Deutsche Lyrik des späten Mittelalters 3618662203, 9783618662204

Die Lyrik des deutschen Spätmittelalters stand lange und steht großenteils noch heute im Schatten des klassischen Minnes

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Deutsche Lyrik des späten Mittelalters
 3618662203, 9783618662204

Table of contents :
Texte und Übersetzungen 9
Kommentar 609
Inhaltsverzeichnis 1069

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DEUTSCHER KLASSIKER VERLAG

BIBLIOTHEK DES MITTELALTERS Texte und Übersetzungen Vierundzwanzig Bände Mit Illustrationen Herausgegeben von Walter Haug Band 22

DEUTSCHE LYRIK DES SPÄTEN MITTELALTERS Herausgegeben von Burghart Wachinger

DEUTSCHER KLASSIKER VERLAG

Bibliothek deutscher Klassiker 191

© Deutscher Klassiker Verlag Frankfurt am Main 2006 Die Edition der Lieder Oswalds von Wolkenstein mit Genehmigung von Philipp Rcclam jun. Stuttgart.

DEUTSCHE LYRIK DES SPÄTEN MITTELALTERS

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INHALT

Texte und Übersetzungen Kommentar Inhaltsverzeichnis

9 609 1069

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TEXTE UND ÜBERSETZUNGEN

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O T T O VON B O T E N L A U B E N

>Fröide ist al der weite komen, niht ze minem fromen, sit mich sin güete also vrömeden wil Der walt ist grüene und sanges vol. 5 swer sich vröuwen sol, der lobe die zit, diu glt wunnen vil. Alliu herzen an vröiden jungen sich, swaz et vröiden gert, wan ich.
Für alle Welt ist eine Zeit der Freude angebrochen, nur mir bleibt sie versagt, weil er mir seine Zuneigung so ganz entzieht. Der Wald ist grün und erfüllt vom Singen der Vögel. Wer sich freuen darf, der lobe die Zeit, die reichlich Lust schenkt. Alle Herzen, die sich nach Freude sehnen, werden vor Freude jung - außer meines.
Sit er giht, ich si sin himelriche, so habe ich in zuo gote mir erkorn, Daz er niemer vuoz von mir entwiche, herre got, lä dirs niht wesen zorn! I Erst mir in den ougen niht ein dorn, der mir hie ze fröiden ist geborn.

OTTO VON'BOTENLAUBEN 4

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Ich habe ihn erwählt, so sei er auch der meine. Nun tu mir, Herrin, wie du willst, du hast die Macht. Ich mahne die geliebte reine Frau an ihr Versprechen, das sie mir gab vor unermeßlich langer Zeit: Wenn ich wiederkäme, würde ich von allem Leid befreit. Wenn das nicht wahr wird, ist mein Leben gebrochen. Zu ihr zu kommen hat mein Herz sich immer abgemüht, von ihrer Liebe wird es mir gewiß noch gehen so wie der Nachtigall: Die stirbt inmitten ihres Freudenlieds. Sollt ich an diesen großen Qualen sterben, das war ein Ende, das mir Angst macht. Wer daran schuld ist, will ich euch verraten: Das ist ihr liebreizender Mund, der ist so rot. Es ist mein Tod, wenn ich ihr lang fernbleiben muß. Doch wurden auch ihre strahlenden Augen rot, als ich Abschied nahm und mich in ihre Gnade gab.

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War nicht Christi Lohn so herrlich, ich verließe niemals meine liebe Herrin, die ich im Herzen oftmals grüße. Sie kann wahrhaftig mein Himmel sein, wo sie auch weilen mag im deutschen Land. Herr Gott, verhilf du mir dazu, daß deinen Lohn ich mir und ihr erwerbe!

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>Da er sagt, ich sei sein Himmel, habe ich ihn mir als Gott erwählt. So wird er keinen Fußbreit von mir weichen. Herr Gott, sei nicht darüber zornig! Es kann mir doch nicht der ein Dorn im Auge sein, der mir zur Freude auf die Welt gekommen ist.

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OTTO VON BOTENLAUBEN 5

kumt er mir niht herwider, min spunde fröide ist gar verlorn.
Wie sol ich den ritter nu gescheiden und daz schcene wip, die dicke bl ein ander lägen e? Da rät ich in rehten triuwen beiden i und üf min selbes lip, daz si sich scheiden und er dannen ge. Mä%e ist fallen dingen guot. lip und ere ist unbehuot ob man iht langer lit. 10 ich ensinge eht anders niht man: e% ist %jt. stant üf, ritter !< II »Hcerestu, vriunt, den wahter üf der zinnen, wes sin sanc ver/ach? wir müezen »»sich scheiden, lieber man. Also schiet din lip ze jungest hinnen, ! d6 der tac üf brach und uns diu naht so vlühtecliche entran. naht git senfte, we tuot tac. owe, herzeliep, in mac dich nü verbergen nieht. 10 uns nimet der vröiden vil daz gräwe lieht. stant üf, ritter!« in >Din kuslich munt, din lip clär unde süeze, din drucken an die brüst, din umbevähen lät mich hie betagen. Daz ich noch bi dir betagen müeze s an aller vröiden verlust! so daz geschiht, so endürfen wir niht clagen. Din minne ist gar ein zange mir,

O T T O VON B O T E N L A U B E N 5

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Kehrt er mir nicht zurück, sind Lust und Freude mir zerstörte

5 Wie soll ich zum Abschiednehmen bringen den Ritter und die schöne Frau, die schon so oft beisammen lagen? Aufrichtig muß ich ihnen raten, bei meinem Leben, daß sie sich trennen, daß er sich entfernt. In allen Dingen ziemt sich Maß. Leben und Ehre sind bedroht, wenn man noch länger liegen bleibt. Nichts andres singe ich als: Es ist Zeit. Steh auf, Ritter!
Dein Mund, dein Kuß, dein schöner, lieber Leib, wie du mich an die Brust drückst und umarmst, das ist's, weshalb ich hier noch bis zum Morgen bin. Wenn ich doch einmal ohne Abbruch aller Freuden den Tag bei dir erwarten dürfte! Wenn das wahr wird, brauchen wir nicht mehr zu klagen. Die Liebe ist wie eine Zange mir,

in

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O T T O VON B O T E N L A U B E N 5

si klemme/ mich, ich muoz [] ze dir, gult ez mir al den lip.< 10 »Mich enlät der tac, daz clage ich sende^ wip. stant üf, ritter!«

OTTO VON B O T E N L A U B E N 5

sie zwängt mich, ja ich muß zu dir, und gölte es mein Leben.< »Der Tag erlaubt mir's nicht; selbst voll Verlangen beklag ich es. Steh auf, Ritter!«

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NEIDHART

I Ine gesach die heide nie baz gestalt, in liehter ougenweide den grüenen walt. ! an den beiden kiese wir den meien. ir mägde, ir sult iuch zweien, gein dirre liehten sumerzit in hohem muote reien. n Lop von mangen Zungen der meie hat. die bluomen sint entsprungen an manger stat, 5 da man e deheine künde vinden. geloubet stät diu linde: sich hebt, als ir wol habt vernomen, ein tanz von höfschen kinden. in Die sint sorgen äne, vil vröuden rieh, ir mägede wolgetäne und minneclich, s zieret iuch wol, daz iu die Beier danken, die Swäbe und die Vranken! ir briset iuwer hemde wiz mit siden wol zen lanken! iv >Gein wem solt ich mich zäfen?< so redete ein maget.

NEIDHART

Ich habe die Heide nie schöner gesehen, den grünen Wald nie prächtiger leuchtend. Sie zeigen uns: der Mai ist hier. Ihr Mädchen, sucht euch einen Gesellen und tanzt mit ihm stolz und fröhlich in dieser hellen Jahreszeit. Von vielen Zungen wird der Mai gepriesen. Die Blumen sind hervorgesprossen allenthalben, wo vorher keine zu finden war. In vollem Laube steht die Linde. Da gibt es - ihr habt's schon gehört - einen Tanz von feinen jungen Mädchen. Die haben keine Sorgen und sind fröhlich. Ihr schönen Mädchen, ihr liebenswerten, schmückt euch, daß die Bayern es euch danken, die Schwaben und die Franken! Schnürt eure weißen Hemden mit Seide auf Taille! >Für wen sollte ich mich schmücken?die tumben sint entsläfen. ich bin verzaget. vreud und ere ist al der werlde u n m a e . die man sint wandelbare: deheiner wirbet umbe ein wip, der er getiuwert wasre.
Die rede soltü behalten^ sprach ir gespil. >mit vröuden sul wir alten: der manne ist vil, i die noch gerne dienent guoten wiben. lät solhe rede beliben! ez wirbet einer umbe mich, der trüren kan vertriben.< vi >Den soltü mir zeigen, wie er mir behage, der gürtel si din eigen, den ich umbe trage, s sage mir sinen namen, der dich minne so tougenlicher sinne! mir ist getroumet hint von dir, din muot der ste von hinne.< vn >Den si alle nennent von Riuwental und sinen sanc erkennent wol über al, , der ist mir holt, mit guote ich im des lone: durch sinen willen schöne so wil ich brisen minen lip. wol dan, man liutet nöne!
Die sind doch stumpf und verschlafen. Ich habe den Mut verloren. Freude und Ehre nimmt niemand mehr wichtig. Auf die Männer ist kein Verlaß. Keiner bemüht sich um eine Frau, die sein Ansehen heben könnte.
So sollst du nicht redenwir können noch lange in Freuden leben. Es gibt noch immer genug Männer, die edlen Frauen gerne dienen. Laßt solche Reden! Um mich wirbt einer, der kann Trübsinn vertreibend

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>Den mußt du mir zeigen, ob er mir gefällt. Den Gürtel, den ich da umhabe, will ich dir schenken. Sag mir, wie heißt er, der dich so heimlich liebt? Ich hab heute Nacht von dir geträumt, daß du im Sinn hast wegzugehen.
Der, den sie alle den von Reuental nennen seinen Gesang kennt man ja überall - , der ist mir gut. Mit Gutem will ich's ihm lohnen. Für ihn will ich mich schön schnüren. Los, es läutet zur Non!