Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens: Theorie und Empirie [1 ed.] 9783428469581, 9783428069583

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Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens: Theorie und Empirie [1 ed.]
 9783428469581, 9783428069583

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Volkswirtschaftliche Schriften Heft 399

Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens Theorie und Empirie

Von

Christof Maas

Duncker & Humblot · Berlin

CHRISTOF MAAS

Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens

Volkswirtschaftliche Schriften Begründet von Prof. Dr. Dr. h. c. J. Broermann

Heft 399

Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens Theorie und Empirie

Von

Christof Maas

Duncker & Humblot * Berlin

CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Maas, Christof: Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens: Theorie und Empirie / von Christof Maas. — Berlin: Duncker und Humblot, 1990 (Volkswirtschaftliche Schriften; H. 399) Zugl.: Berlin, Techn. Univ., 1989 ISBN 3-428-06958-7 NE: GT

D 83 Alle Rechte vorbehalten © 1990 Duncker & Humblot GmbH, Berlin 41 Satz: Hagedornsatz, Berlin 46 Druck: Alb. Sayffaerth - E. L. Krohn, Berlin 61 Printed in Germany ISSN 0505-9372 ISBN 3-428-06958-7

Vorwort Dem technischen Fortschritt wird im allgemeinen zentrale Bedeutung für die Realisierung einzel- und gesamtwirtschaftlicher Ziele zugesprochen. U m so mehr verwundert der geringe Stand des empirisch gesicherten Wissens über die Determinanten betrieblichen Inno varions Verhaltens. Es mangelt nicht nur an theoretisch abgeleiteten Hypothesen, welche auch die während des betrieblichen Innovationsprozesses variierenden Anforderungen und die zwischen den verschiedenen Determinanten bestehenden Interdependenzen berücksichtigen, es fehlen häufig auch aussagekräftige Indikatoren zur Operationalisierung der verschiedenen Einflußfaktoren. Diese Arbeit soll dazu beitragen, die beschriebenen Defizite zu vermindern und wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen ermöglichen. Zu diesem Zweck werden die Determinanten des Innovationsverhaltens strukturiert, ihre möglichen direkten und indirekten Wirkungen auf den betrieblichen Innovationsprozeß diskutiert sowie einer empirischen Analyse unterzogen. Das Gelingen dieser Arbeit war von einer Vielzahl von „Determinanten" abhängig, die nicht unerwähnt bleiben sollen. Als wichtigster Promotor ist Professor Dr. Hans-Jürgen Ewers zu nennen, ohne den diese Arbeit nie entstanden wäre. Von ihm ging nicht nur der entscheidende Anstoß für meine wissenschaftliche Tätigkeit aus; er gewährte mir auch jeden nur erdenklichen Freiraum und gab zahlreiche Hilfestellungen. Der empirische Teil dieser Arbeit wäre ohne die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft für die Projekte DFG-Betrieb und DFG-Umwelt sowie die Bereitschaft zahlreicher Praktiker, sich trotz zumeist erheblicher Arbeitsbelastung die Zeit für ein Gespräch zu nehmen, nicht möglich gewesen. Dr. Michael Fritsch machte mir den Datensatz DFG-Betrieb zugänglich, Antje Theissen hat im Rahmen des Projektes „Umweltschutz und Innovation" (DFG-Umwelt) einen Teil der Interviews durchgeführt. Zahlreiche Freunde und Kollegen gaben mir persönlichen Rückhalt. Allen direkt und indirekt an dieser Arbeit Beteiligten gilt mein herzlicher Dank. Christof Maas

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

17

Teil I Grundlagen

20

1.

Abgrenzung des Analysegegenstandes und der Analyseebene

20

1.1

Phasen des gesamtwirtschaftlichen Innovationsprozesses und ihre Bedeutung für den techn(olog)ischen Fortschritt

21

1.2

Der InnovationsbegrifF

21

1.3

Die Mikroebene als Ansatzpunkt der Analyse

22

2.

Entwicklung und Stand der Forschung

24

2.1

Das neoklassische Grundmodell und die Theorie der Firma

24

2.2

Die grundlegenden Arbeiten Schumpeters

27

2.3

Workable-Competition- und Industrial-Organization-Forschung

30

2.3.1

Entwicklung von der Strukturforschung zur Verhaltensforschung

31

2.3.2 2.3.2.1 2.3.2.2 2.3.2.3 2.3.2.4

Empirische Analyse betrieblichen Investitions- und Innovationsverhaltens Beschreibung von Investitions- und Innovationsprozessen Determinanten des Investitions- und Innovationsvolumens Determinanten der Adoption und Diffusion von Neuerungen Unterschiede zwischen erfolgreichen und erfolglosen Innovatoren

32 33 36 37 39

2.4

Organisationsforschung

40

3.

Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse zu den Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens

41

3.1

Unterschiedlichkeit des Untersuchungsobjektes

41

3.2

Probleme bei der Bestimmung der abhängigen Variablen

42

3.2.1

Geringe Aussagekraft der Indikatoren zur Messung der Innovationsleistung

42

3.2.2

Probleme bei der Abgrenzung potentieller Adoptoren

45

3.3

Zeitliche Inkongruenz von Innovation und Datenerhebung

46

8

Inhaltsverzeichnis

3.4

Zu stark vereinfachte Vorstellung über betriebliche Innovationsprozesse

47

3.5

Kurzfristige, àuf die Überprüfung einfacher Hypothesen ausgerichtete Forschungsstrategien

48

3.6

Zusammenfassung

49

4.

Grundlagen des konzeptionellen Bezugsrahmens

50

4.1

Aufgaben eines konzeptionellen Bezugsrahmens

50

4.2

Der betriebliche Innovationsprozeß als Grundmodell

50

4.3

Grundannahmen und Arbeitsschritte

53

Teil II Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit — Theoretische Überlegungen und bestehende empirische Evidenz

54

1.

Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

55

1.1

Bedeutung der („objektiven") Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit für das Innovationsverhalten

56

1.2

Determinanten der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit von Innovationen und ihre Bedeutung in empirischen Studien

60

1.2.1 1.2.1.1 1.2.1.2 1.2.1.3 1.2.1.4

Charakteristika der Innovation Ausmaß des techn(olog)ischen Fortschritts Unteilbarkeit Vereinbarkeit mit der Produktionsstruktur (Kompatibilität) Komplexität

60 60 61 63 70

1.2.2 1.2.2.1 1.2.2.2 1.2.2.3 1.2.2.4

Charakteristika des Betriebes Entwicklungsstand von Produktprogramm und Produktionstechnik Art, Alter und Anzahl vorhandener Produktionsanlagen Know-How-Ausstattung Wirtschaftlichkeit alternativer Verhaltensweisen

71 71 75 76 76

1.2.3 Betriebsexterne Rahmenbedingungen 1.2.3.1 Absatz- und Beschaffungsmarktbedingungen 1.2.3.2 Staatliche Rahmenbedingungen - Ein Überblick

76 77 77

1.3

Zusammenfassung: Meßbarkeit und Einfluß der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit in empirischen Studien

2.

Charakteristika der an betrieblichen Innovationsprozessen beteiligten Individuen 78

2.1

Für Innovationen relevante Merkmale von Personen

79

2.2

Einfluß persönlicher Merkmale im Innovationsprozeß

81

78

Inhaltsverzeichnis

2.3

Bedeutung persönlicher Merkmale in empirischen Studien

87

2.3.1

Soziodemographische Merkmale des Betriebsleiters

87

2.3.2

Qualifikation des Managements und der an Innovationsprozessen Beteiligten

90

2.3.3

Einschätzung eines Know-How-Mangels als Innovationshemmnis

95

2.3.4

Verhalten „des Betriebes" als Indikator für die Einstellung des Managements

96

2.3.5

Bekundete Einstellung gegenüber Technik im allgemeinen und technischen Neuerungen im besonderen w 100

2.3.6

Auswirkungen unterschiedlicher Einstellungen auf Bestimmungsgründe der Entscheidung 104

2.3.7

Zusammenfassung — Welche Persönlichkeitsmerkmale sind operationalisierbar? 105

2.4

Betriebliche Determinanten der Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen 106

2.4.1 Die ökonomische Situation 2.4.1.1 Einfluß der ökonomischen Situation auf die Innovationsbereitschaft 2.4.1.2 Ergebnisse empirischer Studien

106 107 108

2.4.2

Personalpolitik

109

2.4.3

Strategie und betriebsinterne Anreizstruktur

110

2.4.4

Belastung durch Routineaufgaben

111

2.4.5

Zusammenfassung

111

3.

Informationsverhalten

112

3.1

Bedeutung von Informationen im betrieblichen Innovationsprozeß

112

3.2

Möglichkeiten der Informationsnachfrage und Informationsverarbeitung 119

3.2.1

Inanspruchnahme betriebsexterner Informationsquellen—Ergebnisse empirischer Studien

120

3.2.2

Planung und Evaluation als Instrument der Informationsnachfrage und -Verarbeitung 127 3.2.2.1 Unternehmensplanung 127 3.2.2.2 Projektevaluation 130 3.2.2.3 Organisatorische Maßnahmen zur Informationssammlung und Informationsauswertung 130 3.3

Der Einfluß von Informationen auf Adoption und Innovation — Ergebnisse empirischer Studien 131

3.3.1

Einfluß der erstmaligen Kenntnisnahme einer Neuerung auf deren Adoption 131

3.3.2

Zusammenhang zwischen Indikatoren des Informations- und des Innovationsverhaltens 133

3.3.3

Einschätzung des Informationsstandes durch Betriebsmitglieder

138

10

Inhaltsverzeichnis

3.3.4

Informationsverhalten als Charakteristikum mehr oder weniger erfolgreicher Innovatoren 139

3.3.5

Beurteilung der vorliegenden Studien und der Möglichkeiten zur Erfassung des Einflusses von Informationen 139

3.4

Determinanten der Informationsnachfrage und -Verarbeitung

141

3.4.1

Subjektiver Informationsbedarf

141

3.4.2

Einschätzung des Nutzens und der Kosten einer Informationsnachfrage sowie andere Hemmnisse 143

3.4.3 3.4.3.1 3.4.3.2 3.4.3.3

Informationsnachfrage-Fähigkeit 146 Charakteristika der für die Informationsnachfrage zuständigen Personen 146 Die Entscheidungssituation 147 Das Informationsangebot 147

3.5

Zusammenfassung

148

4.

Organisationsstruktur

149

4.1

Merkmale der Organisationsstruktur

4.t.l

Spezialisierung der Aufgaben

4.1.2

Standardisierung und Formalisierung von Tätigkeiten und betrieblichen Abläufen 151

4.1.3

Delegation und Partizipation (Kompetenzstruktur)

152

4.1.4

Leitungssystem (Organisationsform)

153

4.1.5

Kommunikationsstruktur

153

4.2

Bedeutung der Organisationsstruktur im Innovationsprozeß

154

4.3

Maßnahmen zur Überwindung des organisatorischen Dilemmas

161

4.3.1

Betriebliches Vorschlagswesen

162

4.3.2

Kreativstäbe

163

4.3.3

Arbeitsgruppen

164

4.4

Erfassung der Organisationsstruktur und ihres Einflusses auf das Innovationsverhalten in empirischen Untersuchungen 166

150 ^

150

4.4.1

Spezialisierung

166

4.4.2

Standardisierung und Formalisierung

171

4.4.3

Delegation und Partizipation

173

4.4.4

Kommunikation

176

4.4.5

Zusammenfassung — Ist die Organisationsstruktur „meßbar"?

5.

Unternehmensstrategie

177

5.1

Abgrenzung von Unternehmensstrategien

178

5.1.1

Wettbewerbsstrategien

178

177

Inhaltsverzeichnis

5.1.2

Innovationsstrategien

180

5.2

Einfluß betrieblicher Strategien auf den Innovationsprozeß

183

5.3

Ergebnisse empirischer Studien

184

6.

Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungsverhalten

185

6.1

Finanzierungsarten und ihre Bedeutung in der Praxis

185

6.1.1

Strukturierung der Finanzierungsmöglichkeiten

185

6.1.2

Das Finanzierungsverhalten kleiner und mittlerer Unternehmen — Ergebnisse empirischer Studien 186

6.2

Der mögliche Einfluß des Finanzierungsspielraums und des Finanzierungsverhaltens auf die Innovationsentscheidung 190

6.3

Der Einfluß der Finanzierungsmöglichkeiten auf das Innovationsverhalten in empirischen Studien 192

6.3.1

Korrelation von Adoptionszeitpunkt und Finanzierungskennzahlen

6.3.2

Subjektive Einschätzung eines Finanzierungsengpasses als Investitions- bzw. Innovationsengpaß 193

6.3.3

Beurteilung des Standes der Forschung

192

196

6.4

Determinanten des Finanzierungsspielraums

196

6.4.1

Rechtsform und Unternehmensgröße

196

6.4.2

Bonität des Unternehmens

199

6.4.3

Gesamtwirtschaftliche Situation

201

6.4.4

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen

201

6.5

Zusammenfassung

202

7.

Art und Intensität des Wettbewerbs

202

7.1

Einfluß der Wettbewerbssituation auf den Innovationsprozeß

203

7.2

Determinanten des Wettbewerbsdrucks

204

7.2.1

Unternehmenskonzentration auf der Angebotsseite

204

7.2.2

Markteintrittsbarrieren

206

7.2.3

Marktphase

208

7.2.4

Ist die Wettbewerbsintensität meßbar?

209

7.3

Einfluß der Wettbewerbssituation in empirischen Studien

209

8.

Wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen, insbesondere finanzielle Fördermaßnahmen 211

8.1

Fördermaßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland

212

8.2

Einfluß finanzieller Förderung auf das Innovationsverhalten

213

12

Inhaltsverzeichnis

8.2.1

Theoretische Anreizwirkungen finanzieller Fördermaßnahmen

214

8.2.2

Liquiditätswirkungenfinanzieller Fördermaßnahmen

215

8.3

Einfluß finanzieller Fördermaßnahmen im Rahmen empirischer Studien 218

8.3.1

Einschätzung der Fördermaßnahmen und ihrer Wirkungen durch Betroffene 218

8.3.2

„Indizienanalyse"

224

8.3.3

„Objektive" Wirkungsanalyse

225

8.3.4

Zusammenfassung

227

8.4

Determinanten des Einflusses derfinanziellen Förderung

227

8.4.1

Kenntnis der Förderprogramme

227

8.4.2

Charakteristika der Fördermaßnahmen

228

8.4.3

Charakteristika des Unternehmens

230

8.4.4

Charakteristika des Projektes

231

8.5

Zusammenfassung

232

Teil III Betriebliche Investitions- und Innovationsprozesse und ihre Determinanten — Ergebnisse zweier Betriebsbefiragungen

233

1.

Zielsetzung und Vorgehensweise der Studien DFG-Betrieb und DFGUmwelt 233

2.

Die zu erklärenden Variablen und die Größe der (Teil-)Samples

235

2.1

Anteil der F+ E-Mitarbeiter

235

2.2

Adoption von Neuerungen

237

2.2.1

Adoption von EDV

238

2.2.2

Adoption neuer Produkte

241

2.3

Investitionsquote

242

2.4

Charakteristika der Investitionen und Innovationen

243

2.4.1

Veränderungen des Produktionsprozesses

243

2.4.2

Veränderungen im Produktprogramm

246

2.4.3

Investitionszwecke

247

2.5

Selbsteinschätzung des technischen Standards des Betriebes

251

3.

Mögliche erklärende Variablen und ihre Ausprägungen

252

3.1

Allgemeine Charakteristika der Betriebe

253

3.1.1

Betriebs- bzw. Unternehmensgröße

254

Inhaltsverzeichnis

3.1.2

Beschäftigten- bzw. Umsatzentwicklung

254

3.1.3

Entwickluqgsaussichten

255

3.1.4

Ökonomische Situation

255

3.1.5

Charakteristika der Produktlinien

256

3.2

Allgemeine Fragen zu den Determinanten des Investitions- und Innovationsverhaltens 257

3.2.1

Determinanten der Investitionsausgaben

258

3.2.2

Investitionsengpässe

261

3.2.3

Entwicklungsengpässe

264

3.3

Wirtschaftlichkeit

266

3.4

Persönliche Merkmale des Managements und der Betriebsmitglieder

3.4.1

Qualifikation der Betriebsmitglieder

. . . 269 269

3.4.2

Einstellung des Managements gegenüber technischen Neuerungen

273

3.5

Informationsnachfrage und -Verarbeitung

277

3.5.1

Intensität der Nachfrage nach technischen Informationen

277

3.5.2

Quellen von Innovationsanstößen

278

3.5.3

Quellen für Informationen über längerfristige technische Entwicklungstrends 280

3.5.4

Informationsverarbeitung

283

3.6

Organisationsstruktur

283

3.6.1

Kommunikationsstruktur

284

3.6.2

Delegation und Partizipation

284

3.6.3

Formalisierung

285

3.6.4

Existenz von Arbeitsgruppen

287

3.7

Strategie

287

3.7.1

Entwicklungsstrategie

288

3.7.2

Wettbewerbsstrategie

289

3.7.3

Innovationsstrategie

291

3.8

Finanzierungsverhalten

295

3.9

Wettbewerbssituation

297

3.10

Finanzielle Investitions- und Innovationsforderung

299

3.11

Zusammenfassung — Die Betriebsgröße als Proxy-Variable

4.

Determinanten des Investitions- und Innovationsverhaltens — Ergebnisse zweier Befragungen 302

4.1

Wirtschaftlichkeit der Neuerung

299

302

14

Inhaltsverzeichnis

4.2

Persönliche Merkmale des Managements und der Mitarbeiter

304

4.2.1

Einstellung des Managements gegenüber technischen Neuerungen

304

4.2.2

Gewichtung nicht-quantifizierbarer Aspekte bei der Beurteilung von Projekten 307

4.2.3

Formale Qualifikation

309

4.2.4

Mangel an qualifiziertem Personal

312

4.3

Informationsverhalten

312

4.3.1

Informationsnachfrage

312

4.3.2

Informationsverarbeitung

314

4.4

Organisationsstruktur

315

4.5

Unternehmensstrategie

317

4.5.1

Wettbewerbsstrategie

317

4.5.2

Innovationsstrategie

319

4.6

Finanzierungsverhalten

321

4.6.1

Finanzierungsprobleme als Engpaß

321

4.6.2

Bedeutung von Finanzierungsquellen

322

4.7

Wettbewerbsintensität

322

4.7.1

Verteilung des Umsatzes auf Marktphasen

322

4.7.2

Bedeutung der Wettbewerbsparameter

323

4.8

Finanzielle Fördermaßnahmen

324

4.9

Zusammenfassung der Ergebnisse der univariaten Auswertungen, insbesondere der partiellen Korrelationen 325

5.

Interdependenzen der Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens - LISREL-Modell 325

5.1

Das Modell

325

5.2

Ergebnisse der Kausalanalyse

329

6.

Wirtschafispolitische Schlußfolgerungen

333

6.1

Wechsel der Klientel — Kleine und mittlere Unternehmen als Ansatzpunkt 333

6.2

Veränderung des wirtschaftspolitischen Instrumentariums der F + T-Politik — Realtransfers stattfinanzieller Förderung

334

6.3

Veränderung der Zielsetzung der F + T-Politik—Identifikation von Problemfeldern statt technischer Spezialberatung 335

6.4

Veränderung der Implementierung der F + T-Politik — Stärkung der lokalen Ebene 336

Inhaltsverzeichnis

7.

Zusammenfassung und Ausblick

337

Literaturverzeichnis

339

Anhang

359

Einleitung Dem technischen Fortschritt wird in der Regel entscheidende Bedeutung für die Realisierung einzel- und gesamtwirtschaftlicher Ziele zugesprochen. Aus einzelwirtschaftlicher Sicht stehen dabei der Einfluß auf die Wettbewerbsfähigkeit und damit auch auf die Ertragslage sowie auf die Entwicklung von Betrieben im Mittelpunkt der Betrachtung. 1 Unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten gilt das Interesse vor allem dem Einfluß des technischen Fortschritts auf die Produktivität, die wirtschaftliche Entwicklung 2 und die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften 3 sowie den damit verbundenen Wirkungen auf die quantitative 4 und qualitative 5 Beschäftigung. Aufgrund der von ihnen erwarteten positiven Beschäftigungswirkungen sowie der zunehmenden Probleme, Betriebe zu einer Standortverlagerung zu veranlassen, sind Innovationen außerdem ein wichtiger Ansatzpunkt für eine ausgleichsorientierte Regionalpolitik. 6 Sie erscheinen schließlich auch dazu geeignet, die von der Industrieproduktion ausgehenden Umweltschutzprobleme zu reduzieren und den Zielkonflikt zwischen einem wirkungsvolleren Umweltschutz einerseits sowie anderen einzel- und gesamtwirtschaftlichen Zielen andererseits zu vermindern. 7

1

Vgl. z.B. Brockhoff

1985, Mansfield u.a. 1977, S. 144-166, Meyer-Krahmer

u.a. 1984,

S. 108-110. 2

Vgl. z.B. Freemann/ClarkISoete 1982, Kleinknecht 1984, Mensch 1975, Nelson/ Winter 1982, Rosenberg/Fritschtak 1983, Scherer 1985, Schmalholz/Scholz 1985, S. 52-100, Schumpeter 1934, Stolper 1982, Van Duijn 1983. 3 Vgl. z.B. Bundesrat (Hrsg.) 1983, Lieschke 1985, Kalmbach ! Kurz 1985, Krupp 1986, Mansfield u.a. 1982, Schmalholz/Scholz 1983. 4

Die quantitativen Beschäftigungseffekte von Innovationen sind keineswegs eindeutig. Zum einen führen Rationalisierungsmaßnahmen zu einer Freisetzung von Arbeitskräften, zum anderen verbessert ein durch Neuerungen qualitativ höherwertiges und kostengünstigeres Angebot die internationale Wettbewerbsfähigkeit und trägt damit zur Sicherung oder Schaffung von Arbeitsplätzen bei. Zur Diskussion der quantitativen Beschäftigungswirkungen des technischen Fortschritts vgl. z. B. Blattner 1986, Browa u. a. 1980, Dostal 1982, Hagemann 1985, Feserl Lärm 1982, Oppenländer 1983, Schule 1986, Welsch 1985. 5

Vgl. dazu Behringer I Brasche 1986, Dostal 1982, Koch 1986, Simon 1986, Weisshuhn

1986. 6 Vgl. dazu Maas 1986c, S. 83-85 und die dort angegebene Literatur, insbesondere EwersI Wettmann

1978, Ewers u.a. 1980, Hahne 1985, Bundesforschungsanstalt für

Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.) 1984. 7 Vgl. dazu MaasI Ewers 1983, Bundesminister für Forschung und Technologie 1984 sowie Maas 1990. 2 Maas

Einleitung

18

Angesichts dieses großen Interesses, das man den Wirkungen des technischen Fortschritts entgegenbringt, verwundert es um so mehr, daß das empirisch gesicherte Wissen über die Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens nach wie vor sehr begrenzt ist (vgl. Teil I). Diese Arbeit soll deswegen dazu beitragen, das Verständnis für betriebliche Innovationsprozesse — den Triebfedern des technischen Fortschritts — zu verbessern. Zu diesem Zweck werden mit Hilfe einer differenzierten theoretischen Analyse und einer umfassenden Auswertung vorliegender empirischer Arbeiten Hypothesen über die wichtigsten Determinanten und die zwischen ihnen bestehenden Interdependenzen generiert (Teil II). Der dritte Teil der Arbeit enthält schließlich eine empirische Analyse, die einer Überprüfung dieser Hypothesen dient. Neben einem rein wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse kann den Ergebnissen dieser Arbeit auch wirtschaftspolitische Bedeutung zukommen. Politiker versuchen nämlich, aufgrund der beschriebenen Bedeutung des technischen Fortschritts für die Realisierung wirtschaftspolitischer Ziele vielfach, auf betriebliche Innovationsprozesse Einfluß zu nehmen. Den Erfolg der zu diesem Zweck vor allem eingesetzten Forschungs- und Technologiepolitik (F + TPolitik) beurteilen viele Autoren allerdings eher skeptisch. Diese Einschätzung ergibt sich bei den einen aus einer prinzipiellen Ablehnung staatlicher Manipulation von Marktprozessen, 8 andere bemängeln eine zu geringe theoretische Fundierung der Politik. 9 Eine Diskussion der verschiedenen, zur Begründung einer F + T-Politik herangezogenen Argumente 10 deutet daraufhin, daß sich für die Notwendigkeit von Eingriffen in die Marktprozesse bei einigen innovativen Aktiviäten durchaus Argumente des Marktversagens anführen lassen.11 Eine ganze Reihe anderer, zugunsten der F + T-Politik angeführter Argumente hält dagegen einer solchen effizienzorientierten Betrachtungsweise nicht stand; 12 die Förderentscheidungen haben in den betroffenen F + T-Bereichen 13 primär politischen Charakter.

8

Vgl. z.B. Giersch 1984, Gutberiet 1984, Hiemenz/ Weiss 1984, Kaufer

1985. 9

10

1979, Staudt

Vgl. z.B. Haegert/ Wittmann 1984, S. 245, Uhlmann 1978, S. 29-34.

Vgl. dazu Maas 1986c. Ζ. B. für die Grundlagenforschung, für einen energie-, rohstoff- und umweltschonenden technischen Fortschritt, für eine ausgleichsorientierte Regionalpolitik. 12 Z.B. die Existenz von Unteilbarkeiten, einer aus gesamtwirtschaftlicher Sicht zu hohen Risikoaversion einzelwirtschaftlicher Entscheidungsträger und eine die internationale Wettbewerbsfähigkeit erhöhende Wirkung durch die Politik induzierter Innovationen. 13 Z.B. Luft- und Raumfahrttechnik, Kerntechnik, Gentechnologie und andere sogenannte Schlüsseltechnologien. 11

Einleitung

19 14

Da eine an der „Neuen politischen Ökonomie" orientierte Analyse auf eine Tendenz von Politikern zugunsten einer Förderung des technischen Fortschritts hindeutet, 15 ist bei derartigen Entscheidungen häufig auch dann mit Fördermaßnahmen zu rechnen, wenn sich ihre Notwendigkeit nicht mit Hilfe ökonomischer Argumente begründen läßt. Für die wirtschaftspolitische Praxis rückt damit die Frage nach der optimalen Ausgestaltung der F + T-Politik in den Mittelpunkt des Interesses. Eine gezielte, aus welchen Gründen auch immer durchgeführte F + T-Politik setzt Informationen über die erfolgversprechendsten Ansatzpunkte und die relative Eignung der zur Verfügung stehenden wirtschaftspolitischen Maßnahmen 1 6 voraus. Indem diese Arbeit dazu beiträgt, das Verständnis für betriebliche Innovationsprozesse zu erhöhen, verbessert sie auch die Voraussetzungen für eine wirkungsvolle F + T-Politik.

14

Die neue politische Ökonomie überträgt die Eigennutzannahme und Marktmechanismen auf politische Prozesse. 15 Vgl. dazu Ewers/Fritsch 1987a, S. 124-128, Maas 1986c, S. 87-90. 16 Für einen Überblick über wirtschaftspolitische Instrumente vgl. z.B. Ewers 1987. 2*

Teil I

Grundlagen Eine Abgrenzung des Untersuchungsgegenstandes dieser Arbeit setzt zunächst einmal eine Analyse der Bedeutung der verschiedenen Arten innovativer Aktivitäten für den techn(olog)ischen Fortschritt voraus (Abschnitt l ) . 1 7 Der anschließende Überblick über den Stand der für die Fragestellung relevanten Forschungsbereiche (Abschnitt 2) soll nicht nur die Notwendigkeit weiterer Studien zum betrieblichen Innovationsverhalten verdeutlichen, sondern auch besonders erfolgversprechende Forschungskonzeptionen identifizieren. Auch die Analyse möglicher Gründe für die große Widersprüchlichkeit der vorliegenden empirischen Studien zu den Determinanten der Innovationstätigkeit (Abschnitt 3) gibt Hinweise für die Konzeption weiterer Studien. Sie unterstreicht insbesondere die Notwendigkeit eines relativ offenen und umfassenden Forschungsansatzes. Um bei einer solchen Vorgehensweise nicht die Übersicht zu verlieren, bedarf es eines konzeptionellen Bezugsrahmens, der es ermöglicht, das bereits vorhandene Wissen und neue Erkenntnisse zu systematisieren. Abschnitt 4 beschreibt die Aufgaben und Grundlagen eines solchen Bezugsrahmens für die Analyse des betrieblichen Innovationsverhaltens.

1. Abgrenzung des Analysegegenstandes und der Analyseebene Der Begriff „Innovation" wird in der Literatur ganz unterschiedlich abgegrenzt. Eine Gruppe von Autoren betrachtet ausschließlich aus gesamtwirtschaftlicher Sicht „neue Lösungen", andere Innovationsstudien analysieren für einen Betrieb neue Produkte, Techniken oder Verfahren. Bei der Beantwortung der Frage, aus welcher Perspektive etwas „neu" sein soll, um als Innovation angesehen zu werden, muß man sich an der jeweiligen Fragestellung orientieren. Daher wird in Abschnitt 1.1 zunächst die Bedeutung der verschiedenen Arten innovativer Aktivitäten für den techn(olog)ischen Fortschritt analysiert. Aus dieser Analyse ergibt sich der Untersuchungsgegenstand (Innovationsbegriff) (Abschnitt 1.2). Unter methodologischen Gesichtspunkten stellt die Wahl der geeigneten Analyseebene ein zentrales Problem empirischer Forschung dar. Daher wird in Abschnitt 1.3 kurz die mikroökonomische Ausrichtung der Arbeit begründet. 17 Bei Querverweisen innerhalb der einzelnen Teile dieser Arbeit wird jeweils nur der Abschnitt angegeben; bei Verweisen auf Abschnitte anderer Kapitel zusätzlich die Nummer des Teils.

1. Abgrenzung des Analysegegenstandes und der Analyseebene

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1.1 Phasen des gesamtwirtschaftlichen Innovationsprozesses und ihre Bedeutung für den techn(olog)ischen Fortschritt Innovative Aktivitäten lassen sich aus gesamtwirtschaftlicher Sicht in Anlehnung an Schumpeter (1934, S. 93) in Invention, Innovation und Adoption/ Diffusion unterteilen. Dabei versteht man unter einer Invention die Erforschung und Entwicklung eines neuen Produktes oder Prozesses unter Aussparung der mit der Umsetzung der Idee verbundenen technischen Probleme. Die erstmalige ökonomische Nutzung neuen Wissens bezeichnet man als Innovation, die Verbreitung einer Neuerung durch ihre zunehmende Anwendung seitens ihrer potentiellen Adoptoren als Diffusion. Je nach Art des zugrundegelegten Fortschrittsbegriffs kommt den einzelnen innovativen Aktivitäten eine unterschiedlich starke Bedeutung zu. Der technologische Fortschritt bezieht sich auf „das Wissen über die Eigenschaften und Einsatzbedingungen einer Technik" (Uhlmann 1978, S. 41). Ein technischer Fortschritt ergibt sich dagegen aus der ökonomischen Nutzung dieses Wissens. Er ermöglicht bei einem gegebenen Ressourceneinsatz ein größeres Maß an Bedürfnisbefriedigung. Erfolglose innovative Tätigkeiten tragen damit zwar zum technologischen Fortschritt bei, indem sie das Feld der erfolgversprechenden Möglichkeiten einengen, den technischen Fortschritt beeinflussen sie dagegen nicht. Andererseits erhöht die Diffusion technischer Neuerungen den Bestand des technologischen Wissens nur unwesentlich. Für den technischen Fortschritt ist sie dagegen von entscheidender Bedeutung. So führt z. B. eine neue Technik, die eine wesentliche Ressourceneinsparung bei der Herstellung eines Produktes ermöglicht, gesamtwirtschaftlich nur zu unwesentlichen Produktivitätssteigerungen, solange sie lediglich vom (Erst-)Innovator genutzt wird. Der direkte, quantitativ meßbare Einfluß der Neuerung auf den technischen Fortschritt entfaltet sich erst mit ihrer Diffusion. Die Erforschung, Entwicklung und erstmalige Anwendung einer Neuerungsmöglichkeit ist also nur eine notwendige, keineswegs aber eine hinreichende Bedingung für den technischen Fortschritt. 1.2 Der Innovationsbegriff Der Innovationsbegriff ist im Rahmen dieser Arbeit einerseits relativ eng, andererseits relativ weit abgegrenzt. Eine Eingrenzung des Analysegegenstandes ergibt sich aus einer Beschränkung auf technische Neuerungen, also auf neue Produkte, Techniken oder Verfahren. 18 Der für den Bereich technischer Neuerungen verwendete Innovationsbegriff ist — wie in der Innovationsforschung mittlerweile weitestgehend üblich — 18 Sämtliche anderen z. B. von Schumpeter (1934) ebenfalls als Innovation bezeichneten Neuerungen (neue Organisationsformen, Managementmethoden, Absatzwege, Beschaffungsmärkte etc.) werden nicht betrachtet.

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Teil I: Grundlagen

dagegen relativ weit abgegrenzt. Er umfaßt nicht nur die erstmalige volkswirtschaftliche Nutzung neuartiger Produkte, Verfahren und Techniken (Innovationen im engeren Sinne), sondern auch die Investition in Neuerungen, die lediglich aus der Sicht des jeweiligen Betriebes neu sind. Die Verwendung eines derartigen betriebswirtschaftlich orientierten Begriffs der Innovation erscheint nicht nur aufgrund der referierten, gleichermaßen großen Bedeutung von Investitionen und Innovationen (im engeren Sinne) für die Realisierung einzel- und gesamtwirtschaftlicher Ziele sinnvoll, die vom gesamtwirtschaftlichen Neuheitsgrad weitestgehend unabhängig ist. Darüber hinaus ist die Abgrenzung von Innovationen im engeren Sinne in der Praxis häufig nicht eindeutig. So liegt es ζ. B. im Ermessen des Betrachters, ob die erstmalige Nutzung einer bekannten Technik in Betrieben einer bestimmten Größe, in einer anderen Verwendung oder Branche aus volkswirtschaftlicher Sicht als Innovation anzusehen ist oder nicht. Eine simultane Analyse von Innovationen und Investitionen erscheint auch möglich, weil die mit beiden Maßnahmen verbundenen Aktivitäten — wie ein Blick in die Literatur verdeutlicht—im Prinzip von den gleichen Determinanten abhängen, deren Bedeutung lediglich in Abhängigkeit von den Charakteristika des jeweiligen Projektes variiert (vgl. Teil II). 1.3 Die Mikroebene als Ansatzpunkt der Analyse Die Aufgabe dieser Arbeit ist, wie in der Einleitung dargelegt, vor allem in einer umfassenden Analyse der Determinanten betrieblichen Investitions- und Innovationsverhaltens zu sehen. Will man auch innerbetriebliche Aspekte wie die Organisationsstruktur, innerbetriebliche Anreizstrukturen, das Informations- und Finanzierungsverhalten etc. sowie die Charakteristika der an den Projekten beteiligten Personen in die Analyse einbeziehen, muß man zwangsläufig bei der Betriebs- bzw. Unternehmensebene ansetzen. Dabei erscheint die Betriebsebene gegenüber der Unternehmensebene vor allem deswegen überlegen, weil einige für das Innovationsverhalten relevante Aspekte 19 in den verschiedenen Betrieben eines Unternehmens durchaus Unterschiede aufweisen können. Diese Varianz würde bei Analysen auf der Unternehmensebene verlorengehen. Bei Betriebsstudien ist allerdings zu beachten, daß auch die Merkmale des Gesamtunternehmens die Ausprägung der erwähnten Aspekte u.U. entscheidend beeinflussen können. Auch eine Analyse der Wirkungen der gegenwärtigen F + T-Politik sowie möglicher Ansatzpunkte und Erfolgsaussichten neuartiger Fördermaßnahmen setzt eine mikroökonomische Vorgehensweise voraus. Die vorliegenden theore19 Z.B. standörtliche Aspekte wie Arbeitsmarktsituation, Regulierungsintensität, Infrastrukturausstattung, aber auch die Produktionstechnik und die persönlichen Merkmale der Manager.

1. Abgrenzung des Analysegegenstandes und der Analyseebene

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tischen und empirischen Studien verdeutlichen nämlich, daß Art und Intensität der von den einzelnen Fördermaßnahmen ausgehenden Wirkung entscheidend von den Eigenschaften der Projekte und der Betriebe bzw. der Unternehmen (vgl. dazu z.B. Krist/Maas 1982) sowie von den Charakteristika der Entscheidungsträger abhängen. So setzt z.B. eine effektive finanzielle Förderpolitik voraus, daß man in den betroffenen Betrieben über die Förderprogramme informiert ist, die Entscheidungsträger bereit und in der Lage sind, die Fördermittel in Anspruch zu nehmen und in ihr Kalkül zu integrieren; 20 durch die Förderung muß außerdem ein relevanter Engpaß getroffen werden. 21 U m dies beurteilen und besonders erfolgversprechende Ansatzpunkte für wirtschaftspolitische Maßnahmen sowie besonders geeignete Förderinstrumente identifizieren zu können, bedarf es daher einer Analyse innerbetrieblicher Prozesse, Anreizstrukturen und Engpässe sowie deren Beeinflussung durch wirtschaftspolitische Maßnahmen. Dies ist nur im Rahmen mikroökonomischer Studien möglich. Grundsätzlich bedarf die Analyse der Wirkungen einzelner Determinanten einer umfassenden Kontrolle des Einflusses aller anderen wichtigen Determinanten betrieblichen Innovations Verhaltens. Andernfalls kann man nicht einmal ansatzweise beurteilen, in welchem Maße der Einfluß des betrachteten Aspektes durch den anderer Faktoren überdeckt wird. Läßt sich im Rahmen statistischer Auswertungen z.B. kein Zusammenhang zwischen einer finanziellen Förderung und der Innovationsleistung feststellen, kann man daraus nicht unmittelbar ableiten, daß die Förderung wirkungslos ist; die Wirkung kann auch durch den Einfluß anderer, in entgegengesetzter Richtung wirkender Determinanten verdeckt sein. Andererseits kann ein positives Ergebnis auch auf einem Scheinzusammenhang basieren, der aus der Tatsache resultiert, daß sowohl abhängige als auch unabhängige Variablen mit einer anderen Größe korreliert sind. U m die Effizienz wirtschaftspolitischer Maßnahmen zumindest ansatzweise beurteilen zu können, muß man daher auch den Einfluß aller anderen, als wichtig angesehenen Faktoren analysieren. 22

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Vgl. dazu Abschnitt II.8. Diese Aspekte haben nicht nur Einfluß auf das Ausmaß der zusätzlich durchgeführten Innovationen, sondern auch darauf, ob aus gesamtwirtschaftlicher Sicht besonders erwünschte Maßnahmen stärker unterstützt werden als andere, den Zielen der Politik weniger entsprechenden Aktivitäten; aus regionalpolitischer Sicht ζ. B. Investitionen, die dauerhafte, höherwertige Arbeitsplätze schaffen, anstelle verlängerter Werkbänke oder aus umweltpolitischer Sicht umweltschonende Veränderungen der Produktionsstruktur, die den Schadstoffanfall vermindern, anstelle der Produktion nachgelagerter Umweltschutzeinrichtungen . 21

22 Für eine ausführliche Begründung der Notwendigkeit sowie der Probleme empirischer Mikrostudien vgl. Fritsch 1990.

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2. Entwicklung und Stand der Forschung Ein geschlossenes Konzept der Innovationsforschung existiert nicht. Für das Innovationsverhalten relevante Aspekte werden im Rahmen verschiedenster Forschungsrichtungen analysiert. Dieser Abschnitt soll einen kurzen Überblick über die Entwicklung und den Stand der im Zusammenhang mit betrieblichem Innovationsverhalten relevanten (empirischen) Forschung geben. Dabei besteht keineswegs der Anspruch, umfassend die Ergebnisse vorliegender Studien wiederzugeben. Stattdessen soll die Analyse lediglich grundsätzliche Forschungskonzeptionen herausarbeiten und Forschungsdefizite aufzeigen, aus denen Schlußfolgerungen für das Design des empirischen Teils der vorliegenden Arbeit gewonnen werden können. 23 2.1 Das neoklassische Grundmodell und die Theorie der Firma Das neoklassische Grundkonzept geht von den bekannten Annahmen des Modells der vollständigen Konkurrenz aus. 24 M i t seiner Hilfe lassen sich vor allem die Wirkungen von Innovationen auf Marktprozesse und die Allokation der Ressourcen analysieren. Eine Erklärung des Verhaltens der Marktteilnehmer steht dagegen nicht im Mittelpunkt des Erkenntnisinteresses; die Reaktionen der Individuen auf Veränderungen der Rahmenbedingungen ergeben sich aus den der Analyse zugrundeliegenden Prämissen. Man geht davon aus, daß Innovationen wie Produktionsentscheidungen zu behandeln sind, eine Innovation also dann durchgeführt wird, wenn die (abdiskontierten) Erträge des Projektes höher sind als die aufzuwendenden Kosten und die durch die Innovation erzielbare Kapitalverzinsung über der alternativer Projekte liegt. Den Entscheidungsträgern sind die Handlungsalternativen und die mit deren Realisation verbundenen Einnahme- und Ausgabenströme ex-ante bekannt. Aussagen darüber, wie neue Innovationsmöglichkeiten entstehen, werden nicht getroffen. Auch Faktoren, welche dafür verantwortlich sind, daß hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit im Prinzip vergleichbare Betriebe unterschiedlich (schnell) auf Chancen oder Probleme reagieren, lassen sich aus diesem Modell nicht ableiten. 25 23

Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise und der Ergebnisse zahlreicher empirischer Studien findet sich in Teil II. 24 Die über entscheidungsrelevante Rahmenbedingungen vollkommen informierten, gewinn- bzw. nutzenmaximierenden Wirtschaftssubjekte passen sich an die im Zeitablauf veränderlichen Rahmenbedingungen an. Marktmacht, Transaktionskosten, Marktschranken oder andere Anpassungshemmnisse existieren im Grundmodell nicht, lassen sich aber durch Modifikationen in die Betrachtung integrieren. 25 Trotz der großen Zahl realitätsferner Annahmen handelt es sich bei der neoklassischen MikroÖkonomie durchaus um ein interessantes Analyseinstrument, mit dessen Hilfe sich Tendenzaussagen über die Wirkungsweise entscheidungsrelevanter Rahmenbedingungen ableiten lassen (vgl. dazu Teil I I . l sowie ausführlich Grossekettler 1977). Die so gewonnenen Hypothesen können die Grundlage für empirische Studien schaffen.

2. Entwicklung und Stand der Forschung

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Die Unzufriedenheit mit dem Grundmodell der neoklassischen Theorie der Unternehmung führte zur Entwicklung von Theorien, welche den Einfluß interner Unternehmensstrukturen sowie deren Bedeutung für das Verhalten von Managern analysieren. Diese Arbeiten zur Erweiterung des neoklassischen Grundmodells lassen sich unter dem Begriff „Theorie der Firma" zusammenfassen. Zwar beschäftigt sich diese Forschungsrichtung nicht explizit mit den Determinanten betrieblichen Innovations Verhaltens, sie gibt jedoch über solche innerbetrieblichen Aspekte Aufschluß, die zur Erklärung betrieblicher Verhaltensweisen beitragen können. Die „managerial theory of the firm " behält den formalen Rahmen der Marginalanalyse und damit das Maximierungskalkül bei, die Zielfunktion wird jedoch entweder vollkommen neu formuliert oder durch weitere Elemente ergänzt. Damit trägt diese Theorie der Tatsache Rechnung, daß sich die Entscheidungskonstellationen in großen Kapitalgesellschaften durch die Trennung von Eigentümer- und Managementfunktionen verändert haben und versucht, die Auswirkung der aus der Funktionstrennung resultierenden Veränderung in der Zuweisung der „property rights" auf die Zielfunktion und das Marktverhalten von Großunternehmen zu analysieren. Dabei geht man davon aus, daß die Trennung von Eigentum und Verfügungsgewalt den Managern diskretionäre Verhaltensspielräume verschafft und es ihnen dadurch ermöglicht, eigene Zielsetzungen durchzusetzen, die nicht unbedingt mit den Zielen der Kapitaleigner deckungsgleich sind. Das traditionelle Gewinnmaximierungsziel wird z.B. durch Ziele wie schnelles Unternehmens Wachstum {Marris 1964), Umsatzmaximierung (.Baumol 1959) oder Maximierung des individuellen Nutzenniveaus (Williamson 1974) ersetzt. 26 Einen wesentlichen Beitrag zum Verständnis betrieblichen Verhaltens enthält diese Theorie nicht. Zwar werden zusätzliche Informationen über die von den Entscheidungsträgern als erstrebenswert angesehenen Ziele generiert, die Art und die Determinanten des Verhaltens, mit dessen Hilfe diese Ziele angestrebt werden, bleiben jedoch nach wie vor im Dunkeln. In diesem Zusammenhang weitaus interessanter ist die „behavioral theory of the firm". Diese beschäftigt sich vor allem mit der Auswirkung der Komplexität größerer Firmen und der Unsicherheit auf das Verhalten. Es werden unternehmensinterne Konfliktlösungsmechanismen und Zielbildungsprozesse empirisch analysiert und mit Hilfe von Simulationsmodellen Aufschluß über die Ursachen von Effizienzmängeln gegeben.27 Die verhaltenswissenschaftliche Theorie weicht insbesondere von der neoklassischen Prämisse vollständiger Information ab und geht stattdessen davon aus, daß die Entscheidungsträger die Auswirkungen einzelner Maßnah26 27

1966).

Für einen Überblick über diese Ansätze vgl. Dirrheimer 1981, S. 215-238. „Organisational slack" (Cyert/ March 1963) oder „X-Ineffizienz" (.Leibenstein

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Teil I: Grundlagen

men aufgrund von Unsicherheiten über die Zukunft und einer begrenzten Problemlösungskapazität lediglich mit einer bestimmten (subjektiven) Häufigkeitsverteilung angeben können. Die objektive Gewinnmaximierung wird durch eine subjektive ersetzt. 28 Die Entscheidungsträger streben nicht ein Gewinnmaximum an, sondern einen als „befriedigend" angesehenen Gewinn. 29 Ein zentrales Ergebnis der behavioristischen Theorie der Firma ist in der Feststellung zu sehen, daß das Verhalten der Betriebsmitglieder an Regeln gebunden ist. Suchprozesse beginnen, wenn Zielwerte (voraussichtlich) nicht erreicht werden oder längerfristig erfüllt sind. 30 Die Suche nach Lösungsmöglichkeiten setzt in der Nähe unerwünschter Symptome an und versucht, traditionelle Verhaltensweisen weiterzuentwickeln. Dabei wird die Richtung und das Ergebnis der Suche von den spezifischen Erfahrungen und Fähigkeiten der Beteiligten sowie vom Informationsfluß bestimmt. Die Suche nach Lösungsmöglichkeiten wird eingestellt, wenn das Ziel realisiert ist oder die Einsicht vorherrscht, daß das Ziel nicht zu erreichen ist. Die empirischen Studien zeigen außerdem, daß die Entscheidungsträger versuchen, Unsicherheiten auszuweichen, indem sie möglichst kurzfristig wirksame Entscheidungen treffen, die sich bei neuen Informationen oder Rahmenbedingungen relativ leicht korrigieren lassen. Darüber hinaus versuchen die Unternehmen, Störungen in den betrieblichen Rahmenbedingungen zu minimieren. 31 Die behavioristische Theorie der Firma liefert erste Anhaltspunkte für eine Erklärung betrieblichen Inno varions Verhaltens. Sie ist jedoch relativ einseitig auf den Einfluß der persönlichen Informationsnachfrage und Informationsverarbeitungskapazität konzentriert und zeichnet nach wie vor ein relativ mechanistisches Bild menschlichen Verhaltens. Es wird nur ansatzweise analysiert, von welchen Faktoren Unterschiede in der Quantität und Qualität der Informationsnachfrage und -Verarbeitung abhängen sowie welche Faktoren die Generierung grundlegend neuen Wissens und die Realisierung der von den Entscheidungsträgern als vorteilhaft eingestuften Projekte beeinflussen. So wird insbesondere der Tatsache, daß das Verhalten je nach Art der (innovativen) 28

Vgl. insbesondere Simon 1959. Zur Vereinbarkeit beider Annahmen vgl. Blattner 1977, S. 15. 30 Sind die Ziele dauerhaft erfüllt, wird das Anspruchsniveau erhöht. 31 Neuere Ansätze weisen auf die Bedeutung der Wettbewerbssituation für das Ausmaß der Ineffizienzen in einem Unternehmen hin (vgl. insbesondere Leibenstein 1966,1984). In Unternehmen, die einem unvollkommenen Wettbewerb unterliegen, ist demnach die Motivation des Managements und der Mitarbeiter zur Effizienzverbesserung relativ gering. Leibenstein geht davon aus, daß unvollständiger Wettbewerb nicht nur zu Wohlfahrtsverlusten in Form von Monopolrenten führt, sondern auch mit einer Erhöhung der Stückkosten der Produktion verbunden ist. Die Differenz zwischen tatsächlichen und mindestens erforderlichen Kosten bezeichnet er als „X-Effizienz". Dieser Zusammenhang zwischen Wettbewerbsdruck und Ausmaß der Ineffizienz hat nach Leibensteins Vorstellungen zur Folge, daß eine im Zeitablauf konstante Produktionsfunktion nicht existiert. So kann eine Kostensteigerung z.B. zu einer Verminderung der Ineffizienz führen und damit Gewinneinbußen verhindern. 29

2. Entwicklung und Stand der Forschung

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Aktivitäten und der Situation, in der das Individuum agiert, 32 unterschiedlich sein kann, ebensowenig Aufmerksamkeit geschenkt wie der Bedeutung von Unterschieden in der Innovationsfähigkeit, also ζ. B. Unterschieden im KnowHow und den Finanzierungsmöglichkeiten. 2.2 Die grundlegenden Arbeiten Schumpeters Schumpeter hat als einer der ersten versucht, die theoretische Diskussion aus dem „gleichgewichtigen Kreislaufdenken" der Neoklassik herauszuführen und Phänomene zyklischer Wirtschaftsentwicklung zu erklären. Dabei hat er die Analyse von Wettbewerbsprozessen um eine neue Dimension, die Innovation, erweitert. Neben Hypothesen über die Wirkung von Innovationen auf die gesamtwirtschaftliche Entwicklung, enthalten seine Arbeiten auch erste Anhaltspunkte über die Determinanten des Innovationsverhaltens von Industriebetrieben. Von den Arbeiten Schumpeters ist ein wesentlicher Einfluß auf die Innovationsforschung ausgegangen. Insbesondere die Vertreter der empirischen „Industrial-Organization-Forschung" haben ihre Thesen aus der Arbeit Schumpeters abgeleitet (vgl. dazu Abschnitt 2.3). Sie stellt außerdem einen zentralen Baustein der „evolutorischen Innovationstheorie" von Nelson und Winter dar, 3 3 einer der grundlegend neuen Ansätze in der gesamtwirtschaftlichen Innovationsforschung. In den letzten Jahren hat geradezu eine Sc/zwm/?eter-Renaissance eingesetzt.34 Aufgrund ihres grundlegenden Charakters für die Innovationsfor32 Seien es nun betriebsexterne Aspekte wie die Wettbewerbsintensität oder betriebsinterne wie die innerbetriebliche Anreiz- oder Organisationsstruktur, die ökonomische Lage der Unternehmens. 33 Die evolutorische Theorie des technischen Fortschritts ist vor allem mit den Namen Nelson und Winter verbunden. Die Autoren versuchen, ausgehend von einer Kritik am neoklassischen Modell, eine realitätsnähere Wachstumstheorie zu entwickeln. Sie wollen nachweisen, daß der Wettbewerb die Unternehmen zu Innovationen zwingt und dadurch das gesamtwirtschaftliche Wachstum forciert. Der Wettbewerb führt nach den Überlegungen von Nelson und Winter (1974 und 1982) aus sich heraus aber nicht zu Gleichgewichtssituationen, sondern zu permanenten Ungleichgewichtssituationen. U m dies nachzuweisen, versuchen sie, die Überlegungen Schumpeter s zu formalisieren. Zur mikroökonomischen Fundierung ihres Modells greifen sie auf die Ergebnisse der behavioristischen Theorie der Firma zurück und entwickeln diese weiter, indem sie sie um die Interdependenz zwischen Makro- und Mikroebene ergänzen. Im Rahmen der Theorie werden Begriffe aus der Biologie auf ökonomische Prozesse übertragen. Die ökonomische Entwicklung verläuft langsam, kontinuierlich und in aufeinander aufbauenden Schritten. In Industriebetrieben verläuft das Verhalten normalerweise in routinierten Bahnen und wird nicht bewußt gesteuert, um die Reibungsverluste so gering wie möglich zu halten. Eine bewußte Verhaltenssteuerung tritt nur bei (aus dem System heraus entstehenden) Störungen ein, welche nicht durch Routinereaktionen zu beseitigen sind. Tritt eine derartige Störung auf, verändert sich das Verhalten nicht abrupt, sondern allmählich, indem die Verhaltensregeln den neuen Bedingungen angepaßt werden. Durch den Wettbewerbsmechanismus erfolgt eine Selektion, bei der sich—wie im neoklassischen Modell — die Firmen durchsetzen, die frühzeitig ihre Verhaltensweisen

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Teil I: Grundlagen

schung sollen die Arbeiten Schumpeter s hier etwas ausführlicher beschrieben werden. In seiner 1911 erschienen Arbeit „Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung" sieht Schumpeter die Durchsetzung neuer Kombinationen 35 als entscheidenden Grund für den „Ausbruch" aus einem bestehenden Kreislauf an. In diesem Zusammenhang mißt Schumpeter neu in den Markt eintretenden Anbietern besondere Bedeutung zu. Die neue Kombinationen umsetzenden Firmen treten nach seinen Überlegungen nämlich „nicht einfach an die Stelle, sondern zunächst neben die alten, die aus sich heraus meist nicht in der Lage wären, den großen neuen Schritt zu tun" (Schumpeter 1934, S. 102). Da die Einführung von Neuerungen in Großbetrieben aufgrund fehlender Arbeitskräfte, organisatorischer Probleme etc. schwierig ist, wird es sich nach Schumpeter s Ansicht bei diesen Firmen zumeist um kleine Einheiten handeln, obwohl Großbetriebe über „economies of scale" verfügen (ebenda S. 212f.). Zentrale Bedeutung für die Umsetzung neuer Kombinationen mißt Schumpeter den persönlichen Eigenschaften der betrieblichen Entscheidungsträger bei. Dies führt er vor allem darauf zurück, daß ein Ausbrechen aus den kraftsparenden festen Denkgewohnheiten und alltäglichem Routineverhalten einer „neuen und andersgearteten Willensaufwendung" bedarf. Die dazu erforderliche geistige Freiheit setzt „einen großen Überschuß von Kraft über das Erfordernis des Alltags voraus. Sie ist etwas Eigenartiges und ihrer Natur nach Seltenes" (ebenda, S. 126). Außerdem sind bei der Realisierung einer Neuerung auch rechtliche, politische und soziale Hemmnisse zu überwinden (vgl. dazu ebenda, S. 126 f.). Diese besonderen Schwierigkeiten kann nach Ansicht von Schumpeter (1934, S. 128) nur eine Führungspersönlichkeit überwinden, die die Dinge in einer bestimmten Art sieht, 36 die allein vorausgeht, die auf andere Wirkung ausübt und sie dadurch zum Mitgehen veranlaßt. 37 den Veränderungen der Umwelt anpassen. Im Gegensatz zur Neoklassik führt das evolutorische Modell aber nicht zu einem Gleichgewicht. Nehmen die Gewinne ab, nähert sich der Markt also dem neoklassischen Gleichgewicht, so erhöhen besonders erfolgsorientierte Betriebe ihre Innovationsanstrengungen. Mit evolutorischen Modellen lassen sich also nicht nur zwei Zustände miteinander vergleichen; sie versuchen, detailliert die Entwicklung des Systems zu erklären. 34

Vgl. dazu z.B. Giersch 1984, Stopler 1982, Tichy 1985. Er betrachtet in dieser Arbeit ausschließlich die erstmalige Übernahme bereits vorhandenen technischen Wissens, welches seiner Ansicht nach jederzeit in ausreichendem Maße zur Verfügung steht. 36 Aufgrund der außerhalb der gewohnten Bahnen des wirtschaftlichen Geschehens größeren Unsicherheit, kommt es nach Schumpeter s Ansicht vor allem auf die Fähigkeit an, „die Dinge in einer Weise zu sehen, die sich dann hinterher bewährt, auch wenn sie im Moment nicht zu begründen ist und das Wesentliche fest und das Unwesentliche gar nicht auffaßt, auch wenn und gerade dann, wenn man sich über die Grundsätze, nach denen man dabei verfahrt, keine Rechenschaft geben kann. Gründliche Vorarbeit und Sachkenntnis, Weite des intellektuellen Verstehens, Talent zu logischer Zergliederung können unter Umständen zu Quellen von Mißerfolgen werden" (Schumpeter 1934, S. 125). 35

2. Entwicklung und Stand der Forschung

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Das Auftreten erster Innovatoren vermindert nach Ansicht von Schumpeter die erwähnten Hemmnisse. Dies hat zur Folge, daß in größerer Zahl weitere Innovatoren auftreten und einen ökonomischen Aufschwung (den Beginn einer „langen Welle") einleiten. Die Kritik an dieser ersten Arbeit Schumpeter s richtet sich vor allem gegen die ausschließliche Betrachtung der Angebotsseite. Dadurch wird nicht deutlich, aus welchen Gründen zu einem bestimmten Zeitpunkt Innovatoren in größerer Zahl auftreten und wodurch das Auftreten weiterer Innovatoren schließlich verhindert wird. Aber auch bei der Betrachtung der Angebotsseite ist der Erklärungswert noch relativ begrenzt. Die Generierung von Neuerungen sieht Schumpeter in dieser Arbeit als exogen an. Das Problem der Innovationsfähigkeit, insbesondere das Finanzierungsproblem, wirft er zwar auf, schließt es aber dann mit der Annahme einer problemlosen Geldschöpfung durch die Banken wieder aus der Analyse aus. Andere Aspekte der Innovationsfahigkeit, wie Know-How, Informationen etc. werden vollkommen vernachlässigt. Die Betrachtung von Charakteristika einzelner Personen entspricht außerdem nicht der Realität in größeren Unternehmen. Diese werden in der Regel nicht durch Einzelpersonen geführt, sondern arbeitsteilig. Die Innovativität dieser Betriebe ist daher auch von innerbetrieblichen Rahmenbedingungen wie der Organisationsstruktur abhängig. Ein Teil dieser Kritikpunkte trifft auf spätere Arbeiten Schumpeters nicht zu, in denen er sich auch mit der Generierung und Anwendung grundlegend neuen Wissens beschäftigt und Aspekte der Innovationsfahigkeit explizit in die Betrachtung einbezieht. Dies hat im Vergleich zu seiner ersten Arbeit grundlegend andere Ergebnisse zur Folge. So kommt jetzt nicht mehr kleinen Unternehmen die dominierende Bedeutung für den technischen Fortschritt und damit für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung zu. Stattdessen befürchtet er in seiner 1934 erschienen Arbeit „Sozialismus, Kapitalismus und Demokratie", daß die Erfindung von Neuheiten zunehmend die Aufgabe von Großunternehmen werden könnte, weil Innovationen seiner Ansicht nach zu einer Routinesache geworden seien, die zunehmend von geschulten Spezialteams übernommen wird, „die das, was man von ihnen verlangt, liefern und dafür sorgen, daß es auf die vorhergesagte Weise funktioniert. Die frühere Romantik des geschäftlichen Abenteuerers schwindet rasch dahin, weil vieles nun genau berechnet werden kann, was in alter Zeit durch geniale Erleuchtung erfaßt werden mußte" (Schumpeter 1960, S. 215). 37

Im Gegensatz zur neoklassichen Vorstellung ist der Innovator nach Schumpeter nicht auf individuelle Bedarfsdeckung aus. „Er schafft rastlos, weil er nicht anders kann... (Schumpeter 1934, S. 137); er zeichnet sich durch einen Siegerwillen und eine Freude am Gestalten aus. Er will kämpfen und Erfolg haben um des Erfolges willen" (ebenda, S. 131139). Ein Innovator ist also nach Schumpeter weniger ein von Gewinnanreizen und ökonomischen Kalkülen als vielmehr von Intuition geleiteter, intrinsisch motivierter Mensch.

Teil I: Grundlagen

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Im Gegensatz zur damals vorherrschenden Theorie und wirtschaftspolitischen Praxis kommt Schumpeter zu dem Ergebnis, daß ein Monopol nicht grundsätzlich negativ zu beurteilen ist, unter Innovationsaspekten kurzfristig sogar durchaus erwünscht, ja sogar notwendig sei. Diese Ansicht führt er darauf zurück, daß „die langfristige Investition mit dem Schießen auf ein Ziel zu vergleichen (ist), das nicht nur undeutlich ist, sondern sich auch (stoßweise) bewegt" (iSchumpeter 1960, S. 144). Die dadurch verursachte Unsicherheit macht „Sicherungsmaßnahmen" für den Erfolg der Investition notwendig. Hierbei kann es sich um Patente, im Voraus abgeschlossene Verträge oder durch große Kapitalerfordernisse bzw. Know-How-Vorsprünge entstehende Markteintrittsbarrieren handeln (ebenda, S. 146). Ohne eine kurzfristige Monopolstellung können Innovationen nicht durchgeführt werden, weil der Innovator keine „Zeit und Raum für weitere Entwicklungen" gewinnen und nicht „über außergewöhnliche Situationen" hinwegsteuern kann (ebenda, S. 146 f.). Aus diesen Überlegungen schließt Schumpeter , daß Monopole nicht per se zu verurteilen sind, sondern in längerfristigen Zusammenhängen betrachtet werden müssen. Im Rahmen des Qualitätswettbewerbs können sich Monopolisten im Gegensatz zum Preiswettbewerb nicht auf ihrer Marktstellung ausruhen. Sie müssen ständig damit rechnen, daß neu eintretende Anbieter (potentielle Konkurrenten) ihre Stellung untergraben. Dies schafft Anreize, sich trotz aktueller Marktmacht innovativ zu verhalten (vgl. Schumpeter 1960, S. 140). Es gibt also keine allgemeine Verteidigung für das unterschiedlose „Sprengen von Trusts" oder für die Verfolgung von allem ..., was unter „Einschränkung" der „freien Konkurrenz" fallt" (ebenda, S. 150). Zu bekämpfen sind nur solche Monopolisten, deren Märkte nicht dem Eindringen potentieller Produzenten offenstehen (vgl. ebenda, S. 162). Es ist Schumpeter s Verdienst, als erster nachdrücklich auf die Bedeutung persönlicher Eigenschaften der Entscheidungsträger für das Innovationsverhalten in Betrieben hingewiesen zu haben. Darüber hinaus wird durch seine Arbeiten deutlich, daß die Determinanten des Innovationsverhaltens je nach Art der innovativen Aktivitäten variieren können. Über Vermutungen und allgemeine Beschreibungen kommt er dabei allerdings nicht hinaus. Außerdem vernachlässigt er die Bedeutung innerbetrieblicher Faktoren sowie (neben der Marktstruktur relevanter) betriebsexterner Rahmenbedingungen für das Verhalten von Individuen. 2.3 Workable-Competition- und Industrial-Organization-Forschung 38 Die Arbeit von Schumpeter bildet eine wesentliche Grundlage der WorkableCompetition-Theorie. Diese Forschungsrichtung geht von der Einsicht aus, daß das Modell der vollständigen Konkurrenz aufgrund einer unzureichenden 38

Für einen Überblick vgl. z.B. Böbel 1984, Bombach ! Gahlen I Ott (Hrsg.) (1985), Dirrheimer 1981, Kauf er 1980, Scherer 1980 und 1984.

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Berücksichtigung dynamischer Aspekte nicht länger als wettbewerbspolitisches Leitbild dienen kann. Stattdessen versucht man, das Konzept eines funktionsfähigen Wettbewerbs („workable competition") zu entwickeln. Hierbei handelt es sich nicht um ein geschlossenes Modell. Stattdessen wird versucht, einen allgemeingültigen Katalog von Merkmalen zu entwickeln, deren (Nicht-) Erfüllung die Schlußfolgerung erlaubt, daß der Wettbewerb seine Funktionen (nicht) übernimmt. Bei der Entwicklung dieser Norm erhielt man wesentliche Impulse von der stark empirisch orientierten Industrial-Organization-Forschung, deren Entwicklung und Ergebnisse im folgenden kurz skizziert werden. 2.3.1 Entwicklung von der Strukturforschung zur Verhaltensforschung

Die Vertreter der „traditionellen" Industrial-Organization-Forschung stellen die Marktstruktur in den Mittelpunkt ihrer Analysen. Sie gehen davon aus, daß die Struktur des relevanten Marktes 39 das Marktverhalten der Anbieter und Nachfrager 40 bestimmt und dieses wiederum das Marktergebnis 41 determiniert. Trotz einiger wesentlicher Unterschiede in der Abgrenzung der einzelnen Elemente, gehen alle Autoren von einer kausalen Wirkung der Marktstruktur auf Marktverhalten und Marktergebnis aus. Eine explizite Berücksichtigung des Marktverhaltens sehen die Vertreter dieser Forschungsrichtung in der Regel als überflüssig an. Daher werden sie als „Strukturalisten" bezeichnet.42 Die Kritik an diesem traditionellen Modell der Industrial-OrganizationTheorie entzündet sich an der Annahme einer einseitigen Kausalität sowie der relativen Stabilität der Marktstruktur. Marktstrukturelemente, wie die Wachstumsrate der Nachfrage und Markteintrittsbarrieren, können nicht nur kurzfristigen Schwankungen unterliegen, die Unternehmen können sie auch aktiv durch das Marktverhalten verändern. In neueren Ansätzen verliert die Marktstruktur durch eine Integration der Rückkoppelungseffekte zwischen Marktverhalten und Marktstruktur den Charakter einer exogenen Größe; Strukturelemente werden zu möglichen 39 Z.B. Art und Ausmaß der Konzentration auf Anbieter- und Nachfragerseite, Wachstum und Elastizität der Nachfrage, Markteintritts- bzw. Marktaustrittsbarrieren, Produktdifferenzierung, regionale Verteilung der Marktteilnehmer. Bei der Abgrenzung der Strukturelemente ist umstritten, welche Faktoren als Strukturelemente und welche als „basic conditions" anzusehen sind, welche die Marktstrukturelemente beeinflussen (vgl. Scherer 1980). Das Problem entfällt, wenn man die Marktstruktur — wie von Bain ursprünglich vorgeschlagen — relativ weit abgrenzt. In diesem Fall gehören die „basic-conditions" zu den Strukturelementen. 40 Z.B. Art der Preis-, Produkt-, Absatz-, Investitions- und F + E-Politik, Art und Umfang der Kooperation von Marktteilnehmern. 41 Z.B. Umfang und Entwicklung von Beschäftigung und Produktion, Höhe der Preise, Kosten und Gewinne, technischer Fortschritt, Einkommensverteilung. 42 Die Begründer und prominentesten Vertreter dieser Richtung sind Mason 1939 und Bain 1959. Vgl. außerdem Caves 1950, Shepherd 1970.

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Teil I: Grundlagen

Aktionsparametern des Markt Verhaltens. Dies gilt um so mehr, je mehr Marktmacht das einzelne Unternehmen hat. Das Marktergebnis wird also durch Marktstruktur und Marktverhalten bestimmt; dem Marktverhalten kommt im Vergleich zum traditionellen Modell eine wesentlich stärkere Bedeutung zu. Es wird insbesondere analysiert, welche Bedeutung Strukturelementen als Strategievariablen zukommt. Dabei bringt man der Analyse von Markteintrittsbarrieren besonderes Interesse entgegen, weil Monopolmacht — wie Schumpeter bereits betonte — ohne einen gewissen Schutz nicht ausgenutzt bzw. erhalten werden kann. 4 3 Der Schwerpunkt des Interesses der Industrieökonomen liegt nach wie vor bei der Analyse von Preisbildungsprozessen. So schreibt Scherer (1985, S. 13), einer der prominentesten Vertreter der Industrial-Organization-Forschung, im Rahmen eines Überblicks über Stand und Perspektiven der Industrieökonomik: „Es ist für mich immer wieder erstaunlich, daß wir Industrieökonomen einen so großen Anteil unserer intellektuellen Ressourcen Fragen der Preisgestaltung und nur einen so geringen Teil dem Studium des technologischen Wandels widmen." Unter Innovationsaspekten analysieren die Industrieökonomen zunächst neben dem Einfluß des Konzentrationsgrades und der Unternehmensgröße 44 vor allem die Bedeutung des Patentwesens45 und die Möglichkeit zur Errichtung (strategischer) Marktzutrittsbeschränkungen (vgl. z.B. Schellhaass 1985). Dabei wird in den theoretischen Analysen die neoklassische Tradition dieser Forschungsrichtung deutlich. Nach wie vor geht die Mehrzahl der Autoren nämlich von der Gewinnmaximierungsannahme aus und vernachlässigt Unsicherheiten, Informationsprobleme sowie den Einfluß organisatorischer und persönlichkeitsbezogener Aspekte weitestgehend. 2.3.2 Empirische Analyse betrieblichen Investirons- und Innovationsverhaltens

Die im Rahmen der Industrieökonomik durchgeführten empirischen Arbeiten haben zunächst vor allem den Zusammenhang zwischen dem Konzentrationsgrad in einer Branche bzw. der Unternehmensgröße einerseits und Indikatoren der F + Ε-Intensität andererseits untersucht. Die Ergebnisse dieser intensiven Forschungsbemühungen sind außerordentlich widersprüchlich. Einige Autoren finden einen positiven, andere einen negativen und wieder andere 43 Für einen Überblick über die Ergebnisse der Industrial-Organization-Forschung vgl. Böbel 1984. 44 Dabei werden Konzentration und Unternehmensgröße häufig nicht eindeutig voneinander getrennt, sondern mehr oder weniger synonym verwendet, weil man davon ausgeht, daß die Unternehmensgröße mit der Konzentration zunimmt, im Polypol also relativ gering, im Oligopol dagegen relativ groß ist. Für einen Überblick über die dabei erzielten Ergebnisse vgl. die in Abschnitt 2.3.1 angegebene Literatur. 45 Vgl. z.B. Kaufer 1980 und 1985, Scherer 1980.

2. Entwicklung und Stand der Forschung

33

keinen Zusammenhang; eine letzte Gruppe von Arbeiten ermittelt einen Schwelleneffekt: die Forschungsintensität nimmt bis zu einer bestimmten Unternehmensgröße zu, danach fallt sie ab. 4 6 Der Erkenntniswert dieser großen Zahl von Arbeiten ist zumindest für die im Rahmen dieser Arbeit verfolgten Fragestellung als vergleichsweise gering anzusehen. Aufgrund der mechanistischen Verhaltensannahmen 47 und der häufig aggregatstatistischen Vorgehensweise 48 sind sie nämlich nicht dazu in der Lage, die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse 49 zu erklären, also zu beurteilen, unter welchen Bedingungen ein Einfluß der analysierten Aspekte auf das Innovationsverhalten zu erwarten ist und unter welchen Bedingungen nicht. U m derartige Aussagen treffen zu können und zusätzliche Informationen über die Determinanten der Innovationstätigkeit zu erhalten, bedarf es einer detaillierten Analyse betrieblicher Innovationsprozesse. 50 Die folgenden Abschnitte geben einen Überblick über bereits vorliegende, differenziertere Analysen betrieblichen Investitions- und Innovations Verhaltens. 2.3.2.1 Beschreibung von Investitions- und Innovationsprozessen Bei der Beschreibung betrieblicher Innovationsprozesse konzentrierte man sich zunächst vor allem auf die Entwicklung des Ressourceneinsatzes und der Unsicherheiten während des Projektverlaufes. Dabei kamen die Autoren übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß beide Aspekte einen gegenläufigen Verlauf haben. Der Ressourceneinsatz ist in den frühen Projektphasen (Grundlagenforschung, angewandte Forschung) relativ gering und steigt erst in den späten Phasen stark an, wenn die Voraussetzungen für die Realisierung der Idee geschaffen werden. Die Unsicherheit ist dagegen zu Beginn eines Projektes am höchsten und nimmt mit zunehmender Projektdauer aufgrund der zusätzlich gewonnenen Informationen über die technischen Realisierungsmöglichkeiten und die zu erwartenden ökonomischen Vorteile ab. 5 1

46

Für einen Überblick über die große Zahl von Arbeiten vgl. Baldwin / Scott 1987, Griliches 1984, Jüttner-Kramny 1975, Kamien I Schwartz 1976 und 1983, Müller 1975, Scherer 1984, Tabbert 1977. 47 Das Verhalten wird aus den Prämissen des Modells heraus erklärt. So geht man ζ. B. davon aus, daß bei ansteigender Konzentration zwischen den Wettbewerbern in zunehmendem Maße Absprachen getroffen werden, dadurch die Innovationsfahigkeit zunimmt und dieser Spielraum auch tatsächlich genutzt wird. 48

Für eine ausführliche Analyse möglicher Gründe für die Widersprüchlichkeit empirischer Studien zum Innovationsverhalten vgl. Abschnitt 3. 49 Eine aggregatstatistische Vorgehensweise macht eine Analyse betriebsinterner Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens weitestgehend unmöglich. 50 Vgl. dazu ausführlicher Abschnitt 3.5 und 3.6. Für Hypothesen über den Einfluß der Marktstruktur vgl. Abschnitt II.7. 51 Vgl. dazu ζ. B. der SPIEGEL (Hrsg.) 1982, Hennigs 1983, S. 138 -196, Mansfield u. a. 1971, Souder 1987, S. 49-65, Scherer 1984, S. 4 und die dort angegebene Literatur. 3 Maas

Teil I: Grundlagen

34

Die betriebswirtschaftliche Entscheidungsforschung analysiert vor allem die Phasen betrieblicher Entscheidungsprozesse (z.B. Problemwahrnehmung, Lösungssuche, Entscheidung, Realisierung), 52 die Ziele von Entscheidungen und ihre Veränderung während des Projektverlaufes, 53 den Einfluß der Merkmale der am Entscheidungsprozeß Beteiligten 54 und des Entscheidungsobjektes55 sowie die Anwendung von Entscheidungstechniken.56 Dadurch erhöht dieser Forschungsbereich nicht nur das Grundverständnis für betriebliche Innovationsprozesse (vgl. Abschnitt 4) und verbessert damit die Voraussetzungen für eine differenzierte Analyse seiner Determinanten; er liefert auch erste Anhaltspunkte für eine Erklärung betrieblichen (Innovations-)Verhaltens (vgl. insbesondere Abschnitt II.2). Uhlmann (1978) ist der Ansicht, daß es die Innovationstheorie nicht geben kann, weil die verschiedenen innovativen Aktivitäten durch grundsätzlich andere Merkmale gekennzeichnet und daher auch von völlig unterschiedlichen Faktoren abhängig sind. 57 U m die Grundlage für die Entwicklung von nach Innovationstypen differenzierten Theorien zu schaffen, versucht Uhlmann auf der Basis eines umfangreichen Datenmaterials eine Typisierung von Innovations Prozessen. Diese Arbeit verdeutlicht insbesondere, daß die Ausprägung der einzelnen Determinanten des Innovationsverhaltens in Abhängigkeit von den Charakteristika der Projekte variiert (vgl. dazu ebenda, insbesondere S. 158185). Einen Versuch, dieses Phänomen zu erklären, unternimmt Uhlmann allerdings nicht; er kommt über eine reine Deskription nicht hinaus. Einen weiteren Schwerpunkt der „frühen" Innovationsforschung bildete die Diskussion über den Ursprung von Innovationsideen. Während einige Autoren, z.B. Schumpeter , der Angebotsseite, insbesondere den F + E-Aktivitäten und ihren Determianten, besondere Bedeutung für den technischen Fortschritt beimessen („technology-push-Hypothese"), gehen andere von einer dominierenden Bedeutung der Nachfrageseite aus („demand-pull-Hypothese"). Dabei deutete die Mehrzahl empirischer Studien zunächst darauf hin, daß Innovationsanstöße vor allem vom Markt ausgehen.58 Diese scheinbar eindeutigen

52

Vgl. dazu z.B. Grün 1973, Gzur 1975, Witte 1968a (vgl. auch Abschnitt 4.2). Vgl. z.B. Hamel 1974, Hauschildt 1977, Witte 1972. 54 Vgl. z.B. Baumberger/Gmür/Käser 1973, der SPIEGEL (Hrsg.) 1982, Gabele 1978, Gmünden 1981, Hauschildt u.a. 1983, Lutschewitz/Kutschker 1977, Uhlmann 1978, Witte 1973 und 1976 (vgl. dazu auch Abschnitt II.2). 55 Vgl. z.B. LutschkewitzIKutschker 1977, Uhlmann 1978. 56 Vgl. dazu z.B. Geiser 1981, Gutenberg 1959, Krist 1983, Witte 1973. 57 Der Ansicht Uhlmanns, daß für jede Innovationsart eine separate Theorie zu entwickeln sei, wird in dieser Arbeit nicht zugestimmt. Stattdessen wird versucht, die Charakteristika der Projekte bzw. die Art der innovativen Aktivitäten in den Erklärungsansatz zu integrieren, indem der Einfluß der einzelnen Determinanten differenziert nach Art der Innovation bzw. der mit ihrer Realisierung verbundenen Aktivitäten analysiert wird. 53

2. Entwicklung und Stand der Forschung

35

Ergebnisse führen Rosenberg und Mowery (1979) jedoch recht überzeugend auf methodische Schwächen, insbesondere auf eine zu weite Abgrenzung des „demand-pull-Aspektes", zurück. 59 Mittlerweile besteht weitestgehende Einigkeit darüber, daß sowohl technischen Kenntnissen als auch Informationen über Marktbedürfnisse für den Umfang und die Erfolgsaussichten innovativer Aktivitäten gleichermaßen Bedeutung zukommt und beide Aspekte kaum voneinander zu trennen sind (vgl. dazu auch Freemann / Clark/ Soete 1982). 60 Die Struktur investiver und innovativer Aktivitäten ist in der Bundesrepublik Deutschland vor allem ermittelt worden, um die Aktivitäten von Unternehmen unterschiedlicher Größe vergleichen zu können. Übereinstimmend kommt man dabei zu dem Ergebnis, daß Unternehmen unterschiedlicher Größe im gesamtwirtschaftlichen Innovationsprozeß auch unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Während Großunternehmen stärker im Bereich der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der experimentellen Entwicklung tätig sind, liegt die Stärke kleiner und mittlerer Unternehmen bei marktnäheren Aktivitäten, die eines geringeren Einsatzes an F + Ε-Ressourcen, dafür aber spezialisierten anwendernahen Know-Hows bedürfen. Die kleinen und mittleren Unternehmen betreiben zum überwiegenden Teil keine formale F + E, und wenn dies geschieht, erfolgt diese zumeist nicht wçit entfernt vom bestehenden Produktprogramm. 61 Im Rahmen des IFO-Investitionstests werden Ersatz-, Erweiterungs-, Innovations»62 sowie Schutzinvestitionen63 unterschieden und differenziert nach Branchen und Betriebsgröße ausgewertet. 64 Die Analyse kommt u.a zu dem Ergebnis, daß im Zeitraum von 1965 bis 1981 Rationalisierungsinvestitionen in Unternehmen aller Größenklassen eine herausragende Bedeutung zukam (etwa

58 Vgl. z.B. Baker/SiegmanjRubenstein 1967, CarterI Williams 1957, Langrish u.a. 1972, Myers I Marquis 1969, Schmookler 1966. 59 Dies hat zur Folge, daß nur solche Projekte als Ergebnis eines „technology push" angesehen werden, die unter weitestgehender Vernachlässigung von Marktinformationen realisiert werden. 60 Beiden Aspekten dürfte je nach Phase des betrieblichen Innovationsprozesses und Art der Innovation unterschiedlicher Bedeutung zukommen. Einem Nachfragesog ist für die Generierung von Ideen für neuartige Produkte große Bedeutung beizumessen. Die technische Umsetzung von Ideen wird dagegen weniger von den Wünschen der Nachfrager als vielmehr vom technischen Know-How bestimmt. Dies gilt in ähnlichem Maße für innerbetriebliche Verbesserungen des Produktionsprozesses. 61 Vgl. Gielow/Kuntz/Meyer-Krahmer 1984, S. 36f., SchmalholzI Scholz 1985, S. 51 sowie Ellwein 1980, Majer 1976, Strebel u.a. 1979. 62 Rationalisierungsinvestitionen zur Erhöhung des Mechanisierungs- und Automatisationsgrades, Rationalisierungsinvestitionen zur Einführung neuer Fertigungs- und Verfahrenstechniken, Erweiterungsinvestitionen zur Änderung des Produktionsprogramms, F + E-Investitionen. 63 Umweltschutzinvestitionen und Arbeitsschutzinvestitionen. 64 Vgl. z.B. Uhlmann 1981, S. 22-27, Ohlmann\Berger 1986, S. 61-71.

3*

36

Teil I: Grundlagen

die Hälfte aller Investitionen dienten diesem Zweck). Unterschiede hinsichtlich der Unternehmensgröße lassen sich vor allem im Hinblick auf Ersatz- und Erweiterungsinvestitionen feststellen. Während in kleinen und mittleren Unternehmen Ersatzinvestitionen die zweitgrößte Bedeutung zukommt, trifft dies in Großunternehmen auf Erweiterungsinvestitionen zu (vgl. Berger / Uhlmann 1986, S. 62). Innerhalb der einzelnen Investitionsarten lassen sich vor allem bei den Rationalisierungsinvestitionen unternehmensgrößenspezifische Unterschiede feststellen; die Bedeutung einer Verminderung der Lohn- und Gehaltskosten als Investitionszweck nimmt mit der Unternehmensgröße zu. Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die deskriptive Innovationsforschung mit Ausnahme der betriebswirtschaftlichen Entscheidungsforschung kaum nennenswerte Beiträge zum Verständnis betrieblichen Innovationsverhaltens erbracht hat. Sie schafft aber ein gewisses Grundverständnis für die Heterogenität dieser Aktivitäten und damit eine wesentliche Voraussetzung für eine differenzierte Analyse (vgl. Abschnitt 4). 2.3.2.2 Determinanten des Investitions- und Innovationsvolumens Die Determinanten des Ausmaßes des betrieblichen Investitions- und Innovationsvolumens werden im wesentlichen durch zwei Vorgehensweisen analysiert. Die erste Gruppe von Arbeiten ermittelt Faktoren, welche den Umfang der jährlichen Investitionen und Innovationsausgaben bestimmen. Die zweite Gruppe von Arbeiten fragt nach Hemmnissen, welche die Realisierung weiterer Projekte be- oder verhindert. 65 Die Höhe des Investitionsbudgets wird nach den Ergebnissen der vorliegenden Studien vor allem von den Umsatzerwartungen, dem Ersatzinvestitionsbedarf, den Rationalisierungserfordernissen und dem Finanzierungsspielraum bestimmt. 66 Als die wichtigsten Investitionshemmnisse sind eine unzureichende Nachfrage und Liquiditätsengpässe anzusehen. In kleineren Unternehmen kommt häufig ein Mangel an qualifiziertem Personal hinzu. 67

65

Das wesentliche Problem beider Vorgehensweisen ist in der Tatsache zu sehen, daß die Ergebnisse häufig auf persönlichen Einschätzungen der Befragten beruhen, die nicht immer der Realität entsprechen. So ist ζ. B. kaum zu prüfen, ob ein perzipierter Engpaß objektiv vorhanden ist, ob es sich um eine Fehleinschätzung handelt oder ob er sich durch ein geeignetes Management vermeiden ließe (vgl. dazu z.B. Abschnitt II.7). Andererseits ist auch zu befürchten, daß einige Engpässe in zu geringem Maße gewichtet werden, weil die Befragten bewußt oder unbewußt kein zu schlechtes Bild ihres Unternehmens zeichnen wollen. 66

Vgl. z.B. Fritsch/Maas 1983 und 1985, Maas/Ewers 1983. Vgl. z.B. Fritsch/Maas 1983 und 1985, Gielow/Kuntz/Meyer-Krahmer Uhlmann 1981, Schmalholz/ Scholz 1985. 67

1984,

2. Entwicklung und Stand der Forschung

2.3.2.3 Determinanten der Adoption und Diffusion

37

von Neuerungen

Diffusions- und Adoptionsforschung unterscheiden sich vor allem hinsichtlich der Aggregationsebene der Analyse. Die Diffusionsforschung untersucht auf der Branchenebene Determinanten der Geschwindigkeit, mit der eine Neuerung von den potentiellen Anwendern übernommen wird. Die Adoptionsforschung analysiert auf der Betriebsebene Charakteristika, durch die sich frühe und späte Nutzer bzw. Anwender und Nicht-Anwender betriebsextern entwickelter Neuerungen unterscheiden. Der Intra-firm-diffusion-Ansatz versucht, die Verbreitung neuer Techniken innerhalb eines Unternehmens zu erklären. Das grundlegende Modell zur Erklärung der Diffusionsgeschwindigkeit hat Mansfield (1961) entwickelt. Danach hängt der Anteil der Nichtadoptoren, der innerhalb eines gegebenen Zeitraums eine neue Technik übernimmt, von drei Faktoren ab: (1) vom Anteil der Betriebe der Branche, welche die Neuerung bereits nutzen, (2) von der Wirtschaftlichkeit der Neuerung (in Relation zu alternativen Investitionen) und (3) von der Höhe der mit der Neuerung verbundenen Investitionen. 68 In späteren Arbeiten erweitern Mansfield und Mitarbeiter das Modell um die Intensität der F + Ε-Intensität der Industrie, die Marktstruktur, die durchschnittliche „profitability" der Innovation sowie um den Zeitraum, während dem die Innovation bereits in anderen Industrien angewandt wurde (vgl. z. B. Mansfield u.a. 1977 S. 112f. sowie S. 129-131). Mansfield und Mitarbeiter analysieren auch die Charakteristika technisch mehr oder weniger avancierter Betriebe. Zu diesem Zweck vergleichen sie entweder Adoptoren und Nichtadoptoren neuer Techniken, oder sie versuchen, Verzögerungen in der Übernahme technischer Neuerungen (Adoptionslag), zu erklären. In ihre zu diesem Zweck formulierten Modelle integrieren sie die Wirtschaftlichkeit der Neuerung, die Unternehmensgröße sowie die Ausbildung und das Alter des Managements (vgl. dazu z. B. Mansfield u. a. 1977, S. 116-118 sowie S. 134-140). 69 Andere Autoren modifizieren und überprüfen diese Grundmodelle. 70 Die dabei erzielten Ergebnisse sind sehr widersprüchlich (vgl. Teil II). 68 Der Einfluß des Anteils der Betriebe, welche die Neuerung bereits nutzen, ergibt sich nach Mansfield s Vorstellung aus einer risikomindernden Wirkung der mit der Zahl der Anwendungen zunehmenden Erfahrungen und aus dem für Nicht-Adoptoren zunehmendem Wettbewerbsdruck; darüber hinaus geht Mansfield von einem „bandwagon-Effekt" aus. Eine höhere Wirtschaftlichkeit beschleunigt die Entscheidung, höhere Investitionserfordernisse haben dagegen eine verzögernde Wirkung (vgl. Mansfield 1961 bzw. Mansfield u.a. 1977, S. 109f.). 69 Die Geschwindigkeit der Diffusion einer Neuerung in die innerbetrieblichen Verwendungen („intra-firm-diffusion") ist nach Mansfield im Prinzip von den gleichen Aspekten abhängig wie die „inter-firm-diffusion". Als zusätzliche Komponente kommt lediglich der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung hinzu (vgl. Mansfield u.a. 1977, S. 140-142).

38

Teil I: Grundlagen

Die große Bedeutung, die der Unternehmensgröße und der Marktstruktur in den Modellen beigemessen wird, unterstreicht die industrieökonomische Tradition dieser Arbeiten, der zentrale Stellenwert der Wirtschaftlichkeit ihren neoklassischen Ursprung. Die wesentliche Kritik an den zur Charakterisierung technisch mehr oder weniger avancierter Betriebe formulierten Modellen richtet sich — neben dem Hinweis auf die Anwendung ungeeigneter statistischer Verfahren 71 — vor allem gegen die unzureichende Berücksichtigung innerbetrieblicher Aspekte, wie der Organisationsstruktur oder dem Informationsver70 Zur Erklärung des Adoptionslags verwendet Romeo (1975a) die Unternehmensgröße (gemessen an der Beschäftigenzahl), die erwartete Wirtschaftlichkeit der Innovation sowie das Alter und die Ausbildung des Geschäftsführers bzw. des zentralen Entscheidungsträgers. Smith (1973) nimmt in sein Modell die Unternehmensgröße, die Wachstumsrate, das Ausmaß der Importkonkurrenz, das Ausmaß der vertikalen Integration und das Ausmaß internationaler Verflechtungen auf. Duchesneau / Cohn / Dut ton (1979) überprüfen die bisher aufgezählten Modelle mit Hilfe ihres Datensatzes. Hakanson (1974) integriert eine Rentabilitätsvariable, die Unternehmensgröße, das Jahr der ersten Information über die Neuerung und eine Verhaltensvariable zur Abschätzung der Managementattituden. Karlson (1986) bezieht die bereits vorliegenden Erfahrungen, die Wirtschaftlichkeit, die Unternehmensgröße und die Mehrbetrieblichkeit in die Erklärung der seit der Adoption neuer Stahlerzeugungsverfahren vergangenen Jahre ein. Unterschiede zwischen Adoptoren und Nicht-Adoptoren versucht Romeo mit Hilfe von zwei unterschiedlichen Modellen zu erklären. Das erste (Romeo 1975) enthält die Variablen Unternehmensgröße, Wirtschaftlichkeit der Innovation, Alter und Ausbildung des Geschäftsführers bzw. des zentralen Entscheidungsträgers, das Ausmaß der betrieblichen F + Ε-Aktivitäten und die Wachstumsrate des Unternehmens. Das zweite Modell (Romeo 1977) bezieht die Variablen Alter des Betriebes, personelle/inpersonelle Informationsquellen (0/1), Anzahl der an Entscheidungen beteiligten Personen, Unternehmensgröße, Alter und Ausbildung des Geschäftsführers bzw. zentralen Entscheidungsträgers ein. Smith (1974) verwendet die Unternehmensgröße, die Wachstumsrate des Unternehmens, die Intensität des Importwettbewerbs, den Grad der vertikalen Integration und das Ausmaß ausländischer Verflechtungen. Globerman (1975) untersucht den Einfluß der Unternehmensgröße, der Eigentümerstruktur (national/international), der Existenz von F + Ε-Aktivitäten, dem Alter und der Ausbildung des Geschäftsführers bzw. des zentralen Entscheidungsträgers und die Wirtschaftlichkeit. Duchesneau / Cohn / Dutton (1979) überprüfen die bisher aufgezählten Modelle mit Hilfe ihres Datensatzes. Für eine ausführliche Darstellung und eine Diskussion der Aussagekraft der verwendeten Indikatoren vgl. Teil II. 71

Auch bei der Analyse binominaler zu erklärender Variablen (Adoptoren/NichtAdoptoren) verwenden die meisten Autoren die Methode der kleinsten Quadrate. Dies kann aus vier Gründen zu einer deutlichen Verzerrung der Ergebnisse führen (vgl. Kmenta 1971, S. 426 f.): (1) Die mit Hilfe des Modells geschätzten Werte können außerhalb des definierten 'Bereichs (0/1) liegen und sind daher u.U. nicht sinnvoll zu interpretieren. (2) Die geschätzten Koeffizienten stammen nicht aus einer Normalverteilung. (3) Die Störterme sind zwischen Adoptoren und Nicht-Adoptoren nicht normalverteilt, sondern heteroskedastisch und haben dadurch einen systematischen Einfluß auf die t-Werte. (4) Die geschätzten Koeffizienten sind zwar unverzerrt, d.h. der geschätzte Wert liegt im Mittel relativ nahe am tatsächlichen Wert, die Effizienz ist aber gering, die Standardabweichung also größer als bei einem geeigneteren Verfahren (ζ. B. der Logitoder Probit-Analyse).

2. Entwicklung und Stand der Forschung

39

halten und dem Know-How des Managements bzw. der Mitarbeiter, welche wiederum die Wirtschaftlichkeit bzw. deren Einschätzung wesentlich beeinflussen können (vgl. dazu Teil II). Die Arbeiten konzentrieren sich häufig auf einzelne Aspekte und vernachlässigen die zwischen den einzelnen Determinanten bestehenden Interdependenzen. Die den Analysen zugrundeliegenden Hypothesen werden in der Regel ad-hoc formuliert. 72 Ein Modell oder ein systematisches Schema zur Ableitung der Hypothesen ist zumeist nicht zu erkennen. 7 3 , 7 4 23.2.4 Unterschiede zwischen erfolgreichen

und erfolglosen

Innovatoren

Eine ganze Reihe von Studien analysiert Unterschiede zwischen erfolgreichen und erfolglosen Innovatoren. In dem wohl bekanntesten dieser Projekte (SAPPHO) werden in der ersten Projektphase 29 Paare im Hinblick auf ihren Markt oder ihre Technologie vergleichbare Innovationen aus zwei Industrien, in der zweiten Projektphase 43 Paare untersucht. 75 Die Ergebnisse lassen sich im wesentlichen zu fünf Schlußfolgerungen zusammenfassen, die mit denen der anderen Studien weitestgehend übereinstimmen: (1) Erfolgreiche Innovatoren haben ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse der Anwender. (2) Erfolgreiche Innovatoren widmen Marketing und PR mehr Aufmerksamkeit. (3) Erfolgreiche Innovatoren führen ihre Entwicklungsarbeit effizienter, nicht aber unbedingt schneller durch. (4) Erfolgreiche Innovatoren nehmen in Spezialbereichen mehr externe technische und wissenschaftliche Unterstützung in Anspruch. (5) Die für die Projekte zuständigen Personen haben in erfolgreichen Betrieben mehr Engagement und Autorität als ihre erfolglosen Kollegen. 76 Trotz der anspruchsvollen statistischen Auswertung einer relativ großen Datenbasis haben diese Ergebnisse letztendlich einen relativ geringen Erklä72

Vgl. z.B. Biehl 1982, Gebhardt/Hatzold 1974, Hage/Aiken 1967, Hakanson 1974, Hayward 1972, Lacci / Davies/ Smith 1974, Kleine 1983, LutschewitzI Kutschker 1977, Nydegger/Oberhäusli/Harringer 1983, Maas 1986b, Ray 1970, Smith 1974. 73 Eine gewisse Ausnahme stellt hier die Arbeit von Baumberger, Gmür und Käser (1973, S. 101 ff.) dar. 74 Die Modelle zur Erklärung der Diffusionsgeschwindigkeit behandeln den innerbetrieblichen Innovationsprozeß weitestgehend als „black box". Mechanismen, die für die u.U. ersichtlichen Zusammenhänge verantwortlich sind, werden nicht analysiert; sie sind für diesen Forschungsbereich auch nicht von Interesse. 75 Für einen Überblick über die erste Projektphase vgl. z. B. Freeman 1982, S. 113 -130. Die Ergebnisse der zweiten Phase beschreiben Rothwell u.a. 1974. 76 Für ähnliche Ergebnisse vgl. Cooper 1975, 1981, Mansfield u.a. 1977, S. 21-43, Rubenstein u.a. 1976, Souder 1987, S. 67-81 und für einen Überblick Cooper 1986, S. 1533.

40

Teil I: Grundlagen

rungswert (vgl. auch Rosenbloom 1978, S. 218). So ist z.B. mangels eines theoretischen Modells nicht zu klären, in welchem Maße die einzelnen Charakteristika, z.B. die Inanspruchnahme externer Informationsquellen, einen unmittelbaren Einfluß auf das Verhalten haben oder ob der statistische Zusammenhang evtl. durch grundlegendere Faktoren verursacht wird. Auch Unterschiede zwischen den beiden untersuchten Branchen können nicht näher analysiert werden. Ferner ist über die Verallgemeinerungsfahigkeit der Ergebnisse kaum eine Aussage zu treffen. Schließlich sind auch die aus den Ergebnissen abzuleitenden Schlußfolgerungen unklar. Es ist wenig hilfreich, wenn man z.B. erkennt, daß erfolgreiche Innovatoren bei ihren F + EAktivitäten effizienter vorgehen. Interessanter ist vielmehr zu erfahren, von welchen Faktoren diese Effizienz abhängt. 2.4 Organisationsforschung Das Interesse an dem Einfluß der Organisationsstruktur auf die Innovationsleistung von Betrieben ergab sich aus der Kritik am Bürokratieansatz von Max Weber, der eine hohe Spezialisierung, Formalisierung und Standardisierung von Tätigkeiten, einen hohen Grad an Zentralität von Informationen und Befugnissen sowie eine hierarchische Struktur des Kontroll-, Autoritäts- und Kommunikationssystems als Merkmale einer effizienten Organisation ansieht. 77 Bums und Stalker (1977, S. 119f.) stellen dagegen bei einer Analyse von Betrieben der Elektronischen Industrie fest, daß die Organisationsstruktur erfolgreicher Betriebe von dem „mechanistischen" Idealbild Webers abweicht. Stattdessen vertreten diese Autoren die Ansicht, daß ein innovativer Betrieb eine von ihnen als „organisch" bezeichnete Struktur aufweisen müsse, die diametral von den Anforderungen einer Bürokratie abweicht. Wie Weber versuchen Bums und Stalker mit Hilfe einer festen Kombination klassifierender Merkmale eine „optimale" Organisationsstruktur abzuleiten. 78 Bei beiden Modellen handelt es sich um polare Extremfalle, die in der Realität nur sehr selten zu beobachten sind. Das wesentliche Problem derartiger Typisierungen von Organisationen ist in der Annahme zu sehen, daß die verschiedenen zur Konstruktion der Modelle verwendeten Merkmale in der Regel gemeinsam auftreten. Dies spiegelt nämlich nicht immer die in der Realität anzutreffende Komplexität wider. Darüber hinaus stellt Wilson (1966) fest, daß je nach Phase des Innovationsprozesses unterschiedliche Strukturmerkmale der Organisation innovationsfödernd bzw. -hemmend sind. Eine Organisation, welche die Generierung von neuartigen Ideen fördert, kann ζ. B. 77

Vgl. Weber 1972. Für eine ausführliche Diskussion des Bürokratieansatzes Mayntz (Hrsg.) 1968. 78 Für eine Gegenüberstellung der Eigenschaften mechanistischer und organischer Organsiationen vgl. ζ. B. Kieser 1974, S. 14. Für einen Überblick über weitere Typisierungen vgl. Hill!Fehlbaum ! Ulrich 1981, S.404.

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse

deren Realisierung verzögern. Wilson „organisatorischen Dilemmas".

41

prägte deswegen den Ausdruck des

Diese Erkenntnisse hatten zur Folge, daß die von Weber genannten Merkmale als Dimensionen der Organisationsstruktur aufgefaßt werden und man jetzt versucht, sie zu messen, um Art und Stärke ihres Einflusses zu ergründen (vgl. dazu Mayntz 1974).79 Die Ergebnisse der vorliegenden Studien sind jedoch sehr widersprüchlich (vgl. dazu Abschnitt II.4).

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse zu den Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens Das empirisch gesicherte Wissen über die Determinanten des Innovationsverhaltens ist trotz der großen Zahl der Studien nach wie vor als gering anzusehen. Die Ergebnisse sind in der Regel nicht eindeutig oder sogar widersprüchlich. 80 Dies ist auf mehrere Gründe zurückzuführen. Zum einen beachten die Autoren in einem unzureichenden Umfang, daß es sich bei Innovationen nicht um ein homogenes Phänomen handelt (Abschnitt 3.1). Darüber hinaus bestehen Probleme bei der Operationalisierung der abhängigen und der unabhängigen Variablen (Abschnitt 3.2). Die Auswirkungen möglicher Determinanten des Innovationsverhaltens werden zu einem nach der Innovation gelegenen Zeitpunkt erfaßt, so daß sich Ursachen und Wirkungen der Neuerung häufig nicht mehr eindeutig auseinanderhalten lassen (Abschnitt 3.3). Schließlich liegt den Studien nicht selten eine stark vereinfachte Vorstellung über betriebliche Innovationsprozesse zugrunde (Abschnitt 3.4), und die Autoren verfolgen auf kurzfristige Erfolge angelegte Forschungsstrategien (Abschnitt 3.5). 3.1 Unterschiedlichkeit des Untersuchungsobjektes Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten können zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen (Innovation i.e. S.) führen. Dies hat zur Folge, daß je nach Art der angestrebten Ergebnisse den einzelnen Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens unterschiedliche Bedeutung zukommen kann. So hängt ζ. B. die Effizienz der auf die Entwicklung neuer Produkte gerichteten Aktivitäten zum Teil von anderen Faktoren ab als die der primär auf Prozeßneuerungen abzielenden Tätigkeiten (vgl. dazu Teil II). Diesem Tatbestand wird häufig insofern zu wenig Rechnung getragen, als die für Produktinnovationen 79 Die grundlegenden Arbeiten zur quantitativen Erfassung von Organisationsmerkmalen stammen von der um Purgh gebildeten „Aston-Gruppe". Diese haben das bisher umfangreichste Instrumentarium zur Erfassung von Strukturmerkmalen entwickelt, wobei sie sich nicht auf subjektive Eindrücke, sondern auf die Ermittlung objektiver Fakten beziehen. 80

Vgl. dazu Teil II.

42

Teil I: Grundlagen

generierten Ergebnisse auf den Prozeßbereich übertragen werden und umgekehrt bzw. nicht eindeutig geklärt wird, welche Art von Neuerungstätigkeit man eigentlich untersucht. Auch innerhalb der Gruppen der Produkt- bzw. Prozeßneuerungen können — unabhängig davon, ob die Neuerung betriebsintern oder betriebsextern entwickelt wurde—erhebliche Unterschiede bestehen. Die Innovationen dienen unterschiedlichen Zwecken, 81 weisen verschiedene Neuheits- und Komplexitätsgrade auf und unterscheiden sich hinsichtlich des zu ihrer Nutzung erforderlichen Know-Hows und/oder Kapitaleinsatzes. Je nach Charakteristik der Neuerung können sehr unterschiedliche Faktoren von besonderer Bedeutung sein (vgl. Teil II). Die Ansicht, daß man für jede Art von Innovation eine eigene Theorie benötigt, 82 erscheint allerdings übertrieben. Die auf verschiedene Arten von Innovationen gerichteten Aktivitäten werden — wie diese Arbeit zeigen wird — im Prinzip von den gleichen Determinanten beeinflußt; ihre Bedeutung variiert lediglich mit den Charakteristika der Projekte. U m derartige Unterschiede berücksichtigen zu können, sollten die Charakteristika der Projekte als erklärende Variablen des Innovationsverhaltens angesehen werden, welche die relative Wirtschaftlichkeit der Handlungsoptionen beeinflussen (vgl. Abschnitt II. 1). 3.2 Probleme bei der Bestimmung der abhängigen Variablen Bei der Erfassung der abhängigen Variablen ist zwischen Innovationsforschung (Abschnitt 3.2.1) und Adoptions- bzw. Diffusionsforschung (Abschnitt 3.2.2) zu unterscheiden. 3.2.1 Geringe Aussagekraft der Indikatoren zur Messung der Innovationsleistung

Die betriebliche Innovationsleistung im engeren Sinne wird zumeist mit Hilfe der in den Innovationsprozeß eingesetzten Inputfaktoren (F + Ε-Ausgaben und F + Ε-Personal) oder anhand von Zwischenergebnissen des Innovationsprozesses (angemeldete Patente) beurteilt (Abschnitt a). Einige Autoren versuchen, den Innovationsoutput durch Messungen der Produktivität oder durch die Anzahl der innerhalb eines Zeitraums durchgeführten Innovationsprojekte zu beurteilen (Abschnitt b). a) Input- und Throughputindikatoren Die Aussagekraft des auf die Mitarbeiterzahl oder den Umsatz bezogenen Ressourceneinsatzes (F + E-Ausgaben oder F + Ε-Mitarbeiter) bzw. der 81

Ζ. B. Kosteneinsparungen unterschiedlichster Art, Qualitätssteigerung, Emissionsminderung, Arbeitsschutz. 82 Vgl. dazu Downsj Mohr 1976, S. 701, Uhlmann 1978, S. 32.

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse

43

in Form von Patenten erzielten Zwischenergebnisse (Throughputs) ist relativ begrenzt. Zunächst einmal erfassen sie nicht jede Art der für den Innovationsprozeß aufgewendeten Ressourcen bzw. der damit erzielten vorläufigen Ergebnisse. Es wird zumeist lediglich auf eine den statistischen Anforderungen genügende,83 formelle Forschung abgestellt. Dies hat zur Folge, daß die erwähnten Indikatoren Forschungsaktivitäten, welche die Konstruktionsabteilung, Mitglieder der Geschäftsleitung oder Mitarbeiter der Produktion „nebenher" durchführen, nicht in adäquater Form erfassen. Derartige „Werkstattforschung" ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen typisch (vgl. Abschnitt 2.3.2.1). Selbst wenn die F + E-Aktivitäten dieser Unternehmen den formalen statistischen Anforderungen genügen, sind sich die Befragten dessen häufig nicht bewußt. 84 Insbesondere bei einem Vergleich dieser Inputindikatoren zwischen Betrieben unterschiedlicher Größe ist daher mit einer Verzerrung der Ergebnisse zu ungunsten kleiner und mittlerer Unternehmen zu rechnen (vgl. dazu auch Kassai 1988). Der Umfang der Patentanmeldungen wird von der innovativen Leistung, also dem Umfang der F + E-Ergebnisse, ihrer Patentfähigkeit und von der Patentierbereitschaft der Betriebe beeinflußt. Die Patentierneigung ist nicht nur vom Empiriegrad der Forschung und von der Wettbewerbssituation abhängig; 85 besondere Bedeutung kommt auch hier der Unternehmensgröße zu. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen gehen nach den Ergebnissen der vorliegenden empirischen Studien besonders häufig davon aus, daß eine Patentanmeldung zu teuer und der Patentschutz nicht wirkungsvoll ist. Sie verzichten daher oft auf eine Patentierung, um eine Information möglicher Imitatoren zu verhindern (vgl. insbesondere Geipl/Täger 1982). Die Innovationsanstrengungen kleiner und mittlerer Unternehmen werden bei einer Auswertung der Patentmeldungen also wie bei der Verwendung von Inputindikatoren deutlich unterschätzt. Die Aussagekraft von Input- und Throughputindikatoren wird ferner durch die Tatsache vermindert, daß sie keinen direkten Rückschluß auf den erzielten Innovationsoutput zulassen. Dieser hängt auch von der Effizienz des Mitteleinsatzes bzw. des Personals 86 sowie von der Qualität und Auswertung der Patente ab (vgl. z.B. Oppenländer 1977, S. 20f.). 83 Mitarbeiter müssen zumindest 400 Stunden pro Jahr mit der Erforschung oder (Weiter-)Entwicklung von Produkten, Verfahren oder Anlagen befaßt sein, und Investitionen müssen über einen Zeitraum von drei Jahren ausschließlichen für F + E-Zwecke genutzt werden. 84 So zeigen die Erfahrungen aus der Einführung des F + E-PersonalkostenzuschußProgramms, daß viele Unternehmen erst durch Überprüfung der Förderbedingungen darauf aufmerksam wurden, daß sie im statistischen Sinne F + E betreiben (vgl. dazu Meyer-Krahmer u.a. 1984). 85 Vgl. dazu Grefermann u.a. 1974, Gutberiet 1984, Jüttner-Kramny 1976, S. 58f., Scholz/Schmalholz 1984, S. 201. 86 Auch im Hinblick auf die Effizienz des Ressourceneinsatzes wird vor allem ein

Teil I: Grundlagen

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b) Outputindikatoren Einige Studien versuchen, den Innovationsoutput mit Hilfe der Produktivitätsentwicklung zu messen.87 Die Entwicklung der Produktivität wird jedoch neben dem technischen Fortschritt auch von einer Vielzahl anderer Faktoren, ζ. B. von der Auslastung der Anlagen, von Lerneffekten, Entwicklungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten etc. beeinflußt. 88 Eine solche Messung der Innovationswirkungen setzt daher entweder die Kontrollierbarkeit aller anderen Determinanten der Produktivitätsentwicklung oder eine sehr weite Abgrenzung des Innovationsbegriffes voraus, die sämtliche anderen produktivitätssteigernden Maßnahmen umfaßt. Bei der empirischen Produktivitätsmessung erweisen sich auf der mikroökonomischen Ebene außerdem die Informationserfordernisse in der Regel als unüberwindliches Hindernis. Die Betriebe sind zumeist nicht in der Lage oder bereit, entsprechende betriebsinterne Daten zur Verfügung zu stellen. Während die produktivitätsorientierten Meßkonzepte an den Wirkungen des technischen Fortschritt ansetzen und daher als „korrelative Indikatoren" bezeichnet werden können, stellen „definitorische Indikatoren" unmittelbar auf Merkmale ab, die dem technischen Fortschritt selbst eigen sind. 89 So wird ζ. B. die Zahl der in einem Zeitraum durchgeführten Innovationen, der Umsatzanteil „neuer" Produkte oder der Produktionsanteil „neuartiger" Produktionsanlagen erfaßt. Das wesentliche Problem des Indikators „Zahl der innerhalb eines bestimmten Zeitraums realisierten Innovationen" besteht in der Abgrenzung „neuer" Produkte und Verfahren sowie in der unterschiedlichen ökonomischen Bedeutung der einzelnen Projekte, die sehr stark von der subjektiven Einschätzung des Betrachters abhängt. 90

Einfluß der Betriebsgröße diskutiert (vgl. dazu z.B. GürtlerISchmalholz 1982, S. 19, Scherer 1980, S. 414). Dabei ist allerdings erneut zu berücksichtigen, daß Betriebe unterschiedlicher Größe einer unterschiedlichen Art von innovativen Tätigkeit nachgehen. 87 Eine Produktinnovation steigert die wertmäßige Produktivität, eine Prozeßneuerung die mengenmäßige Produktivität. 88 Bei derartigen Faktoren kann es sich z.B. um eine Variation betriebsexterner Rahmenbedingungen, wie Veränderungen auf Faktor- und Absatzmärkten, der staatlichen Regulierungen etc. oder aber um betriebsintere Faktoren wie rein multiplikative Erweiterungen der Betriebskapazität, die mit economies of scale verbunden sind, eine Erhöhung der Losgröße, Veränderungen in der Motivation, im Ausbildungsstand, KnowHow oder Motivation der Mitarbeiter handeln. 89

Zur Unterscheidung in korrelative und definitorische Indikatoren vgl. Grossekettler

1977. 90 Die Ergebnisse empirischer Studien deuten daraufhin, daß gerade solche Gesprächspartner, in deren Betrieben innovative Änderungen relativ selten sind, bereits vergleichsweise geringe Variationen vorhandener Produkte oder Prozesse als „grundlegende

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse

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Der „Umsatzanteil neuer bzw. mit Hilfe neuer Anlagen hergestellter Produkte" soll vor allem die ökonomische Bedeutung der Innovation zum Ausdruck bringen. Auf einzelwirtschaftlicher Ebene hat dieser Indikator jedoch zumindest im Produktionsbereich keine die Aussagekraft steigernde Wirkung. Während auf einem höheren Aggregationsniveau, z.B. auf der Branchenebene, noch davon auszugehen ist, daß eine neue Technik um so schneller einen großen Produktionsanteil erlangt, je stärker sie „ihren Vorgängern bzw. Konkurrenten" überlegen ist, gilt dies auf der betrieblichen Ebene nicht in gleichem Maße. So kann ein großer Anteil mit Hilfe neuer Anlagen hergestellter Produkte auf eine Entscheidung zurückzuführen sein, die sich im nachhinein als „Fehlschlag" herausstellt, jedoch kurzfristig nicht revidierbar ist. Im Produktbereich ist dagegen eher damit zu rechnen, daß der Umsatzanteil eines wenig erfolgreichen neuen Produktes relativ gering bleibt, wenn sich das Produkt nicht zu einem adäquaten Preis absetzen läßt. 3.2.2 Probleme bei der Abgrenzung potentieller Adoptoren

Um die Charakteristika (früher) Adoptoren durch einen Vergleich mit späten Adoptoren bzw. Nicht-Adoptoren beurteilen oder die aktuelle Diffusionsrate abschätzen zu können, muß man die Grundgesamtheit sämtlicher Betriebe kennen, welche die Technik wirtschaftlich anwenden können. Die Abgrenzung dieser „potentiellen Adoptoren" ist mit häufig nicht ausreichend gewürdigten Problemen verbunden. Die Mehrzahl der Diffusionsforscher geht schlicht davon aus, daß sämtliche Betriebe eines Industriebereiches die Technik (gleichermaßen vorteilhaft) anwenden können. Diese Annahme entspricht jedoch keineswegs der Realität. 91 Die Betriebe eines Industriebereiches sind selten als „homogen" anzusehen. Sie weisen zumeist ganz erhebliche Unterschiede im Produktionsvolumen, in der Art des Produktionsprogramms, der Produktionsweise und in den bereits vorhandenen Produktionsanlagen, in der Fertigungstiefe, im regionalen Umfeld etc. auf. Dies hat zur Folge, daß auch innerhalb einer Branche ein Teil der Betriebe eine bestimmte Neuerung überhaupt nicht nutzen kann, in anderen der Einsatz nicht wirtschaftlich ist und für wieder andere Betriebe eine andere Innovation erfolgversprechender erscheint (vgl. dazu Abschnitt II.l). Ein weiteres Problem ergibt sich bei der Abgrenzung der Grundgesamtheit aus der Tatsache, daß der Kreis der potentiellen Adoptoren im Zeitablauf variabel ist, weil sich sowohl die Eigenschaften der Betriebe als auch die Merkmale der Innovation verändern. Die Innovation wird aufgrund der Erfahrungen früher Anwender weiterentwickelt, die Anwendungsmöglichkeiten Neuerung" ansehen, während solche, die regelmäßig mit Innovationen konfrontiert sind, einen höheren Anspruch an den Neuheitsgrad stellen (vgl. dazu Fritsch/Maas 1985). 91 So stellt z. B. Smith 1974 bei einer näheren Analyse fest, daß die von ihm analysierte Technik für einen Teil der Nicht-Adoptoren gar nicht geeignet ist.

Teil I: Grundlagen

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bzw. die Leistungsfähigkeit erweitern sich, die einer Technik inkorporierten economies of scale verändern sich, die Kosten und Risiken der Adoption nehmen ab. Im Verlauf der betrieblichen Entwicklung verbessern sich außerdem in einigen Betrieben die Einsatzmöglichkeiten, in anderen verschlechtern sich diese dagegen. Die Zahl der potentiellen Adoptoren verändert sich also im Zeitablauf ständig, so daß sich über einen längeren Zeitraum keine einheitliche Diffusionskurve ermitteln läßt. Stattdessen ist die Zahl der potentiellen Adoptoren für jede Entwicklungsstufe neu festzulegen. 92 Hierzu bedarf es einer detaillierteren Kenntnis der Einsatzbedingungen der Technik und der Charakteristika der Betriebe. 93 Es ist deswegen davon auszugehen, daß man den Kreis der in die Analyse einzubeziehenden Betriebe immer in einem gewissen Maße falsch einschätzt. Dies hat je nach Art des Fehlers u. U. ganz unterschiedliche Einflüsse auf die Ergebnisse. So kommen Ewers und Fritsch (1987) auf der Basis theoretischer Überlegungen und empirischer Auswertungen zu dem Ergebnis, daß bei einer zu weiten Abgrenzung der potentiellen Adoptoren die Bedeutung der Wirtschaftlichkeit des Technikeinsatzes in empirischen Studien zunimmmt. Bei einer sehr engen Abgrenzung 94 ist dagegen davon auszugehen, daß sich Adoptoren und Nichtadoptoren im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit relativ ähnlich sind und die Bedeutung anderer Faktoren zunimmt. 3.3 Zeitliche Inkongruenz von Innovation und Datenerhebung Die Innovationsentscheidung liegt zum Zeitpunkt der Befragung häufig bereits mehrere Jahre zurück. Dies hat zur Folge, daß die im Rahmen von Befragungen ermittelten Charakteristika der Betriebe nicht denen zum Innovationszeitpunkt entsprechen. Dadurch lassen sich in einigen Bereichen Ursachen und Wirkungen der Entscheidung kaum auseinanderhalten. Ein weiteres Problem ergibt sich aus der Gefahr von ex-post-Rationalisierungen der Entscheidung. Selbst wenn der befragte Manager direkt an den relevanten, u.U. Jahre zurückliegenden Entscheidungen beteiligt war, kann es sein, daß er die wahren Gründe verzerrt wahrnimmt. Eine solche Verzerrung kann sich bei Teamentscheidungen etwa aus Fehleinschätzungen über die Motive und Einflußnahmen anderer Personen ergeben. Selbst wenn der Befragte die Entscheidung allein gefällt hat, ist er u. U. selbst beim besten Willen nicht in der Lage, die vor einigen Jahren relevanten Sachverhalte anzugeben. Es besteht insbesondere die Gefahr, daß eher die im nachhinein eingetretenen Wirkungen im Mittelpunkt der Betrachtung liegen, während die zum Zeitpunkt 92

Vgl. dazu insbesondere Gold 1980, S. 507 f. Gebhardt / Hatzold 1974, Lacci I Davies I Smith 1974. 94 Z. B. wenn man in die Analyse nur solche Betriebe einbezieht, die zum Analysezeitpunkt die Neuerung adoptiert haben und den Vergleich zwischen Adoptoren und NichtAdoptoren für einen früheren Zeitpunkt durchführt. 93

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse

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der Entscheidung angestellten Überlegungen eher in Vergessenheit geraten sind. Darüber hinaus ist zu befürchten, daß der Entscheidungsträger versucht, erfolgreiche Projekte seinen eigenen Leistungen zuzuschreiben, während er Fehlschläge eher auf andere, möglichst betriebsexterne Einflüsse zurückführt (vgl. auch Gold 1980, S. 509). Sowohl der Umfang von Fehlspezifikationen als auch die Gefahr, daß eher die Wirkungen als die Gründe einer Neuerung erfaßt werden, dürfte mit der Länge des Untersuchungszeitraums zunehmen. 3.4 Zu stark vereinfachte Vorstellung über betriebliche Innovationsprozesse Die überwiegende Mehrzahl der vorliegenden Arbeiten konzentriert sich auf die Analyse einzelner Determinanten der Innovationsaktivität. Aus diesem Grund sind die Autoren nicht in der Lage, Interdependenzen mit andereren Einflußfaktoren zu überprüfen. In Ermangelung eines theoretischen Modells, welches die relative Bedeutung möglicher Einflußfaktoren und die zwischen den wichtigsten Determinanten bestehenden Interdependenzen verdeutlicht, kann man außerdem nicht beurteilen, in welchem Maße statistische Zusammenhänge tatsächlich auf den Einfluß der verwendeten erklärenden Variablen oder auf den Einfluß anderer, grundlegenderer Faktoren zurückzuführen ist. Andererseits kann man selbst dann, wenn kein statistischer Zusammenhang festzustellen ist, nicht sicher sein, daß der betrachteten Determinante keine Bedeutung zukommt. Ihre Wirkung kann durch den Einfluß anderer, nicht betrachteter und in entgegengesetzter Richtung wirkender Faktoren überdeckt sein. Sicherlich lassen sich derartige Probleme nie vollkommen ausschließen, man kann sie aber zumindest durch die Formulierung eines „Orientierungsrahmens" reduzieren. Die Mehrzahl der Arbeiten berücksichtigt außerdem nicht, daß den Determinanten in den einzelnen Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses eine sehr unterschiedliche Relevanz zukommen kann. Dies ist insbesondere dann von Bedeutung, wenn man nach den entscheidenden Engpässen für eine Intensivierung der betrieblichen Innovationsanstrengungen sucht. So sind ζ. B. günstige Finanzierungsmöglichkeiten eines Betriebes weitestgehend irrelevant, wenn ein Problem bzw. eine Innovationschance nicht erkannt bzw. als nicht erfolgversprechend eingestuft wird. Eine bestimmte Organisationsstruktur kann die Generierung neuartiger Ideen oder die Wahrnehmung von Problemen bzw. betriebsextern entwickelten Neuerungsmöglichkeiten fördern, die Realisierung des Projektes aber hemmen. Eine gute Ertragslage kann zwar die für die Realisierung von Innovationsprojekten wichtige Innovationsfahigkeit verbessern, gleichzeitig aber die für Ideengenerierung und Entscheidungsfindung relevante Innovationsbereitschaft vermindern.

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Teil I: Grundlagen

3.5 Kurzfristige, auf die Überprüfung einfacher Hypothesen ausgerichtete Forschungsstrategien Der Überblick über den Stand der Forschung hat gezeigt, daß in der Innovations-, Adoptions- und Diffusionsforschung immer wieder die gleichen Hypothesen überprüft werden, die zumindest im Rahmen der hier verfolgten Fragestellung nicht immer plausibel sind. 95 Andere, durchaus plausible Hypothesen werden nicht selten mit Hilfe von Variablen überprüft, deren Aussagekraft als gering einzustufen ist. 9 6 Die Tatsache, daß zumeist immer wieder die gleichen und dabei nicht immer sinnvollen Hypothesen getestet werden, 97 ist wahrscheinlich einer auf schnelle Erfolge abzielenden Forschungsstrategie zuzuschreiben. Statt neue Hypothesen mit Hilfe theoretischer Überlegungen zu generieren, greifen viele Autoren lieber auf Aussagen vorliegender Arbeiten zurück, in der Innovationsforschung ζ. B. auf die „Neo-Sc/*wm/?eter-Hypothese" 98, in der Adoptions- und Diffusionsforschung vor allem auf Mansfield. Diese Vorgehensweise erspart nicht nur eine theoretische Ableitung neuer Hypothesen, die überprüften Hypothesen sind auch als in der Wissenschaft weitestgehend akzeptiert anzusehen und die Ergebnisse der Arbeit damit reputationsträchtiger. Die bereits verfügbaren Hypothesen haben darüber hinaus zumeist den Vorteil, entweder mit Hilfe sekundärstatistischen Materials oder leicht zu erhebender Daten überprüfbar zu sein. 99 Diese stark eingeengte, auf kurzfristige Erfolge abzielende Vorgehensweise hat ferner zur Folge, daß — wenn überhaupt — nur solche Daten erhoben werden, die unmittelbar zur Überprüfung der Hypothese erforderlich sind. Dadurch sind die Autoren häufig nicht in der Lage, die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse zu erklären, insbesondere solche Faktoren zu analysieren, die zur Folge haben, daß die Hypothesen in einigen Bereichen bestätigt, in anderen dagegen verworfen werden. Daraus ergibt sich wiederum, daß der Stand des Wissens quasi auf der Stelle tritt. Es wird lediglich deutlich, daß die Hypothese unter manchen Bedingungen Gültigkeit zu besitzen scheint, unter anderen 95

Dies gilt z.B. für den Einfluß der Unternehmens- bzw. Betriebsgröße oder der Konzentration auf das Innovations verhalten. 96

Vgl. dazu Teil I I sowie Kleine 1983, S. 25-74. Dies gilt z.B. für den Einfluß der Betriebs- und Unternehmensgröße bzw. der Marktstruktur auf F 4- E, Adoption und Diffusion, des Alters des Geschäftsführers auf die Adoption und Diffusion (vgl. Abschnitt II.2), die demand-pull- Hypothese sowie für einen wesentlichen Teil der Organisationsforschung (vgl. dazu Abschnitt II.4). 98 Müller (1975, S. 63 f.) bezeichnet die Vermutung hinsichtlich eines Zusammenhangs zwischen Unternehmensgröße und F + Ε-Intensität als „Neo- Schumpeter- Hypothese I " und die Hypothese, daß zwischen Unternehmenskonzentration und F + E-Aktivitäten eine Korrelation besteht, als „Neo-Sc/mra/^ter-Hypothese I I " . 99 Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Kubicek (1977, S. 5-12) für den Bereich betriebswirtschaftlicher Forschung. 97

3. Gründe für die Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse

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dagegen nicht. Die Widersprüchlichkeit der großen Zahl von Studien erhöht eher die Konfusion als das Verständnis für betriebliches Innovationsverhalten. U m die Eignung der verschiedenen Indikatoren zu überprüfen und dadurch die Grundlage für eine eigene Operationalisierung zu schaffen, werden in Teil I I die bisher vorliegenden Versuche zur Operationalisierung von Determinanten des Innovationsverhaltens beschrieben. Die Betriebsgröße wird dabei nicht als eigenständige Einflußgröße behandelt; dies soll hier kurz begründet werden. Die Bedeutung der Betriebs- bzw. Unternehmensgröße als erklärende Variable wird in der Regel aus ihrem Einfluß auf andere Bestimmungsgründe des Innovationsverhaltens (Höhe der Erträge und Kosten der Innovation, Umfang des Know-Hows und der Finanzkraft, Informationsverhalten, Möglichkeiten, Risiken zu vermindern und zu tragen etc.) abgeleitet. 100 Die Größe dient also als Proxy für eine ganze Reihe anderer Determinanten des Innovations Verhaltens. Indem man aber den Einfluß mehrerer Faktoren bündelt, verdeckt man gerade das, was eigentlich analysiert werden soll: die Determinanten des Innovationsverhaltens. 101 So stellen Cohen, Levin und Mowery (1987) fest, daß die Unternehmensgröße lediglich einen sehr kleinen, statistisch nicht signifikanten Einfluß auf den Umfang betrieblicher F + E-Aktivitäten hat, „when either fixed industry effects or measured industry characteristics are taken into account." 3.6 Zusammenfassung Die Beurteilung des Standes der Forschung hat verdeutlicht, daß man bei einer Analyse betrieblichen Innovationsverhaltens mit einer theoriegeleiteten, relativ breiten Forschungsstrategie vorgehen sollte. Das theoretische Konzept darf jedoch angesichts des nach wie vor als relativ gering einzuschätzenden Standes des Wissens das explorative Potential der Analyse nicht zu stark einengen. So kann die Aufgabe der empirischen Forschung nicht nur darin bestehen, möglichst einfach zu überprüfende Hypothesen zu formulieren, zu testen und möglichst auch zu bestätigen. Auch ein „negatives Ergebnis" in Form einer nicht bestätigten Hypothese ist durchaus als wissenschaftlicher Fortschritt anzusehen, wenn sich aus dem Datenmaterial mögliche Gründe für dieses Ergebnis und Anhaltspunkte für eine Modifikation oder Spezifikation der Hypothese ableiten lassen. Zu diesem Zweck bedarf es einer differenzierten und umfassenden Analyse der auf Innovationen gerichteten betrieblichen Prozesse. Dabei sind die Ergebnisse der verschiedenen Bereiche der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre, der Soziologie und der Psychologie soweit wie möglich in einen konzeptionellen Bezugsrahmen zu integrieren. 100

Vgl. dazu z. B. den Überblick bei Kamien I Schwartz 1983, Kleine 1983, Müller 1975. Dies gilt um so mehr, als der Einfluß der Betriebsgröße auf die Ausprägung von Determinanten des Innovationsverhaltens keineswegs immer eindeutig ist. Für eine ausführliche Analyse der betriebsgrößenspezifischen Ausprägung von Determinanten des Innovationsverhaltens vgl. Duchesneau/Cohn/Dutton 1979, S. 304-316. 101

4 Maas

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Teil I: Grundlagen

4. Grundlagen des konzeptionellen Bezugsrahmens Abschnitt 4.1 beschreibt die Aufgaben eines konzeptionellen Bezugsrahmens, während die beiden anschließenden Abschnitte die Grundlagen des in Teil I I im Detail zu entwickelnden Bezugsrahmens für die Analyse betrieblichen Innovationsverhaltens skizzieren. In Abschnitt 4.2 werden solche Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses abgeleitet, die unterschiedliche Anforderungen an die Charakteristika der beteiligten Personen und deren Umgebung stellen. Abschnitt 4.3 beschreibt die Grundannahmen und die zur Ableitung des Bezugsrahmens erforderlichen Arbeitsschritte.

4.1 Aufgaben eines konzeptionellen Bezugsrahmens Ein Bezugsrahmen faßt das Vorverständnis des Forschers in Form von Annahmen, Fragen und Interpretationsmustern zusammen. Er dient der systematischen Sammlung und Strukturierung von Erfahrungswissen. Es handelt sich um ein provisorisches Modell, das insbesondere klären soll, welche Variablen für den Untersuchungsgegenstand relevant sein können, welche Interdependenzen zwischen diesen Variablen bestehen und worauf diese Zusammenhänge zurückzuführen sind. Aufgrund seines explora ti ven Charakters soll der Bezugsrahmen eine möglichst große Zahl von Aspekten integrieren und dabei auf die Fragestellungen und Ergebnisse unterschiedlichster Ansätze und Theorien möglichst vieler Fachdisziplinen zurückgreifen. Ziel ist keineswegs ein schlüssiger, eindeutiger Erklärungsversuch. Vielmehr sollten die Zusammenhänge nicht voreilig spezifiziert werden, weil dies das Erfahrungs- und Erklärungspotential vermindern würde (vgl. dazu insbesondere Kubicek 1977).

4.2 Der betriebliche Innovationsprozeß als Grundmodell Die einzelnen Determinanten des Innovationsverhaltens können — wie bereits Wilson (1966) im Rahmen der Organisationsforschung hervorgehoben hat — j e nach Art der im Verlauf eines Innovationsprojektes durchzuführenden Tätigkeiten variieren. U m diese Hypothese überprüfen zu können, ist zunächst zu analysieren, welche im Zusammenhang mit Innovationen relevanten Aktivitäten unterschiedliche Anforderungen an die hiermit beauftragten Personen und deren Umfeld stellen. Zu diesem Zweck werden im folgenden zunächst die unterschiedlichen Vorstellungen über den Ablauf betrieblicher Innovationsprozesse skizziert. Die Mehrzahl ökonomischer Autoren geht nach wie vor davon aus, daß Innovationsprozesse in Gang kommen, sobald sich ein Problem oder eine Chance ergibt. Dem liegt eine Interpretation des Innovationsprozesses als ein zielgerichteter Informationsverarbeitungsprozeß zugrunde. Danach werden mit Hilfe umfassender Informationsaktivitäten potentielle Probleme und Chancen

4. Grundlagen des konzeptionellen Bezugsrahmens

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entdeckt, Problemlösungen entwickelt, ausgewählt und realisiert (für einen Überblick vgl z.B. Kirsch 1977). Die Vertreter der Theorie der Firma haben auf der Basis der Ergebnisse psychologischer Forschung als erste mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß Individuen nicht permanent nach Verbesserungsmöglichkeiten suchen, Situationen nicht immer zutreffend einschätzen und keineswegs jederzeit bemüht sind, sich schnell an Veränderungen der Rahmenbedingungen anzupassen. Bei der Erklärung diese Phänomens besteht noch weitestgehende Einigkeit darüber, daß Individuen aufgrund einer begrenzten Kapazität nicht alle auf sie einströmenden Reize aufnehmen können und die Umgebung daher entsprechend einer kognitiven Ordnung wahrnehmen. Die Vorstellungen darüber, von welchen Faktoren die Art der Perzeption der Umgebung abhängt und wie es auf der Basis der selektiv wahrgenommenen Informationen zu Beginn eines Problemlösungsprozesses kommt, sind dagegen unterschiedlich. Im Rahmen dieser Arbeit ist daher zu untersuchen, von welchen Faktoren eine (mehr oder weniger schnelle) Wahrnehmung von Problemen und Chancen abhängt. Ist in einem Betrieb eine Innovationsmöglichkeit erkannt und als relevant eingestuft worden, 102 so sind Informationen über bereits am Markt verfügbare (alternative) Lösungen einzuholen oder eigene Ideen zu generieren. Die Identifikation betriebsextern verfügbarer Neuerungsmöglichkeiten ist wahrscheinlich im Prinzip von den gleichen Determinanten abhängig wie die Wahrnehmung von Problemen und aus betriebsexternen Veränderungen resultierenden Chancen. Die Ideengenerierung dagegen dürfte von grundlegend anderen Faktoren abhängen, so daß sie als zusätzliche Phase des Innovationsprozesses zu berücksichtigen ist. Nachdem alternative Lösungs- bzw. Umsetzungsmöglichkeiten identifiziert sind, müssen sie miteinander verglichen und eine Entscheidung darüber gefallt werden, ob und wenn ja, welche Idee weiterzuverfolgen oder zu realisieren ist. Diese Phase des Innovationsprozesses kann man als Bewertungs- und Entscheidungsphase bezeichnen. Haben sich die Entscheidungsträger für eine anwendungsreife Lösung entschieden, so muß diese umgesetzt werden. Es sind also entsprechende Anlagen zu erstellen bzw. anzuschaffen und in Betrieb zu nehmen. Diese Umsetzung der Entscheidung kann mit einer Veränderung bestehender Anlagen sowie organisatorischer Rahmenbedingungen verbunden sein; u.U. ist auch Personal umzuschulen bzw. neu einzustellen. Diese Phase kann als Implementierung bezeichnet werden.

102 Dies setzt voraus, daß das wahrnehmende Individuum den Veränderungsbedarf als wichtig bewertet und — sofern es über keine eigene Entscheidungsbefugnis verfügt — die Unterstützung der zuständigen Entscheidungsträger gewinnt. Informationen über das Problem bzw. die Chance müssen also weitergegeben und auch von den Entscheidungsträgern als relevant eingestuft werden.

4*

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Teil I: Grundlagen

Bei Produktinnovationen ergibt sich zusätzlich das Problem der Markteinführung. Es muß ein Werbekonzept erarbeitet und realisiert werden, Markttests sind durchzuführen und Absatzwege zu erschließen. Schließlich sollen Ablauf und Ergebnis des Prozesses kontrolliert werden, um aus diesen Erfahrungen für spätere Projekte zu lernen. Faßt man die Ergebnisse dieser Überlegungen zusammen, so ist im Rahmen dieser Arbeit der Einfluß der verschiedenen Determinanten des Innovationsverhaltens auf den Ablauf und die Ergebnisse von vier Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses zu analysieren: (1) Wahrnehmen von Chancen und Problemen (Wahrnehmungsphase), (2) Entwicklung eigener Problemlösungen (Ideen-Generierungsphase), (3) Bewertung und Auswahl von Alternativen (Entscheidungsphase) und (4) Umsetzung des Projektes (Implementierungsphase). 103 Bei dieser Unterteilung handelt es sich lediglich um eine Systematisierungshilfe und keineswegs um eine Deskription in der Praxis feststellbarer Phasen. In der Praxis werden sich die einzelnen Phasen nur selten eindeutig identifizieren lassen. De facto handelt es sich um eine Vielzahl von Teilprozessen, die sich überlagern und durch Rückkoppelungen miteinander verflochten sind. Die einzelnen Phasen können unterschiedlich lang sein, sich wiederholen oder entfallen. Insbesondere der Vorgang der Informationssuche sowie die Erarbeitung, Bewertung und Auswahl von Alternativen dürfte sich bei grundlegenden Neuerungen im Verlauf des Innovationsprozesses in der Regel mehrfach wiederholen, weil die Entscheidung über die Realisierung einer Neuerung erst nach mehreren, die Unsicherheit vermindernden Arbeitsschritten gefällt werden kann. So ist zunächst zu entscheiden, ob ein Problem oder eine Chance überhaupt verfolgt werden soll und welche Ressourcen für die nächste Bearbeitungsstufe zur Verfügung stehen. Auf der Basis des durch diesen Mitteleinsatz generierten zusätzlichen Wissens ist festzulegen, ob das Projekt abzubrechen oder weiter voranzutreiben ist und, wenn ja, welche Mittel für die nächste Entwicklungsstufe zur Verfügung stehen. Auf diese Weise kann das mit Innovationen verbundene Risiko vermindert werden. Ein Entschluß über die mit dem großen Ressourceneinsatz verbundene Implementierung einer Neuerung fallt erst dann, wenn die Unsicherheit auf ein als akzeptabel angesehenes Maß gefallen ist. Bei Routineentscheidungen kann man sich dagegen an den Erfahrungen der Vergangenheit orientieren und sofort eine endgültige Entscheidung treffen.

103

Für andere Abgrenzungen vgl. ζ. B. Hennigs 1983, Roger 1961, S. 81 ff., Thom 1980, Witte 1968, Wild 1968.

4. Grundlagen des konzeptionellen Bezugsrahmens

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4.3 Grundannahmen und Arbeitsschritte Dem im nächsten Teil dieser Arbeit abgeleiteten Bezugsrahmen liegt die Annahme zugrunde, daß die Determinanten betrieblichen Innovationsverhaltens in einem interdependenten Beziehungszusammenhang stehen und ihr Einfluß in Abhängigkeit von der Phase des Innovationsprozesses sowie den Charakteristika der Projekte variiert. Diese hohe Interdependenz hat insbesondere bei solchen Einflußfaktoren Abgrenzungsprobleme zur Folge, die keinen direkten Einfluß auf das Innovationsverhalten haben, wohl aber die Ausprägung anderer (primärer) Determinanten beeinflussen. Diese „sekundären" Einflußfaktoren werden im Rahmen dieser Arbeit nur dann als eigenständige Determinante angesehen, wenn sie mit mehreren anderen Aspekten in Beziehung stehen. 104 Die Entwicklung eines konzeptionellen Bezugsrahmens setzt auf der Basis dieser Überlegungen folgende Arbeitsschritte voraus: (1) Identifikation wichtiger Determinanten des Innovationsverhaltens durch Auswertung der vorliegenden Ergebnisse unterschiedlichster Forschungsbereiche. (2) Analyse der von den einzelnen Determinanten zu erwartenden Wirkungen auf den Ablauf und das Ergebnis des Innovationsprozesses. (3) Sichtung der bestehenden empirischen Evidenz, um die Plausibilität alternativer Hypothesen zu überprüfen, die relative Bedeutung der möglichen Determinanten abzuschätzen und die geeignetste Art der Operationalisierung der verschiedenen Determinanten zu identifizieren. (4) Analyse der zwischen den Determinanten bestehen Interdependenzen. (5) Empirische Überprüfung der Hypothesen und der ihnen zugrundeliegenden Zusammenhänge.105

104 Z.B. die Wettbewerbssituation und die staatlichen Rahmenbedingungen, welche sowohl die Wirtschaftlichkeit von Innovationen als auch die Finanzierungsmöglichkeiten beeinflussen oder die Organisationsstruktur, vor der vor allem ein Einfluß auf das Informationsverhalten und die persönlichen Merkmale der Betriebsmitglieder ausgeht. 105 Die Arbeitsschritte 1 bis 4 werden in Teil II, Schritt 5 in Teil I I I abgearbeitet.

Teil II

Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit — Theoretische Überlegungen und bestehende empirische Evidenz Das Innovationsverhalten eines Betriebes wird im wesentlichen von vier Gruppen von Determinanten beeinflußt: Von den Charakteristika der verfügbaren Projekte, von den Merkmalen der Betriebsmitglieder sowie von den betriebsinternen und betriebsexternen Rahmenbedingungen. Diese Einflußfaktoren stehen in einem engen interdependenten Beziehungszusammenhang und sind daher — wie die Ausführungen zeigen werden — nicht immer eindeutig von einander zu trennen. 106 Abschnitt 1 beschreibt den Einfluß der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Projekte, Abschnitt 2 Charakteristika der an Innovationsprozessen beteiligten Personen, Abschnitt 3 bis 6 betriebliche Merkmale (Informationsverhalten, Organisationsstruktur, Strategie und Finanzierungsverhalten), die Abschnitte 7 und 8 den Einfluß betriebsexterner Rahmenbedingungen (Art und Intensität des Wettbewerbs sowie staatliche Rahmenbedingungen). Aus Gründen der Überschaubarkeit erfolgt die Analyse in den jeweiligen Abschnitten zunächst auf der Basis einer ceteris-paribus-Annahirie; Interdependenzen mit anderen Faktoren sind also weitestgehend aus der Betrachtung ausgeklammert. Für jede Determinante werden in einem ersten Teilabschnitt theoretische Überlegungen über ihren Einfluß auf den Ablauf und die Ergebnisse der verschiedenen Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses angestellt. 107 Der jeweils anschließende Teilabschnitt beschreibt die Vorgehensweise und die Ergebnisse bereits vorliegender empirischer Studien. Sofern dies für wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen erforderlich erscheint, werden zum Abschluß jedes Abschnitts Determinanten für die Ausprägung des jeweils betrachteten Faktors bzw. seines Einflusses auf das Innovationsverhalten skizziert.

106 Informations- und Finanzierungsverhalten sowie Strategie sind z.B. nicht nur Merkmale des Betriebes, sondern gleichzeitig auch Ausdruck der persönlichen Merkmale des Managements. 107 Sofern dies erforderlich erscheint, erfolgt zuvor eine Definition der verwendeten Begriffe.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung Der Wirtschaftlichkeit eines Projektes, also der Verzinsung des eingesetzten Kapitals, mißt man in der mikroökonomischen Theorie zentrale Bedeutung als erklärende Variable betrieblichen Verhaltens bei. Eine nähere Analyse des möglichen Einflusses der Wirtschaftlichkeit stellt jedoch den Erklärungswert der („objektiven") Wirtschaftlichkeit für weite Bereiche des Innovationsverhaltens in Frage (Abschnitt 1.1). Der unterstellte Zusammenhang ist nicht selten auf eine unzweckmäßige Abgrenzung des Wirtschaftlichkeitsbegriffes zurückzuführen. So ist die Einsicht, daß der subjektiven Einschätzung der Wirtschaftlichkeit einer Innovation durch die Entscheidungsträger zentraler Erklärungswert für (Innovations-)Entscheidungen zukommt, 1 0 8 weitestgehend trivial. Sie besagt lediglich, daß Unternehmer nicht bewußt gegen ihre (längerfristigen) (Gewinn-)Interessen verstoßen. Die Aussage ist sogar tautologisch, wenn man gleichzeitig von einem primär gewinnorientierten Verhalten ausgeht. Dann besagt sie nämlich, daß Betriebe nur solche Projekte durchführen, die Gewinne versprechen und daß daher alle realisierten Innovationen von den Entscheidungsträgern als wirtschaftlich angesehen werden. Die eigentlich relevante Frage zielt auf die Bedeutung der „objektiven", also von der subjektiven Einschätzung unabhängigen Wirtschaftlichkeit bzw. der Dringlichkeit 109 für das Innovationsverhalten ab. 1 1 0 Subjektive und objektive Komponente der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sind also separat zu betrachten. Während der Einfluß persönlichkeitsbezogener Faktoren in Abschnitt 2 analysiert wird, widmet sich dieser Abschnitt der Bedeutung der „objektiven" Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit. Dabei wird in Abschnitt 1.1 der mögliche Einfluß der Wirtschaftlichkeit auf die verschiedenen Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses analysiert. Daran anschließend werden mögliche Determinanten der Wirtschaftlichkeit von Innovationen abgeleitet und ihr Einfluß auf die Adoption neuer Techniken überprüft (Abschnitt 1.2). Die dabei festzustellende Widersprüchlichkeit der empirischen Ergebnisse ist wahrscheinlich nicht nur auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Wirtschaftlichkeit exante nur selten einigermaßen zuverlässig abzuschätzen ist, sondern auch auf die

108 Nach der Entscheidungstheorie verfügen die Entscheidungsträger über Informationen hinsichtlich sämtlicher denkbarer Verhaltensweisen und der damit verbundenen Kosten und Erträge. Die Unsicherheit dieser Informationen wird durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung zum Ausdruck gebracht. Anhand dieser Informationen treffen die Entscheidungsträger mit Hilfe einer ihrer subjektiven Risikobereitschaft entsprechenden Regel die Entscheidungen (vgl. dazu z.B. Laux 1982). 109 Eine Reihe von Innovationserfordernissen ergeben sich nicht aus Wirtschaftlichkeitsüberlegungen, sondern aus (Sach-)Zwängen. In diesem Zusammenhang ist ζ. B. an die Anpassung an staatliche Gebote oder an zur Aufrechterhaltung der Produktion erforderliche Neuerungen zu denken. 110

Zum Problem der Operationalisierung der „objektiven" Wirtschaftlichkeit im Rahmen empirischer Studien vgl. Abschnitt 1.2.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

erheblichen Schwierigkeiten bei der empirischen Erfassung der zum Zeitpunkt der Entscheidung objektiv zu erwartenden Wirtschaftlichkeit. 1.1 Bedeutung der („objektiven") Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit für das Innovationsverhalten Der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit eines Projektes ist — wie die folgenden Ausführungen zeigen — vor allem ein Einfluß auf den Beginn des Innovationsprozesses (Wahrnehmung eines Problems oder einer Chance) und auf die Entscheidungsfindung zuzusprechen. Die Ideengenerierung und die Implementierung könnten dadurch berührt sein, daß besonders relevanten Projekten überdurchschnittliche Aufmerksamkeit entgegengebracht wird. a) Wahrnehmung von Problemen und Chancen Die Wahrnehmung eines Handlungsbedarfs hängt — ceteris paribus — von der Stärke des Impulses ab, der auf eine Person einwirkt. Die Stärke des Impulses ist vor allem von der Dringlichkeit des Veränderungsbedarfs abhängig. So kann man davon ausgehen, daß zukünftige Probleme oder Chancen eher ignoriert oder umgedeutet werden als aktuelle Probleme. 111 Dies dürfte zur Folge haben, daß auf in Zukunft zu erwartende Soll-Ist-Abweichungen mit größerer zeitlicher Verzögerung reagiert wird, als auf aktuelle Zielabweichungen. Auch bei aktuellen Problemen kann die Dringlichkeit und damit die Stärke des Impulses sehr unterschiedlich sein. Während sich der Ausfall eines zentralen Aggregats oder die Notwendigkeit, sich an Wünsche wichtiger Kunden bzw. staatliche Auflagen anzupassen, kaum übersehen läßt, können Entscheidungsträger Umsatzeinbußen, Kostensteigerungen etc. durchaus als temporäres Problem interpretieren. Hier dürfte der Impuls um so stärker sein, je direkter zentrale Faktoren der Wettbewerbsstrategie betroffen sind und je höher der zu erwartende Zielerreichungsbeitrag, ζ. B. die Wirtschaftlichkeit einer Neuerung, ist. Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Innovationsprozeß in Gang kommt, wird neben der Stärke des Impulses auch von der Art des Innovationsgegenstandes beeinflußt. So ist z.B. davon auszugehen, daß ein relativ schwacher Impuls genügt, wenn es sich um ein weitestgehend bekanntes Problem handelt (ζ. B. Projekte mit geringem Neuheitsgrad und niedriger Komplexität). Zum einen besteht bereits eine gewisse Sensibilität, weil man mit dem Problem, seinen möglichen Ursachen und Lösungen einigermaßen vertraut ist; zum anderen können die Beteiligten die Vor- und Nachteile ihres Handelns anhand der bereits vorliegenden Erfahrungen relativ gut einschätzen. Bei einem hohen Neuheits-

111

Vgl. dazu auch Abel 1977, S. 100-103, Budde 1979, S. 34f., Pfohl 1974, S. 135ff.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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grad liegen dagegen keine Erfahrungswerte vor; vertraute Denkmuster und Verhaltensroutinen führen u. U. nicht weiter; der Erfolg und die Auswirkungen der Maßnahme auf die persönliche Situation sind ungewiß. Zur Überwindung der aus diesen Umständen resultierenden Hemmnisse ist wahrscheinlich ein starker Impuls erforderlich. b) Entscheidungsfindung Eine Analyse des möglichen Einflusses der Wirtschaftlichkeit auf das Innovationsverhalten setzt zunächst einmal die Beantwortung der Frage voraus, in welchem Maße die zu erwartende Wirtschaftlichkeit einer Neuerung ex-ante überhaupt einigermaßen zuverlässig abzuschätzen ist. Je weniger über die zu erwartende Wirtschaftlichkeit zum Entscheidungszeitpunkt bekannt ist, um so geringer kann auch ihr Einfluß auf das Verhalten sein; dagegen ist der Einfluß subjektiver Faktoren mit zunehmender Unsicherheit um so stärker (vgl. Abschnitt 2). Die Chancen für eine objektive Beurteilung der zu erwartenden Wirtschaftlichkeit dürften insbesondere mit dem gesamtwirtschaftlichen Neuheitsgrad abnehmen. Die mit einer Neuerung verbundenen Kosten und Erträge sind nämlich um so unsicherer, je weiter sich diese von bereits bekannten Lösungen entfernt und je weniger Erfahrungswissen vorliegt. So verfügt der Innovator bei der Erforschung und Entwicklung grundlegender Neuerungen zumeist lediglich über relativ vage Zielvorstellungen, die sich im Projektverlauf nicht selten ganz wesentlich verändern, 112 und über eine auf Erfahrungswerten basierende Erfolgswahrscheinlichkeit. Die Wirtschaftlichkeit ist daher ex-ante — wenn überhaupt — erst in den späteren Phasen eines auf eine grundlegende Neuerung gerichteten Projektes abzuschätzen. Die technische Unsicherheit nimmt nämlich auch bei grundlegenden Neuerungen im Projektverlauf ab, weil die in zunehmendem Maße zur Verfügung stehenden Erkenntnisse eine immer zuverlässigere Einschätzung der Realisierbarkeit zulassen. Das ökonomische Risiko ist dagegen nicht selten auch in späten Projektphasen relativ hoch. So sind bei Produktinnovationen Faktoren, die das Verhalten von Käufern und Konkurrenten beeinflussen, erst sehr spät abschätzbar. Das mit der Entwicklung oder frühzeitigen Übernahme von Prozeßneuerungen verbundene ökonomische Risiko ergibt sich z.B. aus unzureichenden Erfahrungen über die mit der Implementierung verbundenen (betriebsspezifischen) Kosten, die Störungsanfälligkeit, mögliche Widerstände des Personals. Auch die letztendlich entstehenden Erträge neuer Techniken sind nicht selten recht unsicher, weil auch sie entscheidend von Bedingungen und Entwicklungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten beeinflußt werden. Bei qualitätssteigernden Maßnahmen ist ζ. B. nicht sicher, daß die Abnehmer bereit sind, diese Zusatzleistung adäquat zu 112

Vgl. dazu z.B. Hamel 1974 sowie Hauschildt 1980b und die dort angegebene Literatur.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

honorieren. Die Erträge von Neuerungen, welche die Herstellungskosten durch den Einsatz preiswerterer Rohstoffe vermindern, können zunichte gemacht werden, wenn die zunehmende Diffusion der Neuerung die Nachfrage nach diesen Rohstoffen und damit auch die Preise erhöht. 113 Selbst wenn sich Kosteneinsparungen dauerhaft erzielen lassen, kommt es unter Wettbewerbsbedingungen zu einer Verminderung der Absatzpreise, welche die Wirtschaftlichkeit der Neuerung ebenfalls vermindern kann, so daß diese Maßnahme ex-post u. U. weniger vorteilhaft als ein Alternativprojekt erscheint (vgl. dazu auch Gold 1980). Darüber hinaus besteht bei einer frühen Adoption die Möglichkeit, daß sich das Preis / Leistungs-Verhältnis der Neuerung mit zunehmender technischer Entwicklung verbessert und eine verzögerte Adoption aus diesem Grund im Endeffekt vorteilhafter ist (vgl. Kleine 1983, Rosenberg 1976). Derartige betriebsspezifische bzw. längerfristige (betriebsexterne) Entwicklungen sind ex-ante nur schwer vorherzusehen, wodurch ein Vergleich der Wirtschaftlichkeit verfügbarer Alternativen erschwert wird. Dies hat allem Anschein nach zur Folge, daß nicht nur bei der Beurteilung eigener F + EAktivitäten, sondern auch bei der Einschätzung der Wirtschaftlichkeit einer frühen Übernahme betriebsextern entwickelter Neuerungen nicht selten subjektive Einflußfaktoren vorherrschen (vgl. dazu Abschnitt 2). Andererseits ist auch bei einigen Forschungsaktivitäten durchaus davon auszugehen, daß die Wirtschaftlichkeit einigermaßen zuverlässig abzuschätzen ist; so z. B. bei Neuerungen, die sich stark an den Bedürfnissen der Kunden oder an den innerbetrieblichen Anforderungen orientieren und im wesentlichen eine Weiterentwicklung vorhandener Produkte, Verfahren oder Maschinen darstellen. Auch die Adoption weitestgehend ausgereifter, erprobter Produktionsanlagen ist aufgrund der bereits vorliegenden Erfahrungen eher mit einer relativ geringen technischen Unsicherheit verbunden; die zu erwartenden Kosten und Erträge lassen sich einigermaßen zuverlässig abschätzen. Dies gilt insbesondere bei weniger komplexen Neuerungen, die nicht mit wesentlichen Veränderungen in der Produktion oder im Produktprogramm verbunden sind. 1 1 4 Die bisherigen Ausführungen haben verdeutlicht, daß eine objektive Beurteilung der zu erwartenden Wirtschaftlichkeit von Innovationsprojekten häufig nicht möglich ist. Aus diesem Ergebnis sollte jedoch keineswegs der Schluß gezogen werden, daß sich mit Hilfe theoretischer Überlegungen, welche die Kenntnis von Erträgen und Kosten voraussetzen, nicht Hypothesen über Determinanten der objektiven Wirtschaftlichkeit von Innovationen und über deren Einfluß auf das Innovationsverhalten generieren ließen. Selbst bei unvollkommener Information ist nämlich davon auszugehen, daß die Wahr113 Andererseits kann die Diffusion rohstoffsparender Neuerungen auch zu einer Verminderung der Rohstoffnachfrage führen, die mit einer Preissenkung verbunden ist. 114 So ist z. B. beim Einsatz neuartiger Meßgeräte oder neuer Kommunikationstechniken nicht von technischen Schwierigkeiten auszugehen, und die Nutzen sind aufgrund der vorliegenden Erfahrungen gut vorhersehbar.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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scheinlichkeit, mit der Betriebsangehörige eine Neuerungsmöglichkeit als vorteilhaft einstufen, um so höher ist, je wirtschaftlicher das Projekt ist. Eine objektive Wirtschaftlichkeit ist allerdings weder eine notwendige, noch eine hinreichende Bedingung für eine Innovation. 115 Will man im Rahmen empirischer Arbeiten den Einfluß der objektiven Wirtschaftlichkeit auf das Innovationsverhalten überprüfen, so stellt sich zusätzlich das Problem der Ermittlung der zum Entscheidungszeitpunkt zu erwartenden Wirtschaftlichkeit. Dabei könnte man sich ζ. B. an der ex-post feststellbaren Wirtschaftlichkeit orientieren. Neben den üblichen Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Wirtschaftlichkeit 116 ist diese Vorgehensweise vor allem mit dem Problem konfrontiert, daß die letztendlich realisierte Wirtschaftlichkeit u. U. relativ eng mit der subjektiv wahrgenommenen Wirtschaftlichkeit korreliert. Es ist nämlich davon auszugehen, daß Entscheidungsträger, die ihnen zur Verfügung stehenden Ressourcen vor allem auf solche Projekte konzentrieren, die sie als besonders erfolgversprechend einschätzen. Dadurch können Projekte, die ex-ante unter objektiven Gesichtspunkten wirtschaftlicher erscheinen, gar nicht realisiert werden bzw. ex-post weniger erfolgreich sein als ex-ante weniger erfolgversprechende Projekte. Dies dürfte, gemeinsam mit der Tatsache, daß Informationen über die objektiv zu erwartenden Chancen und Risiken kaum zu erhalten sind, zur Folge haben, daß der Einfluß der Wirtschaftlichkeit auf die Erforschung und Entwicklung kaum zu beurteilen ist. Bei der Adoption betriebsextern entwickelter Neuerungen besteht dagegen die Möglichkeit, die objektive Wirtschaftlichkeit abzuschätzen, indem man die Ausprägung wichtiger Determinanten der Wirtschaftlichkeit zum Zeitpunkt der Realisation überprüft. Auch in Adoptions- bzw. Diffusionsstudien wird eine Operationalisierung allerdings u.U. dadurch erschwert, daß die Wirtschaftlichkeit von einer Vielzahl von Faktoren abhängt, die eine Quantifizierung erschweren oder sogar unmöglich machen (vgl. Schenk 1974, S. 243). Stehen unterschiedliche Varianten der Neuerung zur Verfügung, so hängt die Wirtschaftlichkeit u.U. auch in entscheidendem Maße von der Wahl der richtigen Maschine ab (vgl. z. B. Hatzold/ Gebhard 1974, S. 46 f. und Smith 1974, S. 271).

115 In einem Betrieb kann eine Neuerung auch dann durchgeführt werden, wenn alle objektiven Faktoren gegen eine Wirtschaftlichkeit der Maßnahme sprechen. Andererseits wird eine wirtschaftliche Neuerung noch lange nicht von allen potentiellen Innovatoren wahrgenommen bzw. als vorteilhaft eingeschätzt. 116

werte.

Insbesondere die Ermittlung betriebsinterner Daten und hypothetischer Vergleichs-

60

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

1.2 Determinanten der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit von Innovationen und ihre Bedeutung in empirischen Studien Eine direkte, von subjektiven Eindrücken unabhängige Einschätzung der zu erwartenden Wirtschaftlichkeit einer Innovation ist im Rahmen empirischer Studien aus den im letzten Abschnitt beschriebenen Gründen kaum möglich. Man kann sich zumeist nur damit behelfen, die Ausprägung solcher Faktoren zu analysieren, welche die Wirtschaftlichkeit einer Neuerung wesentlich beeinflussen. Um die Identifikation derartiger Faktoren im Einzelfall zu erleichtern, werden in diesem Abschnitt mögliche Determinanten der Wirtschaftlichkeit von Innovationen zusammengestellt und systematisiert. Dabei werden projekt- und betriebsspezifische Aspekte sowie betriebsexterne Faktoren unterschieden. Im Anschluß an die Diskussion der möglichen Einflußfaktoren werden — sofern vorhanden — jeweils die Ergebnisse empirischer Studien dargestellt, die Aussagen zu den generierten Hypothesen enthalten. 1.2.1 Charakteristika der Innovation

Innovationsprojekte lassen sich nach dem Ausmaß des inkorporierten Fortschritts, dem Grad der Unteilbarkeit, der Kompatibilität mit der betrieblichen Produktionsstruktur und der Komplexität der Neuerung unterscheiden. 1.2.1.1 Ausmaß des techn(olog)ischen Fortschritts Das Ausmaß des in einem Projekt inkorporierten Fortschritts kann man zum einen am gesamtwirtschaftlichen Neuheitsgrad, zum anderen an den durch die Realisierung der Neuerung erzielten Wirkungen abschätzen (vgl. Abschnitt 1.1.1). Stellt man den Neuheitsgrad in den Mittelpunkt der Betrachtung, so ist z.B. von Interesse, ob es sich um die weltweit erstmalige Anwendung einer Neuerung handelt, ob sie für eine Nation, eine Branche oder für einen Betrieb neu ist. Eine Innovation kann sich außerdem unterschiedlich weit vom bestehenden Kenntnisstand entfernen. So kann es sich ζ. B. entweder um eine grundlegende Neuerung handeln, die mit keiner bestehenden Lösung vergleichbar ist, oder bestehende Produkte, Verfahren bzw. Anlagen werden mehr oder weniger grundlegend verändert. Der Neuheitsgrad sagt noch nicht unmittelbar etwas über das für die Entwicklung und die Implementierung erforderliche Know-How und die damit verbundenen Kosten oder die zu erwartenden Erträge aus. Nur unter Verwendung einer strengen ceteris paribus Annahme 1 1 7 kann man ζ. B. Aussagen über die Wirtschaftlichkeit machen. So ist davon auszugehen, daß die Höhe des mit Forschungsaktivitäten verbundenen Kapitaleinsatzes sowie der Grad der Unsicherheit ceteris paribus mit dem Ausmaß des angestrebten technologischen 117

Insbesondere also unter Konstanz sämtlicher anderer in diesem Abschnitt aufgezählten Aspekte.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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Fortschritts zunimmt. Je mehr eine Neuerung sich v o n bisher bekannten Lösungen unterscheiden soll, u m so weniger k a n n m a n nämlich auf bereits vorliegende Erfahrungen zurückgreifen. Es sind Forschungsanstrengungen erforderlich, i n deren Verlauf grundlegend neue Lösungen entdeckt u n d bis zur Anwendungsreife entwickelt werden müssen, wobei eine große Z a h l vorher nicht identifizierbarer Probleme zu lösen ist. Der Zusammenhang zwischen Neuheitsgrad u n d H ö h e der Erträge ist ungewiß; grundlegend neue technische Lösungen können ökonomisch weniger erfolgreich sein als technologisch weniger anspruchsvolle. 1 1 8 Eindeutige Aussagen über den Einfluß des Neuheitsgrades eines Projektes auf die Wirtschaftlichkeit sind also nicht zu treffen. 1.2.1.2

Unteilbarkeit

119

Die Wirtschaftlichkeit v o n A k t i v i t ä t e n , die durch eine hohe Unteilbarkeit gekennzeichnet sind, n i m m t m i t dem U m f a n g der A k t i v i t ä t e n zu. Dieser Effekt k a n n so stark ausgeprägt sein, daß eine Technik unterhalb eines bestimmten Durchsatzes nicht wirtschaftlich einsetzbar ist bzw. eine bestimmte (Forschungs-)Aktivität unterhalb eines bestimmten Ressourceneinsatzes nicht sinnv o l l durchführbar i s t . 1 2 0 Bei der Existenz v o n Unteilbarkeiten ist daher v o n einem relativ starken Zusammenhang zwischen Betriebsgröße u n d U m f a n g der innovativen A k t i v i t ä t e n auszugehen. 118 Neben dem Ausmaß des technologischen Fortschritts kann die Wirtschaftlichkeit auch von der Geschwindigkeit der Projektabwicklung abhängen. Einerseits hat eine kurze Entwicklungs- bzw. Implementierungszeit einen kostensteigernden Einfluß, der sich aus der Tatsache ergibt, daß man zur Forcierung der Projektabwicklung Entscheidungen nicht sequentiell trifft, sondern versucht, mehrere Schritte gleichzeitig bzw. nebeneinander durchzuführen (vgl. dazu Kauf er 1980, S. 152-157). Andererseits kann ein durch eine schnellere Projektabwicklung möglicher früherer Innovationszeitpunkt Wettbewerbsvorteile zur Folge haben. Der Einfluß der Geschwindigkeit der Projektabwicklung auf die Wirtschaftlichkeit der Innovation ist also ebenfalls keineswegs eindeutig. Er hängt vor allem von der Art des Wettbewerbs ab. So ist ein früher Innovationszeitpunkt vor allem bei solchen Produkten von wesentlicher Bedeutung, deren Eigenschaften nur schwer abzuschätzen sind und für deren Absatz daher der Reputation des Anbieters besondere Bedeutung zukommt (vgl. dazu Schellhass 1985). 119 Der Begriff „Unteilbarkeit" ist der Theorie des Marktversagens entliehen und beschreibt eine Abweichung von der Annahme einer beliebig kleinen Variation (Teilbarkeit) von Produktionsfaktoren. 120 Ein hoher Grad an Unteilbarkeit ist ζ. B. in der Regel bei Forschungsaktivitäten mit einem hohen Empiriegrad gegeben. Derartige Aktivitäten basieren nämlich weniger auf den Erkenntnissen naturwissenschaftlicher Forschung, als vielmehr auf dem „trial and error" Prinzip. U m zu einer erfolgversprechenden Neuerung zu gelangen, sind also lange Reihen von Versuchen durchzuführen. Diese setzen zumeist umfangreiche Laborkapazitäten und eine nicht zu kleine Zahl hoch qualifizierten Fachpersonals voraus. Durch einen geringen Empiriegrad gekennzeichnete Forschung baut dagegen auf dem verfügbaren Bestand naturwissenschaftlicher Erkenntnisse auf. Der Forscher versucht aufgrund von Fachwissen und Kreativität zu neuen Erkennissen zu gelangen. Häufig genügen zu diesem Zweck Fachliteratur und andere wissenschaftliche Unterlagen; die Unteilbarkeit dieser Aktivitäten ist also vergleichsweise gering.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Der Einfluß des Grades der Unteilbarkeit ergibt sich nicht nur aus economies of scale, sondern auch aus seiner Bedeutung für die Höhe des Risikoabschlages. Bei einer relativ hohen Teilbarkeit besteht die Möglichkeit, eine Neuerung zu testen, indem man die Technik oder das Produkt sukzessive in die Produktion einführt. Dadurch können z.B. Erfahrungen gesammelt und Mitarbeiter ausgebildet werden, bevor man einen wesentlichen Teil der Produktion verändert. Stellt sich die Entscheidung, die Neuerung zu nutzen, als falsch heraus, ist sie ohne wesentliche Probleme revidierbar. Unteilbare Neuerungen können kleinere Betriebe dagegen entweder gar nicht oder nur dann (wirtschaftlich) einsetzen, wenn sie ihre gesamte Produktion umstellen. Dies macht deutlich, daß die Unteilbarkeit einen wesentlichen Einfluß auf die Höhe des Risikoabschlages hat. Je höher die mit einer Neuerung verbundene Investitionssumme in Relation zum Gesamtbudget des Unternehmens ist, um so gravierender sind die ökonomischen Auswirkungen eines Fehlschlages. Muß ein kleines Unternehmen einen wesentlichen Teil seines Investitionsbudgets für eine einzige Neuerung aufwenden, so ist im Falle einer Fehlentscheidung mit erheblichen negativen Wirkungen auf die Ertragslage zu rechnen, u. U. ist sogar die Existenz des Unternehmens gefährdet. 121 In größeren Unternehmen wird dagegen der Fehlschlag eines Projektes eher durch den Erfolg eines anderen ausgeglichen.122 Der Einfluß der Unteilbarkeit auf das Innovationsverhalten ist also in größeren Unternehmen geringer einzuschätzen als in kleinen und mittleren. 123 Auf eine wesentliche Bedeutung des risikomindernen Einflusses einer sukzessiven Einführung von Neuerungen deuten ζ. B. die Ergebnisse über die Diffusion von sechs Techniken in sieben Ländern hin. Dabei stellt man fest, daß Neuerungen, deren Einsatz relativ geringe Investitionen erfordern, 124 schneller außerhalb des Pionierlandes eingesetzt werden als Techniken, die eines größeren Kapitaleinsatzes bedürfen 125 (vgl. Ray 1984, S. 82). Eine frühzeitige Adoption wird also durch eine hohe Teilbarkeit unterstützt. Wie die Ergebnisse dieser Studie ebenfalls zeigen, fördert eine hohe Teilbarkeit die Diffusion von Techniken in alle denkbaren Verwendungen nicht in gleicher Weise. Eine höhere Unteilbarkeit kann zu einer schnelleren Diffusion beitragen, weil die Einführung überlegener, unteilbarer neuer Techniken in höherem Maße für die Existenz der Betriebe entscheidend ist als die Nutzung teilbarer Techniken (vgl. 121 In England versuchen die Hersteller von NC-Maschinen, das bei der Adoption unteilbarer Neuerungen besonders ausgeprägte Risiko durch eine zeitlich befristete Rücknahmegarantie zu vermindern (vgl. Gebhard/Hatzold 1974, S.42). 122 Diese Wahrscheinlichkeit kann man ζ. B. durch ein Portfolio aus Projekten mit unterschiedlichen Risikien erhöhen. 123 Für kleine und mittlere Unternehmen ist eine geringe Investitionssumme darüber hinaus aufgrund der nicht selten geringeren Finanzkraft von Bedeutung, die eine schnellere Rückgewinnung des Kapitals erforderlich macht als in Großunternehmen (vgl. Globerman 1974). 124 NC-Werkzeugmaschinen und schützlose Webmaschinen. 125 Oxygenstahlverfahren, Stranggußverfahren, Tunnelöfen, Floatglasverfahren.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

63

Ray 1984, S. 83). Die Diffusion unteilbarer Neuerungen wird außerdem dadurch beschleunigt, daß jede Adoptionsentscheidung mit einer größeren Steigerung der Diffusionsrate verbunden ist als im Falle von teilbaren Neuerungen, bei denen auch „sowohl-als-auch-Entscheidungen" möglich sind. Bei einer hohen Teilbarkeit können neben den neuen Maschinen weiterhin ältere Modelle erhalten bleiben, die nach und nach ausgetauscht oder dauerhaft für Spezialaufgaben etc. genutzt oder auch nur bereitgehalten werden (ebenda, S. 84). Eine Studie über die Verbreitung von fünf Neuerungen in der Mühlenindustrie weist auf die Bedeutung der „Testbarkeit" für die Adoptionsgeschwindigkeit hin (vgl. Hayward 1972, S. 199). Ray (1974, S. 201) stellt in einer anderen Studie fest, daß die Anwendung des Floatglasverfahrens durch die große Kapazität der Anlagen 126 behindert wird. Dies hat gemeinsam mit dem erheblichen Kapitalbedarf zur Folge, daß in Westeuropa lediglich fünf der 39 Flachglashersteller dieses Verfahren anwenden. 1.2.1.3 Vereinbarkeit

mit der Produktionsstruktur

(Kompatibilität)

Die Wirtschaftlichkeit einer Neuerung kann entscheidend von ihrer Vereinbarkeit mit der betrieblichen Produktionsstruktur, also mit dem Produktionsprogramm, den vorhandenen Anlagen, den verwendeten Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen und anderen betrieblichen Gegebenheiten beeinflußt werden. Die Kompatibilität einer Neuerung mit den im Betrieb vorhandenen Anlagen, also die Tatsache, ob sich ein neues Produkt auf bestehenden Anlagen herstellen läßt, mehr oder weniger starke Veränderungen in der Produktion oder vollkommen neue Anlagen erforderlich sind bzw. bei der Implementierung eines neuen Prozesses Maschinen vor- und nachgelagerter Bearbeitungsstufen zu ersetzen sind, kann entscheidenden Einfluß auf die Höhe der mit der Neuerung verbundenen Investitionen haben. 127 M i t derartigen Problemen ist im Fall von Prozeßinnovationen vor allem dann zu rechnen, wenn es einer Verknüpfung mit bereits bestehenden Anlagen bedarf, die Neuerung also in die Produktion zu integrieren ist. 1 2 8 In diesem Fall hängt die Kompatibilität davon ab, in welchem Maße die neue Maschine an vor- und nachgelagerte Produktionsstufen andere Anforderungen stellt als die bisherige 1 2 9 und inwiefern der Veränderungsbedarf das Leistungsspektrum der beste126

Eine einzige Floatglasanlage kann ζ. B. die gesamte Nachfrage Österreichs decken. Sind Produktionsanlagen aufgrund einer Neuerung zu ersetzen, ergibt sich eine starke Überschneidung des Aspektes der Kompatibilität mit dem der Unteilbarkeit. 128 Bei der vielfach analysierten Adoption von Neuerungen, die nicht direkt in der Produktion eingesetzt werden (ζ. B. EDV-Anlagen, Kopierer, Telekommunikationstechniken) ist mit keinen wesentlichen Problemen hinsichtlich der technischen Kompatibilität zu rechnen. 129 Z.B. hinsichtlich der Verarbeitungsqualität, der Art der Inputstoffe oder der Produktionsgeschwindigkeit. 127

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

henden Anlagen übersteigt. Bei Produktinnovationen dürfte die Kompatibilität mit vorhandenen Anlagen mit dem Ausmaß des technologischen Fortschritts abnehmen. Sie ist also um so geringer, je mehr sich das neue Produkt (technologisch) von den bisher produzierten unterscheidet. Ist eine Neuerung nicht mit bestehenden Produktionseinrichtungen kompatibel, so ist um so eher damit zu rechnen, daß die Neuerung unwirtschaftlich wird, je geringer der Wiederverkaufswert der vorhandenen Anlagen ist, je älter und spezialisierter diese also sind und je geringer die mit der Adoption verbundenen Einsparungen an variablen Kosten bzw. die aus Leistungssteigerungen resultierenden zusätzlichen Erträge eingeschätzt werden. Auch die Kompatibilität einer Neuerung mit der innerbetrieblichen Peripherie ist vor allem für die Kosten der Implementierung von Bedeutung. So kann eine prinzipiell mit den vorhandenen Produktionsanlagen kompatible Neuerung eine mehr oder weniger grundlegende Veränderung des Produktionsablaufs, vor- bzw. nachgelagerter Anlagen, 130 der Mitarbeiterqualifikation und/oder der Organisation erforderlich machen. Zusätzliche Investitionen in vor- und nachgelagerte Anlagen sind z.B. zu erwarten, wenn Infrastrukturkapazitäten wie Energiezentrale, Umweltschutzanlagen etc. so stark ausgelastet sind, daß sie den durch die Neuerung ausgelösten Zusatzbedarf nicht mehr decken können. Mit personellen Veränderungen ist insbesondere dann zu rechnen, wenn die Neuerung den Produktionsprozeß verkompliziert und dadurch veränderte Anforderungen an die Qualifikation der Mitarbeiter stellt. Dies kann mit zusätzlichen Kosten verbunden sein, die sich aus der Weiterbildung oder Umschulung, der Entlassung und/oder Einstellung von Personal ergeben. Organisatorische Veränderungen resultieren ζ. B. aus einer Umgestaltung des Produktionsablaufs bzw. der Arbeitsinhalte, welche eine Erstellung neuer Tätigkeitsbeschreibungen und eine Umgestaltung der Arbeitsabläufe erforderlich machen. Die damit verbundenen Kosten sowie die daraus resultierende Verzögerung des Projektabschlusses werden wahrscheinlich vor allem von den Eigenschaften der Mitarbeiter und der Flexibilität der Organisationsstruktur beeinflußt. Die mit der Nutzung einer Neuerung verbundenen Investitionen können auch durch die in einem Betrieb verfügbare Fläche beeinflußt werden. Herrscht in einem Betrieb akuter Platzmangel, so kann eine Neuerung, die zusätzlichen Platz in Anspruch nimmt u.U. nicht ohne bauliche Veränderungen eingesetzt werden (vgl. dazu z.B. Maas j Ewers 1983).

130 Die Wahrscheinlichkeit kostenintensiver Veränderungen im Produktionsablauf bzw. an vor- und nachgelagerten Anlagen ist von den gleichen Aspekten abhängig wie die Kompatibilität einer Neuerung mit vorhandenen Anlagen.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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Veränderungen in der Peripherie können nicht nur direkt Kosten verursachen, sondern auch mit temporären Umstellungsschwierigkeiten verbunden sein, die zu einer Störung der Produktion führen. Die Gefahr derartiger Störungen ist um so ausgeprägter, — je mehr Bearbeitungsstufen mit der neuen bzw. veränderten Produktionsstufe verflochten sind, — je stärker nachfolgende Produktionsstufen vom Output der neu eingeführten Maßnahmen abhängen, — je komplizierter der Produktionsprozeß ist, — je gravierender die Änderung ist, — je neuartiger und je weniger ausgereift die Neuerung ist und / oder — je geringer die Erfahrungen der Mitarbeiter mit der Bewältigung von Problemfällen im allgemeinen und der Einführung von Neuerungen im besonderen sind. Es ist davon auszugehen, daß die potentiellen Innovatoren derartige Beeinträchtigungen der Produktion um so stärker gewichten, je mehr die dispositiv tätigen Mitarbeiter bereits durch andere Aufgaben ausgelastet sind und/oder je stärker der Wettbewerb auf ParameterVie Liefergeschwindigkeit und Produktqualität gerichtet ist, welche durch derartige Umstellungen besonders stark beeinträchtigt werden. Die Bereitschaft zur Übernahme kostenmindernder/ qualitätsteigernder Neuerungen dürfte dagegen um so höher sein, je schärfer der Preis-/Qualitätswettbewerb ist. Während die Kompatibilität mit vorhandenen Anlagen und innerbetrieblichen Produktionsbedingungen vor allem die mit der Implementierung verbundenen Kosten bzw. Investitionen beeinflußt, ist die Kompatibilität mit dem Produktprogramm für die Höhe der Erträge von Bedeutung. So werden ζ. B. die Erträge einer Produktinnovation in dem Maße vermindert, in dem das neue Produkt in substitutionaler Beziehung zu anderen im Leistungsprogramm vorhandenen Produkten steht. Ergänzen sich dagegen beide Produkte, ergibt sich durch die Neuerung bei anderen Produkten ein umsatzsteigernder Effekt. Die Erträge neuartiger Techniken oder Verfahren sind um so höher, je besser diese zum Produktionsprogramm des Betriebes (ζ. B. Seriengröße, Qualitätsstandards, Wiederholhäufigkeit) passen, je höher also die „suitability" ist und je direkter die durch die Neuerung erzielten Vorteile zentrale Wettbewerbsparameter betreffen. So werden z.B. Neuerungen, welche die Qualität bzw. die Flexibilität der Produktion steigern, nicht aber unbedingt die Kosten vermindern, in Betrieben, für die Qualität, hohe Liefergeschwindigkeit und Flexibilität zentrale Wettbewerbsparameter darstellen, größeren Nutzen haben als für Betriebe, die primär über den Preis konkurrieren. 131 Empirische Anhaltspunkte für einen wesentlichen Einfluß der Kompatibilität einer Neuerung mit der betrieblichen Produktionsstruktur gibt es insbesondere 131

Zur Bedeutung der verschiedenen Wettbewerbsparameter vgl. Abschnitt II.5.

5 Maas

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hinsichtlich der Eignung („suitability") technischer Neuerungen für die Anforderungen seitens des Produktionsprogramms. Mansfield (1968, S. 157-162) stehen zur Charakterisierung der Wirtschaftlichkeit lediglich für fünf von 14 untersuchten Innovationen relativ grobe Indikatoren zur Verfügung, die primär auf die Ertragsseite der Innovationen abzielen. 132 Die Regressionsanalyse ergibt bei zwei Technologien einen Zusammenhang zwischen Adoptionslag und Wirtschaftlichkeit. Smith (1974, S. 272, 287) vergleicht die für eine bestimmte Outputmenge aufzuwendenen Kosten bei Verwendung der traditionellen und der neuen Fertigungstechnik. Die Ausprägung dieser „Ertragsvariablen" unterscheidet sich zwischen frühen und späten Adoptoren nicht. Der Zusammenhang mit mehreren alternativ verwendeten abhängigen Variablen ist nicht signifikant. Smith (1974, S. 278 f.) sieht außerdem den Standardisierungsgrad der Betriebe 1 3 3 als zentrale Determinante der Wirtschaftlichkeit schützenloser Webstühle an. Ein Vergleich des Standardisierungsgrades zwischen Adoptoren und NichtAdoptoren deutet daraufhin, daß die Anwender von schützenlosen Webmaschinen durch ein etwas stärker standardisiertes Produktionsprogramm gekennzeichnet sind als Nicht-Adoptoren. Die Unterschiede sind allerdings keineswegs sehr deutlich, und es ist nicht auszuschließen, daß sie zum Teil eine Folge der Adoption sind; der Standardisierungsgrad wird nämlich zu einem nach der Adoption gelegenen Zeitpunkt ermittelt. Nabseth (1973) bezieht die Eigenschaften des verwendeten Materials und der bestehende Produktionsanlage, welche für die Nutzung der Neuerung relevant sind, ebenso in die Betrachtung ein, wie die Wachstumsrate der Produktion. 1 3 4 Es zeigt sich für keinen Indikator ein auf dem 5% Niveau signifikanter Zusammenhang. Globerman (1975, S. 431 f.) verwendet den Anteil an Präzisionsteilen als Indikator für die Wirtschaftlichkeit, da die von ihm analysierte NC-Technik vor allem zur Fertigung komplizierter und hohen Toleranzanforderungen genügender Teile geeignet ist. Da Globerman davon ausgeht, daß die Wirtschaftlichkeit des NC-Einsatzes auch von der Betriebgröße abhängt, geht die Variable als „interaktiver Term" mit der Beschäftigtenzahl in die Regressionsschätzung ein. Die Variable hat einen signifikanten, relativ hohen Erklärungswert, die Adoptoren fertigen also einen höheren Teil an Präzisionsteilen als Nichtadoptoren. 132 Z. B. für kontinuierlich arbeitende Bergwerksmaschinen: Produktionsanteil hochwertiger Flöze, für zentrale Verkehrskontrollen: reziproker Wert des Anteils zweigleisiger Strecken. 133 Den Standardisierungsgrad beurteilt Smith mit Hilfe der Länge der zwischen zwei Produktionswechseln hergestellten Gewebe sowie der Relation aus der Anzahl der Standardprodukte und dem Produktionsvolumen insgesamt. 134 Diesem Indikator liegt die Hypothese zugrunde, daß die Amortisationszeit mit zunehmender Auslastung abnimmt.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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Gebhardt und Hatzold (1974, S. 39f.) finden im Rahmen von Korrelationsund Regressionsrechnungen einen starken Zusammenhang zwischen dem nationalen Niveau der Lohnkosten und der Diffusion der die Arbeitsproduktivität steigernden NC-Technik. 135 Hakanson (1974, S. 63-85) versucht die Amortisationszeit des Einsatzes von Spezialpressen für jeden der von ihm analysierten Papierhersteller zu berechnen. Zu diesem Zweck verwendet er folgende Formel: I P

Ρ = I = Q = a = Zpa = Zpu = V =

"

a Q ( Z p a — 1,05 Z p u — V)

Amortisationszeit in Jahren Investitionen in Abhängigkeit von Einsatzbereich und Alter Jahreskapazität der Papiermaschine im Jahr 1966 Kapazitätszuwachs in % in Abhängigkeit vom Alter Preis je t Papier Preis je t Zellstoff variable Kosten

Die Ausprägung der einzelnen Faktoren schätzt Hakanson in Zusammenarbeit mit den Herstellern von Papierpressen für jeden Betrieb. Die so berechnete Amortisationszeit weist in drei der fünf nationalen Teilsamples und für das Gesamtsample deutliche Unterschiede zwischen Adoptoren und Nicht-Adoptoren auf. In zwei Ländern (Österreich und Bundesrepublik Deutschland) ergibt sich kein Zusammenhang zwischen dem Indikator für die Amortisationszeit einerseits und Adoption und Nicht-Adoption andererseits. Unterschiede zwischen frühen, durchschnittlichen und späten Adoptoren lassen sich mit Ausnahme eines Teilsamples nicht feststellen (vgl. ebenda, S. 81 f.). In der Regressionsanalyse ergibt sich für das schwedische, das britische Sample und das Gesamtsample ein signifikanter Einfluß der Profltabilitätsvariablen (vgl. ebenda, S. 85). Kleine (1983, S. 192) versucht, Ursache und Wirkung der Adoption sauberer zu trennen, als die bisher erwähnten Autoren, indem er die Wirtschaftlichkeit schätzt, welche die von ihm analysierte CNC-Technologie zum Zeitpunkt der Marktreife (1976/77) für die potentiellen Adoptoren gehabt haben dürfte. Zu diesem Zweck verknüpft er zunächst einmal drei Variablen multiplikativ, welche die CNC-Eignung des Fertigungsprogramms eines Betriebes charakterisieren. 1 3 6 Dadurch erhält Kleine eine relative Größe, welche er durch Multiplikation mit dem Bedarf an CNC-Leistungen 137 in eine absolute Maßzahl transfor135 Dieser Zusammenhang kann allerdings auch andere Ursachen als einen stärkeren Rationalisierungsdruck haben; z.B. können die höheren Lohnkosten Ausdruck einer höheren Humankapitalintensität sein. 136 (1) Anteil der Einzel-, Klein-, Mittel- und Großserienfertigung sowie der Massenproduktion, (2) Komplexität der zu fertigenden Teile (gemessen an der durchschnittlichen Werkstückmaschinenbelegzeit), (3) Wiederholhäufigkeit der Lose. 137 Zu diesem Zweck verwendet er die Inputgröße „Anzahl der spanabhebenden Werkzeugmaschinen im Jahre 1976".

5*

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

miert. Die entstehende Maßzahl bezeichnet Kleine (1983, S. 195) als „Korrelat für die Auslastung der zur Evaluierung anstehenden CNC-Maschine". Diesen Wert dividiert Kleine durch den zum Investitionszeitpunkt zu erwartenden Investitionsaufwand. Da sich dieser von Betrieb zu Betrieb sehr unterscheiden kann, orientiert sich Kleine (1983, S. 195) an den Erwartungen der Entscheidungsträger. Hier verläßt er also die Ebene objektiver Angaben. Bei NichtAdoptoren, welche nicht über derartige Informationen verfügen, wird ein Näherungswert angegeben.138 Die Maximum-Likelihood-Logit-Schätzung für den so generierten Indikator zeigt ein signifikantes Ergebnis. Über den Erklärungswert des Modells lassen sich auf der Basis von Kleine s Ausführungen leider keine Anhaltspunkte gewinnen (vgl. dazu ebenda, S. 196f.). Da er mit den Ergebnissen seiner Schätzung allem Anschein nach selbst nicht zufrieden ist, gibt er dem Leser eine „ . . . weitere, sicherlich rudimentäre Orientierungshilfe. Bringt man die 36 Beobachtungseinheiten gemäß ihrer Werte für die erwartete Wirtschaftlichkeit in eine Reihenfolge, so würden bestenfalls (im Sinne der Hypothese) die ersten 18 Ränge von den Adoptoren und die letzten 18 Ränge von den bisherigen Nichtadoptoren eingenommen. Tatsächlich zeigt sich jedoch für das Sample folgendes Bild: unter den ersten 18 werden die Ränge 7, 10, 14, 16, 17, 18 von Nichtadoptoren belegt, während sich unter den letzten 18 auf den Rängen 22, 23,24,31,32 Adoptoren befinden" (Kleine 1983, S. 197 f.). Das Ergebnis ist also keineswegs überzeugend. Dies kann nach Kleines Ansicht — neben der Bedeutung nicht-quantifizierbarer Faktoren und den Erwartungen hinsichtlich der technischen Entwicklung im CNC-Bereich — vor allem am statischen Charakter des Modells liegen. Um Erwartungen hinsichtlich der Auslastung der Anlage zu berücksichtigen, werden die Interviewpartner daher auch nach ihrer Einschätzung der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung zum Evaluierungszeitpunkt befragt. Es ergibt sich ein signifikanter statistischer Zusammenhang. Danach schätzen Adoptoren die Absatzaussichten ihres Betriebes auf einer 7Punkte-Ordinalskala signifikant besser ein als Nicht-Adoptoren. Auch hier kann es sich allerdings zum Teil um eine ex-post Rationalisierung handeln. Karlson (1986) beurteilt die Wirtschaftlichkeit von Innovationen in der Stahlproduktion mit Hilfe von drei Variablen: (1) dem technischen Stand, der zum Zeitpunkt der Adoption vorherrschte, (2) der durchschnittlichen Hochofengröße des Betriebes, (3) der Anzahl der Wind-Hochöfen im Betrieb (vgl. ebenda, S. 418). Der Einfluß dieser Indikatoren ist in dem von Karlson verwendeten Regressionsansatz, welcher die Adoptionsgeschwindigkeit für das Elektro- und das Oxygen verfahren in mehreren Jahren erklären soll, nicht eindeutig. Es ergibt sich teilweise der erwartete positive Koeffizient, in anderen Fällen dagegen ein negativer (ebenda, S. 419f.). 138 Aus welchen Gründen die verschiedenen Indikatoren zur Abschätzung der Erträge der NC-Nutzung multipliziert werden und ob das Modell bei Variation der verschiedenen Faktoren sinnvolle Veränderungen zeigt, diskutiert Kleine leider nicht.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

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Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 85-92) analysieren die Diffusion von neun Techniken in der Schuhindustrie. Um die Eignung dieser Techniken für das Produktionsprogramm der einzelnen Betriebe abzuschätzen, verwenden sie vier Indikatoren, denen sie einen unterschiedlich starken Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit der einzelnen Techniken beimessen: 1. 2. 3. 4.

Anteil des auf dem Massenmarkt (volume market) angebotenen Outputs. Outputanteil mit weniger als 9$ Herstellungskosten (out-of-factory cost). Anteil der geleimten und genagelten Schuhe (cement or tack lasted). Anteil der Schuhe mit Leder als Obermaterial.

Um herauszufinden, welcher dieser Indikatoren zur Charakterisierung der „suitability" der neun untersuchten Techniken am geeignetsten ist, überprüfen die Autoren für jede Technik, welcher dieser Indikatoren am deutlichsten Adoptoren und Nicht-Adoptoren unterscheidet. 139 Den Indikator, der am deutlichsten diskriminiert, verwenden sie in der nachfolgenden Analyse als Indikator für die „suitability" der Technik. Den so generierten Indikator integrieren Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 139-144) in vier unterschiedliche Modelle zur Erklärung der Adoption bzw. der Diffusion. Die Ergebnisse deuten darauf hin, daß die Eignung des Produktprogramms ein wichtiger Faktor in der Entscheidung über die Adoption der untersuchten Techniken ist. Die Richtung des Vorzeichens entspricht in allen Fällen der Hypothese; für vier Techniken ist der Einfluß des Indikators in allen vier Modellen signifikant, für zwei Techniken in drei von vier Fällen, für eine Technik ergibt sich zumindest in einem Modell ein signifikanter Einfluß des Indikators. Ewers und Fritsch (1987, S. 38) beurteilen die Wirtschaftlichkeit des EDVEinsatzes im Fertigungsbereich mit Hilfe des Standardisierungsgrades der Produktion, der wiederum durch drei Indikatoren charakterisiert wird: durch den Umsatzanteil der nach besonderen Vorgaben der Abnehmer hergestellten Ware, durch die Häufigkeit der zusammen mit den jeweiligen Abnehmern durchgeführten Entwicklung spezieller Problemlösungen sowie durch die Häufigkeit von Service-Leistungen gegenüber Abnehmern. Als weiterer Indikator für die „Profitabilität" wird der Exportanteil am Umsatz verwendet, dem die Autoren einen Einfluß auf die Qualitätsanforderungen zusprechen (ebenda, S. 44). Für die Ausprägung dieser Indikatoren zeigen sich bei einer weiten Abgrenzung der Adoptoren signifikante Unterschiede zwischen Adoptoren und NichtAdoptoren von CNC-Techniken, die bei einer engeren Abgrenzung der potentiellen Adoptoren geringer werden oder völlig verschwinden (vgl. dazu ebenda, S. 33-35, S.44f.).

139

Dabei sind elf der 36 Korrelationskoeffizienten auf dem 5%-Niveau signifikant (vgl. ebenda, S. 89).

70

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Einige Studien unterstreichen auch die Bedeutung der Kompatibilität technischer Neuerungen mit den vorhandenen Produktionseinrichtungen. So wurde die Anwendung von NC-Werkzeugmaschinen nach Ansicht von Ray (1970, S. 56f.) u.a. dadurch behindert, daß ihr wirtschaftlicher Einsatz eine grundlegende Änderung des betrieblichen Fertigungsprozesses, den Einsatz von Computern und damit organisatorische Veränderungen erforderlich machte. Auch der Einsatz schützenloser Webstühle ist — zumindest bei einem veralteten Kapitalstock — mit Veränderungen verbunden, die zu erheblichen Investitionskosten führen (vgl. dazu Smith 1974, S. 276). Die Ergebnisse der vorliegenden Studien zur Bedeutung der Kompatibilität einer Neuerung mit den betrieblichen Bedingungen auf die Anwendung der Innovation sind sehr widersprüchlich. Bei der Beurteilung der vorliegenden empirischen Evidenz ist zu berücksichtigen, daß die Aussagekraft derjenigen Studien, deren Ergebnisse auf eine wesentliche Bedeutung der Wirtschaftlichkeit für das Adoptionsverhalten hindeuten, wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil durch methodische Schwierigkeiten gemindert wird. Die tendenziell zu weite Abgrenzung des Kreises der potentiellen Adoptoren kann — wie die Arbeit von Ewers und Fritsch (1987) gezeigt hat — dazu beitragen, daß der statistische Erklärungswert der „Profltabilität" überschätzt wird. Ein ähnlicher Einfluß ergibt sich aus der Fristeninkongruenz von zu erklärenden und erklärenden Variablen, die zur Folge hat, daß Ursache und Wirkung der Neuerung vermengt werden (vgl. Abschnitt 1.3). 1.2.1.4 Komplexität Die Komplexität einer Innovation ergibt sich aus der Anzahl, Verschiedenheit und Neuartigkeit der Teilelemente sowie aus der Art und Überschaubarkeit der zwischen den Teilelementen bestehenden Interdependenzen (vgl. Luhmann 1980, Sp. 1065). Die Komplexität eines F + Ε-Vorhabens nimmt insbesondere mit der Zahl der zu entwickelnden sowie zu koordinierenden Teillösungen zu. U m eine gegebene Zuverlässigkeit des Gesamtsystems zu erreichen, muß mit zunehmender Komplexität eine weitaus höhere Zuverlässigkeit der Teilelemente gewährleistet sein. 140 Aus diesen Gründen nimmt der Umfang der vorher nicht identifizierbaren Probleme und damit die Unsicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Kosten und Erträge sowie der für einen erfolgreichen Abschluß erforderlichen Ressourcen mit der Komplexität der Problems zu. Relativ komplexe, betriebsextern entwickelte Techniken sind nicht nur für die potentiellen Adoptoren relativ schwer in ihrer Funktionsweise zu verstehen. Darüber hinaus stellt die Handhabung komplexer Techniken nicht selten besondere Anforderungen an die Qualifikation des Bedienungspersonals und 140 Funktionieren z.B. 50 in einem engen Verbund arbeitende Bauteile mit einer Sicherheit von jeweils 99 %, so liegt die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems nur bei 60,5 % (vgl. Kaufer 1980, S. 149).

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

71

aufgrund der beschriebenen Interdependenzen ist die Störungsanfälligkeit besonders hoch. M i t der Komplexität nimmt also die Gefahr zu, daß die Neuerung aufgrund zusätzlicher Kosten im Personalbereich und der zu erwartenden Umstellungsschwierigkeiten nicht wirtschaftlich ist.

1.2.2 Charakteristika des Betriebes

Die Wirtschaftlichkeit einer Innovation ist neben den in Abschnitt 1.2.1 beschriebenen Merkmalen des betrieblichen Kapitalstocks und des Produktprogramms auch vom Marktdurchdringungspotential des Betriebes 141 sowie von der Ausgereiftheit des Produktprogramms und der Produktionstechnik (Abschnitt 1.2.2.1), von der Art, dem Alter und der Anzahl der Produktionsanlagen (Abschnitt 1.2.2.2), von dem im Betrieb vorhandenen Know-How (Abschnitt 1.2.2.3) und der Wirtschaftlichkeit alternativer Verhaltensweisen (Abschnitt 1.2.2.4) abhängig. 1.2.2.1 Entwicklungsstand

von Produktprogramm

und Produktionstechnik

Vom Entwicklungsstand der Produktlinien kann ein Einfluß auf die Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit von Innovationen in bestehenden Produktlinien (Abschnitt a) oder des Aufbaus von für den Betrieb neuen Produktlinien (Abschnitt b) ausgehen. a) Innovationen in bestehenden Produktlinien Der Entwicklungsstand der in einem Betrieb hergestellten Produktgruppen und der Produktionstechnik hat einen Einfluß auf die Möglichkeiten für Innovationen und deren Wirtschaftlichkeit. Zur Verdeutlichung dieses Aspektes kann auf ein von Abernathy und Ut ter back entwickeltes Modell zurückgegriffen werden, welches im Prinzip das bekannte Marktphasenschema auf die Entwicklung von produktiven Einheiten („productive units") überträgt. 142 Unter einer derartigen Einheit ist eine Produktlinie mit der dazu gehörigen Produktionstechnik zu verstehen. Abernathy und Ut ter back unterscheiden drei Phasen der Entwicklung. In der frühen Entwicklungsphase, die sie als fließend („fluid") bezeichnen, dominieren Produktinnovationen. Es wird nach der optimalen Ausgestaltung eines grundle141 Die von einer gegebenen, grundlegend neuen Produktinnovation zu erwartenden Erträge werden von der Fähigkeit des Unternehmens beeinflußt, möglichst schnell einen großen Marktanteil zu erringen (vgl. Kauf er 1980). Dieses „Marktdurchdringungspotential" hängt insbesondere von der Art der bereits vorhandenen Absatzwege bzw. der Fähigkeit zum Aufbau neuer Vertriebswege ab. In diesem Zusammenhang wird in der Regel von einer Überlegenheit der Großunternehmen gegenüber kleinen und mittleren Unternehmen ausgegangen. 142 Vgl. dazu Abernathy 1976, Abernathy/ Utterback 1978, Utterback 1979.

72

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

gend neuen Produktes gesucht. Die Bedürfnisse und technischen Anregungen der ersten Anwender führen zu einem häufigen Produktwechsel. Die Anzahl der Produktinnovationen ist hoch, die der Prozeßinnovationen dagegen relativ gering. Trotz der permanenten Veränderungen im Produktbereich sind Prozeßinnovationen relativ selten erforderlich, weil der Kapitalstock sehr flexibel ist. Diese erste Entwicklungsphase ist beendet, wenn sich ein dominierendes Design herausbildet, also eine überlegene Produktvariante, die bei der zukünftigen Produktentwicklung als Standard gilt. Durch eine gewisse Standardisierung der Produkte verändern sich der Wettbewerb und die Innovationstätigkeit grundlegend. Der primäre Wettbewerbsparameter ist nicht mehr in der Qualität und Einzigartigkeit der Produkte zu sehen (Qualitätswettbewerb). In der nun einsetzenden „transitorischen" Entwicklungsphase nimmt die Zahl der Produktinnovationen im Vergleich zur ersten Phase deutlich ab, die der Prozeßinnovationen steigt dagegen stark an. Es herrschen grundlegende Prozeßinnovationen vor. Bei den Produktinnovationen handelt es sich jetzt nicht mehr um grundlegende Neuerungen, sondern eher um Weiterentwicklungen bestehender Produkte. Die Anregungen für Innovationen kommen in dieser Phase nicht mehr primär von den Kunden, stattdessen resultieren sie eher aus den zunehmenden technischen Möglichkeiten. Das Produktionsvolumen wächst, die Produktionsprozesse werden zunehmend automatisiert und starrer, Veränderungen erfolgen in größeren Sprüngen. Der Preis wird zunehmend zum zentralen Wettbewerbsparameter. Dies hat dann auch zur Folge, daß in der letzten Entwicklungsphase, welche als starr („rigid") bezeichnet wird, die .entscheidenden Innovationsanstöße von der Notwendigkeit zu weiteren Kostenminderungen ausgehen. Die Produkte sind weitestgehend standardisiert, werden kaum noch verändert und in großen Serien gefertigt. Auch Prozeßinnovationen sind selten, weil die Technik sehr effizient und ausgereift ist. Die einzelnen Einrichtungen sind sehr stark spezialisiert und automatisiert. Die Kapitalintensität ist hoch, und Veränderungen in der Produktion sind sehr teuer. Innovationen kommen zumeist nicht mehr aus der Industrie selbst, sondern von außen. Hayes und Wheelwright (1979) versuchen, das von Abernathy und Ut ter back für die Automobilindustrie generierte Modell zu verallgemeinern und kommen dabei zu einem vierstufigen Schema (Kombinationen von Produktlebenszyklus und Art des Fertigungsprozesses). In der ersten Phase wird pro Produktgruppe jeweils nur eine geringe Stückzahl eines in geringem Maße standardisierten Produktes in Werkstatt- bzw. Einzelfertigung hergestellt. In der zweiten Phase ist die Anzahl der Produkte pro Produktgruppe bereits größer. Die Stückzahl ist aber nach wie vor relativ gering; es wird in kleinen Serien (unterbrochene Linienfertigung) produziert. In beiden Phasen dominieren grundlegende Produktneuerungen. Phase drei ist durch eine geringe Zahl von (Haupt-)Produkten gekennzeichnet, die in größeren Stückzahlen (zusammenhängende Serienfertigung) herge-

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

73

stellt werden. Grundlegende Produktinnovationen sind aufgrund von economies of scale, ansteigender Spezialisierung der Anlagen, Prozesse und Materialien zunehmend unwirtschaftlich; eine weitere Optimierung des Produktionsprozesses ist dagegen erfolgversprechender. In der letzten Entwicklungsphase befindliche Betriebe stellen schließlich stark standardisierte Produkte in kontinuierlicher Fließfertigung (Massenproduktion) her; Veränderungen am Produktprogramm und der Fertigungstechnik werden aufgrund der hohen Komplexität und Kapitalintensität möglichst vermieden. Diese Modelle sind sicherlich idealisiert und zeichnen ein zu schematisches Bild der Entwicklungen von Produktionslinien. 143 Aufgrund ihres eher deskriptiven Charakters tragen sie außerdem kaum dazu bei, das Verständnis betrieblicher Innovationsprozesse unmittelbar zu erhöhen. So wird ζ. B. nicht erklärt, wie und aus welchen Gründen es zu einem (mehr oder weniger schnellen) Übergang von der einen in die andere Phase kommt (vgl. dazu z.B. De Bresson / Lampel 1985). Beide Modelle verdeutlichen aber die Bedeutung des Entwicklungsstandes des Produktprogramms und der Produktionstechnik für die Möglichkeit und die Wirtschaftlichkeit (unterschiedlicher Arten) innovativer Aktivitäten und schaffen eine Grundlage für die Analyse von Determinanten betrieblicher Innovationsprozesse. 144 b) Innovationen in neuen Produktlinien Die Ausgereiftheit bestehender Produktlinien hat jedoch nicht nur einen Einfluß auf die Möglichkeiten und die Wirtschaftlichkeit von Neuerungen in 143

Die beschriebene Entwicklung ist keineswegs unter allen Umständen zwangsläufig. Es ist durchaus denkbar, daß eine Produktlinie, die bereits weitestgehend ausgereift ist, durch eine grundlegende Neuerungen erneut in eine Phase mit sehr ausgeprägtem Qualitätswettbewerb und einer hohen Rate an Produktinnovationen gerät. Auch muß die dritte Phase nie erreicht werden; so ζ. B., wenn bereits zu einem relativ frühen Zeitpunkt der Entwicklung ein weit überlegenes Substitut verfügbar ist. Wie das Beispiel des Mikroelektronikeinsatzes zeigt, kann die Flexibilität der Produktion auch in späteren Entwicklungsphasen in Folge technischen Fortschritts wieder zunehmen. Schließlich stehen die Entwicklung der Produktion und des Marktes keineswegs grundsätzlich in dem beschriebenen engen Zusammenhang. Dies wird durch das Beispiel zahlreicher handwerklich orientierter Bereiche verdeutlicht, in denen mit Hilfe eines sehr flexiblen Produktionsapparates für einen weitestgehend ausgereiften oder stagnierenden Markt produziert wird. 144 Die Vermutung, daß die Wirtschaftlichkeit einer Weiterentwicklung von Produkten und Prozessen in Betrieben, deren Produkte und Produktionstechnik bereits weitestgehend ausgereift ist, relativ gering ist, wird auch durch die Vermutung unterstützt, daß die Weiterentwicklung von Technologien und Produkten einem ertragsgesetzlichen Verlauf bzw. ab einer bestimmten Schwelle dem Gesetz abnehmenden Zusatznutzens unterliegt (vgl. dazu z.B. Mensch 1979, S. 69). Dies hat zur Folge, daß eine nennenswerte Veränderung der Produkte bzw. eine weitere Verminderung der je Outputeinheit entstehenden Kosten etc. in solchen Betrieben mit höheren Kosten verbunden ist, deren Produktprogramm und Produktionstechnik weitestgehend ausgereift sind.

74

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

angestammten Betätigungsfeldern; von ihr kann u.U. auch ein Einfluß auf die Suche nach neuen Betätigungsfeldern ausgehen. So kann man ζ. B. annehmen, daß Betriebe, deren Produkte sich zu einem wesentlichen Teil in einer späten Marktphase befinden, intensiver nach neuen Betätigungsfeldern suchen, als solche, deren Produktprogramm sich überwiegend in einer frühen Entwicklungsphase befindet (vgl. ζ. B. Meffert 1976, S. 81). Daraus kann man nun aber nicht schließen, daß letztere weniger innovativ sind. Die Aktivitäten dürften sich ceteris paribus (insbesondere bei identischen persönlichen Merkmalen der Entscheidungsträger) lediglich auf unterschiedliche Arten von Innovationen beziehen. Während Betriebe mit einem wesentlichen Anteil von Produkten, die auf „jungen" Märkten angeboten werden, eher ihre vorhandenen Produktlinien weiterentwickeln und sich mit geringerer Wahrscheinlichkeit neue Betätigungsfelder suchen, ist in Betrieben mit weitestgehend ausgereifter Produktpalette ceteris paribus von einer inversen Struktur der innovativen Aktivitäten auszugehen. Der prognostizierte positive Zusammenhang zwischen der Ausgereiftheit der bestehenden Produktlinien und der Intensität der Suche nach neuen Produkten kann allerdings durch eine unzureichende Innovationsfahigkeit verhindert werden. Befindet sich erst einmal ein wesentlicher Teil der Produktpalette in der Stagnations- oder Schrumpfungsphase, sind grundlegende Neuerungen eher unwahrscheinlich. Diese Vermutung ist sowohl auf eine wahrscheinlich eher angespannte Finanzlage, die Tatsache also, „daß man sich einen (weiteren) Fehlschlag nicht leisten kann", als auch auf die Vermutung zurückzuführen, daß Innovationen in Betrieben, die den Anschluß an die Technikentwicklung verloren haben, teurer sind, als in solchen, deren Mitglieder über neuere Entwicklungstrends umfassend informiert und mit der Abwicklung von Innovationsprojekten vertraut sind. c) Zusammenfassung Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Wirtschaftlichkeit von Neuerungen vom Entwicklungsstand der Produktlinie beeinflußt wird. In sehr jungen «Produktionslinien, deren Produkte sich erst am Markt etablieren, ist vor allem mit Produktinnovationen, in bereits etablierten Produktionslininen überwiegend mit Prozeßinnovationen zu rechnen. Produktionslinien, die bereits weitestgehend ausgereift sind, werden zumeist nur noch marginal verändert. Dieser Zusammenhang ergibt sich aus der Tatsache, daß der Grad der Spezialisierung der Anlagenteile und der Automatisationsgrad in späteren Entwicklungsphasen höher ist als in „jungen Produktlinien". Die Flexibilität der Anlagen ist also geringer, ihre Komplexität dagegen höher. Dies hat zur Folge, daß Neuerungen in späteren Phasen in geringerem Maße mit den vorhandenen Anlagen kompatibel sind und die Kosten einer Innovation aufgrund der größeren Unteilbarkeit sehr hoch sind. In früheren Entwicklungsphasen sind die vorhandenen Anlagen dagegen flexibel (polyvalent) und weniger eng aufeinan-

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

75

der abgestimmt, so daß mit geringeren Problemen bei der Implementierung von Neuerungen zu rechnen ist.

1.2.2.2 Art, Alter und Anzahl vorhandener Produktionsanlagen Ist eine Neuerung mit dem Austausch bestehender Anlagen verbunden, so kommt dem Alter der vorhandenen Anlagen u. U. wesentliche Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit zu. Der Einfluß der Betriebsdauer ergibt sich bei Anlagen, die z.B. aufgrund eines hohen Spezialisierungsgrades nicht verkauft werden können, aus der Tatsache, daß ältere Anlagen bereits (in einem größeren Umfang) abgeschrieben sind. Außerdem nimmt nicht selten die Effizienz der Leistungserstellung aufgrund von Verschleiß mit der Betriebsdauer ab (vgl. dazu z.B. Lacci /Davies/Smith 1974, S. 144). Andererseits kann nach Ansicht von Kleine eine längere Nutzungsdauer der vorhandenen Anlagen auch die Wirtschaftlichkeit einer Adoption vermindern, wenn sich nämlich der technische Fortschritt in aufeinander aufbauenden Schritten vollzieht. In diesem Fall ist es seiner Ansicht nach durchaus denkbar, „daß ein Unternehmen, welches über mehrere Perioden hinweg darauf verzichtet hat, diesen technischen Fortschritt via Investitionen auch für sich nutzbar zu machen, nach dieser „Abstinenzzeit" erheblich mehr Umstellungskosten (incl. Informationskosten und Kosten für Humankapitalinvestitionen) aufzubringen hat (und somit eine geringere Profitabilität zu erwarten hat), als ein Unternehmen, das jeweils auf dem Stand der Technik ist und für das die Adoption einer weiteren Verbesserungsinnovation einen relativ kleinen und weniger aufwendigen Schritt darstellt, was wiederum c.p. zu einer kürzeren Adoptionszeit führen kann" (Kleine 1983, S. 81). 145 Mansfield (1968, S. 155) geht von einem positiven Zusammenhang zwischen dem Alter vorhandener Anlagen und der Wirtschaftlichkeit und damit auch dem Adoptionslag technischer Neuerungen aus. Er weist auch auf den möglichen Einfluß der Anzahl der in einem Betrieb vorhandenen Anlagen hin. In diesem Zusammenhang vermutet er, daß mit der Zahl der Anlagen die Wahrscheinlichkeit zunimmt, daß zu jedem Zeitpunkt die eine oder die andere Anlage zu ersetzen ist. Nabseth (1971) verwendet außerdem, ebenso wie Lacci , Davies und Smith (1974, S. 144) Ray (1974, S. 210), und Gebhardt/Hatzold (1974, S. 53), das Alter des Kapitalstocks als Indikator für die Wirtschaftlichkeit der Neuerung. Dem liegt die — keineswegs unter allen Umständen zwingende — Hypothese zugrunde, daß die Wirtschaftlichkeit einer Neuerung mit dem Alter der 145

Diesen Ausführungen ist allerdings nur bei einer auf den Innovationszeitpunkt konzentrierten Betrachtung zuzustimmen. Über einen längeren Zeitraum gesehen, können die mit einer regelmäßigen Beobachtung von Entwicklungstrends verbundenen Kosten durchaus höher sein, als eine temporäre, projektbezogene Informationsnachfrage.

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

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vorhandenen Anlagen zunimmt, weil die Effizienz der Leistungserstellung mit dem Alter abnimmt. Auch hier sind die Ergebnisse keineswegs eindeutig. 1.2.2.3 Know-How- Ausstattung Die Kosten der Erforschung, Entwicklung und/oder der Implementierung von Neuerungen dürfte auch von dem in einem Betrieb vorhandenen KnowHow beeinflußt werden. Je mehr Erfahrungen die Mitarbeiter und Manager mit entsprechenden Aktivitäten haben, um so eher sind sie in der Lage, mögliche Probleme vorherzusehen bzw. zu vermeiden oder schnell und ohne Inanspruchnahme externer Hilfe zu lösen. Dies vermindert nicht nur die Kosten, sondern auch die Unsicherheit der Entscheidungsträger. Bei der Implementierung technischer Neuerungen ist von Bedeutung, ob Personal zur Verfügung steht, welches den Anforderungen technischer Neuerungen gerecht wird. Ist dies nicht der Fall, entstehen zusätzliche Kosten, die aus Weiterbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen bzw. aus der Akquirierung und Einstellung neuer Mitarbeiter resultieren (vgl. auch Abschnitt 1.3.1.3). 1.2.2.4 Wirtschaftlichkeit

alternativer

Verhaltensweisen

Selbst wenn eine Neuerung als solche wirtschaftlich ist, muß sie keineswegs entwickelt oder implementiert werden. Dies kann neben einem Ressourcenmangel darauf zurückzuführen sein, daß andere (nicht-innovative) Verhaltensweisen u.U. wirtschaftlicher sind. So kann man sich z.B. entscheiden, bestimmte Leistungen nicht selbst zu erbringen, sondern sie von Dritten zu beziehen. Anstatt neue Produkte zu produzieren, kann versucht werden, mit den vorhandenen Produkten neue Absatzmärkte zu erschließen etc.. Potentielle Adoptoren können außerdem damit rechnen, daß eine neuartige Technologie in den ersten Jahren ihrer Nutzung wesentlich weiterentwickelt wird und die Wirtschaftlichkeit ihres Einsatzes dadurch deutlich zunimmmt. 1 4 6 1.2.3 Betriebsexterne Rahmenbedingungen

Von der großen Zahl betriebsexterner Einflußfaktoren sind für die Wirtschaftlichkeit einer Neuerung insbesondere die Bedingungen auf den Absatzund Beschaffungsmärkten sowie die staatlich geschaffenen Rahmenbedingungen relevant.

146

Auf diesen Effekt hat als erster Rosenberg (1976, S. 529) hingewiesen. Ray (1984, S. 86) beschreibt die Weiterentwicklung der sechs von ihm analysierten Techniken. Diese ist insbesondere mit einer Ausweitung des Anwendungsbereiches, einer Steigerung der Leistungsfähigkeit und der Zuverlässigkeit verbunden.

1. Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit der Neuerung

77

i.2.3.1 Absatz- und Beschaffungsmarktbedingungen Die Wirtschaftlichkeit einer grundlegenden Produktinnovation ergibt sich ceteris paribus aus der Zahl der potentiellen Abnehmer, deren Zahlungsbereitschaft und Zahlungsfähigkeit sowie aus den Verhaltensweisen der Konkurrenten und deren Bedeutung für die Erträge des Betriebes. In welchem Maße von diesen Aspekten auch ein Einfluß auf die Entwicklung grundlegend neuer Produkte ausgeht, ist jedoch fraglich, weil diese — wenn überhaupt — ex-ante nur sehr schwer einigermaßen exakt abzuschätzen sind. Dies dürfte bei der Weiterentwicklung vorhandener Produkte und bei Prozeßinnovationen eher möglich sein. Bei der Adoption betriebsextern entwickelter Neuerungen kommt der Wettbewerbsintensität auf dem entsprechenden Investitionsgütermarkt zentrale Bedeutung für die Höhe der Anschaffungskosten zu. Die Wettbewerbsverhältnisse verändern sich im Zeitablauf aufgrund von konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen. Dabei ist in rezessiven Phasen bzw. bei einem aus einer strukturellen Veränderung resultierenden verschärften Wettbewerbsdruck zumeist von einer höheren Wirtschaftlichkeit von Produktinnovationen auszugehen. Auch im Produktionsbereich kann ein verstärkter, auf den Preis gerichteter Wettbewerbsdruck durchaus zu verstärkten innovativen Aktivitäten führen, weil der Einsatz kostengünstiger Techniken für eine Existenzsicherung in dieser Situation besonders wichtig ist. So zeigen empirische Untersuchungen, daß sich die Adoption neuer Techniken in rezessiven Phasen keineswegs abschwächt (vgl. z.B. Ray 1984, S. 77). 147 Ein auf hohe Liefergeschwindigkeit und kontinuierliche Produktqualität ausgerichteter Wettbewerb kann dagegen insbesondere solche Neuerungen bebzw. verhindern, bei denen die Gefahr von Produktionsstörungen besonders hoch ist. Mittelfristig erzielbare Vorteile werden nämlich in diesem Fall u.U. durch einen Verlust von Kunden kompensiert. 1.2.3.2 Staatliche Rahmenbedingungen — Ein Überblick Der Einfluß staatlicher Rahmenbedingungen auf Innovationen ist in der Vergangenheit ausführlich diskutiert worden. Dabei wird der Länge und Wirksamkeit des Patentschutzes eine wesentliche Bedeutung für die Wirtschaftlichkeit von F + E-Aktivitäten insbesondere im Produktbereich zugesprochen. Finanzielle bzw. steuerliche Vergünstigungen erhöhen nicht nur die Wirtschaftlichkeit von Innovationen, sondern erleichtern auch deren Finanzierung. Dagegen spricht man staatlichen Regulierungen einen die Innvovationsbereitschaft und -fähigkeit vermindernden Einfluß zu (vgl. Abschnitt 8). 147

Ray weist außerdem daraufhin, daß bei stagnierender oder abnehmender Nachfrage gerade Betriebe mit veralteter Produktionstechnik gezwungen werden, aus dem Markt auszuscheiden. Da diese Gruppe von Betrieben besonders häufig zu den Nicht-Adoptoren neuer Techniken zählen dürfte, steigt die Diffusionsrate u.U. selbst bei einer unveränderten Anwenderzahl an.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

1.3 Zusammenfassung: Meßbarkeit und Einfluß der Wirtschaftlichkeit bzw. Dringlichkeit in empirischen Studien Der Wirtschaftlichkeit ist vor allem ein Einfluß auf die Wahrnehmung und die Entscheidung über komplexe Projekte, die durch einen geringen Neuheits- und Unsicherheitsgrad gekennzeichnet sind, zuzusprechen. Dagegen wird der Einfluß der Wirtschaftlichkeit dort gering sein, wo hohe Unsicherheitsgrade bestehen. Zum Beispiel dürfte die Unsicherheit bei auf grundlegende Neuerungen gerichteten Innovationsprozessen zu hoch sein, um zu einer einigermaßen zuverlässigen Einschätzung der Wirtschaftlichkeit zu gelangen. Hier werden deshalb die persönlichen Merkmale des Betrachters eine wichtigere Rolle bei der Wahrnehmung von Innovationschancen bzw. Entscheidungen über Innovationen spielen. In empirischen Studien dürfte eine direkte Operationalisierung der ex-ante objektiv zu erwartenden Wirtschaftlichkeit auch bei Projekten mit einem geringen Neuheitsgrad kaum möglich sein; man muß sich daher mit einer Betrachtung zentraler Determinanten der Wirtschaftlichkeit behelfen. Zu diesem Zweck bieten sich vor allem solche Faktoren an, welche die relative Eignung des Betriebes zur Entwicklung und Neuerung widerspiegeln. Dabei stehen im Fall der Forschung und Entwicklung die Ressourcenausstattung, bei der Umsetzung von Prozeßinnovationen dagegen Aspekte der technischen Kompatibilität und bei der Vermarktung von Produktinnovationen das Marktdurchdringungspotential im Mittelpunkt.

2. Charakteristika der an betrieblichen Innovationsprozessen beteiligten Individuen Persönlichen Merkmalen der an betrieblichen Innovationsprozessen beteiligten Personen, wird häufig zentrale Bedeutung für die Erklärung betrieblichen Innovationsverhaltens zugesprochen. Die einzelnen Autoren stellen dabei jedoch auf völlig verschiedene Aspekte ab und/oder interpretieren diese (implizit) in unterschiedlicher Weise. Daher erscheint zunächst eine Definition der für das Innovationsverhalten relevanten Eigenschaften von Individuen erforderlich (Abschnitt 2.1). Anschließend wird in Abschnitt 2.2 die Bedeutung dieser Persönlichkeitsmerkmale für den Ablauf und das Ergebnis der einzelnen Phasen des betrieblichen Innovationsprozesses analysiert. Abschnitt 2.3 faßt die Ergebnisse bereits vorliegender empirischer Studien zusammen. In Abschnitt 2.4 werden schließlich Faktoren beschrieben, welche die persönlichen Merkmale der Betriebsmitglieder beeinflussen können.

2. Charakteristika beteiligter Individuen

79

2.1 Für Innovationen relevante Merkmale von Personen Das Verhalten v o n Individuen orientiert sich an Zielen, also an i m Zeitablauf relativ konstanten Vorstellungen über erstrebenswerte Zustände. D i e Ziele der Betriebsmitglieder, wie Macht(erhaltung), Anerkennung, Selbstverwirklichung, eine geringe Arbeitsbelastung e t c . , 1 4 8 können dazu beitragen, daß das Verhalten der einzelnen nicht „ d e n " Zielen des Gesamtsystems (Betrieb oder Unternehmen) e n t s p r i c h t . 1 4 9 Ziele können sich nicht nur hinsichtlich ihres Inhalts u n d ihrer zeitlichen Dimension, sondern auch i m H i n b l i c k auf die als befriedigend angesehene Zielausprägung, das Anspruchsniveau, unterscheiden (vgl. z.B. Heinen 1966). 1 5 0 Einstellungen (Attitüden) können als individuelles, i n sich geschlossenes u n d relativ stabiles System v o n Gedanken (kognitive Komponente), Gefühlen (affektive Komponente) u n d Handlungsprädisposititionen gegenüber bestimmten Personen, Objekten u n d Situationen charakterisiert w e r d e n . 1 5 1 Dabei umfaßt die kognitive K o m p o n e n t e das Wissen, welches das I n d i v i d u u m v o m Objekt hat, die affektive Komponente, die Emotionen, die das A t t i t ü d e n o b j e k t i m I n d i v i d u u m auslöst, u n d die Handlungkomponente, die Handlungsneigung, welche durch die Wahrnehmung des Attitüdenobjektes bei dem I n d i v i d u u m ausgelöst wird. Die A t t i t ü d e n lösen nicht v o n sich aus ein bestimmtes Verhalten

148 Für einen Überblick vgl. z.B. Stähle 1987, S. 173-179 und die dort angegebene Literatur. 149 „Die" Unternehmensziele gibt es zumeist nicht. Stattdessen herrschen bei den einzelnen Organisationsmitgliedern unterschiedliche Vorstellungen über die Ziele des Gesamtsystems. Dies erschwert die empirische Zielforschung (vgl. für einen Überblick Hauschildt 1977 und 1980b) oder stellt ihre Aussagekraft sogar vollkommen in Frage. In der Regel versucht man, die Unternehmensziele durch die Befragung „legitimierter" Unternehmensvertreter wie Eigentümer, Geschäftsführer, Vorstandsmitglieder festzustellen. Die auf diese Weise ermittelten Ziele können sich von Gesprächspartner zu Gesprächspartner durchaus unterscheiden. Insbesondere die Ziele von Mitarbeitern unterschiedlicher Abteilungen und Hierarchieebenen, der unterschiedlichen Kapitaleigner etc. können sich vollkommen wieder sprechen. So stellen ζ. B. Lawrence und Lorsch (1967) fest, daß die Mitglieder verschiedener Abteilungen unterschiedliche Vorstellungen hinsichtlich des Inhalts und der Fristigkeit der Unternehmensziele haben. Im Absatzbereich dominieren kurzfristige, auf Umsatz, Marktanteil und Kundenbedürfnisse gerichtete Ziele; im Produktionsbereich ist man vor allem an einer kurzfristigen Kostensenkung interessiert; in der Forschung und Entwicklung stehen dagegen, längerfristige, auf neues Know-How, Qualitätssteigerung und Kostensenkung gerichtete Ziele im Vordergrund. Die Vorstellungen des Managements stellen für die einzelnen Interessengruppen u.U. lediglich eine Nebenbedingung für ihre persönlichen Ziele und ihr Verhalten dar. 150 Die Höhe des Anspruchsniveaus hängt u. a. von den Erwartungen und Erfahrungen des Individuums ab. Ist das selbst vorgegebene Anspruchsniveau dauerhaft erreicht, so wird sich der Anspruch erhöhen. Eine dauerhafte Unterschreitung des Anspruchsniveaus kann dagegen zu einer Verminderung der Ansprüche führen (vgl. dazu March/Simon 1967, Heckhausen 1974). 151

Vgl. Stähle 1985, S. 194f. und die dort angegebene Literatur.

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

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aus; es handelt sich hierbei u m „schwach aktive Strukturen" (Grundhaltungen, Überzeugungen), die erst v o n außen aktiviert werden müssen. 1 5 2 A u s Zielen, Anspruchsniveaus u n d Einstellungen ergibt sich gemeinsam m i t der aktuellen Situation die Bereitschaft zu A k t i v i t ä t e n , die Motivation. Ist ein Ziel nicht erreicht u n d erwartet das I n d i v i d u u m v o n einer H a n d l u n g einen positiven Zielbeitrag, so w i r d es bereit sein, diese A k t i v i t ä t durchzuführen. Bei der M o t i v a t i o n handelt es sich i m Gegensatz zu den bisher beschriebenen M e r k m a l e n u m einen momentbezogenen, stark aktivierenden A s p e k t . 1 5 3 Der Begriff Qualifikation w i r d i n der Literatur unterschiedlich weit abgegrenzt. W ä h r e n d einige A u t o r e n den Begriff so weit fassen, daß er nahezu alle Persönlichkeitsmerkmale i n t e g r i e r t , 1 5 4 stellen die meisten ausschließlich auf 152

Einstellungen sind nicht angeboren, sondern durch Ausbildung, Erziehung und Erfahrungen erlernt. Im Zusammenhang mit Innovationen ergibt sich die affektive Komponente insbesondere aus den in der Vergangenheit mit Innovationen gesammelten Erfahrungen. Dabei ist ζ. B. von Bedeutung, ob Innovationen dazu beigetragen haben, persönliche Ziele zu erreichen oder nicht. Sind frühere Projekte fehlgeschlagen oder haben sie persönlichen Zielen entgegengewirkt, ist eher mit einer ablehnenden Haltung zu rechnen. Haben frühere Innovationen einen hohen Beitrag zur Zielerreichung erbracht, ist eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungen zu erwarten. Die kognitive Komponente ergibt sich aus dem Informationsstand über ein Innovationsprojekt, also aus den persönlichen Interessen, dem Betätigungsfeld, der Ausbildung und den bei anderen Innovationen gesammelten Erkenntnissen. Es ist davon auszugehen, daß technisch ausgebildete, in der Produktion, der Konstruktion oder der F + E Tätige bzw. an technischen Aspekten besonders interessierte Personen Veränderungen im technischen Bereich aufgeschlossener gegenüberstehen als kaufmännisch ausgebildete oder im kaufmännischen Bereich beschäftigte Individuen. 153

Im Rahmen der Motivationsforschung wird der Leistungsmotivation und ihren Determinanten besondere Aufmerksamkeit entgegengebracht, weil diese den möglichen Widerspruch zwischen persönlichen und betrieblichen Zielen vermindert. Dabei ist die Leistungsmotivation als das Bestreben zu verstehen, die eigene Tüchtigkeit zu erfahren. Voraussetzung für ein leistungsmotiviertes Handeln ist, daß der Erfolg der Handlungen beobachtbar und der Erfolg den eigenen Handlungen zuzurechnen ist. Die Fähigkeiten des Individuums, die Schwierigkeit der Aufgabe und der Tätigkeit müssen meßbar und im Zusammenhang mit dem Erfolg stehen. Die Schwierigkeit der Aufgabe muß das Individuum herausfordern, aber nicht überfordern; die Schwierigkeit der Aufgabe darf nach Einschätzung des Individuums — gemessen an den eigenen Fähigkeiten — also weder zu hoch und noch zu niedrig sein. Ist sie zu hoch, ist die Gefahr eines Fehlschlages zu hoch, ist sie zu niedrig, ist die Erfolgsbefriedigung zu gering (vgl. Heckhausen 1974, S. 14 ff.). Ein umfassender Überblick über die Ergebnisse der umfangreichen Motivationsforschung würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Vgl. dazu z.B. Atkinson 1964, Heckhausen 1974 und 1980, McClelland 1965 und für einen Überblick Röpke 1977, S. 136 138, Stähle 1987, S. 145-262. 154

Schleucher und Maskow (1983) unterscheiden bei der Auswertung von 50 Literaturstellen kognitive, affektive, psychomotorische und physiologische Merkmale. Zu den kognitiven Merkmalen zählen z.B. (Fach-) Kenntisse, technisch-instrumentelle Eigenschaften, Fähigkeiten, z.B. zu organisieren, Situationen einzuschätzen, andere zu überzeugen oder mitzureißen, Konflikte oder Probleme zu lösen, zu lernen und schließlich die Fähigkeit, kreativ zu sein. Affektive Merkmale beziehen sich auf Empfindungen, Gefühle, Interesse und Werte. Sie machen sich z. B. im Einfühlungsvermögen, Vertrauen,

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kognitive Merkmale und hier insbesondere auf die Fachkenntnisse ab. Diese werden in der Regel mit Hilfe der formalen Ausbildung beurteilt, obwohl diese nur eine von mehreren Determinanten des Fachwissens und der Fähigkeiten sind, diese umzusetzen. Die Aussagekraft der formalen Ausbildung als Indikator für die Fachkenntnis dürfte daher begrenzt sein. Sie wird zunächst einmal dadurch beeinträchtigt, daß sich die fachlichen Anforderungen aufgrund eines technisch-organisatorischen Fortschritts permanent verändern; das im Ausbildungssystem erworbene Wissen also „veraltet", wenn es nicht permanent den neuen Anforderungen angepaßt wird. 1 5 5 Fachwissen kann außerdem auch ohne formelle Ausbildung erlangt werden. In diesem Zusammenhang kommen während des Berufslebens, insbesondere während der Abwicklung früherer Innovationsprojekte gesammelten Erfahrungen („learning-by-doing", „training-on-the-job") ebenso Bedeutung zu, wie nebenberuflichen Weiterbildungsmaßnahmen. Es ist davon auszugehen, daß Erfahrungswissen um so mehr Bedeutung zukommt, je weiter die formelle Ausbildung zurückliegt. 2.2 Einfluß persönlicher Merkmale im Innovationsprozeß Die Eigenschaften der an betrieblichen Innovationsprozessen Beteiligten haben innerhalb des betrieblichen Innovationsprozesses einen unterschiedlichen Einfluß, der auch in Abhängigkeit von der Art der innovativen Aktivitäten variieren kann. Bei der Analyse ist zwischen Merkmalen des Managements und der Mitarbeiter zu unterscheiden. a) Einfluß auf Wahrnehmung von Problemen und Chancen Die frühzeitige Wahrnehmung von (potentiellen) Problemen und Chancen, die aus einer Veränderung betriebsinterner oder betriebsexterner Faktoren resultieren, ist in entscheidendem Maße vom Informationsverhalten abhängig (vgl. dazu Abschnitt 3). Sowohl die Bereitschaft als auch die Fähigkeit zur Informationsnachfrage wird wiederum von den Charakteristika derjenigen Personen beeinflußt, die mit Informationsaufgaben befaßt sind. Der Zusammenhang zwischen Persönlichkeitsmerkmalen und Verhalten ist in dieser Phase des betrieblichen Innovationsprozesses also primär indirekter Natur. Die persönlichen Merkmale der mit der Informationsnachfrage beschäftigten Personen beeinflussen Art und Umfang der wahrgenommenen Informationen vor allem aufgrund der Tatsache, daß Individuen nicht alle auf sie einströmenden Signale aufnehmen können und die Umgebung daher selektiv perzipieren.

Zielstrebigkeit und Charaktereigenschaften bemerkbar. Psychomotorische Merkmale betreffen die Geschicklichkeit und das Reaktionsvermögen; physiologische Merkmale alle körperlichen Eigenschaften wie Belastbarkeit, Ausdauer, Kraft, Kondition. 155 Während der Ausbildung erlangte allgemeine Fähigkeiten (z.B. analytisches Denken) haben dagegen längeren Bestand. 6 Maas

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Die Individuen nehmen nach den Ergebnissen der verhaltenswissenschaftlichen Forschung bevorzugt Informationen auf, die ihren Interessen, Zielen und Erwartungen entsprechen und zu bereits getroffenen Entscheidungen passen. Andererseits neigen sie dazu, Informationen, die im Widerspruch zu ihren Zielen, Erwartungen oder Entscheidungen stehen, zu ignorieren oder umzudeuten. 156 Dabei sind die Ziele und Erwartungen wiederum von den Einstellungen, Erfahrungen und der Ausbildung abhängig. Diesen Aspekten ist jedoch auch ein eigenständiger Einfluß auf die Informationsnachfrage zuzusprechen. A n technischen Aspekten besonders interessierte, technisch ausgebildete bzw. mit technischen Aufgaben befaßte Personen werden im Zusammenhang mit Innovationen relevante Informationen wahrscheinlich in stärkerem Maße nachfragen als technisch uninteressierte und/oder kaufmännisch ausgebildete bzw. kaufmännisch tätige Individuen. So zeigen die Forschungsergebnisse ζ. B., daß Informationen, welche die eigene Tätigkeit bzw. Abteilung betreffen, vollständiger wahrgenommen und stärker gewichtet werden als andere. M i t einer hohen Bereitschaft zur Informationsnachfrage und -Verarbeitung auf der Basis dieser Erkenntnisse vor allem bei einem sehr ausgeprägten Streben des Managements nach Gewinn, Umsatz, Sicherheit oder Reputation bzw. bei einem starken Wettbewerbsdruck, 157 bei einer hohen Innovationsneigung und einer positiven Einschätzung der von betriebsextern verfügbaren Informationen zu erwartenden (Netto-)Nutzen zu rechnen. 158 Werden die Informationen nicht vom Management selbst nachgefragt, so kommt neben der Ausprägung der erwähnten Aspekte bei den zuständigen Mitarbeitern, aber auch dem Führungsverhalten des Managements, wesentliche Bedeutung zu. 1 5 9 Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob es dem Management gelingt, für die Mitarbeiter materielle und immaterielle Anreize zur Informationsnachfrage zu schaffen, die deren Zielsetzung entsprechen. 160

156 Jedes Individuum verfügt über eine kognitive Ordnung, welche komplexe Probleme zu überschaubaren Sachverhalten vereinfacht und dadurch das Individuum entlastet. Für einen Überblick über verschiedene kognitive Stile und ihren betriebswirtschaftlichen Bezug vgl. Fink 1987. 157 Ein starker Wettbewerbsdruck zwingt auch solche Betriebe zu Neuerungen, deren Manager keine sehr anspruchsvollen Ziele verfolgen und Neuerungen eher zurückhaltend gegenüberstehen. 158 Für eine ausführliche Diskussion der Determinanten betrieblicher Informationsnachfrage vgl. Abschnitt 3.4. 159 Vgl. dazu z.B. HeidackIBrinkmann 1987, insbesondere S. 67-77 und 130-138, Thom 1980, S. 186-194 sowie Abschnitt 4.3. 160 Gibt sich die Betriebsleitung dagegen — aus welchen Gründen auch immer — mit dem aktuellen Zielerreichungsgrad zufrieden und ist die Dynamik auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten relativ gering oder gelingt es nicht, wirkungsvolle Informationsanreize zu schaffen, so ist mit einer vergleichsweise geringen Suche nach Problemen und Chancen zu rechnen. Dies gilt für die Suche nach Chancen auch dann, wenn der Betrieb sich bei seinen innovativen Aktivitäten stark an den Wünschen von Kunden orientiert.

ist

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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Die Fähigkeit, Informationen nachzufragen und zutreffend zu interpretieren, nimmt wahrscheinlich mit der formalen Ausbildung und den im Rahmen früherer Projekte gesammelten Erfahrungen zu. Der Einfluß der Ausbildung ergibt sich aus der Tatsache, daß die Analyse und längerfristige Prognose betriebsexterner Rahmenbedingungen die Kenntnis entsprechender Techniken 1 6 1 sowie analytische Fähigkeiten voraussetzt. Auch die Inanspruchnahme einiger Informationsquellen kann durch eine höhere formale Qualifikation unterstützt werden. So kann z.B. eine höhere formale Qualifikation u.U. erst den Zugang zu bestimmten Informationen ermöglichen, weil Kontakte zu Hochschulen, Studienkollegen etc. bestehen bzw. die Hemmschwelle beim Aufbau von Kontakten zu wissenschaftlichen Einrichtungen, Datenbank etc. geringer ist (vgl. dazu auch Abschnitt 3.4.3). Das F + Ε-Personal kann aufgrund persönlicher Kontakte zu anderen Forschern etc. besonders guten Zugang zu Informationen über neue technische Entwicklungen haben. Der F + EAbteilung wird daher im allgemeinen eine „gate-keeper-Funktion" für Informationen zugesprochen. Erfahrungen aus früheren Projekten sensibilisieren für besonders relevante Aspekte und ermöglichen damit ein gezieltes Informationsverhalten. Darüber hinaus kann man auf der Basis von Erfahrungen besser einschätzen, wo Informationen zu erhalten sind, die den persönlichen Ansprüchen genügen. 162 b) Ideengenerierung Die Bereitschaft, über Verbesserungsmöglichkeiten nachzudenken, also Neuerungsvorschläge selbst zu entwickeln, hängt ebenso wie die Bereitschaft zur Informationsnachfrage vor allem von der Motivation, also den Zielen und Erwartungen der Betriebsmitglieder sowie von ihrem Umfeld ab. Besonders motivierte, technischen Neuerungen interessiert gegenüberstehende Individuen werden ceteris paribus eher nach eigenen technischen Lösungen suchen, als weniger motivierte oder an anderen Aspekten orientierte Personen. 163 Die Fähigkeit, Neuerungen zu entwickeln, ist neben der Kreativität, 1 6 4 die sich im Rahmen von Betriebsbefragungen einer näheren Analyse entzieht, vor allem von dem in einem Betrieb vorhandenen Know-How abhängig. 165

161

Z.B. die verschiedenen Konzepte der strategischen Unternehmensplanung (vgl. Abschnitt 3.2.3). 162 Die Wahrscheinlichkeit, daß bei gegebener Perzeption ein Problem oder eine Chance erkannt wird, hängt analog zu den bisherigen Ausführungen ebenfalls von den Zielen, dem Anspruchsniveau, Erfahrungen und Interessen des Individuen ab. 163 f ü r eine Analyse der Bedeutung des betrieblichen Umfeldes vgl. insbesondere Abschnitt 4.2. 164 Kreativität ist die Fähigkeit zu Denkoperationen, die durch die Kombination von bekannten Elementen zu einer neuen, dem denkenden Subjekt bisher unbekannten Einheit führt (Thom 1980, S. 59 f.).

*

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Erfahrungen ermöglichen die Übertragung im Rahmen früherer Projekte gewonnener Erkenntisse auf andere Bereiche oder Probleme. Darüber hinaus erleichtern Erfahrungen die Planung und Abwicklung von Forschungsprojekten. Schließlich vermindert die Möglichkeit zu einem Vergleich mit den Erkenntnissen bereits abgeschlossener Projekte die Irrtumswahrscheinlichkeit. Eine hohe formelle Ausbildung kann durch die Vermittlung wissenschaftlicher Methoden, die Fähigkeit zu abstraktem Denken und ein größeres Fachwissen die Einsicht in Grundzusammenhänge erhöhen sowie die Voraussetzungen für eine systematische Problemanalyse und Problemlösung verbessern. Bei komplexen Problemen kommen außerdem Aspekte wie die Teamfahigkeit und die konzeptionelle Gesamtsicht der beteiligten Personen hinzu. c) Einfluß auf Art und Erfolg der Entscheidung Die Entscheidung, ob eine Idee aufgegeben, weiter verfolgt oder realisiert wird, hängt von den erwarteten Kosten und Erträgen sowie von der Höhe des Risikoabschlages ab. Die Perzeption von Kosten, Erträgen und Unsicherheiten wird neben den in Abschnitt a genannten Aspekten vor allem vom Optimismus/Pessimismus und der Risikobereitschaft /-aversion beeinflußt. Nach den Ergebnissen der Motivationsforschung ergibt sich die Bereitschaft zu innovativen Aktivitäten aus dem erwarteten Zielerreichungsbeitrag des Projektes (Anreizwert), der Schwierigkeit des Projektes (Erfolgswahrscheinlichkeit) und der Stärke des Zieles, Erfolg zu haben. Geht man davon aus, daß Anreizwert und Erfolgs Wahrscheinlichkeit in einer inversen Beziehung zueinander stehen, ergibt sich je nachdem, ob der Entscheidungsträger optimistisch oder pessimistisch ist, eine Präferenz für unterschiedliche innovative Aktivitäten. Personen, die vor allem den zu erwartenden Erfolg im Auge haben, bevorzugen Projekte mit mittlerem Schwierigkeitsgrad; Personen mit ausgeprägter Angst vor Mißerfolgen werden dagegen entweder aufgrund der niedrigen Fehlschlagswahrscheinlichkeit Projekte mit einem geringen Neuheitsgrad wählen oder aber Projekte mit sehr hoher Schwierigkeit, weil sich ein Fehlschlag leichter entschuldigen läßt. 1 6 6 Bei einem gegebenen Projekt nimmt die Wahrscheinlichkeit, daß es zu einer positiven Entscheidung kommt, ebenfalls mit dem Optimismus der Entscheidungsträger, der Art und Stärke ihrer Motivation sowie der Risikobereitschaft zu. Dabei hat der Optimismus vor allem Einfluß auf das wahrgenommene Risiko, Motivation und Risikobereitschaft dagegen auf die Bereitschaft, ein Projekt trotz eines gewissen Risikos durchzuführen. Sehen die Entscheidungsträger Innovationen nicht als (besonders) geeignetes Mittel an, ihre Ziele zu 165 Zu den Eigenschaften kreativer Persönlichkeiten vgl. ζ. B. Röpke 1977, S. 107-117, Müller/ Schienstock 1978, S. 76-79. 166 Vgl. dazu Atkinson jFeather 1966. Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch Heckhausen 1974.

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erreichen, so ist kaum damit zu rechnen, daß sie bereit sind, ein risikobehaftetes Innovationsprojekt in Angriff zu nehmen. 167 Auf die große Bedeutung eher „irrationaler" persönlicher Merkmale für das Innovationsverhalten hat bereits Schumpeter (1934) hingewiesen. Danach zeichnet sich ein Innovator nicht unbedingt durch fachliche Fähigkeiten aus, aber durch einen „Überschuß von Kraft über die Erfordernisse des Alltags hinaus" (ebenda, S. 126), eine besondere Sicht der Dinge, 1 6 8 einen ausgeprägten Willen, „durch die Fähigkeit allein und voraus zu gehen, Unsicherheit und Widerstand nicht als Gegengründe zu empfinden, und sodann durch seine Wirkung auf andere, die wir mit „Autorität", „Gewicht", „Gehorsamfinden" bezeichen können" (ebenda, S. 128 f.). Die bisherigen Überlegungen dürften vor allem auf Projekte mit einem relativ hohen Neuheitsgrad zutreffen, bei denen objektive Informationen über die zu erwartenden Kosten und Erträge kaum zu erwarten sind. Bei weniger risikobehafteten Projekten wird die Art und Qualität der Entscheidung 169 in stärkerem Maße durch Know-How, Erfahrungen und Sorgfalt 170 der Individuen bestimmt. Bei Teamentscheidungen hängt das Ergebnis neben den beschriebenen Merkmalen der Beteiligten auch vom Durchsetzungsvermögen bzw. von der Überzeugungskraft von Personen mit widersprüchlichen Ansichten ab. d) Implementierung Die Qualifikation und Erfahrung der an Innovationsprozessen beteiligten Mitarbeiter ist von entscheidender Bedeutung für die Geschwindigkeit der Implementierung und die damit verbundenen Kosten. Verfügen Betriebsmitglieder über ausreichendes Know-How, um selbständig Probleme zu lösen, so dürften unvorhersehbare Probleme schneller und kostengünstiger behoben

167 Die dürfte z. B. auf Betriebe zutreffen, in denen dispositiv tätige Mitarbeiter bereits stark belastet bis überlastet sind und ein wesentliches Ziel deswegen in der Vermeidung weiterer, mit Innovationen zumeist verbundenen Komplikationen gesehen wird. Technische Neuerungen sind außerdem nicht selten mit organisatorischen Veränderungen verbunden, welche u.U. den Status quo im Kompetenzgefüge bedrohen. Auch dies kann zu einer gewissen Skepsis von Managern gegenüber jeder Art von Neuerungen führen und innovative Aktivitäten verzögern oder verhindern. 168 Da die entscheidungsrelevanten Daten häufig nicht verfügbar sind, kommt es für den Erfolg einer Innovation nach Schumpeter s Ansicht auf den „Blick" an, auf die Fähigkeit, „die Dinge in einer Weise zu sehen, die sich dann hinterher bewährt, auch wenn sie im Moment nicht zu begründen ist, ..." ders. 1911, S. 126). 169 In diesem Zusammenhang sei noch einmal explizit darauf hingewiesen, daß eine positive Innovationsentscheidung nicht grundsätzlich auch eine richtige Entscheidung ist. 170 In Anlehnung an Gzur (1975) ist die „Problemlösungsumsicht", also die Zahl der berücksichtigten entscheidungsrelevanten Gesichtspunkte, und die „Problemlösungsausgewogenheit" als wichtige Determinante effizienter Entscheidungen anzusehen.

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

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werden als bei einer Abhängigkeit von betriebsexternen Fachfirmen. Ein solches „ F + Ε-Know-How" ist nicht nur für die Implementierung betriebsintern entwickelter Neuerungen relevant. Ein Einfluß auf die Adoption betriebsexterner Techniken läßt sich aus der Erfahrung ableiten, daß auch die Nutzung extern entwickelter Neuerungen allem Anschein nach nicht selten ein technologisches Verständnis voraussetzt, welches vor allem im Rahmen eigener Innovationstätigkeit gewonnen werden kann. Dabei dürfte von besonderer Bedeutung sein, daß (zur Herstellung eines neuartigen Produktes benötigte) neue Prozesse häufig nicht mit anderen, bereits vorhandenen Einrichtungen kompatibel sind. So ist z.B. die Anpassung des vorhandenen Fertigungsapparates „nach einhelliger Aussage" der vom IFO-Institut befragten Hersteller und Anwender von Industrierobotern, „die schwierigste und aufwendigste Aufgabe. Die Kosten dafür erreichen oft das Mehrfache des reinen Gerätepreises..." (Grefermannj Sprenger 1977, S. 89). Eine derartige Anpassung ist ohne entsprechendes KnowHow kaum möglich und kann „nur in enger Zusammenarbeit zwischen Hersteller und Anwender" (ebenda, S. 89) erfolgen. Selbst wenn die mit einer Neuerung verbundenen technischen Probleme lösbar sind, kann sich die Implementierung durch einen Mangel an qualifiziertem Bedienungspersonal verzögern. In diesem Fall sind nämlich Mitarbeiter anzulernen oder qualifizierte Mitarbeiter zu akquirieren. Ist das Management hierzu nicht in der Lage oder nicht bereit (vgl. Abschnitt 2.4), kann die Innovation scheitern. Dem Einsatz neuer Technik kann außerdem insbesondere von Seiten solcher Arbeitnehmer, deren Tätigkeit unmittelbar durch die Neuerung betroffen ist, erheblicher Widerstand entgegengesetzt werden. 171 Ein derartiger Widerstand hat seinen Ursprung in der prinzipiellen Ablehnung von Veränderungen des Lebensumfeldes, in der Angst um die (mittelfristige) Sicherheit des Arbeitsplatzes, in der Gefahr einer Dequalifikation oder in der Befürchtung, den (vermeintlichen) zusätzlichen Anforderungen nicht gewachsen zu sein. Eine Befragung des IFO-Instituts kommt ζ. B. zu dem Ergebnis, daß die betroffenen Arbeiter gegen den Einsatz flexibler Fertigungssysteme (Roboter) nicht selten passiven Widerstand leisteten, es in Ausnahmefallen sogar zu Sabotageaktionen kam (vgl. dazu Grefermann/ Sprenger 1977, S. 89). 172 e) Zusammenfassung Je nach Phase des Innovationsprozesses und je nach Neuheitsgrad des Projektes kommt unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen besondere Bedeutung zu. Einstellungen, Motivation und Fähigkeiten sind vor allem für die

171

Vgl. dazu Hermann 1984 und die dort angegebene Literatur. Derartige Hemmnisse können vor allem durch eine Beteiligung der Mitarbeiter am Entscheidungsprozeß vermindert werden (vgl. dazu Abschnitt 4.1). 172

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Wahrnehmung (potentieller) Probleme und aus Veränderungen in den betriebsexternen Rahmenbedingungen resultierender Chancen von Bedeutung; für die Entwicklung von Neuerungsmöglichkeiten und die schnelle Implementierung von Neuerungen ist vor allem Kreativität und Fachkenntis relevant, für Entscheidungen über Projekte mit einem hohen Neuheitsgrad Optimismus, Intuition und Risikobereitschaft, für Projekte mit geringem Neuheitsgrad eher Umsicht und Erfahrungen.

2.3 Bedeutung persönlicher Merkmale in empirischen Studien Der Einfluß persönlicher Merkmale wird in der Innovations- und Adoptionsforschung mit Hilfe unterschiedlichster Konzepte analysiert. Die Mehrzahl der Arbeiten bezieht ausschließlich Merkmale des Betriebsleiters in die Untersuchung ein (Abschnitt 2.3.1); andere untersuchen den Einfluß der Qualifikation des Managements bzw. der an Innovationsprozessen Beteiligten (Abschnitt 2.3.2). Eine dritte Gruppe von Arbeiten analysiert, welche Bedeutung in den Betrieben einem Mangel an Know-How als Innovationshemmnis beigemessen wird (Abschnitt 2.3.3). Während die bisherigen Arbeiten unmittelbar an den Persönlichkeitsmerkmalen ansetzen, versuchen andere, aus dem zu beobachtenden Verhalten (Abschnitt 2.3.4) bzw. den bekundeten Einstellungen der Befragten (Abschnitt 2.3.5) auf die Persönlichkeitsmerkmale zu schließen. Kleine (1983) analysiert die Auswirkungen der subjektiven Einschätzung wichtiger Entscheidungsfaktoren auf das Adoptionsverhalten (Abschnitt 2.3.6). Abschnitt 2.3.7 faßt die Ergebnisse und erfolgversprechendsten Möglichkeiten zur Erfassung des Einflusses persönlicher Charakteristika der an Innovationsprozessen Beteiligten zusammen.

2.3.1 Soziodemographische Merkmale des Betriebsleiters

Dem Alter und der Ausbildung des Geschäftsführers wird insbesondere in der Adoptions- und Diffusionsforschung wesentlicher Erklärungswert beigemessen. Der Hypothese, daß Betriebe mit älteren Geschäftsführern Neuerungen später bzw. gar nicht adoptieren, liegt die Vermutung zugrunde, daß mit dem Alter die Abneigung gegenüber Veränderungen zunimmt, weil Werte, Überzeugungen, Attitüden etc. erstarren. 173 Der Einfluß der Qualifikation wird wahrscheinlich aus der Annahme abgeleitet, daß Innovationen zumeist wirtschaftlich sind und die Wahrscheinlichkeit, daß dies (frühzeitig) erkannt wird, mit dem formalen Ausbildungsniveau zunimmt.

173

Vgl. z.B. Mansfield 1968, S. 166, Meffert 1976, S. 84, Rogers 1961, S. 172ff. Eine ausführliche Diskussion dieser Hypothese erfolgt am Ende dieses Abschnitts.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Die empirische Evidenz für den unterstellten Zusammenhang ist allerdings sehr gering. I m Rahmen mehrerer Regressionsansätze zur Analyse des A d o p tionslags neuer Techniken ist ein Einfluß v o n A l t e r u n d Qualifikation des Geschäftsführers statistisch nicht nachweisbar. 1 7 4 Bei einem Vergleich v o n A d o p t o r e n u n d N i c h t - A d o p t o r e n k o m m e n die vorliegenden Studien zu widersprüchlichen Ergebnissen. Romeo stellt i n seinen beiden Modellen eine signifikante negative K o r r e l a t i o n v o n A l t e r u n d A d o p tionswahrscheinlichkeit u n d einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen der A u s b i l d u n g des Geschäftsführers u n d der A d o p t i o n fest (vgl. Romeo 1975a u n d 1975b). Globerman (1975, S.431) k o m m t dagegen für die canadische Werkzeugindustrie (tool and die industry) zu einem der Ausgangshypothese widersprechenden Ergebnis: Die Leiter v o n adoptierenden Betrieben sind signifikant älter als die v o n nicht-adoptierenden F i r m e n . 1 7 5 Duchesneau, Cohn u n d Dutton (1979, S. 121 -138) überprüfen die Modelle v o n Romeo u n d Globerman für jede der neun v o n ihnen analysierten Techniken. Dabei k o m m e n sie ebenfalls zu widersprüchlichen Ergebnissen. 1 7 6

174

Vgl. Duchesneau!CohnjDutton 1979, S. 113-121, Mansfield 1968, Romeo 1975. Diese Feststellung versucht Globerman , durch spezifische canadische Bedingungen zu erklären: „The relationship might reflect the existence of learning-by-doing to the management function, including managerial ability to evaluate risky investments. Limited formal management education in Canada heightens the contribution that learning-bydoing and on-the-job training could make to improved managerial performance" (ebenda, S. 433). Dieser Interpretation liegt implizit die Hypothese zugrunde, daß dem Alter je nach formalem Ausbildungsniveau ein unterschiedlicher Einfluß auf die Adoptionsbereitschaft zukommt. Ist das Ausbildungsniveau gering, nimmt die Neuerungsbereitschaft mit dem Alter zu, weil sich die Manager das erforderliche Know-How im Verlauf ihrer beruflichen Tätigkeit aneignen; sie lernen insbesondere, das mit der Neuerung verbundene Risiko einzuschätzen. (Dabei geht Globerman zusätzlich von der Annahme aus, daß eine positive Adoptionsentscheidung prinzipiell auch eine richtige Entscheidung ist.) Ist der Ausbildungsstand hoch, hat das Alter dagegen einen Neuerungen hemmenden Einfluß, weil die Bereitschaft, Veränderungen durchzuführen (angeblich) mit dem Alter der Entscheidungsträger abnimmt. Die Hypothese vermengt also zwei völlig unterschiedliche Aspekte. Der erste Teil der Hypothese setzt am Know- How-Aspekt an, während der zweite Teil die Neuerungsbereitschaft in den Vordergrund stellt. 175

176

Lediglich für eine Technik ergibt sich in einem der von Romeo aufgestellten Modelle der erwartete Einfluß der Qualifikation. In dem anderen Modell zeigt sich ebenfalls bei einer Technik ein für das Alter des Geschäftsführers signifikantes Ergebnis (Signifikanzniveau 10%). Das positive Vorzeichen steht allerdings im Gegensatz zur Ausgapgshypothese. Auch in anderen Modellen ist das Alter der Adoptoren tendenziell höher als das der Nicht-Adoptoren; allerdings sind diese Ergebnisse nicht signifikant. In dem Modell von Globerman zeigen sich bei zwei Techniken signifikante Ergebnisse für die Ausbildung des Geschäftsführers; das Alter hat in keinem Fall einen statistisch gesicherten Einfluß. Insgesamt ergibt sich also in keiner der insgesamt 27 statistischen Auswertungen (drei Modelle für jeweils neun Techniken) für das Alter ein signifikanter Zusammenhang (das Vorzeichen entspricht in acht Fällen der Hypothese), für die Ausbildung in vier Fällen (das Vorzeichen entspricht in 15 Fällen der Hypothese). Auf der Basis dieser Ergebnisse

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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Eine Reihe weiterer Studien analysiert den Einfluß der genannten Determinanten mit Hilfe von Korrelationsrechnungen bzw. der Auswertung von Häufigkeitstabellen. Dabei ergeben sich erneut widersprüchliche Ergebnisse. 177 Biehl (1982, S. 145) untersucht auch den Einfluß der Ausbildungsrichtung des Geschäftsführers auf den Innovationsgrad. Dabei unterscheidet er technisch und kaufmännisch ausgebildete Entscheidungsträger und stellt entsprechend der in Abschnitt 2.2 formulierten Hypothese fest, daß der Innovationsgrad der Investitionen signifikant höher ist, wenn die Entscheidungen von einem Techniker getroffen werden. Lutschewitz und Kutschker (1977, S. 60) überprüfen auch den Einfluß der Tätigkeitsdauer auf die „Innovationseinstellung", der sie aufgrund der Gefahr zunehmender Routinen ebenfalls einen adoptionshemmenden Einfluß zusprechen. Eine signifikante Bestätigung dieser Hypothese zeigt sich jedoch nicht. Die geringe empirische Evidenz für einen Einfluß von demographischen Charakteristika der Geschäftsführer verwundert wenig. Zunächst einmal ist der Einfluß des Alters und der (formalen) Qualifikation nicht eindeutig. So dürfte die Bereitschaft zu Veränderungen nicht allein vom Lebensalter abhängig sein. Selbst wenn das Alter im Längsschnitt einen deutlichen Einfluß auf die Neuerungsbereitschaft, die Motivation, Risikofreude etc. hat, müssen sich im Querschnitt keineswegs signifikante Unterschiede ergeben. Die formale Qualifikation stellt — wie bereits erwähnt — nicht unbedingt einen geeigneten Indikator für das Know-How eines Individuums dar. Insbesondere mit zunehmender Berufstätigkeit kann ein wesentlicher Teil des KnowHows aus praktischen Erfahrungen resultieren, während die Bedeutung der sprechen die Autoren der Ausbildung des Geschäftsführers einen tendenziell positiven Einfluß auf die Adoption zu, der allerdings in der Regel nicht signifikant ist. Der Einfluß des Alters des Geschäftsführers wird dagegen als nicht konsistent angesehen (vgl. ebenda, S. 136). 177 Die Untersuchung von Biehl (1982, S. 78 und 146) deuten darauf hin, daß der Innovationsgrad der Neuerungen eines Betriebs mit dem Alter des Geschäftsführers abnimmt, LutschewitzI Kutschker (1977, S. 60), Baumberger / Gmür/ Käser (1973, S. 863) und Gebhardt/ Hatzold (1974, S. 51) können dagegen keinen Zusammenhang zwischen Alter des Entscheidungsträgers und der Innovations- bzw. Adoptionsneigung feststellen. Von dem Ausbildungsniveau geht nach den Ergebnissen von Biehl (1982, S. 144) kein Einfluß auf den Neuheitsgrad der Projekte aus. Die Ergebnisse von Etienne und Kaupen (1974, S. 70f.) bestätigen einen Einfluß der über die Volksschule hinausgehenden Schulbildung und der Berufsausbildung (Meisterschule, Ingenieurschule, Handelsschule, Hochschule) in der als „modern" eingestuften Kraftfahrzeugbranche. In der als traditionell angesehenen Installationsbranche ergibt sich dagegen kein Zusammenhang zwischen Schulausbildung und früher Übernahme technischer Neuerungen. Dieser Zusammenhang wird vor allem darauf zurückgeführt, daß in Betrieben aus „sekundären" Bereichen Informationen direkt aus sekundären, unpersönlichen Informationsquellen nachgefragt werden, wobei eine höhere Schulbildung hilfreich sei. In „primären" Branchen erhält man Informationen über eine Neuerung dagegen von persönlichen Informationsvermittlern, die sekundäre Informationsquellen auswerten (ebenda, S. 69).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

formalen Ausbildung abnimmt, weil die Kenntnisse veralten oder vergessen werden. So kann die Qualität der Entscheidungen — die keineswegs immer mit einer positiven Entscheidung gleichzusetzen ist — auch mit dem Alter der Entscheidungsträger zunehmen, weil aufgrund eines größeren Erfahrungswissens die Fähigkeit zur richtigen Beurteilung ansteigt. Darüber hinaus erscheint eine Beschränkung der Analyse auf einzelne Entscheidungsträger keineswegs adäquat. M i t Ausnahme der sehr kleinen Betriebe dürfte der betriebliche Innovationsprozeß nicht von einzelnen Personen getragen werden. Selbst wenn der Geschäftsführer die endgültige Entscheidung in der Regel alleine trifft, werden Mitarbeiter und Berater auf (potentielle) Probleme oder Verbesserungsmöglichkeiten hinweisen, bei der Suche und Bewertung von Alternativen beteiligt sein und die Entscheidung maßgeblich beeinflussen. 2.3.2 Qualifikation des Managements und der an Innovationsprozessen Beteiligten178

Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 153-179) analysierenden Einfluß der Qualifikation des Managements auf die Innovativität. 179 Dabei bauen sie auf den Arbeiten von Carter und Williams (1957 und 1959), Carroll (1967) sowie Linz u. a. (1964) auf, die ihre Hypothesen nicht mit Hilfe statistischer Verfahren getestet haben. Duchesneau, Cohn und Dutton beurteilen die Ausbildung des Managements mit Hilfe von zwei Indikatoren: (a) dem Anteil der Manager 180 mit Collegeabschluß an den Managern insgesamt, (b) am Anteil der Manager mit MBA-Abschluß an den Managern insgesamt. Bei einer einfachen Korrelation dieser Indikatoren ergibt sich ein positiver, aber nicht signifikanter Zusammenhang der Gesamtzahl der adoptierten Neuerungen. Die Ausstattung der Betriebe mit Managern wird mit Hilfe der Indikatoren (c) Relation aus Managern 181 und den Gesamtbeschäftigten bzw. (d) der Zahl der Produktionsmanager in Relation zu den Gesamtbeschäftigten beurteilt. Im Rahmen der Korrelationsanalyse ergibt sich lediglich für den Indikator (d) ein signifikanter positiver Zusammenhang (Signifikanzniveau 5%). Die Bedeutung von Wissenschaft und Technologie in der Firma versuchen Duchesneau, Cohn und Dutton mit den Indikatoren (e) Anzahl der Manager mit Ingenieurabschluß, (f) Anzahl der Manager mit Ingenieurabschluß, die mit reinen Managementaufgaben befaßt sind und (g) Existenz einer „technical/ engineering group" einzuschätzen. Die Korrelationsanalyse ergibt für Indikator (g) ein nicht signifikantes Ergebnis, die beiden anderen Indikatoren haben einen 178 Im Gegensatz zu Abschnitt 2.3.1 analysieren die hier referierten Studien nicht die Merkmale einzelner Personen, sondern den Umfang und die Qualifikation des gesamten Managements. 179 Die Innovativität wird anhand der Anzahl der adoptierten Neuerungen beurteilt. 180 Oberhalb des Vorarbeiterniveaus. 181

Oberhalb des Vorarbeiterniveaus.

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positiven, hoch signifikanten Einfluß auf die Innovativität (Signifikanzniveau 1%).182

In einem weiteren Schritt verändern die Autoren die unabhängige Variable. Es wird nicht mehr die Gesamtzahl der adoptierten Neuerungen erklärt, sondern die Tatsache, ob eine bestimmte Neuerung genutzt wird oder nicht (ebenda, S. 161). Dabei ergeben sich ganz ähnliche Ergebnisse wie bei den zuvor verwendeten abhängigen Variablen (vgl. dazu ebenda, S. 164). Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 174-176) kontrollieren schließlich auch, ob der Einfluß der erklärenden Variablen in Abhängigkeit von dem in der Neuerung inkorporierten technischen Fortschritt variiert. Zu diesem Zweck teilen sie die neun von ihnen untersuchten Techniken in zwei Gruppen ein: Innovationen, die einen wichtigen technologischen Fortschritt enthalten („major innovations") und „evolutorische" Innovationen, die eine Verbesserung vorhandener Techniken darstellen. Jedes Modell überprüfen sie erneut anhand der neun Techniken und fassen dann die Ergebnisse für die Gruppe der vier „major innovations" und für die fünf „evolutionary innovations" zusammen. Bei der Auswertung ergeben sich vor allem für den Anteil der Manager mit College-Abschluß an den Managern insgesamt und für das Verhältnis aus Managern und Gesamtbeschäftigtenzahl Unterschiede für „major innovations" einerseits und „evolutionary innovations" andererseits. Der erwartete positive Zusammenhang ergibt sich bei beiden Indikatoren nur für „evolutionary innovations". Für „major innovations" deutet dagegen einiges auf einen negativen Zusammenhang hin, auch wenn dieser nur in einem Fall signifikant ist (vgl. ebenda, S. 175f.). Die von Carroll (1967) generierte Hypothese des innovationsfördernden Einflusses eines großen, diversiflzierten Managements überprüfen Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 157) mit den Indikatoren (h) Anzahl der Manager oberhalb des Vorarbeiterniveaus und (i) Manager, die zuvor für eine der 20 TopFirmen gearbeitet haben. Dabei ergibt sich für die Gesamtzahl der Manager ein sigiflkanter Einfluß auf die Innovativität (Signifikanzniveau 1%). Bei der für einzelne Techniken differenzierten Auswertung zeigt sich in allen Fällen das erwartete Vorzeichen, die Ergebnisse sind jedoch nur in drei bzw. zwei Fällen signifikant (vgl. ebenda, S. 173). Unterschiede zwischen Innovationen mit unterschiedlichem technischen Fortschritt zeigen sich für diesen Indikator nicht (vgl. ebenda, S. 177). Ein Vergleich der Charakteristika von Betrieben des Textilmaschinenbaus, die mehr oder weniger grundlegende Neuerungen hervorbrachten bzw. Innovationsprojekte abbrachen, 183 kommt zu dem Ergebnis, daß in den F + E182 183

Vgl. Duchesneau/Cohn /Dutton (1979), S. 156, Tabelle III-34 sowie Cohn 1980.

20 Betriebe haben erfolgreich grundlegende Neuerungen („radical innovations") entwickelt, 18 bestehende Maschinen weiterentwickelt („incremental innovations") und 18 sind bei dem Versuch, eine Innovation durchzuführen gescheitert.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Abteilungen von Betrieben, die erfolgreich grundlegende Neuerungen hervorgebracht haben, vor allem Ingenieure und Wissenschaftler mit Hochschulabschluß („graduated engineers and scientists") tätig sind. Die Hersteller von weniger grundlegenden Neuerungen beschäftigen vor allem Ingenieure ohne Hochschulabschluß (vgl. Rothwell 1978). 184 Behringer und Brasche (1986, S. 54) vergleichen die Qualifikationsstruktur der Mitarbeiter von Betrieben mit und ohne Mikroelektronik in Produkten. Dabei ist der Anteil des qualifizierten technischen Personals mit 27% in den Betrieben mit Mikroelektronik fast doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe (15%). Entsprechend geringer ist der Anteil der Facharbeiter und der Mitarbeiter mit „sonstigen Produktionsfunktionen". Im Anteil der kaufmännischen Angestellten und der Auszubildenen sind keine Unterschiede zu erkennen. Eine ganze Reihe von Studien untersucht, wodurch sich die auf erfolgreiche Innovationen gerichteten Entscheidungsprozesse von solchen unterscheiden, die als wirtschaftlicher Fehlschlag enden. Dabei deutet im Rahmen der SAPPHO-Studie relativ wenig auf eine wesentliche Bedeutung der Mitarbeit qualifizierter Ingenieure und Wissenschaftler hin. Es gibt lediglich Anzeichen dafür, daß der „business innovator" 1 8 5 in erfolgreichen Betrieben häufiger ein qualifizierter Wissenschaftler ist als in erfolglosen (Rothwell u. a. 1974, S. 287 f.). Witte (1973a) untersucht 233 Entscheidungen, die zur erstmaligen Übernahme von EDV-Anlagen führten, mit Hilfe einer Dokumentenanalyse 186 . Dabei 184 9qo/o der „radical innovators" beschäftigen einen oder mehrere „graduated engineers", 54% einen oder mehrere „graduated scientists". Dagegen verfügen nur 54% bzw. 14 % der"incremental innovators" über entsprechende Mitarbeiter. 185 Im Rahmen des SAPPHO-Projektes werden „technical innovator", „business innovator", „chief executive" und „production champion" unterschieden (vgl. Rothwell u.a. 1974, S. 291). 186 Eine Dokumentenanalyse ist mit einigen Problemen verbunden, welche die im folgenden referierten Ergebnisse wesentlich beeinflussen können. a) Die Identifikation von Promotoren dürfte auf der Basis einer von den Herstellern der Neuerung erstellten Dokumentation nicht immer eindeutig sein und somit einer gewissen Willkür unterliegen. Witte identifiziert die Promotoren anhand der „Häufigkeit des aktiven Tuns" und der „Häufigkeit des Bemerktwerdens seitens anderer Personen". Zu diesem Zweck wird die Anzahl der Tätigkeiten für jede namentlich genannte Person und ihre Nennung durch andere Personen ausgezählt und durch Witte und seine Mitarbeiter beurteilt. Bei der Identifikation von „Machtpromotoren" wird ferner der hierarchische Rang, im Fall der „Fachpromotoren" das Fachwissen herangezogen. Auf den Rang wird auch durch die Auswertung von Anreden, Unterschriftsvollmachten oder explizite Rangbezeichnungen geschlossen; das Fachwissen durch dokumentierte Ausbildungsaktionen oder „durch das ausdrückliche Urteil anderer Prozeßbeteiligter" beurteilt (ebenda, S. 29). Das wesentliche Problem dieser Vorgehensweise ist vor allem darin zu sehen, daß derartige Informationen nicht vollständig dokumentiert sein müssen (vgl. dazu auch Witte 1968, S. 591) und die dokumentierten Tätigkeiten nicht mit den tatsächlich ausgeführten Aktivitäten deckungsgleich sein müssen. Es besteht die Gefahr, daß nicht alle Aktivitäten erfaßt und den richtigen Personen zugeordnet sind. So werden vor allem solche Promotoren nicht in den Dokumenten erscheinen, welche den Betrieb nicht nach außen vertreten (dürfen).

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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stellt er fest, daß mit der Adoption einer Neuerung vor allem dann zu rechnen ist, wenn diese zugleich durch zwei Personen, 187 einen „Fach-" und einen „Machtpromotor", unterstützt wird. Der Fachpromotor ist aufgrund eines objektspezifischen Fachwissens zur Überwindung der „Fähigkeitsbarrieren" in der Lage, der Machtpromotor aufgrund seiner hierarchischen Stellung zur Überwindung der „Willensbarriere". U m diese Aufgabe übernehmen zu können, muß er Opponenten sanktionieren und Innovationswillige unterstützen können. I m Idealfall ist der Machtpromotor auf der höchsten hierarchischen Ebene zu finden. Er treibt die Innovation voran, ist Anlaufstelle bei Schwierigkeiten, überwindet diese und hat engen Kontakt zu den Fachleuten (ebenda, S. 17 f.). Neben dem Durchsetzungsvermögen (für den Machtpromotor) und dem Fachwissen (für den Fachpromotor) unterstreichen die Ergebnisse von Witte auch die Bedeutung der Motivation der an betrieblichen Innovationsprozessen Beteiligten. Nach den Ergebnissen dieser Studie verfügen die Promotoren nämlich nicht über einen formellen Auftrag, sondern nehmen ihre Aufgabe neben ihrer üblichen Tätigkeit freiwillig und aus eigenem Antrieb auf, indem sie einen Verhaltensspielraum ausnutzen (ebenda, S. 20). Daher können sie nicht ernannt werden (ebenda, S. 56 f.). Ihr Auftreten kann jedoch durch organisatorische Maßnahmen gefördert werden (vgl. II.4). Witte (1973 a) stellt fest, daß rd. 80% der Adoptionsentscheidungen unter Beteiligung zumindest eines Promotors zustande kommen (ebenda, S. 30). Darüber hinaus untersucht er den Einfluß der Art und Anzahl der Promotoren auf die Effizienz des Entscheidungsprozesses und auf dessen Ergebnis. Die Effizienz des Prozesses versucht er, durch die Zahl der Aktivitäten, die Anzahl der Außenaktivitäten, die Dauer des Entscheidungsprozesses und den Aktivitätstakt (durchschnittlicher Zeitraum zwischen den Aktivitäten) 1 8 8 zu charakterisieren (ebenda, S. 39-46). Die Ergebniseffizienz analysiert er vor allem mit Hilfe des Innovationsgrades 189 (ebenda, S. 46-54).

b) Die Beurteilung des Innovationsgrades einer Neuerung (vgl. Fußnote 189) ist als problematisch anzusehen, weil entsprechende Informationen in den Dokumenten nicht systematisch enthalten sein dürften. 187 Ist eine Person zugleich Macht- und Fachpromotor, so ist die Effizienz dagegen geringer (ebenda, S. 21 f.). 188 Aktivitätstakt = Prozeßdauer/Anzahl der Aktivitäten des Prozesses. 189 „Der Innovationsgrad stellt ... ein zusammenfassendes Urteil zur qualitativen Bestimmung des Innovations-Entschlusses dar; er bewertet — die Fortschrittlichkeit (unter besonderer Berücksichtigung des aktuellen Entwicklungsstandes innerhalb des betreffenden Wirtschaftszweiges), — die interne Konsistenz (Ausgewogenheit), — die Angemessenheit (hinsichtlich des Unternehmungspotentials), — die Klarheit der Zielvorstellung des Entschlusses in bezug auf die organisatorische Anwendungskonzeption und die technische Konfiguration (hard- und software) der Elektronischen Datenverarbeitung.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit I m einzelnen k o m m t Witte zu folgenden Ergebnissen: (1) Existiert ein Fach- und ein Machtpromotor, so läuft der Entscheidungsprozeß unter einer hohen Anzahl von Operationen und Außenkontakten ab. Die Prozeßdauer weist eine mittlere Länge auf, die Entscheidung ist durch einen hohen Innovationsgrad und eine große Problemlösungsumsicht gekennzeichnet. (2) Existiert nur ein Machtpromotor, so kommt die Entscheidung schneller zustande als im ersten Fall, die Anzahl der Prozeßaktivitäten und der Außenkontakte ist jedoch ebenso geringer wie der Innovationsgrad und die Problemlösungsumsicht. (3) Ist an dem Entscheidungsprozeß nur ein Fachpromotor beteiligt, so verzögert dies den Entscheidungsprozeß weiter, und der Innovationsgrad ist gering. (4) Wird die Aufgabe des Fach- und des Machtpromotors durch eine Person wahrgenommen, so kommt die Entscheidung schnell zustande, es sind jedoch weniger Prozeßaktivitäten und Außenkontakte sowie ein unbedeutender Innovationsgrad und geringe Problemlösungsumsicht festzustellen. (5) Entscheidungsprozesse, an denen kein Promotor beteiligt ist, sind durch eine besonders geringe Zahl von Aktivitäten, so gut wie keine Außenkontakte, kurze Prozeßdauer, einen sehr geringen Innovationsgrad und eine unzureichende Problemlösungsumsicht gekennzeichnet.

I n einer Erweiterung des Modells spricht Witte (1976, S. 324f.) auch den (Fach- u n d M a c h t - ) Opponenten eine F u n k t i o n zu. Sie zwingen die Promotoren dazu, ihre Pläne u n d Entscheidungen sorgfältiger vorzubereiten. Dies hat nach Ansicht v o n Witte zur Folge, daß Entscheidungsprozesse, die unter M i t w i r k u n g v o n Opponenten ablaufen, effizienter sind (ebenda, S. 326). Gemünden (1981) weist d a r a u f h i n , daß Promotoren u n d Opponenten nicht zwangsläufig einem Betrieb oder Unternehmen angehören müssen. Stattdessen k o m m t es nicht selten zu einer K o o p e r a t i o n mehrerer Firmen, insbesondere der Anbieter u n d der (potentiellen) Anwender v o n technischen Neuerungen. Gemünden (1981, S. 63-70 u n d 152-161) k o m m t zu dem Ergebnis, daß ein Gespann v o n Fach- u n d M a c h t p r o m o t o r i m adoptierenden Betrieb anspruchvolle Problemlösungen fördert. M a c h t p o m o t o r e n verhandeln intensiver u n d m i t mehreren konkurrierenden Anbietern, insbesondere dann, wenn sie durch Fachpromotoren Unterstützung finden. Fachpromotoren t u n dies dagegen selten, weil ihnen die formelle Verhandlungsmacht fehlt. Sind keine Promotoren an der Entscheidung beteiligt, so k o m m t es ebenfalls nur sehr selten zu intensiven Verhandlungen, u n d diese werden meist nur m i t einem Anbieter geführt. 190 190 Neben den bereits diskutierten Problemen einer Dokumentenanalyse ist an dem Ansatz von Witte und Mitarbeitern vor allem die monokausale Ausrichtung zu kritisieren. So wird ζ. B. nicht berücksichtigt, daß der Informationsbedarf je nach Wissensstand der Beteiligten variiert und die Bedeutung von Informationen je nach Art des Projektes verschieden stark ausgeprägt sein kann. Die für die Adoption von EDV-Anlagen generierten Ergebnisse sind also nicht unbedingt auf andere innovative Aktivitäten übertragbar. Auch die praktische Relevanz der Ergebnisse ist als relativ gering einzuschätzen. Es bleibt insbesondere zu klären, unter welchen Bedingungen Promotoren auftreten sowie ob und wenn ja, durch welche Maßnahmen ihr Auftreten aktiv unterstützt werden kann.

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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Baumberger, Gmür und Käser (1973) untersuchen Alter, Schulbildung und die berufliche Laufbahn des „Kern-" und des „Satellitenorgans". Dabei erfassen sie die Schulbildung mit Hilfe der Jahre, während der eine Vollzeitschule besucht wurde, und des höchsten Schulabschlusses. Den Ausdruck „berufliche Laufbahn" kann man als Berufserfahrung ansehen, welche durch die Länge der Praxistätigkeit, die Dauer des jetzigen Dienstverhältnisses und den Zeitraum, während dessen die jetzige Stelle bekleidet wurde, abgeschätzt wird (vgl. ebenda, S. 732). Bei der statistischen Auswertung ergibt sich lediglich für das Alter und die Länge der Schulausbildung des Satellitenorgans eine signifikante Korrelation mit dem Adoptionslag (ebenda, S. 857). Die Koeffizienten für diese beide Variablen sind jedoch in einer Regressionsanalyse, welche alle Variablen integriert, für die sich eine signifikante Korrelation zum Adoptionslag gezeigt hatte, nicht signifikant (ebenda, S. 880). In einer Regressionsanalyse zum Einfluß der Persönlichkeit des Kernorgans ergibt sich für die Länge der Praxistätigkeit ein signifikanter Koeffizient (ebenda, S. 874). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die vorliegenden Studien die Hypothese der innovationsfördernden Bedeutung eines qualifizierten Managements unterstützen. Die Arbeiten von Witte und Mitarbeitern unterstreichen auch die Bedeutung einer intrinsischen Motivation der zuständigen Manager. Zur Operationalisierung der Qualifikation des Managements erscheint der Anteil der (Fach-)Hochschulabsolventen am besten geeignet. 2.3.3 Einschätzung eines Know-How-Mangels als Innovationshemmnis

Meyer-Krahmer, Gielow und Kuntz (1984, S. 184) versuchen das Ausmaß der Probleme abzuschätzen, geeignete Mitarbeiter für F + E bzw. die Produktionsvorbereitung und Markteinführung zu akquirieren. Eine Befragung in 760 Unternehmen deutet darauf hin, daß in rd. einem Drittel der befragten Unternehmen Schwierigkeiten bei der Mitarbeitersuche bestehen, die zur Folge haben, daß entweder überhaupt keine geeigneten Mitarbeiter gefunden werden können oder die Suche einmal oder mehrmals länger als ein halbes Jahr dauert. Nach den Ergebnissen des IFO-Innovationstests klagen insgesamt 24,5% der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes über Personalprobleme, die sich aus Schwierigkeiten bei der Beschaffung geeigneter Mitarbeiter am Arbeitsmarkt ergeben. Dabei klagen 80% dieser Unternehmen (bei der Möglichkeit von Mehrfachnennungen) über Probleme im F + E-Bereich, 27% über Probleme in der Produktion, 28% über Probleme im Absatz. Während die Anzahl der Nennungen für den F + Ε-Bereich mit der Unternehmensgröße zunehmen, ist sie für den Absatz in Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten niedriger als in kleineren Unternehmen (vgl. Schmalholz/ Scholz 1985, S. 110). In 79 % der von Behringer und Brasche (1986) befragten 1354 Betriebe bestehen Probleme bei Prozeßinnovationen. Drei Viertel dieser Betriebe, insbesondere die mit mehr als 100 Beschäftigten, klagen über Probleme bei der Qualifikation ihrer Mitarbeiter (ebenda, S. 87f.).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Die Bedeutung eines Mangels an qualifiziertem Personal für die Nutzung von Neuerungen, die mit einer Verkomplizierung des Produktionsprozesses verbunden sind, wird durch zwei Adoptionsstudien bestätigt (Ray 1974, S. 221 f., Maas/ Ewers 1983). In beiden Fällen wird der Einsatz betriebsextern entwickelter Neuerungen 191 dadurch be- bzw. verhindert, daß eine Adoption den zusätzlichen Einsatz von hoch ausgebildeten Fachleuten erforderlich machen würde, die entweder nicht finanziert und/oder mit ihrer Ausbildung entsprechenden Tätigkeiten ausgelastet werden könnten. Für das Investitionsverhalten scheint ein Mangel an geeigneten Arbeitskräften weniger wichtig zu sein als für Innovation und Adoption: Lediglich 9% der von Fritsch und Maas (1983, S. 27) befragten 125 Industriebetriebe geben an, daß sie aufgrund eines Arbeitkräftemangels fest geplante bzw. als notwendig erachtete Investitionen verzögern oder zurückgestellen mußten. Im Rahmen des IFO-Investitionstests, bei dem die Bedeutung eines Facharbeitermangels nur für Erweiterungsinvestitionen erhoben wird, 1 9 2 messen lediglich von 9% bzw. 5% der Befragten 193 (bei der Möglichkeit von Mehrfachnennungen) Personalproblemen eine Bedeutung bei. Diesem Engpaß kommt damit — gemessen an der Häufigkeit — mit jeweils Rang 16 von 21 Antwortkategorien ebenfalls eine untergeordnete Bedeutung zu (vgl. Uhlmann 1982, S. 64f.). 2.3.4 Verhalten „des Betriebes" als Indikator für die Einstellung des Managements

Eine ganze Reihe von Autoren versucht, die Einstellung der Entscheidungsträger anhand des Verhaltens zu beurteilen. Zu diesem Zweck wird in der Regel ermittelt, ob und wenn ja, zu welchem Zeitpunkt vorgegebene Neuerungen adoptiert wurden. Hakanson (1974) untersucht den Einfluß der Attitüden des Managements auf die Adoption von Spezialpressen in der Papierindustrie anhand der Nutzung von vier anderen für die Betriebe relevanten Prozeßneuerungen. Der Maximalwert dieser Variable (16) ergibt sich, wenn alle vier Neuerungen zu einem frühen Zeitpunkt genutzt wurden. Der Indikator hat seine geringste Ausprägung (0), wenn der Betrieb keine der Techniken nutzt (ebenda, S. 65). Im Rahmen des von Mansfield (1968) generierten Regressionsmodells zur Erklärung des Adoptionszeitpunktes ergibt sich für diese Variable lediglich in einem der drei nationalen 191 Gibberellicsäure in Brauereien bzw. in den Produktionsprozeß integrierte Umweltschutzmaßnahmen . 192 Allem Anschein hat man im IFO Institut die Möglichkeit übersehen, daß die Nutzung von Rationalisierungsinvestitionen durch einen Mangel an qualifiziertem Personal behindert werden kann (vgl. dazu auch Uhlmann I Berger 1986). 193 Die Antworten werden nach der Tatsache differenziert, ob die Erweiterung „im Rahmen des bestehenden Produktprogramms" oder „zur Änderung des Produktprogramms" erfolgte.

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Teilsamples sowie für das Gesamtsample ein signifikanter Einfluß (ebenda, S. 84 f.). Nabseth (1973, S. 266f.) geht ähnlich wie Hakanson vor. Dabei ergibt sich für drei der vier untersuchten Prozeßinnovationen ein signifikanter Zusammenhang zwischen Attitüdenvariable und der Adoption. 1 9 4 Baumberger, Gmür und Käser (1973, S. 857) operationalisieren die „objektive Neuerungsfreudigkeit" mit Hilfe einer „Liste von 18 zum Zeitpunkt der Erhebung aktuellen Innovationen". 195 Der Wert der Variablen entspricht der Anzahl der auf der Liste enthaltenen und vom Betrieb übernommenen Innovationen. Die Korrelationsanalyse ergibt einen starken signifikanten, inversen Zusammenhang zum Adoptionslag. Die Auflistung der von Baumberger I Gmür I Käser für die Konstruktion des Indikators verwendeten Neuerungen macht deutlich, daß dieser nicht die Einstellung gegenüber „technischen Neuerungen" widerspiegelt, sondern gegenüber jeder Art von Neuerung. Der Indikator ist darüber hinaus insofern als problematisch anzusehen, als nicht sicher beurteilt werden kann, den Einfluß welcher Determinante er zum Ausdruck bringt; die Bereitschaft des Managements, Neuerungen umzusetzen oder die Auswirkungen der bereits realisierten Neuerungen, die sich ζ. B. in einer höheren Motivation der Mitarbeiter, einer wirkungsvolleren Planung etc. niederschlagen können. Darüber hinaus bringt eine einfache „ja/nein"-Auswertung nicht die Intensität und Qualität der Anwendung zum Ausdruck. Schließlich kann die Ausprägung des Indikators entscheidend von der Betriebsgröße beeinflußt sein, die wiederum von wesentlicher Bedeutung für andere Determinanten der Adoption (z.B. für die Wirtschaftlichkeit des untersuchten Kopiergeräteeinsatzes) sein kann. Dies hätte zur Folge, daß es sich bei dem beschriebenen Zusammenhang zu einem wesentlichen Teil um eine Scheinkorrelation handelt. 196

194 Die Managementattituden versucht Nabseth (1973) außerdem daran abzuschätzen, ob F + E-Aktivitäten durchgeführt werden oder nicht. Zwischen dieser Variablen und dem Adoptionszeitpunkt der untersuchten Techniken ergibt sich jedoch kein signifikanter Zusammenhang (ebenda, S. 266 f. und 275). 195

(1) gleitende Arbeitszeit, (2) bargeldlose Gehaltszahlung, (3) Erfolgsbeteiligung, (4) Monatslöhne und Gratifikation für Arbeiter, (5) gleiche Sozialleistungen für Arbeiter und Angestellte, (6) kollektive Krankenversicherung für das Personal, (7) organisatorische Stellenbeschreibungen oder Funktionsabläufe, (8) systematische Qualifikationen (gemeint sind „Beurteilungen", Anmerkung von mir, CM), schriftliche Qualifikationsunterlagen, (9) institutionalisierte Laufbahngespräche, (10) integriertes Planungssystem, (11) Budget für alle Hauptabteilungen, (12) OR-Verfahren, (13) Netzplantechnik, (14) Wertanalyse, (15) EDV-Anlage, (16) elektronische Tischrechner, (17) lochstreifengesteuerte Schreibautomaten, (18) Buchungs- und Fakturiermaschine. 196 M i t ganz ähnlichen Problemen hat auch Smith (1974) zu kämpfen, der als Indikatoren für Unterschiede in den für technische Veränderungen relevanten Attitüden des Managements die Wachstumsrate des Unternehmens, den Grad der vertikalen Integration und das Ausmaß der internationalen Verflechtungen („international inter-

7 Maas

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Meyer und Herregat (1974, S. 166 ff.) versuchen, die Motivation des Managements mit Hilfe einer Faktoranalyse zu ermitteln. Dabei muß zunächst geklärt werden, welche Variablen in die Analyse einbezogen werden sollen und welche Gruppen von Beziehung zwischen diesen Variablen welche Motivation veranschaulichen. Die Auswahl der Variablen beschränkt sich auf Faktoren, von denen die Autoren annehmen, daß sie weitestgehend von dem Betrieb beeinflußt werden und somit bestimmte Intentionen verkörpern. Die Zusammenstellung der für verschiedene Managementprofile relevanten Gruppen von Beziehungen orientierte sich an den Ergebnissen früherer Studien (ebenda, S. 169). Meyer und Herregat (1974, S. 170) unterscheiden ein an Expansion bzw. am Marktanteil orientiertes Management, ein mit dem Status quo (selbst-) zufriedenes, ein „seniles" und ein „dekadentes" Management. Dabei gehen die Autoren davon aus, daß Betriebe, deren Manager selbstzufrieden sind oder den Status quo akzeptieren, durch eine hohe Liquidität und eine geringe Verschuldung gekennzeichnet sind sowie eine hohe Dividendenzahlung anstreben. A n Expansion orientierte Unternehmen werden hohe Abschreibungen, eine starke Verschuldung, eine geringe kurzfristige Liquidität und niedrige Dividendenzahlungen aufweisen. Außerdem kann nach Einschätzung von Meyer und Herregat bei diesen Unternehmen die Produktivität vergleichsweise gering sein, weil der Schwerpunkt der Aktivitäten eher auf Erweiterung als auf Rationalisierung liegt. Die Orientierung an einem möglichst hohen Marktanteil schlägt sich nach diesem Konzept in einer starken Verschuldung und hohen Abschreibungen bei normaler Produktivität, niedriger Dividendenzahlung sowie geringer Liquidität nieder. Dagegen sind Dividendenzahlungen und Liquidität bei einem „senilen" Profil hoch. Weil wenig investiert wird, ist auch die Arbeitsintensität relativ hoch; dagegen sind Verschuldung und Abschreibungen gering. Schließlich wird „Dekandenz" mit einer akkumulierten „Senilität" gleichgesetzt. Sie soll sich in einer niedrigen Liquidität und geringen Abschreibungen und einer sehr hohen Arbeitsintensität niederschlagen, die aus dauerhaft fehlenden Investititonen ests") verwendet. Dem liegt die Vermutung zugrunde, daß schnell wachsende Unternehmen durch ein dynamischeres, Innovationen aufgeschlosseneres Management gekennzeichnet sind. Das Ausmaß der vertikalen Integration wertet Smith als Indikator für die Einstellung gegenüber neuen Ideen, weil die traditionelle Unternehmensstruktur in der von ihm untersuchten Textilindustrie durch eine horizontale Integration gekennzeichnet ist (ebenda, S. 275). Die Aussagekraft dieser Variablen als Indikator für die Einstellung technischer Neuerungen erscheint vergleichsweise gering. Das Ausmaß der vertikalen Integration kann bestenfalls als Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Ideen aufzufassen sein, bei denen es sich keineswegs um technische Neuerungen handeln muß. Die Wachstumsrate hängt neben der Innovationsleistung des Betriebes in entscheidendem Maße auch von den betriebsexternen Rahmenbedingungen und dem Erfolg (u.U nichtinnovativer) Entwicklungsstrategien ab. Aufgrund der geringen Aussagekraft der Indikatoren wird auf eine Präsentation der Ergebnisse verzichtet. Die internationalen Verflechtungen haben — wie Smith selbst hervorhebt — vor allem einen Einfluß auf die verfügbaren Informationen.

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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resultieren. Diese Hypothese geht auf die Feststellung von Meyer und Kuh (1957) zurück, daß Firmen mit überdurchschnittlich alten Anlagen nicht etwa überdurchschnittlich investieren („Echo-Effekt"), sondern dazu tendieren, diese Situation zu erhalten. Die beschriebenen Managementprofile wurden vor der Durchführung einer Faktoranalyse konstruiert. Daher werden sie als „ursprüngliche" (original) bezeichnet. Dagegen werden die „abgeleiteten" (derived) Profile erst konstruiert, nachdem ein Teil der Faktoranalyse bereits abgeschlossen ist. Sie stellen eine Modifikation der ursprünglichen Profile dar. Dabei kommt man zu dem Schluß, daß die aus veröffentlichten Bilanzen sowie Gewinn- und Verlustrechnungen stammenden Daten lediglich die Charakterisierung von zwei Grundeinstellungen zulassen: einer aggressiven und einer nicht-aggressiven. Die Faktoranalyse erbringt für den ersten Hauptfaktor relativ gute Ergebnisse; 197 er stimmt für die Jahre 1962 -1964 gut mit dem Agressivitätsprofil überein, in den Jahren 1965 und 1966 dominieren dagegen zufällige Einflüsse (MeyerjHerregat 1974, S. 173f.). 198 Für jeden Betrieb wird nun mit Hilfe der Hauptkomponente ein Agressivitätswert ermittelt, der sich aus dem Mittel der für die Jahre 1962-64 berechneten Werten ergibt. Diese Werte bringt man nun in eine Reihenfolge, bei der der Durchschnitt gleich Null gesetzt wird, passive Betriebe also einen negativen, agressive einen positiven Wert erhalten (vgl. ebenda, S. 175). Der so gebildete Agressivitätsindikator kann allerdings keinen Beitrag zur Erklärung des mit Hilfe des Oxygenstahlverfahrens hergestellten Stahls liefern. Der Indikator ist nicht signifikant; er hat noch nicht einmal das erwartete positive Vorzeichen (ebenda, S.190). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß der anhand der Zahl genutzter Innovationsmöglichkeiten beurteilten Aufgeschlossenheit gegenüber technischen Neuerungen ein relativ starker Einfluß auf die Adoption betriebsextern entwickelter Prozeßneuerungen zukommt. Bei statistischen Auswertungen ist jedoch der Zusammenhang mit anderen Determinanten, ζ. B. der Betriebsgröße, zu beachten, um Scheinkorrelationen zu vermeiden. Der Weg der Faktorenanalyse erscheint zur Identifikation von Einstellungsprofilen dagegen sehr aufwendig und von einer großen Zahl von Unsicherheiten begleitet, der die Aussagekraft der auf diesem Wege generierten Indikatoren einschränkt.

197 Der zweite Hauptfaktor bietet über den gesamten Betrachtungszeitraum ein recht ungleichmäßiges Bild. 198 U m die Qualität des durch Rotation optimierten Agressivitätsindikators, also der ersten Hauptkomponente, zu beurteilen, berechnen die Autoren eine Korrelationsmatrix und stellen fest, daß etwa 50% der Abweichung der firmenspezifischen Finanz- und Produktivitätskenngrößen durch die relative Agressivität erklärt wird (gemeinsame Varianz).

7*

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit 2.3.5 Bekundete Einstellung gegenüber Technik im allgemeinen und technischen Neuerungen im besonderen

D i e persönlichen M e r k m a l e der Entscheidungsträger versuchen einige A u t o ren zu ermitteln, indem sie Manager bitten, ihre Einstellung gegenüber Neuerungen anhand vorformulierter Aussagen selbst einzuordnen. Baumberger, Gmür u n d Käser (1973, S. 739) bilden aus den A n t w o r t e n der „ K e r n o r g a n e " auf folgende Fragen eine Variable „Risikofreudigkeit": — Erweist sich eine Neuanschaffung / Neuinvestition als Erfolg, so sind die Erstanwender, die ein gewisses Risiko auf sich nehmen, ihren Konkurrenten um eine „Nasenlänge" voraus. Rechtfertigt sich Ihrer Erfahrung nach das Risiko, das mit einer frühen Adoption verbunden ist, um einen temporären Vorsprung gegenüber den Konkurrenten zu erzielen? (ebenda, S. 1052) — Wie wichtig ist es für Sie, bei der Anschaffung eines neuen Produktes zu wissen, wie viele Unternehmen das gleiche Gut schon vor Ihnen übernommen haben? (ebenda, S. 1053) — Zu Beginn der Markteinführung eines neuen Produktes treten nicht selten „Kinderkrankheiten" auf. Ist das Risiko, daß „Kinderkrankheiten" auftreten können, ein wesentlicher Gesichtspunkt bei der Anschaffung neuer Investitionsgüter? (ebenda, S. 1054) 199 Eine Analyse der K o r r e l a t i o n des so generierten Risikoindikators m i t dem Adoptionslag deutet darauf hin, daß die Kernorgane i n Betrieben m i t einem kurzen Adoptionslag i m allgemeinen eher bereit sind, ein gewisses Risiko einzugehen, als die i n Betrieben m i t einer längeren Prozeßdauer (vgl. Baumberger / GmürI Käser 1973, S. 857). I n mehreren Regressionsanalysen ergeben sich für die Risikobereitschaft dagegen keine signifikanten Regressionskoeffizienten (ebenda, S. 877, 8 8 0 ) . 2 0 0 Hage u n d Dewar (1973) legen Managern unterschiedlicher hierarchischer Ebenen folgende Statements vor, die anhand einer Vierer-Skala („definitely true" bis „definitely false") beurteilt werden können: (1) There is really something refreshing about enthusiasm for change. (2) I f I were to follow my deep convictions, I would devote much time to change movements. This seems to me to be a primary need today. (3) The current situation in the community calls for change; we should do something now (we must respond at once). 199 Jeder dieser Fragen können die Befragten anhand einer Siebenerskala in unterschiedlichem Maße zustimmen. Die Indikatorausprägung ergibt sich aus der Summe der Antwortwerte. 200 Eine Korrelation der Risikobereitschaft mit anderen Indikatoren ergibt signifikante Zusammenhänge für die Intensität der Verarbeitung von Fachliteratur, den Planungshorizont für Einzelprojekte, die objektive Neuerungsfreudigkeit, untere Limits für Investitionsrechnungen, den Kosmopolitismus des Kernorgans, den Informationsgrad des Kernund des Satellitenorgans, für das Mitentscheidungsrecht, das wahrgenommene Ausmaß der Entscheidungsdelegation und die Häufigkeit der Berichterstattung (ebenda, S. 866 f.).

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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(4) I f you want to get anywhere, it's the policy of the system as a whole that needs to be changed, not just the behavior of isolated individuals. (5) Any organizational structure becomes a deadending weight in time and needs to be revitalized (ebenda, S. 290).

Für diesen Indikator, dessen Ausprägung sich aus dem Durchschnitt der Antworten ergibt, zeigt sich in der Korrelationsanalyse für den Leiter („executing director") der analysierten psychiatrischen Beratungs- und Betreuungsstellen ein hoher, signifikanter Erklärungswert 201 im Hinblick auf den Anteil innovativer Programme, der allerdings vom Erklärungswert des Indikators für den „executing direktor and all those who always participate in strategic decisions" übertroffen w i r d 2 0 2 (ebenda, S. 284f.). Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 196-220) legen ebenfalls mehreren Mitgliedern des Managements 203 der von ihnen untersuchten Betriebe der Schuhindustrie folgende Statements vor (ebenda, S. 456): a) There is something refreshing about enthusiasm for change. b) In order to survive, organizations must change rapidly with the times. c) Our society has been changing too quickly in recent years.

Jeder Aussage können die Manager unter Verwendung einer Fünf-PunkteLikert-Skala in unterschiedlichem Maße zustimmen. U m für jeden Manager nur einen Wert zu erhalten, werden alle Anworten gewichtet 204 , die Werte für alle drei Statements addiert und der Durchschnittswert aus allen Antworten ermittelt. Im Gegensatz zu Hage und Dewar (1973) zeigt sich jedoch für diesen Indikator in der Korrelationsanalyse nur für die „elite manager" ein signifikanter Zusammenhang zur Anzahl der Innovationen (Duchesneau / Cohn / Dutton 1979, S. 198). Eine für die neun von Duchesneau, Cohn und Dutton untersuchten Techniken differenzierte Auswertung unterstützt die Hypothese, daß die Einstellung des „elite managers" gegenüber Veränderungen von besonderer Bedeutung für das Innovationsverhalten ist. Während für die Geschäftsführer und die anderen Manager sich nicht immer das erwartete Vorzeichen ergibt und der Zusammenhang in keinem Fall signifikant ist, ist das Vorzeichen für die an Innovationsentscheidungen beteiligten Manager in allen Fällen positiv und der Zusammenhang bei drei der neun Techniken signifikant (vgl. ebenda, S. 206). Dieses Ergebnis trifft allem Anschein nach für grundlegende Neuerungen genauso zu wie für 201

202

r

r = 60%, Signifikanzniveau kleiner 5%. = 69%, Signifikanzniveau kleiner 1%.

203 (1) dem Geschäftsführer, (2) „elite managers" (Manager, die an Adoptionsentscheidungen teilnehmen), (3) „total management staff. 204 Bei den ersten beiden Statements wurde starke Zustimmung mit „5", starke Ablehung mit „1" gewichtet. Bei dem dritten Statement wurde die Gewichtung umgekehrt, starke Zustimmung wurde dagegen mit „5", starke Ablehung mit „1" gewertet (ebenda, S. 457).

102

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Neuerungen, die einen geringeren technischen Fortschritt enthalten (vgl. ebenda, S. 219). Duchesneau, Cohn und Dutton überprüfen auch die Ergebnisse einer Studie zum Innovationsverhalten örtlicher Gesundheitsämter („local health departments") (Mohr 1969). Der Autor dieser Studie geht davon aus, daß die Anzahl innovativer („non-traditional") Gesundheitsprogramme von zwei Faktoren abhängig ist: (1) the degree of commitment held by department heads to such Programms, and (2) the heads' willingness to interact with others outside the health service in order to obtain support for their action. Beide Faktoren werden zu einer Maßzahl zusammengefaßt, die in einem signifikanten statistischen Zusammenhang zur Zahl der übernommenen Innovationen steht. U m diese Feststellung von Mohr zu überprüfen, legten Duchesneau, Cohn und Dutten den Geschäftsführern, Entscheidungsträgern und anderen Managern der Schuhindustrie die folgenden Statements vor: a) There are major advantages to the older methods of making shoes, and it is best to stick to these methods as much as possible. b) There have been major advantages in shoe production technology in the past ten years, and the wise firm is one that used the new techniques as much as possible. 205

M i t Hilfe dieser Vorgehensweise läßt sich die Hypothese von Mohr im Rahmen einer einfachen Korrelation nicht bestätigen. Der festgestellte positive Zusammenhang zwischen der Zahl der adoptierten Neuerungen und der Einschätzung des Nutzens neuer Technologien ist nicht signifikant. Auch die für neun Techniken differenzierte Auswertung erbringt keine deutliche Unterstützung der Hypothese. Zwar entspricht das Vorzeichen in der Regel der Hypothese, der Zusammenhang ist jedoch relativ schwach und selten signifikant (Duchesneau j CohnIDutton 1979, S. 205 f.). Wesentliche Unterschiede zwischen mehr oder weniger grundlegenden Neuerungen lassen sich ebenfalls nicht feststellen (vgl. ebenda, S. 219). Duchesneau, Cohn und Dutton überprüfen die Hypothese einer innovationsfördernden Wirkung von technikorientierten Einstellungen außerdem mit Hilfe einer weiteren Variablen. Zu diesem Zweck ermitteln sie, ob die Manager mit dem umfangreichsten Wissen über die Operationen des Betriebes glauben, daß der Einsatz neuer Technologien einer von den beiden Faktoren ist, die innerhalb der nächsten fünf Jahre einen großen Einfluß auf die Entwicklung des Betriebes haben. Die Einschätzung erfolgt anhand der Anworten auf die Frage: " I n addition to greater predictability in style selection, please rank the three choices, from the following, which you believe will have the greatest influence on your firm during the next five years, a) Availability of financing, b) Import protection, c) New 205 Jede Frage kann anhand einer fünf-Punkte-Likert-Skala bewertet werden, wobei starke Zustimmung zu der ersten Aussage mit „5" und starke Ablehnung mit „1" gewichtet wird. Bei der zweiten Aussage verfahrt man umgekehrt (vgl. Duchesneau/ Cohn/ Dutton 1979, S.457f.).

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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technology, d) Sales promotion, e) Labor savings, f) Management ability, g) Increase in size of firm."

Gehört die Antwortkategorie „neue Technologien" zu den beiden wichtigsten Aspekten, so erhält die Variable die Ausprägung 1, ist dies nicht der Fall, die Ausprägung 0 (ebenda, S. 458). Der Zusammenhang zwischen dieser Variablen und der Zahl der übernommenen Innovationen weist das richtige (positive) Vorzeichen auf und ist signifikant (vgl. ebenda, S. 199). Eine gewisse Unterstützung erhält die Hypothese auch durch die nach einzelnen Techniken differenzierte Auswertung. Das Vorzeichen ist in sechs der neun Fälle positiv und das Ergebnis für drei Techniken signifikant (vgl. ebenda, S. 206). Diese Techniken gehören alle zu den „evolutionary innovations". Die Einschätzung der Bedeutung neuer Technologien für die Entwicklung des Betriebes hat also allem Anschein nach einen besonders starken Einfluß auf die Adoption weniger grundlegender Neuerungen. 206 Die Risikobereitschaft versuchen Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 459) durch die Antworten auf zwei Statements zu ermitteln: a) The only way a firm can make profits in this industry is by being willing to take risks. b) Our industry is not one in which it is advisable to take risk, it is best to be cautious in making decisions.

Die Fragen werden erneut den bereits erwähnten drei Gruppen von Managern vorgelegt. Die statistische Auswertung ergibt lediglich für die „elite managers" eine signifikante Korrelation (Signifikanzniveau 10%). 2 0 7 Schließlich überprüfen Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 201 -202) die Hypothese, daß in Betrieben, deren Manager die eigenen Aktivitäten als besonders wichtig für die zukünftige Entwicklung ansehen, die Innovationsbereitschaft höher ist als in Betrieben, deren Manager die Entwicklung auf betriebsexterne Faktoren zurückführen. Die Hypothese wird mit Hilfe von zwei Variablen überprüft. Zunächst werden die Manager unmittelbar nach ihrer Einschätzung gefragt: „ D o you feel that the actions of your firm are most important in determining whether your firm's business will improve, or is it largely a function of other factors such as the economy or governmental policies?"

Wenn der Manager mit dem größten Know-How über die Aktivitäten der Firma davon ausgeht, daß die Aktivitäten des Betriebes die wichtigste Determi206 Für die vier „major innovations" ist das Vorzeichen lediglich in zwei Fällen positiv und in keinem Fall signifikant, dagegen entspricht das Vorzeichen bei allen „evolutorischen" Neuerungen der Hypothese und ist in drei von fünf Fällen signifikant (vgl. Duchesneau! Cohn/ Dutton 1979, S. 219). 207 Die Bedeutung der Risikobereitschaft der „elite managers" wird auch durch die nach einzelnen Techniken differenzierte Auswertung unterstützt (vgl. Duchesneau / Cohn / Dutton 1979, S. 209).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

nante der Entwicklung des Betriebes ist, erhält die Variable die Ausprägung „1", anderenfalls die Ausprägung „0" (ebenda, S. 359). Die zweite Variable ergibt sich aus den Anworten auf die folgende, bereits zur Überprüfung einer anderen Hypothese verwendeten Frage: „ I n addition to greater predictability in style selection, please rank the three choices, from the following, which you believe will have the greatest influence on your firm during the next five years, (a) Availability of financing, (b) Import protection, (c) New technology, (d) Sales promotion, (e) Labor savings, (f) Management ability, (g) Increase in size of firm" (ebenda, S. 460).

In diesem Fall erhält die Variable die Ausprägung „1", wenn der Fähigkeit des Managements die größte Bedeutung für die Entwicklung des Betriebes innerhalb der nächsten fünf Jahre zugebilligt wird. Ist dies nicht der Fall, nimmt die Variable den Wert „0" an. Ein signifikanter Zusammenhang zum Einsatz einer „Automatic Rooghing Machine" im Jahre 1975 zeigt sich nur für die zweite Variable, also für die Überzeugung, daß dem Management eine dominante Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Betriebes zukommt (vgl. Duchesneau / Cohn / Dutton 1979, S. 202). Dagegen sind die Ergebnisse der Korrelation für unterschiedliche Techniken schwach. Zwar entspricht das Vorzeichen in sieben der neun Fälle der Hypothese, der Zusammenhang ist aber nur in einem Fall signifikant (ebenda, S. 209). 2.3.6 Auswirkungen unterschiedlicher Einstellungen auf Bestimmungsgründe der Entscheidung

Kleine (1983, S. 129-140 und S. 208-215) ermittelt nicht die Einstellung des Managements selbst, sondern deren Auswirkungen auf die Einschätzung intangibler Kosten und Erträge. 208 Dabei gewinnt er im Rahmen von Interviews den Eindruck, daß Adoptoren von CNC-Maschinen die intangiblen Erträge einer frühen Adoption höher einschätzen als Nicht-Adoptoren, 209 welche die 208 Als erster hat wohl Sutherland (1979, S. 134) daraufhingewiesen, daß Adoptoren im Vergleich zu Nicht-Adoptoren intangible Nutzen und Effekte auf die Moral der Firma anscheinend stärker gewichten als kalkulierbare Einflüsse auf Kosten und Erträge. 209 Nicht quantifizierbare Erträge können sich aus Lerneffekten, einem positiven Einfluß auf das Image, die Selbständigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebes ergeben. Lerneffekte resultieren aus der frühzeitigen Nutzung, indem man abzuschätzen lernt, mit welchen Vorteilen die Neuerung unter den betrieblichen Rahmenbedingungen verbunden sind, welche Probleme bei ihrer Nutzung entstehen können, wie diese zu lösen sind sowie wie rentabel die Innovation ist. Während dieses Prozesses können sich auch andere, vorher nicht erwartete Einsatzmöglichkeiten ergeben. Selbst wenn sich die Neuerung als nicht rentabel erweist, haben sich Betriebsmitglieder mit der Technik vertraut gemacht. Dies versetzt sie in die Lage, die weitere Entwicklung der Technologie und deren Wirtschaftlichkeit für den Betrieb zutreffender beurteilen zu können. Erscheint die Technik zu einem späteren Zeitpunkt wirtschaftlich, ist sie aufgrund der bereits zur

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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aus einer späten Adoption resultierenden Wettbewerbsnachteile weitaus geringer ansetzen als die aus einer Verbesserung des Preis-Leistungs-Verhältnisses resultierenden Vorteile. 2.3.7 Zusammenfassung — Welche Persönlichkeitsmerkmale sind operationalisierbar?

Die Operationalisierung einiger, für das Innovationsverhalten wichtiger persönlicher Merkmale ist außerordentlich schwierig. Insbesondere die Kreativität und Motivation der an Innovationsprozessen Beteiligten sind im Rahmen von Befragungen kaum zu ermitteln (vgl. dazu Kieser 1970). Beide Aspekte sind lediglich mit Hilfe aufwendiger Experimente zu analysieren. Das Alter ist als Proxy-Variable für persönliche Merkmale ungeeignet. Sein Einfluß läßt sich nicht eindeutig interpretieren, weil es unterschiedliche Persönlichkeitsmerkmale in entgegengesetzter Richtung beeinflussen kann. Der Einfluß der formalen Qualifikation als Indikator für das fachliche Wissen ist nur von begrenzter Aussagekraft, weil der Aspekt des „learning-by-doing", der nebenberuflichen Weiterbildung etc. vernachlässigt wird. Da sich die anderen das Fachwissen beeinflussenden Faktoren im Rahmen von Betriebsbefragungen kaum ermitteln lassen, muß man sich allerdings häufig mit der formalen Qualifikation (wohl oder übel) behelfen. Dabei erscheint der Anteil der Mitarbeiter mit (Fach-)Hochschulabschluß als Indikator besonders geeignet. Die Einstellung gegenüber technischen Veränderungen läßt sich dagegen allem Anschein nach durch eine Analyse der Adoption anderer, für die Betriebe relevanter Neuerungen relativ zuverlässig ermitteln. Auch eine Abschätzung der Neuerungs- bzw. Risikobereitschaft mit Hilfe vorformulierter Statements Verfügung stehenden Erfahrungen wahrscheinlich schneller einsetzbar als ohne ein derartiges Pilotprojekt (vgl. Kleine 1983, S. 131). Positive Imageeffekte, also eine Verbesserung des vernunftmäßig nicht unmittelbar begründbaren Ansehens bei Kunden und Mitarbeitern, können sich aus dem Eindruck ergeben, daß sich der Betrieb jederzeit auf dem neuesten Stand der Technik befindet. Der Einsatz für einen Betrieb neuartiger Maschinen und Anlagen kann die Abhängigkeit von Zulieferern vermindern, indem sie den Betrieb in die Lage versetzt, Vorprodukte, die zuvor fremdbezogen wurden, selbst herzustellen. Eine hohe Fertigungstiefe kann die Abhängigkeit von anderen Betrieben und den Umfang von Zwischenlagern vermindern sowie eine gleichbleibende Qualität der Vorleistungen garantieren. Jede Innovation sollte in der Regel direkt oder indirekt die Kosten vermindern bzw. die Erträge erhöhen und dient damit der Sicherung bzw. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit (vgl. dazu auch Kleine 1983, S. 132 f.). Da die Wirtschaftlichkeit einer großen Zahl von Neuerungen jedoch ex-ante nicht bekannt ist, kommt dem Bestreben, in technologischer Hinsicht nicht den Anschluß an die Konkurrenz zu verlieren bzw. einen Vorsprung zu sichern u.U. eine wesentliche Bedeutung als Innovationsmotiv zu. Dies kann dazu führen, daß innovative Aktivitäten nur deswegen durchgeführt werden, weil Konkurrenten sich ähnlich verhalten (vgl. dazu Stoneman 1979, 113) oder weil die Entscheidungsträger darum bemüht sind, einen technologischen Vorsprung zu erhalten oder auszubauen.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

erscheint relativ erfolgversprechend. Die nicht immer überzeugenden statistischen Ergebnisse sind zu einem wesentlichen Teil wahrscheinlich auf die Formulierung der vorgegebenen Statements zurückzuführen. In der Regel ist es nämlich nicht gelungen, allen Alternativen eine positive Wertung zu geben. Dies hat wahrscheinlich zur Folge, daß die Gesprächspartner jene Formulierungen bevorzugen, welche ihren Betrieb als „dynamisch" darstellen. Diese Tendenz erhält noch dadurch Unterstützung, daß zumeist nicht versucht wird, das gesamte Spektrum möglicher Verhaltensweisen abzudecken. Stattdessen beschränken sich die Autoren auf die Extremwerte eines Kontinuums möglicher Verhaltensweisen („sehr aufgeschlossen" versus „sehr verschlossen"). 2.4 Betriebliche Determinanten der Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen Die persönlichen Merkmale von Individuen sind zum einen von ihren angeborenen Fähigkeiten, ihrer Sozialisation, ihrer Ausbildung und ihren Erfahrungen abhängig, zum anderem von der innerbetrieblichen Umgebung und den betriebsexternen Rahmenbedingungen. A u f eine nähere Analyse der Determinanten der persönlichen Entwicklung von Individuen wird hier verzichtet. 210 Der Schwerpunkt des Interesses gilt möglichen unternehmenspolitischen Handlungsparametern, denen vor allem ein Einfluß auf die Motivation und die Fähigkeiten der Betriebsmitglieder zuzusprechen ist. Die Bereitschaft und die Fähigkeit der Betriebsmitglieder, an Innovationsprozessen mitzuarbeiten, ist neben der ökonomischen Situation der Unternehmen (Abschnitt 2.4.1) und den organisatorischen Rahmenbedingungen (Abschnitt 4) vor allem von der Personalpolitik (Abschnitt 2.4.2), der Unternehmensstrategie, dem innerbetrieblichen Anreizsystem (Abschnitt 2.4.3) sowie von der Belastung durch andere Aufgaben (Abschnitt 2.4.4) abhängig. 2.4.1 Die ökonomische Situation211

Von der ökonomischen Situation des Betriebes bzw. des Unternehmens ist vor allem ein Einfluß auf die Motivation der Betriebsmitglieder zu erwarten; die 210

Für einen Überblick über den Stand der Forschung vgl. z.B. MüllerISchienstock 1978, S.75-133. 211 Die Bedeutung der ökonomischen Situation für das Innovationsverhalten von Industriebetrieben ist vor allem im Rahmen der Kontroverse um die „langen Wellen" der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung diskutiert worden. Dabei gehen Schumpeter (1911), Mensch (1975) und Kleinknecht (1984) von einem die Innovationsbereitschaft anregenden Einfluß einer schlechten ökonomischen Situation aus. Sie sind der Ansicht, daß es in tiefen Depressionen zu einer Häufung von Basisinnovationen kommt. Freeman , Clark und Soete (1982) sehen den Grund der Aufschwünge dagegen in Diffusionswellen, die auf einer Serie interdependenter Basisinnovationen aufbauen. Die Rezessionsphase schafft ihrer Ansicht nach kein geeignetes Klima für größere Innovationsprojekte, weil weder die Ertragsaussichten noch die Finanzierungsmöglichkeiten günstig seien. Auch Schmookler (1966) stellt in den von ihm untersuchten Industrien in Perioden guter Geschäftslage eine höhere

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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Grundeinstellungen sind dagegen mittelfristig weitestgehend stabil und verändern sich — wenn überhaupt — erst über einen längeren Zeitraum. 2.4.1 .1 Einfluß der ökonomischen Situation auf die Innovationsbereitschaft Brown (1957, S. 406 ff.) geht davon aus, daß die Innovationsneigung in schlechten ökonomischen Perioden höher ist. Diese Ansicht führt er auf die Vermutung zurück, daß bei einer geringeren Kapazitätsauslastung mehr Zeit zur Verfügung steht, sich mit Neuerungen auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wird in einer schlechten ökonomischen Situation seiner Ansicht nach jede Möglichkeit genutzt, um Neuerungen hervorzubringen, die ökonomische Erfolge versprechen (vgl. Mohr 1977, S. 120). Von ähnlichen Überlegungen geht auch Davies (1979, S. 52) aus, der darauf hinweist, daß viele Innovationen langwieriger Entwicklungsprogramme bedürfen, die mit kurzfristigen Störungen und Produktionseinbußen verbunden sein können. Diese Tatsache kann seiner Ansicht nach zur Folge haben, daß Neuerungen in Zeiten geringer Nachfrage gefördert werden, weil Produktionsstörungen weniger gravierende Folgen haben. Mansfield (1968, S. 167) ist der Ansicht, daß eine gute Ertragslage die Übernahme neuer Techniken verzögert. Die begründet er damit, „ . . . that firms with decreasing profits would be stimulated to search more diligently than other firms for new alternatives and that, other things equal, they might tend to be quicker than other to begin using a new technique." Auch die Vertreter der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungsforschung gehen — wie an früherer Stelle bereits erwähnt — davon aus, daß ein Innovationsbedarf durch die Wahrnehmung einer als unbefriedigend eingeschätzten Situation ausgelöst wird (vgl. dazu Abschnitt 1.4.2). Zusammenfassend ist also festzuhalten, daß alle Studien davon ausgehen, daß die Bereitschaft zu Innovationen bei einer schlechten ökonomischen Situation höher ist. Studien, die einen umgekehrten Zusammenhang postulieren, stellen den Aspekt der Innovationsfahigkeit in den Mittelpunkt der Betrachtung (vgl. dazu Abschnitt 6). 2 1 2 Innovationsneigung fest. Die Widersprüchlichkeit dieser Ergebnisse ergibt sich vor allem aus einer unterschiedlichen Gewichtung von Innovationsbereitschaft und Innovationsfahigkeit. In dieser Arbeit werden beide Aspekte separat behandelt. Dieser Abschnitt widmet sich vor allem dem Einfluß der ökonomischen Situation auf die Motivation. Zur Bedeutung der ökonomischen Rahmenbedingungen für das Finanzierungsverhalten vgl. Abschnitt 6. 212 Die Tatsache, daß ein Innovationen fördernder Einfluß einer schlechten ökonomischen Situation ebenfalls nicht immer zwingend ist, kann am Beispiel der von Knight (1967, S. 485) geführten Argumentation verdeutlicht werden. Dieser ist der Ansicht, daß Betriebe vor allem in guten Geschäftsphasen Innovationen durchführen, um sich auf einem hohen technologischen Stand zu halten und dadurch die Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. Bei schlechter Geschäftslage verfügen die Betriebe dagegen nach Knights Ansicht

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

2.4.1.2 Ergebnisse empirischer Studien Duchesneau, Cohn und Dutton (1979a, S. 135) kommen auf der Basis intensiver Fallstudien in der Schuhindustrie zu dem Ergebnis, daß eine Adoption grundlegender Neuerungen („revolutionary innovations") bei einer guten Umsatzentwicklung vermieden wird, um die gute Geschäftslage nicht zu gefährden; stattdessen werden vor allem vorhandene Produkte und Prozesse weiterentwickelt („evolutionary innovations"). Auch Bowman (1980) stellt fest, daß Unternehmen, die durch eine hohe Rentabilität gekennzeichnet sind, eine geringere Risikobereitschaft zeigen als weniger erfolgreiche Unternehmen. Dieses Phänomen nennt Bowman „Risk/Return-Paradox". Mansfield (1968, S. 119) kann keine Unterschiede in der Innovationsneigung zwischen Perioden guter und schlechter Geschäftslage feststellen. Perlitz und Löbler (1985) überprüfen, in welchem Maße Innovationen als Reaktion auf Ertragsaussichten bzw. auf Krisensituationen durchgeführt werden. Zu diesem Zweck konstruieren sie hypothetische Krisen- und eine Chancensituation mit einer sicheren und einer unsicheren Verhaltensalternative. M i t Hilfe dieses Konstruktes befragen sie 230 Führungskräfte und kommen zu dem Ergebnis, daß Manager sich in Krisensituationen risikofreudiger verhalten und damit Innovationen eher anstreben als unter „normalen" Bedingungen. Für die Bereitschaft, Innovationen durchzuführen, ist nicht unbedingt die objektive wirtschaftliche Situation, sondern die subjektiv wahrgenommene Situation relevant. Dem tragen Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S.463) implizit Rechnung, wenn sie die „principal respondents" und Mitglieder des „managerial staff bitten, die Ertragslage des Unternehmens anhand vorgegebener Statements zu beurteilen: (1) The firm is doing better than would be expected. (2) The firm is doing about what would be expected. (3) The firm is doing worse than would be expected.

Die Angaben werden für neun Techniken auf Unterschiede zwischen Adoptoren und Nicht-Adoptoren untersucht. Dabei zeigen sich bei einem Signifikanzniveau von bis zu 10% für den „principal respondent" drei signifikante Korrelationskoeffizienten, für die Mitglieder des „managerial staff ' lediglich nicht über die für Innovationen erforderlichen finanziellen Mittel; stattdessen werden sie bemüht sein, Kosten einzusparen. Diese Ausführungen erklären jedoch — wenn überhaupt — Unterschiede in der Struktur, weniger jedoch im Umfang der innovativen Aktivitäten. Wie Knight selbst ausführt, werden die Betriebe in einer schlechten ökonomischen Situation aufgrund schlechter Ertragsaussichten kaum Produktinnovationen durchführen, sondern stattdessen vor allem kostenmindernde Prozeßinnovationen vornehmen. Die Überlegung, daß die Betriebe in einer schlechten ökonomischen Situation nicht über einen ausreichenden Finanzierungsspielraum verfügen, geht davon aus, daß Innovationen vor allem aus Eigenmitteln finanziert werden und die Betriebe ihren Finanzierungsspielraum vollkommen ausgenutzt haben.

2. Charakteristika beteiligter Individuen

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ein signifikantes Ergebnis (ebenda, S. 257); das Vorzeichen entspricht jeweils in acht Fällen der Hypothese (ebenda, S. 258). Die nach dem Neuheitsgrad der Techniken differenzierte Auswertung deutet darauf hin, daß die Wahrnehmung eines „performance gap" durch den Geschäftsführer vor allem die Adoption grundlegenderer Neuerungen unterstützt. Das Vorzeichen entspricht bei allen vier „major innovations" des Samples der Hypothese, und in zwei Fällen ist der Zusammenhang signifikant (vgl. ebenda, S. 263). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß die Ergebnisse der empirischen Studien die Hypothese bestätigen, daß eine schlechte ökonomische Situation die Innovationsbereitschaft erhöht. Dies gilt allem Anschein nach insbesondere für die Bereitschaft zur Durchführung grundlegenderer Neuerungen. 2.4.2 Personalpolitik

Der Begriff „Personalpolitik" umfaßt hier alle Aktivitäten, die mit der Akquisition sowie der Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern in Zusammenhang stehen. Die Ergebnisse der vorliegenden empirischen Untersuchungen zur Personalsituation in Industriebetrieben weisen übereinstimmend auf besondere Engpässe in kleinen und mitteren Unternehmen im Bereich qualifizierten Personals hin. 2 1 3 Allem Anschein nach hat diese Gruppe von Betrieben besondere Probleme bei der Akquirierung höher qualifizierter Arbeitnehmer. Dies ist neben der Bildungspolitik wahrscheinlich vor allem auf die größeren, stärker differenzierten und bessere Aufstiegschancen bietenden internen Arbeitsmärkte sowie auf die besseren Sozialleistungen größerer Unternehmen 214 zurückzuführen. Ein weiterer Grund kann darin liegen, daß größere Betriebe ihren Standort häufiger in Ballungsgebieten haben (vgl. dazu Ewers/ Fritsch / Kleine 1984), welche durch eine attraktivere haushaltsnahe Infrastruktur gekennzeichnet sind, die für die Wohnortpräferenzen höher qualifizierter Arbeitnehmer von wesentlicher Bedeutung ist (vgl. dazu Zimmermann 1973). 215 Darüber hinaus wird in kleinen und mittleren Unternehmungen die Notwendigkeit zu „Personalinvestitionen" zumeist als relativ gering angesehen (vgl. dazu Ewers u.a. 1980, S. 37). Der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern kann jedoch nicht nur durch Akquisition betriebsextern ausgebildeter Mitarbeiter, sondern auch im Wege innerbetrieblicher Aus- und Weiterbildung gedeckt werden. Dabei ergeben sich in kleinen und mittleren Unternehmen bei der Erstausbildung aus den bereits 213 Vgl. dazu z.B. Börstel/Steiner 1981, S. 51-79, Ewers u.a. 1980, S. 35, Mortsiefer / Mortsiefer 1981, S. 62, Friedrich / Henninges 1982, S. 14, Meyer-Kr ahmer / Gielow/ Kuntz 1984, S. 185. 214

Vgl. dazu z.B. Borstier/Steiner 1982, S. 115-120. Für eine ausführliche Diskussion möglicher Gründe der besonderen Personalprobleme kleiner und mittlerer Unternehmen vgl. Cordt 1986, S. 173-229. 215

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genannten Gründen (geringere Verdienst-, Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, geringere Arbeitsplatzsicherheit, u. U. auch aufgrund einer geringer eingeschätzten Ausbildungsqualität) Probleme, eine ausreichende Zahl von Auszubildenden zu finden. Außerdem werden in kleineren Betrieben die Ausbildungskosten und die durch gesetzliche Regelungen und ausbildungsbegleitende Vorschriften verursachten Behinderungen als störender empfunden als in größeren Unternehmen; auch beurteilt man die Eignung der verfügbaren Auszubildenden hier weitaus skeptischer. 216 Dies hat zur Folge, daß die Ausbildungsintensität 217 mit der Unternehmensgröße zunimmt (vgl. IFOInstitut 1983, S. 191). Innerbetriebliche Weiterbildung scheitert in kleinen und mittleren Unternehmen allem Anschein nach häufig an den aufgrund fehlender sachlicher Voraussetzungen und geringer Teilnehmerzahlen höheren Kosten und der starken Belastung der Betriebsleitung. Externe Weiterbildungsmaßnahmen werden aufgrund der geringen betriebsspezifischen Ausrichtung und des geringen Zielgruppen-Bezuges 218 sowie der mit der allgemein verwertbaren Qualifikation ansteigenden Abwanderungsgefahr skeptisch beurteilt. 219 Aber auch auf Facharbeiterebene nimmt der Fortbildungsumfang mit der Unternehmensgröße deutlich zu. 2 2 0 2.4.3 Strategie und betriebsinterne Anreizstruktur

Die Wettbewerbs- und Innovationsstrategie 221 kann man als Ausdruck der Innovationsbereitschaft und -fähigkeit des Managements ansehen. Andererseits ist der Strategie auch ein Einfluß auf die Bereitschaft und Fähigkeit der Betriebsmitglieder zur Durchführung innovativer Aktivitäten zuzusprechen. Mitarbeiter von Unternehmen, in denen regelmäßig innovative Aktivitäten durchgeführt werden, verfügen über mehr Know-How. Sie wissen ζ. B., wie man Projekte plant, Probleme löst bzw. wo man welche Hilfestellung erhalten kann. Auch einer möglichst heterogenen fachlichen Zusammensetzung von Forschungs- oder Projekt-Teams spricht man eine die Innovationsfahigkeit steigernde Wirkung zu. Diese Heterogenität dürfte mit der Vielfalt und dem Umfang der innovativen Aktivitäten zunehmen.

216

Vgl. dazu Cordt 1986, S. 242-264 und die dort angegebene Literatur. Gemessen an der Relation der Betriebe, die ausbilden dürften bzw. die tatsächlich ausbilden oder am Verhältnis gewerblicher Auszubildender zu den offenen Facharbeiterstellen. 218 Die Mehrzahl der externen Fortbildungsangebote bezieht sich auf Qualifikationen oberhalb der Facharbeiterebene. 219 Vgl. dazu Cordt 1986, S. 259-264 und die dort angegebene Literatur. 220 Vgl. dazu Winter/Tholen 1983, S. 7 f. 221 Für einen Überblick vgl. Abschnitt 5. 217

2. Charakteristika beteiligter Individuen

111

Die Bereitschaft, an innovativen Aktivitäten mitzuarbeiten, wird bei einer offensiven Innovationsstrategie auch vom innerbetrieblichen Anreizsystem beeinflußt. Dabei unterstützt die Entgeltpolitik (leistungsgerechte Entlohnung, Erfolgsbeteiligung etc.) 222 und Beförderungspolitik die Bereitschaft der Mitarbeiter zu innovativen Aktivitäten vor allem durch materielle Anreize, 223 das Führungsverhalten kann zusätzlich über Anerkennung immaterielle Anreize schaffen. 224 2.4.4 Belastung durch Routineaufgaben

Die Bereitschaft, sich innovativen Aufgaben zu widmen, ist bei gegebenen Persönlichkeitsmerkmalen auch von der Belastung durch andere Aufgaben abhängig. So deutet einiges darauf hin, daß die Belastung der betrieblichen Entscheidungsträger durch das Tagesgeschäft in solchen kleinen und mittleren Betrieben besonders ausgeprägt ist, in denen der Betriebsleiter mangels einer zweiten organisatorischen Ebene stark in das Tagesgeschäft involviert ist. 2 2 5 Dies kann seine Ursache entweder in einem patriarchalischen Führungsstil oder in der Tatsache haben, daß höher qualifizierte Mitarbeiter, die den Unternehmer von dispositiven Entscheidungen entlasten könnten, nicht mit ihrer Ausbildung adäquaten Aufgaben ausgelastet wären. Insbesondere in solchen Betrieben, in denen die Entscheidungsträger selbst mit der Informationsbeschaffung befaßt sind, kann es aufgrund einer solchen Belastung durch das Tagesgeschäft zu einer Vernachlässigung strategischer Aufgaben und damit auch der Information über längerfristige technologische Entwicklungen kommen (vgl. dazu Maas/Ewers 1983, S. 134f.). 2.4.5 Zusammenfassung

Eine Analyse der unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten besonders relevanten Determinanten für die Ausprägung von Persönlichkeitsmerkmalen deutet darauf hin, daß die Innovationsbereitschaft bei einer schlechten ökonomischen Situation besonders stark ausgeprägt ist. Daraus kann man nun aber keineswegs schließen, daß eine Wirtschaftspolitik, welche die ökonomische Situation der Unternehmen verbessert, innovationshemmende Wirkungen hätte, weil sie den Innovationszwang vermindert. Für eine abschließende Beurteilung sind auch die Wirkungen auf die Innovationsfahigkeit, insbesondere auf den Finanzierungsspielraum zu berücksichtigen.

222

Vgl. z.B. Bühner 1986b, S. 67-86 und die dort angegebene Literatur. Entsprechende Anreize zur Generierung und Umsetzung neuer Ideen können auch von der Einrichtung eines Vorschlagswesens ausgehen (vgl. Abschnitt 4). 224 Vgl. dazu z.B. Thom 1980, Heidack ! Brinkmann 1987, S. 67-77 sowie S. 116-145. 225 Vgl. dazu Börstler/ Steiner 1981, Geiser 1981, Gürtler/ Schmalholz 1982, Mortsiefer / Mortsiefer 1981. 223

112

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Die Fähigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und vorhandene Mitarbeiter weiterzubilden, ist vor allem durch eine Veränderung der (Weiter-)Bildungspolitik zu erreichen. Defizite in den für die betriebliche Innovationsleistung der Betriebsmitglieder relevanten innerbetrieblichen Anreizen, die in vielen kleinen und mittleren Unternehmen aus einem Managementengpaß resultieren, lassen sich vor allem durch eine allgemeine Managementberatung vermindern (vgl. dazu Teil 6).

3. Informationsverhalten Informationen werden in dieser Arbeit als „zweckorientiertes Wissen" interpretiert. 226 Derartiges Wissen ist für den Ablauf und das Ergebnis aller Phasen betrieblicher Innovationsprozesse von wesentlicher Bedeutung (Abschnitt 3.1). Der Umfang der in den betrieblichen Innovationsprozeß eingehenden Informationen wird von der Art und Intensität der Nachfrage und des Austausches von Informationen sowie deren Verarbeitung bestimmt. 227 Abschnitt 3.2 beschreibt mögliche Informationsquellen und ihre Inanspruchnahme in der Bundesrepublik Deutschland sowie die verschiedenen Möglichkeiten zur Informationsverarbeitung. 228 Dadurch werden die Grundlagen für eine Beurteilung der Operationalisierung des Informationsverhaltens in bereits vorliegenden empirischen Studien (Abschnitt 3.3) und für eine Analyse der Determinanten des Informations Verhaltens in Industriebetrieben (Abschnitt 3.4) geschaffen. 3.1 Bedeutung von Informationen im betrieblichen Innovationsprozeß Informationen beeinflussen das Innovationsverhalten in jeder Phase des betrieblichen Innovationsprozesses; von ihnen sind jedoch je nach Art der Aktivitäten vollkommen unterschiedliche Wirkungen zu erwarten.

226 Sie können entweder durch eigene Beobachtungen (unmittelbare Informationssammlung) oder durch sprachliche Aussagen anderer Personen (mündliche oder schriftliche Äußerungen) gewonnen werden (mittelbare Informationssammlung). 227 Auf Möglichkeiten eines innerbetrieblichen Informationsaustausches (Kommunikation) und ihre Bedeutung für das Innovationsverhalten wird in Abschnitt 4 eingegangen. 228 Die Kenntnis möglicher Informationsquellen und der Determinanten ihrer Inanspruchnahme ist aus wirtschaftspolitischer Sicht von besonderer Bedeutung, wenn sich die Erkenntnis bestätigt, daß in einer großen Zahl von Betrieben ein Informationsmangel besteht und dieser sich hemmend auf die Innovationstätigkeit auswirkt. In diesem Fall können die Determinanten der Informationsnachfrage und -Verarbeitung als mögliche Ansatzpunkte wirtschaftspolitischer Maßnahmen dienen.

3. Informationsverhalten

113

a) Wahrnehmung eines Neuerungsbedarfs Informationen über Veränderungen i n den betriebsinternen u n d externen Rahmenbedingungen sind als unabdingbare Voraussetzung für eine frühzeitige Wahrnehmung v o n (potentiellen) Problemen u n d Chancen anzusehen. 2 2 9 Daher dürfte die Wahrscheinlichkeit, daß i n einem Betrieb ein Veränderungsbedarf (frühzeitig) wahrgenommen wird, ceteris p a r i b u s 2 3 0 u m so höher sein, je mehr relevante Informationen v o n Betriebsmitgliedern nachgefragt u n d verarbeitet w e r d e n . 2 3 1 Dabei dürfte die Relevanz der Informationsnachfrage je nach A r t des Betriebes bzw. seines Umfeldes variieren. So ist ζ. B. davon auszugehen, daß eine systematische Erfassung u n d Verarbeitung betriebsinterner Daten für die Wahrnehmung eines Innovationsbedarfs i n großen Betrieben v o n stärkerer Bedeutung ist als i n kleineren Einheiten, weil die Überschaubarkeit der P r o d u k t i o n u n d der unmittelbare K o n t a k t der Manager zur P r o d u k t i o n oberhalb einer bestimmten Betriebsgröße a b n i m m t (vgl. dazu auch Finke 1980). Die Bedeutung v o n Informationen über Veränderungen a u f den Absatzmärkten für das Innovationsverhalten variiert wahrscheinlich m i t der A r t der 229

Probleme können sich ζ. B. aus der Tatsache ergeben, daß Produktionsanlagen nicht mehr den betrieblichen Erfordernissen entsprechen, ζ. B. weil die Kapazität, die Effizienz, Flexibilität, Qualität und/oder Zuverlässigkeit von Anlagen bzw. Maschinen nicht mehr innerbetrieblichen Vorgaben bzw. den Anforderungen des Marktes genügen oder die Produktionseinrichtungen nicht mit staatlichen Umwelt- oder Arbeitsschutzauflagen etc. vereinbar sind. Die rechtzeitige Wahrnehmung derartiger Probleme setzt Informationen über die Leistungen, Kosten, Emissionen etc. einzelner Maschinen sowie über die (zukünftigen) Leistungsanforderungen voraus. Selbst wenn die Produktionseinrichtungen den betrieblichen Sollanforderungen genügen, können sich Probleme aus einer Verschlechterung der ökonomischen Situation bzw. der ökonomischen Perspektiven des gesamten Betriebes ergeben. Ein Handlungsbedarf kann aus der Warte des Managements ζ. B. aus abnehmenden Umsätzen bzw. Marktanteilen oder aus rückläufigen Gewinnen resultieren, deren Ursache in einer erfolgreicheren Geschäftsstrategie der Konkurrenz, der Überlegenheit neuartiger Substitute, einer Veränderung der Bedürfnisstruktur der Abnehmer, in Kostensteigerungen bei wichtigen Inputstoffen bzw. in einer im Vergleich zur Konkurrenz schärferen Regulierung und/oder geringeren finanziellen Unterstützung des Staates liegen kann. Eine frühzeitige Wahrnehmung von (potentiellen) Problemen setzt also eine intensive Kontrolle innerbetrieblicher Abläufe und Daten (insbesondere der Entwicklung einzelner Kostenkategorien, Produktionsengpässe, Ausschußquoten, Stillstandszeiten einzelner Maschinen), betriebsexterner Rahmenbedingungen (insbesondere die Entwicklung von Absatz- und Beschaffungsmärkten, aber auch staatlicher Förderung, Regulierung etc.) sowie eine Planung von Produktion, Absatz etc. voraus. Chancen können sich aus der schnellen Übernahme betriebsextern entwickelter Neuerungen und der frühzeitigen Wahrnehmung neuartiger Entwicklungen auf den Absatzmärkten ergeben. Eine Nutzung dieser Chancen setzt also ebenfalls eine Kontrolle von Entwicklungstrends auf (potentiellen) Absatz- und Beschaffungsmärkten voraus. 230

Insbesondere bei vergleichbaren Merkmalen der mit Informationsaufgaben befaßten Person, welche die Perzeption der Informationen und die Informations-Verarbeitungskapazität beeinflussen (vgl. dazu Abschnitt 2). 231 Bei einer Überflutung mit (irrelevanten) Informationen ist dagegen mit einer Verzögerung zu rechnen (Abschnitt 3.1.e). 8 Maas

114

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

betrieblichen Innovationsaktivitäten und den Wettbewerbsverhältnissen. Bei einer hohen Dynamik der Absatzmärkte sind Informationen über Nachfragetrends wichtiger als bei relativ statischen Absatzbedingungen. Einer intensiven Informationsnachfrage und -Verarbeitung dürfte auch in Betrieben, deren innovative Aktivitäten in engem Kontakt mit ihren Kunden erfolgen, weniger Bedeutung beizumessen sein als in Betrieben, die auf „anonymen", unübersichtlichen Märkten anbieten. M i t der ersten Bedingung ist vor allem in solchen Betrieben zu rechnen, die mit einer Einzel- oder Kleinserienfertigung Marktnischen bedienen, mit der zweiten in Betrieben mit Massenproduktion. Eine große Bedeutung von Informationen über neuere technologische Entwicklungstrends als Auslöser für Innovationsprozesse ist vor allem in Betrieben mit einer passiven Innovationsstrategie oder einer aktiven Adoptionsstrategie 232 zu erwarten. Bei einer aktiven Innovationsstrategie sind dagegen die in Abschnitt b beschriebenen Aspekte relevant. b) Ideengenerierung Anstöße für die Generierung neuartiger Lösungen können sich ebenfalls aus Informationen über betriebsexterne oder betriebsinterne Entwicklungen, insbesondere über die betriebliche Kostenstruktur, innovative Aktivitäten von Konkurrenten 233 und deren Erfahrungen sowie über Veränderungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten ergeben (vgl. dazu Abschnitt I. 2.3.2.1). Bei der Weiterentwicklung einer Idee können Informationen über neue technologische Neuerungen vor allem zu Kosten- und Zeitersparnissen führen. Ein solcher Effekt ergibt sich ζ. B. aus der Tatsache, daß Informationen über bereits verfügbares Know-how verhindern, daß Wissen (noch einmal) generiert wird, das bereits an anderer Stelle (kostengünstiger) verfügbar und zugänglich ist oder Lösungswege eingeschlagen werden, die aufgrund bereits vorliegender Erfahrungen wenig erfolgversprechend erscheinen. Die Kenntnis, insbesondere aber der Austausch technischer Informationen kann ferner bewirken, „daß der im Ideenstadium nicht selten zu beobachtende Höhenflug erfinderischer Planungen in realistische Bahnen gelenkt und auf machbare Lösungen reduziert wird" (Häusser 1984, S. 142).

232

Für eine Abgrenzung möglicher Innovationsstrategien vgl. Abschnitt 5. Impulse für die eigene Forschungs- und Entwicklungstätigkeit können sich aus Informationen über technische Neuerungen selbst dann ergeben, wenn man über den konkreten Inhalt der Aktivitäten nicht informiert ist; sei es nun, weil die Befürchtung besteht, technologisch „den Anschluß zu verlieren" oder auch nur aus Prestigeaspekten. Von Informationen über bereits vorhandene Problemlösungen können Impulse für die Entwicklung noch besserer Lösungen ausgehen. 233

3. Informationsverhalten

115

c) Entscheidungsfindung Informationen können auch den Zeitpunkt, die Art der Entscheidung (ja/nein) und deren Qualität verändern. In der Adoptionsforschung geht man ζ. B. davon aus, daß eine Adoption um so eher erfolgt, je frühzeitiger in einem Betrieb Informationen über die Existenz der Neuerung vorliegen. 234 Diese Hypothese ist jedoch keineswegs als zwingend anzusehen. So handelt es sich bei der Information über die Existenz der Neuerung lediglich um eine notwendige, keinesfalls jedoch um eine hinreichende Bedingung für eine frühzeitige Übernahme. In früh informierten Betrieben kann die Adoption z.B. dadurch verzögert oder verhindert werden, daß man anderen Projekten — aus welchen Gründen auch immer — den Vorzug gibt, der Betrieb durch einen längeren Entscheidungs- bzw. Implementierungszeitraum oder durch stark ausgeprägte Ressourcenengpässe gekennzeichnet ist. Frühzeitig verfügbare Informationen können außerdem weniger umfassend, zuverlässig und/oder vorteilhaft sein. Ein Einfluß auf die Art der Innovationsentscheidung kann aus einer die Unsicherheit der Entscheidungsträger vermindernden Wirkung von Informationen resultieren. So geht man ζ. B. im Rahmen der Entscheidungsforschung davon aus, daß Informationen bei einer hohen Unsicherheit die Bereitschaft zu einer positiven, anspruchsvolleren (innovativeren) Entscheidung erhöhen können. 235 Übereinstimmend mit diesen Ergebnissen wird auch in der Adoptions· bzw. Diffusionsforschung von Informationen über die Erfahrungen früher Anwender ein die Adoption fördernder Effekt erwartet. 236 Derartige Informationen vermindern nämlich nicht nur die Kosten, sondern auch das Risiko einer Adoption, weil sie die Zahl der bei der Implementierung begangenen Fehler reduzieren bzw. bei der Lösung von Problemen auf bereits vorliegende Erfahrungen zurückgegriffen werden kann. Ferner ermöglichen sie es, die mit der Neuerung verbundenen Kosten und Erträge sowie die Anforderungen an Management und Mitarbeiter ex-ante zuverlässiger abzuschätzen. Die Effizienz der während eines Innovationsprozesses getroffenen Entscheidungen hängt im wesentlichen von einer zutreffenden Einschätzung der zu erwarteten Kosten, Erträge und Risiken ab. Diese Prognosen werden — zumindest bei Projekten mit einem nicht zu hohen Neuheitsgrad 237 — durch eine 234

Vgl. dazu Abschnitt 3.3.1 und die dort angegebene Literatur. Vgl. dazu z.B. Cyert/March 1963, S. 118f., March/Simon 1958, S. 115, Witte 1972, S. 12-15. 236 y g i insbesondere Mansfield 1968 sowie Abschnitt 1.2.3.2.3. 235

237

Die Bedeutung, die Informationen bei Entscheidungen zukommt, dürfte im Verlauf eines Innovationsprojektes variieren. Wie bereits erwähnt (vgl. Abschnitt 1.4.2) sind im Verlauf eines Projektes in der Regel mehrere Entscheidungen zu treffen (z.B. ob das Projekt weitergeführt oder abgebrochen werden soll). Dabei ist davon auszugehen, daß Informationen in frühen Phasen der Entwicklung grundlegender Neuerungen geringere Bedeutung zukommt als in späteren Phasen bzw. bei Projekten mit geringerem Neuheitsgrad. In frühen Phasen der Erforschung grundlegender Neuerungen sind Informationen 8*

116

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

systematische Informationsnachfrage und -Verarbeitung erleichtert bzw. erst ermöglicht. So verhindert ζ. B. eine systematische Auswertung bereits verfügbaren betriebsinternen und betriebsexternen Know-Hows eine Doppelforschung, also die Entwicklung von Neuerungen, die gegenüber bereits vorhandenen Produkten oder Prozessen — wenn überhaupt — nur einen unwesentlichen Fortschritt beinhalten. Dadurch werden Innovationen vermieden, die sich im nachhinein als Fehlinvestition erweisen. 238 Auch wenn sichergestellt ist, daß es sich bei der geplanten Innovation um eine grundlegende Neuerung handelt, kommt insbesondere im Fall von Produktinnovationen einer frühzeitigen Information über die Absatzmarktsituation zentrale Bedeutung für eine effiziente Entscheidung und einen erfolgreichen Abschluß des Projektes zu. Informationen über die Anzahl und die Präferenzen potentieller Abnehmer, über vergleichbare Aktivitäten und Reaktionsmöglichkeiten von Konkurrenten vermindern die Gefahr, daß fertige Produkte kostenaufwendig an die Bedürfnisse der Kunden angepaßt werden müssen und/oder die auf das neue Produkt gerichtete Nachfrage zu gering ist, um die Kosten zu decken und eine adäquate Verzinsung der investierten Ressourcen zu erreichen. 239 Informationen über die zu erwartenden Entwicklungen auf Absatz- und Beschaffungsmärkten sind aber nicht nur für Produktinnovationen, sondern auch für die Beurteilung der Erfolgsaussichten einer Erforschung oder Adoption neuer Produktionsprozesse relevant. Die Entwicklungen auf den Absatzmärkten bestimmen die Anforderungen an die Flexibilität und Qualität der Fertigung sowie die optimale Kapazität der Anlage. Auch Entwicklungen auf

über die Kosten und Erfolgsaussichten des Projektes nur in sehr geringem Umfang verfügbar, weil kaum Erfahrungswerte vorliegen und die Erfolgsaussichten eines noch nicht bekannten Produktes oder Verfahrens nicht mit einiger Zuverlässigkeit abzuschätzen sind. Aus diesen Gründen dürfte in dieser Situation den persönlichen Charakteristika der Entscheidungsträger größere Bedeutung zukommen als den Informationen. 238 Grochla (1980, S. 32) ist z.B. der Ansicht, daß die gezielte Nutzung von „Forschungshalden" die betrieblichen Forschungskosten um 45% vermindern könnte. Hausser (1987) weist daraufhin, daß zwei Dritteln aller Patentanträge nicht zugestimmt werden kann, weil ihnen die erforderliche Erfindungshöhe fehlt. Er ist der Ansicht, daß derartige Fehlinvestitionen durch eine systematische Auswertung der Patentschriften begegnet und 30% der F + Ε-Kosten eingespart werden könnten. 239 Eine systematische Nachfrage und Verarbeitung von Informationen über zu erwartende Entwicklungen auf den Absatzmärkten sind für Betriebe, die Neuerungen in enger Zusammenarbeit mit ihren Abnehmern entwickeln oder von diesen entsprechende Vorgaben erhalten, von geringerer Bedeutung als für Betriebe, die für den „offenen Markt" produzieren (vgl. dazu z.B. Meyer-Kr ahmer / Gielow/Kuntz 1984, S. 186 f., Oppenländer 1976, S. 126). Auch die Situation auf den Absatzmärkte dürfte erneut für die von Informationen zu erwartenden Wirkungen eine Rolle spielen. Bei einer hohen Marktdynamik lassen sich die Erfolgsaussichten geplanter Neuerungen nämlich ohne intensive Informationsaktiviäten weitaus schwerer abschätzen als auf relativ statischen Märkten.

3. Informationsverhalten

117

den Beschaffungsmärkten können die Kosten und damit die Wirtschaftlichkeit eines neuen Prozesses wesentlich verändern (vgl. dazu Abschnitt 1). Für eine zutreffende Beurteilung bereits am Markt verfügbarer Techniken sind Informationen über die Existenz und Leistungsfähigkeit alternativer Hersteller und deren Produkte, über Determinanten für die Höhe der mit der Nutzung der Anlage verbundenen Kosten und Erträge sowie die in Zukunft zu erwartenden technologischen Entwicklungen einzuholen. Ferner sind für eine Abschätzung der Kosten und Erträge Informationen über die innerbetriebliche Ausprägung der für die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes relevanten Faktoren erforderlich. Um eine effiziente Entscheidung treffen zu können, sind also die während der Nutzungsdauer der Neuerung zu erwartenden Trends auf Absatzund Beschaffungsmärkten zu prognostizieren. Eine effiziente Entscheidung bedarf außerdem einer systematischen Informationsverarbeitung, insbesondere einer Einschätzung der für die Realisierung des Projektes erforderlichen Zeit und der Kosten sowie der zu erwartenden Erträge und Risiken. Diese setzt eine intensive Analyse, Planung und Koordination der einzelnen Stufen des Innovationsprozesses voraus. Zwar ist nicht davon auszugehen, daß derartige Pläne im Endeffekt der Realität entsprechen, sie tragen aber dazu bei, die Vorgehensweise zu strukturieren, interne Effizienzmaßstäbe zu setzen, mögliche Probleme zu antizipieren und Risiken abzuschätzen. Die beschriebenen Einflüsse von Informationen auf die Effizienz von Innovationsentscheidungen sind jedoch nicht mit einer innovationsfördernden Wirkung von Informationen gleichzusetzen. So deuten z.B. theoretische Überlegungen wie empirische Untersuchungen darauf hin, daß von einer intensiven Informationsnachfrage bzw. Planung der Projekte u.U. auch ein Innovationen hemmender Einfluß ausgehen kann. 2 4 0 Kleine (1983) weist z.B. auf möglicherweise auftretende diseconomies der Informationsnachfrage sowie daraufhin, „daß die ersten und ohne großen Aufwand zu erhaltenden und somit kostengünstigsten Informationen eben solche sind, die vom Anbieter des neuen Informationsgutes durch Fachzeitschriften, Messen und Vertreterbesuche verbreitet werden. Die Beschaffung zusätzlicher Informationen kann durchaus dazu führen, die Neuerung als weniger vorteilhaft anzusehen, als dies nach den ersten Informationen durch den Anbieter der Fall war." Ein Innovationen behindernder, die Qualität der Entscheidung jedoch steigernder Effekt ergibt sich vor allem dann, wenn die Entscheidungsträger sich im Rahmen zusätzlicher Informationstätigkeit erst über die Vielzahl möglicher Risiken bewußt werden und diese höher bewerten als auf der Basis schnell verfügbarer Informationen.

240

Vgl. dazu FritschjMaas

1983, S. 53, Kleine 1983, S. 6-8.

118

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

d) Implementierung Die Implementierung von Innovationen kann insbesondere dann, wenn sie ebenfalls F + E-Aktivitäten voraussetzt, durch Informationen in gleicher Weise beeinflußt werden wie die Ideengenerierung. Bei der Adoption betriebsextern entwickelter Neuerungen kann die Implementierung — ebenso wie bei der Vorbereitung einer Produktion neuartiger Produkte — durch Informationen hinsichtlich der in anderen Betrieben gesammelten Erfahrungen beschleunigt und preiswerter gestaltet werden. Dabei kommt nicht nur Informationen über mögliche technische Probleme und deren Vermeidung bzw. Überwindung Bedeutung zu. Genauso wichtig können Informationen über die Folgen für das direkt und indirekt betroffene Personal sein, welche evtl. bestehende Ressentiments abbauen helfen. Technische Hilfestellungen betriebsexterner Experten können dazu beitragen, interne KnowHow-Engpässe zu kompensieren und ermöglichen damit u.U. erst eine Adoption. e) Sind mehr Informationen grundsätzlich besser? Die bisherigen Ausführungen gehen—wie die überwiegende Mehrzahl der im Rahmen der Entscheidungsforschung angefertigten Arbeiten — davon aus, daß zusätzliche Informationen grundsätzlich die Effizienz des Investitions- und Innovationsverhaltens begünstigen. Dem liegt implizit die Vorstellung zugrunde, daß man „richtige" Entscheidungen nur dann treffen kann, wenn man über alle relevanten Informationen verfügt. Da für den Regelfall von einem unvollständigen Informationsstand ausgegangen wird, nimmt die Effizienz von Entscheidungen nach diesem Konzept mit jeder zusätzlichen Information zu. Die Ergebnisse betriebswirtschaftlicher und kommunikationstheoretischer Studien deuten nun aber auf eine begrenzte effizienzsteigernde Wirkung von Informationen hin. 2 4 1 Die Ergebnisse dieser Arbeiten legen die Vermutung nahe, daß es einen Punkt der Informations-Sättigung gibt, der unterhalb des Zustandes der vollständigen Information liegt, dessen Überschreitung zu einer effizienzmindernden Informations-Überlastung führt. Dies hätte zur Folge, daß nicht jedes zusätzliche Angebot bzw. jede zusätzliche Nachfrage von Information die erwünschten Wirkungen erzielt. Informationsangebot und Informationsnachfrage können auch zu groß sein. Bei einem zu großen Angebot an Informationen kann sich eine die Effizienz von Entscheidungen vermindernde Überlastung der Entscheidungsträger einstellen, welche sich aus der Tatsache ergibt, daß Informationen nicht nur wahrgenommen, sondern auch verarbeitet werden müssen. Ist die Informationsverarbeitungskapazität ausgelastet bzw. überlastet (kognitiver Streß), können weitere relevante Informationen nicht ausgewertet werden, stattdessen wird dem Angebot ausgewichen. Witte (1972, 241

Vgl. zum kognitiven Streß und seiner Bedeutung für das Suchverhalten Kirsch 1977a, S. 83-96.

3. Informationsverhalten

119

S. 36) leitet daraus die Hypothese ab, daß bei einer Überlastung auch der Teil der Verarbeitungskapazität durch die Perzeption von Informationen blockiert ist, der für deren Einordnung in den Gesamtzusammenhang des Problems erforderlich wäre. Bei einer zu großen Informationsnachfrage besteht ebenfalls die Gefahr, daß der Nachfrager aufgrund der Vielzahl der Informationen Schwierigkeiten hat, wesentliche und unwesentliche Informationen voneinander zu trennen. Betriebswirtschaftliche Experimente von Witte (1972) deuten jedoch daraufhin, daß die Informationsnachfrage in der Regel weitaus geringer als der objektive Informationsbedarf ist. 2 4 2 U m wirtschaftspolitische Schlußfolgerungen ableiten zu können, ist also zu überprüfen, ob Informationsdefizite in den Betrieben bestehen, welchen Einfluß das Informationsangebot und/oder die Informationsnachfrage auf Art und Umfang der Investitionen und Innovationen hat sowie von welchen Determinanten der Einfluß der Informationen abhängt. Zur Beantwortung dieser Fragen wird zunächst analysiert, aus welchen Informationsquellen Betriebe die unterschiedlichen Informationsbedürfnisse befriedigen können und in welchem Maße diese tatsächlich genutzt werden (Abschnitt 3.2). In Abschnitt 3.3 werden die bisher vorliegenden Studien über den Einfluß von Informationen auf das Innovationsverhalten beschrieben und der weitere Forschungsbedarf abgeleitet. Die Analyse deutet darauf hin, daß in kleinen und mittleren Betrieben nicht selten ein Informationsdefizit anzutreffen ist und die Investitions- und Innovationstätigkeit durch eine intensivere Informationsnachfrage und -Verarbeitung verbessert werden kann. U m eine solche Entwicklung forcieren zu können, stellt sich die Frage nach den Determinanten des Informationsverhaltens, aus denen mögliche Ansatzpunkte für Maßnahmen abgeleitet werden können, welche Informationsdefiziten entgegenwirken (vgl. Abschnitt 3.4). 3.2 Möglichkeiten der Informationsnachfrage und Informationsverarbeitung Informationen über die Existenz eines Veränderungsbedarfs sowie über die Vorteilhaftigkeit unterschiedlicher Verhaltensweisen können die an Innovationsprozessen Beteiligten aus diversen betriebsinternen 243 und betriebsexter242

Aus ökonomischer Sicht ist ein Informationsoptimum jedoch keineswegs erst dann überschritten, wenn die Verarbeitungskapazität überlastet ist und sich kognitiver Streß einstellt. Das Optimum ist erreicht, wenn die mit zunehmendem Informationsstand abnehmenden Grenzerträge weiterer Informationen den mit dem Informationsstand ansteigenden Grenzkosten der Informationsbeschaffung entsprechen. In der Praxis sind die Grenzerträge von Informationen allerdings in der Regel nur relativ grob abzuschätzen, so daß das Informationsoptimum kaum zu bestimmen ist. Für eine Beschreibung der verschiedenen Bewertungsansätze vgl. Hauke 1984 und die dort angegebene Literatur. 243

Informationen über aktuelle bzw. zu erwartende Probleme sowie etwaige Verbesserungsmöglichkeiten können Entscheidungsträger von Mitarbeitern, durch die Auswer-

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

120 244

nen Quellen erhalten. Da aus wirtschaftspolitischer Sicht vor allem die Gründe für eine mehr oder weniger intensive Nutzung (betriebsexterner) Informationsquellen von Interesse sind, 245 faßt Abschnitt 3.2.1 die Ergebnisse empirischer Untersuchungen über die Intensität der Inanspruchnahme der verschiedenen Informationsquellen zusammen. Der Einfluß der in einem Betrieb bzw. Unternehmen vorhandenen Informationen hängt auch von der Art und Intensiät ihrer Verwertung ab. Abschnitt 3.2.2 erläutert Möglichkeiten und Bedeutung einer systematischen Informationsverarbeitung für das Innovationsverhalten. 3.2.1 Inanspruchnahme betriebsexterner Informationsquellen — Ergebnisse empirischer Studien

Zahlreiche Studien haben bereits die Inanspruchnahme betriebsexterner Informationsquellen analysiert. Die Ergebnisse sind sehr widersprüchlich; Informationsquellen, denen in der einen Studie wesentliche Bedeutung zukommt, sind in anderen vollkommen unwichtig. Bei einer näheren Analyse stellt sich jedoch heraus, daß die Studien nicht nur auf völlig unterschiedliche Aktivitäten abzielen (Investition, Adoption, F + E), sondern auch auf unterschiedliche Aspekte des betrieblichen Innovationsprozesses. Darüber hinaus weisen die den Auswertungen zugrundeliegenden Samples große Unterschiede in der Betriebsgrößenstruktur auf, die allem Anschein nach ebenfalls die Art der in Anspruch genommenen Informationsquellen beeinflussen. Die Ergebnisse der vorliegenden Studien werden im folgenden differenziert nach der Art der nachgefragten Informationen dargestellt. Bei der Auswertung wird außerdem der analysierten innovativen Tätigkeit und der Größenstruktur des Samples besondere Aufmerksamkeit geschenkt.

tung des betrieblichen Berichtswesens (vgl. z. B. Kreibich 1978) oder aus dem betrieblichen Rechnungswesen (vgl. dazu z.B. Lassmann 1980, Siegwart 1980) erhalten. 244 Informationen über technische Entwicklungstrends und ökonomische Rahmenbedingungen können Betriebe von Kunden und anderen Betrieben bzw. Unternehmen, aus der Fachlitertur, auf Messen, Kongressen und Tagungen, von privaten oder staatlichen Forschungseinrichtungen bzw. Beratungsstellen, von Selbsthilfeeinrichtungen der Wirtschaftsverbände, Industrie- und Handels- oder Handwerkskammern etc., in Technologietransferzentren wie industrielle Forschungsvereinigungen erhalten, die branchen-, funktions- oder technologieorientiert sein können. Schließlich kommen auch Informationsspeicher wie Literatur-, Patentdokumentations- und Konventionsspeicher in Betracht (vgl. dazu z.B. TägerI Uhlmann 1984). 245 Derartige Erkenntnisse vermitteln nämlich Ansatzpunkte für eine effiziente Ausgestaltung einer informationsorientierten Förderpolitik. Darüber hinaus setzt eine Beurteilung voraus, in welchem Maße bereits vorliegende Studien das Informationsverhalten adäquat erfassen sowie die Konzeption einer eigenen Befragung einen Überblick über mögliche Informationsquellen.

3. Informationsverhalten

121

a) Quellen von Investitions- und Innovationsanstößen In einer Befragung leitender Angestellter von 124 in vier Ballungsgebieten der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Betrieben aus vier Industriebereichen 246 werden Ausstellungen, Kongresse und Messen als signifikant wichtigste Quelle von Investitionsideen angesehen. 50% der Betriebe beurteilen diese Informationsquelle als dominant bzw. sehr bedeutend. Eine signifikant geringere Bedeutung messen die Gesprächspartner Anregungen von Lieferanten, privaten Kontakten und der Lektüre von Fachzeitschriften bei. Die Bedeutung der Kunden als Quelle für Investitionsanregungen wird nach den Ergebnissen dieser Untersuchung nur von der einer Fachberatung unterschritten (vgl. Kr ist 1983, S. 15f.). Fink (1980) analysiert das Informationsverhalten von 166 kleinen und mittleren Handwerks- und Industriebetrieben 247 aus vier Branchen. 245 Dabei kommt sie zu dem Ergebnis, daß die Anregungen zur Einführung technischer Neuerungen in den Industriebetrieben zu 70% aus dem Betrieb selbst kam, in den Handwerksbetrieben in 61 % der Fälle (ebenda, S. 73). Dies gilt unabhängig von der Betriebsgröße (vgl. ebenda, S. 79 und S. 167). Die nach Branchen differenzierte Auswertung ergibt dagegen deutliche Unterschiede. In der Bekleidungsindustrie kommen die Anstöße für Neuinvestitionen am häufigsten von außen, in der Druck- und Papierindustrie mit 85,7% am häufigsten von Mitarbeitern des Betriebes (ebenda, S. 87, 168). 50% der papierverarbeitenden Betriebe aus fünf europäischen Ländern haben nach einer Studie von Hakanson (1974, S. 71) erste Informationen über die Existenz von Spezialpressen aus der Fachliteratur erhalten. Die zweitwichtigste externe Informationsquelle sind andere Betriebe, bei denen es sich um Hersteller oder Linzenzgeber handelt. Kongresse, Messen und Konferenzen rangieren an dritter Stelle; Konkurrenten, Kunden und Forschungsinstituten kommt in der Regel eine geringe Bedeutung zu. 2 4 9 Die im Sample enthaltenen US-amerikanischen Unternehmen messen Herstellern und Lizenzgebern eine größere Bedeutung zu als Zeitschriften. Bei einer Befragung von 24 Galvaniken wird den Herstellern von Produktionstechniken insgesamt die große Bedeutung als Quelle für die Übernahme neuer Techniken beigemessen. Fachzeitschriften rangieren auf Platz zwei, Kundenwünsche sowie Ausstellungen und Kongresse teilen sich Platz drei (vgl. 246

Maschinenbau, Nahrungs- und Genußmittelindustrie, Druckereien, Elektrotechnische Industrie. 247 75 % der Betriebe haben weniger als 100 Beschäftigte, 15 % mehr als 200 Beschäftigte. 248 Holzindustrie, Papier- und Druckindustrie, Textilindustrie, Bekleidungsindustrie. 249 Lediglich in Schweden wird Forschungsinstituten in mehr als 50% der Betriebe eine Bedeutung beigemessen. Dies ist auf die Tatsache zurückzuführen, daß die Presse in den Labors des Verbandes der schwedischen Papier- und Zellstoffindustrie entwickelt wurde.

122

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Maas und Ewers 1983, S. 80 f.). Die große Bedeutung persönlicher Kontakte ist allem Anschein nach auf einen Managementengpaß zurückzuführen. Strebel u.a. (1979) befragen 73 kleine und mittlere Betriebe aus Berlin und dem Bundesgebiet zum Innovationsverhalten. Nach den Ergebnissen dieser Studien kommen betriebsexterne Anregungen für Innovationen vor allem durch Anregungen und Reklamationen von Kunden (78% der Nennungen), durch den Besuch von Messen und Ausstellungen (76%), aus der Literatur (30%) und durch Normung und Gesetze (30%). Informations- und Dokumentionsstellen messen nur 7% der Betriebe eine Bedeutung zu, einer Unternehmensberatung nur 11% (ebenda, S. 168). Die Auswertung vorliegender Studien macht deutlich, daß keine eindeutige Aussage über die wichtigste Quelle von Investitions- und Innovationsanstößen möglich ist; ihre Bedeutung variiert in Abhängigkeit der Marktgegebenheiten, dem Informationsangebot und der Art der innovativen Aktivitäten. So sind bei einer hohen Dynamik auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten oder einer passiven Innovationsstrategie bzw. bei einer aktiven Adoptionsstrategie (vgl. Abschnitt 5) externe Informationsquellen von größerer Bedeutung als in Betrieben, die weitestgehend ausgereiften Märkten gegenüberstehen oder Neuerungen primär selbst entwickeln. Beide Aspekte haben wahrscheinlich auch Einfluß auf die Bedeutung der verschiedenen Informationsquellen. So ist davon auszugehen, daß in frühen Marktphasen den Kunden eine größere Bedeutung zukommt als in späteren. Im Prozeßbereich werden Betriebe, die eine traditionelle Strategie verfolgen (können), Neuerungen wahrscheinlich erst nach intensiver Aufklärung und Überzeugungsarbeit seitens der Anlagenhersteller adoptieren (vgl. dazu z.B. MaasjEwers 1983). Betriebe, die eine offensive Innovationsstrategie verfolgen, erhalten die für ihre innovativen Tätigkeiten relevanten Informationen eher bei Forschungsinstituten oder aus Patentschriften, sofern hier die neuesten Trends präsentiert werden, u.U. auch auf Tagungen, Messen etc.; Betriebe mit einer reaktiven Innovationsstrategie oder einer Adoptionsstrategie werden sich dagegen eher in der Fachpresse und bei Kollegen informieren. b) Information über technische Entwicklungstrends Grefermann / Sprenger (1977) befragen 27 überwiegend größere Unternehmen, 2 5 0 die Industrieroboter anbieten, herstellen oder nutzen. Informationen über die künftige Entwicklung der Technik erhält jedes der befragten Unternehmen aus Fachzeitschriften und bei Messebesuchen. Sehr starke Bedeutung wird auch wissenschaftlichen Fachtagungen beigemessen, welche die Autoren darauf zurückführen, „daß für den untersuchten Technologiebereich sehr spezifische und praxisbezogene Kongresse stattgefunden haben, an denen nahezu alle 250

18 Betriebe haben mehr als 200 Beschäftigte, davon 15 sogar mehr als 1000 Beschäftigte.

3. Informationsverhalten

123

Hersteller und bedeutende Anwender teilnahmen" (ebenda, S. 82). Einige Betriebe haben auch Kontakte zu Hochschulen. Diesen wird jedoch weniger aufgrund von Forschungsaktivitäten Bedeutung als Informationsquelle beigemessen, sondern vielmehr wegen ihrer vielfaltigen Kontakte zu anderen Firmen und ihrer Kenntnis der aktuellen Fachliteratur (ebenda). Fachzeitschriften, Messen und Ausstellungen sowie Gespräche mit Kollegen werden in der Befragung von Fink (1980, S. 46-49) von den Industrie- und den Handwerksbetrieben als häufigste Quelle für Informationen über technische Neuerungen genannt. 251 Fachzeitschriften werden von jeweils mehr als 80% als „sehr häufige", „häufige" oder „manchmal" genutzte Informationsquelle genannt; Messen und Ausstellungen von etwa 75%, Gespräche mit Kollegen von 60 bzw. 70% der Betriebe. Sowohl von den Handwerksbetrieben, als auch von den Industriebetrieben werden übereinstimmend Patentschriften und Forschungsberichte am seltensten als „zumindest manchmal" genutzte Informationsquelle genannt. Im Rahmen des IFO-Konjunkturtest wurde eine postalische Befragung von 2200 Betrieben des Verarbeitenden Gewerbes zur Beschaffung technischen Wissens durchgeführt (vgl. Täger j Uhlmann 1984, S. 183 ff.). Auch diese Untersuchung ergibt, daß Fachliteratur bzw. Fachzeitschriften die häufigste Informationsquelle sind. Sie wird von Betrieben jeder Größe und Branche am häufigsten genutzt; im Durchschnitt von 84% der Unternehmen. Nach der Häufigkeit der Nennungen folgen als Informationsquelle über neue Technologien Gespräche mit Kollegen und mit Kunden (74%) sowie der Besuch von Fachmessen und Kongressen (70%). Rund 60% der Unternehmen informieren sich durch ihre Fach verbände; Transferstellen der Industrie- und Handelskammern werden von knapp 30% der Unternehmen in Anspruch genommen. Knapp 20% nennen (Fach-)Hochschulen, Forschungseinrichtungen und R K W als wichtigste Informationsquelle. Alle anderen Informationsquellen haben eine untergeordnete Bedeutung (vgl. ebenda, S. 189 f.). Differenziert man die Auswertung nach der Unternehmensgröße so nimmt die Nutzung von (Fach-)Hochschulen und anderen Forschungseinrichtungen mit der Unternehmensgröße überproportional zu. Auch bei der Inanspruchnahme der anderen Informationsquellen ergibt sich—mit Ausnahme der Verbände, IHKs und des R K W — ein positiver Einfluß der Unternehmensgröße; dieser ist jedoch wesentlich schwächer als bei den Forschungsinstitutionen (vgl. ebenda, S. 191). Auch eine Befragung von 418 kleinen und mittleren Handwerksbetrieben kommt zu dem Ergebnis, daß bei der Information über technische Entwicklungstrends Zeitschriften mit 36% der Nennungen eine wesentliche Bedeutung haben. Fortbildungskurse / Lehrgänge, praktische Erfahrungen im Betrieb 251

Die Häufigkeit der Inanspruchnahme konnte mit den Anwortkategorien „sehr häufig, häufig, manchmal, selten, nie" charakterisiert werden.

124

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

folgen bereits mit erheblichem Abstand (je 7%). Alle anderen Informationsquellen können aufgrund der hohen Antwort-Verweigerungquote von 24% vernachlässigt werden (Etienne jKaupen 1974, S. 57 f.). Übereinstimmend deuten die vorliegenden empirischen Studien darauf hin, daß technische Informationen vor allem aus Fachzeitschriften und von Tagungen/Kongressen stammen. Auch Gespräche mit Kollegen sind als relativ wichtig anzusehen. Kontakte zu Forschungsinstitutionen und Hochschulen pflegen dagegen — wenn überhaupt — nur große Unternehmen; Selbsthilfeeinrichtungen (Kammern, Verbände etc.) werden dagegen vor allem von kleinen und mittleren Unternehmen in Anspruch genommen. c) Informationen über ökonomische Entwicklungstrends Müller (1973, S. 30-32) analysiert die zur Unternehmensplanung benutzten Informationsquellen. 74% der befragten Betriebe insgesamt und 90% der Großbetriebe (mit mehr als 100 Beschäftigten) benutzen Berechnungen des Unternehmens bzw. des Konzerns. Nahezu gleichrangig folgen Informationen von Hauptkunden (62%), Verbandsberechnungen (61%) und allgemein zugängliche Informationsquellen, z.B. Fachpresse (59%). Einen Erfahrungsaustausch mit anderen Betrieben nennen lediglich 32% der Betriebe. Sämtliche dieser Informationsquellen werden mit zunehmender Unternehmensgröße intensiver genutzt. Die nachgefragten Informationen beziehen sich vor allem auf den Absatzbereich. Eine andere Befragung des IFO-Institutes zur Nutzung gesamtwirtschaftlicher Projektionen und Prognosen in der Industrie (Neumann 1974) ergab, daß Informationen über ökonomische Entwicklungstrends vor allem von Kammern und Verbänden, aber auch aus der Wirtschaftspresse stammen. d) Entscheidungsrelevante Informationen Meyer-Krahmer u.a. (1984) kommen zu dem Ergebnis, daß Betriebe, die selten Informationen über das Marktpotential geplanter Neuerungen einholen, Neuentwicklungen vor allem dann durchführen, wenn Kundenwünsche dies erforderlich erscheinen lassen (ebenda, S. 172). Unternehmen, die sich regelmäßig über die Marktaussichten neuer Produkte informieren, bedienen sich einer breiten Palette unterschiedlicher Informationsquellen, deren Bedeutung sich nach dem Eindruck der Autoren je nach Produkt, Marktsituation und Unternehmensstrategie unterscheidet (ebenda, S. 174). 252 Als wichtigste und gebräuchlichste Informationsquellen über das Marktpotential werden genannt: — Kunden/Vertrieb, technischer Kundendienst, Unternehmensleitung — Messebeteiligung, Konkurrenzbeobachtung — Fachzeitschriften (ebenda, S. 173). 252

Diese Ansicht wird leider nicht erläutert.

3. Informationsverhalten

125

Eine Untersuchung von Investitionsentscheidungen in 101 zufallig ausgesuchten mittelständischen Maschinenbauunternehmen kommt zu dem Ergebnis, daß neben den Herstellern insbesondere die Benutzer gleicher oder ähnlicher Maschinen als wichtigste externe Quelle von für die Investitionsentscheidung relevanten Informationen dienen. Vor der endgültigen Entscheidung führten 50% der Betriebe eine Besichtigung durch. 16% der Betriebe nennen Messen als wichtige externe Informationsquelle für Investitionsprojekte, 10% der Betriebe konsultieren Berater (Biehl 1982, S. 62). Bei der Entscheidungsfindung präferieren die von Fink (1980) befragten Industrie- und Handwerksbetriebe Gespräche mit Kollegen (74%/63%) 2 5 3 , Messen und Ausstellungen (70% / 58%), Anfragen bei Herstellern (72% / 48%), Fachzeitschriften (67%/56%) sowie Kataloge und Prospekte (51%/42%) (ebenda; S. 74f.). Eine betriebsgrößenspezifische Auswertung zeigt, daß die Reihenfolge der Informationsquellen von der Betriebsgröße unabhängig ist, jedoch die Nutzungsintensität mit der Betriebsgröße zunimmt (ebenda, S. 8086). Branchenspezifische Unterschiede im Informationsverhalten sind nicht festzustellen (ebenda, S. 88). Myers ! Marquis (1969) untersuchen die Verbreitung neuer Technologien in drei Industrien. Dabei kommt dem Kontakt zu Herstellern mit 18% die größte Bedeutung bei den betriebsexternen Informationsquellen zu (ebenda, S. 90). Dagegen erhalten nur 8% der Unternehmen bei der Lösung von Innovationsproblemen wesentliche Hilfen aus der Fachliteratur (ebenda, S. 52). Auch Mühlenbesitzer nennen den Kontakte zu Kollegen und Herstellern als wesentliche Informationsquelle im Zusammenhang mit der Adoption neuer Techniken. Fachliteratur wird auch hier als eher nebenrangig bezeichnet (vgl. Hay ward 1972, S. 201). Eine Befragung der Leiter von 70 kleineren schweizerischen Unternehmen zum Investitions- und Innovationsverhalten kommt zu dem Ergebnis, daß speziell im Zusammenhang mit Investitionen gesammelte Informationen je nach Art des Informationsbedarfs aus verschiedenen Quellen stammen (.Nydegger/ Oberhänslij Harringer 1983, S. 142). Technische Informationen holten 18 Betriebe ein. Dabei kommt Lieferanten in der eher wenig innovativen Textilindustrie geringe Bedeutung zu, in der forschungsintensiven Chemischen Industrie dagegen Universitäten. Informationen über Beschaffungsmärkte bringen die Betriebe ein relativ geringes Interesse entgegen; sie stammen vor allem von den Verbänden (11 Nennungen) oder aus befreundeten Unternehmen. Über die Absatzmärkte informierten sich insgesamt 32 Unternehmen, davon acht bei Marktforschungsinstituten und sieben bei der Handelszentrale. Banken, Handelskammern, Kunden, Lieferanten und Konkurrenten wurden nur vereinzelt genannt. 254 253 Die Prozentzahlen beziehen sich auf die Nennungen, welche die jeweilige Informationsquelle zumindest als „wichtig" bezeichnen (mögliche Anwortkategorien: entscheidend, sehr wichtig, wichtig, weniger wichtig, keine Bedeutung).

126

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Während die zur Vorbereitung von F + E-Entscheidungen relevanten Informationsquellen je nach Art des Projektes, des Betriebes und der Märkte stark variieren, sind für einen wesentlichen Teil der Adoptionsentscheidungen Erkenntnisse der Hersteller und früher Anwender der Technik besonders wichtig. e) Zusammenfassung Die Ergebnisse bisher vorliegender Studien über die Bedeutung betriebsexterner Informationsquellen deuten darauf hin, daß sich die Inanspruchnahme je nach Art der nachgefragten Informationen, der Art der innovativen Aktivitäten (und damit auch der Wettbewerbsbedingungen), der Betriebs- bzw. Unternehmensgröße und der branchenspezifischen Qualität der Informationsquellen unterscheidet. Für die Information über betriebsextern entwickelte Prozeßinnovationen kommt Fachliteratur die wesentlichste Bedeutung zu. 2 5 5 Bei der Beurteilung neuer Techniken ist allem Anschein nach der persönliche Kontakt besonders wichtig, der entweder durch Besuche von Herstellern oder Kollegen (Betriebsbesichtigungen) oder auf Tagungen, Kongressen bzw. Messen zustande kommt. Für F + E-Aktivitäten relevante technische Informationen stammen dagegen vor allem aus Forschungsinstituten, Patentstellen etc.. Für Informationen über die allgemeine ökonomische Entwicklung kommen den Kammern und Verbänden sowie der Presse allem Anschein nach größere Bedeutung zu als in jedem anderen Themenbereich. Als Grundlage der Unternehmensplanung und zur Abschätzung des Marktpotentials sind dagegen vor allem Informationen von Kunden bedeutsam. Kleine und mittlere Unternehmen fragen weniger technische Informationen aus externen Quellen nach als größere Unternehmen und konzentrieren sich auf relativ wenige Informationsquellen (Fachliteratur, Messen, Kollegen). Die Inanspruchnahme (halb-)staatlicher Transferstellen scheitert allem Anschein nach nicht selten bereits daran, daß diese nicht bekannt sind. I m Produktbereich ist die Zusammenarbeit mit den Kunden besonders intensiv. M i t der Größe der Unternehmen nimmt die Wahrscheinlichkeit eines Kontaktes zu Forschungseinrichtungen sowie die Inanspruchnahme von Datenbanken zu. Im ökonomischen Bereich werden eher eigene Berechnungen und Schätzungen der zukünftigen Entwicklung angestellt. 254 Zu den drei wichtigsten externen Quellen für „allgemeine Informationen" gehören in jeweils 44% der Unternehmen Zeitungen und Zeitschriften, Vertreterberichte in 24% und Kunden in 18% der Unternehmen (vgl. Nydegger / Oberhänsli/Harringer 1983, S. 140 und S. 280). 255 Mohr (1977, S. 82) beurteilt die Bedeutung von Fachliteratur für die Nachfrage nach Informationen über neue technische Entwicklungen trotz gegenteiliger empirischer Ergebnisse eher skeptisch, weil sich im Rahmen einer RKW-Studie (Grossmann 1971) bei einer Frage nach den tatsächlich gesichteten und gelesenen Zeitschriften herausstellte, daß mündliche Informationen weitaus bedeutsamer sind als gedruckte.

3. Informationsverhalten

127

3.2.2 Planung und Evaluation als Instrument der Informationsnachfrage und -Verarbeitung

Von den in einem Betrieb bzw. Unternehmen vorhandenen Informationen ist vor allem dann ein Einfluß auf das Innovationsverhalten zu erwarten, wenn sie systematisch gesammelt, ausgewertet und verwertet werden. Zu diesem Zweck stehen die verschiedenen Methoden der Unternehmensplanung, der Investitionsrechnung sowie organisatorische Maßnahmen zur Förderung der innerbetrieblichen Informationssammlung und des Informationsaustausches 256 zur Verfügung. 3.2.2Λ Unternehmensplanung Planung kann man als einen komplexen Informationsverarbeitungsprozeß ansehen, in dessen Verlauf Informationen aufgenommen, generiert, gespeichert und übertragen werden (vgl. Syzperski/ Winand 1980, S. 96). Bevor die Bedeutung der Unternehmensplanung für das Informations- und das Innovationsverhalten von Betrieben analysiert wird, sind zunächst die verschiedenen Arten der Unternehmensplanung voneinander abzugrenzen. a) Arten der Unternehmensplanung Die Unternehmensplanung kann man nach dem Planungsinhalt (Zielplanung, Maßnahmenplanung und Ressourcenplanung) 257 und der Planungsebene bzw. den Planungsstufen (operative, taktische und operative Planung) 258 unterscheiden. 259 In Anlehnung an Töpfer (1976, S. 130) läßt sich anhand dieser beiden Merkmale eine Matrix über den Inhalt der verschiedenen Bereiche der Unternehmensplanung aufstellen (vgl. Übersicht 1). Als „strategisch" wird die langfristige, auf das gesamte Unternehmen bezogene Planung bezeichnet. Sie soll helfen, die Existenz des Unternehmens dauerhaft zu sichern, indem sie dazu beiträgt, Chancen und mögliche Probleme frühzeitig zu erkennen und die Voraussetzungen für eine schnelle Nutzung bzw. Lösung zu schaffen. Zu diesem Zweck wird eine globale Unternehmenspolitik 256

Organisatorische Maßnahmen zur Förderung des innerbetrieblichen Informationsaustausches werden in Abschnitt II.4 behandelt. 257 Für eine ausführliche Darstellung der möglichen Planungsinhalte vgl. ζ. B. Welge 1985, S. 163-313. 258 Befragungsergebnisse von Kreikebaum / Grimm (1986, S. 862) bestätigen die traditionelle Auffassung, daß sich die kurzfristige Planung in der Regel auf einen Zeitraum von bis zu einem Jahr bezieht, die mittelfristige Planung einen Zeitraum von zwei bis fünf Jahren abdecke und längerfristige Planungen eine Perspektive von mehr als fünf Jahren aufweisen. 259

Vgl. insbesondere Töpfer

1976, S. 145-148, Wild 1974, S. 166-170.

128

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit Übersicht 1 Inhalt betrieblicher Planungen

^"^^Planungsinhalt Planungsebene^\^

Ziele

Maßnahmen

Ressourcen

strategische Planung

Unternehmensphilosophie und -ziele

Strategien

Ressourcenentwicklung (Bedarfsanalyse)

taktische Planung

Teilziele

Programme

Ressourcenbeschaffung

operative Planung

Einzelziele

Aktionen

Ressourceneinsatz

formuliert, 260 das Unternehmen und seine Umwelt analysiert, strategische Geschäftsfelder (Produkte, Leistungen, Märkte) abgegrenzt, Grundstrategien formuliert und Bedingungen für die Aufgabenerfüllung geschaffen. Die taktische Planung umfaßt die mittelfristige Umsetzung der strategischen Pläne auf konkrete Problem- oder Handlungskomplexe. Sie leitet die zur Realisierung der strategischen — wenn überhaupt nur sehr vage quantifizierten — Ziele notwendigen Veränderungen ein. Dabei wird insbesondere Umfang und Struktur der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und des Leistungsprogramms, die Entwicklung des Produktionsapparates, des Personalbestandes und der Organisation, die Kapitalstruktur etc. festgelegt. 261 Unter dem Begriff „operative Planung" wird die kurzfristige, ablauforientierte Aktionsplanung zusammengefaßt. Für sie sind Produkte, Märkte, Verfahren, Personal, Kapitalausstattung etc. weitestgehened gegeben. Sie legt vor allem Aktivitäten wie Beschaffung, Fertigung, Personaleinsatz, Vertrieb etc. im Hinblick auf Zeitpunkt, Art und Menge fest. Im Rahmen der taktischen und operativen Planungen werden häufig Budgets für die verschiedenen Funktionsbereiche sowie Pläne über Kosten, Liquidität und Gewinn festgelegt. b) Einfluß der Unternehmensplanung auf Informationsnachfrage und Informationsverarbeitung Die Unternehmensplanung trägt nicht nur dazu bei, die Komplexität betrieblicher Aktivitäten zu vermindern, dezentrale Aktivitäten zu koordinieren und auf die Ziele des Managements auszurichten; 262 sie beeinflußt auch Umfang und Struktur der Informationsnachfrage sowie die Informationsverwertung. 260

Vgl. dazu Abschnitt 5. Zur Vorgehensweise bei der Planung von Innovationsprojekten vgl. ζ. B. Cooper 1986, S. 35ff., Simon 1984, Souder 1987, S. 117-138, Strebel u.a. 1979, S. 55-73. 261

3. Informations verhalten

129

Jede Planung bedarf einer Prognose zukünftiger Entwicklungen. Eine solche Prognose setzt die Kenntnis u n d Verknüpfung v o n Informationen über die aktuelle Lage u n d die E n t w i c k l u n g des Unternehmens u n d seiner U m w e l t voraus. Der einer substanziellen Planung zugrundeliegende Informationsbedarf k a n n die Informationsnachfrage beeinflussen. Er trägt insbesondere zu einer Strukturierung der Informationsnachfrage bei (vgl. BerteljMoews 1970, S. 3335). I m Rahmen der strategischen Unternehmensplanung sind seit Beginn der 60er Jahre Konzepte entwickelt worden, die den besonderen Informationsbedürfnissen dieses Planungsbereiches Rechnung tragen. D i e Konzepte zielen darauf ab, Chancen u n d Risiken, die sich aus Veränderungen i n der U m w e l t des Unternehmes ergeben, frühzeitig zu erkennen, 2 6 3 die Situation v o n K o n k u r r e n ten sowie Stärken u n d Schwächen des eigenen Unternehmens zu analysieren. 2 6 4 I m Zusammenhang m i t dem betrieblichen Innovationsverhalten k o m m t der mittelfristigen Planung hinsichtlich der Forschung u n d Entwicklung, der Produktentwicklung u n d der Investitions- u n d Personalentwicklung sowie der Finanzplanung besondere Bedeutung zu. Eine längerfristige Planung der F + E, der P r o d u k t i o n u n d des Produktprogramms stellt vor allem sicher, daß Informationen über neuere technische u n d ökonomische Entwicklungen regelmäßig nachgefragt u n d systematisiert sowie die A k t i v i t ä t e n unterschiedlicher Unternehmensbereiche aufeinander abgestimmt werden. Eine Personalentwick-

262 Eine Koordination und zieladäquate Ausrichtung dezentraler Aktivitäten wird vor allem durch eine Vorgabe von Zielen und Reaktionsmustern sowie durch konkrete Mengenangaben zur effizienten Verteilung knapper Ressourcen erleichtert (Welge 1985, S. 77). Bei derartigen Vorgaben handelt es sich lediglich um eine notwendige Voraussetzung. Das Ausmaß, in dem sich die Mitarbeiter tatsächlich an den Vorgaben orientieren, hängt ganz wesentlich davon ab, in welchem Maße sie sich mit diesen identifizieren. Das Ausmaß, in dem die persönlichen Ziele der Mitarbeiter tatsächlich mit denen der Unternehmensplanung des Managements übereinstimmen, kann durch organisatorische Maßnahmen und einen partizipativen Führungsstil erhöht werden (vgl. Abschnitt 4). Die Planung vermindert die Komplexität, indem man sich auf eine Teilaufgabe, nämlich das systematische Durchdenken und das Festlegen von Zielen, Maßnahmen, Mitteln und Wegen zur Zielerreichung spezialisiert. Außerdem werden die Gesamtzusammenhänge in Teilprobleme zerlegt; z. B. durch die Differenzierung der Gesamtplanung in (funktionale) Teilbereichsplanungen oder die Unterteilung in Planungsstufen mit unterschiedlichem Zeithorizont (vgl. Welge 1985, S.41). Die Planungsintensität, also die Fristigkeit, die Genauigkeit und die Bedeutung der Pläne für die Aktivitäten, dürfte die Qualität von Innovationen in der Regel erhöhen, weil die (formale) Rationalität zunimmt. 263 Die zu diesem Zweck entwickelten Portfolioansätze konzentrierten sich zunächst ausschließlich auf die Analyse von Absatzmärkten (zur Entwicklung des strategischen Managements vgl. Ansoff u.a. 1976, Hahn 1986, Mejfertl Wehrle 1983). Neuere Ansätze betonen besonders die Bedeutung einer zusätzlichen Berücksichtigung der technologischen Entwicklung (vgl. dazu insbesondere Pfeiffer u.a. 1983). 264

Für einen Überblick über die Konzepte vgl. z.B. Hinterhuber 1980, Kreikebaum 1987. Insbesondere in größeren Betrieben ist damit zu rechnen, daß beim Aufspüren von Marktchancen die Bedeutung von Intuition und den von Kunden geäußerten Wünschen zunehmend durch eine wissenschaftlich fundierte Marktforschung ersetzt werden. 9 Maas

130

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

lungs- und Liquiditätsplanung kann Ressourcenengpässen vorbeugen; die Absatzpolitik kann für den Erfolg von Produktinnovationen von entscheidender Bedeutung sein. 3.2.2.2 Projektevaluation Die Planung gibt den Entscheidungsträgern Ziele vor, auf die sie ihre Entscheidungen ausrichten sollten. Vor jeder Entscheidung ist also zu prüfen, in welchem Maße diese zur Realisierung der Pläne beiträgt. Für eine Beurteilung von Investitions- und Innovationsprojekten kommen vor allem die verschiedenen Investitionsrechenmethoden aber auch Nutzwertanalysen / ScoringModelle etc. in Betracht. 265 Insbesondere bei Projekten mit einem hohen Neuheitsgrad kann es sich dabei keineswegs um den Versuch handeln, die Wirtschaftlichkeit exakt abzuschätzen. Aufgrund der unsicheren Datenlage kann es nur darum gehen, die erfolgversprechendste Alternative auszuwählen sowie die mit der Entscheidung verbundenen Chancen und Risiken aufzuzeigen. Die Durchführung einer Investitionsrechnung zwingt nämlich dazu, die Entscheidungsgrundlagen zu vervollständigen, zu systematisieren und die Auswirkungen alternativer Entwicklungen in den Rahmenbedingungen auf die Vorteilhaftigkeit der Maßnahmen abzuschätzen.266 So müssen z.B. um eine Investitionsrechnung sinnvoll durchführen zu können, Vorstellungen über die Nutzungsdauer der Anlage sowie über mögliche Einnahme- und Ausgabeströme vorliegen. Dies setzt eine systematische Zusammenstellung von technischen, konjunkturellen und wirtschaftspolitischen Entwicklungen voraus. Der Einsatz von Evaluationstechniken erhöht also die Qualität der Entscheidung weniger durch eine exakte Abschätzung der letztendlich erzielten Wirtschaftlichkeit, sondern durch ihren Einfluß auf eine systematische Informationssammlung und -Verknüpfung. 3.2.2.3 Organisatorische Maßnahmen zur Informationssammlung Informationsauswertung

und

Die Auswertung der im Betrieb verfügbaren Informationen kann auch durch einen persönlichen Informationsaustausch (vgl. Abschnitt 4) und durch organisatorische Maßnahmen, wie den Umlauf von Fachzeitschriften, Fachbüchern, Lieferanteninformationen oder ausgewählten Auszügen bzw. Zusammenfassungen, von Aktennotizen über Messebesuche, Betriebsbesichtigungen, Lieferantenbesuche, Berichte über betriebsinterne und betriebsexterne Entwicklungen 265 Für einen Überblick über die verschiedenen Evalutationsmethoden vgl. Brose 1982, Cooper 1986, S. 95-121. Vgl. auch Arthur D. Little 1988, S. 80-104. 266 Schumpeter (1934, S. 125) spricht derartigen rationalen Aspekten dagegen eine geringe Bedeutung für das Innovationsverhalten zu. Er ist stattdessen der Ansicht, daß Aspekte wie Intuition, Einfühlungsvermögen und Fingerspitzengefühl von weitaus größerer Bedeutung sind.

3. Informations verhalten

131

sowie betriebliche Planungen 267 und schließlich durch die Einrichtung von Dokumentationsstellen gefördert werden. Bei den Dokumentationsstellen kann es sich neben Bibliotheken vor allem um „Ideenkarten" (Strebe! u.a. 1979, S. 29), in größeren Unternehmen auch um EDV-gestützte Informationssysteme 268 handeln. Derartige Systeme dienen der Sammlung, Speicherung, Aufbereitung und Strukturierung von Informationsmaterial. Dabei ist für die Ausnutzung EDV-gestützter Informationssysteme von besonderer Bedeutung, wem diese Systeme in welchem Maße zugänglich sind, wer also welche Informationen erhält. So können Mitglieder bestimmter Abteilungen u.U. nur die ihren Bereich betreffenden Informationen abrufen. 269 3.3 Der Einfluß von Informationen auf Adoption und Innovation — Ergebnisse empirischer Studien Die Bedeutung von Informationen für das Innovationsverhalten wird im wesentlichen mit Hilfe von drei Vorgehenweisen analysiert. Die erste Gruppe von Arbeiten überprüft einen Zusammenhang zwischen Informationsverhalten und Innovationsleistung (Abschnitt 3.3.1). Andere Studien versuchen, den Einfluß von Informationen zu ermitteln, indem sie leitende Angestellte nach ihrer Einschätzung des Informationsstandes befragen (Abschnitt 3.3.2). Eine dritte Gruppe von Arbeiten untersucht Unterschiede im Informationsverhalten zwischen mehr oder weniger innovativen Betrieben bzw. mehr oder weniger erfolgreichen Innovatoren (Abschnitt 3.3.3). 3.3.1 Einfluß der erstmaligen Kenntnisnahme einer Neuerung auf deren Adoption

Ein statistischer Zusammenhang zwischen Indikatoren zur Charakterisierung der Informationsnachfrage sowie der Informationsverarbeitungskapazität einerseits und dem Innovationsverhalten andererseits ist vor allem im Rahmen der Adoptions- bzw. Diffusionsforschung untersucht worden. Die dabei gewonnenen Ergebnisse sind sehr widersprüchlich. Etienne und Kaupen (1974, S. 53-55) überprüfen den Einfluß der ersten Kenntnisnahme auf die Übernahme von Neuerungen. Dabei ergeben sich deutliche Branchenunterschiede. In der Installationsbranche zeigt sich für alle untersuchten Geräte (Kupferrohrbiegegerät, Eisenrohrbiegegerät, elektrische Gewindeschneider) ein relativ deutlicher Zusammenhang. In der Kfz-Branche ist die Korrelation dagegen für zwei Techniken weitaus schwächer (elektronische Motortester und Radauswuchtgerät), für die dritte Neuerung (optisches Spurmeßgerät) ergibt sich kein Einfluß der ersten Kenntnisnahme auf den Adoptionszeitpunkt. Diese Unterschiede können auf die Eigenschaften der 267 268

*

Vgl. dazu z.B. Kreibich 1978. Vgl. dazu z.B. Kubicek 1975, Möllhoff

132

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Neuerungen oder die Wettbewerbs Verhältnisse zurückzuführen sein. Die Neuerungen in der Installationsbranche scheinen insbesondere einen weitaus geringeren Neuheitsgrad aufzuweisen. Auch Hakanson (1974) überprüft, ob frühzeitig über eine Innovationsmöglichkeit informierte Betriebe auch zu den (frühen) Adoptoren gehören. Zu diesem Zweck unterteilt er die Betriebe seines Samples in vier Gruppen: frühe, durchschnittliche und späte Adoptoren und Nicht-Adoptoren. Für diese Gruppen vergleicht er den Durchschnittswert der erstmaligen Information (Jahreszahl). Die Ergebnisse dieser Auswertung geben — wenn überhaupt — nur schwache Hinweise auf die Gültigkeit der These, daß Betriebe eine Neuerung um so früher adoptieren, je früher sie über die Existenz der Innovationsmöglichkeit informiert waren: Für das schwedische Sample ist der Zeitpunkt, zu dem erstmals Information über eine Neuerungsmöglichkeit vorlagen, für alle Anwendergruppen identisch; Nichtadoptoren waren allerdings im Durchschnitt fünf Jahre später informiert als Adoptoren. In den anderen nationalen Samples sind die Unterschiede zwischen den Betriebsgruppen sehr gering. Für das Gesamtsample und einen Teil der nationalen Samples steigt die durchschnittliche Jahreszahl der erstmaligen Information mit dem Adoptionslag (geringfügig) an. In dem US-amerikanischen Sample gilt dies nur für die Adoptoren; dagegen waren die Nicht-Adoptoren im Durchschnitt früher informiert als die Adoptoren (vgl. ebenda, Tab. 4.5). In eine statistische Auswertung von Hakanson (1974) geht das Jahr der ersten Information über die Neuerung als Variable des Informationsverhaltens ein. Dabei ergibt sich für diesen Indikator nur für das Gesamtsample ein signifikanter Einfluß, der sogar relativ deutlich ist. Die Tatsache, daß der Erklärungswert der Betriebsgröße in der schrittweisen multiplen Regression durch die Einbeziehung der Informationsvariablen abnimmt, deutet auf einen Zusammenhang des Zeitpunktes der erstmaligen Information und der Betriebsgröße hin (vgl. dazu Tabelle 4.14, ebenda, S. 85). Rogers (1961, S. 208) kann ebenfalls keinen (deutlichen) Zusammenhang zwischen dem Zeitpunkt der erstmaligen Information und dem Adoptionszeitpunkt feststellen. Die geringe Evidenz für die Gültigkeit der überprüften Hypothese ist wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil auf deren geringen Erklärungswert zurückzuführen. Die erstmalige Information über die Existenz einer Neuerung gibt wenig Auskunft über den Einfluß des Informationsverhaltens auf das Innovationsverhalten. Es handelt sich weniger um ein analytisches als um ein deskriptives Ergebnis. Schließlich stellt die Wahrnehmung einer Informationsmöglichkeit lediglich eine notwendige Voraussetzung für die Adoption dar. Es wird ausschließlich der Einfluß des Informationsverhaltens auf eine Phase des Innovationsprozesses, die Wahrnehmungsphase, abgebildet. Will man den Einfluß des Informationsprozesses auf den gesamten Innovationsprozeß erfassen, muß man geeignete Indikatoren finden, mit deren Hilfe das Informationsverhalten von Betrieben abgebildet werden kann.

133

3. Informationsverhalten 3.3.2 Zusammenhang zwischen Indikatoren des Informations- und des Innovationsverhaltens

Hakanson (1974) sieht den in jeder Adoptorengruppe 269 feststellbaren Anteil der Betriebe mit ausländischen Kapitalverflechtungen, Know-How-Verträgen, Mitgliedschaft in industriellen Forschungsorganisationen und F + E-Aktivitäten als Indikator für die Informationsversorgung an. 2 7 0 Eine Auswertung von Häufigkeitstabellen deutet daraufhin, daß das Vorhandensein dieser Faktoren — ebenso wie der durchschnittliche Exportanteil — einen positiven Einfluß auf die Geschwindigkeit der Adoption hat. 43% der frühen Adoptoren sind Mutter einer ausländischen Tochtergesellschaft (Nicht-Adoptoren 3%, Gesamtsamples 14%). 2 7 1 21 der Nicht-Adoptoren, aber kein früher Adoptor ist dagegen Tochtergesellschaft einer ausländischen Muttergesellschaft. Der Anteil der Betriebe mit „Know-how agreements" ist bei frühen Adoptoren mit 42% deutlich am höchsten und mit 13% bei den Nicht-Adoptoren mit Abstand am niedrigsten (Gesamtsample 26%). Der Anteil nimmt mit zunehmender Verzögerung der Adoption kontinuierlich ab. Bei dem Anteil der Betriebe, welche Forschungsaktivitäten durchführen bzw. einer Forschungsorganisation angehören, zeigt sich ebenso wie beim durchschnittlichen Exportanteil ein deutlicher Bruch zwischen frühen und durchschnittlichen Adoptoren einerseits und späten Adoptoren bzw. Nicht-Adoptoren andererseits (vgl. ebenda, S. 79). 2 7 2 Lacci , Davies und Smith (1974) verwenden die Ausgaben für F + E, finanzielle Verflechtungen mit anderen Unternehmen und die Mitgliedschaft in der jeweiligen industriellen Forschungsgemeinschaft als Hilfsvariablen für die Informationsversorgung. Der Zusammenhang dieser Variablen mit der Adoption von Tunnelöfen in der Ziegelindustrie ist jedoch nicht sehr deutlich. Nur im schwedischen Teilsample haben Adoptoren höhere Anteile als Nicht-Anwender; für das britische Sample zeigt sich ein sehr schwacher Zusammenhang, bei den deutschen Betrieben sind keine Unterschiede festzustellen. 273 269 frühe, mittlere, späte Adoptoren und Nicht-Adoptoren. 270 Zur Charakterisierung der internationalen Verflechtung werden folgende Aspekte betrachtet: foreign connections (parent company or subsidiaries abroad), Know-How agreements, Research organisation membership und R + D aktivities (ebenda, S. 65). 271 Das Gesamtsample unterteilt sich in 13 frühe, 37 durchschnittliche und 35 späte Adoptoren und 42 Nicht-Adoptoren. F + E-Aktivitäten

Mitglied in Forschungsorganisation

durchschn. Exporte

frühe Adoptoren durchschn. Adopt. späte Adoptoren Nicht-Adoptoren

85% 64% 35% 39%

92% 89% 69% 55%

37% 31% 18% 15%

Gesamtsample

50%

72%

22%

134

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Baumberger, Gmür, Käser (1973) überprüfen den Einfluß der Informationsnachfrage von Betriebsmitgliedern, die eine Kern- bzw. Satellitenfunktion 274 übernehmen sowie des Unternehmens insgesamt auf die Übernahme von Kopier- und Vervielfaltigungsautomaten in 98 schweizerischen Unternehmen, Behörden und Verbänden. Zur Charakterisierung der Informationsnachfrage werden insgesamt sechs Indikatoren verwendet (vgl. ebenda, S. 733 f.): — Anzahl der Verbände/Vereine, in denen der Machtpromotor aus beruflichen Gründen Mitglied ist — Anzahl der Kommissionen, denen der Machtpromotor angehört — Anzahl der Auslandsreisen aus geschäftlichen Gründen im Jahr 1970 — Anzahl regelmäßig gelesener schweizerischer und ausländischer Tages- und Fachzeitschriften — Anzahl im Jahr 1970 besuchter in- und ausländischer Messen und Ausstellungen sowie Fachtagungen und Fachvorträge.

Die statistische Auswertung ergibt insbesondere für einige Informationsaktivitäten des Trägers der Kernfunktion (Machtpromotor) signifikante, aber widersprüchliche Ergebnisse. Eine signifikante einfache Korrelation der genannten Indikatoren mit der Gesamtdauer des Adoptionslags zeigt sich nicht (vgl. ebenda S. 857). 275 I m Rahmen einer Regressionsanalyse ergibt sich nur für die „Anzahl der regelmäßig gelesenen ausländischen Fachzeitschriften" der erwartete (inverse) Einfluß auf die Länge des Adoptionslags. Dagegen nimmt die Verzögerung mit der Anzahl der besuchten ausländischen Messen und Ausstellungen sowie mit der Anzahl der regelmäßig gelesenen schweizerischen Fachzeitschriften signifikant zu. Alle anderen Indikatoren des Informationsverhaltens sind nicht signifikant (ebenda, S. 874). Als weiterer Indikator des Informationsbeschaffungsverhaltens verwenden Baumberger, Gmür und Käser (1973, S. 718) die Zahl der Kontakte zu Hochschulen und Universitäten sowie zu privaten Beratungsfirmen. Die innerbetriebliche Informationsverarbeitung versuchen die Autoren durch die Intensität der Verarbeitung von Fachliteratur, 276 den Planungshorizont 273

Lacci , Davies und Smith (1974) versuchen mit Hilfe dieser Indikatoren sowie der regionalen Konzentration der Betriebe auch die Unterschiedlichkeit der nationalen Diffusion zu erklären. Die Analyse erscheint jedoch wenig aussagekräftig. 274

Kern- und Satellitenorgan entsprechen im wesentlichen dem Macht- und Sachpromotor Wittes. 275 Baumberger I Gmür j Käser (1973) analysieren nicht nur die Determinanten der Adoptionslags insgesamt, sondern auch Bestimmungsgründe für die Länge von Teilphasen. Dabei unterscheiden sie Ignoranzzeitraum und Latenzzeitraum. Der Ignoranzzeitraum ergibt sich aus der Differenz zwischen der Konfrontation einer breiten Öffentlichkeit mit der Neuerung und der erstmaligen Wahrnehmung durch Betriebsmitglieder. Der Latenzzeitraum liegt zwischen erstmaliger Kenntnisnahme und erstmaliger Beschäftigung mit der Technik. Auf eine Darstellung dieser sehr differenzierten Auswertungen wird hier aus Platzgründen verzichtet.

3. Informationsverhalten

135

allgemein und den Planungshorizont für Einzelprojekte abzuschätzen.277 Die Korrelationsanalyse deutet nur auf einen signifikanten statistischen Zusammenhang zwischen dem allgemeinen Planungshorizont und dem Adoptionslag hin (ebenda, S. 857). DuchesneauICohn jDutton (1979, S. 220-237) beurteilen das Informationsverhalten anhand von sechs Indikatoren, die sie aus bereits vorliegenden Studien 278 übernehmen: — — — — — —

Frequency of contact with supplier representatives Number of trade journals read Proportion of managers attending trade shows Use of consultants Number of suppliers with which firm was in regular contact Firm contact with non-traditional sources of equipment technology.

Bei einer einfachen Korrelation dieser Variablen ergibt sich lediglich für „proportion of managers attending trade shows" ein signifikanter Unterschied zwischen Adoptoren und Nichtadoptoren (Signifikanzniveau: 10%). Bei der nach neun Techniken differenzierten Auswertung wird der Einfluß dieser Variablen durch fünf signifikante Ergebnisse unterstützt. 279 Bei den anderen Indikatoren entspricht das Vorzeichen zwar in der Regel der Hypothese, die Ergebnisse sind jedoch jeweils nur in ein bis zwei Fällen signifikant. Die nach „revolutionary innovations" and „evolutary innovations" differenzierte Auswertung deutet darauf hin, daß die Indikatoren „proportion of managers attending trade shows" und „use of consultants" für Neuerungen mit geringerem Neuheitsgrad einen die Adoption fördernden Einfluß haben (ebenda, S. 235). Die Bedeutung der F + E-Abteilung als Informationsquelle wird — wenn auch sehr indirekt — durch eine Reihe empirischer Studien unterstützt, die auf einen Zusammenhang zwischen der Adoption neuer Techiken und der Existenz einer F + E-Abteilung am Standort hinweisen. 280 276

Die Ausprägung des Indikators ergibt sich aus den Antworten auf vier Fragen: — Zirkulieren in der Adoptionseinheit die neu eintreffenden Fachzeitschriften nach einem bestimmter Verteiler? — Werden Fachbücher oder -Zeitschriften bzw. gewisse oder alle Aufsätze daraus, irgendwo in der Adoptionseinheit systematisch registriert? — Existiert in der Adoptionseinheit eine Bibliothek mit einem verantwortlichen, haupt- oder nebenamtlichen Bibliothekar? — Kommt es vor, daß von gewissen Fachbüchern oder Zeitschriftenartikeln Zusammenfassungen oder Auszüge erstellt und in Zirkulation gegeben werden? (ebenda, S. 7190277

Maximale Anzahl der Jahre, für die einzelne Richtwerte im voraus schriftlich fixiert werden (Baumberger/ Gmür/Käser 1973, S. 721). 278 Webster 1970, Ross 1974, Olson 1974. 279 In vier Fällen beträgt das Signifikanzniveau 5%, in einem Fall 10%. 280 vgl. dazu z.B. Thwaites/Edward/Gibbons 1982, Fritsch 1987.

136

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Die Befragung von Biehl (1982, S. 62f. und Tabelle 12, S. 141) ergibt, daß Entscheidungsträger, die drei oder mehr Informationsquellenarten 281 nutzen, sich häufiger für Investitionen mit einem hohen Innovationsgrad entscheiden als solche, die nur Informationen von Mitarbeitern und Lieferanten erhalten. 282 Die Vorteilhaftigkeit eines breiten Informationsspektrums zeigt sich im Rahmen dieser Studie auch bei einem Vergleich der Anteile erfolgreicher Investitionen bei gleichem Innovationsgrad. Erfolgreiche Investoren nutzen im Durchschnitt nicht nur mehr Informationsquellenarten, sondern sie messen unternehmensexternen Quellen auch eine höhere Bedeutung für das Zustandekommen ihres Urteils über die anzuschaffende Maschine oder Anlage bei, als weniger erfolgreiche Investoren. Diese verlassen sich eher auf die Erfahrungen ihrer Mitarbeiter. Über die Signifikanz dieses Ergebnisses werden allerdings keine Angaben gemacht. Witte (1972) untersucht den Einfluß des Informationsverhaltens auf die Effizienz von Entscheidungen über die Erstbeschaffung von EDV-Anlagen mit Hilfe einer Dokumentenanalyse (vgl. dazu 2.3.2). Dabei werden die Informationsaktivitäten durch die Zahl der dokumentierten Informationsmaßnahmen des Entscheidungsgremiums operationalisiert und in Informations-Versorgung und Informations-Nachfrage unterteilt (vgl. dazu ebenda, S. 26 f. sowie Grün/HamelJ Witte 1972, S. 145-154). Die Auswertung von 227 Entscheidungsprozessen ergibt keinen statistischen Zusammenhang zwischen der durchschnittlichen Informationsaktivität und dem Innovationsgrad (vgl. Witte 1972, S. 28 f.). Auch ein positiver Einfluß des Informationsangebotes, also derjenigen Informationsoperationen, bei denen die an Entscheidungsprozessen mitwirkenden Personen als Informationsempfanger fungieren, zeigt sich nicht. Die höchste Effizienz wird sogar bei den niedrigsten Informationsversorgungsaktivitäten erreicht (vgl. ebenda, S. 40). Die von Witte aufgestellte Hypothese eines zentralen Einflusses der Informationsnachfrage auf die Effizienz von Entscheidungen läßt sich nur in eingeschränktem Umfang bestätigen. 283 Erst durch Zusammenlegung von drei durch einen mittleren Innovationsgrad gekennzeichneten Gruppen von Entscheidungen ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang (Irrtumswahrscheinlichkeit 6,2%). Witte (1972, S. 52) formuliert das Ergebnis deswegen eingeschränkt auf die beiden Extremwerte: „Geringe Informations-Nachfrage-Aktivitäten stehen in Zusammenhang mit extrem niedrigem Innovations-Grad und hohe Informations-Nachfrage-Aktivität steht im Zusammenhang mit extrem hohem Innovationsgrad". 284 281

ebenda S. 180, Frage 106. Die Irrtumswahrscheinlichkeit beträgt 9%. 283 Dies kann u.U. auch auf den rein quantitativen Informations-Nachfrage-Indikator Witte s zurückzuführen sein, der auch unpräzise, irrelevante, redundante Informationen enthält, von denen keine effizienzsteigernde, sondern eher eine effizienzmindernde Wirkung zu erwarten ist. 282

3. Informations verhalten

137

Die geringe bzw. eingeschränkte Signifikanz einer monokausalen Erklärung des Innovationsverhaltens verwundert wenig. Anhaltspunkte dafür, daß auch andere Faktoren die Effizienz von Entscheidungen beeinflussen, liefert ζ. B. eine Untersuchung von Brockhoff (1979). Er analysiert im Rahmen von Experimenten, wie gut Nutzer von Datenbanken Prognoseaufgaben bewältigen. Als Effizienzmaß verwendet er die Qualität der Prognose. Auch nach den Ergebnissen dieser Studie (ebenda, S. 143 IT.) kommt der artikulierten Informationsnachfrage eine Schlüsselrolle für die Effizienz von Entscheidungen zu. Da Informationen die Prognoseleistung über die Erzeugung von Wissen und den Wissensstand beeinflussen, kann die Effizienzwirkung von Informationen allerdings durch ein hohes aktives Wissen der Entscheidungsträger substituiert werden. Auch eine Analyse von Geschäftsführungsentscheidungen, 285 die im Vergleich zu Innovationsentscheidungen durch eine geringere Komplexität gekennzeichnet sind, bestätigt im wesentlichen Witte s Ergebnisse (vgl. Hauschild u. a. 1983). Zwar erweist sich die Informationsnachfrage in Bezug auf alle Entscheidungsprozesse zunächst als effizienzneutral (ebenda, S. 226); nachdem jedoch alle Entscheidungen, deren Zielsetzung sich während des Entscheidungsprozesses wesentlich verändert haben, aus der statistischen Auswertung herausgenommen sind, ergibt sich für die verbleibenden 66 Fälle ein positiver Zusammenhang zwischen Effizienz und Informationsnachfrage. Das Ergebnis ist allerdings nur auf einem Niveau von 9% signifikant. Hauschildt u.a. (1983) modifizieren auf der Basis dieses Ergebnisses die Aussage von Witte und beschränken die Schlüsselrolle der Informationsnachfrage auf eine gezielte (nicht ziellose) Nachfrage. Aus diesem Ergebnis könnte man den Schluß ziehen, daß von einer Informationsnachfrage bei Prozessen, die auf grundlegende Neuerungen gerichteten sind, eine geringe effizienzsteigernde Wirkung ausgeht, weil sich die Ziele — wie bereits mehrfach erwähnt — im Projektablauf in der Regel mehrfach ändern und eine gezielte Informationsnachfrage deswegen nicht möglich ist. Stattdessen sind jedoch Hauschildt u.a. (1983, S. 243) der Ansicht, daß bei Innovationen eine stärkere effizienzsteigernde Wirkung der Informationsnachfrage zu erwarten ist, weil der Bestand an aktivem Wissen hier geringer ist als bei Routine-Situationen.

284 Der positive Einfluß der Informationsnachfrage auf die Effizienz von Innovationsentscheidungen werden durch betriebswirtschaftliche Experimente bestätigt (vgl. Bronner/ Witte/ Wossidlo 1972, S. 165). 285 Hauschildt u. a. analysieren Protokolle von Geschäftsleitungssitzungen eines mittelständischen Unternehmens. Die Effizienz der dokumentierten Entscheidungsprozesse erfolgt durch das Geschäftsführungsgremium selbst, welches acht Jahre nach der ersten Erhebung gebeten wurde, die Effizienz der Entscheidungen zu beurteilen.

138

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit 3.3.3 Einschätzung des Informationsstandes durch Betriebsmitglieder

In der Innovationsforschung wird häufig nicht der Zusammenhang von Indikatoren für das Informationsverhalten einerseits und die Innovationsleistung andererseits überprüft. Stattdessen werden leitende Mitarbeiter nach ihrer persönlichen Einschätzung hinsichtlich der Bedeutung von Informationsengpässen für das betriebliche Innovationsverhalten gefragt. Dabei kommen ζ. B. Meyer-Krahmer u. a. (1984, S. 171 -174) zu dem Ergebnis, daß zwei Fünftel der von ihnen befragten Unternehmen größere Probleme bei der Beschaffung von Informationen über das Marktpotential haben. Damit handelt es sich um den am häufigsten genannten Innovationsengpaß. Rund ein Drittel der befragten Unternehmen hat größere Probleme, Informationen über das Marktpotential neuer Produkte zu erhalten. Informationen über längerfristige technische Entwicklungstrends werden etwas weniger häufig als Innovationshemmnis genannt. Rund ein Viertel der Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren in diesem Bereich Schwierigkeiten. Diese Ergebnisse dürften die tatsächlichen Probleme eher unter- als überzeichnen. Schließlich gibt man sich bei dem Eingeständnis eines Informationsmangels eine gewisse Blöße. Die Autoren weisen außerdem darauf hin, daß bei der Einschätzung des Marktpotentials nicht selten ein gewisser Zweckoptimismus bestehen dürfte. 20% der von Ellwein u.a. (1980, S. 64) befragten mittelgroßen Betriebe beklagen spezifische mittelständische Informationsschwierigkeiten. Ellwein u. a. fragen außerdem nach einem Beratungsbedarf der Betriebe. Nahezu die Hälfte der Befragten äußert einen Bedarf an Informationen über Förderungsprogramme des Bundes und der Länder, fast 40% benötigen Unterstützung bei Anträgen auf staatliche Finanzhilfen. 44% bedürfen einer Beratung hinsichtlich neuer Fertigungsverfahren, 40% über den Stand der Technik und 35% sehen eine Beratung über neue Produkte als erforderlich an. Eine Kontaktanbahnung zu Forschungseinrichtungen (17%) oder Informationen aus Patentauslegestellen und Datenbanken (7%) sieht nur eine Minderheit als erforderlich an. Diese Ergebnisse decken sich weitestgehend mit der Auswertung einer Befragung von 500 Betrieben durch die IHK-Hannover (EUwein 1980, S. 65). Im Rahmen des IFO-Innovationstests klagen lediglich rd. 8% der Betriebe über Innovationshemmnisse, die sich aus einem „Mangel an Informationen über extern vorhandenes Know-how" ergeben. 286

286

Mehrfachnennungen waren Uhlmann!Berger 1986, S. 128

möglich.

Scholz/Schmalenbach

1985,

S. 110,

3. Informations verhalten

139

3.3.4 Informationsverhalten als Charakteristikum mehr oder weniger erfolgreicher Innovatoren

Auskunft über die Bedeutung des Informationsverhaltens für das Innovationsverhalten erhält man auch durch Paarvergleich erfolgreicher und erfolgloser Innovatoren bzw. aus einer Analyse der auf mehr oder weniger erfolgreiche (Produkt-)Innovationen gerichteten Entscheidungsprozesse. Carter und Williams (1957) listen die ihrer Ansicht nach 24 wichtigsten Charakteristika erfolgreich innovierender Betriebe auf. Dabei beziehen sich die ersten Merkmale auf das Informationsverhalten: — — — — —

High quality of incomming communications A deliberate survey of potential users A willingness to share knowledge A willingness to take new knowledge on licence and to enter joint venture A readiness to look outside the firm.

Im Rahmen des Forschungsprojektes SAPPHO kommt man im Hinblick auf das Informationsverhalten zu folgenden Ergebnissen: „Successful firms have better coupling with the external scientific and technical community in the specialised areas concerned, benefit from dependence on outside technology during production, have better external communications, have better internal communications than unsuccessful firms" (.Rothwell u.a. 1974, S. 266).

3.3.5 Beurteilung der vorliegenden Studien und der Möglichkeiten zur Erfassung des Einflusses von Informationen

Die keineswegs eindeutigen empirischen Ergebnisse über den Einfluß von Informationen auf das Innovationsverhalten resultieren wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil aus Problemen bei der Operationalisierung der erklärenden Variablen. Die Erfassung der in Innovationsprozesse einfließenden Informationen ist kaum möglich. Man muß mehr oder weniger zwangsläufig auf das Informationsverhalten, insbesondere die Informationsnachfrage oder den Informationsstand der an Entscheidungen Beteiligten abstellen. U m die von einzelnen Informationsquellen zur Verfügung gestellten bzw. nachgefragten Informationen und deren Einfluß auf das Innovationsverhalten beurteilen zu können, müßte man die Qualität und die Quantität der Informationen erfassen. Beides ist kaum möglich. Schon die Intensität, mit der eine Informationsquelle genutzt wird, ist objektiv kaum zu beurteilen. Der Besuch von Fachtagungen kann je nach Motivation und Fähigkeit des Besuchers unterschiedliche Informationen erbringen. Fachzeitschriften und Fachliteratur können mit unterschiedlicher Intensität und Kompetenz ausgewertet werden. Ein rein mengenmäßiger Indikator, der davon ausgeht, daß der Umfang und die Qualität der Informationen mit dem Umfang der Informationsnachfrageaktivität zunimmt, erscheint daher nicht adäquat.

140

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Selbst die Häufigkeit, mit der wichtige Anstöße oder Hilfestellungen aus einzelnen Informationsquellen bezogen werden, ist kaum überprüfbar. Fragt man z.B. an Entscheidungen Beteiligte, woher entsprechende Informationen stammen, so können diese nur beurteilen, woher sie selbst diese Informationen haben. Für Informationen, die sie von Mitarbeitern beziehen, ist eine derartige Abschätzung in größeren Betrieben oder Unternehmen — wenn überhaupt — nur näherungsweise möglich. Eine objektive Beurteilung der in den Innovationsprozeß einfließenden Informationen ist darüber hinaus auch deswegen kaum möglich, weil ihr Nutzen entscheidend von subjektiven Komponenten abhängt. Während z.B. eher risikoscheue Entscheidungsträger auch Informationen, die bereits vorliegende Einsichten bestätigen, als hilfreich einschätzen, weil diese das Gefühl der Unsicherheit vermindern, ist davon auszugehen, daß weniger risikoscheue Individuen derartige Informationen als überflüssig einstufen. Selbst wenn man die Quantität und Qualität der in den Innovationsprozeß einfließenden Informationen beurteilen könnte, besteht im Rahmen von Querschnittanalysen die Gefahr, daß die Bedeutung von Informationen durch den Einfluß anderer Faktoren verdeckt wird; schließlich handelt es sich bei Informationen lediglich um eine notwendige Bedingung für die Wahrnehmung von Problemen und Chancen. Deren Beurteilung und Realisierung wird von einer Vielzahl anderer Faktoren beeinfußt. Auch in der Entscheidungsphase wird lediglich die Effizienz, nicht aber unbedingt die Art der Entscheidung (ja/nein) beeinflußt. Es ist nämlich keineswegs davon auszugehen, daß Investitionen und Innovationen grundsätzlich wirtschaftlicher als alternative Verhaltensweisen sind. Selbst wenn dies der Fall ist, kann eine positive Entscheidung durch Motivations- und Ressourcenengpässe verhindert werden. Eine Erfassung des Umfangs und der Qualität der Informationsnachfrage und -Verarbeitung ist also allem Anschein nach kaum möglich. Aus wirtschaftspolitischer Sicht ist eine Analyse der Determinanten betrieblichen Informationsverhaltens aber auch von weitaus größerem Interesse. Selbst wenn man nämlich nachgewiesen hat, daß ein Mangel an Informationen das Innovationsverhalten behindert, sind Informationen über die Determinanten der (unzureichenden) Informationsnachfrage und -Verarbeitung unabdingbare Voraussetzung für eine wirkungsvolle Unterstützung des Informationsverhaltens der Betriebe.

3. Informations verhalten

141

3.4 Determinanten der Informationsnachfrage und -Verarbeitung 287 Grundvoraussetzung für eine Informationsnachfrage ist ein subjektiver Informationsbedarf (Abschnitt 3.4.1). Selbst wenn ein Informationsbedarf erkannt ist, wird eine Informationsnachfrage nur dann erfolgen, wenn die damit verbundenen Kosten niedriger einschätzt werden als die von den Informationen erwarteten Nutzen (Abschnitt 3.4.2). Ist man in einem Betrieb zur Informationsnachfrage prinzipiell bereit, hängt Umfang und Qualität entscheidend von der Motivation und Fähigkeit der zuständigen Mitarbeiter ab (Abschnitt 3.4.3). 3.4.1 Subjektiver Informationsbedarf

Der subjektive Informationsbedarf wird neben den persönlichen Eigenschaften der zuständigen Personen und deren betriebsinternen und -externen Rahmenbedingungen, von den Charakteristika des jeweiligen Projektes beeinflußt. Ein Informationsbedürfnis ergibt sich nach den Ergebnissen der verhaltenswissenschaftlichen Forschung vor allem dann, wenn ein Individuum Bedingungen in seiner Umgebung wahrnimmt, die nicht mit seinem eigenen Bild der Umgebung bzw. seinen Erklärungsmustern kompatibel sind (kognitive Dissonanz) oder Zielausprägungen nicht mehr seinen Ansprüchen genügen bzw. die Ziele dauerhaft erfüllt sind und sich das Anspruchsniveau dadurch erhöht. 288 Das Informationsbedürfnis hängt also von den Zielen und dem Anspruchsniveau der Personen und der Dynamik in den betriebsexternen Rahmenbedingungen ab. Es wird auf der Ebene der mit Informationsaufgaben befaßten Personen außerdem von der Risikoeinstellung, dem Wissen und der Selbsteinschätzung beeinflußt. Pessimistische, risikoscheue und / oder (ζ. B. aufgrund unerfreulicher Erfahrungen) verunsicherte Personen werden tendenziell mehr Informationen nachfragen als solche mit entgegengesetzten Eigenschaften. Ein hoher Wissensstand kann zum einen — wie Experimente von Brockhoff (1979) zeigen — den Informationsbedarf vermindern; andererseits können umfangreiches Fachwissen und Erfahrungen auch dazu führen, daß der Informationsbedarf erst zutreffend eingeschätzt wird. Der Einfluß einer hohen Umweltdynamik und der Wettbewerbsintensität für das Informationsbedürfnis ergibt sich aus der Tatsache, daß unter diesen 287 In der Literatur wird besonders häufig auf die Bedeutung der Betriebs- bzw. Unternehmensgröße für die Informationsnachfrage hingewiesen (vgl. dazu ζ. B. DuchesneauI Cohn/Dutton 1979, S. 314, GrefermannJSprenger 1977, S. 43, Nabseth 1973, S. 264, Oppenländer 1976, S. 126, Täger/ Uhlmann 1984, S. 148-178). Hierbei handelt es sich jedoch — wie bereits an früherer Stelle erwähnt — primär um eine Proxy-Variable für die größenabhängige Ausprägung anderer Einflußfaktoren. U m dies zu verdeutlichen wird in den folgenden Abschnitten jeweils auf den Einfluß der Betriebs- bzw. Unternehmensgröße auf die Ausprägung der verschiedenen Einflußfaktoren eingegangen. 288

Für einen Überblick vgl. Kirsch 1977a, S. 96-123.

142

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Bedingungen eine erfolgreiche Geschäftspolitik bzw. Existenzsicherung ohne Kenntnis neuerer betriebsexterner Entwicklungstrends kaum möglich ist. Die Bedeutung der Situation auf Absatz- und Beschaffungsmärkten für die Informationsnachfrage wird z.B. durch eine Befragung des IFO-Institutes unterstrichen, die daraufhindeutet, daß aufgrund einer geringen Wettbewerbsintensität nur wenige Kleinunternehmen eine technische Vorausschau vornehmen. 289 Man sieht hier eine Nachfrage nach technischen Informationen häufiger deswegen als überflüssig an, weil — der Betrieb Monopolist in einer Marktnische ist und dem Markt sein Entwicklungstempo aufzwingen kann, — an Großunternehmen geliefert wird, welche die technische Ausstattung und Beschaffenheit der Produkte bestimmen oder — die Produkte so weit ausgereift sind, daß wesentliche technische Veränderungen nicht zu erwarten sind. 2 9 0

Analysen der Nachfrage von Betrieben nach ökonomischen Daten kommen zu dem Ergebnis, daß kleine und mittlere Unternehmen sich auch hier in relativ geringem Umfang Informationen beschaffen. Dies kann neben der Tatsache, daß die verfügbaren Informationen häufig nicht den Anforderungen genügen (vgl. Abschnitt 3.4.2), auch darauf zurückzuführen sein, daß kleine und mittlere Unternehmen eher in Marktnischen und damit für relativ übersichtliche Märkte produzieren, einen engeren Kontakt zu ihren Kunden haben und / oder Innovationen durchführen, die einen geringeren Neuheitsgrad aufweisen (vgl. dazu ScholzISchmalholz 1985, Meyer-Krahmer u.a. 1984). Der Einfluß des betrieblichen Umfeldes auf das Informationsverhalten kann am Beispiel der Wettbewerbs- bzw. Innovationsstrategie 291 verdeutlicht werden. So ist ζ. B. in Betrieben, die eine offensive, technikorientierte Wettbewerbsstrategie verfolgen, von einer regelmäßigen Nachfrage nach extern verfügbaren technischen Informationen auszugehen. Das Management dieser Betriebe ist nämlich darum bemüht, die Produktionsanlagen permanent auf einem hohen technischen Niveau zu halten. Unabhängig davon, ob dies durch eine schnelle Übernahme extern entwickelter Neuerungen oder durch die Entwicklung eigener Lösungen erfolgen soll, sind Kenntnisse technologischer Entwicklungstrends erforderlich. In Betrieben mit einer aktiven Produktpolitik besteht vor allem ein Bedarf an Informationen über neue Entwicklungen auf den Absatzmärkten. In Betrieben mit einer defensiven Innovationsstrategie wird man den Bedarf an betriebsexternen Informationen im Vergleich dazu eher gering einschätzen. Es bedarf wahrscheinlich einer relativ starken, nicht zu übersehen289 Insgesamt sehen 18 % der Kleinbetriebe, 23 % der Mittelbetriebe, aber nur 11 % der Großbetriebe eine technologische Vorausschau als überflüssig an (vgl. Müller 1973, S. 115). 290 Vgl. Oppenländer 1976, S. 126. Meyer-Krahmer u. a. (1984, S. 172) kommen zu ganz ähnlichen Ergebnissen. 291 Zu den möglichen Ausprägungen der Wettbewerbsstrategie vgl. II.5.

3. Informations verhalten

143

den Änderung in den betrieblichen Rahmenbedingungen, um in diesen Betrieben ein Informationsbedürfnis entstehen zu lassen, weil man sich über betriebsexterne Entwicklungen wahrscheinlich vor allem dann informiert, wenn sich ein konkreter Anlaß ergibt, insbesondere also, wenn sich technische oder ökonomische Probleme einstellen. Der mit der Abwicklung eines Innovationsprojektes verbundene Informationsbedarf dürfte vor allem bei solchen Vorhaben besonders ausgeprägt sein, die durch eine hohe Unteilbarkeit und einen hohen Neuheitsgrad gekennzeichnet sind. Beide Aspekte sind nämlich von wesentlicher Bedeutung für die mit dem Projekt verbundene Unsicherheit (vgl. dazu Abschnitt 1). Nach den Ergebnissen der verhaltenswissenschaftlichen Forschung ist gerade in Situationen, die durch eine hohe Unsicherheit gekennzeichnet sind, mit einer intensiven Informationsnachfrage zu rechnen, weil die Entscheidungsträger versuchen, dem Gefühl von Unsicherheit zu begegnen. Reichen die in ähnlichen Situationen gesammelten Erfahrungen nicht aus, um das Gefühl der Unsicherheit abzubauen, werden externe Informationen nachgefragt. 292 3.4.2 Einschätzung des Nutzens und der Kosten einer Informationsnachfrage sowie andere Hemmnisse

Ein Individuum wird auch bei einem subjektiv empfundenen Mangel an Wissen keine Informationen nachfragen, wenn es davon ausgeht, daß die verfügbaren Informationen nicht dazu geeignet sind, die Kenntnislücken zu füllen oder die Kosten der Informationsbeschaffung höher sind als die daraus resultierenden Nutzen. Die Einschätzung der Nutzen und Kosten einer Informationsnachfrage hängt zunächst einmal von den gleichen Faktoren ab wie der subjektiv empfundene Informationsbedarf, also vom Ausmaß der mit dem Projekt verbundenen Unsicherheit, den Charakteristika der zuständigen Personen und ihres Umfeldes. 293 Darüber hinaus kommt dem Informationsangebot eine wesentliche Bedeutung zu. Der Einfluß der Relevanz des Projektes ergibt sich aus der mit der Bedeutung des Projektes zunehmenden Nutzenerwartung von Informationen. 294 292 Vgl. z.B. March/Simon Überblick vgl. Kirsch 1977b. 293

1958, S. 115, Cyert/March

1963, S. 118f. Für einen

Zu den Möglichkeiten zur Abschätzung der Kosten und Nutzen von Informationen vgl. Hauke 1984 und die dort angegebene Literatur. 294 Diese Hypothese wird durch die Ergebnisse von Gemünden (1980) unterstützt. Roth (1976, S. 266 ff.) stellt ebenfalls einen der Aussage der Hypothese entsprechenden, aber nicht signifianten Zusammenhang fest. In einer Untersuchung zum Investitonsverhaltens ist bei Projekten mit einer Investitionssumme von mehr als 200 T D M der insgesamt positive Zusammenhang zwischen Beschaffungswert und Informationsaktivitäten sogar negativ (Scheer 1969, S. 141). Die Widersprüchlichkeit der Ergebnisse ist u.U. darauf

144

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Im Bereich der persönlichen Merkmale kommt für die Einschätzung der Nutzen von Informationen bzw. Informationsquellen neben der grundsätzlichen Einstellung gegenüber betriebsexternen Informationen vor allem persönlichen Erfahrungen Bedeutung zu. Man muß sich bei Kosten/Nutzen-Kalkülen nämlich im wesentlichen auf subjektive Eindrücke verlassen oder an Erfahrungen der Vergangenheit orientieren. Hält ein Individuum die von einer Informationsquelle abgegebenen Informationen — aus welchen Gründen auch immer — als seinen Anforderungen nicht entsprechend, so ist kaum mit einer Nachfrage zu rechnen. Selbst wenn Informationen von dieser Quelle wahrgenommen werden, ist zu erwarten, daß sie nicht akzeptiert werden. Dagegen ist zu erwarten, daß Informationen (aus einer bestimmten Informationsquelle) um so intensiver nachgefragt werden, je hilfreicher diese in zurückliegenden Fällen waren. Daher ist mit einer besonders intensiven Nachfrage aus solchen Quellen zu rechnen, die den Anforderungen der Nachfrager entsprechende Informationen bereitstellen. So dürfen die Informationen aus der Warte von kleinen und mittleren Unternehmen z.B. nicht zu theoretisch oder zu ausführlich sein. 295 Die Relevanz eines zu unübersichtlichen Informationsangebotes wird für die Bundesrepublik Deutschland durch mehrere emprische Studien belegt. So ist man z.B. in 22% der von Meyer-Krahmer, Gielow und Kuntz (1984, S. 191) untersuchten Unternehmen der Ansicht, daß „die systematische Suche und Auswertung von Informationen (über technische Entwicklungstrends 296 ) zu aufwendig ist"; 9% sehen das Informationsangebot als zu umfangreich an. Der Grund für die geringe Nachfrage kleiner und mittlerer Unternehmen nach ökonomischen Informationen ist nach den Ergebnissen von Grefermann und Sprenger (1977, S. 40-42) vor allem in der Schwierigkeit zu sehen, aus gesamtwirtschaftlichen Daten für die firmenspezifischen Entwicklungen relevante Daten abzuleiten. Der Einfluß des Informationsangebotes wird auch durch die Tatsache unterstrichen, daß insbesondere viele kleine und mittlere Betriebe Information nicht nachfragen bzw. bestimmte Informationsquellen nicht nutzen, weil sie die verfügbaren Informationen als zu unspezifiziert ansehen (Meyer-Krahmer u. a. 1984, S. 174). Von der Inanspruchnahme betriebsexterner Berater hält die Betriebe häufig die Befürchung ab, daß in dem Beratungsangebot die spezifischen betrieblichen Rahmenbedingungen in einem zu geringen Maße berücksichtigt werden könnten (TägerI Uhlmann 1984, S. 154). Ein direkter Anschluß an die verschiedenen Datenbanken wird in vielen Betrieben vor allem dadurch zurückzuführen, daß die Relevanz von Investitions- und Innovationsprojekten nicht einfach mit Hilfe des Beschaffungswertes beurteilt werden kann (vgl. dazu auch Girgensohn 1979). 295 Auch ein zu großes Informationsangebot kann eine Nachfrage verhindern, indem es die Abgrenzung von nützlichen und überflüssigen Informationen erschwert, so daß mit geringem Nutzen bzw. hohen Kosten zu rechnen ist. 296 Anmerkung von mir, CM.

3. Informations verhalten

145

verhindert, daß man den Literaturinformationen lediglich einen geringen technischen und wirtschaftlichen Wert für eine Problemlösung zuspricht. Darüber hinaus wird auch hier die Meinung vertreten, daß die Darstellung zu wenig den spezifischen Bedingungen im eigenen Betrieb angemessen ist (vgl. ebenda, S. 172). Die Nachfrage nach technischen Informationen wird nach Ansicht von Täger und Uhlmann (1984, S. 149 f.) in kleinen und mittleren Unternehmen mit einem oder wenigen Produkten ferner durch die Gefahr behindert, daß durch eine derartige Nachfrage Konkurrenten auf die geplante Markteinführung eines neuen Produktes aufmerksam gemacht werden könnten. Derartige Hemmnisse dürften bei einer Informationsnachfrage bei Kammern und Verbänden vor allem deswegen geringer sein, weil die Betriebe zu diesen bereits seit Jahren Kontakt und damit Vertrauen haben (ebenda, S. 154). Von Maas und Ewers (1983) befragte Galvaniseure sind der Ansicht, daß die Funktionsweise und Anwendungsmöglichkeiten neuer Produktionsverfahren in den Fachzeitschriften nicht adäquat dargestellt werden. Die Ausführungen sind nach Ansicht einiger Interviewpartner zu komprimiert bzw. für Handwerksmeister, die zumeist unter Zeitmangel leiden, zu kompliziert und zu theoretisch, d. h. abgehoben von der betrieblichen Praxis. Auch in den zahlreichen Informationsveranstaltungen stellt man danach häufig entweder zu stark auf den Einzelfall ab oder gibt bereits bekannte Sachverhalte wieder (vgl. ebenda, S. 130f.). Diese Einschätzung der Leiter kleiner und mittlerer Unternehmen könnte daraus resultieren, daß ein auf die spezifischen Bedürfnisse kleinerer Betriebe treffendes Informationsangebot für die Informationsanbieter unter Kostengesichtspunkten nicht attraktiv ist. Eine spezielle Information größerer (potentieller) Anwender dürfte den Informationsanbietern dagegen eher lohnend erscheinen (vgl. dazu auch Baumberger/ Gmür/ Käser 1973, S. 861). Eine eigenständige Suche nach Informationen sowie technologische Prognosen lehnen kleine und mittlere Unternehmen ebenso wie die Inanspruchnahme betriebsexterner Informationsdienste häufig mit Hinweis auf zu hohe Kosten ab. 2 9 7 Dabei ist eine systematische Informationsverarbeitung in der Vergangenheit in kleinen und mittleren Unternehmen allem Anschein nach auch daran gescheitert, daß entsprechende Datenverarbeitungssysteme durch Unteilbarkeiten gekennzeichnet waren. Der technische Fortschritt im EDV- Bereich dürfte diese Probleme jedoch in den letzten Jahren deutlich vermindert haben. Nach wie vor dürften die Grenzkosten der Informationsverbreitung aber mit der Betriebsgröße abnehmen. 297 Vgl. Grefermann/Sprenger 1977, S. 43 und 46, Meyer-Krahmer u.a. 1984, S. 174, Oppenländer 1976, S. 126. So befürchten z.B. viele Betriebe, daß „ein Berater für eine gründliche Beratung und Analyse der betrieblichen technischen Probleme voraussichtlich mehrere Tage, wenn nicht sogar Wochen benötige" und die Beratung deswegen trotz der staatlichen Zuschüsse zu hohe Aufwendungen erfordere (Täger ! Uhlmann 1984, S. 147 und 162).

10 Maas

146

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit 3.4.3 Informationsnachfrage-Fähigkeit

Der Umfang, insbesondere aber die Qualität der Informationsnachfrage und der Informationsverarbeitung hängt auch von den Fähigkeiten der mit diesen Aufgaben befaßten Personen, der ihnen zur Verfügung stehenden Zeit und damit von der Entscheidungssituation und der Belastung durch andere Aufgaben ab. Schließlich kommt auch dem Informationsangebot Bedeutung zu. 3.4.3.1 Charakteristika der för die Informationsnachfrage zuständigen Personen Der Einfluß der Qualifikation der Mitarbeiter auf die Informationsnachfrage ergibt sich zum einen aus der Tatsache, daß es bei einer Auswertung von Literatur, insbesondere aber bei Patentspeichern auch der Überwindung sprachlicher Hemmnisse bedarf. Für die Bewertung der Anwendungsreife und der ökonomischen Erfolgsaussichten von Patentinformationen sind darüber hinaus ein spezielles Know-How und besondere Auswertungsmethoden erforderlich (vgl. dazu Fausti Schedi 1984), die in kleinen und mittleren Betrieben ebenfalls häufig nicht verfügbar sind. Selbst mit den umfangreichen Literaturrecherchen und den Datenbanken der Kammern und Verbände kann gerade die Gruppe der kleineren Betriebe nach Erhebungen des IFO-Instituts häufig nur wenig oder nichts anfangen, weil für eine sinnvolle Auswertung das qualifizierte Personal fehlt (vgl. Täger j Uhlmann 1984, S. 154). Der nicht selten festzustellende Zusammenhang zwischen der Existenz einer F + Ε-Abteilung und der Informationsnachfrage 298 ergibt sich daraus, daß Mitarbeiter, die mit F + E-Aufgaben betraut sind, eher mit wissenschaftlichen Arbeitsweisen vertraut sind. Darüber hinaus müssen sie regelmäßig die einschlägige Fachliteratur sowie anderere relevante Wissenquellen auswerten, um wissenschaftlich „up to date" zu sein. Nicht nur bei der Sammlung, sondern auch bei der Nutzung betriebsexterner Erkenntnisse kommt der Qualifikation der Mitarbeiter erhebliche Bedeutung zu, weil diese selten unmittelbar auf die betrieblichen Verhältnisse übertragbar sind. Auch hier ist erneut ein Einfluß der Betriebsgröße festzustellen. „Gerade die kleineren Unternehmen verfügen in der Regel nicht über ausreichend qualifizierte Mitarbeiter, um diesen notwendigen Aufbereitungsprozeß schnell und kostengünstig durchzuführen" [Täger ! Uhlmann 1984, S. 150). Eine geringe Informationsnachfrage kann in kleineren Betrieben auch dadurch bedingt sein, daß diese Aufgabe vom Management wahrgenommen 298 So werden z.B. Fachinformationssysteme vor allem von solchen Unternehmen genutzt, die eigene F + Ε-Aktivitäten durchführen (vgl. Täger! Uhlmann 1984, S. 171), und Patentinformationen wird insbesondere von solchen Unternehmen ein hoher Stellenwert beigemessen, die sogenannte technologische Spitzenprodukte in ihrem Leistungsprogramm haben, umfangreichen F + Ε-Aktivitäten nachgehen und über eine eigenständige Patentabteilung bzw. einen Patentsachbearbeiter verfügen.

3. Informations verhalten

147

wird, dieses aber durch das Tagesgeschäft so stark ausgelastet ist, daß es für strategische Überlegungen und damit auch für die Beobachtung technischer Entwicklungstrends keine Zeit hat (vgl. dazu z.B. Maas/Ewers 1983, S. 134). 3.4.3.2 Die Entscheidungssituation Es ist davon auszugehen, daß Zeitdruck die Fähigkeit zur Informationsnachfrage einschränkt. Der Zeitmangel vermindert die Kapazität für die Informationsaufnahme und die Informationsverarbeitung. Betriebswirtschaftliche Experimente von Bronner (1973) unterstützen die Vermutung eines die Informationsnachfrage hemmenden Einflusses eines Zeitdrucks. Allerdings weisen Hauschildt u.a. (1983, S. 114f.) mit Recht darauf hin, daß Zeitdruck auch aktivierend und damit nachfragesteigernd wirken kann. Diese Vermutung sehen sie durch das Ergebnis von Bronner keineswegs als widerlegt an, weil die Teilnehmer der Experimente nicht dazu in der Lage waren, die für unter Zeitdruck gefällte Entscheidung eingesetzte Kapazität durch eine Verschiebung anderer, als nicht gleichermaßen wichtig angesehener Entscheidungen zu erhöhen (vgl. Hauschildt u.a. 1983, S. 115). Die Ergebnisse von Bronner werden allerdings auch durch eine Befragung von Managern kleiner und mittlerer Betrieben unterstützt, die Umweltregulierungen unterliegen. Die Gesprächspartner werden nach ihrer Einschätzung des Informationsstandes gefragt, auf dessen Basis sie Entscheidungen unter Vollzugsdruck gefallt haben. Dabei sind 80% der Befragten der Ansicht, daß sie unter Vollzugsdruck ihre Entscheidung auf einem Informationsniveau gefällt haben, das sie bei üblichen Investitionsvorhaben nicht als ausreichende Entscheidungsgrundlage angesehen hätten (Pinter 1984, S. 19). 3.4.3.3 Das Informationsangebot Das Informationsangebot hat vor allem in zweifacher Hinsicht Einfluß auf die Fähigkeit zur Informationsnachfrage. Zum einen müssen entsprechende Informationen überhaupt verfügbar und zum anderen unter Einsatz eines adäquaten Aufwands zu erlangen sein. M i t einem relativ hohen Aufwand ist vor allem dann zu rechnen, wenn die Informationen nur durch persönliche Kontakte eingeholt werden können oder nur schwer verständlich sind. Weitere Probleme können sich aus einem sehr umfangreichen, differenzierten und weit verstreuten Informationsansgebot ergeben. Die Relevanz dieser Aspekte wird durch die Untersuchung von Meyer-Krahmer, Gielow und Kuntz (1984, S. 191) bestätigt. M i t 23% am häufigsten wird der Aussage „für unseren Bereich sind zu wenige Informationen vorhanden" zugestimmt. Insbesondere für viele kleine und mittlere Betriebe spielt allem Anschein nach auch die Nähe potentieller Informationsanbieter eine zentrale Rolle für das Informationsverhalten. So ergibt eine von Ewers u.a. (1980, S. 37f.) durchgeführte Befragung von 22 öffentlichen und privaten Unternehmensberater zum 10*

148

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Innovationsverhalten der von diesen betreuten Betriebe (ca. 500 Beratungsfälle) Indize für eine wesentliche Bedeutung regionaler Faktoren für das Informationsverhalten. „Vor allem die bundesweit tätigen Innovationsberater widersprechen entschieden der Ansicht, die räumliche Distanz spiele bei der heutigen Infrastrukturausstattung keine Rolle mehr; denn gerade in den Randgebieten sei die Anbindung an die Ballungsgebiete durch höherwertige Verkehrsinfrastruktur (Flughäfen, Inter-City-Bahnhöfe) unzureichend; die diskriminierende Wirkung, die sich schon allein durch die räumliche Distanz zu den F&EInstituten ergibt, wird also durch diesen Mangel an höherwertiger Verkehrsinfrastruktur verschärft.... Besonders gravierend wird das Entfernungsproblem, wenn die F&E-Institutionen nicht nur hin und wieder für reine Informationsgespräche aufgesucht werden, sondern mit diesen Instituten irgendeine Art der Kooperation eingegangen werden soll. Für eine effektive Kooperation ist jedoch die räumliche Nähe eine notwendige Bedingung." In diesem Zusammenhang weisen Täger und Uhlmann (1984, S. 142) daraufhin, daß sich Betriebsangehörige kurzfristig über Lösungsmöglichkeiten für ein technisches Problem informieren. Kleine (1983, S. 95 f.) sowie Ewers u. a. (1980, S. 37 f.) sind der Ansicht, daß dem Standort vor allem bei einer Nachfrage von Informationen über Erfahrungen mit neuen Technologien Bedeutung zukommt, weil diese Informationen vor allem durch Betriebsbesichtigungen gesammelt werden. Daraus ergibt sich aufgrund des geringeren Industriebesatzes vor allem für peripher gelegene Betriebe ein Nachteil. Auch das Know-How-Angebot durch private Unternehmensberater ist durch die regional ungleiche Ausstattung mit höherwertiger Verkehrsinfrastruktur räumlich unterschiedlich gestreut. Die Berater sind verständlicherweise bestrebt, innerhalb einer bestimmten Zeit möglichst viele Innovationsberatungen durchzuführen. Dies fallt ihnen in Ballungsräumen aufgrund des höheren Industriebesatzes und der besseren Verkehrsverbindungen zwischen diesen Räumen leichter als in Randgebieten, in denen zwischen den einzelnen Beratungen immer wieder längere Reisezeiten anfallen (Ewers u.a 1980, S. 37). Auch bei Informationen über die (potentielle) Nachfrage und bei der Distribution bestehen für peripher gelegene Betriebe ebenfalls Nachteile, wobei größere Betriebe allem Anschein nach noch eher dazu in der Lage sind, diese Nachteile abzugleichen. 2 " 3.5 Zusammenfassung Informationen kommt sowohl für eine (frühzeitige) Wahrnehmung von Innovationsmöglichkeiten, als auch für eine zutreffende Beurteilung und eine schnelle, kostengünstige Realisierung von Innovationsprojekten wesentliche Bedeutung zu. Aus dieser Feststellung kann man aber nicht schließen, daß jedes zusätzliche Informationsangebot bzw. jede zusätzliche Informationsnachfrage 299

Vgl. dazu Ellwein 1980, S. 46 f., Ewers u. a. 1980, S. 38, Oakeyj Thwaites/ Nash 1979.

4. Organisationsstruktur

149

vorteilhaft ist. Beide können auch zu umfangreich sein und dadurch die Identifikation bzw. Verarbeitung relevanter Erkenntnisse be- oder sogar verhindern. Im Rahmen empirischer Innovationsstudien ist der Einfluß des Informationsverhaltens — wenn überhaupt — nur sehr grob abzuschätzen, weil die Qualität und die Quantität der nachgefragten Informationen sowie ihre Verarbeitung kaum zu beurteilen ist. In der Praxis dürfte die Informationsnachfrage jedoch in der Regel unterhalb eines als optimal anzusehenden Niveaus liegen. Insbesondere in vielen kleinen und mittleren Unternehmen ist man der Ansicht, daß der Nutzen externer Informationen aufgrund der unzureichenden Spezifikation gering ist und die Kosten der Informationsbeschaffung zu hoch sind. Die Nutzung von Quellen, die insbesondere Informationen über neueste technische Entwicklungstrends zur erfügung stellen (z.B. F + E-Einrichtungen, Patentspeicher), wird in vielen kleineren Unternehmen zusätzlich durch einen Mangel an qualifiziertem Personal behindert. 4. Organisationsstruktur In der Organisationsforschung verwendet man zur Charakterisierung von Betrieben in der Regel Merkmale der Organisationsstruktur, also organisatorische Regelungen, an denen sich die Aktivitäten der Mitarbeiter orientieren. 300 Bevor der Einfluß organisatorischer Merkmale eines Betriebes auf die verschiedenen Phasen des Innovationsprozesses analysiert werden kann (Abschnitt 4.2), sind die im Zusammenhang mit dem Innovationsverhalten relevanten Merkmale der Organisationsstruktur zu beschreiben und voneinander abzugrenzen (Abschnitt 4.1). Dabei zeigt sich, daß eine schnelle und erfolgreiche Abwicklung der unterschiedlichen Phasen des Innovationsprozesses widersprüchliche Anforderungen an die Organisationsstruktur stellt. Zur Überwindung dieses „organisatorischen Dilemmas" stehen einige organisatorische Maßnahmen zur Verfügung, die es ermöglichen, kreative Aufgaben außerhalb des „normalen Geschäftsablaufs" abzuwickeln (Abschnitt 4.3). Abschnitt 4.4 gibt einen Überblick über die Ergebnisse empirischer Studien zum Einfluß der Organisationsstruktur auf das Innovationsverhalten. Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den verschiedenen Ansätzen zur Erfassung der Organisationsstruktur. 301 300

Diese Regelungen resultieren entweder aus Anweisungen des Managements oder aus einem Erfahrungsprozeß. 301 Eine Analyse möglicher Determinanten der Organisationsstruktur unterbleibt aus zwei Gründen. Zum einen würde ein umfassender Überblick über den „situativen Ansatz" den Rahmen dieser Arbeit sprengen, zum anderen erscheint eine Einflußnahme auf die Organisationsstruktur als Ansatzpunkt für wirtschaftspolitische Maßnahmen wenig geeignet. Für einen Überblick über die Arbeiten zum „situativen Ansatz" vgl. z.B. Kieser/ Kubicek (1983).

150

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

4.1 Merkmale der Organisationsstruktur Die Organisationsstruktur wird im Rahmen dieser Arbeit mit Hilfe von fünf Merkmalen beschrieben, die in der empirischen Organisationsforschung in ähnlicher Abgrenzung immer wieder Anwendung finden: — — — — —

Spezialisierung der Tätigkeiten (Aufgabenkomplexität), Standardisierung und Formalisierung von Tätigkeiten und Abläufen, Delegation und Partizipation, Leitungssystem (Organisationsform), innerbetriebliche Kommunikationsbeziehungen. 4.1.1 Spezialisierung der Aufgaben

Die Spezialisierung der von den Betriebsmitgliedern auszuführenden Aufgaben / Tätigkeiten ergibt sich aus dem Ausmaß und der Art der innerbetrieblichen Arbeitsteilung. M i t dem Spezialisierungsgrad nimmt der Umfang und die Komplexität der Aufgaben ab. Dadurch vermindert sich die Zahl der möglichen Probleme und der alternativen Verhaltensweisen je Aufgabe. Bei einer Analyse der von einer hohen Spezialisierung zu erwartenden Auswirkungen auf das Innovationsverhalten ist zwischen einer Spezialisierung auf einzelne Berufsfelder („job-specialization") und einer Spezialisierung auf Tätigkeiten („task-specialization") zu unterscheiden (vgl. Hill/ Fehlbaum / Ulrich 1981, S. 298). Die Spezialisierung auf Berufsfelder ermöglicht eine „Professionalisierung" und erhöht das Expertentum. 302 Voraussetzung für eine derartige berufliche Spezialisierung ist die Existenz sehr komplexer Aufgabenfelder, durch deren Aufteilung überschaubarere Tätigkeitsbereiche entstehen, die aber nach wie vor durch eine relativ hohe Komplexität gekennzeichnet sind. Diese Voraussetzungen dürften vor allem bei dispositiven Tätigkeiten gegeben sein. Deswegen wird im folgenden eine Spezialisierung auf Berufsfelder als „Spezialisierung im dispositiven Bereich" bezeichnet. Die Aufspaltung von Arbeitsprozessen in einfache, routinemäßig ausführbare Tätigkeiten erhöht im Gegensatz zur Spezialisierung im dispositiven Bereich in der Regel nicht das Expertentum, sondern vermindert die an die Mitarbeiter gestellten Qualifikationsanforderungen. 303 Voraussetzung für eine derartige 302

In diesem Zusammenhang ist ζ. B. an Fachleute für Marketing, Marktforschung, grundlegende F + E, Unternehmensplanung, rechtliche Beratung etc. zu denken (vgl. Kieser /Kubicek 1983, S. 85). Eine solche Professionalisierung ist vor allem mit zunehmender Betriebs- bzw. Unternehmensgröße zu erwarten. Dies wird nicht selten als ein wesentlicher Vorteil größerer Einheiten angesehen (vgl. dazu z.B. Fritsch 1987a). 303 Eine solche Spezialisierung der Mitarbeiter auf einzelne Tätigkeiten soll die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung steigern. Insbesondere bei einfacheren, sich häufig wiederholenden Tätigkeiten stellen sich Übungsgewinne ein und die Einarbeitungs-

4. Organisationsstruktur

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Arbeitszerlegung ist die Existenz standardisierter Prozesse und eines ausreichenden Arbeitsvolumens. Diese Bedingungen dürften primär im operativen Bereich gegeben sein, so daß eine Spezialisierung auf Tätigkeiten im folgenden als „Spezialisierung im operativen Bereich" bezeichnet wird. 4.1.2 Standardisierung und Formalisierung von Tätigkeiten und betrieblichen Abläufen

Hill, Fehlbaum und Ulrich (1981, S. 266) definieren Standardisierung als „das antizipative Durchdenken von Problemlösungswegen und die darauf aufbauende Festlegung von Aktivitätsfolgen". Der Standardisierungsgrad ergibt sich aus der Menge, der Detailliertheit und der Verbindlichkeit der Vorschriften, welche Arbeitsabläufe, Arbeitsmethoden, Verhaltensabläufe etc. und die zu verwendenden Ressourcen festlegen. Durch eine detaillierte, den Handlungsspielraum einengende Beschreibung (Vorprogrammierung) wird erreicht, daß sich wiederholende Tätigkeiten unabhängig von der ausführenden Person gleichartig ablaufen. Der Formalisierungsgrad ergibt sich aus der schriftlichen Fixierung von Verfahren und Verhaltensregeln. 304 Durch die schriftliche Fixierung werden innerbetriebliche Abläufe auch ohne regelmäßige persönliche Eingriffe des Managements planbar und koordinierbar. Standardisierung und Formalisierung stehen in einem engen Zusammenhang. 305 Sie können sich auf operative Tätigkeiten (Verrichtungen an physischen Objekten), auf Kommunikationsprozesse, auf aufgabenbezogene Leitungsprozesse (Planungs-, Entscheidungs-, Kontrollprozesse etc.) und auf personenbezogene Leitungsprozesse (Auswahl- und Beförderungsverfahren, Konfliktregelung etc.) beziehen. 306 Eine Standardisierung und Formalisierung von Tätigkeiten und Prozessen setzt voraus, daß diese nicht zu komplex, sondern auf eine überschaubare Anzahl von Handlungsalternativen begrenzt sind. Die Mehrzahl der Autoren stellt nicht auf die Formalisierung der Produktionsaktivitäten ab, sondern auf die Existenz von Schriftstücken, welche organisatorische Regelungen dokumentieren (Organisationsschaubilder, Handbücher zur Beschreibung von Arbeitsplätzen und Verfahren), die Informationsströme aktenmäßig erfassen (Memos, Umläufe etc.) und/oder die Leistungen von Mitarbeitern erfassen bzw. beurteilen (vgl. dazu Kieser/ Kubicek 1983, S. 199-201).

zeit der Arbeitnehmer nimmt ab. Einer zu starken Spezialisierung im Produktionsbereich steht man jedoch eher skeptisch gegenüber (vgl. dazu ζ. B. Kieser ! Kubicek 1983, S. 84 f.). 304 Ζ. B. in Form von Stellenbeschreibungen, Richtlinien, Antragsformularen. 305 Purgh u.a. 1968 ermitteln einen Korrelationskoeffizienten von .83. 306 Vgl. Purgh u.a. 1968, S.47f., Hill! Fehlbaum ! Ulrich 1981, S. 280-283.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit 4.1.3 Delegation und Partizipation (Kompetenzstruktur)

In arbeitsteiligen Organisationen müssen Entscheidungskompetenzen zum Teil an nachgeordnete Stellen delegiert werden. Das Ausmaß der Dezentralisierung von Entscheidungskompetenzen steigt mit der Unabhängigkeit untergeordneter Stellen in Bezug auf den Aufgabeninhalt, die Art der Aufgabenerfüllung und der dabei eingesetzten Ressourcen a n . 3 0 7 ' 3 0 8 Der Begriff der Partizipation stellt auf die Beteiligung solcher Betriebsmitglieder an der Willensbildung ab, die über keine formelle Entscheidungsbefugnis verfügen. Die Mitwirkung kann aus einem Mitspracherecht, einer Beratung, einem Anhörungs- oder einem Vetorecht bestehen. Das Ausmaß der Partizipation schlägt sich im Führungsstil des Managements nieder. 309 Ein autoritärer Führungsstil ist dadurch gekennzeichnet, daß Entscheidungen ausschließlich von dem zuständigen Vorgesetzten getroffen werden. Dabei lassen sich je nach der Art der Entscheidungsdurchsetzung drei Untergruppen unterscheiden. Eine Entscheidung kann repressiv, d. h. mit Hilfe von Sanktionsgewalt, manipulativ durch einseitige Informationen oder rationalistisch, also durch eine ausführliche, sachliche Begründung durchgesetzt werden. Bei einem partizipativen Führungsstil haben die Gruppenmitglieder auf den Willensbildungsprozeß Einfluß. Dabei lassen sich ebenfalls drei „Spielarten" abgrenzen. Bei der ersten trifft der Vorgesetzte zunächst eine provisorische Entscheidung, stellt diese dann den Mitarbeitern vor und bittet um Hinweise auf mögliche Bedenken, Verbesserungs- oder AlternatiworSchläge. I m Anschluß an die Diskussion trifft der Vorgesetzte die endgültige Entscheidung. Im Vergleich dazu ist der Grad der Partizipation höher, wenn die Mitarbeiter von Anfang an am Problemlösungsprozeß beteiligt, also unmittelbar mit dem Problem als solchem konfrontiert werden. Während die Entscheidung bei diesem Führungsstil nach wie vor bei dem Vorgesetzten liegt, erfolgt bei der letzten Art der partizipativen Führung eine demokratische Abstimmung über die zu realisierende Lösung. Der Vorgesetzte hat hierbei lediglich die Aufgabe, die Gruppe funktionsfähig und den Zusammenhang zum Gesamtsystem aufrecht zu erhalten (ζ. B. durch Vorgabe von Zielen, Restriktionen etc.) und die Gruppe zu repräsentieren. 310 307

Damit steht die Delegation in einem gewissen Zusammenhang mit der Standardisierung der Aufgaben. Je stärker die Aufgabe konkretisiert ist, die Bestimmungselemente also vorgegeben sind, um so enger ist der Ermessensspielraum und damit auch die Kompetenz und Verantwortung der Aufgabenträger. 308 Im Hinblick auf Innovationsentscheidungen kann das Ausmaß der Delegation in Abhängigkeit von der zeitlichen Reichweite, dem Wirkungsbereich, dem Ausmaß des erforderlichen Ressourceneinsatzes, der Unsicherheit etc. variieren (vgl. dazu Hill/ FehlbaumI Ulrich 1981, S. 228-235). 309 Vgl. dazu z.B. HillIFehlbaumI Ulrich 1981, S. 239-251. Für einen Überblick über die Führungsforschung vgl. z.B. Kiechl 1985, S. 20-107, Stähle 1987, S. 541-631. 310 Die Vorgehensweise kommt bereits der einer Projektgruppe relativ nahe (vgl. dazu 4.3).

4. Organisationsstruktur

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4.1.4 Leitungssystem (Organisationsform)

Durch die Bildung von Stellen und Abteilungen ergibt sich ein Gefüge, das Purgh u. a. als „Konfiguration" bezeichnen. Stellt man die mit dieser äußeren Form der Organisation verbundenen Weisungsbeziehungen in den Mittelpunkt der Betrachtung, so kann man auch vom „Leitungssystem" sprechen (vgl. KieserIKubicek 1983, S. 132). Bei der Bildung organisatorischer Einheiten kann man nach dem Verrichtungs- oder nach dem Objektprinzip vorgehen. Werden gleichartige Verrichtungen (Beschaffung, Fertigung, Absatz etc.) zu organisatorischen Einheiten zusammengefaßt, so ergibt sich eine funktionale Organisationsform. Erfolgt die Segmentierung der Unternehmensaufgaben nach dem Objekte (Produkte, Produktgruppen, Käuferschichten etc.), so ergibt sich eine divisionale Organisationsform (Spartenorganisation). 311 Bei der Matrixorganisation werden beide Prinzipien miteinander kombiniert. Insbesondere funktionale Organisationen sind zusätzlich nach der Art der Leitungsbeziehungen (Einlinien- und Mehrliniensystem) zu differenzieren. Sowohl funktionale als auch divisionale Organisationen können durch Stabsstellen ergänzt werden; Stäbe sind jedoch in der Praxis vor allem in funktionalen Einlinien-Organisationen anzutreffen (vgl. Grochla 1972, S. 178-180). Im Rahmen dieser Arbeit wird der Einfluß funktionaler Einlinen-, Mehrlinien- und Stab-Linien-Organisationsformen, einer divisionalen und einer Matrixorganisation analysiert. 312 4.1.5 Kommunikationsstruktur

Die Kommunikationsstruktur beschreibt dauerhafte Informationsbeziehungen, welche über die Erteilung von Weisungen hinausgehen.313 Sie ist von zentraler Bedeutung für den Informationsstand der einzelnen Betriebsmitglieder, der mit der Offenheit der Kommunikationsstruktur, also mit der Häufigkeit und Dauer der Kontakte sowie der Verschiedenartigkeit der Kontaktpersonen zunehmen dürfte. Für eine Beurteilung der Kommunikationsstruktur ist vor allem von Interesse, ob es den Betriebsmitgliedern weitestgehend frei steht, welche Informationen sie auf welche Art weitergeben und welche Kommunikationswege sie zur Deckung ihres aufgabenspezifischen Informationsbedarfs nutzen oder ob es 311

Bei der Abgrenzung wird jeweils die zweite hierarchische Ebene betrachtet. Für eine Beschreibung dieser Organisationsformen vgl. z.B. Grochla 1976, HillIFehlbaum ! Ulrich 1981, Schwarz 1987. 313 Die Kommunikationsbeziehungen können zwischen Betriebsmitgliedern und der Umwelt oder ausschließlich innerhalb des Betriebes bzw. Unternehmens bestehen. An dieser Stelle wird auf den innerbetrieblichen Informationsaustausch eingegangen. Zur Nachfrage betriebsextern verfügbarer Informationen vgl. Abschnitt II.2. 312

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

organisatorische Regelungen gibt, welche den Informationsaustausch reglementieren, z.B. zur Weitergabe bestimmter Informationen, 314 der Einhaltung bestimmter Kommunikationswege 315 oder Kommunikationsmittel 316 zwingen. Diese Regelungen haben nicht nur Einfluß auf die Intensität des Informationsaustauschs, sondern auch auf Inhalt und Richtung der Kommunikationsströme, insbesondere darauf, ob die Kommunikation lediglich in vertikaler oder auch in horizontaler Richtung bzw. diagonal verläuft. Bei vertikalen Informationsbeziehungen ist ferner von Bedeutung, ob die Information vor allem von „oben nach unten" oder auch in entgegengesetzter Richtung fließt. Ist die Kommunikation zu einem wesentlichen Teil auf unpersönliche, schriftliche Mitteilungen 317 beschränkt, so ergibt sich eine starke Überschneidung mit dem Formalisierungsaspekt (Abschnitt 4.1.2). 4.2 Bedeutung der Organisationsstruktur im Innovationsprozeß Wilson hat bereits Mitte der 60er Jahre darauf hingewiesen, daß von den verschiedenen Merkmalen der Organisationsstruktur je nach Phase des Innovationsprozesses ein sehr unterschiedlicher Einfluß ausgehen kann. Merkmale, die in der einen Phase innovative Aktivitäten unterstützen, wirken sich in einer anderen eher hemmend aus. a) Wahrnehmung von Problemen und Chancen Die Wahrnehmung potentieller Probleme und Chancen kann durch eine Spezialisierung im dispositiven Bereich u. U. dadurch erleichtert werden, daß die einzelnen Mitarbeiter ihre Aufmerksamkeit auf einen geringeren Teil der Umwelt konzentrieren können, wodurch die Komplexität tendenziell abnimmt. 3 1 8 ' 3 1 9 Eine Einengung der Zuständigkeitsbereiche impliziert allerdings andererseits auch die Gefahr, daß die einzelnen Betriebsmitglieder sich zu stark auf ihr Spezialgebiet beschränken und dadurch der Gesamtzusammenhang ihrer Tätigkeit verlorengeht oder sich für neu entstehende bzw. an Bedeutung gewinnende Bereiche niemand zuständig fühlt und diese daher vernachlässigt werden. Dem kann man durch eine intensive betriebsinterne Kommunikation 314

Ζ. B. mehr oder weniger regelmäßige Berichte über Kosten- oder Umsatzentwick-

lung. 315

So können die Betriebsmitglieder gezwungen sein, auch bei der Informationsnachfrage den Dienstweg einzuhalten. In diesem Fall hat die Organisationsform einen starken Einfluß auf die (formale) Kommunikationsstruktur. 316 Ζ. B. in mehr oder weniger regelmäßigen Besprechungen, in einer mehr oder weniger vorgegebenen Schriftform. 317 Ζ. B. schriftliche Arbeitsanweisungen, Anträge, Memos, Berichte, Umläufe. 318 Vgl. Luhmann 1968, March/Simon 1967. 319 Z.B. durch Spezialisierung von Mitarbeitern oder Abteilungen auf Strategie, Planung und Kontrolle betriebsinterner oder betriebsexterner Entwicklungen.

4. Organisationsstruktur

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entgegenwirken. Auch hierbei besteht allerdings die Gefahr von Verständnisschwierigkeiten zwischen Spezialisten, die identische Sachverhalte unterschiedlich wahrnehmen, verschiedenen Problembereichen zuordnen und deren Relevanz uneinheitlich bewerten. So sehen Mitarbeiter des Verkaufs einen Umsatzrückgang wahrscheinlich eher als längerfristiges Absatzproblem, Angehörige des Rechnungswesens als kurzfristiges Kostenproblem und Mitglieder der Produktion als mittelfristiges technisches Problem. Darüber hinaus verwenden die Abteilungen häufig ein völlig unterschiedliches Vokabular, welches zu Mißverständnissen führen kann. Eine Einlinien-Organisation kann in Kombination mit einer geringen Delegation von Entscheidungen und einer stark am Leitungssystem orientierten Kommunikation zu einer Überlastung des Managements beitragen. Dies führt dann insbesondere in (kleineren) Betrieben, in denen eine Analyse technologischer und ökonomischer Entwicklungstrends meist nur auf der Leitungsebene durchgeführt werden kann, oft dazu, daß eine systematische Suche nach möglichen Problemen und Chancen unterbleibt. I m Vergleich zu anderen Organisationsformen ist außerdem die Spezialisierung leitender Manager geringer. Eine Delegation von Kompetenzen oder eine Partizipation an Führungsentscheidungen kann die Identifikation der Mitarbeiter mit den Zielen des Unternehmens erhöhen und dazu beitragen, daß auch Betriebsmitglieder unterer hierarchischer Ebenen aktiv nach potentiellen Problemen und Chancen suchen. b) Ideengenerierung Die Generierung neuer Ideen kann als Informationsverarbeitungsprozeß interpretiert werden. 320 Neuerungsideen ergeben sich danach aus einer neuartigen Kombination bekannter Elemente. Eine solche neuartige Kombination setzt ein gewisses kreatives Potential voraus, das insbesondere dort vorhanden ist, wo Individuen über möglichst zahlreiche, verschiedenartige Informationen verfügen. Ein solches innovatives Potential nutzt ein Individuum jedoch nur dann, wenn es die verfügbaren Informationen auch tatsächlich verknüpft. Damit ist nach den Ergebnissen der Kreativitätsforschung vor allem in einer angstfreien Situation zu rechnen. 321 Beide Aspekte werden von der Organisationsstruktur in entscheidendem Umfang beeinflußt. Der Einfluß einer Spezialisierung auf die Ideengenerierung kann je nach Art der Aufgabe sehr unterschiedlich sein. Wird durch die Aufteilung relativ einfacher Tätigkeiten eine bestimmte Aufgabenkomplexität unterschritten, so ist kaum mit der Generierung von Verbesserungsvorschlägen zu rechnen. 320 321

Vgl. dazu z.B. Röpke 1977, S. 198. Vgl. Gebert 1979, S. 284f. und die dort angegebene Literatur.

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Bestimmte Reize oder Situationen lösen vorgegebene Prozeduren aus, die routinemäßig ablaufen und nicht mehr reflektiert werden. Im Vergleich dazu nimmt die Möglichkeit zur Generierung neuartiger Ideen mit der Vielfältigkeit und dem Abwechslungsreichtum der Aufgabe tendenziell zu; es stehen umfangreichere Informationen sowie eine größere Zahl von Handlungsfeldern und Lösungsalternativen zur Verfügung. Von einer zu großen Spezialisierung geht außerdem u. U. ein motivationshemmender Effekt aus, weil der einzelne Mitarbeiter den Bezug zum gesamten Produktionsprozeß verliert und sich eine gewisse Entfremdung einstellt. Dagegen wirken komplexere Aufgaben insbesondere auf Mitarbeiter mit einer höheren Qualifikation stimulierend und aktivierend. Ein größerer Entfaltungsspielraum hat aber im Fall von Erfolgserlebnissen nicht nur eine höhere Motivation zur Folge. Darüber hinaus wird die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter aufgrund der durch höhere Anforderungen ausgelösten Such-, Informationsund Lernprozesse gesteigert. 322 Bei einer zu großen Aufgabenkomplexität ergibt sich dagegen eine Überforderung, die zu Streß, Mißerfolgen und Frustration führen kann und der Generierung neuer Ideen entgegenwirkt. Die Bereitschaft und Fähigkeit eines Individuums, neue Ideen zu generieren, nimmt also keineswegs in jedem Fall mit einer Verminderung der Aufgabenkomplexität ab. Ist eine Aufgabenstellung sehr komplex und setzt sie ein umfangreiches Fachwissen voraus, so kann eine Einengung des Arbeitsbereiches die Informationssuche erleichtern und die Aneignung von Spezialkenntnissen ermöglichen. Dies dürfte ζ. B. auf grundlegende F + E-Aktivitäten sowie auf den Umgang mit rechtlichen Problemen, Planung, Marktforschung etc. zutreffen. Eine „zu starke" Standardisierung und Formalisierung der Arbeitsabläufe dürfte das kreative Potential der Mitarbeiter ebenfalls einschränken. Dabei ergibt sich der Einfluß einer Vorprogrammierung der Arbeitsabläufe für das Innovationsverhalten nicht nur aus der im Zusammenhang mit der Spezialisierung beschriebenen Einengung des Feldes alternativer Verhaltensweisen. 323 Der zusätzliche Einfluß der Regelvorgabe resultiert aus der Tatsache, daß jede Abweichung von vorgeschriebenen Verhaltensweisen zunächst einmal unerwünscht ist und u.U. sogar negativ sanktioniert wird. Dies vermindert die Bereitschaft, sich über Verbesserungsmöglichkeiten, die ein von den Vorgaben abweichendes Verhalten implizieren, überhaupt Gedanken zu machen (vgl. Gebert 1979, S. 291 f.). Bei einer zu ausgeprägten Formalisierung betrieblicher Abläufe kann es — insbesondere in Einlinienorganisationen — außerdem zu einer Überlastung der Kommunikationswege kommen. Ist dagegen ein Mindestmaß an Aufgabenkomplexität und eine gewisse Entscheidungsfreiheit bei ihrer Ausführung 322

Vgl. Gebert 1979, S. 286, Thom 1980, S. 257. Eine Spezialisierung auf bestimmte Tätigkeiten ist als Voraussetzung für eine Standardisierung und Formalisierung anzusehen, weil beide nur bei einer relativ niedrigen Aufgabenkomplexität möglich sind. 323

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gewährleistet, so kann eine Standardisierung und Formalisierung die Mitarbeiter von Routineaufgaben entlasten und damit den Freiraum für innovative Aufgaben erhöhen (vgl. Thom 1980, S. 263). Eine eindeutige Aussage über den Einfluß der Standardisierung und Formalisierung betrieblicher Abläufe auf die Ideengenerierung ist also — ebenso wie bei der Spezialisierung — nicht möglich. Von einer Beteiligung von Mitarbeitern an der Meinungsbildung über grundlegende Entscheidungen (Partizipation) ist dagegen grundsätzlich ein positiver Einfluß auf die Motivation und damit auf die Bereitschaft zu erwarten, nach eigenen Verbesserungsvorschlägen zu suchen, weil das Verständnis akuter betrieblicher Probleme und die Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderungen größer ist. Außerdem können an der betrieblichen Meinungsbildung Beteiligte mit größerer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, daß ihre Vorschläge ernst genommen sowie adäquat berücksichtigt werden und sie im Erfolgsfall persönliche Anerkennung erhalten. Eine offene Kommunikationsstruktur dürfte sich in der Regel ebenfalls positiv auf die Generierung von Ideen auswirken. 324 Eine intensive und differenzierte Kommunikation erhöht den Umfang sowie die Vielfalt der verfügbaren Informationen und damit das kreative Potential der Betriebsmitglieder. Ein intensiver Informationsaustausch kann darüber hinaus dazu beitragen, daß das gesamte in einem Betrieb vorhandene kreative Potential erschlossen wird. Die Aktivitäten der Betriebsmitglieder sind nämlich in der Regel nicht unabhängig voneinander, sondern ergänzen und verstärken sich gegenseitig (vgl. Gebert 1979, S. 288). U m zu fachgebietsübergreifenden Neuerungen zu gelangen, sind daher häufig Informationen aus den unterschiedlichen Unternehmensbereichen (Produktion, Beschaffung, Absatz, F + E etc.) zu kombinieren. Auch Grochla (1980, S. 33) weist auf die wesentliche Bedeutung der Kommunikationsstruktur für eine aktive Suche nach Innovationsideen hin. Hiermit ist seiner Ansicht nach vor allem dann zu rechnen, „wenn ein gut strukturiertes Kommunikationsnetz geschaffen wird, das es dem einzelnen Mitarbeiter ermöglicht, seine Ideen in der Gewißheit zu artikulieren, daß sie ernst genommen werden und nicht in die Akten wandern und dort versanden". Bendixen (1976, S. 75) weist ebenfalls darauf hin, daß Ideen häufig im Formalgeflecht der Organisation stecken bleiben, weil nicht bekannt ist, an wen man sich wenden kann bzw. welche Stelle Vorschläge entgegennimmt. Eine solche Ungewißheit kann die Motivation zur Ideengenerierung deutlich reduzieren. U m derartigen Problemen zu begegnen, schlägt Grochla die Einführung von Formularen zur Ideenfixierung sowie regelmäßig stattfindende Innovationskonferenzen als geeignete organisatorische Lösungen vor (vgl. dazu auch Abschnitt 4.3).

324 Eine gewisse Ausnahme kann sich ergeben, wenn Betriebsmitglieder, die — aus welchen Gründen auch immer — ansonsten nicht (intensiv) kommunizieren würden, durch organisatorische Vorschriften zu einem Informationsaustausch gezwungen werden.

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Die verschiedenen Weisungssysteme haben in der Regel keinen direkten Einfluß auf das Innovationsverhalten der Betriebsmitglieder. Ihre Wirkung ergibt sich zumeist aus ihrer Bedeutung für andere Merkmale der Organisationsstruktur. So kann eine Einlinien-Organisation die Ideengenerierung vor allem durch die langen Kommunikationswege und eine Überlastung des Managements behindern. 325 Mehrlinien-Organisationen vermindern nicht nur dieses Problem, sondern erhöhen auch das Expertentum auf der Ebene der leitenden Angestellten. 326 Ebenso wie beim Einsatz von Stäben, die als Leitungshilfsstellen tätig sind, 3 2 7 wird durch eine Mehrlinienorganisation außerdem das Management entlastet. Eine Matrixorganisation dürfte aufgrund des Zusammentreffens unterschiedlichsten Fachwissens und u.U. entgegengesetzter Interessen (funktional versus produkt-/projektbezogen) die Generierung neuer Ideen fördern. Darüber hinaus ist der Koordinations- und damit auch der Kommunikationsbedarf relativ hoch; die Informationswege sind relativ direkt und die Belastung des Managements vergleichsweise gering (vgl. Grochla 1976, S. 209-212). Auch vom Zwang zur Teamarbeit ist ein kreativitätsfördernder Einfluß zu erwarten (vgl. dazu Abschnitt 4.3). c) Entscheidungsfindung Die Akzeptierung einer Idee erfolgt innerhalb eines Betriebes in mehreren Stufen. Zunächst einmal muß der Inventor bereit sein, die Idee weiterzugeben. Geschieht dies über den Dienstweg, müssen auch die Vorgesetzten dem Vorschlag zustimmen. Die Entscheidung, ob ein Innovationsprojekt tatsächlich in Angriff genommen wird, trifft schließlich bei größeren Projekten das Topmanagement. Neben dem Einfluß der Merkmale der Organisationsstruktur auf die Geschwindigkeit, mit der dieser Prozeß abläuft, ist auch die Qualität der letztendlich getroffenen Entscheidung zu berücksichtigen. Die Bereitschaft eines Inventors, seine Innovationsidee bekannt zu geben, dürfte ganz wesentlich vom Formalisierungsgrad betrieblicher Prozesse abhängen. Die Wahrscheinlichkeit eines Verbesserungsvorschlags nimmt ceteris paribus mit der Möglichkeit zu, Hypothesen selbst zu überprüfen. Setzen entsprechende Tests dagegen Rückfragen oder Genehmigungen voraus, wird die Idee u.U. eher verworfen; sei es nun, weil dies lediglich als Gängelung empfunden wird oder eine Idee nicht zu früh preisgegeben werden soll, um eine „Blamage" zu vermeiden. 328 325 Die Belastung des Managements ist für die Ideengenerierung vor allem dann von Bedeutung, wenn sich die „kreativen Aktivitäten" auf die Führungsmannschaft konzentrieren. 326 Zur Bedeutung des Know-How für die Innovationstätigkeit vgl. II.2. 327 Leitungshilfsstellen sind von „Kreativ-Stäben" zu unterscheiden, deren Funktion in 4.3. beschrieben wird. 328 Vgl. Gebert 1979, S. 290, Thom 1980, S. 268.

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Ein Einfluß der Kommunikationsstruktur ergibt sich aus der Gefahr, daß in Organisationen, in denen Verbesserungsvorschläge auf dem Dienstweg weitergegeben werden müssen, Ideen nicht bis zum Top-Management gelangen. Dies kann daran liegen, daß eine Weitergabe nicht mit den Zielen des Middlemanagements übereinstimmt oder dieses überlastet ist. Haben die zuständigen Entscheidungsträger die Innovationsidee wahrgenommen, so wird diese weiterverfolgt bzw. realisiert, wenn sie vorteilhaft erscheint und für den Betrieb realisierbar ist. U m dies beurteilen zu können, ist ζ. B. zu prüfen, ob das Projekt unter ökonomischen Gesichtspunkten vorteilhaft erscheint und ob es finanzierbar ist. Die Prüfung dieser Voraussetzungen dürfte durch eine Arbeitsteilung beschleunigt werden. Die verschiedenen Aufgaben 329 können nämlich auf mehrere (spezialisierte) Mitarbeiter verteilt werden, die sich parallel um unterschiedliche Teilprobleme kümmern. Eine solche Arbeitsteilung kann auch — eine effiziente Koordination vorausgesetzt — die Qualität der Entscheidung erhöhen, weil Aspekte unterschiedlicher Fachgebiete kompetent geprüft und voneinander abweichende Einschätzungen abgewogen werden. 330 Eine hohe Zentr alitât der Entscheidungskompetenzen und ein geringer Grad der Partizipation dürfte die Entscheidung in der Regel 331 beschleunigen; unabhängig davon, ob die an der Willensbildung beteiligten Personen über ein Stimmrecht verfügen oder nicht, dürfte nämlich die für eine Abstimmung erforderliche Zeit mit der Anzahl der beteiligten Personen zunehmen. Andererseits ist davon auszugehen, daß die Qualität der Entscheidung bei Beteiligung von Spezialisten und Betroffenen zunimmt. Eine Partizipation von Spezialisten stellt sicher, daß im Betrieb vorhandene Erkenntnisse auch tatsächlich adäquat in die Entscheidung einfließen; die Beteiligung der von der Neuerung Betroffenen stellt sicher, daß die Interessen dieser Mitarbeiter in ausreichendem Maße berücksichtigt und dadurch möglichen Widerständen bei der Implementierung entgegengewirkt wird. Eine gewisse Formalisierung betrieblicher Prozesse kann sicherstellen, daß sämtliche relevanten Aspekte systematisch geprüft, dokumentiert und gegeneinander abgewogen werden müssen. Neben der Problemlösungsumsicht kann auch die Zielspezifikation und die Zielbedachtsamkeit zunehmen. Die größere Systematik der Entscheidungsvorbereitung und die Dokumentation der Ent329

Ζ. B. Marktforschung, (Personal-)Planung, Investitionsrechnung, Finanzierung. Dabei ist eine gute Entscheidung keineswegs grundsätzlich mit einer positiven Innovationsentscheidung gleichzusetzen; u.U. verdeutlicht erst eine exakte Planung die mit der Neuerung verbundenen Unwägbarkeiten und Risiken. Andererseits kann eine Spezialisierung im dispositiven Bereich auch eine Entscheidung zugunsten der Neuerung begünstigen, weil sich die Entscheidungsträger eher darauf verlassen können, daß potentielle Probleme (schnell) gelöst werden. 330

331 Eine Abweichung von dieser Aussage ergibt sich, wenn eine unzureichende Delegation zu einer Überlastung des Managements beiträgt und dadurch Entscheidungen verzögert oder sogar verhindert werden.

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scheidungsgrundlagen vermindert u.U. auch die Unsicherheit und trägt zur Absicherung der Entscheidung bei. Die langen Kommunikationswege und eine Überlastung des Managements kann in Einlinien-Systemen eine Entscheidung verzögern oder sogar verhindern. Die Entscheidungsqualität kann zusätzlich unter einer Filterung von Informationen durch die Zwischeninstanzen leiden. Die Wahrscheinlichkeit einer fachkundigen Entscheidungsvorbereitung kann durch Leitungshilfsstellen erhöht werden, weil durch sie die zur Entscheidungsvorbereitung verfügbaren Kapazitäten zunehmen und aufgrund ihrer Spezialisierung eher mit dem Einsatz moderner Beurteilungsmethoden zu rechnen ist. In Mehrlinienorganisationen kann die unklare Kompetenzabgrenzung Entscheidungen verzögern. Ferner besteht die Gefahr, daß zwischen den Fachgebieten Konkurrenzbeziehungen entstehen, welche eine Koordination der Aktivitäten erschweren und damit die Qualität von Entscheidungen vermindern, weil der Gesamtzusammenhang zu wenig berücksichtigt wird. Entscheidungen können in Matrixorganisationen durch den hohen Koordinationsbedarf verzögert werden. Die Berücksichtigung unterschiedlichster Interessen in der Entscheidung und der Zwang zur Teamarbeit kann die Qualität der Entscheidungen erhöhen; 332 andererseits besteht die Gefahr von (halbherzigen) Kompromissen. Bei einer divisionalen Organisationsstruktur besteht die Gefahr, daß kurzfristige, auf die Interessen der Division und nicht unbedingt des Gesamtssystems gerichtete Entscheidungen getroffen werden. Andererseits ist — bedingt durch die Konzentration der Mitarbeiter auf einen engeren Aufgabenbereich — mit einer besseren Kenntnis entscheidungsrelevanter, betriebsexterner und betriebsinterner Rahmenbedingungen zu rechnen. d) Implementierung Bei der Realisierung von Innovationen sind Neuerungen, die routinemäßig implementiert werden können, von solchen zu unterscheiden, deren Umsetzung umfangreicher Lernprozesse bedarf. Die Implementierung komplexer, grundlegender Neuerungen dürfte durch eine der Ideengenerierung ähnliche Organisationsstruktur unterstützt werden. Eine schnelle Umsetzung wenig komplexer, mit der betrieblichen Peripherie nicht verknüpfter bzw. einfach zu implementierender Neuerungen erfordert dagegen eine entgegengesetzte Organisationsstruktur. Von einer hohen Standardisierung der Tätigkeiten und einer Zentralisierung der Entscheidungskompetenzen, einem geringen Grad der Partizipation und klaren Weisungsbefugnissen ist eine die schnelle Umsetzung von Projekten 332

4.3.

Zur Bedeutung der Teamarbeit für die Qualität von Entscheidungen vgl. Abschnitt

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unterstützende Wirkung zu erwarten. Aufgrund der klaren Kompetenzverteilung dürften bei der routinemäßigen Implementierung von Neuerungen divisionale und Einlinienorganisationen anderen Organisationsformen überlegen sein. Besondere Probleme sind in Matrixorganisationen zu erwarten, wenn das Durchsetzungsvermögen des Produkt-/Projektmanagers und das Kooperationsbedürfnis der Linien gering ist. Brandenburg u. a. (1975, S. 167) sehen die Unabhängigkeit der Produktbereiche als Vorteil der divisionalen Organisationsform bei der Implementierung von Neuerungen an, weil Störungen, die sich aus der Einführung neuer Techniken ergeben, auf einen engeren Bereich begrenzt bleiben. Wie in allen anderen Phasen dürfte auch bei der Implementierung von einem starken, offenen Informationsaustausch ein positiver Einfluß ausgehen. Er hilft, potentielle Probleme zu antizipieren, Aktivitäten zu koordinieren und Probleme zu lösen. Unabhängig von dem für die Implementierung erforderlichen Know-How ist davon auszugehen, daß ein partizipativer Führungsstil die Qualität und Geschwindigkeit der Umsetzung einer Innovationsentscheidung steigert. Die Implementierung einer Neuerung kann sich nämlich erheblich verzögern, wenn dem Einsatz neuer Technologien von Seiten der Arbeitnehmer, deren Tätigkeit unmittelbar durch die Neuerung betroffen ist, Widerstand entgegengesetzt wird. Derartige Widerstände können vor allem durch eine Beteiligung der Mitarbeiter am Entscheidungsprozeß vermindert werden. Dies führt insbesondere dazu, daß die Betroffenen sich mit höherer Wahrscheinlichkeit mit der Entscheidung identifizieren und an ihrer Realisierung aktiv mitarbeiten. Die durch Abstimmungsprozesse bei der Entscheidungsfindung resultierenden zeitlichen Verzögerungen dürften durch den Zeitgewinn bei der Implementierung von Neuerungen zumeist mehr als kompensiert werden. Bei einem hohen Formalisierungsgrad der Organisation wird die Implementierung einer Neuerung dadurch verzögert, daß neue Tätigkeitsbeschreibungen erstellt und aufeinander abgestimmt werden müssen. 4.3 Maßnahmen zur Überwindung des organisatorischen Dilemmas Eine Organisationsstruktur, welche der Abwicklung von Routineaufgaben und den Anforderungen aller Phasen des Innovationsprozesses gleichermaßen gerecht wird, gibt es nicht. Insbesondere die organisatorischen Bedingungen, welche die Generierung von Innovationsideen unterstützen, unterscheiden sich gravierend von denen, die für eine reibungslose Abwicklung des Tagesgeschäftes erforderlich sind. Daher bietet es sich an, spezielle organisatorische Maßnahmen zu ergreifen, welche die Generierung und systematische Auswertung neuer Ideen unterstützen. Hierbei kann es sich um die Etablierung eines betrieblichen Vorschlagswesens, die Einrichtung kreativer Stäbe oder von Arbeitsgruppen 11 Maas

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handeln, die sich primär innovativen Aufgaben widmen. Diese Maßnahmen und ihre Funktionsbedingungen werden im folgenden kurz erläutert. 4.3.1 Betriebliches Vorschlagswesen

Das betriebliche Vorschlagswesen soll in zweifacher Hinsicht die Mitarbeiter dazu motivieren, Neuerungsideen zu generieren und weiterzugeben. Zum einen soll der Mitarbeiter Gewißheit darüber haben, daß die Betriebsleitung an Verbesserungsvorschlägen interessiert ist und die Vorschläge auch ernsthaft geprüft werden. Darüber hinaus wird ein materieller Anreiz in Form einer Prämie gegeben. Eine zentrale Funktion im betrieblichen Vorschlagswesen übernimmt der Vorschlagsbeauftragte. Er wirbt für das Vorschlagswesen, dient als Ansprechpartner für die Mitarbeiter, die Verbesserungsvorschläge haben (Sammelstelle für Formulare oder Protokollant mündlicher Anträge), 333 er sammelt und registriert die eingehenden Ideen, wickelt das Beurteilungsverfahren verwaltungstechnisch a b 3 3 4 und überwacht die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Bedingungen. 335 Beurteilt werden die Vorschläge von den zuständigen Fachleuten des Betriebes oder einer Kommission. Dabei ist zunächst zu überprüfen, ob die Idee aus dem eigentlichen Aufgabenbereich des Antragstellers stammt. Als Verbesserungsvorschlag gelten nämlich in der Regel nur „Sonderleistungen", die noch nicht durch das Arbeitsentgelt abgegolten sind. Die Höhe der gewährten Prämie orientiert sich an den voraussichtlich durch den Vorschlag zu erzielenden Kosteneinsparungen. 336 Für Vorschläge, die zu einer Verbesserung des Arbeits- und Umweltschutzes beitragen und nicht gleichzeitig mit Kosteneinsparungen verbunden sind, existieren spezielle Bewertungssysteme (vgl. z.B. Pansegrau 1976). Auch für Vorschläge, die nur einen geringfügigen Nutzen für den Betrieb haben („Bagatellvorschläge), wird in der Regel eine Anerkennungsprämie gezahlt oder eine Sachprämie gewährt. Heidack und Brinkmann (1987, S. 25) weisen auf die Gefahr hin, daß das Vorschlagswesen zu einer passiven Ideensammelstelle wird. Dies kann zum 333 Die Anträge können auch über Briefkästen, durch die Personalabteilung oder den Betriebsrat gesammelt werden. 334 Beruft die Gutachter ein, informiert sie über die Vorschläge und berät sie bei der Prämienfestsetzung. Danach informiert er die Antragsteller über das Ergebnis der Begutachtung. Für eine ausführliche Beschreibung der Bearbeitung eines Vorschlages vgl. BrinkmannIHeidack 1982, S. 136-151. 335 Für eine Beschreibung im Zusammenhang mit dem Vorschlagswesen relevanter arbeits- und steuerrechtlicher Bestimmungen vgl. z.B. BrinkmannIHeidack 1982, S. 4361. 336 Einen Überblick über die verschiedenen Methoden zur Ermittlung der Prämie geben Brinkmann ! Heidack 1982, S. 173-216.

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einen daran liegen, daß der Vorschlagsbeauftragte, insbesondere dann, wenn er diese Tätigkeit nebenamtlich wahrnimmt, überlastet oder nicht ausreichend qualifiziert ist. Darüberhinaus ist zu befürchten, daß der Anreiz für den Beauftragten, die Ideen tatsächlich in die Tat umzusetzen, relativ gering ist, sofern nicht spezielle Maßnahmen zu seiner Motivierung durchgeführt werden. Eine Weiterentwicklung des Vorschlagswesens bedarf außerdem einer stärkeren Einbeziehung der Vorgesetzten, durch deren Verhalten nicht nur immaterielle Anreize geschaffen, sondern auch wichtige Hemmnisse gegen eine Beteiligung von Mitarbeitern am Vorschlagswesen 337 vermindert werden können (vgl. dazu Heidack/Brinkmann 1987, S. 67-77). Darüber hinaus betont das Vorschlagswesen zu stark die Ideologie des Einzelerfinders und trägt damit nicht den Erfordernissen zahlreicher technischer Entwicklungen Rechnung, die eine Zusammenarbeit von Fachleuten aus unterschiedlichen Fachrichtungen erforderlich machen. Heidack und Brinkmann (1987, S. 208-217) schlagen deswegen die Einrichtung eines Gruppenvorschlagsmodells vor. 4.3.2 Kreativstäbe

Stäbe können nicht nur dazu dienen, das Management durch die Vorbereitung von Entscheidungen zu entlasten (Leitungshilfsstelle); sie können auch die Aufgabe übernehmen, Ideen aktiv zu erzeugen. Solche „Kreativstäbe" dürften bei der Ideengenerierung gegenüber Linienstellen einen gewissen Vorteil haben, weil die Mitarbeiter häufig über hohes Spezialwissen verfügen, nicht in gleichem Maße den Zwängen der Organisation unterliegen, insbesondere in geringerem Maße mit Routineaufgaben belastet bzw. „betriebsblind" sind und sich weniger stark an den bisherigen Verhaltensweisen orientieren. Bei der Umsetzung der von einem „Kreativstab" generierten Ideen durch die Linie ist allerdings von relativ starken Problemen auszugehen. Diese ergeben sich nicht selten bereits aus einer unterschiedlichen Ausbildung. Während die Forscher sich häufig eher als Wissenschaftler verstehen, die nicht primär auf ökonomische Zwänge achten, steht bei den Mitarbeitern der Linie die (schnelle und problemlose) Realisierbarkeit im Mittelpunkt des Interesses. Selbst wenn die Vorschläge des Stabes realisierbar sind, besteht die Gefahr, daß diese von der Linie skeptisch beurteilt werden, weil die Linie und nicht der Stab die Verantwortung für die Realisierung trägt. Gerade aus diesem Aspekt kann bei den Mitarbeitern des Stabes mittelfristig eine gewisse Frustration entstehen, weil sie an der Realisierung ihrer Vorschläge nicht mitwirken dürfen; wodurch ein 337

Derartige Hemmnisse ergeben sich nach den Ergebnissen von Losse und Thom (1977, insbesondere S. 73-109) bei Gewerblichen vor allem aus Furcht vor Akkordvorgabeverlusten, negativen Reaktionen von Kollegen, Furcht der Vorgesetzten vor Prestigeverlusten und zu geringen materiellen Anreizen (insbesondere für Vorschläge, die mit nicht exakt quantifizierbaren Nutzen verbunden sind). 11*

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Mangel an Anerkennung entsteht. Dies kann wiederum die Kreativität vermindern. 338 Kreativstäbe erscheinen aus den beschriebenen Überlegungen nur dann als geeignetes organisatorisches Mittel zur Steigerung der Innovationstätigkeit, wenn ihre Mitarbeiter an der Umsetzung der Neuerung beteiligt sind. Zu diesem Zweck müßten sie jedoch (vorübergehend) in die Line integriert werden. Das im folgenden beschriebene Konzept der Arbeitsgruppen geht im Prinzip den umgekehrten Weg: Mitarbeiter der Linie werden vorübergehend für Tätigkeiten außerhalb ihres normalen Aufgabenbereiches freigestellt. 4.3.3 Arbeitsgruppen

Zur Förderung der Generierung von Ideen erscheint die Bildung eines Kollegiums 339 oder eines Teams besonders geeignet. Kollegien setzen sich aus Mitgliedern des Betriebes zusammen, die sich unregelmäßig treffen, ansonsten aber in unterschiedlichen Abteilungen tätig sind und verschiedenen Hierarchiestufen angehören. 340 Auch die Mitglieder eines Teams 341 stammen in der Regel aus unterschiedlichen Abteilungen; im Gegensatz zum Kollegium werden die Mitglieder aber für die Dauer des gesamten Projektes von ihren sonstigen Tätigkeiten freigestellt und arbeiten über eine längere Zeit zusammen. Arbeitsgruppen sind vor allem für die Bearbeitung komplexer Aufgaben besonders gut geeignet, die mit einer gewissen Unsicherheit hinsichtlich der Lösungsmöglichkeiten behaftete sind und unterschiedliche Unternehmensbereiche betreffen. Auch für die Durchführung komplexer, wiederkehrender, im Prinzip vergleichbarer Aufgaben, wie die Einführung von EDV in verschiedenen Bereichen eines Unternehmens, erscheinen Arbeitsgruppen geeignet, weil der Koordinationsaufwand und die Einarbeitungszeit vermindert wird. Derartige Gruppen können ganz unterschiedliche Aufgaben übernehmen. Sie können dem Informationsaustausch dienen, 342 Konzepte (z.B. Marketingstra338 Vgl. dazu ζ. B. Grochla 1976, S. 186f., Witte 1973a, S. 10f., Brandenburg u.a. 1975, S. 157 und die dort angegebene Literatur. 339 In Anlehnung an Kosiol werden in der Literatur unter dem Begriff Kollegium gruppenorientierte Konzepte wie Kommission, Ausschuß, Kommitee und Gremium zusammengefaßt. 340 Für unterschiedliche Formen der Kollegienorganisation vgl. Bühner 1986, S. 144f. 341 An dieser Stelle wird nur auf Projektgruppen bzw. „Task forces" eingegangen. Zu anderen teamorientierten Organsationsformen wie das Modell der überlappenden Gruppen oder das „Colleague"-Modell vgl. ζ. B. Müller-Schienstock 1978 bzw. Bendixen 1980. 342 Der innerbetriebliche Informationsaustausch kann andererseits auch durch organisatorische Regelungen, wie regelmäßige Besprechungen auf den verschiedenen hierarchischen Ebenen (Geschäftsführungsbesprechungen, Abteilungsleiter- oder Meisterbesprechungen) bzw. Bereichen des Betriebes (ζ. B. Abteilungsbesprechungen, Werksgespräche) unterstützt werden. Die Relevanz derartiger Gesprächszirkel hat sich zunächst

4. Organisationsstruktur

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tegien) bzw. technische Lösungen entwickeln, komplexe Entscheidungen vorbereiten (alternative Lösungen identifizieren und bewerten) und/oder Problemlösungen implementieren. Dabei kann die Gruppe über eine unterschiedlich ausgeprägte Autonomie verfügen, die um so größer ist, je weniger man im Hinblick auf Fragestellung, Arbeitsmethoden, Auswahl der Mitglieder, Art der Zusammenarbeit (z.B. Kompetenzverteilung, Häufigkeit der Treffen) sowie Art, Menge und Aufteilung des Ressourceneinsatzes etc. eingeengt ist. Der Vorteil von Arbeitsgruppen ist vor allem darin zu sehen, daß Informationen aus den unterschiedlichsten Bereichen des Betriebes zusammengeführt und komprimiert werden. Die Kommunikation dürfte in diesen Gruppen problembezogener und offener sein, weil der Gedankenaustausch unmittelbar der Suche nach Verbesserungsmöglichkeiten dient und unbequeme Äußerungen und Verbesserungsvorschläge nicht als Kritik an einer bestimmten Person angesehen werden. Darüber hinaus dürften die möglichen Prestigeverluste eines Fehlschlages durch die Gruppenarbeit abnehmen (vgl. Röpke 1970, S. 217). Einer gemeinsamen Entscheidungsfindung wird außerdem ein positiver Einfluß auf die Bereitschaft zur Übernahme eines größeren Risikos zugesprochen. 343 Probleme können daraus resultieren, daß sich die Mitglieder eines Kollegiums grundsätzlich auf die kleinste gemeinsame Basis einigen, die Beratungen lange Zeit in Anspruch nehmen und die Kollegien in der Regel keine Entscheidungsbefugnis haben. Letzteres kann sich vor allem auf die Motivation der Mitglieder negativ auswirken. Andererseits können sich Motivationsvorteile aus der Pluralität der Willensbildung ergeben. Die Effizienz der Gruppenarbeit wird neben der Eigenverantwortlichkeit und den Fähigkeiten der Beteiligten auch durch die Größe der Gruppe beeinflußt. Dabei variiert die optimale Gruppengröße je nach Art der Aufgabe, 344 in der Regel wird jedoch eine Gruppengröße von fünf bis sieben Personen als optimal für die Lösung komplexer Probleme angesehen. Die Zusammensetzung der Arbeitsgruppen hinsichtlich der hierarchischen Stellung ihrer Mitglieder ist eher umstritten. Gegen zu starke Unterschiede im hierarchischen Rang spricht die Gefahr, daß Linienkompetenzen (auf informellem Wege) in die Arbeitsgruppe „hineingetragen" und vorurteilsfreie, kreative Konflikte nicht ausgetragen werden. Andererseits können nach Ansicht von Meffert (1976, S. 83), „wenn Autoritätsunterschiede mit Hilfe gruppendynamischer Erkenntnisse beseitigt sind,... hierarchisch heterogene Gruppen nicht nur insbesondere in der japanischen Wirtschaft gezeigt. Diese Erfahrungen haben zu einer zunehmenden Anwendung abteilungsübergreifender Gesprächskreise in allen Industrienationen geführt. 343 Vgl. dazu z.B. Röpke 1970, S. 218, Meffert 1976, S. 86 und die dort angegebene Literatur. 344 Vgl. dazu z.B. Heidack und Brinkmann 1987, S. 181-184.

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die Innovationsbildung fördern, sondern auch Vorteile in der Durchsetzungsphase bieten". Auf jeden Fall sollten formelle Statusunterschiede innerhalb der Arbeitsgruppe nicht bestehen, um eine kooperative Zusammenarbeit sicherzustellen. Inwieweit dies auch in informeller Hinsicht gelingt, dürfte entscheidend von den persönlichen Charakteristika der Beteiligten abhängen. 4.4 Erfassung der Organisationsstruktur und ihres Einflusses auf das Innovationsverhalten in empirischen Untersuchungen Ein besonderes Problem der Organisationsforschung ist in der Operationalisierung von Merkmalen der Organisationsstruktur zu sehen. Aus diesem Grund werden in diesem Abschnitt nicht nur Arbeiten präsentiert, die den Einfluß der Organisationsstruktur auf das Innovationsverhalten überprüfen, sondern auch die wichtigsten Ansätze zur Erfassung der Organisationsstruktur dargestellt und ihre Aussagekraft diskutiert. Dabei steht die Arbeit der ASTON-Gruppe um Purgh, eine der ersten, am meisten beachteten und nach wie vor interessantesten Studien, im Mittelpunkt des Interesses. 4.4.1 Spezialisierung

Die meisten Autoren erfassen nicht die Spezialisierung operativer Tätigkeiten, die sich ζ. B. in der zeitlichen Länge des Arbeitszyklusses, der Anlernzeit, der Anzahl verschiedener Operationen, der Relation aus Bearbeitungs- und Transportzeit etc. ablesen läßt; 3 4 5 stattdessen stellen sie auf dispositive Tätigkeiten ab. Purgh u.a. (1968, S. 73) erarbeiten z.B. einen Katalog mit 16 Aufgabenbereichen 34 ^ und kontrollieren, ob es Stellen oder Abteilungen gibt, die sich ausschließlich mit einer dieser Aufgaben beschäftigen. Jede in dem Betrieb realisierte Spezialisierungsmöglichkeit erhöht den Grad der „funktionalen Spezialisierung" um eine Einheit. In einem weiteren Schritt unterteilen Purgh u. a. (1968, S. 73) diese Aufgabenkomplexe in Teilaufgaben 347 und überprüfen wiederum, ob diese von einer Stelle als primäre Aufgabe wahrgenommen werden („Stellenspezialisierung"). Der aus diesen Angaben konstruierte Indikator soll die Rollenspezialisierung kennzeichnen. Die Vorgabe der Spezialisierungsmöglichkeiten soll Probleme vermeiden, welche sich anderenfalls aus Unterschieden in der Bezeichnung von Stellen oder Abteilungen ergeben würden. Es besteht allerdings die Gefahr, daß die Befragten 345

Für einen Überblick vgl. z.B. HillIFehlbaumIUlrich 1981, S. 318. Z.B. Verkauf und Kundendienst, Transportwesen, Personalwesen, Beschaffung und Lagerhaltung, Fertigungskontrolle. 347 Dabei weist ζ. B. die Tätigkeit „Produktionsverfahren" acht, der Bereich „neue Produkte, Anlagen und Prozesse entwerfen" sieben Teilspezialisierungen auf (vgl. PurghIHickson 1971, S. 84). 346

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betriebliche Tätigkeiten den vorgegebenen Aufgabenbereichen nicht zuordnen können bzw. nicht sicher beurteilen können, ob eine Stelle mit dieser Aufgabe ausgelastet ist. Die Aussagekraft des Indikators wird außerdem durch Unterschiede in der Stellenbildung verzerrt. Wird z.B. der Hausjurist einer Stelle organisatorisch zugeordnet, so gilt der Tätigkeitsbereich „Anpassung an juristische und versicherungstechnische Anforderungen" als nicht spezialisiert. Bildet die gleiche Person eine Stabsstelle, gilt die Aufgabe dagegen als spezialisiert. Auch wird die Qualifikation der beauftragten Mitarbeiter nicht ausreichend berücksichtigt. Ist ein angelernter Mitarbeiter ausschließlich mit der Bearbeitung von Versicherungsaspekten befaßt, ist das Ausmaß der Spezialisierung im Vergleich zu einer Situation, in der ein Jurist einen Teil seiner Arbeitszeit auf diesen Aufgabenbereich verwendet, de-facto sicherlich niedriger; der Indikator zeigt jedoch eine höhere Spezialisierung an. Weitere Verzerrungen ergeben sich, wenn die Aufgabe nach Objektbereichen aufgeteilt ist und parallel 348 oder kooperativ 349 von verschiedenen Abteilungen bearbeitet wird (vgl. Wollnik 1984, S.430f.). Der Indikator erscheint außerdem nur für eine Analyse größerer Betriebe bzw. Unternehmen geeignet, weil eine Reihe der aufgeführten Tätigkeiten in vielen kleinen und mittleren Unternehmen nicht durchgeführt, zumindest aber nicht explizit aufgeführt werden. Selbst wenn dies der Fall ist, kann das Volumen der (sporadisch) anfallenden Tätigkeiten u. U. nicht ausreichen, um Mitarbeiter kontinuierlich damit zu beschäftigen. In diesem Fall kann ein Mitarbeiter mehrere Aufgaben abdecken. Diese Überlegungen machen deutlich, daß eine Erfassung des Spezialisierungsgrades im dispositiven Bereich einer intensiven und detaillierten Analyse bedarf (vgl. ζ. B. Wollnik 1984, S. 433 f.), welche den Rahmen von Innovationsstudien in aller Regel sprengt. Budde (1979, S. 107-119) versucht den Spezialisierungsgrad zu bestimmen, indem er überprüft, ob im Zusammenhang mit Investitionsentscheidungen auszuführende Tätigkeiten von einer Stelle zur zentalen Investitionsplanung wahrgenommen werden. 350 In die Analyse bezieht er folgende Aufgaben ein: 1. 2. 3. 4. 5. 6.

Formale Prüfung von Investitionsanträgen Inhaltliche Prüfung von Investitionsanträgen Kennzeichnung problematischer Fälle Anregung von Alternativen Unterstützung beim Anfertigen von Wirtschaftlichkeitsrechnungen Anfertigung der Anträge

348

Z.B. die Einstellung von gewerblichen bzw. kaufmännischen Angestellten oder Verkaufsaktivitäten für unterschiedliche Produkte. 349 Ζ. B. die Wahrnehmung von Umweltschutzaufgaben durch Mitarbeiter der Produktions-, Rechts- und Beschaffungsabteilung oder die Entwicklung neuer Produkte durch Mitarbeiter der Produktions-, Einkaufs- und Vertriebsabteilung. 350

Gibt es eine solche Stelle nicht, gilt der Prozeß als nicht spezialisiert (ebenda, S. 109).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

7. Entscheidung über Anträge 8. Aggregation von Anträgen zu einem Budget.

I m Prinzip ist an dieser Vorgehensweise die gleiche Kritik anzuwenden wie an der Arbeit von Purgh u. a. Es wird eine bestimmte formale Vorgehensweise bei der Abwicklung von Investitionsentscheidungen unterstellt, die insbesondere in kleineren Unternehmen häufig nicht zutreffen dürfte. Auch die Existenz einer zentralen Investitionsplanung ist — wenn überhaupt — nur in größeren Unternehmen zu erwarten. Kieser (1974) versucht, die Aufgabenkomplexität mit Hilfe eines umfangreichen Fragenkataloges zu erfassen. 351 Eine Korrelation der einzelnen Indikatoren untereinander zeigt lediglich in 10 der 79 Fälle einen signifikanten Zusammenhang. Eine Faktorenanalyse identifiziert vier unabhängige Faktoren. Diese Ergebnisse legen die Vermutung nahe, daß man je nach Art der verwendeten Indikatoren zu einer sehr unterschiedlichen Einschätzung der Komplexität einzelner Aufgaben kommt. Weitere Probleme ergeben sich aus der Tatsache, daß die Beurteilung auf einer persönlichen Einschätzung beruht, die von Gesprächspartner zu Gesprächspartner sehr unterschiedlich ausfallen kann. Selbst wenn man die Komplexität einzelner Tätigkeitsbereiche erfassen könnte, stellt sich die Frage, in welchem Maße daraus Schlüsse für den Gesamtbetrieb zu ziehen sind. Dem Problem interpersoneller Unterschiede in der Einschätzung der Aufgabenstruktur könnte man versuchen, durch die Auswertung von Unterlagen (Stellenbeschreibungen etc.) zu begegnen. Dabei besteht jedoch die Gefahr, daß 351

1. Wieviel Ihrer Arbeit würden Sie als Routine bezeichnen? 2. Wieviel der wöchentlich tatsächlich für Sie anfallenden Arbeit ist zu Beginn einer Arbeitswoche vorhersehbar? 3. Wie viele Ihrer Arbeitstage laufen nach ungefähr dem gleichen Schema ab? 4. Wie oft führen Sie innerhalb Ihrer Aufgabe festgelegte Arbeitsabläufe durch? 5. Wie oft werden Sie im Rahmen Ihrer Aufgaben mit Problemen konfrontiert, die vorher niemals aufgetaucht waren? 6. Wie oft ereignet sich im Rahmen Ihrer Aufgabe etwas, das Sie zwingt, neues Wissen oder neue Techniken zu erwerben? 7. Wie oft passieren im Rahmen Ihrer Aufgaben völlig unvorhersehbare Dinge? 8. Hat sich im letzten Jahr der Inhalt Ihrer Aufgabe geändert? 9. Wieviel wird sich von dem Inhalt Ihrer Aufgabe nach Ablauf eines Jahres geändert haben? 10. Wie genau sind Ihre Kompetenzen und Ihre Verantwortung festgelegt? 11. Wie genau ist festgelegt, welche Entscheidungen Sie selbst treffen können? 12. Stellen Sie sich vor, es müßte jemand kurzfristig Ihre Aufgabe übernehmen, der mit der Arbeit überhaupt nicht vertraut ist. Wieviel könnte diese Person aus einer Stellenbeschreibung und/oder aus einem Studium der Akten über ihre neue Aufgabe erfahren? 13. Wie oft ist bei den Aufgaben, mit denen Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit konfrontiert werden, die Lösung von vornherein klar? 14. Wie oft müssen Sie sich mit mehreren Angelegenheiten gleichzeitig beschäftigen?"(zitiert nach Neuberger 1977, S. 27 f.).

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diese Angaben eher einen angestrebten Zustand wiedergeben als die tatsächliche Situation. Aufgrund der beschriebenen Probleme bei der Operationalisierung der Spezialisierung verwundert die Widersprüchlichkeit der empirischen Studien zum Einfluß der Aufgabenkomplexität auf das Innovationsverhalten wenig. Hage und Deware (1972) sowie Hage und Aiken (1967) bitten nach einem Quotenverfahren ausgewählte Mitarbeiter psychiatrischer Beratungseinrichtungen, ihre Tätigkeit zu beschreiben und ordnen den Berufsbildern Klassen von Spezialistentätigkeiten zu. Die Ausprägung des Indikators für die einzelnen Institutionen resultiert aus der Zahl der besetzten Klassen (Hage / Deware 1972, S. 290). Für diesen Indikator ergibt sich ein signifikanter statistischer Zusammenhang mit der Zahl der für die jeweilige Institution neuen Leistungsprogramme (Signifikanzniveau 1%) (ebenda, S. 285). Die Autoren versuchen, die Komplexität der Aufgaben außerdem mit Hilfe zweier weiterer Indikatoren abzuschätzen; dem Ausmaß der mit jeder Tätigkeit verbundenen „professional activity" 3 5 2 und der für jede Tätigkeit erforderlichen Einarbeitufigszeit. 353 Für den Indikator „professional training" ergibt sich in der Korrelationsrechnung ein schwacher positiver Zusammenhang zum Innovationsindikator, 354 für die professionellen Aktivitäten zeigt sich ein etwas stärkerer, schwach signifikanter Zusammenhang (Signifikanzniveau 10%) (Hage/Dewar 1972, S. 285). Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 181 f.) überprüfen diese Ergebnisse mit Hilfe von zwei Variablen; der beruflichen Spezialisierung („occupational speciality") und dem Grad der Professionalisierung des Managements. Der letzte Indikator erscheint zur Charakterisierung der innerbetrieblichen Spezialisierung wenig geeignet 355 und wird deswegen im folgenden nicht näher 352

The index of professional activity, which ranged from 0 to 3 points, was computed as follows: (a) 1 point for belonging to a professional organization; (b) 1 point for attending at least two-thirds of the previous six meetings of any professional organization; (c) 1 point for the presentation of a paper or holding an office in any professional organization (Hage/Aiken 1967, S. 504). 353

The index was scored as follows: (a) An absence of training beyond a college degree and the absence of other professional training received a score of 0; (b) an absence of training beyond college degree and the presence of other professional training received a score of 1; (c) a presence of training beyond a college degree and the absence of other professional training received a score of 2; (d) a presence of training beyond a college degree and the presence of other professional training received a score of 3 (Hage I Aiken 1967, S. 508). 354

Angaben zum Signifikanzniveau werden nicht gegeben. Die Professionalität des Managements versuchen Duchesneau, Cohn und Dutton (1979) zu ermitteln, indem Sie dem Geschäftsführer und Managern der zweiten und dritten Ebene jeweils einen „Punkt" für jede der folgenden Aktivitäten geben: (1) membership in a professional association; (2) attendance at one or more trade shows in the previous year; 355

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betrachtet. Die berufliche Spezialisierung ist definiert „as the number of specialized areas including both, line and staff specialities, in which the firm had at least one full-time employee." Konkretere Angaben darüber, wie diese Bereiche ermittelt werden, machen die Autoren nicht. In der Korrelationsanalyse ergibt sich ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Zahl der adoptierten Neuerungen und dem „SpezialisierungsIndikator" (ebenda, S. 182). Bei dem Vergleich von Adoptoren und NichtAdoptoren von neun Techniken zeigt sich in drei Fällen ein signifikanter Einfluß, das Vorzeichen entspricht in acht Fällen der Hypothese (vgl. ebenda, S. 192 f.). Dabei hat eine Spezialisierung nach den Ergebnissen von Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 194) vor allem einen Einfluß auf die Adoption grundlegenderer Neuerungen. Die Adoptoren dieser Techniken sind in zwei von vier Fällen durch eine signifikant höhere Spezialisierung gekennzeichnet als die Nicht-Adoptoren; das Vorzeichen entspricht in allen Fällen der Hypothese. Bei den „evolutorischen" Neuerungen ergibt sich dagegen nur in einem von fünf Fällen ein signifikanter Zusammenhang. Olson (1974) überprüft den Zusammenhang zwischen der Verzögerung bei der Adoption neuer Textilmaschinen und der Existenz einer Stelle, welche neue Maschinen beurteilt. Olson findet zwar Anhaltspunkte für die Hypothese, daß die Existenz einer solchen Stelle die Adoption unterstützt, statistische Testverfahren wendet er jedoch nicht an. Eine Überprüfung der These durch Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 254) ergibt keinen signifikanten Zusammenhang zum Adoptionsverhalten. Bei einer für neun Techniken differenzierten Analyse zeigt sich für vier ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Existenz einer Stelle, die neue Maschinen evaluiert, und der Adoption (ebenda, S. 260). 356 Dabei handelt es sich in drei Fällen um grundlegende Neuerungen. 357 Gebert versucht im Rahmen einer schriftlichen Befragung die Aufgabenkomplexität von Angehörigen großer F + Ε-Abteilungen der Chemischen Industrie mit Hilfe folgender Aussage zu ermitteln: „Die in meinem Tätigkeitsbereich anfallenden Probleme lassen sich nach meiner Erfahrung auf den verschiedensten Wegen lösen." Dieser Aussage konnte mit Hilfe einer Vierer-Skala in unterschiedlichem Maße zugestimmt werden. 358 Die so beurteilte Aufgaben(3) reading or scanning at least one professional journal; (4) reading or scanning at least one trade journal; (5) presenting a paper at a meeting of a professional or trade association; (6) holding an office in a professional or trade association Zusätzlich ermitteln Duchesneau, Cohn und Dutton die Länge der formalen Ausbildung der verschiedenen Manager (ebenda, S. 455). Diese Aktivitäten spiegeln eher die Kommunikationsbeziehungen bzw. die formale Qualifikation des Managements wider. Rückschlüsse auf die Aufgabenkomplexität sind kaum möglich. 356 Das Vorzeichen entspricht in allen Fällen der Hypothese 357 Damit hat sich die Hypothese für 75% der „major innovations" bestätigt.

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komplexität der einzelnen Positionsinhaber korreliert signifikant mit der Anzahl der Patente, die diesem zuzurechnen sind (vgl. Gebert 1979, S. 286,292). Dieses Ergebnis ist jedoch ohne eine genaue Beschreibung des organisatorischen Umfeldes als weitestgehend tautologisch anzusehen, weil davon auszugehen ist, daß eine innovative Person auch eine größere Zahl von Lösungswegen sieht als eine weniger innovative Person. 4.4.2 Standardisierung und Formalisierung

Die Standardisierung und Formalisierung betrieblicher Abläufe messen Purgh u.a. (1968, S. 74) mit Hilfe einer Liste von Verfahren 359 und Dokumenten 3 6 0 . 3 6 1 Die Erfahrungen von Kubicek u.a. verdeutlichen die Probleme, mit denen die Erfassung der Standardisierung und Formalisierung bei dieser Vorgehensweise verbunden ist. Probleme ergeben sich bereits bei der Interpretation dessen, was unter den vorgegebenen Verfahren oder Unterlagen zu verstehen ist; bei der Entscheidung, ob betriebliche Sachverhalte den Anforderungen entsprechen und dabei insbesondere, ob bei partieller oder bedingter Zustimmung von einer Standardisierung oder Formalisierung auszugehen ist. Darüber hinaus verfügen einzelne Gesprächspartner nicht immer über ausreichende Kenntnisse der Aktivitäten und der Vorgehensweisen anderer Teile des Unternehmens (vgl. Wollnik 1984, S. 521). Besondere Schwierigkeiten bestehen darüber hinaus bei der Beurteilung, in welchem Maße die Vorschriften in der Realität tatsächlich berücksichtigt werden. Budde (1979, S. 119-134 und 142-144) überträgt die Vorgehensweise der ASTON-Gruppe erneut auf die mit der Abwicklung von Investitionsprojekten verbundenen Tätigkeiten: (1) (2) (3) (4) (5)

Vorschriften über die Initiierung von Projekten, 362 Vorschriften für die Ausarbeitung von Anträgen, 363 Vorschriften zur Ermittlung von Wirtschaftlichkeit/Dringlichkeit, Risiko, Entscheidungsregeln, Richtlinien für die Kontrolle von Vorhaben.

358

ja (4), eher ja (3), eher nein (2), nein (1). Ζ. B. zur Fertigungskontrolle, Lagerbestandskontrolle, Produktionssteuerung, Finanzkontrolle, Ideenfindung, Rekrutierung von Mitarbeitern, Kommunikation, Lagerhaltung. 359

360

Z.B. Organigramme, Stellenbeschreibungen, Erfassung von Arbeitsleistungen, Mitteilungsformulare, Werkstück-Begleitpapiere. 361 Insbesondere bei der Standardisierung bleibt die Operationalisierung letztendlich dadurch undeutlich, weil mit unterschiedlichsten Gewichtungsskalen (Häufigkeit, Geltungsbereich etc.) und Unterkategorien gearbeitet wird (vgl. Purgh u.a. 1968, S. 96ff.). 362 Ζ. B. Vorschriften hinsichtlich der Form (Formblatt, formlos schriftlich, mündlich), des Inhalts (Kurzbeschreibung, Schätzung von Kosten und Nutzen, Termine), des Adressaten. 363

Vorgaben über die zu beachtenden Aspekte (ζ. B. mögliche Alternativen, Risiko, Wirtschaftlichkeit/ Dringlichkeit, Kosten, Zeitplan).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Baumberger, Gmür und Käser (1973, S. 762) erfassen den Formalisierungsgrad mit den Variablen — Art und Häufigkeit der Berichterstattung des Satellitenorgans an seinen Vorgesetzten, 364 — Intensität der Qualifikation 365 von Kaderkräften 366 und — Detailliertheit der Planung. 367

Eine einfache Korrelation dieser Indikatoren mit dem Adoptionszeitpunkt ergibt nur für die Art der Beurteilung einen Signifikaten Zusammenhang (ebenda, S. 857). Hage und Aiken (1967) sowie Hage und Dewar (1972) erfassen die „job codifikation and rules" anhand von vier Fragen, 368 denen die Befragten mit 364

Die Fragen lauten (.Baumberger j Gmür/ Käser 1973, S. 1076, 1077): In welchen zeitlichen Abständen haben Sie Ihren Vorgesetzten über Ihre Arbeit — mündlich oder schriftlich — Bericht zu erstatten? — keine regelmäßige Berichterstattungspflicht (Skalenwert: 1) — regelmäßige Berichterstattungspflicht nach Jahresfrist oder längeren Perioden (Skalenwert: 2,5) — regelmäßige, halbjährliche Berichterstattungspflicht (Skalenwert: 4) — regelmäßige, monatliche Berichterstattungspflicht (Skalenwert: 5,5) — regelmäßige, wöchentliche oder kürzere Berichterstattungspflicht (Skalenwert: 7) Auf welche Art und Weise haben Sie diesen Bericht zu erstatten? — mündliche globale Berichterstattung (Skalenwert: 2,5) — mündliche detaillierte Berichterstattung (Skalenwert: 4) — schriftliche globale Berichterstattung (Skalenwert: 5,5) — schriftliche detaillierte Berichterstattung (Skalenwert: 7) — keine Berichterstattungspflicht (Skalenwert: 1) 365 Der Ausdruck „Qualifikation" ist mit einer Bewertung gleichzusetzen. 366 Die Frage lautet {Baumbergerl Gmür! Käser 1973, S. 1048): — regelmäßige schriftliche Qualifikation nach festgelegten Beurteilungskriterien (Skalenwert: 7) — regelmäßige schriftliche Qualifikation ohne festgelegte Beurteilungskriterien (Skalenwert: 5,5) — regelmäßige mündliche Qualifikation (mit dem Mitarbeiter oder unter seinen Vorgesetzten) (Skalenwert: 4) — unregelmäßige Qualifikation (ζ. B. bei Beförderungen, Gehaltserhöhungen, Austritten etc.) (Skalenwert: 2,5) — keine Qualifikation (Skalenwert: 1) 367 Wie detailliert planen Sie im jetzigen Zeitpunkt in Ihrem Verantwortungsbereich (Abteilung, Unternehmung) das Jahr 1973? Antwortmöglichkeiten 7er-Skala mit: 7 = Es existieren in meinem Verantwortungsbereich vollständige, schriftlich abgefaßte Programme für 1973. 1 = Es existieren keine schriftlichen Planungsunterlagen (Baumberger I Gmür I Käser 1973, S.1058) 368 The index of job codification and rules was based on the following five questions: (1 ) I feel that I am my boss in most matters. (2) A person can make his own decisions without checking with anybody else. (3) How things are done here is left up to the person doing the work. (4) People here are allowed to do almost as they please. (5) Most people here make their own rules on the job. Replies to these questions were scored from 1 (definitely true), 2

4. Organisationsstruktur

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Hilfe einer Viererskala mehr oder weniger stark zustimmen können. Der Indikatorwert resultiert aus dem Durchschnitt der vier Anworten. Zusätzlich ermitteln die Autoren auch einen Indikator für die „rule observation" 369 . Für beide Indikatoren ergeben sich negative, sehr niedrige und nicht signifikante Korrelations-Koeffizienten (vgl. Hage/Dewar 1972, S. 285). Duchesneau, Cohn und Dutton (1979) erfragen ebenfalls den Eindruck, den Organisationsmitglieder über das Ausmaß der Formalisierung des Betriebes haben. Sie legen den Geschäftsführern der von ihnen untersuchten Betriebe zwei Statements vor, welche die Situation des Mittelmanagements beschreiben sollen. Der Geschäftsführer muß sich für eine dieser Aussagen entscheiden: (1) There are extensive rules that precisely define each manager's function and responsibilities, and the managers are expected to follow these rules closely. (2) Each manager has a large degree of freedom so that he can change his functions and responsibilities from situation to situation according to the needs of the firm.

Diese Vorgehensweise ist in zweifacher Hinsicht problematisch. Zum einen variieren persönliche Eindrücke von Person zu Person. Dabei erscheint es vor allem zweifelhaft, ob der Geschäftsführer das Umfeld seiner Mitarbeiter einschätzen kann; es ist zu befürchten, daß eher die angestrebten als die tatsächlichen Verhältnisse beschrieben werden. Zusätzliche Probleme ergeben sich wahrscheinlich daraus, daß die Autoren lediglich Endpunkte eines Kontinuums von Formalisierungsgraden zur Alternative stellen. Die Korrelationsanalyse zeigt keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Anzahl der adoptierten Neuerungen und der Einschätzung der Formalisierung (Duchesneau I Cohn ! Dutton 1979, S. 182). Eine nach einzelnen Techniken differenzierte Auswertung zeigt nur für zwei der neun Techniken einen signifikanten Unterschied zwischen dem Formalisierungsgrad in adoptierenden und nicht adoptierenden Betrieben (ebenda, S. 188 f.). 4.4.3 Delegation und Partizipation

Purgh u.a. (1968, S. 77) stellen eine Liste mit 37, ihrer Ansicht nach in allen gewerblichen Organisationen anzutreffenden Entscheidungen auf und ermitteln jeweils die niedrigste hierarchische Ebene, welche offiziell die Entscheidungskompetenz hat. Der Indikator zur Kennzeichnung der Konzentration von Entscheidungsbefugnissen ergibt sich aus der Summe aller Hierarchieebenen. (more often true than false), 3 (more often false than true), to 4 (definitely false) (Hage/ Dewar 1972, S. 290). 369 The rule observation index was computed by averaging the responses to each of the following two statements: (1) The employees are constantly being checked on for rule violations. (2) People here feel as though they are constantly being watched to see that they obey all the rules. Respondents' answers were coded from 1 (definitely false), 2 (more often false than true), 3 (more often true than false), to 4 (defenitely true) (Hage/Dewar 1972, S. 290).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

U m auch unterschiedlich tief gegliederte Unternehmen vergleichen zu können, werden die Angaben auf ein Standardschema bezogen, das vier Hierarchieebenen enthält. 1. Gesamtorganisation (Vorstandschef, Geschäftsführer), 2. Bereich (Bereichsleiter, Ressorchef, Spartenleiter), 3. Teilbereich (Hauptabteilungs-, Abteilungs- oder Werksleiter), 4. Gruppe (Gruppenleiter, z.B. Meister). In Anlehnung an die Aston-Gruppe analysiert Budde (1979, S. 136-142), auf welcher hierarchischen Ebene Einzelvorhaben bzw. der (das) Investitionsplan/ -budget endgültig genehmigt werden. Sind die Rechte über mehrere hierarchische Ebenen gestaffelt, so erfaßt Budde die niedrigste. U m die Vergleichbarkeit zwischen unterschiedlich tief untergliederten Betrieben zu gewährleisten, geht Budde (1979, S. 137) ähnlich wie Purgh vor. An diesem Meßkonzept ist vor allem zu kritisieren, daß das Ausmaß der Delegation je nach Art der Entscheidung erheblich variieren kann. Es ist insbesondere damit zu rechnen, daß „kleinere" Projekte, die durch einen relativ geringen Neuheitsgrad gekennzeichnet sind und keine gravierenden innerbetrieblichen Veränderungen verursachen, in einem stärkeren Maße delegiert werden als „größere", durch eine besondere Unsicherheit gekennzeichnete und / oder sensible Bereiche betreffende Projekte. Die Unterscheidung zwischen „großen" und „kleinen" Projekten dürfte von Unternehmen zu Unternehmen sehr unterschiedlich sein. Die Erfahrungen von Kubicek u. a. deuten ferner daraufhin, daß in der Praxis nicht immer sicher ist, wann eine Entscheidung überhaupt gefallen ist und von wem sie getroffen wurde. 3 7 0 Auch einen Vergleich der Hierarchieebenen zwischen Betrieben mit unterschiedlicher Organisationsstruktur sehen diese Autoren als problematisch an (vgl. Wollnik 1984, S. 476-484). Hage und Aiken (1967) sowie Hage und Dewar (1972) operationalisieren den Grad der Partizipation, indem sie „staff members" fragen, wie häufig 371 sie an Entscheidungen hinsichtlich der Einstellung von Personal, der Förderung von Personal, der Einführung neuer Politiken oder der Adoption neuer Programme beteiligt sind (vgl. Hagel Dewar 1972, S. 290). Für den Indikator ergibt sich ein positiver, nicht signifikanter Korrelations-Koeffizient (ebenda, S. 285). Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 238) überprüfen den Einfluß der Zentralisation der Entscheidungskompetenzen anhand der Häufigkeit, mit der Manager unterschiedlicher hierarchischer Ebenen 372 an den folgenden Entscheidungen teilnehmen:

370 Bei Investitionsentscheidungen dürfte dies in der Regel geringere Probleme bereiten. Lediglich in großen Unternehmen, in denen ein Budget vorgegeben wird oder für eine Entscheidung die Zustimmung von Vorgesetzten (vgl. der Unternehmenszentrale) eingeholt werden muß, können sich gewisse Probleme ergeben. 371 Die Antwortskala reicht von 1 (nie) bis 5 (immer).

4. Organisationsstruktur (1) (2) (3) (4) (5)

175

The hiring of new managerial staff members; the promotion of any of the managerial staff; the adoption of new policies; change in the firm's budget; and work assignments for people under your supervision (ebenda, S. 454).

Die Anworten werden in eine Fünfer-Skala eingeordnet, die von 5 (geringe Partizipation) bis 1 (starke Partizipation) reicht und für jeden Manager der durchschnittliche Wert festgehalten. Aus diesen Werten wurde für jede Managementebene der Durchschnittswert ermittelt, aus deren Mittelwert sich wiederum der Indikatorwert für den Gesamtbetrieb ergibt. Ein signifikanter Zusammenhang der so gebildeten Variablen mit der Anzahl der adoptierten Neuerungen ist nicht festzustellen (vgl. ebenda, S. 182). Die für neun Innovationsprojekte differenzierte Auswertung ergibt nur für eine Technik einen signifikanten Einfluß; das Vorzeichen entspricht jedoch mit einer Ausnahme der Hypothese eines adoptionshemmenden Einflusses einer hohen Zentralisation der Entscheidungskompetenzen. Baumberger, Gmür und Käser (1973) versuchen das Ausmaß der Entscheidungsdelegation durch die folgende Frage zu erfassen: „Wie weit wird in Ihrer Unternehmung der Grundsatz der Entscheidungsdelegation auf die tiefstmögliche Stufe befolgt?" (ebenda, S. 1074). 373 Das Mitentscheidungsrecht beurteilen sie anhand der Frage: „Wie weit haben Sie bei Entscheidungen Ihrer Vorgesetzten ein MitentscheidungsrechtV (ebenda, S. 1074). 374 Ein Zusammenhang dieser Indikatoren mit dem Adoptionslag läßt sich in einer einfachen Korrelationsanalyse nicht feststellen (ebenda, S. 857). Kleine (1983, S. 228 f.) gewinnt im Rahmen von Interviews den Eindruck, daß gerade die kleineren Betriebe, welche CNC-Werkzeugmaschinen (noch) nicht einsetzen, durch einen partizipativen Führungsstil mit Entscheidungsdiskussion gekennzeichnet sind, wobei „mit der Entscheidung solange abgewartet wird, bis ein gewisses Maß an Einsicht in die Notwendigkeit der Adoption geweckt werden kann."

372 „(1) managers who report to the president; (2) managers who report to managers who report to the president; and (3) the remaining managers" (Duchesneau / Cohn/ Dutton 1979, S. 454). 373 Antwortmöglichkeiten (Baumberger ! Gmür I Käser 1973, S. 1095) Der Grundsatz der Entscheidungsdelegation auf die tiefste Stufe wird in unserer Unternehmung befolgt. absolut zutreffend (7), sehr weitgehend zutreffend (6), weitgehend zutreffend (5), teilweise zutreffend (4), nur in geringem Maße zutreffend (3), nur in sehr geringem Maße zutreffend, (2) absolut unzutreffend (1). 374 Antwortmöglichkeit: Ich habe bei allen Entscheidungen meiner Vorgesetzten, die mich irgendwie betreffen, ein Mitentscheidungsrecht. Antwortskala wie bei Fußnote 373 (ebenda, S. 1094).

176

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit 4.4.4 Kommunikation

Aiken und Hage (1971) verwenden zwei Gruppen von Indikatoren, um die Art und Intensität der Kommunikation in den von ihnen untersuchten Gesundheitsbehörden zu erfassen: (1) „intensitiy of scheduled communications"; (2) „intensity of unscheduled communications". Dabei beurteilen sie die Intensität der geplanten (formellen) Kommunikation mit Hilfe der Anzahl dauerhaft eingerichteter Komitees und der Anzahl der monatlichen Sitzungen. Die Intensität und Richtung der ungeplanten (informellen) Kommunikation versuchen sie durch die Anzahl der wöchentlichen persönlichen Kontakte zu Kollegen unterschiedlicher hierarchischer Ebenen und Abteilungen 375 abzuschätzen. Jeden dieser acht Indikatoren korrelieren sie mit der Anzahl neuer Dienstleistungen, welche die Gesundheitsämter und Krankenhäuser in den letzten drei Jahren angeboten haben. Dabei ergeben sich für die Anzahl der Kommitees und die Häufigkeit ihrer Treffen, für Gespräche mit höher gestellten Kollegen der gleichen Abteilung, übergeordneten Kollegen anderer Abteilungen und hierarchisch gleichrangigen Kollegen anderer Abteilungen Korrelationskoeffizienten von mehr als 35%. 3 7 6 Die Vorzeichen der anderen Koeffizienten entsprechen nicht der Hypothese. Aus diesen Ergebnissen schließen Aiken und Hage, daß in innovativen Institutionen die Kommunikation intensiver ist, die Informationsströme innerhalb der Bereiche von unten nach oben und innerhalb der gesamten Organisation in stärkerem Maße auch horizontal und diagonal fließen als in weniger innovativen Organisationen. Duchesneau, Cohn und Dutton (1979, S. 238) überprüfen die Ergebnisse von Aiken und Hage mit Hilfe ihres eigenen Samples. Dabei ergibt sich im Gesamtsample lediglich für die Existenz von abteilungsübergreifenden Kommitees ein (hoch signifikanter) Zusammenhang zur Anzahl der adoptierten Neuerungen. Auch die nach neun Innovationsprojekten differenzierte Auswertung zeigt nur für die Existenz von Komitees zumindest in drei Fällen einen positiven, signifikanten Zusammenhang zum Adoptionsverhalten (ebenda, S. 246f.). Bei diesen drei Innovationsmöglichkeiten handelt es sich um Projekte mit einem relativ geringen Neuheitsgrad („evolutary innovations") (ebenda, S. 251). Dieses Ergebnis verwundert insofern relativ wenig, als eine Messung der informellen Kommunikation kaum möglich erscheint. Selbst wenn die Befragten für einen längeren Zeitraum Angaben über die Häufigkeit ihrer persönlichen 375 Übergeordnete Kollege/η aus der gleichen/anderen Abteilung/en, Kollegen der gleichen Hierarchieebene aus der gleichen/anderen Abteilungen, Kollegen aus der gleichen / einer anderen Abteilung und geringerem hierarchischen Status. 376 M i t Ausnahme der horizontalen Kommunikation sind alle Zusammenhänge zumindest auf dem 10% Niveau signifikant.

5. Unternehmensstrategie

177

Kontakte machen können, wird dadurch noch nicht die Qualität der Kontakte, also die Relevanz der in diesen Gesprächen ausgetauschten Informationen erfaßt. Ein weiteres Problem ergibt sich aus interpersonellen Unterschieden. Diese dürften zur Folge haben, daß die Kommunikationsbeziehungen einzelner Betriebsmitglieder kein repräsentatives Abbild der betrieblichen Kommunikationsbeziehungen darstellen. Smith (1970 S. 209) stellt bei einer Analyse von 15 Forschungslabors eines Unternehmens einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen der Zahl der Patente und der wissenschaftlichen Beiträge einerseits und der Offenheit der Informationskanäle andererseits fest. Die Kommunikation beurteilt er daran, ob mögliche Kommunikationskanäle genutzt werden oder nicht. 4.4.5 Zusammenfassung — Ist die Organisationsstruktur „meßbar"?

Der Überblick über den Stand der Forschung hat verdeutlicht, daß die Aspekte „Spezialisierung", „Standardisierung und Formalisierung" für einen ganzen Betrieb kaum zuverlässig zu erfassen sind; man kann sich lediglich auf einzelne (ζ. B. in Zusammenhang mit Innovationen in allen Betrieben durchzuführende) Tätigkeiten konzentrieren. Bei der Analyse von Delegation und Partizipation ist vor allem eine nach der „Bedeutung der Projekte" differenzierte Vorgehensweise erforderlich. Bei Vergleichen zwischen Betrieben ist die Zahl der insgesamt vorhandenen Hierarchiestufen zu berücksichtigen. Für eine Beurteilung der formalen Kommunikationsstruktur erscheint die Existenz von Informationszirkeln und die Häufigkeit ihres Zusammentreffens ein relativ gut geeigneter Indikator. Der informelle Informationsaustausch ist kaum zu erfassen.

5. Unternehmensstrategie Strategien geben die allgemeine Richtung an, in die sich ein Unternehmen entwickeln soll und legen die prinzipiellen Vorgehensweisen fest, mit denen diese längerfristigen Ziele angestrebt werden. Diese Vorgaben sollen die Planung und Koordination der Aktivitäten innerhalb des Unternehmens erleichtern und dazu beitragen, Veränderungen in den externen Rahmenbedingungen zielgerichtet zu begegnen bzw. Veränderungen einzuleiten. 377 Strategien lassen sich nach verschiedensten Kriterien unterteilen. Sie können sich ζ. B. auf unterschiedliche Funktionsbereiche beziehen, 378 einen unterschied377

Vgl. dazu z.B. Kreikebaum 1987, S. 25, Porter 1985, S. 16f. Ζ. B. Beschaffung, Produktion, Absatz, Investititon, F + E, Personalentwicklung, Marketing, PR. 378

12 Maas

178

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

liehen Geltungsbereich haben, 379 auf unterschiedliche Zielgrößen ausgerichtet sein 380 und eine unterschiedliche Entwicklung dieser Größen anstreben. 381 Aufgrund der großen Zahl möglicher Strategien sind zunächst die in dieser Arbeit analysierten Strategien abzugrenzen und zu beschreiben (Abschnitt 5.1), bevor die von diesen Strategien zu erwartenden Wirkungen auf den Innovationsprozeß analysiert werden (Abschnitt 5.2). Auf eine Diskussion möglicher Determinanten der betrieblichen Strategie(n) wird verzichtet, weil eine ausführliche Darstellung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Die Strategie ergibt sich nach den Ergebnissen neuerer Forschungen nämlich aus der Gesamtheit der betriebsinternen und betriebsexternen Bedingungen, 382 also aus der Gesamtheit der in den anderen Abschnitten dieser Arbeit analysierten Aspekte. 5.1 Abgrenzung von Unternehmensstrategien In dieser Arbeit wird primär auf Wettbewerbsstrategien (Abschnitt 5.1.1) und Innovationsstrategien (Abschnitt 5.1.2) sowie ihre Verknüpfung (Abschnitt 5.1.3) eingegangen. Während die Wettbewerbsstrategie auf das Marktverhalten abzielt, bestimmt die Innovationsstrategie, durch welche Art von innovativen Aktivitäten die Marktziele erreicht werden sollen. 5.1.1 Wettbewerbsstrategien

Die Wettbewerbsstrategie legt fest, auf welche Weise welche Zielsetzungen am Markt angestrebt werden. 383 Dabei lassen sich im Prinzip drei Zielsetzungen unterscheiden. Die erste zielt auf eine Umsatzsteigerung, die zweite auf eine 379

Z.B. Strategie des Gesamtunternehmens, einzelner Geschäftsbereiche oder Betrie-

be. 380

Z.B. Gewinn, Umsatz, Marktanteil, Kosten, Umweltschutz. Steigerung bzw. Verminderung, Sicherung. 382 Vgl. z.B. Milesj Snow 1986 und Miller/Friesen 1984. 383 port er (1985, S. 62-70) unterscheidet drei Wettbewerbsstrategien: umfassende Kostenführerschaft, Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte. Dabei steht im ersten Fall primär die Ausnutzung von „economies of scale" im Mittelpunkt, während im zweiten Fall Produktinnovationen zu einem Wettbewerbsvorsprung führen. Durch die Konzentration auf Marktnischen kann nach Ansicht Porters ebenfalls eine besonders günstige Kostensituation oder eine „Einmaligkeit" der Produkte erreicht werden. 381

Diese Unterteilung in nur drei Strategietypen erscheint bei näherer Betrachtung insbesondere deswegen zu plakativ, weil Kostenführerschaft und die Diversifikation in Porters Sinne auf einzelen Entwicklungsphasen der Produktionslinien beschränkt ist (vgl. dazu Abschnitt I. 1.2.2.1). Damit wäre die Strategie für Betriebe bestimmter Branchen aufgrund der Marktentwicklungsphase determiniert, das Management hätte keine Entscheidungsfreiheit. Die dritte Strategie ist nicht auf Betriebe bestimmter Branchen, sondern auf kleine und mittlere Betriebe „maßgeschneidert". Großbetriebe werden sich in der Regel kaum dazu in der Lage sehen, sich ausschließlich auf Marktnischen zu konzentrieren.

5. Unternehmensstrategie

179

Verteidigung der gegenwärtigen Marktstellung und die dritte auf eine Verminderung des Aktivitätsniveaus ab. Da diese Zielsetzungen mit Hilfe unterschiedlicher Vorgehensweisen angestrebt werden können, ergibt sich folgende — sicherlich nicht vollständige — Strukturierung von Wettbewerbsstrategien: Wachstumsstrategien a) wettbewerbliche Wachstumsstrategien — Marktdurchdringung: Umsatzsteigerung bei gleichbleibendem Angebotsprogramm auf angestammten Märkten. — Marktexpansion: Erschließung neuer Absatzmärkte mit vorhandenen Produkten. — Diversifikation: Erschließung neuer Märkte durch Erweiterung des Angebotsprogramms um neue Produkte oder Dienstleistungen. 384 b) nicht-wettbewerbliche Wachstumsstrategien: — agressive Preispolitik (Dumping, Limit-pricing etc.) — Diskriminierung von Marktteilnehmern Stabilisierungstrategien a) Konsolidierendes Wettbewerbsverhalten: Verteidigung der bestehenden Marktposition durch marginale Qualitätsverbesserung, Werbung etc. b) Wettbewerbsbegrenzungsstrategie: Sicherung der Marktposition durch Verhaltenskoordination (Kartelle, abgestimmte Verhaltensweisen) oder vertikale Inhalts- und Abschlußbindungen (Preis- oder Ausschließlichkeitsbindungen, Koppelungsverträge etc.). Schrumpfungsstrategien a) Spezialisierungsstrategie: Konzentration der Aktivitäten auf besonders erfolgversprechende Produkte, Kundengruppen oder Märkte. b) Desinvestition: Verkauf oder „Ausbeutung" von Unternehmensteilen. Die Umsetzung der (wettbewerblichen) Marktstrategien können Unternehmen mit Hilfe ganz unterschiedlicher Maßnahmen anstreben. Bei der Beschreibung möglicher Instrumente wird im folgenden vor allem auf die Bedeutung innovativer Aktivitäten eingegangen. Eine stärkere Marktdurchdringung ist insbesondere durch den Einsatz preispolitischer und verkaufsfördernder Maßnahmen zu erreichen. Dabei kann der preispolitische Spielraum vor allem durch den Einsatz kostenmindernder Techniken, eine effizientere Gestaltung des technisch-organisatorischen Ablaufs und /oder die Erschließung neuer Beschaffungsquellen erhöht werden. Darüber 384 Kieser u.a. (1977, S. 54) differenzieren zusätzlich zwischen vier Arten der Diversifikation: (a) vertikale: Erweiterung um vor- oder nachgelagerte Produkte oder Dienstleistungen. (b) horizontale: Erweiterung um am Markt eng verwandte Produkte und Dienstleistungen. (c) konzentrische: Erweiterung um neue Produkte oder Dienstleistungen, die mit dem bisherigen Angebot weder in marktlicher noch in technischer Hinsicht verwandt sind.

12*

180

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

hinaus kann man eine stärkere Marktdurchdringung durch Qualitätssteigerungen und Veränderungen des Designs anstreben. Neue Absatzmärkte lassen sich — neben einer regionalen Ausweitung der Verkaufsaktivitäten — ebenfalls durch eine Variation der Gebrauchseigenschaften, des Designs oder durch eine Qualitätssteigerung, durch eine stärkere Anpassung der Produkte an die spezifischen Bedürfnisse unterschiedlicher Abnehmergruppen, also z.B. durch eine größere Flexibilität der Fertigung erschließen. Eine Diversifikation ist durch Fusion oder durch die Produktion für den Betrieb neuartiger Produkte zu erreichen. Eine Spezialisierungsstrategie erscheint vor allem für solche Unternehmen erfolgversprechend, die in ihren traditionellen Betätigungsfeldern technologisch den Anschluß verloren haben und für die daher der Ausbau solcher Produktlinien, in denen sie nach wie vor über komparative Vorteile verfügen bzw. der Aufbau neuer Produktlinien daher am erfolgversprechendsten erscheint. Die Ausführungen haben verdeutlicht, daß Innovationen im Rahmen vieler Wettbewerbsstrategien zentrale Bedeutung zukommen kann. So spielen Produktinnovationen im Fall der Diversifikations-, der Expansions- und der Stabilisierungsstrategien eine wesentliche Rolle; kostenmindernde Prozeßinnovationen können eine weitere Marktdurchdringung erleichtern; Techniken, welche die Flexibilität der Fertigung steigern, unterstützen eine Marktexpansion. 385 Die erwähnten innovativen Aktivitäten können auch innerhalb der einzelnen Wettbewerbsstrategien nach grundsätzlich verschiedenen Mustern („Innovationsstrategien") verlaufen, die im folgenden skizziert werden. 5.1.2 Innovationsstrategien

Die innovativen Aktivitäten eines Betriebes können auf eine Veränderung des Produkt- bzw. Leistungsprogramms und/oder auf eine Erneuerung von Produktionsanlagen abzielen. Dabei kann entweder versucht werden, durch betriebsinterne F + E-Aktivitäten zu eigenen Problemlösungen zu gelangen (F + Ε-Strategie) oder betriebsextern entwickelte Neuerungen zu übernehmen (Adoptionsstrategie). In beiden Fällen ist eine eher offensive oder eine defensive Vorgehensweise denkbar. a) Abgrenzung von Innovationsstrategien In dieser Arbeit werden sechs Innovationsstrategien unterschieden, die jeweils auf Produkt- und Prozeßinnovationen ausgerichtet sein können. 386 385 Win m a n j m Rahmen empirischer Studien feststellen, mit Hilfe welcher der erwähnten innerbetrieblichen Maßnahmen (Qualitätssteigerung, Kostenminderung, Steigerung der Flexibilität) die Marktziele angestrebt werden, muß der Katalog möglicher Verhaltensweisen um diese Aspekte ergänzt werden.

5. Unternehmensstrategie

181

Im Rahmen einer offensiven Innovationsstrategie versucht der Betrieb, grundlegende Neuerungen zu entwickeln und eine Vorreiterrolle zu übernehmen, indem er der Konkurrenz technologisch permanent einen Schritt voraus ist. Bei einer aktiven Innovationsstrategie sucht der Betrieb ebenfalls mit Hilfe eigener F + E permanent nach neuen Produkten und Techniken, hat aber nicht den Anspruch, Vorreiter zu sein. Im Produktbereich ergibt sich ein „second-tomarket", im Produktionsbereich ein „follow-the-leader" Verhalten. Die F + EAktivitäten orientieren sich an den erfolgreichen Aktivitäten des technologischen Führers. Im Produktionsbereich kann es dabei durchaus sinnvoll sein, eine bereits vorhandene Problemlösung nicht noch einmal zu entwickeln, sondern die von betriebsexternen Anbietern entwickelte Technik schnell zu übernehmen, u.U. bereits bevor die Wirtschaftlichkeit der Neuerung abschließend gesichert ist. Betriebe, die eine solche „offensive Adoptionsstrategie" verfolgen, versuchen ebenfalls, ihren Konkurrenten technisch ständig einen Schritt voraus zu sein. Bei einer reaktiven Innovationsstrategie sucht der Betrieb nicht aktiv nach Neuerungen, unterhält jedoch eine F + E-Abteilung, um schnell auf Innovationen der Konkurrenz reagieren zu können. Betriebe, die diese Strategie verfolgen, passen sich ebenso permanent an die Entwicklung des Standes der Technik an, wie Betriebe, die eine „aktive Adoptionsstrategie" verfolgen; sie versuchen also, den Konkurrenten zumindest nicht über längere Zeit einen technischen Vorsprung zu gewähren. Neue Verfahren und/oder Techniken werden übernommen, sobald deren Funktionsweise sowie deren Wirtschaftlichkeit gesichert ist bzw. sich verbessert hat. Bei einer imitativen Innovationsstrategie übernimmt der Betrieb von anderen erprobte, erfolgreiche Neuerungen, sobald sich das Risiko vermindert hat. Dies dürfte bei Prozeßinnovationen vor allem dann der Fall sein, wenn die Neuerung bereits weitestgehend ausgereift ist, das Preis-Leistungsverhältnis sich also verbessert hat. Im Produktbereich wird bei einer imitativen Strategie wahrscheinlich gewartet, bis das Marktpotential und die Ertragserwartungen einigermaßen zuverlässig abzuschätzen sind („Late-to-market" bzw. „Me-too" Strategie).

386

Ansoff I Stewart (1967) differenzieren zwischen vier Strategietypen: first-to-market, follow the leader, application engineering und me too. Streck (1974) unterscheidet offensiv-originäre, defensiv-originäre, offensiv-nachvollziehende und eine defensiv-nachvollziehende Strategien. Freeman (1982, S. 169-186) nennt „offensive", „defensive innovation", „imitative and dependent" sowie „traditional and opportunist" strategies. Miles / Snow (1986, S. 38 - 99) charakterisieren vier Unternehmenstypen: (1) den Defender, der sich dauerhaft auf ein Spezialgebiet konzentriert; (2) den Reactor, der permanent nach neuen Marktmöglichkeiten sucht und diese erprobt; (3) den Analyser, der neben ausgereiften Produktlinien auch mit dynamischen operiert, in denen er imitativ reagiert und (4) den Prospector, der ohne konsistente Linie auf Veränderungen des Umfeldes reagiert.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

In Betrieben mit einer passiven Innovationsstrategie erfolgen Innovationen nur in Reaktion auf gravierende Veränderungen in den betriebsexternen Rahmenbedingungen, ζ. B. bei drastischen Strukturverschiebungen auf Absatzoder Beschaffungsmärkten, aber auch dann, wenn Ersatzinvestitionen oder Rationalisierungen erforderlich sind bzw. Kunden mit Wünschen an den Betrieb herantreten („application engineering"). Im Fall einer traditionellen Strategie sind keine wesentlichen Veränderungen an Produkten und Verfahren festzustellen. b) Chancen und Gefahren unterschiedlicher Innovationsstrategien Eine offensive F+E-Strategie ist ebenso wie eine aktive F + E-Strategie u.U. durch ein hohes Risiko, auf der anderen Seite aber auch durch relativ hohe Gewinnaussichten gekennzeichnet (vgl. dazu z.B. Mansfield u.a. 1977). Das Risiko ergibt sich bei der offensiven F + Ε-Strategie aus der Tatsache, daß noch keinerlei Erfahrungen über die technische Realisierbarkeit und die ökonomischen Erfolgsaussichten vorliegen. Der Erfolg einer offensiven Strategie wird im Fall eines unzureichenden Patentschutzes u.U. durch Imitationen gefährdet. Im Vergleich zum technologischen Marktführer sind die F + E-Aktivitäten bei einer aktiven F + Ε-Strategie marktnäher, woraus sich ceteris paribus ein geringerer Ressourceneinsatz und eine geringere Unsicherheit ergibt. Die Ertragsaussichten sind im Vergleich zu einer offensiven F + Ε-Strategie insbesondere dann vermindert, wenn die Produktqualität für die Abnehmer nur schwer abschätzbar ist. Bei derartigen Vertrauensgütern erringt der erste Anbieter in der Regel einen Reputationsvorsprung, der ihm dauerhaft einen Wettbewerbsvorteil sichert. Ist dagegen von einer problemlosen Imitation und einer geringen Abnehmertreue auszugehen, sind die Erfolgsaussichten einer aktiven F + Ε-Strategie sehr gut. In diesem Fall ist lediglich in frühen Marktphasen mit einer offensiven F + Ε-Strategie zu rechnen, weil die Innovatoren nur bei einem relativ hohen Tempo des technischen Fortschritts dazu in der Lage sind, „dynamische Marktschranken" aufzubauen und damit einen schnellen Marktzutritt von Imitatoren zu verhindern (vgl. dazu Abschnitt 7.2.2 und Schellhass 1985). Eine defensive FH- Ε-Strategie vermindert das Risiko noch weiter. Das Ziel der Suche ist nämlich bereits bekannt, und die Erfolgsaussichten sind erprobt. Anhand der Erfahrungen der Innovatoren kann abgeschätzt werden, welche Absatzaussichten ein Produkt hat und wie es den Präferenzen der Nachfrager besser anzupassen ist. Eine offensive oder aktive Adoptionsstategie kann mit einem höheren Risiko verbunden sein als eine defensive F + Ε-Strategie, weil Erfahrungen über die zu erwartenden Kosten und Nutzen — wenn überhaupt — erst in geringem Maße vorliegen. Die Ertragsaussichten werden entscheidend vom wettbewerblichen Umfeld bestimmt. Ist davon auszugehen, daß die von frühen Nutzern gesam-

5. Unternehmensstrategie

183

melten Erfahrungen den Konkurrenten relativ schnell zur Verfügung stehen und andere Anbieter bereit und fähig sind, die Neuerung schnell zu übernehmen, sind die Vorteile einer schnellen Adoption wesentlich geringer als bei einem Umfeld, in dem sich Informationen langsamer verbreiten und / oder Konkurrenten nur in geringem Maße zur Übernahme von Neuerungen bereit und in der Lage sind. Eine passive oder eine imitative Strategie läßt relativ geringere Erträge erwarten, ist jedoch auch mit geringeren Risiken verbunden, weil eigene F + EAktivitäten weitestgehend entfallen. Diese Strategien ermöglichen es, über den Preis zu konkurrieren, weil die Imitatoren bzw. späten Anwender im Vergleich zu den Innovatoren bzw. frühen Anwendern geringere Kosten haben. Für die Höhe der von dieser Strategie zu erwartenden Erträge gilt das Gegenteil der zu „innovativeren Strategien" gemachten Aussagen. Eine traditionelle Strategie ist über einen längeren Zeitraum nur auf Märkten möglich, die sich in einer sehr späten Entwicklungsphase befinden und in denen der Preis als Wettbewerbsparameter eine im Vergleich zu Liefergeschwindigkeit, Zuverlässigkeit etc. eher untergeordnete Rolle spielt (vgl. dazu ζ. B. Maas I Ewers 1983). Aussagen über die „richtige Strategie" lassen sich nicht treffen. Auch muß ein Betrieb keineswegs in allen Tätigkeitsbereichen die gleiche Strategie verfolgen. Es kann durchaus sinnvoll sein, auf unterschiedlichen Marktfeldern oder in unterschiedlichen Produktionsbereichen verschiedene Wettbewerbs- und/oder Innovationsstrategien zu verfolgen; sei es nun, aufgrund von Ressourcenengpässen, aus dem Bestreben, das Risiko zu begrenzen, oder aus unterschiedlichen Bedingungen auf den verschiedenen Absatz- und Beschaffungsmärkten. 5.2 Einfluß betrieblicher Strategien auf den Innovationsprozeß Die Strategie hat keinen unmittelbaren Einfluß auf das betriebliche Innovationsverhalten. Von ihr sind vor allem Wirkungen auf andere „primäre" Determinanten des Innovationsverhaltens zu erwarten. So ist z.B. davon auszugehen, daß Betriebe, die eine offensive Strategie verfolgen, bei der Akquisition der Mitarbeiter besondere Aufmerksamtkeit auf für innovative Aktivitäten relevante Qualifikationen legen, das Fachwissen der Mitarbeiter durch Weiterbildung permanent an den neuesten Stand des Wissens anpassen und organisatorische Maßnahmen ergreifen, welche die Generierung neuer Ideen unterstützen. Eine aktive Innovationsstrategie kann auch die Erfahrungen und die Motivation der Mitarbeiter positiv beeinflussen. Bei Forschungs- und Entwicklungsarbeiten sammeln die Mitarbeiter Erfahrungen, welche die Abwicklung späterer Projekte erleichtern. Außerdem sind Personen, die dauerhaft mit F + EAufgaben beschäftigt sind, gezwungen, sich systematisch über neuere technologische Entwicklungen zu informieren.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

In Betrieben, in denen großer Wert auf technischen Fortschritt gelegt wird, ist außerdem damit zu rechnen, daß die Mitarbeiter unter einen gewissen Erfolgsdruck geraten und deswegen intensiver nach Neuerungsmöglichkeiten suchen und Veränderungen mit weniger Skepsis begegnen als Mitarbeiter aus Betrieben, in denen Neuerungen eher selten sind. Von der Wettbewerbs- und Innovationsstrategie dürfte auch ein Einfluß auf die Art und Intensität der Informationsnachfrage und Informationsverarbeitung ausgehen. So ist zu erwarten, daß man sich in Betrieben, deren Strategie vor allem darauf abzielt, mit neuen Produkten neue Märkte zu erschließen, insbesondere über neue Entwicklungen auf den Absatz- und Beschaffungsmärkten informiert. Betriebe, die eher Innovationen im Produktionsbereich anstreben, werden sich vor allem über neuere technologische Entwicklungstrends informieren, wobei sich die Art der nachgefragten Informationen und der in Anspruch genommenen Informationsquellen je nach Art der Innovationsstrategie stark unterscheiden können. Insbesondere bei einer offensiven Innovationsstrategie ist auch mit einer Nachfrage nach Informationen über neuere wissenschaftliche Erkenntnisse zu rechnen. 5.3 Ergebnisse empirischer Studien Gebhardund Hatzold(1974, S. 51) bitten ihre Gesprächspartner, ihren Betrieb einer der drei folgenden Gruppen zuzuordnen: — diejenigen, die eine technische Neuerung so schnell wie möglich übernehmen, — diejenigen, die abwarten, bis mehr über die neue Technik bekannt ist (und Kinderkrankheiten möglicherweise überwunden sind), — diejenigen, die in dieser Beziehung keine bestimmte Politik verfolgen.

Diese Selbsteinschätzung leistet allerdings keinen Beitrag zur Erklärung von Diffusionsunterschieden zwischen den fünf von den Autoren untersuchten nationalen Samples. So kommen Gebhard und Hatzold (1974, S. 51) bei der Auswertung einer Häufigkeitstabelle zu dem Schluß: „The results do not help to explain differences in diffusion; there does not seem to be any correspondence between them and any measure of the relative diffusion of numerical control. I f anything, the two move in opposite directions" (ebenda, S. 51). Nabseth (1975, S. 266) stellt den Befragten z.B. folgende Statements zur Auswahl, von denen eines gewählt werden muß: — Der Betrieb ist bemüht, eine Technik als erster in Schweden einzuführen. — Der Betrieb möchte wissen, daß die Technik in einigen anderen Unternehmen arbeitet. — Der Betrieb möchte sicher sein, daß die Technik in einer größeren Zahl von Unternehmen arbeitet. — Der Betrieb will sicher sein, daß die Technik seit längerer Zeit in einigen Unternehmen zufriedenstellend arbeitet.

6. Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungsverhalten

185

Entsprechend dieser Einordnung wird jedem Betrieb eine Zahl zwischen 4 bis 1 zugeordnet. Der so quantifizierte Indikator hat jedoch keinen signifikanten Einfluß auf die Adoption der von Nabseth untersuchten Techniken (ebenda, S. 275). Die keineswegs überzeugenden statistischen Ergebnisse sind wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil darauf zurückzuführen, daß es den Autoren nicht gelungen ist, alle Strategien als gleichermaßen vorteilhafte Verhaltensweisen darzustellen. Dies dürfte zur Folge haben, daß die Gesprächspartner dazu neigen, ihren Betrieb vorzugsweise den ersten Kategorien zuzuordnen, um ein möglichst positives, d. h. innovatives Bild zu zeichnen.

6. Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungsverhalten Die Realisierung von Neuerungen, die mit Investitionen verbunden sind, ist nur dann möglich, wenn das Unternehmen über ausreichende finanzielle Ressourcen verfügt bzw. in der Lage und bereit ist, finanzielle Mittel zu beschaffen. Bevor der Einfluß der Möglichkeit und der Bereitschaft zur Kapitalbeschaffung auf das Innovationsverhalten analysiert wird (Abschnitt 6.2 und 6.3), sind zunächst einmal die verschiedenen Arten der Finanzierung und ihre Bedeutung in der Praxis zu beschreiben (Abschnitt 6.1). Da sich im Verlauf der Analyse zeigt, daß vor allem kleine und mittlere Unternehmen über einen Mangel an finanziellen Ressourcen klagen, sind die Determinanten des Finanzierungsspielraums und der Bereitschaft, diesen Spielraum zu nutzen (Abschnitt 6.4), von zentraler Bedeutung für die Ableitung wirtschaftspolitischer Vorschläge. 6.1 Finanzierungsarten und ihre Bedeutung in der Praxis Der Begriff „Finanzierung" wird in der Fachliteratur in unterschiedlichster Weise definiert. 387 In dieser Arbeit werden unter Finanzierung alle Vorgänge verstanden, die der Deckung eines mit Investitionen verbundenen Zahlungsmittelbedarfs dienen. 6.1.1 Strukturierung der Finanzierungsmöglichkeiten

Die Art der Finanzierung wird zum einen nach der Herkunft des Kapitals in Außen- und Innenfinanzierung, zum anderen nach der zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer bestehenden Rechtsbeziehung in Eigen- und Fremdfinanzierung unterteilt.

387

Für eine Beschreibung und Diskussion von drei „üblichen" Definitionen vgl. Schneider 1980, S. 148-151.

186

Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Bei einer Innenfinanzierung stammen die Mittel aus dem Umsatzprozeß, also aus einbehaltenen Gewinnen (Selbstfinanzierung), aus Abschreibungsgegenwerten oder verdienten Pensionsrückstellungen. Bei einer Außenfinanzierung wird das Kapital dagegen nicht vom Unternehmen erwirtschaftet, sondern gegen Einräumung eines Rechts an der Unternehmung (Eigenkapital) oder einen Anspruch gegen das Unternehmen (Fremdkaptial) von außerhalb stehenden Wirtschaftssubjekten zur Verfügung gestellt. Forderungen Externer an das Unternehmen können sich aus der Zuführung von Kapital durch Kredite, Schuldverschreibungen (Anleihen, Obligationen), Schuldscheindarlehen oder aber durch die Inanspruchnahme von Rückstellungsgegenwerten ergeben. Fremdkaptial ist in der Regel unabhängig von der Gewinnsituation des Unternehmens zu verzinsen. Eigenkapital kann einem Unternehmen durch Einlagen bisheriger Eigentümer, durch Beteiligungen neuer Gesellschafter oder durch Selbstfinanzierung, also aus einbehaltenen Gewinnen, zugeführt werden. 388 Im Gegensatz zum Fremdkapital wird das Eigenkapital in der Regel primär in Abhängigkeit von den erwirtschafteten Gewinnen verzinst. 389 6.1.2 Das Finanzierungsverhalten kleiner und mittlerer Unternehmen — Ergebnisse empirischer Studien

Eine große Zahl empirischer Studien belegt, daß der überwiegende Teil kleiner und mittlerer Unternehmen 390 Investitionen und Innovationen primär aus einbehaltenen Gewinnen finanziert. 391 Oelschläger (1971) befragt 479 kleine und mittlere Industrieunternehmen. Rund 90% dieser Unternehmen finanzieren ihre Investitionen u.a. aus Gewin388 Als eine Sonderform der Eigenkapitalfinanzierung von außen ist die Venture Capital (VC) Finanzierung bzw. die Zusammenarbeit mit Kapitalbeteiligungsgesellschaften anzusehen. VC-Gesellschaften stellen besonders erfolgversprechenden, nicht kapitalmarktfähigen Unternehmen für einen längeren Zeitraum (fünf bis zehn Jahre) Beteiligungskapital zur Verfügung. Die Gesellschaften sind darüber hinaus bereit, sich aus dem Unternehmen zurückzuziehen, wenn ihr Kapital nicht mehr benötigt wird. (Für einen Überblick über die verschiedenen Formen der VC-Finanzierung vgl. Fischer 1987.) Im Gegensatz zu Kapitalbeteiligungsgesellschaften, die an einer möglichst jährlichen Ausschüttung interessiert sind, wird das Kapital bei der Venture-Capital-Finanzierung erst bei der Veräußerung der Beteiligung verzinst; während des Beteiligungszeitraums entstehen also bei einer VC-Finanzierung keine Finanzierungskosten. 389

Darüber hinaus sind Eigenkapitalgeber an der Wertsteigerung beteiligt. In den vorliegenden Studien wird nicht immer eindeutig zwischen den Begriffen „Betrieb" und „Unternehmen" unterschieden; einige Autoren verwenden beide Begriffe sogar synonym. Obwohl die Unternehmensgröße für den Bereich der Finanzierung die eigentlich relevante Bezugseinheit sein dürfte, wird im folgenden der in den jeweiligen Studien verwendete Begriff widergegeben. 390

391

Die im folgenden referierten Arbeiten sind nach dem „Neuheitsgrad der Aktivitäten" geordnet.

6. Finanzierungsmöglichkeiten und Finanzierungsverhalten

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nen, 63% nehmen Kredite in Anspruch, in 26% der Unternehmen machen Inhaber oder Gesellschafter Einlagen; nur 1 % nimmt neue Gesellschafter auf (ebenda, S. 40). Kontrolliert man, in welchem Maße die verschiedenen Finanzierungsweisen kombiniert sind, so ergibt sich, daß insgesamt 32% der Unternehmen ausschließlich aus Gewinnen finanzieren, 8% primär aus Krediten, 2% vor allem aus Einlagen, 43% der Unternehmen nutzen gleichzeitig Gewinne und Kredite, 10% Gewinne, Kredite und Einlagen, 3% kombinieren Gewinne und Einlagen (ebenda, S. 41). Die geringe Bedeutung der Außenfinanzierung ergibt sich aus dem Streben nach einer möglichst großen Selbständigkeit (ebenda, S. 47-58). Eine nach der Beschäftigtenzahl differenzierte Auswertung deutet daraufhin, daß einer reinen Selbstfinanzierung in Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten besonders große Bedeutung zukommt (Oelschläger 1971, S. 42). Insgesamt arbeiten 15% der Unternehmen ohne Fremdmittel. Der Anteil der Unternehmen mit einem Fremdkapitalanteil von weniger als 20% ist bei den Unternehmen mit weniger als 100 Beschäftigten mit 40% fast doppelt so hoch wie in größeren Unternehmen (ebenda, S. 44f.). Berger und Uhlmann (1986) fragen im Rahmen einer Sonderbefragung des IFO-Investitionstests auch nach der Finanzierung von Investitionen. Dabei wird zunächst erfaßt, ob Investitionen in den Jahren 1983 und 1984 ausschließlich aus dem Cash-Flow nach Steuern finanziert werden konnten. Knapp die Hälfte der Unternehmen (49%) gibt an, daß Gewinne und Abschreibungen „ i n etwa ausgereicht" haben; in 36% der Fälle hat der Cash Flow „deutlich nicht ausgereicht", um Investitionen zu finanzieren. Bei 15% der Unternehmen war der Cash-Flow deutlich höher als der Finanzierungsbedarf (ebenda, S. 173). Die Betriebe mit einem über den Cash-Flow hinausgehenden Finanzierungsbedarf nehmen mit Abstand am häufigsten „Kredite zu Normalkonditionen" (64%) in Anspruch. „Investitionskredite zu Sonderkonditionen" (39%) stellen bereits mit deutlichem Abstand die zweitwichtigste Finanzierungsquelle dar, gefolgt von „Investitionszulagen und -Zuschüssen" (29%) 3 9 2 und der „Verringerung von Lagerbeständen" (28%) 3 9 3 . Allen anderen vorgegebenen Finanzierungsmöglichkeiten 394 kommt eine untergeordnete Bedeutung zu. Geiser (1980, S. 89-92) befragt seine Gesprächspartner aus 189 mittelständischen Unternehmen u. a. danach, wie in ihrem Betrieb große Investitionsprojekte („Sprunginvestitionen") finanziert werden. 395 Dabei nennen 61% der Betrie392

Dieser Finanzierungsquelle kommt in Unternehmen mit weniger als 200 Beschäftigten eine etwas größere Bedeutung zu als in größeren Unternehmen. 393 Unternehmen mit mehr als 200 Beschäftigten nehmen Zulagen und Zuschläge wesentlich häufiger in Anspruch als kleine und mittlere Unternehmen. 394 Verkauf von Sachanlagen (einschl. Grundstücken) (11%), Aufstockung des Eigenkapitals von außen (9%), Verringerung von Finanzanlagen (5%). 395 Eine Gewichtung der Finanzierungsarten ist dabei nicht möglich; es wird lediglich erfaßt, welche Finanzierungsquelle die Unternehmen nutzen.

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

be Bankkredite; 52% der Betriebe finanzieren ihre Sprunginvestitionen zumindest teilweise aus Unternehmensgewinnen. Auf Abschreibungen und staatliche Finanzierungshilfen entfallen bereits deutlich weniger Nennungen (37% bzw. 21 %); private Einlagen des Inhabers oder der Gesellschafter (10%) und Leasing (8%) haben eine untergeordnete Bedeutung. Alle anderen Finanzierungsmöglichkeiten werden nur von sehr wenigen Unternehmen zur Finanzierung großer Investitionsprojekte genutzt. 396 Die nach Beschäftigtengrößenklassen differenzierte Auswertung zeigt in der Regel besonders deutliche Unterschiede zwischen Betrieben mit weniger als 200 Beschäftigten einerseits sowie Betrieben mit 200 und mehr Beschäftigten andererseits. Größere Betriebe sind bei der Finanzierung mit Bankkrediten überrepräsentiert; einer Finanzierung aus Gewinnen sowie durch private Einlagen billigen kleinere Betriebe dagegen eine größere Bedeutung zu. Die Nennungen von Abschreibungen, staatlichen Fördermitteln und Leasing nimmt mit der Unternehmensgröße kontinuierlich zu (Geiser 1980, S. 89). Hühnert (1981) befragt 104 mittelständische Industriebetriebe mit weniger als 500 Beschäftigten zur Finanzierung von Innovationen. Die Bedeutung der verschiedenen Finanzierungsquellen versucht sie mit der gleichen Methode wie Geiser zu ermitteln. Die Befragungsergebnisse zeigen, daß — unabhängig von der Größe — nahezu alle Betriebe (87%) ihre Innovationen u. a. aus Gewinnen finanzieren. Staatliche Finanzierungshilfen nennen 38% der Gesprächspartner, und je 29% der Betriebe finanzieren Innovationen auch aus Bankkrediten bzw. aus noch nicht im Betriebsprozeß gebundenem Eigenkapital. Bankkredite werden vor allem von Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten in Anspruch genommen (48%). 3 9 7 Auch bei der Finanzierung aus Abschreibungen zeigt sich ein Größeneffekt; sie werden nur von 8% aller Betriebe, aber von 22% der Betriebe mit mehr als 200 Beschäftigten genannt (ebenda, S. 47). Ein Vergleich mit der Finanzierung von allgemeinen Investitionen unterstützt die These, daß Bankkredite für die Finanzierung von Innovationen von geringerer Bedeutung sind als für die Finanzierung von Investitionen (29% versus 70%); dies gilt in ähnlichem Maße auch für Abschreibungen (8% versus 43%) (vgl. Hühnert 1981, S. 51). Die von Behrens-Ramberg (1986) befragten 126 kleinen und mittleren Unternehmen finanzieren zu 97% ihre F + E- und Innovationsaktivitäten „aus dem laufenden Geschäft", 43% aus staatlichen Förderprogrammen und 21% aus Investitionszulagen. 398 Fremdkapital nehmen lediglich 19% der Betriebe 396

Lieferantenkredite (3,6%), Verwendung von Pensionsrückstellungen (3,2%), Kredite des Inhabers oder der Gesellschafter (2,3%), Darlehen von Verwandten/ Bekannten (2,3%), Aufnahme neuer Gesellschafter (1,4%). 397 Bezogen auf alle Betriebe finanzieren 29% mit Krediten. 398 Die Inanspruchnahme der beiden erstgenannten Finanzierungsarten nimmt — gemessen am Anteil der Betriebe — mit der Betriebsgröße zu. Ihr Anteil beträgt bei den

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a u f . 3 9 9 Darlehen der Gesellschafter ( 6 % ) u n d Einlagen bisheriger/neuer Gesellschafter (4)% spielen so gut wie keine Rolle (ebenda, S. 131). Zusammenfassend ist festzuhalten, daß — nach den Ergebnissen aller vorliegenden Studien — der Selbstfinanzierung insbesondere i n kleinen u n d mittleren Unternehmen wesentliche Bedeutung für die Finanzierung v o n Investitionen u n d Innovationen z u k o m m t . 4 0 0 Unabhängig v o n der Unternehmensgröße n i m m t die Bedeutung dieser Finanzierungsquelle m i t dem Neuheitsgrad der Projekte zu. Privaten Einlagen u n d Leasing k o m m t i n der Regel eine untergeordnete Bedeutung zu; Abschreibungen werden vor allem i n kleinen u n d mittleren Unternehmen für die Finanzierung v o n Innovationen als unwichtig eingeschätzt. 4 0 1 Die Bedeutung staatlicher Fördermaßnahmen schwankt i n den Studien sehr s t a r k . 4 0 2

Betrieben mit weniger als 20 Beschäftigten 25% bzw 0%, bei den Betrieben mit 200 bis 500 Beschäftigten 71% bzw. 58%. 399 Dabei nimmt der Anteil der relativen Nennungen mit der Betriebsgröße ab; 38% der Betriebe mit weniger als 200 Beschäftigten, 8% der Betriebe mit 200 bis 500 Beschäftigten. 400 Diese Ergebnisse werden auch von einigen Studien unterstützt, welche die Kapitalstruktur von Unternehmen unterschiedlicher Größen untersuchen (vgl. z.B. Geiser 1980, IHK-Koblenz 1980, Oelschläger 1971). Andere Untersuchungen kommen dagegen zu einem entgegengesetzten Ergebnis; der Eigenkaptialanteil nimmt danach in Abhängigkeit von der Unternehmensgröße zu (vgl. z.B. Deutsche Bundesbank 1983). Irsch (1985a) führt diese Unterschiede auf eine unterschiedliche Größenstruktur der Sample und die Tatsache zurück, daß der Zusammenhang zwischen Unternehmensgröße und Eigenkapitalquote seiner Ansicht nach einen u-förmigen Verlaufhat. Eine Erklärung für diese Hypothese liefert Irsch allerdings nicht. 401 Die Tatsache, daß man in den meisten kleinen und mittleren Unternehmen den Abschreibungen geringe Bedeutung für die Finanzierung von Investitionen und Innovationen zubilligt, kann im wesentlichen darauf zurückzuführen sein, daß sich die Entscheidungsträger der Wirkung von Abschreibungen auf die Liquidität nicht (voll) bewußt sind bzw. der Liquiditätseffekt aufgrund eines diskontinuierlichen Investitionsverhaltens geringer ist als in größeren Unternehmen (vgl. Abschnitt 8.2.2). 402 Insbesondere bei einer Analyse älterer Studien zum Zusammenhang zwischen Finanzierungs- und Innovationsverhalten (Abschnitt 6.2) stellt sich die Frage, ob sich das Finanzierungsverhalten deutscher Unternehmen in den letzten Jahren wesentlich verändert hat. Zur Beantwortung dieser Frage ist eine Längsschnittanalyse erforderlich, wie sie in Form der Bilanzstatistik der Deutschen Bundesbank (1983) vorliegt. Danach hat die Eigenkapitalquote Deutscher Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes in den letzten Jahren deutlich abgenommen. Sie betrug (bezogen auf die Bilanzsumme) im Durchschnitt aller erfaßten Unternehmen 1969 noch 30,5% und verringerte sich bis 1982 auf 18,2%. Diese Ergebnisse sind allerdings u.U. durch Veränderungen in der Bilanzstruktur und Veränderungen der stillen Reserven verzerrt. So können sich ζ. B. Veränderungen in der Bilanzstruktur aus dem in den letzten Jahren zunehmenden Umfang der kurzfristigen Forderungen und Verbindlichkeiten, die zu einer Bilanzverlängerung führen oder aus dem ansteigenden Volumen der Rückstellungen ergeben, die unter Finanzierungsaspekten die gleichen Funktionen wie Eigenkapital haben (vgl. dazu Flassbeck/ Kroll 1983). Weitere Verzerrungen können aus einer inflationsbedingten Bildung stiller Reserven resultieren, welche auf die Bewertung von Sachanlagen nach dem Anschaffungswertprinzip zurückzuführen ist. Andere Autoren sind dagegen der Ansicht, daß in den letzten Jahren stille

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

6.2 Der mögliche Einfluß des Finanzierungsspielraums und des Finanzierungsverhaltens auf die Innovationsentscheidung Ein Mangel weiterer Finanzierungsmöglichkeiten bzw. die Ablehnung (weiterer) Außenfinanzierung kann die Realisierung als vorteilhaft angesehener Projekte verhindern, also eine positive Innovationsentscheidung unmöglich machen. 403 Die Bereitschaft und Fähigkeit zur Finanzierung von (risikobehafteten) Investitionen wird u.a. auch durch die Kapitalstruktur bzw. die Art des verfügbaren Kapitals beeinflußt. Verfügt ein Unternehmen über stille Reserven, so ist ceteris paribus mit einer relativ hohen Risikobereitschaft zu rechnen, weil das Management Fehlschläge für Externe unsichtbar ausgleichen kann. Stehen zur Finanzierung von Innovationen offene Rücklagen zur Verfügung, so ist bereits von einer leicht verminderten Risikoneigung auszugehen, weil Fehlschläge durch die in der Bilanz ersichtliche Auflösung von Rücklagen für Externe erkennbar sind. Nur in Gewinnjahren verzinstes Eigenkapital erscheint, vor allem zur Finanzierung von Projekten mit mittlerem Risiko geeignet. Das finanzielle Risiko für das Unternehmen ist geringer als bei fest verzinslichem Kapital; es besteht aber die Gefahr, daß eine unbefriedigende Verzinsung in Zukunft zu Problemen bei der Kapitalbeschaffung führt; u. U. müssen die Manager auch mit negativen Rückwirkungen auf ihre Karriere rechnen. 404 Die an das zu finanzierende Innovationsprojekt gestellten Sicherheitsanforderungen dürften noch höher sein, wenn das Außenkapital nicht durch einen direkten Kontakt zwischen Kapitalgeber und Kapitalnehmer, sondern durch einen Vermittler zur Verfügung gestellt wird. Die Vermittler müssen aus Imagegesichtspunkten eine sichere Verzinsung gewährleisten und werden deswegen nur zu relativ sicheren Kapitalanlagen bereit sein. 405

Reserven zunehmend aufgelöst wurden (vgl. Pütz/ Willgerodt 1985, S. 12). In welchem Maße sich der Finanzierungsspielraum deutscher Unternehmen in den letzten Jahren tatsächlich verändert hat, ist auf der Basis vorliegender Studien also kaum zu beurteilen. 403 Ein wesentlicher Einfluß des Finanzierungsspielraums auf andere Phasen des Innovationsprozesses ist kaum zu erwarten. Es ist nämlich nicht damit zu rechnen, daß ein Projekt nur deswegen durchgeführt wird, weil gerade Geld verfügbar ist. Bestenfalls kann man annehmen, daß in Betrieben, in denen selten Projekte aufgrund von Finanzierungsschwierigkeiten scheitern, intensiver nach weiteren Neuerungsmöglichkeiten gesucht wird, als in Betrieben, in denen bereits bekannte, als vorteilhaft eingestufte Projekte nicht realisierbar sind. 404 Im Gegensatz zum bisher „üblichen" Beteiligungskapital ist die Risikobereitschaft von Venture-Capital-Gesellschaften höher einzuschätzen. Das Risiko wird durch eine aktive Beteiligung sowie durch die Bildung von Fonds, in denen die Chancen die Risiken überkompensieren, gemindert. Das verbleibende Risiko wird durch eine unbegrenzte, hohe Renditeaussicht entgolten. Für eine Gegenüberstellung von Venture Capital und anderem Beteiligungskapital vgl. z.B. Mann 1986, S. 17-23.

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Fest verzinsliches Kapital wird wahrscheinlich überwiegend für Projekte mit relativ geringem Risiko eingesetzt, weil diese Mittel auch bei schlechter Ertragslage zu entlohnen sind und stark verschuldete Unternehmen Gefahr laufen, daß das Eigenkapital — wenn überhaupt — nur relativ gering verzinst wird. Bei sinkender Gesamtrentabilität ist außerdem eine Überschuldung zu befürchten, und das Konkursrisiko steigt an. 4 0 6 Darüber hinaus wird der finanzielle Spielraum für die Zukunft vermindert. Aufgrund des zunehmenden Insolvenzrisikos ist bei zunehmender Verschuldung mit einem wachsenden Einfluß der Banken zu rechnen, wodurch sich die Neigung zu risikoarmen Projekten verstärken kann. Diese Ausführungen legen die Vermutung nahe, daß die Generierung grundlegender Neuerungen vorzugsweise aus (stillen) Reserven finanziert wird bzw. werden muß. 4 0 7 Dies erscheint auch — von wenigen Ausnahmen abgesehen 4 0 8 — in der Regel möglich, weil der Kapitalbedarf bis zur Entwicklung eines Prototyps zumeist relativ gering ist. 4 0 9 Die Finanzierung des Aufbaus grundlegend neuer Produktionseinrichtungen, der Markteinführung grundlegend neuer Produkte und der Wachstumsfinanzierung junger Unternehmen wird wahrscheinlich zu einem wesentlichen Teil aus Eigenmitteln erfolgen (müssen), weil das Risiko in zu geringem Maße abzuschätzen ist. 4 1 0 Bei Investitionen in bereits erfolgreich erprobte Neuerungen kann man dagegen durchaus von relativ guten Fremdfinanzierungschancen ausgehen.411 405

Eine Ausnahme können hier Venture-Capital-Gesellschaften darstellen, die ihren Kunden zwar mit einem Risiko behaftete, aber sehr erfolgversprechende Projekte vermitteln und die Betriebe bei der Abwicklung der Aktivitäten beraten. In der Bundesrepublik Deutschland steckt die Venture-Capital-Finanzierung jedoch noch immer in den Kinderschuhen (vgl. dazu Merkle 1984). 406 407

Vgl. dazu z.B. Wossidlo 1985, S. 22-27, Perlitz/Küpper Vgl. dazu auch Hax 1976, Sp. 439.

1985, S. 506-508.

408 Insbesondere bei Forschungsaktivitäten mit einem hohen Empiriegrad, die kapitalintensive Laboratorien und den Einsatz hoch qualifizierten Personals voraussetzen sowie in neu gegründeten Unternehmen. 409 Für eine ausführliche Analyse der „Eignung" der Innenfinanzierung als Instrument der Kapitalbedarfsdeckung von Forschung und Entwicklung vgl. Hennigs (1983, S. 216224). Dieser kommt zu dem Ergebnis, daß insbesondere die Selbstfinanzierung für kleine und mittlere Unternehmen als „ein schon fast als ideal zu bezeichnendes Instrument" anzusehen ist. Die Möglichkeiten einer Beteiligungs- bzw. Einlagenfinanzierung werden dagegen aufgrund des hohen Risikos skeptisch beurteilt (ebenda, S. 224 - 229). Gegen diese Ansicht spricht die Existenz von Venture-Capital-Gesellschaften, deren Finanzierungsvolumen in der Bundesrepublik allerdings noch relativ gering ist. 410 Hennigs (1983, S. 265-291) sieht eine Beteiligungs- und Einlagenfinanzierung für die Phase der Produktionsaufnahme und Markteinführung als geeignetes, bei den gegebenen Rahmenbedingungen aber nicht ausreichend leistungsfähiges Finanzierungsinstrument an. Auch die Selbstfinanzierungsmöglichkeiten dürften aufgrund des häufig erheblichen Kapitalbedarfs in dieser Phase in der Regel nicht ausreichen (ebenda, S. 259265).

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Teil II: Determinanten betrieblicher Innovationstätigkeit

Diese Überlegungen sollten jedoch nicht zu der Annahme verleiten, daß bei einer guten Ausstattung mit Eigenkapital immer mit besonders zahlreichen, risikoreicheren Innovationsprojekten zu rechnen ist. Eine hohe Eigenkapitalquote kann auch Ausdruck einer besonderen Risikoscheu bzw. einer konservativen Grundhaltung der betrieblichen Entscheidungsträger sein. 6.3 Der Einfluß der Finanzierungsmöglichkeiten auf das Innovationsverhalten in empirischen Studien Die Ergebnisse zahlreicher empirischer Studien deuten darauf hin, daß Finanzierungsschwierigkeiten insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen einen der entscheidendsten Engpaßfaktoren darstellen. Eine nähere Analyse dieser Studien läßt jedoch Zweifel daran aufkommen, daß Innovationen an einem objektiven Mangel Finanzieller Mittel scheitern. Stattdessen deutet einiges daraufhin, daß gerade die Entscheidungsträger in kleinen und mittleren Betrieben unter einem „subjektiv wahrgenommenen Liquiditätsengpaß" leiden. Bevor diese Vermutung näher erläutert wird, sollen zunächst die Ergebnisse vorliegender Studien dargestellt und diskutiert werden. Dabei sind zwei Gruppen von Arbeiten zu unterscheiden. Die einen korrelieren Indikatoren des Finanzierungsspielraums mit dem Adoptionszeitpunkt neuer Techniken bzw. mit dem Investitionsvolumen, die anderen ermitteln die Bedeutung, welche in den Betrieben bzw. Unternehmen einem Mangel an Liquidität als Innovationsengpaß zugebilligt wird. 6.3.1 Korrelation von Adoptionszeitpunkt und Finanzierungskennzahlen

Mansfield (1968, S. 167) bezieht in seinen Regressionsansatz den Quotienten aus Umlaufvermögen und kurzfristigen Verbindlichkeiten als unabhängige Variable ein und kontrolliert den Einfluß dieses Indikators auf die Adoption von 14 Prozeßinnovationen. Dabei kommt er zu keinem eindeutigen statistischen Ergebnis. Hakanson (1974, S. 64) überprüft den Einfluß der Finanzierungsmöglichkeiten auf die Adoption von Spezialpressen mit Hilfe der „Selbstfinanzierungsquote" (Cash-Flow/Gesamtinvestitionen). 412 Dabei geht er davon aus, daß die Betriebe bei einer hohen Selbstfinanzierungsquote eher in neue, risikoreiche Projekte investieren. Die Auswertung bestätigt diese Hypothese nach dem Eindruck des Autors jedoch nur für ein nationales Sample (GB). Die Feststellung, daß die Nichtadoptoren des schwedischen Samples trotz einer hohen Selbstfinanzierungsquote die Neuerung nicht adoptiert haben, erklärt Hakan-

411

Vgl. dazuz. B. Commerzbank 1978, S. 41 sowie Hennigs 1983, S. 229-235,291-303. U m den Einfluß jährlicher Schwankungen zu vermindern, wurde der Durchschnitt des Cash-Flow für vier Jahre gebildet. 412

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son (1974, S. 77 f.) aus der langen Amortisationsdauer der Spezialpressen in dieser Betriebsgruppe. Irsch (1985b, S. 326 f.) kommt bei einer Korrelation der von der Bundesbank ermittelten Eigenmittelquote und Investitionsquote 413 der Jahre 1965-1981 zu dem Ergebnis, daß die Investitionsneigung mit der Eigenmittelquote abnimmt. 4 1 4 Dieses Ergebnis kann die These unterstützen, daß eine hohe Eigenmittelquote Ausdruck einer konservativen Unternehmensführung ist, die versucht, jede Gefahr eines externen Einflusses auf die Unternehmenspolitik zu vermeiden. Das Ergebnis kann zumindest zu einem Teil aber auch auf Verzerrungen in der Datenbasis zurückzuführen sein. So kann man die zeitliche Entwicklung der Eigenkapitalquoten — wie bereits erwähnt — mit Hilfe der Daten der Deutschen Bundesbank nur dann adäquat abschätzen, wenn man Veränderungen in der Bilanzstruktur berücksichtigt. Ebenfalls mit Hilfe aggregatstatistischer Datensätze überprüfen mehrere Autoren den statistischen Zusammenhang zwischen Investitionsvolumen einerseits und Gewinn- bzw. Liquiditätskenngrößen 415 andererseits. Dabei kommen sie zu signifikanten Ergebnissen, es ist allerdings keine sichere Aussage über die Richtung der Kausalität möglich. 6.3.2 Subjektive Einschätzung eines Finanzierungsengpasses als Investitions- bzw. Innovationsengpaß

Geiser (1980) versucht, das Ausmaß der Finanzierungsschwierigkeiten von Industriebetrieben abzuschätzen, indem er ermittelt, ob sich bei der Finanzierung von großen Investitionsprojekten in der Vergangenheit Schwierigkeiten ergaben 416 und ob die Investitionen wie geplant durchgeführt, zeitlich zurückgestellt oder nur teilweise durchgeführt werden konnten (ebenda, S. 111). Dabei kommt er zu dem Ergebnis, daß 91 % der Betriebe ihre „Sprunginvestitionen" planmäßig durchführen können, obwohl rd. 30% über geringe Finanzierungsschwierigkeiten und 6,8% über große Finanzierungsschwierigkeiten klagen. Dabei sind die Probleme bei Betrieben mit bis zu 49 Beschäftigten mit gut 8% überdurchschnittlich hoch (ebenda, S. 78 f.).

413

Veränderung des Sachanlagevermögens/Umsatz. Zu dem gleichen Ergebnis kommt Bofinger 1983. Andererseits sieht knapp die Hälfte der von Gielow, Kuntze und Meyer-Krahmer (1984, S. 22) befragten Unternehmen die Eigenkapitalausstattung als sehr wichtig für risikoreiche Projekte an; bei besonders innovativen Unternehmen ist dieser Anteil weitaus höher. Es finden sich jedoch zahlreiche Fälle, in denen Unternehmen trotz sehr niedriger Eigenkapitalausstattung in erheblichem Umfang Innovationen durchführen. 414

415

Für einen Überblick vgl. Kr eile 1978, S. 280-281. Zu diesem Zweck werden die Antwortkategorien „keine, geringe oder große Schwierigkeiten" vorgegeben. 416

13 Maas

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Mehrere andere Studien zum Investitions- und F + Ε-Verhalten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, daß nach Einschätzung von etwa einem Viertel der Gesprächspartner Finanzierungsprobleme in ihren Betrieben die Realisation von Investitionen bzw. Innovationen behindern. Dabei wird der Engpaß in kleineren Unternehmen in aller Regel häufiger genannt bzw. als gravierender eingeschätzt.417 In der Befragung von Hühnert (1981) geben rd. 36% der Befragten aus 76 Betrieben „zu hohe Investitionskosten für die Produktionsvorbereitung und -aufnähme", 29% „zu hohe Markteinführungskosten für eine Neuerung" und 15% „fehlendes Risikokapital für die Markteinführung" als Innovationsproblem an (Mehrfachnennungen waren möglich). Es ist jedoch keineswegs als sicher anzusehen, daß sämtliche dieser Kategorien dem Finanzierungsbereich zuzuordnen sind. Insbesondere die beiden ersten Sachverhalte können nämlich auch dazu führen, daß die Innovation unwirtschaftlich wird (ebenda, S. 37). In einer zusätzlichen Frage ermittelt Hühnert (1981, S. 100), ob und wenn ja, welche Probleme bei der Finanzierung von Innovationen bestanden. 64% der Betriebe leiden nach eigenen Angaben unter Finanzierungsproblemen, wobei der Anteil der Betriebe mit Problemen in der Größenklasse mit 200-499 Beschäftigten am niedrigsten (57%) und in der Klasse mit bis zu 19 Beschäftigten am höchsten (79%) ist (ebenda, S. 56). Dabei sieht man in den meisten Betrieben (59%) Probleme in einer unzureichenden Gewinnsituation („Gewinnsituation ermöglicht Finanzierung von Innovationen nur in geringem Maße"), wobei der Anteil der Nennungen mit der Beschäftigtenzahl zunimmt. 4 1 8 Ein knappes Viertel der Betriebe führt die Finanzierungsschwierigkeiten u. a. auf geringe Möglichkeiten der Eigenkapitalbeschaffung zurück. Ein Drittel sieht die Aufnahme neuer Gesellschafter aus Angst vor Verlust der Selbständigkeit als unerwünscht an. Probleme bei der Fremdkapitalbeschaffung sind nach Angaben von 29% der Betriebe auf zu hohe Fremdkapitalkosten zurückzuführen, 17% sind der Ansicht, daß die Sicherheitsanforderungen der Kapitalgeber zu hoch sind (ebenda, S. 57). Bei der im Rahmen des IFO-Investitionstests durchgeführten Zusatzbefragung „Maßnahmen der Investitionsförderung" erheben Berger und Uhlmann (1986) auch die Bedeutung von Investitionsengpässen. Dabei sind 46% der Befragten der Ansicht, daß einige Investitionen in den Jahren 1983 und 1984 nicht durchgeführt oder zurückgestellt wurden, weil der Finanzierungsspielraum ausgeschöpft war. 4 1 9 Die Bedeutung dieses Engpasses ist in Unternehmen 417 Vgl. dazu FritschlMaas 1983, S. 27, Strebet.*. 1984, S. 170, Oelschläger 1971, S. 58 f.

1979, S. 178, Meyer-Krahmer

u.a.

418 Bei der Interpretation dieses Ergebnisses ist allerdings zu beachten, daß ein großer Teil der größeren Betriebe bei dieser Auswertung nicht berücksichtigt wird, weil man keine Finanzierungsschwierigkeiten sieht. 419 Ein Finanzierungsengpaß war damit gemeinsam mit einer allgemein zu unsicheren Wirtschaftsentwicklung (46%) nach den Ergebnissen dieser Befragung das wichtigste Investitionshemmnis.

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mit 1000 und mehr Beschäftigten deutlich niedriger als in kleineren Unternehmen. Auswertungen des IFO-Innovationstests kommen zu dem Ergebnis, daß 30% der Betriebe des Verarbeitenden Gewerbes fehlendes Eigenkapital und rd. 5% auch einen Mangel an Fremdkapital als Innovationshemmnis ansehen. Nichtinnovatoren schätzen Finanzierungsprobleme als noch gravierender ein: 50% leiden nach eigenen Angaben unter einem Mangel an Eigenkapital, 17% fehlt es an Fremdkapital. Der Anteil der Betriebe, die einen Kapitalmangel perzipieren, nimmt grundsätzlich mit der Betriebsgröße ab. Ζ. B. sehen sich im Verarbeitenden Gewerbe von einem Mangel an Eigenkapital (Fremdkapital) 70% (28%) der Betriebe mit 20-49 Beschäftigten, 50% (7%) der Betriebe mit 50-199 Beschäftigten, aber nur 29% (5%) der Betriebe mit 200-999 Beschäftigten und 22% (3%) der Betriebe mit 1000 und mehr Beschäftgten betroffen (vgl. dazu Schmalholz ! Scholz 1985, S. 108-111). In einer Befragung von Gielow, Kuntze, Meyer-Krahmer (1984, S. 47) geben 55% von F + E betreibenden 121 Unternehmen an, daß sie Probleme bei der Finanzierung von F + E-Arbeiten haben. 420 58% sehen Probleme bei der Finanzierung von Produktionsaufnahme und Markteinführung. 421 Aus einem solchen subjektiv wahrgenommenen Finanzierungsengpaß kann jedoch noch nicht auf objektiv vorhandene Finanzierungsschwierigkeiten geschlossen werden. So kommen Meyer-Krahmer, Gielow und Kuntze (1984, S. 181) zu dem Ergebnis, „daß von rund drei Viertel der befragten Unternehmen bisher noch nie Versuche unternommen worden sind, Kredite speziell für Innovationsvorhaben zu beschaffen ...". „ U m die Bedeutung des als Engpaß genannten Faktors Finanzierung abschätzen zu können, wurden die Unternehmen auch danach gefragt, ob in den vergangenen fünf Jahren strategisch wichtige Innovationsvorhaben mit besonders hohem Finanzierungsbedarf durchgeführt worden sind und ob es dabei spezifische Auswirkungen der Finanzierungssituation gab: Jeweils nur 20% der Unternehmen hatten derartige Innovationsvorhaben nicht vorgehabt bzw. sie ohne nennenswerte Probleme durchführen können. 33% hatten die Projekte aufgrund der schwierigen Finanzierungssituation zeitlich strecken müssen, während sie bei rund 15% mit Hilfe von staatlichen Fördermaßnahmen durchgeführt werden konnten. Bei 5% war die Durchführung von außerordentlichen Kapitalbeschaffungsmaßnahmen notwendig und bei rund 10% sind Vorhaben aufgrund fehlender finanzieller Ressourcen nicht durchgeführt worden" (Meyer-Krahmer/ Gielow/Kuntze 1984, S. 182). Die Autoren schließen aus diesen Ergebnissen, daß die „wahre" Zahl innovierender Unternehmen, die mit erheblichen Innovations-Finanzierungsproblemen zu kämpfen hat,... ungefähr zwischen 10% (realer Erfahrungshin420 i9