Die Amen-Worte Jesu. Eine Untersuchung zum Problem der Legitimation in apokalyptischer Rede

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Die Amen-Worte Jesu. Eine Untersuchung zum Problem der Legitimation in apokalyptischer Rede

Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
Das Problem
I. Die Herleitung der Amen-Formel zu Satzbeginn
II. Überlieferung und Redaktion der Amen-Worte Jesu im Neuen Testament
III. Die außerkanonischen frühchristlichen Amen-Worte
IV. Schlußwort
Nachtrag
ADDENDA
Register

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Klaus Berger

Die Amen-Worte Jesu Eine Untersuchung zum Problem der Legitimation in apokalyptischer Rede

Walter de Gruyter & Co. Berlin 1970

Beiheft zur Zeitschrift f ü r die neutestamentliche Wissenschaft und die K u n d e der älteren Kirche Herausgegeben von Walther Eltester Beiheft 39

Gedruckt mit Unterstützung der Hamburger Universitätsgesellschaft

1970 by Walter de Gruyter & Co., Berlin 30, Genthiner Straße 13 Alle Rechte des Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe, der Ubersetzung, der Herstellung von Mikrofilmen und Photokopien, auch auszugsweise, vorbehalten. Printed in Germany Satz und Druck: Walter de Gruyter & Co., Berlin 30 Archiv-Nr. 3825702

Patri in matris memoriam

Vorwort Das Interesse des Verfassers an der Themenstellung ist allgemeinerer Art. Es geht von der methodischen Frage aus, ob es möglich sei, Formgeschichte auf der Analyse grammatischer Strukturen und formelhafter Wendungen (besonders: Einleitungen) aufzubauen. So sollen formgeschichtliche Aussagen streng an den sprachlichen Fixierungen orientiert sein. So sollen Überlieferungsprozesse exakter lokalisierbar werden. Das betrifft insbesondere die kontinuierliche formgeschichtliche Entwicklung, die von alttestamentlichen über jüdische und neutestamentliche Aussageformen bis hin zu im weiteren Sinne frühchristlichen Texten rekonstruierbar ist. Formgeschichte soll als historischer Prozeß aufgezeigt werden und Rückschlüsse auf die Träger oder deren Selbstverständnis sollen möglich sein. Aufgrund der Auffindung spätjüdischer Amen-Worte lag dem Verfasser ferner auch daran, die methodische Fragwürdigkeit der Annahme, die Amen-Einleitung sei Kriterium für ipsissima vox, kurz darzustellen. Die christologische Fragestellung erwies sich aber weiterhin als bedeutsam. Die Untersuchung war zunächst als Beitrag zur ZNW geplant. Daher ist trotz einiger Erweiterungen das literarische Genus des Aufsatzes beibehalten. Zu Einzelstellen wurde deshalb auch nicht stets die gesamte Literatur besprochen. Großer Wert wurde aber darauf gelegt, Paralleltexte aus dem Judentum und der frühchristlichen Literatur zur Darstellung traditionsgeschichtlicher Prozesse zu verwenden. In einigen Punkten dient zur Ergänzung der in NTSt erscheinende Aufsatz »Zu den sogenannten Sätzen heiligen Rechts«. Der Dank des Verfassers gilt Herrn Prof. D. W. Eltester für die freundliche Bereitschaft, die Arbeit in die BZNW aufzunehmen, sowie für Hinweise zur Drucklegung. Herrn Prof. Dr. U. Wilckens schuldet der Verf. herzlichen Dank für die Förderung der ökonomischen und der theologischen Existenz,'besonders aber für ein gutes Klima gemeinsamer Arbeit. Die für mich neue Erfahrung wissenschaftlicher Freiheit war ebenso förderlich wie die Praxis differenzierender Behutsamkeit in »hermeneutischen« Fragen. — Was das Erlernen der Methoden angeht, so ist der Verfasser darüber hinaus den Alttestamentlern W. Richter (München) und O. H. Steck (Hamburg) zu großem Dank verpflichtet.

VIII

Vorwort

Etwa ein Jahr nach Abschluß des Manuskripts erschien die Habilitationsschrift von V. Hasler, Amen/Redaktionsgeschichtliche Untersuchung zur Einführungsformel der Herrenworte »Wahrlich ich sage euch«, Zürich und Stuttgart 1969. Da eine Einarbeitung nicht mehr möglich war, wird dieses Buch in einem Nachtrag ausführlich kritisch besprochen. Hamburg, den 22. April 1970

Klaus Berger

Inhaltsverzeichnis Das Problem

1

I. Die Herleitung der Amen-Formel zu Satzbeginn

4

1. Amen-Worte in der jüdisch-griechischen Apokalyptik A. Testamentum Abrahae Rez. A VIII

4 4

B. Testamentum Abrahae Rez. A. XX 2. Die Funktionsidentität und Austauschbarkeit von vccf und

4 . . .

3. Naf zu Satzbeginn in der Profangräzität 4. ?)

zu Satzbeginn in der Profangräzität

6 9 12

6. Mit fj nr|V beginnende Sätze der LXX als Vorbilder der Amen-Sätze . .

13

6. Die Verwendung von Amen als Schwurpartikel

15

7. Die Entstehung der Amen-Einleitung zu Satzbeginn im griechischen Judentum 17 8. In Schwurform gekleidete eschatologische Aussagen u. ä. in der apokalyptischen Literatur 20 9. Ergebnis

28

II. Überlieferung und Redaktion der Amen-Worte Jesu im Neuen Testament

29

1. Die Aufgabe

29

2. Die formgeschichtliche Stellung der Amen-Worte

30

3. Die redaktionsgeschichtliche Rolle der Amen-Worte

32

4. Die markinischen Amen-Worte 35 A. Die konditionalen Relativsätze 35 a) Mc 3 28f 36 b) Sätze über das Hineingehen in die Basileia 41 c) Mc 11 23 als markinischer Vertreter von Amen-Worten über die unfehlbare Wirkung von Worten der Gerechten 46 d) Anhang: Mc 12 43 48

X

Inhaltsübersicht B. Die Amen-Worte in der Passionsüberlieferung a) Mc 1418. 30 und der allgemeine Charakter dieser Vorhersagen. b) Mc 14 8. 9 c) Mc 14 25

49 .

C. Sätze mit betonter Naherwartung a) b) c) d)

Mc 8 12 und die Herleitung der Amen-Formel Mc 91 Worte über das Lebensende (Nicht-Sterben) von Jüngern . . . . Mc 13 30

D. Die Kriterien für die Erhebung der ältesten Schicht der Amen-Worte

49 50 64 58 69 62 64 68 69

5. Die matthäischen Amen-Worte A. Sätze mit betonter Naherwartung a) Sätze über das Eintreffen des Endes noch während der gegenwärtigen Generation b) Mt 618 B. Amen-Worte in der Passionsüberlieferung C. Konditionale Relativsätze

71 71 73 74 75

a) Redaktion markinischer Sätze b) Amen-Worte über die unfehlbare Wirkung von Worten der Gerechten

75

D. Worte über das Hineingehen in die Basileia und über den zukünftigen Lohn

76

a) Lohnverheißungen und Gerichtsurteile als Amen-Worte b) Die Formel ttM)V Aiyco 0(iTv in Mt 1122 c) Das Wort über den Täufer Mt 11 l l E. Die Verbindungen von Seligpreisungen und Amen-Worten im NT . . 6. Die lukanischen Amen-Worte

76

76 79 80 82 87

A. Lc 23 43 als Weissagung innerhalb der Passionstradition

87

B. Lc 4 24 und die Funktion des Amen als Einleitung eines Zeugnisses über apokalyptisches Wissen in der lukanisch-johanneischen Tradition

88

C. Das Aiyco Optu als Vorstufe der Amen-Einleitung

89

D. Das Vordringen der Amen-Einleitung in den stärker hellenistisch geprägten Traditionen des NT

93

E. Amen-Worte der Logienquelle

94

7. Die johanneischen Amen-Worte

95

A. Das doppelte Amen B. Amen-Worte aus synoptischem Traditionsgut a) Die Amen-Worte in Joh 13 als vor-joh Gut b) Joh 2118 als Weissagung über den besonderen Tod des Petrus . .

95 95 99

Inhaltsübersicht

XI

C. Konditionale Relativsätze

101

D. Die theologische Bedeutung der joh Amen-Einleitung

102

a) b) c) d) e)

Joh 3 3. 5 als Beispiel für die Kennzeichen joh Amen-Worte . . . 102 Die Traditio Gott-Jesus-Gemeinde 104 Die Verwandtschaft zu itkttös 6 Aoyos in den Pastoralbriefen . . 104 Die Verwandtschaft zu Formulierungen in Apc 106 Amen-Einleitung und Zeugenschaft (Beispiel: Joh 3 ll) 107

E. Tradition und Redaktion in den joh Amen-Worten a) b) c) d) e) f)

Joh Joh Joh Joh Joh Joh

519. 24. 25 6 26. 32 6 47. 53 8 34 8 51.58 12 24f

F. Joh Amen-Worte nach dem zwei-Zeiten-Schema a) b) c) d)

Johl51 Joh 6 20 Joh 1412 Joh 16 20. 23

109 109 110 111 111 112 112 113 113 114 114 115

G. Die Sonderstellung von Joh 101—5.7

116

H. Ergebnis

116

I. Worte des Pneumas und Amen-Worte

117

K. Das Verhältnis zwischen prophetischem Botenspruch und Amen-Wort 124

III. Die außerkanonischen frühchristlichen Amen-Worte 1. Amen-Worte in den Agrapha

131 131

A. Ps.-Clem Horn X I (Resch Nr. 109 S. 162)

131

B. Templer-Version des Joh-Ev (Resch Nr. 120 S. 164f)

131

C. Didaskalie V 13 p. 312

132

D. Apokryphon 94 (Resch)

132

2. Die koptische Paulusapokalypse

133

3. Die koptische Jakobusapokalypse

133

4. Die koptische Epistula Iacobi

134

5. Die äthiopische Petrusapokalypse

137

6. Die Historia Joseph

138

7. Das Bartholomäusevangelium

138

8. Die Himmelsstimme in Thomasakten K. 158

140

XII

Inhaltsübersicht 9. Die apokryphen Apostelakten

141

10. Die Epistula Apostolorum

142

11. Die Pistis Sophia

143

12. Das Zweite Buch Jeü

146

IV. Schlußwort

147

Nachtrag Zum Verständnis der Amen-Einleitung bei Victor Hasler: Amen/Redaktionsgeschichtliche Untersuchungen zur Einführungsformel der Herrenworte »Wahrlich ich sage euch«, Zürich (1969) 153

Addenda

164

(zu Mc 812 9 l 14g 1425 L c 23 48 Joh 13l6. 20 Mt 1 1 1 1 Barth.-Ev, Narratio Ioseph) Register

167

Das Problem Die Verwendung von Amen in den ntl Schriften weist gegenüber der im Judentum sonst üblichen zwei Besonderheiten auf: »Amen« oder »Amen, Amen« begegnet zu Beginn von Aussagesätzen und nicht nur als Responsorium auf Sätze, und in der Briefliteratur wie in Apc wird Amen vom Schreiber selber an das Ende der eigenen Worte als deren Bekräftigung gesetzt. Während die zweite Erscheinung jedenfalls zum Teil direkt auf liturgischen Gebrauch zurückgeht, ist die besondere Eigenart der Amen-Worte Jesu bislang nicht aufgeklärt: Man nimmt einerseits durchweg an, daß sich Amen-Worte nur im Munde Jesu finden und zieht daraus weitreichende Konsequenzen über die Herkunft dieser Sätze von Jesus und über das Selbstbewußtsein ihres Sprechers, andererseits hat man bislang vergeblich versucht, diesen Redestil zu erklären1. Zum ersten Punkt hat H. Bietenhard2 1

Zur Lit. (alphabetisch): H. J . Cadbury, The Style and Literary Method of Luke, Cambridge 1920, 1 5 4 — 1 5 8 ; F . Cabrol, Art. Amen, i n : DACL I 554—573; G. Dalman, Worte Jesu, Darmstadt 1965, 185 (Amen als Schwur); D. Daube, in: J T h S t 45 (1944) 27—31; ders., The New Testament and Rabbinic Judaism, London 1956, X V I : Amen (S. 388—393) (das ntl Amen sei als Erfüllung von J e s 65 16 zumeist auf das Kommen des wahren Königreiches bezogen (vgl. J e r 28 6). Das akrostichische Amen vor dem S c h ' m a des ashkenazischen Ritus sei gebildet für: »Verily, he is Coming«, da sich in einer H S auch KD ]Qit findet. Dieses stehe in Zusammenhang mit I Cor 16 22t. Did 30 6 Apc 22 20. —- Daher werde auch im N T das Amen nur in eschatologischen Äußerungen verwendet.); P . Glaue, Amen, i n : Z K G 44 (NF 7) (1925) 184—198; ders., Art. Amen, in: RAC I ; R . A. Guelich, Not to annul the Law rather to fulfill the Law and the Prophets, Diss. masch. Hamburg 1967, 229f. (»Amen-Formula«); H. W . Hogg, »Amen«/Note on its significance and use in biblical and postbiblical times, in: J Q R 4 (1897) 1—23 (auch beim ntl Amen werde stets Rücksicht auf Vorhergehendes genommen, welches bestätigt werden soll); A. R . Hülst, Het woord »Amen« in het Oude Testament, i n : Kerk en Eredienst 8, 2 (1953) 50—68 (sakraler Ursprung des Amen); J . Jeremias, Kennzeichen der ipsissima vox Jesu, in: Synoptische Studien/Festschrift A. Wikenhauser, München 1953, 86—93 (Amen-Worte tragen ausnahmslos altertümliche Züge); E . Lohmeyer, Das Evgl. d. Mt, Göttingen s 1962, Exkurs zu Mt 518 S. 108—109; die Ansicht von T. W. Manson, The Teaching of Jesus, 2. A. Nachdr. 1948, 207, Jesus wollte durch diese Einleitung die prophetische Vollmachtsformel »so spricht der Herr« ersetzen, ist eine bloße Vermutung und von M. historisch nicht bewiesen; B . Noack, Zur johanneischen Tradition, Kopenhagen 1954, 65—71; J . C. O'Neill, The Six Amen-Sayings in Luke, i n : J T h S t N S 10 (1959) 1—9 (eine »Theologie« der lc Amen-Worte: L c behält das Amen nur dort, wo der Satz sich auf das Leben der Christen bezieht); B e r g e r . Die Amen-Worte Jesu

1

2

Das Problem

neuerdings auf ein Ostrakon aus Mezad Chashavjahu verwiesen, auf dem der Satz »Amen, ich bin unschuldig« eine frühe Verwendung von Amen am Anfang von Aussagesätzen bezeuge, die der im Munde Jesu entspreche. Diese Feststellung erweist sich aber als unzutreffend, da auf dem genannten Ostrakon zu lesen ist 3 : »Meine Brüder antworten E . Peterson, ' E I S © E O S , Epigraphische, formgeschichtliche und religionsgeschichtliche Untersuchungen, Göttingen 1926 (S. 167. 1 7 9 , 2 . 2 3 2 f . 3 2 5 ) ; E . Pfeiffer, D e r alttestamentliche Hintergrund der liturgischen F o r m e l »Amen«, i n : K D 4 (1958) 1 2 9 — 1 4 1 (das Amen bekräftigt eine T a t s a c h e , die sich erst in Zukunft durchsetzen wird •— vor allem unter Berufung auf J . Pedersen, Der E i d bei den Semiten, Straßburg 1914, 1 3 1 ) ; H. Revel, Art. Amen, i n : J E I 2 2 3 f . ; H . Schlier, Art. 'Amiv, i n : T h W B I 3 3 9 — 3 4 2 (Amen betrifft i m m e r die mit der Person J e s u verbundene Geschichte des Reiches Gottes und e n t h ä l t »die ganze Christologie in nuce«); A. Schlatter, Mt (1948) 1 5 5 v e r t r a t die Theorie, das Amen zu Satzbeginn sei die Bestätigung dessen, was J e s u s jeweils von G o t t gehört h a b e ; H. Schürmann, Die Sprache des Christus/Sprachliche B e o b a c h t u n g e n an den synoptischen Herrenworten, i n : B Z N F 2 (1958) 5 4 — 8 4 , 6 7 ; S t r . - B i l l I , 2 4 2 — 2 4 4 ; L . H. Silbermann, Farewell t o 6 d ^ v / A Note on R e v 3, 14, i n : J B L 82 (1963) 2 1 3 — 2 1 5 (das 6 ct|jtf|V in Apc 3 u sei P r o v 8 22-31 (30) entlehnt und sei die Wiedergabe von flÖN = R a t g e b e r bei der Schöpfung.); G. Stählin, Zum Gebrauch von Beteuerungsformeln i m N T , i n : N T 5 (1962) 1 1 5 — 1 4 3 ; A. Stuiber, Art. Amen, i n : J a h r b . f. Antike u. Chr. 1 (1958) 1 5 3 — 1 5 9 . 2

8

Art. Amen, i n : Theologisches Begriffslexikon zum Neuen T e s t a m e n t (L. Coenen, E . Beyreuther, H. B i e t e n h a r d ) , Wuppertal 1967, S. 1 2 — 1 4 . E d . J . Naveh, A Hebrew L e t t e r from the seventh Century B . C., i n : Isr E x p l J o u r n 10 (1960) 1 2 9 — 1 3 9 , Z. 1 0 : T1X BmW7\ DD3 T N D1S?p>n ^ IMP TIN V d I n a m T P n n t r s a "Tips p N IMP (nach der Ubersetzung von N a v e h : »And all m y brethren will witness on m y behalf, t h e y who reap with me in t h e h e a t of t h e sun, m y brethren will witness on m y behalf .Verily', I a m free of guilt. R e s t o r e m y garment.« D e r Zusammenhang i s t : E i n Mann, der bei der E r n t e beschäftigt war, beschwert sich über die Konfiszierung seines Mantels und b i t t e t den Vorgesetzten, entweder den Mantel selbst zurückzugeben oder für die R ü c k gabe zu intervenieren, da er unschuldig sei. Die Brüder, die mit dem Angeklagten zusammen gearbeitet haben, können seine Unschuld bezeugen und seine Aussage m i t »Amen« antwortend bestätigen. E i n e andere syntaktische Verbindung ist nicht sinnvoll; sonst würde es sich um eine bloße und unmotivierte Aufnahme des ''V IMP aus Z. 10 handeln. -— 712S7 bedeutet ursprünglich »antworten«, wird dann in zunehmendem Maße term, techn. der Gerichtssprache und besagt dann jedes Vorbringen vor Gericht überhaupt (vgl. dazu H. J . Boecker, Redeformen des Rechtslebens i m Alten T e s t a m e n t . Neukirchen 1 9 6 4 ( W M A N T ; 14), S. 1 0 3 Anm. 3). Hier handelt es sich u m einen Beleg für eine sehr altertümliche Verwendung: es handelt sich um das Antworten der Zeugen, das als B e s t ä t i g u n g der Aussage des Angeklagten gedacht ist (zumeist m i t dem Akk. der Person konstruiert; mit 3 in Gen 30 33 I S a m 12 3; mit ^ auch in E z 14 4 . 7 ) . — Das Ostrakon ist so zwar kein Beleg für die Verwendung von Amen a m Satzbeginn, wohl aber ein wertvolles Zeugnis für die Verwendung von Amen i m nicht-sakralen Bereich der Rechtspflege (bestätigende Antwort des Zeugen). V o n daher sind

Das Problem

3

mir: Amen. Ich bin unschuldig.« Es bleibt daher dabei, daß Amen am Satzanfang für den hebr. und aram. Sprachgebrauch nicht nachweisbar ist. — Zum zweiten Punkt hat insbesondere J. Jeremias das Amen für ein sicheres Indiz des Vorliegens von »ipsissima vox« gehalten und dafür bislang keinen ausdrücklichen Widerspruch erfahren. J. Jeremias hat aber das Verdienst, nahezu als einziger in der neueren Exegese die Frage nach der überlieferungsgeschichtlichen Funktion der Amen-Worte Jesu überhaupt gestellt zu haben, und eine Weiterarbeit ist nur auf gleichfalls philologischer Basis möglich. auch Texte wie Num 6 22 Dtn 27 15 ff. Jer 11 5 Neh 613 so zu verstehen, daß das Amen die bestätigende Aussage von Zeugen ist. — Vgl. dazu auch I. Lande, Formelhafte Wendungen der Umgangssprache im Alten Testament, 1949. 1954, S. 112, die Amen unter Hinweis auf I Reg 1 36 aus der Umgangssprache ableitet.

1

I. Die Herleitung der Amen-Formel zu Satzbeginn 1. A m e n - W o r t e in der j ü d i s c h - g r i e c h i s c h e n A p o k a l y p t i k A. Testamentum Abrahae Rez. A VIII In der jüdisch-griechischen Apokalyptik gibt es mindestens zwei Belege für die Verwendung von Amen am Satzanfang, die der im Munde Jesu genau entspricht: Test. Abr. Rez. A V I I I (ed. James p. 85, 19f.): ö t i t ö S e Aeysi KÜpios 6 Oeds ctou o eiaccyaycbv cte . . . 6 eOAoynaas cte . . . ö 5iavoi|as . . . Kai xapicrä^os . . .' 'A|ii)V Aeyoo aoi öti EuAoycov EuÄoyf)aoo ae Kai uAr|9üvGov ttAt|0uvco tö a-nippa aou, Kai Scoaco aoi -rrdinra öaa av a i T r i a ^ s irap' ehoO, ö t i eycb ei|ii Kupios 6 0eos aou Kai irAriv E|ioO oük ecttiv dAAos. Auf eine Reihe von partizipial formulierten Attributen Gottes, die sich auf sein bisheriges Wirken an Abraham beziehen, folgt — durch aiafiu Aeyco ctoi ö t i eingeleitet — eine Segensformel, die den atl Texten Gen 22 17 L X X 16 10 Dtn 4 35. 39 Jes 44 6. 8 45 5. 6. 22 49 6 entspricht. Die Verheißung der Gebetserhörung entstammt späterer Abraham-Überlieferung (Test. Abr. Rez. B 12; vgl. Gen 2017 I823-32). Die Einleitung der Segensformel durch ct|jrf)v Asyco aoi öti entspricht der von Gen 22 17 L X X : f) nqv EuAoycöv EuAoyr|aco (MT: -3; syr: 0). — In L X X ist ?i ti-qv auch in Gen 42 16 Hi 27 3 auf "O zurückführbar. In einer ähnlichen Schwurformel begegnet fj pr)U in Num 14 23 für DS (?) |jfiv ouk övyovrai t t i v yfjv). Ebenso dient f) liqv an einer Reihe weiterer Stellen der L X X der Bekräftigung am Satzanfang, und zwar im Hinblick auf zukünftiges Handeln4. Die Codd bringen statt dessen häufig ei nr)v, das in der Funktion identisch ist. Dieser Befund läßt den Schluß zu, daß das djjiriv Aeyco aoi an unserer Stelle dem fj |ir|v der L X X in Funktion und Bedeutung entspricht: eine Einleitung von Schwur bzw. Verheißung. B. Testamentum Abrahae Rez. A X X In Test. Abr. Rez. A X X (ed. James p. 102) fragt Abraham den Tod: Ich frage dich, gibt es auch einen widersinnigen Tod ? . . . öcvocyyeiAov poi. Asyei ö Oocvaros" ap.'nv ¿ni]v Aeyw aoi ev aAr|0£ia 0eoO, öti ¿ßSoiiriKOVTa S u o Eiaiv ödvaToi. Kai eis uev Odvaros Cnrapxei ö 5 k a i o s 0

EX&ov öpov. Die Rede des Todes wird mit doppeltem Amen eingeleitet 4

So in Num 1428.35 Jdc 157 Hi I n (eüÄoyT|CTEi) 2 5 13 15 Ez 5 l l ; meist in R, während AB statt dessen Et nt|V haben.

Amen-Worte in der jüdisch-griechischen Apokalyptik

5

(wie in Joh) und hat darüberhinaus noch den verstärkenden Zusatz: »in der Wahrheit Gottes«. Die HS C hat an dieser Stelle drei Bekräftigungsformeln nebeneinander (kcci t { e c t t i v ö acopos Oavaros- ä p f ) V Aeyco croi, iSou avayyr|Aocv aoi, irdura ap-ricos yäp aoi Aeyco, Skaie 'Aßpaap), während es in E heißt: ¿[iriv Aeyco aoi ev ocAr|0eia: 0eoü. EC haben nur das einfache Amen, das also die gleiche Funktion wie das doppelte Amen erfüllt. — Eine gute formale Parallele ohne Amen findet sich in Test Dan 2 1: Der sterbende Patriarch spricht seine Kinder nach der Art der Testamente an: K a i vüv, t e k v c c |iou, iSoü eycb c r r r o ö v r i a K c o K a i ev aAr)0eig Aiyco üpTv öti eav lif) s TTOT' ÀUÀ£R|S EKTTECJE.

k) Meleagros, Anth Pai 12, 63: Nal

PFJU

Kal AlóScopos évi (JTÉpvois

TÓSE

s Tis eöccAAe Afcov. m) Damagetos 1403f. (VI ed. Gow-Page): vai |Jir|V ap.9' äpETrjcteSiaKpiSöv *AAis äsiSei öspuöv &va ^sIveiv alpia x^airra köviv. n) Leonidas von Tarent (ed. Gow-Page) X X V I I : 2133f.: vai uav cbaaCrrcos TOÜs ßoTpuas, aiTS uiAoirrai obpipoi a m xOSav öp-cpaKE; EUTpiiriKcv. o) Inschrift von Troezene, bei G. Kaibel, Epigr. Graeca 916 = C. I. 1187: TTiTÖEiCTÖai ÖedScopov lirel ttöAiv t|££t|cte tteukoAI^ois Äyavfjs ht|8ecti Trpoaraairis

vai IJT1V Kai kteAtectctiv.

18

So in L X X Hi 27 8 A: vai nfjv t1; y a p £cmv IAttIs dcrsßEi und bei Flavius Josephus Ant 17, 169: irapairAriaia Kai m p l t ö f|Tpou K&Kcoais f)v, vai nr)v Kai toO alSoiou crrj^isCTKc£>Ar|KasipTroioöaa . . . 18 So Schwyzer, Grammatik I I 555. — Während es f ü r vai keine zusammenfassende Untersuchung gibt, ist eine solche für fj vorbereitet bei J. D. Denniston, The Greek Particles, Oxford 1934, S. 279—288, für miv S. 328—358; zu f) miv S. 351 f.: »•?) |ii|v introduces a strong and confident asservation, being used both in direct and indirect speech. I t is most frequently employed in oaths and pledges.« Vgl. dazu auch W. Dittenberger, Sprachliche Kriterien f ü r die Chronologie der platonischen Dialoge, in: Hermes 16 (1881) 323—337 (steigende Häufigkeit von fj miv). 20 Bei Eiden wird fj nr|V verwendet in: a) Horn h. Ap. 87: fj nr|v Ooißov . . . laaETai aiel ßconös. b) Xenophon Kyr II, 3, 12: aüv Oecov öpKcp Asyco, fj |jtf)V lnol SokeI Küpos, oÜCTTlvas av öpä äyaQoOs cpiAsIv o05ev f)TTov £ocutoö, ibd. VII, 2,12; VI, 2, 3; Anab II, 3, 27; Hell III, 4, 5. 6. c) Andokides I, 126: öj^octev fj iit)V Eivai ol ulöv aAAov. d) Isokrates 18, 53: [JEiiapTupriKcbs fj nf|v Teövötvai ttiv ävöpcotrov. e) Piaton, Apol 22 a : vf) töv KÜva, ¿5 TAvSpes 'A6r|vaioi . . . fi tif)v lyä> eira0ov . . ., ferner: Phaedon 115 D; Phaedros 236 E ; Nomoi VI, 784 C; XI, 926 C. 936 E. 937 B; X I I , 954 A. f) Thukydides IV, 68; VI, 72: VIII, 33. 75. 81.

Vorbilder für die A m e n - E i n l e i t u n g in der

13

L X X

konstruiert, und der so eingeleitete Satz ist dann abhängig von Verben wie ( e t t - ) ö u v ü v c « , mora Si86vai, -AaßeTv, O i r o c r x e o ^ a i , papTupeiv oder vom Nomen ö p K o s , dessen Inhalt angegeben wird21. Oft wird es auch zur bloßen Bekräftigung gebraucht22. Zum Vergleich mit dem ntl Gebrauch von Amen sind die Fälle besonders aufschlußreich, in denen der Sprecher die Tatsache seines Sprechens redupliziert (durch fjv (£