Der Täter hinter dem Täter: Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft [1 ed.] 9783428413706, 9783428013708

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Der Täter hinter dem Täter: Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft [1 ed.]
 9783428413706, 9783428013708

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Schriften zum Strafrecht Band 2

Der Täter hinter dem Täter Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft

Von

Friedrich-Christian Schroeder

Duncker & Humblot · Berlin

Friedrich-Christian

Schroeder / Der Täter hinter dem Täter

Schriften zum Strafrecht Band 2

Der Täter hinter dem Täter Ein Beitrag zur Lehre von der mittelbaren Täterschaft

Von

Dr. Friedrich-Christian Schroeder

D U N C K E R

&

H U M B L O T

/

B E R L I N

Alle Rechte vorbehalten © 1965 Duncker & Humblot, Berlin Gedruckt 1965 bei Albert Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany

Vorwort Die Arbeit war Ende 1962 abgeschlossen und lag der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertation vor. Die seitdem erschienene Literatur und Judikatur wurde bis Mitte 1964 eingearbeitet. Auf beiden Gebieten gab es besonders wichtige Neuerscheinungen m i t umfangreicher Anschluß- und Bezugsliteratur: die grundlegende Arbeit Roxins und das Staschynskij-XJrteil B G H 18,87. Wenn dabei manche der hier gewonnenen Ergebnisse vorweggenommen wurden, so genießt diese Arbeit demgegenüber den Vorteil, zu gegensätzlichen Auffassungen der Neuerscheinungen bereits Stellung nehmen zu können. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Reinhart Maurach, danke ich für das warme Interesse, das er trotz großer Belastung durch die Neuauflage seines Lehrbuches dem Gelingen der Arbeit entgegenbrachte. Wenngleich das Thema vornehmlich durch sein Lehrbuch angeregt wurde, soll doch nicht unerwähnt bleiben, daß es ein strafrechtliches Seminar von Herrn Professor Dr. Dr. h. c. K a r l Engisch war, i n welchem ich zuerst auf das hier behandelte Problem aufmerksam wurde. Besonderer Dank gebührt ferner Herrn Ministerialrat a. D. Dr. Johannes Broermann für die Aufnahme der Arbeit i n sein Verlagsprogramm. München, i m August 1964 Friedrich-Christian

Schroeder

Inhaltsverzeichnis Einleitung

13

Α. Entstehung, Begründung und Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft

17

I. Die Entwicklung der Teilnahmelehre bis zum Auftreten des Begriffs der mittelbaren Täterschaft

17

I I . Die Begründungen der mittelbaren Täterschaft 1. Die Täterlehre Hälschner)

der

Hegelianer

(Luden,

20 Köstlin,

Berner, 21

2. Grundsätzliche Ablehnung der mittelbaren Täterschaft (Hoegel, Zimmerl, Grünhut, Bruns, E 1925, 1927)

24

3. Die formal-negative Theorie (Μ. E. Mayer, Dahm, Allfeld, Dohna)

26

4. Die mittelbare Täterschaft als intellektuelle Urheberschaft (Schwalbach, Köhler, Petri, Ludwig, v. Hippel, Krauß)

27

5. Die ältere Übergewichtstheorie (Borchert, Wolf, Wegner, Niethammer)

29

6. Die mittelbare Täterschaft als Ausfluß des Lebenssprachgebrauchs (Beling, H. Mayer)

30

7. Die älteren materiell-objektiven Theorien (Flegenheimer, Perten, v. Birkmeyer, Frank)

32

8. Die subjektive Teilnahmetheorie

35

a) Allgemeines. Abgrenzung zum extensiven Täterbegriff . .

35

b) Zur Kritik der subjektiven Teilnahmelehre

37

c) Der allgemeine Fehleinwand gegen die subjektive Theorie

38

d) Echte Anleihen bei der objektiven Theorie aa) Objektivierung durch den Inhalt des Gewollten bb) Objektivierung des Willens

41 41 42

e) Die Modifizierung der subjektiven Theorie für die mittelbare Täterschaft

43

9. Der extensive Täterbegriff Mezger, E 1936 1. Lesung)

(Winter, v. Liszt, Eb. Schmidt,

10. Der intern-subjektive Täterbegriff rausch, Lange, Goetzeler) 11. Die Übergewichtstheorie Heglers

44 (Binding, Drost, Kohl47 54

Inhaltsverzeichnis 12. Die Täterschaft als Verwirklichung eines besonderen Handlungsunwerts (Engisch, H. Mayer)

56

13. Die Täterschaft als Tatherrschaft

58

a) Die Entwicklung der Tatherrschaftslehre

58

b) Tatherrschaft und Handlungslehre

62

c) Die Tatherrschaft beim genötigten und zurechnungsunfähigen Werkzeug

63

d) Objektiver oder objektiv-subjektiver Charakter der Tatherrschaft

66

e) Die Tatherrschaft beim absichts- und beim qualifikationslosen Werkzeug

67

f) Die Tatherrschaft bei volldeliktischer Tatbestandsverwirklichung

68

g) Die Tatherrschaft bei der Veranlassung zur Selbstverletzung

69

h) Die Tatherrschaft beim rechtmäßig handelnden Werkzeug

69

i) Zusammenfassung

70

I I I . Die Entwicklung des Anwendungsbereichs der mittelbaren Täterschaft 1. Der klassische Bereich der mittelbaren Täterschaft

71 71

a) Entwicklung

71

b) Die Grundlage der Tatherrschaft

72

c) Möglichkeit der Anstiftung

74

d) Das Erfordernis standes

75

der dolosen Herbeiführung eines Not-

2. Mittelbare Täterschaft bei unvermeidbarem Verbotsirrtum des Ausführenden

76

3. Mittelbare Täterschaft infolge persönlicher ßungsgründe beim Ausführenden

80

Strafausschlie-

4. Das dolose Werkzeug

81

a) Entstehung b) Das dolose Werkzeug als Problem für alle Theorien

81 materiellen 82

c) Die Problemlosigkeit des dolosen Werkzeugs für die formal-negativen Theorien

83

d) Die Gegner des dolosen Werkzeugs

84

e) Die Begründung des dolosen Werkzeugs durch die materiellen Theorien

85

f) Folgerungen

88

5. Die Veranlassung zur Selbstverletzung

89

6. Das rechtmäßig handelnde Werkzeug

95

7. Die Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft . .

100

Inhaltsverzeichnis 8. Die actio libera in causa als mittelbare Täterschaft

103

9. Mittelbare Täterschaft durch Unterlassen

105

IV. Die Entwicklung der Lehre vom Täter hinter dem Täter

B. Die Fälle des Täters hinter dem Täter 1. Die Benutzung eines im Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden

107

119

120

a) Der Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit

120

b) Der Grenzbereich der Strafunmündigkeit

123

c) Der Grenzbereich des Notstandes

123

d) Der Grenzbereich des Notwehrexzesses

125

e) Der vermeidbare Verbotsirrtum

126

f) Zusammenfassung

129

2. Der Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, insbesondere der rechtswidrige Befehl

131

3. Die Formel „vornehmen usw. lassen" in Tatbeständen des Besonderen Teils

139

4. Die Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

143

a) Herkunft und Entwicklung des Dohna-Falles

143

b) Die aa) bb) cc) dd) ee)

145 145 145 146 148 150

Elemente des Dohna-Falles Unbrauchbare Kriterien Die Benutzung eines error in persona Die Benutzung eines bereits zur Tat Entschlossenen Die Veranlassung zur Selbstverletzung Zusammenfassung

c) Der Talgfaßfall

150

d) Die Benutzung eines Tatentschlossenen bei unmittelbarer psychischer Einwirkung

151

e) Gegeneinwände aa) Tatherrschaft wider Willen? bb) Täterschaft durch Auskunfterteilung? cc) Übergangsformen

154 154 155 155

f) Schwierigkeiten der h. L

156

5. Der Bravo

158

6. Die Veranlassung durch Vorspiegelung von Motivationsgründen

162

7. Mittelbare Täterschaft durch Verwirklichung von Qualifikationsund Sonderdeliktsmerkmalen

164

8. Die Beteiligung an Straftaten durch Mitarbeit in Organisationen

166

9. Die irrtümliche Annahme der Täterstellung

169

It)

Inhaltsverzeichnis 10. Die Benutzung einer actio libera in causa, eines dolus generalis und einer in verschuldetem Notstand begangenen Handlung

173

a) Die Benutzung einer actio libera in causa

174

b) Die Benutzung eines dolus generalis

177

c) Die Benutzung einer in verschuldetem Notstand begangenen Handlung

178

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

181

1. Unterschiedliche Grundlagen des Täters hinter dem Täter

181

2. Argumente aus dem positiven Recht

182

3. Der primäre Täterbegriff

183

4. Die Täterschaft des Ausführenden

190

5. Die Täterschaft des Hintermanns

195

6. Die menschliche Freiheit

197

7. Das Verhältnis der Figur des Täters hinter dem Täter zur A n stiftung

202

a) Allgemeines

202

b) Sinn der Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung

203

c) Strafzumessungsgründe bei der Anstiftung

205

d) Das Korrumpierungsmoment insbesondere

206

e) Der Inhalt des Korrumpierungsmoments aa) Die Auffassung Maurachs bb) In-Schuld-und-Strafe-Führen aaa) Charakterverderbnis bbb) Gefährdung des allgemeinen Rechtsfriedens . . . . . . . . ccc) Gefährdung des konkreten Rechtsguts ddd) Unrecht gegen den Angestifteten

209 210 210 211 211 212 212

f) Mittelbare Täterschaft hinsichtlich der Straffolgen

214

g) Ergebnis

214

8. Das Verhältnis der Figur des Täters hinter dem Täter zur M i t bzw. Nebentäterschaft

215

Zusammenfassung

221

Literaturverzeichnis

223

Sachregister

235

Abkürziingsverzeichnis BayObLG

Bayerisches Oberstes Landesgericht

BGH

Bundesgerichtshof (Zahlen ohne weiteren Zusatz bezeichnen die amtliche Sammlung der Entscheidungen in Strafsachen)

DJ

Zeitschrift „Deutsche Justiz"

DRiZ

Zeitschrift „Deutsche Richterzeitung"

DRZ

Zeitschrift „Deutsche Rechts-Zeitschrift"

DStR

Zeitschrift „Deutsches Strafrecht"

FamRZ

„Zeitschrift für das gesamte Familienrecht"

Frank-Festgabe

Festgabe für Reinhard von Frank zum 70. Geburtstag am 16. August 1930. Beiträge zur Strafrechtswissenschaft, Bd. I und I I , 1930

GA

Zeitschrift „Goltdammer's Archiv für Straf recht und Strafprozeß"

GS

Zeitschrift „Der Gerichtssaal"

JGG

Jugendgerichtsgesetz vom 4. 8. 1953 i. d. F. vom 11. 8. 1961

JR

Zeitschrift „Juristische Rundschau"

JuS

Zeitschrift „Juristische Schulung"

JW

Zeitschrift „Juristische Wochenschrift"

JZ

Zeitschrift „Juristenzeitung"

LK

Leipziger Kommentar

Mat. I

Materialien zur Strafrechtsreform, 1. Band, Gutachten der Strafrechtslehrer, 1954

MDR

Zeitschrift „Monatsschrift für deutsches Recht"

MezgerFestschrift

Festschrift für Edmund Mezger zum 70. Geburtstag, 1954

MSchrKrim

Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform

Ndschr.

Niederschriften über die Sitzungen der Großen Strafrechtskommission, 1956—1960 (römische Ziffern bezeichnen die Bandzahl)

Nds.Rpfl.

Zeitschrift „Niedersächsische Rechtspflege"

NJW

Zeitschrift „Neue Juristische Wochenschrift"

OGH

Oberster Gerichtshof für die Britische Zone (Zahlen ohne weiteren Zusatz bezeichnen die amtliche Sammlung der Entscheidungen in Strafsachen)

12

Abkürzungsverzeichnis

OLG

Oberlandesgericht

Reform

Aschrott-Kohlrausch, Reform des Strafrechts, 1926

RGBl.

Reichsgesetzblatt

RG

Reichsgericht (Zahlen ohne weiteren Zusatz bezeichnen die amtliche Sammlung der Entscheidungen in Strafsachen)

RG-Festgabe

Die Reichsgerichtspraxis im deutschen Rechtsleben, Festgabe der jur. Fakultäten zum 50jährigen Bestehen des Reichsgerichts, Bd. 5, 1929

ROW

Zeitschrift „Recht in Ost und West"

Eb. SchmidtFestschrift

Festschrift für Eberhard Schmidt zum 70. Geburtstag, 1961

SchweizZStR

„Schweizer Zeitschrift für Straf recht"

SJZ Str. Abh.

Zeitschrift „Süddeutsche Juristenzeitung" Strafrechtliche Abhandlungen, herausg. von Lilienthal und Schoetensack

VDA

Vergleichende Darstellung des Deutschen und Ausländischen Strafrechts, Allgemeiner Teil, 6 Bände, 1908

VRS

Verkehrsrechts-Sammlung. Entscheidungen aus allen Gebieten des Verkehrsrechts

ZAkDR

„Zeitschrift der Akademie für Deutsches Recht"

ZStW

„Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft"

Einleitung Vor fünfzig Jahren konnte M. E. Mayer nicht ohne Ironie feststellen: „Als Dissertationsthema ist der mittelbare Täter sehr beliebt 1 ". Seitdem sich die Figuren des absichtslosen, des qualifikationslosen und des rechtmäßig handelnden Werkzeugs allgemein durchgesetzt haben, ist es u m die mittelbare Täterschaft relativ still geworden. Indessen bringt der allgemeine Übergang zu einer materiellen Begründung der Täterschaft, der insbesondere durch die Einführung der limitierten Akzessorietät i m Jahre 1943 bedingt ist, gerade heute wieder eine ganze Reihe von Problemen für die Lehre von der mittelbaren Täterschaft und stellt scheinbar gesicherte Ergebnisse i n Frage. Die vorliegende Arbeit befaßt sich m i t diesen Problemen anhand der Sonderfrage, ob mittelbare Täterschaft bei volldeliktischem Handeln des unmittelbar Ausführenden möglich ist. Sie verwendet für diese Figur der Abkürzung halber nach dem Vorschlag von Lange2 den Begriff des „Täters hinter dem Täter". Dieser Ausdruck setzt sich freilich dem Einwand aus, daß auch das fahrlässig handelnde Werkzeug „Täter" ist und daß ferner das StGB selbst i n den §§ 51 und 52 das zurechnungsunfähige und das genötigte Werkzeug als „Täter" bezeichnet. Auch bei einer Ableitung der Tatherrschaft aus der Finalität und deren Gleichsetzung m i t der Vorsätzlichkeit gelangt man i n den letzteren Fällen zur Tatherrschaft des Ausführenden und damit zum „Täter hinter dem Täter" 3 . Diese Begriffserweiterung kann jedoch zunächst dahingestellt bleiben, da es bei i h r nur u m die dogmatische Deutung unbestrittener Fälle der mittelbaren Täterschaft geht, während die vorliegende Arbeit gerade eine mögliche Erweiterung der mittelbaren Täterschaft untersucht. Auch strahlt die Bejahung des „Täters hinter dem Täter" i n den genannten Fällen nicht auf die hier zu untersuchende Frage aus, wie sich an der scharfen Ablehnung des „Täters hinter dem Täter" i n diesen Fällen durch Gallas und Roxin (s. u. A IV) zeigt. Es ist ohne weiteres denkbar, daß das StGB, das den Begriff des Werkzeugs nicht kennt, den Begriff „Täter" i n den genannten Vorschriften i n einem anderen Sinne verwendet, als dies i n der Teilnahmelehre geschieht. 1 2

s

376 N. 1. 39./40. Aufl., I Β 1 vor § 47.

Gallas Mat. I 133; Roxin 131, 136; zust. Schönke-Schröder

s. schon Lange, Teilnahme 78; vgl. u. A I I 13 b, c.

19 vor §47;

14

Einleitung

Das gleiche gilt für den fahrlässigen „Täter", wenn man m i t der herrschenden Lehre davon ausgeht, daß die Unterscheidung von Teilnahmeformen überhaupt nur bei Vorsatztaten möglich ist 4 . Nur so läßt sich auch die gelegentlich vertretene Ansicht halten, daß bei dem Zusammenwirken m i t einem straflos Handelnden Mittäterschaft schon begrifflich nicht möglich sei 5 . Wenngleich die Figur des „Täters hinter dem Täter" i n der strafrechtlichen Dogmatik jüngeren Ursprungs ist, so beweist doch ein Blick i n die schöngeistige, die historische und die politische Literatur sowie i n die Publizistik, daß diese Figur dem allgemeinen Rechtsgefühl seit langem vertraut ist. Besonders die Dramatik bedient sich ihrer häufig i m Interesse einer Ungewißheit, Verschleierung und Aufteilung der Schuld. Vor allem i n den Dramen Shakespeares und Schillers wimmelt es von gedungenen Mördern, und dies nicht nur, w e i l eine derartige Arbeitsteilung der früheren Sozialordnung entspricht, sondern offensichtlich deswegen, die Schuld des Hintermanns weniger eindeutig, aber auch gewichtiger erscheinen zu lassen. Das gleiche g i l t für das Verhältnis zwischen Jago und Othello. Bei Schiller findet sich mehrfach sogar doppelt gestufte Täterschaft. So macht i n „Kabale und Liebe" Ferdinand für seinen Mord an Luise M i l l e r seinen Vater, den Präsidenten von Walter, dieser aber wiederum seinen Sekretär W u r m verantwortlich. I m „Wallenstein" ist Oberst Buttler nicht nur Mörder Wallensteins hinter den Tätern Deveroux und Macdonald 6 ; er erklärt seinerseits gegenüber Octavio Piccolomini: „Eure Hand ist rein. I h r habt die meinige dazu gebraucht." Auch i n der modernen Literatur finden sich zahlreiche Beispiele. So erreicht i n Friedrich Dürrenmatts „Besuch der alten Dame" Ciaire Zachanassian durch ein immenses Geldangebot an i h r verarmtes Heimatdorf Güllen die Ermordung des Bürgermeisters, der sie i n ihrer Jugend betrogen hat. I n Schönherrs „Weibsteufel" reizt eine junge Frau einen ihr hörigen jungen Mann durch sexuelle Andeutungen gegenüber ihrem Ehemann zu dessen Ermordung, u m sich an dem Ehemann zu rächen und den Mörder ins Zuchthaus zu bringen: „ D u hast i h n umbracht. D u ganz allein". A u f der anderen Seite ist es nicht verwunderlich, daß sich i n der antiken Tragödie kaum Beispiele für das geschilderte Problem finden. 4 Maurach 491; Welzel 89; Mat. I 50; ZStW 58, 537 ff.; JZ 53, 763; JZ 54, 128; Bockelmann 44 ff.; Gallas Mat. 1129; Η. Mayer 304. 5 Schönke-Schröder §47 19; Cramer GA 1961, 99; RG 63, 104; a. A. Gallas

Mat. I 138 f. mit der gleichen Begründung wie bei Fußnote 3; Maurach Mezger-Blei 247 und Roxin 289 unter Hinweis auf § 50 Abs. 1 StGB.

• Vgl. Rietzsch DJ 1943, 311.

509,

Einleitung

Hier interessierte der Mensch als Werkzeug der Götter und des Schicksals, aber nicht als das anderer Menschen. I n der Geschichtsbetrachtung zeigt sich immer wieder ein Schwanken zwischen der Verurteilung des Demagogen und der des Volkes, das sich durch ihn verführen ließ. Besonders brennend ist diese Frage bekanntlich gegenüber der jüngsten Vergangenheit. Einen großen Widerhall i n der Presse fanden auch die Enthüllungen auf dem X X I I . Parteitag der Kommunistischen Partei der Sowjetunion 1961, wonach die Ermordung des Marschalls Tuchatschewskij durch Stalin von Hitler durch die Vorspiegelung von Landesverratsindizien veranlaßt sein soll. I m sozialen und politischen Leben schließlich ist die heutige Zeit angesichts der vielfältigen Verschleierung der wahren Interessen ohneh i n geneigt, den Einzelnen nur noch als Vertreter irgendwelcher fremder Interessen und Hinterleute anzusehen. Nicht zu Unrecht hat daher Wegner vor der Verlagerung der Verantwortlichkeit von dem „armen Ausführenden" auf den eigentlichen Dahinterstehenden, den angeblich wirtschaftlich, politisch oder sonstwie Verantwortlichen, gewarnt 7 . Die vorliegende Arbeit stellt sich die Aufgabe, diesen i m allgemeinen Bewußtsein feststehenden Typ des Hintermanns auch juristisch i n den Griff zu bekommen. Dabei geht es ihr weder darum, die Figur des „Täters hinter dem Täter" um jeden Preis, womöglich sogar um den Preis eines neuen Täterbegriffs, darzutun, noch sie zu widerlegen. Vielmehr soll systematisch die Vereinbarkeit dieses Instituts m i t den geltenden Teilnahmetheorien geprüft werden. Daher war zunächst ein Überblick über diese Teilnahmetheorien, insbesondere über ihre Begründung der mittelbaren Täterschaft, und über die Entwicklung der Lehre von der mittelbaren Täterschaft erforderlich (Teil A). Hierbei ergab sich auch außerhalb des eigentlichen Themas zu manchen der geltenden Lehren eine kritische Stellungnahme. U m der Gefahr einer Deduzierung aus einseitigen dogmatischen Voraussetzungen zu entgehen, wurde das Induktionsverfahren gewählt. I n der Typisierung der i n Betracht kommenden Fälle (Teil B) sieht die Arbeit eines ihrer wichtigsten Ergebnisse, das vielleicht auch für die Gegner der hier vertretenen A u f fassung akzeptabel sein und zumindest die Entwicklung der völlig unentwickelten Strafzumessungslehre für die Anstiftung fördern könnte. Erst abschließend ist die entscheidende Frage zu untersuchen, ob i n den induktiv ermittelten Fällen mittelbare Täterschaft bei gleichzeitiger Täterschaft des Ausführenden möglich ist (Teil C).

* A T 224.

Α. Entstehung, Begründung und Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft I. Die Entwicklung der Teilnahmelehre bis zum Auftreten des Begriffs der mittelbaren Täterschaft Eine umfassende Teilnahmelehre wurde erstmals von der italienischen Jurisprudenz des ausgehenden Mittelalters entwickelt 1 . Sie unterschied hinsichtlich der Verbrechens veranlassung zwischen „wahrer Täterschaft", Mandat und Consilium. Die Benutzung eines Zurechnungsunfähigen, eines Befehlsgebundenen, eines Bedrohten und eines entschuldbar Irrenden galt als „wahre Täterschaft" 2 . Das Mandat unterschied sich vom Consilium vermutlich durch das Interesse an der Tat 3 . Da der Mandant als mittelbarer Urheber angesehen wurde und somit das Wesen des Mandats i n einer Doppeltäterschaft bestand 4 , kann man i n dieser Figur den Vorläufer des Täters hinter dem Täter erblicken. Lange, der später entschiedenste Anhänger der Figur des Täters hinter dem Täter (s. u. A I I 10 und A IV), hatte sich bezeichnenderweise zunächst dem Bindingsdaen Täterbegriff angeschlossen, der sich bis auf den von Binding ausgeschiedenen Urheber m i t dem Urheber des italienischen Rechts deckt. Das italienische Recht blieb aber bei einer rein subjektiven Unterscheidung von Urheberschaft und Consilium nicht stehen, sondern zeigte die auch später für die subjektive Theorie immer wieder typische Tendenz zur Objektivierung und Fingierung des subjektiven Moments. Zunächst genügte für die Urheberschaft nicht das rein intern gesehene Interesse des Urhebers selbst, sondern gleichzeitig mußte sich der Mandatar diesem Interesse freiwillig unterordnen und nicht etwa für sich handeln 5 . Darüber hinaus wurde bei bestimmten objektiven Gegebenheiten das Interesse bzw. sein Fehlen fingiert, so daß sich i n der Lehre vom Mandat bereits die Fälle finden, die heute auch von Vertretern der objektiven Theorie der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme für den Täter hinter dem Täter vorgeschlagen 1

301. 2 3 4 6

Engelmann 394ff.; Schaff stein 170; Dahm, Straf recht Italiens 200; H. Mayer Engelmann Engelmann Engelmann Engelmann

2 Schroeder

407 ff.; Dahm 207. 405, 417; Schaffstein 170 f.; Dahm 212; Schlutter 14. 417 f., 443 ff.; Schaff stein 183. 444; Dahm 209.

18

A I. Entwicklung bis zum Auftreten des Begriffs der m. T.

werden. So galten als Fälle des Mandats vor allem Befehle des Familienoberhaupts, Herren, Amtsvorgesetzten, des Richters und der Obrigkeit, während umgekehrt bei Aufforderungen an diese Personen von ihren jeweiligen Untergebenen sowie bei Feindschaft zwischen dem Täter und dem Verletzten kein Mandat angenommen wurde 6 . Auch für die gegenwärtige Dogmatik beachtlich ist der Hinweis Schaffsteins , daß die Figur des Mandats auf einer Kombination der formal-objektiven und der subjektiven Teilnahmetheorie beruhe und als „gespaltene Täterschaft" erklärt werden könne 7 . Die gemeinrechtliche Literatur bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts beschränkte sich i m wesentlichen auf eine Übernahme der Lehren der Italiener 8 . Die Figur des Mandats ging aber wieder verloren, als Pufendorf erstmals zwischen eigener Tat und Beteiligung an fremder Tat unterschied 9 und dieser formale Unterschied später vor allem von Böhmer (Observ a t i o n s selectae ad Benedict. Carpzovii Practicam novam rerum criminalium Ì759; Meditationes i n constitut. criminal. Carolinam, 1770) und Ziegler (Disputatio de poenis, 1774) m i t dem Unterschied zwischen physischer und moralischer Kausalität ausgefüllt wurde. Durch Verschmelzung der Begriffe causa physica und causa immediata entstand die formal-objektive Täterlehre 1 0 . Hierbei erschien zwar bei einem absolut verbindlichen Befehl der Befehlende als physischer Urheber; i m übrigen aber fielen alle Formen der Veranlassung von Verbrechen unter die moralische Kausalität. Eine interessante Sonderstellung n i m m t Westphal ein 1 1 : er unterschied den Urheber von den Teilnehmern danach, daß der erstere „proprio nomine" (De consortibus et adiutatoribus, 1760), ob jemand „für sich oder u m eines anderen w i l l e n " handele (Das Kriminalrecht, 1785). E i n neuer Umschwung der Teilnahmelehre zeigt sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert. I n den Lehrbüchern von Klein , Klein schrod , Grolmann und Feuerbach w i r d der Urheber, sei es als physischer oder als intellektueller Urheber, dem Gehilfen gegenübergestellt, so daß die Anstiftung wiederum als mittelbare Täterschaft erscheint 12 . Erst i n der 14. Aufl. des Feuerbachschen Lehrbuchs von 1847 weist der Herausgeber Mittermaier darauf hin, daß der Begriff des Anstifters verschieden gefaßt werde, je nachdem ob man dahin auch denjenigen 6

Engelmann 418 und 446 f. 196 f.; a. A. Engelmann , GS 101, 309; vgl. u. C 4. 8 Heimberger 98, 127, 137; Schaff stein 172. 9 Schaffstein 190. 10 Schaff stein 185, 198 ff. 11 Vgl. Heimberger 156 ff. 12 Schaff stein 185; Heimberger 226 ff. 7

A I. Entwicklung bis zum Auftreten des Begriffs der m. T.

19

rechne, welcher einen anderen als Werkzeug zum Verbrechen bestimme, oder nur den, der einen anderen zu einer Handlung bestimme, die bei dem Täter Verbrechen sei 13 . Der Begriff der „mittelbaren Täterschaft" t r i t t zum ersten M a l bei Stübel, „Uber die Teilnahme mehrerer Personen an einem Verbrechen" (1828) auf 1 4 . Er setzt diesen Begriff an die Stelle des früheren „intellektuellen Urhebers" und faßt darunter noch ungeschieden alle Fälle der Veranlassung der Verbrechensbegehung. I m übrigen gelangt Stübel i n dem angeführten Werk gerade zu einer grundsätzlichen Gleichstellung aller Beteiligungsformen, aus denen als Beihilfe nur die Teilnahme von Außenseitern an Absichts- und Sonderdelikten ausgeschieden w i r d 1 5 . Zu Beginn des 19. Jahrhunderts l i t t die Abgrenzung zwischen der Anstiftung (intellektuelle Urheberschaft) und der mittelbaren Täterschaft vor allem unter dem Determinismusproblem. I n dem Bemühen, überhaupt die Ursächlichkeit des Anstifters zu begründen, forderte man eine solche Intensität der Beeinflussung, daß der heutige Bereich der mittelbaren Täterschaft nicht nur i n der Anstiftung aufging, sondern geradezu ihren alleinigen Anwendungsbereich bildete 1 6 . So verlangte etwa das Preußische A L R von 1794, II. Teil, 20. Titel § 67, daß sich jemand „eines anderen zur Ausführung eines Verbrechens bedient". Besonders drastisch brachte diesen Ausgangspunkt Mittermaier zum Ausdruck: „Konsequent dem Satze, daß nur die m i t dem Verbrechen i m Kausalzusammenhang stehende zweckmäßige Handlung Strafe begründe, kann nur derjenige Urheber sein, welcher eine Handlung vornimmt, die imstande war, eine zum Verbrechen noch gar nicht entschlossene Person zum Verbrechen zu bestimmen, welche daher so viel Stärke i n sich hat, einen selbständigen Bestimmungsgrund für einen anderen zu geben, alle vom Verbrechen abratenden Gründe zu zerstören und durch ein mächtiges Übergewicht einen anderen selbst gleichsam gegen seinen Willen zu einem Verbrechen zu nötigen 1 7 ." Ein treffendes Beispiel für die beginnende Überwindung dieser Auffassung stellt Stübel dar: er verlangt zunächst beim intellektuellen Urheber die Vorlage von „Gründen, die (den Täter) nötigten, den Entschluß zu fassen, wie z. B. durch das Versprechen eines Lohns oder eine Drohung geschehen kann", um wenig später auszuführen, daß der Ver13 14 16

16 17

2*

§ 46 Ν . I. 96, 105 N. 71. 95.

Vgl. Hergt 9 ff. Archiv des Criminalrechts, 1819, S. 127, nach Hergt a.a.O.

20

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

leitende Urheber sei, „auch wenn die Gründe, durch welche ein Anderer sich bestimmen ließ, noch so unerheblich waren" 1 8 . A u f diesem Problem beruht auch noch die Aufzählung der einzelnen Anstiftungsmittel i n §§ 48 StGB, 34 Prß. StGB 1 9 , die später so viel Schwierigkeiten bereitet hat. U m die M i t t e des 19. Jahrhunderts trat dann der entscheidende Wandel ein, auf dem das heutige Recht beruht. Während einerseits die Hegelianer von einer konsequent indeterministischen Grundhaltung aus zur Unterscheidung der mittelbaren Täterschaft von der Anstiftung gelangten (s. u. A I I 1), betrachtete das preußische StGB von 1851 i n § 34, dem Code pénal folgend, den Anstifter als Teilnehmer an fremder Tat und zwang damit zu einer Scheidung von der Täterschaft. Diese Lehre wurde vor allem von Schütze, „Die notwendige Teilnahme am Verbrechen" (1869) dogmatisch ausgebaut. I I . Die Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Voraussetzung für die Behandlung des Themas ist zunächst eine Darstellung und Unterscheidung der verschiedenen dogmatischen Begründungen der mittelbaren Täterschaft. Dabei w i r d sich zeigen, daß schon diese Begründungen zum Teil eine bestimmte Haltung gegenüber der Figur des Täters hinter dem Täter bedingen, so daß der Streit u m diese Figur teilweise nur den Streit zwischen den verschiedenen Teilnahmetheorien auf ein Vorfeld verlagert. Unterscheidungen der verschiedenen Teilnahmetheorien finden sich i n der Literatur zwar mehrfach für die Abgrenzung zwischen M i t täterschaft und Beihilfe 1 . Eine spezifische Darstellung der verschiedenen Begründungen der mittelbaren Täterschaft ist bisher aber nicht oder allenfalls unter dem beschränkten Gesichtspunkt extensiver — restriktiver Täterbegriff erfolgt 2 . H i e r i n w i r k t die Tatsache nach, daß die Abgrenzung der mittelbaren Täterschaft gegenüber der Anstiftung lange Zeit durch das positive Recht entschieden war und sich das Erfordernis einer materiellen Abgrenzung wie bei der Mittäterschaft gegenüber der Beihilfe erst durch die Einführung der limitierten Akzessorietät i m Jahre 1943 ergab. A u f der anderen Seite müssen die seitdem infolge der angestrebten einheitlichen dogmatischen Begründung aller Täterformen 3 verbreiteten 18

19 1 2 3

37, 79.

Goltdammer Mat. 302. Ζ. Β. Maurach 510 ff.; Mezger 139 ff. Bähr; Piotet. So besonders Lange, Täterbegriff 52.

1. Täterlehre der Hegelianer

21

Gesamtdarstellungen der Täterlehren 4 die erheblichen Modifizierungen außer acht lassen, die die einzelnen Theorien auf Grund der Besonderheiten von Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft erleiden. So kann die für das Verhältnis zwischen Mittäterschaft und Beihilfe vertretene formal-objektive Theorie die mittelbare Täterschaft überhaupt nicht begründen. A n ihre Stelle t r i t t hier eine andere formale Theorie, die die Täterschaft negativ auf das Fehlen der Täterschaft beim Veranlaßten bzw. auf das Nichteingreifen des § 48 StGB stützt (s. u. A I I 3). Die subjektive Theorie hat das von ihr für die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe verwendete K r i t e r i u m des intern bestimmten Täterwillens bzw. Tatinteresses durchweg auf das Verhältnis zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung nicht angewendet, sondern i m Interesse einer Alternativität der Täterschaft beim Hintermann oder beim Ausführenden die Vorstellung von einem Defekt i n der Ausführungshandlung verlangt, der wiederum teils formal (Fehlen eines Verbrechensmerkmals), teils materiell (Fehlen des Täter willens) gefaßt wurde (s. u. A I I 8). Die Verwertung des intern bestimmten Täterwillens für die mittelbare Täterschaft führt hier zu einer neuen Gruppe (s. u. A I I 10). A u f ein weiteres grundsätzliches Ergebnis soll schon hier hingewiesen werden. Lange Zeit hindurch hat der Gegensatz zwischen objektiver und subjektiver Teilnahmetheorie die Teilnahmelehre überwuchert und den Blick für die anderen Probleme verdeckt. I m folgenden w i r d sich erweisen, daß die subjektive Teilnahmetheorie i n ihrer Eigenschaft als materielle Teilnahmetheorie viele Probleme aufweist, die sich für die materiell-objektive Theorie genauso stellen, bzw. daß viele Schwierigkeiten, die der subjektiven Theorie zugeschrieben werden, i n Wahrheit Schwierigkeiten aller materiellen Teilnahmetheorien sind. Es sollte daher gewissermaßen der „Bruderzwist" beendet und der gemeinsame größere Gegensatz gegenüber den formalen Theorien, der formal-objektiven Theorie für die Mittäterschaft, der formal-negativen Theorie für die mittelbare Täterschaft, wieder schärfer herausgestellt werden.

1. Die Täterlehre der Hegelianer (Luden, Köstlin, Berner, Hälschner)

Eine moderne Täterlehre wurde erstmals von der strafrechtlichen Hegelschule herausgebildet. Zu einer klaren Scheidung zwischen Urheberschaft und Anstiftung gelangt Luden, indem er i n konsequent indeterministischer Grundauffassung die allein erweisliche Ursache des Verbrechens i n dem freien Entschluß des Täters sieht, während fremde menschliche Handlungen 4

Z. B. Roxin 33ff.; Schönke-Schröder 45 ff. vor § 47.

22

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

nur bei Schuldlosigkeit zum Bestandteil der eigenen Handlung gemacht werden können 1 . „Intellektuelle Urheberschaft" liegt daher nur bei Einw i r k u n g auf ein willensunfreies Subjekt vor 2 . Allerdings begründet Luden die Teilnahme m i t dem zweifelhaften Argument, daß der Teilnehmer sich die Tätigkeit des Ausführenden „aneignet und zu der seinigen macht" 3 , später m i t dem bloßen Wollen der Täterschaft eines anderen 4 . Für Köstlin „ergibt sich die menschliche Freiheit als die allen deterministischen Einwendungen entnommene Grundlage" seines strafrechtlichen Systems 5 . Zum Begriff der Urheberschaft gehöre, daß die rechtsverletzende Handlung ihr Prinzip unmittelbar oder mittelbar i n der freien Selbstbestimmung eines Subjekts habe. I n allen Fällen, wo die Zurechnung völlig ausgeschlossen sei (Strafunmündigkeit, Zurechnungsunfähigkeit, Fehlen von Vorsatz und Fahrlässigkeit) liege keine Handlung vor, sondern ein bloßes Tun, das sein Prinzip nicht i n der menschlichen Freiheit, sondern i n dem äußeren Naturkausalismus habe 6 . Z u m Begriff der Urheberschaft gehöre ferner, daß der Handelnde bei seiner Handlung sich selbst Zweck gewesen sei und seine Handlung nicht bloß als M i t t e l für einen anderen Willen gesetzt habe. I m letzteren Fall liege Beihilfe vor, während bei der Anstiftung das Subjekt sich bloß als Zweck und eine fremde Handlung als M i t t e l hierzu setze7. Wo der andere dagegen nicht als freie Kausalität, als M i t t e l gesetzt werde, sondern wo dessen Tun als ein für diesen selbstloses erscheine (bei Zurechnungsunfähigkeit, zu Straflosigkeit führendem I r r t u m , Gewalt, Drohung und verbindlichem Befehl) liege keine Anstiftung vor, sondern physische Urheberschaft 8 . Der mittelbare Täter bediene sich des veranlaßten Subjekts bloß als eines nach Naturgesetzen wirkenden w i l l e n losen Werkzeugs, der Anstifter dagegen als einer selbständigen Kraft, die eben um ihrer Freiheit w i l l e n sich seiner Absicht gefügig erweisen könne oder auch nicht 9 . Die Annahme der mittelbaren Täterschaft bei Benutzung eines fahrlässig handelnden Werkzeugs w i r d von Köstlin bereits vorbereitet. A n sich führt nur die Veranlassung eines die Zurechnung aufhebenden Irrtums zu unmittelbarer Urheberschaft 10 . Die Ver1

Abhandlungen Bd. I I , 336. a.a.O., S. 393 f.; Handbuch 353, 357. 3 Abh. Bd. I I , 349; dagegen schon Köstlin, 4 Handbuch 463. 5 Revision 130. β Revision 451. 7 Revision 464 f., 509. 8 Revision 510, System 300. β System 311 f. 10 Revision 510; System 300 f. 2

Revision 525; Berner 318 f.

1. Täterlehre der Hegelianer

23

anlassung einer strafbaren fahrlässigen Handlung sei dagegen Anstiftung, da beim Ausführenden „eine wirkliche Handlung" vorliege 1 1 . Aber der Fahrlässigkeitstäter erscheine doch jedenfalls dem Anstifter gegenüber als bloßes Werkzeug, weshalb der Anstifter „auch hier noch" dem unmittelbaren Urheber gleich zu behandeln sei 12 . Als Beispiele der U r heberschaft erwähnt Köstlin ferner den Gerichtsdiener, der einem formgerechten Befehl des Richters zufolge einen Unschuldigen verhaftet, und das Gericht, welches auf Grund falscher Zeugenaussagen jemanden zum Tode verurteilt 1 3 . Die Täterlehre Köstlins ist i m besten Sinne modern: der Täterbegriff w i r d primär entwickelt (so daß sich die extreme Akzessorietät erst aus dem Täterbegriff ergibt 1 4 ), seine Grundlage ist materiell, die Abgrenzung der Täterschaft erfolgt einheitlich gegenüber beiden Teilnahmeformen. Die Formel Köstlins, der Gehilfe setze seine Handlung als bloßes M i t t e l für einen fremden Zweck, ist später von der subjektiven Theorie υ. Buris und des Reichsgerichts übernommen worden und i n der „ i h r fremden Umgebung naturalistischen Denkens" 1 5 teils zu psychologischer Erforschung des Beteiligtenwillens, teils zu völliger Inhaltslosigkeit entartet. Weniger durchgearbeitet ist die fast gleichzeitig erschienene Täterlehre Berners. Er bestimmt den unmittelbaren Urheber dahin, daß er die Tat als eigene hervorbringen wolle, den Gehilfen dahin, daß er die Ausführung einer fremden Absicht befördern wolle, ohne sich diese anzueignen 16 . I m übrigen steht Berner noch ganz unter dem Einfluß des Problems der Begründung der Anstifterhaftung (s. o. A I); i n Anwendung der Hegeischen Dialektik w i l l er den Gegensatz zwischen Determinismus und Indeterminismus „ i n einer höheren Einheit aufheben", wonach der Anstifter den Haupttäter absichtlich bestimmt haben müsse, sich selbst zum Verbrechen zu bestimmen 1 7 . I n eingehender Kasuistik erörtert er die Möglichkeiten einer solchen Bestimmung, wobei gegenüber Köstlin Befehl und Nötigung auf Grund des Satzes „coactus voluit" zu bloßen Strafaufhebungsgründen werden, so daß Anstiftung, nicht mittelbare Täterschaft vorliegt 1 8 . Letztere soll nur vorliegen bei Erregung eines die Zurechnung aufhebenden Irrtums 1 9 . 11 12 13 14

15 16 17 18 19

System 305. System 312. Revision 511. H. Mayer, Strafrecht 1936, 327; Rittler-Festschrift 248 N. 20.

H. Mayer 315. 171, 207. 273 f. 282 f. 280.

24

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Köstlin 20 und Berner 21 bereiten insofern die Figur des dolosen Gehilfenwerkzeugs vor, als der Angestiftete — je nach seiner Absicht — entweder Urheber oder aber nur Gehilfe ist. Und schon bei ihnen findet sich die später immer wiederkehrende Fiktion, daß die Begehung einer „Haupthandlung" durch den Angestifteten zur Täterschaft führe, wenn sie die zur Begehung des Verbrechens erforderliche Absicht notwendig „involviere" 2 2 . A m weitesten entwickelt ist die Täterlehre Hälschners. Aus dem Erfordernis der Freiheit des Angestifteten folgert er die mittelbare Täterschaft bei jeder Benutzung eines unfrei Handelnden, d. h. bei Zurechnungsunfähigkeit, entschuldbarem I r r t u m und Handeln auf Befehl. Mittelbare Täterschaft liege aber auch bei Veranlassung einer Fahrlässigkeitstat vor, da der Veranlaßte dem dolosen Veranlasser gegenüber als willenloses Werkzeug erscheine. F ü r den letzteren F a l l weist er allerdings darauf hin, daß „die meisten Kriminalisten anderer Ansicht" seien 23 . 2. Grundsätzliche Ablehnung der mittelbaren Täterschaft (Hoegel, Zimmerl, Grünhut, Bruns, E 1925, 1927)

Bevor die neueren Begründungen der mittelbaren Täterschaft dargestellt werden, soll zunächst die grundsätzliche Ablehnung der mittelbaren Täterschaft behandelt werden. So nennt Hoegel die mittelbare Täterschaft „eine Fiktion, zu deutsch fälschliche Aufstellung dieses Begriffs", einen „Homunkulus aus der Retorte der Strafrechtsdoktrin" 1 . I n den Fällen der sog. mittelbaren Täterschaft sei der Täter begrifflich nicht mehr Werkzeug des Anstifters als i n allen Fällen echter Anstiftung; die Erleichterung der Bestimmung durch besondere psychische Eigenschaften des Täters vermöge der A n stiftung keinen anderen Charakter zu verleihen. Die Lehre leide an einem inneren Widerspruch, da die mittelbare Täterschaft aus der unhaltbaren Annahme entstanden sei, daß Vorsatz bei dem unverantwortlichen Täter nicht gegeben sein könne, der Vorsatz des Werkzeugs i m Tatbestande aber doch benötigt werde, u m den Teilnehmer zum mittelbaren Täter zu machen 2 . Die damit verbundenen Unzuträglichkeiten brauchen hier nicht angeführt zu werden; beispielsweise w i l l Hoegel bei Nötigung zur Beschädigung einer fremden Sache Anstiftung, bei 20 21

22 28 1 2

Revision 509; System 299 ff. 269.

Köstlin, System 292, 294; Berner 214 ff.; dagegen Hälschner 347 f. 345 f. ZStW 37, 652, 659. 667 ff.

2. Grundsätzliche Ablehnung der mittelbaren Täterschaft

25

Nötigung zur Beschädigung einer eigenen Sache unmittelbare Täterschaft des Veranlassenden annehmen 3 . Eine grundsätzliche Ablehnung findet sich auch bei Zimmerl. Er hat bekanntlich die Begriffe des extensiven und restriktiven Täterbegriffs geprägt 4 , nachdem er zunächst nur von der extensiven und restriktiven Interpretation der Tatbestände gesprochen hatte 5 . Für den extensiven Täterbegriff sei die mittelbare Täterschaft eine Selbstverständlichkeit; der extensive Täterbegriff vernichte jedoch die Tatbestände als „Bollwerk der Rechtssicherheit" und widerspreche dem Sprachgebrauch. Für den restriktiven Täterbegriff stelle die mittelbare Täterschaft eine Systemwidrigkeit dar, da sie nur vom extensiven Täterbegriff aus zu erklären sei. Historisch sei die mittelbare Täterschaft daraus zu erklären, daß man auf Grund der Imperativentheorie die Handlung eines Geisteskranken als rechtliches N u l l u m gewertet habe, so daß die Handlung des Anstifters zur eigentlichen tatbestandsmäßigen Handlung aufgerückt sei. Diese Auffassung sei, insbesondere wegen der i n den Entwürfen vorgesehenen sichernden Maßnahmen, nicht mehr möglich. Die Handlung eines Geisteskranken könne nur dann als rechtliches N u l l u m gewertet werden, wenn sie überhaupt keine Willensbetätigung, sondern eine bloße Reflexhandlung sei, i n diesem Fall spreche man jedoch besser von unmittelbarer Täterschaft®. Später w i r d die Wertung der Handlung des Zurechnungsunfähigen als N u l l u m für möglich gehalten, aber auf das normative System zurückgeführt, so daß die mittelbare Täterschaft eine System Widrigkeit, gemischt aus objektivem und subjektivem System, darstelle 7 . I n der Folgezeit hat Zimmerl freilich die Frage nach dem extensiven oder restriktiven Täterbegriff als „weder rechtspolitischer noch logisch-systematischer", sondern „rechtstechnischer Natur" angesehen8. Der extensive Täterbegriff führe keineswegs notwendig zu einer Ausdehnung der Strafbarkeit. Die mittelbare Täterschaft sei jedoch nach jedem System eine Unmöglichkeit: nach dem restriktiven Täterbegriff könne nur Täter sein, wer die Ausführungshandlung setze; nach dem extensiven Täterbegriff sei jeder Mitwirkende Täter, falls nicht Sondervorschriften besondere Arten der M i t w i r k u n g heraushöben. Zimmerl erkennt also die mittelbare Täterschaft de lege ferenda der Sache nach an; für das geltende Recht bezeichnet er sie als Konstruktion contra legem, als Nothelfer der Strafrechtsdogmatik gegen die Mangelhaftigkeit des Gesetzes9. Dohna bejaht zwar die mittelbare Täterschaft, verneint jedoch ihre gesetzliche Grundlage i m geltenden Recht 10 . 8 4 5 β

675. ZStW 54, 575. ZStW 49, 39 ZStW 49, 39

7

Aufbau 143 ff. ZStW 52, 177 f.; ZStW 54, 576 f. · ZStW 54, 582 f. 10 61; ZStW 52, 114.

8

ff. ff.

26

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Einen besonders schweren Stand hatte die mittelbare Täterschaft de lege ferenda. Hier wollte man sie durch die Einführung der limitierten und für die Absichts- und Sonderdelikte sogar der minimalen Akzessorietät abschaffen oder zumindest einengen 11 . Die Einführung der limitierten Akzessorietät i m Jahre 1943 hat jedoch entgegen den Erwartungen des Gesetzgebers nicht zu einer Reduzierung der mittelbaren Täterschaft, sondern zu ihrer Materialisierung und damit zu ihrer Festigung geführt. 3. Die formal-negative Theorie (M. E. Mayer, Dahm, Allfeld, Dohna)

Die einfachste und daher zu keinerlei Abgrenzungsschwierigkeiten führende Form der Begründung der mittelbaren Täterschaft begnügt sich m i t der Feststellung, daß der Ausführende nicht Täter sei. Aus dem bloßen Fehlen der Täterschaft beim Ausführenden w i r d hier bereits das Vorliegen der mittelbaren Täterschaft beim Hintermann geschlossen. Die Begründung ist somit negativ, und zwar, da sie auf das Fehlen des formalen Moments des volldeliktischen Charakters der Ausführungshandlung abstellt, formal-negativ. Die Figur des Täters hinter dem Täter ist damit schon per definitionem ausgeschlossen. Diese Theorie ist der eigentliche Schuldige für das Schlagwort von der Lückenbüßernatur der mittelbaren Täterschaft. Ihr bekanntester Vertreter ist Μ. E. Mayer. Die Benutzung eines unverantwortlichen Menschen w i r d der eines Werkzeugs oder einer Naturkraft gleichgestellt, denn ein beseeltes Werkzeug sei rechtlich betrachtet von einem unbeseelten nicht verschieden. Werkzeug sei somit jeder, der i m gegebenen Fall aus Rechtsgründen nicht als Täter verantwortlich gemacht werden könne 1 . Diese Theorie wurde von Dahm übernommen, der auf ihrer Grundlage zu dem allgemeinen Satz gelangt: Je mehr Erfordernisse das Gesetz für das Vorliegen der Täterschaft aufstellt, je mehr Merkmale also der Verbrechensbegriff aufweist, desto mehr Gründe gibt es für den unmittelbar Beteiligten, kein Täter zu sein, desto mehr für den mittelbar Beteiligten, mittelbarer Täter und kein Teilnehmer zu sein und umgekehrt 2 . Dahm n i m m t allerdings eine positiv-rechtliche Geltung des Grundsatzes der Unterbrechung des Kausalzusammenhanges an 3 ; später hat er sich der Tatherrschaftslehre angeschlossen4. Ein namhafter Vertreter dieser Auffassung ist auch Allfeld 5. Trotz diametral entgegengesetzter Ausgangspunkte (M. E. Mayer sieht die Teilnahmevorschriften als Straf11

Bruns 60 ff.; Grünhut JW 1932, 366 f.; §§ 35 ff. E 1925, 28 ff. E 1927; dagegen Kohlrausch, Reform 32; Wegner a.a.O., 115 f.; Wolf 234; Coenders t RGFestgabe V 300; Hegler a.a.O., 321; Drost ZStW 51, 368. 1 2 3

375 f. 96, 115. 114, 125.

4 5

M D R 1959, 510. 215.

4. Mittelbare Täterschaft als intellektuelle Urheberschaft

27

ausdehnungsgründe an) zeigt diese Lehre eine starke Verwandtschaft m i t dem späteren extensiven Täterbegriff Mezgers und Eb. Schmidts 6 Diese Tatsache kann nicht überraschen, da auch der extensive Täterbegriff die Täterschaft i m Ergebnis negativ dadurch bestimmt, daß keine Anstiftung vorliegt und sie damit indirekt ebenfalls davon abhängig macht, daß beim Ausführenden keine Täterschaft gegeben ist. Auch Hegler faßte den extensiven Täterbegriff und die hier behandelte Theorie als „erste und zweite Variante der negativen Begründung der mittelbaren Täterschaft" zusammen 7 . Als formal-negativ i. w. S. können daher alle Auffassungen angesehen werden, die die mittelbare Täterschaft auf das formale Nichteingreifen des § 48 StGB stützen. Setzte sich diese Theorie schon früher methodischen Einwänden aus, so wurde sie spätestens m i t der Einführung der limitierten Akzessorietät i m Jahre 1943 unbrauchbar, wobei diese Maßnahme selbst Ausdruck der formal-negativen Theorie i. w. S. war, da sie durch Ausdehnung des formalen Bereichs der Anstiftung eine Abschaffung oder zumindest weitgehende Restriktion der mittelbaren Täterschaft bezweckte. Nachwirkungen dieser Theorie zeigen sich aber auch heute noch sehr deutlich, wenn bei der Figur des absichtslosen oder qualifikationslosen Werkzeugs die materielle Begründung der mittelbaren Täterschaft aufgegeben oder das materielle, die Täterschaft begründende Moment fingiert oder wenn etwa die Veranlassung zur Selbstverletzung als Benutzung eines tatbestandslos handelnden Werkzeugs rubriziert w i r d 8 . Die Anerkennung der formal-negativen Theorie nach Einführung der l i m i tierten Akzessorietät führt bei Dohna dazu, die mittelbare Täterschaft nur noch bei Benutzung eines absichts- oder qualifikationslosen dolosen Werkzeugs anzuerkennen 9 . Die Annahme mittelbarer Täterschaft bei Benutzung eines fahrlässigen Werkzeugs wäre inkonsequent, da eine tatbestandsmäßige rechtswidrige Handlung vorliegt; Dohna scheint Nebentäterschaft anzunehmen. 4. Die mittelbare Täterschaft als intellektuelle Urheberschaft (Schwalbach, Kohler, Petri, Ludwig, v. Hippel, Krauß)

Der formal-negativen Theorie und dem extensiven Täterbegriff i m Ergebnis eng verwandt, aber i n der Begründung deutlich von ihnen zu scheiden ist die auf das spätmittelalterliche Recht zurückgehende Gleichstellung der physischen mit der intellektuellen Urheberschaft: quod quis per alium fecit, per se ipsum facere videtur. Für diese Auffassung beβ 7

8 9

S. u. 9. RG-Festgabe V 306.

So Maurach 499; Mezger-Blei 225 f. 61.

28

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

deutet § 48 StGB nur eine sachlich verfehlte Bezeichnung eines Teils der Urheberfälle als Anstiftung; wo er nicht eingreift, bedarf es einer Rechtfertigung der mittelbaren Täterschaft nicht. Binding 1 und der i h m folgende Nagler 2 können trotz ihrer Anerkennung des Urhebers nicht hierher gerechnet werden, da sie zwischen dieser Figur und der Beihilfe rein intern-subjektiv abgrenzen und die A n stiftung ohne Verursachungswillen zur letzteren zählen. Bindings spätere Auffassung w i r d u. A I I 10 behandelt. Von einer prinzipiellen Gleichheit zwischen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft geht dagegen Schwalbach aus, der nur bei den eigenhändigen und echten Sonderdelikten eine Täterschaft des Veranlassenden ausschließt 3 . Auch Kohler leugnet den Unterschied 4 ; es handele sich nur um verschiedene Nuancen, von denen die eine unmerklich i n die andere übergehe 5 . Petri 8 und Ludwig 7 sind der Ansicht, daß nur das positive Recht dazu zwinge, die Anstiftung, die an sich mittelbare Täterschaft sei, aus dieser auszuscheiden8. I n neuerer Zeit ist diese Lehre vor allem von ν . Hippel vertreten worden. Da heute nur ein Teil der Fälle der intellektuellen Täterschaft als „Anstiftung" angesehen werde, gelte der Satz: Mittelbare Täterschaft ist intellektuelle Täterschaft minus Anstiftung 9 . Schließlich ist auch Krauß hierher zu rechnen. Er schließt sich zwar äußerlich der subjektiven Theorie an, und zwar, da er den Täterwillen des Hintermanns unabhängig von dem des Vordermanns sein läßt, der internsubjektiven Theorie (s. u. 10). Er schießt jedoch insofern über das Ziel hinaus, als er für jede Anstiftung Täterwillen und damit mittelbare Täterschaft annimmt 1 0 . Damit gerät er i n die hier genannte Gruppe. Allerdings hat Krauß durch die Suche nach einer mittelbaren Täterschaft mittels volldeliktisch handelnden Werkzeugs außerhalb der A n stiftung wichtige Fälle des Täters hinter dem Täter erkannt 1 1 . Diese Auffassung macht die Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung und damit das Problem dieser Arbeit hinfällig. Auch sie mußte insbesondere durch die Einführung der limitierten Akzessorietät schwer getroffen werden, die entweder den Bereich der 1 2 5 4 5 8 7

8 9

Grundriß, 6. Aufl., 134, vor seiner Trennung von Täter und Urheber. 134 ff. GS 31, 614. 106 ff., 113, 129; Leitfaden 32 f. 115. 20, 55. 25, 30, 51.

S. ferner Traeger

y

470; ZStW 42, 535 ff. 10 65 ff. 11 55 ff.; s. u. A I V .

JW 1922, 977; Röhricht 37 ff.

29

5. Ältere Übergewichtstheorie

Anstiftung erheblich ausdehnte oder aber zu einer materiellen Unterscheidung von der mittelbaren Täterschaft zwang — i n jedem Fall eine Ablehnung der hier behandelten Theorie. 5. Die ältere Ubergewichtstheorie (Bordiert, Wolf, Wegner, Niethammer)

Borchert steht grundsätzlich auf dem Boden der subjektiven Teilnahmelehre. Sie t r i t t bei i h m aber nur ergänzend neben die formalnegative Täterlehre: eine Person ist Tatmittler, „sofern sie nur i n bezug auf die dem mittelbaren Täter zuzurechnende Gesetzesverletzung nicht selbst als Täter anzusehen ist" 1 . Dementsprechend w i r d i n den Fällen des absichtslosen und qualifikationslosen Werkzeugs der Täterwille nicht positiv zur Begründung der Täterschaft des Hintermanns verwertet, sondern umgekehrt negativ aus dem Fehlen des Täterwillens beim Ausführenden die Täterschaft des ersteren gefolgert. Mittelbare Täterschaft liege auch vor, wenn die nur beim Hintermann vorhandene A b sicht nur qualifizierend ist 2 . Das dolose Gehilfenwerkzeug i. e. S. kennt Borchert noch gar nicht. Hier ist der Tätervorsatz des Veranlassenden „ein superfluum, welches man ignorieren kann und welches man ignorieren muß, wenn man neben dem Anstifter auch den physischen Täter nicht bloß als Gehilfen, sondern als Täter zur Verantwortung ziehen w i l l " ; andernfalls würde man den „eigentlichen Täter" (?) zum Werkzeug machen 3 . Zur Ablehnung der Figur des Täters hinter dem Täter führt aber Borchert das zusätzliche Moment ein, daß die Tat des Werkzeugs nicht aus dem mindestens ebenso strafbaren Willen wie dem des Teilnehmers entsprungen sein darf. „Denn ein schuldhafter Wille kann nur dem noch schuldhafteren, nicht aber dem gleich oder minder schuldhaften eines anderen strafrechtlich dienstbar gedacht werden 4 ." Grundsätzlich auf ein solches Übergewicht des Hintermanns baut Wolf seine Arbeit über die mittelbare Täterschaft auf. Er bezeichnet die mittelbare Täterschaft als ein „Hilfsmittel, das man nachträglich und allmählich i n Wissenschaft und Rechtsprechung herausgebildet hat, um einigen widersinnigen Folgen, die die Aufstellung des Grundsatzes der Unselbständigkeit der Teilnahme (Akzessorietätsprinzip) m i t sich brachte, zu entgehen" 5 . Wolf dürfte auch das bekannte Schlagwort von der „Lückenbüßernatur" der mittelbaren Täterschaft geprägt haben 6 . Daß als Werkzeug immer nur der minderverantwortliche Beteiligte angesehen werden könne, weist Wolf zunächst für das sittliche Empfinden an Hand des Sprachgebrauchs nach. I n diesen Fällen w i r d aber nun nicht mittelbare Täterschaft angenommen, sondern es w i r d nur das allgemeine vor juristische Prinzip der Minderverantwortlichkeit des Werk1 2

102. 100 f.; s. u. Β 7.

8 4

105, 110. 105.

5 β

1. 8.

30

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

zeugs auf die juristische Ebene übertragen 7 . I m Ergebnis gelangt Wolf damit zu einer formal-negativen Auffassung. Er hat sogar Mühe, bei Veranlassung zu einer fahrlässigen Körperverletzung m i t dem Ergebnis einer fahrlässigen Tötung mittelbare Täterschaft annehmen zu können, da die §§ 222, 223 StGB den gleichen Strafrahmen aufweisen 8 . Auch bleibt Wolf nichts anderes übrig, als den seiner Lehre eindeutig widersprechenden § 50 Abs. 2 StGB als positiv-rechtliche Ausnahme zu kennzeichnen 9 . A u f eine höhere Schuld des Hintermanns gründet auch Wegner die mittelbare Täterschaft 10 . Ein weiterer Anhänger dieser Theorie ist Niethammer 11. Dagegen erblickte Hegler i n der hier behandelten Auffassung „ n u r Spuren" seiner u. A I I 11 darzustellenden „Übergewichtstheorie" 1 2 .

6. Die mittelbare Täterschaft als Ausfluß des Lebenssprachgebrauchs (Beling, H. Mayer)

Beling gebührt das Verdienst, der subjektiven Teilnahmelehre die Grenzen der gesetzlichen Tatbestände entgegengehalten zu haben. „Die subjektive Teilnahmetheorie ist ein das Gesetz überhaupt ausschaltendes und i m Ergebnis oft krass vergewaltigendes reines Phantasieprodukt 1 ." Nach Beling „liegt der methodische Anfang der gesamten Täterschafts- und Teilnahmelehre bei den straf gesetzlichen Tatbeständen" 2 . Der Jurist habe sich nicht nach der „a priori erdichteten", sondern nach der „tatbestandlichen Kausalität" zu richten 3 . Der gesetzliche Tatbestand w i r d jedoch unter dem Einfluß Jherings nicht rein formal gesehen. Die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale sind vielmehr „funktionell-teleologisch aus dem gesetzgeberischen Gedankenkreise heraus auszudeuten" 4 . Die mittelbare Täterschaft sei kein bloß formal-juristisches, sondern ein Wertungsproblem 5 . A n dieser Stelle läßt Beling nun das ungenaue und schwankende Merkmal des „Sprachgebrauchs des täglichen Lebens" 6 i n seine Täterlehre einfließen. Maßgeblich sei „das 7

52, 56, 101, 183. 185. 9 54; kritisch auch Frank, I I I 4 vor § 47. 10 Reform 117 f. 8

11

12 1

Olshausen 21 vor § 47. RG-Festgabe V 307 N. 3.

GS 101, 10; vgl. Grundzüge 65; ZStW 28, 596. Methodik 92 ff., 161. 3 GS 101, 9 f.; Grundzüge 65. 4 GS 101, 7. 5 GS 91, 372. • GS 101, 6; Methodik 95 f. 2

6. Mittelbare Täterschaft als Ausfluß des Lebenssprachgebrauchs

31

durch den betreffenden gesetzlichen Tatbestand eröffnete zentrale Vorstellungsbild" 7 , die Feststellung, ob das betreffende Verhalten die „charakteristische Bedeutung" des Tatbestandsmerkmals habe 8 . Weithin gleitet die Feststellung der Täterschaft dahin ab, ob „man sagen könne", jemand habe die gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt 9 . Die Frage, ob „man sagen könne", jemand habe die Tat durch einen anderen ausgeführt, w i r d von Beling dann wiederum von dem K r i t e r i u m abhängig gemacht, ob der unmittelbar Handelnde der Tat den Stempel seiner Persönlichkeit aufgedrückt habe, seine Persönlichkeit die für die Tat maßgebende gewesen sei, die Tat voller Ausfluß seiner Persönlichkeit sei 10 . Dies sei bei der Veranlassung eines schuldlos oder gebunden oder i n vorsatzausschließender Unkenntnis Handelnden der Fall, nicht aber bei der eines vorsätzlich Handelnden. Wie unsicher diese Abgrenzung ist, zeigt Beling selbst, wenn er an anderer Stelle die Berechtigung der Gleichsetzung von unmittelbarer und mittelbarer Täterschaft umständlich m i t der Gleichwertigkeit der eigenhändigen Fremdbeschädigung und der Verleitung des Fremden zur Selbstbeschädigung begründet. Unter dieser Voraussetzung sei es nicht einzusehen, weshalb die Benutzung eines anderen zur Schädigung eines Dritten nicht auch Täterschaft sein sollte 1 1 . Zutreffend stellt Beling fest, der einzige „Schönheitsfehler" seiner formal-objektiven Teilnahmelheorie sei der, daß sie „formal" heiße; ihr Wesen sei nichts weniger als formal, denn die gesetzlichen Tatbestände, denen sie gesetzestreu folge, seien ja selber Produkte „materieller" gesetzgeberischer Wertung des Lebens 12 . Die Zugrundelegung des Sprachgebrauchs für den Umfang der strafrechtlichen Tatbestände dürfte eine Nachwirkung der Historischen Schule sein; die Unzuverlässigkeit dieses Kriteriums ist allgemein gerügt worden 1 3 . Bezeichnend ist es z. B., daß Zimmerl unter Berufung auf den Sprachgebrauch gerade den extensiven Täterbegriff ablehnt 1 4 . Der Lehre Belings hat sich H. Mayer angeschlossen, der allerdings zu einer „tieferen Bedeutung dieser Auslegung" übergeht und diese i n dem „Vorstellungsbild" sieht, „welches das Volksbewußtsein m i t den ge7

Grundzüge 63. Methodik 95; GS 101, 7. 9 Lehre vom Verbrechen 250, 455 (hier noch verunklart durch die Unterscheidung zwischen „Tatbestandskern" und „Außenzone"); Methodik 97; ZStW 28, 599, 600. 10 ZStW 28, 598 f.; Grundzüge 39. 11 GS 91, 372. 12 GS 101, 12. 8

13 Mezger 416; Eb. Schmidt, Frank-Festgabe 119; Bahr 25; Piotet 40; Engisch Kausalität 35 f.; Bruns 51; Conrad 45; Berges 49 f¥.; Cramer 77; Roxin 12. 14

ZStW 49, 45.

32

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

wählten Zeitworten verbindet" 1 5 . Der Lebenssprachgebrauch erlaube, auch von fremder Seite geschaffene Vorgänge auf den Willen des Handelnden als Element seiner Handlung zu beziehen. Das geltende Recht verbiete aber, die freie Handlung eines anderen, der selbst vorsätzlich das Verbrechen begehe, als Tat des Hintermanns zu betrachten. Steht das positive Recht somit i n einem gewissen Widerspruch zu dem grundsätzlich weiten Täterbegriff des Lebenssprachgebrauchs, so soll das Regreßverbot des geltenden Rechts auf der anderen Seite nur die Bedeutung haben, eine Grenzlinie genauer festzulegen, die an sich schon durch die Lebensanschauung i n den Beschreibungen der einzelnen Tatbestände gezogen sei. Andererseits würde aber die Tatbestandsbeschreibung „nicht ohne weiteres dasselbe Resultat ergeben" 16 . Später hat sich dieses Verhältnis gewandelt: die „entscheidende Erkenntnis" ist nun, daß es für die rechtliche Wertung der Tat gleichgültig sei, ob der Täter die Tat eigenhändig ausgeführt oder sich der Hilfe fremder Hände bedient habe. Dieser Unterschied ist „rein äußerlich", während die Einschaltung fremden, v o l l verantwortlichen, vorsätzlichen Willens die Wertbeziehungen von Grund aus ändere. Die Tatbestandsbeschreibungen des Besonderen Teils sind nur noch die „gesetzliche Grundlage" des die fremdhändige Begehung einschließenden Täterbegriffs 17 . Schließlich w i r d der Sinn des tatbestandsbezogenen Täterbegriffs zur Setzung des für den Tatbestand wesentlichen Aktunwerts 1 8 . 7. Die älteren materiell-objektiven Theorien (Flegenheimer, Perten, v. Birkmeyer, Frank)

Die materiell-objektiven Theorien stehen i m Gegensatz einerseits zur subjektiven, andererseits zur formalen Teilnahmetheorie, die — wie bereits erwähnt — i m Bereich der mittelbaren Täterschaft nur als formal-negative Theorie auftritt. Methodisch begrüßenswert und auch für den Rechtszustand nach Einführung der limitierten Akzessorietät gültig sind dabei die einheitliche Abgrenzung der Täterschaft sowohl i m Verhältnis zwischen Mittäterschaft und Beihilfe als auch i n dem zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung sowie die materiell-positive Begründung der Täterschaft. So bedarf nach Flegenheimer die m i t telbare Täterschaft „einer besonderen inneren Rechtfertigung" 1 . Die materiell-objektiven Theorien i m eigentlichen Sinne 2 gründen die Unterscheidung der Täterschaft von der Teilnahme unmittelbar auf 15 16 17 18 1

2

Strafrecht 1936, 210 ff., 324. a.a.O., 324, 328 f. 304 ff. Rittler-Festschrift 219; s. u. A I I 12. 40.

Vgl. Mezger 441.

7. Ä l t e r e materiell-objektive Theorien

83

Gefährlichkeitskriterien. So sieht Flegenheimer die Rechtfertigung der mittelbaren Täterschaft i n einem Zustand gesteigerter Gefahr gegenüber der Anstiftung, die er mittels eines „Gefährlichkeitskalküls i m Wege nachträglicher Prognose" ermittelt 3 . Während der Geisteskranke „der Vernunft bar, von M i t l e i d entkleidet, ethischen Gegenmotivationen unzugänglich" sei, seien i n dem Zurechnungsfähigen noch „Funken von menschlichem Fühlen, Spuren von M i t l e i d verborgen, die seinen verbrecherischen Trieb vielleicht doch noch überwinden" 4 . Bei Flegenheimer findet sich übrigens auch das später von Maurach verwendete Bild, der Teilnehmer habe die Ausführung des Verbrechens „aus der Hand gegeben" 5 . Ganz ähnlich behauptet Perten: „Solange der E i n t r i t t des Verletzungserfolges von einer Bedingung, die durch fremde, vorsätzliche Handlung gesetzt werden soll, abhängt, solange steht das Rechtsgut noch unter dem Schutze der vom Verbrechen abhaltenden Motive und hat daher die Gefahr noch nicht den höchsten Grad erreicht" 6 . Beide Theorien erfahren — was unter der Herrschaft der extremen Akzessorietät nicht verwundert — für die mittelbare Täterschaft insofern eine gewisse Formalisierung, als sie praktisch nur die positivrechtliche Vorschrift des § 48 StGB materiell zu begründen versuchen. Das dolose Werkzeug w i r d von beiden Autoren abgelehnt 7 . Eine stärkere Formalisierung zeigen die Kausaltheorien, die Mezger nur unter Bedenken und aus Traditionsgründen zu den materiell-objektiven Theorien rechnet 8 . So bekämpft denn auch Perten als Anhänger der Gefährlichkeitstheorie die Kausalitätstheorien 0 . A u f der anderen Seite erklärt v. Birkmeyer m i t dem solipsistischen Weltbild des Kausalismus: „Wer eine solche Unterscheidung (zwischen Ursache und Bedingung) nicht für möglich hält, der kann auch nicht zu einer materiellobjektiven Theorie sich bekennen, der kann, wenn er nicht etwa alle Teilnahmearten gleichstellen w i l l , nur entweder eine formal-objektive oder aber eine subjektive Teilnahmetheorie vertreten" 1 0 . Als einen Extremfall der Kausaltheorie kann man die Lehre ansehen, wonach bei freiem, vorsätzlichem Dazwischentreten eines anderen Menschen überhaupt keine Kausalität vorliegt bzw. „der Kausalzusammenhang unterbrochen" w i r d 1 1 . Diese Lehre, die i n ähnlicher Form auch über die A d 8 4

5 β

7 8

42, 44. 42 f.

42; vgl. Maurach 517. 62 ίϊ., 90, 125 ff.

Flegenheimer passim; Perten 136.

441. 9 11 ff. 10 V D A I I 21. 11 Wachenfeld 91, 195, 1971, 204; ZStW 40, 148; Frank bis zur 11.—14. Aufl. 1915, Seite 14; zur Entwicklung der Frankschen Teilnahmelehre s. Eb.

Schmidt, Frank-Festgabe I I 114; Merkel a.a.O., 134 ff. 3 Schroeder

34

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

äquanztheorie vertreten wurde 1 2 , wurde bald widerlegt 1 3 und verblaßte zu der Lehre einer positiv-rechtlichen Ablehnung des Kausalzusammenhanges 14 bzw. eines „Regreßverbotes" 15 . Damit war, worauf Engisch hinweist 1 6 , eine „wenigstens latente" Deckung m i t dem extensiven Täterbegriff erzielt, wie ja auch Eb. Schmidt die Lehre vom Regreßverbot übernommen hatte 1 7 . Frank verbindet diese Lehre allerdings m i t der Unterscheidung von Ursache und Bedingung, indem das Regreß verbot bewirke, daß gewisse Bedingungen, nämlich Vorbedingungen einer Bedingung, die frei und bewußt auf die Herbeiführung des Erfolgs gerichtet war, nicht als Ursachen angesehen werden dürfen. Ursache sei somit physisch vermittelte, Bedingung psychisch vermittelte Kausalität 1 8 . F ü r die mittelbare Täterschaft trennt Frank scharf zwischen Erfolgs· und Tätigkeitsdelikten. Bei den letzteren gelte die formal-objektive Theorie und sei eine mittelbare Täterschaft nicht möglich, da ihre Ausführungshandlung nicht „ i n jeder beliebigen Handlung von kausaler Bedeutung" bestehen könne. Bei den Erfolgsdelikten liege mittelbare Täterschaft dann vor, wenn der Hintermann trotz Herbeiführung eines strafrechtlich bedeutsamen Erfolges durch eine andere Person als Verursacher erscheine, das Regreßverbot m. a. W. keine Anwendung finde 19. Wenn Frank selbst sich als Vertreter der formal-objektiven Theorie betrachtete 20 , so beruht das darauf, daß er bei den Erfolgsdelikten die Ausführungshandlung i m wesentlichen m i t der Ursache identifizierte. 21 A u f die Unterscheidung zwischen Ursache und Bedingung stützen sich zahlreiche weitere Autoren, deren Aufführung hier zu weit führen würde 2 2 . Dieser Theorie ist jedoch immer wieder das Dilemma zwischen allzu großer Unsicherheit der Abgrenzung 2 3 und einer — materielle Differenzierungen ausschließenden — Formalisierung 2 4 zum Verhängnis geworden. Für die Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung mußte vor Einführung der limitierten Akzessorietät die Tendenz zur Formalisierung, nachher die Unsicherheit der Abgrenzung besonders i n Erscheinung treten. 12 v. Bar, Kausalzusammenhang 11 if.; Gesetz und Schuld I I 178 ff., und neuerdings wieder Johannes 59. 13 S. zuletzt Engisch, Kausalität 36, 77, 80 ff.

14

15 16

17 18 19

20 21 22 23 24

v. Liszt 122 f., 204; Dahm 114, 123; Michelson 35. Frank § 1 I I I 2 a. Kausalität 83.

Liszt-Schmidt 166; Frank-Festgabe I I 113 f. Dagegen Engisch, Kausalität 78; Kantorowicz

I I I vor § 47.

128 f.

I I vor § 47, § 47 I I ; ebenso Merkel a.a.O.; Maurach 510; Baumann 494. Vgl. Berges 43; v. Cramer 34 f. Vgl. v. Birkmeyer VDA I I 21 ff.; Hergt 78. Perten 20. Perten 19; Frank § 1 I I I 1 a.

8. Subjektive Teilnahmetheorie

35

8. Die subjektive Teilnahmetheorie

a) A l l g e m e i n e s . extensiven

Abgrenzung zum Täterbegriff

Der Begründer und die historischen Wurzeln der subjektiven Teilnahmelehre sind umstritten 1 ; fest steht jedoch, daß diese Theorie ihren entscheidenden Vertreter i n v. Buri gefunden hat, der sie i n der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts i n zahlreichen Abhandlungen nach allen Seiten verteidigt und weiterentwickelt hat 2 . Die subjektive Teilnahmetheorie wurde vom Reichsgericht i n der Entscheidung RG 2, 160 übernommen und bis zu seinem Untergang vertreten. Auch der B G H hat sie mit gewissen Modifizierungen übernommen 3 und scheint sie vor allem i n aller jüngster Zeit wieder stärker zu betonen 4 . I m Schrifttum sind die Vertreter der subjektiven Teilnahmetheorie heute eindeutig i n der Minderzahl. Ausdrücklich bekennen sich zu ihr nur Schönke-Schrö der 5 , Baumann6, Nowakowski 7 und Oehler 8, wobei freilich noch zu prüfen ist, wie weit dieses Bekenntnis auch tatsächlich durchgeführt wird, während andere Autoren dem subjektiven Moment eine mehr oder weniger starke Bedeutung einräumen, ohne sich dabei zur subjektiven Theorie zu bekennen 9 . Die subjektive Teilnahmetheorie lehnt zunächst m i t den materiellobjektiven Theorien die Relevanz einer Unterscheidung nach tatbestandsmäßigen und Vor- oder Nebenhandlungen i m Sinne der formalobjektiven Theorie ab. I m Gegensatz zu den materiell-objektiven Theorien hält sie aber auch eine Unterscheidung nach dem Grad oder der A r t der Kausalität für unmöglich. Daraus ergibt sich, daß auf der objek1 2

Vgl. Bergt 14 ff.; v. Birkmeyer

VDA I I 24.

Zur Lehre von der Teilnahme an dem Verbrechen und der Begünstigung 1860; Urheberschaft und Beihilfe, GA 17, 233 ff.; Die Teilnahme am Verbrechen, GS 22, Iff., 81 ff., 221 ff., 275 ff.; Die Mittäterschaft im Sinne des deutschen StGB, GS 25, 237 ff.; Zur Kausalitätsfrage, GS 29, 269 ff.; Über Kausalität und Teilnahme, ZStW 2, 232 ff.; I. Willensfreiheit, I I . Unterlassung, I I I . Kausalität und Teilnahme, GS 56, 418 ff. 3 B G H NJW 1951, 120; 1952, 945; 1954, 1374; B G H 4, 32; 6, 229; 8, 73; dazu

Kalthoener NJW 1956, 1662 ff. 4

B G H 13, 162; B G H NJW 1960, 1821; B G H 16, 12; B G H 1 StR 179/61 nach

Schwarz-Dreher

1 A vor § 47; BGH VRS 18, 416 und 23, 207; BGH 18, 87 (Sta-

schynskij-JJrteil) m. Hinweis auf zwei weitere unveröffentlichte Entscheidungen; B G H VRS 24, 184; anders jedoch neuestens wiederum B G H 19, 135. 5 53 vor § 47. • 499 ff.; JZ 1958, 230 ff.; N J W 1962, 374 ff.; JuS 1963, 59; N J W 1963, 561. 7 Rittler-Festschrift 1946, 22 ff.; ÖJZ 1953, 596 ff.; JZ 1956, 545 ff. 8 JuS 1963, 305.

9 Mezger LK §47 2; Kohlrausch-Lange I vor §47, §471; H. Mayer 314 ff.; Bockelmann 117 ff.; Welzel 98; ZStW 58, 542 f.; SJZ 1947, 645; Mezger-Blei

224, 245 f. 3·

36

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

tiven Seite überhaupt keine Unterscheidung der Beteiligungsformen möglich ist, daß eine solche vielmehr erst auf subjektivem Gebiet einsetzen kann. Insofern steht die subjektive Teilnahmelehre i n einem deutlichen Gegensatz zu dem noch darzustellenden extensiven Täterbegriii, der davon ausgeht, daß zunächst jeder Verursacher Täter ist und erst durch die Teilnahmevorschriften i n die Beteiligtenstellung herabgedrückt w i r d 1 0 . Die Gegner dieser Auffassung modifizieren den extensiven Täterbegriff. Das zeigt sich besonders deutlich bei Bahr, der für die subjektive Teilnahmelehre gleichzeitig den extensiven Täterbegriff und den Charakter der Teilnahmevorschriften als Strafausdehnungsgründe behauptet 11 . Auch Lange bemängelt, daß die „klare Sachlage", daß auch der extensive Täterbegriff durch Strafausdehnungsgründe erweitert werden könne, durch die „irreführende und sachlich unrichtige Gleichsetzung des extensiven Täterbegriffs m i t dem Charakter der Teilnahmevorschriften als Strafausdehnungsgründe" „ i n der letzten Zeit" verdunkelt worden sei 12 . Lange verlangt eine solche Strafausdehnung zwar zu Recht für die Anstiftung zu eigenhändigen, Absichts- und Sonderdelikten; er hält sie aber auch allgemein für die Anstiftung ohne Täterwillen für erforderlich 13 . Die verbreitete Gleichsetzung von extensivem und subjektivem Täterbegriff geht übrigens auf eine Ungenauigkeit Zimmerls, des Schöpfers des extensiven Täterbegriffs, selbst zurück. Zimmerl sprach zunächst von der extensiven bzw. restriktiven Interpretation der Tatbestände; bei erster er handele jeder Verursacher tatbestandsmäßig 14 . Später übertrug er dieses Begriffsschema auf die Teilnahmevorschriften, „da die Ausdehnung der Strafbarkeit offenbar auf einer Ausdehnung der Tatbestandsmäßigkeit beruht" 1 5 . Diese Gleichsetzung ist aber falsch; für die subjektive Theorie folgt aus der Tatbestandsmäßigkeit eben noch nicht die Täterschaft. Übrigens war Zimmerl selbst der Ansicht, daß der extensive Täterbegriff erst durch Eb. Schmidt und Mezger, nicht aber durch die subjektive Theorie formuliert worden sei 16 . Ausgeschlossen erscheint es allerdings, die subjektive Theorie m i t dem restriktiven Täterbegriff zu verbinden 1 7 . Nicht zu 10 Vgl. Roeder ZStW 69, 229 N.27a; Nowakowski JZ 1957, 550; SchönkcSchröder 53 vor §47; Dahm 26; Berges 19 f.; a. A. Maurach 486; Lony 11 f.; Bahr 14, 48 ££.; Gallas Beiträge 6, Mat. 1122. 11

52.

12

Täterbegriff 69.

13

a.a.O., 68.

14

ZStW 49, 40 f.

15

ZStW 52, 166 f.

16

ZStW 52, 167.

17

So Schönke-Schröder 53 vor §47; dagegen auch Baumann JuS 1963, 127 N. 108.

8. Subjektive Teilnahmetheorie

37

verkennen ist auch, daß die subjektive Teilnahmelehre immer wieder Anklänge an den extensiven Täterbegriff gezeigt hat 1 8 . Eine andere Frage ist, wie weit umgekehrt der extensive Täterbegriff auf eine subiektive Abgrenzung angewiesen ist. Während m i t v. Liszt 19, Eb. Schmidt 20 und Mezger 21 drei Hauptvertreter des extensiven Täterbegriffs eine objektive Abgrenzungstheorie vertreten haben, überwiegen i n der Literatur die Bedenken 22 , und Mezger ist später zur subjektiven bzw. zur „gemischten" Abgrenzungstheorie übergegangen. Es ist jedoch nicht einzusehen, warum nicht innerhalb der nach ihrer Kausalität gleichwertigen Erfolgsbedingungen nach anderen objektiven K r i terien (Ausführungshandlung) unterschieden werden kann, zumal der extensive Täterbegriff die Teilnahmevorschriften nur positiv-rechtlich anerkennt 28 , die „An-sich-Täterschaft" also nicht berührt wird. b) Z u r K r i t i k

der s u b j e k t i v e n

Teilnahmelehre

Die Einwände gegen die subiektive Teilnahmelehre sind schon so häufig und von so berufener Seite vorgetragen worden 2 4 , daß es überflüssig erscheint, sie hier noch einmal zusammenzufassen. Statt dessen soll i m Gegenteil i m folgenden einer der Haupteinwände gegen die subiektive Theorie als Fehleinwand aufgedeckt Ts. u. c) und sollen weiterhin nur die für die weitere Untersuchung wichtigen beiden HauDtformen der Inkonsequenz der subjektiven Theorie dargelegt werden (s. u. d). Nur beiläufig soll darauf hingewiesen werden, daß bei den Unterlassungsdelikten — i m Gegensatz zu einer gelegentlich geäußerten A n sicht 25 — gerade die subjektive Theorie i n Schwierigkeiten gerät, sofern man die Frage, ob hier überhaupt eine Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme möglich ist, m i t der überkommenen Auffassung bejaht (s. u. A I I I 9). Denn während sich aus der regelmäßigen Motiva18 S. schon v. Buri GS 22, 22 f.: bezeichnend der Vorwurf Seite 27: Schütze behandele die Täterschaft und die Mittäterschaft in § 34 und die Beihilfe „erst in § 46". „Darum werde ich die §§ 34—46 ff. in der Beurteilung zusammenfassen." 19 § 50 I I I 1.

20

Frank-Festgabe I I 118; v. Liszt-Schmidt 328, 334.

21

443 f.

28 Maurach 486, 511; Zimmerl ZStW 52, 174; Schaffstein ZStW 56, 147; Lange Täterbegriff 52 f.; Schönke-Schröder 53 vor §47; Grünhut JW 32, 366; Berpes 17; Bahr 62, 66; v. Cramer 54, 73; Gallas Mat. I 122; Roxin 5; Mezger-Blei 220. 28 Nowakowski JB1. 1947, 456 N. 18; Roxin 317 (vgl. aber Fußnote 22); Sax

JZ 1963, 337.

24 Vgl. bes. Welzel SJZ 1947, 645 ff.; Maurach 486 ff., 510 ff.; Gallas Mat. I 123 f., Beiträge 5 f.; Bockelmann 117 f.; Wegner 254 f. 25 Baumann 498 und JuS 1963, 59, 137.

38

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

tion aktiven Tuns ein Täter- bzw. Teilnehmerwillen trotz i m einzelnen divergierender Kriterien regelmäßig herleiten läßt, ist dies bei der beim Unterlassen häufig gegebenen Gleichgültigkeit gegenüber dem Erfolg nicht der Fall: der Betreffende „ w i l l " die Tat weder „als eigene", noch „ordnet er sich einem fremden Teilnehmerwillen unter". Das Ergebnis hängt dann nur noch davon ab, ob der Täter- oder der Teilnehmerbegriff als sekundär aufgefaßt w i r d 2 6 . c) D e r a l l g e m e i n e F e h l e i n w a n d gegen die s u b j e k t i v e Theorie Bei aller Berechtigung eines großen Teils der Einwände gegen die subjektive Theorie scheint es jedoch, daß die seinerzeit alles überwuchernde Kontroverse zwischen der subjektiven und der objektiven Teilnahmetheorie dazu verführt hat, beiden Theorien Momente zuzuschreiben, die ihnen nicht wesentlich sind, und zu einer bis heute anhaltenden Verfälschung der Diskussion geführt hat. Schon frühzeitig bezeichnete es ν . Birkmeyer als eine „Bankrotterklärung der subjektiven Theorie", wenn sie den eigenhändig einen Tatbestand Erfüllenden trotz Gehilfenwillens nicht als Teilnehmer ansehe 27 . Nachdem dieser Schluß i n RG 31, 80 und vor allem i n RG 74, 84 tatsächlich gezogen worden war (s. u. A I I I 4), wurde er zum Hauptangriffspunkt gegen die subjektive Theorie. Das U r t e i l RG 74, 84 wurde als „äußerste Konsequenz der subjektiven Theorie" 2 8 , als „übersubjektiv" 2 9 , als „Höhep u n k t " der Interessentheorie 30 bezeichnet. Auch sonst wurde RG 74, 84 fast einhellig allein der subjektiven Theorie zugeschrieben 31 . Andere Autoren glaubten trotz grundsätzlich subjektiven Ausgangspunktes i n diesem Fall Konzessionen an die objektive Theorie machen zu müssen 32 . Z u m dritten hat nunmehr B G H 18, 87 (92 ff.) den Spieß umgedreht: die materiell-objektive Theorie sei u. U. „ v i e l zu eng" und verstehe die Tatherrschaft lediglich als „handgreifliche M i t w i r k u n g " ; darin liege „eine bedenkliche Vergröberung und damit die Gefahr, nicht mehr jeden Tatbeteiligten möglichst gerecht beurteilen zu können"; die materiell-objektive Theorie sei „zu schematisch eng" und bedürfe noch wei26

Ersteres bei B G H 13, 162, letzteres bei B G H NJW 1960, 1821. Kritisch auch

Gallas JZ 1960, 650; Roxin 490 f. 27 VDA I I 142; ebenso v. Liszt 211 N. 10; Frank I I vor § 47. 28 Welzel, SJZ 47, 646. 29 H. Mayer 315. 30 Maurach 512. 31 Dohna 60; Schwarz-Dreher 1 A vor §47; Mezger 445; Roxin 35, 55, 130; Rietzsch DJ 1943, 311; Ludwig 37; BGH 8, 73. 32 Bockelmann 120; Kohlrausch StGB 35. Aufl., 1 vor §47; Klee ZAkDR 1940,188; Schönke-Schröder 53 vor § 47; Lange Täterbegriff 47.

8. Subjektive Teilnahmetheorie

39

terer Prüfung hinsichtlich ihrer Tragweite. Dieser Auffassung hat sich Baumann angeschlossen38. Eine nähere Nachprüfung führt indessen zu einem überraschenden Ergebnis: Alle die genannten Auffassungen sind unzutreffend. Die i n ihnen zum Ausdruck kommende Verfehlung des Problems bildet einen der wichtigsten Gründe für die gegenwärtigen Auseinandersetzungen und Verwirrungen i n der Teilnahmelehre. Sie führt bei Anhängern der materiell-objektiven Teilnahmelehre zu einer falschen Selbstsicherheit und bei Vertretern der subjektiven Teilnahmetheorie zu unbegründeten Friktionen. M i t einer Klärung w i r d sich andererseits das Problem erheblich reduzieren lassen und w i r d sich vor allem der noch immer die gesamte Teilnahmelehre überwuchernde Zwist zwischen der objektiven und der subjektiven Teilnahmelehre als ein „Bruderzwist" erweisen. Der historische Gegensatz zwischen der subjektiven und der objektiven Teilnahmelehre hat nämlich den Blick verstellt für einen anderen Gegensatz, durch welchen Gesichtspunkte der materiellen Gerechtigkeit viel elementarer berührt werden. Es ist dies der Gegensatz zwischen formeller und materieller Betrachtungsweise, der sich auch i n vielen anderen Rechtsproblemen zeigt, und bei welchem i n neuerer Zeit ganz allgemein die materielle Beurteilung den Sieg über die formale, positivistische Betrachtungsweise davonträgt. I n der Teilnahmelehre war es das Anliegen aller materiellen Theorien, die Enge der formal-objektiven bzw. der formal-negativen Theorie zu überwinden, die nur, aber auch immer, den eigenhändig und volldeliktisch einen Tatbestand Verwirklichenden bzw. den einen nicht volldeliktisch Handelnden Veranlassenden als Täter ansah. Unter diesem Gesichtspunkt stellt sich aber die subjektive Theorie ebenso als eine materielle Theorie dar wie die materiell-objektive Theorie. Es ergibt sich nun weiter bereits aus Gründen der Logik, daß für jede Theorie, die die Täterschaft von anderen Kriterien als der formalen volldeliktischen Tatbestandserfüllung bzw. dem Fehlen von Verbrechenselementen beim Ausführenden abhängig macht, Fälle entstehen müssen, i n denen diese anderen Gründe trotz Vorliegens der genannten Kriterien nicht gegeben sind. Denn das Anliegen der materiellen Theorien ist es ja gerade, die Beteiligtenstellung von der formalen volldeliktischen Vornahme der Ausführungshandlung oder dem Fehlen von Verbrechensmerkmalen beim Ausführenden unabhängig zu machen. Dabei ist es völlig gleichgültig, welcher A r t das jeweils verlangte materielle K r i t e r i u m ist: der Täterwille, die materielle Gefährlichkeit, die Tatherrschaft oder die Adäquanz der Erfolgsherbeiführung. Sehr treffend bringt dies Härtung zum Ausdruck: „Wenn schon jemand ,Täter 4 sein kann, der bei der eigentlichen Tataus33

N J W 1963, 562.

40

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

führung keinen Finger rührt, dann sehe ich nicht ein, warum nicht auch jemand bloßer Gehilfe sein kann, der die tatbestandsmäßige Handlung allein ausführt 3 4 ." A l l e Versuche, i m Falle der eigenhändigen volldeliktischen Tatbestandserfüllung das jeweils zugrunde gelegte materielle K r i t e r i u m nachzuweisen, können nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich i n Wahrheit um einen Rückfall i n die formal-objektive Theorie handelt 3 5 . Der Hinweis Baumanns, daß oft unklar bleibe, ob der Wille, den Tatbestand v o l l zu verwirklichen, der animus auctoris sei oder ob bei voller Tatbestandsverwirklichung ein animus auctoris fingiert werden müsse 36 , ist dahingehend weiterzuführen, daß es schon aus logischen Gründen Fälle geben muß, i n denen dieser animus fingiert werden muß 3 7 . Begrüßenswert ist die Formulierung Maurachs, der ein Tatbestandsmerkmal Verwirklichende handele „kraft unwiderleglicher gesetzlicher Vermutung" m i t Tatherrschaft 38 . Diese Ansicht deckt das Problem deutlich auf; befriedigen kann die Verurteilung wegen einer unwiderleglichen Vermutung i m Strafrecht freilich nicht. Auch insoweit kann Maurach nicht gefolgt werden, als er diese These als Folge der materiell-objektiven Theorie bezeichnet, die den engen tatbestandsgebundenen Begriff der Tatherrschaft stets i n sich aufnehme; i n Wahrheit handelt es sich hier gerade u m die entscheidende Inkonsequenz der materiell-objektiven Theorie. Auch die Ansicht Roxins h i l f t nicht weiter. Er stellt die bei der eigenhändigen Tatbestandserfüllung gegebene sog. Handlungsherrschaft neben die bei der mittelbaren Täterschaft gegebene Willensherrschaft; beide sind lediglich durch den Formalbegriff des Täters als der „Zentralgestalt des tatbestandsmäßigen Geschehens" verbunden 3 9 . Dieses Verfahren, Erscheinungsformen von diametraler Gegensätzlichkeit nebeneinanderzustellen und nur unter einem abstrakten Oberbegriff zu vereinen, wäre der subjektiven Theorie doch ebensogut möglich. Das Problem des fehlenden Täterschaftskriteriums trotz voller Tatbestandsverwirklichung stellt sich somit für alle materiellen Theorien i n gleicher Weise. Damit stehen w i r nicht an, ohne Zögern bereits jetzt 84

JZ 1954, 431; ähnlich Nowakowski

JZ 1956, 548; Schönke-Schröder,

7. Aufl. I I 4 vor § 47. 35 Vgl. Baumann JZ 1958, 231 und JuS 1963, 88 (anders allerdings JuS 1963, 59, 89). 3e N J W 1962, 376. 87 Vgl. v. Uthmann N J W 1961, 1908 N. 3, der den Schluß von der Tatbestandserfüllung auf die Tatherrschaft als unzulässigen Schluß vom Normativen auf einen ontologischen Sachverhalt ansieht. Auch die Tatherrschaft kann aber in ein Normativum transformiert werden; richtig ist nur der Hinweis auf den Wechsel der Kriterien (formal-materiell). 38 516. 89 127 ff., 142 ff., 578 f.

41

8. Subjektive T e i l n a h m e t h o r i e

— wenn auch vielleicht i n einem unerwarteten Sinne — die sarkastische Befürchtung Baumanns zu verwirklichen: „Nach den bisherigen Erfahrungen ist nicht völlig ausgeschlossen, daß auch noch das StaschynskijU r t e i l für die materiell-objektive Theorie i n Anspruch genommen werden w i r d 4 0 . " Der verbreitete V o r w u r f gegenüber der subjektiven Theorie hat sich daher an dieser Stelle i n die Anerkennung dafür umzukehren, daß es die subjektive Theorie bisher als einzige materielle Theorie gewagt hat, das materielle Prinzip konsequent durchzuführen. Daß dies gleichwohl aus anderen — außerhalb der Teilnahmelehre liegenden — Gründen unzulässig ist, soll erst an anderer Stelle dargelegt werden (s. u. C 4). Übrigens werden hinsichtlich der Begründung des Täterwillens bei der Benutzung eines absichts- oder qualifikationslosen Werkzeugs gegenüber der subjektiven Theorie kaum noch Vorwürfe erhoben 4 1 ; offensichtlich hat sich hier die Erkenntnis durchgesetzt, daß alle materiellen Theorien i m wesentlichen der gleichen Schwierigkeit gegenüberstehen, wobei die subjektive Theorie vielleicht noch insofern einen gewissen Vorsprung besitzt, als i h r die Fiktion des materiellen Kriteriums am leichtesten fällt (s. näher u. A I I I 4). d) E c h t e

Anleihen

bei

der

objektiven

Theorie

Erweist sich somit ein Teil der scheinbaren Konzessionen der subjektiven Theorie an die objektive i n Wahrheit als Anleihe bei der formalobjektiven Theorie, die den materiell-objektiven Theorien genauso fernsteht wie der subjektiven, so zeigt die subjektive Theorie doch auch immer wieder die Tendenz zu systemwidrigen Anleihen bei den materiell-objektiven Theorien selbst. Hierbei sind zwei verschiedene Wege zu unterscheiden. aa) Objektivierung

durch den Inhalt

des Gewollten

Der eine besteht darin, den Unterschied zwischen Täter- und Teilnehmerwillen von dem Inhalt des Gewollten abhängig zu machen. Hiergegen ist jedoch schon frühzeitig geltend gemacht worden, daß es keinen Vorsatz ohne objektives Bezugsmoment geben kann, bzw. daß hier die Vorstellung von eben den Merkmalen entscheidend sein soll, deren objektive Existenz gerade bestritten wurde 4 2 . Außerdem widerspricht 40

NJW 1963, 562. Vgl. aber umgekehrt Schönke-Schröder herrschaftslehre. 41

52 vor § 47 gegenüber der Tat-

42 Binding Abh. I 307; v. Birkmeyer Teilnahme 34, VDA I I 27; Dahm 28 f., 80; Perten 41 ff.; Nowakowski, Rittler-Festschrift 1946, 27; Gallas Beiträge 8; Roxin 54.

42

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

diese Form der subjektiven Theorie dem geltenden Strafrechtssy stem, das zunächst die objektiven Gegebenheiten entscheiden läßt und bei einer Abweichung des subjektiven Tatbestandes nur zur Versuchsstrafe gelangt 4 3 . Diese Einwände treffen auch heute noch jene Theorie, die i n Annäherung an die Theorie der Tatherrschaft den Tatherrschaftswillen entscheiden lassen w i l l 4 4 . Es ist daher bezeichnend, wenn die subjektive Theorie heute zu abweichenden Ergebnissen gegenüber der materiellobjektiven Theorie i m wesentlichen nur i m Bereich des Irrtums über die Tatherrschaft, insbesondere bei der mittelbaren Täterschaft, gelangt, also i n einem normalerweise dem Versuch zugehörigen Bereich 45 . bb) Objektivierung

des Willens

Neben der Objektivierung des Willensinhalts besteht der zweite Versuch einer Objektivierung der subjektiven Theorie i n der Objektivierung des Willens: hier w i r d der Täterwille, gegebenenfalls unter Berücksichtigung objektiver Indizien, objektiv gewertet. Wenn auch der Grad der Indizwirkung bei den einzelnen Autoren sehr verschieden ist, so ist es doch logisch unbestreitbar, daß i n dem Augenblick, wo überhaupt der Täterwille an objektiven Gegebenheiten überprüft wird, und sei es auch nur i n Extremfällen, von einer Relevanz des subjektiven Merkmals und damit von einer subjektiven Teilnahmelehre nicht mehr gesprochen werden kann. Die Ablehnung des Täterwillens bei extremen objektiven Gegebenheiten genügt bereits, u m die grundsätzliche Prävalenz der objektiven Sachlage hervortreten zu lassen. Die Abgrenzung nach subjektiven Kriterien w i r d hier gewissermaßen einem unproblematischen Vorfeld überlassen. Nach Kantorowicz liegt Täterschaft vor, wenn der Handelnde nach objektiver Wertung zu dem Urteil hätte kommen sollen: es w a r meine Tat 4 6 . Auch nach Mezger kommt es für die Täterschaft nicht auf das Belieben des Handelnden, auf sein besonderes Täterbewußtsein, ja überhaupt nicht auf seine Reflexion an, sondern auf das „ w i r k l i c h Gewollte", darauf, ob das, was der Handelnde w i l l und verwirklicht, „ i n Wahrheit ein eigenes Begehen der Tat" sei; die Willensrichtung sei durch Tatsachen näher darzutun 4 7 . Ganz ähnlich ist nach Nowakowski „rechtserheblich eben nicht, ob er die Tat als eigene 43

Vgl. Nowakowski, JZ 1956, 546; Zimmerl Tatbestand 117; Dahm 30 N. 44;

ohne Beschränkung auf das geltende Strafrechtssystem, sondern absolut v. Birkmeyer, Teilnahme 8, 11; dagegen mit Recht Dahm 27; s. ferner Gallas JZ 1960, 651. 44

Schönke-Schröder 47, 53 vor § 47; Baumann 499 f., 506 f.; JZ 1958,232; NJW

1962, 374 ff.; NJW 1963, 563; JuS 1963, 59, 89, 97; B G H 13, 162.

45 Baumann 482, 506; JZ 1958, 232; JuS 1963, 59, 89, 96 f.; NJW 1963, 565; Schönke-Schröder 15, 65 vor § 47. 4e 61. 47

L K § 47 2.

8. Subjektive Teilnahmetheorie

43

gewollt hat, sondern ob er die Tat unter Vorstellungen gewollt hat, wonach er sie als eine eigene zu empfinden hatte"; die subjektive Lehre müsse sich auf die Objektivität des Werturteils besinnen und die Merkmale des Täterwillens sachgerecht gewinnen. Es ist bezeichnend, daß auch Nowakowski eine Abweichung von der objektiven Theorie „höchstens i n den Irrtumsfällen" für möglich hält 4 8 . Die genannte Richtung w i r d ferner vertreten von Baumann49 und Lange50. e) D i e M o d i f i z i e r u n g d e r s u b j e k t i v e n T h e o r i e für die m i t t e l b a r e Täterschaft Eine derartige Objektivierung des subjektiven Moments erfolgte für die Mittäterschaft nur zu dem Zweck, lebensfremde und inhaltsleere Entscheidungen zu vermeiden. Für die mittelbare Täterschaft kam noch ein besonderes Bedürfnis hinzu. Denn i m Gegensatz zur Mittäterschaft wollte man hier grundsätzlich zu einer Alternativität der Täterschaft beim Ausführenden oder beim Hintermann gelangen. Ferner ergab sich, daß eine „interne" Bestimmung des Täterwillens für die Anstiftung vernichtend wirken mußte, da der Anstifter als Inhaber der ersten Willensführung die Tat stets als eigene w i l l 5 1 . Hierbei handelt es sich keineswegs nur um ein geistreiches Apergu; vielmehr hat bezeichnenderweise der vermutlich erste Vertreter der subjektiven Theorie, Westphal, die Anstiftung zur Urheberschaft gerechnet, da der Anstifter „proprio nomine" handele 52 . Noch i m Jahre 1917 bezeichnete Winter die Gleichheit von Täter- und Anstifterdolus als herrschende Meinung 5 3 ! Man fixierte den Täterwillen beim Hintermann daher an die Verhältnisse beim Vordermann, die für den Hintermann objektive Tatsachen sind. Dabei wurden entweder i n subjektivistischer Abwandlung der formal-negativen Theorie nur Defekte i m volldeliktischen Charakter der Handlung des Vordermanns berücksichtigt 54 , oder aber es wurde auch das materielle K r i t e r i u m des fehlenden Täterwillens beim Ausführenden für beachtlich erklärt 5 5 . Umgekehrt wurde die Möglichkeit eines Täterwillens auch bei einem nicht schuldhaft handelnden Veranlaßten, systemwidrig und nur durch das Streben nach Vermeidung von Straflücken erklärbar, vor Einführung der limitierten Akzessorietät nicht anerkannt. Freilich hielt das RG diese systematisch erforder48 49

50 51 51 53 54

55

Rittler-Festschrift 1946, 29; JZ 1956, 547, 549. 499 f.; JZ 1959, 230; NJW 1962, 374 ff.; N J W 1963, 564; JuS 1963, 58 f., 88 f.

Kohlrausch-Lange § 47 I, s. auch u. A I I 10. Flegenheimer 29; Krauß 65; H. Mayer 316; Maurach 514. Heimberger 157 f.; s. ο. A I. 30. So Sax M D R 1954, 69.

So das RG seit RG 31, 80.

44

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

liehe Prävalenz des animus des Ausführenden nicht durch: es stellte vielmehr durchweg durch alternative Abwägung des Verhaltens der durch das Band der Veranlassung verbundenen Beteiligten fest, wem es den Täterwillen zusprechen wollte, und schloß ihn dann bei dem anderen Beteiligten aus 56 . Soweit heute das gleiche Ergebnis durch eine Objektivierung des Gewollten (Wille zur Tatherrschaft u. ä.) erstrebt wird, ergibt sich die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter lediglich in den Irrtumsfällen 5 7 . Nur i n einem Sonderfall hielt v. Buri eine gleichzeitige Täterschaft von Hintermann und Ausführendem für möglich: wenn nämlich jemand aus eigenem Interesse auf den Hinzutritt einer verbrecherischen K r a f t wie als eines Naturkausalismus rechne 58 . Es handelt sich hierbei um den noch eingehend zu erörternden sog. DohnaFall (s. u. Β 4). Die Verwertung des rein intern bestimmten Täterwillens für die m i t telbare Täterschaft war dagegen aus den angeführten Gründen regelmäßig mit einem radikalen Angriff auf das Institut der Anstiftung selbst verbunden. Wenn man auch von dieser Auffassung i m Anschluß an Kohlrausch 59 sagen kann, sie habe die subjektive Theorie auf das Verhältnis von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung ausgedehnt 60 , so soll sie doch erst i n einem besonderen Abschnitt behandelt werden (s. u. A I I 10).

9. Der extensive Täterbegriff (Winter, v. Liszt, Eb. Schmidt, Mezger, E 1936 1. Lesung)

Der extensive Täterbegriff w i r d vielfach nicht als besonderer Täterbegriff angesehen, sondern als Oberbegriff dem restriktiven Täterbegriff gegenübergestellt. Wenn auch Zimmerl die von i h m geprägten Begriffe 1 zunächst als allgemeines Begriffspaar auffaßte, so stellt doch sein extensiver Täterbegriff einen ganz spezifischen Täterbegriff dar. Sein Unterschied zum subjektiven Täterbegriff und das von Zimmerl selbst verursachte Mißverständnis wurden bereits erwähnt (s. ο. A I I 8). Auch Zimmerl selbst war der Auffassung, daß der von i h m sog. extensive Täterbegriff erst i m Lehrbuch von Mezger klar formuliert worden M

S. ζ. B. H G 31, 80. S. ο. N. 45. 88 GA 17, 240; ZStW 2, 269; Causalität 1873 127; Causalität 1885 41; Beiträge 330. 59 Bumke-Festschrift 40, 46. 57

Welzel 94; SJZ 1947, 646; Gallas Mat. I 123, Beiträge 6; Bockelmann 117 N. 11; Maurach 513 f. 1

ZStW 52, 166 f.

9. Extensiver Täterbegriff

45

sei 2 . Damit scheiden an dieser Stelle auch die „extensiven" Täterbegriffe Kohlrauschs 3 und Goetzelers 4 aus (s. u. A I I 10). Der extensive Täterbegriff i n dem oben umrissenen Sinne wurde besonders von Eb. Schmidt und Mezger entwickelt, nachdem er bereits von v. Liszt angedeutet worden war 5 . Entgegen der Annahme Zimmerls ist er aber schon i m Jahre 1917 von Winter eindeutig vertreten worden 0 . Während der extensive Täterbegriff heute vornehmlich als Produkt der kausalen Verbrechenslehre erscheint, wurde er seinerzeit doch vor allem zur Rechtfertigung und Begründung der mittelbaren Täterschaft geschaffen. „Die mittelbare Täterschaft" lautet der Titel des Aufsatzes, i n dem Eb. Schmidt den extensiven Täterbegriff begründete, und i n der Einleitung heißt es, die Arbeit solle dazu beitragen, die Lehre von der mittelbaren Täterschaft an normativen, also spezifisch juristischen Gesichtspunkten zu orientieren 7 . Auch Mezger weist darauf hin, daß die Gleichstellung des physischen m i t dem intellektuellen Urheber, damit sie als notwendige Folge des Täterbegriffs aufgestellt werden könne, den juristischen Nachweis voraussetze, daß jede Verursachung der Tatbestandsverwirklichung i m Sinne des Gesetzes Täterschaft begründe, sofern nicht ein eigenhändiges Delikt oder die Form der Anstiftung oder Beihilfe vorliege 8 . Ebenso geht Winter davon aus, daß die mittelbare Täterschaft nur dann mit dem Gesetz verträglich sei, wenn der Begriff der mittelbaren Täterschaft vollkommen i n dem der Täterschaft aufgehe 9 . Schönke-Schröder waren lange Zeit der Ansicht, daß vom restriktiven Täterbegriff her die mittelbare Täterschaft nicht begründet werden könne; erst i n der 8. Aufl. des Kommentars ist diese Fassung aufgegeben und w i r d die mittelbare Täterschaft auch vom restriktiven Täterbegriff her begründet 1 0 . Auch von zahlreichen anderen Autoren w i r d die Vereinbarkeit der mittelbaren Täterschaft mit dem restriktiven Täterbegriff bestritten 1 1 . Während v. Liszt seinem extensiven Täterbegriff die Gleichwertigkeit aller Erfolgsbedingungen zugrunde legt, wollen Mezger 12 und Eb. Schmidt 13 die „kognitiv-naturalistische Denk2

ZStW 52, 167. ZStW 55, 392 ff.; StGB, 32. Aufl., Vorb. I I , § 47 I. SJZ 1949, 837 ff. fi 209. 6 13, 29 f. 7 Frank-Festgabe I I 107. 8 425; ZStW 52, 538. 9 1. 10 I vor § 47; 11. Aufl., 7 vor § 47. 3

4

11 Zimmerl ZStW 49, 41, 53; ZStW 54, 583; Dohna 61; ZStW 52, 114; Grünhut JW 1932, 366; Roeder ZStW 69, 228; Ellger DJ 1935, 217; Grau DJ 1935, 297; Binter DJ 1944, 85; von Dohnanyi 99; Bahr 35, 43; Schaffstein ZStW 54, 138; Conrad 65, 103; Lony 7, 31; Bergt 71. 12

13

425. Frank-Festgabe I I 1161

46

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

richtung" überwinden. Infolgedessen schiebt sich zwischen die Feststellung der Kausalität und die Wertung als Täterschaft noch der Nachweis, daß jede Verursachung der Tatbestands Verwirklichung i m Sinne des Gesetzes Täterschaft begründet. Dies ergibt sich für Mezger daraus, daß Tatbestandsverwirklichung gleichbedeutend ist m i t Erfolgsverursachung 14 . Nach Eb. Schmidt stellen die strafrechtlichen Tatbestände nicht Beschreibungen der So-Beschaffenheit möglicher Verhaltensweisen, sondern Werturteile über Rechtsgüterverletzungen dar. Unter Wertgesichtspunkten gebe einer Verhaltensweise die durch sie bewirkte „InteressenVerletzung" das entscheidende Gepräge. Deliktsrealisierung, Tatbestandsverwirklichung, Interessenverletzung seien die juristischen Orientierungspunkte für die Bestimmung des Täterschaftsbegriffes. Die Figur der mittelbaren Täterschaft w i r d allerdings bei dieser Konstruktion überflüssig, und die Beibehaltung des Begriffs kann allenfalls aus Gründen der Tradition gerechtfertigt sein 15 . Übrigens gibt das Abstellen auf die „Tatbestandsverwirklichung" den Vertretern des extensiven Täterbegriffs Gelegenheit, sich scheinbar ebenso wie die formal-objektive Theorie auf den Tatbestand als Auslegungsgrenze zu berufen und den V o r w u r f der Verletzung des Grundsatzes „nulla poena sine lege" 1 6 zurückzuweisen 17 . Dieser Hinweis vermag jedoch die Kontroverse nicht zu überbrücken: entweder bringt er nichts Neues und „läßt genau die Frage offen, auf die man eine A n t w o r t haben w o l l t e " 1 8 , oder aber die Einschränkung führt zum restriktiven Täterbegriff 1 9 . Besonderer Gunst erfreute sich der extensive Täterbegriff von Seiten der nationalsozialistischen Strafrechtslehre. Für sie ergab sich die Forderung nach einem extensiven Täterbegriff aus dem von i h r propagierten Willensstraf recht: „ E i n Straf recht, das seine Reaktion i n erster Linie gegen den zutage getretenen verbrecherischen Willen richten w i l l , muß von der grundsätzlichen Gleichstellung aller Begehungsarten ausgehen 20 ." Nachdem jedoch die amtliche Strafrechtskommission zunächst i n erster Lesung durch die Beibehaltung der Teilnahmeformen und die limitierte Akzessorietät „zwar glaubte, den Weg zum extensiven Täterbegriff gefunden zu haben, i n Wirklichkeit an den Ufern des restriktiven Täterbegriffs gelandet w a r " 2 1 , führten die Gesichtspunkte der Volkstümlichkeit, der „Wesensfremdheit" von Täterschaft und Teil" 415 f., 95.

15 18 17

18 19 10 n

Mezger 425; Eb. Schmidt, a.a.O., 111, 120. Zimmerl ZStW 49, 40 ff.; Bruns 53. Mezger 416; ZStW 52, 537; Eb. Schmidt

a.a.O., Seite 119 N. 1.

Kohlrausch ZStW 55, 392; vgl. Berges 14. Maurach 488. Grau DJ 1935, 295. von Dohnanyi 110.

10. Intern-subjektiver Täterbegriff

47

nähme, ferner die den Grundsätzen materieller Gerechtigkeit nicht entsprechende Ausdehnung und Einschränkung der Strafbarkeit zu einer Aufgabe des extensiven Täterbegriffs i n reiner Form 2 2 . Dem extensiven Täterbegriff wurde m i t Recht entgegengehalten, daß er an den eigenhändigen Delikten, den Sonderdelikten, den Absichtsdelikten sowie der Verleitung zur Selbstverletzung scheitern müsse 23 . Für die Sonderdelikte hat allerdings Nowakowski scharfsinnig nachgewiesen, daß auch für den restriktiven Täterbegriff die Strafausdehnung hier eine völlig andere Aufgabe habe als bei den übrigen Delikten 2 4 . Der extensive Täterbegriff war auf eine formale Bestimmtheit der Teilnahmevorschriften angewiesen, wie sie vor allem die Anstiftung vor Einführung der limitierten Akzessorietät zeigte. Hier deckte sich der extensive Täterbegriff i m Ergebnis m i t der formal-negativen Theorie und hatte i h r gegenüber sogar eine positive Begründung der Täterschaft voraus. Eine materielle Abgrenzung der positiv-rechtlichen Beteiligungsformen innerhalb des „an sich" gleichwertigen Verhaltens w a r zwar nicht ausgeschlossen (s. o. A I I 8 a). Je mehr das Gesetz jedoch eine Materialisierung erforderte, wie insbesondere nach Einführung der limitierten Akzessorietät, desto mehr mußte die „An-sich-Täterschaft" ihre Bedeutung verlieren.

10. Der intern-subjektive Täterbegriff (Binding, Drost, Kohlrausch, Lange, Goetzeler)

Bei der Darstellung der subjektiven Teilnahmelehre wurde darauf hingewiesen, daß von ihren Anhängern eine konsequente, d. h. von den äußeren Umständen unabhängige, Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung grundsätzlich nicht vertreten wurde. Eine solche Abgrenzung, die für die Mittäterschaft möglich ist, muß zwangsläufig zu einer ganz erheblichen Einschränkung des Bereichs der A n stiftung führen, da der Anstifter als Inhaber der „ersten Willensführung" die Tat i n der Regel als eigene w i l l (s. o. A I I 8 e). Gleichwohl hat ein solcher, auf den internen Täterwillen abstellender, Täterbegriff zahlreiche Anhänger gefunden. Von der Auffassung der Anstiftung als intellektuelle Urheberschaft (s. o. A I I 5) unterscheidet er sich dadurch, daß er die Anstiftung beibehält und von der Täterschaft unterscheidet. » a.a.O., 108 ff.

M

Engisch, Kausalität 83, N. 1; Bahr 45, 47; Lange Täterbegriff 20 ff.; vgl.

auch Gallas Mat. I 124, Beiträge 7. " JZ 1956, 550.

48

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Der markanteste Vertreter, auf den sich die späteren immer wieder berufen, ist Binding. Sein Verhältnis zur Anstiftung ist von einer ausgesprochenen Animosität geprägt. So kennzeichnet er sie als „fatales Zwitterwesen", „unglückliches Zwittergeschöpf", „die schlechte Schöpfung dieser modernen Kunstfigur", „einen völlig überlebten, veralteten, i n sich durchaus zwiespältigen Begriff", „durch und durch dualistisch", „wertlos, weil ganz heterogene Erscheinungen deckend", „zweizüngig", „durch und durch ungesund", einen „ekelhaften Nebel" u m die echte m i t telbare Täterschaft breitend 1 . Der Dualismus der Anstiftung des geltenden Rechts bestehe darin, daß sie Fälle der Täterschaft und der Urheberschaft zusammenfasse. Urheber ist einmal der, der nicht Täter sein kann, nämlich der die Begehung eines eigenhändigen oder echten Sonderdelikts veranlassende Extraneus, ferner der allgemein zur Verbrechensbegehung Auffordernde. I m übrigen w i r d der Unterschied zwischen Täterschaft und Urheberschaft rein subjektiv bestimmt: Urheber ist, wer den Verbrechenstatbestand nicht als Täter setzen w i l l , wer die Begehung eines Verbrechens für sich ablehnt, wer sich nicht m i t der Tat identifiziert 2 . Diese Abgrenzung, für die nach der rein intern-subjektiven Tätertheorie Bindings gar keine festen i. S. von objektiven K r i t e rien nötig sind und für die er „Schwierigkeiten i m Einzelfall" durchaus anerkennt 3 , w i r d von i h m durch folgende Beispiele des Urhebers erläutert: „Sie können gar nicht anders, als den Verführer Ihrer Tochter niederschießen!", „Geben Sie dem Beleidiger die Reitpeitsche!", „Wenden Sie Ihre finanzielle Not dadurch, daß Sie diesen Betrug oder jene Erpressung, diese Jagdwilderei oder jenen Wucher verüben!", „Spucken Sie dem Feigling ins Gesicht!", „Wenn I h r Nachbar Sie chikaniert, so lassen Sie i h m doch den roten Hahn aufs Dach fliegen!" 4. I n allen übrigen Fällen w i l l Binding Täterschaft sehen. Die mittelbare Täterschaft unter Benutzung eines volldeliktischen Werkzeugs gilt i h m dabei sogar als „echte mittelbare Täterschaft" 5 . Zur Begründung hat Binding bereits einen großen Teil der späteren Argumente vorweggenommen. So heißt es ganz i m Sinne des späteren „primären Täterbegriffs", zu prüfen sei, welche Beteiligungsformen nach Bestimmung des Täters übrigblieben 6 . Er geht von dem verbrecherischen Plan eines Menschen aus, der sich alle äußeren Umstände zunutze mache und dabei nicht einen anderen zum Täter mache, sondern seinen Plan zur Durchführung bringen wolle. „Daraus erhellt klar wie der Tag, daß bei der 1

GS 71, 3; Grundriß 48; GS 78, 10, 46, 41; Abh. I 377, 399; GS 76, 97. Abh. I 316 ff.; GS 71, 14ff. 3 Abh. I 327 N. 97. 4 Abh. I 321; s. auch Grundriß 161. 5 Abh. I 283 f.; GS 76, 91. • GS 71, 3. 1

10. Intern-subjektiver Täterbegriff

49

echten mittelbaren Täterschaft das Schuldmoment des unmittelbaren Täters für die Beurteilung des mittelbaren auf seine Täterschaft ganz ohne Einfluß bleibt. Ob das Werkzeug vorsätzlich, fahrlässig oder schuldlos handelt, ist für die Frage, ob der es Benutzende als Täter zur Verantwortung zu ziehen ist, vollständig belanglos, ist allein entscheidend für die Frage der Verantwortlichkeit des Werkzeugs 7 ." Binding weist auf die tatsächliche Gleichartigkeit des Veranlassers des Zurechnungs- und des Unzurechnungsfähigen und auf die Anerkennung der Figur des dolosen Werkzeugs als Vorläufer seiner Auffassung hin 8 . Die These von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs bespöttelt er als „tief sein wollende Freiheitslehre" 0 . Sie verkenne den Verursachungsprozeß, denn die Bestimmung eines Zurechnungsfähigen sei das beste M i t t e l zur Verwirklichung des Verbrechensplans 10 . Dieser Täterlehre hat sich Goldschmidt i n seinem Gegenentwurf zum E 1919 angeschlossen11. I m Jahre 1934 bekannte sich Oetker zu ihr, nachdem er früher als „Täter" nur den unmittelbaren Täter angesehen, unter dem Urheber dagegen die Anstiftung, die Veranlassung durch einen Extraneus und die echte mittelbare Täterschaft zusammengefaßt hatte 1 2 . Nunmehr ist i h m der Bestimmende bei Täterwillen Täter, sonst Urheber 1 3 . Der „gr und verkehr te Begriff der Anstiftung", ihre „Zwitternatur" habe zu arger Verdunkelung des Täterbegriffs geführt 1 4 . Ganz ähnlich wie Binding , auf den er sich mehrfach beruft 1 5 , hat auch Drost die mittelbare Täterschaft bestimmt. Die mittelbare Täterschaft bestehe darin, daß der Täter sich zur Begehung einer strafbaren Handlung eines anderen i n der Weise bediene, daß dieser ganz oder teilweise die Tat ausführe. Das Gesetz fordere jedoch keine persönliche Tatbestandsrealisierung. Der Täter könne seinen strafrechtlich relevanten Willen statt i n Person durch das M i t t e l einer anderen Person äußern. Dem Boten des Zivilrechts entspreche i m Strafrecht der Tatmittler 1 6 . Anstiftung und mittelbare Täterschaft unterschieden sich nur dadurch, was der Veranlassende selbst gewollt und getan habe 17 . Der mittelbare 7

GS 78, 13; Abh. I 282 ff.; vgl. auch GS 71, 15. GS 78, 21 f.; Abh. I 284, 344. 9 GS 71,11. 10 GS 71, 7 ff.; GS 76, 95; Abh. I 270. 11 JW 1922, 252 ff., 258. 12 GS 89, 182 ff.; GS 94, I f f .

8

13

14 15 18 17

118,120.

116,118.

ZStW 51, 374, 376. 363 f. 373.

4 Schroeder

50

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Täter veranlasse i n Ausführung seines eigenen Entschlusses lediglich ein bestimmtes Verhalten des Tatmittlers. Dessen psychische Einstellung zur Tat sei gleichgültig. Daraus folgt die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft bei Benutzung eines als vorsätzlicher Täter strafbaren Werkzeugs. Die mittelbare Täterschaft erfordere nichts als subjektiv Tätervorsatz und objektiv die Veranlassung eines anderen zu einem Handeln. Die Abgrenzung zur Anstiftung erfolgt mit Bindings Beispielen für die Urheberschaft 18 . M i t seinem Gesetzesvorschlag: „Als Täter w i r d auch derjenige bestraft, der eine von i h m begangene strafbare Handlung ganz oder teilweise durch einen anderen hat ausführen lassen" 19 hat Drost über Lange die Fassung des § 29 E 1962 beeinflußt. Dem Bindingschen Täterbegriff hat sich — unter Berufung auf das Schlagwort vom Willensstrafrecht — auch Kohlrausch angeschlossen. Für das Strafrecht sei Täter, wessen Tun innerlich auf den betreffenden Erfolg gerichtet und m i t dem Bewußtsein von der Unentbehrlichkeit für ihn verbunden gewesen sei. Hierin liege eine „klare Subjektivierung der Begriffe ,Täter', ,Anstifter', ,Gehilfe'". Die Anstiftung bleibe notwendig für die Fälle, i n denen die Gestaltung der Tatbestände es verbiete, den Urheber Täter zu nennen, d. h. bei den echten Sonderund den eigenhändigen Delikten, ferner für die Fälle, i n denen der typische Täterwille fehle 20 . Kohlrausch beruft sich hierbei auf die A b grenzung von Mittäterschaft und Beihilfe durch das Reichsgericht, das die subjektive Abgrenzung für das Verhältnis Anstiftung — mittelbare Täterschaft „etwas vernachlässigt" habe 21 . I n der 38. Aufl. des StGBKommentars w i r d dabei sogar die Schranke des positiven Rechts übersprungen: gerade auf die Einbeziehung der Fälle voller strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Werkzeugs i n die mittelbare Täterschaft komme es jetzt an 2 2 . Lange verzichtet für seinen „modernen Täterbegriff" zunächst auf inhaltliche Bestimmungen und definiert diesen rein formal: „Täter ist, wer dem Tatbestand entsprechend handelt" 2 3 . Über die moderne Tatbestandslehre, insbesondere über die Ablehnung einer einseitigen Betrachtung des Verbrechens als Rechtsgutsverletzung, führt er aber doch zwei materielle Kriterien i n den Täterbegriff ein, und zwar einmal den Adäquanzgedanken, zum anderen das subjektive Unrechtselement eines 18 19 20 21 22 23

374 ff. 376. ZStW 55, 394 f.; StGB, 33. Aufl. 1 vor § 47; Bumke-Festschrift 40 ff. ZStW 55, 395; Bumke-Festschrift 40, 46. Β 2, 3 c vor § 47. Täterbegriff 39.

10. Intern-subjektiver Täterbegriff

51

„persönlichen Bands zwischen Tat und Täter", die Tatsache, daß „die Tat das Werk des Täters" sein müsse, ein Subjekt-Objekt-Verhältnis vorliegen müsse 24 . Der Tatbestand ist nicht nur — wie schon früher bei Mezger 25 — „der juristische Ort für die Anwendung des Adäquanzgedankens", dieser ist vielmehr „der eigentliche K e r n der Tatbestandsmäßigkeit" 2 6 . Damit kann die Bewirkung „nicht ohne weiteres" der Tatbestandsverwirklichung gleichgesetzt werden. Der Gedanke der A d äquanz erweist sich allerdings für die mittelbare Täterschaft als irrelevant, da die Generalisierung von Lange so weit getrieben wird, daß jede „Veranlassung eines anderen, die Tat auszuführen, durchaus generell geeignet ist, den Tatbestand zu verwirklichen" 2 7 . Somit bleibt i m Ergebnis nur das zweite Kriterium, das persönliche Band zwischen Tat und Täter übrig. Auch Lange subjektiviert die Täterschaft so weit, daß er für die Anstiftung nur die Fälle des Bindingschen Urhebers, nämlich: Veranlassung zur Begehung eines eigenhändigen, eines Sonder- oder eines Absichtsdelikts ohne die betreffenden Eigenschaften beim Hintermann, Veranlassung ohne eigenen Täterwillen, übriglassen w i l l 2 8 . Für das geltende Recht anerkennt er allerdings eine Einschränkung, da nach § 48 auch der eigentliche mittelbare Täter als Anstifter angesehen werden müsse, wenn sein Werkzeug vorsätzlich handele 29 . Wie Binding verlangt Lange, daß das Handeln des Täters immer nur von i h m allein aus betrachtet und nicht von der Bewertung des Verhältnisses zu anderen Beteiligten abhängig gemacht werden dürfe; für den Täter gebe es nur Werkzeuge 30 . Lange hat diesen Täterbegriff später sehr treffend dahingehend gekennzeichnet, daß der Standpunkt „nicht extern, sondern intern, von dem gerade zu betrachtenden Täter und seinen Strebungen her" zu wählen sei 31 . Es dürften nicht alle Handelnden von einem und demselben, außerhalb ihrer gelegenen Standpunkt aus auf ihren kausalen Beitrag zu dem einen gemeinsamen Erfolge h i n betrachtet werden, sondern jeder unter dem Gesichtspunkt seiner eigenen spezifischen Zielsetzung, die für jeden eine andere sei 32 . Schon Simons hatte die Abgrenzung nach dem animus eine „rein interne" genannt 3 3 . 24

Täterbegriff 30 f., 34 ff., 39 ff., 44, 59, 62 ff.; Teilnahme 58 f., 64. 124. 26 Täterbegriff 40 f. 27 a.a.O. 64; vgl. auch Conrad 105. 28 a.a.O. 77. 29 a.a.O. 66. 30 a.a.O. 66. 81 Teilnahme 78. 35 a.a.O. 89 f.; die Berufung auf die finale Handlungslehre setzt eine radikale Sub jekti vierung des Begriffs der Finali tät voraus. 33 GS 101,246. 25

4*

52

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Lange muß seinem Täterbegriff allerdings insofern wieder untreu werden, als er den Willen, eine Tat nicht als eigene zu begehen, als unbeachtliche protestatio facto contraria bezeichnet 34 . Eindringlicher als m i t dieser Formel läßt sich die Prävalenz des „factum", d. h. objektiver Tatsachen, nicht bezeichnen. Allerdings hatte sich bereits gezeigt, daß es sich hierbei u m das Problem einer Anleihe bei der formalobjektiven Theorie handelt, vor dem alle materiellen Theorien stehen (s. o. A I I 8 c). Während die Teilnahme ursprünglich ebenfalls durch ein subjektives, auf die Förderung der Tat eines anderen gerichtetes, Unrechtselement gekennzeichnet w a r 3 5 , verblaßt sie später zu einem bloßen Auffanginstitut für die Berücksichtigung reiner Rechtsgutsverletzung, das sich i n dem gleichen Maße erweitere, wie der Täter spezialisiert werde 3 6 . I n den neueren Auflagen des Kommentars von Kohlrausch hat Lange seinen Täterbegriff erheblich objektiviert. Der Täter muß das Geschehen i n der Hand gehabt, beherrscht und gelenkt haben; die Sachlage muß für i h n beherrschbar sein, und er muß die Tatherrschaft ergreifen 37 . Wenn auch der Gedanke der Tatherrschaft als Ausdruck der subjektiven Theorie bezeichnet wird, so w i r d doch betont, daß diese wirklich vorhanden sein müsse, daß der Handelnde die Kräfte des Mitwirkenden vor seinen eigenen Wagen gespannt, seinen Absichten dienstbar gemacht habe. Entscheidend sei nicht schon die Frage, ob er die Tat als eigene gewollt habe, sondern erst die, ob sie i h m aufgrund des von seinem Willen getragenen Tatbeitrages als eigene zugerechnet werden könne 3 8 . Die Lehre Langes w i r d daher von Maurach den materiell-objektiven Theorien zugerechnet 39 . I m Bereich der mittelbaren Täterschaft ist jedoch der frühere Subjektivismus noch erhalten geblieben. Zwar ist mittelbarer Täter, wer die Sachlage beherrschen kann und w i l l 4 0 , als Herr des Geschehens eine Tat durch einen anderen ausführen läßt 4 1 , aber bei der Bestimmung eines anderen zur vorsätzlichen V e r w i r k lichung eines Tatbestandes soll die Tatherrschaft und damit die mittel34

Täterbegriff 47. Täterbegriff 60. 36 Teilnahme 57, 64, 98; Kohlrausch-Lange, I I 2 a.E. vor §47; ZStW 63, 504; dagegen bes. Welzel ZStW 61, 211 f. 37 I 1 vor § 47 seit der 40. Aufl. 38 So schon die 39./40. Aufl. §47 I ; gegen die subjektive Theorie auch 43. Aufl. Vorb. I I 3 vor §47; allerdings wird hier der Gesichtspunkt der Beherrschung und Steuerung des Geschehen wieder mit dem Adäquanzgedanken zusammengebracht, der sich früher für eine Abgrenzung als unergiebig erwiesen hatte. 39 515; anders allerdings 511 f.: im Prinzip Festhalten an der extrem-subjektiven Theorie mit Einbau gewisser objektiver Sicherungen. 40 I Β 2 vor § 47. 41 §4811. 35

10. Intern-subjektiver Täterbegriff

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bare Täterschaft allein von der Willensrichtung des Bestimmenden abhängen 42 . Dasselbe gilt für die Bestimmung eines Zurechnungsunfähigen 4 3 . Noch deutlicher hieß es i n der 39./40. Aufl., daß i n allen Fällen, i n denen nach dem Gesetz sowohl Anstiftung wie mittelbare Täterschaft i n Frage komme, der Täterwille entscheide 44 . F ü r eine solche Auffassung bildet selbstverständlich die Figur des Täters hinter dem Täter kein Problem. Aber damit w i r d die gerade von Lange geforderte einheitliche Bildung des Täterbegriffs, die für alle Erscheinungsformen der Täterschaft gleichermaßen Gültigkeit habe, aufgegeben. Denn Langes Frage: „ M i t welchem Hecht kehrt man von der sonst verfolgten extensiven Auslegung bei der Mittäterschaft zum Erfordernis der t y p i schen Ausführungshandlung, also zum restriktiven Täterbegriff zurück? Oder umgekehrt: wie rechtfertigt man von hier aus die Anwendung des weiten Täterbegriffs bei der mittelbaren Täterschaft?" 45 ist nunmehr, übertragen auf den Wechsel zwischen „ w i r k l i c h vorhandener Tatherrschaft" und bloßem Täterwillen, gegen i h n selbst zu richten 4 6 . Ein intern-subjektiver Täterbegriff ist schließlich i n enger Anlehnung an Binding , Oetker und Lange auch von Goetzeler vertreten w o r den 4 7 . Hierbei handelt es sich trotz einer solchen Bezeichnung keineswegs u m den extensiven Täterbegriff, was schon daraus hervorgeht, daß Goetzeler die Teilnahmevorschriften als Strafausdehnungsgründe ansieht 48 . Der Aufsatz Goetzelers dient speziell der Rechtfertigung der mittelbaren Täterschaft bei volldeliktisch handelnden Tatmittlern. Der Hintermann sei „nach der ganzen Anlage des Plans, nach seiner Willenstendenz Täter". Es liege ein F a l l überschießender Innentendenz vor; das für die Mittäterschaft entwickelte K r i t e r i u m des Willens als Grundlage der Zurechnung sei auf die mittelbare Täterschaft zu übertragen 4 9 . Die Tendenz des Täters sein kein Schuldelement, sondern ein i m Subjektiven steckengebliebener Teil der objektiven Tatseite 50 . Überraschend ist nur, daß Goetzeler für seinen Täterbegriff den subjektiven Charakter 42

I Β 2 f vor § 47. I Β 2 a vor § 47. 44 I Β 2 vor § 47. 45 Täterbegriff 52. 48 Hiervon streng zu scheiden ist das von Lange ebenfalls im „Modernen Täterbegriff" behandelte Problem, ob sich der Täterbegriff einheitlich für alle Tatbestände bestimmen läßt. Während Lange dieses Ziel durch eine Formalisierung des Täterbegriffs zu erreichen sucht, sieht Schaffstein, ZStW 56, 107, 151 gerade in dem Nachweis der Unmöglichkeit eines insoweit einheitlichen Täterbegriffs das Verdienst der Arbeit von Lange. 47 SJZ 1949, 837 ff. 48 846. 49 840 ff. 50 845. 43

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

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ablehnt und i h m einen gemischten, subjektiv-objektiven unterschieben möchte. Dieser Täterbegriff habe insofern objektiven Charakter, als er die objektive Zurechnung der äußeren durch den physischen Täter verwirklichten Tatseite auf das Konto des Hintermanns i n sich schließe und diese Zurechnung dadurch ihre Rechtfertigung finde, daß der Ausführende i m Auftrag und anstelle des Hintermanns gehandelt habe; der Täterbegriff wurzele somit auch i m Objektiven 5 1 . Bei diesen aus dem Zivilrecht übernommenen Begriffen handelt es sich jedoch um rein fiktive Vereinbarungen einer bestimmten Beteiligtenstellung, die allenfalls für das subjektive K r i t e r i u m des animus auctoris bzw. socii verwertet werden können. Inwiefern das Vorliegen eines Auftrags beachtlich für die Stellung des Hintermanns werden kann, w i r d i m induktiven Teil der Arbeit noch gezeigt werden.

11. Die Übergewichtstheorie Heglers

Eine eigenartige Begründung der mittelbaren Täterschaft stellt die sog. Übergewichtstheorie Heglers dar, die dieser erstmals i n der Festgabe für das Reichsgericht entwickelte 1 . Hegler steht grundsätzlich auf dem Boden der formal-objektiven Teilnahmetheorie und des restriktiven Täterbegriffs 2 . Diese beruht für ihn „auf dem speziell an der Kausalbetrachtung orientierten Übergewichtsgedanken" 3 . Für den Fall der mittelbaren Täterschaft muß „der normale Begriff ,Täter' erweitert" werden 4 , und zwar durch „einen zweiten, gegenläufigen Übergewichtsgedanken": der Mangel eigener Ausführungshandlung werde überkompensiert durch andere Verbrechensmomente, Voraussetzungen der Strafbarkeit, die nur beim Hintermann vorliegen 5 . Diese Momente liegen für Hegler teils auf dem Gebiet der Schuld, teils auf dem Gebiet der Rechtswidrigkeit 6 . Eine größere Gefährlichkeit i m Sinne einer am Kausalgedanken orientierten Betrachtungsweise liege nicht vor, da man den Unzurechnungsfähigen, Irrenden usw. keineswegs mehr i n der Hand habe als den Normalen, insbesondere der Geisteskranke unberechenbarer sein könne als jeder Normale 7 . Auch die subjektive Teilnahmetheorie ist nach Hegler eine Überge51 1

846.

Bd. 5, 305 ff. 306 f.; Schmidt-Festschrift 24; Frank-Festgabe I 319. 5 307; Schmidt-Festschrift 24. 4 Schmidt-Festschrift 25 N. 85. 5 306 f.; Schmidt-Festschrift 24. « 307 f. 7 309 N. 17. 2

11. Übergewichtstheorie Heglers

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wichtstheorie, die allerdings den Nachweis, daß i n allen von i h r angenommenen Fällen mittelbarer Täterschaft w i r k l i c h ein subjektives Übergewichtsverhältnis vorliege, nicht führen und damit das Problem der mittelbaren Täterschaft nicht lösen könne 8 . Der zentrale Gegensatz liege somit nicht i n der Frage objektive-subjektive Theorie, sondern i n der Frage Übergewichts- oder Gleichgewichtstheorie. Unter der letzteren versteht er den von Eb. Schmidt, Mezger und v. Hippel vertretenen extensiven Täterbegriff 0 . Der Heglerschen Übergewichtstheorie sind insbesondere zwei Einwände zum Verhängnis geworden. Zunächst bezeichnete Eb. Schmidt das Übergewicht als „ n u r eine Metapher" 1 0 — ein Vorwurf, den gerade Hegler dem Begriff „Werkzeug" gegenüber erhoben hatte 1 1 . Später warf Lange der Übergewichtstheorie einen sekundären Täterbegriff vor 1 2 . Beide Einwände sind jedoch nicht ganz zutreffend. Bei dem Begriff Übergewicht handelt es sich durchaus u m einen wertenden Begriff 1 3 , der ausdrücklich 14 oder indirekt auch i n der modernen materiell-objektiven Theorie wiederkehrt. Der primäre Täterbegriff w i r d später noch eingehend kritisch erörtert werden (s. u. C 3). Richtig ist der Einwand des sekundären Täterbegriffs nur insoweit, als er die Abhängigkeit der mittelbaren Täterschaft von dem rein formalen Fehlen von Verbrechensmerkmalen beim Ausführenden, von dem Defektcharakter seiner Handlung abhängig macht. Denn wenn sich auch Hegler dagegen wendet, aus dem bloßen Nichtvorliegen von Anstiftung und Beihilfe bereits auf die Täterschaft zu schließen, und eine positive Begründung der mittelbaren Täterschaft verlangt, so sieht er dieses Positivum doch wieder nur i n dem formellen Vorliegen von Verbrechenselementen beim Hintermann, die beim Ausführenden nicht gegeben sind. Die Auffassung der mittelbaren Täterschaft als Lückenbüßer bei Defekthandlungen des Ausführenden ist somit noch nicht verlassen; das Minus beim Ausführenden ist bei gleichbleibendem Gehalt i n ein Plus beim Hintermann verwandelt 1 5 . Der größte Vorzug der HegZerschen Lehre liegt jedoch i n der Beibehaltung der formal-objektiven (wenn auch materiell-objektiv begründeten) Theorie für den Ausführenden und ihrer Kombination m i t einem • 315 f. • Schmidt-Festschrift 22. 10

Frank-Festgabe I I 121; ihm folgend Grünhut JW 32, 366; Bahr 28; H. Mayer 306. 11

12 18

14 15

307. Täterbegriff 66; ebenso Maurach 496. So auch Hegler, Schmidt-Festschrift 21.

Gallas Mat. I 134. Vgl. auch Grünhut JW 1932, 366.

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A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

„gegenläufigen Übergewichtsgedanken". Wenn dieser auch bei Hegler wiederum formal, nämlich formal-negativ, bestimmt wird, so hat der Formalismus hier doch ein anderes Bezugsobjekt als bei der Betrachtung des Ausführenden. I m Dritten Teil der Arbeit soll gezeigt werden, daß dieses Prinzip des Methodendualismus auch für die modernen, materiellen Täterlehren fruchtbar gemacht werden kann.

12. Die Täterschaft als Verwirklichung eines besonderen Handlungsunwerts (Engisch, H. Mayer)

Die Brauchbarkeit des Begriffs der Finalität für die Teilnahmelehre i n Zweifel stellend, hat Engisch vorgeschlagen, den ebenfalls von Welzel eingeführten Begriff des Handlungsunwerts zur Grundlage der Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme zu machen 1 . Die Täterschaft sei durch einen spezifischen Handlungsunwert gekennzeichnet, der am deutlichsten bei der eigenhändigen Täterschaft i n Erscheinung trete, aber auch beim Mißbrauch von Tatmittlern i n Erscheinung treten könne. Wer selbst eine Tat begehe, stehe m i t dem Tatobjekt und der ganzen Situation i n einem unmittelbaren Kontakt, empfange von hier aus lockende wie hemmende Reize, so daß die sozialethische Beurteilung eine andere sei, als wenn man einen vorsätzlich handelnden Haupttäter zur Tat verführe oder i h m bei ihr behilflich sei. Den Gegensatz zwischen Erfolgs- und Handlungsunwert hatte schon früher Lange für die Teilnahmelehre herangezogen (s. o. A I I 10). Er hatte den Unterschied allerdings durch die Annahme eines besonderen subjektiven Unrechtselements für die Täterschaft begründet 2 und scheint den Handlungsunwert der Täterschaft heute auf die eigenhändigen, die Sonderdelikte u. ä. zu beschränken 3 . Eine ähnliche Auffassung wie Engisch vertritt H. Mayer. Dieser war i n seinem „Strafrecht des Deutschen Volkes" als Anhänger und Verfeinerer der Belingschen Lehre vom Lebenssprachgebrauch als Grundlage der Täterlehre erschienen (s. o. A I I 6). I m Rahmen dieses Lebenssprachgebrauchs fand das Moment des Handlungsunwerts bereits i n gewissem Maße Berücksichtigung 4 . I m „Strafrecht" war die Z w i schenschaltung des Lebenssprachgebrauchs bereits ganz verschwunden. Die „entscheidende Erkenntnis" sei, daß es für die rechtliche Wertung der Tat grundsätzlich gleichgültig sei, ob der Täter die Tat eigenhändig 1 2 3 4

ZStW 66,385. Teilnahme 58 f. I I 2 a. E. vor § 47. 324,330.

12. Täterschaft als Verwirklichung eines besonderen Aktunwerts

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ausgeführt, oder sich der Hilfe fremder Hände bedient habe. Die „gesetzliche Grundlage" des weiten Täterbegriffs lieferten die Tatbestandsbeschreibungen des Besonderen Teils, die i m allgemeinen auch die fremdhändige Begehung umfaßten 5 . Der Unterschied zwischen eigenhändiger und fremdhändiger Begehungsweise sei rein äußerlich und daher für das Recht irrelevant 6 . Bei der Teilnahme sei das Verhältnis von der Täterschaft objektiv und subjektiv völlig verschieden: objektiv stehe der Anstifter i n einem viel loseren Verhältnis zur Tat und subjekt i v habe er die Entschuldigung, daß er nicht selbst seine Hände beflecke, also die Gegengründe gegen die Tat nicht voll empfinden könne 7 . Endgültig ausgesprochen w i r d der Gedanke dann i n der Rittler-Festschrift. Der Sinn des tatbestandsbezogenen Täterbegriffs sei nicht der „Unsinn einer bloßen Wortauslegung". Es komme vielmehr auf die typische Tätigkeit, das Setzen des für den Tatbestand wesentlichen Aktunwerts an. Dies sei bei der mittelbaren Täterschaft der Fall 8 . Die Schwäche dieser Theorie liegt darin, daß der Begriff der Handlung und damit auch des Handlungsunwerts weiterer Ausfüllung bedarf. Der Hinweis Engischs auf den „unmittelbaren Kontakt mit dem Tatobjekt und der ganzen Situation" und auf die „lockenden und hemmenden Reize" paßt uneingeschränkt nur für die Ausführungshandlung. Insofern deckt sich diese Ansicht m i t älteren Meinungen, die freilich noch nicht über den modernen Begriffsapparat verfügten, sondern sich mit allgemeinen Hinweisen auf die größere verbrecherische Energie des Ausführenden begnügten 9 . Dagegen werden — rein psychologisch gesehen — der militärische Befehl oder die Nötigung zu einer Straftat oder auch die Benutzung eines Zurechnungsunfähigen vielfach gerade erfolgen, um dem „unmittelbaren Kontakt" m i t seinen „hemmenden Reizen", u m dem Handlungsunwert i n dem oben umrissenen Sinne zu entgehen. Die Fälle, i n denen die Benutzung eines Werkzeugs nur deswegen erfolgt, weil dieses rein faktisch zur Tat besser geeignet ist, also i m Wege der Arbeitsteilung, sind demgegenüber selten. Binding hatte dementsprechend i n der Scheu des mittelbaren Täters (der bei i h m allerdings auch den größten Teil der Anstifterfälle umfaßt) vor der eigenhändigen Tatbegehung sogar einen Strafmilderungsgrund gesehen, der jedoch durch die Vermehrung der Verbrechenstäter aufgehoben werde 1 0 . Umgekehrt w i r d die Ansicht vertreten, daß grundsätzlich den Anstifter eine höhere Schuld treffe, weil er nicht selbst „seine Haut zu 8

304 f. 306. 7 319. • 249. β

• Klee GA 67, 101. 19

GS 71,18.

58

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

Markte trägt 4 ' 1 1 . Gegen diese Auffassung spricht ferner, daß die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft bei den eigenhändigen Delikten gerade m i t der Begründung ausgeschlossen wird, daß der mittelbare Täter nicht den erforderlichen Handlungsunwert verwirkliche 1 2 . Die Erstreckung des Handlungsunwerts auf den mittelbaren Täter müßte also noch besonders erwiesen werden. Dabei erhebt sich dann das weitere Problem, wie weit unter dem Gesichtspunkt des Handlungsunwerts der Umfang der mittelbaren Täterschaft zu bestimmen ist; insbesondere gegenüber dem Täter hinter dem Täter läßt der Begriff des Handlungsunwerts völlig i m Stich. Soll das Abstellen auf den Handlungsunwert somit nicht wieder zu der formal-objektiven Teilnahmelehre zurückführen, so müssen Handlung und Handlungsunwert über die bloße Ausführung hinaus materiell bestimmt werden, wobei man dann w o h l doch wieder auf die Kriterien der materiell-objektiven Theorie stößt. Gleichwohl ist der Gesichtspunkt eines besonderen Handlungsunwerts der Ausführungshandlung durchaus beachtlich für die Beurteilung eines unter fremder „Tatherrschaft" stehenden volldeliktisch handelnden Ausführenden. Eine entsprechende Auswertung dieses Gesichtspunkts bleibt dem Dritten Teil der Arbeit vorbehalten (s.u.C4).

13. Die Täterschaft als Tatherrschaft

a) D i e E n t w i c k l u n g d e r

Tatherrschaftslehre

Die finale Handlungslehre hat die Abhängigkeit der Teilnahmelehre von der Handlungslehre herausgestellt und damit zugleich der subjektiven Teilnahmelehre und dem extensiven Täterbegriff ihre Abhängigkeit von der kausalen Handlungslehre nachgewiesen. Wie die menschliche Handlung finale Ausübung der Zwecktätigkeit 1 , ein vom steuernden Willen beherrschtes, auf einen bestimmten Erfolg gerichtetes Verhalten 2 ist, so ist die Täterschaft durch die finale Herrschaft über die Tat gekennzeichnet 3 . Über die Entwicklung dieser Lehre soll zunächst ein kurzer Überblick gegeben werden. Der Grundgedanke k l i n g t bereits i m Jahre 1901 i n verblüffend moderner Form bei Mittermaier an: er w i r f t υ. Buri seine „völlige Vernachlässigung des Handlungsbegriffs" v o r 4 und beklagt, daß Liepmann, 11 11 1

Beling, Methodik 98; Kloß-Lobe-Riß-Statz-Thomsen Welzel 95; Gallas Mat. I 133. Welzel 28.

* Maurach 126 f. a 4

Welzel 90; Μaurach 492. ZStW 21, 246.

DRZ 1915, 304.

13. Täterschaft als Tatherrschaft

59

wo er vom Begriff der Handlung spreche, die mittelbare Täterschaft nicht anführe und so ein wichtiges M i t t e l der Klarstellung vernachlässige 5 . Es sei daher nicht jeder Verursacher strafrechtlich relevanter Täter; Mittelpunkt der strafrechtlichen Betrachtung sei vielmehr die Handlung 6 . Diese enthalte subjektive wie objektive Momente 7 , sie sei Willensäußerung 8 , Tätigwerden i n Verbindung m i t einem Erfolge 9 . I n RG 4, 260 falle dem Richter der Unterschied zwischen der bestimmten Handlung des Strafgesetzes und der Verursachung auf 1 0 . Bei der mittelbaren Täterschaft liege hinsichtlich des Erfolgs keine Handlung des Ausführenden, sondern nur eine Handlung, die des Hintermanns, vor 1 1 . Freilich kann sich Mittermaier von der formal-objektiven Theorie noch nicht lösen; die Tätigkeit des mittelbaren Täters w i r d so i n eine Ausführungshandlung umgedeutet 12 . Der Begriff der „Tatherrschaft" als solcher dürfte zum ersten M a l i m Jahre 1915 bei Hegler auftauchen 18 . Die „volle Tatherrschaft" w i r d dabei als weitere Materialisierung der Vorwerfbarkeit als materiellen Inhalts der Schuld angesehen. Die Schuld i. e. S. (Vorsatz und Fahrlässigkeit) ist dagegen die „Herrschaft über die Tat als sobeschaffene" 14 . Eine Beziehung zur Täterlehre liegt schon hier insofern vor, als Hegler von der Unterscheidung Tat — Täter ausgeht 15 und i n diesem Zusammenhange prüft, ob die Tat „ m i t seiner (des Täters) Person verkettet", „seine Tat" gewesen sei. Da die letztere Formulierung später von Lange zur Grundlage seines Täterbegriffs gemacht wurde 1 6 , ergibt sich das Kuriosum, daß die Ausführungen Heglers zur Schuld Grundlage für zwei verschiedene Täterlehren geworden sind. Deutliche Anklänge an die spätere Teilnahmelehre der finalen Handlungslehre, wie überhaupt an diese, finden sich bei Honig: „Aus dem Prinzip der Zweckhaftigkeit ergibt sich ferner Rechtfertigung und I n haltsbestimmung der ,mittelbaren Täterschaft'. Ist nämlich Täter allein der, für den das Geschehen beherrschbar und dem es daher zurechenbar ist, so ist Täter auch der, welcher sich zur Ausführung der Tat bewußt 5

235. • 238. 7 242. 8 250. • 237. *· 256. 11 247 f. 11 240, 248. 13 ZStW 36, 19 ff., 184 f. 14 32 N. 36, 197, 208. 15 Vgl. später Erik Wolf , ZAkDR 1936, 358 ff.; Gallas , schrift 69. 18 Täterbegriff 37 f., 43, s. o. 10.

Gleispach-Fest-

60

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

eines Zurechnungsunfähigen oder i n einem I r r t u m oder i n einer Zwangslage Befindlichen bedient" 1 7 . I h m schloß sich Bruns an. Allerdings läßt er die Grenze zwischen Täterschaft und Teilnahme unter Zuhilfenahme der minimalen Akzessorietät rein nach dem äußeren Geschehen verlaufen. Die „Möglichkeit der Tatherrschaft" (die Bruns von der „tatsächlich ausgeübten Tatherrschaft" als Schuld trennt) verliert dadurch ihre Bedeutung für die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme und verblaßt zum Adäquanzgedanken, der — wie bei Lange (s. o. A I I 10) — nur noch die Fälle des aufs Feld geschickten und vom Blitz getöteten Knechtes ausscheiden kann 1 8 . Während v. Webers Schüler Käpernick dessen Umbau des Strafrechtssystems 19 nur dazu benutzt, die Fälle des unvorsätzlichen und absichtslosen Werkzeugs als solche der fehlenden Rechtswidrigkeit einzugruppieren, i m übrigen aber vom extensiven Täterbegriff ausgeht 20 , versucht Berges, die mittelbare Täterschaft selbst aus der „subjektivpsychologischen" Rechtswidrigkeitslehre zu begründen. Dabei stößt er sogar zur Handlungslehre vor und spricht von dem „aus der Schuld ausgeschiedenen, intellektuellen Teil der Handlung und seiner Einordnung i m Bereich der Teilnahme", der „Vorstellungs- und Willensseite der Handlung", dem „auch den Willensinhalt mitberücksichtigenden Handlungsbegriff" 21 . Die Täterschaft sei „vom Täter beherrscht", die Teilnahme Beteiligung an „fremd beherrschter Tatbestandserfüll u n g " 2 2 . Den Begriff der Ausführung dehnt Berges auf „die vom Täter i m Rahmen des tatbestandsmäßigen Geschehens ,selbsterkannte 4 Tätigkeit" aus 23 . Die Schwächen der Ausführungen von Berges liegen darin, daß er letztlich die bloße Verursachung der Ausführungshandlung ihrer Selbstvornahme gleichsetzt, sofern diese nur vorsätzlich erfolgt 2 4 , und ferner, daß er immer noch einen formal-negativen Täterbegriff vertritt, indem erst das Fehlen der Tatbestandsmäßigkeit — freilich i n dem erweiterten Sinne — den Weg für die mittelbare Täterschaft „frei macht" 2 5 . Auf die „Tatherrschaft" des Hintermanns i m Dohna-Fall (s. u. Β 4) stellt auch Simons ab 2 6 , dessen Bedeutung für die Entwicklung der 17

Frank-Festgabe 1200. 70 ff. 19 Grundriß des tschechoslowakischen Straf rechts, 1929; Die garantierende Funktion der Strafgesetze, DJZ 1931, 663 ff.; vgl. später Zum Aufbau des Strafrechtssystems 1935. 20 8 ff., 67 ff., 103 ff. 21 90 f., 94 N. 239. » 95. M 95. 18

14

M le

100. 97. GS 101,247.

13. Täterschaft als Tatherrschaft

61

Lehre vom Täter hinter dem Täter später noch hervortreten w i r d (s. u. AIV). I n der 5. Aufl. des Leipziger Kommentars übertrug ferner Lobe den Begriff der Tatherrschaft auf die Teilnahmelehre. Das Wesen der Täterschaft liege nicht lediglich i n dem Wollen der Tat als eigene, sondern dazu müsse eine Willenserklärung treten, bei der der Wille die seiner Verwirklichung dienende Ausführung beherrsche und lenke. Die Täterschaft bestimme sich somit nach objektiv-subjektiven Merkmalen, dem Wollen des Erfolgs und der tatsächlichen Beherrschung und Lenkung der Ausführung, dem animus domini und dem entsprechenden w i r k lichen dominare bei der Ausführung 2 7 . Lobe entwickelt diese Kriterien zunächst für die Alleintäterschaft und dehnt sie — dogmatisch vorbildlich — erst dann auf die anderen Formen der Täterschaft aus 28 . A l l e r dings bestimmt Lobe die mittelbare Täterschaft inhaltlich rein formal: Mittelbare Täterschaft liege dann vor, wenn der unmittelbar Handelnde als Täter nicht i n Betracht komme 2 9 . Zurück auf die ursprüngliche Bedeutung des Begriffs i. S. der Schuld ging wiederum H. Mayer 30. Die erwähnten Gedankengänge wurden schließlich von Welzel aufgenommen und i n sein schon früher entworfenes System eingebaut 31 . Die entsprechenden Erwägungen finden sich bei Welzel bereits i n der Handlungslehre und werden aus dieser dogmatischen Grundlage wieder für die Teilnahmelehre zurückgeleitet. Wie Lobe, Kohlrausch 32 und Lange 3 3 den Willen, die Tat als eigene zu begehen, zum Wesenselement des Täters erheben, so zieht Welzel ihn zur Handlung 3 4 ; wie Lobe i m Täterbegriff, so faßt Welzel i m Handlungsbegriff Willen u n d Willensverwirklichung zusammen 35 . „Die ganze Trennung »objektiv-subjektiv' ist dort, wo es sich um Handlungsprobleme dreht, verfehlt" 3 6 . Schon auf der Ebene der Handlung t r i t t dann auch der Begriff der Tatherrschaft auf, zu welcher zunächst der Vorsatz gehört 3 7 . Die Tatherrschaft 27 Einf. § 23 1, § 24 b cc, A d, § 28, § 30 2, Anm. 2 a zu § 47. Auf das weithin in Vergessenheit geratene Verdienst Lobes weist auch Roxin 65 hin. 28 § 23 1 : „Damit wird auch eine hinreichende Abgrenzung der Teilnahme von der Täterschaft ermöglicht." 29 § 24 b dd. 30 Straf recht 1936, 264 ff.; A T 214 N. 33, 238. 31 ZStW 58, 491 ff.; vgl. früher ZStW 51, 703 ff.; Materialismus und Wertphilosophie im Strafrecht, 1935, S. 78 ff. 32 ZStW 55, 392 ff. 33 Täterbegriff 47, 59 ff. 34 ZStW 58, 500. 35 498, 503. 36 SJZ 1947, 649. 37 ZStW 58, 522.

62

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

w i r d jedoch — womit wiederum an die von Lobe geforderte Willensverwirklichung angeknüpft w i r d — nicht rein subjektiv, sondern als „ein die Wirklichkeit bewußt gestaltender Faktor", m i t einer „objektivfinalen Funktion" versehen, aufgefaßt 38 . Die finale Tatherrschaft ist „ein subjektives Moment", das „jedoch mehr ist als ,bloß' subjektiv" 3 ®. Der Begriff der Tatherrschaft erhält dann seine eigentliche Funktion i m Bereich der Teilnahmelehre als der „Probe auf das Exempel, das i n der Dogmatik der strafbaren Handlung aufgestellt ist" 4 0 . „Finale Täterschaft ist die umfassendste Form finaler Tatherrschaft 41 ." Diese Lehre wurde später von Maurach* 2, Gallas 43, Less 44 , Niese 45 , Jescheck 4e, Heinitz 47, Kielwein 47a, Sax* 9, Bockelmann 49, Dahm50, B l e i 5 1 und Roxin 52 übernommen, allerdings m i t erheblichen Nuancen, die i m folgenden zu erörtern sind. Z u einer rein subjektiven Teilnahmelehre w i r d der Begriff der Tatherrschaft dagegen verwertet von Rietzsch 52a und v. Weber 63; auch Busch 54 zeigt stark subjektivistische Züge. b) T a t h e r r s c h a f t

und

Handlungslehre

Es leuchtet nun ohne weiteres ein, daß die finale Handlungslehre ihre Teilnahmelehre nicht unmittelbar aus ihrem strafrechtlichen Handlungsbegriff herleiten kann. Z u diesem Zweck mußte Mittermaier das Vorliegen einer relevanten Handlung beim Werkzeug leugnen 5 5 ; auch Welzel versuchte anfangs, das Vorliegen einer Handlung beim Werkzeug zu bestreiten 56 . Nach der finalen Handlungslehre nehmen aber nicht nur die Teilnehmer 5 7 , sondern z. T. sogar das Werkzeug 38

ZStW 58,502. 542. 40 537. 41 539. 42 Grundriß 126 ff. 43 D R Z 1950, 67; Mat. I 121 ff. 44 JZ 1951, 550. 45 DRiZ 1952, 21. 46 SchweizZStrR 71, 235. 47 JR 1954, 405. 47a GA 1955, 227. 48 ZStW 69, 433 f.; JZ 1963, 338. 39

49 50

51

101,122.

M D R 1959, 510.

Mezger-Blei 223.

" 307 ff. 62 a D J 1943, 311. 53 Grundriß 65. 54 18. 55 ZStW 21, 247 f. 56 ZStW 58, 544 f. 57

Vgl. Gallas Mat. I 128, Beiträge 10 ff.; H. Mayer 305; Engisch ZStW 66,

384f., Eb.Schmidt-Festschrift 113f.; Jescheck SchweizZStrR71, 234; Roxin319;

Nowakowski JZ 1956, 546.

13. Täterschaft als Tatherrschaft

63

finale Handlungen vor. Auch die finale Handlungslehre sieht sich daher genötigt, zwischen der Haupttat und den Teilnahmehandlungen 58 bzw. zwischen „Handlungen verschiedenen Sinngehalts" 5 9 zu unterscheiden. Auch die Heranziehung des Moments der Tatbestandsmäßigkeit 60 versagt, solange ihr Inhalt nicht näher bestimmt w i r d 6 1 . Das Moment der Tatherrschaft ist somit ein zusätzliches Moment, das i m Bereich der Teilnahme zum strafrechtlichen Handlungsbegriff hinzutritt. Freilich kann die finale Handlungslehre hierbei auf ihren vorstrafrechtlichen Handlungsbegriff zurückgreifen, der die Handlung als Willensverwirklichung, als vom steuernden Willen beherrschtes, auf einen bestimmten Erfolg gerichtetes, Verhalten bestimmt 6 2 . Eine Übertragung dieses Handlungsbegriffs auf die Teilnahmelehre ist jedoch nur dadurch möglich, daß entweder das Moment der Tatbeherrschung bei der Alleintäterschaft zum Vorsatz verkümmert, oder aber daß die Tatherrschaft bei der Teilnahme potenziert wird, sich gewissermaßen i m zweiten Stock bewegt, indem die Beherrschung des äußeren Geschehens die der anderen Beteiligten m i t einbegreift. I n jedem Fall t r i t t i n der Teilnahmelehre ein gegenüber dem Handlungsbegriff zusätzliches Moment hinzu. Das Schwanken zwischen der offenen Anerkennung dieses zusätzlichen Moments und seiner unmittelbaren Ableitung aus dem Handlungsbegriff bereitet der finalen Handlungslehre bis heute gewisse Schwierigkeiten und ist der Grund für die dogmatisch erheblichen Abweichungen unter ihren Vertretern. c) D i e T a t h e r r s c h a f t b e i m g e n ö t i g t e n und ζ u r ech η u η g su η f äh i g eη W e r k z e u g Das Problem zeigt sich zuächst i n den Fällen des genötigten und zurechnungsunfähigen Werkzeugs. Unbefriedigend bleibt die auf einer radikalen Gleichsetzung von Vorsatz und Tatherrschaft beruhende Auffassung Stra tenwerths: von der Frage, ob der Tatmittler vorsätzlich handele oder nicht, hänge es ab, wer die Situation beherrsche 63 . Diese Auffassung kann das genötigte oder zurechnungsunfähige Werkzeug überhaupt nicht erfassen. Welzel hatte hier ursprünglich die Tatherrschaft des Werkzeugs verneint und dabei die Deckung m i t der Finalität durch ein kompliziertes Abstellen auf den eigenen Verwirklichungswillen zu erhalten versucht 64 . Dagegen hatte schon 1940 Lange auf das Vorliegen 58

Welzel 99; Maurach 527, 547 ff. " Gallas Mat. I 126. 80 Welzel 90; Maurach 491; Gallas Mat. I 126 ff., 132 f. 81 Vgl. Nowakowski a.a.O. 82

83 84

Maurach 146; vgl. auch Roxin 319 f.: „ontologischer Anknüpfungspunkt". Natur der Sache 15. ZStW 58, 544; Lehrb., 3. Aufl. 74.

64

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

der Tatherrschaft i n diesem Fall hingewiesen 05 , und auch Gallas gelangte später zur Tatherrschaft, da der Tatmittler vorsätzlich die tatbestandsmäßige Handlung selbst vornehme und schon per definitionem die Tatherrschaft ausübe 66 . Dieser Auffassung hat sich dann Welzel i n der 6. Aufl. seines Lehrbuchs angeschlossen67. Damit ist zwar die Deckung zwischen der Finalität und der Tatherrschaft wieder hergestellt; die Problematik setzt aber nun „ein Stockwerk höher" ein, indem die mittelbare Täterschaft nur noch m i t einer „überlegenen Tatherrschaft" des Hintermanns begründet werden kann 6 8 . Durch die Graduierung der Tatherrschaft ist die Deckung mit der Finalität wiederum begriffsnotwendig zerrissen und doch wieder ein materielles Moment i n sie eingedrungen. Übrigens w i r d bei Welzel die Deckung zwischen Finalität und Tatherrschaft auch durch das Nachwirken seiner früheren Auffassung beeinträchtigt: obwohl der finale Verwirklichungswille, der eigene Willensentschluß das generelle Moment der Tatherrschaft ist, soll i n den genannten Fällen die Überlegenheit der Tatherrschaft auf dem Fehlen eines eigenen Verwirklichungswillens beim Werkzeug beruhen 6 9 . Ferner soll das Werkzeug (trotz Tatherrschaft?) Gehilfe zur Tat des Hintermanns sein. Darüberhinaus soll der auf Grund rechtswidrigen Befehls handelnde Untergebene mangels eigenen Willensentschlusses nur Gehilfe sein; die Auffassung, daß der einen Tatbestand unmittelbar Verwirklichende stets Täter sei, würde lediglich die objektivistische Gegenposition zum Subjektivismus des Reichsgerichts bringen 70 . Welzel gelangt hier praktisch zum dolosen Gehilfenwerkzeug. Eine ähnliche Graduierung der Tatherrschaft wie bei Welzel und damit ihre Trennung von der Finalität findet sich bei Gallas, der für den Hintermann auf die Herrschaft über das „Gesamtgeschehen" abstellt 7 1 . Denn dabei könnte die Tatherrschaft des Werkzeugs nur von diesem aus betrachtet bejaht werden, womit einmal i n einem Teilbereich der interne Täterbegriff Bindings, Kohlrauschs und Langes (s. o. A I I 10) anerkannt und zum anderen ein Systembruch vorliegen würde. Noch eklatanter w i r d dieser Wechsel des Beurteilungsstandpunktes dann bei Roxin, der allerdings auch nicht den Anspruch erhebt, den Begriff der Tatherrschaft einheitlich aus dem finalen Handlungsbegriff zu entwickeln: er gliedert die Tatherrschaft auf i n die (auch beim genötigten, zurechnungsunfähigen und i m Verbotsirrtum handelnden 85

Teilnahme 78. ·· Mat. I 133; Beiträge 15. 87 88 f.

88

88 70 71

Welzel 90 f. 90,91. 92; M D R 1949, 373. Mat. I 134; Beiträge 15.

13. Täterschaft als Tatherrschaft

65

Werkzeug gegebene) Handlungsherrschaft, die Willensherrschaft des mittelbaren Täters und die funktionelle Tatherrschaft des Mittäters. Dabei zerfällt die Willensherrschaft wiederum i n die auf der gesetzlichen Verantwortungsverteilung beruhende Willensherrschaft kraft Nötigung, die auf finaler Überdetermination beruhende Willensherrschaft kraft Irrtums (in vier Stufen!) und die Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate, für welche jeweils völlig verschiedene Hegeln gelten. Die Tatherrschaft bleibt hier nur mehr ein „offener Begriff", der nach Roxin durch ein beschreibendes Verfahren mit Einbau von Regulativen gekennzeichnet ist 7 2 . Maurach entgeht dieser Problematik dadurch, daß er die Tatherrschaft offen von der Finalität löst, sie damit völlig materialisiert und sie nur noch beim mittelbaren Täter bejaht 7 3 . Die Tatherrschaft muß dabei mit außerhalb der Finalität bzw. des Verwirklichungswillens liegenden Kriterien umschrieben werden. „Der Inhalt der mittelbaren Täterschaft ist auf materielle und positive und nicht . . . auf formelle und negative Weise zu ermitteln 7 4 ." Solche Umschreibungen sind: „das vom Vorsatz umfaßte In-Händen-Halten des tatbestandsmäßigen Geschehensablaufs, die dem Handelnden bewußte Möglichkeit finaler tatbestandsgestaltender Steuerung" 7 5 , der Hintermann hat „den Ablauf der Geschehnisse unter Kontrolle" 7 6 , i h m verbleibt eine „Kraftreserve", er „mißbraucht" das Werkzeug, er ist „Dirigent" der Handlung 7 7 , das Werkzeug w i r d vom Hintermann „überspielt" 7 8 . Die Tatherrschaft ist ein „real wirkender F a k t o r " 7 9 ; sie ergibt sich aus der „Ermittlung des Kräfteverhältnisses und des realen Einsatzes der einzelnen Tatbeiträge" 8 0 . Die Tatherrschaft w i r d dadurch zu einem Exklusivbegriff, der gleichzeitig fremde Täterschaft ausschließt. Inkonsequent ist es allerdings, wenn Maurach die Straflosigkeit der Beteiligung an der Notstandstat damit begründet, daß die Tatherrschaft beim Notstandstäter verblieben sei 81 . Denn Maurach nimmt m i t Recht mittelbare Täterschaft an, wenn der Hintermann den Notstand herbeiführt oder dolos provoziert 8 2 . Für die Tatherrschaft des Notstandstäters muß doch aber die Herkunft des Notstands gleichgültig sein (s. näher u. A I I I 1 d). Der Materialisierung des Begriffs der Tatherrschaft durch Maurach folgen Lange 8 3 , wenngleich auch bei i h m noch deutlich sein früherer „ i n terner" Täterbegriff zum Ausdruck kommt (s. o. A I I 10), Jescheck 84 und Blei 85. Eine solche Auffassung der Tatherrschaft ähnelt übrigens für 72 73 74 75 76 77 78

122 ff., 578 ff. 492, 495. 495. 492. 496. 497. 567.

5 Schroeder

79 80 81 82 83 84

85

498. 517. 311. 502. Β 2 vor § 47. SchweizZStrR 71, 235.

Mezger-Blei 223 ff.

66

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

die Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe der früheren Unterscheidung von Haupt- und Nebengehilfen 86 , vor allem, wenn Maurach formuliert, die Tatherrschaft sei die Fähigkeit, die V e r w i r k lichung des Gesamterfolgs je nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen zu können 8 7 . Die Tatsache, daß „schon Berner" diese Unterscheidung abgelehnt hat, besagt entgegen Nowakowski 88 nichts gegen sie. Das alte Gegenbeispiel der Lieferung eines unentbehrlichen Werkzeugs 80 verfängt nicht, wenn man für die ganze Dauer der Tat die Fähigkeit, die „Verwirklichung des Gesamterfolgs nach seinem W i l len hemmen oder ablaufen lassen zu können", verlangt. Der bloße Werkzeuglieferant hat dagegen die M i t w i r k u n g „aus der Hand gegeben". Schon früher wurde ja die Theorie von der Haupthilfe erfolgreich dadurch korrigiert, daß man Haupthilfe während der Tat verlangte 9 0 . Für das Verwirklichungsstadium anerkennt neuerdings auch Roxin die Brauchbarkeit der Notwendigkeitstheorie 91 .

d) O b j e k t i v e r o d e r o b j e k t i v - s u b j e k t i v e r Charakter derΤ atherrschaft Die Trennung der Tatherrschaft von der Finalität zeigt sich ferner darin, daß Maurach 92, Niese 93 und Sax 94 die Tatherrschaft als „objektives Merkmal" ansehen, während Welzel 95, Gallas 96 und Roxin 96a die untrennbare Einheit von subjektiven und objektiven Momenten i m Begriff der Tatherrschaft betonen. Maurach treibt die Spaltung von Tatherrschaft und Finalität so weit voran, daß die Finalität beim Täter wie beim Teilnehmer die gleiche ist und sich erst am objektiven (dem Täter nicht einmal bekannten) Merkmal der Tatherrschaft die Beteiligtenstellung ergibt 9 7 . 88

S. dazu v. Birkmeyer

87

517. JZ 1956, 548.

88

89 90 91

34; v. Hippel 442; Berner 217 ff.; Roxin 38 ff.

Berner a.a.O.; Nowakowski Vgl. v. Birkmeyer 34.

a.a.O.; Roxin 41.

38 ff., 280, 282, 302, 323. 492, 495, 517. 93 DRiZ 1952,23. 94 JZ 1963, 338; ZStW 69, 431, 433. 95 98; ZStW 58, 502, 543; SJZ 1947, 650. 98 Mat. I 126 ff.; Beiträge 4, 11; JZ 1960, 650 f. 98a 316. 97 529; im Widerspruch dazu allerdings Seite 492 (die dem Mitwirkenden bewußte Möglichkeit finaler Steuerung), 492, 517 (das vom Vorsatz umfaßte In-Händen-Halten des Geschehensablaufs). Anders daher die 3. Aufl. 92

13. Täterschaft als Tatherrschaft

67

e) D i e T a t h e r r s c h a f t beim a b s i c h t s - u n d b e i m q u a1 i f i k at i οη s1 ο seη W er k ζ e u g Bei den Problemen des absichts- und des qualifikationslosen Werkzeugs und des einen Tatbestand volldeliktisch Erfüllenden stößt die finale Handlungslehre nun noch zusätzlich auf die Probleme, die sich allen materiellen Theorien stellen (s. ο. A I I 8 und u. A I I I 4). Belastet man den Begriff der Tatherrschaft noch m i t den von den Absichtsdelikten und den echten Sonderdelikten verlangten Merkmalen, so w i r d die Distanz zur Finalität noch größer. Welzel hat dies erkannt und zunächst eine „soziale Tatherrschaft" i m Unterschied zu der finalen Tatherrschaft angenommen 98 . Damit war aber nicht nur die einheitliche Grundlage der Tatherrschaft aufgegeben, sondern diese auch i n einem Teilbereich von der finalen Grundlage völlig gelöst. Heute gründet er daher die mittelbare Täterschaft i n diesen Fällen auf das Fehlen der speziellen täterschaftlichen Merkmale 9 9 . Damit ist zwar die Belastung des Begriffs der Tatherrschaft aufgegeben, aber die mittelbare Täterschaft ist nach wie vor aufgespalten, und i m letzteren Fall fehlt eine materielle Begründung; es liegt vielmehr eine Rückkehr zur formal-negativen Theorie v o r 1 0 0 . Maurach 101 und i h m folgend Gallas 102, Lange103, Jescheck 104 und Blei 105 stützen dagegen auch die mittelbare Täterschaft mittels absichts- und qualifikationslosen Werkzeugs auf die Tatherrschaft beim Hintermann. Die hierin liegende Formalisierung der Tatherrschaft und ihre Wesensentfremdung 106 ist das Dilemma aller materiellen Theorien (s. u. A I I I 4). Gallas gerät dazu noch i n die bereits erwähnte Schwierigkeit, auch beim Ausführenden Tatherrschaft annehmen zu müssen. Wie beim genötigten und zurechnungsunfähigen Werkzeug gründet er die Tatherrschaft des Hintermanns auf seine Herrschaft über das „Gesamtgeschehen" und setzt sich damit dem bereits erhobenen V o r w u r f des Wechsels der Bewertungsgrundlage aus 1 0 7 . 08

ZStW 58, 543 f. 92 f.; SJZ 1947, 650. 100 V g l > piotet ZStW 69, 24.

99

101 102 103 104

105 106

494ff.; Grundriß 128 f. Mat. I, 136, Beiträge 28. I 3, 4, Β 2 e vor § 47. SchweizZStR 71, 235.

Mezger-Blei 225 f.

Vgl. auch Nowakowski JZ 1956, 549: Vermengung verschiedener Bewertungsaspekte. 107 Mat. I, 136. Dieser Einwand bezieht sich nur auf die in der Trennung zwischen „Geschehen für den Ausführenden" und „Gesamtgeschehen" liegende Anerkennung eines intern-subjektiven Täterbegriffs. Auf die zuvor genannte „Vermengung verschiedener Bewertungsaspekte" bezieht sich dage5*

68

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

f) D i e bei v o l l d e l i k t i s c h e r

Tatherrschaft Τ a t b est aη d sν er w i r k 1 i ch u ng

Bei der volldeliktischen Tatbestandserfüllung geht Maurach davon aus, daß „ k r a f t unwiderleglicher gesetzlicher Vermutung" Tatherrschaft vorliege 1 0 8 — eine bestechende Offenheit gegenüber den vielfältigen Versuchen, hier das jeweils verlangte materielle Kriterium, sei es nun der Täterwille oder die Tatherrschaft, zu unterschieben. Es wurde bereits eingehend darauf hingewiesen, daß schon aus logischen Gründen i n dem Augenblick, wo man die Täterschaft neben der Tatbestandserfüllung auch auf andere, materielle Kriterien stützt, notwendig Tatbestandserfüllungen auftreten müssen, i n denen diese Kriterien nicht gegeben sind (s. ο. A I I 8 c). Für jede materielle Theorie ist hier die Annahme von Täterschaft eine Konzession an die formal-objektive Theorie. Welzel und Gallas entgehen dem Problem dadurch, daß sie bei jeder vorsätzlichen Handlung Tatherrschaft annehmen, nur scheinbar. Denn wenn „überlegene Tatherrschaft" bzw. „Herrschaft über das Gesamtgeschehen" zur Täterschaft führen können, muß umgekehrt auch bei Vorliegen einer Tatbestandserfüllung das Fehlen dieser Kriterien möglich sein. Übrigens lehnt Welzel — wie erwähnt — i n Nachwirkung seiner früheren Auffassung die Ansicht, daß der einen Tatbestand unmittelbar Erfüllende stets Täter sei, ab und bezeichnet sie als lediglich objektivistische Gegenposition zum Subjektivismus 1 0 9 . Roxin schließlich spaltet auch hier die Tatherrschaft i n die Handlungsherrschaft beim Ausführenden und die Willensherrschaft beim Hintermann auf und vermeidet damit den erwähnten K o n f l i k t 1 1 0 — allerdings u m den Preis einer A u f gabe des einheitlichen Begriffs der Tatherrschaft. Von den Vertretern der Tatherrschaftslehre vermeiden nur Sax ni 112 und Blei das geschilderte Dilemma, indem sie überhaupt nicht auf den Tatherrschaftsgedanken zurückgreifen, sondern die Täterschaft des Ausführenden unmittelbar auf die Tatbestandsmäßigkeit stützen. Auch für Roxin scheint trotz des Begriffs der Handlungsherrschaft letztlich gen der Vorwurf Nowakowskis (JZ 1956, 549): die Sonderstellung des Inhabers der Sondereigenschaft, besonderen Absicht u. ä. beruhe auf anderen Kriterien als den für die Beteiligungsform materiell wesentlichen. 108 516; vgl. dagegen allerdings 503: „Hier erst recht genügt nicht der bloße Täterwille des Hintermanns, um den die Tatbestandsmerkmale verantwortlich und schuldhaft erfüllenden Vordermann auf die Stufe eines bloßen Gehilfen herabzudrücken". I n der Vorauflage hatte es noch geheißen: „oder wenigstens den Hintermann ,auch' als Täter erscheinen zu lassen" (516). 109 M D R 1949, 373. 110 126 ff., 312 (hier der ausdrückliche Hinweis, die Handlungsherrschaft entspreche der „formellen Tatherrschaft" Maurachs). 111 JZ 1963, 333, 337. 112

Mezger-Blei 224 f.

13. Täterschaft als Tatherrschaft

69

die Tatbestandsmäßigkeit ausschlaggebend zu sein. Daß dieser Gesichtspunkt allein für eine materielle Täterlehre vertretbar ist, soll später noch eingehend dargelegt werden (s. u. C 4).

bei

der

g) D i e T a t h e r r s c h a f t V e r a n l a s s u n g zur Se1 b st ν er 1 et ζ u η g

Problematisch ist schließlich noch die Veranlassung zur Selbstverletzung. Durch die Einordnung dieser Fälle i n die Fälle des nicht tatbestandsmäßigen Handelns des Werkzeugs und ihre Gleichsetzung m i t der Benutzung eines absichts- oder qualifikationslosen Werkzeugs entsteht hier der Eindruck, als ob bereits die Tatbestandslosigkeit der Ausführungshandlung die Tatherrschaft des Hintermanns begründen würde 1 1 3 . Bei nicht tatbestandsmäßigem Handeln des Vordermanns kann nach Maurach die Tatherrschaft ohne weiteres, sofern nur der Vorsatz des Hintermanns auf den tatbestandsmäßigen Erfolg gerichtet sei, als gegeben unterstellt werden 1 1 4 . Das wäre jedoch eine Konzession an die formal-negative Theorie, die sich für die mittelbare Täterschaft mit einer Defekthandlung des Vordermanns begnügt. A n anderer Stelle verlangt Maurach dagegen auch hier einen „materiellen und positiven" Nachweis der Tatherrschaft 115 . Lediglich das K r i t e r i u m der „Schaffung einer Verzweiflungslage des Opfers" für den Höfeld-Fall 1 1 6 zeigt eine gewisse Unschärfe. Welzel hatte hier früher die Täterschaft der Eltern ebenfalls unscharf mit dem fehlenden eigenen V e r w i r k lichungswillen beim ausführenden K i n d begründet 1 1 7 . Heute anerkennt er bei der Veranlassung zur Selbstverletzung eine Täterschaft des Hintermanns nur noch bei Nötigung und stellt diese auch i m HöfeldFall und i m Fall RG 26, 242 heraus 118 . Dieses K r i t e r i u m ist grundsätzlich zutreffend, aber zu eng: auch durch Täuschung oder Verleitung eines Zurechnungsunfähigen zur Selbstverletzung kann die Tatherrschaft begründet werden 1 1 9 . h) D i e T a t h e r r s c h a f t beim rechtmäßig handelnden Werkzeug Bei der Benutzung eines rechtmäßig handelnden Werkzeugs hatte sich der „materielle und positive" Nachweis der Tatherrschaft schon 113 114 115

118 117 118

119

Maurach 449; Mezger-Blei 225 f. 498. 504.

Lange Täterbegrifl 32 f. ZStW 58, 544 f. 91 f.

Maurach 504; s. näher u. A I I I 5.

70

A I I . Begründungen der mittelbaren Täterschaft

eher durchgesetzt, und zwar vor allem durch die Rechtsprechung zum Denunziantenproblem (s. u. A I I I 6). Obwohl Maurach grundsätzlich auch hier der Auffassung ist, die Tatherrschaft könne ohne weiteres, sofern nur der Vorsatz des Hintermanns auf den tatbestandsmäßigen Erfolg gerichtet sei, als gegeben unterstellt werden 1 2 0 , beschränkt er doch die mittelbare Täterschaft auf die Fälle der Tatherrschaft beim Hintermann und erläutert diese m i t den Beispielen der Täuschung der Gerichts- und Vollstreckungsorgane und der Provozierung einer Notwehrlage 1 2 1 . Problematisch ist hierbei n u r die Bejahung von RG 64, 23. Diese Entscheidung führt keinerlei positive Merkmale einer Tatherrschaft an und begründet die mittelbare Täterschaft lediglich m i t der fehlenden Rechtswidrigkeit der Haupttat. Auch Welzel läßt die mittelbare Täterschaft m i t rechtmäßig handelndem Werkzeug nur bei Überlegenheit des Hintermanns durch Täuschung oder Versetzung i n eine Notlage z u 1 2 2 . Gallas stützt hier die mittelbare Täterschaft darauf, daß „jedenfalls auch der Vorsatz bzw. die Schuld fehlen 1 2 3 ", und greift damit auf die von Eb. Schmidt 124 gefundene „elegante Wendung des Problems" 1 2 5 zurück, die dieser allerdings noch m i t einem A n g r i f f auf die „psychologische Vorsatzlehre" hatte verbinden müssen (s. näher u. A I I I 6). i)

Zusammenfassung

Zusammenfassend ist zur Teilnahmelehre der finalen Handlungslehre folgendes zu sagen. Während die Auffassung von Welzel und Gallas wegen des Versuchs, die Beziehung zum strafrechtlichen Handlungsbegriff zu erhalten, auf erhebliche Schwierigkeiten stößt, setzt sich die Lehre Maurachs — abgesehen von den für alle materiellen Täterlehren bestehenden Schwierigkeiten beim absichts- und qualifikationslosen Werkzeug und bei volldeliktischer Tatbestandserfüllung — den geringsten Bedenken aus, eben w e i l sie sich am weitesten vom finalen Ausgangspunkt entfernt. Sie anerkennt das Moment der Tatherrschaft als zusätzliches, über das Moment der Finalität hinausgehendes K r i t e r i u m , für das sich n u r die vorstrafrechtlichen Grundlagen der finalen Handlungslehre (zweckbewußte Beherrschung des Kausalgeschehens), nicht aber der strafrechtliche Handlungsbegriff selbst verwerten lassen. Die Lehre Maurachs rückt somit den älteren materiellobjektiven Theorien methodisch nahe; sie verwendet jedoch statt des 120 181

1 M

114 125

498, 509. 501 f. 93. Mat. I 152; Ndschr. I I 73 f.

Frank-Festgabe 125 N. 2. Kantorowicz 113.

1. Klassischer Bereich der mittelbaren Täterschaft

71

bedenklichen und zwischen Formalismus und völliger Unsicherheit der Abgrenzung schwankenden Kriteriums des Kausalitätsunterschiedes Kriterien, die dem sozialen Sein und seiner Wertung entnommen sind und ihre praktische Bewährungsprobe bereits bestanden haben 1 2 6 . A n dererseits ist es kein Zufall, daß sich bei Maurach Umschreibungen der Abgrenzung wiederfinden, wie sie auch die ältere materiell-objektive Theorie verwendet hatte, so das B i l d Flegenheimers, der Teilnehmer habe die Ausführung der Tat „aus der Hand gegeben" 127 . Freilich läßt sich gegenüber einer solchen Auslegung der Tatherrschaft ebenso wie gegenüber früheren Begründungen der mittelbaren Täterschaft der V o r w u r f erheben, die Tatherrschaft sei hier nur ein B i l d 1 2 8 . Aber auf eine solche bildhafte Umschreibung sind alle materiellen Theorien angewiesen. Die Alternative hierzu bietet nur eine formale Bestimmung der Täterschaft, wie sie von der formalobjektiven und der formal-negativen Theorie, oder eine schein-materielle, wie sie von den älteren materiell-objektiven Theorien gegeben wurde. Materielle Theorien müssen dagegen immer auf eine bildhafte „plastische Umschreibung" 1 2 9 ihrer Kriterien zurückgreifen, denn eben daraus ergibt sich die Möglichkeit individualisierender Wertung.

ΙΠ. Die Entwicklung des Anwendungsbereichs der mittelbaren Täterschaft 1. Der klassische Bereich der mittelbaren Täterschaft

a) E n t w i c k l u n g Die mittelbare Täterschaft ist zuerst bei der Benutzung eines „willenlosen" Ausführenden, d. h. bei Zurechnungsunfähigkeit, Fehlen von Vorsatz und Fahrlässigkeit und Zwang, anerkannt worden. Diese Fälle wurden schon bei den italienischen Juristen des ausgehenden Mittelalters als Urheberschaft angesehen (s. ο. A I). W i r finden diesen Bereich ferner bei Luden und Köstlin (s. ο. A I I 1). Unter dem Merkmal des Zwangs wurde dabei unter dem Eindruck des von dem römischen Juristen Paulus stammenden, i n den Digesten überlieferten Satzes „coactus voluit" und der Anführung des Merkmals der „Drohung" i n § 48 StGB zum Teil nur die vis absoluta, nicht aber die vis compulsiva 126 Auf das Komplementärverhältnis zwischen der Ableitung der Tatherrschaft aus der Finalität und ihrer Materialisierung will offensichtlich auch Franzheim hinweisen, obwohl er fälschlich auch Maurach eine Formalisierung vorwirft (37 N. 4 u. 7).

127 128

129

Flegenheimer 42; Mau'ach 517. Engisch ZStW 66, 383. Englisch a.a.O.

72

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

verstanden 1 . Dagegen hatte Köstlin nicht nur unter den Oberbegriff des Zwanges auch die Drohung und den verbindlichen Befehl gefaßt 2 ; er hatte außerdem für die Benutzung eines fahrlässig Handelnden, die er grundsätzlich zur Anstiftung zählte, ausgeführt, daß der Ausführende hier jedenfalls dem Anstifter gegenüber als bloßes Werkzeug erscheine 3 . Bei den Beratungen zum preußischen StGB von 1851 wurde zwar noch der Einwand erhoben, daß der Grundsatz der Gleichbestrafung von Anstifter und Täter zu einer ungerechtfertigten Privilegierung des Anstifters zu einer Fahrlässigkeitstat führen könne; dieser Einwand wurde jedoch m i t dem Argument widerlegt, daß i n diesem Falle mittelbare Täterschaft gegeben sei 4 . Übrigens kann die eben genannte Stelle nicht zur Bestätigung dafür angeführt werden, die mittelbare Täterschaft sei nicht Folge, sondern Voraussetzung der strengen Akzessorietät gewesen 5 . I n den Materialien heißt es nämlich gerade umgekehrt, daß der Begriff des Teilnehmers einen verbrecherisch, m i t h i n vorsätzlich handelnden Täter voraussetze und daher mittelbare Täterschaft gegeben sei. Die mittelbare Täterschaft bei Benutzung eines Fahrlässigkeitstäters wurde danach allgemein anerkannt 6 . Dieser klassische Bereich der mittelbaren Täterschaft wurde aber bereits frühzeitig bedroht, als an die Stelle einer materiell-positiven Begründung der mittelbaren Täterschaft, wie sie etwa Köstlin gegeben hatte, die formal-negative Theorie trat, die die mittelbare Täterschaft nur noch auf das Nichtvorliegen einer „strafbaren Handlung" nach § 48 zurückführte. Hiergegen wandte sich alsbald die aufkommende Lehre von der limitierten Akzessorietät 7 . b) D i e G r u n d l a g e d e r

Tatherrschaft

Der klassische Bereich der mittelbaren Täterschaft ist derjenige Bereich, i n dem auch heute nach Einführung der limitierten Akzessorietät und der dadurch erforderlichen materiellen Prüfung der Täterschaft 1 2 8

4 5

Berner 284; Schütze 147 N. 3, 151; v. Bar, Gesetz und Schuld I I 626 N. 21. Revision 510; System 300. System 312.

Goltdammer 301.

H. Mayer, Rittler-Festschrift 248 N. 20. 6 Vgl. Stemann, GA 5, 48 ff.; Pr. Obertrib. GA 8, 204. 7 Schütze, Die notwendige Teilnahme am Verbrechen, 1869, 287 ff.; Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 1871, 155 N. 23, 159 N. 71; 2. Aufl. 1874, 160 N. 18; Studien zum Deutschen Strafgesetzbuch, GA 21, 161 ff.; Herzog, GS 24 (1872) 435 ff.; Zimmermann, GS 32 (1880), 134 ff. Nach dem Vorgang von Fle-

genheimer 4 werden von Kantorowicz

324 f. und Piotet 92 Ν. 1 fälschlich auch

Herbst GS 29, 438 ff. und Höpfner ZStW 22, 205 ff. hierher gezählt. Ersterer lehnt aber die Auffassung von Herzog gerade ab, während letzterer ein ganz anderes Problem behandelt.

1. Klassischer Bereich der mittelbaren Täterschaft

73

i n der Regel mittelbare Täterschaft vorliegen wird. Zutreffend hat allerdings Roxin neuerdings aus der vielfach bemerkten Überschneidung des Verbotsirrtums mit der 1. Alt. des § 518 die Konsequenz gezogen, daß sich auch die Beurteilung des Hintermanns nach den gleichen Grundsätzen zu richten habe 9 . Aber auch sonst ist — worauf ebenfalls besonders Roxin aufmerksam gemacht hat — die Grundlage der Täterschaft i n den genannten Fällen nicht einheitlich. Denn während der Hintermann beim genötigten und beim infolge Steuerungsunfähigkeit zurechnungsunfähigen Werkzeug positiv auf dessen Willensbildung einwirkt bzw. i n dieser Weise w i r kende Kräfte benutzt (s. u. d), schaltet er beim fahrlässigen und beim mangels Voraussehbarkeit schuldlosen Werkzeug negativ hemmende Gegenkräfte aus bzw. benutzt ihr Fehlen, indem dem Ausführenden die Rechtswidrigkeit, ja überhaupt die Folgen seines Tuns verborgen bleiben. Gleichwohl bietet sich der gemeinsame Nenner eines „unfreien" Handelns des Ausführenden. I m Gegensatz dazu zergliedert Roxin nicht nur die Tatherrschaft in die Handlungsherrschaft, die Willensherrschaft und die funktionelle Tatherrschaft (s. o. A I I 13 c), sondern darüberhinaus auch die Willensherrschaft noch einmal i n Willensherrschaft kraft Nötigung, kraft Irrtums und kraft organisatorischer Machtapparate mit völlig verschiedenen Grundlagen 9 3 . Aber obwohl er das Wesen der Willensherrschaft kraft Irrtums i n der sinnsetzenden Überdetermination eines vom Ausführenden frei gewählten Verhaltens sieht, stützt er dessen Gleichstellung m i t einem mechanischen Werkzeug auf das Fehlen jedes Hemmungsmotivs 9 b . Bei Unkenntnis objektiv gegebener Hemmungsgründe entfällt jedoch die „Freiheit" der Entscheidung. Der Vergleich m i t mechanischen Werkzeugen läßt nicht nur — ebenso wie beim Unterlassungsdelikt (s. u. A I I I 9) — die spezifische Bedeutung der Einschaltung eines — wenn auch blinden — menschlichen Verhaltens außer acht; er berücksichtigt auch nicht, daß sich die willensmäßige Überlegenheit auf irgendeine Weise i n eine Beherrschung des Werkzeugs transformieren muß. Wenn schließlich aus der unterschiedlichen Grundlage der mittelbaren Täterschaft Erweiterungen und völlig unterschiedliche Rechtsfolgen hergeleitet werden 9 0 , so dürfte der Be8 Dreher GA 1957, 97 ff.; Schröder a.a.O. 297 ff.; Maurach JuS 1961, 379 N. 24; Armin Kaufmann Eb. Schmidt-Festschrift 319 ff.

• 234 f.; vgl. u. A I I I 2. 126 ff., 578 ff. ®b 173,232. ®c Z. B. Strafbarkeit als mittelbarer Täter nur bei Herbeiführung einer Notlage, aber schon bei Ausnutzung eines Verbotsirrtums, 149 ff., 193 ff.; vgl. auch u. d und A I I I 2.

74

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

reich zulässiger Auslegung und des Gewohnheitsrechts, bei der mittelbaren Täterschaft ohnehin schon bis zur äußersten Grenze ausgenutzt, überschritten sein. c) M ö g l i c h k e i t d e r

Anstiftung

Eine materielle Begründung der mittelbaren Täterschaft führt auf der anderen Seite dazu, auch i n den klassischen Fällen nicht regelmäßig eine mittelbare Täterschaft zu bejahen, sondern Fälle offenzulassen, i n denen eine materielle Beherrschung des Werkzeugs nicht gegeben ist, so bei der Veranlassung eines besonders aufgeweckten Jugendlichen, eines schwer beeinflußbaren Geisteskranken, bei der Nötigung m i t einer Gefahr für das Leben der Ehefrau, an der dem Genötigten nicht viel liegt 1 0 . Diese Wahlmöglichkeit w i r d wichtig für die Veranlassung zu eigenhändigen und Sonderdelikten. Das gleiche muß aber auch bei der Benutzung eines fahrlässig Handelnden gelten 1 1 . Keinesfalls darf hier die fehlende Möglichkeit der Bestrafung wegen Anstiftung zur Fahrlässigkeitstat 1 2 zur Bestrafung wegen mittelbarer Täterschaft führen, i n Umkehrung eines Gedankens, den Maurach für die Veranlassung zur Begehung von Sonderdelikten zutreffend betont 1 8 . Freilich w i r d hier der Hintermann i n der Regel die Tatherrschaft besitzen. Denn wenn auch der Ausführende für seine Handlung vom Recht verantwortlich gemacht wird, so zeigen schon die geringeren Strafdrohungen, daß der Fahrlässigkeitstat geringere Widerstandskräfte entgegenstehen als der Vorsatztat. Zweifelhaft w i r d aber die mittelbare Täterschaft, wenn der Ausführende m i t bewußter Fahrlässigkeit handelt 1 4 . Denn dann erscheint i h m der Erfolg genau so als möglich wie dem m i t bedingtem Vorsatz Handelnden; das für die Abgrenzung entscheidende emotionale Moment, die Ablehnung oder Billigung des Erfolgs, kann kaum über die Tatherrschaft beim Hintermann entscheiden. Die zahlreichen Versuche, für die bewußte Fahrlässigkeit ein Ignorantiamoment nachzuweisen, sind von Engisch über10

Vgl. Maurach 503, 569; Mezger-Blei 227 f. Grundsätzlich für mittelbare

Täterschaft dagegen auf Grund seiner formal-negativen Auffassung der mittelbaren Täterschaft bei der Nötigung (s. u. A I I I 6, I V ) Roxin 142 ff. Regelmäßig für Anstiftung (und zugleich Mittäterschaft) auf Seiten des Nötigers wiederum Armin Kaufmann 165 N. 187. — Der Notstandstäter muß übrigens noch mit Rettungswillen handeln, da andernfalls der Notstand überhaupt

entfällt (Maurach 307; Jagusch LK § 54 5 c). 11 A. A. Maurach 500; Welzel 91. 12 Maurach 568 und h. L.; a. A. Mezger LK §50 5 d; Schönke-Schröder 61 vor §47; Engisch Eb. Schmidt-Festschrift 107 ff.; Lange JZ 1959, 560; Dahm MDR 1959, 508; Lang-Hinrichsen 24 f. 13 14

503. A. A. Engisch, Kausalität 78, Untersuchungen 256 ff. Ganz i. S. des Textes

dagegen Roxin 180 ff.

1. Klassischer Bereich der mittelbaren Täterschaft

75

zeugend zurückgewiesen worden 1 5 . Hieraus ist jedoch nicht m i t Engisch zu schließen, daß mittelbare Täterschaft auch mittels eines frei und bewußt handelnden Willens möglich sei 16 , sondern i m Gegenteil, daß bei der bewußten Fahrlässigkeit nicht ohne weiteres mittelbare Täterschaft gegeben ist. Etwas anderes gilt nur, wenn man sich für den bedingten Vorsatz m i t einer bloßen „Inkaufnahme" des Erfolges begnügt, den bedingten Vorsatz auf ein kognitives Urteil beschränkt und die Inkaufnahme m i t dem Für-möglich-Halten identifiziert 1 7 . Besonders zweifelhaft w i r d die Tatherrschaft des Hintermanns, wenn man gleichzeitig bei i h m nur dolus eventualis annimmt: A und Β wissen beide nicht genau, ob der sich i n der Ferne bewegende Gegenstand ein Stück W i l d oder ein getarnter Soldat i m Manöver ist; der militante Pazifist A rät dem Β zum Schuß, wobei A d e n möglichen Taterfolg billigt, Β aber nicht. Die regelmäßige Annahme von mittelbarer Täterschaft bei Fahrlässigkeit des Ausführenden scheint eine Nachwirkung der formalistischen älteren Übergewichtstheorie darzustellen, die einer materiellen Täterlehre nicht mehr standhält. Der unterschiedliche Schuldgehalt von Vorsatz und Fahrlässigkeit soll damit freilich nicht bestritten werden 1 8 . d) D a s E r f o r d e r n i s d e r d o l o s e n H e r b e i f ü h r u n g eines Notstandes Beim Notstand des § 54 StGB ist es — ebenso wie beim Verbotsi r r t u m (s. u. A I I I 2) — bestritten, ob eine mittelbare Täterschaft nur vorliegt, wenn der Hintermann die Notlage dolos herbeigeführt hat. Die überwiegende Ansicht verlangt dies Erfordernis 1 9 . Andere Autoren beschränken die mittelbare Täterschaft auf den Nötigungsnotstand des § 52 StGB und übersehen dabei, daß auch dieser von einem Dritten vorgefunden werden kann 2 0 . Wenn Roxin neben der Schaffung der Notlage nur die „Umgestaltung der äußeren Situation" i m Gegensatz zur bloßen Aufforderung als mittelbare Täterschaft ansehen w i l l 2 1 , so w i r k t diese Unterscheidung gekünstelt: in vielen Fällen w i r d ein entscheidender Ratschlag, die seelische Unterstützung eines neutralen 15 1β

Untersuchungen 156 ff. Kausalität 78.

17 Schönke-Schröder § 59 54; im Ergebnis auch BGH 7. 363; a. A. Engisch , Untersuchungen 190 ff.; NJW 1955, 1688 f.; Maurach 213. 18

19

Dazu Engisch, Untersuchungen 50 ff.

Maurach 502; Mezger-Blei 228; Welzel 91 f.; v. Hippel 196, 471; Petri 24;

Baumann JuS 1963, 129; Hegler R. Schmidt-Festschr. 15 N. 55, anders später RG-Festgabe 308 N. 13 auf Grund der Übergewichtstheorie; Bockelmann 86. 20

Schwarz-Dreher

21

143 ff.

1 Β c vor § 47; zutr. Roxin 148.

76

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

Beobachters wirkungsvoller sein als die Überreichung eines Messers. I m übrigen hält Roxin selbst diese Unterscheidung für das Vorfinden eines Nötigungsnotstands nicht durch. Nur eine Minderheit begnügt sich für die mittelbare Täterschaft m i t der bloßen Ausnutzung eines Notstands 22 . I h r ist zuzustimmen. Zunächst einmal ist es auffällig, daß das Erfordernis einer vorsätzlichen Herbeiführung für die Zurechnungsunfähigkeit nicht aufgestellt wird. I m übrigen würde dieses Erfordernis die Ansicht voraussetzen, daß nur die Notlage selbst die Handlungsmotivation darstellt, so daß nur ihre Herbeiführung die Tatherrschaft verschafft. Diese Hypothese ist jedoch zu eng. Ein Mensch, der trotz einer Notstandslage zunächst keine mit Strafe bedrohte Handlung begeht, ist so wenig frei wie ein Zurechnungsunfähiger vor der Beeinflussung. Er ist vielmehr i n höchstem Maße unfrei, die dem Anstifter normalerweise entgegentretenden psychischen Gegenkräfte kommen nicht zum Tragen, die leichteste Aufforderung kann die Handlung auslösen 23 . Das Erfordernis einer Herbeiführung der Notlage scheint, mehr oder weniger bewußt, auf zwei Gesichtspunkte zurückzugehen, die sich jedoch bei näherer Betrachtung als unzutreffend erweisen. Es handelt sich einmal um den noch eingehend zu erörternden (s. u. C 7) Gedanken des „In-Schuld-undStrafe-Führens": die Herbeiführung der Notlage verrät eine größere kriminelle Energie, die „Verstrickung" des Täters ist niederträchtiger; vom Gesichtspunkt der Erfolgsnähe und -chance aus hat es jedoch der eine Notlage nur Ausnützende ebenso leicht wie derjenige, der sie erst herbeigeführt hat. Zum zweiten stört die Vorstellung, daß eine Unterstützung des Notstandstäters zulässig sein muß, daß ein Verhalten somit objektiv ambivalent sein kann und erst durch die subjektive Einstellung des Betreffenden seine Strafbarkeit erhält. Die hierdurch entstehende Subjektivierung und Unsicherheit ist jedoch nicht größer als bei der Notwehr auch, bei welcher infolge der Lehre von den subjektiven Unrechtselementen ebenfalls das objektive Verhalten ambivalent ist und die Rechtfertigung erst durch das Hinzutreten des subjektiven Moments erfolgt. 2. Mittelbare Täterschaft bei unvermeidbarem Verbotsirrtum des Ausführenden

M i t der Neufassung der Irrtumslehre durch B G H 2, 194 ist das Problem entstanden, ob bei einem Verbotsirrtum des Ausführenden 22

Mezger 431; Wolf 174; Schönke-Schröder 19 vor §47; Gallas Mat. I 134; Eb. Schmidt Frank-Festgabe I I 124; Liszt- Schmidt 330; Hegler RG-Festgabe 308.

23

Vgl. Gallas Mat. I 134.

2. Unvermeidbarer Verbotsirrtum des Ausführenden

77

mittelbare Täterschaft des Hintermanns gegeben ist. Vorher erfolgte bei außerstrafrechtlichem I r r t u m Bestrafung wegen mittelbarer Täterschaft mittels eines fahrlässig 1 oder schuldlos handelnden Werkzeugs, bei strafrechtlichem I r r t u m Bestrafung wegen Anstiftung zur Vorsatztat; die gelegentlich auch bei strafrechtlichem I r r t u m angeordnete Straffreiheit oder Fahrlässigkeitsstrafe wurde i n einen Strafausschließungsgrund bzw. eine Strafmilderung umgedeutet, so daß auch hier eine Anstiftung möglich wurde 2 . Da eine mittelbare Täterschaft bei einem vermeidbaren Verbotsirrtum bereits einen Fall des Täters hinter dem Täter darstellen würde, soll diese Frage erst i m zweiten Teil der Arbeit (s. u. Β l e ) und hier nur die mittelbare Täterschaft bei einem unvermeidbaren Verbotsirrtum geprüft werden. Für eine mittelbare Täterschaft spricht die Parallelität einerseits mit den übrigen Schuldausschließungsgründen, andererseits m i t der Fahrlässigkeit. Diese Parallelität erweist sich jedoch bei näherer Betrachtung i n beiden Fällen nicht als stichhaltig. Denn i m Gegensatz zu den übrigen Schuldausschließungsgründen beruht der Schuldausschluß beim Verbotsirrtum nicht auf einer Zwangslage, sondern auf einem Ignorantiamoment. Andererseits läßt sich der Gedanke einer finalen Lenkung des Werkzeugs hier nicht verwerten, da dieses auf Grund der mühsam erreichten Schuldlehre selber vorsätzlich handelt 3 . Die Annahme einer Täterschaft durch Täuschung über den sozialen Handlungssinn führt bei Roxin folgerichtig zu einer sehr weitgehenden Bejahung der Tatherrschaft bei der Hervorrufung von Motivirrtümern 4 . Schließlich kann auch die Tatsache, daß bei einem i m Verbotsirrtum Handelnden die Strafdrohung i m Sinne der Generalprävention nicht zur Geltung kommt 5 , nicht tatherrschaftsbegründend wirken. Denn dann müßte jede Ausnutzung oder Vorspiegelung einer Straflosigkeit (ζ. B. infolge eines Strafausschließungsgrundes, s. u. A I I I 3, einer fehlenden Strafantragsbereitschaft des Verletzten, ja sogar infolge faktischer Schwierigkeiten bei der Verbrechensaufklärung) zur mittelbaren Täterschaft führen. Ferner würde hierin — auf dem Umweg über die Motivation beim Ausführenden — ein Rückfall i n die formal-negative Theorie der mittelbaren Täterschaft liegen: Täterschaft wäre immer schon dann anzunehmen, wenn der Ausführende nicht oder nicht in vollem Umfang strafbar ist. 1

R G 1, 146 ff. IrrtumsVO vom 18. 1. 1917 (RGBl. Seite 58); § 395 Reichsabg.Ordng. i. d. F. des Steueranp.Ges. vom 16. 10. 1934 (RGBl. I Seite 925); §44 Abs. 2 Dev.Ges. vom 4. 2. 1935; dazu RG 73, 263. 3 Mißverständlich insoweit Maurach 503. 4 193 ff., 211 ff.; s. u. Β 4—7. 2

5

Lange JZ 1959, 561.

78

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

Es muß also nach einem tatherrschaftsbegründenden Moment unterhalb der Strafbarkeit und oberhalb der finalen Steuerung gesucht werden. Die Abgrenzung erscheint vor allem i n der erstgenannten Richtung schwierig, da innerhalb des auf die konkrete Motivation abstellenden Tatherrschaftsbegriffes ein Unterschied i n der Motivation durch die Rechtswidrigkeit oder die Strafbarkeit nicht ersichtlich scheint. I n diesem Fall muß jedoch auf die anerkannte Unterscheidung zwischen Rechtswidrigkeits- und Strafbarkeitsirrtum zurückgegriffen werden. Wenn ersterer i m Gegensatz zum letzteren als schuldausschließend anerkannt wird, so w i r d ein Unterschied i n der Motivation zumindest postuliert. Die hierin liegende Problematik ist vor allem von Maurach erkannt worden, der die motivierende K r a f t der bloßen Verbotsnorm auf das optimistische, auf sittliche Autonomie angelegte Menschenbild unserer Zeit stützt und der Strafdrohung demgegenüber nur eine „sinnlich-handgreifliche" Motivation zuspricht 6 . Die Tatherrschaft beruht darauf, daß der Hintermann die hemmenden Gegenkräfte ausschaltet bzw. ihr Fehlen ausnutzt, die die Mißbilligung der Handlung durch die Rechtsordnung hervorruft. Da solche Gegenkräfte bei nicht tatbestandsmäßigem oder rechtmäßigem Verhalten gar nicht bestehen, folgt aus dieser Auffassung nicht, daß jede Veranlassung zu einer unverbotenen Handlung, z. B. zur Selbstverletzung (s. u. A I I I 5) oder zur Ausübung der Notwehr (s. u. A I I I 6), die Tatherrschaft verleiht 7 . Für eine mittelbare Täterschaft des Hintermanns bei unvermeidbarem Verbotsirrtum des Ausführenden entscheiden sich unabhängig von der hier vorgetragenen Argumentation Maurach 8, Gallas 9, Bockelmann 10, n 12 13 Tröndle , Franzheim und Roxin , während Schröder i n diesem Zusammenhang nicht angeführt werden kann, da er die Vorsatztheorie vertritt und somit auf anderer Grundlage zur mittelbaren Täterschaft gelangt 1 4 . Wie beim Notstand w i r d auch hier die mittelbare Täterschaft z. T. nur bei doloser Herbeiführung des Verbotsirrtums bejaht 1 5 , während Roxin infolge seiner unterschiedlichen Begründung der mittelbaren • Eb. Schmidt-Festschrift 317 f. 7

Vgl. Roxin 196.

8

503. • Mat. 1134. 10

80.

11

GA 1956,144 f. 44. 193 ff.; 204.

12 13

14 15

Schönke-Schröder

62 vor § 47, § 59 76.

Welzel U m die fin. Handlungslehre 30 N. 34, wohl überholt durch seine spätere Ablehnung, s. u.; Mezger-Blei 228.

2. Unvermeidbarer Verbotsirrtum des Ausführenden

79

Täterschaft bei Nötigung und Täuschung hier auf dieses Erfordernis verzichtet 16 . Hiergegen kann auf das ο. A I I I 1 d Ausgeführte verwiesen werden. Ausdrücklich abgelehnt w i r d die mittelbare Täterschaft bei einem Verbotsirrtum von Lange17 und Welzel 18. Welzels Begründung, gerade für diesen Fall sei die Akzessorietät limitiert worden, kann jedoch schon deshalb nicht zutreffen, weil seinerzeit die moderne Irrtumslehre noch keineswegs herrschend war. Und Lange legt selber eindringlich die materiellen Grundlagen der Tatherrschaft des Hintermannes dar: durch die Verhehlung der Tatsache, daß es sich um eine Straftat handle, beseitige er die durch das gesetzliche Verbot und die Strafdrohung hervorgerufenen Tathemmungen 19 . Die Annahme von Anstiftung, weil diese infolge der Akzessorietätslimitierung möglich sei 20 , ist ein Ausfluß des sekundären Täterbegriffs, der für eine materielle Täterlehre untragbar ist (s. u. C 3). Allerdings beruht diese Argumentation häufig auf der Unmöglichkeit einer mittelbaren Täterschaft, nämlich bei eigenhändigen und Sonderdelikten. Auch hier darf aber, wie die Sondertatbestände der §§ 160, 271 StGB zeigen, die fehlende Möglichkeit einer Täterstrafe nicht durch die Bestrafung wegen Anstiftung umgangen werden 2 1 . Für die Annahme von mittelbarer Täterschaft bei Ausnutzung eines unvermeidbaren Verbotsirrtums ist abschließend noch anzuführen, daß ohne sie die durch die i n der Rechtsprechung herrschende „eingeschränkte Schuldtheorie" 22 entstehenden grotesken Unterscheidungen 2 3 auch auf die Beteiligtenstellung des Hintermanns übergreifen würden, wo sie erst recht unverständlich sind. So würde der unwahre und ohne Verteidigungsabsicht erfolgende Zuruf an einen Angegriffenen: „Den schaffst du nur, wenn du i h m i n den Magen trittst" (Hervorrufung eines Irrtums über die Erforderlichkeit der Verteidigung) zur Anstifterstrafe, der bewußt unwahre Zuruf: „Vorsicht, er holt aus, t r i t t i h m i n den Magen!" dagegen zur Täterstrafe führen. 1β

193 ff.; s. dazu ο. A I I I 1 b.

17

I Β 5 g vor § 47.

18

JZ 1953, 763.

19

JZ 1959, 561.

20

Heinitz Juristentags-Festschrift 105; Oehler ebenda 270 ff.; Lange JZ

1956, 79; B G H 9, 382; OLG Stuttgart JZ 1959, 579. 21 22

Vgl. Maurach 503. BGH 2, 111; 3, 12, 105, 194, 272; Lange §59 V 1; v. Weber JZ 1951, 260 u.

Mezger-Festschrift 183 ff.; Busch a.a.O. 165 ff.; dagegen besonders Maurach

369 ff.; Welzel 152 ff. 23 Vgl. Schröder MDR 1953, 72; Niese DRiZ 1953, 21.

80

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

Nach den gleichen Grundsätzen wie hier ist auch die Veranlassung eines infolge fehlender Einsichtsfähigkeit Zurechnungsunfähigen zu beurteilen 2 4 .

3. Mittelbare Täterschaft infolge persönlicher Strafausschließungsgründe beim Ausführenden

Die mittelbare Täterschaft bei persönlichen Strafausschließungsgründen auf Seiten des Ausführenden ist nur selten erörtert worden. Zu ihrer Bejahung führt erwartungsgemäß die Verbindung der formalnegativen Theorie der mittelbaren Täterschaft m i t dem Erfordernis einer Strafbarkeit des Haupttäters für die Anstiftung 1 , wie sich auch umgekehrt die Ablehnung der mittelbaren Täterschaft auf eine K r i t i k des genannten Ausgangspunktes beschränkt 2 . Eine materielle Tatherrschaft des Hintermanns kann sich insbesondere — wie ο. A I I I 2 eingehend darlegt — nicht aus der fehlenden Motivierung durch das Nichteingreifen der Strafdrohung für den Ausführenden ergeben. Diese Beurteilung kann sich auch nicht bei einer dolosen Vortäuschung des Strafausschließungsgrundes durch den Hintermann ändern (s. ο. A I I I 1 c). Eine andere Beurteilung könnte sich jedoch für eine materielle Auffassung der mittelbaren Täterschaft ergeben, wenn man die positive Annahme der Straflosigkeit m i t dem Verbotsirrtum gleichstellt 3 , da dann die unter A I I I 2 dargelegten Grundsätze eingreifen würden. Dies w i r d jedoch überwiegend abgelehnt 4 . Für eine materielle Betrachtungsweise würde sich eine mittelbare Täterschaft aber auch dann ergeben, wenn i n den persönlichen Strafausschließungsgründen materiell Schuldausschließungsgründe zu erblicken wären. Eine solche Auffassung mußte sich insbesondere aufdrängen, als die ältere Lehre und mit ihr das RG auf Grund der alten Fassung der §§ 48 ff. StGB einerseits, einer unzulänglichen Auffassung der mittelbaren Täterschaft andererseits, eindeutige Schuldausschließungsgründe wie die Strafunmündigkeit oder den Verbotsirrtum i n persönliche Strafausschließungsgründe umdeuteten, um die Teilnehmer strafrechtlich erfassen zu können 5 . Dementsprechend gelangte Mezger zur mittelbaren Täterschaft des Hintermannes, da dem unmittelbar Handelnden i n den Fällen des sog. persön24 1 2 3 4 5

Roxin 234 f.; vgl. ο. A I I I 1 b Fußn. 8, 9. Wolf 97; vgl. o. A I I 6. Schönke-Schröder 21 vor § 47. Kohlhaas ZStW 70, 221; Mittelbach JR 1963, 189. Maurach 377 f.; Schönke-Schröder §59 110, §247 14. S. ο. A I I I 2 Fußn. 2; Frank § 2 JGG I I , § 3 JGG I I m. Nachw.

4. Doloses Werkzeug

81

liehen Strafausschließungsgrundes regelmäßig die Schuld fehle®. Aber auch i n neuerer Zeit werden i m Zusammenhang m i t der Lösung der I r r tumsfälle die persönlichen Strafausschließungsgründe vielfach materiell als Privilegierung notstandsähnlicher Motivationslagen angesehen7. Diese Verallgemeinerung ist jedoch nicht zutreffend. Die Annahme eines materiellen Schuldausschließungsgrundes kommt nur für die §§ 157 und 257 Abs. 2 StGB i n Betracht, nicht aber für das Angehörigenprivileg, das auf dem Grundsatz der Nichteinmischung des Staates i n familiäre Auseinandersetzungen weniger gravierender A r t beruht 8 . Daß eine mittelbare Täterschaft nicht nur i n den reinen Notstandsfällen, sondern auch i n notstandsähnlichen Fällen möglich ist, w i r d i m weiteren Verlauf der Arbeit noch dargelegt werden (s. u. Β 1 c).

4. Das dolose Werkzeug

a) E n t s t e h u n g Der Begriff des „dolosen Werkzeugs" wurde zuerst von der subjektiven Teilnahmetheorie entwickelt. Schon bei den Hegelianern konnte sich der Angestiftete durch seine Absicht zum Gehilfen machen, ohne daß freilich der Anstifter dadurch zum physischen Urheber wurde 1 . E i n Fall des absichtslosen dolosen Werkzeugs wurde bereits i n der Entscheidung des preußischen Obertribunals vom 17. 10. 1872 anerkannt 2 . Das Reichsgericht hat diese Figur sehr rasch übernommen und i n einer schnellen Folge von Entscheidungen gefestigt 3 . I n RG 28, 109 wurde dann auch das qualifikationslose Werkzeug „unter Berufung auf Präjudizien ohne weiteres als selbstverständlich angenommen" 4 . Schon vorher hatte allerdings Borchert i n diesen Fällen die mittelbare Täterschaft bejaht, da der Veranlassende m i t der vom Gesetz erforderten Willensschuld gehandelt habe 5 . Später bejahte auch Ν agier auf Grund seines weiten Täterbegriffs das qualifikationslose dolose Werkzeug; dem Ausführenden fehle „überdies natürlich auch der Täterdolus" 6 . I n RG 31, 80 und von da ab i n rascher Folge wurde schließlich das dolose Geβ

7

178 Ν . 13, 431, 454.

Maurach BT 205, aufgegeben 4. Aufl. 217; Schönke-Schröder § 59 128; eingehend Stree FamRZ 1962, 58 f. 8 BGH 18, 123; Mittelbach JR 1963, 189; jetzt auch Maurach, BT 4. Aufl. 217. 1 2 5

4 5

Köstlin, Revision 509, System 299 ff.; Berner 269; s. ο. A I I 1. Oppenhoff 13, 534. R G 1, 250; 3, 95; 4, 260; 14, 124 u. ö. Mittermaier ZStW 21, 258. 100,103.

• 69 f.; vgl. auch Petri 50. 6 Schroeder

82

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

hilfenwerkzeug anerkannt, das lediglich durch den fehlenden Täterwillen zum Werkzeug wurde 7 . Ein Sonderproblem stellt das — schon von RG 3, 95 behandelte — dolose Werkzeug bei nur strafschärfenden, nicht strafbegründenden Umständen dar. Es führt bereits zum Täter hinter dem Täter und w i r d daher erst i m zweiten Teil der Arbeit behandelt (s. u. Β 7). b) D a s d o l o s e W e r k z e u g a l s P r o b l e m f ü r alle materiellen Theorien Wenngleich die Figur des dolosen Werkzeugs i n seinen drei Formen somit von der subjektiven Theorie entwickelt wurde, so folgt sie doch keineswegs aus ihren theoretischen Voraussetzungen. Diese Ansicht war freilich seinerzeit allgemein verbreitet 8 . Sie beruht jedoch auf dem i n jener Zeit alles überwuchernden Gegensatz zwischen subjektiver und objektiver Teilnahmetheorie, der den wichtigeren Gegensatz zwischen formaler und materieller Täterlehre völlig verdeckte. Die modernen Täterlehren, die ebenfalls das absichts- und qualifikationslose Werkzeug bejahen, haben gezeigt, daß i n vielen Punkten die Gemeinsamkeiten zwischen der subjektiven und den anderen materiellen Täterlehren größer sind als etwa diejenigen zwischen der materiell-objektiven und der formal-negativen Täterlehre. Hinsichtlich des dolosen Gehilfenwerkzeugs wurde bereits darauf hingewiesen, daß sich dieses Problem für alle materiellen Theorien i n gleicher Weise stellt und daß die Besonderheit der subjektiven Theorie i n dieser Frage lediglich darin besteht, daß sie als einzige materielle Theorie gewagt hat, das materielle K r i t e r i u m der Täterschaft konsequent anzuwenden (s. ο. A I I 8). Dabei ist es freilich kurios, daß selbst diese Figur von RG 31, 80 nicht materiellpositiv (über den Täterwillen des Veranlassenden), auch nicht materiellnegativ (da der Täterwille beim Ausführenden fehlt, liegt er beim H i n termann vor), sondern formal-negativ begründet wurde: Würde man keine Täterschaft des Hintermanns annehmen, so würde niemand bestraft werden können, weil der Ausführende nicht mit dem Täterwillen gehandelt habe. I n den Fällen des absichts- und des qualifikationslosen Werkzeugs muß die subjektive Theorie den Täterwillen beim Hintermann genauso fingieren wie die anderen materiellen Theorien das jeweils von ihnen zugrundegelegte Kriterium. Dies gilt auch für das absichtslose Werkzeug, da sich die dabei maßgebliche Absicht ja keineswegs mit dem Täterwillen deckt, wenngleich die Fiktion hier am ehesten möglich ist. Ist noch die Auffassung vertretbar, daß nur der die strafbegründende Absicht bzw. Eigenschaft Besitzende den Täterwillen 7

8

RG Recht 1902, 271; R G 40, 391 ff.; 44, 71 usf.

Mittermaier

ZStW 21, 255; Hergt 157; Liszt-Schmidt 331 Ν. 7.

4. Doloses Werkzeug

83

(und das gleiche gilt für die anderen materiellen Täterschaftskriterien, insbesondere die Tatherrschaft) haben kann 9 , so folgt daraus doch keineswegs, daß diese Kriterien i m Falle der Veranlassung eines Extraneus bzw. Absichtslosen regelmäßig vorliegen müssen 10 . Umgekehrt zog Röhricht aus der Anerkennung des dolosen Werkzeugs die Forderung, die Anstiftung schlechthin i n die mittelbare Täterschaft aufzunehmen 11 . c) D i e P r o b l e m l o s i g k e i t d e s d o l o s e n W e r k z e u g s für die f o r m a l - n e g a t i v e n T h e o r i e n Keine Schwierigkeiten bereiten das absichts- und das qualifikationslose dolose Werkzeug lediglich der formal-negativen Tätertheorie und dem ihr verwandten extensiven Täterbegriif. Hier folgt die Täterschaft des Veranlassenden ohne weiteres daraus, daß der Vordermann nicht Täter ist. I n diesem Sinne wurde das dolose Werkzeug von M. E. Mayer anerkannt, wobei er überhaupt nur das absichtslose dolose Werkzeug als doloses Werkzeug, das qualifikationslose Werkzeug dagegen als eigenständigen Grund mittelbarer Täterschaft behandelte 12 . Nach Einführung der limitierten Akzessorietät stellen das absichtslose und das qualifikationslose dolose Werkzeug sogar die einzigen Fälle dar, i n denen die formal-negative Theorie noch mittelbare Täterschaft annehmen kann 1 3 . Auch Mezger als Vertreter des extensiven Täterbegriffs bejahte das absichts- und qualifikationslose Werkzeug, ersteres allerdings nur bei Unkenntnis des Werkzeugs von der Absicht des Hintermanns, so daß man kaum noch von einem „dolosen" Werkzeug sprechen kann. I m ersteren Fall gerät Mezger außerdem dadurch i n Schwierigkeiten, daß er — offensichtlich infolge seiner kausalen Handlungslehre und der durch sie bedingten Betrachtung des Verbrechens als „Endprodukt des Letzttäters" 1 4 — tatbestandsloses rechtswidriges Handeln des Ausführenden verlangt 1 5 . War es doch gerade Mezger, der die Lehre von den subjektiven Unrechtselementen mitbegründet hat 1 6 , und ist doch gerade für Mezger der Tatbestand ratio essendi, nicht nur ratio cognoscendi der Rechtswidrigkeit 1 7 . Auch Eb. Schmidt 18 und v. Hippel 19 bejahen das absichts- und qualifikationslose Werkzeug, allerdings über den — vom 9 10 11 12

13 14 15 16

17 18 19

6*

Borchert 101; Lange I 4 vor § 47; Baumann JuS 1963, 86 f. Vgl. Piotet 69, 104 f. 40 f. 379.

Dohna 61; s. o. A I I 3. Maurach 500.

426 f.; anders jetzt L K § 47 Anm. 9. GS 89, 207 ff.

182; NJW 53, 2 ff.; vgl. Ramm ZStW 58, 378 N. 59. Frank-Festgabe 126 f.; Liszt-Schmidt 331 Ν. 7.

474.

84

A I I I . E n t w i c k l u n g des Anwendungsbereichs der m. T.

extensiven Täterbegriff aus unnötigen 2 0 — Umweg des fehlenden Vorsatzes beim Werkzeug. Diesen Weg hatte schon vorher Wegner vorgeschlagen 21 . d) D i e G e g n e r d e s d o l o s e n

Werkzeugs

Die Gegner des dolosen Werkzeugs operierten zunächst recht unglücklich. Zuerst stellte man auf eine angebliche contradictio i n adiecto i m Begriff des dolosen Werkzeugs ab 2 2 . Weiterhin behauptete man, mangels tatbestandsmäßigen Verhaltens liege beim Ausführenden überhaupt kein Verbrechen vor, so daß eine Teilnahme nicht i n Frage komme 2 3 . Die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft war m i t diesen Akzessorietätserwägungen keineswegs widerlegt. Auch die Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs wurde geltend gemacht 24 . I n beachtlicher Weise hat allerdings schon i m Jahre 1900 Mittermaier gegen das dolose Werkzeug argumentiert. Durch den bereits geschilderten (s. o. A I I 13 a) Rückgriff auf den Handlungsbegriff gelangte er dazu, die „Beherrschung" der Tätigkeit des Veranlaßten nur bei strafrechtlicher Bedeutungslosigkeit eines Willens oder bei Nichtkenntnis des Erfolgs zu bejahen 25 . Mittermaier weist auch darauf hin, daß beim dolosen Werkzeug eine Willenlosigkeit des Verleiteten fingiert werde 2 6 . Diese Fiktion mußte sich besonders bei dem qualifikationslosen Werkzeug bemerkbar machen, während das absichtslose Werkzeug wegen seiner Verwandtschaft m i t dem unvorsätzlich handelnden eher A n erkennung fand. So w i r d es von v. Liszt anerkannt, während er beim qualifikationslosen Werkzeug die mittelbare Täterschaft nur unter deren allgemeinen Voraussetzungen zuläßt und dementsprechend die Entscheidung RG 28, 109 als „sehr weitgehend" bezeichnet 27 . Frank dagegen lehnt das absichtslose Werkzeug ab und bejaht das qualifikationslose, und zwar m i t der bereits erwähnten Begründung, der ausführende Extraneus handele nicht m i t dem vollen Deliktsvorsatz 28 . Den wichtigsten Fall des absichtslosen Werkzeugs, die Unterstützung fremder Zu20 21

Vgl. Mezger 432 N. 18.

Reform 114 f. 22 v. Bar, Gesetz und Schuld, I I 627; Wachenfeld Grundzüge 66; Noll SchweizZStR 69, 553.

ZStW 40, 144; Beling,

23 Hergt 154, 156 f.; Beling, Lehre vom Verbrechen 419; Flegenheimer 46; Dahm 122. 24 Wachenfeld ZStW 40, 148; Lehrbuch 198; Dahm 123, der diese Ablehnung noch für das Jahr 1927 als h. L. bezeichnet. 25 ZStW 21, 242, 246 ff. 28 255. 27 210 N. 4. 28 I I I 4 vor § 47.

4. Doloses Werkzeug

85

eignung, wollen Frank und i h m folgend eine ganze Reihe von Autoren dadurch beseitigen, daß sie die Weitergabe für die Zueignung ausreichend sein lassen 29 . Noch weitergehend bemüht sich die Arbeit von Flegenheimer, von dem überhaupt die Begriffe des absichtslosen und des qualifikationslosen Werkzeugs stammen, für alle derartigen Fälle ähnliche Ausweichmöglichkeiten zu finden. Auch Roxin bestreitet neuerdings wieder die Existenzberechtigung des dolosen Werkzeugs 30 . Hegler SOà und Mezger sob nahmen Mittäterschaft zwischen Werkzeug und Hintermann an, da ersteres den objektiven, letzterer den subjektiven Tatbestand liefere. Ähnlich w i l l H. Mayer die Bestrafung des H i n termannes als Täter beim absichts- und beim qualifikationslosen dolosen Werkzeug dadurch erreichen, daß er die „eigene Tat" des Hintermannes mit der Anstiftung zur Beihilfe analog § 47 StGB zur Haftung für das Ganze zusammenrechnet 31 . Die Problematik des dolosen Werkzeugs liegt jedoch gerade i n den Fällen, i n denen der Hintermann kein Tatbestandsmerkmal eigenhändig setzt, sondern sich sein Beitrag zur Tatbestandserfüllung auf das „Mitbringen" der erforderlichen Absicht bzw. Qualifikation beschränkt 32 . e) D i e B e g r ü n d u n g d e s d o l o s e n W e r k z e u g s durch die m a t e r i e l l e n Theorien M i t der fortwährenden Anerkennung des dolosen Werkzeugs durch die Rechtsprechung des Reichsgerichts traten seine Gegner immer mehr i n den Hintergrund, und es wuchs das Bedürfnis, diese Figur auch von anderen Teilnahmetheorien her zu begründen. Hierbei ergab sich jedoch für alle materiellen Theorien das Dilemma, daß sie das Kriterium, das sie für die Begründung der übrigen Fälle der mittelbaren Täterschaft verwenden, nicht hierauf übertragen können. Was den Hintermann hier besonders hervorhebt, sind eben einfach andere Umstände als die für die Frage der Beteiligungsform materiell wesentlichen; die mittelbare Täterschaft beruht hier auf der formal-negativen Theorie 83 . Perten 34 und i h m folgend Dahm 3 5 nahmen allerdings auf Grund der älteren materiell-objektiven Theorie (s. o. A I I 7) bei der Anstiftung eines 29

Frank § 242 V I I 2 a/?; Wachenfeld Lit. bei Hergt 152. 30

345. ZStW 36, 34. sob 428. 81 308 f.; Rittler-Festschrift 249 N. 23. 80a

32

35 34

Vgl. auch Gallas Mat. I 135 f. Nowakowski JZ 1956, 549.

137. » 127.

197; Maurach 500; Roxin 341 ff.; ältere

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A I I I . E n t w i c k l u n g des Anwendungsbereichs der m. T.

Extraneus zum Sonderdelikt eine größere Gefährlichkeit des Hintermanns an, da der ausführende Extraneus dem Anstiftenden weniger Widerstand entgegensetze als ein Intraneus. Indessen ist diese Behauptung nicht schlüssig, da ja der ausführende Extraneus immerhin durch eine Gehilfenstrafe abgeschreckt wird. Außerdem vermag die Behauptung einer größeren Erfolgswahrscheinlichkeit der Anstiftung noch nicht die Täterschaft des Hintermanns zu begründen. Auch Perten gelangt zur Anstifterstrafe auf Grund der durch die Begehung der Ausführungshandlung hervorgerufenen Gegenhemmungen. Einen neuartigen und außerordentlich interessanten Versuch zu einer materiellen Begründung der mittelbaren Täterschaft beim qualifikationslosen Werkzeug hat kürzlich Roxin unternommen — allerdings um den Preis einer völligen Nivellierung der Beteiligtenstellung der Qualifizierten. Während er beim absichtslosen Werkzeug mit anderen M i t teln (Erweiterung der Zueignungsabsicht u. ä.) abhelfen w i l l , soll bei den sog. Pflichtdelikten, zu welchen die Sonderdelikte zählen, jeder Verpflichtete immer Täter sein, da die Pflichtverletzung den Beteiligten zur Zentralgestalt des handlungsmäßigen Geschehens mache 36 . Es fragt sich jedoch, ob diese Konstruktion, die Roxin i m wesentlichen mit den sonst entstehenden Strafbarkeitslücken begründet 37 , mit dem geltenden Recht vereinbar ist. Roxin meint selbst, daß die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme durch das positive Recht grundsätzlich gegen den extensiven Täterbegriff spreche 38 , auf den seine Lehre aber i n einem Teilbereich hinausläuft. Für eine Unterscheidung der Beteiligtenstellung auch innerhalb der Verpflichteten spricht die Tatsache, daß das Gesetz neben der Pflichtverletzung regelmäßig eine Erfolgsherbeiführung verlangt, die sich wie bei den „Herrschaftsdelikten" beherrschen läßt. Daß das Gesetz bei einigen „Pflichtdelikten" die Teilnahme ausdrücklich der Täterschaft gleichstellt (z. B. §§ 340, 347, 354 StGB), rechtfertigt für die übrigen Fälle statt des von Roxin vertretenen Analogieschlusses39 ebenso gut ein argumentum e contrario. Der Grundsatz, daß bei den Sonderdelikten nur spezielle Pflichtträger Täter sein können, läßt sich also nicht dahin umkehren, daß diese Pflichtträger auch regelmäßig Täter sind, anders ausgedrückt: die Schaffung eines Sonder36

352 ff. 361, 463. 38 28. Hierbei wird nicht übersehen, daß der extensive Täterbegriff nach herkömmlichem Sprachgebrauch auch die Eigenhändigkeit und die besonderen Tätermerkmale überspringt und daher im Falle ihrer Anerkennung als gescheitert angesehen wird (s. o. A I I 9 N. 23). Aber das wesentlichere Merkmal des extensiven Täterbegriffs ist der Verzicht auf Differenzierungen in der Beteiligtenstellung, so daß auch die regelmäßige Annahme von Täterschaft bei den Pflichtträgern eine Konzession an den extensiven Täterbegriff darstellt (vgl. auch Roxin selbst 379). 39 358, 362. 37

4. Doloses Werkzeug

87

delikts soll den Kreis der möglichen Tatherren begrenzen, nicht einen Verzicht auf das Erfordernis der Tatherrschaft zum Ausdruck bringen. Läßt man mit der h. L. eine mittelbare Täterschaft durch die bloße Verwirklichung von qualifizierenden Umständen bei unselbständigen Abwandlungen nicht zu (s. u. Β 7), so kommt für die materiellen Täterlehren als weitere Unträglichkeit hinzu, daß die Frage der Beteiligungsform hier abhängig ist von der Frage, ob der Gesetzgeber einem Merkmal strafbegründende oder bloß strafändernde oder -ausschließende Wirkung beilegt 4 0 . Eine solche Unterscheidung könnte allenfalls dann für die Teilnahme von Bedeutung sein, wenn das strafbegründende Merkmal das betreffende Verhalten überhaupt erst rechtswidrig macht. I n der Mehrzahl der Fälle ist es jedoch so, daß der Gesetzgeber lediglich davon absieht, das Grundverhalten ohne das persönliche Merkmal unter Strafe zu stellen, da seine Rechtswidrigkeit unterhalb der strafrechtlichen Relevanz verbleibt (Beispiel: Wegnahme — Diebstahl). Zumeist beschritten die materiellen Theorien den Ausweg, den schon Mittermaier der subjektiven Theorie vorgeworfen hatte, nämlich i n diesem Fall das der Täterschaft allgemein zugrunde gelegte K r i t e r i u m zu fingieren. Welzel machte allerdings anfänglich den Versuch, den Begriff der Tatherrschaft für diese Fälle zu einer „sozialen Tatherrschaft" zu erweitern, womit jedoch die einheitliche Grundlage dieses Begriffes verlassen wurde 4 1 . Später gab er dann die einheitliche Grundlage der Täterschaft offen auf und gründet die mittelbare Täterschaft heute auf die Tatherrschaft des Hintermanns oder auf das Vorliegen der strafbegründenden persönlichen Tätermerkmale 4 2 . Maurach hält am Begriff der Tatherrschaft fest, vermag diese aber nicht materiell zu begründen; die Einordnung unter die Fälle der Benutzung eines nicht tatbestandsmäßig handelnden Werkzeugs zeigt vielmehr Anklänge an die formalnegative Täterlehre 4 3 . Dagegen betont Maurach i n anderem Zusammenhang mit Recht, daß es „eine Auswirkung positivistischen, am Gesetz haftenden Denkens" wäre, wenn man die mittelbare Täterschaft nur auf die fehlende Möglichkeit der Teilnahme stützen würde 4 4 . Lange45 versucht zwar, auch die Täterqualifikationen unter den Begriff der Tatherrschaft zu subsumieren, doch führt auch dieser Versuch einerseits zu einer Fiktion („nur der Innenseiter beherrscht den Amtsbetrieb"), andererseits zu einer Rückkehr zum intern-subjektiven Täterbegriff („Täter ist, wer eine Straftat selbst oder dadurch ausführt, daß er einen anderen 40 41 42

43 44 45

Conrad 81; Zimmerl ZStW 54, 588. ZStW 58, 543 f. 90 f.

499 f., 559; ebenso Mezger-Blei 225 f. 559; ebenso Bockelmann 46.

I 4 vor § 47.

88

A I I I . E n t w i c k l u n g des Anwendungsbereichs der m. T.

für sich handeln läßt"). Die gleichen Einwände gelten für die Begründungen der mittelbaren Täterschaft durch Gallas 40 , Dahm 4 7 und Jescheck 48. Wenn freilich Schönke-Schröder hiermit die Tatherrschaftslehre als solche angreifen 49 , so ist dies von der subjektiven Theorie aus unzulässig (s. o. b). Es wäre endlich an der Zeit, den unseligen Gegensatz zwischen subjektiver und objektiver Theorie angesichts der Probleme, die sich beiden Theorien als materiellen Theorien gemeinsam stellen, zu überbrücken. Als systematisch sauber erweist sich hier nur die formal-negative Theorie, die freilich nach Einführung der l i m i tierten Akzessorietät mittelbare Täterschaft nur i n den Fällen des absichts» und qualifikationslosen Werkzeugs annehmen kann (s o. A I I 3) — eine vom materiellen Standpunkt aus unbefriedigende, vom Standpunkt der Systemeinheit jedoch einwandfreie Lösung. f)

Folgerungen

Bei einer Beibehaltung der mittelbaren Täterschaft i n ihren klassischen Fällen sind dagegen nur zwei Wege systematisch vertretbar. Entweder man gibt offen die einheitliche Grundlage der mittelbaren Täterschaft auf und anerkennt i n einem Teilbereich die formal-negative Theorie. W i l l man diesen zweifellos unbefriedigenden Weg vermeiden, so verbleibt nur die Möglichkeit, auf die regelmäßige Annahme von mittelbarer Täterschaft i n den Fällen des absichts- und qualifikationslosen Werkzeugs zu verzichten und diese nur unter ihren allgemeinen Voraussetzungen (Zurechnungsunfähigkeit, Notstand, I r r t u m u. ä.) zuzulassen. Zur Vermeidung ungerechtfertigter Strafbarkeitslücken Würde nur der Weg offenbleiben, daß man — u. U. unter analoger A n wendung des § 50 Abs. 2 StGB auf strafbegründende Merkmale — Teilnahme auch an Handlungen für möglich hält, bei denen die besondere Absicht oder Eigenschaft fehlt 5 0 . Entsprechende Bestimmungen waren bereits i n § 28 Abs. 1 E 1925 und § 32 Abs. 1 E 1927 und 1930 vorgesehen. Sie waren seinerzeit allerdings auf heftige K r i t i k gestoßen 51 . Nach dem allgemeinen und durch die limitierte Akzessorietät erforderlich gewor4

· Mat. I 136: Herrschaft über das „Gesamtgeschehen". Vgl. o. A I I 13 e. Tätertyp 56: die Täterschaft des Ausführenden sei immer nur durch besondere hinzukommende Umstände möglich, unter welche in gleicher Weise die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Verpflichtetenkreis, die Bindung durch engere Gemeinschaftsbeziehungen und der Täterwille gehören. 48 SchweizZStR 71, 235: der Hintermann „bringe" die Tatbestandsmerkmale „mit", die den Charakter des Delikts als strafbaren Tatbestands erst ausmachten. 4 » 52 vor § 47. 47

M

51

Perten 137; Bruns 62; Piotet 102 ff.; ZStW 69, 23 f. Kohlrausch Reform 32; Wegner a.a.O. 115 f.; Wolf

Festgabe V 300; Hegler a.a.O. 321; Drost ZStW 51, 368.

234; Coenders RG-

5. Veranlassung zur Selbstverletzung

89

denen Übergang zu einer materiellen Begründung der Täterschaft wäre das Problem jedoch neu zu durchdenken, zumal sich die K r i t i k an den genannten Bestimmungen vor allem gegen die mit ihnen geplante völlige Abschaffung der mittelbaren Täterschaft richtete. I n diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, daß sich, während Literatur und Entwürfe den Bereich des absichtslosen Werkzeugs durch Erweiterung der Zueignungsabsicht u. ä. zunehmend einschränken, der Kreis der Sonderdelikte i n Literatur und Rechtsprechung laufend vergrößert: es gehören dazu auch etwa die §§ 142, 170b, 170c, 266 StGB sowie zahllose Tatbestände des Nebenstrafrechts 52 .

5. Die Veranlassung zur Selbstverletzung

Die Veranlassung zur Selbstverletzung war als Fall der mittelbaren Täterschaft unproblematisch, solange sie i m klassischen Bereich der mittelbaren Täterschaft verblieb, d. h. bei Veranlassung eines Zurechnungsunfähigen, eines Fahrlässigen, eines Genötigten zur Selbstverletzung. Nur für eine „akzessorische" Betrachtung der mittelbaren Täterschaft, die für das Werkzeug die Erfüllung eines Tatbestands verlangte 1 , könnte die mittelbare Täterschaft hier zweifelhaft sein. Umgekehrt mußte jedoch die Begrenzung auf den klassischen Anwendungsbereich der mittelbaren Täterschaft für die formal-negative und die ihr verwandten Theorien, nämlich die Theorie der intellektuellen Urheberschaft, die ältere Übergewichtstheorie und den extensiven Täterbegriff, zweifelhaft werden, da es an einer fremden strafbaren Handlung fehlte und § 48 StGB somit nicht eingreifen konnte. Durch die „Tatbestandslosigkeit" der Werkzeughandlung schien die mittelbare Täterschaft ohne weiteres gegeben. Unter den Anhängern einer generellen Bestrafung der Anstiftung zum Selbstmord als mittelbare Tötung finden w i r dementsprechend Binding 2, Kohler 3, Eb. Schmidt 4, Hegler 5, Käpernick 6 u. a. Andererseits ist die Beschränkung auf den klassischen Bereich für Mezger 7 ausgesprochen inkonsequent und nur durch 52

Maurach BT 331, 398, 678; H. Mayer Rittler-Festschrift 266; Lange JZ 1959, 562; Dahm MDR 1959, 509; Roxin 353 ff., 384 ff.; Lang-Hinrichsen DJT-Gutachten 24. 1

M. E. Mayer 376; Borchert 100, 103 f., 107; v. Hippel 475; vgl. Hegler

Schmidt-Festschrift N. 27. 1 Handbuch 701; Lehrbuch I 25 f. 8 144.

* Frank-Festgabe I I 124 f.; Liszt-Schmidt 323 f.

1

Schmidt-Festschrift 26 ff. • 96. T 429 f.

90

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

eine komplizierte Umdeutung des Tötungstatbestands zu erreichen 8 . Die Ersetzung der Täterschaftskriterien durch ein reines Erfolgsdenken kommt besonders i n Eb. Schmidts argumentum a minore ad maius zum Ausdruck: wenn die Veranlassung eines Geisteskranken, also sozial Wertlosen, strafbar sei, müsse es erst recht die eines Gesunden, also sozial Wertvollen, sein 9 . Auch Dreher kommt zu einer extensiven Auslegung, da er den Selbstmord nicht als Täterschaft, sondern als strafrechtlich irrelevanten Vorgang ansieht, so daß Teilnahmegrundsätze entfallen müssen. Aus dem gleichen Grunde soll eine „Tatherrschaft" des Selbstmörders unmöglich sein 10 . Hier w i r d dem Gegensatz strafrechtlich relevant — strafrechtlich irrevelant gleichzeitig der Gegensatz Tat — Vorgang unterschoben. Eine menschliche Handlung w i r d aber durch ihre bloße strafrechtliche Irrelevanz nicht zu einem „Vorgang" 1 1 . Daß die Tatherrschaft tatbestands- und nicht nur handlungsbezogen sei, läßt sich nicht m i t dem Hinweis auf Sonderbestimmungen (§§ 180, 357 StGB) begründen 12 , i n denen materielle Teilnahmehandlungen zu besonderen Tatbeständen erhoben sind. Zu einer Ausdehnung der Strafbarkeit führt ferner die Auffassung von Johannes, der wegen der regelmäßigen M i t w i r k u n g des Opfers bei Straftaten (Lesen des beleidigenden Schriftstücks, Hineinlaufen i n die vorausberechnete Schußbahn) unmittelbare Täterschaft annehmen w i l l 1 3 . Da auch regelmäßig rechtmäßig handelnde Werkzeuge m i t w i r k ten (z. B. Postbedienstete), seien „mittelbare Täterschaft und Werkzeug i m Grunde nutzlose Begriffe" 1 4 . Es handelt sich hier um einen Rückfall i n einen extrem extensiven Täterbegriff, bei dem nicht nur das Erfordernis der Tatbestandsmäßigkeit ignoriert, sondern auch der hochentwickelte Begriffsapparat der Teilnahmelehre zugunsten eines archaischen Urheberbegriffs aufgegeben wird, der anschließend durch so unscharfe Begriffe wie Güterabwägung und Adäquanz nur notdürftig wieder eingeschränkt w i r d 1 5 . Aber auch auf diejenigen Autoren, die die Täterschaft bei der Veranlassung zur Selbstverletzung auf den klassischen Bereich der mittelbaren Täterschaft beschränken, hat die erwähnte Auflockerung immer wieder zurückgewirkt. So erklärt die berühmte Entscheidung RG 26, 8 9

416 f.; vgl. Hegler a.a.O. N. 27.

Frank-Festgabe 125 N. 1. 10 M D R 1952, 713 Schwarz-Dreher 2 Β b vor § 211; abschwächend jetzt M D R 1964, 337. 11 12 13 14 15

Vgl. auch Gallas JZ 1960, 687 N. 72. So Franzheim 37. 18 f. 47 N. 131. 44, 59; s. auch u. A I I I 6 bei N. 11.

5. Veranlassung zur Selbstverletzung

91

242 (Lehrherr zwingt seinen Lehrjungen, ein ungereinigtes Stück Darm zu essen), es sei nicht erforderlich, daß ein Widerstand gegen die rechtswidrige Einwirkung auf den Willen unmöglich sei. Vielfach w i r d mittelbare Täterschaft bei der Veranlassung eines Selbstmordes durch die Erregung eines Motivirrtums, z. B. über einen Unglücksfall oder eine Beeinträchtigung der Ehre, angenommen 16 . Trotz grundsätzlicher Ablehnung der Umdeutung der Veranlassung zum Selbstmord i n eine Todesverursachung dehnt Meister die Täterschaft auf die Veranlassung von Minderjährigen und Personen m i t erheblich verminderter Zurechnungsfähigkeit sowie auf die Veranlassung durch Drohung m i t einem empfindlichen Übel oder durch Erregung eines Motivirrtums aus 17 . Less begnügt sich m i t der Ausnutzung des „plötzlichen Erschreckens eines sensiblen Menschen", der Notlage, Verzweiflung oder Angst des Opfers 18 . Mezger spricht für den Fall, daß die Einwirkung nicht die i n § 52 StGB vorgesehene Stärke erreicht, von einem „Bedürfnis nach A n erkennung einer mittelbaren Täterschaft" und verlangt eine Grenzziehung i m Einzelfall unter Berücksichtigung des ethischen Empfindens 19 . Auch Welzel begnügte sich früher mit einer geringeren Intensität der Einwirkung als i n den anderen Fällen der mittelbaren Täterschaft 20 . Erst später hat er konsequent die mittelbare Täterschaft auf eine dem Nötigungsnotstand gleichende Bindung an fremden Willensentschluß beschränkt und dementsprechend i m Hildegard-Höfeld-Fall das Moment der Drohung herausgestellt 21 . Eine Konzession an die formal-negative Theorie stellt auch die Einordnung der Veranlassung zur Selbstverletzung als Benutzung eines nicht tatbestandsmäßig handelnden Werkzeugs dar 2 2 , die — an sich unbedenklich — doch gelegentlich zu einem Verzicht auf eine materiell-positive Begründung der mittelbaren Täterschaft verführt (s. o. A I I 13 g). Allerdings nimmt Maurach i m Einzelfall durchaus eine materielle Begründung vor; jedoch sollen sich hierbei ohne nähere Begründung „die Grenzen zwischen strafloser Teilnahme und strafbarer mittelbarer Täterschaft zuungunsten des Hintermannes verschieben" 23 : Täterschaft soll daher gegeben sein bei Schaffung einer den Selbstmord bezweckenden Verzweiflungslage des Opfers, Suggerierung einer unheilbaren Krankheit o. dergl., doloser Vorspiegelung, dem 16 17 18 19 20 21

22

Wolf 201; E 1925, Begründung 116; Meister GA 1953, 180. GA 1953,168. JZ 1951, 552. L K § 47 9 b aa. ZStW 58, 544. 91 f.

Maurach 499; Lange 5 Β 2 a vor § 47; Mezger-Blei 225 f.; Roxin 225.

23 B T 17.

92

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

anderen i n den Tod folgen zu wollen, ja sogar bei jeder Hervorrufung eines Motivirrtums, bei dem moralischen Druck des Gewinners auf den Verlierer beim sog. Amerikanischen Duell 2 4 . Roxin lehnt zwar eine Erweiterung der Täterschaft bei Nötigung und der Veranlassung von K i n dern und Zurechnungsunfähigen zum Selbstmord ab 2 5 ; auch er bejaht aber die Täterschaft bei jeder Erregung eines Motivirrtums als Täuschung über den „konkreten Handlungssinn" 2 6 . A u f die Erregung eines Motivirrtums hat schließlich auch Schönke-S ehr öder trotz grundsätzlicher Restriktion die mittelbare Täterschaft bei der Veranlassung zum Selbstmord erweitert 2 7 . Alle diese Erweiterungen lassen sich m i t den herkömmlichen materiellen Kriterien der mittelbaren Täterschaft nicht rechtfertigen. Unzureichend ist es insbesondere auch, wenn Less, die Notwendigkeit einer materiell-positiven Begründung der mittelbaren Täterschaft durchaus erkennend, diese i n dem Vorliegen einer beliebigen Straftat beim Hintermann (z. B. § 240 StGB) erblickt 2 8 . A n dieser Stelle ist daher zunächst die Beschränkung der mittelbaren Täterschaft bei der Selbstverletzung auf den klassischen Bereich der mittelbaren Täterschaft zu begrüßen 29 . Gerade hier w i r d der innere Grund für das Erfordernis der materiellen Begründung der Täterschaft, nämlich die Gleichstellung der Veranlassung m i t einem unmittelbaren Vorgehen, besonders deutlich: die Veranlassung zur Selbstverletzung soll hier das Vorgehen gegen das Opfer selbst kompensieren. Erst die spätere Prüfung der Fälle des Täters hinter dem Täter w i r d erweisen, daß auch bei Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden mittelbare Täterschaft möglich ist, während umgekehrt die Tendenz zur Ausdehnung der m i t telbaren Täterschaft bei Veranlassung zur Selbstverletzung eine gewisse Anerkennung der Figur des Täters hinter dem Täter enthält und nur als solche gerechtfertigt werden kann (s. u. Β 1 u. 4). Zur mittelbaren Täterschaft durch Unterlassen bei der Selbstverletzung w i r d u. A I I I 9 und Β 10 Stellung genommen. Die Figur der Veranlassung zur Selbstverletzung w i r d i n der strafrechtlichen Dogmatik noch nicht immer erkannt und fruchtbar gemacht. Das zeigt zunächst die Beurteilung der Veranlassung zur Provozierung 24 504; B T 17 f., 51; die noch weitergehende Annahme von mittelbarer Täterschaft bei bloßer Garantenstellung des Veranlassenden in der 3. Aufl. (17 f.) ist jedoch jetzt aufgegeben. 25 161 ff., 241. 26 225 ff. 17 19 vor § 211. 18 JZ 1951, 552; s. auch u. A I I I 6 bei N. 22.

29

Welzel 91 f., 245; Mezger 430 f.; H. Mayer 307; Μ. E. Mayer 405; Friebe GA

1959, 167 f.; v. Liszt 210 N. 5 (RG 26, 242 „viel zu weitgehend").

5. Veranlassung zur Selbstverletzung

93

einer Notwehrhandiung (s. u. 6). A n dieser Stelle ist ferner auf den berühmten Erbonkel- und Gewitterfall hinzuweisen (der Neffe überredet seinen Erbonkel zu einer Flugreise i n der Hoffnung auf ein Unglück; der Bauer schickt seinen Knecht bei Gewitter auf das Feld i n der Hoffnung, er werde vom Blitz erschlagen). Die dogmatische Begründung der einhelligen Ablehnung der Täterschaft ist hier bekanntlich äußerst umstritten. Während Frank 30 und Liszt-Schmidt 31 das Moment des Voraussehens, Mezger 32 und jetzt auch Lange33 das des Wollens beim Vorsatz entfallen lassen, verlangt Welzel für den Vorsatz, daß sich der Täter eine Einwirkungsmöglichkeit auf das reale Geschehen zuschreibt 34 . Früher verneinte er, wie jetzt noch Bockelmann 35, die Sozialadäquanz 36 . A u f die fehlende Kausalität bzw. Adäquanz stellen Traeger 37, Maurach 38, Engisch 39, v. Hippel* 0, H. Mayer 41 und Baumann ab, der trotz grundsätzlicher Bejahung der Äquivalenztheorie i n den Fällen „völliger Unwahrscheinlichkeit der Kausalität" eine Anleihe bei der Adäquanztheorie machen w i l l 4 2 . Die Tatherrschaft schließlich verneinen Gallas 43 und Less 44 , während Bruns 45 und Roxin 46 diesen Begriff wiederum für die Adäquanz verwenden. Auffallend ist doch aber, daß es sich i n beiden Fällen, d. h. i m Erbonkel- wie auch i m Gewitterfall, u m eine Veranlassung zur Selbstgefährdung handelt. Überraschenderweise ist bisher bis auf eine Ausnahme 4 7 noch niemals auf dieses Merkmal hingewiesen worden. Insbesondere bleibt auch Roxin beim Adäquanzgedanken stehen, obwohl er den Risikoirrtum bei der Veranlassung zur Fremdverletzung eingehend prüft und mittelbare Täterschaft kraft Irrtums über den Bedeutungsgehalt der Tat annimmt 4 8 . 30

§ 59 I X 2. 254. 32 127, 339; L K § 59 I I 19 a. 33 § 59 I I I 1 a. 34 61. 35 61 N. 71. M Lehrbuch 2. Aufl. 36 ff.; ZStW 58, 517. 37 172. 38 162. 39 Untersuchungen 74 f., 150 ff. 40 146; V D A I I I 524 N. 5, 572. 41 135. 42 200; JZ 1962, 46. 43 Beiträge 17. 44 JZ 1951, 552. 45 67, 73. 4 · 456 f. 31

47

48

Rutkowsky NJW 1952, 607 und 1961,1153. 220 ff.

94

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

Sollte nicht hier die Lösung der Fälle zu finden sein, wodurch sich insbesondere der immer wieder vorgebrachte Einwand erklären würde, daß bei einem Ingangsetzen sachlicher M i t t e l gegen das Opfer offensichtlich eine geringere Erfolgswahrscheinlichkeit ausreicht 49 ? Die Erkenntnis, daß hier eine Veranlassung zur Selbstgefährdung vorliegt, vermag zwar nicht für alle, wohl aber für einen Teil dieser Fälle eine befriedigende Lösung zu bringen. Bei so entfernten Gefahren wie i n den genannten Fällen w i r d nämlich i n der Regel beim „Opfer" hinsichtlich der daraus drohenden Selbstverletzung Eventualvorsatz oder bewußte Fahrlässigkeit vorliegen, so daß jede Überlegenheit beim Hintermann entfällt und es damit schon an den Voraussetzungen der Täterschaft fehlt 5 0 . W i l l man aber wie beim Hintermann (s. o.) beim „Opfer" den Vorsatz ausschließen und völlige Schuldlosigkeit annehmen, so w i r d man doch für die Täterschaft, die ja dem unmittelbaren Vorgehen gegen das Opfer gleichstehen soll, zumindest ein M i n i m u m an überlegenem Erfahrungswissen beim Hintermann verlangen müssen (der Veranlassende weiß, daß Blitze gefährlich sind, das veranlaßte K i n d weiß es nicht; der Veranlassende weiß, daß man bei Gewittern „Eichen weichen" soll; er weiß, daß i n einem bestimmten Waldstück schon zweimal Menschen vom Blitz erschlagen wurden usw.). Wie bei der Veranlassung eines bewußt fahrlässig Handelnden kann auch hier das bloß emotionale Übergewicht des Wollens beim Hintermann keine Tatherrschaft begründen. Haben dagegen, wie bei der herkömmlichen Gestaltung der Fälle, beide Beteiligten den gleichen Grad von Kausalwissen, so fehlt es bereits an den Merkmalen der Täterschaft, und die Teilnahme an der Selbstverletzung ist straflos. Eine A r t „negativer Bestätigung" erhält die hier vorgenommene Ausgliederung des Problems aus der Adäquanz und seine Überweisung an die Lehre von der mittelbaren Täterschaft dadurch, daß Johannes, der umgekehrt die Veranlassung zur Selbstverletzung aus dem Bereich der mittelbaren Täterschaft herausnehmen und als unmittelbare Täterschaft auffassen will, wiederum zur Adäquanz als allgemeinem A b grenzungsmaßstab zurückkehrt 5 1 . Eine positive Bestätigung erhält die hier vorgeschlagene Lösung durch das gleichartige Ergebnis Roxins für die Veranlassung eines Risikoirrtums 5 2 . Während sich jedoch die 49 50

Engisch Untersuchungen 160 ff. ; Rutkowsky

a.a.O.

Vgl. Rutkowsky a.a.O., der jedoch bei der formal-negativen Theorie stehenbleibt (§ 48 StGB greife nicht ein) und mit einem zweifelhaften und überflüssigen argumentum a maiore ad minus arbeitet (aus der Straflosigkeit der Veranlassung zum Selbstmord folge erst recht diejenige der Veranlassung zur bloßen Selbstgefährdung). Zur fehlenden Tatherrschaft bei der Veranlassung zu einer bewußt fahrlässigen Handlung s. ο. A I I I 1 c. 51 S. o. N. 12—14.

" 220 ff.

6. Rechtmäßig handelndes Werkzeug

95

vorliegende Darstellung darauf beschränkt, negativ die Fälle gleichen Kausalwissens als für eine Täterschaft des Hintermannes ungeeignet auszuscheiden, w i l l Roxin auch positiv i n Fällen überlegenen Kausalwissens beim Hintermann zur Täterschaft wegen besserer Erfassung des rechtlichen Bedeutungsgehaltes der Tat gelangen. So sehr diese Auffassung gerade vom Standpunkt der hier vertretenen Lösung aus zu begrüßen wäre, so erscheint sie doch praktisch nicht realisierbar, und zwar wegen der fehlenden Meßbarkeit und Vergleichbarkeit der Einschätzung der Erfolgsaussicht. Die von Roxin verwendeten Prozentziffern 53 sind jedenfalls ungeeignet. Nur i n Fällen deutlich überlegener Erfolgsaussicht für den Hintermann w i r d man zur Täterschaft gelangen können. Die Frage, wie weit diese Grundsätze auf die Fälle übertragen werden können, i n denen sich der Veranlaßte i n eine von einem frei und bewußt handelnden Menschen ausgehende Gefahr begibt, führt zum Problem des Täters hinter dem Täter und soll daher erst i m zweiten Teil dieser Arbeit geprüft werden (s. u. Β 4).

6. Das rechtmäßig handelnde Werkzeug

Die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft bei rechtmäßig handelndem Werkzeug ist heute nicht mehr bestritten 1 . I n dem Streit um die Anerkennung dieser Figur kommen wiederum die Grundlinien der Entwicklung der Täterlehre und speziell der Lehre von der mittelbaren Täterschaft sehr deutlich zum Ausdruck. Auf den ersten Blick scheinen das rechtmäßig handelnde Werkzeug und der volldeliktisch handelnde Tatmittler sogar eine überraschende Gemeinsamkeit zu besitzen: wenn der Mittler i m ersten Fall überhaupt nicht rechtswidrig, i m zweiten Fall volldeliktisch handelt, so scheint für beide Fälle die Voraussetzung der mittelbaren Täterschaft i n einer Ablösung von dem Verhalten des Vordermanns, einer Ablehnung des Akzessorietätsgedankens zu liegen. Eine solche Gleichsetzung wäre jedoch ein Fehler, da hierbei die völlig verschiedenen Probleme der unterschiedlichen Rechtswidrigkeit der Handlungen und der unterschiedlichen Beteiligtenstellung miteinander vermengt werden l a . Der intern-subjektive Täterbegriff (s.o. A l l 10) kann zwar die Täterstellung 53

1

192, 224.

Maurach 500; Mezger LK §47 9baa; Mezger-Blei 226 f.; Schönke-Schröder 14 vor § 47; Welzel 93; Lange I Β 2 h vor § 47; Schwarz-Dreher 1 Β e vor §47; Less JZ 1951, 550 ff. ^ Vgl. Less a.a.O.; Schweiger NJW 1952, 1201.

96

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

unabhängig vom Verhalten der anderen Beteiligten machen, aber keineswegs auch die Rechtswidrigkeit der Veranlassung begründen, während umgekehrt aus der subjektiven Begründung der Rechtswidrigkeit noch keineswegs ein intern-subjektiver Täterbegriff hergeleitet werden kann. Allerdings ist der intern-subjektive Täterbegriff dieser Verwechslung gelegentlich erlegen 2 . Wenn RG 64, 425 die Rechtswidrigkeit der Handlung des Hintermanns damit begründet, es müsse vornehmlich darauf Gewicht gelegt werden, was der mittelbare Täter getan und gewollt habe, so w i r d hier eine Formulierung des intern-subjektiven Täterbegriffs zur Begründung der Täterschaft 3 wörtlich auf die Begründung der Rechtswidrigkeit übertragen. Der gleichen Verwechslung macht sich aber auch die Gegenauffassung schuldig, wenn sie der subjektiven Theorie vorwirft, legales Verhalten durch unmoralische Gesinnung rechtswidrig zu machen 4 . Denn an einer Rechtswidrigkeit w i r d niemand, der die Lehre von den subjektiven Rechtfertigungselementen bejaht, vorbeikommen können; entscheidend ist vielmehr, daß es u. U. an der Täterschaft fehlt. Dementsprechend ist auch die mittelbare Täterschaft mittels rechtmäßig handelnden Werkzeugs als Bestätigung der subjektiven Unrechts-, nicht aber der subjektiven Teilnahme lehre aufgefaßt worden 5 . Unzweckmäßig erscheint es aber auch, wenn die für das Verhältnis der Täterschaft zu den Teilnahmeformen geprägten Begriffe des restriktiven und primären Täterbegriffs auf das hier vorliegende Verhältnis zur Rechtswidrigkeit, ja überhaupt zum Deliktsgrad der Handlung eines anderen Beteiligten übertragen werden 6 . Nur so erklärt sich das eigenartige Ergebnis, daß der „restriktive" Täterbegriff hier zu einer weiteren Strafbarkeit führt als der „extensive". Gegen die mittelbare Täterschaft bei rechtmäßigem Handeln des Werkzeugs sprach zunächst auch hier (vgl. ο. A I I I 5) ein gewisses Übergreifen des Akzessorietätsgedankens 7 . A u f der anderen Seite mußte die mittelbare Täterschaft hier mehr oder weniger selbstverständlich sein für die formal-negative Theorie der mittelbaren Täterschaft und die ihr verwandten Theorien der intellektuellen Urheberschaft und des extensiven Täterbegriffs. So heißt es bei v. Hippel sehr charakteristisch, der Hintermann hafte als mittelbarer 2 8 4

Drost ZStW 51, 375. Drost a.a.O. 373. Welzel 94; zutr. dagegen SJZ 1947, 648 f.

5

Ramm ZStW 58, 403; Braun 69 ff. • So Maurach 501. 7 Kleinfeller GA 64, 220; Hergt 135; Mezger 426; ZStW 52, 529 ff.; Bruns

63, 181; dagegen besonders Hegler Schmidt-Festschrift 9; Maurach

500 f.

6. Rechtmäßig handelndes Werkzeug

97

Täter, „weil Teilnahme hier mangels strafbarer Haupttat ausscheidet" 8 . Das Problem der subjektiven Rechtfertigungselemente, besonders des fehlenden Verteidigungswillens bei der Notwehr, das Mezger später für den Wandel seiner Auffassung anführte 0 , spielte hierbei nur zum Teil eine Rolle, da sich das Problem auch für die dolose Schaffung von Notwehrlagen stellte, deren Rechtswidrigkeit für den Hintermann schon lange mit besonderen Grundsätzen (exceptio doli, Analogie zur actio libera i n causa, Beginn des Angriffs schon m i t der Herbeiführung der Notwehrlage usw.) begründet wurde 1 0 . Die Anerkennung der Erforderlichkeit des subjektiven Rechtfertigungselements bei der Notwehr erweiterte das Problem nur auf die Fälle der bloßen Unterstützung eines Notwehrtäters. M i t einer radikalen Form des extensiven Täterbegriffes versucht neuerdings Johannes, die mittelbare Täterschaft bei rechtmäßigem Handeln des Werkzeugs als „Scheinproblem" darzustellen. Aus der Tatsache, daß wie das Opfer selbst so auch vielfach rechtmäßig handelnde Werkzeuge zum Erfolg beitragen (z. B. Postbedienstete), schließt er, daß sich „mittelbare und unmittelbare Täterschaft i n nichts Wesentlichem unterscheiden", „mittelbare Täterschaft und Werkzeug i m Grunde nutzlose Begriffe" seien 11 . Diese vereinfachende Auffassung wurde bereits oben A I I I 5 abgelehnt. Der Vorwurf der Bestrafung der bloßen bösen Gesinnung 12 trifft nicht nur den extensiven Täterbegriff und die subjektive Teilnahmelehre, sondern auch die formal-negative und die i h r methodisch verwandten Theorien der mittelbaren Täterschaft. Denn da sie die Täterschaft des Hintermanns auf das Fehlen von Verbrechenselementen beim Vordermann stützen, bleibt als Plus des Hintermanns hier nur das Fehlen des subjektiven Rechtfertigungsmoments übrig. Insofern ist auch die Verteidigung Heglers gegen den V o r w u r f der Bestrafung der bösen Gesinnung 1 3 wegen seiner letztlich formal-negativen Auffassung (s. o. A I I 11) nicht gelungen. Dieser Vorwurf läßt sich daher nur durch eine Materialisierung der mittelbaren Täterschaft vermeiden, wie sie durch die Einführung der limitierten Akzessorietät i n anderen Veranlassungsfällen ohnehin erforderlich geworden ist. Hier formuliert nun selbst Maurach 8

471 N. 6; vgl. Hegler, Schmidt-Festschrift 22; Eb. Schmidt, Frank-Fest-

gabe I I 124; Liszt-Schmidt Vorsatzes. • L K § 47 9 b aa.

330 über den überflüssigen Umweg des fehlenden

10 Vgl. Hegler, Schmidt-Festschrift 19 N. 67 und neuerdings Lenckner GA 1961, 299 ff.; Roxin ZStW 75, 541 ff. 11

12

47 N. 131.

Mittermaier

ZStW 21, 246; Less JZ 1951, 550; Maurach 501; Welzel 94;

vgl. aber Fußn. 4. 13 Schmidt-Festschrift 15. 7 Schroeder

98

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

etwas mißverständlich, bei nicht rechtswidrigem Handeln des Vordermanns könne die Tatherrschaft ohne weiteres, sofern nur der Vorsatz des Hintermanns auf den tatbestandsmäßigen Erfolg gerichtet sei, als gegeben unterstellt werden 1 4 . I n concreto beschränkt allerdings Mäurach selbst die mittelbare Täterschaft hier auf die Fälle positiv festgestellter Tatherrschaft und läßt daher die mittelbare Täterschaft nur bei doloser Provozierung der Notwehrlage und nur bei Täuschung von Rechtspflegeorganen zu 1 5 . Auch Welzel beschränkt die mittelbare Täterschaft mittels rechtmäßig handelnden Werkzeugs auf die Fälle der Täuschung oder Versetzung i n eine Notwehrlage 1 6 . Übereinstimmung i m Ergebnis besteht ferner mit H. Mayer 17, Baumann18 und Schönke-Schröder, die allerdings ungenau den Willen und die Vorstellung verlangen, einen nicht v o l l verantwortlichen Täter zu veranlassen 19 . Nur durch die Vernachlässigung einer solchen materiellen Begründung der mittelbaren Täterschaft konnte die Möglichkeit aufkommen, Denunzianten wahrer Vorkommnisse als mittelbare Täter von Freiheitsberaubungen und Tötungen anzusehen 20 , wie andererseits die Behauptung, die berechtigte Ablehnung dieser Auffassung durch B G H 3, 110 habe die Lehre von der mittelbaren Täterschaft durch ein rechtmäßig handelndes Werkzeug erschüttert 21 . Unzulässig ist es aber auch hier (vgl. ο. A I I I 5), wenn Less sich für die materiell-positive Begründung der Täterschaft schon mit dem Vorliegen einer beliebigen Straftat beim Hintermann (z. B. §§ 164, 240) begnügt 2 2 . I m Gegensatz zur formal-negativen Theorie führt eine materiellpositive Begründung der mittelbaren Täterschaft zu der Auffassung, daß mittelbare Täterschaft nicht wegen der Rechtmäßigkeit der Ausführungshandlung, sondern trotz ihrer vorliegt. Dies ist bei der Provozierung einer Notwehrlage noch nicht allgemein erkannt. M i t Recht weisen Welzel 23 und Schönke-Schröder 24 darauf hin, daß der Notwehrtäter nicht wegen der Rechtmäßigkeit seines Handelns, sondern wegen seiner Unfreiheit, seines „Notstands" zum Werkzeug werde. Die gleiche 14 15 16 17 18 19 20

498, 509. 501 f., s. o. A I I 13 h. 93; SJZ 1947, 647 if. 3061 504. 14 vor § 47. OLG Bamberg SJZ 1950, 207; zust. Lange a.a.O. 209; dagegen v. Weber

NJW 1950, 35; Welzel DRZ 1950, 303; SJZ 1947, 645 ff.; Schemel NJW 1950, 515; Johannes 13. 21 Schweiger NJW 1952, 1200. 22 23 24

JZ 1951, 551. 93. 14 vor § 47.

6. Rechtmäßig handelndes Werkzeug i

"

99

·'

Auffassung vertritt Roxin 25, der auch das — bereits von Johannes 26 aufgeworfene — Problem behandelt, daß eine Notwehrlage nicht immer eine Notstandslage enthält (z. B. bei Angriffen gegen das Vermögen). Roxin löst das Problem m i t seiner auch an anderer Stelle (s. u. A I V und Β 1) zum Ausdruck kommenden Formalisierung der Tatherrschaft bei der Nötigung: diese dürfe nicht nach ausschließlich psychologischen Kriterien beurteilt werden; sie liege regelmäßig vor, wenn der Handelnde um der vom Hintermann geschaffenen Situation w i l l e n von den strafrechtlichen Konsequenzen seines Tuns befreit werde. Diese Auffassung führt letztlich zu der formal-negativen Täterlehre zurück, wonach mittelbare Täterschaft dann vorliegt, wenn der Ausführende nicht als Täter strafbar ist (s. ο. A I I 3). Auch die Auffassung, daß der Notwehr Übende jedenfalls ohne Bewußtsein der Rechtswidrigkeit handelt, kann nicht zur mittelbaren Täterschaft führen 2 7 , da die Veranlassung eines i m Verbotsirrtum Befindlichen nur Tatherrschaft verleiht, wenn der Hintermann die durch die Rechtswidrigkeit hervorgerufenen Gegenkräfte ausräumt oder ihr Fehlen ausnutzt, nicht aber wenn solche Kräfte gar nicht bestehen (s. ο. A I I I 2). I m Verlauf dieser Arbeit w i r d sich jedoch zeigen, daß Tatherrschaft und damit mittelbare Täterschaft auch bei einem Handeln des Ausführenden i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe, d. h. i n nicht unter die §§ 52, 54 StGB fallenden Lagen (s. u. Β 1) sowie bei einer positiven Kenntnis des Veranlassenden von der bevorstehenden Gegenwehr des Angegriffenen (s. u. Β 4) gegeben ist. Hegler konnte gegen eine solche „doppelte Buchung" der Unrechtsausschließungsgründe nur auf Grund seiner formal-negativen Täterlehre polemisieren 28 . Die materiellen Täterlehren sind dagegen auf sie angewiesen. Man kann auch nicht etwa einwenden, daß bei einer schon gerechtfertigten Handlung nicht noch außerdem ein „Notstand" vorliegen könne. Denn auch bei der — nicht rechtswidrigen — Veranlassung zur Selbstverletzung ist — wie bereits dargelegt (s. ο. A I I I 5) — die Täterschaft auf die Nötigung zu einer Selbstverletzung zu beschränken. Erfolgt die Benutzung eines rechtmäßig handelnden Werkzeugs nicht durch unmittelbare Einwirkung auf dieses selbst, sondern durch Einwirkung auf einen Dritten, eine fremde rechtmäßige Handlung zu provozieren, wie bei der Herbeiführung einer Notwehrlage, so muß auch 25

167 f.

26

39.

27

Α. A. Gallas Mat. I 152; Ndschr. I I 73 f.; s. ο. A I I 13 h.

28

Schmidt-Festschrift 18. Unzutreffend auch die lebhafte Kritik von Johannes 24 N. 18, der das Problem, daß auch das Opfer „Werkzeug" ist, gar nicht erkennt.

r

100

A I I I . E n t w i c k l u n g des Anwendungsbereichs der m. T.

gegenüber dem provozierenden Dritten Tatherrschaft gegeben sein 29 . Wenn dies bei manchen Autoren nicht ausdrücklich gefordert w i r d 3 0 , so w i r d man es doch aus der auch von ihnen verlangten dolosen Herbeiführung der Notwehrlage entnehmen können. Dabei w i r d man jedoch nicht nur ein K i n d oder einen Zurechnungsunfähigen als Werkzeug ansehen dürfen 3 1 , sondern auch den über die Stärke oder den Verteidigungswillen des Angegriffenen Getäuschten: A rät dem Β zu einem Angriff auf C, wobei er i h m verschweigt, daß dieser ein bekannter Meisterboxer ist 3 2 , oder indem er i h m wahrheitswidrig vorspiegelt, dieser wehre sich i n solchen Fällen niemals. Die bloße Aufforderung, i n voller Kenntnis der Folgen einen anderen anzugreifen, vermag dagegen keine Täterschaft zu begründen.

7. Die Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft

Die Auffassung der Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft dürfte auf Hälschner zurückgehen. Er lehnt die seinerzeit herrschende, von Feuerbach begründete und auch von Köstlin und Berner vertretene Auffassung der Mittäterschaft als wechselseitige Anstiftung ab und nimmt statt dessen wechselseitige Urheberschaft und Beihilfe an. Jeder Miturheber diene den anderen als Gehilfe oder als physischer Urheber und lasse sich von ihnen i n gleicher Weise dienen 1 . Diese Auffassung wurde vom preuß. Obertribunal übernommen. Nach einer Entscheidung vom 2. 6.1869 liege Gemeinschaftlichkeit des Handelns vor, da jeder der beiden Angeklagten die Tätigkeit des anderen zur Verwirklichung der eigenen Absicht benutzt und ursächlich auf dieselbe bezogen habe 2 . Nach einer Entscheidung vom 17.10.1872 habe sich jeder der beiden Angeklagten neben der eigenen Tätigkeit zugleich des anderen als eines Werkzeugs zur Erlangung des auch von i h m gewollten Zieles bedient, so daß beide als Haupttäter anzusehen seien3. Später haben dann Kohler 4 und Binding 5 die Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft angesehen. Dieser Auffassung hat 29 Mezger ZStW 52, 535; Schönke-Schröder 166; a. A. wohl Mezger LK § 47 9 b aa. 30 Maurach 502; H. Mayer 307. 31 Schönke-Schröder 14 vor § 47. 32 Drost ZStW 51, 369. 1

2 3 4 5

375, 388 ff.

Oppenhoff 10,483 f. a.a.O. 13, 534. Leitfaden 36. Grundriß 159, 169; Abh. 285 ff., 354.

14 vor §47; Welzel

93; Roxin

7. Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft

101

sich das Reichsgericht i n einer Reihe von Entscheidungen angeschlossen6. Auch der B G H hat gelegentlich die Formulierung gebraucht, daß jeder Mittäter seine eigene Tätigkeit durch die der anderen Genossen vervollständigen und sich diese zurechnen lassen wolle, ohne allerdings den Ausdruck „mittelbare Täterschaft" zu gebrauchen 7 . Durch diese Konstruktion wurde zwar nicht der Bereich der Täterschaft, wohl aber der Begriff der mittelbaren Täterschaft erweitert. Denn der Tatmittler ist hier gleichzeitig selber vollverantwortlicher Täter; es würde somit bereits ein Fall des Täters hinter dem Täter vorliegen. Zwar hatte das Reichsgericht auf Grund der subjektiven Theorie schon vorher die Bewertung des Einsatzes eines den Tatbestand rechtsw i d r i g und schuldhaft Erfüllenden als Täterschaft erlaubt; i n diesen Fällen hatte es jedoch den Ausführenden zum Gehilfen her abgedrückt 8 . A n die erwähnten Urteile knüpft sich daher eine Auseinandersetzung, die mit der geringen praktischen Bedeutung dieser Frage nicht erklärt werden kann, i n der wiederum sehr deutlich die allgemeinen Stellungnahmen zur Täterschaft zum Ausdruck kommen. Für die formal-negative Theorie ist die Stellungnahme von vornherein festgelegt: da der Ausführende selber Täter ist, kann schon begrifflich keine mittelbare Täterschaft vorliegen 9 . Für die subjektive Theorie macht sich hier die bereits erwähnte (s. o. A I I 8 d) Bindung des subjektiven Moments an objektive Gegebenheiten, insbesondere bei der mittelbaren Täterschaft, bemerkbar, so daß auch Mezger die Auffassung der Mittäterschaft als mittelbare Täterschaft ablehnt 1 0 . Dieser Gesichtspunkt gilt auch für Kantorowicz m i t seinem Einwand, bei der Mittäterschaft gehe der Vorsatz auf Gleichordnung, bei der mittelbaren Täterschaft dagegen auf Überordnung 1 1 . Aus dem gleichen Grunde erklärt sich auch Baumanns Ablehnung, wenngleich er dadurch i n Schwierigkeiten gerät, daß er i n diesem Zusammenhang unvermittelt eine Werkzeugqualität des Tatmittlers verlangt, die er an anderer Stelle gerade ablehnt 1 2 . Wiederum aus dem gleichen Grunde ist die Auffassung 6 RG 58, 279; 63, 101; 66, 240. Die Entscheidungen R G 54, 152; 56, 329; 57, 144, 307; 58, 207, auf die RG 63, 103 Bezug nimmt, enthalten diese Formulierung noch nicht, arbeiten jedoch bereits den Gesichtspunkt heraus, daß jeder Täter mit seiner Tätigkeit zugleich die Tat der anderen verwirklichen wolle. 7 NJW 1951, 410. 8 RG 31, 80; 74, 85; s. näher oben A I I 8 c, A I I I 4.

0

v. Hippel 460 N. 5, 474; Lobe LK 5. Aufl. § 47 2 a, 2 b α, Einf. § 28 c; Schönke

StGB 1. Aufl. 1942, § 47 I I . 10 L K § 47 9. 11 153. 12 489 f., 504.

102

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

Schröders nicht folgerichtig, der die Erklärung der Mittäterschaft als mittelbare Täterschaft auf die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter stützt, letzteren jedoch nur i n den Irrtumsfällen zuläßt 1 3 . Auf die strittige Erklärung der Mittäterschaft stützt Schröder auch seine These, daß bei Straflosigkeit eines Beteiligten Mittäterschaft nicht vorliegen könne, sondern diese i n mittelbare Täterschaft übergehe 14 . Aber auch die materiell-objektiven Täterlehren erkannten schnell das für sie entscheidende Moment, daß bei der Mittäterschaft keinerlei materielle Kriterien für eine mittelbare Täterschaft der einzelnen M i t täter vorliegen 1 5 . Z. T. wurde dabei allerdings voreilig von der angeblichen Nichtexistenz des Täters hinter dem Täter auf die Unzulässigkeit der hier erörterten Mittäterschaftserklärung geschlossen16, so daß sich einmal Anklänge an die unbefriedigende formal-negative Theorie zeigen und zum anderen der Eindruck entstehen konnte, als würde m i t der Möglichkeit des Täters hinter dem Täter automatisch auch die strittige Mittäterschaftserklärung bejaht. Inkonsequent ist Sax, der von materiell-objektiver Grundlage aus annimmt, jeder Mittäter beherrsche das Handeln der anderen als Tatherr bewußt m i t 1 7 . Für eine folgerichtige Bejahung der Deutung der Mittäterschaft als mittelbare Täterschaft verbleibt somit nur der intern-subjektive Täterbegriff. I n der Tat zeigt sich bei näherem Zusehen, daß fast alle Anhänger dieser Figur den intern-subjektiven Täterbegriff vertreten oder i h m zumindest nahestehen. Schon bei Hälschner, auf den diese Auffassung zurückgeht (s. o.), w i r d der intern-subjektive Ausgangspunkt ganz deutlich, wenn er ausführt, daß jeder Miturheber die übrigen als Gehilfen für die Verwirklichung seiner Absicht betrachte 18. Von den bereits genannten Anhängern Binding und Kohler vertritt ersterer den intern-subjektiven Täterbegriff (s. o. A I I 10), letzterer die Theorie der intellektuellen Urheberschaft (s. o. A I I 4). Krauß, ebenfalls ein Anhänger der letztgenannten Auffassung, sieht die M i t täterschaft geradezu als gesetzliche Anerkennung der mittelbaren Täterschaft mittels vorsätzlich handelnden Werkzeugs, als gesetzliche Form der mittelbaren Täterschaft an 1 9 . Lange begrüßt die Entscheidung RG 13

§ 47 1, 15 vor § 47: JR 1958, 427; vgl. o. A I I 8 und u. Β 9.

14

Schönke-Schröder § 47 19; Cramer GA 1961, 99; a. A. Maurach 509; Lange §47 I I I ; Gallas Mat. I 138 f.; Mezger-Blei 247; Roxin 289. 15 Welzel 95 und ZStW 58, 550; Maurach 507; H. Mayer 313; Wegner 235 und Reform 103; Roxin 276. 16 Welzel 95; H. Mayer 313. 17 18 19

ZStW 69, 434. 392. 58 if.

8. Actio libera i n causa als mittelbare Täterschaft

103

66, 240 als Bestätigung für den Täter hinter dem Täter 2 0 und hält auf ihrer Grundlage § 47 StGB für überflüssig 21 . Gleichzeitig begrüßt er die Entscheidung als Bestätigung seines intern-subjektiven Täterbegriffs 22 . I n einem gewissen Widerspruch zu seiner Anerkennung der wechselseitigen mittelbaren Täterschaft steht freilich Langes Hinweis auf die Gleichstellung der Beteiligten als Tätertypizität bei der Mittäterschaft 2 3 . M i t seinem Hinweis auf die bei der mittelbaren Täterschaft u. U. vorhandene unterlegene Tatherrschaft des Werkzeugs widerlegt er den Einwand Welzels nicht 2 4 . Wie Lange begrüßt auch Kohlrausch RG 66, 240, da diese Entscheidung den „unnatürlichen Umweg" der §§ 47, 50 StGB erspare 25 . Die Auffassung der Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft ist somit nur vom intern-subjektiven Täterbegriff aus vertretbar, der die Täterschaft allein nach der inneren Einstellung des Beteiligten bestimmt. Hierin findet eine Äußerung Klees ihre volle Bestätigung, der diese Mittäterschaftsauffassung schon frühzeitig als einen „Gesichtspunkt der Psychologie" bezeichnet hat 2 6 . Für die übrigen Täterlehren ist diese Konstruktion dagegen nicht haltbar und kann insofern auch kein Argument für die Existenz des Täters hinter dem Täter liefern. Von der hier dargelegten Auffassung ist eine andere zu unterscheiden, die — umgekehrt von der Figur des Täters hinter dem Täter ausgehend — diese nur i n Form einer Mittäterschaft zwischen mittelbarem und unmittelbarem Täter für möglich hält 2 7 , während wieder andere sie überhaupt nur i m Rahmen der Mittäterschaft berücksichtigen wollen 2 8 . Diese Auffassungen werden u. C 8 behandelt.

8. Die actio libera in causa als mittelbare Täterschaft

Die Beliebtheit der mittelbaren Täterschaft einerseits, ein berechtigtes Streben nach einer Reduzierung der dogmatischen Figuren andererseits, haben dazu geführt, auch die actio libera i n causa (alic) als mittelbare Täterschaft zu deuten. Bei den meisten Autoren erfolgt diese Deu20

I 5 Β 1 vor § 47. Teilnahme 77. 22 a.a.O.; Täterbegriff 55. 23 Teilnahme 79. 24 a.a.O. 78. Zutr. aber der Hinweis auf die Problematik der Tatherrschaft auch beim Werkzeug, vgl. ο. A I I 13. 25 Z A k D R 1939, 245. 28 GA 67, 81. 21

27

28

Maurach 507; Nowakowski JZ 1956, 549. Eb. Schmidt ZStW 73, 104; Mezger-Blei 245 f.

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A I I I . E n t w i c k l u n g des Anwendungsbereichs der m. T.

tung jedoch nur vergleichshalber und unter Einschränkungen 1 . Weiter gehen dagegen Beling 2 und H. Mayer 2, während Nowakowski die alic geradezu i n die mittelbare Täterschaft eingliedern w i l l 4 . Neuerdings w i r d insbesondere zur Lösung der Fälle der Notwehrprovokation auf die Parallelität zwischen der alic bzw. der actio illicita i n causa und der mittelbaren Täterschaft hingewiesen 5 . Da hier kein besonderer Deliktsgrad des Ausführenden i n Frage steht, die Fälle der alic sich vielmehr auf das Fehlen solcher Verbrechenselemente beschränken, i n denen die mittelbare Täterschaft unbestritten ist, kommt der Widerstreit der Täterlehren nicht so zum Ausdruck wie bei den bisher dargestellten Anwendungsbereichen der mittelbaren Täterschaft. Eine Ausnahme gilt für die unterschiedliche Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Handlung des Hintermanns. Hier stellt sich Baumann i n Gegensatz zur gesamten h. L., wenn er das Vorliegen der mittelbaren Täterschaft von der „ A r t der Einschaltung einer zweiten Person und nicht deren späterer Tätigkeit" abhängig macht®. Die gegen diese Auffassung zu erhebenden Einwände (s. u. Β 9, C 3) gelten daher auch für die Auffassung der alic als mittelbare Täterschaft. Die für die letztere charakteristische Beherrschung des Tatmittlers i m Zeitpunkt der Tat fehlt bei der alic gerade. Es w i r k t gewissermaßen nur der i n zurechnungsfähigem Zustand gefaßte Entschluß als Schwungrad fort. Die Beziehung des alic-Täters zu seiner Tat ist daher, wie noch näher zu zeigen ist (s. u. Β 10), eine losere als beim mittelbaren Täter. Es ist charakteristisch, daß Nowakowski die mittelbare Täterschaft unter Verzicht auf jede materiell-positive Bestimmung darauf reduzieren muß, daß der Täter keine schuldhafte Ausführungshandlung setzt 7 . Die Auffassung der alic als mittelbare Täterschaft würde darüber hinaus auch andere Grundsätze der mittelbaren Täterschaft hinfällig machen bzw. doch wieder zu einer Aufspaltung der mittelbaren Täterschaft je nach dem Geltungsbereich dieser Grundsätze führen. So gibt es zwar eine fahrlässige alic, aber nach herrschender Lehre keine fahrlässige mittelbare Täterschaft 8 . Ferner ist mittelbare Täterschaft bei eigenhändigen Delikten ausgeschlossen, während eine alic hier möglich sein muß. 1 Mezger 281; LK § 51 11; Mezger-Blei 161; Frank § 51 V; Maurach 349; JuS 1961, 374; Welzel 135; Nebel JW 1935, 2373; Roeder Rittler-Festschrift 218. 2

8 4

5

Grundzüge 39 f. JZ 1956, 111. JB1. 1947, 453 ff.; Strafrecht 97.

Baumann 259 und MDR 1962, 350; Lenckner GA 1961, 303; abl. Roxin

ZStW 75, 549 f. • JZ 1958, 231. 7 JB1. 435 f., 445.

8 Maurach 494 f.; Schönke-Schröder 24 vor § 47; H. Mayer 304; a. A. Mezger LK § 47 9 a; Lange I Β 3 vor § 47; Roxin 538 ff.

9. Mittelbare Täterschaft durch Unterlassen

105

9. Mittelbare Täterschaft durch Unterlassen

Zeigte sich bisher eine stetige Ausdehnung des Anwendungsbereichs der mittelbaren Täterschaft, so macht sich neuerdings i n einem Sonderbereich eine Tendenz zu ihrer Einschränkung bemerkbar. Gemeint ist das Unterlassungsdelikt. Zu diesem neuerdings i n starke Bewegung geratenen Gebiet kann i m Rahmen dieser Arbeit nur kurz Stellung genommen werden, und zwar zur Frage der mittelbaren Täterschaft durch Unterlassen, da die hier auftretenden Probleme auch für die Figur des Täters hinter dem Täter eine gewisse Bedeutung haben. Die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft w i r d hier neuerdings z. T. bestritten und statt dessen eine unmittelbare Unterlassungstäterschaft angenommen 1 . Zur Begründung w i r d angeführt, es könne für die unmittelbare Täterschaft durch Unterlassen keinen Unterschied machen, ob i n einen durch Naturgewalt oder i n einen durch Menschen i n Gang gesetzten Kausalverlauf nicht eingegriffen werde. M i t dem gleichen Argument w i r d auch die Möglichkeit einer Unterscheidung von Beihilfe und Mittäterschaft bei der Unterlassung bezweifelt 2 . Schließlich hält A r m i n Kaufmann auch die Unterscheidung zwischen der „Abstiftung" eines rettungswilligen Menschen und dei* eines Hundes (etwa mittels eines Knochens) für ungerechtfertigt 3 . Diese Gleichsetzung erscheint jedoch bedenklich, da sie den grundlegenden Unterschied zwischen Naturereignissen und menschlichen Handlungen verkennt oder zumindest das menschliche Verhalten so aus seinem sozialen Zusammenhang reißt, daß der genannte Unterschied unbeachtlich wird. Es besteht u. E. ein fundamentaler Wertunterschied darin, ob ich zusehe, wie mein K i n d von einer Wölfin oder aber von meiner Ehefrau umgebracht wird. I m ersten Fall bin ich allein der Verantwortliche, gewissermaßen alleiniger „Vertreter der Menschheit" gegenüber der Natur; i m zweiten konkurriert meine Verantwortlichkeit mit der eines anderen Menschen, es entsteht die Frage, wer die Verantwortung „übernimmt" 4 . Hierbei macht es dann u. E. wiederum einen handgreiflichen Unterschied, ob ein kraftstrotzender Mann, der das Geschehen jederzeit „je nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann" 5 , unter aufmunterndem Augenzwinkern zusieht, wie sein Kind, das er als unnützen Esser ansieht, ermordet wird, oder ob ein zitternder 1

Grünwald GA 1959, 122; Schönke-Schröder 26 vor §47; Roxin 471 f.; Armin Kaufmann 291 ff.; a. A. Maurach 504; Mezger-Blei 229; Baumann 503

und JuS 1963, 91 ff. 1

Schönke-Schröder

291 ff. 3 198. 4

5

77 vor § 47; Grünwald GA 1959, 115; Armin Kaufmann

Vgl. Gallas JZ 1960, 687. Maurach 517.

106

A I I I . Entwicklung des Anwendungsbereichs der m. T.

schmächtiger Mann die wenig Erfolg versprechende Gegenwehr unterläßt und damit die Tat fördert. Wenn wegen einer fehlenden Beherrschung des Geschehens eine Abgrenzung nach der Tatherrschaft für unmöglich gehalten wird 6 , so führt diese Auffassung zu einem naturalistischen Begriff der Tatherrschaft, der dem naturwissenschaftlichen Positivismus der Kausaltheorie i n nichts nachsteht 7 . I m allgemeinen Sprachgebrauch, der auch hier ein wichtiges Indiz für eine wertende Betrachtungsweise darstellt, würden w i r keine Bedenken haben gegenüber Formulierungen wie: „Die Situation an der Börse wurde durch die Zurückhaltung einiger Großanleger beherrscht", oder „Durch die Unterlassung seines allgemein erwarteten und durch einen Beistandspakt gebotenen Eingreifens beherrschte der x-Staat den z-Krieg". Wenn weiter geltend gemacht wird, die — potentielle — Tatherrschaft diene bereits zur Begründung der Erfolgsabwendungspflicht 8 , so zeigt sich hier eine ähnliche Formalisierung der Tatherrschaft wie bei der Abhängigkeit der Tatherrschaft von der Finalität (s. o. A I I 13). W i r d der Begriff der Tatherrschaft dagegen materialisiert, so führt er auch innerhalb der Unterlassung zu Gradunterschieden; für Maurach weist die Tatherrschaft folgerichtig strengere Voraussetzungen auf als die Möglichkeit der Erfolgsabwendung 9 . Unzulässig ist es auch, wenn Schröder 10 hier den Grundsatz übernehmen w i l l , daß ein sämtliche Tatbestandsmerkmale Erfüllender immer als Täter anzusehen ist. Es handelt sich hierbei um eine Anleihe bei der formal-objektiven Theorie (s. o. A I I 8 c, u. C 4), die beim Unterlassungsdelikt gerade nicht möglich ist 1 1 . Ebenso ist, wenn der andere, gegenüber dessen rechtswidriger Tätigkeit nicht eingegriffen wird, zurechnungsunfähig oder sonst unfrei ist, nicht einzusehen, warum die gleiche Wirkung von Natur- und Menschenkräften hier gegen eine mittelbare Täterschaft sprechen soll. M i t dem gleichen Argument könnte man doch auch beim Begehungsdelikt die mittelbare Täterschaft für überflüssig erklären. U m die bereits gebildete Reihe skurriler Beispiele fortzusetzen: das „äußere Verhalten" bleibt genau das gleiche, ob ich nun m i t dem Ruf „Faß' ihn!" einen Hund oder aber einen Geisteskranken, der sich für einen solchen hält, auf einen fremden Menschen hetze. Der einschränkenden Auffassung 6 Grünwald GA 1959, 111; Armin Kaufmann 294; Welzel 177; Gallas JZ 1960, 651, 686; Roxin 463 f.; Schönke-Schröder 76 vor §47. 7

8 8

10 11

Vgl. auch Hardwig ZStW 74, 27 ff.; Roxin ZStW 74, 515 ff. S. die bei N. 6 Genannten. 544.

Schönke-Schröder 76 vor § 47. Vgl. auch Roxin 506.

A I V . Entwicklung der Lehre vom Täter hinter dem Täter

107

Grünwalds 12 und Roxins is, wonach die mittelbare Täterschaft eine psychische Einwirkung auf das Werkzeug verlangt, ist nicht beizupflichten. Roxin selbst gibt sie beim Dohna-Fall 1 4 und bei der von i h m vertretenen Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft bei Fahrlässigkeitstaten auf; sein Hinweis auf die sonst bestehende Gefahr einer Nivellierung der Fahrlässigkeitshaftung 15 gilt mutatis mutandis auch hier. Insbesondere gibt nur die Figur der mittelbaren Täterschaft bei der Unterlassung eine zureichende Rechtfertigung dafür, die Strafbarkeit der unterlassenen Selbstmordhinderung auf die Fälle eines nichtverantwortlichen bzw. i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe liegenden (s. u. Β 1 f) Handelns des Selbstmörders zu beschränken 16 . Wie weit dieser Grundsatz auf das Nichteingreifen bei bereits eingetretener Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders zu übertragen ist, ist eine Frage der Beteiligung an der actio libera i n causa (s. u. Β 10 a). Die Frage, ob nur noch unmittelbare Täterschaft vorliegen kann, wenn die Handlung des Begehungstäters bereits abgeschlossen ist 1 7 , kann hier dahingestellt bleiben, da ihre bedenklichste Konsequenz, eben die Annahme von Täterschaft bei fehlender Rettung eines bereits handlungsunfähigen Selbstmörders, nach den u. Β 10 a entwickelten Grundsätzen ausgeschlossen wird.

I V . D i e Entwicklung der Lehre v o m T ä t e r hinter dem T ä t e r

A n dieser Stelle soll zunächst nur ein historischer Überblick über die Lehre vom Täter hinter dem Täter gegeben werden. Eine eingehendere Analyse und Beurteilung der Argumente bleibt den folgenden Teilen der Arbeit vorbehalten. Ohne daß dieser Erörterung vorgegriffen werden soll, läßt sich jedoch bereits jetzt ohne weiteres feststellen, daß die formal-negative Theorie, für die mittelbare Täterschaft vorliegt, wenn der Ausführende nicht Täter ist, den Täter hinter dem Täter schon per 12 13 14 15

GA 1959, 122. 472. 216; vgl. u. Β 4. 539.

16 Maurach BT 18; Welzel 245; Schönke-Schröder 17 ff. vor §211; Niese JZ 1953, 175; Heinitz JR 1954, 405; Friebe GA 1959, 167 f.; Gallas JZ 1960, 687; BGH 13, 162; a. A. Dreher MDR 1952, 713; Schwarz-Dreher 2 Β vor § 211; BGH

2, 150; vgl. ο. A I I I 5. 17

So Kielwein GA 1955, 227; Gallas JZ 1952, 371 und 1960, 687; bezeichnen-

derweise sind auch sämtliche von Armin Kaufmann für die generelle Annahme von Täterschaft angeführten Beispiele (296: ins Wasser gestoßenes Kind, von Menschen angezündetes Haus) Fälle beendigter Begehungstaten, und auch Grünwald GA 1959, 115 nennt die Gleichstellung hier am einleuchtendsten.

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

definitionem nicht anerkennen kann. Das gleiche gilt für die ihr methodisch nahestehenden Täterlehren, nämlich die ältere Übergewichtstheorie, die Theorie von der intellektuellen Urheberschaft und den extensiven Täterbegriff, die alle von dem Wortlaut des § 48 a. F. StGB ausgehen. Es gilt ferner für die älteren materiell-objektiven Theorien, soweit sie die Grenzlinie über den Vorsatz des Veranlaßten laufen lassen oder gar von einer Unterbrechung des Kausalzusammenhangs ausgehen (s. o. A I I 7). Die Theorie von der intellektuellen Urheberschaft hat allerdings bei dem Versuch, die prinzipielle Gleichheit von Anstiftung und mittelbarer Täterschaft zu begründen, bereits einen Teil der späteren Argumente für den Täter hinter dem Täter vorweggenommen. So führt Schwalbach als Beispielsfall überraschend den Bravo an 1 . Die Freiheit des Angestifteten bedeute nur, daß dieses M i t t e l wie jedes andere M i t t e l versagen könne. Auch weist er auf das absichts- und das qualifikationslose dolose Werkzeug hin. Ähnlich argumentieren Kohler 2 und v. Hippel 3. Auf der anderen Seite ergibt sich für die intern-subjektive Täterbestimmung nicht nur die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter, sondern wegen des regelmäßigen animus auctoris des Anstifters als Inhabers der „ersten Willensführung" sogar die Pflicht, i n einem großen Teil der gegenwärtigen Anstiftungsfälle mittelbare Täterschaft anzunehmen. Folgerichtig gelangen daher sowohl Binding als auch Drost, Oetker, Kohlrausch, Lange und Goetzeler zum Täter hinter dem Täter (s. o. A I I 10). Auch hier finden sich wieder die genannten Argumente. Da der Täter sich zur Ausführung seines Plans alle äußeren Umstände zunutze mache, müsse die Qualifizierung des Tatmittlers für die Täterschaft des Hintermanns irrelevant sein 4 ; für den Täter gebe es nur Werkzeuge 5 . Anstiftung und mittelbare Täterschaft könnten nur danach geschieden werden, was der Veranlassende selbst gewollt und getan habe®. Auch Binding weist auf das dolose Werkzeug als Vorläufer dieser Auffassung hin 7 , ferner auf die Mittäterschaft 8 und auf die §§ 47, 115 MStGB 9 . Kohlrausch und Lange vertraten de lege ferenda eine „klare Subjektivierung der Begriffe ,Täter', .Anstifter', ,Gehilfe'", die für die An1 β 8

4 5 β 7

GS 31, 614. 106 ff., 129. 470.

Binding GS 78, 13; Abh. 1, 282 ff. Lange Täterbegriff 66. Drost ZStW 51, 373.

GS 78, 12 f.; Abh. 1, 284, 344. Abh. 1, 300. • Abh. 1, 282, 350.

8

A I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem T ä t e r 1 0 9

Stiftung nur noch die Fälle des Bindingsdien Urhebers übrigläßt und damit zum Täter hinter dem Täter führt. Zunächst sahen sie allerdings i n § 48 StGB noch einen Hinderungsgrund gegenüber dieser Figur 1 0 . I n der 38. Aufl. des Kommentars von 1944 w i r d aber diese Schranke des positiven Rechts übersprungen: gerade auf die Einbeziehung der Fälle voller strafrechtlicher Verantwortlichkeit des Werkzeugs i n die mittelbare Täterschaft komme es jetzt an 1 1 . I n der 39./40. Aufl. prägte Lange dann auch den Begriff des Täters hinter dem Täter 1 2 . Wenngleich Lange seine Täterlehre später zunehmend objektiviert hat, so ist doch gerade für die mittelbare Täterschaft der frühere intern-subjektive Standpunkt erhalten geblieben. Bei der Bestimmung eines anderen zur vorsätzlichen Bewirkung eines Tatbestands soll die Tatherrschaft und damit die mittelbare Täterschaft des Hintermanns von seiner Willensrichtung abhängen 13 . Lange konnte seine Auffassung i n Gestalt der Neufassung des § 47 StGB durch das Thüringische Ergänzungsgesetz vom 8. 2. 1946 i n das positive Recht einführen: „Als Täter w i r d bestraft, wer schuldhaft die strafbare Handlung selbst oder durch einen anderen ausführt, auch wenn der andere rechtmäßig handelt." Praktische Anerkennung erfuhr diese Auffassung i n dem Urteil des OLG Frankfurt vom 12. 8. 194714. Mittelbarer Täter sei, wer eine Tat dadurch ausführe, daß er einen anderen für sich handeln lasse, auch wenn dieser selber Täter sei; der Unterschied zur Anstiftung liege nur i m Wollen einer eigenen Tat. Nur i n einem Wort klingt eine gewisse objektive Wertung an, indem es heißt, der Arzt habe der „ i h m unterstellten" Krankenschwester die Weisung zur Tatbestandserfüllung erteilt. Wie weit die zweifellos vorhandene starke Autorität des Chefarztes gegenüber einer i h m unterstellten Krankenschwester auch von einer objektiven Teilnahmelehre her eine Täterschaft des Veranlassenden begründen könnte, w i r d i m zweiten Teil der Arbeit untersucht werden (s. u. Β 1 f). Hervorragend ist allerdings die Begründung der unmittelbaren Täterschaft des gleichen Angeklagten hinsichtlich der von i h m eigenhändig begangenen Taten trotz Gehilfenwillens. Unter Verzicht auf die später übliche Fingierung des Täterwillens bzw. der anderen materiellen Täterschaftskriterien w i r d die Täterschaft hier allein und ohne Rücksicht auf die Aufgabe einer einheitlichen Begründung auf die Tatbestandsverwirklichung gestützt. Hierauf w i r d i m dritten Teil der Arbeit noch eingehend zurückzukommen sein (s. u. C 4). 10 11 12 13 14

Kohlrausch StGB vor §47; Lange Täterbegriff 66. Β 2, 3 e vor § 47. I Β 1 vor § 47. I Β 2 f vor § 47; vgl. ο. A I I 10. SJZ 1947, 621 ff., bes. Sp. 630.

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

I m Gegensatz zur intern-subjektiven Täterlehre besaß dagegen die herkömmliche subjektive Täterlehre (s. o. A I I 8) keinerlei Prädestination für die Anerkennung des Täters hinter dem Täter. I m Gegenteil, sie war dazu noch weniger imstande als die anderen materiellen Theorien, da sie, wie oben A I I 8 ausgeführt, als einzige materielle Theorie das von ihr vorausgesetzte materielle K r i t e r i u m konsequent auch auf den einen Tatbestand eigenhändig und volldeliktisch Verwirklichenden anwendete und dadurch dessen Täterschaft ausschloß. I n einem Fall, der zugleich die Verfehltheit ihres Ausgangspunktes eindringlich beweist, mußte allerdings die subjektive Theorie zur Anerkennung des Täters hinter dem Täter gelangen, nämlich bei der irrtümlichen Annahme der Täterstellung durch den Hintermann. Gleichwohl ist diese Anerkennung erst verhältnismäßig spät erfolgt. I n diesem Sinne w i r d die Figur des Täters hinter dem Täter heute vertreten von Baumann15, SchönkeSchröder 16 und Dreher 17. Für Dreher ist dies insofern inkonsequent, als er der Erörterung der mittelbaren Täterschaft den Satz voranstellt: „Werkzeug kann nicht sein, wer selbst den Tatbestand rechtswidrig, vorsätzlich und schuldhaft erfüllt 1 8 ." Wenn v. Buri darüber hinaus einen weiteren Fall des Täters hinter dem Täter anerkannte (Jemand stellt ein fremdes Verhalten „wie einen Naturkausalismus" i n Rechnung, t r i f f t z. B. i n Kenntnis einer geplanten Brandstiftung unentbehrliche Tat V o r k e h r u n g e n 1 0 ) , so handelt es sich hierbei trotz der subjektiven Einkleidung bei v. Buri nicht um ein spezifisches Ergebnis der subjektiven Theorie, sondern um den noch eingehend zu erörternden sog. Dohna-Fall (s. u. und Β 4). Auch die Bejahung des Täters hinter dem Täter bei Mitarbeit i n Verbrechensorganisationen durch Baumann1** folgt nicht notwendig aus der subjektiven Theorie (s. u. und Β 8). Das Reichsgericht hat den Täter hinter dem Täter nur einmal i n einem der letzten Bände seiner Entscheidungen anerkannt 1 9 b , und auch diese Entscheidung war nicht eindeutig. Sie wurde nämlich dadurch verunklart, daß für die Beteiligten die verschiedenen Tatbestände des § 218 Abs. 1 und 3 vorlagen, die das Reichsgericht als „zwei selbständige Straftaten" ansah, wodurch u. U. auch die formal-negative und die ihr verwandten Theorien zur mittelbaren Täterschaft hätten gelangen können. Ferner nimmt das Urteil gleichzeitig Beihilfe zu dem jeweils vom ande15 16

17 18

502, 507, 508; JZ 1958, 230 ff.; JuS 1963, 59, 91, 97; NJW 1963, 562. 15, 65 vor § 47.

Dreher-Maassen 2 h vor § 47 ; Schwarz-Dreher 2 Β h vor § 47. Dreher Maassen 2 vor § 47; Schwarz-Dreher 2 Β vor § 47

19 GA 17, 240; Causalität 1873 127; ZStW 2, 269; Causalität 1885 41; Beiträge 330. NJW 1963, 564. lob R G 74, 21, 23.

A I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem T ä t e r 1 1 1

ren verwirklichten Tatbestand an, so daß auch mittelbare Täterschaft mittels dolosen Gehilfenwerkzeugs gegeben wäre 1 9 c . Vorausgegangen war eine Entscheidung aus dem Jahre 1926, die allerdings i n ihrer Konstruktion nicht recht befriedigen kann und daher auch vereinzelt geblieben ist 2 0 . Hier wurde ein Arzt wegen der pflichtwidrigen Ausstellung von Rezepten als mittelbarer Täter des Inverkehrbringens von Opium angesehen, und zwar auch, sofern er den Apotheker für bösgläubig gehalten habe. Läßt sich diese Konstruktion noch mit dem Grundsatz der Unbeachtlichkeit der subjektiven Vorstellung für die Qualifizierung der Beteiligten vereinen (obwohl gerade er der subjektiven Theorie des RG hätte entgegenstehen müssen), so ist die weitere Alternative der Entscheidung völlig unverständlich: bei beiderseitiger Bösgläubigkeit liege, sofern der eine von ihnen den anderen für gutgläubig gehalten habe, Nebentäterschaft — beim Arzt mittelbare, beim Apotheker unmittelbare Täterschaft — vor. Der Arzt w i r d somit i n allen vier denkbaren Fällen als mittelbarer Täter angesehen, nämlich bei erkannter Gutoder Bösgläubigkeit des Apothekers sowie bei irriger Annahme der Gut- bzw. Bösgläubigkeit. Dagegen lehnt das Reichsgericht i m Jahre 1943 i n einem typischen Fall, i n dem die den vollverantwortlichen Sohn veranlassende Mutter nicht nur den Täterwillen hatte, sondern auch objektiv die Tatherrschaft ausübte („starker mütterlicher Einfluß auf den leicht lenkbaren Sohn", „Ausnutzung der augenblicklichen Verstimmung des Sohnes gegen seinen Vater") mittelbare Täterschaft ausdrücklich ab, da der Sohn selber den Täterwillen gehabt habe. Das Reichsgericht nimmt daher Mittäterschaft an 2 1 . Unabhängig von der intern-subjektiven und der subjektiven Theorie stellte sich das Problem des Täters hinter dem Täter zum ersten Mal i n Gestalt des sog. Dohna-Falles, der i m induktiven Teil der Arbeit noch eingehend zu prüfen ist (s. u. Β 4). Obwohl Dohna selbst keine Lösung des Falles gab, vielmehr eine formal-negative Theorie der mittelbaren Täterschaft vertritt (s. ο. A I I 3), die den Täter hinter dem Täter begrifflich ausschließt, ist dieser Fall später immer wieder zur Begründung des Täters hinter dem Täter herangezogen worden. Dies gilt zunächst für Simons, der als erster die mittelbare Täterschaft mittels vollver antwortlichen Tatmittlers auf objektive Gründe gestützt hat. Er lehnt die „rein interne Abgrenzung nach dem animus" ab, da sich das Subjektive notwendig objektiviere 2 2 . Täterschaft liege i9c Gegen das Urteil Kohlrausch-Lange

§218 I I I 2; Lange Notw. Teilnahme

71 N. 2, 74; Mezger DR 1940, 496 f.; Schröder MDR 1949, 393; BGH 1, 139. Zu

den Täterschaftsverhältnissen bei § 218 StGB s. u. Β 3. 20 RG 60, 365, 370. 21 DR 1943, 147. 22 GS 101, 246.

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

vor, wenn schon vor der Ursachsetzung des mittelbaren Täters zu erkennen sei, welchen Deliktserfolg er mittels Einwirkung auf den Ausführenden auslösen werde; wenn also die Erfolgsherbeiführung nur noch von dem Anstoß des Mittlers abhänge, wenn der Hintermann für die Tat allein bestimmend sei, allein die Herrschaft über die Tat erhalte, wenn sich jemand der weiteren Bestimmung seines Willens bewußt oder doch tatsächlich zugunsten eines anderen begeben habe 23 . Als Beispiele bringt Simons den Dohna-Fall und den Bravo. Obwohl grundsätzlich der Theorie von der intellektuellen Urheberschaft zuzurechnen (s. o. A I I 4), stößt auch Krauß bei dem Versuch, Fälle der mittelbaren Täterschaft mittels vorsätzlich handelnden Täters außerhalb der Anstiftung zu finden, auf den Dohna-Fall und stellt zutreffend fest, daß hier die Mittäterschaft nur deshalb nicht eingreife, weil nur einer der Täter die gleichzeitige Tätigkeit des anderen kenne. Auch nennt er den bereits zur Tat Entschlossenen, begründet allerdings hier die Täterschaft des Hintermanns nicht materiell-positiv, sondern negativ über die Unanwendbarkeit von § 48 StGB 2 4 . Eine erhebliche Unterstützung für die Figur des Täters hinter dem Täter brachte die StrafrechtsangleichungsVO nebst DurchführungsVO vom 29. 5. 194325, die die Akzessorietät auf die tatbestandsmäßige rechtswidrige Handlung reduzierte. Obgleich diese Novelle an sich die Einschränkung der mittelbaren Täterschaft zugunsten der Anstiftung bezweckte, führte sie statt dessen i n den von ihr der Anstiftung zugeschobenen Fällen des zurechnungsunfähigen und genötigten Werkzeugs zu einer materiellen Abgrenzung. Nunmehr lag es nahe, ein solches materielles Abgrenzungsverfahren auch i n den Fällen der vollen Verantwortlichkeit des Ausführenden anzuwenden, genauso wie das aus § 48 a. F. StGB gezogene Argument entfiel, bei volldeliktischem Handeln des Ausführenden könne immer nur Anstiftung vorliegen. I n der Nachkriegszeit breitete sich die Lehre vom Täter hinter dem Täter daher weiter aus. Das OLG Celle verurteilte einen Arbeiter wegen schweren Diebstahls, der ein zum Betrieb gehöriges Talgfaß i n eine dunkle Ecke gestellt hatte i n der Hoffnung, daß fremde Personen es erbrechen würden und er dann selber von dem Talg stehlen könnte 2 6 . v. Weber bejahte die Figur des Täters hinter dem Täter „jedenfalls" für den Fall, daß die „Tat" des Werkzeugs eine andere sei als die des mittelbaren Täters — eine willkürliche Aufspaltung des Tatgeschehens i n verschiedene „Taten", um die formal-negative Theorie halten zu kön" a.a.O. 247. 24 55 ff. 25 RGBl. Tl. I Seite 339 ff. 2e M D R 1949, 187; s. u. Β 4 c.

A I V . E n t w i c k l u n g der Lehre v o m Täter hinter dem T ä t e r 1 1 3

nen 2 7 . A u f ähnliche Weise gelangte Hardwig zum Täter hinter dem Täter, indem er die Tat des Ausführenden „ f ü r sich gesehen" und „ i m Rahmen der Gesamttat" beurteilte 2 8 . Schon i n der 1. Aufl. seines Lehrbuchs bejahte Maurach auf der Grundlage einer objektiven Täterlehre die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft trotz voller Verantwortlichkeit des Ausführenden. Dabei bereicherte er die bisherige Diskussion um den F a l l einer psychischen Abhängigkeit, ohne daß das Ausmaß der §§ 51, 52, 54 StGB erreicht w i r d 2 9 , und u m den Fall des vermeidbaren Verbotsirrtums beim Ausführenden 3 0 . Er nannte ferner die Fälle der Unterstützung eines schon Tatentschlossenen sowie der Abstimmung der eigenen Tätigkeit auf den parallellaufenden Entschluß eines anderen 31 , nannte als Beispiel für den ersten F a l l jedoch nur die Unterstützung eines geisteskranken omnimodo facturus. Unklar bleibt allerdings, ob Maurach i m F a l l des Täters hinter dem Täter Mittäterschaft annimmt, während andererseits die für die Mittäterschaft charakteristische Tatherrschaft jedes der M i t wirkenden gerade seine Betrachtung als Werkzeug ausschließe 32 . Auch erscheint es nicht folgerichtig, wenn Maurach die Entscheidung RG D J 1943, 147 f. für ein verfehltes Produkt der subjektiven Teilnahmelehre erklärt, da das Gesetz „ i n der objektiven Definition der Anstiftung völlig eindeutig" sei: bei vorsätzlicher Bestimmung zur vorsätzlichen Tat sei Anstiftung gegeben 33 . Dann wäre m i t der formal-negativen Theorie auch bei der Veranlassung eines psychisch Hörigen und nach Einführung der limitierten Akzessorietät sogar bei der Veranlassung eines Zurechnungsunfähigen oder Genötigten Anstiftung anzunehmen. I m übrigen behandelt gerade die angegriffene Entscheidung einen F a l l ausgesprochener psychischer Hörigkeit, wenn sie von dem „starken mütterlichen Einfluß auf den leicht lenkbaren Sohn" und der „Ausnutzung einer augenblicklichen Verstimmung des Sohnes gegen seinen Vater" spricht. Wenig später anerkannte auch Nowakowski die Figur des Täters hinter dem Täter, allerdings nur i n Form der Mittäterschaft zwischen m i t telbarem und unmittelbarem Täter 3 4 . Während Nowakowski grundsätzlich auf den Täterwillen, das „Urhebererlebnis" abstellt, führt er hier 27

M D R 1952, 266 N. 20; s. u. Β 7. GA 1954, 260 f.; s. u. Β 7. 20 507 if.; 2. Aufl. 495 if. 30 515, 586; 2. Aufl. 503, 570. 31 516, 521; 2. Aufl. 504, 508. 32 507. 33 513 f. 34 Straf recht 98; ÖJZ 1953, 602 N.49; JZ 1956, 549. Ebenso v. Uthmann NJW 1961, 1909, der allerdings im Dohna-Fall „einseitige Mittäterschaft" annimmt. 28

8 Schroeder

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

objektive Kriterien an, wie sie auch die Tatherrschaftslehre anerkennen würde: den für die Tat maßgebenden, die übrigen Mitwirkenden beherrschenden Willen 3 5 , das Sich-Unterordnen zum Dienst bzw. Sichdienstbar-Machen, den dominierenden Einfluß eines Hintermanns 3 8 . Schließlich hat sich Sax zur Figur des Täters hinter dem Täter bekannt. Während er hierbei zunächst allein von der Ablehnung der „ L ü k kenbüßernatur" der mittelbaren Täterschaft ausging 37 , führte er später unter Rückgriff auf den Dohna-Fall objektive Kriterien an 3 8 . Die Arbeiten zur Strafrechtsreform nahmen i n der Frage des Täters hinter dem Täter einen Verlauf, den man fast als turbulent bezeichnen darf. Entsprechend dem i n seinem Gutachten gemachten Vorschlag 39 trat Gallas für eine Definition der mittelbaren Täterschaft als Benutzung eines ohne Vorsatz oder schuldlos oder ohne die straf begründenden persönlichen Merkmale oder Absichten Handelnden ein 4 0 . Diese Definition sollte ähnlich wie früher bei Eb. Schmidt 41 den tatbestandslos oder rechtmäßig handelnden Tatmittler m i t umfassen, den voll verantwortlich handelnden Tatmittler jedoch bewußt ausschließen 42 . Dagegen trat Lange für eine Fassung ein, die der von i h m geschaffenen Bestimmung des § 47 des Thür. StGB von 1947 entsprechen sollte: „Als Täter w i r d bestraft, wer eine Straftat selbst oder durch einen anderen begeht 4 3 ." M i t dieser Fassung wollte er keine Anerkennung des Täters hinter dem Täter erreichen, sondern nur eine Festlegung auf seine Ablehnung vermeiden 4 4 . Bei der Abstimmung ergab sich eine Mehrheit von einer Stimme für diesen Vorschlag 45 . Gleichwohl gab der E 1956 i n § 28 Abs. 2 der Definition von Gallas den Vorzug (ebenso § 29 Abs. 2 E 1959). I n der zweiten Lesung hatte sich das Blatt gewendet. Unter dem Druck der K r i t i k von Seiten der LandesjustizVerwaltungen und besonders von Nowakowski, Sax und Baumann (s. o.) hatten die Sachbearbeiter des B J M eine ganze Reihe von zustimmenden Äußerungen zur Figur des Täters hinter dem Täter zusammengetragen und dabei insbesondere fünf Fallgruppen herausgestellt: den Dohna-Fall, den besonders von Baumann unter diesem Gesichtspunkt betrachteten I r r t u m über die 35 30 37 38 39 40 41 42 43 44 45

ÖJZ 1953, 602. JZ 1956, 549. Analogieverbot 129 N. 2; M D R 1954, 69 N. 30. ZStW 69, 431 ff.; JZ 1963, 338 N. 77. Mat. I 152. Ndschr. I I 121, 216, Anh. 36, 46. Frank-Festgabe I I 126 f.; s. o. A I I 13 h bei N. 123—125. Ndschr. I I 108. Ndschr. I I 119, 216. a.a.O. I I 97. a.a.O. 217.

A I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

115

Verantwortlichkeit des Veranlaßten, den Maurach-Fall der Benutzung eines psychisch Hörigen, die bedenkenlose Ausführung eines verbrecherischen Befehls und den gedungenen Mörder (Bravo). Das B J M schlug daher entweder die Annahme der Fassung von Lange oder aber eine Degradierung der Definition von Gallas zu einem bloßen Katalog von Beispielen durch Einführung des Wortes „insbesondere" vor 4 6 . Auch Bockelmann gab — angesichts eines höchst zweifelhaften Falles, bei dem der Veranlasser von Eb. Schmidt als Gehilfe, von Welzel als „selbstverständlich straflos" angesehen wurde — seinen früheren Widerstand gegen die Figur des Täters hinter dem Täter auf 4 7 . Dreher wollte § 33 des Wehrstrafgesetzes als Fall des Täters hinter dem Täter ansehen 48 . Bei der zweiten Lesung ergab sich daraufhin eine klare Mehrheit zugunsten der Fassung von Lange, die als § 29 Abs. 1 i n der Form „Als Täter w i r d bestraft, wer die Straftat selbst oder durch einen anderen begeht" i n den E 1959 I I eingegangen ist. E 1960 und E 1962 übernehmen diese Bestimmung i m gleichen Wortlaut und am gleichen Ort und betonen i n der Begründung, daß damit hinsichtlich des Täters hinter dem Täter der Rechtsentwicklung nicht vorgegriffen werden solle 19 . Auch i m Besonderen Teil vermeiden die Entwürfe jedes Bekenntnis zum Täter hinter dem Täter 5 0 . Z u der subjektiven Lösung der i r r t ü m lichen Annahme der Tatherrschaft beim Ausführenden i n § 32 E 1960 und 1962 w i r d ausdrücklich erklärt, daß man damit einer Entscheidung über die Lösung des umgekehrten Falles, der irrtümlichen Annahme eigener Tatherrschaft beim Hintermann, nicht vorgreifen wolle 5 1 ; insbesondere solle durch die Formulierung „wie ein Anstifter" zum Ausdruck gebracht werden, daß der Aufbau und die Ausformung der Teilnahmetatbestände dadurch nicht angetastet werde 5 2 . Äußerst bedenklich erscheint es allerdings, wenn die Begründung an anderer Stelle ausführt, das Vorstellungsbild der Beteiligten von der Haupttat solle für die Frage, „ob eine strafbare Teilnahme vorliegt", maßgeblich sein 53 , und 46

Ndschr. X I I Anh. Nr. 33, 441 if. u. 138 ff. Ndschr. X I I 143 f.; anders noch Untersuchungen 77 N. 106, 121 N. 21. S. näher u. Β 6. 48 a.a.O. 144. 49 Begr. Seite 141 bzw. 149. 50 Vgl. E 1962, Begr. Seite 353 zu § 199 („Wer leichtfertig durch Verletzung der Pflicht zur Aufsicht über ein Kind oder einen Jugendlichen . . . dazu beiträgt, daß der Schutzbefohlene vorsätzlich eine rechtswidrige Tat begeht ..."): bei vorsätzlicher Tat sei der Aufsichtspflichtige wegen „Beteiligung" an der Tat des Schutzbefohlenen strafbar; darunter fällt sowohl Täterschaft wie Teilnahme (§ 33 Abs. 2 a.a.O.). Vgl. ferner Begr. Seite 596 zu § 410, s. u. Β 3 Fußn. 22. 51 Ndschr. X I I 267. " Ndschr. I I 108, 117; E 1962, Begr. Seite 148, 151. 53 E 1962, Begr. Seite 151. 4T

8*

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

von „Ausnahmen" vom Erfordernis einer vorsätzlichen Haupttat für die Teilnahme spricht 5 4 . Neuerdings hat Roxin i n seiner grundlegenden Arbeit mehrfach zu der Figur des Täters hinter dem Täter Stellung genommen. Wie Gallas™ spricht er zunächst auch dem zurechnungsunfähigen und dem genötigten Werkzeug Tatherrschaft zu und bejaht daher schon i n diesen Fällen den „Täter hinter dem Täter" — eine BegriffserWeiterung, die für diese Arbeit schon i n der Einleitung ausgeschieden wurde 5 6 . I m übrigen bleibt er z. T. hinter den anderen Vertretern dieser Figur zurück, indem er infolge einer formalen (wenn auch materiell begründeten) Abgrenzung bei der von i h m sog. „Willensherrschaft" durch Nötigung und Benutzung Zurechnungsunfähiger beim Handeln i m Grenzbereich des Nötigungsnotstandes und der Zurechnungsunfähigkeit nie, beim Notstand nur i n besonderen Fällen und beim vermeidbaren Verbotsirrtum nur i n den Fällen der Täuschung über den sozialen Sinn des Tatbestands eine Täterschaft des Hintermanns annehmen w i l l 5 7 . A u f der anderen Seite geht Roxin jedoch erheblich weiter als die bisher genannten Anhänger des Täters hinter dem Täter, indem er auf Grund einer sehr großzügigen Auffassung der Tatherrschaft auf der „vierten Stufe der Willensherrschaft kraft Irrtums", der „Täuschung über den konkreten Handlungssinn", mittelbare Täterschaft des Hintermannes nicht nur i m Dohna-Fall, sondern darüber hinaus bei jeder Hervorrufung oder Benutzung eines error i n obiecto bzw. persona, bei Benutzung eines dolus generalis, eines Irrtums über „taterhebliche Handlungsvoraussetzungen", über QualifikationsVoraussetzungen und eines Risikoirrtums annimmt 5 8 . Hierzu t r i t t noch die Bejahung der Täterschaft infolge von „Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate" 59 . Eine Anerkennung des Täters hinter dem Täter enthält auch das bekannte Staschynskij-\Jrteil 59a. Wenn es sich auch nicht ausdrücklich zu dieser Figur bekennt, so ergibt sie sich doch zwangsläufig aus seiner Methode. Es bejaht nämlich — vom „primären Täterbegriff" (s. u. C 3) aus vorbildlich — zunächst die Täterschaft der Hintermänner, da sie Täterwillen gehabt und die Tat i n ihren wesentlichen Merkmalen vorher festgelegt hätten. Unabhängig hiervon w i r d dann die Beteiligtenstellung des Ausführenden geprüft. Wenn auch bei i h m i m konkreten 54

a.a.O. 148, 150. Mat. I 133. 56 S. auch oben A I I 13 c und u. C 3 Fußn. 4. 57 148, 155 ff., 193 ff., 239 ff. Vgl. auch oben A I I I 2. 58 211 ff.; s. u. Β 6, 7, 10. 59 242 ff. und GA 1963, 193 ff.; s. u. Β 8. 59a B G H 18, 87; dazu eingehend Baumann NJW 1963, 561; Sax JZ 1963, 329; Schroeder ROW 1963, 97 £É. 55

A I V . E n t w i c k l u n g der Lehre v o m Täter hinter dem T ä t e r 1 1 7

Fall die Täterschaft abgelehnt wird, so ist doch die Festlegung der wesentlichen Tatmerkmale durch die Auftraggeber (die deren Täterschaft begründet) nur ein Indiz unter vielen anderen, wie z. B. die fehlende Annahme eines Tatlohnes. Bei Annahme einer solchen Belohnung wäre demnach auch Staschynskij Täter gewesen! Ausgehend vom Staschynskij-Fall sowie von dem kurz vorher abgelaufenen Eichmann-Prozeß haben sich schließlich i n letzter Zeit noch Peters* 0, Jäger 61 und — wie schon erwähnt — Baumann62 und Roxin 63 zum Täter hinter dem Täter bekannt, wenn auch z. T. nur i n direkt und unter Beschränkung auf den Sonderfall der Beherrschung von Machtapparaten (s. näher u. Β 8). Als Gegner des Täters hinter dem Täter sind auf der anderen Seite ausdrücklich nur Gallas* 4, H. Mayer 65 und Welzel 66 hervorgetreten, wobei jedoch ζ. T. Inkonsequenzen hinsichtlich der Behandlung der Veranlassung eines vermeidbaren Verbotsirrtums bestehen (s. u. Β 1 c). Für Stratenwerth schließlich ist die Ablehnung des Täters hinter dem Täter so selbstverständlich, daß er die darin zum Ausdruck kommende Abgrenzung der Verantwortungsbereiche bereits auf das fahrlässige Zusammenwirken übertragen möchte 67 . Gegenüber der Beherrschung des tatbestandserfüllenden Geschehensablaufs habe die Strafbarkeit jeder anderen Form der M i t w i r k u n g nur ein abgeleitetes Recht. Die Einschaltung einer anderen Person als Instrument, wie ein unpersönliches Werkzeug, sei ausgeschlossen, sofern sie selbst den Geschehensablauf beherrsche. Z u dieser Auffassung w i r d i m dritten Teil der Arbeit noch eingehend Stellung zu nehmen sein. Dabei w i r d — sofern sich die Darstellung nicht durch eine grundsätzliche Ablehnung der Tatherrschaftslehre 68 von vornherein der Ablehnung durch deren Anhänger aussetzen soll — zu prüfen sein, ob i n bestimmten Fällen auch bei Beherrschung eines Geschehensablaufs durch einen anderen dessen „instrumentale" Einschaltung möglich ist und ferner, ob der als Täter Strafbare i n jedem Fall notwendig die Tatherrschaft hat. Bei der Ablehnung des Täters hinter dem Täter gewinnt man gelegentlich den Eindruck, als werde auch heute noch „jede Zurückdräneo

Eckart-Jahrbuch 1961/62, 240 f. MSchrKrim 1963, 73 if. Vgl. Fußn. 19a. M Vgl. Fußn. 59. 64 Mat. I 134, Beitr. 16. 65 313. 66 98; SJZ 1947, 650. 61 Eb. Schmidt-Festschrift 390 f.; zust. Engisch, Langenbecks Arch.klin.Chir. 297, 246; ablehnend aus unterschiedlichen Gründen Baumann N J W 1962, 375 61

62

und Roxin 556 ff. 68 Baumann

a.a.O.; zweifelnd wohl auch Engisch a.a.O.

I V . Entwicklung der Lehre v o m Täter hinter dem Täter

gung der mittelbaren Täterschaft als Gewinn an Rechtssicherheit begrüßt, da die mittelbare Täterschaft mangels jeder gesetzlichen Regelung nicht aufhört, ein Spielball immer neuer Theorien zu sein" 6 9 . Jedenfalls erscheint es, zumal wenn man bedenkt, daß die subjektive Theorie den Täter hinter dem Täter nur i n einem ganz spezifischen und sehr zweifelhaften Fall anerkennt, als etwas weitgehend, wenn Lange i m Jahre 1959 die Anerkennung des Täters hinter dem Täter als „nahezu allgemeine Erkenntnis" bezeichnet 70 .

69

Kantorowicz

70

JZ 1959, 563 f.

158.

Β. Die Fälle des Täters hinter dem Täter Die Darstellung der Entwicklung der Lehre vom Täter hinter dem Täter hat für die Vergangenheit ein weitgehend induktives und eklektizistisches Verfahren ergeben. Erst die „Vorschläge und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " haben erstmals eine größere Zahl von möglichen Fällen des Täters hinter dem Täter zusammengefaßt. Das induktive Verfahren soll i m folgenden beibehalten werden. Es hat den Vorteil, zunächst das konkrete Material für die spätere allgemeine Untersuchung zu liefern. Gerade bei einem so von grundsätzlichen Stellungnahmen vorbelasteten Gebiet wie der Teilnahmelehre empfiehlt es sich, u m die Gefahr der Deduzierung aus einseitigen dogmatischen Voraussetzungen zu vermeiden. Damit entspricht es einer heute vielfach erhobenen methodischen Forderung 1 . Zudem w i r d es Fälle zutage fördern, i n denen die gesamte Lehre zum Täter hinter dem Täter gelangen muß und deren Kriterien sich für die Beurteilung der anderen Fälle des Täters hinter dem Täter verwerten lassen (s. u. Β 10). Innerhalb des induktiven Verfahrens soll aber von den konkreten Fällen, wie sie i n der Literatur als Beispiele für den Täter hinter dem Täter geboten werden, so weit wie möglich abstrahiert und es sollen generalisierende Fallgruppen gebildet werden. I n einer brauchbaren Abstrahierung und Typisierung der Fallgruppen, die über das Ergebnis der Arbeit hinaus als Diskussionsgrundlage dienen und zumindest für die Strafzumessung bedeutsam werden kann, sieht die Arbeit eines ihrer Ziele. Die darzustellenden Fälle beruhen ζ. T. auf der fehlenden Möglichkeit der Bestrafung wegen Anstiftung, ζ. T. auf dem Fehlen der Voraussetzungen der Mittäterschaft; für die übrigen Fälle ergibt sich das Problem der Abgrenzung zur Anstiftung. Dabei soll schon innerhalb des induktiven Teils ein gewisses, grobes Ausleseverfahren angewendet werden. Dieses findet seinen Maßstab darin, daß die Anstiftung eine eigenständige und vom Gesetzgeber auch de lege ferenda bejahte 2 Beteiligungsform darstellt. Von vornherein ausgeschieden werden sollen daher alle Fälle, deren Kriterien i n der Mehrzahl der Anstiftungsfälle gegeben sind und deren Subsumierung unter den Täter hinter dem 1

Würtenberger,

Die geistige Situation der deutschen Straf rechts Wissen-

schaft, 1959, Seite 9 ff.; Schmidhäuser GA 1958, 161; Lange JZ 1959, 563; Roxin passim. 2 § 30 E 1962.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

120

Täter die Anstiftung somit überflüssig machen oder auf einen bedeutungslosen Umfang reduzieren würde 3 . Dabei ist zu berücksichtigen, daß normalerweise jeder Anstifter irgendeinen, die Erfolgswahrscheinlichkeit erhöhenden, Umstand ausnutzt, seien dies nun materielle oder sonstige Versprechungen, eine besondere Autorität, Drohungen und dergleichen. Der völlig „ m i t leeren Händen" antretende Anstifter stellt schon aus psychologischen Gründen die Ausnahme dar, da der Anzustiftende i n diesem Fall regelmäßig zumindest eine Mitarbeit vèrlangen wird. Diese Tatsache bildet eine gewisse Rechtfertigung für die, freilich auf andere Ursachen zurückgehende (s. ο. A I), Aufzählung der Bestimmungsmittel i n § 48 StGB, der gegenüber die Fassung des § 30 E 1962 etwas verblaßt. Da der intern-subjektive Täterbegriff den Täter hinter dem Täter i n weitestem Umfang anerkennt und eine Prüfung konkreter Beispiele, die notwendig an äußere Faktoren anknüpfen, i h m geradezu widersprechen würde, kann die folgende Darstellung nur noch die materiellobjektive und die objektivierte subjektive Theorie betreffen. Für die letztere ergibt sich allerdings noch ein Sonderfall, nämlich die i r r t ü m liche Annahme von objektiven Gegebenheiten, die die mittelbare Täterschaft zur Folge hätten (s. u. Β 9). Die Mittäterschaft als Fall des Täters hinter dem Täter wurde, da sie zunächst die Auffassung der Mittäterschaft als mittelbare Täterschaft voraussetzt, bereits an anderer Stelle erörtert (s. ο. A I I I 7). Dabei wurde dargelegt, daß diese Auffassung einseitig auf dem intern-subjektiven Täterbegriff beruht und daher für die weitere Untersuchung ausscheiden kann.

1. Die Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden

a) D e r G r e n z b e r e i c h d e r

Zurechnungsunfähigkeit

Maurach hat den Fall gebildet, daß ein Hausfreund die leicht beeinflußbare, i h m sexuell und psychisch vollkommen hörige Ehefrau unter der Drohung, sie sonst zu verlassen, zur Tötung ihres Ehemanns bestimmt. Er nimmt hier mittelbare Täterschaft bei gleichzeitiger Täterschaft des Ausführenden an 1 . Diese Lösung wurde von Nowakowski begrüßt, der allerdings zugleich Mittäterschaft zwischen dem mittelbaren und dem unmittelbaren Täter annimmt 2 , und auch die „Vorschläge und 8

Die gleiche Methode s. ζ. B. bei Roxin

1

495. JZ 1956, 549.

8

157, 222.

1. Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe

121

Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " haben diesen F a l l übernommen 3 . Eine Bestätigung der Lösung Maurachs zeigt sich auch indirekt bei H. Mayer , obwohl er die Annahme von Täterschaft bei dem Hintermann i n diesen Fällen ablehnt 4 . Er w i l l nämlich i m Fall einer vom Veranlasser irrtümlich angenommenen Tatherrschaft Nebentäterschaft annehmen, sofern „eine starke geistige Abhängigkeit" des Ausführenden vom Hintermann vorliegt 5 . Aber mit der spezifischen I r r tumssituation hat dieses K r i t e r i u m doch nichts zu tun; offensichtlich kommt hier der genannte Grundgedanke am falschen Platz zum Durchbruch. Die starke Überlegenheit des Hintermanns i n diesem Fall w i r d auch von B G H NJW 1951, 120 f. erkannt: obwohl RG 74, 84 schon stark angezweifelt wird, w i r d bloße Beihilfe des Ausführenden für möglich gehalten, wenn ein auf geschlechtlichen Beziehungen beruhendes Verhältnis starker innerer Abhängigkeit (Hörigkeit) bestehe, durch das die Zurechnungsfähigkeit aufgehoben oder vermindert werde oder doch der Wille des Angeklagten demjenigen seiner Braut so stark untergeordnet werde, daß sich die Annahme einer Mittäterschaft verbiete. B G H 8, 393 — bis auf die Umkehrung der Rollen der Geschlechter genau dem Maurach-Fall entsprechend — stellt fest, daß die den Ausführenden beherrschende Frau „sehr wesentlich an der Tötung ihres Ehemannes beteiligt war". Übrigens hat schon Wolf einen analogen Fall gebildet und mittelbare Täterschaft für „besser am Platz" gehalten, aber m i t Rücksicht auf § 48 StGB ausgeschlossen6. Worin kann nun — unter möglichst weitgehender Verwendung der herkömmlichen Begriffe und Institute des Strafrechts — das abstrakte Merkmal dieses Falles, das ihn von der Anstiftung abhebt, gesehen werden? Es dürfte darin zu erblicken sein, daß hier materiell die gleiche Abhängigkeit des Ausführenden vorliegt wie bei der Benutzung eines Zurechnungsunfähigen, daß aber die gesetzlichen Merkmale des § 51 Abs. 1 StGB nicht erfüllt sind; der Ausführende handelt i m Grenzbereich des Schuldausschließungsgrundes der Zurechnungsunfähigkeit. Damit ergreift diese Fallgruppe über die Fälle einer sexuellen Hörigkeit des Ausführenden hinaus auch andere Fälle der Ausnutzung einer eingeschränkten Zurechnungsfähigkeit bzw. eines der gesetzlich umrissenen Zurechnungsunfähigkeit ähnlichen Zustands beim Ausführenden wie: geistige Primitivität, anomale Eifersucht, Zorn, Haß, Verzweiflung u. ä. Erscheinungen wie: Geistesschwäche, „primitive und undifferenzierte Persönlichkeit", schwach entwickelter Willen, fehlende Widerstandskraft und Intelligenz, seelischer Druck oder Zwang werden denn auch i n der Rechtsprechung immer wieder verwandt, um den Ausführenden unter gleichzeitiger Aufwertung des Hintermannes zum mittel3 4

Ndschr. X I I 493. 322.

5

323. « 48 ff.

122

Β. Die Fälle des Täters hinter dem Täter

baren Täter i n die Gehilfenstellung hinabzudrücken 7 . Zutreffend weist B G H 18, 93 auf „besondere Tatantriebe" hin, „welche zwar mächtig wirksam, der allgemeinen Kriminologie aber fremd sind". Zumeist w i r d i n diesen Fällen § 51 Abs. 2 StGB gegeben sein. Es ist überraschend, daß die Fälle der verminderten Zurechnungsfähigkeit noch nicht generell unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Täterschaft geprüft worden sind 8 . Denn da hier das Gesetz selbst einen Defekt beim Ausführenden anerkennt, hätte sich gerade für eine formalnegative Bestimmung der mittelbaren Täterschaft Anlaß zu einer Prüfung dieses Problems gegeben. I n diese Richtung zielt die ironische Bemerkung Zimmerls, der freilich die mittelbare Täterschaft als solche ad absurdum führen w i l l : bei der Veranlassung eines vermindert Zurechnungsfähigen müßte zur Hälfte Anstiftung, zur Hälfte Täterschaft angenommen werden 9 . Eine materielle Betrachtungsweise darf andererseits bei den Fällen des § 51 Abs. 2 StGB nicht stehenbleiben. Ein großer Teil der problematischen Fälle ergibt sich vielmehr gerade daraus, daß das Gesetz bei der Zurechnungsunfähigkeit — wie überhaupt bei allen Entschuldigungsgründen — zwangsläufig strenge formale Grenzen aufstellen 10 und damit schematisieren muß. Bezeichnend ist es etwa, wenn B G H 6, 332 die Bewertung des Affektzustandes von dem Umfang des i n § 51 verwendeten Bewußtseinsbegriffes abhängig macht — die materielle Stellung des Veranlassenden w i r d von dieser Auslegung nicht berührt. Die für die Stellung des Veranlassenden noch weniger relevante Abhängigkeit der Zurechnungsunfähigkeit von dem unverschuldeten E i n t r i t t des Affektzustandes ist allerdings heute aufgegeben 11 . Nach Maurach soll zwar § 51 StGB — ebenso wie § 3 JGG (s. u. b) und das Unrechtsbewußtsein (s. u. e) — volle Individualisierung ermöglichen; für die i m folgenden zu behandelnden §§ 1 Abs. 3 JGG (s. u. b), 52, 54 StGB (s. u. c) und 53 Abs. 3 StGB (s. u. d) anerkennt aber auch er 7

B G H N J W 1951, 323; B G H 18, 94; vgl. auch B G H 8, 393, 398. Ausnahmen bilden Wegner Reform 118 und neuerdings Roxin 237 f., der entsprechend seiner formalen Umgrenzung der Tatherrschaft bei der „Willensherrschaft" durch Nötigung und Benutzung Zurechnungsunfähiger und seiner sehr großzügigen Annahme von Tatherrschaft bei der Täuschung (s. o. A I V bei Fußn. 57) bei Minderung der Steuerungsfähigkeit nie, bei Minderung der Einsichtsfähigkeit dagegen regelmäßig mittelbare Täterschaft annehmen will. • Aufbau 146 N. 1, 157. 10 Vgl. die heute allgemein herrschende Ablehnung des übergesetzlichen Schuldausschließungsgrundes der Unzumutbarkeit, Maurach 304 mit weiteren Angaben. 8

11

Maurach 342 f.; BGH 3, 329; 7, 325; Mezger LK § 51 I I 5 a cc; anders noch

O G H 3, 19, 80; B G H 3, 194, 199.

1. Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe

123

„bindende Vermutungen" bzw. den Ausschluß jeder Individualisierung, was zu seiner Aufspaltung der Schuld i n Tatverantwortung und Schuld führt 1 2 . b) D e r G r e n z b e r e i c h

der

Strafunmündigkeit

Besonders deutlich zeigt sich diese Formalisierung auch bei der Bestimmung der Strafmündigkeit. Zwar hat hier § 3 JGG eine weitgehende Materialisierung eingeführt, so daß während des dort genannten Alters der Veranlaßten eine materielle Bestimmung der Stellung des Hintermanns indirekt möglich ist, indem die Stellung des Ausführenden materiell geprüft w i r d und von dem Ergebnis dann die Bewertung des Handelns des Hintermanns als Täterschaft oder A n stiftung abhängig gemacht wird. Aber damit ist das Problem nur verschoben. Für eine natürliche Auffassung w i r d es unbegreiflich bleiben, daß der Vater, der seinen einsichtsfähigen Sohn allwöchentlich einmal aus einem Tabakwarenlager die Ration für die nächste Woche entwenden läßt, an dessen 14. Geburtstag vom Täter zum Anstifter wird, ebenso wie der Vater eines noch nicht einsichtsfähigen Sohnes an dessen 18. Geburtstag. Bei den 14- bis 18jährigen besteht ferner das noch eingehend auszuwertende (s. u. C 5) Spannungsverhältnis, daß die Rechtsprechung bei der Prüfung der Schuld des Ausführenden vielfach strenge Maßstäbe anlegt, um eine Straflosigkeit des Tatnächsten zu vermeiden, daß aber keinerlei Rechtfertigung dafür besteht, diese k r i minalpolitisch gebotene Belastung dem Hintermann als Entlastung zugutekommen zu lassen. c) D e r G r e n z b e r e i c h d e s

Notstandes

Ähnliche Formalisierungen finden sich bei den Schuldausschließungsgründen der §§ 52, 54 StGB 1 3 . Hier deutet nur Gallas , der die Figur des Täters hinter dem Täter grundsätzlich ablehnt, die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft außerhalb der gesetzlichen Notstandsfälle an 1 4 . Die Äußerung Bockelmanns, daß bei einer Nötigung zu einer rechtswidrigen Tat mittelbare Täterschaft vorliege 15 , ist wohl i m Zusammenhang seiner Ausführungen als Nötigung nach den §§ 52, 54 StGB zu verstehen. Allerdings liegt auch i n dem Maurach-Fall der Benutzung 11

289; Schuld u. V. 42. Die anderweitige dogmatische Einordnung bei Maurach 122, 296 ft. (Ausschluß der Tatverantwortung) kann als für das Problem unbeachtlich außer Betracht bleiben; sie ist gerade durch diese Formalisierung hervorgerufen, vgl. Fußn. 12. 14 Beiträge 4. 18

15

86.

124

Β. Die Fälle des Täters hinter dem Täter

einer psychisch und sexuell hörigen Frau zusätzlich die Drohung vor, diese zu verlassen 16 . Umgekehrt findet sich eine ausdrückliche Ablehnung bei Roxin 11. Sie stützt sich auf den bereits mehrfach dargelegten 18 formellen Tatherrschaftsbegriff bei der „Willensherrschaft" durch Nötigung und Beherrschung Zurechnungsunfähiger, zu welchem eingehend erst i m dritten Teil der Arbeit Stellung genommen werden soll (s. u. C 5). Durch die kriminalpolitisch notwendige Formalisierung ergibt sich auch hier die Möglichkeit von Grenzfällen, i n denen die Stellung des Hintermanns materiell der Benutzung eines durch Notstand entschuldigten Ausführenden gleicht. Die §§ 52, 54 StGB enthalten jeweils zwei Schematisierungen: die Gefahr für Leib oder Leben auf der einen, die Gefährdung des Angehörigen auf der anderen Seite. Während die Ausschaltung der Selbstbestimmung i n diesen Fällen vermutet wird, w i r d sie i n anderen Fällen ausgeschlossen. Dabei kann die Beeinträchtigung der Selbstbestimmung i n Fällen außerhalb der §§ 52, 54 StGB tatsächlich viel schwerer sein als i n Fällen, die diesen Vorschriften genügen. So kann, wenn auch als Leibesgefahr keine ganz leichte Körperverletzung genügt 1 9 , diese doch viel weniger schwerwiegend sein als die Drohung m i t einer Vernichtung der sachlichen Existenzgrundlage. So würde der Bauer, der den Verbrecher verbergen soll, kaum der Drohung mit einer Brandstiftung 2 0 , der kinderreiche Angestellte, der einen Meineid i n einem Verfahren gegen den Firmenchef schwören soll, kaum der Drohung m i t einer Entlassung widerstehen können. Und den jungen Mann w i r d die unter die §§ 52, 54 StGB fallende Drohung, den verhaßten Schwager zu überfallen und zu mißhandeln, kaum so sehr i n seiner Handlungsfreiheit beeinträchtigen wie die nicht unter jene Vorschriften fallende Drohung, seiner Freundin Gewalt anzutun. Freilich w i r d die „willkürliche Auswahl" der notstandsfähigen Güter und die enge Fassung des Begriffs „Angehöriger" i n den §§ 52, 54 allgemein bek l a g t 2 0 a ; indessen w i r d die dem Recht begriffsnotwendig eigene Normierung und Schematisierung immer Grenzfälle übriglassen 21 , zumal bei Vorschriften, i n denen eine Entlastung des Täters vorgesehen wird. So mildert auch § 40 E 1960, E 1962 m i t der Erweiterung des Kreises der 16 17 18

10

S. ο. Β 1 a; zust. Nowakowski JZ 1956, 549 (zugleich Mittäterschaft). 156 f. S. ο. A I V und B l a Fußn. 8.

Schwarz-Dreher

§52 3 A b; Jagusch LK § 52 3 b bb; Schönke-Schröder

§52 11; RG 66, 400. 20 Beispiel von Lobe L K 5. Aufl. 382.

20a Maurach 319; Schönke-Schröder §53 11; Jagusch LK § 52 3 b bb; Lange § 52 I I I ; Bockelmann 86. 11 Α. A. Schröder NJW 1955, 1183.

1. Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe

125

Bedrohten auf „andere dem Täter nahestehende Personen" zwar die eine Grenze, fügt auch das Schutzobjekt der Freiheit hinzu, behält den Ausschluß von Sachwerten als notstandsfähiger Güter jedoch bei, da sonst „der Ernst der Strafdrohungen i n Frage gestellt" würde 2 2 . Die Entstehung der Figur des Täters hinter dem Täter aus dem Spannungsverhältnis, die Anforderungen für die Straffreiheit des Ausführenden möglichst streng zu halten, für den Hintermann dagegen wieder eine materielle Wertung zugrunde zu legen, w i r d sich i m Laufe der Untersuchung noch wiederholt zeigen. Auch beim Notstand verwendet die Rechtsprechung — ebenso wie bei der Zurechnungsunfähigkeit — die Grenzfälle bereits, um den Ausführenden i n die Teilnehmerstellung hinabzudrücken: B G H 18, 96 (Staschynskij-Urteil) berücksichtigt die Furcht des Angeklagten vor der Rache seiner Auftraggeber, obwohl ein Nötigungsnotstand ausdrücklich abgelehnt w i r d 2 3 . d) D e r

Grenzbereich

des

Notwehrexzesses

Weniger um seiner praktischen Bedeutung w i l l e n als vielmehr, um die insofern einheitliche Lage bei allen Schuldausschließungsgründen herauszustellen, soll schließlich für den Notwehrexzeß die Möglichkeit einer mittelbaren Täterschaft bei einem Handeln des Ausführenden i m Grenzbereich untersucht werden. Ein solcher Grenzbereich ist zweifellos gegeben, da die i n § 53 Abs. 3 enthaltene Formalisierung allgemein beklagt w i r d 2 4 . A u f dieser Formalisierung beruhen auch zu einem großen Teil die Differenzen über die dogmatische Einordnung der Vorschrift 2 5 . E 1960 und 1962 mildern diese Formalisierung durch den Begriff der „Ver"wir rung" etwas ab. Bei bewußter Hervorrufung eines fahrlässigen intensiven Notwehrexzesses ohne Bestürzung, Furcht oder Schrecken liegt zwar je nach der eingeschränkten oder der strengen Schuldtheorie Benutzung eines fahrlässig oder i n Verbotsirrtum handelnden Tatmittlers vor, womit i m ersteren Fall ohne weiteres mittelbare Täterschaft, i m letzteren Fall ein Fall der unter e) zu behandelnden Gruppe gegeben wäre. Die h. L. 22 23

Begründung Seite 153 bzw. 161. Seite 62 des Originalurteils (insoweit nicht veröffentlicht). Ebenso v. Uth -

mann NJW 1961, 1908. 24 M. E. Mayer 282 f.; Lange § 53 X; Maurach 290, 323; Schuld u. V. 43 N. 46. 25 „Plumper persönlicher Strafausschließungsgrund" (M. E. Mayer 283; ebenso Jagusch L K 7 b; §38 Abs. 2 E 1960); bloße Beweisregel (Schönke-

Schröder 35; Schröder ZAkDR 1944, 124); Verantwortungsausschluß (Maurach

323; Schuld u. V. 42 f.); Schuldausschließungsgrund (Liszt-Schmidt Mayer 206; § 38 Abs. 2 E 1962, also im Gegensatz zu E 1960; h. L.).

199; H.

126

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

wendet § 53 Abs. 3 aber auch bei bewußter No twehrüb er schreitung an 2 6 . § 39 Abs. 1 E 1962 sieht daher für den Notwehrexzeß allgemein eine fakultative Strafmilderung vor, so daß dieser Fall dem der verminderten Zurechnungsfähigkeit nach § 51 Abs. 2 StGB gleicht. A n der Grenze des § 53 Abs. 3 StGB liegt somit die Veranlassung eines bewußten Notwehrexzesses außerhalb von Bestürzung, Furcht oder Schrecken, etwa infolge von Haß, Zorn oder Erregung. So steigert sich der Einfluß des Hintermanns zweifellos erheblich, wenn A und B, dessen Tochter früher einmal vergewaltigt worden ist, auf einem Spaziergang weibliche Hilferufe vernehmen, Β den Täter überwältigt und auf den Zuruf des A : „Gib's ihm, denk an deine Tochter!" hemmungslos auf ihn einschlägt. Zwar werden sich diese Fälle i n der Regel an die eingangs erörterten annähern, nämlich an die Ausnutzung einer der Zurechnungsunfähigkeit ähnlichen Bewußtseinslage. Aber das Maß der Einschränkung der Selbstbestimmungsfähigkeit des Ausführenden kann hier, wie sich an den bereits zur Straflosigkeit führenden Zuständen der Bestürzung, der Furcht und des Schreckens zeigt, viel geringer sein. e) D e r v e r m e i d b a r e

Verbotsirrtum

Eine deutliche Bestätigung für die hier vorgenommene Einordnung und Charakterisierung der vorhergehenden Fälle bietet der vermeidbare Verbotsirrtum des Ausführenden, bei welchem unabhängig von der hier vorgetragenen Auffassung schon häufig eine mittelbare Täterschaft des Hintermannes angenommen wurde. Analog den bisher behandelten Fällen stellt sich der vermeidbare Verbotsirrtum als Grenzbereich des Entschuldigungsgrundes des unvermeidbaren Verbotsirrtums dar, für den die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft ο. A I I I 2 eingehend dargelegt wurde. Zwar erlaubt das Merkmal der Entschuldbarkeit des Verbotsirrtums i m Gegensatz zu den bisher behandelten Fällen volle Individualisierung 2 7 . Noch weitergehend als bei den übrigen Schuldausschließungsgründen werden hier aber nicht nur i n Grenzbereichen materielle Ungerechtigkeiten zugunsten einer kriminalpolitisch gebotenen strengen formalen Umgrenzung i n Kauf genommen — vielmehr w i r d dem Täter aus kriminalpolitischen Gründen von vornherein i n einem ganzen Bereich die Entschuldigung abgeschnitten, obwohl sein aktuelles Verhältnis zum Recht das gleiche ist wie beim unvermeidbaren Verbotsirrtum; der Kenntnis der Rechtswidrigkeit w i r d deren vermeidbare Unkenntnis gleichgestellt. 26

Frank II; Maurach 322 f.; Lange X; Baumann 273; E 1962, Begr. Seite 158;

R G 21, 189; 56, 33; BayOBLG JR 1952, 113; a. A. Binding

Schröder a.a.O.; Schönke-Schröder 27

S. o. Fußn. 12.

35.

Handbuch I 753;

1. Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe

127

Daß dieser auf die bloße Vermeidbarkeit gestützte Vorwurf den veranlassenden Hintermann nicht entlasten kann, ergibt sich insbesondere aus einem Vergleich m i t der Fahrlässigkeit, bei welcher ebenfalls eine vorwerfbare Unkenntnis des Vordermanns den Hintermann nicht befreit. Auch hier w i r d nicht auf das Normativum (er hätte erkennen können), sondern auf das Psychologische (er hat nicht erkannt) abgestellt 28 . Die Gleichstellung des vermeidbaren m i t dem unvermeidbaren Verbotsirrtum scheint zwar zu entfallen, wenn man annimmt, daß auch die Norm, die der Täter nur kennen mußte, eine generalpräventive Warnungsfunktion entfaltet 2 9 . Indessen soll m i t dieser Auffassung nicht eine konkrete Warnung des i n vermeidbarem Verbotsirrtum Handelnden behauptet, sondern nur die Möglichkeit einer Koexistenz der Generalprävention als solcher m i t der Bestrafung des nur potentiellen Unrechtsbewußtseins dargetan werden. Die Eindeutigkeit dieser Argumente für eine Tatherrschaft des Hintermanns beim vermeidbaren Verbotsirrtum dürfte der Grund dafür sein, daß selbst dezidierte Gegner des Täters hinter dem Täter diese Gegnerschaft hier vergessen. So w i l l Gallas für jeden Fall des Verbotsirrtums ohne Rücksicht auf dessen Vermeidbarkeit beim Hintermann mittelbare Täterschaft annehmen 30 . Zwar stellt Gallas bei der Ablehnung des Täters hinter dem Täter gelegentlich auf die „Vollverantwortlichkeit" des Ausführenden ab 3 1 . Sollte aber eine geminderte Schuld nicht mehr darunter fallen, so wäre ein grundsätzlicher Einbruch gegeben, der sich alsbald auch auf andere Fälle geminderter Schuld ausdehnen müßte, seien diese nun gesetzlich normiert wie i n § 51 Abs. 2 StGB, oder nicht, wie beim Grenzbereich der §§ 52, 54 StGB. Auch Welzel, nach welchem „mittelbare Täterschaft durch einen unmittelbar Handelnden, der selbst Täter ist, ein Unbegriff ist" 3 2 , w i l l bei absichtlicher Herbeiführung eines Verbotsirrtums ohne Beschränkung auf dessen Unvermeidbarkeit mittelbare Täterschaft annehmen 33 . Das Erfordernis einer dolosen Herbeiführung des Verbotsirrtums wurde bereits ο. A I I I 1 d, 2 zurückgewiesen. Schließlich bejaht auch Roxin , der die mittelbare Täterschaft beim Handeln i m Grenzbereich der übrigen Entschuldigungsgründe ablehnt, sie für den Verbotsirrtum, sofern dem Ausführenden die materielle und i m Ordnungsstrafrecht die formelle Rechtswidrigkeit seines Tuns verborgen geblieben sei 34 . 28 29 30 31 32 33 34

Vgl. Maurach 503. Maurach Eb. Schmidt-Festschrift 317 f. Mat. I 134. a.a.O. und Beiträge 16. SJZ 1947, 650. U m die finale Handlungslehre 30 N. 34. 193 ff.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

128

I m übrigen beschränken die ο. A I I I 2 als Anhänger der mittelbaren Täterschaft bei einem Verbotsirrtum des Ausführenden Genannten diese nicht auf den unvermeidbaren Irrtum. Eine Ausnahme bildet nur Bockelmann. Er geht umgekehrt — und auf der Grundlage eines „sekundären Täterbegriffs" (s. u. C 3) — davon aus, daß bei vermeidbarem Verbotsirrtum der Handelnde dem Hintermann nicht i n einem solchen Maße ausgeliefert sei, daß es ausgeschlossen sei, i h n als Teilnehmer zu betrachten 35 . Die dafür erforderliche Unterordnung des Vorsatzes unter den Tatentschluß des Haupttäters nimmt er dann an, wenn der Mitwirkende eine Kenntnis der Rechtslage beim Ausführenden annimmt oder doch wenigstens m i t ihr rechnet. Wenn der Hintermann dagegen glaube, daß der Ausführende die Rechtslage weder erkenne noch erkennen könne, so liege beim Hintermann volle Täterschuld vor, die wie i n anderen Fällen einer vermeintlichen Täterstellung bei objektiver Teilnehmerstellung die Teilnehmerstrafe nach sich ziehe. Der hier streitige Fall, i n dem der Hintermann weiß, daß der Ausführende die Rechtslage nicht erkennt, sie aber erkennen könnte, w i r d von Bockelmann nicht behandelt. Er hängt zwischen den vor i h m gebildeten beiden Fällen i n der L u f t : Täterschuld und eine Differenz zwischen angenommener und wirklicher Beteiligtenstellung liegen nicht vor; gleichzeitig fehlt es aber auch an der erforderlichen Unterordnung unter den Tatentschluß des Haupttäters, da der Hintermann nicht damit rechnet, daß jener das Unrecht einsehen werde. I m Vorhergehenden wurde der vermeidbare Verbotsirrtum als solcher als Grenzbereich des Entschuldigungsgrundes des unvermeidbaren Verbotsirrtum dargestellt. Es fragt sich jedoch, ob nicht darüber hinaus noch ein weiterer, nicht an das Merkmal der Vermeidbarkeit, sondern an das des Verbotsirrtums anknüpfender, Grenzbereich anzunehmen ist, i n welchem der Täter nicht mehr eindeutig über das Unrecht irrt, sondern i h m die Grenzen von Recht und Unrecht verschwimmen. Die tatsächliche Existenz derartiger Bewußtseinslagen ist, besonders i n dem schwierigen und politischem Mißbrauch ausgesetzten Bereich des Staatsnotwehr rechts, gar nicht zu bezweifeln. Die jüngsten Aburteilungen von aus dem Ost-West-Konflikt heraus geborenen Straftaten haben dies eindringlich dargelegt. Wiederum ist hier — wie schon so oft i n diesem Kapitel — das Staschynskij-Urteil zu nennen. Es spricht von der „sittlich verwirrenden, mitunter ausweglosen Lage, vom eigenen Staat, der vielen Menschen bei geschickter Massenpropaganda nun einmal als unangezweifelte Autorität zu erscheinen pflegt, m i t der Begehung verwerflichster Verbrechen geradezu beauftragt zu werden", von dem „Ein85

81.

1. Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe

129

fluß politischer Propaganda oder der Befehlsautorität oder ähnlicher Einflüsse ihres eigenen Staates, von welchem sie i m Gegenteil die Wahrung von Recht und Ordnung zu erwarten berechtigt sind" 3 6 . Ebenso mußte das HanJce-Urteil einräumen, daß „der Blick des Angeklagten dafür getrübt gewesen sein mag, was i h m mit der Befehlsausführung zugemutet wurde, daß er nämlich nicht nur etwas »Nicht-ganz-Richtiges', nicht nur ein ,Zuviel des Guten', sondern ein Verbrechen oder Vergehen bezwecken sollte" 3 7 . Indessen setzt die Bejahung eines derartigen Grenzbereichs die Vorstellung von „Graden des Unrechtsbewußtseins" voraus, die lebhaft umstritten ist 3 8 . U m die Darstellung nicht unnötig m i t noch mehr kontroversen Fragen zu belasten als sie ohnehin behandeln muß, soll die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter hier nur angedeutet werden. f)

Zusammenfassung

M i t Hilfe der Figur des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe hat sich bereits ein beträchtlicher Teil der für den Täter hinter dem Täter angebotenen Fälle systematisieren lassen. Das Abstellen auf den Grenzbereich der Entschuldigungsgründe erscheint wegen seiner Anknüpfung an dogmatisch festgefügte Figuren befriedigender als die sonst verwendeten Merkmale der persönlichen oder sozialen Überlegenheit, Hörigkeit u. ä. 39 . Die Figur des Grenzbereichs der Entschuldigungsgründe erweist sich aber überraschend noch weitergehend als fruchtbar, indem sie die Erfassung bisher w i l l k ü r l i c h erscheinender Erweiterungen der mittelbaren Täterschaft unter einem einheitlichen Gesichtspunkt erlaubt. Die bei der Veranlassung zur Selbstverletzung aufgezeigten Erweiterungen der Tatherrschaft: Schaffung einer Verzweiflungslage, Beeinflussung eines Minderjährigen, nicht unwiderstehliche Willensbeeinflussung, erweisen sich nunmehr als Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe. Besonders Meister lotet, ohne dieses Prinzip anzugeben, systematisch den Grenzbereich der Entschuldigungsgründe aus, wenn er Täterschaft bei Veranlassung von Minderjährigen oder von vermindert Zurechnungsfähigen sowie bei Drohung mit einem empfindlichen Übel annimmt 4 0 . Während sich einerseits diese Ausdehnung der Täterschaft bei der Veranlassung zur Selbstverletzung nur mittels der Figur des Täters hinter dem Täter rechtfertigen läßt, erhält diese und vor allem 36 37 38

B G H 18, 93. L G Stuttgart N J W 1964, 67. Dafür Jagusch L K Β I V 1 a vor § 13; dagegen Dreher

GA 1957, 98, wohl

auch Roxin 237. 39 Gallas Beiträge 16; BGH 5 StR 183/54 bei Herlan MDR 1954, 529. 40

GA 1953, 168; vgl. ο. A I I I 5.

9 Schroeder

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

130

die Umreißung ihrer Grenzen i m vorliegenden Kapitel durch jene eine Bestätigung. W i l l man nicht zugeben, daß hier die Grenzen der Täterschaft nur wegen fehlender anderweitiger Bestrafungsmöglichkeit w i l l kürlich ausgedehnt werden, so bleibt nur die Erklärung, daß hier der weitere Bereich der Täterschaft zuerst erkannt worden ist. Ferner hat sich erwiesen, daß es gerade die Gesichtspunkte, die i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe liegen, sind, die die Praxis immer wieder zur Annahme einer bloßen Beihilfe trotz eigenhändiger Tatbestands Verwirklichung verleitet haben. Als besonders trächtiges Beispiel zeigte sich das Staschynskij-Urteil 41, das gleich drei der erwähnten Grenzbereiche heranzieht, nämlich die des Notstands, der Zurechnungsunfähigkeit und des Verbotsirrtums. Die i m dritten Teil der Arbeit noch näher zu begründende Möglichkeit des Täters hinter dem Täter würde somit die Praxis von einer dauernden Quelle der Verführung zu einer gesetzwidrigen Entlastung des Ausführenden befreien. Freilich soll nicht verkannt werden, daß die Umreißung der Grenzbereiche selbst zu erheblichen Schwierigkeiten führen kann 4 2 . Insbesondere gilt dies für den Grenzbereich des § 51 StGB. Denn ein Beweis für eine gewisse Abhängigkeit gegenüber äußeren Einflüssen ist jede erfolgreiche Anstiftung. Die sexuelle Abhängigkeit i m MaurachFall ist ein sehr krasses Beispiel. Wie aber ist zu entscheiden bei der Abhängigkeit von Geldangeboten oder gar von überpersönlichen Zielen, wie bei politischen Verbrechern? Hier besteht zweifellos die Gefahr, daß sich über die Figur des Täters hinter dem Täter neben der Zurechnungsfähigkeit nach § 51 Abs. 1 und der nach Abs. 2 noch eine dritte Stufe der Zurechnungsfähigkeitseinschränkung, nämlich eine die Täterschaft des Veranlassenden begründende, einbürgert, deren Fest-: Stellung i m wesentlichen den Sachverständigen überlassen bleibt. Dies sind jedoch die Unkosten, m i t denen der Übergang zu einer individualisierenden Wertung immer verbunden ist. I m übrigen ist nicht zu vergessen, daß sich entsprechende Erwägungen bereits jetzt i m Rahmen der Strafzumessung für die Anstiftung bemerkbar machen, hier jedoch völlig unkontrolliert bleiben. Die Besinnung auf den Grenzbereich der Schuldausschließungsgründe könnte hier zweifellos zu einer erheblichen Konkretisierung und Spezifizierung der Strafzumessung führen. Die Gefahr einer zu großen Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft kann vermieden werden, wenn sie auf Ausnahmefälle beschränkt wird, d. h. entsprechend dem hier Ausgeführten auf Fälle, i n denen die Anwendung der Schuldausschließungsgründe materiell geboten wäre und nur an deren zwangsläufig formalen Grenzen scheitert. 41

42

B G H 18, 87.

Vgl. auch Roxin 157.

2. Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, Befehl

131

2. Der Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, insbesondere der rechtswidrige Befehl

I n einer Reihe von Vorschriften bestraft das Wehrstrafrecht neben dem die Tat befehlenden, veranlassenden oder zulassenden Vorgesetzen auch den ausführenden Untergebenen. Hierin hat man häufig Fälle der mittelbaren Täterschaft sehen wollen. Das bisherige Verfahren, für gewisse Veranlassungsfälle durch die Annahme von mittelbarer Täterschaft bestimmte Rechtsfolgen herzuleiten, kehrt sich daher hier zunächst um: aus gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsfolgen soll nunmehr die Anerkennung des Täters hinter dem Täter hergeleitet werden. Freilich t r i t t daneben wieder das Verfahren, diese Vorschriften mittels der Figur des Täters hinter dem Täter zu deuten und das positive Recht an dem Ergebnis der materiellen Prüfung zu messen. Aus dem Militärstrafgesetzbuch (MStGB) vom 20. 6. 1872, das bis zum 20. 8. 1946 gegolten hat 1 , kommen hierbei die Vorschriften der §§ 47 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 115 und 143 i n Betracht. § 47 Abs. 1 MStGB lautet: „(1) W i r d durch die Ausführung eines Befehls i n Dienstsachen ein Strafgesetz verletzt, so ist dafür der befehlende Vorgesetzte allein verantwortlich. Es trifft jedoch den gehorchenden Untergebenen die Strafe des Teilnehmers: 1. wenn er den erteilten Befehl überschritten hat, oder 2. wenn i h m bekannt gewesen ist, daß der Befehl des Vorgesetzten eine Handlung betraf, welche ein allgemeines oder ein militärisches Verbrechen oder Vergehen bezweckte." § 115 MStGB lautet: „Anstiftung eines Untergebenen zu einer Straftat. Wer durch Mißbrauch seiner Dienstgewalt oder seiner dienstlichen Stellung einen Untergebenen zu einer von diesem begangenen, m i t Strafe bedrohten Handlung vorsätzlich bestimmt hat, w i r d als Täter oder Anstifter bestraft. Die Strafe kann bis zur Höchstgrenze der zu verhängenden Straf art erhöht werden." § 143 MStGB lautet: „Duldung einer Straftat. Wer als Befehlshaber einer militärischen Wache, eines Kommandos oder einer Abteilung oder als Wachtposten eine strafbare Handlung wissentlich begehen läßt, die er verhindern konnte und zu verhindern dienstlich verpflichtet war, w i r d ebenso bestraft, als ob die Handlung von i h m selbst begangen wäre." 1

Q*

Kontrollratsgesetz Nr. 34.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

132

Die Vorschriften der §§ 47, 115 MStGB hat schon Binding als A r g u ment für seine weite Täterauffassung angeführt, wobei er den Ausdruck „Teilnehmer" i n § 47 als Mittäter auffaßte 2 . Petri sah diese Vorschriften generell als „besonders typische Fälle mittelbarer Täterschaft" an, ohne auf das Problem der doppelten Täterschaft einzugehen 3 . Ζ. T. wurde je nach dem animus des Untergebenen mittelbare Täterschaft mittels dolosen Gehilfenwerkzeugs oder Mittäterschaft 4 , ζ. T. je nach dem animus des Vorgesetzten Anstiftung oder Mittäterschaft angenommen 5 . Einigkeit bestand jedenfalls weitgehend darüber, daß bei beiderseitigem Täterwillen Mittäterschaft gegeben sei 6 . I n dieser Auslegung der Vorschrift des § 47 MStGB liegt somit zumindest eine Anerkennung des Täters hinter dem Täter i n Form der Mittäterschaft. Auch Bockelmann wollte diesen Fall, abgesehen von der positiv-rechtlichen Regelung des § 47 MStGB, früher als Mittäterschaft behandeln, da eine verabredete Rollenverteilung aufgrund eines gemeinschaftlichen Tatentschlusses vorliege, auch wenn sich die Verabredung i n Form der Befehlserteilung und -entgegennähme abgespielt habe 7 . Der Ausweg der Mittäterschaft w a r schwieriger bei den §§ 115 und 143 MStGB, bei ersterem wegen der gesteigerten Verantwortlichkeit des Vorgesetzten, bei letzterem, w e i l ein gemeinschaftlicher Tatentschluß fehlen konnte. Für den ersteren F a l l vertrat Wolf mittelbare Täterschaft des Vorgesetzten bei gleichzeitiger Mittäterschaft des Untergebenen 8 und nahm damit die später von Nowakowski 9 und Maurach 10 gebrauchte Figur vorweg (s. u. C 8). Während das Reichsmilitärgericht §115 MStGB als selbständiges Delikt ansah und daher Tateinheit m i t dem ausgeführten Delikt annahm 1 1 , sah die h. L. diese Vorschrift nur als allgemeinen Strafschärfungsgrund für Täterschaft oder Anstiftung auf Seiten des Vorgesetzten an 1 2 . Das hatte freilich die dogmatische? Unebenheit zur Folge, daß i m Falle eigener Täterschaft des Vorgesetz2 3

4

Abh. 1, 350. ZStW 39, 696.

Wolf

79 ff. ; Dörken-Scher er § 47 N. 3 ; Zirkularschreiben des preußischen

Generalauditoriats vom 12. 7.1886, zit. bei Hecker 94 N. 1; B G H NJW 1951, 323. 5

6

Schwinge § 47 V. Α. A. Lange I A vor § 47; Täterbegriff 36; Schmidt, Militärstrafrecht 42 f.;

Bockelmann 121 N. 21 (regelmäßige Beihilfe des Untergebenen); Μ . E. Mayer Militärstraf recht I 119; Hecker 93 f. (regelmäßige Anstiftung des Vorgesetzten). 7 121 N. 21. 8 9

81.

JZ 1956, 549. 507. 11 R M G 2, 216, 283 u. ö. 12 Μ. E. Mayer a.a.O. 150 f.; Strafschärfungsgründe 61; Eb. Schmidt 10

32 f., 44, 80; Schwinge § 115 I· RG 59, 28 f.

a.a.O.

2. Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, Befehl

133

ten, insbesondere nach § 143 MStGB, der allgemeine Grundsatz der Aufzehrung der Anstiftung durch die Täterschaft aufgegeben werden mußte. Erst i n neuerer Zeit ist die Durchbrechung dieses Grundsatzes zu Gunsten einer vollen Ausschöpfung des Unrechtsgehaltes der Tat allgemein anerkannt worden 1 3 . § 143 MStGB wurde überwiegend als Fall der Beihilfe angesehen, die durch Sondervorschrift zur Täterschaft erhoben wurde 1 4 . M. E. Mayer sprach sogar von einer „Fiktion" der Täterschaft 15 . Lediglich Eb. Schmidt wies darauf hin, daß hier auch materiell mittelbare Täterschaft vorliegen könne, wenn der Ausführende unvorsätzlich handele 10 . Ganz überwiegend wurden die genannten Vorschriften somit nicht als Modifizierung der allgemeinen Teilnahmelehren angesehen. Dem §47 MStGB entsprechen i m neuen Wehrstrafrecht §11 Abs. 2 des Gesetzes über die Rechtsstellung der Soldaten vom 19. 2. 1956 (SoldG) und § 5 des Wehrstrafgesetzes vom 30. 3. 1957 (WStG). § 11 Abs. 2 SoldG lautet: „(2) Ein Befehl darf nicht befolgt werden, wenn dadurch ein Verbrechen oder ein Vergehen begangen würde. Befolgt der Untergebene den Befehl trotzdem, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn er erkennt oder wenn es nach den i h m bekannten Umständen offensichtlich ist, daß dadurch ein Verbrechen oder Vergehen begangen wird." § 5 WStG lautet: „Handeln auf Befehl. (1) Begeht ein Untergebener eine mit Strafe bedrohte Handlung auf Befehl, so trifft ihn eine Schuld nur, wenn es sich um ein Verbrechen oder ein Vergehen handelt und er dies erkennt oder es nach den i h m bekannten Umständen offensichtlich ist. (2) Ist die Schuld des Untergebenen m i t Rücksicht auf die besondere Lage, i n der er sich bei der Ausführung des Befehls befand, gering, so kann das Gericht die Strafe nach den Vorschriften über die Bestrafung des Versuchs mildern, bei Vergehen auch von Strafe absehen." Aus diesen Vorschriften ist somit die Qualifizierung des Verhaltens des befehlenden Vorgesetzten gänzlich ausgeschieden; diese ist ausschließlich der dem § 115 MStGB entsprechenden Vorschrift des § 33 WStG zu entnehmen. 13 14 15 18

S. Schroeder NJW 1964, 1113 m. Nachw. Dörken-Scherer § 143; Rittau § 143 N. 10; Fuhse § 143 N. 1; RG 59, 28. a.a.O. 106. a.a.O. 44.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

134

§ 33 Abs. 1 WStG lautet: „Verleiten zu einem Verbrechen oder Vergehen. (1) Wer durch Mißbrauch seiner Befehlsbefugnis oder Dienststellung einen Untergebenen zu einer von diesem begangenen Handlung bestimmt hat, die als Verbrechen oder Vergehen mit Strafe bedroht ist, w i r d nach den Vorschriften bestraft, die für die Begehung der Tat gelten. Die Strafe kann bis auf das Doppelte der sonst zulässigen Höchststrafe, jedoch nicht über das gesetzliche Höchstmaß der angedrohten Straf art hinaus erhöht werden." Dieser Vorschrift entspricht i m zivilen Bereich § 357 StGB. Arndt sieht die Vorschrift des § 33 WStG als Strafzumessungsregel für die mittelbare Täterschaft mittels eines fahrlässigen oder dolosen Gehilfenwerkzeugs an, indem er für den Untergebenen regelmäßig einen Gehilfenvorsatz fingiert 17. Ganz ähnlich verfährt Welzel 18, der somit i n diesem Fall überraschend zu einer subjektiven Teilnahmelehre und einer mittelbaren Täterschaft mittels dolosen Gehilfenwerkzeugs gelangt (vgl. ο. A I I 13). Umgekehrt w i r d die Vorschrift auch als Strafschärfungsgrund nur für die Anstiftung angesehen 19 . Dreher sieht die Vorschrift wie früher § 115 MStGB als Strafschärfungsgrund für mittelbare Täterschaft und Anstiftung an; jedoch soll § 33 WStG bei mittelbarer Täterschaft mittels eines fahrlässig handelnden Werkzeugs nicht eingreifen 20 . Bei den Beratungen zur Strafrechtsreform hat Dreher allerdings aus der gegenüber der unmittelbaren Täterschaft wesentlich höheren Strafdrohung geschlossen, daß hier ein Fall des Täters hinter dem Täter vorliegt 2 1 . Maurach 22 und Roxin 23 wollen den Untergebenen regelmäßig als Täter, den Vorgesetzten „ j e nach Sachlage" als Anstifter oder als mittelbaren Täter haften lassen und gelangen somit für einen Teilbereich zum Täter hinter dem Täter. Dagegen w i l l Lange bei unverbindlichem Befehl regelmäßig mittelbare Täterschaft annehmen 24 . § 357 StGB w i r d sogar bei mittelbarer Täterschaft des Vorgesetzten überwiegend für unanwendbar gehalten und als Sondervorschrift für die Teilnahme angesehen 25 . 17 18

19 20 21 22 23 24

114, anders 115. 92; M D R 1949, 373.

Schreiber N. 7. Dreher-Lackner-Schwalm Ndschr. X I I 144. 321. 168 f. I Β 2 h vor § 47.

§ 33 N. 10, 15.

25 Binding Lehrbuch II, I I 736; Maurach BT 704; Welzel 459; SchönkeSchröder 1, 3; Werner LK 3; Lange IV; Baumann JuS 1963, 53; BGH 3, 349;

5, 165.

2. Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, Befehl

135

Diese unterschiedliche Auslegung zeigt bereits, daß sich die Vorschrift des § 33 WStG kaum als Argument für die gesetzliche Anerkennung des Täters hinter dem Täter verwenden läßt. Allerdings dürfte die Annahme einer mittelbaren Täterschaft mittels dolosen Gehilfenwerkzeugs unzulässig sein. Da sie auf eine fakultative Strafmilderung für den Untergebenen hinausläuft, widerspricht sie dem eindeutigen Wortlaut des § 5 WStG. Aber auch sonst läßt sich — wie man es auch dreht und wendet — keine einheitliche Grundlage für die Begründung der Vorschrift unter Beteiligungsgesichtspunkten finden. Gegen die A n nahme, daß sich die Vorschrift vornehmlich gegen den Täter hinter dem Täter wendet, spricht die Tatsache, daß sie auch bei einer Straflosigkeit des Untergebenen nach § 5 WStG eingreift und daß sich die erhöhte Strafdrohung gerade aus der Korrespondenz zu der verringerten Schuld des Untergebenen erklärt 2 6 . Gegen die Annahme, daß allgemein die mittelbare Täterschaft getroffen werden solle, spricht, daß nach dem eindeutigen Gesetzesworlaut der handgreiflichste Fall der Tatherrschaft des Vorgesetzten, die Fahrlässigkeit des Ausführenden, nicht unter § 33 WStG fällt 2 7 . Nicht stichhaltig ist allerdings die Begründung Drehers, daß dann der Vorgesetzte zum Täter von eigenhändigen und Sonderdelikten werden könnte 2 8 , da die allgemeinen Grundsätze der mittelbaren Täterschaft durch die Möglichkeit der Fahrlässigkeit beim Ausführenden nicht außer K r a f t gesetzt zu werden brauchten. Gegen die Anwendung nur i n den klassischen Fällen der mittelbaren Täterschaft spricht ferner, daß sie die Anwendbarkeit des § 33 WStG bei der Verleitung zur vorsätzlichen Begehung derartiger Delikte ausschließen und somit zu einer kaum gewollten Einengung der Vorschrift führen würde. Jede Auslegung der Vorschrift muß somit einen gewissen Systembruch i n Kauf nehmen, muß i n Kauf nehmen, daß ein Teil des A n wendungsbereiches von ihr ungedeckt bleibt. Dabei dürfte nun — abgesehen von der Annahme eines bloßen personalen Moments der besonderen Pflichtenstellung — die Auslegung am meisten befriedigen, wonach der Gesetzgeber hier eine besondere Täterstellung treffen wollte, die sowohl bei Verantwortlichkeit als auch bei Unverantwortlichkeit des Untergebenen vorliegt, so daß lediglich bei der Veranlassung zu eigenhändigen und Sonderdelikten ein Auffangcharakter der Vorschrift für die Anstiftung anzunehmen ist. Dieses Moment wäre i n der Befehls28

Rittau 1; Schreiber 1; Arndt

191; Dreher-Lackner-Schwalm

N. 1; im

Widerspruch dazu allerdings N. 10: die erhöhte Verantwortung beruhe darauf, daß der Vorgesetzte dem Untergebenen eine Tat aufnötige, für die er bestenfalls entschuldigt sei. 27

192. 28

Dreher-Lackner-Schwalm a.a.O. N. 10.

N. 10; Schreiber

5; Rittau I I I 2; a. A. Arndt

136

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

gewalt des militärischen Vorgesetzten zu erblicken. Hierfür würde gerade der Ausschluß der Benutzung eines fahrlässig handelnden Untergebenen sprechen, da dieses Tatherrschaftsmittel bei ihr nicht zum Zuge kommt, der Ausführende vielmehr nicht noch mehr unterlegen sein kann als jedes andere fahrlässige Werkzeug auch. Damit wäre für einen Teil des Anwendungsbereichs des § 33 WStG ein Fall des Täters hinter dem Täter gegeben. Die Erteilung eines militärischen Befehls ist wiederholt auch bei Verantwortlichkeit des Ausführenden als Fall der mittelbaren Täterschaft angesehen worden. Maurach und Lange sowie die Vertreter einer Annahme von Mittäterschaft wurden bereits genannt. Bockelmann hat seine frühere Ablehnung des Täters hinter dem Täter u. a. angesichts dieses Falles aufgegeben 29 . Auch die „Vorschläge und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " führen die gehorsame und bedenkenlos w i l l fährige Ausführung eines Befehls als Fall des Täters hinter dem Täter an 3 0 . Wie schon bei den i m vorigen Kapitel behandelten Fällen zeigt sich ferner auch hier, daß die Befehlsgebundenheit des Untergebenen die Praxis immer wieder verleitet hat, den Ausführenden nur als Gehilfen anzusehen. Während B G H NJW 1951, 323 bereits i n der gänzlichen Verwirklichung des äußeren Tatbestands einen Umstand sieht, der „ i n der Regel für die Mittäterschaft spricht", nimmt die Entscheidung doch i n diesem Falle bloße Beihilfe an. Allerdings weist sie dabei zugleich auf die Geistesschwäche des Ausführenden hin, so daß ein Fall der unter B l a behandelten Gruppe, nämlich ein Handeln i m Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit, vorliegen dürfte. A l l e i n unter Berufung auf das militärische Untergebenenverhältnis nimmt OGH 1, 102 Beihilfe an. Ja, selbst die bahnbrechende Entscheidung B G H 8, 393, 397 hält bei militärischem Befehl wegen der „straffen militärischen Befehlsgewalt, der Erziehung des Soldaten, Befehle widerspruchslos zu befolgen und der meist fehlenden Belehrung über die Grenzen dieser Pflicht" Beihilfe für möglich. Schließlich zieht auch das Staschynskij-Urteil B G H 18, 93 neben mehreren der i m vorigen Kapitel behandelten Grenzbereiche von Entschuldigungsgründen die Tatsache eines amtlichen Befehls zur Degradierung des Ausführenden zum Gehilfen heran. M i t den genannten Formulierungen läßt sich allerdings heute eine Täterschaft des befehlenden Vorgesetzten nicht mehr begründen. Die Belehrung über die Grenzen der militärischen Gehorsamspflicht erfolgt heute nach den Erfahrungen des letzten Krieges m i t besonderer Eindringlichkeit; von einer Erziehung des Soldaten, Befehle grundsätzlich widerspruchslos zu befolgen, kann keine Rede mehr sein. Man würde *> Ndschr. X I I 143. 30

Ndschr. X I I 143, Anh. Nr. 33 Seite 441 if.

2. Mißbrauch des Vorgesetztenverhältnisses, Befehl

m i t diesen Erwägungen leichtfertig die Grundsätze über Bord werfen, die man eben zur Begründung der Regelung des § 5 WStG verwertet hat. Die zahlreichen Prozesse der jüngsten Zeit dürften i m Gegenteil eher zu einer Gehorsamskrise führen. Äußerst bedenklich ist es ferner, die Täterschaft des Hintermanns auf allgemeine Erörterungen über das „Autoritätsverhältnis" zwischen Vorgesetztem und Untergebenem zu stützen. Derartige Erwägungen, die auch für den zivilen Sektor häufig angeführt werden, waren bereits i m vorigen Kapitel abgelehnt worden. Bei einer bloßen Autorität eines Vorgesetzten ist der Erfolg von Veranlassungshandlungen keineswegs die Regel, so daß sich bei einem Erfolg auch nicht sagen läßt, die Tat sei „seine Tat". Es muß also für das militärische Vorgesetztenverhältnis nach präziseren Grundlagen der Tatherrschaft gesucht werden, wobei — wie i m vorigen Kapitel — soweit wie möglich Anlehnung an bestehende gesetzliche Bestimmungen gesucht werden soll. Für den Fall, daß die Haftung des Untergebenen nach § 5 WStG eintritt, weil der Charakter der Handlung als Verbrechen oder Vergehen nur „nach den i h m bekannten Umständen offensichtlich" ist, ergibt sich die Täterstellung des Vorgesetzten bereits daraus, daß hier materiell gesehen ein Fall des vermeidbaren Verbotsirrtums vorliegt (s. ο. Β 1 e), wenn auch i n § 5 WStG die „eingeschränkte Vorsatztheorie" Eingang gefunden hat 3 1 . Allerdings dürften das eigentliche Handlungsmotiv und damit die Tatherrschaft des Hintermanns primär weniger darauf beruhen, daß der Untergebene glaubt, rechtmäßig zu handeln, als vielmehr auf dem massiven Druck der §§ 19 ff. WStG 3 2 . Die Bestrafung wegen Ungehorsams entfällt zwar nach § 22 Abs. 1 WStG, wenn die Begehung eines Verbrechens oder Vergehens befohlen wurde, aber bei bloßer Offensichtlichkeit weiß der Untergebene dies nicht. Es liegt daher i n allen Fällen der Unkenntnis des Verbrechens- oder Vergehenscharakters eine A r t Putativnotstand vor 3 3 . Mag auch der gleichzeitig vorliegende I r r t u m über die Rechtmäßigkeit für die Entlastung des Ausführenden gewichtiger sein als der über die Notlage — für die Stellung des Hintermanns ist letzterer gewichtiger. Wenn Maurach ausführt, der für die §§ 52, 31 Maurach 368, 382; Arndt 103; GA 1957, 50 f.; Dreher JZ 1957, 396; DreherLackner -Schw aim § 5 Ν. 10 ; Stratenwerth, Verantwortung und Gehorsam

183 f., 205; Μ. E. Mayer, Militärstrafrecht I 116ff.; Laband-Festschrift 1908,

145 ff., 156 ff., 160; Schwinge §47 IV; Roxin 168 f. 32 Vgl. Arndt 103; GA 1957, 50; a. A. Roxin 269. 33 Eb. Schmidt a.a.O. 56; v. Weber, Grundriß 125; Mezger 228; LK X i bb vor

§ 51 nehmen bei entschuldbarer Unkenntnis einen echten Fall der Unzumutbarkeit an; dagegen spricht aber, daß nach § 11 Abs. 1 Satz 3 SoldG und § 22 Abs. 1 WStG der ein Verbrechen oder Vergehen anordnende Befehl ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Ausführenden unverbindlich ist und eine Bestrafung wegen Ungehorsams auch dann entfällt, wenn der Untergebene irrig die Verbindlichkeit annimmt.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

138

54 StGB kennzeichnende seelische Druck fehle bei nicht erkannter Rechtswidrigkeit des Befehls 34 , so steht dem entgegen, daß für den Notstand Zurechnungsfähigkeit und Unrechtsbewußtsein nicht Voraussetzung sind 3 5 . Dieses Merkmal einer putativnotstandsähnlichen Lage hat den Vorteil, daß es auch auf andere Fälle ausgedehnt werden kann, i n denen der Untergebene die Unverbindlichkeit des Befehls erkennt. Denn die für den Untergebenen scheinbar klare Lage nach § 5 WStG ändert sich radikal, wenn man nicht von dem Charakter der befohlenen Handlung ausgeht, sondern — wie es der konkreten Situation beim Untergebenen viel mehr entspricht — von seiner Vorstellung über den Charakter der Handlung. Hier erhebt sich für ihn die große Gefahr, sich über den verbrecherischen Charakter der befohlenen Handlung zu irren 3 6 . Ein solcher I r r t u m entlastet ihn nach § 22 Abs. 2 WStG nur dann, wenn er i h m nicht vorwerfbar ist. Und bei einer Vorwerfbarkeit des Irrtums ist entgegen der allgemeinen Irrtumsrechtsprechung auch keine Strafmilderung nach den Grundsätzen über die Versuchsstrafe möglich, eine Regelung, deren Härte mehrfach herausgestellt 37 und deren Verfassungsmäßigkeit wiederholt angezweifelt worden ist 3 8 . Diese Regelung ist m i t den Erfordernissen des militärischen Gehorsams begründet worden; das Risiko des Irrtums müsse grundsätzlich zu Lasten des Untergebenen gehen 39 . I n dieser massiven Drohung und nicht i n allgemeinen Erwägungen über das militärische Autoritätsverhältnis u. ä. liegt der eigentliche Grund der Tatherrschaft des Vorgesetzten. Diese Drohung verstärkt sich noch dadurch, daß der Soldat selbst bei zutreffender Überzeugung von dem Verbrechenscharakter der befohlenen Handlung für den Fall, daß der Vorgesetzte diesen Charakter nicht erkennt, mit vorläufigen Maßnahmen, wie z.B. nach § 127 StPO, rechnen muß. Andererseits ist das Fehlen entsprechender Strafdrohungen der Grund dafür, daß trotz fast gleichlautender Entlastungsvorschriften für den Untergebenen i m zivilen Beamtenrecht 40 keine Tatherrschaft des Vorgesetzten vorliegt. 84

85 86

87

382.

Maurach 307; Schuld u. V. 116. Vgl. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts. Bd. I I . Kriegsrecht 1962, Seite 247.

Dreher JZ 1957, 396; Schlosser JZ 1958, 527. Dagegen beklagt Oehler JuS

1963, 306, daß die Regelung die Tür zum Ungehorsam öffne, da das Risiko des nicht vorwerfbaren Irrtums den Staat und nicht den Soldaten treffe. 38 Schlosser a.a.O.; Stree, Deliktsfolgen, Seite 4 N. 17, 53 N. 163; Maunz-

Dürig Art. 1 Anm. 32 N. 4. 39 Dreher a.a.O.; Dreher-Lackner-Schwalm 40

§22 N. 7; Arndt GA 1957, 49.

§§ 56 Beamtenrechtsrahmengesetz und Bundesbeamtengesetz vom 1. 10. 1961, § 7 des Gesetzes über den unmittelbaren Zwang bei Ausübung öffentlicher Gewalt durch Vollzugsbeamte des Bundes vom 10. 3. 1961.

3. „Vornehmen usw. lassen" i m Besonderen Teil

139

Einen bestimmten Sektor dieser Zwangslage des Untergebenen anerkennt das WStG selbst i n § 5 Abs. 2. Damit ergibt sich bereits, ebenso wie i m Falle des § 51 Abs. 2 StGB (s. ο. Β 1 a), für eine formal-negative Begründung der mittelbaren Täterschaft ein Anlaß, hier die Möglichkeit der mittelbaren Täterschaft zu prüfen. Durch die gesetzliche Anerkennung eines Teilbereichs der Unterlegenheit des Untergebenen nähert sich das Handeln auf Befehl dem Typus der i m vorigen Kapitel behandelten Fälle an, dem Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsbzw. Schuldminderungsgründe. § 5 Abs. 2 WStG anerkennt allerdings eine verringerte Schuld des Untergebenen nur bei einer „besonderen Lage", i n der er sich bei der Ausführung des Befehls befand. Dafür genügt nicht der generelle Befehlsdruck 41 . Wenn Dreher als Beispiel die Androhung erheblicher Nachteile durch den Vorgesetzten anführt, ohne daß die Voraussetzungen des Notstands schon gegeben wären 4 2 , so ist das noch einmal eine Bestätigung für die Plastizität und weitgehende Anerkennung des i m vorigen Kapitel umrissenen Falltypus. Die für die Tatherrschaft des Hintermanns charakteristische Zwangslage des Untergebenen liegt aber auch außerhalb der Fälle des § 5 Abs. 2 WStG vor. Diese Zwangslage und mit ihr die Herrschaft des Hintermanns entfallen nur dann, wenn der Untergebene ganz sicher sein kann, daß seine Überzeugung von dem Verbrechenscharakter der befohlenen Handlung von anderen, insbesondere von dem Vorgesetzten selbst, geteilt wird. Hier entfällt der spezifische Druck des Befehls; dieser w i r d vielmehr zu einer bloßen Form der Anstiftung. Hier würde u. U. auch die Konstruktion Bockelmanns: verabredete Rollenverteilung i n Form der Befehlserteilung und -entgegennähme, passen. Insofern ist der i n den „Vorschlägen und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " geschilderte Typ des „gehorsamen und bedenkenlos willfährigen" Befehlsempfängers einzuschränken. Ein Umschlag t r i t t aber wiederum dann ein, wenn der Vorgesetzte von vornherein weiß, daß der Untergebene i h m blind ergeben ist und alle seine Befehle ohne Rücksicht auf ihren Inhalt willfährig ausführt. Dann liegt ein Fall des unter Β 4 zu schildernden Typs vor.

3. Die Formel „vornehmen usw. lassen" in Tatbeständen des Besonderen Teils

I n einer Reihe von Tatbeständen des Besonderen Teils setzt das Gesetz die eigenhändige Vornahme einer Tätigkeit mit deren Vornehmen„Lassen" gleich, nämlich i n den §§ 145 c („ausüben lassen"), 340 („begehen lassen"), 341 („vornehmen lassen"), 343 („anwenden lassen"), 367 41 42

Dreher JZ 1957, 396. D.-Lackner-Schwalm § 5 N. 11.

140

Β. Die Fälle des Täters hinter dem Täter

Nr. 15 („ausführen lassen"), 142 a. F., 109 StGB, 17 WStG („sich oder einen anderen untauglich machen lassen"). Auch hier kehrt sich, wie i m vorigen Kapitel, das Verfahren zunächst um, indem gesetzlich vorgeschriebene Rechtsfolgen auf eine Anerkennung des Täters hinter dem Täter hin geprüft werden; dazu t r i t t jedoch auch hier wieder die materielle Prüfung. Schon Borchert hatte die genannten Bestimmungen für seine These herangezogen, daß die mittelbare Täterschaft auch bei einer Strafbarkeit des Werkzeugs möglich sei, sofern sie nicht auf demselben Tatbestand beruhe 1 . Auch Binding wertete die Vorschriften als Argument für seinen weiten Täterbegriff 2 , Klee sah darin eine Anerkennung des dolosen Werkzeugs 3 , Wolf nahm Sondervorschriften zur Bekämpfung der hier besonders häufig aufgetretenen mittelbaren Täterschaft an 4 . I n § 109 StGB sieht Lange eine gesetzliche Anerkennung des Täters hinter dem Täter 5 , während er dasselbe Merkmal i n den §§ 340 ff. überraschend als Verselbständigung von Teilnahmehandlungen ansieht 6 . Mittelbare Täterschaft bei gleichzeitiger unmittelbarer Täterschaft i n § 109 StGB nehmen auch Jagusch 7 und Maurach 8 an. Bei Mäurach liegt hier allerdings eine gewisse Unstimmigkeit vor, da er das „Sich-untauglich-machen-Lassen" als „Passivtatbestand" ansieht und daneben noch konsumierte Anstiftung zur Täterschaft des Ausführenden annimmt, so daß er das „Sich-untauglich-machen-Lassen" kaum noch als Fall der mittelbaren Täterschaft ansehen kann. Noch weitergehend w i l l Lange auch i n dem „Zulassen" der Abtötung der Leibesfrucht nach § 218 Abs. 1 StGB einen Fall der mittelbaren Täterschaft erblicken 9 . Zweifellos ist die Gleichstellung der Veranlassung m i t der Täterschaft hier auffallend, zumal auch materiell mit der Autorität des Vorgesetzten i m A m t (§§ 340 ff.), der Abhängigkeit des Gewerbeausübenden nach §§ 42 e Abs. 2. 145 c StGB und dem dominierenden Interesse des Wehrpflichtigen (§§ 142 a. F., 109 StGB, 17 WStG) bzw. der Schwangeren (§ 218 Abs. 1) Indizien einer Tatherrschaft gegeben sind. Eine generelle Annahme von mittelbarer Täterschaft würde jedoch einem 1

102 N. 9. GS 71, 9. 5 GA 67, 104 f. 4 16 f. 5 § 109 V I 4. 6 § 340 I I . 7 L K 7. 8 B T 568. • § 218 I I I 2; Notw. Teilnahme 71 ff. 2

3. „Vornehmen usw. lassen" i m Besonderen Teil

141

materiellen und nicht nur intern-subjektiven (s. o. A I I 10) Täterbegriff widersprechen. Denn die ebengenannten Täterschaftskriterien sind erstens zu allgemein und verschwommen und brauchen zweitens keineswegs notwendig vorzuliegen. Die bloße Autorität des Vorgesetzten wurde als Tatherrschaftskriterium bereits ο. Β 1 f abgelehnt. Das bloße Tatinteresse als Täterschaftskriterium würde zu einer unabsehbaren Erweiterung der Täterschaft führen (s. ο. A I I 8). I m übrigen fehlt das materielle Tatherrschaftskriterium, wenn der von dem Beamten Veranlaßte ohne den Einfluß der innerdienstlichen oder nach außen gerichteten Autorität des Beamten handelt 1 0 . Ebensowenig verlangen die Merkmale des Sich-untauglich-machen-Lassens i n § 109 StGB und des „Zulassens" i n § 218 Abs. 1 StGB ein eigenes Interesse des Täters: die bloße Einwilligung genügt 1 1 , so, wenn der Wehrpflichtige, der sich auf seinen Wehrdienst freut, aus Mitleid zuläßt, daß seine schwangere Braut i h m eine gesundheitsschädigende Droge einflößt, oder eine Schwangere mangels eigener Willensstärke dem Abtreibungsverlangen des alimentenscheuen Schwängerers erliegt 1 2 . Die §§ 340 ff. StGB werden daher überwiegend als Sonderfälle einer Gleichstellung der Teilnahme mit der Täterschaft verstanden 13 und führen dann ebensowenig zu einer begrifflichen Erweiterung der Täterschaft wie die Schaffung von Unternehmenstatbeständen zu einer solchen der Vollendung. Allerdings soll das Merkmal des Tun-„Lassens" nach gelegentlich vertretener Ansicht auch die Benutzung eines unvorsätzlich Handelnden und damit einen eindeutigen Fall der mittelbaren Täterschaft umfassen 14 . Aber auch hier kann das Merkmal nicht als eine gesetzliche Anerkennung des Täters hinter dem Täter, sondern nur — ebenso wie bei § 33 WStG (s. ο. Β 2) — als durch eine besondere Pflichtgebundenheit des Täters bedingte, komplexe Strafschärfung für mittelbare Täterschaft und Anstiftung aufgefaßt werden. I m übrigen w i r d die Formulierung „begehen usw. lassen" vielfach nur für die Gleichstellung des Unterlassens m i t der Begehung durch aktives Tun herangezogen. Dabei bestehen gegen eine Bejahung auf Grund grammatischer Interpretation 1 5 allerdings Bedenken, da das Wort „Lassen" i n Verbindung mit transitiven und intransitiven Verben jeweils eine völlig verschiedene Bedeutung hat: i m ersteren Fall bedeu10 11 12

13

S. schon Perten 138 N. 248. Schönke-Schröder § 109 15, § 218 6; Lange § 109 IV, V I 4, § 218 I I I 2. Vgl. B G H 14, 353.

Schwarz-Dreher §340 2; Lange §340 I I ; Maurach BT 717; Welzel 468; Frank § 340 I I I ; Blei GA 1961, 232 N. 18; RG 59, 86. 14 Liszt-Schmidt 25. Aufl. 822; RG 66, 61. 15 Allfeld 8. Aufl. 608 N. 32; Liszt-Schmidt a.a.O.; Schönke-Schröder § 340 4; Maurach 730; Roxin 460; a. A. RG 59, 86.

142

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

tet es nur das Veranlassen. Die Gleichstellung des Unterlassens folgt hier jedoch aus allgemeinen Grundsätzen 16 . Nur bei intransitiven Verben, ζ. B. §§ 121, 347 StGB, bedeutet das Wort „Lassen" dagegen das „Geschehen-Lassen" 17 , aber auch nur dieses. Dagegen kann das „Sich-untauglich-machen-Lassen" sprachlich sowohl das Veranlassen als auch das Zulassen beinhalten. Da jedoch ersteres i m letzteren notwendig enthalten ist, kann es bei der Interpretation wegfallen. Überwiegend w i r d dieses Tatbestandsmerkmal daher, ebenso wie das „Zulassen" i n § 218 Abs. 1 StGB, nur als Kennzeichnung der Einwilligung, d. h. der Unterlassung, angesehen, wobei das Verhältnis zu dem aktiv Handelnden nach allgemeinen Grundsätzen zu ermitteln ist. Schröder und Cramer nehmen daher Mittäterschaft zwischen dem Wehrpflichtigen und dem Ausführenden an 1 8 , Dreher beiderseitige Täterschaft ohne nähere Kennzeichnung des Verhältnisses 19 . Wenn Lange sich der Auffassung des Sich-untauglich-machen-Lassens als Kennzeichnung der Einwiligung anschließt und trotzdem mittelbare Täterschaft des Einwilligenden annimmt 2 0 , so entspricht dies zwar der Möglichkeit mittelbarer Täterschaft durch Unterlassen (s. ο. A I I I 9); jedoch wiederholt sich auch hier der bereits eingangs erwähnte Verzicht auf materielle Tatherrschaftskriterien, der zu einer Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft auf jede Teilnahme m i t Eigeninteresse führen muß. Schröder w i l l bei der Veranlassung des Untauglichmachens eines anderen durch einen Dritten die Täterschaft auf die Fälle echter mittelbarer Täterschaft oder Mittäterschaft beschränken, sieht aber i n dem Merkmal des „Untauglich-machen-Lassens" ein gewisses Hindernis 2 1 . Dem hat sich E 1962 angeschlossen; um der Beseitigung dieser Unklarheit w i l l e n n i m m t er eine Aufspaltung des Tatbestandes i n zwei A b sätze i n Kauf 2 2 . Liegt hierin einerseits eine gewisse Anerkennung der Bedeutung der Formel „untauglich machen lassen" als Ausdruck für den Täter hinter dem Täter, so w i r d diese Formel doch andererseits für die Zukunft gerade aus diesem Grunde beseitigt. Einige der hier behandelten Tatbestände hat neuerdings Roxin als gesetzliche Bestätigung für die von i h m vertretene Einheitstäterschaft der Pflichtträger bei den sog. Pflichtdelikten herangezogen 23 . Auffallend 16 17 18 le 20

21 22

Frank § 340 I I I ; Welzel 468. Zutr. Schönke-Schröder 76 vor § 47. Schönke-Schröder § 109 15; Cramer GA 1961, 103 N. 39. Schwarz-Dreher § 109 2 D; Dreher-Lackner -Schw aim § 17 Ν. 16. § 109 I V , V I 4.

Schönke-Schröder

§ 109 15.

§410, Begr. Seite 596; Ndschr. X I I I 703. 23 362 f. ; also neben der Auswertung für die Gleichstellung von Tun und Unterlassen (Fußn. 15).

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

143

ist i n der Tat, daß auch die hier darüberhinaus angeführten Tatbestände der §§ 142 a. F., 145 c, 367 Nr. 5, 109 StGB, 17 WStG sich wohl als „Pflichtdelikte" i. S. Roxins erweisen würden. Wegen des begrenzten Anwendungsbereiches des Einheitstäterbegriffs bei Roxin können diese Tatbestände aber auch von hier aus keinen Schluß auf die Existenz des Täters hinter dem Täter schlechthin rechtfertigen.

4. Die Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

a) H e r k u n f t

und E n t w i c k l u n g

des

Dohna-Falles

I n seinen „Übungen i m Strafrecht und Straf Prozeßrecht" brachte Dohna folgenden Fall: „Fuchs erfährt, daß Mitglieder einer geheimen Organisation, die er verraten hat, i h m an einem bestimmten Abend an einer einsamen Stelle seines gewohnten Spazierganges auflauern wollen, um i h n zu erschießen. Auf das Zustandekommen des Entschlusses der Organisation hatte vor allem ein gewisser Luchs hingewirkt, während Schütz sich zur Ausführung der Tat erboten hatte. Luchs hatte schon seit längerer Zeit ein Fräulein L i n d mit Liebesanträgen vergeblich bestürmt, wovon Fuchs Kenntnis erhalten hatte. Nun schickte Fuchs dem Luchs ein Telegramm, i n dem Luchs zu einem Stelldichein an der oben erwähnten Stelle zu der Zeit des von Schütz geplanten Anschlags aufgefordert wurde und unterschrieb das Telegramm mit dem Namen der Lind. Luchs erschien auf das Telegramm h i n zu der von Fuchs angegebenen Stunde an der bezeichneten Stelle und wurde von der Kugel des Schütz getroffen. Wie sind die Handlungen des Fuchs, des Luchs und des Schütz strafrechtlich zu beurteilen?" 1 Eine Lösung gab Dohna nicht. Dieser Fall, für den sich inzwischen die Bezeichnung „Dohna-Fall" eingebürgert hat, war i n ähnlicher Form bereits i n den v. Lisztschen Strafrechtsfällen enthalten, allerdings mit der Variante, daß der unmittelbar Handelnde nicht tätig wurde, unter dem Kapitel „Vorsatz und Fahrlässigkeit" 2 . Er wurde wenig später von Simons aufgegriffen und als F a l l der mittelbaren Täterschaft unter gleichzeitiger Verantwortlichkeit des Ausführenden als Täter angesehen. Simons, der mit ganz modernen Formulierungen die mittelbare Täterschaft davon abhängig macht, daß der Hintermann für die Tat des Vordermanns „allein bestimmend" wird, „allein die Herrschaft über die Tat erhält", holte dabei noch weiter aus. Mittelbare Täterschaft liege dann vor, wenn schon vor der 1 f

3. Aufl. 1929, Fall Nr. 36. 5. Aufl. Nr. 35/3; 14. Aufl. Nr. 37.

144

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

Ursachsetzung des mittelbaren Täters zu erkennen sei, welchen Deliktserfolg er mittels „Einwirkung" auf den unmittelbar Ausführenden auslösen werde, wenn also die Erfolgsherbeiführung m i t voraussehbarer Sicherheit nur noch von dem Anstoß, also der Kausierung des Mittelbaren, abhänge. Dies gelte auch dann, wenn sich jemand zur Ausführung einer Straftat bereit erkläre, falls i h m ein anderer dafür eine Geldsumme verspreche. Der Hintermann bediene sich hier eines fertigen Entschlusses eines anderen, wenn letzterer sich der weiteren Bestimmung seines Willens bewußt oder doch tatsächlich zu Gunsten des M i t telbaren begeben habe und die Deliktsverwirklichung nunmehr tatsächlich von diesem abhänge 3 . Auch Krauß nahm i m Dohna-Fall und i m Fall der Veranlassung eines bereits zur Tat Entschlossenen mittelbare Täterschaft an, allerdings m i t der formal-negativen Begründung, daß weder Mittäterschaft noch Anstiftung vorliege 4 . Neuerdings hat Sax den Dohna-Fall wieder aufgegriffen und die Bestrafung des Hintermanns als mittelbarer Täter verlangt, da er die Tatentschlossenheit des Ausführenden für seine Zwecke, zur mittelbaren Ausführung seiner Straftat ausnutze und es als alleiniger Tatherr bestimme, ob und wann und gegenüber wem der Ausführende tätig werde 5 . M i t dem Abstellen auf die „alleinige Tatherrschaft" des Hintermanns läßt Sax freilich offen, m i t welcher Berechtigung auch der Ausführende als Täter haften soll; doch soll diese Frage an anderer Stelle erörtert werden (s. u. C 4). Aufgrund dieser Ausführungen von Sax haben dann auch die „Vorschläge und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " den Dohna-Fall als Argument für eine Täterschaft hinter dem Täter herangezogen und sein Wesen darin gesehen, daß jemand einen Tatentschlossenen für seine Tat einschalte und i h n hierbei lenke®. Inzwischen haben ferner Roxin 7 und Blei 8 m i t verblüffend übereinstimmender Begründung eine mittelbare Täterschaft bejaht: beide stellen ab auf das Element des error i n persona und gewinnen die Täterschaft des Hintermanns aus dessen Herrschaft über den „konkreten Handlungssinn" bzw. die „konkrete Tatbestandsverwirklichung". Die Täuschung über den konkreten Handlungssinn bei Roxin umfaßt dabei auch die Täuschung über „taterhebliche Handlungsvoraussetzungen" (s. u. Β 6), über Qualifikationsvoraussetzungen (s. u. Β 7) und die Benutzung eines dolus generalis (s. u. Β 10b). 8

GS 101, 247. 56 f. 5 ZStW 69, 434. • Ndschr. X I I 492, 139. 7 212 ff. 4

8

Mezger-Blei 226.

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

b) D i e E l e m e n t e

des

145

Dohna-Falles

Die Beherrschung des Tatgeschehens durch den Hintermann i m Dohna-Fall ist offenkundig. I m folgenden soll geprüft werden, w o r i n das Wesen dieser beherrschenden Stellung liegt, d. h., wie die spezielle Fallgestaltung i m Dohna-Fall generalisiert werden kann, ohne ihre charakteristischen Züge zu verlieren, und ob die bisher erfolgten Charakterisierungen annehmbar sind. aa) Unbrauchbare

Kriterien

Unbrauchbar ist zunächst sowohl i n den Ausführungen von Sax als auch i n den Vorschlägen der Sachbearbeiter des B J M das Abstellen auf die „eigene Tat des Hintermanns". Denn ob hier eine eigene Tat des Hintermanns vorliegt oder nicht vielmehr eine Teilnahme an fremder Tat, ist ja gerade streitig; es handelt sich insoweit um eine petitio principii. Unrichtig ist ferner bei Sax die Feststellung, der Hintermann habe i m Dohna-Fall die Entscheidung über das „wann" der Tat. Die Möglichkeit der „Benutzung" des Ausführenden ergibt sich ja gerade daraus, daß der Hintermann weiß, daß der Ausführende zu einer bestimmten Zeit auf das Opfer lauert. Diese Feststellung mag pedantisch erscheinen; nur eine solche Methode vermag jedoch gegen die Gefahr zu sichern, die denkbare Erweiterung der mittelbaren Täterschaft i n allzu unbestimmte Formeln zu kleiden und damit den Anhängern einer formal-negativen Bestimmung der mittelbaren Täterschaft Argumente zu liefern. A n der Formel der Vorschläge der Sachbearbeiter des B J M ist der zweite Teil zweifelhaft, wonach der Hintermann den Ausführenden „hierbei lenkt". Eine solche Lenkung erfolgt jedenfalls während der Ausführungshandlung nicht. Übrig bleibt somit sowohl bei Sax als auch bei den Vorschlägen der Sachbearbeiter des B J M i m wesentlichen nur das K r i t e r i u m der Benutzung bzw. Einschaltung eines Tatentschlossenen für eigene Zwecke. Eine eigene Prüfung des Dohna-Falles auf seine typischen Elemente ergibt, daß dieser eine Kombination von drei verschiedenen Elementen darstellt, die jedes für sich zu prüfen sind. bb) Die Benutzung

eines error in persona

Zunächst einmal ist festzustellen, daß die Herrschaft das Hintermanns über den Erfolgseintritt hier i n einem error i n persona beim Ausführenden liegt, den er erzeugt hat. Über die konkrete Fallgestaltung i m Dohna-Fall hinaus w i r d man eine ähnliche Herrschaft auch für die Fälle der Veranlassung eines error i n persona sive obiecto bejahen können, i n denen der I r r t u m nicht wie hier indirekt, sondern durch direkte Einwirkung auf den Ausführenden erzeugt wird. So etwa, wenn der i n 10 Schroeder

146

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

der Dunkelheit vor einer Gastwirtschaft lauernde Bursche A seinen i n der Gastwirtschaft sitzenden Freund Β gebeten hat, i h m beim Hinaustreten seines Feindes C einen Wink zu geben, der Freund aber den verabredeten Wink bei dem Verlassen seines eigenen Feindes D gibt, der nun von A zusammengeschlagen wird. Der Ausweg der Mittäterschaft ist hier nicht immer gegeben. Zwar ist der error i n persona sive obiecto eines Mittäters für den anderen ohne Bedeutung 9 . Jedoch würde i m Falle eines richtigen Winkes an den Draußenstehenden meist nur Beihilfe gegeben sein. Da die Mittäterschaft einen gemeinschaftlichen Tatentschluß voraussetzt, kann die einseitige Usurpierung der Tatherrschaft durch den Zeichengeber nicht zur Mittäterschaft führen. Wichtig bleibt die Konstruktion des Täters hinter dem Täter außerdem für alle Fälle i n denen der I r r t u m über die Person oder das Objekt nicht durch unmittelbare psychische Einwirkung auf den Ausführenden herbeigeführt wird, so wenn jemand i n Kenntnis eines geplanten Einbruchs i n das Wochenendhaus einer bestimmten Person die Namens- oder Hausnummernschilder vertauscht oder wie eben i m Dohna-Fall. Aber auch bei einer direkten psychischen Einwirkung braucht kein gemeinschaftlicher Tatentschluß vorzuliegen, so wenn jemand sich nach dem Standort der Kleingartenlaube seines Feindes X erkundigt, um diese zu demolieren, und nun von dem Kleingärtner Y, der diese Absicht erkennt, auf die Laube von dessen Feind Ζ gelenkt wird. A u f der anderen Seite führt nicht jede Hervorrufung eines error i n persona sive obiecto zu der dargelegten Herrschaft des Hervorrufenden über das Tatgeschehen. So würde der typische Bereich der Anstiftung nicht verlassen sein, wenn i n Abwandlung des Dohna-Falles A den Β überredet hätte, den gemeinsamen Feind C an der einsamen Stelle i m Walde zu erschießen, obwohl er weiß, daß hier jeden Abend seine Frau spazieren geht, von der er sich auf diese Weise befreien w i l l . A überredet hier B, den Menschen, der zu einer bestimmten Zeit an einer bestimmten Stelle vorbeigehen wird, zu erschießen. Er t r i t t m i t der für den Anstifter typischen Unsicherheit des Erfolgseintritts auf. Der Unterschied hinsichtlich des i n Aussicht genommenen Opfers beim Ausführenden und Veranlassenden beruht allenfalls auf einem Unterschied i m Tatmotiv, der jedoch — wie noch näher zu zeigen ist (s. u. Β 5, 6) — nicht zu einer Täterschaft des Veranlassenden führen kann. cc) Die Benutzung eines bereits zur Tat Entschlossenen Damit zeigt sich, daß nicht die Hervorrufung eines error i n persona sive obiecto, sondern ein anderes Moment zur Überlegenheit des H i n termanns über das Tatgeschehen führt: es ist dies die Benutzung der 9

Schönke-Schröder

§ 47 15; BGH 11, 271.

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

147

i h m bekannten Tötungsabsicht des Ausführenden für den eigenen Zweck, die Lenkung eines geplanten Verbrechens i n die eigene Richtung. Die Hervorrufung eines error i n persona ist lediglich ein besonders deutlicher F a l l der Ausnutzung eines fremden Tatentschlusses. Diese Erkenntnis bestätigt sich bei dem umgekehrten Experiment, i n dem man nämlich aus dem Dohna-Fall das Moment der Hervorrufung eines error i n persona herausbricht. A n der Herrschaft des Hintermanns über das Tatgeschehen und an seiner Strafwürdigkeit ändert sich nichts, wenn der Hintermann dem auf der Lauer Liegenden das von diesem i n Aussicht genommene Opfer zutreibt, das sich ohne die Tätigkeit des Hintermanns nicht an die betreffende Stelle begeben hätte, und ohne daß der Ausführende von dieser Unterstützung weiß. So kann man den Dohna-Fall dahin abwandeln, daß das Opfer an dem betreffenden Abend ausnahmsweise auf seinen gewohnten Spaziergang an der für den Mord i n Aussicht genommenen Stelle verzichten w i l l und nunmehr von einem Dritten, der zufällig Kenntnis von dem geplanten Anschlag erhalten hat, veranlaßt wird, den gewohnten Gang doch zu tun. Oder aber ein Diktator, der auf einer Reise durch die Provinz i n berechtigter Angst vor Attentaten fortwährend seine Reiseroute ändert, w i r d von einem örtlichen Beamten, der auf Umwegen von einem geplanten Attentat Kenntnis erhalten hat, bewogen, die vorgesehene Route doch zu befolgen. Auch für diesen Fall ist man schon verschiedentlich zur Täterschaft des Hintermanns gelangt, da es für die Mittäterschaft an dem erforderlichen beiderseitigen Willenskonnex fehlt 1 0 . Es handelt sich ferner um jenes „In-Rechnung-Steilen einer verbrecherischen K r a f t wie einen Naturkausalismus", bei welchem schon v. Buri ausnahmsweise den Täter hinter dem Täter bejaht hat 1 1 . Die Annahme von Beihilfe durch Michelson beruht auf ihrer durch den extensiven Täterbegriff bedingten formal-negativen, sekundären Auffassung der mittelbaren Täterschaft: diese scheide aus, sofern die §§ 48, 49 StGB eingreifen 12 . Sprechen schon die oben dargelegten Erwägungen gegen die Begründung der mittelbaren Täterschaft mit Hilfe der „Täuschung über den konkreten Handlungssinn" durch Roxin 1*, so sind darüber hinaus grundsätzliche Einwände geltend zu machen. Wenn auch die Absicht Roxins, den Begriff der Tatherrschaft weitgehend zu individualisieren und zu konkretisieren 1 4 , hier nachdrücklich unterstützt w i r d (und eben deshalb 10 11

Maurach 508; Krauß 56.

GA 17, 240; ZStW 2, 269; Causalität 1873 127; Causalität 1885 41; Beiträge 330; s. o. A I I 8 e, A I V . 12 32 f., 36 f. 13 S. o. Fußn. 7. 14 214. 10*

148

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

seine formal-negative Abgrenzung bei der „Willensherrschaft durch Nötigung" abgelehnt wurde, s. ο. A I I I 6, Β1), so w i r d dabei doch von Gesichtspunkten ausgegangen, die die Rechtsordnung — wie bei den Entschuldigungsgründen — grundsätzlich anerkennt. Dies ist jedoch bei dem „konkreten Handlungssinn" nicht der Fall. Nach völlig h. L. ignoriert das Recht den error i n persona sive obiecto; ein derartiger I r r t u m stellt allenfalls einen unbeachtlichen M o t i v i r r t u m dar 1 5 , und es ist bezeichnend, daß Roxins weiterer Fall dieser Gruppe, die Täuschung über taterhebliche Handlungsvoraussetzungen, eindeutig auf die Benutzung eines Motivirrtums hinausläuft (s. u. Β 6). Die Reduzierung des Motivirrtums auf „jede Fehlvorstellung, die sich nicht auf den konkreten Handlungssinn bezieht" 1 6 , erscheint willkürlich. Auch die Parallele m i t der Benutzung eines dolus generalis als drittem Fall dieser Gruppe erweist sich als nicht stichhaltig, da hier selbst das von Roxin verlangte K r i t e r i u m i n Wahrheit nicht vorliegt: der Täter i r r t nicht erst über den „konkreten Handlungssinn", sondern bereits über das Tatbestandsmerkmal des Tötens, da er das Opfer für tot hält. Die Tatherrschaft t r i t t daher nach einer ζ. T. vertretenen strikten Prüfung der subjektiven Voraussetzungen beim dolus generalis schon wegen der Benutzung eines fahrlässigen Werkzeugs ein, und die aus kriminalpolitischen Gründen erfolgende Abschneidung des Einwands des fehlenden Vorsatzes macht diese Fahrlässigkeit nicht zu einer bloßen Verkennung des „konkreten Handlungssinnes". Die Grundlage der mittelbaren Täterschaft ist hier vielmehr i n einem anderen Gesichtspunkt zu suchen (s. u. Β 10). dd) Die Veranlassung zur Selbstverletzung Bevor nun allerdings die Kenntnis und Ausnutzung einer fremden Deliktsabsicht als Konstitutivum der Täterschaft festgestellt werden kann, ist noch das dritte Element des Dohna-Falles herauszukristallisieren und zu beleuchten. Es liegt nämlich gleichzeitig die Veranlassung eines anderen vor, sich fahrlässig oder schuldlos i n eine Gefahr zu begeben. Es wurde bereits oben unter A I I I 5 darauf hingewiesen, daß für die Täterschaft durch Veranlassung zur Selbstverletzung, damit die bloße Veranlassung das sonst erforderliche unmittelbare Vorgehen gegen das Opfer kompensieren kann, wenigstens ein M i n i m u m an überlegenem Tatsachenwissen beim Hintermann erforderlich ist. Man könnte nun daran denken, sich m i t einem solchen M i n i m u m auch dann zu begnügen, wenn das Opfer i n eine von einem Menschen ausgehende Gefahr geschickt wird. Die Täterschaft würde dann nicht die Kenntnis von einem bereits feststehenden fremden Tatenschluß, sondern nur die von einer gewissen Tatgeneigtheit voraussetzen. Hierher gehören alle 15 18

Bemmann MDR 1958, 819. Roxin 218.

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

149

Fälle, i n denen Menschen in der Hoffnung, daß sie zu Schaden kommen, in den Wirkungsbereich von Personen geschickt werden, deren Tatgeneigtheit durch irgendwelche Vorkommnisse, z. B. durch frühere Taten oder Äußerung i m Gespräch, bekannt ist. Die Gleichstellung dieser Fälle mit denen, i n denen ein Mensch i n eine ungewisse Sachgefahr geschickt wird, könnte nun daraus gefolgert werden, daß auch hier nur eine Einwirkung auf das Opfer erfolgt und daß es gleichgültig sein müsse, ob die Gefahr von einer Sache oder einem Menschen ausgehe. M i t einer ganz ähnlichen Argumentation w i r d ja heute vielfach behauptet, daß bei unechten Unterlassungsdelikten keine Beihilfe, sondern nur Täterschaft möglich sei 17 . Auch Bockelmann nimmt bei der Einplanung eines fremden Verhaltens i n die eigene Planung Täterschaft an, da der M i t w i r kende wie jedes sachliche M i t t e l versagen könne 1 8 . Eine solche Gleichsetzung erscheint jedoch als unzulässig und wurde bereits oben A I I I 9 abgelehnt. Es besteht vielmehr ein grundsätzlicher Unterschied darin, ob eine verbrecherische Tätigkeit Naturkräfte oder fremdes vorsätzliches menschliches Verhalten i n den eigenen Plan einbezieht. I m ersteren Fall ist regelmäßig Täterschaft gegeben; i m letzteren kann Täterschaft oder Teilnahme vorliegen. Die Handlung, die der Veranlaßte vornimmt, ist keine Selbstverletzung, sondern allenfalls Beihilfe zu der durch den anderen Menschen erfolgenden Verletzung. Anstiftung kann sie nicht sein, da hierfür kein bloßes In-Versuchung-Führen genügt, vielmehr eine geistige, verstehbare Beeinflussung erforderlich ist 1 9 . Diese Handlung kann dadurch, daß sie von einem anderen benutzt wird, nicht ohne weiteres i n Täterschaft umschlagen. Vielmehr können auch Teilnahmehandlungen i n mittelbarer Täterschaft begangen werden 2 0 . Der Hintermann t r i t t hier mit der typischen Erfolgsunsicherheit des Teilnehmers auf. Es handelt sich hier somit u m Beihilfe zur Tat des Fremdverletzers i n mittelbarer Täterschaft. Diese Beihilfe i n mittelbarer Täterschaft ist jedoch zugleich unmittelbare Beihilfe 2 1 . Hier zeigt sich wiederum die Berechtigung der Auffassung, die m i t telbare Täterschaft bei der mittelbaren Provozierung eines Notwehrtäters nicht nur aus der Tatsache der Rechtmäßigkeit seiner Handlung, sondern vor allem aus seinem gleichzeitig gegebenen „Notstand" zu folgern (s. ο. A I I I 6). 17

Schönke-Schröder 77 vor § 47; Kaufmann 297; Roxin 471 f.; vgl. ο. A I I I 9.

18

121.

19 H. Mayer 321 f.; Welzel 102; Zimmerl Aufbau 139; Rutkowsky NJW 1952, 608; a. A. Schönke-Schröder § 48 5; Mezger LK § 48 2 e; Schwarz-Dreher

§48 1 D a; s. u. Β 6. 20 21

Schönke-Schröder § 48 4; Maurach 505, 535; im Ergebnis auch BGH 8, 137. Vgl. Gallas JR 1956, 225.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

150

ee) Zusammenfassung Damit bleibt als Wesensmerkmal des Dohna-Falles die Benutzung und Einplanung der erkannten verbrecherischen Absicht eines anderen übrig, die schon Simons, Krauß und Maurach als Fall der mittelbaren Täterschaft herausgestellt hatten (s. o.). Eine solche Ausnutzung liegt dann vor, wenn die Ausführung der Absicht nur noch von einer Bedingung abhängt, die der Hintermann herbeiführt (im Dohna-Fall das Eintreffen des Opfers). I n diesem Fall ändert sich die Stellung des Hintermanns radikal. M i t der Kenntnis von dem festen Tatentschluß des anderen entfällt für den Hintermann die für den Teilnehmer typische Erfolgsunsicherheit, die Unterordnung unter fremden Tatentschluß. Er weiß, daß die Verwirklichung dieser Absicht nur noch von einer Bedingung abhängt, deren Herbeiführung die Verwirklichung eintreten läßt. „Die Erfolgsherbeiführung hängt nur noch von der Kausierung des M i t telbaren ab 2 2 ." Freilich besteht auch hier noch die Möglichkeit, daß der Ausführende i m entscheidenden Moment vor der Tat zurückschreckt. Aber diese Erfolgsunsicherheit ist eine andere als die des an einen anderen herantretenden Anstifters. Und die alte Theorie von der „Haupthilfe", deren heutige allgemeine Ablehnung schon an anderer Stelle zurückgewiesen wurde (s. ο. A I I 13), würde bei der Leistung eines „notwendigen" Beitrags zur Mittäterschaft gelangen, für die es hier nur an dem gemeinschaftlichen Tatentschluß fehlt. Nach diesen Grundsätzen ist auch folgender von Zimmerl gebildeter Fall zu lösen: A veranlaßt den B, sich dem an Verfolgungsideen leidenden C i n der Maske des Teufels zu zeigen, weil er weiß, C werde den vermeintlichen Teufel töten, was auch geschieht 23 . Die Täterschaft des A w i r d hier nicht etwa durch die etwaige Zurechnungsunfähigkeit des Werkzeugs begründet, sondern durch die Kenntnis von seiner bedingten Tötungsabsicht. Denn an der den Erfolg beherrschenden Stellung des A würde sich nichts ändern, wenn ihm etwa ein Zurechnungsfähiger erzählt hätte, er würde sofort schießen, wenn er nachts einen Fremden m seiner Wohnung bemerken würde, und A nunmehr den Β veranlaßt, C doch einmal nachts als Gespenst zu erschrecken. Es bliebe noch die Möglichkeit, hier Nebentäterschaft anzunehmen. Diese Möglichkeit soll jedoch erst später geprüft werden (s. u. C 8). c) D e r

Talgfaßfall

Nach den angeführten Grundsätzen ist auch der vom OLG Celle entschiedene Talgfaßfall zu beurteilen 2 4 . Ein Fabrikarbeiter hatte ein Talg" Simons GS 101, 247. 13

24

Aufbau 140.

MDR 1949, 187; zust. Lange I Β 1 vor § 47; abl. Rutkowsky NJW 1952, 606.

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

151

faß i n einen unbeaufsichtigten Raum i n der Hoffnung geschafft, daß andere das Faß erbrechen würden und er dann selbst ohne Begehung eines schweren Diebstahls Talg entwenden könnte, was auch geschah. Das Gericht gelangte zur mittelbaren Täterschaft durch eine Aufspaltung der Tat des Erbrechers, der nur hinsichtlich seiner eigenen Tat als strafbarer Täter gehandelt habe, die Tat des Hintermanns dagegen nur unbewußt gefördert habe. Hier zeigt sich einmal mehr die Verkürzung des Problems durch die Aufspaltung eines Geschehens i n „eigene" und „fremde Tat". Denn ob hinsichtlich des Erbrechens eine Tat des Hintermanns vorlag, ist ja gerade streitig. Eindeutig w i r d dies, wenn man den Diebstahl ausklammert und die Untersuchung auf die i m Erbrechen enthaltene Sachbeschädigung beschränkt 25 , wie ja überhaupt der Fall denkbar ist, daß der Arbeiter sich ohne eigene Diebstahlsabsicht nur für eine Zurückweisung seines Chefs hätte rächen wollen. Dieser Fall läuft letztlich auf das berühmte Beispiel des Liegenlassens eines Revolvers hinaus, i n der Hoffnung, daß ein Mörder ihn findet und benutzt 2 5 3 . I n allen diesen Fällen fördert oder veranlaßt der Hintermann die Haupttat, leistet vielleicht auch einen unentbehrlichen Tatbeitrag; er t r i t t jedoch m i t der typischen Erfolgsunsicherheit des Teilnehmers auf. Der u. U. verfolgte eigene Zweck kann ihn nicht zum Täter machen. Selbst bei einer Kenntnis des Ausführenden von der Unterstützungstätigkeit w i r d i n der Regel nur Beihilfe vorliegen. Durch die fehlende Kenntnis des Ausführenden w i r d derselbe Tatbeitrag nicht zur Täterschaft. Beihilfe ist vielmehr möglich, ohne daß der Ausführende von der Unterstützung weiß 2 6 . Zwar ist — wie erwähnt — verschiedentlich mittelbare Täterschaft angenommen worden, wenn es an dem für die Mittäterschaft wesentlichen Willenskonnex zwischen den Beteiligten fehlt. Ein solcher Umschlag kann aber naturgemäß nur dann eintreten, wenn der Tatbeitrag schon aus objektiven Gründen als Mittäterschaft erscheint, nicht aber, wenn ein objektiv untergeordneter Tatanteil nur durch den gemeinschaftlichen Tatentschluß und die Teilhabe daran zur Mittäterschaft aufgewertet werden würde. d) D i e B e n u t z u n g e i n e s T a t e n t s c h l o s s s e n e n bei u n m i t t e l b a r e r psychischer E i n w i r k u n g Hat sich somit i m Dohna-Fall als die Tatherrschaft des Hintermanns konstituierendes Merkmal die Kenntnis von dem Tatentschluß eines anderen und seine Benutzung herausgestellt, so ist nunmehr zu prüfen, 25

Frank § 43 I I I 2 c und Maurach B T 212 nehmen entgegen der h. L. Idealkonkurrenz an, da auch durch Erbrechen von eigenen (verliehenen oder vermieteten) Behältnissen gestohlen werden kann. 25 2e

a Rutkowsky a.a.O. Maurach 546; Mezger LK § 49 1; Welzel 104; H. Mayer 323.

152

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

ob nicht dieses Merkmal über den konkreten Fall einer mittelbaren Benutzung unter unmittelbarer Einwirkung lediglich auf das Opfer hinaus ausgedehnt werden kann. Eine solche Ausdehnung auch auf die direkte Einwirkung auf einen bereits Tatentschlossenen hatten Simons 27 und Krauß 28 angenommen. I n der Tat kann das entscheidende Kriter i u m des Dohna-Falles, die Auslösung eines bereits fertigen, jedoch noch bedingten Tatentschlusses, auch gegeben sein, wenn der Veranlassende direkt auf einen anderen einwirkt. Wie i m Dohna-Fall die Bedingung für die Verwirklichung des Tatentschlusses i n dem Erscheinen des Opfers bestand, so kann sie auch i n anderen Bedingungen bestehen, etwa der Zahlung einer Geldsumme. Auch hier w i r d der Tatentschluß nicht wie bei der Anstiftung hervorgerufen, sondern es w i r d nur noch seine Verwirklichung ausgelöst, das Einsatzzeichen gegeben. Hierher gehören daher jene, schon von Simons angeführten Fälle des Bravo, i n denen sich der Mörder von sich aus erbietet, gegen Zahlung einer bestimmten Geldsumme die Tat zu begehen. Hiermit würden bereits die strafwürdigsten Fälle der Benutzung eines Bravo erfaßt, insbesondere auch die Benutzung berufsmäßiger Mörder, da hier i n der Regel dem Hintermann die Bereitschaft des Ausführenden vor der Auftragserteilung bekannt sein wird. Ob noch weitere Merkmale des Bravo-Falles eine mögliche Täterschaft des Hintermanns begründen können, soll i m folgenden Kapitel geprüft werden. Abstrahiert man von dieser konkreten Sachlage, so muß als Bedingung aber auch der bloße W i n k genügen, dem sich der Ausführende anheimstellt, mag dieses Sich-bereit-Stellen nun eine konkrete Tat betreffen oder inhaltlich unbegrenzt sein. Den letzteren F a l l bildet der zu allem bereite Befehlsempfänger, der ο. Β 2 zunächst ausgeklammert worden war. Die bedingungslose Erklärung „Führer befiehl, w i r folgen dir!" gibt dem so Angesprochenen daher Machtmittel i n die Hand, die ihn bei einer Ausnutzung als Täter des Befohlenen erscheinen lassen 29 . Dieser Fall dürfte häufig bei den besonders i n der jüngsten Zeit wieder aktuell gewordenen Kriegs- und KZ-Verbrechen gegeben sein 89 . 27

GS 101, 247. 56 f. 29 Dies gilt nicht für die im Fahneneid des Dritten Reiches (RGBl. 1934 I Seite 785) und der „Deutschen Demokratischen Republik" (vgl. Busch ROW 1964, 60) enthaltene Verpflichtung zum unbedingten Gehorsam, da es bei dieser pauschalen und vielfach unter innerem Vorbehalt abgegebenen Erklärung an der für die Tatherrschaft notwendigen konkreten und realen Verpflichtung fehlt. Dies zeigt sich auch darin, daß die gegenüber den genannten Regimen geleisteten Eide besonders häufig gebrochen wurden und werden. I m übrigen geht die h. L. davon aus, daß der nationalsozialistische Fahneneid unter dem Vorbehalt des §47 MStGB (s. ο. Β 2) stand: Hölper in Die Vollmacht des Gewissens 129; Pribilla a.a.O. 162; B G H 2, 251; vgl. auch Busch a.a.O. 50 Vgl. auch B G H 2, 257; s. näher u. Β 8. 28

4. Benutzung eines Tatentschlossenen ( D h n a - F a l l )

153

Es muß aber hierher auch die — zutreffende oder unzutreffende — Benennung einer Person gehören, wenn der Empfänger dieser Auskunft schon vorher die Begehung einer Straftat angekündigt hat, etwa bei einer geplanten Straftat die Nennung eines bestimmten Zieles, bei einem für einen erlittenen Schaden drohenden Racheakt die Nennung des Täters. Die Nennung einer falschen Person macht hier nur die Tatherrschaft des Hintermanns besonders deutlich, ist ein Beweisanzeichen für sie, vermag sie jedoch nicht zu begründen. Nur i n dieser Ausgestaltung einer dem Hintermann bekannten Tatbereitschaft kann zunächst i n dem folgenden von Bockelmann gebildeten Fall eine Täterschaft des Hintermanns angenommen werden: A veranlaßt den Β zu einer Körperverletzung, indem er i h m Indizien vorspiegelt, aus denen er schließen muß, X habe mit seiner Frau Ehebruch begangen 31 . Inwieweit der Bockelmann-Fall sonst noch eine mögliche Täterschaft des Hintermanns begründen kann, soll i n einem besonderen Kapitel geprüft werden (s. u. Β 6). I n allen diesen Fällen hat der Ausführende dem Hintermann zu erkennen gegeben, daß er von seiner Entscheidungsfreiheit nur i n einem bestimmten Sinne Gebrauch machen will, er hat sich diesem gegenüber festgelegt, gebunden. Ähnlich wie bei dem noch zu behandelnden Fall der Benutzung einer actio libera i n causa (s. u. Β 10) handelt der Ausführende zwar frei; der Hintermann hat jedoch durch ein vor der Tatausführung liegendes Verhalten die Herrschaft über jene erlangt. Allerdings kann das Moment der Beherrschung durch Zwang allenfalls ergänzend herangezogen werden. Dieses Moment ist zwar vielfach bei der Beurteilung des sog. amerikanischen Duells (Losung um die Verpflichtung, sich selbst zu töten) herangezogen worden, das — sofern man die Selbstverletzung hinsichtlich der Beteiligung anderer wie eine mit Strafe bedrohte Handlung ansieht (s. ο. A I I I 5) — dem hier behandelten Fall genauestens entspricht. Nach der Begründung des E 1925 handelt es sich hierbei um „Willensbeugungen schlimmster A r t " 3 2 . Auch Binding spricht von einer „Nötigung", falls der Gewinner den Gegner beim Ehrenwort festhalte 33 , und Maurach w i l l sogar aus dem „moralischen Druck" des Gewinners gegenüber dem Verlierer eine mittelbare Täterschaft herleiten 3 4 . I n Wahrheit ist jedoch weder der Grad des Notstandes noch auch nur der seines Grenzbereichs (s. ο. Β 1 c) erreicht. Die gleichen Einwände gelten gegenüber dem Gedanken von Simons, der Ausführende habe sich der weiteren Bestimmung seines Willens zu31 Ndschr. X I I 143 f. « S. 116. 33 Lehrbuch I 26. 84 B T 51.

154

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

gunsten des Mittelbaren begeben 843 . Die Tatherrschaft kann hier vielmehr primär nur darauf beruhen, daß das Verhalten des Ausführenden durch seine Ankündigung berechen- und darum beherrschbar geworden ist. Zwar kann der potentielle Täter seine Entscheidung bis zur Ausführung der Tat noch einmal überprüfen und u. U. rückgängig machen. Dies ist aber ein anderer Unsicherheitsfaktor, als der, auf den der Anstifter typischerweise t r i f f t (s. näher u. C 5). Eine weitere Bestätigung findet die hier vorgetragene Auffassung schließlich durch § 128 StGB, der die Teilnahme an einer Verbindung unter Strafe stellt, in welcher „gegen . . . bekannte Obere unbedingter Gehorsam versprochen w i r d " . Wenn die Gefährlichkeit einer solchen Verbindung vielfach aus ihrer Heimlichkeit hergeleitet w i r d 3 5 , so w i r d dabei einseitig von dem ersten Wahltatbestand des § 128 ausgegangen. Der zweite Wahltatbestand setzt jedoch eine Geheimhaltungsabsicht nicht voraus 36 , so daß die Gefährlichkeit auch nicht i n diesem Merkmal liegen kann. Vielmehr sieht der Gesetzgeber die Gefährlichkeit offensichtlich i n der durch den unbedingten Gehorsam geschaffenen Herrschaft der Hinterleute über die sich Verpflichtenden 37 , die jederzeit i n eine Herrschaft über strafbare Handlungen, eben i n Tatherrschaft, umschlagen kann. § 128 StGB stellt gewissermaßen die Gewinnung von Tatmittlern unter Strafe, ohne daß bereits eine konkrete Tat i n Aussicht genommen wäre. Da der Gehorsam jedoch nur durch das eigene Versprechen des Gehorchenden gesichert ist, kann die Herrschaft der Hinterleute auch hier primär nicht auf Zwang, sondern nur auf der Berechenbarkeit des Verhaltens der sich Verpflichtenden beruhen. e) G e g e n e i n w ä n d e aa) Tatherrschaft

wider Willen?

Allerdings bieten die Fälle der Ingangsetzung eines Tatentschlossenen durch Herbeiführung der die Verwirklichung auslösenden Bedingung für eine mögliche Annahme von mittelbarer Täterschaft gewisse Schwierigkeiten. Zunächst dürfte die Annahme einer Täterschaft hier nicht dahin führen, daß jemand durch Stellung einer Bedingung gegen seinen Willen zum Täter gemacht werden kann, indem die Begehung einer Straftat für den Fall angedroht wird, daß eine bestimmte Bedingung nicht erfüllt wird. I n diesen Fällen liegt zwar immer eine Nöti34a GS 101, 247; s. o. Fußn. 3. 88

Binding Lehrbuch II, I I 905; Schönke-Schröder 1; Maurach 630; SchwarzDreher 1. 38

B G H 19, 184. Zutr. Binding a.a.O. 906, der jedoch („diktatorische Gewalt") zu sehr auf die Zwangsherrschaft abstellt. 57

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

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gung vor; zum Ausschluß der Strafbarkeit genügt aber nach §§52, 54 StGB nur eine Nötigung von ganz bestimmtem Intensitätsgrad. Indessen kann dieses Problem als für die Annahme einer Täterschaft unbeachtlich ausgeklammert werden. Es muß nämlich bei der Annahme einer bloßen Anstiftung, wie sie nach der h. L. hier vorliegt, ebenso auftreten. Wenn Anstiftung durch die bloße Gewährung des vom Täter ausbedungenen Vorteils noch möglich sein soll 3 8 , so muß auch für die h. L. das Problem auftreten, daß der Täter die Begehung eines Verbrechens für den Fall der Nichtgewährung des Vorteils androht. Wenn man sich auch z. T. i n diesen Fällen m i t der Ablehnung einer Anstiftung durch bloßes Unterlassen behelfen mag 3 9 , so scheitert dieser Ausweg i n den Fällen, i n denen vom „Anstifter" gerade ein Unterlassen gefordert w i r d („Wenn du dich noch einmal mit der Ζ triffst, zünde ich deinem Vater den Hof an!"). bb) Täterschaft

durch Auskunfterteilung?

Ein zweites Problem liegt darin, daß nicht durch die Betrachtung der bloßen Auskunft über Tatsachen gegenüber einem, der von dieser Auskunft erkennbar die Begehung einer Straftat abhängig machen w i l l , als „Herbeiführung einer Bedingung" eine über das erträgliche Maß hinausgehende Schweigepflicht begründet wird. Man denke an den Fall, daß ein betrogener Ehemann seinen besten Freund bittet, i h m den — jenem bekannten — Täter zu nennen, um an i h m Rache nehmen zu können. Da aber i n diesem Fall die Tatbegehung genauso von einer Bedingung abhängig gemacht w i r d wie bei der Forderung eines Vorteils vom Hintermann, müßte die h. L. auch hier zur Annahme einer Anstiftung kommen, und es kann somit die Frage, ob und wie i n diesem Falle eine Strafbarkeit des die Bedingung Erfüllenden ausgeschlossen werden soll, ihr überlassen werden. cc) Übergangsformen Schließlich bleibt das Bedenken, ob sich der hier beschriebene Typus wirklich so klar umgrenzen läßt, daß er für eine Abgrenzung von der Anstiftung i n Frage kommt. Insbesondere ist an die Fälle zu denken, i n denen der Hintermann selbst den als Ausführenden i n Aussicht Genommenen durch Angebote, die dann i n Form von Bedingungen vereinbart werden, zur Tat geneigt macht. Diese Fallgestaltung kann sich der geschilderten Benutzung eines bedingt Entschlossenen so annähern, daß 58

191.

Lange §48 VI; Schönke-Schröder

§48 3; LG Göttingen Nds. Rpfl. 1952,

39 H. Mayer 321; Schönke-Schröder §48 4; a. A. Maurach 537; Mezger LK §48 2 e; Armin Kaufmann 292 (in Form der Täterschaft).

156

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

die Abrede, für sich gesehen, sich von jener nicht mehr unterscheidet. Es w i r d etwa ein mittelloser Student zur Spionage ausersehen und erst durch die fortwährende Steigerung von finanziellen Angeboten zur Übernahme des Auftrags bewogen. Den Abschluß der Verhandlungen bildet dann der Entschluß: „Gegen 10 000 D M mache ich es", und daraufhin w i r d dieser Entschluß durch die Zahlung der vereinbarten Summe benutzt. Oder aber der Hintermann überredet den i n Aussicht genommenen Täter m i t dem typischen Unsicherheitsfaktor des Anstifters zur Tat; die endgültige Ausführung w i r d aber noch von einem Einsatzzeichen des Hintermanns abhängig gemacht. Soll i n diesem Fall der ganze Vorgang einheitlich betrachtet und auf Grund der Tatsache, daß letztlich der Hintermann den Entschluß erst erzeugt hat, Anstiftung angenommen werden, soll der Grundsatz der Aufzehrung der Teilnahme durch die Täterschaft aufgegeben werden oder sollte i n diesen Fällen doch eine klare Abgrenzung gegenüber der typischen Anstiftung gegeben sein? Das letztere dürfte i n der Tat der Fall sein. Nach den hier entwickelten Kriterien darf es keinen Unterschied machen, ob der spätere Ausführende von selbst oder erst nach einer Überredung dem Hintermann seinen bedingten Willen zur Verfügung gestellt hat. Entscheidend ist nur, daß dieser Wille noch bedingt war, d. h., daß noch eine Auslösungshandlung des Hintermanns erfolgen mußte. Auch vom Standpunkt der herkömmlichen Tätertheorie aus ist es zweifellos ein bedeutsames Indiz dafür, daß der Hintermann die Tat als eigene ansieht bzw. er die Tatherrschaft hat, wenn er die Ausführung von einer eigenen Auslösungshandlung abhängig macht und sie damit „ i n der Hand behält". Der Anstiftung verbleiben die Fälle, i n denen ein unbedingter Tatentschluß vom Hintermann hervorgerufen worden ist und der Hintermann damit die Tat „aus der Hand gibt". Diese Darlegungen führen dazu, einen scharfen Unterschied zu machen zwischen dem Fall, daß > jemand angestiftet wird, nach Ablauf von 14 Tagen eine bestimmte zu begehen, und dem Fall, daß zwischen denselben Parteien vereinbart wird, der eine solle die Tat auf ein bestimmtes Zeichen des anderen hin begehen, und dieses Zeichen nach 14 Tagen gegeben wird. Ja, selbst der Extremfall: „ I n 14 Tagen begehst du die Tat, wenn ich dir nicht eine gegenteilige Nachricht zukommen lasse" gehört zu den — innerhalb des überkommenen Bereichs der Anstiftung sich klar absondernden — Fällen der Benutzung eines Tatentschlossenen. f) S c h w i e r i g k e i t e n d e r h. L. Die hier vorgenommene Charakterisierung dieser Fälle w i r d bestätigt durch die großen Schwierigkeiten, die sich der h. L. bei der Annahme von Anstiftung bieten, und durch die Umdeutungen, zu denen sie sich hierbei gezwungen sieht. Freilich soll hiermit nicht die formal-negative

4. Benutzung eines Tatentschlossenen (Dohna-Fall)

157

Methode von Krauß wiederholt werden, mittelbare Täterschaft bereits wegen des bloßen Nichteingreif ens der Anstiftung anzunehmen (s. o. a). Obwohl die Anstiftung allgemein als Hervorrufung des Tatentschlusses gekennzeichnet wird, geht man davon aus, daß i n den Fällen, i n denen der Täter noch eine Bedingung stellt, er noch nicht endgültig, noch nicht fest entschlossen ist 4 0 , daß noch kein „bestimmter Tatentschluß" vorliegt, daß noch der „entscheidende Anstoß zum Tatentschluß fehlt" 4 1 . Die für die Anstiftung wesentliche Hervorrufung des Tatentschlusses werde nicht durch die fehlende Hervorrufung des Tatplans ausgeschlossen; die Hergabe von Geld an einen sich dafür zur Tat anbietenden Mörder sei daher Anstiftung 4 2 . Nur H. Mayer w i l l die „Sinnbeziehung zwischen der auf den Entschluß selbst hinwirkenden Beeinflussung und der spontanen Tatbereitschaft des Täters" „durch sittliches Werturteil erm i t t e l n " 4 3 . Tatsächlich ist es aber doch so, daß dem Hintermann hier ein vom Anbietenden aus fertiger Entschluß zur Verfügung gestellt wird. Die naheliegende Entschuldigung des Hintermanns, der Ausführende sei ja fast ein omnimodo facturus gewesen, hat daher zu dem grotesken Ergebnis geführt, i n diesem Fall sogar einen besonders milden Fall von Anstiftung anzunehmen. So hatte i n dem Urteil B G H 4 StR 570/56 44 eine Hebamme den Eheleuten bei der Geburt ihres dritten K i n des erklärt, sie hätten jetzt genug Kinder; wenn es bei Frau A wieder soweit sei, solle Herr A sie rufen. Dies geschah, und die Hebamme nahm bei der Frau die versprochene Abtreibung vor. Der B G H führt aus: „Daß die Anstiftungstätigkeit des A gegenüber der Hebamme nicht sehr eindringlich war, ist beim Strafmaß berücksichtigt worden." Diese Entscheidung ist allenfalls vom Standpunkt der Korrumpierungstheorie aus haltbar; von der Verursachungstheorie aus gesehen liegt hier ein besonders gefährlicher Fall der Beteiligung vor. Wenn der Vater A i m vorliegenden Falle Strafmilderung verdiente, so deswegen, weil er sich i n einer sozialen Notlage befand und er selbst von einer ärztlich ausgebildeten Person zu der Tat angestiftet worden war. Die Argumentation des B G H führt dagegen zu der Konsequenz, den kaltblütigen Einsatz eines Bravo, der sich selbst zur Ausführung des Mordes erboten hatte, als einen Strafmilderung erheischenden Fall der Anstiftung zu beurteilen! Von der Korrumpierungstheorie aus w i r d hier z. T. sogar das Vorliegen einer Anstiftung schlechthin abgelehnt, da der Veranlaßte nicht 40

Lange §48 VI; Schönke-Schröder

§48 3; Mezger LK §48 2 b; vgl. RG

37, 171; R G JW 1939, 222; L G Göttingen Nds. Rpfl. 1952, 191. 41 42 43

44

BGH 4 StR 570/56 bei Dallinger MDR 1957, 395. Frank § 48 I I 1; Welzel 102. 321.

Mitgeteilt von Dallinger MDR 1957, 395.

158

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

schlechter gemacht werde als er schon sei 45 . Freilich kann dem wiederum entgegengehalten werden, daß Korruption nicht Charakterverderbnis, sondern Bestärkung des Täters i m Willen zu konkreter rechtswidriger Tat sei 46 , wogegen Zimmerl wieder geltend macht, bei solcher Betrachtung werde dem Anstifter die Haupttat doppelt zur Last gelegt 4 7 . Die Richtigkeit dieser Argumente kann hier dahingestellt bleiben (s. u. C 7); es sollte nur dargelegt werden, daß jede Anstiftungstheorie i n den Fällen des konkreten Einsatzes eines zur Tat Bereiten in Schwierigkeiten gerät, Schwierigkeiten, die ein Indiz dafür bilden, daß diese Fälle bei der Anstiftung falsch untergebracht sind. Besonders treffend bringt den hier geschilderten Veranlassungstypus und seinen Schuldgehalt Klee zum Ausdruck: „Der Angestiftete handelt hier i m wohlverstandenen eigenen Interesse; aber wenn er auch zur Verbrechensbegehung von vornherein geneigt war und ein nur geringer Anstoß von Seiten des Anstifters genügte, den allgemeinen Entschluß auf ein bestimmtes Verbrechen zuzuspitzen, wenn gleichsam der gefügige Stoff nur der fremden bildenden Hand harrt, so liegt die Sache doch nicht so, daß die Tätigkeit des Anstifters etwa deshalb die weniger strafwürdige wäre, weil seine Einwirkung nur verhältnismäßig schwach zu sein brauchte, sondern es erwächst gegen ihn der seine Strafbarkeit bis zur Höhe der Täterstrafe treibende Vorwurf, daß er gewissermaßen den Explosionsstoff, dessen Natur er kannte, durch einen Funken entzündet, daß er sich des gefügigen Werkzeugs zur Herbeiführung des i n seinem unmittelbaren Interesse liegenden verbrecherischen Erfolges bedient hat." Als Beispiel w i r d der Bravo genannt 4 8 !

5. Der Bravo

Die Benutzung eines Bravo, d. h. die Dingung eines anderen zum Morde, ist der klassische Fall, an dem die Lehre vom Täter hinter dem Täter und ihre Vorläufer immer wieder ansetzten. Schon Schwalbach hatte mit diesem Fall seinen weiten Täterbegriff gestützt, der bis auf die Veranlassung von eigenhändigen und Sonderdelikten die gesamte Anstiftung umfaßte 1 , und auch Binding benutzte den Bravo als Beispiel für seinen weiten Täterbegriff: „Er ist vielmehr Täter, als der, der gegen Geld den Dolch gebraucht hat: er allein hat die Tat gestempelt 2 ." Auch nach der Begründung des Gegenentwurfs zum Vorentwurf 45 46 47 48 1 2

Bockelmann 94, 113. H. Mayer Rittler-Festschrift 256. Aufbau 156. GA 67, 107. GS 31, 614; s. ο. A I I 4. GS 78, 13; vgl. GS 76, 97; Abh. 1, 283 t

5. Bravo

159

eines deutschen Strafgesetzbuchs von 1911 sollte, wer einen Bravo zum Morde dinge, selbst Mörder sein 3 . Simons sah den Bravo-Fall als Benutzung des fertigen Verbrechensentschlusses eines anderen an, die der Benutzung eines toten Werkzeugs ganz ähnlich sei 4 . Von ihrem internsubjektiven Täterbegriff ausgehend gelangten auch Drost 5 und Goetzeler 6 zur Annahme von Täterschaft des Veranlassenden. Nowakowski nimmt immerhin Mittäterschaft zwischen dem Bravo als unmittelbarem und dem Geldgeber als mittelbarem Täter an 7 , Baumann Täterschaft mittels eines dolosen Gehilfenwerkzeugs 8 . A u f der anderen Seite stieß die Annahme von Anstiftung immer wieder auf Schwierigkeiten. So modifizierten Frank 9 und i h m folgend Welzel 10 zur Lösung des Bravo-Falls die Anstiftung dahin, daß es nicht erforderlich sei, daß der Tatplan vom Anstifter hervorgerufen worden sei. Maurach stellte den — wie noch näher zu zeigen ist — entscheidenden Gesichtspunkt dieser Fälle heraus, die Unterschiedlichkeit i m Motiv des Veranlassenden und des Ausführenden, und führte aus, daß das Fehlen des außertatbestandlichen Motivs des Veranlassenden beim Angestifteten die Anstiftung nicht beseitige 11 . Ohne diesen Grundsatz einschränken zu müssen, dürfte Maurach allerdings heute i n Ausnahmefällen die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter bei der Benutzung eines Bravo bejahen. Bockelmann schließlich lehnt die Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme nach dem Interesse der Beteiligten ab, da die Lebenserfahrung lehre, daß i n gewissen Fällen das eigentliche Interesse an der Begehung des Verbrechens der Teilnehmer habe und nicht der Täter, wie beim Bravo 1 2 . Ein Teil der Fälle der Benutzung eines gedungenen Mörders läßt sich bereits den bisher behandelten Fallgruppen eingliedern und ist dort behandelt worden: die Fälle nämlich, i n denen die Abhängigkeit des Veranlaßten von materiellen Vorteilen so stark ist, daß sie einen der Zurechnungsunfähigkeit oder dem Notstand ähnlichen Grad erreicht (s. ο. Β 1), sowie die Fälle, i n denen der Mörder seinen Entschluß dem Geldgeber zur Verfügung gestellt hat und sich von i h m einsetzen läßt (s. ο. Β 4). Es gilt nunmehr zu prüfen, ob u. U. alle Fälle der Benutzung eines Bravo für eine Täterschaft hinter dem Täter i n Frage kommen oder ob sich aus den Fällen des Bravo ein allgemeiner Grundsatz herauskristallisieren läßt, der gegebenenfalls die Einbeziehung weiterer 3

47. GS 101, 247; s. ο. Β 4. 5 ZStW 51, 375 f. « SJZ 1949, 840 f. 7 JZ 1956, 549. 4

8

JuS 1963, 86. · § 48 I I 1. 10 102. 11 Schuld u. V. 62 N. 26. 12 118 N. 14.

160

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

ähnlich gelagerter Fälle ermöglicht. Gemäß dem bei der Sichtung der für eine Täterschaft hinter dem Täter vorgeschlagenen Fälle schon mehrfach angewendeten Subtraktionsverfahren müssen dabei zunächst alle die Elemente aus dem Fall heraussubtrahiert werden, die für i h n nicht konstitutiv sind. I n erster Linie ist hier das bloße Interesse des Veranlassenden an der Tat zu nennen. Daß der Wortlaut des § 48 StGB (Geschenke oder Versprechen) dagegen spricht, wiegt allerdings nicht allzu schwer angesichts der erheblichen Abstriche, die auf Grund der modernen Lehre von der mittelbaren Täterschaft bereits bezüglich anderer Tatbestandsmerkmale des § 48 StGB (Drohung, Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums) gemacht werden mußten 1 3 . Die sog. Interessentheorie ist zwar i n erster Linie an Hand ihres umgekehrten Ergebnisses, der Entlastung des Ausführenden wegen fehlenden Tatinteresses bekämpft worden 1 4 . Das schließt an sich eine Verwertung dieses Kriteriums zur Erweiterung des Umfangs der Täterschaft auf bloße Veranlassungshandlungen nicht aus. Dieses dualistische Verfahren sämtlicher materieller Täterlehren w i r d i m Teil C der Arbeit noch näher behandelt werden (s. u. C 4, 5). Aber die Annahme von Täterschaft bei bloßem Interesse des Veranlassenden an der Tat würde den Bereich der Anstiftung auf ein verschwindendes M i n i m u m reduzieren 15 , da die Vornahme der Anstiftungshandlung regelmäßig ein schwerwiegendes Indiz für ein Interesse an der Tat darstellt und nur die Erteilung völlig altruistischer Ratschläge (entsprechend den von Binding für seinen Urheberbegriff gebildeten Fällen) für die Anstiftung übrig bleiben würde. Das auffallendste und das Rechtsgefühl am unmittelbarsten ansprechende Merkmal der Benutzung eines gedungenen Mörders ist zweifellos die Relation zwischen dem verletzten Rechtsgut, einem Menschenleben, und dem Mittel, der Hergabe von Geld. Andererseits ist diese Relation zu zufällig und konkret, um eine allgemeine Regel abgeben zu können. Beide Seiten der Gleichung lassen sich ohne entscheidende Veränderung des Wertverhältnisses variieren, so wenn an Stelle des erkauften Mordes eine Körperverletzung oder eine Sachbeschädigung und an Stelle der Hergabe von Geld die Leistung anderer Vorteile, etwa die Gewährung eines Geschlechtsverkehrs, treten. Eine etwaige Abhängigkeit der Täterschaft von dem Wertverhältnis zwischen erstrebter Tat und zugesagtem Vorteil würde die Abgrenzung zwischen Täterschaft 13

Vgl. Maurach 536. Klee ZAkDR 1940, 188; Dohna DStR 1940, 120; Welzel ZStW 58, 541; SJZ 1947, 645 ff.; Lange Täterbegriff 47; Gallas DRZ 1950, 67; Mezger LK § 47 2 b; 14

Sax ZStW 69, 432; Maurach

512 f., 515 f.; B G H 8, 393; O L G Gera SJZ 1947,

673; a. A. RG 74, 84; Härtung JZ 1954, 430; υ. Weber 67. 15 Vgl. Klee ZAkDR 1940, 189,

5. Bravo

161

und Anstiftung völlig unsicher machen und sie praktisch dem ethischen Empfinden überantworten. Was nach Ausscheidung aller konkret-zufälligen Merkmale als Konstitutivum des Bravo-Falles übrigbleibt, ist das von Maurach herausgestellte Wesensmerkmal der Differenz i m Tatmotiv zwischen Veranlasser und Veranlaßtem 16 . Die Ausnutzung anderweitiger Motive beim Ausführenden kann aber entsprechend dem Ausgangspunkt der grundsätzlichen Erhaltung der Anstiftung schon deshalb nicht zur mittelbaren Täterschaft führen, w e i l die Fälle absoluter Interessengleichheit bei Anstifter und Angestiftetem eine äußerst seltene Ausnahme darstellen. Sofern der Ausführende i m gleichen Interesse wie der Anstifter handelt, w i r d er entweder dessen Mittäterschaft oder aber eine anderweitige Entschädigung für seine Arbeit verlangen, womit wiederum ein Auseinanderfallen der Interessen gegeben wäre. Bei einer Einordnung dieser Fälle i n die mittelbare Täterschaft würde somit der Bereich der Anstiftung bis zur Bedeutungslosigkeit reduziert werden. Wenngleich der Wortlaut des § 48 StGB längst nicht mehr als unbedenkliche Auslegungsquelle dienen kann (s. o.), so ist es doch auffallend, daß sämtliche dort angeführten Anstiftungsmodalitäten Fälle des Mißbrauchs anderweitiger Motive beim Täter sind (Streben nach Geschenken, Angst vor der Drohung, Folgsamkeit gegenüber dem Ansehen und der Autorität, Irrtum). Damit erweist sich der Fall des Bravo als unergiebig, über die bereits behandelten Fälle hinaus eine weitere Gruppe von Fällen denkbarer Täterschaft hinter dem Täter zu bilden. Gerade i n den entgegengesetzten Fällen wie hier scheint Nowakowski den Bravo als Fall des Täters hinter dem Täter anerkennen zu wollen: „Anders wenn er die Tat i m eigenen Interesse beim Ausführenden bestellt hat. Wer einen Bravo dingt, weiß sich als Herr der Tat. Er kann sich nicht hinter einem selbständigen Ausführungswillen des unmittelbaren Täters verschanzen, denn er selbst hat diesen Willen hervorgerufen und sich dienstbar gemacht 17 ." Nowakowski hat also nur den Fall i m Auge, daß der Hintermann den Tatentschluß des Ausführenden hervorgerufen hat. Aber m i t diesem K r i t e r i u m allein ist die Abgrenzung zur Anstiftung unmöglich. Der Zusatz, der Hintermann habe sich den Willen des Ausführenden dienstbar gemacht, ist zu unbestimmt für eine zureichende Umgrenzung der Fälle. Die Belohnung allein genügt offensichtlich nicht. Dagegen scheint der Ausdruck „die Tat bestellen" unbewußt ganz i n die Richtung des hier Dargelegten zu weisen. Denn man „bestellt" nur bei Personen, von denen man weiß, daß sie entsprechende Aufträge übernehmen. 18 17

Schuld u. V. 62 N. 26. JZ 1956, 549.

11 Schroeder

162

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter 6. Die Veranlassung durch Vorspiegelung von Motivationsgründen

I m Verlauf der Beratungen zur Großen Strafrechtsreform gab Bockelmann seinen bisherigen Widerstand gegen den Täter hinter dem Täter 1 auf. Ursache hierfür war i h m folgender Fall: A veranlaßt den Β zu einer Straftat, jedoch nicht i m Wege der Anstiftung (für die Bockelmann eine geistige Kommunikation zwischen Anstifter und Angestiftetem verlangt), sondern dadurch, daß er i h m Indizien vorspiegelt, aus denen Β schließt, seine Frau habe m i t X Ehebruch begangen; wie A voraussieht oder w i l l , verprügelt Β daraufhin den X oder tut i h m Schlimmeres an. Bockelmann w i l l hier die Figur des Täters hinter dem Täter bejahen, da die für die Anstiftung erforderliche geistige Kommunikation zwischen Täter und Veranlasser nicht vorliege 2 . Die Umstrittenheit dieses Falles geht am besten daraus hervor, daß i n der Diskussion Eb. Schmidt Beihilfe des A annehmen wollte und Welzel i h n für „selbstverständlich straflos" hielt 3 . Bereits bei Gelegenheit des Dohna-Falles (ο. Β 4) wurde dargelegt, daß die bloße Veranlassung ohne „Kollusion" nicht zur Täterschaft des Veranlassenden führt. Der Unterschied besteht darin, daß dort die Veranlassung über das getäuschte Opfer als Werkzeug erfolgte, während sie hier durch direkte Einwirkung auf den i n Aussicht genommenen Täter erfolgt. Hier wie dort t r i t t der Veranlassende m i t der typischen Erfolgsunsicherheit des Teilnehmers auf. Allerdings w i r d von einem großen Teil der Lehre für die Anstiftung eine geistige Kommunikation, eine „Kollusion" zwischen Anstifter und Täter verlangt 4 . Diese Auffassung mag man ablehnen 5 — keineswegs ist es jedoch zulässig, unter Bejahung dieser Auffassung die dann nicht mehr von der Anstiftung erfaßten Fälle der Täterschaft zuzuschlagen. Das würde nicht nur die i n jener Auffassung zum Ausdruck kommende Tendenz zur Begrenzung der Strafbarkeit i n ihr Gegenteil verkehren; es würde zugleich die m i t telbare Täterschaft wieder i n jene Lückenbüßerstellung drängen, aus der sie gerade mühsam herausgearbeitet worden ist. Der Bockelmann-Fall verführt bei der Beurteilung des Veranlassenden das Rechtsgefühl dadurch, daß dieser Indizien „vorspiegelt", mith i n den Ausführenden täuscht und bei i h m einen M o t i v i r r t u m hervor1 2 3

4

121 N. 21. Ndschr. X I I 143 f. a.a.O.

Bockelmann a.a.O.; H. Mayer 3211; Welzel

102; Rutkowsky NJW 1952,

608; Zimmerl Aufbau 139, der allerdings die Erfordernisse der Anstiftung besonders hoch ansetzt, um für die von ihm vorgeschlagene Figur der Veranlassung zu werben.

5 Allfeld 223; Mezger LK § 48 2 c; Schönke-Schröder § 48 5; Schwarz-Dreher § 48 1 D a; Frank § 48 I I 1; Maurach 537.

6. Vorspiegelung von Motivationsgründen

163

ruft. Die von Bockelmann angegebenen Merkmale des Falles (Veranlassung ohne Kollusion) bleiben aber durchaus dieselben, wenn der H i n termann i n der Hoffnung eines Angriffs auf einen Dritten wahre A n gaben über diesen macht, etwa seinem besten Freund von dem Ehebruch seiner Frau mit dem Dritten berichtet. Hier würde man wohl kaum zur Annahme einer Täterschaft gelangen. Die bloße Lüge kann aber an dieser Stellung des Hintermanns nichts ändern. Sie ist allenfalls als Verleumdung nach § 187 StGB strafbar 6 . Anders als i m Dohna-Fall liegt hier keine Erregung eines error i n persona vor, die nur möglich ist, wenn bereits eine verbrecherische Absicht vorhanden ist. Das Verfahren von Less, die Tatherrschaft aus dem Vorliegen irgendeines Verbrechenstatbestandes beim Hintermann zu folgern 7 , wurde bereits k r i tisiert (s. ο. A I I I 5, 6). Daß die Benutzung oder auch Erregung eines Motivirrtums dem Hintermann keine Tatherrschaft verschaffen kann, wurde bereits mehrfach dargelegt (s. ο. Β 4, 5). Das Bestimmungsmittel der „Herbeiführung oder Beförderung eines Irrtums" i n § 34 Preuß. StGB von 1851 (vgl. § 48 StGB) sollte gerade diesen F a l l der Erregung eines Motivirrtums erfassen 8 ; Schütze bringt daher gerade den Bockelmann-Fall als Beispiel 9 ! A u f die Benutzung eines Motivirrtums läuft aber auch die Einordnung des Falles bei Roxin hinaus. Er legt das Schwergewicht auf die Vorspiegelung des Ehebruches und setzt den Fall mit einer kollusiven Veranlassung durch Täuschung gleich. Der I r r t u m über „taterhebliche Handlungsvoraussetzungen" gehört zum Oberbegriff des „Irrtums über den konkreten Handlungssinn", der auch beim Dohna-Fall (s. o. Β 4), bei der Täuschung über Qualifikationsmerkmale (s. u. Β 7) und bei der Benutzung eines dolus generalis (s. u. Β 10 b) gegeben sein soll 1 0 . Die Unterscheidung zwischen M o t i v i r r t u m und I r r t u m über den konkreten Handlungssinn 1 1 scheint kaum durchführbar. So nennt Roxin selbst die irrtümliche Annahme einer unheilbaren Krankheit, die zur Begehung eines Großbetruges führt, u m noch einige angenehme Monate zu verleben, den „klassischen Fall eines Motivirrtums" 1 2 . Ein Unterschied zu ® Der Begriff der „Behauptung" einer Tatsache deutet wiederum auf das Erfordernis einer geistig-gedanklichen Kommunikation zwischen dem Äußerer und dem Empfänger hin. Da jedoch eine Behauptung auch in Form einer konkludenten Handlung erfolgen kann (Fingerzeig auf die Frage: „Wer hat das getan?"), ist der Ubergang zur Vorspiegelung von Indizien fließend. Die Literatur schweigt zu der Frage. 7 JZ 1951, 550 ff. 8

Hälschner 349 f.

• Lehrbuch 151 N. 9. 10 212 ff. 11 218. 12 228. 11*

164

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

der durch den I r r t u m über eine Untreue der Ehefrau veranlaßten K ö r perverletzung oder Tötung ist aber nicht ersichtlich. Hieran vermag auch die Verlagerung des Handlungsmotivs auf eine angebliche Eigenschaft des Tatobjekts (der Verletzte „als Ehebrecher") durch Roxin 1 3 nichts zu ändern. Eine andere Sachlage ergibt sich freilich, wenn der Veranlassende wußte, daß der Veranlaßte schon vorher für den Fall bestimmter M i t teilungen zur Tat entschlossen war. Dann liegt ein Fall des unter Β 4 geschilderten Typus vor. Denkbar ist ferner, daß bei Eifersucht, krankhaftem Zorn u. ä. des Mitteilungsempfängers ein Handeln i m Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit und damit ein Fall der unter Β 1 behandelten Gruppe vorliegt. I m übrigen wird, da auch diejenigen Autoren, die für die Anstiftung eine Kollusion verlangen, den Kreis der Anstiftungsmittel sehr weit fassen und Anstiftung durch konkludentes Handeln und scheinbares Abraten genügen lassen 14 , bei direkter Einwirkung auf den Veranlaßten die Möglichkeit der Bestrafung wegen Anstiftung nur sehr selten ausgeschlossen sein. Ein solcher Fall wäre der i n Schönherrs „Weibsteufel" geschilderte Fall: eine Frau treibt einen nach ihr versessenen jungen Zollbeamten dadurch zum Mord an ihrem Mann, daß sie diesem gegenüber i n Gegenwart des anderen sexuelle Gesten und Andeutungen macht. Denkbar ist ferner, daß jemand andere, insbesondere eine Volksmenge, gegen sich aufhetzt, damit seine Begleitpersonen (die mit i h m auf dem Podium sitzenden Versammlungsleiter) oder die zu seinem Schutz verpflichteten Personen (ein Sexualverbrecher reizt bei seinem Verschub die Volksmenge durch zynische Gesten, damit Volk und Bewachungspersonal aneinandergeraten) Schaden erleiden.

7. Mittelbare Täterschaft durch Verwirklichung von Qualifikations- und Sonderdeliktsmerkmalen

RG 3, 95 wandte die Figur des absichtslosen dolosen Werkzeugs (s. o. A I I I 4) auch auf § 268 a. F. an, bei welchem die Absicht nicht strafbegründend, sondern nur qualifizierend war. Dieses Urteil rief lebhafte Einwände hervor 1 , die zwar ζ. T. ihre Wirkung durch damit verbundene unzutreffende Angriffe gegen das dolose Werkzeug als solches (s. o. A I I I 4 d) einbüßten, ζ. T. aber heute wieder aktuell werden, da diese Figur eine überraschende Belebung erfahren hat. 15

14 1

217 („Identitätsmerkmal").

H. Mayer 321; Welzel 102.

Mittermaier ZStW 21, 257; Flegenheimer 20, 70; Beling ZStW 28, 592; Wachenfeld ZStW 40, 330; Frank I I I 2 vor §47.

7. V e r w i r k l i c h u n g von Qualifikationsmerkmalen

165

Lebhafte Unterstützung fand sie zunächst bei Wolf, der auf Grund der von ihm vertretenen „älteren Übergewichtstheorie" (s. o. A I I 5) bei einer Minderverantwortlichkeit des Werkzeugs grundsätzlich mittelbare Täterschaft annimmt und § 50 Abs. 2 StGB nur als positiv-rechtliche Ausnahme von diesem Grundsatz ansieht. Er nimmt daher mittelbare Täterschaft bei der Verwirklichung aller qualifizierenden (bzw. beim Ausführenden privilegierenden) Umstände an, die nicht unter § 50 Abs. 2 a. F. fielen, wie z. B. bei §§ 211—212 a. F., 213, 267—268 a. F., 306—307 Nr. 2 StGB, und spricht von einem dolosen Werkzeug „allerdings nicht i n der herkömmlichen Weise, aber trotzdem völlig i n Ordnung gehend" 2 . Andere Autoren gelangen zur Täterschaft des Hintermanns, indem sie das Tatgeschehen ohne nähere Begründung i n zwei Teile zerreißen und dann m i t Hilfe der formal-negativen Theorie 3 oder des intern-subjektiven Täterbegriffs 4 den Hintermann als Täter „einer anderen Tat" ansehen. Eine weitere Gruppe verlangt über das Fehlen der besonderen Absicht beim Ausführenden hinaus dessen Unkenntnis von der beim Hintermann gegebenen Absicht und schafft so einen scheinbaren A n klang an das vorsatzlose Werkzeug 5 . Dabei w i r d jedoch nicht immer darauf geachtet, daß i n manchen Fällen, z. B. bei § 268 a. F., infolge einer altruistischen Fassung des Absichtsmerkmals schon bei einer bloßen Kenntnis des Ausführenden für diesen der qualifizierte Tatbestand eingreift. Eine Sonderstellung innerhalb dieser Gruppe nimmt Schröder ein, der neben der Unkenntnis des Ausführenden von der Absicht verlangt, daß diese nicht dem § 50 Abs. 2 unterfällt, was er bei einer nur den auf einen bestimmten Erfolg gerichteten Willen kennzeichnenden Absicht (z. B. §§ 94, 235 Abs. 3, 265, 272, 274, 307 Nr. 2) annimmt®. Dieses Ergebnis scheint somit lediglich aus dem sekundären Täterbegriff und Strafwürdigkeitserwägungen gewonnen. Hardwig und v. Weber beziehen sich bei ihrer Annahme von mittelbarer Täterschaft auf die Figur des Täters hinter dem Täter, wie umgekehrt auch Lange v. Weber als Vertreter dieser Figur anführt 7 . Gegen das Vorliegen des Täters hinter dem Täter spricht aber schon, daß die Genannten die mittelbare Täterschaft gerade aus der Konstruktion zweier verschiedener Taten gewinnen. I m übrigen läßt sich eine mittelbare Täterschaft hier nur aus der formal-negativen Theorie der mittelbaren Täterschaft (s. o. A I I 3) oder aus dem intern-subjektiven Täter2

3 4 5 6 7

56 f.

So Borchert 101. So υ. Weber MDR 1952, 266 N. 20; Hardwig GA 1954, 261. Petri 31; Mezger 428; v. Hippel I I 473. Schönke-Schröder 18 vor § 47, § 50 15, § 94 6.

I 5 Β 1 vor § 47.

166

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

begriff (s. ο. A I I 10) herleiten. Denn Tatherrschaft und objektivierter Täterwille (s. ο. A I I 8 d) richten sich hier nur auf den weitergehenden Erfolg, nicht aber auf die Durchgangstat 8 . Durch die bloße Absicht kann niemand mittelbarer Täter werden®. Diese Beurteilung ändert sich auch nicht, wenn man m i t B G H 1, 368 gegen die h. L. die §§ 211, 212 als selbständige Tatbestände und die Mordmerkmale dementsprechend als strafbegründend ansieht. Denn auch hier würde — ganz abgesehen davon, daß § 50 Abs. 2 vielfach auch zwischen selbständigen Delikten angewendet w i r d 1 0 — die mittelbare Täterschaft nur m i t der Figur des absichtslosen Werkzeugs begründet werden können, das aber seinerseits nur m i t der formal-negativen Theorie gestützt werden kann (s. ο. A I I 4). Eine materielle Begründung der Täterschaft beim I r r t u m über Qualifikationsvoraussetzungen hat neuerdings Roxin gegeben, indem er diesen Fall i n die von i h m gebildete Gruppe der Täuschung über den konkreten Handlungssinn einordnet 1 1 . Es wurde jedoch bereits ο. Β 4 b cc darauf hingewiesen, daß bei einigen der von Roxin gebildeten Fälle der I r r t u m über den konkreten Handlungssinn nicht das Konstitutivum der Täterschaft darstellt und daß er bei anderen als bloßer M o t i v i r r t u m unbeachtlich ist. Ein selbständiges Moment, das sich auf den hier behandelten Fall übertragen ließe, ist damit also nicht gewonnen.

8. Die Beteiligung an Straftaten durch Mitarbeit in Organisationen

Angesichts der Prüfung der Teilnahmeverhältnisse bei einem gewerkschaftlich organisierten, rechtswidrigen und eine Nötigung darstellenden Streik führte Niese i m Jahre 1954 aus, daß Täter die „verantwortlich und bestimmend Mitwirkenden", die Veranlasser und Organisatoren seien, nicht aber die „unselbständig Ausführenden" 1 . Dieser Gedanke wurde jedoch i n der Dogmatik nicht weiter verfolgt. Erst die i n der letzten Zeit wieder besonders zahlreich gewordenen Aburteilungen von Kriegs-, K Z - und Euthanasieverbrechen während des Dritten Reiches, die i n dem Eichmann-Prozeß i n Jerusalem 1961/62 gipfelten, sowie der i n die gleiche Zeit fallende Staschynskij-Prozeß la haben i n der strafrechtlichen Literatur mehrfach dazu geführt, Täterschaftskriterien 8 9

Blei GA 1961, 231 N. 12.

Wachenfeld ZStW 40, 332; Mittermaier ZStW 21, 257; vgl. auch die Einwände gegen die Annahme von Mittäterschaft durch Hegler, Mezger und

H. Mayer ο. A I I I 4 d. 10 Schönke-Schröder H. Mayer 340. 11 1

§50 24; Schröder

219.

Streik und Strafrecht 83 ff. ^ B G H 18, 87.

SJZ 1950, 568; Mezger-Blei 236 f.;

8. Mitarbeit i n Organisationen

167

zu entwickeln, die es erlauben, sowohl die tatnächsten Ausführenden als auch die organisierenden und befehlenden Hinterleute als Täter zu erfassen. Für andere Rechtssysteme sind diese Fälle z. T. völlig unproblematisch, da sie — unabhängig von der das deutsche Recht beherrschenden Alternative Täterschaft oder Teilnahme — den Begriff des „Organisators" als gefährlichste Beteiligungsform entwickelt haben 2 . I n allgemeinerer Form wies zunächst Peters darauf hin, daß auch, wer befehlend und lenkend an dem verbrecherischen Unternehmen teilnehme, Täter sei, gleichgültig, auf welcher Ranghöhe er stehe und ob er seinerseits wieder einer befehlenden Stelle untergeordnet sei 8 . M i t der Einschränkung, daß die „Untergeordneten oder am Rande Beteiligten" nur Gehilfen seien, relativierte Peters diese Aussage beträchtlich. Mehrfach Beifall i n der deutschen Literatur hat die Äußerung des U r teils des Bezirksgerichts Jerusalem gefunden, wonach das Maß der Verantwortlichkeit bei größerer Entfernung vom Tatort nicht ab-, sondern zunehme 4 . Hierin liegt zunächst eine Unterstützung der oben dargelegten Argumente gegen die Auffassung der Täterschaft als V e r w i r k lichung eines besonderen Aktunwertes (s. o. A I I 12). I m übrigen handelt es sich jedoch mehr u m eine Beschreibung als u m eine brauchbare dogmatische Begründung der Täterschaft des Hintermanns. Dies zeigt sich besonders bei Jäger, der ausdrücklich betont, die Distanz vom Tatort könne psychologisch nicht bedeutungslos sein, die seelische Belastung und die moralischen Hemmungen würden geringer, dann jedoch unvermittelt den „Erkenntnisgewinn des Prozesses" darin sieht, daß einer breiteren Öffentlichkeit die abstrakteren Formen des Mordes zum Bewußtsein kämen. Eine umfassende Begründung der Tatherrschaft des Hintermanns i n diesen Fällen hat dagegen neuerdings Roxin gegeben 5 . Er stellt sie als „Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate" als dritte Form der Willensherrschaft neben die Willensherrschaft kraft Nötigung und kraft Täuschung. Das herrschaftsbegründende K r i t e r i u m sieht er i n der jederzeitigen Auswechselbarkeit, der Fungibilität des Ausführenden. Er sei nur ein Rädchen i m Getriebe des Apparates; dieser funktioniere automatisch, ohne daß es auf die individuelle Person des Ausführenden ankomme. Diese Lehre w i r d wegen ihrer bestrickenden Schlichtheit und der systematisch sauberen Einordnung gewiß einen erheblichen 2 S. z. B. Art. 17 Grundsätze der Strafgesetzgebung der UdSSR und der Unionsrepubliken; dazu Schroeder , Kommentar Anm. I I I . 3 Eckart-Jahrbuch 1961/62, 240 f.

4

Jäger MSchrKrim 1962, 73; Baumann NJW 1963, 564 und JZ 1963, 114; Roxin 247 und GA 1963, 202. 5

242 ff. u n d G A 1963, 193 ff.

168

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

Einfluß entfalten. Gleichwohl scheint uns neben den bereits behandelten Formen des Täters hinter dem Täter kein weiterer, selbständig abgrenzbarer Fall vorzuliegen. Innerhalb verbrecherischer Oganisationen werden vielfach Befehlszwang und nötigungsähnliche Fälle vorliegen. Die Fungibilität des Ausführenden ist dagegen kein typisches Merkmal dieser Fälle. Das zeigt besonders deutlich das Staschynskij-Urteil, i n welchem eingehend dargelegt worden ist, mit welcher langjährigen Mühe und Sorgfalt der Agent auf seine komplizierten Taten vorbereitet werden mußte. Dies dürfte bei der heutigen Diffizilität der Agententätigkeit die Regel sein. Auch das typische langsame Hineinwachsen i n derartige Organisationen und vor allem i n entscheidende Funktionen kann diese Theorie nicht ausreichend berücksichtigen. Das Entscheidende aber scheint uns zu sein, daß sich auch, wenn die Ausführenden nicht auswechselbar sind, wenn man etwa unersetzliche Giftgasspezialisten, U r kundenfälscher u. ä. einsetzt, an der Verantwortlichkeit der Beteiligten nichts ändert. Dagegen scheint uns die Auffassung Roxins eine weitere Bestätigung für den hier entwickelten Typ der Benutzung eines Tatentschlossenen (s. ο. Β 4) zu bieten. Zunächst ist auffallend, daß beide Auffassungen das B i l d des „Einsatzes" des Ausführenden verwenden. Dieses Merkmal w i r d aber durch die bloße Auswechselbarkeit des als Täter i n Aussicht Genommenen nicht gerechtfertigt. Denn auch der Ausgewechselte könnte ja die Begehung der Tat verweigern usf. Der tiefere Grund für die Annahme einer Tatherrschaft der Hinterleute kann doch auch für Roxin nur darin liegen, daß durch die Auswechselbarkeit jederzeit tatbereite Werkzeuge beschafft werden können. Die Auswechselbarkeit ist also nur ein M i t t e l zur Erlangung der Tatherrschaft, aber nicht deren tragender Grund. Ein weiterer Einwand gegen die Konstruktion Roxins liegt i n der Unschärfe ihrer Umgrenzung. Roxin verlangt, daß der Apparat als ganzer außerhalb der Rechtsordnung w i r k t 6 , wobei er staatliche Organisationen selbst und Verbrecherbanden als „Staat i m Staate" unterscheidet. Während nun beim vieldiskutierten Beispiel des Bandenchefs mittelbare Täterschaft kraft Organisationsherrschaft gegeben sein soll 7 , soll „ein halbes Dutzend asozialer Elemente" für eine Bande nicht ausreichen. Schließlich nimmt Roxin der von i h m eingeführten Figur insofern wieder einen beträchtlichen Teil ihrer Wirksamkeit, als er die Täterschaft auf den Inhaber von Befehlsgewalt beschränken w i l l 8 . Bei der Benutzung staatlicher Machtapparate w i r d sich hier die Täterschaft ® 249 und GA 1963, 204. 299. 8 249 und GA 1963, 203.

7

9. Irrtümliche Annahme der Täterstellung

169

vielfach schon aus den Vorschriften über den militärischen Befehl ergeben (s. o.). I m übrigen w i r d man auch i n der organisatorischen M i t w i r kung vielfach Mittäterschaft erblicken können. Zwar kann nach einer verbreiteten Auffassung die M i t w i r k u n g i m Vorbereitungsstadium keine Täterschaft begründen 9 . Diese Kontroverse ist jedoch dadurch zu überbrücken, daß bei gewissen komplizierten, umfangreichen Taten, die nur durch eine präzise Organisation vorgenommen werden können, diese bereits das Versuchsstadium darstellt. Dies gilt ohne weiteres für die Ausarbeitung und Organisation der nationalsozialistischen Massenvernichtungsaktionen. Es gilt aber auch für die bis ins letzte ausgefeilte Planung der Taten Staschynskijs mit der raffinierten Konstruktion der Giftpistole, der Ausrüstung des Täters mit gefälschten Papieren und Nachschlüsseln für die Wohnungen der Opfer sowie der exakten Vorschreibung von Tatort und Tatzeit.

9. Die irrtümliche Annahme der Täterstellung

Als ein Fall möglicher mittelbarer Täterschaft bei volldeliktischem Handeln des Tatmittlers w i r d von den „Vorschlägen und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " auch die Benutzung eines vermeintlich gutgläubigen Werkzeugs, der I r r t u m über den Tätervorsatz genannt 1 Die Anerkennung dieser Möglichkeit geht vor allem auf die Ausführungen von Baumann2 zurück. I m Gegensatz zu den bisher behandelten Fällen stehen sich jedoch i m vorliegenden Fall die subjektive und die objektive Teilnahmetheorie diametral entgegen; es handelt sich hier sogar um den einzigen Fall, i n dem diese Lehren heute noch zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangen 3 . Zunächst einmal ist festzustellen, daß das Problem sich nicht auf den zumeist erörterten Fall eines vom Hintermann unerkannten vorsätzlichen Handelns des Tatmittlers beschränkt, sondern auf alle Fälle i r r tümlich angenommener Täterschaft auszudehnen ist 4 . I n Frage kommt damit die irrtümliche Annahme von Zurechnungsunfähigkeit, von Notstand (der Hintermann bedroht den Ausführenden m i t Leibesgefahr für einen Angehörigen, der — wie nur der Ausführende weiß — bereits verstorben ist oder — z. B. infolge heimlicher Auflösung des Ver9 Gallas Mat. I 137; Η. Mayer 314; Roxin 294: a. A. Maurach 516; SchönkeSchröder 31 vor §47; Baumann JuS 1963, 87; Welzel 98 und SJZ 1947, 650; Bockelmann 101; BGH 16, 12. 1 2

3

Ndschr. X I I 139 f., 492. JZ 1958, 230 ff.

Nowakowski JZ 1956, 549; Gallas JZ 1960, 651; s. ο. A I I 8daa. Vgl. Maurach 504 f. (mißverständlich dagegen JuS 1961, 381); Gallas Mat. I 139; Roxin 261 ff. 4

170

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

löbnisses — kein Angehöriger mehr ist; der Hintermann bedroht den Ausführenden m i t einer Pistole, die dieser vorher heimlich entladen hat), von Verbotsirrtum, von Qualifikations- oder Absichtslosigkeit des Mittlers (der zu einer unrichtigen Beurkundung veranlassende Beamte hält den Ausführenden für einen Nichtbeamten; der Bauer fordert seinen Knecht auf, des Nachbarn Gänse „ i n den eigenen Stall" zu treiben — dieser mißversteht das und treibt sie i n seinen eigenen Stall), von rechtmäßigem Handeln des Werkzeugs (der Richter verurteilt bewußt den fälschlich Angezeigten, da er selbst m i t i h m verfeindet ist; das Opfer eines provozierten Angriffs w i l l sich nicht verteidigen, sondern freut sich über die Gelegenheit zum Raufen). Da nach der subjektiven Theorie mittelbare Täterschaft ζ. T. auch bei Benutzung eines mit bloßem Gehilfenvorsatz Handelnden vorliegt, muß für sie hierher auch der Fall einer irrtümlichen Annahme dieses Vorsatzes gehören. Die objektiven Theorien können hier keine Täterschaft annehmen. Auch die Konstruktionsversuche eines unbeachtlichen Exzesses des Werkzeugs 5 oder eines unbeachtlichen Irrtums über den Kausalverlauf® vermögen dieses Ergebnis nicht zu ändern. Ersterer nicht, weil der Begriff des Exzesses für das Verhältnis zu vom Anstiftervorsatz qualitativ verschiedenen Taten entwickelt wurde, nicht aber für die vom Anstiftervorsatz abweichende („quantitative") Verwirklichung von Verbrechenselementen; ferner weil er primär eine über seine Schuld hinausgehende Haftung des Anstifters verhindern soll, hier aber gerade eine Verringerung der Strafbarkeit von der Täter- zur Anstifterhaftung verhindert werden soll. Letzterer nicht, weil er bereits offen läßt, ob hier wirklich nur eine unwesentliche Abweichung vom vorgestellten Kausalverlauf vorliegt 7 , ferner weil es sich bei der Beteiligtenstellung um ein neben der Kausalität festzustellendes Verbrechenselement handelt, das daher nicht i n jene hineingezogen werden kann. Für die objektive Teilnahmelehre kann die Frage vielmehr nur darin bestehen, ob hier eine versuchte Täterschaft 8 oder aber — da der Vorsatz „weitergehend", ein maius gegenüber dem Anstiftervorsatz sei — wenigstens vollendete Anstiftung vorliegt 9 . Dahm lehnt zwar die These 5

R G 57, 274.

• Nagler 151; Klee GA 67, 90; Dahm NJW 1949, 809 f.; Mezger-Blei 230;

für den umgekehrten Fall (vermeintliche Anstiftung) findet sich dieses Argument mit dem Ergebnis mittelbarer Täterschaft schon bei Wachenfeld ZStW 40, 134. 7 R G 70, 257; B G H GA 1955, 123; B G H 7, 329 halten nur Abweichungen für unwesentlich, die sich noch innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner

Lebenserfahrung Voraussehbaren halten und keine andere Bewertung der Tat rechtfertigen. 8 Hegler RG-Festgabe 311 N. 24, 320 N. 58; Maurach 3. Aufl. 573.

9 Hergt 105 (Berücksichtigung des weitergehenden Willens bei der Strafzumessung), 135; Maurach 505, 529 f. (a. A. jetzt 3. Aufl., s. Fußn. 8); Welzel

9. Irrtümliche Annahme der Täterstellung

171

von der Umfassung des Teilnehmerwillens durch den Täterwillen ab, kommt aber aufgrund der Kommensurabilität von Täterschaft und Teilnahme und des entsprechenden Vorsatzes zum gleichen Ergebnis 10 . Übereinstimmung i m Ergebnis besteht ferner mit Roxin, der für die Fälle der Vorsatzkenntnis beim Hintermann i n der erstrebten „Tatherrschaft auf höherer Stufe" eine „vollendete Teilnahme auf niedrigerer Herrschaftsebene" enthalten sieht und i m übrigen die Teilnahme als sekundären Begriff auffaßt, der nur negativ durch das Fehlen der Täterkriterien bestimmt sei 11 . Schließlich w i r d eine Bestrafung wegen A n stiftung noch aus einem unbeachtlichen I r r t u m über die Zurechnung 12 oder aus einem I r r t u m über Rechtsbegriffe und strafrechtliche Rechtsfolgen 13 hergeleitet; diese Auffassungen wurden von Dahm zu Recht angegriffen 14 . Nur nebenbei sei auf das i n dieser Auffassung liegende eindeutige Bekenntnis zur Verursachungstheorie der Anstiftung hingewiesen, das auch durch die Schattenbeschwörung Bockelmanns , die Täterschuld sei „nicht nur ein einfaches Plus, sondern ein aliud i m Verhältnis zur Teilnehmerschuld, jedoch zugleich auch ein Mehr" 1 5 , nicht eingeschränkt wird. Ernst m i t der Korrumpierungstheorie macht H. Mayer, der Bestrafung wegen Anstiftung ausschließt 16 . Für ihn schließt übrigens der Anstiftervorsatz den Tätervorsatz ein, so daß er gerade i n dem umgekehrten Fall (irrtümliche Annahme der Anstiftung) Anstiftung bejaht 1 7 . Sein eigenartiger Rückgriff auf eine starke geistige Abhängigkeit des Ausführenden von Hintermann zur Begründung einer Nebentäterschaft wurde bereits oben erwähnt (B l a ) . Aber auch die vom Standpunkt der Korrumpierungstheorie gebotene Bestrafung wegen versuchter mittelbarer Täterschaft 18 läßt Η. Mayer nicht zu; nach seiner Auffassung ist nur psychische Beihilfe gegeben 19 . Gallas weist noch auf das wichtige Argument hin, daß die Annahme versuchter Täterschaft gegenüber der 2. Aufl. 72; Frank I I 2 vor §47; Wegner Reform 118; Wachenfeld 189; ZStW 40, 131; Oetker GS 68, 307; Gallas Mat. I 139; Ndschr. I I 121; Jescheck a.a.O.

I I 98; für Anstiftung ferner Allfeld 218 N. 8; Merkel Frank-Festgabe I I 145; Köhler 497, 514; v. Hippel 476 sowie von ihrer Auffassung der Anstiftung als

mittelbarer Täterschaft aus Kohler 106, 116 und Petri 60 f. 10

11

12 13 14 15 16 17

18 18

82 ff. 272.

M. E. Mayer 393 N. 7; Ludwig 5 N. 1; v. Uthmann NJW 1961, 1909. Liszt-Schmidt 327 N. 2; Eb. Schmidt Frank-Festgabe I I 130 f. 78 f. 38 N. 17. 323. 307, 323, 329, JZ 1956, 111.

Vgl. Gallas Mat. I 139 u. o. Fußn. 8. 323.

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

172

Regelung des E 1962 für den umgekehrten Fall, die i n § 32 Bestrafung „ w i e ein Anstifter" und damit die volle Täterstrafe vorsieht, zu einem merkwürdigen Ergebnis führe 2 0 . Z u grundsätzlich entgegengesetzten Ergebnissen kommt — wenigstens überwiegend — die subjektive Teilnahmetheorie. Sie n i m m t i n diesen Fällen mittelbare Täterschaft des Hintermanns an 2 1 . Gerade hier zeigen sich die Schwächen der subjektiven Theorie bei der mittelbaren Täterschaft besonders deutlich: ein intern-subjektiver Täterbegriff, der die ganze Problematik der Fehlvorstellung hinfällig machen würde, w i r d aus naheliegenden Gründen (s. ο. A I I 8 e, 10) nicht vertreten. Vielmehr w i r d die Vorstellung von einem Defekt beim Ausführenden verlangt, der aber infolge der Anerkennung der formal-objektiven Theorie für den Ausführenden nur mehr rein formal gefaßt w i r d : es w i r d die Vorstellung von dem Fehlen eines Verbrechenselements beim Ausführenden verlangt; auf der anderen Seite soll i n diesen Fällen aber nur mittelbare Täterschaft möglich sein 22 . Eine eigenartige Form der subjektiven Theorie v e r t r i t t Baumann, indem er die Täterschaft des Hintermanns nicht nur von dessen bloßer Vorstellung abhängig macht, sondern sogar die Vorstellung während des Einschaltungsaktes genügen läßt 2 3 . Die Täterschaft w i r d damit noch weiter von der objektiven Sachlage gelöst. So könnte Baumann eine spätere Änderung i n der Beteiligtenstellung des Tatmittlers folgerichtig selbst dann nicht berücksichtigen, wenn sie vom Hintermann erkannt w i r d 2 4 . Soll aber w i r k l i c h A, der den erkannt zurechnungsunfähigen Β zu einer Straftat veranlaßt hat, die dieser, inzwischen m i t Wissen des A von seinem Fieberdelirium genesen, begeht, als mittelbarer Täter strafbar sein und umgekehrt? Der Fall läßt sich auch so bilden, daß man nur das Vorstellungsbild des Hintermanns beim Einschaltungs- und Ausführungsakt variieren läßt, indem Β während der ganzen Zeit zurechnungsfähig ist oder nicht und A dies kurz vor der Tat erkennt. Die Berufung Baumanns auf den primären Täterbegriff w i r d an anderer Stelle erörtert (C 3). Zu einem von der subjektiven Theorie abweichenden Ergebnis gelangt Mezger, der seine Teilnahmelehre allerdings als objektiv-subjektiv, als 20

21

Ndschr. X I I 267.

Schönke-Schröder 15, 65 vor §47; Lange I Β 2 a vor §47; Baumann 482, 506; JZ 1958, 230 ff.; JuS 1963, 59, 89, 96 f.; NJW 1963, 565; Schwarz-Dreher 1 Β h vor §47; Binter DJ 1944, 89 f.; Niethammer, Olshausen §48 8; Zimmerl

Aufbau 145; R G 42, 151; 57, 274; 60, 370 (Nebentäterschaft); § 33 Abs. 4 E 1913;

§26 Abs. 2 S. 2 E 1919; dagegen Beling Methodik 146 f.; Coenders, RG-Fest-

gabe V 301. 22

23

24

Schönke-Schröder

a.a.O.; Baumann a.a.O.

JZ 1958, 230 ff., 231, 234. So in der Tat jetzt JuS 1963, 96 f.; kritisch auch Roxin 274,

10. Benutzung einer actio libera i n causa u. ä.

173

„gemischt" bezeichnet 25 : er stellt zunächst fest, daß für das Vorhandensein des Täter- oder Anstifterwillens „häufig maßgebend ist, ob der Veranlassende den Benutzten (richtigerweise oder irrtümlich) für einen selbständigen Täter oder für ein bloßes Werkzeug hält" 2 6 , n i m m t aber dann i n den Irrtumsfällen immer Anstiftung an, da der weitergehende Tätervorsatz den Anstiftungsvorsatz ersetze 27 . Überraschend ist noch, daß viele der angeführten Autoren bei den Sonderfällen der mittelbaren Täterschaft i m Besonderen Teil (§§ 160, 271) inkonsequent werden, offensichtlich wegen der unterschiedlichen Strafdrohungen. So nehmen Maurach 28 und Welzel 29 bei der Verleitung zu einer vermeintlich unvorsätzlichen, i n Wahrheit aber vorsätzlichen Falschaussage und i m entsprechenden Fall bei der Falschbeurkundung Vollendung der §§ 160, 271 (und damit vollendete mittelbare Täterschaft) an. Die gleiche Inkonsequenz findet sich bei Frank 30 und Mezger* 1. Dagegen blieb dem der subjektiven Theorie anhängenden RG die Feststellung vorbehalten, daß der Verleitende „bezüglich des von i h m nicht gewollten Überschusses nicht verantwortlich" sei und daß allenfalls Versuch i n Frage komme 3 2 . Dieser Auffassung haben sich auch andere Vertreter der subjektiven Theorie angeschlossen33. Nur Schröder 34 und Lange35 nehmen konsequent Vollendung an. Die vorstehenden Ausführungen haben ergeben, daß i n den Fällen einer irrtümlichen Annahme der Täterstellung beim Hintermann die Annahme einer mittelbaren Täterschaft für die objektiven Theorien überhaupt nicht möglich ist und sie die Mängel der subjektiven Theorie besonders deutlich macht. Für einen allgemeingültigen Nachweis der Figur des Täters hinter dem Täter können diese Fälle daher nicht benutzt werden.

10. Die Benutzung einer actio libera in causa, eines dolus generalis und einer in verschuldetem Notstand begangenen Handlung

Zum Abschluß sollen noch drei Fälle dargestellt werden, die i n der Literatur bisher überraschenderweise nicht näher behandelt worden 25

L K 4 vor § 47. L K § 47 9 a. 449; L K § 48 3 d. 28 BT 3. Aufl. 611, 613, 441; 4. Aufl. 469, bei Falschaussage jedoch nunmehr konsequent Versuch des § 160: 658 f. 29 455, 354. 30 § 160 I V . 26

27

31 32

33 34 35

LK § 160 2; ebenso Jagusch LK § 271 6.

R G 11, 418; 60, 1; anders für § 271 R G 13, 52.

Schwarz-Dreher § 160 1 B. Schönke-Schröder § 160 11, § 271 28.

§ 160 I I I .

174

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

sind 1 , i n denen aber die gesamte h. L. zur Figur des Täters hinter dem Täter gelangen muß. Es gibt nämlich drei Fälle, i n denen für das Verhältnis zwischen dem Veranlassenden und dem Ausführenden die üblichen Voraussetzungen der mittelbaren Täterschaft vorliegen, der Ausführende aber gleichzeitig trotz seiner Natur als Werkzeug i m Zeitpunkt der Ausführung als Täter haftet. Freilich ist dies nur dadurch möglich, daß der Zeitpunkt der Haftung verschieden angesetzt wird. a) D i e B e n u t z u n g

einer actio libera in

causa

Der erste dieser Fälle ist die Benutzung einer actio libera i n causa (alic). Allerdings sind die Möglichkeiten einer Tatherrschaft über den Ausführenden hier beschränkt. Das ist nur natürlich, denn die Figur der alic beruht ja auf der These, daß hinsichtlich der i m Zustand der Schuldlosigkeit begangenen Handlung die „Tatherrschaft" des alic-Täters vorliegt. Gleichwohl liegt eine gewisse Lockerung dieser Tatherrschaft vor, aus der sich die Möglichkeit der gleichzeitigen Täterschaft des Veranlassenden ergibt. Eindeutig wäre die Tatherrschaft des Hintermanns zunächst, wenn man der verbreiteten Abschwächung der subjektiven Voraussetzungen hinsichtlich der alic folgt. Denn „ u m den Wirkungskreis des suspekten § 330 a einzuengen" 2 , ist vielfach die Ansicht vertreten worden, für die alic genüge das Wissen von der Neigung zur Begehung irgendwelcher Straftaten. Wenn diese These auch i n erster Linie für die fahrlässige alic aufgestellt wurde, so wurde sie doch — an sich konsequent, da ebenso wie die Voraussehbarkeit irgendwelcher Straftaten auch deren sichere Voraussicht vorliegen kann — auch auf die vorsätzliche alic übertragen. So hält Dahm bei der Kenntnis des Täters, i m Rausch zu „Ausschreitungen irgendwelcher A r t , namentlich auch zum Demolieren von Sachen" zu neigen, Bestrafung wegen vorsätzlicher Sachbeschädigung für möglich 3 . Schmidt-Leichner bemerkt, daß der Täter bei der alic oft mehrere unbestimmte Erfolgsvorstellungen haben werde, die der Vorstellung einer allgemeinen Ausschreitung praktisch gleichkämen 4 . Indessen ist diese Auffassung schon früher überwiegend angegriffen worden 5 und w i r d heute einmütig abgelehnt 6 . 1 Eine Ausnahme bildet neuerdings Roxin 216 hinsichtlich der Benutzung eines dolus generalis, der aber anders als hier als „Irrtum über den konkreten Handlungssinn" behandelt wird, s. ο. Β 4 b cc, Β 6.

2 3

4

Maurach Schuld u. V. 108 N. 42.

Z A k D R 1939, 269. DStR 1940, 116.

5 Niederreuther GS 114, 342; Gerland ZStW 55, 792; H. Mayer ZStW 59, 303, 327 ff.; Nebel JW 1935, 2373; Lange ZStW 59, 590 f.; Niethammer, Ophausen §51 6; Schäfer-Wagner-Schafheutle 209; Schäfer-Richter-Schafheutle

§ 330 a N. 5; R G 22, 413; 70, 85; 73, 182.

6 Maurach 350; Schuld u. V. 108 N. 42; JuS 1961, 374ff.; Schönke-Schröder § 330a 4; Schröder GA 1957, 300; Welzel 135; Mezger LK § 51, 11; Baumann 321; H. Mayer 243; Roeder Rittler-Festschrift 219 f.; BGH 2, 14, 17.

10. Benutzung einer actio libera i n causa u. ä.

175

Besonders eindringlich hat sich i n dieser Richtung erst neuerdings wieder der B G H ausgesprochen, dabei allerdings gleichzeitig ausgeführt, daß die Kenntnis von der Neigung zu Gewalttaten i m Rausch als Beweisanzeichen für den unbedingten Vorsatz hinsichtlich der i m Rausch begangenen Taten gewertet werden könne 7 . Gleichwohl sind auch ohne diese Erweiterung Fälle denkbar, i n denen der alic-Täter i m Zeitpunkt seiner Schuldlosigkeit von einem anderen beherrscht wird, diese Beherrschung aber für ihn nur eine unbeachtliche Abweichung des Kausalverlaufs darstellt, so etwa wenn der einen Mord Planende i m Rausch zunächst i n eine willenlose Apathie verfällt und erst von einem Dritten wieder auf sein Opfer gehetzt wird. I m Extrem mag man den Fall schließlich so variieren, daß jemand sich i n der Voraussicht und Hoffnung oder auch bloßen Billigung 8 betrinkt, i m Zustande der Zurechnungsunfähigkeit von einem Dritten zu einer Straftat benutzt zu werden, so wenn der Bauernbursche A sich betrinkt, obwohl er weiß und i n Kauf nimmt, daß er nach dem Genuß von fünf Maß Bier jeder Aufforderung zu Gewalttätigkeiten erliegt. Die mittelbare Täterschaft durch Benutzung einer alic ist denn auch i n der Literatur — soweit auf die Teilnahmeprobleme bei der alic überhaupt eingegangen w i r d — anerkannt 9 . Die Taten des alic-Täters und des Hintermanns lassen sich auch nicht auf andere Weise miteinander verknüpfen. Mittäterschaft könnte nur gegeben sein, wenn i n dem Zeitpunkt, i n dem der alic-Täter seine Verantwortung ausschließt, ein gemeinschaftlicher Tatentschluß vorliegt. Dies könnte etwa i n dem oben genannten Beispiel der Fall sein, wenn der Bauernbursche jeden Samstag nach dem Genuß eines ausreichenden Quantums Bier von seinen Freunden auf fremde Gäste gehetzt wird. Aber diese Möglichkeit entfällt bei Hinterleuten, die eine solche Absicht des Burschen nicht kennen. Man könnte weiter an die verbreitete Auffassung denken, der alic-Täter benutze sich selbst als Werkzeug, sei gewissermaßen mittelbarer Täter, und damit zur Nebentäterschaft gelangen. Indessen wurde diese Auffassung bereits oben A I I I 8 abgelehnt und w i r d zu der Möglichkeit der Nebentäterschaft bei Kenntnis eines der mehreren Täter von der Tätigkeit des anderen noch später Stellung genommen werden (s. u. C 8). Damit ist bereits i m induktiven Teil der Arbeit der Nachweis erbracht, daß es die Figur des Täters hinter dem Täter vom Standpunkt aller Täterlehren aus gibt. Der innere Grund für diese Möglichkeit ist ein doppelter. Einmal zeigt sich auch hier jener schon bei den Fällen 7 8

B G H 17, 259. B G H NJW 1955,1037.

• Maurach JuS 1961, 380 f.; Lange ZStW 59, 589.

176

Β. Die Fälle des Täters hinter dem Täter

Β 1 bemerkte Gesichtspunkt, wonach die Rechtsordnung häufig aus kriminalpolitischen Gründen strengere Maßstäbe anlegen muß, als es einer rein materiellen Wertung entsprechen würde. Wie bei dem Handeln i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe oft — materiell gesehen — eine Schuld des Täters fehlt, so ist hier die subjektive Beziehung des alic-Täters zu seiner Tat offensichtlich gegenüber dem Normalfall gelockert: seine alic-Tat w i r d nicht mehr von i h m beherrscht, sondern stellt nur eine W i r k u n g des von i h m noch beherrschten Verhaltens dar; gerade aus diesem Grunde ist die Beherrschung dieser Tat durch einen anderen nach den Grundsätzen der mittelbaren Täterschaft möglich. Es ist immerhin daran zu erinnern, daß die Strafbarkeit der alic keineswegs selbstverständlich ist und früher weitgehend abgelehnt wurde 1 0 . Der zweite Grund besteht darin, daß der Zeitpunkt der Bestimmung der Verantwortlichkeit und Täterschaft beim Hintermann und beim Ausführenden verschieden angesetzt wird. A u f diese beiden Gründe w i r d später noch zurückgegriffen werden (s. u. C 5). Die Beachtung der Möglichkeit des Zusammentreffens von alic und mittelbarer Täterschaft gibt übrigens auch Gelegenheit, eine bislang umstrittene Frage der Beteiligung am Selbstmord durch Unterlassen unter strengem Rückgriff auf die herkömmlichen dogmatischen Figuren befriedigend zu lösen. Wenngleich sich nämlich die Straflosigkeit der Nichthinderung eines fremden Freitodes auch durch einen Garanten inzwischen allgemein durchgesetzt hat (s. ο. A I I I 9), ist dieses Ergebnis für die Untätigkeit bei bereits eingetretener Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders immer noch umstritten. Die Begründung m i t einer aus Billigkeitsgründen gefolgerten Erstreckung des straffreien Raumes auf die nachträgliche Untätigkeit 1 1 kann nicht völlig befriedigen. Schon o. A I I I 5 wurde darauf hingewiesen, daß eine Lösung der Problematik der Veranlassung zur Selbstverletzung weder von einem Akzessorietätsdenken aus (das mangels einer rechtswidrigen Haupttat regelmäßig zur Straflosigkeit führen würde) noch von einer formal-negativen Auffassung aus (die mangels einer Strafbarkeit des Ausführenden regelmäßig zu einer Täterschaft des Teilnehmers führen würde) möglich ist, sondern nur dadurch, daß man die Selbstverletzung wie eine strafbare Handlung betrachtet. Dann ergibt sich auch für den handlungsunfähig gewordenen Selbstmörder eine Lage, die der der alic entspricht. Wie eben dargelegt, kann aber zu der Tatherrschaft des alic-Täters nur dann die Tatherrschaft eines anderen hinzutreten, wenn entweder ersterer 10

So von Kleinschrod,

Berner und Savigny; ihm folgte die Praxis mehrerer

Partikularrechte; zuletzt Katzenstein, causa, 1901. 11

Die Straflosigkeit der Actio libera in

Gallas JZ 1960, 689; Schönke-Schröder 17 vor §211; Maurach 18; Grünwald GA 1959, 121; Heinitz JR 1954, 405 und 1955, 105; Triebe GA 1959, 166; Roxin 475.

10. Benutzung einer actio libera i n causa u. ä.

177

wider Erwarten nicht von selbst zum Angriff ansetzt, die Veranlassung aber nur eine unbeachtliche Abweichung des Kausalverlaufs darstellt, oder sich das Verschulden des alic-Täters gerade auf die Veranlassung zum Angriff auf das geschützte Rechtsgut bezieht. Da i m Falle des handlungsunfähig gewordenen Selbstmörders der alic-Täter aber bereits alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan hat, wäre keine Veranlassung mehr möglich und kann daher auch eine entsprechende Unterlassung allenfalls Beihilfe zur alic-Tat darstellen. Etwas anderes kann nur dann gelten, wenn sich die Garantenstellung gerade auf die Verhinderung von alic-Taten bezieht: ein Bahnbeamter ist etwa eigens angestellt, um die berühmten schlafenden Weichensteller zu kontrollieren und gegebenenfalls zu wecken, oder das Personal einer K l i n i k für Selbstmörder hat Selbstmorde auf jeden Fall zu verhindern. b) D i e B e n u t z u n g e i n e s d o l u s

generalis

Ganz ähnlich liegen die Dinge bei dem Problem des sog. dolus generalis, der durch das Abstellen auf den Verursachungsgesichtspunkt und besonders durch B G H 7, 325 ohnehin i n die Nähe der alic gerückt ist 1 2 . Ein nachträglich hinzukommender Dritter könnte i m Fall B G H 7, 325 die wegen Blutrauschs zurechnungsunfähige Täterin sehr wohl als Werkzeug benutzen. Das gleiche gilt für den klassischen Fall des dolus generalis: der Täter, der sein Opfer nach dem ersten Schlag für tot hält, w i r f t es von einer Brücke, wodurch der Tod eintritt. Nimmt man hier i n exakter Konstruktion versuchten Mord i n Tateinheit m i t fahrlässiger Tötung an 1 3 , so liegt bei der Veranlassung der fahrlässigen Tötung durch einen Dritten („Der ist tot, den kannst du ruhig hinunterwerfen!") m i t telbare Täterschaft durch Benutzung eines fahrlässigen Werkzeugs vor. N i m m t man dagegen eine einheitliche vorsätzliche Tötung an, sei es über die Lehre vom dolus generalis 14 , über die Adäquanztheorie 15 , über die Annahme einer einheitlichen Handlung 1 6 oder schließlich über das Abstellen auf die Verursachung der späteren Handlung 1 7 und die hiermit meist verbundene Lehre von der unbeachtlichen Abweichung des Kausalverlaufs 18 , so muß man auch hier bei einer Veranlassung des I r r tums durch einen hinzutretenden Dritten zur Figur des Täters hinter dem Täter gelangen. 12

Vgl. H. Mayer JZ 1956, 109 f.; Maurach JuS 1961, 377 f. Mezger 314 f.; Maurach 221; Engisch Untersuchungen 72; Härtung SJZ 1949, 68; Frank § 59 IX. 13

14

15 16

Ο G H 1, 75.

v. Hippel 337; VDA I I I 546; Schwarz-Dreher § 59 D 2 c. Liszt-Schmidt 268 N. 7; Dohna 26 f.; Welzel 67; teilweise auch H. Mayer

JZ 1956, 112. 17

H. Mayer 249 und JZ 1956, 109 ff.; RG 67, 258; BGH 7, 325; OLG Düssel-

dorf NJW 1962, 684. 18

Schönke-Schröder

12 Schroeder

§59 26; Baumann 349 f.

178

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

c) D i e B e n u t z u n g e i n e r in verschuldetem Notstand begangenen

Handlung

Die gleiche Problematik ergibt sich schließlich bei der Benutzung eines i n verschuldetem Notstand Handelnden. § 54 StGB schließt die Berufung auf den Notstand aus, wenn dieser verschuldet war. Dabei muß sich das Verschulden nach h. L. auf die konkrete Kollisionslage, nicht nur auf die bloße Gefahr beziehen 19 . Für die Beurteilung des hinzukommenden Dritten, der dem Notstandstäter Ratschläge erteilt oder ein Werkzeug zuwirft, kann es dagegen keinerlei Unterschied machen, ob der i m Notstand Befindliche diesen verschuldet hat oder nicht 2 0 . Bevor aber auch dieser F a l l als Fall des Täters hinter dem Täter angesehen werden kann, gilt es, zwei möglichen Einwänden entgegenzutreten. Der erste betrifft die Frage, ob hier überhaupt ein weiterer Fall neben den Fällen der Benutzung einer alic gegeben ist oder ob es sich nicht vielmehr um einen Unterfall derselben handelt. Das Argument, daß andernfalls das ausdrückliche Erfordernis des Unverschuldetseins i n § 54 StGB überflüssig wäre, läßt sich hierfür nicht verwerten, da bei der Schaffung dieser Vorschrift die Möglichkeit der alic beim Handeln i m Notstand noch gar nicht vor Augen stand. Nicht nur Katzenstein behandelt die alic lediglich unter dem Gesichtspunkt der vom Täter herbeigeführten Zurechnungsunfähigkeit; auch i n der neueren Literatur beschränkt sich die allgemeine Erörterung der alic trotz der Anerkennung i m Rahmen des § 52 StGB vielfach auf den Fall der Zurechnungsunfähigkeit 2 1 . Zutreffend sieht dagegen Maurach als taugliches Bezugsobjekt „jedes verbrechenskonstitutive Element" an 2 2 . Noch bis Anfang der dreißiger Jahre wurde daher für den Ausschluß des Notstands bei verschuldeter Herbeiführung die Figur der alic lediglich analog 23 , als Vergleich 24 , als gewisse Ähnlichkeit 2 5 herangezogen. Das Fehlen des Erfordernisses des Unverschuldetseins des Notstands i n § 52 StGB hat nun allerdings die Lehre i m Fall des Notstands eher 19

Maurach 313; Jagusch LK §54 4; Lange §54 I I I ; RG 36, 334; 72, 249; a. A. Goldschmidt 6 N. 17, 53 N. 28.

20 Anders Roxin 151, der mit der formal-negativen Täterlehre (s. ο. A I I 3) bei der Nötigung mittelbare Täterschaft nur annimmt, wenn „dem Vordermann um der Herrschaft des Hintermanns willen die Verantwortung abgenommen wird". Das Kriterium der „Umgestaltung der Situation des Notstandstäters", das zur mittelbaren Täterschaft führen soll (dagegen schon o. A I I I 1 d), durchbricht allerdings diese Konzeption, da es auch bei verschuldetem Notstand gegeben sein kann.

21 Mezger LK §51 11; Lange §51 I I I ; H. Mayer 242; Frank § 51 V; LisztSchmidt 242; Welzel 135. 22 JuS 1961, 373; zust. Schönke-Schröder § 51 36. 23 Goldschmidt 53; v. Weber 41 N. 1. 24 Siegert 96 N. 4. 25 Heimberger Reform 80.

10. Benutzung einer actio libera i n causa u. ä.

179

als bei den anderen Verbrechenselementen auf das Problem der alic geführt. Überwiegend w i r d heute eine Entschuldigung nach § 52 StGB bei Vorliegen der Voraussetzungen der alic abgelehnt; diese Konstruktion w i r d jedoch regelmäßig deutlich von der Anwendung des Tatbestandsmerkmals „unverschuldet" i n § 54 StGB unterschieden 26 . Es steht somit fest, daß die Literatur trotz der inzwischen weiterentwickelten Figur der alic fast einhellig das K r i t e r i u m der Verschuldung des Notstands i n § 54 StGB nicht als Unterfall der alic ansieht. Damit w i r d allerdings — worauf hier nur kurz hingewiesen werden kann — die dogmatische Einordnung dieses Kriteriums zweifelhaft. Unter der „Verschuldung" nach § 54 StGB versteht die h. L. die pflichtwidrige vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung 2 7 . Sachlich besteht der Unterschied gegenüber der alic also i n der Erweiterung der Bestrafung wegen vorsätzlicher Begehung auf den Fall einer fahrlässigen alic 2 8 . Diese Erweiterung rechtfertigt es aber kaum, auch dem F a l l der vorsätzlichen Herbeiführung einen anderen Platz i m Verbrechensaufbau zuzuweisen, als er i h n etwa bei § 52 StGB hat. I n der Lehre w i r d das K r i t e r i u m der Verschuldung vielfach i n toto auf der Ebene der Zumutbarkeit abgehandelt 2 9 und E 1960 und 1962 wollen es überhaupt nur noch i m Rahmen der Zumutbarkeit berücksichtigen 30 . Der zweite Einwand gegen eine Verwendung dieses Falles zum Nachweis des Täters hinter dem Täter i n der geltenden Dogmatik geht dahin, daß von einem Teil der Lehre mittelbare Täterschaft nur bei Provokation der Notstandslage angenommen wird. Diese Auffassung wurde jedoch schon ο. A I I I 1 d eingehend abgelehnt. I m übrigen lassen sich auch hier — ebenso wie bei der alic — Fälle bilden, i n denen sich das Verschulden des Notstandstäters gerade auf die Provozierung der Notlage durch den Hintermann bezieht: der Playboy X geht m i t einer Begleiterin, die ein grellrotes K l e i d trägt, an einer Rinderherde vorbei, obwohl er weiß, daß sie nur beabsichtigt, daß er sie und sich m i t seinem Taschenrevolver vor den heranstürzenden Bullen verteidigt; oder — i n Abwandlung eines bekannten Falles — jemand schickt seinen Feind und einen Dritten auf eine Bergtour, deren Gefährlichkeit dem D r i t t e n bekannt ist; als er später nachsteigt und beide hilflos am Seil hängen sieht, reicht er dem D r i t t e n sein Messer und rät ihm, das Seil zu kappen. 26 Welzel 162; Jagusch LK §52 3 b ff; Schwarz-Dreher §52 1 B; SchönkeSchröder § 52 1; BayObLG 1954, 144. 27 v. Weber 127; ν . Hippel 223; Lange §54 I I I ; H. Mayer 193; SchönkeSchröder § 54 8; Maurach 313; Mezger 368; Jagusch LK § 54 4; Frank § 54 I 5. 28 Die Streitfrage, ob sich bei der alic Vorsatz oder Fahrlässigkeit nur auf die i m Defektzustand zu begehende Tat (Maurach JuS 1961, 375 f.) oder auch auf die Herbeiführung dieses Zustands (Schönke-Schröder § 51 37; K G VRS 19, 111) beziehen müssen, kann dabei außer Betracht bleiben.

29

30

12·

Siegert 57; Maurach 312.

§ 40 u n d Begr. Seite 153 bzw. 161.

180

Β . Die Fälle des Täters hinter dem Täter

Damit sind neben dem Fall der Benutzung einer alic zwei weitere Fälle nachgewiesen, i n denen der Täter hinter dem Täter auf dem Boden unbestrittener dogmatischer Grundsätze und damit von allen Täterlehren aus zu bejahen ist.

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

1. Unterschiedliche Grandlagen des Täters hinter dem Täter

Hatte die Durchmusterung der verschiedenen Begründungen der m i t telbaren Täterschaft bereits — von der schon begrifflichen Ablehnung durch die formal-negative Theorie bis zur weitgehenden Bejahung durch den intern-subjektiven Täterbegriff — eine unterschiedliche Grundeinstellung zum Täter hinter dem Täter ergeben (s. ο. A IV, Β), so hat die induktive Prüfung der Fälle „des" Täters hinter dem Täter zu einer weiteren Differenzierung geführt. Schon bei der induktiven Prüfung erwies sich nämlich i n den Fällen, bei denen nach Ausscheidung von spezifischen Ergebnissen umstrittener Täterlehren der Täter hinter dem Täter für möglich gehalten wurde, dessen Grundlage als sehr unterschiedlich. I n den Fällen der Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden (Β 1) lag der Anlaß für die Figur des Täters hinter dem Täter darin, daß eine Beherrschung des Ausführenden wie bei den echten Entschuldigungsgründen vorlag, deren Nichtberücksichtigung schon beim Ausführenden das Rechtsgefühl unbefriedigt läßt, erst recht aber beim Hintermann. Z u diesen Fällen gehört strukturell auch das Handeln auf Grund militärischen Befehls (B 2). I m Dohna-Fall ergab sich dagegen die mögliche Täterschaft des Hintermanns aus der Berechenbarkeit des Verhaltens des Ausführenden, dessen bereits geäußerter Tatentschluß die für die Anstiftung typische Konstellation aufhob. Der Berechenbarkeit eines bereits fertigen, konkretisierten Tatentschlusses (B 4 b) wurde dabei der Fall gleichgestellt, daß jemand durch eine bedingungslose Ergebenheit das eigene Verhalten für den Hintermann berechen- und einsetzbar macht (B 4 d). Die Fälle der Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung schließlich (B 10) enthalten Elemente der beiden eben genannten Gruppen. Wie beim Grenzbereich der Entschuldigungsgründe w i r d dem Ausführenden aus kriminalpolitischen Gründen der Einwand fehlender Schuld abgeschnitten, wobei jeder Anlaß fehlt, dies dem Hintermann zugute kommen zu lassen. Wie beim Dohna-Fall hat der Ausführende durch einen vor der eigentlichen Tatbegehung liegenden A k t dem Hintermann die Tatherrschaft ermöglicht.

182

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

Dieser Unterschied w i r d auch bei der folgenden Prüfung der allgemeinen Erwägungen für und gegen den Täter hinter dem Täter zu beachten sein. 2. Argumente aus dem positiven Recht

Die Erörterung der Argumente, die sich aus dem positiven Recht für und gegen die Figur des Täters hinter dem Täter ergeben, kann sich kurz fassen. Andernfalls würde sich auch diese Arbeit dem von v. Kirchmann beklagten Schicksal so vieler juristischer Arbeiten aussetzen, innerhalb kurzer Zeit zu Makulatur zu werden. Wenn auch der Gang der Strafrechtsreform zur Genüge gezeigt hat, daß die drei berichtigenden Worte des Gesetzgebers längst nicht mehr so leicht zu erlangen sind, wie v. Kirchmann annahm, so steht doch das neue StGB vor der Tür, und dieses w i l l sich i n der Frage des Täters hinter dem Täter bewußt offen halten (s. ο. A IV). Die Unergiebigkeit des positiven Rechts betrifft aber auch das geltende Recht. Etwas anderes mochte noch für die Fassung des § 48 StGB vor der Novelle von 1943 gelten, aus der daher häufig die Unzulässigkeit des Täters hinter dem Täter abgeleitet wurde 1 . Für die formal-negative und die ihr verwandten Theorien (s. o. A I I 3) ergab sich diese Auffassung schon per definitionem 2 . Diese Abhängigkeit der mittelbaren Täterschaft von dem Wortlaut des § 48 StGB war es jedoch gerade, die die Täterschaft gegenüber der Teilnahme zu einem sekundären Begriff machte und sie i n eine Lückenbüßerstellung hinabdrückte. Die Fragwürdigkeit der Berufung auf den Wortlaut des § 48 a. F. StGB kommt besonders bei Gallas zum Ausdruck, der nur wenige Sätze, nachdem er die Vorschrift für ein Verbot der mittelbaren Täterschaft bei vollverantwortlich handelndem Tatmittler herangezogen hat, angesichts der Veranlassung eines nicht schuldhaft vorsätzlich Handelnden zur Begehung eines eigenhändigen, eines echten Sonder- oder eines Absichtsdelikts denselben § 48 StGB für sachwidrig erklärt 3 . Bei einer richtigen Erfassung des „primären" Charakters der Täterschaft (s. u. C 3) hätte sich schon i n den § 48 a. F. StGB das negative Tatbestandsmerkmal „sofern nicht Täterschaft vorliegt" 4 hineininterpretieren lassen. Spätestens aber mußte die Berufung auf das positive Recht mit der Einführung der limitierten Akzessorietät durch die No1 Binding GS 71, 9; Grundriß 169; Abh. 1, 356; Lange Täterbegriff 18, 35 f. 66, 77; Drost ZStW 51, 365; H. Mayer, Strafrecht 1936 328; Gallas Mat. I 134. 2 Liszt-Schmidt 327 f.; Mezger 425; Petri 55; Wolf 52, 54, 183 N. 5; v. Hippel 474; Rutkowsky NJW 1952, 608. 3

4

Mat. I 134 f. Vgl. Lange Täterbegriff 79; § 48 StGB in der Thür. Fassung v. 1. 11. 1945.

3. Primärer Täterbegriff

183

velie von 1943 hinfällig werden. Denn die Möglichkeit der Anstiftung auch bei Veranlassung zu einer bloß tatbestandsmäßigen und rechtswidrigen Handlung und damit i n Fällen, die bislang der mittelbaren Täterschaft zugehört hatten, führte entgegen der Erwartung des Gesetzgebers nicht zu einer regelmäßigen Annahme von Anstiftung i n diesen Fällen, sondern zu einer materiellen Prüfung der Täterschaft von Fall zu Fall. Diese Methode mußte sich aus Gründen der systematischen Einheit auch auf den bisher eindeutigen Fall der Anstiftung, die Veranlassung eines vollverantwortlich Handelnden übertragen. Damit entfiel das Argument, daß i n diesem Fall kraft Gesetzes Anstiftung vorliege. Wie sich die Annahme doppelter Täterschaft m i t der materiellen Abgrenzung selbst verträgt, ist freilich eine andere Frage (s. u. C 5). Es muß daher überraschen, daß auch für die geltende Fassung des § 48 StGB noch das Verbot der mittelbaren Täterschaft mittels eines vollverantwortlichen Tatmittlers vertreten w i r d 5 . Die Ansicht H. Mayers, die Neuformulierung der §§ 48 ff. StGB habe nur den Sinn, Lücken zu schließen, nicht aber den Inhalt und Umfang der bisherigen Beteiligungsformen zu verändern 6 , lehnt ja gerade eine verbale Interpretation ab. Daß auf der anderen Seite aus einzelnen Bestimmungen des positiven Rechts auch keine ausdrückliche Anerkennung der Figur des Täters hinter dem Täter herzuleiten ist, wurde bereits dargelegt (s. ο. Β 2, 3).

3. Der primäre Täterbegriff

I n den letzten Jahrzehnten begegnet i n der Teilnahmelehre immer häufiger ein Begriff, der inzwischen geradezu zur Zauberformel für die Widerlegung gegnerischer Ansichten geworden zu sein scheint: es ist dies der sog. primäre Täterbegriff mit seinem Komplementärbegriff, dem sekundären Täterbegriff. So greift Lange Bockelmann an, da sein Täterbegriff sekundär sei 1 , während dieser beklagt, daß seine Auffassung damit „perhorresziert" werde 2 . So sind Lange3 und Goetzeler 4 der Ansicht, daß nur ein subjektiv gefaßter, extensiver Täterbegriff die sekundäre Stellung der Teilnahme gegenüber der Täterschaft zum Ausdruck bringe, während Maurach gerade dem extensiven Täterbegriff seinen sekundären Charakter v o r w i r f t 5 . Von dritter Seite her w i r d 5

H. Mayer Rittler-Festschrift 250.

6

317 f., 327 f.

1

ZStW 63, 504. 102 N. 57. Täterbegriff i. Vbdg. m. DJ 1936, 688. SJZ 1949, 840 N. 20. 487 f.

2 3 4 5

184

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

aber auch der Teilnahmelehre der finalen Handlungslehre und der A b grenzung nach der Tatherrschaft wieder der V o r w u r f gemacht, „sekundär" zu sein 6 . Bedeutet dieser primäre Täterbegriff, wie es bei manchen Autoren den Anschein hat, daß das Handeln des Ausführenden für die Qualifizierung der Beteiligtenstellung des Hintermanns gar nicht berücksichtigt werden darf, woraus ohne weiteres die Berechtigung der Figur des Täters hinter dem Täter folgen würde? Wie so oft erklären sich auch hier die geschilderten Kontroversen daraus, daß ein und derselbe Begriff m i t unterschiedlichen Bedeutungen verwendet wird. Und zwar sind es bei näherem Zusehen nicht weniger als fünf Probleme, die m i t dem genannten Begriff bezeichnet werden! Insbesondere kehren auch die Kontroversen unter den verschiedenen Begründungen der Täterschaft auf dieser Ebene wieder, und die beiderseitigen Argumente erhalten durch den neuen Begriff eine scheinbar allgemeinverbindliche, über den Parteien stehende Bedeutung. Die formal-negative und die i h r verwandten Theorien (s. o. A I I 3) hatten schon per definitionem dazu geführt, die Täterschaft nur bei Nichtvorliegen der Teilnahmeformen, insbesondere der Anstiftung, zu bejahen. Täterschaft war somit, was nach Verneinung der Teilnahmeformen übrig blieb. Es ergab sich das unnatürliche Verfahren, die Grundform der Beteiligung, die Täterschaft, i n Abhängigkeit von den der Grundform akzessorischen Beteiligungsformen zu bestimmen. Die Wiederherstellung des natürlichen Verhältnisses, der Priorität der Grundform vor den akzessorischen Formen, ist das völlig legitime A n liegen des „primären Täterbegriffs" 7 . Lange hat dies durch die Verwendung der Formel „wer, ohne Täter zu sein, . . . " i n den Teilnahmevorschriften zum Ausdruck bringen wollen 8 . Indessen ist schon hier zu unterscheiden. Die unbedingte Priorität der Täterschaft vor den akzessorischen Teilnahmeformen g i l t uneingeschränkt für die abstrakte Konstruktion der Beteiligungsformen und die Feststellung ihres Umfangs. Anders ist es dagegen bei der Subsumtion i m Einzelfall. So berechtigt hier die Ablehnung eines bloßen „SubtraktionsVerfahrens" 9 für die Gewinnung der Täterschaft ist, so ist doch eine Überspitzung zum anderen Extrem h i n ebenso abzulehnen. Vielmehr hat bei Begriffen, die i m Verhältnis der Alternativität, der Exklusivität zueinander stehen, immer ein abwägendes, selektierendes 6

Η. Mayer, Rittler-Festschrift 244 N. 6; Baumann JZ 1958, 230 ff. Kohlrausch Bumke-Festschrift 40, 45; Lange I vor §47; Maurach 487 f., 496; Sax MDR 1954, 69 N. 31; H. Mayer 303, 310; Roxin 26 f. 7 8

9

Täterbegriff 79; §§ 48 f. StGB in der Thür. Fassung vom 1. 11. 1945. a u a .

3. Primärer Täterbegriff

185

Verfahren Platz zu greifen. Schon für die Scholastiker galt der Satz „omnis determinatio est negatio". Es wäre beispielsweise absurd, zwischen Hehlerei und eigennütziger Begünstigung oder zwischen Diebstahl und Erpressung beim Trickdiebstahl ein Prioritätsverhältnis behaupten zu wollen. Der „primäre Täterbegriff" kann hier allenfalls den Sinn haben, i n Zweifelsfällen eine Bejahung der Täterschaft zu verlangen. Etwas anderes ergibt sich freilich dann, wenn man die Teilnahme nicht als eigenständige Beteiligungsform, sondern als bloßen Subsidiärbegriff ansieht, der nur eine ergänzende Funktion habe 10 . Da vor Einführung der limitierten Akzessorietät der Bereich der Teilnahme formal bestimmt war, lag i n der Forderung nach einem primären Täterbegriff zugleich die Ablehnung der formal-negativen Theorie und die Forderung nach einer positiven und materiellen Begründung der Täterschaft 11 , womit sich der dritte Gehalt des primären Täterbegriffs ergibt. I n diesem Sinne ist die Forderung nach einem primären Täterbegriff seit Einführung der limitierten Akzessorietät überholt, da diese zur materiellen Abgrenzung aller Beteiligungsformen zwingt. Jedes Sekundaritätsverhältnis würde die materielle Bestimmung nur verlagern. Die Verwirrung unter den verschiedenen Begriffsgehalten w i r d noch dadurch gesteigert, daß Ludwig, bei dem der Ausdruck „primärer Täterbegriff" wohl zum ersten Mal auftritt, gerade umgekehrt den extensiven, formal-negativen Täterbegriff v. Liszts als primären Täterbegriff bezeichnet 12 ! Von diesen Problemen streng zu trennen ist nun die weitere Frage, inwieweit bei der Bestimmung der Beteiligtenstellung überhaupt das Verhalten der anderen Beteiligten, und sei es auch nur über die Vorstellung davon, mitberücksichtigt werden soll. Die völlige Ablehnung einer solchen Berücksichtigung macht das Wesen des intern-subjektiven Täterbegriffs aus (s. o. A I I 10). Hierbei muß Kohlrausch und Lange der Vorwurf gemacht werden, daß sie den Ausdruck „primärer Täterbegriff", der in den bereits dargelegten Gehalten zweifellos auf berechtigte Anhängerschaft rechnen konnte, zur Propagierung ihres internen Täterbegriffs benutzt haben. So hat Lange als Ziel seiner Arbeit „Der moderne Täterbegriff und der deutsche Strafgesetzentwurf", die den intern-subjektiven Täterbegriff i m Sinne Bindings vertrat, später die Klarstellung der sekundären Rolle der Teilnahme bezeichnet 13 . Auch Kohlrausch verband den primären Täterbegriff von vornherein mit 10 11 12 13

Lange I I I A 4 vor § 47; Teilnahme 57, 64, 98; ZStW 63, 504; Roxin 268, 272. Maurach a.a.O.; Gallas Beiträge 15; Ndschr. I I 72; Roxin 27, 29. 5 N. 1. DJ 1936, 688.

186

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

einer Ausdehnung der Täterschaft, wie sie nur ein intern-subjektiver Ausgangspunkt liefern konnte 1 4 . Diese Doppeldeutigkeit hat später immer wieder Verwirrung gestiftet. So gründet Goetzeler seinen weiten Täterbegriff auf die sekundäre Stellung der Teilnahmeformen 15 . Auch der V o r w u r f Maurachs, Hegler bestimme mit seiner Übergewichtstheorie die mittelbare Täterschaft nicht per se, sondern i n Abhängigkeit von einem Sekundärbegriff, der Teilnahme 1 6 , ist nicht ganz zutreffend: das Übergewicht bezeichnet zunächst durchaus legitim das Verhältnis zu anderen Beteiligten; daß Hegler dann dieses Übergewicht rein formalnegativ, durch das Fehlen von Verbrechenselementen beim Ausführenden, bestimmt, gibt dem Vorwurf Maurachs freilich letztlich Recht (s. o. A l i l i ) . Auf das letztgenannte Problem stellt auch Bockelmann ab, wenn er seinen Täterbegriff einen sekundären nennt 1 7 , nachdem er früher den sekundären Täterbegriff eindeutig i n dem erstgenannten Sinne vertreten hatte: „Wenn das Gesetz neben der allgemeinen noch besondere Formen der Verbrechensbegehung kennt, so kann i m Zweifelsfall das Vorliegen der allgemeinen erst festgestellt werden, nachdem zuvor die besonderen ausgeschieden sind 1 8 ." Allerdings weist Bockelmann mit Recht auf die Verknüpfung der beiden Probleme durch das Alternativitätsverhältnis zwischen Täterschaft und Teilnahme hin: Die sekundäre Prüfung, ob A Teilnehmer ist, enthält zugleich für die anderen Beteiligten die primäre Prüfung, ob sie Täter sind 1 9 . Eklatant w i r d der unterschiedliche Gehalt des Begriffes dann bei Baumann, der unter Berufung auf die Priorität der Täterschaft diese nicht nur von der subjektiven Vorstellung des Hintermanns, sondern sogar nur von seiner Vorstellung während des Einschaltungsakts abhängig machen w i l l : „ N u r die A r t der Einschaltung einer zweiten Person und nicht deren spätere Tätigkeit kann über die Frage entscheiden, ob mittelbare Täterschaft vorliegt 2 0 ". Es handelt sich hier um eine eigenartige Ausgestaltung des intern-subjektiven Täterbegriffs: einerseits w i r d durch das Erfordernis der Vorstellung von einer Tatherrschaft noch eine Bindung an die objektive Realität aufrecht erhalten, andererseits w i r d diese Bindung dadurch radikal zerschnitten, daß nur die Vorstellung von der objektiven Lage während des Einschaltungsaktes, nicht von der während der Ausführungshandlung für maßgebend erklärt wird. Abgesehen von den bereits ο. Β 9 erwähnten praktischen Unzu14 15 16 17 18 19 20

33. Aufl., 1 vor § 47. SJZ 1949, 840. 496. 102 N. 57. 76 N. 106. 102 N. 57. JZ 1958, 231.

3. Primärer Täterbegriff

187

träglichkeiten kommt hierbei noch hinzu, daß Baumann die mittelbare Täterschaft i n bedenklicher Weise von der Herbeiführung der tatbestandsmäßigen Handlung als eigener Tat trennt und sie auf die Einschaltung gefährlicher Personen mit ihrem ganz anderen Unrechtsgehalt reduziert. Ja, Baumann müßte letztlich überhaupt den Eintritt des deliktischen Erfolgs für unbeachtlich erklären und sich mit dem Einschaltungsakt i n deliktischer Absicht begnügen! A u f den Einschaltungsakt kann es daher für die Bestimmung der Täterschaft nicht ankommen. Das Problem führt damit wieder auf die alte Kontroverse zwischen subjektiver und objektiver Bestimmung der Täterschaft zurück. Hierbei ergibt sich für beide Theorien die Möglichkeit eines Abstellens auf das formale Vorliegen einer voll strafbaren Handlung bzw. auf die Vorstellung davon, so daß der Vorwurf, nur die materiell-objektive Theorie von der Tatherrschaft führe zur formalen Bestimmung der mittelbaren Täterschaft zurück, unberechtigt ist. Die intern-subjektive Täterlehre, die für die Anstiftung letztlich nur die Fälle des Bindingschen Urhebers übrig läßt, wurde bereits abgelehnt (s. o. A I I 10). Nachdem die unzulässige Verquickung dieses Begriffs mit dem primären Täterbegriff nachgewiesen ist, entfallen auch die Argumente, die auf diesem Wege für einen internen Täterbegriff vorgebracht worden sind. Dies gilt besonders für die bei den Vertretern dieses Täterbegriffs häufige Äußerung, man dürfe nur auf den Täter sehen, dürfe die Frage der Beteiligungsformen nur von i h m aus betrachten, für den Täter gebe es nur Werkzeuge u. ä. 21 . Hierin liegt übrigens eine petitio principii, denn ob der Hintermann Täter, die übrigen Beteiligten Werkzeuge sind, ist ja gerade Gegenstand der Prüfung. Die Beteiligungsformen sind vielmehr durch eine Abwägung des Verhältnisses unter den einzelnen Beteiligten, zumindestens aber durch ihre Vorstellung hiervon zu ermitteln. Die Unterscheidung von Täterschaft und Teilnahme hat nach der „realen Kräfteverteilung unter den mehreren Mitwirkenden" zu erfolgen 22 . Insofern sind die Ausführungen Bockelmanns völlig zutreffend 23 , wenngleich der Begriff „sekundärer Täterbegriff" für dieses Problem vermieden werden sollte. M i t der Forderung nach einer Abwägung des Verhältnisses zwischen den verschiedenen Beteiligten ist auf der anderen Seite auch der extreme Gegensatz zu der intern-subjektiven Theorie abgelehnt: nach Wachenfeld würde man mit der Frage: Wann ist der Bestimmende mittelbarer Täter? „immer unrichtige Resultate" und eine befriedigende Lösung nur 21 Binding GS 78, 13; Abh. 1, 282 ff.; Simons GS 101, 242; Drost ZStW 51, 373; Lange Täterbegriff 66; vgl. o. A I I 10. 22 Maurach 515. 23

102 N. 57.

188

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

m i t der Frage: Wann kann ein Mensch bloßes Werkzeug eines anderen sein? erzielen 24 . Schießt die intern-subjektive Theorie m i t ihrer völligen Abstrahierung von dem tatsächlichen Verhältnis unter dem Beteiligten über das Ziel hinaus, so hat sie doch hervorragende Vorarbeit bei der Ablehnung einer formalen bzw. formal-negativen und damit zweifellos sekundären Bestimmung der mittelbaren Täterschaft geleistet. Daß die formale Begründung der mittelbaren Täterschaft spätestens seit Einführung der limitierten Akzessorietät nicht mehr möglich ist, wurde bereits mehrfach betont. Die formale Beteiligtenstellung der anderen Beteiligten kann daher nur ein Indiz für die Stellung des Hintermanns abgeben 25 . Insofern ist den Ausführungen Baumanns26 i n vollem Umfang beizustimmen. Unberechtigt ist lediglich, daß er versucht, der Lehre von der Tatherrschaft eine Abhängigkeit von der formal-negativen Theorie zu unterschieben, und somit — genau wie die Tatherrschaftslehre mit ihrem V o r w u r f gegenüber der subjektiven Theorie hinsichtlich des dolosen Gehilfenwerkzeugs — nicht einräumt, daß es sich hier u m ein für alle materiellen Theorien auftretendes Problem handelt. Denn auch Baumann anerkennt ja eine mittelbare Täterschaft nicht wie die internsubjektive Theorie bei jedem von der Realität völlig gelösten Täterwillen, sondern nur bei der falschen Vorstellung von einer Tatherrschaft. Er überwindet das Problem des volldeliktischen Werkzeugs also lediglich i n den Irrtumsfällen, wodurch ein neuer Systembruch entsteht und keine Basis für eine K r i t i k des Ausschlusses der mittelbaren Täterschaft bei volldeliktisch handelndem Werkzeug, der wenigstens diesen Systembruch vermeidet, gegeben ist. Zuzustimmen ist ferner Lange, wenn er die Abhängigkeit-des Täterbegriffs von der Bewertung fremden Handelns ablehnt 2 7 , sofern darunter die formale Prüfung des Deliktsgrades der Ausführungshandlung verstanden w i r d 2 8 . Nicht gefolgt werden kann Lange dagegen, sofern er die Berücksichtigung des Verhältnisses zu anderen Beteiligten überhaupt verbietet, wie dies bei der Ablehnung der Heglerschen Ubergewichtstheorie geschieht 29 . Denn diese Auffassung führt unmittelbar zum intern-subjektiven Täterbegriff. Die vorstehenden Erörterungen geben auch die Grundlage für eine Stellungnahme zu einem i n der Auseinandersetzung über den Umfang 24

25 26 27 28 29

ZStW 40, 39.

Maurach 496. JZ 1958, 230 ff. Täterbegriff 54. So a.a.O. 71, 77. A.a.O. 66; ebenso Maurach

496.

3. Primärer Täter begriff

189

der mittelbaren Täterschaft immer wiederkehrenden Argument: daß nämlich bei diesen oder jenen Veränderungen i n der Person des Ausführenden das Verhalten des Hintermanns genau das gleiche bleibe oder daß wenigstens gewisse geringfügige Veränderungen i n der Person des Ausführenden für die Beurteilung des Hintermanns unbeachtlich seien. So ruft etwa Binding angesichts des dolosen Werkzeugs aus: „Die kleine Wandlung des Gehilfenvorsatzes i n den Tätervorsatz würde die Täterschaft des Auftraggebers ausschließen. Aber warum denn i n aller Welt? 3 0 " Nach der hier vertretenen Ansicht kann eine klare A n t w o r t nur bezüglich der Ablehnung der extremen Auffassungen erfolgen; i m übrigen hat die A n t w o r t zu differenzieren. Abzulehnen ist daher die Auffassung, daß solche Veränderungen für die Beurteilung des Hintermanns schlechthin unbeachtlich sein sollen und daß ein Wechsel von einer „Defekthandlung" zu einer strafbaren Täterhandlung und umgekehrt zwingend eine Änderung der Beurteilung des Hintermanns zur Folge hat. I m übrigen ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob die Veränderungen i n der Person des Ausführenden für die Beteiligtenstellung des Hintermanns relevant sind. I n einem fünften Sinne, der allerdings das vorliegende Problem nicht berührt, gebraucht schließlich noch H. Mayer den „primären Täterbegriff". Nach i h m ist jeder Täterbegriff sekundär, der zunächst die rechtlich relevanten Tätigkeiten generell feststellt und erst dann zwischen Täterschaft und Teilnahme unterscheidet 31 . Dies ist an sich das Verfahren der subjektiven Theorie nach v. Buri, der man häufig einen sekundären Täterbegriff vorwirft, was jedoch auf ihrer fälschlichen Gleichsetzung mit dem extensiven Täterbegriff beruht (s. o. A I I 8 a). Nach H. Mayer soll aber auch die Tatherrschaftslehre i n diesem Sinne sekundär sein, da sie die Urheberschaft durch das Moment der Tatherrschaft einschränke. Richtig ist hieran der Hinweis, daß die Tatherrschaft über die Tatbestandsmäßigkeit und die Finalität hinaus ein zusätzliches materielles Moment ist (s. o. A I I 13 b). Aber abgesehen von der Möglichkeit, die Tatherrschaft nicht als Einschränkung der Urheberschaft, sondern als zusätzliches Erfordernis neben der Tatbestandsmäßigkeit aufzufassen, erscheint es bedenklich, den viel strapazierten Begriff des primären Täterbegriffs auch auf dieses Verhältnis zu übertragen. I n keinem Fall verlangt der primäre Täterbegriff die Figur des Täters hinter dem Täter, es sei denn, man identifiziert i h n mit dem internsubjektiven Täterbegriff. Gleichzeitig entfällt freilich auch das Argument gegen den Täter hinter dem Täter aus der bloßen formalen Stellung des Werkzeugs als Täter. Wie weit eine solche die Täterschaft des 30

Abh. 1, 344; vgl. auch Zimmerl

31

Rittler-Festschrift 244 N. 6, 250.

Aufbau 144.

190

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

Hintermanns ausschließt bzw. wie die beiden Prinzipien miteinander kombiniert werden können, soll i n den folgenden Kapiteln untersucht werden. 4. Die Täterschaft des Ausführenden

Die Diskussion um die Möglichkeit der Figur des Täters hinter dem Täter hat sich bisher allgemein auf die Frage konzentriert, ob neben der Täterschaft des Ausführenden eine solche des Hintermannes gegeben sein könne. Demgemäß war auch i m induktiven Teil dieser Arbeit (s. o. B) nach Fällen gesucht worden, in welchen neben einer zunächst als gegeben unterstellten Täterschaft des Ausführenden eine Täterschaft des Hintermanns i n Betracht kommt. Indessen war o. A I I 8 c der subjektiven Theorie die Anerkennung gezollt worden, als einzige materielle Theorie das materielle Prinzip bei der Bestimmung der Täterschaft so konsequent durchgeführt zu haben, daß auch der eigenhändig Ausführende als Teilnehmer erscheinen kann. Es hatte sich ferner i n den ο. Β 1, 2 erörterten Fällen gezeigt, daß die auf der subjektiven Theorie fußende Praxis gerade i n den für die Figur des Täter hinter dem Täter vorgeschlagenen Fällen vielfach nur Beihilfe des Ausführenden und damit mittelbare Täterschaft mittels dolosen Gehilfenwerkzeugs (s. o. A I I I 4) annimmt. Es erhebt sich daher die Frage, ob etwa die Möglichkeit des Täters hinter dem Täter daran scheitert, daß die materiellen Täterlehren i n diesen Fällen die Täterschaft des Hintermannes nur auf Kosten einer gleichzeitigen Degradierung des Ausführenden zum Gehilfen bejahen können. Allerdings macht sich hier die unterschiedliche Grundlage der Fälle des Täters hinter dem Täter (s. o. C 1) bemerkbar. Denn an der Täterschaft des Ausführenden kann i m klassischen Bereich des Dohna-Falles und bei der Benutzung eines dolus generalis niemand zweifeln. Das Gleiche gilt für die Benutzung einer actio libera i n causa und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung, soweit sich das Verschulden nicht gerade auf die Veranlassung durch den Hintermann bezieht (s. ο. Β 10). I m letzteren Fall sowie i n dem Bereich des DohnaFalles, i n dem der Ausführende dem Hintermann seine Tatbereitschaft zur Verfügung stellt (s. ο. Β 4 d), kann nur die intern-subjektive Theorie zur Beihilfe des Ausführenden gelangen. Dagegen war bei der großen Gruppe der Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden (Β 1, 2) eine mögliche Täterschaft des Hintermannes gerade darauf gestützt worden, daß hier materiell eine Beherrschung wie i m Falle der Entschuldigung des Ausführenden vorliegt. Damit müßte für eine materielle Betrachtungsweise, sofern sie das von ihr zugrundegelegte Täterschaftskriterium kon-

4. Täterschaft des Ausführenden

191

sequent auf jeden Beteiligten anwendet, eine Täterschaft des Ausführenden entfallen. Insbesondere enthält die Tatherrschaft schon begrifflich den Ausschluß anderer Tatherren 1 . Die abweichende Ansicht Roxins ist nur dadurch möglich, daß er die Tatherrschaft unterteilt i n „Handlungsherrschaft" und „Willensherrschaft" und damit nicht mehr ein einheitliches Täterschaftskriterium verwendet 2 . Nur dem intern-subjektiven Täterbegriff (s. o. A I I 10) ist es möglich, die Täterschaft sowohl beim Hintermann als auch beim Ausführenden m i t einem begrifflich einheitlichen K r i t e r i u m zu begründen, das indessen hierbei auf das rein subjektive, individualistische „Tätergefühl" reduziert werden muß. Wir hatten bereits gesehen (s. o. A I I 13 c), daß die Bejahung doppelter Tatherrschaft beim Hintermann und beim genötigten, zurechnungsunfähigen und verbotsirrenden Werkzeug durch Gallas 3 auf einen intern-subjektiven Tatherrschaftsbegriff hinausläuft. Die — bei einer einheitlichen Anwendung des jeweils zugrunde gelegten materiellen Täterschaftskriteriums gebotene — Annahme von Beihilfe trotz eigenhändiger Tatbestandserfüllung verbietet sich jedoch infolge der Tatbestandsmäßigkeit der betreffenden Handlung i n Verbindung mit ihrer gesetzlich bestimmten Rechtswidrigkeit und Schuldhaftigkeit 4 . Die Herausstellung dieses Grundsatzes ist das bleibende Verdienst der formal-objektiven Theorie; auch durch seine einseitige Verabsolutierung konnte er nicht völlig ad absurdum geführt werden. I n neuerer Zeit ist er vor allem vom OLG Frankfurt 5 sowie von Sax 6, Roxin 7 und Blei 8 betont worden. I n die gleiche Richtung weist auch die Formulierung Maurachs , wonach der ein Tatbestandsmerkmal V e r w i r k lichende „kraft unwiderleglicher gesetzlicher Vermutung" mit Tatherrschaft handle 9 . Dieser Schluß ist i n der Tat unumgänglich. Die Ablehnung der Täterschaft wegen des Fehlens eines über die Tatbestandsmäßigkeit hinaus entwickelten Täterkriteriums würde praktisch zu einer A r t übergesetzlicher Einschränkung der Tatbestandsmäßigkeit führen. Die Teilnahmevorschriften würden damit zu Tatbestandseinschränkungsgründen! Zu1 2

Bockelmann 102 N. 57; Baumann JZ 1958, 232.

132 ff. 3 Mat. I 133 f. 4 Also i. S. des Garantietatbestandes Lang-Hinrichsens (JR 52, 307) und Engischs (Mezger-Festschrift 131). Damit entfällt eine Täterschaft des genötigten und des zurechnungsunfähigen Werkzeugs (s. o. Einleitung bei Fußn. 3 und A I I 13 b, c). 5 SJZ 1947, 630. β JZ 1963, 333. 7 127 ff. 8

Mezger-Blei 225.

• 516.

192

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

gleich würde ein übergesetzlicher Strafmilderungsgrund geschaffen, während sonst das Gesetz für Entschuldigungs- und Strafmilderungsgründe strenge formale Grenzen errichtet 1 0 . Daß die Schaffung eines solchen übergesetzlichen Strafmilderungsgrundes der entscheidende Gesichtspunkt für die Anerkennung des dolosen Gehilfenwerkzeugs darstellt, kommt i m Staschynskij-Urteil unverhüllt zum Ausdruck: „Unter besonderen Umständen mögen staatliche Verbrechensbefehle allerdings Strafmilderungsgründe abgeben. Wer aber politischer Mordhetze w i l lig nachgibt, . . . ist regelmäßig Täter. Anders kann es rechtlich jedoch bei denen liegen, die solche Verbrechensbefehle mißbilligen . . . , sie aber gleichwohl aus menschlicher Schwäche ausführen . . . n . " Gegen eine Annahme von Beihilfe spricht auch § 5 Abs. 2 des Wehrstrafgesetzes. Nach fast allen materiellen Täterlehren ist nämlich die Befehlsunterworfenheit, zumindest i n den von § 5 Abs. 2 WStG berücksichtigten „besonderen Lagen", ein Umstand, der das materielle Täterschaftskriterium entfallen läßt. Wenn nun § 5 Abs. 2 WStG hierfür nur unter besonderen Umständen eine Strafmilderung vorsieht, so ist damit eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß für weitere Strafmilderungen auf dem Umweg über § 49 Abs. 2 StGB kein Raum ist. Es ist nun zwar ohne weiteres möglich, die Täterschaft bei eigenhändiger Tatbestandsverwirklichung auch mit materiellen Kriterien außerhalb des intern-subjektiven Täterbegriffes (s. o.) zu begründen. So beruhte schon für Hegler die formal-objektive Theorie auf „dem spezifisch an der Kausalbetrachtung orientierten Übergewichtsgedanken" 12 . 13 u Engisch und H. Mayer wollen sogar das Täterschaftskriterium schlechthin i n dem durch den Ausführenden verwirklichten spezifischen Handlungsunwert erblicken: der Ausführende stehe mit dem Tatobjekt und der ganzen Situation i n einem unmittelbaren Kontakt und empfange von hier aus lockende und hemmende Reize (s. o. A I I 12). Auch Roxin sieht i n der Tatbestandsmäßigkeit nur die Ausformung eines materiellen Tatherrschaftsbegriffes 15 . Nach Schröder schließlich soll das „Gewicht bestimmter Handlungen" eine Minderung durch den bloßen Teilnehmerwillen nicht zulassen 16 . Aber abgesehen davon, daß eine solche materielle Begründung gar nicht erforderlich ist und daß sie i n der Vielfältigkeit ihrer Kriterien 10 11 12 13 14 15

16

Vgl. Roxin 128. B G H 18, 94. RG-Festgabe 307; R. Schmidt-Festgabe 24. ZStW 66, 385. 319 und Rittler-Festschrift 249. 127 ff.

Schönke-Schröder

53 vor § 47.

4. Täterschaft des Ausführenden

193

nicht so unbezweifelbar ist wie eine Herleitung aus der Tatbestandsmäßigkeit, muß es unbefriedigend bleiben, daß die für die Täterschaft des Ausführenden herangezogenen Kriterien i n jedem Fall andere als die für die Täterschaft des mittelbaren Täters verwandten, ja diesen häufig geradezu gegenläufig sind. Dies ergibt sich bereits aus logischen Gründen zwangsläufig daraus, daß die materiellen Theorien ja gerade Formen der Täterschaft außerhalb der eigenhändigen Tatbestandserfüllung erfassen wollen. Daß für Roxin die einheitliche Begründung m i t der Tatherrschaft nur durch deren Aufspaltung i n die Handlungs- und die Willensherrschaft möglich ist, wurde bereits erwähnt. Besonders deutlich zeigt sich die Unterschiedlichkeit der Kriterien bei Schröder, der kurz vor seinem Hinweis auf die Unfähigkeit des Teilnehmerwillens, das Gewicht bestimmter Handlungen zu mindern, erklärt, nach der subjektiven Theorie komme es „weniger auf das objektive Gewicht des Tatbeitrages als auf die subjektive Anteilnahme, die Willensaktivität des Täters" an 1 7 . Sehr viel weniger Schwierigkeiten bereitet dagegen eine Kombination der jeweiligen materiellen Theorien m i t der formal-objektiven Theorie: die ersteren können die letztere nur ergänzen, nicht aber einschränken, oder: die materiellen Theorien sind nur insoweit anwendbar, als nicht der klare Befehl der gesetzlichen Tatbestände entgegensteht. Dogmatisch ist eine derartige Auffassung bereits bei der K r i t i k von HG 74, 84 durch die subjektive Theorie entwickelt worden, aber später unter dem Eindruck des Generalangriffes der objektiven Theorien und der scheinbaren Unvermeidlichkeit von Konzessionen an sie wieder verloren gegangen. So wurde — zunächst noch undeutlich — mehrfach behauptet, bei einer vollen Tatbestandsverwirklichung komme es auf den Täterwillen gar nicht mehr an 1 8 . Ähnlich meinte Kohlrausch : „Indessen: der weite Täterbegriff soll Teilnahmefälle u. U. i n Täterfälle verwandeln, nicht aber umgekehrt" 1 9 . Wenn diese Ausdrucksweise auch nicht sehr glücklich ist (es werden keine „Beihilfefälle" i n Täterfälle „verwandelt"), so bringt sie doch sehr treffend die ergänzende Funktion der subjektiven Theorie, und dies kann auf alle materiellen Theorien übertragen werden, zum Ausdruck. Noch deutlicher sprach Klee von der „hilfsweisen (subsidiären) Natur der subjektiven Theorie" 2 0 . Fehlerhaft ist nur, daß er als das Primäre „die Objektivität" ansieht; wie dargelegt, handelt es sich hier i n Wahrheit u m eine Konzession an die formalobjektive Theorie. Einen weiteren Anknüpfungspunkt für die hier ver17

Schönke-Schröder

18

53, 47 vor § 47.

Kohlrausch-Lange 39./40. Aufl. I A vor §47; Dahm Tätertyp 55 f.; O L G Gera SJZ 1947, 673 f. 19 StGB, 35. Aufl., 1 vor § 47. 20 Z A k D R 1940, 190. 13 Schroeder

194

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

tretene Kombination der formal-objektiven mit den materiellen Theorien bietet ferner die Täterlehre Heglers (s. o. A I I 11). Schon Hegler hatte nämlich die formal-objektive Theorie als auf dem „spezifisch an der Kausalbetrachtung orientierten Übergewichtsgedanken" beruhend m i t „einem zweiten, gegenläufigen Übergewichtsgedanken" für die m i t telbare Täterschaft kombiniert. Hier werde der Mangel eigener Ausführungshandlung überkompensiert durch andere Verbrechensmomente, Voraussetzungen der Strafbarkeit, die nur beim Hintermann vorlägen. Anknüpfungspunkt kann allerdings nur das Prinzip der Methodenkombination bei Hegler sein, während seine Theorie inhaltlich auf den Kopf gestellt werden muß: begründet er die Täterschaft des Ausführenden materiell-objektiv, die des Hintermanns formal-negativ, so ist statt dessen gerade die Täterschaft des Ausführenden formalobjektiv, die des Hintermanns dagegen materiell (objektiv oder subjektiv) zu begründen. I n diesem Zusammenhang ist schließlich an den Hinweis Schaff steins zu erinnern, wonach das Mandat des italienischen und des frühen gemeinen Straf rechts auf einer Kombination von formal-objektiver und subjektiver Teilnahmetheorie beruhe und als eine „gespaltene Täterschaft" zwischen Ausführendem und Veranlasser erklärt werden könne 2 1 . Die Annahme von Beihilfe bei voller Tatbestandserfüllung würde übrigens die leidigen Irrtumsprobleme bei der Teilnahme nicht nur um einen weiteren Fall bereichern, sondern darüber hinaus hier einen völlig neuen Fall liefern, der den bisherigen Ausgangspunkt dieser Fälle sprengen würde. Nach bisher weithin anerkannter Lehre ist derjenige, der sich für einen Anstifter oder Gehilfen hält, objektiv aber mittelbarer Täter ist (also die Umkehrung des ο. Β 9 geschilderten Falles), zumindest wie ein Anstifter bzw. Gehilfe zu bestrafen 22 . Nur Maurach w i l l hier auf Grund einer rein objektiven (und daher m i t seinem finalen Ausgangspunkt nicht mehr zu vereinbarenden) Auffassung mittelbare Täterschaft annehmen 23 , während Welzel, Bockelmann und Blei nur eine versuchte Anstiftung annehmen 24 . Dagegen bestraft die subjektive Theorie i n diesen Fällen den Hintermann nicht nur wie einen Teilnehmer, sondern als Teilnehmer 2 5 — ein deutlicher Beweis für ihren Wider21

22

197; s. ο. A I.

§32 Entwurf 1962; Schwarz-Dreher

3 Β vor §47; Frank I I 1 vor §47;

Mezger 449; Gallas Mat. I 139; weitgehend unter Beschränkung des Problems auf den fehlenden Vorsatz des Ausführenden. 23 505, 529, anders 3. Aufl.; ebenso Kohlrausch-Lange I Β 2 a vor §47. 24

25

Welzel 109; Bockelmann 96; Mezger-Blei 229 f. Schönke-Schröder 66 vor §47; Baumann JZ 1958, 233; JuS 1963, 96 f., 133;

NJW 1963, 565.

5. Täterschaft des Hintermanns

195

spruch zu dem geltenden, grundsätzlich auf der objektiven Tatseite aufbauenden Strafrechtssystem. Die herkömmlichen Fälle stimmen nun darin überein, daß ohne eine fremde „Haupttat", so gering ihr Deliktsgrad auch sein mochte, ein rechtswidriger Erfolg überhaupt nicht entstehen konnte. Darauf, daß doch wenigstens eine rechtswidrige Tat vorliege, stützt auch der Entwurf 1962 seine Bestrafung „wie ein Anstifter", obwohl er für die Anstiftung grundsätzlich eine vorsätzliche Haupttat verlangt 2 6 . Dies ändert sich jedoch, wenn man bei voller Tatbestandserfüllung Teilnahme für möglich halten wollte. Denn i n diesem Fall kann der rechtswidrige Erfolg durch den vermeintlichen Teilnehmer allein bewirkt werden, ohne daß eine fremde Haupttat überhaupt vorzuliegen braucht. Die Annahme von Teilnahme bei voller Tatbestandsverwirklichung muß daher bei irrtümlicher Annahme der Unterstützung eines Hintermannes folgerichtig zu einer Teilnahme ohne Akzessorietät gelangen 27 .

5. Die Täterschaft des Hintermanns

Die Bedenken gegen die Annahme einer doppelten Täterschaft schwinden angesichts der Möglichkeit, daß sich die Täterschaft des Ausführenden und die des Hintermannes auf unterschiedliche Kriterien stützen: auf materielle beim Hintermann, auf formale oder jedenfalls andere materielle beim Ausführenden. Nachdem bereits auf induktive Weise Fälle ermittelt worden waren, i n denen eine Beherrschung des Ausführenden wie i n den klassischen Fällen der mittelbaren Täterschaft gegeben ist, bleibt grundsätzlich zu fragen, ob eine Beherrschung des Ausführenden trotz rechtswidrig-schuldhafter Tatbestandserfüllung möglich ist und ferner, ob, wenn ja, die i m vorangegangenen Kapitel dargelegte Kombination der formal-objektiven und der materiellen Täterlehren auch i n einem und demselben Fall zulässig ist. Dafür, daß beide Fragen zu bejahen sind, mögen auch hier wieder die unbestreitbaren Fälle des Täters hinter dem Täter als Ausgangspunkt dienen, nämlich die Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung. Es war schon ο. Β 10 vermerkt worden, daß die doppelte Täterschaft hier darauf beruht, daß das Strafrecht i m Interesse seiner Effektivität vielfach gehalten ist, dem Tatnächsten naheliegende Verteidigungsargumente abzuschneiden, daß aber andererseits von einer materiellen Betrachtungsweise aus kein Anlaß besteht, dem Hintermann 26

27

Begründung Seite 151.

So in der Tat Baumann JuS, 1963, 89 und NJW 1963, 565; Schönke-Schröder 66 vor § 47. 13*

196

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

diese Belastung des Ausführenden i n Gestalt einer Entlastung zugute kommen zu lassen. Eine ähnliche Lage war aber auch bei den Fällen des Handelns i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe (ο. Β 1, 2) bemerkt worden. Auch hier scheiterte eine Entlastung des Ausführenden vielfach nur an der i m Interesse der Effektivität des Strafrechts notwendig streng formalen Begrenzung der Schuldausschließungsgründe, obwohl seine Beherrschung i m Einzelfall genau so stark war wie bei dem Eingreifen der Entschuldigungsgründe selbst. Hinsichtlich der Beurteilung des Hintermannes steht die Rechtsordnung nun vor der Frage, ob sie dem Wert der Systemeinheit den Vorzug geben soll oder aber die materielle Gerechtigkeit so weit wie möglich, d. h. unter Inkaufnahme des Verlustes einer einheitlichen Täterbegründung, verwirklichen soll. I n einer Periode, i n der allgemein der größtmöglichen Verwirklichung der materiellen Gerechtigkeit i m Einzelfall der Vorzug gegenüber dem mehr ästhetischen Wert der begrifflichen Geschlossenheit des Systems gegeben wird, sollte die Entscheidung i n dem letztgenannten Sinn nicht schwerfallen: auch hier kann die kriminalpolitisch gebotene Belastung des Ausführenden dem Hintermann nicht als Entlastung zugute kommen. I n die gleiche Richtung weist auch der — freilich zu einer anderen Frage entwickelte — Gedankengang von Less, wonach bei einer durch Täuschung herbeigeführten fehlerhaften Amtshandlung deren Rechtmäßigkeit eine F i k t i o n sei, die Wirkungen einer solchen Fiktion aber nicht weiter getrieben werden dürften, als aus dem Grund ihrer Einführung unbedingt erforderlich sei, so daß i n der Person des Hintermanns der Erfolg rechtswidrig bleibe 1 . I m Dohna-Fall (s. ο. Β 4) kann allerdings die doppelte Täterschaft nicht auf der dargelegten Kombination der formal-objektiven und der materiellen Täterlehre beruhen, da hier auch der Ausführende materiell die Tatherrschaft hat. Er w i r d vom Hintermann weder infolge fehlenden Steuerungsvermögens noch durch Zwang oder I r r t u m beherrscht (s. ο. Β 4 d). Daran scheitert auch eine unmittelbare Übertragung der Begründung der doppelten Täterschaft bei der actio libera i n causa, obwohl auch hier der Ausführende — ähnlich wie dort — schon vor der Tat dem Hintermann seine Kräfte zur Verfügung stellt und erklärt, daß er von seinen psychischen Widerstandskräften gegenüber der Veranlassung keinen Gebrauch machen werde. Gleichwohl ist zum Zeitpunkt der Veranlassung die typische Situation der Anstiftung, nämlich das A u f treffen des Veranlassers auf die normalen psychischen Gegenkräfte und die dadurch bedingte Erfolgsunsicherheit der Veranlassung, nicht gegeben. Wenn nun i n den übrigen Fällen der mittelbaren Täterschaft die .

6. Menschliche Freiheit

197

Tatherrschaft des Hintermannes darauf beruht, daß er entweder die psychischen Gegenkräfte durch Zwang ausschaltet oder die konstitutionelle Unfähigkeit zur Gegenmotivation oder das Fehlen der durch die Kenntnis der Auswirkung oder der Rechtswidrigkeit der Handlung hervorgerufenen Gegenkräfte ausnutzt (s. ο. A I I I 1 b, 2), so kann seine Stellung keine andere sein, wenn sich i h m ein Werkzeug anbietet, von dem bereits feststeht, daß bei i h m keinerlei psychische Gegenkräfte bestehen. Da das Wesen der mittelbaren Täterschaft nicht i n der Beherrschung einer anderen Person, sondern i n der der unmittelbaren Täterschaft gleichen Nähe zum Erfolg besteht, kann es dem H i n termann nicht zugute kommen, wenn er den Tatmittler nicht erst zur Tat zwingen muß, sondern dieser schon vorher die Nichtexistenz eventuell zu bezwingender Gegenkräfte kundgetan hat. Daß hiermit nicht jede erfolgreiche Veranlassung gemeint ist, sondern nur der dem Hintermann überlassene und von diesem bestimmte Einsatz des Ausführenden, wurde bereits ο. Β 4 dargelegt.

6. Die menschliche Freiheit

Äußerlich i n verschiedenstem Gewände, ist i n der strafrechtlichen Dogmatik immer wieder der Einwand aufgetreten, ein frei und vorsätzlich Handelnder könne nicht Werkzeug eines anderen sein. Die erste Ausgestaltung dieses Gedankens dürfte die These von der sog. Unterbrechung des Kausalzusammenhanges sein. Diese These, i n der Täterlehre der Hegelianer deutlich vorgezeichnet (s. ο. A I I 1), wurde i n neuerer Zeit vor allem von Wachenfeld 1 und Dahm2 vertreten. Danach unterbricht eine freie, vorsätzliche menschliche Handlung die von einem anderen Menschen i n Gang gesetzte Kausalreihe. Nach einer eingeschränkten Form dieser Theorie hat der Gesetzgeber mit dem § 48 StGB ein Regreßverbot aufgestellt 8 , erblickt er i n der Tat des Haupttäters stets den Eintritt einer neuen Kausalreihe 4 . Ein weiterer Schritt zur Abkehr von der Theorie der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs war dann die Auffassung des Regreßverbots als bloßen Verbots täterschaftlicher Wertung, das mit der Kausalität nichts zu tun habe 5 . Dieser Gedanke zeigt sich auch bei M. E. Mayer , wenn er feststellt, daß ein Kausalzusammenhang nicht unterbrochen werden könne, die Beachtung eines kausalen Anteils jedoch bei dem vorsätzlichen Dazwi1 2

3 4 5

91, 195 if., 204; ZStW 40, 148. 123.

Frank § 1 I I I 2 a. v. Liszt 122. Liszt-Schmidt 166 Ν. 6; Michelson 32 f., 35 Ν. 11.

198

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

schentreten eines anderen Menschen außerhalb der Teilnahme konsumiert werde®. Dasselbe Ergebnis versuchte man zeitweise m i t der Adäquanztheorie zu begründen, v. Bar, der grundsätzlich die „Hegel des Lebens" zum Maßstab der Kausalität macht, schiebt allerdings hierbei das zusätzliche Argument ein, daß sonst der vorsätzlich Eintretende demjenigen, der eine Unvorsichtigkeit begangen habe, aber einen verbrecherischen Erfolg durchaus nicht wolle, w i l l k ü r l i c h eine Strafe anhängen könne, ihn w i l l k ü r l i c h und gegen seinen Willen zum Verbrecher machen könne 7 . Bei vorsätzlichem Handeln des Ersttäters ist daher die Adäquanz gegeben. Die Adäquanztheorie i n ihrer älteren Form braucht an dieser Stelle nicht widerlegt zu werden 8 . Heute w i r d auch vom Standpunkt der Adäquanz- bzw. Relevanztheorie aus anerkannt, daß es bei dem freien (vorsätzlichen) Eintritt eines Dritten i n die Kausalreihe an der Kausalität nicht fehlt®. Der dogmatische Sitz des Arguments verlagerte sich daraufhin auf den Tatbestand. Beling rechnet innerhalb seiner Abgrenzung von Kernbereich und Außenzone des Tatbestands (s. o. A I I 6) den E i n t r i t t der schuldhaften Handlung eines Dritten zur Außenzone 10 . Dieser drücke der Tat den Stempel seiner Persönlichkeit auf, könne nicht qua Persönlichkeit hinweggedacht werden, seine Persönlichkeit sei für die Tat maßgebend, die Tat sei voller Ausfluß seiner Persönlichkeit 11 . Dies sei der „richtige K e r n des Dogmas von der Unterbrechung des Kausalzusammenhanges", bei dem man die Bedeutung einer dazwischentretenden Entscheidung „instinktiv gefühlt" habe 12 . I n ähnlicher Weise (s. o. A I I 6) legte auch für H. Mayer früher „das Regreßverbot des geltenden Rechts" eine Grenzlinie fest, die an sich durch die Lebensanschauung i n den Beschreibungen der einzelnen Tatbestände gezogen sei 13 . Eine weitere Einkleidung des erwähnten Grundgedankens findet sich i n der Lehre von der objektiven Zurechenbarkeit, die vorwiegend von Autoren vertreten wurde, die an die Hegeische Rechtslehre anknüpfen. Larenz hat zuerst den Hegeischen Gedanken wieder aufgegriffen, daß die äußere, kausale Notwendigkeit Zufälligkeit bedeute, die nicht geeignet sei, ein Geschehen als die „eigene Tat" eines Menschen anzu8 7

8 9 10

83 f. 11 12 13

154 f. Gesetz und Schuld I I 178 ff., 219; Kausalzusammenhang 11 ff., 57.

S. dazu Tarnowski 48 ff.; Traeger 130 ff., 185 N. 1; Mezger 117 ff. Maurach 165; Mezger 125 f.; Engisch Kausalität 80 f. Lehre vom Verbrechen 250; Grundzüge 39; vgl. auch Engisch Kausalität ZStW 28, 598 f.; Grundzüge 39. ZStW 28, 598 N. 6. Strafrecht 1936, 324.

6. Menschliche Freiheit

199

sehen. Nur der den Kausalverlauf beherrschende freie Wille gebe die Möglichkeit, die zufällige Aufeinanderfolge i n die eigene Tat zu verwandeln. Umgekehrt habe an die Stelle der kausalen Beziehung der Tat auf den Täter das teleologische Urteil der Zurechnung zu treten. Die Zurechnung reiche so weit, wie die Macht des Willens reiche; alle diejenigen Folgen einer Tat müßten als Tat zugerechnet werden, die vom Handelnden vorausgesehen waren, deren Voraussicht dem Täter möglich war 1 4 . Folgerungen für das hier zu behandelnde Thema, die Konkurrenz mehrerer „freier Willen", zog Larenz allerdings noch nicht, wenn man von dem gelegentlich der Deutung des § 278 BGB fallenden Hinweis absieht, das Strafrecht kenne keine dem § 278 BGB entsprechende Übertragung der Verantwortlichkeit, da die Schuld von der konkreten Persönlichkeit des Schuldigen nicht zu trennen sei 15 . Entscheidende Folgerungen für das vorliegende Thema zog dagegen von der gleichen Ausgangsbasis aus H. Mayer. Unter Berufung auf die Hegelianer führte er aus, daß die Tat, welche i n dem freien Willen des Täters ihren Grund habe, nicht als die des Anstifters angesehen werden könne 1 6 . Der zunächst noch durch die Berufung auf den Lebenssprachgebrauch und das positive Recht verunklarte (s. o.) Grundgedanke wurde später weiter ausgeführt. Eine Tat könne nicht zugleich als W i l lenswerk des Täters und eines Hintermanns angesehen werden. Zwar könne nicht der Kausalzusammenhang, wohl aber der i n Wahrheit vorliegende Zurechnungszusammenhang unterbrochen werden 1 7 . Die Einschaltung fremden, vollverantwortlichen, vorsätzlichen Willens — nicht bloß fremder Hände — ändere die Wertbeziehungen von Grund aus 18 . Auch Wegner bedauert die „allzu grundsätzliche Verketzerung des Dogmas von der Unterbrechung des Kausalzusammenhangs", die Tatsache, daß „ m i t dem falschen Namen auch der richtige Wahrheitskern dieser Lehre über Bord geworfen und heute ganz i n Vergessenheit gesunken" sei. „Aus der Ursachenlehre herausgeworfen und auf seinen richtigen Platz verwiesen", „ i n seinem richtigen Kern" bedeute das Dogma von der Unterbrechung des Kausalzusammenhanges, daß ein neuer Vorsatz die Verantwortungsreihe unterbreche, ein anderer durch die Verwirklichung des inneren und äußeren Tatbestandes die Verantwortung auf seine Schultern lade, wodurch die Betrachtung des geistigen Urhebers als Täter ausgeschlossen werde. „Die Freiheit des Menschentums und seiner Würde fordern diese Begrenzung der Verantwortlichkeit 1 9 ." 14 15 16 17 18 19

60 ff., 76; vgl. auch NJW 1955, 1009 ff. 102. Strafrecht 1936, 334. 138. 304; Rittler-Festschrift 248. A T 102, 242.

200

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

Hierher ist auch Gallas zu rechnen m i t seiner Ansicht, daß, am Maßstab derselben Wertordnung gemessen, ein Verhalten nicht zugleich als frei und als von einem anderen beherrscht, d. h. aber als unfrei, erscheinen könne. Er räumt zwar ein, daß es sich von der motivierenden W i r kung her gesehen bei der Veranlassung eines schuldlos vorsätzlich und eines schuldhaft vorsätzlich Handelnden um den gleichen Vorgang handele. Für ein an Freiheit und Verantwortung der Person (wenn auch nur i m Sinne einer „staatsnotwendigen Fiktion") orientiertes Rechtsdenken bestehe aber ein Wertunterschied zwischen der Benutzung eines i m Rechtssinne unfrei und der Bestimmung eines i m Rechtssinne frei Handelnden 20 . Auch Gallas sieht i n dieser Auffassung ausdrücklich eine Fortführung der früheren Lehre von der Unterbrechung des Kausalzusammenhanges und ihre Weiterentwicklung zu einer auf Werterwägungen beruhenden Haftungsbeschränkung 21 . Ähnlich argumentiert Stratenwerth. Tatherrschaft sei Herrschaft über einen i n der Sachwelt sich vollziehenden Geschehensablauf. Diese werde nur bei einer instrumentalen, werkzeugartigen Verwendung einer anderen Person nicht berührt, könne dagegen nicht das Verhältnis eines Handelnden zu einem anderen als Person Handelnden erfassen 22 . Damit zeigen sich wieder Anklänge an frühere Formulierungen des Gedankens 23 . Schließlich hat sich neuerdings auch Roxin zu dem Gesichtspunkt bekannt, daß der „Wille eines frei handelnden Menschen" diesem die zentrale Stellung verschafft und „die anderen, die nur über ihn auf den Erfolg hinwirken können, an die Peripherie drängt" 2 4 , insofern überraschend, als Roxin die Tatherrschaft beim irrenden Werkzeug auf die sinnsetzende Überdetermination eines vom Ausführenden frei gewählten Verhaltens stützt und durch seine Annahme von mittelbarer Täterschaft kraft „Irrtums über den konkreten Handlungssinn" den Bereich der mittelbaren Täterschaft mittels eines frei und vorsätzlich Handelnden sogar gegenüber der h. L. noch erheblich erweitert 2 5 . Dieser Einwand, den man vielleicht als „ontologische Vorgegebenheit" an der Spitze der Ausführungen erwartet hätte, wurde bisher zurückgestellt i n der Hoffnung, daß sich bei der Entwicklung der zu beurteilenden Sachverhalte und der Dogmatik erweisen würde, daß diese keineswegs notwendig an die Begriffe „frei" und „Werkzeug" i n der ihnen i n jener vorrechtlichen Formel beigelegten Bedeutung anzuknüpfen braucht. 20 21 22

23 24 25

Mat. I 134; Beiträge 16. Mat. I 129. Eb. Schmidt-Festschrift 390.

Beling Grundzüge 39; Wachenfeld 48. 170 ff.; s. ο. Β 6, 7.

ZStW 40, 39.

6. Menschliche Freiheit

201

Diese Hoffnung hat sich i n der Tat bestätigt. So w i r d die intern-subjektive Täterlehre durch den genannten Einwand überhaupt nicht betroffen, da sie nicht von einer Beherrschung des Tatmittlers durch den mittelbaren Täter ausgeht, sondern davon, daß dieser mittels eines anderen seine eigenen Ziele verwirklicht. Auch die materiell-objektiven Theorien einschließlich der Tatherrschaftslehre wären in dieser Weise modifizierbar, da sie die Täterschaft nur dem entscheidenden, mächtigsten Beteiligten zuzuerkennen brauchten, wodurch die übrigen zu „Werkzeugen" herabsinken würden. Daß sogar einzelne Vertreter der Tatherrschaftslehre zwischen einer Tatherrschaft „für sich gesehen" und der „Herrschaft über das Gesamtgeschehen" unterscheiden, wurde bereits o. A I I 13 vermerkt. Daß damit auch eine „Freiheit für sich gesehen" gleichzeitig eine „Unfreiheit i m Gesamtgeschehen" darstellen kann, liegt auf der Hand. I n den vorhergehenden Kapiteln wurde die Figur des Täters hinter dem Täter weder auf eine Subjektivierung noch auf eine Relativierung der Tatherrschaft gestützt, sondern es wurde ein dritter Weg beschritten, der ebenfalls die Unabhängigkeit der Dogmatik von dem vor j u r i stischen Satz „Ein frei und vorsätzlich Handelnder kann nicht Werkzeug eines anderen sein" beweist. Es wurde nämlich bei den Fällen der Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden die Täterschaft auf die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens gestützt, obwohl seine Unfreiheit materiell gesehen ebenso stark ist wie bei den Entschuldigungsgründen selbst. Eine Freiheit des Ausführenden i m Sinne der Täterlehre wurde also gar nicht behauptet. Übrigens w i r d das gleiche Verfahren i n umgekehrter Richtung von der h. L. zur Begründung des absichts- und des qualifikationslosen dolosen Werkzeugs verwandt, bei welchem „das Werkzeug" zwar „frei und vorsätzlich" handelt, die mittelbare Täterschaft aber mit der formal-negativen Theorie begründet wird. Zwar wurde hier auch für diese Fälle eine Beschränkung der mittelbaren Täterschaft auf die Fälle echter Herrschaft über das Werkzeug verlangt (s. ο. A I I I 4), aber die absolut h. L. bietet hier eine weitere Durchbrechung des obengenannten Grundsatzes. Da i n den Fällen der Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung alle Täterlehren zum Täter hinter dem Täter gelangen müssen (s. o. Β 10), liegt es auf der Hand, daß diese Fälle ein weiteres selbständiges Argument gegen den obengenannten Grundsatz liefern müssen. I n der Tat liegt hier die Möglichkeit, trotz „Freiheit" „Werkzeug" zu sein, darin, daß die Freiheit von dem Ausführenden dazu benutzt wurde, sich zum Werkzeug zu machen und daß das Recht i h m die Werkzeughandlung i n diesem Fall als frei anlastet — eine Möglichkeit, die jener Satz

202

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

offensichtlich nicht berücksichtigt. Ähnliches gilt auch für die Benutzung eines zur Tat Entschlossenen (s. ο. Β 4): der Ausführende hat dem Hintermann bereits vor der Tat zu erkennen gegeben, daß er von seiner Freiheit nur i n einem ganz bestimmten Sinne Gebrauch machen werde und erscheint daher für diesen einsetzbar wie jedes andere Werkzeug auch. Hat sich somit der Satz, ein frei und vorsätzlich Handelnder könne nicht Werkzeug eines anderen sein, als für die Dogmatik nicht bindend erwiesen, so verbleibt noch der Einwand, bei der Veranlassung eines frei und vorsätzlich Handelnden veränderten sich gegenüber der eines unfrei oder unvorsätzlich Handelnden die Wertverhältnisse derart, daß das Recht sie nicht außer Acht lassen könne. Dieser Einwand ist bereits durch den Gang der Untersuchung selbst zurückgewiesen worden. Denn zu den Fällen des Täters hinter dem Täter wurde ja induktiv dadurch gelangt, daß i n diesen Fällen eine Beherrschung wie bei den Entschuldigungsgründen selbst angenommen wurde. Die hier vertretene Auffassung erhebt also gerade den Anspruch, die für die Täterschaft des Hintermanns maßgeblichen Wertunterschiede feiner zu erfassen als es das Abstellen auf Freiheit und Vorsatz des Ausführenden tut. Die Einführung der limitierten Akzessorietät, die auch bei unfreiem Handeln des Ausführenden sowohl mittelbare Täterschaft als auch Anstiftung möglich sein läßt und damit zu einer materiellen Abgrenzung zwingt, deutet darauf hin, daß die Grenze zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung nicht über Freiheit und Vorsatz des Ausführenden verläuft.

7. Das Verhältnis der Figur des Täters hinter dem Täter zur Anstiftung

a)

Allgemeines

Bis auf den Fall des Einsatzes eines Tatentschlossenen, ohne daß der Hintermann bestimmend i n Erscheinung t r i t t (Dohna-Fall), hatte sich i n allen Fällen des Täters hinter dem Täter die Möglichkeit einer Konkurrenz zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung ergeben. Diese Wahlmöglichkeit ist grundsätzlich zu begrüßen, da damit ein Einklang erzielt w i r d m i t den Fällen der Veranlassung eines schuldlos Handelnden, i n denen seit Einführung der limitierten Akzessorietät ebenfalls keine Bejahung einer Beteiligungsform nach dem K r i t e r i u m des formalen Fehlens eines Verbrechenselements mehr möglich ist, sondern zwischen Anstiftung und mittelbarer Täterschaft nach materiellen Kriterien geschieden werden muß. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dies dem Zweck der Novelle von 1943 entspricht oder nicht. Die Figur des Täters hinter dem Täter dehnt also den Bereich der materiellen Täterlehre weiter aus. Neben der Vereinheitlichung mit anderen Fällen der

. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur

s t

203

mittelbaren Täterschaft liegt darin zugleich der Vorteil einer Vereinheitlichung m i t der Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Beihilfe, bei der sich die materielle Abgrenzung zuerst entwickeln konnte. Die Forderung nach einer einheitlichen Begründung sämtlicher Täterschaftsformen ist vor allem von Lange erhoben worden 1 . A u f der anderen Seite besteht die Gefahr einer Aushöhlung des Bereichs der Anstiftung durch die Einbeziehung der i m induktiven Teil gewonnenen Fallgruppen i n die mittelbare Täterschaft nicht, da diese Fälle von vornherein so gewählt wurden, daß der klassische Bereich der Anstiftung i m wesentlichen nicht angetastet wird. A m geringsten ist der Einbruch i n den Bereich der Anstiftung bei der Ausdehnung der mittelbaren Täterschaft über die formalen Grenzen der Entschuldigungsgründe hinaus; schwerwiegender ist er — zugegebenermaßen — bei der Benutzung eines zur Tat Entschlossenen bzw. Bereiten. Ebenso wie die Einführung der limitierten Akzessorietät trägt die Anerkennung des Instituts des Täters hinter dem Täter dazu bei, die Grenzen zwischen Täterschaft und Teilnahme fließend zu machen 2 ; dies geschieht jedoch nicht durch eine Ersetzung der typischen Unterscheidungsmerkmale durch graduelle, wie etwa den Gefährlichkeitsgrad, sondern es liegt i m Wesen der Materialisierung, die ja gerade für den konkreten Einzelfall eine gerechte Entscheidung ermöglichen und die Grenzbereiche besser ausloten soll. Diese allgemeine Tendenz zur Materialisierung der Unterscheidungskriterien dürfte auch die Ursache dafür sein, daß Schaffstein es als „unangefochtenes Ergebnis der Methodenentwicklung der letzten Jahrzehnte" ansieht, „daß es sich bei der Bestimmung strafrechtlicher Begriffsgrenzen und Unterscheidungen fast immer um eine Grenzziehung i m Bereich fließender Übergänge, nur selten u m die Auffindung offenkundiger Zäsuren handelt" 3 . b) S i n n d e r A b g r e n z u n g zwischen mittelbarer Täterschaft und

Anstiftung

Angesichts des i n § 48 Abs. 2 StGB vorgesehenen Grundsatzes der Gleichbestrafung von Täterschaft und Anstiftung, der auch von § 30 E 1962 übernommen worden ist, könnte die Frage auftauchen, ob es sich nicht überhaupt bei der Abgrenzung zwischen mittelbarer Täterschaft und Anstiftung um ein lediglich theoretisches Problem ohne jede praktische Bedeutung handelt 4 . Eine praktische Bedeutung ergibt sich nur bei einem Fehlschlagen der Veranlassung. Sie w ä r e — w e n n man für den 1

2 3

4

Täterbegriff 52.

Vgl. Engisch ZStW 66, 385. ZStW 56, 150.

So Lony 46.

204

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

Versuch der mittelbaren Täterschaft ein Tätigwerden des Tatmittlers verlangt 5 — nur bei Annahme von Anstiftung strafbar, wenn man sich dagegen mit einer Einwirkung auf den Tatmittler begnügt 6 , als Anstiftung nur bei Veranlassung zu einem Verbrechen, als mittelbare Täterschaft auch bei Veranlassung zu einem Vergehen strafbar. Die Notwendigkeit einer genauen Abgrenzung ergibt sich jedoch zunächst aus dem Grundsatz der Tatbestandsmäßigkeit. So hat etwa die annähernd gleiche Strafdrohung zwischen Betrug und Untreue noch niemals Zweifel an der Notwendigkeit einer genauen Subsumierung (abgesehen von der Möglichkeit der Wahlfeststellung bei faktischer Ungewißheit) zur Folge gehabt. I m übrigen ist aber, solange die Beteiligungsformen nach typischen Merkmalen und nicht lediglich nach der Strafwürdigkeit des Verhaltens differenziert werden, jede Abhängigkeit der Subsumierung von dem angedrohten Strafmaß methodisch falsch 7 . Ein derartiges Verfahren hatte sich freilich unter der Herrschaft der animus-Formel weitgehend eingebürgert 8 . Vielmehr muß sich umgekehrt aus der Abgrenzung der Beteiligungsformen voneinander deren Strafwürdigkeit ergeben, wobei sich freilich beide Probleme insofern durchdringen, als eine Abgrenzung, die zugleich zu Unterschieden i n der Strafwürdigkeit führt, den Vorzug verdient 9 . Die Figur des Täters hinter dem Täter entzieht nun der Anstiftung zweifellos die schwersten Fälle der Beeinflussung eines anderen. Ergibt sich daraus für den der Anstiftung noch verbleibenden Bereich eine generelle Verringerung der Strafwürdigkeit gegenüber der Täterschaft, so daß die Figur des Täters hinter dem Täter i m Sinne der erstrebten Deckung der begrifflichen Abgrenzung der Beteiligungsformen und ihrer Strafwürdigkeit eine weitere Rechtfertigung erhielte? Eine nähere Prüfung dieser Frage zeigt eine überraschende Unsicherheit und Inkonsequenz in der Beurteilung der Strafwürdigkeit der A n stiftung sowohl i n den Bestrebungen de lege ferenda als auch i n der Strafzumessungspraxis auf Grund des geltenden Rechts. So ist für das kommende Straf recht die Beibehaltung der Teilnahmeformen (also auch der Anstiftung) immer wieder m i t dem Argument befürwortet worden, daß ein Bedürfnis nach Differenzierung bestehe, das sich andernfalls bei der Strafzumessung wieder einstellen würde, wodurch 5

Frank § 43 I I 2 a; v. Hippel 475; Eb. Schmidt Frank-Festgabe I I 132. Maurach 402; Baumann 503 und JuS 1963, 93; Mezger-Blei 229; differenzierend Jagusch LK § 43 I I f cc; Schwarz-Dreher §43 1 Β b; Welzel 170; Schönke-Schröder §43 15; Bockelmann 148; BGH 4, 270. 7 Vgl. auch Welzel GS 103, 345; Roxin 30 f. 8 Maurach 512. 6

9

Insoweit gegen Roxin a.a.O. u n d passim.

. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur

s

t

2

0

5

rechtsstaatliche Belange gefährdet würden 1 0 . Auch die „Vorschläge und Bemerkungen der Sachbearbeiter des B J M " gehen — bewußt oder zumindest unbewußt — von der Vorstellung einer geringeren Strafwürdigkeit des Anstifters aus, wenn sie die Bestrafung wegen mittelbarer Täterschaft der Bestrafung „nur als Anstifter" gegenüberstellen 11 . Gleichwohl hat man sich ohne nähere Erörterung zu einer Beibehaltung der gegenwärtigen Gleichstellung i m Strafmaß entschlossen. Als Begründung klang lediglich das von Gallas angeführte Argument an, die geringere Erfolgsnähe werde durch das Korrumpierungsmoment aufgewogen 12 . Zweifellos w i r d sich aber das richterliche Bedürfnis nach einer geringeren Bestrafung der Teilnahme und damit auch der Anstiftung, auf das sich die Gesetzesverfasser zur Beibehaltung der begrifflichen Unterscheidung der Teilnahmeformen immer wieder beriefen, bei der Strafzumessung bemerkbar machen, wozu die relativ weiten Strafrahmen des deutschen Rechts Gelegenheit geben 13 . Andernfalls wäre auch die eindeutige Ablehnung der von der Novelle von 1943 beabsichtigten Ausdehnung der Anstiftung und die viele Mühe, die auf die Unterscheidung von mittelbarer Täterschaft und Anstiftung bei der Veranlassung eines schuldhaft Handelnden verwendet wurde, kaum verständlich. Auch ist es an anderer Stelle Gallas selbst, der für die Anstiftung ausdrücklich ein geringeres Gewicht annimmt als für die (mittelbare) Täterschaft, w e i l die Erfolgschance des Hintermanns relativiert werde 1 4 . c) S t r a f z u m e s s u n g s g r ü n d e b e i d e r

Anstiftung

Gleichzeitig zeigt ein Blick i n die Literatur, daß die Entwicklung spezifischer Strafzumessungsgründe für die Anstiftung noch sehr i m argen liegt. Dabei ergeben sich hier sehr deutliche Steigerungslinien. So verläuft nach dem Maß der Intensität des verbrecherischen Willens des Anstifters eine Steigerungslinie von dem bloßen hingeworfenen Rat über das tagelange Einreden auf einen anderen bis zur nötigungsähnlichen Beeinflussung eines Hörigen. Nach dem Grad der Erfolgsnähe verläuft eine Entwicklungslinie von der i n völliger Unsicherheit über den Erfolg erfolgenden Beeinflussung eines dem Anstifter völlig unbekannten Menschen über die Beeinflussung eines Menschen, der — dem Veranlasser bekannt — schon mehrmals entsprechenden Beeinflussun10

Gallas Beiträge 41; Mat. I 144; Ndschr. I I 69 („mindestens die Beihilfe");

Bockelmann 109 ff., Ndschr. I I 95, 118; Schäfer a.a.O. 75, 78; Schwalm a.a.O. 90; Jescheck a.a.O. 98, 123; E 1958 Begr. Seite 35; E 1962 Begr. Seite 147; vgl. auch

Rietzsch DJ 1943, 311 f. 11

12

13

Ndschr. X I I 140, 493. Mat. I 147 f.; Ndschr. I I 71, 108.

Vgl. Esser GA 1958, 325.

14JR 195,

2 .

206

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

gen erlegen ist, bis zu dem bloßen Auftrag an einen anderen, der sich zur Begehung derartiger Verbrechen bereit erklärt hat. Nach dem Ausmaß der Korrumpierung des Täters steht dagegen der letztere F a l l auf der untersten Stufe der Skala und steigert sich bis zu einer mephistophelischen Verführung mit allen denkbaren Verlockungen oder wiederum mit nötigungsähnlichem Zwang. Aber gerade aus der Unsicherheit, welcher dieser verschiedenen Steigerungslinien der Vorzug zu geben ist, dürfte das Darniederliegen einer spezifischen Strafzumessungslehre für die Anstiftung zu erklären sein. So nennt der L K überhaupt keine besonderen Strafmessungsgründe und führt lediglich i n den allgemeinen Erläuterungen zur Strafzumessung an, daß den verführenden Urheber des Tatplans eine Strafschärfung i m Verhältnis zum Täter treffe, der Anstiftungstätigkeit aber andererseits geringere Hemmungen entgegenstehen könnten als der Ausführung. I m übrigen sei „alles Tatfrage" 1 5 . Schönke-Schröder begnügen sich m i t dem Hinweis, daß der Hergang der Anstiftung für die Strafzumessung bedeutsam sei und daß ein weitergehender Wille des Anstifters strafschärfend berücksichtigt werden könne 1 6 . I m übrigen beschränkt sich die Literatur zumeist auf einen Hinweis auf § 50 StGB 1 7 . Nach dem K r i t e r i u m der Erfolgsnähe entziehen die für die Figur des Täters hinter dem Täter i n Frage kommenden Fälle der Anstiftung zweifellos die schwerstwiegenden Fälle 1 8 . Damit ist jedoch einer generellen Herabsetzung des Strafmaßes für die Anstiftung noch nicht der Weg gebahnt, da ja nach h. L. und auch nach den Reformbestrebungen die Gleichstellung der Anstiftung m i t der Täterschaft i m Strafmaß nicht auf der Möglichkeit einer derartigen, quasi-täterschaftlichen Erfolgsnähe beruht, sondern auf dem Moment der Korrumpierung, das die fehlende Erfolgsnähe kompensieren soll. Dieses Moment gilt es daher näher zu prüfen. Die Notwendigkeit einer Prüfung ergibt sich auch daraus, daß nach verbreiteter Auffassung das Korrumpierungsmoment in größerem oder geringerem Maße zur Abgrenzung der Anstiftung von der Täterschaft verwendet werden soll. Es ist daher zu prüfen, ob dieses Moment i n den Fällen des Täters hinter dem Täter gegeben ist und, wenn ja, ob es die mittelbare Täterschaft ausschließt. d) D a s K o r r u m p i e r u n g s m o m e n t

insbesondere

Gegen das Korruptionsmoment als Wesensmerkmal der Anstiftung sind bekanntlich durchschlagende Einwände erhoben worden, die in 15 16

17 18

Jagusch Β I I I 2 a vor § 13. § 48 17.

Maurach 542; Lange §48 V I I I ; Welzel 103; Frank §48 VI.

Es ist bezeichnend, daß Zimmerl Tatbestand 116 mit dem Hinweis auf die Erfolgsnähe bei Benutzung eines Berufsverbrechers die Gleichstellung der Anstiftung mit der mittelbaren Täterschaft begründen wollte.

. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur

s t

207

der Ausdehnung der Strafbarkeit auf nicht strafwürdige Fälle (Anstiftungsversuch, Anstiftung zum Versuch: agent provocateur), vor allem aber i n der Einführung der limitierten Akzessorietät bestehen 19 . Diesen Einwänden entgeht auch die Neuformulierung der Schuldteilnahmetheorie durch H. Mayer nur z. T., die ihr Wesen i n der Vereinigung des Teilnehmerwillens mit dem schuldhaften Täterwillen sieht, der wiederum auf die „ w i r k l i c h begangene äußere Tat" zu beziehen sei 20 . Denn auch hierbei w i r d vorausgesetzt, daß die Beteiligung an schuldloser Haupttat nicht unter die Teilnahme fällt 2 1 , was nur durch eine komplizierte Umdeutung des Gesetzeswortlauts möglich ist. Daß die Beziehung der Schuldteilnahme auf die konkrete Tat unzulässig ist, w i r d weiter unten dargelegt werden. I m übrigen ist der Preis H. Mayers eine völlige Entleerung der Schuldteilnahmetheorie. Denn eine Vereinigung des schuldhaften Willens liegt auch bei der Mittäterschaft vor. Die Willenseinigungstheorie ermöglicht also keine Abgrenzung der Täterschaft von der Teilnahme mehr, sondern nur eine Abgrenzung der Alleintäterschaft von der „Teilnahme" i. w. S. — eine Antithese, die heute mit Recht i n den Hintergrund getreten ist. I m übrigen ist diese Theorie weder historisch noch durch den Willen des Gesetzgebers ausgewiesen 22 . Der Korrumpierungsgedanke w i r d daher heute allgemein nur noch zur Kennzeichnung des Regelfalles der Anstiftung und als Strafzumessungsgrund verwertet 2 3 . „Die gewöhnlichsten und ungleich schwerstwiegenden Fälle der Teilnahme sind die der Korruption" 2 4 . Aber auch hiergegen erheben sich Einwände. Einmal w i r d nach ganz h. L. die Anstiftung durch die nachfolgende Täterschaft aufgezehrt 25 . Dies wäre kaum zulässig, wenn bei der Anstiftung die geringere Erfolgsnähe durch das Korrumpierungsmoment kompensiert würde, da durch die nachfolgende Täterschaft zwar die geringere Erfolgsnähe aufgezehrt wird, nicht aber das Korrumpierungsmoment, das dann i n der L u f t hängt 2 6 . Auch die Bestrafung wegen Anstiftung bei vom Hintermann angenommener m i t telbarer Täterschaft mittels eines argumentum a maiore ad minus läßt sich kaum vertreten, wenn man für den Regelfall der Anstiftung das 19

Lange I I 2 vor §47; Teilnahme 36 ff.; Maurach 534; Esser GA 1958, 323;

BayObLG JR 1958, 429. 20 Rittler-Festschrift 254 ff. 21 H. Mayer bezeichnet sie als Urheberschaft, a.a.O. 259; A T 327 ff. 22

23

Franzheim 35. Lange I I 2 vor §47; Ndschr. I I 97; Baumann 511; Heinitz Juristentags-

Festschrift 101. 24

H. Mayer Rittler-Festschrift 256. Frank V I I vor §47; Maurach 520 f., 535; Schönke-Schröder 89 vor §47; Lange V I vor § 47; Mezger LK 8 vor § 47; RG 48, 206; 63, 134; 70, 296. 25

26

Vgl. A. Koehler DRZ 1915, 463 f.; BayObLG

JR 1958, 429.

208

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

Korrumpierungsmoment bejaht (s. ο. Β 9). Die Anstiftung wäre dann kein Minus, sondern — wenigstens i m Regelfall — ein Aliud. Indessen könnten diese Einwände ebensogut zu einer Aufgabe der zugrundeliegenden Ansichten 27 oder zumindest zu einer Berücksichtigung der zusätzlichen Anstifterschuld des Täters bei der Strafzumessung 28 wie zur Widerlegung der Relevanz des Korrumpierungsmoments dienen. I m übrigen wäre zu prüfen, wie weit bei der heutigen Begründung der Aufzehrung der Teilnahme durch die eigene Täterschaft mit Konkurrenzgesichtspunkten nicht noch unbewußt die frühere Auffassung m i t spielt, wonach eine Teilnahme an eigener Tat ausgeschlossen sei 29 . Der Schuldteilnahmetheorie, und zwar auch ihrer Verwertung i m Bereich der Strafzumessung, widerspricht ferner die Nichtanwendung von straferhöhenden persönlichen Merkmalen auf den Teilnehmer nach § 50 Abs. 2 StGB (§ 33 Abs. 2 E 1962) und die obligatorische Strafmilderung für den teilnehmenden Extraneus nach § 33 Abs. 1 E 196230. Und zwar gilt dies nicht nur für die überkommene Lehre, die die Merkmale des § 50 Abs. 2 StGB als Schuldmerkmale 31 ansieht, sondern auch für diejenige Auffassung, die i n diesen Merkmalen personale Unrechtsmerkmale sieht 3 2 . Denn da auch das personale Unrecht sich auf der Schuldseite als Vorwerfbarkeit widerspiegelt, müßte die Schuldteilnahmetheorie i n jedem Falle den Teilnehmer für die durch die Erfüllung der personalen Merkmale erhöhte Schuld mithaften lassen. Man kann die Vereinbarkeit von § 50 Abs. 2 StGB m i t der Schuldteilnahmetheorie auch nicht durch die Erwägung retten, daß der Extraneus i n seiner Lebens- und Rechtssphäre das verbotene Tun nicht als typisch strafwürdiges Unrecht erkennen könne 3 3 . Richtig ist zwar, daß für die Schuldteilnahme selbst wieder ein Verschulden festgestellt werden muß. Aber dieses Verschulden würde keine derartige Schematisierung vertragen. I m Gegenteil, der Teilnehmer w i r d nicht nur i n Ausnahmefällen (er war selbst früher Beamter, er hat selbst eine verlockende Stieftochter usw.), sondern durchaus i n der Regel das typische Unrecht eines Amtsdelikts oder eines eigenhändigen Delikts empfinden können. Sieht man m i t Welzel i n der beschränkten Geltung der personalen Unrechtsmerkmale eine Konsequenz des personalen Unrechtsbegriffs 34 , so ist i n 27 28 29

Hergt

So Less ZStW 69, 55 f. Perten 146 N. 259. S. z. B. Klee GA 67, 107, der allerdings beide Gesichtspunkte verbindet; 172 f. m. zahlr. Hinweisen auf die ältere Lehre.

30 Vgl. Lange I I 2 vor §47, §50 I; Teilnahme 52 ff.; Esser GA 1958, 326 ff.; Baumann 526; BayObLG JR 1958, 429. 31 Lange §50 I; OGH 1, 328. 32 Maurach 559; Welzel 106 f. 33 H. Mayer Rittler-Festschrift 260. 34

106.

. V e r h ä l t n i s des Täters h i n t e r dem Täter zur

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2

0

9

der Schuldteilnahmetheorie sogar eine Durchbrechung dieses personalen Unrechtsbegriffs zu erblicken. Gerade aus der Pflichtverletzungslehre, dem Handlungsunrecht, dem personalen Unrechtsbegriff w i r d heute von verschiedener Seite eine neue Rechtfertigung der Schuldteilnahmetheorie hergeleitet 35 . Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Denn selbst, wenn man diese stark angegriffene 30 Lehre einmal unterstellt, so kann die Beteiligung an dieser Pflichtverletzung oder ihre Hervor rufung nicht mehr zur spezifischen Kennzeichnung der Teilnahme dienen, während die Korrumpierungstheorie gerade ein zusätzliches, spezifisches Moment einführen w i l l . Je nach der ausschließlichen oder komplementären Funktion des Handlungsunwerts w i r d die Anstiftung entweder selbst auf eine bloße Pflichtverletzung reduziert oder zu einer Verursachung (von Rechtsgutverletzung und Pflichtverletzung) plus eigene Pflichtverletzung erweitert — i n keinem Fall entsteht für die Anstiftung ein spezifisches, zusätzliches Moment. Die Verwertung des Korrumpierungsmoments für die Strafzumessung bei der Anstiftung hat schließlich noch einen weiteren Nachteil. Während das Moment der Korrumpierung selbst i n sich nach der Schwere graduierbar ist, kann bei Fehlen dieses Moments einerseits der Bereich der Anstiftung zur mittelbaren Täterschaft h i n verlassen sein, andererseits aber auch ein besonders wenig strafwürdiger Fall der Anstiftung gegeben sein. Diese Sachlage verführt dazu, bei Fehlen oder geringer Intensität des Korrumpierungsmoments Fälle, die i n ihrer Erfolgsnähe der mittelbaren Täterschaft gleichkommen, fälschlich als besonders milde Fälle von Anstiftung zu betrachten. Diese Folge zeigt sich deutlich i n dem schon erwähnten Urteil des B G H i n MDR 1957, 395. Hier hatte ein Vater der Hebamme, die sich für den Fall einer weiteren Schwangerschaft der Ehefrau zur Abtreibung bereit erklärt hatte, eine entsprechende Mitteilung gemacht. Obwohl damit die für die Anstiftung typische Unsicherheit der Entschlußfassung des Angestifteten entfiel und der Erfolg automatisch wie bei der Auslösung eines elektrischen Kontakts eintrat, erkannte der B G H auf ein sehr mildes Strafmaß, da die Anstiftungstätigkeit nicht sehr intensiv gewesen sei. e) D e r I n h a l t

des

Korrumpierungsmoments

Prüft man nun näher, ob i n den Fällen des Täters hinter dem Täter überhaupt das Korrumpierungsmoment gegeben ist, so zeigt sich hier die ganze Vieldeutigkeit und Verschwommenheit dieses Merkmals, die es — aus dem kanonischen Recht stammend — i n einem säkularisierten Strafrecht notwendig erleiden muß. 35 36

H. Mayer 319; vgl. Esser GA 1958, 331 f. Maurach 179 f., 233. oeer

210

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

aa) Die Auffassung Maurachs Setzt man den Begriff Korruption i n Gegensatz zu dem des Mißbrauchs und sieht man dementsprechend das Wesen der Korruption darin, daß der Anstifter die Tat aus der Hand gegeben hat, seine Rolle m i t der Erweckung der bösen Lust ausgespielt ist 3 7 , so w i r d man i n den Fällen des Täters hinter dem Täter eine Korruption ohne weiteres ausschließen können. Die Korruption,wird hier zu einem Komplementärbegriff zum Begriff der Tatherrschaft und ist damit wie dieser materell zu definieren. Nur aus diesem unterschiedlichen Gehalt des Begriffs ist es zu erklären, daß ein Merkmal, das nicht spezifisch ist für die Anstiftung, dennoch zur Abgrenzung zwischen ihr und der mittelbaren Täterschaft dienen soll 3 8 . bb)

In-Schuld-und-Strafe-Führen

Versteht man den Gedanken der Korruption dagegen mit der h. L. als das In-Schuld-und-Strafe-Führen, so hätte man i n den Fällen des Täters hinter dem Täter eine Korruption zu bejahen, denn der Ausführende ist ja strafbarer Täter. Der Begriff der Korruption als regelmäßiges Merkmal der Anstiftung würde hiermit die formal-negative Auffassung der mittelbaren Täterschaft i. S. eines Lückenbüßers stützen, da sie nur i n den Fällen nicht gegeben ist, i n denen der Ausführende nicht strafbar ist. Indessen ist zunächst festzustellen, daß das Vorliegen des Korruptionsmoments i n diesem Sinne die mittelbare Täterschaft noch nicht notwendig auszuschließen braucht, da daneben gleichzeitig die Merkmale der Täterschaft gegeben sind, ob man diese nun als Tatherrschaft, Tatherrschaftswillen u. ä. ansieht. Diese Merkmale würden bei der Annahme einer Anstiftung i n der L u f t hängen, da das Korruptionsmoment hinsichtlich der Strafwürdigkeit gerade die größere Erfolgsferne des Anstifters kompensieren soll. Anders läßt es sich auch gar nicht erklären, daß sich die Korrumpierungstheorie mit den Fällen des dolosen Werkzeugs und vor allem dem völlig unbestrittenen Fall der Benutzung eines fahrlässig Handelnden abgefunden hat. I n dem Augenblick, wo das Korruptionsmoment nicht wie bei Maurach als Komplementärbegriff zur Tatherrschaft (das gleiche würde für die anderen Täterschaftskriterien gelten), sondern formal als das bloße I n Schuld-und-Strafe-Führen verstanden wird, läßt es sich somit als A b grenzungskriterium nicht mehr verwerten. I m übrigen muß aber das Korruptionsmoment i n seiner Bedeutung als das „In-Schuld-und-Strafe-Führen" selbst noch näher untersucht werden. 37 38

Maurach 496 f.; Schuld u. V. 62. Maurach 534, 567; Heinitz a.a.O. 101.

7. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur A n s t i f t u n g

211

aaa) Charakterverderbnis Dem Einwand, daß eine Charakterverderbnis i n vielen Fällen gar nicht mehr möglich ist 3 9 , w i r d hier entgegengehalten, es handele sich nur um die Bestärkung des Willens zur konkreten rechtswidrigen Tat und jede derartige Bestärkung trage die Gefahr der Charakter Verderbnis i n sich 40 . Hiergegen wiederum hat schon Zimmerl eingewendet, daß durch eine einmalige böse Tat der Charakter ebensowenig verderbt werden müsse wie eine solche Tat der Beweis für einen schlechten Charakter sei 41 . Dieses Argument ist i n der Tat durchschlagend; vielfach w i r d sogar der einmal durch Verurteilung oder Bestrafung gewarnte Mensch eine größere Widerstandskraft an den Tag legen als der noch nie Gescheiterte, wie ja auch sonst Renegaten meist die treuesten Verfechter ihrer neuen Anschauungen sind. Ja, enthält nicht die Behauptung von der regelmäßigen Korrumpierung des Angestifteten eine Bankrotterklärung jeder Spezialprävention 42 ? I m übrigen würde hier dasselbe Moment zweimal gegen den Veranlassenden verwertet werden: da die Kausalität des Anstifters für den verbrecherischen Erfolg gerade i n der Hervorrufung eines fremden bösen Willens besteht, darf diese Tatsache nicht noch einmal gegen i h n verwertet werden 4 3 . Indessen soll die eben behandelte Kontroverse hier beiseite gelassen werden und die K r i t i k gegen einen anderen Punkt der Schuldteilnahmetheorie gerichtet werden. Es handelt sich dabei um die Frage einer genauen Erfassung des Schutzobjekts des „In-Schuld-und-Strafe-Führens". bbb) Gefährdung des allgemeinen Rechtsfriedens Hierbei könnte man zunächst an die Gefährdung des allgemeinen Rechtsfriedens durch die Beeinträchtigung der gesetzestreuen Gesinnung von Bürgern denken. I n diesem Sinne spricht Binding von einem „ A n griff auf die gesetzestreue Gesinnung" 4 4 , Perten von einem Angriff auf 39 40 41

Bockelmann 113; Esser GA 1958, 323. H. Mayer Rittler-Festschrift 256.

Aufbau 156. Vgl. dagegen die räsonierenden Ausführungen in der älteren Literatur, z. B. bei Perten 144f.: „Hat der Anzustiftende auch nur ein einziges M a l jene Hemmungen in seinem Inneren überwunden, ist er vom rechten Wege abgekommen, hat er die schiefe Ebene des Verbrechens erst betreten, so wird er meist noch zum zweiten Male für die Verbrechen zu haben sein . . . die Furcht vor Strafe mindert sich, selbst dann, wenn es dem Verbrecher in vorangehenden Fällen nicht gelungen ist, straflos zu bleiben, denn auch den Schrecken der Strafe gegenüber gibt es eine Abstumpfung und Gewöhnung." 48 Ähnlich, aber umgekehrt, argumentiert Zimmerl, Aufbau 156: der böse Wille des Angestifteten beziehe seine Bosheit aus der objektiven Tat. 44 Abh. 1, 276. 42

14*

212

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

die „Grundlagen der Rechtsordnung" 45 . Abgesehen von der Frage, ob i n der Anstiftung zur konkreten Tat eine Gefährdung des allgemeinen Rechtsfriedens liegt, wäre jedoch die Berücksichtigung eines solchen A n griffs innerhalb der Teilnahme m i t deren Akzessorietät nicht zu vereinbaren. Wenn Gallas dieses Moment dennoch neben dem Moment der Veranlassung rechtswidriger Tatbestandsverwirklichung durch Wekkung fremden Tatentschlusses berücksichtigen w i l l 4 6 , so ist dem entgegenzuhalten, daß schon die Koppelung zweier so heterogener Momente i n einem Tatbestand unzulässig erscheint. Es ist bemerkenswert, daß Gallas für den Fall, daß das Wesen der Anstiftung nur i n der K o r r u p tion bestehen sollte, „ i n Wahrheit ein selbständiges D e l i k t " annimmt 4 7 . Das somit grundsätzlich anerkannte eigenständige Delikt kann nicht mit einer konkreten Rechtsgutverletzung gekoppelt und zur Herbeiführung der Täterstrafe für jenen verbunden werden 4 8 . ccc) Gefährdung des konkreten Rechtsguts Andererseits setzt aber jede Beziehung der Korrumpierung auf das konkrete Rechtsgut, das der Angestiftete angreift, sich dem Einwand aus, daß das Unrecht der Haupttat dem Anstifter doppelt zur Last gelegt w i r d 4 9 . I n diese Gefahr gerät auch H. Mayer, der, gerade w e i l er den Sonderdeliktscharakter der Gesinnungsverderbnis erkennt, die K o r ruption i n der Bestärkung des Täters i m Willen zu konkreter rechtswidriger Tat sieht 5 0 . ddd) Unrecht gegen den Angestifteten I n der Literatur klingt daher m i t den Begriffen der „Verführung", der „Verstrickung i n Schuld und Strafe" u. ä. vielfach der Gedanke eines Unrechts gegen den Angestifteten an 5 1 . Aber dieser Gedanke vermag die Korrumpierungstheorie noch weniger zu tragen. Unbestreitbare Tatsache ist doch, daß es letztlich der Angestiftete selbst ist, der sich i n Schuld und Strafe führt. Insofern liegt eine gewisse Parallele vor m i t den Fällen der Veranlassung zur Selbstverletzung. Wenn auch gerade hier eine Tendenz zur Ausdehnung der Täterschaft festgestellt werden konnte (s. ο. A I I I 5), so besteht doch heute Einigkeit darüber, daß eine besondere Intensität der Veranlassung erforderlich ist, die über eine bloße Anstiftung hinausgeht. Das gleiche gilt für die Provozierung einer 45 46 47

48 49 50

51

145. Mat. I 147; Ndschr. I I 71. a.a.O.; ebenso Perten 145.

Vgl. auch Lange I I 2 vor § 47. Zimmerl, Aufbau 156. Rittler-Festschrift 255 f.

Vgl. Esser GA 1958, 321 f.

. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur

s

t

2

1

3

Notwehrhandlung, m i t der sich der Grundgedanke des „In-Schuld-undStrafe-Führens" auf das Genaueste deckt, denn auch hier reagieren die Justizorgane rechtmäßig auf einen rechtswidrigen Angriff. I m ersten Fall würde niemand denjenigen wegen Körperverletzung i n mittelbarer Täterschaft bestrafen, der einem schmächtigen Burschen rät, einen körperlich weit überlegenen Gegner anzugreifen. Mittelbare Täterschaft ist vielmehr nur gegeben, wenn der Angreifer als Werkzeug benutzt w i r d (s. ο. A I I I 6). Derartige Gedankengänge scheinen nun i n der Tat anzuklingen, wenn davon gesprochen wird, daß der Anstifter den Täter i n Schuld und Strafe „führt", ihn „verführt", „verleitet", i n Unrecht „verstrickt" 5 2 . I n allen diesen Formulierungen w i r d eine Überlegenheit, eine Herrschaft des Veranlassers über den Veranlaßten zum Ausdruck gebracht, wie sie an sich für die mittelbare Täterschaft charakteristisch ist. Wo das Gesetz die Begriffe „Verleiten" und „Verführen" verwendet (§§ 176 Abs. 1 Nr. 3, 179, 182), geht es ebenfalls durch die Voraussetzung eines jugendlichen Alters oder einer Täuschung von einer solchen Überlegenheit aus. Indessen zeigen diese Äußerungen nur, daß die Vertreter der Korrumpierungstheorie selbst unbewußt eine gewisse Herrschaft des Veranlassenden für nötig halten. Tatsächlich aber ist eine solche Herrschaft gerade nicht vorhanden. Daran können auch die Ergebnisse der modernen Suggestionspsychologie 53 nichts ändern, ohne daß hier zu dieser selbst Stellung genommen werden soll. Diese kann nur die bereits oben getroffene Feststellung bestätigen, daß kein Anstifter „ m i t leeren Händen" kommt, sondern daß, da der Mensch i n der Regel keine von vornherein erfolglose Handlung vornimmt, jeder Anstifter bestimmte Machtmittel einsetzt, mögen diese nun Versprechungen, eine gewisse Autorität oder ein sonstiger Einfluß auf den Anzustiftenden sein. Dagegen führt die Behauptung von Less, psychologisch lasse sich eine Grenze zwischen der Beeinträchtigung der freien Willensentschließung durch Nötigung und suggestives Zureden und Drängen gar nicht ziehen 54 , letztlich zu einer Aufgabe der mittelbaren Täterschaft. Es darf als gesichert gelten, daß der Einfluß des Hintermanns ein anderer ist, wenn er den Täter zu einer Straftat überreden w i l l , als wenn er ihn m i t vorgehaltener Pistole dazu zwingt. Der Suggestionskraft des Anstifters dürfte i n den Normalfällen bei dem Opfer vor allem die Erfahrungstatsache entgegenwirken, daß es eine solche K r a f t gibt, wodurch wieder spezifische Gegenkräfte hervorgerufen werden. Die von Less angeführte Lehre vermag somit allenfalls die Grenzen zwischen Anstiftung und 52 53 54

Less ZStW 69, 46; H. Mayer 319, Rittler-Festschrift 255. Less ZStW 69, 49 ff. a.a.O., 50.

214

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

Vergewaltigung fremden Willens, Mißbrauch fließend zu machen, nicht aber ihren Unterschied aufzuheben. A u f der anderen Seite spricht gegen eine solche Auffassung des K o r rumpierungsmomentes, daß auch das von einem mittelbaren Täter benutzte fahrlässige Werkzeug „ i n Schuld und Strafe geführt" w i r d und daß auch das zurechnungsunfähige Werkzeug immerhin „ i n Gefährlichkeit und sichernde Maßnahmen geführt" w i r d 5 5 . Unzulässig erscheint es schließlich auch, das Korruptionsmoment „jedenfalls so lange, als man mangels entsprechender Gesetzesbestimmungen nicht offen dazu übergehen kann, die Integrität der moralischen Persönlichkeit zu einem Schutz wert eigener A r t zu deklarieren", i n eine Beziehung von Handlungsunwerten umzudeuten 5 5 3 . f) M i t t e l b a r e T ä t e r s c h a f t h i n s i c h t l i c h der S t r a f f o l g e n Die angeführten Gedankengänge, mit denen eine Herrschaft des Hintermanns über den E i n t r i t t der Strafe gegenüber dem Ausführenden i n den Normalfällen der Anstiftung abgelehnt wurde, werfen aber das interessante Problem auf, ob i n den Fällen des Täters hinter dem Täter, i n denen eine Herrschaft über den Ausführenden ja zumindest bei einem Teil der Fälle gegeben ist, zugleich eine mittelbare Täterschaft hinsichtlich der Straffolge vorliegt. Dieses Problem konnte sich i n den bisher anerkannten Fällen der mittelbaren Täterschaft nicht stellen, soweit hierbei Straflosigkeit der Ausführenden vorlag. Es hätte sich allerdings bereits stellen müssen i n den Fällen fahrlässigen Handelns des Werkzeugs und bei der Verhängung von sichernden Maßnahmen gegenüber zurechnungsunfähigen Tätern. Gleichwohl ist es auch hier bisher nicht erörtert worden. Wenngleich das Ergebnis überraschend ist, dürfte man u m die Bejahung einer Freiheitsberaubung i n mittelbarer Täterschaft kaum herumkommen, und zwar analog den Fällen, i n denen jemand zum Angriff verleitet und dann vom Notwehrtäter verletzt wird. Das rechtmäßig handelnde Werkzeug sind hier die Justizorgane. Eine gewisse Korrektur bietet die Tatsache, daß i n der Regel der Hintermann hoffen wird, daß die Tat nicht entdeckt wird, so daß hinsichtlich der Freiheitsberaubung nur Fahrlässigkeit vorliegt. I n den Fällen der Benutzung eines zur Tat Bereiten liegt eine Einwilligung vor. g) E r g e b n i s Die Korrumpierungstheorie, und überhaupt die Berücksichtigung des Korrumpierungsmoments bei der Anstiftung, beruht somit allein auf der 55 55a

Vgl. Zimmerl Tatbestand 117. Esser GA 1958, 332.

8. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur Mittäterschaft

215

überlebten Vorstellung vom „Seelenmord" und „Sündig-wer den-Lassen" des kanonischen Rechts 56 . Sie kann daher keinen Einwand gegen die Figur des Täters hinter dem Täter bilden, während andererseits diese Figur der Anstiftung die schwersten Fälle entzieht und somit eine weitere Rechtfertigung erfährt. Entgegen der Auffassung Langes ist es auch nicht angängig, die Korruption als „ i m Volksbewußtsein wirksamen, aber nicht bis zur Abstraktion gelangten Faktor", der „der Begriff sbildung gegenläufig" sei und „ i m Begriff keine Unterkunft finden" könne 5 7 , bei der Strafzumessung zu verwerten. Die Strafzumessung für die Anstiftung hat sich vielmehr allein nach der Gefährlichkeit und Erfolgsnähe des Anstifters zu bestimmen, die sich wiederum einerseits nach dem Grad der Tatbereitschaft des Anzustiftenden, andererseits nach der Intensität der Anstiftungstätigkeit bestimmt. Übrigens hat die Rechtsprechung diesen Weg bereits beschritten. Denn auch wo sie auf das Korruptionsmoment abstellt, kleidet sie diese Erwägung i n den Gedanken der Intensität der Anstiftungstätigkeit 5 8 . De lege ferenda folgt daraus die Forderung nach einer obligatorischen oder fakultativen Strafmilderung für die Anstiftung 5 9 . Die Ablehnung des Korrumpierungsmoments für die Anstiftung braucht i m übrigen keineswegs zu deren Erstreckung auf jede Erfolgsverursachung zu führen, da sich aus dem Tatbestand der Anstiftung immer noch eine Beschränkung auf die vom Angestifteten verstandene, „kollusive" 6 0 Veranlassung zu vorsätzlichen Handlungen 6 1 ergeben kann. 8. Das Verhältnis der Figur des Täters hinter dem Täter zur M i t - bzw. Nebentäterschaft

Es bleibt schließlich zu fragen, ob die Figur des Täters hinter dem Täter sich dadurch als unrichtig oder zumindest als überflüssig erweist, daß in den betreffenden Fällen M i t - oder Nebentäterschaft anzunehmen ist. Eine solche Möglichkeit ist vielfach behauptet worden. Schon \Nachenfeld w i r f t dem Reichsgericht vor, es müsse i n den Fällen des dolosen Gehilfenwerkzeugs eigentlich zur Mittäterschaft kommen 1 . Für die Annahme einer Mittäterschaft setzen sich ferner Eb. Schmidt 2 und Blei 3 ein. Auch das Reichsgericht hat i n einem Fall, i n dem der Ver56 57 58

59 60

Welzel ZStW 61, 210; Esser GA 1958, 322; Schütze Teilnahme 95 ff. Teilnahme 47, 58. B G H 1, 138; B G H M D R 1957, 395.

Vgl. Gallas Ndschr. I I 71.

S. ο. Β 4, 6 m. Nachw. 61 So für das geltende Recht Welzel JZ 1953, 763; B G H 9, 379. 1 ZStW 40, 35. 2 ZStW 73, 104. 3

Mezger-Blei 245 f.

216

C. Der Täter hinter dem Täter u n d die Strafrechtsdogmatik

anlassende subjektiv den Täterwillen hatte und objektiv den vollverantwortlichen Ausführenden beherrschte („starker mütterlicher Einfluß auf den leicht lenkbaren Sohn", „Benutzung der augenblicklichen Verstimmung des Sohnes gegen seinen Vater"), mittelbare Täterschaft ausdrücklich abgelehnt und Mittäterschaft angenommen 4 . Eine Kompromißform scheint die Annahme der Mittäterschaft für Nowakowski zu sein: er bejaht gleichzeitig Täterschaft des Ausführenden und mittelbare Täterschaft des Hintermanns, glaubt aber beide noch durch die weitere Beteiligungsform der Mittäterschaft verknüpfen zu müssen. „Zwischen der Straffreiheit des Ausführenden und seiner Haftung als angestifteter Alleintäter stehen die Zwischenstufen der Beihilfe und der Mittäterschaft 5 ." Ein typisches Übergangsstadium zeigt der Kommentar von Kohlrausch-Lange i n der 35. Auflage (1940): hier w i r d zunächst dargelegt, daß trotz des weiten Täterbegriffs der unmittelbar Handelnde Täter bleibe 6 ; entsprechend den früheren Auflagen w i r d aber gleichwohl mittelbare Täterschaft durch Benutzung eines m i t Gehilfenvorsatz Handelnden bejaht und schließlich i n den Fällen HRR 1937, 131 und RG 74, 84 Mittäterschaft angenommen 7 . Erst später nahm Lange hier mittelbare Täterschaft des Hintermanns an 8 . Auch Maurach bejaht für die Fälle des Täters hinter dem Täter eine Kombination von Mittäterschaft und mittelbarer Täterschaft, obwohl grundsätzlich die für die Mittäterschaft charakteristische Tatherrschaft jedes der M i t w i r wirkenden seine Betrachtung als bloßes Werkzeug ausschließe9. Die Auffassung von Nowakowski und Maurach stellt gewissermaßen die Kehrseite zu der bereits eingehend behandelten Auffassung dar, die die Mittäterschaft überhaupt als wechselseitige mittelbare Täterschaft erklärt (s. ο. A I I I 7). War dieser Theorie zum V o r w u r f gemacht worden, daß sie den intern-subjektiven Täterbegriff auf die Mittäterschaft überträgt und sich damit m i t rein subjektiven Kriterien der Täterschaft begnügt, so ist der Auffassung von Maurach und Nowakowski vorzuwerfen, daß sie das materielle Kriterium, dessen Fehlen beim Ausführenden die mittelbare Täterschaft begründet, zur Begründung der M i t täterschaft wieder bejahen muß und damit entweder i n einen logischen Widerspruch gerät oder aber jenen bereits erwähnten Wechsel des Beurteilungsstandpunktes vornehmen muß, der ebenfalls für einen der Beteiligten zu einer intern-subjektiven Beurteilung führt. Beide Theorien gleichen sich insofern, als sie das einheitliche Verhalten zumin4 5 6 7 8 9

DR 1944, 147 f. JZ 1956, 549. 1 vor § 47. 2 e vor § 47. 5 Β 2 f vor § 47. 507; vgl. ο. A IV.

8. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur Mittäterschaft

217

dest eines der Beteiligten i n einen Werkzeug- und einen Täterteil aufgliedern. I m folgenden soll aber noch geprüft werden, ob i n den Fällen des Täters hinter dem Täter die Figur der Mittäterschaft direkt, ohne Umweg über die mittelbare Täterschaft, Anwendung finden und befriedigen kann. Wenngleich sich die Vertreter des Täters hinter dem Täter auf die Auffassung der Mittäterschaft als wechselseitige mittelbare Täterschaft berufen (s.o. A I I I 7), so folgt daraus keineswegs umgekehrt, daß letztere Auffassung i n den Fällen des Täters hinter dem Täter ohne weiteres Mittäterschaft bejahen müßte, da die mittelbare Täterschaft ja hier nur eine einseitige, keine wechselseitige ist. Bei der Annahme von Mittäterschaft i n den Fällen des Täters hinter dem Täter würde jedoch das für die Mittäterschaft wesentliche Kriterium der Gleichordnung der Beteiligten, das auch eine gewisse Funktion bei der Abgrenzung gegenüber der auf Über- und Unterordnung beruhenden mittelbaren Täterschaft besitzt, verloren gehen 10 . Die Gleichordnung der Beteiligten als Wesen der Mittäterschaft ist auch volkstümlich. Es würde dem Laien wohl schwer einleuchten, wenn man den zur Tat Genötigten, den i n unentschuldbarem Verbotsirrtum Handelnden als Mittäter ansehen und mit dem auf Grund freier Entscheidung sich beteiligenden Komplizen unter demselben Begriff unterbringen wollte. Dementsprechend nimmt auch B G H NJW 1951, 120 f. an, daß sich bei einer starken Unterordnung unter fremden Willen die A n nahme von Mittäterschaft verbiete; für diesen Fall w i r d allerdings entsprechend der früheren reichsgerichtlichen Lehre Beihilfe angenommen 1 1 . Freilich wäre zumindest i m Fall des zur Tat Genötigten auch die gegenteilige Auffassung denkbar, wonach der Ausführende sich unter Zwang zur Mittäterschaft bereit erklärt hat. Gingen die bisher vorgetragenen Bedenken gegen die Mittäterschaft von dem Verhalten des Ausführenden aus, so ergeben sich noch schwererwiegende Bedenken aus dem Verhalten des Hintermanns. Denn trotz der bereits i m Widerspruch zum Wortlaut des § 47 StGB erfolgten Materialisierung der Mittäterschaft ist die Möglichkeit der Mittäterschaft bei bloßer Veranlassung eines anderen nach wie vor sehr umstritten. Zwar w i r d sie weitgehend bejaht 1 2 ; aber ebenso besteht eine starke Gegenmeinung 13 . Diese Auffassung führt nicht etwa zu einer formal10 11

12

Vgl. Lange Teilnahme 79; Kantorowicz

Maurach 516; Eb. Schmidt ZStW 73, 104; Schönke-Schröder

§47 4. 13

153.

Vgl. auch B G H NJW 1951, 323; B G H 8, 397.

53 vor §47,

H. Mayer 316; Baumann 480; Mezger LK § 47 4 (a. A. wohl § 48 1 1. Abs.

a. E.) ; Lange § 48 I I , für den nur die Abgrenzungspaare Mittäterschaft — Beihilfe und mittelbare Täterschaft — Anstiftung bestehen.

218

C. Der Täter hinter dem Täter und die Strafrechtsdogmatik

objektiven Theorie zurück, da auch nach ihr Mittäterschaft durch bloße Vorbereitungs- und Unterstützungshandlungen, vor allem aber auch durch bloße psychische Unterstützung während der Tat möglich ist 1 4 ; beide Probleme sind streng zu trennen. Die Figur des Täters hinter dem Täter würde es ermöglichen, auf die Erweiterung der Mittäterschaft auf die bloße Verbrechensveranlassung endgültig zu verzichten und damit den Bereich der Mittäterschaft wieder stärker mit dem Wortlaut des §47 StGB („gemeinschaftlich ausführen", vgl. auch §29 Abs. 2 E 1962: „gemeinschaftlich begehen") i n Einklang zu bringen. Für die Mittäterschaft würden dann außer der unstreitigen Vornahme von Ausführungshandlungen nur entweder vorbereitende oder unterstützende äußere Handlungen oder aber eine psychische Beteiligung an der Ausführungshandlung selbst übrig bleiben. Die Ausdehnung auf eine bloße Verbrechensveranlassung mußte ohnehin als begrifflich bedenkliche und wenig volkstümliche Erweiterung angesehen werden. M i t der Beschränkung der möglichen Täterschaftsform bei der Verbrechensveranlassung auf die mittelbare Täterschaft würde zugleich eine saubere Trennung der Abgrenzungspaare Beihilfe — Mittäterschaft einerseits, Anstiftung — mittelbare Täterschaft andererseits erreicht. M i t der Annahme der mittelbaren Täterschaft würde schließlich eine bedeutsame Objektivierung der Strafzumessung erzielt werden, da die Feststellung der mittelbaren Täterschaft regelmäßig eine Überlegenheit gegenüber dem Ausführenden und damit eine größere Schuld indiziert 1 5 , während bei der Annahme von Mittäterschaft die Beteiligten zunächst über § 47 StGB i n eine gewisse Gleichordnung hineingezwungen und erst über § 50 StGB nach freiem richterlichen Ermessen wieder getrennt werden 1 0 . Die Figur der Mittäterschaft wäre übrigens nicht bei allen Fällen des Täters hinter dem Täter möglich, nämlich nicht bei der Benutzung eines bedingt Tatentschlossenen, ohne daß dieser von der Benutzung weiß (Dohna-Fall). Hier wäre allerdings der Begriff der Nebentäterschaft anwendbar. Dieser Begriff wurde von v. Liszt für die Fälle geprägt, i n denen es für die Mittäterschaft an dem erforderlichen Willenskonnex fehlt. Dementsprechend w i r d noch heute vielfach der Begriff der Nebentäterschaft gebraucht 17 . Gerade die Erörterung des Dohna-Falles 14 15

H. Mayer 316; OGH 1, 55, 306; BGH NJW 1951, 410.

Aus dem erhöhten Strafrahmen schließen Wolf 81 und Dreher Ndschr. X I I 1 4 4 für die §§ 115 MStGB und 33 WStG umgekehrt auf das Vorliegen von mittelbarer Täterschaft. 16 Damit wird nicht die ο. A I I I 7 abgelehnte Ansicht Kohlrauschs (ZAkDR 1939, 245) anerkannt, der umgekehrt, aber mit ähnlicher Begründung, die M i t täterschaft in mittelbare Täterschaft auflöst, um die Anwendung von § 50 Abs. 2 StGB für überflüssig zu erklären. 17 Liszt-Schmidt 337; Mezger LK §47 3; Schönke-Schröder § 47 VIII; ν . Hippel 478.

§47 23; Frank

8. Verhältnis des Täters hinter dem Täter zur Mittäterschaft

219

hat jedoch gezeigt, daß innerhalb dieses Bereichs ein bedeutsamer Unterschied darin besteht, ob beide Täter ohne Wissen voneinander handeln oder ob der eine das Handeln des anderen einplant und ausnutzt. Dieser Unterschied würde i n dem gemeinsamen Begriff der Nebentäterschaft verwischt. Der letztgenannte Fall steht der mittelbaren Täterschaft zumindest erheblich näher als dem erstgenannten Fall des zufälligen Zusammenwirkens mehrerer. Es erscheint daher zweckmäßig, den Begriff der Nebentäterschaft auf den letztgenannten Fall zu beschränken 18 .

r

5 ;

B

2.

Zusammenfassung Die vorliegende Arbeit hat ergeben, daß der bisher weitgehend abstrakt geführte Streit um die Figur des Täters hinter dem Täter wesentlich durch die Kontroversen um den Täterbegriff selbst beeinflußt wird. Unter dem speziellen Blickwinkel der Begründung der mittelbaren Täterschaft ergab sich an Stelle des bisher beherrschenden Gegensatzes von objektiver und subjektiver Theorie der praktisch wichtigere Gegensatz zwischen den formal-negativen Theorien, dem internsubjektiven Täterbegriff und den materiellen Theorien, denen sowohl die subjektive Theorie als auch die Tatherrschaftslehre unterfallen. Nachdem dieser Gegensatz sich bei allen übrigen Fällen der mittelbaren Täterschaft gezeigt hatte (A III), insbesondere beim dolosen (4), beim sich selbst verletzenden (5) und beim rechtmäßig handelnden Werkzeug (6), erwies er sich auch für den Täter hinter dem Täter als relevant: während die formal-negativen Theorien i h n schon begrifflich nicht anerkennen können, der intern-subjektive Täterbegriff ihn als unproblematisch bejaht, besteht seine eigentliche Problematik nur für die materiellen Theorien. Die i n der Literatur vorgeschlagenen Fälle für die Figur des Täters hinter dem Täter wurden zunächst i n Gruppen zusammengefaßt, wobei sich insbesondere die neue Gruppe des i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe handelnden Werkzeugs bildete (B 1). Von diesen Gruppen entsprachen nur drei den Anforderungen der objektiven Theorien an die Täterschaft, nämlich die eben genannte Gruppe eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe handelnden Werkzeugs (B 1), die ihr nahestehende Benutzung eines befehlsgezwungenen Werkzeugs (B 2) und die Benutzung eines Tatentschlossenen, die gleichzeitig über den mittelbaren Einsatz i m Dohna-Fall hinaus auch auf den unmittelbaren Einsatz eines bedingt Tatentschlossenen ausgedehnt wurde (B 4). Darüber hinaus wurden m i t der Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung drei Fälle nachgewiesen, i n denen die gesamte h. L. schon bisher zum Täter hinter dem Täter gelangen mußte (B 10). Dagegen wurde die Täterschaft bei einem I r r t u m über die Täterstellung als einseitiges Produkt der subjektiven Teilnahmetheorie dargetan (B 9). Hatte schon die Durchmusterung der verschiedenen Begründungen der mittelbaren Täterschaft zu einer unterschiedlichen Grundeinstellung gegenüber dem Täter hinter dem Täter geführt, so erbrachte die

222

Zusammenfassung

induktive Prüfung der Fälle „des" Täters hinter dem Täter eine weitere Differenzierung, da die Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden, der Dohna-Fall und die Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung jeweils völlig andere Strukturen und täterschaftsbegründende Merkmale aufwiesen, wobei freilich gewisse Verbindungslinien festgestellt wurden (C 1). Das positive Recht erwies sich sowohl für als auch gegen den Täter hinter dem Täter als unergiebig (C 2). Diese Figur w i r d auch nicht durch den „primären Täterbegriff" gefordert, der andernfalls zu einer Propagierung des intern-subjektiven Täterbegriffs mißbraucht würde (C 3). Die Möglichkeit der doppelten Täterschaft ergab sich bei der Benutzung einer actio libera i n causa, eines dolus generalis und einer i n verschuldetem Notstand begangenen Handlung aus einer gewissen, kriminalpolitisch gebotenen, Auflockerung des Schuldprinzips sowie aus einem Auseinanderfallen des tatherrschaftsbegründenden Zeitpunkts. Der Vergleich mit der Benutzung eines i m Grenzbereich der Entschuldigungsgründe Handelnden zeigte, daß auch hier der Ausführende materiell i n der gleichen Weise beherrscht w i r d wie beim Eingreifen der Entschuldigungsgründe, daß aber seine Täterschaft durch die Tatbestandsmäßigkeit seines Verhaltens geboten ist. Dies führte zu einer Kombination der formal-objektiven m i t den materiellen Täterlehren. I m Dohna-Fall ergab sich die Möglichkeit doppelter Täterschaft aus der Kenntnis des Hintermanns vom Fehlen jeglicher Hemmungskräfte beim Ausführenden, mit deren Offenbarung sich dieser — ähnlich der actio libera i n causa — dem Hintermann zur Verfügung stellt (C 4, 5). Der Grundsatz der menschlichen Freiheit steht der Figur des Täters hinter dem Täter nicht entgegen, da die Begriffe „Täter" und „Werkzeug" unabhängig von ihm gebildet werden (C 6). Die Prüfung, ob die Korrumpierungstheorie für die Anstiftung der Figur des Täters hinter dem Täter entgegensteht, ergab die völlige Unbrauchbarkeit des Korrumpierungsmoments (C 7). Sie machte auf die mangelnde Klärung der Strafzumessungslehre für die Anstiftung und auf das bisher nicht behandelte Problem der mittelbaren Täterschaft bezüglich der Deliktsfolgen für das Werkzeug aufmerksam. Sie legte als entscheidenden Strafzumessungsgrund bei der Anstiftung die Erfolgsnähe des Veranlassenden dar, die sich nach der Tatbereitschaft des Ausführenden und der Intensität der Anstiftungstätigkeit bemißt, und führte zur Forderung einer generellen Strafmilderung für die A n stiftung. Schließlich ergab sich, daß auch die Institute der M i t - bzw. Nebentäterschaft für die Aufnahme der Fälle des Täters hinter dem Täter zumindest weniger geeignet sind als die mittelbare Täterschaft (C 8).

Literaturverzeichnis Bei mehreren Werken des gleichen Verfassers wird das im Literaturverzeichnis zuerst genannte mit dem bloßen Verfassernamen ohne weiteren Zusatz zitiert. Die Abkürzungen für die übrigen Werke erfolgen sinngemäß. Allfeld,

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Arndt , Grundriß des Wehrstrafrechts, 1958. — Die strafrechtliche Wirkung des militärischen Befehls nach dem Entwurf des Wehrstrafgesetzes 1956, GA 1957, 46. Bähr, Restriktiver und extensiver Täterschaftsbegriff (Str. Abh. 331), 1933. v. Bar , Gesetz und Schuld im Strafrecht, Bd. I I , 1907. — Die Lehre vom Kausalzusammenhang im Rechte, besonders im Strafrechte, 1871. Baumann, Straf recht. Allgemeiner Teil, 3. Aufl. 1964. — Mittelbare Täterschaft oder Anstiftung bei Fehl Vorstellungen über den Tatmittler?, JZ 1958, 230. — Die Tatherrschaft in der Rechtsprechung des BGH, NJW 1962, 374. — Schuld und Verantwortung, JZ 1962, 41. — Rechtsmißbrauch bei Notwehr. Zu der Entscheidung des B G H vom 1. 8. 1961, M D R 1962, 349. — Täterschaft und Teilnahme, JuS 1963, 51, 85, 125. — Gedanken zum Eichmann-Urteil, JZ 1963, 110. — Beihilfe bei eigenhändiger voller Tatbestandserfüllung, NJW 1963, 561. Beling , Die Lehre vom Verbrechen, 1906. — Grundzüge des Strafrechts, 11. Aufl. 1930. — Methodik der Gesetzgebung, insbesondere der Strafgesetzgebung. Zugleich ein Beitrag zur Würdigung des Strafgesetzbuchentwurfs von 1919, 1922. — Zur Lehre von der „Ausführung" strafbarer Handlungen, ZStW 28 (1908), 589. — Der amtliche Entwurf eines Allgemeinen Deutschen Strafgesetzbuchs, GS 91 (1925), 348. — Der gegenwärtige Stand der strafrechtlichen Verursachungslehre, GS 101 (1932), 1. Berber, Lehrbuch des Völkerrechts. Band I I . Kriegsrecht, 1962. Berges , Der gegenwärtige Stand der Lehre vom dolosen Werkzeug in Wissenschaft und Rechtsprechung. Beitrag zur Lehre von der Täterschaft (Str. Abh. 333), 1934. Berner, Die Lehre von der Theilnahme am Verbrechen und die neueren Controversen über Dolus und Culpa, 1847. — Lehrbuch des Deutschen Strafrechts, 3. Aufl. 1866.

224

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des militärischen

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Sachregister Hauptfundstellen sind kursiv gedruckt T. h. d. T. — Täter hinter dem Täter.

m. T. =

Ablehnung der m. T. 24 ff.

— bei Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders 107, 176 f. — als m. T. 103 f. — subjektive Voraussetzungen 174 f. Täterschaft des Ausführenden 191 Täterschaft des Hintermannes 195 Vergleich mit dem Dohna-Fall 153 Verhältnis zum Verschulden beim Notstand 178 f.

Absichtsdelikte 19, 26, 36, 182 — und extensiver Täterbegriff 46 — und intern-subjektiver Täterbegriff 51 absichtsloses doloses Werkzeug 13, 27, 29, 81 ff. — und ältere materiell-objektive Theorie 85 f. — als Argument für den T. h. d. T. 108 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 — und extensiver Täterbegriff 83 — und formal-negative Theorie 83 Irrtum über Absichtslosigkeit des Werkzeugs 170 — bei strafschärfender Absicht 82, 164 ff. — und subjektive Teilnahmelehre 41, 82 — und Tatherrschaftslehre 67 s. auch doloses Werkzeug Abtreibung Zulassung der — als T. h. d. T. 110, 140, 142 Abweichung des Kausalverlaufs — bei der actio libera in causa 177 — und dolus generalis 177 — bei der irrtümlichen Annahme der Täterstellung 170 actio libera in causa Benutzung durch Hintermann 173 ff., 181 Bezugsobjekt 178 — bei eigenhändigen Delikten 104 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201

mittelbare Täterschaft;

Adäquanzgedanke in der Teilnahmelehre 50 f., 60, 90, 93 Adäquanztheorie — beim dolus generalis 177 — beim Erbonkel- und Gewitterfall 93 — und Unterbrechung des Kausalzusammenhanges 33, 198 Affekt 122 agent provocateur und Korrumpierungstheorie 207 Aktunwert s. Handlungsunwert Akzessorietät Akzessorietätsdenken bei der m. T. 84, 89, 95, 96, 176 extreme — 28, 33, 72 limitierte — 13, 20, 26, 28, 32, 34, 43, 88, 97, 182, 202 f. — und Einwand der menschlichen Freiheit 202 Entstehung 72 — und extensiver Täterbegriff 46 f. — und formal-negative Theorie 27, 83, 88, 188 — und Korrumpierungstheorie 207

Sachregister

236 — und primärer Täterbegriff 184 — und T. h. d. T. 112 minimale — 26 — und Rechtsgut der A n stiftung 212 Teilnahme ohne — 195 Amerikanisches Duell 92, 153

Anstiftung 18, 20, 22 f., 24, 27, 28, 32, 34, 50, 202 ff. Abgrenzung zum T. h. d. T. 119 Aufzehrung durch die Täterschaft 133, 208 keine Aushöhlung durch T. h. d. T. 119 f., 203 — beim Befehl 139 — beim Bravo 159 f. — beim Dohna-Fall 155 fehlgeschlagene — 204 — und interner Täterbegriff 43 f., 47 — im „klassischen" Bereich der

m. T. 74 f.

Sinn der Abgrenzung zur m. T. 203 ff. Strafzumessung 15, 130, 204 ff. — durch Unterlassen 155 — als verstehbare, „kollusive" Beeinflussung 149,162,164, 215 Anstiftungsmittel 20, 120,160 f., 163 Aufzehrung der Teilnahme durch Täterschaft 133, 208 Autoritätsverhältnis 137 f., 141 Badewannenurteil 38, 193, 216 Bandenchef 168 Beamtenrecht und Befehl 134, 138 Befehl 18, 22 f., 72, 108, 114, 131 ff. bedingungsloser Befehlsempfänger 114, 136, 139,152,154 Grundlage des T. h. d. T. 181 — und Handlungsunwert 57 innerhalb von Verbrechensorganisationen 168 f. Irrtum über Rechtswidrigkeit des Befehls 138 § 5 WStG als Argument gegen das dolose Gehilfenwerkzeug 192 „Behaupten" 163 N. 6

Beihilfe 20 ff., 28, 32 Blutrausch 177 Bravo 157 f., 158 ff. in der Entwicklung der Lehre vom T. h. d. T. 108, 112 ff. bei Erbieten von Seiten des Täters 152 Kons ti tu ti v u m 161 Charakterverderbnis als Wesen der Korrumpierung 158, 211 Code pénal 20 Consilium 17 Denunziantenfälle 98 Determinismusproblem 19, 21 ff. Dohna-Fall 44, 60, 107, 110, 143ff., 162 Benutzung eines error in persona 145 f. — und Bravo 152 — und Einwand der menschlichen Freiheit 202 Elemente 145 ff. — in der Entwicklung der Lehre vom T. h. d. T. 111 ff. Herkunft und Entwicklung 143 f. Kons tituti vum 146 ff. — und Korrumpierungstheorie der Anstiftung 157 f. keine Möglichkeit der Anstiftung 202 keine Möglichkeit der Mittäterschaft 218 Möglichkeit der Nebentäterschaft 218 Nötigung 153 f. Täterschaft des Ausführenden 190 Täterschaft des Hintermanns 195 doloses Gehilfen Werkzeug 81 ff. — und ältere materiell-objektive Theorien 33 — und ältere Übergewichtstheorie 29 — als Argument für den T. h. d. T. 49, 108 Begründung durch die materiellen Theorien 85 ff. — und Einwand der menschlichen Freiheit 201

Sachregister Entstehung 81 f. — bei der Formel „vornehmen usw. lassen" 140 Gegner 84 f. — bei den Hegelianern 24, 81 — und Korrumpierungstheorie 210 Mittäterschaft zwischen Veranlasser und dolosem Werkzeug 85, 215 seine Problematik für alle materiellen Theorien 41, 82 f. — beim rechtswidrigen Befehl 132 if. — bei strafschärfenden Umständen 82, 184 ff.

— bei Welzel 64, 134 § 5 WStG als Gegenargument 192 s. auch absichts-, qualifikationsloses doloses Werkzeug dolus eventualis — bei der actio libera in causa 175 — und Tatherrschaft 75 dolus generalis 116, 148 Benutzung durch Hintermann 174 N. 1, 177,181 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Täterschaft des Ausführenden 190 Täterschaft des Hintermanns 195 Doppel Verwertung des Unrechts gegen den Anstifter 211 N. 43, 212 Eichmann-Prozeß 117, 166 f. eigenhändige Delikte 28, 36, 182 kein Ausweichen auf Anstiftung 74, 79 — und extensiver Täterbegriff 47 — und intern-subjektiver Täterbegriff 48 ff. actio libera in causa 104 — und § 33 WStG 135 „eingeschränkte Schuldtheorie" 79,125 „eingeschränkte Vorsatztheorie" bei § 5 WStG 137 Einschaltungsakt als Grundlage der m. T. 172, 186 f.

237

Einwilligung — als Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „Lassen" 141 — des Werkzeugs gegenüber den Straffolgen 214 Entschuldigungsgründe s. Schuldausschließungsgründe Entwurf 1913 172 N. 21 Entwurf 1919 172 N. 21 Entwurf 1925 88 Entwurf 1927 88 Entwurf 1930 88 Entwurf 1936 46 f. Entwurf 1956 114 f. Entwurf 1959 I I 115 Entwurf 1960 §29 115 §32 115 § 40 124 f., 179 Entwurf 1962 §29 115, 218 §30 120 §32 115, 171, 195, 203 § 33 208 § 40 124 f., 179 § 199 115 N. 50 §410 115 N. 50, 142 Erbonkel- und Gewitterfall 60, 93 f. Erfolgsdelikte und Täterschaft 34 error in persona bzw. obiecto 116, 163 — beim Dohna-Fall 144,145 f. Euthanasieverbrechen als Organisationsverbrechen 166 extensiver Täterbegriff 20, 25, 27, 31. 34, 44 ff. — und absichts- und qualifikationsloses Werkzeug 83 — und intern-subjektiver Täterbegriff 53 — und „Pflichtdelikte" 86 — und „primärer Täterbegriff" 183 ff. — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96 — und subjektive Teilnahmelehre 36 f.

238

Sachregister

— und Τ. h. d. T. 108 — und Veranlassung zur Selbstverletzung 89 Extraneus als Veranlasser 49 Exzeß des Werkzeugs 170 Fahneneid des Dritten Reiches und der SBZ 152 N. 29 fahrlässige mittelbare Täterschaft 104,107 fahrlässig handelndes Werkzeug 13, 22 ff., 27 bewußte Fahrlässigkeit beim Werkzeug 74 f. — beim dolus generalis 177 Entstehung 72 Grundlage 73 — und „In-Schuld-und-StrafeFühren" 214 — und Korrumpierungstheorie 210 — und § 33 WStG 135 f. Falschaussage, Verleitung zur Irrtum über Vorsatz des Werkzeugs 173 Falschbeurkundung, Verleitung zur Irrtum über Vorsatz des Werkzeugs 173 fehlgeschlagene Veranlassung 203 f. Finalität — und Tatherrschaft 13, 62 f., 189 — und Teilnahme 56, 62 f. Formalisierung bei den Schuldausschließungsgründen 122 ff., 196 formal-negative Theorie 21, 26 f., 29, 39, 60, 72, 77, 145 — und absichts- und qualifikationsloses Werkzeug 83 — und Korrumpierungstheorie 210 — und limitierte Akzessorietät 27, 83, 88 — und Mittäterschaft als wechselseitige m. T. 101 — und persönliche Strafausschließungsgründe beim Ausführenden 80 — und primärer Täterbegriff 184 f.

— und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96 subjektivistische Variante 43 — und Täuschung über Qualifikationsmerkmale 165 — und T. h. d. T. 26, 107 — und Übergewichtstheorie

Heglers 56

— und Veranlassung zur Selbstverletzung 89 formal-objektive Theorie 18, 21, 31,33, 34, 35, 39, 172 Kombination mit den materiellobjektiven Theorien 193 f., 195 ff. Konzessionen von Seiten der materiellen Theorien 68 Tatbestandsmäßigkeit als Ausgangspunkt 191 — und Übergewichtstheorie

Heglers 55

— beim Unterlassungsdelikt 106 Freiheit des Menschen als Argument gegen den T. h. d. T. 197 ff. Freiheitsberaubung in m. T. gegenüber dem Werkzeug 214 Freitod s. Selbstmord Garantietatbestand 191 N. 4 Gefährdung — des allgemeinen Rechtsfriedens als Wesen der Korrumpierimg 211 f. — des konkreten Rechtsguts als Wesen der Korrumpierung 212 Gefährlichkeitstheorien der Täterschaft 33, 86 f. Gegner des T. h. d. T. 117 Geheimbündelei 154 Gehorsam 154 gemeinrechtliche Täterlehre 18 Generalprävention und Verbotsirrtum 77, 127 genötigtes Werkzeug 13, 22 f., 24 f. — und Bravo 159 — beim Dohna-Fall 153 f.

Sachregister Entwicklung 71 Grenzbereich 116 Grundlage 73 — und Handlungsunwert 57 Irrtum über Notstandslage des Werkzeugs 169 Möglichkeit der Anstiftung 74 m. T. auch bei Nötigung durch Dritten? 75 f. — nach der Tatherrschaftslehre 63 ff. — bei Verbrechensorganisationen 168 Gesinnung, Anstiftung als Angriff gegen die 211 f. Gesinnungsstrafrecht 97 Gewitterfall s. Erbonkel- und Gewitterfall Grenzbereich der Entschuldigungsgründe 120ff., 176 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Grundlage des T. h. d. T. 181 — bei der Notwehr 99 — bei der Selbstverletzung 92, 129 f. Täterschaft des Ausführenden 190 f. Täterschaft des Hintermannes 196 Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders 107, 1761 Handlungsunwert 32, 56 f., 167, 192 — und Schuldteilnahmetheorie 209, 214 Hanke-Urteil (LG Stuttgart NJW 1964, 67) 129 Haupt- und Nebenhilfe, Theorie von der 66, 150 Hegelianer und Täterlehre 20, 21 ff., 197 Hildegard-Hö/eld-Fall 69, 91 Historische Schule 31 Hörigkeit 113 f., 120ff., 123 f. Imperativentheorie 25 indeterministischer Ausgangspunkt 20, 21 ff.

239

Individualisierung bei den Schuldausschließungsgründen 122 ff. Individualisierung in der Teilnahmelehre 71, 130, 147 In-Schuld-und-Strafe-Führen Schutzobjekt 211 ff. — als Wesen der Korrumpierimg 210 ff. Interesse als Täterschaftskriterium 17, 21, 38, 141, 160 interner Täterbegriff 17, 21, 28, 43, 44, 47 ff. t 64 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Entstehung des Begriffs 51 — und Mittäterschaft als wechselseitige m. T. 102 f., 216 f. — und primärer Täterbegriff 185 ff. — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 95 — und Täuschung über Qualifikationsmerkmale 165 — und T. h. d. T. 108 f., 120 Verhältnis zur Theorie von der intellektuellen Urheberschaft 47 irrtümliche Annahme der Täterstellung 169 ff. — in der Entwicklung der Lehre vom T. h. d. T. 110, 114 Nebentäterschaft bei — 121 — und subjektive Theorie 42, 43, 44, 169, 172 — bei §§ 160, 271 173 irrtümliche Annahme der Teilnehmerstellung 194 f. Irrtum über Kausalverlauf 170 Irrtum über Rechtsbegriffe 171 Irrtum über Zurechnung 171 italienische Jurisprudenz 17 f. Kausalität, Verhältnis zur Beteiligtenstellung 170 Kausaltheorien der Täterschaft 33, 35, 71 Kausal verlauf, Irrtum über 170 Kausalverlauf, Abweichung s. Abweichung des Kausalverlaufs

Sachregister

240

Kausalzusammenhang, Unterbrechung des 26, 33, 49, 197 fi. Kombination von formeller und materieller Theorie 193 f., 195 ff. — beim Mandat 18, 194 — bei der Ubergewichtstheorie Heglers 55 f., 194 Korrumpierungsmoment bei der Anstiftung — als Charakterverderbnis 158 — als Grund des Erfordernisses der dolosen Herbeiführung von Notlagen u. ä. 76 — als Grund für die Täterstrafe 205 — als Strafzumessungsfaktor 206 — als Wesensmerkmal der A n stiftung 206 f. Korrumpierungstheorie der Anstiftung 157, 171, 206 if. Neuformulierung durch H. Mayer 207 s. auch Korrumpierungsmoment KZ-Verbrechen als Organisationsverbrechen 152, 166 „Lassen" Bedeutung des Tatbestandsmerkmals 139 ff. Lebenssprachgebrauch als Grundlage der m. T. 30ff., 56 Lückenbüßernatur der m. T. 26, 29,

162, 210

Mandat 17 f. — als Beispiel für Kombination von formeller und materieller Theorie 18, 194 materiell-objektive Theorie 21, 33, 52 ältere — 32ff., 70, 85 Anleihen bei den — durch die subjektive Teilnahmelehre 41 f. Beurteilung durch den B G H 38 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Kombination mit der formalobjektiven Theorie 193 f., 195 ff. — und Mittäterschaft als wechselseitige m. T. 102 subsidiäre Funktion 193 f.

— und T. h. d. T. 108, 120 Verhältnis zur subjektiven Teilnahmelehre 35 f., 38 ff. Methodendualismus in der Täterlehre 56 Militärstrafgesetzbuch von 1872 131 ff. Mitarbeit in Verbrechensorganisationen 110, 117, 166 ff. Mittäterschaft Abgrenzung zur Beihilfe 20 f., 32 — bei Benutzung einer actio libera in causa 175 — bei Benutzung eines error in persona 146 — beim dolosen Werkzeug 85 — als Ersatz für den T. h. d. T. 103, 215 ff. — zwischen mittelbarem und unmittelbarem Täter 103, 113, 120, 132, 159, 216 — durch Mitwirkung im Vorbereitungsstadium 169, 218 — durch Veranlassung 217 f. — als wechselseitige Anstiftung 100 — als wechselseitige mittelbare Täterschaft 100 ff., 120, 216 — und Willenseinigungstheorie 207 Willenskonnex zwischen den Mittätern 112, 151 Zusammenwirken mit einem straflos Handelnden 14 mittelbare Täterschaft durch Unterlassen 105 ff., 142 moralische Kausalität 18 moralische Persönlichkeit als Schutzobjekt der Anstiftung 214 Mordmerkmale, Täuschung über 166 Motivirrtum 148, 162 ff., 166 nationalsozialistische Teilnahmelehre 46 Nebentäterschaft Begriff 218 f. — bei Benutzung einer actio libera in causa 175 — bei Benutzung eines fahrlässig handelnden Werkzeugs 27

Sachregister — als Ersatz für den T. h. d. T. 215 ff. — bei irrtümlicher Annahme der Täterstellung 121, 171 Nichthinderung fremden Selbstmords s. Selbstmord, Nichthinderung Nötigung s. genötigtes Werkzeug Nötigungsnotstand 13, 75 f. Grenzbereich 116 s. auch genötigtes Werkzeug, Notstandstat Notstandstat, Beteiligungsformen bei der 65, 75 f. Benutzung einer in verschuldetem Notstand begangenen Handlung 178 ff., 181 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Grenzbereich 116, 123 ff . Irrtum über Notstandslage des Werkzeugs 169 m. T. nur bei doloser Herbeiführung? 75 f., 179 Täterschaft des Ausführenden 190 Täterschaft des Hintermanns 195 s. auch genötigtes Werkzeug Notwehr, Beteiligung s. rechtmäßig handelndes Werkzeug Notwehrexzeß 125 ff. Notwehrprovokation s. Provozierung einer Notwehrlage

241

physisch bzw. psychisch vermittelte Kausalität 34 positives Recht 131 ff., 139 ff., 182 f. Preuß. Allgemeines Landrecht 19 Preuß. StGB von 1851 20, 72, 163 primärer Täterbegriff 48,116, 172, 182, 183 ff. — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96

— und Ubergewichtstheorie

Heglers 55, 186, 188 Provozierung einer Notwehrlage 70, 92 f., 97, 98ff., 149 — und actio libera in causa 104 — und „In-Schuld-und-StrafeFühren" 212 f. Vergleich mit der m. T. hinsichtlich der Straffolgen 214 psychische Hörigkeit s. Hörigkeit

objektive Zurechenbarkeit, Lehre von der 198 f. omnimodo facturus 113, 146 ff., 150 ff., 157 Organisationen s. Verbrechensorganisationen Organisator als Beteiligungsform 167

qualifikationsloses doloses Werkzeug 13, 27, 29, 81 ff. — und ältere materiellobjektive Theorie 85 f. — als Argument für den T. h. d. T. 108 — und Einwand der menschlichen Freiheit 201 — und extensiver Täterbegriff 83 — und formal-negative Theorie 83 Irrtum über Qualifikationslosigkeit des Werkzeugs 170 — und subjektive Teilnahmelehre 41, 82 — und Tatherrschaftslehre 67 s. auch doloses Werkzeug Qualifikationsmerkmale, Verwirklichung von bzw. Täuschung über 116, 164 ff. qualifizierende Umstände s. Qualifikationsmerkmale

personaler Unrechtsbegriff und Schuldteilnahmetheorie 208 f. personale Unrechtsmerkmale und Schuldteilnahmetheorie 208 „Pflichtdelikte" 86, 142 f. Pflichtverletzungslehre und Schuldteilnahmetheorie 208

rechtmäßig handelndes Werkzeug 13, 78, 95 ff. — nach der Tatherrschaftslehre 69 f. Rechtsgutverletzung bei der Anstiftung 209, 212 Regreßverbot 32, 34, 197 f.

Notwendigkeitstheorie 66

16 Schroeder

242

Sachregister

restriktiver Täterbegriff 20, 25, 44 — und m. T. 45 — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96 — und Sonderdelikte 47 — und subjektive Teilnahmelehre 36 Schillers Dramen 14 Schuldausschließungsgründe Formalisierung 122 ff., 196 Grenzbereich 120 ff., 176 schuldlos handelndes Werkzeug 73 Schuldteilnahmetheorie Neuformulierung durch H. Mayer 207 s. auch Korrumpierungstheorie Schuldtheorie s. „eingeschränkte Sch." Selbstmord, Nichthinderung 107 — bei Handlungsunfähigkeit des Selbstmörders 107, 176 f. Selbstmord, Verleitung zum s. Selbstverletzung, Veranlassung zur Selbstverletzung, Veranlassung zur 27, 31, 78, 89 ff. — beim Dohna-Fall 148 f. Erweiterungen der Täterschaft als Grenzbereiche der Entschuldigungsgründe 129 f. — und extensiver Täterbegriff 46 — und Tatherrschaftslehre 69 sekundärer Täterbegriff 38, 79, 128, 147, 183 ff. — und subjektive Teilnahmelehre 189 — und Täuschung über Qualifikationsmerkmale 165 — und Übergewichtstheorie Heglers 54 sexuelle Hörigkeit s. Hörigkeit Shakespeares Dramen 14 sichernde Maßnahmen gegenüber dem Werkzeug 214 Sonderdelikte 19, 26, 28, 36, 87,182 kein Ausweichen auf Anstiftung 74, 79

— und extensiver Täterbegriff 47 — und intern-subjektiver Täterbegriff 48 ff. — und restriktiver Täterbegriff 47 Umfang 89 — und § 33 WStG 135 Sonderdeliktsmerkmale, Verwirklichung von bzw. Täuschimg über 164 ff. Sowjetunion, Teilnahmeregelung 167 Spezialprävention und Korrumpierungstheorie 211 Staschynskij-Urteil (BGH 18, 87) 5, 116 f. — und Grenzbereich des Notstands 125, 130 — und Grenzbereich des Verbotsirrtums 128 f., 130 — und Grenzbereich der Zurechnungsunfähigkeit 122, 130 — und rechtswidriger Befehl 136 übergesetzliche Strafmilderung 192 — und Verbrechensorganisationen 166, 168 f. Strafausschließungsgrund und Beteiligung 77, 80 f. — als materieller Schuldausschließungsgrund 80 f. — als Verbotsirrtum 80 strafbegründende Merkmale Anwendung des § 50 Abs. 2 StGB 88 straf erhöhende persönliche Merkmale und Schuldteilnahmetheorie 208 Straffolgen m. T. hinsichtlich der — 214 Strafmilderungsgrund, übergesetzlicher 192 Strafmündigkeit Grenzbereich 123 Umdeutung in persönlichen Strafausschließungsgrund 80 Strafrechtsreform s. E n t w u r f . . . Strafzumessung — bei der Anstiftimg 15, 130, 204 ff. — bei m. T. und Mittäterschaft 218

243

Sachregister Streik 166 subj ektive Rechtfertigungselemente 76, 83, 96, 97 subjektive Teilnahmelehre 17, 29 f., 33, 35 ff. Anleihen bei der objektiven Theorie 41 ff. — und irrtümliche Annahme der Täterstellung 169, 172 — und irrtümliche Annahme der Teilnehmerstellung 194 f. Kritik 37 f. — und Mittäterschaft als wechselseitige m. T. 101 — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96 — und sekundärer Täterbegriff 189 subsidiäre Funktion 193 — und T. h. d. T. 110, 120 Verhältnis zum extensiven Täterbegriff 36 f. Verhältnis zur materiell-objektiven Theorie 35 f., 38 ff. subjektives Unrechtselement in der Teilnahmelehre 50, 52, 53 subjektive Unrechtslehre 96 subsidiäre Funktion der materiellen Theorien 193 Suggestionspsychologie und Theorie der Anstiftung 213 Talgfaßfall (OLG Celle M D R 1949, 187) 112, 150 f. tatbestandslos handelndes Werkzeug 27, 69, 87, 89, 91 Tatbestandsmäßigkeit — als Grund der Abgrenzung zwischen m. T. und Anstiftung 204 — als Grund der Täterschaft 191, 201 Tatbestandsmäßigkeit als Täterkriterium — nach dem extensiven Täterbegriff 46 f. — nach der Tatherrschaftslehre 63 Tatherrschaftslehre 58 ft. — und absichts- und qualifikationsloses Werkzeug 67 16

— und Einwand der menschlichen Freiheit 201 Entwicklung 58 ff. objektiver oder objektiv-subjektiver Charakter der Tatherrschaft 66 — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 69 f. — und sekundärer Täterbegriff 184, 189 potentielle Tatherrschaft 106 soziale Tatherrschaft 67, 87 Tatbestands- bzw. Handlungsbezogenheit der Tatherrschaft 63, 90 — und Unterlassen 106 — und Veranlassung zur Selbstverletzung 69, 90 Verhältnis zur Handlungslehre 13, 62 f. — bei volldeliktischer Tatbestandsverwirklichung 68 f. — und zurechnungsunfähiges und genötigtes Werkzeug 63 ff., 116 Tatherrschaftswillen 42, 44, 210 Tätigkeitsdelikte besondere Regeln für Täterschaft 34 Täuschung über Motivationsgründe 162 ff. Teilnahme als Auffanginstitut 52, 171 — als „Tatbestandseinschränkungsgrund" 191 Teilnahme an eigener Tat 208 Teilnahme i. w. S. 207 Thüringisches Strafgesetzbuch i. d. F. vom 8. 2.1946 109, 182 N. 4 Tragödie, antike 14 Übergewichtstheorie, ältere 29 f., 75 — und doloses Werkzeug bei strafschärfender Absicht 165 — und T. h. d. T. 108 — und Veranlassung zur Selbstverletzung 89 Ubergewichtstheorie Heglers 192

54 ff.,

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Sachregister

— als Beispiel für Kombination von formeller und materieller Theorie 55 f., 194 — und primärer Täterbegriff 55, 186, 188 UdSSR, Teilnahmeregelung 167 Unrecht gegen den Angestifteten 212 ff. Unrechtsbewußtsein s. Verbotsirrtum Unterbrechimg des Kausalzusammenhangs 26, 33, 49, 197 ff. — als Argument gegen das dolose Werkzeug 84 — und T. h. d. T. 108 Unterlassungsdelikte Anstiftung durch Unterlassen 155 Beteiligungsformen bei den — 105 ff., 149 m. T. durch Unterlassen 105 ff. — bei der Selbstverletzung 92 — und subjektive Teilnahmelehre 37 f. Unterlassung als Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „Lassen" 141 f. Unzurechnungsfähig(keit) s. Zurechnungsunfähig(keit) Urheberschaft 17, 18, 21 ff., 43, 189 Urheberschaft, intellektuelle, m. T. als 18, 19, 22, 27 f., 45 — und rechtmäßig handelndes Werkzeug 96 — und T. h. d. T. 108 — und Veranlassung zur Selbstverletzung 89 Verhältnis zum internsubjektiven Täterbegriff 47 Ursache und Bedingung als Grundlage der Täterschaft 34 Verbotsirrtum und Beteiligung 75, 99 „Grade des Unrechtsbewußtseins" 129 Grenzbereich des Verbotsirrtums 128 f. Irrtum über Verbotsirrtum beim Werkzeug 170 m. T. bei unvermeidbarem Verbotsirrtum des Ausführenden 76 ff.

m. T. bei vermeidbarem Verbotsirrtum des Ausführenden 113, 116, 117, 126 ff. m. T. nur bei doloser Herbeiführung? 75 f., 78 f. — beim Notwehrexzeß 125 rechtswidriger Befehl als Fall des Verbotsirrtums 137 Umdeutung in persönlichen Strafausschließungsgrund 77, 80 Verbrechensorganisationen, Mitarbeit 110, 116, 166 ff. Verführen bei der Anstiftung 212 ff. Verlöbnis, Irrtum über Bestehen 169 f. verminderte Zurechnungsfähigkeit

122, 126

Versuch Abgrenzung gegenüber der Vorbereitung 169 — bei irrtümlicher Annahme der Täterstellung 170, 171 — bei der m. T. 204 Verursachungstheorie der Anstiftung 157, 171 vis absoluta und compulsiva bei der Veranlassung 71 Vorbereitungsstadium, Mitwirkung 169 Vorgesetzter s. Befehl Vorspiegelung von Motivationsgründen 162 ff. Wehrstrafgesetz § 5 133, 137 ff., 192 § 17 140 ff. §§ 19 ff. 137 § 22 137 f. § 33 115, 134 ff. „Weibsteufel"-Fall 14, 164 Willenseinigungstheorie 207 Willensstrafrecht und Teilnahmelehre 46, 50 Zumutbarkeit und Verschuldung des Notstands 179

Sachregister Zurechenbarkeit, objektive Lehre von der 198 f. zurechnungsunfähiges Werkzeug 13, 25 — und Bravo 159 Entwicklung 71 — bei fehlender Einsichtsfähigkeit 80 Grenzbereich 116, 120 ff. Grenzbereich bei Vorspiegelung von Motivationsgründen 164

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Grundlage 73 — und Handlungsunwert 57 „In-Gefährlichkeit-undsichernde-MaßnahmenFühren" 214 Irrtum über Zurechnungsfähigkeit des Werkzeugs 169 Möglichkeit der Anstiftung 74 m. T. nur bei Herbeiführung der Zurechnungsunfähigkeit? 76 — und Tatherrschaftslehre 63 ff.