Die Bedeutung der Raumstruktur für die Funktion von Enzymen [Reprint 2021 ed.] 9783112502846, 9783112502839

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Die Bedeutung der Raumstruktur für die Funktion von Enzymen [Reprint 2021 ed.]
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Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften der DDK Mathematik - Naturwissenschaften - Technik

Eberhard Hofmann

Die Bedeutung der Raumstruktur für die Funktion von Enzymen

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN

13 N IQ77

iu i i

Si t zu n gsbericht e der Akademie der Wissenschaften der D D R Mathematik — Xalunvissenschaften — Technik

Eberhard Hofmann

Die Bedeutung der Raumstruktur für die Funktion von Enzymen

J a h r g a n g 1 9 7 7 • Xr. 1 3 / X

E r w e i t e r t e F a s s u n g eines V o r t r a g e s v o n P r o f . Dr. E b e r h a r d H o f m a n n . Physiologisch-Chemisches I n s t i t u t d e r K a r l - M a r x - U n i v e r s i t ä t , g e h a l t e n v o r d e r Klasse B i o w i s s e n s c h a f l e n a m I 7. J u n i 1 9 7 0

H e r a u s g e g e b e n im A u f t r a g e des P r ä s i d e n t e n d e r A k a d e m i e der Wissenschaften der D D R v o n V i z e p r ä s i d e n t P r o f . Dr. H e i n r i c h Scheel

Erschienen im Akademie-Verlag, 108 Berlin, Leipziger Str. 3—4 © Akademie-Verlag Berlin 1977 Lizenznummer: 202 • 100/369/77 Gesamtherslellung: VEB Druckliaus Kothen Bestellnummer: 762 566 5 (2010/77/13/N.i • L-SV J3J5 I'rinled in C.DU DDK 3,— M

Sitzungsberichte der A d W der DDR

13 N/1977

Enzyme sind katalytisch wirkende Einweiße. Sie stellen die spezifischsten und wirksamsten Katalysatoren für Stoffumwandlungsvorgänge dar, die wir kennen. Für den Ablauf und die Kontrolle des Stoffwechsels der belebten Materie sind sie unentbehrlich. Die Katalysatorfunktion eines Enzyms ist an eine bestimmte räumliche Struktur des makromolekularen Enzymproteins gebunden. Zwischen den Enzymen als Biokatalysatoren und den chemischen Katalysatoren gibt es keine grundsätzlichen Unterschiede. Beide bedienen sich prinzipiell der gleichen Reaktionsmechanismen. Die Enzymkatalyse gehört zum Typ der homogenen Katalyse; ihr liegen vorwiegend die Säure-Basen-Katalyse, die nukleophile Katalyse und die Katalyse durch Oxidoreduktionsprozesse zugrunde. In zahlreichen Fällen sind kovalente Bindungen zwischen Substrat und Enzym im Verlauf der Katalyse nachgewiesen worden. Ein Enzymmolekül kann für viele Zwecke in wäßriger Lösung als Pseudophase betrachtet werden, so daß dadurch die physikalischen und physikalisch-chemischen Konzepte der heterogenen Katalyse auch auf Enzymreaklionen anwendbar werden [1, 2]. Von besonderer Bedeutung für den katalytischen Prozeß ist das aktive Zentrum eines Enzymmoleküls. Dieses ist für die Bindung des Substrates und den Ablauf des katalytischen Prozesses verantwortlich. Das aktive Zentrum wird aus den funktionellen Gruppen einzelner Aminosäurereste gebildet, die sich zur Optimierung der Reaktion in einer bestimmten räumlichen Anordnung zueinander und zu den \ erschiedenen Regionen des Substratmoleküls befinden. Obwohl die Aminosäurcreste im aktiven Zentrum eines Enzyms nur wenige Prozente aller im Eiweißmolekül vorhandenen Aminosäuren ausmachen, muß man davon ausgehen, daß das Eiweißmakromolekül als Ganzes für die Wirkungsweise eines Enzyms, also sowohl für seine katalytische als auch für seine regulatorische Funktion, erforderlich ist. Die makromolekulare Organisation eines Eiweißmoleküls liefert die Grundlage für dessen strukturelle Stabilität und dynamische Flexibilität, die in Gemeinschaft mit seinen funktionell-chemischen Eigenschaften die entscheidenden Voraussetzungen für die Spezifität, Reaktionsbeschleunigung und Regulierbarkeit einer Enzymreaktion darstellen. Was versteht man bei einem Enzymmolekül unter „Flexibilität" einerseits und

3

„Rigidität" andererseits? W e n n man davon ausgeht, daß selbst in den einfach gehauten Molekülen Vibrationen und Rotationen innerhalb ihrer chemischen

Bin-

dungen auftreten, sollten die Bewegungs- und Drehungsmöglichkeiten der Einzelalome und Alomgruppen innerhalb eines Proteinmoleküls ungeheuer groß sein. E i n Proteinmolekül kann rhythmische und rasche Strukturänderungen erleiden (es vermag zu „ a t m e n " ) und viele seiner Gruppen haben die Fähigkeit zur Rotation. W i r schließen diese Bewegungsformen in die Definition des Begriffs

„Rigidität"

ein und sagen, daß dabei keine Änderungen in der durchschnittlichen Position der einzelnen Aminosäurereste oder funktionellen Gruppen beobachtbar sind. Unter ..Flexibilität" versteht man demgegenüber die Möglichkeit des Eintrittes einer experimentell nachweisbaren Konformationsänderung, z. B . bei Bindung eines Liganden an das Enzymprotein, die groß genug ist, um z. B . einen Ubergang des Enzyms von einem inaktiven in einen aktiven Zustand zu bewirken. Die Flexibilität des makromolekularen Proteinmoleküls ist die entscheidende Voraussetzung für die Realisierung aller der Eigenschaften, die ein E n z y m besitzt: seine Fähigkeil zur Reaktionsbeschleunigung- und zur Regulierbarkeit seiner Aktivität durch Ligandenbindung. seine hohe Substrat- und Reaktionsspezifität und seine Möglichkeit zur Evolution [3]. Die das aktive Zentrum aufbauenden Aminosäuren müssen nicht benachbart in der Polypeptidkette sein, da infolge der dreidimensionalen Faltung des Proteinmoleküls auch solche Aminosäuren in enge Nachbarschaft zueinander

kommen

können, die in der Primürstruklur mehr oder weniger weit voneinander entfernt sind. E i n e allgemeine Regel ist, daß das aktive Zentrum nicht aus dem Eiweißmolekül herausragl, sondern eine eingestülpte Tasche oder K r y p t e darstellt. Dadurch entsteht die Möglichkeit einer Abschirmung der aktiven Gruppen von dem Lösungsmittel W asser. Aus diesem Grunde weisen häufig das aktive Zentrum oder auch nur Teile von ihm ein Mikromilieu von betont hydrophobem Charakter auf. Das Substrat wird in solchen Fällen bei seiner B i n d u n g an das aktive Zentrum aus der wäßrigen Lösung in ein nicht polares Medium mit niedrigerer Dielektrizitätskonstante übergeführt, in welchem die elektrostatischen Wechsel W irkungen zwischen den ionisierten Gruppen mehrfach größer als in W a s s e r sind. Dadurch wird die Polarisierung von Bindungen innerhalb des Substratmoleküls erleichtert und dessen Reaktivität erhöht. Die Funktionsweise des aktiven Zentrums sei kurz an Hand des Chymolrypsins als gut untersuchtem Beispiel erörtert (Abb. 1). Das Chymotrvpsin ist eine Verdauungsprotease, die aus der Bauchspeicheldrüse s Iii (Ii ml und vorwiegend solche Peptidbindungen hydrolysiert, die von

Amino-

säureresten mit aromatischer Seitenkette geliefert werden. Abb. 1 zeigt die Raumstruktur von a-Chymotrypsin. Das E n z y m ist aus drei Ketten (A, B , C) aufgebaut, die aus dem einkettigen Chymotrypsinogen als inaktiver Vorstufe durch limitierte Proteolyse entstehen. I m Molekül befinden sich fünf Disulfidgruppen. Das aktive Zentrum ist aus den Aminosäuren Serin-195 (C-Kette) 4

Abb. :l .

T c r l i ä r s t r i i k l u r von a - C h y m o t r y p s i n .

Modell von a - C h y j n o l r y p s i n aus R i n c l e r p a n k r e a s nach MATTHEWS, B. W . , Sir.i.rn, V. B . , HEXDERSON, R . , und BLOW, D. M . : Nature (London) 2 1 4 , (1967) 6 5 2 Die drei P e p l i d k e t l c n A (punktiert), B (grau) und C (weiß) sind nach d e m \ erlauf i h r e r Peplidbindungcn

bandartig

dargestellt.

Die

Zahlen

geben

die P o s i t i o n e n

Aminosäuren an. Lediglich {vir S e i ' 1 9 5 und I i i s 57 sind die S e i l e n k e t t e n

beslimmer

(Aminosäure-

resle) eingezeichnet. A - K e l t e : Cys 1 (i\-terminal) bis Leu 13 (C-lerminal) l i - K e l t c : lleu 16 (N-terminal) bis T y r 146 (C-Ierminal) C - K e t t e : Ala 149 (N-terminal) bis Asp 2 4 5 (C-terminal) Die schraffierten Disulfidbindungen i n n e r h a l b einer K e l l e (Spangen) oder zwischen zwei Kellen

(Brücken)

haben

den

charaklerislischen

zick-zack-förmigen

Verlauf:

Spangen

4 2 - 5 8 , 1 6 8 - 1 8 2 , 1 9 1 - 2 2 0 und B r ü c k e n 1 - 1 2 2 , 1 3 6 - 2 0 1 . Durch p u n k t i e r t e Linien sind folgende I o n c n b i n d u n g e n eingekreist -worden: Heu® 16 -

A s p © 1 9 4 , Glu® 2 1 -

A r g ® 154, AspQ 1 2 8 -

Lys© 203,

A s p 0 2 4 5 ( a - C a r b o x y l g r u p p e ) — L y s ® 107. Aus d e m k a l a l y t i s c h e n Z e n t r u m ragt der T o s y l r e s t („SOT"), m i t dem das S c r 195 m a r kiert ist, und die 3 A davon e n t f e r n t e Imidazolgruppe von I i i s 57. Die schwarz ausgefüllten Abschnitte stellen k a t a l y t i s c h Met 180, C l y 193 -

Asp 1 9 4 -

wichtige B e r e i c h e d a r : lleu 16, I i i s 57, Asp 102,

S e r 195 -

G l y 196, T y r 207.

A u ß e r der Schleife I, die von den A m i n o s ä u r e n

1 9 0 — 1 9 5 gebildet wird, ist auch

Schleife I I der C - K e l l e für die K a t a l y s e von B e d e u t u n g .

die

(im Bild durch eine Toluolsulfonylgruppc („Tosylgruppe") substituiert). Histidin-57 u n d Asparaginsäure-102 (beide B-Kette) aufgebaut. Sie werden v o n zahlreichen h y d r o p h o b e n Resten — Alanin. Zystin, Isolcuzin. Tyrosin — u m g e b e n und sind so zumindest teilweise gegen Wasser abgeschirmt Die gegenseitige Anordnung der Aminosäuren im aktiven Z e n t r i n n ist in Abb. 2 detailliert wiedergegeben.

Abb. 2 Konformalion des aktiven Zentrums von a-Chymotrypsin. Ausschnitt aus dem aktiven Zentrum mit Blickrichtung in das Molekülinnere. Peptidkettcnskelett schwarz, H-Bindungen gestrichelt. [ B L O W , D. M., BmKTOFT, J . J . , und B . S. H A R T L E Y , Natura (London), 221 (1969), 3 3 7 - 3 4 0 ] Das Serin-195 ist infolge der Gegenwart des benachbarten llistidin-57 stark nukleophil, da dessen Imidazolrest als Protonenakzeptor fungiert. Der Protonenübergang z u m Histidin-57 wird durch das Karboxylanion der Asparaginsäure-102 unterstützt, wodurch die Nukleophilie des Serinsauerstoffs gesteigert wird. Durch die h y d r o p h o b e Abschirmung wird der Zutritt v o n H v d r o n i u m i o n e n an die K a r b o x v l g r u p p e des Asparaginsäurerestes-102 verhindert, so daß entlang dieses so entstehenden „Charge-Relais-Systems" ein Elektronentransfer in Richtung des Serins „kanalisiert" wird, der die für die Katalyse notwendige Elektronegativität des Serinsauerstoffs schafft [5]. D e r nukleopliile Serinsauerstoff greift dann das C-Atom der Karbonylgruppe an der zu spaltenden B i n d u n g des Substrates an, so daß eine kovalente Verbindung, nämlich ein Ester, zwischen d e m Azylresl des Substrates u n d d e m Serin-195 entsteht. die danach wieder hydrolytisch gespalten wird (Abb. 3). Die aktiven Zentren anderer Serinproteasen (z. B. Trvpsin, Thrombin, Subtilisin) besitzen ganz ähnliche Strukturen wie das des Chymotrypsins und enthalten ebenfalls Serin, Ilistidin und Asparaginsäure. In diesem Z u s a m m e n h a n g ist v o n besonderem Interesse, daß sich die in ihrer Spezifität unterscheidenden tierischen Serinproteasen durch eine divergente Evolution aus einer g e m e i n s a m e n Urform

6

entwickelt haben, wählend die bakterielle Protease Subtilisin dieses Charge-RelaisSystem im aktiven Zentrum durch eine konvergent verlaufende Evolution aus einer völlig anderen Urform erworben hat. N:

, +

OH

N-C-R

+ HX ^-O-C-R

"

O-C-R

l

II

0N-H

H O"

O-C-R

il

0

Abb. 3

VNH

OH

¡-0-C-R

l

0

. T/V--

OH I +

\~0H

C-R L

0'

Mechanismus der Chymotrypsimvirkung.

Als weiteres Beispiel, über das jedoch gegenwärtig weil weniger bekannt ist als beim Chyinotrypsin. sei der Wirkungsmechanismus der Pyrophosphatase aus liefe erörtert, die anorganisches Pyropliosphat hydrolytisch spaltet. Dieses Enzym wurde in den letzten Jahren in der Arbeitsgruppe von I L C R R N Dr. I I E I T . M A N X im Institut für Physiologische und Biologische Chemie der Ilumboldt-Universitäl bearbeitet. Bei diesem Enzym führt die spezifische chemische Modifizierung von ein bis zwei Karboxyl-, Tyrosyl-, Arginyl- und Tjyptophanylgruppen pro Untereinheit zu dessen völliger Inaktivierung [6], Aus der Schulzwirkung von Substralanaloga, z. B. von CaPP, gegenüber der Modifizierung dieser Gruppen wurde der Schluß gezogen, daß eine Karboxylgruppe sowie die genannten Aminosäuren im aktiven Zentrum des Enzyms lokalisiert sein müssen. Auf Grund dieser und anderer Arbeiten wird der folgende Mechanismus der enzymatischen l'yrophosphalhydrolyse diskutiert (Abb. 4): Das Substrat Mg-Pyrophosphat bindet über das Mg + + koordinativ an die Gruppen X und Y des aktiven Zentrums, die eine Karboxylgruppe und die phenolische Hydroxylgruppe eines Tyrosinrestes darstellen könnten. Dabei wird der Chelatring des Magnesium-Pyrophosphal-Komplexes aufgebrochen und die Beziehung des Magnesiums zu einem der beiden Phosphalresle aufgehoben. Dieser Phosphalresl tritt in Wechselwirkung mit der positiv geladenen Guanidingruppe des Arginins. Sowohl diese Wechselwirkung als auch diejenige des anderen Phosphalrestes mit dem Magnesium bewirken eine Abschirmung der negativen Ladungen des Pyrophosphates und demzufolge einer Positivierung der Phosphoratome, wodurch eine durch Gruppe B vermittelte Basenkatalyse ermöglicht und damit ein nukleophiler Angriff des Wassers auf die P-O-P-Bindung mit der darauf folgenden Abspaltung des Phosphations erleichtert wird. Durch die chemischen Eigenschaften und die dreidimensionale Struktur des aktiven Zentrums werden zwar der Reaktionsmechanismus und die Spezifität einer Enzymreaktion verständlich, nicht aber die hohe kalalytische Fähigkeit eines En7

z y m s . m. a. \Y. ein a u f g e k l ä r t e r R e a k l i o n s n i e e h a n i s i n u s e r k l ä r t noch nicht die extrem hohe U m s a t z r a t e eines E n z y m s . H i e r f ü r werden eine R e i h e von F a k t o r e n verantwortlich gemacht, von denen XaclihargruppeneHekte.

Substralimmobilisienmg

und -Orientierung.

Orbitalüber-

lappung und Induktion von S p a n n u n g s z u s l ä n d e n im S u b s t r a t m o l e k ü l als besonders wichtig angesehen werden müssen.

8

Die T h e o r i e der induzierten Anpassung

(„induced

fit")

von

KOSHLAND

liefert

eine gute G r u n d l a g e z u m Verständnis dieser Z u s a m m e n h ä n g e [7], W e n n ein S u b strat an das E n z y m g e b u n d e n wird, werden die B i n d u n g s k r ä f t e zwischen d i e s e m und dem E n z y m dazu b e n u t z t , das E n z y m in eine w i r k s a m e K o n f o r m a t i o n bringen, wodurch die A m i n o s ä u r e r e s t e

des a k t i v e n Z e n t r u m s

in eine

zu

räumlich

günstige Position zu den reagierenden A t o m e n i m S u b s t r a t gebracht und der k a t a lytiselie P r o z e ß möglich g e m a c h t werden.

Abb. 5 Xachbarschaftseffekt (a) und Orbitalsteuerung (b) bei der Hexokinase Kosur.AM). Nachr. Chcm. Techn. 19, 47 (1971)).

(nach

Eine solche S u b s l r a l o r i e n l i e r u n g sei a m Beispiel der H e x o k i n a s e e r l ä u t e r t , a n der ein . . i n d u c e d - f i l " - M e c h a n i s m u s nachgewiesen wurde (Abb. 5 a ) : A T P u n d Glukose werden offenbar an das katalytische Z e n t r u m des E n z y m s so g e b u n d e n , d a ß die beiden reagierenden G r u p p e n , nämlich die t e r m i n a l e P h o s p h a t g r u p p e des A T P und die 6 - O H - G r u p p e der G l u k o s e , direkt b e n a c h b a r t sind [8], D i e h o h e G e s c h w i n digkeit des P h o s p h a t t r a n s f e r s v o m A T P auf die G l u k o s e soll auf der h o h e n Genauigkeit der O r i e n t i e r u n g der Atom- u n d M o l e k ü l o r b i t a l e der r e a g i e r e n d e n G r u p pen in den S u b s t r a t m o l e k ü l e n z u e i n a n d e r und zu den reagierenden G r u p p e n d e r

9

Aminosäureresle im aktiven Zentrum beruhen. In der Abbildung- 5b ist diese Orbitalausrichtung schematisch durch Keile angedeutet, die den Raumwinkel angeben, der für den Ablauf der Reaktion optimal ist. Einwände gegen diese Vorstellung ergeben sich aus der Tatsache, daß die erforderliche Winkelgenauigkeit von 0,1° in den Bereich normaler Vibrationen fällt und es fraglich erscheint, daß die Substratausrichtung im aktiven Zentrum überhaupt mit so hoher Genauigkeit erfolgen kann. Als Alternative hierzu wurde die Vorstellung entwickelt, daß die reagierenden Partner an das aktive Zentrum in einer dem reaktionsfreudigen Ubergangszusland ähnlichen Struktur gebunden werden, wie wir ihn von allen chemischen Reaktionen her kennen und wie er vorhin am Beispiel der Pyrophosphatase demonstriert wurde. Substrat oder Koenzym erleiden bei ihrer Bindung an das Enzym Konl'orniationsänderungen und erfahren dadurch in ihren Molekülen Spannungen und Dehnungen, die f ü r den Ablauf der Reaktion von großer Bedeutung sind. Bei der Bindung eines Oligosaccharids an das Enzym Lysozym z. B. wechselt dessen Kon Formation aus der Sesselform in die reaktionsfähigere Halbsesselform über, wie dies durch Röntgenstrukturanalyse nachgewiesen wurde. Als weiteres Beispiel sei die Konformationsänderung besprochen, die das Koenzym der Pyruvatdekarboxylase, das Thiaminpyrophosphat, bei seiner Bindung an das Apoenzym erfährt. Entsprechende Arbeiten werden von Professor S C H E L L E . X B E R G E R und seiner Arbeitsgruppe an der Sektion Biowissenschaften der MarlinI.uther-Universität in Halle durchgeführt [9], Abb. 6 zeigt die Strukturformel dieses Koenzyms, die zwei um eine CIIs-Brücke drehbare Ringebenen enthält, nämlich einen Pyrimidin- und einen Thiazoliumrest. Essentiell für die Funktion als Koenzym ist die 2-CH-Gruppe des Thiazoliums, an das der aus der Brenztraubensäure durch C02-Abspallung entstehende Azetaldehyd gebunden wird, sowie die V-NII-j-Gruppe des Pyrimidinringes.

CH,

OH I

-CH2 — 0- -P0

OH I

•P 0

Abb. 6 S t r u k t u r f o r m e l des T h i a m i n p y r o p h o s p h a t e s als K o e n z y m der P y r u v a t d e k a r b oxvlase.

Der Katalysemechanismus erfordert die enge Nachbarschaft und das unmittelbare Zusammenwirken des 2-C-Aloms des Thiazoliumringes und der V-NHoGruppe, wodurch der Azetaldehyd vom Koenzym abgespalten wird. Im freien Thiaminpyrophosphat ist diese Wechselwirkung infolge eines zu großen Abstandes zwischen den beiden Gruppen nicht möglich. Es kommt dabei nur zur C02-Frei-

10

Setzung aus der Brenztraubensäure, nicht aber zur Bildung von freiem Azetaldehyd. Letzterer wird nur bei Bindung von Thiaminpyrophosphat an das Apoenzym der Pyruvatdekarboxylase abgespalten. Diese Wechselwirkung der beiden am Katalysemechanismus beteiligten Gruppen im aktiven Azetaldehyd ist nur durch eine spezifische gegenseitige räumliche Anordnung der einzelnen Gruppen des Moleküls unter Ausbildung einer H - B r ü c k e zwischen der a-OH-Gruppe des Azetaldehyds und dem Elektronenpaar der 4'-NH2Gruppe möglich. Bei

dieser spezifischen Anordnung der beiden

Ringebenen

kommen

die

4-

Melhyl-Gruppe des Thiazoliumrestes und das 6 ' - I I in eine unmittelbare Berührung. W i r d dieses 6'-H durch eine Methylgruppe ersetzt, so wird durch die sterische Behinderung einer Verdrillung des Koenzym-Moleküls hervorgerufen, so daß die Dekarboxylierung nicht mehr ablaufen kann (6'-Methyl-Thiaminpyrophosphat ist demzufolge als K o e n z y m inaktiv). Wird aber im 6'-Methyl-Thiaminpyrophosphat die 4-Melhylgruppe eliminiert, kann die „richtige" Konformation des T h i a m i n pyrophosphates unter Wiedergewinnung seiner Koenzymfunktion erneu! ausgebildet werden. Ein Vergleich dieser spezifischen, katalytiseh aktiven K o n f o r m a l i o n des enzymgebundenen

Koenzyms

mit

der Röntgenkrislallstrukturanalyse

des freien

Ko-

enzynis zeigt, daß im freien Thiaminpyrophosphat ein deutlicher Abstand zwischen der 'i-Methylgruppe und dem 6'-H-Atom besteht (1.5 Ä). Es läßt sich daraus schließen. daß das Thiaminpyrophosphat

an das E n z y m p r o l e i n

in einer besonderen

Konfiguration gebunden wird, die durch dessen Wechselwirkung mit dem E n z y m entsteht. Im folgenden seien einige Probleme diskutiert, die die Ausbildung und Stabilisierung der R a u m s t r u k t u r von Enzymproteinen betreffen. Die grundlegenden Gesetzmäßigkeiten der Ausbildung einer dreidimensionalen Struktur aus einer gestreckten Polypeptidkette wurde an verhältnismäßig einfachen Proteinen studiert, vor allem an der Pankreas-Ribonuklease und an der noch einfacher gebauten Nukleasc aus Staphylokokkus Polypeptidkette

in einem gegebenen

[10], Dabei ergab sich, daß eine

Milieu diejenige

räumliche

Struktur

ein-

nimmt. bei der die freie Enthalpie des Gesamtsystems (Protein plus Milieu) ein Minimum aufweist. Diese Feststellung sagt aus, daß die räumliche Struktur einer Polypeptidkette a) eine hohe Stabilität besitzf und b) sowohl von der Priraärstiuktur als auch von der Gesamtheil aller zwischenmolekularen Wechselwirkungen abhängt, die das Protein mit seiner Umgebung eingeht. E i n e disulfidbrückenfreie Polypeptidkette mit 1 4 9 Aminosäureresten wie die der Xuklease aus Staphylokokkus sollte infolge der Anwesenheit von wenigsten zwei rolntionsfähigen Bindungen pro Aminosäurerest die unvorstellbar große Zahl von 4 ) / l ! ) bis O17'0 verschiedene Konformationen in Lösung einnehmen können. Aus der beobachteten hohen Geschwindigkeit der Rückfaltung aus dem denaturierten

in

den nativen Zustand ergibt sich jedoch, daß dieser Prozeß eine begrenzte Zahl von

11

Reaktionswegen aus einer unermeßlichen Vielfalt heraus auswählen muß. Daraus kann man schließen, daß dem Beginn der Faltung, also der Keimbildung, eine entscheidende Bedeutung zukommen muß. Für die Keimbildung sind vor allem solche Teile der Polypeptidketten geeignet, die leichl Konformationsgleichgewichle zwischen statistischer und kooperativ stabilisierter Anordnung eingehen können, d. h. leicht um diejenige Konfonnation „heruinflallern" können, die sie auch im Protein mit ausgebildeter Raumstruktur einnehmen. Nach ihrer kooperativen Stabilisierung durch hydrophobe und andere Wechselwirkungen werden sie relativ starr und fungieren als Orientierungszentren f ü r die weitere Faltung. Man kann annehmen, daß bestimmte Unlerstrukturcn globulärer Proteine, wie Helices oder //-Strukturen, potentielle Keimbildungs/.entren für den Fallungsprozeß darstellen. Im Innern solcher Strukturen befinden sich meist hydrophobe Aminosäuren, vor allem Leuzin und Valin. Da diese beiden Aminosäuren starke lielixbildende Fähigkeiten haben, spielen sie bei Xuklealionsvorgängen vermutlich eine besondere Rolle. Die wichtige These, daß die stabile dreidimensionale Struktur eines nativen Proteins diejenige ist, deren freie Enthalpie ein Minimum aufweist, wird durch solche Proteine eindrucksvoll belegt, die Disulfidgruppen in ihrem Molekül enthalten, z. B. Ribonuklease, Insulin, Chymotrypsin und die Immunglobuline. Wenn voll reduzierte Ribonuklease unter denaturierenden Bedingungen reoxidiert wird, kommt es zur Bildung einer großen Zahl enzymatisch inaktiver, isomerer Produkte, die sich in der Verteilung ihrer Disulfidbrücken voneinander unterscheiden. Nach Entfernung des Denaturierungsmittels u n d Zugabe von Merkaptoäthanol kommt es zu einem Disulfidaustausch und zur Bildung einer einheitlichen und enzymatisch vollakliven Ribonuklease, in der sich die Disulfidverleilung nicht von der in dem nativen Enzym unterscheidet. Dieselben Resultate erhält man, wenn Immunglobuline einer solchen Behandlung unterworfen werden. Scheinbar anders verhalten sich aber Insulin und Chymotrypsin. Bei diesen ist die biologisch aktive Form nicht diejenige mit der niedrigsten freien Enthalpie. Wenn man diese Proteine reduziert und danach reoxidiert, so trifft eine Randomisicrung in der Disulfidgruppenverteilung mit der Bildung inaktiver Produkte ein. Die Ursache dieses Verhaltens ist, daß beide Molekülarten aus einkettigen Vorstufen durch proteolytische Herausspaltung bestimmter Peptidanteile entstehen, nachdem in diesen Vorstufen die Disulfidbrücken bereits ausgebildet wurden. Die Vorstufen ihrerseits weisen jeweils die Disulfidgruppenverteilung auf, die auf Grund der llienmxhHämischen Faltungstheorie zu erwarten sind. Die Stabilität der Raumstruktur eines Proteins wird vor allem von den hydrophoben Wechselwirkungen gewährleistet, außerdem sind Wasserstoffbindungen und Ionenbeziehungen wichtig. Hervorgehoben sei, daß hydrophobe Bindungen nicht genügend selektiv sind, um die Bildung einer bestimmten spezifischen Struktur zu garantieren. Demzufolge verlangt die Faltung eines Proteinmoleküls zur Erreichung einer ganz bestimmten Konformation das kooperative Zusammenwirken verschiedener nicht-

12

kovalentci 1 K l ü f t e . D u r c h die h y d r o p h o b e n W e c h s e l w i r k u n g e n w i r d die E n l s l e h u n g e i n e r k o m p a k t e n S t r u k t u r i m I n n e r n des E i w e i ß m o l e k ü l s v e r u r s a c h t , j e d o c h n i c h t e i n e spezifische r ä u m l i c h e K o n f i g u r a t i o n a u s g e b i l d e t . A n d e r e n A u s b i l d u n g polare Wechselwirkungen und Wasserstoffbindungen,

sulfidgnippen, beteiligt. I m allgemeinen enthält der innere moleküls

als dessen

Slabilitätszentram

vorwiegend

sind

selbstverständlich auch Kern

Aminosäuren

Di-

eines

Protein-

mit

apolaren

Seitenketten, sofern dort nicht polare Seitenketten für b e s t i m m t e F u n k t i o n e n , etwa zum Aufbau eines katalytischen Zentrums, gebraucht werden [11]. Die S t a b i l i t ä t h y d r o p h o b e r W e c h s e l w i r k u n g e n n i m m t b i s zu e i n e r T e m p e r a t u r v o n e t w a 0 0 ° C zu u n d s i n k t d a n a c h a b . D i e s h a r m o n i e r t m i t d e r F e s t s t e l l u n g , d a ß eine

höhere

Temperaturstabilität

eines b e s t i m m t e n

Enzyms

häufig

mit

einem

h ö h e r e n G e h a l t an h y d r o p h o b e n A m i n o s ä u r e n u n d e i n e m h ö h e r e n G r a d a n K o m p a k t h e i t des P r o t e i n m o l e k ü l s e i n h e r g e h t . O b w o h l die h ö h e r e

Temperalurstabili-

tät eines E n z y m s a u s t h e r m o p h i l e n O r g a n i s m e n g a n z sicher durch d i e G e s a m t h e i t aller W e c h s e l w i r k u n g e n i m M a k r o m o l e k ü l b e d i n g t ist u n d M e t a l l i o n e n , i n s b e s o n dere C a + + - I o n e n , als b e d e u t s a m e S t a b i l i s a t o r e n e r k a n n t w u r d e n , s p i e l e n die h y d r o phoben Wechselwirkungen

f ü r die S t r u k t u r s t a b i l i s i e r u n g v e r m u t l i c h e i n e

beson-

dere R o l l e . Viele E r f a h r u n g e n m i t c h e m i s c h m o d i f i z i e r t e n P o l y p e p t i d k e t t e n l e h r e n , d a ß i h r e F ä h i g k e i t z u r R ü c k f a l t u n g aus d e m d e n a t u r i e r t e n Z u s t a n d , d. h. die

Wiederer-

langung ihrer räumlichen Struktur, vorwiegend von den inneren, und nicht von den d e m L ö s u n g s m i t t e l z u g e k e h r t e n A m i n o s ä u r e r e s t e n a b h ä n g t . In e i n e m g l o b u l ä r e n E i w e i ß m o l e k ü l mente:

a)

Schleifen

ö - I I e l i c e s , b)

findet

flächig-gekrümmte

m a n folgende strukturbildende /^-Strukturen

(„random loops"). Diese Strukturelemente

Strukturen

und

c)

Ele-

unregelmäßige

sind häufig zu

komplexen

z u s a m m e n g e s c h l o s s e n , die m a n als S u p e r s e k u n d ä r s l r u k l u r e n b e z e i c h n e t .

D i e s e h a b e n e i n e n s a n d w i c h a r t i g e n A u f b a u u n d b e s t e h e n a u s / J - S l r u k l u r c n , die v o n tt-IIelices

flankiert sind (Abb. 8 ) .

\ on g r o ß e m I n t e r e s s e ist, d a ß P r o t e i n e m i t v e r g l e i c h b a r e r F u n k t i o n , a b e r u n t e r schiedlicher P r i m ä r s t r u k t u r , ä h n l i c h e R a u m s t r u k t u r e n a u f w e i s e n . B e k a n n t e B e i s p i e l e h i e r f ü r sind die Ä h n l i c h k e i t e n in d e n R a u m s t r u k t u r e n a) des m o n o m e r e n .Myoglobins u n d die d e r a- u n d / ^ - U n t e r e i n h e i t e n des

Hämoglobins,

b) des Z y l o c h r o m C aus v e r s c h i e d e n e n , p h y l o g e n e t i s c h teilweise weit v o n e i n a n d e r e n t f e r n t s t e h e n d e n b i o l o g i s c h e n A r t e n , e) d e r D e h y d r o g e n a s e n u n d K i n a s e n m i t unterschiedlichen S p e z i f i t ä t e n u n d d) v i e l e r P r o t e a s e n . O f f e n b a r ist die b i o l o g i s c h e F u n k t i o n eines P r o t e i n s s t ä r k e r m i t s e i n e r m a k r o m o l e k u l a r e n R a u n i s t r u k t u r als m i t d e n c h e m i s c h e n F e i n h e i t e n d e r P r i m ä r s t r u k t u r korreliert. Ausgehend von der vorhin diskutierten B e d e u t u n g der P r i m ä r s t r u k t u r f ü r die A u s b i l d u n g e i n e r b e s t i m m t e n R a u m s t r u k t u r u n d d e r S p o n t a n e i t ä t

ihrer

E n t s t e h u n g ist d a r a u s die F r a g e a b l e i t b a r , auf w e l c h e W e i s e es m ö g l i c h ist, d a ß unterschiedliche Animosäuresequenzen

ähnliche Sekundär- und

Tertiärstrukturen

ausbilden können. Die Antwort

d a r a u f ist o f f e n b a r ,

d a ß sich b e s t i m m t e

Aminosäuren

in

ihren

13

r a u m b i l d e n d e n E i g e n s c h a f t e n s l a r k ä h n e l n u n d ihr gegenseitiger A u s l a u s c h (..kons e r v a t i v e r " Austausch) k e i n e o d e r k e i n e wesentliche Ä n d e r u n g in d e r R a u m s t r u k t u r v e r u r s a c h t . Dies gilt beispielsweise f ü r die a p o l a r e n A m i n o s ä u r e n Valin, L e u zin, Isoleuzin. P h e n y l a l a n i n u n d M e t h i o n i n . D e m g e g e n ü b e r f ü h r t ein „nicht-kons e r v a t i v e r " A u s t a u s c h zwischen zwei A m i n o s ä u r e n zu Ä n d e r u n g e n in d e r R a u m s t r u k l u r . Beispiele h i e r f ü r sind I l ä m o g l o b i n m u t a n t e n , bei d e n e n ein A u s t a u s c h v o n L e u z i n - 1 3 6 gegen P r o l i n ( H ä m o g l o b i n Bibba) in d e r a - K e t t e o d e r v o n Arginin-92 gegen L e u z i n ( H ä m o g l o b i n Cliesapeake) z u r A u f f a l l u n g b e s t i m m t e r I l e l i x r e g i o n e n . e r n i e d r i g t e n I l ä m - l l ä m - W e c h s e l w i r k u n g e n , e r h ö h t e r Oa-Alfinität u n d g e r i n g e r e r T e m p e r a t u r s t a b i l i t ä t f ü h r t [12]. In d e n l e t z t e n J a h r e n w u r d e n d u r c h s y s t e m a t i s c h angelegte R ö n t g e n s t r u k t u r a n a l y s e n m i t s t ä n d i g s t e i g e n d e m A u f l ö s u n g s v e r m ö g e n a n kristallisierten E n z y m e n liefe E i n b l i c k e in d e r e n T e r t i ä r - u n d Q u a r t ä r s t r u k t u r e n e r h a l l e n . Dies b e t r i f f t v o r a l l e m die Wasserstoff- u n d p h o s p h a t ü b e r t r a g e n d e n E n z y m e d e r G l y k o l v s e u n d a n d e r e r Sloffwechselwege. D a b e i k o n n t e n g r u n d l e g e n d e Kragen d e r f u n k t i o n e l l e n Architektin' v o n E n z y m p r o t e i n e n a u f g e k l ä r t w e r d e n , z. 13. die P r i n z i p i e n d e r E n zym-Kocnzym-Substrat-Bcziehungen. die Mechanismen der Wechselwirkungen zwischen d e n U n t e r e i n h e i t e n im O l i g o m e r v e r b a n d u n d d i e f u n k t i o n e l l e u n d s t r u k turellen A s y m m e t r i e v o n E n z y m e n , d i e a u s identischen U n t e r e i n h e i t e n a u f g e b a u t sind [13. 1'.]. Die R ö n l g e n s t r u k t u r a n a l y s e d i e s e r E n z y m e (2.9 Ä A u f l ö s u n g ) e r g a b , d a ß j e d e i h r e r U n t e r e i n h e i t e n ü b e r e i n s t i m m e n d a u s zwei M o l e k ü l t e i l e n („lobes") b e s i e h t , v o n d e n e n d e r eine Teil die N u k l e o t i d b i n d u n g s - u n d d e r a n d e r e Teil die S u b s t r a t b i n d u n g s r e g i o n e n t h ä l t [15]; in d e r e n N ä h e b e f i n d e t sich a u c h das k a t a l v t i s c h e Zent r u m des jeweiligen E n z y m s . Ein Vergleich d e r n u k l e o l i d b i n d e n d e n R e g i o n e n v e r s c h i e d e n e r D e h y d r o g e n a s e n u n d K i n a s e n zeigle, d a ß d i e T e r l i ä r s l r u k l u r e n dieser R e g i o n bei allen u n t e r s u c h t e n N A D - u n d A T P - a b h ä n g i g e n E n z y m e n s e h r ä h n l i c h sind, obwohl sich i h r e P r i m ä r s t r u k t u r e n deutlich v o n e i n a n d e r u n t e r s c h e i d e n u n d sich die X u k l e o t i d b i n d u n g s regionen auch auf u n t e r s c h i e d l i c h e n A b s c h n i t t e n d e r e n t s p r e c h e n d e n P o l y p e p t i d ketten befinden. In A b b . 7 sind die P o l y p e p t i d k e t t e n d e r e i n z e l n e n E n z y m e schcmatisch w i e d e r g e g e b e n u n d d a r i n mit Ai u n d A2 d i e N A D - b i n d e n d e n A b s c h n i t t e v o n vier D e h y d r o g e n a s e n ( L a k t a t d e h y d r o g c n a s e [ L D H ] , lösliche M a l a t d e h y d r o g e n a s e [s-.VlüH], Leber-Alkoholdehydrogenase [LADH] und Glyzcrinaldchyd-3-phosphat-Dchydrog e n a s e [GAPD1I]) b e z e i c h n e t : C sind d i e k a t a l y t i s c h e n R e g i o n e n in d e r L D H u n d i M D l l : D u n d E die k a t a l y t i s c h e n R e g i o n e n in d e n a n d e r e n b e i d e n E n z y m e n . D e r A b s c h n i t t B in d e r L D H ist f ü r d i e Assoziation d e s d i n i e r e n M o l e k ü l s z u r l e t r a m e r e n f o r m e r f o r d e r l i c h . Sein Kehlen in d e r M D H ist U r s a c h e d a f ü r , d a ß dieses E n z y m n u r als D i m e r vorliegen u n d nicht z u m T e l r a m e r assoziieren k a n n . A b b . 8 zeigt die N A D - B i n d u n g s r c g i o n , d i e in allen D e h y d r o g e n a s e n eine n a h e z u gleiche R a u m s t r u k l u r besitzt. Sie b e s t e h t aus sechs a n n ä h e r n d p a r a l l e l l i e g e n d e n , leicht g e k r ü m m t e n B ä n d e i n, d e n /^-Strukturen, die als b r e i t e Pfeile d a r g e s t e l l t sind,

14

u n d aus zwei P a a r e n v o n a-IIeliees. die jeweils o b e r h a l b u n d u n t e r h a l b d e r ßS t r u k t u r e n a n g e o r d n e t sind. W e n n m a n in R i c h t u n g d e r Pfeile sieht ( u n t e r e r Teil d e r A b b i l d u n g ) w i r d d e r s a n d w i c h a r t i g e A u f b a u dieser S u p c r s e k u n d ä r s l r u k t u r deutlich. l

B 22 1—

16t —(—

A,

323

—I

307

M

—I—

193

—+—

A,

A,

A,



318

t—

1W

—I—

LOH

l-MBH

376

—I

LAOH

F

331

6AP0H

Ahl). 7 Schema des Aufbaus und der abschnittswcisen Untergliederung der Polypeptidketten von vier verschiedenen Dehydrogenasen. A| stellt den AMP- und A 2 den XMX-Bindungsabschnilt dar: A ( plus A2 bilden die Nukleotidbindungsregion, B ist der aus 21 Aminosäureresten bestellende N-terminale Ann der LDH, C bedeutet die katalytischcn Regionen in der LDH und der s-MDII, die sich von der katalytischen Region D und K in der LADII und der kalalylischen Region F in der GAPDIT unterscheiden. Die Funktion von B ist, die Quartürslruklur der tetrameren LDH zu stabilisieren (Näheres s. Text) [nach 13]. Die N A D - R i n d u n g s r e g i o n d e r D e h y d r o g e n a s e n b e s t e h t a u s zwei m o n o n u k l e o l i d b i n d e n d e n H ä l f t e n , die u n t e r e H ä l f t e b i n d e t A d e n o s i n - 5 - p h o s p h a t (AMP) u n d die oberer Hälfte Nikotinsäureamid-Ribose-Phosplinl (NMN). Von g r o ß e m Interesse ist die T a t s a c h e , d a ß nicht n u r d i e D e h y d r o g e n a s e n , sond e r n auch a n d e r e a d e n i n - o d e r f l a v i n n u k l e o l i d a b l i ä n g i g e E n z y m e S u p e r s c k u n d ä r s t r u k l u r e n e n t h a l t e n , die d e r N u k l e o t i d b i n d u n g s r e g i o n ( n u c l e o l i d e b i n d i n g dom a i n ) d e r D e h y d r o g e n a s e n s t r u k t u r e l l s e h r ähnlich sind. In diese G r u p p e g e h ö r e n a) d a s F l a v o d o x i n , ein ( l a v i n n u k l e o t i d a b h ä n g i g e s , elekI r o n e n ü b e r t r a g c n d c s E n z y m , b) d i e A T P - a b h ä n g i g e n E n z y m e P h o s p h o g l y z e r a t k i nase, A d e n y l a t k i n a s e , H e x o k i n a s e u n d K r e a t i n k i n a s e , c) d i e R h o d a n e s e , d i e d u r c h 1\AI). F A D . u. a. N u k l e o t i d e h e m m b a r ist u n d die die U m w a n d l u n g v o n T h e o s u l f a t u n d Z v a n i d in R h o d a n i d u n d Sulfit k a t a l y s i e r t , sowie schließlich d) a u c h d i e d u r c h N u k l e o t i d e l i e m m b a r e P r o t e a s e Subtilisin. Die N u k l e o t i d b i n d u n g s r e g i o n stellt eine s e h r stabile r ä u m l i c h e S t r u k t u r in d i e s e n E n z y m e n d a r : offensichtlich h a n d e l t es sich bei i h r u m eine A r t m o l e k u l a r e s Fossil, das enIwicklungsgesehichtlieh relativ frühzeitig' a u f t r a t , sich auf G r u n d i h r e r beträchtlichen Stabilität auch erhielt u n d im Lauf d e r E v o l u t i o n d u r c h d e n P r o z e ß d e r G e n f u s i o n m i t a n d e r e n P o l y p e p t i d k e t t e n v e r b u n d e n w u r d e , die jeweils u n t e r -

15

(Ol

Abb. 8 Scliematische Darstellung der AD-Bindungsregion der Dehydrogenasen. Mit a werden die verschiedenen a-Ilelix-Anteile (ctB, aC usw.), mit ß die einzelnen /^-Strukturen ßA, ßB, usw.) bezeichnet, die diese Supersekundärstruktur aufbauen. Aus dem unteren Teil der Abbildung wird die sandwichartigc Struktur deutlich (Näheres s. Text) [nach 13],

16

schiedliche kalalylisehe F u n k t i o n e n — WasserstoíTüberlragung. P h o s p h a l ü b e r t r a g u n g usw. — a u s ü b t e n . Die E n t s t e h u n g u n d Beibehaltung dieser S u p e r s e k u n d ä r s t r u k t u r in verschiedenen Proteinen ist offenbar das Ergebnis einer auf die Sicher u n g der strukturellen Stabilität gerichteten k o n v e r g e n t e n E v o l u t i o n . In diesem Z u s a m m e n h a n g seien noch einige B e m e r k u n g e n ü b e r die P r o b l e m e Konvergenz u n d Divergenz in der S t r u k t u r u n d F u n k t i o n v o n P r o t e i n e n gemacht. W i r h a b e n gesehen, d a ß in verschiedenen „ P r o t e i n f a m i l i e n " ähnliche Raum* •strukturen bei unterschiedlichen Aminosäuresequenzen ausgebildet w e r d e n (Hämoglobin-Myoglobin-Familie, Zytochrom-Familie. Familie der Serinproleasen, sowie die Familien d e r D e h y d r o g e n a s e n u n d Kinasen). Das k ö n n t e darauf h i n d e u t e n , d a ß die jeweilige Familie auf ein gemeinsames Urgen zurückgeht u n d aus diesem sich durch divergente Evolution unterschiedliche P r i m ä r s t r u k t u r e n bei Konservier u n g essentieller räumlicher S t r u k t u r e l e m e n t e herausgebildet h a b e n . Im Verlauf d e r Evolution k ö n n t e n G e n f u s i o n e n eingetreten u n d dabei E n z y m e mit unterschiedlichen W i r k u n g s w e i s e n u n d Spezifitäten e n t s t a n d e n sein. Die weite Verbreit u n g der oben diskutierten S u p e r s e k u n d ä r s t r u k t u r k a n n jedoch auch u m g e k e h r t als das Ergebnis einer konvergenten Evolution interpretiert w e i d e n , die das Ziel halte, stabile „ B a u b l ö c k e " zur Gewährleistung der R a u m s t r u k t u r v o n Proteinen zu schaffen. Dieser Idee liegt die Vorstellung zugrunde, d a ß derartige Supersekimd ä r s t r u k t u r e n die eigentlichen strukturellen Bauelemente v o n P r o t e i n e n sind u n d nicht die a-IIelices oder die yS-Strukturcn. Gegenwärtig ist es nicht möglich, eine Entscheidung zwischen diesen rivalisierend e n H y p o t h e s e n zu treffen. Das liegt im wesentlichen d a r a n , d a ß m a n gegenwärtig noch nicht e r k a n n t hat, ob es einen notwendigen Z u s a m m e n h a n g zwischen der räumlichen S t r u k t u r eines Proteins u n d seiner F u n k t i o n gibt (abgesehen v o n Teile l e m e n l e n der R a u m s t r u k t u r wie beispielsweise d e m aktiven Z e n t r u m eines Enzyms). Es ist wahrscheinlich, d a ß S t r u k t u r k o n v e r g e n z v o r allem auf E r h a l t u n g v o n Stabilität und weniger auf eine bestimmte F u n k t i o n gerichtet ist. Ein Hinweis auf die Richtigkeit dieser H y p o t h e s e wird durch die bereits e r w ä h n t e n Beispiele Subtilisin u n d C h y m o t r y p s i n geliefert. Beide E n z y m e besitzen identische katalytische Z e n t r e n , die durch k o n v e r g e n t e Entwicklung aus unterschiedlichen U r f o r m e n entstanden sind, aber verschiedene R a u m s t r u k t u r e n . Die K o n s e r v i e r u n g der R a u m s t r u k t u r im Verlauf der Evolution gehl auch aus d e r Möglichkeit der H y b r i d b i l d u n g zwischen den Untereinheiten gleichartiger linz y m e aus verschiedenen biologischen Speeles hervor. M a n weiß, d a ß die Assoziation von Untereinheiten zu einem oligomcrcn P r o t e i n v e r b a n d ein hochspezifischer P r o z e ß ist. Die meisten A r g u m e n t e sprechen gegenwärtig d a f ü r , d a ß alle D e h y d r o g e n a s e n u n d Kinasen auf eine g e m e i n s a m e U r f o r m , nämlich auf ein p r i m o r d i a l e s monon u k l e o t i d b i n d e n d e s Prolein (das durch k o n v e r g e n t e E n t w i c k l u n g e n t s t a n d e n sein kann) z u r ü c k f ü h r b a r sind, u n d aus diesem durch G e n f u s i o n und divergente Evolution e n t s t a n d e n sind. In u n s e r e m Instituí w u r d e ein Reagenz g e f u n d e n , das von d e r Xukleotidbin17

dungsregion der Kinasen. Dehydrogenasen und anderen adeninnukleotidabhängig e n E n z y m e n hochspezifisch g e b u n d e n w e r d e n u n d d a b e i d a s jeweilige N u k l e o t i d v o n d i e s e m v e r d r ä n g e n k a n n . D a b e i h a n d e l t es sich u m d i e c h r o m o p h o r e G r u p p e des D e x t r a n b l a u e s ( C i b a c r o n b l a u F 3 G A ) . d a s w e i t h i n V e r w e n d u n g in d e r Chron i a t o g r a p h i e findet (Abb. 9) [16—19], G e r i n g f ü g i g e Ä n d e r u n g e n o d e r Isomeris i e r u n g e n im FarbstofTmolekül f ü h r e n zu e i n e m V e r l u s t d e r B i n d u n g s f ä h i g k e i t . F ü r die B i n d u n g ist oiTenbar die NH-^-Gruppe im A n t l i r a c h i n o n u n d die S u l f o n s ä u r e i m p - P h e n y l e n d i a m i n notwendig', d e r e n gegenseitiger A b s t a n d e t w a d e m e n t s p r i c h t , d e r zwischen d e r ¡ \ i I 2 - G r u p p e des A d e n i n s u n d d e r t e r m i n a l e n Phosp h a t g r u p p e im A T P b e s t e h t . Auf diesen W e c h s e l w i r k u n g e n a u f b a u e n d , entwickelten wir neuartige F o r m e n der Affinitätschromatogrnphic für Kinasen und Dehydrog e n a s e n , i n d e m w i r f a r b s t o f f s u b s t i l u i e r l e T r ä g e r h e r s t e l l t e n u n d die d a r a n g e b u n d e n e n E n z y m e m i t A T P bzw. N A D als spezifischen o d e r m i t a n s t e i g e n d e n l o n e n s l ä r k e n als u n s p e z i f i s c h e n E l u t i o n s m i t t c l n s t u f e n w e i s e u n d mit h o h e m R e i n i g u n g s erfolg wieder ablösten. 0

NH,

d Abb. 9 Formel des Farbstoffs Cibacronblau F3GA, der sehr spezifisch von der Nuklcotidbindungsregion der Dehydrogenasen, Kinasen u n d anderen Enzymen gebunden wird [18, 19], V o n a m e r i k a n i s c h e n F o r s c h u n g s g r u p p e n w u r d e n diese A r b e i t e n a u f g e g r i f f e n u n d m i t g r o ß e r I n t e n s i t ä t w e i t e r g e f ü h r t [20—22], D a b e i stellte es sich h e r a u s , d a ß N u k l e i n s ä u r e p o l y m e r a s e n , A m i n o a z y l - t - R N S - S y n t h e t a s e n . u n d eine R e i h e a n d e r e r , aus v e r s c h i e d e n e n G r ü n d e n ä u ß e r s t i n t e r e s s a n t e r E n z y m e diesen F a r b s t o f f e b e n f a l l s b i n d e n u n d d a d u r c h auf s e h r ö k o n o m i s c h e W e i s e m i t t e l s A f f i n i t ä l s c h r o m a l o g r a p h i e a n t r ä g e r f i x i e r l e m F a r b s t o f f in r e i n e r F o r m e r h a l t e n w e r d e n k ö n n e n . V o n g r o ß e m I n t e r e s s e ist u. a., d a ß es auch gelang, a d e n i n n u k l e o t i d a b h ä n g i g e M e m b r a n e n z y m e , z. B. die A d e n y l a t z y k l a s e a u s H i r n r i n d e , m i t t e l s Affinitätschrom a t o g r a p h i e a n e i b a e r o n - F 3 G A - s u b s t i t u i e r t e r S e p h a r o s e zu reinigen u n d die W e c h s e l w i r k u n g e n dieses E n z y m s m i t A d r e n a l i n u n d a n d e r e n K a t e c h o l a m i n e n g e n a u e r zu u n t e r s u c h e n [22], D a s M o l e k u l a r g e w i c h t des offensichtlich o k t a m e r e n E n z y m s b e t r ä g t 115 0 0 0 u n d das d e r e i n z e l n e n P o l y p e p t i d k e t t e n 16 000. D a s g e r e i n i g t e

18

E n z y m wird durch A d r e n a l i n oder D o p a m i n in seiner A k t i v i t ä t gesteigert.

Jede

U n t e r e i n h e i t scheint eine Nukleotidbindungsregion zu besitzen, die entweder A T P o d e r den Cibacronfarbstoff a u f n i m m t . A u ß e r A T P findet A d r e n a l i n oder N o r a d r e n a lin P l a t z in dieser R e g i o n . Diese H o r m o n e werden o f f e n b a r an diejenige S t e l l e der R e g i o n g e b u n d e n , an die in den D e h y d r o g e n a s e n der N i k o t i n s ä u r e a m i d a n t e i l

des

N A D g e b u n d e n wird. E i n auf dieser B a s i s entwickeltes M o d e l l versucht, die aktivierende W i r k u n g der K a t e c h o l a m i n e auf die durch dieses E n z y m

katalysierte

U m w a n d l u n g von A T P z u m 3 . 5 - Z y k l o - A M P zu e r k l ä r e n . D i e reversible B i n d u n g des C i b a r c o n b l a u F 3 G A a n e i n e R e i h e v o n E n z y m e n u n d seine V e r d r ä n g u n g durch Nukleotide weist auf die A n w e s e n h e i t der N u k l e o t i d b i n dungsregion in diesen E n z y m e n h i n u n d erlaubt die A n a l y s e v o n S t r u k t u r - F u n k tionsbeziehungen bereits zu e i n e m Zeitpunkt, zu d e m deren F e i n s t r u k t u r

noch

nicht durch R ö n t g e n a n a l y s e aufgeklärt ist, die b e k a n n t l i c h an eine größere Z a h l b e s t i m m t e r Voraussetzungen geknüpft ist. I m letzten T e i l m e i n e s V o r t r a g e s m ö c h t e ich auf einige A s p e k t e der Q u a r t ä r Struktur v o n P r o t e i n e n zu sprechen k o m m e n u n d d a b e i v o r a l l e m die W e c h s e l w i r k u n g e n zwischen den U n t e r e i n h e i t e n u n d einige P r o b l e m e v o n A s y m m e t r i e n

im

O l i g o m e r v e r b a n d diskutieren. D i e M e h r z a h l der oligomeren E n z y m e bestehen aus zwei, vier, sechs oder acht U n t e r e i n h e i t e n . Diese sind nach den R e g e l n der P u n k t g r u p p e n s y m m e t r i e u m e i n e n

Abb. 10

Strukturmodell der Leuzinaminopcplidase [23].

19

zentralen

Punkt

herum

angeordnet,

durch

den

die

Drehachsen

des

Moleküls

g e h e n [1]. Kin h e x a m e r e s E n z y m ist z. B . die L c u z i n a m i n o p e p t i d a s e ,

die in den

letzten

J a h r e n im P h y s i o l o g i s c h - C h e m i s c h e n Institut d e r M a r t i n - L u l h e r - U n i v e r s i l ä t

Halle

bearbeitet

sechs

wurde

von

der

in

Abb. 10

die

gegenseitige

Anordnung

1 n t e r e i n h e i l e n gezeigt wird. Dioses ¡Modell w u r d e in e i n e r zwischen

Gruppen

von

Professor

Halle und der Arbeitsgruppe

HANSON im

der

Gemeinschaftsarbeit

Physiologisch-Chemischen

Rönlgenkleinwinkelslreuung

Institut

im Z e n t r a l i n s l i t u t

M o l e k u l a r b i o l o g i e d e r A k a d e m i e d e r W i s s c h a f t e n d e r D D R in B e r l i n - B u c h L e i t u n g v o n D r . D a m a s c h u n e r a r b e i t e t [23], D i e sechs i d e n t i s c h e n

für

unter

Untereinheiten

mil M o l e k u l a r g e w i c h t e n v o n j e e t w a 5 0 0 0 0 sind in zwei ü b e r e i n a n d e r

liegenden,

g e g e n e i n a n d e r lim 6 0 ° v e r d r e h t e n D r e i e r r i n g e a n g e o r d n e t . Als B e i s p i e l

eines oktameren

Enzymes

sei die H e f e p h o s p h o f r u k t o k i n a s e

w ä h n t . f ü r die ein S t r u k t u r m o d e l l

in e i n e r sehr a n r e g e n d e n

zwischen

Herrn

Herrn

Dr. DA.MASCIU

Dr. PI.IETZ.

er-

Gemeinschaftsarbeit

F l a u Di1. DAMASCHU.V

aus

B e r l i n - B u c h u n d H e r r n D r . KOPPEIISCHLÄGEK aus u n s e r e m I n s t i t u t e n t w i c k e l t wurde. W i e w i r zeigen k o n n t e n , b e s i t z t das n a t i v e E n z y m ein M o l e k u l a r g e w i c h t

von

S 0 0 0 0 0 u n d ist aus zwei v e r s c h i e d e n e n T y p e n von U n t e r e i n h e i t e n («, ß) mit M o l e k u l a r g e w i c h t e n von e t w a 1 0 0 0 0 0 im V e r h ä l t n i s

I

: l aufgebaut.

Systematische

E x p e r i m e n t e z u r i n t r a m o l e k u l a r e n V e r n e t z u n g mit unterschiedlich l a n g e n b i f u n k tionellen

Reagenzien

e r g a b e n , d a ß cías o k t a m e r e

Molekül

aus zwei

tetrameren

H a l b m o l e k ü l e n {a\ und ß/t) a u f g e b a u t ist. d e r e n v i e r U n t e r e i n h e i t e n j e w e i l s l e l r a e d e r f ö r m i g a n g e o r d n e t sein m ü s s e n . D i e S u m m c n f o r m c l des M o l e k ü l s d e r phosphofruktokinase

ist also (i\ß/, [ 2 4 ] . D i e e x p e r i m e n t e l l

ermittelten

Hefe-

Röntgen-

lvleinwinkel-Streukurven der Hefe-Phosphofruktokinase stimmen m i t diesem Modell h e r v o r r a g e n d ü b e r e i n . D a s M o d e l l liefert die G r u n d l a g e für das V e r s t ä n d n i s , d a ß das O k t a m e r d e r P h o s p h o f r u k t o k i n a s e aus H e f e k e i n e T e n d e n z z u r Assoziation zeigt, u n t e r b e s t i m m t e n B e d i n g u n g e n a b e r z u m T e t r a m e r d i s s o z i i e r e n k a n n . D i e F r a g e ist i n t e r e s s a n t , w a r u m die P h o s p h o f r u k t o k i n a s e im Vergleich zu d e n a n d e r e n G l v k o l y s e e n z y m e n so g r o ß ist u n d so k o m p l i z i e r t a u f g e b a u t ist. E i n e Antwort a u f d i e s e F r a g e v e r s u c h e n w i r d u r c h l i m i t i e r t e P r o t e o l y s e des E n z y m p r o t e i n s zu e r h a l t e n . W i r h a l l e n diese F r a g e g r u n d s ä t z l i c h für l ö s b a r , v o r a l l e m d e s h a l b , da es u n t e r b e s t i m m t e n B e d i n g u n g e n , z. B . n a c h p a r t i e l l e r P r o t e o l y s e m ö g l i c h ist, d a s o k t a m e r e E n z y m in zwei e n z y m a t i s c h a k t i v e t e l r a m e r e H a l b m o l e k ü l e zu z e r l e g e n , die a u s zwei v e r s c h i e d e n e n ,

proteolytisch

partiell

abgebauten

Polypeptidketten

m i t M o l e k u l a r g e w i c h t e n v o n 8 0 0 0 0 u n d 9 0 0 0 0 im V e r h ä l t n i s 1 : 1 b e s t e h e n . K e h r e n w i r zu den d i m e r e n bzw. t e t r a m e r e n E n z y m e n , wie sie durch die D e h y d r o g e n a s e n u n d die M e h r h e i t d e r K i n a s e n r e p r ä s e n t i e r t w e r d e n , z u r ü c k . D i e T e t r a m e r s t r u k t u r ist durch drei zweizählige, s e n k r e c h t a u f e i n a n d e r s t e h e n d e Achsen (P, Q. Ii) g e k e n n z e i c h n e t . D i e Q-Aclise v e r b i n d e t j e zwei („Q-Achsen-Dimere")

Untereinheiten

durch K o n t a k t e zwischen d e n N A D - B i n d u n g s r e g i o n e n ,

die

P - A c h s e v e r m i t t e l t die g r ö ß t e Z a h l d e r K o n t a k t e zwischen den U n t e r e i n h e i t e n u n d die R - A c h s e ist das . . H e r z " e i n e r i m t e t r a m e r e n Z u s t a n d n a c h w e i s b a r e n A s y m m e t r i e .

20

Q - ( Q u e r ) A c h s e n - D i m e r e sind L D H . G A P D I I u n d s - M D I I . D i e A s s o z i a l i o n

der

zwei I nlereinheilen in der L A D I I ist d a v o n v o l l s t ä n d i g verschieden (Abb. 11).

Abb. 11 Vergleich der Oligomerstrukturcn von vier verschiedenen Dehydrogenasen. Q-Achsen-Dimcre liegen in s-MDII, sowie in der L D H und GAPDII, jedoch nicht in der L A D H vor. In der G A P D H sind die Q-Achscn-Dimere gerade entgegen gesetzt wie in der IJDII assoziiert, wodurch die NAD-Bindungsplätze selir nahe aneinander gebracht werden. Dies bildet die Basis für das Verständnis der kooperativen Eigenschaften der GAPDII [nach 13].

21

Die Q-Achsen-Dimcre können zu Tetranieren assoziieren, so bei der L D H und der G A P D I I ; der s - M D I I fehlt jedoch ein Stück Polypeptidkette (Sequenz 1 — 21). die für die Tetramerbildung notwendig ist (vgl. mit Abb. 7), so daß diese nicht zur Tetramerbildung befähigt ist, sondern nur als Dimer vorliegen kann. I m Falle der G A P D I I kommt es zu einer „Kopf-an-Ivopf-Assoziation" der QAchsen-Dimere, die dazu führt, daß die vier NAD-Bindungsregionen i m Tetramerverband eng beieinander liegen, während die L D H „Schwanz-an-Schwanz" assoziiert und dadurch die XAD-Regionen paarweise voneinander getrennt werden. Diese unterschiedliche Assoziation führt dazu, daß im Falle der G A P D I I , jedoch nicht bei der L D H , kooperative Wechselwirkungen zwischen den X T AD-Bindungsregionen möglich werden, die bei der M u s k e l - G A P D I I negativ kooperativ und bei der I l e f e - G A P D H positiv kooperativ sind. Durch die 2.9. Ä-Auflösung der M u s k e l - G A P D H wurde eine Asymmetrie in der lelrameren Anordnung der vier Untereinheiten nachgewiesen. Die Asymmetrie besteht zwischen der Y - und R - L n t e r e i n h c i t einerseits und G- und B - L n t e r e i n h e i t andererseits, also zwischen den Q-Achsen-Dimeren. XA1) wird an das linke Dimer (Y, R) fester gebunden als an das rechte (G, B ) . was durch nachweisbare Konformationsunterschiede in den NAD-Bindungsregionen und in den aktiven Zentren eine strukturelle Basis erhält (Abb. 11) [15]. Diese im ligandenfreien Zustand nachweisbare Asymmetrie im tetrameren Verband der G A P D I I ist die Ursache für die sog. Ilalbzentrenaktivilät dieses E n z y m s . Unter „Halbzentrenaktivität"

in einem oligomeren, aus chemisch

identischen

Untereinheiten aufgebauten E n z y m verstellt man die Tatsache, daß in diesem nur die Hälfte der vorhandenen Untereinheiten mit einem gegebenen

Substrat

oder Inhibitor oder modifizierenden Agens reagieren. Theoretisch k o m m e n hierfür folgende mögliche Ursachen in B e t r a c h t : 1. die identischen Untereinheiten assoziieren asymmetrisch, wodurch zwei Klassen von aktiven Zentren geschaiTen werden, 2. die Bindung eines Substrates an eine Untereinheit eines Dimers verursacht eine strukturelle Änderung in der anderen Untereinheit, die in ihr einen Affinitätsabfall zu diesem Substrat zur Folge hat (negative Kooperativität), 3. es liegt eine sterischc oder elektrostatische Wechselwirkung zwischen den aktiven Zentren zweier benachbarter Untereinheiten in der Weise vor, so daß das D i m e r nur ein Bindungszentrum besitzt; ein Sonderfall davon ist, daß die Bindungsregionen zweier Untereinheiten auf der molekularen Symmetrieachse lokalisiert sind. Die Röntgenkristallstrukturanalyse der G A P D I I lehrt, daß für dieses E n z y m der Fall 1 zutrifft [15], Auch die diniere I l e f e - I I e x o k i n a s e weist negative Kooperativität und Halbzentrenaktivität auf. Sie ist ebenfalls auf die Ursache 1 zurückzuführen, die jedoch in Verbindung mit Ursache 3 wirkt (Abb. 12) [25]. Die zwei Untereinheiten, die jeweils wie die vorhin besprochenen E n z y m e aus zwei Alolekülteilen bestehen, sind umeinander um 1 6 5 ° in bezug auf eine Achse,

22

die parallel zur langen Achse liegt, gedreht und gleichzeitig gegeneinander entlang dieser Achse u m 13 Ä verschoben. Dadurch assoziieren die zwei Untereinheiten heterolog, wodurch in den K o n t a k t regionen nicht-äquivalenlc M i k r o u m g e b u n g e n geschaffen werden.

Abb. 12 Die Ilexokinase (aus liefe) als heterolog assoziiertes Dimer mit Ilalbzentrenaktivität. S| und S> stellen die Glukose-Bindungsplätze dar; das ATP-Bindungszcnlrum liegt in der Symmetrieachse des Moleküls und wird von Anteilen beider Untereinheiten aufgebaut. In den Einschnürungen der beiden Untereinheiten befinden sieh zwei weitere, allerdings niedriger affine Bindungsstcllen für ATP.

Diese A s y m m e t r i e ist die Ursache d a f ü r , d a ß d a s nichtligandierte D i m e r nur ein Molekül G l u k o s e bindet (nämlich an die linke Untereinheit). D i e d a b e i entstehenden K o n f o r m a t i o n s ä n d e r u n g e n nach der Art des „ i n d u c e d f i l - M e c h a n i s m u s " ermöglichen die B i n d u n g von einem Molekül A T P pro Dimer. Dieses Nucleotidbind u n g s z e n t r u m liegt auf der Molekülachse zwischen d e n zwei Untereinheiten u n d wird aus zwei verschiedenen Teilen dieser zwei Untereinheiten a u f g e b a u t . Nach

23

Bindung des Nueleotids an diese Stelle werden die beiden zuckerbindenden Zentren einander gleichwertig, so daß jetzt auch das zweite Glukosemolekül gebunden werden kann. Die Asymmetrie im Ilexokinase-Dimer führt also 1. zu negativ-homotropher Kooperativität zwischen den Untereinheiten sowohl bei der Monosaccharid- als auch bei der Xukleotidbindung und 2. zu positiv-heterotroper Kooperativität zwischen den beiden verschiedenen Bindungszentren für Glukose und ATP. Die Unterschiede in der Quartärstruktur zwischen LADH, s-MDH, LÜH und GAPDH im Gegensatz zur Konservierung der Baumstruklur ihrer Nuldeotidbindungsregionen legen die Vermutung nahe, daß die Herausbildung von Oligomerverbänden bei Proteinen phylogenetisch jünger als die Entstehung der Raumstruktur bei Monomeren ist. Die Konservierung der Q-Achse in der GAPDH, LDH und s-MDH im Verlauf der Evolution und die große Ähnlichkeit des s-MDII-Dimers mit einem LDH-Halbmolekül legt einen Evolutionsweg dieser Enzyme aus dem primordialen nukleotidbindenden Protein nahe, wie er in Abb. 13 wiedergegeben ist. In dieser Abbildung ist auch die phylogenetische Stellung des Flavodoxins und der LADH berücksichtigt [13]. Es ist äußerst wahrscheinlich, daß die Herausbildung einer Quartärsti uktur. also die Entstehung eines aus einer gesetzmäßig festgelegten Zahl von Monomeren aufgebauten Oligomerverbandes, eines Selektionsvorleil gegenüber dem freien Monomer bot. Dieser ist nicht nur darauf zurückzuführen, daß in der Quartärslruktur Nukleotid-bindendes

Protein

NAD -bindendes

Protein

Bildung der

Q-Achse

Bildung des „Armes " am N-Terminus Flavodoxin Monomer

Abb. 13

24

lADH Himer

s-MDH Dimer

I

LOH Tetramer.

6APBH Teframer

Schema der Evolution von vier Dehydrogenasen und von Flavodoxin [nach 13].

vielfältige Wechselwirkungen zwischen den Unlcreinheilen möglich sind, wodurch eine feine Regulierbarkeit der biologischen Funktion, •/.. B. der katalytischen Aktivität eines Enzyms möglich wird (solche ModulierungsefTcktc sind prinzipiell auch in monomeren Proteinen nachweisbar), sondern vor allem auf eine Erhöhung der Slrukturstablität in einem oligomeren Protein gegenüber einem monomeren. Das ist theoretisch auf Grund der bekannten Tatsachen über die strukturstabilisierenden Kräfte in Proteinen aus der Überlegung ableitbar, daß die Stabilität der Raumstruktur eines Proteins mit der Zahl der in ihm vorhandenen Wechselwirkungen zunimmt. In der Evolution hätte dies auch durch Zunahme der Länge der Polypeptidketten erreicht werden können. Da dies jedoch zwangsläufig zu einer Vergrößerung des codierenden Anteils im genclischen System geführt hätte, war es ein Vorteil, daß die Vergrößerung der Eiweißmoleküle und die damit verbundene Stabilitätserhöhung durch Assoziation von Polypeptidketten erreicht werden konnte. Experimentell ist der Vorteil der Oligomerstruklur im Vergleich zum monomeren Zustand durch größere Stabilität gegenüber thermischer Denalurierung und erhöhte Resistenz gegenüber Proteolyse nachweisbar [26], Von großer Bedeutung ist das funktionelle Verhalten der Monomeren im Quarlärverband. Es gibt Beispiele dafür, daß die Untereinheiten eines Enzyms im freien Zustand dieselben spezifischen Aktivitäten aufweisen, wie im oligomeren Verband. Dies wurde für die Aldolase nachgewiesen [27]. Ebenso eindeutig wurde in anderen Fällen, z. B. bei der Tryptophanase aus E. coli, nachgewiesen, daß deren Untereinheiten im freien Zustand inaktiv sind [2ß], Innerhalb des Oligomerpakeles scheinen die mit Substrat oder Koenzvmen besetzten Untereinheiten unabhängig voneinander zu wirken und ihren proportionalen Anteil an der Aktivität des Gcsanilmolckiils zu leisten. Dies gilt für die Aldolase [28] und die Tryptophanase [26]. Es wäre jedoch falsch, daraus abzuleiten, daß ein Oligomcr eine bloße Ansammlung von Untereinheiten zum Zwecke der Erhöhung ihrer Stabilität darstellt. Eine starke strukturelle Kopplung zwischen den Untereinheiten ist die Voraussetzung für ihre gegenseitige Beeinflussung bei der Bindung von Substraten und Koenzvmen; dies wird durch die Bezeichnungen positive oder negative KooperaliviläL zum Ausdruck gebracht. Offenbar befindet sich die mit Substrat oder Koenzym besetzte Untereinheit in einem viel weniger deformierbaren Zustand als die unbesetzte Untereinheit. Letztere kann zwar durch die erstere strukturell in ihrer Konformalion verändert werden, aber nicht umgekehrt. In diesem Überblick sollten einige Aspekte der funktionellen und strukturellen Organisation von Enzymen dargestellt und einige neuere Ergebnisse und Probleme diskutiert werden. Uns faszinieren diese katalytischen Makromoleküle auf Grund ihrer unvergleichlichen Selektivität, Spezifität und Reaktivität, die sie in ihrer etwa zwei bis drei Milliarden Jahre währenden biologischen Evolution zu höchster Vollendung entwickelt haben. Meinen Kollegen aus der Hauptforschungsrichlung „Enzymologie" des Forschungsprogrammes Biowissenschaften möchte ich f ü r die freundliche Überlassung von Materialien und bisher unveröffentlichter Ergebnisse herzlich danken. 25

Zusammenfassung 1. Enzyme sind katalytisch wirkende Eiweiße. Zwischen Enzymkatalyse und chemischer Katalyse gibt es keine prinzipiellen Unterschiede. Die Kenntnis des Reaktionsmechanismus allein liefert noch nicht das Verständnis für die große katalytische Fähigkeit eines Enzyms. Diese resultiert aus Beiträgen einer Vielfalt von Faktoren (Substratkonzentrierung und -immobilisierung, räumliche Orientierung des Substrates im aktiven Zentrum, induzierte Anpassung, Spannungsmechanismen u. a.). Das Mikromiiieu des aktiven Zentrums ist meist hydrophob. Dadurch entsteht ein einzigartiges Reaktionsmedium, in dem die elektrostatischen Wechselwirkungen zwischen den polaren Gruppen der Aminosäurereste im aktiven Zentrum und denen des Substrates mehrfach größer als in Wasser sind. 2. Als aussagekräftigste Methode zur Untersuchung der Raumslruktur von Proteinen, einschließlich ihres aktiven Zentrums, hat sich die Röntgenstrahl-Diflraktion erwiesen. 3. Im allgemeinen enthält der innere Kern eines Proleinmoleküls vorwiegend Aminosäurereste mit hydrophoben Seitenketten. Die Raumstruktur eines Eiweißinolcküls wird aus drei Strukturelementen gebildet: a-Helices, /5-Strukturen (d. s. flächig-gekrümmte Strukturen) und unregelmäßige Schleifen (random loops). In den Proteinen lassen sich „Supersekundärstrukturen" als komplexe Slruklureinheiten nachweisen, die aus einer von a-IIelices flankierten gekrümmten /^-Struktur bestehen. Die räumliche Struktur eines Proteins wird in ihrer Kompaktheit vorwiegend durch hydrophobe Wechselwirkungen stabilisiert, jedoch ist zur Ausbildung einer ganz bestimmten Konformation bei einem Protein das Zusammenwirken verschiedener nichtkovalentcr Kräfte erforderlich (polare Bindungen, Wasserstoffbindungen). Die native Konformalion einer Polypeptidkette hängt sowohl von ihrer Primärstruktur als auch von der Gesamtheit aller zwisehenmolekularen Wechselwirkungen ab, die das Protein mit seiner Umgebung eingeht. Bei der Rückfaltung eines denaturierten Proteins wird nur eine stark begrenzte Zahl von Wegen beschritten. Die Rückfaltung beginnt in „Xukleationszentren", die solche Abschnitte der Polypeptidketten repräsentieren, welche besonders leicht Konformationsgleichgewiehte zwischen statistischer und kooperativ stabilisierter Anordnung (z. B. in Form von Ilelix- oder /^-Strukturen) eingehen können und so als „Orientierungszentren" f ü r die weitere Faltung dienen können. 5. Gefaltete Polypeptidketten können sich zur Erhöhung ihrer Strukturstabilität zu Oligomerpaketen zusammenlagern (Quartärstruktur). Ein oligomeres Protein ist aus einer relativ kleinen, meist geradzahligen [2, 4, 6, 8] Zahl identischer oder nichtidentischer Untereinheiten unter Wahrung bestimmter Symmetrieregeln aufgebaut. (i. Die Untereinheiten einer größeren Gruppe von Enzymen — NAD-abhängige 20

D e h y d r o g e n a s e n . A T P - a b h ä n g i g e E n z y m e — bestehen aus zwei deutlich v o n e i n a n der imtersclicidbaren M o l e k ü l t e i l e n und weisen beträchtliche r ä u m l i c h - s t r u k t u r e l l e Ähnlichkeiten in b e s t i m m t e n R e g i o n e n auf. B e i der L a k t a t d e h y d r o g e n a s e , dehydrogenase. Leber-Alkoholdehydrogenase und

Malat-

GIyzerinaldehyd-3-phosphatde-

h y d r o g e n a s c sowie bei der P h o s p h o g l y c e r a t k i n a s c , A d e n y l a t k i n a s e u n d bei anderen E n z y m e h a b e n die n u k l e o t i d b i n d e n d e n B e r e i c h e , die sieh auf e i n e m der zwei M o l e k ü l t e i l e befinden, ähnliche R a u m s t r u k t u r e n

(..Nucleotid-Falle"). obwohl

sieh in sehr verschiedenen Abschnitten der jeweiligen P o l y p e p t i d k e t t e n

sie

befinden.

D i e k a t a l v t i s c h e n R e g i o n e n hingegen — auf dem a n d e r e n M o l e k ü l t e i l l o k a l i s i e r t — weisen unterschiedliche und jeweils spezifische r ä u m l i c h e S t r u k t u r e n auf. 7. D i e I l a l b z e n t r e n a k l i v i t ä t verschiedener, aus identischen U n t e r e i n h e i t e n

auf-

gebauter, E n z y m e k a n n auf folgende Ursachen zurückgeführt w e r d e n : — die zwei U n t e r e i n h e i t e n

assoziieren

nicht gleichartig;

dadurch

werden

zwei

K l a s s e n von a k t i v e n Zentren geschaffen. — die B i n d u n g eines S u b s t r a t e s an ein D i m e r v o n ä q u i v a l e n t e n

Untereinheiten

verursacht eine strukturelle Änderung- in der a n d e r e n U n t e r e i n h e i t , die einen Affinitätsabfall zur F o l g e hat, — die B i n d u n g s r e g i o n e n sind auf der m o l e k u l a r e n S y m m e t r i e a c h s e lokalisiert, so d a ß das D i m e r n u r ein B i n d u n g s z e n t r u m besitzt. 8. E s werden P r o b l e m e der E v o l u t i o n der Tertiär- und Q u a r t ä r s l r u k l u r diskutiert und der S e l e k t i o n s v o r t e i l v o n oligomeren E n z y m e n g e g e n ü b e r

monomeren

analysiert. Die F u n k t i o n s w e i s e der U n t e r e i n h e i t e n im O l i g o m e r v e r b a n d wird besprochen.

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27

D e h y d r o g e n a s e n . A T P - a b h ä n g i g e E n z y m e — bestehen aus zwei deutlich v o n e i n a n der imtersclicidbaren M o l e k ü l t e i l e n und weisen beträchtliche r ä u m l i c h - s t r u k t u r e l l e Ähnlichkeiten in b e s t i m m t e n R e g i o n e n auf. B e i der L a k t a t d e h y d r o g e n a s e , dehydrogenase. Leber-Alkoholdehydrogenase und

Malat-

GIyzerinaldehyd-3-phosphatde-

h y d r o g e n a s c sowie bei der P h o s p h o g l y c e r a t k i n a s c , A d e n y l a t k i n a s e u n d bei anderen E n z y m e h a b e n die n u k l e o t i d b i n d e n d e n B e r e i c h e , die sieh auf e i n e m der zwei M o l e k ü l t e i l e befinden, ähnliche R a u m s t r u k t u r e n

(..Nucleotid-Falle"). obwohl

sieh in sehr verschiedenen Abschnitten der jeweiligen P o l y p e p t i d k e t t e n

sie

befinden.

D i e k a t a l v t i s c h e n R e g i o n e n hingegen — auf dem a n d e r e n M o l e k ü l t e i l l o k a l i s i e r t — weisen unterschiedliche und jeweils spezifische r ä u m l i c h e S t r u k t u r e n auf. 7. D i e I l a l b z e n t r e n a k l i v i t ä t verschiedener, aus identischen U n t e r e i n h e i t e n

auf-

gebauter, E n z y m e k a n n auf folgende Ursachen zurückgeführt w e r d e n : — die zwei U n t e r e i n h e i t e n

assoziieren

nicht gleichartig;

dadurch

werden

zwei

K l a s s e n von a k t i v e n Zentren geschaffen. — die B i n d u n g eines S u b s t r a t e s an ein D i m e r v o n ä q u i v a l e n t e n

Untereinheiten

verursacht eine strukturelle Änderung- in der a n d e r e n U n t e r e i n h e i t , die einen Affinitätsabfall zur F o l g e hat, — die B i n d u n g s r e g i o n e n sind auf der m o l e k u l a r e n S y m m e t r i e a c h s e lokalisiert, so d a ß das D i m e r n u r ein B i n d u n g s z e n t r u m besitzt. 8. E s werden P r o b l e m e der E v o l u t i o n der Tertiär- und Q u a r t ä r s l r u k l u r diskutiert und der S e l e k t i o n s v o r t e i l v o n oligomeren E n z y m e n g e g e n ü b e r

monomeren

analysiert. Die F u n k t i o n s w e i s e der U n t e r e i n h e i t e n im O l i g o m e r v e r b a n d wird besprochen.

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