Dichtung zwischen Römern und Vandalen: Tradition, Transformation und Innovation in den Werken des Dracontius 3515120890, 9783515120890

Dracontius, ein Dichter des vandalischen Nordafrika, rückt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft. Die Autorinnen und

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Dichtung zwischen Römern und Vandalen: Tradition, Transformation und Innovation in den Werken des Dracontius
 3515120890, 9783515120890

Table of contents :
INHALTSVERZEICHNIS
VORWORT
ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DRACONTIUS IN DER KULTUR UND LITERATUR SEINER ZEIT
(Étienne Wolff)
Forme et signification de la référence romaine
dans la poésie de Dracontius
(Angelo Luceri)
Ne pereat Carthago: La Cartagine di Draconzio tra mito,
storia e realtà biografica
(Helen Kaufmann)
Dracontius im Kontext der nordafrikanischen Dichtung der Spätantike
(Konrad Vössing)
Barbaris qui Romulidas iungis auditorio: Dracontius’ Lehrer und die
römische Schule im vandalischen Africa seiner Zeit
INNOVATION UND TRANSFORMATION: DIE ARBEIT AM, DURCH UND MIT DEM MYTHOS IN DEN CARMINA PROFANA
(Antonella Bruzzone)
Il potere delle favole antiche. L’‘Hylas’ di Draconzio, esempio di paideia
per i Vandali d’Africa
(Annick Stoehr-Monjou)
Die Götter in der Ethopoiie des Dracontius (Romul. 4). Doppelbödigkeit
in der „Sprache des Romulus“?
(Christine Schmitz)
Warum der Trojanische Krieg stattfindet – Dracontiusʼ performative
Aktualisierung des ‘raptus Helenae’
(Miryam De Gaetano)
La παιδεία musicale di Achille nel Romul. 9
(Thomas Gärtner)
Struktur und Moral in den mythologischen Großdichtungen des Dracontius
ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DICHTERISCHE TECHNIKEN VON INNOVATION UND TRANSFORMATION
(Anna Maria Wasyl)
Dracontius’s miniature epic and the aesthetics of pantomime. Visualizing
myths, theatricalizing reality
(Stefan Freund)
Dichten über das Dichten. Reflexionsfiguren bei Dracontius
(Christoph Schubert)
Sprachkunst als Mittel der Identitätsbildung bei Dracontius?
(Katharina Pohl)
Komik in den Dichtungen des Dracontius
ALS ANHÄNGER DES NIZÄNISCHEN CREDOS ZWISCHEN ANHÄNGERN DES ARIANISCHEN GLAUBENS: ASPEKTE DER CHRISTLICHEN DICHTUNGEN DES DRACONTIUS
(Hedwig Schmalzgruber)
Mutter Erde in Dracontius’ Bibelepos ‘De laudibus Dei’
(Silke Diederich)
Dracontius auf Konfrontationskurs. Widerständige Positionen in
‘De laudibus Dei’
GESAMTBIBLIOGRAPHIE ZU DRACONTIUS 1791–2018
INDEX NOMINUM ET RERUM
VERZEICHNIS DER BEITRÄGER

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Dichtung zwischen Römern und Vandalen Tradition, Transformation und Innovation in den Werken des Dracontius Herausgegeben von Katharina Pohl

Klassische Philologie Franz Steiner Verlag

Palingenesia – 118

Palingenesia Schriftenreihe für Klassische Altertumswissenschaft Begründet von Rudolf Stark Herausgegeben von Christoph Schubert Band 118

Dichtung zwischen Römern und Vandalen Tradition, Transformation und Innovation in den Werken des Dracontius Mit einer Gesamtbibliographie zu Dracontius Herausgegeben von Katharina Pohl

Franz Steiner Verlag

Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Stadtsparkasse Wuppertal

Coverabbildung: Phönix aus einem byzantinischen Mosaik aus Antiochia am Orontes, jetzt im Louvre (Paris) © akg-images / Erich Lessing Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig und strafbar. © Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2019 Druck: Hubert & Co, Göttingen Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigem Papier. Printed in Germany. ISBN 978-3-515-12089-0 (Print) ISBN 978-3-515-12091-3 (E-Book)

INHALTSVERZEICHNIS Vorwort ...............................................................................................................

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ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DRACONTIUS IN DER KULTUR UND LITERATUR SEINER ZEIT Étienne Wolff Forme et signification de la référence romaine dans la poésie de Dracontius ............................................................................... 17 Angelo Luceri Ne pereat Carthago: La Cartagine di Draconzio tra mito, storia e realtà biografica ...................................................................................... 25 Helen Kaufmann Dracontius im Kontext der nordafrikanischen Dichtung der Spätantike ............ 45 Konrad Vössing Barbaris qui Romulidas iungis auditorio: Dracontius’ Lehrer und die römische Schule im vandalischen Africa seiner Zeit.......................................... 59 INNOVATION UND TRANSFORMATION: DIE ARBEIT AM, DURCH UND MIT DEM MYTHOS IN DEN CARMINA PROFANA Antonella Bruzzone Il potere delle favole antiche. L’‘Hylas’ di Draconzio, esempio di paideia per i Vandali d’Africa ......................................................................................... 89 Annick Stoehr-Monjou Die Götter in der Ethopoiie des Dracontius (Romul. 4). Doppelbödigkeit in der „Sprache des Romulus“? .......................................................................... 97 Christine Schmitz Warum der Trojanische Krieg stattfindet – Dracontiusʼ performative Aktualisierung des ‘raptus Helenae’ ................................................................... 109

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Inhaltsverzeichnis

Miryam De Gaetano La παιδεία musicale di Achille nel Romul. 9 ..................................................... 133 Thomas Gärtner Struktur und Moral in den mythologischen Großdichtungen des Dracontius .... 153 ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DICHTERISCHE TECHNIKEN VON INNOVATION UND TRANSFORMATION Anna Maria Wasyl Dracontius’s miniature epic and the aesthetics of pantomime. Visualizing myths, theatricalizing reality............................................................................... 167 Stefan Freund Dichten über das Dichten. Reflexionsfiguren bei Dracontius ............................ 189 Christoph Schubert Sprachkunst als Mittel der Identitätsbildung bei Dracontius? ............................ 205 Katharina Pohl Komik in den Dichtungen des Dracontius .......................................................... 231 ALS ANHÄNGER DES NIZÄNISCHEN CREDOS ZWISCHEN ANHÄNGERN DES ARIANISCHEN GLAUBENS: ASPEKTE DER CHRISTLICHEN DICHTUNGEN DES DRACONTIUS Hedwig Schmalzgruber Mutter Erde in Dracontius’ Bibelepos ‘De laudibus Dei’ .................................. 253 Silke Diederich Dracontius auf Konfrontationskurs. Widerständige Positionen in ‘De laudibus Dei’ ................................................................................................ 261 Gesamtbibliographie zu Dracontius 1791–2018................................................. 273 Index Nominum et Rerum .................................................................................. 291 Verzeichnis der Beiträger ................................................................................... 299

VORWORT Der vorliegende Band ist das Ergebnis einer Tagung, die am 3. und 4. November 2016 an der Bergischen Universität zum Thema „Reddere urbi litteras. Wandel und Bewahrung in den Dichtungen des Dracontius“ stattfand. Unter dem rahmengebenden Thema der Konferenz entstand eine kontroverse Diskussion über das komplexe Problem, inwieweit der spätantike, nordafrikanische Dichter Blossius Aemilius Dracontius römische Traditionen bewahrt oder weiterträgt und inwieweit er diese anpaßt, verändert oder erneuert. Konkret äußerte sich dies u. a. in Fragen nach dem Adressatenkreis, d. h. ob sowohl Römer als auch Vandalen als Rezipienten intendiert sind, dem Anspruch der Dichtung und dem Selbstverständnis des Dichters. Als für diese Themenkomplexe relevant erwiesen sich immer wieder die historischen Umstände, in denen Dracontius lebt und schreibt:1 An der Schwelle vom 5. zum 6. Jahrhundert vollziehen sich durch Migrationsprozesse entscheidende Veränderungen im sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Leben des römischen Nordafrica: Im Jahre 429 setzen etwa 80.000 Vandalen, angezogen vom Reichtum und von der kulturellen Blüte der nordafrikanischen Provinzen, nach ihrem Zug durch Mittel- und Westeuropa über die Straße von Gibraltar. Von dort aus erobern sie die römische Provinz und schließlich auch die nordafricanische Metropole Karthago, die von da an ihr Herrschersitz sein wird. Die Auswirkungen dieses Migrationsprozesses sind zunächst im politischen, ökonomischen und religiösen, dann auch im sozialen und kulturel1

Die Ausführungen des Vorworts dienen der Einleitung und besitzen daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Geschichte und historischen Umstände des vandalischen Africa vgl. z. B. Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.): Das Königreich der Vandalen. Erben des Imperiums in Nordafrika, Mainz 2009; Ralf Bockmann: Capital continuous: A study of governance and society in Vandal Carthage and central North Africa from an archaeological perspective, Wiesbaden 2013; J. Partout Burns / Robin M. Jensen: Christianity in Roman Africa. The Development of its Practices and Beliefs, Cambridge 2014; Jonathan Conant: Staying Roman. Conquest and Identity in Africa and the Mediterranean, Cambridge 2012, 147; Nicoletta Francovich Onesti: I Vandali. Lingua e storia, Roma 2002; Jean-Marie Lassère: Africa, quasi Roma. 256 av. J.-C.–711 apr. J-C., Paris 2015; Andy Merrills (Hrsg.): Vandals, Romans and Berbers. New Perspectives in Late Antique North Africa, Aldershot 2004; Andy Merrills / Richard Miles: The Vandals, Oxford 2010; Roland Steinacher: Die Vandalen. Aufstieg und Fall eines Barbarenreichs, Stuttgart 2016; Yves Modéran: Les Vandales et l’Empire Romain, Arles 2014; Konrad Vössing: Schule und Bildung im Nordafrika der Römischen Kaiserzeit, Bruxelles 1997, 418–435; Konrad Vössing: Victor von Vita. Kirchenkampf und Verfolgung unter den Vandalen in Africa. Herausgegeben, eingeleitet und übersetzt, Darmstadt 2011; Konrad Vössing: Das Königreich der Vandalen, Darmstadt 2014; Konrad Vössing: König Gelimers Machtergreifung in Procop. Vand. 1,9,8, RhM 159, 2016, 416–428; Konrad Vössing: Die Vandalen, München 2018; Konrad Vössing: Das Vandalenreich unter Hilderich und Gelimer (523–534 n.Chr.): Neubeginn und Untergang (NordrheinWestfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste, Geisteswissenschaften. Vorträge, G 456). Paderborn 2019.

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Vorwort

len Bereich enorm. Dies verwundert nicht, treffen doch ganz verschiedene, zum Teil auch gegensätzliche Traditionen, Gewohnheiten, Charaktere, Glaubensansichten und Selbstverständnisse aufeinander, die nun miteinander oder zumindest nebeneinander leben müssen. Der Umgang der Vandalen mit den im römischen Nordafrica vorgefundenen Ressourcen erweist sich weder als konsequent zerstörerisch noch als konsequent konservierend, so daß in den konkreten Einzelfällen eine gesonderte Betrachtung und Bewertung erforderlich ist. Zum einen kommt es, was die politische Situation angeht, durch die Herrschaft der Vandalen zu umwälzenden Veränderungen, als ehemals römisch kontrolliertes Gebiet unter Fremdherrschaft gerät. Dabei geschieht etwas, das über den Schock der Eroberung Roms 410 in seiner Langzeitwirkung noch hinausgeht: Römische Identität muß (und kann) auch unter etablierter Fremdherrschaft funktionieren. Eine ähnliche Machtverschiebung zeigt sich innerhalb des Sozialgefüges, wo die ökonomischen Ressourcen in die Hände der neuen Herren fallen und es durch deren Eroberungen zu Zerstörungen kommt. Auch hinsichtlich einer religiösen Dimension erhält der im Kern ethnisch-politische Konflikt dadurch Bedeutung, daß die Vandalen dem „Arianismus“ anhängen, die Römer dem nizänischen Bekenntnis. Schließlich sind im an sich multiethnischen nordafricanischen Raum erstmals nach Jahrhunderten nicht mehr römische Kultur und die lateinische Sprache Attribute der Führungsschicht. Zum anderen aber bringen die neuen Herrscher der römischen Kultur und Bildung eine hohe Achtung entgegen. Das empfundene Kulturgefälle gilt als wichtiger Faktor, der die Migration nach Nordafrica attraktiv erscheinen läßt. Wie weit jedoch diese Achtung geht und, vor allen Dingen, inwieweit eine Akkulturierung des vandalischen Volkes in diese Tradition erstrebenswert erschien und erstrebt wurde, wird in der Forschung kontrovers diskutiert. Ein Beispiel dafür ist etwa die Frage, ob Gunthamund die voraussetzungs- und anspielungsreiche ‘Satisfactio’ in ihrem literarischen Wert goutieren konnte und Dracontius sie mit diesem Ziel verfaßte, oder ob der Autor das Werk nur im Bewußtsein der Tradition, seiner dichterischen Vorgänger und seiner selbst als Dichter schrieb. In jedem Fall blieb die Bemühung fruchtlos, führte doch das Gedicht nicht zur Freilassung. Die Wertschätzung der antiken römischen Kultur dürfte sich bei den einzelnen Vandalenherrschern unterschieden haben und keine Konstante des politischen Selbstverständnisses mehr gewesen sein. Jedenfalls spiegelt sich aus den genannten Gründen der Migrationskonflikt nicht zuletzt auch in den Bereichen Kultur, Bildung und Literatur, und wird dort für uns gleichfalls durch die literarischen Zeugnisse, die gewisse Einblicke in Wahrnehmung, Austragung und Bewältigung des Migrationskonfliktes bieten, faßbar – u. a. in den Werken des Dracontius. Der Dichter Dracontius spielt aber nicht nur seinerseits als Zeitzeuge in der Erforschung der Vandalenherrschaft in der ehemals römischen Provinz Nordafrica eine bedeutende Rolle, er bietet auch durch sein beinahe einzigartiges Œuvre von klar christlich geprägten und klar pagan geprägten Gedichten ein vielfältiges Anknüpfungsangebot. Die beiden Werkteile sind nicht als Repräsentanten verschiedener Lebensabschnitte zu interpretieren, sondern stehen offenbar konfliktlos nebeneinander. Dies wird möglich durch die weitgehende Loslösung der römischen

Vorwort

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Bildung und Literatur von ihrem ethnisch-religiösen Bezug: Die (römisch-griechischen) Götter des Mythos werden zu Denkfiguren, die klassische Antike wird vom identitätsstiftenden Besitz einer politisch definierten Gemeinschaft – hier der Römer – zum verfügbaren Allgemeingut. Die in den Gedichten des Dracontius erkennbaren Strukturen von Aktualisierung, Adaption, Neuinterpretation und Neuakzentuierung können – darüber wird jedoch kontrovers diskutiert – als Unterhaltung für jedermann oder auch als Chiffre einer kritischen Haltung in dieser neuen multiethnischen Gemeinschaft geeignet sein. Unabhängig davon, wie der Einsatz des Mythos bei Dracontius verstanden und interpretiert wird, zeigt sich überall die künstlerische Innovativität und dichterische ars des nordafricanischen Autors. Im vorliegenden Tagungsband sind die Beiträge versuchsweise zu vier größeren Themenkomplexen zusammengestellt, die thematisch und gedanklich enger Zusammengehöriges miteinander verbinden. Diese Einteilung versteht sich jedoch nicht als enge Grenze, sondern besitzt für den Band eine strukturgebende Funktion, um die unterschiedlichen Problemkreise, die den Dichter und sein Werk betreffen, augenfällig zu machen. Insgesamt soll der Band, der sich dezidiert nicht als Compendium begreift, die bereits angeklungenen divergierenden Ansichten und die kontroversen Forschungsdiskussionen widerspiegeln sowie zu weiteren diskursiven Auseinandersetzungen anregen. Im ersten Teil („Als Römer zwischen Vandalen: Dracontius in der Kultur und Literatur seiner Zeit“), untersuchen die Beiträge zum einen Dracontius’ Wirkung auf ihn umgebende Literatur sowie den Einfluß zeitgenössischer Autoren auf ihn, den Umgang des Dracontius mit den politischen und kulturellen Gegebenheiten seiner Zeit, seine Rolle und Lebensbedingungen als Römer unter den Vandalen. Es zeigt sich in allen Beiträgen, wie schwer Nähe oder Distanz zwischen den Gruppen zu fassen und zu bestimmen sind. Zunächst beschreibt ÉTIENNE WOLFF in seinem Beitrag „Forme et signification de la référence romaine dans la poésie de Dracontius“ zwei mögliche, spannungsreiche Funktionen, die der Bezug des Dichters zum Römertum (etwa durch den Einsatz griechisch-römischer Exempla und mythischer Stoffe) besitzen kann: Er könne einerseits die römische Bevölkerung in ihrer Kultur und Sprache von den Vandalen abgrenzen, andererseits aber auch der Bildung der neuen Herren und ihrer Einbeziehung in die römische Tradition dienen. HELEN KAUFMANN fragt in ihrem Aufsatz „Dracontius im Kontext der nordafrikanischen Dichtung der Spätantike“ nach sprachlichen und inhaltlichen Parallelen zwischen der Dichtung des Dracontius und Dichtungen der ‘Anthologia Latina’ sowie anderer zeitgenössischer Autoren. Sie zeigt einerseits, welch eine intensive Wirkung Dracontius an besonders virulenten Stellen auf die ihn umgebende Literatur ausübt, und andererseits die Schwierigkeit, sichere Parallelen zu bestimmen. In seinem Beitrag mit dem Titel „Ne pereat Carthago: La Cartagine di Draconzio, tra mito, storia e realtà biografica“ nähert sich ANGELO LUCERI dem Verhältnis des Dracontius zu seiner Heimatstadt. Er weist nach, daß dieses grundsätzlich schwer faßbare Verhältnis, das gleichzeitig die Beziehung zu den herrschen-

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Vorwort

den Vandalen aufzeigt, in enger Verbindung zur jeweiligen persönlichen Lebenssituation des Dichters steht. So vollziehe sich eine Wandlung des Verhältnisses von der Beschreibung einer rivalisierenden Distanz zwischen Rom und Karthago in Romul. 5 hin zu felix Carthago unter dem neuen Herrscher nach der Befreiung des Dichters aus dem Gefängnis (Romul. 6). Der Artikel von KONRAD VÖSSING („Barbaris qui Romulidas iungis auditorio: Dracontius’ Lehrer und die römische Schule im vandalischen Africa seiner Zeit“) weist bereits auf die folgende Themengruppe des Bandes voraus, indem die in Romul. 1 und dem darin enthaltenen Orpheus-Mythos dargestellte Beziehung zwischen Römern und Vandalen untersucht und interpretiert wird. Vössing entromantisiert die Vorstellung von einem gemeinsamen Lernen der Römer und Vandalen auf derselben Schulbank bei Felicianus, indem er den unterschiedlichen Stellenwert, den die Bildung für die beiden Gruppen besitzt, aufzeigt, der eine gemeinsame Ausbildung von vornherein ausschließe. Die unter „Innovationen und Transformationen: Die Arbeit am, durch und mit dem Mythos“ zusammengefaßten Aufsätze beleuchten in kontroversen Diskussionen die Sicht des Dracontius auf die neuen Herren des Landes und inwieweit er ihnen ein Bildungs- und Inkulturationsangebot macht oder ihnen einen entsprechenden Zugang eher verweigert. In diesem Zusammenhang sind der Mythos, seine Deutung und seine Ausgestaltung wichtige Werkzeuge. Die griechischrömischen Mythen sind unbestreitbar ein konstituierendes Traditionsgut der Römer, das sie entweder zugänglich machen oder als ein Mittel der Abgrenzung und als Chiffre für politische Zustände gebrauchen können. Der Beitrag von ANTONELLA BRUZZONE, überschrieben mit „Il potere delle favole antiche. L’‘Hylas’ di Draconzio, esempio di paideia per i Vandali d’Africa“, fungiert gleichsam als Übergang von der ersten zur zweiten thematischen Gruppierung des Bandes. Sie arbeitet einen Entwurf zur Beziehung zwischen Römern und Vandalen heraus, indem sie einem Bildungsangebot, das Dracontius den Vandalen in Romul. 2 macht, nachspürt. Sie umreißt in diesem Zusammenhang die Funktion und Bedeutung der Literatur in den Augen des Dracontius, der er einen Bildungsauftrag zugesteht. Weiterhin widmet sich ANNICK STOEHR-MONJOU in ihrem Beitrag mit dem Titel „Die Götter in der Ethopoiie des Dracontius (Romul. 4). Doppelbödigkeit in der ‚Sprache des Romulus‘?“ einem der rhetorisch-mythologischen Gedichte. Sie untersucht die in Romul. 4 dargestellte Figurenkonstellation in Verbindung mit der vorangehenden Widmung an Felicianus und deutet das carmen mit Blick auf intertextuelle Anspielungen politisch: Diese implizierten eine negative Haltung der Römer gegenüber den eingedrungenen Vandalen. Mit Blick auf ‘De raptu Helenae’ zeigt CHRISTINE SCHMITZ in ihrem Aufsatz „Warum der Trojanische Krieg stattfindet – Dracontius’ performative Aktualisierung des ‘raptus Helenae’“ anschaulich die unterschiedlichen Aspekte der Neugestaltung des Mythos durch Dracontius. Diese Neugestaltung bewegt sich ganz auf der Grenze zwischen Wandel und Bewahrung, trägt sie doch die alte römische Tradition in die neue Zeit hinein, präsentiert sie gleichzeitig neu und in verschiedener Hinsicht variiert. Die neuen Akzente, die Dracontius setzt und die Christine

Vorwort

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Schmitz herausarbeitet, betreffen insbesondere die Kombination unterschiedlicher Mythenversionen, die Kriegsschuldfrage und den Ehebruch. Über „La παιδεία musicale di Achille nel Romul. 9“ handelt der Beitrag von MIRYAM DE GAETANO, in dem sie der von Dracontius erwähnten, für den Mythos bedeutsamen Bildung Achills in diesem rhetorischen Gedicht und ihrer kritischpolitischen, anti-vandalischen Dimension nachgeht. Wie in der Untersuchung von Annick Stoehr-Monjou wird das mythologisch-rhetorische Gedicht zu einem Medium politischer Kritik und Abgrenzung von den Vandalen. Die größeren mythologischen Epyllia betrachtet abschließend in diesem Reigen der Beiträge THOMAS GÄRTNER unter dem Titel „Struktur und Moral in den mythologischen Großdichtungen des Dracontius“. Er zeigt darin die strukturelle und inhaltliche Parallelität der drei Dichtungen ‘Raptus Helenae’, ‘Medea’ und ‘Orestes’. Die vom Dichter-Erzähler selbst moralisch verurteilten jeweils ehebrecherischen „Helden“ werden als Figuren des jeweiligen Mythos neu akzentuiert und geben Zeugnis von der „produktiven Rezeption“ der überkommenen Tradition durch Dracontius. Die im Folgenden unter der Überschrift „Als Römer zwischen Vandalen: Dichterische Techniken von Innovation und Transformation“ gruppierten Beiträge reflektieren über grundlegende Eigenschaften und innovative sowie transformatorische Parameter der dracontianischen Dichtung im Verhältnis zu der Lebenssituation des Dichters. Es wird die Frage gestellt, an welcher Position in der sozialen, kulturellen und religiösen Gemengelage der Dichter sich selbst sieht, und ob seine Dichtung eher als inkludierend oder exkludierend zu betrachten ist. Dabei behandelt zuerst ANNA MARIA WASYL in „Dracontius’s Miniature Epic and the Aesthetics of Pantomime. Visualizing myths, Theatricalizing Reality“ die Gattungskreuzung der Epyllien mit „niederen“ Gattungen als Moment einer Dichtung, die das reale Leben betrifft. Es gelinge dem Dichter, intellektuell anspruchsvolle Fragen des menschlichen Lebens durch Adaption des Mythos ansprechend zu behandeln. STEFAN FREUND widmet sich in seiner Arbeit („Dichten über das Dichten. Reflexionsfiguren bei Dracontius“) dem Selbstverständnis des Dichters, indem er dessen dichterische Reflexionsfiguren in den Blick nimmt. Er beobachtet eine Diskrepanz zwischen der Poetologie des Dichters in den paganen und in den christlichen Gedichten und berührt damit den zweiten großen Forschungskomplex, den der Dichter Dracontius bietet: seine Verankerung in der traditionellen paganen Literatur einerseits und andererseits in der bereits existenten christlichen Dichtung. Aus den metapoetischen Äußerungen lasse sich auf beiden Seiten eine herausgehobene Stellung des Dichters beobachten: in den ‘Carmina profana’ etwas offensiver und selbstbewußt an die vorangehenden Autoren angeschlossen, in den christlichen Gedichten etwas subtiler und mit deutlicher Rücksicht auf den in diesen Gedichten gepriesenen Gott. In seinem mit „Sprachkunst als Mittel der Identitätsbildung bei Dracontius?“ überschriebenen Beitrag betrachtet CHRISTOPH SCHUBERT den Stil des Dichters, um daraus Erkenntnisse für dessen dichterisches Selbstverständnis auch im Hinblick auf die Einbeziehung der oder Abgrenzung von den Vandalen sowie deren Verhältnis zu ziehen. Es zeigt sich, daß die kunstvolle, von Imitationen verschie-

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Vorwort

denster Art durchsetzte Sprache des Dichters den Zugang nicht verweigere, da sie im Prinzip keine zusätzlichen sinntragenden Elemente transportiere, die nur einem ausgewählten Publikum verständlich wären. Einen anderen Aspekt der dracontianischen Dichtung betrachtet KATHARINA POHL in ihrem Beitrag zur „Komik in den Dichtungen des Dracontius“. Darin eruiert sie exemplarisch an ausgewählten Stellen die auf verschiedenen Techniken basierenden komischen Elemente, die der Dichter erstmals oder zumindest pointierter in die bekannten Geschichten einfügt, um diese wieder neu und attraktiv zu gestalten. Die beiden letzten Beiträge des Bandes, die unter die Überschrift „Als Anhänger des nizänischen Credos zwischen Anhängern des arianischen Glaubens: Aspekte der christlichen Dichtungen des Dracontius“ gefaßt sind, widmen sich schließlich ganz den ‘Laudes dei’. Sie versuchen jeweils aus unterschiedlichen Blickwinkeln auszuloten, an welchen Stellen Dracontius verbindende Elemente mit seiner Umgebung und den vorangegangenen Autoren sucht, und an welchen Punkten er sich bewußt abgrenzt. Dabei untersucht HEDWIG SCHMALZGRUBER exemplarisch den Umgang des Dracontius mit dem Bild der terra mater creatrix. Seine Verwendung der ursprünglich einmal paganen Vorstellung schließt sich an die anderer christlicher Autoren an. Schließlich wendet sich SILKE DIEDERICH in ihrem Beitrag „Dracontius auf Konfrontationskurs. Widerständige Positionen in ‘De laudibus dei’“ den im christlichen Werk des Dichters hervorleuchtenden Konflikten zwischen Römern und Vandalen, Christen des nizänischen und Christen des arianischen Glaubens sowie zwischen christlicher und paganer Tradition zu. Sie erklärt die unterschiedlichen Positionen des Dracontius innerhalb desselben Werkes als von der jeweils rhetorisch-narrativen Situation, dem Adressaten und dem Thema abhängig. Angefügt ist dem Tagungsband eine Gesamtbibliographie der bisher zu Dracontius und seinen Werken erschienenen Literatur. Der Anspruch liegt dabei auf der möglichst vollständigen Sammung aller Titel, die sich in der Hauptsache dem spätantiken Dichter widmen. Publikationen, in denen Dracontius nur am Rande Erwähnung findet, sind von der Aufnahme großenteils ausgeschlossen worden. Die in den einzelnen Beiträgen dieses Sammelbandes nicht vollständig zitierten bibliographischen Angaben verweisen auf die Gesamtbibliographie. Es ist mir am Ende des Vorworts ein Anliegen und eine Freude, allen, die zum Gelingen der Tagung und zum Entstehen des Tagungsbandes beigetragen haben, einen herzlichen Dank zu sagen, ganz besonders allen Beiträgern für ihre Aufsätze und allen Kollegen für ihre Unterstützung bei der Tagungsorganisation. Zu größtem Dank verpflichtet bin ich meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Stefan Freund, der das Zustandekommen der Tagung sowie des Tagungsbandes ermöglicht und in jeder Hinsicht unterstützt und begleitet hat. Für die großzügige finanzielle Unterstützung bin ich weiterhin dem Rektorat der Bergischen Universität Wuppertal, dem „Verein der Freunde und Alumni der Bergischen Universität e.V. (FABU)“ sowie der Sparkasse Wuppertal sehr dankbar. Besonders herzlich sei Prof. Dr. Christoph Schubert (Erlangen) für die Aufnahme des Bandes in seine „Palingenesia“ und seine Tätigkeit als Herausgeber

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Vorwort

gedankt. Er hat das Entstehen des Bandes voller Geduld und Anteilnahme, durch Anregungen und Verbesserungsvorschläge sowie die gründliche Durchsicht aller Beiträge hilfreich begleitet. Für ihre Unterstützung bei den Korrekturlesearbeiten danke ich Dr. Donato De Gianni, Elisabeth Lösch, Prof. Dr. Thomas Riesenweber und Jun.-Prof. Dr. Stefan Weise. Anna Stöcker half dankenswerterweise bei der Erstellung des Index. Schießlich sei auch dem Franz Steiner Verlag, insbesondere Katharina Stüdemann und Andrea Hoffmann für die wunder- und fruchtbare Zusammenarbeit gedankt. Wuppertal, am Ostermontag 2019

Katharina Pohl

ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DRACONTIUS IN DER KULTUR UND LITERATUR SEINER ZEIT

FORME ET SIGNIFICATION DE LA RÉFÉRENCE ROMAINE DANS LA POÉSIE DE DRACONTIUS Étienne Wolff ABSTRACT On examine ici dans un premier temps la forme que prend la référence à la romanité dans la poésie de Dracontius. Puis on se demande si par cette référence constante à la romanité Dracontius peut exprimer une opposition aux Vandales, ou si au contraire le poète espère transmettre aux Vandales la culture romaine. On établit en particulier des comparaisons avec les auteurs d’époque vandale de l’‘Anthologie latine’.

La référence romaine est partout chez Dracontius. Elle prend des formes diverses et multiples. Il y a, d’abord, évidemment, le recours aux modèles poétiques romains. Il y a, ensuite, l’importance des exemples empruntés à l’histoire romaine. Il y a, enfin, la place du mythe dans sa poésie profane. Cet attachement à la romanité est culturel (comme chez un Sidoine Apollinaire) et aussi, on le verra, religieux. Mais quelle était la situation de la culture romaine en Afrique vandale ? Dans la préface à son epyllion intitulé ‘Hylas’, Dracontius, célébrant son maître Felicianus à qui il doit sa vocation poétique, dit de celui-ci qu’il a ramené à Carthage les belles-lettres qui en avaient été chassées : qui fugatas Africanae reddis urbi litteras (Romul. 1,13). La chronologie la plus vraisemblable veut que Dracontius, né vers 455–460, ait été l’élève de Felicianus avant 481, mais la pièce 1 des ‘Romulea’1 peut être un peu plus tardive. On interprète généralement ce vers comme une allusion à la réouverture des écoles à Carthage, qu’on associe à une « renaissance » culturelle vandale postérieure à Genséric (428–477) ou à Huniric (477–484). C’est une extrapolation, et le vers doit avoir un sens moins précis. Il est peu vraisemblable au reste que le pouvoir vandale ait décidé une fermeture administrative des écoles comme tel gouvernement moderne ferme les universités en cas de contestation ou de désordre estudiantin. Mais sans doute les troubles liés à l’installation des Vandales ont-ils considérablement perturbé le fonctionnement des écoles, voire empêché complètement parfois la tenue des cours. L’Afrique vandale n’était pas pour autant coupée du reste du monde, ni économiquement ni culturellement. Si la familiarité de Dracontius avec l’œuvre de Sidoine Apollinaire (né vers 431 ou 432) ou celle d’Avit de Vienne (né vers 450) que croit distinguer Mark Lewis Tizzoni2 n’est nullement 1 2

Nous continuons par commodité à utiliser le titre de ‘Romulea’ pour les dix pièces données par le Neapolitanus, bien qu’il ne se soit sans doute jamais appliqué à cette collection (voir plus bas). Tizzoni 2014.

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Étienne Wolff

prouvée, il existait des échanges de toute sorte, confirmés par la numismatique et les études céramologiques, avec l’Occident et avec le monde grec. Felicianus donc est loué pour avoir ramené à Carthage l’éclat de la culture romaine, c’est-à-dire un état culturel antérieur aux Vandales. Mais il a fait davantage. Le vers suivant nous dit : barbaris qui Romulidas iungis auditorio (Romul. 1,14). Il n’y a pas d’hésitation à avoir : Romulidas désigne les Romains (en tout cas les Romains d’Afrique ou Afro-Romains comme on dit parfois, qui ne constituaient pas nécessairement un groupe ethniquement homogène) et barbaris les Vandales. Felicianus, tel un nouvel Orphée3, les réunit dans son auditoire scolaire. Ce vers 14 a été abondamment discuté. On s’est demandé notamment comment Dracontius pouvait traiter les maîtres du moment de barbari4. Aucune réponse satisfaisante n’a été proposée. Il paraît au premier abord difficile de ne pas donner à barbaris un sens péjoratif. Cependant la présentation défavorable qui est faite de ces barbares dans le texte passe par une allégorie dont le sens n’était pas forcément immédiatement perceptible pour tous. Les Vandales pouvaient donc comprendre barbari au sens d’« étrangers »5 et ne pas s’offusquer du mot. Il est exclu en revanche de supposer que le texte était réservé à un public romain et n’était pas destiné à être lu par les Vandales : la chose est contredite par le contenu même de la préface, qui montre que les Vandales (ou du moins certains d’entre eux) s’intéressent à la culture puisqu’ils suivent l’enseignement de Felicianus ou le font suivre à leurs enfants6. Ce passage de Dracontius n’est pas isolé. Au début de l’‘Ad Trasamundum’ (1,2,2), l’évêque Fulgence de Ruspe fait l’éloge du roi Thrasamond (496–523), auquel il s’adresse, en soulignant qu’il est rare de trouver du goût pour la culture chez un « roi barbare » (barbari regis animum … tam feruenti cognoscendae sapientiae delectatione flammari). Et il précise que Thrasamond s’oppose en cela à l’ignorance habituelle des barbares, qui revendiquent l’ignorance comme leur propriété (quae sibi uelut uernacula proprietate solet inscitiam uindicare). Ainsi Thrasamond était traité de « roi barbare » par l’évêque Fulgence dans un texte qui n’était pas destiné à l’offenser, et il acceptait la chose. Felicianus initiait donc les Vandales à la culture romaine. Cet intérêt des Vandales pour la culture nous est confirmé par un poème de Luxorius, un des auteurs inclus dans l’Anthologie latine. Dans la troisième des pièces liminaires de son recueil (Anth. 289 R.2), il s’adresse à son livre, qui désire affronter le jugement du 3 4 5

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Stoehr-Monjou 2005. Voir Wolff 2009, 133 sq. Voire de « guerriers ». Le mot barbarus en effet, par des détours et des intermédiaires compliqués, a abouti à l’italien bravo et au français brave, voir Konrad Vössing : Das Königreich der Vandalen, Darmstadt 2014, 147 sq. Il a donc dû signifier « guerrier » à une époque intermédiaire entre le latin et les langues romanes. Vössing 2014, 100 sq., juge invraisemblable que les Vandales aient pu accepter un tel texte où ils sont traités de cruenta bestia et de barbari, et il en conclut que Dracontius s’adresse aux seuls Romains. Mais, même si c’était le cas, comment la teneur du poème aurait-elle réussi à échapper aux Vandales ? Les malheurs de Dracontius prouvent bien qu’il ne manquait pas à la cour de dénonciateurs malveillants.

Forme et signification de la référence romaine

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public, et prend la peine de préciser quels seront ses lecteurs potentiels en disant : si te despiciet turba legentium / inter Romulidas et Tyrias manus, « si, parmi la masse des Romains et des Tyriens la foule des lecteurs te regarde de haut » (Anth. 289,7 sq.). Les Romulidae sont, comme chez Dracontius, les populations romaines ou romanisées d’Afrique, et les Tyriae manus les Vandales, bien que ceux-ci n’aient rien à voir avec les Phéniciens fondateurs de Carthage. On notera la reprise de Romulidae, un mot rare et surtout poétique : Luxorius avait-il le texte de Dracontius à l’esprit ? Lui en tout cas ne traite pas les Vandales de barbares. Et son recueil montre des Vandales, sinon cultivés, du moins menant la vie raffinée de grands propriétaires (ainsi dans les pièces Anth. 304, 332, 369 R.2). Luxorius est postérieur à Dracontius, il écrivait sous les rois Hildéric (523– 530) et Gélimer (530–534). Le renouveau culturel que Dracontius attribuait à Felicianus une cinquantaine d’années plus tôt avait apparemment porté ses fruits, et la population vandale (ou plutôt une frange d’entre elle) était susceptible de lire les poèmes de Luxorius. Si les Vandales avaient, selon Procope (‘Histoire des guerres’ IV [= ‘Guerre vandale’ II], 6,5–9), embrassé le mode de vie des Romains, il est difficile de déterminer quelle proportion d’entre eux possédait la culture romaine, et si c’était de manière superficielle ou plus approfondie7. L’ancrage de Dracontius dans la culture romaine se manifeste par ses modèles littéraires, même s’il renouvelle la tradition dont il hérite et mélange les genres et les thèmes. L’auteur qu’il imite le plus est Virgile8. Virgile, maître de sagesse, source d’inspiration, symbole de la culture romaine mise à mal par les invasions, est, plus qu’un poète, une sorte de divinité tutélaire. Dans la pièce 8 des ‘Romulea’, Dracontius substitue d’ailleurs à l’invocation traditionnelle à la Muse une invocation à Homère et Virgile. Par ailleurs, Virgile a promis aux Romains par la voix de Jupiter un pouvoir éternel (Aen. 1,279). Dracontius reprend cet imperium sine fine en Romul. 8,199 en le mettant dans la bouche d’Apollon. On peut se demander ce qu’il entendait alors par l’éternité de Rome. Certes au départ les royaumes barbares étaient en principe des royaumes fédérés, mais, pour les Vandales, leur indépendance de fait à partir de 442 était incontestable9. Pensait-il à un retournement de situation politique que tentera Justinien par sa reconquête ? Ou bien comprenait-il ce pouvoir comme culturel et religieux ? Cette dernière solu7

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Voir Étienne Wolff : La culture des cités africaines à l’époque vandale d’après le témoignage de l’Anthologie latine et de Dracontius, à paraître dans les Actes du Colloque « Cités et religions dans l’Afrique tardoantique (IIIe–VIIe siècles). Hommage à Claude Lepelley » (Université Paris Nanterre, 7–8 septembre 2016). Sur Virgile dans l’Antiquité tardive, voir au moins Pierre Courcelle : Lecteurs païens et lecteurs chrétiens de l’Énéide, Paris 1984, 2 vol. ; Françoise Mora-Lebrun : L’Énéide médiévale et la chanson de geste, Paris 1994, 49 sqq. Dracontius situe implicitement les rois vandales dans la continuité impériale. Dans la ‘Satisfactio’, où il demande pardon au roi Gonthamond, après avoir donné plusieurs exemples de clémence pris dans l’Ancien Testament (149–174), il cite quatre empereurs romains (César, Auguste, Titus et Commode) caractérisés également selon lui par cette qualité (175–190), et invite Gonthamond à les imiter. Les rois vandales sont bien les successeurs des empereurs romains.

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tion paraît la plus vraisemblable. Sidoine Apollinaire de même associe la romanité non plus à un pouvoir politique, mais à une culture. On notera que dans le ‘De laudibus Dei’ 3,159–166, Dracontius rappelle la promesse, faite dans la Genèse par le Roi du monde à la descendance d’Isaac, de s’étendre à toute la terre et pour tous les siècles. Il paraît plausible que, pour Dracontius, les Romains qui ont assimilé l’héritage antique et biblique soient appelés à accomplir ce projet divin dans le temps et dans l’espace, comme le suggère Annick Stoehr-Monjou10. On rejoint ici la vision eusébienne qui attribue à l’Empire romain le rôle providentiel de diffuser le christianisme. La prophétie virgilienne et la promesse divine sont la même garantie de l’éternité de la culture romaine et du christianisme. Il y a une sorte d’affichage culturel romain chez Dracontius. Il semble avoir récité les pièces 2 et 4 dans la salle de cours (auditorium) de son maître Felicianus (si l’on se fonde sur la superscriptio du manuscrit, malheureusement obscure, à la pièce 3). La pièce 5, une pièce rhétorique, dans la subscriptio de laquelle Dracontius est qualifié de togatus fori proconsulis almae Karthaginis, ce qui doit désigner une fonction d’avocat, a vraisemblablement été composée pendant la maturité du poète, qui l’a déclamée dans les thermes de Gargilius (ceux-là même qui avaient accueilli la fameuse conférence de 411 entre évêques catholiques et donatistes) devant un public dont le personnage le plus prestigieux était le proconsul de Carthage Pacideius. Les attributions précises du proconsul à cette époque sont discutées (peut-être étaient-elles exclusivement judiciaires), mais c’était évidemment un représentant du pouvoir vandale, même s’il se contentait de juger les différends entre Romains. Il s’agit donc d’une lecture publique à laquelle assiste l’élite de Carthage. Ce Pacideius n’est pas connu par ailleurs. Son nom indique qu’il est romain : c’était donc un Romain rallié au pouvoir vandale. Y avait-il de vrais Vandales dans l’assistance ? La revendication culturelle romaine de Dracontius a parfois conduit les modernes à d’étranges théories. Comme un florilège de Vérone de 1329 (Florilegium Veronense Bibl. cap. CLXVIII (155)) cite trois passages des pièces 8 et 9 en les introduisant par Blosus / Bloxus in Romulea, Friedrich Vollmer, et à sa suite J.M. Díaz de Bustamante, B. Bureau et A. Stoehr-Monjou, ont supposé une œuvre qui se serait appelée ‘Romulea’ et aurait compris l’ensemble ou une partie de la production profane de Dracontius11. Cette solution relève de la pure hypothèse. En tout cas un tel titre ne peut s’appliquer aux dix poèmes donnés, sans titre, par le seul manuscrit qui les conserve, le Neapolitanus IV E 48, de la fin du XVe siècle. L’hétérogénéité de l’ensemble, la grande différence de longueur des pièces, et l’ordre problématique de celles-ci (6 précède 7 mais lui est chronologiquement postérieure ; 9, pièce rhétorique, sépare deux epyllia), s’ajoutant aux particularités du manuscrit (on y distingue trois mains, et la pièce 10 a été copiée deux fois), excluent de supposer qu’une telle organisation remonte à l’auteur. Il s’agit vrai10 Stoehr-Monjou 2011, 216 sq. 11 Stoehr-Monjou 2015 (c), 150 sq. Mais il est impossible que l’‘Orestis tragoedia’ et les ‘Romulea’, qui ont des traditions manuscrites complètement différentes, aient appartenu à un même ensemble.

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semblablement d’un choix de textes effectué à la fin du XVe siècle, sur un manuscrit plus complet, par un lecteur qui a jugé pertinente la sélection qu’il faisait, et dans ce cas les innombrables spéculations des savants sur l’ordre du recueil tombent d’elles-mêmes. En tout cas la pièce 1, où Dracontius est jeune et parle de son maître au présent (reddis, 1,13), ne peut avoir servi de préface à l’ensemble. Quant au titre de ‘Romulea’ du florilège de Vérone, il est difficile de savoir où le copiste l’a trouvé et à quoi il s’appliquait. L’emploi de l’adjectif Romuleus par Dracontius (exclusivement en Romul. 3,1712, où il qualifie lingua, comme c’était le cas précédemment dans le ‘Carmen de uita Vergilii’ [Anth. 671 R.2] du grammairien Phocas) a du reste été surinterprété par plusieurs savants à la suite de J.M. Díaz de Bustamante : il est banal chez les auteurs tardifs et paraît fréquemment un simple doublet plus recherché de Romanus. Dracontius se veut Romain. Et il se réclame de Rome, non de Carthage. L’amour de la petite patrie, cher au Cicéron du ‘De legibus’, n’a pas d’effet sur lui. En Romul. 5,108–117, il se place sans hésitation du côté romain quand il évoque les guerres puniques. La chose est d’autant plus remarquable que, s’inspirant manifestement dans ce passage d’Orose (‘Histoires contre les païens’ IV, 23, 9), il supprime la tonalité plutôt pro-carthaginoise de l’historien chrétien et laisse de côté ses développements sur la décadence des mœurs romaines. Un peu plus loin (Romul. 5,208–213), il fait l’éloge de Scipion qui sut briser la folie meurtrière d’Hannibal (210 : Hannibalisque trucem fregit per bella furorem). Hannibal est également critiqué à propos de la prise de Sagonte dans le ‘De laudibus Dei’ 3,441–445. Au contraire, les Romains sont loués pour leur fides et leur clémence (laud. dei 3,419 et 456–461). Les préférences de Dracontius sont claires : il est du côté romain. Sans doute les Vandales ont-ils repris à ses yeux l’héritage défavorable des Carthaginois. Ajoutons que dans laud. dei 3,118 sq. et dans Romul. 5,143–151, il condamne sévèrement les sacrifices humains au Saturne africain, Baal-Hamon. Ses références culturelles sont romaines, mais elles ne sont pas seulement cela. Dans le ‘De laudibus Dei’ (3,251–530), on a une longue série d’exempla héroïques tirés principalement de l’histoire grecque et romaine : ce sont, pour Rome, ceux de Brutus, Virginius, Torquatus, Scévola, Curtius, Régulus, que le poète a pu trouver chez Valère-Maxime, mais qu’il relit surtout selon le prisme augustinien de la ‘Cité de Dieu’ (5,18) : car il s’agit d’abord ici de critiquer un esprit de sacrifice et des traits d’héroïsme ne recherchant rien d’autre que la gloire du monde, en les opposant à la foi d’Abraham, d’Isaac, de Daniel et de l’apôtre Pierre. Et dans son poème de ‘Réparation’ (‘Satisfactio’) adressé au roi Gonthamond (484–496), il commence par tirer les modèles de pardon qu’il propose au souverain offensé de l’Écriture sainte, avant de passer à une liste romaine d’actes de clémence impériale (149–190). Si donc dans ces deux œuvres chrétiennes Rome et son histoire sont bien présentes, la référence biblique et chrétienne y prend néanmoins une place prépondérante, en une sorte de recul du « séculier ».

12 Le manuscrit donne au reste Romuleum, et Romuleam est une correction de Bücheler.

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Dans la perspective eusébienne dont nous avons parlé, il n’y a pas d’opposition absolue entre la référence romaine et la référence biblique. Certes la référence à la romanité seule ne suffit plus (d’autant que depuis 476 identifier l’Empire et l’Église était exclu), mais elle n’est pas remplacée par la référence biblique, elle s’articule avec elle. Rome tire aussi une légitimité de ce qu’elle est le lieu de l’orthodoxie nicéenne par opposition aux royaumes barbares ariens. Dracontius en effet ne cache pas son hostilité à l’arianisme des Vandales, et insère dans le ‘De laudibus Dei’ (2,100–106) une sévère condamnation de l’arianisme dont l’audace ou l’imprudence s’explique assez mal13, même si le danger encouru par les catholiques était moindre à partir du règne de Gonthamond14 (à cette époque, Victor de Vita défend lui aussi le credo nicéen dans son ‘Histoire de la persécution vandale en Afrique’ II, 56–10115). Par ailleurs, Dracontius a la spiritualité complexe de certains auteurs de la fin de l’Antiquité, dont le christianisme de vie coexiste avec un paganisme culturel (la mythologie fait partie de l’identité culturelle romaine) : il en va de même chez Ausone, Sidoine Apollinaire, Ennode, Boèce. Ces deux aspects de sa culture et de sa sensibilité ne sont donc pas contradictoires ni incompatibles. Dracontius est chrétien dès le départ, ce n’est pas un converti, et sa culture chrétienne est solide. Dans le ‘De laudibus Dei’ il affirme clairement que les dieux du paganisme sont des idoles, qu’ils ont été imaginés par la fable, et ne possèdent ni pouvoir ni existence (2,588–593) ; que ceux qui les ont adorés n’en ont retiré que des dommages (3,524–530), une idée qu’on retrouve dans les deux derniers vers de la pièce 10 des ‘Romulea’, la ‘Medea’. Plus largement il oppose sans ambiguïté les dieux du paganisme et le Dieu des chrétiens, en faveur de celui-ci bien sûr, par exemple à propos de la Diane de Tauride (3,217–221), dont il est pourtant abondamment question dans la ‘Medea’. Et dans tous ces passages il emploie le vocabulaire habituel aux chrétiens quand ils dénoncent la vanité du paganisme (dei ficti, idola, conficti dei, fabula mendax, etc.). Pourtant Dracontius procède dans bon nombre de ses pièces profanes à une réécriture de mythes gréco-romains. Quel est alors son projet16 ? Certains critiques considèrent qu’à cette époque la mythologie a perdu son caractère suspect et n’est plus qu’un élément de culture détaché de toute croyance et auquel on recourt à la fois par tradition et par goût esthétique. Dracontius dans ses poèmes mythologiques chercherait alors à rivaliser avec la tradition littéraire en la renouvelant de diverses façons (fusion des genres, innovations mythographiques, ajout d’ingrédients romanesques, insistance sur le pathos, esthétique alexandrine de la marqueterie et du contraste, etc.). D’autres, à l’inverse, tentent de comprendre ces 13 Vössing 2014, 101, justifie la chose en considérant que l’œuvre était destinée aux seuls Romains. Mais comment cette profession de foi nicéenne aurait-elle pu rester ignorée des Vandales ? 14 On considère en général que le ‘De laudibus Dei’ a été publié sous Thrasamond, voir Moussy 1985, 26–29. 15 Sur la date de l’œuvre, voir Victor de Vita : Histoire de la persécution vandale en Afrique, ed. Serge Lancel, Paris 2002, 9–12. 16 Vision d’ensemble dans Stoehr-Monjou 2015 (c), 123 et dans Wolff 2015 (a), 218 sq.

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œuvres mythologiques à la lumière du christianisme de l’auteur. Cela a été particulièrement le cas pour l’‘Orestis tragoedia’ et pour la ‘Medea’, qui se finissent l’un et l’autre par ce qui paraît, sous le voile de la prière, une exécration de la cruauté des dieux et du monde païen (c’est à la fin de la ‘Medea’ que la critique contre les dieux du paganisme est la plus marquée). Dracontius voudrait mettre en évidence le caractère haïssable du monde du mythe. Signalons simplement qu’il y a un paradoxe à supposer que Dracontius ait écrit des poèmes sur les mythes païens pour dénoncer le paganisme, d’autant que la critique explicite17 de l’immoralité et des crimes païens s’y limite à quelques vers. Par ailleurs, les païens eux-mêmes critiquaient l’immoralité de leurs mythes. Il est donc peu vraisemblable qu’il faille voir là du prosélytisme chrétien. Deux autres explications, plus subtiles, ont été proposées. Les réélaborations des mythes par Dracontius en des récits condensés seraient destinées à faire connaître au public, notamment barbare, qui aspire à la culture, la vieille tradition littéraire romaine. Ou bien Dracontius reprendrait les vieux mythes pour aborder des problèmes moraux et politiques (ainsi il parle des méfaits de la passion amoureuse, du rôle d’un bon roi, de la tyrannie, du crime et de la punition, des dangers de la magie, de la responsabilité personnelle), et il peut refléter des drames et des réalités du moment. Ces diverses explications ne sont pas inconciliables, notamment l’explication littéraire (la première) et l’explication par l’actualisation morale (la quatrième), ce qui n’exclut pas non plus la troisième (faire connaître aux Vandales les mythes romains). Car le propos de Dracontius n’est pas figé dans l’unicité. Il recomposerait donc les personnages mythologiques et les mythes à la fois par goût de la performance littéraire et de telle manière qu’ils puissent être encore parlants. Le mythe, laïcisé (les dieux sont souvent de pures abstractions personnifiées) et devenu humain, se plaît ainsi à la peinture des sentiments et des crimes extrêmes, pour être en même temps le vecteur d’un enseignement moral ; il traite notamment de la difficulté tant à s’affranchir de ses propres passions qu’à réagir face à celles d’autrui. Il peut également symboliser des situations contemporaines (par exemple l’acharnement d’Achille dans Romul. 9 le rapproche de la figure du persécuteur, ce qui n’est pas anodin dans un royaume où les ariens persécutent les catholiques nicéens ; l’usurpateur Égisthe cherchant à s’emparer des richesses d’Agamemnon pouvait faire penser au comportement des Vandales, etc.). Mais plus généralement il renvoie à des débats universels. Quoi qu’il en soit, l’usage que Dracontius fait de la mythologie montre son attachement à la culture romaine. La référence à la romanité chez Dracontius peut ainsi se comprendre de deux manières presque opposées. D’un côté il peut s’agir pour lui d’affirmer sa romanité, qui est d’abord celle de la langue et de la littérature, face aux barbares, mais qui est aussi celle de la religion, catholique orthodoxe, face à l’arianisme. Dans ce cas, il veut prendre sa distance à l’égard des Vandales ; et de fait, contrairement aux auteurs de l’‘Anthologie latine’, il n’a pas écrit de poèmes de cour célébrant les rois ou les seigneurs vandales (la ‘Satisfactio’ et le ‘Panégyrique de Thrasa17 Mais il est certain que Diane joue un rôle très négatif dans la ‘Medea’.

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mond’ perdu, dictés par la nécessité, ne sont de toute façon pas des poèmes de cour). D’un autre côté, il peut vouloir enseigner la culture romaine aux Vandales, pour favoriser les points de contact entre Romains et Vandales, car il y avait une vie sociale et culturelle (les spectacles, par exemple) où les deux groupes se retrouvaient. S’il loue Felicianus d’enseigner à des Vandales, on peut supposer qu’il se situe dans sa lignée et n’écarte pas ceux-ci de son auditoire. Dans ce cas lui aussi s’adresse aux barbares, ou du moins il s’adresse également aux barbares, par-delà son public naturel constitué de Romains. Les deux explications ne s’excluent pas nécessairement. Dracontius est fier de la culture romaine supérieure, mais en même temps, par une sorte de revanche des vaincus, il la diffuse aux Vandales (comme la Grèce conquise a conquis son farouche vainqueur), qui du reste sont prêts à l’accueillir. Et cette culture romaine crée un ensemble de valeurs partagées qui favorise la stabilité. Naturellement, il faut dissocier alors de la culture romaine la composante religieuse, au contraire source de dissensions. Les poètes de l’‘Anthologie latine’ d’époque vandale nous conduiraient à des conclusions analogues. Certes eux sont davantage tournés vers les Vandales, dans la mesure où ils célèbrent volontiers les constructions et le mode de vie des rois et des grands seigneurs vandales (Anth. 203, 210–214, 215, 304, 332, 369, 376, 387 R.2). Mais ils n’ont nullement renoncé à la culture romaine à laquelle ils sont très attachés, comme le raffinement de leur écriture, qui ne pouvait être perçu que par un public romain, suffirait à le prouver. Et quand ils célèbrent des Vandales, c’est toujours en tant que ceux-ci reproduisent un modèle romain ou défendent des valeurs romaines : c’est vrai notamment des rois évergètes, loués pour avoir construit des bains ou organisé des spectacles, pratiques romaines par excellence. Ainsi donc la référence à la romanité, qui prend chez Dracontius des formes diverses, est affirmation de son identité romaine, mais permet aussi d’associer les Vandales dans une union culturelle qui laisse de côté les conflits religieux.

NE PEREAT CARTHAGO: LA CARTAGINE DI DRACONZIO TRA MITO, STORIA E REALTÀ BIOGRAFICA Angelo Luceri ABSTRACT Le opere di Draconzio sono testimoni dell’alterna fortuna che il poeta conobbe a Cartagine nella seconda metà del V sec. Nel libro terzo del ‘De laudibus Dei’ la città è associata alla critica di personaggi cari alla tradizione mitografica africana, rei di avere anteposto la gloria terrena all’unico vero bene che è Dio; nei ‘Romulea’, invece, accanto all’occasionale menzione di luoghi e istituzioni che ne confermano la vitalità al tempo di Trasamondo (Romul. 6), l’urbs Africana compare nei versi di esordio dedicati al grammatico Feliciano (Romul. 1) e nel carme declamato dinanzi al proconsole della città (Romul. 5). Nella ‘Controversia statuae viri fortis’, in particolare, la lode del rinnovato splendore di Cartagine, risorta come fenice sotto la tutela di quegli stessi Romani che l’avevano un tempo annientata perché ostile, suona come un monito rivolto ai Vandali, affinché, quali nuovi dominatori, mostrino nei confronti dei discendenti di Romolo la medesima clementia che la sapiens potentia romana aveva inizialmente usato verso l’antica città punica.

L’explicit del Romul. 5 fornisce alcuni dati preziosi per la ricostruzione della vita di Draconzio, altrimenti nota attraverso i numerosi, ma sovente ambigui, cenni autobiografici che il poeta inserisce nella ‘Satisfactio’, nei due epitalami (Romul. 6 e 7) e nell’ultima sezione del terzo libro del ‘De laudibus Dei’.1 La sottoscrizione è contenuta al f. 11r del codice Neapolitanus IV E 48 (XV sec.): Exp controversia statuae viri fortis quam dixit in Gargilianis thermis Blossius Emilius Dracontius vir clarissimus et togatus fori proconsulis almae Karthaginis apud proconsulem Pacideium.2 Essa restituisce l’onomastica completa dell’autore del carme (Blossius Emilius Dracontius), ne palesa l’eccellenza del rango (vir clarissimus), e ne ricorda il servizio in qualità di togatus – avvocato o giudice3 – presso il foro proconsolare di Cartagine. Dalla breve notizia della subscriptio si ricava ancora che il componimento in questione (‘Controversia statuae 1 2

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Molti di tali dettagli presenti nelle quattro opere – in particolare, quelli relativi a motivazioni e modalità della sua permanenza in carcere – appaiono, infatti, per lo più oscurati dal filtro della letterarietà, vd. Luceri 2015. Riporto il testo così come definitivamente emendato da Vollmer 1905, con le correzioni di Gurgulianis in Gargilianis e di armae in almae (già in Duhn 1873) e la sostituzione del nome Pacideium al Pacidegium tramandato nel Neapolitanus. Le questioni biografiche prospettate nella subscriptio sono discusse con ampli rimandi bibliografici da Michel d’Annoville / Stoehr-Monjou 2008, 31–33 e Bisanti 2010, 200. Sulla problematica identificazione del ruolo di togatus vd. Moussy / Camus 1985, 9–11, Schetter 1989, 343, Konrad Vössing: Schule und Bildung im Nordafrika der Römischen Kaiserzeit, Bruxelles 1997, 418–435, Santini 2002, 253.

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viri fortis’4) fu oggetto di pubblica declamazione presso le terme cosiddette ‘di Gargilio’, poste al centro della città e celebri, come ricorda Agostino, per aver ospitato nel 411 la conferenza episcopale tra cattolici e donatisti.5 Il colofone, infine, colloca la recita alla presenza dell’altrimenti ignoto Pacideio, in carica come proconsole di Cartagine con prerogative sulle cui specificità non vi è completo accordo tra gli studiosi.6 Le informazioni riportate in calce al carme non consentono, invece, di trarre sicure conclusioni circa l’origine dello scrittore, il quale offre una diretta testimonianza della stretta connessione tra la sua attività letteraria e la pratica forense, laddove al v. 123 del Romul. 7 si autodefinisce inter iura poeta. Pur scrivendo spesso di sé e dei suoi casi, d’altra parte Draconzio non fornisce mai esatte indicazioni sulla sua patria: alcune risultanze archeologiche attestanti l’esistenza di personaggi dal nome di Bloss(i)us a Furnos Minus hanno tuttavia permesso di ipotizzare che il poeta avesse legami di parentela con i Blossii, famiglia con la quale egli presumibilmente condivideva non soltanto il gentilizio, ma anche l’origine presso il sobborgo sito a circa 40 km a sud-ovest di Cartagine.7 Oltre alla testimonianza della subscriptio al Romul. 5, all’interno delle opere draconziane altri riferimenti all’urbs Africana consentono di fare luce su alcuni aspetti della vicenda biografica del poeta, la cui nascita è ormai quasi unanimemente fatta risalire intorno alla metà del V secolo (450–455 d. C.).8 In accordo con tale cronologia, risulta di tutta evidenza che Draconzio non poté avere espe4 5

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Sulla struttura del componimento – nell’incipit altresì intitolato ‘Controversia de statua viri fortis’ – vd. la recente analisi di Stoehr-Monjou 2015 (b) e ancora Stoehr-Monjou 2016 (b). L’incontro si svolse – ricorda, infatti, Agostino – in secretario thermarum Gargilianarum (coll. c. Don. 1,1). Nello scritto ‘Post collationem adversus Donatistas’ ancora Agostino ci informa sul fatto che le terme, site in media urbe (adv. Don. 25,43), erano dotate di ambienti spaziosi, luminosi e confortevoli (adv. Don. 35,58 in tam spatioso et lucido et refrigeranti loco nos fuisse recolimus). Sulla storia di tali edifici vd. Liliane Ennabli: Carthage, une métropole chrétienne du IVe à la fin du VIIe siècle, Paris 1997, 43 s. La sopravvivenza della titolatura romana – pur con l’innegabile riduzione della sfera di influenza del magistrato dall’ambito provinciale a quello cittadino – lascia ipotizzare che nel V sec. le funzioni del proconsul Carthaginis non fossero dissimili da quelle del proconsul Africae, in linea con la continuità politica e istituzionale che, in generale, sembra interessare le strutture amministrative romane e vandaliche, vd., al riguardo, Chiara Ombretta Tommasi Moreschini: Martianus Capella à l’époque vandale? Notes sur une chronologie discutée, in: Étienne Wolff (ed.): Littérature, politique et religion en Afrique vandale, Collection des Études Augustiniennes, Paris 2015, 166 e Stoehr-Monjou 2015 (e), 262. L’antico villaggio di Furnos Minus è oggi conosciuto con il doppio toponimo arabo di Henchir el Msâadine e Borj-el-Youdi. Per le testimonianze epigrafiche sui Blossii – il mosaico pavimentale del mausoleo edificato in memoria di un tal Blossius da un certo Honoratus (CIL VIII 25817), quindi l’epitafio per un Blossus morto presumibilmente in giovanissima età (CIL VIII 25812) – vd. Moussy / Camus 1985, 9–11, Michel d’Annoville / Stoehr-Monjou 2008, 42 n. 17 e, più recentemente, Robin Margaret Jensen: Nudity in early Christian Art, in: Aliou Cissé Niang / Carolyn Osiek (edd.): Text, Image, and Christians in the Graeco-Roman World. A Festschrift in Honor of David Lee Balch, Princeton 2012, 314 s. Sui problemi di cronologia draconziana restano ancora oggi fondamentali le riflessioni di Romano 1960, 57 e Moussy / Camus 1985, 12.

La Cartagine di Draconzio tra mito, storia e realtà biografica

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rienza diretta delle devastazioni determinate dall’ingresso in città delle orde vandaliche di Genserico il 19 ottobre del 439, giorno quest’ultimo rievocato come funesto in quasi tutti i maggiori ‘Chronica’ in lingua latina dei secoli V e VI e negli scritti di impronta squisitamente anti-ariana di Fulgenzio di Ruspe e Vittore di Vita.9 Con il potere espresso dai Vandali Draconzio ebbe altresì a sperimentare un conflitto, non meno tragico, parecchi anni più tardi, quando cioè il trono che era stato di Genserico (429–477 d. C.) fu occupato, dopo il breve ma intenso regno di Unerico (477–484 d. C.), dal fratello di quest’ultimo, Guntamondo: sotto il governo di Guntamondo, iniziato nel 484, il poeta conobbe la pena della carcerazione,10 a seguito di un’imprecisata culpa11 che ne determinò la caduta proprio all’apice della carriera tribunalizia,12 quando cioè l’esperienza degli studi giovanili era con ogni probabilità conclusa da tempo. Proprio sugli inizi della sua attività scolastica Draconzio ci informa con dovizia di particolari, ricordano il tirocinio grammaticale-retorico svolto sotto la guida di Feliciano nel componimento in tetrametri trocaici che apre la raccolta dei ‘carmina profana’, meglio noti con il titolo, pur controverso, di ‘Romulea’. Il Romul. 1 merita in tal senso attenzione: le parole che l’allievo indirizza al magister costituiscono, infatti, il primo riferimento, in ordine cronologico, a Cartagine, se, come appare verosimile, l’Africana urbs menzionata al v. 13 è da identificarsi con quello che alla metà del V sec. era considerato l’unico centro del Mediterraneo capace di competere con Roma per

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Vd. Bertrand Lançon: L’Afrique vandale comme objet de chronique: la tertia pars orbis terrarum dans les chroniques latines des Ve et VIe siècles, in: Étienne Wolff (ed.): Littérature, politique et religion en Afrique vandale, Collection des Études Augustiniennes, Paris 2015, 51. 10 Ne è testimone la sottoscrizione alla ‘Satisfactio’ nell’unico codice che conserva integro il carme. Si tratta del Vaticanus Reg. lat. 1267 (IX–X sec.), che così riporta al f. 150v: Explicit Satisfactio Dracontii ad Gunthamundum regem Guandalorum, dum esset in vinculis. Di tale difficile momento Draconzio ci offre un quadro fosco sia all’interno dell’elegia di pentimento indirizzata al re, sia soprattutto nel terzo libro del ‘De laudibus Dei’, dove le sue parole appaiono ispirate a una meditata rielaborazione di schemi retorici, citazioni scritturistiche e letterarie in gran parte desunte dalla topica ovidiana dell’esilio. Sulla vexata quaestio dell’incarceramento del poeta va segnalata l’isolata posizione di Wolff 2004, incline a credere a un duplice imprigionamento, avvenuto in due distinti momenti e a seguito di due diverse imputazioni. 11 Sulla natura del reato a lui contestato Draconzio stende un velo di intenzionale reticenza, come mostra il celeberrimo passo di satisf. 93 s. culpa mihi fuerat dominos reticere modestos / ignotumque mihi scribere uel dominum che ha dato luogo a numerose interpretazioni, di cui un brevissimo riesame in Wolff 2015 (a), 212 s. Con ottime ragioni Wolff 1998 ha ipotizzato che il distico potrebbe alludere alla fatale scelta del poeta di aver parteggiato per il rivale di Guntamondo nella lotta per la successione al trono vandalico: dietro l’ignotus dominus – un re cioè affatto riconosciuto come tale – potrebbe, infatti, celarsi Ilderico, al quale il padre Unerico avrebbe tentato di assicurare il regno, disattendendo le disposizioni del fondatore Genserico che, attraverso il sistema del seniorato, aveva inteso garantire la trasmissione del titolo regale non già al discendente più diretto, ma al membro più anziano della famiglia. 12 Cfr. laud. dei 3,653 me miserum, quanto cecidi de culmine lapsus!

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splendore e dignità.13 Il carme, tràdito con il titolo di ‘Praefatio Dracontii discipuli ad grammaticum Felicianum, ubi dicta est, metro trochaico, cum fabula Hylae’, è concepito come prefazione del ‘Romuleon’ seguente e sembra essere stato composto da Draconzio quando, al termine del percorso scolastico, il discipulus si rivolge all’optimus professore chiedendogli, pur attraverso il filtro di una topica affettazione di modestia, la piena investitura poetica.14 L’omaggio che l’alunno offre al suo doctor (v. 16)15 è costituito dal successivo epillio sul rapimento di Ila (Romul. 2), carme che presenta in nuce molti degli stilemi e delle forme proprie della produzione più matura dello scrittore, assecondandone l’aspirazione alla gloria letteraria auspicata al v. 17.16 Nell’accompagnare il dono poetico indirizzato al maestro, Draconzio insiste sui meriti da attribuire a Feliciano per avere anzitutto riportato nella capitale lo studio delle lettere,17 quindi per avere congiunto ai barbari, all’interno dello stesso auditorium, coloro che al v. 14 egli definisce con enfasi „eredi di Romolo”.18 I versi draconziani in questione sono stati in genere interpretati nell’ottica di un’adesione del poeta a favore della pars Romana, alla quale, considerati anche i suoi tria nomina, egli mostra chiaramente di appartenere:19 il riconoscimento della Romanitas di Draconzio appare ormai fuori discussione, tuttavia l’esplicito paragone iniziale tra i barbari e le belve ammansite da Orfeo andrebbe letto non tanto – o non già esclusivamente – in seno a una polemica addirittura ostentata nei confronti dei Vandali, quanto alla luce di un atteggiamento di sostanziale sorpresa nei riguardi di una convivenza che veniva fino ad allora giudicata evidentemente impossibile, come paiono suggerire gli adynata ai vv. 4–9.20 Proveniente forse da una famiglia della nobiltà locale presente in Afri13 Così Salviano di Marsiglia in gub. 7,67 una tantum uniuersarum illic urbium principe et quasi matre contentus sum, illa scilicet Romanis arcibus semper aemula, armis quondam et fortitudine, post splendore ac dignitate. Carthaginem dico et urbi Romae maxime aduersariam, et in Africano orbe quasi Romam. 14 Cfr. Romul. 1,21 ergo deprecantis, oro, cinge lauro tempora. 15 A Feliciano Draconzio tributa ampia lode anche nel Romul. 3, dove il maestro è elogiato quale fonte di eloquenza latina per il giovane allievo, cfr. Romul. 3,16 s. de uestro fonte, magister, / Romuleam laetus sumo pro flumine linguam. Cfr. infra l’articolo di Annick StoehrMonjou. 16 La richiesta è espressa esplicitamente in Romul. 1,17 nostra uota te precamur ut secundes. 17 Cfr. Romul. 1,12 s. sancte pater, o magister, taliter canendus es, / qui fugatas Africanae reddis urbi litteras. Sulla questione delle fugatae litterae ovvero della possibile sospensione dell’insegnamento scolastico nelle fasi più drammatiche dell’invasione geisericiana rimando in primis a De Gaetano 2009, 81–83, contenente ulteriore abbondante bibliografia. 18 Cfr. Romul. 1,14–16 barbaris qui Romulidas iungis auditorio, / cuius ordines profecto semper obstupescimus, / quos capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima. Si veda di seguito il lavoro di Konrad Vössing. 19 L’osservazione è in Étienne Wolff: Être Romain à Carthage sous la domination vandale, VL 163, 2001, 3. 20 Cfr. Romul. 1,4–9 quem benignus grex secutus cum cruenta bestia / audiens melos stupebat concinente pollice: / tunc feras reliquit ira, tunc pauor iumenta, / lenta tigris, ceruus audax, mitis ursus adfuit. / non lupum timebat agna, non leonem caprea, / non lepus iam praeda saeuo tunc molosso iugiter. Per il concetto e il valore della romanitas vedi anche il contributo di Étienne Wolff in questo volume.

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ca, si è visto, ben prima dell’arrivo nel continente delle stirpi germaniche, Draconzio è un Romulida e, come tale, osserva con stupore la variegata composizione degli ordines dell’aula:21 nei confronti dei nuovi ammessi alle lezioni egli, di base, aderisce a un istintivo sentimento di superiorità culturale, nella consapevolezza però che le forme civilizzatrici della latinità hanno mitigato la primitiva rudezza dei conquistatori. Come l’ira ha abbandonato quanti fino ad allora mostravano abitudini essenzialmente ferine, così i successori di Romolo hanno messo da parte l’iniziale soggezione nei riguardi degli invasori (v. 6 tunc feras reliquit ira, tunc pauor iumenta): non più spaventati, i Romulidae – anch’essi rapportati ad animali, ma mansueti (v. 4 benignus grex) – ora guardano con ammirazione alla concordia che il maestro, quale novello Orfeo, ha saputo instaurare tra etnie ritenute addirittura incompatibili per natura.22 Dalla lettura del carme di apertura dei ‘Romulea’ si può ipotizzare, insomma, che all’epoca del suo esordio poetico Draconzio si ritenesse pienamente integrato nella struttura scolastica diretta a Cartagine da Feliciano, capace di proporre un modello di istruzione comune alle due componenti della popolazione, la romana e la germanica, entrambe cristiane, ma educate sugli opposti versanti delle dottrine homoousiana e ariana. Per le ragioni cronologiche sopra addotte la frequentazione della scuola del grammaticus, erede in epoca tardoantica di competenze e discipline in precedenza a esclusivo appannaggio del rhetor, sembra risalire a un periodo di molto precedente l’avvento di Guntamondo, in coincidenza cioè degli esordi di Unerico o, più verosimilmente, degli ultimi anni del governo di Genserico: in tal senso, se davvero a seguito dei drammatici eventi del 439 la pratica scolastica conobbe a Cartagine un’interruzione, il ripristino del magistero può coincidere con il momento in cui i Vandali, lungi dall’entrare in una fase di regresso, avvertono l’esigenza di ripiegare sui propri domini e di assicurare una maggiore stabilità all’organizzazione interna dello Stato, rifunzionalizzandone le strutture amministrative. La caduta di Cartagine aveva segnato una profonda frattura negli equilibri della regione e l’inizio di una traumatica trasformazione per i cattolici d’Africa che da ciues dell’Impero di Roma erano divenuti sudditi di una monarchia segnatamente ostile al credo niceno. Verso la fine del regno geisericiano, tuttavia, in casi non rari i piccoli e medi proprietari terrieri di origine romana sembrano essere riusciti a conservare quasi integralmente i loro beni e a mantenere il rango di notabili all’interno delle rispettive città.23 Un tale orientamento si spiega con la volontà dei dominatori di preservare non solo le titolature, ma anche l’architettura della precedente amministrazione romana, adattandola a nuove esigenze “senza

21 Cfr. Romul. 1,15 cuius ordines profecto semper obstupescimus. 22 Cfr. Romul. 1,10 s. artifex natura rerum quis negat concordiam, / hos chelys musea totos Orpheusque miscuit. Sulla struttura allegorica del carme draconziano e la similitudine tra il grammaticus e il cantore tracio, prodigioso nell’unire tra loro gli opposti, vd. Stoehr-Monjou 2005; una diversa ricostruzione testuale del componimento è nella recentissima edizione di Zwierlein 2017 (a), 1 s. (per il commento vedi i Prolegomena dello stesso autore, pp. 21–26). 23 Vd. Yves Modéran: L’Afrique et la persécution vandale, in: Luce Piétri u. a. (edd.): Histoire du Christianisme, Paris 1998, III, 251.

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tuttavia procedere ad una epurazione su base religiosa”24 dei funzionari chiamati a dare vita ai nuovi uffici. In tale situazione è giocoforza ammettere cioè che già il fondatore della dinastia asdinga Genserico, all’indomani della conquista, si fosse servito dell’élite burocratica formata in gran parte da Romani d’Africa, sfruttandone la collaborazione in forza di costrizioni, ma anche di qualche innegabile concessione. Tra quanti dovettero godere di una sostanziale tranquillità all’interno della riorganizzazione imposta dai Vandali non è irragionevole presupporre che vi fossero anche i Blossii: soltanto in tal modo, infatti, si comprende come al giovane Draconzio fosse stata data facoltà di avviarsi al cursus di studi un tempo tradizionalmente riservato all’aristocrazia romana ed evidentemente tutt’altro che avversato, dopo una prima fase di disordini, dai conquistatori. L’educazione che il poeta riceve alla scuola di Feliciano è anzi destinata, probabilmente per la prima volta, anche alla ristretta casta dei figli degli invasori, il cui grado di istruzione nelle lettere latine appare di gran lunga superiore a quello della loro precedente generazione, se non altro per il fatto che la lingua di Roma venne adottata dai dominatori nei documenti ufficiali così come nelle iscrizioni.25 Gli indizi che all’interno dell’opera di Draconzio consentono di analizzare il rapporto del poeta con la città fulcro del potere politico, finanziario e sociale della monarchia vandalica – un centro che, come evidenziato dai recenti orientamenti della storiografia26, sembra godere di vivacità e ricchezza anche prima dell’avvento di Trasamondo e Ilderico27 – sono molteplici. Al di là delle singolari 24 Così Vincenzo Aiello: Che fine ha fatto l’élite burocratica romana nel regno dei Vandali?, in: Rita Lizzi Testa (ed.): Le trasformazioni delle élites in età tardoantica. Atti del Convegno Internazionale, Perugia, 15–16 marzo 2004, Roma 2006, 39. 25 Vd. Nicoletta Francovich Onesti: I Vandali: lingua e storia, Roma 2002, 87–93 e Nicoletta Francovich Onesti: Le testimonianze linguistiche dei Vandali nel “regnum Africae” fra cultura latina ed eredità germaniche, in: Antonio Piras (ed.): Lingua et ingenium. Studi su Fulgenzio di Ruspe e il suo contesto, Cagliari 2010, 368, n. 33 [= Nicoletta Francovich Onesti: Goti e Vandali: Dieci saggi di lingua e cultura altomedievale, Roma 2013, 159, n. 33]. 26 Negli ultimi anni si è assistito a un vero e proprio ribaltamento della visione storiografica tradizionale, tendente a considerare l’Africa una regione segnata da una profonda regressione economica e culturale a seguito dell’invasione geisericiana del 429 d. C. (per un sintetico orientamento sulla recente produzione storiografica vd. ora Wolff 2015 [a], 214 s.). Le indagini in più ambiti di Yves Modéran: Les Vandales et la chute de Carthage, in: Claude BriandPonsart / Sylvie Crogiez (edd.): L’Afrique du Nord antique et médiévale. Mémoire, identité et imaginaire, Rouen 2002, 97–132, di Claude Lepelley: L’administration d’Afrique avant la conquête vandale, AntTard 10, 2002, 61–72 e ancora di Aiello 2006 (vd. n. 24) hanno mostrato che nell’Africa vandalica non si può parlare tout court di declino e involuzione, laddove “sono soprattutto gli assetti amministrativi provinciali, le opere pubbliche e private, il persistente e diffuso fenomeno evergetico a rivelare i segni di una continuità istituzionale e civica” con il mondo romano, come sostiene, a ragione, Lucietta Di Paola: Immagini tardoantiche dell’Africa a confronto: note di lettura, in: Juan González et al. (edd.): L’Africa Romana. Le ricchezze dell’Africa. Risorse, produzioni, scambi. Atti del XVII convegno di studio. Sevilla, 14–17 dicembre 2006, Roma 2008, II, 1094. 27 L’evergetismo dei due sovrani verso la capitale, manifestato nel più che trentennale periodo del loro regno tra il 496 e il 530, sarà celebrato con toni entusiastici nei carmina dell’‘Anthologia Latina’ composti, tra gli altri, da Lussorio, Felice e Florentino: per avere

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interferenze tematiche tra i versanti religioso e profano della produzione di Draconzio i passi nei quali, in modo più o meno diretto, egli allude a Cartagine, nel primo caso rimandano essenzialmente al mito e alla storia, nel secondo più propriamente all’attualità e alla sua personale vicenda biografica. Se si eccettuano i riferimenti alla scuola di Feliciano – presenti, oltre che in Romul. 1, anche in Romul. 3 –, all’interno dei ‘carmina profana’ si riscontrano sicuri accenni alla vita contemporanea della capitale vandalica solamente nel carme per le nozze dei fratelli Vittori (Romul. 6). L’altro componimento nuziale, il Romul. 7, offre, infatti, solo occasionalmente accenni ad abitudini quotidiane dei Cartaginesi:28 in tale carme i richiami al contesto reale del matrimonio tra i rampolli del casato dei Fabiani, Giovanni e Vitula, sono ridotti all’osso, in adesione allo statuto di vero e proprio “non-épithalame”29 con il quale il poeta, dal carcere, fa giungere il suo risentimento ai familiari degli sposi, rei di non aver prestato orecchio alle sue richieste di intervento presso Guntamondo che lo aveva condannato, non da ultimo, su istigazione di un misterioso delatore.30 Un’allusione alla realtà politica dell’epoca si può invece cogliere in un brano della già ricordata ‘Controversia’ nel quale, vedremo, sono rievocate le vicende del conflitto tra le due eterne rivali, Roma e Cartagine, e dell’opportunità che spinse infine la prima a deliberare la definitiva distruzione della seconda, consentendole però più tardi di rinascere. Esaminiamo con ordine i passi in questione. Una lunga digressione occupa i vv. 251–530 del terzo libro del ‘De laudibus Dei’, la cui redazione è fatta unanimemente risalire al triste periodo della prigionia del poeta. L’excursus costituisce una vera e propria apologia della fede cristiana nella quale, rivolgendosi a un ipoun’idea della felicitas riconosciuta a Cartagine da tali autori basterà ricordare le parole di Florentino in Anth. 376 R.2 [= 371 Sh. B.],36: Carthago florens, Thrasamundi nomine regnans. Per l’analisi di tali componimenti, oltre a Frank M. Clover: Carthage and the Vandals, in: John H. Humphrey (ed.): Excavations at Carthage 1978, conducted by the University of Michigan VII, Ann Arbor 1982, 1–22 [= Frank M. Clover (ed.): The late Roman West and the Vandal, Aldershot 1993, n. VI] e Michel Chalon et al.: Memorabile factum. Une célébration de l’évergétisme des rois vandales dans l’Anthologie latine, AntAfr 21, 1985, 207–262 e Frank M. Clover: Felix Carthago, DOP 40, 1986, 1–16 [= Id. (ed.): The Late Roman West and the Vandals, Aldershot 1993], n. IX, vd. il recente Épigrammes latines de l’Afrique vandale (Anthologie latine): editées, traduites et annotées par Ingrid Bergasa, avec la collaboration de Étienne Wolff, Paris 2016, che rimanda a copiosa bibliografia. Sul cliché letterario della ricchezza della città cartaginese e dell’Africa vandalica in generale appaiono utili, infine, le testimonianze raccolte da Chiara Ombretta Tommasi Moreschini: Splendore e ricchezza dell’Africa vandalica nel giudizio delle testimonianze letterarie coeve, in: Juan González et al. (edd.): L’Africa Romana. Le ricchezze dell’Africa. Risorse, produzioni, scambi. Atti del XVII convegno di studio. Sevilla, 14–17 dicembre 2006, Roma 2008, II, 1073–1080 e Tommasi Moreschini 2015 (vd. n. 6), 164 s. 28 Tra questi assumono particolare rilievo i riferimenti alle corse nel circo, di cui è memoria nella minuta descrizione del cavallo spinto dall’entusiasmo dei tifosi e poi rovinosamente travolto (vv. 80–95), vd. il commento al luogo di Luceri 2007, 236 s. e Galli Milić 2008, 375 s. ove è dato conto delle numerose testimonianze archeologiche e letterarie sulla realtà dell’ippodromo. 29 Così Stoehr-Monjou 2015 (e), 267. 30 Cfr. Romul. 7,127–131.

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tetico lettore pagano,31 Draconzio sottolinea la differenza tra alcuni esempi di sacrificio che è possibile trarre dall’Antico e dal Nuovo Testamento e i modelli di eroismo proposti dalle historiae dei Greci e dei Romani: attraverso il paradigma biblico, sostiene il poeta, Dio ha mostrato che nulla deve mai preferirsi al Creatore;32 la storia antica, pur infarcita di episodi che esaltano l’audacia di personaggi eccezionali, offre invece soltanto un catalogo di scelleratezze (v. 525 exempla scelerum), attraverso le quali uomini e donne – seguendo talora illustri precedenti del mito – hanno macchiato le proprie mani del sangue loro o dei loro congiunti, anteponendo la gloria terrena all’unico ed eterno Bene divino.33 Alla luce dei più recenti contributi su tale sezione del carme34 – assai ben documentati in merito alla fitta trama di intertesti che Draconzio innesta sulle vicende esemplari desunte in prevalenza dai ‘Facta et dicta memorabilia’ di Valerio Massimo e riportate anche da Orosio35 – credo che l’argomento dei modelli letterari alla base dell’ispirazione draconziana non meriti ulteriori indugi. Più importante appare considerare, invece, quanto, dopo il racconto delle azioni di Meneceo, Codro e Leonida, il poeta riporta a proposito della leggenda di due celebri fratelli cartaginesi. La vicenda dei Fileni, illustrata già da Sallustio come egregium atque mirabile facinus (Iug. 79,1), era cara alla mitografia africana: l’episodio, infatti, esaltava la gloria della città punica attraverso un’impresa compiuta in tempi remoti, quando cioè Carthago e la libica Cyrene, in lotta per la supremazia nel nord Africa, ebbero concordato di fissare il confine delle loro rispettive zone di influenza laddove i legati di ciascuna di esse si sarebbero incontrati, partendo in contemporanea dalle singole patrie. Draconzio si mostra naturalmente a conoscenza degli onori riservati ai due giovani dai loro concittadini cartaginesi, che ne avevano celebrato la memoria innalzando un altare – la cosiddetta ara Philaenorum (laud. dei 3,296) – nel punto in cui i due, avanzando per un tratto di strada di gran lunga più ampio degli avversari, si erano lasciati seppellire vivi pur di respingere le accuse di essere partiti con anticipo. Come si osserva per la vicenda di altri eroi pagani, anche nei confronti dei Fileni il poeta mette in discussione il mito del sacrificio per la patria, che nel loro caso si era dimostrato tanto più generoso, quanto più inospitale appariva il territorio conquistato.36 L’atto dei fratelli cartaginesi, per quanto immune dal tornaconto personale dei protagonisti, 31 Cfr. laud. dei 3,251 sed si forte legat haec carmina nostra profanus. 32 Cfr. laud. dei 3,136–139 ostendit (sc. Deus) cunctis ut nil praeponier umquam / debeat aeterno Domino qui cuncta creauit, / cuius amore pio sunt contemnenda pericla / uel quaecumque placent animis et quicquid amatur. 33 Cfr. laud. dei 3,257–261 historias curram Danaum gentisque Quirini, / qui pro laude sua uel qui pro regno alieno / mentibus infectis animosae cladis amore / ausi omnes scelerare manus de morte suorum / aut certe de strage sua. 34 Vd. Simons 2005, 115–154, De Gaetano 2009, 241–315 e Labarre 2015. Sul significato del passo cfr. ora anche Bill Gladhill: Rethinking Roman Alliance. A Study in Poetics and Society, Montreal 2016, 69–72. 35 Moussy / Camus 1985, 67 s. evidenziano, a ragione, la sicura conoscenza da parte di Draconzio anche del brano agostiniano di civ. 5,12 s. 36 Cfr. laud. dei 3,299 nec caespes fecundus erat, sed limes adustus.

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non è degno di essere lodato, poiché nell’ottica del cristiano che nulla deve anteporre a Dio esso si profila come espressione di una colpevole ambizione. Eloquenti appaiono in tal senso le parole con le quali Draconzio taccia sorprendentemente i due giovani di essere “di animo ingordo”, cfr. laud. dei 3,298 extiterunt aliis tamquam sibi mentis auarae: se l’obiettivo ultimo dell’azione umana si fonda, infatti, sulla ricerca del bene supremo, l’asservimento a ideali speciosi come libertas, fides o pudor costituisce un comportamento deprecabile a prescindere dal beneficiario del sacrificio. La bontà della pietas erga patriam dimostrata dai due Cartaginesi – nelle fonti unanimemente approvata in virtù del vantaggio da essa recato alla comunità – è confutata subito dopo: ai vv. 311–314 il poeta si chiede, infatti, dove i due impavidi fratelli sarebbero mai potuti giungere se a sollecitarli fosse stato il miraggio di una regione fertile e produttiva, non già la conquista di un deserto, come quello libico, piagato dall’arsura e dalle minacce di velenosissimi serpenti.37 Il giudizio negativo su un’azione che la tradizione storiografica presentava quale exemplum di abnegazione e audacia riguarda ancora più avanti un altro mito delle genti puniche, Didone,38 alla quale i Cartaginesi, stando almeno alla testimonianza di Giustino e Minucio Felice,39 avrebbero riservato addirittura onori divini. La vicenda della regina venerata come fondatrice, legislatrice e custode stessa della città40 rientra in una breve sottosezione che ha per protagoniste sei eroine, la cui risolutezza nell’affrontare la morte – sia essa determinata da ira, devozione maritale o puro desiderio di vendetta – è condannata da Draconzio come un furiale nefas (v. 476), in quanto affermazione dell’aspirazione a una gloria esclusivamente terrena. Il brano dedicato agli acta di Didone – successivo alla rievocazione delle vicissitudini di Giuditta, Semiramide, Tamiri ed Evadne, ma 37 Cfr. laud. dei 3,311–314 quid facerent fratres, si florea rura petissent, / si tellus fecunda foret nimis ubere glebae / aut si uipereis non esset noxia tellus / flatibus et nullas mandarent sibila mortes? 38 Si pensi all’episodio dell’assedio di Tiro da parte di Alessandro Magno narrato da Giustino: in esso gli abitanti della città fenicia – madrepatria della colonia di Cartagine – traggono proprio dall’exemplum della regina africana il coraggio per sostenere il difficile momento dell’invasione, cfr. Iustin. 11,10,13 augebat enim Tyriis animos Didonis exemplum, quae Karthagine condita tertiam partem orbis quaesisset, turpe ducentes, si feminis suis plus animi fuisset in imperio quaerendo quam sibi in tuenda libertate. Sul personaggio di Didone la bibliografia è naturalmente sterminata: per una definizione delle tematiche a lei ispirate vd. comunque Thomas Kailuweit: Dido-Didon-Didone. Eine kommentierte Bibliographie zum Dido-Mythos in Literatur und Musik, Frankfurt / Main u. a. 2005. 39 Cfr. Iust. 18,6,8 quamdiu Karthago inuicta fuit, pro dea culta est. L’africano Minucio Felice non nomina esplicitamente Didone, ma fa chiaro riferimento a lei a proposito dell’uso di divinizzare, tra gli altri, i fondatori di città. La figura che ne esce tratteggiata è quella di una donna dalla virtù inflessibile, meritevole di essere assunta tra i celesti per l’esempio fornito alle generazioni future, cfr. Min. Fel. 20,6 denique et antequam commerciis orbis pateret et antequam gentes ritus suos moresque miscerent, unaquaeque natio conditorem suum aut ducem inclytum aut reginam pudicam sexu suo fortiorem aut alicuius muneris uel artis repertorem uenerabatur ut ciuem bonae memoriae: sic et defunctis praemium et futuris dabatur exemplum. 40 Vd. Filippo Càssola: Cartagine, EV 1, Roma 1984, 680–682.

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anteposto alla narrazione del suicidio di Lucrezia – occupa i vv. 512–517.41 Il racconto si fonda chiaramente sul modello del libro quarto dell’‘Eneide’,42 ma lo scarto rispetto alla tradizione virgiliana è evidente. Draconzio si richiama, infatti, a una leggenda che, a partire da Tertulliano, appare destinata ad ampia fortuna, non solo in ambiente africano:43 tale versione risale, in ultima analisi, a Timeo di Tauromenio (III sec. a. C.), secondo il quale Didone, vinta dal terrore di accettare le nozze con uno dei re di Libia, avrebbe cercato volontariamente la morte gettandosi non già sulla spada – come in Virgilio –, ma tra le fiamme della pira da lei stessa allestita.44 Un simile svolgimento è rammentato anche da Girolamo che nel trattato ‘adversus Iovinianum’ annota che la regina maluit ardere quam nubere, associando il suicidio della donna a quello della moglie di Asdrubale, ultima sovrana di Cartagine, lanciatasi impavidamente tra le fiamme che segnarono la fine della città nel 146 a. C.45 Nel prospettare la possibilità che Didone si fosse uccisa non per placare le sue pene d’amore, ma per serbare intatta la fedeltà al marito, Draconzio sembra prendere ulteriormente le distanze da Virgilio, la cui rielaborazione del racconto della passione tra la regina ed Enea, già esistente in età repubblicana, potrebbe risalire a

41 Cfr. laud. dei 3,512–517 diues Dido fugax extincti coniugis ultrix / urbis Elissaeae perfectis moenibus amplae / ipsa pyram manibus propriis construxit ut aram, / quam pedibus furiata suis conscendit et arsit. / impulit ad flammas accurrere funera uiua / aut amor Aeneae, ueniens aut terror Iarbae. Sull’interpretazione del brano draconziano mi trovo del tutto d’accordo con quanto espresso da Maria Nicole Iulietto: Didone. Riscritture „barocche” di un mito, Campobasso u. a. 2014, 73–92. 42 Al libro quarto dell’opera epica virgiliana rimandano numerosi segnali linguistici, ben riconosciuti dal commento al luogo di Moussy 1988, 106–107 e da Iulietto 2014 (vd. n. 41), 87–90. 43 Cfr. Tert. mart. 4,5, nat. 1,18,3, apol. 50,4 s., castit. 13 l. 3, monog. 17,2 s. e anim. 33,9; Hier. adv. Iovin. 1,43 ed epist. 123,7; Aug. conf. 1,13,22. Per la sopravvivenza della versione timaica vd. in particolare Étienne Wolff: Être pour Rome ou pour Carthage. Discours de plusieurs auteurs tardifs sur Didon et les guerres puniques, Karthago 28, 2008–2013, 17–27; una compiuta analisi delle fonti che trattano del mito della regina è anche in Ralph J. Hexter: Sidonian Dido, in: Id. / Daniel L. Selden (edd.): Innovations of Antiquity, London 1992, 332– 384 e soprattutto Maria Nicole Iulietto: Imagines Didonis. Prolegomeni allo studio di un mito, Umbertide 2015. 44 Cfr. FGrHist. III b, 566 fr. 82 J. (= Anon. De mul. 6, p. 215 W.). 45 Cfr. Hier. adv. Iovin. 1,43 Dido, soror Pygmalionis, multo auri et argenti pondere congregato, in Africam nauigauit, ibique urbem Carthaginem condidit, et cum ab Iarba rege Libyae in coniugium peteretur, paulisper distulit nuptias, donec conderet ciuitatem. nec multo post exstructa in memoriam mariti quondam Sichaei pyra, maluit ardere quam nubere. casta mulier Carthaginem condidit, et rursum eadem urbs in castitatis laude finita est. nam Hasdrubalis uxor, capta et incensa urbe, cum se cerneret a Romanis capiendam esse, apprehensis ab utroque latere paruulis filiis, in subiectum domus suae deuolauit incendium (vd. anche epist. 123,7 stringam breuiter reginam Carthaginis, quae magis ardere uoluit, quam Hiarbae regi nubere). L’accostamento tra Didone e la moglie di Asdrubale, entrambe assurte a simbolo di un’impavida condotta nell’affrontare la morte, torna ancora nel racconto dell’eroica capitolazione di Cartagine di Oros. hist. 4,23,4 Vxor Hasdrubalis se duosque filios secum uirili dolore et furore femineo in medium iecit incendium, eundem nunc mortis exitum faciens nouissima regina Carthaginis, quem quondam prima fecisset.

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Nevio:46 il poeta ripropone insomma la variante timaica della Didone vedova onesta e fedele elogiata da Tertulliano, che in più punti della sua opera, si è detto, riabilita la donna come una sorta di coraggiosa e integra ‘proto-martire’. Nel passo draconziano un simile trattamento della leggenda non implica però l’assoluzione della protagonista, giacché il suicidio di Didone appare animato da furor47, concluso com’è, per di più, secondo modalità che richiamano quelle di alcuni primitivi e barbari riti importati dalla madrepatria fenicia.48 In quanto manifestazione di una totale negazione della natura umana, l’atto va condannato come il più superbo oltraggio nei confronti del sommo Creatore, secondo principî non ancora contemplati nella morale di Tertulliano e Girolamo, ma divenuti fondamentali dopo la riflessione dell’etica agostiniana: è per questo motivo che al v. 521 la pudica e casta Lucrezia, annoverata da Tertulliano tra gli esempi parenetici alle virtù del cristiano, è stigmatizzata, in quanto suicida, ut rea.49 L’incertezza sulla causa che aveva spinto Didone al gesto estremo non ne sfuma insomma il peccato, ma sembra far trapelare una sorta di pietosa riverenza nei suoi confronti: la stessa indulgenza manca nei riguardi dei pur valorosi Fileni e ancor più, all’interno della ‘Controversia statuae viri fortis’, nei confronti dei sacrifici umani che un tempo venivano compiuti a Cartagine in onore del dio Baal, importato da Tiro e identificato tout court con Saturno.50 Alla regina punica Draconzio attribuisce, del resto, una meritoria funzione civilizzatrice: per questo motivo egli riecheggia le parole che nell’episodio virgiliano la donna pronuncia prima di lanciarsi sulla spada donatale dall’amante, rivendicando la bontà della sua fondazione e la consumazione della vendetta nei confronti del crudele fratello Pigmalione. I termini dell’orgogliosa affermazione della regina che informano il passo di Aen. 4,655 s. urbem praeclaram statui, mea moenia uidi, / ulta uirum poenas inimico a fratre recepi si colgono al v. 513 della narrazione di Draconzio (urbis Elissaeae perfectis moenibus amplae), che pare riprendere dal modello virgiliano il riconoscimento della grandezza della metropoli africana.51 Nell’ambito di una vera e 46 Vd., al riguardo, Antonio La Penna: Didone, EV 2, Roma 1985, 48–57. 47 Ne è testimone al v. 515 il participio furiata, che richiama, variandolo, il furibunda virgiliano di Aen. 4,645 s. et altos / conscendit furibunda rogos. 48 Vd. La Penna 1985 (vd. n. 46), 52 e Iulietto 2015 (vd. n. 43), 16. 49 Per l’episodio vd. Iulietto 2014 (vd. n. 41), 80–84. Le fonti della riflessione di Agostino sul tema sono discusse in Iulietto 2015 (vd. n. 43), 35–43. 50 Cfr. Romul. 5,148–151 Carthago duorum / annua nobilium praestabat funera templis / Saturnoque seni pueros mactabat ad aras. / tristia plangentum foedabant ora parentum. 51 Il toponimo Elissaeus – che al v. 432 hostis Elissaeus il poeta impiega con il generico significato di „punico, cartaginese” già attestato in Sil. 3,82; 6,346; 15,521 e 16,614 – qui rende onore a Didone, poiché allude chiaramente all’originario nome tirio della regina, già ricordato da Timeo. Nel V sec. l’attributo è riferito a Cartagine da Marziano Capella (9,999 alumnus beatae urbis Elissae), quindi da Merobaude e Sidonio Apollinare che nominano la città a proposito della conquista di Genserico del 439 (Merob. carm. 2,24–26 insessor Libyes quamuis fatalibus armis / ausus Elissaei solium rescindere regni / milibus Arctois Tyrias conpleuerat arces) e dell’incursione da quello guidata contro Roma nel 455 d. C. (Sidon. carm. 7,444 s. heu facinus! in bella iterum quartosque labores / perfida Elisseae crudescunt classica Byrsae), vd. Antonella Bruzzone: Flavio Merobaude, Panegirico in versi: introduzione e com-

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propria destrutturazione in senso cristiano del mito didoniano non si può escludere che l’allusione alle mura della urbs ampla celi un riferimento al presente. La rievocazione non è suggerita certo dal medesimo “pathos encomiastico”52 con il quale il poeta Florentino, in termini invero non dissimili dall’autore del ‘De laudibus Dei’, inneggia alla città come Carthago in moenibus ampla (cfr. Anth. 376 R.2 [= 371 Sh. B.],34), tuttavia l’enfasi con la quale Draconzio sottolinea la maestà della cerchia muraria cartaginese sembra da un lato attribuire un merito a colei che, secondo la tradizione più accreditata, ne era stata la fondatrice, dall’altro richiamare l’attuale monumentalità della capitale vandalica.53 Una certa ammirazione nei confronti della città punica sembra del resto guidare il poeta nel contesto marcatamente celebrativo del Romul. 6, dove non sono rari i cenni ai luoghi di Cartagine che fanno da cornice al matrimonio dei fratelli Vittori. L’epitalamio fornisce a Draconzio l’occasione per ringraziare pubblicamente la famiglia dei due giovani Vittor(in)iano e Rufiniano, che aveva probabilmente perorato la causa della sua scarcerazione presso Trasamondo, re dei Vandali a partire dal 496. Dopo tale data il poeta sembra tornare in possesso della sua fortuna, come egli stesso evidenzia in Romul. 6,39 s. laesi tribuere salutem / fortunamque mihi reducem pietate nouarunt richiamandosi, a mio avviso intenzionalmente, alla formula con la quale in laud. dei 3,724 sit fortuna redux aveva rivolto al Signore la preghiera di riportarlo al benessere di un tempo. Nel momento della celebrazione delle nozze dei benefattori Draconzio si trova a Cartagine, dove presumibilmente aveva risieduto fino ad allora insieme ai cari, travolti con lui nella disgrazia.54 Riottenuta la libertà, lo scrittore può assistere, privo di ogni vincolo, al matrimonio degli amici. L’auspicio che la cerimonia sia celebrata all’interno delle mura cittadine con il fasto dovuto a un evento pubblico55 rende l’idea del prestigio del casato di Vittore, elogiato per il frequente esercizio della carità verso i più bisognosi (Romul. 6,83–89). Il dettaglio dell’accorrere in città di oratori e declamatori di scuola (i cosiddetti scholastici) attesta, inoltre, la moda di accompagnare le nozze di personaggi influenti con gare poetiche, alle quali Draconzio partecipa per omaggiare i meriti che i patroni hanno acquisito adoperandosi in favore della sua liberazione.56

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mento, Roma 1999, 111–114 e Ead.: Archetipi culturali nei panegirici di età romanobarbarica, RomBarb 18, 2003–2005, 382–384; Wolff 2008–2013 (vd. n. 43), 21 (l’aggettivo è anche in Sidon. epist. 7,17,2 vers. 18 spernis Elisseae Byrsica tecta domus). Così Iulietto 2014 (vd. n. 41), 86. Simili apprezzamenti sulla grandezza materiale di Cartagine tornano nel più tardo Corippo, vd. Vincent Zarini: Rome et Carthage: l’épilogue byzantin dans une épopée latine, VL 164, 2001, 2–13. Il poeta lo ricorda in satisf. 281–284 sontes peccantes tantum sua culpa fatigat; / ecce etiam insontes noxia poena petit. / si ipse ego peccaui, quaenam est, rogo, culpa meorum, / quos simul exagitat frigus inopsque fames? Cfr. Romul. 6,34 publica magnifice per moenia uota gerantur. Cfr. Romul. 6,41–44 quisquis adest sapiens scholasticus atque peritus / accurrit laudare uolens, cantare paratus: / quanto ego festinem laudes et carmina ferre / pro meritis animisque uirum?

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Il riferimento metapoetico dimostra che nella città governata da Trasamondo la poesia – o comunque l’oratoria epidittica – costituiva una vera e propria merce di scambio, capace di offrire pieno riconoscimento sociale al letterato di professione. Lo stesso Draconzio, del resto, se ne era dimostrato consapevole ai vv. 21– 26 della ‘Satisfactio’57 dove, pentito di non aver atteso alla composizione di un carme in lode degli Asdingi, egli deplora la stoltezza con la quale ha incautamente mostrato ostilità nei confronti di Guntamondo e soprattutto rinunciato a una sicura ricompensa (v. 23 merces) destinatagli dal munifico sovrano. I publica uota con i quali il poeta auspica che si celebri il fasto dell’entourage dei Vittori appaiono testimoni del favore goduto a corte e in città da tali personaggi, non a caso decisivi quali mediatori nell’affaire della sua scarcerazione.58 Cartagine è finalmente nominata al v. 80 moenia respexit Carthaginis alma Cythere. Draconzio immagina che Venere giunga a consolidare l’unione coniugale dei Vittori nella città dove un tempo, secondo il racconto virgiliano (cfr. Aen. 1,657–722), la dea aveva inviato Cupido a infiammare il cuore di Didone.59 Le allusioni al carro del sole diretto a illuminare le regioni dell’emisfero australe collocano al tramonto l’arrivo in città di Cipride,60 trasportata da un veicolo tirato a sua volta da colombe che la depositano in prossimità delle terme cosiddette ‘di Massimiano’.61 L’attributo Maximianus restituisce un dato topografico confermato da Prospero di Aquitania, il quale assegna la costruzione di edifici termali a Cartagine all’anno del terzo consolato di Massimiano e Costanzo Cloro (300 d. C.), contestualmente all’edificazione a Roma delle terme di Diocleziano62. Nonostante l’evidenza dei documenti letterari allo stato attuale non abbiamo alcun riscontro archeologico del complesso termale massimianeo: non sappiamo, dunque, se il luogo fosse adibito esclusivamente a stazione di ricreazione balneare – e quindi deputato alla toilette delle spose63 – o se, in epoca più tarda, esso fosse stato affiancato da strutture cristiane (una chiesa, un battistero o una cappella), desti-

57 Cfr. satisf. 21–26 ut qui facta ducum possem narrare meorum, / nominis Asdingui bella triumphigera, / unde mihi merces posset cum laude salutis / munere regnantis magna uenire simul, / praemia despicerem tacitis tot regibus almis, / ut peterem subito certa pericla miser. 58 Il riferimento alle armi di Marte nell’iniziale lode rivolta ai fratelli (cfr. Romul. 6,14 s. arma serat Martis, quibus et proludere nostis / et bellum, si tempus eget, perferre ualetis) sembra suggerire, inoltre, la loro appartenenza all’esercito vandalico, anche se i gradi occupati nella militia potevano riguardare, nei fatti, incarichi esclusivamente amministrativi. Nulla ci è dato sapere sull’origine delle due sorelle destinate ad accrescere la cristianissima domus Victoris, legata al potere regio da una probabile familiarità, cfr. Romul. 6,101 s. progenies crementa domus Victoris honesta / suscipit et nuribus natos iunxere parentes. 59 Il parallelo è scorto da Edwards 2004, 153. 60 Per il tema, che costituisce un’innovazione in senso erudito alla topica rappresentazione del carro di Venere, vd. Luceri 2005. 61 Cfr. Romul. 6,96 s. at Venus attingens urbem petit antra mariti / Neptunique domos intrauit Maximianas. 62 Cfr. Prosp. chron. I p. 446,958 s. Constantio III et Maximiano III. | Thermae Romae Diocletianae et Carthagine Maximianae aedificatae. 63 Così Wolff 1996, 98.

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nate a ospitare effettivamente la celebrazione del rito nuziale.64 Ciò che Draconzio afferma laddove dipinge la folla accorsa intorno alle future spose65 fa intendere che le nozze fossero di fatto officiate in loco. Per quanto Venere indirizzi alle sole giovani la consueta adlocutio sponsalis, infatti, Cupido è colà sorpreso nell’atto di trafiggere tanto i sensi delle sorelle quanto i corda e i pectora dei fratelli (v. 114),66 i quali si trovano dunque al fianco delle rispettive fidanzate nel momento in cui la dea, presso le terme, pronuncia il discorso di solito contestuale alla rituale dextrarum iunctio. Nulla è dato sapere, invece, del percorso compiuto dal corteo nuziale nel corso della domum deductio che al ritmo di danze e salaci motteggi conduce gli sposi presso la casa dove si consuma la cena nuptialis e trova collocazione il talamo.67 L’importante funzione sociale, se non addirittura religiosa, riconosciuta alle strutture termali di Massimiano riconduce al contesto delle terme gargiliane in cui ebbe luogo la pubblica declamazione della ‘Controversia statuae viri fortis’: al riguardo, tanto la sottoscrizione del codice napoletano, quanto gli appelli che all’interno del carme Draconzio rivolge con frequenza ai notabili e alla comunità cartaginesi dimostrano che la città punica costituiva il luogo reale sia della performance poetico-oratoria sia del discorso fittizio in essa sviluppato. La narratio riprende gli argomenti tipici delle controversiae di età imperiale ed espone i termini di una capziosa quaestio tra due cittadini: uno di essi, ricco, dopo aver ottenuto per le sue virtù l’onore di una statua e la concessione del diritto di asilo per quanti vi si fossero accostati, come premio per sue ulteriori benemerenze nei confronti della città chiede la testa di un povero, suo nemico, giunto a rifugiarsi proprio presso la statua dell’avversario. Nella sostanziale esecrazione del diues, assimilato a un tiranno che intende abbattere i concittadini sotto la parvenza del rispetto delle leggi (Romul. 5,5 ciuili sub lege),68 il componimento si presta a prospettive multiple di lettura che lo sollevano dalla cifra di un banale esercizio di scuola. Non sappiamo se l’elaborazione in versi esametrici di un tema giuridico fosse destinata a celebrare l’occasione dell’ingresso ufficiale nel tribunale dello stesso Draconzio, ma è fuori di dubbio che il carme appartiene alla fase successiva al tirocinio scolastico del poeta, il cui prestigio all’interno della vita civile appare pienamente consolidato dalla carica di togatus. Il componimento si configura in tal senso come “une pièce à double sens”,69 non priva di riferimenti allusivi al quadro politico di un’epoca che già in passato si è ragionevolmente ipotizzato

64 Lo suppone ragionevolmente Galli Milić 2008, 247. 65 Cfr. Romul. 6,98–100 illic turba fremit matrum iuuenumque pudica / et matronali sponsas cinxere corona, / pompa cateruarum felix uotiua canebat. 66 Cfr. Romul. 6,112–115 ille libens imbutas melle sagittas / misit et ambarum sensus transfixit harundo, / corda ferit iuuenum ueniens et pectora fratrum, / quorum uota sonant. 67 Cfr. Romul. 6,119 s. pergitur ad thalamos, conuiuia laeta celebrant, / agmina saltantum miscentur lusibus aptis. 68 Per il ritratto del diues che Draconzio profila nel Romul. 5 vd. De Gaetano 2009, 354–359 e Stoehr-Monjou 2015 (b), 112–114. 69 Così Michel d’Annoville / Stoehr-Monjou 2008, 38.

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coincidere con gli anni del regno di Unerico, segnati da violazioni e delitti anche nel contesto familiare della dinastia asdinga.70 Sebbene il motivo di fondo della ‘Controversia’ sia costituito dalla condanna della ricchezza-tirannide che sub specie legis intende schiacciare gli humiliores, appare difficile pensare che Draconzio avesse l’ardire di pronunciare un diretto attacco contro il sovrano in occasione di una pubblica declamazione in uno dei luoghi ufficiali del potere – non alla presenza del re, è vero, ma comunque di un magistrato da quello evidentemente dipendente71 –, poiché un simile atto di insubordinazione ne avrebbe determinato l’immediata accusa di laesa maiestas. È più probabile, invece, che nell’affrontare il tema dell’amministrazione dello ius attraverso l’esemplificazione fittizia – e condotta fino al paradosso – di una lis da tribunale, il poeta, esperto di leggi, intendesse esprimersi in merito a una più equa applicazione del diritto nei confronti delle due fondamentali componenti sociali di Cartagine – Vandali e Romani – senza ulteriore prevaricazione dei vincitori sui vinti. In tal senso, un passaggio significativo è rappresentato, a mio avviso, da Romul. 5,108–117, versi che seguono l’invito rivolto al diues a mostrarsi moribus bonus ovvero a seruare pios, seruare modestos / … sub pace sua (Romul. 5,103– 105). In proposito, il declamatore richiama un illustre exemplum di clemenza, rievocando i termini del dibattito sorto all’epoca della terza guerra punica intorno all’opportunità di radere al suolo Cartagine (accompagnandosi al motivo della bontà del cosiddetto metus hostilis,72 il tema era divenuto topico nella pratica retorica prima ancora che nella storiografia73): sic sapiens olim Romana potentia iussit ne pereat Carthago nocens, inimica senatus et populi Aeneadum: cotem uirtutis habendam. sed ne Troiugenis per tempora pigra lacertis torporem pax longa daret, post uicta rebellis et consumpta simul iacuit congesta ruinis; et tamen haec renouata micat quibus occidit armis. haec igitur recidiua uiget post busta resurgens

70 Vd. Romano 1960, 21–22 e Bouquet / Wolff 1995, 56 e 58. Modéran 2002 (vd. n. 26), 130, n. 104 evidenzia che il brano draconziano s’inserisce bene all’interno della retorica tradizionale, avvertendo altresì “qu’il serait erroné de faire abstraction totale du contexte dans lequel il fut composé”. De Gaetano 2009, 357 intravede nel Romul. 5 un deciso attacco a Unerico, quale “personificazione del tiranno avido”, mentre Stoehr-Monjou 2015 (b), 114, con più prudenza, si limita a sottolineare che, sotto il velo della poesia, l’antitesi tra pauper e diues costituisce con ogni probabilità la trasposizione di un conflitto “entre le pouvoir et les citoyens dans la Carthage vandale”. 71 Konrad Vössing: Das Königreich der Vandalen: Geiserichs Herrschaft und Imperium Romanum, Darmstadt 2014, 103 e n. 161 ritiene invece indice di separazione tra Romani e Vandali il fatto che la declamazione avesse avuto luogo presso le terme di Gargilio, nella parte bassa della città, e non presso il palazzo reale, sito in collina. 72 Sul motivo vd., in particolare, Giorgio Bonamente: Il “metus Punicus” e la decadenza di Roma in Sallustio, Agostino ed Orosio, GIF 27, 1975, 137–169. 73 L’argomento era già formulato nella ‘Rhetorica ad Herennium’, dove si discute se Kartago tollenda an relinquenda uideatur (3,2).

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Angelo Luceri Phoenicis in morem. uirtus clementia patrum: tu testis Carthago manes inuita uolensque.

Draconzio mostra di schierarsi senza mezzi termini dalla parte del senato e del popolo di Roma, la cui potentia è definita sapiens74 per avere un tempo disposto che Cartagine, pur nocens75 e a loro inimica, venisse risparmiata. L’espressione di v. 109 ne pereat Carthago merita attenzione, sia per il mancato rispetto della concordanza dei tempi – a fronte del perfetto indicativo iussit del verso precedente ci aspetteremmo, infatti, l’imperfetto congiuntivo periret76 – sia per il fatto che essa ribalta significativamente il celebre motto attribuito a Catone il Vecchio da Plutarco nella ‘Vita’ a lui dedicata,77 dando conto della politica del senato almeno fino a quando non prevalse il più intransigente orientamento del Censore78. Il poeta recupera, in proposito, la metafora con la quale Orosio, rammentando la dram74 L’accostamento tra il sostantivo e l’aggettivo potrebbe a mio avviso richiamare sottilmente il composto enniano sapientipotentes, attraverso il quale il vate rudino, forse per bocca di Appio Claudio Cieco, intendeva mostrare la mancanza di valore e saggezza di Pirro rispetto ai più accorti Romani, cfr. ann. 197 s. V. stolidum genus Aeacidarum: / bellipotentes sunt magis quam sapientipotentes (riguardo al possibile influsso diretto di Ennio sui versificatori in esametri d’età imperiale e tarda, vd. Paolo Mastandrea: ‘Ennius ohne Vergilius’. Lasciti degli Annales nell’epica imperiale, tarda e cristiana, in: Incontri triestini di filologia classica 7, 2007–2008, 83–101). 75 Il verbo noceo trova posto anche nella riflessione di Agostino che, conformemente al topos retorico dell’indebolimento morale provocato dalla cessazione del metus hostilis, afferma che i Romani furono danneggiati dalla rapida distruzione più che dalla lunga rivalità di Cartagine, cfr. civ. 3,21 ac deinde tantis malorum aggeribus oppressa Romana res publica, ut prosperitate ac securitate rerum, unde nimium corruptis moribus mala illa congesta sunt, plus nocuisse monstretur tam cito euersa, quam prius nocuerat tam diu aduersa Carthago. 76 Si tratta di una caratteristica propria della lingua tarda, come segnalato dal commento al passo di Bouquet / Wolff 1995, 266, che rimanda ai vari esempi draconziani raccolti, a suo tempo, da Vollmer 1905, 435: il presente qui si giustifica per una ragione di ordine psicologico, nell’evidenza che la sopravvivenza di Cartagine, deliberata in un primo momento dai Romani, perdura ancora nel momento in cui l’autore pronuncia la sua declamatio. 77 Cfr. Plut. Cat. Ma. 27,1 δοκεῖ δέ μοι καὶ Καρχηδόνα μὴ εἶναι. La comune formulazione ceterum censeo Carthaginem esse delendam, solitamente abbreviata nel più sintetico, ma incisivo delenda Carthago, non trova attestazione negli auctores latini e ha origine soltanto nel XIX sec., come ha mostrato Silvia Thürlemann: Ceterum censeo Carthaginem esse delendam, Gymnasium 81, 1974, 465–474: le fonti non forniscono una traduzione letterale del discorso catoniano riportato da Plutarco, ma insistono tutte sul verbo deleo, cfr. Liv. perioch. 49 Catone suadente bellum et ut tolleretur delereturque Carthago, Vell. 1,13,1 ante triennium quam Carthago deleretur, M. Cato, perpetuus diruendae eius auctor … mortem obiit, Val. Max. 8,15,2 cuius … consilio … deleta Carthago est (vd. anche Plin. nat. 15,74 cum … clamaret omni senatu Carthaginem delendam, Flor. epit. 1,31,4 Cato inexpiabili odio delendam esse Carthaginem … pronuntiabat, Aur. Vict. Caes. 47,8 Carthaginem delendam censuit e Oros. hist. 4,23,9 cum alii Romanorum propter perpetuam Romae securitatem delendam esse decernerent). 78 Il protagonista dell’episodio di clemenza nei confronti dei vinti è in genere riconosciuto in Scipione Nasica che, come ricorda già Floro (1,31,5), avversò Catone in senato nel 149 a. C. (vd. Vollmer 1905, 143 e Bouquet / Wolff 1995, 266). De Gaetano 2009, 342, n. 173 suggerisce di cogliervi un’allusione alla magnanimità inizialmente mostrata nei confronti della rivale Cartagine da Scipione Emiliano, poi persuasosi al proposito di raderla al suolo.

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matica distruzione di Cartagine nel 146 a. C., paragona la sopravvivenza della città punica alla cote che avrebbe permesso ai Romani di affilare costantemente il loro valore.79 Draconzio non segue tuttavia lo storico cristiano laddove quello attribuisce la successiva deliberazione di annientare la città rivale all’incipiente infiacchimento morale dei conquistatori:80 a fronte della riluttanza opposta da Cartagine alla longa pax da loro imposta, il poeta fa coincidere la decisione dei Romani con un atto mirato alla preventiva salvaguardia della propria integrità e operatività. Gli epiteti Aeneades (v. 110) e Troiugenae (v. 111) rinviano chiaramente al mandato di civilizzazione e pacificazione universale fatalmente affidato agli eletti discendenti dei Troiani attraverso le celeberrime parole di Anchise in Aen. 6,853 parcere subiectis et debellare superbos (il verso, non a caso, è riecheggiato da Draconzio nell’invito al tiranno a imitare la generosa ferinità dei leoni, spietati contro coloro che gli oppongono la forza delle armi, ma inclini a risparmiare chi si arrende81). Laddove Orosio dipinge la Cartagine dei suoi tempi come ormai ridotta “in poca terra e spoglia delle mura”,82 Draconzio sostiene che la città, dapprima costretta a giacere sotto un ammasso di rovine, è tornata invece a risplendere in virtù di quelle armi per le quali essa era caduta, ovvero grazie alla tutela di quegli stessi Romani che in passato l’avevano annientata. Il passo potrebbe forse celare un riferimento alla fondazione della Colonia Iulia Carthago proposta da Cesare nel 46 a. C. e concretizzata da Ottaviano solo nel 29 a. C.,83 ma tale memoria, a mia conoscenza, costituirebbe un unicum nelle fonti del periodo. Il poeta intende forse semplicemente alludere all’operoso contributo recato dalle successive generazioni di Romani d’Africa al sostanziale splendore della città, i segni del quale appaiono pienamente constatabili nel momento in cui – forse sotto il governo di Unerico – egli si accinge a declamare. La gloria di Carthago è dimostrata in maniera inequivocabile dall’accostamento con la fenice, il mitico uccello che, capace di risorgere dalle proprie ceneri e spesso esaltato nella poesia panegiristica tardoantica quale emblema della resistenza romana ai colpi infertile dai nemici, era talora assurto a simbolo dell’eternità del potere imperiale:84 in sostanza, Cartagi79 Cfr. Oros. hist. 4,23,10 cotem illam magnam splendoris et acuminis sui Carthaginem perdiderunt (sc. Romani). 80 Cfr. Oros. hist. 4,23,9 causam non ex iniuria lacessentum Carthaginiensium sed ex inconstantia torpescentium Romanorum ortam inuenio. 81 Cfr. Romul. 5,306–311 si ratio te nulla mouet, si mente cruenta / humana pietate cares, imitare leones / quos feritas generosa iuuat: super arma tenentes / ingruere fremitusque dare procul ore cruento / nobilis ira solet, subiectis parcere gaudent / et praedam rabies contempsit fulua iacentem. 82 Cfr. Oros. hist. 5,1,5 cui (sc. Carthagini) etiam nunc, situ paruae, moenibus destitutae, pars miseriarum est audire quid fuerit. 83 Cfr. Dio 43,50 e 52,43. 84 Sul tema in ambito letterario si veda anzitutto Roelof van den Broek: The Myth of the Phoenix according to Classical and Early Christian Traditions, Leiden 1972. Quale strumento di propaganda politica, in particolare, in Claudiano, vd. Marina Agrillo: Il trionfo dell’eternità sul tempo: la Fenice e Stilicone, in: Luigi Castagna / Chiara Riboldi (edd.): Quesiti, temi, testi di poesia tardolatina. Claudiano, Prudenzio, Ilario di Poitiers, Sidonio Apollinare, Draconzio, Aegritudo Perdicae, Venanzio Fortunato, corpus dei Ritmi Latini, Frankfurt am Main 2006,

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ne, un tempo rebellis al volere di Roma (v. 112), appare ora investita della medesima immortalità della rivale, nella cui clementia essa non può non riconoscere il principio fondante della propria resurrezione. Il v. 117 tu testis Carthago manes inuita uolensque rappresenta la summa del discorso, in cui la città africana, una volta rinata, risulta, volente o nolente, testimone per eccellenza della uirtus dei patres romani. In tal senso, la lode che Draconzio riserva a Cartagine nell’ambito dell’esortazione al diues perché non adotti malvagie risoluzioni contro i suoi concittadini, suona come un monito rivolto ai dominatori affinché usino rispetto e tolleranza nei confronti della componente romana. La clementia, del resto, costituisce un cardine della poetica di Draconzio che proprio attraverso il richiamo al mandato di Anchise ne suggerisce l’esercizio a Guntamondo sia nella ‘Satisfactio’85 sia nel terzo libro del ‘De laudibus Dei’, dove lo scrittore biasima l’ostinazione per la quale i Numantini avevano preferito essere annientati pur di non piegare il capo al giogo di Roma.86 In conclusione, il rapporto che Draconzio instaura con la città nei pressi della quale egli ha probabilmente ricevuto i natali sembra riflettere i momenti della sua alterna fortuna. Il poeta non dichiara mai esplicitamente la propria appartenenza alla patria cartaginese, sebbene tutti i dati in nostro possesso rendano verosimile l’ipotesi che egli non si sia mai allontanato dalla capitale africana: a Cartagine, Draconzio ha compiuto gli studi grammaticali e retorici sotto la guida di Feliciano, ha percorso le tappe della carriera forense presso gli uffici proconsolari e, al culmine del successo, ha conosciuto il carcere e la confisca dei beni, per poi ottenere, solo dopo lungo patimento, la riabilitazione. Lo scrittore rivendica non senza orgoglio l’appartenenza ai Romulidae, consapevole che la sua famiglia, forse risparmiata da esazioni e confische in virtù dell’iniziale collaborazionismo, costituisce parte integrante e vitale della burocrazia amministrativa essenziale al funzio1–11; Laurence Gosserez: Un contrepoint païen, le phénix de Claudien, in: Id. (ed.): Le Phénix et son autre. Poétique d’un mythe (des origines au XVIe siècle), Rennes 2013, 147–152 e soprattutto alcuni dei numerosi lavori di Françoise Lecocq: L’empereur romain et le phénix, in: Silvia Fabrizio-Costa (ed.): Phénix: mythe(s) et signe(s), Bern 2001, 27–56; Ead.: Le phénix dans l’œuvre de Claudien: la fin d’un mythe. Pour une lecture politique du phénix: quelques arguments, in: Florence Garambois-Vasquez (ed.): Claudien. Mythe, histoire et science. Journée d’étude à l’Université Jean Monnet de Saint-Etienne, 6 novembre 2008, Saint-Étienne 2011, 113–157; Ead.: L’oiseau Phénix de Lactance: uariatio et postérité (de Claudien au poème anglo-saxon „The Phoenix”), in: Hélène Vial (ed.): La uariatio: l’aventure d’un principe d’écriture, de l’Antiquité au XXIe siècle. Colloque de ClermontFerrand (25–27 mars 2010), Paris 2014, 185–201; Ead.: Un bilan de la recherche contemporaine sur le mythe du Phénix, Roda da Fortuna 4, 2015, 257–273. La fenice costituiva, insieme al globo, l’emblema dell’immortalità del governo imperiale anche nella monetazione, vd. Serena Ensoli / Eugenio La Rocca: Aurea Roma: dalla città pagana alla città cristiana. Guida alla mostra, Roma 2001, 585. 85 Cfr. satisf. 123 tu (sc. Gunthamunde) parcis iniquis e 127 s. solusque rebellis / formidat mortem. 86 Cfr. laud. dei 3,456–458 nec iuga Romani fuerant metuenda senatus: / parcere uictor amat, sed debellare rebelles / urget et hortatur; ueniam donare sueuit e vd. De Gaetano 2009, 339– 341.

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namento della capitale. Africano di nascita, ma profondamente permeato dalla cultura latina e dalla tradizione letteraria di Roma, negli anni dell’apprendistato scolastico Draconzio sembra guardare con stupore, ma non con sfavore, alla creazione di una paideia comune a vinti e vincitori, incoraggiato forse dai primi segni di una progressiva romanizzazione della monarchia vandalica.87 Nell’auspicio di una pacifica convivenza, costantemente minacciata dalle divisioni religiose e dalle stesse lacerazioni che interessarono la dinastia asdinga a seguito di cruente lotte per la successione, il poeta, divenuto togatus, sembra proporre ai dominatori l’esercizio di quella clementia, in virtù della quale Cartagine stessa ha ereditato l’immortalità di Roma. Nel prendere atto di una incipiente rinascita dell’urbs conquistata dai Vandali egli auspica, insomma, che i nuovi signori riconoscano l’influenza politica dei precedenti amministratori ed evitino di ostentare in senso nazionalistico l’inimicizia che fin dall’antichità la città punica aveva opposto alla saggia potentia Romana.88 La fiducia in un simile progetto, forse intravisto nei primi anni del governo di Unerico e auspicato nell’adesione alla causa dinastica del filo-romano Ilderico contro Guntamondo, sembra arrestarsi quando, a seguito della legittima presa di potere di quest’ultimo, Draconzio, all’apice della carriera, conosce per ritorsione il carcere e l’annullamento di ogni privilegio. Bandito dal tribunale e privato di ogni influenza, il poeta tenta, attraverso la ‘Satisfactio’, di implorare il perdono del re, nella speranza che questi possa riconoscersi nella missione all’imperium universale da Virgilio invocata per Roma e da lui stesso, forse troppo temerariamente, a un certo momento prospettata per Cartagine, fidando in un diverso corso della politica vandalica. Di fronte all’indifferenza di Guntamondo, l’orizzonte di Draconzio si fa più cupo, spostandosi sull’apologia della religione. La difesa del credo niceno, vera barriera che impediva ogni forma di integrazione tra Romani e Vandali, lo spinge a una decisa ostilità nei riguardi dell’arianesimo, condannato senza mezzi termini in un passaggio del secondo libro del ‘De laudibus Dei’ (vv. 100–106). Opponendosi poi con intransigenza ai falsi valori del paganesimo – di qui il biasimo per gli exempla scelerum della storia o del mito – con fermezza egli disapprova, dunque, l’azione di personaggi che l’antichità aveva innalzato a modello di virtù, coinvolgendo tanto gli eroi della sua patria reale (Cartagine),89 quanto quelli della sua 87 Vd. De Gaetano 2009, 344–346. 88 Occorre richiamare, al riguardo, le parole dell’ancora fondamentale lavoro di Bruno Luiselli: Storia culturale dei rapporti tra mondo romano e mondo germanico, Roma 1992, per il quale validi elementi consentono di ritenere “che nella monarchia dei Vandali si instaurò la concezione dell’Africa vandalica come controparte dell’impero romano … sulla scia dell’antico grande dualismo storico: Roma-Cartagine” (548). Nella stessa pagina lo studioso avverte che tuttavia “nessun elemento autorizza la congettura che da parte vandalica ci fossero mire di instaurazione di un impero vandalico sostitutivo di quello romano almeno occidentale”. 89 Oltre che nei riguardi dei Fileni e di Didone il poeta ha parole di biasimo anche nei confronti di Annibale: al furor del condottiero punico, già criticato al v. 210 della ‘Controversia’ (Hannibalisque trucem fregit per bella furorem [sc. Scipio]), egli non risparmia strali polemici in laud. dei 3,441–445 Hannibal inclusis nullo surgente reatu, / praeter quod fuerant Romanae gentis amici, / crimen amicitiae reputans, pro laude periclum / intulit et poenas exegit ab urbe fideli, / perfida quas lueret sub iusto uindice turba (il Barca, infatti, non aveva usato la mi-

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patria ideale (Roma), come rivela, in laud. dei 3,419–438, la severa critica rivolta a Regolo, campione della Romana fides opposta alla malizia punica. Dopo la liberazione e il recupero della precedente fortuna, è presumibile che Draconzio sia tornato a godere di un sostanziale benessere, grazie all’intercessione dei Vittori presso Trasamondo: in onore di tale sovrano, artefice forse di un’amnistia con la quale si proponeva di cancellare le condanne espresse dal precedente regime, il poeta scriverà il panegirico a noi non giunto, ma di cui è notizia nell’umanista Bernardino Corio.90 Gli accenti di rinnovata serenità con i quali nel Romul. 6 lo scrittore guarda ai luoghi che nella capitale vandalica fanno da cornice alle nozze dei suoi liberatori lasciano tuttavia immaginare che la sua voce sia giunta a ispirare quella dei Romulidae della generazione a lui successiva, votati a celebrare in versi la gloria della Carthago resa felix da Trasamondo e Ilderico: sarà questa l’ultima illusoria affermazione dei Vandali, il cui nome, già all’indomani della riconquista giustinianea (534 d. C.), sembra invece disperdersi del tutto. L’urbs Africana che gli Asdingi avevano governato quasi per un secolo mantiene una certa vitalità ancora fino alla vittoria degli Arabi sui Bizantini del 698 d. C.: da quel momento in poi la metropoli che, dapprima sotto i Punici, quindi sotto i Romani, aveva conosciuto lo splendore e la dignità ricordati da Salviano di Marsiglia, cessa altresì di lasciare la propria impronta sulla storia del Mediterraneo, avviandosi a perire stavolta, davvero, definitivamente.

nima pietà verso i Saguntini, rei, a loro volta, di aver versato inutilmente il loro stesso sangue pur di serbare fino alla fine l’amicizia del popolo romano). 90 Su tale nota testimonianza vd. Moussy / Camus 1985, 30.

DRACONTIUS IM KONTEXT DER NORDAFRIKANISCHEN DICHTUNG DER SPÄTANTIKE Helen Kaufmann ABSTRACT In diesem Beitrag werden die Bezüge zwischen Dracontius’ Dichtung und jener anderer Dichter des nordafrikanischen Vandalenreichs untersucht. Daraus ergibt sich ein Spektrum von verschieden gearteten Verbindungen mit unterschiedlich deutlichen Parallelen, von rein sprachlichen Entsprechungen (z. B. Anth. 41 R.2 und Drac. Romul. 10,9) über sprachliche und inhaltliche Parallelen, die sich teils unkritisch (z. B. Anth. 52 R.2 und Drac. Romul. 10,366–569 und 9,128; Coripp. Iust. 4,305f. und Drac. satisf. 263. 289) und teils kritisch (Anth. 102 R.2 und Drac. Romul. 10; Anth. 389 R.2 und Drac. laud. dei 1,118–128) mit Dracontius’ Dichtung auseinandersetzen, bis hin zu rein inhaltlichen (Carm. de resurr. 122–136 und Drac. laud. dei 1,621–683; Verec. satisfact. 54– 58 und Drac. laud. dei 3,568–584) bzw. ganz fehlenden (z. B. Luxorius, Fulg. Rusp. psalm. abeced.) Bezügen. Aus den untersuchten Parallelen lässt sich schließen, dass Dracontius auf die lokale zeitgenössische Dichtung eine beträchtliche Strahlkraft ausübte.

1. EINLEITUNG Dracontius war der bedeutendste, aber nicht einzige Dichter im vandalischen Nordafrika. Für diesen Beitrag habe ich Bezüge zwischen Dracontius’ Dichtung und jener anderer Dichter des nordafrikanischen Vandalenreichs untersucht mit dem Ziel, Dracontius’ Strahlkraft auf lokale zeitgenössische Dichter zu bestimmen. Daraus ergab sich ein Spektrum von verschieden gearteten Verbindungen, insbesondere sprachliche und / oder inhaltliche Entsprechungen mit unterschiedlich deutlichen Parallelen. Mein Schwerpunkt liegt auf Dracontius’ Stellung in seinem lokalen zeitgenössischen Kontext, nicht auf den intertextuellen Bezügen an sich; diese Untersuchung versteht sich demnach in erster Linie als Beitrag zum literaturhistorischen Verständnis von Dracontius’ Dichtung. Zwei Problemfelder gilt es allerdings zuerst zu klären: die Datierung und Lokalisierung der Gedichte, die hier als nordafrikanisch und zeitgenössisch mit Dracontius’ Dichtung erachtet werden. Mit Ausnahme von Fulgentius von Ruspes ‘Psalmus contra Vandalos Arrianos’, (wahrscheinlich) Verecundus von Juncas ‘De satisfactione paenitentiae’ und Coripps Werken können diese Gedichte an sich nämlich weder einem Jahr noch einem Ort sicher zugewiesen werden, da sie anonym und ohne explizite geographische und historische Hinweise überliefert wurden. Mit einiger Zuversicht können sie dennoch als nordafrikanisch gelten, wenn sie auf dem Codex Salmasianus oder (fälschlicherweise) unter dem Namen

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eines nordafrikanischen Autors tradiert wurden.1 Ein weiteres Kriterium für die Lokalisierung sind intertextuelle Bezüge zu bekannten nordafrikanischen Autoren. Obwohl diese Kriterien nicht unproblematisch sind, gehe ich bei Erfüllung von mindestens zweien von einer Lokalisierung in Nordafrika aus. Damit können alle hier besprochenen anonymen Gedichte außer Anth. 389 R.2 als nordafrikanisch erachtet werden. Anth. 389 R.2 wurde auf dem sogenannten Codex Thuaneus (9. Jh. = Cod. Parisinus Lat. 8071) tradiert, der wiederum auch 73 der auf dem Codex Salmasianus überlieferten Epigramme in identischer Reihenfolge enthält.2 Zudem sprechen sprachliche und prosodische Merkmale3 dafür, dass der Dichter ebenfalls im vandalischen Nordafrika wirkte. Von Coripps Werken habe ich alle berücksichtigt, obwohl er wohl nur die ‘Iohannis’ in Nordafrika verfasste, denn nach Byzanz kam er als bereits etablierter nordafrikanischer Dichter. Präzis datieren kann man weder Dracontius’ Werke noch die genannten Gedichte. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist jedoch davon auszugehen, dass die meisten zu ähnlicher Zeit entstanden sind: Dracontius’, Fulgentius von Ruspes, Verecundus von Juncas und Coripps Werke aufgrund biographischer Anhaltspunkte und die auf dem Codex Salmasianus überlieferten Epigramme, weil diese Sammlung wohl gegen oder nach Ende der Vandalenherrschaft publiziert wurde.4 Unsicheren Datums sind Anth. 389 R.2 und das ‘Carmen ad Flavium Felicem de resurrectione mortuorum et de iudicio domini’ (Carm. de resurr.); hier sprechen die ausgeprägten intertextuellen Bezüge wiederum für ein zeitgenössisches Datum. Wenige Anhaltspunkte gibt es ferner zur Frage, ob die anderen Dichter sich von Dracontius inspirieren ließen oder umgekehrt. In den meisten Fällen steht eine (relative) Großform von Dracontius (z. B. Kurzepos) der Kleinform eines anderen Dichters (z. B. Epigramm) gegenüber, so dass ein Einfluss von groß zu klein natürlich scheint, wenn auch nicht zwingend ist. Dass Dracontius’ säkulare Dichtung ein Bezugspunkt für seine Dichterkollegen war, hat die Forschung längst erkannt. So sind verschiedene Verbindungen zu auf dem Codex Salmasianus überlieferten Gedichten bereits aufgezeigt worden. In je einer Arbeit haben z. B. Étienne Wolff und Annick Stoehr-Monjou den Zusammenhang zwischen Dracontius’ rhetorischen Stücken und Anth. 21 R.2, den einzigen lateinischen Versdeklamationen überhaupt, untersucht,5 und Edward Courtney6 hat die Musen Polyhymnia, Melpomene und Kalliope bei Dracontius und im Musenepigramm Anth. 88 R.2 verglichen. Die Parallelen zwischen Dra1 2 3 4 5 6

Vgl. zu diesen sowie weiteren Kriterien und ihrer Kritik Helen Kaufmann: Imperial and Late Latin Poetry from North Africa, in: Bruce Hitchner (Hrsg.): A Companion to North Africa in Antiquity, Malden u.a. in Vorbereitung. Loriano Zurli / Nino Scivoletto: Anonymi in laudem solis (Anthologia Latina, c. 389 Riese = 385 Shackleton Bailey), Hildesheim 2008, 3. Vgl. Zurli / Scivoletto 2008, 29 (wie Anm. 2). Vgl. Nigel M. Kay: Epigrams from the Anthologia Latina. Text, Translation and Commentary, London 2006, 5–7 und Loriano Zurli / Nino Scivoletto: Unius poetae sylloge (Anthologia Latina, cc. 90–197 Riese = 78–188 Shackleton Bailey), Hildesheim 2007, 124f. Wolff 2015 (c); Stoehr-Monjou 2015 (b). Vgl. auch Courtney 1984, 310. Courtney 1984, 311.

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contius’ Dichtung und der ‘Aegritudo Perdicae’ bzw. Reposians’ ‘De Concubitu Veneris et Martis’ sind ebenfalls erforscht worden.7 Weniger Studien gibt es zum Einfluss von Dracontius’ christlichen Werken auf die zeitgenössische lokale Dichtung mit Ausnahme des Carm. de resurr.8 Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf weniger erforschte Beispiele und versteht sich als Ergänzung zu den genannten Arbeiten. Im Folgenden werden die Beispiele nach Art ihrer Bezugnahme auf Dracontius’ Dichtung besprochen, auf einem Spektrum von rein sprachlichen Parallelen über sprachliche und inhaltliche Bezüge hin zu bloß inhaltlichen Entsprechungen. Die damit verbundene methodische Frage, wie wenig Parallelität ausreicht, um von der Bezugnahme eines Dichters auf einen anderen schließen zu können, lässt sich nicht abschließend beantworten: Allgemein ist eine Kombination von sprachlichen Parallelen und inhaltlichen Bezügen stärker zu gewichten als die Teilkomponenten für sich genommen, und außerdem gelten sprachliche Parallelen mehr als inhaltliche Bezüge, weil sie besser nachgewiesen werden können. Andererseits lassen sich gerade in der christlichen Dichtung gemeinsame Quellen oft nicht ausschließen, und letztlich werden Verbindungen zwischen Dichtern immer aufgrund der subjektiven Einschätzung eines Interpreten konstruiert. Die beiden folgenden Beispiele illustrieren die Problemstellung. Nach Paolucci9 setzt sich z. B. der anonyme Dichter der ‘versus serpentini’ (Anth. 38–80 R.2) im Distichon über Orestes und Klytaimestra (Anth. 43 R.2) inhaltlich mit Dracontius’ Version des Mythos auseinander, da er beide Mordtaten, Klytaimestras an Agamemnon und Orestes’ an Klytaimestra, verurteile, während Dracontius nur erstere verurteile und letztere positiv werte. Das Distichon lautet: pro pietate nefas matris purgauit Orestes;  incurrit magnum pro pietate nefas. Aus Liebe reinigte Orestes das Unrecht seiner Mutter; er nahm großes Unrecht auf sich aus Liebe.

Die negative Wertung des anonymen Dichters wird tatsächlich sowohl durch nefas als auch purgauit bzw. magnum verdeutlicht. Andererseits wertet Dracontius Orestes’ Mord nicht nur positiv (Orest. 15 nefas laudabile nati), sondern durchaus 7

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Zu Dracontius und Carm. de aegr. Perd. siehe Bright 1987, Wolff 1988, Schetter 1991, Lavinia Galli: Studi sull’Aegritudo Perdicae, BStudLat 26, 1996, 227f.; 231f., Zurli 1996 und Zwierlein 2017 (b), 277–297, zu Dracontius und Reposianus: Morelli 1912, Arena 1951, Langlois 1973, Gualandri 1974 und Courtney 1984, 309f. Weitere Parallelen behandelt Courtney 1980, 37–50, hier 43f. Zum Carm. de resurr. vgl. Jan Hendrik Waszink: Carmen ad Flavium Felicem de resurrectione mortuorum et de iudicio Domini, Bonn 1937; Sandra Isetta: Carmen ad Flavium Felicem. Problemi di attribuzione e reminiscenze classiche, VetChr 20, 1983, 111–140; Miryam De Gaetano: Carmen ad Flavium Felicem de resurrectione mortuorum et de iudicio Domini. Introduzione con saggio di commento e traduzione. Diss. Macerata 2013. URL: http://ecum.unicam.it/628/1/Tesi_dottorato_De_Gaetano.pdf [17.08.16]. Loriano Zurli / Nino Scivoletto / Paola Paolucci: Anonymi versus serpentini (Anthologia Latina, cc. 38–80 Riese = 25–68 Shackleton Bailey), Hildesheim 2008, 113.

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auch ambivalent (Orest. 206 hoc tam grande nefas; 421 matronale nefas), was sich auch im zweifach belegten Versende purgandus Orestes (Orest. 151. 945), dem Wahn, der ihn nach der Ermordung seiner Mutter überfällt (Orest. 845–861) und seiner Heilung davon durch Iphigenie (Orest. 885f. quem ... / purgat) ausdrückt. Möglicherweise hat sich der anonyme Dichter hier aber nicht so sehr an Dracontius, sondern an Claudian orientiert. Denn in dessen Panegyricus auf Honorius’ 6. Konsulat findet sich sowohl die sprachlich engste Parallele (pietate nefas) wie auch die Ambivalenz von Orests Tat (28,113–115):10 ense Thyestiadae poenas exegit Orestes, sed mixtum pietate nefas dubitandaque caedis gloria materno laudem cum crimine pensat. Mit dem Schwert vollstreckte Orestes die Strafe an Thyestes’ Sohn, doch ein Verbrechen war der Erfüllung der Sohnespflicht beigemischt und der Ruhm einer Mordtat ist zweifelhaft, wenn er Lob mit einem Verbrechen an der Mutter aufwiegt.

Statt einer inhaltlichen Auseinandersetzung des anonymen Dichters mit Dracontius’ ‘Orestis tragoedia’ ist demnach hier eher von einer Inspiration durch Claudian auszugehen. Der anonyme Dichter hat, wie unten noch zu sehen sein wird, allerdings durchaus auf Dracontius Bezug genommen, aber diese Stelle kann kaum als Beleg dafür gelten. Zweitens hat Waszink11 versucht, sprachliche Parallelen zwischen dem ‘Carmen de resurrectione’ und Dracontius nachzuweisen. Mit einer Ausnahme (s. dazu unten S. 51) sind diese jedoch entweder ungenau (z. B. Carm. de resurr. 190 florentia regna vs. Drac. laud. dei 1,355 per florea regna) und / oder auch anderswo belegt (z. B. Carm. de resurr. 229 sed puto vs. Drac. laud. dei 1,245 et puto, aber z. B. Mart. 2,9,2 sed puto). Interessant ist aber die Kombination von zwei in der früheren Dichtung nie belegten und auch nachher sehr seltenen Wörtern beim anonymen Dichter und Dracontius: crementa ‚Zuwachs’ und uiror ‚Grüne’. Als Junktur erscheinen sie beim anonymen Dichter im Proömium, wo in einer Liste von indirekten Fragen verschiedene Prozesse angesprochen werden, die auf Gottes Urheberschaft verweisen (Carm. de resurr. 24 germinibus uariis quis det crementa uiroris „wer den verschiedenen Zweigen zunehmende Grüne verleiht“) und bei Dracontius in der ‘Satisfactio’ (231 numquid mox natas segetes uiror armat aristis? „Rüstet Grüne die Saaten im Korn aus, sobald sie geboren sind?“; 237 nam luna crescente fretum crementa resumit „denn wenn der Mond zunimmt, gewinnt das Meer zusätzliche Kraft“). Allerdings ist an der Stelle im ‘Carmen de resurrectione’ decrementa und incrementa überliefert, nicht crementa, und die Überlieferung an der entsprechenden Stelle in der ‘Satisfactio’ ist geteilt (crementa und incrementa). Außerdem besteht ein stärkerer Bezug zwischen dem anonymen Gedicht und Iuvenc. 2,816f. (über das zu einem Baum heranwachsende 10 Vgl. zur historischen Interpretation der Rächer, die Schuld auf sich laden, Claudia Schindler: Pagane Mythen – christliche Herrscher, in: Hartmut Leppin (Hrsg.): Antike Mythologie in christlichen Kontexten des Spätantike, Berlin u.a. 2015, 19–42, hier 36f. 11 Waszink 1937, 170 (wie Anm. 8).

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Senfkorn: at iusti mox incrementa uiroris / sumpserit „Aber bald hat es den Zuwachs von rechtmäßigem Grün angenommen“)12. Folglich kann aufgrund der hier besprochenen sprachlichen Beispiele keine Verbindung zwischen dem anonymen christlichen Dichter und Dracontius nachgewiesen werden. Erst eine Kombination von sprachlichen und inhaltlichen Entsprechungen erweist eine solche als wahrscheinlich (siehe dazu unten S. 51). Insgesamt wird sich zeigen, dass sich die meisten Dichter weniger kritisch mit Dracontius auseinandersetzten, als als dass sie ihm in Wendungen, Metaphern, Vergleichen und Mytheninterpretationen folgten. In der Tat entsteht der Eindruck, dass Dracontius’ Dichtung wie jene eines klassischen Dichters als Modell benutzt wurde. 2. SPRACHLICHE PARALLELEN Die ‘versus serpentini’ (Anth. 38–80 R.2) sind eine anonyme Sammlung von Zweizeilern, bei denen der Anfang des Hexameters mit dem Ende des Pentameters identisch ist. Darunter finden sich zahlreiche inhaltliche und sprachliche Übereinstimmungen mit Dracontius’ säkularer Dichtung (siehe dazu unten S. 50). In Anth. 41 R.2 übernimmt der anonyme Dichter jedoch eine dracontische Junktur ohne gleichzeitigen inhaltlichen Bezug. Das Distichon handelt von Diomedes’ Pferden (Anth. 41 R.2), die durch die Zerfleischung von Fremdlingen die Brutalität ihres Besitzers offenkundig machten, bis ein bestimmter Fremder, Herakles, ihnen Diomedes selbst vorwarf: uim Diomedis equi monstrabant hospite caeso;  hospite fregerunt uim Diomedis equi. Diomedes’ Gewalt zeigten seine Pferde durch die Tötung des Gastes; mithilfe eines Gastes brachen Diomedes’ Gewalt seine Pferde.

Der einzige andere Beleg von hospite caeso am Versende steht in Dracontius’ Romul. 10,9 in Bezug auf den Diana gewidmeten Menschenopferkult; in ähnlichem Kontext verwendet Dracontius die Junktur auch in laud. dei 3,219f. (über Diana: sanguinis humani numquam satiata cateruis / hospitibus caesis „die nach der Tötung der Besucher von den Haufen menschlichen Blutes nie genug hatte“). Bei Claudian ist die Junktur im Zusammenhang mit dem von Busiris eingeführten Menschenopferbrauch in Ägypten belegt, jedoch nicht am Versende (Claud. 18,160f. hospite qui caeso monuit placare Tonantem / inuentas primus Busiridis imbuit aras „[sc. der Seher,] der riet, Jupiter durch die Tötung eines Besuchers zu besänftigen, netzte nach seiner Ankunft als erster Busiris’ Altar“). Inhaltlich hat der ‘versus serpentinus’ weder direkt mit Diana noch Busiris zu tun, aber das Motiv des Erfinders einer Strafe, der ihr dann selbst zum Opfer fällt,13 findet sich 12 Vgl. Waszink 1937, 52 (wie Anm. 8) und De Gaetano 2013, 53 (wie Anm. 8). 13 Claudian (18,157–170) vergleicht Eutropius mit Busiris und Phalaris und bezieht sich damit wohl auf Ov. ars 1,647–656. Diomedes wird aber an keiner der beiden Stellen erwähnt.

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sowohl in Anth. 41 R.2 als auch bei Claudian. Sprachlich ist die Verbindung zu Dracontius (Romul. 10,9) jedoch enger als zu Claudian. Folglich kann dies als Beispiel für eine sprachliche Bezugnahme des anonymen Dichters auf Dracontius gelten. 3. SPRACHLICHE UND INHALTLICHE BEZÜGE 3.1 Unkritische Übernahme von Sprache und Inhalt Weitere Beispiele aus den ‘versus serpentini’ (Anth. 38–80 R.2) verdeutlichen, dass der Autor bisweilen Sprache und Inhalt des dracontischen Vorbilds reflektierte, ohne sich dabei kritisch damit auseinanderzusetzen.14 In Anth. 52 R.2 wird etwa Kreon, der Medea verbannte, mit Kreon, der Polyneikes’ Begräbnis untersagte, identifiziert: mens tibi dira, Creon: uel cum Medea fugatur,  uel cum busta negas: mens tibi dira, Creon. Dein Sinn ist furchtbar, Kreon, als Medea verbannt wird, wie auch als du das Begräbnis verbietest: Dein Sinn ist furchtbar, Kreon.

Diese Identifikation lässt sich gut mit der Lokalisierung der zweiten Hälfte von Dracontius’ ‘Medea’ in Theben und der Einbettung des Königs- und Kindermordes in die thebanische Geschichte (Romul. 10,366–569) vereinbaren. Der anonyme Dichter könnte zwar die Identifizierung der beiden Kreones auch aus anderen Quellen gehabt haben (z. B. Hyg. fab. 25,2), zumal er nicht erwähnt, ob er vom thebanischen oder korinthischen Kreon spricht,15 aber die sprachlichen Parallelen zu busta negas bei Dracontius (Romul. 9,128 prostratis dum busta negas mortesque sepulchris; 9,12 busta negantur; 9,126 busta negentur)16 sprechen dafür, dass sich der anonyme Dichter hier von Dracontius’ Dichtung inspirieren ließ. Eine ähnliche Kombination von inhaltlichen und sprachlichen Bezügen findet sich zwischen Romul. 8 und den ‘versus serpentini’ über das Parisurteil (Anth. 40 R.2): iudicium Paridis prouexit coniuge Troiam,  decerpsit Troiam iudicium Paridis. Das Parisurteil hat Troja durch die Gattin befördert; dem Erdboden gleichgemacht hat Troja das Parisurteil.

Der einzige andere Vers, der mit dem vergilischen iudicium Paridis (Verg. Aen. 1,27) beginnt, ist Romul. 2,60, und das Parisurteil wird auch in Romul. 8 als 14 Anders Zurli / Scivoletto / Paolucci 2008, 113 (wie Anm. 9; s. dazu auch oben S. 47). 15 Hyg. fab. 25,2 (huic Creon Menoeci filius rex Corinthius filiam suam minorem Glaucen dedit uxorem) verortet die Geschichte in Korinth. 16 Die Junktur ist in der Dichtung sonst nur noch in den (möglicherweise) spätantiken ‘Argumenta antiqua’ zu Statius’ ‘Thebais’ 12,3 (busta negans) belegt.

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Grund für Trojas Zerstörung angegeben (vgl. Romul. 8,39–44, insbesondere infelix urbs [44]17), wenn auch später in Romul. 8 Paris’ zweifache Rückkehr nach Troja (vom Idagebirge bzw. von Zypern) diese Funktion übernimmt (vgl. Romul. 8,71–77. 144. 150 bzw. 627–655). Aus den besprochenen Beispielen der ‘versus serpentini’ lässt sich schließen, dass deren Autor sich von Dracontius’ Dichtung inspirieren ließ, ohne sich jedoch kritisch damit auseinanderzusetzen. Regelmäßig nimmt auch Coripp mit sprachlichen Wendungen auf Dracontius’ Dichtung Bezug, zum Beispiel (Iust. 4,305f.): ... sine peccato peccata relaxans, plurima per populum faciens miracula Christus. Christus, der die Sünden ohne Sünde vergibt und sehr viele Wundertaten unter dem Volk schafft.

Die beiden Versenden sind erstmals und ausschließlich bei Dracontius belegt (laud. dei 2,763 pauper peccata relaxat; satisf. 289 populis peccata relaxans; satisf. 263 faciens miracula Christus). Inhaltlich sind besonders die beiden Stellen aus Dracontius’ ‘Satisfactio’ relevant, denn sie beschreiben die Natur Gottes (289) und Christi (263), die Coripp kombiniert und in seiner Paraphrase des Glaubensbekenntnisses auf Christus bezieht. Mit dieser Paraphrase weist er wohl an der zitierten Stelle indirekt lobend auf Justins II. Erlass hin, mit dem dieser das Glaubensbekenntnis fest in der Liturgie verankerte.18 Eine systematische Untersuchung der zahlreichen Bezüge zwischen Dracontius und Coripp steht in der Forschung allerdings noch aus und würde den Rahmen dieses Beitrags bei weitem sprengen.19 Sprachlich weniger weit und inhaltlich einen Schritt weiter als die zitierten Parallelen geht der anonyme Dichter des ‘Carmen de resurrectione’, wenn er Dracontius’ Sündenkatalog einerseits abkürzt, andererseits aber auch variiert und die Verbindung zudem durch die einzige enge sprachliche Parallele zwischen den beiden Dichtern unterstützt. Dracontius’ Sündenkatalog (laud. dei 2,289–338) umfasst 15 Einträge: Piraterie, Seekrieg, Bürgerkrieg, Brudermord, Raub, Diebstahl, Ehebruch, Inzest, unrechtmäßige Bereicherung, Betrug, fehlender Respekt gegenüber dem Alter, Kindermord, Abtreibung, Giftmischerei, Hexerei, jener im ‘Carmen de resurrectione’ (339–351) neun, wovon sieben (Raub, Betrug, Diebstahl, Ehebruch, unrechtmäßige Bereicherung, Kindermord, Giftmischerei) inhaltlich mit Dracontius’ Katalog übereinstimmen, zwei weitere, Götzenverehrung und Mord, abweichend davon ergänzt wurden. Außerdem findet sich auch die sprachlich engste Parallele zwischen den beiden Dichtern im Sündenkatalog. Es handelt sich um das Versende fraude clientis (Carm. de resurr. 347), das fast identisch nur 17 Vgl. auch Cichoń 2016, 163f. 18 Vgl. Averil Cameron (Hrsg.): Flavius Cresconius Corippus, In laudem Iustini Augusti minoris libri IV, London 1976, 206–208. 19 Einzelne Parallelstellen sind bei Vollmer 1905, IX n. 2, n. 23, X n. 4, n. 11, Moussy / Camus, 1985, 99f., Rudolf Amann: De Corippo priorum poetarum Latinorum imitatore, Oldenburg 1885, 39f. und Serge Antès (Hrsg.): Corippe (Flavius Cresconius Corippus), Éloge de l’empereur Justin II, Paris 1981, 152 aufgelistet.

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bei Dracontius zu finden ist (laud. dei 2,317 fraude clientes). An dieser Stelle unterstützt die imitierte Junktur die inhaltliche Verbindung (Carm. de resurr. 346f. und Drac. laud. dei 2,317f.): si quocumque malo quis conscia mente uiuebat aut rapto grassatus erat aut fraude clientis wenn jemand aufgrund einer Missetat mit einem schlechten Gewissen lebte oder gegen Klienten mit Raub oder Betrug vorgegangen war. nobilium plures decepti fraude clientes, canities despecta senum laesique parentes Mehrere Klienten von Edlen wurden durch deren Betrug getäuscht, das weiße Haar der Alten wurde nicht respektiert und die Eltern beleidigt.

Aus den vorgestellten Beispielen lässt sich schließen, dass sich die beiden anonymen Dichter der ‘versus serpentini’ (Anth. 38–80 R.2) bzw. des ‘Carmen de resurrectione’ an Dracontius’ Dichtung orientiert haben, indem sie ihr sprachlich wie auch inhaltlich folgten, sie aber auch variierten. 3.2 Kritische inhaltliche Auseinandersetzung mit sprachlichen Parallelen Sprachliche Parallelität muss nicht mit inhaltlicher Übereinstimmung einhergehen. Zwei weitere anonyme Dichter heben mithilfe ersterer geradezu ihre inhaltlichen Abweichungen hervor. Der erste ist der anonyme Verfasser von Anth. 90– 197 R.2, einer von verschiedenen Forschern (zuletzt Kay und Zurli) als Gedichtbuch identifizierten Sammlung, die ebenfalls auf dem Codex Salmasianus überliefert ist20. In diesem Buch findet sich ein Epigramm über Medea (102), von Kay21 in die Tradition griechischer ekphrastischer Epigramme eingeordnet, die das Medea-Gemälde von Timomachus von Byzanz beschreiben. Das Gemälde wurde 46 v. Chr. für den Tempel der Venus Genetrix auf dem Forum Iulium erworben und zeigte Medea kurz vor dem Kindermord. Allerdings wird in Anth. 102 R.2 nicht dieses Bild mit Medeas Dilemma, sondern der Kindermord selbst dargestellt: opprimit insontes infidi causa parentis  Iasonis et nati crimina morte luunt. sed quamuis mater uiuo uiduata marito  coniugis in poenam pignora cara metat, sacra tamen pietas insanae mitigat ausus:  hunc furiata premit, hunc miserata leuat. Der Prozess des treulosen Vaters Jason trifft die Unschuldigen und die Söhne sühnen seine Verbrechen mit dem Tod. Aber obwohl die Mutter, verwitwet, obgleich ihr Mann noch lebt, ihre geliebten Kinder dahinmäht, um ihren Gatten zu strafen, mildert dennoch die heilige Lie-

20 Kay 2006, 1–5 (wie Anm. 4) und Zurli / Scivoletto 2007, 15–19; 115–126 (wie Anm. 4). 21 Kay 2006, 100–102 (wie Anm. 4).

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be das Unterfangen der Wahnsinnigen: Den einen streckt sie nieder im Wahn, den anderen hebt sie hoch voll Erbarmen.

Nach Kay22 könnte der anonyme Dichter eine andere bildliche Darstellung skizzieren, die den Kindermord selbst darstellt (wie z. B. Philippus AP 16.138.6; 140.5f.). Ob hier tatsächlich ein Bild beschrieben wird oder nicht, lässt sich nicht entscheiden. Das Epigramm ist jedoch literarisch sehr interessant, einerseits inhaltlich, weil Medea mehrfach für ihre Tat entschuldigt wird: Nicht sie, sondern die causa des treulosen Jason (infidi parentis) führte zum Tod der Kinder, der Kindermord wird als Strafe für Jason interpretiert (4 coniugis in poenam), und Medeas Mutterliebe (5 sacra pietas) milderte die Tat. Andererseits sind die sprachlichen Parallelen zu Dracontius’ Romul. 10 auffällig: In Romul. 10,297 verflucht Diana Medea als uiduata marito,23 und mit tunc natos furibunda premit schildert Dracontius (Romul. 10,531) den Kindermord: premit meint dort wohl, dass Medea ihre Kinder umarmt, während sie hier (6) den einen Jungen niederdrückt. Die komplementäre Verwendung von premere und leuare ist ferner ebenfalls bei Dracontius belegt (laud. dei 2,738 ima leuas et celsa premis). Die sprachlichen Parallelen zwischen dem Epigramm und Romul. 10 heben die inhaltlichen Unterschiede besonders hervor: Anders als in Romul. 10 sind im Epigramm keine Götter in den Kindermord involviert, Medea fühlt sich tatsächlich verwitwet und erfährt noch während des Mordes ein Wechselbad der Gefühle, so dass sie den einen Sohn niederdrückt und den anderen hochhebt. Sprachliche Parallelen in Kombination mit inhaltlichen Unterschieden finden sich auch zwischen dem anonymen sechzigzeiligen Epigramm ‘in laudem Solis’ (Anth. 389 R.2) und Dracontius’ Preis des Lichts (laud. dei 1,118–128).24 Die auffallendste Passage des Epigramms, der abschließende Preis der Sonne, stellt sich geradezu als Gegenentwurf zu Dracontius’ Hymne auf das Licht dar. Der folgende Vergleich zeigt die auffallenden Anaphern sowie eine Reihe von parallelen Substantiven und Adjektiven (iubar, aethereus, lux aurea, facies, decus). Aus Anth. 389 R.2 zitiere ich mit Zurlis Umstellungen die Verse 38–60:25 sol qui purpureo diffundit lumine terras, sol cui uernanti tellus respirat odorem, sol cui picta uirent fecundo gramine prata, sol speculum caeli, diuini numinis instar, sol semper iuuenis, rapidum qui diuidit axem, sol facies mundi caelique uolubile templum,

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22 Kay 2006, 102 (wie Anm. 4). 23 Die Junktur ist, abgesehen von einem inschriftlichen Beleg in Ostia (CE 487,8f.), besonders gut in der nordafrikanischen Dichtung der Spätantike belegt: Carm. de aegr. Perd. 181, Drac. laud. dei 3,496, Coripp. Ioh. 7,189f., CE 433,5, CE 1969,8. Vgl. auch Drac. Orest. 431 (incolumi uiduata uiro) und ferner Courtney 1980, 44. 24 Rossberg 1886, hier 721–726 schrieb das Gedicht aufgrund der sprachlichen Parallelen und metrischer Ähnlichkeiten Dracontius zu. Diese Zuschreibung ist wegen der inhaltlichen Unterschiede wenig plausibel. 25 Die Umstellungen betreffen das Ende der zitierten Passage: 49. 51–57. 59. 50. 58. 60 (Zurli / Scivoletto 2008, 64f. wie Anm. 2).

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Helen Kaufmann Sol Liber, Sol alma Ceres, Sol Iuppiter ipse, sol iubar et Triuiae, insunt cui nomina mille, sol qui quadriiugo diffundit lumina curru, sol et Hyperboreo fulgit matutinus in ortu, sol reddit cum luce diem, cum pingit Olympum. sol aestas, autumnus, hiems, sol uer quoque gratum, sol saeclum mensisque, dies sol, annus et hora, sol globus aethereus, haec est lux aurea mundi. sol bonus agricolis, nautis quoque prosper in undis, sol repetit quaecumque potest transcendere semper. sol cui sereno pallescunt sidera motu, sol cui tranquillo resplendet lumine pontus, sol cui cuncta licet rapido lustrare calore, sol cui surgenti resonat lyra blanda canorem, sol cui mergenti seruat maris unda teporem, sol mundi caelique decus, sol omnibus unus, sol noctis lucisque decus, sol finis et ortus.

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Dracontius’ Lob des Lichts lautet andererseits (laud. dei 1,118–128): prima dies nam lucis erat, mors una tenebris: lux datur ante polos, lux clari causa diei, lux iubar aethereum, lux noctis limes et umbris, lux facies rerum, dux lux cunctis elementis, lux genitis per cuncta color, lux gratia solis, lux decus astrorum, lux aurea cornua lunae, lux fulgor caeli, lux et primordia mundi, lux splendor flammae, lux magni temporis index, lux opus Auctoris primum, lux cardo pudoris, lux honor agricolis, requies lux omnibus aegris, lux aeui media est, lux quae dat tempora metis.

Insbesondere wenn sich Dracontius in dieser Passage implizit in der Tradition der Kirchenväter des 4. Jh. gegen die pagane Sonnenverehrung wendet,26 ist die Umkehr des anonymen Dichters zurück zum Preis der Sonne besonders stark. Sprachlich fällt außerhalb der zitierten Passage ferner die erstmals bei diesen beiden Dichtern belegte Wendung aestas, autumnus, hiems (Anth. 389 R.2,49; laud. dei 2,222 und satisf. 253) auf. Wie im vorausgegangenen Beispiel signalisieren die sprachlichen Parallelen die inhaltlichen Unterschiede. 4. INHALTLICHE BEZÜGE Mehrere christliche Dichter beziehen sich in erster Linie inhaltlich auf Dracontius, bisweilen in Kombination mit losen sprachlichen Entsprechungen. Ein Beispiel stammt aus dem bereits besprochenen ‘Carmen de resurrectione’. Wie beim Sündenkatalog nimmt der anonyme Dichter auch bei der Liste von Naturerscheinungen, mit denen er die Auferstehung vergleicht, auf Dracontius’ entsprechende 26 Vgl. dazu Moussy / Camus 1985, 260–262.

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Vergleiche Bezug, indem er dessen Liste verkürzt: Dracontius (laud. dei 1,621– 683) vergleicht die Auferstehung mit neun natürlichen Prozessen (Korn, Baum, Rebe, Gras, Schlangenhaut, Hirschgeweih, Vogelfedern, Phoenix, Tag und Nacht), und der anonyme Dichter (Carm. de resurr. 122–136) übernimmt davon vier (Korn, Tag und Nacht, Phoenix, Baum). Sprachlich fehlen Parallelen, was sich exemplarisch an der Beschreibung von Phoenix’ Wiedergeburt darstellen lässt. Jene des anonymen Dichters (Carm. de resurr. 133f. sic cremata suo uiuit de funere foenix / extemploque suo uolucris resurgit e busto „So lebt der Phoenix aus seinem Tod, nachdem er verbrannt wurde, und plötzlich ersteht der Vogel aus seinem Grab auf“) liest sich wie eine Zusammenfassung von Dracontius’ Schilderung (laud. dei 1,653–656) ohne sprachliche Parallelen: phoenicis exactam renouat Deus igne iuuentam exustusque senex tumulo procedit adultus: consumens dat membra rogus sine sorte sepulcri Gott erneuert die vergangene Jugend des Phoenix durch Feuer; wenn der Vogel im Alter verbrannt ist, tritt er ausgewachsen aus dem Grab hervor: Der verzehrende Scheiterhaufen gewährt Glieder ohne das Los des Grabes.

Die Entsprechungen zwischen dem ‘Carmen de resurrectione’ und Dracontius’ ‘De laudibus dei’ in den beiden Katalogen (Sündenkatalog und Auferstehungsvergleiche) werden außerdem durch weitere allgemeinere Parallelen ergänzt, insbesondere die Art und Weise, wie das ‘Carmen de resurrectione’ theologisch argumentiert, indem es biblische Elemente aus dem Alten und Neuen Testament zu einem eigenständigen Ganzen zusammenführt, ferner durch die in beiden Dichtungen vorhandene Mischung aus bekanntem, oft vergilischem Versgut und ausgefallenen Wörtern und Bildern sowie durch die jeweilige sprachlich-prosodische Diskrepanz zwischen Dichtersprache und prosodischen Besonderheiten.27 Distanzierter ist das Verhältnis zwischen dem möglicherweise von Verecundus, dem Bischof von Junca, verfassten ‘Carmen de satisfactione paenitentiae’28 und Dracontius’ ‘Satisfactio’, denn hier wird das gleiche Thema auf sehr unterschiedliche Art und Weise behandelt. Während Dracontius in seiner Elegie Gottes Erbarmen ins Zentrum rückt, nicht zuletzt, um Gunthamund zu ermuntern, ihm gegenüber ebenfalls Milde walten zu lassen, liegt Verecundus’ Augenmerk auf seiner eigenen Person, seinen Sünden und seiner Reue und, im zweiten Teil, auf einer Vision der Hölle. Trotz dieser inhaltlichen Unterschiede lässt sich eine interessante Parallele zwischen Verecundus’ ‘Satisfactio’ und Dracontius’ ‘De laudibus dei’ nachweisen. Klagend schreibt Verecundus (54–58): quo fugiam? quibus infelix abscondar in antris, cum arbiter in nostro uenerit manifestior orbe? multiplicata mei capitis delicta capillis 27 Nach Waszink 1937, 44 (wie Anm. 8) weisen im ‘Carmen de resurrectione’ 229 von 403 Versen prosodische Besonderheiten auf. 28 Vgl. Ps. Isid. vir. ill. 7 (PL 83,1088) und Maria Grazia Bianco: Verecondo di Iunca, un poeta ancora trascurato del VI sec., in: Vincenzo Tandoi (Hrsg.): Disiecti membra poetae. Studi di poesia latina in frammenti. Bd. 1, Foggia 1984, 216–231.

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Helen Kaufmann crescunt et superest numerus maris auctus arenae. oceani magis cumulo superauere fluctus. Wohin soll ich fliehen? In welchen Höhlen soll ich Unglücklicher mich verstecken, wenn der Richter auf unserem Erdkreis allzu deutlich erscheint? Meine Vergehen wachsen um ein Vielfaches verglichen mit dem Haar meines Hauptes und ihre vergrößerte Anzahl übertrifft den Sand des Meeres. In ihrer Anhäufung gehen sie weit über die Fluten des Ozeans hinaus.

Dies erinnert in mehrerer Hinsicht an die folgende Aussage in Dracontius (laud. dei 3,568–571): ... non si mihi ferrea uox sit, ora tot exurgant quot dentes ossibus albent aut mihi sint linguae quantos caput omne capillos pectinat, explebo numerum sine fraude fidelem. Nicht, wenn ich eine Stimme aus Eisen hätte, wenn ich so viele Münder hätte wie von Knochen weiße Zähne oder so viele Zungen, wie der ganze Kopf Haare kämmt, könnte ich die richtige Zahl [meiner Sünden] aufführen, ohne mich zu täuschen.

sowie weiter unten (laud. dei 3,575f. und 584f.): quid prodest cuicumque nefas celare peractum, cum iudex et testis ades Deus unus et idem? Was nützt es jemandem, ein vollbrachtes Unrecht zu verstecken, wenn Du, Gott, als ein und derselbe Richter und Zeuge anwesend bist? nam scelus omne meum numeros superabit harenae littoris et pelagi uincent mala nostra liquores. Denn mein ganzes Verbrechen wird die Zahl des Sandes am Strand übertreffen und unsere Missetaten die Wasser des Meeres.

Dracontius und Verecundus kombinieren drei biblische Motive: Die Metaphern der Haare auf dem Kopf und des Sandes am Ufer des Meeres für eine unendlich große Zahl, der Vergleich der eigenen Sünden mit der Anzahl Haare auf dem Kopf und dem Sand des Meeres und die Aussichtslosigkeit, die Missetaten vor Gott zu verstecken.29 Außerdem schließen beide Autoren an den Vergleich ihrer Sünden mit dem Sand des Meeres eine Entsprechung mit den Fluten des Meeres an, was in der Bibel nicht belegt ist.30 Da Verecundus in seinem Kommentar zum Gebet des Manasse (in cant. 7,11) die beiden Referenzgrößen Haupthaar und Sand des Meeres für die Anzahl der eigenen Sünden bespricht und erörtert, wie sie sich unterscheiden, nämlich, dass letztere die Sünden als schwere, nahezu unerträgliche Last darstellte, hat er hier die beiden Referenzgrößen wohl bewusst kombi-

29 Vgl. z. B. Vulg. gen. 22,17; 32,13: der Sand (am Strand) des Meeres als Vergleichsgröße für Abrahams Nachkommen; psalm. 39,13: Haupthaar als Referenzgröße für Sünden; [or. Man.] 9: Sand des Meeres als Referenzgröße für Sünden; [Sirach] 23,27–29: Ausweglosigkeit, Sünden vor Gott zu verstecken. 30 Dracontius kombiniert die beiden Analogien früher in laud. dei 3,8–11 (an Gott: qui numeras cunctas quas praefert litus harenas, / scis, Deus, et pelagi quantos ferat unda liquores / per freta cuncta maris totum factura coactu).

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niert.31 Daraus könnte man schließen, dass sich hier Dracontius bei Verecundus inspirierte (und nicht umgekehrt). Die sprachlichen Parallelen sind jedoch nicht besonders eng und finden sich auch nicht in Dracontius’ ‘Satisfactio’, wo der Dichter das Thema der Reue auf andere, möglicherweise komplementär aufzufassende Weise abhandelt. 5. FEHLENDE BEZÜGE Nicht alle nordafrikanischen Dichter haben auf Dracontius Bezug genommen. Auffällig ist beispielsweise, dass bei Luxorius Parallelen zu Dracontius gänzlich fehlen:32 Womöglich fand Luxorius in Dracontius’ Dichtung nichts, was zu seinem Epigrammverständnis sowie seiner engen Anlehnung an Martial gepasst hätte. Oder vielleicht wollte er sich gerade durch fehlende Bezüge sowohl von seinem bedeutendsten Dichterkollegen wie auch von anderen Epigrammdichtern absetzen. Jedenfalls zeigt dies, dass Dracontius’ Einfluss auf die säkularen zeitgenössischen Dichter in Nordafrika auch Grenzen hatte. Parallelen zu Dracontius’ Dichtung fehlen auch weitgehend in Fulgentius von Ruspes ‘Psalmus contra Vandalos Arrianos’. Dies liegt vor allem daran, dass sich Fulgentius in Form und Funktion hauptsächlich an Augustins ‘Psalmus contra partem Donati’ orientierte: Grundsätze des eigenen Glaubens und der Irrglaube der Gegner werden in einfachen Sätzen dargestellt, das Abecedarium hilft, die Strophenreihenfolge einzuprägen und der gemeinsame Gesang stärkt die eigene Glaubensgemeinschaft gegenüber Andersgläubigen. Grobe thematische Parallelen lassen sich bisweilen finden, z. B. wenn sich Fulgentius zur von den Arianern nicht anerkannten Göttlichkeit des Sohnes äußert (44–46): naturam patris et filii unam nolunt acceptare. separant a patre filium et minorem dicunt esse. ponunt initium filio quem negant semper fuisse. Sie wollen die Wesensgleichheit von Vater und Sohn nicht annehmen. Sie trennen den Sohn vom Vater und sagen, dass er geringer sei. Sie sehen für den Sohn einen Anfang vor und verneinen, dass es ihn schon immer gegeben hat.

Dies ist mit Dracontius’ antiarianischer Passage vergleichbar (laud. dei 2,101– 103): nam quicumque sapit nouit quia sic tulit artus et fuit in terris, ut nec caeleste tribunal linqueret, omnipotens nunquam sine patre probatus.

31 Für den Hinweis auf das Gebet des Manasse und Verecundus’ Kommentar dazu (wie auch weitere kritische Nachfragen und Verbesserungsvorschläge) bin ich Katharina Pohl sehr dankbar. 32 Zumindest nach Heinz Happ, Luxurius I. Text und Untersuchungen, Stuttgart 1986, 112–114 und Morris Rosenblum: Luxorius. A Latin Poet among the Vandals, New York u.a. 1961, 52– 54.

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Helen Kaufmann Denn jeder Verständige weiß, dass (der Sohn) so Form annahm und auf Erden war, dass er den himmlischen Thron nicht verließ, er, der ohne den Vater nie als allmächtig anerkannt wird.

Die Parallelen basieren jedoch einzig darauf, dass beide Dichter die antiarianische Ansicht über Jesus zusammenfassen. Jedenfalls gibt es keine Anzeichen dafür, dass Fulgentius auf Dracontius Bezug nahm oder umgekehrt. 6. SCHLUSS Aus den untersuchten Parallelen lässt sich schließen, dass Dracontius im vandalischen Nordafrika eine beträchtliche Strahlkraft auf andere lokale Dichter ausübte. Seine Dichtung wurde sprachlich und inhaltlich rezipiert, am häufigsten sowohl sprachlich als auch inhaltlich. Während die meisten Dichter sprachliche Wendungen und inhaltliche Motive von Dracontius übernahmen, ohne sich damit kritisch auseinanderzusetzen, benutzten andere, insbesondere die anonymen Dichter von Anth. 90–197 R.2 und Anth. 389 R.2 sprachliche Entsprechungen, um auf ihre inhaltlich abweichende Bearbeitung eines Themas hinzuweisen. Mit Ausnahme von Verecundus von Junca scheinen die Dichter von Dracontius inspiriert worden zu sein, nicht er von ihnen. Allerdings lässt sich bei manchen Dichtern, darunter Luxorius, überhaupt kein Einfluss von Dracontius nachweisen. Insgesamt deuten diese Beobachtungen darauf hin, dass Dracontius’ Dichtung in seinem lokalen Umfeld sehr geschätzt wurde und ein hohes Ansehen genoss.

BARBARIS QUI ROMULIDAS IUNGIS AUDITORIO: DRACONTIUS’ LEHRER UND DIE RÖMISCHE SCHULE IM VANDALISCHEN AFRICA SEINER ZEIT Konrad Vössing ABSTRACT Der Beitrag interpretiert die berühmte Darstellung, die Dracontius im ersten Gedicht seiner ‘Romulea’ vom Unterricht seines Lehrers Felicianus gibt. Welche Aussagen lassen sich daraus für die historische Situation der römischen Schule im vandalischen Africa dieser Zeit ableiten? Dabei ist nicht nur der Wortlaut und das literarische Genre, sondern auch der Kontext und das Publikum dieser Verse von großer Bedeutung. Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Frage der Gemeinsamkeit römischer und vandalischer Bildungsbemühungen in der Schule des Felicianus, den Dracontius so wirkungsvoll mit dem Sänger Orpheus vergleicht. Dabei zeigt sich, dass es keine Anzeichen für ein vandalisches Publikum der ‘Romulea’ gibt. Auch soll in Romul. 1 nicht die Bildung der Vandalen (die als barbari gekennzeichnet werden) hervorgehoben werden, sondern die Leistung des ihnen die lateinische Sprache vermittelnden Lehrers, ohne dass damit etwas über Umfang und Form dieser Studien ausgesagt wird. Auch die Prüfung anderer literarischer Quellen ergibt keinen Hinweis darauf, dass der vandalischen Elite eine lateinische Schulbildung auch nur annähernd so wichtig war wie der romano-afrikanischen. Die litterae scheinen vielmehr für beide Gruppen sehr unterschiedliche Funktionen gehabt zu haben.

Der im Titel dieses Beitrags zitierte Vers aus dem ersten Gedicht von Dracontius’ ‘Romulea’1, gerichtet an seinen Lehrer Felicianus, ist wohl auch deshalb so prominent, weil er mit wenigen Worten ein geradezu emblematisches Bild der kulturellen Situation im Karthago der Vandalenzeit zu zeichnen scheint. Wir haben fast vor Augen, wie Römer und Vandalen zu Füßen des verehrten Lehrers sitzen und sich einträchtig – eben wie die verschiedenen Tiere in der Zuhörerschaft des Sängers Orpheus, der die vorangehenden Verse gewidmet sind – in die Geheimnisse der literarischen Kultur der Antike einweihen lassen. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, ob dieses Bild vom Autor tatsächlich evoziert werden sollte und, wenn ja, ob es bzw. in welchem Ausmaß es historisch zutreffend ist. Wenn die erste Frage verneint wird, brauchen wir natürlich eine alternative Interpretation. Wird sie bejaht, die zweite aber verneint, stellen sich ebenfalls Folgefragen, nämlich warum der Autor diese falschen Farben angemischt haben sollte und wie weit er sich dabei von der Realität entfernen konnte.

1

Drac. Romul. 1,14 (es handelt sich bei Romul. 1 um eine Art Vorwort zu Romul. 2; vgl. unten S. 63, Anm. 18); zu Text und Übersetzung s. unten Abschnitt 2, ab S. 77.

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Konrad Vössing

Nun ist es generell misslich, isolierte, weitgehend ohne Kontext überlieferte Gedichte und namentlich Lobgedichte zur Basis einer historischen Rekonstruktion zu machen. Jedenfalls darf dies nicht ohne methodische Vorsicht geschehen. Romul. 1 ist ein solches Lobgedicht (unabhängig davon, wie das literarische Genre dieser Widmung genau zu bestimmen ist), das dem Lehrer geradezu hymnisch huldigt (Drac. Romul. 1,12–14):2 Sancte pater, o magister, taliter canendus es, qui fugatas africanae reddis urbi litteras, barbaris qui Romulidas iungis auditorio. Du verehrungswürdiger Vater, Lehrer, so bist du zu besingen, der du die vertriebenen Wissenschaften der afrikanischen Hauptstadt wiedergabst, und in deiner Schule Römer und Barbaren vereinst.

Auch dieser etwas größere Ausschnitt ist aber für eine Interpretation nicht ausreichend. Wir werden also den Text dieser Verse zunächst verlassen und uns im ersten Teil dem Kontext, also der Situation, in der sie kommuniziert wurden, zuwenden (dem Autor, seinem Werk, dem unmittelbaren Adressaten der Verse und dem Publikum), um dann erst im zweiten Teil den Sinn der genannten Verse zu diskutieren; im dritten Teil geht es anschließend noch einmal um die Art der Verbindung von ‚Barbaren und Römern‘ in der Schule des Felicianus. 1. KONTEXT 1.1 Autor und Werk Das erste Element dieser Situation ist natürlicherweise der Autor, wobei es nur um die für unsere Frage relevanten Details gehen kann. Wir haben über ihn mit der Subscriptio von Romul. 5 immerhin einige Informationen. Von Blossius Aemilius Dracontius ist die Rede, der ein vir clarissimus, also ein Angehöriger der römischen Oberschicht war.3 Er fungierte als togatus am Gericht (forum) des Prokonsuls, der auch namentlich genannt wird: Pacidegius, wie die einzige Hand-

2 3

Zu Text und Übersetzung s. unten Abschnitt 2, ab S. 77. Einen Überblick über die Forschungsgeschichte bietet Wolff 2015 (a). Die Namen Blossius und Dracontius sind im spätantiken Africa gut bezeugt, s. z. B. CIL VIII 10609 (= 14752), 23535; 25812; 25817; AE 1929, 5; 1950, 148; 1978, 883. Die frühere Theorie, Dracontius sei Vandale oder ‚Halbvandale‘ gewesen, wird zu Recht nicht mehr diskutiert, s. Díaz de Bustamante 1978, 37–41; 44. Clarissimus war der traditionelle Rangtitel der Senatoren, der auch – wenn auch unspezifisch gebraucht – unter den Vandalen erhalten blieb, s. Konrad Vössing: Victor von Vita, Geschichte der Verfolgung in Africa, herausgegeben, eingeleitet, kommentiert und übersetzt, Darmstadt 2011, 183, Anm. 256f. zu Vict. Vit. 3,10 und Konrad Vössing: ‘Barbaren’ und Katholiken. Die Fiktion der Collatio sancti Augustini cum Pascentio Arriano und die Parteien des vandalischen Kirchenkampfes, in: Hildegard Müller / Dorothea Weber / Clemens Weidmann: Collatio Augustini cum Pascentio. Einleitung, Text, Übersetzung, Wien 2008, 173–206, hier 189f.

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schrift (N) überliefert, was allerdings mit allgemeiner Zustimmung von Friedrich von Duhn in Pacideius geändert wurde.4 Die Profession des Dracontius als togatus (womit in der Spätantike üblicherweise der Beruf des Advokaten bezeichnet wird)5 ist nicht nur hier bezeugt: er selbst beschreibt sich als einen Dichter, der inter iura (Romul. 7,123) gewirkt habe;6 an anderer Stelle (laud. dei 3,654) bezeichnet er sich als jemanden, der einstmals als togatus arbeitete.7

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Zwierlein 2017 (a), 24: Exp. Controuersia statuae viri fortis, quam dixit | in Gurgulianis (Gargil- Duhn) thermis Blossius emilius | Dracontius uir clarissimus et togatus | Fori proconsulis armae (almae Duhn) Karthaginis | apud proconsulem Pacidegium (-deium Duhn). Zu den thermae Gargilianae s. unten Anm. 38. Zum Prokonsul und seiner im Vandalenreich fortdauernden Jurisdiktion s. Maria Elvira Gil Egea: Africa en tiempos de los vándalos. Continuidad y mutaciones de las estructuras sociopolíticas romanas, Alcalá de Henares 1999, 285–287. Dass Vincenzo Aiello: Che fine ha fatto l’élite burocratica romana nel regno dei Vandali, in: Rita Lizzi Testa (Hrsg.): Le trasformazioni delle élites in età tardoantica. Atti del convegno internazionale, Perugia, 15.–16. 3. 2004, Roma 2006, 15–40, hier 29f. diesen Prokonsul vom proconsul Africae unterscheidet, leuchtet nicht ein. Dass togatus eine Tätigkeitsbeschreibung ist (vgl. Schetter 1989 und 1994), zeigt der Zusammenhang (togatus fori proconsulis almae Karthaginis). Diese Bedeutung konnte der Begriff erst im späten 3. Jh. entwickeln, als das Bild des ‘römischen Bürgers in der toga’ nach der Ausdehnung des römischen Bürgerrechts auf alle freien Reichsbewohner stark an Aussagekraft verloren hatte; der erste Beleg stammt von 304 n. Chr. (s. Konrad Vössing: Schule und Bildung im Nordafrika der römischen Kaiserzeit, Bruxelles 1997, Anm. 1425; vgl. auch Anm. 530 und 1534). Romul. 7,120–124: sed si me claustra fatigant / temporis immodici, nec uos impune tacetis: / 〈poena〉 est non leuior uobis quatiente pudore, / quod licet exiguum tamen inter iura poetam / temnitis immemores facunda mente periti. Hier ist periti ein von immemores abhängiger Genetiv Singular (und nicht Nominativ Plural, wie es Luceri 2007 und Galli Milic 2008 [ad loc.] und Wolff 2015 [b], 360 verstehen) und auch nicht in peritum zu ändern (so Zwierlein 2017 [a] und ders. 2017 [b], 86f.). Ich beschränke mich hier auf eine kommentierende Übersetzung: „Wenn mich (hier) eine unmäßig lange Gefangenschaft plagt, so bleibt euer Schweigen über mich doch nicht ungesühnt. Eure Strafe ist nicht leichter, da euch die Scham quält, einen Poeten zu verachten, der, wenn er auch unbedeutend sein mag, doch mitten in seinen Rechtsgeschäften [gemeint: also unter erschwerten Bedingungen] dichtet, wobei ihr überseht, dass es sich um einen Fachmann [des Rechts] handelt, der zugleich gut zu reden weiß.“ Die doppelte Tätigkeit des Dracontius (als Dichter und Anwalt) ist hier in bewusster Verschränkung jeweils durch ein gleichsam berufsbezeichnendes Substantiv (poeta und peritus) ausgedrückt, dem der Gegenpart dann durch inter iura bzw. mente facunda in variierender Konstruktion beigegeben ist. Auf den Advokatenberuf des Dracontius und seinen Reflex in ‘De laudibus Dei’ kann hier nicht genauer eingegangen werden. Laud. dei 3,654 ist jedenfalls mit iuret hogatus falsch überliefert. Bei der Wahl zwischen iura togatus (Vollmer 1905) und iura togati (Meyer 1890, 291) sollte die Wahl auf letzteres fallen: iura togati retinebam; denn mit ius oder iura ist im Zusammenhang mit retinere nicht nur im klassischen Latein, sondern auch in der Spätantike das eigene ‚Recht‘ gemeint (vgl. auch laud. dei 2,251. 740; anders dagegen die Übersetzung von Moussy 1988: „respectais le droit“), und dieses ist mit einem Genetiv-Attribut deutlich besser bezeichnet (gemeint ist die Berechtigung und das Privileg, am Gericht des Prokonsuls Prozesse führen zu dürfen) als mit einer Apposition im Nominativ; diese erforderte, dass das in Frage stehende ius eine Art Terminus technicus war, als was es nirgends bezeugt ist.

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Hinzu kommt seine berühmte Selbstbezichtigung im dritten Buch der ‘Laudes dei’, derzufolge er schuldig sei, die Gerechtigkeit ‚verkauft zu haben‘, d.h. vor Gericht Stehende nur nach Maßgabe des Geldes, das sie ihm geben konnten, nicht entsprechend ihrer Schuld oder Unschuld behandelt zu haben.8 Es ist wenig wahrscheinlich, dass damit eine weitere, eine richterliche Funktion des Dracontius angesprochen ist. Denn der Gerichtsherr in Prozessen zwischen Römern war der römische Proconsul (der frühere Statthalter der römischen Zentralmacht, den die Vandalen zwar in dieser Funktion überflüssig machten, nicht aber als obersten Richter der Provinzialrömer).9 Zwar kann man vermuten, dass der Proconsul manche Prozesse delegierte,10 aber dies tat er sicher nicht, wenn es, wie es in Dracontius’ Beispiel der Fall ist, um die Entscheidung über Freiheit oder Sklaverei ging.11 Eine solche causa liberalis, wie der Terminus technicus lautet, gehörte unbedingt vor das höchste Gericht,12 an dem Dracontius also nicht entschied, sondern eine der Parteien vertrat. Der Einwand, dass es für einen Anwalt doch keinen Grund geben könne, sich selbst wegen empfangener Gelder anzuklagen, ist nicht stichhaltig. Denn Dracontius argumentiert hier nicht auf der rechtlichen, sondern vielmehr auf der moralischen Ebene. Spätestens seit Augustins ‘Confessiones’ (4,2; 8,6) war es geradezu typisch für einen Prozeßredner, der seine frühere Tätigkeit aus dezidiert christlicher Perspektive kritisch betrachtete, dieses Verkaufen der eigenen Fähigkeiten – unter Absehung von Schuld oder Unschuld des Klienten – als Makel zu schildern, unabhängig vom zivilrechtlich legitimen Anspruch auf ein Honorar. Wir haben hier also ein weiteres und durchaus typisches Beispiel für Konversionsrhetorik. Dracontius blickt – im Gefängnis und ohne Aussicht, so bald wieder als Anwalt tätig sein zu können – auf seine frühere (hochangesehene) Tätigkeit zurück und distanziert sich von ihr, dies aber wohlbemerkt vom christlichen Standpunkt und nicht vom dem des Rechts aus.13 Dass man für Geld Menschen verteidigte, die tatsächlich schuldig waren oder umgekehrt andere attackierte, von deren Unschuld man eigentlich überzeugt war, die zu attackieren aber zum „Job“ gehörte, mit all dem hatte er jetzt, da er auch im Verhältnis zu Gott ‚reinen Tisch‘ machen wollte, abgeschlossen. Ein im engeren und juristischen Sinn strafwürdiges Vergehen ist damit nicht gemeint, es geht um eine Perspektive der inneren Umkehr. 8 Laud. dei 3,654–661. 9 S. oben Anm. 4. 10 Dass er Advokaten mit der Prozeßführung beauftragte, wäre allerdings nur hier bezeugt. Dies spricht auch gegen die Interpretation (Santini 2006, 171) von laud. dei 3,629–32 als Hinweis auf judikative Kompetenzen des Anwalts Dracontius; hierauf (und die Textkritik) kann hier nicht eingegangen werden. 11 Laud. dei 3,656f. 12 Cod. Iust. 3,3,2 (294 n. Chr.). Aug. epist. 24* (vgl. auch 8* und 10*) hat zwar gezeigt, dass in solchen Fällen auch die (Schieds-)Gerichtsbarkeit des Bischofs (audientia episcopalis) bemüht werden konnte; diese war im Vandalenreich aber sicher beendet. 13 Der gewissermaßen autobiographische Teil von Buch 3 (567–688) enthält Schuldbekenntnise, Klagen über seine Gefangenschaft und die Haftbedingungen (665–669) sowie Anrufungen der göttlichen Barmherzigkeit. Zum Hintergrund seiner Selbstanklagen vgl. auch unten Anm. 32.

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Eine Bestätigung dieser Deutung bietet ein Gedicht der aus der späten Vandalenzeit stammenden Anthologia Salmasiana,14 in dem ein Felix in 20 Distichen bittet, aus dem Dienst als Anwalt zu entlassen zu werden und ein kirchliches Amt ergreifen zu können. Wie ernst das gemeint war, spielt hier keine Rolle. Die Argumentation ist aber ganz ähnlich (und vielleicht sogar durch Dracontius beeinflusst). Der Autor will nicht länger vor Gericht streiten, und er zeichnet diese Tätigkeit in schwarzen Farben: Die gespielte Empörung der Reden (fictus furor), die Vernachlässigung der Gerechtigkeit (iustitiam calcare), die entscheidende Rolle der Bezahlung (deductus foenere praedae) und die Bereitschaft, um des eigenen Vorteils willen sogar die Seiten zu wechseln und die eben noch Verteidigten anzuklagen (quas defendit, partibus arma parare).15 Auch hier geht es nicht um spezifische Fehler, gar um das Eingeständnis strafbarer Korruption (was eine Selbstanzeige gewesen wäre), sondern um die übliche anwaltliche Tätigkeit und zugleich um eine Distanzierung davon. Hintergrund ist, dass es für jemanden, der von den weltlichen litterae lebte, beim Eintritt in ein kirchliches Amt offenbar immer noch angezeigt schien, eine Art Konversion zu manifestieren – zumindest auf rhetorischer Ebene. Dracontius war also, als er die zitierten Verse schrieb, ein literarisch versierter Advokat, eine Kombination, die nicht untypisch war für diesen Beruf, der eng mit dem des rhetor und überhaupt mit der rhetorischen Bildungskultur verbunden war.16 Das System der rhetorischen Bildung zielte darauf ab, dass fertige Rhetorikschüler ohne weitere Qualifikation Gerichtsreden halten konnten; diese übte man im Unterricht ein, und man trug sie schon in der Schulzeit öffentlich vor.17 Hierzu passt auch die Gedichtsammlung, aus deren ‚Vorwort‘ unsere Verse stammen: die sogenannten ‘Romulea’,18 in denen der Autor in elaborierter Form

14 Vgl. Ingrid Bergasa: Épigrammes latines de l’Afrique vandale, éditées, traduites et annotées, avec la collaboration de Étienne Wolff, Paris 2016, IX–XVII; Konrad Vössing: Die Anthologia Latina und das Vandalenreich, https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/rezbuecher24325 15 Anth. 254 R.2 = 248 Sh. B.,24–26: Postulatio honoris … aput primiscrinianum (vgl. Chalon et al. 1985, 248f.). 16 Vössing 1997, 384–391 (wie Anm. 5); zur von der Advokatur zu trennenden Tätigkeit der Rechtsberatung s. Konrad Vössing: Africa nutricula causidicorum? Die römische Jurisprudenz in Africa, in: Mustapha Khanoussi / Paola Ruggeri / Cinzia Vismara (Hrsgg.): L’Africa romana. Atti del XI convegno di studio, Cartagine (1994), Ozieri 1996, 127–54. 17 Vgl. Vössing 1997, 383 (wie Anm. 5) (mit Beispielen aus den Rhetorikschulen des spätantiken Karthago) und Raffaella Cribiore: The School of Libanius in Late Antique Antioch, Princeton / Oxford 2007, 154. 18 Zum Titel ‘Romulea’ (der authentisch sein dürfte) s. zuletzt Kaufmann 2006 (a), 26–31 und Zwierlein 2017 (b), 39–42, der zurecht betont, dass damit nur eine Hervorhebung der klassischen römischen Literatur, keine negative Abgrenzung gegenüber christlicher Dichtung gemeint war. Unsicher ist, ob die Reihenfolge der zehn Gedichte von Dracontius stammt, s. Wolff 2009, 136. Sicher nicht authentisch ist die Numerierung, in der die beiden ‚Vorworte‘ (Romul. 1 und 3) und die von ihnen eingeleiteten Stücke gleichgeschaltet sind. Die Sammlung vereint Gedichte unterschiedlicher Zeit: Romul. 1–4 sind offenbar vor der Haft entstanden, Nr. 7 währenddessen (vgl. bes. V. 25), Nr. 6 dagegen (hier wird Unterstützern für die

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den Stoff des höheren Unterrichts und damit die klassische literarische Kultur mit einer Abfolge von Gedichten (und damit teilweise in versifizierter Verfremdung) seinem Publikum vorführte.19 Und hierzu passt eben auch die Widmung an den eigenen Lehrer. 1.2 Der Adressat der Widmung Felicianus, der verehrte Lehrer des Dracontius, taucht mehrfach in den ‘Romulea’ auf: Zwei Stücke (1 und 3), nämlich die ‘Praefationes’ zu Romul. 2 und 4, sind ihm gewidmet.20 Er unterrichtete in Karthago als grammaticus des Dichters.21 Es gibt jedoch Indizien, die vermuten lassen, dass Dracontius von seinem Lehrer in dieser Schule auch rhetorisch ausgebildet wurde. Er war Advokat und hielt sich einiges auf seine Beredsamkeit zugute,22 wir erfahren aber nichts von einem zusätzlichen Rhetoriklehrer. Felicianus wird dagegen von seinem Schüler – nach Abschluss seiner literarischen Ausbildung – so umfassend gelobt, dass er als Quelle der gesamten doctrina des Dracontius erscheint.23 Dieser trug sein Epyllion, den ‘Hylas’ (Romul. 2) und die versifizierte Ethopoie des Hercules (Romul. 4), sicher nicht als Schüler und für Schüler vor, sondern für ein größeres Publikum.24 Solche Darbietungen gingen weit über das im Grammatikunterricht

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Hilfe bei der Rehabilitation gedankt, s. unten Anm. 63) danach. Die übrigen Stücke sind zeitlich nicht einzuordnen. Romul. 2, 8 und 10 sind Epyllia (‘Hylas’, ‘De raptu Helenae’ und ‘Medea’), 6 und 7 Epithalamien, 4, 5 und 9 dagegen versifizierte Deklamationen (s. unten Anm. 24 und 28). Romul.1: ‘Praefatio ad grammaticum Felicianum’ und Romul. 3: ‘Praefatio ad Felicianum grammaticum’ (Vorwort von Romul. 4, einer Ethopoie, s. Anm. 24) haben fast identische Titel. Zur Programmatik der Praefationes des Dracontius vgl. Wolff 2009. Schon der Titel von Romul. 1 bezeugt das: Praefatio Dracontii discipuli ad grammaticum Felicianum … Auch Romul. 3 betont das Schüler-Verhältnis sowie die doctrina potens des magister (3,14–16). Romul. 7,124 (s. oben Anm. 6). Romul 1,16; 3,14f. Für doctrina als Qualität bzw. Bildungsziel (auch) des Rhetors s. z. B. Fronto ad amic. 1,9, p. 177 van den Hout, Apul. met. 11,30,4, Cod. Theod. 13,3,11; Aug. conf. 2,8. Wenn Wolff 2009, 135 quaecumque loquor, quacumque canemus (Romul. 3,20, s. unten Anm. 24) mit „tous mes discours, tous mes chants“ übersetzt, lässt er den Autor damit auch auf seine rhetorischen Leistungen verweisen (die dann ebenfalls eigentlich dem Lehrer gutzuschreiben seien); das ist zwar nicht zwingend, aber gut möglich. Der überlieferte Wortlaut der Selbstbeschreibung in Romul 3,15f. dagegen (qua [gemeint ist die doctrina des Lehrers] praeduce dictor / antistesque tuus) würde dazu zwar passen, weil dictor dann der Deklamator wäre; die Parallele in Ov. trist. 3,14,1 (cultor et antistes doctorum sancte virorum) und die schlechte Verbindung zwischen dictor und antistes machen aber die Konjektur cultor (bei Vollmer 1914) aber stark; anders Bouquet / Wolff 1995, 257, Anm. 13. Der Titel von Romul. 1 spricht nicht davon, dass das Gedicht und Romul. 2 (das Epyllion ‘Hylas’) im Unterricht des Felicianus eine Rolle spielte. Auch die Romul. 3 abschließenden Verse 15–20 mit der Steigerung nam tua sint quaecumque loquor, quacumque canemus (V. 20; vgl. oben Anm. 23) verweisen gerade nicht auf Schülerwerke, als die Romul. 1–4 oft gesehen werden (z. B. De Gaetano 2009, 116 – die Beteuerung dass die eigenen Produkte eigentlich der doctrina des Lehrers zuzuschreiben seien, wären in Dracontius’ Schulzeit weni-

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übliche Programm hinaus; sie waren typisch für angesehene Rhetorikschulen. Deren (oft wie kleine Theater gebaute) auditoria waren Kristallisationspunkte der Bildungsbestrebungen auch der Erwachsenen, die bezeichnenderweise in diesem Zusammenhang, genau wie Schüler, scholastici genannt wurden – ein für die literarische Kultur der Kaiserzeit typisches Phänomen.25 Für einen Grammatiker, der auch Rhetorikunterricht gab, haben wir in einem Spottepigramm (Sapphicum in grammaticum furiosum) des Luxurius, eines Autors der späten Vandalenzeit, eine passende Parallele: der Adressat wird einerseits als Fachmann für Dichtung angesprochen, seine Schülerschar umfasst aber offenbar auch Studenten der Rhetorik (iuuenes magistrum / audiunt uerbis ueluti disertum).26 Dass auch Felicianus jedenfalls die Anfangsgründe der Rhetorik behandelte, zeigt Romul. 4.27 Wahrscheinlich ist also, dass diejenigen seiner ger ein Lob als eine Selbstverständlichkeit gewesen –, sondern auf die Treue des (allerdings noch jungen) Autors zum ehemaligen Lehrers. Gut möglich ist zwar, dass der Vortrag in seinem Hörsaal stattfand (den wir uns mit den für Rhetorikschulen typischen aufsteigenden Sitzreihen vorstellen dürfen, s. unten Anm. 27), aber nicht im Unterricht, sondern vor Erwachsenen. Dies gilt auch von Romul. 4 (Verba Herculis cum uideret Hydrae serpentis capita pullare post caedes). Ethopoien, mit denen üblicherweise die Affekte einer Person aus der Welt der mythologischen Dichtung dargestellt wurden (vgl. für Africa Aug. conf. 1,27 mit Bezug auf Verg. Aen. 1,38) gehörten zwar zum rhetorischen Vorprogramm (progymnasmata), waren dort aber Prosa-Übungen; vgl. R. J. Penella: The Progymnasmata and Progymnasmatic Theory in Imperial Greek Education, in: W. Martin Bloomer (Hrsg.): Companion to Ancient Education, Malden (MA) / Oxford 2015, 160–171; für lateinische Beispiele s. Ulrich Schindel: Der Beruf des grammaticus in der Spätantike, in: Jürgen Dummer / Meinolf Vielberg (Hrsgg.): Leitbild Wissenschaft? Stuttgart 2003, 173–189, hier 179f.); Romul. 4 dagegen ist (wie Anth. 198 R.2; vgl. Christine Heusch: Die Achilles-Ethopoiie des Codex Salmasianus, Paderborn 1997) ein hexametrisches Gedicht und übersteigt das Niveau einer Schülerübung bei weitem. 25 Zu dieser Verlängerung der antiken Schule und ihrer Themen ins Leben der Erwachsenen hinein s. Vössing 1997, 40–45; 59–61; 535–537; 607–613 (wie Anm. 5; 422f. zum Bedeutungsspektrum der Bezeichnung scholasticus, die Drac. Romul. 6,41 für sich selber als Verfasser und Rezitator von Lobgedichten gebraucht; so auch Aug. in psalm. 44,3); Raffaella Cribiore: Gymnastics of the Mind. Greek Education in Hellenistic and Roman Egypt, Princeton / Oxford 2001, 238–244. Zum auditorium s. unten Anm. 81. 26 Anth. 294 R.2 = 289 Sh. B.,3f. Dass mit iuuenes tatsächlich eine höhere Altersstufe als die üblicher Grammatikschüler gemeint sind, zeigt der Kontext: cum leues artem pueros docere / diceris uel te iuuenes … (V. 2f.). Es ist unwahrscheinlich, dass damit nur die abschätzige Gleichgültigkeit des Autor gegenüber einem grammaticus furiosus zum Ausdruck kommt (so Heinz Happ: Luxurius. Text, Kommentar, Untersuchungen, 2 Bde., Stuttgart 1986, hier II 98). Es geht um die Vorbereitung der Kritik am Jähzorn des Lehrers (6: et manu et telo cruentus), der auch vor seinen Rhetorikschülern nicht haltmacht. 27 S. oben Anm. 24. Dafür, dass Felicianus Dracontius’ einziger Lehrer des höheren Unterrichts war, also nach dem Grammatik- auch Rhetorikunterricht erteilte, sprechen auch die Verse Romul 1,15f. (Text s. unten Abschnitt 2, ab S. 77): der Dichter hebt hier hervor, dass er sich „immer noch“ (semper) in den ordines von Felicianus’ Schule sieht und von der Sprachgewalt seines Lehrers dauerhaft gefangengenommen ist (mit obstupescimus vgl. stupebat in V. 5). Ordines bezieht seinen Sinn (zur grammatischen Konstruktion s. Bouquet / Wolff 1995, 134, Anm. 10) aus dem übergeordneten auditorium. Öffentlicher Rhetorikunterricht konnte in Sälen stattfinden, die (wie die spätantiken auditoria von Kom-el-Dikka in Alexand-

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Schüler, die nach dem Grammatikunterricht zum Redner ausgebildet werden wollten, bei ihm bleiben konnten. Dann dürften auch ‘Romulea’ 5 und 9, die Weiterentwicklungen von Übungen aus dem Deklamationsunterricht darstellen, letztlich Früchte der Ausbildung bei Felicianus sein.28 Ob die Zahl der Interessenten überhaupt ausreichte, eine eigenständige Rhetorikschule im vandalischen Karthago zu unterhalten, ist fraglich. Was die Zeit angeht, in der Felicianus wirkte, sind wir ganz auf die Datierung der Schuljahre des Dracontius angewiesen. Diese hängt wiederum an der Tatsache, dass es König Gunthamund (regn. 484–496) war, der ihn wegen des Vorwurfs der Illoyalität bestrafte.29 Zu diesem Zeitpunkt (irgendwann in den 490er Jahren)30 war Dracontius der Schule entwachsen; er war bereits Anwalt. Ob seine Schulzeit aber in den ersten Jahren Gunthamunds oder schon in der Regierungszeit Hunerichs (477–484) endete, lässt sich nicht sicher entscheiden.31 In Haft blickt Dracontius jedenfalls auf die Phase seiner Advokatentätigkeit als

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ria, s. Grzegorz Majcherek: The Late Roman Auditoria of Alexandria: An Archaeological Overview, in: Tomasz Derda / Tomasz Markiewicz / Ewa Wipszycka [Hrsgg.]: Alexandria. Auditoria of Kom el-Dikka and Late Antique Education, Warsaw 2007, 11–50; hier fassen sie 30–40 Zuhörer) nach Art kleiner Theater mit aufsteigenden Sitzreihen (ordines) für die Zuhörer gebaut waren. Romul. 5 und 9 sind versifizierte Deklamationen (eine controversia und eine deliberativa; vgl. Stoehr-Monjou 2015 [a] und 2015 [b]); vgl. auch Bouquet 1996 zur Bedeutung der declamatio für Dracontius. Mit Romul. 1,17–21 bittet Dracontius seinen Lehrer auch für diese Dichtungen um sein wohlwollendes Urteil. S. die Subscriptio von Dracontius’ Abbitte-Gedicht (‘Satisfactio’): Explicit satisfactio Dracontii ad Gunthamundum regem Guandalorum dum esset in uinculis. Die Datierung ergibt sich aus Dracontius’ ‘Satisfactio’ (Vv. 211–214), die sicher nicht erst Jahre nach der Inhaftierung verfasst wurde. V. 214 verweist auf kriegerische Erfolge auf Sizilien (Ansila testatur – es handelt sich offenbar um einen gotischen General, der auf Sizilien 490/91 erfolglos gegen die Vandalen gekämpft hat; vgl. Konrad Vössing: Vandalen und Goten. Die schwierigen Beziehungen ihrer Königreiche, in: Étienne Wolff (Hrsg.): Littérature, Politique et Religion en Afrique Vandale, Paris 2015, 11–37, hier 25f.). Da schon 491 für die Vandalen die Zeit der Siege auf Sizilien vorbei war, testatur aber nicht durch das Faktum eines vandalischen Rückzugs von der Insel völlig ad absurdum geführt worden sein dürfte, ist eine Datierung in die frühen 490er Jahre problemlos. Eine spätere Datierung ist dann nicht ausgeschlossen, wenn man annehmen möchte, dass in Karthago der Rückzug von Sizilien als eine Art Siegfrieden ‚verkauft‘ wurde und der Erfolg über Ansila auch deutlich nach 491 noch gefeiert wurde. Sehr wahrscheinlich ist dies aber nicht. Satisf. 120 (tempore tam longo) bezieht sich nur auf den Abstand zwischen der Abfassung des zur Inhaftierung führenden carmen (s. unten Anm. 66) und der Abfassung der ‘Satisfactio’ – wobei dieser Abstand vom Autor tendenziell sicher eher vergrößert als verkleinert wurde (‚mein Vergehen liegt schon so lange zurück‘). Anzunehmen ist, dass die Inhaftierung dem carmen, das ja zunächst unbeanstandet geblieben war, nicht unmittelbar folgte. Sie war Folge einer Art Agitation gegen den Autor (s. unten Anm. 67). Dass er Romul. 7,123f. vom tempus immodicum seiner Haft spricht, hilft bei Datierungsfragen natürlich kaum weiter. Wichtig ist, dass es zwischen dem Anschluss des Rhetorikunterrichts und dem Beginn einer Tätigkeit als Anwalt üblicherweise keine Phase einer weiteren (etwa juristischen) Ausbildung gab, s. oben Anm. 16 und 17.

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auf eine schon länger vergangene Zeit zurück.32 Ob aber damit 5, 10 oder 15 Jahre Abstand gemeint sind, ist nicht erkennbar. Jedenfalls erwartete der Autor damals noch zahlreiche Lebensjahre und war von der senecta entfernt, was eine Geburt vor 440 ausschließt.33 Unwahrscheinlich ist weiterhin, dass die Zeit, in der Felicianus seine Schule in Karthago leitete, die offenbar einen sichtbaren Aufschwung der lateinischen Bildung in Karthago verkörperte (s. unten), mit einer Phase zusammenfiel, als Geiserichs Reich nach der Eroberung Roms (455 n. Chr.) in besonders gespanntem Verhältnis zum römischen Reich stand. Diese Zeit endete im Jahr 474, als Kaiser Zenon mit dem König einen zeitlich unbegrenzten Friedensvertrag schloss.34 Damit wäre der Zeitpunkt gegeben, ab dem Dracontius die Schule des Felicianus frühestens besucht haben könnte. Daraus ergibt sich eine grobe Datierung von Dracontius’ Kindheit. Denn da er in den 490er Jahren während seiner Haft auf eine schon einige Zeit zurückliegende Karriere blickt, kann er diese kaum später als um 490 begonnen haben (und seine Zeit bei Felicianus begann somit kaum später als in der frühen 480ern). Wenn er mit ca. zehn Jahren den Grammatikunterricht begonnen und – wiederum sehr grob gerechnet – ungefähr zehn Jahre später seine gesamte literarische Ausbildung abgeschlossen hat,35 dürfte er kaum nach 470 geboren sein, anderseits aber auch nicht sehr lange vor 465, da er als Grammatikschüler Felicianus’ berühmte Schule besucht hat.36 Felicianus’ Unterricht für Dracontius lässt sich also einigermaßen sicher auf ‚irgendwann in der Zeit zwischen 474 und ca. 490‘ eingrenzen. Präzisierungen 32 Laud. dei 3,653 (quondam). Wolff 2004 bringt auf der Basis von laud. dei 3,654–661 die Möglichkeit ins Spiel, dass Dracontius nicht nur ein-, sondern zwei Mal inhaftiert war. Dies setzt aber voraus, dass sich seine Selbstanklagen auf justiziable Vergehen richteten; s. dagegen oben Abschnitt 1.1, S. 60. 33 Laud. dei 3,250. 724. 34 Konrad Vössing: Das Königreich der Vandalen. Geiserichs Herrschaft und Imperium Romanum, Darmstadt 2014, 71–74. 35 Auch wenn es kein geregeltes Schulsystem gab, können sich diese groben Schätzungen doch auf Quellen stützen, s. (für den Beginn des literarischen Unterrichts frühestens mit 10 Jahren) Suet. Nero 7,1; Hier. Chron. a. Abr. 59a und (für das Ende) Cribiore 2007, 31 (wie Anm. 17). Cod. Theod. 14,9,1 (370 n. Chr.) befahl Rhetorikstudenten in Rom, die älter als 20 Jahre alt waren, in ihre Heimat zurückzukehren. Augustinus, der mit 18 Jahren bereits die Rhetorikschule verließ und Lehrer wurde (Vössing 1997, 292f. [wie Anm. 5]), war eine Ausnahme; vgl. auch CIL VIII 12152 (20 Jahre); ILAlg I 1364 (21 Jahre), CIL VIII 8500 (22 Jahre). 36 Wenn Bright 1999, 196 u. a. das Geburtsdatum ca. 20 Jahre früher, nämlich ungefähr um 445–450 ansetzen, um nach seiner Schulzeit und vor der Inhaftierung Platz für eine gehobene juristische Karriere zu lassen, wird übersehen, dass fertige Rhetorikschüler üblicherweise sofort als Advokaten arbeiten konnten (s. oben Anm. 16). Entscheidend für die in Frage stehende Datierung ist also nicht diese Tätigkeit, sondern die Zahl und Art der Verse, die Dracontius nach der Schulzeit, aber eindeutig vor der Inhaftierung verfasste. Romul. 1–4 (s. oben) passen zu einem Abfassungszeitraum von wenigen Jahren und folglich zu einem Ausbildungsende um 490. Mehr Zeit für Dracontius Karriere (und folglich einen Schulbeginn in den späten 470ern oder zu Beginn der 480er) sollte man ansetzen, wenn auch die ersten beiden Bücher von ‘De laudibus Dei’ vor der Inhaftierung verfasst wurden, was wahrscheinlich, aber nicht zu beweisen ist (s. unten Anm. 66).

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innerhalb dieser anderthalb Jahrzehnte sind schwierig. Jedenfalls hat Felicianus zur Zeit, als Dracontius ‘Romulea’ 1–4 schrieb und vortrug (irgendwann zwischen ca. 480 und den frühen 490ern), noch in Karthago unterrichtet.37 Den unmittelbaren Adressaten von Romul. 1 fassen wir jedenfalls einigermaßen genau. Aber das reicht für eine Interpretation der Verse nicht aus. Lobgedichte haben ja drei personelle Bezugspunkte: nicht nur den Gelobten und den Laudator, sondern auch sein Publikum. Wie haben wir uns dieses vorzustellen? 1.3 Das Publikum Wenn wir die eben skizzierte Charakteristik des Advokatenberufs und seiner literarischen Tätigkeit bedenken, liegt es nahe, diejenigen, die Dracontius’ Gerichtsreden hörten, auch als das Publikum anzusehen, das seine ‘Romulea’ goutieren sollte; beides gehörte zusammen. Auch die Gerichtsreden waren ja von der literarischen Tradition geprägt, und wie durchlässig die Grenze zur ‚Konzertrede‘ war, die vor allem der gehobenen Unterhaltung diente, zeigen, wie wir gesehen haben, gerade die ‘Romulea’ des Dracontius.38 Dass sich dabei das Publikum, was die Vertrautheit mit Stoff und Technik angeht, aus konzentrischen Kreisen zusammensetzte, versteht sich fast von selbst.39 Konstitutiv war nicht die Fähigkeit, alles zu verstehen, sondern der Wille, dazu zu gehören. Entscheidend aber ist hier eine andere Frage: War auch die vandalische Oberschicht Teil dieser Gemeinschaft? Von der Antwort hängt viel ab, letztlich auch unser Verständnis des in Frage stehenden Gedichtes und damit auch das der integrativen Kraft der literarischen Bildung, die hier ja eindrücklich gefeiert zu werden scheint. Sie müsste im Wesentlichen darin bestanden haben, dass es den litterae gelang, dieselbe Anziehungskraft, die sie für Romanen hatten, nun auch für Vandalen zu entfalten – wobei dieses Sprachbild etwas schief ist: nicht die Bildung wäre es, die dabei Adaptionsfähigkeit bewiesen hätte, sondern ihre neuen Adepten. Denn dass sie selbst (die litterae) sich gegenüber dem 4. Jahrhundert in irgendeiner Hinsicht grundsätzlich verändert hätte, ist nicht zu erkennen. 37 Dies zeigt die Präsensform reddis in Romul. 1,13 (Felicianus’ Leistung dauert noch an) und Romul. 3,14f., wo discipuli sic quippe silent, si forte magister / tollatur kontrafaktisch ist; Dracontius schweigt ja gerade nicht, sondern stützt sich bei seiner Arbeit auf die doctrina potens des (wohl beim Vortrag anwesenden) Meisters. 38 Die Subscriptio von Romul. 5 (s. oben Anm. 4) lässt dabei nicht nur den Ort einer solchen Darbietung erkennen, die thermae Gargilianae, (andere Vorträge fanden im Hörsaal des Felicianus statt, s. oben Anm. 24), sondern auch die Teilnahme des Proconsul, an dessen Gericht Dracontius gleichzeitig als Anwalt tätig war. Die thermae Gargilianae in Karthago sind zwar nicht genau lokalisierbar (s. Azedine Beschaouch: La mosaïque des chevaux et le populus veneti, CRAI 1991, 471–486, hier 477), wir wissen aber, dass hier schon 411 n. Chr. das öffentliche Religionsgespräch zwischen führenden Donatisten und Augustinus stattfand (Liliane Ennabli: Carthage. Une métropole chrétienne du IVe à la fin du VIIe siècle, Paris 1997, 43f.); dieser bezeichnete den dortigen Saal etwas später als (locus) spatiosus et lucidus und als locus refrigans (Aug. adv. Don. 35,58). 39 Vgl. Weber 1995, 39–41.

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Um einschätzen zu können, welchen Wert die traditionelle literarische Bildung für die vandalische Oberschicht – nur die Elite kommt als Akteur auf diesem Feld überhaupt in Frage – dieser Jahre (474 bis ca. 490) hatte, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese Elite samt ihrem König sehr wohl auf neue Konstellationen reagierte und sich insofern wandelte. Unabhängig davon, wie geradlinig diese Entwicklung war, haben wir im letzten Jahrzehnt Thrasamunds (regn. 496–523), als sich bereits abzeichnete, dass sein Nachfolger einen scharfen politischen Kurswechsel vornehmen würde, und in der dann folgenden Herrschaftszeit Hilderichs (523–530), des Sohnes Hunerichs und der römischen Kaisertochter Eudocia, eine grundlegend geänderte kulturelle Situation zu konstatieren.40 Zeugnisse dieser ‚neuen Zeit‘, in der sich zumindest einige Häuser der vandalischen Oberschicht für die literarische Kultur der Römer öffneten,41 dürfen also keinesfalls einfach auf frühere Situationen übertragen werden, so als würden sie die Haltung d e s vandalischen Königs oder d e r vandalischen Elite insgesamt und zeitübergreifend kennzeichnen. Sie waren vielmehr Resultat eines Umschwungs. Der war übrigens keineswegs unumstritten, wie die Revolte Gelimers und seiner Anhänger im Jahr 530 zeigt, mit der Hilderichs ‚Revolution‘ gestoppt wurde.42 Selbst in der uns hier interessierenden Zeit könnte es Unterschiede im Verhältnis der vandalischen Oberschicht zur traditionellen römischen Bildung gegeben haben. Konkret greifbar sind sie für uns allerdings nicht. Wir sind insgesamt – da wir Dracontius’ Verse über die Schule des Felicianus zunächst aus methodischen Gründen beiseitelassen müssen – auf Rückschlüsse aus der generellen Situation angewiesen. Diese sind durchaus möglich. Denn die Bildung der Elite – der romano-afrikanischen wie der vandalischen – war ja keine Privatangelegenheit, die jeder nach eigenem Geschmack behandelte. Sie erfüllte vielmehr wichtige gesellschaftliche Funktion wie die Integration einer Führungsschicht, ihre Kommunikation (nach innen und außen) sowie die Distinktion (wiederum innerhalb der Gruppe und gegenüber unteren Schichten). Sie war also keineswegs nur für Heranwachsende von Bedeutung. Es war ja gerade das Kennzeichen der traditionellen römischen Sozialisation, dass sie von einer uns heute fremd gewordenen Wirkkraft des Schulprogramms für das Leben der Erwachsenen geprägt war.43 Wir suchen somit nach Anzeichen dafür, dass die neuen Herren Africas entweder versuchten, Teil der alten Oberschicht zu werden, oder ihre eigene soziale Welt in ähnlicher Weise zu strukturieren wie diese. Derartige Anzeichen sind nun aber von vornherein kaum zu erwarten. Die Vandalen kamen ja als Eroberer nach Africa. Mit der vertragswidrigen Er40 Konrad Vössing: Das Vandalenreich unter Hilderich und Gelimer (523–534 n.Chr.): Neubeginn und Untergang (Nordrhein-Westfälische Akademie der Wissenschaften und der Künste, Geisteswissenschaften. Vorträge, G 456). Paderborn 2019 (a), 9–13. 41 Ebd. 92, Anm. 26. 42 Ebd. 21–30; Konrad Vössing, König Gelimers Machtergreifung in Procop. Vand. 1,9,8, RhM 159, 2016, 416–428. 43 S. oben Anm. 25.

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stürmung Karthagos 439 war das Verhältnis zum Römischen Reich offen konfrontativ geworden, was dann nach einer anschließenden Phase der Entspannung in Geiserichs Eroberung Roms gipfelte, und wenn die Schwäche des Westens auch eine harte Reaktion verhinderte, war doch klar, dass er mit Africa eine der wichtigsten wirtschaftlichen Grundlagen verloren hatte, was auf die Dauer existenzbedrohend war. Der König wusste genau, dass seine kleine Schar von ca. 80.000 Menschen nur dann als Herren einer provinzialen Bevölkerung von mehreren Millionen überleben konnte, wenn er die Abgrenzungen scharf hielt.44 Das galt besonders für die alte Oberschicht und ihr Wertesystem. Es war also alles andere als Zufall, dass die Römer im Namen der neuen Herrschaft, des regnum Vandalorum, gar nicht vorkamen; sie waren nun Unterworfene.45 Mit konkreten Maßnahmen sicherte Geiserich eine Trennung zwischen ihnen und den Vandalen: Diese erhielten als Lebensgrundlage fruchtbare Ländereien (die sortes Vandalorum) in den Kerngebieten der Proconsularis, deren Vorbesitzer enteignet wurden. Ähnliches galt für die vom König unterstützte arianische Kirche, die ihren katholischen Gegenpart aus wichtigen Positionen verdrängte. Das römische Recht verlor seine allgemeine Gültigkeit. Zwar war das Vandalenreich nicht im modernen Sinn ethnisch ausgerichtet, wohl aber insofern ‚gentil‘, als nur die gens Vandalorum herrschaftsberechtigt war.46 Was Geiserich dagegen – aus wohlverstandenem Eigeninteresse – nicht tat, war die alte provinziale Elite auszuschalten. Als Schicht blieb sie lebensfähig und auch funktionstüchtig. Die Vandalen brauchten sie für die Verwaltung, etwa als Verantwortliche der Besteuerung der Provinzialen in Africa, das seit 455 ingesamt unter vandalische Herrschaft kam; diese beschränkte sich aber vielerorts auf kleine Garnisonen. In Karthago behielten die allermeisten römischen Aristokraten ihre Stadthäuser (das Gros der Vandalen wohnte ja nicht hier, sondern in den fruchtbaren Gebieten im Umland, vor allem an den Landstädten am Bagradas), und wenn der Statthalterpalast auch höchstwahrscheinlich zum vandalischen Königspalast wurde, konnte der Proconsul dennoch, wie wir gesehen haben, nicht nur seinen Titel und (als Gerichtsherr) einen Teil seiner Funktionen bewahren, sondern auch sein soziales Umfeld.47 44 Zur Zahl der eingewanderten Vandalen (Vict. Vit. 1,2) vgl. Vössing 2011, 154f. (wie Anm. 3) und Roland Steinacher: Die Vandalen. Aufstieg und Fall eines Barbarenreichs, Stuttgart 2016, 94f. 45 Vict. Vit. 3,3: Rex Hunirix Vandalorum et Alanorum uniuersis populis nostro regno subiectis … Vgl. auch Vict. Vit. 2,39. 46 Procop. Vand. 2,5; Victor de Vita, 2,39; 3,4; zu den sortes Vandalorum s. Yves Modéran: Confiscations, expropriations et redistributions foncières dans l’Afrique vandale, in: Pierfrancesco Porena / Yann Rivière (Hrsgg.): Expropriations et confiscations dans les royaumes barbares. Une approche régionale, Rome 2012, 129–156; Yves Modéran: Les Vandales et l'Empire romain; hrsg. von M.-Y. Perrin, Paris 2014, 156–179. Zur Abgrenzung des gentilen Königreichs Geiserichs vom Imperium Romanum s. Vössing 2014, 75–96; 111–117. 47 Zum Statthalter- bzw. Königspalast in Karthago s. Ralf Bockmann: Capital continuous: A study of governance and society in Vandal Carthage and central North Africa from an archaeological perspective, Wiesbaden 2013, 46–50 (die Lokalisierung ist unklar). Für das Überleben der alten Oberschicht ist Dracontius und sein Umfeld der beste Beleg; zu ihrer

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Dennoch war der Herrschaftswechsel in Karthago vielfältig sicht- und spürbar. Gleich zu Beginn setzte Geiserich ein Zeichen, indem er das Desinteresse der Vandalen, deren Herrschaft in betont christlicher Manier auch mit einer moralischen Wende einhergehen sollte, am Erhalt derjenigen öffentlichen Großbauten demonstrierte, die mit der literarischen Kultur verbunden waren (so büßte das Theater rasch seine Funktion ein). Es ist sehr wahrscheinlich, dass davon auch andere Bildungsstätten im Zentrum der Stadt betroffen waren, die bislang immer von der Nähe zur römischen Macht profitiert hatten. Man denke an öffentliche Schulen für Grammatik und Rhetorik, die in Karthago von der res publica auf verschiedene Weise gefördert worden waren. Die Rhetorikschulen lagen hier auch noch im späten 4. Jahrhundert in der Nähe der gewaltigen, damals über 200 Jahre alten Gerichtsbasilika des städtischen Forums auf der Byrsa,48 und gerade von diesem Gebäude wissen wir, dass es in vandalischer Zeit schnell verfiel,49 was die gesamte monumentale Platzanlage in Mitleidenschaft gezogen haben muss – ein Ende, das auch die Schulen dort nicht überlebt haben dürften. Das neue Zentrum von Macht und Herrschaft war der König, seine Familie und seine Großen. Am vandalischen Hof jedoch galt ein anderes Wertesystem, und man legte Wert auf Eigenständigkeit. Man trug, jedenfalls zu bestimmten Anlässen, eine eigene Tracht, feierte die eigene (arianische) Liturgie – die Könige verstanden sich dezidiert als christliche Herrscher – in germanischer Sprache,50

Funktion im Vandalenreich vgl. auch Vita Fulg. 1f.; dazu Konrad Vössing: Notes on the Biographies of the Two African Fulgentii, in: Frances Young / Marc Edwards / Paul Parvis (Hrsgg.): Papers presented at the Fourteenth International Conference on Patristic Studies held in Oxford 2003, Leuven u. a. 2006, 523–529, hier 524–526. 48 Vössing 1997, 356–358 (wie Anm. 5); zur öffentlichen Bildungsförderung in Karthago und zum Begriff schola publica (womit nicht die öffentlich finanzierte, sondern die in der Öffentlichkeit, namentlich im Stadtzentrum, angesiedelte und öffentlich zugängliche Schule gemeint war) s. ebd. 322–348. Vict. Vit. 1,8 berichtet von der Zerstörung von Theater und Odeum Karthagos bei der Eroberung, und jedenfalls waren sie bald außer Funktion, s. Vössing 2011, 156, Anm. 24 (wie Anm. 3); vgl. auch Yves Modéran: Les Vandales et la chute de Carthage, in: Claude Briand-Ponsart / Sylvie Crogiez (Hrsgg.): L’Afrique du Nord antique et médiévale. Mémoire, identité et imaginaire. Actes des journées d’études (Rouen 1998/1999), Rouen 2002, 97–132. 49 Bockmann 2013, 50 (wie Anm. 47) mit Verweis auf Pierre Gros: Byrsa III. Rapports sur les campagnes de fouilles de 1977–1980: la basilique orientale et ses abords, Rome 1985, 33f. 50 Zur vandalischen (der gotischen sehr verwandten) Sprache der Vandalen als Umgangssprache noch 484 n. Chr. s. Vict. Vit. 2,55; vgl. dazu Vössing 2011, 220 (wie Anm. 3); Werner Haubrichs: Nescio latine! Volkssprache und Latein im Konflikt zwischen Arianern und Katholiken im wandalischen Anfrika nach der Historia persecutionis des Victor von Vita; in: Steffen Patzold / Anja Rathmann-Lutz / Volker Scior (Hrsgg.): Geschichtsvorstellungen. Festschrift Hans-Werner Goetz zum 65. Geburtstag, Wien 2012, 13–42. Eine von ihnen selbst als typisch angesehene Tracht (habitus) der Vandalen bezeugt Vict. Vit. 2,8; zur Diskussion vgl. Philipp v. Rummel: Habitus barbarus. Kleidung und Repräsentation spätantiker Eliten im 4. und 5. Jahrhundert, Berlin u. a. 2007, 197; Vössing 2011, 168f., Anm. 127–129 (wie Anm. 3); Wolf Liebeschuetz: Habitus Barbarus. Did barbarians look different from Romans? In: Porena / Rivière (wie Anm. 46), 13–28.

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und es ist anzunehmen, dass es auch andere kulturelle Traditionen gab.51 Diese Konstellation muss für die Bedeutung der traditionellen litterae erhebliche Folgen gehabt haben. Sicher, die Vandalen lebten in einer lateinisch geprägten Umwelt, und das Gros der einheimischen Bevölkerung sprach Latein. Dies brachte auch für sie die Notwendigkeit mit sich, diese Sprache zu lernen und zu gebrauchen.52 Aber der Gebrauch ist zu trennen von der geradezu konstitutiven Funktion, die eine seit Jahrhunderten in vielfältiger Weise literarisierte lateinische Sprachkultur für die Repräsentation der alten Oberschicht hatte. Diese Funktion war aber für die vandalische Oberschicht nicht nur ohne besondere Bedeutung, sie hätte sogar, wäre sie übernommen worden, das Machtverhältnis verschoben: die Vandalen hätten sich in einer zentrale Frage der Elitenformation auf ein sehr spezialisiertes und hoch artifizielles Wertungssystem eingelassen, nämlich das der antiken Grammatik und Rhetorik, in dem streng geurteilt wurde – und sehr zu ihren Ungunsten. Diese deutliche Ungleichheit der ‚Start- und Spielbedingungen‘ in der durch öffentliche Schülervorträge besonders kompetitiven Welt der antiken Schule musste die Benachteiligten abschrecken, jedenfalls solange man die Gefahr sah, dass kulturelles Gefälle auf die eine oder andere Weise (wieder) mit einem Machtgefälle verbunden wurde.53 Und diese nicht nur in der Schulzeit, in der man sich bei entsprechendem Ehrgeiz jahrelangem und scharfem Training unterwerfen musste; Schulvorträge und Konzertreden für Erwachsene gingen unmittelbar ineinander über, und man konnte das eine nicht goutieren, ohne das andere gelernt zu haben. Aus alledem folgt für die Suche nach einem zwischen 474 und 490 n. Chr. vom Dichter anvisierten Publikum der ‘Romulea’, die den traditionellen literarischen Bildungkanon ja intensiv ‚umspielen‘, dass es sich dabei, wenn wir die generelle Situation bedenken, im Wesentlichen nicht um die vandalische, sondern um die alte Elite gehandelt haben dürfte. Demgegenüber scheint allerdings in der 51 Zu denken ist etwa an traditionelle Lieder (vgl. Procop. Vand. 2,6,33 zu Gelimers selbstgedichtetem Trauergesang auf dem Berg Papua, seiner letzten Zuflucht (vgl. Vössing 2019 [a], 52 [wie Anm. 40]). 52 Dies schließt den Einsatz lateinischer Verordnungen des Königs gegenüber den afrikanischen Provinzialen ein (vgl. Vict. Vit. 2,3f.; 2,39), was eine entsprechende Kanzlei voraussetzt, die auch für die Korrespondenz außerhalb Africas zuständig war. Mit Vict. Vit. 2,13 (s. unten Anm. 56) haben wir vielleicht ein Zeugnis für (allerdings als Ausnahme behandelten) formalen lateinischen Sprachunterricht eines Mitglieds des vandalischen Königshauses. Es ist keineswegs auszuschließen, dass dieser Unterricht im auditorium des Felicianus stattgefunden hat. 53 Dies galt im Vandalenreich und auch Ostgotenreich (wenn auch in ganz anderer Ausprägung; vgl. unten Anm. 87–89) fast durchgehend, im Westgotenreich des späten 6. Jh., als das Imperium Romanum keine Gefahr mehr war, dagegen nicht mehr (s. unten Anm. 66). Übrigens hatte es auch nicht gegolten, als man sich im Rom des 2. Jh. v. Chr. der Kultur der (politisch bedeutungslosen) Graecia capta ‚unterworfen‘ hatte (Hor. epist. 2,1,156). Ungebildete römische Militärs der Spätantike kannten diese Ungleichheit zwar auch, aber mit einer ganz anderen Perspektive: es ging hier um die soziale und kulturelle Integration einzelner Familien, und die konnte zwar eine Generationenfrage sein, war aber nie mit einer prinzipiellen Entscheidung verbunden. – Zu spätantiken Schülervorträgen s. oben Anm. 17.

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neueren Forschung die Tendenz groß zu sein, hier auch die Vandalen als Adressaten zu sehen.54 Zu fragen ist also, ob es Quellen gibt, die für diese Sicht in Anspruch genommen werden können. Wenn wir dabei die Chronologie im Auge behalten (was, wie gesagt, hier unbedingt notwendig ist),55 verringert sich die Zahl diskussionswürdiger Zeugnisse erheblich.56 Die wichtigsten drei seien hier genannt. Sie alle enthalten nur indirekt nutzbare Aussagen, unterrichten uns also nicht etwa über die Teilnahme der Vandalen an der beschriebenen literarischen Kommunikation, sondern belegen nur, dass es römische Literaten gab, die ihre Erzeugnisse dem König anboten. Zwei der Texte thematisieren dieses Angebot, nur einer, der älteste (ein Lobgedicht auf eine Wasserschraube), enthält es. Die beiden anderen Zeugnisse stammen von Dracontius: In seiner ‘Satisfactio’ stellt er König Gunthamund, der ihn inhaftiert hat und den er günstig zu stimmen hofft, literarische Preisungen seiner (und seiner Vorfahren) Kriegstaten in Aussicht. Außerdem erfahren wir von einem Lobgedicht des Dichters zu Ehren von Gunthamunds Bruder und Nachfolger Thrasamund. 54 S. etwa De Gaetano 2009, 14 (z. B.); Andrew Merrills / Richard Miles: The Vandals, Chichester 2010, 215; ebd. 219 (Miles) stützt sich für die Aussage, „all the Hasding kings appreciated the importance of culture to the ideology of their rulership“ auf Yitzhak Hen: Roman Barbarians. The Royal Court and Culture in the Early Medieval West, London 2007, 74–93, obwohl sich dieser nur auf Thrasamund bezieht; auch dessen Interesse an römischer Bildung sollte übrigens nicht übertrieben waren (s. Konrad Vössing: Florentinus (Anth. Lat. 376 R) und die Residenz des vandalischen Königs, in: Xavier Dupuis u. a. (Hrsgg.): Hommage à Claude Lepelley. Cités et religions de l’Afrique dans l’Antiquité tardive (IIIe–VIIe siècle), Paris 2019 [b], bei Anm. 37–39). 55 Zeugnisse späterer Zeit, etwa aus der Anthologia Salmasiana (wie Anth. 304f.; 326; 345; 369 R.2; vgl. oben Anm. 41), sollten nicht als Zeugnisse für die kulturelle Situation unter Geiserich verstanden werden (so aber De Gaetano 2009, 337f., Anm. 147). 56 Vict. Vit. 2,13 hilft bei unserer Frage nicht weiter: der Sohn Theuderichs, magnis litteris institutus, wird (obwohl eigentlich der Thronerbe) von seinem Onkel Hunerich um 482 n. Chr. umgebracht. Der Ausdruck ist sehr selten, s. aber Aug. in psalm. 140,7, wo er die positive Wertung literarischer Bildung spiegelt, was auch generell zu Victors Haltung passt (s. Konrad Vössing: Victor of Vita and secular education, in: Peter Gemeinhardt / Lieve Van Hoof / Peter Van Nuffelen (Hrsgg.): Education and Religion in Late Antiquity: Genres and Discourses in Transition, London u. a. 2016, 159–170; Augustin dagegen zeigt hier wie auch sonst deutliche Distanz). Es scheint also, dass dieser Sohn eine – auch unter den Prinzen – auffallende Ausbildung erhalten hatte. Es könnte durchaus sein, dass er in der Schule des Felicianus gelernt hat. Jedenfalls beschreibt Victor diese Ausbildung als etwas Besonderes, weshalb die Stelle nicht (so Merrills / Miles 2010, 215, wie Anm. 54) als Beleg für die typische Bildung der Hasdingen angesehen werden sollte. Sie hilft auch nicht bei der Suche nach Hinweisen auf vandalische Teilnahme an der literarischen Kommunikation der Erwachsenen. Auf Geiserichs Bildungsinteressen bezieht sich auch Drac. satisf. 299–302. Er nutzt einen offenbar berühmten Ausspruch des Königs einem angeklagten Bischof gegenüber, dass ihm Verzeihung nicht als Mensch (homo), sondern nur wegen seiner Zungenfertigkeit (lingua – wahrscheinlich bei seiner Verteidigung) zuteil werde, um daraus eine generelle Neigung Geiserichs zu machen, jedem doctum ingenium (der Konjektur von Schetter 1990, Anm. 59 ist unbedingt zu folgen) Verfehlungen nachzusehen. – Zur Diskussion von Drac. satisf. 21–25 und 93f. s. unten Anm. 60 und 67.

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Bevor wir uns aber diesen drei Zeugnissen im Einzelnen zuwenden, müssen wir in den Blick nehmen, dass bei der Interpretation von Lobgedichten immer die Gefahr besteht, einer beliebten Strategie der Autoren ‚auf den Leim‘ zu gehen. Sie bestand darin, eine enge Beziehung des Autors zum Gelobten zum Ausdruck kommen zu lassen, die gar nicht existierte, sei es um die eigene literarische Meisterschaft zur Geltung zu bringen, sei es um vor dem Publikum mit dieser Nähe (namentlich zum Herrscher) zu prunken, oder sei es um den Angesprochenen dazu zu bewegen, die kontrafaktisch als bestehend dargestellte Gunst in Zukunft zu gewähren. Dem Erfolg derartiger Gedichte bei ihrem Publikum (und ihrer Überlieferung) tat es keinen Abbruch, wenn sie in der beschriebenen Art und Weise fiktiv waren; man wusste genau, dass diese Form der Unwahrhaftigkeit dabei gewissermaßen ‚zum Spiel‘ gehörte. Für all diese Fälle gilt folglich, dass wir das tatsächliche Verhältnis von Autor und Adressat gerade nicht aus dem Wortlaut des Lobes erschließen können.57 Um die kommunikative Situation bestimmen zu können, brauchen wir also über den bloßen Text hinausgehende Informationen, wie sie etwa solche zur realen Publikationsform (zum Beispiel als öffentliche Inschrift) darstellen. Beim ersten der angekündigten Zeugnisse handelt es sich um das Gedicht eines gewissen Cato, der König Hunerich (regn. 477–484) als auf der ganzen Welt berühmten Herrscher preist, weil er die Wasser des Meeres „getrennt“ habe. Das ‚Geheimnis‘ dieses zunächst enigmatisch wirkenden Lobes wird im letzten Vers gelüftet: es geht um den Einsatz einer archimedischen Schraube (coclea), eingesetzt offenbar zur Entwässerung.58 Mit Blick auf die eben formulierten methodischen Warnungen müssen wir nach Hinweisen suchen, die darauf schließen lassen, dass Hunerich an dieser Panegyrik Interesse zeigte.59 Sie sind aber nicht zu erkennen. Anders wäre es, wenn wir es mit einer Art Bauinschrift zu tun hätten. Tatsächlich leben die Verse aber davon, dass zunächst eine Spannung aufgebaut wird (‚des Königs Macht teilt das Meer, gewinnt das Land‘ usw.), die erst ganz am Ende ihre Auflösung findet: mare coclea sorbet. Diese Pointe wäre in einem Gedicht, das neben einer Wasserschraube angebracht ist, von vornherein zerstört. Es handelt sich also um ein literarisches Spiel, und nichts berechtigt uns zu der Annahme, dass Hunerich selbst oder seine Umgebung das Gedicht in Auftrag gegeben hat. Der zweite Text ist eine Passage der schon genannten ‘Satisfactio’ des Dracontius, der König Gunthamund panegyrische Verse verspricht, wenn dieser ihn aus der Haft entlasse: dann werde er die großen Kriegstaten der vandalischen 57 Konrad Vössing: L’évergétisme des rois vandales: réalité ou chimère?, in: Sylvain Destephen / Bruno Dumézil / Hervé Inglebert (Hrsgg.): Le Prince chrétien de Constantin aux royautés barbares, IVe–VIIe siecle (Travaux et Mémoires du Centre d’Histoire et Civilisation de Byzance, 22/2), Paris 2018, 499–516, hier 500–504. s. auch unten Anm. 69. 58 Anth. 387 R.2 = 382 Sh. B.; dazu Elena Malaspina: L’idrovora di Unirico. Un epigramma (A. L. 387 R.2 = 382 Sh. B.) e il suo contesto storico-culturale, Rombarb 13, 1994–95, 43–56; Bergasa 2016, 112f. (wie Anm. 14). 59 Möglicherweise sollte mit der ‚Teilung der Wasser‘ auf Moses angespielt werden; zur religiösen Dimension vgl. zuletzt Vössing 2018, 505f. (wie Anm. 57).

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Könige besingen.60 Aber unabhängig davon, dass der König darauf offensichtlich keinen großen Wert legte (jedenfalls begnadigte er Dracontius nicht oder erst viel später), darf man diese Ankündigung auch prinzipiell nicht überbewerten. Was sollte ein Dichter dem erzürnten König – von der ja tatsächlich breit ausgeführten ‚Abbitte‘ abgesehen – anderes anbieten als die eigenen Erzeugnisse? Außerdem fügen sich die Verse ein in eine literarische Strategie, die Schuld bzw. Demütigung vor dem König parallelisiert mit dem entsprechenden asymmetrischen Verhältnis zu Gott. Konkret spielt der Autor wohl auf das Flehen des Psalmisten an: „Rette mir das Leben … wer nämlich vermag es, Dich in der Unterwelt zu preisen“.61 Ein Interesse des Königs an literarischem Lob lässt sich daraus – wie insgesamt aus dem Versuch des Dichters, Gunthamund mithilfe von Versen umzustimmen – nicht ableiten. Nur indirekt und spät ist (drittens) ein Gedicht bezeugt, das Dracontius „zum Lob des Thrasamund“ verfasst haben soll.62 Die Umstände erfahren wir nicht. Ebensowenig kennen wir den Inhalt und die Datierung des Preisgedichtes, geschweige denn Thrasamunds Reaktion darauf.63 Keines der drei Zeugnisse (und auch nicht ihre Kombination) erlaubt es also, die oben aufgrund allgemeiner Überlegungen postulierte Distanz des Könighofes und der Elite zur Sphäre der traditionellen litterae in Frage zu stellen. Zwar wird deutlich, dass es für Literaten nicht widersinnig war, als literarische Lobredner oder Bittsteller beim König aufzutreten. Dies bedeutet aber gerade nicht, dass er daran Gefallen hatte. Weil diese Kommunikation auch andere Adressaten hatte als den unmittelbar angesprochenen, funktionierte sie auch ohne herrscherliche Antwort. Es gibt zudem zwei konkrete Indizien, die gegen eine intensive Lektüre der Werke des Dracontius durch Vandalen sprechen, von Romul. 1 immer noch abgesehen. Zum einen ist dies das klare Bekenntnis des Autors zur Trinitätslehre des Nizänum, das er im 2. Buch von ‘De laudibus Dei’ ganz offen und teilweise sogar polemisch formuliert.64 Hier stellt sich allerdings die Schwierigkeit, dass wir nicht sicher sagen können, wann diese Teile des Werkes verfasst wurden: vor 60 Drac. satisf. 21–25. 61 Ps. 6,5f.; ähnlich auch Jes. 38,18–19a. Dieselbe Argumentation wendet Dracontius auch am Ende von laud. dei 3 an (735–742). 62 Baehrens 1878, 313f. Dass es sich um einen Panegyricus handelte, wie häufig angenommen wird (z. B. Jonathan Conant: Staying Roman. Conquest and Identity in Africa and the Mediterranean, Cambridge 2012, 147), ist nicht gesagt. 63 War das Lob verfasst worden, um Dank abzustatten, vielleicht für die Freilassung? Das ist bloße Vermutung. Wir wissen zwar, dass es Freunden des Dracontius (Victor sowie seinen Söhnen Victorianus und Rufinianus) schließlich gelungen war, vom König seine Freilassung und sogar seine Restituierung zu erlangen, (Romul. 6,36–44, dazu Luceri 2006 und Galli Milić 2007, ad loc.), aber wann und warum das geschah, ist nirgends bezeugt. Dracontius könnte bereits in der (späten) Regierungszeit Gunthamunds begnadigt worden sein. Das einzige Gegenargument, dass wir nämlich keine Reaktion der Dankbarkeit des Dichters gegenüber Gunthamund kennen, gilt insofern auch für Thrasamund, als das erwähnte Lobgedicht ja ein ganz anderes Thema gehabt haben und viele Jahre nach der Freilassung verfasst worden sein kann. 64 … wobei er die Homöer etwa als vernunftlose Dummköpfe bezeichnet (laud. dei 2,100).

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während oder nach der Inhaftierung? Für alle drei Möglichkeiten finden sich Verteidiger. Wenn man aber nicht über eine tiefe, an Martyriumssehnsucht grenzende Frustration des gefangenen Dracontius spekulieren will oder über die angebliche Narrenfreiheit eines Dichter, der nach seiner Freilassung vielleicht vollständig ins Abseits geriet,65 ist die beste Lösung die, dass der Autor bei der Abfassung von laud. dei 2 davon ausgehen konnte, dass die Vandalen von seinen Darlegungen gar kein Notiz nehmen würden; sie waren für sie nicht gedacht und auch nicht von Interesse.66 In diesem Zusammenhang ist wichtig, dass auch das inkriminierte carmen des Dracontius, in dem er, wie er sich später selbst vorwirft, den falschen Herrscher als seinen dominus bezeichnete,67 von den Vandalen zunächst gar nicht bemerkt worden war. Es waren Standesgenossen des Dichters, die darauf aufmerksam machten und ihn denunzierten.68 Wir sollten uns also von der Vorstellung trennen, dass die literarischen Erzeugnisse der Römer für die damaligen Vandalen, solange nicht die Machtfrage ins Spiel kam, eine große Rolle spielten.69 Dies macht auch 65 So Richard Miles: The Anthologia latina and the creation of a secular space in Vandal Carthage, AnTard 13, 2005, 305–320, hier 317. Die Martyrium-These ist schon deshalb schwierig, weil es kein einziges Beispiel für einen theologischen Autor der Vandalenzeit gibt, der wegen seiner Schriften hingerichtet wurde. Von Dracontius als einer ‘peripheren Figur’ nach seiner Freilassung sollte man deshalb nicht sprechen, weil er nach seiner Freilassung die Fortuna redux begrüßt (6,40, vgl. auch Romul. 7,134), die er in laud. dei 3,724 herbeigesehnt hatte, womit eine vollständige Rehabilitation bezeichnet ist. 66 Dennoch ist es wahrscheinlicher, dass Dracontius laud. dei 1 und 2 vor der Inhaftierung schrieb und nur das 3. Buch (jedenfalls V. 567–688; s. oben Anm. 13) währenddessen, als dass er sich während seiner Haft oder danach auf dieses Desinteresse verließ. – Nichts illustriert besser die vom Vandalenreich verschiedene Situation im (katholisch gewordenen) Regnum Toletanum der Westgoten, in dem Bischof Eugenius III. von Toledo, Sproß der gotischen Oberschicht, Dracontius’ ‘De laudibus Dei’ und seine ‘Satisfactio’ – mit die zeitgenössische Rolle dieser Gedichte bezeichnenden Veränderungen – herausgab (Speranza 1978 [a]; vgl. zuletzt Tizzoni 2012). 67 Satisf. 93f.: culpa mihi fuerat dominos reticere modestos / ignotumque mihi scribere uel dominum („meine Schuld war es gewesen, von meinen bescheidenen [vandalischen] Herren zu schweigen und stattdessen einen mir Unbekannten zu beschreiben, sogar als meinen Herrn“). Auf die Diskussion, wie diese Verse zu verstehen sind und wer der genannte dominus war, kann hier nicht eingegangen werden. Widerspruchsfrei scheint nach wie vor die Lösung zu sein, dass es um Zenon, den Kaiser in Konstantinopel ging, den Dracontius als dominus bezeichnet hatte, was Gunthamund als Affront verstand. Das Gedicht dürfte in der Spätzeit von dessen Regierung (474–491) verfasst worden sein. Wer als Adressaten des verhängnisvollen Gedichts ein Mitglied der vandalischen Königsfamilie annimmt, hat große Schwierigkeiten, das ignotus zu erklären und warum es Dracontius ein besonderer Fehler war, den Adressaten als Herrn (uel dominum) zu titulieren. Außerdem steht eine Interpretation, die das in Frage stehende carmen als Teil einer Kommunikation mit dem vandalischen Königshaus sieht, in Widerspruch auch zu satisf. 21–25, wo Dracontius sich, wie in V. 93, gerade die Vernachlässigung „so vieler erhabener Könige“ (tacitis tot regibus almis) der Vandalen vorwirft, womit offenbar die gesamte Dynastie gemeint ist. 68 Romul. 7,127–131. 69 Für einen Teil der Forschung – z. B. De Gaetano 2009, bes. Kap. 4 und 5, Merrills / Miles 2010, 219 (wie Anm. 54) – gab es ein starkes Interesse der vandalischen Oberschicht inklusi-

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die Suche nach versteckten Anspielungen auf Eigenarten ihrer Herrschaft in diesen Werken problematisch. Die Bedingung dafür, nämlich das Bedürfnis lateinischer Literaten, aktuelle vandalische Geschichte zu kommentieren und dies zugleich – kritische Beobachtung fürchtend – sorgsam zu tarnen, kann nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Das soll nicht heißen, dass Romanen und Vandalen damals in jeder Hinsicht in unterschiedlichen Welten lebten. Namentlich am Königshof in Karthago,70 auf den auch die Provinzialen fixiert waren, oder im Umkreis vandalischer Adliger traf man sich. Es scheint aber, dass diese Kontakte nicht, wie im römischen Kontext üblich, von einer intensiven literarischen Kommunikation begleitet waren. Diese Trennung hat weder die praktische Zusammenarbeit noch die Stabilität der vandalischen Herrschaft akut beeinträchtigt, und sie hat auch die römischen Schulen und gebildeten Zirkel der Romanen nicht untergehen lassen. Einer tiefgreifenden Verbindung von römischen und vandalischen Oberschichten in Africa stand sie aber im Weg. Die Frage des Publikums unseres Gedichtes hat nun viel Raum bekommen. Sie ist tatsächlich entscheidend für die Interpretation. Denn in Romul. 1 und nur hier spricht der Autor von vandalischen Latein-Schülern. 2. DIE SCHULE DES FELICIANUS IN DRACONTIUS’ ROMUL. 1,12–14 Der Kontext, in dem Dracontius’ ‘Romulea’ kommuniziert wurden, darf, wie der erste Teil dieses Beitrags gezeigt hat, nicht von vornherein so verstanden werden, dass ein gemischtes Publikum aus Vandalen und Romano-Afrikanern postuliert wird. Im Gegenteil: wir haben bislang keinen einzigen belastbaren Hinweis auf eine solche Verbindung gefunden, sondern nur gegenläufige Indizien, die auf ein rein römisches Publikum deuten. Aber es ist Zeit, nun die Verse selbst (sorgfältig stilisierte, metrisch fehlerlose katalektische trochäische Oktonare) in den Blick zu nehmen (Drac. Romul. 1 [‘praefatio’]):71 ve der Könige an der lateinischen Kultur, und zwar aufgrund eines entsprechenden Legitimitätsbedürfnisses, das aber nicht den Realitäten der Vandalenherrschaft entspricht und sich auch nicht in Aussagen der Vandalen wiederfindet, sondern nur die römische Perspektive spiegelt. 70 Vgl. Roland Steinacher: Der vandalische Königshof als Ort der öffentlichen religiösen Auseinandersetzung, in: Mathias Becher / Alheydis Plassmann (Hrsgg.): Streit am Hof im frühen Mittelalter, Bonn 2011, 45–73; Vössing 2019 (b) (wie Anm. 54). 71 Zur Textgestaltung s. besonders die Ausgaben von Bouquet / Wolff 1995 und Zwierlein 2017 (a) (s. auch ders. 2017 [b], 21–26). Dissens zwischen ihnen besteht für die Verse 3. 6. 9 und 12. Zwierleins Ablehnung der von Baehrens (4. Aufl., 266) vorgenommenen Änderung in V. 3 von atque zu adque ist gut begründet. Die ebenfalls schon von Baehrens 1873 (c), 267 geforderte Einfügung von tu in V. 12 ist, wie Zwierlein überzeugend zeigt, mit Blick auf die anderen 31 Beispiele für pater bei Dracontius, in denen das a korrekt (also kurz) gemessen wird, fast unumgänglich. Auch Zwierleins Argumentation gegen Vollmers Konjektur am Ende von V. 6 (ed. 1905, S. 132 App.: pauor iumenta, tunc) scheint in sprachlicher und in inhaltlicher Hinsicht (s. unten Anm. 73) zwingend. Allerdings sollte man an dieser Stelle wohl

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Konrad Vössing Orpheum uatem renarrant ut priorum litterae cantitasse dulce carmen uoce, neruo, pectine inter ornos, propter amnes atque montes algidos, quem benignus grex secutus cum cruenta bestia audiens melos stupebat concinente pollice (tunc feras reliquit ira, tunc pauor non terruit: lenta tigris, ceruus audax, mitis ursus adfuit. non lupum timebat agna, non leonem caprea, non lepus iam praeda saeuo tunc molosso iugiter; artifex natura rerum quis negat concordiam, hos chelys musea totos Orpheusque miscuit: sancte pater, o magister, taliter canendus es, qui fugatas Africanae reddis urbi litteras, barbaris qui Romulidas iungis auditorio, cuius ordines profecto semper obstupescimus, quos capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima. … Der Sänger Orpheus soll, wie die Schriften der Alten berichten, ein süßes Lied gesungen haben, mit Stimme, Saiten und Plektron, zwischen den Bergeschen, an Bachläufen und kühlen Berghängen. Ihm folgten friedfertige Herdentiere zusammen mit blutigen Bestien, und als sie die Lieder hörten, die unter seinem Daumen entstanden, erstarrten sie. Es verließ da die Wildtiere der Zorn, die Furcht schreckte sie nicht mehr auf: Es erschien eine gemächliche Tigerin, ein mutiger Hirsch, ein sanfter Bär. Das Lamm fürchtete den Wolf nicht, das Reh nicht den Löwen, der Hase gehörte nicht mehr als ständige Beute dem wilden Molosserhund. All die Tiere, denen die Schöpferin Natur die Eintracht versagt hat, führte Orpheus mit seiner Musen-Lyra zusammen. Du verehrungswürdiger Vater, Lehrmeister, so bist du zu besingen, der du die vertriebenen Wissenschaften der afrikanischen Hauptstadt wiedergabst, und in deiner Schule Romulus-Nachkommen und Barbaren vereinst, in deren Reihen uns immer (noch) wahrlich starr vor Staunen macht die überaus große Süßigkeit deiner, o Lehrer, Beredsamkeit. [Übers. Konrad Vössing]

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nicht der Konjektur Petschenigs non territat (1889, 563) den Vorzug geben vor einem – bisher offenbar noch nicht erwogenen – non terruit (schon Buecheler 1873, 348 hatte nil terruit ins Spiel gebracht; vgl. auch Drac. Orest. 157. 459: terrente pauore und Carm. de aegr. Perd. 283f.: nec te pauor ullus terruit); denn damit bleibt das Tempus innerhalb des Verses einheitlich. In V. 9 ersetzte Rudolf Peiper (s. Vollmer 1914 ad loc.) das überlieferte iugiter durch iungitur, was von Zwierlein wieder ins Spiel gebracht wird. Der mögliche Bezug auf iungis in V. 14 reicht dafür aber nicht aus, zumal es sich hier (vom problematischen Tempuswechsel abgesehen) gerade nicht um ‚sich entsprechende Stichworte‘ (2017 [b], 23) handelt: die ‚Verbindung‘ in V. 6 wäre ja – im Gegensatz etwa zum stupor in V. 5 und 15 – von ganz anderer Art als die in V. 14.

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2.1 Der Vergleich mit Orpheus und seinen Tieren Das Besondere an dem hier breit ausgeführten Vergleich der römischen und vandalischen Schüler des Felicianus mit dem Auditorium des Orpheus72 ist die klare Zweiteilung der Zuhörerschaft. Ganz im Sinn der berühmten Verheißung aus Jesaja 65,25 (‚Löwe und Lamm weiden gemeinsam …‘) findet eine Scheidung der Wildtiere (ferae) statt:73 auf der einen Seite furchtsame Pflanzenfresser (Hirsch, Reh und Hase), auf der anderen reißende Raubtiere (Tiger, Löwe, Bär, Wolf, Löwe und Jagdhund). Beide Gruppen vergessen ihre üblichen Verhaltensweisen und lernen, ohne Aggression und Furcht, beim selben Lehrer und in derselben Schule. Ganz unausweislich kommt den Vandalen dabei der Part der cruenta bestia zu, und es stellt sich die Frage, wie diese (jedenfalls auf den ersten Blick) negative Identifikation einem vandalischen Publikum hätte vermittelt werden können. Denn der Ausweg, dass Furchtlosigkeit und kämpferische Kraft ja auch positiv konnotiert sein könnten, ist dadurch verbaut, dass diese Eigenschaften hier den von Orpheus (also von der Bildung) Berührten ja gänzlich abhandenkommen. Vandalen, die dieses Gedicht rezipiert hätten, hätten nicht nur ihre frühere Rolle als Tiger und Wölfe akzeptieren müssen, sondern auch, dass sie, gezähmt durch die Lektüre beim Grammatiker, sich nun friedlich einreihten in die Schar der Pflanzenfresser, als die die Romanen gezeichnet werden. Hier verbindet sich eine wenig schmeichelhafte Kennzeichnung der Vergangenheit (cruenta bestia) mit einem aus vandalischer Sicht wohl kaum besseren Bild der Zukunft (lenta tigris), ganz abgesehen davon, ob Dracontius der Sache möglicherweise auch eine konfessionelle Komponente beigegeben hat, nämlich die Vorhersage, dass die Räuber mit dem Wölfischen vielleicht auch ihre (arianische) Häresie ablegen.74 Die ungleiche Verteilung der Qualitäten findet im letzten Vers noch eine Steigerung: während die römischen Provinzialen mit dem seltenen und aufwertenden Ausdruck ‚Romuliden‘ bedacht werden, bleibt den Vandalen nur die Kennzeichnung als Barbaren, die durch diese Gegenüberstellung besonders abschätzig erscheint.75 Hinzukommt, dass diese so unterschiedlichen Zeichnungen der beiden Teile von Felicianus’ Schülerschaft alles andere als verdeckt erfolgen. 72 Zu dieser Version des Orpheus-Mythos vgl. Bouquet / Wolff 1995, 243, Anm. 1; Simons 2005, 369f.; Stoehr-Monjou 2005, 187–203; Selent 2011, 271–273; Zwierlein 2017 (b), 21– 26. 73 Wildtiere (ferae) sind sie alle, auch Reh, Hase, Hirsch (sie bilden ebenfalls ‚Herden‘, nicht nur das Hausvieh). Die Trennlinie verläuft also nicht zwischen Wild- und Haustieren, sondern zwischen den Raubtieren und deren Beutetieren (anders Stoehr-Monjou 2005, 192). 74 So Stoehr-Monjou 2005, 195f. Die arianischen Vandalen sind in Fulgentius’ ‘Psalmus abecedarius’ als reißende Wölfe dargestellt (W. Bulst: Hymni latini Antiquissimi, LXXV, psalmi III, Heidelberg 1956, 155, hier 147 u. 154, Buchstabe A und X). Unklar bleibt, wie der Passus bei dieser Interpretation vandalisches Publikum anziehen bzw. Felician als „civilisateur des Vandales“ (Stoehr-Monjou 2005, 201) diesen ein echtes Identifikationsangebot machen könnte. 75 Gerade im Schulkontext ist bei den Romulidae (zu diesem Anklang an die römische Tradition s. Stoehr-Monjou 2005, 199f.) natürlich an die vergilische Schildbeschreibung zu denken

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Interpretationen, die von einem aus Römern und Vandalen gemischten Publikum ausgehen, stoßen hier auf erhebliche Schwierigkeiten. Vor dem Hintergrund des ersten Teil dieses Beitrags betrachtet liegt die Lösung des Problems dagegen auf der Hand: Dracontius scheint mit einer vandalischen Hörer- oder Leserschaft gar nicht gerechnet zu haben. Aber steht dies nicht im diametralen Gegensatz zur Krönung der in Frage stehenden Verse, nämlich zur angeblichen Aussage,76 dass Felicianus die Vandalen zusammen mit den Römern zu Gebildeten gemacht habe? 2.2 Die Beschreibung der Schule des Felicianus Betrachten wir also den Abschluss des Vergleichs, also die Verse 12–14. Sie sind geprägt von einer feierlichen, ja geradezu religiös anmutenden Verehrung des Lehrers und vom Lob seiner doppelten Leistung: er habe die vertriebenen litterae nach Karthago zurückgebracht sowie Römer und Vandalen in seiner Schule vereint. Was das erste angeht, lässt sich die historische Frage, wie die Vertreibung und wie die Restituierung der Bildungskultur tatsächlich vonstatten ging, nur mittels einer plausiblen Rekonstruktion der Gesamtsituation beantworten; denn direkte Zeugnisse fehlen. Nichts deutet darauf hin, dass es zu irgendeinem Zeitpunkt der vandalischen Inbesitznahme Africas Ziel der Eroberer war, die Schulbildung der Römer zu unterbinden und die traditionellen litterae zu zerstören. Auf der anderen Seite ist fugare ein starkes Bild, das kaum dadurch hinreichend erklärt wird, dass Dracontius nur den in Gang gesetzten Aufschwung hervorheben wollte. Dieser wird außerdem eng mit der Schule (auditorium) des Felicianus verknüpft: sie war es, die „der Stadt“ etwas zurückgebracht hat.77 Auch wenn hier letzte Sicherheit nicht zu gewinnen ist, sollte man also nach einem Szenario suchen, das dem ‚Vertreiben‘ und dem ‚Zurückgeben‘ einen (Aen. 8,638). Wolff 2009, 134 hält „une insulte envers les envahisseurs vandales“ für unwahrscheinlich (weil ungeschickt), was aber eine vandalische Rezeption voraussetzt. Sein Vorschlag, mit barbari seien hier einfach Ungebildete gemeint (ohne Bezug zu den Vandalen), ist aber kaum mit der Ausgestaltung des Orpheus-Mythos zu vereinbaren: Warum sollten sich Gebildete und Ungebildete hier als zwei klar getrennte, ja feindliche Gruppen gegenüberstehen? Und müsste, wenn ‚Römer‘ hier für ‚Gebildete‘ stände, ihr Gegenpart nicht auch bei dieser Deutung aus ‚Nicht-Römern‘ bestehen? 76 Diese wird unten, im zweiten Teil von Abschnitt 2.2, ab S. 82, behandelt. 77 Bouquet (/ Wolff 1995, 134) übersetzt litterae fugatae mit „les belles lettres enfuies“; der transitive Sinn von fugare sollte aber unbedingt zum Ausdruck kommen. Dass es Dracontius nur um eine Renaissance der Bildung und nicht um konkrete Schulen geht, wird von Weber 1995, 31f. (zustimmend Wolff 2009, 135, Anm. 10) vor allem damit begründet, dass Latein Verwaltungs- und Umgangssprache im Vandalenreich blieb, was mit einer „Schließung der Schulen“ nicht zu vereinbaren sei. Aber eine solche generelle Schließung lässt sich, wie gleich gezeigt werden soll, aus dem fugare gar nicht ableiten. Richtig bleibt, dass es nicht nur um eine Schule ging (deren Eröffnung ja auch schon einige Jahre zurücklag, s. oben Abschnitt 1.2, S. 64), sondern auch und sogar vor allem um die von ihr ausgehende literarische Erneuerung, von der Dracontius ein wichtiger Teil zu sein beanspruchte (Romul. 1,21).

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konkreten Sinn gibt. Bedenken wir, dass die Vandalen in der ersten Phase ihrer Herrschaft den öffentlichen Raum ihrer Hauptstadt sehr wohl veränderten, gerade was Bauten betrifft, die dem Bildungsbetrieb dienten. Es passt gut in dieses Bild, wenn die klare Distanzierung von diesem Teil der Urbanistik auch die öffentlichen Schulen am Forum traf.78 Sie waren, wie wir oben gesehen haben, das Sinnbild des Bündnisses von Bildung und soziopolitischer Hierarchie, und diese Verbindung weiterzuführen oder gar zu unterstützen hatten die Vandalen keinen Grund. Es liegt also nahe, dass damals tatsächlich die scholae publicae im Zentrum der Stadt ihren Betrieb einstellten. Dies darf aber nicht mit einem Ende der Schulbildung in Karthago gleichgesetzt werden. Schon immer gab es bei der Organisation der Schulbildung einen großen privaten Bereich. Die römische Elite Karthagos ließ ihre Söhne also sicher auch weiterhin in der traditionellen Art und Weise unterrichten, nur eben in Privathäusern. Da die Vandalen (wie gesagt) kein Interesse daran hatten, diese Schicht zu zerstören, gibt es keinen Grund, warum sie diese Bildungsvermittlung unterbunden haben sollten. Wir wissen nicht, ob auch nur ein einziger Lehrer von den Vandalen tatsächlich aus der Stadt „vertrieben“ wurde. Dracontius sagt dies auch nicht (verjagt wurden nur die litterae), formuliert das Ende der öffentlichen Bildungsförderung jedoch so pauschal und so dramatisch, dass dies als Kritik an der (jedenfalls damaligen) vandalischen Herrschaft verstanden werden musste. Aber dies war nur ein Nebenmotiv. Das Schwergewicht liegt auf der Gegenwart, in der die frühere Distanz der Vandalen durch Felicianus beendet wird: dem fugare folgt das reddere (Vers 13). Da dieses sich auf eine ‚Heilung‘ der vorangegangenen ‚Vertreibung‘ beziehen muss, ergibt sich ein realistisches Szenario für die Restauration, die Dracontius besingt: es gab ab einem bestimmten Zeitpunkt wieder scholae publicae in Karthago, zumindest eine solche Schule (eben die des Felicianus), womit aber sicher nicht die staatliche Finanzierung, sondern nur die öffentliche Lage und Präsenz gemeint ist. Und da keineswegs sicher ist, dass die Vandalen das Verschwinden der Schulen überhaupt erzwungen haben (es könnte sich einfach aus dem schnellen Verfall eines Teils der Gebäude des Byrsa-Plateaus ergeben haben), ist möglich, dass der ‚Umschwung‘ zur Zeit des Felicianus nur darin bestand, dass man vandalischerseits die erneute Ansiedlung von Stätten des literarischen Unterrichts im öffentlichen Raum der Hauptstadt (wir wissen nicht wo) tolerierte.79 Felicianus’ Leistung war dann einfach die, dass seine Schule die erste (oder unter den ersten) war, die wieder in der Öffentlichkeit arbeitete. Der Dichter lässt jedenfalls, wenn wir diese Rekonstruktion akzeptieren, zwei Möglichkeiten ungenutzt, das Verhältnis der Vandalen zur Bildung positiv darzu78 S. oben Anm. 48. 79 Eine Möglichkeit ist, dass Felicianus’ Schule nicht mehr im politisch-administrativen Zentrum der römischen Zeit (auf der Byrsa) stand, sondern am sog. Handelsforum in der Nähe des Hafens. Dieses geht auf die Agora der punischen Stadt zurück; dass es noch in vandalischer Zeit existierte, dürfte Procop. Aed. 6,5,10 bezeugen; vgl. Pierre Gros: Les bâtiments administratifs de la Carthage romaine. Problèmes d’identification et de localisation, MDAI(R) 104, 1997, 341–350, bes. 342f.

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stellen: es wäre ein Leichtes gewesen, das Ende der litterae in der Stadt (die Karthago de facto ja nie verlassen hatten) zu entdramatisieren und etwa dem baulichen Verfall zuzuschreiben, und ebenso leicht wäre es gewesen, den bildungsfördernden Umschwung der herrschenden Macht gutzuschreiben. So funktionierte eigentlich politische Panegyrik.80 Aber nicht darum geht es dem Autor, sondern allein um das Lob seines Lehrers, dessen Leistung durch die Vergrößerung der Widerstände noch heller erstrahlen soll. Dass damit zugleich die Herrschaft der Vandalen verdunkelt wird, spielte offenbar für ihn keine Rolle. Erneut zeigt sich, dass diese als Publikum gar nicht intendiert sind. Den Höhepunkt der Darstellung des Felicianus als neuer Orpheus bildet, wie gesagt, die Vereinigung von römischen und vandalischen Schülern im Zeichen der litterae (Vers 14). Wie ist dies nun vor dem Hintergrund des bisher Gesagten zu verstehen? Es sind drei Fragen, die auf eine Antwort warten: Wer genau saß im auditorium des Felicianus,81 was wollte er dort lernen, und wieviel Zeit verbrachte er dort? Für die römischen Schüler ist die Sache klar: die Elite erwarb dort lange Jahre lang die in diesen Kreisen immer noch verbreitete und verwertbare Bildung,82 und wahrscheinlich beendete sie dort sogar ihre Schulzeit, d. h. Felicianus entließ seine Schüler als fertige litterati, die bereit waren, als Redner (etwa als scholastici vor Gericht) aufzutreten.83 Was aber ist mit den vandalischen Schülern? Der Wortlaut allein lässt keinen Unterschied zu den römischen

80 Hier ist etwa Eumenius’ Rede ‘Pro instaurandis scholis’ von 298 n. Chr. zu nennen: Paneg. 9(4). 81 Der Begriff auditorium ist verbunden mit dem Deklamations- und Rezitationswesen in Rom und taucht erst im frühen Prinzipat auf (Seneca der Ältere kennt es noch nicht, s. ThLL s. v.), wobei er entweder die Hörerschaft (= auditores) bzw. die Veranstaltung an sich oder deren Ort bezeichnet (als Schulsaal zuerst bei Sen. epist. 52,11). In der Spätantike konnten damit Unterrichtsräume bezeichnet werden (Hist. Aug. Alex. 44,4: Rhetoribus, grammaticis, medicis, … salaria instituit et auditoria; Serv. Aen. 1,185: plenum est auditorium scholasticis), aber auch die Schule insgesamt (Paneg. 9(4),14,3; Hist. Apollon. 29; Cod. Theod. 13,3,6) und sogar einer Art Universität mit mehreren Lehrern und Fächern, s. Cod. Theod. 14,9,3,1: habeat auditorium … oratores quidem tres numero, decem uero grammaticos; es geht um die Gründung des in 14,9,3 pr. sog. Capitoliii auditorium in Konstantinopel durch Theodosius II., 425 n. Chr.). Ob in Drac. Romul. 1,14 der Raum gemeint ist (so in Aug. conf. 6,7,11 für seine Rhetorikschule in Karthago) oder die Schule insgesamt, ist kaum zu entscheiden. Das Incipit von Romul. 3 (Incipit praefatio ad Felicianum grammaticum cuius supra in auditorio cum adlocutione) ist an der entscheidenden Stelle unvollständig. 82 S. oben Anm. 35. Dass dieses Milieu die Vandalenzeit in dieser Hinsicht intakt überstanden hat, zeigen Gedichte der karthagischen Anthologie, s. oben Anm. 14 und 55; vgl. auch Chiara Tommasi Moreschini: La rhétorique face aux nouveaux maîtres: Manifestes littéraires et idéologie en Afrique vandale, in: Perrine Galand-Hallyn / Vincent Zarini (Hrsgg.): Manifestes littéraires dans la latinité tardive. Poétique et rhétorique. Actes du colloque international de Paris (2007), Paris 2009, 145–161, hier 147–155. 83 S. oben Anm. 25–27 zur Bezeichnung scholasticus, die in der Spätantike nicht nur für Rhetorikschüler und Lehrer sowie bildungsbeflissene Erwachsene, sondern auch für Advokaten gebraucht wurde. Auch sie deklamierten vor Publikum auf der Grundlage ihrer Schulbildung.

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erkennen.84 Wenn Dracontius aber wirklich eine solche Homogenität zum Ausdruck gebracht hätte, widerspräche dies nicht nur dem bisher hier dargestellten Hintergrund des Gedichtes, es stände auch in scharfem Kontrast zum historischen Kontext. Es gibt jedoch keinen Grund, einen solchen Gegensatz tolerieren oder erklären zu müssen, da der Vers sich, richtig verstanden, gut einfügt in die bisherige Interpretation. Ziel des Autors war, wie wir gesehen haben, nicht eine Qualifizierung der Bildung der Vandalen, sondern das Lob des Lehrers, dem es gelungen war, sie zu zähmen und an die Schriftkultur heranzuführen: ein Dompteur, der Raubkatzen dazu bringt, sich einem höheren Zweck unterzuordnen. Ein solches Prädikat brauchte zwar ein ‚Fundamentum in re‘, der Autor hatte aber nicht zu fürchten, dass seine Aussage (und namentlich die Angleichung von römischen und vandalischen Schülern) kritisch hinterfragt wurde: weder – aus den genannten Gründen – von Vandalen noch von seinem römischen Publikum, das sehr wohl wusste, wie man ein Lobgedicht verfasste. Der Dichter hat seine Worte zudem sehr genau gesetzt: Lässt man den Gesamteindruck beiseite und schaut nur auf das konkret Ausgesagte, steht da nichts von einer gemeinsamen Ausbildung, also von einem tatsächlichen condisciplinatus von Vandalen und Römern. Die Fiktion solcher Verbindungen, die auf der gemeinsamen Initiation in die Welt der literarischen Bildung und damit oft auch auf dem gemeinsamen Beginn der öffentlichen Karriere gründeten,85 wäre eine groteske Übersteigerung gewesen und hätte die Wirkung des Kompliments zerstört. Die Rede ist stattdessen nur von einem gemeinsamen auditorium. Einziger Akteur dabei ist der Lehrer.

84 Hierauf gründet die Interpretation, dass Römer und Vandalen in Felicians Schule gemeinsam und das Gleiche lernten, so z. B. De Prisco 1974; Nicoletta Francovich Onesti: I Vandali. Lingua e storia, Roma 2002, 89: „nell’auditorium di grammatico Feliciano c’erano declamazioni pubbliche di opere letterarie, ascoltate da Romani e Vandali insieme“; De Gaetano 2009, 14. Meist bleibt bei diesen Interpretationen offen, wie man sich diese Lerngemeinschaft vorzustellen hat. Konkreter wird Gualandri 1999, für die es Dracontius’ Ziel war, (wie Felicianus) die klassischen Mythen einem reichen, aber eher ungebildeten römisch-vandalischen Publikum nahezubringen. Dies widerspricht jedoch den Ergebnissen der literarischen Analyse, die hier wie insgesamt herausgearbeitet hat, dass Dracontius gerade keine Einführung bietet, sondern ein Ineinander von Imitationen und Variationen bekannter Themen (s. besonders Simons 2005), was an die Expertise eines fachkundigen Publikums appelliert. Auch wenn dieses nicht homogen war (s. oben Anm. 39), gibt es doch keinerlei Anzeichen für ein Eingehen auf ‚Anfänger‘. 85 Vgl. z. B. Quint. inst. 1,2,20; Plin. epist. 1,19 (condiscipulus et contubernalis); für Africa s. Apul. apol. 72,2f. (contubernium); flor. 16,23 (commilitium studiorum); der implizite Vergleich mit einem anderen Motor der Integration der Oberschicht, dem gemeinsamen Militärdienst für das römische Reich, ist bezeichnend.

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3. ‚BARBAREN UND RÖMER‘ IN DER SCHULE Dracontius sagt also keineswegs, dass die beiden Gruppen gemeinsam lernten, sondern nur, dass sie beide in Felicianus’ Schule unterrichtet wurden. Wir müssen ja im Auge behalten, dass er der Leiter einer Einrichtung war, in der durchaus unterschiedliche Altersklassen unterwiesen wurden, übrigens sicher nicht immer von ihm persönlich.86 Wer auch immer aber die Vandalen ‚beschulte‘, ihr Ziel war nicht (wie für Dracontius und seine Schicht) das Ganze der traditionellen Bildung, sondern nur das Erlernen der Sprache. Dabei ist anzunehmen, dass die vandalischen Schüler unter sich blieben. Nur so war eine Situation zu vermeiden, in der sie in eine deklassierende Konkurrenz zu Römern gerieten. Diese besuchten zwar dieselbe Schule, aber unter ganz anderen Voraussetzungen und mit ganz anderen Zielen. In ihrer Welt war es nicht nur tolerierbar, sondern, wie wir gesehen haben, sogar erstrebenswert, sich einem jahrelangen Drill zu unterwerfen, der Teil der römischen Sozialisation war.87 Für die Vandalen dagegen galt dies nicht. Noch ein halbes Jahrhundert später hören wir von diesem Gegensatz aus dem ostgotischen Italien der Zeit um 530. Als die Theoderich-Tochter Amalaswintha, Regentin für ihren Sohn Athalarich, wieder zur Kooperation mit den römischen Eliten Italiens zurückkehrte und sich politisch sogar in Konstantinopel rückversicherte, spitzten sich die Konflikte mit den Teilen der ostgotischen Führungsschicht zu, die gerade in die andere Richtung, also weg von einer römischen Orientierung und hin zu einer mehr gentilen Ausrichtung des Reiches, gehen wollten.88 Es gab scharfe Auseinandersetzungen, über die Prokop, der Historiker der justinianischen Gotenkriege, berichtet. Der Streit entzündete sich gerade an der Schulthematik und zwar anlässlich der Ausbildung des Athalarich, für die Amalaswintha eine römische Prägung vorsah.89 Hiergegen gab es erheb86 S. oben zur Schule des Felicianus. Hilfslehrer (subdoctores) sind auch in der Spätantike gut bezeugt (Auson. prof. 22 tit., p. 52 Prete; Aug. conf. 8,13), und nichts zwingt uns anzunehmen, dass Felicianus nur einen Raum zur Verfügung hatte. 87 Johannes Christes: Et nos ergo manum ferulae subduximus. Von brutaler Pädagogik bei Griechen und Römern, in: Uwe Krebs / Johanna Forster (Hrsgg.): Vom Opfer zum Täter? Gewalt in Schule und Erziehung von den Sumerern bis zur Gegenwart, Bad Heilbrunn (Obb.) 2003, 51–70; Christian Laes: Childbeating in Roman Antiquity: Some Reconsiderations, in: Katariina Mustakallio u. a. (Hrsgg.): Hoping for Continuity. Childhood, Education and Death in Antiquity and the Middle Ages, Roma 2005, 75–89; W. Martin Bloomer: Corporal Punishment in the Ancient School, in: Bloomer 2015, 184–198 (wie Anm. 24). 88 Herwig Wolfram: Die Goten. Von den Anfängen bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. München 52009, 335f.; Massimiliano Vitiello: Amalasuintha. The Transformation of Queenship in the Post-Roman World, Philadelphia 2017, Kap. 3 und 4; Hans-Ulrich Wiemer: Theoderich der Große. König der Goten – Herrscher der Römer. Eine Biographie, München 2018, 583–589. 89 Dabei plante Amalaswintha – offenbar mit Blick auf die zu erwartenden Schwierigkeiten – einen Kompromiss: nicht römische Lehrer sollten die Verantwortung übernehmen, sondern ältere gebildete Goten: Procop. Got. 1,2,7. Jedenfalls verknüpfte sie die Ausbildung ihres Sohnes auch mit einem politischen Modell, vgl. Kate Cooper: The Heroine and the Historian:

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lichen Widerstand, der die Königin zum Einlenken zwang. Prokop überliefert die Argumente maßgeblicher Teile der ostgotischen Oberschicht, die der Königin vorwarfen, „dass ihr junger König ihnen nicht richtig und entsprechend erzogen werde. Denn Schreibwerk habe nichts mit Mannhaftigkeit zu tun und Unterweisungen alter Männer führten meistens zu Feigheit und Schwäche. Wer sich durch kühne und ruhmvolle Taten auszeichnen wolle, dürfe sich vor keinem Schulmeister fürchten, sondern müsse sich im Waffengebrauch üben. Auch Theoderich habe Gotenkinder niemals in die Schule gehen lassen; sonst hätten sie, wie er allen sagte, aus Furcht vor der Lederpeitsche nichts mehr für Schwert und Lanze übrig. Die Goten gaben Amalasuntha ferner zu bedenken, dass ihr Vater sich zu einem Herrn und König eines so großen Landes aufgeschwungen habe und im Besitz einer unerhörten Macht gestorben sei, ohne nur jemals von Grammatik gehört zu haben. ‚Entlasse also, Herrscherin’, erklärten die Adligen, ‚diese Erzieher und gib dem Athalarich gleichaltrige Genossen zu Gespielen. Diese sollen mit ihm zusammen heranwachsen und ihn nach den Regeln der Barbaren zur Mannhaftigkeit anspornen!’“90

Die Vandalen in Africa haben um 480 über eine Erziehung ‚nach den Regeln der Barbaren‘ sicher nicht anders gedacht als diese Goten, auch wenn damals das Verhältnis zum Römischen (Ost-)Reich entspannter war.91 Wenn einige von ihnen ihre Söhne in eine römische Schule schickten, bedeutete dies noch lange nicht, dass sie damit deren Sozialisation den dort unterrichtenden Lehrern übertrugen, wie dies die Römer taten. Aus deren Perspektive war dieser Schulbesuch, wie kurz und oberflächlich er auch war, dennoch eine kleine (und positive) Sensation, die man dem Leiter dieser Schule zuschrieb, jedenfalls wenn man ihn, den ‚Orpheus selbst der Vandalen‘, loben wollte. Was die Aussagekraft unseres Gedichtes angeht, stehen wir am Ende vor einer Art Nullsummenspiel: wir verlieren es als Zeugnis für die Romanisation der Procopius of Caesarea on the Troubled Reign of Queen Amalasuentha, in: Jonathan J. Arnold / Shane Bjornlie / Kristina Sessa (Hrsgg.): A Companion to Ostrogothic Italy, Leiden 2016, 296–315, hier 296–302; Vitiello 2017 (wie Anm. 88) 95–98 (ebd. 243, Anm. 107 mit weiterer Lit.). Der Versuch der Königin, die römische Tradition und Bildung in die Herrschaftsideologie des Gotenreichs zu integrieren, spiegelt sich auch in ihrer Förderung des höheren Unterrichts in Rom (Cassiod. var. 9,21 mit programmatischen Aussagen dazu) und in Cassiodors Lob ihrer literarischen Fähigkeiten: qua enim lingua non probatur esse doctissima? Atticae facundiae claritate diserta est: Romani eloquii pompa resplendet (var. 11,1,6, 534 n. Chr.). 90 Procop. Got. 1,2,11–17 in der Übers. von O. Veh (München ²1978), abgesehen von der Wiedergabe von κατὰ τὸν βαρβάρων νόμον im letzten Satz mit „nach unserer Sitte“. Die Überlieferung dieser Auseinandersetzung umfasste sicher nicht die (vom Historiker stammende) Diktion; sie muss aber den entscheidenden Gegensatz in der Sozialisation enthalten haben, und wenn dabei nicht das ‚Römische‘ dem ‚Gotischen‘ gegenübergestellt, sondern letzteres tatsächlich in einen größeren Zusammenhang gestellt wurde, blieb nur die Kategorie der ‚Barbaren‘ übrig (‚germanisch‘ war bekanntlich eine Kennzeichnung, die damals nicht verwendet wurde); sie konnte sehr wohl auch eine (positive!) Selbstbeschreibung sein, s. Vössing 2008, 195–200 (wie Anm. 3). 91 Dies gilt nicht nur für die letzten Jahre des Geiserich, nach dem Friedenschluss von 474, sondern auch für den Anfang der Regierungszeit seines Nachfolgers Hunerich (477– 484 n. Chr.); vgl. Vict. Vit. 2,1–3.

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Vandalen im Sinne einer Assimilation, die die Vandalen in kultureller Hinsicht zu Römern machte. Eine solche Aussage wäre völlig isoliert und in sich widersprüchlich. Diesem Verlust steht ein Gewinn gegenüber: Die Verse beleuchten nämlich tatsächlich eine historische Situation, in der sich Vandalen und Romanen in kultureller Hinsicht eher fremd gegenüberstanden. Dass erstere diese Distanz in einer Zeit politischer Entspannung zwar nicht beendeten, aber doch etwas verringerten, erfahren wir ausschließlich durch eine Darstellung in römischer Perspektive, deren Tendenz zugleich klarmacht, wie eng begrenzt diese Veränderung war. Auch wenn sich die Annäherung ab dem zweiten Jahrzehnt des 6. Jahrhunderts (in den späten Jahren Thrasamunds und vor allem unter Hilderich) erheblich beschleunigte, blieb sie doch prekär und anfällig für politischen Gegenwind, wie ihn Gelimers Aufbegehren gegen einen Anschluss an das Imperium im Jahr 530 mit sich brachte. Die anschließende byzantinische Invasion legte offen, dass die Vandalen noch immer keine tiefgehenden Verbindungen zu den afrikanischen Stadteliten geknüpft hatten. In dem Augenblick, als ihr regnum unter schweren militärischen Druck geriet, sahen sie sich isoliert: ohne städtischen Rückhalt und überhaupt ohne Bundesgenossen. Ihre letzte Schlacht (bei Tricamarum, 533 n. Chr.) fand auf freiem Feld statt.92 Frauen, Kinder und Schätze hatte man bei sich, gerade so, wie man 100 Jahre vorher das Land betreten hatte.

92 Procop. Vand. 2,2,8, dazu Vössing 2019 (a), 42–44 (wie Anm. 40).

INNOVATION UND TRANSFORMATION: DIE ARBEIT AM, DURCH UND MIT DEM MYTHOS IN DEN CARMINA PROFANA

IL POTERE DELLE FAVOLE ANTICHE L’‘Hylas’ di Draconzio, esempio di paideia per i Vandali d’Africa Antonella Bruzzone

ABSTRACT Nella riformulazione del mito operata da Draconzio nell’‘Hylas’ (Romul. 2) si possono cogliere diversi elementi che permettono di definire la sua concezione della letteratura. Emerge l’idea della funzione educativa che il poeta riconosceva ancora alla tradizione classica in un contesto di equilibri politici e culturali profondamente mutati con l’affermazione dei barbari entro i confini dell’impero.

In Romul. 2 Draconzio riscrive con movenze molto personali la storia di Ila, il bellissimo ragazzo amato da Ercole e attirato dalle Ninfe nelle acque di una fonte. La sua rielaborazione è costantemente sostenuta dal ricorso agli auctores della classicità sia sul piano contenutistico sia su quello formale. I dati della memoria letteraria vengono però modificati, contaminati, espansi con notevole autonomia e libertà. La dialettica conservazione / cambiamento si esplica qui con grande risalto. La scelta di un argomento mitologico – e di questo nello specifico (ma il discorso potrebbe essere applicato con le dovute precauzioni anche agli altri epilli draconziani) – e le modalità con cui la materia è sviluppata appaiono emblematiche non solo dell’atteggiamento del poeta nei confronti della tradizione classica ma anche della sua concezione della letteratura. Nella produzione di Draconzio la mitologia è una presenza diffusa e costante. Direi anzi che assai spesso il rapporto fra Draconzio e la cultura pagana si realizza proprio nella ripresa di temi mitici che l’autore cristiano piega alle sue rinnovate esigenze espressive e ideologiche.1

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In linea con la tendenza generale della letteratura latina di età tarda, nell’ecumene grecoromana pur ormai completamente cristianizzata, il ricorso alla mitologia rimane persistente, tenace, e si presta ad una pluralità di funzioni. Mi permetto di rinviare al mio Mito e politica nei Panegyrici di Sidonio Apollinare, in: Steffen Diefenbach / Gernot Michael Müller (edd.): Gallien in Spätantike und Frühmittelalter. Kulturgeschichte einer Region, Berlin / Boston 2013, 355–378, anche per la bibliografia ivi citata. Su Draconzio cfr. inoltre almeno Gualandri 1999, 62–68; Weber 1995, passim (partic. 248–256); Bouquet / Wolff 1995, 41–45; Simons 2005 passim, e 359–371.

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Valutare il fenomeno nel solo ambito del compiacimento descrittivo e di una generale ostentazione di dottrina, ovvero di categorie quali “ornamento”, “consuetudine letteraria”, “retorica”,2 risulta di certo riduttivo. E nemmeno prevale l’istanza morale che parte degli studiosi vi individua: la riprovazione della crudeltà degli dèi tesi a provocare atti scellerati e indifferenti alle conseguenze delle loro malvagità, l’esecrazione di comportamenti dissoluti e perversi, la condanna polemica di disvalori pagani3 sono elementi che non hanno, secondo me, alcuna evidenza. In particolare nell’‘Hylas’ quest’ottica mi appare del tutto assente. Nell’‘Hylas’4 si colgono ben altri fattori di riflessione che permettono di comprendere l’impegno letterario dell’autore e il ruolo che egli affida alla sua scrittura: né esibizione o accademia o riproposizione scolastica di schemi logori né occasione di polemica religiosa, ma la possibilità di analizzare sentimenti universali attraverso il mito che scava nella profondità della psiche e può essere mezzo di comunicazione fra popoli diversi nonché di promozione culturale. È chiaro come la mitologia costituisca una dimensione fondamentale, intrinseca nel quadro di una paideia: il mito è considerato una prerogativa della Romanitas,5 e dunque il suo apprendimento fornisce ai Vandali che da poco si erano imposti sulla scena politica l’opportunità di venire assorbiti culturalmente dal mondo romano. Il mito svolge un munus formativo e aggregante. Mi sembra oltremodo indicativo il fatto che nella prefazione di questo carme (Romul. 1, la prima prefazione dei ‘Romulea’)6 l’attività del maestro di Draconzio, il retore Feliciano, sia paragonata a quella di Orfeo:7 come Orfeo riusciva ad ammaliare con il fascino del suo canto animali fra loro diversi, predatori e predati, mitigando la ferocia dei predatori, così Feliciano recupera le litterae messe in fuga dall’Africa (v. 13 qui [sc. Feliciano] fugatas Africanae reddis urbi litteras:8 le litterae sono i predati, cioè i Romani messi in fuga dai predatori barbari) e favori2 3

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Così ad es. Quartiroli 1946, 164–172, che tuttavia si apre qua e là a un giudizio più complesso e sfumato. Condivisibili le considerazioni di Bouquet / Wolff 1995, 45 (cfr. anche Quartiroli 1946, 164– 172 per alcuni spunti). La questione, già molto dibattuta (vedi la sintesi di Gualandri 1999, 66 e nota 96; Bright 1987, 43–45 parla, a proposito dell’‘Hylas’, di parodia, di reductio ad absurdum del mito, di imitazione della pantomima e poi di cristianizzazione con non poche forzature, già rilevate da Schetter 1991, 213–223), è stata più di recente riaffrontata da De Gaetano 2009, 127–131 e specificamente sull’‘Hylas’ 371–390 con posizioni a mio avviso non sempre convincenti. L’‘Hylas’ è reputato da diversi studiosi un’opera giovanile di Draconzio e un’esercitazione scolastica: cfr. ad es. De Gaetano 2009, 369 con ulteriore bibliografia. Per un inquadramento critico dell’‘Hylas’ vedi soprattutto Weber 1995; cfr. anche Díaz de Bustamante 1978, 137– 149 (e 113) e Agudo Cubas 1978, 306–328. Ancora utile Quartiroli 1946, 172–177. Gualandri 1999, 62–68. Cfr. anche Labarre 2015, 241 s. A questa segue per l’appunto l’‘Hylas’; un’altra prefazione è costituita da Romul. 3. Una lettura allegorica di questa prefazione propone Stoehr-Monjou 2005. Cfr. anche De Prisco 1974 e Wolff 2009. Vedi anche sopra il contributo di Konrad Vössing p. 59 ss. Cito il testo di Draconzio sulla base dell’edizione di Bouquet (/ Wolff) 1995. Segnalo la recente pubblicazione dell’edizione a cura di Zwierlein 2017 (a).

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sce nella sua scuola la convivenza, grazie alla sua dulcedo affabulativa, di Romani e Vandali (vv. 14–16 barbaris qui Romulidas iungis auditorio, / cuius ordines profecto semper obstupescimus, / quos capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima). Evidentemente Feliciano con i suoi metodi di insegnamento è riuscito a ripetere il miracolo di Orfeo, esercitando il suo incantesimo su tutti, Romani e barbari. La cultura si alimenta di valori umani universali quindi capaci di gettare ponti fra etnie anche molto diverse:9 il processo vagheggiato da Draconzio per il tramite della figura di Feliciano si può ricondurre a quella dinamica tipica dell’età romanobarbarica che è consuetudine definire ‘acculturazione’. Così le storie narrate da Draconzio destano interesse, curiosità, e anche divertimento; hanno una forza straordinaria di attrazione: questo crea institutio. Il poeta si ripropone, alla stregua del suo maestro, come Orfeo civilizzatore dell’umanità. E la rivisitazione del mito in chiave psicologica e sentimentale (nell’‘Hylas’, ma anche negli altri ‘Romulea’) denota quanto questo conservasse ancora la sua attitudine a penetrare nel cuore degli uomini, a esprimere le loro passioni, i loro drammi in una perenne attualità.10 Peraltro nell’‘Hylas’ al mito principale si intreccia una serie di altri miti evocati allusivamente in un moltiplicarsi di riecheggiamenti che rimbalzano da un autore all’altro,11 da un contesto all’altro.12 Può anche accadere che un modello ‘agganciato’ dapprima solo per uno spunto verbale a sua volta si trasformi nel trampolino per collegamenti anche tematici. Tutto questo intarsio porta il segno di una apprezzabile originalità. Ciò nonostante il contributo paideutico dell’opera non è limitato ai suoi contenuti e alla loro presa sul pubblico, ma trova un suo perno nella pregevole qualità artistica, nella cura formale, nello stile espressivo e prezioso, in grado di avvincere il lettore, adempiendo esso stesso una funzione educativa.

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Vollmer 1905, 132 (apparato dei loci similes [Notae]) richiama molto da vicino Frontone, ad M. Caes. 4,1, p. 53 van den Hout, dove gli animali di specie diverse che si radunano pacificamente per ascoltare Orfeo sono interpretati come diuersis nationibus conuenae. Cfr. Gualandri 1999, 66 nota 100 e, ad es., De Gaetano 2009, 14–19 (con altra bibliografia). L’idea che Orfeo avesse esercitato un ruolo di civilizzazione sugli uomini primitivi era stata del resto già formulata ad es. da Orazio, ars 391–393. 400 s. (sul quale il commento di Brink ad loc.). Va detto che l’azione rasserenante di Orfeo non si realizza solo sugli animali ma anche sulle persone: nel I libro delle ‘Argonautiche’ di Apollonio Rodio, vv. 494–518, Orfeo con il suo canto riesce a sedare una lite scoppiata fra Ida ed Edmone, che stava coinvolgendo anche altri eroi. Tutti restano immobili (anche quando Orfeo ha terminato il suo canto), ammaliati. 10 Cfr. Gualandri 1999, 68. 11 Basta scorrere l’apparato dei loci similes di Vollmer 1905, 133–137, per rendersene conto. Cfr. almeno Weber 1995 (soprattutto nel commento, passim) e Bouquet / Wolff 1995, 57–67 (in generale sulla produzione profana) e 244–256 (note di commento all’‘Hylas’). 12 Ho studiato qualche aspetto relativo a Ovidio in Bruzzone 2017 (a).

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È insomma anche una questione di bellezza esteriore. Il poeta assegna alle parole, alla loro uis psicagogica il compito di generare effetti di incantamento, cercando di riprodurre la potenza ammaliatrice del canto di Orfeo anche sotto questo rispetto: la contemplazione della bellezza placa l’aggressività, affina gli animi, li persuade all’armonia. A illustrare questi concetti saranno sufficienti pochi esempi. 1. UN SENTIMENTO UNIVERSALE L’‘Hylas’ è una favola deliziosa,13 che comincia e finisce bene. Nei vv. 1 s. i fata del ragazzo sono subito prospettati come uersa in melius in virtù dell’amore delle Ninfe (fata canam pueri Nympharum uersa calore / in melius).14 Nei vv. 162 s. (gli ultimi del poemetto) Ercole, ormai rassegnato per la perdita del compagno, immagina di poter consolare la mamma di Ila adducendo l’argomento dell’immortalità alla quale è stato assunto il figlio, dell’apoteosi che compensa l’allontanamento dalla dimensione umana:15 exulta, genetrix, nimium laetare, beata / ante parens hominis, pulchri modo numinis auctor.16 Anche poco sopra, dopo il rapimento – che si era svolto senza alcuna violenza (le Ninfe si erano immerse dolcemente insieme a Ila: v. 128 cum quo se Nymphae pariter mersere sub undas; i modi del rapimento, e questo v. 128 nello specifico, mi paiono indicativi dell’atmosfera del carme, della delicatezza e leggerezza dei suoi tratti) –, la Ninfa Deiopea aveva confortato con affetto Ila delineandogli un futuro di felicità eterna in luoghi ameni (vv. 131–139). 13 Cfr. già Quartiroli 1946, 173–177 e Agudo Cubas 1978, 307–328 che esaltano il carattere sereno e gentile di questo epillio. 14 E non trovo ragioni per interpretare con una valenza sarcastica (antifrastica sarebbe il termine giusto per la verità) questa affermazione (il contesto è peraltro quello dell’invocazione alla Musa, nella protasi del poemetto, dove tradizionalmente si annuncia il tema del canto – sulla propositio dell’‘Hylas’ cfr. Bureau 2015, 288; 290; 292). Cfr. De Gaetano 2009, 370 e nota 8 che insiste invece sul significato ironico dell’espressione, intesa come “aperta polemica con il fatum benevolo di Enea cantato da Virgilio (Aen. 1,2)”. 15 Mi pare interessante il riscontro con i vv. 1497–1517 dell’‘Hercules Oetaeus’ del corpus tragico senecano, dove Ercole appare alla madre Alcmena e la invita a non piangere per la sua morte: egli in realtà è ancora vivo, le sue imprese gloriose lo rendono immortale (nei vv. 1940–1943 la voce di Ercole ribadisce che solo la parte della madre, mortale, è stata data alle fiamme; la parte del padre, Giove, è stata data al cielo: l’immortalità che compensa la perdita contingente). In questa tragedia, nei vv. 1031–1099, torna il cliché di Orfeo al cui canto accorrono le fiere più terribili, le quali, dismessa ogni aggressività, si accucciano pacificamente con gli altri animali. 16 In questi versi Bright 1987, 44 legge il tema cristiano dell’Annunciazione dell’Angelo a Maria. Il che lascia sorpresi: Bright in precedenza aveva sempre parlato di parodia dei vari personaggi, in particolare di Ercole, che ora invece viene chiamato a impersonare l’Arcangelo Gabriele (vedi già i rilievi mossi da Schetter 1991, 219). E poi, se c’è un tema cristiano cui ricondurre la consolazione della madre di Ila, questo sarebbe semmai il tema della consolazione alla Mater dolorosa, dopo che Cristo uomo è morto ma per tornare alla sua sede divina (nell’Annunciazione è l’opposto: Dio si incarna e diventa uomo).

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In questo racconto l’amore non fa soffrire nessuno, anzi determina un innalzamento di status per tutti i soggetti implicati (le Ninfe sperimentano un sentimento nuovo; Ila diventa immortale). Draconzio presenta qui l’amore positivamente: l’amore come forza universale che promuove l’humanitas, che eleva l’uomo. D’altra parte l’innovazione da lui apportata alla trama non è insignificante. Motore della vicenda in Romul. 2 è proprio Venere, la quale intende punire Climene e le altre Ninfe del Peneo che avevano maliziosamente commentato i suoi amori con Marte.17 La dea, che mostra un qualche pudore nel riferire al figlio l’accaduto (v. 54 pudet ore referre),18 consapevole del suo momento di debolezza (v. 55 canit Clymene mea crimina Nymphis), si rivolge a Cupido perché questi induca le Ninfe in una travolgente passione per Ila: come un contrappasso nei confronti di chi ha disdegnato l’amore (le Ninfe capiranno e giustificheranno finalmente il sentimento che hanno condannato a proposito di Venere), dunque una vendetta per Venere (ma palesemente blanda) e ad un tempo l’acquisizione alla sua sfera di influenza (sua e ovviamente di Cupido) di una nuova categoria finora sfuggitale.19 La stessa Climene ribadisce che non c’è un motivo per cui solo le Ninfe debbano astenersi da un impulso dal quale sono coinvolti tutti gli esseri (vv. 117–122 placet almus Hylas rapiatur in undas, / ut sit noster amor. nec erit mihi crimen amanti … quod caelum, quod terra, fretum, quod sidera, Pluton / exercent per saecla diu, cur Nympha ueretur?). Questo ragionamento è supportato dall’elencazione di personaggi del mito (Enone e Paride, Licasto e l’Amazzone, Adone, Cupido e le Furie)20 che pure hanno vissuto amori più complicati e difficili di quello che loro ora si accingono a 17 Secondo la versione attestata da Valerio Flacco (3,509–520. 521–548) era Giunone a far innamorare la Ninfa Driope del ragazzo, per punire Ercole, figlio illegittimo di Giove. Draconzio introduce la variante della vendetta di Venere su Climene contaminando con ogni probabilità Verg. georg. 4,345 s. (inter quas curam Clymene narrabat inanem / Volcani Martisque dolos et dulcia furta), dove Climene racconta alle Ninfe del Peneo l’avventura di Venere e Marte (Vollmer 1905, 134 [apparato dei loci similes] e ad es. Weber 1995, 171 s.; Bouquet (/ Wolff) 1995, 249 nota 36; Mauerhofer 2004, 337), e Ov. met. 4,169–189 (già Cazzaniga 1950 [b], 97–99), dove Venere si vendica in modo analogo del Sole che ha svelato a Vulcano gli amori della dea con Marte facendolo innamorare di Leucotoe. Cfr. inoltre Ov. met. 4,315– 373, dove si narra la passione di una Naiade per Ermafrodito (già Morelli 1912, 113 e nota 3). Vedi specificamente Mauerhofer 2004, 335–346 per l’‘Hintergrund’ mitologico del poemetto. Cfr. inoltre Gualandri 1999, 63; Murgatroyd 1992 (partic. 85). 18 De Gaetano 2009, 371 legge invece in questo pudet ore referre una critica morale: l’indicazione del tema vero dell’epillio, cioè “il tema degli amori illeciti umani e divini suscitati da Cupido, di cui bisognerebbe avere il pudore di tacere”. 19 Mi permetto di rinviare al mio articolo del 2016 dove analizzo l’episodio in relazione ai due principali modelli poetici, Verg. Aen. 1,664–694 e Ov. met. 5,365–384. A questi si potrebbe aggiungere un prosatore, africano: Apul. met. 4,29,5–31,3. In questo passo (sul quale mi soffermo in Bruzzone 2017 [b]) Venere istiga Cupido a punire Psiche, in quanto spinta, come la Venere draconziana, da un amor proprio ferito: infatti la fama della bellezza della fanciulla cominciava a far ombra a quella della dea. 20 Per l’illustrazione di questi miti vedi ad es. Weber 1995, 196–198; Bouquet (/ Wolff) 1995, 252 s.; Mauerhofer 2004, 322.

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vivere in un contesto del tutto lecito e naturale21 – il sentimento è proiettato su un ragazzo bellissimo: e di lui le Ninfe avevano spontaneamente tessuto un toccante elogio (vedi infra inizio del § 3). 2. UN CONDENSATO DI ALTRE STORIE L’elenco di Climene è sullo stesso piano ideologico di quello enunciato da Cupido nel dialogo con Venere (vv. 19–44). Cupido interloquisce con Venere vantandosi delle imprese da lui già compiute: annovera una lunga serie di personaggi che hanno subito il potere irresistibile di Amore, a cominciare da Giove. Si esibisce in un vero e proprio catalogo – un topos della poesia epica gestito con spirito alessandrino.22 Di particolare rilievo narrativo le avventure erotiche di Giove che vengono evocate per prime: le metamorfosi del dio in toro (vv. 20–22 et dominum caeli facie uestire iuuenci / oblitumque poli rursus mugire per herbas / confessum per prata bouem); in pioggia d’oro (vv. 22 s. cadat aureus imber, / diuitias ut tecta pluant); in aquila (vv. 23 s. sit fulminis / ales ipse sui); in satiro (v. 24 satyrus); in cigno (v. 24 cycnus); in Artemide, “figlia di Latona” (v. 24 Latonia); in serpente (v. 24 serpens); in Anfitrione (vv. 25–27 Alcmenam galeatus amet: mucrone coruscet / et clipeo rutilante tonet, dum miles adulter / coniungat noctes subtracta luce dierum). Una sorta di ‘enciclopedia’ dei miti che registra trasformazioni del dio escogitate per sedurre.23 Seguono altre vicende che riguardano dèi e uomini: il tono è di leuitas giocosa, emerge un gusto divertito del racconto, che si riveste in qualche punto di un ethos disinvoltamente spregiudicato.24 21 D’altra parte Venere stessa nella preghiera al figlio precisa di non pretendere da lui nil rude … nec … improba (v. 12). 22 Specie nella sezione iniziale del catalogo netta si evidenzia l’ascendenza ovidiana: cfr. met. 6,103–128. Me ne occupo in Bruzzone 2017 (a), 58–63. 23 Per l’interpretazione (non sempre incontrovertibile) di questi sintetici accenni ad altrettanti miti rinvio, oltre al prezioso apparato dei loci similes di Vollmer 1905, 133, a Weber 1995, 152–163; Bouquet (/ Wolff) 1995, 245 s. Cfr. anche Mauerhofer 2004, 314 s. Cospicue in questo catalogo le riprese da autori precedenti, che Draconzio combina con grande perizia. 24 Vedi soprattutto i vv. 36–44 (su cui Bruzzone 2016, 17 nota 15). Qualche spunto Draconzio può forse averlo ricavato dal canto di Sileno nella VI ecloga virgiliana (partic. vv. 43–60) – dove pure è menzionata la scomparsa di Ila, rimasto alla fonte e chiamato dai marinai: vv. 43 s. (Sileno canta) Hylan nautae quo fonte relictum / clamassent, ut litus ‘Hyla, Hyla’ omne sonaret –, che parimenti si configura come un catalogo: un catalogo di amori infelici, degradanti, spesso erotika pathemata. Anche quello di Ila è un erotikon pathema, ma che Draconzio interpreta a lieto fine. Il canto di Sileno ottiene sugli ascoltatori effetti analoghi a quelli orfici, anzi ancora più straordinari: vv. 27–30 tum uero in numerum Faunosque ferasque uideres / ludere, tum rigidas motare cacumina quercus; / nec tantum Phoebo gaudet Parnasia rupes, / nec tantum Rhodope mirantur et Ismarus Orphea. Una Naiade, Egle, partecipa alla scena.

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Questo espediente è studiato per alludere in maniera essenziale ad altri racconti e quindi ad arricchire il contenuto del carme e la sua efficacia didattica:25 i numerosi agganci ad autori classici (in pochi versi si concentra una molteplicità di suggestioni letterarie, una pluralità di segmenti di altri miti), Ovidio, ma anche Virgilio e altri, offrono l’occasione di incrementare notevolmente i dati mitologici che Draconzio vuole portare a conoscenza del suo pubblico, compreso (e forse in modo privilegiato) quello dei barbari.26 3. LA BELLEZZA L’elogio della bellezza di Ila prima nelle parole di Venere nei vv. 65–67, poi in quelle di una delle Ninfe del Peneo nei vv. 102–108 (indipendentemente dall’intervento erotizzante di Cupido) rende bene il senso che il poeta sembra attribuire al suo canto: la bellezza realizza il più mirabile dei prodigi, possiede una straordinaria capacità di attrazione e conduce chi entri in contatto con essa a condividerla, a ingentilire il proprio animo, ad avvertire emozioni mai provate. Alla fine del discorso di Venere a Cupido il giovane compagno di Ercole viene rappresentato con i tratti tipici, specie nella poesia erotica, della grazia efebica:27 il rossore di rosa e il candore di latte che lo ornano, il fuoco purpureo che fluttua sul volto di neve: vv. 65–67 Alcidis comes est comis puerilibus annis, / quem rubor ut roseus sic candor lacteus ornat; / illi purpureus niueo natat ignis in ore. Il passo, stilisticamente molto sorvegliato (si notino le allitterazioni, la paronomasia comes … comis28, la calibrata scelta dei termini di colore a contrasto29), denso di reminiscenze letterarie30, si conclude con la coerente metafora del fuoco d’amore di cui arderà lo stuolo di Ninfe (cfr. v. 68 hoc puero uiso Nympharum turba calescat [parole di Venere a Cupido] con il cit. v. 67 illi purpureus niueo 25 Cfr. anche il ‘De raptu Helenae’ (Romul. 8) per quanto concerne le premesse della vicenda. 26 Cfr. già Gualandri 1999, 67. Si tratta di persone magari non fornite di particolare finezza letteraria, tuttavia non sprovviste di una loro cultura. Simons 2005, 369 s. ritiene si debba parlare di una ‘Bildungselite’ (cfr. anche Wolff 2009, 134 e nota 7), come sembrerebbe richiedere la complessità della tecnica imitativa adottata dal poeta. In ogni caso credo che proprio con la sua elaborazione formale e con l’abbondanza dei richiami agli autori precedenti Draconzio intenda fornire un importante contributo alla paideia dei barbari. Cfr. Weber 1995, 252 che riconosce a questi cataloghi ‘enciclopedici’ la funzione di “dienen [...] nicht nur der Präsentation eigenen Wissens, sondern auch der Wissenswiederholung oder -vermittlung”, tanto più se si pensa alla recitazione del carme nell’auditorium di Feliciano. 27 Cfr. Weber 1995, 179, comm. ad loc. sui presupposti letterari di queste immagini. 28 Ricordo che comis è emendamento già di Wagler dell’ametrico comes del codice. Zwierlein 2017 (a) propone invece di correggere in comptus (anche con questa lezione si produce paronomasia: cfr. Zwierlein 2017 [b], p. 35). 29 Il contrasto cromatico tornerà a proposito delle Ninfe stesse come segno dell’innamoramento: v. 112 pallescunt omnes, subitus rubor inficit ora. Qui l’autore intreccia varie suggestioni di diversa origine ovidiana: vedi Bruzzone 2017 (a), 65. 30 Eclatante la ripresa letterale di Stat. Ach. 1,161 s. niueo natat ignis in ore / purpureus.

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natat ignis in ore e con il v. 1 dove pure si fa riferimento all’amore delle Ninfe per Ila inteso come calor). Appena le Ninfe scorgono Ila, pulcherrimus (v. 95), restano in sospesa ammirazione (Nymphae mirantur Hylan, v. 100). Una di loro si riscuote ed esterna il suo entusiasmo per tanto splendida visione, accostando Ila ad altri magnifici personaggi che tuttavia non lo eguagliano: vv. 101–108. L’incanto, la meraviglia, sono questi gli effetti della bellezza – di Ila ma anche della poesia su Ila –: effetti orfici (cfr. mirantur del v. 100 con obstupescimus di Romul. 1,15 a proposito della reazione suscitata nell’uditorio dalla piacevolezza delle parole di Feliciano). Emerge qui l’interpretazione del fascino della poesia nei termini di seduzione sensuale, di contemplazione estetica. Raggiunte dal dolce veleno di Cupido e convinte dalle motivazioni di Climene, le Ninfe si risolvono al rapimento di Ila: ma loro stesse potevano dirsi finalmente rapite dall’amore per il bello.

DIE GÖTTER IN DER ETHOPOIIE DES DRACONTIUS (ROMUL. 4) Doppelbödigkeit in der „Sprache des Romulus“? Annick Stoehr-Monjou ABSTRACT In diesem Aufsatz wird der Versuch unternommen, das rhetorische Gedicht Romul. 4 allegorisch zu deuten. Ausgehend von dem Verständnis des Gedichts als Gabe an den Lehrer Felicianus, und von Parallelen zu den (pseudo-)senecanischen Dramen um Herkules sowie mit Hilfe von klassischen allegorischen Entsprechungen (etwa die Schlange als als Bild für das Böse) wird versucht, eine zweite Ebene in der dracontianischen Ethopoiie des Herkules zu entdecken, die sich auf das politische Leben im vandalischen Karthago bezieht.

1. EINLEITUNG: KARTHAGO ALS LABORATORIUM UND KONSERVATORIUM DER RÖMISCHEN KULTUR UNTER VANDALISCHER HERRSCHAFT1 Die Ethopoiie des Herkules ist das kürzeste rhetorische Gedicht des Dracontius: Es umfaßt nur dreiundfünfzig Hexameter. Seine rhetorische Machart dürfte vielleicht erklären, warum die Ethopoiie in der Forschung vernachlässigt wurde. Es gibt nur einen einzigen Aufsatz, der das Gedicht als solches thematisiert,2 und keine ihm gesondert gewidmeten Abschnitte in bisher erschienenen Monographien. Dieser Befund ist überraschend, da es sich bei dem rahmengebenden Thema um den zentralen Herkulesmythos handelt.3 Eine Beschäftigung mit der literarischen Gestaltung könnte neben der Auseinandersetzung mit der Anlage des Mythos zu neuen Erkenntnissen führen, die Dracontius und das vandalische Karthago besser verstehen lassen. Ethopoiien als Überzeugungsmittel wurden am Ende der progymnasmata eingeübt, in denen die Schüler der Spätantike, wie auch Dracontius, ausgebildet wurden. Es handelt sich um eine fiktive Rede, die die Worte einer Person oder Figur in einer besonderen Situation nachbildet: Als Übung beschreibt die Ethopoiie da-

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Hier beziehe ich mich auf den Titel eines meiner Aufsätze, Stoehr-Monjou 2015 (b). Zum das Bild Karthagos bei Dracontius s. Stoehr-Monjou 2019 (b). Amato 2005. Beispielsweise hätte man eine Behandlung des Gedichts in Simons’ Studie über Dracontius und den Mythos (2005) erwarten dürfen.

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Annick Stoehr-Monjou

bei das Verhalten und den Charakter der jeweiligen Figur.4 In unserem Fall hat eine zweite Hand5 im Neapolitanus IV E 48, der den Text überliefert, dem Gedicht einen für eine Ethopoiie typischen Titel6 gegeben: Verba Herculis cum uideret hydrae serpentis capita pullulare post caedes: „Worte des Herkules, als er die abgeschnittenen Köpfe der Hydra nachwachsen sah“. Dracontius entschied sich dazu, diese Ethopoiie in Verse zu kleiden: Versifizierte Ethopoiien finden sich auch in Ägypten, aber auf Griechisch7; auf Latein kennen wir sonst nur die Achilles-Ethopoiie des Codex Salmasianus8. Diese zwei Beispiele aus Nordafrika belegen die Bedeutung der Dichtung und der Rhetorik für die römische Bildung und den offensichtlichen Gefallen, den man an solchen Übungen fand, sowie die Leidenschaft für die Poesie in Karthago. In diesem Beitrag möchte ich zu zeigen versuchen, daß Dracontius in Romul. 4 eine doppelsinnige Rede9 entwirft, um das poetisch-politische Programm der Sammlung ‘Romulea’ als das einer Huldigung an das Römertum vorzutragen.10 Er wollte wohl eine Dichtung schreiben, die „des Romulus würdig“ (‘Romulea’) ist, das heißt: er machte aus Karthago ein Konservatorium der römischen Kultur und Tradition und ein Laboratorium der Innovation.11 Die Ethopoiie und die darin dargestellten Götter sind hierfür ein typisches Beispiel und für unsere Beobachtungen umso wertvoller, weil Dracontius dieses Gedicht am Anfang seiner Karriere geschrieben hat. 2. DIE ‘PRAEFATIO’ UND DIE ETHOPOIIE12 Wir wissen durch die Felicianus gewidmete ‘Praefatio’ (Romul. 3), die unserer Ethopoiie (Romul. 4) vorangeht, daß Dracontius dieses rhetorische Gedicht sei4

Über die Geschichte und die Entwicklung der Ethopoiie, s. das einschlägige Buch von Hans Martin Hagen: Ἠθοποιία. Zur Geschichte eines rhetorischen Begriffs, Diss. ErlangenNürnberg 1966 und den Überblicksartikel von Christine Heusch: Die Ethopoiie in der griechischen und lateinischen Antike: von der rhetorischen Progymnasma-Theorie zur literarischen Form, in: Eugenio Amato / Jacques Schamp (Hrsgg.): Ethopoiia. La représentation de caractères entre fiction scolaire et réalité vivante à l’époque impériale et tardive, Salerno 2005, 11–31. 5 Díaz de Bustamante 1978, 250f., der die Hand nicht datiert. 6 Christine Heusch: Die Achilles-Ethopoiie des Codex Salmasianus. Untersuchungen zu einer spätlateinischen Versdeklamation, Paderborn 1997, 98–100. 7 Eugenio Amato / Gianluca Ventrella: L’éthopée dans la pratique scolaire et littéraire. Répertoire complet, in: Eugenio Amato / Jacques Schamp (Hrsgg.): Ethopoiia. La répresentation de caractères entre fiction scolaire et réalité vivante à l’époque impériale et tardive, Salerno 2005, 213–231. 8 Anth. 198 R.2 Verba Achillis in Partenone cum tubam Diomedis audisset. S. Heusch 1997, 28 (wie Anm. 6) 9 Wie auch in der controversia, s. Stoehr-Monjou 2007, 321–350; Michel d’Annoville / StoehrMonjou 2008. 10 Cf. Stoehr-Monjou 2015 (e), 259; 274. 11 Stoehr-Monjou 2015 (b); Stoehr-Monjou (im Druck). 12 Zur Praefatio in der lateinischen Literatur, besonders in der Spätantike, s. Stoehr-Monjou 2018 (a)

Die Götter in der Ethopoiie des Dracontius (Romul. 4)

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nem magister Felicianus als Huldigung und dankbares Geschenk darbietet. Mit diesem Geschenk will Dracontius sich bei Felicianus für seinen Unterricht in der römischen Sprache und für die von Felicianus vermittelte römische Bildung bedanken. Die klassische Metapher des Weizenanbaus für die Erziehung steht im Hintergrund der allegorischen ‘Praefatio’13. Darin arbeitet der Dichter mit dem Wortspiel, das aus dem Namen des Felicianus und dem doppelten Sinn von felix (‘fruchtbar’ und ‘glücklich’)14 ergibt. Wie der Himmel die Natur fruchtbar macht, ist Felicianus felix für seine Schüler. Wie ein unwirtliches Klima (V. 11 si temperies rerum opportuna negetur) das Land unfruchtbar macht (V. 12 et limos obducit ager deceptus inertes) … discipuli sic quippe silent, si forte magister tollatur, doctrina potens. qua praeduce dictor antistesque tuus, de uestro fonte, magister, Romuleam laetus sumo pro flumine linguam et pallens reddo pro frugibus ipse poema15. „… so bleiben die Schüler schweigsam, wenn ihnen der Lehrer genommen wird, der über souveräne Bildung verfügt. Unter deiner Führung deklamiere ich und, (als) beflissener Diener, schöpfe ich, Lehrer, mit Freude aus deiner Quelle die Sprache des Romulus anstelle von Wasser und, ganz bleich, gebe ich selbst als Gegenleistung anstatt von Feldfrüchten ein Gedicht.“16

Der junge Dracontius, pallens, deklamiert (dictor) voll pietas und gibt als Opfer ein Gedicht (poema), das die Frucht der Lehre des Felicianus ist. Und dieses Gedicht ist eine direkte Rede: nämlich die Worte des Helden Herkules im Angesicht des Feindes, den er nicht töten kann, weil dessen Köpfe unablässig nachwachsen. Dracontius entscheidet sich dazu, Herkules als einen heroischen Kulturbringer während seiner zwölf Arbeiten darzustellen. Aber die große Besonderheit des Gedichtes ist, daß er einen Herkules im Scheitern zeigt: das Gedicht endet, bevor Herkules Minervas Rat ausführt. Wie kommt Dracontius am Anfang seiner Dichterkarriere dazu, vielleicht während eines Festes am Ende seiner Studien, seinem Meister ein Gedicht zu widmen, das von einem Scheitern erzählt? Was will er seinem Publikum damit sagen? Die Darstellung der Götter kann bei der Erklärung helfen. In der ‘Praefatio’, stellt sich Dracontius als Priester des damit zu göttlichen Ehren erhobenen Felicianus vor (V. 16). Auf diese Weise wird eine erste thematische Verbindung zwischen der ‘Praefatio’ und dem Gedicht geschaffen,17 das sich ebenfalls aus menschlich-beschränkter Pespektive an die Götter wendet. Hinzu kommt das in beiden Texten vorhandene Motiv der Vaterschaft im wörtlichen bzw. im übertra13 14 15 16 17

Kommentar dieser Praefatio in Stoehr-Monjou 2007, 50–120 und Stoehr-Monjou (im Druck). Henriette Fugier: Recherches sur l’expression du sacré dans la langue latine, Paris 1963, 31f. Drac. Romul. 3,14–18. Die Übersetzungen sind, sofern nicht anders angegeben, eigene. Über diese Verbindung in dem Fall eines Panegyrikus, s. Vincent Zarini: Les préfaces dans la poésie panégyrique de la latinité tardive, in: Bruno Bureau / Christian Nicolas (Hrsgg.): Commencer et finir. Débuts et fins dans les littératures grecque, latine et néo-latine, vol I, Lyon 2008, 175–186, bes. 183; 185.

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genen Sinn: Dracontius hat einen guten Lehrer, Felicianus, Herkules ist allein. Die Dreiteilung des Textes zeigt dies an: – V. 1–19: Herkules beklagt sich bei seinem Vater Jupiter, der ihm nicht hilft. – V. 20–37: Herkules erwähnt drei seiner Arbeiten. – V. 38–53: Anruf an einen Bruder und an Minerva; schließlich erhält Herkules einen Rat von Minerva. Die Götter sind in der Ethopoiie nur in den Worten des Herkules gegenwärtig. Diese Vorstellung findet man dann explizit in den ‘Laudes Dei’: Die heidnischen Götter sind nur Fiktion, sie gehören zur Welt des Mythos und der Literatur: dei ficti sermone uetusto (laud. dei 2,593); confecti sermone dei, quos fabula mendax / extulit (laud. dei 3,527f.).18 Die dezidierte Inszenierung des Gedichts als rhetorische Ethopoiie läßt sich geradezu als Verweis darauf lesen, daß die traditionellen Götter de facto nur dank des sermo und in ihm existieren. Sie gehören zur Tradition und Dracontius benutzt sie, um seinem Auditorium etwas über die Machtverhältnisse in Karthago zu sagen. 3. DIE GÖTTER IN DER ETHOPOIIE: EINE FAMILIENGESCHICHTE 3.1 Jupiter, der Vater Das Ethos des Herkules ist erstaunlich: Er wiederholt, daß er unglücklich (miser) ist: V. 19 misero, V. 39 miseri. Er zweifelt und beklagt sich bei seinem Vater.Jupiter ist die Hauptfigur am Anfang des Gedichtes, wie fünf Anreden an ihn zeigen: V. 1 Iuppiter omnipotens, moderator Olympi; V. 3 parens; V. 9 alme parens; V. 18 genitor. Sie betonen zwei Charakteristika des Gottes: seine Macht, die ich unten untersuchen werde, und seine Vaterschaft. Herkules wiederholt zweimal parens. Die Junktur alme parens (V. 9) ist aus Optatianus Porphyrius (carm. 3,2) übernommen und findet sich sonst nur selten: nach Dracontius lesen wir sie nur in Anth. 718 R.2,14. Dracontius benutzt dreimal die maskuline Form alme für Gott, den Heiligen Geist (laud. dei 2,152 Spiritus, alme …) und den Richter des Jüngsten Tages (laud. dei 3,51 alme Deus; 3,751 Iudicio, Deus alme, tuo detur inde triumphus). Bei Vergil lesen wir das weibliche Epitheton alma mit parens, wenn Aeneas von Trojas Untergang erzählt: Er berichtet von der Erscheinung seiner Mutter (Verg. Aen. 2,591), die er mit dem Vokativ alma parens (Aen. 2,664) anruft. Dracontius spielt mit der Reminiszenz an Vergil: Beide Söhne – Aeneas und Herkules – sind in Lebensgefahr; aber Venus hilft ihrem Sohn, während Herkules allein ist. Alm(a/e) parens bringt Achtung und Lob zum Ausdruck, während genitor (V. 18)19 als ein weniger edler Ausdruck beschrieben werden kann; dieses Wort betont die Zeugung, die der Kern des Problems ist: Herkules wird von Juno verfolgt, weil er ein uneheliches Kind ist.

18 S. dazu Simons 2005, 73–75; 95f. 19 ThLL VI 2,1818,64–1819,25 für Jupiter; ThLL VI 2,1819,46–78 für Gott bei den Christen.

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Herkules bleibt zunächst respektvoll, danach läßt sich ein Gefühl von Bitterkeit erspüren. Zuerst lesen wir in Verbindung mit alme parens, daß Herkules seine Herkunft bedauert: V. 9 paenitet, alme parens, uestra de stirpe creatum. Er wirft dem Vater sein Leiden vor: V. 19 misero semper tu causa pericli es („unglücklich bin ich, denn du bist immer der Grund der Gefahr, in welche ich mich begebe“). Jupiter wird oft von Herkules angerufen, bleibt aber schweigsam und abwesend. Der oberste Gott ist keine positive und schützende, väterliche Figur. 3.2 Der Bruder und die Schwester Die zwei anderen schützenden Gottheiten, die genannt werden, ruft Herkules mit Vokabeln aus dem Wortfeld ‘Familie’ an. In Vers 38 findet sich deus frater, das Buechelers Korrektur für deus pater im Codex N ist.20 Das Wort frater öffnet und schließt den ersten Hilferuf, wobei er offen läßt, um welchen Bruder es sich handelt, weil er es nicht weiß. Dann ruft Herkules Minerva als kriegerische Gottheit an – das Enjambement von bellipotens ist betonend – und dann als Schwester (V. 45 soror). Durch ihre Geburt aus Jupiters Kopf (V. 45) und durch die Wörter intemerata und uirgo (V. 45. 50) verkörpert Minerva auch Reinheit. Dracontius folgt der Tradition: Pallas Athene hat Herkules bei seinen Arbeiten geholfen und hat ihm geraten, die Köpfe der Hydra zu verbrennen.21 In der Tradition wurde ihm auch von Ialos gegen die Hydra geholfen: Dracontius übergeht ihn, weil er offenbar nur von Herkules, den Göttern und dem Kampf gegen das Böse sprechen will. Dieser doppelte Anruf an den Bruder und an die Schwester gibt sich als eine contaminatio von zwei Herkules-Monologen aus dem ‘Hercules furens’ und dem ‘Hercules Oetaeus’22, die Dracontius vielleicht beide für Stücke Senecas gehalten hat. Bei Seneca im ‘Hercules furens’ tötet Herkules den Tyrannen Lycus und bringt Jupiter und weiteren olympischen Gottheiten ein Opfer. Er nennt nacheinander Pallas, Bacchus, Apollo, Diana mit Namen oder Periphrasen und schließlich alle Götter, die keine Söhne Junos aber trotzdem seine Brüder sind (Sen. Herc. f. 900–908): te, te, laborum socia et adiutrix, precor, belligera Pallas, cuius in laeua ciet aegis feroces ore saxifico minas; adsit Lycurgi domitor et rubri maris, tectam uirente cuspidem thyrso gerens, geminumque numen Phoebus et Phoebi soror: 20 Alle Herausgeber des Gedichtes haben sie übernommen: Vollmer 1905, Id. 1914, Díaz de Bustamante 1978, Bouquet 1995. 21 Apollod. 5,6; Hyg. fab. 30,3. S. auch Susan Woodford: Herakles and the Snakes, LIMC 4.1, 1988, 827–832. 22 Díaz de Bustamante 1978, 281 und Bouquet 1995, 260, Anm. 25 erwähnen Sen. Herc. f. 907f. und Ps.-Sen. Herc. O. 1313f.; sie haben weder die contaminatio noch die Kontrastimitation mit Herc. O. 1295 bemerkt.

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Annick Stoehr-Monjou soror, sagittis aptior, Phoebus lyrae; fraterque quisquis incolit caelum meus non ex nouerca frater

Bei Pallas / Minerva erwähnt er die Hilfe, die sie ihm gebracht hat (laborum socia et adiutrix). Wir lesen das Epitheton saxificus (V. 44) auch bei Seneca (Herc. f. 902); Dracontius nutzt einen gewählteren Ausdruck für belligera Pallas (Herc. f. 901), wenn er Minerva / bellipotens (V. 41f.) schreibt. Bellipotens begegnet in der römischen Dichtung seltener als belligerus. Was den Bruder angeht, drückt sich Dracontius so unklar aus wie Seneca: quicunque deus frater erinnert an fraterque quisquis; incolit caelum wird zu summus Olympo. Dracontius macht aus non ex nouerca frater mit Hilfe einer Amplificatio V. 40f. sed quaeso uenias soboles ut nulla nouercae, / quamuis sis frater. Die Geschwister und Junos Haß sind schon bei Seneca wichtig, was Dracontius beeinflußt. Im ‘Hercules Oetaeus’ drückt Herkules in einem Monolog seinen Wunsch zu sterben aus und ruft seinen Vater an. Er sieht ein, daß dieser es ablehnt, ihn zu töten. Deshalb bittet er Jupiter, Mitleid mit ihm zu haben und andere Gottheiten zu senden (Ps.-Sen. Herc. O. 1312–1316):      mitte Gradiuum trucem, armetur in me dirus: est frater quidem, sed ex nouerca. tu quoque Alcidae soror tantum ex parente, cuspidem in fratrem tuum iaculare, Pallas.

Er erwähnt Pallas als Schwester (Alcidae soror) und davor einen Bruder (frater quidem / sed ex nouerca), fast wie Seneca (Herc. f. 908 non ex nouerca frater), gibt jedoch seine Identität an: Es handelt sich um Mars: Gradiuum trucem. Aus der Parallelisierung dieser Stellen bei Seneca und Dracontius ergibt sich die Möglichkeit, daß auch bei dem spätantiken Dichter Mars gemeint sein könnte (in welcher Weise auch immer ut zu verstehen ist: sei es in der Verbindung mit soboles oder als unterordnende Konjunktion mit uenias, so daß soboles eine Apposition ist). In den drei Stücken sind die Familienbeziehungen wichtig; Juno ist überall die Feindin des Herkules. Bei Ps.-Seneca und Dracontius ist Herkules aber nicht mehr der Sieger, wie bei Seneca, als er spricht (Herc. f. 900 nunc... uictor) und Pallas / Mars erwähnt, sondern ein leidender Held, der um Hilfe ruft. 3.3 Juno, die Feindin Junos Name wird viermal wiederholt, weil sie die Feindin ist: V. 6 Iuno, V. 13 Iuno, V. 21 Iuno (erstes Wort), V. 27 Iunonis. Dracontius erwähnt die Göttin auch im Hinblick auf ihre Rolle in der Familie. Sie ist pessima coniux (V. 18), nouerca (V. 13 und 40). Juno als nouerca zu bezeichnen ist ein Topos,23 der laut Marga23 Diesen Topos findet man in römischen Sprichwörtern, s. August Otto: Die Sprichwörter und sprichwörtlichen Redensarten der Römer, Hildesheim / New York 1971 (Leipzig 1890), 245f.

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rethe Billerbeck für Seneca besonders wichtig war.24 Das Wort nouerca erinnert an ihr Verlangen nach Rache.25 Am Anfang seiner Karriere hat Dracontius also schon Interesse an den Themen der Ehe, der Familie und der Folgen des Ehebruches, die er später in seinen Epithalamien, in ‘De Raptu Helenae’, aber auch in der ‘Medea’ und im ‘Orestes’ vertieft.26 4. JUPITER, EIN GEFALLENER GOTT? EINE REDE ÜBER KARTHAGO 4.1 Jupiters Macht Dracontius beschreibt Jupiters Macht mit klassischen Ausdrücken wie Iuppiter omnipotens (V. 1), Tonantis (V. 14), te regnante (V. 3). Jupiter ist der König der Götter und als Tonans ist er der Herr über den Blitz. Der Versanfang Iuppiter omnipotens findet sich bereits viermal bei Vergil.27 Er wird dort als respektvolle, aber auch als klagende Betitelung des höchsten Gottes gebraucht: im vierten Buch der ‘Aeneis’ stellt Iarbas, als er sich über Aeneas beklagt, Jupiters Macht in Frage.28 Die ersten Verse der Ethopoiie imitieren ebenfalls den Anfang einer Rede aus dem ‘Hercules furens’, wo Amphitryo auf Herkules wartet und seine Sorgen ausdrückt (Drac. Romul. 4,1–4): Iuppiter omnipotens, // celsi moderator Olympi, cur mihi uiperei fetus mala fata minantur? te regnante, parens, in me coniurat iniqua serpentum cristata manus.

Sen. Herc. f. 205–207: o magne Olympi rector et mundi arbiter, iam statue tandem grauibus aerumnis modum finemque cladi.

Bei Dracontius finden wir dasselbe assonierende Spiel mit dem Laut m, die gleiche Idee von Macht und Gleichgewicht (rector, arbiter werden zu moderator). 24 Margarethe Billerbeck: Seneca, Hercules furens. Einleitung, Text, Übersetzung und Kommentar, Leiden 1999, 198. 25 Später benutzt auch Dracontius das Wort in einem negativen Sinn, besonders um Verbrechen auszuweisen, z. B. laud. dei 2,327. 329 (Mörder von Kleinkindern); 3,351 (Tod der Verginia); Romul. 2,40 (Inzest); 10,22. 547; für Medea, als sie ihre Kinder tötet (Romul. 10,547), S. Stoehr-Monjou 2016 (c), 216. 26 S. Stoehr-Monjou 2014 (a), 95–99; 2015 (c), 144–149. Ich untersuche diese Frage auch in meinem demnächst erscheinenden Buch (3. Teil) und in einem Vortrag „Dracontius, poète du mariage ?“ auf dem internationalen Symposium „Au-delà de l’épithalame: le mariage dans la littérature latine / Beyond the Wedding Song: Looking for Marriage in Latin Literature“, 16– 18 November 2017, Fondation Hardt (Vandœuvres-Genève), das von Lavinia Galli Milić (Genève) und Annick Stoehr-Monjou (Université Clermont-Auvergne) veranstaltet wird. 27 Verg. Aen. 2,689; 4,206; 5,687; 9,625. 28 Verg. Aen. 4,206.

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Annick Stoehr-Monjou

Dieses Wort moderator ist äußerst wichtig und kann als echte aemulatio mit Seneca verstanden werden. In der lateinischen Dichtung meint moderator besonders „Lenker“ eines Wagens, von Pferden usw. Dracontius nutzt es hier allerdings in einem politischen und astronomischen Sinne, was fast nur für die Prosa belegt ist.29 In der pythagoreischen Vorstellung der Sphärenharmonie ist die Sonne die Mese, nach der man die Lyra stimmt; deshalb schreibt Cicero im ‘Somnium Scipionis’, daß die Sonne dux et princeps et moderator luminum, mens mundi et temperatio30 ist. Cicero benutzt an anderer Stelle dieses Bild des guten Anführers (dux). Der Ausdruck moderator Olympi existiert sonst nur bei Germanicus und Avienus in ihren astronomischen Gedichten. Jupiter regelt die Laufbahn der Gestirne und wird daher moderator Olympi genannt.31 Avienus und Dracontius haben sicher Germanicus nachgebildet. Dennoch gibt Dracontius mit dem astronomisch gefärbten Terminus einen Hinweis auf seine politische Meinung. Ich verstehe celsi moderator Olympi nicht als „König des hohen Olymp“32 sondern „Herrscher, der vom hohen Olymp aus lenkt“. Jupiter kann seinen Sohn nicht vor Juno schützen: V. 3 beruht auf der Antithese te / me: te regnante, parens, in me coniurat iniqua / serpentum cristata manus. Die Feinde reißen Jupiters Macht an allen Orten – Himmel, Erde, Meer – und seinen Blitz an sich: sed forte superbi / nunc caelum, terras, pontum, fulmenque trisulcum / heredes et Iuno tenent (V. 4–6). Am Ende dieses ersten Teils über Jupiter steht ein heftiger Vorwurf: tua regna relinquis (V. 8). Jupiter ist nicht nur abwesend, er erfüllt auch seine Pflicht nicht mehr. Jupiter ist in den Augen des Herkules ein gefallener Gott. Außerdem steht der erste Vers des Dracontius einem christlichen Gedicht sehr nahe, das Gott lobt. Die beiden Verse unterscheiden sich nur hinsichtlich vier Silben (Jupi- / o pa- und moder- / domin-): Drac. Romul. 4,1

Iuppiter omnipotens, celsi moderator Olympi

Anth. 789 R.2,1

O pater omnipotens, celsi dominator Olympi

Dieses Gedicht, das von Heinsius hinter carm. min. 32 des Claudianus gefunden wurde, schrieb man dem Comes Euclerius zu; es wäre dann im 4. Jahrhundert geschrieben worden. Hat Dracontius dieses Gedicht gekannt und es für einen Text von Claudian gehalten? Der Dichter beschreibt Gott als Schöpfer und erwähnt auch den Sohn Jesus, der den Tod besiegt hat; dann betet er zu ihm, um die Gesetze und das Recht des Senats des Romulus (V. 7 densaque Romulei dignoscere iura senatus) zu verstehen. Sicher ist es kein Zufall, daß das Epitheton Romuleus 29 Zu moderator, s. ThLL VIII 1209,76–1210,80. S. Stoehr-Monjou 2007, 159–162 und StoehrMonjou (im Druck) 3. Teil. 30 Cic. rep. 6,17. 31 Germ. 32f. moderator Olympi / donauit caelo; Avien. arat. 711–714 Omnia, quae soli et rigido interfusa aquiloni / aetheris incurui moles rotat inque frequentes / occasus ortusque trahit moderator Olympi / sunt digesta mihi. 32 Dagegen übersetzt Bouquet 1995, 144 „roi des hauteurs de l’Olympe“.

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dort steht. Wenn Dracontius dieses Gedicht gekannt und nachgebildet hat, konnte er einen Vers über Jupiter in Anlehnung an einen Vers über Gott schreiben, weil der Kampf zwischen Christen und Heiden beendet war. Damit ist der Ausdruck moderator frei dafür, andere Bedeutungen anzunehmen und einen Durchblick auf die politische Lage in Karthago zu eröffnen. Diese Ethopoiie, die vor Felicianus deklamiert wurde, könnte dann eine hintergründige Rede über die politische Lage in Karthago darstellen. Dank des und hinter dem Mythos und dem Schleier der Rhetorik dürfen wir vielleicht die Zweifel und Klagen eines heroischen Kulturbringers hören, der rücksichtlose Feinde hat. Der richtige König, moderator, kann ihm nicht helfen. Und dieser Mann wird auch wegen dieses moderator verfolgt. Was bedeutete dies, wenn man es auf das vandalische Karthago übertragen wollte? Die römische Macht wurde ebenfalls gewaltsam von Feinden in Besitz genommen: von den Vandalen. Diese Feinde wurden von Juno unterstützt, so wie sie früher Karthago beschützte, indem sie Aeneas und die Trojaner als Ahnen der Römer verfolgt hat. Die Römer, welche die Kultur vertreten, wurden von den neuen Herrschern, den Vandalen, verfolgt. Wer ist Jupiter? Es könnte der Kaiser sein, der machtlos ist und Römern nicht hilft. Und das Gedicht könnte zunächst wie ein verzweifelter Hilferuf klingen: So ruft Herkules seinen Bruder und Minerva. Der Imperativ succurre wird dreimal wiederholt, und zeigt die Gefahr und die Notlage. Wie in seinen anderen rhetorischen Gedichten brandmarkt Dracontius eine Situation, die nicht befriedigend ist, das Unrecht und die Macht der Gewaltigen, die ohne Mitleid sind.33 Und es gibt eine letzte Anspielung in der Frage nach dem Bösen. 4.2 Die Frage des Bösen In dem Gedicht sind alle Feinde Schlangen, außer dem nemeischen Löwen: dies entspricht der Tradition über Herakles (die Schlangen stehen in enger Verbindung mit dem Schicksal des Helden) und dem Gefallen, den Dracontius an diesem Tier findet.34 In einer symbolischen Bedeutung verkörpert die Schlange das Böse –in anderen und späteren Werken des Dracontius verhält es sich nicht so einfach.35 Die Thematik der Verschwörung (coniurat iniqua) erinnert an das Bild der heuchlerischen Schlange wie im Garten Eden. Endlich ist das Wort superbi (V. 4) für diese Feinde kein Zufall. Es hat die klassische negative Bedeutung in allen Gedichten des Dracontius und ist ein Beispiel für die Einheit seines Werkes. In den ‘Laudes Dei’ straft Gott die Menschen

33 Wie Achilleus mit der Leiche Hektors in der ‘Suasoria’ (Romul. 9) oder der diues der ‘Controversia’ (Romul. 5) mit dem pauper, vgl. Stoehr-Monjou 2008, dies. 2015 (b), dies. 2015 (f), dies. 2016 (b). 34 Stoehr-Monjou 2006, 212–214; Stoehr-Monjou 2014 (c), 175–177. 35 Für die Schlange, vgl. Stoehr-Monjou 2007, 750–844 und Stoehr-Monjou (im Druck).

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für ihre superbia;36 in den ‘Romulea’ bedeutet der Stolz etwa für Agamemnon oder Jason den Tod.37 Stolz ist auch charakteristisch für den Sünder und den Reichen in den ‘Laudes Dei’ ebenso wie für den reichen Bürger der ‘Controversia’ (Romul. 5).38 Die Frage des Hochmuts, besonders Hochmuts der Mächtigen, ist also sehr wichtig, ja sogar zentral im Werk des Dracontius. Die zahlreichen Erwähnungen der Feinde (V. 12 Herculis hostis erit; V. 16f. nunquam … / hoste sine; V. 28 hostes deesse mihi dixi; V. 36 mihi suggerit hostes) und des Kriegs des Herkules gegen diese Feinde (V. 12 per nos nam bella geruntur; V. 16 horrida bella manent; V. 28 hostes deesse mihi dixi post bella leonis) sagen ganz klar, daß Herkules gegen diese superbia, und damit gegen die Sünde und das Böse kämpft. Aber Gewalt an sich reicht nicht aus, um die Hydra zu schlagen. Deshalb wird Minerva angerufen. Sie rät zu einer List. Diese List beruht auf der antiken Medizin und ihrem Prinzip von Sympathie und Antipathie wie das Oxymoron gelida flammis (V. 51) beweist.39 Die Natur der Schlange ist kalt, so ist das Feuer das beste Mittel, um sie zu zerstören: flammis exure 51, rogos 52, perurat / ignis edax 52f.; crement … flammae 53. Solch eine Betonung ist typisch für den Stil des Dracontius, besonders in seinen rhetorischen Gedichten; deshalb habe ich sie „écriture du ressassement“ genannt.40 Die vielen Vokabeln aus dem Wortfeld ‘Feuer’ können als eine Anspielung auf den Tod des Herkules verstanden werden. Man könnte aber vielleicht sogar noch einen Schritt weitergehen: Das Wortfeld mag das Thema der reinigenden Flammen aufwerfen; so schleudert etwa Paulus in der Apostelgeschichte eine Viper ins Feuer.41 In der Auslegung des Prudentius steht diese Viper für die Ketzerei.42 Überträgt man diese Interpretation auf die Situation in Nordafrika, so könnten die arianischen Vandalen – hält man sie einmal für Feinde der Römer –von den katholischen Römern als Ketzer betrachtet worden sein. 5. FAZIT Das Wort moderator könnte auf eine politische Bedeutung hinweisen: Dracontius deklamiert, daß die rechtmäßige Macht vor der superbia, der Tyrannei und den Feinden beschützen soll; die Macht soll auch die Starken lenken und kontrollieren (moderare). Dracontius verleiht der geistigen Seite Bedeutung, indem Herkules das Böse nicht mit Gewalt, sondern mit Intelligenz bekämpft.

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Drac. laud. dei 1,738f.; 2,732. 815. Drac. Orest. 175; Romul. 10,214. Drac. Romul. 5,56. 92. 235. Dracontius benutzt oft das Motiv von Sympathie und Antipathie, S. Stoehr-Monjou 2006, 210–214. 40 Z. B. Stoehr-Monjou 2007, bes. 256f.; Michel d’Annoville und Stoehr-Monjou 2008, 38. 41 Vulg. Act. 28,1–5. 42 Prud. praef. Symm. 1,20–44.

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Aber das entspricht auch der politischen Lage in Karthago, wo die vandalischen Herrscher kein Mitleid zeigen konnten. Dracontius wählt einen Moment, in dem Herkules zweifelt und mutlos ist. Am Ende des Gedichtes hat Herkules die Hydra noch nicht getötet: er hofft nur, daß er siegen wird, wie manche Römer es hofften. Aber das Publikum weiß, daß Herkules siegen wird: so endet dieses Gedicht nicht mit Verzweiflung, sondern mit echter Hoffnung und dem Glauben an das Recht. Das Publikum weiß nicht, wann der Sieg kommt, aber daß er kommen wird. Und Felicianus war sicher stolz auf diese hintergründige Rede seines Schülers.

WARUM DER TROJANISCHE KRIEG STATTFINDET – DRACONTIUSʼ PERFORMATIVE AKTUALISIERUNG DES ‘RAPTUS HELENAE’ Christine Schmitz ABSTRACT Dracontius, der am Ende einer langen Tradition über viele Versionen verfügt, weicht in seiner Neugestaltung des ‘Raptus Helenae’ von der mythologischen Vulgata ab. Besondere Akzente seiner Neuinszenierung liegen in der Komposition verschiedener Mythenstränge, einer Neubewertung der Schuldfrage und in der unmittelbaren Anteilnahme des Erzählers am Geschilderten. Gegenüber den traditionellen Erzählungen der Vorgeschichte des Trojanischen Krieges ist das Thema des Ehebruchs Dreh- und Angelpunkt seiner Version. Mit dem narrativen Zwischenraum zwischen dem Parisurteil und der Entführung Helenas wählt der Dichter genau die kritische Phase aus, in der sich die Ereignisse auch ganz anders hätten entwickeln können. Seinen Epilog inszeniert er als Umkehrung des Segenswunsches für ein Brautpaar. Mit dieser nicht nur geschilderten, sondern zugleich auch vollzogenen Verfluchung des neuen Brautpaares endet das Gedicht. Indem der Sprecher den Brautleuten den Trojanischen Krieg als Konsequenz ihres Ehebruchs performativ herbeiwünscht, erweist sich Dracontiusʼ Neugestaltung des ‘Raptus Helenae’ als negatives Gegenstück zu einem Epithalamium.

Bekannte Mythen eröffnen die Möglichkeit, noch einmal neu und anders interpretiert zu werden, wobei ein narrativer Kern unverändert bleibt. So muß Helena von Paris entführt werden, damit der Trojanische Krieg stattfinden kann. Aber warum und wie vollzieht sich dieser folgenreiche ‚Raub‘? Die Vorgeschichte des Trojanischen Krieges wurde im ‘Epischen Kyklos’ dargestellt. In Homers ‘Ilias’ und Vergils ‘Aeneis’ werden die bekannten Ereignisse des Parisurteils und der Entführung Helenas vorausgesetzt, ohne jedoch ausführlich erzählt zu werden.1 Dracontius, der für seinen kreativ-innovativen Umgang mit Mythen bekannt ist,2 präsen* 1

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Uwe Dubielzig (München) danke ich für kritische Durchsicht meines Manuskripts und förderliche Hinweise. In der ‘Ilias’ wird das Parisurteil zu Beginn des letzten Buches kurz erwähnt (Il. 24,25–30). Zur Begründung, warum einigen Göttern (nämlich Hera, Poseidon und Athena) Troja, Priamos und das ganze trojanische Volk für immer verhaßt blieben, wird an Alexandrosʼ kränkende Zurücksetzung der Göttinnen zugunsten Aphrodites erinnert. Auch in Vergils ‘Aeneis’ wird auf das Parisurteil nur knapp angespielt. Hier begegnet das iudicium Paridis im Proömium als einer der Gründe für Junos unversöhnlichen Zorn auf das ihr verhaßte Geschlecht der Trojaner (Verg. Aen. 1,26b–28a): manet alta mente repostum / iudicium Paridis spretaeque iniuria formae / et genus inuisum (tief in ihrem Gedächtnis haftet das Urteil des Paris, das Unrecht, das in der Kränkung ihrer Schönheit bestand, und das ihr verhaßte Geschlecht). Vgl. etwa Schetter 1991, 213: „Dracontius hat in seiner mythologischen Epik die alten Sagen vielfach abweichend von der mythographischen Vulgata unter Rückgriff auf anderweitige Versionen und eigene Erfindungen neu erzählt.“

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tiert die oft thematisierte Erzählung vom Raub Helenas in seinem Kurzepos innerhalb der ‘Romulea’-Sammlung in gewohnt eigenwilliger Weise.3 1. DIE STEREOTYPE PRÄSENTATION DES PARIS IN SEINER LITERARISCH FIXIERTEN ROLLE ALS PRAEDO, RAPTOR UND HOSTIS HOSPITIS Dracontius nutzt das Proömium, um sein Projekt anzukündigen und sich zugleich als Dichter zu positionieren. Der Auftakt des Gedichts ist in epischer Konvention gestaltet, indem das zu besingende Objekt an den Anfang gestellt wird (Romul. 8,1–3a):4 Troiani praedonis iter raptumque Lacaenae et pastorale scelerati pectoris ausum5 aggrediar meliore uia. Des trojanischen Räubers Reise, die Entführung der Spartanerin und das Wagnis eines Hirten verbrecherischen Herzens will ich auf besserem Wege angehen.

Mit der Bestimmung des Themas erhebt der Dichter zugleich den Anspruch, es auf besserem Wege auszuführen. Offen bleibt der im Komparativ implizierte Vergleichspunkt,6 der sich aber aus der Praxis seiner epischen Vorgänger ergänzen läßt. So reflektiert auch Statius in den Proömien zu seinen beiden Epen im Bilde des Gehens bzw. des Weges über die Abgrenzung seines Themas. Die an die Musen gerichtete Frage des Dichters in Theb. 1,3f. unde iubetis / ire, deae? zielt auf den Ausgangspunkt seines Gedichts. Auch im Proömium zur ‘Achilleis’ handelt der Dichter sein Thema mit direkter Hinwendung an die ihn inspirierende Göttin aus. Nach der Aufforderung an die Muse, von Achill zu künden (Ach. 1,1–3), liest sich 1,3b–5a als inneres Zwiegespräch: quamquam acta uiri multum incluta cantu Maeonio; sed plura uacant: nos ire per omnem (sic amor est) heroa uelis .

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Zur Kombination verschiedener Episoden im Zusammenhang mit der Entstehung des Trojanischen Krieges vgl. Bright 1987, 85; Simons 2005, 221f. Drac. Romul. 8 zitiere ich nach der neuen Edition von Zwierlein 2017 (a). Das „Wagnis des Hirten“ (pastorale … ausum, V. 2) bezieht sich nicht, wie Bretzigheimer 2010, 371 vorschlägt, auf „das Wagnis des Raubs“ des im Kurzepos häufig pastor genannten Paris. Vielmehr spielt Dracontius mit dem noch allgemein gehaltenen Ausdruck ausum auf den frevelhaften Ehebruch an. Im Laufe des Proöms enthüllt sich dem Leser dann die präzise Bedeutung von ausum. In chronologischer Folge werden in den ersten Versen also Paris’ künftige Handlungen angekündigt: (See-)Fahrt (vgl. z. B. Ov. epist. 16,120), ‘Raub’ und – als Klimax der Reihe – die unerhörte Ehe mit Helena. Zu den verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten (literarisch-künstlerisch und/oder moralisch) vgl. Bright 1987, 86; Wolff 2002, 115; Simons 2005, 14, 286f., 292f.; Bretzigheimer 2010, 366; Cichoń 2016, 160f.

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Indes die Taten dieses Helden durch den Maeonischen Gesang sehr bekannt sind. – aber noch mehr sind noch nicht behandelt worden: Möge es dir gefallen, daß ich das ganze – dies ist nämlich mein Verlangen – Helden Schritt für Schritt darstelle.

In diese Tradition reiht sich auch Dracontius ein: Mit drei den Weg bzw. das Gehen betonenden Wörtern (iter, V. 1, aggredi, uia, V. 3) stellt der Dichter den Protagonisten und dessen Laufbahn als Projekt seines Gedichts vor. Der Komparativ meliore uia grenzt seine Organisation des Themas von Behandlungen ab, die einen anderen Weg, d. h. eine andere Ausrichtung und Abgrenzung des Themas vorgenommen haben.7 Zur Begründung, warum sein Weg, der von ihm gewählte Zugang besser als andere Darstellungen sei (nam prodimus …, V. 3), singt der Dichter das Hohelied des Ehebündnisses (foedera coniugii, consortia blanda pudoris, V. 5). Unmittelbar anschließend hebt er in gesuchter chiastischer Variation die Ehegemeinschaft als Fundament der Nachkommenschaft hervor (materiem generis, subolis spem, pignora prolis, V. 6). Das Ideal einer intakten Ehe wird mit der bedeutenden Rolle der Mutter für die Nachkommenschaft begründet (nam totum de matre uenit, de matre creatur / quod membratur homo; …, 7–10). Mit diesem Loblied auf die unantastbare Ehe und die Rolle der Mutter für die Nachkommenschaft an exponierter Position im Proömium hat sich der Dichter weit vom mythischen Gegenstand seines Gedichts entfernt, handelt es sich doch um eine allgemeine Aussage, die sich nicht unmittelbar auf die konkreten mythischen Figuren des Gedichts bezieht.8 Zugleich bereitet die exkursartige Betonung des Wertes der Ehe die Grundlage, um Parisʼ Verletzung der Ehe zu brandmarken (11f.): Ergo nefas Paridis, quod raptor gessit adulter, / ut monitus narrare queam, … (Um also den Frevel des Paris, den er als entführender Ehebrecher beging, inspiriert erzählen zu können, …). Vom ersten Vers seines Gedichts an läßt Dracontius verschiedene im literarischen Umlauf befindliche Versionen des Mythos von Paris und Helena anklingen. Der Dichter ruft diese alternativen Versionen aber nur auf, um sie im Laufe seiner Erzählung durch seine eigene Darstellung zu korrigieren. Zu dieser allgemeinen, von Dracontius zitierten Überlieferung gehört die stereotype Bezeichnung des Paris als praedo und raptor. Auf die praedo-Rolle wurde Paris vor allem in Vergils ‘Aeneis’ festgelegt, wenn auch auf indirekte Weise, indem der aktuelle trojanische Held Aeneas von seinen Gegnern als zweiter Paris9 diffamiert wird.10 Daß

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Auch Zwierlein 2017 (b), 93–96 versteht meliore uia als Anspruch des Dichters, ein neues Thema gewählt zu haben, das Homer und Vergil, seine beiden großen Vorgänger, übergangen hätten. Gleichwohl kann man in diesen Versen mit Simons 2005, 225, Anm. 12 und S. 249 bereits eine Prolepse auf Hesiones im Mittelteil thematisierte Mutterschaft sehen. Zur Diffamierung des Aeneas als alius Paris aufgrund der angeblichen Wiederholung des Verhältnisses von Paris und Helena in Aeneas und Lavinia vgl. etwa Tilman SchmitNeuerburg: Vergils Aeneis und die antike Homerexegese. Untersuchungen zum Einfluß ethischer und kritischer Homerrezeption auf imitatio und aemulatio Vergils, Berlin u. a. 1999, 182, Anm. 514.

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Parisʼ Bezeichnung als praedo lediglich einen stehenden Vorwurf seiner Gegner aufgreift, wird vor dem eigentlichen Entführungsakt deutlich, wo die Bezeichnung praedo wieder begegnet, zugleich aber durch den Kontext ad absurdum geführt wird, insofern der in Dracontiusʼ Kurzepos als passiver Held charakterisierte Paris gerade kein praedo ist, sondern Helena ihm freiwillig folgt (544): tunc Paris alloquitur comitantem praedo rapinam (da spricht Paris, der ‚Räuber‘, zu der von ihm ‚Geraubten‘, die ihn von sich aus begleitet). Entsprechend heißt es von Helenas aktiver Beteiligung an der ‚Entführung‘ (556): uolens rapitur (willig läßt sie sich entführen).11 Parisʼ Bezeichnung als raptor (563) im unmittelbaren Anschluß an die Schilderung von Helenas bereitwilliger Zustimmung zur Entführung ruft die Paris in der mythisch-literarischen Tradition zugeteilte Rolle in Erinnerung, die er aber in Dracontiusʼ Version nicht einnimmt. Gleichwohl wird der Entführungsakt selbst, unabhängig von den näheren Umständen, in seiner faktischen Wirkung und juristischen Wertung objektiv als raptus betrachtet, vgl. Helenusʼ Prophezeiung (124f.): coniurat in arma / Graecia tota dolens raptum punire Lacaenae (ganz Griechenland verschwört sich in seinem Schmerz zu den Waffen, um die Entführung der Spartanerin zu bestrafen). Ebenso prophezeit Cassandra, daß die Strafe, die der Entführer Paris verdient hätte, Unschuldige treffen werde (158): insontes poenam raptoris habetis. Auch aus der internen Fokalisierung des Menelaus erscheint seine Gemahlin als Opfer des Paris (585): Atrides sic maestus erat de coniuge rapta; im vorangehenden Tiervergleich ist entsprechend vom nocens raptor (579f.) die Rede. In der eigentlichen Entführungsszene wurde aber deutlich, daß es keiner Entführung bedurfte, so daß von raptus (Entführung) allenfalls in perspektivischer Verzerrung gesprochen werden kann, etwa aus Sicht des Gatten oder unter Berufung auf Versionen der literarischen Tradition. Die Themenbestimmung im ersten Vers zitiert also mit den Schlagwörtern Troianus praedo und raptus Lacaenae lediglich literarische Versionen, so daß man sich die Ausdrücke praedo und raptus in Anführungszeichen denken kann. Der Dichter ruft mit diesen stereotypen Formulierungen die bisherige Überlieferung auf, von der er seine Version gerade absetzen will. Auf eine moralische Entrüstung12 deutet nichts hin. Vielmehr geht aus der sich direkt anschließenden Begründung hervor, daß er in seiner Darstel10 In der ‘Aeneis’ begegnet praedo nur in direkten Reden, in denen Aeneasʼ Verhalten polemisch dem des Paris angeglichen wird: Aen. 7,362 (Amata), 10,774 (Mezentius) und 11,484 (latinische Matronen). Zum Gebrauch des auffälligen Schimpfwortes in Vergils ‘Aeneis’ vgl. Lyne, der die drei Stellen zusammen mit latro untersucht: R. O. A. M. Lyne: Words and the Poet: Characteristic Techniques of Style in Vergil’s Aeneid, Oxford 1989, 161–165. 11 Mit Recht konstatiert auch Bretzigheimer 2010, 395 (gegen Simons 2005, 273–275) „Von einem Raub kann keine Rede sein“ und verweist auf die oben zitierten Verse (544 und 556): „Auf die Diskrepanz zwischen Schein und Sein bzw. zwischen Überlieferung und eigener Akzentuierung weist der Dichter in den Versen hin, die das Redepaar rahmen … Das sprachliche Paradoxon einer Beute, die den Räuber begleitet, macht die Inkongruenz zwischen res und uerba bewusst.“ (Bretzigheimer 2010, 395f.). 12 Bretzigheimer 2010, 387: „Mit seiner moralischen Entrüstung in den Eingangsversen evoziert Dracontius im Leser von vornherein die Vorstellung eines zielbewussten Verführers und Räubers“; ebenso 363. 369.

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lung die Akzente anders setzen wird. Nicht der Akt der Entführung, der knapp konstatiert wird (556–557a), bevor er mit einem längeren Gleichnis (557b–562) erläutert wird, steht im Mittelpunkt, sondern der damit einhergehende Ehebruch (Romul. 8,3b–5a): nam prodimus hostem hospitis et thalami populantem iura mariti, foedera coniugii. Denn ich verkünde den Feind des Gastfreundes und Zerstörer der Rechte eines Ehebettes, den Bund einer Ehe.

Entsprechend läuft die Erzählung auf crimen adulterii (das Verbrechen des Ehebruchs) im letzten Vers zu (655), womit der Dichter seine Begründung für den Trojanischen Krieg liefert. Wie im Fall von praedo stimmt der sich in der Bezeichnung hostis hospitis (V. 3/4) manifestierende Vorwurf, daß Paris das Gastrecht verletzt habe, nicht mit der von Dracontius gegebenen Schilderung überein. Vielmehr wird Paris als Gast Helenas auf Zypern präsentiert, auch wenn es heißt (448f.): hospes ad aulam / peruolat Atridis (als Gast begibt er sich rasch zum Hofe des Atriden). Jedenfalls handelt es sich nicht um eine unmittelbare Verletzung des Gastrechts, das Menelaus ihm gewährt hätte. Vielmehr wird Paris – in Analogie zu Aeneas bei Dido13 – als Helenas Gast inszeniert. In dem Moment, in dem er um die von Menelaus allein gelassene Helena zu werben beginnt, wird an seine traditionelle Rolle erinnert (507): pastor, perfidus hospes. Dracontius zitiert hier die Bezeichnung des Paris als pastor perfidus aus Horaz (carm. 1,15,1f.),14 motiviert sie jedoch anders: in seiner Version verstößt Paris nicht gegen das Gastrecht, ist er doch Helenas Gast, sondern gegen ihre Ehe mit Menelaus. Das Bild des perfidus pastor hatte auch Amata, die Turnus als rechtmäßigen Gatten ihrer Tochter ansieht, in ihrem Appell an Latinus evoziert, wenn sie Aeneasʼ Verhalten mit dem des Paris in Parallele setzt (Verg. Aen. 7,361–364): nec matris miseret, quam primo Aquilone relinquet perfidus alta petens abducta uirgine praedo?

13 Vgl. etwa Verg. Aen. 4,10 hospes. Zum hospes-Motiv vgl. auch Simons 2005, 282. 14 Üblicherweise wird Paris die Entführung der Gemahlin seines Gastgebers Menelaus und damit die Verletzung des Gastrechts zum Vorwurf gemacht. So bildet Helenas Entführung durch Paris in Hor. carm. 1,15,1f. den Auftakt zu Nereusʼ Prophezeiung über Trojas Fall: Pastor cum traheret per freta nauibus / Idaeis Helenen perfidus hospitam, … (Als der Hirt treulos übers Meer mit idaeischen Schiffen Helena, seine Gastgeberin, entführte, …). Helena selbst wirft Paris in ihrem Antwortschreiben vor (Ov. epist. 17,3f.): ausus es hospitii temeratis aduena sacris / legitimam nuptae sollicitare fidem (Als Besucher hast du es gewagt, das heilige Gastrecht zu verletzen und die rechtmäßige Treue einer Ehefrau auf die Probe zu stellen). Mit Dracontiusʼ Ausdruck hostis hospitis ist V. 10 zu vergleichen: hospes an hostis eras? (Kamst du als Gastfreund oder Feind?). Ebenso heißt es in Stat. Ach. 2,63f. über Paris (Odysseus erzählt Achill die Ursprünge des Trojanischen Krieges): hospitis Atridae … spoliat thalamos (er plündert das Ehebett seines Gastgebers, des Atriden). Zum traditionellen Vorwurf vgl. auch Simons 2005, 301, Anm. 240.

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Christine Schmitz at non sic Phrygius penetrat Lacedaemona pastor Ledaeamque Helenam Troianas uexit ad urbes? Hast du kein Mitleid mit der Mutter, die beim ersten Nordwind der Pirat treulos verlassen wird, der mit der entführten Jungfrau aufs Meer strebt? Aber ist nicht genauso der phrygische Hirt in Sparta eingedrungen und hat die Ledatochter Helena zu Trojas Städten gebracht?

Umgekehrt wird Paris in ‘De raptu Helenae’ dem vergilischen Aeneas angeglichen, wie vor allem aus einer Parallele, in der nur der Name des Helden ersetzt wird, hervorgeht: Drac. Romul. 8,443 aduenisse Parin Troiano sanguine cretum. Verg. Aen. 4,191 uenisse Aenean Troiano sanguine cretum.

Beide Helden gelangen durch einen Seesturm in das Gebiet (Zypern, Karthago), in dem sie ihrer zukünftigen Geliebten (Helena, Dido) begegnen. Vor diesem intertextuellen Hintergrund wird die weitere, gegenläufige Entwicklung der Helden um so deutlicher: Aeneas, der seinem schicksalhaften Auftrag gehorsam Folge leistet, verläßt Dido, damit Rom gegründet werden kann, während Paris Helena mit sich führt, was zur Zerstörung Trojas führen wird.15 Die veränderte Konstellation erlaubt es dem Dichter, Paris als Helenas Gast zu inszenieren und das Paar an Aeneas und Dido anzugleichen. Fast könnte man sagen, daß Paris dadurch vom Vorwurf, das Gastrecht verletzt zu haben, entlastet wird, wodurch der von beiden in Kauf genommene Ehebruch um so stärker in den Vordergrund gerückt wird. Wie das hospes- (hostis hospitis, V. 3/4 und perfidus hospes, 507) und raptus / raptor-Motiv (raptor … adulter, 11 und raptor, 563 trotz uolens rapitur sc. Helena, 556) zeigen, oszilliert Dracontiusʼ Paris ständig zwischen seiner mythisch-literarischen Vergangenheit und der neuen Konzeption. Auch der im Proömium genannte Ort Amyclae (V. 30), an dem die ‚Entführung‘ stattgefunden habe, stimmt mit der folgenden Erzählung nicht überein, da Dracontius die erste Begegnung von Helena und Paris auf die Insel Zypern verlegt, während Menelaus auf Kreta weilte (vgl. Romul. 8,435–441). Ausgelassene bzw. alternative Erzählmöglichkeiten aufzurufen, ist der metaliterarische Gestus eines Dichters, der am Ende einer langen Tradition über viele Versionen verfügt, die er in sein Werk integrieren kann, auch wenn sich dann im Verlauf der Handlung zeigt, daß er eine andere Motivation des Geschehens gewählt hat. Darüber hinaus erhebt sich aber die Frage, warum er von der mythologischen Vulgata16 abweicht. Indem er Erzählmöglichkeiten aufruft, die er nicht 15 Schon die Reaktionen der Helden nach ihrem Schiffbruch waren kontrastiv aufeinander bezogen: Während Aeneas sich den ehrenvollen Tod vor Troja wünschte (Aen. 1,94–101), sehnt sich Paris nach seinem gefahrlosen Hirtenleben zurück (402–424). Zur Angleichung des Paris an Vergils Aeneas vgl. auch Simons 2005, 280–282. 16 Statius läßt in seiner ‘Achilleis’ die Erzählung nach dem Proömium folgendermaßen einsetzen (Stat. Ach. 1,20–21): soluerat Oebalio classem de litore pastor / Dardanus incautas blande populatus Amyclas … (Der dardanische Hirt hatte die Flotte vom oebalischen Ufer aufbrechen lassen, nachdem er auf schmeichlerische Weise das unvorsichtige Amyclae geplündert hatte, …). Ebenso heißt es in Odysseusʼ Erzählung über Paris nach dessen verhäng-

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realisiert, weist er auf die neue Ausrichtung seiner eigenen Version hin. So markiert der Dichter bei der Suche nach möglichen Gründen für Helenas ‚Entführung‘ selbst eine Version mit forsan (50–52a). Parisʼ ‚Raub‘ der Griechin Helena wird hier als Kompensation für die verweigerte Rückgabe Hesiones an Priamus ins Feld geführt: sic est data causa rapinae (V. 52). Im weiteren Verlauf der Erzählung wird aber deutlich, daß sich der Sachverhalt anders verhält, insofern Telamon Priamusʼ Schwester nicht als Kriegsgefangene festhält, sondern der Mutter des Aiax die ehrenvolle Position einer Königin gewährt hat. Entsprechend bedeutet aus Sicht des empörten Telamon die ihm überbrachte Forderung nach Hesiones Rückgabe eine Zumutung (288–290): conubium regni, thalami consortia casti / scindere poscebant, et, quod mens nulla tulisset, / Aiacis haec mater erat!17 Damit wird der Wert einer intakten Ehe hervorgehoben und ein Gegenbild zu Parisʼ Hochzeit mit Helena, welche die ausdrückliche Zustimmung seiner Eltern finden wird, erzeugt. 2. NEUE AUSRICHTUNG DES MYTHOS AUF DEN EHEBRUCH VON PARIS UND HELENA Gegenüber den traditionellen Erzählungen der Vorgeschichte des Trojanischen Krieges ist das Thema des Ehebruchs Dreh- und Angelpunkt in Dracontiusʼ Version. So fragt der Dichter in epischer Tradition nach dem Grund dafür, daß Paris sich durch die Entführung Helenas schuldig machte (29f.): quae causa nocentem / fecit Alexandrum, raptu spoliaret Amyclas. Von Beginn des Gedichts an wird Paris auf die Rolle des Ehebrechers festgelegt (vgl. V. 4 thalami populantem iura mariti), auch wenn sich im Verlauf der Handlung herausstellt, daß es eigentlich Helena ist, welche die Initiative zur Hochzeit (vgl. sis mihi tu coniunx, 534) und gemeinsamen Flucht (vgl. 551–557) ergreift. Ganz zentral kommt das Thema des Ehebruchs bzw. der Wertschätzung der Ehe in der Salamisepisode (213–384) zur Geltung.18 Die trojanische Gesandtnisvollem Schiedsspruch (Stat. Ach. 2,58–59): ira quatit uictas; petit exitialia iudex / praemia; raptori faciles monstrantur Amyclae (Zorn läßt die unterlegenen Göttinnen erbeben; ihr Richter verlangt seine verhängnisvolle Belohnung; man zeigt dem Entführer das leicht zu erobernde Amyclae). Zu Amyclae als Ort des Raubes vgl. Ov. ars 2,5f. ab armiferis Priameius hospes Amyclis / candida cum rapta coniuge uela dedit (vom waffenstarrenden Amyclae hat der Priamussohn als Gast in Begleitung der Gattin, die er entführt hat, die weißen Segel gesetzt), ferner noch Sidon. carm. 9,121f.: terras Oebalias et hospitales / raptor depopulatus est Amyclas, / praedam trans pelagus petens sequacem (Oebalisches Land, das gastfreundliche Amyclae hat er als Entführer geplündert auf der Fahrt zu seiner Beute, die ihm übers Meer nachfolgen sollte). Auch wenn Amyclae hier pars pro toto für Sparta oder sogar ganz Griechenland stehen kann, ist es irritierend, aber auch bezeichnend für Dracontius’ Umgang mit seinen Prätexten, daß ausgerechnet dieser mit dem Helenaraub oft assoziierte Ort im Proömium genannt wird. 17 Weiter unten (S. 116) zitiert und übersetzt. 18 Mit Recht bemerkt Wasyl 2011, 53, Anm. 159: „What Dracontius emphasizes again are the marital rights, the crucial motif of the whole poem“.

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schaft, bestehend aus Antenor, Polydamas und Aeneas als Begleitern des Paris, soll Hesione, die Telamon bei Trojas erster Zerstörung erbeutet hatte, zu ihrem Bruder Priamus zurückbringen. Angesichts der Rückforderung seiner langjährigen Gattin und Mutter seines Sohnes Aiax werden als Beweggründe für Telamons Entrüstung genau die nun in Frage gestellten Werte aufgezählt, die im Proömium beschworen wurden (286–290): nam pietas affectus amor concordia proles accendunt motus in pectore fellis amari. conubium regni, thalami consortia casti scindere poscebant, et, quod mens nulla tulisset, Aiacis haec mater erat! Denn Pflichtgefühl, Zuneigung, Liebe, eheliche Harmonie, Nachkommenschaft entzünden in seiner Brust Wallungen bitterer Galle. Sie forderten von ihm, die Ehe des Königs, die Gemeinschaft eines keuschen Ehebettes zu zerreißen, und, was kein Gemüt ertragen hätte, dies war die Mutter des Aiax!

Die Berechtigung des Zornausbruchs bekräftigt der Erzähler ausdrücklich durch einen auktorialen Kommentar (291): iusta succensus in ira. In seiner Entgegnung artikuliert Telamon als Gatte seine Entrüstung angesichts dieser unzumutbaren Forderung der Gesandten (304–308): quis regi quisue marito uel misero sic ausus ait cum uoce proterua „conubium rescinde tuum, rumpatur honesto foedere iuncta domus, thalami damnentur amantum, festiuas extingue faces“? Wer hätte je die Kühnheit besessen, zu einem König oder zu einem Gatten, auch nur einem elenden, mit frecher Stimme zu sagen: „Zerreiße deine Ehe, zerbrochen sei die im ehrenvollen Bunde vereinigte Familie, das Ehebett sich gegenseitig Liebender sei zum Untergang bestimmt, lösche die Fackeln einer glücklichen Ehe!“?

Pointiert läßt sich die Funktion der Salamisepisode, die kompositorisch nicht in direktem Zusammenhang mit der ‚Entführung‘ Helenas durch Paris steht,19 darin sehen, in Telamons Lob der Ehe und Mutterschaft ein Gegenbild zur Mißachtung dieser Ideale durch das trojanische Königshaus und insbesondere durch Paris zu

19 Vgl. etwa Thomas Gärtner: Klassische Vorbilder mittelalterlicher Trojaepen, Stuttgart u. a. 1999, 405: „ebenso wie das Motiv der Rückforderung der Hesione bei Dracontius (zumal aufgrund der völligen Wirkungslosigkeit der Gesandtschaft, deren – friedliches – Ergebnis durch die folgende Handlungsentwicklung völlig über den Haufen geworfen wird) im Rahmen der auf göttlichem Einfluß angelegten Gesamtkonzeption entbehrlich gewesen wäre.“ Auch Bright 1987, 118 spricht von der „basic irrelevance of the Salamis episode“. Gleichwohl ist die Episode der trojanischen Gesandtschaft in Salamis (213–384) für Dracontiusʼ Konzeption gerade nicht entbehrlich, knüpft sie doch leitmotivisch an das im Proömium zentral ausgeführte Ideal der Ehe und Mutterschaft an. Zu dieser Kontrastfunktion der Salamisepisode vgl. auch Schetter 1994, 307f. und Simons 2005, 300.

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entwerfen.20 Kontrastiv sind thalami consortia casti / scindere poscebant (288f.) und thalami populantem iura mariti (der die Rechte eines Ehebettes zerstört, 4) aufeinander bezogen. In den rahmenden Partien des Gedichtes, in der Einleitung und im Schluß, setzt der Dichter den Ehebruch als Verbrechen mit weitreichenden Folgen in Szene. Die von Dracontius gewählte Ringkomposition (zu vergleichen sind insbesondere Romul. 8,40–48 und 8,648–655) betont die negativen Auswirkungen des Ehebruchs für Trojaner, Griechen und sogar die Götter, indem der hohe Preis an Opfern im Kampf um Helena aufgezählt wird. Unschuldige Völker, aber auch Götter müssen mit dem Verlust eigener Söhne für den Ehebruch des Paares Paris und Helena büßen. Die Ausmaße der Verluste im Krieg um Troja werden ins Kosmische gesteigert, indem die Bereiche Himmel und Meer (caelum … et mare, 654) genannt werden, was sich konkret auf Jupiter, der um seinen Sohn Sarpedon trauern, und die Meeresgöttin Thetis, die ihren Sohn Achill verlieren wird, bezieht. Das Thema des Ehebruchs erfährt schließlich im Finale des Kurzepos seinen Höhepunkt, indem die weltumspannenden Verluste im Trojanischen Krieg als Strafe für das Verbrechen des Ehebruchs angekündigt werden (655): crimen adulterii talis uindicta sequatur.21 Mit diesem knappen Satz als Resümee endet das Gedicht. 3. EINE NEUBEWERTUNG DER SCHULDFRAGE: FATUM, GÖTTERZORN UND MENSCHLICHES FEHLVERHALTEN Nach Schilderung des Parisurteils ruft der Erzähler aus (37bf.): heu nescia mens est, / quae mala circumstent ausum dare iura Mineruae! (Weh, sein Sinn weiß nicht, welche Übel ihn, der es gewagt hat, über die Göttin Minerva zu urteilen, umlagern!). Die weltumspannenden Ausmaße der Vernichtung als Folge der Zurücksetzung zweier Göttinnen im Schönheitswettbewerb, den Paris zu entscheiden hatte, veranlassen den Erzähler zur ungläubigen Frage nach der Maßlosigkeit göttlichen Zornes (55f.):22 sic dolor exsurgit diuum, sic ira polorum saeuit et errantes talis uindicta coercet?

20 Eine weitere Aufgabe dieses Mittelteils besteht darin, den Blick auf die Vergangenheit des trojanischen Königshauses zu weiten und damit an dessen notorische Vertragsbrüchigkeit zu erinnern, die sich insbesondere in Laomedons Betrug an den Göttern manifestiert hatte; vgl. auch weiter unten Anm. 30. Priamus und vor allem Paris führen diese Linie in der Gegenwart fort. 21 Zum performativen Akt der Verfluchung der Ehebrecher s. u. S. 127–131. 22 Mit Recht erinnert Wolff 2002, 122, Anm. 37 an die im Ton vergleichbare Frage im Proöm der ‘Aeneis’ (Aen. 1,11): tantaene animis caelestibus irae? (Sind die Herzen der Himmlischen wirklich zu solch gewaltigen Zornesausbrüchen fähig?).

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Christine Schmitz Erhebt sich so der Schmerz der Götter, wütet so der Zorn des Himmels und straft eine solche Rache diejenigen, die fehlgehen?

Ist es aber wirklich nur das Parisurteil, das den großen Krieg entzündet?23 Zwei Beweggründe werden für Parisʼ Entscheidung, nach Troja zu gehen, angeführt (68): mens et fata iubent. Nicht nur Parisʼ Fehlverhalten führt zu Trojas Untergang, sondern im Laufe der Erzählung wird ausgeführt, wie auch andere Akteure zum vom Schicksal vorherbestimmten Untergang beitragen. Zahlreiche Äußerungen zur Unabwendbarkeit des Schicksals müssen im Kontext betrachtet werden. Eine scheinbar neutrale Aussage über die unaufhaltsamen fata (vgl. 57–60)24 wird durch andere Passagen relativiert. Zwar berufen sich Götter und Menschen auf das Fatum. Im Falle Apollos und Helenas geht aber aus dem Kontext hervor, daß fata instrumentalisiert werden können. So geschieht die Intervention des Sehergottes Apollo in einer kritischen Situation mit Hinweis auf die fata. Hätten die Trojaner nämlich den Warnungen seiner Seher Helenus und Cassandra Glauben geschenkt, wäre Paris nicht in Troja aufgenommen worden, und der Trojanische Krieg hätte nicht stattgefunden. In polarer Ausdrucksweise beruft sich Apollo auf die fata, die er für identisch mit dem Götterwillen erklärt, (190–192): „pellere pastorem patriis de sedibus umquam / fata uetant, quae magna parant. stant iussa deorum: / magnanimum Aeaciden solus prosternet Achillem“ („Den Hirten je aus dem Sitz seiner Väter zu vertreiben, verbieten die Schicksalssprüche, die Großes vorbereiten. Festgelegt sind die Weisungen der Götter: den hochgemuten Aeaciden, Achill, wird einzig er niederstrecken“). Wenig später bekräftigt Apollo nochmals die Unabänderlichkeit der fata (198–199): „fata manent, conscripta semel sunt uerba Tonantis, / imperium sine fine dabit“ („Die Schicksalssprüche behalten ihre Gültigkeit; ein für allemal sind Jupiters Worte aufgeschrieben; er wird Herrschaft ohne Grenzen geben“). Die bewußt ambivalent gewählten Worte bedeuten aus römischer Sicht eine wahre Prophezeiung, die freilich Trojas Untergang voraussetzt. Für Leser der bekannten Prophezeiung Jupiters an seine besorgte Tochter Venus im ersten ‘Aeneis’-Buch kann das direkte Zitat imperium sine fine (Aen. 1,279 = Romul. 8,199) nur bedeuten, daß sich

23 So Simons 2005, 298: „Allein das Paris-Urteil über die Göttinnen wird im Laufe der Erzählung wiederholt als Motiv für Parisʼ Handlungen genannt“. Das Parisurteil ist jedoch lediglich ein Auslöser für Parisʼ Wunsch nach Veränderung seiner Lebenssituation. Wenn Simons 2005, 299 argumentiert „Die Unzufriedenheit von Paris, der seine Grenzen nicht kennt, wird zum Movens, welches die Handlung in mehreren Stufen bis hin zum Raub vorantreibt“, blendet sie andere Faktoren, die außerhalb der Person des Paris liegen, aus, wie etwa den Seesturm, wodurch es überhaupt erst zur Begegnung des nach Zypern verschlagenen Helden mit Helena kommen kann, und Helenas aktive Beteiligung am ‚Raub‘. Zur zufälligen Begegnung von Paris und Helena s. auch unten, S. 123 und Anm. 38. Schon Bretzigheimer 2010, 361f. wendet sich gegen die Interpretation von Simons 2005, 299, daß Dracontius die Schuld am Trojanischen Krieg allein Paris zuweise. 24 Vgl. auch Wolffs Referat zum Problem des Verhältnisses von Determinismus und Götterwillen 2002, 123, Anm. 39. Simons 2005, 293–298 setzt sich ausführlich mit der Rolle der fata in ‘De raptu Helenae’ auseinander.

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die prophezeite unbegrenzte Weltherrschaft auf das römische Volk bezieht, dessen trojanische Ursprünge in der ‘Aeneis’ thematisiert werden. Auch Helena rechtfertigt ihre Einwilligung zur Hochzeit mit Paris und damit zum Ehebruch durch Berufung auf die fata, die mit Jupiters Willen identisch seien (535): „hoc nam fata iubent uel nos hoc Iuppiter urguet“ („denn dies befehlen die Schicksalssprüche bzw. Jupiter drängt uns dazu“). Dies klingt wie ein frivoles Echo auf die auktoriale Darlegung von Parisʼ Beweggründen, nach Troja zu gehen (mens et fata iubent, 68). Entsprechend werden beide im Epilog vom Dichter wegen ihres Ehebruchs verurteilt.25 Zu Unrecht schreibt Bretzigheimer dem Eingreifen von Göttern eine handlungsmotivierende Rolle zu. So führt sie Helenas Liebe zu Paris auf den Einfluß der Liebesgötter zurück, vgl. v. a. „Zum einen schaltet sich Venus ein, lässt durch Amor die Königin (analog zu Dido, Aen. 1,657–688) in Liebe versetzen“ und „Da sie inzwischen von Amors Pfeil getroffen ist, entbrennt sie beim Prunkauftritt des in Purpur und Gold gekleideten Prinzen (481– 486) in ‚Liebe auf den ersten Blick‘.“26 Im Verlauf des Gedichts wird ausgeführt, wie fata, Götter und menschliches Fehlverhalten konvergieren, wenn sich die Ereignisse letztendlich doch wieder in der von der mythisch-literarischen Tradition vorgezeichneten Bahn entwickeln. Auf menschlicher Ebene spielt das Verhalten bestimmter Akteure (Paris, Helena, Priamus, Hecuba) der Erfüllung des vom Fatum bestimmten Untergangs Trojas in die Hände. Auf göttlicher Ebene wird die Feindschaft gegen das trojanische Königshaus mit verschiedenen Motiven begründet. So agieren Juno und Minerva aus gekränkter Eitelkeit wegen ihrer Zurücksetzung im Parisurteil, während Apollo aus Rache wegen der Vertragsbrüchigkeit des Königs Laomedon auf den Untergang Trojas hinwirkt. Paris, der zu Beginn als Objekt des Gedichts genannt wird, macht sich durch seine Hochzeit mit der verheirateten Helena des Ehebruchs schuldig.27 Er ist je-

25 Zum manipulativen Umgang mit fata vgl. auch Simons 2005, 295f. Anders beurteilt Bretzigheimer 2010 Helenas Verhalten, vgl. etwa 386f.: „Darf man Helenas Worten glauben, dann ist es göttliche Fügung, die für Paris auch die letzte mögliche Hürde aus dem Weg räumt und ihm die Tür zum Ehebruch öffnet.“ 26 Bretzigheimer 2010, 385 und 392. Das Entzünden der Liebesglut durch den Knaben Amor (494–498) ist jedoch nur eine poetische Umsetzung der Metapher des Liebesfeuers. Dracontius bedient sich gattungsspezifischer Darstellungskonventionen, wie sie vor allem im Epos üblich sind. So schildert er etwa den Sonnenaufgang nach dem Fest am Hofe Telamons, indem er den Sonnengott Phoebus mit seinem Pferdegespann auftreten läßt (8,369–371). Auch ohne diese mythologischen Bilder bricht jedoch der Tag an, und auch ohne Amors Pfeil entbrennt Helena in Liebe zu Paris. 27 Auch Silius geht in seinem Epos in einer Digression auf die Ursprünge des Trojanischen Krieges ein und verfolgt diesen bis zum Parisurteil zurück, das den Ausgangspunkt für den Trojanischen Krieg bedeute (Laomedonteus Phrygia cum sedit in Ida / pastor, Sil. 7,437f.). Wenn Proteus den Nymphen die Anfänge des Trojanischen Krieges erläutert, spielt er mit der Antonomasie Laomedonteus pastor auf die unter unheilvollem Vorzeichen stehende Herkunft des Paris an, der sich in die Tradition des Laomedon einreihen und wiederum die Zerstörung Trojas herbeiführen wird.

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doch nicht der am Untergang Trojas allein Schuldige.28 Vielmehr bildet er das Ende in der Generationsfolge des trojanischen Königshauses,29 das durch Unrecht göttlichen Zorn auf das ganze trojanische Geschlecht hervorgerufen hat. Vergeblich sucht Priamus die Götter durch Opfer gnädig zu stimmen. Das Scheitern dieses Versuches wird auktorial vorweggenommen: Die Götter bleiben unversöhn28 Die Schuldfrage wird in verschiedenen Werken naturgemäß unterschiedlich behandelt, hängt doch die Schuldzuweisung von der jeweiligen Perspektive ab. So ist in Statiusʼ ‘Achilleis’ der Weg des Paris aus der Perspektive der Thetis schuldbeladen (Stat. Ach. 1,23 culpatum …iter), da ihr Sohn Achill im Trojanischen Krieg seinen Tod finden wird. Die moralische Verurteilung des Paris als Ursache des Trojanischen Krieges begegnet bei dem nochmaligen Rückgriff auf diesen Mythos zu Beginn des zweiten Buches, als Achill während der Überfahrt nach Troja, um sich in Zorn zu versetzen, nach dem Beginn des Trojanischen Krieges fragt (Stat. Ach. 2,47f. „quae Danais tanti primordia belli, / ede: libet iustas hinc sumere protinus iras“). So provoziert Odysseus Achill, zu seinem Schwert zu greifen (Ach. 2,84f.), indem er, ganz auf diese Wirkung ausgerichtet, seinem Zuhörer vor Augen führt, wie er reagieren würde, wenn jemand in Analogie zum Raub Helenas seine Deidamia entführen würde (Ach. 2,81–83): „quid si nunc aliquis patriis rapturus ab oris / Deidamian eat uiduaque e sede reuellat / attonitam et magni clamantem nomen Achillis?“ Vgl. F. Ripoll: Réécritures d’un mythe homérique à travers le temps: le personnage de Pâris dans l’épopée latine de Virgile à Stace, Euphrosyne 28, 2000, 83–112, hier 103–110: „Pâris dans l’Achilléide: un sujet de uituperatio“. Auch in der ‘Aeneis’ wird die Schuldfrage unterschiedlich perspektiviert. Venus läßt gegenüber Aeneas die einseitige Schuldzuweisung an Paris und Helena nicht gelten (Verg. Aen. 2,601–603): „non tibi Tyndaridis facies inuisa Lacaenae / culpatusue Paris, diuum inclementia, diuum / has euertit opes sternitque a culmine Troiam“ („Nicht das verhaßte Gesicht der Spartanerin, der Tyndareustochter, oder der beschuldigte Paris, sondern die Unerbittlichkeit der Götter, der Götter! zerstört dir diese Macht und stürzt Troja von seiner Höhe“). Von Juno dagegen wird Venus als Verursacherin des Trojanischen Krieges dargestellt, da sie Paris beim Raub Helenas geholfen habe. Dies ist aber deutlich als polemische Perspektive der Juno gekennzeichnet. Als Reaktion auf Venusʼ Rede in der Götterversammlung fragt sie ironisch, ob der Ehebrecher Paris etwa auf ihr Geheiß den Trojanischen Krieg ausgelöst habe (Verg. Aen. 10,90–93): „quae causa fuit consurgere in arma / Europamque Asiamque et foedera soluere furto? / me duce Dardanius Spartam expugnauit adulter, / aut ego tela dedi fouiue Cupidine bella?“ („Was war der Grund dafür, daß sich Europa und Asien zu den Waffen erhoben und man Verträge durch einen Raub brach? Hat unter meiner Führung der dardanische Ehebrecher Sparta erobert, habe ich ihm Waffen in die Hand gegeben, ich den Krieg durch Cupidos Eingreifen gefördert?“). 29 Die schuldbeladene Linie des trojanischen Königshauses könnte auch ein Grund sein, warum die Ebenbildlichkeit von Sohn und Vater hervorgehoben wird (366–368): regis Alexandrum iuuenem regina Pelasgum / Hesione complexa fouet, germana parentis: / uultibus in Paridis Priami laudatur imago (Alexander, den jugendlichen Sohn des Königs, herzt umarmend die Königin der Griechen, Hesione, die Schwester seines Vaters: in den Gesichtszügen des Paris wird das Ebenbild des Priamus gerühmt). In enger Zusammenfügung begegnen Paris und Priamus auch in der Horazode 3,3 (carm. 3,3,40f.): dum Priami Paridisque busto / insultet armentum („solange bei des Priamus und Paris Grab das Vieh springt“). Darüber hinaus zieht Cassandra in ihrer Rede eine Parallele zwischen Paris und Priamus, indem sie beiden die Ambition unterstellt, Jupiter zum Verwandten zu bekommen. Beide wollten ihren gesellschaftlichen Status erhöhen: Paris als Schwiegersohn Jupiters (gener ipse Tonantis / Idaeus sic pastor erit, Romul. 8,147f.) und Priamus als Schwiegervater Helenas (iam consocer esse Tonantis / uult genitor, 152f.).

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lich. Auf Priamus und seinem Geschlecht lastet der Verrat seines Vaters Laomedon, der die Götter Apollo, Neptun und Hercules um ihren Lohn betrogen hatte, was die erste Zerstörung Trojas zur Folge hatte. Nicht umsonst wird der unter einem ungünstigen Schicksal stehende Herrscher Priamus (rector / infelix, 78/79) in dem Augenblick mit dem Namen seines Vaters umschrieben, in dem die Unerbittlichkeit der Götter konstatiert wird (80f.): annua persoluens ingratis munera diuis / Laomedontiades (Der Sohn des Laomedon, der gerade die alljährlichen Gaben für die dennoch undankbaren Götter entrichtete). Auktorial motiviert der Erzähler Apollos Intervention zugunsten der Aufnahme des Hirten und Schiedsrichters Paris in Troja als Strafe für Laomedons Verrat, da erst dadurch, daß der ausgesetzte Paris als trojanischer Königssohn anerkannt wird, die Voraussetzung für die abermalige Zerstörung Trojas gegeben ist (186f.): et genus ingratum poenas persoluat auari / exoptat (und es ist sein Wunsch, daß das undankbare Geschlecht die Strafe für den habgierigen bezahlt). Der Rachewunsch des um seinen Lohn betrogenen Gottes Apollo zielt wie der Zorn der beleidigten Juno auf das ganze trojanische Königshaus, klingt doch et genus ingratum (186) an et genus invisum (Verg. Aen. 1,28) an. Schließlich erinnert der wegen der Rückforderung seiner Gattin erzürnte Telamon die trojanischen Gesandten an den ersten Untergang Trojas, der durch den Meineid des Königs Laomedon verursacht wurde. Durch iterum kündigt er eine Wiederholung an (297f.): „placuitne Phrygis periuria gentis30 / soluere uos iterum?“ („Habt ihr beschlossen, den Meineid eures phrygischen Geschlechtes wiederum zu sühnen?“). Dracontius nun führt all diese Gründe (Götterzorn, fata, menschliches Handeln) im Ehebruch von Paris und Helena zusammen, indem er darlegt, wie dieser Ehebruch hätte verhindert werden können: zunächst durch Priamus und Hecuba, indem sie – eingedenk des warnenden Traumes Hecubas, an den Helenus seine Mutter erinnert (vgl. 122–124a) – ihren Sohn nicht in Troja aufgenommen hätten, dann durch die Seher Helenus (vgl. 131 sed quid fata ueto …?) und Cassandra (152 sed quid uana cano?), wenn man ihren Prophezeiungen Glauben geschenkt hätte. Dies wird gerade durch den Sehergott Apollo verhindert, der im kritischen Augenblick interveniert, damit das Schicksal seinen Lauf nehmen kann. Helena schließlich willigt in die Entführung ein, wobei sie ihren Ehebruch sogar mit Berufung auf die fata rechtfertigt (535): hoc nam fata iubent uel nos hoc Iuppiter urguet.31 Dracontius modifiziert in seiner Darstellung die Konzeption der ‘Aeneis’. Auch hier spielt das verhängnisvolle Handeln der Menschen eine entscheidende Rolle bei der Erfüllung der fata. So reflektiert Aeneas als damaliger Beteiligter und nachmaliger Augenzeuge in seiner Erzählung von Laokoons vergeblichem 30 Insbesondere die Hexameterklausel periuria gentis klingt wie ein Echo auf Didos Klage, die auf Aeneasʼ Treuebruch gemünzt ist (Verg. Aen. 4,541f.): „nescis, heu, perdita, necdum / Laomedonteae sentis periuria gentis“? („Ach, kennst du denn nicht, Verlorene, spürst du immer noch nicht den Meineid des Laomedontischen Geschlechtes?“). 31 S. o. S. 119, Anm. 25.

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Versuch, die Aufnahme des hölzernen Pferdes zu verhindern, über Trojas unvermeidlichen Fall (Aen. 2,54–56): et, si fata deum, si mens non laeua fuisset,32 impulerat ferro Argolicas foedare latebras, Troiaque nunc staret, Priamique arx alta maneres. Und wenn die Schicksalssprüche der Götter nicht ungünstig, wenn unser Sinn nicht verblendet gewesen wäre, dann – er hatte das Seinige getan, uns zu veranlassen, das Versteck der Argiver mit Waffengewalt zu zerstören –, ja, dann stünde Troja noch, und du, hohe Burg des Priamus, hättest noch Bestand.

Im ‘raptus Helenae’ wird das menschliche Fehlen nun gewissermaßen vordatiert: Nicht erst bei der Einnahme Trojas, sondern auch schon vorher, nämlich bevor Paris als von seinen Eltern anerkannter trojanischer Königssohn überhaupt die Gelegenheit bekam, Helena zu entführen, hätte das Unheil noch verhindert werden können. Daher wird der Schilderung der reumütigen Aufnahme ihres Sohnes durch die Eltern so breiter Raum gewährt (61–212). Anders als in anderen Versionen führt das Parisurteil nämlich nicht automatisch zur Entführung Helenas.33 Vielmehr wird gezeigt, daß es erst durch eine Reihe von Ereignissen und menschlichen Entscheidungen zum verhängnisvollen Raub mit weitreichenden Konsequenzen kommt. Zu große Sohnesliebe führt dazu, daß Priamus und Hecuba gegenüber den Vorzeichen und Prophezeiungen blind sind. Als Gegenkräfte werden Parisʼ Geschwister aufgeführt, namentlich die Seher Helenus und Cassandra, die vergeblich vor den Folgen warnen.34 Aber auch der als fortissimus (83) charakterisierte Hek32 Zur Diskussion der grammatikalischen Konstruktion des schwierigen Verses und zur sich – je nach Bezugswort (fata bzw. mens) – wandelnden Bedeutung von laeua vgl. die Kommentare von R. G. Austin: P. Vergili Maronis Aeneidos liber secundus. With a Commentary, Oxford 1964 und Nicholas Horsfall: Virgil, Aeneid 2. A Commentary, Leiden u. a. 2008 zur Stelle. Vgl. auch Otto Zwierlein: Si mens non laeva fuisset, in: Stefan Freund / Meinolf Vielberg (Hrsgg.): Vergil und das antike Epos, Stuttgart 2008, 339–354, hier 346–349. 33 In der mythologischen Vulgata dagegen erfolgt der Raub im unmittelbaren Anschluß an das Parisurteil. So läßt Oenone in ihrem Brief an Paris nach ihrer Schilderung des Parisurteils unverzüglich den Bau der Schiffe folgen (Ov. epist. 5,41–42); vgl. Peter E. Knox: Ovid. Heroides. Select Epistles, Cambridge 1995, zu 41–76 (S. 150): „O. follows the outline of events in the Cypria, where the building of a fleet and Parisʼ journey follows immediately upon the Judgement.“ Auch Paris selbst bekennt Helena in Ovids ‘Heroides’, daß er ungeduldig gewesen sei, die ihm versprochene Frau zu erobern (epist. 16,105f.): nec potui debere mihi spem longius istam, / caerulea peterem quin mea uota uia (Und ich konnte mir diese Hoffnung nicht länger unerfüllt lassen, ohne auf meerblauem Pfad das Objekt meiner Wünsche zu suchen). Ebenso unmittelbar folgt in Statiusʼ ‘Achilleis’ die Suche des Paris nach dem ihm für sein Urteil in Aussicht gestellten Lohn (Stat. Ach. 2,58f.): ira quatit uictas; petit exitialia iudex / praemia (oben in Anm. 16 zitiert und übersetzt). 34 Entsprechend werfen sie ihren Eltern diese fehlgeleitete pietas vor. Helenus (120f.): „pater impie, pessima mater, / quid pietas crudelis agit, quid perditis urbem?“ („Verantwortungsloser Vater, schlechteste Mutter, wozu treibt euch eure grausame Sohnesliebe, warum laßt ihr die Stadt zugrunde gehen?“). Cassandra (137–139a): „immemor heu pietas: uni pia mater haberis / pastoremque foues, sed multis impia constas / regibus“ („Ach, wie ist deine Sohnes-

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tor verhält sich skeptisch gegenüber der Aufnahme seines Bruders Paris.35 So wird bei der Reaktion auf Apollos manipulative Rede Priamusʼ sorgloses Vertrauen36 in die Worte des Gottes von Hektors vorausschauender Haltung abgesetzt (211f.): dixerat, et Phoebum Priamus summissus adorat / et grates securus agit, tacet optimus Hector (Er hatte gesprochen, und Priamus betet Phoebus demütig an und dankt ihm sorglos, der ausgezeichnete Hector aber schweigt). Ebenso ahnungsvoll verhält sich Hector bei Parisʼ erneuter Aufnahme in Troja (624): nec gaudet fortior Hector. Paris ist – im Gegensatz zu seiner in der literarischen Tradition festgelegten Rolle – auffallend desinteressiert, die ihm von Venus in Aussicht gestellte Frau, ein Ebenbild ihrer selbst, möglichst bald zu erobern. Vielmehr ist sein ganzes Streben darauf ausgerichtet, Ruhmestaten zu vollbringen, um seine vormalige Hirtenexistenz vergessen zu machen (vgl. solam cupit addere famam / maiorum titulis, uiuaces quaerere laudes, / ut celet quod pastor erat, 215–217). Daher schlägt Priamus selbst seinem tatendurstigen Sohn eine Seereise nach Salamis vor, die durch den angeblichen Raub Hesiones motiviert wird, da Priamus zu diesem Zeitpunkt noch nichts von der längst erfolgten Ehrenstellung seiner Schwester als Gattin Telamons weiß. Nur infolge eines Seesturms, also zufällig, verschlägt es Paris, der sich nicht auf eigene Initiative auf die Suche nach der ihm von Venus verheißenen Frau begibt, nach Zypern, wo sich auch Helena gerade befindet. Diese veränderte Konzeption gibt dem Dichter des ‘raptus Helenae’ Gelegenheit, den narrativen Zwischenraum zwischen dem Parisurteil und der Entführung Helenas auszufüllen,37 wobei er alternative Möglichkeiten anklingen läßt. In diese Zeit verlegt er die trojanische Gesandtschaft nach Salamis zur Rückforderung Hesiones, an der Paris teilnimmt. In dramatischer Zuspitzung werden wiederholt Situationen geschildert, die ein „Beinahe“38 nahelegen. Beinahe hätte der Trojani-

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liebe vergeßlich: einem einzigen giltst du als liebevolle Mutter, du favorisierst den Hirten, aber gegenüber den vielen anderen Königssöhnen erweist du dich als verantwortungslos“). Im Gegensatz zu Priamus hat auch das trojanische Volk die warnenden Prophezeiungen des Helenus nicht vergessen. Bei der öffentlichen Trauer um den von der Seereise nicht zurückgekehrten Paris zeigt das Volk nur nach außen hin Trauer um den Königssohn (606f.), in Wirklichkeit aber sind etliche froh (608f.): nam quicumque memor Heleni mox dicta tenebat, / laetatur gaudens et tantum uoce dolebat (denn jeder, der die Worte des Helenus noch in Erinnerung hatte, freute sich innerlich und bekundete nur nach außen hin seine Trauer). Darüber hinaus verweist die Szene auch auf die Sinonepisode, in der Priamus ebenfalls durch Leichtgläubigkeit (Verg. Aen. 2,145–151) bewirkt, daß Sinons List Erfolg hat und Troja durch Aufnahme des hölzernen Pferdes erobert werden kann. Damit konkretisiert er gleichsam die vage Zeitangabe interea (Ov. epist. 16,89), die sich in Parisʼ eigener Erzählung seiner Lebensgeschichte findet. Zur chronologischen Anordnung der Ereignisse (Parisurteil, Wiedererkennung und -aufnahme in Troja, Schiffsbau, Raub Helenas) vgl. E. J. Kenney: Ovid. Heroides XVI–XXI, Cambridge 1996 zu V. 89 und Introduction S. 6–7. So auch Schetter 1994, 308: „Beinahe hätte der Trojanische Krieg nicht stattgefunden. Daß der dann doch stattfand, lag an fatalen Imponderabilien“. Zu potentiellen Alternativen vgl.

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sche Krieg verhindert werden können, wenn Paris nicht von seinen Eltern in Troja aufgenommen worden wäre, wenn man den beiden Sehern Helenus und Cassandra Glauben geschenkt hätte, wenn Paris nicht durch einen Seesturm nach Zypern verschlagen worden wäre, wenn Helena auf dem Höhepunkt der durch die Verfolger drohenden Gefahren nicht die Initiative ergriffen hätte und wenn Priamus und Hecuba das Brautpaar nicht wieder aufgenommen hätten. Hätten die Eltern Paris also nicht zweimal in Troja aufgenommen, hätte Priamus seinen Sohn nicht auf Seereise geschickt39 und wäre Paris, durch einen Seesturm von seinen Begleitern getrennt, nicht nach Zypern gelangt, hätte es nicht zur fatalen Begegnung des Paris mit Helena und damit zum Trojanischen Krieg kommen können. Dracontius wählt mit seinem Thema, dem Raub Helenas, also genau die kritische Phase aus der Vorgeschichte des Trojanischen Krieges aus, in der sich die Ereignisse auch ganz anders hätten entwickeln können. 4. DER DICHTER DES ‘RAPTUS HELENAE’ ALS VOLLENDER DER GROSSEN EPISCHEN VORGÄNGER Aus dem Proömium geht hervor, daß Dracontius sich – wenn auch in stilisierter Bescheidenheit – als dritten Dichter neben Homer und Vergil einordnet. Es ist der Anspruch der späteren Dichter, von den Vorgängern noch nicht Ausgeführtes zu ergänzen, so daß eine kontinuierlich zusammenhängende Erzählung entsteht. Wie Statius im Proömium zur ‘Achilleis’ auf die mit seinem Epos zu füllenden Freiräume hinweist,40 inszeniert sich auch Dracontius als Vollender eines Themas, das von seinen berühmten Vorgängern, Homer und Vergil, noch nicht ausgeführt wurde (Romul. 8,22b–23): quidquid contempsit uterque scribere Musagenes, hoc uilis colligo uates. Was beide Musenabkömmlinge zu schreiben verschmähten, das lese ich, ein wertloser Dichter, auf.

Entsprechend wird das von den großen Vorgängern Übriggelassene im anschließenden Tiervergleich (Romul. 8,24–27) als reliquiae bezeichnet (24f.): reliquias allgemein Heinz-Günther Nesselrath: Ungeschehenes Geschehen: ‚Beinahe-Episoden‘ im griechischen und römischen Epos von Homer bis zur Spätantike, Stuttgart 1992; speziell zu Dracontiusʼ ‘De raptu Helenae’: 139; angesichts der notorischen Erfolglosigkeit von Cassandras Prophezeiungen ist die Überlegung allerdings unwahrscheinlich, während Cassandras langer Rede (135–182) werde „immer mehr die Erwartung aufgebaut, daß die Trojaner ja vielleicht doch ihrem Ratschlag folgen und Paris töten könnten“ (139). 39 Dagegen berichtet Paris etwa in Ovids ‘Heroides’ vom Versuch seiner Eltern, ihn von der geplanten Reise nach Sparta abzuhalten (Ov. epist. 16,119–120): at pater et genetrix inhibent mea uota rogando / propositumque pia uoce morantur iter (Doch Vater und Mutter versuchen mit ihren Bitten, mich an der Erfüllung meiner Wünsche zu hindern, und sie verzögern mit frommen Worten meine geplante Reise). 40 Stat. Ach. 1,3b–5a, s. o. S. 110f.

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praedae uulpes sperare leonum / laudis habent (Die Füchse betrachten es als lobenswert, auf die Überreste der Löwenbeute zu hoffen). In der Tat präsentiert Dracontius mit seinem Kurzepos die Vorgeschichte des Trojanischen Krieges als prequel zu Homers ‘Ilias’ und vor allem zu Vergils ‘Iliupersis’.41 Indem Dracontius die Vorgeschichte des Trojanischen Krieges entfaltet, reiht er sein Werk in ein großes episches Kontinuum über den Trojanischen Krieg ein. Sein Kurzepos verortet er vor Homer und vor allem vor Vergil, der im zweiten Buch der ‘Aeneis’ den Untergang Trojas dargestellt hat. Dracontius führt seine Erzählung bis zur ‘Iliupersis’ heran. Durch intertextuelle Verweise insbesondere auf Vergils Darstellung von Trojas Untergang verbindet er sein Werk mit dem des großen Vorgängers, dem er damit die Rolle des Fortsetzers seines Gedichts zuweist. Mit seinem Epilog und insbesondere mit seinem letzten Vers crimen adulterii talis uindicta sequatur (655) hat er den Anschluß zum zweiten Buch der ‘Aeneis’ hergestellt. Der Untergang Trojas wird als Folge (sequatur, 655) des Ehebruchs angekündigt. Am Ende des Gedichts ‘De raptu Helenae’ findet sich der Leser also in exakt der narrativen Situation, in der die Auswirkungen der unheilvollen Hochzeit von Paris und Helena geschildert werden können. Nun kann die Lektüre der ‘Iliupersis’ folgen, und zwar in Vergils Version im zweiten ‘Aeneis’Buch, in dem Aeneas den Untergang seiner Heimatstadt schildert. Der spätere Dichter vervollständigt die ‘Ilias’ und die ‘Aeneis’ also um die Vorgeschichte. Im Proömium kündigt er an, den bekannten ‘raptus Helenae’ adäquater als bisher darzustellen. Und in der Tat bezieht er nicht nur den ersten Trojanischen Krieg mit ein, sondern nimmt auch proleptisch in Form von Prophezeiungen die Konsequenzen des Ehebruchs von Paris und Helena vorweg, so daß er nichts Geringeres bietet als eine umfassende Schilderung der Vorgeschichte, die zum zweiten Trojanischen Krieg und damit zur endgültigen Zerstörung Trojas und letztlich zur Gründung Roms führte. Darin besteht sein Anspruch gegenüber früheren, fragmentierten Darstellungen der Ereignisse um die ‚Entführung‘ Helenas durch Paris. 5. VERGILS AUTORITÄT VERSUS GÖTTLICHE INSPIRATION Das Proömium zu einem epischen Werk ist der Ort, Fragen nach der Vorgeschichte etwa einer kriegerischen Auseinandersetzung zu stellen, häufig in Verbindung mit einem Musenanruf. So bittet der Erzähler im Proömium der ‘Aeneis’ die allwissende Muse darum, ihm die Gründe für Junos Zorn zu nennen (Aen. 1,8): Musa, mihi causas memora (Nenne mir, Muse, die Gründe). Nach diesem Muster wird auch im Proömium zum ‘raptus Helenae’ die Frage nach der causa gestellt, in auffallender Abweichung wird aber der Musenanruf als fester Bestandteil eines Proömiums zurückgewiesen. Statt dessen bittet der Dichter seine beiden Vorbilder Homer und Vergil darum, ihm den Grund für die Entführung Helenas durch Paris zu nennen (Romul. 8,29f.): uulgate, precor, quae causa nocentem / fecit Alexand41 Zum von Homer und Vergil vorausgesetzten, aber nicht ausführlich behandelten Parisurteil als einem der Gründe des Trojanischen Krieges s. o. S. 109, Anm. 1.

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rum, raptu spoliaret Amyclas (tut kund, ich bitte euch, welcher Grund Alexander hat schuldig werden lassen, daß er Amyclae durch seine Entführung beraubt hat). Zahlreiche Prophezeiungen nehmen als narrative Prolepsen das zukünftige Geschehen vorweg. Die externen Prolepsen, die über das Ende des Werkes hinausreichen, haben die Funktion, auf den Untergang Trojas hinzuweisen und so von Anfang an auch die verheerenden Folgen mit einzubeziehen, die sich aus dem ‚Raub‘ Helenas ergeben. Dracontius bekräftigt durch Verweise insbesondere auf das zweite ‘Aeneis’-Buch, daß nicht eine Muse, sondern der Dichter der ‘Aeneis’ seine Autorität ist. Apollo hat sich als Sehergott ohnehin als unzuverlässig erwiesen, die Wahrheit einer Erzählung zu verbürgen, verhinderte er doch durch seine Trugrede (188–210), daß die Trojaner den wahren und dann tatsächlich eintreffenden Prophezeiungen seiner Seher Helenus und Cassandra Gehör schenkten. Der übliche Musenanruf wird also durch die hymnische Apostrophierung der epischen Dichter Homer und Vergil, die der Dichter als seine numina (numina uestra uocans, 22) anruft, ersetzt (12–21): ut monitus narrare queam, te, grandis Homere – / … te numen uult esse suum; nec dico Camenae / te praesente „ueni“: sat erit mihi sensus Homeri, / qui post fata uiget, qui … / et qui Troianos inuasit nocte poeta … (Damit ich inspiriert erzählen kann, rufe ich dich, großer Homer, herbei. will, daß du seine Gottheit seist; und ich sage in deiner Gegenwart nicht zur Camena: „Komm!“: mir wird der Geist Homers genügen, der nach seinem Tod fortlebt, der … und ebenso der Dichter, der die Trojaner in der Nacht überfallen ließ …). Durch diese Substitution macht er deutlich, wessen Autorität er sich in seinem Epos anschließt. Durch wörtliche Zitate insbesondere aus dem zweiten ‘Aeneis’-Buch legitimiert der Dichter seine Version. Vergilzitate treten vor allem in Prophezeiungen auf, so daß deren Wahrheit durch die Autorität des Vergiltextes bekräftigt wird. So ist Helenusʼ Prophezeiung mit Anklängen an Vergils ‘Iliupersis’ durchsetzt (126–127a): „litora nostra petent Danai cum mille carinis, / Dorica castra fremunt“ („Zu unseren Stränden werden die Danaer mit tausend Schiffen streben, schon ertönt das dorische Lager“). Dieser Satz setzt sich geradezu centoartig aus zwei Zitaten aus Vergils zweitem ‘Aeneis’-Buch zusammen: mille carinae (Aen. 2,198)42 und Dorica castra (Aen. 2,27). Durch diese Verweise auf das zweite ‘Aeneis’-Buch wird den Lesern signalisiert, daß sich die Prophezeiungen erfüllt haben, denn sie stimmen mit der im nachhinein gegebenen Erzählung des Aeneas überein.

42 Die Angabe mille carinae verweist als Chiffre für die griechische Flotte zur Rückeroberung der nach Troja entführten Helena in poetischer Verdichtung auf den Trojanischen Krieg insgesamt. Zu der in diesem Zusammenhang stehenden Wendung mille carinae vgl. auch Romul. 8,646, ferner Aen. 9,148; weitere Parallelen führt Wolff 2002, 130, Anm. 76 an. Zum weiteren Intertext Stat. Ach. 1,34 s. u. S. 130, Anm. 56.

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6. PERFORMATIVE VERFLUCHUNG DER EHEBRECHER IM FINALE DES GEDICHTS Dracontius gestaltet das Neuerzählen des bekannten Raubes der Helena durch Paris als performativen Akt.43 Insbesondere wortmächtige Akte wie Segnung und Verfluchung eignen sich für literarische Texte.44 Der Dichter erzählt die Verfluchung seiner Protagonisten nicht nur, sondern setzt sie im Akt des Erzählens ins Werk. Das Finale läßt sich also nicht nur als Darstellung eines Sprechakts, sondern als Sprechakt selbst verstehen. Mit der Ankündigung der Folgen, die der unheilvolle Ehebruch nach sich ziehen soll (sequatur, 655), entläßt er seine Protagonisten. In seiner Neugestaltung des ‘raptus Helenae’ präsentiert sich der Dichter bzw. Erzähler als an den von ihm geschilderten Ereignissen unmittelbar Beteiligter.45 Schon in der Apostrophierung seiner epischen Modelle schrieb Dracontius Homer und Vergil eine aktive Beteiligung an den Geschehnissen zu. Homer habe Griechen gegen Troja geführt, um für das Unrecht der Trojaner Rache zu nehmen (Romul. 8,17b–18). Den Dichter Vergil, der den Untergang Trojas darstellte, versetzt er in die Rolle eines aktiven Teilnehmers an der ‘Iliupersis’ (V. 19 et qui Troianos inuasit nocte poeta, und der Dichter, der die Trojaner in der Nacht überfallen ließ) und setzt ihn als Dramaturgen in Szene (20f. armatos dum clausit equo, qui moenia Troiae / perculit et Priamum Pyrrho feriente necauit, indem er bewaffnete Krieger in das Pferd einschließen ließ, das Trojas Mauern zerstörte, und indem er den Trojanerkönig Priamus durch den Todesstoß des Pyrrhus töten ließ).46 Die Interjektion heu markiert die Anteilnahme des allwissenden Erzählers. Der Erzähler bezieht das kommende Unheil klagend mit ein, wenn er an entscheidenden Wendepunkten seine Distanz aufgibt. So ruft er bei Parisʼ Zurücksetzung der Göttin Minerva aus (37f.): heu nescia mens est, / quae mala circumstent au-

43 Vgl. auch Wolff 2002, 40, Anm. 388: „La fin du texte n’est pas une prophétie, mais une malédiction lancée à Pâris et Hélène et illustrant l’idée que la faute d’une personne peut entraîner le malheur de beaucoup d’autres“. 44 Vgl. die Überlegungen zum performativen Potential von Texten in der Einleitung von Cornelia Herberichs / Christian Kiening (Hrsgg.) in: Literarische Performativität. Lektüren vormoderner Texte, Zürich 2008, 9–21. 45 Zur Präsenz des Erzählers vgl. auch Wasyl 2011, 37: „It is the main character and his ‚bride‘ for whom the speaking ego saves his last words. Thus, the barrier dividing the narrator from the characters seems broken: the poet turns into a participant of the wedding ceremony“. Diese richtige Beobachtung spricht meines Erachtens gegen Wasyls spätere Vermutung, das Verstummen der Akteure im Finale signalisiere eine pantomimische Darbietung („a pantomimic performance“, 85): „One is tempted to suppose that this unexpected lapse into silence of all the actors may be a sign, a suggestion, given by the author to read this scene precisely as pantomimic, as a mute spectacle, which this time is a tragic pantomime of course“ (84). 46 Zu dieser Konvention, wonach der Dichter selbst als Akteur der Handlung auftritt, welche seine Dichtung beschreibt, vgl. J. C. McKeown: Ovid: Amores. Vol. III. A Commentary on Book Two, Leeds 1998 zu Ov. am. 2,1,11–12 und 2,18,2.

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sum dare iura Mineruae!47 Kurz darauf thematisiert er die großen Verluste, die im Zuge des Trojanischen Krieges zu erwarten seien (45f.): damnatur Graecia sollers / heu magnis uiduanda uiris (Dem Untergang geweiht48 ist das kunstfertige Griechenland, weh, es ist dazu bestimmt, seiner großen Helden beraubt zu werden). Ebenso beklagt er aus der ahnungsvollen Perspektive des Troilus, der sich bei der erneuten Aufnahme des Paris mit der entführten Helena an die Prophezeiungen seiner Geschwister Helenus und Cassandra erinnert, den bevorstehenden Tod solcher Helden (629): heu quantos raptura uiros. Durch die direkte Anrede an Troilus (Troile, 631)49 wird die ferne mythische Figur in die Gegenwart transponiert. Durch diesen Erzählduktus des direkten Miterlebens befindet sich der Erzähler auf einer Ebene mit der die Zukunft voraussehenden Seherin Cassandra,50 die ihren Eltern vorwirft, mit der Aufnahme des einen Sohnes in Troja die ganze Familie ins Verderben zu reißen (137): immemor heu pietas.51 Dracontius aktualisiert die oft behandelte Entführung Helenas durch Paris, indem er die mythische Vorlage als Ehebruch in Szene setzt, dessen negative Auswirkungen die ganze Welt und sogar die Götter in Mitleidenschaft ziehen werden. Auf eine Aktualisierung deutet der vorherrschende Erzählduktus: Narrative Partien werden immer wieder durch direkte Reden der handelnden Figuren, Apostrophierungen, Interjektionen (heu) und Reflexionen abgelöst, mit denen sich der Erzähler in das Geschehen einschaltet. Insbesondere der Tempuswechsel zeigt, daß die Nacherzählung der mythischen Geschichte nicht im Vordergrund steht. So wird das Parisurteil im nachholenden Tempus des Plusquamperfekts nur knapp abgehandelt (iam sederat [31], soluerat [34]); das Erzähltempus geht jedoch sogleich ins Präsens über (facit, recedit [35], dolet [37]). Das gerafft erzählte Ereignis dient dem Erzähler dann als Vorwand, die weitreichenden Konsequenzen ausführlich zu vergegenwärtigen (37b–60): heu nescia mens est, … Ganz analog wechselt der Erzähler bei der Schilderung der Hochzeit nach einem einleitenden Satz, in dem das Ereignis zunächst bewertet wird (638): Duxerat uxorem pastor cum sorte sinistra (Der Hirt hatte seine Ehefrau unter ungünstigem Vorzeichen heimgeführt), sogleich ins Präsens (639–646). Das anaphorische iam als Auftakt trägt zur Dynamisierung der Schilderung bei (639–643a): iam muros, iam tecta petunt, iam regis ad aulam / intratur …, / iam thalamis ornata sedet; … / tympana iam quatiunt, iam rustica fistula carmen / pastorale canit. Der auffallende Tempuswechsel dient der Vergegenwärtigung. Durch Apostrophierung 47 Bereits oben (S. 117) herangezogen und übersetzt. 48 Zu dieser Bedeutung von damnare im Kontext der Aufzählung der zu erwartenden Opfer vgl. unten S. 130, Anm. 58. 49 Ebenso hatten die Seher Helenus (129) und Cassandra (155) ihren Bruder Troilus in ihren Prophezeiungen apostrophiert. Direkt appelliert auch Paris an Hektor und Troilus (94), ihn als Bruder zu erkennen. 50 Die Angleichung des Dichters an die Prophetin Cassandra sieht man auch daran, daß nur ihr das Verb canere beigelegt wird, womit das prophetische Künden von Sehern und Sängern bezeichnet wird: 135 canit. 152 quid uana cano? 183 canit … gemitus Cassandra futuros. 188 quid uirgo canit? 51 S. o. S. 122, Anm. 34.

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der Protagonisten versetzt der Dichter das mythische Geschehen in die Gegenwart. Seine Macht als Dichter demonstriert er dadurch, daß er seine Protagonisten, nachdem er ihre von unheilvollen Prodigien begleitete Hochzeit geschildert hat (638–647), abtreten läßt (648f.): ite pares, sponsi, iam somnia taetra probastis / matris52 (Geht einmütig dahin, ihr nun Verheirateten, schon habt ihr den unheilvollen Traum der Mutter erfüllt). Sarkastisch ermuntert der Sprecher das direkt angesprochene Brautpaar (sponsi, 648), auf dem eingeschlagenen verhängnisvollen Wege nur fortzufahren (ite, 648), da sich der vorhergesagte Untergang Trojas mit dieser Hochzeit erfüllt habe. Der letzte Satz des Gedichts (crimen adulterii talis uindicta sequatur, 655) ist der direkten Verfluchung des mit der Hochzeit vollzogenen Ehebruchs vorbehalten. Seinen Epilog inszeniert der Dichter dabei als Umkehrung des Segenswunsches für ein Brautpaar. Mit dieser nicht nur geschilderten, sondern zugleich auch vollzogenen Verfluchung des Brautpaares endet das Gedicht. Dracontiusʼ Neugestaltung des ‘raptus Helenae’ erweist sich als negatives Gegenstück zu einem Epithalamium, das üblicherweise mit guten Wünschen für das neue Brautpaar endet.53 Der spätantike Dichter, in dessen Sammlung paganer Gedichte sich zwei Epithalamien befinden (Romul. 6 und 7), verkehrt die gattungsspezifischen Charakteristika wie Lob des Brautpaares und Wunsch für Nachkommenschaft in seinem Hochzeitslied auf Paris und Helena ins völlige Gegenteil. Als fester Bestandteil eines Epithalamiums erfolgt am Ende die allocutio sponsalis, in der Glück und reiche Nachkommenschaft gewünscht werden. Diese Form wird imitiert, jedoch pervertiert, indem der Sprecher das Brautpaar verflucht und katastrophale Konsequenzen als Strafe für den Ehebruch ankündigt (652–655): sanguine Troiano dabitur dos, clade Pelasgum ditetur Ledaea fugax per castra propago, orbentur superi, caelum gemat et mare54 plangat: crimen adulterii talis uindicta sequatur. Aus dem Blut der Trojaner wird die Mitgift bestehen, mit dem Untergang der Griechen soll die Ledatochter, die von Lager zu Lager fliehen soll, reich ausgestattet werden. Die Götter sollen beraubt werden, der Himmel soll klagen und das Meer soll weinen: dem Verbrechen des Ehebruchs soll eine derartige Strafe folgen.

Die Verluste werden als Mitgift für Helena interpretiert (652f.): sanguine Troiano dabitur dos, clade Pelasgum / ditetur Ledaea … propago. Das Mitgiftmotiv, wonach ganze Völker als Mitgift einer Braut sterben müssen, verweist in seiner Formulierung auf Vergils ‘Aeneis’ als Intertext, wo Juno den Tod der Trojaner als Mitgift für Lavinia ankündigt. Die erzürnte Juno inszeniert den von ihr erregten 52 Über Parisʼ Rückfahrt nach Troja mit Helena an Bord heißt es in Stat. Ach. 1,22: plena … materni referens praesagia somni ( brachte die Erfüllung der Vorhersage des Traumes seiner Mutter ). 53 Zur Gattung in der Spätantike ist die einschlägige Monographie von Sabine Horstmann zu vergleichen: Das Epithalamium in der lateinischen Literatur der Spätantike, München u. a. 2004; zu Romul. 8,638–655 vgl. insbes. 51–53. 54 Zum kosmischen Ausmaß der Verluste im Trojanischen Krieg s. o. S. 117.

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Krieg zwischen den in Latium angekommenen Trojanern und einheimischen Latinern als Wiederholung des Trojanischen Krieges, indem sie Aeneas zum zweiten Paris stilisiert,55 der ganze Völker ins Verderben reiße. Entsprechend apostrophiert sie Lavinia, die als Mitgift das Blut beider Völker erhalte (Aen. 7,318–322): „sanguine Troiano et Rutulo dotabere, uirgo, et Bellona manet te pronuba.56 nec face tantum Cisseis praegnas ignis enixa iugalis; quin idem Veneri partus suus et Paris alter funestaeque iterum recidiua in Pergama taedae.“ „Mit dem Blut der Trojaner und der Rutuler als Mitgift wirst du, Jungfrau, ausgestattet werden, und dich erwartet Bellona als Brautführerin. Nicht nur hat des Cisseus Tochter , mit einer Fackel schwanger, Hochzeitsfeuer hervorgebracht; vielmehr hat auch Venus einen Sohn, einen neuen Paris, zur Welt gebracht, und wiederum bringen Verderben dem wiedererstandenen Pergamum die Hochzeitsfackeln.“

Wählte Vergil eine Figur innerhalb seiner epischen Welt, nämlich die Göttin Juno, die den Krieg zwischen Trojanern und Latinern als Wiederholung des Trojanischen Krieges inszenierte und provozierte, tritt der Dichter in Dracontiusʼ Werk selbst in dieser unheilbringenden Rolle auf. Die Antwort auf die eingangs gestellte rhetorische Frage (55f.)57 sic dolor exsurgit diuum, sic ira polorum / saeuit et errantes talis uindicta coercet? erfolgt im letzten Vers (655): crimen adulterii talis uindicta sequatur. Nicht wütender Götterzorn stürzt die Menschen ins Verderben, sondern ihr eigenes Verbrechen.58 Wie Homer im Proömium als Bestrafer der Tro-

55 Die Parallelisierung Aeneas/Paris und Lavinia/Helena begegnet auch in der Klage der Amata (Aen. 7,359–372). 56 Schon Cassandras Prophezeiung sic praestat Bellona nurum (147) hatte an et Bellona manet te pronuba (Aen. 7,319) angeknüpft. Als weiterer Intertext kommt Stat. Ach. 1,34 fert Bellona nurum hinzu. Hier liegt ein Beispiel für mehrfache Anspielung vor. In Thetisʼ Vision des Trojanischen Krieges zu Beginn der ‘Achilleis’ heißt es (Stat. Ach. 1,34f.): „fert Bellona nurum: uideo iam mille carinis / Ionium Aegaeumque premi“ („Bellona führt eine Schwiegertochter zu: ich sehe das Jonische und Aegaeische Meer schon mit tausend Schiffen bedeckt“). Zu mille carinae s. o. S. 126, Anm. 42. 57 Die Wendung talis uindicta wird hier aufgenommen, vgl. oben S. 117f. 58 Es handelt sich nicht um eine „göttliche Rache“, wie Bretzigheimer 2010 behauptet, die freilich diuum auf uindicta bezieht, vgl. Bretzigheimer 2010, 372: „An einer göttlichen Verursachung des Trojanischen Kriegs lässt er bereits in der Nachgeschichte des Parisurteils keinen Zweifel (damnatio-Sequenz, 40–49), so dass seine Frage nach dem Ausmaß von dolor, ira, uindicta diuum (55f.) eher rhetorischen Charakter hat. Sie wirkt wie ein Ausdruck von Fassungslosigkeit über die Unverhältnismäßigkeit der göttlichen Rache“. Auch die Bezeichnung „damnatio-Sequenz, 40–49“ ist irreführend, insofern hier ein sich steigernder Katalog der künftig zu beklagenden Opfer gegeben wird, beginnend mit den dem Untergang geweihten Familienmitgliedern des trojanischen Königshauses (Eltern, Brüder, Verwandte, 41–43); der Kreis dehnt sich dann auf ganze Völker (gentes, 45) und schließlich sogar auf Göttersöhne (Memnon und Achill, 47) aus. Ebenso spricht Bretzigheimer 2010, 375 von der „Maßlosigkeit der Rache, in die sich der göttliche Zorn entlädt“. Zu damnare in der Bedeutung „dem Untergang geweiht sein“ vgl. Wolff 2002, 121, Anm. 30: „Mais outre que la faute d’un seul

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janer (Dardanidum uindex, 18) eingeführt wurde, der den Rachefeldzug der Griechen initiierte,59 so vollzieht der Dichter im ‘raptus Helenae’ die Strafe (uindicta, 655) für den Ehebruch von Paris und Helena, indem er ihre Geschichte neu in Szene setzt und zur Strafe für ihren Ehebruch den Trojanischen Krieg als Konsequenz herbeiwünscht (sequatur). Der Erzähler bzw. Dichter setzt am Schluß die Reihe der uates, Künder der kommenden Ereignisse, fort. Im Epilog des Stücks (648–655) verurteilt er wie Helenus und Cassandra die Hochzeit des Paris mit Helena, da er weiß, daß diese unheilvolle Folgen zeitigen wird. Als Konsequenz des Ehebruchs stellt er ein weltumspannendes Verderben in Aussicht: nicht nur die Trojaner büßen für die Schuld des Paris, auch die Griechen sind betroffen,60 und selbst Götter werden ihre Söhne verlieren. Der ganze Kosmos (caelum und mare werden 654 genannt) ist in das Geschehen involviert. Im Gegensatz zu Helenus und Cassandra, deren Weissagung durch Apollo unterlaufen wurde, behält er das letzte Wort, das außerdem durch die Autorität eines Vergil-Zitats (vgl. Aen. 7,318 und Romul. 8,652) Glaubwürdigkeit erhält. In dieser Verfluchung der mythischen Ehebrecher aus eigenem Mund kulminiert die Erzählung, so daß man den Eindruck gewinnen kann, daß der Dichter den bekannten Mythos von Paris und Helena nur deshalb neu erzählt, um mit der direkten Verfluchung des ehebrecherischen Brautpaares zu enden.

(sc. Pâris) entraîne une catastrophe cosmique, il y a un jeu sur le verbe damnare, qui indique ici, non une condamnation, mais l’imminence de la mort“. 59 S. o. S. 127, Anm. 46. 60 Diese Konzeption liegt auch in Catull. 68,89f. vor: Troia (nefas) commune sepulcrum Asiae Europaeque, / Troia uirum et uirtutum omnium acerba cinis („Troja – welch ein Frevel! –, Asiens und Europas gemeinsames Grab, Troja, aller Helden und edlen Taten bittere Asche!“).

LA ΠΑΙΔEΙΑ MUSICALE DI ACHILLE NEL ROMUL. 9 Miryam De Gaetano ABSTRACT L’articolo propone un’analisi dei passi del Romul. 9 riguardanti la παιδεία musicale di Achille presso Chirone. Sulla falsariga di Stazio, Draconzio attribuisce alla cithara del Centauro lo stesso potere civilizzatore della cithara di Orfeo-Feliciano nel Romul 1: comunicare ai discepoli (Achille; Romani e Vandali) i valori più alti della Romanitas (uirtus, pietas, iustitia, clementia). Sono i medesimi principi a cui sembra essere stato educato il re vandalico Gondamondo, secondo gli schemi eulogici della ‘Satisfactio’. Se non che, alcune scelte lessicali e soluzioni tematiche singolari suggeriscono una posizione polemica di Draconzio nei confronti dell’avvenuta civilizzazione di Achille e soprattutto dei Vandali.

Con Romul. 9 si è soliti indicare – a partire dall’edizione di Friedrich Vollmer1 – la ‘Deliberativa Achillis an corpus Hectoris vendat’2, uno dei componimenti di Draconzio più legati alla sua formazione scolastica3. Si tratta, infatti, propriamente di una suasoria4, un saggio di eloquenza deliberativa su un tema fittizio, secondo la prassi didattica dei rhetores5 e spesso anche dei grammatici6 d’età imperiale. Il fatto che la suasoria sia in versi (esametri dattilici) e non in prosa ci riporta appunto alla cultura grammaticale africana di V–VI secolo7. Nella fattispecie, il Nostro sceglie uno dei soggetti mitologici che più si prestavano a una rielaborazione in veste declamatoria: la supplica di Priamo ad Achille perché restituisca il corpo ancora insepolto di Ettore8. Nella versione draconziana il discorso non è pronun1 2 3 4 5

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Vollmer 1905, 132–196. Questo è il titolo con cui il componimento compare nell’unico codice che ce ne ha tramandato il testo, il Neapolitanus Bibl. Nat. IV E 48 del XV secolo. Cfr. Bouquet / Wolff 1995, 37–56. Cfr. Scaffai 1995, 293–295; Wolff 1996, 173 nota 1. Cfr. Henri Bornecque: Les déclamations et les déclamateurs d’après Sénèque le Père, Lille 1902, 49–51; Martin Lowher Clarke: Rhetoric at Rome. A Historical Survey, London 1953, 90–95; Donald Lemen Clark: Rhetoric in Greco-Roman Education, New York 1957, 213– 261. In età imperiale ai grammatici fu affidata la cura dei progymnasmata, esercizi preliminari di declamazione su temi per lo più mitologici (cfr. Petron. 5; Quint. inst. 2,1,1–3; Suet. gramm. 25,8; Tac. dial. 30; Stanley F. Bonner: L’educazione nell’antica Roma: da Catone il Censore a Plinio il Giovane, trad. it., Roma 1986, 134 e 319). Già Quintiliano, tuttavia, lamenta l’indebita estensione dell’insegnamento grammaticale agli esercizi superiori di eloquenza deliberativa e giudiziaria (cfr. inst. 1,9,6; 2,4,2; 3,8,49–54), estensione che in età tardantica diventerà sempre più consueta. Cfr. De Gaetano 2009, 86 s.; Stoehr-Monjou 2015 (b), 101–126. Hom. Il. 24,485–506. Quintiliano (inst. 3,8,53) cita l’episodio come oggetto di esercitazioni scolastiche, segnalandolo anche come splendido esempio di eloquenza (10,1,50). Sebbene le

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ciato dal re troiano, ma da una voce fuori campo9, attenta a seguire le partizioni del genere: prologus (vv. 1–36); quaestio prima (vv. 37–77); quaestio secunda (vv. 78–140); epilogus (vv. 141–231). Forse per questa rigidità compositiva, nonché per l’artificiosità dello stile e la convenzionalità degli argomenti, propri di una mera esercitazione di scuola, il Romul. 9 non ha suscitato finora molto interesse negli studiosi10. Eppure, non mancano nel componimento elementi stranianti rispetto alla tradizione mitologica e letteraria, carichi di allusività sul piano culturale, politico, religioso. Vorrei soffermarmi in particolare sui richiami alla παιδέια musicale di Achille presso il centauro Chirone. Suddividerò questo contributo in due parti, relative a due passi del Romul. 9 strettamente correlati tra loro, e in un epilogo. 1. LA CITHARA E L’IRA Il primo riferimento al tema in oggetto si riscontra all’interno dei vv. 105–110:       certe medicabilis ille te Chiron docuit pestes sanare iacentum, cum chordas quateret plectro, cum bella manerent, et citharam post lora daret, cum mentis onustae post Centaurorum raptas de flumine praedas ingentes animos puerili in corde leuaret11.

Contrariamente a quanto sostenuto da Zoja Pavlovskis12, l’accenno ai saccheggi perpetrati a danno dei Centauri è ben più di una citazione isolata di Stazio13. Esso è spia di un rapporto sotterraneo tra il passo draconziano e l’‘Achilleide’, anche nella definizione delle tre artes, in cui Chirone avrebbe istruito il puer Achille14:

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suasoriae attingessero la loro materia principalmente da episodi storici, non era raro che alcuni temi fossero tratti anche dal mito o dalla leggenda (cfr. Bornecque 1902 [vd. nota 5], 50 s., 77, 86 s.; Richard Kohl: De scholasticarum declamationum argumentis ex historia petitis, Paderborn 1915, 9–12). Sull’identità dell’oratore cfr. Scaffai 1995, 294; Wolff 1996, 173 nota 1; Stoehr-Monjou 2015 (b), 111. Gli studi più significativi si concentrano sul significato filosofico o religioso del componimento: cfr. Schetter 1981, 81–94; Scaffai 1995, 293–329; Stoehr-Monjou 2015 (f), 154–175. Il testo del Romul. 9 è citato secondo l’edizione Wolff 1996; quello dei Romul. 1–5 e dell’‘Orestes’ secondo l’edizione Bouquet 1995; quello del ‘De laudibus Dei’ e della ‘Satisfactio’ secondo le edizioni Moussy / Camus 1985 e Moussy 1988. Zoja Pavlovskis: The Education of Achilles, as treated in the Literature of Late Antiquity, PP 20, 1965, 281–297 (293 s.). Cfr. Drac. Romul. 9,109 accanto a Stat. Ach. 1,153, già segnalato da Vollmer 1905, 176. Sull’imitazione di Stazio in Draconzio cfr. Morelli 1912, 115; Schetter 1980, 209–211; Moussy 1989, 425–433. Sull’influsso di Stazio nel Romul. 9 cfr. Zwierlein 2017 (b), 122–124 e 131–134. Cfr. Stat. Ach. 1,112–118. 159–194; 2,86–167.

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la medicina; l’arte del combattimento e della caccia15; la μουσική, intendendo con tale termine l’arte di cantare la poesia suonando la lira. Parliamo nello specifico di poesia epica, come suggeriscono gli ingentes animi leuati dalla cithara del maestro nel cuore di fanciullo del Pelide. Il particolare rinvia tematicamente al cuore dell’Achille istruito dal Chirone staziano, auctus dal canto delle gesta degli eroi antichi, semina laudum e aditus uirtutis16. La concezione della funzione educativa della poesia epica sull’animo dei pueri è cosa nota nel mondo antico17. Nello specifico, il Chirone staziano, insegnando al discepolo a cantare le imprese di Ercole, Teseo, Polluce, gli eroi civilizzatori, vittoriosi sui mostri del furor e della barbarie18, consegnava alla lira la summa dei valori della sua pedagogia: non solo il coraggio e il vigore guerrieri, ma anche la pietas e la iustitia19, che sottraggono la forza alla brutalità efferata e la rendono ancella di un potere illuminato. Tuttavia, è noto che fra tutti i valori, quello centrale nel sistema educativo chironiano e in generale nell’epos è la uirtus bellica20, quella per cui Achille sarebbe divenuto magnus21, il prototipo dell’eroe bellipotens22, immitis23, impiger, iracundus, inexorabilis, acer, che non conosce altro ius se non quello delle armi24. In questo senso, gli ingentes animi citati da Draconzio mantengono tutta la carica 15 Ciò sia intendendo lora come ‘briglie’ che come ‘staffilate’ di un magister: quelle di Chirone sono infatti lezioni di combattimento e di caccia, dopo le quali il centauro porgeva al discepolo la lira sul modello di Apollo, che dopo la saeua faretra impugna il plettro (cfr. Stat. Ach. 1,165 s.). 16 Stat. Ach. 2,86–91 Quin, o dignissima caeli / progenies, ritusque tuos elementaque primae / indolis et, ualida mox accedente iuuenta, / quae solitus laudum tibi semina pandere Chiron, / uirtutisque aditus, quas membra augere per artes, / quas animum, sociis multumque fauentibus edis?; cfr. 1,187–194; 2,156–158 nec maior in istis / sudor, Apollineo quam fila sonantia p lec tro / cum q u a te re m priscosque uirum mirarer honores. Sull’argomento cfr. Elaine Fantham: Chironis exemplum: on teachers and surrogate fathers in Achilleid and Silvae, Hermathena 167, 1999, 59–70 (63 e 66). 17 Cfr. Quint. inst. 1,8,5 Ideoque optime institutum est ut ab Homero atque Vergilio lectio inciperet, quamquam ad intellegendas eorum uirtutes firmiore iudicio opus est: sed huic rei superest tempus, neque enim semel legentur. Interim et sublimitate heroi carminis animus adsurgat et ex magnitudine rerum spiritum ducat et optimis imbuatur. 18 Cfr. Stat. Ach. 1,189–192: Achille canta le dodici fatiche di Ercole, la lotta di Polluce contro il crudus re dei Bebrici, il combattimento di Teseo contro il Minotauro. 19 Com’è noto, la iustitia e la pietas erano le doti morali per cui Chirone, eccellendo sui centauri e sugli uomini, era stato ritenuto degno di educare Achille: cfr. Hom. Il. 11,832; Pind. Pyth. 6,21–27; Ps.-Erat. cat. 1,40; Stat. Ach. 2,163–165; Elaine Fantham: Chiron: the best of teachers, in: André F. Basson / William J. Dominik (edd.): Literature, Art, History: Studies on Classical Antiquity and Tradition. Studies in Honour of W.J. Henderson, Frankfurt am Main 2003, 111–122 (111 s.). 20 Cfr. Drac. Romul. 9,141. Cfr. Mario Alighiero Manacorda: La paideia di Achille, Roma 1971, 27–31, che ricorda come la stessa medicina sia nel modello omerico una tecnica legata alla guerra e come tutta l’educazione di Achille sia finalizzata a formare il politico-guerriero. 21 Cfr. Verg. ecl. 4,35 s. 22 Cfr. Katherine Callen King: Achilles. Paradigms of the War Hero from Homer to the Middle Ages, Berkeley u. a. 1987, passim. 23 Verg. Aen. 1,30; 3,87; Drac. Romul. 9,33. 24 È la celebre tipizzazione di Achille fornita da Orazio nell’‘Ars poetica’ (vv. 119–122).

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marziale e ferina dell’intertesto virgiliano (georg. 4,83)25, evocando la spietata lotta delle api per la supremazia nell’arnia (Verg. georg. 4,82–85): ipsi (sc. reges) per medias acies insignibus alis in g en t i s a n i mo s a n g u s to in p ec to re uersant usque adeo obnixi non cedere, dum grauis aut hos aut hos uersa fuga uictor dare terga subegit.

La iunctura finisce così per echeggiare le ingentes irae, che secondo Seneca il canto epico di Chirone avrebbe fomentato (acuebat) nell’animo del Pelide26. È il μένος καὶ θυμὸς ἀγήνωρ con cui Achille nell’Iliade avanzerà contro il nemico troiano, come un leone σίντης, bramoso di sangue e di preda27. In questo contesto, il ricordo staziano delle Centaurorum raptae de flumine praedae risulta alquanto controverso. Nell’‘Achilleide’, infatti, uno dei capisaldi del training eroico di Chirone è il divieto perentorio per il Pelide di cacciare animali inbelles o timidi e, al contrario, l’obbligo di cacciare belve feroci (orsi, tigri, leoni, cinghiali), pari per forza, velocità e violenza al futuro guerriero28. Contravvenendo ai precetti del maestro, Achille si spinge invece a inseguire per campi e per fiumi i timidi centauri, saccheggiandone le case e razziandone gli armenti29, violando così quei principi di iustitia, ai quali Chirone aveva iniziato lui e i centauri stessi, al fine di assicurare una pacifica convivenza30. Chirone si rammarica apertamente con Tetide della tracotante irruenza dell’indisciplinato allievo, totalmente fuori controllo31; pur essendo presagio di un quid magnum, tale irruenza, superiore alla tenera età, ha bisogno di essere incanalata, indirizzata secondo più alte norme morali. È a tal fine che – sia nell’‘Achilleide’ sia, a mio parere, nel Romul. 9 – il magister porge la cetra ad Achille, di ritorno dalla caccia con il compagno Patroclo32: essa è funzionale a riportare la festina uis del giovane nel 25 Il locus è quasi sempre segnalato dagli editori: cfr. Vollmer 1905, 177; Wolff 1996, 182 nota 60 (con qualche perplessità); Zwierlein 2017 (a), 64. 26 Sen. Tro. 830–835 hic recumbens / montis exesi spatiosus antro / iam trucis Chiron pueri magister, / tinnulas p lect ro feriente ch o rd a s, / tunc quoque in g en tes acuebat ir a s / bella canendo. Sull’associazione tra la lira di Chirone e l’arte della guerra cfr. Marco Fantuzzi: Achilles in Love, Oxford 2012, 75–77. 27 Hom. Il. 20,164–174. La similitudine tra Achille e il leone è frequente nell’Iliade: cfr. 22,262–264; 24,40–45. 572. 28 Stat. Ach. 2,121–125 numquam ille (sc. Chiron) inbelles Ossaea per auia dammas / sectari aut timidas passus me cuspide lyncas / sternere, sed tristes turbare cubilibus ursos / fulmineosque sues, et sicubi maxima tigris / aut seducta iugis fetae spelunca leaenae. 29 Ibid. 1,149–155. 30 Ibid. 2,163–165. 31 Stat. Ach. 1,147–157; concordo con l’interpretazione di questi versi fornita da Fantham 2003 (vd. nota 19), 119. 32 Anche questo è un particolare tutto staziano (Ach. 1,174–176), che Draconzio riprende in Romul. 8,321–323. Tuttavia, laddove Stazio rappresenta Achille e Patroclo mentre tornano da una caccia al leone (Ach. 1,168–170), Draconzio li ricorda compagni proprio nella caccia ai centauri. In questa sede, al v. 322 il Cartaginese definisce i bimembri torui, epiteto da intendere nel senso non di ‘feroci, crudeli’, ma di ‘minacciosi’, con riferimento alle timidae minacce di ritorsione ai raid di Achille, riferite da Chirone in Stat. Ach. 1,155. In questo stesso

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solco delle virtù degli eroi civilizzatori, soprattutto di Ercole e di Polluce, i quali, al pari di Chirone, furono degni dell’apoteosi e/o del catasterismo, per aver saputo conciliare la uirtus con la pietà e la giustizia, l’ira immitis nei confronti del nemico furente con la magnanimità nei confronti degli inermi e degli innocenti33. Sono il modello etico e la prospettiva divina/astrale affacciati da Draconzio ad Achille fin dall’inizio del Romul. 934 e, con riferimento ancora più esplicito agli eroi chironiani, al diues fortis del Romul. 535. Il leuare ingentes animos del v. 110 va inteso pertanto nel senso di ‘sublimare/elevare eticamente36/allevare educando37 un ardimento smisurato38’, che rischia di essere iniquo39. Singolarmente Draconzio

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senso di ‘minaccioso per difesa’ toruus compare nel contesto di Drac. Orest. 265–268; laud. dei 1,280–283. Noti sono i miti dell’apoteosi di Ercole (cfr. Ov. met. 9,243–272; Sen. Herc. Oet. 1564–1581; 1940–1943) e del catasterismo dei Dioscuri (cfr. Stat. Ach. 1,180 s.), per il cui significato morale rimando all’interpretazione dello stesso Draconzio (infra, nota 35). Più spazio merita qui il catasterismo di Chirone, il quale – secondo le fonti antiche – sarebbe stato ritenuto degno di tale onore proprio per la pietas e per la iustitia a cui educò Achille (cfr. Ps.-Erat. cat. 1,40; German. Arat. 421 s.; Hyg. 2,38; Ov. fast. 5,413–416; Fantham 2003 [vd. nota 19], 111–117), per quelle insontes pharetrae, che mai avevano bevuto il sangue di vittime innocenti o consanguinee, ma solo di belve feroci (Stat. Ach. 1,112–115). Da notare che in Ovidio (fast. 5,413–416), il catasterismo di Chirone è unito a quello della lira, quasi a identificare quest’ultima con il veicolo degli insegnamenti morali del maestro. Drac. Romul. 9,1–36: cfr. Díaz de Bustamante 1978, 216 e 392; Schetter 1981, 82–87; Stoehr-Monjou 2015 (b), 112; 2015 (f), 159. Drac. Romul. 5,321–329 accipe tura potens deus ut Tirynthius aris, / Thebis partus, magnus cum Castore Pollux / semidei post fata uigent: his quintus adesto / uirtutis ratione, fide, pietate, uigore, / possessure polos, scandens qua lacteus axis / uertitur, aetherii qua se dat circulus orbis / lunarisque globus qua uoluitur axe tepenti / aut certe qua Phoebus agit super astra iugales: / sidera sic capies, poteris sic astra mereri. Cfr. Bouquet 1995, 160 note 149–151, 275 s. note 145–154; Stoehr-Monjou 2015 (b), 112. Cfr. ThLL VII/2,1231,74–80; 1232,58–68. In Romul. 3,19 Draconzio invita Feliciano a leuare i suoi carmi, ovvero a riconoscerne la paternità: il verbo fa qui riferimento al gesto del paterfamilias di ‘sollevare’ il bambino al fine di riconoscerlo come figlio e di esprimere il proprio impegno ad allevarlo (cfr. Vollmer 1905, 138; Bouquet 1995, 257 s.). In questo senso, gli ingentes animi di cui parla Draconzio ricordano, più che l’ardimento guerriero delle api in Verg. georg. 4,83, la foga impetuosa dei cavalli indomiti, intollerante nei confronti di ogni freno e di ogni disciplina, in Verg. georg. 3,206–208 … namque ante domandum (sc. equi) / in g en ti s tollent a n imo s prensique negabunt / uerbera lenta pati et duris parere lupatis. A questo proposito, vorrei segnalare nella recente edizione di Otto Zwierlein 2017 (a), 64 il recupero al v. 108 della congettura del Duhn honestae a fronte di onustae (nel Neapolitanus Bibl. Nat. IV E 48 si legge honustę con l’h erasa). L’ipotesi non è peregrina: la clausola mentis honestae è attestata in Sil. 6,332 con riferimento al nobile animo di Regolo trascinato dall’ardore di gloria. Pur non citando Silio, lo Zwierlein si muove su questo stesso sfondo eroico, intendendo mentis honestae come genitivo di specificazione, da collegare agli ingentes animi di Achille al v. 110. In ciò, lo studioso non considera che nell’opera draconziana (cfr. Romul. 8,292; laud. dei 1,465; 2,753) l’honestas posseduta dalla mens compare in un’accezione morale prettamente ciceroniana: essa è quel senso della misura e della giustizia che solo può scongiurare il rischio – frequentissimo negli animi grandi desiderosi di gloria –

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usa qui leuare nel suo duplice significato: accrescitivo (‘sollevare, innalzare’) e diminutivo (‘alleggerire, attenuare’)40. Ciò conformemente a una duplice tradizione sull’effetto educativo della lira di Chirone: volta ora a eccitare ora a mitigare l’indole aggressiva del giovane Achille.41 Per questo secondo aspetto si ricorderanno: la lira consolatrice del Chirone oraziano, capace di leuare l’animo del Pelide dalle asprezze del conflitto in corso;42 ma ancor più la placida cithara del Chirone ovidiano, capace di contundere i feri animi del discepolo,43 di trattenerne le mani dalla furia funesta cui avrebbe dato sfogo nella guerra iliadica.44 Di un doppio effetto della poesia (eccitante e mitigante) si può trovare traccia anche in Romul. 1,1–14. Sono i famosi versi in cui il Cartaginese paragona l’opera civilizzatrice del grammaticus Feliciano – presso il cui auditorium sedevano Vandali e Romani – a quella del vate Orfeo, il quale con il suono della sua lira era riuscito a unire in una pacifica convivenza animali mansueti e belve feroci, realizzando un’edenica armonia degli opposti: Orpheum uatem renarrant ut priorum litterae cantitasse dulce carmen uoce, neruo, pectine, inter ornos, propter amnes adque montes algidos, (quem benignus grex secutus cum cruenta bestia audiens melos stupebat concinente pollice: tunc feras reliquit ira, tunc pauor iumenta, tunc lenta tigris, ceruus audax, mitis ursus adfuit. non lupum timebat agna, non leonem caprea, non lepus iam praeda saeuo tunc molosso iugiter. artifex natura rerum quis negat concordiam, hos chelys musea totos Orpheusque miscuit): sancte pater, o magister, taliter canendus es, qui fugatas Africanae reddis urbi litteras, barbaris qui Romulidas iungis auditorio.

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che la forza tracimi in violenza gratuita e temeraria, in tracotanza dissennata, in lesione immotivata del diritto altrui; è quella legge di civiltà, razionalità e rispetto che distingue l’uomo dagli animali (cfr. Cic. off. 1,17. 61–65. 79. 81 s. 93. 98. 101–103; fin. 2,45–48; ThLL VI/3,2897,34–65). Questo spettro semantico esaltante la moderazione (cfr. Drac. Orest. 965 mitis honestas) – evidenziato in Romul. 8,292 dal gioco chiastico tra i sostantivi honestas e pudor e dall’antitesi con il verbo audere del successivo v. 295 (cfr. ThLL VI/3,2897,19 s.; 2898,3–8) – mal si concilia con gli ingentes animi di Achille e soprattutto con l’aggressione senza giusta causa ai centauri. Pertanto, anche volendo accettare l’emendamento, mentis honestae andrebbe inteso come genitivo di qualità riferito a Chirone (cfr. Wolff 1996, 181 s. nota 60): è lui il maestro di saggezza dal nobile animo, che tramite la poesia educa il discepolo alle ‘gesta onorevoli’ (honores), valorose e giuste, degli antichi eroi (cfr. Stat. Ach. 2,158). Cfr. ThLL VII/2,1227,22–1235,80. In genere Draconzio usa leuo nel senso di tollo: cfr. Drac. Romul. 8,382. 567; 10,199. 564; Orest. 18. Cfr. Fantham 2003 (vd. nota 19), 113–115. Hor. epod. 13,8–18. Ov. ars 1,11 s. Phillyrides puerum cithara perfecit Achillem / atque animos placida contudit arte feros. Draconzio definisce animi feroces la sete di vendetta di Achille nei confronti di Ettore (Romul. 9,141). Ov. fast. 5,385 s. ille manus olim missuras Hectora leto / creditur in lyricis detinuisse modis.

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In base ai modelli letterari (litterae) cui Draconzio dichiaratamente si ispira (Seneca45 e soprattutto Claudiano46), il miracolo compiuto dalla lira di Orfeo consisterebbe essenzialmente nell’aver ammansito creature sanguinarie e violente, in aderenza a quello che è il tratto saliente dell’età dell’oro pagana47 e cristiana48. Questa lettura unilaterale suggerirebbe che l’azione educativa di Feliciano sia stata rivolta prevalentemente ai Vandali, tipizzati secondo il cliché più trito e negativo del ‘barbaro’ (selvaggi, incivili, feroci). In realtà, come intuito da Annick Stoehr-Monjou,49 il quadro delineato da Draconzio è molto più complesso e sfumato. Vorrei fornire il mio contributo alla discussione. Cominciamo con l’osservare che la contrapposizione tra animali offerta dal Cartaginese, alquanto selettiva rispetto ad altre simili50, non è tanto tra animali selvatici (ferae) e animali domestici (iumenta)51, ma tra predatori e prede, come nel modello claudianeo52. Il sostantivo praeda – collocato nel verso conclusivo dell’intera teoria animalesca, in studiato accostamento con l’antitetico saeuo – è la parola-chiave del passo e ne definisce i due campi semantici. In questa suddivisione, i predatori non sono da connotare in maniera esclusivamente negativa. Nella tradizione pagana e cristiana, infatti, essi sono simboli ambivalenti: ora rappresentano uomini e popoli sanguinari, crudeli, devastatori; ora invece uomini e popoli valorosi in armi, invincibili

45 Sen. Herc. Oet. 1054–1060 ad cantus ueniunt tuos / ipsis cum latebris ferae; / iuxtaque inpauidum pecus / sedit Marmaricus leo / nec dammae trepidant lupos / et serpens latebras fugit, / tunc oblita ueneni. 46 Claud. rapt. Pros. 2 praef. 5 s. e 25–28 saeua feris natura redit metuensque leonem / inplorat citharae uacca tacentis opem … securum blandi leporem fouere molossi / uicinumque lupo praebuit agna latus; / concordes uaria ludunt cum tigride dammae, / Massylam cerui non timuere iubam. Sulla preponderanza del modello claudianeo in Draconzio cfr. Jean-Louis Charlet (ed.): Claudien: Œuvres 1: Le rapt de Proserpine, Paris 1991, 130 nota 5; StoehrMonjou 2005, 189–193. Ricordo, tuttavia, che secondo diversi studiosi (cfr. Quartiroli 1946, 172 s. nota 3; Clerici 1973, 145; Bouquet 1995, 243 nota 1), Draconzio manifesterebbe un rapporto privilegiato con un passo di Frontone (ad M. Caes. epist. 4,1,1), in cui la fabula di Orfeo è interpretata in chiave evemeristica: il vate vi è inteso come figura dell’uomo di grande ingegno e di eccelsa eloquenza, che con le proprie virtù etiche e culturali ha saputo attrarre molte e differenti nature, istruendo discepoli appartenenti a diversi popoli a convivere in piena armonia, i miti con i feroci, i pacifici con i violenti, i modesti con i superbi; non solo, era così profondo l’influsso che un uomo di tale levatura poteva esercitare sulle anime radunate attorno a lui, da indurle ad abbandonare ogni forma di vizio loro connaturato e a perseguire la virtù. 47 Cfr. Verg. ecl. 4,22 nec magnos metuent armenta leones; Hor. epod. 16,33; Ov. met. 15,99– 103. 48 Cfr. Is. 11,6; 65,25; Lact. inst. 7,24; Prud. cath. 3,156–165. Sulla ripresa degli elementi dell’età dell’oro, pagani e cristiani, tanto da parte di Claudiano che di Draconzio cfr. Charlet 1991 (vd. nota 46), 130 nota 5; Stoehr-Monjou 2005, 193 e 196. 49 Stoehr-Monjou 2005, 192 s. 50 In Seneca (Herc. Oet. 1031–1071) sono presenti anche gli uccelli e i serpenti. 51 Così Stoehr-Monjou 2005, 192, la quale, tuttavia, deve ammettere che il molosso, animale domestico etichettato come saeuus predatore, contraddice tale classificazione. 52 Cfr. Charlet 1991 (vd. nota 46), 130 nota 5.

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conquistatori, la cui uirtus militare rende degni del potere.53 A predatori (aquile, leoni, sparvieri, lupi, cani da caccia) sono sempre paragonati gli eroi epici nell’impeto dell’assalto al nemico54. Nella stessa Sacra Scrittura – che è da considerare comune riferimento non solo religioso, ma anche culturale per i Romani cattolici e i Vandali ariani d’Africa – le principali tribù di Israele, per l’ardimento in battaglia e per l’attitudine al comando, vengono paragonate a ferae nell’atto di assalire e sbranare la preda: Giuda a un leone55, Beniamino a un lupo rapax56, Gad a una leonessa57, Dan a un serpente58. Il discrimen tra forza e violenza iniqua per Draconzio è l’aggressione degli inermi. In alcune significative similitudini tra re o potenti e leoni, l’ira del felino – il praedo magnus, acer, ferus, cruentus, immitis – non viene mai condannata in se stessa: essa è un riflesso intrinseco della forza e della potenza di attacco del re degli animali; ciò che tuttavia la rende ‘nobile’ è la capacità di venir meno e di far posto alla clemenza, qualora il nemico si trovi nell’impossibilità di reagire e di difendersi, nella debolezza e nella paura paralizzanti59. Draconzio parla in proposito di una pia feritas60, comune a tutti i grandi predatori61, con un nesso ossimorico che per il poeta diventa rappresentativo di quel precetto bimembre, che fin dalle origini aveva contraddistinto la civiltà romana, vessillifera di pace universale: parcere subiectis et debellare superbos62. In tale precetto, in cui uirtus e clementia coesistono mirabilmente63, si può scorgere il segreto di quella concordia degli opposti realizzata da Orfeo-Feliciano. L’opera civilizzatrice non consiste infatti in un generale e semplicistico ‘addolcimento’ dei costumi, ma nel fornire un complemento culturale di Romanitas tanto ai Vandali 53 Cfr. Maria Pia Ciccarese: Animali simbolici. Alle origini del bestiario cristiano, I, Bologna 2002, 109–138, 177–190; Ead.: Animali simbolici. Alle origini del bestiario cristiano, II, Bologna 2007, 11–48, 113. 54 Solo per fare qualche esempio cfr. Hom. Il. 3,21–29; 15,579–581; 20,164–175; 22,139–142. 188–192. 308–310; 24, 40–45. 572; Verg. Aen. 11,718–724. 809–815; 12,1–9. 749–755. Per un confronto tra Omero e Virgilio cfr. Armando Salvatore: Struttura e funzionalità delle similitudini virgiliane, Vichiana n.s. 11, 1982, 264 –283 (272–283). 55 Gen. 49,9 s. Il leone di Giuda viene ripreso con riferimento al Cristo in apoc. 5,5. Si veda anche Num. 23,24, in cui il simbolo è esteso a tutto Israele. 56 Gen. 49,27. 57 Deut. 33,20 s. 58 Gen. 49,17. 59 Cfr. Drac. Romul. 5,307–311; 8,350–362; satisf. 137–148. 60 Romul. 8,361; satisf. 274; cfr. Romul. 5,308 feritas generosa; satisf. 147 non impia ira. Ricordo che anche in Draconzio il termine pietas, quando inteso erga miseros, equivale a misericordia, clementia, uenia: cfr. Zwierlein 2017, 135 (b) e nota 427. Nell’opera cristiana questo significato è teologicamente rilevante: cfr. laud. dei 1,11. 556. 690–692; 2,703; 3,20. 61 Cfr. satisf. 267–276. 62 Verg. Aen. 6,853. È proprio con riferimento a tale precetto che Draconzio richiama la nobile ira del leone sia nel Romul. 5 (vv. 307–311 humana pietate cares, imitare leones, / quos feritas generosa iuuat: super arma tenentes / ingruere fremitusque dare procul ore cruento / nobilis ira solet, su b ie ct i s p a rce r e gaudent; / et praedam rabies contempsit fulua iacentem) che nella ‘Satisfactio’ (vv. 127 s. captiuus securus agit solusque rebellis / formidat mortem, praeda quieta sedet, che fa da titolo ai successivi vv. 137–148). 63 Cfr. Drac. Romul. 5,108–116.

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quanto ai Romani d’Africa: se ai primi difettava la clementia, ai secondi difettava da tempo la uirtus; se i primi si erano mostrati crudeli e spietati nella fase della conquista, i secondi si erano rivelati corrotti, snervati, pusillanimi64. Duplice è pertanto l’effetto della lira di Orfeo: infondere mitezza nelle nature feroci (lenta tigris, mitis ursus) e fierezza nelle nature mansuete (audax ceruus). L’epiteto audax è un segno rivelatore, differendo in ciò profondamente dall’inpauidus di Sen. Herc. Oet. 1056 e dal securus di Claud. rapt. Pros. 2 praef. 25. Mentre infatti questi ultimi si riferiscono all’assenza di paura in senso per così dire ‘stativo’ (tranquillità, sicurezza, quiete)65, audax esprime sempre un coraggio attivo, proprio di chi compie imprese valorose in situazioni di estremo pericolo. Draconzio – pur usando prevalentemente l’aggettivo con accezione negativa66 – lo adopera qui nell’accezione positiva di ‘ardito, prode, intrepido’, come solo può essere chi si trova in una posizione di forza: cfr. Romul. 5,91 quando fugax praesumptus erit uel debilis audax?; laud. dei 3,491 dux fortis et audax. Audaces sono, in questa accezione, alcuni eroi della storia romana (Scevola)67 o sacra (Giuditta)68, che sfidarono la morte per amore della patria e della laus; audax è il lupo69, quando uccide un pastore o un grosso giovenco70, predatore vorace e temerario, le cui qualità vengono ora assunte da una preda, il cervo, solitamente timida e ignava71. Così il v. 9, dedicato al cambiamento di rapporti tra il molosso e la lepre va correttamente inteso. Draconzio afferma che la lepre cessa di essere la preda costante (iugiter) del molosso, un tempo saeuus verso di lei. Ciò significa: sia che il molosso – cane epirota da caccia72, ma anche (non dimentichiamo) da guerra e da guardia, particolarmente coraggioso nel combattimento contro le bestie selvatiche (lupi, orsi, etc.)73 – smette di sfogare la sua saeuitia sulla lepre indifesa e torna

64 Cfr. Salv. gub. 7,65–70 e 107. 65 La quies, la sicurezza sono elementi caratteristici dell’età dell’oro, ripresi da Seneca e da Claudiano: cfr. Ov. met. 15,99 s. tunc et aues tu ta e mouere per aëra pennas / et lepus in p a u id u s mediis errauit in aruis. 66 Audax è una parola-chiave nell’opera draconziana: l’epiteto definisce infatti colui che compie un nefas, ovvero che osa violare ogni legge (civile, morale, religiosa, naturale), per sete di potere e/o di ricchezze (cfr. Romul. 8,2. 38; 10,292; Orest. 221; 234; 339; 714; laud. dei 2,252. 291. 360. 377; 3,79. 473–475). Sull’uso negativo di audax e sulla ripresa da parte di Draconzio della tradizione retorica sul tiranno e delle tragedie di Seneca cfr. De Gaetano 2009, 137 e 160–162. 67 Drac. laud. dei 3,399. 68 Ibid. 3,473 s. e 480–490. 69 Ibid. 2,265. 70 L’uso di audax in riferimento al lupo discende forse a Draconzio da Verg. Aen. 11,811 s., in cui l’uccisione da parte di un lupo, di un pastore o di un grosso giovenco (prede non proprio indifese) viene definita audax factum. A sua volta, Virgilio sembra essersi ispirato a Hom. Il. 15,586–588 (cfr. Salvatore 1982 [vd. nota 54], 277). 71 Cfr. ThLL III 954,40–47. 72 Cfr. Claud. carm. 22,215; Drac. laud. dei 1,279; 2,285; satisf. 43. 73 Cfr. Arist. hist. anim. 9,608 a.

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alla sua più nobile mansione (la custodia del gregge)74; sia che la lepre smette i panni di preda per acquisire dignità pari a quella del suo assalitore. Accade così che l’effetto educativo della lira di Orfeo-Feliciano venga a coincidere con quello della lira di Chirone.75 La sovrapposizione presenta molteplici agganci alla tradizione letteraria: essa richiama da un lato l’accostamento delle lire di Orfeo e di Chirone come strumenti di civilizzazione76; dall’altro l’assimilazione – proposta dallo stesso Stazio – tra il carmen di Chirone e l’enarratio poetarum del grammaticus77, entrambi volti ad alimentare negli allievi il culto della uirtus dei padri, placando al tempo stesso la veemenza bellicosa degli ardori giovanili (Stat. silv. 5,3, 176 s. e 191–194): 78 mox et Romuleam stirpem proceresque futuros instruis inque patrum uestigia ducere perstas …………………………………………… non tibi certassent iuuenilia fingere corda Nestor et indomiti Phoenix moderator alumni quique tubas acres lituosque audire uolentem Aeaciden alio frangebat carmine Chiron79.

Si noti da parte di Stazio l’uso del nesso stirps Romulea per indicare i giovani Romani da formare secondo la più nobile tradizione avita; il Romulidae di Draconzio in Romul. 1,14 non può non aver tenuto conto di tale programma educativo80. 2. LA CITHARA E LA VOLUPTAS Il duplice effetto della lira di Chirone risulta ancora più evidente nel secondo passo oggetto della mia disamina (vv. 199–207). Amplificando il modello omerico81, il narratore draconziano cerca di impietosire Achille, associando il dolore dei familiari di Ettore a quello dei familiari dello stesso Pelide. L’immagine derelitta di 74 Cfr. Verg. georg. 3,405–408 uelocis Spartae catulos acremque Molossum / pasce sero pingui. Numquam custodibus illis / nocturnum stabulis furem incursusque luporum / aut inpacatos a tergo horrebis Hiberos. 75 Non a caso, Claudiano attribuisce a Orfeo il canto delle gesta eroiche di Eracle (rapt. Pros. 2 praef. 29–48; cfr. Charlet 1991 [vd. nota 46], 130 nota 5), la stessa materia epica del canto di Chirone. 76 Cfr. Sil. 11,449–474. 77 Stat. silv. 5,3,146–194. 78 Sulla preminente funzione educativa assunta dall’enarratio poetarum del grammaticus in età tardantica cfr. De Gaetano 2009, 44–66. 79 Cfr. Fantham 2003 (vd. nota 19), 118. 80 Il termine equivale sostanzialmente a Romanus, ma presenta un riferimento specifico alle origini di Roma e si usa solo in contesti in cui si ha l’intenzione di magnificare l’oggetto/soggetto del discorso, sottolineando i suoi rapporti con la storia gloriosa dell’Urbe: cfr. Díaz de Bustamante 1978, 119 s.; Stoehr-Monjou 2005, 199 s. 81 Cfr. Hom. Il. 24,486–506, in cui Priamo associa il proprio dolore a quello di Peleo, entrambi padri a cui la guerra ha negato la possibilità di rivedere e riabbracciare i propri figli.

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Andromaca si sovrappone così a quella di Deidamia, la sposa lontana dell’eroe argivo, che giorno e notte attende trepidante di veder tornare il marito e di sentirlo di nuovo suonare dolcemente la cetra, come nei primi tempi del loro amore a Sciro: planctibus Andromaches ceu praesens blanda putetur Deidamia simul, quae sollers nocte dieque mente oculis attenta uolat; nam fluctibus atris carbasa prima uidens amens occurrit in undis perquirens, si Troia ruit, si concidit Hector, sollicita quem mente timet; te plectra tenentem atque iterum blandas iuuenili pollice chordas tangentem laudare cupit et bracchia collo nectere mellifluis adiungens oscula labris.

Già Étienne Wolff82 segnalava che il particolare della cetra è un richiamo all’educazione musicale ricevuta da Achille presso Chirone. Ciò sempre sulla falsariga di Stazio. All’interno di quell’ambiguo gioco di ruoli che è l’‘Achilleide’,83 infatti, il poeta d’età domizianea narra come a Sciro Achille avesse insegnato a Deidamia l’arte chironiana di cantare le laudes heroum con la cetra e, a sua volta, Deidamia avesse insegnato al giovane l’arte di filare la lana84. Le due artes definiscono due mondi antitetici: quello maschile del negotium militare e quello femminile dell’otium domestico85. Nel Romul. 9 i due mondi non si confondono come in Stazio86, ma si intersecano. Se infatti la clausola pollice chordas, per quanto frequente nei poeti classici87, è a mio parere un voluto richiamo all’elemento eroico dell’educazione musicale di Chirone88, in vista della guerra, l’epiteto blandus ri82 Wolff 1996, 185 nota 95. 83 Cfr. Gianpiero Rosati: L’‘Achilleide’ di Stazio, un’epica ‘en travesti’, in: Id. (ed.) Stazio: Achilleide. Intoduzione, traduzione e note, Milano 20084 (1994), 5–61; Fernand Delarue: Stace, poète épique: Originalité et cohérence, Louvain u. a. 2000; Denis Feeney: tenui … latens discrimine: Spotting the Differences in Statius’ Achilleid, MD 52, 2004, 85–105; P.J. Heslin: The Transvestite Achilles: Gender and Genre in Statius’ Achilleid, Cambridge 2005. 84 Stat. Ach. 1,572–583: … modo dulcia notae / fila lyrae tenuesque modos et carmina monstrat / Chironis ducitque manum digitosque sonantis / infringit citharae, nunc occupat ora canentis / et ligat amplexus et mille per o scu la la u d a t. / illa libens discit, quo uertice Pelion, et quis / Aeacides, puerique auditum nomen et actus / adsidue stupet et praesentem cantat Achillen. / Ipsa quoque et ualidos proferre modestius artos / et tenuare rudes attrito p o llic e lanas / demonstrat reficitque colos et perdita dura / pensa manu. 85 Cfr. Ov. ars 1,689–696; Fantuzzi 2012 (vd. nota 26), 67 e 72 s. 86 Si noti come Draconzio, consapevole dell’ambiguità del modello staziano, tenti di ridefinire correttamente i ruoli dei protagonisti, attribuendo a Deidamia le azioni femminili compiute da Achille nell’‘Achilleide’ (il laudare il canto altrui, gli abbracci, gli oscula) e ad Achille le azioni maschili compiute da Deidamia (il canto di gesta, il pollice che pizzica blandae chordae invece di raffinare rudes lanae). 87 Cfr. Tib. 2,5,3; Ov. met. 5,339; 10,145. 88 Stat. Ach. 1,187–189 fila mouet (sc. Chiron) leuiterque expertas p o ll ic e ch o rd a s / dat puero. Canit ille libens inmania laudum / semina. La clausola in Stazio è significativa, perché definisce una contrapposizione tra l’educazione eroica di Achille e i costumi femminei assunti a Sciro: cfr. 2,581 s. et tenuare rudes attrito p o l lic e la n a s / demonstrat (sc. Deidamia).

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chiama altresì l’elemento moderatore di quella stessa educazione, in un contesto di pace. Blandus, infatti, è spesso usato da Draconzio col significato di placidus, quietus, dulcis89, e, in riferimento alle corde della cetra, evoca: la placida cetra con cui Chirone smorza la ferocia di Achille in Ov. ars 1,11 s.; i dulcia fila lyrae dell’esperienza amorosa di Sciro in Stat. Ach. 1,572 s.; il dulce carmen con cui Orfeo in Romul. 1,2 crea una convivenza pacifica tra animali feroci e mansueti. Draconzio sembra pertanto suggerire un tentativo di conciliazione, attraverso la cultura, tra l’universo eroico e quello degli affetti familiari, tra i negotia belli e gli otia pacis. Il paradigma indiscusso di tale conciliazione era proprio l’Ettore omerico,90 a un tempo prode guerriero e marito devoto, la cui figura, in questo punto della rhesis, l’oratore vorrebbe assimilare ad Achille. Se non che, non può sfuggire che blandus è termine programmatico dell’elegia, nel suo radicale antagonismo ideologico con l’epica, come espresso da Ov. rem. 379–382: b la n d a pharetratos E leg e i a cantet Amores  et leuis arbitrio ludat amica suo. Callimachi numeris non est dicendus Achilles,  Cydippe non est oris, Homere tui91.

È blanda la poesia d’amore, nel suo valore non complementare, ma alternativo alla poesia di guerra incarnata dall’Achille omerico: la militia Veneris non si confà infatti al più fiero combattente dell’Iliade, ma nemmeno al forte e fedele Ettore, bensì all’amante elegiaco, il cui prototipo è il lascivo e femmineo Paride92. Ecco dunque che Draconzio intreccia finemente i ricordi omerici della lira eroica di Achille, celebrativa dei κλέα ἀνδρῶν,93 e della lira erotica di Paride94, notoriamente simbolo di una vita «fiacca e imbelle, dedita alle mollezze e ai piaceri».95 La blanda cetra draconziana viene così a echeggiare non tanto la placida cithara del Chirone ovidiano, quanto l’inbellis cithara del Paride oraziano96 o, forse ancora di più, la cithara edonistica dell’Achille rampognato dalla Briseide delle ‘Heroides’.97 Lo conferma il contesto prettamente elegiaco dei versi del Romul. 9 sopra 89 Cfr. Drac. Orest. 394–397; Romul. 8,5; 10,63; satisf. 78; laud. dei 1,203. 392. 90 Cfr. Gianpiero Rosati: Protesilao, Paride e l’amante elegiaco: un modello omerico in Ovidio, Maia 43, 1991, 103–114 (104–107). 91 Cfr. Prop. 4,1,135–138 at tu finge elegos, fallax opus: haec tua castra … militiam Veneris b la n d i s patiere sub armis / et Veneris pueris utilis hostis eris; Severin Koster: Liebe und Krieg in der ‘Achilleis’ des Statius, WJA N.F. 5, 1979, 189–208 (194–196). 92 Cfr. Rosati 1991 (vd. nota 90), 110 s. 93 Hom. Il. 9,186–189. 94 Ibid. 3,54 s. 95 Rosati 1991 (vd. nota 90), 110. 96 Hor. carm. 1,15,13–15 nequicquam Veneris praesidio ferox / pectes caesariem grataque feminis / inbelli cithara carmina diuides. 97 Ov. epist. 3,113–120 at Danai maerere putant: tib i p le ct ra mouentur, / te tenet in tepido mollis amica sinu. / et quisquam quaerit quare pugnare recuses? / pugna nocet, cith a r a e n o xq u e V en u sq u e iu u a n t . / tutius est iacuisse toro, tenuisse puellam, / Threiciam digitis increpuisse lyram, / quam manibus clipeos et acutae cuspidis hastam / et galeam pressa

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riportati e nello specifico: la caratterizzazione di Deidamia come relicta98; la menzione di baci e abbracci melliflui99 (ripresa da Draconzio in senso esplicitamente lascivo nell’‘Orestes’100), così distante dalla sobrietà gestuale di Andromaca nell’Iliade101; lo stesso epiteto blanda che al v. 199 accomuna la Deidamia draconziana alla languida Deidamia dell’‘Ars amatoria’.102 Tutti questi rimandi inter- e intra-testuali suggeriscono una nota velatamente polemica nel discorso draconziano sulla παιδέια di Achille. Non si dimentichi, infatti, che la cetra di cui si parla ai vv. 204–206 è la stessa dei vv. 107–110, quasi metonimia degli insegnamenti poetici di Chirone. Non si può pertanto distinguere tra una cetra lyricis modis, dall’effetto corruttore, e una epicis modis, dall’effetto edificante103. Il discorso del Cartaginese non riguarda i generi poetici (epica o elegia, poesia di guerra o d’amore), ma la ricezione dell’insegnamento del grammaticus, soprattutto in relazione a quell’aspetto mitigatore, attraverso il quale lo stesso Feliciano aveva ammansito la natura feroce degli allievi vandali. Ci muoviamo all’interno di quel concetto di civilizzazione che lega strettamente le litterae a Venere e alla uoluptas. Con uoluptas si intende un principio di valori etico-culturali superiori, meglio definibili come humanitas, i quali intervengono a smorzare la bellicosa ferocia di popoli ancora incivili (barbari in senso stretto), iniziandoli a uno stile di vita urbano e pacifico104. Si ricorderà che proprio con tale significato Augusto aveva eletto Venere a capostipite della sua fami-

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sustinuisse coma. In questi versi Ovidio tratteggia la dolce vita vagheggiata dall’amante elegiaco in contrapposizione alle durezze della guerra (cfr. am. 2,11,31–35). L’immagine dell’amante relicta, abbozzata per la prima volta da Catullo nel carme 64, riceve i suoi tratti definitivi nelle ‘Heroides’ ovidiane: la donna si trova in riva al mare e, solitamente da una posizione elevata, guarda allontanarsi la nave dell’amato o ne attende vanamente il ritorno (cfr. Gianpiero Rosati: Epistola elegiaca e lamento femminile, in: Id. (ed.): Publio Ovidio Nasone: Lettere di eroine. Introduzione, traduzione e note, Milano 20169 [1989], 5–46 [15]). In particolare, la descrizione draconziana di Deidamia richiama quelle ovidiane di Fillide, che vaga sconvolta giorno e notte sulla spiaggia deserta, tra gli scogli, con lo sguardo perennemente teso all’orizzonte in attesa di Demofoonte (Ov. epist. 2,121–129, segnalato da Vollmer 1905, 179) e di Enone che attende su uno scoglio proteso sul mare il ritorno di Paride da Sparta (Ov. epist. 5,61–64). Secondo Otto Zwierlein (2017 [b], 139 nota 447), invece, il ritratto della derelitta Deidamia draconziana ricalcherebbe quella della Deidamia staziana al momento della partenza di Achille da Sciro (Ach. 2,23–26). Lo sguardo dell’eroina, che insegue la nave del marito fino in alto mare, contribuirebbe a giustificare l’emendamento della clausola del v. 201 fluctibus a lti s (già proposto dal Duhn) al posto del tradito fluctibus a tr i s. Cfr. Ov. epist. 3,128–131; 5,47–51; 13,115–120. Cfr. Drac. Orest. 228–231 redit illa uoluptas. / inpete plectibili per rustica colla pependit / dulcia lasciuis defigens basia labris; / ille uicem redhibens dabat oscula crebra per artus. Si pensi in particolare all’episodio dell’addio alle porte Scee (Il. 6,405 s.). Ov. ars 1,701 s. Antonio Río Torres-Murciano: El canto de Quirón y el ethos de la música. A propósito de Silio Itálico XI 453–458, Emerita 80/2, 2012, 387–399 (395–397). Cfr. Lucr. 1,1–40; 4,849. 984; 5,962–965. 1010–1025; Caes. Gall. 1,1,3; Tac. Agr. 21,1–3; Richard Hingley: Globalizing Roman Culture, London 2005, 22–29 e 61–64.

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glia105 e – accanto ad Apollo (l’Apollo aziaco, implacabile arciere e cantore profetico di guerre gloriose) – a protettrice e ispiratrice del suo principato, simboleggiando nel trionfo delle due divinità su Marte e Bellona l’instaurazione di un governo in cui la moderazione e la razionalità, e con esse pace, concordia e prosperità, avrebbero prevalso sulla forza bruta, sulla barbarie, sulla guerra e la miseria che avevano funestato l’ultimo secolo della repubblica106: egli era il ciuis opposto ai violenti e avidi comandanti militari del passato107. In piena consonanza con gli ideali augustei, pertanto, i poeti elegiaci affermavano che solo la blanda uoluptas può mollire gli animi truces108 e che l’amante si identifica con il ciuis romano, colto e istruito, opposto al soldato barbaro e all’incolto109. Ora, quanto affermato da Draconzio nel Romul. 1 a proposito dell’insegnamento di Feliciano richiama da vicino il processo di civilizzazione e di acculturazione romana, mediante il quale i Vandali intesero legittimare il loro potere, assimilandolo a quello imperiale. Tale processo contemplava appunto la riapertura delle scuole110 (forse già a partire dalla fine del regno di Geiserico)111, l’abbandono della politica militare estera (a partire da Unerico), l’assimilazione delle raffinatezze e dei lussi romani (ville, terme, giochi), attraverso i quali i sovrani stranieri vollero dimostrare di aver acquisito le artes pacis e la virtù privata dei Cesari. Ecco dunque che al tempo del re Trasamondo (496–523) il poeta Florentino contemplava una Carthago studiis, Carthago ornata magistris112, mentre Lussorio inneggiava al ritorno della uoluptas nella vita sociale cartaginese, una voluttà che doveva lasciar trasparire quanto i Vandali – un tempo cruenti come le bestie feroci – avessero appreso la lex pacis romana e di conseguenza quale prosperità si preparasse per il loro regno113; così nell’epitalamio per le nozze del nobile vandalo Frido, sempre Lussorio contempla Venere mentre scende su Cartagine e sui Punica regna, portando con sé la pace eterna114. Allo stesso modo Draconzio, nell’epitalamio per due fra105 Cfr. Verg. ecl. 9,47. 106 Cfr. Verg. Aen. 8,698–706; ecl. 1,6. 70–72; Antonio La Penna: Orazio e l’ideologia del principato, Torino 1974², 55, 84 e nota 1, 106 s.; Id.: Virgilio e la crisi del mondo antico, in: Cetrangolo, Ezio (ed.): Virgilio. Tutte le opere, Firenze 1992, IX–CI (XLVI). 107 Suet. Aug. 94. 108 Ov. ars 2,477. Si legga l’intero passo ovidiano (vv. 467–488), di estremo interesse per il nostro discorso. 109 Cfr. Prop. 2,16,27 s., per cui si veda Rosa Maria Lucifora: Voci politiche in Properzio erotico. Ideologia e progetto elegiaco in II,16 e III,11, Bari 1999, 27, 33, 46 s.; Ov. am. 3,4,37 e 3,8,33, per cui si veda Ellen Greene: The Erotics of Domination. Male Desire and the Mistress in Latin Love Poetry, London 1998, 105 e 113. 110 Cfr. Christian Courtois: Les Vandales et l’Afrique, Paris 1955, 222, 228 nota 6, 267; Bruno Luiselli: Storia culturale dei rapporti tra mondo romano e mondo germanico, Roma 1992, 540, 546 s., 553 s.; Antonino Isola: A proposito dell’inscitia dei Vandali secondo Fulg., ad Tras.1,2,2, RomBarb 13, 1994–1995, 57–74 (57–64 e 70–74). 111 Per una disamina della complessa questione, strettamente inerente all’interpretazione di Drac. Romul. 1,12 s. rimando a De Gaetano 2009, 82 nota 6. 112 Anth. 376 R.2,32. 113 Ibid. 330,1–4 reddita post longum Tyriis est mira uoluptas … quantum magna parant felici tempora regno / discant ut legem pacis habere ferae! 114 Ibid. 18,4–8.

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telli definisce Venere docta, facunda, perita115, attribuendo alla dea le qualità intellettuali e morali conferite dall’istruzione liberale:116 la dulcedo linguae, la benignità, la clemenza, tutte doti ora appannaggio degli stessi Vandali.117 3. EPILOGO Quanto finora osservato mi conduce all’epilogo di questo intervento. In un contesto di strumentalizzazione della cultura romana a fini di legittimazione del potere, è plausibile che i sovrani vandalici abbiano inteso usurpare la stessa figura di Achille, quell’Achille la cui παιδέια ricorreva nei panegirici imperiali come garanzia di valore militare,118 e le cui nozze con Deidamia erano citate a garanzia di moderazione civile.119 Se ne potrebbe trovare traccia nella ‘Satisfactio’, il carme di riparazione indirizzato da Draconzio al re vandalico Gondamondo. Si tratta anche in questo caso di una suasoria, volta a temperare l’ira di un dominus e volgerlo alla clemenza nei confronti di un uictus. A tal fine, il Cartaginese attribuisce al sovrano molte delle prerogative dell’Achille del Romul. 9: dux armipotens;120 cultore ed emulo delle laudes dei padri121; destinato all’apoteosi, come i più insigni e dotti imperatori romani, che seppero conciliare la uirtus con la clemenza, le artes belli con le artes pacis122; re magnanimo, la cui ira è pia, come quella del leone, che azzanna i rebelles e risparmia i subiecti123; nobile come i grandi predatori (aquile, leoni, tigri, leopardi), che amano cacciare belve pari a loro per forza e stazza e non aggrediscono animali inermi (passeri, lepri, talpe, agnelli)124; degno

115 Drac. Romul. 6,22; cfr. Auson. prof. 3,3; 5,1; Paul. Pell. euch. 61. 116 In questo stesso epitalamio, infatti, subito dopo l’invocazione a Venere, Draconzio invita a unirsi alla lode nuziale quisquis adest sapiens scholasticus atque peritus (Romul. 6,41; si vedano anche, sempre in contesti epitalamici, 7,124; 10,17. 269; cfr. Luceri 2007, 31, 117 s., 130). 117 Cfr. Drac. satisf. 300. 118 Cfr. Claud. 7,51–62 quoque magis nimium pugnae inflammaret amorem, / facta tui numerabat aui, quem litus adustae / horrescit Libyae ratibusque inperuia Thyle: / ille leues Mauros nec falso nomine Pictos / edomuit Scottumque uago mucrone secutus / fregit Hyperboreas remis audacibus undas / et geminis fulgens utroque sub axe tropaeis / Thetyos alternae refluas calcauit harenas. / h o s tib i u ir tu tu m s ti mu lo s, h a ec se min a la u d u m, / h a ec exemp la d a b a t. n o n o c i u s h a u si t A ch il le s / se mif e ri p ra e cep ta sen i s, seu cu sp id i s a r te s / s iu e ly r a e ca n tu s m ed i ca s seu d is ce ret h e rb a s (cfr. Pavlovskis 1965 [vd. nota 12], 285, 288–293). 119 Cfr. Claud. 9,16–19 Scyria sic tenerum uirgo flammabat Achillem / fraudis adhuc expers bellatricesque docebat / ducere fila manus et, mox quos horruit Ide, / Thessalicos roseo pectebat pollice crines. 120 Cfr. Romul. 9,141 s. accanto a satisf. 199 s. 121 Cfr. Romul. 9,1–7 accanto a satisf. 51 s. e 297 s. 122 Cfr. Romul. 9,31–35 accanto a satisf. 175–190. Sul rilievo dato da Draconzio nella ‘Satisfactio’ all’apoteosi e alla cultura cfr. De Gaetano 2009, 331–339. 123 Satisf. 127–148. 124 Ibid. 265–276.

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erede di Geiserico docto ingenio pronior ad ueniam125. Gondamondo è qui presentato in termini del tutto corrispondenti ai predatori ammansiti dalla lira di Orfeo-Feliciano secondo i principi della Romanitas; egli può essere considerato a ragione un nuovo Achille, doctus dagli insegnamenti poetici di un magister che ne ha esaltato il vigore e insieme ne ha disciplinato i costumi, privandoli della loro primitiva ed efferata brutalità126. Per la proprietà transitiva – come già proposto da Marco Scaffai, ma sulla base di motivazioni diverse127 – la figura dell’Achille del Romul. 9 viene a sovrapporsi a quella dei re vandalici. Essi, in nome dell’assimilazione della cultura romana, tendevano a presentarsi come i nuovi conquistatori di Troia/Roma, duces invincibili e al tempo stesso ciues clementi, ossia eredi di un patrimonio di civiltà superiore che li rendeva degni di una translatio imperii. Eppure, il ritratto draconziano è carico di risvolti corrosivi di tale immagine. La blanda cetra degli otia di Sciro suggerisce già lo scivolamento in una vita molle e lasciva, dedita ai piaceri più raffinati, alla luxuria più che alla concordia,128 come stigmatizzato anche in un’adlocutio del codex Salmasianus, nota silloge a uso scolastico, composta probabilmente da un gruppo di grammatici africani tra la fine del V e l’inizio del VI secolo129: induxi molles habitus uelut edita uirgo; lusimus et tactis modulantes carmina chordis. uirtuti adsurgat, fuerat quaecumque, uoluptas; succedat ferrum citharae. quod nutrit amores, depensum est Veneri; reddamus cetera Marti130.

È Achille stesso che parla e rinnega i femminei costumi di Sciro: si noti nel componimento l’abbinamento stereotipato cithara-uoluptas e le altrettanto convenzionali antitesi cithara/ferrum; uoluptas/uirtus; Venus/Mars. La uoluptas, infatti, può essere il principio di generazione, ma anche di degenerazione della civiltà, in quanto un eccessivo progresso della raffinatezza può evolvere in rammollimento, perdita di virilità, languore, corruzione.131 È quanto storicamente successo ai Vandali. Proprio l’adozione della uoluptas romana avrebbe provocato quell’indebolimento del popolo che porterà Procopio a definire Ilderico ἀπόλεμος132 e i Van-

125 Ibid. 300: sull’opportunità di emendare il doctus in docto cfr. Schetter 1990, 112 e nota 59. 126 Sull’istruzione di Gondamondo e, in generale, dei re vandalici cfr. De Gaetano 2009, 337– 343. 127 M. Scaffai (1995, 313–319) ha sostenuto che il corpo straziato e insepolto di Ettore possa alludere ai corpi dei martiri cattolici dell’Africa romana, vittime delle persecuzioni religiose dei Vandali ariani. Achille rappresenterebbe pertanto i tiranni persecutori. 128 Cfr. Drac. Romul. 10,161 blanda voluptas, 10,264 blanda libido. Si ricorderanno, a questo proposito, i blanda otia e la luxuries spregiati dal prode Stilicone, amante della sola laus militare (Claud. 21,91–94 talem quippe uirum natis adiunxit et aulae, / cui neque luxuries bello nec blanda periclis / otia nec lucis fructus pretiosior umquam / laude fuit). 129 Per una disamina della questione rinvio a De Gaetano 2009, 85. 130 Anth. 198 R.2,85–89. 131 Cfr. Caes. Gall. 1,1,3; Sall. Catil. 10; Tac. Agr. 11,5; 16,5; 21,3. 132 Proc. Vand. 1,9,8.

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dali ἁβρότατοι133, in quanto dediti esclusivamente ai piaceri d’amore (ἔργα ἀϕροδίσια134), come l’inbellis e femineus Paride.135 Nel caso di Draconzio, tuttavia, il riferimento più che ai piaceri d’amore è all’amore del lusso, che aveva incentivato e non arginato la proverbiale avidità di ricchezze degli invasori. Sappiamo infatti che l’immenso tesoro privato, con cui i re vandalici si assicurarono il mantenimento dell’esercito, base indispensabile di ogni potere assoluto, era il frutto del sacco di Roma del 455,136 della pirateria,137 nonché delle spoliazioni e delle vessazioni fiscali perpetrate a danno della popolazione romano-africana138: il primo nucleo del tesoro reale fu costituito da Geiserico, subito dopo la conquista di Cartagine, con la confisca tramite decreto di tutto il denaro, le vesti e gli oggetti preziosi delle famiglie senatorie;139 nucleo in seguito incrementato da un pesante carico di imposte che sotto lo stesso Geiserico,140 e ancor più sotto Unerico141, finirono per ridurre sul lastrico molti nobili romani. L’esazione di tali imposte era spesso eseguita con metodi coercitivi:142 ancora al tempo di Gelimero (530–534), il funzionario regale Eutiche entrava con la forza nelle case, prelevandone tutte le ricchezze al grido di regis habenda.143 La consuetudine con le raffinatezze della vita romana, pertanto, oltre a viziare l’originale uis dei Vandali144, non ne aveva attenuato la rapacità, l’aveva anzi inasprita, rivestendola di una patina di legalità. Alla luce di tali avvenimenti storici, la parabola di Achille tracciata da Draconzio nel Romul. 9 svela il suo autentico significato. Alla fine della suasoria, infatti, l’eroe verrà convinto a restituire il corpo di Ettore non da motivazioni etiche o dall’ossequio nei confronti degli dèi, com’è in Omero,145 ma da una proposta venale e meschina, atta a colmare la sua sete di vendetta e di sopraffazione: vendere il cadavere del nemico a un prezzo tale da spogliare i Dardanidi di ogni risorsa e anticipare la caduta di Troia146. Draconzio sembra qui riagganciarsi – in modo del tutto singolare – a una tradizione grammaticale africana che elaborava il riscatto del cadavere di Ettore come exemplum retorico di quell’auri sacra fames (Verg. Aen. 3,57) che è fonte di ogni ingiustizia e di ogni empietà: mi riferisco in 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142 143

Ibid. 2,6,5. Ibid. 2,6,9. Cfr. Drac. Romul. 9,59–62. Cfr. Vict. Vit. 1,24; Proc. Vand. 1,5,1–4; 2,9,5 s. Cfr. Sidon. carm. 5,89 s. 388–405; Proc. Vand. 1,5,1–4; 1,6,17–24; 2,3,26. Cfr. Vita Fulg. 1; Proc. Vand. 1,5,11. Cfr. Vict. Vit. 1,5 e 12. Cfr. Proc. Vand. 1,5,15. Cfr. Vict. Vit. 2,2. Cfr. Vita Fulg. 2. Anth. 341 R.2,4 e 342: cfr. Ludwig Schmidt: Histoire des Vandales, trad. fr., Paris 1953, 161 nota 3. 144 Cfr. Sidon. carm. 5,327–332 sed ne fortasse latronis (sc. Genserici) / me clausam uirtute putes, consumpsit in illo / uim gentis uitae uitium: Scyticam feritatem / non uires sed uota tenent, spoliisque potitus / immensis robur luxu iam perdidit omne / quo ualuit dum pauper erat. 145 Cfr. Hom. Il. 24,560–570. 146 Drac. Romul. 9,221–231.

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particolare ad Anth. 21 R.2,193–202, i cui legami con i Romulea 5 e 9 sono stati ben evidenziati da Annick Stoehr-Monjou.147 Tale tradizione risente in vario modo dell’influsso cristiano,148 influsso che nelle opere draconziane, retoriche e non, si manifesta nel profilare il rapporto tra ricchi e poveri alla stregua di quello tra oppressori e oppressi, tra rei carnefici e vittime innocenti.149 Nel caso specifico del Romul. 9, Draconzio, invitando il Pelide a chiedere tanto aurum da far sì non solo che Priamus mendicet et omnes, ma addirittura che Astyanax egeat150, sembra evocare il divieto veterotestamentario di nuocere all’orfano e alla vedova151, privandoli dei loro beni e facendone la propria praeda152, espressione dell’iniquità più empia in quanto rivolta verso i più deboli153. In ciò gli insegnamenti di Chirone non sembrano aver attutito la naturale predisposizione alla rapina del discepolo, manifestata quando ancora puer saccheggiava selvaggiamente le case dei timidi centauri, razziandone le greggi e devastandone i campi. Per quanto la cultura possa incidere sui costumi, i predatori (leoni, tigri, orsi, lupi) continuano ad avventarsi su prede indifese. Con le parole dello stesso Achille omerico a Ettore, che gli chiedeva di stipulare un patto sacro e di impegnarsi reciprocamente a restituire il cadavere del vinto ai familiari: … non v’è fida alleanza fra uomo e leone, e lupo e agnello non han mai cuori co n co r d i, ma s’odiano senza riposo l’uno con l’altro154.

È la negazione della possibilità della lira di Orfeo-Feliciano di realizzare una concordia edenica. La cetra di Chirone, che doveva nobilitare l’ira ingens con le sue blandae chordae, imponendole i vincoli della iustitia e della pietas, non ha addomesticato il leone selvaggio155. L’esoso e lesivo esborso richiesto per il corpo di Ettore dimostra che ancora in Achille alberga una fulua rabies156, scevra di ogni pietà umana. Così il lupo rimane lupo, anche se travestito da pecora, anzi quel travestimento gli fornisce armi più subdole per poter maggiormente infierire sui deboli e sugli innocenti. Proprio la blanda uoluptas romana aveva eccitato le irae degli invasori, contribuendo a definire il loro potere come tirannico: nel presentare infatti il riscatto della salma del Priamide alla stregua di un onerosissimo tributum

147 Stoehr-Monjou 2015 (b), 112. 148 Si pensi solo alla cupiditas radix omnium malorum di I Tim. 6,10. Per altri rilievi cfr. StoehrMonjou 2015 (b), 115 s. 149 Per il Romul. 5 rimando a Stoehr-Monjou 2015 (b), 112–114, ma si veda anche laud. dei 3,32–80, con i suoi espliciti richiami scritturistici (cfr. Luc. 16,19–25; Iac. 2,5–12; 5,1–6). 150 Drac. Romul. 9,222. 151 Cfr. exod. 22,22–23; Is. 1,17; Iac. 1,27. 152 Is. 10,2; cfr. 1,23. 153 Cfr. Is. 3,14s.; 61,8. 154 Hom. Il. 22,262–264 (traduzione di Rosa Calzecchi Onesti). 155 Cfr. Fantuzzi 2012 (vd. nota 26), 80–82. 156 Cfr. Anth. 21 R.2,196 accanto a Drac. Romul. 5,311, per cui si veda Stoehr-Monjou 2015 (b), 112.

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o di un uectigal157, Draconzio non poteva non ammiccare alle spoliazioni e alle vessazioni fiscali158 con cui i Vandali sfibrarono, dopo averli sottomessi, i Romani d’Africa, sempre giustificando il sopruso con il millantato rispetto delle più legittime e cavillose norme giuridico-amministrative romane. È quanto traspare anche nel Romul. 5, in cui il Cartaginese dichiara paradossalmente di preferire un’invasione di popoli barbari – i quali, dopo le violenze della conquista, sanno placarsi e governare nel rispetto dei sudditi159 – al potere nefando di un diues fortis (= re vandalici), che sub imagine ciuis160, sub laude161, ciuili sub lege162 pretende di tiranneggiare un pauper (= subiecti romani) che non può opporre resistenza.163 La condanna del diues fortis nella controuersia è pari a quella di Achille nella suasoria164. Si potrebbe quindi ipotizzare che durante la pubblica recitazione del Romul. 9, mentre l’oratore prospettava al Pelide l’ingente tributo chiesto al nemico come omen della caduta di Troia165, l’orecchio dell’ascoltatore cristiano (soprattutto romano) abbia sentito risuonare l’annuncio del castigo che Dio riserva a chi rapina l’orfano e la vedova: la morte violenta, che renderà vedova la moglie e orfano il figlio dell’oppressore,166 e, dopo la morte, non l’apoteosi celeste, ma la pena infernale.167 Assistiamo così a una trasformazione di modelli culturali, per cui Achille da exemplum boni principis diventa exemplum tyrannidis, laddove Ettore assurge a exemplum di una Romanitas che solo nell’associazione con la Christianitas poteva

157 Drac. Romul. 9,230 s. Com’è noto, l’accostamento dei termini tributum e uectigal è spesso rappresentativo di tutto il complesso di imposte (dirette e indirette) gravanti sui sudditi dell’impero romano: cfr. Tac. ann. 1,11; Reinhard Wolters: Vectigal, Tributum und Stipendium – Abgabenformen in Römischer Republik und Kaiserzeit, in: Hilmar Klinkott / Sabine Kubisch / Renate Müller-Wollermann (edd.): Geschenke und Steuern, Zölle und Tribute: Antike Abgabenformen in Anspruch und Wirklichkeit, Leiden 2007, 407–430; Sven Günther: Vectigalia nervos esse rei publicae: Die indirekten Steuern in der Römischen Kaiserzeit von Augustus bis Diokletian, Wiesbaden 2008, 8–21. 158 Sebbene parli specificamente di imposte, Draconzio sembra volersi riferire a tutti gli iniqui prelievi di ricchezza effettuati dai Vandali sui sudditi romano-africani. Si noti, in particolare, il finale sentenzioso uectigal funera praestent (Romul. 9,231), echeggiante il famoso adagio con cui Aristotele (rhet. 2,1383b) condannava ogni forma di estorsione ai danni di individui indifesi: ἀπὸ νεκροῦ ϕέρειν. 159 Drac. Romul. 5,15–21 e 33–37. 160 Ibid. 5,13. 161 Ibid. 5,3. 162 Ibid. 5,5. 163 Cfr. ibid. 5,89–100. Per l’identificazione tra il diues fortis e i tiranni vandalici cfr. Romano 1959, 205; Bouquet / Wolff 1995, 56–58; Stoehr-Monjou 2015 (b), 106 s. e 114. 164 Cfr. Stoehr-Monjou 2015 (b), 111. 165 Cfr. Wolff 1996, 186 nota 103. 166 Exod. 22,24. 167 Cfr. Drac. laud. dei 3,76–80 si tales damnare placet sub perpete poena … quid passurus erit … qui aliena rapit praedo temerarius audax, / cuius facta gemens plaudit spoliatus egenus?

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vedere assicurata la sanità dei propri valori. Ma di questo ho già avuto occasione di parlare in altra sede.168

168 Cfr. De Gaetano 2010, 237–239 e nota 84.

STRUKTUR UND MORAL IN DEN MYTHOLOGISCHEN GROSSDICHTUNGEN DES DRACONTIUS Thomas Gärtner ABSTRACT Der Beitrag untersucht die Parallelität der drei mythologischen Großdichtungen des Dracontius (‘Raptus Helenae’, ‘Medea’ und ‘Orestes’), in denen jeweils ein banausisch gezeichneter AntiHeld im Mittelpunkt steht, der sich gegen die Unverletzlichkeit der Ehe vergeht: im ‘Raptus Helenae’ der Hirt Paris, in der ‘Medea’ der Seemann Jason und im ‘Orestes’ der Hirt Ägisth. Zu diesem parallelen „Heldenbild“ treten Parallelitäten in der jeweiligen Struktur der Epyllien hinzu, die sich in der ‘Medea’ und im ‘Orestes’ dichotomisch gibt, während im ‘Raptus Helenae’ die Einschachtelung einer episodisch wirkenden Gesandtschaftshandlung auffällt. Es wird gezeigt, daß diese vergleichbare Strukturierung im Dienste der parallelen Charakterzeichnung der Hauptpersonen bzw. ihrer moralischen Verurteilung durch den Erzähler steht.

Daß die drei mythologischen Epyllien des Dracontius, auf die hier einzugehen ist, ‘Raptus Helenae’1, ‘Medea’2 und ‘Orestes’, grundsätzlich moralistisch3 angelegt sind, zeigt sich an der bloßen Tatsache, daß in allen dreien jeweils ein mit banausischen Zügen gezeichneter Ehesünder abgestraft wird:4 Im ‘Raptus Helenae’ bringt der Hirt Paris, indem er aus seiner Hirtenwelt ausbricht, eine führende Position in seiner Stadt Troja übernimmt und schließlich Helena raubt, schreckliches Unglück über sich und seine Stadt, worauf durch Unglücksprodigien in der epischen Handlung deutlich genug vorausgedeutet wird. In der ‘Medea’ wird dem nauta Jason5, der ebenso leichtfertig die Ehe mit Medea erlangt, wie er diese später zugunsten seiner neuen Frau verstößt, durch Medeas Rachehandlung eine grausige Lektion erteilt. Und im ‘Orestes’ wird der Hirt Ägisth6, der erstaunliche 1 2 3

4 5 6

Romul. 8. Romul. 10. Wasyl 2011, 13–109 vertritt in ihrem Dracontius-Kapitel die Ansicht, daß das Moralisieren des Erzählers in den einzelnen Epyllien sukzessive zunimmt: Der ‘Hylas’ (Romul. 2) kenne noch keinen „narrator-moralist“ (50), im ‘Raptus’ (Romul. 8) wende sich der Erzähler gegen Helena und besonders gegen Paris, in der ‘Medea’ (Romul. 10) sei die „cruelty of gods“ das zentrale Thema (42), im ‘Orestes’ bilde die purgatio Orestis den Zielpunkt des Erzählers (44). Zur Parallelität dieser Gestaltungsweise vgl. Bright 1987, 148f.; Simons 2005, 319; 350f. Speziell zu Jason als nauta vgl. das Kapitel „perfidus nauta Iason“ bei Simons 2005, 195– 199. Simons leitet diese abschätzige Qualifizierung von „Zeitalterlehren“ ab, in denen die Seefahrt als grenzüberschreitender Frevel gewertet wird (196). Die „soziale Diskriminierung“ als Merkmal der dracontianischen Ägisth-Figur wird – forschungsgeschichtlich aus sozialistischer Perspektive – von Trillitzsch 1981, 273 hervorgehoben. Zu Ägisth vgl. auch van Zyl Smit 2010, 31f. Tempone 2010, 222 glaubt, hinter der stereotypen Verwendung von pastor in Bezug auf Ägisth verberge sich eine Anspielung auf den

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Parallelen zu Paris im ‘Raptus Helenae’ aufweist, für seinen Ehebruch mit Klytemestra und die Ermordung ihres Gatten Agamemnon bestraft durch die Rache von Agamemnons Sohn Orest. 1. DER ‘RAPTUS HELENAE’ Wie Dracontius die Charaktere solcher Antihelden zeichnet, läßt sich am besten anhand des Beispiels des Paris im ‘Raptus Helenae’ zeigen. Hier haben wir als Kontrastfolie die Papyrusfragmente von Euripides’ ‘Alexandros’7. Zwar ist es durchaus fraglich, ob Dracontius dieses Stück oder nur eine Zusammenfassung davon auf Griechisch lesen konnte, aber durch das mythographische Werk Hygins ist gesichert, daß die Grundzüge der euripideischen Gestaltung auch für Dracontius greifbar waren. Beweisen läßt sich eine rudimentäre Euripides-Kenntnis dadurch, daß Dracontius das euripideische Motiv einer Koinzidenz zwischen der Rückkehr des Paris nach Troja und einer sakralen Festlichkeit nicht nur einfach, sondern sogar zweimal imitiert: nicht nur am Werkanfang, sondern auch am Ende, als Paris mit Helena aus Zypern zurückkehrt. Bei Euripides trifft der Hirt Paris ironischerweise gerade zu dem Zeitpunkt ein, als sein Vater Priamos auf Bitten der Hekabe hin Leichenspiele für seinen verlorenen Sohn veranstaltet.8 Bei Dracontius wird die dramatische Ironie dieser Koinzidenz bei der ersten Ankunft des Paris prinzipiell beibehalten, aber verschoben: Paris kommt nicht während seiner eigenen Leichenspiele, sondern als Priamos gerade das Jubiläum der Wiedererrichtung Trojas nach seiner ersten Zerstörung feiert9 (welche Paris durch sein verderbliches Tun erneuern wird). Am Ende des Werks wird das euripideische Motiv dagegen in seiner ursprünglichen Form wiederaufgegriffen: Paris erscheint unversehens, als Priamos gerade einen Kenotaph für seinen vermeintlich im Seesturm umgekommenen Sohn errichtet.10 Auch in dieser Schlußszene zeigen sich Ressentiments bei den Brüdern des Paris (wie bei seiner ursprünglichen Ankunft zu Beginn des ‘Raptus Helenae’ und wie bei Euripides). Strukturell umrahmt also eine zweifache Imitation des euripideischen Mythologems das gesamte Epyllion. Damit kommt das zweite Thema „Struktur“ des vorliegenden Beitrags ins Spiel. Den Paris des Dracontius unterscheiden zwei faktische Grundzüge von demjenigen des Euripides. Bei Dracontius begibt sich der verkannte Königssohn selbst voller Initiative nach Troja, während er bei Euripides von anderen Hirten in Fesseln an den Königshof geschleppt wird. Und bei Dracontius hat er das Parisurteil bereits hinter sich, welches – wie auch das Wissen um seine Abstammung – seine homerischen Sprachgebrauch ποιμὴν λαῶν „con un intento sottilmente sarcastico, quasi ironico-tragico“. 7 Die Fragmente bei TrGF V S. 174ff. Kannicht. 8 Prothesis, l. 19–21: τῶν | ἐπ’ αὐτῷ τελ[ο]υμέν[ων] ἀγώνων εἰάθη | μετασχεῖν. 9 Romul. 8,78f. 10 Romul. 10,610–613. Nach Hyg. fab. 273 = Eur. Alex. test. iv b verband bei Euripides Priamos mit den Leichenspielen einen Kenotaph für den ausgesetzten Sohn.

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Arroganz nährt, wohingegen bei Hygin das Parisurteil erst nach dem Wiedereintritt des Paris in die königliche Familie behandelt wird (fab. 91f.). In der Folge dieser Verschiebungen ist derjenige Paris, welcher bei Euripides durch die Erfolge, die er als vermeintlicher Hirt bei seinen eigenen Leichenspielen gegen seine königlichen Brüder erringt, einen sophistisch geprägten Diskurs über das Verhältnis zwischen wahrem Adel und Geburt auslöst, bei Dracontius einfach ein Kretin, d. h. seine faktischen Fähigkeiten reichen nicht über die eines einfachen Hirten hinaus, und seine Arroganz, die ihn vorwärtstreibt, erweist sich als für Troja verhängnisvoll. Diese vorwärtstreibende Arroganz des Paris bekundet sich auf zwei Stufen, die in deutlich parallelen und korrespondierenden iam-Perioden geschildert werden: Zunächst vermag er – wegen seiner königlichen Provenienz – die bloße Hirtenexistenz nicht mehr zu ertragen und drängt nach Troja.11 Dann reicht ihm aber – als dem Richter des Parisurteils – auch die Existenz als bloßer Königssohn nicht mehr, und er begibt sich aus Ruhmsucht auf eine auswärtige Unternehmung, die ihn schließlich nach Zypern verschlägt.12 Der Auftritt des Paris auf Zypern, also gewissermaßen die zweite Stufe seiner Arroganz, wird mit deutlicher Parallelität zu seinem Erscheinen in Troja, der ersten Stufe, geschildert. In beiden Fällen verbreitet sich schnell die fama13 über seine Ankunft, er hinterläßt in beiden Städten zunächst den Eindruck eines pastor uilis (98) bzw. eines nauita uilis (447), sein Gang in die Stadt wird jeweils mit der Junktur carpere iter beschrieben14 und in beiden Fällen findet zum Zeitpunkt seiner Ankunft dort eine sakrale Handlung statt: In Troja feiert Priamos den Wiederaufbau der Stadt, auf Zypern wird ein Venus-Fest begangen. Paris wird bald darauf mit auf seine Person bezüglichen Weissagungen konfrontiert: in Troja mit denjenigen des Helenos und der Kassandra, auf Zypern mit derjenigen eines Auguren. Am Ende dieser Weissagungsszenen wird jeweils auf zwei Priesterautoritäten rekurriert (in Troja auf Helenos und Laokoon, 181f., auf Zypern dagegen auf Ganymed und Polles als Archegeten der Augurenkunst, 479f.). Schließlich gerät Paris in akute Lebensgefahr: in Troja durch die feindlichen Prophezeiungen von Helenos und Kassandra, auf Zypern durch die ihn verfolgende Mannschaft des Menelaos. Er entkommt jeweils nur knapp, und am Ende der jeweiligen Perikope steht das schmerzliche Scheitern seiner Widersacher Hektor (212) bzw. Menelaos (571–585) . 11 Romul. 8,61–66: iam grex horretur, fontes casa pascua siluae / flumina rura pigent nec fistula dulcis amatur; / non placet Oenone, sed iam prope turpis habetur, / ex quo pulchra Venus talem promisit in Ida, / qualis nuda fuit: talem iam pastor anhelat. / sordent arua uiro post iurgia tanta dearum. 12 Romul. 8,213–216: iam regno non impar erat, sed sceptra tiaram / imperium trabeas iam post caeleste tribunal / totum uile putat, solam cupit addere famam / maiorum titulis, uiuaces quaerere laudes / … 13 Romul. 8,116–118: nuntius interea totam compleuerat urbem: / fama uolat per templa deum, quod pastor ab Ida / se uelit ostendi regni de stirpe creatum. ~ 442f.: nuntia fama ducis totam repleuerat urbem, / aduenisse Parin Troiano sanguine cretum. 14 Romul. 8,71 Troianum carpebat iter ~ 450 praeceptum dum carpit iter festinus ad urbem.

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In beiden Fällen betritt der Kretin voller Elan ein neues Umfeld, in dem er zunächst als solcher erkannt und nicht gerade willkommen geheißen wird. Er erhält auf mantischem Wege Möglichkeiten zur Selbstreflexion, die ihn jedoch in keiner Weise zurückhalten können. Man versucht ihn zu bekämpfen, aber er entkommt jeweils knapp und setzt seinen verhängnisvollen Weg fort. Zwischen diesen beiden Etappen von Paris’ arrogantem Aufstieg findet sich in der Struktur des Epyllions die trojanische Gesandtschaft zu dem Salaminer Telamon. Diese Episode scheint auf den ersten Blick bemerkenswert durch ihre Funktionslosigkeit für den weiteren Gang des Geschehens.15 Mythengeschichtlich entstammt diese Episode einer neueren, rationalistischen Version über die Ursachen des Trojanischen Kriegs, wonach dieser nicht durch das göttliche Parisurteil, sondern durch einen diplomatischen Streitfall in der Folge der ersten Eroberung Trojas durch Herakles ausgelöst wird. Allerdings endet in dieser rationalistischen Version (die vor allem bei Dares Phrygius greifbar ist) die trojanische Gesandtschaft nach Salamis in einem Eklat, während die Sache bei Dracontius durch das Geschick der trojanischen Gesandten glimpflich ausgeht. Daß es dennoch zum Krieg kommt, liegt bei Dracontius nur daran, daß Paris durch einen Seesturm von den ihm durch Priamos beigegebenen Gesandten getrennt und nach Zypern verschlagen wird, wo er dann Helena raubt. Was mythengeschichtlich eine rationalistische Alternativversion zum Parisurteil ist, wird von Dracontius mit diesem in seiner eigenen neuen Version vereinigt und erhält hier die Funktion eines moralischen Paradigmas. Die älteren Gesandten hat Priamos in weiser Voraussicht dem vorwärtsdrängenden Paris als mäßigende Instanzen beigegeben. Nachdem diese mit diplomatischem Geschick die Gesandtschaftssituation in Salamis entschärft haben, wird Paris durch einen Seesturm vom Schiff der Gesandten getrennt – das er vergeblich noch zu erreichen sucht –, und findet sich nunmehr auf seine eigenen bescheidenen Fähigkeiten angewiesen, wie sein Monolog im Seesturm deutlich offenbart: Er ist letztlich nicht mehr als ein einfacher Hirt, der vom Schicksal emporgespült wurde wie sein Schiff von den Sturmwellen. So wird er nach Zypern verschlagen und raubt dort Helena.

15 Schetter 1987, 225 (= 1994, 308): „Die Gesandtschaft wäre ohne Folgen geblieben, alles wäre gut gegangen, wenn nicht Paris auf der Rückfahrt durch einen Seesturm nach Zypern verschlagen worden und dort Helena begegnet wäre. Beinahe hätte der Trojanische Krieg nicht stattgefunden. Daß er dann doch stattfand, lag an fatalen Imponderabilien“. Mit dieser Betrachtungsweise werden aber die konkreten Bezüge zwischen dem ‘Helena’-Prooemium und der Gesandtschaftshandlung verkannt. Dagegen sieht Simons 2005, 262 in der (für den Fortgang der Erzählung belanglosen) Gesandtschaftshandlung eine Ablehnung der rationalistischen mythologischen Variante durch Dracontius: „Mit seiner Gestaltung der Salamis-Episode reagiert er auf die … mythologische Tradition, die in der Weigerung, Hesione zurückzugeben, die causa des Trojanischen Krieges sah, und verneint diese.“ Aber eine solche Ablehnung der jüngeren mythologischen Variante erklärt gerade nicht, warum sie so ausführlich berücksichtigt wird. Richtiger Simons 2005, 300: „Dracontius nutzt sie [sc. die Episode] als Kontrast zu Paris und seinem Verhalten. Dies erklärt auch die ausführliche Gestaltung der Episode.“

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Der rücksichtslose Raub der Ehefrau, die naturgemäß für die Zeugung der Nachkommenschaft eines Hauses entscheidende Bedeutung hat, wird im Prooemium des ‘Raptus Helenae’ als das besonders Schamlose von Paris’ Tat hervorgehoben (3–10). Die Gesandten dagegen nehmen gerade auf die Mutterrolle der von den Trojanern zurückgeforderten Hesione Rücksicht und werden damit zum moralisch positiven Gegenbild von Paris’ Handeln. Diese moralisierende Antithese wird verdeutlicht durch zwei exakt parallele Tiergleichnisse (vgl. unten die Anmerkungen 16 und 17). Der nach dem Einlenken der trojanischen Gesandten sich beruhigende Telamon wird verglichen mit einem Löwen, der bekanntlich nur einen stehenden Feind erlegt und von einem sich zu Boden werfenden Jäger besänftigt werden kann.16 Dagegen wird der seiner Ehefrau beraubte Menelaos verglichen mit einer Tigerfrau, die ihrer Jungen beraubt wird, folglich durch nichts zu besänftigen ist und als das epische Bild unversöhnlichen Zorns schlechthin gelten darf.17 In beiden Gleichnissen wird in exakt parallelen, mit ast ubi eingeleiteten Sätzen auf die Situation des Raubtiers fokussiert, das beschwichtigt bzw. auf das äußerste erzürnt wird. Die Parallelität der Tiergleichnisse beschwört geradezu ein moralisch-pragmatisches Naturgesetz, wie man dem Zorn des Widersachers die Spitze nehmen und wie man ihn andererseits irreversibel verschärfen kann. Die trojanischen Gesandten beherrschen die Technik des bedachtsamen Jägers (sie belassen Telamon dessen Ehefrau und beruhigen ihn damit), Paris verhält sich wie der rücksichtslose (er raubt Menelaos seine Gattin und verursacht damit infolge von dessen unbezwingbarem Zorn den Trojanischen Krieg). Kommen wir nun zu den beiden anderen größeren Epyllien des Dracontius, zur ‘Medea’ und zum ‘Orestes’. Während im ‘Raptus Helenae’ die künftige Bestrafung des Paris nur durch Zukunftsprodigien angedeutet wird, wird hier der Ehesünder jeweils im zweiten Abschnitt des Werkes selbst abgestraft. Beide Werke zeichnen sich durch eine parallele Dichotomie aus, und die beiden Werkabschnitte sind jeweils durch einen mehrjährigen Zeitraum getrennt.

16 Romul. 8,349–363: … regis iam corda tepescunt, / quae fuerant accensa nimis. sic magna leonis / ira fremit, cum lata procul uenabula cernens / uenantis crispare manu iam uerbera caudae / cruribus incutiens spargit per colla per armos / erecta ceruice iubas, iam tenditur altus / dentibus illisis et pectus grande remugit / (flumina tunc resonant, montes et lustra resultant): / ast ubi uenator reiecta cuspide sollers / sponte cadit pronusque iacet, perit ira leonis, / turpe putans, non dente suo si praeda iacebit, / (temnit praedo cibos, quos non facit ipse cadauer, / ignoscens feritate pia, ueniale precatus / uenator si cesset iners): sic rector Achiuus / frangitur … 17 Romul. 8,577–585: Hyrcanae sic saepe solent per deuia tigres / affectu stimulante rapi, cum pignora mater / perdit et elusa feritas pietate nocentis / raptoris sectatur iter, uestigia sollers / insequitur praedonis equi, sessoris anheli; / ast ubi torua parens transacto flumine natos / secerni conspexit aquis, redit orba dolore / et gemit infrendens amissum nobile pignus: / Atrides sic maestus erat de coniuge rapta.

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2. DIE ‘MEDEA’ In der ‘Medea’ ist im ersten Teil die Ehe zwischen Jason und Medea, die den erstgenannten eigentlich als Diana-Priesterin gemäß dem Vorbild der taurischen Iphigenie schlachten sollte, in einem höchst turbulenten Handlungsgang angebahnt worden. Im zweiten Teil kommt Jason in seine Heimat zurück, die in dieser Version nicht Iolkos, sondern Theben ist, heiratet dort Kreons Tochter Glauke und löst damit die bekannte Rachehandlung Medeas aus. Im ‘Orestes’ ermorden dagegen im ersten Teil Ägisth und Klytemestra den aus Troja zurückkehrenden siegreichen Feldherrn Agamemnon, während im zweiten Abschnitt Orest mit Hilfe des Pylades die Rachehandlung (einschließlich des Muttermords) vollzieht und abschließend im Taurerland von seiner Schwester Iphigenie entsühnt und dann in Athen vom Areopag freigesprochen wird. In beiden Dichtungen werden also im zweiten Teil Rachehandlungen geschildert, die in einem Kontrastverhältnis zum ersten Teil stehen. Im ‘Orestes’ wird tatsächlich die im ersten Teil geschilderte Handlung gerächt, während in der ‘Medea’ die rachewürdige Handlung (nämlich der Ehebruch des Jason gegenüber Medea) erst am Anfang des zweiten Teils steht. Hier besteht der Kontrast etwas anders darin, daß im ersten Abschnitt eine Ehe angebahnt wird, deren einseitige Aufkündigung im zweiten Abschnitt katastrophale Folgen zeitigt. Der Kontrast zwischen den beiden Werkteilen hat hier eher stimmungsmäßige Züge, insofern das Zustandekommen der Ehe zwischen Medea und Jason im ersten Teil in einer geradezu burlesk-pantomimischen Weise geschildert wird und nur durch wenige Unheilsandeutungen getrübt wird. Der erste, pantomimische Teil der ‘Medea’ folgt zwar in den Grundzügen seines Geschehens der vergilischen Dido-und-Aeneas-Handlung (Venus verschafft im Auftrag der Juno mit Hilfe Amors einem bedrohten Helden Rettung durch ein Liebesverhältnis), aber dennoch wirkt das Geschehen dieses ersten Teils in eigentümlicher Weise unernst, unepisch und burlesk. So operiert etwa Amor nicht wie im ersten ‘Aeneis’-Buch nach epischer Manier in menschlicher Truggestalt, sondern stellt sich dem auf dem Opferaltar liegenden Jason einfach in eigener Person als geflügelter Knabe oben an der Tempelkuppel vor (199f.). Der Unterschied des wesentlich weniger heiteren, vielmehr tragödienhaften zweiten Teils, in welchem sich die in Theben wütende Medea in die grausige Welt der statianischen ‘Thebais’ einordnet, zeigt sich vor allem darin, daß die Götter, die im ersten Teil das erotische Geschehen völlig in der Hand haben, hier nur noch Erfüllungsgehilfen der allmächtigen Magierin Medea sind.18 Bereits im Prooemium des Werks wurde auf die Macht Medeas, Götter auch gegen deren 18 Grundsätzlich richtig erkannt wird der Unterschied des ersten und zweiten Teils der ‘Medea’ bezüglich der Götter von Klein 2001, der jedoch letztlich in beiden heterogenen Teilen jeweils anders gemünzte christliche Kritik an heidnischen Gottesvorstellungen findet. Gegen Klein mit berechtigter Kritik vgl. Simons 2005, 209f. Dagegen sieht Kaufmann 2006 (a) in der ‘Medea’ durchgängig eine götterkritische Haltung des Erzählers, die insbesondere auf die fehlende Hierarchie der olympischen Götter abziele.

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Willen in ihren Dienst zu zwingen, verwiesen (12f.). Von dieser Macht macht sie im zweiten Teil regen Gebrauch, wobei sich der dichterische Weltkosmos deutlich verdüstert. So figurieren im Schlußepilog gerade diejenigen Gottheiten Venus, Amor und Bacchus, die im ersten Teil die Ehe zwischen der Diana-Priesterin Medea und ihrem Beinahe-Opfer Jason maßgeblich zuwege brachten, nur noch als hilflose thebanische Lokalgottheiten, die vergeblich um Hilfe für ihre Stadt angefleht werden. Ich will hier nur kurz auf eine strukturelle Entsprechung eingehen, welche das Kontrastverhältnis zwischen dem ersten und zweiten Werkteil besonders sinnfällig macht. Amor, der im Auftrag seiner Mutter Venus die Liebe zwischen Medea und Jason stiften soll, muß von Hymenaeus erst herbeigeholt werden, da er gerade damit beschäftigt ist, Wassergottheiten in Liebesglut zu versetzen (86–112). Der Landgang des situationsbedingt noch feuchten, aber wesenhaft feurigen Liebesgottes und sein Vergleich mit dem neuerstehenden Vogel Phoenix (102–109), enthält subtile Parallelen zum Landgang des schwimmenden nauta Jason und seiner Wiederbelebung bzw. Errettung vom kolchischen Opferaltar. Schließlich begibt sich Amor mit dem Taubengespann der Venus und eigenem Gefolge nach Kolchis. Die ekphrastische Ausmalung dieses Lufttransfers erhält am Schluß der ‘Medea’ ihr strukturelles Pendant durch das Auffahren der Medea mit ihrem bekannten Schlangenwagen.19 Die Korrespondenzen zwischen beiden Szenen gehen über das bloße Motiv eines fliegenden Wagens weit hinaus: Der Wagen Cupidos wird von positiven allegorischen Figuren begleitet, welche den heiteren ersten Gedichtabschnitt repräsentieren (161–163), der Wagen Medeas von der negativen des Furor (563), die den zweiten Abschnitt bestimmt. Während Cupido zwischen den verschiedenen Tauben des Gespanns wechselt und damit für Erleichterung der „Zugtiere“ sorgt20, lastet die statisch verharrende Medea mit ihrem verruchten Körper schwer auf ihrem Wagen21. Amor ruft durch seine erheiternde Erscheinung epiphanieartige Reaktionen der tristen Natur in Kolchis hervor,22 Medea könnte mit ihrer Erscheinung hingegen den Himmel verfinstern, wenn nicht der Sonnengott Phoebus dagegen wirkte.23 Die beiden Bilder von Amors Taubengespann und Medeas Schlangenwagen zeigen in ihrer deutlichen Responsion ornamenthaft die Charakteristika beider Werkteile: im ersten das für Heiterkeit sorgende Wirken der Götter, im zweiten das Grauen erregende Tun einer sterblichen Magierin.

19 Vgl. hierzu Stoehr-Monjou 2013 (b). 20 Romul. 10,165–167: … tamen impiger ales / nunc hanc nunc illam residet gaudetque iugales / iam r e l e u a r e suas et se pensare uolatu. 21 Romul. 10,562: occupat illa g r a u e m funesto corpore currum. 22 Romul. 10,174–176: et magis accessu pueri plaga maesta serenat / aduentum testata dei: mox taetra fugantur / nubila, caeruleos excludit flammiger imbres. 23 Romul. 10,567: et poterat fuscare diem, corrumpere uentos.

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3. DER ‘ORESTES’ Unter dem Gesichtspunkt des Wirkens der Götter könnte man das dritte große Epyllion des Dracontius, den ‘Orestes’, in eine lineare Reihe mit dem ‘Raptus Helenae’ und der ‘Medea’ stellen. Im ‘Raptus Helenae’ sind die Götter noch völlig präsent, wie sich schon daran zeigt, daß sich Dracontius für die herkömmliche Ursachenversion des Parisurteils entscheidet und die Gesandtschaftshandlung nur in modifizierter Form als moralisierende Kontrastfolie für das Handeln des Paris verwendet. Es zeigt sich aber auch darin, daß Apoll höchstpersönlich, als die Trojaner nach den warnenden Prophezeiungen des Helenos und der Kassandra geneigt scheinen, Paris zu beseitigen, eingreift und Paris durch eine Trugprophezeiung in eigener Person rettet. In der ‘Medea’ dagegen wirken, wie eben gezeigt, die Götter nur im ersten Werkteil autonom und in eigener Person, wie etwa Amor gegenüber Jason und Bacchus gegenüber Aietes. Im zweiten Werkteil müssen sie sich der magischen Gewalt Medeas beugen. Im ‘Orestes’ schließlich sind die Götter und göttlichen Mächte geradezu nachdrücklich eliminiert, wie ein Vergleich mit der klassischen, besonders mit der aischyleischen, Sagenversion zeigt: Orest wird nicht etwa durch Apollo zum Muttermord beauftragt, sondern durch den von Anrufungen eines alten Gefolgsmanns aktivierten Totenschatten Agamemnons. Auch im zweiten Werkteil sind nicht etwa die Erinyen bzw. Furien seine Widersacher, die ihn in den Wahnsinn treiben, sondern der Totenschatten seiner eigenen Mutter Klytemestra. Die wichtigste strukturelle Parallelität zwischen erstem und zweitem Werkteil besteht im Ablauf der Verursachung der jeweiligen Mordhandlung. Klytemestra, die sich schon beruhigt hatte, als Agamemnon noch nicht persönlich heimkam, wird durch die Prophezeiung der vorausgeschickten Gefangenen Kassandra, die das Geschehen detailliert voraussieht, geradezu zur Tat aufgestachelt. Im Anschluß daran wirkt sie auf Ägisth ein. Bei diesem erzielen Klytemestras Worte nachhaltige Wirkung:24 „Er schlägt trotz seiner Furcht auf den abwesenden Feind, den er nicht sieht (gemeint ist Agamemnon), ein“. Im Folgenden wird Ägisth mit einer an einer Quelle lauernden Schlange verglichen. Im zweiten Teil des ‘Orestes’ aktiviert Agamemnons Totenseele die Muttermörder, indem sie Orest und Pylades gleichzeitig im Traum erscheint. Orest ist zunächst unsicher und will sich auf die Tötung Ägisths beschränken, doch Pylades hebt die Notwendigkeit des Muttermords hervor. Auch seine Worte fruchten:25 24 Orest. 219–226: haec infausta loquens lacrimis simul ora rigabat. / turbidus in ferrum rapitur flammante timore / (audacem faciebat amor terrorque proteruum) / et mouet armatos ictu quatiente lacertos / a b s e n t e m q u e f e r i t p a u i d u s q u e m n o n u i d e t h o s t e m . / sic solet anguis hians obsesso fonte uenenum / fauce parare necis fatis mortalibus aptum / pectore sublatus lingua uibrando trisulca. 25 Orest. 616–625: talibus adloquiis accensus felle doloris / erigitur iuuenale fremens, mortale minatus, / (dentibus illisis frangebat murmura morsus) / et, quasi adulterium caperet pastoris Egisti / matris in amplexus infamia membra ligare, / p e r c u t i t a b s e n t e s n u l l o m o r i e n t e r e o r u m : / qualiter infremuit post somnia Pyrrhus Achillis, / quae sensus monue-

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Als ob Orest Ägisth auf frischer Tat ertappt hätte, „schlägt er auf die Abwesenden (gemeint sind Klytemestra und Ägisth) ein, obwohl noch keiner der Schuldigen stirbt“. Anschließend wird Orest in einem mythologischen Gleichnis mit dem Achill-Sohn Pyrrhus26 verglichen, der durch ein Traumbild seines Vaters beauftragt wurde, die Opferung Polyxenas durchzusetzen. Die Parallelität der beiden verglichenen Partien verdeutlicht nachdrücklich die Parallelität der sich auf menschlicher Ebene vollziehenden Handlungsmotivationen in beiden Werkteilen des ‘Orestes’. In beiden Fällen vermag die übermenschliche Rede (die Prophezeiung der Kassandra bzw. die Auftragsrede von Agamemnons Totenschatten) nicht unmittelbar die Mordtat auszulösen, sondern bedarf noch der verstärkenden Suasorie einer menschlichen Komplizenfigur: Klytemestra muß Ägisth den Ernst der Situation vermitteln, welcher Agamemnons Ermordung verlangt, und Pylades muß Orest klarmachen, daß der Muttermord unvermeidbar ist. In beiden Fällen wirkt diese Komplizensuasorie so nachhaltig, daß der künftige Mörder seine Mordtat durch körperliche Bewegungen gegen den abwesenden Feind antizipiert. In beiden Fällen werden die künftigen Täter jedoch mit signifikanten Unterschieden durch parallele Gleichnisse charakterisiert: Im Falle des Ägisth fokussiert das Schlangengleichnis auf die urtümliche Bosheit des Ehebrechers, wohingegen in Bezug auf Orest durch das Pyrrhus-Gleichnis ein differenzierteres Bild gezeichnet wird: Orest wird wie Pyrrhus durch ein Traumbild seines Vaters zu einer humanitär problematischen Handlung genötigt. Die deutliche strukturelle Parallelität der beiden Szenen steht ganz im Dienste der Vermittlung differenzierten ethischen Gehalts. Am Schluß bleibt nur noch, kurz auf einige signifikante strukturelle Entsprechungen zwischen zwei verschiedenen Epyllien des Dracontius, nämlich zwischen der ‘Medea’ und dem ‘Orestes’, einzugehen. Beide Epyllien enden mit einem Schlußgebet des Erzählers um Schonung der Götter für die Stadt Theben bzw. Argos.27 Beide Städte werden als mythische Kumulationsstellen für zahlreiche re suos cum nocte sopora / Aeacide stimulante truci, cum posceret heros / uirginis inferias in Pergama saeuior umbra. 26 Zum Pyrrhus-Motiv vgl. zuvor in der Rede des Dorylas V. 476. 27 Romul. 10,570–601: saeue Furor, crudele Nefas, infausta Libido, / Impietas, Furiae, Luctus, Mors, Funera, Liuor, / linquite mortales miseroque ignoscite mundo, / parcite iam Thebis, diros cohibete furores. / inde uenit quodcumque nefas: sic Cadmus / obruit infaustis crudelia semina sulcis, / inde seges ferrata micat uel Martis anheli / heu male conceptis praegnatur terra uenenis: / emicuit galeata cohors aciesque nefanda, / rumperet ensiferis cum ferrea messis aristis, / insurgunt clipeis, rapiunt simul arma phalanges / mortibus alternis et mutua fata minantur, / fraternumque nefas qui gessit uindicat ensis; / inde Athamas miserandus erat, miser inde Palaemon, / inde Iocasta fuit, turpis fuit Oedipus inde, / inde Eteocles erat frater Polynicis et hostis, / et Polynices inops germani morte peremptus. / blanda Venus, lasciue puer, Semeleie Bacche, / parcite uos saltim, Thebis quibus auctor origo / aut suboles praeclara fuit: tibi mater, Iacche, / Thebana de stirpe, † Tartara tibi Diones, / Harmoniam nupsisse ferunt: pro munere Thebae / et pro tot meritis sic funera tanta merentur? / crimen erit genuisse deos! iam Creta Tonantem / depositum nutrisse neget, iam Delos in undas / fluctuet et paueat partus meruisse deorum, / te Venerem freta uestra negent, abiuret

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Frevel dargestellt, die in den jeweils bei Dracontius dargestellten Greueltaten kulminieren. Eine ganz ähnliche Einordnung der Handlung des Epyllions in die jeweilige Stadtgeschichte begegnet auch in Anrufen an die Furien, die sich sowohl in der ‘Medea’ als auch im ‘Orestes’ finden: In der ‘Medea’ betet die Titelheldin selbst um die Unterstützung der Unterweltsgöttinnen bei ihrem Racheplan, wiederum würden in Theben die Wünsche der Furien wahr, und der Weg nach Theben sei ihnen aufgrund der bekannten Frevel der Stadtgeschichte wohlbekannt.28 Ein ganz analoges Gebet mit einigen sehr deutlichen Anklängen an die ‘Medea’-Partie wird im ‘Orestes’ von Dorylas gesprochen, dem alten Gefolgsmann Agamemnons, der dessen Totenschatten heraufbeschwört:29 Hier wird nicht Amores / Cyprus et Idalium pigeat coluisse Dionen, / Vulcanus Lemno, Iuno spernatur ab Argis, / Gorgone terribilis Pallas damnetur Athenis, / sitque nefas coluisse deos, quia crimen habetur / religionis honos, cum dat pro laude pericla. Orest. 963–974: Di, quibus imperio est facilis concessa Tonantis / aeris et pelagi terrae caelique potestas, / uos pietas miseranda rogat, uos mitis honestas, / uos bona simplicitas, affectus sanguinis orat, / uos genus humanum, consortia sancta cruoris, / stemmata uos generis, cognatio iuncta precatur: / crimina Lemniadum sat erant; Danaeia festa, / quae thalamos fecere rogos, et facta Thyestis / innumerumque nefas, quod sit narrare pudoris – / ecce Mycenaea triplex iam scaena profanat / Graiugenum famam: uestro iam parcite mundo / atque usum scelerum miseris arcete Pelasgis. 28 Romul. 10,436–460: impie rex Erebi, qui formidabile regnum / mortis habes, quem terra premit, qui funera mundi / excipis et tantis non exples luctibus aulam; / anguicomae uos quoque deae, quibus impius horror / turpia uipereae funduntur membra cerastae / (plurimus ora tegit pendens de uertice serpens / et sinuant orbes per pallida colla dracones): / si manibus laniata meis mala uictima uestros / ad manes peruenit homo, si uiscera matris / uos propter scindens homines in uentre necaui, / nunc nostras audite preces. regnator Auerni, / crastina cum Glauce ueniet nuptura marito, / mox Furias admitte tuas; properate, sorores / Tartareae: Thebis iterum iam uota geruntur. / currite: per thalamos Iocastae frater et heres / coniungit natam. gens est uestra: dicauit / mortibus impietas, affectus funera praestant. / cur mora? nam nihil est, quod non me exaudiat umquam. / uirginitas si casta placet, retinere pudorem / si libet et numquam contagia blanda mariti / quaeritis, innuptae nuptam exhorrete sorores. / si Furias saeuire precor nec sponte nocetis, / non estis Furiae: nomen mutate domosque, / ponite serpentes, alienas reddite flammas / et puerum Veneris, quem iam tempsistis, amate. 29 Orest. 483–499: di, regitis quicumque chaos crudele barathri, / rumpite tartareas proscisso gutture fauces, / mittite uirgineas funesta in tecta cerastas! / ne dubitate: truces uenient ad regna Thyestis, / notum iter inuenient, sua per uestigia current. / spes mihi maior adest: Thebis uicina petuntur / moenia tartareis quondam sacrata tenebris / et claro priuata die sub luce diurna. / non estis Furiae, si quaeritis ante rogari / ad quodcumque nefas, si non iam sponte uenitis – / sed dubito: quia iusta peto, tamen oro cruenta. / ergo precor, cum iusta truces sententia mortis / participes scelerum percusserit ense seuero, / uos Acheronteis tortoribus addite flammas / et Furiis augete malum mortale uenenum, / torqueat auctores scelerum crudelis Enyo: / non sat erunt quaecumque reis tormenta paratis. Zu V. 487: Vgl. Stat. Theb. 1,100f. arripit extemplo … / notum iter ad Thebas sc. Tisiphona. Zu V. 489: Am Versende ist uenitis (A) gegenüber potestis (B) und auch nocetis (Bährens, vgl. die Parallele in der ‘Medea’, Romul. 10,457) zu bevorzugen, da es in den vorigen Versen gemäß obiger Textkonstitution um die Auffindung des richtigen Weges durch die Furien ging (486 uenient; 487 iter inuenient, current; 491 petuntur). Das Wort vor sponte ist in beiden Handschriften

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nur auf die vergangenen Frevel der argivischen Stadtgeschichte verwiesen, welche den Furien den Weg weisen könnten (notum iter inuenient), sondern auch das – implizit intertextuelle – Argument geäußert, daß Argos ja nicht allzu weit von Theben entfernt liege (Thebis uicina petuntur / moenia) – womit deutlich auf die Parallelität zur ‘Medea’ angespielt wird, die sich bei Dracontius ja in die thebanische Stadtgeschichte und in die statianische ‘Thebais’ einschreibt.30 Da die Furien aber faktisch, wie gesagt, im ‘Orestes’ keine Rolle spielen, nimmt Dorylas seine Furienbeschwörung sogleich wieder zurück und beläßt es bei der Herbeirufung von Agamemnons Totenschatten. In der Parallelität von Epiloggebeten und Furienanrufen zwischen ‘Medea’ und ‘Orestes’ zeigt sich das Bestreben des Dracontius, strukturelle Korrespondenzen nicht nur innerhalb der einzelnen Epyllien, sondern auch zwischen verschiedenen seiner Werke herzustellen. Die Detektion solcher Fingerzeige, wie sie etwa im Furienanruf des ‘Orestes’ auf die ‘Medea’ gegeben werden, setzt in jedem Fall einen lector doctus voraus.

korrupt (nisi in A, unmetrisches licet in B), fehlte also vermutlich im Archetyp und kann daher ohne Rücksicht auf paläographische Nähe ergänzt werden. Oben ist iam sponte gewählt, als effektive Antithese zu ante rogari (et sponte Peiper, uel sponte Rossberg), vgl. Ov. am. 2,9,37 huc tamquam iussae ueniunt iam sponte sagittae; Drac. laud. 3,581; Romul. 10,281. Zu V. 490: quia muß (sofern richtig überliefert) im Sinne eines faktischen quod verstanden werden (als Kausalkonjunktion verträgt es sich nicht mit dem folgenden tamen). Alternativ darf man eine leichte Änderung in qui erwägen: „Aber ich zögere: ich, der ich Gerechtes erbitte, flehe dennoch um Grausames“. Peiper verbindet den quia-Satz anders als gemäß obiger Interpunktion mit sed dubito. dubitare ist bei Dracontius mit AcI belegt, nicht aber mit quia. Selbst wenn man verstehen dürfte „Aber ich zweifele, daß (ob) ich um Gerechtes bitte – dennoch erflehe ich Grausames“, so würde diese Aussage logisch kaum befriedigen. Bouquet nimmt dem Vers durch Änderung von Sed dubito in nec dubito den Charakter des Zweifels. – Wenn es in irgendeiner Weise gelingen sollte, dem V. 490 affirmativen statt zweifelnden Sinn zu geben, so bliebe immer noch das Problem, daß dann die mit ergo (494) eingeleitete modifizierte Bitte um postmortale Bestrafung in keiner Weise logisch anschließt. 30 Schetter 1980, 209–221 (= 1994, 314–327). Mit Schetters überzeugenden Ergebnissen ist eigentlich die These von Kaufmann 2006 (b), Dracontius verzichte mit Rücksicht auf die weniger gebildeten Vandalen auf die in alexandrinischer Dichtung übliche Art, mit Zitaten Sinnverbindungen zu früheren Autoren herzustellen, bereits widerlegt.

ALS RÖMER ZWISCHEN VANDALEN: DICHTERISCHE TECHNIKEN VON INNOVATION UND TRANSFORMATION

DRACONTIUS’S MINIATURE EPIC AND THE AESTHETICS OF PANTOMIME Visualizing myths, theatricalizing reality Anna Maria Wasyl ABSTRACT Most of Dracontius’s narrative poems are composed with an eye on tragedy. Even, upon a closer look one can notice that his inspirations are not only in tragedy understood as a literary (i.e. ‘textual’) genre and repository of motifs but also in varied performing arts practiced in his age. Indeed, tragic themes as evoked by Dracontius are frequently associable with tragic pantomime. If we add to that his overt interest in (if not fondness for) other theatrical forms, like mime and, especially, aquatic mime, to which many specific scenes vividly described by the poet allude, we can realize how much Dracontius seems to have been open to what might be labeled an example of ‘pop’ art of his time. This tells us quite much about his aesthetic preferences and his willingness to embrace variety in style and level. In fact, in his reluctance to differentiate between ‘high’ and ‘low’ culture as a source of inspiration, Dracontius appears to be interpretable as a poet rather far from ‘academism’ in his approach to the classical tradition. Yet the problem of the message encoded in his mythological (re)narrations is still open to question. It might be tempting to imply, in his attitude, some kind of similar inclusiveness, especially if one reads Dracontius’s poetry through the lens of his famous line on Barbarians and Romans rubbing shoulders in Felicianus’s school. But Dracontius visualizes classical myths not simply to make them look and sound more attractive to his mixed (Romano-Barbaric) readership. If his visual effects at times point to the aesthetics of grace and charm, they too often emphasize horror and cruelty. This makes one suppose that Dracontius’s mythical stories represent his reality, or maybe rather theatricalize it, indeed like pantomime and other performing arts usually do, by alluding to a fact rather than naming it.

Not all readers are enthusiastic about Dracontius’s poetics. For some, his poetry is far too self-conscious, too rhetorical, too complicated in language and style, or too ‘artificial’, if simply put. Most critics, however, emphasize his impressive ability to exploit, indeed combine, various poetic techniques, and in particular various genres, often within one work. Therefore, defining the generic quality of Dracontius’s poems may be – and often is – quite difficult, even though several specific studies into the problem show that the task is worth the effort.1 As a result, we can better understand – and indeed appreciate – the compositional mastery of the Carthaginian lawyer and, in 1

Only exempli gratia I should like to refer to a study on the genre of the ‘Laudes Dei’ by F. Stella. The thematic as well as compositional complexity of this poem has induced many scholars to conclude that establishing the genre of the poem is impossible; instead, the (often too) convenient notion of Gattungsmischung has been evoked. Stella (1988), by contrast, is quite successful, in my view, in arguing that it is the laudatory, i.e. panegyrical and, indeed, hymnic, element that can be pointed to as defining the ‘overall genre’ of the poem.

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addition, ponder on the functionality or even the ontological status of some generic terms themselves. Nonetheless, since in the present article this question is not at the center of our attention, we can rely on some most common statements. As some of Dracontius’s narrative texts treat quite complex stories, despite their relatively small form, the term ‘miniature epic’ (or even ‘epyllion’), although a modern invention, is applied more often than not. Simply speaking, these poems are mythological; one should not forget, however, that references to classical mythology are not wholly absent even from Dracontius’s major (and overtly Christian) work, the ‘Laudes Dei’. This cannot be properly explained unless by taking as the starting point the poet’s erudition, which he owed to his Carthaginian schools.2 In fact, all that is still extant (however little this, unfortunately, is) of the variegated Latin literature of Vandal Africa – which is certainly worthy of attention – can be classified as school poetry in the sense that it was authored by people of some scholarly background, mainly grammarians and rhetores.3 In a similar cultural 2

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Which does not mean, of course, that Dracontius’s references to classical culture are purely ornamental. Quite the reverse. Throughout his entire poetic oeuvre, Dracontius enters into a profound, and often polemic, dialogue with the classical tradition in its many aspects: legal, philosophical, and ideological. It is interesting that rewriting and commenting upon classical myths, or classical mythological stories and examples, makes a central point in this polemic. This may seem paradoxical at first sight, but, as De Gaetano (2009) observes, his attitude towards classical culture may be placed and seen in the wider context of North African authors and exegetists, in particular Fulgentius, and their view on its relationship with Christianity. “L’opera di Draconzio [rispecchia] il duplice piano di lettura della poesia virgiliana di cui parla Fulgenzio: negli epilli profani troviamo per lo più un richiamo polemico a personaggi ed episodi dell’Aeneis considerati come rappresentativi di vizi morali (…); nel poema cristiano troviamo invece il reimpiego di passi interpretati come profetici di realtà spirituali cristiane (…). Le due parti della produzione poetica di Draconzio non vanno per tanto intese come il frutto di due mondi formativi diversi, uno scolastico profano e uno religioso cristiano, ma come un dittico, due facce di un’unica educazione, in cui i due elementi, culturale e religioso, si compenetrano, pur rimanendo distinti.” (De Gaetano 2009, 416f.). The most obvious example is the literary output of Latin Vandal Africa as preserved in the so-called ‘Anthologia Salmasiana’, placed in the initial position of the codex named after its owner Claude Saumaise, a French humanist, i.e. Par. Lat. 10318, dated to c. 800. It is argued (Luca Mondin / Lucio Cristante: Per la storia antica dell’Antologia Salmasiana, AL. Rivista di studi di Anthologia Latina 1, 2010, 303–345) that the Codex Salmasianus transmits what is in fact a ‘photographic copy’ of the anthology originally compiled in Africa in the twilight of the Vandal kingdom; it is composed mainly of short poems, both classical and late antique; among them a considerable number of epigrams can be found by literati of Vandal Africa, some of whom are easily identifiable as grammarians due to the honorary titles they are attributed, like the uiri clarissimi Flavius Felix and Coronatus, a grammaticus Calbulus, a referendarius Petrus, and, above all, Luxorius, a uir clarissimus et spectabilis, even (as indicated by a friend of his, Coronatus) a sophista. As the author of the major epigrammaton liber included in the anthology, Luxorius was most probably a leader of the set of the Roman grammarians and literati born and raised in the post-Roman (or simply Vandal) reality of their city, Carthage, if not indeed the compiler of the entire ‘Anthologia’. Interestingly, Dracontius is alluded to by some of the poets of the anthology. In Luxorius’s epigram on the dwarf pantomimist Macedonia (310 R.2) the phrase motibus et falsis crescere membra cupit (l. 5) repeats the beginning of Dracontius’s ‘De raptu Helenae’, 636: motibus et falsis ueras imitata figuras, the effective comparison of Polites to a specter (see Marco Giovini: Studi su Lussorio,

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milieu classical myth, mythological topics or allusions were the most natural means of expression, a way of reflecting as well as encoding the extra-literary reality. Students of Dracontius’s (miniature) epics often point to the fact that they are composed with one eye on tragedy. One could hardly find a more obvious example than the ‘Orestis tragoedia’. This intriguing poem has been preserved entirely in two manuscripts, the Bernensis Bongarsianus 45 from the ninth century (B) and, much posterior, the Ambrosianus O. 74 sup. from the fifteenth century (A),4 and it is the former one, i.e. the Bernensis, which transmits as the title of the poem precisely the term ‘Orestis tragoedia’.5 The applicability of the label has been much disputed, and what is meant here is not only the question whether it was applied by Dracontius himself (which is hard to prove), but also a wider problem, i.e. to what extent this title may be seen as a reflection of how the poem was defined in generic – or maybe other – terms at the turn of the Middle Ages. In various definitions of ‘tragedy’ coined by medieval commentators and theorists of poetry, the concept is clearly independent from any specific genre; not much is said about its dramatic or, generally, theatrical character either. A tragedy is simply a poem of a certain topic and style (cf. e.g. the definition given by Geoffrey of Vinsauf (fl. 1200) in a prose counterpart to his most famous poetological work, ‘Poetria nova’, entitled ‘Documentum de modo et arte dictandi et versificandi’)6: Tragedia carmen est in quo agitur de contemptu Fortune, ostendens infortunia grauium personarum, et incipit a gaudio et finit in luctu.

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Genova 2004, 296f.). The so-called Unus poeta (the author of cc. 90–176 R) alludes in his piece on Medea (102 R.2) to Dracontius’s epyllion (see Loriano Zurli [ed.]: Unius poetae sylloge. Anthologia Latina cc. 90–197, Riese = 78–188, Shackleton Bailey, Hildesheim 2007, 77). Finally, Dracontian influence is noticeable in the anonymous ‘Versus serpentini’ (38– 80 R.2), a collection of 42 epanaleptic distichs, the Leitmotif of which is Fortune as exemplified by selected mythological stories (see Loriano Zurli / Nino Scivoletto / Paola Paolucci [edd.]: Anonymi versus serpentini, Hildesheim 2008, 33–35). This only shows what a renowned author Dracontius must have been among his ‘compatriot’ poets. See also the article by Helen Kaufmann in this volume. In addition, several verses are transmitted by other codices; they may be a trace of another branch of tradition, now lost to us, datable to the 11th–12th century. For more specific information, see now Grillone 2008, 20f. In the latter, the Ambrosianus, it is entitled ‘Orestis fabula’, which actually seems, as Giuseppe Aricò: Mito e tecnica narrativa nell’Orestis tragoedia, Palermo 1978, 12 puts it, much more a confirmation than a denial of the previous label. A few further examples might be adduced here, including John of Garland: tragedicon, scilicet carmen quod incipit a gaudio et terminatur in luctum (Parisiana Poetria 5.365–366) and William of Conches, the most important among the twelfth-century commentators of Boethius, who notes in a gloss on Boethius’s own description of tragedy (Cons. 2 P 2,12): [tragedia enim] est scriptum de magnis iniquitatibus a prosperitate incipiens et in aduersitate desinens (Vat. MS lat. 5202 fol. 13v.: Guillaume de Conches, Glose super Librum Boeci de consolacione). Boethius himself does not appear to reflect on the very ‘genre’ of tragedy as such, but on its mood and philosophical message: Quid tragoediarum clamor aliud deflet nisi indiscreto ictu fortunam felicia regna uertentem? Yet Dracontius, as justly noted by Aricò (1978, 13, see n. 5), “ha ancora un chiaro senso delle forme letterarie, e in particolare della tragedia.”

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From this point of view, tragedy is perceived as a serious and sublime piece belonging to the sphere of ‘high’ culture, as elitist and – this is worth emphasizing – fully ‘textual’. In other words, tragedy is meant to be read. As a matter of fact, it should be remembered here that this attitude actually dates back as early as to Aristotle. It is the Stagirite who in his ‘Poetics’ stresses a few times that a wellcomposed tragedy is precisely the one that is felt ‘even apart from representation and actors’. To quote his most famous statements on this aspect:7 τῶν δὲ λοιπῶν ἡ μελοποιία μέγιστον τῶν ἡδυσμάτων, ἡ δὲ ὄψις ψυχαγωγικὸν μέν, ἀτεχνότατον δὲ καὶ ἥκιστα οἰκεῖον τῆς ποιητικῆς: ἡ γὰρ τῆς τραγῳδίας δύναμις καὶ ἄνευ ἀγῶνος καὶ ὑποκριτῶν ἔστιν, ἔτι δὲ κυριωτέρα περὶ τὴν ἀπεργασίαν τῶν ὄψεων ἡ τοῦ σκευοποιοῦ τέχνη τῆς τῶν ποιητῶν ἐστιν. [1450b,15–20]. ἔστιν μὲν οὖν τὸ φοβερὸν καὶ ἐλεεινὸν ἐκ τῆς ὄψεως γίγνεσθαι, ἔστιν δὲ καὶ ἐξ αὐτῆς τῆς συστάσεως τῶν πραγμάτων, ὅπερ ἐστὶ πρότερον καὶ ποιητοῦ ἀμείνονος. δεῖ γὰρ καὶ ἄνευ τοῦ ὁρᾶν οὕτω συνεστάναι τὸν μῦθον ὥστε τὸν ἀκούοντα τὰ πράγματα γινόμενα καὶ φρίττειν καὶ ἐλεεῖν ἐκ τῶν συμβαινόντων [1453b].

It is presumed that Aristotle’s opinion has much to do with the fact that already in his times classical tragedy was mainly read. Until very recently classicists were unanimous in describing the history of ancient theater as the glorious fifth century achievements of Aeschylus, Sophocles, and Euripides followed by a consistent process of decline. From this viewpoint (which is quite comfortable, to be honest), one does not feel obliged to pay too much attention to information provided by archeological discoveries. And the truth is that incomparably more theater structures – or their remnants, rather – can be dated to Hellenistic and later periods than to the classical era. Undoubtedly, ancient dramatic forms were subject to profound, indeed fundamental, transformations throughout centuries, yet the phenomenon cannot be properly defined in terms of crisis and deterioration, or even a gradual disappearance of the traditional models, only. Classical culture, one must remember, appears much more innovative than traditionalistic. One of the most interesting theatrical forms that developed from and eventually replaced the old tragedy was pantomime. Besides, it is worth emphasizing that it was, indeed, the tragoedia saltata / fabula saltica that was by far the most important and popular8 mythological spectacle known to the Roman public. It was

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His differentiation between tragedy and epic as given in the introduction of the Orest. is quite clear-cut, see more below. Among the Romans, Cicero and Horace, to cite two major ‘classicists’ among the Latin practitioners and theorists of literature, were similarly critical in their judgment on the value of theatrical spectacles of their time, see Cicero fam. 7,1 and Horace epist. 2,1,187f. 203–207. Among the symptoms of this (enormous) popularity, various theater riots caused by pantomimes seem a quite significant one. For a specific study on the phenomenon, see W. J. Slater: Pantomime Riots, Classical Antiquity, 13, 1, 1994, 120–144; Le Coz discusses the violence of factions in late antiquity, see Audren Le Coz: Pantomime et violence des factions aux Ve et VIe siècles: l’exemple des danseurs emmaloi, in: Rémy Poignault (ed.): Présence de la danse dans l’antiquité. Présence de l’antiquité dans la danse. Actes du colloque tenu à ClermontFerrand (11–13 décembre 2008), Clermont-Ferrand 2013, 147–156.

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pantomime that shaped their taste and general consciousness of performative aesthetics (or maybe even of aesthetics as such, including literary aesthetics) and of mythology itself. Quantitatively speaking, pantomime played a more important role in educating the majority of inhabitants of the Roman empire in mythology than other arts, like, for instance, recitations of poetry. A late antique teacher of rhetoric, Libanius, defines pantomime as a form of instruction for the masses about the deeds of the ancients (Or. 64). It was relatively serious theater on a massive, popular scale, and thus a crucial vehicle for the dissemination of the pagan cultural koine across the Mediterranean world. Thus, pantomime was one of the principal ways in which the prestigious tradition of classical tragedy was kept alive in the Roman empire.9 Following this line of reasoning, one might epitomize pantomime as a sort of ‘pop’ version of tragedy – an example of the ancient ‘pop culture’, indeed – peculiar in particular to post-classical antiquity. But there is one reservation here. Lucian in his quite emotional defense of the art of dancing somehow refers to this aspect, going so far as to argue that it is precisely contemporary pantomime that represents a generically pure form, much more classical than the ‘degenerate’ tragedy of the imperial period.10 Pantomime was a highly skilled multi-media combination of speech, song, dance, music, gesture, and scenic design11 in which, as the narrator described scenes or stories from mythology, the dancer, called pantomimos – the one who mimed all (panta) the roles or everything in the story –, acted out the events and the characters’ feelings. He was sometimes joined by an assistant actor or group of dancers of either sex, and could dance to the accompaniment of a large orchestra and choir or a single musical instrument and a narrator or solo singer. He could dance in venues from vast open-air amphitheaters to private dining rooms.12 The dancer, as explained before, took all the important roles in each story (hence the term pantomimos), changing his mask for each one. Since the pantomime’s mask, unlike the tragic one, had mouths that were closed and not wide open because the dancer did not speak, the actors –if we are to believe some eye9

See Edith Hall / Rosie Wyles (edd.): New Directions in Ancient Pantomime, Oxford 2008, in particular pp. 6–8. 10 For a specific study devoted to this interesting aspect of Lucian’s view on the question, see in particular the informative analysis by A.K. Petrides: Lucian’s On Dance and the Poetics of the Pantomime Mask, in: George W.M. Harrison / Vayos Liapis (edd.): Performance in Greek and Roman Theatre, Leiden et al. 2013, 433–450. Lucian, in his dialogue ‘On Dance’, argues, through his character, Lycinus, – quite paradoxically at first sight – for the classicization of pantomime. His focus is especially on the pantomimic mask as compared with the tragic one; in addition, he points to the body movement and the general aesthetics of the form. Earlier, Ismene Lada-Richards discusses Lucian’s comments on the ethical potential of pantomime, see I. Lada-Richards: In the Mirror of the Dance: A Lucianic Metaphor in Its Performative and Ethical Contexts, Mnemosyne 58.3, 2005, 335–357; I. Lada-Richards: Silent eloquence: Lucian and Pantomime Dancing, London 2007. 11 See Mark Griffith: Telling the Tale: a Performing Tradition from Homer to Pantomime, In Marianne McDonald / J. Michael Walton (edd.): The Cambridge Companion to Greek and Roman Theatre, Cambridge 2007, 32. 12 Hall / Wyles 2008, 4 (note 9).

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witnesses enchanted with their art (like the below-cited Saint Augustine) – could even communicate their feelings with their eyes only (cum oculis quasi fabulantur, see doctr. christ. 2,5). In terms of external equipment pantomime was minimalist. The effect was created almost entirely by the dancer’s skills and, crucially, his interactions with the audience’s knowledge of the stories and characters he represented. The spectators were thus expected to contribute imaginatively to the creation of the scenario, imagining settings and even other characters.13 Thus, the key-word here is imagination, but also semantics. This is quite well reflected in the actor’s costume. The central garment of the pantomime performer was a long robe (ankle-length with long sleeves) and the whole costume included also a scarf (or a mantle, pallium), some props (like hats and weapons), a mask, and sandals. Such a costume would have been extremely versatile. It could be used to depict female as well as male characters. The pallium itself could be used as theater paraphernalia: it could represent a swan’s tail, Venus’s hair, or a Fury’s whip (as Fronto tells us, ‘ad M. Antoninum de orationibus’ 5).14 There is no suggestion that the pantomimus left the stage in order to transform into a new character – quite the reverse: the actor did not seek to conceal the fact that the same performer was playing different roles, only changing masks (and apparently nothing more). Hence, pantomime demanded the alertness of the spectator to recognize what was happening through gesture, and since the representation of character and action was partly symbolic and made use of a set of specialized gestures, all these symbols would have been intelligible to the initiated, though not necessarily to the uninitiated (cf. again the indispensable Aug. doctr. christ. 2,97):15 si quis theatrum talium nugarum imperitus intrauerit, nisi ei dicatur ab altero quid illi motus significant, frustra totus intentus est. Scholars have dedicated quite a lot of attention to the question of pantomime libretti; some (relatively) recently discovered texts have been pointed to as the most probable candidates for having been ones.16 Nevertheless, what seems much 13 Ruth Webb: Inside the Mask: Pantomime from the Performers’ Perspective, in: Hall / Wyles 2008, 47 (note 9). 14 p. 150 van den Hout. For the symbolism of costume in ancient pantomime, see the specific chapter by Rosie Wyles: The Symbolism of Costume in Ancient Pantomime, in: Hall / Wyles 2008, 61–86 (note 9). The passage from Fronto’s letter, ‘Ad M. Antoninum de orationibus’ 5, is worth citing: histriones, quom palliolatim saltant, caudam cycni, capillum Veneris, Furiae flagellum eodem pallio demonstrant (see Hall / Wyles 2008, 385 [note 9]). 15 Webb 2008, 49 (note 13). 16 The so-called ‘Alcestis Barcinonensis’, a Latin hexameter poem (in 122 verses), discovered probably in the early 1970s and published first in 1982 by Ramón Roca-Puig, has been readily interpreted by some scholars as (at least possible) pantomime libretto, see already Gian Franco Gianotti: Sulle tracce della pantomima tragica: Alcesti tra i danzatori?, Dionisio 61, 1991, 121–149 and Giovanni Salanitro (ed.): Alcesta. Cento Vergilianus. Introduzione, testo critico, traduzione e note, Roma 2007, 30–32, but in particular Edith Hall: Is the Barcelona Alcestis a Latin Pantomime Libretto?, in: Hall / Wyles 2008, 258–282 (note 9). Her conclusions are well-balanced, especially those concerning the performative context as such: the scholar stresses that the poem would perfectly suit a pantomimic show, even if we do not have strong evidence to believe that it was used in such shows. The poem was actually per-

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more important for us is the fact that, as results from various sources, some motifs or scenes taken from already known and acknowledged literary works were quite readily performed as pantomimic shows.17 In this context pantomime could be formed as a pantomime by an Italian classicist trained as a dancer, Sara Cascione, on 17 June 1999 at the University of Florence. Ten years later, on 8 May 2009, it was performed again by another Italian dancer, Paolo Stoppani, in Milan (at the so-called Museo sensibile del teatro romano). Yet these two facts prove only that the text is performable, i.e. that it can be concretized as a pantomime (see my comments below), not that it was originally conceived not to be read, but only to be seen on stage, or even to be interpreted as representing a dramatic genre. The most recent editor, Nocchi Macedo, takes a similar view, see Gabriel Nocchi Macedo (ed.): L’Alceste de Barcelone (P. Monts. Roca inv. 158–161), Édition, traduction et analyse contextuelle d'un poème latin conservé sur papyrus, Liège 2014, 75. 17 Including those by Virgil and Ovid, to cite these two classics. Suetonius notes that the emperor Nero planned to act out the story of Virgil’s Turnus as a pantomimic actor: proditurum se partae uictoriae ludis etiam hydraulam et choraulam et utricularium ac nouissimo die histrionem saltaturumque Vergili Turnum (Nero 54). Macrobius (5,17,5) provides similar information on the ‘tale of the lascivious Dido’, implying that it was regularly interpreted ‘by the gestures and songs’ of actors. Lucian, too, (On Dancing 46) refers to the wanderings of Aeneas and the sexual passion of Dido. Finally, our best source, and apparently a devoted viewer of theater performances, Augustine, states that the episode between Aeneas and Anchises in the underworld was to the minds of his readers a familiar theatrical scene; Augustine clearly suggests that few of his readers have read this episode, but that the majority of them have seen it performed in the theater: Nostis enim hoc prope omnes; atque utinam pauci nossetis. Sed pauci nostis in libris, multi in theatris, quia Aeneas descendit ad inferos, et ostendit illi pater suus animas Romanorum magnorum uenturas in corpora (serm. 241,5). Ovid himself acknowledges that his poems are exploited by mimic actors in theaters, even though, as he stresses, he has had no intention whatsoever of composing pieces for theater performances. One can hardly find a better example of an ancient poet being aware that the possible models of concretization of his work depend much more on his audience than on himself: scribere si fas est imitantes turpia mimos, / materiae minor est debita poena meae. / an genus hoc scripti faciunt sua pulpita tutum, / quodque libet mimis scaena licere dedit? / et mea sunt populo saltata poemata saepe, / saepe oculos etiam detinuere tuos. (trist. 2,517– 520). carmina quod pleno saltari nostra theatro, / uersibus et plaudi scribis, amice, meis, / nil equidem feci (tu scis hoc ipse) theatris, / Musa nec in plausus ambitiosa mea est. / non tamen ingratum est, quodcumque obliuia nostri / impedit et profugi nomen in ora refert. (trist. 5,7,25–30). Since the first half of the twentieth century, scholars have debated about which Ovidian poems exactly might have been used for theater performances. Whereas at first the ‘Ars Amatoria’ was taken into consideration (S. G. Owen [ed.]: P. Ovidi Nasonis Tristium Liber Secundus, Oxford 1924, 271), the focus later shifted to the ‘Heroides’ (Hermann Fränkel: Ovid: A Poet between Two Worlds, Berkeley et al. 1945, 45). Nowadays, for quite a number of scholars (and this is the view I personally share) the ‘Metamorphoses’ is a much more plausible candidate (see Karl Galinsky: Augustan Culture, Princeton 1996, 265f.; the possibility is mentioned also by Ismene Lada-Richards: A Worthless Feminine Thing? Lucian and the Optic Intoxication of Pantomime Dancing, Helios 30, 2003, 39 n. 60, yet above all, in recent scholarship, by Jennifer Ingleheart: Et mea sunt populo saltata poemata saepe (Tristia 2.519): Ovid and the Pantomime, in: Hall / Wyles 2008, 169–184 (note 9) and Marie-Hélène Garelli: Les Métamorphoses d’Ovide: un texte à danser dans l’antiquité?, in: Rémy Poignault (ed.): Présence de la danse dans l’antiquité. Présence de l’antiquité dans la danse. Actes du colloque tenu à Clermont-Ferrand (11–13 décembre 2008), Clermont-Ferrand 2013, 93–118), in par-

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seen as a medium that concretized (to use the term coined by the Polish phenomenologist and aesthetician, Roman Ingarden)18 already existing literary works and, at the same time, guaranteed them some contact with (possibly) new readerships, which were a bit different from those met at private, or even public, recitations. Being a sort of ‘pop art’, pantomime could certainly make a ‘high’, epic text more accessible to a wider audience. Yet another aspect is even more relevant to studies not so much on culture as such but precisely on classical literature. Pantomime, the ‘popular medium’, did shape the mythological erudition of the masses (and why not of the elites, too?), providing knowledge of various cultural codes, in particular those related to classical tragedy (the most obvious themes could be cited here, the Oresteia theme, the Trojan myth, Medea, Oedipus). But it also shaped the aesthetic consciousness, or simply taste, and the visual sensitivity of the audience, whether they were viewers or, in other cases, readers. Or, in yet another case, whether they were also prospective authors. Alessandra Zanobi, following the path-breaking article by Bernhard Zimmermann, has demonstrated in her recent book how many features attributable to the aesthetics of pantomime can be found in Seneca’s tragedies.19 The point here is not at all that his tragedies were meant to be only libretti, planned for a pantomimic performance. What is at stake is the fact that Seneca, composing his tragedies, took inspiration from the ‘vividness’ (or energeia / euidentia) he and his readers were familiar with from and appreciated in pantomimic spectacles. It was already Tacitus in his ‘Annals’ who acknowledged that the philosopher had ‘an attractive genius which suited the ears of the time’ (fuit illi uiro ingenium amoenum et temporis eius auribus accomodatum, Ann. 13,3). The above-quoted Augustine is the best witness (also in the sense of ‘evidence’) to pantomime’s continuing popularity in late antiquity, and in particular in fifth-century North Africa.20 We can presume that there, too, pantomimic spectacles, the ‘pop art’ of the time, had an impact on the general knowledge of the topics and, more widely speaking, of the mythological tradition. By the same token, they contributed much to the process of creating and strengthening a sense of cultural identity,21 which was of inestimable value to the Romans of North Africa,

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ticular selected episodes treating adulterous liaisons of the gods featuring transformations into animals or trees, the story of Daphne being the most obvious instance. See Roman Ingarden: O dziele literackim, Warszawa 19882, 409–437, in part. § 62. See Alessandra Zanobi: The Influence of Pantomime on Seneca’s Tragedies, in: Hall / Wyles 2008, 227–257 (note 9), and now her new monograph on the aesthetics of pantomime in Seneca’s tragedies, Alessandra Zanobi: Seneca’s Tragedies and the Aesthetics of Pantomime, London 2014; see also Bernhard Zimmermann: Seneca und der Pantomimus, in: Gregor Vogt-Spira (ed.): Strukturen der Mündlichkeit in der römischen Literatur, Tübingen 1990, 161–167, and now in English translation, Bernhard Zimmermann: Seneca and Pantomime (translated from German by E. Hall), in Hall / Wyles 2008, 218–226 (note 9). We also know that pantomime was still widely performed in the fifth-century Ostrogothic Italy of Cassiodorus (var. 1,32,2). Yvette Hunt: Roman Pantomime Libretti and Their Greek Themes: The Role of Augustus in the Romanization of the Greek Classics, in: Hall / Wyles 2008, 169–184 (note 9) has pointed

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the so-called Romulidae.22 In addition, as noticed above, they formed the literary taste, theatrical consciousness, and imagination, i.e. the ability to visualize scenes or stories described through texts. That ability was, thus, another interpretative tool, an extra perspective of reception, so to speak, that an author could impose upon his work, which his audience, especially if steeped in the same cultural environment, could discover while reading. The above should be stressed in order not to misunderstand the problem of the formal classification of Dracontius’s poems. That he drew inspiration from pantomime, as well as from other kinds of dance performances, like the aquatic mime or mime itself,23 is evident, but it would be a simplification to call his poems merely libretti. Pantomimic elements form only a part, though an important one, of Dracontius’s play with various genres. As we shall see, their aim is to highlight certain points, to mark a passage emotionally, or just to enrich the overall composition of a piece. Yet, if the poet’s intention is to be taken into consideration, it is certain that he had no doubt whatsoever about the epic character of his poems. One could hardly think of a better expression of this idea than the one given in the introduction to the Orest., where the tragic Muse, Melpomene, is asked to ‘step down’ from her tragic cothurns since the iambics are to be replaced by the dactylic meter (Te rogo, Melpomene, tragicis descende cothurnis / et pede dactylico resonante quiescat iambus, 13–14). But, by contrast, if the question one posed was the following: “Could Dracontius’s epyllia be performed – indeed, concretized – as pantomimic shows”, the answer, most probably, would be positive. Nevertheless, to repeat the point made right above, for a wellprepared audience, the theatricality of some scenes or passages would have been perceptible even while reading, no matter how, i.e. aloud, during recitations, for instance, or only silently. As is known, Dracontius openly admits that some reference points for his poetry should be sought in pantomimic spectacles, even though, as just said, he does this with the reservation that this will be epic ‘re-narrations’ of motifs usually exto the same aspect, describing Augustus’s very favorable approach to pantomime, which he patronized, seeing in it a medium of Romanization of the entire empire. 22 Romulidae appears to be a term used by the Romans of North Africa to define their own cultural identity. Dracontius applies it in his well-known dedication to his old teacher, Felicianus, when juxtaposing Romans and Barbarians (Romul. 1,14); Luxorius does the same thing in one of his programmatic epigrams defining the readership of his liber as Romulidas et Tyrias manus (289 R.2, 8). Interestingly, the word is earlier used by Persius in his ironic picture of the Roman ‘golden youth’ ready to listen to poetry when sated: ecce inter pocula quaerunt / R o mu lid a e saturi quid dia poemata narrent (sat. 1,30f.). But in Virgil the word (rare as it is, actually) has no ironic connotation whatsoever, rather, it sounds sublime, considering the general context, i.e. the description of Aeneas’s shield: subitoque nouum consurgere bellum / Romulidis Tatioque seni Curibusque seueris (Aen. 8,637f.); similarly in Lucretius: Romulidarum arcis seruator candidus anser (Lucr. 4,683). As an archaism, it certainly appealed to the (undeniably somewhat mannerist) sensitivity of the Carthaginians of Roman descent. 23 It should be pointed out that the differences between all these forms of performances seem theoretically clear-cut, but when using the sources it turns out that we are not always certain what an author is actually alluding to, whether it is pantomime or mime.

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plored in different genres. Hence the above-mentioned appeal to Melpomene in the Orest. and, even more informative in this context, the invocation of the three Muses Polyhymnia, Melpomene, and Calliope, in the ‘Medea’. Calliope, the epic Muse, is asked to come and enter the ‘encampments’ of her two sisters (ll. 26–28). It is interesting that the poet is so precise in defining the two poetic worlds (or quarters, to maintain his military rhetoric), of the pale (pallida – this adjective is rather predictable) Melpomene and the learned (docta) Polyhymnia, respectively. The latter association is not surprising at all if one takes into consideration the fact that pantomime was indeed an utterly fine art, an art requiring skillfulness on the part of its actors, who were often praised, for instance in epigrams,24 for their enormous talent. Among the qualities of tragedy Dracontius indicates pathos (grande boat) and the sublime (longis sublata cothurnis, 20),25 both quite well complemented with awe (how the details listed in ll. 22–25 can be epitomized). Pantomime, by contrast, is labeled as pleasant (in lepido … theatro, 17). As pantomimic the poet describes the scenes shown in the first part of the poem, namely Jason’s arrival to Colchis, his being captured by the Colchians, and the sudden happy ending of the adventure (at least from his point of view). As we shall see, a careful reader can find in the text some hints that associations with spectacle are welcome (16–28): nos illa canemus, quae solet in lepido Polyhymnia docta theatro muta loqui, cum nauta uenit, cum captus amatur inter uincla iacens mox regnaturus Iason; uel quod grande boat longis sublata cothurnis pallida Melpomene, tragicis cum surgit iambis, quando cruentatam fecit de matre nouercam mixtus amore furor dotata paelice flammis, squamea uiperei subdentes colla dracones cum rapuere rotis post funera tanta nocentem. te modo, Calliope, poscunt optantque sorores: dulcior ut uenias (non te decet ire rogatam) ad sua castra petunt. …

It is quite certain that, when composing his poem and enriching it with such extratextual elements, Dracontius did have in mind some more or less specific performances or some most frequently repeated scenes or effects. Yet it is no less certain that he presumed that his literary audience would have a similar theatrical erudition, comparable to his own, thanks to which they should be able to imagine a given episode. The poet’s approach was emulative in the sense that he aimed at 24 See the – at least among students of the Salmasian Anthology – well-known epigram De pantomimo (111 R.2), especially the closing distich: Tot linguae quot membra uiro. mirabilis ars est / Quae facit articulos ore silente loqui (10f.). 25 Interestingly, Dracontius’s phrase describing Melpomene (20f.) can be juxtaposed with another piece placed in the Salmasian Anthology, an anonymous epigram ‘De Musis’, which precedes the sylloge by unus poeta: Melpomene reboans tragicis feruescit iambis (88 R.2, 4); Polyhymnia, again, is praised here for her impressive flexibility: flectitur in faciles uariosque Polymnia motus (7).

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making his readers believe that through the verbal description they could see the image not worse (and possibly even better) than in the theater. It is also to Dracontius that we owe the most detailed description of the transformation of a pantomimic actor, at least in Latin poetry. The actor is, of course, Amor,26 the protagonist of the ‘Hylas’, who is to execute the task ordered by his mother, i.e. seducing (and bringing to death, actually) Hercules’s beloved. Amor is shown wearing the mask of a Naiad (the pantomimic actors did change masks several times during their performances), putting on a long robe (again, like the one used by the pantomimists) – a robe that he treats as a costume, indeed – tucking his wings underneath, and finally changing his hairdo and movements (81– 89): moxque dei uultus uestiuit imago Naidis; tendit membra puer, longos ut crescat in artus, ut possit complere dolos ac iussa parentis; pedes fluitans uestis laxatur ad imos, candida diffusi ludunt per colla capilli et uento crispante gradu coma fluctuat acta, frons nudata decet diuiso fulgida crine; et uelut inuitos gressus pudibunda mouebat incedens fluxoque latent sub tegmine pinnae.

As we know, in ‘true’ spectacles, a pantomimic actor, unlike his tragic counterpart, did not leave the stage. Thus, the ‘transformation’ was a part of his show, and it was the transformation sensu stricto and not the identification with the protagonist he represented (like in classical tragedy). Consequently, a pantomime viewer was used to the fact that this sort of Protean changeability and fluidity belonged to the semantics of the genre. Needless to say, there were also negative commentaries to be found, especially among moralists, emphasizing precisely the falseness of the art.27 26 See already Bright 1987, 35–37. 27 This motif is commonplace among Christian critics of the ancient theater and spectacle culture in general, but two opinions are particularly worthy of attention, Minucius Felix’s and Augustine’s: Nos igitur, qui moribus et pudore censemur, merito malis uoluptatibus et pompis uestris et spectaculis abstinemus, quorum et de sacris originem nouimus et noxia blandimenta damnamus. Nam in ludis curulibus quis non horreat populi in se rixantis insaniam? in gladiatoriis homicidii disciplinam? In scenicis etiam non minor furor et turpitudo prolixior: nunc enim mimus uel exponit adulteria uel monstrat, nunc eneruis histrio amorem dum fingit, infligit: idem deos uestros induendo stupra, suspiria, odia dedecorat, idem simulatis doloribus lacrimas uestras uanis gestibus et nutibus prouocat: sic homicidium in uero flagitatis, in mendacio fletis (Min. Fel. 37,12). at ego tunc miser dolere amabam, et quaerebam ut esset quod dolerem, quando mihi in aerumna aliena et falsa et saltatoria ea magis placebat actio histrionis meque alliciebat uehementius qua mihi lacrimae excutiebantur. quid autem mirum, cum infelix pecus aberrans a grege tuo et impatiens custodiae tuae turpi scabie foedarer? et inde erant dolorum amores, non quibus altius penetrarer (non enim amabam talia perpeti qualia spectare), sed quibus auditis et fictis tamquam in superficie raderer. quos tamen quasi ungues scalpentium feruidus tumor et tabes et sanies horrida consequebatur. talis uita mea numquid uita erat, deus meus? (Aug. conf. 3,2,4).

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As a matter of fact, Dracontius is not very far from making the same point, even though in this very piece, the ‘Hylas’, he abstains from giving a personal opinion on the part of his ‘speaking ego’.28 Therefore, the story can amuse us – as is usual in plots on gods in disguise, especially when some additional gender overtones are just too palpable –, or even fully seduce us with its visual beauty: the whole scene takes place Penei sub fonte (54), and Amor is accompanied by the Naiads (which is also in accordance with what we know about pantomimic performances, where the soloist was often surrounded by a group of dancers), who must be in the nude since they all jump out of the water, like aquatic mime actresses, indeed.29 A reader encouraged by the poet to turn into a viewer fond of such attractions, may well get lost in this unique aestheticism. In point of fact, however, Amor disguises himself to cheat Clymene, thus fulfilling the revenge of his mother. Dracontius’s ‘Hylas’ sparkles with grace, lightness, and humor (in particular in portraying Hercules), but a careful and competent reader should realize that in this story the greatest tragedy (a mother’s despair and an innocent child’s death) is hidden in what remains untold. Some references to the aquatic mime can be found also in the ‘Medea’, within the wider context of its first, i.e. pantomimic part. Grace and visual beauty define the whole scene depicting Venus’s conversation with Amor, but aquatic effects are stressed in particular in the passage describing how Amor emerges out of the sea and moves his wings to dry them (96–101):               at ille fluctibus e mediis surgens rutilante capillo excussit per inane caput, quatit impiger alas, ut pinnas desiccet aquis: micat ignis ut astra plausibus excussus pueri, per cuncta uideres scintillare diem, uolitant super aequora flammae.

What makes this charming picture even more appealing is the juxtaposition of two opposites: water and fire. D’Ippolito (plausibly) supposes that Dracontius here could have had in mind – and, we may again add, he probably hoped that his readers’ associations would be quite similar – a (real) spectacle in which fireworks were used as a kind of special effect.30 As for some structural – or rather compositional – elements resembling pantomimic tricks, they are most common in scenes focussing on Jason, exactly as it is declared by the poet in the prologue. He is the dominant actor, indeed the soloist (his sodales have all escaped fearfully, 51), whom we see jump out of the boat and swim to the Colchian shores (solus Iason adhuc uento currente carina / prosilit in fluctus et litora uisa natatu / nudatus ceu nauta petit (42–44). Soon after, the soloist is joined by the second actor, a Colchian messenger, with a group of ‘dancers’ (comitante iuuenta, 45) – it is worth noting how dynamic this description, or rather, should we say, ‘performance’, is and how many details are enu28 Which marks a clear difference between the ‘Hylas’ and Dracontius’s other poems. 29 See already D’Ippolito1962, 4f. 30 D’Ippolito 1962, 3.

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merated in a few lines only: the Colchians, led by the messenger, astounded, watch the boat, notice the sailor, start chasing him, capture him. All this does look like a perfect pantomimic scene, interpreted by the narrator (44–48):          sed Colchis alumnus, nuntius ille redit secum comitante iuuenta, ut nossent quid puppis erat, quid uela, quid arbor. Membra uiri mox nuda uident fugientis ad undas; quem sequitur directa manus capiuntque pauentem et manibus post terga ligant. …

Not less theatrical is the scene of sacrifice. As we remember, Dracontius exploits the version of the myth in which Medea is the priestess of Diana and Jason her would-be victim. Jason, seeking for some divine help, invokes Amor, who arouses a sudden passion for the youngster in the virgin priestess. In this whole passage, since our interest is to be concentrated on possible pantomimic effects, let us point out the usage of some deictic forms, like, in particular, ecce. As David Bright has commented: “Ecce has something of the effect of a stage exclamation to draw attention to a character making his entrance.”31 In fact, since the sequence of single episodes resembles, to some extent, animated pictures, the narrator appears to be informing us, the readers-viewers: “look here, what is going on is now this, and now that” (ecce trahebatur ceu taurus pulcher Iason, 179; uidet ecce uolantem / atque salutantem puerum, 199f.). The examples adduced so far seem to confirm the conviction that Dracontius uses pantomimic motifs to make his poems aesthetically more expressive. This is especially noticeable in passages alluding to the aquatic mime: these are, indeed, rich in charm, lightness, or even sensuality. Since, as we have stressed before, pantomime could be epitomized as some kind of ancient ‘pop art’, the approach of the Carthaginian lawyer might be defined as ‘non-academist’. Possibly, paraphrasing Tacitus, we might call him another poet with an ear for contemporary taste. By the same token, one might describe Dracontius as a poet ready to break down barriers between what is called a high and a low culture, an elitist and a mass one, or, finally, a textual and a visual one. And what about the barrier between Barbarians and Romans? Critics have always found attractive the question of Dracontius’s attitude to the new socio-cultural reality of ‘his’ Roman, yet now Vandal, North Africa. After all, he is the author to whom we owe one of the most optimistic, if not idyllic, images of the revival of the Carthaginian schools where Barbarians and Romulidae rub shoulders (Barbaris qui Romulidas iungis auditorio, Romul. 1,14). Yet at the same time, he is, after Ovid, our best example of a Roman poet who was subject to persecution; and what is additional in his case is, of course, the fact that it was at the command of one of the Vandal kings, or invaders, that his incarceration took place. The topic of the present paper, i.e. the aesthetics of pantomime, which – as I hope to show – constitutes a relevant element of Dracontius’s poetic technique, 31 Bright 1987, 53.

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can be treated here as a further key or sign on the part of the poet. Naturally, it is a sign that is very discrete and requires decoding, or interpretation, of the reader. In fact, it would be erroneous to imply that Dracontius exploits pantomimic – or, more widely, theatrical – tricks only to make his narrative more attractive. Yes, the ‘attractiveness’ is at stake here, but quite often it is the attractiveness of horror and awe. Let us focus once again on the ‘Medea’, the second part of which, the one inspired by pale Melpomene, is much more static and abounding in lengthy monologues, yet not less theatrical. Here, too, the speaking ego, especially when showing the priestess pray to Luna and Dis with the Furies, readily assumes the role of a ‘stage director’, pointing to some special effects accompanying the heroine’s speeches and to her scenic movements (430–435. 461–464):        sic fata sacerdos suspexit non ire polos nec Luna uidetur sic tauros urgere suos, sed cursibus astra ignitis responsa dabant. Gauisa sacerdos uertit ad infernum gemitus regemque barathri secura iam uoce ciet Furiasque precatur … dixerat et terra spatium tremibunda ciebat: quo steterat Medea loco, telluris hiatus finditur. Attonitas inclinat cautior aures et surgens … ait …

Similar is the structure of the scene of the filicide, which is followed by an image that is even more expressive, almost ideal, in a sense, to be concretized as pantomimic: Medea drags the dead bodies up to the citadel, arousing pity and horror among those watching her, i.e. the Theban princes – this part could be performed by the choir (537f. 544–551): tunc genitrix furibunda manum suspendit et ensem ac fatur:‘ …        miseros hoc ense necabo, quo genitor feriendus erat: nihil ipsa dolebo, si ingrata maneat nullus de gente superstes.’ haec ait et geminos uno simul ense nouerca transegit pueros, Quos sic portabat ad arcem (ut proceres uidere nefas, timuere cruentam et doluere simul), ceu quondam baccha Lyaei saeua caput iuuenis mater gestabat Agaue.

And finally, Medea’s departure from the stage, the moment when the snake chariot appears to take her into the skies, might have been a true challenge for the pantomimist. If, as Fronto tells us, his mantle could represent the swan chariot of Venus, why not also the snake one of Medea? This would have also been a challenge for the viewers, whose task would have been guessing the actor’s gestures and the role of the props. Yet the challenge would have been – and still is – even greater for the readers, who could only visualize the scene (562–566):

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occupat illa grauem funesto corpore currum, ire furore sidens taetros simul imperat angues. tolluntur celeres, mox se tellure leuabant, iam nutant per inane rotae hinc inde labantes, aera saeua petit uolitans quadriga uenena

It is remarkable that this gloomy finale fully concords with the mood, content, and message of the poem. Dracontius’s ‘Medea’ is a story of betrayal: the priestess is betrayed by Jason, but she herself has committed betrayal before, of her goddess, Diana. In the widest perspective, it is also the entire city, Thebes, that is betrayed by the gods it has worshipped. Medea, the xeinoktonos, instead of the sacrifice she once failed to offer (i.e. of Jason), now gives a multiplied one: of Jason, his intended wife and father-in-law, as well as of the very fruits of her womb, the children she has by Jason. Thus, she ultimately gets rid of all that has united her to the human world (emotions, in the first place, see 545), remaining alone, sentenced (by Diana) to eternal wandering. Yet the human world she leaves is already marked by the crime (nefas) and inclination to evil that is inherited from generation to generation. The problem of inheriting an inclination to evil and of being responsible for one’s decisions, even when one is unaware of breaking moral norms, is fundamental to another miniature epic by Dracontius, ‘De raptu Helenae’. Its central figure is Paris the shepherd, who is additionally described as adulter (2), raptor, (11), and, which is the actual key-word, praedo (1). Emphasis is placed on two aspects of his guilt: the transgression of marital rights and the violation of hospitality,32 yet another element is his partiality. As early as in the introductory part, Paris is shown as a corrupted judge (pastor / … litem facit ipse suam, 34f.), whose judgment will determine not only his own future, but also the destiny of others: heu nescia mens est, / quae mala circumstent ausum dare iura Mineruae (37f.). Dracontius clearly enough demonstrates that the ancient myth can be read and told not only as “forme vecchie, non meno morte del loro contenuto”33, but, on the contrary, as a story that can provoke important questions, questions that can truly absorb the attention of his contemporaries. What he raises here is again, like in the finale of the ‘Medea’, the problem of the responsibility of an individual for the evil that, because of their crime, may befall others. What Paris, the corrupted judge, commits is not a mere mistake, an unintentional error, but a voluntary act, even if undertaken without full knowledge of the consequences (which is the case: heu nescia mens est, / quae mala circumstent ausum dare iura Mineruae, 37f.) and even if performed by someone who is unaware that the law must not be broken (which may be the case since the protagonist is a pastor). Ignorance of the law and, all the more, ignorance of moral rules can hardly be a justification. Paris’s partial judgment brings about catastrophes for other protagonists, expressed by the narrator as if it were indeed a sentence (see the sixfold repetition of 32 Santini 2006, 32–33. 33 Quartiroli 1947, 25.

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the verb damnatur / damnantur).34 What the poet emphasizes above all is the cruelty of war, which costs individuals their lives, families as well as entire nations: men, women, children. War means extermination of ordinary people and of great heroes (39–54): Iudicis Idaei pretio sententia fertur damnaturque Paris; nec solus pastor habetur ex hac lite reus: damnantur morte parentes, damnantur fratres, et quisquis in urbe propinquus aut cognatus erat, cunctos mors explicat una. atque utinam infelix urbs tantum morte periret! damnantur gentes, damnatur Graecia sollers heu magnis uiduanda uiris; orbatur Eous Memnone belligero, damnatur Thessalus heros et Telamone satus, pereunt duo fulmina belli. pro matris thalamo poenas dependit Achilles (unde haec causa fuit), forsan Telamonius Aiax sternitur inuictus, quod mater reddita non est Hesione Priamo; sic est data causa rapinae, cur gentes cecidere simul, cum sexus uterque concidit, infanti nullus post bella pepercit.

I have dedicated so much space to defining the central problem of the ‘De raptu Helenae’ as outlined in its introductory part since a clear parallel to the opening of the story is to be found in its finale, which – because of its composition – is quite important for us here. It has often been noticed that this whole poem can safely be divided into five segments:35 Paris’s arrival to Troy, his mission to Salamis, the storm at sea, his visit to Cyprus, and – last but not least – the return of Paris and Helen to Troy. Each of these episodes appears dramatic in its structure: they abound in lengthy speeches: monologues and exchange of speeches (rather than dialogues sensu stricto). Each but the last one (ll. 611–638). The fifth one is completely mute, so to speak, related only by the narrator. It is the poet who describes first the symbolic (=fictitious) funeral ceremony performed by the king and his subjects to commemorate the prince presumed dead and second the unexpected return of Paris and Helen (almost a mirror image of the pastor’s original arrival in Troy), turning grief into sudden and no less incredible joy. One is tempted to suppose that this unexpected lapse into silence of all the actors may be a sign, a suggestion given by the author to read/visualize this scene precisely as pantomimic, 34 Therefore, one could say that in this moment the poet speaks as a porte-parole of the divine tribunal, whereas the accused are the corrupted human judge as well as all those condemned by his crime, see Santini 2006, 97. 35 Hall 2008, 264 n. 16 points to this aspect, mentioning the probable influence of pantomime aesthetics on Dracontius’s narratives, as first noticed by Bright 1987, 219f. Yet, as I argue above, pantomimic coloring is much more than just a general characteristic of his poems, and in particular of the ‘De raptu Helenae’. Thus, it is noticeable not merely in the overall structure of the text (like in the fact that it can be divided into five scenes, as tragedies usually were), but indeed in some specific passages and episodes, where it defines not just the composition, but also the tone and message of the entire poem.

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as a mute spectacle. And this again is not a mere exercise in literary strategy. The episode closes with a very alarming simile (ll. 632–638). Its immediate point of reference is Polites, Troilus’s companion, but it should not be an overinterpretation to argue that it may also comprehend all heroes named in the poem. Polites is compared to a shadow, which does not move on its own, but only imitates someone else’s movements, as if “in obligatory response to external acts.”36 Thus, it is quite natural that we should have the sensation that all that we are watching thanks to the narrator’s words is, precisely, a sort of shadow play, a pantomimic performance given by the shades in the underworld. Those shades merely imitate, or evoke, with an empty gesture, their past deeds; they are already doomed, even reconciled to their fate, and do not try to resist it. One can hardly imagine a more expressive, although mute, closure of the story of Paris and his crime, the crime that has determined his own future and the future of thousands of others (632–638): Troile, sectatur uestigia uestra Polites. sic solet umbra sequax hominem larualis imago muta sequi nec membra mouet, nisi mouerit ille quem sequitur; si cesset homo, cessabit imago uel quodcunque mouens si sederit, illa sedebit motibus et falsis ueras imitata figuras, nil faciens quasi cuncta facit: sic quoque Polites.

In the longest and, as far as the plot is concerned, most complex of Dracontius’s epyllia, the ‘Orestis tragoedia’, pantomimic elements may not be as expressive as the performance of the shades in the underworld discussed above. They are, nevertheless, worthy of attention. Nowadays (most) scholars concur in dividing the poem into three main segments: ‘Agamemnon’, ‘Orestes’, and ‘Orestes furens’.37 Predictably, the first two parts, culminating in two murders, of Agamemnon and Clytemnestra, respectively, resemble dramatic forms in their structure:38 Orestes’s conversation with Clytemnestra at times gives “an effect equivalent to stichomythia,”39 whereas the first segment abounds in monologues. Exemplary is the scene of ‘conversation’ between the queen and her lover and intended accomplice, Aegisthus, which sensu stricto is Clytemnestra’s speech, separated by Aegisthus’s most banal and simple question: “Tramite dic, quo” pastor ait “geminare ualebo / hoc tam grande nefas? labor est extinguere regem / atque triumphantem (quod plus) in principis aula” (ll. 205–207). This structure fully reflects the range of both protagonists: Dracontius does all he can to degrade, indeed declass, the figure of Aegisthus; even Clytemnestra herself does the same, calling her lover a ‘youngster’ (iuuenis, 334) and a ‘pastor’ and, by contrast, indicating her own roy36 Bright 1987, 132. Bright makes a similar point, interpreting the scene as taking place in the world of shades, yet he does not emphasize the possible pantomimic connotations it may have. 37 See in particular Bright 1987, 139. 38 Whereas the third one is much more romance-like. 39 Bright 1987, 176.

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al status (iubeoque rogoque / pastorem regina monens, 183f.). Dracontius’s Aegisthus does not deserve to, nor is he allowed to speak (except for the short interruption quoted above), i.e. to become a dramatis persona in the very sense of the word, even though it is the speeches that determine the composition of the entire first unit. Yet interestingly, Aegisthus is given his very own cameo appearance, which is quite worthy of our attention here. But before coming to that, a few explanations concerning the composition need to be given. After the scene of the regicide and before the segment opening the story of Orestes’s revenge on the killers of his father, Dracontius provides information on the circumstances of the salvation of the young prince and, subsequently, describes the seven-year-long tyranny of the usurpers. Their rule, he emphasizes, has been built wholly upon bribery, terror, and lies. An introduction to this picture represents, precisely, the brief performance by Aegisthus. We see him in Tyrian purple and the crown (of Agamemnon, of course), searching first prince Orestes and next the murdered king’s treasure, in both cases unsuccessfully. Finally, he bursts into anger and panic. The description is so dynamic and visual that we could certainly imagine it as another pantomimic solo (305–315): uestibus induitur Tyriis homicida et adulter et poenale caput cingit diadema coruscum. tamquam legitimus heres Agamemnonis aulae (et magis heredem conuenerat esse Thyestis) intrat et orbatum per singula quaerit Orestem. ast ubi rex Danaum defossas sensit Egistus, Troianas raptaret opes spes una manebat: has quoque cognouit regis cum pignore captas. aestuat impatiens, quod regni nomen inane offendit, quia perdit opes, quibus esse tyrannus posset et armari ferroque auroque ualeret.

Ironic coloring is more than palpable as the poet does not spare his protagonist negative appositions. What is more, juxtaposition is another technique exploited to mark the scene emotionally. Aegisthus’s ‘show’ is preceded (ll. 291–304) by the (entirely positive) image of the two young gentlemen and friends Orestes and Pylades, built upon topoi common in such a context (they exercise together, they hunt together, they are, finally, like Castor and Pollux). The difference between nobleness and baseness could hardly be better epitomized. This peculiar connotation degrades the figure of Aegisthus even more. It is as if Dracontius applied a unique sort of hierarchy of genres here: a protagonist unworthy of becoming a true dramatis persona (i.e. a tragic hero, to some extent) can only be a mimic actor, and this just for a while. Interestingly (and this makes me believe that the observation above is a legitimate one), several verses later we find another episode described in a way that seems to confirm the impression that Dracontius, apparently, differentiates between various generic styles, depending upon the status of his protagonists. The scene I am pointing to now is also of fundamental relevance to the further course

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of events40 as it explains why little Orestes was actually saved. Its central ‘performer’ is Dorylas, Agamemnon’s faithful servant and Orestes’s tutor, and its audience, oddly enough, is a double one. It is not only for us, the readers, but firstly and mainly for Clytemnestra and Aegisthus that Dorylas gives a true aqua-mimic spectacle, pretending despair after the prince’s death. He is shown immersing in water up to his head and, next, all wet, running to the city crying and lamenting. Dorylas’s textual ‘audience’ is fully convinced by the actor’s art and, in fact, pays him lavishly for his spectacle (muneribus cumulatur opum, quod gaudia ferret / mentibus incestis, 380f.). The readers, by contrast, who know that prince Orestes is alive and lives well with his provident sister and his devoted friend in Athens, the intellectual center of their world, cannot take this performance wholly seriously, but rather as a sort of interludium, a solo of a cunning slave,41 which is only introductory to further, more sublime and awesome events. One could say that in terms of literary aesthetics Dracontius quite strictly follows Horace’s instructions: si dicentis erunt fortunis absona dicta, / Romani tollent equites peditesque cachinnum, / intererit multum, Dauosne loquatur an heros (epist. 2,3,112– 114). In the Orest., tragic parts and tragic masks are reserved for kings and princes (tragic characters are, at least in certain moments, Agamemnon, Orestes, and Clytemnestra,42 yet never the shepherd Aegisthus). The good slave, Dorylas, is allowed to perform a monodrama written for his very self, yet not in the tragic convention. The language of pantomime is sign-oriented and its essence lies in alluding to a fact, rather than in naming it. It is thus a language requiring decoding and interpretation. One could say that the notion presented above of the ‘aesthetics of pantomime’ defines quite well the general, and especially the mythological, character of Dracontius’s poetry. As I have mentioned at the outset, his writings are no longer labeled ‘school compositions’, although they are scholarly in the sense that their author is an erudite man and indeed – the word is fully applicable here – an intellectual of his time. Last but not least, he is a poet who simply cannot be

40 Its importance is highlighted by the poet himself as Dracontius precedes it with a brief ‘proem in the middle’ (ll. 350–352), starting from – which is no less expressive than it is predictable in the epic convention – Dic mihi, Musa, precor. 41 Bouquet (see Bouquet / Wolff 1995, 30) associates the figure of Dorylas with the romance convention; as he argues, this protagonist has some features of the cunning slave of Plautine comedy. Yet, he is not right in stating that the figure of Dorylas and his whole ‘show’ are dramatically useless. Quite the contrary, they are utterly useful both dramatically – Dorylas, as Grillone 2008, 16 justly stresses, guarantees the prince’s safety – and stylistically. Dracontius deliberately composes his Orest. as a combination of the serious and the lighter, the tragic and (yes) the romance; therefore, Dorylas’s performance is indeed a necessary interlude between two utterly serious scenes, the regicide and the matricide, respectively. 42 Clytemnestra in particular turns tragic at the very moment of her death, when she almost regains her innocence, so to speak, with her expressive gesture of unexpectedly pulling her garment down to cover her feet so as not to lie naked after death. The scene, again, if visualized, might imply some associations with pantomime: the reader could easily imagine an actor using his long robe as a prop.

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judged as a mere ‘highbrow’ or an ‘antiquarian’, if one takes into consideration his eye for popular culture. As Isabella Gualandri43 convincingly argues, to Dracontius’s readership his mythological poems could appeal not just as ‘irreal’ or ‘past’, ‘bygone’ stories. The poet’s contemporaries witnessed tragedies that “would demand, and, in their greatness, perhaps out-task, the power of the tragic language of an Aeschylus or a Sophocles.”44 Thus, Dracontius’s mythical narratives could, indeed, seem to reflect the ‘real’ world and the ‘real’ calamities.45 It is quite probable that for many of his readers, even those somewhat less familiar with the classical topoi, the figure of Hesione of the ‘De raptu Helenae’ would have been comparable to the widow and the daughters of Valentinian III, whereas the assassinations in the house of the Atreides were not much different from the dynastic dramas of the Vandal rulers. In other words, as Gualandri concludes, the ‘myth’ was not a merely rhetorical element; it could still be used to represent people’s passions and sufferings. Aegisthus the shepherd, whom we see in his disgusting dancing solo searching for Agamemnon’s treasure, is just too easily associable with a barbarian (/Barbarian) who has defiled the heritage that is not his due. Yet the mute language of pantomime prevents too much literalness. Besides, let us pay attention to the fact that even the examples adduced in the present paper, the focus of which was limited to scenes and passages of certain genre connotations, prove that Dracontius’s poetry cannot be read as anti-Barbarian only, even though it is the problem of the legitimacy of one’s power (both legal and moral) that the author often places at the center of his interest.46 The Carthaginian lawyer fully deserves 43 Gualandri 1999, 67f. 44 I quote the opening of the letter to Apellion by Theodoret, which describes the capture of Carthage by the Vandals in 439 (in the English translation by Blomfield Jackson, see P. Schaff: Theodoret, Jerome, Gennadius and Rufinus: Historical Writings, accessible online at: http://www.ccel.org/ccel/schaff/npnf203.iv.x.xxix.html [31.01.2017]): “The sufferings of the Carthaginians would demand, and, in their greatness, perhaps out-task, the power of the tragic language of an Aeschylus or a Sophocles. Carthage of old was with difficulty taken by the Romans. Again and again she contended with Rome for the mastery of the world, and brought Rome within danger of destruction. Now the ruin has been the mere byplay of barbarians. Now dignified members of her far-famed senate wander all over the world, getting means of existence from the bounty of kindly strangers, moving the tears of beholders, and teaching the uncertainty and instability of the lot of man.” 45 Domenico Romano: Tradizione e novità nella ‘Aegritudo Perdicae’, in: Le trasformazioni della cultura nella tarda antichità: Atti del Convegno tenuto a Catania, Università degli Studi, 27 sett.–2 ott. 1982, Roma 1985, 379, emphasizing the tragic character of Dracontius’s poems and of the ‘Aegritudo Perdicae’, rightly notes: “in una età di angoscia quale quella dei primi tempi della dominazione vandala …, in cui l’oppressione del nuovo potere era avvertita dalla classe intellettuale romana, un poeta non poteva non essere portato a privilegiare temi di carattere tragico. … È, quella di Draconzio e dell’autore della Aegritudo, un’età che non può e non sa essere lieta.” 46 Thus, I find convincing De Gaetano’s (2009) general proposal to read Dracontius through the lens of late antique North African, and in particular Augustinian, criticism against the political power of the Romans, which was too often based on immoral foundations. She is prone to see in Dracontius poems “intima contraddizione tanto della cultura quanto della legge profa-

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to be called an intellectual as the questions he poses are fundamental, concerning one’s responsibility for their decisions and actions or the very nature and measure of evil. If, at the same time, he turns out to be a learned poet, proficient in various literary techniques and able to visualize myth and theatricalize reality, this is but a ‘bonus’ for those readers who are ready to acknowledge the above-mentioned ‘artificiality’, or maybe rather ‘artfulness’, of his poetry.

na, quando esse rimangano ancorate a un errore religioso che distorce i criteri di liceità morale, ai fini di legittimare un sistema politico, in questo caso diritto e cultura, fondamenta della civiltà di uno Stato e garanzia di giustizia delle sue istituzioni [Wasyl] possono trasformarsi in strumento della più efferata prevaricazione civile e sociale: i pii, sapienti e onesti giudici dell’Areopago di Atene saranno proprio coloro che, assolvendo Oreste dall’accusa di duplice omicidio, riconosceranno a un empio assasino il diritto di sedere sul trono di Micene. Il purgandus Orestes di Draconzio presenta, in questo senso, singolari affinità con il ‘purgandus’ Romolo di cui parla Fulgenzio. Secondo quest’ultimo, la giustificazione per motivi politico-religiosi del fratricidio del fondatore e la presentazione di tale fatto nei testi storiografici e letterari pagani come crimine pio, necessario alla nascita della città eterna, avevano dato vita a un organismo statale iniquo, in cui invece di esercitare la giustizia, si provvedeva a purgare i delitti nefandi dei potenti.” (De Gaetano 2009, 411f.). In De Gaetano’s view, Dracontius’s discourse is anti-Vandal in this particular aspect that, as he shows, the new Barbarian rulers strove hard to ‘civilize’ themselves, yet especially in those aspects of Roman culture and law that were themselves utterly immoral. It is precisely the classical (and indeed, pagan) civilization that provided them with tools necessary to legitimize their power, or tyranny, in ethical terms. Thus, the demarcation line as drawn by Dracontius runs not so much between Romans and Barbarians, or even between the ‘civilized’ and the ‘savage’, but much more between right and wrong, the moral and the immoral. Interestingly, he appears hesitant to classify culture, and in particular classical culture, as ‘right’ by definition, even though, as I argue throughout this paper, he treats it as his most natural means of expression.

DICHTEN ÜBER DAS DICHTEN Reflexionsfiguren bei Dracontius Stefan Freund ABSTRACT Der Beitrag untersucht die metapoetischen Äußerungen des Dracontius, sowohl in den ‘Carmina profana’ als auch in den ‘Carmina christiana’. Es wird gezeigt, dass der Dichter in beiden Teilen seines Werks ein gewisses Selbstbewusstsein hinsichtlich seiner Profession besitzt und sich als Dichter in einer herausgehobenen Position inszeniert. Dieses Phänomen begegnet in den ‘Carmina profana’ weit entfaltet und offensiv an die traditionellen poetologischen Metaphern angeschlossen, in den christlichen Gedichten spürbar subtiler und mit deutlicher Rücksicht auf den in diesen Gedichten gepriesenen Gott.

1. EINLEITUNG Antike Dichtung kennt eine Fülle von Formen, Motiven und Denkfiguren, metapoetischen Strategien oder poetologischen Bildern, in denen sie ihr eigenes Tun innerhalb des poetischen Werkes erklärt, illustriert, einordnet, abgrenzt oder herleitet, also reflektiert. Man denke beispielsweise an die Sängergestalten Orpheus und Demodokos, an das Gewebe der Penelope oder der Niobe, an die Darstellungskunst des Pygmalion, natürlich an die Musenquelle am Helikon – die Reihe ließe sich beliebig fortsetzen.1 Die entstehende christliche Dichtung findet also eine Vielzahl solcher poetologischer Metaphern und Reflexionsfiguren vor. Doch will sie sich von der Tradition mythologischer Inhalte und überhaupt von der herkömmlichen poetischen Form absetzen, um dem grundlegend Anderen der christlichen Heilsbotschaft gerecht zu werden. Daher muss sie nicht nur sich, sondern auch ihre Reflexionsfiguren neu erfinden oder zumindest neu gestalten:2 Bei Ju1

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Beispiele solcher poetologischer Metaphern stellen für die antike Literatur beispielsweise René Nünlist: Poetologische Bildersprache in der frühgriechischen Dichtung, Stuttgart 1998, und Markus Asper: Onomata allotria. Zur Genese, Struktur und Funktion poetologischer Metaphern bei Kallimachos, Stuttgart 1997, zusammen. Grundlegende Erwägungen und ein Stichwortrepertorium für die deutsche Literatur bietet Katrin Kohl: Poetologische Metaphern. Formen und Funktionen in der deutschen Literatur, Berlin / New York 2007. Zum Begriff der Reflexionsfigur siehe jetzt Annette Gerok-Reiter u.a. (Hrsgg.): Ästhetische Reflexionsfiguren in der Vormoderne, Heidelberg 2019 (im Druck). Zur Stellung und Selbstreflexion der christlichen lateinischen Dichtung siehe Willy Evenepoel: The place of poetry in Latin Christianity, in: ders., Studies in the Christian Latin poetry of late antiquity, Leuven 2016, 17–42, erstmals in: Jan den Boeft / Anton Hilhorst (Hrsgg.): Early Christian poetry. A collection of essays, Leiden 1993, 35–60; Thomas Gärtner: Die

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vencus etwa erweitert sich in der Bibelepik der Musenquell zum Strom Jordan.3 Der Vogel Phönix des Laktanz erhebt beim Aufgang der Sonne, die für den einen Gott steht, ein so wunderschönes Lied, dass er alle dagewesene Sangeskunst übertrifft.4 Das Werk des Dracontius bietet nun die besondere Gelegenheit, die Nutzung von Reflexionsfiguren in Schriften, die in paganer Tradition stehen, und in christlich geprägten unmittelbar zu vergleichen. Im Folgenden sollen also zunächst metapoetische Passagen aus den ‘Romulea’ betrachtet werden, dann aus ‘De laudibus dei’, schließlich wird der Umgang mit poetologischen Reflexionsfiguren in den beiden Gruppen des Werkes gegenübergestellt. 2. BEOBACHTUNGEN ZU DEN GEDICHTEN IN PAGANER TRADITION5 Am Beginn der ‘Romulea’ steht als herausgehobene poetische Reflexionsfigur der mythische Sänger Orpheus. Die Sammlung nämlich beginnt folgendermaßen (1,1–11):6 Orpheum uatem renarrant ut priorum litterae cantitasse dulce carmen uoce, neruo, pectine inter ornos, propter amnes adque montes algidos, (quem benignus grex secutus cum cruenta bestia audiens melos stupebat concinente pollice: 5 tunc feras reliquit ira, tunc pauor iumenta, lenta tigris, ceruus audax, mitis ursus adfuit. non lupum timebat agna, non leonem caprea, non lepus iam praeda saeuo tunc molosso iugiter.

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Musen im Dienste Christi. Strategien der Rechtfertigung christlicher Dichtung in der lateinischen Spätantike, VChr 58, 2004, 424–446; Karla Pollmann, Establishing authority in Christian poetry of Latin late antiquity, Hermes 141, 2013, 309–330. – Zu den folgend genannten und weiteren Beispielen vgl. Stefan Freund: Von Hahnenschrei und Osterspeise. Zur Entstehung und Gestalt von Reflexionsfiguren in der christlichen lateinischen Dichtung, in: Annette Gerok-Reiter u. a. (Hrsgg.): Ästhetische Reflexionsfiguren in der Vormoderne, Heidelberg 2019, 159–184 (im Druck). Iuvenc. praef. 25–27 ergo, age! sanctificus adsit mihi carminis auctor / Spiritus, et puro mentem riget amne canentis / dulcis Iordanis, ut Christo digna loquamur. „Wohlan denn, es stehe mir bei als Urheber meines Gedichts der heiligmachende Geist, und er bewässere den Sinn des Sängers mit dem reinen Strom des süßen Jordan, damit wir Dinge sagen, die Christus angemessen sind.“ Lact. Phoen. 43–50; zur poetologischen Dimension Antonie Wlosok: Wie der Phoenix singt, in: Michael von Albrecht / Werner Schubert (Hrsgg.): Musik und Dichtung. Neue Forschungsbeiträge. Viktor Pöschl zum 80. Geburtstag gewidmet, Bern / Frankfurt am Main 1990, 209–222. Die ‘Orestis tragoedia’ enthält zwar durchaus poetologische Aspekte, vgl. Castagna u. a. 1995, 784f.; Wolff 2009, 141f.; Wolff 2011, 98f. Doch fehlen Passagen, in denen eine poetologische Metaphorik entfaltet würde. Daher bleibt sie hier unberücksichtigt. Dasselbe gilt für Romul. 4 (Worte des Herkules, als er die Köpfe der Hydra nachwachsen sah) und 5 (controuersia um den Belohnungswunsch eines reichen Helden). Vgl. Wolff 2009, 133–155.

Reflexionsfiguren bei Dracontius artifex natura rerum quis negat concordiam, hos chelys musea totos Orpheusque miscuit):

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Der Sänger Orpheus, wie die Literatur der Alten erzählt, habe mit Stimme, Saite und Plektron ein süßes Lied gesungen, zwischen Bergeschen, beim Strom und bei den frostigen Bergen. Ihm folgte eine gutmütige Herde, dabei eine grausame Bestie, und blieb staunend stehen, als sie die Weise hörte, die er mit seinem Daumen anschlug: Da verließ die wilden Tiere ihr Zorn, die Furcht die Tragtiere, da stand der Tiger träge, der Hirsch verwegen und der Bär friedlich dabei. Das Lamm fürchtete nicht den Wolf, das Reh nicht den Löwen, da war der Hase dauerhaft kein Beutetier mehr für den wilden Molosserhund. Die, denen die Natur als Gestalterin der Welt die Eintracht versagt, diese vereinten ganz die von den Musen kommende Leier und Orpheus.“

Der Dichter präsentiert eine Szenerie, die in einer bildlichen Darstellung festgehalten sein könnte – so statisch, detailliert eikonisch ist sie. Die Verse des Dracontius erinnern in Gehalt und Darstellungsweise verblüffend an ein verbreitetes Mosaikmotiv der Spätantike – Orpheus zwischen den von seinem Gesang bezauberten Tieren.7 Ein Beispiel dieses Typs stammt aus Tarsos in Kilikien8:

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Der so genannte Typ II der Orpheus-Mosaike, vor allem aus dem frühen 4. Jahrhundert nach Christus, zeigt im Zentrum den leierspielenden Orpheus, um ihn herum einzelne Tiere, vgl. Enrique R. Panyagua: Catalogo de representaciones de Orfeo en el arte antiguo III, Mosaicos romanos, Helmantica 24, 1973, 433–498; I. Jesnick: The Image of Orpheus in Roman mosaic. An exploration of the figure of Orpheus in Graeco-Roman art and culture with special reference to its expression in the medium of mosaic in Late Antiquity, Oxford 1997, 45.108. Das Copyright für die verwendete Abbildung liegt bei akg-images / Bible Land Pictures.Das aus Tarsus in Kilikien stammende Mosaik befindet sich heute im archäologischen Museum von Antakya/Türkei, dazu Panyagua 1973, 495f.; Jesnick 1997, 140 (beide wie Anm. 7).

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Dass Orpheus singt, erkennt man an Details wie den Saiten und dem Plektron (1,2). Vom Sänger weg schwenkt der Blick zunächst in die Landschaft (1,3 Bäume, Flüsse und Berge), dann auf die Schar von Tieren, die ihm gebannt lauschen, friedlich nebeneinander Raubtiere und deren Beute, auch Nutztiere (1,4–9). Freilich wird die ganze Szene in einer merkwürdig distanzierenden Weise nur referiert: So erzählt es die überkommene Literatur (1,1 renarrant ut priorum litterae). Dracontius sagt also ausdrücklich, dass er sich auf einen Topos bezieht. Der Dichter wendet sich dann auch abrupt von dem Bild des Orpheus ab, denn nun heißt es (1,12–17): Sancte pater, o magister, taliter canendus es, qui fugatas Africanae reddis urbi litteras, barbaris qui Romulidas iungis auditorio, cuius ordines profecto semper obstupescimus, quos capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima.

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Heiliger Vater, du mein Lehrer, so musst du besungen werden, der du Africas Metropole die vertriebene Bildung zurückgibst, der du die Romulusabkömmlinge im Hörsaal mit den Barbaren verbindest, dessen Anweisungen wir in der Tat immer wieder neu bestaunen, wir, die uns die vollendete Süße deines Mundes, mein Lehrer, umfängt.

In dieser Huldigung an seinen Lehrer Felician setzt Dracontius diesen in doppelter Weise mit Orpheus gleich: Zum einen soll Felician wie Orpheus zum Gegenstand der Dichtung werden (1,12 taliter canendus es). Das geschieht im vorliegenden Gedicht, die Aussage ist also performativ. Zum anderen wird beiden eine ähnliche Wirkung auf ihr Publikum zugeschrieben: Mit der ‚Süße‘ ihrer Stimme (1,2 dulce carmen, 16 capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima) nehmen beide es ein. Beiden lauscht man gespannt (5 stupebat, 15 obstupescimus). Beide erreichen auf diese Weise, dass sich deswegen in ihrem Umfeld Angehörige zweier Gruppen zusammenfinden – gezähmte Tiere und Raubtiere bei Orpheus, Barbaren und Römer bei Felician.9 Im dritten Teil nimmt das Gedicht dann eine Wendung zum Verfasser selbst hin (1,17–21): nostra uota te precamur ut secundes, optime, ante cuncta non recusans illud ipse pendere non tuas qui rite laudes, mente sed qua concinam: nos licet nihil ualemus, mos tamen gerendus est. ergo deprecantis, oro, cinge lauro tempora.

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„Wir bitten dich, dass du unseren Wünschen entgegenkommst, mein Bester, indem du vor allem dich nicht weigerst, jenes für dich abzuwägen, nicht wie ich dir feierlich dein Lob singe, sondern in welchem Geist ich es tue. Mögen wir auch nichts vermögen, dennoch muss man uns willfahren. Also umkränze, so bitte ich, meine Schläfen auf mein Bitten hin mit Lorbeer.“

Zunächst bittet Dracontius den Widmungsträger, das Werk mit Nachsicht aufzunehmen. Im letzten Vers bittet er den Angeredeten dann um seine eigene Bekrän9

Die literarische Bildungstradition (die litterae) kündet von Orpheus; Felician bringt diese zurück – ohne ihn wüsste man also gar nichts über Orpheus.

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zung mit Lorbeer. Dieses Motiv geht auf Horaz zurück.10 Auf diesen verweist auch die Stellung am Ende des einleitenden Programmgedichts der ‘Romulea’. Beim Vorbild nämlich findet sich die entsprechende Szene im letzten Vers von ‘Carmen’ 3,30 (exegi monumentum), das die ersten drei Odenbücher abschließt. Dort heißt es (15f.): ... et mihi Delphica lauro cinge uolens, Melpomene, comam. [...] und mit dem delphischen Lorbeer bekränze mir gnädig mein Haar, Melpomene.

Wenn also bei Dracontius der Lehrer um die Verleihung des Lorbeers gebeten wird, tritt er an die Stelle der Muse. Während der Lehrer also eingangs in die Nähe des Orpheus gerückt wird, so erfüllt er nun die Funktion einer Muse. Das heißt, in der Gestalt des Lehrers spiegeln sich in diesem Gedicht zwei poetische Reflexionsfiguren, Orpheus und die Muse. Grund für diese Bedeutung des Lehrers sind die litterae, also die Bildung, die sich ihm verdankt: Er vermittelt überhaupt erst die Kenntnis von Orpheus und von der Dichtkunst insgesamt, wie der erste Vers klarstellt. Der Schluss zeigt, dass der Lehrer und seine Gabe, die Kenntnis der litterae und ihrer Tradition, die Funktion haben, die in der paganen Poetologie den Musen zukommt, nämlich Dichtung durch Inspiration anzuregen und zu ermöglichen. Die traditionellen Reflexionsfiguren werden hier also genutzt, erscheinen aber eingebunden in ein metapoetisches Spiel. Das Motiv von der Krönung des Dichters, das Dracontius hier an den Schluss stellt, findet sich, wie noch zu zeigen sein wird, auch in ‘De laudibus dei’. Das zweite Gedicht der ‘Romulea’, der ‘Hylas’, beginnt mit einem konventionellen Musenanruf (1–3): Fata canam pueri Nympharum uersa calore in melius: sic Musa mones. quis casus ademit Alcidi comitem, solamen dulce malorum? Die Geschicke soll ich singen des Knaben, die sich durch die Liebesglut der Nymphen zum Besseren wandten. Dazu, Muse, ermahnst du mich. Welches Ereignis nahm dem Alkiden seinen Gefährten, seinen süßen Trost in den Übeln?

Das Thema ist demnach das Verschwinden von Hercules’ Gefährten Hylas.11 Die Handlung beginnt dann mit einem Zwiegespräch zwischen Venus und Amor, in dem die Göttin über Clymene klagt. Diese solle Amor in Liebe entflammen lassen, denn sie vergehe sich gegen Venus (55–61): Solis amata canit Clymene mea crimina Nymphis meque suo prensam Nymphas monet indice Sole, Vulcanique sonat captiuo Marte catenas. quas audire libet de nostra clade canentem. sed si de nobis certe cantare placebat,

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10 Vgl. Christoph Schubert: Dichterkrönung, in: Albrecht Cordes u.a. (Hrsg.), Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, 1, Berlin 22008, 1032–1034. 11 Zur Themenskizze vgl. Bureau 2015, 290f.

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Stefan Freund iudicium Paridis uel nostros, nate, triumphos cantarent fluidae carpentes pensa puellae.

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Clymene, die Geliebte des Sonnengottes singt meine Verbrechen den Nymphen und erinnert daran, dass ich durch den Hinweis ihres Sonnengottes ertappt worden bin, und sie lässt die von Vulkan geschmiedeten Ketten nach der Gefangennahme des Mars erklingen. Und die Nymphen hören sie gerne über unsere Niederlage singen. Aber wenn es ihr durchaus gefallen hätte, uns zu besingen, könnten die in den Fluten wohnenden12 Mädchen, die die ihnen zugeteilte Wolle verarbeiten, das Urteil des Paris oder unsere Triumphe besingen.

Im Kreise der Nymphen besinge sie zu deren Freude die schmachvolle Szene, in der die Göttin und ihr Geliebter Mars in Ketten gelegt worden seien. Stattdessen könne sie doch die Erfolge der Venus, etwa das Parisurteil, zum Gegenstand ihrer Lieder machen. Diese Ursache für den Raub des Hylas – in ihn nämlich soll Clymene sich verlieben – geht anscheinend auf Dracontius selbst zurück.13 Und der treibt hier wahrlich ein höchst eigenwilliges metapoetisches Spiel: Die Nymphe Clymene erzählt bei ihm einen epischen Stoff, den Homer seiner Sängergestalt Demodokos in den Mund legt (Od. 8,266–299). Die Gottheit Venus wünscht sich stattdessen das Parisurteil, also einen Stoff aus den ‘Kyprien’ des epischen Kyklos.14 Die Bestrafung der Sängerin für ihre falsche Themenwahl ist nun einerseits Mittelpunkt des Epyllions, insofern hiermit die eingangs gestellte Frage, warum Hylas verschwand (2,2f.), beantwortet wird. Andererseits ist am Ende nicht Clymene die Bestrafte, die ja ihren Hylas erhält, sondern höchstens Hercules, der schmerzlich seinen Geliebten vermisst. Das heißt, die Reflexionsfigur des epischen Sängers geht als Gewinnerin aus der Episode hervor, das göttliche Personal hat das Nachsehen.15 Auch Romul. 3 trägt, wie schon das erste Gedicht der Sammlung, den Charakter eines Widmungsgedichts an den Lehrer. Das Gedicht beginnt mit einem breit ausgeführten Naturvergleich (1–13): Für das Wachstum von Früchten in einer Gegend seien Feuchtigkeit, Sonne und Wind nötig, ohne die Ausgewogenheit dieser Faktoren (11 temperies rerum opportuna) trage die Erde nichts und bleibe unfruchtbar. Angewandt wird dies dann auf die Bildung, die wiederum die Voraussetzung darstelle für das Schaffen des Dichters (14–18):16 discipuli sic quippe silent, si forte magister tollatur, doctrina potens. qua praeduce cultor antistesque tuus, de uestro fonte, magister, Romuleam laetus sumo pro flumine linguam et pallens reddo pro frugibus ipse poema.

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So schweigen dann auch die Schüler, wenn ihnen eben der Lehrer genommen wird, die machtvolle Bildung. Durch deren Anleitung bin ich dein Verehrer und Tempelhüter, aus eurer 12 Vgl. ThLL VI,1 954,4f. 13 Vgl. Weber 1995, 171f. 14 Vgl. Prokl. chrest. 78–168, vgl. Albert Severyns: Recherches sur la Chrestomathie de Proclos. Texte et traduction, Liège 1963. 15 Nur en passant hingewiesen sei auf die Parallele zwischen Clymene und unserem Dichter, die beide wegen eines falschen Gegenstandes in ihrer Dichtung in Ungnade fallen. 16 Zu den programmatischen Aussagen Wolff 2009, 135–138.

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Quelle, mein Lehrer, nehme ich froh die romulische Sprache für meinen Fluss und bleich bringe ich selbst statt der Früchte ein Gedicht.17

Das angewandte Bild für das kreative Tun des Dichters ist also das Wachstum und das Fruchtbringen – letztlich stehen also die Erde (1 terra) und die Felder (4 arua) für den Dichter. Dafür müssen die richtigen Voraussetzungen vorhanden sein, zu diesen gehört insbesondere, im Bild wiederum der Bewässerung, die durch den Lehrer vermittelte Bildung. Für die beiden ‘Epithalamia’, die sich als sechstes und siebtes Gedicht in der Sammlung finden, ist die Forschung schon länger auf die deutlichen Selbstäußerungen des Dichters aufmerksam geworden.18 Im sechsten Gedicht, einem ‘Epithalamium für die Brüder’, heißt es nach einer Anrufung der Venus (30–33): Non ego lasciuos opto mihi crescere sensus, 30 sed precor aspergant nostrum tua carmina pectus, ut ualeam cantare tuos per uota triumphos et mixtis saltare choris, cantare choreas. Ich wünsche mir nicht, dass mir wollüstige Empfindungen entstehen, sondern ich bitte dich darum, dass deine Gesänge meine Brust inspirieren, auf dass ich während des Hochzeitsfestes19 deine Triumphe besingen, eingereiht in die Reigen tanzen und die Reigentänze preisend besingen kann20.

Die Liebesgöttin gibt also nicht nur das Thema vor, nämlich ihre Triumphe,21 sondern das ganze dichterische Schaffen geht von ihr aus – ihre Gedichte inspirieren22 erst den Epithalamiendichter. Dessen Situation ist in dem Gedicht, das in der Sammlung folgt, nämlich im ‘Epithalamium auf Ioannes und Vitula’ (Romul. 7), perspektivisch variiert: Er sitzt im Kerker und kann nur wiedergeben, was er sänge, wenn er anwesend sein könnte.23 Doch auch aus dieser Distanz erscheint eine ähnliche poetologische Motivik von der Inspiration durch die Liebesgöttin: Im ersten Vers erklärt der Dichter, er wolle nun trunken sein vom Lied der Venus (1 carminis Idalii … ebrius esse), deren Anwesenheit sein Singen erst ermögliche (10 cantarem quia Cypris adest). Die dargestellte Situation des gefangenen Dichters pointiert die Rolle der Gottheit noch: Venus ermöglicht den Hochzeitsgesang, 17 Unklar ist das Verständnis von pro flumine (17), die Präposition könnte sowohl im Sinne von „zugunsten von“ (ThLL X,2 1420,46ff.) als auch im Sinne von „anstelle von“ (ThLL X,2 1426,42ff.) aufgefasst werden. Näherliegend ist wohl die erstere Deutung, also das hier zugrunde gelegte „ich schöpfe aus deiner Quelle die Sprache für meinen Fluss“; damit stünde der Fluss für das dichterische Schaffen. Bei der Bedeutung „anstelle von“ ergäbe sich: „ich schöpfe aus deiner Quelle statt aus einem Fluss die Sprache“. Dies entspräche der Verwendung von pro im Vers 18. Dort geht es freilich um den Ersatz des Akkusativobjekts, in Vers 17 müsste bei einem solchen Verständnis der Ersatz einer Präpositionalkonstruktion (nämlich 16 de uestro fonte) angenommen werden. 18 Dazu umfassend Stoehr-Monjou 2015 (e) unter Einbeziehung der älteren Literatur. 19 Zu diesem Verständnis von per uota vgl. Luceri 2007, 124, und Galli Milić 2008, 161. 20 So Luceri 2007, 69 und 125f., anders Galli Milić 2008, 108f. und 161. 21 So auch Romul. 2,60f. 22 Aspergere ist ungewöhnlich in dieser Verwendung, vgl. ThLL II 820,76. 23 Zur Situation Horstmann 2004, 216–250, Luceri 2007, 27–33, und Galli Milić 2008, 295.

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in dem sich der Dichter nur hypothetisch in die Situation versetzt. Die Rolle der Göttin als Anregerin der Hochzeitsdichtung ist damit deutlicher herausgehoben als sich dies in anderen lateinischen Epithalamien beobachten lässt.24 Der Dichter aber erscheint als das Sprachrohr der Venus und tritt somit letztlich in den Mittelpunkt des Geschehens – ist er doch die Stimme der Liebe selbst. Das Epyllion über den Raub der Helena (Romul. 8) beginnt mit poetologischen Reflexionen.25 So will der Autor das Thema „auf einem besseren Weg angehen“ (3 aggrediar meliore uia). Dann ruft er Homer an (12), in dessen Nachfolge er jeden sieht, „der als Dichter in die Musenquelle getaucht ist“ (14 quisquis in Aonio descendit fonte poeta), und Vergil an (19–21). Bemerkenswert ist freilich, dass an die Stelle der in epischer Tradition anzurufenden Musen die klassischen Vertreter der Gattung selbst treten (22f.): numina uestra uocans, quicquid contempsit uterque scribere Musagenes, hoc uilis colligo uates. Eure Göttlichkeit anrufend greife ich das, was ihr beiden Musensöhne zu schreiben verschmäht habt, auf als geringer Dichter.

Dieses Motiv eines bescheidenen Epigonen, der den Stoff wählt, den die großen Epiker ausließen, kleidet der Dichter dann noch in das Bild von Füchsen, die sich glücklich priesen über die Reste, die die Löwen von ihrer Beute übrig ließen.26 Am Ende des Proömiums steht die Bitte an Homer und Vergil, dem Dichter nun die Paris-Geschichte zu künden,27 nochmals treten sie also an die Stelle der Musen, die Klassiker des Epos werden selbst zu Reflexionsfiguren. Metapoetisch geprägt ist auch das Proömium des Medea-Epyllions (Romul. 10): Das Thema sucht sich der Dichter selbst (1–15a),28 dann bezieht er die Musen ein (15b–31): Er übertrage den Stoff von der Bühne (Polyhymnia für den Pantomimos, Melpomene für die Tragödie) ins Epos. Kalliope, die auch angeredet wird, soll ihn nun inspirieren.29

24 Die poetologische Aussage, dass es Venus ist, die den Dichter inspiriert und von der sein Lied eigentlich ausgeht, findet sich so nicht in den übrigen Zeugnissen der Subgattung. Die Liebesgöttin ist bei der Hochzeit beteiligt gedacht (etwa Catull. 61,18. 44; Stat. silv. 1,2,51f.; Claudian. 10,65.99; Auson. 19,33 Prete = 18,33 Green), aber nicht zum Dichter in Beziehung gesetzt. 25 Vgl. Wolff 2009, 138–141. 26 8,25–27 reliquias praedae uulpes sperare leonum / laudis habent, meruisse cibos quos pasta recusant / uiscera, quos rabies iam non ieiuna remisit / exultant praedamque putant nuda ossa ferentes. 27 8,28–30 Attica uox te, sancte, fouet, te lingua Latina / commendat: uulgate, precor, quae causa nocentem / fecit Alexandrum raptu spoliaret Amyclas. 28 10,1 fert animus uulgare nefas, natürlich nach Ov. met. 1,1 in noua fert animus mutatas dicere formas. Vgl. Bureau 2015, 291f. 29 10,28–30 lauro succincta poetae / Pegaseo de fonte ueni, quo rore medullas / et sensus infunde meos. Vgl. Bureau 2015, 294f.

Reflexionsfiguren bei Dracontius

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3. BEOBACHTUNGEN ZU DEN SCHRIFTEN MIT CHRISTLICHEM CHARAKTER Das Werk ‘De laudibus dei’ beginnt mit diesen Worten, die dann zu einem Hymnus der Schöpfung auf den Schöpfer überleiten (Drac. laud. dei 1,1–4): qui cupit iratum placidumue scire Tonantem, hoc carmen, sed mente legat, dum uoce recenset. agnoscet quem templa poli, quem moenia caeli auctorem confessa suum ueneranter adorent. Wer den Donnerer zu kennen wünscht, den zornigen und den friedliebenden, der lese dieses Gedicht, aber er lese es mit Verstand, während er es vorträgt. Er wird erkennen, wen die Heiligtümer des Firmaments, wen die Mauern des Himmels als ihren Urheber bekennen und ehrfürchtig anbeten.

Dracontius geht von einem Leser aus, der auf der Suche nach Gott ist, der Gott in einer elementaren Erscheinungsform als ‚Donnergott‘, als zornigen oder huldvollen Beherrscher der Welt kennen lernen möchte. Zu diesem Zweck empfiehlt er die Lektüre seines Gedichts, die er in einen Akt des Verstehens und einen äußeren des lauten Vorlesens differenziert. Dann verspricht der Autor dem Leser die Erkenntnis desjenigen Gottes, den der ganze Kosmos verehrt. Dessen Größe beschreibt eine doppelte Bauwerksmetapher, die gleich in ihrem Genitivattribut wieder aufgelöst wird (1,3 templa poli, moenia caeli). An diesem Proömium erscheinen mehrere Aspekte bemerkenswert: Im Mittelpunkt stehen das Thema des Werkes und sein Rezipient beziehungsweise dessen Rezeptionsakt. Das Thema ist die Erkenntnis Gottes. Dracontius setzt hier kein christliches Bekenntnis und kein dogmatisches Wissen voraus, sondern geht von einem elementaren Gotteserleben aus. Die Intention des Rezipienten, die Gottsuche, und sein Rezeptionsakt werden konkret und unbildhaft geschildert. Als Intention des Werkes erscheint die Vermittlung von Gotteserkenntnis. Was gegenüber der Exordialtopik in der Tradition von Epos und Lehrgedicht fehlt, sind Autor und Inspiration: Eine Erste Person kommt nicht vor, die Rede ist nur ganz unprätentiös vom „vorliegenden Gedicht“ (1,2 hoc carmen), was wiederum nüchtern die Rezeptionssituation beschreibt. Der Dichter erscheint damit als Vermittler eines gesuchten Inhalts durch das Medium des Textes an einen Leser. Aufschlussreich ist noch ein Blick auf den Epilog des ersten Buches. Dort nämlich spricht der Autor erstmals von sich in der Ersten Person. Gebetsartig an Gott gewandt äußert er dort (1,747–754): aspice despectum, deiectum attolle parumper confusumque iuua, quia paenitet esse nocentem, ut ualeam memorare tuas hoc carmine laudes, quas potero (nam nemo ualet narrare creatus uel modicum facientis opus); quod mens rea clamat pectore contuso lacrimans et uoce fideli; obses sermo tuus nostro nam corde tenetur quo te promittis nimia pietate parentem.

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Stefan Freund Schau auf den Verachteten, den Niedergeschlagenen erhebe für eine kurze Zeit und dem Verwirrten komm zur Hilfe, weil es ihn reut schuldig zu sein, damit ich in diesem Gedicht deine Ruhmestaten darstellen kann, soweit ich dazu imstande sein werde (denn kein Geschöpf vermag es, vom Werk seines Schöpfers zu berichten, und sei dieses auch nur bescheiden); dies schreit mein Herz, das unter Anklage steht, unter Tränen, mit geschlagener Brust und im Ton gläubigen Vertrauens; denn dein Wort wohnt in unserem Herzen als Unterpfand, durch das du uns einen Vater von übergroßer Liebe verheißt.

Dieses Schlusswort erweist sich formal wie inhaltlich als ein Komplement zum Proömium: Dort erschienen in der Dritten Person Leser, Werk und Gott als Thema, hier wechseln sich in gebetsartiger Anrede Erste und Zweite Person ab. Während in den ersten Versen als Intention benannt war, einem Leser Gott nahezubringen, sagt der Dichter nun, welche Intention er für sich damit verfolgt: Sein Gotteslob soll eine Art Werk der Buße sein. Wie schon das Proömium, so spricht auch der Epilog von der Dichtung in konkreter und bilderfreier Sprache: Wiederum ist vom ‚vorliegenden Gedicht‘ (1,749 hoc carmine) die Rede, die Verben für das poetische Schaffen sind memorare (1,749) und narrare ... opus (1,750) – beides könnte von einem nüchternen Prosawerk gesagt sein. Poetische Gestaltung, Inspiration oder Gattungstradition kommen nicht vor. Diese auf das Sachliche reduzierte, gleichsam haptische (hoc carmen ist das, was der Leser in der Hand hält) Poetologie passt zur elementaren natürlichen Theologie, von der Dracontius im Proömium (1,1f.) ausgeht. Denn er spricht einen Leser an, der die Gottesfrage aus der Begegnung mit den Erscheinungen der Natur, dem Donner und der gewaltigen Größe des Himmels, stellt. Dass das Werk dem Leser die christliche Botschaft vermitteln soll, wird immer wieder bewusst gemacht, und zwar durch ausdrückliche Verweise auf das, was Christen glauben (2,115 credimus), oder, was in der Bibel zu lesen ist (2,146 legantur, 3,144 leguntur, 2,577 legimus, 2,681 quod uetus atque nouum duo testamenta loquuntur). Gleichermaßen explizit und reflektiert bezieht sich Dracontius auch auf Aussagen der paganen Mythologie und Dichtung.30 Eine weitere bemerkenswerte poetologische Aussage findet sich im dritten Buch. Dracontius führt dort biblische Helden auf, denen Gott zur Hilfe kommt, zum Beispiel Daniel in der Löwengrube und Petrus in der Auseinandersetzung mit Simon Magus. Die Abschlussverse der Passage lauten dann (3,248–250): quid? si cuncta uelim miracula currere sollers, non mihi sufficient mortalis tempora uitae, multa licet maneant sub quouis limite longo.

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30 So etwa, wenn Dracontius über die Goldene Zeit spricht, die einträte, wenn die Menschen von der Sünde abließen; in dieser gäbe es Schafe, deren Wolle sich selbst färbt, dann gäbe es tatsächlich ein Goldenes Vlies und das goldene Schaf „besäße als wirklich existierendes den Ruhm des Widders aus dem Bühnenstück“ (2,457 famam scaenaei uerax arietis haberet). In ähnlicher Weise kennzeichnet er sein Referat des Herakles-Stoffes als solches, 3,210–214: clarissimus ille / Alcides, quem monstra ferunt domuisse nefanda, / qui uirtute polos meruisse est dictus et astra, / uix unum extinxit captum per colla leonem, / si tamen hunc uerax per saecula fama locuta est. Ein ganzer Vers von Juvenal (8,83) wird 3,87 übernommen, und zwar mit der Einleitung (3,86) „es gibt eine alte Spruchweisheit“ (sententia prisca est).

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Nun, wollte ich alle Wunder mit meiner kunstvollen Darstellung rasch durchgehen, wird mir die Zeit meines sterblichen Lebens nicht genügen, selbst wenn noch viel davon bleibt bis zum unbestimmten fernen Ende.

Der Dichter bezeichnet sich also hier in seinem Tun als ‚geschickt‘ (3,248 sollers) und verwendet für seine Darstellungsweise den übertragenen Ausdruck des ‚Durcheilens‘ (currere) eines Stoffes. Auch wenn sich hier erstmals die literarische Stilisierung leise andeutet, bleibt die Terminologie doch eher technischprosaisch.31 Gleich im Anschluss an diese Verse leitet Dracontius zu einem Abschnitt über, in dem er vermeintliche exempla aus der Mythologie und der römischen Geschichte als in Wirklichkeit keineswegs moralisch vorbildlich zu entlarven sucht.32 Der Anfang lautet (3,251–257): sed si forte legat haec carmina nostra profanus quem lateat lex sancta Dei, ne incredulus extet impendat quid pura fides, praesumptio simplex, nec tamen aeternum modico pro tempore quaerat et neget Abraham tantum fecisse beatum uel quoscumque docet sancta scriptura fideles, historias curram Danaum gentisque Quirini, ...

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Aber für den Fall, dass zufällig ein Heide unsere vorliegenden Gedichte liest, einer, dem das heilige Gesetz Gottes verborgen ist – damit er nicht ungläubig bleibt, wie reiner Glaube sich auszahlt und ein naives Gottvertrauen, und dieses dennoch auch die Ewigkeit zu erwerben sucht statt einer begrenzten Zeitspanne, und damit der Heide nicht leugnet, dass der selige Abraham so Großes vollbracht hat oder auch alle die Gläubigen, von denen die Heilige Schrift lehrt –, will ich die Geschichten der Danaer und des Geschlechts des Romulus rasch durchgehen [...].

Der Dichter benennt hier also explizit einen neuen Leserkreis, diesmal, nach den Gottsuchern des Proömiums (1,1), die ahnungslosen Heiden, die, so ergibt sich aus den folgenden Ausführungen, in pagan-mythologischen Vorstellungen verharren. Zur nüchternen Explizitheit dieser Adressatenbeschreibung passt auch die Diktion: Wiederum verwendet der Dichter currere (3,257) für seine Darstellung, als deren Hintergrund erscheint die ‚Lehre‘ der Bibel (3,256), das Thema des folgenden Abschnitts wird mit dem unepischen33 Ausdruck historiae wiedergegeben. Beim Übergang von den griechischen auf die römischen exempla versichert Dra-

31 Sollers bezeichnet allgemein ein kunstvolles Vorgehen (vgl. OLD s. v.), und zwar keineswegs nach ästhetischen, sondern nach sachangemessenen Kriterien (so etwa Cic. nat. deor. 2,121 sollers subtilisque descriptio; Ov. Pont. 1,6,35 sollers medicorum cura). Currere im Sinn von ‚rasch abhandeln‘ erscheint spätantik gleichermaßen in der Prosa wie in der Dichtung, vgl. ThLL IV 1015,81–1516,27. 32 Drac. laud. dei 3,251–479 Männer, 480–526 Frauen, denen das Beispiel Judiths gegenübergestellt wird. 33 Das überwiegend in der Prosa belegte Wort erscheint zwar in der Komödie (Plaut. Bacch. 158; ThLL VI,3 2833,64), der Satire (Lucil. 612), der Lyrik (Hor. carm. 2,12,10) und der Elegie (Gall. carm. frg. 3,2 Blänsdorf), nicht aber in der Epik, auch nicht in der älteren Bibelepik (erst Arator. act. praef.), und bei Dracontius nur hier.

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contius, er werde die Beispiele „in einer wahrheitsgemäßen Darstellung auswerten“ (3,322 uero sermone probabo). Am Ende des Abschnittes mit paganen exempla stellt der Dichter den „vom lügnerischen Mythos in bloßer Erzählung erdichteten paganen Göttern“ (3,527f. conficti sermone dei quos fabula mendax / extulit) den wahren Schöpfergott der Christen gegenüber (3,533–536): ecce Deus uerus, de quo nil fingitur, in quem fabula nulla cadit, quem numquam uerba diserti exornant aut forte notant, cui tempora nil dant aut tollunt currente die. ...

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Und da ist der wahre Gott, über den nichts erdichtet wird, auf den sich kein Mythos bezieht, den niemals die Worte eines Rhetors auszeichnen oder tadeln können, dem die Zeitläufte nichts geben oder nehmen können, während die Tage verrinnen.

Wiederum geht die Aussage – man möchte sagen: haarscharf – an der Dichtung vorbei: Das abgelehnte fingere beziehungsweise confingere wird dem Mythos (fabula) zugeschrieben, die „Auszeichnung“ und der „Tadel“, derer der christliche Gott nicht bedarf (3,535), weisen in ihrer Terminologie (exornare und notare)34 und durch ihre Zuweisung an einen Rhetor (3,534 diserti) auf offizielle Reden und ihre Wirkung oder ihren performativen Charakter. Dass die Reflexion im Gedicht sich auf rhetorische und nicht auf poetische Kommunikation bezieht, lässt sich auch kurz darauf beobachten: Auch wenn der Dichter einige Verse später zu einem großen Schuldbekenntnis anhebt, gibt sich dieses als Geständnis des Angeklagten vor Gericht; so spricht er etwa davon, sich in allen Punkten, die man ihm vorwirft, schuldig zu bekennen (3,572 dixisse reum sub crimine cuncto). Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist schließlich ein Passus in dem Gebet, das das Ende des Werkes darstellt. Der Dichter bittet Gott darum, seine Freilassung aus dem Gefängnis zu erwirken, um ihm die Möglichkeit zu poetischem Gotteslob zu geben (3,735–742): seruatum reparare iube pietate sueta, ut merear cantare tuas per carmina laudes. quamuis nemo tua praeconia congrua dixit aut umquam dicturus erit, nam formula laudis temporibus tribus ire solet, tu temporis expers. numquid habes, Deus, ante tuum uel post cadit in te? si laudator abest, narrator plenus adesset, sed quis opus narrare tuum sermone ualebit?

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Befiehl in gewohnter Gnade, dass ich nach meiner Rettung rehabilitiert werde, auf dass ich es verdiene, in meinen Gedichten dein Lob zu singen. Selbst wenn niemand deine Lobpreisungen je in angemessener Weise verkündet hat oder verkünden wird, denn die Regel für die Lobrede pflegt durch die drei Zeitstufen [sc. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft] zu gehen, du hingegen hast keinen Anteil an der Zeitlichkeit. Hast du vielleicht, Gott, Vorher in

34 Exornare ist rhetorischer Fachausdruck, vgl. ThLL V,2 1582,81–1583,49; notare im vorliegenden Sinn von ‚tadeln‘ (OLD s. v. 2, vom Tadeleintrag des Zensors) erscheint in (Sach)Prosa und selten in der Satire.

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Bezug auf dich oder trifft ein Nachher auf dich zu? Wenn es keinen Lobsprecher geben kann, so müsste ein umfassender Erzähler zur Stelle sein, aber wer wird es vermögen, dein Werk in seiner Rede zu erzählen?

Hier ist also nochmals ausformuliert, was Dracontius beabsichtigt, nämlich Gott zu loben, und zwar durch das Erzählen seiner Taten. Bemerkenswert sind die Aussagen über die Form, in der das geschieht: Zwar spricht der Dichter hier vom ‚Singen in Gedichten‘ (3,736 cantare ... per carmina). Die weiteren Verse fallen aber wieder in eine Diktion, die genauso, vielleicht sogar eher an rhetorische Prosa denken lässt (3,737 praeconia dicere, 738 formula35 laudis, 741 laudator und narrator, 742 narrare ... sermone). An dieser Stelle ist ein kurzes Zwischenfazit zu ziehen: Reflexionen des Textes und seiner Kommunikationssituation finden sich öfter. Sie treten stark abstrahierend aus der dihegetischen Perspektive heraus. Dabei betrachtet der Dichter sein Tun nicht in irgendwie fassbarer Anknüpfung an poetologische Traditionen oder Topoi, sondern eher in rhetorischer Diktion und konkreten Sachaussagen. Mit anderen Worten, der Text betrachtet sich selbst gewissenmaßen wie einen argumentativen Prosatext. Die spezifisch poetische Ausgestaltung ist in den bislang betrachteten Passagen nur knapp und sachlich benannt worden (die Stichworte waren carmen, cantare und sollers). Gleichwohl fehlt eine Poetologie im eigentlichen Sinn nicht völlig. Aufschlussreich scheint mir hier eine Passage im ersten Buch. Dracontius gibt hier die Ereignisse des dritten Schöpfungstages (Gen 1,9–13) wieder: Land und Meer werden geschieden, Gewässer und Landschaften entstehen. Dann heißt es über die Entstehung der Pflanzenwelt (1,167–175): herba uirens prodit, it surculus omnis in auras et semper uestita comis frondescit oliua; omnia poma uirens profert, non parturit arbor; linguae laurus honos soluit donanda poetis; torta per obliquos it uitis in orbe corymbos, uerberat et palmes ramos fluitante flagello; uinea pampineos subarundinat ebria campos, munera laetitiae spondens pendentibus uuis, fluctibus et uariis redolent florentia rura.

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Grüne Pflanzen entstehen, Schösslinge aller Art recken sich in die Lüfte, und der stets mit Blättern bekleidete Olivenbaum belaubt sich. Der grünende Baum bringt Früchte aller Art hervor, er muss sie nicht gebären. Der Lorbeer, die Ehrung für Sprachkunst, stellt das zur Verfügung, was den Dichtern zu verleihen ist. Verschlungen in sich windenden Blütentrauben wächst spiralförmig die Weinrebe, und ihr Schössling erfasst mit seiner biegsam ausgreifenden Ranke die Stütze. Der berauschende Weinstock bildet, an Rohrgeflecht aufwachsend, Flächen von Weinlaub und verheißt mit seinen herabhängenden Trauben das Geschenk der Fröhlichkeit. Und in bunten Fluten blühen duftend die Felder.

Konkret genannt sind hier drei Pflanzen: der Ölbaum, der Lorbeer und der Weinstock. Darin liegt eine bemerkenswerte gedankliche Prolepse. Diese drei Gewäch35 Parallelen für die Formulierungen finden sich insbesondere in der Fachprosa, vgl. ThLL VI,1 1114,69–1115,23.

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se können erst durch intensive menschliche Kultivierung ihren wahren Sinn entfalten: Oliven werden erst genießbar, wenn man sie aufwändig verarbeitet. Lorbeer zur Dichterbekränzung setzt einen regelrechten Literaturbetrieb voraus. Der Weinstock, wie Dracontius ihn schildert, steht in einem gepflegten und kunstvoll angelegten Weingarten,36 und das „Geschenk der Fröhlichkeit“ (1,174 munera laetitiae) bietet erst der gekelterte Wein. Man könnte sich auch fragen, ob nicht gerade im vandalischen Afrika die Wahrnehmung von Olivenölgewinnung, Weinbau und literarischer Kultur als Sinnbilder wahrer mediterraner Zivilisation besonders geschärft sein konnte. Die Aussage des an sich unscheinbaren Verses 170 ist jedenfalls, betrachtet man diesen Kontext, fulminant: Die Dichtung gehört nicht nur zu den grundlegenden Errungenschaften der menschlichen Kultur und Zivilisation (wie Ölgewinnung und Weinbau), sondern sie ist sogar als solche bereits in der Schöpfungsordnung angelegt, also gottgewollt. Und genauer gesagt spricht Dracontius hier nicht von der Dichtung, sondern vom Ruhm des Dichters und verleiht diesem eine Verankerung in der Heilsgeschichte. Das hier verwendete poeta wird in der christlichen Literatur selten mit positiver Konnotation gebraucht.37 Bei Dracontius erscheint es sonst nur noch zweimal in einem auf die epischen Vorgänger bezogenen Passus in ‘De raptu Helenae’ (Romul. 8,14. 19). Vielleicht helfen noch zwei Beobachtungen weiter: Erstens hebt Dracontius mehrfach die ästhetische Schönheit der Schöpfung heraus, und zwar in einem Ton, der an menschliche Kunst anklingt: Die ansprechende Gestaltung des Blattwerks an den Bäumen wird als Gestaltung einer kunstvollen Malerei bezeichnet (1,205 sollers pictura figurat). Und den Vögeln, deren Gesang er zweimal in seiner Schöpfungsdarstellung schildert, schreibt er eine „wohlklingende Stimme“ zu (uox canora) – die Junktur ist ansonsten Menschen vorbehalten.38 Das impliziert, dass die Vollendung der Schöpfung und deren menschliche Mimesis in der Kunst 36 So insbesondere 1,172f.; zu den verwendeten Rankhilfen vgl. Kai Ruffing: Wein, II. Klassische Antike, A Weinbau, DNP 12/2, 2002, 424–432. Es wäre zu erwägen, ob nicht hinter 1,171–173 die Weinlaube des Cyprian steht, in der das Gespräch Donat. 1 stattfindet: dant secessum uicina secreta, ubi dum erratici palmitum lapsus nexibus pendulis per harundines baiulas repunt, uiteam porticum frondea tecta fecerunt. Bene hic studia in aures damus, et dum in arbores et in uites uidemus, oblectante prospectu oculos amoenamus, animam simul et auditus instruit et pascit obtutus. Für die Bekanntheit der Stelle spricht jedenfalls ihr Zitat Aug. doctr. 4,14 (bis fecerunt). 37 Auch die christlichen Dichter bezeichnen weniger sich selbst als poetae, als vielmehr die Repräsentanten der paganen Literatur. Ein Beispiel ist Iuvenc. evang. praef. 2.8, wo die poetae für die pagane epische Tradition stehen, über die sich der Bibeldichter erhebt; ähnlich Prud. c. Symm. 2, 40 poetarum numen componere monstris; perist. 10, 216 dicis licenter haec poetas fingere. 38 1,250f. has lingua decorat / et breuitas formae pensatur uoce canora und, am Morgen des sechsten Schöpfungstages, 1,257f. nidosque loquaces / exhibet et uarias decantat garrula uoces. Zur Junktur uox canora vgl. ThLL III 277,17–41, auch Romul. 7,97. Das bemerkenswerte (und einzigartige) Fehlen der Vögel im Paradies nach laud. dei 1,457 erklärt sich wohl am ehesten aus einer Entfernung aller (potentiell bedrohlichen) wilden Tiere, vgl. Speyer 2002, 280.

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grundsätzlich in einem harmonischen Verhältnis stehen können. Zweitens erwähnt der Dichter Lobgesang an Wendepunkten der Heilsgeschichte, bei der Hervorbringung des Sohnes durch den Vater39 und nach dem Zug des Volkes Israel durch das Rote Meer40. Hier tun also Geschöpfe auf der Ebene des Erzählten, was auch der Dichter als Erzählender zu tun verkündet. Für ‘De laudibus dei’ ergibt sich somit folgendes Gesamtbild: Zwar definiert sich christliche Dichtung durch ihre kommunikativ-argumentative Funktion, über die poetische Form wird nicht weiter reflektiert. Ihre Grundlage aber ist die göttliche Ordnung, in der die Schönheit des Gesangs, das Tun des Dichters und das gesungene Gotteslob ihren selbstverständlichen Platz haben. Man könnte sagen, es bedarf kaum der Reflexionsfiguren, weil der Schöpfung somit eine implizite Poetologie des Gotteslobes als einem Abbild ihrer Vollendung innewohnt.41 Auf die ‘Satisfactio’ sei hier nur in aller Kürze eingegangen. Für unsere Frage nach poetologischen Metaphern und Reflexionsfiguren bietet sich ein sehr ähnlicher Befund wie für ‘De laudibus dei’: Das Tun des Dichters wird als narrativer und ästhetischer Kommunikationsakt beschrieben,42 aber nicht in Bilder gekleidet. Andererseits liegt auch hier dem ganzen Gedicht eine Selbstverständlichkeit und Autoreflexivität poetischen Schaffens zugrunde, da es die Situation des Dichters reflektiert und Verzeihung erbittet für ein Lobgedicht, das nicht dem Herrscher gewidmet war, an den sich der Dichter hätte wenden müssen.43 – In der Dichtung wird also die lebenspraktische Relevanz von Dichtung aufgearbeitet. 4. FAZIT Versucht man nun, die hier gesammelten Beobachtungen zu den Gedichten in paganer Formtradition und zu den christlichen Gedichten gegenüberzustellen, so ergibt sich in etwa folgendes Bild: In den ‘Romulea’ findet sich eine weit entfaltete Poetik aus traditionellen Metaphern. Der Dichter spielt dabei mit den poetischen Reflexionsfiguren, den Musen, der Göttin Venus, Orpheus und den Klassikern Homer und Vergil, souverän und in schöpferischer Autonomie. Die Grundlage, die ihn dazu befähigt, ist, wie vor allem das erste Gedicht der Sammlung zeigt, 39 2,73 angelica dicione preces sine fine canentes. Vgl. 2,209 te chorus angelicus, laudans exercitus, orat. 40 2,801–804 (vgl. Gesang des Mose und der Miriam Ex 15,1–21) laudauere Deum, sed plus de morte natantum; / sexus uterque Deo magnas in laude choreas / certatim resonant et palmis tympana pulsant /et celebrant uincente Deo saltando triumphum. 41 Es kann also ein schöpfungsgemäßes Dichten geben, in dem uerba, uox und mens im Einklang stehen, vgl. 1,2; 3,143; 3,91 ergo Deum si uerba colunt et mens ueneretur. 42 So etwa satisf. 21 facta ducum possem narrare meorum; 44 heu mea quippe mihi uulnera lingua dedit; 47 quique reformauit tacitae modulamina linguae; 52 perque suas proles regia uota canam; 309f. dicam regnanti domino pia uerba prophetae: / ‘etsi peccaui, sum tamen ipse tuus’. 43 Vgl. 93f. culpa mihi fuerat dominos reticere modestos / ignotumque mihi scribere uel dominum.

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die literarische Tradition, aus der der Dichter dank seinem Lehrer schöpfen kann. Die Dichtung und ihre Reflexionsfiguren erscheinen somit als Bildungsgüter, über die der Dichter nach Belieben verfügt.44 Anders verhält es sich in den christlichen Gedichten. Hier ist der Dichter weniger präsent,45 die poetologischen Aussagen bleiben deutlich zurückhaltender; klar tritt dabei das Bild einer auf die Belehrung und vor allem das Gotteslob ausgerichteten Dichtung hervor, wie es wiederum dem Selbstverständnis christlicher Dichtung entspricht. Und doch zeigt sich bei näherer Betrachtung die herausgehobene Stellung, die sich der Dichter zuweist, indem er seine Bekränzung in der Schöpfungsordnung vorgesehen darstellt (laud. dei 1,170). So kommt ihm letztlich auch in der christlichen Welt eine herausgehobene Stellung zu, wie er sie, freilich in anderer Weise, nämlich durch die Beherrschung des metapoetischen Personals, für die pagane beansprucht.

44 Hierzu passen meines Erachtens auch die Beobachtungen, die Wolff 2009, 142f., für die Proömien der paganen Werke festhält: Es gehe dem Dichter um eine innovative, psychologisierende und rationalisierende Darstellung der Mythen, die vor allem die menschlichen Dynamiken offenlegt und die göttlichen Akteure diesem Prinzip unterordnet. 45 Dies beobachtet auch Wolff 2011, 100. Nach Bureau 2015, 301, sehen sich Juvencus und Sedulius in der Notwendigkeit, ihre Wahl des epischen Genres zu begründen, Dracontius hingegen halte dieses für eine naheliegende Form des Gotteslobes, er hingegen rechtfertige seine pagane Dichtung.

SPRACHKUNST ALS MITTEL DER IDENTITÄTSBILDUNG BEI DRACONTIUS? Christoph Schubert ABSTRACT Der Beitrag versucht, besonders charakteristische Züge der Sprachbehandlung und Stilistik des Dracontius zu beschreiben, um zu prüfen, welchen Rezipientenkreisen seine Dichtung welche Zugangsmöglichkeiten eröffnete bzw. verwehrte. Es zeigt sich, daß Sprache und Stil hauptsächlich rhetorisch, zur Verstärkung, Vertiefung oder Nuancierung inhaltlicher Aussagen, eingesetzt werden, auch verschiedene Rezeptionsniveaus anbieten, in der Regel aber (jenseits einer allgemeinen Ästhetisierung) nicht selbst sinnstiftend sein oder gar gegenläufige, nur wenigen zugängliche Bedeutungen transportieren wollen. Auch wenn Dracontius’ Werke einen rezeptiv-analytischen Rezeptionsmodus privilegieren, liegt ihre Zugangsschwelle auf sprachlich-stilistischem Gebiet damit nicht höher als bei einer soliden lateinischen Schulbildung.

Eine der Funktionen der Sprache, die den Sprechern bald mehr, bald weniger bewußt, bald stärker, bald schwächer ausgeprägt sein kann, besteht in ihrer inkludierenden und exkludierenden Kraft: Die Wahl der Sprache selbst, einer Varietät, eines Registers kann die Identität einer Gruppe verstärken, ja konstituieren und zugleich zur Profilierung oder Abgrenzung gegenüber anderen Gruppen dienen. Zwangsläufig unterliegt auch die Rezeption literarischer Werke dieser Dynamik: Verschiedenen Rezipientenkreisen wird ein Werk allein aufgrund der Sprachwahl leichter, schwerer oder gar nicht zugänglich sein und dadurch stets einen Prozeß der Differenzierung innerhalb der Gesamtleserschaft in Gang setzen, alte Identitäten bestätigen, Verschiebungen von Gruppengrenzen ermöglichen, neue Identität stiften. Jeder Autor, der nicht geradewegs am gewünschten Publikum vorbeischreiben will, wird diesen Aspekt seinerseits bereits im Produktionsprozeß in gewisser Weise berücksichtigen. Im Folgenden soll die sprachlich-stilistische Gestaltung, die Dracontius seinen Werken gegeben hat, unter diesem Gesichtspunkt bilanziert und bewertet werden, auch in der Hoffnung, einen Beitrag zu der bislang vor allem unter inhaltlichen Aspekten diskutierten Frage zu leisten, auf welche Leser oder Hörer die einzelnen Werkgruppen unseres Dichters zielten und mit welcher Wirkabsicht sie dies taten. Es wird sich zeigen, daß das übliche Modell, aus der jeweiligen Rekonstruktion des idealen Lesers bzw. Hörers auf den primären Adressaten zu schließen und den jeweiligen Text als Instrument der Identitätsbildung für die Gruppe der Primäradressaten zu deuten, in diesem Fall an seine Grenzen stößt. Eine erschöpfende und systematische, gar statistisch untermauerte Beschreibung von Sprache und Stil des Dracontius ist hier nicht zu leisten. Vielmehr sollen auf der Grundlage der inzwischen reichen Literatur besonders markante Züge her-

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vorgehoben und vergegenwärtigt werden.1 Die Beschreibung geht von einer grundlegenden Einheit des dracontianischen Stils aus. Das zweifellos vorhandene unterschiedliche Gepräge der einzelnen Stücke läßt sich zwanglos auf die je verschiedene thematische Ausrichtung und die je vom Dichter bediente Gattungstypologie und die mit ihr verbundenen Leitquellen, teils gewiß auch auf eine gewisse künstlerische Entwicklung und die von Fall zu Fall unterschiedliche Intensität des limae labor zurückführen. Doch steht dem eine die christlich und pagan inspirierten Werkhälften verbindende, charakteristische und beschreibbare Einheitlichkeit von Sprache und Stil gegenüber: „Il y a en tout cas une unité linguistique et stilistique, car les particularités de langue, de style et de métrique ne changent pas des christiana aux profana (si ce n’est de manière marginale)“.2

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Im Gefolge der Editionen und der kritischen Arbeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, die selbst zahlreiche Beobachtungen beitrugen (vgl. v.a. die Indices der MGH-Edition von Vollmer 1905), entstanden erste grundlegende Untersuchungen zu Dracontius’ Sprache und Stil, unter denen Westhoff 1883, Barwinski 1887 und Mailfait 1902 hervorragen. Die von Díaz de Bustamante 1978 und die Gesamtausgabe in den Belles Lettres angeschobene moderne Forschung hat vor allem im Zuge der Kommentierung zahlreiche weitere Details zur Stilistik einzelner Gedichte beigesteuert, vgl. u.a. zu Romul. 6 und 7 Luceri 2007, 49–56 und Galli Milić 2008, 73–89; zu Romul. 8 Pohl (im Erscheinen); zu Romul. 10 Kaufmann 2006 (a), 36–40; zur ‘Orestis tragoedia’ Grillone 2008, 191–198 den ‚Index notabilium‘ (besonders die Stichwörter: abundantia, accumulatio, adiect.; allitteratio; anaphora; antithesis, endiadys; iterata; oxymoron; variatio), hat dies aber auch quasi en passant in den vielen Beiträgen zur Intertextualität bei Dracontius getan. Im Bereich der neueren Arbeiten zur Lexik stechen Stella 1999, Santini 2002 und Santini 2006 hervor, der den markant juridischen Einschlag erschöpfend behandelt. Für weitere Literatur sei auf die Forschungsberichte von Castagna 1997, Stoehr-Monjou 2015 (d) und Wolff 2015 (a) verwiesen. Kurze Bemerkungen zum Stil des Dracontius finden sich verbreitet; als besonders gehaltvoll und einfühlsam erweisen sich die Seiten bei Moussy / Camus 1985, 78–91 (‘Laudes Dei’), Moussy 1988, 152– 154 (‘Satisfactio’) und Bouquet / Wolff 1995, 43–45. Wolff 2015 (a), 217, der ebd. auf das Vorkommen gleicher Exempla und eine bemerkenswerte ‚Osmose‘ der genutzten Prätexte in christlichen und paganen Werken hinweist. Schon Michael Roberts: The Jeweled Style. Poetry and Poetics in Late Antiquity, Ithaca, NY 1989, 131f., verwies anhand von laud. dei 1,167–175 auf die in der spätantiken Dichtung sonst weltlichen Themen vorbehaltene Art der Stilisierung in Dracontius’ christlichem opus magnum. Vom Ausmaß der (auf Sprache und Stil durchschlagenden) doppelten und dreifachen Verwendung derselben Prätexte gibt die vergleichende Liste für Klassikerzitate in der ‘Orestis tragoedia’ und im übrigen Werk des Dracontius einen Eindruck, die Barwinski 1887, 12–18, erstellte. Selbstverständlich treten in den ‘Laudes Dei’ und der ‘Satisfactio’ thematisch bedingt Christianismen auf, die in den übrigen Werken fehlen, vgl. dazu nur Moussy / Camus 1985, 80 und Stella 1999, 440–442. Die wenigen (teils diskutablen) Christianismen in der ‘Orestis tragoedia’ sind bei Barwinski 1888, 15 zusammengestellt. Gerade an den Gottesprädikaten, die tief in der paganen poetischen und philosophischen Tradition verankert sind, zeigt sich aber die Durchlässigkeit der Sphären und ein gewisser Traditionalismus des Dracontius (s. Stella 1987), während der Dichter bei der Christianisierung ererbter Motivik innovationsfreudiger ist (s. Stella 1989).

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1. EINE INTEGRATIVE POETIK? An den Anfang sei die ausgeprägte Tendenz zur umfassenden Aufnahme und Integration heterogener Elemente gestellt. So wie sich diese in der Existenz einer ‚christlichen‘ und einer ‚paganen‘ Werkhälfte, der Verarbeitung verschiedenster Stränge des Mythos, der Verschmelzung unterschiedlicher literarischer Formen und Gattungen in den ‘Laudes Dei’ und der ‘Satisfactio’ bzw. des bunten Gattungspotpourris der ‘Romulea’ niederschlägt3 und sich bis in den Bereich der Metrik erstreckt4, ist sie auch im Bereich von Sprache und Stil zu beobachten: ein als solcher typisch spätantiker Zug, den Dracontius aber sehr weit getrieben hat.5 Besonders deutlich spürbar wird diese Tendenz in der ebenfalls typisch spätantiken, bei Dracontius markant ausgeprägten Spannung bzw. im Ineinandergreifen von klassizistischen und modernen Zügen. Für die Ebene der Komposition ist dies zu Recht bereits hervorgehoben worden, für die sich die Kombination eines einerseits episodischen Aufbaus aller Gedichte mit klar abgrenzbaren und ausgearbeiteten Szenen und dem Wechsel von Erzählung und Beschreibung6, wie er für die 3

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Zur oft konstatierten Gattungspluralität vgl. den knappen Überblick bei Wolff 2015 (a), 219– 221. Moussy (/ Camus) 1985, 49–55 erörtert die Gattungsfrage für die ‘Laudes Dei’ unter der sprechenden Überschrift „le genre littéraire composite du poème“. Bedenkenswert ist das Plädoyer von Stella 1988, die ‘Laudes Dei’ als großen psalmartigen Hymnus zu lesen, in den sein Autor alle Elemente der enkomiastischen und rhetorischen Tradition der ‘Laudes’ eingeschmolzen hat. Aus der Literatur zur vieldiskutierten Gattungsproblematik der ‘Carmina profana’ seien nur Bright 1987 und Wasyl 2011 genannt, für die ‘Satisfactio’ Galli Milić 2009, die eine Mischung von rhetorischer deprecatio und Relegationselegie ausmacht, und Maria Jennifer Falcone: Some Observations on the Genre of Dracontius’ Satisfactio, in: Acts of the Conference ‘Modulations and Transpositions: the Contexts and Boundaries of ‘Minor’ and ‘Major’ Genres in Late Antique Christian Poetry’ (Lisbon-Heidelberg 2017) (im Erscheinen). Zur insgesamt klassizistischen Metrik, die sich in den ‘Romulea’ stärker an der flavischen Epik, im ‘Orestes’ und den ‘Laudes Dei’ stärker an Vergil und Ovid orientiert, vgl. nach Moussy / Camus 1985, 91–98 (speziell ‘Laudes Dei’), Moussy 1988, 154–157 (speziell Satisfactio), Wolff 1993 (zur Elisionenbehandlung, der eine leichte Tendenz zur Prosifizierung im Rahmen eines insgesamt typisch spätantiken Klassizismus feststellt), Laurà 1996 (Zäsuren), Luceri 2007, 54–56 (speziell Epithalamien), Galli Milić 2008, 90–93 und Lucio Ceccarelli: Contributi per la storia dell’esametro latino, 2 Bde., Roma 2008 (ebd. 1,202f. zum Kompositcharakter der metrischen Usancen des Dracontius) nun Raschieri 2015 und Charlet 2015, der im Einklang mit der bisherigen Forschung eine im allgemeinen zeittypische Behandlung der Elisionen, Hexameterschlüsse und Zäsuren konstatiert, aber auch einzelne das Gesamtwerk auszeichnende individuelle Züge feststellt (z. B. Bevorzugung des Klauseltyps conde sepulcro gegenüber condere gentem, dazu Charlet 2015, 152). Zum Epochenstil der spätantiken lateinischen Dichtung nach wie vor grundlegend Roberts 1989 (wie Anm. 2), v.a. 38–65. Ein Aperçü auf dem aktuellen Stand der Forschung geben Jaś Elsner und Jesús Hernández Lobato (Hrsgg.): The Poetics of Late Latin Literature, Oxford 2017, 1–22 (Introduction: Notes towards a Poetics of Late Antique Literature). Epochentypische Erscheinungen in Dracontius‘ christlicher Werkhälfte im Bereich der Lexik, Grammatik und Syntax beschreibt Moussy (/ Camus) 1985, 78–81 passim. Zur Bedeutung der Ekphrasis bei Dracontius vgl. Moussy / Camus 1985, 87–91 und Galli Milić 2008, 82f. Die Tendenz zur Auflösung der fortlaufenden Narration in einzelne Medaillons, Vignetten oder Standbilder, wie sie die spätantike Dichtung insgesamt mehr oder weni-

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Spätantike charakteristisch ist, und einer andererseits an klassischen symmetrischen Mustern orientierten Gesamtstruktur zeigen ließ.7 Für die sprachlichstilistische Ebene gilt dasselbe. Die traditionelle lateinische Dichtersprache der verschiedenen hexametrischen Gattungen, aber nicht nur dieser, wird als solche und, besonders eindeutig, in einer Fülle an gezielten intertextuellen Aufnahmen klassischer Autoren eingesetzt, wobei Dracontius in seinen Klassikern bereits die Strömungen von Vergilianismus und Anti-Vergilianismus vorfindet und beides rezipiert.8 Mit diesem breiten Traditionalismus verbinden sich aber ständig moderne sprachliche und stilistische Züge. Die Beschreibungen als Klassizismus, Alexandrinismus, Manierismus, Barock, mit denen man ihm gerecht zu werden versucht hat,9 treffen daher alle in gewisser Weise zu, insofern sie verschiedene Aspekte benennen, die alle nebeneinander und ineinander verschränkt bei ihm vorhanden sind.10 Etwas von allem – für alle etwas? 2. INTERTEXTUELLE VERFAHREN UND IHRE WIRKUNG AUF SPRACHE UND STIL Um die Kombination von Klassizismus, alexandrinischem Raffinement und Neuem bei Dracontius vorab zu verdeutlichen – Kompositcharakter kommt ihr nur

ger stark prägt, der Zug „à traiter un passage pour lui-même“, der „goût pour la scène ‚à effet‘“ ([Bouquet /] Wolff 1995, 30) ist immer wieder beobachtet worden. 7 Vgl. beispielhaft Mauerhofer 2004, 346–367, besonders 349f. zum translationssymmetrischen Aufbau im Kleinen und Großen (Goldener Schnitt) von Romul. 2 (‘Hylas’), der neben der Episodenstruktur (dazu Weber 1995, 138f.) steht. Wie trotz des Fokus auf der einzelnen Szene über das Gesamtwerk hinweg Kohärenz erzeugt wird, veranschaulicht Labarre 2015 anhand des Gebrauchs der Exempla; auch intertextuelle Bezüge nutzt Dracontius als einheitsstiftendes Element. 8 Der gewaltige Umfang dieser Bezüge ist erstmals wohl von Rossberg 1887, 833f. deutlich formuliert worden. Die nachgewiesenen Parallelen belaufen sich innerhalb des Gesamtwerkes für einzelne Autoren wie Vergil, Ovid oder Statius auf weit über hundert, insgesamt auf eine deutlich vierstellige Zahl. 9 Wolff 2015 (a), 223 resümiert: „Les profana sont marqués par l’esthétique alexandrine du Kleinwerk, de la marqueterie, du medaillon, très présente dans l’Antiquité tardive, qui fait de l’œuvre une succession de tableaux (on y relève plusieurs belles ecphraseis). S’y manifeste aussi un puissant baroquisme, inspiré notamment de Lucain, qui prend la forme de scènes cruelles, macabres et infernales“. Einige Stilurteile referiert Galli Milić 2008, 81 mit Anm. 261, die selbst einen „espressionismo barocco, che, senza escludere completamente il classico e le sue norme generiche, tende a privilegiare il particolare sul tutto e a preferire la giustapposizione di scene all’unità strutturale, da descrizione alla narrazione, la ridondanza alla misura, lo spettacolo, la rappresentazione, il colore“ bei Dracontius findet. 10 In dieselbe Richtung weisen die programmatischen Aussagen des Dichters, etwa zu Beginn von Romul. 8,11–30, wo als Bezugsgrößen Homer und Vergil gewählt und gleichzeitig alexandrinisches Sich-Bescheiden mit dem Kleinen angekündigt wird. Vgl. zu diesen StoehrMonjou 2007, Wolff 2009 und Wasyl 2011 passim.

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genetisch, nicht unbedingt auch in der Wirkung auf die Zeitgenossen zu11 – , sei kurz seine Imitationstechnik gestreift.12 Die folgenden Beispiele stammen aus der ‘Orestis tragoedia’, dem hexametrischen Drama, in dem Dracontius den Mythos von der Ermordung des Agamemnon bis zur Aussöhnung des Orestes mit den Göttern neu modelliert, indem er den gesamten Stoff der aischyleischen Trilogie und zahlreiche weitere Texte aufnimmt.13 Immer wieder sind hier Stellen anzutreffen, die wörtlich klassischen Autoren entnommen sind. Besonders eindrücklich wird dies bei identischen Halbversen wie: Orest. 223 = Ov. met. 13,548 quem non uidet hostem14 Orest. 396 = Lucan. 7,25

nullas tuba uerberet aures

Orest. 507 = Lucan. 3,286

fraternique ultor amoris

Orest. 784 = Lucan. 5,634

extimuit natura chaos

11 Diesen betont (Bouquet /) Wolff 1995, 43: „Enfin l’unité de ces epyllia se voit par leur style, qui est essentiellement composite. Il se caractérise à la fois par un traitement romanesque du mythe qui introduit dans la narration innovation, fraîcheur et fantaisie, et par l’influence de la rhétorique qui transforme les dialogues en juxtaposition de froids discours antithétiques et qui, cherchant l’expressivité à tout prix, modifie le récit dans le sens de la dramatisation et du pathétique. Le résultat est un style mêlé, de réussite inégale, qui s’accorde parfaitement avec le goût de Dracontius pour les oppositions de ton, les antithèses et les contrastes. Les epyllia du poète correspondent bien ainsi à cette esthétique ‚cumulative‘ dont parle J. Fontaine à propos de la littérature de l’antiquité tardive, caractérisée par le ‚mélange des modèles, des genres et des tons‘“. 12 Grundlegend zur Imitationstechnik am Beispiel von Ovid Bouquet 1982, 180–187, am Beispiel von Statius Moussy 1989, der ebd. 433 konstatiert: „Les procédés mis en œuvre par Dracontius dans le remploi des éléments pris à Stace sont très divers, nous l’avons vu, allant de l’emprunt de clausules qui peuvent être de simples réminiscences de lettré à des imitations très conscientes et avouées“. Zahllose Beispiele für die verschiedenen Formen der Imitation bieten die Kommentare; zum Gesamtcharakter der Imitation vgl. auch unten. Als größeres Formelement werden in analoger Weise die epischen Gleichnisse behandelt, für die StoehrMonjou 2014 (a) beispielhaft an Romul. 8 zeigt, wie sie als Element grundlegender Episierung intern raffiniert und innovativ umgestaltet und neu eingepaßt und für eine ‚tiefe‘ Intertextualität fruchtbar gemacht werden. Die Fülle der insgesamt von Dracontius benutzten christlichen und paganen Literatur zeigen Moussy / Camus 1985, 55–77 für ‘De laudibus Dei’, für die ‘Carmina profana’ Bouquet / Wolff 1995, 57–67. 13 Einen bequemen Zugang zu den wörtlichen Übernahmen der ‘Orestis tragoedia’ aus anderen Dichtern, wobei auch Abwandlungen oder Kontrafakturen aufgenommen sind, liefert Grillone 2008, 199–207 in den beiden „Indices fontium“, dort eine Fülle weiterer Beispiele für die im Folgenden präsentierten Kategorien. Eine Beispielsammlung für Imitationen im Umfang von halben Versen für Romul. 10 bei Kaufmann 2010, 105f. Zum Versuch der Integration der gesamten älteren Mythentradition in der ‘Orestis tragoedia’ vgl. Bouquet / Wolff 1995, 29 mit Verweis auf Quartiroli 1947, 28. 14 Textzitate folgen, soweit nicht anders angegeben, für die ‘Carmina profana’ der Ausgabe von Zwierlein 2017 (a), für die ‘Laudes Dei’ und die ‘Satisfactio’ Moussy / Camus 1985 und Moussy 1988.

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Ebenso häufig ist die nur leicht variierende Imitation, zum Beispiel: Orest. 6 Stat. Theb. 8,760

foedatum tabe cerebri perfusum tabe cerebri

Orest. 43 Val. Fl. 4,422

fluctiuagi tendebant carbasa uenti placidi tendebant carbasa uenti

Orest. 188 Stat. Theb. 5,247

nam mecum miser ipse cades et mecum fortasse cades

Orest. 279–281

sunt faciles dare summa dei, tamen ante relinquunt et miseros in fine nocent, aut forte repente destituunt poenasque petunt de sorte secunda. o faciles dare summa deos eademque tueri difficiles!

Lucan. 1,510f.

Der erste und dritte Fall verdeutlichen das übliche Streben nach Expressivität, indem ein stärkerer Ausdruck (foedatum statt perfusum) gewählt bzw. eine vereindeutigende emotionale Aufladung (miser ipse) eingetragen wird; der zweite Fall belegt zusätzlich die typisch spätantike Vorliebe des Dichters für seltene Worte, wenn er placidus durch den Neologismus fluctiuagus15 ersetzt. Im letzten Fall hat der Dichter den Anfang der lukanischen Sentenz mit nur leichter syntaktischer Variation aufgenommen, während ihr zweiter Teil vollständig neugestaltet und massiv erweitert erscheint. Anstatt das Diktum eademque tueri difficiles zu kopieren, entscheidet sich Dracontius zur rhetorischen Amplifikation und paraphrasiert den Gedanken in Form eines Dilemmas. Selbstverständlich fehlen auch Kontrastimitationen nicht, etwa: Orest. 54 Verg. Aen. 1,604

et mens sibi conscia praui et mens sibi conscia recti

Orest. 61 Sil. 13,652

oscula pura petens oscula uana petens

Orest. 377 Stat. Theb. 9,379

saeuior unda maris, quae mitior unda maris, quae

Orest. 255 Stat. Ach. 2,35

callida funereo perfundit corpus amictu callida femineo genetrix uelauit amictu

Die Fälle, in denen Dracontius ein Wort nur für sein Antonym austauscht, wie praui für recti, pura für uana, saeuior für mitior, sind zahlreich. Aber es gibt auch subtilere Formen wie im letzten Beispiel. Um Achilleus vor dem trojanischen Krieg zu bewahren, versteckt ihn seine Mutter Thetis zu Beginn der ‘Achilleis’ des Statius auf der Insel Skyros, wo er in der Schar der Töchter des Lykomedes untertauchen soll, und verkleidet ihn dazu persönlich als Mädchen femineo amictu. Bei Dracontius ist es die Gattin Klytemnästra, die ihrem Mann ein Prachtge15 Erste Sammlungen der Neologismen des Dracontius gaben Westhoff 1883, 51f., Barwinski 1887, 76f. und Vollmer 1905, 438f., vgl. für die ‘Laudes Dei’ Moussy / Camus 1985, 79 mit Anm. und ausführlich Stella 1999; für die ‘Satisfactio’ Moussy 1988, 152; für die profanen Gedichte mit Beispielen Luceri 2007, 53 und Galli Milić 2008, 75f.

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wand, amictus, gibt und seinen Leib nach dem langen Krieg pflegt, perfundit corpus, aber nur damit er seine Rüstung ablegt und sie ihn leichter ermorden kann. Nicht nur mit funereo, sondern mit der ganzen Phrase funereo perfundit corpus amictu kündigt der Dichter – auf den ersten Blick mit einigermaßen theatralischer Amphibolie – den Tod des Agamemnon an, der wirklich bald nur noch ein corpus, nämlich ein toter Körper, sein wird, den man salben muß, perfundere, und dem das Prachtgewand zum Leichengewand, amictus funereus, wird. Das Spiel mit der semantischen Spannweite der Worte amictus, corpus und perfundere, das der Stelle auf den ersten Blick erhebliches Pathos verleiht, erfährt aber durch den Durchblick auf Statius einen ironischen Kontrast: Denn nicht nur besteht der denkbar schärfste Gegensatz zwischen den beiden Situationen – hier die treusorgende Mutter, die den Sohn durch ein Gewand vor dem sicheren Tod bewahren will, dort die böse Frau, die ihren Mann mit demselben Mittel töten will – , sondern auch die Tonlage und Stimmung, hier humoristische, dort ernste Gestaltung, kontrastieren miteinander. Die ‘Orestis tragoedia’ wird man an dieser Stelle wegen Statius nicht so ernst und pathetisch lesen wie ohne den ‚Achilleus travestitus‘, Statius wird man nach der ‘Orestis tragoedia’nicht mehr so unbefangen heiter lesen können, wie zuvor: Denn ein amictus als Leichengewand ist auch Achill, und noch vor Agamemnon, beschieden. Noch gesteigert erscheint die Komplexität, wo Dracontius gleichzeitig auf zwei Prätexte verweist und so ein „intertextuelles Dreieck“16 aufspannt: Orest. 127

permixtus candore rubor pallore fugato

Ov. met. 3,423 Ov. met. 3,491 Sen. Med. 858f.

mixtum candore ruborem mixto candore rubori (flagrant genae rubentes, /) pallor fugat ruborem

Der beliebte Topos von der aus Liebe, Scham, Zorn oder anderen Gefühlsregungen von rot nach weiß oder umgekehrt wechselnden Gesichtsfarbe wird von Dracontius für Klytemnästra in der Weise realisiert, daß er die von Ovid für die Schönheit des Narziß geprägte Junktur in der ersten Vershälfte übernimmt und mit der Umkehrung der senecaischen Junktur kombiniert, wobei als Brückenwort zwischen den beiden Reminiszenzen rubor fungiert. Erzielt wird damit die Möglichkeit, die bei allen drei Figuren in den zugehörigen Passagen jeweils ausführlich beschriebene Veränderung des Aussehens und ihrer Gemütszustände miteinander zu vergleichen, drei Spielarten von Liebeskrankheit, die alle zu keinem guten Ende führen. Narziß verliert an der zweiten ‘Metamorphosen’-Stelle seine gesunde Schönheit und wird von ungesunder Blässe überzogen. Medea geht ins Stadium finaler Wut über. Klytemnästra, die bei der Rückkehr der mykenischen 16 Den Begriff verdanke ich Christine Schmitz. Ihr und allen anderen Teilnehmern an der Wuppertaler Tagung sei bei dieser Gelegenheit für die hilfreiche Diskussion gedankt. Auch für die eben besprochene Stelle kommt ein solches Dreieck in Frage, wenn man den erstmals wohl von Rossberg 1888, 31 ad loc. behaupteten Bezug auf Sen. Oed. 551–553 ipse funesto integit / uates amictu corpus et frondem quatit. / lugubris imos palla perfundit pedes anerkennt (Zwierlein [a] schiebt Vers 554 squalente cultu maestus ingreditur senex vor Vers 553 ein und entfernt damit perfundere aus dem engeren Kontext bei Seneca).

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Flotte aus Angst vor Strafe für ihren Ehebruch zunächst blaß geworden war, gewinnt hier ihre rosige Schönheit kurzfristig wieder (Orest. 128 pulcrescunt gaudia uultus), da sie Agamemnon verschollen und tot glaubt, wird aber bald eines Besseren belehrt, erblaßt erneut (Orest. 154 it pallor super ora redux) und gerät wie Medea in Raserei (Orest. 155 furor urget amoris). Die Prätexte laden zum vertieften Nachsinnen über das Wesen verkehrter Liebe ein. Dracontius hat das Farbenspiel im übrigen in einem der nicht ganz seltenen Selbstzitate17, die insgesamt vielleicht als Signet seines dichterischen Selbstbewußtseins zu werten sind – ihre Richtung ist hier wie sonst kaum bestimmbar – , genutzt, in dem es um die blutrote Verfärbung der belebten und unbelebten Natur als Unheilszeichen geht: laud. dei 1,67f.

et uiola est mentita rosam pallore fugato ac rubor infelix et candida lilia tinxit

Ähnlich komplex ist der umgekehrte Fall, wenn ein Prätext bei Dracontius gewissermaßen aufgespalten und auf zwei Bezugsstellen verteilt wird: Prop. 4,5,51

per barbara colla pependit

Orest. 60 Orest. 229

per patria colla pependit per rustica colla pependit

Der properzische Versschluß per … colla pependit wird einmal auf Iphigenie, die am Hals ihres Vaters Agamemnon hängt, einmal auf Klytemnästra angewandt, die am Hals des groben Ägisth hängt. Die Zusammengehörigkeit der beiden Stellen hat Dracontius dadurch gesichert, daß Iphigenie ihrem Vater unmittelbar danach oscula pura gibt und von ihm erhält, während es von Klytemnästra und ihrem Liebhaber heißt: dulcia lasciuis defigens basia labris. Man soll die Szenen vergleichen und den Gegensatz zwischen den patria colla und rustica colla wahrnehmen. Der Prätext, sofern er auffällt, koloriert beide Stellen nun zusätzlich so, daß bei allem Gegensatz zwischen der keuschen Jungfrau und der unkeuschen Ehefrau und dem jeweiligen männlichen Gegenüber das barbarische Verhalten beider Männer – der Vater wird Iphigenie töten, Ägisth ihn – deutlicher zum Vorschein kommt. Wer außer der properzischen Junktur außerdem den Kontext des Verses und der ganzen Elegie im Kopf hat, wird bei Properz die Ehebruchsthematik entwickelt finden und im anzitierten Vers den bösen Rat, sich mit wirklich jedem, selbst mit barbarischen Sklaven einzulassen, denen das Verkaufsetikett eben noch am Hals hing. Das intertextuelle Spiel fügt so literarische Tiefe hinzu,

17 Von ihrem Umfang gibt die freilich korrekturbedürftige Liste bei Barwinski 1887, 18–33 einen Eindruck, in der nur Parallelen zwischen der ‘Orestis tragoedia’ und dem übrigen Werk des Dracontius aufgeführt sind. Zur Bedeutung der Selbstzitate mit Beispielen Luceri 2007, 56, Galli Milić 2008, 87–89, Stoehr-Monjou 2014 (a), 90f. Sie verdienten eine eigene Untersuchung, namentlich im Verhältnis zu den homerischen, vergilischen und ovidischen Selbstzitaten.

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allerdings keine, die das Verständnis des Textes in eine entscheidend andere Richtung lenken würde.18 Welche stilistische Wirkung erzielt die hier nur angedeutete Palette intertextueller Bezugnahmen und welche Rezipienten setzt sie voraus? Ihre unübersehbare Masse und Massivität trägt zweifellos auf einer basalen Ebene zur sprachlichstilistischen Episierung oder, allgemeiner gefaßt, zu einem klassizistischen color der Werke bei, der bereits bei literarischer Grundbildung wahrnehmbar ist. Darüber hinaus sind viele Imitationen so evident, daß die Vorbildstelle leicht identifiziert und verglichen und auf die Art der vorliegenden Intertextualität hin (punktuelle, flächige, rein sprachliche, auch inhaltliche etc. Beziehung) befragt werden kann. Auf der Ebene der Autor-Rezipienten-Beziehung muß diese Fülle den Eindruck eines hochgelehrten und seine Gelehrsamkeit präsentierenden Dichters erzeugen, und zwar für jedes Ausgangsniveau auf Seiten der Rezipienten: Wer nur Vergil und Ovid kennt, wird Vergil und Ovid bei Dracontius finden, wer einen größeren Autorenkanon kennt, wird auch diesen entdecken; wer womöglich gar nichts kennt, kann den Text trotzdem verstehen und leicht auf die Bezüge aufmerksam gemacht werden. Auf der Textebene erlaubt die Fülle der evidenten Imitationen ein langsames und den einzelnen Bezügen nachspürendes Lesen, erzwingt dies aber nicht, da das Textverständnis durch die aufgerufenen Prätexte nie eigentlich konstituiert ist, sondern durch sie teils gar nicht erst tangiert, teils nur erweitert und vertieft und allenfalls leicht modifiziert wird: Dracontius schirmt seinen Text gegenüber Rezipienten, die die Prätexte nicht kennen, nicht hermetisch ab, sondern liefert den Versierteren lediglich Möglichkeiten, zusätzliche Schattierungen wahrzunehmen. Dies gilt, so ist jedenfalls mein Eindruck, auch für die feineren und versteckteren Anspielungen. Sie erhöhen den Eindruck der literarischen Qualität und Dichte der Texte und sind dazu geeignet, Kennern die Freude des Entdeckens und Nachsinnens zu schenken. Sie entwickeln aber keine andere oder zusätzliche Sinndimension. Es hat den Anschein, als ziele die große Spannbreite unterschiedlicher Typen intertextueller Aufnahmen tatsächlich darauf, zwar je nach Intensität der Lektüre und literarischem Hintergrundwissen verschiedene Zugänge zu eröffnen, der einen Rezipientengruppe Beobachtungen zu ermögli18 Auch hier ist an ein Selbstzitat mit laud. dei 2,571–573 zu denken: Redditur argentum, scelerata ad colla pependit / uix tandem iustus, nam nec permansit auarus / et suspensus obit se mox ultore seuero. Der Hexameterschluß colla pependit findet sich sonst nirgends in der antiken Literatur. Das sinnverstärkende, aber nicht eigentlich sinngebende Moment scheint mir für die subtileren Formen der Intertextualität bei Dracontius auch sonst typisch. Ein weiteres Beispiel aus Romul. 8 sei hierfür gegeben. Der Dichter rekurriert auf das Ende der Rede des Amphiaraos bei Stat. Theb. 3,646 (sed quid uana cano, quid fixos arceo casus?), der den Untergang der Sieben gegen Theben prophezeit, indem er den Vers auf die beiden Reden des Helenus und der Kassandra, die den Untergang Trojas ankündigen, im Paris-und-HelenaEpyllion (Romul. 8,131 sed quid fata ueto, quid fixos arceo casus; 8,152 sed quid uana cano?), aufteilt und damit beide Seher in die Linie des wie sie vom persönlichen Untergang bedrohten Amphiaraos stellt. Der Leser oder Hörer mag dies als Sprungbrett benutzen, die Reden bei Statius und Dracontius insgesamt und auch die jeweils folgenden Repliken des Capaneus bzw. Apollo zu vergleichen, die beide zur Neutralisierung der Unheilsprophetie führen, und die ganze Passage so unter dem Blickwinkel der aemulatio mit Statius zu lesen.

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chen, die der anderen entgehen werden, aber dennoch keine undurchlässigen Verständnisbarrieren zu errichten, sondern allen ein einheitliches Gesamtverständnis zu bieten.19 Fragt man nach dem einigenden Band, das die unterschiedlichen Intertextualitätsformen zusammenhält, darf man es vielleicht im spielerischen Element, im leichtfüßigen Umgang mit der literarischen Tradition, in der Freude des Autors und des Rezipienten daran, ausdrucksstarke oder bedeutungsschwere oder geistreiche Formulierungen zu kreieren bzw. zu goutieren, finden. 3. EINE KLEINE CHARAKTERISTIK VON SPRACHE UND STIL Beiden Gedanken, der gezielten Breite des Zugangs zu den Gedichten und dem Grundzug des Spielerischen, soll im Folgenden anhand einzelner typischer Merkmale von Sprache und Stil weiter nachgegangen werden. Da es für unsere Frage nicht darauf ankommt, innerhalb der Gesamtwirkung, die der Stil erzeugt, zwischen allgemein-poetischen, spätlateinischen, gattungsspezifischen, womöglich afrikanischen oder individuellen Zügen zu unterscheiden, insofern sich der zeitge19 Kaufmann 2010 zeigt an drei Stellen aus Romul. 10, daß Dracontius die Tiefe resp. Reichweite des intertextuellen Bezuges teils bewußt beschränkt und die Rezipienten seines Textes damit von intensiverer Arbeit an der Sinnkonstruktion entbindet, sprich die Verständnisschwelle gezielt niedrig hält: Das elegische Vokabular Romul. 10,252–255 will keinen ausführlichen Dialog mit elegischen Geschlechterkonstellationen initiieren; die Parallelisierung von Medeas Schlangenwagen Romul. 10,562–566 mit dem Sonnenwagen, den Phaeton Ov. met. 2,150– 166 besteigt und fährt, will die Situationen und Figuren über das Motiv des flugfähigen Wagens hinaus nicht vergleichen; die deutlichen Anklänge der Bettszene zwischen Medea und Iason Romul. 10, 342–347 an die Bettszenen zwischen Argia und Polyneikes Stat. Theb. 2,332–339 und Dido und Aeneas Verg. Aen. 4,296f. und 305f. regen vielleicht zum Nachdenken über das unterschiedliche Verhalten der Frauen und Männer in den analogen Situationen und über den Fortgang der Liebesbeziehung an, fügen Dracontius’ Medea aber keine neuen Charakterzüge hinzu. Man wird Kaufmanns pointierter These: „Demgegenüber ist die Kenntnis von Vorgängertexten für das Verständnis von Dracontius’ Dichtung nicht erforderlich“ (Kaufmann 2006 [a], 46), die sich in differenzierterer Form in der Einordnung des Dracontius auf der Seite der „allusions as formal features“ ihres neuen Intertextualitätsmodells wiederfindet (vgl. Helen Kaufmann: Intertextuality in Late Latin Poetry, in: Jaś Elsner / Jesús Hernández Lobato [Hrsgg.]: The Poetics of Late Latin Literature, Oxford 2017, 149–175, bes. 163), allerdings nur der Tendenz nach zustimmen können. Eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit den klassischen Vorbildern im Bereich kleinerer und größerer intertextueller Bezüge läßt sich durchaus auch oft nachweisen, vgl. nur De Gaetano 2009 passim mit zahlreichen Beispielen aus dem Bereich der Romidee und, für die epischen Gleichnisse, Stoehr-Monjou 2014 (a), 102, die für Romul. 8 zu dem Schluß kommt, Dracontius habe programmatisch und in der Durchführung einen neuen künstlerischen Weg zwischen Homerismus und Alexandrinismus gesucht. Gleichwohl besteht ein Zug zu formalisierten Übernahmen; in diese Richtung geht auch das interessante Modell von Galli Milić 2015, wonach Dracontius Statius und Valerius Flaccus im Sinne einer (großflächigen) strukturellen „Matrix“ verwendet habe. Für den Umgang mit den christlichen, insbesondere biblischen Vorbildern vgl. Stella 1985, 193–213, ein übergreifender Systematisierungsversuch ebd. 220–224; in den größeren kulturellen und literarischen Horizont zeichnet Stella 2006 Dracontius als Bibeldichter ein.

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nössische Leser oder Hörer den Sprachgebilden als Ganzem gegenüber sah, wird auf das schwierige und letztlich immer unbefriedigende Unternehmen verzichtet, im einzelnen die Herkunft der jeweiligen Stileigenheit zu bestimmen.20 Belege für die stilistischen Erscheinungen werden, dem Postulat grundsätzlicher Stileinheit folgend und dieses stützend, aus allen Werkgruppen genommen. Der überwältigende Eindruck, den jeder Rezipient vom Stil des Dracontius zunächst haben dürfte, ist sicherlich der einer erheblichen Fülle und Expressivität. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisten die Pleonasmen, deren Frequenz für alle grammatikalischen Varianten, mit denen sie sich realisieren lassen – die Kombinationen von Substantiv und Adjektiv, Substantiv mit Genetiv, zwei Adjektive etc. – sehr hoch ist. Einige Beispiele aus den ‘Laudes Dei’ mögen dies belegen: 21 laud. dei 1,146 laud. dei 1,207 laud. dei 1,259 laud. dei 1,96

flammeus ignis rutilante … rubore infixa … haeret moderanter temperat

laud. dei 1,145f. laud. dei 1,395 laud. dei 1,112 laud. dei 3,171

glaciem … aquae caesaries intonsa comis tempus adest ueniens22 ignea … fornax … ardens

Ebenfalls sofort ins Auge fallen die Verse, die vollständig von Substantiven, Adjektiven oder Verben durch das Mittel der congeries ausgefüllt werden. Dracontius hat fast schon ein wenig wie später die mittelalterlichen Mönche seine Freude daran, lange Serien dieser Art zu konstruieren, die einen, manchmal zwei, ja sogar vier oder fünf Verse umfassen. Im zweiten Buch der ‘Laudes Dei’ sind es siebzehn Adjektive, mit deren Hilfe so die göttliche Natur Christi beschrieben wird (laud. dei 2,60–65):23 Quo libuit genuisse Deum ante omnia Christum, semine quem uerbo conceptum corde ferebas, quo sine non unquam fuerat mens sancta parentis, multa profunda potens sollers pia prouida perpes

20 Die bisherigen Arbeiten mischen, aufgrund ihrer Zielsetzung berechtigtermaßen, in der Analyse meist sprachliche und stilistische Befunde, die zu allgemeinpoetischen, nachklassischen und umgangssprachlichen Phänomenen und zum Epochenstil der Spätantike zu rechnen sind, mit Besonderheiten des Dracontius, die nur unsystematisch als solche benannt werden. Am konsequentesten versuchen das Individuelle vom Überindividuellen Kaufmann 2006 (a), 36– 38 mit Anm. 66 und Luceri 2007, 50–54 zu trennen. Valide Aussagen zum Individualstil sind auf dieser Basis derzeit nicht möglich, weshalb eine Beurteilung der Normalität oder Exzentrizität oder der Verständnisschwierigkeiten, die ggf. durch den Individualstil erzeugt werden, nicht zu leisten ist. 21 Zum Pleonasmus und der multiplex enumeratio bei Dracontius, den er unter tumor Africanus einordnet, vgl. Mailfait 1902, 149–158, dem auch die folgenden Beispiele entnommen sind (ebd., 149f.); Beispiele für die ‘Carmina profana’ geben u.a. Luceri 2007, 50 und Galli Milić 2008, 84f. 22 Moussy / Camus 1985 schreiben mit Vollmer gegen die Handschriften nam mox tempus adest ueniae. 23 Zu den Serien bei Dracontius und ihrer bevorzugten Verwendung als Ausgangspunkt eines neuen gedanklichen Abschnitts vgl. Bresnahan 1949, 155 zu v 1–14 und 175 zu v 63–65. Vgl. zur Technik der Akkumulation von Einzelworten und Kurzsätzen mit Beispielen auch Mailfait 1902, 151f., Moussy / Camus 1985, 83, Luceri 2007, 50.

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Christoph Schubert simplex celsa leuis uibrans immensa serena uiuida cunctiparens mens innumerabilis una.

Am Anfang des ersten Buches drückt Dracontius die Allmacht Gottes in sieben wohlorganisierten Versen aus, die nach dem Modell der berühmten farragoPassage in Juvenals Programmsatire gebaut sind und 23 Substantive aneinanderreihen (laud. dei 1,13–19):24 paupertas mors uita salus opulentia languor taedia tristitiae splendor compendia damnum gaudia nobilitas uirtus prudentia laudes affectus maeror gemitus successus egestas, ira potestatum, trux indignatio regum: omnia quae ueniunt, bona gaudia tristia saeua, descendunt ex arce Dei, de sede Tonantis …

Ebenfalls den Eindruck rhetorischer Fülle erzeugen die häufigen Anaphern. Zwei beeindruckende Beispiele, die achtfache Wiederholung von quid und die zwanzigfache von lux im ersten Buch der ‘Laudes Dei’, mögen stellvertretend für viele weitere Fälle stehen (laud. dei 1,52–54 und laud. dei 1,119–128): quid fera, quid pecudes, quid peccauere uolucres? quid caelum, quid terra polus, quid pontus et astra? quid solis radii, quid lunae frigidus orbis? lux datur ante polos, lux clari causa diei, lux iubar aethereum, lux noctis limes et umbris, lux facies rerum, dux lux cunctis elementis, lux genitis per cuncta color, lux gratia solis, lux decus astrorum, lux aurea cornua lunae, lux fulgor caeli, lux et primordia mundi, lux splendor flammae, lux magni temporis index, lux opus auctoris primum, lux cardo pudoris, lux honor agricolis, requies komnibus aegris, lux aeui media est, lux quae dat tempora metis.

24 Zur enumeratio als in der Spätantike generell beliebtem Stilmittel vgl. auch Roberts 1989, 59f. (wie Anm. 2). Einige Beispiele aus den ‘Romulea’: Romul. 5,35 Sarmata Persa Gothus Alamannus Francus Alanus; 5,41 moenia rostra forum capitolia templa penates; 5,173 debilis est pauper nudus mendicus egenus; 7,12–14 impubes lasciuus atrox uiolentus amoenus / lis pacis tacitusque loquax fur garrulus audax, / nudus et armatus, ferus et pius, improbus insons; 7,72 sollicitus tabidus temerarius anxius audax; 8,286 pietas affectus amor concordia proles; 8,325 Nestoris Antilochus Palamedes Teucer Ulixes; 10,111 piscis aues armenta pecus fera pastor anhelant; 10,129 affectus natura genus fons auctor origo; 10,142 diligat optet amet cupiat suspiret anhelet; 10,317 ‹ira dolor› numen pietas iniuria regnum; 10,405 ursus ceruus aper pantherae damma leones; 10,411 diues pauper inops raptor pirata sacerdos; 10,570f. saeue Furor, crudele Nefas, infausta Libido / Impietas, Furiae, Luctus, Mors, Funera, Liuor; eindrucksvolle Länge erreicht auch Orest. 558–560 pectora cor sensus animum praecordia mentem / conturbat pietas dolor anxia maeror origo / affectus natura pudor reuerentia fama. Sie wird in der Regel asyndetisch gebaut, wie Asyndeta bei Dracontius überhaupt sehr häufig sind.

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Die Abundanz und Massivität dieser stilistischen Verfahren der Fülle und Expressivität ist unübersehbar.25 Entsprechend den eigenen ästhetischen Maßstäben wird man sie eindrucksvoll oder abgeschmackt finden.26 Sie gar nicht zu rezipieren, ist selbst einem oberflächlichen Leser nicht möglich, auch wenn ihm der eine oder andere verstecktere Pleonasmus nicht auffallen sollte. Der ideale Leser, dessen geschulter Blick alle Variationen der Fülle und Expressivität wahrnimmt, wird daher zweifellos einen intensiveren Eindruck von dieser Stileigenheit des Dichters erhalten, aber keinen anderen. Gleiches gilt für die nahezu omnipräsenten Klangspiele als weiteren charakteristischen Zug. Für diese möge das zweite christliche Gedicht, die ‘Satisfactio’, in der sich Dracontius neben Vergil besonders von Ovids ‘Tristia’ und den ‘Epistulae ex Ponto’ anregen ließ, die Belege liefern.27 Schon der Anfang des Textes wartet mit einem typischen Beispiel auf (satisf. 1–4): Rex immense28 deus, cunctorum conditor et spes,  quem tremit29 omne solum, qui regis igne polum, sidera flamma dies quem sol nox luna fatentur  auctorem, dominum saecula cuncta probant

Im zweiten Vers finden wir nicht nur den Reim am Ende der Halbverse im Homoioptoton solum – polum, sondern auch den Reim von omne auf igne, ein Homoioteleuton, die Assonanz von tremit und regis in der gleichen Vokalfolge von e und i, und das Spiel mit dem Relativpronomen im Polyptoton quem – qui, das eine Art Homoioarkton hinzufügt. Die lautliche Durchgestaltung erfaßt den gesamten Pentameter und könnte geradezu als Muster für die Durchnahme von Lautfiguren beim grammaticus dienen.30 Auf die congeries von sechs sorgfältigst angeordneten Substantiven im folgenden Vers sei nur en passant hingewiesen. 25 Listen mit zahlreichen Belegen bieten angefangen mit Westhoff 1883, 41–43 (für Anaphern, Chiasmen, Oxymora, Krebsgang, Alliterationen) etliche Beiträge. Vgl. für diese und einige weitere Stellungs- und Sinnfiguren u.a. Mailfait 1902, 152–154, Moussy in Moussy / Camus 1985, 83f., Luceri 2007, 52, Galli Milić 2008, 86. 26 Den häufigen Verdikten gegenüber besticht das abgewogene Urteil Moussys (Moussy / Camus 1985, 86), der zwar „une certaine préciosité“ konstatiert, den Stil des Dracontius aber insgesamt positiv würdigen kann. 27 Zur ‘Satisfactio’ vgl. einführend Comparelli 2003 (a), 112–118; nach der Kommentierung des schwierigen Werks durch Margaret 1936, Moussy 1988 und Comparelli 2003–2005 wird derzeit von Maria Jennifer Falcone ein neuer Kommentar vorbereitet. Zum Nachleben Ovids bei Dracontius (v.a. in den ‘Carmina profana’) grundlegend Bouquet 1982 (mit Werkstatistik ebd. 178–180). Besondere ovidische Prägung im Bereich der Sprache weist neben der ‘Satisfactio’ auch Romul. 2 auf, vgl. Weber 1995, 223f. 28 Speranza 1978 (a) plädiert im Apparat bedenkenswert für rex aeter‹ne›. 29 Comparelli 2003 (a) bevorzugt die von V überlieferte Lesart timet gegenüber tremit (D und Eugenius), was Comparelli 2006, 88f. mit bedenkenswerten Gründen, v.a. dem Verweis auf Stat. silv. 5,2,93, verteidigt; die Wortfolge nox sol luna in Vers 3 bei Comparelli 2003 (a) dürfte ein Versehen sein. Zum Inhalt der Verse vgl. Comparelli 2003 (a), 121–123 mit Hinweis auf den hymnischen Stil. 30 Eine gute, mit Beispielen versehene Übersicht über die verschiedenen Typen des Reims von der consonantia levissima und levis bis zur consonantia plenior und plena gibt Mailfait 1902,

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Häufig von selbst zu Klangeffekten führt die von Dracontius gerne eingesetzte Juxtaposition von Wörtern derselben Wurzel, figurae etymologicae im engeren und weiteren Sinn (satisf. 7f.):31 omnia permutans nullo mutabilis aeuo  idem semper eris qui es modo uel fueras

Das Nebeneinander von permutans und mutabilis wird durch die Kombination mit der Antithese omnia – nullo verstärkt. Sanfte Assonanzen erzeugt auch das folgende grammatische Spiel mit den Formen des Verbums esse in Futur, Präsens und Vergangenheit (er-is, es, fu-er-as).32 Der wiederholte Gebrauch eines Wortes oder einer Wurzel, die Suche nach Assonanzen und die Erzeugung von Antithesen treten auch noch stärker ineinander verschränkt auf (satisf. 27–30): quis nisi caelesti demens compulsus ab ira  aspera cuncta petat, prospera cuncta negat? irascente deo mentes mutantur et artus,  uertuntur sensus, uertitur et species.

Im ersten Pentameter korrespondieren, jeweils miteinander durch starken Reim verbunden, in vollständiger Parallelität die Antonyme aspera – prospera, doppeltes cuncta und die Verben petat und negat. Bei letzteren hat Dracontius sogar dem Klang den Vorrang gegenüber der grammatischen Konzinnität eingeräumt und lieber einen Deliberativ mit einem Indikativ verbunden, als den Reim zu verlieren.33 Die beiden folgenden Verse sind durch den Kreuzreim der Vershälften ment-es – art-us – sens-us – speci-es geprägt, zu dem das auf caelesti ira zurückgreifende wurzelgleiche Synonym irascente deo tritt und die synonymische Variation von mutantur durch das Polyptoton uertuntur / uertitur.34

31

32 33 34

145–148. Zum Streben nach Homophonie aller Art s. auch Moussy / Camus 1985, 84–86 und Luceri 2007, 53. Zu dieser Eigenheit, Worte, Wortfelder und Wortbedeutungen (oft in ihrer Polysemie bzw. Ambiguität) spielerisch-etymologisierend auszuschöpfen, vgl. Moussy / Camus 1985, 84f. (unter seinen Beispielen ebd. 85 Anm. 2 seien nur die Wortspiele laud. dei 1,277 terribiles producit terra leones und 3,341 dulcis amor patriae, qui patrem fecit amarum zitiert), Luceri 2007, 52–54, Galli Milić 2008, 86 und Grillone 2008, 114f. zu Orest. 210 (mit Beispielen aus der ‘Orestis tragoedia’) mit Verweis auf Grillone 2006 (b), 89 und Roberts 1989 (wie Anm. 2), 59f. Einen besonderen Fall analysiert Stoehr-Monjou 2014 (a), 100f. wo im rhetorischepischen Gleichnis für Polites, der Troilus folgt wie dem Menschen sein Schatten, mit Wortwiederholungen gearbeitet wird. Dracontius schließt sich auch hierin der poetischen Tradition an, vgl. zum Phänomen James J. O’Hara: True Names: Vergil and the Alexandrian tradition of etymological wordplay, Ann Arbor ²2017. Zu den biblischen und paganen Bezügen der Verse vgl. Comparelli 2003 (a), 123f. Margaret 1936, 59 ad loc. hält die Inkongruenz „allowable from the viewpoint of the psychology involved“. Vgl. zu den Versen Comparelli 2003 (a), 130, die auf das später im Gedicht ausgeführte Schicksal von Nebukadnezar und Zacharias vorausweisen.

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Ähnliches läßt sich immer wieder beobachten (satisf. 81f.): sol dat temperies, species gratissima mundi,  cuncta creanda parans, cuncta creata fouens

Auch hier verbinden sich Assonanzen, Wortwiederholungen und grammatisches Spiel im Pentameter, dessen metrische Hälftigkeit die ideale Form für die exakten Parallelismen liefert. Alle bisher beschriebenen Phänomene – die Wiederholung von Worten und Wurzeln (bona / bonis, malis / mala; mixta / mixta / miscuit), Reime und Assonanzen, dazu Synonymenvariation (diuersa, discordantia, contraria), Antonymik (bona / mala; humida / siccis; ignea / gelidis) und vollständige Parallelität in beiden Pentametern, die nicht nur in sich, sondern auch miteinander reimen – weist in großer Dichte das folgende Beispiel auf (satisf. 57–60): sed diuersa creans et discordantia iunxit  et bona mixta malis et mala mixta bonis. sic elementa potens contraria miscuit auctor,  humida cum siccis, ignea cum gelidis.

Zu den spielerischen Zügen wird man hier vielleicht zählen können, daß bei der Variation des Paradox discordantia iunxit durch elementa … contraria miscuit im zweiten Hexameter erstmals chiastische Stellung eintritt, die die Mischung versinnbildlicht35; ein Bravourstück mit Tradition ist es auch, alle vier Beschreibungskategorien der vier Elemente (trocken, feucht, heiß, kalt) in einem Vers unterzubringen,36 wie die Virtuosität und ihre Zurschaustellung auch sonst als typisch spätantiker Zug des Dracontius zu verbuchen sind.37 Wie bei den Mitteln von Fülle und Expressivität gilt auch hier, daß aufgrund der unüberhörbaren Fälle der Eindruck klanglicher Harmonie selbst dann garantiert ist, wenn nicht alle Assonanzen wahrgenommen werden, daß die Existenz etymologischer Figuren selbst dann auffallen muß, wenn nur das massivste Vorkommen bemerkt wird. Der kundige Rezipient wird drei- und viermal so viele klangliche, semantische und grammatische Spielereien entdecken. Stil und Sinn

35 Paradoxa und Oxymora sind überhaupt typisch. Als weiteres Beispiel aus der ‘Satisfactio’ wird gerne 274 feritate pia genannt. Mailfait 1902, 154 zitiert die eindrücklichen Verse laud. dei 1,647–649 mortua pars hominis quotiens pars uiua iacebat, / funera uiua gerens, uiuax in morte cadauer / ac sine morte tamen uitali in morte perempta? für das Phänomen. Zu diesem vgl. auch Moussy / Camus 1985, 85f., Moussy 1988, 154, Luceri 2007, 52 und Galli Milić 2008, 85. 36 Zum Inhalt und den imitierten Vorbildern s. Comparelli 2003 (b), 110–113. 37 Zur Veranschaulichung des typisch spätantiken Hangs zur Artistik zieht Roberts 1989 (wie Anm. 2), 34–36 als Beispiel auch Dracontius (Romul. 7,42–47) heran. Vgl. auch Luceri 2007, 49f. zur Preziosität im Bereich von Lexik und Grammatik, „che rende molti dei suoi versi un modello dell’estetica del tempo nella continua tensione all’amplificatio e a un tumor espressivo“ (50). Zur Virtuosität gehört auch die sorgfältige Architektur des Hexameters und als Teilphänomen die versus aurei klassischer und variierter Bauart, die in einzelnen Passagen gehäuft auftreten; vgl. dazu Kaufmann 2006 (a), 39, Luceri 2007, 54, Galli Milić 2008, 92.

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der Verse werden für ihn dadurch differenzierter und reicher, ändern sich aber durch eine bewußtere Wahrnehmung der sprachlichen Kunst nicht grundsätzlich. Dies sei an zwei weiteren Beispielen verdeutlicht (satisf. 161–166). insuper et Salomon, eadem muliere creatus  quae scelus ammisit, munus honoris habet: non fit Abessalon heres de coniuge natus,  sed sceleris fructus sceptra paterna tenet. ecce quid impendit patris clementia parcens  ut sibi regna daret, haec daret et suboli.

Dracontius stattet hier, wie er es häufiger tut, den parallelismus membrorum mit elaborierten Assonanzen aus. Innerhalb der ersten beiden Disticha korrespondieren die Satzsegmente insuper et Salomon und non fit Abessalon, muliere creatus und coniuge natus, quae scelus ammisit und sed sceleris fructus, munus honoris habet und sceptra paterna tenet phonetisch und semantisch ausgesprochen kunstvoll miteinander. Denn formale und inhaltliche Gestaltung gehen teils miteinander parallel, teils überlappen sie sich, etwa wenn scelus und sceleris an derselben Versposition im ersten und zweiten Pentameter beide auf den Ehebruch Davids mit Bathseba bezogen sind, gleichzeitig inhaltlich prägnantem coniunx (legitime Ehefrau) paraphrastisches eadem mulier quae scelus ammisit gegenübersteht und trotz der formal parallelen Struktur von erstem und zweitem Distichon drei Verse auf Salomon und nur einer auf Absalom verwendet sind.38 Auch wenn nur ein Teil der Reime, nur ein Teil der Antithesen und nur ein Teil der Wortwiederholungen, etwa das doppelte daret im letzten Vers, bei flüchtiger Lektüre auffallen sollten, wird das primäre Ziel aller hier anzutreffenden Stilmittel erreicht, nämlich die konträre Behandlung des illegitimen Sohns Salomon und des legitimen Sohns Absalom und die göttliche Gnade, die David und Salomon widerfährt, auch sprachlich herauszuarbeiten. Noch größere klangliche Komplexität entwickelt Dracontius zwanzig Verse später (satisf. 179–183): cuius ab imperio surgens et origine Caesar  Augustus meruit tempus habere pium. tempore namque eodem est natus de uirgine Christus,  cuius et emicuit stella per astra poli. dux princeps Romanus erat de principe Titus  …

Die Hexameterenden et origine Caesar / de uirgine Christus / de principe Titus assonieren im ersten Paar vor allem mit ihren Anfängen (origine C-, uirgine C-), im zweiten Paar stärker mit ihren Enden (-gine Christus / -cipe Titus), so dass ein gewisses Fortschreiten des Reimes erzeugt wird, das die fortschreitende Chronologie untermalt. Doch auch, wer diese Feinheit nicht hört, kann immer noch die exponierte Stellung der Eigennamen Caesar, Christus und Titus jeweils am Vers-

38 Zum Inhalt und den Vorbildern der Passage s. Comparelli 2004 (b), 142f.

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ende wahrnehmen und damit eine stilistisch massivere, inhaltlich aber identische Verdeutlichung der Kernaussage.39 Eine letzte Passage aus der ‘Satisfactio’ soll an die stilistischen Eigentümlichkeiten, die bei Dracontius allenthalben anzutreffen sind, abschließend erinnern. Der Dichter führt hier die Figur des Königs Nebukadnezar und die des Zacharias als Beispiel dafür an, dass Gott den Menschen nicht ewig zürnt (satisf. 31–52):40 Persarum regem Babylonae regna tenentem  post decus imperii quis neget esse bouem? et diademalem turparunt cornua frontem,  mugitus pecudis uerba fuere duci. agricolam timuit post Parthica regna bubulcum  summisitque pauens regia colla iugo; errauit per prata uagus mala gramina pastus  et qui homo bos fuerat de boue factus homo est. liquit et antistes senior41 pater ille Iohannis  elinguisque fuit uoce tacente silens. ast ego peccando regi dominoque deoque  peior sum factus deteriorque cane. uulnera uexati curat sua lingua molossi,  heu mea quippe mihi uulnera lingua dedit. sed qui restituit pecudis post membra tyrannum  ut fieret rediens ungula fissa manus, quique reformauit tacitae modulamina linguae  ne mutilante sono uerba ligata daret, ipse meo domino deus imperat atque iubebit  ut me restituat respiciatque pius, seruet, aui ut laudes dicam patriasque suasque  perque suas proles regia uota canam.

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Wir finden die Vorliebe für seltene Worte, z. B. in Vers 33 frons diademalis für die Stirn, die normalerweise von einem Diadem geziert wird.42 Wir finden vor allem die überbordende Freude an Lautspielen: In Vers 34 setzt sich das Muhen des mit Wahn geschlagenen Königs im ganzen Vers fort (mugitus pecudis uerba fuere duci), ja es reicht bis in den folgenden Vers zu bubulcum und noch bis summisit. Etwas Ähnliches passiert in den Versen 39 und 40. Hier finden sich nicht nur drei verschiedene Worte für die Tatsache, daß Zacharias vorübergehend stumm geworden ist, elinguis, tacens, silens, sondern auch eine Art Stammeln 39 Vgl. Comparelli 2004 (b), 144f. 40 Vgl. zur Passage den Kommentar von Comparelli 2003 (a), 130–141 mit Hinweisen auf die patristische Exegese und die klassischen Vorbilder neben Vergil. 41 Der Vers ist textkritisch schwierig. Die Lesarten liquit (dafür vorsichtig Vollmer und Comparelli) und linquit (dafür Moussy) sind gleich gut, vielleicht linquit zu bevorzugen; die besten Alternativen für das Wort zwischen antistes und pater sind die handschriftlich bezeugten senior (dafür Comparelli 2003 [a], 134–139; erneut begründend Comparelli 2006, 100–103) und senex; etwas schwächer Vollmers Konjektur serus (dafür Moussy) und – vom Versfluß her freilich ansprechendes – sancti (Speranza), vgl. ausführlich zum Vers Comparelli 2000. 42 Diademalis ist wohl eine Schöpfung des Dracontius, vgl. ThLL V,1 946,74–76 s. v. und Comparelli 2003 (a), 134. Das Wort noch Orest. 1,260 und 319.

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oder Lallen, liquit ille elinguis silens, das den Vorgang des Verstummens verstärkt.43 Unmittelbar davor schildert Dracontius übrigens die Rückverwandlung des Nebukadnezar in Anlehnung an die Metamorphose der Io bei Ovid (fast. 5,620), wo es heißt: quae bos ex homine est, ex boue facta dea, wobei sein et qui homo bos fuerat, de boue factus homo est fast noch ovidischer als das Original klingt. Die Freude an grammatischen Spielereien verrät sich in kleinen Details, wie in Vers 42, in dem die beiden Komparative, die sich zu malus bilden lassen, peior und deterior, in einem Vers vereinigt werden. Eine hohe Konzentration von Pleonasmen prägt etwa das Distichon Vers 49 bis 50 (imperare und iubere, respicere und restituere).44 Der ideale Leser, der all dies und die zahlreichen weiteren Feinheiten wahrnimmt, liest erneut zwar einen volleren, tiefer in der Tradition verankerten, geistreicheren Dracontius, aber keinen anderen. Letzten Endes hat dies seinen Grund darin, daß der Dichter seine Sprachkunst auf vielfältige Weise zur Intensivierung bzw. Abtönung der Aussagen einsetzt, aber nicht zur Erzeugung einer anderen Verständnisebene, die mehr oder weniger hermetisch gegenüber den Uneingeweihten abgeschlossen wäre. Zumindest in dieser Beziehung scheint Dracontius das Erbe des Alexandrinismus nicht fortgeführt zu haben. Man wird dies mit dem oft betonten rhetorischen Charakter des Stils des Dracontius verbinden müssen, geht es der Rhetorik doch in Sachen Sprache und Stil um Eindringlichkeit und Verstärkung, auch Verschönerung des Gesagten, aber nicht darum, subtil und leicht überhörbar etwas anderes als das Ausgesprochene zu meinen. Die starke Rhetorisierung ist nun aber, gleichgültig ob man zumindest einige Texte im engeren schulischen Kontext verortet oder nicht,45 ein generelles, im übrigen gut spätantikes Kennzeichen dieses Dichters, wie Wolff zusammenfassend konstatiert: „Pour ce qui est du style, les procédés sont souvent d’origine rhétorique: accumulation de substantifs juxtaposés, multiplication de synonymes, anaphores, antithèses, chiasmes, oxymores, homéotéleutes prenant parfois la forme de la rime, paronomases; la liberté dans l’ordre des mots est souvent déroutante pour le lecteur.“ 46 43 Einen vergleichbaren Fall erörtert Mauerhofer 2004 (wie Anm. 7), 331 für die Klage der Nymphen über den Tod des Hylas in Romul. 139b, der mehrfaches ei oder auch ein ‚e-legein‘ hören läßt: (tu noster iam sponsus) eris sine fine dierum. Onomatopoetisches findet sich auch sonst oft, z. B. das hübsche Grollen des Löwen Romul. 5,309 ingruere fremitusque dare procul ore cruento mit r-Häufung und v. a. dem doppelt kurzvokalischen -re in arsi. 44 Zur Textkonstitution Comparelli 2003 (a), 140, der das Hysteron proteron restituat respiciatque in V mit Kuijper gegen die normalisierende Lesart von F (post corr.) und P respiciat restituatque verteidigt. 45 Für die Verbindungslinien nicht nur der ‘Romulea’ mit dem spätantiken Schulbetrieb, seinen kanonischen Autoren und den aus ihm erwachsenden Gattungen vgl. nur De Gaetano 2009 passim. 46 Wolff 2015 (a), 224. Auf die evidente Rhetorisierung in allen Werken des Dichters wird regelmäßig hingewiesen, vgl. u.a. Moussy / Camus 1985, 83, Moussy 1988, 152–154, Bouquet 1996, 245–255 mit dem Nachweis der engen Verbindung von Romul. 4, 5 und 9 mit der deklamatorischen Ethopoiie und deren stilistischen Folgen (Expressivität, Pathos, Drastik, Häufigkeit direkter Rede; s. bes. S. 248–251), Kaufmann 2006 (a), 38–40, Luceri 2007, 52, De Gaetano 2009 und besonders eindringlich zuletzt Bisanti 2010 zum deklamatorischen Geprä-

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4. HERMETISCHE ZÜGE? Auf die Schwierigkeiten, die sich aus der Wortstellung ergeben sollen, ist zurückzukommen. Zuvor soll aber geprüft werden, ob es nicht doch Passagen gibt, in denen Dracontius feiner und weniger offensichtlich vorgeht, weniger orator und mehr poeta ist, und die daher dazu geeignet sind, Rezipientengruppen zu privilegieren oder auszuschließen. Die folgenden Beispiele sind dem ‘Raptus Helenae’, dem zweiten großen Epyllion der ‘Romulea’ entnommen. Bei Dracontius spielt sich die entscheidende Szene auf der Insel Zypern ab, wo sich die schöne Helena bereits anläßlich eines Venus-Festes befindet und wo Paris zufällig nach einem Schiffbruch angespült wird. Gleich nach der Ankunft sehen er und seine Freunde Vögel, insgesamt vier Arten, die in der Luft fliegen. Ein kundiger Augur, der zufällig zur Stelle ist, bemerkt gleich, daß es sich um ein prodigium oblativum handelt, und bietet seine Deutung an (Romul. 8,462–464): Te oblatiua petunt auium responsa uolantum: conubium spondent praefulgens ore decoro Idaliae uolucres

Im zweiten Satz muß conubium die Bedeutung von uxor haben, ein ziemlich seltener, aber belegbarer Gebrauch des Wortes.47 Ebenfalls eigenwillig erscheint spondere gebraucht. Denn prima facie ist man gezwungen, spondent wie promittunt oder pollicentur zu verstehen, also die Vögel Paris eine Verheißung geben zu lassen. Aber der Dichter will uns sicherlich ganz bewußt mithören lassen, daß die Vögel Paris eine sponsa versprechen – ein Spiel mit der Polysemie des Wortes. Hinzu kommt responsa im ersten Satz, in dem man ebenfalls bereits die sponsa anklingen hört. Durch conubium, spondere und responsa wird also dreimal in indirekter Form auf dasselbe hingewiesen: Paris soll wirklich eine Frau bekommen. Was verliert der Rezipient, dem das nicht auffällt? Inhaltlich nichts, denn von Ehe ist die Rede; ästhetisch die mögliche Freude an einer sprachlichen Subtilität.48

ge aller Werke mit gelegentlich recht negativer Bewertung des „stile che fa ricorso a tutte le risorse della retorica“ (201). Als Folgephänomen der Rhetorisierung des Stils und seiner Nähe zur Rhetorikausbildung ist das massive Eindringen juristischen Vokabulars zu bewerten, das zusätzlich von der Biographie des Autors begünstigt wurde (dazu Díaz de Bustamante 1978, 46–50). Vgl. Stella 1999, 442–443, Grillo 2000, 194; 197–200 zu einigen Fällen technischen Gebrauchs in Romul. 10, Santini 2002, der anhand von Romul. 8 drei verschiedene Formen der Verwendung von Rechtstermini feststellt (s. ebd. S. 295f.), und umfassend Santini 2006. 47 Vgl. dazu ausführlich den Kommentar von Katharina Pohl (im Erscheinen) zur Stelle. Zur sonst auch bei Dracontius üblichen Bedeutung „Ehe“ und ihrer juristischen Füllung vgl. Santini 2002, 290–292. 48 Wortspiele mittels Polysemie sind nicht selten und grenzen vereinzelt ans Zotige, vgl. Luceri 2007, 54 zum Spiel mit neruus in Romul. 7,40.

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Bevor Paris Troja verläßt, diskutiert er mit Priamus. Der alte König ist nicht damit einverstanden, daß sein ehrgeiziger Sohn ein Eroberer werden will und preist ihm die Vorteile eines friedlichen und ruhigen Lebens an (Romul. 8,223): nusquam bella paro, regnum sub pace guberno

Die versteckte Pointe, sei es als Scherz des Erzählers oder als Scherz des Priamus selbst, liegt hier im Wort guberno. Denn durch den Kontext gewinnt das ganz traditionelle und abgegriffene Bild vom Lenken des Staatsschiffs neue Prägnanz. Priamus, der von gubernare spricht, hat nämlich in der Realität des Epyllions noch nie ein Schiff bestiegen und dennoch Troja mit Erfolg gesteuert. Paris hingegen, der aufs hohe Meer hinausfahren will, um ein echter Held zu werden, und das auch in die Tat umsetzt, wird genau dadurch den Sturz Trojas verursachen. Auch hier handelt es sich um eine Art der Polysemie, insofern die konkrete und die metaphorische Bedeutung des Wortes aufgerufen werden. Für den, der sie nicht wahrnimmt, bleibt die Warnung des Vaters eindrücklich, indem die erste Hexameterhälfte deutlich genug den baldigen Ausbruch des Trojanischen Krieges ahnen läßt. Ein Husarenstück der Imitationskunst und Lautspielerei liefert Dracontius anläßlich der Einschiffung der Mannschaft. Romul. 8,381f.

conscendere ratem, subducitur ancora mordax, uela leuant nautae, proras a litore torquent

Verg. Aen. 3,532

uela legunt socii et proras ad litora torquent

Das vergilische Vorbild wird nicht nur so adaptiert, daß aus einer Beschreibung des Anlandens ein Ausdruck des Absegelns wird,49 sondern durch den minimalen Austausch von legunt gegen leuant kommt auch die Silbenfolge ue-la le-ua zustande, durch die Kasusverschiebung die Verstärkung der schon vergilischen Assonanz zu -tore torquent. Wer es überhört, kann immer noch die Vergil-Imitation bewundern. In den Versen 327 bis 329 wendet sich Polydamas im Zuge der Gesandtschaftsreise nach Amyklai an den König Telamon, der die Trojaner besiegt hatte: Romul. 8,327–329

Tunc Polydamas ait submissa uoce profatus: „Belliger armipotens, animarum iudicis heres, rex cui de nostris est gloria summa ruinis

Stat. Ach. 1,867

admotus lateri submissa uoce: quid haeres?

Falls man die ‘Achilleis’-Stelle als Prätext akzeptiert, wäre eine Aufspaltung des Vorbilds in die Segmente submissa uoce und haeres und im zweiten Fall eine Art phonetische Intertextualität denkbar, bei der heres mit haeres korrespondiert. Um

49 Zur dadurch entstehenden semantischen Härte s. den Kommentar von Katharina Pohl (im Erscheinen) zur Stelle. Vgl. auch Verg. Aen. 1,35 uela dabant laeti.

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eine solche Spielerei wahrzunehmen, ist eine außerordentlich gute Kenntnis des Statius nötig. Wem sie entgeht, dem entgeht ein Literatenscherz.50 In die gleiche Kategorie gehört das Gebet des Paris um gleichzeitige Liebesgewährung und Kriegsverhütung nach dem Vogelprodigium, in dem der Prätext kontrahiert wird: Romul. 8,470

tunc Paris ad caelum tendens cum lumine palmas

Verg. Aen. 2,405f.

ad caelum tendens ardentia lumina frustra, lumina, nam teneras arcebant incula palmas.

Jenseits des technischen Aspekts liegt die Pointe darin, dass Vergils Verse – nach der trojanischen Niederlage – gerade von Kassandra handeln, die bei Dracontius eingangs aufgetreten war, um verzweifelt, aber erfolglos vor Paris und dem drohenden Krieg zu warnen. Ein Rezipient, der den vergilischen Kontext nicht identifizieren kann, verliert die Kassandra-Anspielung und mit ihr die interne Klammer zum Gedichtanfang, dazu den intertextuellen Hinweis auf die Scheinheiligkeit des Paris als eines ganz anderen Beters. Dennoch wird er den Charakter der Figur, die das Prodigium mit evidentem Egoismus nur in seinen für sie persönlich positiven Aspekten akzeptieren will, für ebenso bedenklich halten, wie dies die intertextuelle Folie nahelegt. Paris ist im ‘Raptus Helenae’ eine schwache und beinahe lächerliche Figur, während Helena die Kontrolle über das Geschehen ausübt. Daher ist es schwierig, den Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem sie sich in Paris verliebt. Denn als sich die beiden zum ersten Mal gegenüberstehen, ist sie es schon. Bei der Lösung dieses Problems hilft das Akrostichon AMOR, das an den Versen 444 bis 447 nach zwei Dritteln des Gedichts entlangläuft. Das Akrostichon begleitet den ersten, noch indirekten Kontakt Helenas mit Paris (audit) und ihre erste Reaktion auf sein Eintreffen (iubet), die den Ehebruch in Gang setzen wird (Romul. 8,440–449): candida praeterea Iouis alitis Helena proles uenerat, absentem retinet dum Creta maritum. nuntia fama ducis totam repleuerat urbem, aduenisse Parin Troiano sanguine cretum. audit ‹ut› aduentum iuuenis Spartana decori, mox iubet et famuli ueniunt mandante Lacaena51: hospitio speratus eat; nam turpe uideri, regina praesente Paris ceu nauita uilis litus harenosum teneat. tunc hospes ad aulam peruolat Atridis socia comitante caterua.

Falls das Akrostichon graphisch hervorgehoben war, war es allgemein rezipierbar. Falls nicht, setzt sein Aufspüren Leser voraus, die bereit und fähig sind, nach Texten im Text zu suchen.52 50 Ähnliche Klangimitationen kommen auch sonst vor, vgl. zum nächsten zitierten Prätext Verg. Aen. 2,406 lumina, nam teneras arcebant … Romul. 8,473 numina mille tenens, artes … 51 Zwierlein 2017 (a) setzt et famuli … Lacaena in Klammern. 52 Weitere Akrosticha im ‘Raptus Helenae’ hat Katharina Pohl entdeckt: Romul. 8,61–65 Telestichon ERRAT, Romul. 8,655 CATUS (Wortanfänge des letzten Verses). Ähnlich wie Dra-

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Kehren wir noch einmal zur ‘Satisfactio’ zurück. Dracontius bemüht sich, König Gunthamund zu zeigen, daß es nirgendwo unveränderliche Zustände gibt. Sogar die Natur biete Beispiele für ständige Veränderung, und genau deshalb wäre auch eine Veränderung der Einstellung des Königs gegenüber Dracontius, sprich seine Freilassung aus dem Gefängnis, nur natürlich. Die stilistischen Besonderheiten der Passage, von denen einige wenige im Druck hervorgehoben sind (Spiel mit crescere, minuere und tempus; phonetische Spielerei in Vers 256), und die freie Variation über dem „Alles hat seine Zeit“ des Predigers Salomo dürften von selbst ins Auge fallen.53 Hier sei auf ein weiteres Akrostichon aufmerksam gemacht (satisf. 233–264): Nouimus astra poli confectos perdere cursus  transactasque simul sic repetisse uias. Tempore luna suo crescit uel deficit orbe,  cuius ad aetatem plurima lege notant. Nam luna crescente fretum crementa resumit,  qua minuente polis est minor unda maris. Cynthia dum crescit, fontes et flumina crescunt,  haec eadem minuunt, Cynthia dum minuit. Ipsa medulla latens obseruat cornua lunae,  obseruant lunae tecta cerebra globos. Sol oculus caeli radians fuscatur ab umbra  et tamen ad solitas itque reditque plagas, ac recipit facies priscas lucesque resumit.  Damna uel augmentum dant quae elementa ferunt. Alternant elementa uices et tempora mutant,  tempus habent noctes, tempus et ipse dies; accipiunt augmenta dies noctesque uicissim  ac minuunt cursus perpete lege poli. Tempora sunt florum, retinet sua tempora messis,  tempus et autumnum, tempus habet hiemes. Ver aestas autumnus hiems (redit annus in annum)  quattuor alternant tempora temporibus. Omnia cum redeant, homini sua non redit aetas,  sed uelut acris auis sic fugitiua uolat. Tempora sunt pacis uel tempora certa cruoris,  otia tempus habent militiaeque labor. Tempora gaudendi, sunt tempora certa dolendi,  tempora dant lucrum, tempora damna ferunt. Nubila tempus habent et tempora certa serenum.  Tempora seruare iussit et ipse Deus. Horam quaesiuit faciens miracula Christus;  horam sperauit passio sancta54 crucis.

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contius AMOR hat z.B. Vergil MARS zu Aen. 7,601–604 gesetzt als Markierung einer entscheidenden Etappe der Handlung, hier des Übergangs zu den Kriegshandlungen, s. Denis C. Feeney / Damien P. Nelis: Two Virgilian acrostics: certissima signa?, CQ N.S. 55(2), 2005, 644–646. 53 Zum Inhaltlichen vgl. Comparelli 2005, 125–127. 54 Comparelli 2005 schreibt sanctae crucis, wohl ein Tippfehler.

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An den Anfängen der Verse, die die Phasen des Mondes beschreiben, der regelmäßig zunimmt und abnimmt und dadurch die gesamte Natur beeinflußt, ist, ausgehend von dem Wort Cynthia in Vers 239, CHIOS lesen. Es dürfte sich nicht um ein Zufallsakrostichon handeln. Denn die Stelle ist durch die gelehrte Umschreibung des Mondes mit dem kultischen Epithet der Artemis Cynthia stark markiert, da Dracontius in der ‘Satisfactio’ sonst strengstens darauf verzichtet hat, pagane Mythen zu erwähnen oder auch nur auf sie anzuspielen, sondern stattdessen biblische Episoden als Exempla heranzieht. In der ganzen ‘Satisfactio’ treten nur biblische Namen und historische Namen vandalischer Könige und römischer Kaiser auf. Sogar dort, wo die dichterische Formelsprache Götternamen und Mythologeme nahelegt, verzichtet Dracontius auf die üblichen gelehrten Paraphrasen.55 Zudem sind in der Dichtung nach Arat die Passagen, in denen das Wesen des Mondes beschrieben wird, generell häufig mit Akrosticha versehen. In der Nachfolge von Arats LEPTE (Phainom. 1,783–787), das mit dem homerischen Zufallsakrostichon LEUKE in Verbindung steht und die leptotes seiner alexandrinische Dichtkunst von Homer abgrenzen soll, hat sich eine fruchtbare Tradition von Mond-Akrosticha bei den lateinischen Dichtern gebildet, wobei in den zugehörigen Versen regelmäßig der Name oder ein Beiname der Mondgöttin genannt wird, von der besonderen physischen Natur des Mondes gesprochen wird, die akrostichische Passage genau 5 Verse umfaßt und alle Akrosticha etwas mit dem Autor, oft seinem poetischen Programm zu tun haben. Dazu gehören CANES mit Diana bei Ovid (met. 15,194–198), ASCRA mit uirgo und Diana bei Grattius (Cyn. 494–498), SAETA mit Delia bei Manilius (astron. 2,93–97) und ARATeA mit Phoebe bei Silius Italicus (Pun. 15,559–563).56 Was meint CHIOS? Vielleicht die Insel, die sich rühmte, der Geburtsort Homers zu sein, der einer der (programmatischen) Fixsterne des Dracontius ist. In 55 Zu den historischen Namen sind die von Ansila besiegten Mauri satisf. 214 und der von ungenannten Vorfahren des Königs begnadigte Vincomalos satisf. 302 hinzuzunehmen. Nach dem Index bei Moussy / Camus 1988 treten abgesehen davon nur noch zur Bezeichnung von Himmelskörpern Lucifer und Sirius satisf. 88 sowie Sol/sol satisf. 3. 81–86. 243 ohne mythologischen Nebensinn auf. Als einzige poetische Periphrase, deren Götterbezug allerdings vielleicht nicht mehr stark wahrgenommen wurde, erlaubt sich Dracontius certamina Martis horrida satisf. 207f. und Martia tela satisf. 226. 56 Vgl. Gregor Damschen: Das lateinische Akrostichon. Neue Funde bei Ovid sowie Vergil, Grattius, Manilius und Silius Italicus, Philologus 148, 2004, 88–115. Arat erweist sich immer stärker als der entscheidende Impulsgeber für den Einsatz von Akrosticha bei den Dichtern, die in seiner Nachfolge stehen, vgl. M. Haslam: Hidden Signs: Aratus’ Diosemeiai 46ff., Vergil Georgics 1.424ff., HSCPh 94, 1992, 199–204; Jerzy Danielewicz: Further Hellenistic acrostics: Aratus and others, Mnemosyne 58 (3), 2005, 321–334; Florian Hurka: Ein Akrostichon in Ciceros Aratea (vv. 317–320), WJA 30, 2006, 87–91, Cristiano Castelletti: Nel solco di Arato: lasciare il segno scrivendo con le stelle. Esempi da Apollonio, Virgilio, Valerio Flacco e Stazio, in: Fabio Guidetti (Hrsgg.): Poesia delle stelle tra antichità e medioevo, Pisa 2013, 231–262. Eine Bestandsaufnahme der zuletzt intensivierten Diskussion über die lateinischen Akrosticha fehlt. Daß Dracontius die gelehrte Tradition astronomischer Dichtung kennt, zeigt ein Passus wie Romul. 10,396–430, gerade im ersten Teil ein veritabler Hymnus an die Mondgöttin einschließlich astronomischen Fachvokabulars, s. Grillo 2000, 200.

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Kombination mit Artemis-Cynthia ruft Chios vor allem eine mythologische Assoziation auf, nämlich die Erzählung von Oinopion, Orion und dem Skorpion. Der Mythos hat zahlreiche Varianten. Bei Arat wird der gewaltige Jäger Orion seiner Schutzgottheit und guten Freundin Artemis untreu, als er sich in Merope, die Tochter des Königs Oinopion von Chios verliebt. Für Merope säubert er die ganze Insel von wilden Tieren, bis Artemis den Skorpion schickt, der Orion tötet. Als er bestraft ist, reut es Artemis und sie versetzt Orion an den Himmel unter die Sterne (Arat, Phainom. 634–646). Übertragen wir diesen Mythos versuchsweise auf die Situation des Dichters. Dracontius hat einen fremden Fürsten, den ominösen ignotus dominus, gelobt, er ist seinem König untreu geworden. Daraufhin ist er von seiner Schutzgottheit, König Gunthamund, bestraft worden. Während und indem er die ‘Satisfactio’ verfaßt, zählt er auf eine Änderung des Verhaltens nach der Bestrafung und hofft auf eine Begnadigung, nachdem er seinen Fehler gebüßt hat. Während der Trägertext der ‘Satisfactio’ an der Stelle ganz in biblischen Bahnen argumentiert, könnte die Anspielung auf den Orion-Mythos, der sich auf der Insel Chios abspielt, die Bitte des Dichters um Begnadigung in traditioneller mythologischer Symbolsprache unterstützen: Wie Artemis auf Chios, soll Gunthamund nicht ewig zürnen, sondern Dracontius eine möglichst strahlende Zukunft, ein zweites Leben, einen neuen Zyklus ermöglichen. Wie dem auch sei, die Enträtselung des Akrostichons dürfte selbst bei graphischer Auszeichnung für die meisten Zeitgenossen nicht ganz einfach gewesen sein. Dracontius hat es, sollte es beabsichtigt sein, wohl eher für die res publica litteratorum und sich selbst gedacht, als Versuch die gelehrte Tradition der lunaren Akrosticha fortzuschreiben und dem alten Spiel mit dem Mond und den Buchstaben eine weitere Variante hinzuzufügen. 5. EIN BEDINGTES IDENTITÄTSANGEBOT Selbst die zuletzt besprochene Stelle, die für Elitarismus und Exklusivität der intendierten Leserschaft sprechen könnte, ist aber, da auch sie keinen neuen Sinn stiftet, sondern die deutlichst formulierte Textaussage nur verstärkt und ergänzt, bestenfalls dazu geeignet, einer Teilleserschaft zusätzliches intellektuelles Vergnügen zu verschaffen, ohne diese entscheidend zu privilegieren. Es scheint so, als habe Dracontius – innerhalb der Grenzen, die der Rezeption seiner Werke durch die Wahl des Lateinischen in einer Form, die in der Schule als Bildungssprache erworben werden mußte, grundsätzlich gezogen sind, – seine Dichtung in puncto sprachlich-stilistische Gestaltung offen für verschiedene Leserniveaus halten wollen. Wir hätten es mithin mit einem Konzept der Integration zu tun, das in sich breite und gestaffelte Verstehensmöglichkeiten für alle Angehörigen traditioneller Latinitas (nicht zwingend Romanitas!) enthält und dessen entscheidende Grenze gewissermaßen tief, hier aber scharf und kompromißlos gegenüber allen verläuft, die eben nicht über eine solide lateinische Schulbildung verfügen oder sich ihr verweigern.

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Gegen dieses Modell könnte nun die Schwierigkeit des Dracontius sprechen, die noch fast alle Interpreten empfunden haben: „Il demeure que plusieurs passages de son œuvre, soit pour l’établissement du texte soit pour le sens, n’ont pas reçu pour le moment de solution satisfaisante, ce qui s’explique à la fois par la difficulté de sa langue et de son style et par l’existence, pour les Romulea en tout cas, d’un seul manuscrit.“57

Wenn Dracontius schwierig ist, worin liegt seine Schwierigkeit und von welcher Art ist sie? Im Bereich der Lexik wird man sie nicht lokalisieren können: Seine Neologismen sind ganz überwiegend selbsterklärend (discipulare, dominanter, flammipotens, maculabilis, orbatrix, somniger, undifluus …); der häufige Ersatz von Simplicia durch Composita und umgekehrt ergibt wohl gelegentlich einen Verfremdungseffekt, führt aber nicht zur Unverständlichkeit; die Poetismen sind integraler Bestandteil der Bildungssprache; die spätlateinischen Erscheinungen wie Abstracta statt Concreta sind für die Zeitgenossen gerade geläufig. Auch im Bereich der Grammatik und Syntax wird man kaum fündig: Der exzessiv freie Tempusgebrauch läßt vielleicht manchmal stutzen, ist aber nie direkt sinnwidrig; dasselbe gilt für einzelne Eigenwilligkeiten bei den Modi und die nicht seltenen Constructiones ad sensum; der freie Gebrauch der Präpositionen wird den Zeitgenossen als moderner Zug kaum aufgefallen sein; die Konstruktionsmischungen stören allenfalls Puristen, aber nicht das Verständnis; gegenüber der generellen Abundanz fallen schließlich die seltenen Verdichtungen und Verknappungen durch Ellipsen, also gesuchte obscuritas, kaum ins Gewicht. Auch die absolute Satzlänge ist nicht haftbar zu machen. Selbst für die ‘Laudes Dei’, in denen sie im Vergleich zu den anderen Werken mit durchschnittlich 2 bis 4, teils auch 7 und mehr Versen am größten ist, betont Moussy die klare Satzgliederung: „la structure de ces longues phrases est habituellement assez lâche, surtout dans celles où se rencontrent de longues séries d’accumulations, mais Dracontius sait souligner les pauses syntaxiques à l’aide de divers procédés rhétoriques, en particulier dans les passages en style hymnique.“58

Als letzte, wesentliche und unisono betonte Schwierigkeit bleibt die Freiheit bei der dispositio verborum, der laufende Verstoß gegen die usuelle Wortstellung und gegen ihre übliche poetische Variation (Hyperbata sind sogar eher selten), die immer wieder zum langsamen Zusammensuchen der Worte im Vers zwingt, etwa wenn Subjunktionen und Relativpronomina weit nach hinten in den Satz gezogen werden. Das macht die Lektüre, da oft größere Wortgruppen überblickt werden müssen, bevor sich der syntaktische Zusammenhang erfassen läßt, zu einer ständigen Konzentrationsübung. Im Einzelnen hat diese freie Wortstellung verschiedene Gründe wie die Elisions- und Hiatvermeidung, die Erzeugung von Assonanzen, das Zusammenstellen antithetischer oder wurzelverwandter Begriffe im Vers. Sie erweist sich so als wesentliches Instrument des Dichters, sein stilistisches Wollen umzusetzen, führt aber gleichzeitig zur längeren, teils vollständigen Inde57 Wolff 2015 (b), 376. 58 Moussy / Camus 1985, 82.

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termination einzelner Worte im Akt des Lesens und ruft daher zweifellos zu Recht das Empfinden gesteigerter Schwierigkeit hervor. Das vorgeschlagene Modell der Leserintegration ist daher zu präzisieren: Dracontius privilegiert mit seiner sprachlich-stilistischen Gestaltung – nicht in allen Werken in der gleichen Intensität, aber insgesamt deutlich – einen rezeptivanalytischen Rezeptionsmodus gegenüber einem unmittelbar-naiven. Damit bedient er gerade den Modus, der durch den kaiserzeitlichen Bildungsbetrieb jahrhundertelang sanktioniert war und der zur Identitätsstiftung und –vergewisserung der Elite diente. Daß er für dieses traditionell exklusive Literaturmodell die Zugangsschwelle absenkt, ohne sich auf Abstriche beim künstlerischen Anspruch einzulassen, zeigt seine Kunst.

KOMIK IN DEN DICHTUNGEN DES DRACONTIUS Katharina Pohl ABSTRACT Der Beitrag beleuchtet die komischen Elemente, die sich in den Dichtungen des Dracontius finden. Dabei werden exemplarisch die Figur des Paris im ‘Raptus Helenae’ (Romul. 8) sowie Stellen aus dem ‘Hylas’ (Romul. 2) besprochen. Es zeigt sich, daß der Dichter die Komik als Gestaltungsmittel einsetzt, um seine Darstellungen der Mythen innovativ zu modellieren und ihnen eine besondere Note zu geben, die möglicherweise einen Zugang zu den Dichtungen erleichtern soll. Die grundsätzliche Ernsthaftigkeit der Themen, wie etwa der drohende trojanische Krieg in Romul. 8, wird dabei nicht angetastet.

Die Epyllia des Dracontius wurden bereits unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet und nach unterschiedlichen Richtungen hin interpretiert: Es wurden moralisierende Aspekte gefunden, man machte Elemente der Götter- und Mythenkritik aus, betonte christliche Elemente in den Gedichten und entdeckte politische Aussagen.1 Recht selten hingegen sind bisher Beobachtungen geäußert worden, die die komischen Elemente in den Gedichten betreffen.2 So wurde entsprechend bisher auch noch nicht ausdrücklich von Komik als Gestaltungselement der Gedichte des Dracontius gesprochen. Das Potenzial dieses Ansatzes gilt es daher auszuschöpfen, weil er auch den Blick auf den „Sitz des Lebens“ der Gedichte und das vorstellbare Ziel und Publikum des Dracontius erweitern kann. Der folgende Beitrag will Anregung und Experiment sein, diesen bisher nicht ausreichend berücksichtigten Aspekt innerhalb des dracontianischen Werkes an Beispielen aus Romul. 8 und Romul. 2 zu untersuchen.

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Bisher haben sich etwa für Romul. 8, ausgehend von der Äußerung meliore uia im Prooem, besonders Provana 1912, 64ff., Bertini 1974, 90 und Romano 1959, 34ff. (zumindest im Prooem) für eine moralische Lesart entschieden. Vgl. auch Gualandri 1974, 886. Neuerdings auch wieder Bisanti 2010, 206f. und Cichoń 2016 (Dracontius wird von ihr als „christian moralist“ bezeichnet). Von purer Moral spricht van Zyl Smit 2003 mit Blick auf die ‘Medea’, in der Klein 2001 christliche Elemente findet. In eine ähnliche Richtung geht auch Bright 1987, 43; 83 sowohl bei der ‘Medea’ als auch beim ‘Hylas’. Scaffai 1995, 317–329 hält eine christliche Bearbeitung des Mythos in Romul. 9 für möglich. Vgl. etwa Weber 1995, 183; 197, Bretzigheimer 2010, 388; 390.

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1. BEGRIFFSBESTIMMUNGEN3 Die Definition des Konzeptes ‘Komik’ sträubt sich bis heute gegen eine einhellig anerkannte Form; so sind auch Stimmen laut geworden, die ein Ende der stetig neuen Versuche fordern, weil sie Komik für undefinierbar und theoretisch nicht faßbar halten.4 Ein Grund dafür ist die Erkenntnis, daß es sich bei dem Empfinden von Komik um ein persönliches, subjektives handelt. Doch enthält Komik, wenn sie als Eigenschaft von Gegenständen, als Phänomen, das Lachen oder Schmunzeln erregt und zur Erheiterung führt, verstanden wird,5 ebenso eine objektive Seite.6 Seit Platon7 und Aristoteles8 wurden objektive, anthropologisch begründete Standardmerkmale der Komik beschrieben, die allgemeine Gültigkeit besitzen. Gäbe es sie nicht, hätten wir keine Möglichkeit, Komik der Antike auch nur im Ansatz nachvollziehen zu können. Sie lassen sich am ehesten mit der sogenannten ‘Inkongruenztheorie’ greifen.9 Der wichtigste objektive Auslöser von Komik ist die Nichterfüllung einer Erwartung, also eine Inkongruenz, ein Kontrast zwischen Erwartung und abweichender Erfüllung. Natürlicherweise führt nicht jede Inkongruenz zu Erheiterung, sie muß auch eine Anomalie aufweisen, etwas, das der Leser oder Betrachter so auf keinen Fall erwarten würde (also z. B. wenn die Statue einer berühmten Persönlichkeit eine Nikolausmütze ziert). Komisch wirken die Anomalien, da ihnen im Moment der Wahrnehmung automatisch das eigentlich Normale gegenübergestellt wird. In Texten kann dieses Kriterium sowohl auf sprachlicher Ebene, z. B. durch Oxymora, als auch auf der Ereignisebene, also als eine Art Situationskomik geschehen. In der Bewertung von Anomalien ist jedoch ein jeder auf sein eigenes subjektives Empfinden angewiesen.10 Abhängig vom jeweiligen kulturellen Umfeld, Zeitepochen, Lebenslagen und Erfahrungen bestimmt eine jede Gesellschaft, 3

Dieser Abschnitt stützt sich zu einem großen Teil auf die Darstellung bei Martin Amann: Komik in den Tristien Ovids, Basel 2006, 9–43. 4 Vgl. aus der Fülle der Publikationen zum Thema etwa Gabriella Eichinger Ferro-Luzzi: Tamil Jokes and the Polythetic-Prototype Approach to Humor, Humor, 3. Jg., 2, 1990, 147–158, hier 153; Tom Kindt: Literatur und Komik. Zur Theorie literarischer Komik und zur deutschen Komödie im 18. Jahrhundert, Berlin 2011, 1f., Beatrix Müller-Kampel: Komik und das Komische: Kriterien und Kategorien, LiTheS 7, 2012, 5–39, Tom Kindt: Komik, in: Uwe Wirth (Hrsg.): Komik. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2017, 2–6. 5 Kindt 2011, 2 (wie Anm. 2). 6 Für Kritik an der Vorstellung einer Objektivierbarkeit von Komik hervorrufenden Konstanten vgl. u. a. Daniel Smutek: idem sacra cano – Komik und Mehrdeutigkeit in Ovids Fasti, Hamburg 2015, 27ff. 7 Philebos 48–50 und Politeia 3,388e. 8 Vgl. besonders den Tractatus Coislianus und Rhet. 3,1412a. S. auch Cic. de or. 2,289 (Amann 2006, 42f. [wie Anm. 3]) 9 Vgl. besonders Kindt 2011, 59ff. (wie Anm. 4). Für Kritik an der Inkongruenz als alleinigem Kriterium für Komik s. z. B. Müller-Kampel 2012, 11–13 (wie Anm. 4). 10 Zum Begriff der „Fallhöhe“ in diesem Zusammenhang s. Müller-Kampel 2012, 14–17 (wie Anm. 4).

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Gruppe und ein jeder selbst, was für ihn ‘normal’ respektive ‘nicht-normal’ ist. D. h. also auch, daß die Wahrnehmung dieser Anomalie, die für das Entstehen einer komischen Wirkung nötig ist, innerhalb des objektiven Bereichs von subjektiven Faktoren abhängig ist. Mag auch die Inkongruenz als technisches Instrumentarium zur Beschreibung der Komik als Eigenschaft von Gegenständen gut geeignet sein, so reicht sie doch nicht aus – ihr fehlt die Trennschärfe, um die Komik von anderen inkongruenten Typen zu unterscheiden.11 Ein Zusammenspiel ist nötig zwischen den eher objektiven und den eher subjektiven Kriterien, die ihrerseits versuchsweise in den Theorien zur Überlegenheit und zur Entlastung zu fassen versucht werden.12 Sie sind jeweils Teil der emotionalen Distanz, die als Voraussetzung für das Empfinden von Komik erfüllt sein muß. Hierbei handelt es sich um Distanz von den Personen, Distanz von den Situationen. Nähe, tiefe innere Anteilnahme und mögliche Identifikation mit Personen oder Situationen verhindern, das Komische zu empfinden, weil der Rezipient das Gefühl von Unbehagen oder Mitleid nicht loswerden kann. Herauskristallisiert haben sich zudem noch zwei fakultative Voraussetzungen, welche die Wahrnehmung von Komik erleichtern: Dies ist zum einen eine komikbegünstigende Stimmung, sei es durch die eigene Lebensgrundhaltung, sei es durch eine geeignete Einleitung und Vorbereitung (wie den Anfangsworten eines Witzes, wie „Kennst du den …“ o. ä.). Zum anderen kann plötzliches und überraschendes Auftreten einer komischen Pointe die Wirkung unterstützen. Kurz seien noch zwei besonders wichtige Mechanismen benannt, mit denen die für die Wahrnehmung der Komik nötigen Inkongruenzen erreicht werden können.13 Zunächst ist dabei die Ironie zu nennen. Im Folgenden sollen darunter die beiden von Cicero definierten Modi, die inversio (der gegenteilige Ausdruck des Gemeinten, Cic. de or. 2,261) und die dissimulatio (die Verstellung, Cic. de or. 2,269), verstanden werden.14 Für die folgenden Beobachtungen noch wichtiger dürfte die Parodie sein, wobei in unseren Betrachtungen darunter kein ganzes literarisches Werk verstanden werden soll (wie etwa die parodistische Nachahmung eines homerischen Heldenepos in der ‘Batrachomyomachia’), sondern eine „spezifische literarische Schreibweise“, die „intertextuell auf eine Vorlage bezogen“ ist und komisch wirkt.15 Die Parodie bedient sich der imitatio und erzeugt gegenüber ihrer Vorlage (sei es ein Stil, sei es eine Gattung, sei es eine typische Figur) eine komische Inkongruenz.16 Gelegentlich kann diese komische Inkongruenz sich auch aus einem ironischen Umgang mit dem imitierten Modell ergeben. 11 Müller-Kampel 2012, 13 (wie Anm. 4). 12 Kindt 2017, 3f. (wie Anm. 4). 13 Uwe Wirth: Parodie, in: ders. (Hrsg.): Komik. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2017, 26–30, hier 26. 14 Uwe Wirth: Ironie, in: ders. (Hrsg.): Komik. Ein interdisziplinäres Handbuch, Stuttgart 2017, 17–21, hier 16f.; Ernst Behler: Ironie. Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. von Gert Ueding, Band 4, 599–624, hier 603–606. 15 Peter Stocker: Parodie. Historisches Wörterbuch der Rhetorik, hrsg. von Gert Ueding, Band 6, 637–649, hier 637; Wirth 2017, 26 (wie Anm. 13). 16 Wirth 2017, 640 (wie Anm. 13).

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Diese theoretischen Überlegungen sollen den folgenden Ausführungen als Grundlage dienen, um die Anlage und Funktion komischer Elemente in den Gedichten des Dracontius aufzuspüren. 2. AUSGEWÄHLTE KOMISCHE ELEMENTE IM ‘RAPTUS HELENAE’ (ROMUL. 8)17 Das vielleicht epischste unter den Epyllia des Dracontius handelt vom Raub der Helena, der allerdings – was stets bemerkt wurde und einen großen Teil der Komik des Gedichts ausmacht – im Laufe der Ereignisse eher zufällig geschieht. Nach seiner Aufnahme in Troja sinnt Paris auf große Taten, rüstet Schiffe aus und plant kriegerische Unternehmungen. Sein Vater hält ihn mit Verweis auf seine stets friedliche Regierungszeit davon ab (223–229) und schickt ihn stattdessen mit einer Gesandtschaft (bestehend aus Antenor, Polydamas und Aeneas) nach Salamis, um seine Schwester Hesione zurückzuholen. Hesione war nach der Zerstörung Trojas durch Herkules dem Telamon als Gefangene übergeben worden. Als die Gesandtschaft auf Salamis eintrifft und Hesione zurückfordert, erfährt sie, daß die frühere Gefangene nun die rechtmäßige Ehefrau Telamons geworden ist und zudem Mutter des gemeinsamen Sohnes Aiax. Nach der längeren spannungsgeladenen Unterhaltung reist die Gesandtschaft schließlich friedlich wieder ab (213– 384). Während der Rückreise zu Wasser trennt ein Seesturm (385–434) Paris von den übrigen Gesandten und spült ihn und sein Schiff am Strand von Zypern an. Auf der Insel findet gerade eine Feierlichkeit anläßlich des Geburtstagsfestes der Venus statt, zu der auch Helena angereist ist. So ereignet sich das Treffen zwischen Helena und Paris, und damit die Situation, in der nach der traditionellen Mythenversion der Priamussohn die Helena rauben sollte, zufällig. Diese von Dracontius abgewandelte Darstellung der Geschichte läßt diese Szene zu einer Schlüsselstelle für die Beobachtung des komischen Potenzials in der Figur des Paris werden, die im ganzen Epyllion besonders durch die Situationskomik und Parodie eines epischen Helden auffällt. Nach dem zufälligen Treffen der beiden während des Venusfests auf Zypern verlieben sich Paris und Helena ineinander.18 Den Ausschlag für eine gemeinsame Zukunft gibt dann aber nicht Paris, sondern Helena. Sie selbst sagt pariter tua regna petamus, / sis mihi tu coniunx et sim tibi dignior uxor (533f.) und gibt damit letztlich den Anstoß zu ihrem eigenen Raub. Daß Paris der schönen Frau grundsätzlich nicht abgeneigt war, wurde in seinen Worten zuvor durchaus klar (er schmäht ihren Ehemann, er bewundert ihre Schönheit und setzt ein mit si talis erit, quam forte merebor … 516ff.), aber er bleibt inaktiv. 17 Für diesen Beitrag wurde die Reihenfolge des Erkenntnisprozesses beibehalten, so daß die Beobachtungen zu Romul. 8 vor denen zu Romul 2 angesiedelt sind. 18 Möglicherweise verlieben sie sich auch bereits vorher, als sie nur voneinander hörten, ineinander (Zwierlein 2017 [b], 113–117). Zu Einzelheiten und den Schwierigkeiten in der Ereignisfolge s. auch meinen im Erscheinen begriffenen Kommentar z. St.

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Nach der Rede der Helena machen sich beide auf in Richtung Küste, um ihr Schiff zu besteigen und nach Troja zu segeln. In diesem Moment bemerkt Paris eine Gruppe von Verfolgern, die ihnen nachstellen und sie zurückholen und den Raub nicht zulassen wollen (541–543). Paris vergeht daraufhin vor Angst und bricht in eine Klagerede aus, die mit einem erschrockenen occidimus (545) beginnt. In sich und im Verhältnis zu der folgenden Äußerung wirkt die Einleitung der kurzen Rede tunc Paris alloquitur comitantem praedo rapinam (544) zweifellos komisch. Zum einen fällt das Prädikat alloquitur auf, da es bei Dracontius gewöhnlich eher einen parainetischen Redetyp, oder zumindest einen, bei dem das Kräfteverhältnis von Sprecher und Adressat umgekehrt ist, vorbereitet, der hier gerade nicht folgt.19 Zum anderen erfährt Helena an dieser Stelle durch das Oxymoron comitans rapina eine pointiert-komische Charakterisierung, die ihr bisheriges Verhalten in der Szene des Raubes zusammenfasst. Das Bild der comitans rapina wird im Folgenden sogar noch gesteigert. Denn die Spartanerin reagiert äußerst ungehalten auf den Angstschrei ihres Geliebten: Mit iuuenis spricht sie ihn an, quid nostra retardas / pectora colloquiis? (551f.). Sie befiehlt, er solle handeln und seinen Dienern sagen, sie sollen die Verfolger aufhalten (552–55520). In dieser Situation wird ganz deutlich, wie die eigentlich geraubte Frau das Heft in der Hand hält. Der Befehlston in ihrer Rede geht erheblich über die in comitans rapina ausgedrückte Freiwilligkeit hinaus. Demgegenüber wirkt der eigentliche Protagonist des Raubes kaum (anti-)heldenhaft. Das folgende uolens rapitur in der Redeausleitung sic effata uolens rapitur per colla tyranni (556) ist ähnlich wie oben comitans rapina gestaltet. Oxymoronartig wird die Freiwilligkeit, ja mehr noch, der eigentliche Antrieb – ‘willentlich, wollend’ – für den dennoch (komischerweise) so genannten „Raub“ (rapitur) präsentiert. Daß Paris die schönste aller Frauen schließlich tatsächlich auf die Schultern nimmt und trägt, ist inhaltlich die einzige Rechtfertigung dafür, von einem Raub zu sprechen.

19 So findet sich bei Dracontius die Redeeinleitung alloquitur etwa Romul. 2,117 vor einer Rede, in der Clymene sich und die übrigen in Hylas verliebten Nymphen ermutigt, den schönen Jüngling zu rauben, und diesen Plan mit verschiedenen Exempla rechtfertigt (117–122). In Romul. 2,132–139 versucht Deiopea in einer mit alloquitur puerum vorbereiteten Rede, den in die Fluten gezogenen, ängstlichen Hylas zu beruhigen und zu trösten (für alloqui als Terminus der Trostredeeinleitung s. ThLL I 1696,70ff.). Romul. 8,220 verwendet Dracontius alloquitur, um eine sehr dezidierte Äußerung des Priamus einzuleiten, der seinen Sohn davon abhalten möchte, einen Krieg zu beginnen. Weniger prägnant ist der Gebrauch des Wortes vor einer Rede der Iuno (Romul. 10,52), in der die besorgte Iuno vor Venus für Jason bittet. Aber auch diese Äußerungen sind nicht als Klage, sondern als sehr bestimmte Bitte zu verstehen (für diese Rede im Sinne eines Gebets s. Kaufmann 2006 [a], 149; für alloqui als Terminus der Gebetseinleitung s. ThLL I 1696,42ff.). 20 Für den schwierigen Vers s. Zwierlein 2017 [b], 119–121 und meinen im Erscheinen begriffenen Kommentar z. St.

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Mit einem Blick auf das danach folgende Gleichnis vom Raub der Europa durch Jupiter kann der bis jetzt gewonnene Eindruck bestätigt und um einige Aspekte erweitert werden (Romul. 8,556–567)21: Der ohnmächtige und unfähige Paris wird im Gleichnis mit dem mächtigen olympischen Gott Jupiter parallelisiert. In diesem Fall darf man die Ursache der komischen Wirkung im ironischen Kontrast zwischen diesen beiden einander so unähnlichen Personen suchen: Unter dem Eindruck eines sehr schwächlichen Paris, der vor Todesangst fast vergeht, dann doch auf Drängen der Helena dieselbe schultert und zum Strand läuft, wird der Leser mit einem der berühmtesten Fraueneroberungszüge Jupiters konfrontiert. Dessen Göttlichkeit stellt der Dichter durch eine entsprechende Wortwahl besonders heraus: iuuencus deus (557f.), Iuppiter ipse (558), Olympiacus (559), fulmineus (560), caelestis (561). Der Gott ist zudem ausdrücklich sehr erfreut über die Last, die auf seinem Rücken ruht (561); seine Kraft wird durch sie in keiner Hinsicht geschwächt. Einen ganz anderen Eindruck gewinnt man dagegen von Paris, bei dem sich die explizite Freude Jupiters über die Last auf dem Rücken höchstens am Rande in gratum onus (565) widerspiegelt, die jedoch ganz und gar von der völligen Erschöpfung des Protagonisten überstrahlt wird (exhaustus, lassus 564). Jupiter wird mit seinem Namen samt göttlicher Eigenschaften genannt, Paris hingegen erhält die wenig rühmliche Bezeichnung raptor turbatus (563). Der direkte Vergleich zwischen Jupiter und Paris, der den Trojaner so erbärmlich-komisch erscheinen läßt, erfährt vor dem Hintergrund, daß dieser Helena gegenüber auf seine Abstammung von Jupiter großen Wert legt (528f.), noch eine Steigerung. Dracontius nutzt für den komischen Effekt an dieser Stelle aber nicht nur die Ebene seines eigenen Textes, sondern er spielt auch mit seinen Vorgängern. Diese tieferliegende Komik ist, im Gegensatz zur Komik an der Oberfläche, nur von entsprechend gebildeten Lesern zu erkennen. Das auffälligste Beispiel liegt in der Junktur exhaustus cursu, die sich als eine Reminiszenz an Lucan identifizieren läßt. Bei diesem heißt es im achten Buch des ‘Bellum civile’, daß Pompeius von der Schlacht bei Pharsalus auf einem vom Lauf nun erschöpften Pferd (Lucan. 8,3 cornipedem exhaustum cursu) flieht.22 Die an die gleiche Versposition gestellte Junktur ist in der Dichtung nur an diesen beiden Stellen zu finden.23 Bei Lucan steht sie an einer prominenten Stelle, zu Beginn eines Buches, also an einer Position, die für einen gebildeten Leser durch21 Sic effata uolens rapitur per colla tyranni / iam Priami cum clade nurus: sic terga iuuenci / Europam rapuere dei, cum Iuppiter ipse / taurus Olympiaca produxit cornua fronte; (560) fulmineus uector sobolem famulantibus undis / gaudet Agenoriam caelestia colla grauantem, / cum Cadmi cognatus aquas freta magna secaret. / ergo ubi peruenit raptor turbatus ad aequor, / et licet exhaustus cursu uel pondere lassus, / (565) qui gratum portabat onus, tamen ipse Lacaenam / litore non posuit, media sed puppe locauit; / nautae uela leuant et remis castra mouentur. 22 Lucan. 8,1–5: iam super Herculeas fauces nemorosaque Tempe / Haemoniae deserta petens dispendia siluae / cornipedem exhaustum cursu stimulisque negantem / Magnus agens incerta fugae uestigia turbat / inplicitasque errore uias. 23 In der Prosa ist die Junktur noch einmal bei Amm. 19,8,7 zu finden.

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aus wahrnehmbar und einprägsam ist, so daß eine rein zufällig entstandene Übereinstimmung als eher unwahrscheinlich gelten dürfte. Die Situation von Pompeius und Paris selbst ist vielleicht bis auf den Umstand der Flucht und der im Anschluß an die Stelle herausgestellten großen Angst des Pompeius (Lucan. 8,5–8a) nicht so sehr vergleichbar; dennoch stellt sich bei dem Leser, der die Reminiszenz erkennt, sogleich eine komische Assoziation ein. Denn durch die Parallelisierung wird Paris, der eigentliche Räuber, ausschließlich zu einem Lasttier, das von seinem Reiter, nämlich Helena, seiner eigentlichen Beute, in Richtung und Geschwindigkeit bestimmt wird. Die Bezeichnung raptor ist somit gegenüber der Rolle als „Fluchtfahrzeug“ und reinem Transportmittel erneut gebrochen und die beherrschende Rolle der Helena mit Hilfe dieser Anspielung erneut betont. Ein zweites Beispiel für eine unter der Textoberfläche liegende Komik findet sich in der direkt folgenden Junktur pondere lassus (564). Sie ist dem Brief der Hypermestra an Lynceus im Corpus der ‘Heroides’ (14,131f.) entlehnt, wo es heißt: scribere plura libet, sed pondere lassa catenae / est manus. Auch diese Verbindung existiert in der lateinischen Dichtung in dieser Form nur an den beiden Stellen. Es wird eine Assoziation durch das Genitivattribut catenae, das der wissende Leser des dracontianischen Gedichts unwillkürlich mithören kann, hervorgerufen, die Paris in seiner Räuberrolle karikiert. Denn in Fesseln sollte nach dem gewöhnlichen Prinzip eines Raubes eigentlich die Geraubte liegen; durch die Reminiszenz ergibt sich jedoch die Vorstellung, daß Paris durch Helena in Ketten liegt.24 Dracontius bewirkt durch das illustrierende Anzitat wiederum eine negative Sicht auf Paris. Analysiert man nun die komischen Effekte auf der Grundlage der oben vorgestellten theoretischen Überlegungen,25 wird deutlich, daß sich die Komik zu einem Teil aus dem Wortgebrauch ergibt. Bei den oxymoronartigen Junkturen comitans rapina (544) und uolens rapitur (556) macht sich der Dichter eine Spielart des Wortwitzes zu nutze, der, wie oben beschrieben, ein Komikpotenzial innewohnt. Die für die Wahrnehmung der Komik nötige Inkongruenz entsteht dabei innerhalb der Junktur selbst. Das Kriterium der enttäuschten Erwartung bei gleichzeitig vorhandener Anomalie wird auf doppelte Weise erfüllt, wenn man zum einen die Mythentradition, zum anderen das Prooem als textimmanente Stelle, an der Erwartungen aufgebaut werden, betrachtet: Zunächst wirkt die Raub-Szene komisch, wenn sie der Tradition dieses Mythos gegenübergestellt wird. Es sind zwar, das muß zugegeben werden, Versionen der Geschichte überliefert, in denen Helena sich nicht wehrt, mit Paris zu gehen, vielleicht auch gern mitkommt,26 aber nie bestimmt sie den

24 Wolff (/ Bouquet) 1996, 167 kritisiert die präzisierende Verbindung pondere lassus als „maladroite“; Wasyl 2011, 57 Anm. 177 verweist auf lassus als erotischen Terminus der Liebeselegie und auf die durch den Gebrauch des Wortes hervorgerufene Ironie. 25 S. ab S. 232. 26 Vgl. etwa Hom. Il. 3,392, Eur. Iph. A. 73. 75, Tro. 991, des Kolluthos’ ‘Raub der Helena’ 206. 312–315, Dares 10.

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Fortgang der Ereignisse; sie ist stets das Objekt des Raubes.27 Und auch Paris ist zwar durchweg in seiner traditionellen Charakterzeichnung keine besonders kampfestüchtige und mutige Figur,28 aber der Raub der Helena ist stets ein echter Raub und ein Schurkenstück. In keiner der antiken Mythentraditionen steht Paris im Begriff, seinen Plan aufzugeben. Mit Blick auf die bekannten Mythenversionen wird der Leser hier also mit einer Anomalie konfrontiert und in seiner Erwartung als Kenner der Tradition enttäuscht. Aber auch verglichen mit dem Prooem findet der Leser seine Erwartungen für die Raub-Szene nicht erfüllt. Denn dort war ihm noch Troiani praedonis iter raptumque Lacaenae (1) angekündigt worden. Und danach hieß es prodimus hostem / hospitis et thalami populantem iura mariti, / foedera coniugii, consortia blanda pudoris … (3–5). Ein echtes Verbrechen und einen echten Verbrecher hätte man nach dieser Ankündigung erwarten dürfen. Durch den Vergleich mit den Aussagen des Prooems, das in düsteren Farben den Krieg anklingen läßt,29 wird die Art der von Dracontius eingesetzten Komik deutlich. Es ist eine illustrierende, auflockernde (Situations-)Komik, keine die das ganze, durchaus dramatische, Thema des Raubes und des daraus folgenden Krieges verharmlosend parodiert, sondern die ernste Bedeutung des Krieges und vor allem seiner Ursachen durchaus in Betracht nimmt und davon auch nicht abgeht.30 Doch die Person des Paris erhält in ihrer absoluten Unzulänglichkeit in jeder Hinsicht komische Züge. Auf diese Weise ist auch die Erwartung an die Gestaltung des Protagonisten enttäuscht. Nach der Ankündigung in den ersten Versen des Prooems, sowie der poetologischen Äußerung, daß sich Dracontius als Dichter in die Nachfolge der Epiker Homer und Vergil stellt (11–30), wird man, wenn schon keinen Helden, so doch wenigstens einen echten Schurken oder Antihelden erwarten dürfen. Aber nichts davon erfüllt Paris, er ist nicht einmal ein richtiger Bösewicht. Er steht in jeder Situation hinter dem zurück, was man von ihm hätte vermuten können.31 27 Man mag vielleicht daran denken, daß Paris in seiner Rede 515ff. eine Art Angebot an Helena macht, sich ihr als elegischer Liebhaber hinzugeben und die Idee äußert, die beiden könnten zusammenkommen. Doch schon der Anklang an die Elegie und die darin durch das ‘servitium amoris’ enthaltene Unterwerfung des Mannes unter die Frau (523b–525), dazu die im potentialen Konjunktiv gehaltene Rede legen den Schluß nahe, daß Paris bereits hier für den sensiblen Leser seine in der Situation des Raubes zu Tage tretende Feigheit ankündigt. 28 Seine negative Charakterisierung beginnt schon in der ‘Ilias’ (vgl. etwa 3,56f.) und zieht sich durch die Literatur. 29 Dramatisch wirkt auch später (41ff.) die Ankündigung der vielen Toten und unschuldig am Krieg Beteiligten, die mit der auffälligen Anapher damnantur präsentiert werden. 30 Vgl. etwa auch das Humorverständnis, das Michael von Albrecht: Ovids Humor und die Einheit der Metamorphosen, AU 2, 1963, 47–72 (ND in: ders. / Ernst Zinn [Hrsgg]: Ovid, Darmstadt 1968, 405–437) ansetzt. S. auch Rene Pfeilschifter: Ovid über Odysseus oder Dichtung und Mythos, in: Andreas Heil / Matthias Korn / Jochen Sauer (Hrsgg.): Noctes Sinenses. Festschrift für Fritz-Heiner Mutschler zum 65. Geburtstag, Heidelberg 2011, 102–109 und Smutek 2015 (wie Anm. 6). 31 Besonders eindrucksvoll ist in diesem Zusammenhang das Verhalten des Paris im Seesturm (s. dazu die Ausführungen unten) und während der Salamisgesandtschaft. Obwohl von Paris

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Insofern entsteht die große umfassende Komik der Figur des Paris aus der komischen Verzerrung, ja der Parodie eines epischen Helden, die sich wiederum aus kleinen komischen Szenen und Elementen zusammensetzt. Dracontius nutzt für seine Zeichnung des Paris also die Parodie einer epischen Figur und kontrastiert ihn mit einem epischen (Anti-)Helden. Die beständige Unzulänglichkeit bei gleichzeitiger Großsprecherei des Protagonisten führt zu einer komikbegünstigenden Grundstimmung, vor deren Hintergrund die besonderen Pointen deutlich hervorstechen und besonders goutiert werden können. Diese (großenteils32) auf der Textoberfläche erkennbare Situations- und Figurenkomik wird durch die intertextuellen Brechungen unterstützt. Sie stärken die große übergreifende Erwartungsenttäuschung des Räubers Paris im Kleinen. Somit müssen sie nicht in jedem Falle erfaßt werden; der Gesamteindruck geht nicht verloren, wenn sie einem Leser zum Teil entgehen. Aber sie sind in der Lage, für eine weitere, besonders feine Erheiterung zu sorgen. Die Szene mit dem vielleicht zweitgrößten Komikpotenzial im ‘Raptus Helenae’ ist der Seesturm und besonders die darin eingelegte Rede des Paris. Inmitten von einem für das Epos typischen, an das – wie in der Forschung schon lange gesehen33 – (hauptsächlich) vergilische und das (zumindest teilweise) lucanische Vorbild angelehnten Seesturm beginnt Paris zu sprechen. Dies ist an sich nichts Ungewöhnliches, literarische Seesturmreden finden sich so viele wie Seestürme selbst der Plan ausgegangen war, sich Verdienste in einem Eroberungszug zu erwerben (Romul. 8,213–219), ist er bei der durch seinen Vater in Ziel und Umfang abgewandelten Fahrt, einer Gesamdtschaftreise nach Salamis, um Hesione zurückzufordern (Romul. 8,220– 241), gänzlich unbeteiligt. Er erhält keinen einzigen Redeanteil und wirkt damit als Unterhändler unzulänglich. Der Höhepunkt der Komik ist erreicht, wenn Hesione, die Schwester des Priamus, auf die phänotypische Ähnlichkeit des Sohnes mit dem Vater aufmerksam macht (Romul. 8,365–368 regis Alexandrum iuuenem regina Pelasgum / Hesione complexa fouet, germana parentis: / uultibus in Paridis Priami laudatur imago): Paris ist damit ganz in die Rolle des Sohnes, des Kindes und Neffen versetzt; seine ursprünglich von ihm selbst gewählte Rolle als Eroberer oder nach der Intervention des Vaters zumindest als erfolgreicher Gesandter, ist unerreichbar und für den Leser unvorstellbar geworden. Ständiger und oft komischer Begleiter des Paris ist auch die Bezeichnung pastor zu allen Gelegenheiten. So erhält er etwa dieses Beiwort auch, als er sich als Königssohn präsentiert (z. B. Romul. 8,489. 498), vgl. dazu auch Simons 2005, 223 u. ö., Bretzigheimer 2010, 390, Anm. 99, Wasyl 2011, 55, Galli Milić 2016, 206ff. Gleichzeitig versucht Paris, seine Vergangenheit als Hirte zu verhehlen (z. B. Romul. 8,217); stattdessen zieht er seinen Stolz und seinen Drang nach neuen Taten aus dem Schönheitsurteil über die Göttinnen (z. B. Romul. 8,66. 214), mit dem er auch das Hirtendasein aufwertet (Romul. 8,98). Das Mißverhältnis von der Bewertung der eigenen Person und der z. T. gegenläufigen Darstellung des Autor-Erzählers besitzt ebenfalls komisches Potential. 32 Ich nehme diese kleine Einschränkung für den recht unwahrscheinlichen Fall vor, daß ein Leser tatsächlich ein Epos wie die ‘Aeneis’ nicht kennen sollte. Unter dieser Voraussetzung würde er nicht bestimmen können, daß Paris ein Gegenentwurf etwa zu Aeneas sein könnte, aber die Situationskomik dennoch wahrzunehmen vermögen. 33 S. z. B. Morelli 1912, 107, Agudo Cubas 1978, 279f., Bright 1987, 118, Cristobal 1988, Wolff 1996, 153, Simons 2005, 280ff.

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selbst. Inhaltlich hält diese Rede jedoch Überraschungen bereit. Geht man weiterhin von der oben ausgeführten Begriffsbestimmung der Komik als Erwartungsenttäuschung bei vorhandener Anomalie aus, muß zunächst geklärt werden, was als Normalfall einer Seesturmrede zu erwarten wäre. Mit Blick auf die Tradition der Seesturmreden ergeben sich dafür zwei Möglichkeiten: Entweder eine charakterfest-heroische Rede wie die des Aeneas bei Vergil,34 oder eine hochmütige, angstfreie Rede wie die Caesars bei Lucan.35 Ganz deutlich spielt Dracontius mit dieser Erwartungshaltung, die ein Leser an eine Seesturmrede hat, wenn er die Rede des Paris, nachdem dieser als in Tränen aufgelöst weinend vorgestellt wird (soluitur in gemitus lacrimosae uocis amaros, 401), an die des Aeneas im ersten Buch der vergilischen ‘Aeneis’ angleicht. Für den Moment spricht Paris so, als hätte er sich spontan zu einem mutigen Helden entwickelt:36 felici sorte creati (402) heißt es sogleich am Anfang in deutlicher Anlehnung an o ter quaterque beati (Verg. Aen. 1,94).37 Während bei Vergil in Form einer relativen Prädikation im folgenden Vers sozusagen aufgelöst wird, wen der Held hier glücklich preist, nämlich die auf dem Schlachtfeld ehrenvoll für die Vaterstadt Gefallenen (Verg. Aen. 95f.), erfolgt die Lösung bei Dracontius nach einem Enjambement mit einem (vor dem vergilischen Hintergrund) überraschenden und komischen pastores (403).38 Ganz deutlich enttäuscht Dracontius die Erwartung seiner Leser, wenn er an die Stelle, an der bei Vergil die Helden des trojanischen Krieges erscheinen, die Hirten setzt, und erreicht dadurch einen komischen Effekt. Was darauf folgt, gibt sich teils als Klagerede,39 teils als Lobpreis auf das Hirtenleben40 und teils als Deklamationsrede über die Lebensentwürfe eines Hirten 34 Verg. Aen. 1,94–101. 35 Lucan. 5,577–593. 653–671. S. zu den Seesturmreden z. B. Mark P. O. Morford: The Poet Lucan. Studies in Rhetorical Epic, London 21996, 40; 44. 36 soluitur in gemitus lacrimosae uocis amaros / et sic orsus ait: ‘felici sorte creati / pastores, quos terra capit, quos nulla procella / concutit! (Romul. 8,401–404). 37 ingemit et duplicis tendens ad sidera palmas / talia uoce refert: ‘o ter quaterque beati, / quis ante ora patrum Troiae sub moenibus altis / contigit oppetere! (Verg. Aen. 1,93–96). 38 Für die Verbindung zu bzw. Abgrenzung von der Seesturmrede des Aeneas s. auch De Gaetano 2010, 144, Simons 2005, 264 und 281 sowie Agudo Cubas 1978, 297; 281. 39 Die Rede kann insgesamt als zweigeteilt betrachtet werden. Nach dem als Vorspruch gestalteten Makarismos der Hirten (402b–404a) wird zunächst das gefahrlose Landleben hervorgehoben (404b–405), sodann werden die Freuden des Hirtenlebens und seine verschiedenen Facetten betont (406–419). Dem entgegen stehen 420–424 die Probleme und Gefahren eines Lebens als nauta-dux. Das Element der Klage wird dabei nicht deutlich ausgeführt, aber die Auseinandersetzung mit den beiden Lebensentwürfen kann zumindest zu einem Teil als Klage über das aufgegebene Hirtenleben interpretiert werden, gerade wegen der offensichtlichen Anlehnung an die Rede des Aeneas im Seesturm. 40 Besonders in den Versen 402–419. Neben der Betonung des friedlichen und gefahrlosen Lebens wird ein Bild vom Alltag eines Hirten gezeichnet: Dazu wird der Blick auf die Landschaft und das Leben des Kleinviehs gelenkt (406–413), auf das Melken und die Käseherstellung (414–417) und einen Stierkampf (418–419). Ein Lob des Hirtenlebens mit ironischen Implikationen findet sich auch Hor. epod. 2, an die hier wohl aus mehreren Gründen auch zu denken ist: So beginnt auch dieses größtenteils in direkter Rede des Wucherers Alfius gehal-

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und eines Feldherren und Eroberers.41 Auch wenn literarische Seesturmreden theoretisch ohnehin ungewöhnlich für die Situation sind, so befassen sie sich doch gewöhnlich thematisch mit der Lage im Sturm und der Angst ums Überleben oder setzen sich mit möglichen Handlungsansätzen auseinander.42 Ganz anders zeigt sich die Rede des Paris. Der Redner scheint seiner Situation absolut enthoben; die Gefahren des Meeres, vor denen ein Eroberer sich theoretisch fürchten muß, erwähnt er, aber sie wirken wie von außen, ganz unbeteiligt analysiert und nicht in diesem Moment erlebt (404. 423). Herausgestellt wurde in der bisherigen Forschung bereits die Kombination zweier Gattungen innerhalb der Rede miteinander,43 und zwar in einer Form, in der sie einander eigentlich ausschließen. Es handelt sich um Epos und Bukolik. Der Protagonist des Epos oder Epyllion zieht sich im Moment der Gefahr aus seiner Gattung zurück, die von ihm etwas erwartete, das er zu erfüllen nicht in der Lage ist. An dieser Verhaltensweise zeigt sich erneut, daß Paris kein epischer Held, aber ebensowenig ein epischer Antiheld ist. Nach der Betrachtung der beiden Stellen ist festzuhalten, daß die Schwäche des Paris in der Situation des Seesturms und in der des Raubes nicht allein Transporteur der Komik ist, denn natürlich zeigen auch die Helden im Epos gelegentlich Schwäche oder Angst. Sie ist es in Verbindung mit den umgebenden und vorbereitenden Elementen, seien sie textimmanent, seien sie textübergreifend. Die Inkongruenz zwischen dem traditionellen Mythos in der Raub-Szene sowie zwischen der literarischen Tradition im Seesturm und der jeweiligen Darstellung des Dracontius bewirken einen komischen Effekt. Die oxymoronartigen Ausdrücke pointieren die komikbegünstigende Grundstimmung, die durch die Überlegenheit der Helena und das betonte Selbstbewußtsein des Paris44 erreicht wird, zusätzlich.

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tene Gedicht mit einem Makarismos (beatus ille), und zwar der Bauern auf dem Land. In den folgenden Versen werden sämtliche Aspekte des Landlebens beschrieben und dieses als positives Lebensmodell vorgestellt. Ähnlich wie beim Verhalten des Paris nach dem Seesturm bleibt die Besinnung auf diese Lebensweise jedoch ohne Folgen und der Wucherer kehrt zu seinem Alltagsgeschäft zurück (Hor. epod. 2,67–70). Die unterschiedlichen Interpretationen dieses Gedichts teilen miteinander die Erkenntnis, daß die Figur des Alfius lächerlichironisch-komisch wirkt (David Mankin: Horace. Epodes, Cambridge 1995, 62–64), was ihn mit Paris vergleichbar macht. Die Reden in diesem Epyllion spielen für die Charakterisierung der Personen eine besondere Rolle. Daß Paris an dieser Stelle, für die Situation vollkommen unpassend, verschiedene Lebensmodelle erörtert, verdeutlicht seine Unzulänglichkeit als dux und die Widersprüchlichkeit zwischen seinem wahren Inneren und seiner sonstigen Präsentation nach außen. Aeneas klagt (Verg. Aen. 1,94–102) etwa über die vergebene Möglichkeit, ehrenvoll auf dem Schlachtfeld zu sterben. Im 11. Buch der ovidischen ‘Metamorphosen’ schreit der Steuermann Befehle zur Rettung des Schiffes (481f.). Ceyx selbst spricht nicht wörtlich, aber seine Worte seien immer nur Alcyone, schreibt der Dichter (544f.). Lucans Caesar trotzt voll Hybris dem Sturmgeschehen, vor dem er sich nicht fürchte (5,577–593. 653–671). Bei Valerius Flaccus versteht man im Sturm die Gründe, warum die Vorfahren früher nicht zur See gefahren sind, und erwartet noch schlimmere Gefahren (1,627–632). Wasyl 2011, 82f. Den Antrieb, sein Hirtenleben zu verlassen und nach Troja zu gehen, erhält Paris aus dem Urteil über die Göttinnen und allem, was damit in Verbindung steht. So ist es der Gedanke an die von Venus versprochene Frau, die ihn dazu bringt, Oenone für nicht mehr gut genug zu

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3. AUSGEWÄHLTE KOMISCHE ELEMENTE IM ‘HYLAS’ (ROMUL. 2) Ein kurzer Blick sei noch auf den Anfang des ‘Hylas’ (Romul. 2) geworfen, wo sich ebenfalls einige komische Elemente feststellen lassen, die als innovative Gestaltungsmittel eingesetzt werden. Das kurze dreizeilige Prooem des Gedichts wirkt als Katalysator für das Erkennen der Komik, da in ihm selbst schon mit der Lesererwartung gespielt wird. Der hochepische Beginn fata canam (Romul. 2,1)45 wird anschließend durch die Begriffe puer und Nympharum calor sogleich gebrochen. Die fata eines puer im Zusammenhang mit verliebten Nymphen sind ein ganz unepisches (Haupt-)Thema eines (Helden-)Epos, das doch zunächst mit den ersten beiden Worten aufgerufen wurde.46 Danach folgt jedoch sogleich wieder eine Reminiszenz an das Epos mit Musa mones (Romul. 2,2).47 Innerhalb kürzester Zeit ist eine Erwartung aufgebaut und durch die Inkongruenz zwischen epischen Ausdrücken und unepischen Themen und Figuren für den komischen Effekt enttäuscht worden. Nach diesem Prooem erfährt der Leser von einem Gespräch zwischen Amor und seiner Mutter Venus (3–70).48 Aus Rache an den Nymphen, die sich an ihrem Stelldichein mit Mars ergötzen (53–61), will die Liebesgöttin veranlassen, daß diese sich in den jungen Hylas verlieben und die Schmerzen der Liebe erfahren, und beauftragt ihren Sohn mit der Ausführung (62–70). Von Bedeutung für die Frage nach der Komik und ihrer Entstehung ist zunächst der Auftritt Amors. Wie ein kleines Kind wird er beschrieben, das sich auf den Schoß der Mutter stürzt, sie umarmt, küßt und geküßt werden möchte.49 Vio-

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halten und die angekündigte Schönheit zu finden (63–65), und das Gericht über die Göttinnen läßt ihm das Land als nicht mehr standesgemäße Umgebung erscheinen (66). Voller Stolz berichtet Paris seiner Familie von seiner Rolle im Streit der Göttinnen, die den Makel seines Hirtendaseins aufhebt (98f.). Und auch sein Leben als Königssohn reicht ihm nach einer gewissen Zeit nicht mehr aus, wobei das Urteil über die Göttinnen erneut als Ursache für die Unzufriedenheit genannt wird (214). De Gaetano 2009, 370; anders als bei De Gaetano sei hier aber das Prooem nicht polemisch verstanden, sondern als durchsetzt mit auflockernder Komik, wie sie in der offenen Gattung des Epyllions gelegentlich ihren Platz findet (vgl. z. B. Stefan Tilg: On the Origins of the Modern Term „Epyllion“: Some Revisions to a Chapter in the History of Classical Scholarship, in: Manuel Baumbach / Silvio Bär [Hrsgg.]: Brill’s Companion to Greek and Latin Epyllion and its Reception, Leiden 2012, 29–54, hier 29; 37). Vgl. aber auch in diesem Band Bruzzone S. 92, Anm. 14. Wasyl 2011, 31. Weber 1995, 142f. Die Szene ist an Vorbildstellen aus der ‘Aeneis’ und den ‘Metamorphoses’ angelehnt (Verg. Aen. 1,666–694; Ov. met. 5,363–384; vgl. Weber 1995, 161). Dort jedoch ist Amor stets eine stumme Figur, der am Ende als Reaktion auf die mütterlichen Ausführungen seine Aufgabe in Angriff nimmt. Durch den Redeanteil, den er bei Dracontius erhält, erfährt er eine ganz andere Charakterisierung mit komischen Effekten, die zwischen kleinem Kind und mächtigem Gott oszilliert. Romul. 2,4–8: fuderat Idalius gremio se forte parentis / pinniger et collum uiolentis cinxerat ulnis / oscula pura rogans. mater deuota coruscos / indulget uultus roseoque est orsa labello: / ‘o mundi domitor, caeli quoque, flamma Tonantis …

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lentis ulnis (5) umarmt der Kleine die Mutter – ein Ausdruck, der sogleich wieder mit oscula pura rogans (6) abgeschwächt wird; Amor oszilliert in der Beschreibung zwischen stürmisch und ruhig, zwischen übermütig und liebesbedürftig, ganz genau wie ein kleiner Junge;50 Venus ihrerseits wird als deuota (6) gekennzeichnet, die gern die Küsse darreicht. Aus der Situation heraus betrachtet scheint deuotus nicht negativ konnotiert zu sein,51 sondern zusammen mit coruscos / indulget uultus (6f.) die innige Entzücktheit, das ganz einem solchen Kind Zugetansein auszudrücken. Mit dieser liebevollen Haltung verbunden ist gewiß auch der Drang der Mutter, den Wünschen des Kindes wohlwollend gegenüber zu stehen – kann man denn einem so süßen Kind ein Begehren abschlagen? Von deuotus im Sinne einer unterwürfigen Haltung der Mutter gegenüber dem Kind, muß dennoch nicht gesprochen werden. Vor diesem einleitenden Hintergrund, der das liebevolle Mutter-Kind-Szenario vor Augen stellt, wirkt die folgende Anrede der Venus an Amor komisch: o mundi domitor caeli quoque, flamma Tonantis (8). Der eben noch als kleines Kind charakterisierte Amor ist nun Bezwinger der Welt, unterwirft mit seiner Kunst sogar Jupiter, den er liebestoll zu machen vermag.52 Solch ein hymnischer Lobpreis der Macht Amors ist im Prinzip nicht neu und läßt sich mit den Parallelstellen bei Ovid53 oder Vergil54 vergleichen. Stets stellt Venus die Größe Amors heraus, die auch über einen Jupiter erhaben ist,55 und an 50 Dieser Gegensatz zwischen oscula pura und uiolentae ulnae wurde stets ganz ernst und übertragen erklärt: So sieht Bright 1987, 33 darin den Ausdruck zweier Charaktere der Liebe, nämlich eines zurückhaltend-keuschen und eines leidenschaftlichen. Einen begehrenden und einen energischen Charakter hingegen bestimmt Wolff 1996, 244. 51 Negativ konnotiert sieht etwa Weber 1995, 144 (ähnlich Selent 2011, 171, Anm. 231) den Begriff deuotus, indem sie darin ein (gegenüber dem normalen) umgekehrtes Verhältnis von Mutter und Sohn ausgedrückt findet, so daß die Mutter dem Sohn unterlegen sei. Betrachtet man das Spektrum der Bedeutungen von deuotus bei Dracontius, reicht es vom Gebrauch als Synonym für pius (laud. dei 2,343 und Romul. 6,65, vgl. Luceri 2007, 150 und Galli Milić 2008, 201) über die Verwendung im Sinne von ‘unterwürfig’ (laud. dei 3,112) bis hin zu der hier anzusetzenden Bedeutung. Diese scheint am ehesten vergleichbar zu sein mit Auson. 419,78 amicos deuotos und Amm. 29,5,22 contubernales deuoti, wo jeweils weniger die Untergebenheit die Hauptfacette des deuotus zu sein scheint, als mehr die menschliche Verbundenheit (ein sehr positives deditus, ThLL V 1,883,29ff.). Vergleichbar ist auch Ps. Sen. epist. Paul. 10 uale, deuotissime magister, wo das Epitheton ‘sehr verbunden’ oder ‘hochgeschätzt’ bedeuten dürfte. Im Mittellatein entwickelt sich diese Bedeutung weiter, so daß deuotus dort auch im Sinne von ‘wohlwollend, gütig’ gebraucht wird (MLW I 540,50ff., z. B. Aldh. virg. II 2828, Eigil Sturm. 4), was an unserer Stelle möglicherweise bereits anklingt. 52 Für den Genitivus obiectivus bei flamma Tonantis s. auch Weber 1995, 149. Es scheint auch das Bild der Weltseele und Amor als kosmische Urmacht auf (dies betont Selent 2011, 177ff.), die wiederum ganz dem Kleinkind auf dem Schoß widerspricht. Vgl. zur Rede der Venus auch Wasyl 2011, 77. 53 Ov. met. 5,362–379. Für einen Vergleich zwischen den Stellen (mit anderer Stoßrichtung und anderem Ergebnis) s. Selent 2011, 174–176. 54 Verg. Aen. 1,664–694. Für einen anderen Vergleich zwischen den Stellen s. Selent 2011, 172–174. 55 Ov. met. 5,369f. tu superos ipsumque Iouem … / … domas.

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die sie sich hilfesuchend wendet.56 Doch im Gegensatz zu den bekannten Vorbildstellen baut Dracontius in seiner Szene eine andere Erwartung auf. Ganz idyllisch wirkt es, daß der kleine Junge auf dem Schoß der Mutter Platz nimmt, was zu der dann folgenden Rede der Venus so gar nicht passen will. Nach dieser idyllischen Szene als Vorbereitung hätte der Leser wohl eher eine Verbalisierung der erzählerisch gestalteten Episode, einen verbalen Austausch der Liebesbezeugungen, die sich in der Umarmung und im Küssen bereits gezeigt haben, erwarten dürfen. Gegen diese Erwartung gestaltet Dracontius die Worte der Venus, die Amor als Krieger erscheinen lassen. O mundi domitor – in den Anreden an Cupido in der antiken Literatur singulär – ist eine Reminiszenz an Lucan. 7,250 o domitor mundi, wo Caesar seine Soldaten, mit denen er den Sieg über Pompeius in der Schlacht von Pharsalos zu erringen plant, ermuntert und anspornt.57 Wenn Venus intertextuell auf diese Stelle anspielt, dann wird innerhalb der Mutter-Kind-Szene auf einen militärischen Kontext rekurriert, der eine komische Brechung bewirkt. Desweiteren wird vor der Folie der Lucan-Stelle deutlich, daß die hohe Ansprache der Venus an ihren Sohn offensichtlich als Teil ihrer Überzeugungsstrategie zu verstehen ist, um Amor als ausführendes Organ ganz auf ihre Seite zu ziehen, was sich durchaus als wirkungsvoll erweist. Denn Amor ist sogleich – wiederum kleinkindhaft – eilfertig bereit, der Mutter zu helfen.58 Daß es darum gehen wird, ihr Genugtuung zu erweisen, scheint ihm bewußt zu sein, er verweist auf ihre Tränen (18) und bietet wie zum Trost eine Kostprobe seiner Möglichkeiten an (19ff.). Komisch wirkt bei diesem Katalog der Liebesverbindungen59 besonders der ironisch gefärbte Anfang. Es heißt dort si cupias ipsum flammare Tonantem (19), wo doch normalerweise Jupiter selbst mit seinen Blitzen der Entflammende ist.60 Der Dichter spielt also wieder mit Erwartung und Enttäuschung, um die Komik zu erreichen. Auch der übrige Katalog, die Aufzählung sämtlicher Metamorphosen des großen Gottes, mit denen er sich jeweils seiner Göttlichkeit entledigte, um seinen Trieben nachzugeben, wirkt ironisch-komisch (20–27). Einem Crescendo gleich steigert sich der kleine Amor in der Aufzählung seines Katalogs zu grausamen Gewaltphantasien inzestuöser und krankhafter Liebe (36–44).61 Dies und der Rachedurst von Venus und Amor sind ganz ernst und ohne Komik dargestellt.62 Das 56 Verg. Aen. 1,664ff., Ov. met. 5,365. 57 Mit der captatio benevolentiae (Lucan. 7,250f.) o mundi domitor, rerum fortuna mearum, / miles bereitet Caesar seine Adhortation vor (vgl. Nicola Lanzarone: M. Annaei Lucani. Belli Civilis Liber VII, Florenz 2016, 274f., Wolfgang Dieter Lebek: Lucans Pharsalia. Dichtungsstruktur und Zeitbezug, Göttingen 1976, 231; 242, Wolfgang Tasler: Die Reden in Lucans Pharsalia, Bonn 1972, 48). 58 Kleinkindhaft wirkt seine Bereitschaft besonders dadurch, daß er den Redefluß der Mutter unterbricht (ille refert matris disrumpens uerba precantis, 14) und sogleich nach großen Aufträgen heischt (15f.). 59 Vgl. zu diesem Katalog Agudo Cubas 1978, 310f., Weber 1995, 152–156, Bruzzone 2017 (a), 58–63. S. auch in diesem Band den Beitrag von Antonella Bruzzone S. 94. 60 Mauerhofer 2004, 313, Anm. 10. Vgl. auch V. 8 flamma Tonantis. 61 S. Weber 1995, 158–161 und De Gaetano 2009, 376. 62 De Gaetano 2009, 374.

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Bild des kleinen Jungen auf dem Schoß der Mutter wird innerhalb dieser Entwicklung völlig zurückgedrängt. Zufrieden mit der Wirkung ihrer Worte und den Angeboten des Sohnes bessert sich Venus’ Laune (his laeta Venus uultu mutata, 45) und sie spricht ihr Kind – eine erneute Brechung – mit impubes lasciue puer (46) an. Das Oxymoron impubes lasciuus, eine Erfindung des Dracontius, das er noch zwei weitere Male auf Cupido bezieht,63 wirkt in sich durch die einander eigentlich widersprechenden Ausdrücke komisch.64 Impubes beschreibt Cupido so, wie er sich Venus zu Beginn der Szene genähert hatte, nämlich als kleines Kind, das sich nach mütterlicher Fürsorge und körperlicher Nähe sehnt, während lasciuus – die ohnehin für Amor gewöhnlichere Bezeichnung65 – das Verhalten ausdrückt, das er selbst in seiner Rede als ihm eigentümlich dargestellt hatte. Das Bezugswort puer, und damit ein zweiter Begriff, der die Kindlichkeit Amors betont, läßt den komischen Effekt durch die Brechung umso deutlicher hervortreten. Während also gegen Ende seiner eigenen Rede Amors Auftritt als kleines Kind ganz in den Hintergrund gerückt ist, wird er nun wieder aufgegriffen. Aus dem Munde der Venus folgt darauf eine Klage über ihre Situation (53– 61). Ihr von Sol beobachteter Ehebruch mit Mars werde unter den Nymphen besprochen, die sich nur an ihrem Unglück weiden wollten und denen es gar nicht um Venus selbst ginge, sonst hätten sie ja ihre Erfolge und ihren Sieg im Parisurteil erwähnt. Ganz menschlich und ganz lächerlich erscheint Venus in dieser Darstellung. Statt sich zu schämen für den Fehltritt, beschuldigt sie andere, gerade über diesen zu sprechen. Und statt die Rache selbst in die Hand zu nehmen, wenn sie ihr denn so nötig erscheint, schickt sie ihren Sohn vor. Sie macht sich selbst klein und bezeichnet ihre Worte als lamenta (51) und gemitus (62). Was die komische Wirkung erzielt, sind die Kontrastreminiszenzen und Kontrastimitationen der vorbildlichen Stellen, wie sie oben schon erwähnt worden sind. Die Venus des Vergil ist besorgt, aber um das Wohlergehen des Aeneas. Sein Schicksal schmerzt sie und daher wendet sie sich an ihren anderen Sohn, der die Liebe in Dido entfachen soll (Verg. Aen. 1,667–669). Die Venus Ovids ist ebenfalls besorgt, aber darüber, daß vielleicht Proserpina auch eine uirgo bleiben könnte und auf diese Weise ihr Einflußbereich verkleinert werde, wenn sie jetzt nicht handele (Ov. met. 5,371–377). In beiden Fällen sieht Venus also ihren Machtbereich und die ihr angehörenden Personen bedroht. Ganz anders dagegen die Venus im ‘Hylas’, die ausschließlich sich persönlich bedroht sieht, aber in einem Punkt, den sie selbst verschuldet hat. Es ist das einzige Gespräch zwischen Venus und Amor, in dem die für sie peinliche Geschichte mit Mars Erwähnung findet, eine Geschichte, die schon bei ihrer ersten Präsenta-

63 Romul. 6,59 und 7,12. S. dazu auch Luceri 2007, 144 und Galli Milić 2008, 186. 64 S. auch oben S. 235; 237; 241 zur komischen Wirkung von Oxymora. 65 Lasciuus findet sich auf Amor oder Cupido bezogen etwa Tib. 1,10,57, Ov. ars 2,497, met. 1,456, Sen. Phaedr. 277, Drac. Romul. 10,94. 587.

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tion in der ‘Odyssee’ Schadenfreude hervorgerufen hatte.66 Daß Venus’ Klage vielleicht übertrieben ist, macht auch der Überleitungssatz zum nächsten Abschnitt deutlich: iret adhuc in uerba dolor, ni pinniger audax / dimittens matrem fricuisset cote sagittas (71f.). Auch dieser leicht ironische Satz begegnet an einer Stelle, an der der Leser schon wieder vom Ernst der Worte überwältigt wird. Venus beendet ihre Rede mit dem Wunsch nach Rache, indem sie das Strafmaß festlegt (in den jungen Hylas sollen sich die Nymphen verlieben und dann jahrelang warten, bis er ein Mann geworden sein wird). Es ist offensichtlich, daß es der Göttin Ernst ist (65–70). Gerade in diesem Moment wird die Stimmung durch den Satz mit ironischer Note aufgeheitert. Durch welche Mittel wirkt dieser Satz nun ironisch-komisch? Zum einen erinnert die Unterbrechung der mütterlichen Rede an V. 14, wo Amor schon einmal kindlich-frech seiner Mutter in Wort fiel.67 Ganz besonders komisch wirkt allerdings das iret adhuc in uerba dolor (71). Die im adhuc ausgedrückte deutliche Übertreibung, daß Venus jetzt noch immer klagen würde, wenn ihr Sohn sich nicht auf den Weg gemacht hätte, kann als ironischer Kommentar des Autor-Erzählers verstanden werden, der die Klage der Venus als etwas zu viel und vielleicht unangebracht bestimmt.68 Heiter bleibt die Stimmung auch im folgenden Abschnitt, der Verwandlung Amors in eine Nymphe, deren komischen Höhepunkt zu erwähnen, hier ausreichen soll. Bevor sich der Knabe unter die Mädchen mischt, heißt es et uelut inuitos gressus pudibunda mouebat / incedens fluxoque latent sub tegmine pinnae (88f.).69 Ganz besonders auf pudibundus ist an dieser Stelle zu verweisen, da es zur Rede des Amor und zur Anrede seiner Mutter mit lasciuus das völlige Gegenteil darstellt. Der vorlaute kleine Junge ist zu einer schamhaften Nymphe gewor66 Hom. Od. 8,266–369. Vgl. dazu etwa Tommaso Braccini: Divino scandalo: gli amori di Ares e Afrodite tra “folktales” e storie sacre, in: Luca Bombardieri / Tommaso Braccini / Silvia Romani (Hrsgg.): Il trono variopinto: figure e forme della dea dell’amore, Alessandria 2014, 27–46, Walter Burkert: Das Lied von Ares und Aphrodite, RhM 103, 1960, 130–144, Riccardo Palmisciano: Gli amori di Ares e Afrodite (Od. 8,266–366). Statuto del discorso e genere poetico, SemRom N. S. 1, 2012, 187–210, Werner Röcke: „Schadenfreude ist die schönste Freude“. Formen aggressiven Gelächters in der Literatur der Antike und des Mittelalters, in: Martin S. Harbsmeier / Sebastian Möckel (Hrsgg.): Pathos, Affekt, Emotion: Transformationen der Antike, Frankfurt am Main 2009, 277–296. 67 Vgl. Anm. 58. 68 Diese Interpretation funktioniert freilich nur, wenn für adhuc die Bedeutung ‘auch jetzt noch, bis jetzt’ angenommen wird (ThLL I 657,25ff.; die Vorbildstelle Claud. 15,201f. iret adhuc in uerba dolor, ni Iuppiter alto / coepisset solio scheint nicht gegen dieses Verständnis zu sprechen), und der Konjunktiv Imperfekt iret tatsächlich eine Mischform des Irrealis von Gegenwart und Vergangenheit bewirkt. Weber 1995, 184 versteht hingegen den Irrealis vollständig als einen der Vergangenheit. 69 Christoph Schubert macht dankenswerterweise auf ein komisch-zotiges Detail in diesem Zusammenhang aufmerksam: Der Satz et uelut inuitos gressus pudibunda mouebat (Romul. 2,88) lenkt den Blick auf das verklemmte, in sich zusammengezogene Gehen des vorgeblichen Mädchens. Sodann wird mit fluxoque latent sub tegmine angeschlossen, daß Amor sekundäre Merkmale unter dem Gewand verstecken muß, wobei zur großen Überraschung am Ende des Verses die pinnae stehen.

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den; die Verkleidung geht mit einer Verhaltensveränderung einher, die durch den Bruch zur vorhergehenden Darstellung, besonders in der Rede Amors, einen komischen Effekt auslöst.70 An allen bisher betrachteten Stellen im ‘Hylas’, an denen Komik zu finden war, setzt der Dichter das Gestaltungsmittel mit einer jeweils vergleichbaren Funktion ein: Dracontius nutzt die komischen Elemente, um für eine auflockernde Erheiterung zu sorgen. Immer wenn die Reden inhaltlich in einer ernsten Sprechhaltung angekommen sind, wird eine erheiternde Formulierung oder Darstellung eingesetzt, die eine komische Brechung bewirkt. Die ständige „Erwartungsenttäuschung“ ergibt sich beim Leser einerseits, wie beschrieben, aus der Situation heraus, die immer wieder gebrochen wird, andererseits aber auch aus dem automatischen Vergleich mit den Vorbildern Vergil und Ovid.71 Die Inkongruenz zwischen der traditionellen Darstellung der Venus-Amor-Szenerie, in der Amor sprachlos bleibt und als machtvolle Gottheit erscheint, und dem teilweise kleinkindhaften, teilweise brutalen dracontianischen Amor bewirkt ein komisches Potenzial in der Szene. Während die Stellenauswahl bis jetzt eher ein Bild vom Gebrauch einer ironisch-lächerlichen Komik hat entstehen lassen, soll nun der Aspekt der freundlich-heiteren Komik betrachtet werden. Dazu dient der Auftritt von Herkules und Hylas in der folgenden Szene des Gedichts. Herkules wird als Sieger im Kampf gegen den erymantischen Eber vorgestellt (post bella suis Tirynthius ibat / uictor ouans 94f.). Der kleine Hylas, der ihn begleitet, trägt das Fell des Ebers und leidet unter seiner Last: licet inualidus haec pondera ferre laborat (97). Das tut ihm aber keinen Abbruch, sondern er wird als fröhlich über die Situation charakterisiert, er sonnt sich im Sieg seines Freundes. Besonders die Vorstellung des Kindes, das die schwere Last trägt, vielleicht dabei etwas wankt, aber über das Dabeisein so entzückt ist, läßt schmunzeln.72 Eine ähnliche Darstellung finden wir bei Valerius Flaccus, der ebenfalls Herkules und Hylas gemeinsam nach einem Erfolg des Herkules auftreten läßt. Auch bei ihm ist der Begleiter des Halbgottes klein und schwach, und trägt deshalb explizit nur die Pfeile und den leichten Bogen (tela puer facilesque umeris gaudentibus arcus / gestat Hylas 1,109f.).73 Diese und auch die vergleichbare Vorbildstelle bei Statius im 5. Buch der ‘Thebais’74 kommen ohne das komische Element 70 So auch Weber 1995, 183 und Wasyl 2011, 78. Vgl. auch für die Kombination einer Verkleidung bzw. einer Verwandlung vom Jungen zum Mädchen mit der entsprechend nötigen Verhaltensanpassung Stat. Ach. 1,330f. et picturato cohibens uestigia limbo / incessum motumque docet fandique pudorem. 71 S. dazu auch oben S. 243 72 Mauerhofer 2004, 321, Anm. 39. 73 Vgl. für die Stelle Daniela Galli: Valerii Flacci. Argonautica I. Commento. Berlin u. a. 2007, 100f., Andrew Zissos: Valerius Flaccus’ Argonautica Book 1. Edited with Introduction, Translation and Commentary, Oxford 2008. 74 Stat. Theb. 5,441–444: audet iter magnique sequens uestigia mutat / Herculis et tarda quamuis se mole ferentem / uix cursu tener aequat Hylas Lernaeaque tollens / arma sub ingenti gaudet sudare pharetra.

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eines kleinen Kindes aus, das beinahe unter der Last des Eberfells zusammenbricht und sich dennoch so freut, als hätte es selbst den Sieg errungen.75 4. FAZIT Wir konnten sehen, daß Dracontius an den betrachteten Stellen durch Abweichungen von der traditionellen Mythenversion, durch Innovationen oder durch Anspielungen und (Kontrast-)Imitationen komische Effekte erreicht. Diese sollen jedoch nicht über den ernsten Kern der Gedichte hinwegtäuschen, der stets durchscheint und nicht übersehen werden darf. Die Gedichte sind keinesfalls nur parodistisch. Oft sind die komischen Elemente nur durch das Erkennen bestimmter Vorbilder und Reminiszenzen zu entdecken, was ihnen jedoch nicht schadet, sondern sie im Gegenteil sehr viel feiner und subtiler macht. Entdeckt man sie nicht, bleibt nur eine Facette unbeachtet, aber das grundsätzliche Verständnis der Gedichte bleibt erhalten. Wer die komischen Elemente nicht bemerkt, verliert nichts; wer sie bemerkt, gewinnt einen Aspekt hinzu. Damit nähern wir uns einer bisher noch offen gebliebenen Frage: Wie kann der Befund erklärt werden? Wie können die ironischen und parodistischen Elemente sowie überhaupt die komischen Effeke bewertet werden? Zu einem Teil ist die Frage sicher mit dem Prinzip der aemulatio zu beantworten. In einer Zeit, die sowohl von der Dauer als auch von den Umständen her gesehen von der klassischen Literatur sehr weit entfernt scheint, zeigt der gebildete Dichter, daß er noch immer mit den alten Themen umgehen kann, ja sie noch in einer neuen Weise formen kann. So können gebildete Römer als ein Leserkreis bestimmt werden, denen Dracontius mit seinen Gedichten ihre eigene Tradition neu belebt und ihnen einen vitalen, nicht reproduzierend ausdeutenden, Umgang zeigt. Die gewandelte Gestaltung des Mythos mag aber auch dazu gedient haben, die neuen, dann vielleicht ebenfalls gebildeten Herren Nordafrikas an die kulturelle Tradition der römischen Antike anders heranzuführen, ihnen eine Neuauflage zu präsentieren. Man mag sich vorstellen, daß auch die Vandalen in der Schule Vergil u. a. gelesen haben, also im Prinzip die Stoffe kennen. Man mag sich aber ebenso vorstellen, daß durch das fehlende kulturelle Gedächtnis des Volkes in diesem Punkt die ganz enge und natürliche Verbindung dazu gefehlt haben mag. Warum soll nicht derjenige, der die Verbreitung von Bildung und Kenntnissen bei seinem Lehrer gesehen hat und das Vorgehen und den Erfolg lobt,76 selbst Strategien entwickelt haben, den Vandalen auch diese literarische Seite des römischen

75 Das Motiv „großer Held und kleiner Junge“, wie es etwa auch bei Aeneas und Ascanius zu finden ist, regt immer zu lieblichen Bildern an. An unserer Stelle kommt ein komischer Aspekt hinzu. 76 Vgl. Romul. 1. S. aber gegen eine positive Lesung des Gedichts in dieser Hinsicht den Beitrag von Konrad Vössing in diesem Band.

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Reiches interessanter zu machen, so daß er auf diese Weise selbst litteras urbi reddidit.77

77 Für diesen Aspekt ist freilich nur der Einsatz der Komik nutzbar zu machen, der an der Oberfläche des Textes bleibt – also etwa die Darstellung des Un-Helden Paris. Eine tiefe Kenntnis der Literatur, mit der dann die Komik in kleinen Anspielungen identifiziert werden kann, bliebe dem literarisch voll ausgebildeten Publikum vorbehalten.

ALS ANHÄNGER DES NIZÄNISCHEN CREDOS ZWISCHEN ANHÄNGERN DES ARIANISCHEN GLAUBENS: ASPEKTE DER CHRISTLICHEN DICHTUNGEN DES DRACONTIUS

MUTTER ERDE IN DRACONTIUS’ BIBELEPOS1 ‘DE LAUDIBUS DEI’ Hedwig Schmalzgruber ABSTRACT In diesem Beitrag wird der Aspekt der Mutter Erde in Dracontius’ Bibelepos ‘De laudibus Dei’ in den Blick genommen, wobei unterschieden wird zwischen der expliziten Bezeichnung der Erde als Mutter und dem Konzept der mütterlich tätigen Erde. Es wird schließlich festgestellt, dass Dracontius mit dieser Vorstellung zugleich in der Tradition der griechisch-römischen Antike steht, welche sich die christliche Literatur vor ihm bereits angeeignet hat, und in der biblischen Tradition des Alten Testaments. Eine polemische Auseinandersetzung mit der kultischen Verehrung der antiken Erdgöttin Gaia bzw. Tellus / Terra, wie sie sich in der Kirchenväterliteratur in apologetischen Zusammenhängen findet, ist in ‘De laudibus Dei’ nicht festzustellen.

In seinem Aufsatz „Kosmische Mächte im Bibelepos des Dracontius“ geht Wolfgang Speyer der Beobachtung nach, dass Dracontius „in sein Bibelepos ‚De laudibus Dei‘ zahlreiche antike Gedanken und Formulierungen verwoben [hat]“, zu denen „auch das Motiv verschiedener kosmischer Mächte [zählt]: der Terra Mater, der Natura, der Elemente und der Sonne.“2 Der Schwerpunkt seiner Darstellung liegt auf den drei letztgenannten Aspekten, wobei er zu dem Ergebnis kommt, dass Dracontius die Abhängigkeit der gesamten Natur vom Willen Gottes betone, ohne sich aber nach Art christlicher Polemik kritisch mit der antiken Verehrung der Natur und der Elemente als Götter auseinanderzusetzen. Vielmehr stehe der Gedanke, dass die gesamte Schöpfung Gott unterworfen sei, in der Tradition paganer hymnenartiger Gebete, in denen seit hellenistischer Zeit die Herrschaft einer „zum Allgott erhobene[n] Gottheit“3 über den ganzen Kosmos gepriesen werde. Diese Tradition werde auch von vielen anderen christlichen Dichtern der Spätantike im Konzept der Natura oboediens, der dem göttlichen Willen gehorsamen Natur, aufgegriffen. Tatsächliche, allerdings vergleichsweise maßvolle Polemik zeige sich dagegen in Bezug auf den rosselenkenden Sonnengott Sol. Dem Aspekt der Terra Mater widmet sich Speyer nur relativ kurz,4 was der vorliegende Beitrag zum Anlass nehmen will, dem Konzept der Mutter Erde in ‘De 1

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Zur Klassifizierung von ‘De laudibus Dei’ als Bibelepos siehe Speyer 1988, 275, dem ich hier folge, sowie etwa Johannes Schwind: Epos, Lexikon der antiken christlichen Literatur, Stuttgart u.a. 2002, 231f., hier 232. Zur grundsätzlichen Problematik der Begriffe „Bibelepos“ und „Bibelparaphrase“ siehe Hedwig Schmalzgruber: Studien zum Bibelepos des sogenannten Cyprianus Gallus. Mit einem Kommentar zu gen. 1–362, Stuttgart 2017, 38 Anm. 66 mit einschlägiger Literatur. Vgl. Speyer 1988, 276. Vgl. ebd. 278. Vgl. ebd. 276 unter der Überschrift „1. Terra Mater-Creatrix und Natura Mater-Creatrix“.

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laudibus Dei’ weiter nachzuspüren und zu fragen, inwiefern Dracontius hier griechisch-römische Antike und jüdisch-christliches Gedankengut miteinander verwoben hat. Unabhängig von dieser Fragestellung gehört das Bild der Mutter Erde freilich „zum Urbestand menschlicher Frömmigkeit“ und ist bei den verschiedensten Völkern präsent.5 An drei Stellen in laud. dei wird die Erde explizit als Mutter bezeichnet, wobei zwei davon innerhalb des Schöpfungsberichts im ersten Buch angesiedelt sind.6 Im Kontext des dritten Schöpfungstages (Gen 1,9–10) wird ausgeführt, wie das trockene Land aus den Fluten auftaucht, vgl. laud. dei 1,156f. arida materies rapitur de corde fluenti / nondum mater humus …7. Dracontius hebt hier hervor, dass die Erde (humus)8 unmittelbar nach ihrer Scheidung vom Wasser noch kein Leben hervorbringt, was insofern mit dem biblischen Bericht in Einklang ist, als die Erde erst auf Gottes Anweisung hin grüne Pflanzen mit Samen wachsen lässt (vgl. Gen 1,11f.). Ausführlicher reflektiert Basilius in hex. 2,3 über die künftige Mutterschaft der noch von der Urflut bedeckten und daher ungestalteten Erde: Als diese noch vom Wasser bedeckt gewesen sei, habe sie den ihr eigentümlichen Pflanzenschmuck noch nicht besessen, „schwanger gehend mit dem Ursprung aller Dinge dank der vom Schöpfer in sie gelegten Kraft, aber wartend auf die gelegene Zeit, um auf den göttlichen Befehl hin ihre eigenen Leibesfrüchte ans Tageslicht zu bringen.“9 Zwanzig Verse später, nach einer Beschreibung der unterschiedlichen geographischen Formationen, die die Erdoberfläche annimmt, und einer Aufzählung verschiedener Pflanzen, die nun aus der Erde hervorwachsen, wird die Erde, die eben noch nicht Mutter gewesen ist, ganz selbstverständlich als Mutter bezeichnet, vgl. laud. dei 1,176f. una parens tellus non unum fundit honorem, / sed quot sunt herbae, tot permiscentur odores.10 Da Dracontius nicht den 5

Vgl. ebd. 276. Zum universalen Konzept der mütterlichen Erde vgl. auch die nicht unumstrittene Arbeit von Albrecht Dieterich: Mutter Erde. Ein Versuch über Volksreligion, Berlin 2 1913, sowie Olof Pettersson: Mother Earth. An Analysis of the Mother Earth Concepts according to A. Dieterich, Lund 1967, John Arnott Mac Culloch: Earth, Earth-Gods, in: James Hastings (Hrsg.): Encyclopaedia of Religion and Ethics 5, Edinburgh u. a. 1981, 127–131, v. a. 129–131, und Carl Olson: Erde, religionswissenschaftlich, RGG4 2, Tübingen 1999, 1397–1399. 6 Speyer 1988, 276 nennt lediglich laud. dei 1,157 und 1,176. 7 „Die trockene Materie wird aus dem fließenden Herzen gerissen, der Erdboden, noch nicht Mutter“. Diese und alle folgenden deutschen Übersetzungen zu laud. dei stammen von der Verfasserin, einige Anregungen verdanken sie der noch unveröffentlichten zweisprachigen Ausgabe mit Einleitung und Erläuterungen zu ‘De laudibus dei’ von Silke Diederich, die demnächst in der neuen Reihe „Litterae Christianorum“ (Franz Steiner Verlag Stuttgart) erscheinen soll. 8 Humus bezeichnet hier die Erde im Sinne des festen Landes, das vom Wasser getrennt wird, vgl. ThLL VI 3,3123,31–33. 9 Vgl. Basil. hex. 2,3 (15 B) ὠδίνουσα μὲν τὴν πάντων γένεσιν διὰ τὴν ἐναποτεθεῖσαν αὐτῇ παρὰ τοῦ δημιουργοῦ δύναμιν, ἀναμένουσα δὲ τοὺς καθήκοντας χρόνους, ἵνα τῷ θείῳ κελεύσματι προαγάγῃ ἑαυτῆς εἰς φανερὸν τὰ κυήματα (deutsche Übersetzung von der Verfasserin). Auf diese Stelle weisen auch Moussy / Camus 1985, 271 z. St. hin. 10 „Die eine Mutter Erde bringt nicht nur eine einzige Art Schmuck hervor, sondern wie viele Kräuter es gibt, so viele Düfte vermischen sich.“

Mutter Erde in ‘De laudibus dei’

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Befehl Gottes nach Gen 1,11 erwähnt, dass die Erde samentragende Grünpflanzen und fruchttragende Bäume mit Samen wachsen lassen soll, erscheint diese Bezeichnung etwas unvermittelt.11 Die Wendung una parens dient nicht nur als Kontrast zu non unum … honorem, um der einen Erde die Vielfalt der von ihr erzeugten Vegetation gegenüberzustellen, sondern es klingt darin auch die verbreitete Vorstellung an, dass die Erde die Mutter a l l e r sei.12 Die dritte hier anzuführende Stelle ist laud. dei 2,189 sic fit mater humus qua germina cuncta creantur.13 Dass die Erde Mutter wird, ist in diesem Kontext ein Beweis für die Allmacht und Fürsorge Gottes, mit der er sein Schöpfungswerk am Leben erhält. Die erste Vershälfte sic fit mater humus erinnert in Bau und Wortwahl deutlich an die erste Hälfte von laud. dei 1,157 nondum mater humus, zu der sie inhaltlich gesehen in einem antithetischen Verhältnis steht: Nach dem Auftauchen aus der Flut war die Erde noch nicht Mutter, dank Gottes fürsorglichem Willen wird sie es aber später.14 Etlichen anderen Passagen in laud. dei liegt das Konzept der Mutter Erde zugrunde, ohne dass die Erde explizit als Mutter bezeichnet wird, wobei die Muttermetaphorik unterschiedlich stark ausgeprägt ist. In laud. dei 1,333f. ast hominem non terra parit,15 non pontus ab undis, / non caelum, non astra creant, non purior aer erläutert Dracontius, dass den Menschen nicht die Erde „gebiert“ und auch nicht das Meer, der Himmel, die Sterne und der Äther. Vielmehr habe Gott ihn Glied für Glied aus Staub geformt (1,335f.). Damit setzt er die Erschaffung des Menschen durch Gott persönlich gemäß dem zweiten biblischen Schöpfungsbericht (Gen 2,7) von der Erschaffung der Pflanzen, Fische, Vögel und Landtiere ab, die von der Erde bzw. vom Wasser auf Gottes Geheiß hin hervorgebracht werden (vgl. Gen 2,11f. 20f. 24).16 Andere Verben, die auf die Erde als Subjekt bezogen sind und ihre generative Funktion bezeichnen, sind producere, dare, proferre, fundere, creare und generare. So erzeugt die Erde blutrote Ähren als warnendes Vorzeichen (laud. dei 1,65f. et roscida tellus / sanguine puniceas spi11 Vgl. Irwin 1942, 74 z. St., der dies als „a strange inconsistency“ empfindet. 12 Vgl. etwa Cic. Cluent. 193 nemo quin terram ipsam uiolari quae mater est omnium uestigiis consceleratae m a t r i s putaret, Colum. 2,1 p a r e n t e m omnium terram sicut muliebrem sexum aetate anili iam confectam progenerandis esse fetibus inhabilem, Suet. Iul. 7,2 … quando mater, quam subiectam sibi uidisset, non alia esset quam terra, quae o m n i u m p a r e n s haberetur; im christlichen Bereich etwa Aug. civ. 12,26 sed ne ipsam quidem terram, quamuis m a t e r o m n i u m fecunda uideatur, … 13 „So wird zur Mutter der Erdboden, von dem alle Keime hervorgebracht werden.“ 14 Auf die Parallele weisen auch Moussy / Camus 1985, 344 zu 2,189 hin. 15 Zu dieser Junktur vgl. auch Lucr. 2,992–995 … unde [sc. a caelo] alma liquentis / umoris guttas mater cum terra recepit, / feta p a r i t nitidas fruges arbustaque laeta / et genus humanum, p a r i t omnia saecla ferarum, Ov. ars 3,185 quot noua t e r r a p a r i t flores …, Ov. met. 15,91f. scilicet in tantis opibus, quas optima matrum / t e r r a p a r i t …, Avien. orb. terr. 1145f. … non ollis [sc. Erembis] pabula in usum / t e r r a p a r i t : glaebas abrodunt more ferarum, Ps. Ambr. nat. rer. 41f. … alimenta / rebus t e r r a p a r i t multiplicatque parens, 70 … ex his [sc. umore et calore] omnia t e r r a p a r i t , Prud. ham. 385 hoc pulchrum quod t e r r a p a r i t . 16 Vgl. auch Moussy / Camus 1985, 290f. zu 1,332–336.

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cis p r o d u c i t aristas), weidendes Vieh (1,272 ni pascenda d a r e t tellus iumenta per agros),17 schreckliche Löwen (1,277 impia terribiles p r o d u c i t terra leones)18 und verschiedene Gewürz- und Duftpflanzen (1,326. 328 cinnamon interior p r o f e r t sub Phoenice tellus / … / haec nardi flores, haec portio f u n d i t amomum).19 Gott übergibt den Menschen die ganze Erde und alles, was sie auf seinen Befehl hin hervorgebracht hat (1,402 his datur omnis humus cum quicquid iussa c r e a u i t ). Alles, was die Erde erzeugt, soll das Eigentum der Menschen bleiben (1,412f. nam totum quod terra c r e a t , … / … addictum uestro sub iure manebit) und ist zur Nutzung durch sie bestimmt (1,579f. quod g e n e r a n t terrae: … / usibus humanis data sunt haec cuncta uenire). Auch wenn Dracontius von den Menschen als „Nachkommenschaft der Erde“ (1,418 terrena propago),20 „erdgeborener Nachkommenschaft“ (2,378 terrigena proles) und von den „Erdgeborenen“ (1,241 terrigenis)21 spricht, lässt sich das Konzept der Mutter Erde noch erahnen, wenngleich diese Ausdrücke im alttestamentlichen Kontext darauf anspielen, dass Gott Adam aus Erde geformt hat (vgl. Gen 2,7).22 Dass das abgestorbene Getreide jedes Jahr aufs Neue in den Ackerfurchen „wiedergeboren“ wird (1,625f. annua conspiciant agris frumenta r e n a s c i / mortua per sulcos terram findentis aratri), ist im Textzusammenhang zwar eines von mehreren Exempla für die durch Gott bewirkte Auferstehung des Fleisches, ließe sich aber auch mit dem Mutteraspekt der Erde in Verbindung bringen, aus der das neue Getreide hervorwächst. Auch in anderen alttestamentlichen Bibeldichtungen findet sich die Idee der Erde, die gehorsam gegenüber dem göttlichen Willen schöpferisch bzw. explizit mütterlich tätig wird, insbesondere im Kontext des Schöpfungsberichts. Im Vergil-Cento der Dichterin Proba ist die Erde als Akteurin an der Schöpfung beteiligt, indem sie Blumen wachsen lässt, die Blätter der Pflanzen entfaltet und wilde Tiere sowie Vieh aus den Wäldern „herausführt“ (Proba cento 92. 99–101): fundit humus flores et frondes explicat omnes … quarto terra die uariarum monstra ferarum omnigenumque pecus nullo custode per herbam educit siluis subito mirabile uisu.

In der ‘Alethia’ des Claudius Marius Victorius wird beschrieben, wie Gott am sechsten Tag der Erde, die in der Sonnenwärme ihre „schwangeren Glieder gelockert“ hat (aleth. 1,136 iamque tepens tellus grauidos laxauerat artus), die Her17 Auf diese Stelle verweist auch Speyer 1988, 276. Die Erde erscheine hier „als die Schöpferin der Herdentiere und gewissermaßen auch als Mutter.“ 18 Impia, ‘ruchlos, grausam’, wird die Erde hier genannt, weil sie gefährliche Raubtiere hervorbringt. Vgl. auch Moussy / Camus 1985, 282 z. St., die impius hier in der weiteren Bedeutung von nefarius, immitis auffassen, und Irwin 1945, 78 z. St., der impia im Sinne von „undutiful“ versteht, insofern die Erde eben nicht pia („dutiful“) ‘nützliche’ Geschöpfe erzeugt, sondern Raubtiere. 19 Vgl. hierzu Moussy / Camus 1985, 288f. zu 1,326 und 1,326–328. 20 Zur Junktur vgl. bereits Paul. Nol. carm. 9,64. 21 Vgl. hierzu Speyer 1996 (a), 479 Anm. 89 mit Verweis auf Lucr. 5,1411. 1427. 22 Vgl. ebd. und Moussy / Camus 1985, 279 z. St.

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vorbringung der Landtiere befiehlt (aleth. 1,137–139), woraufhin aus der fruchtbaren Erde unverzüglich „lebende Beweise“ hervorbrechen (aleth. 1,140f. nec mora prorumpunt fetis uitalia terris / pignora).23 Alcimus Avitus lässt in seiner Dichtung „De spiritalis historiae gestis“ die Erde „durch freudvolle Geburt“ sogleich alle Arten von Pflanzen hervorbringen und sich mit Gras bekleiden (Alc. Avit. carm. 1,24f. actutum suaui producens omnia fetu / pulchra repentino uestita est gramine tellus), wobei er betont, dass das Pflanzenwachstum auf die Fruchtbarkeit von Gottes Wort zurückzuführen sei (carm. 1,27f. sic ubere uerbi / frondescunt siluae). Später übergibt Gott den Menschen die Schöpfung mit den Worten, dass alles, was Himmel, Erde und Meer erzeugen, ihrem Nutzen diene (carm. 2,154f. quod caelum, quod terra creat, quod gurgite magno / producit pelagus, uestros confertur in usus). In ähnlicher Weise erhält Noah im Buch Genesis der Heptateuchdichtung nach der Sintflut von Gott die Herrschaft über alle Erzeugnisse von Erde und Meer (Cypr. Gall. gen. 335–337): prosequitur uatem domini benedictio mitem, scilicet ut cunctis, quae tellus et mare gignit, imperitet fidus, cum sint subiecta regenti.

In keiner dieser Dichtungen wird aber die Erde wie bei Dracontius explizit als Mutter (mater, parens, genetrix oder creatrix) bezeichnet. Mit dem Bild der mütterlichen Erde stehen Dracontius und die anderen genannten Bibeldichter zum einen in der Tradition der griechisch-römischen Antike mit ihren Erdgöttinnen Gaia bzw. Tellus, wobei I. Opelt zwischen dem Konzept der generativen Erde und der konkreten Gestalt der „Mutter Erde“ unterscheidet24. „Mutter Erde“ erscheint im griechischen Bereich erst im 5. Jhd. v. Chr. beim Philosophen Anaxagoras, der Euripides stark beeinflusst hat, und ist bei Platon eine geläufige Junktur, die die Erde insbesondere als Mutter und Nährerin der Menschen bezeichnet. In der römischen Religion fehlen Gebete zur Mutter Erde, diese finden sich nur in literarischer Stilisierung. Seit der augusteischen Zeit sind die Namen Tellus / Terra mater / parens in der römischen Literatur gängig.25 Gleichzeitig ist die Vorstellung von der „selbsttätige[n] Fruchtbarkeit“26 der Erde, die auf Gottes Befehl hin die Pflanzen und Landtiere hervorbringt, im biblischen Schöpfungsbericht (Gen 1,11f. 24) grundgelegt. Deutlicher wird an anderen Stellen des Alten Testaments in bildlich-poetischer Weise von der mütterlichen Erde gesprochen, ohne dass aber die prägnante Formulierung „Mutter Erde“ verwendet 23 Speyer 1988, 276 Anm. 6 ist dagegen der Meinung, dass die Vorstellung von einer mütterlich tätigen Erde in der ‘Alethia’ fehle. 24 Vgl. Ilona Opelt: Erde, RLAC 5, 1962, 1113–1179, hier 1147. Zu Mythos, Kult und Ikonographie der Gaia vgl. ebd. 1125–1130, zu Kult und Darstellung der altitalischen Tellus vgl. ebd. 1130–1138. Zu beiden Gottheiten vgl. auch Fritz Graf: Gaia, DNP 4, 1998, 733f. und C. Robert III. Phillips: Tellus, DNP 12,1, 2002, 100–102 mit weiterer Literatur. 25 Vgl. Opelt 1962, 1147–1150 (wie Anm. 24). Zu Belegen aus der augusteischen und späteren lateinischen Prosa und Dichtung sowie aus kaiserzeitlichen römischen Inschriften vgl. 1149f. Zuvor bezeichnet bereits Pacuvius die Erde als Mutter der Menschen, vgl. 1148. 26 Vgl. Opelt 1962, 1115 (wie Anm. 24).

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wird. Der kulturhistorisch älteren Auffassung zufolge wird der menschliche Körper in den verborgenen Tiefen der Erde gebildet (vgl. Ps 139,15), der neueren Auffassung nach ist die Erde im Sinne des Erdbodens, aus dem der Mensch nach Gen 2,7 von Gott geformt wird, der Ursprung des Lebens. So sagt Hiob (vgl. Ijob 1,21), er sei nackt aus dem Schoß seiner Mutter gekommen und werde nackt dorthin zurückkehren (ähnlich Pred 5,14). Nach Sir 40,1 hat Gott den Menschen „ein schweres Joch […] auferlegt von dem Tag, an dem sie aus dem Schoß ihrer Mutter hervorgehen, bis zum Tag ihrer Rückkehr zur Mutter aller Lebenden“.27 Der jüdische Exeget Philo von Alexandria bezeichnet die Erde in Fortführung platonischer Gedanken explizit als Mutter, da sie dem biblischen Bericht zufolge „die Ursache der Entstehung u[nd] der Erhaltung von Tieren u[nd] Pflanzen“ sei und da auch die Menschen ursprünglich aus Erde entstanden seien.28 Für die christlichen Kirchenväter ist die Erde als Ackergrund „der Ort gottgewollter Fruchtbarkeit“29, ein Gedanke, der gelegentlich auch in der (nicht polemisch gemeinten) Vorstellung von der fruchtbaren Mutter Erde seinen Niederschlag findet.30 Eine polemische Auseinandersetzung mit der kultischen Verehrung der antiken Erdgöttin Gaia bzw. Tellus / Terra, wie sie sich bei etlichen Kirchenvätern in meist apologetischen Zusammenhängen findet,31 ist in laud. dei nicht festzustellen. Allerdings macht Dracontius in Übereinstimmung mit dem Alten Testament immer wieder deutlich, dass die Erde nicht aus eigener Kraft Leben hervorbringt, sondern dass ihre Produktivität auf Gott zurückzuführen ist: Gott übergibt den Menschen alles, was die Erde auf sein Geheiß hin hervorgebracht hat (laud. dei 1,402 … quicquid iussa creauit).32 Gottes Fürsorge für seine gesamte Schöpfung ist die Ursache dafür, dass die Erde Mutter wird (2,186–189):33 27 Diese und alle weiteren Bibelübersetzungen folgen der Einheitsübersetzung. Vgl. hierzu Johannes Nelis: Erde, in: Herbert Haag (Hrsg.): Bibel-Lexikon, Einsiedeln u.a. 21968, 408–413, hier 409 unter „(B) Mutter Erde“. 28 Vgl. Opelt 1962, 1119f. (wie Anm. 24) mit Belegen aus Philo, das Zitat auf S. 1119. 29 Vgl. ebd. 1160. 30 Vgl. die ebd. 1161 genannten Belege Anth. Pal. 8,106,1 (Greg. Naz.) χθόνα, μητέρα πάντων bzw. tellus, matrem omnium, Greg. Naz. carm. 1,2,10,479 (PG 37,714) Καὶ γῆς πόνοις ἔδωκε μητρὸς τῆς ἐμῆς / ac terrae miseriis matris meae me addixit, Aug. civ. 12,26 sed ne ipsam quidem terram [sc. fructuum creatorem dicimus], quamuis mater omnium fecunda uideatur, quae germinibus erumpentia promouet et fixa radicibus continet und Ambr. epist. 44,2 Terra quoque ferrea est, cum prouentus abnuit et iacta sibi semina tamquam hostili duritia genitali excludit aruo, quae gremio solet blandae matris fouere; ferner z. B. Tert. adv. Iud. 2 atque ita nec dominum deum offendissent ut patrem, qui eos de limo terrae quasi ex utero matris figurauerat, Ambr. hex. 3,8,35 ita et … nihil terra delinquit et, quando arridet, ubertas fecundae matris se in partus effundit, ut numquam ullum dispendium suo inferat creditori, epist. 34,2 collecta etenim in unum congregatione aquarum non se penitus exinaniuit terra et fraudauit inriguis suis, sed hodieque in fontes prorumpit et deducit meatus fluminum, quibus pignora sua quasi pia mater plenis lactat uberibus, Aug. gen. ad litt. 5,23 alternis igitur successionibus alterum [sc. arborem] ex altero [sc. semine], sed utrumque ex terra nec ex ipsis terra; prior igitur eorum parens terra. 31 Vgl. Opelt 1962, 1164–1166 (wie Anm. 24). 32 Vgl. Gen 1,11 „Dann sprach Gott: Das Land lasse junges Grün wachsen, alle Arten von Pflanzen, die Samen tragen, und von Bäumen, die auf der Erde Früchte bringen mit ihrem

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est tibi cura, Deus, de quicquid ubique creasti; ne tantum succumbat opus, stat cura minorum et speciale iubes tam quam generale tueri. sic fit mater humus qua germina cuncta creantur, sic mare ueliuolum mercator nauta uagatur …

Durch Gott ist die Erde fruchtbar (2,223 per te fetat humus, per te, Deus, herba uirescit)34. Darüber hinaus wird wiederholt betont, dass die Erde, wie auch die anderen Bestandteile der Schöpfung, Gott und seinem Willen unterworfen ist: Gott ist es, vor dem die Erde erzittert (2,154 tu Deus es quem terra tremit) und den die fruchtbare Erde anruft (2,216 te tellus fecunda uocat). Zusammen mit den Himmelskörpern, dem Meer und der Luft hält sich die Erde an die Weisungen, die sie von Gott empfangen hat, und bleibt ihm für immer treu ergeben (2,342f. et tellus accepta Dei praecepta reseruant / ac deuota pie per saecula mille morantur). Durch Gott besteht die Erde wie der Himmel, das Meer und die Sterne (3,555 per quem celsa poli tellus mare sidera constant). Diese Gedanken entsprechen nicht nur der biblischen Tradition von Gottes Herrschaft über die Schöpfung,35 sondern auch dem Konzept der Natura oboediens, das sich bei zahlreichen christlichen Dichtern der Spätantike findet und, wie Speyer nachweist, in der Tradition paganer Götterhymnen steht.36 Dracontius’ Konzept der Mutter Erde, die in Abhängigkeit vom Willen Gottes generativ tätig wird, knüpft also an die Tradition der griechisch-römischen Antike an, welche die christliche Literatur vor ihm bereits rezipiert und sich angeeignet hat. Hinzu kommt als weitere wichtige Tradition die des Alten Testaments, die ihrerseits von antikem Gedankengut beeinflusst sein kann.37 Auffällig ist, dass die explizite Bezeichnung der Erde als Mutter in laud. dei nur an drei Stellen auftritt, wobei zweimal der Begriff mater und einmal parens verwendet wird. Auch die Natur, auf die Dracontius in laud. dei mehrfach das Bild der Mutter überträgt,38 wird nur viermal explizit als solche bezeichnet, zweimal als parens (3,27 et natura parens per tempora cuncta ministrat, 3,554 et rerum natura parens famulata tremescit) und zweimal als creatrix (1,27 inde potens generata manet natura creatrix, 2,76f. quicquid natura creatrix / nutrit ad innumeros diuersi sanguinis ortus). Weitaus dominanter als die Vorstellung von der mütterlichen Erde bzw.

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Samen darin. So geschah es“ sowie Gen 1,24 „Dann sprach Gott: Das Land bringe alle Arten von lebendigen Wesen hervor, von Vieh, von Kriechtieren und von Tieren des Feldes. So geschah es.“ Vgl. Weish 12,13 „Denn es gibt keinen Gott außer dir, der für alles Sorge trägt“. Auf diese Stelle verweisen Moussy / Camus 1985, 422 zu 2,186. Vgl. Ps 104,14f. „Du lässt Gras wachsen für das Vieh, auch Pflanzen für den Menschen, die er anbaut, damit er Brot gewinnt von der Erde / und Wein, der das Herz des Menschen erfreut, damit sein Gesicht von Öl erglänzt und Brot das Menschenherz stärkt.“ Zu Belegen vgl. etwa Angelika Berlejung: Erde/Land, in: Dies. / Christian Frevel (Hrsgg.), Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 52016, 161–164, hier 161. Vgl. oben Abschnitt 1 und Speyer 1988, 277–279. Dies könnte etwa auf Sir 40,1 zutreffen, vgl. Opelt 1962, 1117 (wie Anm. 24). Vgl. Speyer 1988, 276 mit Belegen.

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Natur ist, wie bei einem christlichen Autor zu erwarten, das Konzept von Gott Vater, der in laud. dei zehnmal parens, siebenmal pater, zweimal genitor und einmal creator genannt wird.39 Aber auch ein christliches Mutterkonzept tritt in laud. dei neben das der Mutter Erde bzw. Mutter Natur, nämlich das der Arche Noah, die gleichsam die neue Menschheit gebiert. So wird in laud. dei 2,390–396 ausgeführt, dass die Arche durch die Fluten schwimmt, „um nach der Empfängnis zugleich junge Männer und Greise, Knaben, liebevolle Mütter und zarte Mädchen zu gebären“ (2,392f. conceptu paritura simul iuuenesque senesque / et pueros matresque pias tenerasque puellas). Der Erde kommt lediglich die Aufgabe zu, diese Menschen unterschiedlicher Generationen gleichzeitig in Empfang zu nehmen, wodurch sie sie zu „Gleichaltrigen“ macht (2,395f. excepit pariter tellus natosque patresque / aequaeuosque facit diuersi temporis ortus)40. Dieses Bild vom mütterlichen Schoß der Arche, dem die aus der Sintflut Geretteten entspringen, wird in der Theologie der Kirchenväter typologisch zur „Dogmatik vom Mutterschoß der Kirche“ entfaltet, „aus dem die in der Taufe geretteten Kinder eines neuen Geschlechts hervorgehen“.41

39 Zu parens vgl. laud. dei 1,83. 726. 754; 2,30. 46. 62. 67. 150. 551; 3,542; zu pater vgl. 2,28. 68. 99. 103; 3,116. 629. 728; zu genitor vgl. 2,2. 104; zu creator vgl. 2,242. 40 Zu einer Interpretation dieser Passage vgl. Moussy / Camus 1985, 353f. zu 2,369. 41 Vgl. Hugo Rahner: Symbole der Kirche. Die Ekklesiologie der Väter, Salzburg 1964, 531– 534, das Zitat auf S. 531.

DRACONTIUS AUF KONFRONTATIONSKURS Widerständige Positionen in ‘De laudibus Dei’ Silke Diederich ABSTRACT Gegenstand dieser Untersuchung ist die Frage, wie Dracontius in seiner Bibeldichtung ‘De laudibus Dei’ – entstanden wohl um das Jahr 495 in vandalischer Haft – die bestehenden religiösen, kulturellen und politischen Konfliktlagen zuspitzt, wie er polemisiert und die verschiedenen Lager gegeneinander ausspielt. Es soll hier also diejenige Seite von ‘De laudibus Dei’ in den Blick genommen werden, die auf Konfrontation ausgerichtet ist. Denn in seinem Hauptwerk positioniert sich Dracontius erstens als Römer gegenüber den Vandalen, zweitens als Katholik gegenüber den Arianern und drittens als Christ gegenüber der paganen Tradition. Natürlich hätte er all diese Konfliktherde auch umgehen können, was er aber nicht tut. Im Gegenteil: Dracontius bezieht sehr deutlich Position zwischen den Fronten: Er konfrontiert einerseits die arianischen Herrscher mit seinem dezidierten Bekenntnis zur nicänischen Trinitätslehre und dem Herausstreichen seiner römischen Bildung, andererseits aber auch die heidnisch-römische literarische Tradition mit seiner christlichen Kritik. Daher soll im folgenden zunächst Dracontius’ Frontstellung gegen die arianischen Vandalen in ‘De laudibus Dei’ untersucht und danach in den Blick genommen werden, wie seine Abrechnung mit der paganen römischen Tradition erfolgt.1

1. DIE KONFRONTATION MIT DEN ARIANISCHEN VANDALEN Es gab offensichtlich Vandalen, die sich um eine gewisse Aneignung der römischen Leitkultur bemühten. Denn das Beherrschen der lateinischen Sprache erleichterte natürlich das politische Tagesgeschäft: Zum einen vereinfachte es innenpolitisch den Umgang mit der römischen Bevölkerung. Denn wie konnten die Vandalen als eine numerische Minderheit von nur wenigen Zehntausenden eine nicht nur zahlenmäßig sondern auch kulturell weit überlegene Mehrheit regieren, ohne deren Sprache zu beherrschen? Zum anderen wäre es auch außenpolitisch schwierig gewesen, zumal angesichts der Verachtung, die Römer wie Griechen den barbari schon von jeher entgegenbrachten, auf internationalem Parkett zu bestehen, ohne zumindest Latein sicher zu beherrschen. Doch je mehr sich die Vandalen an die römische Kultur assimilierten, desto mehr mußte der Gegensatz zwischen kultivierten Römern und barbarischen Vandalen schwinden. Diesen Prozeß hatte Dracontius in seinem Jugendgedicht Romul. 1 kommentiert, wo er seinen Lehrer Felicianus, der die Vandalensöhne in 1

Zum kulturellen und soziopolitischen Kontext von ‘De laudibus Dei’ s. demnächst Verf. in der Einleitung der im Erscheinen begriffenen zweisprachigen Ausgabe des Werks in der Reihe Litterae Christianorum.

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römischer Literatur unterrichtete, mit Orpheus verglich, der mit seinem Gesang die wilden Tiere bändigte.2 Diese Stelle belegt, wie mächtig die Anziehungskraft des römischen literarischen Erbes war, selbst wenn wir bei Dracontius rhetorische Übertreibungen in Rechnung stellen. Denn zumindest einige Vandalen schickten ihre Söhne ja offenbar in römische Schulen, und laut der ‘Romuleon’-Stelle zeitigte dieser Unterricht auch tatsächlich einen gewissen kultivierenden Effekt. Jedoch ist der Vergleich der Vandalensöhne mit wilden Tieren nicht gerade schmeichelhaft. Hier läßt sich eine unterschwellige Verachtung des alteingesessenen Römers für die vandalischen Barbaren ablesen, die schon einen Lehrer wie Felicianus benötigen, um überhaupt ein humanes Niveau zu erreichen. Diese ‘Romuleon’-Stelle läßt also bereits ein zwiespältiges Verhältnis zwischen den beiden Gruppen erkennen: Einerseits dokumentiert sie die Bemühung zumindest einiger Vandalen um Aneignung römischen Kulturguts und um eine Eingliederung in die Zivilisation des westlichen Mittelmeerraumes. Andererseits demonstriert sie aber auch das stolze kulturelle Überlegenheitsbewußtsein der Römer. Die Reaktionen der Römer auf die vandalischen Bildungsbemühungen waren also nicht uneingeschränkt begeistert. Das Epigramm ‘De conviviis barbaris’ (‘Über die barbarischen Gastmähler’) – falls es denn in diesem historischen Rahmen angesiedelt werden kann3 – hätte eine ähnliche Stoßrichtung (Anth. 285– 285a R.2 = 279–280 Sh.-B.): inter ‘eils’ goticum ‘scapia matzia ia drincan!’ non audet quisquam dignos edicere uersus. Calliope madido trepidat se iungere Baccho,  ne pedibus non stet ebria Musa suis. Zwischen den gotischen „Heils: Schaff‘ Essen und Trinken herbei!“4 unternimmt keiner das Wagnis, würdige Verse hervorzubringen. Calliope scheut sich davor, sich mit dem volltrunkenen Bacchus zu vereinigen. Wenn die Muse bloß nicht zu betrunken ist, um auf ihren eigenen Füßen zu stehen!

Der anonyme Verfasser scherzt hier über die Schwierigkeit, bei den derben und allzu weinseligen vandalischen Gelagen qualitätvolle Symposialpoesie zu verfassen. Denn dies scheitere zwangläufig an dem notorisch zu hohen Alkoholpegel. 2

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Drac. Romul. 1,1–16: Orpheum uatem renarrant ut priorum litterae / cantitasse dulce carmen uoce neruo pectine / … / tunc feras reliquit ira, tunc pauor iumenta, tunc / lenta tigris, cerua audax, mitis ursus adfuit / … / sancte pater, o magister, taliter canendus es, / qui fugatas Africanae reddis urbi litteras, / barbaris qui Romulidas iungis auditorio, / cuius ordinis profecto semper obstupescimus, / quos capit dulcedo uestri, doctor, oris maxima. Vgl. auch den Beitrag von Konrad Vössing in diesem Band. Forschungsübersicht bei Magnús Snædal: The “Vandal” Epigram, Filologia Germanica/Germanic Philology 1, 2009, 181–213, hier: 189–191. Zu den verschiedenen Rekonstruktions- und Übersetzungsversuchen der germanischen Wörter s. Pier Giorgio Negro: ‘De conviviis barbaris’ (285–285a Riese = 279–280 Shackleton Bailey): una rivisitazione, Torre di Babele: Rivista di Letteratura e Linguistica 1, 2003 189– 203; Snædal (wie Anm. 3), 194–206.

Dracontius auf Konfrontationskurs

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Das Epigramm läßt sich so deuten, daß römische Literaten zu vandalischen Gelagen eingeladen und traditionelle sympotische Dichtungen von ihnen erwartet wurden, denn ansonsten hätte das Epigramm keinen sinnvollen Anlaß und Ausgangspunkt. Die Pointe des Gedichtes zeigt aber auch das Scheitern dieses vandalischen Bildungsanspruchs: Angesichts der wüsten barbarischen Saufgelage sei es schlechthin unmöglich, vernünftige Dichtung zu verfassen. Damit decouvriert das Epigramm den komischen Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit vandalischer Bildungskultur aus der Sicht der Römer: Der Vandale möchte (ähnlich wie Petronius’ neureicher Prolet Trimalchio) gerne an die großen kulturellen Traditionen anknüpfen, schafft es aber einfach nicht, die dazu notwendigen kultivierten Rahmenbedingungen bereitzustellen. Barbar bleibt Barbar. Auch auf säkularem Gebiet herrschte zwischen Römern und Vandalen also durchaus nicht das multikulturelle Idyll, das etwa Miles5 gerne sehen möchte. Zwar versuchten zumindest einige Vandalen eine gewisse Annäherung, doch bei einigen Römern, darunter Dracontius, stieß dies auf nur eher verhaltene Gegenliebe. Deutlicher als auf kulturellem Gebiet tritt Dracontius in theologischen Fragen in Opposition zu den vandalischen Arianern. So beschimpft er die Homöer als vernunftlose Schwachköpfe (laud. dei 2,100 insipiens omnis rationis egenus). Das zweite Buch beginnt nämlich mit einem ausführlichen Hymnus auf die Trinität. Nach der Lobpreisung des Vaters und des Heiligen Geistes kommt Dracontius auf Gott Sohn, den göttlichen Logos, zu sprechen (2,60–69) Dabei klingen Formulierungen des Konzils von Nicäa an: In V. 60 fällt z. B. das Stichwort genuisse, womit sich Dracontius, gegen die Homöer, zu dem nicänischen Glaubenssatz bekennt, daß Christus geboren,6 und nicht geschaffen ist. Dabei betont Dracontius nachdrücklich, daß Christus vor allen Dingen existent war, und daß Gottvater niemals ohne ihn gewesen ist.7 Damit tritt er in Opposition zu der arianischen Lehre, daß Christus in der Zeit geschaffen worden sei. Gegen die arianische Leugnung der Konsubstanzialität von Vater und Sohn, die im Fokus der aktuellen theologischen Auseinandersetzungen stand, wendet sich Dracontius auch bei seiner Schilderung der Menschwerdung Christi in 2,98–104. Dort betont er mit Augustinus daß Christus auch nach seiner Menschwerdung nie aufgehört hat, bei Gottvater zu sein.8 Auch sonst legt Dracontius Wert auf die Einheit und Gleichrangigkeit innerhalb der Trinität9 entgegen dem Stufenmodell der Arianer. Nach diesem Modell hatte ja der eine Gott den Sohn als ein halbgöttliches Mittelding und Bindeglied 5 6 7 8 9

Richard Miles: The Anthologia Latina and the Creation of Secular Space in Vandal Carthage, AnTard 13, 2005, 305–320. Natum ex Patre unigenitum … natum, non factum / γεννηθέντα, οὐ ποιηθέντα; s. Heinrich Denzinger / Peter Hünermann (Hrsgg.): Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Freiburg 402005, Nr. 125f., 40. Laud. dei 2,62 quo sine non umquam fuerat mens sancta parentis. Aug. trin. 2,5,9 (CCL 50, 91f.), s. Nodes 1993, 21f., 49–53. Laud. dei 2,68f et consors cum patre manens, et spiritus unus, / trina mente Deus, s. auch 2,106 und 2,563.

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zwischen Gott und Mensch geschaffen. Der Sohn wiederum habe den Heiligen Geist geschaffen, der ihm untergeordnet sei.10 Dem Heiligen Geist hatten die Homöer in dieser Hierarchie somit nur die Rolle eines Dieners des Sohnes und eines Mittlers zwischen den beiden anderen göttlichen Personen und dem Menschen zugestanden.11 Dracontius stellt demgegenüber heraus, daß der Heilige Geist dem Vater und dem Sohn gleich ist und mit ihnen eine untrennbare Einheit bildet.12 Eben diese Frage nach der ebenbürtigen Göttlichkeit des Heiligen Geistes war in Karthago der aktuelle Gegenstand einer hitzigen theologischen Auseinandersetzung.13 Dracontius sticht mit seinem Bekenntnis also in ein Wespennest. Außer in seinen expliziten Bekenntnissen zum nicänischen Glauben zeigt sich Dracontius’ antivandalische Haltung auch in einzelnen kleinen Nadelstichen und Seitenhieben. So führt er im dritten Buch von ‘De laudibus dei’ als Negativexempla den von Judith enthaupteten Eroberer Holofernes (3,480ff.) und König Nebukadnezar an, der von Gott mit Wahnsinn geschlagen wurde (3,718; vgl. satisf. 31–38). Schon der Vandalenkönig Geiserich hatte sich von Predigten über Nebukadnezar und Holofernes provoziert gefühlt, denn diese biblischen Gewaltherrscher wurden von katholischen Geistlichen als Chiffren benutzt, um mehr oder weniger verdeckt gegen die vandalischen Unterdrücker zu predigen. Daher konnten Predigten, die diese biblischen Gestalten zum Gegenstand hatten, schwere Sanktionen von Seiten der Machthaber nach sich ziehen.14 Dracontius spielt hier also mit dem Feuer. 2. KONFRONTATION MIT DEM PAGANEN RÖMERTUM Dracontius’ Auseinandersetzung mit den paganen Naturphilosophien soll hier nur kurz angedeutet werden (auf sein Verhältnis zu Lukrez bin ich an anderer Stelle ausführlich eingegangen). Dabei ließ sich feststellen, daß Dracontius verschiedene philosophische Schulen gegeneinander ausspielt. So setzt er schon im Prooemium von ‘De laudibus dei’ der Venusallegorie des Lukrez im Prooemium von ‘De rerum natura’ vermittels intertextueller Anspielungen eine stark stoisch inspirierte allegorische Natura-Gestalt entgegen. Diese christianisiert er allerdings zu einer 10 S. Rowan D. Williams: Arius, Arianismus, in: LThK 1, 981–989. 11 S. Richard Patrick Crosland Hanson: The Search for the Christian Doctrine of God. The Arian Controversy 318–381 AD, Edinburgh 1988, 571f. 12 Laud. dei 2,68f. et spiritus unus, / trina mente Deus; 2,105f. spiritus … / tertius unus idem, primus mediusque perennis. Dracontius’ nachdrückliche Betonung der Einheit (2,68 und 2,106 unus) des dreifaltigen Gottes wendet sich möglicherweise gegen den polemischen Vorwurf des Tritheismus, der den Nicänern von Seiten der Arianer gemacht wurde. Zu dieser Polemik s. Hanson (wie Anm. 11), 576f. 13 S. z. B. Fulgentius von Ruspe, ‘Abecedarium’ 65f. und 88, s. Yves Modéran: Le christianisme africain à l’époque vandale e byzantine, in: C. Landes u. a. (Hrsgg.): Catalogue de l’éxposition Tunisie: du christianisme à l’Islam, IVe-XIVe siècle, Lattes 2001, 31–36; mit weiteren Belegen auf S. 34f. 14 Victor von Vita 1,22f., s. Mechthild Overbeck: Untersuchungen zum afrikanischen Senatsadel in der Spätantike, Diss. Konstanz 1971, Kallmünz 1973, 70.

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kosmischen Schöpferkraft, die streng dem Willen des einen Gottes folgt. Dracontius verbündet sich sozusagen mit der Stoa gegen die Epikureer, grenzt sich jedoch gleichzeitig von den Stoikern ab. Auch die stoische Vorstellung von der feurigen Weltseele wandelt er im christlichen Sinne um: Er übernimmt das Konzept des stoischen Pneumas, das die Natur durchdringt und mit Leben erfüllt, ordnet es aber dem christlichen Gott als Werkzeug unter (laud. dei 1,24 igne creata fouet). Gegenüber der heidnischen Philosophie zeigt Dracontius somit eine Doppelstrategie von Abgrenzung und Vereinnahmung. In diesem Artikel soll der Focus jedoch auf Dracontius‘ Verhältnis zur paganen Mythologie und Geschichte liegen. Denn diese wären ja weit mehr als subtile und komplexe naturphilosophische Spekulationen dazu geeignet, eine gemeinsame Verständigungsbasis zwischen Vandalen und Römern zu bieten in der Form, wie Miles sie festgestellt zu haben glaubt.15 Denn auch in ‘De laudibus dei’ rekurriert Dracontius ja wiederholt auf die pagane Mythologie, wenn auch naturgemäß in geringerem Umfang als in den ‘Romulea’. Doch sind dabei die unterschiedlichen genrebedingten Konventionen zu beachten, denn schließlich ist ‘De laudibus dei’ eine dezidiert christliche Dichtung, was natürlich eine andere, wesentlich konfliktträchtigere Gemengelage mit sich bringt. Den weltlichen und den geistlichen Gedichten des Dracontius gemeinsam ist ein kritischer Blick auf das pagane Götterbild, das in ‘De laudibus dei’ explizit als Negativfolie für die christliche Heilsbotschaft fungiert. So sollen die von Dracontius vor allem in Buch 3 angeführten zahlreichen Beispiele aus dem paganen Mythos beweisen, daß im heidnischen Aberglauben die Menschen nichts anderes sind als ein Spielzeug launischer und oft grausamer Götter, während im christlichen Glauben ein gerechter, aber letztlich vor allem gütiger Gott das Heil der Menschheit mit Plan und Ordnung lenkt.16 Daß hinter Dracontius’ Polemik gegen die gewalttätigen paganen Götter zusätzlich, in einer Art Chiffre, eine Spitze gegen die Brutalität der arianischen Zwingherren versteckt ist, wie De Gaetano vermutet hat,17 ist nicht auszuschließen. Diese Abrechnung des Dracontius mit der mythisch-historischen Tradition erfolgt in den Modi Überbietung, Kontrastierung, Demontage und Ersetzung. 2.1 Überbietung Oft stellt Dracontius biblische Gestalten gegenüber den mythologischen als überlegen dar. Ein Beispiel ist seine Bearbeitung der biblischen Erzählung von Daniels Rettung aus der Löwengrube: Durch sein bloßes Gottvertrauen stellt Daniel den Herkules, den stärksten aller paganen Helden, in den Schatten. Denn dieser hat nur einen einzigen, den Nemeischen Löwen bezwungen, Daniel dagegen ein gan15 S. dazu Miles (wie Anm. 5). 16 S. dazu etwa Romano 1960, 30–46; Edwards 2004, 152–159 und die umfassenden Arbeiten von Simons 2005 und Selent 2009. 17 De Gaetano 2009, 367f.

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zes Rudel (laud. dei 3,210–214).18 Aeneas in seiner Funktion als Seelenretter wird in laud. dei 3,626 überboten durch Christus: In Vergils ‘Aeneis’ 6,365 hatte der verstorbene Steuermann Palinurus in der Unterwelt den Aeneas um eine ordnungsgemäße Bestattung seines Leichnams gebeten, damit sein Schatten endlich Ruhe finde. Mit denselben Worten fleht Dracontius zu Gott um Erlösung aus seinem Leid.19 Für Dracontius ist also Christus, nicht Aeneas der wahre Beschützer seiner Seele. Christus, der als Todesüberwinder die Seelen aller Verstorbenen aus der Unterwelt emporführt, ist zugleich auch die Überbietung des Herkules, der lediglich den Höllenhund Cerberus aus dem Orcus emporgeschleift hat (laud. dei 2,536–551 im Rückgriff auf 1,73). Dracontius nutzt also das Prestige bedeutender paganer Helden, um durch ihre Überbietung entweder biblische Gestalten oder Gott selber umso größer erscheinen zu lassen. 2.2 Kontrastierung An mehreren Stellen setzt Dracontius das heidnische und das christliche Gottesbild in Kontrast zueinander. Dies geschieht unter zwei Aspekten: Erstens stellt er den christlichen Gott des Lebens den todbringenden heidnischen Göttern gegenüber: So kontrastiert er in laud. dei 3,118–124 die Grausamkeit des Saturn mit der Güte Gottes: Saturn, gleichgesetzt mit dem karthagischen Götzen Baal-Hammon, verlangt Kinderopfer (was in Karthago immer noch fest im kollektiven Gedächtnis verhaftetet war), Gott dagegen verhindert Isaaks Opferung durch seinen Vater Abraham.20 In die gleiche Richtung zielt der Seitenhieb auf die Menschenopfer für die kolchische Diana/Artemis.21 Diese Argumentation ist natürlich äußerst polemisch: In Wirklichkeit bildeten in der griechischrömischen Antike Menschenopfer eine seltene Ausnahme. Von den gebildeten Griechen und Römern wurden sie verurteilt und ihre Praktizierung lieferte einen Standardvorwurf gegen die Barbaren. Doch bereits der Epikureer Lukrez benutzte diese unmenschliche Kultpraxis als Argument gegen den traditionellen griechischrömischen Götterkult. Dieser Vorwurf wurde dann von den christlichen Apologeten in ihrem Sinne übernommen.22

18 Diese abwertende Beurteilung der Herkulesfigur wurde möglicherweise inspiriert durch Lact. inst. 1,18,3–6, s. Simons 2005, 97. 19 S. dazu Stella 2006, 15f. 20 Laud. dei 3,118–124: si Deus ullus erat Saturnus falcifer umquam, / hoc faceret puerosque neci subduceret omnes, / annua quos pietas flebat miseranda parentum, / heu, non orbaret dilecto pignore. natos / qui planctos mortesque facit per sacra rogatus, / nescio si minus est, quod deplacandus ademit, / quam praestare potest, si non praestat, ut adsit (zitiert nach Moussy 1988). 21 Laud. dei 3,217–221: ille Dei famulus fuerat, non forte Dianae, / quae solet insontum fuso gaudere cruore, / sanguinis humani numquam satiata cateruis / hospitibus caesis; humana tabe madescens / Taurica per Colchos crudelis uirginis ara. 22 S. dazu Simons 2005, 79–94.

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Eine zweite Kontrastlinie, neben dem Vorwurf der Grausamkeit der heidnischen Religion, verläuft zwischen der Machtlosigkeit der erlogenen alten Götter und der Allmacht des einen und wahren Gottes (laud. dei 2,592). Hier greift Dracontius die alttestamentliche Ablehnung gegen Götzenbilder aus Holz und Stein auf (z. B. Dtn 4,28). Auch dabei handelt es sich um einen festen Topos der christlichen Apologeten.23 Auch hier konnte man bereits an pagane philosophische Traditionen anknüpfen, so etwa an Varro, der die volkstümliche bildhafte, anthropomorphe Verehrung der Gottheit als naiv verworfen hatte. Den grausamen und nichtigen Göttern des Heidentums stellt Dracontius also den gütigen und allmächtigen christlichen Gott kontrastierend gegenüber. 2.3 Demontage Die Destruktion der glorifizierten paganen mythisch-historischen Tradition bildet eine weitere von Dracontius’ Strategien. In einer langen Exemplakette in Buch 3 (laud. dei 3,257ff.) führt Dracontius mythische und historische Heldenfiguren vor, die aus zweifelhafter Ruhmessucht heraus spektakuläre Taten vollbracht haben. Zunächst nimmt er sich dabei die griechischen Beispiele und ein autochthon karthagisches vor: So vergoß etwa der Heide Menoeceus sein Blut für die Furienstadt Theben und ihre mordlustige Herrscherdynastie (3,261ff.); König Codrus stirbt in Lumpen zur Rettung Athens (3,274ff.); beim nächtlichen Überfall des Leonidas auf das persische Lager ermorden sich Blutsverwandte in der Dunkelheit versehentlich gegenseitig (3,279ff.); die karthagischen Philäner lassen sich für eine Parzelle schlangenverseuchten Ödlandes lebendig im Wüstensand vergraben (3,296ff.). Danach attackiert Dracontius sogar die verehrten Ikonen der römischen Geschichte: Die glorreichen Gestalten aus Vergils Heldenschau im sechsten Buch der ‘Aeneis’, die Anchises dort dem Aeneas als die künftigen strahlenden Größen Roms vorstellt, werden in ‘De laudibus dei’ radikal abgewertet (ab laud. dei 3,322): Darunter Brutus, der Stifter der Republik und der Konsul Torquatus, da beide ihre eigenen Söhne aus Gründen der Staatsraison hinrichten ließen, Verginius, der seine Tochter umbrachte, damit sie nicht die Geliebte eines Tyrannen wurde, Curtius, der sich zur Rettung Roms in eine Erdspalte stürzte und viele andere. Sie alle werden als zweifelhafte Charaktere dargestellt, die aus Gier nach Ruhm oder anderen fragwürdigen weltlichen Motiven in ihrem irregeleiteten Heroismus schreckliche Taten begingen.24 Zwar werden die traditionellen römischen Werte, die mit der christlichen Ethik vereinbar sind, durchaus positiv gewürdigt – dem Friedensbringer Mucius Scaevola etwa wird wahrer Ruhm zugestanden (3,400)25 –, doch zum bei weitem größten Teil werden die heidnischen Exempla 23 Beispiele bei Dieter Kartschoke: Bibeldichtung. Studien zur Geschichte der epischen Bibelparaphrase von Juvencus bis Otfrid von Weißenburg, München 1975, 57; Simons 2005, 74f. 24 S. De Gaetano 2009, 277–280. 25 S. dazu Simons 2005, 115–137.

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abgewertet, indem die moralisch fragwürdigen und widersinnigen Aspekte ihres Heldentums beleuchtet werden. Dracontius’ Vorläufer dabei sind vor allem Augustinus und Orosius. Diese Kirchenväter hatten sich ja dem paganen Vorwurf stellen müssen, das Christentum habe die Erfolgsgeschichte Roms zerstört, die auf dem traditionellen Götterglauben gegründet gewesen sei. Augustinus und Orosius hatten dieser nationalrömischen Ideologie jeweils ihren christlichen Geschichtsentwurf entgegengestellt, der nachweisen sollte, daß die von ihren Gegnern so glorifizierte heidnische römische Historie in Wirklichkeit nichts als eine Aneinanderreihung von Greueln gewesen sei. Diesen Ansatz führt Dracontius fort. Er durchmustert die altehrwürdigen und immer noch ungemein populären Vorbilder aus der Perspektive christlicher Wertvorstellungen. Er mißt sie dabei insbesondere an Tugenden wie Gottvertrauen, Vergebung und Nächstenliebe. Er destruiert das hinter den paganen Helden stehende heidnische Wertesystem, indem er dessen Schattenseiten, wie überzogenen Geltungsdrang und rücksichtslose Brutalität entlarvt. Diese Abwertung der Helden Roms ist fest im Geschichtsbild des Dracontius insgesamt verankert. Denn für ihn ist Roms Geschichte schon im Ansatz verdorben. An ihrem Beginn steht nämlich der Brudermord von Romulus und Remus. Diese Tat sieht Dracontius als eine direkte Fortsetzung der Tötung Abels durch Kain (2,303–306). Sie gilt ihm als das Paradigma des Bürgerkriegs schlechthin, wie das auch schon von Augustinus formuliert worden war.26 Zuvor hatten auch bereits pagane Dichter, wie Horaz und Lucan, den römischen Gründungsmythos als eine Art Sündenfall gedeutet, der einen Fluch für die gesamte römische Nachkommenschaft nach sich ziehe, wie er sich in den Gräueln der Bürgerkriege der ausgehenden Republik manifestiere.27 Diese bereits heidnische Deutung der römischen Ursprungslegende integriert Dracontius nun in die christliche Erbsündenlehre als eine folgerichtige Fortsetzung des Sündenfalls und der Ermordung Abels. Die römische Geschichte wird so, wie Simons erkannt hat, entzaubert und schon von ihrer Gründung her als eine Geschichte von Verbrechen und Gewalt gekennzeichnet.28 Dracontius’ Demontage einiger der bedeutendsten Ikonen der römischen Geschichte birgt schwerwiegende Konsequenzen. Denn die Exempla der verehrten Ahnen hatten nicht nur in der Rhetorik ihren festen Platz, wo sie als wichtige Stützen der Argumentation dienten, sondern sie bildeten auch ein tragendes Element der römischen Erinnerungskultur. Als Embleme nationaler Identität waren sie ein wichtiges Element römischer Bildung. Auf sie gründete sich ein gemeinsamer Wertehorizont. Wenn Dracontius also diese identitäts- und gemeinschaftsstiftenden Integrationsfiguren destruiert, rüttelt er damit an den Grundfesten der 26 S. dazu Simons 2005, 114. 27 Dieselbe Parallele zog auch schon Augustinus. Augustinus griff dabei, wie Dracontius, auf Lucan zurück. Lucan rekurrierte wiederum auf Horaz, der die römischen Bürgerkriege als Sühne für die Ermordung des Remus gedeutet hatte, s. Aug. civ. 15,5; Lucan. 1,95; Hor. epod. 7,17–20 (s. Moussy / Camus z. St.). 28 Simons 2005, 114.

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römischen Kultur und Identität. Das aber wirft die Frage auf, was er als Ersatz dafür zu bieten hat. 2.4 Ersetzung Dracontius möchte die heidnischen Exempla durch biblische Vorbilder wie Abraham, Daniel und Petrus ersetzt wissen. Er ist nicht der erste, der diese Absicht verfolgt. Auch Ambrosius bezeichnete nicht mehr die traditionellen römischen, sondern die alttestamentarischen Helden als maiores nostri (‘unsere Ahnherren’).29 Hieronymus30 stellte konsequenterweise ein Repertoire solch biblischer Exempla zusammen. Ihr wichtigstes theologisches Fundament jedoch hat Dracontius’ Entwertung des heidnischen Strebens nach nichtigem irdischem Ruhm gegenüber dem Bemühen der biblischen Helden um das Wahre und Ewige in ‘De civitate Dei’.31 Augustinus hatte diese beiden gegensätzlichen Haltungen mit seiner Unterscheidung zwischen ciuitas terrena und ciuitas aeterna verbunden. Augustins Absage an den irdischen Ruhm wird von Dracontius zugespitzt und radikalisiert. Denn der Bischof von Hippo hatte den irdischen Ruhm zwar dem himmlischen untergeordnet, ihm aber immerhin noch eine gewisse Daseinsberechtigung zugestanden. Dracontius dagegen verurteilt den weltlichen Ehrgeiz rigoros, da er keinerlei Lohn bringe, sondern lediglich den Verlust des zeitlichen wie des ewigen Lebens nach sich ziehe (laud. dei 3,529).32 Der Austausch der heidnischen Exempla durch biblische Gestalten folgt bei Dracontius somit einem klaren Plan: Es dient, wie Arweiler betont hat, der literarischen Organisation eines Wertewandels.33 Ein neuer Kanon von Leitfiguren mit explizit moralpädagogischer Funktion für eine christliche Gesellschaft soll etabliert werden.34 Aber Dracontius geht noch weiter: Er möchte das römische Reich als Ganzes, Vergils imperium sine fine (Aen. 1,279) ersetzen. Denn die für das römische Nationalepos so zentrale Idee von der schicksalsbestimmten Gründung eines „Reiches ohne Ende“ bildet auch eines der Leitmotive von laud. dei (z. B. 2,24), dies jedoch in gewandelter Bedeutung: War es bei Vergil noch das Römische Imperium, das von Jupiter, dem Verwalter des Fatums, prophezeit wurde, erscheint diese Vision bei Dracontius im christlichen Sinne ausgeweitet. Sein imperium sine fine erstreckt sich einerseits innerweltlich auf die Schöpfung, die Gott der gesamten Menschheit – und nicht nur den Römern – als dauerhaften und unwiderruflichen Besitz überantwortet hat, und andererseits eschatologisch auf das jenseitige Reich Gottes.35 Schon vor Dracontius hatte bei der Rezeption dieses vergilianischen 29 30 31 32 33 34 35

S. Kartschoke (wie Anm. 23), 62. Hier. epist. 39,3. Aug. civ. 5,12 und 5,18. S. Simons 2005, 137f. S. Arweiler 2007, 257. 2,311 multorum nos saeua docent exempla priorum; 3,54 non exempla docent …? Z. B. laud. dei 1,402–404. 605. Ausführlich dazu De Gaetano 2009, 254–259.

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locus classicus eine innerchristliche Traditionsbildung stattgefunden, die Stella analysiert hat: So hatten bereits Prudentius und Sedulius diese Konzeption eines Reiches ohne Ende christlich umgedeutet,36 und Augustinus hatte den Nachkommen der römischen Helden zugerufen, sie sollten den Heroismus, den die Heiden für die weltliche Macht Roms an den Tag gelegt hatten, lieber für die ciuitas Dei einsetzen, um so ein wirkliches imperium sine fine im Himmel zu gewinnen.37 Diese Traditionslinie führt Dracontius fort. Daß Dracontius sich mit dieser Vergilkorrektur vom Römertum distanziert, ist nicht selbstverständlich. Denn erst ca. 489/90 hatte sein Landsmann Victor von Vita in seiner ‘Historia persecutionis’ ganz anders argumentiert. Victor hatte in seiner eindringlichen, an den oströmischen Kaiser gerichteten Darstellung der Leiden der afrikanischen Katholiken unter der vandalischen Verfolgung38 noch darauf abgezielt, Römertum und Katholizismus gleichzusetzen und vom arianischen Vandalentum scharf abzugrenzen.39 Für Dracontius bestand dieser Gegensatz nur wenige Jahre später offenbar nicht mehr in dieser Form, möglicherweise auch deshalb, weil die Vandalen schon einiges von der römischen Kultur angenommen hatten,40 sodaß Victors Identifikation von Katholizismus und Römertum gegenüber Arianismus und Barbarentum problematisch wurde. Dracontius’ romkritische Tendenz wird sich dann bei seinem jüngeren Landsmann Fulgentius dem Mythographen fortsetzen.41 Was bedeutet Dracontius’ Romkritik für die Beziehung zu den Vandalen? Man könnte auf den Gedanken kommen, daß auf der Basis der von Dracontius in ‘De laudibus dei’ skizzierten christlichen Transfigurierung der römischen Geschichte eine gemeinsame Grundlage für eine Verständigungsmöglichkeit mit den Vandalen geschaffen worden sei. Die Vandalen waren schließlich ebenfalls Christen und verehrten dieselben biblischen Leitfiguren. Doch einer solchen Verständigungsmöglichkeit hat Dracontius am Anfang des zweiten Buches mit seiner scharfen Kritik an der arianischen Christologie gleich einen Riegel vorgeschoben. Doch auch einer ebenfalls denkbaren Verständigung mit den Vandalen auf der Basis des attraktiven römischen kulturellen Erbes entzieht Dracontius den Boden, eben durch seine Demontage dieser Tradition. Miles42 hat die These aufgestellt, daß einige Dichter der ‘Anthologia Latina’ versuchten, mit ihren weltlichen Gedichten einen secular space, d. h. eine gemeinsame religiös neutrale Basis zu schaffen. Das ist denkbar, aber man sollte Ausmaß und Wirkung dieser geistigen Strömung nicht überbewerten. Dracontius 36 Prud. c. Symm. 1,542; Sedul. Carm. Pasch. 2,66, s. Stella 2006, 13f. 37 Aug. civ. 2,29. 38 S. dazu Konrad Vössing (Hrsg.): Victor von Vita, Historia persecutionis Africanae provinciae temporum Geiserici et Hunerici regum Wandalorum/Kirchenkampf und Verfolgung unter den Vandalen in Africa, lateinisch und deutsch, Darmstadt 2011, 17–20. 39 S. dazu Tankred Howe: Vandalen, Barbaren und Arianer bei Victor von Vita, Frankfurt a. M. 2007, 120ff. passim. 40 S. Étienne Wolff: Être Romain à Carthage sous la domination vandale, VL 163, 2001, 2–6. 41 S. Wolff (wie Anm. 40). 42 Wie Anm. 5.

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jedenfalls arbeitet in ‘De laudibus Dei’ einer römisch-vandalischen Verständigung massiv entgegen. Er unterminiert diesen gemeinsamen secular space, der in großen alten römischen Kulturtraditionen besteht, indem er sich nicht damit begnügt, einzelne Schwachpunkte aufzudecken, sondern gleich das ganze Konzept destruiert. Damit wendet sich Dracontius vielleicht gerade gegen diesen Opportunismus einiger seiner Standesgenossen, die, um einen Konsens mit den vandalischen Herrschern zu finden, gerade das pagane und das säkulare römische Erbe in ihren Dichtungen in den Vordergrund stellten, und zwar auf Kosten ihres religiösen Profils. 3. FAZIT In dieser Untersuchung wurde die konfrontationsfreudige Seite des Dracontius in den Mittelpunkt gestellt. Doch natürlich ist die Frage der Beziehung des Dracontius zu den Vandalen und zur paganen römischen Tradition wesentlich komplexer, wie auch aus dem vorangehenden Artikel von Hedwig Schmalzgruber hervorgeht. Seine Position ist durchaus polyvalent und schwankt zwischen Konfrontation, Akkulturation und Transformation. Denn Dracontius’ Haltung kann wechseln, je nach rhetorischer Situation, Adressat und Thema: Er verhält sich in einigen Aspekten durchaus auch affirmativ gegenüber der römischen Kulturtradition, deren intime Kenntnis er ständig durchscheinen läßt, um den Kontakt mit anderen römischen Elitemitgliedern zu gewährleisten, denen gegenüber er dadurch seine intellektuelle Ebenbürtigkeit und somit seine Autorität betont. Dazu bedient er sich des traditionellen literarisch-paganen Codes und demonstriert, wie souverän er sich damit auskennt. Dies verleiht seiner Darstellung zudem den für das erhabene Thema angemessenen Glanz. Gegenüber potentiellen vandalischen Lesern (so sie denn als Adressaten in Frage kommen) könnte die Zurschaustellung seiner literarischen Bildung auch dazu dienen, ihnen das Bildungsgefälle zwischen ihnen, den Emporkömmlingen, und ihm selbst vor Augen zu stellen. Dracontius tritt jedoch in Opposition gegen die römische Bildungswelt, sobald er sich als Christ mit den paganen Traditionen auseinandersetzt. Diese dient ihm dann als düstere Hintergrundfolie, um den Glanz des wahren Glaubens besonders hell erstrahlen zu lassen. Seinen Mitrömern verdeutlicht er damit, daß die pagane Tradition ihre dunklen Flecken hat und daß ihre formativen Texte mit ihrem fragwürdigen Wertehorizont keinesfalls in Konkurrenz zum christlichen Glauben treten dürfen. Eventuelle vandalische Leser wären gewarnt, daß eine unkritische Aneignung des römischen Bildungsgutes unweigerlich mit ihrem Christentum kollidieren muß. Denn das pagane Wertesystem, wie es in der traditionellen Literatur vertreten wird, ist im Grunde genommen passé, und somit wären alle Bildungsbemühungen der Vandalen um ihre Aneignung letztlich fruchtlos. Diese Polyvalenz spiegelt das komplizierte und spannungsreiche Verhältnis zwischen Römern und Vandalen im Karthago Ende des 5. Jahrhunderts wider. Denn auch unter Dracontius’ Standesgenossen in Karthago existierte ein breites

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Spektrum von Haltungen gegenüber den Eroberern: Auf dem einen Pol standen Opportunisten, die, um bei Hofe Karriere zu machen, vandalische Tracht trugen und sogar zum Arianismus konvertierten. Auf dem anderen Pol formierte sich ein eiserner katholischer Widerstand um religiöse Führungspersönlichkeiten wie Fulgentius von Ruspe, der bis zum Ertragen von Folter und Deportation ging. Die meisten Karthager lavierten vermutlich irgendwo dazwischen oder schwankten zwischen den Positionen, wie etwa die zahlreichen Konversionen und Rekonversionen zeigen. Eine unterschwellige Verachtung gegenüber den Barbaren blieb jedenfalls trotz aller Annäherungsversuche wahrscheinlich bestehen, und es ist nicht unmöglich, daß ein und dieselben Dichter, welche die kulturellen Errungenschaften der vandalischen Adligen in ihren an diese gerichteten Epigrammen priesen, sich hinter deren Rücken über deren Halbbildung und die Kluft zwischen Bildungsanspruch und Wirklichkeit lustig machten. Auch Dracontius selbst wechselt im Laufe seines Œuvres zwischen verschiedenen Positionen: Den bildungsbeflissenen Vandalen gegenüber äußert er Spott in Romul. 1, er richtet Schmeicheleien an die Adresse des Vandalenkönigs in der ‘Satisfactio’ und äußert offene Anfeindung an die Arianer in ‘De laudibus Dei’. Ein ähnliches Changieren zeigt Dracontius auch in seinem Verhältnis zur klassischen römischen Tradition. Hier steht eine ausgiebige Benutzung der literarischen Vorbilder neben heftiger Ablehnung ihrer Wertewelt. Alles in allem sollte man daher wohl nicht von einer einheitlichen Haltung innerhalb der römischen Elite gegenüber den Vandalen ausgehen (und das gleiche gilt wohl umgekehrt für die Vandalen). Eine große Schwankungsbreite unterschiedlicher Einstellungen konnte sogar im Gehirn ein und derselben Person Platz finden.

GESAMTBIBLIOGRAPHIE ZU DRACONTIUS 1791–20181 TEXTAUSGABEN, ÜBERSETZUNGEN KOMMENTARE, KONKORDANZEN Zwierlein, Otto: Die ‘Carmina christiana’ des Dracontius. Kritischer Kommentar, Berlin u. a. 2019. Pohl, Katharina: Dracontius: De raptu Helenae. Einleitung, Edition, Übersetzung und Kommentar, Stuttgart 2019. Blossius Aemilius Dracontius: Carmina profana, ed. Otto ZWIERLEIN, Berlin u. a. 2017 (a). Zwierlein, Otto: Die ‘Carmina profana’ des Dracontius. Prolegomena und kritischer Kommentar zur Editio Teubneriana. Mit einem Anhang: Dracontius und die ‘Aegritudo Perdicae’, Berlin u. a. 2017 (b). Gasti, Fabio: Blossio Emilio Draconzio. Medea, Milano 2016. Grillo, Antonino: I Carmi Profani (Romulea). Traduzione integrale con testo a fronte e interventi testuali, Messina 2015. Marrón, Gabriela Andrea / La Fico Guzzo, María Luisa: El Rapto de Helena de Blosio Emilio Draconcio, Circe 18, 2014 (a), 147–169. Grillone, Antonino: Blossi Aemili Draconti Orestis Tragoedia. Introduzione, testo critico e commento, Bari 2008. Luceri, Angelo: Gli epitalami di Blossio Emilio Draconzio (Rom. 6 e 7). Introduzione, testo critico e commento, Roma 2007. Luceri, Angelo: Dracontii De laudibus Dei et Satisfactio. Concordantia, Hildesheim u.a. 2006. Kaufmann, Helen: Dracontius, Romul. 10 (Medea): Einleitung, Text, Übersetzung und Kommentar, Heidelberg 2006 (a). Galli Milić, Lavinia: Blossii Aemilii Dracontii Romulea VI–VII, Florenz 2008. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. (Fine), Schol(i)a 2005 7, 1, 121–132 [Testo, trad. & commento dei vv. 233–316]. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. 5, Schol(i)a 6, 3, 2004 (c), 73–81 [Testo, trad. & commento dei vv. 196–232]. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. 4, Schol(i)a 6, 2, 2004 (b), 137–146 [Testo, trad. & commento dei vv. 155–195]. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. 3, Schol(i)a 6, 1, 2004 (a), 43–51 [Testo, trad. & commento dei vv. 109–154]. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. 2, Schol(i)a 5, 3, 2003 (b), 107–120 [Testo, trad. & commento dei vv. 55–108]. Comparelli, Fabrizio: La satisfactio di Draconzio. 1, Schol(i)a 5, 2, 2003 (a), 111–141 [Testo, trad. & commento dei vv. 1–54]. Köhler, Eva Maria: Philologischer Kommentar zu Dracontius’ Romulea 10 (Medea), Diss. Wien 2001.

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Die Bibliographie umfaßt Titel, die sich hauptsächlich Dracontius widmen; bloße Erwähnungen oder Randnotizen zu den Gedichten in thematisch weiteren Publikationen sowie Rezensionen zu Monographien und Editionen werden in Auswahl berücksichtigt. Außer Acht gelassen werden zahlreiche Editionen der Eugenius-Rezension der christlichen Werke des Dracontius.

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INDEX NOMINUM ET RERUM Die mit einem * versehenen Zahlen verweisen auf die Fußnote(n) der jeweiligen Seite. Abecedarium 57, 264* Abel 268 Abraham 21, 56*, 199, 266, 269 Abundanz 217, 229 Achill 23, 105*, 110f., 113*, 117f., 120*, 130*, 133–138, 135*–138*, 142–151, 143*–148*, 160*, 161, 182, 210f. Achilleis 110, 114*, 120*, 122*, 124, 130*, 134, 135*, 136, 143, 143*, 210, 224 Adam 256 Aegisth 23, 153, 153*, 158, 160f., 160*, 183–186, 212 Aegritudo Perdicae 47, 186* aemulatio 104, 111*, 176, 213*, 248 Aeneas 34, 34*, 92*, 100, 103, 103*, 105, 111, 111*f., 113f., 114*, 116, 120*f., 121, 125f., 130, 130*, 158, 173*, 175*, 214*, 234, 239*–241*, 240, 245, 248*, 266f. Aeneis 19, 34f., 35*, 37, 41, 50, 65*, 80*, 82*, 92*f., 100, 103, 109, 109*, 111, 111*–114*, 113f., 117*, 118f., 120*f., 121f., 125f., 126*, 129–131, 130*, 135*, 140*f., 146*, 149, 158, 168*, 175*, 210, 214*, 224f., 224*–226*, 239*, 240, 240*–244, 245, 266f., 269 Africa 17–19, 21, 25–27, 28*, 29f., 30*f., 32, 33*f., 34f., 41–46, 43*, 57f., 60, 60*f., 65*, 69f., 72*, 77f., 80, 83*, 85f., 90, 93*, 98, 106, 133, 140f., 148f., 151, 168, 168*, 174, 175*, 179, 186*, 192, 202, 214, 215*, 248, 262*, 270 Agamemnon 23, 47, 106, 154, 158, 160– 163, 183–186, 209, 211f. Akkulturation 91, 146, 271 Akrostichon 225–228, 225*, 227* Allegorie 18, 29*, 90*, 99, 159, 264 Alethia (des Claudius Marius Victorius) 256f., 257* Amata 112*, 113, 130* Ambrosius 255*, 258*, 269

Amor, s. auch Cupido 94, 119, 119*, 158– 160, 177–179, 193, 242–247, 242*f., 245*f. Amyclae / Amyklai 114f., 114*f., 126, 196, 224 Anapher 53, 128, 206*, 216, 217*, 222, 238* Anaxagoras 157 Anchises 41f., 173*, 267 Andromache 143, 145 Anklage 32, 39, 62, 67, 182, 187*, 198 Anomalie 232f., 237f., 240 Anspielung, s. auch Reminiszenz 17, 31, 36–38, 40, 75, 91, 110*, 134, 168f., 169*, 175, 178, 214, 227f. Antenor 116, 234 Anthologia Latina 18f., 21, 24, 30*f., 36, 46f., 49f., 52–54, 58, 63, 63*, 65*, 73*f., 98*, 100, 104, 146*, 148*–150*, 168*, 262, 270 Antiheld 154, 238, 241 Antonymik 178, 210, 218f. Anwalt 20, 25, 61–64, 61*–63*, 66, 66*– 68*, 68, 82*, 167, 179, 186 Apoll 19, 101, 118f., 121, 123, 126, 131, 135*, 146, 160, 213* Apollonius Rhodius 91*, 227* Apologie / Apologeten 31, 43, 258, 266f. Apostrophe 126–128, 128*, 130 Arche 260 Assonanz 103, 217–220, 224, 229 Astyanax 150 Augur 155, 223 Augustinus 21, 26, 26*, 32*, 34*f., 35, 40*, 57, 62, 62*, 64*f., 67*f., 73*, 82*, 84*, 172, 173*, 174, 177*, 186, 202*, 255*, 258*, 263, 263*, 268–270, 268*–270* Autorkommentar / auktorialer Kommentar 116, 246, 262 Avitus von Vienne 17 Baal 21, 35, 266

292 Barbaren 18f., 18*, 22–24, 28, 28*, 35, 60, 78f., 80*, 85, 85*, 90f., 95, 95*, 135, 138f., 145f., 151, 167, 175*, 179, 186, 186*f., 192, 212, 261–263, 262*, 266, 270, 272 Basilius 254, 254* Bellona 130, 130*, 146 Bernardino Corio 44 Bibel 19*, 21, 32, 55f., 56*, 140, 150, 198f., 214, 256–259, 267, 269 Bibeldichtung 253, 253*, 256f. Bildung 29f., 59, 63–69, 64*, 66*f., 71f., 71*, 73*, 77, 79–84, 80*, 82*, 84*f., 91, 95*, 98f., 135, 135*, 138f., 142– 144, 143*, 168*, 171, 192–195, 192*, 204, 213, 223*, 228–230, 248, 262f., 266, 268, 271f. Biographie 25f., 25*, 31, 62*, 223* Briseis 144 Brutus 21, 267 Bukolik 241 Caesar 19*, 41, 220, 240, 241*, 244, 244* Camena 126 captatio benevolentiae 244* Carmen ad Flavium Felicem de resurrectione 46, 47*, 48, 51f., 54f. Carmen de vita Vergilii (Anth. 671 R.2) 21 Cerberus 266 Chiasmus 111, 138*, 217*, 219, 222 Chiron 133–138, 135*–138*, 142–145, 142*f., 150 Christentum / christlich 20–23, 29, 31, 33, 35–37, 37*, 41, 47, 49, 54, 62, 63*, 68*, 71, 89, 89*f., 92*, 100*, 104f., 139, 139*f., 150f., 158, 158*, 168, 168*, 177*, 189f., 189*, 197f., 200, 202–204, 202*, 206f., 206*f., 209*, 214*, 217, 231, 231*, 253f., 253*– 255*, 258–261, 264–271 Claudian 42*, 48–50, 49*, 104, 139, 139*, 141*f., 147*f., 196*, 246* Codex Salmasianus 45f., 52, 63, 73*, 98, 148, 168*, 176* congeries 215, 217 constructio ad sensum 229 Coripp 36*, 45f., 51, 53* Cupido, s. auch Amor 37f., 93–96, 93*, 120*, 159, 244f., 245* Daniel 21, 198, 265, 269 David 220

Index declamatio / Deklamation / Deklamator 20, 26, 36, 38f., 39*f., 41, 46, 64*, 66, 66*, 82*f., 99, 105f., 133, 133*, 222*, 240 Deidamia 120*, 143, 143*, 145, 145*, 147 Determinismus 19, 27, 33, 39, 93, 118*, 181, 183f. Dido 33–37, 33*–35*, 43*, 113f., 119, 121*, 158, 173*, 214*, 245 Diomedes 49, 49*, 98* Ehe, Ehebruch 31, 36, 51, 110*, 111, 113– 117, 116*, 119, 119*f., 121, 125, 127– 129, 131, 153f., 158f., 161, 174*, 181, 212, 220, 223, 223*, 225, 234, 245 Ekphrasis 52, 159, 207*f. Elision 207*, 229 Elite 20, 30, 69, 70, 72, 75, 81f., 84, 86, 95, 170, 174, 179, 228, 230, 271f. Ellipse 229 Enjambement 101, 240 Ennius 40 enumeratio 215*f., 244, 254 Epigramm 31*, 46, 52f., 57, 65, 168*, 175*f., 176, 262f., 272 Epilog 119, 125, 129, 131, 134, 147, 159, 163, 197f. Epithalamium 25, 31, 36, 64, 103, 103*, 129, 146, 147*, 195f., 207* Epos 34, 46, 94, 110, 110*, 112, 117, 119*, 124–126, 135f., 140, 142*, 144f., 167– 169, 170*, 172, 174–176, 181, 185*, 196, 197, 209*, 233, 239, 239*, 241, 242, 253, 253*, 269 Epyllion 17, 20, 28, 64, 64*, 89, 92*f., 153f., 153*, 156f., 160–163, 168, 168*f., 175, 183, 194, 196, 213*, 223f., 231, 234, 241, 241*, 242* Erzähler 91, 109, 116f., 121, 125, 127f., 127*, 131, 142, 153*, 158*, 161, 171, 179, 181–183, 201, 224, 239*, 246 Euripides 154f., 154*, 170, 237*, 257 Exegese 106, 168*, 221*, 258 exemplum 21, 32f., 33*, 43, 149, 151, 199f., 206*, 208, 227, 235*, 256, 264, 267– 269 Fatum 92, 92*, 118f., 118*f., 121f., 122*, 126, 183, 213*, 242, 269 Felicianus 17–20, 24, 27–31, 28*, 42, 59f., 64, 64*, 65–69, 65*, 68*, 72*, 73*, 79– 82, 79*, 81*–84*, 84, 90f., 95*f., 97– 100, 105, 107, 137*, 138–140, 142, 145f., 148, 150, 175*, 192, 192*, 261f. figura etymologica 218f.

Index Florentinus 30*f., 36, 146 Florilegium Veronense 20f. Fronto 64*, 91*, 139*, 172, 172*, 180 Füchse 125, 196 Fulgentius von Ruspe 18, 27, 45, 46, 57f., 79*, 264*, 272 Furnos Minus 26, 26* Gaia, s. auch Tellus 257f. Gattung 19, 22, 60, 119*, 129*, 134, 167, 167*, 169, 169*, 173*, 175–177, 184, 186, 196, 196*, 198, 204, 206–208, 207*, 209*, 214, 222*, 233, 241, 242*, 265 Gebet des Manasse 56, 57* Gefängnis 25*, 27, 27*, 31, 36f., 42f., 62, 179, 200, 226 Geiserich 17, 27, 27*f., 29f., 30*, 35, 67,70, 71, 73*, 85, 146, 148f., 264 Gelimer 19, 69, 72, 86, 149 Georgica 93*, 136, 137*, 142* Gesandtschaft 116*, 123, 156, 156*, 160, 224, 234, 238*, Gleichnis 54–56, 56*, 79, 112f., 124, 157, 159, 161, 194, 209*, 214*, 218*, 235, 236 Goldener Schnitt 208* Götterversammlung 120* Götterwille 118f., 118*, 158f., 253, 255f., 259, 265 Grammaticus 28f., 29*, 64f., 64*f., 82*f., 133, 138, 142, 142*, 145, 148, 168*, 217 Grausamkeit 90, 266f. Gunthamund 19*, 21, 27, 27*, 29, 31, 37, 42f., 42*, 55, 66, 66*, 73–75, 75*f., 226, 228 Hannibal 21, 43* Hasdinger 30, 37, 37*, 39, 43f., 73* Hektor 105*, 123, 128*, 133, 138*, 142– 144, 148*, 149–151, 155 Held 21, 32f., 34*, 43, 91, 99, 102, 105, 110–112, 114, 114*, 118*, 128, 131*, 135–138, 137*, 140f., 142*, 143f., 143*, 145*, 153, 158, 161*, 162, 180, 182–185, 190*, 198, 224, 233–235, 238–242, 248f., 265–270 Helena 109, 110–119, 110*f., 113*, 115*, 118*–120*, 121–129f., 122*, 126*f., 129*f., 131, 153f., 153*, 156f., 156*, 160, 182, 196, 202, 213*, 223, 225, 234–239, 238*, 241

293 Helenus 112, 118, 121f., 122*f., 124, 126, 128, 128*, 131, 155, 160, 213* Heptateuchdichtung 257 Herkules 64, 89, 92, 92*f., 95, 97–107, 121, 135, 135*, 137, 177f., 190*, 193f., 234, 247, 265f., 266* Heroides 110*, 113*, 122*–124*, 144, 144*f., 173*, 237 Hesione 111*, 115f., 116*, 120*, 123, 156*, 157, 182, 186, 234, 239* Hiat 229 Hieronymus 34f., 34*, 67*, 269, 269* Hilderich 19, 27*, 30, 43f., 69, 86, 148 Hirte / Hirtenleben, s. auch pastor 110, 110*, 114*, 118, 121, 123, 123*, 141, 153–155, 181, 185f., 239*–242*, 240 Historiographie 30*, 33 Hochzeit 31, 34, 36, 38, 44, 115, 119, 125, 128f., 131, 146f., 196* Holofernes 264 Homer 19, 109, 111*, 124–127, 125*, 130, 135*, 140*, 144, 149, 154*, 194, 196, 203, 208*, 212*, 227, 233, 238, Homoioptoton 217 Homoioteleuton 217, 222 Homoiousie 75*, 263f. Homousie 29 Horaz 72*, 91*, 113, 113*, 120*, 135*, 138, 138*f., 144, 144*, 170*, 185, 193, 199*, 240*f., 268, 268* Hunerich 27, 27*, 29, 39, 39*, 41, 43, 66, 69, 73*, 74, 85*, 146, 149, 270* Hylas 17, 28, 64, 64*, 89–93, 90*–92*, 94*, 95f., 153*, 177f., 178*, 193f., 208*, 222*, 235*, 242, 245–247 Hymnus 53, 60, 126, 167*, 197, 207*, 217*, 227*, 229, 243, 253, 259, 263 Ilias 109, 109*, 125, 133*, 135*f., 140*– 142*, 144*f., 149*f., 237* Iliupersis 125–127 Imitation 52, 83*, 90, 90*, 103, 129, 134*, 154, 183, 209f., 209*, 213, 224, 233, 248 Inkongruenz 112*, 218*, 232f., 237, 241f., 247 Innovation 22, 37*, 93, 98, 109, 170, 204*, 206*, 209*, 242, 248 Intertext / Intertextualität 32, 45f., 114, 125, 126*, 129, 130*, 136, 163, 206, 208, 208*f., 211–214, 213*f., 224f., 233, 239, 244, 264 Ioannes und Vitula 31, 195

294 Iphigenie 48, 158, 212 Ironie 92*, 120*, 154, 175*, 184, 211, 233, 236, 237*, 240*f., 244, 246–248 Isaak 20f., 266 Jagd 135f., 135*f., 140f., 147 Jäger 157, 228 Jesus Christus 51, 58, 92*, 104, 140*, 190*, 220, 263, 266 Judith 33, 141, 199*, 264 Juno 93, 93*, 100–102, 104f., 109*, 119, 120*, 121, 125, 129f., 158, 235*, Jupiter 19, 49, 92*f., 94, 100–105, 117–119, 120*, 121, 236, 236*, 243f., 246*, 269 Justinian 19, 44, 84 Juvenal 198, 216 Juvencus 48, 141, 141*, 190, 202*, 204* Kain 268 Kalliope 46, 176, 196, 262 Kassandra 112, 118, 120*, 121f., 122*, 124, 124*, 126, 128, 128*, 130*, 131, 155, 160f., 213*, 225 Katalog 32, 55, 94, 94*f., 130*, 244, 244* Sünden- 51, 54f. Kindermord 50–53, 103*, 181 Klangspiel, s. auch Lautspiel 217 Klage 55, 62*, 103, 105, 121*, 127, 129, 130*, 185, 222*, 235, 235*, 240, 240*, 245f. Klytaimestra 47, 154, 158, 160f., 183, 185, 185*, 210–212 Komik 231–234, 232*, 236–242, 239*, 242*, 244, 247, 249* Kontrastimitation 101*, 114*, 210, 239, 245, 248 Kreon 50, 158 Krieg 21, 34*, 39, 51, 73f., 84, 106, 135*f., 141, 145*, 146, 234, 235*, 238, 238*, 268, 268* - trojanischer 109, 113, 113*, 115, 117f., 118*–120*, 124f., 126*, 128, 129*f., 130f., 138, 156f., 156*, 210f., 224f., 240 Laktanz 139*, 190, 190*, 266* Laokoon 121f., 155 Laomedon 117*, 119, 119*, 121, 121* Latinitas 29, 228 Lautspiel, s. auch Klangspiel 221, 224 Lehrer 28f., 28*, 59f., 64, 64*–67*, 78–83, 82*, 84*, 85, 90f., 99f., 135f., 137*f., 171, 175*, 192–195, 204, 248, 261f. Leitkultur 261 Leitmotiv 116*, 169*, 269

Index Lesererwartung 232, 237f., 240, 242, 244, 247 Lob / Lobgedicht, s. auch Panegyrik 28*, 37, 37*, 42, 60, 65*, 68, 73–75, 75*, 80, 82f., 85*, 111, 116, 129, 147*, 198, 200, 203, 240, 240*, 243, 263 Lob des Lichts 53f. Löwe 28*, 41, 41*, 78f., 105, 125, 136, 136*, 140, 139*f., 147, 150, 157, 191, 196, 198, 216*, 218*, 222*, 256, 265 Lucan 208*, 209f., 236f., 236*, 239f., 240, 240*f., 244, 244*, 268, 268* Lucretia 34f. Lukrez 145*, 175*, 255, 256*, 264, 266 Luxorius 18f., 57f., 65, 168*, 175* Makarismos 240*f. Mars 37*, 93, 93*, 102, 146, 148, 193f., 226*, 242, 245 Martial 48, 57, 136 Martianus Capella 26*, 35* Märtyrer 35, 148* Medea 22f., 50, 52f., 64, 153, 153*, 157– 163, 158*, 169, 174, 176, 178–181, 196, 211f., 214* Meineid 121, 121* Melpomene 46, 175f., 176*, 180, 193, 196 Menelaos 112–114, 113*, 155, 157 Merobaudes 35* Metamorphosen 93*f., 94, 137*, 139*, 141*, 143*, 173*, 196*, 209, 211, 214*, 222, 227, 241*–245*, 244f., 255* Metapher / Metaphorik 40, 49, 56, 95, 99, 119*, 189, 189*f., 197, 203, 224, 255 Metapoesie / Metapoetik 37, 189f., 193f., 196, 204 Minerva 99–102, 105f., 117, 119, 127f., 181 Minucius Felix 33, 33*, 177* Mitgift 129f. Mond 48, 137, 180, 216f., 226–228, 227* Muse 19, 46, 78, 92*, 110, 124–126, 173*, 175f., 185*, 189–191, 190*, 193, 196, 203, 242, 262 Musenanruf 19, 92*, 125f., 193 Mythos / Mythologie 22f., 31–33, 36, 43, 47, 65*, 80*, 89–91, 89*f., 93, 95, 97, 100, 105, 109*, 111f., 114, 119, 119*f., 122*, 131, 133f., 133*f., 153f., 156*, 161, 168–171, 168*f., 174, 179, 181, 185–187, 189f., 198–200, 204*, 207, 209, 209*, 227f., 227*, 234, 237f., 241, 248, 265, 267f., 270

Index Naevius 35 Neapolitanus 17, 20, 25, 25*, 98, 133*, 137* Nebukadnezar 218*, 221f., 264 Neologismus 210, 210*, 229 Nereus 113* Nymphen 89, 92–96, 93*, 95*, 119*, 193f., 222*, 235*, 242, 245f. Odyssee 194, 246, 246* Oenone 93, 122*, 145*, 155*, 241* Opfer 21, 32f., 35, 49, 101, 112, 117, 120, 128, 130*, 137, 158f., 161, 179, 181, 266 Orestes 20, 23, 47f., 78*, 103, 134*, 138*, 145, 153f., 153*, 157f., 160–163, 160*, 162*, 169, 175f., 183–185, 187*, 190, 206*, 209–212, 216*, 218* Orosius 21, 32, 40f., 268 Orpheus 18, 28f., 78, 79*f., 82, 85, 90–92, 91*f., 138–142, 139*, 142*, 144, 148, 150, 189–193, 191*f., 203, 262 Ovid 27*, 49*, 64*, 93*, 94*, 95, 110*, 113*, 115*, 122*–124*, 137*–139*, 138, 141*, 143*–146*, 144, 163*, 173*, 179, 196*, 199*, 207*, 208f., 211, 213, 214*, 217, 222, 227, 241, 242*, 243, 243*–245*, 245, 247, 255* Oxymoron 106, 140, 206*, 217*, 219*, 222, 232, 235, 237, 241, 245 Pacideus 20, 25f., 25*, 61 Paganismus / pagan 22f., 32, 42*, 43, 54, 89f., 129, 139, 139*, 171, 187*, 190, 193, 198–200, 202*, 203f., 204*, 206f., 206*, 209*, 218, 227, 253, 259, 264– 268, 271 Panegyrik, s. auch Lob / Lobgedicht 23, 41, 44, 48, 74, 75*, 82, 82*, 99*, 147, 167* Paradoxon 23, 39, 112*, 151, 168*, 171*, 219, 219* Parallelen / Parallelisierung 45–55, 57f., 64*, 65, 75, 102, 113f., 120*, 130, 154f., 157, 159–161, 162*, 163, 182, 194*, 201*, 208*, 212*, 214*, 218– 220, 236f., 243, 268 Parallelismus 219f. Paris 51, 93, 109, 110*–115*, 111–119, 117*–120*, 121–125, 122*–124*, 127– 131, 128*–130*, 144, 145*, 149, 153– 157, 153*, 156*, 160, 181–183, 196, 213*, 223–225, 234–241, 238*f., 241*f., 249*

295 Parisurteil 50, 109, 109*, 117–119, 118*f., 122f., 122*f., 125*, 128, 130*, 154– 156, 160, 194, 239*, 241*f., 245 Parodie 90*, 92*, 233f., 238f., 248 pars pro toto 115* Patroclus 136, 136* Paulinus von Nola 256* Peleus 142* Periphrase 101, 227 Petrus (Apostel) 21, 198, 269 Phaeton 214* Philaeni 32, 35, 43* Philo von Alexandria 258 Phocas Grammaticus 21 Phoenix 41, 42*, 55, 159, 190 Platon 232, 257f. Pleonasmus 215, 215*, 217, 222 Poetik 28f., 36, 42, 145, 167, 168*, 170, 203 Poetologie 169, 189f., 189*f., 193, 195f., 196*, 198, 201, 203f., 238 Pollux 135, 135*, 137, 137*, 184 Polydamas 116, 224, 234 Polyptoton 217f. Polysemie 218*, 223f., 223* Pompeius 236f., 244 Praefatio 28, 64, 64*, 77, 90, 90*, 98f. Praetext 115*, 206*, 211–213, 224f., 225* Priamus 109*, 115f., 117*, 119–124, 120*, 123*, 127, 130*, 133, 142*, 150, 154, 154*, 155f., 224, 235*, 239* Proba 256 Proconsul 20, 25f., 26*, 42, 61*, 62, 68*, 70 Procop 19, 69*f., 72*, 81*, 84*–86*, 148 Prodigien, s. auch Vorzeichen 29*, 95, 129, 153, 157, 223, 225 Programmatik / programmatisch 85, 144, 175, 208, 214*, 227 Prolepse 111*, 125f., 201 Prooem 48, 109*f., 110f., 114, 114*–117*, 116, 124f., 130, 156*, 157f., 185, 196– 199, 204*, 231, 237f., 242, 242*, 264 Prophezeiung, s. auch Vorhersage, Weissagung 20, 112, 113*, 118, 121, 123*, 125f., 127*f., 128, 130*, 155, 160f., 213* Rache 33, 35, 48*, 93, 93*, 103, 118f., 121, 127, 130*, 131, 138*, 149, 153f., 158, 162, 178, 184, 242, 244–246 Raub 51f., 109f., 110*, 112, 112*, 114f., 115*, 118*, 120*, 122–124, 122*f., 126f., 153, 156f., 194, 196, 234–238, 238*, 241

296 Raubtiere 28, 79, 79*, 83, 90, 92*, 136, 137*, 138f., 141, 144, 146f., 157, 191f., 256* Redner 36, 62, 66, 75, 82, 134*, 144, 151, 223, 241 Reim 217–220, 222, 217* Reminiszenz, s. auch Anspielung 95, 100, 209, 211, 236f., 242, 244f., 248 Reposian 47, 47* Rezitation 26, 65*, 82*, 95*, 151, 171, 174f. Rhetorik / rhetorisch 20, 27, 27*, 39, 39*f., 42, 46, 62–66, 63*, 65*–67*, 71f., 82*, 90, 97f., 100, 105f., 130*, 141*, 149*, 150, 167, 171, 176, 186, 200f., 200*, 207*, 209*, 210, 216, 218*, 222, 223*, 229, 262, 268, 271 Richter 25, 56, 62, 100, 115*, 121, 155, 181, 182*, 187* Ringkomposition 117 Rom 19, 21f., 27, 29–31, 37, 40, 42f., 67, 67*, 70, 72*, 82*, 85*, 114, 125, 142*, 148f., 267f., 270 Romanisierung 43, 85, 175* Romanitas 17, 20, 22–24, 28, 28*, 90, 140, 148, 151, 228 Römer 18–24, 30, 32, 39, 40*, 41, 43f., 59f., 62, 69f., 76f., 80, 80*, 83–86, 83*f., 90f., 102*, 105–107, 138, 140–142, 146f., 149, 151, 174, 175*, 179, 187*, 192, 248, 261–263, 265f., 269–271 Romulus 28f., 187*, 78, 98, 104, 192, 199, 268 Salamis 115f., 116*, 123, 156, 156*, 182, 234, 238*f. Salomo 220, 226 Salvian von Marseille 28*, 44 Sarkasmus 92*, 129, 154* Satire 199*f., 216 Satisfactio 19*, 21, 23, 25, 27*, 36*, 37, 37*, 42f., 42*, 48, 51, 54f., 57, 66*, 73f., 73*, 75*f., 134*, 140*f., 144*, 147, 147*, 203, 203*, 207, 207*, 217– 221, 217*, 219*, 226–228, 227*, 264, 272 Saturn 21, 35, 266 Scaevola 21, 141, 267 Schöpfung 197, 201–204, 202*f., 253–259, 269 Schlange 33, 94, 105f., 139*, 140, 159–161, 180, 214*, 267 Schule 17, 29–31, 36, 38, 60, 64–67, 65*, 67*, 69, 71f., 71*, 73*, 77, 79–82,

Index 80*–84*, 84–86, 134, 146, 168, 179, 185, 228, 248, 262, 264 Scipio Africanus 21, 43* Scipio Nasica 40* Seesturm 114, 118*, 123f., 154, 156, 156*, 182, 234, 238*, 239–241, 240*f. Selbstzitat 212, 212*, 213* Sidonius Apollinaris 35*f., 41*, 89*, 115*, 149* Silen 94* Silius Italicus 35*, 119*, 137*, 142*, 145*, 210, 227, 227* Simon Magus 198 Sinon 123* Sintflut 257, 260 Spiel, s. auch Klangspiel, Lautspiel, Sprachspiel, Wortspiel 74, 100, 103, 131*, 138, 143, 175, 183, 193f., 203, 211f., 214, 217f., 219, 222f., 223*, 225f., 228, 236, 240, 242, 244 Sprache 18*, 23, 27, 30, 40*, 50, 55, 71f., 71*, 80*, 84, 99, 167, 185f., 186*, 195, 195*, 198, 205–208, 206*, 214, 217*, 222, 227–229, 261 Sprachkunst 201, 222 Statius 50, 95*, 110, 113*–115*, 120*, 122*, 124, 124*, 126*, 129*f., 134, 134*–138*, 142–144, 142*f., 162*, 196*, 208*f., 210f., 213*f., 217*, 224f., 247, 247* Stil 91, 95, 106, 134, 145, 167, 169, 184, 185*, 205–208, 206*, 208*f., 213–215, 215*, 217, 217*, 219, 221f., 222*f., 226, 228–230, 233 Subscriptio 20, 25f., 25*, 27*, 38, 60, 66*, 68* Sündenfall 268 Telamon 115f., 119*, 121, 123, 156f., 182, 224, 234 Tellus, s. auch Gaia 257f. Tempus(-gebrauch) 78*, 128, 229 Tertullian 34f. 34*, 258* Thermen 20, 25f., 26*, 37f., 37*, 39*, 61*, 68*, 146 Theseus 135, 135* Thetis 117, 120*, 130*, 136, 210 Thrasamund 18, 22*, 23, 30, 31*, 36f., 44, 69, 73, 73*, 75, 75*, 86, 146 Topos 27*, 28, 37*, 39, 40*, 94, 102, 102*, 184, 186, 192, 197, 201, 211, 267

Index Troja 50, 109*, 113*f., 114, 116–129, 148f., 151, 153–156, 158, 182, 213*, 224, 234f., 241* Trojaner 105, 109*, 117f., 124*, 126f., 129– 131, 157, 160, 224, 236 Turnus 113, 173* Valerius Flaccus 93*, 210, 214*, 241*, 247 Valerius Maximus 21, 32, 40* Vandalen 17–24, 27–31, 30*f., 36, 37*, 39, 43–46, 43*, 58f., 60*, 62f., 62*, 65f., 66*, 68–77, 70*–73*, 76*f., 79–86, 79*–83*, 90f., 97, 105–107, 138–140, 145–149, 151, 151*, 163*, 168, 168*, 179, 186, 186*f., 202, 227, 248, 261– 265, 270–272 Venus 37f., 52, 93–95, 93*f., 100, 118f., 120*, 123, 130, 145–148, 147*, 155, 158f., 172, 178, 180, 193–196, 196*, 203, 223, 234, 235*, 241*, 242–247, 264 Verecundus von Junca 45, 55–58 Vergil 19f., 19*, 34f., 34*f., 37, 43, 50, 55, 65*, 92*–94*, 95, 100, 103, 103*, 109, 109*, 111, 113f., 111*, 113*f., 120*, 121, 121*, 123*, 124–127, 129–131, 135*, 136, 137*, 139*–142*, 146*, 149, 158, 168*, 173*, 175*, 196, 203,

297 207*f., 208, 210, 212*, 213, 214*, 217, 221*, 224f., 224*–227*, 238–240, 240*–244*, 243, 245, 247f., 266f., 269f. Vergnügen 30, 44, 91, 94, 178, 228 Versus serpentini 47, 49–52, 169* Victor von Vita 22, 70*, 73*, 264*, 270, 270* Vorhersage, s. auch Prophezeiung, Weissagung 79, 129* Vorzeichen, s. auch Prodigien 119*, 122, 128, 136, 151, 255 Weissagung, s. auch Prophezeiung, Vorhersage 131, 155 Widmung 27, 40, 60, 64, 98f., 175*, 192, 194, 203 Wortspiel, s. auch Spiel 99, 131*, 218*, 223* Wortstellung 223, 229 Zacharias 218*, 221 Zitat, s. auch Selbstzitat 27*, 118, 126, 131, 134, 163*, 202*, 206*, 209*, 237 Zorn 29, 33, 78, 109*, 115–118, 120, 120*, 121, 125, 130, 130*, 134, 136f., 140, 140*, 150, 157, 191, 197, 211, 218 Zypern 51, 113f., 118, 123f., 154–156, 182, 223, 234

VERZEICHNIS DER BEITRÄGER Antonella Bruzzone ist ‘Professore Associato di Lingua e Letteratura Latina’ an der Università degli Studi in Sassari. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen hauptsächlich in der Spätantike, die sie in literaturgeschichtlicher und linguistischer Hinsicht erschließt (u. a. zu den Panegyrici Latini, De rebus bellicis, Ammianus Marcellinus, Claudian, Merobaudes, Sidonius Apollinaris). Sie widmet sich aber auch anderen Bereichen, wie etwa der protoneoterischen (mit Furius Antius) und klassischen (mit Vergil) Dichtung. Das Interesse an Dracontius ergab sich aus der wissenschaftlichen Zusammenarbeit mit Katharina Pohl und betrifft hautpsächlich die mythologischen Epyllia, insbesondere den ‘Hylas’ (Romul. 2). Miryam De Gaetano wurde in ‘Storia antica. Storia e storiografia dell’antichità classica’ an der Università degli Studi zu Perugia und in ‘Poesia e cultura greca e latina in età tardoantica e medievale’ an der Università degli Studi zu Macerata promoviert. Ihre Arbeit zu Dracontius konzentriert sich besonders auf die Beziehung zwischen dem poetischen Werk und der Ausbildung des Karthagers, wobei sie Elemente der Kontinuität und des Wandels hinsichtlich der römischen Grammatiker-Tradition, insbesondere mit Blick auf die vorhandene Tradition im Nordafrica des V-VI Jahrhunderts, herausarbeitet. Die Untersuchungen ergaben eine deutliche Wechselwirkung von heidnischen und christlichen Elementen in der Schulkultur des vandalischen Africa. Silke Diederich ist Privatdozentin für Klassische Philologie an der Universität zu Köln. Ihre Promotion „Der Horazkommentar des Porphyrio im Rahmen der Kaiserzeitlichen Schul- und Bildungstradition“ erschien 1999, ihre Habilitationsschrift „Römische Agrarhandbücher zwischen Fachwissenschaft, Literatur und Ideologie“ 2005. Gerade im Erscheinen begriffen ist die erste lateinisch-deutsche Ausgabe von Dracontius, ‘De laudibus Dei’ mit Erläuterungen und einer ausführlichen Einleitung. Abgesehen von spätantiker Dichtung, Pindars Epinikien, Humorforschung und Mentalitätsgeschichte liegt ein weiterer Forschungsschwerpunkt auf antiker Wissenschafts- und Bildungsgeschichte. Zur Zeit arbeitet sie an einem DFG-Projekt „Kommentar zur Tabula Peutingeriana“ und flankierenden Untersuchungen zur antiken Geographie- und Kartographiegeschichte. Stefan Freund ist seit 2008 Professor für Klassische Philologie / Latein an der Bergischen Universität Wuppertal. Er studierte Klassische Philologie und Katholische Theologie an den Universitäten Eichstätt, Erlangen und Urbino. Nach seiner Promotion („Vergil im frühen Christentum“, 1999) und dem Referendariat war er zunächst im Schuldienst, dann an der Universität Regensburg tätig. 2006 erfolgte die Habilitation mit einem Kommentar zum 7. Buch der ‘Divinae institutiones’ des Laktanz. Seine Forschungsschwerpunkte liegen u. a. auf der frühen

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christlichen Dichtung und Prosa sowie der Auseinandersetzung des antiken Christentums mit der paganen Bildungstradition. Thomas Gärtner ist Außerplanmäßiger Professor an der Universität zu Köln, und momentan Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Osnabrück, wo er an einem Drittmittelprojekt über neulateinische Jesuitendichtung mitwirkt. Seit seiner Dissertation über die mittellateinische Trojaepik, in welcher neben Dares Phrygius auch der ‘Raptus Helenae’ des Dracontius eine Rolle spielt, und der Habilitation zur ‘Johannis’ des Coripp ergaben sich in seiner Forschung immer wieder Berührungen mit Dracontius. Helen Kaufmann hat nach einem Studium in Basel an der Universität Fribourg über Dracontius’ Medea (Romul. 10) promoviert. Ihr Kommentar mit Einleitung, Edition und Übersetzung wurde 2006 publiziert. Nach verschiedenen Lehraufträgen ist sie seit 2013 als Lecturer in Classics an Lady Margaret Hall tätig und forscht weiterhin auf dem Gebiet der spätlateinischen Dichtung. Publiziert hat sie unter anderem zur Intertextualität, zur Statiusrezeption und zur Darstellung von Liebe bei Dracontius. Weitere Studien, z. B. zum Gattungsverständnis, zur Einheit des Gedichts, zur nordafrikanischen Dichtung, zu lokalen Bezügen und zur Migration der Dichter sind in Vorbereitung zur Publikation bzw. in Arbeit. Angelo Luceri ist ‘Professore associato di Lingua e Letteratura Latina’ an der Università di Roma Tre. Seine Forschungsinteressen umfassen ein thematisch weitgespanntes Feld im Rahmen der Spätantike. Dabei beschäftigt er sich sowohl mit der Dichtung (besonders Claudian, Naucellius und diversen weiteren Autoren der ‘Anthologia Latina’) als auch mit der Prosa (so erstellte er etwa einen kritischen Apparat zu den Büchern VI–XII für die vollständige, mehrbändige Edition der ‘Variae’ Cassiodors [Rom 2015–2017]). Zu Dracontius, seinem Hauptforschungsgegenstand, verfaßte er bereits mehrere Publikationen, gab eine Konkordanz zu den christlichen Werken heraus (Hildesheim 2006), eine Edition mit Übersetzung und Kommentar der ‘Romulea’ 6–7 (Rom 2007), und besorgte schließlich die vollständige digitale Edition für die Onlineplattform “Musisque Deoque” (mqdq.it 2010). Katharina Pohl studierte Klassische Philologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und ist seit 2011 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Bergischen Universität Wuppertal, wo sie 2017 mit einem Kommentar zum ‘Raptus Helenae’ des Dracontius promoviert wurde. Ihre Forschungsinteressen umfassen neben der spätantiken Dichtung auch die antike Panegyrik sowie die neulateinische Dichtung des konfessionellen Zeitalters. Hedwig Schmalzgruber studierte in Erlangen Klassische Philologie und Germanistik und war nach dem Ersten und Zweiten Staatsexamen zunächst als Gymnasiallehrerin tätig, bevor sie 2015 an der Bergischen Universität Wuppertal in Klassischer Philologie promoviert wurde. Sie war dort von 2015–2017 wissenschaftli-

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che Mitarbeiterin und ist seit 2017 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Potsdam. Mit Dracontius’ Bibelepos ‘De laudibus Dei’ beschäftigte sie sich am Rande ihrer Dissertationsarbeit zum Buch Genesis des Heptateuchdichters; die Einladung, auf der Dracontius-Tagung einen Vortrag zu halten, bot ihr die Gelegenheit, sich intensiver in dieses Werk einzuarbeiten. Christine Schmitz studierte Klassische Philologie und Geschichte. Nach der Promotion an der Universität Bonn („Die kosmische Dimension in den Tragödien Senecas“, 1993) war sie Mitarbeiterin am Thesaurus linguae Latinae in München. Sie habilitierte sich an der Universität Marburg („Das Satirische in Juvenals Satiren“, 2000) und ist seit 2002 Professorin für Klassische Philologie an der Universität Münster. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich des antiken Epos, der römischen Satire, der Tragödie, des Epigramms (Martial), des Roman (Apuleius), auf Mythos und Literatur, der Rezeption der antiken Mythologie sowie in der lateinischen Dichtung der Spätantike und Renaissance. Eine Untersuchung zum vermutlich um 500 n. Chr. in Nordafrika entstandenen Gedicht Aegritudo Perdicae, einem anonym überlieferten Epyllion, das im Umkreis des Dracontius anzusiedeln ist, befindet sich in Druckvorbereitung. Christoph Schubert studierte Klassische Philologie und Französisch in Jena, Paris und Erlangen, wo auch die Promotion und Habilitation erfolgten. Seit 2010 auf einer Professur für Latinistik an der Bergischen Universität Wuppertal tätig, folgte er 2017 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Klassische Philologie (Latein) an die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Neben der Dichtung der neronischen Zeit liegen Schwerpunkte auf der christlichen lateinischen Apologetik (Commodianus, Minucius Felix), Exegese (Ambrosius) und zuletzt verstärkt auf der spätantiken Bibeldichtung. Annick Stoehr-Monjou studierte ‘Lettres Classiques’ (Latein, Griechisch und Französisch) in Aix-en-Provence, wo 2007 auch die Promotion erfolgte. 2008 wurde sie ‘Maître de Conférences’ für Latein an der Universität ClermontFerrand. Neben der Dichtung und der Poetologie im vandalischen Afrika (insbesondere bei Dracontius, dessen Poetologie auch das Thema der Dissertation war, und in der Anthologia Latina) und spätantiken Gallien (z. B. Ausonius, Sidonius Apollinaris u. a.) liegen ihre Forschungsschwerpunkte auf der Rhetorik, Beziehungen zwischen Prosa und Poesie (von Ausonius bis Boethius), auf verschiedenen Literaturgattungen (insbesondere Brief, Epigramm, Dialog, Epos) und dem Mythos in der Spätantike. Konrad Vössing wurde 1991 mit einer Arbeit über „Schule und Bildung im Nordafrika der Römischen Kaiserzeit“ in Aachen promoviert und habilitierte sich 2001 in Düsseldorf über „Das Bankett beim hellenistischen König und beim römischen Kaiser „ Seit 2005 ist er Professor für Alte Geschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Seine Forschungsschwerpunkte sind die antike Kulturgeschichte (insbesondere das Bildungs- und Erziehungswesen, die

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Bankett- und Esskultur sowie Tracht und Habitus), die antike Herrscherrepräsentation (inkl. des Kaiserkults), das spätantike Nordafrika und die Geschichte der Germanen im römischen Reich, besonders die der Vandalen. Anna Maria Wasyl ist ‘Associate Professor’ für Latein an der JagiellonenUniversität in Kraków. Ihre Forschungsinteressen liegen in der lateinischen Dichtung, Gattungstheorie, Poetologie sowie literarischen Ästhetik der Spätantike und insbesondere auf der literarischen Kultur des „Romano‐Barbaric age“ (5.–7. Jahrhundert n. Chr.). Sie ist Autorin zahlreicher Artikel und Bücher (z. B. „Genres Rediscovered: Studies in Latin Miniature Epic, Love Elegy, and Epigram of the Romano‐Barbaric Age“ [2011], kommentierte Edition zu Maximianus [2016], Monographie über den Alcestis-Mythos in der Spätantike [2018]). Außerdem ist sie Mitautorin einer vielbändigen polnischen Übersetzung des vollständigen Corpus der Digesta Iustiniani. Étienne Wolff ist seit dem Jahr 2000 Professor für lateinische Sprache und Literatur an der Université de Paris Nanterre. Er begann seine Forschung mit einer Dissertation über Dracontius (1987), und auch danach blieben die Literatur und Kultur in Africa während der Vandalenherrschaft (5. bis 6. Jahrhundert) unter seinen Forschungsschwerpunkten. Davon ausgehend beschäftigt er sich aber auch mit weiteren Aspekten, die die Spätantike und die lateinische Sprache betreffen. Er legte Publikationen zur lateinischen Literatur (z. B. „Martial ou l’apogée de l’épigramme“, 2008) und Sprachwissenschaft (z. B. „Les mots latins du français“, 1993) vor, sowie eine Vielzahl an Editionen und Übersetzungen lateinischer Texte: neben den Werken des Dracontius (1995 und 1996), auch die Carmina Burana (1995), die Facetiae Poggios (2005), De reditu suo des Rutilius Namatianus (2007), Virgile dévoilé (Expositio Virgilianae continentiae) und die Mythologies (Mitologiae) des Fulgentius (2009 et 2012), sowie in Zusammenarbeit mit Ingrid Bergasa Épigrammes latines de l’Afrique vandale (Anthologia Latina) (2016).

pa l i ng e n e s i a Schriftenreihe für Klassische Altertumswissenschaft

Begründet von Rudolf Stark, herausgegeben von Christoph Schubert.

Franz Steiner Verlag

ISSN 0552–9638

87. Burkhard Scherer Mythos, Katalog und Prophezeiung Studien zu den Argonautika des Apollonios Rhodios 2006. VI, 232 S., geb. ISBN 978-3-515-08808-4 88. Mechthild Baar dolor und ingenium Untersuchungen zur römischen Liebeselegie 2006. 267 S., geb. ISBN 978-3-515-08813-8 89. Evanthia Tsitsibakou-Vasalos Ancient Poetic Etymology The Pelopids: Fathers and Sons 2007. 257 S., geb. ISBN 978-3-515-08939-5 90. Bernhard Koch Philosophie als Medizin für die Seele Untersuchungen zu Ciceros Tusculanae Disputationes 2007. 218 S., geb. ISBN 978-3-515-08951-7 91. Antonina Kalinina Der Horazkommentar des Pomponius Porphyrio Untersuchungen zu seiner Terminologie und Textgeschichte 2007. 154 S., geb. ISBN 978-3-515-09102-2 92. Efstratios Sarischoulis Schicksal, Götter und Handlungs­ freiheit in den Epen Homers 2008. 312 S., geb. ISBN 978-3-515-09168-8 93. Ugo Martorelli Redeat verum Studi sulla tecnica poetica dell’Alethia di Mario Claudio Vittorio 2008. 240 S., geb. ISBN 978-3-515-09197-8

94. Adam Drozdek In the beginning was the apeiron Infinity in Greek philosophy 2008. 176 S. mit 11 Abb., geb. ISBN 978-3-515-09258-6 95. Eckart Schütrumpf Praxis und Lexis Ausgewählte Schriften zur Philosophie von Handeln und Reden in der klassischen Antike 2009. 368 S., geb. ISBN 978-3-515-09147-3 96. Theokritos Kouremenos Heavenly Stuff The constitution of the celestial objects and the theory of homocentric spheres in Aristotle’s cosmology 2010. 150 S., geb. ISBN 978-3-515-09733-8 97. Bruno Vancamp Untersuchungen zur hand­ schriftlichen Überlieferung von Platons „Menon“ 2010. 115 S., geb. ISBN 978-3-515-09811-3 98. Marietta Horster / Christiane Reitz (Hg.) Condensing texts – condensed texts 2010. 776 S., geb. ISBN 978-3-515-09395-8 99. Severin Koster Ciceros Rosciana Amerina Im Prosarhythmus rekonstruiert 2011. 178 S., geb. ISBN 978-3-515-09868-7 100. Theokritos Kouremenos Aristotle’s de Caelo Γ Introduction, Translation and Commentary 2013. 121 S., geb. ISBN 978-3-515-10336-7 101. Hendrik Obsieger Plutarch: De E apud Delphos / Über das Epsilon am Apolltempel in Delphi Einführung, Ausgabe und Kommentar 2013. 417 S., geb. ISBN 978-3-515-10606-1

102. Theokritos Kouremenos The Unity of Mathematics in Plato’s Republic 2015. 141 S. mit 8 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11076-1 103. Stefan Freund / Meike Rühl / Christoph Schubert (Hg.) Von Zeitenwenden und Zeitenenden Reflexion und Konstruktion von Endzeiten und Epochenwenden im Spannungsfeld von Antike und Christentum 2015. 219 S., geb. ISBN 978-3-515-11174-4 104. Sonja Nadolny Die severischen Kaiserfrauen 2016. 257 S. mit 10 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11311-3 105. Michael Müller Tod und Auferstehung Jesu Christi bei Iuvencus (IV 570–812) Untersuchungen zu Dichtkunst, Theologie und Zweck der Evangeliorum Libri Quattuor 2016. 413 S., geb. ISBN 978-3-515-11340-3 106. Hedwig Schmalzgruber Studien zum Bibelepos des sogenannten Cyprianus Gallus Mit einem Kommentar zu gen. 1–362 2016. 601 S. mit 1 Abb. und 8 Tab., geb. ISBN 978-3-515-11596-4 107. Stefan Weise (Hg.) HELLENISTI! Altgriechisch als Literatursprache im neuzeitlichen Europa 2017. 389 S. mit 5 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11622-0 108. Armin Eich / Stefan Freund / Meike Rühl / Christoph Schubert (Hg.) Das dritte Jahrhundert Kontinuitäten, Brüche, Übergänge 2017. 286 S. mit 30 Abb., geb. ISBN 978-3-515-11841-5 109. Antje Junghanß Zur Bedeutung von Wohltaten für das Gedeihen von Gemeinschaft Cicero, Seneca und Laktanz über beneficia 2017. 277 S., geb. ISBN 978-3-515-11857-6 110. Georgios P. Tsomis Quintus Smyrnaeus Kommentar zum siebten Buch der Posthomerica 2018. 456 S., geb. ISBN 978-3-515-11882-8

111. Silvio Bär Herakles im griechischen Epos Studien zur Narrativität und Poetizität eines Helden 2018. 184 S., geb. ISBN 978-3-515-12206-1 112. Christian Rivoletti / Stefan Seeber (Hg.) Heliodorus redivivus Vernetzung und interkultureller Kontext in der europäischen Aithiopika-Rezeption 2018. 229 S., geb. ISBN 978-3-515-12222-1 113. Friedrich Meins Paradigmatische Geschichte Wahrheit, Theorie und Methode in den Antiquitates Romanae des Dionysios von Halikarnassos 2019. 169 S., geb. ISBN 978-3-515-12250-4 114. Katharina Pohl Dracontius: De raptu Helenae Einleitung, Edition, Übersetzung und Kommentar 2019. 571 S. mit 14 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12216-0 115. Gregor Bitto / Anna Ginestí Rosell (Hg.) Philologie auf zweiter Stufe Literarische Rezeptionen und Inszenierungen hellenistischer Gelehrsamkeit 2019. 280 S. mit 2 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12357-0 116. Antje Junghanß / Bernhard Kaiser / Dennis Pausch (Hg.) Zeitmontagen Formen und Funktionen gezielter Anachronismen 2019. 235 S. mit 3 Abb., geb. ISBN 978-3-515-12366-2 117. Stefan Weise Der Arion des Lorenz Rhodoman Ein altgriechisches Epyllion der Renaissance 2019. 321 S., geb. ISBN 978-3-515-12412-6

Dracontius, ein Dichter des vandalischen Nordafrika, rückt immer mehr in den Fokus der Wissenschaft. Die Autorinnen und Autoren dieses Bandes nähern sich seinem Werk insbesondere vor dem Hintergrund der ethno-politischen Umwälzungen im römischen Reich: Wie haben Migration und Interkulturalität Dracontius’ Dichtung beeinflusst? Wie hat er sich von den neuen politischen Machthabern im Reich abgegrenzt oder sie in seine Dichtung integriert? Wie ging er in dieser Umbruchszeit mit der althergebrachten Tradition und Kultur um?

Mit einem methodisch breiten Zugriff auf alle Teile des Werks gehen die Autorinnen und Autoren diesen Fragen nach, sowohl aus althistorischer als auch aus philologischer Perspektive. So können sie den spätantiken Dichter nicht nur in die ihn umgebende literarische, kulturelle und auch politische Welt sowie in die Tradition der früheren antiken Literatur einordnen, sondern gewinnen zugleich weitreichende Erkenntnisse über das Selbstverständnis des Dracontius als Dichter.

ISBN 978-3-515-12089-0

www.steiner-verlag.de

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7 83 5 1 5 1 2 0890

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