, quoniam adhuc confitebor illi, salutare vultus mei & deus meus, i. Idea debes utique sperare, quia bona domini adhuc supersunt. Quae ita tibi dabuntur, ut possim cum gaudio confiteri ei et dicere, Eia vere tu es salutare vultus mei, tu es deus meus. Sit quantum libet amara tribulatio scio & scio certusque sum, quod adhuc confitebor ei & laudabo salvatorem et deum, quem modo horres damnatorem et iudicem. Tota itaque machina diaboli in hora mortis est, Ut ista duo confundat, 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Spr. 28, 1. 3. Mos. 26, 36. Vgl. Luther, Sterbesermon Cl.1, 163, 25 u. 28; 164, 3.9.12 u. ö. Pred. 3, 4. Pred. 3, 1. Ps. 42, 41. Ps. 42, 4. Die Einfügung in deutscher Sprache ist in dieser Form kein Bibelzitat. Mt 26,38; Ps. 41, 6 (LXX). Ps. 41, 6 (LXX).

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scilicet Diem malorum & memoriam malorum, immo oblivionem bonorum. Econtra in vita & prosperitate ista dua confundit,19 Diem bonorum & memoriam malorum, immo oblivionem malorum. Ideo quanto studio ipse haec duo coniungit, tanto et maiore studio anima disiungat. Nam hoc est animal mundum,20 quod habet ungulam divisam, ut sic in vivendo semper timeat, in moriendo speret, in vita mala meditetur in morte non nisi bona. Sic in prosperitate timeat, in adversitate discat esse quietus & securus. Et beatus ac benedictus, qui hanc regulam in vita sua per minores tribulationes velut puer elementarius didicerit, ut in vera pugna artis suae probationem possit exhibere, nam vita talis exercitata facile suscipit mortem. Ista autem bona, quorum memoria in die malorum necessaria est. Non sunt ea quae nos fecimus. Sed ipsa misericordia dei tam exhibita quam exhibenda. Exhibita est vita passio mors Christi domini nostri, & sanctorum eius. Exhibenda est ipsa aeterna gloria, quae in morte sicut in partu mulier anxiatur pro filio nascituro. Ita per angustiam animae paritur gravissima tribulatione. Nam de omnibus oportet illud verum fieri, hi sunt qui venerunt ex magna tribulatione, & laverunt stolas suas in sanguine agni.21 Sic docuit Sapientia dei discipulum suum, in horologio aeternae sapientiae dicens. In morte tua vide ut nihil aliud intuearis quam passionem meam & misericordiam meam, ut spes tua possit stare.22 Hanc regulam & Psal. ferme omnes observant, & exemplum nobis praebent praecipue tamen Psal. cxlii.23 Qui cum petisset ne in iudicium cum eo deus intraret, & quomodo anxiatus eius spiritus & turbatum cor fuerit, ita ut timeret ne domino avertente faciem, similis fieret descendentibus im lacum pulchre avertens oculum a malis istius diei, et memoratur bona domini dicens. Memor fui dierum antiquorum,24 meditatus sum in omnibus operibus suis, & in factis manuum tuarum meditabor, haec opera dei sunt, ipsa misericordia dei exhibita olim patribus in Christo, in omnibus sanctis quae faciunt ut anima dulcescat sibi in deo, ac sic facilius mala superet & in deo speret. Et Psal. iii.25 Multi dicunt animae meae non est ipsi in deo eius salus Esse dies malorum. Sed vide quid facit? Tu autem domine susceptor meus es, gloria mea & exaltatus caput.26 Ecce memor est bonorum aversus a malis. Et Psal. Liii.27 Quoniam alieni insurrexerunt adversum me & fortes quaesiverunt animam meam. &c.

19 20 21 22 23 24 25 26 27

Luther, „vorkeret“ Cl. I, 164, 4. 3. Mos. 11, 3. Apc. 7,14. Seuse, Büchlein der Ewigen Weisheit, cap. XXI, ed. Bihlmeyer S. 268, 26ff, nicht Sirach 2,7, wie in WA X,2, S.446 angegeben ist. Ps. 143,2 ff. Ps. 143,5. Ps. 3,3. Ps. 3,4. Ps. 54, 5.

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Der Text des „Libellus auro praestantior“

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Ecce dies malorum. Sequitur memoria bonorum. Ecce deus adiuvat me & dominus est susceptor animae meae.28 Quare passiones & opera Christi sunt recolenda, non tantum ut per ea remissio peccatorum & salus animae postuletur. Sed tam diu ruminanda & imprimenda, donec anima admirata & dulciter effecta, in tam eximiam charitatem ac misericordiam dei dicat. Eia optime eia dulcissime, quid est homo? quid sum ego, nonne pulvis et umbra? Ah talis dominus tanta pro me voluit facere & pati. Quid retribuam domino pro omnibus quae retribuit mihi? Quis satis adorare laudare benedicere mirari tam dulcem salvatorem potest? ve ve ingratitudini nostrae, insensationi nostrae, caecitati nostrae, qui tanta bona non sapimus, non amavimus, non praedicavimus ut dignum fuit &C, His enim verbis & cogitationibus sese accendat ex suavissima passione Christi quantum potest. Quia cor amore in Christum accensum, facile omnia impetrabit, omniaque faciet. Nam qui passionem Christi non eo usque meditatur, donec ex illa in amorem Christi accendatur, quo pro per talem amorem libenter faciat patiaturque quae Christus volet, nihil facit, quia solum pro remissione peccatorum vel salute illam meditatur. Charitas enim sola tollit peccata, quae non propter suum commodum, sed propter amorem Christi odit peccata. Ideo si odium peccati ex charitate debet proce (b) dere et fluere. Oportet primo charitatem ex intuitu vulnerum operum passionis Christi i. memoria bonorum dei, haurire et sugere. Hanc autem memoriam & meditationem passionis Diabolus sciens, solum necessariam & salutiferam incredibilibus negociis, tentationibus obiectis conatur tunc impedire, magnificans multiplicans exaggerans peccata mortem, iram dei. Quibus cum anima rapitur, impossibile fit ut passionem Christi memoretur modo iam dicto, immo malorum intuitu territa, etiam ipsam passionem, incipit tedere & odisse ac horrere. Stulta nesciens, quod a malis & a diabolo avertendum sit, quanta fieri potest virtute et fiducia. Huic enim animae dicitur etiam si Christus invocet. Non omnis qui dicit mihi domine domine, intrabit in regnum caelorum.29 Et illud stultis virginibus dicentibus Domine domine aperi nobis, amen dico vobis nescio vos.30 Et Psal.xvii.31 Clamaverunt nec erat qui salvos faceret ad dominum nec exaudivit eos. Quare? quia solum ad eo clament ut salventur. Non autem ut deum diligant. Non ex amore, sed ex cupiditate procedit eorum clamor. Igitur discat anima ex vulneribus Christi, ut Christus ei placeat suavis sit et amabilis in suis mirabilibus et operibus misericordiarum.32 Quaeritur autem, quid si alicui indicat peccatum quod sit oblitus & non confessus.33 Respondetur, si amore Christi primo, ut dictum est, haustus 28 29 30 31 32 33

Ps. 54, 6. Mt. 7, 21. Mt. 25, 11 f. Ps. 17. Die vorangehenden ca. 10 Zeilen fehlen in der niederdeutschen Übersetzung in WA 10, II, 446. Vgl. Staupitz, Nachfolgung od. Knaake S. 63: „er hab gesundet vnd nicht gebuesset, … seine vorgessene, vngebeichte vnd fremde sunde …“ – die erste Anfechtung in der Reihe des Stau-

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fuerit, facile consilium inveniet, unctio enim tunc docebit. Quod si docere nos oportet, dicimus quod doleat & confiteatur, si tantum habet tempus et protestatem. Quod si tempus non est, & illa duo fuerint facienda, aut peccata cogitanda, aut passio Christi. Hic respondeo. Quod omissis simpliciter peccatis quibuscunque, etiam quomodocunque irruant, sive oblita sive confessa fuerint sive non. Solummodo in foraminibus petrae.i. vulneribus Christi haereat atque figatur anime cogitatio. Nec moveat ullo modo, quod non sit contrita confessa aut etiam discussa peccata sua. Ratio quia maius omnibus peccatis est negligere memoriam & amorem Christi. Ideo illud prae omnibus primo est tollendum Secundo quia contritio & confessio peccatorum atque eorundum discussio seu memoria sine amore Christi est prorsus nihil, immo damnosa, nam damnati memorantur dolent ac confitentur peccata sua, sed sine amore Christi. Auget enim desperationem talis memoria peccatorum. Tertio quia tam in vita quam in morte & et in omni vera conversione peccatoris, oportet contritionem & dolorem de peccatis non ex peccatis venire, sed ex amore Christi. Amor autem Christi non venit nisi ex beneficiis eius consyderatis. Ideo dixi, quod ante omnia ex vulneribus Christi sugendus est dulcis affectus erga Christum, ut eum sicut suavissimum salvatorem agnoscat ac diligat. Quo facto tunc sequitur recta contritio, verax peccati odium & syncera conversio. Quo non facto, contritio est ficta & simulata conversio. Nam Psal. xIiiii dicit.34 Dilexisti iusticiam et odisti iniquitatem. Prius oportet placere iusticiam nobis ut ex eius placentia & amore, & non ex pena iniquitatis iniquitatem odiamus. Non ergo prius oditur iniquitas, sed prius diligitur iusticia, quae dilectio inde venit quando homo videns maxima dei beneficia (bii) praecipue in Christo incipit sentire quam vehementer dignum sit amare Christum et deum, et obedire eius voluntati &c. Tum simul vehementer odit seipsum, quod talis neque sit neque fuerit, & tunc est perfecta contritio & poenitentia satis. In sua si moriatur etiam antequam dinumeret et discutiat peccata sua, nedum antequam confiteatur & satisfaciat, ipse salvabitur, quia amans deum & cui placet deus non potest perire. Si autem tempus fuerit satis, debet ac discutere atque confiteri omnino, ne divinam voluntatem offendat, si ecclesiae claves contempserit quae sunt ex deo. Quaeritur iterum, quid faciendum si de praedestinatione aliquis tentetur.35

pitz. Dieselbe Anfechtung begegnet auch bei Antonius (+1459) Summa theologica p.I, tit.5, cap.2, § 1: … de confessionis taciturnitate. Bei Luther spiegelt sich diese Anfechtung in Stück 4: Man soll beichten „ßonderlich der großisten stuck / vnd die zur zeyt ym gedechtniß …“ Cl.1, 162, 24 f. Damit wird die Sorge um die unvollständige Beichte ausgeschaltet. 34 Ps. 45,8. 35 Die Erwählungszweifel sind festes Glied des Themenbestandes in spätmittelalterlichen Sterbebüchern, Vgl. Appel, Index s.v. Praedestinationsanfechtung; Staupitz, Nachfolgung S. 66 (achte Anfechtung). Luthers Beschreibung der Höllenanfechtung (Cl. I, 164, 11ff) klingt öfter an den hier folgenden Text an.

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Der Text des „Libellus auro praestantior“

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Respondetur, quod contemnenda36 est. Primo quia mera curiositas est immo temeritas ac tentatio dei, velle scire consilium dei super se, quid deus de ipso cogitet aut disponat. Dicatur itaque diaboli premium. Quis novit sensum domini? Non est mihi praeceptum quaerere quid deus cogitet super me aut ullam creaturam, sed ut mirabilia eius mediter, & eum diligam. Nam ille est casus Luciferi, qui primo voluit similis esse deo. i. scire sensum domini super se & omnia. Ideo vult & hominem ad illum casum ducare, ut scrutetur dei sensum quem deus non vult sciri, ac sic dum temere irruit in caelum, pessime corruat cum eo in infernum. Satis sit tibi quod scis dei voluntatem esse, ut nescias eius consilium. Quo si non es contentus, iam superbus & similis diabolo factus es, ideo cum eo cades. Nam apostolus Paulus37 coactus est hac esse contentus, quando exclamavit. O altitudo divitiarum sapientiae & scientiae dei, quam incomprehensibilia &c. Igitur mane in simplicitate tua & in vulneribus Christi, ut supra dictum est. Ne si scruteris maiestatem, ut Salomon ait,38 opprimaris a gloria. Secundo Praedestinatio non intelligitur melius, nisi in Christo, qui est sapientia dei, nam omnis cognitio dei in amore dei habetur. At amor dei sine Christo non potest haberi, ut supra. Quid ergo quaeris cognitionem sine memoria vulnerum Christi? Meditare illum, & cum Apostolo dic, ego nihil me iudicavi scire, nisi Jhesum Christum,39 & hunc crucifixum. Si enim aliquid utiliter sciendum est, non enim nisi in Christo crucifixo sciri potest, qui est ostium nostrum. Qui autem ascendit aliunde hic fur est et latro,40 ideo suspendetur ad aeternam damnationem. Hanc autem tentationem de praedestinatione gravissimam etiam Christus pro nobis vicit in cruce, quando audivit. Confidit in deo liberet eum si vult.41 Non dixerunt, si potest, si novit, sed si vult, quasi dicerent, videtur quod deus non velit, licet possit ac sciat. Ita diabolus et animae ingerit, an deus eam velit salvare, quia non si es praedestinatus non potest velle te salvare. Hic itaque remittat diabolum ad aliud tempus. Quia hoc tempore non est disputandum de Praedestinatione nec si disputetur aliquid prodest. Non enim ideo scire poterit. Quid ergo frustra querit, quod scire potest nec debet. Et interim deo inobediens omittit quod debet. Hoc enim diabolus voluit, ut inobediens interim fieret & tentaret deum. Immo quid disputas nunc magis de Praedestina- (biii) tione quam cum in

36 37 38 39 40 41

Contemnenda est: bei Luther passim: abwenden, ausschlahen u. ä. Rm. 11,38. Spr. 25,27. I Kor. 2,2. Joh. 10,1. Mt. 27,43; Staupitz, Nachfolgung S. 66; bei ihm ist das Zitat auf die siebente und achte Anfechtung (7. = unbescheidenes Vertrauen in Gottes Barmherzigkeit. 8. furbitzer nachfrage der ewigen Versehung) verteilt, bei Luther ebenso wie hier im Libellus nur auf die Praedestinationsanfechtung angewandt (Cl. I, 168, 17ff). Diese Stelle macht es ziemlich wahrscheinlich, daß der Libellus später als Staupitz, Nachfolgung entstanden ist, also nach 1515.

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cunabulis puer esses. Efficere ergo et convertere sicut puer iste,42 et intrabis in regnum coelorum hoc est noli velle scrutari quam ille puer facit de tua praedestinatione. Tertio fac diligas Christum, et certum est te esse praedestinatum.43 Non autem diliges, nisi memor bonorum eius fueris, ut laudes praedices, ut supra satis dietum est. Nec enim est possibile ut diligens Christum non sit praedestinatus. Quod si deceptus omiseris bona Christi meditari, et diaboli disputationem consenseris. Nihil nisi desperationem acquires, et tamen frusta quaeres quia non poteris invenire, tum deus nolit te id ipsum scire, Ergo hanc astutam machinam diligenter cave. Quaeritur etiam de Tentatione fidei44 in Christum et sacramenta &c. His enim omnibus diabolus desperacionem quaerit, multisque aliis. Imno omnibus aliis cogitationibus praeter cogitationem Christi, Respondetur autem quod clausis oculis45 contemnenda est, et si non potes fidem adhibere, habe fidem fidei i.opta ut fidem habere veram possis et crede in fide ecclesiae vel amici tibi noti. Nam omnia haec non tua, sed diaboli mala sunt, ideo non desperandum nec defatigandum. Sic B.Bernardus fratri sua pusillanimo non audente celebrare dixit, Vade frater, celebra in fide mea. Luit ille et celebravit, ac liberatus est a tentatione. Rursum autem si diabolus videns se nihil proficere a sinistris per desperationem ceperit, per nimiam fiduciam46 et memoriam bonorum hoc agere, ut timor iudicii dei penitus pereat, aut peccata et mala contemnantur, et sic peiorem casum a dextris paret. Apprehenda est altera pars huius doctrinae, scilicet In die bonorum ne sis immemor malorum. Nam utrinque periculum est, nimia securitas et nimius timor. Contra illam valet illud Apostoli.47 Cum dixerint pax et securitas repentinus superveniet eis interitus. Contra istud valet illud Iob.48 Cum te consumptum putaveris, orieris sicut lucifer. Ut sic per arma iusticiae a sinistris et a dextris incedamus, Intuendo bona domini. Si urget timor Intuendo mala nostra si palpat securitas, sic beatus qui timet dominum, et beatus qui speret in domino. Tandem his in rebus et miseriis gratiam dei corde et ore implorare debemus, et non solum in tota vita pro ista hora, sed etiam in ipso agone, non confidere de viribus acceptis, sed magis orando petere ut timorem vincamus memoria bonorum, et praesumptionem memoria malorum, quam sine ora42 Mt. 18,3. 43 „… wann du Christus vnd all seyne heyligen ansihist … ßo bistu schon auch erwelet … Cl.1,166,39. 44 Vgl. Staupitz Nachfolgung S. 65: „tewfflische treybung tzum vnglauben“ (6. Anfechtung). Außerhalb seiner Anfechtungsreihe erwähnt auch Luther den Zweifel an den Sakramenten, Cl.1,169,29 f. 45 Vgl. Luther Cl.1, 165,16; 166, 25 u. ö. „die augen fest zuhaltenn“. 46 Vgl. Staupitz, Nachfolgung S.66: unbescheidenes Vertrauen (7. Anfechtung). 47 1. Thess. 5,3. 48 Hiob 11,17.

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Bibliografie

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tione operando quasi possimus memoriam talem facere iam de facto. Oratio enim i.desyderium eorum, quae facere debemus nostrum est, facere autem ipsum solius dei est, qui est benedictus in secula. Amen. Hagenoae, apud Thomam Anshelmum Mense Septembri.

II. Bibliografie der Sterbeschriften des 16. Jahrhunderts Die Titel sind alphabetisch nach Verfassern geordnet. Die anonymen Drucke sind an den Anfang gestellt. Zu den einzelnen Drucken sind möglichst Fundorte in zugänglichen öffentlichen Bibliotheken angegeben. Darüber hinaus sind Kataloge und Sekundärliteratur zitiert, die solche Drucke erwähnen oder beschreiben. Die Angabe „Berlin SB“ ist als Hinweis auf den Bestand der SB Berlin vor 1938 zu verstehen. Soweit die Drucke jetzt in der Westdeutschen Bibliothek in Marburg vorhanden sind, ist dies angegeben. Um eine möglichst vollständige Titelsammlung zu erreichen, werden auch jene Titel zitiert, deren Beschaffung nicht möglich war. Sie sind mit einem (*) gekennzeichnet. Die Quellen für die vorliegende bibliographische Arbeit sind zahlreich. Zu den wichtigsten Hilfsmitteln Vgl. o. S. 12 Anm. 3. Da bisher keine Sammlung der Sterbebücher des 16. Jahrhunderts vorliegt und mir Bibliotheksreisen nicht möglich waren, ist diese Bibliografie als ein erster Versuch anzusehen. Es sind mir über die angegebenen Titel hinaus noch über hundert weitere Titel besonders für die Zeit nach ca. 1570 bekannt, aber nur in ungenauen Angaben in Katalogen aus dem 17. Jahrhundert. 1. Anonym Ein Einfeltiger // bericht / Wie // man sich jnn sterbens // nöten halten sol / Ge= // stalt auff den ge= // sang des heiligen Si // meonis. Nunc dimittis … Wittenberg 1532 (Nickel Schirlentz) 8 Bll. Berlin SB, Wittenberg Lutherhalle. Ein weiterer Druck aus demselben Jahr, der nur in den Zeilenverteilungen abweicht, ist in Göttingen UB vorhanden. (*) 2. Anonym Ein nutzbar Edell Buchleinn von bereytunge zum sterbe, … auß dem Latein … gedeutscht durch Valten Krautwald von der Neysse. Breslau 1524 (Kaspar Lybich) London BrM., Weller 2803. (*)

3. Anonym Vom Grund / Gutter vnd Falscher Werck. / von bereytung zu / einem seligen vnd Frölichen todt. / Deütsch Theo= / logia, welche reychlich vnd gründtlich leret was sey ein war leben / in gott durch Christum, / vnnd ein falsch leben / im teüffel.

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Anhang 1523. o.O. (Basel) Weller 2520.

(*)

4. Anonym Die Lehr vom Todt und Sterben, angezeigt durch … Auslegung etlicher fürnemen Stück der heiligen Schrifft, … (Ausgabe und Vorrede durch Matthias Ritter). Frankfurt M. 1565. Berlin SB.

(*)

5. Anonym Euangelische lere vnnd verma= / nung eines sterbenden menschen zu den sacramenten / vnd hienfart. Item was ein mensch betrachten / soll, das da will fruchtbarlich vnd christlich Meßs horen. Item / was du / auff den Son= / tag solt gedencken. / Item wie ein mensch antwurten soll den fürwitzigen beichtuät / tern, so sie fragen, ob eins auch Luthe= / risch sey, oder an jn glaub, das er christelich leer. o.O. u.J. (ca. 1522) Weller 2119. Leipzig (W. Stöckel) 1522 Leipzig StB. 6. Anonym Streyt. // Wider die anfech // tung des Sathane / So der // Mensch in Tods nötten ligt. // In anklage vnd Antwort // gestelt. // … 1544 Augsburg (Narciß Ramminger), 16 Bll. Augsburg StB. 7. Adam, M.S. Disce mori oder Sterbkunst, d.i. denckwürdige Exempel, wie sich fromme Christen in ihren Kranckheiten getröstet. Mit christlichen Gebetten und Gesängen. Neustadt a. d. Hardt 1615 Berlin SB. Frankfurt (J.C. Urschel) 1615 Draudius 395. 8. Aemylius, Georg Imagines mortis … Lyon 1542 – Rothenburg. Lyon 1547 – Nürnberg StB. Wittenberg 1590 Vgl. bei Chytraeus, D. Diese Schrift enthält u. a. eine lateinische Übersetzung von Rhegius, Seelenarznei und Huberinus Tröstung (ohne Verfasserangabe). 9. Alard, Wilh. (Pastor zu Crempen in Holst. 1572 – 1595) Athanasia, das ist seliger Trost … Hamburg 1607 – Berlin SB, Beck, Volkslit.72

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Leipzig 1623 – Draudius 392 Leipzig 16 25 – Wolfenbüttel HAB Leipzig 1626 – Beck, Volkslit. 72 10. Barschamp, Ivo Sterbenskunst. Disputatio und Gesprech zwischen einem Krancken Menschen und dem Versucher. Sampt etlichen christlichen Gebetlein, Frankfurt O. (Joh. Eichhorn) 1561 Berlin SB, Stuttgart LB. weitere Ausgaben: Frankfurt O. 1562 – Berlin SB, Stevenson 924c. Leipzig 1563 – Stevenson 235d. Nürnberg 1575 – Gmünden Leipzig 1579 – Stevenson 3050. Wittenberg 1608 – Berlin SB, Göttingen UB. Nürnberg 1613 – Draudius 392. Leipzig ? – Draudius 392. eine anonyme Ausgabe, die wahrscheinlich mit dieser Schrift identisch ist: Sterbens kunst Disputatio oder Gesprech … Breslau 1575 Vgl. Scheibel, Geschichte der Breslauer Stadtbuchdruckerey, 1804. vorh.: Hartford (Conn.) Case Memorial Libr. dänische Übersetzungen: Kopenhagen 1570, 1575, 1580 = NIELSEN 382 – 384. 11. Beust, Joachim von Enchiridion de arte … moriendi Leipzig 1592 – Beck, Erbauungslit. 299 Leipzig 1593 – Berlin SB. Leipzig 1599 – Berlin SB, Beck, Erb.lit. 299 Frankfurt M. 1595 – Berlin SB Leipzig 1609 – Dresden LB. Deutsche Übersetzungen: Leipzig 1598 – Beck, Erb.lit. 299 Magdeburg 1607 – Beck, Erb.lit. 299 Eine ungarische Übersetzung 1600 – London BrM. 12. Blaurer, Ambrosius Der geistlich // Schatz Christenlicher vorbe= // reitung und glöubigs trosts / wi= // der tod vnnd sterben / ouch alle mit= // louffende beschwärliche an= // fechtungen / … Zürich (Froschouer) 1561. Zürich ZB. Zürich 1566 – Draudius 392 u. 410. Zürich 1612 – Draudius 106.

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Anhang 13. Bock, Michael Würtzgertlin // Für die Krancken // Seelen. // Darinnen viel wolriech= // ende heilsame Kreuter zu finden / Durch welche die Seelen in al // len jhren Kranckheiten vnd // gebrechen / erquickt / vnd gelabt werden mögen. // … o.O. (Leipzig?) 1562 Dresden LB. weitere Ausgaben: Nürnberg 1563 – Stevenson 405 Leipzig 1565 – Stevenson 243d Nürnberg 1570 – London BrM. Leipzig 1572 – Althaus. Gebetslit. 106 Nürnberg 1576 – Stevenson 2186 Nürnberg o. J. – Stevenson 2515 Nürnberg 1578 – Althaus, Gebetslit. 106 Nürnberg 1613 – Draudius 385 niederdeutsche Ausgaben Vgl. Borchling/Claussen s.v. Bock: Hamburg 1568, 1574, 1579, 1587, o. J. (ca. 1590), 1601, 1596, 1609, 1611. und Lübeck 1588, 1603, 1620. Dänische Übersetzungen: Kopenhagen 1580 und 1597 – Nielsen 408 f. 14. Borner, Joh. Anfangk eines rechten Christlichen Lebens. // von der waren pus. // von der Beycht. // von der Bereitung zum hoch // wirdigen Sacrament. // wie man ein sterbenden men // schen trösten sol. // Wittenberg o. Drucker (G. Rhaw?) 1526. Frankfurt M. StB. (Sammlung G. Freytag) Niederdeutsche Übersetzungen: Magdeburg 1531 – Borchling/Claussen 1068 Hamburg 1536 – Borchling/Claussen 1240 15. Brenz, Joh. Wie man sich / Christenlich zu dem / Sterben berayten sol. / … o.O. 1529 Dresden LB, Jena UB, Leipzig UB, München SB, Vgl. Kçhler 37. Weitere Ausgaben Wittenberg 1532 – Marburg Westd. Bibl. Vgl. Kçhler 59 Nürnberg 1532 – Kçhler 60 Nürnberg 1533 – Kçhler 69 Leipzig 1548 – Kçhler 165 Nürnberg 1549 – Kçhler 173 Leipzig 1550 – Kçhler 180 Leipzig 1553 – Kçhler 233 Leipzig 1555 – Kçhler 289 (Frankfurt O.) 1562 – Kçhler 639

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Nürnberg o. J. – Kçhler 654 Frankfurt O. o. J. – Kçhler 655 16. Brunner, Leonhard Ein christliche beriechtung wie man sich bey den krancken vnnd sterbenden halten sol, Sie zu ermanen vnd trösten … Straßburg (Schweintzer) 1531 Althaus, Gebetslit. 39 Nachdrucke: Frankfurt M. 1541 – Althaus, Gebetslit. 39; Stevenson 1494, Wien NB (Dieser Druck enthält auch die Sterbeschrift von Rhegius, s. dort) Nürnberg 1531 – Wien NB Straßburg 1541 – Wolfenbüttel HAB (s. auch bei Rhegius) Eine erweiterte Überarbeitung dieser Schrift: Eyn Christli // cher vnderricht vnnd A- // gend / wie sich eyn jeder bei den kran // cken vnd sterbenden // fürnemlich // die Seelsorger / halten so- // len / den gesundten auch // dienstlich / sie zu ermanen vn // trösten / … o.O. u.J. o. Drucker. Die Schrift ist wahrscheinlich von Gregor Hofmann in Worms gedruckt. ca. 1545 (nicht nach 1548, da Brunner um diese Zeit Worms verließ, die Vorrede aber in Worms geschrieben ist.) Wolfenbüttel HAB, London BrM. (dort versehentlich auf ca. 1530 datiert.) Nachdrucke dieser erweiterten Ausgabe sind fast sicher folgende Drucke: Leipzig 1546 – Hardeland, II, 302 (s. auch b. Rhegius) Wittenberg 1551 – Althaus, Gebetsliteratur 39 (*) 17. Bruno, Georg Weine nicht. Trostbüchlein … Stettin 1598 Bake, S.294 18. Bucer, Martin Formula sive institutio brevis quomodo aegroti a ministris ecclesia visitandi sint, quaeque apud illos agenda. Martini Buceri Scripta Anglicana, Basel 1577, S.356 ff. 19. Bugenhagen, Joh. Ein Vnderricht deren / so yn kranckheyten vnd tods nöten ligen / von dem heiligen Sacrament des waren Leibs vnd bluts Christi / seer gut und nützlich allen Christen zu lesen … Wittenberg 1527 Geisenhof, Bugenhagen Nr. 217 Nach Geisenhof ist dieses die Erstausgabe. Eine noch frühere Ausgabe wird zitiert in: Weber, Stettin S.129 (Ein unterricht derer, so in krankheiten … Wittenberg 1525, ein Druckfehler?) Weitere Ausgaben: o.O. 1527 – Geisenhof Nr. 219, Stevenson 3018.

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Anhang o.O. 1527 – Geisenhof Nr. 221, Frankfurt M. StB. o.O. 1527 – Geisenhof Nr. 218 o.O. u.J. ca. 1527 – Geisenhof Nr. 220 Wittenberg 1529 – Geisenhof Nr. 242, Vgl. Cohrs, Katechismusversuche 4, 157 (G). niederdeutsch o. J. ca. 1529 – Geisenhof Nr. 243 Nürnberg 1599 – Geisenhof Nr. 225 Außer diesen Drucken wurde die Schrift noch sehr oft in Verbindung mit dem Sammelwerk von Joh. Odenbach, dort meist unter dem Titel „Trostbüchlein für die Kranken …“, nachgedruckt. zu diesen Drucken Vgl. bei Odenbach. 20. Bullinger, Heinrich Bericht d’krancken // wie man bey den krancken vnnd // sterbenden menschen handlen // auch wie sich ein yeder inn seyner kranckheit schicken vnnd zum sterben rüsten solle / kurtzer vnnd eynfältiger bericht Heynrichen Bullingers. Augsburg (H. Steyner) 1536, 52 Bll. Frankfurt M. Bibliothek Senckenberg, München SB. Weitere Ausgaben Zürich 1538 – Althaus, Gebetslit. 42 Zürich 1544 – Berlin SB, Göttingen UB Tübingen 1553 – Althaus, Gebetslit. 42 Zürich 1564 – London BrM., München SB Lateinische Übersetzung: Quo pacto cum aegrotantibus ac morientibus agendum sit … Tiguri 1540 London BrM. 21. (Canisius, Petrus) De consolandis aegrotis, praesertim vbi de vitae periculo agitur, in vsum sacerdotum et ministrorum, qui circa aegros versantur in hospitali Regio Vienne Austriae salutaris formula. o.O. u.J. (Wien 1554) Wien NB, de Backer – Sommervogel II, 618, 4. Da Canisius eine Vorrede zu dieser Schrift geschrieben hat, wird er öfter versehentlich für den Verfasser angesehen. Es geht aus der zweiten anonymen Vorrede des Verfassers hervor, dass Canisius nicht der Verfasser ist. 22. Castenbaur (Agricola), Steffan Ain köstlicher / gutter // notwendiger Sermon / vom Sterben // wie sich der mensch darzu schicken // soll mit etlichen Schlußreden vom // leyden Christi / Ausgangen von // Doctor Steffan Castenbaur // Augustiner Ordens in seiner // gefäncknuß vmb Gottes // worts willenn / zu // Müldorff. // 1523 // o.O. 1523, 16 S. Wolfenbüttel HAB, Frankfurt M. StB., Worms Paulusmuseum, Berlin SB.

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23. Chytraeus, David Libellus Dauidis Chytraei de morte et de vita aeterna … Wittenberg 1583 – Göttingen UB Rostock 159049 – Göttingen UB Wittenberg 1590 – London BrM. Deutsche Übersetzung: Berlin 1590 – Göttingen UB Dänische Übersetzung: Kopenhagen 1591 – NIELSEN 496 (*) 24. Chytraeus, Nathan Viaticum itineris extremi, das ist ein Buch auf die letzte Hinfahrt verteutscht vnd vermehret durch Henricum Rappaeum. Hanoviae 1613 Katalog der D. Regierungsbibliothek in Ansbach 1913, Draudius, 395. 25. Cirenberg, Joachim Ein Christli= // cher kurtzer vnterricht / al= // len fromen Christen / zu diesen // letzten vnd sterblichen zeiten /… auch in Todtsnöten … Frankfurt O. (Eichhorn) 1551 Marburg Westd. Bibl. 26. Clamorinus, Barth. Ein Christlicher trost // vnd bericht / von Bereytung zu ster= // ben / Aus den Schriften des Hocherleuchten vnd geistreichen Mannes D. Martini // Lutheri gezogen. // … Budissin (M. Wolrab) 1585. Marburg Westd. Bibl. 27. Corvinus, Anton Der vierde Psalm des propheten Davids außgelegt, Item, wie man die krancken in sachen, die Beicht, Buß, vnd empfaung des Sacraments vnterrichten, vnd im gewissen zu fried stellen soll … Marburg 1538 – Geisenhof, Corvin. Nr. 109 Magdeburg 1539 – Geisenhof, Corvin. Nr. 110 28. Culmann, Leonhard De praeparatione Christiana ad crucem et mortem … Nürnberg 1538 – Rothenburg o.T. (Vgl. Georgii/Schnitzlein) Nürnberg 1546 – Göttingen UB Nürnberg 1552 – Mainz StB. Deutsche Übersetzung: Trostbüchlein. Wie man die Kranken … Pfortzheim 1559 – Stevenson 2252, Wolfenbüttel HAB. Frankfurt M. 1562 – Stevenson 1585, Beck, Erb.lit. 140 Anm. 3 Frankfurt M. 1570 – Stevenson 264 49 Dieser Druck enthält außerdem noch die Sterbeschrift von Aemylius.

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Anhang 29. Diepold, Joh. Ain nutzliche Sermon zu allen Christenmenschen von der rechten Evangelischen mess vnd von beraytung zu dem Tisch Gottes, von dem Trost der sterbenden menschen … o.O. (Ulm) 1522 – London BrM., Worms Paulusmus., Mainz StB. Erfurt 1523 – London BrM. o.O. 1523 – London BrM. Basel 1523 – Weller 2398 Ulm 1523 – Weller 2397 o.O. (Augsbg.) 1523 – Wolfenbüttel HAB Niederdeutsche Übersetzung: Wittenberg 1523 – Borchling/Claussen 719 Ein Auszug aus diesem Sermon, der nur den Sterbetrost enthält und anonym erschienen ist: Von der Tro= // stung der ster // benden men // schen // … Leipzig 1522 – Zwickau RB 30. Dietrich, Veit Der XCl. Psalm. Wie ein Christ in sterbensleufften sich trösten soll … 1544 Mainz StB. 31. Erasmus v. Rotterdam Liber … de praeparatione ad mortem. 1534 Zur Bibliografie Vgl. Bibliotheca Erasmiana 1. Serie, S.154ff (1893). 32. Fabricius, Andreas (Pfarrer in Eisleben) Die Hauskirche … Vnd das letzte selige stündlein daran gehenget. 2. Aufl. Eisleben (A. Petri) 1586 (Der Sterbetrost auf S.453ff) Wolfenbüttel HAB

(*) 33. Fischer (Vischer), Christoph Ein Sermon / Uber den christlichen / abschied des Heyligen Marte-/ rers Steffani, daraus sieben not- / wendiger Regeln gezogen, wie wir / Christlich und seliglich aus diesem / betrübten zerenthal, in unser / Himlisch Vatterland wandern / und sanfft im Herren ent- / schlaffen sollen Schmalkalden (M. Schmuck) 1564 Stevenson 337c (*) 34. ders. Ein Trostschrift, wie sich ein Christ in allerley vorstehendem Creutze. Auch wenn seine nechsten Freunde seliglich in HErrn entschlaffen, aus Gottes Wort trösten, sich dadurch auch seines tödlichen abganges erinnern, vnd zum seligen ende bereiten solle … Schmalkalden 1569 – Draudius 413 Leipzig 1575 – Stevenson 2680

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(*) 35. ders. Trostbüchlein / Christlicher, bestendiger vnd einfeltiger Bericht aus Gottes heilwertigem Wort, wie und welcher gestalt ein armer Christ sich wider alle seine Feinde in Todsnöten ritterlich aufhalten … könne. Ülzen 1576 Beck, Erb.lit. 208 (*) 36. ders. Ein new Trostbüchlein, darin krefftige bewerte Hertzsterckung wider etzliche sonderliche hochbeschwerliche geistliche anfechtungen der notleidenden Christen. Ülzen 1585 Beck, Erb.lit. 208 (*) 37. ders. Christlicher Bericht und Instruction, was ein Christ in seinem Creutze, sonderlich aber in langwiriger schwachheit vnd krankheit für Lehren, Trost und Vermahnung aus Gottes Wort nemen solle … Ülzen 1583 Beck, Erb.lit. 208 Ülzen 1584 – Draudius 249 (*) 38. Gerengel, Simon Ein Kurtzes Trostbüchlein, allen Christen in leiblicher schwachheit sehr nützlich zu lesen … Ursel (N. Henricus) 1561 Stevenson 2538 39. Gerhard, Johann Enchiridion consolatorium morti ac tentationibus in agone mortis opponendum … (Vorrede 1611) Jena 1622 Deutsche Übersetzung: Schrifftmäßiges Trost-Büchlein … Leipzig 1738 – Göttingen UB (*) 40. Gernhard (Gerhard), Barth. Trostbüchlein. Vom Christlichen Bereiten zum seligen Sterben, neben tröstlichem Bericht, für gottfürchtige Gewissen, wider die fürnehmsten Anfechtungen … Leipzig 1589 Beck, Erb.lit. 299, Draudius 393. 41. Glaser, Petrus Ein new Lehr // Trost / Beicht / vnd Gebet= // büchlein für die Krancken vnd // sterbenden / …Budissin 1565 Dresden LB, Althaus, Gebetslit. 108, Stevenson 1099b.

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Anhang 42. ders. Zwey vnnd // virtzig wichtige vrsa= // chen / auß der betrachtunge // der hauptstücken vnserer Christ= // lichen Lehre genommen / Welche die // Christen bewegen sollen / das sie wil // lig vnd gerne sterben / … 1572, 288 S. gedr. in Nürnberg Halle, Waisenhaus Draudius 393 nennt noch eine frühere Ausgabe: Budissin 1570. Budissin 1617 – Stevenson 88 43. Gttel, Caspar Ein nutzliche vnd gegrundte lere vnd vnderricht, wie Christlich vnd seligk zu sterben … Erfurt 1529 – Dresden LB Erfurt 1530 – Zwickau RB Erfurt 1533 – Leipzig UB, Zwickau RB Vgl. Kawerau, G., Caspar Gttel. Ein Lebensbild … in: Zeitschrift des Harzvereins für Geschichte und Altertumskunde 14. J. 1881, Wernigerode 1882, S.114, Nr. XV a-c. 44. ders. Das sterbb Büchlein. Auff die zeit des sterbens eylend gestelt … Du bist alt genug ein mal zu sterben. Magdeburg (H. Walther) 1539 Göttingen UB, Frankfurt M. StB., Zwickau RB, Berlin SB. Vgl. Kawerau a. a. O. S.115, Nr. XIX. 45. ders. Eine Christliche vnd // Brüderliche / ja seer feine liebliche vnd // selige vorpredig / vnd vermanunge / // Eines Christen menschen gegen den // andern jnn sterbens nötten. // … Magdeburg (H. Walther) 1539 Göttingen UB 46. ders. aber nur anonym erschienen: Ein tröstliche Ser // mon: weß sich der Christenmensch hab // am todtbette zu halten! // vnnd was ym wort Gottes gegründt / // von den sterben // den. Auch waß baw // felligs / vnd ver // füerlichs von // den Todten // durch men // schen leere // aufge // richtt // sey. Zwickau (J. Gastell) 1523, 11 Bll. Frankfurt M. StB., Worms Paulusmus., Freiburg UB, Zwickau RB, Berlin SB. 47. Habermann, Joh. Trostbüchlein. Darinnen zwantzig Trostschriften für die Kranken … Nürnberg 1570 – Draudius 250 Nürnberg 1571 – Draudius 250 Leipzig 1577 – Berlin SB (verlagert)

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Leipzig 1591 – Draudius 250 Erfurt 1605 – Draudius 250 Leipzig 1623 – Draudius 413 Nürnberg o. J. – Stevenson 1302d (*) 48. Hnisch, Georg Gespräch des Sathans vnd des Menschen etliche schwere Anfechtung betreffend den Christen un ihrem Todtskampf zu trost. Leipzig 1612 Draudius 29 49. Hey1andt, Valentin (Prediger in Göttingen) Trostbüchlein aus H. Göttlicher Schrifft, D. Martini Luth. vnd anderer reinen Lehrer Bücher zusammen gelesen auch wider allerley Anfechtung leiblich und geistlich. Frankfurt M. 1566 – Draudius 413 Frankfurt M. 1571 – Stevenson 807 50. ders. Christlike Underrichtunge, wo men sick tho einem saligen Affschede bereiden schal. Hamburg 1578 – Borchling/Claussen 2170 Lübeck 1587 – Borchling/Claussen 2356 Hamburg 1601 – Borchling/Claussen 2698 Lübeck 1603 – Borchling/Claussen 2753 Hamburg 1607 – Borchling/Claussen 2824 Hamburg 1609 – Borchling/Claussen 2870 51. Huberinus, Caspar Tröstung auß der göttlichen geschrifft an die so in leybliche kranckheit gefallen … Frankfurt M. (Egenolff) 1531 London BrM., Kuczynski 3184 Weitere Ausgaben: Straßburg (W. Rihel) 1541 – Wolfenbüttel HAB Nürnberg (Val. Geyßler) 1571 – Stevenson 2217 (dieser Druck enthält außerdem die Sterbeschrift von Rhegius) Frankfurt M. (Cyr. Jacobi) 1541 – Stevenson 1494, Wien NB. (Dieser Druck enthält noch die Schriften vor Brunner und Rhegius) Lateinische Übers.: Ratio & Methodus consolandi … ohne Nennung des Verfassers in Aemylius, Imagines. Niederdeutsche Übersetzung: wo man den Stervenden trösten unde em thospreken schöle … 1546 Hardeland II, 300. Magdeburg 1560 – Borchling/Claussen 1764 (dieser Druck enthält außerdem die Sterbeschrift von Rhegius)

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Anhang Diese niederdeutschen Ausgaben sind der hochdeutschen Vorlage gegenüber etwas erweitert. 52. ders. Wie man die krancken trösten sol. Augsburg (Ph. Ulhart) 1542 München SB, Knaake III, 478 Nachdrucke: Nürnberg 1560 – Althaus, Gebetslit. 49 Mit verändertem Titel: Augsburg 1567 – Althaus, Gebetslit. 49 Leipzig 1546 – Hardeland II, 302 (zusammen mit Brunner und Huberinus) Nr. 52 und 53 sind eng miteinander verwandt. Vgl. dazu o. S. 69 Anm. 12 Huberinus hat die zahlreichen Sterbetröstungen immer wieder etwas verändert. Auch in anderen Schriften des Huberinus sind Sterbetröstungen eingefügt, so in „Vom Zorn und von der Güte Gottes“ 1529 (Vgl. o. S. 69, Anm. 12) und in „Vom waren erkentnis Gottes“ Wittenberg 1537, S.188ff (vorh. Göttingen UB) Eine englische Übersetzung einer Sterbetröstung von Huberinus: A rich storehouse or treasury for the sicke. Transl. from the Dutch by Tho. Godfrie Esq. London 1578 London BrM. 53. Jacobi, Leonhard (Pfarrer zu Calbe) Tröstliche Er= // innerunge in der heiligen // Schrifft gegründet. // Aus was vrsachen ein Christ // wenn sein stündlein kompt // willig vnd gerne sterben soll / // … Leipzig 1551 Marburg Westd. Bibl. (defektes Exemplar) 54. Jenisch, Paul Seelenschatz … Christlich zu leben und seliglich zu sterben. Lauingen 1595 (Erstausgabe) – Berlin SB Leipzig 1617 (8. Aufl.) – Wolfenbüttel HAB (680 S.) In späteren Jahren wird das umfangreiche Werk noch durch hinzugefügte Teile erweitert. 4. Teil Leipzig 1618 – Wolfenbüttel HAB (160 S.) 5. Teil Ulm 1645 – Wolfenbüttel HAB (1077 S.) 55. Kantz, Caspar Wie man den // krancken vnd sterben- // den menschen / ermanen / trö // sten / vnnd Gott befehlen // soll / Das er von diser // Welt seligklich // abscheyde. // … Augsburg (A. Weyssenhorn) 1539 Wolfenbüttel HAB, London BrM.

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Weitere Drucke: Augsburg 1542 – Althaus, Gebetslit. 48 Nürnberg o. J. – RE3 s.v. Kantz Straßburg 1556 – Althaus 48 Nürnberg 1588 – RE3 s.v. Kantz Nürnberg 1570 – Berlin SB (enthält noch Odenbach und Langen) Nürnberg o. J. – Stevenson 335 Nürnberg 1574 – Kuczynski 1156 Tübingen 1577 – Althaus, Gebetslit. 48 Nürnberg 1580 – Beck, Erb.lit. 170 Augsburg 1605 – Althaus, Gebetslit. 48 56. Kegel, Phil. Geistliche Kampfschule … Magdeburg 1598 – Beck, Volkslit. 44 Magdeburg 1597 – Beck, Volkslit. 44 Lübeck 1610 – Beck, Volkslit. 44 Geistliche // Kampffschul, // Darinnen ein Christ zu lernen // wie er sich auff der Reise nach dem Himmlischen // Vaterland / mit dem Schwert Göttlichs Worts ge- // fast machen soll / damit wann er von dem Seelen Mörder dem // Teuffel vnnd seinen Consorten angesprengt vnd angefochten // wird / Er sich jhrer ritterlich erwehren / vnnd allso seine // Reise glücklich vollbringen möge, // … Aus der Himmlischen Cantzeley mit fleiß gestelt / vnd zusammen getragen/ … Lübeck (J. Balhorn) 1609 Wolfenbüttel HAB. 57. Keller, Michael Trostlicher vnnderricht in Haimsuchung der Krancken und sterbenden … o.O. u. Drucker (Augsburg) 1531 Frankfurt M. StB. (*) 58. Kispenning, Heinrich Betrachtung deß Todts vnd wie man die Sterbenden Christlich trösten soll, sieben Bücher Cölln 1578 Draudius 410 Geistliche Sterbkunst … erstlich lateinisch beschrieben … volgentz in Teutsch übersetzt durch Melchiorem Braun. Cölln 1589 Berlin SB. Aqua vitae de fontibus Salvatoris, hoc est, Doctrina evangelica de medatione mortis Antwerpen 1583 Vgl. O’Connor, S.181 (vorh. in Columbia University Library)

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Anhang

(*) 59. Kçfrl, Simon Trostbüchlein in Tods nötten // Sampt schö= // nen tröstlichen Gebet= // lein … Nürnberg (H. Koler) 1570 Stevenson 839b. (*) 60. Kramer, Nicodemus Trostbüchlein. Wie man die Sünde erkennen / Gott vmb Gnad vnd Vergebung sol anruffen … Auch wider des Todes Schrecken … Frankfurt M. 1556 – Stevenson 459c Frankfurt M. 1566 – Althaus, Gebetslit. 130 Nürnberg 1570 – Stevenson 3178 Leipzig 1571 – London BrM. Nürnberg 1574 – Stevenson 332 Jena o. J. – Stevenson 3058 61. ders. Der Steg und Weg zum ewigen Leben. Wie man zum seligen sterben sich bereiten … sol … Jena 1563 – Stevenson 1592a Nürnberg 1572 – Stevenson 227 Frankfurt M. 1572 – Stevenson 2707 Frankfurt M. 1580 – München SB Leipzig 1600 – Draudius 393 (*) 62. Langen, Johann Zwey schöne Büchlein / Das erste / wie man die Krancken vnd Sterbenden besuchen und trösten soll … Nürnberg 1570 – Berlin SB, Draudius 250 (enthält noch Kantz und Odenbach) Laugingen 1588 – Draudius 250 63. Leisentritt, Johann Catholisch Pfarrbuch oder Form und Weise, wie die Cathol. Seelsorger in Ober und Niederlausitz … ihre Krancken besuchen … Köln 1577 – Lexikon für Theologie und Kirche, ed. Buchberger, Bd. 6 (21934), 476 Köln 1578 – London BrM. Köln 1590 – Köln UB (*) 64. Leon, Johann Handtbüchlein von diesem Jamerthal seligklich abzusterben mit christlicher Unterweisunge Kranke bekümmerte vnd angefochtene Personen in Todtsnöten zu trösten. Jena 1560 – Stevenson 3059 Jena 1566 – Althaus, Gebetslit. 106 Frankfurt M. 1566 – Draudius 393

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Frankfurt M. 1571 – Stevenson 2683 Hall 1598 – Draudius 393 Lübeck 1603 – Draudius 393 Erfurt 1607 – Draudius 393 Jena ? 1611 – Althaus, Gebetslit. 106 (*) 65. Linderus, Matth. Completgesang Simeonis. Luc.2. darinn die edle vnnd güldene Sterbkunst in 4 Regeln kürtzlich verfaßt. Leipzig 1581 Draudius 152 66. Link, Wenzeslaus Wie man // Christenlich die krancken // trösten müge / durchs va // ter vnnser / Zehen gebot // / vnnd Artickel des glau= // benns / sampt nützunge // der Sacramennt / dar= // auff das gantz Christ= // liche wesen stehet. // … Nürnberg (J. Gutknecht) 1529, 27 Bll. Erlangen UB 67. Lossius, Lucas Ewiger war= // hafftiger vnd Göttlicher // Trost / Hülffe / Errettunge vnd Bey= // stand / in allerley Verfolgung / Not / Angst / // Anfechtung vnd erschreckkunge der // Sünde / Todt / Teuffel / Hölle / // Welt / eigen Fleisch // vnd Blut. // … Frankfurt M. (P. Braubach) 1556, 254 S. Göttingen UB Frankfurt M. 1557 – Stevenson 2226 (*) 68. Lutz, Caspar (Prediger in Mömpelgard) Geistlich geiäg // Des Teuffels vnnd // Tods / welches sie als Jäger / // mit den Frommen vnd Gottlosen im forst diser Welt / vnd finstern Thal deß Sterbens / halten … Straßburg (A. Bertram) 1584 Stevenson 2224 unter verändertem Titel: Christlicher Ritter / Ein wunderbarlicher Kampf der Hellischen Bestien … Mumpelgart 1590 – Draudius 29 Mumpelgart 1599 – Draudius 236 69. Maior, Georg Trost // wider das // schrecken des // Tods. // Alten vnd Jungen zu wis- // sen von nöten … Wittenberg (H. Lufft) 1571 Stuttgart LB, Stevenson 2679, Draudius 236 70. Mathesius, Johann Das tröstliche De profundis … (=Sammeldruck von Predigten) enthält:

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Anhang Des alten Herrn Sime= // onis Trostpsalm Luce II. Vom // ewigen vnnd zeytlichen Todt vnd // seliger sterbkunst. Nürnberg (U. Newber und D. Gerlitz) Nürnberg GM Nürnberg 1567 – Stevenson 745b Nürnberg 1571 – Stevenson 1967

(*) 71. Menberg, Casp. Trostbuch für die Krancken vnd sterbenden. Cölln 1590 Draudius 252 72. Menius, Justus Von der // Bereittung zum se= // ligen Sterben. // … Erfurt 1556 Dresden LB 73. Mohr, Georg Eyn Christliche vormanunge auß dem euangelio: dixit Martha ad Jesum: wider das zaghafftige erschreckniß des Todes. Aldenburgk 1524 Frankfurt M. StB. 74. Moller, Martin Manuale De praeparatione ad mortem. Heilsame vnd sehr nützliche betrachtung … Görlitz 1593 – Beck, Erb.lit. 262 Görlitz 1594 – Bibliotheca bipontina Zweibrücken Leipzig 1604 – Draudius 394 Görlitz 1612 – Beck, Erb.lit. 262 Görlitz 1613 – Erlangen UB Lüneburg 1662 – Beck, Erb.lit. 262 Breslau 1703 – Beck, Erb.lit. 262 Breslau u. Leipzig 1736 – London BrM. Zürich 1743 – Beck Erb.lit. 262 Stuttgart 1858 ed. I.C. Mller Neu-Ruppin 1863 ed. Fr. Bodemann 2 1870 Niederdeutsche Übersetzung: Hamburg 1603 – Draudius 394 Hamburg 1605 – Göttingen UB Dänische Übersetzung: 1753 London BrM. 75. Musculus, Andreas Gut gewissen / // Frölichs Leben / Seliges // Sterben / gewisser Himmel / vnd Erbschafft der zukünfftigen // Herrligkeit. // …

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Frankfurt O. (J. Eichhorn) 1575 56 Bll. Dresden LB Frankfurt O. 1576 – Draudius 191 76. ders. Bedencks Ende. // Frankfurt O. (J. Eichhorn) 1572, 56 Bll. Dresden LB 77. ders. Das güldene Kleinod, wie ein Christ in geistlicher Anfechtung, sonderlich aber im Todtbette … (auch u.d. Titel: Thesaurus oder gülden Kleinod …) Erfurt 1561 – Stevenson 920a, Stiftsbibliothek Zeitz. ? 1577 – Beck, Erb.lit. 239 Frankfurt O. 1576 – Draudius 191 Frankfurt O. 1594 – Draudius 191 Erfurt 1595 – Beck, Erb.lit. 239 78. Myconius, Friedrich Wie man die // einfeltigen, vnd sonderlich die Krancken im Christenthumb vnterrichten sol … Wittenberg 1539 – WA 50, 662, Dresden LB, Göttingen UB Wittenberg 1539 – WA 50, 663 Leipzig 1539 – WA 50, 663, Frankfurt M. StB. Leipzig 1540 – WA 50, 663 Frankfurt O. 1598 u. 1599 – WA 50, 663 Niederdeutsche Übersetzung: Hamburg 1590 – Borchling/Claussen 2429 (*) 79. Mylius, Georg (Augsburg) Seelen Schutz, das ist, Bericht auß Gottes Wort, Christlich zu leben vnd seliglich zu sterben. Laugingen 1593 Laugingen 1595 – Draudius 394 80. Mylius, Martin (Görlitz) Sterbenßkunst / // gefasset in // Schöne außer= // lesene Exempel / etlicher fro= // men Christen / welche von // dieser Welt abgeschieden / Daraus man // zu lernen / wie man sich zu einem Christlichen // Ende bereyten / vnd seliglich von hinnen fahren // sol … Görlitz (A. Frisch) 1593 Bibliotheca bipontina Zweibrücken. 81. ders. Apophtegmata morientium h.e. voces Piorum … Görlitz 1592 Beck, Erb.lit. 257 Gekürtzte Ausgabe durch einen Ungenannten (Hinweis auf die Verfasser-

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Anhang schaft des Mylius fehlt im Titel) unter dem Titel: Homo disce mori, Et // LEGE QUID // Reuelat Tibi Spiritus // Sanctus in Agone persona= // rum 130 utriusque / sexus quid cum ex hac miseria di= // scesserunt … Hamburg 1593 Wolfenbüttel HAB, London BrM., Göttingen UB. Deutsche Übersetzung: Görlitz 1593 – Göttingen UB Görlitz o. J. – London BrM. 82. Neuheuser, Samuel (Prediger in Ulm) Ein Christliches // Trostbüchlein in zwöl // fe vnterschidliche Capi= // tel getheylet. // Allerhand betrübten per= // sonen / sonderlich aber kran= // cken leuten … Straßburg 1580 – München SB Straßburg 1588 – Beck, Erb.lit. 336 Leipzig 1600 – Draudius 251 Straßburg 1609 – Draudius 251

(*) 83. Nçsler, Martin (Pfarrer in Fürstenwalde) Mori secundum Regulas, seu Predigt wie man nach Simeonis Exempel Selig sterben solle. Frankfurt O. 1595 Beckmann, J.C. Catalogus Bibliothecae publ. Universitatis Francofurtanae, Frankf. O. 1706, S.210 84. Nuber, Veit/Gallus, Nic. Ein kurtze vnd ein= // feltige vnterweisung zum sterben nutz= // lich vnd heilsam den krancken furzuhal= // ten an iren letzten, aus der heiligen // schrift zusamen gelesen. // Durch hern Veiten Nuber Prediger // zu Burgklengfeld // Sampt einer andern trostlichen vnterricht fur // die krancken, sterbenden, durch Magistrum Ni= // colaum Han Diacon zu Regenspurg. // Regensbug (H. Khol) 1544, 20 Bll. München SB 85. Odenbach, Johann Ein Trostbüchlein für die Sterbenden, an die hochgeborene christliche Fürstin Frau Elisabeth, Pfaltzgräfin bei Rhein … Marburg 1530 Straßurg1530 diese Ausgaben enthalten nur den Text der Schrift Odenbachs. ibid. 1532 ibid. 1546 Drucke, die außer der Schrift Odenbachs noch andere Sterbeschriften enthalten: Wittenberg o. J. (zw. 1529 u. 1535) ibid. o. J. (nach 1532)

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ibid. 1535 ibid. 1537 ibid. 1538 Frankfurt M. 1541 Wittenberg 1542 (Augsburg?) 1543 Leipzig 1552 Nürnberg 1555 Zürich 1561 o.O. o. J. Eine Bibliografie sämtlicher oben angeführten Ausgaben findet sich in WA XXX, 2, 72 – 75. Nicht enthalten in der Bibliografie der WA sind folgende Ausgaben: Wittenberg 1532 – Jena UB Leipzig 1539 – Althaus, Gebetslit. 38,1 Leipzig 1554 – Stevenson 1550a–1555 f Leipzig 1560 – Althaus, Gebetslit. 38,1 Nürnberg 1570 – Stevenson 456, Berlin SB Nürnberg 1580 – Draudius 394 Die Reihe der aufgeführten Ausgaben des Odenbach, die Sammelwerke von Sterbeschriften sind, enthalten regelmäßig folgende Schriften: 1. Odenbach, Trostbüchlein 2. Venatorius, Ein kurtz Unterricht 3. Spalatin, Eine Tröstung an Herzog Friedrich (oft auch ohne Verfasserangabe) 4. o. Vf., Wie die entschlafenen in Christo zu beweinen sind. 5. Bugenhagen, ein Trostbüchlein für die Kranken Diesem Sammelwerk von Sterbeschriften wird in einigen Drucken noch ein ursprünglich selbständiges Sammelwerk hinzugefügt: Amsdorf, Nic. Ein schöner Sermon von dem Wort, Zeichen und Sacrament. Neben anderen nicht regelmäßig wiederkehrenden Katechismusstücken enthält diese Schrift regelmäßig: Spalatin, Trostunge ynn Todsnötten (ein Auszug aus der Schrift des Venatorius) Spalatin, Etlich kurtz vortrostung Paulus vom Rode, Tröstliche Unterweisung Drucke dieses Sammelwerkes: 1. selbständige Drucke Wittenberg 1533 – WA XXX, 2, 72 Wittenberg 1535 – WA XXX, 2, 72 2. Drucke im Anhang zu Odenbach Wittenberg 1532 – Jena UB Leipzig 1552 – München SB Leipzig 1554 – Stevenson 1550a–1555 f.

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Anhang 86. Oekolampad, Joh. Nunc dimittis Oecolampadij, Trostlich den Sterbenden. 1521 Vgl. Staehelin, Oekolampad – Bibliografie, in: Basler Zeitschrift f. Geschichte und Altertumskunde Bd. 17, 1918, Nr. 56 – 60, der 5 Drucke dieser Sterbeschrift verzeichnet. 87. (Oekolampad) Ein Letaney zu Got dem vater in allen ängsten vnnd den sterbenden in todes nöten trostlich vor zu sprechen vnd zu beten. 1523 Vgl. Staehelin, Oekolampad (s. Nr. 86) Nr. 82 – 84, der 3 Ausgaben im Jahre 1523 verzeichnet.

(*) 88. Ortel, Johann Trostbüchlein für die Krancken Leipzig 1586 Berlin SB 89. Osiander, Andreas Vnterricht an ein ster= // benden menschen. // … Nürnberg (L. Milchthaler) 1538, 8 Bll. London BrM., Stevenson 3019, Frankfurt M. StB. Neusatz der Lage A in einem Exemplar in der Hofbibliothek Aschaffenburg. (*) 90. Otter, Jac. Christlich Leben // vnd sterben. // Wie sich des herren nachtmals // zubrauchen, mit gewisser Con= // scienz, vnd frid, sonder einiche // spaltung der schrifft. // … Straßburg (B. Beck) 1528 Rothenburg o.T. (Vgl. Georgii/Schnitzlein) London BrM. 91. Perkins, Wilhelm Myrothecium hoc est de natura et ratione bene feliciterque moriendi tractatus. Hanoviae 1603 Katalog der Leipziger Kirchenbibliotheken, Leipzig 1912. Deutsche Ausgabe: Sterbkunst. Item ein Trostreiche Gespräch für angefochtene Gewissen Basel 1605 – Draudius 395 Basel 1608 – Draudius 191 Die Vorlage für diese Übersetzungen im deutschen Bereich ist wahrscheinlich: A salve for a sicke man: or a treatise containing the nature … of death, as also the right manner of dying well. Cambridge 1595 London BrM.

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92. Pfeffinger, Johann Trostbüchlein … Leipzig 1551 – Beck, Erb.lit. 104, Anm. 2 Hamburg 1551 – Beck, Erb.lit. 104, Anm. 2 Trostbüchlein // aus Gottes Wort / // Vber den vnzeitlichen // todt / sterbendens nöten. // … Leipzig (W. Günter) 1552, 85 S. Göttingen UB, Stevenson 2583 Leipzig 1559 – Beck, Erb.lit. 104, Anm.2 ibid. 1564 – Stevenson 2520, Leipzig UB (Vgl. Seifert, Fr. in: Beitr. z. sächs. Kirch.gesch. 4,1888. S.159 Anm.1). Leipzig 1566 – Göttingen UB ? 1573 – Beck, Erb.lit. 104 Anm.2 ? 1601 – Beck, Erb.lit. 104 Anm.2 Schmalkalden 1586 (vermehrte Ausgabe) – Seifert, a. a. O. 159 Nr. 18 Lateinische Ausgabe: Libellus consolationum … Wittenberg 1560 – Beck, Erb.lit. 104 Anm.2 Niederdeutsche Ausgaben: Wittenberg 1561 – Borchling/Claussen 1823 Hamburg ca. 1570 – Borchling/Claussen 2039 Hamburg 1580 – Borchling/Claussen Hamburg 1601 – Borchling/Claussen Hamburg 1582 – Borchling/Claussen 93. Philonius Dugo, Johann Ein Sonder // schön Gespräch / der Tili= // anus genant / Das ist ein vn= // derweisung / Conterfet /mu= //ster vnd form eines seligen // vnd recht Christlichen // Absterbens … Teutsch transferiert durch Simon Roth … o.O. u. Drucker (Sebald Mayer Dillingen ?) München SB 94. Platz, Conr. W. Sterbstündlein Tübingen 1582 Augsburg StB. (*) 95. ders. Christliche Sterbkunst, wol und seligklich abzusterben … Tübingen 1583 – London BrM. ibid. 1584 – Draudius 394 96. Praetorius, Stephan Krancken // Trost. // In klage vnd antwort // gestellet: // Lieblich vnd nützlich // zu lesen. // Autore Stephano Praetorio. // Anno 1593. // o.O. u. Drucker, 32 Bll. Halle, Waisenhaus

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Anhang Nachdruck: Stendal 1672 – Berlin SB Vgl. auch o. S. 95 Anm. 83 97. Quinos, Bruno (Prediger in Zittau) Disce mori … Budissin 1572 – Draudius 394 Disce Mori. // Oder // Sterbe Kunst // Das ist / // Ein sehr schönes vnd Nütz- // liches Handtbüchlein / darinnen et= // liche außbündige EXEMPEL Hoher Christlicher // Personen zu finden / Daraus man anleitung zu nehmen / // vnd zu lernen / Wie man sich zu einem Christlichen // Ende bereiten … Aus glaubwirdigen Acten / // Historien / vnd Leichpredigten zusamen / gezogen … Budissin (M. Wolrab) 1577, 207 Bll. Augsburg StB., München SB Budissin 1580 – Wolfenbüttel HAB, Stevenson 2210 ibid. 1582 – Katalog der Leipziger Kirchenbibliotheken 1912, Göttingen UB Zittau 1586 – Beck, Erb.lit. 298 Das Ander Theil // des Büchleins. // DISCE MORI. // Darinnen noch // Etliche Schöne Exempel // zufinden … Budissin 1584 (M. Wolrab) 154 S. Erlangen UB 98. Rhegius, Urbanus Seelen ärtzney fur gesund und Krancken zu diesen gefarlichen zeyten durch Vrbanum Rhegium … Augsburg 1529 – Althaus, Gebetslit. 37, Uhlhorn 357 Anm.16 ibid. 1530 – Uhlhorn 357 Wittenberg 1530 – Jena UB, Frankfurt M. StB. Nürnberg 1534 – Uhlhorn 357 Straßburg 1541 – Wolfenbüttel HAB Frankfurt M. 1541 – Stevenson 1494, Wien NB (enthält auch Brunner und Huberinus) Leipzig 1546 – Uhlhorn 357 Nürnberg 1548 – Uhlhorn 357 Leipzig 1552 – Uhlhorn 357 ibid. 1553 – Uhlhorn 357 ibid. 1549 – Stevenson 2726 o.O. 1557– Uhlhorn 357 Leipzig 1557 –Stevenson 918d ibid. 1558 – Stevenson 1556 Nürnberg o. J. (zw. 1550 u. 61) o.O. – Beck, Erb.lit. 72 Nürnberg 1563 – Uhlhorn 357 Nürnberg 1573 – Beck, Erb.lit. 72

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Bibliografie

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o.O. 1573 – Uhlhorn 357 Leipzig 1591 – Draudius 385 Nürnberg 1571 – Stevenson 2217 (zus. mit Huberinus) in: Urbani Rhegii … Deutsche Bücher vnnd Schrifften … Nürnberg 1562, 3. Teil, S. XIIff (vorh. Göttingen UB) Lateinische Übersetzungen Medicina animae … ? 1545 – London BrM. Wittenberg 1537 – London BrM., Göttingen UB Lyon 1542 s. bei Aemylius ibid. 1547 in: Opera Urbani Regii latine edita … Nürnberg 1562, Nr. XV, Fol.412ff (vorh. Göttingen UB) Niederdeutsche Übersetzungen: Seelenarstedye … Magdeburg 1530 – Borchling/Claussen 1053 ibid. 1532 – w.o. 1130 ibid. 1535 – w.o. 1226 ibid. 1543 – w.o. 1394 ibid. 1559 – w.o. 1731 Dortmund 1567 – w.o. 1954 Magdeburg 1569 – w.o. 1993 Lemgo 1575 – w.o. 2134 Frankfurt M. 1558 – w.o. 1710 Magdeburg 1560 – w.o. 1764 (enthält auch Huberinus) Holländische Übersetzung: De medicijne der sielen (Antwerpen?) 1536 Nijhoff/Kronenberg 1790 Dänische Übersetzung: Sjaelens Laegedom … Kopenhagen 1544 – Nielsen 231 ibid. c. 1561 – Nielsen 1391 Die anonyme Schrift „Streyt …“ 1544 bringt im 2. Teil einen wörtlichen Auszug aus der Seelenarznei des Rhegius, ohne die Quelle zu nennen, den Abschnitt über die Anfechtungen Christi und die anschließende „vermanung“. 99. Rivius, Johann De consolandis Aegrotantibus isdemque ad mortem animandis … Basel 1542 – Rothenburg o.T. (Vgl. GEORGII – SCHNITZLEIN) Basel 1546 – München SB Basel 1557 – London BrM. Leipzig 1598 – Draudius 415 in: Opera theologica omnia, Basel 1562, S.503ff (vorh. Göttingen UB)

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Anhang

100. Rode, Paulus vom Tröstliche Unterweisung … Wittenberg 1527 – Dommer 29,1 Geisenhof, Bugenhagen Nr. 228 Nürnberg 1527 – Geisenhof Nr. 229 o.O. 1527 – Geisenhof Nr. 230 Niederdeutsch: Wittenberg 1527 – Borchling/Claussen 928, Geisenhof Nr. 227 Außerdem wurde die Schrift öfter als Anhang zu Odenbach gedruckt, Vgl. o. bei Nr. 85 101. Rdinger, Esrom Sterb Kittel // Gesponnen auß dem Paradeyß zur Rechten des Creutzes Christi … Nürnberg 1591 – Erlangen UB Latein. Ausg.: Nürnberg 1590 – Erlangen UB 102. (Schwenckfeld, Caspar) Ein trostbiechlin allen Krancken … o.O. u. Drucker o. J. (Ph. Ulhart Augburg) 1533 Vgl. Corpus Schwenckfelddianorum V, 807 103. ders. Trostung eines der unter dem Kreutz Christi steht … o.O. u. Drucker o. J. (Ph. Ulhart Augsburg, viell. 1537) weitere 4 Ausgaben in Corpus Schwenckfeld V, 806 (*) 104. Sinapius, Simon Ein einfeltiger bericht Wie man sich Christlicherweise zum leiblichen Tode schicken sol, damit man in frewden abscheiden möge. Magdeburg 1563 – Berlin SB Eisleben 1565 – Draudius 409 105. Spalatin, Georg Eine Tröstung an Hertzog Friderich … Erstdruck: Zwo Predigt // auff die Epistel S. Pauli. I. // Thessa.4. D.Mar.Luther. // Gethan vber der Leiche des Churfürsten … Item ein trostunge an Chur // fursten … Georgius Spalatinus. Zwickau 1525 Jena UB Niederdeutsch: Twe predigen … 1525 – Borchling/Claussen 816 Weitere zahlreiche Abdrucke bei Odenbach s. o. Nr. 85 und bei Bugenhagen s. o. bei Nr. 19

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Bibliografie

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106. ders. Etlich kurtz vortrostung wo es mit dem sterben über handt nymbt … Erfurt (A. Rauscher) 1530 Nürnberg GM Weitere Nachdrucke immer in Verbindung mit Amsdorf, Ein schöner Sermon Vgl. o. bei Nr. 85 107. ders. Tröstung ynn // tods nöten, des meh= // rern theils aus Thome Venatorij // büchlein, … Zwickau 1531 WA XXX, 2, 72 s. auch bei Nr. 85 108. Spangenberg, Johann hoc libello con= // tinentur Infrascripta. // Dialogus christiani et mortis // De fatis inevitabilis et vario morta= // lium exitu. Elegia. // Origo peccati et mortis. // Praeparationes quatuor ad mortem Au= // tore Joanne Spangebergio // Herdeßiano. // Addita est querela Heroica Autore incerto. // Erfurt (M. Saxo) 1540, 16 Bll. Göttingen UB 109. ders. Ein new Trostbüchlein, Mit einer Christlichen vnterrichtung, Wie sich ein Mensch bereiten sol, zu einem seligen sterben, jnn Fragstücke verfasst. Wittenberg 1543 – Althaus, Gebetslit. 50 ibid. 1544 – Althaus, Gebetslit. 50 ibid. 1548 – Althaus, Gebetslit. 50 ibid. 1549 – London BrM. ibid. 1551 – Stevenson 2581, Wolfenbüttel HAB ibid. 1553 – Stevenson 2584 ibid. 1559 – Göttingen UB Frankfurt M. 1559 – Stevenson 924 Leipzig 1563 – Beck, Erb.lit. 99 Nürnberg 1569 – Kuczynski 2526 Wittenberg 1574 – Althaus, Gebetslit. 50 Nürnberg 1577 – Stevenson 3074 Augsburg o. J. – Althaus, Gebetslit. 50 Wittenberg 1598 – Althaus, Gebetslit. 50 Leipzig 1600 – Draudius 251 110. Specker, Melchior (Prediger in Straßburg) Vom leiblichen // Todt. // was er sey // waher er komme / vnd // wie man sich darzu be= // reyten solle // … (Straßburg) 1560, 293 S. Wolfenbüttel HAB

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Anhang (Straßburg) 1561 – London BrM. Straßburg 1571 – Stevenson 707a

111. Spindler, Georg Meditatio Mortis et Vitae. D.i. Eine Tägliche vnd selige Betrachtung des Sterbestündleins … Amberg (M. Forster) 1596, 110 S. Amberg StB. (Titelblatt fehlt) Berlin SB (*) 112. Stigius, Joach. (Pfarrer in Stargardt) Trostbüchlein für Sterbende … Stettin 1580 Bake S.93 (*) 113. Suevus, Sigismund Spiegel des Menschlichen Lebens … wie man seliglich leben und sterben möge … Leipzig 1588 Beck, Erb.lit. 255 114. Sutellius, Johann Historia // von Lazaro, aus // dem … zu trost den Krancken und // sterbenden Menschen aus= // gelegt … Wittenberg (J. Klug) 1543 Wolfenbüttel HAB (*) 115. Tanneberg, Hieron. Trostbüchlein, wie ein Diener Göttlichs Worts krancke, gefangene und angefochtene etc. Personen trösten soll … Leipzig 1591 – Althaus, Gebetslit. Magdeburg 1599 – Draudius 251 Leipzig 1610 – Draudius 416 116. Textor, Bernhard (Pfarrer in Dillenburg) Kern vnd saft der H. Bibel … Sampt angehengten Bericht von der Christen // Sterbkunst … Sigen 1596 Wolfenbüttel HAB 117. Thanhçltzner, Thomas Sterbekunst // / Oder // Ein kurtzer vnd // doch gründtlicher … Bericht, wie sich ein Mensch auff // ein seliges Sterben bereiten soll. // Görlitz (A. Fritsch) 1577 Berlin SB, München SB.

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Bibliografie

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(*) 118. Thomasius, Winandus Der Seelen Speiß und des sterblichen menschen Tröst … Düsseldorf 1585 Berlin SB Köln 1619 – Draudius 252 119. Ulenberg, Caspar Trostbuch für die Krancken und Sterbenden … (Vorrede von 1595) Köln (Quentell) 1608 – Mainz Stb. Köln (Quentell) 1620 – Draudius 395 mit verändertem Titel: Köln 1613 – Draudius 395 Köln 1622 – Draudius 395 120. Ursinus, Zach. Pia meditatio mortis et consolationum adversus eius horrorem, tum Tractatus utilis et necessarius. 1566 in: Opera theologica, Heidelberg 1602, Bd. I, S.911 ff. (vorh. Göttingen UB) (Vgl. auch Draudius 418) 121. Venatorius, Thomas Ein kurtz Unterricht den sterbenden Menschen ganz tröstlich. Die Bibliografie der aufgeführten Ausgaben in WA XXX, 2, 70. Nürnberg (Peypus) 1527 Nürnberg (Gutknecht) 1527 Dresden (Stöckel) 1527 mit Vorrede Luthers: Wittenberg 1529, 3 Ausgaben Nürnberg o. J. o.O. (Basel) 1529 weitere Ausgaben innerhalb des Sammelwerkes von Odenbach s. bei Nr. 85 Dänische Übersetzung: Rostock 1529 – Nielsen 287 122. Vogel, Matth. Trost // oder // Seelenartzneibuch // In welchem fast wider alle Anfech = // tungen … edle Recept … Frankfurt 1571 Augsburg Stb. (*) 123. Walasser, Adam Trostbüchlein für die kranken vnnd sterbenden Menschen … Dillingen 1569 Dillingen 1570 (Diese Angaben stammen aus einer ungedruckten Bibliografie des Dillinger Druckers Sebald Mayer von Otto Bucher, Vgl. dazu o. S. 28 Anm. 55)

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Anhang

124. ders. Kunst wol zu sterben. Ein gar nutzlichs hochnothwendiges Büchlin auß H. Schrifft vnnd alten bewerten Lehrern … Dillingen 1569 – Stevenson 835 Dillingen 1570 – Bucher a. a. O. Nr. 303 Dillingen 1572 – München SB Dillingen:1579 – Falk, Sterbeb. S.12 ibid. 1582 – Dillingen Kreis- und Studienbibliothek ibid. 1585 – Falk, Sterbeb. S.12 ibid. 1588 – London BrM. Sulzbach 1588 – Falk, Sterbeb. S.12 Dillingen 1603 – London BrM. 125. Walther, Georg (Prediger in Halle) Trostbüchlein für Krancke und Sterbende Menschen … Nürnberg 1573 – Wolfenbüttel HAB Leipzig 1565 – Althaus, Gebetslit. 128 126. ders. Krancken Büchlein. Woher alle Kranckheiten kommen … Wittenberg 1579 – Wolfenbüttel HAB Nürnberg 1579 – Draudius 251 Wittenberg 1594 – Beck, Erb.lit. 283 127. Weller, Hieron. Antidotum // Oder // Geistliche Ertz // ney / für die Christen / so // Anfechtung vnnd geistli= // che trübsal haben. // … Nürnberg 1554 Göttingen UB Nürnberg 1564 – Beck, Erb.lit. 112 Lateinische Ausgaben: Nürnberg 1554 – Katalog der Leipziger Kirchenbibliotheken 1912. Rostock 1599 – in: Lmmel, Werke Wellers, 1702 Niederdeutsche Übers.: Hamburg 1603 – Borchling/Claussen 2762 Dänische Übers.: Kopenhagen 1577 – Nielsen 1624 128. Werner, Leonhard Seelen trost. // Darinnen man // in allerley schweren / sorg= // lichen kranckheiten / vnd entlich // in Todtes not / hilff / rath // vnd trost finden mag. //… Nürnberg 1556 München SB, Göttingen UB Frankfurt M. 1570 – Beck, Erb.lit. 324

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Literatur

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129. Zwick, Johann Christenlicher gantz // Trostlicher vnnderricht / wie man sich // zu ainem säligen stärben beraiten sölle / … Constanz (B. Rumetsch) 1545 München SB

III. Literatur Althaus, Paul d.., Forschungen zur evangelischen Gebetsliteratur, Hildesheim 1927. Althaus, Paul d.J., Die letzten Dinge, Gütersloh 51949. – Der Friedhof unserer Väter. Ein Gang durch die Sterbe- und Ewigkeitslieder der evangelischen Kirche, Gütersloh 41948. – Unsterblichkeit und ewiges Sterben bei Luther = Studien des Apologet. Seminars, H. 30, Gütersloh 1930. Alzog, J., Die Deutschen Plenarien im 15. und zu Anfang des 16. Jahrhunderts = Freiburger Diöcesanarchiv 1874. Andreas, Willy, Deutschland vor der Reformation, Stuttgart 1932. Appel, Helmut, Anfechtung und Trost im Spätmittelalter und bei Luther = Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte Jg. 56, H. 1, Nr. 165, Leipzig 1938. – The Ars moriendi, hrsg. von H. Rylands, Manchester 1881. Auer, Albert, Johannes von Dambach und die Trostbücher vom 11.–16. Jahrhundert = Beiträge zur Gesch. d. Theol. u. Philos. d. Mittelalters Bd. 27, H. 1/2, Münster i. W. 1928. Auer, Alfons, Die vollkommene Frömmigkeit des Christen. Nach den Enchiridion militis christiani des Erasmus von Rotterdam, Düsseldorf 1954. Bake, Werner, Die Frühzeit des pommerschen Buchdrucks im Lichte neuerer Forschung, Pyritz 1934. Beck, Hermann, Die Erbauungsliteratur der evangelischen Kirche Deutschlands, Erlangen 1883. – Die religiöse Volksliteratur der evangelischen Kirche Deutschlands in einem Abriß ihrer Geschichte, Gotha 1891. Beintker, Horst, Die Überwindung der Anfechtung bei Luther, Berlin 1954. Beissel, Stephan SJ, Zur Geschichte der Gebetbücher = Stimmen aus Maria Laach, Jg. 1909, H. 6 – 9, Freiburg i. Br. Benz, Ernst, Das Todesproblem in der stoischen Philosophie = Tübinger Beiträge zur Altertumswissenschaft H. 7, Stuttgart 1929. Benzing, Joseph, Der Buchdruck des 16. Jahrhunderts im deutschen Sprachgebiet. Eine Literaturübersicht = Zentralblatt für Bibliothekswesen Beiheft 68, Leipzig 1936. – Buchdruckerlexikon des 16. Jahrhunderts, Frankfurt a. M. 1952. Biundo, Georg, Pfälzisches Pfarrer- und Schulmeisterbuch, Kaiserslautern 1930.

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Anhang

Blanke, Fritz, Die Bedeutung von Tod, Auferstehung und Unsterblichkeit bei Luther = Luther, Viertelsjahrsschrift der Luthergesellschaft, Jg. 8, 1926, S.49 – 56. Borchling, Conrad/Claussen, Bruno, Niederdeutsche Bibliografie. Gesamtverzeichnis der niederdeutschen Drucke bis zum Jahre 1800, Neumünster 1931 – 1936. Bornkamm, Heinrich, Luthers geistige Welt, Gütersloh 21953. – Mystik, Spiritualismus und die Anfänge des Pietismus im Luthertum = Vorträge der theologischen Konferenz zu Gießen, 44. Folge, Gießen 1926. Bring, Ragnar/Becker, Karl-Heinz, Das Verhältnis von Glauben und Werken in der lutherischen Theologie = Forschungen zur Geschichte und Lehre des Protestantismus, Reihe 10, Bd. 7, München 1955. Clemen, Otto, Die lutherische Reformation und der Buchdruck = Schriften des Vereins für Reformationsgeschichte Jg. 57, H. 1, Nr. 167, Leipzig 1939. Cless, Joh., Unius seculi ejusque virorum literatorum monumentis tum florentissimi, tum fertilissimi ab anno 1500 ad 1602 elenchus …, 1602. Cohrs, Ferd., Die evangelischen Katechismusversuche vor Luthers Enchiridion. 5 Bde. = Monum. Germ. Paed. Bd. 20 – 23, 39, Berlin 1900 – 1907. – Collectio in unum corpus omnium librorum … qui in nundinis Francofurtensibus ab anno 1564 usque ad nundinas autumnales anni 1592. … venales exstiterunt. T.1 – 3, 1592. Cosack, Karl Johann/Weiss, Bernhard, Zur Geschichte der evangelischen asketischen Literatur in Deutschland, Basel 1871. Cruel, Rudolf, Geschichte der deutschen Predigt im Mittelalter, Detmold 1879. Dagens, Jean, Bibliografie chronologique de la littrature de spiritualit et de ses sources (1501 – 1610), Paris 1952. De Backer, Augustin/De Backer, Aloys/Sommervogel, Carlos, Bibliothque de la Compagnie de Jsus. T. 1 – 10, Paris u. a. 1890 ff. Dçring-Hirsch, Erna, Tod und Jenseits im Spätmittelalter = Studien zur Geschichte der Wirtschaft und Geisteskultur, Bd. 2, Berlin 1927. Dommer, Arrey von, Die aeltesten Drucke aus Marburg in Hessen 1527 – 1566, Marburg 1892. Dold, Alban, Die Konstanzer Ritualientexte in ihrer Entwicklung von 1482 – 1721, Münster i. Westf. 1923. Draudius, Georg, Bibliotheca librorum germanicorum classica. Das ist, Verzeichnuß aller und jeder Bücher / so fast bey dencklichen Jaren in Teutscher Spraach …, Frankfurt a. M. 1611 (zitiert nach den Seitenzahlen der 21625, Frankfurt a. M.). Dumrese, Hans/Schilling, F.C., Lüneburg und die Offizin der Sterne, Lüneburg 1956. Eberhard, Rolf, Tröstung der Kranken. Ein Kapitel aus der Agende der Väter, München 1938. Eisenhofer, Ludwig, Handbuch der katholischen Liturgik, Freiburg i. Br. 1933. Elert, Werner, Morphologie des Luthertums, 2 Bde. München 21952 – 1953.

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Literatur

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Anhang

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Literatur

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Refo 500 Academic Studies (R5AS)

Joar Haga Was there a Lutheran Metaphysics? The interpretation of communicatio idiomatum in Early Modern Lutheranism Refo500 Academic Studies (R5AS), Band 2. 2012. ca. 304 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55037-3

Joar Haga traces the Lutheran doctrine of communicatio idiomatum, the exchange of properties between the natures of Christ, as it developed in the 16th and the early 17th Century. Regarding it as the nerve of his soteriology, Luther stressed the intimacy of the two natures in Christ to such a degree that it threatened to end the peaceful relationship between theology and philosophy. Earlier research identified two traditions of Lutheran Christology: One train of thought follows Luther in emphasising the difference between philosophy and theology, the other in the conservative pupils of Melanchthon.

Jordan J. Ballor Covenant, Causality, and Law A Study in the Theology of Wolfgang Musculus Refo500 Academic Studies (R5AS), Band 3. 2012. 270 Seiten, gebunden ISBN 978-3-525-55036-6

Jordan J. Ballor takes its point of departure in the doctrine of the covenant as it appears in the theology of the prominent secondgeneration reformer, Wolfgang Musculus (1497–1563), who is perhaps the earliest Reformed theologian to give the topic of the covenant a separate and distinct treatment in a collection of theological commonplaces. By focusing on Musculus’ theology as found both in his Loci communes, as well as in his extensive and voluminous exegetical work, this book is the first full-scale study to place Musculus’ theology within its broader intellectual context.

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Refo 500 Academic Studies (R5AS)

Benjamin T.G. Mayes Counsel and Conscience Lutheran Casuistry and Moral Reasoning after the Reformation Refo500 Academic Studies (R5AS), Band 1. 2011. 250 Seiten mit 5 Tabellen, gebunden ISBN 978-3-525-55027-4

In this first volume of the new Refo500 series Mayes shows why the post-Reformation Lutheran casuistry arose to meet the needs of people for many generations. In Lutheran Germany of the post-Reformation era (ca. 1580–1750), a genre of pastoral, ethical writings was developed that consisted in casuistry and in topically or thematically related theological counsels. Mayes shows that this casuistry literature was intended to instruct and comfort the consciences of Christians. He examines the Thesaurus Consiliorum Et Decisionum, published in 1671 by Georg Dedekenn and Johann Ernst Gerhards, as an extensive, but in recent studies neglected example of this genre and illustrates the different ways in which Lutherans reasoned about moral matters.

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