Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union: Eine Untersuchung der aktuellen sowie zukünftig möglichen Bedeutung der deutschen Sprache in der EU [1 ed.] 9783428513956, 9783428113958

Der Verfasser untersucht die aktuelle und zukünftig mögliche Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU. Nach der E

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Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union: Eine Untersuchung der aktuellen sowie zukünftig möglichen Bedeutung der deutschen Sprache in der EU [1 ed.]
 9783428513956, 9783428113958

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Schriften zum Europäischen Recht Band 105

Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union

Von Markus A. Kürten

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

MARKUS A. KÜRTEN

Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union

Schriften zum Europäischen Recht Herausgegeben von

Siegfried Magiera und Detlef Merten

Band 105

Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union Eine Untersuchung der aktuellen sowie zukünftig möglichen Bedeutung der deutschen Sprache in der EU

Von Markus A. Kürten

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Hohe Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität zu Köln hat diese Arbeit im Jahre 2002/2003 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten # 2004 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0937-6305 ISBN 3-428-11395-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2002 / 2003 von der Hohen Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln als Dissertation angenommen. Die weitere Entwicklung der Sprachenregelungen für die Europäische Union konnten für die Drucklegung bis August 2003 berücksichtigt werden. Zu großem Dank bin ich meinem Doktorvater, Herrn Professor Dr. Peter J. Tettinger, verpflichtet. Er hat die Bearbeitung dieser Untersuchung angeregt und mir während meiner Tätigkeit als wissenschaftliche Hilfskraft an dem von ihm geleiteten Institut stets die für ihre Erstellung notwendigen Freiräume gewährt. Er hat mich ferner in jeder Weise fachlich und persönlich gefördert. Ebenso gilt mein Dank Herrn Professor Dr. Thomas von Danwitz für die überaus zügige Anfertigung des Zweitgutachtens und die wertvollen Anregungen sowie Herrn Professor Dr. Siegfried Magiera und Herrn Professor Dr. Dr. Detlef Merten für die Aufnahme in die Reihe „Schriften zum Europäischen Recht“. Besondere Erwähnung verdient die Unterstützung durch Frau Annette von Mirbach. Ich danke meinen Eltern sowie Frau Sandra Krenke für fortwährende Geduld, Verständnis und Unterstützung. Für kritische Anmerkungen und andere Hinweise möchte ich Herrn Privatdozent Dr. Jörg Ennuschat, Frau Dr. Christina Lux-Wesener, Herrn Wolfgang Otten und Herrn Rechtsreferendar Christopher Küas danken. Wichtige Impulse für diese Arbeit bekam ich im Rahmen eines zweimonatigen Praktikums in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen bei der Europäischen Union in Brüssel, welches mir durch ein Stipendium der Käthe-Hack-Stiftung ermöglicht wurde. In diesem Zusammenhang habe ich namentlich Herrn Ministerialrat Axel Gabriel, dessen Referat ich innerhalb der Landesvertretung NRW unterstellt war, für die gewährten Einblicke in die politische und institutionelle Wirklichkeit Brüssels zu danken. Die Veröffentlichung dieser Dissertation wurde durch die Gewährung eines Druckkostenzuschusses seitens der Johanna und Fritz Buch Gedächtnis-Stiftung möglich gemacht. Köln, im Dezember 2003

Markus A. Kürten

Inhaltsübersicht Teil 1 Einleitung und Zielbeschreibung

25

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Zielbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Teil 2 Die aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

29

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

I. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Primärrechts . . . . . . . . . . . . . . .

30

II. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts . . . . . . . . . . . . .

56

B. Die Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Die Phase deutlicher Verstöße von 1990 bis 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 II. Die Phase der beginnenden Verbesserung von 1994 bis 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 III. Die Phase deutlicher Verbesserung von 2000 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 IV. Fazit zur tatsächlichen Entwicklung des Deutsch von 1990 bis heute . . . . . . . . . . . 130 C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Verstöße im amtssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 II. Verstöße im arbeitssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 III. Bewertung der rechtlichen Konsequenzen bei Sprachverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . 153

10

Inhaltsübersicht Teil 3 Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

155

A. Der Europäische Rat von Kopenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 B. Herausforderungen der Osterweiterung für die EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Vollsprachenregime in demokratisch bedeutsamen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 II. Eingeschränktes Sprachregime bei interner Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160

Teil 4 Schlußbetrachtung

166

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Inhaltsverzeichnis Teil 1 Einleitung und Zielbeschreibung

25

A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

B. Zielbeschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26

Teil 2 Die aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

29

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

I. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Primärrechts . . . . . . . . . . . . . . .

30

1. Sprachregelungen zur Festlegung der authentischen Vertragssprachen . . . . . . .

30

a) Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl . . . .

30

aa) Abriß der historischen Hintergründe des EGKSV . . . . . . . . . . . . . . . . . .

30

bb) Die Sprachregelung des EGKSV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

b) Die Verträge über die Europäische Wirtschafts- und Atomgemeinschaft

33

aa) Abriß der historischen Hintergründe der „Römischen Verträge“ . . . .

33

bb) Die Sprachregelung der „Römischen Verträge“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

c) Die Einheitliche Europäische Akte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

aa) Abriß der historischen Hintergründe der EEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

bb) Die Sprachregelung der EEA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

34

d) Der Vertrag über die Europäische Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

aa) Abriß der historischen Hintergründe des EUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

bb) Die Sprachregelung des EUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

e) Der Vertrag von Nizza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

aa) Abriß der Hintergründe des Vertrages von Nizza . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

bb) Die Sprachregelung des Vertrages von Nizza . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

12

Inhaltsverzeichnis f) Exkurs: Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke in der EU . .

36

g) Zusammenfassung der primärrechtlichen Sprachregelungen . . . . . . . . . . . . .

38

2. Die Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

a) Normative Verankerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

aa) EGV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Art. 12 S. 1 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Art. 21 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Art. 149 Abs. 1 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Art. 151 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

39 39 40 41 42

bb) EUV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

cc) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (1) Art. 14 EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Art. 6 Abs. 3 e) EMRK . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

44 44 45

dd) Charta der Grundrechte der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Präambel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Art. 21 Abs. 1 EGRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Art. 22 EGRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Art. 41 Abs. 4 EGRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Art. 43 EGRC . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46 46 47 47 47 48

ee) Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis . . . . . . . . . . . . . . . .

48

b) Sonstige Verankerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

aa) Das Europäische Jahr der Sprachen 2001 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

50

bb) Der Europäische Rat von Laeken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51

3. Sprachliche Gleichberechtigung als tradiertes Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52

4. Ableitung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung . . . . . . . . . . . . . . . .

53

5. Bewertung der in den Verträgen erfolgten Sprachregelungen . . . . . . . . . . . . . . . .

54

6. Grundlagen für Sprachregelungen der einzelnen Gemeinschaftsorgane . . . . . .

54

II. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts . . . . . . . . . . . . .

56

1. Die VO Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die EWG / EAG . . . . . . . . . .

56

2. Die Unterscheidung zwischen Amts- und Arbeitssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

a) Auslegung der Begriffe „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ . . . . . . . . . . .

58

aa) Wörtliche Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Begriff „Amtssprache“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Der Begriff „Arbeitssprache“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

60 62 63

bb) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

Inhaltsverzeichnis

13

cc) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

dd) Sinnauslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

b) Ergebnis der Auslegung und Definitionsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

aa) Die Definition von Amtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

bb) Die Definition von Arbeitssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

3. Gemeinsame Vorschriften nach der VO Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

a) Schriftverkehr zwischen Gemeinschaftsorganen, Mitgliedstaaten und Bürgern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

69

b) Veröffentlichung von Schriftstücken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

aa) Allgemeingültige und diesen vergleichbare Schriftstücke . . . . . . . . . . .

70

bb) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

71

4. Die Sprachenregelung in den einzelnen Gemeinschaftsorganen . . . . . . . . . . . . .

72

a) Europäisches Parlament . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

aa) Schriftstücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

bb) Mündliche Ausführungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

cc) Regelungen betreffend den Bürgerbeauftragten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

dd) Bewertung der Sprachregelung des EP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

75

b) Rat der Europäischen Union . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

aa) Allgemeine Sprachregelungen des Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

bb) Sprachregelung für den Ausschuß der ständigen Vertreter . . . . . . . . . .

77

cc) Bewertung der Sprachregelung des Rates . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

77

c) Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

aa) Beschlüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

bb) Interne Praxis in der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

cc) Bewertung der Sprachregelung der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Der Streit um die Regelung der Arbeitssprachen in der Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rechtliche Bewertung des Arbeitssprachenstreits . . . . . . . . . . . . . .

79 80 81

d) Europäischer Gerichtshof und Gericht erster Instanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

aa) Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Bestimmung der Verfahrenssprache durch den Kläger . . . . . . . . . (2) Bestimmung der Verfahrenssprache durch die Parteien . . . . . . . . (3) Die Verfahrenssprache im Vorabentscheidungsverfahren . . . . . . (4) Die Verfahrenssprache bei verbundenen Rechtssachen . . . . . . . . .

84 85 85 85 85

bb) Regelungen zur Sprachwahlfreiheit für die Schlußanträge . . . . . . . . . .

86

cc) Sprachregelung für die Veröffentlichungen der Gerichte . . . . . . . . . . .

86

dd) Beratungs- resp. Arbeitssprache des EuGH / EuG . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

14

Inhaltsverzeichnis ee) Rechtliche Bewertung der Sprachregelung der Gerichte . . . . . . . . . . . . (1) Regelung der Verfahrenssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Die Sprachwahlfreiheit für die Schlußanträge . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Regelung für die Veröffentlichung der Gerichte . . . . . . . . . . . . . . . (4) Praxis der Beratungs- und Arbeitssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

88 88 88 89 89

e) Rechnungshof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

91

5. Die Sprachenregelungen in sonstigen selbständigen Institutionen . . . . . . . . . . .

91

a) Wirtschafts- und Sozialausschuß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

aa) Funktion des Wirtschafts- und Sozialausschusses . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

bb) Sprachregelung des WSA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

b) Ausschuß der Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

aa) Funktion des Ausschusses der Regionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

bb) Sprachregelung des AdR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

c) Europäische Zentralbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

aa) Funktion der Europäischen Zentralbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

bb) Sprachregelung der EZB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

d) Europäische Investitionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

aa) Funktion der Europäischen Investitionsbank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

bb) Sprachregelung der EIB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

e) Exkurs: Europäisches Patentamt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

98

aa) Funktion des Europäischen Patentamts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

bb) Sprachregelung des EPA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

f) Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Funktion des Markenamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Sprachregelung des Markenamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Entstehung und Gestalt der Sprachregelung des Markenamtes (2) Die Sprachregelung des Markenamtes im Streit – Der Fall Kik (a) Kik 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Kik 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Kik 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Kik 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Verstoß gegen Art. 1 VO Nr. 1 i.V.m. Art. 12 S. 1 EG (bb) Verstoß gegen Art. 12 S. 1 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Kik 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

101 101 103 104 104 105 107 109 110 111 111

cc) Bewertung der Sprachregelung des Markenamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Bedeutung der Rechtmäßigkeit der Sprachregelung . . . . . . . . . . . . 111 (2) Kriterien zur Überprüfung der Sprachregelung des HABM . . . . 113

Inhaltsverzeichnis (3) Art. 12 S. 1 EG als maßgebliches Kriterium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Schutzbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Eingriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Rechtfertigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (aa) Legitimer Zweck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (bb) Geeignetheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (cc) Erforderlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Ergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

15 113 113 114 114 115 115 116 116

dd) Fazit zur Sprachregelung des Markenamtes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 B. Die Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis . . . . . . . . . . . . . . . 119 I. Die Phase deutlicher Verstöße von 1990 bis 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 1. Gesamttendenz 1990 bis 1993 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 2. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3. EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 4. Besondere sprachliche Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 5. Der Übergang zur Phase von 1994 bis 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 II. Die Phase der beginnenden Verbesserung von 1994 bis 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 1. Gesamttendenz 1994 bis 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Kommission . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 3. EuGH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 4. Besondere sprachliche Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 5. Der Übergang zur Phase von 2000 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 III. Die Phase deutlicher Verbesserung von 2000 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 1. Gesamttendenz 2000 bis heute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 2. Deutsch als Amtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 3. Deutsch als Arbeitssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 4. Besondere sprachliche Entwicklungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 IV. Fazit zur tatsächlichen Entwicklung des Deutsch von 1990 bis heute . . . . . . . . . . . 130 C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 I. Verstöße im amtssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131

16

Inhaltsverzeichnis 1. Rechtlich verbindliches Handeln der Gemeinschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 a) Verordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Konsequenzen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . . 133 b) Richtlinien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Konsequenzen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . . 135 c) Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Konsequenzen eines Verstoßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Anwendbarkeit von Art. 4 VO Nr. 1 auf Entscheidungen . . . . . . . (2) Anwendbarkeit von Art. 3 VO Nr. 1 auf Entscheidungen . . . . . . . (3) Unbeachtlichkeit der Entscheidung zwischen Art. 3 oder 4 VO Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (a) Die fehlerhafte Entscheidung als Nichtakt . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Unbeachtlichkeit mangels Bekanntgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . .

135 135 136 136 137 137 138 138

2. Rechtlich unverbindliches Handeln der Gemeinschaftsorgane . . . . . . . . . . . . . . . 139 a) Empfehlungen und Stellungnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 aa) Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . . 139 b) Fiskalisches Handeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . . (1) Der Schadenersatzanspruch nach Art. 288 Abs. 2 EG . . . . . . . . . . (2) Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach Art. 288 Abs. 2 EG (a) Handlung eines Gemeinschaftsorgans . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (b) Rechtsverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (c) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (d) Kausalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (e) Verschulden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (f) Ergebnis der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 288 Abs. 2 EG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

140 140 142 142 142 143 143 144 144 145 145

II. Verstöße im arbeitssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 1. Beamte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 a) Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 b) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes . . . . . . . . 147 aa) Spezielle Anforderungen des Rechtsschutzes im EÖD . . . . . . . . . . . . . 148 (1) Notwendigkeit des Vorverfahrens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148

Inhaltsverzeichnis

17

(2) Rüge der Verletzung von Statusrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 (3) Keine rein innerdienstlichen Angelegenheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 bb) Auswirkungen der speziellen Anforderungen für den Rechtsschutz (1) Rüge der Verletzung der VO Nr. 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes . . . . . . (3) Rüge der Verletzung der EU-Grundrechtecharta . . . . . . . . . . . . . . .

149 149 149 150

2. Vertreter in Kollegialorganen der Gemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 a) Problemaufriß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 b) Möglichkeiten zur Beanstandung / Beseitigung eines Verstoßes . . . . . . . . . . 151 aa) Politische Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 bb) Eigene Sprache verwenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Maßnahmen der Sprach- und Personalpolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 III. Bewertung der rechtlichen Konsequenzen bei Sprachverstößen . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Gemeinschaftsverfassungsrechtlicher Kontext von Sprachverstößen . . . . . . . . . 153 2. Amtssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 3. Arbeitssprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153

Teil 3 Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

155

A. Der Europäische Rat von Kopenhagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 B. Herausforderungen der Osterweiterung für die EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 I. Vollsprachenregime in demokratisch bedeutsamen Bereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 1. Dolmetschung über Relaissprachen / Automatisierte Übersetzungen . . . . . . . . . 159 2. Nachteile einer Dolmetschung über Relaissprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 II. Eingeschränktes Sprachregime bei interner Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 1. Notwendigkeit eines reduzierten Arbeitssprachregimes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 2. Deutsch als logische Ergänzung von Englisch und Französisch . . . . . . . . . . . . . . 161 a) Deutsch ist größte europäische Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 2 Kürten

18

Inhaltsverzeichnis b) Deutsch ist wirtschaftlich stärkste Sprache in der EU . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 c) Deutsch ist stark verbreitete Fremdsprache in Mittelosteuropa . . . . . . . . . . . 163 3. Kompensationsmöglichkeiten bei einem reduzierten Sprachregime . . . . . . . . . . 164 a) Erste Kompensation bei sprachlicher Reduktion: Kostentragungspflicht 164 b) Zweite Kompensation: Dänischer Verhaltenskodex bei Sprachenwahl . . . 165

Teil 4 Schlußbetrachtung

166

Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170

Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Abkürzungsverzeichnis ABl.

Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft

Abs.

Absatz

AdR

Ausschuß der Regionen der Europäischen Gemeinschaft

a.E.

am Ende

a.F.

alte Fassung

allg.

allgemein

Anm.

Anmerkung

AöR

Archiv des öffentlichen Rechts

Art.

Artikel

Aufl.

Auflage

BayVBl.

Bayerische Verwaltungsblätter

Bd.

Band

Begr.

Begründer

Beschl.

Beschluß

BFH

Bundesfinanzhof

BGH

Bundesgerichtshof

BR-Drs.

Drucksachen des Bundesrates

BT-Drs.

Drucksachen des Deutschen Bundestages

BVerfG

Bundesverfassungsgericht

BVerfGE

Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes

BVerwG

Bundesverwaltungsgericht

BVerwGE

Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichtes

bzgl.

bezüglich

bzw.

beziehungsweise

ca.

circa

COREPER

Comité des représentants permanents (Ausschuß der ständigen Vertreter)

ders.

derselbe

d. h.

das heißt

Diss.

Dissertation

DÖV

Die öffentliche Verwaltung

DVBl.

Deutsches Verwaltungsblatt

EA

Europa-Archiv / Vertrag zur Gründung der EAG (neue Zitierweise)

EAG

Europäische Atomgemeinschaft (EURATOM)

2*

20 EAGV

EBSt.

EEA

EG(en) EGKS EGKSV

Egl. EGRC EIB EMRK

endg. entspr. EÖD EP EPA EPÜ ESZB etc. EU EuG EuGH EuGHE EUROSTAT EUV

EuZW EWG

Abkürzungsverzeichnis Vertrag zur Gründung der EAG v. 25. 3. 1957, BGBl. II S. 1014 i.d.F. des Europäischen Unionsvertrages v. 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253 / 1286; zuletzt geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416 Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften v. 4. 3. 1968, ABl. 1969 L 56 / 1; zuletzt geändert durch VO v. 20. 3. 2002, ABl. 2002 L 77 / 1 Einheitliche Europäische Akte v. 28. 2. 1986, BGBl. II S. 1102 i.d.F. des Europäischen Unionsvertrages v. 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253 / 1286; zuletzt geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416 Europäische Gemeinschaft(en) / Vertrag zur Gründung der Europäischen (Wirtschafts-) Gemeinschaft (neue Zitierweise) Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion) Vertrag über die Gründung der EGKS v. 18. 4. 1951, BGBl. 1952 S. 447 i.d.F. des Europäischen Unionsvertrages v. 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253 / 1286; zuletzt geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416 Ergänzungslieferung Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-Grundrechtecharta) Europäische Investitionsbank Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. 11. 1950, BGBl. 1952 II S. 685, 953; zuletzt geändert durch Prot. Nr. 11 v. 11. 5. 1994, BGBl. 1995 II S. 579. endgültig entspricht Europäischer öffentlicher Dienst Europäisches Parlament Europäisches Patentamt Europäisches Patentübereinkommen Europäisches System der Zentralbanken et cetera Europäische Union / Vertrag über die EU (neue Zitierweise) Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften Europäischer Gerichtshof Entscheidungen des EuGH / EuG (=Slg.) Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften Vertrag über die EU v. 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253; zuletzt geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416 Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft

Abkürzungsverzeichnis EWGV / bzw. EGV

EZB f. FAZ ff. Fn. FS GASP gem. GfdS GG

GO GRUR Int. GVG

HABM Hrsg. i.d.F. insb. i.S. i. S. d. i.S.v. i.V.m. JA Jura JuS JZ KOM KS KStA M.a.W. Mio. m. w. N. NGO NJW

21

Vertrag zur Gründung der Europäischen (Wirtschafts-) Gemeinschaft v. 25. 3. 1957, BGBl. II S. 766 i.d.F. des Europäischen Unionsvertrages v. 7. 2. 1992, BGBl. II S. 1253 / 1286; zuletzt geändert durch den Amsterdamer Vertrag v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416 Europäische Zentralbank folgende Seite Frankfurter Allgemeine Zeitung folgende Seiten Fußnote Festschrift Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gemäß Gesellschaft für deutsche Sprache Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland v. 23. 5. 1949, BGBl. I S. 1; zuletzt geändert durch Gesetz v. 26. 7. 2002, BGBl. I, S. 2863 Geschäftsordnung Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Internationaler Teil Gerichtsverfassungsgesetz i.d.F. der Bekannmachung v. 9. 5. 1975, BGBl. I S. 1077; zuletzt geändert durch Gesetz v. 12. 6. 2003, BGBl. I S. 838 Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) Herausgeber in der Fassung insbesondere im Sinne im Sinne des / im Sinne der im Sinne von in Verbindung mit Juristische Arbeitsblätter Juristische Ausbildung Juristische Schulung Juristenzeitung Mitteilung der Kommission (der Europäischen Gemeinschaften) Vertrag über die Gründung der EGKS (neue Zitierweise) Kölner Stadt-Anzeiger Mit anderen Worten Millionen mit weiteren Nachweisen Nichtregierungsorganisation Neue Juristische Wochenschrift

22 Nr. NRW NVwZ NWVBl. PJZS resp. Rn. Rs. Rspr. s. / S. Slg. s. o. sog. StGB st. Rspr. s. u. SZ TAZ u. u. a. Urt. usw. u.U. v. v.a. Verw Arch vgl. VO VO Nr. 1 EAG VO Nr. 1 EWG

VwGO

VwVfG

WiB WiWo WSA

Abkürzungsverzeichnis Nummer Nordrhein-Westfalen Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Polizeiliche und justitielle Zusammenarbeit in Strafsachen respektive Randnummer Rechtssache Rechtsprechung siehe / Seite Sammlung (der Entscheidungen) des EuGH / EuG – s. EuGHE siehe oben sogenannt Strafgesetzbuch i.d.F. der Bekanntmachung v. 13. 11. 1989, BGBl. I S. 3322; zuletzt geändert durch Gesetz v. 22. 8. 2002, BGBl. I S. 3390 ständige Rechtsprechung siehe unten Süddeutsche Zeitung Die Tageszeitung und unter anderem Urteil und so weiter unter Umständen vom vor allem Verwaltungsarchiv vergleiche Verordnung Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die EAG v. 15. 4. 1958, ABl. 1958 / 401 Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die EWG v. 15. 4. 1958, ABl. 1958 / 385; zuletzt geändert durch Beitrittsvertrag v. 24. 6. 1994, ABl. C 241 / 9 Verwaltungsgerichtsordnung i.d.F. der Bekanntmachung v. 19. 3. 1991, BGBl. I S. 686; zuletzt geändert durch Gesetz v. 20. 12. 2001, BGBl. I S. 3987 Verwaltungsverfahrensgesetz i.d.F. der Bekanntmachung v. 21. 9. 1998, BGBl. I S. 3050; zuletzt geändert durch Gesetz v. 21. 8. 2002, BGBl. I S. 3322 Wirtschaftsrechtliche Beratung Wirtschaftswoche Wirtschafts- und Sozialausschuß der Europäischen Gemeinschaft

Abkürzungsverzeichnis z. B. ZBIJ ZEuP ZEuS ZfK ZFSH / SGB zit. ZRP z.T. zw.

zum Beispiel Zusammenarbeit im Bereich des Inneren und der Justiz Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Europarechtliche Studien Zeitung für kommunale Wirtschaft Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch zitiert Zeitschrift für Rechtspolitik zum Teil zwischen

23

Teil 1

Einleitung und Zielbeschreibung A. Einleitung Eine juristische Arbeit, die sich schwerpunktmäßig mit der deutschen Sprache beschäftigt: Muß das nicht ein Widerspruch in sich sein? Sind nicht gerade die Juristen1 diejenigen, welche unserer Sprache durch garstige Wortschöpfungen (plastisches Beispiel: Fortsetzungsfeststellungsklage) und unmöglich verschachtelten Satzbau2 besonders zusetzen? Sind es nicht die gleichen, die mit Worte klauben und Silben stechen ihr Geld verdienen und auch sonst nur anderen das Wort im Munde herumdrehen? Dies alles ist nicht unrichtig (Verzeihung!) und doch sind all diese Bedenken hier nicht einschlägig. Das Thema meiner Arbeit „Die Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union“ setzt sich nicht mit der deutschen Sprache in einem sprachwissenschaftlichen Sinne auseinander. Vielmehr geht es um deren Bedeutung als rechtliches Kommunikationsmittel in der – zur Zeit mehr oder weniger schnell – wachsenden EU; die tatsächlichen oder mutmaßlichen Bedrohungen durch Anglizismen und die Rechtschreibreform bleiben außen vor. Um im weiteren erst gar keine Mißverständnisse aufkommen zu lassen, sei an dieser Stelle ausdrücklich festgehalten: Auf den folgenden Seiten geht es keinesfalls darum, einem irgendwie gearteten deutschen Machtstreben oder deutschem Kulturimperialismus das Wort zu reden; vielmehr möchte die Untersuchung auf rein rechtliche Aspekte der verschiedenen Sprachregelungen in der Europäischen Union eingehen. Sollte dabei ab und an eine Stärkung der Position der deutschen Sprache befürwortet werden, so geschieht dies nie, um andere Sprachen herabzusetzen oder zu verdrängen, sondern es geht um die Bewahrung aller Sprachen und damit letztlich um die Erhaltung gesamteuro1 Das Vorurteil ungelenker (Juristen)Sprache hat – der in der Rechtswissenschaft durch seine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Bodo Pieroth in dem Lehrbuch „Grundrechte. Staatsrecht II“ bekannte Autor von juristischer Fachliteratur – Bernhard Schlink mit seinem belletristischen Erfolgsroman „Der Vorleser“ eindrucksvoll widerlegt. Dies zeigt, daß auch für einen Juristen Sprache mehr sein kann als ein alltägliches Arbeitsmittel wie Papier und Bleistift. 2 Zur Veranschaulichung mag – unter vielen anderen Möglichkeiten – die Lektüre von § 297 StGB „Gefährdung von Schiffen, Kraft- und Luftfahrzeugen durch Bannware“ dienen.

26

Teil 1: Einleitung und Zielbeschreibung

päischen Kulturgutes. Europa lebt von der kulturellen Vielfalt seiner Staaten3, deren größte Bedrohung eine kulturelle „Gleichmacherei“ wäre, wie etwa die Beschränkung auf eine gesamteuropäische Einheitssprache4 oder Einheitsjargon5! Gleichwohl darf nicht übersehen werden, daß die EU / EG sich als multinationale Gemeinschaft, welche ja handlungsfähig sein muß, in dem Spannungsfeld zwischen möglichst gleichberechtigter Sprachenverwendung und praktischen Erwägungen schneller Kommunikation befindet6. Hierbei einen tragbaren Kompromiß7 zu finden, wird eine – in Anbetracht der Erweiterungen ab 2004 – schwere und dringliche Aufgabe Europas sein.

B. Zielbeschreibung Ziel dieser Dissertation ist es, die aktuelle und zukünftig mögliche Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der Europäischen Union, in welcher Deutsch neben derzeit zehn anderen Sprachen gleichberechtigte Amts- und Arbeitsprache der Gemeinschaftsorgane ist8, zu verorten. Ausgehend von den positiv-rechtlichen Regelungen des Sprachregimes in der EU wird zu zeigen sein, ob diese Sprachregelungen beachtet wurden und werden. Insbesondere wird dabei auf eine Vielzahl von Abweichungen in der Rechtswirklichkeit des eigentlich eindeutig geregelten Sprachenregimes in den verschiedenen Gemeinschaftsorganen einzugehen sein. Besonderes Augenmerk soll dabei auch 3 Zur integrationspolitischen Bedeutung der Sprachenfrage formulierte bereits 1972 H. P. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 1000 f., Rn. 26: „. . . die bisherige faktische Vorherrschaft der französischen Sprache als Gemeinschaftssprache kann integrationspolitisch nicht positiv bewertet werden.“ 4 Wie etwa Englisch. Das man dieses Thema auch mit Kreativität und einem Schuß Humor angehen kann, zeigt die von Herrn Diego Marani entwickelte Kunstsprache Europanto. Die Erklärung, was diese Sprache ist, ist selbst schon in ihr abgefaßt und wird nach C. Wirtz, Wortakrobatik für Europa, SZ v. 17. 4. 2002, S. 3 zitiert: „Europanto ist uno melangio van de meer importantes Europese linguas. No est Englando, no est Germano, no est Espano, no est Franzo, no est keine known lingua aber Du unterstande.“ Herr Marani hat in Europanto bereits Kolumnen für das belgische Magazin Le Soir und für die schweizer Le Temps verfaßt. 5 So auch Bundespräsident Johannes Rau in seinem Grußwort anläßlich der Eröffnung des Kongresses „Gutenbergs Folgen. Von der ersten Medienrevolution zur Wissensgesellschaft“ am 23. November 2000 in Mainz. Der Volltext des Grußwortes findet sich unter http: // www.bundespraesident.de / frameset / index.jsp und dort unter der Rubrik „Reden und Zitate“. 6 Vgl. T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (4 f.). 7 Laut M. von Donat, Spracherfahrungen in den EU-Behörden, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 214 (215) ist die Auflösung dieses Spannungsfeldes eine „Wahl zwischen der Pest und der Cholera“. 8 s. u. Teil 2, A, II, 1.

B. Zielbeschreibung

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den halbjährlich9 in den Drucksachen des Deutschen Bundestages erscheinenden Berichten der Bundesregierung zum Fortschritt der europäischen Integration geschenkt werden, in denen jeweils ein eigener Abschnitt der Verwendung der deutschen Sprache in der Gemeinschaft gewidmet ist. Daran anschließend wird gefragt, wie es gelingen kann, der rechtlichen Stellung der deutschen Sprache (im folgenden kurz: des Deutsch) in der EU auch de facto zur vollen Geltung zu verhelfen. Hier sind die in den letzten Jahren verstärkten Bemühungen der Bundesregierungen unter den Kanzlern Helmut Kohl und Gerhard Schröder zur Erreichung einer Gleichstellung des Deutsch mit Französisch und Englisch zu nennen. Die letztgenannten Sprachen – vor allem aber Englisch10 – haben für den internen Dienstgebrauch der Gemeinschaftsorgane bereits eine dominierende Rolle eingenommen11, welche den Status aller anderen Sprachen zu gefährden droht und dem Postulat eines kulturell vielfältigen Europa entgegenstehen könnte. Herauszustellen sind des weiteren auch rechtliche Möglichkeiten zur Erreichung sprachlicher Gleichberechtigung, wie die Einleitung von Verfahren vor dem EuGH, um einer Benachteiligung speziell des Deutsch entgegenzuwirken12. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick auf die zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten der deutschen Sprache als Kommunikationsmittel im stetig weiter zusammenwachsenden Europa. Hoch interessant ist in diesem Kontext die EU-Osterweiterung13 (1. Mai 2004) von bisher 15 auf 25 Mitglieder14, als die große Herausforderung des neu angebrochenen 21. Jahrhunderts. Diese wird eine grundlegende Klärung der Sprachenfrage bedingen, da ansonsten das in der Tagespresse gern beschworene „Babylonische Sprachgewirr“15 in der EU droht, wenn bisheriger 9 Seit dem 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 4176 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1995) nur noch jährlich. 10 Zur Stellung des Englisch in der EU, insbesondere aufgrund seiner unbestrittenen Dominanz in der Wirtschaft, vgl. S. Baker / I. Resch / K. Carlisle / K.A. Schmidt, The Great English Divide, Business Week- European Edition v. 13. 8. 2001, S. 36 (40). 11 Vgl. etwa den 58. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 10109 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1997) S. 14, Nr. 29. 12 Umfassend hierzu P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (4 ff.). 13 Vgl. zu den Hoffnungen und Ängsten der EU-Bürger bzw. der zukünftigen EU-Bürger die Osterweiterung betreffend die von der Kommission durchgeführte Umfrage EUROBAROMETER Nr. 56, veröffentlicht im April 2002. Der Volltext der Umfrage ist als PDF-Datei erhältlich unter http: // europa.eu.int / comm / public_opinion / archives / eb / eb56 / eb56 _en.htm. Zu dieser Umfrage im Hinblick auch auf die sprachliche Dimension s. FAZ v. 2. 4. 2002, S. 27. 14 So die Ergebnisse der Beitrittsverhandlungen des Europäischen Rates von Kopenhagen am 12. und 13. Dezember 2002, vgl. dazu auch die Schlußfolgerungen des Vorsitzes (DOC 02 / 15) erhältlich als PDF-Datei unter http: // europa.eu.int / rapid / start / cgi / guesten. ksh?p_action.getfile=gf&doc=DOC / 02 / 15| 0|RAPID&lg=DE&type=PDF. 15 Vgl. nur A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11.

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Teil 1: Einleitung und Zielbeschreibung

Tradition folgend auch die Amts- und Arbeitssprachen mit erweitert würden16. Die Arbeit wird hierzu mögliche Lösungsansätze aufzeigen, die sowohl Bürgernähe durch die Verwendung aller Amtssprachen nach außen als auch Arbeitseffektivität im Innenbereich durch eine verbindliche Festlegung der drei gleichberechtigten Arbeitssprachen Deutsch, Englisch und Französisch zuläßt.

16 So auch P. Nelde / W. Mäder, Perspektiven einer europäischen Sprachenpolitik, ZFSH / SGB 2000, S. 651 (657); vgl. auch A. Ross, Das Babel zu Brüssel, SZ v. 16. 12. 2002, S. 2.

Teil 2

Die aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU Will man die rechtlichen Grundlagen der Sprachenregelung in der Europäischen Union aufzeigen, so bedingt dies zunächst eine Betrachtung der rechtlichen Grundlagen dieser Union selbst17. Die EU wurde durch den sog. Maastrichter Unionsvertrag18 von 1991 (EUV) und den Vertrag von Amsterdam19 von 1997 auf den drei Europäischen Gemeinschaften (EGen) als der sog. ersten Säule20 der Union aufgebaut. Diese drei EGen waren: Die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (EAG). Seit der Schaffung einer gemeinsamen Kommission von EGKS / EWG / EAG („EG-Kommission“) durch den Fusionsvertrag von 1965 wird auch untechnisch von den EGen als der „Europäischen Gemeinschaft“ im Singular gesprochen. Die Untersuchung beginnt mit der Vorstellung der positiv-rechtlichen Regelungen zu den maßgeblichen Vertragssprachen dieser Gemeinschaften, welche den Kern der EU bilden, als auch der Sprachregelung im EUV selbst. Daran schließt sich die Betrachtung der Normierungen für die zu verwendenden Amts- und Arbeitssprachen in den Gemeinschaftsorganen an, welche sich ausgehend von Kompetenzregelungen im europäischen Primärrecht21 en detail erst im europäischen Sekundärrecht22 finden23. 17 Einen guten Überblick zur Entstehung der EU bietet T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 1 ff. 18 Hierzu ausführlich J. Ennuschat, Von Paris über Rom nach Maastricht – Grundstrukturen der EG, des Binnenmarktes und des Maastrichter Vertrages, JuS 1995, S. 24 ff. 19 Vertrag v. Amsterdam v. 2. 10. 1997, BGBl. II S. 387, berichtigt BGBl. 1999 II S. 416. 20 Die beiden anderen der sog. drei Säulen der EU sind die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und die Zusammenarbeit im Bereich des Inneren und der Justiz. 21 Zum Begriff des Primärrechts in der Rechtsprechung des EuGH s. A. Bleckmann / H.-G. Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 3. 22 Zu diesem Begriff s. A. Bleckmann / H.-G.Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EUWirtschaftsrechts, B. I, Rn. 4.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

I. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Primärrechts 1. Sprachregelungen zur Festlegung der authentischen Vertragssprachen Auf der Ebene des europäischen Primärrechts sind zunächst die Regelungen über die Vertragssprachen von Belang. Diese legen fest, welches die sog. authentischen Vertragssprachen sind24. Authentisch meint dabei in diesem Zusammenhang, daß jede dieser unterschiedlichen Sprachfassungen bei der Vertragsauslegung für sich gleichermaßen (in eben dieser Fassung) verbindlich ist25. Daraus ergeben sich freilich dann Probleme bei der Auslegung von Bestimmungen, wenn die verschiedensprachigen Texte inhaltlich voneinander abweichen26. Es muß dann eine einheitliche europäische Lesart gefunden werden27. Die Festlegung der Vertragssprachen erfolgte dabei im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKSV) einerseits, und im Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EGV- früher EWGV), dem Vertrag über die Europäische Atomgemeinschaft (EAGV) und dem Vertrag über die Europäische Union (EUV) andererseits unterschiedlich. a) Der Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl aa) Abriß der historischen Hintergründe des EGKSV Der erste Schritt zur Bildung der EU war die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (Montanunion). Die Initiative zu ihrer Gründung geht auf die Erklärung der französischen Regierung vom 9. Mai 1950 über die Ver23 Vgl. A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 2. 24 Hierzu M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 314 EG, Rn. 1. 25 Vgl. M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 314 EG, Rn. 6. 26 Zur Auslegung mehrsprachiger (Rechts-)Texte s. K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union, S. 30 ff. Zu dieser Problematik ausführlicher unten Teil 2, A, I, 2, a). Zu den Konsequenzen möglicher Divergenzen schon bei der Auslegung von Normen s. Teil 2, A, II, 2, a), aa). Schließlich vgl. zur Auswirkung von Textabweichungen für die Gültigkeit von Verordnungen in der Rspr. des EuGH in EuGHE 1996, I-5105 ff., -Rs. C-64 / 95 unten Teil 2, C, I, 1, a), aa). 27 Hierzu T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 683 m. w. N. Zu den speziellen Auslegungsmethoden des EuGH aufgrund der mehrsprachigen Rechtstexte vgl. A. Arnull, The European Union and its Court of Justice, S. 522 ff.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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einigung der deutschen und französischen Kohle- und Stahlindustrie, verlesen durch den französischen Außenminister Robert Schuman28, zurück29. Trefflicher lassen sich die Ziele und Hoffnungen der damaligen Zeit für die EGKS nicht formulieren als in dieser Regierungserklärung selbst: „[ . . . ] Die französische Regierung schlägt vor, die Gesamtheit der französisch-deutschen Kohle- und Stahlproduktion einer gemeinsamen Hohen Behörde zu unterstellen, in einer Organisation, die den anderen europäischen Ländern zum Beitritt offensteht. Die Zusammenlegung der Kohle- und Stahlproduktion wird sofort die Schaffung gemeinsamer Grundlagen für die wirtschaftliche Entwicklung sichern – die erste Etappe der europäischen Föderation – und die Bestimmung jener Gebiete ändern, die lange Zeit der Herstellung von Waffen gewidmet waren, deren sicherste Opfer sie gewesen sind. Die Solidarität der Produktion, die so geschaffen wird, wird bekunden, daß jeder Krieg zwischen Frankreich und Deutschland nicht nur undenkbar, sondern materiell unmöglich ist. Die Schaffung dieser mächtigen Produktionsgemeinschaft, die allen Ländern offensteht, die daran teilnehmen wollen, mit dem Zweck, allen Ländern, die sie umfaßt, die notwendigen Grundstoffe für ihre industrielle Produktion zu gleichen Bedingungen zu liefern, wird die realen Fundamente zu ihrer wirtschaftlichen Vereinigung legen. [ . . . ]“30

Mit diesen Worten war der Grundton für den gesamten europäischen Integrationsprozeß bis hin zur heutigen EU gesetzt: Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Sicherung des Friedens im bis dahin immer wieder – insbesondere durch die Feindschaft zwischen Deutschland und Frankreich – kriegsgebeutelten Europa. Indem man die Verwaltung der kriegswichtigen Kohle- und Stahlindustrie in die Hände der ehemaligen Feinde legte, sollte dauerhafter Frieden in Europa einkehren31. Dieses Ziel wurde für den Geltungsbereich des EGKSV erreicht. 1951 wurde der EGKSV mit einer Geltungsdauer von 50 Jahren32 von Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden unter28 Die Regierungserklärung v. 9. Mai 1950 wird nach Robert Schuman häufig auch kurz als „Schuman-Plan“ bezeichnet. 29 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 19. 30 Vgl. den vollständigen Text der Erklärung der französischen Regierung v. 9. Mai 1950 über die Vereinigung der deutschen und französische Kohle- und Stahlindustrie unter http: // europa.eu.int / abc / symbols / 9-may / decl_de.htm; auf dieser offiziellen Internetseite der EU wird die Erklärung als „Geburtsurkunde der Europäischen Union“ bezeichnet. Die Erklärung ist ebenfalls – allerdings nur in Auszügen – abgedruckt bei W. Hakenberg, Grundzüge des Europäischen Wirtschaftsrechts, S. 4. 31 In der Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union, welche als Anhang I den Schlußfolgerungen des Vorsitzes zum Europäischen Rat in Laeken (14. u. 15. Dezember 2001) angefügt ist, heißt es zu den Intentionen der EGKS: „Um die Dämonen der Vergangenheit endgültig zu bannen, wurde mit einer Gemeinschaft für Kohle und Stahl der Anfang gemacht . . .“ Der Volltext ist abrufbar über die Startseite der EU unter http: // europa.eu.int / index_de.htm und dort unter der Rubrik Amtliche Dokumente / Schlußfolgerungen des Europäischen Rates. 32 Gem. Art. 97 EGKSV.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

zeichnet. Er trat am 23. Juli 1952 in Kraft und lief33 folglich am 23. Juli 2002 aus. bb) Die Sprachregelung des EGKSV Art. 100 KS34 legte fest, daß einzig authentische Vertragssprache des nur in einem Exemplar abgeschlossenen EGKSV Französisch ist35. Erklären läßt sich dies damit, daß Französisch – neben selbstverständlich in Frankreich36 – zumindest auch Amtssprache in Belgien37 und Luxemburg ist38. Fassungen in anderen Sprachen als der französischen, auch amtliche Übersetzungen, waren textlich nicht verbindlich39. Gleiches galt für die durch die Beitritte 1973 nötigen Änderungen des EGKSV, vgl. Art. 2 Abs. 1 Beitrittsbeschluß EGKS. Hingegen wurden andere Änderungen am EGKSV wie bei der Fusion der Exekutiven sowie durch die Beitritte der Jahre 1981, 1986 und 1995 in allen Gemeinschaftssprachen verbindlich gemacht. Deshalb geht namentlich Bruha40 davon aus, daß Art. 100 KS durch die nachfolgenden – in allen Gemeinschaftssprachen verbindlichen Änderungen – überlagert wurde, so daß der EGKSV de facto in allen Sprachen ver33 Die Regelung in Art. 97 EGKSV bedeutet nun aber nicht, daß der EGKSV rechtlich keinerlei Wirkungen mehr entfalten kann. So sind Grundlage der EU – ausweislich des Wortlautes von Art. 1 Abs. 3 EU – die europäischen Gemeinschaften, zu denen die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl zählt, vgl. C. Calliess, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 1 EU, Rn. 4. Weitere Einzelheiten über das Auslaufen und die Fortwirkung des EGKSV enthalten die Beiträge von W. Oberwexer, Das Ende der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, EuZW 2002, S. 517; J. Grunwald, Das Ende einer Epoche – das Erbe der EGKS, EuZW 2003, S. 193. 34 Die Zitierweise folgt der neuen Zitierweise der Europäischen Verträge, wie sie der EuGH und der EuG seit dem 1. 5. 1999 selbst eingeführt haben, abgedruckt in NJW 2000, S. 52. Statt „Artikel“ wird jedoch die Abkürzung „Art.“ verwendet. Bei Bezugnahme auf Bestimmungen der vor dem 1. 5. 1999 geltenden Fassung der Verträge werden die abgekürzten Bezeichnungen „EGKSV“, „EGV“, „EAGV“ und „EUV“ verwendet. S. hierzu auch die gemeinsame Pressemitteilung der Gerichte Nr. 57 / 99 v. 30. Juli 1999. Vgl. die dazu veröffentlichten Hinweise der Gerichte über die neue Zitierweise in ABl. 1999 C 246 / 1. Die neue Zitierweise soll nach der Umnumerierung von EUV und EGV in erster Linie Verwechslungen von der geltenden Fassung eines Artikel vor dem 1. Mai 1999 mit der danach geltenden Fassung verhindern. 35 T. Oppermann, Europarecht, § 4, Rn. 179; M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 314 EG, Rn. 5. 36 So heißt es seit 1992 in Art. 2 Abs. 1 der Verfassung der französischen Republik v. 4. 10. 1958: „Die Sprache der Republik ist das Französische.“ Vgl. dazu auch H. Weinrich, Deutsch in Linguafrancaland. 37 Vgl. hierzu Art. 4 und Art. 189 der Verfassung Belgiens v. 7. 2. 1831 i.d.F. v. 7. 2. 1994. 38 Ausführlicher zu den historischen Hintergründen bei der Findung einer Sprachregelung für den EGKSV, K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 49 f. 39 So T. Oppermann, Europarecht, § 4, Rn. 179. 40 Vgl. T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (84).

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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bindlich sei41. Solche Widersprüchlichkeiten der sprachlichen Regelung finden sich nicht bei den Verträgen über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und die Europäische Atomgemeinschaft.

b) Die Verträge über die Europäische Wirtschaftsund Atomgemeinschaft aa) Abriß der historischen Hintergründe der „Römischen Verträge“ 1957 erfolgte der zweite große Schritt hin zur Entstehung der EU. In diesem Jahr wurden in Rom die Verträge zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäische Atomgemeinschaft, die sog. „Römischen Verträge“, unterzeichnet 42. Durch den Erfolg des EGKSV hatte sich gezeigt, daß die Dynamik der wirtschaftlichen Entwicklung der erfolgversprechendste Motor der Integration sein würde; daher sollten im EWGV und im EAGV (weitere) Regelungen zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Sonderregelungen für die friedliche Nutzung der Kernenergie erfolgen43. Die ersten Mitgliedstaaten waren die Unterzeichner des EGKSV. Sowohl EWG als auch EAG konnten so im Jahre 1958 neben die bereits seit 1952 operierende EGKS treten und den europäischen Integrationsprozeß weiter vorantreiben.

bb) Die Sprachregelung der „Römischen Verträge“ Anders als noch der EGKSV 1951 wurden der EGV und der EAGV in den Sprachen Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch und damit in allen Amtssprachen der ersten Mitgliedstaaten44 abgefaßt. Diese Urschriften sind gem. Art. 314 EGV (Art. 248 a.F. EGV) und Art. 225 EAGV gleich verbindlich. Die darin normierte Gleichberechtigung aller authentischen Vertragssprachen wurde durch deren Erweiterung anläßlich der in den Jahren 197345 / 198146 / 198647 / 199548 erfolgten Beitritte von ehemals vier auf nunmehr zwölf Rechnung getra41 Ähnlich wie Bruha nunmehr auch T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (7), Fn. 21. 42 Vgl. Darstellung bei T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 22. 43 T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 22. 44 Französisch als Amtssprache in Belgien (neben Niederländisch und dem regional verwendeten Deutsch) u. Luxemburg (neben Französisch und Letzebuergesch). 45 Beigetreten sind 1973: Dänemark, Großbritanien u. Irland. 46 Beigetreten ist 1981: Griechenland. 47 Beigetreten sind 1986: Portugal u. Spanien. 48 Beigetreten sind 1995: Finnland, Österreich u. Schweden.

3 Kürten

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

gen49. Somit gelten der EGV nach Art. 314 EG sowie der EAGV gem. Art. 225 EA in zwölf gleichermaßen verbindlichen Sprachfassungen50. Durch den Vertrag von Amsterdam wurden die Aufzählungen der maßgeblichen Sprachen in Art. 314 EG51 und Art. 225 EA52 vervollständigt, so daß diese nicht mehr nur den jeweiligen Beitrittsverträgen zu entnehmen sind53.

c) Die Einheitliche Europäische Akte54 aa) Abriß der historischen Hintergründe der EEA Bis zum Jahre 1986 waren die Europäischen Gemeinschaften bereits auf zwölf Mitgliedstaaten angewachsen, so daß eine Reform der Gemeinschaftsverfassung nötig wurde, um die bisherigen Erfolge zu konservieren und die EGen auf das Fernziel einer Europäischen Union vorzubereiten. Angesichts dessen kam es am 28. Februar 1986 zur Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA), in der die Verwirklichung des gemeinsamen Binnenmarktes als verbindliches Ziel bis zum 31. Dezember 1992 festgeschrieben wurde55. Der gemeinsame Binnenmarkt sollte alle Schranken zwischen den EG-Staaten für den grenzüberschreitenden Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital beseitigen. Die EEA kann somit als ein weiterer wesentlicher Schritt hin zur EU bezeichnet werden. bb) Die Sprachregelung der EEA Die EEA hat mit Art. 34 EEA eine den Art. 314 EG und Art. 225 EA entsprechende Sprachregelung. Die EEA bekennt sich somit also ebenfalls zum Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung.

Vgl. die aktuellen Fassungen von Art. 314 EG u. von Art. 225 EA. Im einzelnen sind die zwölf authentischen Sprachen: Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Irisch (= Gälisch), Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch u. Spanisch. 51 Vgl. Art. 6 Nr. 81 Vertrag v. Amsterdam. 52 Vgl. Art. 8 Nr. 18 Vertrag v. Amsterdam. 53 M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 314 EG, Rn. 2. 54 Die EEA gehört nicht selbst zum primären Gemeinschaftsrecht, denn darunter versteht man im allgemeinen nur den EGKSV / EGV / EAGV / EUV. Ihre Bedeutung für den europäischen Integrationsprozeß und das Verständnis der Hintergründe der sprachlichen Regelungen in der EU rechtfertigen hier dennoch ihre kurze Darstellung. 55 Vgl. zur Entstehung u. den Zielen der EEA T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 42. 49 50

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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d) Der Vertrag über die Europäische Union aa) Abriß der historischen Hintergründe des EUV Der EUV v. 7. Februar 1992 wurde vom Europäischen Rat in Maastricht am 9. bis 11. Dezember 1991 verabschiedet und trat am 1. November 1993 in Kraft. Dieses auch „Maastricht-Vertrag“ genannte Vertragswerk beinhaltet in Art. 1 EU (Art. A a.F. EUV) die förmliche Gründung der Europäischen Union auf den drei Gemeinschaften EGKS, EWG und EAG56. Damit wurde auch das sog. Drei-SäulenPrinzip eingeführt. Die erste Säule stellen dabei die drei Europäischen Gemeinschaften, sowie die Wirtschafts- und Währungsunion dar. Die zweite Säule besteht aus der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Die dritte Säule wiederum formt sich aus der Zusammenarbeit im Bereich des Inneren und der Justiz (ZBIJ). Der am 2. Oktober 1997 geschlossene und am 1. Mai 1999 in Kraft getretene Vertrag von Amsterdam modifiziert die bereits bestehenden Verträge EUV, EGKSV, EGV und EAGV zum Teil erheblich. Wesentliches Ziel des Reformwerkes war es dabei, den EUV nachzubessern und behutsam in Richtung auf zukünftige Herausforderungen an die EU, wie namentlich auch auf die Osterweiterung am 1. Mai 2004, vorzubereiten.

bb) Die Sprachregelung des EUV Von Interesse ist hier die Änderung der Sprachregelung in Art. 53 EU (Art. S a.F. EUV) für den EUV durch Art. 1 Nr. 16 des Vertrages von Amsterdam. Art. 53 EU ist die Parallelbestimmung zu Art. 314 EG57. Vor den durch den Vertrag von Amsterdam erfolgten Modifizierungen am EUV war die Zahl der authentischen Vertragssprachen des EUV (i.d.F. von Maastricht) nur in Zusammenhang mit den jeweiligen Beitrittsverträgen ersichtlich. Nunmehr ist Art. 53 EU mit der Festlegung von zwölf authentischen Sprachen auf den neuesten Stand – ebenso wie der EGV und EAGV – gebracht worden58. Der Vertrag von Amsterdam selbst ist in den bekannten zwölf Sprachen verbindlich, wie sich seinem Art. 15 entnehmen läßt.

Vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 1, Rn. 44. M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 53 EU, Rn. 1. 58 M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 314 EG, Rn. 1. 56 57

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

e) Der Vertrag von Nizza aa) Abriß der Hintergründe des Vertrages von Nizza Vom 7. bis 11. Dezember 2000 fand in Nizza das bislang längste Gipfeltreffen in der Geschichte der EU statt. Um die Union für die (mittlerweile auf den 1. Mai 2004 terminierte59) Osterweiterung bereit zu machen, sollten in Nizza die sog. Überreste von Amsterdam – die Zusammensetzung der Kommission, die Stimmengewichtung im Rat und die Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen – geklärt werden. Das Gipfeltreffen war von zum Teil äußerst heftigen Auseinandersetzungen der Regierungschefs geprägt60. Insbesondere erwies sich die Umverteilung der Stimmengewichtung im Rat als besonders brisant61. Minimalkompromisse gelangen nur durch einen regen Handel mit Privilegien und der Verteilung von Finanzmitteln z. B. für die Strukturförderung in bestimmten Regionen Spaniens. Das gemeinsame Ziel der Sicherung von Frieden, Freiheit und Recht in Europa schien in den Hintergrund geraten zu sein, da alle Länder bemüht waren ihre nationalen Interessen durchzusetzen62. Der Wert der so erzielten Kompromisse wird sich erst in Zukunft zeigen. bb) Die Sprachregelung des Vertrages von Nizza Der Vertrag von Nizza nimmt keinerlei sprachliche Veränderungen an den bereits bestehenden Verträgen vor. Er selbst gilt – wie der Vertrag von Amsterdam – gem. Art. 13 des Vertrages von Nizza in den bekannten und auch den anderen Verträgen zu entnehmenden zwölf Sprachen, welche allesamt auch Amtssprachen der einzelnen Mitgliedstaaten darstellen. f) Exkurs: Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke in der EU Eine sich ebenfalls auf das europäische Primärrecht beziehende Sprachregelung, welche interessanterweise zudem speziell die deutsche Sprache betrifft, muß hier noch erwähnt werden: 59 Vgl. dazu auch die Schlußfolgerungen des Vorsitzes des Europäischen Rates von Kopenhagen (12. / 13. Dezember 2004) (DOC 02 / 15) erhältlich als PDF-Datei unter http: // europa.eu.int / rapid / start / cgi / guesten.ksh?p_action.getfile=gf&doc=DOC / 02 / 15|0| RAPID&lg=DE&type=PDF. 60 Vgl. M. Deggerich, Streit um die Macht: Von Stimmen und Verstimmungen, Spiegel Online v. 7. 12. 2000. 61 Vgl. M. Deggerich, Streit um die Macht: Von Stimmen und Verstimmungen, Spiegel Online v. 7. 12. 2000. 62 Kritisch zum erreichten Erfolg in Nizza auch D. R. Theato, Der Europäische Rat von Nizza, EuZW 2001, S. 129.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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Anläßlich des Beitritts Österreichs zur EU am 1. Januar 1995 wurde besonderer Wert auf die Achtung der regionalen Eigenarten in Österreich bei der Verwendung der deutschen Sprache63 gelegt64. Der damaligen Beitrittsakte65 wurde das Protokoll Nr. 10 über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union beigefügt66. Seither sind die im Anhang dieses Protokolls genannten 23 spezifisch österreichischen Ausdrücke den deutschen Sprachfassungen von Rechtsakten, welche nach dem Beitritt Österreichs verabschiedet wurden, den in Deutschland gebräuchlichen Ausdrücken in geeigneter Weise anzufügen67. Im übrigen genießen die deutschen und die österreichischen Ausdrücke den selben Status und dürfen mit der gleichen Rechtswirkung verwendet werden68. Beispiele für an die deutschen Begriffe anzufügenden österreichischen Ausdrücke aus dem genannten Protokoll sind: Sahne / Obers, Kartoffeln / Erdäpfel, Pflaumenmus / Powidl, Meerrettich / Kren. Hiermit haben diese sprachlichen Besonderheiten Österreichs ausdrückliche Anerkennung im europäischen Primärrecht gefunden69. Gerade dieses von seiten Österreichs durchgesetzte Protokoll zeigt einerseits das Sprachbewußtsein der Österreicher70 und verdeutlicht andererseits die allgemeine Bedeutung von Sprache. Sprache ist eben mehr als reine Informationsübermittlung, sie ist Identität und Kultur71 eines Landes72. 63 Bei der in Deutschland viel beachteten, im Dezember 2001 von der OECD veröffentlichten, PISA (Programme For International Student Assessment) Studie ergab sich bei den Lesefähigkeiten der deutschen 15-jährigen ein miserabler 21. Platz von 31 Ländern; Österreich dagegen belegte den 10. Platz. Dies sollte man sich vor Augen führen, bevor man Österreich wegen des erwähnten Protokolls – oder überhaupt im Hinblick auf die deutsche Sprache – belächelt. Mehr zu PISA unter http: // www.pisa.oecd.org / . Zum Echo des deutschen Abschneidens im Ausland vgl. nur den Beitrag „Dummkopf!“, The Economist v. 15. 12. 2001, S. 26. 64 Hierzu T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (6). 65 ABl. 1994 C 241 / 5. 66 Abgedruckt in BGBl. II 1994, S. 2307. 67 BGBl. II 1994, S. 2307; vgl. hierzu auch D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (232); M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 9. 68 So ausdrücklich festgehalten im Protokoll Nr. 10 über die Verwendung spezifisch österreichischer Ausdrücke der deutschen Sprache im Rahmen der Europäischen Union unter 1., BGBl. II 1994, S. 2307. 69 So auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 9. 70 Zur Bedeutung des Beitritts Österreichs für die deutsche Sprache in der EU und deren Sprachbewußtsein, s. A. Platthaus, Zunge zeigen, FAZ v. 5. 7. 2001, S. 41. 71 Vgl. J. Woelk, Einheit in der Verschiedenheit – Das MERCATOR-Netzwerk der EU, JA 1995, S. 909. 72 In diese Richtung auch D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (231 f.).

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

g) Zusammenfassung der primärrechtlichen Sprachregelungen Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß mit Ausnahme des EGKSV in sämtlichen nachfolgenden Verträgen und Akten (EWGV, EAGV, EEA, EUV) die gleichberechtigte Geltung aller zwölf offiziellen Staatssprachen der Unterzeichnerstaaten vereinbart wurde. Das sich dahinter offenbarende Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung soll daher im Hinblick auf die Verankerung im und die Bedeutung für das europäische Recht näher untersucht werden.

2. Die Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung a) Normative Verankerungen Abgesehen von der Regelung des Art. 100 KS, welcher – wie oben73 erwähnt – nur Französisch als einzig authentische Vertragssprache anerkennt74, haben sich die jeweiligen Unterzeichnerstaaten im weiteren Verlauf des europäischen Integrationsprozesses, d. h. seit den „Römischen Verträgen“ von 1957, stets an dem Prinzip der Gleichberechtigung aller offiziellen Staatssprachen der Mitgliedstaaten orientiert. Dabei ist man mit der Verwendung all dieser Sprachen bei den verschiedenen Vertragsabfassungen immer wieder bewußt das Risiko von – unvermeidlichen75 – Textdivergenzen76 eingegangen. Diese nahezu ein halbes Jahrhundert währende Vorgehensweise, welche sehenden Auges Streitigkeiten über die Auslegung provoziert, kann einen Einblick auf die dahinterstehende Absicht geben: Augenscheinlich wurde bei der Formulierung der verschiedenen Verträge größter Wert auf die Gleichberechtigung aller Mitgliedstaaten bzw. deren Sprachen gelegt. Die Sprache als höchstes Kulturgut eines Volkes77 sollte bewahrt werden, um in einem zusammenwachsenden Europa die kulturelle Vielfalt widerzuspiegeln und sichern zu helfen. Teil 2, A, I, 1, a), bb). Vgl. A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 248 EGV, Rn. 2; ein gewisser Ausgleich für die Einsprachigkeit des EGKSV soll die zumindest vorsichtige Heranziehung der amtlichen Übersetzungen bei dessen Auslegung durch den EuGH sein, so jedenfalls O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (517 ff.). 75 Eine Beispielsliste von Widersprüchlichkeiten verschiedener Sprachfassungen findet sich – mit Aufklärung, warum es zu diesen Fehlern kam – bei K. Armbrüster, Rechtliche Folgen von Übersetzungsfehlern oder Unrichtigkeiten in EG-Dokumenten, EuZW 1990, S. 246. 76 Zu diesem Problem bei der Vertragsauslegung s. M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 314 EG, Rn. 6 f. m.w.N; allg. zur Auslegung mehrsprachiger (Rechts-)Texte K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union, S. 30 ff. 77 So H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (196). 73 74

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Angesichts dessen erscheinen auch die – ohnehin weit geringeren als oft behauptet78 – Kosten der gesamten Übersetzung in der EU von 0,8% des Gesamthaushaltes79 (d. h. 686 Mio. Euro bzw. 2 Euro pro Unionsbürger im Jahre 199980) ein recht geringer Preis zu sein81. Im Vergleich dazu ist die erbrachte Leistung der Übersetzungsdienste82 gigantisch: So übersetzt allein der Übersetzungsdienst der Kommission (mit bis zu 10% Steigerung pro Jahr) über 1,2 Mio. Seiten jährlich. Dies ergibt an aufeinandergestapelten Seiten einen Turm von 120m Höhe83! Dieses in den Verträgen nachweisbare Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung läßt sich als Thema nicht nur in den Sprachregelungen der Verträge selbst, sondern auch als Inhalt anderer – teilweise eher programmatisch gefaßter – Bestimmungen im Recht der EU wiedererkennen. Wie ausgeprägt ein solches Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung ist und wie gehaltvoll die Normen sind, in denen es verankert ist, wird später auf die Frage maßgeblichen Einfluß haben, wie Reduzierungen des Sprachregimes zu bewerten sind84; respektive, ob solche überhaupt zulässig sind. Daher wird im folgenden den verschiedenen Verankerungen dieses Prinzips nachgegangen.

aa) EGV (1) Art. 12 S. 1 EG Lapidar stellt Art. 12 S. 1 EG (Art. 6 a.F. EGV) fest: „Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.“

Der im ersten, mit „Grundsätze“ betitelte Teil des EGV beheimatete Art. 12 S. 1 EG kann mit seinem Nichtdiskriminierungsgedanken als „Leitmotiv“ des EG-Ver78 Auf die „immensen“ Kosten abstellend: C. Tannock, The love of the Tower of Babel, The Wall Street Journal v. 23. 7. 2001, Volltext auch unter http: // www.charlestannock.com / 230701.asp. Auch A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 12 hält 2% des Gesamthaushalts der EU noch für untertrieben. 79 P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7. 80 So die Antwort von Herrn Liikanen seitens der Kommission auf die schriftliche Anfrage E-0018 / 99 des Herrn McNally, ABl. 1999 C 297 / 135. 81 Interessant auch das Dokument „Der Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission – Zahlen und Fakten“, als PDF-Datei abrufbar unter http: // europa.eu.int / comm / translation / de / index.html. 82 Zu den Problemen der Dolmetscher und Übersetzer H. Kusterer, Das Sprachproblem in den Europäischen Gemeinschaften, EA 1980, S. 693 ff. 83 Die Zahlen haben den Stand v. 21. 11. 2001 und sind dem Dokument „Der Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission – Zahlen und Fakten“ zu entnehmen. 84 So etwa für den Bereich der internen Arbeit der Gemeinschaftsorgane, s. u. Teil 2, A, II, 4.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

trages bezeichnet werden85. Der Bestimmung kommt aufgrund ihrer unmittelbaren Geltung86 und Durchsetzbarkeit grundrechtsähnlicher Charakter zu87. Die unter Berufung auf Art. 12 S. 1 EG angegriffene Diskriminierung muß auf dem Kriterium der Staatsangehörigkeit beruhen. Wird bei einer Maßnahme direkt an die Staatsangehörigkeit angeknüpft, spricht man von einer formellen Diskriminierung. Diese Fälle sind dann unproblematisch unter die Vertragsnorm zu subsumieren. Allerdings ist die Bestimmung auch dann verletzt, wenn die Maßnahme zwar nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpft, aber typischerweise oder im wesentlichen dieselben Wirkungen (wie im Falle eines direkten Rückgriffs auf dieses Kriterium) entfaltet, sog. materielle Diskriminierung88. Eine solche materielle Diskriminierung ist regelmäßig u. a. dann zu bejahen, wenn auf den Wohnsitz oder die Muttersprache abgestellt wird89. Daher sind Maßnahmen, welche an die Muttersprache anknüpfen (z. B. bestimmte Sprachen in Verfahren nicht zuzulassen, man also mit seiner Muttersprache im rechtlichen Sinne nicht gehört wird), unter der Geltung des Art. 12 S. 1 EG verboten. Normen, welche als Legitimation für Maßnahmen dienen, die gegen Art. 12 S. 1 EG verstoßen, sind nichtig90. Somit kann Art. 12 S. 1 EG durchaus als eine erste Verankerung des Prinzips sprachlicher Gleichbehandlung im Vertragswerk des EGV aufgefaßt werden. (2) Art. 21 EG Der EGV erkennt in Art. 21 EG (Art. 8 d a.F. EGV) das Bestehen des in Art. 194 (Art. 138 d EGV) u. Art. 195 EG (Art. 138 e EGV) festgelegten Rechts jedes Unionsbürgers auf Einlegung einer Petition beim Europäischen Parlament und bei dem Bürgerbeauftragten an91. Der Unionsbürger kann sich an die in den Art. 194 u. 195 EG selbst und an die in Art. 7 EG genannten Organe und Einrichtungen wenden. Art. 21 EG ist mithin lediglich eine Rechtsgrundverweisung mit Klarstellungsfunktion, welcher keine eigene Bedeutung zukommt92. Der durch den Amsterdamer Vertrag neu eingefügte Abs. 3 bestimmt, daß sich jeder Unionsbürger schriftlich in allen zwölf authentischen Vertragssprachen gem. Art. 314 EG an die 85 Hierzu A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 1; R. Geiger, EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 1. 86 R. Geiger, EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 15. 87 Vgl. A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 2 m. w. N. 88 „Versteckte Diskriminierung“, so R. Geiger, EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 8. 89 So ausdrücklich A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 14 m. w. N. 90 Ein in dieser Hinsicht problematisches Normgefüge ist insbesondere die Sprachregelung des HABM, dazu ausführlich unten Teil 2, A, II, 5, f). 91 M. Hilf, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 21 EG, Rn. 1. 92 M. Hilf, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 21 EG, Rn. 1 m. w. N.

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bezeichneten Organe und Einrichtungen wenden kann93. Es besteht dann ein Recht auf Beantwortung in derselben Sprache. Das bislang nur in den Art. 2 und 3 der – später94 eingehend zu untersuchenden – Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft enthaltene Recht zum Gebrauch sämtlicher Sprachen im Rechtsverkehr mit den Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft wird hiermit primärrechtlich – man könnte auch von einer primärrechtlichen Rückversicherung sprechen – verankert95. Im Gegensatz zu den in der erwähnten Verordnung getroffenen Regelungen tritt für das vorgenannte Petitionsrecht die irische Sprache hinzu. Das in Art. 21 Abs. 3 EG normierte Recht ergänzt die in Art. 194 EG und Art. 195 EG enthaltene Gewährleistung der Transparenz96 und Bürgernähe97 der EG / EU98 sowie ihrer Organe und Einrichtungen um das bereits aus den Verträgen bekannte Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung. (3) Art. 149 Abs. 1 EG Art. 149 EG (Art. 126 a.F. EGV) befindet sich im dritten und letzten Kapitel „Allgemeine und berufliche Bildung und Jugend“ unter dem Titel XI „Sozialpolitik, allgemeine und berufliche Bildung und Jugend“ des EGV. Er überläßt die Ausgestaltung der dort angesprochenen Bildungspolitik den Mitgliedstaaten und beschränkt die Gemeinschaft auf eine Förderung, Unterstützung und Ergänzung unter Ausschluß jeglicher Harmonisierung99. Interessant für die Untersuchung ist eine Wendung ganz am Ende des Art. 149 Abs. 1 EG: „Die Gemeinschaft trägt zur Entwicklung einer qualitativ hochstehenden Bildung dadurch bei, daß sie die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten fördert und die Tätigkeit der Mitgliedstaaten unter strikter Beachtung der Verantwortung der Mitgliedstaaten für die 93 Zur Notwendigkeit der Kommunikation des Bürgers in seiner Muttersprache mit staatlichen Stellen etwa schon das BVerfG in der „Maastricht Entscheidung“ in BVerfGE 89, 155 ff. (185); vgl. zur Änderung durch den Vertrag von Amsterdam auch den 58. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 10109 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1997), S. 14, Rn. 29. 94 s. u. Teil 2, A, II, 1. 95 R. Geiger, EUV / EGV, Art. 21 EG, Rn. 2; M. Hilf, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 21 EG, Rn. 1; W. Kaufmann-Bühler, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag Kommentar, Art. 21, Rn. 2. 96 Hierzu in Zusammenhang mit dem Zugang zu EU-Dokumenten C. Bolesch, Ein Brüssel für die Bürger, SZ v. 15. 10. 2003, S. 9. 97 Hierzu W. Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 21 EG, Rn. 1. 98 Die Bedeutung der Transparenz und Bürgernähe für die EU hat auch Bundespräsident Johannes Rau anläßlich eines Staatsbesuches in Italien in einer Rede im römischen Rathaus betont, vgl. hierzu C. Kohl, Rau schlägt Zweikammersystem in der EU vor, SZ v. 17. 4. 2002, S. 7 99 S. Krebber, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 149 EG, Rn. 1.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU Lehrinhalte und die Gestaltung des Bildungssystems sowie der Vielfalt ihrer Kulturen und Sprachen erforderlichenfalls unterstützt und ergänzt100.“

Die Gemeinschaft erkennt also in dem der Bildung gewidmeten Abschnitt die Vielfalt der Kulturen und der Sprachen der Mitgliedstaaten als eigenes Thema und als einen unterstützungs- und förderungswürdigen Wert an. Art. 149 Abs. 1 EG enthält damit eine Beschränkung der Gemeinschaft auf die Unterstützung und Förderung der Bildungspolitik der Mitgliedstaaten unter Ausschluß jeglicher Harmonisierung101, d. h. Art. 149 Abs. 1 EG schützt auch vor gemeinschaftlichen Maßnahmen, welche die sprachliche Vielfalt in den Mitgliedstaaten gefährdet. Wenngleich hiermit direkt nur ein spezieller Aspekt angesprochen wurde, so zeigt sich nachher noch, daß damit zugleich ein Thema berührt ist, welches sich als Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigungen durch das gesamte Recht der EU zieht. (4) Art. 151 EG Der durch den Maastrichter Vertrag eingefügte Art. 128 EGV, welcher sich in seiner aktuellen Fassung nach dem Amsterdamer Vertrag nunmehr in Art. 151 EG wiederfindet, beinhaltet – als einziger Artikel unter dem neuen Titel XII „Kultur“ im EGV – eine Kultur-Kompetenz der Gemeinschaft102. Art. 151 EG intendiert die Aufrechterhaltung der Vielfalt der Kulturen der Mitgliedstaaten103 (vgl. insb. Art. 151 Abs. 1104 u. 4105 EG). Mag nun der in Art. 151 EG verwandte Begriff der Kultur nicht näher definiert und seine Konturierung im Detail schwierig106 sein, so kann nicht ernstlich daran gezweifelt werden, daß jedenfalls die Sprache zur Kultur der Mitgliedstaaten zählt107. Hervorhebung nicht im Original. S. Krebber, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 149 EG, Rn. 2. 102 G. Ress / J. Ukrow, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 151 EG, Rn. 1. 103 Siehe M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGHE 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (437). 104 Dieser lautet: „Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.“ 105 Dieser lautet: „Die Gemeinschaft trägt bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen dieses Vertrages den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen.“ 106 Zum Kulturbegriff in Art. 151 EG vgl. H. J. Blanke, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 151 EG, Rn. 2; R. Geiger, EUV / EGV, Art. 151 EG, Rn. 3; G. Ress / J. Ukrow, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 151 EG, Rn. 11 ff.; H. G. Fischer, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag Kommentar, Art. 151, Rn. 5; J. Sparr, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 151 EG, Rn. 5 f. 100 101

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Daher läßt sich der Schutz der verschiedenen Sprachen Europas – gerade auch im Hinblick auf deren Vielfalt – als Auftrag an die Gemeinschaft aus dem Wortlaut des Art. 151 EG ziehen108. Art. 151 EG läßt sich demzufolge als eine Verankerung des Prinzips der sprachlichen Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten verstehen.

bb) EUV Art. 6 Abs. 3 EU (Art. F Abs. 1 a.F. EUV109) lautet: „Die Union achtet die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten.“

Historisch beachtenswert an dieser Bestimmung ist, daß ihr Vorgänger Art. F Abs. 1 EUV gleichzeitig mit Art. 128 EGV (nunmehr Art. 151 EG) durch den Maastrichter Vertrag eingefügt wurde und die beiden Bestimmungen auch einen Bezug zueinander aufweisen110. Bleckmann wies früh darauf hin, daß ein Teilaspekt der Achtung der nationalen Identität111 der Erhalt der Vielfalt der Kulturen im Rahmen des gemeinsamen kulturellen Erbes der Mitgliedstaaten sei112. Dies würde bedeuten, daß die Achtung der nationalen Identität, wie sie von Art. 6 Abs. 3 EU gefordert wird, auch den Erhalt der Vielfalt der Kulturen – und damit ebenso der Vielfalt der Sprachen113 – mitumfaßt114. 107 So T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (2); G. Stickel, Sprachloyalität ja, aber ohne gesetzlichen Zwang, ZRP 2002, S. 417. Zur sozialen Bedeutung der Sprachen eingehend P. Nelde / W. Mäder, Perspektiven einer europäischen Sprachenpolitik, ZFSH / SGB 2000, S. 651 (657). 108 So auch M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGHE 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (437). 109 Dieser lautete: „Die Union achtet die nationale Identität ihrer Mitgliedstaaten, deren Regierungssysteme auf demokratischen Grundsätzen beruhen.“ 110 So B. Beutler, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. F EUV, Rn. 9. 111 Zur ausführlichen Darstellung dieses Begriffes u. seiner Bedeutung sei auf A. Bleckmann, Die Wahrung der „nationalen Identität“ im Unions-Vertrag, JZ 1997, S. 265 ff. verwiesen. 112 So schon A. Bleckmann, Der Vertrag über die Europäische Union – Eine Einführung –, DVBl. 1992, S. 335 (336). Im Anschluß an diesen auch B. Beutler, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. F EUV, Rn. 9. 113 Vgl. die Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder (hier allerdings nicht anläßlich einer EU-Veranstaltung) vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates am 27. September 2000 in Straßburg: „Eine solche Identifikation der Menschen mit der europäischen Idee ist aber nur möglich, wenn dieses große Europa, für das der Europarat steht, die kulturelle Vielfalt und die Identität der Völker achtet, die unter seinem Dach vereinigt sind. Von ganz zentraler Bedeutung – Sie alle wissen es – ist hierbei die Rolle der Sprache.“ Der Volltext findet sich unter http: // www.bundesregierung.de / frameset / index.jsp und dort in der Rubrik „Bundeskanzler / Reden und Erklärungen“.

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Folglich ließe sich das Prinzip der Gleichbehandlung aller Staatssprachen der Mitglieder der Gemeinschaft ebenfalls als Thema des Art. 6 Abs. 3 EU – wie zuvor gezeigt des Art. 151 EG – anerkennen. Die Richtigkeit der Annahme, daß Art. 6 Abs. 3 EU und Art. 151 EG letztlich in ihrem Schnittpunkt115 beide eine Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung in der EU beinhalten, mag folgender Hinweis untermauern: In der Erläuterung des Präsidiums zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union116 (EU-Grundrechtecharta) heißt es zu Art. 22 „Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen“, daß sich dieser Artikel auf Art. 6 Abs. 3 EU und Art. 151 Abs. 1 u. 4 EG stütze. Mithin ist festzustellen, daß Art. 6 Abs. 3 EU ebenfalls eine Verankerung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung ist.

cc) Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten Gemäß Art. 6 Abs. 2 EU achtet die Union die Grundrechte, wie sie in der EMRK, welche am 4. November 1950 in Rom unterzeichnet wurde, gewährleistet sind. Die Verwendung des Wortes „achtet“ deutet dabei darauf hin, daß Art. 6 Abs. 2 EU selbst die Grundrechtsverpflichtung der Gemeinschaft positiviert117. Daher stellt sich die Frage, ob auch die EMRK Anhaltspunkte für ein Gebot der Gleichbehandlung auf sprachlicher Ebene enthält. (1) Art. 14 EMRK Explizit wird die Sprache an sich nur in Art. 14 EMRK „Diskriminierungsverbot“ als eines unter mehreren unzulässigen Merkmalen einer Diskriminierung erwähnt: „Der Genuß der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen [ . . . ] der Sprache oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.“ 114 So ausdrücklich auch T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2664); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (2). Prägnant auch die Aussage bei P. Nelde / W. Mäder, Perspektiven einer europäischen Sprachenpolitik, ZFSH / SGB 2000, S. 651 (652): „Zur nationalen Identität gehört die kulturelle Identität, damit die Nationalsprache.“ 115 Zu den Gemeinsamkeiten der jeweiligen Vorgänger Art. 128 EGV u. Art F Abs. 1 EUV vgl. A. Bleckmann, Die Wahrung der „nationalen Identität“ im Unions-Vertrag, JZ 1997, S. 265 (268 f.). 116 Der Volltext der Charta samt den – nicht rechtswirksamen – Erläuterungen des Präsidiums ist als PDF-Datei erhältlich unter ue.eu.int / df / default.asp?lang=de; selbiges ist auch abgedruckt in der Beilage zu Heft 49 / 2000 NJW. Der Normtext als solcher (ohne Erläuterungen) ist veröffentlicht in ABl. 2000 C 364 / 1 ff. 117 Näher hierzu T. Kingreen, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 6 EU, Rn. 17.

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Dem Art. 14 EMRK läßt sich indirekt eine Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung entnehmen, da es unter seiner Geltung verboten ist, Diskriminierungen aufgrund der Sprache vorzunehmen. Insbesondere relevant kann dies in der direkten Kommunikation zwischen der EU bzw. ihrer Institutionen und ihren Bürgern werden, etwa wenn Antragstellern durch die Wahl ihrer Sprache in der Bearbeitung ihrer Anträge durch Institutionen der EU Nachteile118 entstünden. Hierin wären dann Diskriminierungen aufgrund der Sprache zu sehen. (2) Art. 6 Abs. 3 e) EMRK Obgleich etwas versteckt119 untergebracht, läßt sich in der EMRK noch eine weitere die Sprache betreffende Regelung finden. Art. 6 Abs. 3 e) EMRK120 verbürgt als Teilgarantie des – insgesamt sich mit dem Recht auf ein faires Verfahren beschäftigenden – Art. 6 EMRK den Anspruch jeder angeklagten Person auf unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht. Die Bestimmung ist zwingend für alle Strafverfahren und solche Verfahren, welche der Europäische Gerichthof für Menschenrechte als Strafverfahren bewertet121. Dieses Recht ist gewissermaßen eine besondere Ausformung des Diskriminierungsverbots – basierend auf Sprachkriterien aus Art. 14 EMRK – für Strafverfahren. Art. 6 Abs. 3 e) EMRK ist daher eine spezielle Ausformung des Diskriminierungsverbots, dessen allgemeine Regelung in Art. 14 EMRK enthalten ist. Es würde sicherlich zu weit gehen, zu behaupten, daß Art. 6 Abs. 3 e) EMRK ohne weiteres eine Verankerung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung darstellt. Dennoch läßt sich nicht leugnen, daß hier das Problem einer ungleichen Behandlung122 bzw. eines unfairen Gerichtsverfahrens gesehen wird, wenn sprachliche Barrieren nicht durch passende Ausgestaltung des Verfahrens (wie hier durch Beiziehung eines Dolmetschers) überwunden werden. M.a.W. regelt Art. 6 Abs. 3 e) EMRK einen – wenn auch recht speziellen – Bereich, in dem das Gegenteil sprachlicher Gleichberechtigung, also sprachliche Ungleichbehandlung, als Problem gesehen wird. Somit streitet Art. 6 Abs. 3 e) EMRK im Umkehrschluß – bei aller gebotenen Vorsicht – ebenfalls für sprachliche Gleichberechtigung oder besser: Gegen Nachteile aufgrund der Verwendung einer bestimmten Sprache. 118 Zumeist wird dies ein signifikanter Unterschied in der Bearbeitungsgeschwindigkeit sein, der im Wirtschaftsleben schnell zu einem finanziell merkbaren Nachteil werden kann. 119 Auf die Querverbindung zwischen Art. 14 EMRK u. Art. 6 Abs. 3 e) EMRK weist W. Peukert, in: Frowein / Peukert, EMRK-Kommentar, Art. 14, Rn. 39 hin. 120 Vgl. hierzu W. Peukert, in: Frowein / Peukert, EMRK-Kommentar, Art. 6, Rn. 204 ff. 121 W. Peukert, in: Frowein / Peukert, EMRK-Kommentar, Art. 6, Rn. 204. 122 Der Zweck der Vorschrift ist es, den fremdsprachigen Angeklagten vor prozessualen Nachteilen zu bewahren, so T. Vogler, in: IntKommEMRK, Art. 6, Rn. 578.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

dd) Charta der Grundrechte der EU Die durchweg positiv aufgenommene Charta der Grundrechte der Europäischen Union123 (im folgenden kurz: Grundrechtecharta) wurde auf der Regierungskonferenz in Nizza am 7. Dezember 2000 proklamiert und gilt als komprimierter und aktualisierter Ausdruck der gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten124. Solange sie noch nicht Bestandteil einer europäischen Verfassung geworden ist, bleibt sie allerdings rechtlich unverbindlich und wird die Rechtsprechung125 von EuGH / EuG bis dahin nur indirekt (als Anhaltspunkt für gemeinsame europäische Werte) beeinflussen; ein eigener Rechtsweg zu ihrer Durchsetzung besteht noch nicht. Wenn die Normierungen der Charta aber in eine spätere Verfassung (die auch alle bisherigen Gemeinschaftsverträge durch einheitliche Kodifizierung ablösen soll) aufgenommen werden126, ist mit der Schaffung eines eigenen Klageweges (einer Art „europäischen Grundrechtsklage“) bzw. der Ergänzung bestehender Verfahrensarten zu rechnen. Auf die Notwendigkeit des umfassenden Rechtsschutzes bei Gefährdungen der Grundrechtecharta und auf die Möglichkeiten der Einbettung einer „europäischen Grundrechtsklage“ in die schon vorhandenen Klagearten – konkret: In das Vorabentscheidungsverfahren – hat bereits Magiera hingewiesen127. Die EU-Grundrechtecharta enthält gleich mehrere Bestimmungen, in welchen sich das Prinzip sprachlicher Gleichberechtigung wiederfinden läßt128. (1) Präambel Im dritten Absatz der Präambel der EU-Grundrechtecharta heißt es: „Die Union trägt zur Erhaltung und zur Entwicklung dieser gemeinsamen Werte unter Achtung der Vielfalt der Kulturen und Traditionen der Völker Europas sowie der nationalen Identität der Mitgliedstaaten und der Organisation ihrer staatlichen Gewalt auf nationaler, regionaler und lokaler Ebene bei.129“ 123 Vgl. zu dieser P. J. Tettinger, Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, NJW 2001, S. 1010 ff.; S. Magiera, Die Grundrechtecharta der Europäischen Union, DÖV 2000, S. 1017 ff.; J. Schwarze, Der Grundrechtsschutz für Unternehmen in der Europäischen Grundrechtecharta, EuZW 2001, S. 517 ff. 124 Hierzu vgl. T. Kingreen, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 6 EU, Rn. 16. 125 Vgl. zur Grundrechtecharta als zusätzlicher Rechtsquelle aus der Rspr. bislang nur EuG, EuGRZ 2002, S. 266 ff. (270 f.), Rn. 48 u. 57. 126 So schon vorgesehen im Verfassungsvorentwurf des Verfassungskonvents. Das Dokument wird bei dem Konvent geführt unter CONV 369 / 02. 127 s. hierzu S. Magiera, Die Grundrechtecharta der Europäischen Union, DÖV 2000, S. 1017 (1024). 128 Zur Frage der Verankerung sprachenfreiheitlicher Elemente in der EU-Grundrechtecharta vgl. P. J. Tettinger, Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, NJW 2001, S. 1010 (1012). 129 Hervorhebungen nicht im Original.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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In der Präambel werden damit die Formulierungen in Art. 151 EG und Art. 6 Abs. 3 EU übernommen, so daß – angesichts des oben130 Gesagten – aus der Achtung der Vielfalt der Kulturen und der nationalen Identitäten die Festlegung der EU auf den Grundsatz der sprachlichen Gleichberechtigung folgt. (2) Art. 21 Abs. 1 EGRC Art. 21 EGRC befaßt sich mit dem Thema Diskriminierung bzw. Nichtdiskriminierung. Neben der Aufzählung anderer verbotener Kriterien für eine Diskriminierung ist in Absatz 1 auch die Sprache erwähnt: „Diskriminierungen, insbesondere wegen [ . . . ] der Sprache [ . . . ] sind verboten.“

Für Art. 21 EGRC – welcher ohnehin stark an den Wortlaut des Art. 14 EMRK angelehnt ist – gilt das zu Art. 14 EMRK Gesagte: Dieser Bestimmung läßt sich indirekt eine Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung entnehmen. (3) Art. 22 EGRC Der oben bereits erwähnte Art. 22 EGRC131 nimmt – ausweislich der Erklärung des Präsidiums – ebenfalls, wie die Präambel, Bezug auf Art. 151 EG und Art. 6 Abs. 3 EU und ist somit auch normative Quelle für die Gleichberechtigung der Sprachen. (4) Art. 41 Abs. 4 EGRC Art. 41 Abs. 4 EGRC132 ist an das – bereits dargestellte – Petitionsrecht aus Art. 21 EG angelehnt133. Er lautet: „Jede Person kann sich in einer der Sprachen der Verträge134 an die Organe der Union wenden und muß eine Antwort in derselben Sprache erhalten.“

Hier ist mit dem direkten Verweis auf die Festlegung der zwölf authentischen Vertragssprachen besonders augenfällig, daß die EU-Grundrechtecharta – wie auch die Gemeinschaftsverträge – vom Prinzip der Gleichstellung der offiziellen Sprachen der Mitgliedstaaten ausgeht. Teil 2, A, I, 2, a), aa), (4); Teil 2, A, I, 2, a), bb). Wortlaut: „Die Union achtet die Vielfalt der Kulturen, Religionen und Sprachen.“ 132 Eine monographische Bearbeitung, die dem aus Art. 41 EGRC folgenden Recht auf eine gute Verwaltung gewidmet ist, liegt vor mit R. Bauer, Das Recht auf eine gute Verwaltung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 1 ff. 133 s. hierzu P. J. Tettinger, Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, NJW 2001, S. 1010 (1012); sowie die Erklärung des Präsidiums zu Art. 41 Abs. 4 EU-Grundrechtecharta. 134 Hervorhebung nicht im Original. 130 131

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

(5) Art. 43 EGRC Art. 43 EGRC basiert – ausweislich der Erläuterung des Präsidiums – auf den in Art. 21 und 195 EG garantierten Rechten135. Er lautet: „Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht, den Bürgerbeauftragten der Union im Fall von Mißständen bei der Tätigkeit der Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft, mit Ausnahme des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, zu befassen.“

Mit der Aufnahme des Art. 43 EGRC in die EU-Grundrechtecharta wird das aus Art. 21 und Art. 195 i.V.m. Art. 314 EG stammende Recht auf Einbringung einer Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten in einer der zwölf authentischen Vertragssprachen zum Grundrecht der Unionsbürgerschaft erhoben. Erneut enthält somit eine Bestimmung der Grundrechtecharta eine Verankerung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung. ee) Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis Am 6. September 2001 nahm das EP eine Entschließung zur Annahme eines Kodex für gute Verwaltungspraxis136 an137, den Organe und Institutionen, deren Verwaltungen und Beamten in ihren Beziehungen zur Öffentlichkeit befolgen sollten. Der Europäische Bürgerbeauftragte (vgl. Art. 21 Abs. 2 EG) entwarf den Text nach einer Untersuchung aus eigener Initiative und legte ihn dem EP als Sonderbericht vor. Die Entschließung des EP basiert auf diesem Text sowie den Änderungsvorschlägen, die von dem Mitglied des EP Herrn Perry als Berichterstatter für den Petitionsausschuß des EP vorgeschlagen wurden138. Der Kodex soll näher ausführen, was unter dem in Art. 41 EGRC garantierten Recht auf gute Verwaltung zu verstehen ist bzw. welche Kriterien bei der Prüfung von Beschwerden über Mißstände in der Verwaltung durch den Europäischen Bürgerbeauftragten – nach dem eben vorgestellten Art. 43 EGRC – anzulegen sind. Das EP hat denn auch gleichzeitig mit dem Kodex eine Entschließung angenommen, in dem der Bürgerbeauftragte aufgefordert wird, als Maßstab der Prüfung von Mißständen in der Verwaltung besagten Kodex heranzuziehen139. Die rechts. hierzu oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (2). Insgesamt zum Inhalt dessen, was gute Verwaltung im Gemeinschaftsrecht ausmacht, vgl. R. Bauer, Das Recht auf eine gute Verwaltung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 1 ff. 137 ABl. 2002 C 72 E / 331 ff. 138 Zur Entwicklung des Kodex vgl. „Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis“, herausgegeben von dem Europäischen Bürgerbeauftragten, S. 3. Diese Broschüre ist erhältlich beim Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg. 139 ABl. 2002 C 72 E / 336. 135 136

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liche Relevanz des Kodex liegt insbesondere darin, daß er die verbindlichen Prüfungspunkte enthält, welche der Bürgerbeauftragte bei seiner Kontrolle der Verwaltung anlegt. Anders gewendet hat also die Verwaltung den Kodex zu beachten, will sie begründeten Beschwerden der Bürger nach Art. 21 Abs. 3 EG140 entgehen. In dem Kodex findet sich nun abermals eine Verankerung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung, in dem es in dessen Art. 13141 heißt: „Beantwortung von Schreiben in der Sprache des Bürgers Der Beamte stellt sicher, daß jeder Bürger der Union bzw. jede Einzelperson, die sich in einer der Vertragssprachen schriftlich an das Organ wendet, eine Antwort in der gleichen Sprache erhält. Dasselbe gilt soweit wie möglich auch für juristische Personen wie Vereinigungen (NRO) und Unternehmen.“

Somit ist das Prinzip der Gleichbehandlung aller offiziellen Amtssprachen der Mitgliedstaaten (für den Spezialbereich der Beschwerde beim Europäischen Bürgerbeauftragten über Art. 43 EGRC nach Art. 21 und Art. 195 i.V.m. Art. 314 EG) ein Aspekt des Rechts des EU-Bürgers auf eine gute Verwaltung gem. Art. 41 EGRC, wie es dessen Abs. 4 ausdrücklich anordnet142. Gerade die erneute Normierung und der über den Wortlaut des Art. 41 Abs. 4 EGRC hinausgehende Zusatz143 stellt die Bedeutung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung – auf allen Ebenen der Gemeinschaft – erneut heraus. Die mehrfache Verankerung ist weiterhin auch Indiz für dessen erkannte Wichtigkeit in Bezug auf Bürgernähe, die ohne mühelose sprachliche Austauschmöglichkeit zwischen der EU und ihren Bürgern nicht denkbar ist. Um dies zu verdeutlichen, hat das EP auch am 6. September 2001 in seiner Entschließung die Kommission aufgefordert, einen Vorschlag für eine Verordnung vorzulegen, deren Inhalt der Text des Verhaltenskodex ist144. So sollen die Verbindlichkeit der Regelungen und Prinzipien für die Beamten und den Bürger noch hervorgehoben werden145. b) Sonstige Verankerungen Neben dem mannigfachen Niederschlag, den das Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung in Normativsätzen gefunden hat, gibt es auch sonstige Verankerungen dieses Prinzips in Aktionen und Erklärungen der EU. Zu diesem Recht schon ausführlich oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (2). Der Volltext des Kodex ist der Druckfassung der Broschüre „Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis“ zu entnehmen, welche in der elektronischen Fassung auch als PDFDatei unter http: // www.euro-ombudsman.eu.int / code / pdf / de / code_de.pdf zu erhalten ist. 142 s. o. Teil 2, A, I, 2, a), dd), (4). 143 Die Wendung: „Dasselbe gilt soweit wie möglich auch für juristische Personen wie Vereinigungen (NRO) und Unternehmen.“, entstammt erst einem angenommenen Änderungsvorschlag (Nr. 22), ABl. 2002 C 72 E / 335. 144 ABl. 2002 C 72 E / 337. 145 Vgl. hierzu die Broschüre „Der Europäische Kodex für gute Verwaltungspraxis“, S. 5. 140 141

4 Kürten

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

aa) Das Europäische Jahr der Sprachen 2001 Am 17. Juli 2000146 haben das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union mit Beschluß Nr. 1934 / 2000 / EG das Jahr 2001 zum „Europäischen Jahr der Sprachen147“ erklärt148. Parlament und Rat beziehen sich dabei in den dem Beschluß vorangestellten Begründungserwägungen (vgl. Erwägung Nr. 3149) u. a. ausdrücklich auf den bereits in diesem Zusammenhang dargestellten Art. 151 EG, welcher – wie gezeigt150 – eine Verankerung der sprachlichen Gleichbehandlung enthält. Dieses Thema nehmen nun das Parlament und der Rat in ihrem Beschluß auf, wenn es in Art. 2 a) mit der Überschrift Zielsetzungen (des Europäischen Jahres der Sprachen) heißt: „Das Europäischen Jahr der Sprachen hat folgende Zielsetzungen: es soll das Bewußtsein vertieft werden, welchen Reichtum die sprachliche und kulturelle Vielfalt in der Europäischen Union und welchen Wert dieser Reichtum für Kultur und Zivilisation darstellt, wobei der Grundsatz anzuerkennen ist, daß alle Sprachen den gleichen kulturellen Wert und die gleiche Würde haben.151“

Sehr deutlich schwingt in dieser Erwägung der Wortlaut des Art. 151 EG mit. Des weiteren findet sich in den Zielsetzungen das höchst begrüßenswerte Ansinnen, durch verschiedene Programme152 und Maßnahmen153 die Mehrsprachigkeit154 der EU-Bürger zu fördern155. ABl. 2000 L 232 / 1 ff. S. Baker / I. Resch / K. Carlisle / K. A. Schmidt, The Great Englisch Divide, Business Week- European Edition v. 13. 8. 2001, S. 36 (40), sehen hierin lediglich den Versuch der Kaschierung der Bedeutung der englischen Sprache, indem diese dem Finnisch und Griechisch pro forma gleichgestellt wird. Englisch sei die „de facto Sprache der EG.“ 148 s. Art. 1 Abs. 1 des Beschlusses über das Europäische Jahr der Sprachen 2001, ABl. 2000 L 232 / 3. 149 s. den Beschluß über das Europäische Jahr der Sprachen 2001, ABl. 2000 L 232 / 1. 150 s. o. Teil 2, A, I, 2, a), aa), (4). 151 Hervorhebung nicht im Original. 152 Wie z. B. die Gemeinschaftsprogramme Sokrates (unterstützt die europäische Zusammenarbeit auf allen Bildungsstufen um den Fremdsprachenunterricht und -erwerb zu fördern) und Leonardo da Vinci (Aktionsprogramm in der Berufsbildung zur Förderung der Mehrsprachigkeit). Umfassende Informationen zu den (Sprach-)Bildungsprogrammen der EU liefert die Internetseite der Kommission http: // europa.eu.int / comm / education / languages / de / actions / commactions.html. Vgl. ferner zu den Zielen der Sprachprogramme ABl. 2002 C 103 / 16. 153 Wie die Erstellung eines eigenen Internetangebotes zum Europäischen Jahr der Sprachen in allen 11 Amtssprachen der EU unter http: // www.eurolang2001.org / eyl / indexFull. htm. Allgemeine Informationen zum Jahr der Sprachen finden sich unter http: // europa. eu.int / comm / education / languages / de / actions / year2001.html. 154 Vgl. Art. 2 b) des Beschlusses über das Europäische Jahr der Sprachen 2001, ABl. 2000 L 232 / 3. 155 Kulturstaatsminister Nida-Rümelin plädierte in seinem Vortrag zum „Europäischen Jahr der Sprachen 2001“ auf der internationalen Konferenz der Gesellschaft für deutsche 146 147

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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Die Ausrufung eines „Europäischen Jahres der Sprachen 2001“ mit der gezeigten Zielsetzung verdeutlicht, daß das Prinzip sprachlicher Gleichberechtigung notwendige Konsequenz aus der Achtung vor dem kulturellen Wert aller Sprachen und des Erhalts der kulturellen und somit gerade auch der sprachlichen Vielfalt in der EU ist. Mithin handelt es sich bei dem Beschluß Nr. 1934 / 2000 / EG über das Europäische Jahr der Sprachen 2001 um ein Bekenntnis des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union zum Prinzip der sprachlichen Gleichbehandlung.

bb) Der Europäische Rat von Laeken Am 14. und 15. Dezember 2001 tagte in Laeken (Brüssel) unter belgischem Vorsitz der Europäische Rat156. Thematisch ging es – verkürzt gesagt – um die Umwandlung der Union in eine flexiblere und den Bürgern nähere Organisation sowie um die Vorbereitungen, die nötig wurden, im Hinblick auf die immer schärfere Konturen annehmende Erweiterung der EU (bis zu 25 Mitgliedstaaten) im Jahre 2004. Die in Laeken gefundenen Ergebnisse hierzu sind zusammengefaßt in den Schlußfolgerungen des Vorsitzes; dort v.a. in der „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“157. Von besonderem Interesse sind zwei Textstellen der Erklärung von Laeken. Zum einen handelt es sich um eine Aussage zum Selbstverständnis der Union. Unter der Überschrift „Europas neue Rolle in einer globalisierten Welt“ im ersten Abschnitt „Europa am Scheideweg“ heißt es: Europa sei der Kontinent „der Freiheit, der Solidarität, vor allem der Vielfalt, was auch die Achtung der Sprachen, Kulturen und Traditionen anderer einschließt.158“

In der „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“ findet sich folglich in vorgenannter Passage erneut das Bekenntnis zur Vielfalt, wobei auch ausdrücklich die Sprachenvielfalt Erwähnung findet. Insoweit enthält die Erklärung also wiederum einen Anknüpfungspunkt für das Vorhandensein einer Verankerung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung. Sprache (GfdS) in Brüssel am 26. 11. 2001 für Mehrsprachigkeit. Der Volltext des Vortrags findet sich unter http: // www.bundesregierung.de / dokumente / Rede / ix_6387_4979.htm 156 Hierzu R. Wägenbaur, Die Erklärung von Laeken zur Zukunft der EU, EuZW 2002, S. 65. 157 Eine PDF-Datei mit den Schlußfolgerungen des Vorsitzes zum Europäischen Rat in Laeken, in welcher auch die „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“ als Anhang I enthalten ist, ist abrufbar über die Startseite der EU unter http: // europa.eu.int / index_de.htm und dort unter der Rubrik Amtliche Dokumente / Schlußfolgerungen des Europäischen Rates. 158 Hervorhebung nicht im Original. 4*

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Zum anderen befindet sich in der Erklärung des weiteren auch eine „handfeste“ Sprachenregelung. Um die nächste Regierungskonferenz möglichst umfassend und transparent vorzubereiten, hat der Europäische Rat beschlossen, einen Konvent159 einzuberufen. Dieser wird unter seinem vom Rat ernannten Präsidenten Valéry Giscard d’Estaing160 die wesentlichen Fragen161 prüfen, welche die künftige Entwicklung der Union aufwirft162. Im dritten Abschnitt der Erklärung „Die Einberufung eines Konvents zur Zukunft Europas“ findet sich die Regelung zu den Arbeitsmethoden des Konvents. Besonderes Augenmerk verdient die Sprachregelung für die Arbeit des Konvents: „Der Konvent arbeitet in den elf Arbeitssprachen der Union.163“

Diese elf Arbeitssprachen stellen insgesamt alle offiziellen Staatssprachen der fünfzehn Mitgliedstaaten der Union dar. Diese Regelung bedeutet also für die Arbeitsweise des Konvents die Verankerung der sprachlichen Gleichberechtigung 164.

3. Sprachliche Gleichberechtigung als tradiertes Prinzip Das Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung kann nach alledem nur als fest verankertes und tradiertes Prinzip im Recht der Europäischen Union bezeichnet werden165. Es findet seinen Ursprung in den „Römischen Verträgen“ von 1957 und wurde stets in den danach erfolgten Regelungen über die authentischen Vertragssprachen übernommen. Darüber hinaus läßt es sich ebenfalls als Prinzip hinter ei159 Zur „Konvent-Methode“ vgl. P. Altmaier, Eine Verfassung für das bürgerliche Europa, FAZ v. 13. 6. 2003, S. 10; R. Wägenbaur, Die Erklärung von Laeken zur Zukunft der EU, EuZW 2002, S. 65. 160 Vgl. zu dessen Zielen und Hoffnungen, V. Giscard d’Estaing, Europas letzte Chance, SZ v. 23. 7. 2002, S. 9. 161 Zu denen zweifellos die Schaffung einer Europäischen Verfassung zählt. Zu dem Verfassungsentwurf, vgl. C. Wernicke, Giscard will föderales Europa und EU-Präsidenten, SZ v. 29. 10. 2002, S. 7. Zu den Verstimmungen die Giscard d’Estaing am 22. 4. 2003 mit seinem Vorschlag eines starken Ratspräsidenten hervorrief s. Institutional Mayhem, The Economist v. 26. 4. 2003, S. 21. 162 Vgl. dazu den Beginn des dritten Abschnitts der Erklärung „Die Einberufung eines Konvents zur Zukunft Europas“. 163 Vgl. den dritten Abschnitt der „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“ unter der Überschrift „Die Einberufung eines Konvents zur Zukunft Europas“ am Ende. 164 Allerdings beinhaltet die Sprachregelung des Konvents auch eine Außerachtlassung der Sprachen der Delegierten der Beitrittskandidaten, welche erstmals im Konvent sitzen; so der zutreffende Hinweis bei N. Jankowski / D. Weingärtner, Brüsseler Babylon, TAZ v. 25. 2. 2002, S. 5. 165 So auch T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (4) u. (7).

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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ner Reihe anderer – teilweise eher programmatisch gefaßter – Normativsätze im Recht der EU nachweisen. 4. Ableitung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung Fraglich ist noch die Ableitung dieses – im Recht der EU nachgewiesenen – Prinzips. Nachdem es sich auf zahlreiche Verankerungen im Gemeinschaftsrecht stützen kann, soll noch die Frage nach den dahinterstehenden, tieferliegenden Grundwerten der Gemeinschaft gestellt werden, aus denen sich das dargestellte Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung ergibt; m.a.W. also, was die vorgestellten Regelungen und Aktionen (wie das Europäische Jahr der Sprachen 2001) der EU – im Kern – gemeinsam haben. Richtet man erneut den Blick auf die genannten Regelungen und Aktionen der EU, so fallen drei diesen Normen bzw. sonstigen Verankerungen zugrundeliegende Gedanken auf. Es sind dies zum einen Konzepte von Gleichbehandlung bzw. Nichtdiskriminierung166 sowie zum anderen Ideen der Transparenz und Bürgernähe167 und die Achtung der nationalen Identität der Mitgliedstaaten durch Bewahrung der kulturellen Vielfalt168. Es läßt sich somit folgendes festhalten: Das Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung fußt zum überwiegenden Teil auf dem Gemeinschaftsgrundwert der Gleichbehandlung (der Mitgliedstaaten und deren Bürger), als auch auf den Ideen der Transparenz169 und Bürgernähe170, letzteres übrigens ein Konzept der EU, welches bitter nötig ist, um die – oft gescholtene – Entrücktheit Brüssels von seinen Bürgern zu überwinden171. Zusätzlich wohnt dem Prinzip der sprachlichen GleichSo in Art. 12 S. 1 EG, Art. 14, 6 Abs. 3 e) EMRK. Hierfür anführen lassen sich Art. 21 EG, Art. 41 Abs. 4, 43 EGRC, Art. 13 des Kodex für gute Verwaltungspraxis und der Europäischen Rates von Laeken bzw. der dortige Beschluß eines in den elf Sprachen arbeitenden Konvents. 168 Dieser Gedanke findet sich bei 149 Abs. 1, 151 Abs. 1 u. 4 EG, Art. 6 Abs. 3 EU, in der Präambel der EGRC, sowie in 22 EGRC und auch in den Beschluß über das Europäischen Jahr der Sprachen 2001 sowie schließlich in der „Erklärung von Laeken zur Zukunft der Europäischen Union“. 169 Zu der Notwendigkeit des möglichst unbeschränkten Zugangs zu Dokumenten als Element der Transparenz s. C. Bolesch, Ein Brüssel für die Bürger, SZ v. 15. 10. 2003, S. 9. 170 So ausdrücklich ausgesprochen in Rn. 27 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3, veröffentlicht unter http: // oami.eu.int / DE / diff / textes / JO705.htm; hierzu auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 11. 171 In diese Richtung auch Bundespräsident Johannes Rau in einer Rede im römischen Rathaus anläßlich eines Staatsbesuches in Italien; vgl. hierzu C. Kohl, Rau schlägt Zweikammersystem in der EU vor, SZ v. 17. 4. 2002, S. 7. Hinsichtlich der Informationen, welche die EU über das Internet seinen Bürgern zur Verfügung stellt, bleiben nach zahlreichen eigenen positiven Erfahrungen allerdings bereits jetzt kaum Wünsche offen. Insbesondere werden 166 167

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

berechtigung noch der Gedanke der Wahrung der kulturellen Vielfalt inne. Insbesondere über die Bestimmung des Art. 6 Abs. 3 EU hat sich die Union auf die Achtung der nationalen Identität festgelegt und damit auch den Anspruch begründet, jenes vielfach betonte Prinzip der kulturellen (und damit auch sprachlichen) Vielfalt zu schützen172. Die Ableitung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung verdeutlicht auch den gemeinschaftsverfassungsrechtlichen Kontext in den dieses Prinzip eingebettet ist. Bei einer Nichtbeachtung der sprachlichen Gleichberechtigung stehen höchste Gemeinschaftswerte auf dem Spiel, so daß Verstöße stets sehr kritisch zu würdigen sind173. 5. Bewertung der in den Verträgen erfolgten Sprachregelungen Insgesamt sind demnach die Regelungen der authentischen Vertragssprachen, welche auf dem gefestigten und vielfach verankerten Prinzip sprachlicher Gleichberechtigung fußen, als positiv zu bewerten. Letztendlich sind die Probleme174, die aus dem Nebeneinander verschiedener gleichermaßen gültiger Sprachfassungen entstehen, ein geringer Preis175 für den Erhalt kultureller Vielfalt, nationaler Identität sowie für Bürgernähe176 und lebendige Demokratie177.

6. Grundlagen für Sprachregelungen der einzelnen Gemeinschaftsorgane Die bisher vorgestellten sprachlichen Regelungen auf der Ebene des Primärrechts178 betreffen lediglich die Festlegung der authentischen Vertragssprachen, recht zügig und ausführlich auch Anfragen per E-Mail von den verschiedenen Gemeinschaftseinrichtungen beantwortet. 172 s. A. Bleckmann, Die Wahrung der „nationalen Identität“ im Unions-Vertrag, JZ 1997, S. 265 (269). 173 Hierzu s. u. Teil 2, C, III, 1. 174 Hierzu M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGHE 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 ff. 175 Ca. 2 Euro jährlich pro Unionsbürger, vgl. Antwort von Herrn Liikanen seitens der Kommission auf die schriftliche Anfrage E-0018 / 99 des Herrn McNally, ABl. 1999 C 297 / 135; sowie das Dokument „Der Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission – Zahlen und Fakten“, als PDF-Datei abrufbar unter http: // europa.eu.int / comm / translation / de / index.html. 176 Vgl. Art. 41 Abs. 4 EU-Grundrechtecharta u. Art. 21 Abs. 3 EG. 177 Vgl. hierzu auch A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 12.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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d. h. die für die Auslegung der Vertragstexte und deren Änderungen maßgeblichen Sprachen179. Diese Bestimmungen lassen allerdings einen in der Praxis enorm wichtigen Bereich aus: das Sprachregime für die alltägliche Arbeit der Organe unselbständiger oder selbständiger Einrichtungen der EU. Soll die Koordinierung und die reibungslose Arbeit in diesen Einheiten der Union gewährleistet werden, so ist eine genaue Reglementierung der zu verwendenden Sprachen für die interne Arbeit unerläßlich180. Darüber hinaus muß natürlich auch festgelegt werden, in welchen Sprachen die EU mit ihren Bürgern kommuniziert bzw. in welchen Sprachen sich die Unionsbürger an die EU wenden können181. Die ausführliche Regelung dieser sog. Sprachenfrage findet sich zum Teil in Verordnungsform auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts, in sekundärrechtlichen Gründungsakten der entsprechenden Institutionen oder aber erst in den jeweiligen Geschäftsordnungen. Um aber überhaupt im Sekundärrecht solche Regelungen zu treffen, muß im Primärrecht ein entsprechender Kompetenztitel verankert sein. Es gibt zwei zentrale Normen, welche sich mit einer solchen Kompetenzzuweisung182 befassen. Für den EGV enthält Art. 290 EG (Art. 217 a.F. EGV), für den EAGV Art. 190 EA eine entsprechende Regelung. Der gleichlautende Text dieser beiden Artikel ist: „Die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft wird unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen.“

Mit „Organe der Gemeinschaft“ sind die in Art. 7 Abs. 1 EG (Art. 4 Abs. 1 a.F. EGV) genannten Gemeinschaftsorgane183 – ausgenommen der EuGH – einschließlich der ihnen nachgeordneten unselbständigen Einrichtungen gemeint184. Der Rat hat, wenn er eine entsprechende Regelung erläßt, diese einstimmige zu treffen185. Das Erfordernis der Einstimmigkeit veranschaulicht das von den Mitgliedstaaten erkannte Gewicht der Sprachenfrage186.

178 Gemeint sind die Sprachregelungen die Verträge selbst betreffend in den Art. 100 KS, 314 EG, 225 EA, 53 EU. 179 Vgl. A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 1; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 1. 180 In diesem Sinne auch T. Oppermann, Europarecht, § 4, Rn. 180. 181 So auch J. Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, S. 1171. 182 Laut A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 2 ermächtigen Art. 217 EGV u. Art. 190 EAGV den Rat zur sekundärrechtlichen Regelung. Ebenso erblickt M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 290 EG, Rn. 1, in Art. 290 EG eine Kompetenz des Rates zum Erlaß einer Sprachenregelung in Form einer Verordnung. 183 Die sog. Hauptorgane. 184 So J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 3. 185 Zu einer solchen Beschlußfassung des Rates vgl. Art. 205 Abs. 3 EG (Art. 148 a.F. EGV). 186 In diese Richtung auch J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 1.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

II. Sprachregelungen auf der Ebene des europäischen Sekundärrechts 1. Die VO Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die EWG / EAG Aufgrund des Auftrages187 in Art. 217 EGV bzw. Art. 190 EAGV hat der Rat am 15. April 1958 in seiner ersten Verordnung die Regelung der Sprachenfrage sowohl für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft 188 (VO Nr. 1 EWG) als auch für die Europäische Atomgemeinschaft189 (VO Nr. 1 EAG) beschlossen. Diese beiden Verordnungen sind gleichlautend und schreiben in ihren Urfassungen in Art. 1 VO Nr. 1 EWG / EAG Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch als gleichberechtigte Amts- und Arbeitssprachen vor. Die weiteren Beitritte in den Jahren 1973 / 1981 / 1986 / 1995 hatten eine Ausweitung der ehemals vier auf nunmehr elf Amts- und Arbeitssprachen in Art. 1 VO Nr. 1 EWG190 zur Folge191. Markant an dieser Regelung ist, daß das Irische192 – obwohl authentische Vertragssprache des EGV193, EAGV194 u. des EUV195– fehlt. Die regional durchaus starke irische Sprache196 wurde wohl deshalb nicht berücksichtigt, weil in Irland Englisch allgemein gesprochen und verstanden wird197. Ansonsten sind die authentischen Vertragssprachen und die in Art. 1 VO Nr. 1 genannten Amts- und Arbeitssprachen identisch. Zwölf Vertragssprachen stehen somit nur elf Amts- und Arbeitssprachen gegenüber. Obwohl es nach dem Wortlaut der Art. 217 EGV bzw. Art. 190 EAGV denkbar gewesen wäre, daß der Rat sich aus Effektivitätsgründen für lediglich eine oder wenige zu verwendende Amts- und Arbeitssprachen entscheidet198, entschloß So die Formulierung bei J. Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, S. 1171. ABl. 1958 / 385. 189 ABl. 1958 / 401. 190 Hingegen wurde die VO Nr. 1 EAG nach der Urfassung von 1958 nicht mehr geändert, so daß die VO Nr. 1 EWG nunmehr die alleinige aktuelle Regelung der Sprachenfrage beinhaltet; was auch ohne erkennbare Diskussion so im Schrifttum akzeptiert wird. In den einschlägigen Kommentaren wird für die aktuelle Rechtslage nur auf die VO Nr. 1 EWG abgestellt, wohingegen die VO Nr. 1 EAG nur der Vollständigkeit halber Erwähnung findet. Im weiteren wird daher mit Zitierung der VO Nr. 1 auf die aktuelle Fassung der VO Nr. 1 EWG verwiesen. 191 Vgl. die schrittweisen Änderungen der VO Nr. 1 EWG in ABl. 1972 L 73 / 122; ABl. 1973 L 2 / 27; ABl. 1979 L 291 / 17; ABl. 1985 L 302 / 242 u. ABl. 1994 C 241 / 9. 192 D.h. Gälische. 193 Vgl. Art. 314 EG. 194 Vgl. Art. 225 EA. 195 Vgl. Art. 53 EU. 196 So sind z. B. irische Ortsschilder zweisprachig gehalten (Irisch / Englisch). 197 Vgl. J. Schwarze, Europäisches Verwaltungsrecht, S. 1172 m. w. N. 198 Vgl. A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 2. 187 188

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man sich – der bereits gezeigten Verfahrensweise seit den „Römischen Verträgen“ folgend – für die Beibehaltung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung als Ausfluß199 des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, von Transparenz und Bürgernähe und der Pflicht der Union zur Bewahrung der kulturellen Vielfalt200. Somit wurde sichergestellt, daß keine der bisherigen Staatssprachen benachteiligt wird201. Die in Ausführung von Art. 290 EG in der VO Nr. 1 getroffenen Sprachregelungen gelten über die Art. 28 Abs. 1 u. 41 Abs. 1 EU auch im Bereich der GASP202 und der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS)203. Für den Bereich der EGKS hat die Konferenz der Außenminister der Mitgliedstaaten der EGKS vom 23. bis 25. Juli 1952 ein „Protokoll über die Sprachregelung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ beschlossen204. Die dort befindliche Regelung der Amts- und Arbeitssprachen wurde jedoch durch die – stets aktualisierten – Regelungen in der VO Nr. 1 verdrängt205.

2. Die Unterscheidung zwischen Amts- und Arbeitssprache Die durch Art. 1 VO Nr. 1 – in Konkretisierung206 des nichtssagenden Terminus „Sprachenfrage“ in Art. 290 EG u. Art. 190 EA – eingeführten Begriffe der Amtsund Arbeitssprache sind im gesamten EU-Recht nicht näher definiert207. Damit 199 Diese Ableitung auch schon bei M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 11. 200 s. o. unter Teil 2, A, I, 4. 201 D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (235). 202 Für den Bereich der GASP galt dies bereits nach der dem Maastricht-Vertrag beigefügten Erklärung Nr. 29 zum Gebrauch der Sprachen im Bereich der GASP; vgl. auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (93), Fn. 50. 203 J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 4. 204 Unveröffentlicht, jedoch findet es sich bei J. Gaedke, Das Recht der EGKS, S. 100 f.; vgl. hierzu auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 5. 205 So auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (84). 206 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 5. 207 Vgl. M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 4. In Antwort auf die schriftliche Anfrage Nr. 1576 / 79 des Abgeordneten Patterson an den Rat der Europäischen Gemeinschaften was denn der Unterschied zwischen „Amtssprachen“ und „Arbeitssprachen“ i.S. der VO Nr. 1 sei, heißt es in ABl. 1980 C 150 / 17: „Was die Unterscheidung zwischen „Amtssprachen“ und „Arbeitssprachen“ betrifft, so möchte der Rat den Herrn Abgeordneten darauf aufmerksam machen, daß weder Artikel

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sich aber der volle Regelungsgehalt der VO Nr. 1 erschließen kann, muß eine handhabbare Definition dieser beiden Begriffe erfolgen.

a) Auslegung der Begriffe „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ Die Entscheidung, was unter den Begriffen Amts- und Arbeitssprache i. S. d. Art. 1 VO Nr. 1 zu verstehen ist, kann – in Anwendung der Methodik juristischer Arbeitsweise208 – nur ausgehend von einer den Grundsätzen der Normauslegung folgenden Betrachtung getroffen werden. Erst mit Hilfe dieses Auslegungsergebnisses kann dann eine Definition der Termini erfolgen, welche echte Rechtsanwendung und nicht etwa Rechtsschöpfung ist. Rechtsprechung und Lehre haben im Anschluß an die maßgeblichen Arbeiten Savignys209 auf diesem Gebiet einen Kanon von im wesentlichen vier Auslegungskriterien bei der Norminterpretation entwickelt. Man unterscheidet üblicherweise210 die wörtliche (d. h. grammatische), die systematische, die historische und die teleologische (auch Sinnauslegung genannte) Auslegung. Diese Kriterien sind nicht alternativ, sondern kumulativ211 zu verwenden, um vertretbare und methodisch abgesicherte Ergebnisse gewinnen zu können212. Bei einer solchen Auslegung des Art. 1 VO Nr. 1 ist zu beachten, daß es sich um eine Norm des Europarechts handelt213. Anders als bei Betrachtung einer rein nationalen Regelung214 verschiebt sich die Gewichtung einiger Aspekte der gebräuchlichen nationalen Auslegungsmethoden215, wobei wiederum verschiedene 217 des Vertrages zur Gründung der EWG noch die Verordnung zur Regelung der Sprachenfrage für die EWG [. . .] Hinweise hierfür enthält.“! Hiermit wollte der Rat bewußt den Auslegungsspielraum zugunsten einer flexiblen Sprachregelung insbesondere im internen Bereich der Organe erhalten. Gleichwohl müssen hier für eine juristische Diskussion Definitionen der Begriffe durch Auslegung erfolgen. 208 Umfassend hierzu im Hinblick auf die Methodik der Auslegung P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 206 ff. 209 Vgl. F. C. von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, S. 213 ff. 210 So auch P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 208. 211 „Gleichzeitig und nebeneinander“, so ausdrücklich BVerfGE 35 S. 263 (279) m.w.N; s. auch E. Kohler-Gehrig, Europarecht und nationales Recht – Auslegung und Rechtsfortbildung, JA 1998, S. 807. 212 So schon F. C. von Savigny, System des heutigen Römischen Rechts, S. 215. 213 Allgemein zur Auslegung von gemeinschaftsrechtlichen Normen vgl. A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 ff.; P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 ff.; O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 ff.; R. Streinz, Europarecht, § 8, Rn. 498 f. 214 Zu den Rückwirkungen des Europarechts auf die Auslegung nationalen Rechts vgl. M. Nettesheim, Auslegung und Fortbildung nationalen Rechts im Lichte des Gemeinschaftsrechts, AöR 1994, S. 261 ff.

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Gesichtspunkte des Europarechts, in das die fragliche Bestimmung ja eingebunden ist, u.U. erst hinzutreten216. Dieser Unterschied zwischen der Auslegung nationaler und europarechtlicher Normen folgt daraus, daß das Europäische Gemeinschaftsrecht eine Position zwischen dem Völkerrecht auf der einen und dem staatlichen Recht auf der anderen Seite einnimmt217. Nicht zuletzt ist noch auf den Rang der in den Blick genommenen Bestimmung zu achten. Wie dies in der Literatur überzeugend nachgewiesen wurde218, ist – in Anlehnung an die Gepflogenheiten des EuGH219 – bei der Auslegung durchaus ein Unterschied zwischen europäischem Primär- und Sekundärrecht220 zu machen. Diese unterschiedliche Behandlung soll zum einen daraus resultieren, daß das Primärrecht mehr dem Verfassungsrecht221 ähnelt und sich demnach eher eine objektivierte Auslegung anbietet, wohingegen das Sekundärrecht eine Affinität zum „einfachen“ Gesetzesrecht aufweist, die es rechtfertigt, dieses adressatenorientierter – also insgesamt subjektiver – zu deuten222. Zum anderen könnte eine unterschiedliche Betrachtung namentlich laut Bengoetxea aus der Überlegung gewonnen werden, daß das Primärrecht, als höchstrangige Rechtsquelle, den Rahmen für die Auslegung des (aus diesem abgeleiteten) Sekundärrechts vorgibt223.

215 Umfassend zu den verschiedenen Auslegungsmethoden des EuGH u. generell zur Bedeutung des Wortlauts in der Rechtsprechung des EuGH s. A. Bleckmann / H.-G. Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 1 ff. 216 Zu den möglichen Besonderheiten einer Auslegung von EU-Recht vgl. A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1179); E. Kohler-Gehrig, Europarecht und nationales Recht – Auslegung und Rechtsfortbildung, JA 1998, S. 807 (808); T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 681. 217 So T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 680. 218 Hierzu vor allem A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N.; im Anschluß an die Vorarbeit von A. Bleckmann auch P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456) m. w. N. 219 Zu der sehr speziellen Problematik des Auslegung der Ausnahme s. die Abhandlung von T. Schilling, Singularia non sunt extenda – Die Auslegung der Ausnahme in der Rechtsprechung des EuGH, EuR 1996, S. 44 ff. Zur Bedeutung des EuGH als einzig authentische „Auslegungsstation“ des Gemeinschaftsrechts s. J. Bast, in: von Bogdandy (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, S. 516. 220 Zu der so gewonnenen Dassonville-Formel vgl. O. Due, Pourquoi cette solution?, S. 261 (278); die Entscheidung selbst findet sich in EuGHE 1974, 837 ff., – Rs. 8 / 74. 221 Die Verträge als „Gemeinschaftsverfassung“. 222 So auch A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178), der die Unterschiede dezediert aufzeigt. 223 J. Bengoetxea, The legal reasoning of the European Court of Justice, S. 79.

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aa) Wörtliche Auslegung Zunächst ist bei der Auslegung von europäischem Sekundärrecht224 – wie auch bei innerstaatlichem einfachem Gesetzesrecht – grundsätzlich auf den Wortlaut225 der Norm als erstes226 Kriterium abzustellen227. Dabei ist der normale und natürliche Wortsinn des Normtextes – auch durch Heranziehung von Wörterbüchern228 – zu ermitteln229. Allerdings wird die Suche nach diesem Wortsinn dadurch enorm verkompliziert, daß es elf gleichermaßen gültige Sprachfassungen des Sekundärrechtes230 (und somit auch des hier interessierenden Art. 1 VO Nr. 1) gibt. Wollte man bei der Auslegung jedweder europäischer Norm stets alle elf authentischen Fassungen bemühen, würde der Arbeitsaufwand – ganz abgesehen von den sprachlichen Anforderungen an die Normanwender – den Rahmen des für die Rechtsanwendung Zumutund Machbaren sprengen. In solchen Auslegungssituationen hat dann aber zumindest ein stichprobenartiger Vergleich auch anderer Sprachfassungen zu erfolgen, um nicht den Blick national zu verengen. Eine solche Stützung allein auf eine Sprachfassung würde die Gefahr in sich bergen, daß sich der Rechtsanwender in der einzigen unklaren Sprachfassung verrennen könnte231. In hervortretenden

Wie hier in Gestalt einer VO. Generell zur Bedeutung des Wortlauts in der Rechtsprechung des EuGH s. A. Bleckmann / H.-G. Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 5 ff. 226 Üblicherweise beginnt die Auslegung mit dem Wortlaut gefolgt von der Systematik, der Historie und schließlich dem Telos (griechisch für Ziel), vgl. P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 215. 227 Zur Auslegung nach dem Wortsinn im Europarecht vgl. P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456); T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 682. 228 Hierzu BFH, NJW 1986, S. 1897 (1898). 229 So z. B. EuGHE 1961, 3 (42), -Rs. 30 / 59; EuGHE 1962, 1 (20 f.), -Rs. 10 / 61; weitere Nachweise finden sich bei A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178). 230 Vgl. hierzu den unterhaltsamen Paradefall aus der Rechtsprechung zu Textdivergenzen in einer Verordnung in EuGHE 1985, 1169, -Rs. 100 / 84. Näher zum „Fischfangfall“ auch B. Großfeld, Sprache und Schrift als Grundlage unseres Rechts, JZ 1997, S. 633 (635). Ferner zu den speziellen Auslegungsmethoden des EuGH aufgrund der mehrsprachigen Rechtstexte A. Arnull, The European Union and its Court of Justice, S. 522 ff. 231 So hat der EuGH in einer zweifelhaften Entscheidung in EuGHE 1996, I-5105 (I-5133), Rn. 18, -Rs. C-64 / 95 einem grenzüberschreitend gewerblich tätigen deutschen Marktbürger die Pflicht auferlegt, sich nicht nur auf die deutsche Fassung einer Verordnung zu verlassen. Diese war als einzige Sprachfassung nicht eindeutig, da sie das Wort „Süßkirschen“ statt „Sauerkirschen“ enthielt; dies erklärte der EuGH für unbeachtlich. Vgl. hierzu auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 13; P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). Kritisch auch R. Abele, Anm. zu EuGH, Urt. v. 27. 2. 1997 – Rs. C-177 / 95, EuZW 1997, S. 347, der durch den EuGH „eine konkludente Pflicht zur Kenntnisnahme (für den Marktbürger) in an224 225

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Zweifelsfällen sind dann alle Sprachfassungen heranzuziehen, um Klarheit zu schaffen232. C.I.L.F.I.T.-Rechtsprechung Maßgeblich für die Frage nach der Auslegung mehrsprachiger Rechtstexte ist die sog. C.I.L.F.I.T.-Entscheidung233 des EuGH, welche inzwischen auch fortgeführt234 wurde. In dieser hat sich der EuGH zur der Auslegungsproblematik mehrsprachiger Normen wie folgt geäußert: „Zunächst ist dem Umstand Rechnung zu tragen, daß die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in mehreren Sprachen abgefaßt sind und daß die verschiedenen sprachlichen Fassungen gleichermaßen verbindlich sind; die Auslegung einer gemeinschaftsrechtlichen Vorschrift erfordert somit einen Vergleich ihrer sprachlichen Fassungen. Sodann ist bei genauer Übereinstimmung der sprachlichen Fassungen zu beachten, daß das Gemeinschaftsrecht eine eigene, besondere Terminologie verwendet. Im übrigen ist hervorzuheben, daß Rechtsbegriffe im Gemeinschaftsrecht und in den verschiedenen nationalen Rechten nicht unbedingt den gleichen Gehalt haben müssen. Schließlich ist jede Vorschrift des Gemeinschaftsrechts in ihrem Zusammenhang zu sehen und im Lichte des gesamten Gemeinschaftsrechts, seiner Ziele und seines Entwicklungsstands zur Zeit der Anwendung der betreffenden Vorschrift auszulegen.“

Der Auszug aus der C.I.L.F.I.T.-Entscheidung des EuGH verdeutlicht nochmals die Schwierigkeiten der Auslegung des mehrsprachigen und gleich verbindlichen Gemeinschaftsrechts, wenn Abweichungen zu einem Rechtsstreit führen. Für die hier intendierte Auslegung der Begriffe Amts- und Arbeitssprache mag gleichwohl zunächst ein Vergleich der Wortwahl vierer Sprachfassungen (Deutsch, Französisch, Italienisch u. Niederländisch235) ausreichend sein. Sollte dies Zweifel an dem Normgehalt zu Tage fördern, müßten alle elf Fassungen miteinander verglichen und ein „gemeinschaftsrechtlicher Wortlaut“236 ermittelt werden. deren Sprachfassungen“ verlangt sieht. Diese Sichtweise wiederum als überzogen ablehnend M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGH 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (438). 232 Vgl. EuGHE 1967, 462 (473), -Rs. 19 / 67; EuGHE 1969, 419 (425), -Rs. 29 / 69; P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456); T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 683. 233 EuGHE 1983, 3415 (3430), -Rs. 283 / 81. 234 So etwa in EuGHE 1995, I-4291 (I-4299), Rn. 25 ff., -Rs. C-449 / 93; EuGHE 1999, I-6067 (I-6072), Rn. 9, -Rs. C-124 / 97; sowie in den Schlußanträgen der Generalanwälte Jean Mischo in EuGHE 2001, I-6561 (I-6572 f.), Rn. 40, -Rs. C-257 / 99 und Siegbert Alber in EuGHE 1998, I-8680 (I-8687), Rn. 35, -Rs. C236 / 97. 235 Die Auswahl gerade dieser vier Sprachen beruht auf der Überlegung, daß die VO Nr. 1 1958 in ihrer Urfassung in eben diesen Sprachen erlassen wurde. Von daher erscheint es logisch anzunehmen, daß in diesen vier ursprünglichen Fassungen das gemeinsame Verständnis von Amts- und Arbeitssprache Ausdruck gefunden hat und bei späteren Beitritten übernommen wurde. 236 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 683.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Der maßgebliche Passus der deutschen Fassung des Art. 1 VO Nr. 1 lautet: „Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Gemeinschaft sind . . .237“

Die Version in französischer Sprache ordnet im Article premier238 an: „Les langues officielles et les langues de travail des institutions de la Communauté sont . . .239“

In der italienischen Fassung heißt es in Articolo 1240: „Le lingue ufficiali e le lingue di lavoro delle istituzioni della Comunità sono . . .241“

Abgefaßt in Niederländisch lautet der Passus des Artikel 1242: „De officiële talen en de werktalen van de instellingen der Gemeenschap zijn . . . 243“

Um festzustellen, ob die verschiedenen Sprachfassungen vom Bedeutungsgehalt der im Deutschen verwendeten Begriffe „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ abweichen, ist zunächst der normale und natürliche Wortsinn dieser Termini zu ermitteln. (1) Der Begriff „Amtssprache“ Einen ersten Anhaltspunkt zum deutschen Begriffsverständnis244 kann der Duden245 liefern. Hiernach ist unter „Amtssprache“ die „offizielle Sprache eines Staates, die Sprache der Gesetzgebung und die in internationalen Organisationen zugelassene u. maßgebliche Sprache für Texte von Verträgen, Veröffentlichungen usw.“ zu verstehen246. In der deutschen juristischen Fachliteratur versteht man unter „Amtssprache“ in Ansehung des § 23 Abs. 1 VwVfG247 („Die Amtssprache ist Hervorhebungen nicht im Original. Règlement no 1 portant fixation du régime linguistique de la Communauté Économique Européenne. 239 Hervorhebungen nicht im Original. 240 Regolamento n. 1 che stabilisce il regime linguistico della Comunità economica europea. 241 Hervorhebungen nicht im Original. 242 Verordening nr. 1 tot regeling van het taalgebruik in de Europese Economische Gemeenschap. 243 Hervorhebungen nicht im Original. 244 Umfassend zu dem Begriff „Amtssprache“ M. Schlossmacher, Die Amtssprachen in den Organen der Europäischen Gemeinschaft, S. 17 ff. 245 Das traditionsreiche Wörterbuch Duden gilt als umfassende und authentische Dokumentation der deutschen Sprache und kann daher bei der grammatischen Auslegung konsultiert werden. Vgl. auch zur Heranziehung von Wörterbüchern bei der Auslegung von Normen BFH, NJW 1986, S. 1897 (1898). 246 Vgl. Erläuterung des Begriffes „Amtssprache“ im Duden. 247 Vgl. W. Clausen, in: Knack (Begr.), Verwaltungsverfahrensgesetz, § 23 VwVfG, Rn. 3; P. Stelkens / H. Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, § 23 237 238

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deutsch.“) und des § 184 GVG248 („Die Gerichtssprache ist deutsch.“) die „für das amtliche Verfahren zugelassene Nationalsprache“249. Kennzeichnendes Merkmal des Begriffes „Amtssprache“ ist somit die Kommunikation nach außen, also der offizielle externe Informationsaustausch z. B. zwischen einem Bürger und einer Behörde. Daher ist auch keine Divergenz zu den anderen Sprachfassungen, welche ausnahmslos von den offiziellen Sprachen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft sprechen250, zu konstatieren251. Recht klar scheint somit bereits nach der wörtlichen Auslegung zu sein, was unter „Amtssprache“ i. S. d. Art. 1 VO Nr. 1 zu verstehen ist. (2) Der Begriff „Arbeitssprache“ Unter dem Begriff „Arbeitssprache“ findet sich im Duden die Erklärung, daß es sich um „die Sprache, in der ein Übersetzer hauptsächlich arbeitet, bzw. um die Verhandlungssprache z. B. einer Tagung“ handele252. Vom gewöhnlichen Sprachverständnis her ist es denkbar, „Arbeitssprache“ schlicht auch als die Sprache, in welcher bei der täglichen Arbeit kommuniziert wird, zu verstehen. Jedenfalls kann trotz des nicht klaren Wortlauts festgestellt werden, daß sich gegenüber den zum Vergleich herangezogenen Sprachversionen keine Unterschiede zeigen; dort ist auch immer von „den Sprachen der Arbeit“ die Rede253. Für den Begriff „Arbeitssprache“ scheint es mithin angebracht, wegen des nicht klaren Wortlauts bzw. dessen Bedeutung auf weitere Auslegungskriterien zurückzugreifen; dabei kann dann VwVfG, Rn. 3. Näher zu § 23 Abs. 1 VwVfG auch A. Theme, Sprache und Gesetzgeber, S. 179 f. m. w. N. 248 Vgl. O. R. Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, § 184 GVG, Rn. 1 ff.; vgl. ferner zur sprachlichen Bedeutung u. zur Historie des § 184 GVG: A. Theme, Sprache und Gesetzgeber, S. 176 f. m. w. N. 249 Vgl. Erläuterung des Begriffes „Amtssprache“ bei H. Tilch (Hrsg.), Deutsches-Rechtslexikon m. w. N. 250 Vgl. Articolo 1 Regolamento n. 1 che stabilisce il regime linguistico della Comunità economica europea: „lingue ufficiali“, Article premier Règlement no 1 portant fixation du régime linguistique de la Communauté Économique Européenne: „langues officielles“, Artikel 1 Verordening nr. 1 tot regeling van het taalgebruik in de Europese Economische Gemeenschap: „officiële talen“. 251 Man hätte also in der deutschen Fassung ebenso gut auch von „den offiziellen Sprachen“ reden können, allerdings ist gerade die Verwendung von sog. Substantivformen ein kennzeichnendes Merkmal des „Amtsdeutsch“, vgl. Erklärung des Begriffs „Amtsdeutsch“ im Duden u. Erläuterung des Begriffes „Amtssprache“ bei H. Tilch (Hrsg.), DeutschesRechtslexikon. 252 Vgl. Erläuterung des Begriffes „Arbeitssprache“ im Duden. 253 Vgl. Articolo 1 Regolamento n. 1 che stabilisce il regime linguistico della Comunità economica europea: „lingue di lavoro“, Article premier Règlement no 1 portant fixation du régime linguistique de la Communauté Économique Européenne: „langues officielles“, Artikel 1 Verordening nr. 1 tot regeling van het taalgebruik in de Europese Economische Gemeenschap: „werktalen“.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

auch das Ergebnis der wörtlichen Auslegung von „Amtssprache“ überprüft werden254. bb) Systematische Auslegung Als Auslegungskriterium kann weiterhin die systematische255 Stellung einer Norm herangezogen werden256. Die systematische Methode legt die Norm anhand ihrer systematischen Stellung zu den anderen Normen und der Gesamtheit der Regelung unter Berücksichtigung der Stellung und Funktion in der organisierten Gesamtheit aus257. Insbesondere dadurch, daß Art. 1 VO Nr. 1 die Begriffe „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ unterscheidet, bietet sich hier die systematische Auslegungstechnik an. Dies insofern, als daß über die Stellung und Verwendung der Begriffe in der gesamten VO Nr. 1 weitere Rückschlüsse auf die Bedeutung des Terminus „Arbeitssprache“ möglich erscheinen. Bei der Betrachtung der VO Nr. 1 fällt auf, daß der in Art. 1 VO Nr. 1 eingeführte Begriff „Arbeitssprache“ in der gesamten Verordnung nicht mehr vorkommt, wohingegen der Begriff der „Amtssprache“ in den Art. 2, 4, 5 u. 8 VO Nr. 1 aufgegriffen wird. Gemäß dem zu dem Terminus „Amtssprache“ bereits durch die wörtliche Auslegung erreichten Verständnis taucht der Begriff der „Amtssprache“ immer dann auf, wenn es sich in einem weiteren Sinne um Kommunikation im Außenbereich handelt. Sei es, daß es um Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten und den EU-Bürgern (wie in Art. 2 u. 8 VO Nr. 1), sei es, daß es um Veröffentlichungen der EU von allgemeinem Interesse (so in Art. 4 u. 5 VO Nr. 1) geht. Deshalb muß das Verständnis von „Arbeitssprache“ in dem Kontrast zu dem Begriff „Amtssprache“ gesucht werden. Indirekt wird in den Art. 6 u. 7 VO Nr. 1 auf den Begriff der „Arbeitssprache“ Bezug genommen, wenn dort jeweils die „Sprachenfrage“ erwähnt wird. Dies folgt daraus, daß die Begriffe der Amts- und Arbeitssprache in Konkretisierung des Terminus „Sprachenfrage“ in Art. 290 EG u. Art. 190 EA eingeführt wurden258. Art. 6 254 Zur Überprüfung der Ergebnisse einer grammatikalischen Auslegung durch die systematische u. die teleologische Methode vgl. E. Kohler-Gehrig, Europarecht und nationales Recht – Auslegung und Rechtsfortbildung, JA 1998, S. 807 (809) m. w. N. 255 Zur systematischen Methode des EuGH s. A. Bleckmann / H.-G. Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 28 ff. 256 Zur systematischen Auslegung im Europarecht vgl. A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N.; P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456) m. w. N.; T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 684; R. Streinz, Europarecht, § 8, Rn. 498. 257 Vgl. P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456) m. w. N. 258 s. o. Teil 2, A, II, 2.

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VO Nr. 1 ordnet an, daß die Organe der Gemeinschaft in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie die Regelung der Sprachenfrage (die in der VO Nr. 1 enthalten ist) im einzelnen anzuwenden ist. Art. 7 VO Nr. 1 spricht davon, daß die Sprachenfrage für das Verfahren des Gerichtshofes in dessen Verfahrensordnung geregelt wird. Bemerkenswert an diesen beiden Regelungen ist nun, daß sie im Gegensatz zu den Normen der VO Nr. 1 in denen das Wort „Amtssprache“ verwendet wird, nur Regelungen der Sprachenfrage für den internen Bereich betreffen. Angesprochen werden somit nur solche Bereiche der täglichen Arbeit des Gerichtshofes und der EU-Organe, die keine unmittelbare außenbezogene Kommunikation aufweisen. Daraus läßt sich der Schluß ziehen, daß mit dem Begriff der „Arbeitssprache“ der Innenbereich, in Kontrast dazu mit dem Terminus „Amtssprache“ der Außenbereich von EU-Tätigkeit gemeint sein muß. Dieses durch die systematische Auslegung gefundene Ergebnis deckt sich auch mit den oben gewonnenen Erkenntnissen bei der wörtlichen Auslegung von „Amtssprache“.

cc) Historische Auslegung Ferner kann zur Auslegung die historische259 Methode verwendet werden260. Diese untersucht die Entstehungsgeschichte einer Norm, inklusive verfügbarer Motive und Protokolle zur Phase der Gesetzgebung, um den objektiven Inhalt zu erschließen261. Der EuGH verwendet bei der Auslegung von Sekundärrecht neben Wortlaut, Systematik und Telos ebenfalls die Entstehungsgeschichte einer Norm262, sofern diese in öffentlich zugänglichen263 Dokumenten ihren Niederschlag gefunden hat264. Soweit erkennbar hat das damalige Verständnis des Normgebers zu den Begriffen „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ bei Schaffung der VO Nr. 1 – ebenso bei der VO Nr. 1 EAG – im Jahre 1958 keine Spuren in öffentlich zugänglichen Doku259 Zur historischen Auslegung durch den EuGH s. A. Bleckmann / H.-G.Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 40 ff. 260 Zur historischen Auslegung im Europarecht vgl. A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N.; P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456) m. w. N.; T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 687; R. Streinz, Europarecht, § 8, Rn. 498. 261 P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 211. 262 So z. B. in EuGHE 1969, 349 (356 f.), Rn. 8 ff., -Rs. 14 / 69; EuGHE 1970, 1233 (1240 f.), Rn. 6 ff., -Rs. 34 / 70; A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N.; P. Meyer, Die Grundsätze der Auslegung im Europäischen Gemeinschaftsrecht, Jura 1994, S. 455 (456). 263 Zugänglich insbesondere für die Gerichte der Mitgliedstaaten und den Parteien des Verfahrens. 264 So in EuGHE 1976, 153 (157), -Rs. 94 / 75; EuGHE 1976, 1639 (1665), -Rs. 28 / 76; EuGHE 1979, 2693 (2701), -Rs. 260 / 78; A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N.

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menten hinterlassen265. Klar ist nur, angesichts der Aufträge zur Regelung der Sprachenfrage in den Art. 217 EGV bzw. Art. 190 EAGV, daß die auszulegenden Begriffe den Terminus „Sprachenfrage“ in diesen Artikeln konkretisieren sollten266. Dies läßt allerdings keine weiteren Schlüsse über die gesuchte Begriffsbedeutung zu. Mangels Anhaltspunkten kann die historische Auslegung nicht zur weiteren Begriffskonturierung dienen267. dd) Sinnauslegung Abschließend kann bei der Auslegung noch die teleologische268 Methode (Sinnauslegung) Verwendung finden. Diese forscht nach Sinn und Zweck einer Norm, der ratio legis269. Herangezogen werden dabei das gesamte Rechtssystem, die Rechtsgeschichte, der Wille des Gesetzgebers sowie die veränderlichen sozialen Gegebenheiten, welche in der in einer Norm enthaltenen Interessenabwägung erkennbar werden270. Die teleologische Auslegung bedient sich somit am umfassendsten von den unterschiedlichen Auslegungsmethoden verschiedener Anhaltspunkte zur Sinnermittlung einer Norm. Ihr Ansatz ist zum einen historisch-genetisch, als auch systematisch und durch den Bezug auf die – wandelbaren – sozialen Gegebenheiten ebenfalls auch sehr aktuell. Von daher kann man die Sinnauslegung auch als eine Art „Abrundung“ der anderen Auslegungsmethoden begreifen, weshalb ihre Anwendung auch am Schluß der Betrachtung einer Norm erfolgen sollte271. Besonders im Rahmen der teleologischen Auslegung – aber auch bei den anderen Auslegungskriterien – europarechtlicher Rechtssätze hat der sog. „effet utile“, also der „Effektivitätsgrundsatz“ im Europarecht, durch die Rechtsprechung des EuGH seine Ausprägung erlangt272. Dieser Grundsatz besagt, daß diejenige Lesart 265 Ohne weitere Anhaltspunkte bleibt in diesem Zusammenhang auch die Analyse des immerhin schon aus dem Jahre 1952 stammenden „Protokoll(s) über die Sprachregelung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ (unveröffentlicht); abgedruckt bei J. Gaedke, Das Recht der EGKS, S. 100 f. In diesem Protokoll werden die Begriffe „Amtssprache“ u. „Arbeitssprache“ vorausgesetzt u. nicht näher definiert. 266 So schon oben Teil 2, A, II, 2. 267 Zu dem teilweise recht geringen Wert der historischen Methode bei der Auslegung von Europarecht vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 687, diese sei eher „Hilfsmittel oder Fingerzeig“. 268 Zu der teleologischen Methode des EuGH s. A. Bleckmann / H.-G. Pieper, in: Dauses (Hrsg.), Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, B. I, Rn. 25 ff. 269 T. Oppermann, Europarecht, § 7, Rn. 685. 270 P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 212. 271 So auch P. J. Tettinger, Einführung in die juristische Arbeitstechnik, § 6, Rn. 215 ff. 272 Zur teleologischen Auslegung unter Berücksichtigung des effet utile s. E. Kohler-Gehrig, Europarecht und nationales Recht – Auslegung und Rechtsfortbildung, JA 1998, S. 807 (810) m. w. N.

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einer Norm zu wählen ist, welche ihr – im Hinblick auf die Vertragsziele – die „größte Nutzwirkung“ verleiht273. Die Auslegung der VO Nr. 1 nach deren Sinn und Zweck wird dadurch vereinfacht, daß sekundärrechtlichen Normen – aufgrund der in Art. 253 EG (Art. 190 a.F. EGV) statuierten Begründungspflicht274 – in ihren jeweils vorangestellten Präambeln Begründungserwägungen enthalten, welche für die Erforschung des Telos herangezogen werden können275. Der vorangestellte Text der VO Nr. 1 lautet: „Der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, gestützt auf Artikel 217 des Vertrages, nach dem die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen wird, in der Erwägung, daß jede der vier Sprachen, in denen der Vertrag abgefaßt ist, in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Amtssprache ist, hat folgende Verordnung erlassen: . . .“276

Auf den ersten Blick enthält diese Begründungserwägung wenig Aussagekraft über das Verständnis des Normgebers von den Begriffen „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“. Schaut man sich allerdings die folgende Wendung genau an, bieten sich durchaus verwertbare teleologische Anhaltspunkte: „. . . in der Erwägung, daß jede der vier Sprachen, in denen der Vertrag abgefaßt ist, in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Amtssprache ist,277“

Indem der Rat der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft als Normgeber in der Begründungserwägung zu seiner VO Nr. 1 ausdrücklich darauf verweist, daß die vier Vertragssprachen des EWGV jeweils auch Amtssprachen in einem oder in mehreren der Mitgliedstaaten der EWG sind, nimmt er Bezug auf das Verständnis von „Amtssprache“ wie es in den jeweiligen Mitgliedstaaten vorherrscht. Dies wiederum läßt darauf schließen, daß der Begriff „Amtssprache“, wie er in der VO Nr. 1 verwendet wird, dem entspricht, was man unter diesem im jeweiligen nationalen

273 St. Rspr. vgl. nur EuGHE 1955 / 56, 197 (312), -Rs. 8 / 55, „. . . vernünftige und zweckmäßige Weise . . .“; EuGHE 1970, 825 (838), Rn. 5, -Rs. 9 / 70, „. . . würde die nützliche Wirkung (effet utile) einer solchen Maßnahme abgeschwächt . . .“; EuGHE 1974, 33 (38), Rn. 2, -Rs. 166 / 73; EuGHE 1980, 119 (131), Rn. 17, -Rs. 792 / 79 R. Siehe zuletzt die Schlußanträge des Generalanwalts Alber zu EuGH Urt. v. 12. Juli 2001, Rn. 71, Rs. C-500 / 99 P, im Internet einsehbar von der Suchmaske unter http: // europa.eu.int / jurisp / cgi-bin / form. pl?lang=de aus. 274 Speziell zur Begründungspflicht u. deren Wert in der teleologischen Auslegung s. E. Kohler-Gehrig, Europarecht und nationales Recht – Auslegung und Rechtsfortbildung, JA 1998, S. 807 (810). 275 Zur Heranziehung der gem. Art. 253 EG erforderlichen Begründungserwägungen s. auch A. Bleckmann, Zu den Auslegungsmethoden des Europäischen Gerichtshofes, NJW 1982, S. 1177 (1178) m. w. N. 276 Es folgt der Text der VO Nr. 1. 277 Hervorhebungen nicht im Original.

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Recht versteht, da dieses die Regelungen enthält, welche die nationale Amtssprache festlegen, auf die wiederum der Rat in seiner Begründungserwägung Bezug nimmt. Führt man sich diese Vorstellung des Rates von dem Begriff „Amtssprache“ vor Augen, dann kann die ratio legis der VO Nr. 1 nur darin bestehen, den Terminus „Arbeitssprache“ von dem der „Amtssprache“ zu kontrastieren, andernfalls die Prägung verschiedener Begriffe sinnlos wäre. Diese Unterscheidung muß nun angesichts des effet utile so beschaffen sein, daß der Vertragszweck gefördert bzw. die Handlungsfähigkeit der Organe erhöht wird. Zurückgehend auf die Ergebnisse der wörtlichen und der systematischen Auslegung278 kann unter „Arbeitssprache“ daher nur – in Abgrenzung von „Amtssprache“ – die Sprache für den internen täglichen Gebrauch innerhalb der EU-Organe gemeint sein. Diese Schlußfolgerung macht auch in Anbetracht des effet utile Sinn, denn sollten in der täglichen Arbeit stets alle Amtssprachen der Mitgliedstaaten verwendet werden, wäre allein die Übersetzungsflut – wenn man jedes Arbeitspapier übersetzte – nicht praktikabel. Dieser hohe Übersetzungsaufwand würde die Handlungsfähigkeit der EU beschränken, da sich der Arbeitsprozeß verlangsamte.

b) Ergebnis der Auslegung und Definitionsbildung Die Auslegung spricht – wie gezeigt – bei den Kriterien des Wortsinns, der Systematik und des Telos dafür, die Begriffe „Amtssprache“ und „Arbeitssprache“ als Gegensatzpaar der externen und der internen Kommunikation zu begreifen. Das indifferente Bild der historischen Auslegung ändert daran nichts. Mit Hilfe dieses Ansatzes läßt sich nun auch eine rechtlich haltbare und nachvollziehbare Definition der Begriffe gewinnen, welche der Methodik juristischer Arbeitsweise folgt279. aa) Die Definition von Amtssprache Amtssprache i. S. d. Art. 1 VO Nr. 1 ist diejenige Sprache, welche von den Organen, den unselbständigen oder selbständigen Einrichtungen der EU im Rechtsverkehr nach außen280 zu verwenden ist281. s. o. Teil 2, A, II, 2, a), aa) und bb). In der Literatur wird ohne nähere Begründung, ja meist ohne das eine Definition erfolgt, schlicht auf den Gegensatz von interner (Arbeitssprache) und externer (Amtssprache) Kommunikation abgestellt. So z. B. bei J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 11; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 4; D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (235); T. Oppermann, Europarecht, § 4, Rn. 181; ders., Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2664). 280 Das Merkmal der nach außen gerichteten Kommunikation prägt auch bei R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 6, den Begriff der Amtssprache. 278 279

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bb) Die Definition von Arbeitssprache Arbeitssprache i. S. d. Art. 1 VO Nr. 1 ist diejenige Sprache, welche von den Organen, den unselbständigen oder selbständigen Einrichtungen der EU intern282 (z. B. bei nicht öffentlichen Sitzungen), mithin also im täglichen Arbeitsablauf283 zu verwenden ist284. 3. Gemeinsame Vorschriften nach der VO Nr. 1 Die VO Nr. 1 enthält neben der grundsätzlichen Gleichstellung der Amts- und Arbeitssprachen (Art. 1 VO Nr. 1) in den Art. 2 bis 5 und in Art. 8 VO Nr. 1 einige Vorschriften, welche auf die in Art. 7 Abs. 1 EG aufgezählten Organe – mit Ausnahme des EuGH – einschließlich der ihnen nachgeordneten unselbständigen Einrichtungen anwendbar sind. Für den in Art. 7 Abs. 2 EG genannten Wirtschafts- und Sozialausschuß (WSA) und den Ausschuß der Regionen (AdR) sowie die übrigen selbständigen Institutionen285 kann die Sprachenfrage unter Beachtung vertraglicher Bindungen und sonstiger Gemeinschaftsprinzipien in den Geschäftordnungen oder in dem jeweiligen sekundärrechtlichen Gründungsakt geregelt werden286. Die vorgestellten Regelungen der VO Nr. 1 beziehen sich zum einen auf die Sprachenwahl im Verkehr mit den Mitgliedstaaten, ihren Rechtsunterworfenen sowie den Gemeinschaftsorganen und umgekehrt. Zum anderen finden sich Vorschriften zur Sprachenwahl bei Veröffentlichung von Schriftstücken mit allgemeiner Geltung. a) Schriftverkehr zwischen Gemeinschaftsorganen, Mitgliedstaaten und Bürgern Nach Art. 2 VO Nr. 1 kann ein Mitgliedsstaat oder einer seiner Bürger Schriftstücke, welche er an Gemeinschaftsorgane richtet, nach freier Wahl in einer der 281 s. hierzu die zutreffenden – allerdings nicht durch Auslegung begründeten – Definitionen bei P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (2); H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (194). 282 Hier stellt R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 6, ebenfalls zutreffend auf die interne Kommunikation als kennzeichnendes Element des Begriffs Arbeitssprache ab. 283 Darauf hebt auch besonders M. Schlossmacher, Die Amtssprachen in den Organen der Europäischen Gemeinschaft, S. 82 ab. 284 Vgl. abermals die Definitionen bei P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (2 f.); H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (194). 285 Wie das sog. Markenamt in Alicante, Spanien. 286 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 3.

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elf Amtssprachen abfassen287; die Antwort ist dann in derselben Sprache zu erteilen. Richtet umgekehrt ein Gemeinschaftsorgan ein Schriftstück an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt dieses Staates unterworfene Person, so ist gem. Art. 3 VO Nr. 1 die Sprache des Empfängers zu verwenden. Ist der Adressat ein Mitgliedstaat mit mehreren Amtssprachen, so sind dessen nationale Normierungen zur Festlegung der offiziellen Staatssprache maßgeblich zur Bestimmung der Empfängersprache, Art. 8 VO Nr. 1. Dabei ist es dann aber unschädlich, wenn ein Organ der Gemeinschaft das Schriftstück dem Adressaten (Mitgliedstaat oder Bürger) zusätzlich288 auch in anderen Sprachfassungen übermittelt. Denn in diesem Fall ist dem Art. 3 VO Nr. 1 Genüge getan, da ja die unter anderem „richtige“ Sprache gewählt wurde289. M.a.W. liegt kein Verstoß gegen Art. 3 VO Nr. 1 vor, wenn das Schriftstück nicht ausschließlich in der richtig gewählten Sprache übersandt wird.

b) Veröffentlichung von Schriftstücken aa) Allgemeingültige und diesen vergleichbare Schriftstücke Gem. Art. 4 VO Nr. 1 sind Verordnungen290 und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung in den elf Amtssprachen abzufassen. Andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung sind dabei jedenfalls verbindliche Rechtsakte mit allgemeiner Wirkung und einem unbestimmten Adressatenkreis wie Richtlinien und staatenadressierte Entscheidungen291. Das Erfordernis, diese – allesamt rechtsverbindlichen – Schriftstücke in allen elf Amtssprachen abzufassen, ist Ausfluß des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Klar287 Bisweilen wird Antragsstellern allerdings von EU / EG- Bediensteten nahegelegt, sich sprachlich dem bearbeitenden Beamten anzupassen, D. Haus / F.C. Haus, Ferienkurs des Forschungsinstituts für Wirtschaftsverfassung und Wettbewerb e.V. (FIW) vom 29.9. – 1.10. 1999, Jura 2000, S. 52 (53), im Zweifelsfalle wird dies Englisch sein. 288 Mißverständlich, da unter Auslassung des – in diesem Zusammenhang unverzichtbaren – Wortes „zusätzlich“ A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5. Wie hier zutreffend M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 6; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 8. 289 So ausdrücklich EuGHE 1975, 1663 (1954), -Verbundene Rs. 40 bis 48, 50, 54 bis 56, 111, 113 und 114 / 73. 290 Vgl. hierzu Art. 249 EG (Art. 189 a.F. EGV). 291 Vgl. R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 8; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 9.

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heit und Transparenz sowie der Rechtssicherheit292. Schon aus Gründen des in Art. 6 Abs. 1 EU verankerten Demokratieprinzips293 kann keinem Rechtssubjekt, welches der Gesetzgebung der Gemeinschaft unterworfen ist, ein Rechtsakt entgegengehalten werden, bevor nicht die Möglichkeit der Kenntnisnahme in der eigenen Sprache besteht294. Daß man etwa fremdsprachliche Rechtssätze gegen sich gelten lassen müßte, ließe sich schwerlich mit dem europäischen Demokratieverständnis vereinbaren. Vom Telos der Norm her sind aber auch andere abstrakt-generelle Rechtsakte und Willensäußerungen, denen die Verbindlichkeit fehlt (z. B. Empfehlungen, Stellungnahmen und Auftragsausschreibungen), aus Gründen der Rechtssicherheit und Gleichbehandlung in allen Amtssprachen abzufassen295. Im Gegensatz zu den rechtsverbindlichen Schriftstücken, bei denen rechtsstaatliche Aspekte überwiegen, erhält das Gleichbehandlungsprinzip der Mitgliedstaaten und deren Bürger bei nicht rechtsverbindlichen Schriftstücken den Vorrang und bildet den Grund der mehrsprachigen Redaktionspflicht296.

bb) Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Art. 5 VO Nr. 1 legt – wie eigentlich schon aus Art. 4 VO Nr. 1 hätte geschlossen werden können – fest, daß das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in allen elf Amtssprachen zu erscheinen hat. Angesichts der Funktion des Amtsblattes als Publikationsorgan (vgl. Art. 254 Abs. 1 u. 2 EG) der Gemeinschaft ist es nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit, den Inhalt allen Mitgliedstaaten und EUBürgern gleichermaßen in deren Sprachen zur Kenntnis zu bringen. Wenn man sich vor Augen führt, daß die Richtlinien und Verordnungen ohnehin als allgemeingültige Schriftstücke in allen elf Amtssprachen abzufassen sind, dann folgt daraus logischerweise die Pflicht, sie auch in derselben (mehrsprachigen) Weise in dem dafür vorgesehenen Publikationsorgan zu veröffentlichen.

292 A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5. 293 Hierzu T. Kingreen, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 6 EU, Rn. 4; W. Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 189 EG, Rn. 6 f. 294 Vgl. auch zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme EuGHE 1979, 70 (72), -Rs. 98 / 78. 295 So auch A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 8. 296 A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 6.

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4. Die Sprachenregelung in den einzelnen Gemeinschaftsorganen Neben den in der VO Nr. 1 geregelten gemeinsamen Vorschriften gibt es in den von der Verordnung betroffenen Organen u. Einrichtungen297 eine Reihe besonderer sprachlicher Regelungen. Die VO Nr. 1 öffnet sich für solche speziellen, z.T. von Organ zu Organ recht unterschiedlichen Regelungen in Art. 6 VO Nr. 1, welcher lapidar formuliert: „Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie diese Regelung der Sprachenfrage im einzelnen anzuwenden ist.“

Der Wortlaut der Bestimmung scheint den Organen zunächst überraschend viel Freiraum bei der Gestaltung sprachlicher Regelungen zu gewähren. Insbesondere die Wendung: „. . . diese Regelung der Sprachenfrage . . .“ mutet an wie eine völlige Anheimstellung der Gesamtregelung der VO Nr. 1 an die Geschäftsordnungsautonomie der Gemeinschaftsorgane. Noch weitgehender in der Formulierung und daher äußerst mißverständlich298 zeigt sich die entsprechende englische Fassung von Article 6 Regulation No 1 determining the languages to be used by the European Economic Community: „The institutions of the Community may stipulate in their rules of procedure which of the languages are to be used in specific cases.“

Eine Übersetzung ins Deutsche müßte wie folgt lauten: „Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, welche der Sprachen in bestimmten Fällen zu gebrauchen sind.“

Der Vergleich der englischen und der deutschen Fassung veranschaulicht das Grundproblem des Art. 6 VO Nr. 1: Es ist die Frage nach der Reichweite des den Organen in dieser Bestimmung überlassenen Spielraumes bei der Festlegung sprachlicher Regelungen in Übereinstimmung mit bzw. abweichend von der VO Nr. 1299. Diese Bestimmung wird z.T. so verstanden, daß die Organe die nicht näher normierte Unterscheidung zwischen Amts- und Arbeitssprache in eigener Verantwortung treffen können300.

297 Für Aufbau, Funktion u. Organisation der Organe vgl. die ausführliche Darstellung bei T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 247 bis 394. 298 So A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 3, Fn. 5 m. w. N. 299 Vgl. hierzu A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 3. 300 Sehr weitgehend etwa M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 4.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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Dies kann so nicht richtig sein. Ein solches Verständnis würde die grundsätzliche301 Gleichstellung302 und die Unterscheidung von Amts- und Arbeitssprache in Art. 1 VO Nr. 1 völlig entwerten und letztlich auch die gemeinsamen Vorschriften der VO Nr. 1 weitgehend überflüssig machen. Vielmehr beansprucht jede Verordnung der Gemeinschaft gem. Art. 249 Abs. 2 EG allgemeine Geltung und Beachtung; d. h. dann aber, daß für die Organe hinsichtlich sprachlicher Regelungen in ihren Geschäftsordnungen nur Spielräume bestehen, soweit diese auch in der VO Nr. 1 angelegt sind. M.a.W. können die Organe nur dort gestalten, wo die VO Nr. 1 nicht schon selbst verbindlich regelt303. Verbindliche Regelungen sind die in der VO Nr. 1 getroffenen gemeinsamen Bestimmungen, so daß dieser Bereich der eigenen Gestaltung der Organe per se entzogen ist. Wie aber die Auslegung der Begriffe Amts- u. Arbeitssprache anhand der Bestimmungen der VO Nr. 1 ergab304, enthält die Verordnung in ihren gemeinsamen Bestimmungen lediglich Normierungen für die Anwendung von Sprache in der externen Kommunikation. Mithin wird hierin die Verwendung der Amtssprachen geregelt. Einzig der interne Bereich – der Bereich der Arbeitssprachen – ist in der VO Nr. 1 nicht bereits ausführlich geregelt. Somit ergibt sich der Schluß, daß durch Art. 6 VO Nr. 1 den Organen einzig die Regelungen der Arbeitssprachen für den internen305 Geschäftsbetrieb verbleibt306. Nur in dieser Hinsicht können die Organe also regelmäßig in zulässiger Weise eigene Regelungen treffen, wobei dann aber zu fragen ist, welche Freiheiten die Gemeinschaftsorgane haben, die grundsätzliche Gleichberechtigung der in Art. 1 VO Nr. 1 elf genannten Sprachen als Amts- und Arbeitssprachen zu beschränken. Fraglich ist, inwieweit es für diesen Bereich gemeinschaftsrechtlich unproblematisch ist, statt der elf Amtssprachen intern z. B. nur drei Arbeitssprachen (etwa Deutsch, Englisch und Französisch) zu verwenden. Die Entscheidung über die Zu301 So bezeichnet auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (85) Art. 1 VO Nr. 1 als Grundsatz der durch die jeweiligen Organe näher ausgestaltet werden kann. 302 D.h. welche Sprachen im einzelnen Amts- und Arbeitssprachen sind. 303 So auch J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 10. Dieses Problem völlig offenlassend R. Geiger, EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 2, unter Wiederholung des Wortlauts der Bestimmung in Art. 6 VO Nr. 1. 304 s. o. Teil 2, A, II, 2, b). 305 So ausdrücklich bereits der Rat in der Antwort auf die schriftliche Anfrage Nr. 1576 / 79 des Abgeordneten Patterson an den Rat der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1980 C 150 / 17: „Es obliegt jedem Gemeinschaftsorgan, in eigener Verantwortung zu beurteilen, welche Maßnahmen es im internen Bereich unter Beachtung der VO Nr. 1, insbesondere des Artikels 6, treffen kann.“ 306 So auch schon zutreffend mit gleicher Begründung R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9. So auch mit kürzerer Begründung J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 10.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

lässigkeit von Beschränkungen dürfte maßgeblich von der Funktion der entsprechenden Institution abhängen; will heißen: Je mehr Außenbezug selbst die interne Arbeit der Unionseinrichtung aufweist, um so eher sind Reduktionen im sprachlichen Bereich unangebracht. Hierfür sollen die einzelnen Regelungen zunächst kurz vorgestellt und anschließend unter Berücksichtigung der jeweiligen Funktion direkt bewertet werden.

a) Europäisches Parlament aa) Schriftstücke Art. 117 GO307 des Europäischen Parlaments (EP) bestimmt in seinem Abs. 1, daß alle Schriftstücke des Parlaments308 in den elf Amtssprachen der VO Nr. 1 abzufassen sind. bb) Mündliche Ausführungen Art. 117 Abs. 2 GO des EP regelt weiterhin die simultane Übersetzung von Ausführungen in einer der Amtssprachen in alle anderen Amtssprachen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Übersetzung in jede weitere vom Präsidium für erforderlich erachtete Sprache. Somit herrscht im Europäischen Parlament das sog. Vollsprachenregime. Nach Ansicht des EP käme es einem zusätzlichen (unzulässigen) Wählbarkeitskriterium gleich, wenn die zu verwendenden Sprachen reduziert würden, denn dadurch unterlägen die Abgeordneten (deren Sprache keine Verwendung findet) dem Zwang, mehrere Sprachen beherrschen zu müssen, um ihre Wahlchancen gegenüber mehrsprachlichen Bewerbern zu erhöhen309.

cc) Regelungen betreffend den Bürgerbeauftragten Die GO des EP enthält – insbesondere gestützt auf die Art. 195 Abs. 4 EG, 20 d) Abs. 4 KS und 107 d) Abs. 4 EA – in Anlage X A. eine spezielle Regelung betreffend die „Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten“310. Art. 14 dieses „Beschlusses des Europäischen Parlaments über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten“ normiert die Verwendung der Sprachen311. Es handelt sich dabei um die bereits bekannten PrinGeschäftsordnung des EP v. 2. August 1999, ABl. 1999 L 202 / 1. Zum EP vgl. auch Art. 189 ff. EG. 309 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 11 m. w. N. 310 s. auch R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9. 307 308

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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zipien, wie sie sich in der VO Nr. 1 in den Art. 2, 3 u. 4 finden; m.a.W. gilt für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten, daß alle elf Amtssprachen Verwendung finden. Insbesondere der Schriftverkehr ist parallel zu den Regelungen der VO Nr. 1 angelegt.

dd) Bewertung der Sprachregelung des EP Das EP hat in jedweder Hinsicht das Prinzip der Gleichberechtigung aller offiziellen Staatssprachen der Mitgliedstaaten in seiner GO umgesetzt312. Dies ist angesichts der ohnehin öfters bezweifelten demokratischen Legitimation des EP auch nötig. Insbesondere die Bürgernähe dieser Einrichtung müßte besonders unter dem Defizit der sprachlichen Verständlichkeit leiden, denn oftmals fühlen sich die Bürger der EU „außen vor“, dies aber um so mehr, wenn Entscheidungen in anderen Sprachen diskutiert und getroffen würden313. Die Verpflichtung des EP als Parlament der europäischen Wahlvölker314, dem Prinzip der strengen (formalen) Gleichbehandlung aller Sprachen zu folgen, hat das EP bereits mehrfach in Entschließungen selbst deutlich betont. So heißt es etwa in der Entschließung zur Mehrsprachigkeit in der Europäischen Gemeinschaft vom 14. Oktober 1982315 im Anschluß an den Bericht des Abgeordneten Nyborg: „. . . 2. bestätigt den Grundsatz, daß die Sprachen der Gemeinschaft aktiv wie passiv und schriftlich wie mündlich absolut gleichwertig verwendet werden sollen, insbesondere bei allen Sitzungen des Parlaments und seiner Organe; . . .“

Pointiert mit Blick auf die Bürgernähe heißt es dann 8 Jahre später in der Entschließung zur Sprachsituation in der Europäischen Gemeinschaft und zur Stellung des Katalanischen vom 11. Dezember 1990316: „. . . 1. betont, daß der Verwendung der Sprachen durch die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft eine große Bedeutung beigemessen werden muß, denn diese müssen sich darum bemühen, von den Völkern Europas nicht als etwas Externes und Fremdes, sondern als ein Element empfunden zu werden, das Teil des täglichen Lebens der Bürger ist, . . .“

311 Vgl. hierzu auch oben Teil 2, A, I, 2, a), dd), (5) und Teil 2, A, I, 2, a), ee), die sich auf den Europäischen Bürgerbeauftragten beziehen. 312 So ist denn auch für T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (86) die Umsetzung des Prinzips der sprachlichen Gleichbehandlung bei dem Europäischen Parlament die konsequenteste. 313 Ausführlich zu den demokratischen Dimensionen der Sprachregelung des EP A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 7 m. w. N. 314 Formulierung von A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 7. 315 ABl. 1982 C 292 / 97. 316 ABl. 1991 C 19 / 43.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Nach alledem ist daher das Sprachregime des EP als überaus positiv zu bewerten, da es all den genannten Gefahren, wenn auch zum Preis eines hohen Übersetzungsaufwandes317, begegnet. Das Vollsprachenregime entspricht der Funktion des EP als Repräsentationsorgan aller europäischen Bürger318.

b) Rat der Europäischen Union aa) Allgemeine Sprachregelungen des Rates Art. 14 Abs. 1 der GO319 des Rates vom 5. Juni 2000320 bestimmt, daß „der Rat nur auf Grundlage von Schriftstücken und Entwürfen berät und beschließt, die in den in der geltenden Sprachenregelung vorgesehenen Sprachen vorliegen.“ Eine Abweichung von dieser Sprachregelung ist laut Art. 14 Abs. 1 der GO des Rates aus Dringlichkeitsgründen und nur durch einstimmigen Beschluß möglich. Somit ist eine Beschränkung des Vollsprachenregimes im Rat in dessen GO bereits angelegt. So kann dann ein Text, welcher nur in einer oder in wenigen Amtssprachen erstellt wurde, informell angenommen werden, um dann von einer „Sprachengruppe“ unterstützt vom Sprachdienst in die verbleibenden Amtssprachen übertragen zu werden. Sollten dabei textliche Divergenzen entstehen, werden diese dem Rat zur Entscheidung vorgelegt, ansonsten beschließt der Rat förmlich die Maßnahme321. Die Verhandlungen in den Ratsgremien werden grundsätzlich simultan gedolmetscht, so daß jedes Ratsmitglied seine Muttersprache zu verwenden vermag. Bei kleineren nachgeordneten Gremien des Rates322, wie den Arbeitgruppen und Ausschüssen nach Art. 19 Abs. 3 GO des Rates, werden z.T. aus Mangel an Dolmetschern – da viele Veranstaltungen parallel verlaufen – z.T. auch allgemein aus Effektivitätsgründen die verwendbaren Sprachen beschränkt. In der Praxis findet eine Reduktion auf Englisch, Französisch und Deutsch statt, wobei erstere Sprache bei weitem am häufigsten genutzt wird, da sie zumeist – leidlich – gesprochen und verstanden wird. Das Nachsehen haben dabei die kleineren Amtssprachen wie Dänisch, Finnisch oder Griechisch323.

317 Zu diesem Aspekt – gerade auch im Hinblick auf die Osterweiterung – vgl. A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 7. 318 In diesem Sinne auch P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7. 319 ABl. 2000 L 149 / 21. 320 Zum Rat vgl. auch Art. 202 ff. EG. 321 Hierzu A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 8 m. w. N. 322 Hierzu R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9. 323 R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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bb) Sprachregelung für den Ausschuß der ständigen Vertreter Der Ausschuß der ständigen Vertreter324, welcher dem Rat untersteht (allg. mit der französischen Abkürzung COREPER [Comité des représentants permanents] bezeichnet), nach Art. 207 Abs. 1 EG (Art. 151 a.F. EGV) tagt traditionell in Englisch, Französisch und Deutsch325.

cc) Bewertung der Sprachregelung des Rates Hinsichtlich der Sprachenregelungen im Rat ist zu unterscheiden zwischen der Arbeit im großen Gremium und der Arbeit in den erwähnten kleineren Gremien (und im COREPER). Der Rat als faktisch wichtigstes EU-Organ (plastisch: Superorgan326) besteht aus Mitgliedern, welche wiederum jeweils Vertreter der Mitgliedstaaten sind. Angesichts der Bedeutung der Entscheidungen im großen Gremium und die damit verbundenen Auswirkungen bei Abstimmungen wären Verhandlungen ohne Simultandolmetschung in allen Amtssprachen kaum zumutbar, da die Mitglieder zwar häufig Experten in ihrem Sachgebiet sind, jedoch nicht immer auch über so profunde Sprachfähigkeiten verfügen, als daß sie einer fremdsprachlichen Diskussion en detail folgen könnten; geschweige denn, sich aktiv an ihr zu beteiligen327. Im übrigen dürfte auch der Faktor der Achtung der Besonderheiten der verschiedenen Nationalitäten nicht unwichtig sein. Die grundsätzliche Simultandolmetschung im Rat ist daher durchaus angebracht und zu begrüßen. Für die kleineren Gremien und COREPER328 gilt ein z.T. auf gerade mal noch drei Sprachen reduziertes Arbeitsregime329. Eine solche Reduktion der Sprachen 324 Zu dessen Geschichte, Aufbau und den behandelten Aufgaben ausführlich J. Lewis, in: Peterson / Shackelton (Hrsg.), The Institutions of the European Union, S. 277 ff. Vgl. auch ferner M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 207 EG, Rn. 1 ff. m. w. N. 325 Dies ist die tatsächliche Sprachpraxis, welche keinen Eingang in Normen gefunden hat. Vgl. hierzu H. Hoffmann, Deutsch im Inneren der EU – aus Sicht des Auswärtigen Amtes, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 223 (228); R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 4. 326 So T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 280, wegen der Bündelung legislativer und exekutiver Befugnisse. 327 So auch K. O. Nass, Warum nicht Deutsch?, FAZ v. 9. 7. 1999, S. 12. 328 Vgl. zu den Auswirkungen der dort gefaßten Entscheidungen J. Lewis, in: Peterson / Shackelton (Hrsg.), The Institutions of the European Union, S. 286 ff. 329 Zur tatsächlichen Praxis in den kleineren Gremien und COREPER vgl. A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 4.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

in der GO des Rates wird ermöglicht durch die Öffnungsklausel in Art. 6 VO Nr. 1. Trotz des Anliegens, möglichst viele Sprachen zu verwenden, kann man in bestimmten Fällen und mit entsprechender Begründung allerdings eine Abweichung von der grundsätzlichen Gleichstellung von Amts- u. Arbeitssprachen aus Art. 1 VO Nr. 1 zulassen. Die Reduktionen bei der Arbeit der kleineren Gremien des Rates betreffen die interne Arbeitsaufteilung und weisen keinen unmittelbaren Außenbezug zu den EU-Bürgern auf. Daher erscheint eine effektivitätsbezogene Reduktion in diesen hauptsächlich mit Vorbereitungen für den Rat befaßten Gremien als zulässig. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, daß die Rechtsakte des Rates nach Art. 17 GO ohnehin im in allen Amtssprachen erscheinenden Amtsblatt (Art. 5 VO Nr. 1) publiziert werden, so daß auch aus dieser Sicht keine Bedenken bestehen. Insgesamt entspricht somit die Sprachregelung des Rates den Anforderungen der VO Nr. 1. c) Kommission aa) Beschlüsse Art. 18 der GO330 der Kommission ordnet an, daß die von der Kommission331 in einer Sitzung, im schriftlichen Verfahren, im Ermächtigungsverfahren oder im Verfahren der Delegation oder Subdelegation gefaßten Beschlüsse in der Sprache oder in den Sprachen, in denen sie verbindlich sind, durch Unterschrift der dafür unterschriftsermächtigten Person332 festgestellt werden. Gem. Art. 18 Abs. 5 GO der Kommission sind unter den verbindlichen Sprachen die Amtssprachen der Gemeinschaften (wie in der VO Nr. 1 festgelegt) zu verstehen, wenn es sich um den Beschluß von Rechtsakten mit allgemeiner Geltung handelt; andernfalls sind darunter die Sprache(n) der Adressaten333 zu verstehen.

bb) Interne Praxis in der Kommission Zurückgehend auf eine nicht veröffentlichte Protokollerklärung vom 1. 9. 1993334, auf die später335 noch genauer einzugehen sein wird, verwendet die KomGeschäftsordnung der Kommission v. 29. November 2000, ABl. 2000 L 308 / 26. Zur Kommission vgl. auch Art. 211 ff. EG. 332 Das sind Präsident und Generalsekretär bei Beschlüssen in einer Sitzung, Generalsekretär im schriftlichen Verfahren und Generaldirektor oder Dienstleiter im Verfahren der Delegation oder Subdelegation. 333 Hier klingen Art. 2, 3 u. 8 VO Nr. 1 an. 334 Hierzu T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (88) m. w. N.; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, 330 331

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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mission intern Englisch, Französisch und Deutsch als Arbeitssprachen; d. h. bei Beschlußfassung haben alle Dokumente, welche Grundlage einer Entscheidung sind, in diesen Sprachen vorzuliegen336. In der alltäglichen Arbeit der Kommission werden aber lediglich Englisch (dominierend337) und Französisch verwendet338. Bei Sitzungen der Dienststellen wiederum gibt es keine Dolmetschung339 und man orientiert sich an der Zusammensetzung bzw. an den Sprachfähigkeiten der Dienststellenmitarbeiter. cc) Bewertung der Sprachregelung der Kommission Die Sprachregelung in der GO der Kommission, welche die Beschlüsse betrifft, hält sich strikt an die Grundsätze der VO Nr. 1 und ist daher nicht zu beanstanden. Der kommissionsinterne Bereich, also die Arbeitsprachenregelung der Kommission, ist – obwohl für flexible Regelungen Art. 6 VO Nr. 1 herangezogen werden kann340 – höchst umstritten. Während die Arbeitssprachenregelung im Rat die kleineren Gremien betreffend von weitgehender Akzeptanz gekennzeichnet ist, da hier ein Vollsprachenregime schlicht nicht durchzuführen ist und im übrigen ja auch nur vorbereitende Tätigkeiten stattfinden, verhält es sich bei der Kommission völlig anders: Im Machtgefüge der EU-Institutionen nimmt sie eine wichtige Position ein341 und jeglicher Entscheidungsprozeß sowie die einschlägige interne Arbeitsweise werden von den Mitgliedstaaten mit Argusaugen überwacht. Obschon man bei formaler Betrachtung gerade bei der Kommission am ehesten von allen Institutionen – mit Hinblick auf direkte Bürgerberührung – Beschränkungen des internen Sprachgebrauchs hinnehmen könnte342, hat gerade Rn. 11 m.w.N; näher hierzu auch der 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993) S. 11, Nr. 33. 335 s. u. Teil 2, A, II, 4, c), bb). 336 Zur kommissionsinternen Praxis R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 9; M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 290 EG, Rn. 3; M. Röttinger, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 113 (122); A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 8; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 11. 337 So das allgemeine Vernehmen vor Ort in Brüssel. 338 M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 290 EG, Rn. 1, in Art. 290 EG. 339 Hierzu abermals M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 290 EG, Rn. 1, in Art. 290 EG. 340 s. o. Teil 2, A, II, 4. 341 „. . . traditionally the most powerful institution in Brussels . . .“, vgl. Institutional Mayhem, The Economist v. 26. 4. 2003, S. 21. 342 So ausdrücklich J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 11.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

diese interne Sprachregelung zu der neuesten politisch heftig „umkämpften“ Variante des sog. „Brüsseler Sprachenstreits“ geführt. Hauptsächlich ist dieser Streit von politischen Erwägungen bestimmt. Es ist allerdings zu fragen, inwieweit tatsächlich rechtliche Bedenken gegen die Sprachpraxis der Kommission ins Feld geführt werden können. Dazu bedarf es zunächst einer gerafften historischen Darstellung des erwähnten Streits: (1) Der Streit um die Regelung der Arbeitssprachen in der Kommission Im Jahre 1992 wandte sich der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl schriftlich343 an den Kommissionspräsidenten Jaques Delors mit der Bitte344, daß „man die deutsche Sprache etwas freundlicher behandelt als das bisher der Fall war345“. In einer Mitteilung an die Presse346 ließ daraufhin Delors verlauten, daß Deutsch Arbeitssprache der Kommission sei, wobei dies allerdings keinen Eingang in interne verbindliche Dienstvorschriften fand347. Am 1. 9. 1993 stellte dann Delors als Präsident der Kommission348 nach vorangegangenem Streit über die Abschaffung des Deutsch als Arbeitssprache für die Vorlage von Dokumenten klar, daß Deutsch nach wie vor Arbeitssprache der Kommission sei349. Diese Arbeitssprachenregelung der Kommission ist allerdings – wie schon erwähnt – lediglich eine unveröffentlichte Protokollerklärung350 ohne verbindlichen Rechtscharakter, weshalb in der Kommission u. a. Deutsch auch nur 343 Hierzu H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (198) m. w. N. Instruktiv auch im ganzen der Beitrag von dem ehemaligen Kabinettschef des Kommissionsmitglieds Peter M. Schmidhuber Herrn M. von Donat, Spracherfahrungen in den EU-Behörden, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 214 (218). 344 M. von Donat, Spracherfahrungen in den EU-Behörden, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 214 (220) sieht den Grund des Schreibens überwiegend in handfesten wirtschaftlichen Erwägungen des Kanzlers. 345 So der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl in einem Fernsehinterview in „Brennpunkt – Farbe bekennen“ v. 15. 1. 1992 in der ARD. 346 Vgl. FAZ v. 2. 9. 1993, S. 2. 347 Vgl. M. von Donat, Spracherfahrungen in den EU-Behörden, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 214 (218). 348 Vgl. hierzu 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993) S. 11, Nr. 33. 349 FAZ v. 2. 9. 1993, S. 2. Allerdings war die tatsächliche Praxis schon damals sehr auf Französisch und – immer stärker vordringend – Englisch beschränkt. Kritisch daher zum Status des Deutsch als Arbeitssprache der Kommission R. Olt, Sprachexport ist nötig, FAZ v. 2. 4. 1994, S. 1. 350 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 11 m. w. N.

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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ein Drittel so häufig wie Französisch und Englisch verwendet wurde351 (und wird). Dies setzte sich zunehmend fort, wobei sich Englisch faktisch immer weiter von den beiden anderen Sprachen absetzte352. Zuletzt entbrannte der bis dahin nur noch schwelende Streit um die kommissionsinterne Arbeitssprachenregelung Mitte des Jahres 2001. Kommissionspräsident Romano Prodi schlug vor, die Entwürfe für Mitteilungen, Empfehlungen und Entscheidungen zur wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission nur noch in Englisch vorzulegen353. Sowohl der deutsche Außenminister Joseph Fischer als auch sein damaliger französischer Amtskollege Hubert Védrine protestierten schriftlich gegen diesen Vorschlag354, woraufhin Prodi am 20. Juli 2001 antwortete, daß „bis zum Herbst kein Entwurf“ für eine Sprachreform vorgelegt werde355. Ende des Jahres 2001 kam es dann zu einem weiteren Versuch, die bestehende Arbeitssprachenregelung der Kommission zu ändern. Der für den internen Umbau zuständige Kommissar Neil Kinnock intendierte eine Änderung zugunsten des Englisch (seiner Muttersprache) und zu Lasten der deutschen und französischen Sprache356. Das Kollegium der Kommissare votierte gegen diesen Vorschlag und somit für die Beibehaltung des Status quo. Damit war aber immer noch keine verbindliche Festlegung über den zwingenden Gebrauch aller drei Arbeitssprachen Deutsch, Englisch und Französisch verbunden, weshalb in Zukunft weitere politischen Querelen zu erwarten sind. (2) Rechtliche Bewertung des Arbeitssprachenstreits Neben den offensichtlich politischen Dimensionen der Arbeitssprachenregelung357 muß gefragt werden, ob eine Änderung der Regelung in der Kommission – also etwa die Verständigung auf Englisch als einzige verbindliche Arbeitssprache – rechtlichen Bedenken begegnet. Daraus folgt dann auch die abschließende Bewertung der Sprachenregelung der Kommission. Vgl. Service compris, The Economist v. 29. 8. 1998, S. 30. Hierzu und zu den Gründen dieser Entwicklung H. Friedrich, Englisch ist auf dem Weg zur Gemeinschaftssprache, FAZ v. 6. 7. 1999, S. 29. Siehe aus neuerer Zeit auch H. Glück, Deutschland zerstört seine Muttersprache, FAZ v. 24. 1. 2002, S. 45. 353 Zur neuesten Variante des „Brüsseler Sprachenstreits“ s. Brüsseler Sprachenstreit, Die Zeit v. 2. 8. 2001, S. 2. 354 Hierzu vgl. den 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001) S. 11. 355 Vgl. abermals Brüsseler Sprachenstreit, Die Zeit v. 2. 8. 2001, S. 2. 356 Hierzu vgl. Im EU-Management von morgen gibt es zu wenig Deutsche, FAZ v. 9. 4. 2002, S. 23. 357 Nach dem Motto: „Wer die Sprache bestimmt, hat das Sagen.“, so etwa ausdrücklich H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (194). 351 352

6 Kürten

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Art. 6 VO Nr. 1 räumt in den gezeigten Grenzen358 eine Möglichkeit zur Reduktion der Arbeitssprachen ein. So sehr auch politisch eine – möglichst zwingende – Verwendung der deutschen Sprache als Arbeitssprache der Kommission wünschenswert ist und auch von der Bundesregierung erstrebt wird359, so wenig rechtliche Mittel gibt es, dies auch kommissionsintern durchzusetzen. In Anbetracht der Kriterien bezüglich eines direkten Außenbezuges der Tätigkeit des Organs muß konstatiert werden, daß es sehr wohl zulässig ist die Arbeitssprachen der Kommission zu beschränken. Es spricht rechtlich auch nichts dagegen, sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner – Englisch – zu verständigen. Will man dieses nicht, so dürfte der einzig gangbare Weg darin liegen, durch gezielte Personalpolitik einfach mehr deutschsprachige Mitarbeiter in der Kommission360 zu positionieren, um somit das Sprachgefüge zu beeinflussen361. Andererseits kann es auch sicher nicht falsch sein, die Deutschkenntnisse bei den Beamten und Bediensteten der EU, welche nicht Deutsch sprechen, durch kostenlose Kurse der Goethe-Institute362 vor Ort363 zu fördern364. Im übrigen müßte die Kommission als Institution selbst auch angesichts des Gebots der Wahrung der kulturellen Vielfalt als Element des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung365 dafür Sorge tragen, daß ihre Mitarbeiter kulturell (d. h. vor allem: sprachlich) nicht allzu sehr einseitig ausgerichtet sind. In diesem Zusammenhang ist auch noch auf die bemerkenswerten Zahlen aus dem Jahre 2000 laut einer Veröffentlichung des Übersetzungsdienstes der Kommission hinzuweisen, wonach Ausgangssprache von Dokumenten für die Übersetzung zu 55,2% (!) Englisch und immerhin noch zu 32,7% Französisch, aber nur noch sage und schreibe zu 3,9% Deutsch war366. s. o. Teil 2, A, II, 4. So ist laut H. Hoffmann, Deutsch im Inneren der EU – aus Sicht des Auswärtigen Amtes, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 223 (228) das DreiSprachenregime als Mindeststandart das erklärte Ziel der Bundesregierung. 360 Laut M. von Donat, Spracherfahrungen in den EU-Behörden, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 214 (218) sind etwa nur 13% aller EU-Beamter deutsche Muttersprachler. 361 Zur Bedeutung der Personalpolitik für die Stellung der deutschen Sprache vgl. Im EUManagement von morgen gibt es zu wenig Deutsche, FAZ v. 9. 4. 2002, S. 23. 362 Zur Bedeutung der Goethe-Institute und der Deutschen Welle für die Verbreitung des Deutsch in der Welt s. K. Schuller, Die Sprache als Fenster, FAZ v. 18. 11. 2000, S. 16. 363 Vor allem das Goethe-Institut in Brüssel selbst. 364 Das Auswärtige Amt stellt für diesen Zweck im Rahmen einer Initiative zur verstärkten Verankerung der deutschen Sprache in der EU Mittel zur Verfügung, vgl. H. Hoffmann, Deutsch im Inneren der EU – aus Sicht des Auswärtigen Amtes, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 223 (229). 365 s. o. Teil 2, A, I, 4. 366 s. die Veröffentlichung „Der Übersetzungsdienst der Europäischen Kommission – Zahlen und Fakten“, als PDF-Datei abrufbar unter http: // europa.eu.int / comm / translation / de / index.html. 358 359

A. Rechtliche Grundlagen der Sprachenregelung in der EU

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Die Sprachregelung der Kommission ist daher nach alledem insgesamt rechtlich367 – auch und gerade vor dem Hintergrund der VO Nr. 1 – nicht zu beanstanden.

d) Europäischer Gerichtshof und Gericht erster Instanz Sowohl der EuGH368 als auch das ihm 1988 beigegebene Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG) haben mit Zustimmung des Rates369 in ihren jeweiligen Verfahrensordnungen370 eigene (sich entsprechende) Sprachregelungen371 getroffen. Die Möglichkeit hierzu ergab sich seinerzeit aus der Ausklammerung der Zuständigkeit des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für den EuGH in Art. 217 EGV, was noch einmal explizit verdeutlicht wird im Wortlaut des Art. 7 VO Nr. 1372. Die Sprachregelungen für die Gerichte finden sich beim EuGH in den Art. 29 bis 31 seiner Verfahrensordnung373, beim EuG in den Art. 35 bis 37 seiner Verfahrensordnung374. Begründet werden kann die Notwendigkeit zur detaillierten Regelung der Sprachen in den Verfahrensordnungen der Gerichte mit deren besonders wichtiger Aufgabe der Rechtsfindung und Rechtsprechung. Insbesondere die Absicherung unabdingbarer Prinzipien, wie des rechtlichen Gehörs375, des wirksamen Rechtsschutzes, der Waffengleichheit vor Gericht sowie der effizienten Ausgestaltung der Verfahren, ohne die im zeitlichen Maße erträglicher (d. h. wirksamer) Rechtsschutz nicht möglich wäre, rechtfertigen spezielle Regelungen für die Gerichte376.

367 (Sprach)politisch kann man freilich durchaus ganz anderer Meinung sein, wie auch das latente Schwelen des Sprachenstreits in Brüssel zeigt. 368 Umfassend zum EuGH A. Arnull, The European Union and its Court of Justice, S. 1 ff. Vgl. zum Gerichtshof auch die Art. 220 ff. EG. 369 Vgl. Art. 188 Abs. 2 EGV, Art. 160 EAGV, Art. 44 EGKSV. 370 Insgesamt zum EuGH und zum gemeinschaftsrechtlichen Rechtsschutz siehe V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 ff. 371 Vgl. zur Notwendigkeit für den EuGH, sich den Sprachen der Rechtssuchenden zu öffnen, wenn er „Motor der Integration“ sein will, A. Bleckmann, Politische Aspekte der europäischen Integration unter dem Vorzeichen des Binnenmarktes 1992, ZRP 1992, S. 265 ff. 372 Vgl. T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (89); M. Schlossmacher, Die Amtssprachen in den Organen der Europäischen Gemeinschaft, S. 23; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 10. 373 VerfO des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften v. 19. Juni 1991, ABl. L 176 / 7. 374 VerfO des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften v. 2. Mai 1991, ABl. L 136 / 1. 375 s. nur Art. 6 Abs. 3 a) – c) EMRK. 376 So auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (89); R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 10.

6*

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

aa) Verfahrenssprache Die möglichen Verfahrenssprachen werden in Art. 29 § 1 VerfO EuGH bzw. in Art. 35 § 1 VerfO EuG festgelegt. Verwendung finden die aus der VO Nr. 1 bekannten elf Amtssprachen, wohingegen aber noch das Irische377 hinzukommt, so daß alle authentischen Vertragssprachen auch Verfahrenssprachen der beiden Europäischen Gerichte sind. Den somit verankerten Grundsatz der Gleichberechtigung aller Amtssprachen als mögliche Verfahrenssprache hat der EuGH, in einer frühen Entscheidung378 über das Verhältnis der vier Gründungssprachen, expressis verbis bestätigt379. Art. 29 VerfO EuGH, Art. 35 EuG sprechen jeweils von der Verfahrenssprache, so daß klargestellt ist, daß in einem Rechtsstreit als Verfahrenssprache jeweils nur eine einzige Sprache – und nicht etwa mehrere nebeneinander – in Frage kommt. Diese Einschränkung dient der Vereinfachung des mündlichen und schriftlichen Verfahrens380; mithin der Prozeßökonomie. Ist die Verfahrenssprache bestimmt, so haben sich alle Beteiligten dieser Verfahrenssprache in mündlichen Verhandlungen, Schriftsätzen, den Verhandlungsprotokollen und in der Entscheidung zu bedienen, Art. 29 § 3 VerfO EuGH, Art. 35 § 3 EuG. Wenn sich aufgrund von Ausnahmebestimmungen Beteiligte anderer Sprachen als der Verfahrenssprache bedienen dürfen381, erfolgt eine Übersetzung in die Verfahrenssprache, was einen erheblichen Dolmetschungs- und Übersetzungsaufwand nach sich ziehen kann382. Die Verfahrenssprache ist zugleich auch die einzig authentische383 Sprachfassung des Urteils, Art. 31 VerfO EuGH, Art. 37 VerfO EuG.

377 Allerdings war dieses bisher noch nie Verfahrenssprache, vgl. auch V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (234). 378 In EuGHE 1960, 357 (360), -Rs. 1 / 60 heißt es: „Da der Gerichtshof wie alle Organe der drei Gemeinschaften kraft unwiderleglicher Vermutung als viersprachig anzusehen ist, wird angenommen, er besitze Kenntnis vom Inhalt jeder vorgelegten Urkunde, die in einer der Amtssprachen abgefaßt ist.“ Kritisch zu diesem Bekenntnis O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (511 f.). 379 s. hierzu K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 51. 380 K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 52 m. w. N. 381 So nach Art. 29 § 4 VerfO EuGH, Art. 35 § 4 EuG wenn Zeugen oder Sachverständige der Verfahrenssprache nicht (hinreichend) mächtig sind. Selbiges gilt auch für bei der Sprachwahl privilegierte Personen wie den Präsidenten des Gerichthofes und den Kammerpräsidenten (des EuGH, beim EuG dessen Präsident), Berichterstatter, Richter und Generalanwälte, Art. 29 § 5 VerfO EuGH, Art. 35 § 5 EuG. 382 Hierzu T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (90) m. w. N. 383 Zum Begriff der Authenzität s. o. Teil 2, A, I, 1.

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(1) Bestimmung der Verfahrenssprache durch den Kläger Grundsätzlich wählt der Kläger die Verfahrenssprache, soweit nichts anderes bestimmt ist, Art. 29 § 2 Abs. 1 VerfO EuGH, Art. 35 § 2 VerfO EuG. Aufgrund der zahlreichen Ausnahmebestimmungen gibt es jedoch einige Besonderheiten384. So bestimmt bei Verfahren vor dem EuGH der Kläger nur dann die Verfahrenssprache, wenn der Beklagte ein Organ der Gemeinschaft ist385. Handelt es sich hingegen um eine Klage gegen einen Mitgliedstaat oder eine juristische oder natürliche Person, die einem Mitgliedstaat angehört, ist die Amtssprache dieses Staates Verfahrenssprache, Art. 29 § 2 Abs. 1 a) VerfO EuGH. Bestehen in diesem Staat mehrere Amtssprachen nebeneinander (z. B. in Belgien: Deutsch, Französisch u. Niederländisch), kann allerdings wiederum der Kläger eine daraus zur Verfahrenssprache wählen, Art. 29 § 2 Abs. 1 a) VerfO EuGH. (2) Bestimmung der Verfahrenssprache durch die Parteien Als Ausnahme ist es den Gerichten weiterhin möglich, auf gemeinsamen Antrag der Parteien hin, eine andere (als die nach der Grundregel zu bestimmende) Verfahrenssprache aus den zwölf (elf Amtssprachen zuzüglich Irisch) möglichen Sprachen zuzulassen, Art. 29 § 2 Abs. 1 a) VerfO EuGH, Art. 35 § 2 a) VerfO EuG. Darüber hinaus kann auf Antrag einer Partei nach Anhörung der Gegenpartei und des Generalanwalts abweichend von den vorgenannten Bestimmungen eine andere der zwölf Sprachen ganz oder teilweise zugelassen werden, wobei allerdings dieser Antrag nie von einem Organ der Europäischen Gemeinschaften gestellt werden kann, Art. 29 § 2 Abs. 1 b) VerfO EuGH, Art. 35 § 2 b) VerfO EuG. (3) Die Verfahrenssprache im Vorabentscheidungsverfahren Im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG (Art. 177 a.F. EGV) vor dem EuGH ist die Sprache des anrufenden innerstaatlichen386 Gerichts Verfahrenssprache, Art. 29 § 2 Abs. 2 VerfO EuGH387. (4) Die Verfahrenssprache bei verbundenen Rechtssachen Besonders problematisch hinsichtlich der Wahl der Verfahrenssprache scheinen auf den ersten Blick verbundene Rechtssachen mit jeweils verschiedenen Verfah384 Zu der Verfahrenssprache vor dem EuGH je nach Verfahrensart A. Arnull, The European Union and its Court of Justice, S. 11 f. 385 V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (235). 386 Dies richtet sich dann nach den entsprechenden nationalen Regelungen, wie § 184 GVG: „Die Gerichtssprache ist deutsch.“, in Deutschland. 387 Vgl. auch V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (235).

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renssprachen zu sein388. Prinzipiell gibt es drei Möglichkeiten zur Auflösung dieser Problematik, welche der EuGH auch bereits alle genutzt hat: 1. Es werden getrennte Urteile in den jeweiligen Verfahrenssprachen erlassen389. 2. Es wird ein Urteil in mehreren Verfahrenssprachen erlassen390. 3. Es wird nur ein Urteil in einer der Verfahrenssprachen erlassen391. bb) Regelungen zur Sprachwahlfreiheit für die Schlußanträge Gemäß Art. 29 § 5 VerfO EuGH, Art. 35 § 5 EuG können die Generalanwälte die Sprache ihrer Schlußanträge frei unter den zwölf Verfahrenssprachen der Gerichte wählen, insoweit wird auf die Aufzählung der möglichen Sprachen in den Art. 29 § 1 VerfO EuGH, Art. 35 § 1 EuG verwiesen. In der Praxis werden die Schlußanträge selbstverständlich in der Sprache des jeweiligen Verfassers / Generalanwaltes angefertigt392. Die Schlußanträge der Generalanwälte sind eine rechtliche Stellungnahme zu den von den Gerichten zu entscheidenden Fällen. Sie sollen laut Art. 222 Abs. 2 EG (Art. 166 a.F. EGV) öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit erfolgen. EuG / EuGH folgen in aller Regel den eingehend begründeten Schlußanträgen der Generalanwälte, wodurch die praktische Relevanz dieses Instituts noch unterstrichen wird393. cc) Sprachregelung für die Veröffentlichungen der Gerichte Für die Veröffentlichungen der Gerichte verweist Art. 30 § 2 VerfO EuGH bzw. Art. 36 § 2 VerfO EuG auf die Auflistung der elf Amtssprachen in Art. 1 VO Nr. 1. Damit fehlt inkonsequenterweise das Irische bei der Veröffentlichung, obwohl es doch zulässige Verfahrenssprache vor den Gerichten ist. 388 Hierzu A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 10. 389 EuGHE 1972, 619, -Rs. 48 / 69 (Verfahrenssprache: Niederländisch), 713, -Rs. 49 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 745, -Rs. 51 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 787, -Rs. 52 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 845, -Rs. 53 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 851, -Rs. 54 / 69 (Verfahrenssprache: Französisch), 887, -Rs. 55 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 927, -Rs. 56 / 69 (Verfahrenssprache: Deutsch), 933, -Rs. 57 / 69 (Verfahrenssprache: Italienisch). 390 EuGHE 1975, 1663, -Verbundene Rs. 40 bis 48, 50, 54 bis 56, 111, 113 und 114 / 73. (Verfahrenssprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch und Niederländisch). 391 EuGHE 1974, 223, -Verbundene Rs. 6 und 7 / 73 (Verfahrenssprache: Englisch). 392 Hierzu V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 235. 393 So auch T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 379.

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Dies führt zu einer – bislang nur – theoretischen Kuriosität: Sollte einmal Irisch Verfahrenssprache sein, so würde die einzig verbindliche Urteilsfassung394 nicht in der amtlichen Sammlung der Gerichte veröffentlicht werden395; es läge nur in elf nicht verbindlichen Übersetzungen vor! dd) Beratungs- resp. Arbeitssprache des EuGH / EuG Von der Problematik der Bestimmung der Verfahrenssprache ist die Frage nach der Beratungssprache der Gerichte bzw. der im Geschäftsbetrieb alltäglich verwendeten Sprache zu trennen. Diese Frage ist ganz entgegen den doch recht ausgefeilten Regelungen in den Verfahrensordnungen, welche die Verfahrenssprache oder die Veröffentlichungen betreffen, unnormiert396 geblieben, so daß es nur eine – wenn auch eindeutige – von den Gerichten geübte tatsächliche Praxis gibt. Historisch397 bedingt ist die absolut vorherrschende398 Beratungs- und Arbeitssprache des EuGH Französisch399, wobei sich aber auch in diesem Bereich die englische Sprache ihren Weg allmählich400 zu bahnen scheint401. Denn mittlerweile finden Beratungen des Gerichts auch auf Englisch statt402. Das EuG hat sich nach seiner Schaffung an die sprachlichen Gepflogenheiten des EuGH angelehnt, so daß auch hier die französische Sprache eine absolute Vormachtsstellung genießt403. Für den Arbeitsablauf in den Gerichten bedeutet dies folgendes: Vorberichte, der Vorberei-

Vgl. Art. 31 VerfO EuGH, Art. 37 VerfO EuG. Darauf weist zu Recht auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (91) hin. 396 T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665). 397 Zur älteren Sprachpraxis des EuGH vgl. O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 ff. 398 So die einhellige Auswertung der Sprachpraxis im Schrifttum; vgl. nur T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (90); V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (235); K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 52; R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 10; M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 290 EG, Rn. 4. So auch 1963 schon O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (512 ff.). 399 Vgl. A. Arnull, The European Union and its Court of Justice, S. 12; T. Oppermann, Europarecht, § 4, Rn. 180; hierzu auch O. Due, Pourquoi cette solution?, S. 261 (274). 400 In diesem Bereich ist Englisch aufgrund der starken Verteidigung der bestehenden Sprachübung durch Frankreich sehr langsam im Fortschritt. Vgl. zu den Bemühungen Frankreichs um den Erhalt des sprachlichen Status quo der Gerichte T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665). 401 K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 52 m. w. N. 402 Diese Sprachtendenz in den Beratungen schildern auch O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (512); H. Kusterer, Das Sprachproblem in den Europäischen Gemeinschaften, EA 1980, S. 693. 403 T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (10). 394 395

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tung dienende Dokumente, Urteilsentwürfe und alle Beratungen sind fast ausschließlich in französischer Sprache gehalten404. Der Sprachendienst des EuGH (gleiches gilt für das EuG) übersetzt daher alle Dokumente ins Französische. Ist Französisch nicht auch die Verfahrenssprache, so wird das Urteil, welches ja in Französisch beraten und abgefaßt wurde, mit Hilfe des aus dem entsprechenden Mitgliedstaat stammenden Richters und dem Sprachendienst der Gerichte in die Verfahrenssprache übertragen405. Selbstverständlich wird dabei auch allen Parteien jedes zugänglich zu machende Dokument in der entsprechenden Verfahrensprache zur Verfügung gestellt.

ee) Rechtliche Bewertung der Sprachregelung der Gerichte (1) Regelung der Verfahrenssprache Die Regelungen die Verfahrenssprache betreffend, welche sich in den Verfahrensordnungen des EuGH und des EuG finden, sind nicht zu beanstanden. Sie gehen sogar insofern über die Anforderungen in Art. 1 VO Nr. 1 hinaus, als das Irische, obschon nicht Amtssprache, mögliche Verfahrenssprache vor den europäischen Gerichten sein kann. Damit sind das rechtliche Gehör, der wirksame Rechtsschutz, die Waffengleichheit vor Gericht sowie die effiziente Ausgestaltung des Verfahrens in den Verfahrensordnungen der europäischen Gerichte rechtlich abgesichert. Die Gleichbehandlung aller offiziellen Staatssprachen in den Verfahren des EuGH / EuG hat sich im übrigen auch in der Praxis bewährt406. (2) Die Sprachwahlfreiheit für die Schlußanträge Die Regelungen für die Wahl der Sprache der Schlußanträge geht ebenso wie die Regelungen für die Verfahrenssprache noch über das in Art. 1 VO Nr. 1 verbriefte Maß sprachlicher Vielfalt hinaus. Die Möglichkeit der Generalanwälte, für die Schlußanträge ihre Muttersprache zu verwenden, unterstützt deren Stellung als unparteiliche und unabhängige Vertreter des öffentlichen (europäischen) Interesses407.

404 K. Loehr, Mehrsprachigkeitsprobleme in der Europäischen Union S. 52; T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665), Fn. 15; ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (10), Fn. 29. 405 Zum genauen internen Ablauf V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (235). 406 So zuletzt auch T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2668). 407 Vgl. auch T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 379.

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(3) Regelung für die Veröffentlichung der Gerichte Ohne rechtliche Bedenken sind auch die Regelungen über die Veröffentlichung der Gerichte, welche angelehnt sind an die Veröffentlichungsvorschriften für das Amtsblatt in Art. 5 VO Nr. 1. Die Merkwürdigkeit, daß bei der Verfahrenssprache Irisch als die einzig authentische Urteilsfassung nicht Bestandteil der allgemein zugänglichen Urteilssammlungen werden würde, ist noch nie akut geworden. Dies würde aber ohnehin nicht die Prozeßparteien belasten, die ja eine irische Urteilsfassung direkt von den Gerichten erhalten, sondern allenfalls für die die Veröffentlichungen auswertende Rechtswissenschaft ein Ärgernis – bei der in der Regel hohen Qualität der Übersetzungen aber auch nicht mehr – sein. (4) Praxis der Beratungs- und Arbeitssprache Ansatzpunkte für Kritik lassen sich aber in der Praxis der Gerichte bei Verwendung der Beratungs- und Arbeitssprache ausmachen. Es wurde schon herausgestellt, wie sehr die französische Sprache in der täglichen Arbeit der Gerichte dominiert. Dies führt natürlich auch zu einer überproportionalen Heranziehung von rechtswissenschaftlichen Materialien (wie Lehrbücher, Kommentare, Aufsätze etc.), welche in der Beratungssprache abgefaßt sind. Da der EuGH seine Quellen in den veröffentlichten Urteilen nicht zitiert, ist dieses dann auch nicht ohne weiteres ersichtlich408. Der Urteilsstil und die Begründung erfahren so eine Prägung durch den französischen Rechtskreis und Richter, welche nicht perfekt in der französischen Sprache sind, können eventuell nicht ebenso überzeugend in den Beratungen diffiziler Rechtsstreite ihre Argumente vorstellen409, wie dies ihren frankophonen Kolleginnen und Kollegen möglich ist410. In gewisser Weise ist dann auch die Autorität von Gerichtsurteilen in anderen Sprachen als Französisch zweifelhaft, denn es war ja schließlich die französische Fassung, welche in den Beratungen der Richter die Mehrheit gefunden hat411. Weiterhin kann die französischsprachige Prägung der Arbeitsweise dazu führen, daß Prozeßparteien auf das Recht, ihre eigene Muttersprache als Verfahrenssprache zu verwenden, gem. Art. 29 § 2 Abs. 1 a) VerfO EuGH, Art. 35 § 2 a) VerfO EuG zugunsten von Französisch verzichten, um bei ihren rechtlichen Ausführungen einen direkteren Zugang zu den Richter(ohre)n zu erzielen, als den Umweg über eine Übersetzung / Dolmetschung in Kauf zu nehmen412. 408 T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (10 f.). 409 Zum Verlust wichtiger Nuancen bei der Verwendung einer Fremdsprache (hier: Englisch) als allgemeinem Kommunikationsmittel in der Wirtschaft s. Zfk 7 / 2002, S. 3. 410 So T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (90); T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (10 f.). 411 So der instruktive Hinweis von V. Di Bucci / M. Di Bucci, in: Röttinger / Weyringer (Hrsg.), Handbuch der europäischen Integration, S. 183 (235).

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Trotz all dieser berechtigten Einwände gegen die Gerichtspraxis dürfen die daraus resultierenden Vorteile für die Rechtsfindung und Rechtsprechung nicht außer acht gelassen werden. Prozeßökonomisch ist die Verwendung nur einer Sprache von immensem Vorteil, ermöglicht sie doch nicht zuletzt schlicht schnellere Verfahren ganz im Sinne der Prozeßparteien. Im übrigen wird man der französischen Rechtssprache413 im Vergleich mit Deutsch kaum vorwerfen können weniger präzise zu sein, trotz z.T. eingeschränkter Dynamik durch recht starke Begriffsfixierung, so daß bei entsprechender qualitativ hochwertiger Übersetzung nicht die Rede vom Verlust wichtiger Nuancen – schon bei der Rechtsfindung – sein kann414. Gleichwohl ist die sprachlich allzu einseitige Ausrichtung der europäischen Gerichte integrationspolitisch wenig wünschenswert. Gerade eine wahrhaft europäische Rechtsprechung kann nur von der Einbringung verschiedenster Rechtstraditionen profitieren. Auf längere Sicht dürften nach der Osterweiterung 2004 bei dann möglicherweise bis zu 27 Richtern ohnehin nicht mehr genügend frankophone Richter zur Verfügung stehen, so daß als (häufig) kleinster gemeinsamer Nenner Englisch weiter an Bedeutung in den Beratungen und der täglichen Arbeit der Gerichte gewinnen wird415. Andererseits könnte auch der Stellenwert der deutschen Sprache in den Gerichten steigen, da Deutsch sich in den Ländern Mittel- und Osteuropas, aus denen sich die Mehrzahl der Beitrittsländer rekrutiert, z.T. recht weiter Verbreitung erfreut416. Die Verwendung zusätzlicher Beratungs- und Arbeitssprachen in den Gerichten dürfte für die Integration der Rechte förderlich sein417. Einer Abnahme der Klarheit der Rechtsfindung, bei Verwendung mehrerer Sprachen, kann mit entsprechender, qualitativ hochwertiger Übersetzung / Dolmetschung begegnet werden. Die sprachlichen Regelungen des EuGH / EuG – mitsamt der täglichen frankophonen Arbeitspraxis – sind insgesamt daher dennoch als rechtlich unbedenklich und als in der Rechtswirklichkeit bewährt anzusehen418. Für den Bereich der Ar412 Dazu O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (511) mit Nachweisen für solche Fälle in Fn. 12; T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665). 413 Zu der französischen Rechtssprache vgl. auch die Arbeiten von S. Nautré, Französische Rechtssprache, S. 1 ff. und zu dem Vergleich der deutschen mit der französischen Rechtssprache V. Lasserre-Kiesow, La technique législative, S. 1 ff. 414 Keinen negativen Einfluß der Arbeitssprachenpraxis des EuGH erblickte 1963 O. Riese, in: FS für Dölle, S. 507 (511). 415 Vgl. auch zu den sprachlichen Aspekten der Osterweiterung den EuGH betreffend T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2668); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (20). 416 Ausführlich zur Osterweiterung als Chance für die deutsche Sprache, s. u. Teil 3. Zahlen zur Verbreitung des Deutsch in den Beitrittsländern Mittel- und Osteuropas, finden sich unten Teil 3, C, II, c). 417 In diese Richtung auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (90) der das Modell des Schweizerischen Bundesgerichts (jeder Richter bedient sich in den Beratungen seiner Muttersprache) als zukünftige Arbeitsweise der europäischen Gerichte vorschlägt.

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beitspraxis kann man sich integrationspolitisch allerdings eine etwas liberalere Sprachenverwendung wünschen. Anlaß dazu wird die kommende Osterweiterung im Mai 2004 bieten, welche auch in dieser Hinsicht ihre Wirkungen zeitigen wird.

e) Rechnungshof Der Europäische Rechnungshof419 in Luxemburg ist zuständig für die Prüfung der Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft und aller Gemeinschaftsinstitutionen420. Er sorgt dafür, daß die Mittel der Europäischen Union unter Beachtung der Haushaltsvorschriften ausgegeben und die allgemeinen Verwaltungs- und Buchhaltungsgrundsätze eingehalten werden. Er soll auf diese Weise die Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung gewährleisten. Bisher ohne spezielle Regelung ist die Geschäftsordnung des Europäischen Rechnungshofes geblieben421, so daß von der Geltung der allgemeinen Sprachregelung in der VO Nr. 1 auszugehen ist422. Der Rechnungshof arbeitet intern mit den drei Arbeitssprachen Englisch, Französisch und – in geringerem Maße – Deutsch423.

5. Die Sprachenregelungen in sonstigen selbständigen Institutionen Unterfielen die vorhergehenden in Art. 7 Abs. 1 EG erwähnten sog. Hauptorgane dem Regelungsbereich der VO Nr. 1, mit Ausnahme des EuGH / EuG , so ist 418 Vgl. auch die positiven Bewertungen bei D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (239, 252); T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2668). 419 Speziell zur Organisation und zur institutionellen Stellung des Rechnungshofes S. J. Ternes, Die Finanzkontrolle in der Europäischen Gemeinschaft, S. 51 ff.; B. Desmond, The role of the European Court of Auditors, S. 1 ff. Zum Rechnungshof vgl. ferner auch die Art. 246 ff. EG. 420 Zum Gesamtsystem der Finanzkontrolle in der EG vgl. die umfassende Darstellung bei S. J. Ternes, Die Finanzkontrolle in der Europäischen Gemeinschaft, S. 1 ff. 421 In der unter http: // www.eca.eu.int / DE / citizen.html einsehbaren allgemeinen Broschüre zum Europäischen Rechnungshof heißt es auf S. 6 unter der Rubrik interne Organisation: „Wie in den anderen europäischen Institutionen wird bei der dienstlichen Verwendung des Personals dem mehrsprachigen Umfeld, in dem der Europäische Rechnungshof tätig ist, Rechnung getragen.“ Auch dies läßt sich als Hinweis auf die Anerkennung der Prinzipien der VO Nr. 1 deuten. 422 So auch A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 11. 423 Vgl. Stellungnahme zur Mehrsprachigkeit – Sprachregelung des Europäischen Rechnungshofes http: // www.eca.eu.int / DE / enlargement / translation / multilingualism.htm.

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dies bei dem in Art. 7 Abs. 2 EG (Art. 4 Abs. 2 a.F. EGV) genannten Wirtschaftsund Sozialausschuß (WSA), dem Ausschuß der Regionen (AdR) sowie den übrigen selbständigen Einrichtungen der Gemeinschaft nicht der Fall. Diese sog. Nebenorgane424 können über eigene sprachliche Regelungen – selbstverständlich nur im rechtlichen Rahmen der Verträge und unter Beachtung sonstiger allgemeiner Gemeinschaftsgrundsätze – in ihren Geschäftordnungen oder in dem jeweiligen sekundärrechtlichen Gründungsakt verfügen425. Das heißt, daß sie anders als die vorgenannten Gemeinschaftsorgane, welche nur den Bereich der Arbeitssprachen gestalten können, u.U. auch im Bereich externer Kommunikation, also der Amtssprache Änderungen des Sprachregimes vornehmen können. Wenn dies dann aber geschieht, wird besonders genau zu prüfen sein, ob eine solche Reduktion der verwendeten Sprachen, welche den Bürger ja unmittelbar trifft, angesichts europarechtlicher Prinzipien und Vertragsgrundsätze, haltbar ist. Diese Prüfung wird sich insbesondere an der Funktion – welche jeweils kurz vorgestellt426 wird – der Nebenorgane und dem damit verbundenen Grad an möglicher Bürgerbetroffenheit orientieren.

a) Wirtschafts- und Sozialausschuß aa) Funktion des Wirtschafts- und Sozialausschusses Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuß (WSA427) hat drei Hauptaufgaben: Dies sind die Wahrnehmung einer beratenden Funktion bei den drei großen Organen (EP, Rat, Kommission), Förderung einer stärkeren Einbindung der organisierten Bürgergesellschaft in das europäische Einigungswerk, Konkretisierung und Stärkung eines bürgernahen Europa, die Stärkung der Rolle der Bürgergesellschaft in den Drittstaaten (oder Gruppen von Ländern) außerhalb der Gemeinschaft und Förderung des Dialogs mit ihren Vertretern sowie Schaffung ähnlicher Strukturen in diesen Zonen428. Er setzt sich aus 222 Mitgliedern zusammen, die u. a. Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Landwirte, kleine und mittlere Unternehmen, Handel und Handwerk, Genossenschaften und Vereinigungen auf Gegenseitigkeit, freie Berufe, Verbraucher, Umweltschützer, Familien, Vereine und Nichtregierungsorganisationen (NGO) mit 424 Vgl. für Aufbau, Funktion u. Organisation dieser sonstigen Institutionen oder Nebenorgane die ausführliche Darstellung bei T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 395 bis 443. 425 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 3. 426 Der Grund hierfür ist, daß viele dieser Nebenorgane – anders als etwa die Kommission – wenig oder gar nicht im aktuellen Bewußtsein, auch des juristischen Lesers, verankert sind. 427 Zum WSA vgl. auch Art. 257 ff. EG. 428 Ausführlich zu den Aufgaben des WSA und seiner Rechtsgrundlagen S. Siebeke, Institutionalisierte Interessenvertretungen in der Europäischen Union, S. 10 ff.

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sozialer Ausrichtung vertreten429. Der WSA versteht sich selbst als organisiertes Sprachrohr der Bürgergesellschaft auf europäischer Ebene430.

bb) Sprachregelung des WSA Die Geschäftsordnung431 des WSA enthält – recht versteckt – in der Durchführungsvorschrift J. zu Art. 36 GO WSA432 eine spezielle sprachliche Regelung433. Thematisch geht es dabei um vorbereitende Arbeiten durch sog. Studiengruppen des WSA. Diese Studiengruppen sind jeweils einem Berichterstatter zugeordnet, welcher für eine Fachgruppe nach deren Weisungen Materialien (etc.) sammelt, die später Grundlage für den Entwurf einer Stellungnahme – durch die Fachgruppe – sind, Art. 36 GO WSA. Durchführungsvorschrift J. zu Art. 36 GO WSA lautet: „Die Studiengruppen können vier Arbeitssprachen benutzen, die der jeweilige Vorsitzende vor der ersten Sitzung nach Maßgabe der Zusammensetzung der Studiengruppe festlegt. Die vom Berichterstatter gewählte Sprache kann hinzukommen, wenn sie nicht schon zu den ersten vier Sprachen gehört.“

Die Studiengruppen des WSA arbeiten demnach mit einem sehr flexiblen und pragmatischen Sprachregime434, jede Vierer-Kombination (bzw. Fünfer-Kombination wg. des Berichterstatters) aus der Reihe der in den Mitgliedstaaten gesprochenen Sprachen ist denkbar; dabei dürften allerdings nicht ernsthaft weitere als die zwölf Vertragssprachen aus Art. 314 EG in Frage kommen. Von dieser Spezialregelung abgesehen, arbeitet der WSA in allen elf Amts- und Arbeitssprachen435. Veröffentlichte Texte des WSA (vor allem Stellungnahmen) werden in allen elf Amtssprachen verfaßt und die „normalen“ Arbeitssitzungen werden in den Sprachen gehalten, die von den Teilnehmern gesprochen werden (inkl. Dolmetscher), damit sich alle richtig verstehen und sich auf die Arbeit – und nicht auf die Sprachkompetenz – konzentrieren können. Als Hauptarbeitssprachen 429 Vgl. hierzu das Dokument „Präsentation des WSA“, S. 1; als PDF-Datei abrufbar unter http: // www.ces.eu.int / pages / memo_ces_de.pdf. 430 Vgl. hierzu „Präsentation des WSA“, S. 1. 431 Geschäftsordnung des Wirtschafts- und Sozialausschusses v. 6. Juli 1995, ABl. 1996 L 82 / 1. 432 Diese Durchführungsvorschrift J. findet sich kursiv gestellt im ABl. 1996 L 82 / 12. 433 Hierzu T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92 f.). 434 Mit dieser Bewertung T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (93). T. Bruha bezeichnet die oben genannte Regelung als „offenes Vier-, bzw. Fünf-Sprachen-Modell“, welches auch in anderen Institutionen Anwendung finden könnte im Gegensatz zur starren Fixierung auf einen Kreis bestimmter Sprachen. 435 Für den Einblick in die Arbeitsweise des WSA habe ich dessen Mitarbeiter Herrn JeanPierre Faure zu danken.

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dienen den mehrsprachigen Mitarbeitern des WSA intern Englisch, Französisch und Deutsch436. b) Ausschuß der Regionen aa) Funktion des Ausschusses der Regionen Der Ausschuß der Regionen437 (AdR438) ist ein beratender439 Ausschuß aus Vertretern der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten der EU, vgl. Art. 263 EG. Die Rechte des AdR beinhalten das Verfassen von Stellungnahmen (entweder nach Aufforderung hierzu oder als Initiativstellungnahme), sowie Anhörungsrechte durch Rat, Kommission und EP440. Der AdR dient der Wahrung der Interessen der kleineren Gebietskörperschaften der Mitgliedstaaten, indem er durch Stellungnahmen zu Vorhaben (oft Verordnungen und Richtlinien) von Rat und Kommission die Sichtweise dieser Gebiete verdeutlichen soll. Seine Stellung entspricht nicht der Stärke des Bundesrates in Deutschland, da zustimmende Stellungnahmen zu Gesetzesvorhaben der EU nicht erforderlich sind, ebensowenig wie negative Stellungnahmen tatsächlich bei gegenteiligem Willen von Rat oder Kommission etwas zu ändern vermögen441.

bb) Sprachregelung des AdR Die Geschäftsordnung442 des AdR enthält nur in Art. 65 Abs. 2 GO AdR insofern eine andeutungsweise sprachliche Regelung, als die Stellungnahmen und Entschließungen des Ausschusses im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht werden, m.a.W. also gem. Art. 5 VO Nr. 1 in den bekannten elf Amtssprachen. In den Sitzungen des AdR herrscht ebenfalls das Vollsprachenregime samt Dolmetschung in alle Amtssprachen. Beim AdR kann man nicht von Arbeitssprachen reden, da die Vorbereitung der Sitzungen und Entwürfe der Stellungnahmen von den 436 So die Praxis der nicht fixierten Arbeitssprachenregelung im WSA laut Herrn JeanPierre Faure. 437 Umfassend zur Stellung und Bedeutung des Ausschusses für die regionalen Interessen der Mitgliedstaaten K. Hasselbach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S. 1 ff.; vgl. ferner auch S. Siebeke, Institutionalisierte Interessenvertretungen in der Europäischen Union, S. 103 ff. 438 Zum AdR vgl. auch Art. 263 ff. EG. 439 Sowohl WSA als auch AdR sind somit beratende Gremien. 440 Ausführlich zu den Aufgaben (insb. bzgl. der Stellungnahmen) des AdR K. Hasselbach, Der Ausschuß der Regionen in der Europäischen Union, S. 69 ff. 441 Ein Dauerthema – nicht nur unter den deutschen Landeschefs – ist daher die Stärkung des AdR. Chancen dazu bieten die Erörterungen des Konvents zur Reform der EU. 442 Geschäftsordnung des Ausschusses der Regionen v. 18. November 1999, ABl. 2000 L 18 / 22.

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einzelnen regionalen Vertretungen bzw. Landesvertretungen wahrgenommen wird (also dezentral); dort wird dann in den jeweiligen Landessprachen gearbeitet443. c) Europäische Zentralbank aa) Funktion der Europäischen Zentralbank Die gem. Art. 8 EG (Art. 4a a.F. EGV) geschaffene Europäische Zentralbank444 (EZB445) mit Sitz446 in Frankfurt a.M. ist ausweislich des Wortlauts von Art. 7 Abs. 1 EG kein Organ der Gemeinschaft447. Sie läßt sich, angesichts ihrer spezifischen Funktionen und ihrer unabhängigen und organähnlichen448 Stellung im Gefüge der Institutionen der Gemeinschaft, noch am ehesten als Sondereinrichtung449 begreifen. Da die EZB nicht Organ der Gemeinschaft gem. Art. 7 Abs. 1 EG ist, findet auf sie die VO Nr. 1 keine Anwendung. Zu den grundlegenden Aufgaben der EZB zählen das ausschließliche Recht der Genehmigung der Ausgabe von Banknoten innerhalb der Gemeinschaft nach Art. 106 EG (Art. 105a a.F. EGV, Art. 16 ESZB-Satzung450), die Wahrung der Preisstabilität (Art. 105 Abs. 1 EG, Art. 2 ESZB-Satzung) sowie – am wichtigsten – die Ausführung der gemeinschaftlichen Geldpolitik und das Halten der offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten nach Art. 105 EG, Art. 3 ESZB-Satzung. bb) Sprachregelung der EZB Eine Besonderheit stellt die Sprachregelung der EZB dar451. Kraft ihrer durch Art. 107 u. 108 EG (Art. 108 u. 109 a.F. EGV) ausgedrückten Organisations443 Während eines zweimonatigen Praktikums in der Vertretung des Landes NordrheinWestfalen bei der Europäischen Union konnte ich sowohl an der Vorbereitung zu Sitzungen des AdR, sowie an den Sitzungen selbst teilnehmen. Somit beruht die hier dargestellte Arbeitsweise des AdR auf eigenen Erfahrungen. Alle Dokumente des AdR standen dabei der Landesvertretung NRW stets in deutscher Sprache zur Verfügung. 444 Vgl. die umfassende monographische Darstellung der EZB bei G. Schnelting, Die Europäische Zentralbank, die neue Institution in der Union und ihre geldpolitischen Funktionen, S. 1 ff. Vgl. ferner auch die offizielle Broschüre zur EZB als PDF-Datei abrufbar unter http: // www.ecb.int / pub / pdf / ecbbrde.pdf. 445 Zur EZB vgl. auch Art. 105 ff. EG. 446 Zum Entschluß für Frankfurt am Main als Zentrale der europäischen Geldpolitik vgl. G. Schnelting, Die Europäische Zentralbank, die neue Institution in der Union und ihre geldpolitischen Funktionen, S. 40 m. w. N. 447 Vgl. U. Häde, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 8 EG, Rn. 4 m. w. N.; A. Hatje, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 8 EG, Rn. 2. 448 s. hierzu U. Häde, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 107 EG, Rn. 1. 449 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 416. 450 Protokoll (Nr. 18) zum EGV über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank v. 7. Februar 1992.

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autonomie452 kann die EZB grundsätzlich über die zu verwendenden Sprachen frei entscheiden, sofern nicht allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts entgegenstehen. Die EZB hat sich in ihrer Geschäftsordnung453 für ein in zweierlei Hinsicht bemerkenswertes Sprachregime entschieden. Zum einen hat sie sich in Art. 17.8 GO EZB verpflichtet für Rechtsakte nach Art. 34 ESZB-Satzung (Verordnungen, Entscheidungen, Empfehlungen u. Stellungnahmen) die VO Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage zu beachten, obwohl sie dieser ja wegen Art. 7 Abs. 1 EG nicht unterfällt. Daher läßt sich auch die Auffassung vertreten, die EZB tue dies (dennoch) deshalb, weil sie die Normierungen der VO Nr. 1 als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens des Primärrechts ansieht454. Dieser allgemeine Rechtsgedanke könnte das bereits nachgewiesene gemeinschaftsrechtliche Prinzip der Gleichberechtigung der Sprachen sein455. Zum anderen können Leitlinien und Weisungen aufgrund ihrer ESZB-internen Verwendung nach Art. 17.2 und Art. 17.6 GO EZB in nur einer Amtssprache der Europäischen Gemeinschaften verabschiedet und bekanntgegeben werden; d. h. im System der Europäischen Zentralbanken kommuniziert die EZB mit den jeweiligen nationalen Zentralbanken in nur einer Sprache. Diese ist, wie in Finanzkreisen üblich, Englisch456. Freilich gilt bei der amtlichen Veröffentlichung von Leitlinien und Weisungen wieder die Regel, daß in allen Amtssprachen zu veröffentlichen ist, Art. 17.2, 17.6 GO EZB. Als Arbeitssprache der EZB fungiert intern ausschließlich Englisch entsprechend den üblichen Gepflogenheiten des internationalen Bankwesens457. Rechtfertigen läßt sich dies mit der besonderen Funktion der EZB und der damit erforderlichen Möglichkeit der EZB auf Geschehnisse der Finanzwelt binnen kürzester Frist zu reagieren. Dies funktioniert nur in einer – möglichst weit verbreiteten – Sprache. Anders als bei anderen Institutionen458 hat bei der EZB der Standort keinerlei Ein451 Vgl. hierzu M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 14. 452 Zur Organisationsautonomie der EZB s. auch T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 416 f. 453 Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank v. 7. Juli 1998, Abl 1998 L 338 / 28. 454 So ausdrücklich auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 14. 455 s. o. Teil 2, A, I, 2. 456 Vgl. zur Stellung der Sprachen im Wirtschaftssektor U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 25 f. m. w. N. So liegt z. B. der Anteil der Dolmetschung deutscher Übersetzungsbüros für die Wirtschaft in die englische Sprache bei 53%, gefolgt von Russisch mit 12%. Im weltweiten Vergleich des von den entsprechenden Sprachgemeinschaften erwirtschafteten Bruttosozialprodukts liegt Englisch einsam an der Spitze, U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 21. 457 Vgl. T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665). 458 Vgl. zum Zusammenhang von Sprachenregelung und Standort das EPA unten Teil 2, A, II, 5, e) und das HABM unten Teil 2, A, II, 5, f).

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fluß auf die Wahl der Arbeitssprachen gehabt, obwohl es sehr naheliegend gewesen wäre, zumindest zusätzlich zu Englisch auch intern Deutsch zu verwenden. Darüber hinaus macht die Nähe und die im Rahmen der ESZB nötige Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesbank, als Zentralbank der Bundesrepublik Deutschland, die Entscheidung gegen Deutsch als Arbeitssprache der EZB noch unverständlicher. In der Praxis hat sich die Sprachregelung der EZB allerdings insgesamt bewährt459, und da es im Bereich, in dem nur eine Sprache verwendet wird, keine Berührungspunkte mit dem „EU-Normalbürger“ gibt, auch als gemeinschaftsrechtlich unbedenklich herausgestellt. d) Europäische Investitionsbank aa) Funktion der Europäischen Investitionsbank Die Europäische Investitionsbank460 (EIB461) mit Sitz in Luxemburg hat die Aufgabe, mit eigenen und Kapitalmarktmitteln „zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes im Interesse der Gemeinschaft beizutragen“, Art. 267 EG (Art. 198 e a.F. EGV). Zu diesem Zweck kann die EIB Darlehen und Bürgschaften gewähren. Gem. Art. 266 EG (Art. 198 d Abs. 1 a.F. EGV) ist sie mit eigener Rechtspersönlichkeit – wie die Gemeinschaft selbst – ausgestattet. Somit verfügt die EIB über eine institutionelle Autonomie im Gemeinschaftsgefüge der Institutionen, mit ihrer Satzung auch über eine eigene Rechtsgrundlage, sowie über eine eigene Mitgliedschaft, eigenem Vermögen und letztendlich auch über eine eigene Organisationsstruktur462. Die EIB ist – mangels Erwähnung in Art. 7 EG – kein Organ der Gemeinschaft im engen Sinn. Ihr entspricht im Geflecht der Gemeinschaftseinrichtungen keine fest gefügte dogmatische Kategorie463, insofern ähnelt sie der vorgenannten EZB.

bb) Sprachregelung der EIB Die EIB verfügt als Ausdruck ihrer autonomen Stellung über eine Satzung als eigene Rechtsgrundlage. Diese ist rechtstechnisch ein Protokoll464 zum EGV und 459 So T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2668); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (11). 460 Ausführlich zu Organisation und Aufbau der EIB A. Kruppova, Die Europäische Investitionsbank, S. 1 ff. 461 Zur EIB vgl. auch Art. 266 ff. EG. 462 Hierzu P.-T. Stoll, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 266 EG, Rn. 3; vgl. auch für die institutionellen Grundlagen der EIB die Art. 8 bis 16 EIB-Satzung. 463 P.-T. Stoll, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 266 EG, Rn. 5.

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damit nach Art. 311 EG (Art. 239 a.F. EGV) Bestandteil des Vertrages. Die Satzung enthält auch in ihrer aktuellen Fassung von 1999465 keine sprachlichen Regelungen. Anzumerken ist, daß der EIB keine Satzungsautonomie zukommt, da dies eine Vertragsänderung bedeuten würde466. Allerdings kann die EIB selbständig ihre interne Struktur und Arbeitsweise bestimmen467 und in diesen spiegeln sich die Verwendung der Sprachen wieder468. Allgemein zugängliche Publikationen der Bank – wie der Jahresbericht – sind in allen Amtssprachen erhältlich. Andere Publikationen werden in der für ihren Zweck am besten geeigneten Sprache verfaßt. Im Direktorium der Bank kursieren alle geschriebenen Mitteilungen, wie Reporte, Tagesordnungen und Projektbeschreibungen für gewöhnlich in Französisch, Englisch und Deutsch. Jeder Direktor kann auf Wunsch eine Übersetzung auch in einer der anderen Amtssprachen erhalten. Im Rat der Gouverneure sind Dokumentationen und die Korrespondenz in einer der elf Amtssprachen erhältlich. Die EIB antwortet, wenn sie in einer Amtssprache der Gemeinschaft Korrespondenz erhält, soweit als möglich in derselben Sprache. Intern finden in der EIB als Arbeitssprachen Französisch und Englisch Verwendung. Dies begründet sich durch die Natur der EIB als international tätige Bank. Das Sprachregime der EIB ist geprägt von deren Funktion als internationaler Bank. Soweit ihr dies möglich ist, werden die Sprachen verwendet, die „passend“ für die Aufgabe sind. Da sich nur die offiziellen Publikationen an eine breite europäische Öffentlichkeit richten, ist die sonstige Verwendung der Sprachen rechtlich unbedenklich, dies um so mehr, wenn man den recht hohen Grad der Verselbständigung der EIB und deren spezifische Funktion mitbedenkt. e) Exkurs: Europäisches Patentamt Das Europäische Patentamt469 (EPA) mit Sitz in München ist weder Organ der Gemeinschaft noch überhaupt eine sonstige Einrichtung470 dieser471. Das EPA ist 464 Protokoll über die Satzung der Europäischen Investitionsbank v. 25. März 1957, BGBl. II S. 964. 465 ABl. 1999 L 21 / 26. 466 Hierzu genauer P.-T. Stoll, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 266 EG, Rn. 8. 467 Hierzu P.-T. Stoll, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 266 EG, Rn. 9. 468 Für die Auskünfte bzgl. der Sprachenpraxis der EIB habe ich deren Mitarbeiter Herrn Adam McDonaugh zu danken. 469 Für freundliche Auskünfte habe ich der Mitarbeiterin des EPA Frau Gabi Richter zu danken.

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hier dennoch darzustellen, da die Funktion im Bereich des Schutzes von geistigem Eigentum472 – Rechte von z.T. hoher wirtschaftlicher Bedeutung – nach einem zumindest kurzen Vergleich473 mit dem sogleich ausführlich zu erläuternden, jüngeren Markenamt verlangt. Als völlig selbständige Einrichtung474 ist das EPA natürlich auch nicht an gemeinschaftsrechtliche Traditionen und Prinzipien die Sprachenwahl betreffend gebunden.

aa) Funktion des Europäischen Patentamts Das EPA erteilt europäische Patente für die Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens475 (EPÜ476). Dieses Übereinkommen wurde am 5. Oktober 1973 in München unterzeichnet und trat am 7. Oktober 1977 in Kraft. Es ist das Exekutivorgan der Europäischen Patentorganisation (EPO), einer auf der Basis des EPÜ gegründeten zwischenstaatlichen Einrichtung, deren Mitglieder die EPÜ-Vertragsstaaten sind; finanziell trägt sich das EPA durch die erhobenen Gebühren. Mitglieder des EPÜ sind alle EU-Mitgliedstaaten sowie zusätzlich noch Liechtenstein, Monaco, die Schweiz, Türkei und Zypern.

bb) Sprachregelung des EPA Die recht umfassende477 Sprachregelung478 für das EPA findet sich in Art. 14 Abs. 1 bis 9 EPÜ. Hiernach sind die Amtssprachen des EPA Deutsch (Grund waren 470 Zu dem Sprachenstreit bei dem geplanten Gemeinschaftspatent der EU vgl. FAZ v. 4. 3. 2003, S. 13 und FAZ v. 25. 7. 2003, S. 13. 471 Vgl. hierzu T. Oppermann, Europarecht, § 5, Rn. 462. 472 Bzgl. der Abgrenzung des EPA vom HABM im Hinblick auf den Schutz geistigen Eigentums vgl. A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 91 f. 473 Diesen Vergleich der sprachlichen Regelungen des Markenamtes mit dem EPA wegen der Parallelen der Funktion dieser Einrichtungen macht auch T. Oppermann, Reform der EUSprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2665); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (11). 474 Vgl. zur Möglichkeit einer Verfassungsbeschwerde gegen eine Prüfungsentscheidung des EPA, BVerfG, Beschl. v. 4. 4. 2001, DVBl. 2001, S. 1130 ff. 475 Eine umfassende monographische Darstellung des Europäischen Patentübereinkommens findet sich bei M. Brandi-Dohrn / S. Gruber / I. Muir, Europäisches und internationales Patentrecht, S. 1 ff. 476 Der in den drei Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch verbindliche Text des EPÜ kann über die Seite des EPA unter http: // epo.org im Kapitel „Unterlagen für Anmelder“ abgerufen werden. 477 Ausführlich zu den Sprachregelungen des EPÜ M. Brandi-Dohrn / S. Gruber / I. Muir, Europäisches und internationales Patentrecht, S. 46 ff., Rn. 4.01 ff. 478 Hierzu vgl. auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (91 f.).

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praktische Bedürfnisse des Patentrechts und der Standort479 selbst480), Englisch und Französisch; Anmeldungen haben in eine der drei Sprachen zu erfolgen481, Art. 14 Abs. 1 EPÜ. Die (Amts-)Sprache, in der die europäische Patentanmeldung erfolgt ist, ist im weiteren auch die Verfahrenssprache des gesamten Vorgangs482, Art. 14 Abs. 3 EPÜ. Sämtliche Veröffentlichungen des EPA erfolgen in allen drei Amtssprachen, Art. 14 Abs. 6 bis 8 EPÜ. Eintragungen in das europäische Patentregister erfolgen ebenfalls in diesen Sprachen, Art. 14 Abs. 9 EPÜ. Weiterhin gilt als Grundsatz, daß Schriftstücken von Anmeldern in anderen Sprachen als den drei Amtssprachen eine Übersetzung in einer der Amtssprachen beizufügen ist, vgl. Art. 14 Abs. 2 u. Abs. 4 EPÜ. Erfolgt keine solche Übersetzung, so gilt das betreffende Schriftstück als nicht beim EPA eingegangen483, Art. 14 Abs. 5 EPÜ.

f) Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt aa) Funktion des Markenamtes Das in Alicante / Spanien beheimatete Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), z.T. auch einfach Markenamt genannt, ist mit der Förderung des Erwerbs von Marken, Mustern und Modellen auf der Ebene der Europäischen Union sowie mit der Verwaltung der entsprechenden Rechte befaßt484. Das Amt leitet die Verfahren zur Eintragung gemeinschaftlicher gewerblicher Schutzrechte und führt die öffentlichen Register dieser Titel. Gemeinsam mit den Gerichten der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat es die Aufgabe, über Anträge zur Nichtigerklärung dieser Titel nach ihrer Eintragung zu entscheiden. Das durch Verordnung (EG) Nr. 40 / 94485 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke im Jahre 1994 errichtete HABM ist eine Institution mit eigener Rechtspersönlichkeit; es ist rechtlich, administrativ und fi479 Hingegen wurde ja der Standort der EZB in Frankfurt am Main gerade nicht berücksichtigt, als man sich für Englisch als einziger Arbeitssprache entschied, s. o. Teil 2, A, II, 5, c), bb). Man hat bei der EZB somit den internationalen Gepflogenheiten des Finanzwesens den Vorzug vor handfesten praktischen Erwägungen gegeben. 480 Hierzu T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (11). 481 Vgl. M. Brandi-Dohrn / S. Gruber / I. Muir, Europäisches und internationales Patentrecht, S. 47, Rn. 4.06. 482 Vgl. zur Verfahrenssprache des EPA M. Brandi-Dohrn / S. Gruber / I. Muir, Europäisches und internationales Patentrecht, S. 46 f., Rn. 4.02 ff. 483 Zu den Folgen von Sprachfehlern vgl. M. Brandi-Dohrn / S. Gruber / I. Muir, Europäisches und internationales Patentrecht, S. 47 f., Rn. 4.14. 484 Für ausführlichste Informationen zum Markenamt (Funktion, Bedeutung, Vorgeschichte etc.) vgl. A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 35 ff. Einen guten kurzen Überblick bietet das Markenamt selbst auf seiner offiziellen Internetseite unter http: // oami. eu.int / de / role / brochure.htm#1. 485 ABl. 1994 L 11 / 1.

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nanziell eigenständig. Es übt seine Tätigkeit im Rahmen des Gemeinschaftsrechts aus. Für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Markenamtes sind die europäischen Gerichte (EuG / EuGH) zuständig. Das Amt soll sich finanziell durch die Einnahmen von Eintragungsgebühren und den Gebühren für die Verlängerung der Schutzrechte selbst tragen. Die besondere Bedeutung der Gemeinschaftsmarke für die Wirtschaft ist, daß sie einen einheitlichen Schutz in sämtlichen Ländern der Europäischen Union durch nur ein einziges Eintragungsverfahren beim Markenamt bietet. Gerade sprachliche Regelungen in diesem Bereich sind daher auch insofern von großem wirtschaftlichen Interesse486, als die Kosten eines Eintragungsverfahrens durch diese stark variieren können487 sowie auch der Zeitaufwand schwanken kann. bb) Sprachregelung des Markenamtes (1) Entstehung und Gestalt der Sprachregelung des Markenamtes Bis heute umstritten ist die Sprachenregelung des HABM488. Die Verordnung (EG) Nr. 40 / 94, mit der das Markenamt errichtet wurde, sieht in Art. 115 Abs. 2 grundsätzlich Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch als einzige Sprachen vor489; es gibt allerdings eine Reihe von Ausnahmen zu dieser Regelung für bestimmte Verfahren und für Veröffentlichungen490. Bereits der politische Weg zur Einigung auf diese, bisher von keiner anderen Einrichtung übernommenen,491 „Fünf-Sprachen-Regelung“ war steinig492. Die 486 Zu den Auswirkungen nationaler sprachlicher Regelungen im Binnenmarkt in Bezug auf Werbung, Waren und Markennamen und den daraus resultierenden Konflikten mit dem freien Warenverkehr aus Art. 28 EG vgl. die ausführliche Darstellung bei A. Theme, Sprache und Gesetzgeber, S. 71 ff. Eine Zusammenfassung des Inhalts und eine Rezension vorgenannter Darstellung findet sich bei M. A. Kürten, Rezension: Anne Theme, Sprache und Gesetzgeber: Grenzen sprachgesetzlicher Regelungen in Deutschland und Frankreich nach dem EGVertrag und nationalem Verfassungsrecht, NWVBl. 2002, S. 411. Vgl. ferner zu der Pflicht Kosmetikverpackungen mit mehrsprachigen Warnhinweisen zu versehen EuGH, Urt. v. 13. 9. 2001 – Rs. C-169 / 99, JuS 2002, S. 285 ff. mit kritischer Anmerkung R. Streinz. 487 Vgl. zum für die Übersetzungen vor dem Markenamt zuständigen „Übersetzungszentrum der Europäischen Union“ T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92) m. w. N. 488 Vgl. hierzu T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92); M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 11 ff. 489 Weitere z.T. sehr detaillierte Sprachregelungen enthält die Verordnung (EG) Nr. 2868 / 95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke, ABl. 1995 L 303 / 1. Siehe dort insbesondere „Teil N: Sprachenregelung“, Regel 95 ff. 490 Insgesamt zu den Sprachregelungen vgl. A. von Mühlendahl / D. C. Ohlgart / V. v. Bomhard, Die Gemeinschaftsmarke, § 12, Rn. 75 ff.; A. von Mühlendahl, in: FS für Piper, S. 575 ff.

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Europäische Kommission votierte zuerst aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen für eine einzige Sprache vor dem Markenamt, welche entweder Englisch oder Französisch werden sollte. Deutschland hingegen war naturgemäß an einer Einbeziehung der deutschen Sprache interessiert und führte hierzu die bewährte „Drei-Sprachen-Regelung“ des EPA493 in München an; Spanien andererseits intervenierte mit dem Wunsch der Verwendung auch des Spanischen494. Am 29. Oktober 1993 konnte in Brüssel auf einer Sondertagung des Rates dann einstimmig die Festlegung auf fünf Sprachen495 (Italienisch trat hinzu) erfolgen496. Allerdings war dann noch immer nicht der Schlußpunkt der Sprachregelung erreicht. Zu guter Letzt einigte man sich endgültig nach Intervention der Länder, deren Sprachen nicht berücksichtigt wurden – vor allem ging es um die Nichtbeachtung des Niederländischen –, auf eine sog. verwässerte „Fünf-Sprachen-Regelung“497. Verwässert deshalb, weil Anmeldungen in allen elf Amtssprachen erfolgen können (Art 115 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94), wobei allerdings eine Übersetzung in eine der fünf offiziellen Sprachen des HABM erfolgen muß und weiterhin auch eine zweite Sprache (eine der fünf des Amtes) zur Verwendung im weiteren Verfahren498 zu benennen ist, Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94. Die Übersetzungen werden nach Art. 117 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 von der Übersetzungszentrale für die Einrichtungen der Europäischen Union mit 491 Dazu und zu den mutmaßlichen Gründen vgl. T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92). 492 Zur vorangegangenen langen politischen Diskussion vgl. A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 86 ff. m.w.N; A. von Mühlendahl , in: FS für Piper, S. 575 ff. 493 Hierzu oben Teil 2, A, II, e). 494 Zu dem komplizierten Nebeneinander der Amtssprache Spanisch und den verschiedenen anderen Sprachen bestimmter autonomer Gemeinschaften in Spanien (z. B. Baskisch) s. S. González-Varas, Kritische Anmerkungen über die juristische Ordnung der Sprachsysteme in den Mitgliedstaaten Europas, NVwZ 2002, S. 947 ff. 495 Die Bundesregierung betrachtete die Einbeziehung des Deutschen in ein reduziertes Sprachregime als großen politischen Erfolg, so heißt es dazu im 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993), S. 12, Rn. 35: „Damit ist erstmals für eine Institution der Gemeinschaft eine – Deutsch enthaltende – Beschränkung auf fünf Sprachen getroffen worden. 496 s. A. von Mühlendahl , in: FS für Piper, S. 575 (576). 497 So auch T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (93); A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 88. 498 Dies ist (praktisch) überflüssig solange der Anmelder der einzige Beteiligte des Verfahrens ist, da dann seine in der Anmeldung verwendete Sprache auch die des weiteren Verfahrens gem. Art. 115 Abs. 4 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 ist. Diese Regelung (bei der Anmeldung alle elf Amtssprachen benutzen zu können) wird demgemäß bei mehreren Beteiligten obsolet, denn dann ist nur noch eine der fünf Sprachen des Amtes Verfahrenssprache. Hierzu auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (777).

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Sitz in Luxemburg übernommen499. Die Kosten dieser Übersetzungen trägt das Markenamt500, wobei diese in den jeweiligen Gebühren des Verfahrens enthalten sind501. Andererseits können Widersprüche (nach der Anmeldung) und Anträge auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit immer nur in einer der Sprachen des Amtes erfolgen502, Art. 115 Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94503. Für alle vorgeschriebenen Veröffentlichungen des Markenamtes, Eintragungen in das Register und Veröffentlichungen daraus, gilt die von anderen Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft her bekannte elfsprachige Redaktionspflicht gem. Art. 116 Abs. 1 u. 2 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94504. (2) Die Sprachregelung des Markenamtes im Streit – Der Fall Kik War schon die politische Einigung über die Sprachregelung des HABM gerade im Hinblick auf die Außerachtlassung des Niederländischen umstritten, so weitete sich dieses nach Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 zu mehreren bis jetzt z.T. noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Rechtsstreitigkeiten vor dem EuG, dem EuGH und der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes aus. Untrennbar verbunden mit der Auseinandersetzung um die Sprachregelung des Markenamtes, welche ja immerhin sechs der offiziellen Amtssprachen der Gemeinschaft für das Verfahren (außer bei der Anmeldung) ignoriert505, ist der Name der niederländischen Rechtsanwältin Christina Kik506. An dieser Stelle soll zumindest eine kurze 499 Vgl. auch T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92). 500 Vgl. auch zu den etwas umständlichen Sprachregelungen des Markenamtes die detaillierten Ausführungen bei A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 188 ff. Es werden dort auch mögliche Taktiken bei der Wahl der Sprache für die Verfahrenshandlungen erörtert, bei denen eine solche Wahl möglich ist. 501 Vgl. A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 192. 502 Hierzu und zu der „Verwässerung“ A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 88 m. w. N. 503 Ausführlich vgl. A. von Mühlendahl / D. C. Ohlgart / V. v. Bomhard, Die Gemeinschaftsmarke, § 12, Rn. 80 f. 504 Abermals vgl. A. von Mühlendahl / D. C. Ohlgart / V. v. Bomhard, Die Gemeinschaftsmarke, § 12, Rn. 95 ff. 505 Noch negativer formulierend: „. . . in die zweite Reihe verbannt . . .“ J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (777). 506 Einen guten kurzen Überblick über die Streitigkeiten, insbesondere aber zur neuesten Entscheidung, bietet der Artikel „Turmbau zu Babel“ in NZZ Online v. 13. 10. 2001, unter http: // www.nzz.ch / 2001 / 10 / 13 / wi / page-article7PPO5.html. Ausführlich zu dem gesamten Verfahrenshergang J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 ff.

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chronologisch geordnete Darstellung der Streitigkeiten sowie der dabei vorgebrachten Hauptargumente der Streitparteien bzw. der Ausführungen der Beschwerdekammer und der Gerichte, erfolgen. In historischer Abfolge geordnet, zerfällt der gesamte Fall Kik in fünf Rechtsstreitigkeiten (zur besseren Übersichtlichkeit im Fließtext kurz: Kik 1 bis 5), wobei die letzte, welche bei dem EuGH bereits anhängig ist507, noch nicht entschieden508 wurde. (a) Kik 1 Startpunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war eine von Frau Kik beim EuG am 15. März 1993 gegen den Rat und die Kommission509 eingereichte Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 EG (Art. 173 a.F. EGV), welche sich gegen die Außerachtlassung des Niederländischen als Verfahrenssprache vor dem Markenamt in der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 richtete510. Das EuG wies in seinem Beschluß vom 19. Juni 1995 die Klage aus formellen Gründen, nämlich wegen Fehlens der Klagebefugnis aus Art. 230 Abs. 4 EG (Art. 173 Abs. 4 a.F. EGV), ab511. Grund für den klageabweisenden Beschluß war die Tendenz der europäischen Gerichte das Merkmal der individuellen Betroffenheit aus Art. 230 Abs. 4 EG eng auszulegen512, um direkte Normenkontrollen durch Einzelne zu vermeiden513. Die Klageabweisung aus prozessualen Gründen hatte zur Folge, daß sich das EuG mit der materiellen Fragestellung der Rechtmäßigkeit der Sprachenregelung nicht mehr auseinandersetzen mußte, so daß dieses Verfahren keine Klärung der strittigen Frage(n) brachte514. (b) Kik 2 Frau Kik legte daraufhin beim EuGH gegen die Entscheidung des EuG Rechtsmittel ein515. Der EuGH folgte in seinem Beschluß vom 28. März 1996 vollDer EuGH führt das Verfahren als Rs. C-361 / 01. Vgl. aber die bereits in das Internet gestellten Schlußanträge des Generalanwalts Francis G. Jacobs vom 20. März 2003 unter http: // europa.eu.int / jurisp / cgi-bin / form.pl? lang=de&Submit=Suchen&docrequire=alldocs&numaff= &datefs= &datefe= &nomusuel= kik &domaine= &mots= &resmax=100. 509 Unterstützt durch das Königreich Spanien. 510 Zu den Hauptargumenten der Klägerin in der Klageschrift vgl. Zusammenfassung in GRUR Int. 1994, S. 447 f. 511 EuGHE 1995, II-1717 (II-1730 ff.), Rn. 35 ff., -Rs. T-107 / 94. 512 Näher zu dieser Tendenz J. Gundel, Rechtsschutzlücken im Gemeinschaftsrecht? – Der Fall des Sekundärrechts ohne nationale Vollzugsakte, Verw Arch (Bd. 92), 2001, S. 81 ff. 513 So auch die Erklärung bei J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778). 514 Vgl. T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92) u. dort Fn. 47. 507 508

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umfänglich dem EuG516 und wies das Rechtsmittel zurück. Somit konnte auch durch den EuGH – aus formellen Gründen – keine materielle Auseinandersetzung mit der strittigen Sprachenregelung des HABM erfolgen517. (c) Kik 3 Frau Kik suchte daher die fehlende Selbstbetroffenheit durch die angegriffene Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 (ihren prozessualen Mangel) auszugleichen, um letztendlich eine materielle gerichtliche Entscheidung zu erzwingen. Daher beantragte Frau Kik am 15. Mai 1996 beim Markenamt die Eintragung der Wortmarke „KIK“ in das Markenregister518. „KIK“ sollte hierbei eine Marke für Dienstleistungen der Klasse 42519 – genauer: „Beratungen bezüglich der unlauteren Wettbewerbslage auf dem europäischen Gemeinsamen Markt“ – sein. Der besondere „Kniff“ der von Frau Kik in niederländischer Sprache eingereichten Anmeldung lag nun darin, daß sie auf dem Antragsformular – entgegen Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 – als zweite520 und damit – eventuell – für das weitere Verfahren anzuwendende Sprache nicht etwa eine der fünf Sprachen des Markenamtes, sondern Niederländisch angab521. Der zuständige Prüfer des HABM wies sie nach Durchsicht der Anträge auf diesen formellen Fehler hin, und als Frau Kik auf Niederländisch als zweiter Sprache beharrte, eine irrtümliche Angabe diesbezüglich abstreitend, erfolgte die von Frau Kik intendierte Ablehnung ihres Antrages aus formellen Gründen durch Bescheid vom 20. März 1998. Frau Kik legte gegen den ablehnenden Bescheid am 4. Mai 1998 Beschwerde beim Amt ein und beantragte, unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides, das Anmeldeverfahren fortzusetzen. Tragende Begründung der Beschwerde war, daß nach Ansicht von Frau Kik die Anmeldung nicht unter Bezugnahme auf Art. 115 515 Rat und Kommission als Gegner wurden hier wiederum unterstützt durch das Königreich Spanien. 516 EuGHE 1996, I-1989 (I-1995), Rn. 16, -Rs. C-270 / 95 P. 517 Hierzu, allerdings ohne eigene Würdigung, G. Gornig / C. Trüe, Die Rechtsprechung des EuGH und des EuG zum Europäischem Verwaltungsrecht – Teil 1, S. 395 (397). 518 Den vollständigen Sachverhalt und alle vorgebrachten Anträge (s. entspr. Abschnitt der Entscheidung) enthält die Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3, diese ist veröffentlicht unter http: // oami.eu.int / DE / diff / textes / JO705.htm. 519 I.S. des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in ihrer in Stockholm am 14. Juli 1967 und in Genf am 13. Mai 1977 revidierten und am 28. September 1979 für Macau geänderten Fassung. 520 Leicht mißverständlich daher die Formulierung: „. . . und dabei die Anmeldung allein in Niederländisch eingereicht hat.“ bei M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 12. 521 Vgl. dazu die ausführliche Schilderung in dem Artikel „Turmbau zu Babel“ in NZZ Online v. 13. 10. 2001, unter http: // www.nzz.ch / 2001 / 10 / 13 / wi / page-article7PPO5.html.

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Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 sowie die darauf fußende Regel 1 Absatz 1 j) der Verordnung (EG) Nr. 2868 / 95 der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 des Rates über die Gemeinschaftsmarke hätte zurückgewiesen werden dürfen. Denn diese Normen, welche festlegen, daß der Anmelder als zweite Sprache nur eine von fünf (Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch) angeben kann und nicht (auch) eine andere der elf Amtssprachen522 der Gemeinschaften, verstießen gegen Art. 1 VO Nr. 1 und seien folgerichtig ungültig und nicht bindend523. Außerdem verstoße Art. 115 Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 u. a. auch gegen Art. 12 S. 1 EG, der jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbiete524. Die Tatsache, daß Niederländisch als Sprache des Markenamtes nicht berücksichtigt werde, stelle aber eine verbotene Diskriminierung i.S. dieses Artikels dar; dies sei ein weiterer Ungültigkeitsgrund der geltenden Sprachenregelung des HABM525. Das Markenamt verfügt mit seinen für Beschwerden526 zuständigen Beschwerdekammern527 über eine eigene Rechtsprechungskompetenz528 und kann durch diese unmittelbar den Bürger (Anmelder) betreffende Entscheidungen fällen. Zusammengenommen mit den sonstigen Entscheidungen, zu welchen das HABM berufen ist (Eintragung einer Marke: Ja oder Nein?), ergibt sich eine starke Bürgerbetroffenheit für dessen Tätigkeit und folglich ist das reduzierte Sprachregime besonders genau zu prüfen529. Von besonderem Interesse sind die, in der am 19. März 1999 ergangenen Entscheidung der dritten Beschwerdekammer gemachten Ausführungen, welche sich mit den Bedenken von Frau Kik betreffend die Abweichung von der sprachlichen Gleichberechtigung in der Sprachregelung des Markenamtes befassen. Diese Ausführungen der Beschwerdekammer lassen nämlich durchaus teilweise Verständnis Zu denen Niederländisch gem. Art. 1 VO Nr. 1 gehört. Vgl. Rn. 7 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 524 Zur Bedeutung des Art. 12 EG im Hinblick auf das Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung, vgl. hierzu oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). 525 Vgl. Rn. 8 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 526 Das Beschwerdeverfahren ist in den Art. 57 bis 63 im Titel VII: Beschwerdeverfahren der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 geregelt. 527 Ausführlich zu diesen Kammern A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 101 ff. 528 Vgl. M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 12. 529 In diese Richtung auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (777), Fn. 6. 522 523

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für den Standpunkt der Beschwerdeführerin erkennen530. In der Entscheidung heißt es: „Mit Artikel 115 Absatz 2 bis 7 GMV531 wird zwar die aufgrund von Artikel 217 EGV in der VO Nr. 1 niedergelegte grundsätzliche Gleichberechtigung aller Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft eingeschränkt, die auf dem Gleichbehandlungsgrundsatz und den Prinzipien der Transparenz und Bürgernähe fußt532. Nach diesem Grundsatz müssen sich alle Bürger der Mitgliedstaaten vor den Einrichtungen der Gemeinschaft ihrer eigenen Sprache bedienen können, weil die Sprache kulturelles Erbe der Mitgliedstaaten ist und nicht nur der nationalen Identifikation dient, sondern auch einem auf Bürgernähe und Subsidiaritätsprinzip gründenden Integrationsverständnis533.“

Die Beschwerdekammer hat allerdings dann doch nicht über diesen Punkt sachlich entschieden534, da sie die Ansicht vertrat, eine Regelung der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 mangels diesbezüglicher Normverwerfungskompetenz, nicht unangewendet lassen zu können535. So konnte erneut keine Entscheidung bezüglich der Vereinbarkeit der Sprachregelung des HABM mit dem in der VO Nr. 1 niedergelegten allgemeinen Grundsatz sprachlicher Gleichberechtigung und dem Diskriminierungsverbot aus Art. 12 S. 1 EG erfolgen. (d) Kik 4 Frau Kik536 griff die so herbeigeführte Entscheidung der Beschwerdekammer des Markenamtes537 daraufhin vor dem EuG mittels einer Nichtigkeitsklage (mit 530 So auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778); M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 12. 531 Gemeint ist die Verordnung (EG) Nr. 40 / 94. 532 Rn. 27 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 533 Rn. 28 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 534 Nach M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 12, eine „bedauerliche Entscheidung der Beschwerdekammer“. Neutraler formulierend J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778). 535 „. . . zu mißachten und damit praktisch außer Kraft zu setzen.“, Rn. 29 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 536 In diesem Verfahren unterstützte Griechenland die Klägerin. 537 Das Markenamt wurde (wiederum) unterstützt von Spanien und dem Rat der Gemeinschaft.

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dem Ziel der Aufhebung oder Abänderung) an. Prüfungsgegenstand dieses Verfahrens war die vom HABM getroffene Entscheidung in der Gestalt, welche sie durch die Entscheidung der Beschwerdekammer erhalten hatte; dies beinhaltete eine inzidente Überprüfung des Sprachregimes des Amtes, welches ja dem Votum der Beschwerdekammer zu Grunde lag538. So konnte Frau Kik erstmals überhaupt eine materielle Stellungnahme eines europäischen Gerichtes zur Sprachenregelung des HABM erreichen. Am 12. Juli 2001 erging dann das – lang erwartete – Urteil des EuG539, in welchem es sich explizit zur Vereinbarkeit der Sprachregelung des Markenamtes in der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 mit europäischem Primärrecht (Verstoß gegen Art. 12 S. 1 EG) äußern mußte. Der erste erwähnenswerte Streitpunkt des Klageverfahrens befindet sich bereits in der Zulässigkeit der, im Verfahren gegen die Entscheidung der Beschwerdekammer eingebetteten, inzidenten Überprüfung der streitigen Sprachbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 in deren Art. 115 Abs. 2 und 3. Das Markenamt hielt nämlich die Klage u. a. bereits deshalb für unzulässig, weil diese nicht eine inzidente, sondern vielmehr (nur) eine inszenierte540 Überprüfung sei541. Dieser Argumentation folgte das EuG indes nicht. Es führte aus: „Daraus läßt sich jedoch nicht der Schluß ziehen, daß die Anmeldung und der über sie entstandene Rechtsstreit das Ergebnis einer bloßen Strategie der Klägerin sind, die den Rechtsstreit einer Prüfung durch den Richter als nicht würdig erscheinen ließe542.“ Weiterhin kam es zu dem Schluß, daß die Akten des Verfahrens: „. . . keine hinreichend sichere Grundlage für die Annahme bieten, daß die Klägerin nicht wirklich an der Eintragung [ . . . ] interessiert ist.543“ Zu guter Letzt zeige das eigenwillige544 (!) Verhalten der Klägerin lediglich, „daß sie auf ihrem vermeintlichem Recht bestand, in jedem Stadium des Verfahrens mit dem 538 Vgl. hierzu J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778 f.), sowie den Artikel „Turmbau zu Babel“ in NZZ Online v. 13. 10. 2001, unter http: // www.nzz.ch / 2001 / 10 / 13 / wi / page-article7PPO5. html. 539 Das Urteil des EuG v. 12. 7. 2001 in der Rechtssache T-120 / 99 ist nicht in der amtlicher Sammlung, aber in EuG, EuR 2001, S. 764 ff., abgedruckt. 540 „. . . konstruierten oder fiktiven Charakter.“, so das Vorbringen des Markenamtes; vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (767), Rn. 17. 541 Hierzu J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778), Fn. 21. Von einer „bewußten Provokation“ (der Sachlage) durch Frau Kik spricht auch der Artikel „Turmbau zu Babel“ in NZZ Online v. 13. 10. 2001, unter http: // www.nzz.ch / 2001 / 10 / 13 / wi / page-article7PPO5.html. 542 EuG, EuR 2001, S. 764 (769), Rn. 27. 543 EuG, EuR 2001, S. 764 (769), Rn. 28. 544 Original Wortwahl des EuG, vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (769), Rn. 29.

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Amt auf Niederländisch kommunizieren zu können, worin sich ein völlig realer, ernster Konflikt [ . . . ] äußert . . .545“ Diese Ausführungen des EuG sind als die Eröffnung der Möglichkeit der inzidenten Normenkontrolle – mangels direkter Beanstandungsmöglichkeit – auch bei einem konstruierten Streitfall angesehen worden546. Angesichts der deutlichen Aussagen des Gerichts aber, daß gerade keine solche bloße – eventuell rechtsmißbräuchliche – Konstruktion vorläge, vermag diese Deutung nicht zu überzeugen. Jedenfalls war nun der Weg frei zur materiellen Auseinandersetzung mit der strittigen Regelung in Art. 115 Abs. 2 und 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94. Das EuG hat in seiner Würdigung der Vorträge der Parteien drei spezifische Problemfelder ausgemacht und behandelt. (aa) Verstoß gegen Art. 1 VO Nr. 1 i.V.m. Art. 12 S. 1 EG Zunächst beschäftigte sich das EuG mit der Frage, ob die angegriffenen sprachlichen Regelungen des Markenamtes möglicherweise gegen Art. 1 VO Nr. 1 i.V.m. Art. 12 S. 1 EG verstoßen könnten547, da ein direkter Verstoß gegen Art. 1 VO Nr. 1 – die VO Nr. 1 gilt nur für die in Art. 7 Abs. 1 EG erwähnten Hauptorgane der Gemeinschaft zu denen das HABM nicht zählt548 – nicht möglich ist. Dann müßte in der VO Nr. 1 ein gemeinschaftsrechtlicher Grundsatz der Gleichheit der Sprachen zum Ausdruck kommen, der durch einen späteren Sekundärrechtsakt (wie die Verordnung (EG) Nr. 40 / 94) nicht einfach geändert werden könnte und dessen Geltung deshalb über Art. 12 S. 1 EG durchgesetzt werden kann. Das EuG verneinte die Möglichkeit der Verletzung von Art. 1 VO Nr. 1 i.V.m. Art. 12 S. 1 EG. Es stellte maßgeblich auf die Rechtsnatur der VO Nr. 1 als bloßem, von Art. 290 EG abgeleitetem, Sekundärrecht ab549. Das EuG will damit anscheinend zum Ausdruck bringen, daß eine bloße Verordnung nicht tragfähige Grundlage eines allgemeinen Prinzips sein kann. Darüber hinaus könne Art. 1 VO Nr. 1 auch deshalb kein Träger eines gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Gleichheit der Sprachen sein, da gerade Art. 290 EG die Regelung der Sprachenfrage dem Rat überläßt und die Mitgliedstaaten selbst keinerlei Sprachregelungen für die Einrichtungen der Gemeinschaft im EGV getroffen haben550. Für das EuG steht damit die Existenz der Kompetenznorm des Art. 290 EG einer Bildung eines EuG, EuR 2001, S. 764 (769), Rn. 29. So J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778), Fn. 21. 547 Vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (774), Rn. 57. 548 s. o. Teil 2, A, II, 5. 549 EuG, EuR 2001, S. 764 (774), Rn. 57. 550 EuG, EuR 2001, S. 764 (774), Rn. 57. 545 546

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sprachlichen Gleichbehandlungsprinzips mit Niederschlag in der VO Nr. 1 deshalb entgegen, da eine spätere Änderung jedweder solcher Sprachregelungen in Art. 290 EG durch den Rat geradezu angelegt ist. Dieses Argument ist logisch, da spätere (beliebige) Änderungen gerade die Beständigkeit eines Prinzips konterkarieren, ein solches also gar nicht erst entstehen lassen. (bb) Verstoß gegen Art. 12 S. 1 EG Sodann widmete sich das EuG der Frage nach einem direktem Verstoß gegen Art. 12 S. 1 EG551. Zunächst stellte es klar, daß Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 überhaupt nur in einer bestimmten Konstellation gegen Art. 12 S. 1 EG verstoßen könnte; denn für den Fall, daß der Anmelder einziger Beteiligter ist, ist die Sprache seiner Anmeldung – zu der alle elf Amtssprachen gem. Art. 115 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 gehören können – ohne weiteres die Verfahrenssprache, Art. 115 Abs. 4 S. 1 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94552. Vielmehr sei einzig fraglich, wie die Fallgestaltung zu beurteilen sei, bei der mehrere Beteiligte, die nicht dieselbe Sprache bevorzugen und sich auch untereinander nicht auf eine Verfahrenssprache553 einigen können554. Denn in dieser Konstellation werde erst die zwanghafte Wahl einer von nur fünf Sprachen nach Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 relevant, da dann auch nur eine dieser Sprachen Verfahrenssprache (gegen den Wille des Anmelders) werden könne. Zu dieser – so herausgearbeiteten Konstellation – hat sich das EuG inhaltlich folgendermaßen geäußert: Die Bestimmung des Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 sei zu dem legitimen Zweck (zur Lösung der beschriebenen Konstellation) erlassen worden555. Weiterhin habe der Rat, „auch wenn er die Amtssprachen der Gemeinschaft unterschiedlich behandelt hat556, eine sachgerechte und angemessene Wahl getroffen.“557 Abschließend merkt das EuG dann noch an: „Zum anderen ist der Rat, indem er diese Wahl auf die in der Europäischen Gemeinschaft meistbekannten Sprachen beschränkt und damit zu verhindern versucht hat, daß Vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (774), Rn. 60 ff. EuG, EuR 2001, S. 764 (774 f.), Rn. 61. 553 Für das Widerspruchs-, Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren können die Beteiligten gem. Art. 115 Abs. 7 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 eine der elf Amtssprachen als Verfahrenssprache wählen. 554 EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 62. 555 EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 62. 556 In dieser Wendung des EuG schwingt die Aussage der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes: „Mit Artikel 115 Absatz 2 bis 7 GMV wird zwar die aufgrund von Artikel 217 EGV in der VO Nr. 1 niedergelegte grundsätzliche Gleichberechtigung aller Amtssprachen der Europäischen Gemeinschaft eingeschränkt . . .“ mit, vgl. Rn. 27 der Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des Markenamtes vom 19. März 1999 in der Beschwerdesache R65 / 98 – 3. 557 EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 63. 551 552

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die Verfahrenssprache einem anderen Verfahrensbeteiligten völlig unbekannt ist, innerhalb der Grenzen dessen geblieben, was zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderlich ist.“558 Demzufolge konnte nach Ansicht des EuG kein Verstoß gegen Art. 12 S. 1 EG durch die Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 vorliegen. (cc) Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 EG Zuletzt erwägte das EuG noch kurz einen Verstoß gegen Art. 21 Abs. 3 EG559. Einen solchen Verstoß hat das EuG freilich mit dem – zutreffenden560 – Hinweis darauf, daß das Markenamt nicht zu den von Art. 21 Abs. 3 EG und in Art. 7 EG erfaßten Einrichtungen zählt, abgelehnt561. Die Entscheidung Kik 4 bedarf, angesichts der teilweise vom EuG recht formal vorgebrachten Argumente, einer kritischen Würdigung, welche in dem alsbald folgenden Abschnitt über die Bewertung der Sprachregelung des Markenamtes integriert werden soll. (e) Kik 5 Frau Kik hat, um alle gerichtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, Rechtsmittel gegen die Entscheidung des EuG eingelegt. Der EuGH führt das Verfahren, welches nach dem zwischenzeitlichen Tode von Frau Kik durch ihre Erben weiterbetrieben wird, als Rs. C-361 / 01562. Abzuwarten bleibt, wie sich der EuGH in dieser bedeutsamen Frage entscheiden wird. cc) Bewertung der Sprachregelung des Markenamtes (1) Bedeutung der Rechtmäßigkeit der Sprachregelung Die Rechtmäßigkeit der Abweichung vom Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung in der Sprachenregelung des Markenamtes ist aus folgenden Gründen kritisch zu hinterfragen:

EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 63. Zu diesem schon ausführlich oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). 560 Vgl. erneut oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). 561 Kritisch hierzu J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (779). 562 Vgl. hierzu auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (778), Fn. 15. 558 559

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Zum einen ist hier ein sensibler Ausschnitt der Kommunikation betroffen, denn es handelt sich um eine Reduktion der Sprachen im Verhältnis Bürger / EU-Einrichtung und damit um den Bereich, welcher der Amtssprache zuzuordnen ist. Eine sehr schöne, griffige Formulierung hierfür hat Oppermann eingeführt563, welche auch564 hier verwendet werden soll, die sog. Bürgerebene. Gerade aber auf dieser Bürgerebene lassen sich Reduktionen wesentlich schwerer rechtfertigen, als das im Bereich der internen Kommunikation, also bei den Arbeitssprachen, möglich ist565. Zum anderen wurde bereits gezeigt, daß das beim Markenamt eingeschränkte Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung auf hohen Gemeinschaftswerten, namentlich dem allgemeinen Diskriminierungsverbot bzw. Gleichbehandlungsgrundsatz, den Prinzipien von Transparenz und Bürgernähe und der Schutzpflicht der Union bezüglich der kulturellen Vielfalt, beruht566. Es wurde auch nachgewiesen, daß eben jenes Prinzip Ausdruck in der VO Nr. 1 gefunden hat567. Weiterhin ist eine genaue Untersuchung auch deshalb angezeigt, da die (bislang) einzigartige Regelung des HABM durchaus auch ein „Probelauf“, welcher bereits – zum jetzigen Zeitpunkt vorläufig – gerichtlich abgesegnet ist (Kik 4), für weitere ähnliche Sprachreduktionen sein könnte568. Insofern sind die Maßstäbe herauszuarbeiten, an denen sich solche geplanten(?) Einschränkungen auf sprachlicher Ebene messen lassen müssen. Führt man sich die besprochene Entscheidung Kik 4 vor Augen, lassen sich einige Kriterien und Untersuchungspunkte auffinden, welche auch z.T. schon von Schweitzer anläßlich der – bereits besprochenen – Entscheidung der dritten Beschwerdekammer des HABM aufgestellt wurden569.

563 T. Oppermann, Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (17). 564 Diese Terminologie macht sich auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (781) zu eigen. 565 Hierzu schon oben Teil 2, II, 4. 566 s. o. Teil 2, A, I, 4. 567 s. o. Teil 2, A, II, 1. 568 Diese Vermutung äußerte zuerst T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92). Im Anschluß an den Vorgenannten aber ohne Berufung auf diesen J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (777). 569 Vgl. die instruktiven Ausführungen bei M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 11.

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(2) Kriterien zur Überprüfung der Sprachregelung des HABM Anhand der Ausführungen des EuG in Kik 4 lassen sich die verschiedenen Kriterien, an denen sich die Sprachregelung des HABM messen lassen muß, gut herausarbeiten. Aus den vom EuG vorgetragenen Gründen können zu Recht weder die VO Nr. 1, noch Art. 21 Abs. 3 EG570 Kriterien sein: Sie sind auf das Markenamt nicht anwendbar. Entscheidend für die Prüfung ist Art. 12 S. 1 EG571 und der darin enthaltene Gedanke der Nichtdiskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, welcher eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist. Insofern spielt die VO Nr. 1 dann doch eine Rolle, da sie eine geschriebene (ausführliche) Fassung des Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung ist, welches man allerdings letztendlich aus Art. 12 S. 1 EG ableiten kann, da Differenzierungen anhand von Sprache mittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfen. Maßstab der Frage nach der Rechtmäßigkeit der Sprachregelung des Markenamtes ist somit Art. 12 S. 1 EG. (3) Art. 12 S. 1 EG als maßgebliches Kriterium Fraglich ist, ob das Abweichen vom Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 gegen Art. 12 S. 1 EG verstößt572. Dazu müßte zunächst der Schutzbereich des Art. 12 S. 1 EG betroffen sein. (a) Schutzbereich Art. 12 S. 1 EG umfaßt den Schutz vor jeglichen an die Staatsangehörigkeit anknüpfenden diskriminierenden Maßnahmen. Dazu sind auch solche zu zählen, die zwar nicht unmittelbar an die Staatsangehörigkeit anknüpfen (formelle Diskriminierungen), welche aber typischerweise oder im wesentlichen dieselben WirkunZu dem dort verbürgten Petitionsrecht s. o. Teil 2, A, I, 2, a), aa), (2). Zu diesem und seinen sprachlichen Dimensionen schon ausführlich oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). 572 Die Prüfung des Art. 12 EG folgt dem schulmäßigen Aufbau der Prüfung eines deutschen Grundrechts nicht in Verkennung der Tatsache, daß dieser kein Grundrecht (und schon gar kein deutsches) ist, sondern schlicht aus Gründen der Übersichtlichkeit. Besonders naheliegend ist dies auch deshalb, da das EuG in der Prüfung der Rechtfertigung für die Sprachenregelung ebenfalls nahezu schulmäßig – mit differierender Terminologie – die Verhältnismäßigkeit prüft (Legitimer Zweck, Angemessenheit, Erforderlichkeit) vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 62 f. 570 571

8 Kürten

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gen entfalten, sog. materielle Diskriminierung573. Dies ist u. a. dann regelmäßig zu bejahen, wenn auf den Wohnsitz oder die Muttersprache abgestellt wird574. Somit sind sprachliche Regelungen – als mittelbare Rückgriffe auf das Merkmal der Staatsangehörigkeit – vom Schutzbereich des Art. 12 S. 1 EG umfaßt. (b) Eingriff Ferner müßte Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 in den Schutzbereich des Art. 12 S. 1 EG eingreifen. Festgehalten werden kann zunächst, daß Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 die Amtssprachen der Gemeinschaft unterschiedlich behandelt, indem die Auswahlmöglichkeit von sonst elf auf fünf Sprachen eingeschränkt wird575. Daraus ergibt sich dann denknotwendig eine an die Staatsangehörigkeit anknüpfende unterschiedliche Behandlung der betroffenen Adressaten. Folglich greift Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 in den Schutzbereich des Art. 12 S. 1 EG ein. (c) Rechtfertigung Zu fragen bleibt damit nur, ob dieser Eingriff auch eine Verletzung des Art. 12 S. 1 EG darstellt. Dies wäre dann der Fall, wenn entweder jeder Eingriff in Art. 12 S. 1 EG zu einer Verletzung führte oder auch dann, wenn man – bei festgestelltem Eingriff – zwar grundsätzlich eine Rechtfertigung desselben zuläßt, die Voraussetzungen einer Rechtfertigung dann aber nicht vorliegen576. Geht man mit guten Gründen davon aus577, daß Art. 12 S. 1 EG lediglich eine spezielle Ausprägung des allgemeinen Gleichheitssatzes ist578, so ist grundsätzlich So schon oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). So ausdrücklich A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 14 m. w. N. 575 So auch explizit das EuG vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 63. 576 Zu diesen zwei Möglichkeiten A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 37. 577 Eine ausführliche Darstellung des Streitstandes um die Möglichkeit der Rechtfertigung eines Eingriffes in Art. 12 S. 1 EG sprengte den Rahmen dieser Arbeit. Zumindest für die hier vorliegende materielle Diskriminierung geht der EuGH auch von der Möglichkeit einer Rechtfertigung aus, so daß es sich aus Gründen der Praxisrelevanz (Bestand vor Gericht) auch anbietet nach einer tragfähigen Rechtfertigung für die Sprachregelung des HABM zu suchen. Vgl. zum Streitstand mit vielen Nachweisen A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 38 ff. 578 So EuGHE 1980, 3005 (3019), Rn. 7, – Rs. 147 / 79; D. Ehlers, Das Wirtschaftsverwaltungsrecht im europäischen Binnenmarkt, NVwZ 1990, 810 (811); R. Geiger, EUV / EGV, 573 574

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von der Möglichkeit einer Rechtfertigung auszugehen; Art. 12 S. 1 EG ist also nicht als absolutes Diskriminierungsverbot zu verstehen579. Innerhalb der Prüfung der Rechtfertigung kommt es hier – mangels Anhaltspunkten für sonstige (formelle) Fehler der Norm – entscheidend darauf an, ob die Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 verhältnismäßig ist580. (aa) Legitimer Zweck Zunächst müßte die angegriffene Sprachenregelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 überhaupt zu einem legitimen Zweck erlassen worden sein. Die intendierte Lösung des Sprachenkonflikts bei Durchführung eines Widerspruchs-, Verfalls- oder Nichtigkeitsverfahrens zwischen Beteiligten, die weder die gleiche Sprache bevorzugen, noch sich untereinander auf eine Verfahrenssprache einigen können, ist als Maßnahme zur Konfliktlösung und daher Beschleunigung eines ansonsten stockenden amtlichen Verfahrens, ein legitimes Ziel581. Denn letztlich dient dies der Wahrung von so wichtigen Prinzipien, wie des wirksamen Rechtsschutzes, der Waffengleichheit vor den Beschwerdekammern sowie der effizienten Ausgestaltung des Verfahrens vor dem HABM. (bb) Geeignetheit Die Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 müßte weiterhin geeignet zur Erreichung des (legitimen) Zweckes sein, d. h. sie muß das Ziel zumindest fördern. Die Beschränkung auf fünf Sprachen und der Zwang des Anmelders eine (zusätzlich zur in der Anmeldung gebrauchten Sprache) aus diesem Kreise als für den Konfliktfall zu verwendende Verfahrenssprache zu wählen, ist geeignet die Sprachkonflikte zwischen den Beteiligten zu lösen und für eine schneller Durchführung des Verfahrens zu sorgen. Denn dieser Mechanismus sichert automatisch die Festlegung auf eine Verfahrenssprache ohne die Möglichkeit weiterer Auseinandersetzungen der Beteiligten.

Art. 12 EG, Rn. 1. Beachte auch weitere Nachweise zu dieser Ansicht bei A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 41, Fn. 72. 579 Exemplarisch für diese Ansicht sei hier A. S. Mohn, Der Gleichheitssatz im Gemeinschaftsrecht, S. 11 genannt. Weitere Nachweise zu dieser Auffassung bei A. Epiney, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 12 EG, Rn. 41, Fn. 69. 580 Diese Erwägung spiegelt sich auch in der Prüfung des EuG wieder, vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (774), Rn. 55 ff. 581 So auch das EuG in Kik 4, vgl. EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 62. 8*

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

(cc) Erforderlichkeit Es dürfte ferner kein gleich geeignetes milderes Mittel zur Erreichung des Zweckes geben. Ein milderes Mittel wäre – ohne Frage – die Möglichkeit des Anmelders, statt nur aus einem Kreise von fünf Sprachen, eine Auswahl unter allen elf Amtssprachen der EU, als mögliche Verfahrenssprache vor dem HABM im Konfliktfall treffen zu können582. Fraglich ist aber, ob dieses mildere Mittel auch gleich geeignet wie die geltende Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 wäre. Da es bei der Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 letztlich lediglich darum geht, automatisch im Konfliktfalle eine Sprache als Verfahrenssprache festzulegen, ist die Möglichkeit, aus mehr Sprachen zu wählen, gleich geeignet, um diesen Zweck zu erfüllen. Der Ansatz des EuG bei der Prüfung der Erforderlichkeit führt hier zu einem zweifelhaften Ergebnis (nämlich zur Bejahung der Erforderlichkeit). Dies offenbart sich in den Aussagen des EuG in Kik 4. Es führt dort aus: „Zum anderen ist der Rat, indem er die Wahl auf die in der Europäischen Gemeinschaft meistbekannten Sprachen beschränkt und damit zu verhindern versucht hat, daß die Verfahrenssprache einem anderen Verfahrensbeteiligten völlig unbekannt ist, innerhalb der Grenzen dessen geblieben, was zur Erreichung des verfolgten Zieles erforderlich ist583.“

Eben jene Erwägungen gehören aber gar nicht zum „Prüfungsprogramm“ einer Erforderlichkeit, da nicht streng auf Erreichung des legitimen Zwecks bezogen. (4) Ergebnis Folglich ist die Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 nicht erforderlich und damit unverhältnismäßig. Damit kann sie auch keine Eingriffe in Art. 12 S. 1 EG rechtfertigen. Daher verstößt die Sprachregelung des Markenamtes, indem sie die Amtssprachen der EU unterschiedlich behandelt, gegen Art. 12 S. 1 EG.

582 Dies ermöglicht die Anmeldung in einer gut beherrschten Fremdsprache wie Englisch einzureichen und im Verfahren mit dem Anmelder als einzigem Beteiligten, wo also kein Konfliktstoff besteht, dieses „reibungslose“ Verfahren auf Englisch durchzuführen. Der Anmelder wählt dann als zweite mögliche Verfahrenssprache seine Muttersprache – sagen wir Niederländisch – und hat dann im Konfliktfalle mit mehreren – eventuell erst hinzutretenden – Beteiligten (wenn es also komplizierter wird) zumindest sprachlich die „Oberhand“. Ausführlich werden solche „Sprachwahltaktiken“ vor dem HABM diskutiert bei A. B. Prandzioch, Das Europäische Markenamt, S. 188 ff. 583 EuG, EuR 2001, S. 764 (775), Rn. 63.

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dd) Fazit zur Sprachregelung des Markenamtes Die vom EuG in Kik 4 für unbedenklich erklärte Sprachregelung des Markenamtes in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 verstößt gegen Art. 12 S. 1 EG, da sie – wie gezeigt – unverhältnismäßig ist. Man kann allerdings, wie es in der Literatur auch zum Teil geschehen ist, darauf abheben, daß bei der Sprachregelung des HABM ein Abweichen, vom fest verankerten Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung 584 in der EU, sachlich nicht gerechtfertigt ist585. Der Befund bleibt derselbe: Die – bislang einzigartig gebliebene – Sprachregelung des Markenamtes ist EU-rechtswidrig586. Sollte der EuGH in Kik 5587 die mit guten Gründen untermauerten starken Bedenken an der bestehenden Sprachenregelung des HABM teilen, müßte er konsequenterweise die Entscheidung des EuG in Kik 4 revidieren. Eine solche Entscheidung des EuGH könnte dann zu einer Änderung der entsprechende Regelung in Art. 115 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 40 / 94 führen. Das Sprachregime des HABM würde folglich mit dem ansonsten praktizierten Vollsprachenregime auszustatten sein. Die dadurch entstehenden höheren Kosten rechtfertigen jedenfalls nicht wiederum ihrerseits eine Einschränkung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung. Dieses kann wirklich nur angesichts zwingender sachlicher Gründe und bei geringer (besser keiner) Bürgerbeteiligung zulässig sein. Ansonsten sind solche Übersetzungskosten angesichts von Transparenz und Bürgernähe, gemeinschaftsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz sowie aus Gründen des Demokratieprinzips588 hinzunehmen. s. o. Teil 2, A, I, 2. „. . . also nicht wirklich sachlich gefordert war.“, so J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (783). Mit diesem Ansatz etwa auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 11. Dieser führt aus: „Vor diesem Hintergrund wird man nur in Ausnahmefällen ein Abweichen von dieser ungeschriebenen primärrechtlichen Vorgabe (des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung [Anm. des Verfassers]) rechtfertigen können, so z. B. in hochtechnisierten Bereichen, in denen die Verwendung einiger oder gar nur einer Amtssprache branchentypisch ist. Ob die Tätigkeit des Markenamtes einen solchen Ausnahmefall darstellt, ist bislang noch nicht abschließend geklärt.“ 586 So auch J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (783). Im Ergebnis so wohl auch M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 13. 587 Der EuGH führt das Verfahren als Rs. C-361 / 01. 588 Hierzu etwa das BVerfG in der „Maastricht Entscheidung“ in BVerfGE 89, 155 ff. (185): „Dazu gehört auch, daß die Entscheidungsverfahren der Hoheitsgewalt ausübenden Organe und die jeweils verfolgten politischen Zielvorstellungen allgemein sichtbar und verstehbar sind, und ebenso, daß der wahlberechtigte Bürger mit der Hoheitsgewalt (gemeint ist die Ho584 585

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Weiterhin ist noch folgendes festzuhalten: Sollte die Sprachregelung des HABM – wie mehrfach vermutet589 – tatsächlich eine Art „Testlauf“ für neue Gemeinschaftseinrichtungen sein, welche nicht ohnehin der VO Nr. 1 unterworfen sind, so muß man konstatieren, daß im Falle von Einrichtungen deren Arbeit Bürgerbeteiligung (in nicht unerheblichen Maße) bedingt, eine Reduktion des Sprachregimes nicht angezeigt ist. Als einsichtiges Gegenbeispiel einer gerechtfertigten zulässigen Reduktion der verwendeten Sprachen kann die geplante Europäische Agentur für Luftverkehrssicherheit dienen590. Der – noch der Einigung harrenden – Vorschlag über „die Gründung der Europäischen Agentur für Luftverkehrssicherheit“ sieht das Englische als grundsätzliche Arbeitssprache vor, ohne aber etwa die Rechte Dritter auf Antwort in der eigenen Sprache abzuschneiden591. heitsgewalt der EU [Anm. des Verfassers]), der er unterworfen ist, in seiner Sprache (Hervorhebung nicht im Original) kommunizieren kann.“ 589 T. Bruha, in: Bruha / Seeler (Hrsg.), Die Europäische Union und ihre Sprachen, S. 83 (92); J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (777). 590 Hierauf wies schon zu Recht J. Gundel, Zur Sprachregelung bei den EG-Agenturen – Abschied auf Raten von der Regel der „Allsprachigkeit“ der Gemeinschaft im Verkehr mit dem Bürger? – Anmerkung zum Urteil des EuG vom 12. 7. 2001, Christina Kik / Harmonisierungsamt, Rs. T-120 / 99, EuR 2001, S. 776 (783) m. w. N. hin. 591 Vgl. hierzu Art. 23 „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Luftverkehrssicherheit“, KOM (2000), 595 endg. vom 27. 9. 2000, sowie auch Punkt 2.3. 2. 10 der Begründung. Wortlaut des Art. 23: „In diesem Artikel wird die Sprachenregelung der Agentur festgelegt. Alle Gutachten an die Kommission im Hinblick auf mögliche künftige Rechtsakte, die von der Kommission, dem Rat oder dem Europäischen Parlament und dem Rat zu erlassen sind, müssen in allen Amtssprachen der Gemeinschaft verfügbar sein. Alle anderen unverbindlichen Akte der Agentur werden nur auf Englisch verfügbar sein. Englisch ist die üblicherweise – wenn nicht gar ausschließlich– verwendete Sprache für die technische Dokumentation in der Luftfahrtindustrie. Die Rechte Dritter bleiben insofern gewahrt, als diese im Schriftverkehr mit der Agentur eine Gemeinschaftssprache wählen können und die Agentur verpflichtet ist, in derselben Sprache zu antworten (Hervorhebung nicht im Original). In einigen besonderen Fällen könnten jedoch auch Dritte verpflichtet sein, manche Unterlagen auch auf Englisch vorzulegen.“ Punkt 2.3. 2. 10 der Begründung lautet: „Die Sprachenregelung sollte es der Agentur ermöglichen, effizient und schnell zu handeln. Alle von der Agentur herausgegebenen annehmbaren Nachweisverfahren und Leitfäden werden deshalb nur auf Englisch verfügbar sein, da dies die für die technische Dokumentation in der Luftfahrtindustrie üblicherweise– wenn nicht gar ausschließlich– verwendete Sprache ist. Die Verwendung des Englischen wird daher zu einer möglichst weitgehenden Normierung beitragen und gleichzeitig die Kostenwirksamkeit steigern. Die Rechte Dritter werden insofern gewahrt, als diese im Schriftverkehr mit der Agentur eine Gemeinschaftssprache wählen können und die Agentur verpflichtet ist, in derselben Sprache zu antworten (Hervorhebung nicht im Original). Demgegenüber müssen alle vorbereitenden Materialien für künftige gemeinschaftliche Rechtsakte, die von der Kommission, vom Rat oder vom Europäischen Parlament und dem Rat angenommen werden sollen, in allen Gemeinschaftssprachen verfügbar sein.“ Vgl. ferner zum aktuellen Stand der Gesetzgebung KOM (2001) 390 endg. vom 16. 7. 2001.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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Diese Reduktion rechtfertigt sich aus der allgemeinen Verwendung der englischen Sprache im Luftverkehr (Funk) und in den technischen Dokumentationen der Luftfahrtindustrie592. Gerade im Bereich der technischen Dokumentationen würden Übersetzungen in mehrere Sprachen Fehlerquellen eröffnen, die angesichts der Hochwertigkeit und Quantität der gefährdeten Güter (Leib und Leben) schlicht nicht hinnehmbar wären.

B. Die Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis Anhand der Berichte593 der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften bzw.594 Europäische Union595 werden an dieser Stelle Beispiele596 für Nichtbeachtungen des Sprachenregimes zu Lasten des Deutsch benannt, sowie die Entwicklung der Stellung des Deutsch im letzten Jahrzehnt nachgezeichnet. Die sich durch sprachliche Zurücksetzungen ergebenden Nachteile für deutsche Vertreter in der EU, EU-Beamte, die deutsche Wirtschaft (Stichwort: Ausschreibungen597) und auch für den „Normalbürger“ können sich z.T. schwerwiegend auswirken, weshalb anschließend über 592 Vgl. Art. 23 „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Luftverkehrssicherheit“. 593 Zeitlich wird diese Untersuchung beschränkt auf den Startpunkt 1990 mit dem 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990) bis zum neuesten 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2002). 594 Bis zum 52. Bericht BT-Drs. 12 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1993) einschließlich heißt es „. . . in die Europäischen Gemeinschaften“, ab dem 53. Bericht BTDrs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993) dann „. . . in die Europäische Union“. 595 Vor dem 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 4176 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1995) erschienen diese noch halbjährlich, danach stellte man auf einen jährlichen Bericht um. 596 Hier sollten eigentlich konkrete Verstöße benannt werden, um die Arbeit empirisch anzureichern. Jedoch blieben meine Bemühungen (von Deutschland aus und vor Ort in Brüssel) hierzu sowohl bei den staatlichen Stellen, als auch bei den Interessenvertretungen der Wirtschaft fruchtlos. Man räumte teilweise Probleme ein, wollte allerdings nicht konkret werden; bzw. sah schlicht keine Probleme, da die deutsche Wirtschaft mit Englisch gut zurecht käme. Daher muß sich die Arbeit leider mit einer Analyse der z.T. recht vagen, immerhin zumindest offiziellen Integrationsberichte begnügen. 597 Vgl. zu verspäteten Ausschreibungen als Benachteiligung der deutschen Wirtschaft M. Elicker, Sprachloyalität als Rechtsgebot?, ZRP 2002, S. 415 (416).

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

rechtliche und politische Möglichkeiten zur Durchsetzung des Sprachregimes nachzudenken sein wird. Die Entwicklung der Stellung und Bedeutung der deutschen Sprache in der EU läßt sich – so wie sie in den Integrationsberichten der Bundesregierung wiedergegeben ist – in drei Phasen einteilen, welche hier auch einzeln betrachtet werden sollen.

I. Die Phase deutlicher Verstöße von 1990 bis 1993 1. Gesamttendenz 1990 bis 1993 Für die frühen 90er Jahre präsentieren die Integrationsberichte der Bundesregierung, was die Verwendung der deutschen Sprache in der Gemeinschaft betrifft, ein überwiegend düsteres Bild. Die Bundesregierung bescheinigte den EG-Gremien „immer wieder gravierende Verstöße598“ gegen das Sprachregime. Besonders negativ fiel hierbei die – wegen ihrer in der Praxis enormen Bedeutung – Kommission auf.

2. Kommission Ihr wurden „erhebliche Mißachtungen der Sprachenregelung599“ im internen Dienstbetrieb und in der Kommunikation mit der deutschen Verwaltung, Wirtschaft und Öffentlichkeit attestiert. Besonders nachteilig wirkte sich die Praxis der Kommission aus, Unterlagen für Ausschreibungen gar nicht (oder verspätet) in Deutsch und wenn, dann unter der Auflage der Beifügung von Übersetzungen in Englisch / Französisch, den deutschen Unternehmen bereitzustellen600. Diese Vorgehensweise traf auf der einen Seite insbesondere die mittelständischen Betriebe601 finanziell hart, die – anders als deutsche Großunternehmen wie etwa Bayer 598 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 13, Rn. 53. 599 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 13, Rn. 53. 600 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 14, Rn. 53; 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 62. 601 47. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 217 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1990), S. 18, Rn. 60.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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oder Volkswagen – nicht über eigene Übersetzungsdienste oder auf Fremdsprachen hin ausgebildetes Fachpersonal verfügten. Diese Sprachdiskriminierung führte auf der anderen Seite zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung zumeist französischer und englischer Unternehmen zu Lasten der deutschen Wirtschaft602. Denn diese hatten in der Kommunikation mangels zusätzlichem Übersetzungsaufwand einen Zeit- und, mangels der Notwendigkeit der Beifügung von professionellen – eventuell extern erstellten – Übersetzungen,603 Geldvorteil604. Ebenfalls wurde die Tendenz der Kommission bemängelt die deutsche Sprache bei der zunehmenden Hinwendung der Gemeinschaft zu den Ländern Mittel-, Ostund Südosteuropas zu vernachlässigen. Dies betraf sowohl die Wahl der Sprachen seitens der Dienststellen der Gemeinschaft in der Kommunikation mit diesen Ländern605, als auch die internen Personalausschreibungen für die Besetzung der Vertretungen der Kommission in diesen Staaten606. Besonders unverständlich daran war, daß Deutsch in diesen Ländern z.T. erste, z.T. zumindest zweite Fremdsprache in den Schulen war und somit bei der Sprachwahl die eigentlich logischere Alternative gewesen wäre als die bis dahin607 weniger weit verbreiteten Sprachen Englisch und Französisch608. So war es beispielsweise mit wenig Mühen verbunden, in 602 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 61. 603 Zu den Kosten der Übersetzung als Wettbewerbsnachteil auch D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (229). 604 Hierzu auch P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 125. 605 52. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1993), S. 20, Rn. 70; 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993), S. 11, Rn. 33. 606 51. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 4678 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1992), S. 19, Rn. 65; 52. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1993), S. 20, Rn. 70. 607 Eine solche Vorgehensweise hat natürlich die erhöhte Verbreitung von Englisch in diesen Ländern gefördert. 608 Deutsche Sprache im Osten fördern, WiB v. 24. 6. 1992, S. 47; M. Döpfner, Überhitzter Sprachenstreit: Soll in der EG mehr deutsch gesprochen werden?, FAZ v. 7. 4. 1992, S. 14; R. Olt, Deutsch ist nicht überall so beliebt wie in Kamerun, FAZ v. 28. 3. 1992, S. 8; P. Münster, Brüsseler Sprach-Diktat auch in Osteuropa?, KStA v. 10. 2. 1992, S. 3; Deutsche Sprache behauptet sich, WiB v. 28. 4. 1993, S. 91. Die Bundesregierung bezeichnet Deutsch in diesen Ländern sogar als Lingua franca, vgl. 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 19, Rn. 62. Realistisch dürfte aber die Annahme sein, daß Deutsch zwar nicht Lingua franca in diesen Ländern, aber zumindest verbreitete Kommunikationsbasis ist, so P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 126.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

diesen Ländern (etwa Polen609) rechtswissenschaftliche Tagungen in deutscher Sprache durchzuführen610. 3. EuGH Ab dem 50. Bericht für das Jahr 1992 geriet in den Blickpunkt des Interesses der Bundesregierung auch die für die Entwicklung des Rechts in Europa bedeutende Tätigkeit des EuGH611. Bei solchen Verfahren, deren Unterlagen nicht ohnehin schon in Deutsch abgefaßt waren, in denen also Deutsch nicht Verfahrenssprache war, mußte mehrere Monate auf eine deutsche Übersetzung des Urteils gewartet werden. Für die Bundesregierung, aber natürlich insbesondere für die deutschsprachige Rechtswissenschaft612, war aus Gründen der Rechtsklarheit eine solche Situation nicht hinnehmbar. Der Übersetzungsrückstand belief sich teilweise auf bis zu acht Monate613! Dies veranlaßte den seiner Zeit amtierenden Wirtschaftsminister Deutschlands Jürgen W. Möllemann sowohl beim Präsidenten des EuGH als auch bei dem damaligen deutschen Richter Prof. Dr. Manfred Zuleeg schriftlich auf eine Bereitstellung der Urteile in deutscher Sprache bereits am Tage ihrer Verkündung zu drängen614. Dies zeitigte zunächst allerdings keine Wirkung, weshalb der negative Befund im darauffolgenden Integrationsbericht nur bestätigt werden konnte615.

4. Besondere sprachliche Entwicklungen Eine in dieser Phase kontinuierliche Entwicklung zeigt sich bei den Veröffentlichungen des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (EUROSTAT) 609 Vgl. nur zu einer solchen rechtswissenschaftlichen Veranstaltung an der Universität Krakau P. J. Tettinger (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht und Energierecht – Verwaltungsverfahren, Planung, Organisation und Staatshaftung bei Kohlebergbau und Energieversorgung, S. 1 ff. 610 Mit diesem Hinweis P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 126. 611 Vgl. zum EuGH als „Motor der Integration“ und zur diesbezüglichen Notwendigkeit sich der Sprachen der Rechtssuchenden zu bedienen, A. Bleckmann, Politische Aspekte der europäischen Integration unter dem Vorzeichen des Binnenmarktes 1992, ZRP 1992, S. 265 ff. 612 Statt vieler dies zu recht bemängelnd P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 125. 613 50. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 3255 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1992), S. 19, Rn. 65. 614 50. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 3255 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1992), S. 19, Rn. 65. 615 52. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1993), S. 21, Rn. 73.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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sowie bei der Dolmetschung auf EUROSTAT-Sitzungen von Ausschüssen und Arbeitsgruppen. Sind noch ab Mitte des Jahres 1990616 bis Ende 1991617 immer wieder erhebliche Zurücksetzungen der deutschen Sprache bei den Publikationen des Amtes zu verzeichnen, so kann im 51. Integrationsbericht für die zweite Jahreshälfte von 1992 eine erfolgreiche Verankerung des Deutsch, als für die Veröffentlichungen zu verwendender Sprache,618 vermeldet werden. Was die ebenfalls im 46. Integrationsbericht beanstandete fehlende deutsche Dolmetschung in Sitzungen von EUROSTAT619 angeht, so stellt sich nach energischem Druck Deutschlands bereits recht schnell – binnen Halbjahresfrist – eine Verbesserung (d. h. Bereitstellung deutscher Dolmetschung) ein620. Sprachpolitisch ändert sich das Verhalten der Bundesregierung. Auf der einen Seite verschärft sie merklich den Ton und reagiert auf allen Ebenen deutlich auf sprachliche Zurücksetzungen621. Auf der anderen Seite will sie die deutsche Sprache dadurch stärken, daß sie durch Sprachkurse das aktive und passive Verständnis der nicht deutschsprachigen Bediensteten der Gemeinschaft zu fördern versucht.

5. Der Übergang zur Phase von 1994 bis 1999 Mit Ablauf des Jahres 1993 waren dann allerdings allgemein erste ernsthafte Verbesserungen in der Situation der deutschen Sprache in der EU zu registrieren. So kündigte der Präsident des EuGH an, aufgrund organisatorischer Veränderungen die Übersetzungen der Urteile ab Januar 1994 in allen Amtssprachen – und 616 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 13, Rn. 53. 617 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 62. 618 51. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 4678 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1992), S. 18, Rn. 65. 619 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 13, Rn. 53. 620 47. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 217 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1990), S. 18, Rn. 59. 621 So stellt die Bundesregierung klar, daß sie die deutschen Vertreter angewiesen habe: „. . . in allen EG-Gremien strikt auf die Verwendung des Deutschen zu achten, selbst deutsch zu sprechen, jeden Verstoß zu rügen und jeweils erforderliche Konsequenzen zu ziehen.“, so der 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 14, Rn. 56.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

somit auch in Deutsch – binnen drei Wochen bereitstellen zu können622. Des weiteren erfolgte am 1. 9. 1993 die Erklärung des Präsidenten der Kommission, daß Deutsch neben Französisch und Englisch maßgebliche Sprache für die Vorlage von Dokumenten im internen Gebrauch sei623. Die Bundesregierung stellte dazu fest, daß hiermit “. . . erstmals in einer Erklärung der Kommission die drei Sprachen [. . .] gleichrangig nebeneinander als Arbeitssprachen hervorgehoben624“ wurden. Ferner konnte die Übereinkunft zu einer – die deutsche Sprache enthaltende – Sprachregelung des HABM625 positiv vermerkt werden626. Mit diesen im 53. Bericht aufgeführten Teilerfolgen der Bemühungen der Bundesregierung um eine völlige Gleichbehandlung der deutschen Sprache, insbesondere im Verhältnis zu den bislang stark favorisierten Sprachen Englisch und Französisch, beginnt eine Phase zunehmender Verbesserung in der Bedeutung des Deutsch in den Institutionen der EU.

II. Die Phase der beginnenden Verbesserung von 1994 bis 1999 1. Gesamttendenz 1994 bis 1999 Der 54. Integrationsbericht startet recht optimistisch in die (deutsche) Sprachzukunft der EU. Von den im 46. Bericht festgestellten „gravierenden Verstößen627“ sind hier Mitte 1994 im Abschnitt „Deutsche Sprache, generelle Tendenzen“ nur noch „Bekanntgewordene Fälle, in denen die deutsche Sprache benachteiligt wurde . . .628“ übriggeblieben. Wer die Berichte aufmerksam liest, muß aus solchen Wendungen deutliche Verbesserungen heraus hören; auch wenn freilich noch 622 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993), S. 11, Rn. 34. 623 Ausführlich zu dieser Erklärung und zu kritischen Sichtweisen diesbezüglich, sowie ferner allgemein zur Sprachregelung der Kommission s. o. Teil 2, A, II, 4, c). 624 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993), S. 11, Rn. 33. 625 Hierzu ausführlich oben Teil 2, A, II, 5, f). 626 53. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 7132 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1993), S. 11, Rn. 34. 627 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 13, Rn. 53. 628 54. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 77 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1994), S. 12, Rn. 31.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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längst nicht ein Zustand der völligen Gleichstellung von Deutsch mit Englisch und Französisch im arbeitssprachlichen Bereich erreicht ist. Dies steigert sich bis zum 60. Bericht über das Jahr 1999 noch bis zu der Aussage: „Die Verwendung des Deutsch als Amtssprache (Rechtstexte, Außenverkehr der EU-Institutionen, Amtsblatt) ist unverzichtbar und wird umfassend gewährleistet. Die seltener gewordenen Verstöße gegen die Amtssprachenregelung bei Ausschreibungen oder im täglichen Verkehr der EU-Institutionen mit Bürgern oder mit Dienststellen der Mitgliedstaaten werden umgehend beanstandet.629“

Hervorgehoben wird im 54. Bericht auch die Sprachregelung des Ministerrates anläßlich eines Treffens in Brüssel 1994. In diesem Dialog mit den baltischen Staaten wurden Deutsch, Englisch und Französisch verwendet. Die Bundesregierung will dieses als Sprachmodel für zukünftige Verhandlungen mit Staaten im mittelund osteuropäischen Raum sowie mit den Staaten der ehemaligen Sowjetunion verstanden wissen630. Hier hat die Bundesregierung bereits die Bedeutung der Osterweiterung 2004,631 gerade auch in sprachlicher Hinsicht, vorausschauend wahrgenommen.

2. Kommission Die Kommission hat in ihrer Verwendung der deutschen Sprache insgesamt bis zum Ende 1999 weniger Verstöße begangen, z. B. konnte positiv vermerkt werden, daß die Dokumente zum Beitritt Österreichs nahezu gleichzeitig in deutscher, englischer und französischer Sprache vorlagen632 und daß die bislang ausschließlich(!) in Französisch abgehaltenen offiziellen Pressekonferenzen sich durch Dolmetschung sprachlich allen Amtssprachen geöffnet haben633. Allerdings fiel die Kommission in diesem Zeitraum doch auch immer wieder negativ auf: sei es, daß sich hartnäckig der Vorwurf hielt Angehörige der Kommission weigerten sich die deutsche Sprache in der Kommunikation mit den Staaten Mittel- und Osteuropas zu verwenden634, sei es, daß intern635 immer noch fast nur Englisch und Französisch 629 60. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 3434 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1999), S. 13, Rn. 9. 630 54. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 77 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1994), S. 12, Rn. 32. 631 Dazu unten Teil 3, B. 632 54. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 77 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1994), S. 12, Rn. 33. 633 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 4176 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1995), S. 18, Rn. 42. Vgl. zum 56. Bericht auch Deutsche Sprache in EU-Organen mehr verwenden, WiB v. 24. 4. 1996, S. 91.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

verwendet wurden636 und Dokumente vor Sitzungen z.T. nicht in Deutsch verfügbar waren637. Des weiteren wurden in Bezug auf den Schriftverkehr der Kommission mit öffentlichen und privaten Institutionen Verstöße im sprachlichen Bereich festgestellt638.

3. EuGH Der ab dem 50. Integrationsbericht, wegen der enormen Zeitverzögerung bei der Bereitstellung der deutschen Übersetzung der Urteile, näher beobachtete EuGH soll seine Urteile aufgrund organisatorischer Umstrukturierungen Anfang 1994 nunmehr binnen drei Wochen in allen Amtssprachen übersetzt haben639. Allerdings sind es in Wahrheit bis zum Ende 1994 immer noch vier Monate640. Bis Ende 1995 änderte sich dieses jedoch und der EuGH bleibt fortan bei der Geschwindigkeit der Übersetzungen ohne Tadel, denn es gelingt die wichtigen Fälle noch am Tag ihrer Verkündung in deutscher Sprache bereitzustellen sowie die übrigen Entscheidungen immerhin schon binnen eines Monats zu erhalten641.

634 55. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 1070 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1994), S. 13, Rn. 35. 635 Gemeint ist der tägliche Dienstbetrieb und kleinere Sitzungen von Arbeitsgruppen. 636 59. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 711 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1998), S. 17, Rn. 26. 637 60. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 3434 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1999), S. 14, Rn. 18. 638 57. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 3434 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1996), S. 15, Rn. 32. 639 Sehr optimistisch hier der 54. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 77 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1994), S. 12, Rn. 34. 640 Ernüchternd dann der 55. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 1070 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1994), S. 13, Rn. 36. Vier Monate sind allerdings wiederum schon eine Halbierung der im 50. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 3255 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1992), S. 19, Rn. 65 angemahnten acht Monate! 641 56. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 4176 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1995), S. 18, Rn. 43. Vgl. zum 56. Bericht auch Deutsche Sprache in EU-Organen mehr verwenden, WiB v. 24. 4. 1996, S. 91.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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4. Besondere sprachliche Entwicklungen Zwei Ereignisse stechen in sprachlicher Hinsicht in den Jahren 1994 bis 1999 hervor und werden demgemäß auch extra in den Integrationsberichten dieses Zeitraumes erwähnt. Zum einen – positiv – der Vertrag von Amsterdam, der dem Art. 21 EG642 einen neuen Abs. 3 anfügt, der bestimmt, daß sich jeder Unionsbürger schriftlich in allen zwölf authentischen Vertragssprachen gem. Art. 314 EG an die in den Art. 194 u. 195 EG sowie die in Art. 7 EG bezeichneten Organe und Einrichtungen wenden kann643. Es besteht dann ein Recht auf Beantwortung in derselben Sprache. Die Bundesregierung würdigt diese Neuregelung in Art. 21 Abs. 3 EG als vertragliche Absicherung eines Teilaspekts der Amtssprachenregelung aus Art. 2 u. 3 VO Nr. 1, welcher das BVerfG im sog. Maastricht-Urteil644 Verfassungsrang zugemessen hat645. Zum anderen – negativ – die finnische Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 1999. Hier ergab sich eine, auch in der Presse erhebliches Echo646 auslösende, Kontroverse bei der Frage nach der Anzahl der jeweils in den sog. informellen Ministertreffen im jeweiligen Präsidentschaftsland zu dolmetschenden Sprachen. Sowohl die deutschen als auch die österreichischen Kollegen blieben dreien solcher Treffen fern, in denen – trotz langjähriger anderer Praxis – nicht deutsch gedolmetscht wurde. So sollte klargestellt werden, daß eine Änderung des sprachlichen Status quo zuungunsten des Deutsch im zwar informellen, jedoch politisch höchst bedeutsamen Bereich nicht hingenommen werden kann647.

Hierzu oben schon ausführlich Teil 2, A, I, 2, a), aa), (2). Vgl. zu diesem Recht aus Art. 21 Abs. 3 EG und den Querverbindungen zur EUGrundrechtecharta auch P. J. Tettinger, Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, NJW 2001, S. 1010 (1012). 644 Zur Notwendigkeit der Kommunikation des Bürgers in seiner Muttersprache mit staatlichen Stellen aus Gründen des Demokratieprinzips vgl. BVerfGE 89, 155 ff. (185). 645 So der 58. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 13 / 10109 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1997), S. 14, Rn. 29. 646 Vgl. H. Bünder, Die Politik des leeren Stuhls läßt die Finnen kalt, FAZ v. 3. 7. 1999, S. 3; A. Platthaus, Zunge zeigen, FAZ v. 5. 7. 2001, S. 41; H. Friedrich, Englisch ist auf dem Weg zur Gemeinschaftssprache, FAZ v. 6. 7. 1999, S. 29; K. O. Nass, Warum nicht Deutsch?, FAZ v. 9. 7. 1999, S. 12; U. Ammon, Deutsch hat ein Potential für internationale Kontakte, Die Welt Online v. 9. 7. 1999; D. Guratzsch, Deutsch, eine Sekundärsprache, Die Welt Online v. 2. 8. 1999. Zu den Begehrlichkeiten, die der Boykott der Deutschen und Österreicher bei Spanien geweckt hat, vgl. A. Middel, Neue Runde im Sprachstreit, Die Welt Online v. 6. 9. 1999; Sprachenstreit in der EU auch mit Spanien, FAZ v. 11. 9. 1999, S. 5. 647 Sehr scharf formuliert im 60. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 3434 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1999), S. 14, Rn. 18. 642 643

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

5. Der Übergang zur Phase von 2000 bis heute Trotz der erwähnten Kontroverse während der finnischen Ratspräsidentschaft und weiterer Verstöße der Kommission hat sich in der Phase von 1994 bis 1999 die Bedeutung der deutschen Sprache erhöht, dies nicht zuletzt auch aufgrund der neuen Normierungen in Art. 21 EG und im Hinblick auf die Sprachregelung des HABM. Man mag dies auch schlicht daran erkennen, daß die Abschnitte in den Integrationsberichten über die Verwendung der deutschen Sprache zunehmend kürzer ausfallen – ein Indiz, daß es weniger (Negatives) zu berichten gibt. Ab dem Jahre 2000 beginnt dann die Phase deutlicher Verbesserung in der Angleichung der Rechtsstellung des Deutsch als gleichberechtigte Amts- und Arbeitssprache mit der tatsächlichen Praxis der Union.

III. Die Phase deutlicher Verbesserung von 2000 bis heute 1. Gesamttendenz 2000 bis heute Der 61. und 62. Integrationsbericht der Bundesregierung trennt deutlich – durch eigene Überschriften – bei der Frage nach der Verwendung der deutschen Sprache in der Europäischen Union als Amts- oder Arbeitssprache.

2. Deutsch als Amtssprache Für den Bereich der Amtssprache geht die Bundesregierung davon aus, daß die gleichberechtigte Verwendung gewährleistet ist; seltener gewordene Verstöße bei Ausschreibungen oder im täglichen Verkehr von EU-Institutionen mit Bürgern oder mit Dienststellen der Mitgliedstaaten werden umgehend beanstandet648. Eine Aufzählung von Beispielen für Verstöße erfolgt hierbei nicht, so daß davon auszugehen sind, daß solche auch nicht weiter erwähnenswert sind.

3. Deutsch als Arbeitssprache Im Rahmen der Verwendung des Deutsch als Arbeitssprache gibt es nurmehr noch die interne Praxis der Kommissionsdienststellen zu beanstanden, bei Bespre648 So die gleichlautenden Passagen im 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 15, Rn. 20, und im 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BTDrs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001), S. 10, Rn. 7.

B. Umsetzung der bestehenden Sprachregelungen in der EU-Praxis

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chungen lediglich Englisch und Französisch zu benutzen, gleichwohl aus Kostengründen649 aber keine Dolmetschung in andere Sprachen vorzusehen. Dies sucht die Bundesregierung – nach wie vor – mit Sprachkursen des Goethe-Instituts650 für Bedienstete der EU und des Europarates sowie für höhere Beamte der Beitrittsländer abzumildern. Auf diese Weise soll Deutsch als Arbeitssprache in den Dienststellen an Gewicht gewinnen651; denn es spricht vieles dafür, daß es weniger böser Wille der nicht deutschsprachigen EU-Bediensteten ist, daß Deutsch wenig verwendet wird, als einfach fehlende Kenntnis dieser Sprache652. Man kann natürlich auch durch gezielte Personalpolitik einfach für mehr Deutsche v.a. in der Kommission sorgen, um so die eigene Sprache – und zugegebenermaßen auch den politischen Einfluß – zu fördern653.

4. Besondere sprachliche Entwicklungen Eine besondere bereits ausführlich dargestellte654 sprachrelevante Begebenheit ereignete sich im Sommer 2001, als Kommissionspräsident Romano Prodi vor649 Das Kostenargument der Kommission für tagtägliche Besprechungen in den Dienststellen wird allerdings selbst von der deutschen Bundesregierung akzeptiert; vgl. den 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 15 f., Rn. 20. 650 Zu den Goethe-Instituten und der Deutschen Welle als Mittel zur Verbreitung der deutschen Sprache s. K. Schuller, Die Sprache als Fenster, FAZ v. 18. 11. 2000, S. 16. 651 Vgl. zu den Sprachkursen die gleichlautenden Passagen im 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BTDrs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 16, Rn. 7 und im 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001), S. 11, Rn. 7. 652 „Die Probleme mit dem Deutschen in Brüssel beruhen nicht auf einem diabolischen Anschlag auf unsere Sprache, sondern auf der tatsächlichen Beherrschung bestimmter Sprachen unter den Gemeinschaftsbeamten und in den Mitgliedstaaten.“ Mit dieser – verschiedenen Vertretern von „Verschwörungstheorien“ – dezidiert entgegentretenden realistischen Einschätzung etwa auch T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2666). Aussagekräftige Zahlen über die Verbreitung der deutschen Sprache finden sich im EUROBAROMETER- Sonderbericht Nr. 54 „Die Europäer und die Sprachen“ veröffentlicht im Februar 2001, S. 3. Der Sonderbericht, der auf Anregung der Kommission durchgeführten Umfrage, ist als PDF-Datei erhältlich unter http: // europa.eu.int / comm / education / languages / lang / barolang_de.pdf. Hiernach führt Englisch mit 33% Verbreitung vor Französisch mit 10% und schließlich Deutsch mit 4% als erster Fremdsprache innerhalb der EU. Vgl. zu EUROBAROMETER- Sonderbericht Nr. 54 auch FAZ v. 21. 2. 2001, S. 11. Weitere ausführliche Statistiken zu diesem Thema mit Quellenangaben liefert auch F. Stark, Deutsch 2000. 653 Dazu Im EU-Management von morgen gibt es zu wenig Deutsche, FAZ v. 9. 4. 2002, S. 23. 654 s. o. Teil 2, A, II, 4, c), cc), (1).

9 Kürten

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

schlug, die Entwürfe für Mitteilungen, Empfehlungen und Entscheidungen zur wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission nur noch in Englisch vorzulegen. Dies konnte durch die gemeinsame Intervention der damaligen Außenministerkollegen Joseph Fischer (Deutschland) und Hubert Védrine (Frankreich) aber noch abgewendet werden655. Der sprachliche Schulterschluß zwischen Frankreich und Deutschland ist überaus zu begrüßen, denn die französische und deutsche Sprachgemeinschaft müssen ein Interesse daran haben, daß jeweils auch die andere Sprache Verwendung findet, um eine weitere Förderung des Englischen (als Lingua franca der EU) zu verhindern. Insbesondere dürfte, sollte die französische Sprachgemeinschaft sich mit Französisch und Englisch als den maßgeblichen Sprachen der EU begnügen wollen, eine starke Bewegung der deutschsprachigen Länder zum Englischen hin erfolgen, und so, auf lange Sicht auch die französische Sprache verdrängen656.

IV. Fazit zur tatsächlichen Entwicklung des Deutsch von 1990 bis heute Die tatsächliche Bedeutung des Deutsch hat sich über die letzten zwölf Jahre dem positiv-rechtlich verbürgten Rang als Amts- und Arbeitssprache der EU angenähert. Dennoch verbleiben weiterhin Zurücksetzungen im arbeitssprachlichen und – seltener – im amtssprachlichen Bereich. Die sprach- und allgemeinpolitischen Möglichkeiten (Sprachkurse, Personalpolitik), welche hiergegen ergriffen werden können, wurden bereits kurz aufgezeigt. Es bleibt allein die Frage nach den rechtlich möglichen Maßnahmen zur Abwehr von Verstößen gegen das Sprachregime und nach den rechtlichen Konsequenzen solcher Verstöße.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes Im folgenden soll im Bereich von (rechtlich verbindlicher und rechtlich unverbindlicher) EU-Tätigkeit nach Amts- und Arbeitssprache getrennt im einzelnen untersucht werden, welche rechtlichen Konsequenzen eine Nichtbeachtung des geltenden Sprachregimes durch die Gemeinschaftseinrichtungen nach sich zieht657. Damit verbunden ist dann die Frage nach den Möglichkeiten zur Errei655 Dazu 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001), S. 11, Rn. 7. 656 Mit dieser Einschätzung auch U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 34.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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chung der Einhaltung der bestehenden sprachlichen Regelungen658. Bei den dort jeweils angesprochenen Themenkreisen der Amts- und Arbeitssprache ist dann abermals zu beachten, daß Abweichungen vom (tradierten659) Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung regelmäßig im arbeitssprachlichen Bereich eher zu rechtfertigen sind als im amtssprachlichen660; weshalb ein eventuell geringeres rechtliches Durchsetzungsvermögen in der internen Kommunikation weniger schwer wiegt, als ein solches in der externen Kommunikation.

I. Verstöße im amtssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit Zum amtssprachlichen661 Bereich wird hier das Handeln der Gemeinschaftsorgane gegenüber dem Bürger oder den Mitgliedstaaten, sei es rechtlich für die Adressaten verbindlich oder unverbindlich, gezählt.

1. Rechtlich verbindliches Handeln der Gemeinschaftsorgane a) Verordnungen aa) Konsequenzen eines Verstoßes Verordnungen662 der Gemeinschaft nach Art. 249 Abs. 1 EG sind bei Verstoß gegen wesentliche Formvorschriften gem. Art. 230, 231 EG (Art. 173, 174 a.F. EGV) nichtig. Dies bedeutet, daß sie weder für die Mitgliedstaaten noch für deren Bürger Rechtswirkungen entfalten. Dies ergibt sich aus Art. 231 EG, wonach der EuGH die angefochtene Handlung für nichtig erklärt, wenn die Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 EG begründet ist. Grundsätzlich erklärt der EuGH dann bei Begründetheit der Nichtigkeitsklage die Verordnung für ex tunc nichtig. Dies ist deshalb wichtig, da dann die Verordnung rechtlich nie existent (und d. h. nie zu beachten) war. Zu den wesentlichen Formvorschriften zählt auch die Sprachenregelung in 657 Eine Darstellung der Konsequenzen solcher Verstöße und der möglichen Gegenmaßnahmen bietet der Aufsatz von P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (4 ff.). 658 Dies sind wiederum die verschiedenen Regelungen der VO Nr. 1, s. o. Teil 2, A, II, 1 u. (für die einzelnen Regelungen) insb. Teil 2, A, II, 3. 659 So ausführlich hergeleitet oben Teil 2, A, I, 2 u. (Schlußfolgerung) Teil 2, A, I, 3. 660 Zu den unterschiedlichen Maßstäben an die Rechtmäßigkeit von Reduktionen der verwendeten Sprachen je nachdem, ob diese bei Amts- oder Arbeitssprachen erfolgt oben Teil 2, A, II, 4. 661 Hierzu vgl. die Definition von Amtssprache oben Teil 2, A, II, 2, b), aa). 662 Zum Wesen und der Bedeutung der Verordnung als Gesetzgebungsform der Gemeinschaft mit allgemeiner Geltung R. Geiger, EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 4 bis 7.

9*

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Art. 4 VO Nr. 1, also das Erfordernis der Abfassung der Verordnungen in allen elf Amtssprachen der Gemeinschaft663. Eine Verordnung welche überhaupt nicht in einer deutschen Fassung formuliert wurde664, ist daher ohne weiteres wegen Verstoßes gegen Art. 4 VO Nr. 1 nichtig. Für den Fall allerdings, daß die deutsche Fassung zwar existiert, aber Fehler / Abweichungen gegenüber allen anderen inhaltsgleichen Sprachfassungen enthält665, gilt nach der Rechtsprechung des EuGH eine differenzierte Betrachtungsweise: Ein solcher Fehler soll dann nicht zur Nichtigkeit der Verordnung666 führen, wenn der Betroffene trotz des Verstoßes den (wahren) Inhalt der angegriffenen Norm leicht durch Heranziehung der anderen Sprachfassungen und wegen anderer Anhaltspunkte, die auf eine offenkundige Unrichtigkeit hindeuten, hätte aufdecken können667. Der EuGH hatte im zitierten Fall668 einem grenzüberschreitend gewerblich tätigen deutschen Marktbürger (der Konservenfabrik Lubella Friedrich Büker GmbH & Co. KG) letztlich die Pflicht auferlegt, sich nicht allein auf die deutsche Fassung einer Verordnung zu verlassen. Die deutsche Fassung der fraglichen Verordnung war als einzige fehlerhaft, da sie statt des Wortes „Sauerkirschen“ das Wort „Süßkirschen“ enthielt. Hierzu führte der EuGH aus: „Im vorliegenden Fall beziehen sich sämtliche Sprachfassungen der streitigen Verordnung mit Ausnahme der deutschen Fassung nur auf Sauerkirschen. Wie die Kommission und die spanische Regierung ausgeführt haben, enthielt die deutsche Fassung der Verordnung ursprünglich aufgrund eines später berichtigten Schreibfehlers das Wort „Süßkirschen“ statt des Wortes „Sauerkirschen“. Da in dieser Fassung jedoch die KN-Codes für Sauerkirschen angegeben waren669, hätte dieser Widerspruch leicht durch Heranziehung der anderen Sprachfassungen der Verordnung gelöst werden können.670“

R. Geiger, EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 32. Äußerst unwahrscheinlicher Fall eines so groben Fehlers. 665 Dies ist entgegen dem erstgenannten Fall, bei der Komplexität der Materien und dem hohen Übersetzungsdruck schon deutlich wahrscheinlicher und ist auch bereits verschiedentlich eingetreten. 666 Vgl. zur Frage von in der falschen Sprache gem. Art. 3 VO Nr. 1 abgefaßten Schriftstücken aber EuGHE 1970, 661 ff., – Rs. 41 / 69. Hier nahm der EuGH Unbeachtlichkeit des Formverstoßes an, wenn der Adressat durch Antwortschreiben zu erkennen gab, daß er das Ursprungsschreiben verstanden hat und im weiteren diesem auch kein Nachteil aus dem Verstoß erwuchs, EuGHE 1970, 661 (690), Rn. 48 / 52, – Rs. 41 / 69. Vgl. aus der Literatur hierzu auch J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 8; R. Geiger, EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 7. 667 EuGHE 1996, I-5105 (I-5133), Rn. 18, -Rs. C-64 / 95. Diese Sichtweise wiederum als überzogen ablehnend M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGH 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (438). 668 Vgl. abermals EuGHE 1996, I-5105 ff., -Rs. C-64 / 95. 669 Hervorhebung nicht im Original. 663 664

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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Freilich ist diese Entscheidung im Schrifttum auf Widerstand gestoßen671, da sie zumindest den Authenzitätsanspruch jeder einzelnen Sprachfassung einer Verordnung aufzuweichen scheint. Andererseits kann nicht ohne weiteres von einer vom EuGH verlangten „konkludenten Pflicht zur Kenntnisnahme (der Verordnung für den Marktbürger) in anderen Sprachfassungen672“ die Rede sein. Denn schließlich enthielt hier wegen der nicht zu der Bezeichnung „Süßkirschen“ passenden KN-Codes (für Sauerkirschen) die deutsche Fassung selbst Widersprüchlichkeiten673. Ob der EuGH daher bei einem allein in der deutschen Fassung auftretenden Fehler, welcher auch nicht von zusätzlichen Widersprüchlichkeiten begleitet ist, eine Unbeachtlichkeit wegen eines möglichen Vergleiches mit den anderen Sprachfassungen annehmen würde, ist äußerst zweifelhaft und eher unwahrscheinlich.

bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Nach Art. 230 Abs. 2 EG kann die Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat die Nichtigkeit einer unter Verstoß gegen das Sprachregime – als wesentlicher Formvorschrift – ergangenen Verordnung vom EuGH feststellen lassen. Die Mitgliedstaaten sind im Rahmen des Verfahrens nach Art. 230 EG sog. privilegierte Kläger, so daß ihr objektives Interesse an der Wahrung des Rechts ausreicht, sie also nicht besonders klagebefugt (etwa durch die Behauptung sie seien in einem eigenen Recht verletzt) sein müssen674. Insofern ist die Nichtigkeitsklage als abstrakte Normenkontrolle ausgestaltet675. Wollen Privatpersonen eine Verordnung wegen Verstoßes gegen das Sprachregime rügen, ist ihnen der Weg über eine Individual-Nichtigkeitsklage ausdrücklich gem. Art. 230 Abs. 2 EG versperrt. Jedoch besteht für natürliche oder juristiEuGHE 1996, I-5105 (I-5133), Rn. 18, -Rs. C-64 / 95. Vgl. hierzu etwa M. Schweitzer, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 290 EG, Rn. 13; P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). Kritisch auch R. Abele, Anm. zu EuGH, Urt. v. 27. 2. 1997 – Rs. C-177 / 95, EuZW 1997, S. 347, der durch den EuGH gar „eine konkludente Pflicht zur Kenntnisnahme (für den Marktbürger) in anderen Sprachfassungen“ verlangt sieht. Als überzogene Bewertung dieser Entscheidung gegen die Vorgenannten aber M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGH 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (438). 672 Kritisch auch R. Abele, Anm. zu EuGH, Urt. v. 27. 2. 1997 – Rs. C-177 / 95, EuZW 1997, S. 347. 673 So sehen das auch M. D. Cole / F. C. Haus, Dienstleistungsfreiheit brutto oder netto? Probleme der europäischen Sprachenvielfalt am Beispiel der EG-Fernsehrichtlinie – EuGH 1999, I-7599, JuS 2001, S. 435 (438). 674 Zum Begriff des privilegierten Klägers R. Geiger, EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 13. 675 P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (4) m. w. N. 670 671

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

sche Personen die Möglichkeit nach Art. 230 Abs. 4 EG gegen eine Verordnung zu klagen, wenn diese sie unmittelbar und individuell betrifft. An einer solchen individuellen Betroffenheit676 wird es allerdings in solchen Fällen677 in aller Regel fehlen678. Es bleibt somit zumeist nurmehr die Möglichkeit der Herbeiführung eines Rechtstreits, in dem inzident die Rechtmäßigkeit der Verordnung geprüft wird679. Häufig dürfte der Startpunkt einer solchen gerichtlichen Auseinandersetzung vor den mitgliedstaatlichen Gerichten sein, in Deutschland also vor einem Verwaltungsgericht. Eine Privatperson kann gegen einen deutschen Verwaltungsakt680 (vgl. § 35 S. 1 VwVfG) im Wege der Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO vorgehen, der zur Umsetzung der streitigen Verordnung ergangen ist. Das Verwaltungsgericht wird dann gem. Art. 234 EG (Art. 177 a.F. EGV) dem EuGH die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Verordnung vorlegen, sofern es die Beantwortung dieser Frage zum Erlaß seines Urteils für erforderlich hält, vgl. Art. 234 Abs. 2 EG. In einem solchen Vorabentscheidungsverfahren681 nach Art. 234 Abs. 1 b) EG kann der EuGH dann einen eventuellen Verstoß gegen die Sprachregelung feststellen und die Verordnung für nichtig erklären682. b) Richtlinien aa) Konsequenzen eines Verstoßes Ergehen Richtlinien nach Art. 249 Abs. 1 EG entgegen Art. 4 VO Nr. 1 als wesentlicher Formvorschrift683, so sind diese (ebenso wie Verordnungen) gem. Art. 230, 231 EG nichtig. Eine nichtige Richtlinie entfaltet dann entgegen Art. 249 676 Zum Merkmal der individuellen Betroffenheit in der Rechtsprechung des EuGH vgl. R. Geiger, EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 26 f. 677 Vgl. nur etwa die Schilderung von Kik 1, in der Frau Kik eben an jener individuellen Betroffenheit aus Art. 230 Abs. 4 EG scheiterte, oben Teil 2, A, II, 5, f), bb), (2), (a). 678 So auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (4). 679 Zur von Frau Kik gefundenen Lösung der Herbeiführung einer inzidenten Kontrolle (wenn man direkt bei einem europäischen Gericht „starten“ will) vgl. Kik 3 oben Teil 2, A, II, 5, f), bb), (2), (c). 680 Vgl. hierzu die ausführliche Darstellung bei J. Ennuschat, Der Verwaltungsakt und seine Rechtsgrundlagen, JuS 1998, S. 905 ff. 681 Zur Funktion und Bedeutung dieses Verfahrens vgl. B. Wegener, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 234 EG, Rn. 1. 682 Hierzu P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (4). 683 Auf Richtlinien als andere Schriftstücke mit allgemeiner Geltung findet Art. 4 VO Nr. 1, ebenfalls wie die dort ausdrücklich genannten Verordnungen, Anwendung, vgl. R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 8; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 9. Hierzu schon oben Teil 2, A, II, 3, aa).

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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Abs. 3 EG für die Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich ihres Zieles keine Verbindlichkeit. bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Eine Richtlinie684, welche die deutsche Sprache diskriminiert, kann von der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Gemeinschaft gem. Art. 230 Abs. 2 EG durch den EuGH überprüft werden. Die Ausführungen zu den Verordnungen gelten entsprechend. Eine Änderung ergibt sich aber, wenn Privatpersonen (natürliche oder juristische) eine Richtlinie überprüfen lassen wollen, denn ihnen steht die Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 EG gegen Richtlinien, weder als sog. Individual-Nichtigkeitsklage gem. Art. 230 Abs. 2 EG, noch über die Vorschrift des Art. 230 Abs. 4 EG, zu. Diese Abschneidung der Nichtigkeitsklage für Privatpersonen rechtfertigt sich aus der Rechtswirkung der Richtlinie, denn entgegen der allgemeinen und unmittelbaren Geltung der Verordnung (auch für den einzelnen Unionsbürger) nach Art. 249 Abs. 2 EG, ist diese nur für die Mitgliedstaaten und nur hinsichtlich des Zieles verbindlich, Art. 249 Abs. 3 EG685. Daran ändert auch die Rechtsprechung des EuGH über die ausnahmsweise unmittelbare Anwendbarkeit von Richtlinien bei nicht rechtzeitiger Umsetzung durch den Mitgliedstaat nichts, da eine solche nur auf für den Bürger begünstigend wirkende Richtlinien beschränkt ist686. Für Privatpersonen bleibt folglich nur der indirekte Angriff auf eine Richtlinie über das Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 Abs. 1 b) EG. Richtlinien sind als Sekundärrechtsakt und Handlung der Organe tauglicher Vorlagegegenstand687. Anders als bei Verordnungen ist ein solches Verfahren der Überprüfung der Richtlinie noch verschachtelter, denn der Kläger wird in aller Regel einen Verwaltungsakt angreifen, der aufgrund eines Gesetzes ergangen ist, welches wiederum in Ausführung der Vorgaben der Richtlinie geschaffen wurde.

c) Entscheidungen aa) Konsequenzen eines Verstoßes Entscheidungen nach Art. 249 Abs. 1 EG entsprechen688, wie ein Blick in Art. 249 Abs. 4 EGV zeigt, in etwa dem zentralen Begriff des deutschen Verwal684 Zur Regelungsstruktur der Richtlinie vgl. M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 43. 685 Vgl. M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 43. 686 So auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). 687 B. Wegener, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 234 EG, Rn. 5.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

tungsverfahrensrechts, dem Verwaltungsakt689. Sie können an die Bundesrepublik Deutschland, an eine deutsche Behörde oder direkt an eine deutsche Privatperson (natürliche oder juristische) gerichtet sein690. Verbindlich ist die Entscheidung dabei für den jeweils in ihr genannten Adressaten, Art. 249 Abs. 4 EG. Dogmatisch – jedoch nicht von der rechtlichen Konsequenz her – interessant ist die Frage, welche Norm der VO Nr. 1 auf Entscheidungen Anwendung findet. Hier lassen sich mit guten Gründen zwei Ansichten vertreten: (1) Anwendbarkeit von Art. 4 VO Nr. 1 auf Entscheidungen Zum einen kann man wie bei Verordnungen und Richtlinien für die Anwendung von Art. 4 VO Nr. 1 plädieren. Begründung hierfür wäre, daß (zumindest) staatenadressierte Entscheidungen als verbindliche Rechtsakte mit letztlich unbestimmtem Adressatenkreis andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung i. S. d. Art. 4 VO Nr. 1 seien691. Ferner wird für Entscheidungen, die an einzelne Unternehmen – etwa im Kartellverfahren – ergehen, eine Anwendbarkeit des Art. 4 VO Nr. 1 angenommen, da solche Entscheidungen von „allgemeiner Bedeutung“ seien und deshalb – obwohl nach dem EGV nicht zwingend vorgeschrieben – im Amtsblatt veröffentlicht werden692. (2) Anwendbarkeit von Art. 3 VO Nr. 1 auf Entscheidungen Zum anderen kann man die Anwendung des Art. 3 VO Nr. 1693 auf Entscheidungen favorisieren. Die Entscheidungen werden in Schriftform, also als Schriftstücke an den Adressaten übermittelt, so daß allein deshalb Art. 3 VO Nr. 1 einschlägig ist694. Dann hat das den Schriftwechsel beginnende Organ das Schreiben in der Amtssprache des Staates, in dem der Adressat seinen Sitz hat, zu formulieren695. Für an die Bundesrepublik Deutschland oder an in ihrem Hoheitsgebiet lebende Personen gerichteten Entscheidungen bedeutet dieses, daß solche Schreiben in 688 Zur Ähnlichkeit der beiden Begriffe etwa H. Hetmeier, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 249 EGV, Rn. 15. 689 Ausführlich zur Bedeutung dieses Instituts J. Ennuschat, Der Verwaltungsakt und seine Rechtsgrundlagen, JuS 1998, S. 905 ff. 690 M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 117. 691 So A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5. 692 So R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 8. Freilich ist die Gleichsetzung von „anderen Schriftstücken von allgemeiner Geltung“ – wie es in Art. 4 VO Nr. 1 heißt – und „Schriftstücken von allgemeiner Bedeutung“ fraglich. 693 Zu dessen Bedeutung und Regelungsgehalt s. o. Teil 2, A, II, 3, a). 694 Dies ist anscheinend so selbstverständlich, daß die Anwendbarkeit des Art. 3 VO Nr. 1 auf Schriftstücke die Entscheidungen enthalten gar nicht extra erwähnt wird. 695 Vgl. J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 8.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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Deutsch abzufassen sind; denn nach § 23 Abs. 1 VwVfG696 („Die Amtssprache ist deutsch.“) und § 184 GVG697 („Die Gerichtssprache ist deutsch.“) ist ausschließlich Deutsch Gerichts- und Verfahrenssprache und somit auch Amtssprache Deutschlands698. (3) Unbeachtlichkeit der Entscheidung zwischen Art. 3 oder 4 VO Nr. 1 Im Ergebnis folgt daraus und zwar unabhängig davon, ob man nun für Entscheidungen Art. 4 VO Nr. 1 oder Art. 3 VO Nr. 1 anwendet, daß eine nicht in Deutsch verfaßte Entscheidung mit Adressaten in der Bundesrepublik Deutschland an einem Verstoß gegen eine wesentliche Formvorschrift leidet. Eine in der Art mangelhafte Entscheidung ist nichtig699, was sich (erneut) mit Hilfe zweier700 möglicher Sichtweisen begründen läßt: (a) Die fehlerhafte Entscheidung als Nichtakt Erstens kann man in einer entgegen den Vorschriften der VO Nr. 1 nicht in Deutsch abgefaßten Entscheidung einen sog. „Nichtakt701“ sehen. Einen solchen Nichtakt kann man in Abgrenzung zu bloß fehlerhaften, rechtswidrigen Akten zwar nur bei besonders schweren und offensichtlichen Fehlern702 annehmen703. Jedoch dürfte eine an einen Deutschen adressierte, aber in einer anderen als der deutschen Sprache formulierte Entscheidung wohl – bildlich gesprochen – den schweren Mangel bereits „auf der Stirn“ tragen, mithin offensichtlich an einem schweren Fehler leiden. Eine solche Entscheidung muß dann von keinem Adressa696 Vgl. W. Clausen, in: Knack (Begr.), Verwaltungsverfahrensgesetz, § 23 VwVfG, Rn. 3; P. Stelkens / H. Schmitz, in: Stelkens / Bonk / Sachs (Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz, § 23 VwVfG, Rn. 3. Näher zu § 23 Abs. 1 VwVfG A. Theme, Sprache und Gesetzgeber, S. 179 f. m. w. N. 697 Vgl. O. R. Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, § 184 GVG, Rn. 1 ff.; ferner zur sprachlichen Bedeutung u. zur Historie des § 184 GVG findet sich auch bei A. Theme, Sprache und Gesetzgeber, S. 176 f. m. w. N. 698 P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). 699 Zur Frage der Bewertung des der fehlerhaften Entscheidung vorangegangenen Verwaltungsverfahrens s. P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5 f.). 700 Mit diesem Hinweis schon P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). 701 Hierzu W. Cremer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 7 f. 702 So die Rspr. des EuGH in EuGHE 1974, 177 (189 f.), Rn. 21 / 29, -Verbundene Rs. 15 bis 33, 52, 53, 57 bis 109, 116, 117, 123, 132 und 135 bis 137 / 73; EuGHE 1994, I-2555 (I-2647), Rn. 49, -Rs. C-137 / 92 P; EuGHE 1995, I-1651 (I-1679), Rn. 18, -Rs. C-135 / 93. Hierzu auch W. Cremer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 8 m. w. N. 703 Schwerwiegender Fehler und Offensichtlichkeit sind wiederum auch die in § 44 Abs. 1 VwVfG genannten Nichtigkeitskriterien für einen deutschen Verwaltungsakt.

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ten weiter beachtet werden, sie entfaltet – erneut sei der Hinweis auf die Ähnlichkeiten zu dem deutschen Verwaltungsakt erlaubt: wie im Falle des § 43 Abs. 3 VwVfG704 – keinerlei Rechtswirkung. (b) Unbeachtlichkeit mangels Bekanntgabe Zweitens läßt sich auch auf anderem Wege eine Nichtigkeit (bzw. rechtliche Unbeachtlichkeit) der – unter Verstoß gegen das Sprachregime abgefaßten – Entscheidung annehmen: Aus dem grundlegenden Prinzip der Gemeinschaftsrechtsordnung, daß kein hoheitlicher Rechtsakt den Bürgern entgegengehalten werden darf, bevor sie die Möglichkeit haben von diesem Rechtsakt Kenntnis zu erlangen,705 läßt sich eben auch folgern, daß ein fremdsprachlich formuliertes Schreiben nicht zur Kenntnis genommen werden kann oder muß. Denn die Anforderungen, wann ein Gemeinschaftsorgan bei dem Adressaten von Kenntnisnahme ausgehen kann (nämlich nur wenn die gem. VO Nr. 1 richtige Sprache gewählt wurde), liegt nicht vor. In den Worten der deutschen verwaltungsverfahrensrechtlichen Terminologie, in Anlehnung an § 43 Abs. 1 S. 1 VwVfG, kann man bei fremdsprachlichen Dokumenten auch von einer fehlenden Bekanntgabe ausgehen (mangels Möglichkeit der Kenntnisnahme), so daß sich eine rechtliche Wirksamkeit nicht entfaltet.

bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Eine Klageerhebung nach Art. 230 EG zum Schutz gegen eine (wegen Verstoßes gegen das Sprachregime) fehlerhafte Entscheidung ist – nach beiden dargestellten Ansichten – nicht nötig. Kategorisiert man eine solche Entscheidung als „Nichtakt“, so ist dieser, per definitionem, unbeachtlich und Rechtsschutz nicht nötig. Ordnet man eine solche Entscheidung hingegen als nicht bekanntgegeben ein, da der Adressat nicht zu erkennen braucht, um was es sich bei dem an ihn gerichteten fremdsprachlichen Schriftstück handelt, so entfaltet die Entscheidung gleichfalls keine Rechtswirkung und Klageerhebung ist nicht angezeigt706. Im Unterschied zu Verordnungen und Richtlinien als Rechtsetzungsinstrumente verfügt die Entscheidung auch nicht über den selben starken Anschein der Wirksamkeit, welchen man erst aktiv vor Gericht mit der Nichtigkeitsklage beseitigen müßte. So auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). So ausdrücklich auf diesen Grundsatz rekurrierend EuGHE 1979, 69 (84), Rn. 15, – Rs. 98 / 78. 706 Hierzu P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (5). 704 705

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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2. Rechtlich unverbindliches Handeln der Gemeinschaftsorgane a) Empfehlungen und Stellungnahmen aa) Problemaufriß Empfehlungen legen dem Adressaten ein bestimmtes Verhalten nahe, wohingegen es sich bei Stellungnahmen um zumeist sachverständige Meinungsäußerungen zu bestimmten Themen handelt707. Empfehlungen und Stellungnahmen nach Art. 249 Abs. 1 EG sind gem. Art. 249 Abs. 5 EG nicht verbindlich708. Dies bedeutet allerdings nicht, daß sie keinerlei rechtliche Bedeutung haben können, denn Empfehlungen sind nach der Rechtsprechung des EuGH709 bei der Auslegung von innerstaatlichen Rechtsvorschriften, welche Gemeinschaftsrecht durchführen oder zur Komplettierung gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften dienen, durch nationale Gerichte heranzuziehen710. Für Empfehlungen und Stellungnahmen als andere Schriftstücke von allgemeiner Bedeutung findet Art. 4 VO Nr. 1 Anwendung711, es herrscht also die mehrsprachige (genauer: elfsprachige) Redaktionspflicht.

bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Eine Rechtsschutzmöglichkeit bei Verstoß gegen die Sprachregelungen in Empfehlungen und Stellungnahmen besteht, mangels unmittelbarer Rechtswirkung für den Adressaten, nicht und ist auch – mangels der Möglichkeit verletzt zu sein – nicht nötig712. Art. 230 Abs. 1 EG schließt deshalb auch explizit713 in seinem Normtext Empfehlungen und Stellungnahmen als mögliche Gegenstände einer Nichtigkeitsklage aus714. M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 120. H. Hetmeier, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 249 EGV, Rn. 18. 709 EuGHE 1989, I-4407 (I-4421), Rn. 18, -Rs. C-322 / 88. 710 Hierzu M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 249 EG, Rn. 119 m. w. N. 711 So ausdrücklich auch R. Priebe, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, Art. 290 EG, Rn. 8; A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 5; J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 9. 712 So auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). 713 Dort heißt es: „. . . soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt . . .“ 714 Vgl. W. Cremer, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 230 EG, Rn. 14. 707 708

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

b) Fiskalisches Handeln aa) Problemaufriß Im Bereich des fiskalischen Handelns (d. h. bei privatrechtlicher Ausgestaltung des Verhältnisses des Organs zum Bürger im Gegensatz zu einer hoheitlichen Prägung) ist insbesondere der wirtschaftlich bedeutsame Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe durch Organe der Gemeinschaft in den Blick zu nehmen. Mehrfach negativ fiel dabei in der Praxis (und daher auch in den Integrationsberichten der Bundesregierung) die Kommission auf715; denn diese hatte Unterlagen für Ausschreibungen gar nicht (oder verspätet) in Deutsch und wenn, dann unter der Auflage der Beifügung von Übersetzungen in Englisch / Französisch, den deutschen Unternehmen bereitgestellt 716. Diese Vorgehensweise führte zu einer nicht gerechtfertigten Bevorzugung zumeist französischer und englischer Unternehmen zu Lasten der deutschen Wirtschaft717. Denn diese hatten im Schriftverkehr mangels zusätzlichem Übersetzungsaufwand718 (oder der Bereithaltung eigenen Fachpersonals) einen Zeit- und Geldvorteil719. Praxisrelevant wurde damit nicht die Ankündigung der Ausschreibung selbst, für diese gelangt Art. 4 VO Nr. 1 zur Anwendung720, sondern vielmehr die darauffolgende Phase der Versendung der benötigten Dokumente an die Firmen, welche sich für den ausgeschriebenen Auftrag bewerben wollten. Damit ist für die fragliche Versendung der Ausschreibungsunterlagen Art. 3 VO Nr. 1 einschlägig, da der Schriftverkehr zwischen einem Organ der Gemeinschaft und einer der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates (Bundesrepublik Deutschland) unterstehenden Person (sei sie natürlich oder juristisch) betroffen ist. In diesem Bereich wurden und werden721 zwei Fehler bei der Versendung der Ausschreibungsunterlagen gemacht. Zum einen werden solche Unterlagen gar 715 Hierzu schon oben Teil 2, B, I, 2 für die Phase von 1990 bis 1993 und Teil 2, B, III, 1 für die Phase von 2000 bis heute. 716 46. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 11 / 7887 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 30. Juni 1990), S. 14, Rn. 53; 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 62. 717 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 61. 718 Zu Übersetzungskosten als Wettbewerbsnachteil s. D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (229). 719 Dazu P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 125. 720 J. C. Wichard, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 290 EG, Rn. 9. 721 Die Fehler bei Ausschreibungen wurden seltener, konnten aber offensichtlich nie ganz unterbunden werden, vgl. den 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum:

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nicht in Deutsch an deutsche Unternehmen versandt. Zum anderen findet eine Versendung der Unterlagen in Deutsch (gegenüber Englisch / Französisch) zeitverzögert statt. Zunächst ist daher fraglich, ob diese Fehler angesichts des Art. 3 VO Nr. 1 beachtlich sind. Ein klarer Verstoß gegen Art. 3 VO Nr. 1 liegt in dem Fall vor, in welchem Unterlagen Deutschen überhaupt nicht in ihrer Sprache zur Verfügung gestellt werden. Schwieriger zu beurteilen ist der – wohl weitaus häufigere – Fall, daß die deutschsprachigen Unterlagen erst später als andere (in der Regel englisch- / französischsprachige) Ausschreibungsdokumente bereit gestellt werden722. Hebt man auf die Einhaltung des Art. 3 VO Nr. 1 ab, so gäbe es nichts zu beanstanden, denn den deutschsprachigen Mitbewerbern wurden ja schließlich Dokumente in der richtig gewählten Sprache (wenn auch später) übersandt. Formal scheinen daher die Anforderungen in Art. 3 VO Nr. 1 erfüllt zu sein. Vergegenwärtigt man sich allerdings die Ableitung des im Gesamtregelwerk der VO Nr. 1 ausgedrückten,723 tradierten724 Prinzips der sprachlichen Gleichberechtigung, ist in dem Fall von öffentlichen Ausschreibungen durch Gemeinschaftsorgane nur dann dem Art. 3 VO Nr. 1 Genüge getan, wenn allen Mitbewerbern (zeit)gleiche Chancen durch Bereitstellung verschiedensprachiger Dokumente gewährt werden725. Denn das Prinzip sprachlicher Gleichberechtigung fußt (zum Großteil) auf dem Konzept der Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten und deren Bürger, sowie auf den Ideen von Transparenz und Bürgernähe726. Daher sind die Ungleichbehandlungen die durch zeitversetzte Übersendung der Dokumente entstehen nicht mit Art. 3 VO Nr. 1 vereinbar. Folglich liegt bei verspäteter zur Verfügung Stellung deutschsprachiger Unterlagen an deutsche Unternehmen ein Verstoß gegen Art. 3 VO Nr. 1 vor. Fraglich bleibt dann noch, welche rechtlichen Mittel den Unternehmen verbleiben, solche (für diese kostspieligen) Verstöße zu beanstanden bzw. zu beseitigen, entstandene Verluste zumindest aber finanziell zu kompensieren.

1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 15, Rn. 20, und den 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001), S. 10, Rn. 7. 722 Ausdrücklich bemängelt etwa im 49. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäischen Gemeinschaften BT-Drs. 12 / 2218 (Berichtzeitraum: 1. Juli bis 31. Dezember 1991), S. 18, Rn. 61. 723 Zum Verhältnis der VO Nr. 1 und dem Prinzip sprachlicher Gleichberechtigung s. o. Teil 2, A, II, 1. 724 Dazu oben Teil 2, A, I, 3. 725 Zur Frage nach dem Erfordernis der zeitgleichen Bereitstellung verschiedensprachiger Dokumente vgl. H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (195). 726 Hierzu bereits ausführlich oben Teil 2, A, I, 4.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

bb) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Grundsätzlich erfolgt die öffentliche Auftragsvergabe durch zivilrechtliche Verträge. Die Ausschreibung liegt vor einem etwaigen Vertragsschluß, so daß bei Ausschreibungen unter Verstoß gegen die Sprachregelung727 vertragliche Ansprüche nicht bestehen. Vorvertragliche Anspruchsgrundlagen dürften ebenfalls durch das Fehlen von konkreten Vertragsverhandlungen (bzw. können aufgrund einer zu geringen Nähebeziehung zwischen Organ und Bieter solche vorvertraglichen Pflichten noch nicht begründet werden) in diesem Stadium des Ausschreibungsverfahrens noch ausscheiden. (1) Der Schadenersatzanspruch nach Art. 288 Abs. 2 EG Bei einer Diskriminierung deutscher Bieter durch nicht (oder verspäteter) zur Verfügung Stellung deutscher Bewerbungsunterlagen kommt somit nur ein Schadenersatzanspruch gem. Art. 288 Abs. 2 EG728 (Art. 215 Abs. 2 a.F. EGV) im Bereich der außervertraglichen Haftung729 in Betracht730. Zuständig nach Art. 235 EG (Art. 178 a.F. EGV) für eine Entscheidung über solche Schadenersatzforderungen nach Art. 288 Abs. 2 EG ist der EuGH. (2) Die Voraussetzungen eines Anspruchs nach Art. 288 Abs. 2 EG Ohne dies hier erschöpfend behandeln zu können731, sei noch auf die Voraussetzungen eines solchen Schadenersatzanspruchs hingewiesen. Gem. Art. 288 Abs. 2 a.E. EG richtet sich im Bereich der außervertraglichen Haftung der Schadenersatzanspruch des Geschädigten nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind. Nach st. Rspr. von EuGH und später EuG erfordert ein solcher Anspruch nach den – aus den Rechtsordnun727 Das Auswärtige Amt erhält laut H. Hoffmann, Deutsch im Inneren der EU – aus Sicht des Auswärtigen Amtes, Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes, 2 – 3 / 2000, S. 223 (228) häufiger Klagen deutscher Unternehmer diesbezüglich. 728 Art. 288 Abs. 2 EG lautet: „Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.“ 729 Vgl. S. Lageard, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 288 EGV, Rn. 6 ff.; M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 3 ff. 730 So auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). 731 Einen guten Überblick verschafft P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). Insgesamt aber bedürfte die Frage nach solchen Schadenersatzforderungen noch weiterer vertiefter Untersuchungen.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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gen der Mitgliedstaaten – herausgefilterten allgemeinen Rechtsgrundsätzen, „daß die den Organen vorgeworfene Handlung rechtswidrig und ein tatsächlicher Schaden eingetreten ist, sowie daß zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht732.“ So lassen sich fünf Haftungsvoraussetzungen herausarbeiten, die hier auf eine, gegen Art. 3 VO Nr. 1 verstoßende, Zusendung von Ausschreibungsunterlagen durch die Kommission an einen deutschen Mitbewerber angewendet werden sollen733.

(a) Handlung eines Gemeinschaftsorgans Zunächst müßte eine Handlung eines Organs i. S. d. Art. 288 Abs. 2 EG erfolgt sein. Der Organbegriff des Art. 288 Abs. 2 EG geht über den Begriff des Organs in Art. 7 EG hinaus734. Handelt die – in Art. 7 Abs. 1 EG735 ausdrücklich genannte – Kommission, so liegt damit erst recht eine Handlung eines Gemeinschaftsorgans i. S. d. Art. 288 Abs. 2 EG vor. Ferner ist das Zusenden der Unterlagen auch eine nicht lediglich interne Handlung, so daß die benötigte Außenwirkung736 ebenfalls vorliegt. Die erste Haftungsvoraussetzung „Handlung eines Gemeinschaftsorgans“ ist folglich gegeben.

(b) Rechtsverletzung Des weiteren müßte in der Handlung der Kommission auch eine Rechtsverletzung liegen. Eine solche Rechtsverletzung der Kommission liegt allein schon in dem Verstoß gegen Art. 3 VO Nr. 1737. Hierbei bedarf es keiner besonderen Qualifikation der 732 So schon in EuGHE 1971, 325 (337), Rn. 10, -Rs. 4 / 69; EuGHE 1974, 675 (694), Rn. 7, -Rs. 153 / 73. Aus der neueren Rspr. und ausdrücklich erwähnend, daß dies st. Rspr. sei s. EuGHE 1995, I-2627 (I-2643), Rn. 38, -Rs. T-168 / 94; EuGHE 1995, I-2941 (I-2969), Rn. 80, – Verbundene Rs. T-481 und T-484 / 93. Vgl. auch M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 4, Fn. 12 m. w. N. 733 Zu Darstellungszwecken sei der eindeutige (einfachere) Fall der Versendung von nicht deutschsprachigen Unterlagen unterstellt. 734 Dazu M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 5. 735 Zumindest die in Art. 7 EG genannten Organe sind solche i. S. d. Art. 288 Abs. 2 EG, so auch S. Lageard, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 288 EGV, Rn. 11. 736 Zu diesem Merkmal M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 6. 737 Hierzu auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6).

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Rechtswidrigkeit, denn im Rahmen des sog. normativen Unrechts ist ein Verstoß gegen geltendes Gemeinschaftsrecht ausreichend738. Die Haftungsvoraussetzung einer Rechtsverletzung durch die Handlung eines Gemeinschaftsorgans ist somit gegeben. (c) Schaden Gem. Art. 288 Abs. 2 EG müßte dem Anspruchssteller auch ein ersatzfähiger Schaden durch die Handlung des Organs entstanden sein. Der Schaden muß tatsächlich eingetreten sein oder unmittelbar mit hinreichender Sicherheit bevorstehen739. Der EuGH folgt bei der Berechnung der Differenzhypothese, was bedeutet, daß grundsätzlich der gesamte durch die Handlung verursachte Schaden ersatzfähig ist740. Der Schadenersatz umfaßt sowohl reine Vermögensschäden741 als auch den entgangenen Gewinn742. Letzterer dürfte auch in dem Fall interessant werden, in dem ein deutscher Bieter den Auftrag durch die Kommission nicht erhalten hat, obwohl er das günstigste – die Anforderungen der Ausschreibung erfüllende – Angebot abgegeben hätte. Der durch den verlorenen Auftrag des deutschen Mitbewerbers entgangene Gewinn wäre im Rahmen des Art. 288 Abs. 2 EG ein ersatzfähiger Schaden743. (d) Kausalität Darüber hinaus ordnet Art. 288 Abs. 2 EG an, daß der verursachte Schaden durch die Handlung des Organs entstanden sein muß. Damit ist eine bestimmte Nähebeziehung zwischen der Handlung und dem Schadenseintritt (Kausalität) angesprochen. Im Rahmen dieser sog. haftungsausfüllenden Kausalität wird verlangt, daß zwischen der schädigenden Handlung des Gemeinschaftsorgans und dem bei dem Anspruchsteller eingetretenen Schaden ein ursächlicher Zusammenhang besteht744. M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 8. M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 19. 740 Vgl. etwa EuGHE 1992, I-3961 (I-3134 ff.), Rn. 23 ff., -Verbundene Rs. C-104 / 89 und C-37 / 90. Hierzu auch M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 22 m. w. N. 741 M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 22 m. w. N.; hierzu auch P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). 742 EuGHE 1976, 711 (742), Rn. 6, -Verbundene Rs. 56 bis 60 / 74. Ferner vgl. auch S. Lageard, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 288 EGV, Rn. 33 m. w. N.; M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 22 m. w. N. 743 Näher hierzu P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). 744 S. Lageard, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 288 EGV, Rn. 37; M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 20. 738 739

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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Dabei darf der eingetretene Schaden keine völlig entfernte Folge des Organhandelns sein745 und sich auch nicht auf die Unternehmensführung des Geschädigten zurückführen lassen können746. Geht man davon aus, daß ein deutscher Mitbewerber aufgrund der fremdsprachlichen Unterlagen ein für die Kommission unverständliches oder falsch zu verstehendes Angebot abgegeben hat, so besteht haftungsausfüllende Kausalität zwischen der Versendung der Dokumente durch die Kommission (Handlung des Organs) und dem entgangenen Gewinn des Bieters (Schaden). Dies ist auch nicht durch Fehlen einer „Fremdsprachenabteilung“ im deutschen Betrieb oder dem Vorwurf eine ungenügende Übersetzung erstellt zu haben auf die Unternehmensführung des Geschädigten zurückzuführen. Denn gerade von solchen Anforderungen suspendiert Art. 3 VO Nr. 1 mit der Statuierung der Pflicht des Organs im Schriftverkehr die richtigen Sprache zu wählen den Adressaten, um dem gemeinschaftlichen Gleichbehandlungsgebot Genüge zu tun. Das Vorliegen der Kausalität als dritte Haftungsvoraussetzung ist demnach zu bejahen. (e) Verschulden Zuletzt könnte noch verlangt werden, daß die Handlung des Organs schuldhaft erfolgt sein müßte. Der EuGH hat allerdings bislang ausdrücklich offengelassen, ob es zur Haftung der Gemeinschaft bei Verwaltungshandlungen (also bei administrativem Unrecht) eines Verschuldens bedarf747. Selbst wenn man aber ein schuldhaftes Verhalten verlangte, so ist dieses in dem groben Verstoß gegen die VO Nr. 1, als wesentlicher Formvorschrift, zu sehen. (f) Ergebnis der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 288 Abs. 2 EG Nach alledem hätte im unterstellten Beispielsfall der deutsche Mitbewerber einen Anspruch auf Ersatz des ihm durch die anderweitige Vergabe des Auftrags entgangenen Gewinns gegen die Kommission. 745 Vgl. auch M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 20 m. w. N. 746 EuGHE 1981, 3211 (3254 ff.), Rn. 51 ff., -Verbundene Rs. 187 bis 200, 243, 245 und 247 / 80. Vgl. hierzu M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 20 m. w. N. 747 Nach S. Lageard, in: Lenz (Hrsg.), EG-Vertrag, Art. 288 EGV, Rn. 24 ist die Rspr. des EuGH in diesem Punkt unklar u. bedarf der Aufklärung. Nach M. Ruffert, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 288 EG, Rn. 21 m. w. N., hat der EuGH diese Frage ausdrücklich offengelassen.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Als Schlußfolgerung bleibt festzuhalten, daß u.U. die Erhebung einer Schadensersatzklage gem. Art. 288 Abs. 2 EG ein probates Mittel sein kann748, sich gegen Diskriminierungen der deutschen Sprache bei Ausschreibungen der Gemeinschaft zur Wehr zu setzten.

II. Verstöße im arbeitssprachlichen Bereich von EU-Tätigkeit Sprachliche Regelungen für die interne Arbeit (also im Regelungsgebiet der Arbeitssprache749) können sowohl deutschsprachige Beamte als auch deutsche Vertreter in den Kollegialorganen (z. B. im AdR) treffen. Diese beiden Personengruppen sind, da sie sich in ihrer Einbindung in die EU-Institutionen (anders gewendet: in ihrer Selbständigkeit von diesen) unterscheiden, zu trennen. Denn während die erste Gruppe unmittelbar bei der Gemeinschaft selbst beschäftigt ist, ist letztere von den Mitgliedstaaten in die Gemeinschaft entsandt, um dort die Interessen der Regierungen der Einzelstaaten zu vertreten. So sind die Beamten der Gemeinschaft und die Vertreter in den Kollegialorganen ihren Heimatstaaten verpflichtet.

1. Beamte a) Problemaufriß Im arbeitssprachlichen Bereich ist zunächst zu beachten, daß das Prinzip der sprachlichen Gleichberechtigung, wie es auch in Art. 1 VO Nr. 1 zum Ausdruck gebracht wird750, durch die Regelung des Art. 6 VO Nr. 1 seine Einschränkung erfährt751. Dieser ermöglicht den Organen für den internen Dienstbetrieb die autonome Regelung der Arbeitssprache(n) in den genannten, durch die Außenwirkung gegenüber dem Bürger veranlaßten, Grenzen752. Es sind demgemäß nur solche internen Sprachregelungen problematisch, die nicht schon durch Art. 6 VO Nr. 1 ermöglicht werden, welche also gegen die Grundregel des Art. 1 VO Nr. 1 (grundsätzliche Gleichstellung der elf Sprachen753 als Amts- und Arbeitssprachen) verstoßen. 748 Bei verspäteter Versendung deutscher Unterlagen dürfte der Schadenersatzanspruch schwerer zu begründen sein; anders aber, wenn dadurch Fristen für die Ausschreibung versäumt werden. In einem solchen Fall dürfte insb. die Frage der Kausalität Probleme bereiten. 749 Hierzu vgl. die Definition von Arbeitssprache oben Teil 2, A, II, 2, b), bb). 750 s. o. Teil 2, A, II, 1. 751 s. o. Teil 2, A, II, 4. 752 s. o. Teil 2, A, II, 4. 753 Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch u. Spanisch.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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Wenn es um Zurücksetzungen der deutschen Sprache geht, dann sind diese überhaupt nur bedenklich, wenn Deutsch ausdrücklich Arbeitssprache des Organs (bzw. der nachgeordneten Behörden) ist, oder bei Nichteinhaltung der Dispositionsgrenzen des Art. 6 VO Nr. 1 zumindest sein müßte. Denkbare Maßnahmen, die zu solchen Verstößen gegen das Sprachregime führen können, wären u. a. die Anweisung eines Vorgesetzten an seinen deutschen Untergebenen, auf die Verwendung des Deutsch bei dienstlichen Sitzungen (bei der Kommunikation754) oder als Sprache bei der Erstellung interner Dokumente zu verzichten.

b) Rechtliches Mittel zur Beanstandung / Beseitigung des Verstoßes Bei der Frage nach den rechtlichen Mitteln zur Beanstandung / Beseitigung eines Verstoßes gegen das Sprachregime durch Weisungen des Dienstherren ist zunächst die besondere Rechtsstellung eines Beamten der Europäischen Gemeinschaft zu beachten755. Die in der Gemeinschaft tätigen deutschen Beamten stehen zu ihren Dienstherren in einem Dienst- und Treueverhältnis, welches weiterhin durch eine absolute Loyalitätspflicht 756 gegenüber der Gemeinschaft gekennzeichnet ist757. Die Beamten sind ferner den Weisungen ihrer Vorgesetzten strikt unterworfen758, dies bedeutet, daß sie auch – ihrer Meinung nach – rechtswidrige Anweisungen zu befolgen haben.

754 Einen Fall der Anweisung in der Kommunikation ausdrücklich nicht Deutsch zu verwenden, schildert H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (198) m. w. N. 755 Hier kann nur stark themenorientiert auf die Struktur des europäischen öffentlichen Dienstes eingegangen werden. Eine – komprimierte – Gesamtdarstellung findet sich aber bei T. Oppermann, Europarecht, § 9, Rn. 775 ff. Ausführlichere Darstellungen mit vielen Verweisen auf das z.T. noch speziellere Schrifttum enthalten die Ausführungen von P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 1 ff. u. D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 1 ff. 756 Zur Loyalitätspflicht nach Art. 12 Abs. 1 EBSt. s. M. Röttinger, in: Lenz (Hrsg.), EGVertrag, Art. 283 EG, Rn. 4. 757 Vgl. T. Oppermann, Europarecht, § 9, Rn. 795 m. w. N.; D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 84 m. w. N. 758 EuGHE 1966, 653 (672), -Rs. 3 / 66.

10*

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

aa) Spezielle Anforderungen des Rechtsschutzes im EÖD Will sich ein Beamter gegen eine seiner Meinung nach rechtswidrige Weisung wehren759, hat er die spezielle Ausgestaltung des Rechtsschutzes760 im Bereich des europäischen öffentlichen Dienstes761 (EÖD) zu beachten. (1) Notwendigkeit des Vorverfahrens Eine Klage beim EuG und gegebenenfalls eine spätere – auf Rechtsfragen beschränkte – Revision762 beim EuGH763 ist nur nach Durchführung eines als Beschwerdeverfahren nach Art. 90, 91 EBSt. ausgestalteten sog. Vorverfahrens764 möglich765. In diesem kann sich der Beamte mit Anträgen und Beschwerden an seine Anstellungsbehörde wenden. Hilft nun die Anstellungsbehörde ausdrücklich oder stillschweigend dem Antrag / der Beschwerde nicht ab, so ist der Klageweg zum EuG eröffnet766. (2) Rüge der Verletzung von Statusrechten Darüber hinaus gelten für das Beschwerde- und das Klageverfahren weitere Einschränkungen. Das von dem Beamten im Verfahren gerügte Verhalten muß ihn in einem seiner Statusrechte betreffen, da das Verfahren nicht als abstrakte Normenkontrolle ausgestaltet ist767. Es müssen also eigene subjektive Rechte betroffen sein; eine bloße Beanstandung der Verletzung objektiven Rechts genügt nicht768. 759 Die formlosen und wenig erfolgversprechenden und daher auch in der Praxis nahezu bedeutungslosen Verfahren, wie die der innerdienstlichen Gegenvorstellung, bleiben bei der Untersuchung außen vor. Zu diesen Instrumenten vgl. D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 96. 760 Hierzu kurz T. Oppermann, Europarecht, § 9, Rn. 798 f. m. w. N. u. ausführlich P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 67 ff. 761 Dieser Rechtsschutz ist durch eine umfangreiche Kasuistik von EuG / EuGH gekennzeichnet, vgl. nur die zahlreichen Nachweise aus der Rspr. bei T. Oppermann, Europarecht, § 9, Rn. 799; P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 67 ff. 762 Zu dieser P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 67, Fn. 429 m. w. N. aus der Rspr. 763 Vgl. Art. 236 EG (Art. 179 a.F. EGV). 764 Zu diesem s. U. Karpenstein, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 236 EG, Rn. 6 bis 24. 765 Bei dem Vorverfahren als Voraussetzung einer späteren Klage, stellen die Gericht im übrigen hohe Anforderungen, so D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 96 m. w. N. 766 s. T. Oppermann, Europarecht, § 9, Rn. 798. 767 EuGHE 1991, II-635 (II-645), Rn. 25, -Rs. T-110 / 89; EuGHE 1992, II-159 (II-172), Rn. 32, -Rs. T-41 / 90; EuGHE 1992, II-181 (II-194), Rn. 32, -Rs. T-42 / 90.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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(3) Keine rein innerdienstlichen Angelegenheiten Weiterhin können in einem Beschwerde- oder Klageverfahren keine Maßnahmen, die ausschließlich innerdienstliche Angelegenheiten oder die Führung der Verwaltungsgeschäfte betreffen, angegriffen werden769.

bb) Auswirkungen der speziellen Anforderungen für den Rechtsschutz (1) Rüge der Verletzung der VO Nr. 1 Der Beamte, der gegen eine Weisung seines Dienstherren, die deutsche Sprache nicht zu verwenden, vorgehen will, könnte die Verletzung der VO Nr. 1 rügen. Das Erfordernis der Verletzung eines Statusrechtes bedeutet hier aber, daß eine mögliche Verletzung der VO Nr. 1 nicht zum Gegenstand eines Beschwerdeverfahrens bzw. einer anschließenden Klage gem. Art. 236 i.V.m. Art. 90, 91 EBSt. gemacht werden kann. Denn die VO Nr. 1 – als Teil des objektiven Rechts – kann kein (benötigtes) eigenes Statusrecht des Beamten vermitteln770. (2) Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes In Frage käme aber noch die Rüge der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes, welcher im EÖD als Ausfluß des allgemeinen Diskriminierungsverbots aus Art. 12 EG771 anerkannt ist772. Allerdings ergeben sich bei einer solchen Rüge ebenfalls Zulässigkeitsbedenken: Zum einen kann man durchaus die Anweisung, Deutsch nicht zu verwenden, als rein innerdienstliche Maßnahme auffassen, die demgemäß per se nicht Gegenstand einer rechtlichen Überprüfung im Beschwerde- und Klageverfahren sein kann773. 768 EuGHE 1967, 530 (537), -Rs. 15 / 67; EuGHE 1993, II-83 (II-104), Rn. 61, -Rs. T-45 / 91. 769 Vgl. EuGHE 1968, 435 (449), -Rs. 16 / 67. 770 So auch etwas knapp – aber im Ergebnis zutreffend – P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6). 771 Zur Ableitung dieses Grundsatzes im EÖD aus Art. 12 EG s. D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 86 m. w. N. Ferner vgl. ausführlich zu Art. 12 EG oben Teil 2, A, I, 2, a), aa), (1). 772 Ausführlich zur Bedeutung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im EÖD und dessen Ausprägung durch EuG / EuGH mit umfangreichen Nachweisen aus der Rspr. vgl. P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 33 f. 773 Vgl. abermals EuGHE 1968, 435 (449), -Rs. 16 / 67.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Zum anderen sind solche Differenzierungen unter der Regentschaft des Art. 12 EG nicht verboten, wenn sie durch sachliche Erwägungen objektiv gerechtfertigt sind774. Da es häufig möglich sein wird aufgrund dienstlicher sachlicher Erwägungen wie Effizienz und Kostenersparnis Reduktionen im Sprachregime zu rechtfertigen, wird einer Rüge der Verletzung des Art. 12 EG wenig Erfolg beschieden sein. Dies insbesondere deshalb, weil die Einstellungsbehörde, bei lebensnaher Betrachtung schon allein um eine spätere Klage zu verhindern, bereits im Beschwerdeverfahren sachlich gerechtfertigte Gründe für die Außerachtlassung des Deutsch zusammentragen wird, so daß die angegriffene Anweisung letztlich Bestand hat. (3) Rüge der Verletzung der EU-Grundrechtecharta Eine rechtlich durchsetzbare Möglichkeit eine Verletzung der EU-Grundrechtecharta zu rügen besteht für Beamte – aus den bereits dargelegten Gründen775 – (noch) nicht. Wenn aber eine solche Klagemöglichkeit geschaffen wird, wäre über die Möglichkeit einer Verletzung von Art. 21 Abs. 1 EGRC776 nachzudenken.

2. Vertreter in Kollegialorganen der Gemeinschaft a) Problemaufriß Anders als die deutschen Beamten sind die deutschen Vertreter in den Gemeinschaftsorganen nicht weisungsgebunden. Sie können, gestützt auf die VO Nr. 1, stets auch Deutsch als Arbeitssprache verwenden und auf eine Dolmetschung in Deutsch beharren; d. h. sie müssen sich nicht wie die Beamten zuerst der Zurücksetzung des Deutsch beugen, um danach rechtlich dagegen vorzugehen777. Wie die bereits dargestellten Auseinandersetzungen um die Verwendung der deutschen Sprache als Arbeitssprache der Kommission778 und bei drei informellen Ministertreffen während der finnischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 1999779 gezeigt haben, kommt es durchaus immer wieder zu Verstimmungen unter den Vertretern der Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Arbeitssprachen. In diesem politisch brisanten Bereich ist die Ergreifung rechtlicher Schritte (wie Klagen780) 774 Vgl. P. Kalbe, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 212 EGV, Rn. 33 f. m. w. N. aus der Rspr.; D. Rogalla, in: Grabitz / Hilf (Hrsg.), Das Recht der Europäischen Union, Art. 283 EG, Rn. 86 m. w. N. 775 s. o. Teil 2, A, I, 2, c), dd). 776 Dazu s. o. Teil 2, A, I, 2, a), dd), (2). 777 Hierzu P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (6 f.). 778 s. o. Teil 2, A, II, 4, c), cc), (1). 779 s. o. Teil 2, B, II, 4. 780 Zu dieser Möglichkeit aber P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (7). Danach kann die Bundesregierung ihrerseits nach Art. 230 Abs. 2 EG vor dem

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nicht opportun und die Bundesregierungen haben auch deshalb bisher – zu Recht – auf politischen Druck und anderweitige Maßnahmen gesetzt, um Diskriminierungen der deutschen Sprache entgegenzutreten.

b) Möglichkeiten zur Beanstandung / Beseitigung eines Verstoßes aa) Politische Maßnahmen Der Erkenntnis der unmittelbareren Wirkung politischen Drucks, um Zurücksetzungen des Deutschen zu begegnen, folgt eine Anweisung der Bundesregierung an die deutschen Vertreter aus dem Jahre 1990. So hat die Bundesregierung ihre Vertreter in allen EG-Gremien aufgefordert: “. . . strikt auf die Verwendung des Deutschen zu achten, selbst deutsch zu sprechen, jeden Verstoß gegen die Sprachregelung zu rügen und jeweils erforderliche Konsequenzen zu ziehen.“781

Solche denkbaren politischen Konsequenzen können z. B. in einer „Politik des leeren Stuhls“ nach französischen Vorbild bestehen782. So blieben die deutschen und österreichischen Vertreter im 2. Halbjahr 1999 während der finnischen Präsidentschaft drei informellen Ministertreffen fern, in denen Deutsch entgegen langjähriger Praxis nicht gedolmetscht wurde, um den Status quo zu wahren, was letztendlich auch gelang783.

bb) Eigene Sprache verwenden Die Anweisung: “. . . selbst deutsch zu sprechen . . .“, mutet zunächst merkwürdig an, entspringt aber der richtigen Erkenntnis, daß die deutschen Vertreter z.T. durch die Nichtverwendung der deutschen Sprache selbst an ihrem Zurückdrängen mitgewirkt haben784. Als logische Folge ist es daher die Aufgabe der deutschen EuGH das Verhalten der EU-Organe bezüglich der Sprachregelung rügen. Dadurch könnten die Organe durch den EuGH, der die Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinschaftsorgane überwacht, zur Einhaltung des Sprachregimes motiviert werden. Verletzte Normen könnten dann Art. 290 EG sowie die VO Nr. 1 sein. 781 BT-Drs. 11 / 7887, S. 14, Rn. 56. 782 P. M. Huber, Deutsch als Gemeinschaftssprache, BayVBl. 1992, S. 1 (7) m. w. N. 783 Hierzu vgl. 60. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 3434 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 1999), S. 14, Rn. 18. 784 Dazu ausführlich mit vielen weiteren Nachweisen H. Lwowski, Für die Gleichberechtigung der Sprache – Deutsch in Europa, Der Städtetag 1992, S. 193 (194 f.). In diesem Zusammenhang wird als Negativbeispiel auch häufiger ein Schreiben des damaligen deutschen EU-Kommissars Martin Bangemann an das Bonner Wirtschaftsministerium zitiert, welches

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

Vertreter, um Zurücksetzungen im vorhinein zu vermeiden, selbst deutsch zu sprechen. Denn es ist eine Selbstverständlichkeit, daß man von Vertretern der anderen Mitgliedstaaten kaum erwarten kann, die deutsche Sprache als Arbeitssprache zuzulassen, wenn die deutschen Vertreter selbst lieber Englisch sprechen. In dieser Hinsicht negativ ist ausgerechnet Bundesaußenminister Joseph Fischer anläßlich seiner Eröffnungsrede zur Afghanistankonferenz in Bonn am 27. 11. 2002 aufgefallen: Er hielt seine Begrüßungsansprache auf Englisch785.

cc) Maßnahmen der Sprach- und Personalpolitik Eine andere erfolgversprechende Maßnahme ist die aktive Sprach- und Personalpolitik. Zum einen kann man kostenlose Sprachkurse für Bedienstete der EU sowie für höhere Beamte der Beitrittsländer veranstalten. Auf diese Weise können aktive wie passive Deutschkenntnisse gefördert werden, so daß Deutsch als Arbeitssprache in den Dienststellen an Gewicht gewinnen kann786, wenn bestehende Sprachbarrieren abgesenkt werden787. Des weiteren bietet es sich auch an gezielt Personalpolitik zu betreiben788. Dies kann durch professionelle Vorbereitung auf das Auswahlverfahren für EU-Bedienstete (Concours) bestehen, um die Erfolgschancen der Deutschen auf Einstellung zu erhöhen. Dies ist eine effektive Maßnahme, denn die Positionierung von mehr Deutschen wird die Verbreitung und die Akzeptanz der deutschen Sprache in den Gremien erhöhen789. Weiterhin sollte von deutscher Seite darauf hingewirkt werden, daß die Union bei der Einstellung ihrer Bediensteten darauf achtet, ihrer Schutzpflicht bezüglich auf Englisch verfaßt war, vgl. H. Friedrich, Englisch ist auf dem Weg zur Gemeinschaftssprache, FAZ v. 6. 7. 1999, S. 29. 785 Dazu M. Elicker, Sprachloyalität als Rechtsgebot?, ZRP 2002, S. 415. Zu den negativen Auswirkung eines solchen Verhaltens von Spitzenpolitikern für die deutsche Sprache im Inund Ausland s. G. Stickel, Sprachloyalität ja, aber ohne gesetzlichen Zwang, ZRP 2002, S. 417; H. Weinrich, Deutsch in Linguafrancaland. Zu der Frage, ob sich für deutsche Amtsträger bereits aus dem Grundgesetz eine Pflicht zur Verwendung der deutschen Sprache ergibt H. Jochum, Sprachloyalität als Verfassungspflicht? (zu Elicker, ZRP 2002, 414 und Stickel, ZRP 2002, 417), ZRP 2003, S. 27. Allgemein zu den negativen Auswirkung der mangelnden Verwendung des Deutsch durch Deutsche im Ausland s. W. P. Klein, Warum Deutsch?, FAZ v. 1. 12. 1999, S. N5. 786 Zu dieser Intention der Sprachkurse vgl. die gleichlautenden Passagen im 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 16, Rn. 7 und im 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001), S. 11, Rn. 7. 787 Hierzu schon oben Teil 2, B, III, 3. 788 s. o. abermals Teil 2, B, III, 3. 789 Zur Bedeutung der Personalpolitik für die Stellung der deutschen Sprache vgl. Im EUManagement von morgen gibt es zu wenig Deutsche, FAZ v. 9. 4. 2002, S. 23.

C. Rechtliche Konsequenzen bei Nichtbeachtung des Sprachregimes

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der kulturellen Vielfalt (vgl. Art. 6 Abs. 3 EU790) nachzukommen, um so für sprachliche Vielfalt ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Dies ist eine originäre, sich aus dem Primärrecht ergebende, Pflicht der Institutionen der Union.

III. Bewertung der rechtlichen Konsequenzen bei Sprachverstößen 1. Gemeinschaftsverfassungsrechtlicher Kontext von Sprachverstößen Die Bewertung der rechtlichen Konsequenzen von Sprachverstößen hat unter Beachtung des damit ebenfalls tangierten gemeinschaftsverfassungsrechtlichen Kontextes erfolgen. Wie die Ableitung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung gezeigt hat791, sind Diskriminierungen einer Sprache nicht „bloß“ eine Verletzung von Sekundärrecht in Form der VO Nr. 1, sondern sie verletzten primärrechtliche Normen von höchstem Rang. Dabei reicht die Spannbreite der gefährdeten Werte von Verankerungen in Art. 6 Abs. 3 EU über Art. 151 EG bis zu Art. 41 Abs. 4 EGRC. 2. Amtssprache Es hat sich gezeigt, daß es gegen Verstöße im amtssprachlichen Bereich durchweg effektive rechtliche Möglichkeiten zur Beanstandung und auch zur Beseitigung von Verstößen gegen das Sprachregime gibt. Dies ist auch notwendig, denn gerade in der externen Kommunikation wiegen solche Verstöße schwer. Daher muß es rechtliche Maßnahmen zur Beanstandung geben. 3. Arbeitssprache Anders hingegen ist die Lage im Bereich arbeitssprachlicher Regelungen. Wie gesehen, haben die deutschen Beamten kaum eine Chance mit Erfolgsaussicht rechtlich gegen Weisungen, die deutsche Sprache nicht zu verwenden, vorzugehen. Zukünftig könnte aber eine rechtliche Durchsetzbarkeit der Normierungen der EUGrundrechtecharta Abhilfe schaffen. Die deutschen Vertreter in Gremien haben es wiederum durch die Anwendung politischen Drucks und in Zusammenarbeit mit Maßnahmen der Bundesregierung 790 Hierzu vgl. A. Bleckmann, Die Wahrung der „nationalen Identität“ im Unions-Vertrag, JZ 1997, S. 265 (269). Zu der Schutzpflicht bezüglich der kulturellen Vielfalt als ein Element des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung s. o. Teil 2, A, I, 4. 791 s. o. Teil 2, A, I, 4.

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Teil 2: Aktuelle Bedeutung der deutschen Sprache im Recht der EU

in der Hand, gegen Verstöße im Sprachregime vorzugehen. Solcherlei Maßnahmen waren bisher auch z.T. erfolgreich, wie die letzten Bilanzen über die Verwendung der deutschen Sprache in den Integrationsberichten nahelegen792. Weiterhin ist bei allen Verstößen im arbeitssprachlichen Bereich zu bedenken, daß sie gegenüber solchen bei der Amtssprache weit weniger schwer wiegen, da ihnen der unmittelbare Bürgerbezug fehlt und deshalb weit weniger negative Wirkungen zeitigen. Darüber hinaus werden solche Verstöße im Endeffekt auch dadurch abgemildert, daß zwar der Arbeitsvorgang sprachlich einseitig gewesen sein mag, aber das Ergebnis der Arbeit (etwa eine Richtlinie) nach den geltenden Bestimmungen ohnehin mehrsprachig veröffentlicht793 wird und jede Sprachfassung für sich gültig ist. Verstöße im arbeitssprachlichen Bereich bleiben also intern und beeinträchtigen so (nur) die betroffenen Beamten. Das bedeutet aber nicht, daß eine Benachteiligung im Arbeitsvorgang schlicht hinzunehmen ist. Denn es darf angenommen werden, daß eine nur in einer (oder in zwei) Sprache(n) erarbeitete Richtlinie im Ergebnis anders / einseitiger beschaffen ist, als wenn über mehrere Sprachen auch unterschiedliche Rechtstraditionen bei ihrer Entstehung mithineingewirkt hätten. Es bleibt daher festzuhalten, daß mit der gebotenen Rücksicht, aber auch mit dem nötigen Nachdruck gegen Benachteiligungen des Deutsch auf allen Ebenen vorzugehen ist794.

Dazu oben Teil 2, B, III. Hierzu s. o. Teil 2, A, II, 3, b). 794 So auch P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 125. Ferner zur der Stellung des Deutsch in der EU für deren Bedeutung als Fremdsprache in der Welt s. U. Ammon, Der teure und konfliktreiche Versuch, einander zu verstehen, Die Welt Online v. 16. 2. 2001. 792 793

Teil 3

Zukünftige Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU Angesichts der Osterweiterung der EU 2004 stellt sich die Frage nach der zukünftigen Bedeutung des Deutsch als Rechtssprache in einer Union mit fünfundzwanzig oder (später) mehr Mitgliedstaaten.

A. Der Europäische Rat von Kopenhagen Am 12. und 13. Dezember 2002 tagte in Kopenhagen (Dänemark) unter dänischem Vorsitz der Europäische Rat795. Es ging, wie es (fast auf den Tag genau) vor einem Jahr 2001 in Laeken bereits vorbereitet wurde796, um den endgültigen Abschluß der Beitrittsverhandlungen mit den ab dem 1. Mai 2004 beitretenden Staaten. Die Ergebnisse des Gipfels797 von Kopenhagen sind zusammengefaßt in den Schlußfolgerungen des Vorsitzes798. Wichtigste Erkenntnis ist die Festlegung auf den Kreis derjenigen Staaten, welche am 1. Mai 2004 beitreten können sollen799: Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik, Ungarn und Zypern800. Damit würde sich die Zahl der bisherigen Mitglieder der Union von 15 auf 25 erhöhen; allein diese Zahlen mögen die hoch795 Hierzu vgl. die z.T. durchaus kritischen Stimmen aus der Presse, was das „EU-spezifische Feilschen“ angeht H. Gamillscheg, Ein Endspurt mit historischen Zügen, KStA v. 14. / 15. 12. 2002, S. 3; A. Hagelüken / C. Wernicke, Zivilisierte Versuche der Erpressung, SZ v. 14. / 15. 12. 2002, S. 2. 796 Zum Europäischen Rat von Laeken vgl. oben Teil 2, A, I, 2, b), bb). 797 Zu den weiteren Perspektiven des Gipfel in Kopenhagen, insb. in Bezug auf die Türkei, vgl. C. Wernicke, Die Mega-Union, SZ v. 16. 12. 2002, S. 4. 798 Diese Schlußfolgerungen des Vorsitzes (DOC 02 / 15) sind erhältlich als PDF-Datei unter http: // europa.eu.int / rapid / start / cgi / guesten.ksh?p_action.getfile=gf&doc=DOC / 02 / 15|0|RAPID&lg=DE&type =PDF. 799 Über einen Beitritt stimmen diese Staaten per Volksabstimmung ab. Zu den Ergebnissen der bereits durchgeführten Abstimmungen und zu Umfragen über die Akzeptanz eines Beitrittes zur EU vgl. Two down, eight to go, The Economist v. 29. 3. 2003, S. 32. 800 Vgl. Punkt I. (Erweiterung), 3., in den Schlußfolgerungen des Vorsitzes von Kopenhagen (DOC 02 / 15).

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Teil 3: Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

gesteckten Ziele, Erwartungen aber auch die Probleme dieses Vorhabens andeuten801. Aus dem Kreis der Probleme sollen nun die Herausforderungen an die EU in sprachlicher Hinsicht näher beleuchtet werden.

B. Herausforderungen der Osterweiterung für die EU Wenn man bei einer Osterweiterung der bisherigen Tradition folgt802, so wird sich auch die Anzahl der Amts- und Arbeitssprachen in Art. 1 der VO Nr. 1 mit jedem Beitritt erweitern803. Schon jetzt verfügt die heutige EU bei 15 Mitgliedern mit ihren elf Amts- und Arbeitssprachen über den größten Sprachendienst der Welt, dessen Kosten etwa 0,8% des Gesamthaushalts804 (d. h. 686 Mio. Euro bzw. 2 Euro pro Unionsbürger im Jahre 1999805) ausmachen806. Wenn durch den Beitritt aller zehn neuen Staaten auch zehn neue Sprachen807 hinzutreten, dann – so hat EU-Haushaltskommissarin Michaele Schreyer vorgerechnet808 – entstehen allein bis zum Jahr 2006 für Übersetzer und Dolmetscher Mehrkosten in Höhe von rund 650 Mio. Euro. Doch es sind nicht vorwiegend die Kosten, die problematisch sind, sondern die Arbeitseffektivität der EU-Einrichtungen selbst. Dazu muß man sich nur folgendes einfaches Rechenbeispiel vor Augen führen und bedenken, daß es nicht alleine auf die Zahl der Sprachen, sondern auf die Anzahl der Sprachrichtungen ankommt809. Sprachrichtung bedeutet hierbei die Anzahl der Übersetzungswege, die sich ergeben, wenn aus jeder Sprache in jede andere direkt übersetzt wird810. Hierzu C. Wernicke, Von Kopenhagen nach Kopenhagen, SZ v. 11. 12. 2002, S. 10. Zu dieser vgl. oben Teil 2, A, II, 1. 803 Speziell zu den sprachlichen Herausforderungen der Osterweiterung, A. Ross, Das Babel zu Brüssel, SZ v. 16. 12. 2002, S. 2. 804 P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7. 805 So die Antwort von Herrn Liikanen seitens der Kommission auf die schriftliche Anfrage E-0018 / 99 des Herrn McNally, ABl. 1999 C 297 / 135. 806 So schon oben Teil 2, A, I, 2, a). 807 Das wären: Estnisch, Lettisch, Litauisch, Maltesisch, Polnisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch und (eventuell – aber höchst unwahrscheinlich – für den Nordteil Zyperns) Türkisch, hierzu vgl. Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 808 Ausführlich zum Kostenaspekt: Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 809 Dazu vgl. H. Kusterer, Das Sprachproblem in den Europäischen Gemeinschaften, EA 1980, S. 693; D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (237). 801 802

B. Herausforderungen der Osterweiterung für die EU

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Vorausgesetzt, daß alle Sprachrichtungen direkt bedient werden, also nicht z. B. von Finnisch nur in Englisch und dann erst in Griechisch übersetzt / bzw. gedolmetscht (sog. Dolmetschung mittels Relaissprache811) wird, ergibt sich folgendes Bild: Bei Verwendung von zwei Sprachen gibt es zwei Sprachrichtungen, tritt noch eine dritte Sprache hinzu, so sind es bereits sechs (Anzahl der Sprachen mal Anzahl der Sprachen minus eins: hier drei mal zwei)812. Dies bedeutet bei Verwendung von elf Sprachen, z. B. bei Debatten im Europäischen Parlament, eine Anzahl von 110 Übersetzungswegen813. Nach der Osterweiterung, die eine Aufstockung der möglichen Amts- und Arbeitssprachen in Art. 1 VO Nr. 1 auf maximal einundzwanzig bedingen könnte, wären es also rechnerisch schon 380 Übersetzungswege814. Ganz offensichtlich ist ein solcher Dolmetschungsaufwand bei Debatten in den EU-Verhandlungsorganen schon praktisch nicht durchführbar815: Denn ganz abgesehen von den Kosten, dürften ohnehin kaum genügend Dolmetscher zur Verfügung stehen, die Sprachrichtungen wie z. B. Slowenisch – Finnisch816, bedienen könnten. Es sind daher mehrere Probleme zu bewältigen: Zum einen muß versucht werden, bei Debatten in Kollegialorganen der Flut der möglichen Sprachkombinationen etwa durch die Verwendung von Relaissprachen Herr zu werden; gleiches gilt bei der – im Bereich der Amtssprache angesiedelten – Veröffentlichung von allgemeingültigen und diesen vergleichbaren Schriftstükken nach Art. 4 VO Nr. 1817. In diesen Bereichen ist eine Reduktion der Sprachen schon aufgrund der Prinzipien von Transparenz und Bürgernähe nicht angezeigt. Besonders augenfällig wird dies beim Europäischen Parlament818, dessen demo810 D. Martiny, Babylon in Brüssel? Das Recht und die europäische Sprachenvielfalt, ZEuP 1998, S. 227 (237). 811 Ausführlich zu diesem Verfahren der Dolmetschung und dessen Nachteilen s. u. Teil 3, C, I. 812 Vgl. H. Kusterer, Das Sprachproblem in den Europäischen Gemeinschaften, EA 1980, S. 693. 813 Vgl. A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11. 814 Vgl. Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 815 Mit dieser Bewertung auch P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7; A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11. Den Übersetzungsapparat „in allen Fugen krachen“ sah etwa 1980 bei nur neun Sprachen schon H. Kusterer, Das Sprachproblem in den Europäischen Gemeinschaften, EA 1980, S. 693. 816 Beispiel aus: Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 817 Hierzu s. o. Teil 2, A, II, 3, b), aa). 818 Vgl. hierzu oben Teil 2, A, II, 4, a); insb. auch auf die vielfältigen Nachweise zur Selbstverpflichtung des EP auf das Vollsprachenregime.

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Teil 3: Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

kratische Legitimation sänke, könnten die Europäischen Völker in diesem Plenum nicht mehr ihre Sprachen hören819. Zum anderen scheint eine Eingrenzung der Sprachen in der organinternen alltäglichen Arbeit (der Arbeitssprachen) unabdingbar zu sein, denn es ist ausgeschlossen, auf jedes dienstliche Papier und jede Arbeitssitzung das Vollsprachenregime anzuwenden. Doch wie lassen sich sowohl Bürgernähe und Transparenz durch die Verwendung aller offiziellen Sprachen nach außen (und in den Plenarsälen der Kollegialorgane) als auch Arbeitseffektivität im Innenbereich erreichen820? Welche technischen Möglichkeiten der Dolmetschung / Übersetzung gibt es? Zu guter Letzt soll dann noch die heikle821 Frage nach den Sprachen beantwortet werden, die bei einer nötigen Reduktion in der alltäglichen Arbeit der EU-Einrichtungen weiterhin noch Verwendung finden sollten.

C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung I. Vollsprachenregime in demokratisch bedeutsamen Bereichen Im gesamten Bereich amtssprachlicher Regelungen sowie in den Debatten der Kollegialorgane (Europäisches Parlament, Ausschuß der Regionen etc.) ist aus Gründen des Demokratieprinzips822 und der Transparenz und Bürgernähe823 am Vollsprachenregime festzuhalten. Gerade im EP müssen die europäischen Entscheidungsprozesse für jedermann in dessen Sprache verständlich sein824. Was 819 So auch A. Weber, in: von der Groeben / Thiesing / Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU- / EG-Vertrag, Art. 217 EGV, Rn. 7. 820 Mit diesen Problemen befaßt sich auch der Rat der Europäischen Union, welcher in einem Bericht (Dok. Nr.: 15530 / 02) hinsichtlich der Osterweiterung große praktische Schwierigkeiten bei der Übersetzung / Dolmetschung erwartet und bis Ende Juni 2003 einen Lösungsvorschlag (insbesondere unter Berücksichtigung des Ansatzes „Wer bestellt, bezahlt!“) erarbeiten will. Der Volltext dieses Berichts ist als PDF-Datei erhältlich unter http: // register.consilium.eu.int / pdf / de / 02 / st15 / 15530d2.pdf. 821 Die bisherige Tabuisierung dieses Themas als offizieller Diskussionspunkt der Erweiterung zeige dessen Sprengkraft, so A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11. 822 Zur Notwendigkeit von mehr Demokratie gerade in einer vergrößerten Union, C. Wernicke, Die Mega-Union, SZ v. 16. 12. 2002, S. 4. 823 Zu diesen als Ableitung des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung s. o. Teil 2, A, I, 4. 824 Vgl. hierzu oben Teil 2, A, II, 4, a); vgl. ebenfalls das Bekenntnis des EP zur Mehrsprachigkeit in ABl. 1991 C 19 / 43. Dort heißt es: „. . .1. betont, daß der Verwendung der

C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung

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z. B. die Rechtssetzung der Union betrifft, ist es ausgeschlossen, daß etwa bei Verordnungen, die unmittelbar den einzelnen Bürger binden825, von der mehrsprachigen Redaktionspflicht und dem Erfordernis der Veröffentlichung in allen Amtssprachen826 (zu deren Wirksamkeit) abgerückt wird827. Denn es ist – angesichts des in Art. 6 Abs. 1 EU verankerten Demokratieprinzips828 – nicht vorstellbar, daß es dem Normadressaten zugemutet werden kann, sich in möglicherweise existentiellen Fragen mit komplizierten fremdsprachlichen Schriftstücken auseinanderzusetzen829. 1. Dolmetschung über Relaissprachen / Automatisierte Übersetzungen Das Vollsprachenregime in diesen Bereichen nach einer Osterweiterung aufrecht zu halten, ist ohne Frage kostspielig und auch mit praktischen Schwierigkeiten830 behaftet. Allerdings bieten die Dolmetschung über Relaissprachen831 und eine z.T. schon automatisierte832 Übersetzung833 von Dokumenten durchaus handhabbare Möglichkeiten, die Vielfalt der Kulturen Europas – wie sie sich auch in den verschiedenen Sprachen zeigt834 – und die Transparenz und Bürgernähe zu bewahren. Sprachen durch die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft eine große Bedeutung beigemessen werden muß, denn diese müssen sich darum bemühen, von den Völkern Europas nicht als etwas Externes und Fremdes, sondern als ein Element empfunden zu werden, das Teil des täglichen Lebens der Bürger ist, . . .“ 825 Vgl. hierzu Art. 249 EG. 826 Hierzu s. Art. 4 VO Nr. 1. 827 Zur mehrsprachigen Redaktionspflicht des Art. 4 VO Nr. 1 als wesentlicher Formvorschrift i. S. d. Art. 230, 231 EG s. oben Teil 2, C, I, 1, a), aa). 828 Hierzu T. Kingreen, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 6 EU, Rn. 4; W. Kluth, in: Calliess / Ruffert (Hrsg.), EUV / EGV, Art. 189 EG, Rn. 6 f. 829 Vgl. dazu oben Teil 2, A, II, 3, b), aa) m. w. N. 830 Hierzu zählt allein schon die Frage, wie in den Sitzungssälen alle Dolmetscher untergebracht werden können. Vgl. zu der sog. „Bunker-Lösung“ bei der die Dolmetscher in einem gänzlich anderen Raum als die Delegierten sitzen, N. Jankowski / D. Weingärtner, Brüsseler Babylon, TAZ v. 25. 2. 2002, S. 5. 831 Zu diesem Verfahren s. P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7; A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11; Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 832 Zu den Möglichkeiten automatisierter Übersetzungen bei der Bewältigung der Flut von Dokumenten vgl. auch N. Jankowski / D. Weingärtner, Brüsseler Babylon, TAZ v. 25. 2. 2002, S. 5. 833 Vgl. J. Woelk, Einheit in der Verschiedenheit – Das MERCATOR-Netzwerk der EU, JA 1995, S. 909. Zu dem Übersetzungscomputer „Systran“ s. P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002. Übersetzungshilfen und Sprachdatenbanken finden sich auch bei dem Übersetzungsdienst der Kommission unter http: // europa.eu.int / comm / translation / index_de.htm.

160

Teil 3: Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

2. Nachteile einer Dolmetschung über Relaissprachen Dabei dürfen aber nicht die Nachteile vor allem der Dolmetschung über Relaissprachen übergangen werden835. Bei diesem Verfahren wird beispielsweise die Rede eines spanischen Delegierten nicht direkt ins Finnische übersetzt, sondern zuerst in eine Relaissprache (französisch: langue pivot), die mehr Dolmetscher verstehen, meist Englisch. Anschließend erfolgt dann erst die Übersetzung ins Finnische. Bei dieser Art der Simultanübersetzung gehen Bedeutungsinhalte der Aussagen in weit höherem Maße verloren als bei der direkten Dolmetschung. Die Folgen für die Finnen im Beispiel sind Informationsverlust und Zeitverzögerung. „Die Finnen lachen immer zuletzt“ ist deshalb in der EU-Verwaltung zu einem geflügelten Wort und einem oft kolportiertem Phänomen geworden. Angesichts der Osterweiterung wird man allerdings nicht umhinkommen auf das Verfahren der Relaissprachen zurückzugreifen. Freilich ist es dann eine völlig andere Überlegung, ob es nicht statt – wie wohl anzunehmen – einer Relaissprache (Englisch) zumindest mehrere Relaissprachen geben sollte, um nicht einen sehr einseitigen „Sprachfilter“ zwischen die verschiedenen Sprachfassungen zu setzen.

II. Eingeschränktes Sprachregime bei interner Arbeit 1. Notwendigkeit eines reduzierten Arbeitssprachregimes Bei der alltäglichen internen Arbeit der EU-Einrichtungen, also im Anwendungsbereich der Arbeitssprachen, kann schon aus Kosten- und Praktikabilitätsgründen836 kein Vollsprachenregime durchgehalten werden. Dies ist jetzt schon unmöglich837 und nach der Osterweiterung stellt sich somit einzig die Frage, welche Sprachen zu einem reduzierten Sprachregime zählen sollten, um möglichst viele Bedienstete aus allen Mitgliedstaaten einzubinden und die Arbeitseffektivität durch geringe „Reibungsverluste“ möglichst hoch zu halten838. 834 „Und diese (kulturelle [Anm. des Verfassers]) Vielfalt beruht wesentlich auf der bisher noch vorhandenen sprachlichen Vielfalt Europas.“, so G. Stickel, Sprachloyalität ja, aber ohne gesetzlichen Zwang, ZRP 2002, S. 417. 835 Über das Verfahren der Relaissprachen und den damit verbundenen Qualitäts- und Originalitätseinbußen s. P. Hort / S. Volkmann-Schluck, Nicht ohne meine Kopfhörer, FAZ v. 9. 1. 2002, S. 7; A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11; Europas neue Sprachenvielfalt hat einen hohen Preis, FAZ v. 13. 8. 2002, S. 19. 836 So etwa bei der auf besonders schnelle Arbeitsabläufe angewiesenen EZB vgl. oben Teil 2, A, II, 5, c), bb). 837 So auch die Bundesregierung zu internen Besprechungen der Kommission im 61. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 5682 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2000), S. 15 f., Rn. 20.

C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung

161

2. Deutsch als logische Ergänzung von Englisch und Französisch Der Soziolinguist Ulrich Ammon839 hat im Jahre 2001 in einem Vortrag840, gehalten an der Universität Bonn mit dem Thema „Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit“841, folgenden Vorschlag zu der anvisierten Problematik der Reduktion der Arbeitssprachen gemacht: Neben dem weltweit bedeutsamen Englisch, sollten Französisch und Deutsch als Sprachen für die interne Arbeit in den EU-Organen dienen. Anzumerken zu der Stellung des Französischen ist vielleicht noch, daß zwar etwa Spanisch weltweit wesentlich weiter verbreitet ist, aber Französisch in den Institutionen der EU bereits einen traditionell festen Platz hat. Dies und das hohe kulturhistorische Prestige842 der französischen Sprache machen es vertretbar, diese Sprache als dritte Arbeitssprache (vor etwa Spanisch oder Italienisch) zu bevorzugen. Die Verankerung gerade des Deutsch, als bisherige Amtssprache und auch dritte843 Arbeitssprache, rechtfertigt sich aus folgenden drei Faktoren844:

a) Deutsch ist größte europäische Sprache Deutsch ist die größte Sprache innerhalb der EU, noch vor Englisch und Französisch845. Die „Größe“ einer Sprache meint hierbei ihre numerische Stärke846, spe838 Vgl. zur Notwendigkeit von Einschränkungen auch H.-J. Blanke / M. Kuschnick, Bürgernähe und Effizienz als Regulatoren des Widerstreits zwischen Erweiterung und Vertiefung der Europäischen Union, DÖV 1997, S. 45 (50); P. Nelde / W. Mäder, Perspektiven einer europäischen Sprachenpolitik, ZFSH / SGB 2000, S. 651 (657); T. Oppermann, Reform der EU-Sprachenregelung, NJW 2001, S. 2663 (2667);); ders., Das Sprachregime der Europäischen Union – reformbedürftig?, ZEuS 2001, S. 1 (6). 839 Professor für deutsche Sprachwissenschaft am Institut für Germanistik der GerhardMercator-Universität Duisburg. Ein Verzeichnis von Publikationen auf dem Gebiet der deutschen Sprache findet sich unter http: / / www.uni-duisburg.de / FB3 / GERM / . Dort unter der Rubrik „Personalia“ unter seinem Namen bei „Publikationen“. 840 Der Wortlaut dieses Vortrages ist 2002 als Beitrag veröffentlicht worden in: H. P. Kelz (Hrsg.), Die sprachliche Zukunft Europas- Mehrsprachigkeit und Sprachenpolitik. 841 Vgl. Erwähnung dieses Vortrags bei A. Ross, Europas Einheit in babylonischer Vielfalt, FAZ v. 14. 3. 2001, S. 11. 842 So etwa S. Zimmer, Mehrsprachigkeit in Europa – Vergangenheit und Zukunft, S. 119. 843 Ohnehin sind de facto bereits Englisch und Französisch hauptsächliche Arbeitssprachen mit dem abgeschlagenen Deutsch; zu der Lage bei der Kommission s. o. Teil 2, A, II, 4, c), bb). 844 Vgl. zu den aussagekräftigen Faktoren die bei einer solchen Bewertung maßgeblich sein sollten den Beitrag von F. Stark, Sprache als Instrument in der Außenpolitik. Die Praxis der Bundesrepublik Deutschland., S. 46 f. 845 U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 20 m. w. N.; so auch das Ergebnis bei P. Nelde / W. Mäder, Perspektiven einer

11 Kürten

162

Teil 3: Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

zieller die Anzahl der Muttersprachler847. Nach diesen Kriterien ist Deutsch die am weitesten verbreitete Sprache in den EU-Mitgliedstaaten, wie die folgende Aufstellung848 zeigt: Sprachen nach Stärke innerhalb der EU (in Mio.) 1. Deutsch

93

2. Englisch

61

Muttersprachler Muttersprachler

3. Französisch

58

Muttersprachler

Freilich ergibt sich ein anderes Bild, wenn man nach der Verbreitung849 der deutschen Sprache als erster (und damit zumeist gut beherrschter) Fremdsprache fragt850: Sprachen nach Stärke ihrer prozentualen Verbreitung als 1. Fremdsprache 1. Englisch

33%

Verbreitung in der EU

2. Französisch

10%

Verbreitung in der EU

4%

Verbreitung in der EU

3. Deutsch

Nichtsdestoweniger ist Deutsch die nach Muttersprachlern stärkste Sprache in der EU und gehört immerhin noch zu den drei am weitesten verbreiteten Fremdsprachen in den EU-Mitgliedstaaten. Damit kann das „Gewicht“ der deutschen Sprache nicht geleugnet werden.

europäischen Sprachenpolitik, ZFSH / SGB 2000, S. 651 (657); F. Stark, Sprache als Instrument in der Außenpolitik. Die Praxis der Bundesrepublik Deutschland., S. 46 f.; P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 126. 846 Zu diesem Gradmesser bei der Frage nach der Stellung einer Sprache vgl. auch A. Ammon, The status of German and other languages in the European Community, S. 241. 847 Zur Bemessung vgl. U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 19. 848 Quelle: F. Stark, Deutsch 2000 mit vielen weiteren Statistiken. 849 Die Zahlen nach den aktuellen Fremdsprachen die gelernt werden, also noch nicht zu den bereits verbreiteten Fremdsprachen zählen, sprechen eine deutliche (andere) Sprache. So lernen zur Zeit 92 Prozent aller Schüler weiterführender Schulen Englisch, nur 33 Prozent Französisch und lediglich 13 Prozent Deutsch, vgl. WiWo v. 27. 3. 2003, S. 19. 850 Quelle: EUROBAROMETER- Sonderbericht Nr. 54 „Die Europäer und die Sprachen“ veröffentlicht im Februar 2001, S. 3. Der Sonderbericht, der auf Anregung der Kommission durchgeführten Umfrage, ist als PDF-Datei erhältlich unter http: // europa.eu.int / comm / education / languages / lang / barolang_de.pdf. Vgl. zu EUROBAROMETER- Sonderbericht Nr. 54 auch FAZ v. 21. 2. 2001, S. 11. Vgl. auch die aus verschiedenen Quellen zusammengestellten Statistiken mit Nachweisen bei F. Stark, Deutsch 2000.

C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung

163

b) Deutsch ist wirtschaftlich stärkste Sprache in der EU Die ökonomische Stärke einer Sprache kann am – durch ihre Sprachgemeinschaften – erwirtschafteten Bruttoinlandsprodukt gemessen werden851. Auch nach diesem Kriterium ist Deutsch die in der EU gewichtigste Sprache852.

c) Deutsch ist stark verbreitete Fremdsprache in Mittelosteuropa Zuletzt – und im Hinblick auf die Osterweiterung besonders interessant – ist festzustellen, daß die deutsche Sprache in den Staaten Mittelosteuropas als Fremdsprache sehr weit verbreitet ist853. So liegt der Prozentsatz der Verbreitung des Deutsch als Fremdsprache in zukünftigen Mitgliedstaaten des östlichen Europas in der Tschechische Republik bei 32%, in Slowenien bei 30% und im größten neuen Mitgliedsstaat Polen bei 13% und dieses jeweils vor Englisch und Französisch854. Vor diesem Hintergrund muß allerdings darauf hingewiesen werden, daß trotz einer weiten Verbreitung der deutschen Sprache in diesen Staaten die Beitrittsverhandlungen gegenwärtig ganz überwiegend855 auf Englisch stattfinden. Ferner bedienen sich dem Vernehmen nach die bereits in Brüssel vor Ort tätigen Mitarbeiter der Beitrittsstaaten hauptsächlich der englischen Sprache. Diese Erscheinungen verstärken allerdings nur das Bedürfnis, die deutsche Sprache vermehrt zu fördern. 851 Hierzu U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 19. 852 Vgl. hierzu die Abbildungen bei U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 19 m. w. N. Deutsch sei – mit weitem Abstand – ökonomisch auf Platz 1, so F. Stark, Sprache als Instrument in der Außenpolitik. Die Praxis der Bundesrepublik Deutschland., S. 47 m. w. N. 853 Vgl. zur problemlosen Durchführung juristischer Veranstaltungen (auf Deutsch) etwa in Polen P. J. Tettinger, in: Germania restituta, S. 126; ders. (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht und Energierecht – Verwaltungsverfahren, Planung, Organisation und Staatshaftung bei Kohlebergbau und Energieversorgung, S. 1 ff. Hierzu ausführlicher schon oben Teil 2, B, I, 2 m. w. N. Vgl. ferner A. Ammon, The status of German and other languages in the European Community, S. 252; S. Zimmer, Mehrsprachigkeit in Europa – Vergangenheit und Zukunft, S. 119. 854 U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 30, Tabelle 4 m. w. N. Vgl. auch EUROBAROMETER-Umfrage Nr. 56, veröffentlicht im April 2002. Der Volltext der Umfrage ist als PDF-Datei erhältlich auf der allgemeinen Internetseite von EUROBAROMETER unter http: // europa.eu.int / comm / public _opinion / archives / eb / eb56 / eb56_en.htm. Zu dieser Umfrage im Hinblick auch auf die Verbreitung der deutschen Sprache als Fremdsprache in den Beitrittsstaaten s. FAZ v. 2. 4. 2002, S. 27. 855 Wie die an mich zurückgelaufenen Antworten von Slowenien, der Slowakei und Litauen andeuten, vielleicht sogar ausschließlich.

11*

164

Teil 3: Entwicklungsmöglichkeiten des Deutsch in der EU

Insgesamt streiten dennoch die Arbeitseffektivität der EU-Einrichtungen und die Möglichkeit, daß sich sehr viele in den drei bedeutenden Sprachen Deutsch, Englisch und Französisch (aktiv wie passiv) verständigen können, für ein Drei-Arbeitssprachenregime856 nach dem Vorschlag von Ammon. Ein solches Arbeitssprachenregime sollte dann, um die dauernden Unklarheiten bei den Organen, bei denen keine geschriebene Arbeitssprachenregelung besteht857, verbindlich normiert werden.

3. Kompensationsmöglichkeiten bei einem reduzierten Sprachregime Bei Einführung eines auf drei Sprachen reduzierten Arbeitssprachenregimes müssen natürlich die Vorteile der so bevorzugten Sprachen (und deren Sprachgemeinschaften) möglichst gerecht mit den damit verbundenen Zurücksetzungen der nicht berücksichtigten Sprachen (und Sprachgemeinschaften) in Einklang gebracht werden.

a) Erste Kompensation bei sprachlicher Reduktion: Kostentragungspflicht Als erste Kompensation für ein solches Drei-Sprachenregime sollen die Sprachgemeinschaften858, deren staatliche Amtssprache bzw. Muttersprache als Arbeitssprache in den EU-Institutionen fungieren, den gesamten Sprachendienst zu je einem Drittel bezahlen. Auf diese Weise könnte durch die finanzielle Entlastung der Staaten, deren Sprachen gar nicht berücksichtigt sind, deren Akzeptanz für eine solche Arbeitssprachenregelung gesteigert werden859.

856 Hierfür tritt auch die Bundesregierung ein, vgl. den 62. Bericht der Bundesregierung über die Integration der Bundesrepublik Deutschland in die Europäische Union BT-Drs. 14 / 8565 (Berichtzeitraum: 1. Januar bis 31. Dezember 2001) S. 10 f., Rn. 7. 857 Vgl. etwa den Arbeitssprachenstreit in der Kommission der zum Großteil auf dem Fehlen einschlägiger verbindlicher Regelungen beruht, s. o. Teil 2, A, II, 4, c), bb). 858 Dies läßt sich – in Bezug auf die deutsche Sprache – nicht schlicht an Deutschland und Österreich festmachen, denn Deutsch ist in fünf Staaten Amtssprache (Deutschland, Österreich, Luxemburg [ko-offizell], Italien und Belgien [jeweils regional]), so U. Ammon, Deutsch hat ein Potential für internationale Kontakte, Die Welt Online v. 9. 7. 1999. 859 So U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 34.

C. Lösungsansätze zur Sprachproblematik der Osterweiterung

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b) Zweite Kompensation: Dänischer Verhaltenskodex bei Sprachenwahl Da allerdings ein solches Arbeitssprachenregime – trotz der finanziellen Kompensation – immer noch für die mit ihren Sprachen berücksichtigten Sprachgemeinschaften enorme Vorteile mit sich bringt, soll ferner zurückgehend auf den sog. dänischen Verhaltenskodex bei der Sprachenwahl860 folgendes Sprachverhalten durchgesetzt werden: Niemand darf in den Institutionen der EU seine Muttersprache verwenden, auch nicht, wenn diese Arbeitssprache ist. Die Arbeitssprachen sollen so rotieren, daß sie jeder als Fremdsprache gebrauchen muß861. Auf diese Weise könnte erreicht werden, daß niemand aus der Verwendung seiner Muttersprache einen Vorteil gegenüber demjenigen erlangt, der sich bei einem reduzierten Arbeitssprachenregime einer Fremdsprache bedienen muß. Dieser zusätzliche Kompensationsvorschlag Ammons ist zugegebenermaßen in der Praxis wohl schwer durchsetzbar, könnte aber dennoch schrittweise implementierbar sein.

860 Hierzu m. w. N. U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 35 f. 861 So U. Ammon, Die Stellung der deutschen Sprache in Europa und Modelle der Mehrsprachigkeit, S. 35 f.

Teil 4

Schlußbetrachtung Die Bedeutung des Deutsch als Arbeitssprache in der Europäischen Union ist besonders im Vergleich mit Englisch und Französisch noch ausbaufähig. Große Chancen zur Änderung dieser Situation bietet – wie gezeigt – die EU-Osterweiterung; diese wird eine Stärkung der deutschen Sprache als Arbeitssprache schon allein deshalb bedingen, weil viele neue Bedienstete aus den Beitrittsländern diese Sprache gelernt haben. Im Bereich der Amtssprachen ist die Stellung des Deutsch normativ v.a. durch die VO Nr. 1 abgesichert und den seltenen Verstößen in diesem Bereich kann mit rechtlichen Mitteln begegnet werden. Insgesamt ist das Sprachregime der EU mit seinem Bekenntnis zur sprachlichen Gleichberechtigung als großer demokratischer und kultureller Gewinn zu schätzen. Eine Reduktion des Vollsprachenregimes kann daher überhaupt nur aus unausweichlichen Gründen, wie bei der alltäglichen Arbeit der Institutionen stattfinden. Wenn aber Reduktionen vorgenommen werden, dann muß Deutsch zu den Sprachen gehören, auf die reduziert wird. Ohne Deutsch und Französisch als feste weitere Sprachen neben dem fraglos weltweit bedeutsamen Englisch, dürfte letztere tatsächlich zu einer neuen europäischen Lingua franca862 werden, die der kulturellen Vielfalt Europas (trotz aller vermeintlicher Effektivität) Schaden zufügen wird. Die EU ist ohnehin angesichts der Normierungen in Art. 6 Abs. 3 EU, Art. 149 Abs. 1 EG, Art. 151 Abs. 1, 4 EG und Art. 22 EGRC zur Wahrung der kulturellen Vielfalt angehalten, was auch ausschließt, daß eine einzelne Sprache – gleich welche – zur einzigen Sprache der Institutionen der EU wird863. Was wir als Europäer mit der Union – unter fraglos schwierigen Bedingungen – anstreben sollten, ist in Art. 151 Abs. 1 EG bereits prägnant formuliert: „Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.“ 862 Eine ausführliche Untersuchung, ob Englisch überhaupt aus kommunikationswissenschaftlichen Gründen zu einer Lingua franca der EU taugt, findet sich bei M. Clyne, Eignet sich Englisch zur europäischen Lingua franca?, S. 63 ff. 863 Umfassend zu der Schutzpflicht bezüglich der kulturellen Vielfalt als einem Element des Prinzips sprachlicher Gleichberechtigung s. o. Teil 2, A, I, 4.

Teil 4: Schlußbetrachtung

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Als größtes europäisches Gut haben wir die Vielfalt der Kulturen, die es zu wahren gilt. Darüber hinaus müssen wir uns noch viel bewußter machen, was uns kulturell verbindet, um uns auf einen (gesamt)europäischen Weg zu machen: Hin zu einer Gemeinschaft der Vielfalt, um für uns und die zukünftigen Generationen in allen Ländern – wie es auch in der Präambel der EU-Grundrechtecharta heißt – einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu begründen.

Anhang Verordnung Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft864 vom 15. April 1958 (ABl. 1958 L 17 / 395, zuletzt geändert durch Beitrittsvertrag vom 24. Juni 1994, ABl. 1994 C 241 / 285) DER RAT DER EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT, gestützt auf Artikel 217 des Vertrages, nach dem die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen wird, in der Erwägung, daß jede der vier Sprachen, in denen der Vertrag abgefaßt ist, in einem oder in mehreren Mitgliedstaaten der Gemeinschaft Amtssprache ist, HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1 Die Amtssprachen und die Arbeitssprachen der Organe der Gemeinschaft sind Dänisch, Deutsch, Englisch, Finnisch, Französisch, Griechisch, Italienisch, Niederländisch, Portugiesisch, Schwedisch und Spanisch.

Artikel 2 Schriftstücke, die ein Mitgliedstaat oder eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person an Organe der Gemeinschaft richtet, können nach Wahl des Absenders in einer der Amtssprachen abgefaßt werden. Die Antwort ist in derselben Sprache zu erteilen.

Artikel 3 Schriftstücke, die ein Organ der Gemeinschaft an einen Mitgliedstaat oder an eine der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaates unterstehende Person richtet, sind in der Sprache dieses Staates abzufassen.

864 Zur Verdeutlichung sind die gegenüber der Urfassung von 1958 gemachten Änderungen der Verordnung in der seit 1994 aktuellen Fassung kursiv gestellt.

Anhang

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Artikel 4 Verordnungen und andere Schriftstücke von allgemeiner Geltung werden in den elf Amtssprachen abgefaßt.

Artikel 5 Das Amtsblatt der Gemeinschaft erscheint in den elf Amtssprachen.

Artikel 6 Die Organe der Gemeinschaft können in ihren Geschäftsordnungen festlegen, wie diese Regelung der Sprachenfrage im einzelnen anzuwenden ist.

Artikel 7 Die Sprachenfrage für das Verfahren des Gerichtshofes wird in dessen Verfahrensordnung geregelt.

Artikel 8 Hat ein Mitgliedstaat mehrere Amtssprachen, so bestimmt sich der Gebrauch der Sprache auf Antrag dieses Staates nach den auf seinem Recht beruhenden allgemeinen Regeln. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. Geschehen zu Brüssel am 15. April 1958

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12 Kürten

Sachwortverzeichnis Amtssprache – Auslegung 58 ff. – Definition 68 – Verstöße 131 ff. Arbeitssprache – Auslegung 63 ff. – Definition 69 – Verstöße 146 ff. Ausschuß der Regionen – Funktion 94 – Sprachregelung 94 f. authentische Vertragssprachen – Bedeutung 30 – Festlegung 30, 32, 33 f., 35 f. C.I.L.F.I.T.-Rechtsprechung 61 dänischer Verhaltenskodex 165 deutsche Sprache – Benachteiligung 27, 119, 121, 135, 142 f., 146, 151, 155 ff. – Entwicklungsmöglichkeiten 155 ff. – von 1990 bis 1993 120 ff. – von 1994 bis 1999 124 ff. – von 2000 bis heute 128 ff. EAGV – historische Hintergründe 33 – Sprachregelung 33 f. EEA – historische Hintergründe 34 – Sprachregelung 34 EGKSV – historische Hintergründe 30 ff. – Sprachregelung 32 f. Empfehlungen – Beanstandung von sprachlichen Verstößen 139 EMRK – sprachliche Regelungen 44 f. EU-Grundrechtecharta – sprachliche Regelungen 46 ff.

Europäische Agentur für Luftverkehrssicherheit 118 Europäische Investitionsbank – Funktion 97 – Sprachregelung 97 f. Europäische Union – Bürgernähe 28, 41, 49, 53 f., 57, 75, 107, 112, 117, 141, 158 f. – Entstehung 29 ff. – Transparenz 41, 53, 57, 107, 112, 117, 141, 158 f. Europäische Zentralbank – Funktion 95 – Sprachregelung 95 ff. Europäischer Bürgerbeauftragter 40, 48 f., 74 f. Europäischer Gerichtshof – Beratungssprache 87 f. – Bewertung der Sprachregelung 88 ff. – Schlußanträge 86 – Verfahrenssprache 84 ff. – Veröffentlichungen 86 f. Europäischer Öffentlicher Dienst – Beamte 146 ff. – notwendiges Vorverfahren 148 – Verletzung von Statusrechten 148 f. Europäischer Rat – von Kopenhagen 155 f. – von Laeken 51 f. Europäisches Jahr der Sprachen 50 f. Europäisches Parlament – Bewertung der Sprachregelung 75 f. – mündliche Ausführungen 74 – Schriftstücke 74 Europäisches Patentamt – Funktion 99 – Sprachregelung 99 f. EUROSTAT 122 f.

Sachwortverzeichnis EUV – historische Hintergründe 35 – Sprachregelung 35 EWGV – historische Hintergründe 33 – Sprachregelung 33 f. fiskalisches Handeln – Beanstandung von sprachlichen Verstößen 142 ff. – Problemaufriß 140 f. Gericht erster Instanz – Beratungssprache 87 f. – Bewertung der Sprachregelung 88 ff. – Schlußanträge 86 – Verfahrenssprache 84 ff. – Veröffentlichungen 86 f. Kik – Kik 1 104 – Kik 2 104 f. – Kik 3 105 ff. – Kik 4 107 ff. – Kik 5 111 – Rechtsstreit 103 ff. Kodex für gute Verwaltungspraxis 48 f. Kommission – Beschlüsse 78 – Bewertung der Sprachregelung 81 ff. – interne Sprachpraxis 78 f. – Sprachenstreit 80 f. kulturelle Vielfalt 26, 38, 42, 44, 46 f., 50 f., 53 f., 57, 82, 113, 153, 159, 166 Maastricht-Urteil 127 Markenamt – Entstehung der Sprachregelung 101 f. – Funktion 100 f. – Sprachregelung 101 ff. nationale Identität 37, 43, 46 f., 53 f. österreichische Ausdrücke – Verwendung in der EU 36 f. Osterweiterung – Chancen 90 f., 125, 158 ff. – Herausforderung 27 f., 90, 125, 156 ff. 12*

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Politik, Maßnahmen der – Personalpolitik 152 f. – Sprachpolitik 152 f. Rat der Europäischen Union – allgemeine Sprachregelungen 76 – Ausschuß der ständigen Vertreter 77 – Bewertung der Sprachregelung 77 f. Rechnungshof – Sprachregelung 91 Relaissprache / langue pivot – Funktionsweise 157, 159 – Nachteile 160 Richtlinien – Beanstandung von sprachlichen Verstößen 135 Schriftstücke – allgemeingültige und vergleichbare 70 f. – Schriftverkehr 69 f. – Veröffentlichung 70 ff. Sprachenstreit – Brüsseler 80 – Kommission 80 ff. sprachliche Gleichberechtigung – Ableitung 53 f. – Prinzip 46, 50, 54, 141 – Verankerung 38 ff. Sprachregelungen – Nichtbeachtung 54, 130 ff. – Primärrechtsebene 30 ff. – Sekundärrechtsebene 56 ff. – Umsetzung 119 ff. Sprachregime – eingeschränktes 107, 112, 114, 160 f. – Vollsprachenregime 74, 76, 79, 94, 117, 158 ff. Stellungnahmen – Beanstandung von sprachlichen Verstößen 139 Verordnungen – Beanstandung von sprachlichen Verstößen 133 f. Vertrag von Nizza – historische Hintergründe 36 – Sprachregelung 36 Vertreter in Kollegialorganen – Beanstandungen 151 ff. – Problemaufriß 151

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Sachwortverzeichnis

VO Nr. 1 zur Regelung der Sprachenfrage EWG / EAG – Entstehung 56 f. – Öffnungsklausel für Einzelvorschriften 72 ff.

– gemeinsame Vorschriften 69 ff. Wirtschafts- und Sozialausschuß – Funktion 92 f. – Sprachregelung 93 f.