Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung: Eine vergleichende Betrachtung des deutschen, englischen und französischen Zivilprozeßrechts sowie des »Storme-Entwurfs« [1 ed.] 9783428497645, 9783428097647

Gibt es eine Pflicht der Parteien des Zivilprozesses, unabhängig von ihrer Risikobelastung zur Aufklärung des Sachverhal

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Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung: Eine vergleichende Betrachtung des deutschen, englischen und französischen Zivilprozeßrechts sowie des »Storme-Entwurfs« [1 ed.]
 9783428497645, 9783428097647

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JOHANNES LANG

Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung

Untersuchungen zum Europäischen Privatrecht Band 1

Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung Eine vergleichende Betrachtung des deutschen, englischen und französischen Zivilprozeßrechts sowie des ,,stonne-Entwurfs"

Von Johannes Lang

Duncker & Humblot . Berlin

Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

Lang, Johannes: Die Aufklärungspflicht der Parteien des Zivilprozesses vor dem Hintergrund der europäischen Rechtsvereinheitlichung : eine vergleichende Betrachtung des deutschen, englischen und französischen Zivilprozeßrechts sowie des "Storme-Entwurfs / von Johannes Lang. - Berlin : Duncker und Humblot, 1999 (Untersuchungen zum europäischen Privatrecht; Bd. 1) Zugl.: Berlin, Humboldt-Univ., Diss., 1998/99 ISBN 3-428-09764-5

Alle Rechte vorbehalten Humblot GmbH, Berlin Fotoprint: Wemer Hildebrand, Berlin Printed in Germany

© 1999 Duncker &

ISSN 1438-6739 ISBN 3-428-09764-5 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

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Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 1998/1999 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Das Manuskript wurde im November 1998 abgeschlossen. Zuvörderst zu Dank verpflichtet bin ich meinem Lehrer und Doktorvater, Professor Dr. Christoph G. Paulus, der durch seine stete Förderung in mir zunächst das Interesse an der Thematik geweckt und sodann wertvolle und herzliche Unterstützung gewährt hat. Herrn Professor Dr. Benöhr danke ich für die Übernahme des Zweitgutachtens und für den tatkräftigen weiteren Beistand, der zum erfolgreichen Abschluß der Promotion beigetragen hat. Frau Dr. Helena Münnichova von der Humboldt-Universität hat mir durch ihre Vermittlung einen Forschungsaufenthalt an der Universität Paris-X (Nanterre) ermöglicht, der von der Humboldt-Universität finanziell unterstützt wurde. Großen Anteil am Erfolg der Dissertation hat auch mein Kollege und Freund Wolfgang Zenker, der mir mit unerschütterlicher Geduld und Aufmerksamkeit in zahlreichen Diskussionen Hinweise und wertvolle Anregungen gegeben hat. Nicht zuletzt danke ich allen Freunden und Kollegen, die mich beim Korrekturlesen und auf dem Marsch durch das Promotionsverfahren unterstützt haben sowie last but not least meiner ganzen Familie für alle Förderung und Beistand, die mir über die Jahre zuteil wurden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat die Arbeit mit einem Druckkostenzuschuß gefördert. Berlin, im Mai 1999 Johannes Lang

Inhaltsverzeichnis Kapitel I

Einleitung A. Einfllhrung ............................................................................................................... 19 I. Bedeutung der Infonnation ............................................................................... 19 11. Infonnationsbeschaffung fllr den Zivilprozeß ................................................... 20 III. Infonnationsbeschaffung durch die Gegenpartei .............................................. 21 IV. Stonne-Entwurf................................................................................................. 22 B. Vorgehensweise ....................................................................................................... 22 I. Zu vergleichende Rechtsordnungen .................................................................. 22 11. Untersuchungsgegenstand ................................................................................. 23 1. Heranziehung der Gegenpartei zur Infonnationsbeschaffung ....................... 23 2. Länderberichte .............................................................................................. 24 III. Einige Bemerkungen zur Prozeßrechtsvergleichung ......................................... 24 I. Schwierigkeiten bei der Prozeßrechtsvergleichung ...................................... 24 2. Vorschlag...................................................................................................... 26 IV. Untersuchungskonzept ...................................................................................... 26 I. Raster ............................................................................................................ 26 2. Anwendung auf die Länderberichte .............................................................. 26 C. Das Raster im einzelnen ........................................................................................... 27 I. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensfönniger Infonnationsbeschaffung ................................................................................................. 28 I. Umfang ......................................................................................................... 28 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahensfiinniger Sachverhaltsaufklärung........................................................................... 28 3. Verfahrensfönnige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ........................ 29 11. Inhalt und Sanktionierung der Infonnationsbeschaffungsmittel ....................... 30 I. Inhalt. ............................................................................................................ 30 2. Sanktionen .................................................................................................... 30 III. Einbeziehung von Nichtparteien ....................................................................... 30 IV. Weigerungsrechte.............................................................................................. 31 V. Materiellrechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ........................................ 31 VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung......................................... 32 I. Rechtspflegeorgan ........................................................................................ 32

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Inhaltsverzeichnis 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ....................................... 32 VII. Zwischenergebnis ............................................................................................. 33

D. Schlußbetrachtung - Folgerungen flir den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung .......................................................................................... 33 E. Ausblick flir Deutschland ........................................................................................ 33 Kapitel II Lllnderbericht Deutschland

A. Einftihrung ............................................................................................................... 34 B. Gesetzeslage ............................................................................................................ 35 I. Prozeßrecht ....................................................................................................... 35 1. Umfang verfahrensförmiger Sachverhaltsaufklärung - Anforderungen an den Sachvortrag als allgemeine Voraussetzung verfahrensf6rmiger Informationsbeschaffung - Ausforschungsbeweis ........................................ 35 2. Erklärung über eigenes Wissen .................................................................... 44 3. Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO) ............................................................. 45 4. Einsicht in / Vorlage von Urkunden ............................................................. 46 5. Augenschein (§§ 371 ff. ZPO), Sachverständiger (§§ 402 ff. ZPO) ............ 47 6. Körperliche Untersuchungen gemäß § 372 a ZPO ....................................... 48 7. Umkehr der Beweis- und Behauptungslast.. ................................................. 48 11. Materielles Recht (AuskunftsanspTÜche zur Prozeßvorbereitung) .................... 49 1. Grundsatz ..................................................................................................... 49 2. Überblick über die materiellrechtlichen InformationsanspTÜche .................. 50 3. Inhalt der Ansprüche .................................................................................... 51 4. §§ 809, 810 BGB .......................................................................................... 51 C. Rechtsprechung ....................................................................................................... 54 I. Materielle Variante ........................................................................................... 54

1. Materiellrechtliche Sonderbeziehung ........................................................... 56 2. Unverschuldete Unkenntnis des Gläubigers ................................................. 58 3. Eigene Informationsbeschaffung dem Gläubiger unzumutbar ..................... 58 4. Keine unbillige Belastung des Auskunftsschuldners .................................... 59 5. Inhalt des Informationsanspruchs ................................................................. 59 11. Prozessuale Variante ......................................................................................... 60 1. Erweiterungen der Rechtsprechung - Herleitung .......................................... 61 2. "Sekundäre Behauptungslast" ...................................................................... 63 D. Literatur ................................................................................................................... 66 I. Die Stümer'sche Lehre von der allgemeinen Aufklärungspflicht ("prozessuale Einheitslösung") ................................................................................. 66 1. Grundsatz ..................................................................................................... 66

Inhaltsverzeichnis

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2. Inhalt.. ........................................................................................................... 67 3. Vorwirkungen der Aufklärungspflicht... ....................................................... 68 4. Aufklärungspflicht auch der mutmaßlichen künftigen Prozeßpartei ............. 68 5. Konsequenzen der Stümer'schen Lehre ....................................................... 68 II. Andere Lösungsansätze in der Literatur ............................................................ 69 I. Materiellrechtliche Lösung ...... ,.................................................................... 69 2. Gemischte Lösung ........................................................................................ 70 E. Einbeziehung von Nichtparteien .............................................................................. 70 I. Prozeßrecht ....................................................................................................... 70 I. § 429 ZPO .................................................................................................... 70 2. § 643 ZPO .................................................................................................... 71 11. Materielles Recht .............................................................................................. 71 I. Materiellrechtlicher Informationsanspruch ................................................... 71 2. Besonderheit beim materiellrechtlichen Informationsanspruchs gemäß § 242 BGB .................................................................................................... 71 3. "Vorverlegte, materiellrechtliche Zeugnispflicht" ........................................ 73 4. Inhalt des Informationsanspruches ............................................................... 74 F. Weigerungsrechte .................................................................................................... 74 I. Gesetzeslage ...................................................................................................... 74 11. Rechtsprechung und Literatur ........................................................................... 75 1. Strafrechtliche Selbstbelastung ..................................................................... 75 2. Belastung Dritter .......................................................................................... 79 3. Geschäfts- und Unternehmensgeheimnis ...................................................... 79 4. Weitere Weigerungsrechte ............................................................................ 83 G. Rechtspflegeorgan ................................................................................................... 85 H. Kurze Zusammenfassung der Aufklärungsbeiträge der nicht risikobelasteten Partei im deutschen Recht. ....................................................................................... 86 I. Auskunftspflichten ............................................................................................ 86 11. Vorlage von Urkunden ...................................................................................... 86 III. Vorlage und Untersuchung von Augenscheinsgegenständen ............................ 86 IV. Duldung körperlicher Untersuchungen ............................................................. 87 I.

Resume .................................................................................................................... 87 I. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensförmiger Informationsbeschaffung ................................................................................................. 87 I. Umfang ......................................................................................................... 87 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensförmiger Sachverhaltsaufklärung........................................................................... 88 3. Verfahrensförmige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ........................ 89 II. Inhalt und Sanktionierung der Informationsbeschaffungsmittel ....................... 89 I. Inhalt.. ........................................................................................................... 89

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Inhaltsverzeichnis 2. Sanktionen .................................................................................................... 89 III. Einbeziehung von Nichtparteien ....................................................................... 89 IV. Weigerungsrechte ............................................................................................. 90 V. Materiellrechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ........................................ 90 I. Primat der materiellrechtlichen Informationsansprüche ............................... 90 2. Prozessuale Informationsansprüche .............................................................. 90 3. Entwicklung der Gesetzeslage ...................................................................... 92 4. Entwicklung der Rechtsprechung ................................................................. 92 VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung ........................................ 93 I. Rechtspflegeorgan ........................................................................................ 93 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ....................................... 93 VII. Zwischenergebnis ............................................................................................. 93 I. "Unsensibilität" des deutschen Systems ....................................................... 93 2. "Materielle Wahrheit" oder "formell richtige Urteilsfindung" im deutschen Prozeß? ............................................................................................... 94 3. Reformvorschläge ........................................................................................ 96 Kapitel III Lilnderbericht Frankreich

A. Einführung ............................................................................................................... 99 I. Grundlagen ....................................................................................................... 99 11. Reformen innerhalb des französischen Zivilprozeßrechts .............................. 100 III. Beschränkung auf das Verfahren vor dem tribunal de grande instance ......... 101 B. Sachverhaltsaufklärung ......................................................................................... 101 I. Grundlegende Normen .................................................................................... 102 1. Art. 10 Code civil, Art. 11 NCPC .............................................................. 102 2. Der Grundsatz "nemo tenetur edere contra se" in Frankreich .................... 103 3. Sanktionen .................................................................................................. lOS 11. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensfOrmiger Informationsbeschaffung .......................................................................... ..................... 106 I. Umfang ....................................................................................................... 106 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensfärmiger Sachverhaltsaufklärung ........................................................................ 110 3. Ausforschungsbeweis ................................................................................. 113 III. VerfahrensfOrmige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ......................... 116 I. Grundlagen und Funktion der mesure d'instruction in futurum (Art. 145 NCPC) ........................................................................................................ 116 2. Voraussetzungen............................................. ........................................... 117 C. Die Aufklärungsmittel im einzelnen ...................................................................... 120

Inhaltsverzeichnis

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I. Sonderregelungen für den Beweis durch Urkunden und andere Schriftstücke .............................................................................................................. 121 1. Begriffsbestimmung .................................................................................... 121 2. La communication des pü~ces, Artt. 132 ff. NCPC ..................................... 121 3. La production forcee des pieces.................................................................. 124 II. Verifications personne/les du juge, Artt. 179-183 NCPC (mesure d'instruction) .................................................................................................. 136 1. Grundsatz.................................................................................................... 136 2. Inhalt.. ......................................................................................................... 137 III. Comparution personne/le des parties, Artt. 184-198 NCPC (mesure d'instruction) .................................................................................................. 137 1. Inhalt. .......................................................................................................... 137 2. Verfahren .................................................................................................... 138 3. Sanktionen .................................................................................................. 138 Exkurs: Die Beweisbeschränkung des französischen Rechts bei Rechtsgeschäften und der commencement du preuve par ecrit.. ...................... 139 IV. Mesures d'instructions executees par un technicien (Artt. 232 ff. NCPC) .... 141 1. Inhalt. .......................................................................................................... 141 2. Voraussetzungen - Befugnisse des technicien ............................................ 141 3. Abstufung der Untersuchungsaufträge ........................................................ 142 4. Sanktionen .................................................................................................. 145 5. Umfang der Aufklärungsmission und Anforderungen an den Sachvortrag .............................................................................................................. 145 V. Körperliche Untersuchungen .......................................................................... 147 VI. Sermentjudiciaire, Artt. 317 ff. NCPC, Artt. 1357 ff. Code civil ................... 148 1. Serrnent decisoire ....................................................................................... 148 2. Serrnent suppletoire (mesure d'instruction) ................................................ 150 VII. Saisie-contreJar;on .......................................................................................... 151 1. Inhalt. .......................................................................................................... 151 2. Anwendungsbereich ................................................................................... 152 3. Voraussetzungen ......................................................................................... 152 4. Verfahren .................................................................................................... 153 5. Rechtsmittel- Sanktionen ........................................................................... 154 6. Problemfälle ............................................................................................... 155 D. Einbeziehung von Nichtparteien ............................................................................ 156 I. Grundsatz ........................................................................................................ 156 II. ProductionJorcee des pieces .......................................................................... 156 E. Weigerungsrechte .................................................................................................. I. Grundsatz ........................................................................................................ II. Weigerungsrechte, auf die sich sowohl Parteien als auch Dritte berufen können (motif legitime im Sinne des Art. 10 Code civil) ................................ 1. Absolutes Berufsgeheimnis ........................................................................

157 157 159 159

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Inhaltsverzeichnis 2. Forcemajeure ............................................................................................. III. Weigerungsrechte, auf die sich nur Dritte berufen können (empechement legitime im Sinne des Art. 11 al. 2 NCPC) ..................................................... I. Berufsgeheimnis ......................................................................................... 2. Geschäfts- und Unternehmensgeheimnis .................................................... 3. Weitere Weigerungsrechte ..........................................................................

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F. Rechtspflegeorgan ................................................................................................. 165 G. Resume .................................................................................................................. I. Umfang und al1gemeine Voraussetzungen verfahrensftirmiger Informationsbeschaffung ............................................................................................... 1. Umfang ....................................................................................................... 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensftirmiger Sachverhaltsaufklärung......................................................................... 3. Verfahrensftirmige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ...................... H. Inhalt und Sanktionierung der Informationsbeschaffungsmittel ..................... 1. Inhalt.. ......................................................................................................... 2. Sanktionen .................................................................................................. III. Einbeziehung von Nichtparteien ..................................................................... IV. Weigerungsrechte............................................................................................ V. Materiel1rechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ...................................... VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung ....................................... 1. Rechtspflegeorgan ...................................................................................... 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ..................................... VII.Zwischenergebnis ...........................................................................................

166 166 166 166 167 168 168 168 168 169 169 169 169 170 171

Kapitel IV Länderbericht England

A. Einfilhrung ............................................................................................................. 173 B. Sachverhaltsaufklärung im englischen Prozeß ....................................................... I. Umfang und al1gemeine Voraussetzungen verfahrensftirmiger Informationsbeschaffung ............................................................................................... 1. Pleadings .................................................................................................... 2. Anforderungen an den Sachvortrag: particulars ......................................... 3. Bindungswirkung der pleadings ................................................................. 4. "Fishing" .................................................................................................... 5. Discovery und interrogatories vor dem "regulären" Zeitpunkt ................... 6. Verfahrensftirmige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ...................... a) Discovery vor Klageerhebung ............................................................... b) Augenschein .......................................................................................... H. Discovery ........................................................................................................

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Inhaltsverzeichnis

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1. Ablauf im "Normalfall" .............................................................................. 2. Aufstellung und Inhalt der Liste ................................................................. 3. Verwertung der Dokumente ........................................................................ 4. Sanktionen .................................................................................................. III. Interrogatories ................................................................................................ 1. Voraussetzungen und Inhalt von interrogatories ........................................ 2. Verfahren .................................................................................................... 3 . Verwertung der Antworten ......................................................................... 4. Sanktionen .................................................................................................. IV. Offenlegung des Sachverständigenbeweises ................................................... V. Austausch von Zeugenaussagen ...................................................................... VI. Augenschein und körperliche Untersuchungen ............................................... 1. Augenschein ............................................................................................... 2. Körperliche Untersuchungen ...................................................................... VII. Weitere Heranziehungsmöglichkeiten zur Sachverhaltsautklärung ................

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C. Erweiterung durch die Rechtsprechung: "Anton Piller orders" ............................. 198 I. Grundsatz ........................................................................................................ 198 11. Anwendungsbereich ........................................................................................ 200 III. Voraussetzungen ............................................................................................. 200 IV. Vollstreckbarkeit - Sanktionen ........................................................................ 201 V. Schutz des Antragsgegners ............................................................................. 201 D. Einbeziehung von Nichtparteien ............................................................................ 202 I. Discovery ........................................................................................................ 202 I. Norwich Pharmacal/CHC-Software-Entscheidung - Klage auf discovery .. 203 2. Verfahren wegen personal injuries (section 34 Supreme Court Act 1981, 0.24 r. 7A RSC) ........................................................................................ 205 II. Andere Autklärungsmittel ............................................................................... 205 1. Interrogatories ............................................................................................. 205 2. Augenschein ............................................................................................... 206 3. Anton Piller order ....................................................................................... 206 E. Weigerungsrechte (privileges) ............................................................................... 206 I. Legal professional privilege ........................................................................... 207 1. Schriftverkehr zwischen Mandant und Anwalt... ........................................ 207 2. Schriftverkehr mit Dritten ........................................................................... 208 11. Weigerungsrecht bei Gefahr der strafrechtlichen Selbstbelastung .................. 209 III. Public interest immunity ................................................................................. 210 1. Privilege aufgrund der Gattung des Dokuments ......................................... 210 2. Privilege aufgrund des Inhalts des Dokuments ........................................... 211 IV. "Without prejudice" ........................................................................................ 211 V. Andere Weigerungsrechte ............................................................................... 212 1. Vorlage "oppressive" .................................................................................. 212

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Inhaltsverzeichnis 2. Geschäfts- und Unternehmensgeheimnis .................................................... 212 3. Berufsgeheimnis ......................................................................................... 213

F. Rechtspflegeorgan ................................................................................................. 213 G. Resume .................................................................................................................. 214 I. Umfang und Voraussetzungen verfahrensllirmiger Informationsbeschaffung ................................................................................................................. 214 1. Umfang ....................................................................................................... 214 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensllirmiger Sachverhaltsaufklärunglverfahrensllirmige Sachverhaltsaufklärung vor dem Prozeß ........................................................................................... 214 11. Inhalt und Sanktionierung der Informationsbeschaffungsmittel ..................... 217 1. Inhalt. .......................................................................................................... 217 2. Sanktionen .................................................................................................. 220 III. Einbeziehung von Nichtparteien ..................................................................... 220 IV. Weigerungsrechte ............................................................................................ 221 V. Materiellrechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ...................................... 221 VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung ....................................... 222 1. Rechtspflegeorgan ...................................................................................... 222 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ..................................... 222 VII. Zwischenergebnis ........................................................................................... 222 Kapitel V

"Storme-Entwurr' A. Einfilhrung ............................................................................................................. 224 I. Entstehung und Konzeption ............................................................................ 224 11. Allgemeines .................................................................................................... 226 1. Beweislast ................................................................................................... 226 2. "Darlegungslast" ......................................................................................... 226 B. Sachverhaltsaufklärung .......................................................................................... 226 I. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensllirmiger Informationsbeschaffung ............................................................................................... 227 I. Umfang ....................................................................................................... 227 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensllirmiger Sachverhaltsaufklärung ......................................................................... 229 11. Liste ................................................................................................................ 231 III. ÜbermittlunglZugänglichmachen der Dokumente (Art. 4.2.1) ....................... 231 1. Grundsatz.................................................................................................... 231 2. Ausnahme ................................................................................................... 232 IV. Gerichtliche Vorlageanordnung (Art. 4.3) ...................................................... 233 1. Un~rechtfertigtes WeigerungsrechL ......................................................... 233

Inhaltsverzeichnis

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2. Unvollständige Liste ................................................................................... 233 3. Sonstige Voraussetzungen .......................................................................... 233 V. Sanktionen (Art. 4.4) ...................................................................................... 234 1. Keine Berücksichtigung des Dokumentes bei der Entscheidung ................ 234 2. "Härteklausel" ............................................................................................ 235 3. "Astreinte" .................................................................................................. 235 C. Einbeziehung von Nichtparteien (Art. 4.5) ............................................................ 236 D. Weigerungsrechte (Art. 4.1.3) ................................................................................ 236 E. Rechtspflegeorgan ................................................................................................. 237 F. Resume .................................................................................................................. 237 I. Umfang und Voraussetzungen verfahrensförmiger Informationsbeschaffung ................................................................................................................. 237 1. Umfang ....................................................................................................... 237 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensformiger Informationsbeschaffung ...................................................................... 237 3. Unklarheiten der Regelungen ..................................................................... 238 II. Inhalt und Sanktionierung der Informationsbeschaffungsmittel ..................... 239 1. Inhalt. .......................................................................................................... 239 2. Sanktionen .................................................................................................. 239 III. Einbeziehung von Nichtparteien ..................................................................... 240 IV. Weigerungsrechte ............................................................................................ 240 V. Materiellrechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ...................................... 241 VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung ....................................... 241 1. Rechtspflegeorgan ...................................................................................... 241 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ..................................... 241 VII. Zwischenergebnis ........................................................................................... 242

Kapitel VI Schluß betrachtung A. Schlußbetrachtung - Folgerungen für den Storme-Entwurfund die europäische Rechtsvereinheitlichung ......................................................................................... 243 I. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensformiger Informationsbeschaffung ............................................................................................... 244 1. Umfang ....................................................................................................... 244 2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensförmiger SachverhaItsaufklärung ......................................................................... 245 3. Folgerungen für den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung ............................................................................................. 246 II. Inhalt und Sanktionierung der Informationsbeschaffungsmittel ..................... 248

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Inhaltsverzeichnis

1. Inhalt. .......................................................................................................... 248 2. Sanktionen .................................................................................................. 250 3. Folgerungen für den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung ............................................................................................. 251 III. Einbeziehung von Nichtparteien ..................................................................... 252 1. Ergebnis der Länderberichte ....................................................................... 252 2. Folgerungen für den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung ............................................................................................. 253 IV . Weigerungsrechte ............................................................................................ 254 1. Ergebnis der Länderberichte ....................................................................... 254 2. Folgerungen für den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung ............................................................................................. 254 V. Materiellrechtlicher oder prozeßrechtlicher Ansatz? ...................................... 256 VI. Aufgabenverteilung bei der Sachverhaltsaufklärung ....................................... 258 1. Rechtspflegeorgan ...................................................................................... 258 2. "Inquisitionsprinzip" oder "Akkusationsprinzip"? ..................................... 258 3. Folgerungen für den Storme-Entwurf und die europäische Rechtsvereinheitlichung ............................................................................................. 261 B. Der Storme-Entwurf als Grundlage einer europäischen Prozeßrechtsvereinheitlichung? ........................................................................................................... 262 I. Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Rechtsordnungen ............................ 262 11. Umsetzung nur der Grundlinien des Entwurfes .............................................. 263 III. Schwächen des Storme-Entwurfes .................................................................. 264

c.

Ausblick fllr Deutschland ...................................................................................... 264

Literaturverzeichnis ................................................................................................... 267 Sachwortverzeichnis ................................................................................................... 278

Abkürzungsverzeichnis ler,ler lere,lere A.C. al. All.E.R. Amer.Journ.Comp.Law Beav. CA C.A.

Cass. civ. Cass. com. Cass. crim. Cass. soc. Ch. Ch.D. chron. C. propr. int. D. doctr.

premier premiere Appeal Cases (Law Reports, 1891-) alinea All England Law Reports (1936-) American Journal ofComparative Law Beavan's English Rolls Court Reports (1838-1866) Cour d'appel Court of Appeal Arret de la chambre civile de la Cour de cassation Arret de la chambre commerciale de la Cour de cassation Arret de la chambre criminelle de la Cour de cassation Arret de la chambre sociale de la Cour de cassation Court of Chancery Law Reports (1891-) Chancery Division (Law Reports, 1876-1890) Chronique Code de la propriete intellectuelle Recueil Dalloz doctrine

D.P.

Recueil Dalloz periodique

Dr. prat. judo

Droit et pratique judiciaire edition fascicule

ed. fasc.

H.L. I.R.

Fleet Street Reports of Patent Cases, 1963Familie und Recht Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil House of Lords Informations rapides

J.

Justice

F.S.R. FuR GRUR Int.

2 Lang

18

Abkürzungsverzeichnis

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Jurisclasseur periodique (Semaine juridique)

K.B.

King's Bench (Law Reports, 1901-1951)

KG

Kammergericht Kommanditgesellschaft

LJ.

Lord Justice

L.Q.R.

Law Quarterly Review

L.T.

Law Times Reports (1859-1947)

M.L.R.

Modem Law Review

M.R.

Master ofthe Rolls

ß.,

no., n°

numero

NCPC

Nouveau Code de procedure civile

NU

New Law Journal

o.

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p., pp.

page, pages

para, paras

paragraph, paragraphs

pr.

principium

Q.B.

Queen's Bench (Law Reports, 1891-1901 und seit 1952)

Q.B.D.

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r.,

IT.

rule, rules

RD bancaire

Revue de droit bancaire et de la bourse

Rdnr.

Randnummer

Req.

Chambre des requetes de la Cour de cassation

R.P.C.

Reports ofPatent, Design and Trade Mark cases

R.S.

Recueil Sirey

R.T.D. civ.

Revue trimestrielle de droit civil

S.L.T.

Scots Law Times

Sol. Jo.

Solicitor's Journal

somm.

sommaire

TGI

Tribunal de grande instance

T.L.R.

Times Law Reports (1884-1952)

u. a.

und andere

V-C

Vice Chancellor

W.L.R.

Weekly Law Reports (1953-)

ZZP Int.

Zeitschrift rur Zivilprozeß International

Für alle anderen, hier nicht aufgeruhrten Abkürzungen kann auf das Abkürzungsverzeichnis der Rechtssprache von Hildebert Kirchner, 4. Auflage, Berlin u. a. 1993, verwiesen werden.

Kapitel I

Einleitung A. Einführung I. Bedeutung der Information Unsere heutige Zeit wird vielfach als "Informations zeitalter" bezeichnet. Auf allen Gebieten wird das Gut Information immer bedeutender. Überragend wichtig war und ist Information aber nicht nur in den Bereichen. die man spontan mit dem Begriff verbindet - man denke beispielsweise an die Medien, wo manchmal vom unersetzlichen "Rohstoff Information" gesprochen wird. Information ist auch für die Führung eines Zivilprozesses unabdingbar. Die hier benötigte Information besteht hauptsächlich im Wissen um den Sachverhalt, der dem im Prozeß zu entscheidenden Rechtsstreit zugrundeliegt. Tatsachenerrnittlung und -feststellung, eben die Informationsbeschaffung, bildet das Kernstück des Zivilprozesses. \ Diese Information wird von den Parteien benötigt, um einen Sachverhalt vorzutragen, der die gewünschte Rechtsfolge begründet. Diesbezüglich trägt eine Partei regelmäßig das Risiko, bei nicht genügendem Vortrag ihr Prozeßziel nicht zu erreichen; sie ist insofern risikobelastet. Daran schließt sich die Frage an, wie eine Partei im Falle gegenläufiger Sachverhaltsdarstellungen der Parteien das Rechtspflegeorgan von der Richtigkeit ihres Vorbringens überzeugen kann - dies ist die Frage nach den Beweismitteln und dem Zugang zu ihnen. Auch diesbezüglich ist Information wichtig - welche Beweismittel gibt es, wo befinden sie sich, wie können sie zugänglich gemacht werden. Der Begriff "Information" soll auch diesen Aspekt umfassen und hier dementsprechend weit verstanden werden, nämlich als - Informationen im engeren Sinne, insbesondere Tatsachen und/oder - Zugang zu Beweismitteln.

\ Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozeßrecht, S. 320; vgl. auch Langbein, University of Chicago Law Review 52 (1985), 823, 847: ,,(. ..)[F]aet finding is the eentral task of civil litigation. (. ..) Resolve the facts, resolve what aetually happened, and the law usually takes eare of itself." Ähnlich auch Perrot (Le droit a la preuve; in: Habscheid [Hrsg.l, Effektiver Rechtsschutz und verfassungsmässige Ordnung, S. 91, 95): ,,La preuve est I 'time du proces" ("Der Beweis ist die Seele des Prozesses").

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Kapitel I: Einleitung

11. Informationsbeschaffung für den Zivilprozeß In manchen Fällen ist die angesprochene Information bei den Parteien eines Prozesses vorhanden oder sonstwie ohne weiteres zugänglich. Ist dies nicht so, sind mehrere Varianten denkbar: Zum einen könnte in diesem Fall mangels Erfolgsaussicht eine Partei genötigt sein, auf einen Prozeß zu verzichten; zum anderen besteht aber auch die Möglichkeit, daß die Rechtsordnung Mittel zur Informationsbeschaffung zur Verfügung stellt. Besonders akut wird das Problem in dem Fall, in dem die risikobelastete Partei unfähig ist, an der Rekonstruktion des Sachverhaltes teilzunehmen, ihr Gegner jedoch alle benötigte Information besitzt. Dies ist ein Fall, in dem sich die erwähnte Risikobelastung zu ihrem Nachteil verwirklicht. Dies erscheint dann besonders problematisch, wenn diese Informationsnot unverschuldet ist, die Partei also gar nicht anders kann, als auf ihre ungenügende Informiertheit hinzuweisen. Deutlich wird dies vor allem in Fällen, in denen sich die Vorgänge, um die die Partei zur Erreichung ihres Rechtsschutzzieles wissen müßte, in der Sphäre des Gegners abgespielt haben: beispielsweise wenn nach einem Behandlungsfehler der Arzt die Herausgabe der Krankenunterlagen verweigert, ohne die eine Klageerhebung nicht sinnvoll oder sogar unmöglich ist, oder wenn in einem Anwaltshaftungsprozeß der Anwalt die Handakten an den ehemaligen Mandanten nicht herausgibt. In diesem Fall kann der risikobelasteten Partei die Möglichkeit erfolgreichen Prozessierens verwehrt werden oder anders formuliert: Recht haben und Recht bekommen könnten wegen fehlender Informationsmöglichkeit auseinanderfallen. 2 Allerdings gilt dies nicht nur für den Kläger. Auch in der Beklagtenposition ist eine solche Situation möglich, wenn infolge der Informationsnot Gegenrechte abgeschnitten sind. Ebenso denkbar ist aber eine andere rechtliche Lösung, nämlich die Milderung dieses Risikos der Partei, indem die Rechtsordnung Möglichkeiten zur Verfügung stellt, vom Gegner die benötigte Information zu erlangen, den Gegner also zur Sachverhaltsaufklärung und damit zur Informationsbeschaffung heranzuziehen. 3 Dies wird aber in der Regel beim Gegner auf Widerstand stoßen; mit der Formel nemo tenetur edere contra se - oder plastischer: niemand muß gegen sein eigenes Fleisch wüten4 - zum Ausdruck gebracht kann dieses Weigerungsargument des Gegners auf eine lange Tradition zurückblicken.' Auf den ersten Blick ist es auch nicht ohne weiteres einsichtig, wieso eine Partei ih2Vgl. Paulus, ZZP 104 (1991), 397,401. 3 Vgl. Hackenberg, Die Erklärung mit Nichtwissen, S. 106. 4 Wach, Grundfragen und Reform des Zivilprozesses, S. 35. 5 Schlosser, JZ 1991, 599.

A.

Einführung

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ren Gegner mit Material ausstatten soll, das es diesem ermöglicht, den Prozeß gegen sie zu gewinnen. Andererseits aber kann eine "Aufklärungspflicht" der Gegenseite dazu erforderlich sein, in den eben beschriebenen Situationen gleichsam eine Rechtsschutzverweigerung zu verhindern. Von manchen wird der "Zugang zu Information und Beweismitteln" sogar als "modernes Menschemechtspostulat" bezeichnet. 6 Diese letztgenannte Lösung birgt aber auch Gefahren: Die Anforderungen, die eine Rechtsordnung beispielsweise an den Vortrag der Parteien stellt, bestehen nicht ohne Hintergedanken: Wenn das Gericht mit hoheitlichen Mitteln den Gegner zur Informationsbeschaffung über den Sachverhalt heranzieht, stellt dies einen Eingriff in seine Rechte dar. Daher darf dies nicht voraussetzungslos erfolgen, zumal ansonsten die Gefahr besteht, daß die zur Verfiigung gestellten Informationsbeschaffungsmittel von der risikobelasteten Partei zur Privatinquisition mißbraucht werden, beispielsweise zur Industriespionage oder zur Ausforschung der Privatsphäre. InformationsdefIzite können eben nicht nur unverschuldet sein, sondern auch ein Indiz dafiir bilden, daß einer Partei die zur Durchsetzung erforderliche Information und vor allem auch das Rechtsschutzziel nicht zusteht. Dieses Spannungsfeld zwischen der Suche nach der objektiven Wahrheit und der persönlichen Freiheit desjenigen, der durch die Informationsbeschaffung belastet ist, muß fiir beide Interessenpole befriedigend aufgelöst werden. Die Bewältigung dieser Problematik in der jeweiligen Rechtsordnung offenbart gleichzeitig die Antwort auf die Frage, ob der Zweck des Zivilverfahrens eher in der Erforschung der materiellen Wahrheit oder mehr in der formell richtigen Urteilsfmdung gesehen wird. 7 Als nächstes schließt sich daran die Frage an, wie man bei Bejahung einer "Aufklärungspflicht" des Gegners die Informationsbeschaffung gewährleisten will. Wer soll dafiir verantwortlich sein? Wem soll die Information geliefert werden? Denkbar ist dabei entweder richterliche Inquisition oder Parteiausforschung bzw. eine Kombination aus beidem. 8

IH. Informationsbeschaffung durch die Gegenpartei

Mit dieser Problematik will sich die vorliegende Arbeit befassen und den folgenden Fragestellungen nachgehen: 6 So beispielsweise Schlosser, JZ 1991, 599; vgl. auch denselben, NJW 1992, 3275 ff. 7 So auch Hay in Schlosser (Hrsg.), Die Informationsbeschaffung für den Zivilprozeß - Die verfahrensrnäßige Behandlung von Nachlässen, ausländisches Recht und Internationales Zivilprozeßrecht, S. I, 59 f. 8 So auch Habscheid, ZfRV 1976, 1,2; Näheres dazu unten sub C.VI.2.

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Kapitel I: Einleitung

- Welche Möglichkeiten bieten die untersuchten Rechtsordnungen, den Gegner zur Informationsbeschaffung zwecks Sachverhaltsaufklärung heranzuziehen? Aber nicht nur beim Gegner, auch bei Dritten, das heißt bei Nichtparteien des Prozesses, kann wichtige Information vorhanden sein: - Können auch Nichtparteien zur Informationsbeschaffung herangezogen werden? Dabei soll nur die Heranziehung Dritter untersucht werden, die in dem Rechtsstreit keine "Rolle" einnehmen. Dies hat zur Folge, daß der Zeugenbeweis außer acht gelassen wird, obwohl er in der Praxis ein wichtiges Informationsbeschaffungsmittel darstellt.

IV. Storme-Entwurf Anlaß für die Beschäftigung mit diesem Thema war der sogenannte "Storme-Entwurf', der 1993 vorgelegt wurde und die Rechtsvereinheitlichung auf dem Gebiet des Zivilprozeßrechts zum Ziel hat. 9 Kapitel 4 dieses Entwurfes ist mit dem Titel La decouverte des documents/discovery überschrieben und enthält eine prozessuale Verpflichtung zur Urkundenvorlage, die dem englischen Institut der pre-trial discovery nachgebildet ist. Die dort vorgesehene Regelung beinhaltet ein umfassendes Recht auf den Zugang zu Informationsquellen. lo

B. Vorgehensweise I. Zu vergleichende Rechtsordnungen

Vor diesem Hintergrund sollen das deutsche, französische und englische Recht sowie der Storme-Entwurf auf die Frage hin betrachtet werden, ob und inwieweit insbesondere der Prozeßgegner zur Informationsbeschaffung für den Zivilprozeß herangezogen werden kann. Das englische Recht wurde als Vergleichsgegenstand gewählt, da der "Storme-Entwurf' die englische Regelung bezüglich der hier zu untersuchenden Materie beinahe vollständig übernommen hat. Außerdem sollte das englische Recht als wichtigste common law-Rechtsordnung in Europa nicht unberücksichtigt bleiben.

9

Vgl. dazu näher das Kapitel über den "Storme-Entwurf'. So auch Roth, ZZP 109 (1996), 271, 291.

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B. Vorgehensweise

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Das deutsche Recht wird untersucht, da es sich um die Heimatrechtsordnung des Verfassers handelt und es allgemein auf dem zu untersuchenden Gebiet als nicht besonders "modem" im Sinne von "informationsbeschaffungsfreundlich" gilt. 11 Das französische Recht soll als weitere große Rechtsordnung untersucht werden. Da das französische ebenso wie das deutsche Recht zur kontinentaleuropäischen Rechtsfamilie gehört l2 , ist ein Vergleich hier besonders reizvoll. Das französische Recht wurde auch gewählt, da es bezüglich dieses Themas zwischen dem englischen und dem deutschen Recht steht. Interessant ist auch der Umstand, daß gerade beim Thema "prozessuale Aufklärungspflicht" das französische Recht in den letzten Jahren eine Wende vollzogen hat, die zumindest in die Richtung geht, die der Storme-Entwurf vorschlägt und die nach der Meinung mancher auch im deutschen Recht überfällig ist. 13

11. Untersuchungsgegenstand 1. Heranziehung der Gegenpartei zur Informationsbeschaffung

Es soll untersucht werden, ob und unter welchen Voraussetzungen die Rechtsordnungen die Parteien, unabhängig von der Risikoverteilung, zur Informationsbeibringung bezüglich des Sachverhaltes, der die Grundlage des Rechtsstreits bildet, heranziehen. Ebenso soll ermittelt werden, unter welchen Voraussetzungen Information bei Nichtparteien erlangt werden kann. Damit muß das Recht der verfahrensförmigen Informationsbeschaffung untersucht werden, das (je nach Rechtsordnung) ein Konglomerat aus prozessualen und materiellen Rechtsvorschriften ist. Eine Ausnahme bildet der Storme-Entwurf, der nur unter dem Aspekt seines Kapitels 4 (La decouverte des documentslDiscovery) untersucht werden soll, da nur in diesem Kapitel substantielle Aussagen zum Thema Heranziehung der Gegenpartei bzw. Dritter zur Sachverhaltsaufklärung gemacht werden. 14

11 Vgl. nur Schlosser, JZ 1991, 599 ff., sowie Loritz in Gilles (Hrsg.), Transnationales Prozeßrecht, S. 141, 145. 12 Neumayer in DavidiGrasmann, Einführung in die großen Rechtssysteme der Gegenwart, S. 55 ff. 13 Vgl. dazu und zum ganzen Schlosser, JZ 1991,599,602 f. 14 Teilweise wird auch auf Kapitel 2 (Le commencement de la procedure/The commencement of proceedings) des Entwurfes einzugehen sein, soweit es dort um die Voraussetzungen und die Reichweite verfahrensförmiger Sachverhaltsaufklärung geht. Auch die Kapitel 8 (Le defautlDefault) und 13 (L 'atreintelAstreinte) des Entwurfes werden kurz gestreift.

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Kapitel I: Einleitung

Zwar befaßt sich die Regelung des Entwurfes nur mit dem Beweis, der über Schriftstücke oder über solche Dokumente, deren Inhalt schriftlich ausgedrückt werden kann, gefiihrt wird. Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit wird auch auf diesem Bereich liegen; die Arbeit wird an dieser Stelle aber nicht haltmachen, sondern herauszufmden versuchen, durch welche anderen prozessualen Aufklärungsmittel die Gegenpartei zur Sachverhaltsaufklärung und damit zur Informationsgewinnung herangezogen werden kann, um gegebenenfalls daraus Anregungen fiir die Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Zivilprozeßrechtes zu gewinnen.

2. Länderberichte In Länderberichten werden die genannten Rechtsordnungen untersucht und die grundlegenden Parameter herausgefiltert, nach denen der Gegner oder Dritte zur Informationsbeschaffung herangezogen werden kann. Sodann soll geprüft werden, inwieweit der Storme-Entwurf, der sich ja als rechtsvereinheitlichend sieht l5 , diese grundlegenden Parameter berücksichtigt hat. 111. Einige Bemerkungen zur Prozeßrechtsvergleichung

1. Schwierigkeiten bei der Prozeßrechtsvergleichung Die vorliegende Arbeit wird also versuchen, prozeßrechtsvergleichend tätig zu werden. Gilles ist der Meinung, ,,( ... ) daß sich die Prozeßrechtsvergleichung als ein dementsprechend extrem schwieriges Geschäft darstellt, an das sich heranzutrauen es nicht nur einigen Mutes bedarf, sondern auch eines erheblichen Arbeitseinsatzes und besonderer Kompetenzen, unter denen ausreichende Fremdsprachenkenntnisse noch die geringsten sind."16 Besonders problematisch wird Prozeßrechtsvergleichung dadurch, daß das Prozeßrecht immer individuell durch das Gericht umgesetzt wird, was pointiert mit dem Satz beschrieben wird, daß "law in action" und "law in books" hier besonders weit ausein-

15 Vgl. nur den Titel "Etude sur le rapprochement des lois et regles des EtatsMembres concemant certains aspects de la procedure civile/Study on the approximation of laws and rules of the Member States conceming certain aspects of the procedure for civil litigation." 16 Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, S. 121 (Hervorhebung im Original); ähnlich Bruns, Zivilprozeßrecht, Rdnr. 23.

B. Vorgehensweise

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anderklaffen 17 , da sich das Leben der Prozeßordnungen im einzelnen Prozeß und im einzelnen Gerichtsbezirk abspielt. 18 Dazu kommt noch, daß es nach der eingehenden Untersuchung Gilles' kaum substantielle Äußerungen im Schrifttum zum Thema "Prozeßrechtsvergleichung" gibe 9 und eine theoretisch-methodologische Fundierung der Rechtsver gleichung auf diesem Gebiet weitgehend fehlt bzw. Prozeßrechtsvergleichung reichlich unwissenschaftlich betrieben wird. 20 Eine ähnliche Beobachtung machen StümerlStadler: "Es handelt sich um einen verhältnismäßig jungen Sproß der Rechtswissenschaft und von einem wirklich gesicherten Methodenkanon kann daher bislang kaum gesprochen werden. ( ... ) [D]ie bisherigen Erfahrungen [haben] zumeist der Erkenntnis zum Durchbruch verholfen, daß gerade in der rechtsvergleichenden Arbeit die Methode schon je nach Zielsetzung und Ausgangsfrage von Fall zu Fall variiert und sich eine systematisch abgeleitete und in sich geschlossene Methodenlehre kaum begründen läßt."21 Der Generalbericht zum Thema "Eigenheiten der Prozeßrechtsvergleichung" des Weltkongresses der Internationalen Vereinigung rur Prozeßrecht 1995 kommt zu dem Ergebnis, daß ,,( ... ) es mit der theoretisch-methodologischen Fundierung der Prozeßrechtsvergleichung bisher nirgendwo in der Welt sonderlich weit her ist und dieses Geschäft wohl überall bisher noch mehr praktisch betrieben als theoretisch bedacht wird. Dies gilt nicht nur rur eine Prozeßrechtsvergleichung von Praktikern in der Praxis oder eine solche von Gesetzesmachern innerhalb der Gesetzgebung und rur diese, sondern in gleichem Maße auch rur eine Prozeßrechtsvergleichung von Wissenschaftlern in der Wissenschaft und rur Wissenschaftler. ,,22 Zweigert und Kötz schließlich konstatieren rur die allgemeine Rechtsvergleichung: "Diese Disziplin ist nämlich noch heute so jung, daß ein gesicherter Methodenkanon gar nicht verlangt werden kann. Die richtige Methode muß auch heute noch weithin selbst erst durch versuchsweises Herantasten in jedem einzelnen Fall herausgefunden werden. Es ist geradezu eine der gesicherten Erfahrungen des Rechtsvergleichers, daß seine Methode nicht von vornherein in allen Einzelheiten festgelegt, sondern allenfalls als Hypothese formuliert werden kann, die sich dann an den Ergebnissen rechtsvergleichender Arbeit als

17 18

StümerlStadler in Gilles (Hrsg.), Transnationales Prozeßrecht, S. 263, 282. Vgl. dazu Cohn, Der englische Gerichtstag, S. 9 ff., sowie Bruns, Zivilprozeßrecht

Rdnr.24. 19 Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, S. 7 ff. 20 Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, S. 96. 21 StümerlStadler in Gilles (Hrsg.), Transnationales Prozeßrecht, S. 263,264. 22 Gilles, Prozeßrechtsvergleichung, S. 104.

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Kapitel I: Einleitung

brauchbar oder unbrauchbar, als praktisch oder unpraktisch herausstellen muß."23

2. Vorschlag Angesichts dieser dogmatischen und vor allem methodologischen Ödnis auf dem Gebiet der Prozeßrechtsvergleichung soll im Rahmen dieser Arbeit kein bahnbrechend neues rechtsvergleichendes Konzept erwartet werden. Selbstverständlich sollen die Ergebnisse, die bei der Untersuchung der einzelnen Rechtsordnungen gewonnen werden, nicht umeflektiert nebeneinandergestellt werden. Unabhängig von irgendeiner methodologischen Einordnung soll folgendes pragmatisches Konzept als "Arbeitshypothese" im Zweigert-Kötz'schen Sinne vorgeschlagen werden, mit dem sich an den Untersuchungs gegenstand "herangetastet" werden soll.

IV. Untersuchungskonzept 1. Raster Über jede zu vergleichende Rechtsordnung soll in einem Länderbericht ein "Raster" gelegt werden, das Fragen an das jeweilige Recht stellt und für die Herausarbeitung der grundlegenden Parameter die Bereiche erleuchtet, die in den einzelnen Rechtsordnungen die Heranziehungsmöglichkeiten des Gegners oder dritter Nichtparteien zur Informationsbeschaffung beeinflussen. Dies ist hier besonders wichtig, da auf dem hier interessierenden Gebiet in vielerlei Hinsicht begriffliche und dogmatische Unklarheit besteht, so daß allein schon die Erstellung eines solchen Rasters einen Großteil zur erfolgreichen Untersuchung beiträgt. Am Ende eines jeden Länderberichts folgt ein Resurne, das bereits behutsam die Ergebnisse zusammenfasst.

2. Anwendung auf die Länderberichte Die Reihenfolge der Rasterfragen wird innerhalb der Länderberichte variiert, um die Besonderheiten des jeweiligen Rechts besonders akzentuieren zu können. So läßt sich beispielsweise das englische Recht aufgrund der vollständig anderen Konzeption im hier interessierenden Bereich nicht in derselben Weise

23

ZweigertlKötz, Einführung in die Rechtsvergleichung, S. 32.

C.

Das Raster im einzelnen

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darstellen wie das deutsche. Im Resurne am Schluß werden die Antworten auf die vom Raster gestellten Fragen jedoch wieder zusammengeruhrt und möglichst übersichtlich dargeboten. Da die Arbeit lediglich die grundlegenden Parameter ermitteln will, die fiir die Heranziehung der Gegenseite oder dritter Nichtparteien zur Informationsbeschaffung verantwortlich sind, sollen in den Länderberichten lediglich die Grundprinzipien der Konfliktlösung erarbeitet und kleine Einblicke in die Lösungsmodelle gegeben werden. Es sollen die Grundlinien aufgezeigt werden, die aus den wichtigsten Leitentscheidungen der Rechtsprechung und der Literatur hervortreten. Ziel der Arbeit ist daher nicht die Erstellung eines Leitfadens oder eines Handbuchs über das "Informationsbeschaffungsrecht" des jeweiligen Landes, sondern nur die "Herauspräparierung" der wichtigsten Aspekte, die als grundlegende Parameter angesehen werden können. Um die Klarheit und Übersichtlichkeit der Arbeit nicht zu geflihrden, kann und soll auf Detailfragen nicht eingegangen werden. Auch darf sich die Untersuchung nicht in dogmatischen Feinheiten verlieren, wird aber dennoch tiefgehend genug sein, um die Konstruktionen nachvollziehen zu können.

C. Das Raster im einzelnen Im folgenden werden die einzelnen Rasterpunkte vorgestellt, mit Hilfe derer die Rechtsordnungen auf die grundlegenden Parameter "abgeklopft" werden sollen. Im Rahmen der "Rasterprüfung" werden die Aufklärungsmittel vorgestellt, und es wird untersucht, unter welchen Voraussetzungen sie der risikobelasteten informationsbedürftigen Partei zur Verrugung stehen. Grundsätzlich fmden nur Aufklärungsmittel Berücksichtigung, die zum Zivilprozeßrecht zählen. Im Länderbericht Deutschland jedoch kann das Augenmerk nicht nur auf die im Zivilprozeßrecht vorhandenen Aufklärungsmittel gerichtet werden, es muß auch auf das materielle Recht eingegangen werden, da hier prozessuale Aufklärung zu eng mit den materiellen Informationsbeschaffungsansprüchen verknüpft isf 4 und in Deutschland ,,( ... ) gar manches ins materielle Recht gerutscht [ist], was in anderen Rechtsordnungen im Prozeßrecht verblieben ist."25

24

2S

Vgl. dazu Schilken, Jura 1988, 525, 531 f. Schlosser, JZ 1991,599,606.

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Kapitel I: Einleitung I. Umfang und allgemeine Voraussetzungen verfahrensförmiger Informationsbeschaffung

1. Umfang

Zunächst stellt sich die Frage, wie weit die zur Verfügung gestellten Informationsbeschaffungsmittel reichen. Grundsätzlich wird eine Rechtsordnung nur so weit verfahrensmäßige Aufklärung zulassen, wie dies für das jeweilige Verfahren erforderlich bzw. "relevant" ist. Allerdings ergeben sich Spielräume, je nachdem, wie man den Maßstab der "Relevanz der Information für den Rechtsstreit" ansetzt. Ein weiter Relevanzbegriff vergrößert die Reichweite der Informationsbeschaffungsmöglichkeiten, birgt aber das Risiko, die Informationssammlung aufzublähen und zeitintensiv zu gestalten. Ein enger Relevanzbegriff könnte dazu führen, daß nicht alle Information zu erlangen ist, die für die Erreichung des Rechtsschutzzieles vonnöten wäre, beispielsweise wenn eine "am Rande relevante" Informationsquelle, die nur möglicherweise oder mittelbar von Bedeutung für den Rechtsstreit ist, Hinweise auf eine andere, essentielle Informationsquelle gäbe.

2. Anforderungen an den Sachvortrag als Voraussetzung verfahrensförmiger Sachverhalts aufklärung

Da es in der Arbeit um einen Ausschnitt der Frage geht, wann verfahrensförmige Informationsbeschaffung zur Sachverhaltsaufklärung möglich ist, müssen die dafür notwendigen allgemeinen Voraussetzungen in der jeweiligen Rechtsordnung untersucht werden. Diese Hürden stehen vor jeder prozessualen Sachverhaltsaufklärung und müssen überwunden werden. Sie müssen auch und vielleicht erst recht bei der Heranziehung des Gegners oder Dritter bestehen, in dem Fall also, in dem eine Partei die an sie gesetzten Darlegungs- und/oder Beweisanforderungen aus eigener Kraft nicht erfüllen kann. Als wichtigste innerhalb dieser Hürden sollen die Anforderungen an den Sachvortrag untersucht werden. Wie detailliert muß dieser sein, um eine Beweisaufnahme auszulösen? Kann es zu einer Milderung dieser Anforderungen kommen, wenn sich die risikobelastete Partei in Informationsnot befindet? Dies ist die Gretchenfrage, die auch noch andere Problemkreise berührt: Sie entscheidet darüber, inwieweit in einem weiten Sinne rechtliches Gehör gewährt werden soll (Stichwort: "Recht auf Beweis"26). Auch stellt jede Aufklä26 Vgl. dazu Perrot, Le droit a la preuve; in: Habscheid (Hrsg.), Effektiver Rechtsschutz und verfassungsmässige Ordnung, S. 91 ff., sowie Habscheid, ZZP 96 (1983), 306 ff.

C. Das Raster im einzelnen

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rungsmaßnahme, an der der Informationsverpflichtete mitwirken muß, einen Eingriff in seine Sphäre dar. Damit fragt sich, was der Informationsbedürftige vorbringen muß, um einen derartigen Eingriff als gerechtfertigt erscheinen zu lassen. Nach den Worten Schlossers handelt es sich hierbei um einen der wichtigsten Apekte, denn es sei ,,( ... ) vor allem wichtig, zum Schutz des in Anspruch Genommenen vor unnötiger Belästigung und prozeßfunktionswidriger Ausspähung in jedem Einzelfall das rechte Maß der Anhaltspunkte zu bestimmen, die nähere Aufklärungspflichten auslösen. ,