Der technische Fortschritt in der neueren ökonomischen Theorie: Versuch einer Systematik [1 ed.] 9783428422470, 9783428022472

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Der technische Fortschritt in der neueren ökonomischen Theorie: Versuch einer Systematik [1 ed.]
 9783428422470, 9783428022472

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QUAESTIONES OECONOMICAE Band 4

Der technische Fortschritt in der neueren ökonomischen Theorie Versuch einer Systematik

Von

Helmut Walter

Duncker & Humblot · Berlin

H E L M U T WALTER

Der technische Fortschritt i n der neueren ökonomischen Theorie

QUAESTIONES OECONOMICAE Herausgegeben von Prof. Dr. Hans Bestera

Band 4

Der technische Fortschritt in der neueren ökonomischen Theorie Versuch einer S y s t e m a t i k

Von Helmut Walter

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D U N C K E R

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H U M B L O T / B E R L I N

Als Habilitationsschrift auf Empfehlung der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu K ö l n gedruckt m i t Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Alle Rechte vorbehalten © 1969 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1969 bei Berliner Buchdruckerei Union GmbH., Berlin 61 Printed In Germany

Vorwort des Herausgebers Die Beschäftigung mit dem Wirtschaftswachstum ist so alt wie die Nationalökonomie; auch die Bedeutung des technischen Fortschritts für den Wachstumsprozeß ist bereits von den Klassikern erkannt worden. Was aber i n der klassischen Lehre vom Volkswohlstand und dem später auf diesem Gedankengut aufbauenden, vornehmlich m i t der K o n j u n k turbewegung verzahnten Ansatz der Neoklassiker ebensowenig geklärt worden ist wie i n den postkeynesianischen Entwicklungsmodellen und der sich daran anschließenden neuen Phase „neoklassischer" Wachstumstheorie, ist die inhaltliche Bestimmung sowie die Erfassung und Einordnung des technischen Fortschritts i n das Gebäude der W i r t schaftstheorie. Erst Ende der 50er Jahre wurde man sich der Tatsache bewußt, daß es jenen Autoren, die i n den zurückliegenden zwei Jahrhunderten dem Einfluß der Technik eine mehr oder weniger bedeutsame Rolle für Volkswohlstand und Wirtschaftswachstum zuerkannten, nicht gelungen ist, den technischen Fortschritt inhaltlich zu bestimmen, geschweige denn i n die ökonomische Theorie zu integrieren. Diese Erkenntnis führte ab 1957 zu einer solchen Fülle literarischer Beiträge, daß es jedem, der auf diesem Gebiete nicht zu Hause ist, schwer fallen muß, sich zurechtzufinden. Damit verbindet sich das Hauptanliegen des Verfassers: Bisher fehlt es an einer zusammenfassenden und ordnenden Darstellung dieser jüngsten Entwicklung, und da vieles dafür spricht, daß die Diskussion einen gewissen — wenn auch vorläufigen — A b schluß gefunden hat, hält der Autor den Zeitpunkt für gekommen, eine Art Bilanz zu ziehen, u m herauszufinden, welche neuen Erkenntnisse diese Phase der Wachstumstheorie hervorgebracht hat. Demgemäß w i r d zunächst eine produktionstheoretische Grundlegung gegeben, die dem Leser den Zugang zum technischen Fortschritt ermöglichen soll. Danach werden die unterschiedlichen Klassifikationsansätze des technischen Fortschritts und der materielle Inhalt der dabei auftauchenden Neutralitätskonzepte (Ott/Hicks, Harrod, Solow) untersucht, und schließlich w i r d der Zusammenhang zwischen wirtschaftlichem Wachstum und technischem Fortschritt (mit seinen verschiedenen Konfigurationen: autonomer und induzierter, unverkörperter und gebundener Fortschritt) erörtert.

6

Vorwort des Herausgebers

Der Verfasser w i l l m i t seinem Beitrag den zahlreichen theoretischen Ansätzen keineswegs einen weiteren hinzufügen; vielmehr geht es i h m darum, die bisherigen Versuche zusammenzufügen und diese i n bezug auf ihre Kompatibilität und Realitätsbezogenheit zu überprüfen. Folgende Ergebnisse scheinen m i r bemerkenswert: I n dem steten Bemühen, die Verbindungslinien zwischen den verschiedenen Modellen herauszuarbeiten, weist der Autor nach, daß sich die Diskussion — entgegen dem vorherrschenden Eindruck einer verwirrenden Fülle unterschiedlicher Begriffe und gedanklicher Ansätze — durchaus gradlinig und i n fast logischer Zwangsläufigkeit i n einer ganz bestimmten Richtung vollzogen hat. Durch virtuose Handhabung des theoretischen Instrumentariums und m i t didaktischer Geschicklichkeit gelingt es ihm, Unklares und Widersprüchliches, das die bisherige Diskussion belastet hat, zu beseitigen und ein geschlossenes Konzept zuwege zu bringen, in das sich alle Ansätze einfügen lassen. Was ferner den Gegenstand der Fortschrittsdiskussion betrifft, so geht es dem Verfasser darum, die neuralgischen Punkte aufzuzeigen. Bei aller Würdigung der geistigen Anstrengung, die bisher i n dieses Objekt investiert worden ist, zieht sich dennoch durch die ganze Arbeit ein kritischer Grundton. Es w i r d gezeigt, daß der technische Fortschritt als Phänomen ungeklärter Herkunft nach wie vor i n einem Niemandsland angesiedelt ist, daß trotz der Fülle von Versuchen seine inhaltliche Erfassung, damit auch seine Verarbeitung zu einer überzeugenden Theorie weiterhin aussteht und daß infolge dieses ungesicherten Fundaments immer wieder neue Fragen auftauchen, bevor die alten beantwortet worden sind. Was schließlich die methodische Anlage der jüngsten Bemühungen u m eine Fortschrittstheorie anbelangt, so w i r d deutlich, daß der modelltheoretische Funktionalismus kaum konkrete, etwa wirtschaftspolitisch verwertbare Ergebnisse liefert. Je mehr der Verfasser die begriffliche und formale Geschlossenheit der bisherigen Ansätze herausarbeitet, u m so klarer t r i t t ihre inhaltliche Leere hervor. Diese Diskrepanz, die mehr und mehr ein Kennzeichen moderner Wirtschaftstheorie schlechthin zu werden droht, läßt erkennen, wie abstrakte Modelldiskussionen i n eine Sackgasse führen können, zugleich aber auch, welche Fülle an ungelösten Problemen noch vor uns liegt. So sind die Ausführungen mehr als eine inhaltliche Auseinandersetzung m i t der bisherigen Fortschrittsdiskussion; sie sind ein Appell an die methodische Umorientierung der Wachstumstheorie. Bochum, i m September 1969

Hans Besters

Vorwort des Verfassers

Die Beschäftigung m i t aktuellen Problemen der Nationalökonomie, m i t theoretischen Zusammenhängen, die, wie die hier abgehandelten, sozusagen „ i n der L u f t liegen", ist ein zwiespältiges Metier, reizvoll und ernüchternd zugleich. Einerseits gibt es dem Betreffenden das Gefühl, an einer Entwicklung teilzuhaben, die i m Fluß befindlich und noch für viele Möglichkeiten offen ist. Das erlaubt es ihm, auch ohne direkte und unmittelbare Zwiesprache m i t anderen Autoren, sich als Teilnehmer ai> einer Diskussion zu betrachten, der noch ein Hauch von Originalität anhaftet und von der man daher annehmen darf, daß sie nicht — zumindest i m Augenblick noch nicht — i n der Deklamation ganz bestimmter festgefügter Lehrmeinungen endet. Selbst das gilt jedoch nur für jenen Teil der Diskussion, der u m w i r k l i c h neue Entwicklungen kreist und der bisher verborgene Erkenntnisse zu Tage zu fördern verspricht. Versucht man andererseits, jene Zusammenhänge rückschauend und ordnend i n ihrem Gesamtkontext darzustellen, so w i r d man sich aber zugleich der Tatsache bewußt, i m Grunde nicht mehr t u n zu können, als etwas zu beschreiben, was i n einem gewissen — wenn auch sehr strengen — Sinne bereits ein Stück Geschichte des ökonomischen Denkens ist. Das wiederum vermittelt einem die zwiespältige Erkenntnis, ständig einer Entwicklung nachzulaufen, die inzwischen selbst schon wieder u m einiges vorausgeeilt ist. Damit zusammenhängend sieht man, daß bei der Auswahl des darzustellenden Stoffes irgendwo und irgendwann eine Zäsur vorgenommen und damit fast zwangsläufig gegen die Forderung nach Vollständigkeit und Aktualität verstoßen werden muß. Für die vorliegende Arbeit gilt dies i m besonderen Maße. Sie wurde i m Herbst 1967 abgeschlossen und i m Sommer 1968 von der W i r t schafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität K ö l n als Habilitationsschrift angenommen. Wenngleich i n letzter Zeit eine gewisse Beruhigung auf dem hier behandelten Sachgebiet festgestellt werden kann, so ist die Diskussion seitdem keineswegs zum Stillstand gekommen. Dennoch habe ich es vorgezogen, meine damaligen Erörterungen i n ihrer ursprünglichen Form, lediglich durch einige Anmerkungen ergänzt, zu publizieren, da eine ausführlichere Berücksichtigung

8

Vorwort des Verfassers

der jüngsten Beiträge das Gesicht der Arbeit nicht entscheidend verändert, ihre Aktualität durch weitere zeitliche Verzögerung dagegen noch mehr beeinträchtigt hätte. I m übrigen ist es sicherlich legitim, auch bei einer noch i m Gang befindlichen Diskussion den Versuch einer Bestandsaufnahme zu machen, selbst wenn diese dann der neuesten Entwicklung nicht i n allen Punkten gerecht wird. Was speziell die theoretischen Erörterungen zum technischen Fortschritt betrifft, so scheint ohnehin das für ein breiteres Verständnis der Diskussion notwendige Fundament zuweilen etwas vernachlässigt worden zu sein. Hier besteht ein gewisser Nachholbedarf, zu dessen Befriedigung dieses Buch einen kleinen Beitrag zu leisten hofft. Es wendet sich dabei weniger an fachfremde Laien, denen der hier behandelte Stoff sicherlich noch zu abstrakt, zu „theoretisch" sein dürfte, und an Spezialisten, die m i t der Diskussion über den technischen Fortschritt bereits vertraut sind, nur insoweit, als diese zur K r i t i k aufgerufen sind, denn für sie werden die folgenden Erörterungen kaum etwas Neues bringen. A u f der anderen Seite ist dies kein Lehrbuch; dazu sind zu viele Dinge doch noch zu wenig abgeklärt und, wie sich später vielleicht einmal herausstellen wird, für eine wirkliche Theorie des technischen Fortschritts auch zu wenig relevant. Mein besonderer Dank gilt an dieser Stelle meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. h. c. Theodor Wessels, der m i r unentbehrliche Anregungen gegeben, zugleich aber auch völlige Freiheit hinsichtlich der Durchführung der Arbeit gewährt hat. Mein Dank gilt ebenso der Deutschien Forschungsgemeinschaft, durch deren Hilfe die Drucklegung dieser Arbeit ermöglicht wurde. Die bereits angedeuteten und alle weiteren Mängel gehen selbstverständlich allein zu meinen Lasten. Köln, i m September 1969

Helmut

Walter

Inhaltsverzeichnis Einführung

15

Erster Teil Produktionstheoretisdie Grundlagen I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe 1. Produktionsfunktion

21 21

2. Kapitalintensität, Grenzrate der Substitution u n d Homogenität der Produktionsfunktion

25

3. Substitutionselastizität (a)

29

a) Der ökonomisch irrelevante F a l l : o = oo b) Die Leontief-Funktion: o = 0 c) Die Cobb/Douglas-Funktion: o = 1 4. Distributionsparameter u n d verteilungstheoretische I m p l i k a t i o n e n einer Substitutionselastizität von o 4= 1 I I . Die A C M S - F u n k t i o n

33 34 36 40 47

1. Hegressionsansatz u n d arithmetische Schreibweise der F u n k t i o n . .

47

2. Einige Ergebnisse u n d ihre Interpretation

50

I I I . Vorbemerkungen über die produktionstheoretischen W i r k u n g e n des technischen Fortschritts (des Effizienzparameters)

54

Zweiter Teil Die Klassifikation der Fortschrittswirkungen I. Vorbemerkungen

58

I I . Neutraler technischer Fortschritt m i t symmetrischer Produktivitätswirkung 1. Die Klassifikation von OTT 2.

Die Klassifikation von

HICKS

a) Darstellung m i t Hilfe des Isoquantendiagramms b) Eine alternative Darstellung m i t Hilfe der Produktivitätsfunktion 3. Die Äquivalenz beider Klassifikationen I I I . Neutraler technischer Fortschritt m i t asymmetrischer Produktivitätswirkung

63 63 69

69 74 79 80

10

Inhaltsverzeichnis 1.

H A R R O D : Arbeitsproduktivität-erhöhender technischer Fortschritt

(„labour-augmenting")

a) Darstellung m i t H i l f e des Isoquantendiagramms b) Darstellung m i t Hilfe der Produktivitätsfunktion c) E i n Sonderfall alternativer Kapitalmessung: Joan Robinson . . . 2. SOLOW: Kapitalproduktivität-erhöhender technischer Fortschritt

(„capital-augmenting")

I V . Die Beziehungen zwischen den verschiedenen Klassifikationsansätzen 1. Die Äquivalenz aller Klassifikationen Douglas-Funktion

i m Rahmen der

Cobb/

80 82 86 88 91 96 96

2. Die Beziehungen zwischen den wichtigsten Fortschrittskonfigurationen i n einer CES-Welt m i t o =f= 1 102

Dritter

Teil

Tedmischer Fortschritt und Wachstum I. Vorbemerkungen I I . Autonomer technischer Fortschritt 1. Unverkörperter („unembodied") Fortschritt a) Konzept u n d Messung b) Technischer Fortschritt und Gleichgewichts Wachstum 2. Kapitalgebundener („embodied") Fortschritt a) Substitutionalität zwischen Arbeit u n d K a p i t a l (variable Proportionen ex ante u n d ex post) b) Fixe Faktorproportionen (ex ante u n d ex post) c) Ex ante-Substitutionalität u n d ex post-Limitationalität d) Beurteilung der Modelle des kapitalgebundenen Fortschritts . . 3. Ausbildungsgebundener Fortschritt

110 114 114 114 123 132 135 142 147 151 156

a) Das Konzept des „ H u m a n Capital" 156 b) Einige Probleme einer formal-theoretischen Behandlung von Ausbildungsinvestitionen u n d der Messung ihres Wachstumseffekts 160 I I I . Induzierter technischer Fortschritt 1. Einflußgrößen der Fortschrittsrichtung a) Faktorpreis-induzierter Fortschritt aa) Lohnkosten-induzierter Fortschritt bb) Eine Alternative: Kapitalkosten-induzierter Fortschritt . . cc) Faktorpreis-induzierter Fortschritt oder fortschritts-induzierte Faktorpreise? b) Faktoreinkommen-induzierter Fortschritt

176 178 178 178 182 188 192

2. Einflußgrößen der Existenz des Fortschritts: Investitions-induzierter Fortschritt 203 a) Die „Technical progress function" (Kaldor) b) Die L e r n f u n k t i o n (Arrow)

206 221

Inhaltsverzeichnis

Vierter

11

Teil

Zum Begriff des technischen Fortschritts I. Die Vieldeutigkeit des Fortschrittsbegriffes I I . Der Fortschrittsbegriff i n Abhängigkeit v o m Zweck der Analyse

233 238

Abkürzungsverzeichnis

241

Literaturverzeichnis

243

Verzeichnis der Symbole A

Produktionsfaktor A r b e i t

B

Allgemeines Zeichen f ü r technischen Fortschritt

C

Gesamtkosten

F

Funktionszeichen

G

Allgemeines Zeichen f ü r Wachstumsrate einer Variablen

H

„Seriennummer"; k u m u l a t i v e Brutto-Investitionen i m Lernmodell

I

Investition

J

„Äquivalenter Kapitalstock" i m Embodiment-Modell

K

Produktionsfaktor K a p i t a l

L

Lohnsumme

M

Qualitätsgewogener

Arbeitseinsatz

beim

ausbildungsgebundenen

Fortschritt N

Bevölkerung

0 P Q S R—Z

Koordinatenursprung Produktmenge; Sozialprodukt Profitsumme Sparen Koordinatenpunkte

a

Arbeitsintensität (reziproke Kapitalintensität)

b

Wachstumsrate des Arbeitspotentials

c

(1) Konstante (2) Niveauparameter i n der Cobb/Douglas-Funktion Zeichen f ü r infinitesimale Veränderung einer Variablen Basis der natürlichen Logarithmen

d e

}

Funktionszeichen

_ 1 k l m

n

B r u t t o - I n v e s t i t i o n pro Arbeiter i m K a l d o r - M o d e l l ; als Suffix a l l gemeines Zeichen f ü r unbestimmte A n z a h l einer Variablen Pro-Kopf-Wachstum, das auf Kapitalin-tensivierung zurückzuführen ist Lohnsatz (1) Produktionselastizität der A r b e i t i n der Cobb/Douglas-Funktion (2) Lebensalter der ältesten noch existierenden Maschinen i m E m bodiment-Modell (1) Produktionselastizität des Kapitals i n der Cobb/Douglas-Funktion (2) Arbeitsintensitätsparameter i m Lernmodell

Verzeichnis der Symbole o

Als Suffix allgemeines Zeichen f ü r die Konstanz einer Variablen

p q

Preisniveau Kapitalkostensatz (im Gleichgewichtsmodell = Zins = Profit = Grenzproduktivität des Kapitals)

r

Allgemeine Bezeichnung eines Produktionsmittels

13

s

Spar- u n d Investitionsquote

t

Allgemeines Zeichen f ü r den Zeitfaktor

u

Arbeitskoeffizient (A/P)

v

x y z

(1) Kapitalkoeffizient (K/P) (2) Bezeichnung für B a u j a h r der Maschinen i m Embodiment-Modell (vintage) Kapitalintensität (K/A) Arbeitsproduktivität (P/A) K a p i t a l p r o d u k t i v i t ä t (P/K)

1

Fig. 4 b : a < 1

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

33

wirtschaftstheoretische Überlegungen und statistische Messungen nicht i n Betracht 2 5 . I n Anlehnung an die angelsächsische Terminologie wollen w i r i m folgenden von CES-Funktionen („Constant Elasticity of Substitution") sprechen; bei diesem Fuiiktionstyp stimmen natürlich die Punkt- und die Bogenelastizität überein. a) Der ökonomisch irrelevante

Fall: 0 = 00

Ganz offensichtlich kann o n u n zwei Grenzwerte annehmen, und zwar Unendlich und Null. Betrachten w i r zunächst den F a l l o = 00, der dann eintritt, wenn der Nenner des Koeffizienten der Substitutionselastizität bei endlichen Änderungen des Zählers gegen N u l l geht, d. h. wenn die GrS sich nicht verändert, wie immer auch die Veränderungsrate der Kapitalintensität sein möge:

Bleibt aber die GrS i m ganzen i n Frage kommenden Wertbereich konstant, so hat die Isoquante die Gestalt einer achsenschneidenden Geraden. Die Produktionsfunktion würde dann durch eine Vielzahl derartiger paralleler Isoquanten-Geraden wiedergegeben, ein Fall, der 25 Vgl. jedoch neuerdings die sog. „Sato-Funktion", welche die (allerdings n u r formalanalytisch bemerkenswerte) Eigenschaft aufweist, lineare Homogenität m i t S-förmigen partiellen Ertragsverläufen (Ertragsgesetz) zu vereinbaren. Dieses Spezialproblem spielt hier jedoch keine Rolle. Vgl. dazu R. S A T O , On the Stability of G r o w t h Equilibrium. Econometrica 3 2 ( 1 9 6 4 ) , S. 7 0 7 ff.; H. R U D O L F , Die Sato-Funktion — eine zuverlässige Beschreibung des makroökonomischen Produktionsprozesses? K o n j p o l 1 3 ( 1 9 6 7 ) , S. 4 2 ff.; H . H E R B E R G , Der Variationsbereich der Substitutionselastizität einer verallgemeinerten Sato-Funktion. K o n j p o l 1 3 ( 1 9 6 7 ) , S. 3 8 2 ff. 3 Walter

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

34

ökonomisch offenbar ohne jede Bedeutung ist; er besagt, daß die beiden Faktoren völlig gegeneinander austauschbar (alternativ) sind und damit zwischen ihnen keinerlei Unterschiede bestehen; sie sind nicht nur „ i n sich", sondern auch untereinander homogen; praktisch existiert nur ein Faktor, und das Problem der Faktorkombination stellt sich nicht. b) Die Leontief-Funktion:

o= 0

Der andere mögliche Grenzwert, nämlich o = 0, ist gegeben, wenn der Zähler des Koeffizienten bei endlichen Veränderungen des Nenners gegen N u l l strebt, d.h. wenn die Kapitalintensität sich nicht ändert, wie immer die GrS sich auch ändern möge:

K

o Fig. 6

Bleibt aber die Kapitalintensität i m ganzen i n Frage kommenden Wertbereich konstant, so hat die Isoquante die Gestalt eines rechten Winkels, der senkrecht auf dem Strahl des konstanten Faktoreinsatzverhältnisses steht. Die Produktionsfunktion w i r d durch eine Vielzahl derartiger Winkel-Isoquanten wiedergegeben 28 , ein Fall, der als 26 Genauer müßte m a n w o h l sagen, daß die Produktionsfunktion n u r durch den konstanten Kapitalintensitätsstrahl wiedergegeben w i r d u n d praktisch keine Isoquanten i m üblichen Sinne existieren. Dennoch k a n n m a n sich die Produktionsfunktion als Ertragsgebirge, etwa i n Form einer Pyramidenkante, vorstellen.

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

35

limitationale Produktionsfunktion (Leontief-Funktion) bekannt ist; hier sind die Produktionsfaktoren überhaupt nicht gegeneinander austauschbar, ihr Einsatzverhältnis ist technisch fixiert. Anders als oben, bei o = oo, ist dieser F a l l produktionstheoretisch jedoch äußerst relevant, denn die Limitationalität des Faktoreinsatzverhältnisses ist für viele Bereiche .besonders der heutigen hochmechanisierten und automatisierten Produktion kennzeichnend. Dies gilt ganz sicher u m so mehr, (1) je weiter man i n den mikroökonomischen Bereich vordringt, d. h. je geringer der Aggregationsgrad der Analyse ist und (2) je mehr man die technischen Verhältnisse physisch existierender Produktionsmittelkombinationen betrachtet, produktionstheoretisch ausgedrückt: je mehr man das Augenmerk auf ex post-Produktionsfunktionen richtet. Das soll besagen, daß selbst i n jenen Fällen, i n denen die Unternehmer die Kapitalintensität einer bestimmten Produktionsrichtung i m vorhinein (ex ante) mehr oder weniger beliebig planen können, sich ex post, dann nämlich, wenn der Kapitalapparat tatsächlich installiert ist, sehr oft eine technisch fixierte Kombination von Kapital- zu Arbeitseinsatz, also Limitationalität, einstellt. Diesem Unterschied zwischen ex ante- und ex post-Produktionsfunktionen und den darin möglicherweise angelegten unterschiedlichen Faktorsubstitutionsverhältnissen werden w i r später i m wachstumstheoretischen Zusammenhang ebenfalls noch einmal begegnen. I n der Hauptsache werden w i r uns jedoch i n dieser Arbeit m i t substitutionalen Produktionsverhältnissen befassen. Dies rechtfertigt sich aus der fast ausschließlich auf makroökonomische Zusammenhänge gerichteten Problemstellung. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß selbst dann, wenn die einzelwirtschaftlichen Produktionsgegebenheiten durch fixe Faktorproportionen gekennzeichnet sein sollten {was keineswegs i n jedem Einzelfalle gilt), die gesamtwirtschaftlichen Zusammenhänge, insbesondere wenn man die zeitliche Entwicklung einschließt, zutreffender durch die Annahme substitutionaler Beziehungen zwischen den aggregierten Produktionsfaktorengruppen Arbeit und Kapital wiedergegeben werden 2 7 . 27 V g l . auch H . S. H O U T H A K K E R , The Pareto Distribution and the CobbDouglas Production Function i n A c t i v i t y Analysis. REStud 23 (1955—56), S. 27 ff. Dabei ist die Annahme kontinuierlicher u n d unbegrenzter Substitution selbstverständlich ein theoretischer Grenzfall u n d ein heuristisches Prinzip, u m überhaupt eindeutig determinierte Gleichgewichtslösungen zu ermöglichen; andererseits erfordert die Eindeutigkeit solcher Lösungen lediglich die kontinuierliche Substituierbarkeit i n dem betreffenden Definitionsbereich der Kurve.



36

1 Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

c) Die Cobb/Douglas-Funktion:

o= 1

Aus anderen Bereichen der ökonomischen Theorie (z. B. bei Nachfragefunktionen) kennen w i r einen dritten typischen Fall der IsoElastizität, nämlich denjenigen m i t dem konstanten Wert von Eins. I m gegenwärtigen Zusammenhang bedeutet o = 1, daß Zähler und Nenner des Elastizitätskoeffizienten sich genau proportional verändern. Das ist der Fall, wenn z. B. einer 10%>igen Steigerung der Kapitalintensität eine lOVoige Steigerung der GrS entspricht. G i l t dieser Zusammenhang für alle Wertbereiche, so hat die Isoquante die Gestalt einer rechtwinkligen Hyperbel. Wie i m obigen (irrelevanten) F a l l (a) sind auch hier die Substitutionsmöglichkeiten zwischen den Faktoren unbegrenzt, denn die Isoquantenäste nähern sich den Koordinatenachsen asymptotisch an 2 8 . Die Faktoren sind jedoch nicht — wie dort — alternativ, denn der eine Faktor kann den anderen niemals (genauer: erst i m Unendlichen) vollständig ersetzen. Die einzige Produktionsfunktion, deren Isoquanten sich dergestalt durch eine konstante Substitutionselastizität von Eins auszeichnen, ist die sog. Cöbb/DouglasFunktion. Bereits an dieser Stelle dürfte klar geworden sein, daß bei allen CES-Funktionen der relevante Bereich der Suibstitutionselastizität nur zwischen den Werten N u l l und Eins (1 > o > 0) liegen kann. E i n Wert o > 1 würde nämlich bedeuten, daß die Isoquanten die Achsen irgendwo schneiden, da ihre K r ü m m u n g geringer ist als die einer rechtwinkligen Hyperbel 2 9 . Ein Wert o < 0 würde dagegen bedeuten, daß die Isoquanten nicht mehr konvex, sondern konkav sind, und dieser F a l l ist ökonomisch irrelevant. Die Cohb/Douglas- und die LeontiefFunktion repräsentieren somit die beiden Grenzfälle aus der Familie ökonomisch relevanter GES-Funktionen. Die gemeinsame Eigenschaft aller dieser Produktionsfunktionen ist es, daß sich ihre Isoquanten — m i t mehr oder weniger starker K r ü m m u n g — den Koordinatenachsen oder Parallelen dazu asymptotisch annähern (im Grenzfall der Leontief-Funktion m i t den Achsenparallelen zusammenfallen). Die Cobb/Douglas-Funktion spielt nun i n der neoklassischen Produktions-, Verteilungs- und Wachstumstheorie eine entscheidende Rolle, und man geht sicherlich nicht fehl i n der Vermutung, daß ihre Beliebtheit vor allem auf die Implikationen zurückzuführen ist, die aus ihrer 28 Bei natürlichen Faktormengen gilt dies — streng genommen — n u r dann, w e n n man eine absolut gleichmäßige Verteilung a n n i m m t ; vgl. auch unten S. 42 f. 2» Diese Aussage k a n n allerdings modifiziert werden f ü r den Fall, daß n u r ein verhältnismäßig kleiner Definitionsbereich innerhalb der Produktionsf u n k t i o n zur Debatte steht; i n diesem Bereich k a n n o durchaus größer als Eins sein, denn die K r ü m m u n g der außerhalb des Definitionsbereichs liegenden Isoquantenäste ist dann unerheblich.

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

37

Eigenschaft resultieren, neben der linearen 3 0 Homogenität (eine Eigenschaft, die sie m i t den meisten anderen gebräuchlichen Produktionsfunktionen gemeinsam hat) auch noch eine Substitutionselastizität von Eins zu besitzen. Durch diese Eigenschaften zeichnet sie sich nämlich ganz zweifellos als die analytisch einfachste und bequemste spezifizierte (d. h. „ausgeschriebene") substitutionale (und damit makroökonomisch verwendbare) Produktionsfunktion aus. o = l bedeutet ja, wie w i r oben gesehen haben, daß die Kapitalintensität stets u m den gleichen Prozentsatz steigt (sinkt) wie die GrS von Kapital zu Arbeit. Die GrS ihrerseits ist i n jedem Punkte der Produktionsfunktion gleich, dem (umgekehrten) Verhältnis der Faktorgrenzproduktivitäten; beide Aussagen zusammengenommen resultieren i n dem Satz, daß bei o = 1 jede Veränderung der Kapitalintensität u m x°/o von einer Veränderung des (umgekehrten) Verhältnisses der Faktorgrenzproduiktivitäten um ebenfalls x °/o begleitet w i r d ; d. h. konkret: Wenn z. B. der Einsatz von Kapital relativ zum Arbeitseinsatz um 1 0 % steigt, so sinkt die Grenzproduktivität des Kapitals relativ zur Grenzproduktivität der Arbeit um ebenfalls 10 %. Der für jede substitutionale und konvex zum Ursprung verlaufende Produktionsfunktion geltende Zusammenhang, daß nämlich die Bewegungen von Mengeneinsatz und Grenzproduktivität der Faktoren grundsätzlich entgegengerichtet sind, w i r d bei o = 1 also auf den Spezialfall reduziert, daß eine i m Hinblick auf die Produktmenge numerisch exakte Kompensation dieser beiden Bewegungen stattfindet: Die „Fähigkeit eines Faktors, zum Produkt beizutragen", n i m m t i n exakt gleichem Ausmaß ab, wie dessen quantitative Menge zunimmt (und umgekehrt). Arithmetisch läßt sich dieser Sachverhalt durch eine entgegengerichtete Bewegung von Faktorgrenzproduktivitäten und partiellen Produktionskoeffizienten ausdrücken, bei dem das Produkt aus beiden Faktoren jeweils konstant bleibt: (1.8a)

3PA

,

ä 7 • p const.

. dP K

und ^

•-

const.

Wie oben (S. 23 f.) schon angedeutet, impliziert eine Produktionsfunktion v o m Cobb/Douglas-Typ nicht notwendig eine lineare Homogenität; die Summe der Exponenten m + n k a n n also =(= 1 sein. Allerdings verliert die F u n k t i o n dann viel von ihrer didaktischen Einfachheit; z. B. entsteht dann ein Widerspruch zwischen Grenzproduktivitätsentlohnung u n d gesamtwirtschaftlichem Konkurrenzgleichgewicht. Aus diesem Grunde werden meist konstante Skalenerträge (m + n = 1) vorausgesetzt, was — w i e oben schon gesagt (vgl. A n m . 16, S.29) — i m Rahmen statischer Produktionszusammenhänge durchaus legitim ist. Die Beibehaltung dieser Voraussetzung i n der Wachstumsanalyse ist natürlich sehr v i e l problematischer. Wie w i r später sehen werden, w i r d sie dort aber durch das neoklassische Grundpostulat der Grenzproduktivitätsentlohnung sozusagen „erzwungen".

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

38

N u n bezeichnen die angegebenen Produkte nichts anderes als die sog. partiellen Produktionselastizitäten. I n der Schreibweise dP dA . _ : _ _ ,

d.8b)

dP dK b z w

_

:

_ _

drücken sie die relative Produktmengenänderung i m Verhältnis zu der (sie bewirkenden) relativen (infinitesimalen) Faktormengenänderung aus. Zugleich sind die partiellen Produktionselastizitäten identisch m i t den Exponenten der Cobb/Douglas-Funktion 81 . Die Konstanz dieser Exponenten ist somit eine der wesentlichen aus der Eigenschaft einer Substitutionselastizität von Eins resultierenden Implikationen der Cobb/Douglas-Funktion. Der geschilderte produktionstheoretische Zusammenhang führt uns unmittelbar zu der wohl wichtigsten Eigenschaft dieser Funktion, nämlich zu dem verteilungstheoretischen Analogon konstanter Produktionselastizitäten. Der Grundpfeiler der neoklassischen Verteilungstheorie ist unbestritten das Grenzproduktivitätsprinzip: I m Gleichgewicht entsprechen die Entlohnungssätze der Faktoren ihrer Grenzproduktivität 8 2 : (1)

Aus der Cobb/Douglas-Funktion P = A ™ K l - m,

bei der w i r f ü r den folgenden Zusammenhang den Niveauparameter (c) vernachlässigen können, ergibt sich durch partielle Differentiation nach A u n d K

dP (2a) (2b) Da (3a) (3b) (4a) (4b)

^

= tnA m -1 K l - »

und

3P 8K = A mW ( 1 - m ) K i - m ~ 1 - m A K.l~ A n - 1 = — u n d K i - » ' - i = — — , ist

A

K

= ^ A » K l - ™ und dA A =

Am K l - m und wegen (1)

9P P TT-r = m —-, dA A § i

= = ( 1

sowie m )

~

5 '

Daraus ergibt sich schließlich 9 P

(5a)

A

m==

dÄ"p

9 P

K

(5b) 3 K ' ~P " 32 Während es sich bei den bisherigen Erörterungen u m rein technische Zusammenhänge handelte, die unabhängig davon galten, welcher P u n k t auf

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

39

(1.9) (l = Lohnsatz; q = Kapitalkostensatzjss.

Selbstverständlich g i l t die Entlohnung nach der Grenzproduktivität nur unter der Annahme vollständiger Konkurrenz auf allen Märkten m i t allen darin implizierten weiteren Prämissen, die dann auch für eine Wirtschaft unterstellt werden müssen, deren stilisiertes A b b i l d durch eine gesamtwirtschaftliche Produktionsfunktion ä la Cobb/ Douglas wiedergegeben werden soll. Bekanntlich liegt hier einer der Hauptansatzpunkte der K r i t i k , die immer wieder gegen die Verwendung jenes Funktionstyps i m Rahmen der Analyse moderner — und offensichtlich monopoloider — Volkswirtschaften vorgebracht wird. Lassen diesen Punkt aber einmal auf sich beruhen und akzeptieren w i r die neoklassischen Grundannahmen, so lassen sich die partiellen Produktionselastizitäten unter Beachtung der Grenzproduktivitätsentlohnung auch schreiben: (1.10)

A K m = l • — , bzw. 1 - m = q • — .

Definieren w i r I - A = L und q-K = Q (L = Lohnsumme; Q = Kapitalkostensumme),

so ergeben sich aus (1.10) die relativen Einkommensanteile am Sozialprodukt m = L/P und 1 — m = Q/P. Unter Beachtung unserer bisherigen Argumentation läßt sich jetzt sagen, daß bei einer Substitutionselastizität von o = 1 und Entlohnung nach dem Grenzproduktivitätsprinzip die relative Mengenbewegung der Faktoren durch eine entgegengesetzte Bewegung der relativen Faktorpreise gerade kompensiert wird, so daß der A n t e i l der Faktorkostensumme am Gesamtprodukt, bzw. — was das gleiche ist — die Einkommensquoten der Faktoren stets konstant bleiben. Die A t t r a k t i v i t ä t der Cobb/Douglas-Funktion leitet sich wohl zu einem erheblichen Teil aus dieser ihrer Eigenschaft her, ein stilisiertes der Produktionsfunktion ins Auge gefaßt wurde, erfordert die zusätzliche Berücksichtigung der Faktorpreise eine Gleichgewichtsbetrachtung; konkret: die Gleichheit v o n GrS u n d (umgekehrtem) Grenzproduktivitätsverhältnis gilt als technische Relation immer, die Gleichheit v o n Grenzproduktivitäts- u n d Faktorpreisverhältnis dagegen n u r i m Gleichgewicht. 33 Streng genommen handelt es sich u m die realen Entlohnungssätze, also u m Z/p, bzw. q/p (p = Preisniveau); meist w i r d jedoch das Preisniveau = 1 gesetzt, u m den analytischen Zusammenhang zu vereinfachen.

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

40

„Erklärungsgerüst" 3 4 für die annähernde Konstanz der Einkommensanteile i n der wirtschaftlichen Wirklichkeit zu sein. A n dieser Stelle muß aber bereits auf einen schon angedeuteten Umstand hingewiesen werden, der uns i m weiteren Verlauf der Erörterungen noch des öfteren beschäftigten w i r d : Durch den anscheinend so harmlosen und geringfügigen Schritt von den Produktionselastizitäten zu den Einkommensquoten werden i m Grunde zwei Welten miteinander verbunden, nämlich die rein technologische Welt von Produktionsfunktionen, i n der die angegebenen Beziehungen identisch erfüllt sind, und die Welt des ökonomischen Gleichgewichts, i n der die Gültigkeit der angegebenen Beziehungen auf Hypothesen beruht, die i n dieser Form kaum jemals erfüllt sein dürften. Die Verwendung einer makroökonomischen Produktionsfunktion vom Cobb-Douglas-Typ i n der neoklassischen Produktions-, Verteilungs- und Wachstumstheorie hypostasiert aber die Äquivalenz beider Welten und gehört damit zu jenen heroischen Vereinfachungen der theoretischen Nationalökonomie, für die streng genommen nicht mehr sachliche, sondern nur noch heuristische Rechtfertigungsgründe ins Feld geführt werden können. W i r müssen uns daher stets der Gefahr bewußt bleiben, die i n der Versuchung liegt, hinter der Eleganz und A t t r a k t i v i t ä t didaktischer Hilfsmittel mehr an Informationen zu vermuten, als unserer Welt der ökonomischen Realität zuträglich ist.

4. Distributionsparameter und verteilungstheoretische Implikationen einer Substitutionselastizität von o =}= 1 I m vorigen Abschnitt wurde zu zeigen versucht, daß die konstanten Exponenten der Cobb/Douglas-Funktion „

0

x

(1.8a)

d p

A

m = g- —

d p

K

und

sowohl die partiellen Produktionselastizitäten als auch die Einkommensquoten der Faktoren wiedergeben. Wegen ihrer letzteren Eigenschaft können sie daher auch als Distributionsparameter der Produktionsfunktion bezeichnet werden, wobei man diesen Ausdruck einfach auf den Exponenten m (die sog. Lohnquote) beschränken kann (der im 2-Faktorenfall durch 1 — m ja stets zu 1 ergänzt wird). 34 Die zuweilen auftauchende Behauptung, daß die Cobb/Douglas-Funktion die Konstanz der Einkommensanteile „erkläre", ist angesichts der Tatsache, daß die Volkswirtschaften i n der Wirklichkeit weder durch vollständige K o n kurrenz gekennzeichnet sind, noch daß sie sich ständig i m Gleichgewicht befinden, selbstverständlich unhaltbar.

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

41

Während, wie schon gezeigt, die Substitutionselastizität die K r ü m mung der Isoquanten bestimmt, kann nun leicht nachgewiesen werden, daß der Distributionsparameter die Neigung oder „Schiefe" der Isoquanten beeinflußt 35 . Setzt man die beiden Produktionselastizitäten (Distributionsparameter) zueinander i n Beziehung, so ergibt sich (L11 )

m dK A r^TdÄK'

dK

bZW

'

K dÄ =A

m I^m*

K

Setzt man ferner — = 1, betrachtet man also jene Kapitalintensität, A die sich bei geeigneter Wahl der natürlichen Faktormengen geometrisch als Winkelhalbierende i m positiven 1. Quadranten darstellt, so ist hier die Grenzrate der Substitution von Kapital durch Arbeit gleich dem Verhältnis von Lohn- zu Kapitalquote: dK m (1.12) tt = ^ • v ' dA 1— m Da bei homogenen Funktionen diese Beziehung unabhängig vom Produktionsniveau g i l t und die GrS bekanntlich die Neigung der Isoquante i n einem bestimmten Punkt (hier also die Neigung aller Isoquanten i n den Punkten, die auf der Winkelhalbierenden liegen) angibt, folgt daraus, daß der Distributionsparameter die Neigung oder Schiefe der Isoquanten determiniert. Bei CES-Funktionen, bei denen die Isoquanten sich asymptotisch bestimmten Achsenparallelen (oder den Achsen selbst) annähern, bestimmt somit der Wert des Distributionsparameters, wie die Isoquanten gegenüber den Koordinatenachsen „verschoben" sind. Ein relativ hoher Wert von (m) bedeutet (in der hier benutzten Schreibweise), daß die Lohnquote höher ist als die Profitquote, demnach auch die GrS — ceteris paribus — einen hohen Wert hat und somit die Isoquanten bei der Kapitalintensität von — = 1 relativ stark geneigt sind, woraus weiter folgt, daß diese gegen die Arbeitsinput-Achse h i n verschoben sind. Beträgt z. B. die Lohnquote m = 0,75 (und demgemäß die Profitquote 1 — m = 0,25), so lautet unsere Beziehung: dK = m _ 0,75 _ ^ dA ~~ 1 — m — 0,25 ~~ Dies besagt, daß der Winkel tan cp als Maß für diese Beziehung i m Punkte Z eine Neigung von etwa 72 ° (gegen die negativ gerichtete Arbeitsinput-Achse) hat: 35

V g l . E. H E L M S T Ä D T E R , Die Isoquanten . . . , a.a.O., S. 178 ff.

42

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

Fig. 7

Bezogen auf die natürlichen Faktormengen ist hier der Asymptotenschnittpunkt der Einiheitsisoquante m i t o = 1 und m = 0,75 zur A b szisse hin verschoben, und zwar liegt er i m Dreieck OXZ, was bedeutet, daß für die Herstellung einer bestimmten Produktmenge auch bei einem relativ hohen Kapitaleinsatz auf einen gewissen — nicht zu niedrigen — Mindesteinsatz von Arbeit nicht verzichtet werden kann, während bei einem über alle Maßen gesteigerten Arbeitsinput der Kapitaleinsatz sehr klein werden kann. Weiterhin w i r d deutlich, daß die Zentren oder Asymptotenschnittpunkte aller CES-Isoquanten m i t dem Distributionsparameter m = 0,5 auf der Winkelhalbierenden OZ liegen 36 . Allerdings darf das nicht zu der Folgerung verleiten, daß damit eine in jedem Falle absolut gleichmäßige Verteilung des Produkts auf die beiden Faktoren Arbeit und Kapital gewährleistet wäre. Dies ist vielmehr nur dann der Fall, wenn, wie bei der Cobb/DouglasFunktion, die Substitutionselastizität gleichzeitig den Wert Eins h a t 3 7 ; 36 Siehe E . H E L M S T Ä D T E R , Die Isoquanten . . . , a.a.O., S . 1 8 6 . 37 Die Bezeichnung „Distributionsparameter" ist daher eigentlich n u r i m Hinblick auf die Cobb/Douglas-Exponenten eindeutig, w e i l die Verteilung hier w i r k l i c h n u r von ihnen abhängt. Eigenartigerweise w i r d der Begriff aber nicht so sehr i m Zusammenhang m i t der Cobb/Douglas-Funktion als vielmehr vor allem bei CES-Funktionen m i t o < 1 verwendet, wo er, wie gleich noch zu zeigen sein w i r d , sehr viel weniger zutrifft, denn die Verteilung w i r d hier auch von den Werten der Substitutionselastizität u n d der Kapitalintensität mitbes t i m m t ; vgl. auch W. SCHEPER, Produktionsfunktionen m i t konstanten Substitutionselastizitäten. JbNStat 1 7 7 ( 1 9 6 5 ) , S. 7 ; M. B R O W N ("On the Theory and Measurement of Technological Change". Cambridge 1966) nennt diese Größe daher auch den „Kapitalintensitätsparameter".

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

43

ist dagegen o 4=1, so ist die Verteilung nicht nur vom Distributionsparameter, sondern auch von dem jeweiligen Verhältnis abhängig, i n dem Arbeit und Kapital zum Einsatz kommen; m. a. W. alternative Kapitalintensitäten bedingen auch bei m = 0,5 {und demgemäß 1 — m = 0,5) dann alternative Verteilungssituationen, wenn a=t= 1. Der Vollständigkeit halber soll dieser Zusammenhang an Hand einiger grafischer Skizzen kurz verdeutlicht werden 3 8 . Der Einfluß von Änderungen der Kapitalintensität auf die Einkommensverteilung unter der Annahme alternativer (aber konstanter) Werte für o läßt sich anschaulich m i t Hilfe einer Figur zeigen, die i n der Literatur sowohl als „Substitutionskurve" wie auch als „Kapitalintensitätskurve" (Frisch) bezeichnet wird. (1). Trägt man auf der Abszisse das Faktoreinsatzmengenverhältnis (K/A) und auf der Ordinate das Faktorpreisverhältnis (q/l) ab, so gibt der Verlauf der K u r v e die Bewegung jeder dieser Größen i n Abhängigkeit von der anderen an, unter neoklassischen Verteilungsannahmen also die Substitutionselastizität. Es ist klar, daß bei o = 1 die Substitutionskurve (SS') genau so wie die diesem Fall zugehörige Isoquante eine rechtwinklige Hyperbel ist:

38 V g l . hierzu auch H. F R I S C H , Die CES-Funktion. E i n Beitrag zur Produktionstheorie. Z f N 2 4 ( 1 9 6 4 ) , S. 4 2 1 ff.; S . A . O Z G A , The Propensity to Save, the Capital-Output Ratio, and the E q u i l i b r i u m Hate of Growth. Economica 31 ( 1 9 6 4 ) , S. 3 6 6 f.; C. S. SOPER, Elasticity of Substitution and Factor Shares: A Diagrammatic Illustration. ER 4 0 ( 1 9 6 4 ) , S. 5 7 1 ff.

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

44

M i t steigendem (Kl A) sinkt (q/l) u m den exakt gleichen Prozentsatz und umgekehrt. Daraus folgt, daß jedes von der K u r v e SS' eingeschlossene Rechteck OXZY den gleichen Flächeninhalt hat. Dieser Flächeninhalt beträgt nun aber Ox

OY—— A

q

l

— Q — Kapitalkostensumme _ L Lohnsumme

Profitquote Lohnquote

Bei o = l illustriert die Fig. 8a also den uns schon bekannten Tatbestand konstanter Einkommensverteilung. Die numerischen Größen der Einkommensquoten werden hier allein durch den Distributionsparameter (m), bzw. (1 — m), determiniert; sie ändern sich nicht, wie immer auch die Werte der Kapitalintensität oder des Faktorpreisverhältnisses sein mögen, vorausgesetzt natürlich, daß das neoklassische Verteilungsgleichgewicht m i t Grenzproduktivitätsentlohnung (und dam i t das Gleichgewicht auf allen Märkten) realisiert ist. (2). o > 1 kennzeichnet den Fall, i n dem eine bestimmte Veränderung der Kapitalintensität von einer unterproportionalen (entgegengerichteten) Veränderung des Faktorpreisverhältnisses (q/l) begleitet wird. Folglich hat die Substitutionskurve einen verhältnismäßig flachen Verlauf 3 9 :

39 Der flache Verlauf der Substitutionskurve darf nicht verwechselt werden m i t dem schwachen Krümmungsverlauf der diesem F a l l zugehörigen Isoquante. Eine schwach gekrümmte Isoquante k a n n z. B. sehr w o h l steil verlaufen (entsprechendes gilt f ü r Fig. 8 c, die den F a l l o < 1 wiedergibt).

I. Die produktionstheoretisch relevanten Begriffe

45

Steigt hier z. B. die Kapitalintensität von OX auf OV, so sinkt das Faktorpreisverhältnis (q/l) von OY auf 017; das neue Hechteck 2, nämlich OVWU hat einen größeren Flächeninhalt als das alte Rechteck 1 (OXZY); folglich ist

d. h. die Kapital(P-rofit-)quote ist relativ zur Lohnquote gestiegen. A l l gemein läßt sich daher sagen: unter neoklassischen Verteilungsannahmen führt ein Steigen der Kapitalintensität und das damit verbundene unterproportionale Steigen des Lohnsatzes relativ zum Kapitalkostensatz bei Ö > 1 zu steigender Profitquote (sinkender Lohnquote) — und umgekehrt bei sinkender Kapitalintensität. (3). Ist o < 1, so w i r d eine Veränderung der Kapitalintensität von einer überproportionalen (entgegengerichteten) Veränderung der Faktorpreisrelation (q/l) begleitet; die Substitutionskurve hat einen relativ steilen Verlauf:

0

X

•> K/A

V Fig. 8 c

Steigt jetzt die Kapitalintensität von OX auf OV, so sinkt das Faktorpreisverhältnis (q/l) von OY auf ÖÜ; das neue Rechteck 2 (OVWU) hat einen kleineren Flächeninhalt als das alte Rechteck 1 (OXZY); folglich ist

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

46

d. h. die Lohnquote ist relativ zur Kapital(Profit-)quote gestiegen; allgemein: unter neoklassischen Verteilungsannahmen führt ein Steigen der Kapitalintensität und das damit verbundene überproportionale Steigen des Lohnsatzes relativ zum Kapitalkostensatz bei o < 1 zu steigender Lohnquote (sinkender Kapital(Profit-)quote) — und umgekehrt bei sinkender Kapitalintensität I n den Fällen (2) und (3) w i r d somit die makroökonomische Einkommensverteilung nicht nur von dem gegebenen Distributionsparameter bestimmt, der als solcher nur eine Momentaufnahme der zu einem bestimmten Zeitpunkt herrschenden und für jeweils einen gegebenen Punkt auf der Produktionsfunktion geltenden Verteilungssituation liefert. Finden dagegen irgendwelche Bewegungen auf der Produktionsfunktion statt, d. h. verändert sich das Faktoreinsatzmengenverhältnis und damit auch die Faktorpreisrelation, so ändert sich auch der Distributionsparameter, sofern o 4 = l ; und zwar führt eine Steigerung der Kapitalintensität (auf die man sich als den für moderne Volkswirtschaften typischen Fall sicherlich beschränken kann) bei a < 1 zu einer steigenden und bei a > 1 zu einer sinkenden Lohnquote. Dieses Ergebnis ist auch i n t u i t i v einleuchtend. Eine geringe Substitutionselastizität (a < 1) beispielsweise bedeutet ja, daß Kapital und Arbeit relativ schwer gegeneinander austauschbar sind. E i n (im Augenblick einmal autonom angenommenes) relatives Steigen des Lohnsatzes hat dann nur einen schwachen „Ricardo-Effekt" 4 0 i m Gefolge, d. h. die faktorpreis-induzierte Substitution von Arbeit durch Kapital stößt auf technische Hindernisse, und die Kapitalintensität steigt unterproportional; m. a. W. die Preiskomponente, nämlich der Lohnsatz, steigt stärker, als die Mengenkomponente, nämlich der Arbeitsinput, sinkt, und die Lohnquote muß dann ceteris paribus steigen. Es leuchtet ein, daß dieser Zusammenhang für die wachstumstheoretische Analyse von erheblicher Bedeutung ist. Denn wenn w i r uns nicht m i t dem — i n gewisser Weise trivialen — Spezialfall einer gesamtwirtschaftlichen Substitutionselastizität von o = 1 zufrieden geben wollen, dann müssen w i r nach jenen Kräften suchen, die trotz der historisch zweifellos ständig steigenden Kapitalintensität des Produktionsprozesses die relativen Einkommensquoten annähernd konstant halten. W i r werden später sehen, daß es einen ganz bestimmten Typ des technischen Fortschritts gibt, der diesen Ausgleichsmechanismus möglicherweise herbeiführt.

40

V g l . F . A . H A Y E K , The Ricardo-Effect. Economica 9 ( 1 9 4 2 ) , S. 1 2 9 .

I I . Die ACMS-Funktion

47

I I . Die ACMS-Funktion 1. Regressionsansatz und arithmetische Schreibweise der Funktion Ausgehend von der Tatsache, daß die Leontief- und die Cobb/ Douglas-Funktion jeweils nur theoretische Grenzfälle sind, haben i n neuerer Zeit vier Autoren i n einem viel beachteten Aufsatz 4 1 den Versuch unternommen, eine empirisch überprüfbare Produktionsfunktion zu entwickeln, die die oben genannten Grenzfälle als Spezialfälle enthält und durch folgende Eigenschaften gekennzeichnet ist 4 2 : a) Homogenität 1. Grades, b) konstante Substitutionselastizität zwischen Arbeit und Kapital innerhalb der einzelnen Industrien (Branchen), c) die Möglichkeit unterschiedlicher Substitutionselastizitäten zwischen den verschiedenen Industrien. I m übrigen werden — wie üblich — Gewinnmaximierung und kompetitive Märkte und damit Entlohnung nach der Grenzproduktivität angenommen. Die Autoren (im folgenden ACMS) haben zunächst versucht, aus der Cobb/Douglas-Funktion einen Regressionsansatz zu entwickeln, der eine unabhängige statistische Messung der Substitutionselastizität erlaubt und daher nicht von vornherein auf den Spezialfall o = 1 festgelegt ist. Ausgehend von der Grenzproduktivitätsfoeziehung (1.9)

dP u 3P l = ^,bzw. Q = 3-

7

folgt aus der Cobb/Douglas-Funktion (1.13)

P = Am K 1 - ™

durch partielle Ableitung nach A die uns schon bekannte Beziehung 4 3 : 8 P

(4a)

ää

p =

m

Ä '

41 Vgl. K . J. A R R O W / H . B . C H E N E R E Y / B . S. M I N H A S / R . M. S O L O W (im folgenden: ACMS), Capital-Labor Substitution and Economic Efficiency. REStat 43 (1961), S. 225 ff. Z u m erstenmal hat R. M. S O L O W i n seinem Aufsatz „ A Contribution to the Theory of Economic G r o w t h " , QuJE 70 (1956), S. 65ff., die Grundzüge dieser neuen Produktionsfunktion angedeutet. Ferner haben sich damit befaßt J. D. P I T C H F O R D , G r o w t h and the Elasticity of Factor Substitution. ER 36 (1960), S. 491 ff. u n d B . S. M I N H A S , A n International Comparison of Factor Costs and Factor Use. Amsterdam 1963. Die Sekundärliteratur ist heute bereits recht umfangreich; siehe die Literaturangaben bei M. B R O W N , O n the Theory . . . , a.a.O., S. 44 f. Allgemein w i r d sie einfach „CES-Funktion" genannt. Da aber, w i e gezeigt, alle üblicherweise i n der Produktions- u n d Wachstumstheorie benutzten Produktionsfunktionen zur CES-Familie gehören, soll die hier zur Diskussion stehende F u n k t i o n nach den ursprünglichen Autoren als „ A C M S F u n k t i o n " bezeichnet werden. 42 V g l . ACMS, a.a.O., S. 225; H . F R I S C H , Die CES-Funktion . . . , a.a.O., S. 429.

48

1. Teil: Produktionstheoretische Grundlagen

Dies ergibt unter Berücksichtigung von (1.9)

(1.14)

L A

=

t

woraus als Regressionsansatz l o g

(1.15)

=

l o g üi +

h i l o g li

zu entwickeln ist, m i t loga=-^logm, und dem Index (i) für die jeweilige Industrie 4 4 . Es hat sich nun gezeigt, daß sich die Regressionsgerade (1.15), i n der die Substitutionselastizität konstant ist, den empirischen Werten der Variablen gut anschmiegt und daher als brauchbarer Ansatz zu betrachten ist 4 5 . Zugleich zeigte sich aber auch, daß die Werte für b (hier die Substitutionselastizität) i n den weitaus meisten Fällen von Eins verschieden waren, und zwar lagen sie (absolut gesehen) fast ausschließlich darunter. Das bedeutet, daß die tatsächlichen Produktionsgegebenheiten weder durch eine Leontief- noch durch eine Cobb/ Douglas-Funktion zutreffend wiedergegeben werden. Abgesehen davon, daß die Richtigkeit des Regressionsansatzes an die Gültigkeit der eingangs aufgeführten Bedingungen gebunden ist, hängt die jeweilige Neigung der Regressionsgeraden und damit der Wert der konstanten Substitutionselastizität selbstverständlich auch von der zugrunde gelegten Industrieklassifizierung ab. Da vermutet werden kann, daß die Substitutionsbeziehungen um so mehr abnehmen (d. h. die Produktionsverhältnisse sich u m so eher limitationalen Beziehungen zwischen den Produktionsfaktoren annähern), je weiter man die Industrien und Branchen aufsplittert (und i m Extremfall zu den Einzelfirmen als Gebilden sui generis kommt), w i r d der Wert der Substitutionselastizität wahrscheinlich u m so höher sein, je höher der Aggregationsgrad der Analyse ist 4 6 . Eine gesamtwirtschaftliche Produktions« Siehe oben S. 38, A n m . 31. 44 Vgl. auch R. M. S O L O W , Capital, Labor, and Income i n Manufacturing; i n : The Behavior of Income Shares. NBER-Res.StudIW, Vol. 27. Princeton 1964, S. 1 0 6 ; C. E. FERGUSON, Substitution, Technical Progress, and Returns to Scale. A E R 5 5 ( 1 9 6 5 ) , Papers . . . , S. 2 9 9 . 45 Vgl. H. FRISCH, Die CES-Funktion . . . , a.a.O., S. 4 2 9 , Anm. 1 3 . 46 Vgl. F. W. BELL, The Role of Capital-Labor Substitution i n the Economic Adjustment of an Industry Across Regions. SouthEJ 3 1 ( 1 9 6 4 ) , S. 1 2 6 f.; R. M. S O L O W , Capital, Labor, and Income i n Manufacturing, a.a.O., S. 1 1 5 fï. Solow

I I . Die ACMS-Funktion

49

funktion w i r d folglich einen höheren Wert für o implizieren als die Produktionsfunktion einer bestimmten Branche oder gar einer Firma. ACMS haben ihren Untersuchungen die Internationale StandardIndustrie-Klassifizierung (ISIC) auf der 3-Klassenefoene (3-digit level) zugrunde gelegt, was etwa einer „mittleren" Disaggregation entspricht. Die aufgefundenen Werte für die Substitutionselastizität von überwiegend o < 1 sind daher durchaus nicht überraschend 1. Die Produktionsfunktion, die ACMS aus dem obigen Regressionsansatz entwickelt haben, hat die Gestalt 4 7 : P = A [ d. h. es existiere eine positive Harrod-neutrale Komponente des technischen Fortschritts, so läßt sich dieser Fall leicht m i t Hilfe unseres früher bereits verwendeten Isoquantendiagramms veranschaulichen. Die Konstruktionsmerkmale und der zwischen den beiden Gleichgewichtspunkten i n Erscheinung tretende technische Fortschritt bedürfen jetzt keiner weiteren Erklärung. Gegenüber dem früher behandelten Fall des isolierten Harrod-neutralen Fortschritts kommt nun aber noch etwas hinzu: die GrS i m neuen Gleichgewicht (X) entspricht der GrS auf der alten Isoquante i n (Y); der durch OVY gehende Kapitalintensitätsstrahl hat aber eine geringere Steigung als jener K/A-Strahl, nämlich OXZ, der dem neuen Gleichgewicht entspricht, bzw. i n (Z) ist die GrS größer als i m neuen Gleichgewicht (X); anders ausgedrückt: die durch technischen Fortschritt hervorgerufene Verschiebung der Isoquanten hat bewirkt, daß

K

s

T

O Fig. 23 54 wie J . V A N E K (a.a.O., S . logical retardation" spricht.

844)

behauptet, der hier ausdrücklich von „techno-

106

2. Teil: Die Klassifikation der Fortschrittswirkungen

die dem neuen Gleichgewichtswert der GrS entsprechende Kapitalintensität schwächer gestiegen ist (vgl. Punkt Y) bzw. daß die dem neuen Gleichgewichtswert der Kapitalintensität entsprechende GrS stärker gestiegen ist (vgl. Punkt Z). Drücken w i r diesen Tatbestand mit Hilfe des Verhältnisses der Grenzproduktivitäten aus, so zeigt sich, daß der Harrod-neutrale technische Fortschritt eine gegenüber der Steigerung der Grenzproduktivität der Arbeit relativ stärkere Steigerung der Grenzproduktivität des Kapitals bewirkt hat; bei konstanter Kapitalintensität (z. B. OXZ) gilt:

i n Worten: die hier dargestellte Harrod-neutrale Komponente des technischen Fortschritts ist zugleich Hicks-arbeitssparend. Das analytisch Bedeutsame an diesem Fall ist nun aber, daß w i r jetzt nicht allein — wie z. B. oben bei der Darstellung des isolierten Harrodneutralen Fortschritts (vgl. Fig. 16) — nur die beiden Gleichgewichtspunkte (W) und (X) betrachtet haben, wobei w i r dann zwangsläufig eine „statistische" Substitutionselastizität von Eins feststellen mußten, sondern daß w i r jetzt auch andere Punkte der Isoquante Pt (hier die Punkte Y und Z) 5 5 ins Auge gefaßt haben. Das gibt uns die Möglichkeit, die tatsächliche („technische" oder produktionstheoretische) Substitutionselastizität zu bestimmen, entweder indem die in (t + 1) tatsächlich herrschende Kapitalintensität auf die zugehörige GrS in (t), oder indem umgekehrt die i n (t + 1) tatsächlich herrschende GrS auf die zugehörige Kapitalintensität i n (t) bezogen wird. A n Hand der Fig. 23 bietet sich die letztere Vorgehensweise an. W i r stellen dann folgendes fest 5 6 : (K/A)

t+1

(K/A\

QT

OT

=

TV ' TW

(GrS)

t+1

(GrS)

t

^ ST TX'fW

ST

TW TV

=

und

TW TX

Setzen w i r diese Relationen zueinander in Beziehung, so erhalten w i r wiederum ein Maß für die Substitutionselastizität, jetzt aber als Elastizitätsmaß der Isoquanten: 55 Ebenso hätten w i r selbstverständlich auf die entsprechenden Punkte der neuen Isoquante P t + i abstellen können; die Ergebnisse der Analyse wären davon unberührt geblieben. 56 Vorausgesetzt werden muß selbstverständlich wiederum, daß es sich u m CES-Isoquanten handelt und daß die Substitutionselastizität durch den technischen Fortschritt nicht verändert w i r d .

IV. Beziehungen zwischen verschiedenen Klassifikationsansätzen o

=

TW = : TV TX

TV

107


1 .

7 Die „post-keynesianische" Wachstumstheorie darf aber wiederum nicht m i t jener Spielart verwechselt werden, die manchmal als „neo-keynesianische" Wachstums- (und Verteilungs-)theorie bezeichnet w i r d u n d die i m wesentlichen auf N. K A L D O R aufbaut. 8 „Neoklassisch" wegen des Charakters der Modellannahmen, insbesondere der Unterstellung (1) einer substitutionalen Produktionsfunktion u n d (2) v o l ler Wirksamkeit des Konkurrenzpreismechanismus, m i t allen weiteren darin enthaltenen I m p l i k a t i o n e n hinsichtlich Grenzproduktivitätsentlohnung usw.

I I . Autonomer technischer Fortschritt

115

Wie ebenfalls schon erwähnt, impliziert diese Schreibweise, daß der technische Fortschritt das Verhältnis der Grenzproduktivitäten und damit die GrS unbeeinflußt läßt, m. a. W. der Fortschritt ist Hicks-neutral mit symmetrischem Produktivitätseffekt. I m wachstumstheoretischen Zusammenhang interessiert nun vor allem die Veränderungsrate der Totalproduktivität (d. i. die Rate des technischen Fortschritts). Differenziert man (1.18) total nach der Zeit und dividiert gleichzeitig durch (P), u m das relative Wachstum zu erhalten, so ergibt sich 9 (31)

* + B ^ A

+

V K

b

wobei die Punkte über den Variablen Ableitungen nach der Zeit be9f 9P 9f 8P zeichnen (P = dP/dt usw.). Da ß ^ = dÄ u n d B 8K ^ 8Ä 9 s o w i e 8P 4.

konstanten Skalenerträgen m = ^

(3-2)

|

=

|

+

m

^

^

+

8PK

und 1 — m = ^

( 1

_

m )

| ,

— , erhält man

1 0

oder i n der Schreibweise von Wachstumsraten: (3.3)

Gp = Gb + mGA

+ (1 - m) GK

,

woraus folgt (3.4)

GB = l = GP — mGÄ

— (1 - m) GK

,

d. h. die Wachstumsrate des technischen Fortschritts ist gleich der Zuwachsrate der Gesamtproduktion (des Sozialprodukts), abzüglich der m i t ihren Einkommensanteilen (partiellen Produktionselastizitäten) gewichteten Wachstumsraten der Produktionsfaktoren. Betragen z.B. die tatsächlich festgestellten Zuwachsraten zwischen zwei beliebigen Zeitpunkten GP = 10 °/o, Ga = 2 % u n d GK = 8 Vo • Vgl. hierzu u n d zum folgenden R. M. SOLOW, Technical Change and the Aggregate Production Function. REStat 39 (1957), S. 312 ff. io Daraus geht deutlich hervor, daß dem Messungsansatz eine Cobb/DouglasF u n k t i o n (mit einem autonomen Effizienzterm) zugrunde liegt: (1) P (t) = B (t) A (t)m K (t) 1-™ . I n logarithmischer Schreibweise lautet (1): (2) l o g P = log B -f m l o g A + (1 - m) l o g K , was dem Ausdruck (3.2) i m T e x t v ö l l i g äquivalent ist. Daraus folgt aber weiter die universelle Neutralitätseigenschaft des Efflzienzparameters (des technischen Fortschritts), d . h . er ist nicht n u r Hicks-, sondern auch Harrod- u n d Solow-neutral. 8•

116

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

und werden die Einkommensquoten m i t m = 0,75 u n d 1 — m = 0,25

vorgegeben, so beträgt die Wachstumsrate des technischen Fortschritts: X = 0,1 - (0,75 • 0,02) - (0,25 • 0,08) = 0,065 ,

d. h. die Steigerung des Sozialprodukts von 10 °/o setzt sich zusammen aus 6,5 °/o, die dem technischen Fortschritt und 3,5%, die dem vermehrten Faktoreinsatz zuzurechnen sind. Ferner ergeben sich aus den obigen Wachstumsraten der Einzelgrößen u. a. (1)

Gp-Ga

= Gy

als Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität und (2)

GK - Ga = G,

als Wachstumsrate der Kapitalintensität. Setzt man diese Größen i n (3.4) ein, so erhält man (3.5)

X = Gy - (1 - m) Gx ,

was unter Benutzung unseres willkürlichen Zahlenbeispiels selbstverständlich ebenfalls X = 0,08 - 0,25 • 0,06 = 0,065

ergibt. Daraus geht hervor, daß mehr als 80 °/o der Steigerung der Arbeitsproduktivität (6,5 = 81,25 °/o von 8) auf technischen Fortschritt und nur knapp 20 °/o (1,5 = 18,75 % von 8) auf Kapitalintensivierung (Substitution) zurückzuführen sind. Diese Ergebnisse sind zunächst natürlich nur Ausdruck unseres willkürlichen Zahlenbeispiels. Bei Verwendung wirklichkeitsnaher oder tatsächlich existierender Relationen zwischen den betrachteten Größen hat sich jedoch immer wieder gezeigt, daß durchaus ähnliche Resultate erzielt werden. Insoweit dienen die vorgeführten Überlegungen i n erster Linie der Ausarbeitung einer einfachen und eleganten Methode zur, Messung des neutralen technischen Fortschritts auf der Grundlage und m i t Hilfe einer linear-homogenen Produktionsfunktion. Als solche sind die — hier nur bruchstückhaft wiedergegebenen — Ansätze zuerst von Tinbergen 1 1 , später von Solow 1 2 11 Vgl. J. T I N B E R G E N , Z u r Theorie der langfristigen Wirtschaftsentwicklung. W A 55 (1942 I), S . 511 ff. 12 Vgl. R . M . S O L O W , Technical Change . . . , a.a.O.

I I . Autonomer technischer Fortschritt

117

u n d gleichzeitig m i t i h m oder i n seinem Gefolge von zahlreichen anderen A u t o r e n 1 3 zur Identifizierung des „reinen" Fortschrittseifekts entwickelt u n d angewandt worden. Dieses Messungsproblem interessiert hier jedoch n u r am Rande 1 4 ; für uns sind vielmehr die analytische Basis, auf der das oben angedeutete Vorgehen beruht u n d die I m p l i kationen des Messungsansatzes von Bedeutung. Den Zugang zu diesen Überlegungen erschließt m a n sich w o h l am besten, indem man zunächst einmal fragt, was hier eigentlich als „technischer Fortschritt" bezeichnet u n d gemessen w i r d 1 6 . Ganz offensichtlich handelt es sich dabei u m einen zwischen zwei (oder mehreren) Zeitpunkten festgestellten Produktionsiiberschuß, also u m ein Mehr an Gütern und Leistungen über jenes Ausmaß hinaus, das „ a n sich" zu erwarten gewesen wäre. Die dergestalt erwartete Produktionssteigerung ergibt sich dabei einfach als gewogene Summe der Wachstumsraten der Produktionsfaktoren, wobei als Gewichte die jeweiligen partiellen Produktionselastizitäten figurieren, die i m Rahmen neoklassischer Gleichgewichtsüberlegungen m i t den relativen Einkommensanteilen übereinstimmen. Hier liegt selbstverständlich die „crucial assumption" des ganzen Messungsansatzes, denn die Verwendung der E i n kommensquoten als qualitative Gewichte des Faktoreinsatzes impliziert die Vorstellung, daß die Produktionsfaktoren genau das als Einkommen erhalten, was ihrer „Fähigkeit, zum Produkt beizutragen" (also ihrer physischen Grenzproduktivität) entspricht, und dies wiederum impliziert, daß die gesamte Preisbildung sich nach den Regeln der v o l l ständigen Konkurrenz vollzieht. Grenzproduktivitätsentlohnung u n d vollständige Konkurrenz sind darüber hinaus n u r miteinander vereinbar, w e n n konstante returns to scale vorliegen; also muß die der Messung zugrunde gelegte makroökonomische Produktionsfunktion linearhomogen sein (was i n der Schreibweise (3.2) und (3.3) auch deutlich zum Ausdruck kommt). W i r hatten oben 1 6 bereits festgestellt, daß diese Vgl. z. B. S. V A L A V A N I S - V A I L , A n Econometric Model of Growth, USA, AER 4 5 ( 1 9 5 5 ) , Papers . . . , S. 2 0 8 ff.; M. A B R A M O V I T Z , Resource and Output Trends i n the United States since 1 8 7 0 . AER 4 6 ( 1 9 5 6 ) , Papers . . . , S. 5 ff.; V . W . R U T T A N , The Contribution of Technological Progress to Farm Output: 1 9 5 0 — 7 5 . REStat 3 8 ( 1 9 5 6 ) , S. 6 1 ff.; B. F. M A S S E L L , Capital Formation and Technological Change i n US-Manufacturing. REStat 4 2 ( 1 9 6 0 ) , S. 1 8 2 ff.; DERS., Determinants of Productivity Change i n United States Manufacturing. YEE 2 ( 1 9 6 2 ) , S. 3 0 3 ff.; O. E. N I I T A M O , Zur Produktionsfunktion der finnischen Industrie. W A 8 6 ( 1 9 6 1 ) , S. 8 6 ff.; R. K O M I Y A , Technological Progress and the Production Function i n the United States Steam Power Industry. REStat 44 ( 1 9 6 2 ) , S. 156ff.; P. S C H Ö N F E L D , Zur Ermittlung der Wachstumskomponenten des Produktionsprozesses. Konjpol 1 1 ( 1 9 6 5 ) , S. 3 0 9 ff. 14 Näheres siehe bei H . W A L T E R , Automation . . . , a . a . O . , S . 9 9 ff. Vgl. zum folgenden vor allem R. M. S O L O W , Capital Theory . . . , a.a.O., S . 3 7 f. Vgl. S. 29, Anm. 16 dieser Arbeit. 1869—1953.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Annahme i m Rahmen der statischen Produktionstheorie durchaus legit i m ist, jedoch für die Beschreibung sich entwickelnder und tatsächlich existierender Volkswirtschaften äußerst problematisch sein dürfte 1 7 . I n jedem Falle w i r d der Messung also das Modell einer Volkswirtschaft zugrunde gelegt, die sich ständig i m Konkurrenzgleichgewicht m i t Grenzproduktivitätsentlohnung und vollständiger Ausnutzung aller Ressourcen befindet. Dieser Modellwirtschaft w i r d die Entwicklung einer tatsächlich existierenden Volkswirtschaft (oder eines Wirtschaftszweiges) gegenübergestellt. A u f diese Weise erhält man dann zwei Werte für den vermehrten Produktionsausstoß, und zwar einen „stipulierten" oder erwarteten Wert, der sich einfach rechnerisch auf Grund des mengenmäßig gestiegenen, aber qualitativ und i n seiner Effizienz konstanten Faktoreinsatzes ergibt 1 8 , und einen aktuellen Wert, der die tatsächliche Produktionssteigerung angibt. Selbstverständlich ist der letztere Wert — i n aller Regel erheblich — höher als der erstere. Bei dem von Solow, Masseil und anderen Autoren festgestellten Produktionswachstum konnte nur etwa 30—50 % durch den Zuwachs der Inputs erklärt werden, während der „Überschuß" von 50—70 °/o auf andere Einflußgrößen zurückgeführt werden mußte, die man zunächst einmal alle i n die Schublade m i t der Aufschrift „Einfluß des technischen Fortschritts" ablegte. Ein übrigens recht interessantes Beispiel für die Überzeugungskraft, die den einem reinen Modelldenken entsprungenen Ergebnissen wenigstens kurzfristig zuweilen anhaften, ist die Tatsache, daß man nach Bekanntwerden dieser Berechnungen von einer „Welle des Investitionspessimismus" 19 sprach. Wenn, wie dort nachgewiesen wurde, nur etwa ein D r i t t e l des Sozialproduktwachstums auf die Bildung neuen Kapitals zurückgeführt werden kann (und wenn, wie die neoklassische Wachstumstheorie ganz allgemein behauptet, die Wachstumsrate durch verstärkte Kapitalakkumulation ohneh i n langfristig nicht zu beeinflussen ist) 2 0 , dann scheint i n der Tat der alten klassischen (Smithschen) These von der wohlstandsfördernden Rolle der Kapitalintensivierung der Boden entzogen. Andererseits k a n n aber die Frage gestellt werden, ob die (in der Realität fast i m m e r steigenden) Skalenerträge nicht ein Phänomen sind, das m i t gutem Recht dem hier zu messenden technischen Fortschritt zugerechnet werden muß; vgl. dazu auch H. W A L T E R , Automation . . . , a.a.O., bes. S. 228 ff. 18 „ . . . w e are comparing the actual real output of I I (Referenzperiode; H. W.) w i t h w h a t the output of the factors w o u l d have been i n I I had the productive efficiency of I (Basisperiode, H. W.) . . . prevailed." J. W. Kendrick, Productivity Trends i n the United States. Princeton 1961, S. 11; vgl. auch V . W. R U T T A N , The Contribution . . . , a.a.O., S. 62. 19 Vgl. E. S. PHELPS, The New V i e w of Investment: A Neoclassical Analysis. QuJE 76 (1962), S. 550. 20 Vgl. auch den folgenden Abschnitt über „Technischer Fortschritt u n d Gleichgewichtswachstum".

I I . Autonomer technischer Fortschritt

119

Diese pessimistische Betrachtungsweise war jedoch nur von sehr kurzer Dauer. Man sah recht bald, daß die bescheidene Rolle, die die Investitionen für das Wachstum spielen, weniger i n der Natur der Sache als vielmehr i n den speziellen Voraussetzungen des Modellansatzes begründet liegt. Zunächst muß festgestellt werden, daß man i n der Frage der begrifflichen Abgrenzung dessen, was man vernünftigerweise als „technischen Fortschritt" bezeichnen kann, gegenüber den Überlegungen, wie sie etwa i m zweiten Teil i m Zusammenhang m i t den Klassifikationsversuchen angestellt wurden, keinen Schritt weitergekommen ist. Auch jetzt werden lediglich die produktionserhöhenden Wirkungen von nicht näher erklärten Umständen ins Auge gefaßt, die als solche verborgen bleiben und die man m i t dem Kryptogramm „technischer Fortschritt" belegt. Insoweit steht dieser Sammelbegriff also für eine Überschußgröße, ein Residuum 21 , i n dem alle produktionserhöhenden Effekte Platz finden, die nicht auf vermehrten Faktoreinsatz zurückgeführt werden können. „Technischer Fortschritt" w i r d somit zu einem Synonym für „Erhöhung der Totalproduktivität" ( = Summe der Faktorproduktivitäten) oder „Erhöhung des Produktionsergebnisses pro Einheit des gesamten Faktoreinsatzes". Diese Gleichsetzung der Begriffe ist einfach eine Konsequenz des Rechnens m i t statistischen Aggregaten, das für andere Umschreibungen des technischen Fortschritts, etwa als Erfindung neuer Produkte und Produktionstechniken, keinen Raum läßt. Die Behandlung des technischen Fortschritts als Residuum verdeutlicht weiterhin den Tatbestand, daß, wie bei jedem Restglied, auf die Erklärung seines Zustandekommens von vornherein verzichtet w i r d ; es w i r d daher von Abramovitz durchaus zutreffend als „a measure of our ignorance" 2 2 bezeichnet. Und diese Unwissenheit hinsichtlich des Charakters des technischen Fortschritts bezieht sich nicht allein auf die eigentlichen Ursachen seines Zustandekommens, sondern ebenso auf die Kräfte, deren es zu seiner Durchsetzung bedarf; m. a. W. der technische Fortschritt w i r d nicht nur als autonom, sondern auch als unverkörpert, d. h. von den Produktionsfaktoren unabhängig und losgelöst, hypostasiert 28 . Das wiederum bedeutet: (1) Es bedarf keines Anstoßes und keiner Anstrengung, um i n den 21

Vgl. E. D . D O M A R , O n the Measurement of (1961), S. 712. 22 M. A B R A M O V I T Z , Resource and Output Trends

Technological Change. E J

71

. . . , a.a.O., S. 1 1 . Die Fairness gebietet es, darauf hinzuweisen, daß v o r allem S O L O W als „Stammvater" des Konzepts des autonomen, unverkörperten Fortschritts dabei keine Hypothese i. S. einer Aussage über die N a t u r des technischen Fortschritts i n der wirtschaftlichen Wirklichkeit i m Auge hatte. M a n sollte bei aller berechtigten K r i t i k daher nicht vergessen, daß es sich hier lediglich u m ein heuristisches Konzept handelt. 23

120

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Genuß der Früchte des technischen Fortschritts zu kommen; dieser fällt einfach „ l i k e manna from heaven" 2 4 . (2) Technischer Fortschritt und Kapitalbildung sind völlig unabhängig voneinander; weder bedarf es zur Durchsetzung technischer Verbesserungen neuen Kapitals, noch erhöht die Kapitalbildung, wenn und soweit sie stattfindet, die Effizienz des Produktionsapparates 25 . Das alles kommt i m Grunde i n der Schreibweise der hier unterstellten Produktionsfunktion sehr viel kürzer und klarer zum Ausdruck; i n der Tinbergen/Cobb/Douglas-Form lautet sie (1.20)

P =

euAmK 1~m

und läßt als solche von vornherein gar keine andere Deutung zu als jene, daß die Rate des technischen Fortschritts (¿) einfach als Funktion der Zeit, d. h. aber autonom und i m Rahmen dieses Modells unerklärt und unabhängig von den sonstigen Variablen, existiert. Der Einbau eines autonomen Trendfaktors i n die Produktionsfunktion, der alle nicht durch Faktorvermehrungen erklärbaren Effekte „schluckt", kann, wenn man so w i l l , als Ausdruck der Tatsache gewertet werden, daß die Liste der auf die Produktion einwirkenden Determinanten unvollständig ist. Wäre die Liste der Inputs komplett und würde man jedem Faktor das „richtige" Gewicht zuordnen, so dürfte es kein Residuum geben (unter der i n diesem Zusammenhang ganz allgemein geltenden Voraussetzung, daß es gelingt, konjunkturelle und sonstige Markteinflüsse auszuschalten). Daraus würde man dann folgern können, daß der technische Fortschritt oder einfach die Zeit sozusagen als ein zusätzlicher dritter Produktionsfaktor anzusehen ist. Aber diese Deutung wäre äußerst problematisch, denn jener dritte „Faktor" ist weder als Input meßbar, noch eindeutig definiert, noch unabhängig erklärt, noch ist sein Einfluß auf die Produktion vorhersehbar; i h m fehlen somit alle Eigenschaften, die erforderlich sind, u m legitimerweise von einem Produktionsfaktor sprechen zu können. Wenn aber diese Komponente dennoch i n den — oben angedeuteten — Messungen für die Hälfte bis zwei D r i t t e l des Produktionszuwachses verantwortlich gemacht werden muß, so ist das zweifellos ein Indiz für die Problematik des hier verwendeten theoretischen Ansatzes 26 . Inso24 V g l . F . H . H A H N / R . C . O . M A T T H E W S , a . a . O . , S . 8 3 6 .

25 „Capital merely accumulates; i t does not change its quality, form or composition; i t does not serve as the instrument for the introduction of technical change into the productive process." E. D . D O M A R , On the Measurement . . . , a.a.O., S. 712 (im Original z. T. gesperrt). 2 « „ A g r o w t h theory that explains half of growth and much of the variation i n growth b y an unexplained residual (which is, after all, w h a t »growth of total factor productivity 4 really is) is not much of a theory." R. R. N E L S O N , Aggregate Production Functions and Medium-Range G r o w t h Projections. A E R 54 (1964), S 580.

I I . Autonomer technischer Fortschritt

121

fern kann „die Einführung einer Trendkomponente i n die Produktionsfunktion . . . natürlich nur ein erster Schritt sein. Sie ist ein Rest, ein Füllglied, und der Zeittrend ist ja meist nur eine Ausrede, wenn man nichts Genaueres weiß" 2 7 . Die Problematik liegt dabei nicht so sehr i n der Trendextrapolation als solcher, sondern i n der Frage, ob es überhaupt einen Trend (hier: des technischen Fortschritts) gibt. Demnach wäre zu fordern, den theoretischen Ansatz dahingehend zu verbessern, daß man das unerklärte Restglied auf seine Determinanten zurückführt. Zwar würde i n dem Maße, wie das gelingen sollte, das Residuum (fast) verschwinden, also die Totalproduktivität gegen den Wert Eins schrumpfen; aber dieser Verlust einer bloßen Ziffer, die lediglich Ausdruck unseres Unwissens über die „wahren" produktionssteigernden Kräfte ist, könnte leicht verschmerzt werden angesichts des Gewinns, der erzielt würde, indem man dergestalt zu einer Theorie der Produktivität und des technischen Fortschritts vordringt. Hierfür gäbe es — sofern man am Konzept der Produktionsfunktion grundsätzlich festhalten w i l l — zumindest zwei Möglichkeiten. Man könnte z. B. (1) die einfache Annahme einer Zwei-Faktoren-Produktionsfunktion aufgeben und versuchen, weitere Determinanten aufzuspüren und i n die Funktion einzubauen, oder (2) zwar bei der Reduzierung auf zwei Faktoren bleiben, ihnen aber andere Gewichte zuordnen, also gewissermaßen die „wirkliche Effizienz" des Arbeits- und Kapitaleinsatzes herauszufinden versuchen. Beide Ansätze sind jedoch m i t erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Die Beschränkung auf zwei Faktoren ist zwar eine grobe Vereinfachung, die sich aber als analytisch äußerst fruchtbar und sinnvoll erwiesen hat 2 8 und die man daher nur dann über Bord werfen sollte, wenn sich alle anderen Möglichkeiten als noch weniger gangbar herausgestellt haben. Die zweite Möglichkeit käme zwar unseren Intentionen ziemlich nahe, denn trotz aller Unterschiede bei der Beantwortung der Frage, was zweckmäßigerweise unter technischem Fortschritt ver27 G. B O M B A C H , Optimales Wachstum u n d Gleichgewichtswachstum; i n : Optimales Wachstum u n d optimale Standortverteilung. SchrVSocpol N. F. 27 (1962), S. 59; vgl. auch R. M. S O L O W , Investment and Technical Progress; i n : K . J. A R R O W / S . K A R L I N / P . SUPPES (eds.), Mathematical Methods i n the Social Sciences. Stanford 1959, S. 90. 28 Hierbei spielt die Möglichkeit der grafischen Darstellung noch eine v e r gleichsweise geringe Rolle; v i e l ernster sind die Probleme der statistischen Messung und der Multikollinearität, die m i t der Anzahl der Faktoren sprunghaft ansteigen. Vgl. z.B. H. RIESE, Mittelfristiges wirtschaftliches Wachstum u n d neoklassische Wachstumstheorie. K y k l o s 18 (1965), S. 90 f.

122

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

standen werden soll, w i r d wohl kaum jemand widersprechen, wenn behauptet wird, daß der technische Fortschritt etwas m i t der Qualität (und daher m i t den statistischen Gewichten) des Faktoreinsatzes zu tun hat. Die Frage ist aber, u m welche A r t von „Qualitätsmultiplikatoren" es sich hierbei handelt und welche Kriterien zu ihrer unabhängigen Messung zur Verfügung stehen. W i r wissen ja, daß die Faktoreinsätze bei den beschriebenen Messungen bereits gewichtet sind, und zwar m i t den relativen Einkommensanteilen. N u n kann es sich ganz zweifellos nicht darum handeln, diese Gewichte einfach zu erhöhen, denn an den relativen Einkommensanteilen ändert sich durch den — neutralen — technischen Fortschritt überhaupt nichts, wie hoch auch immer die Fortschrittsrate sein mag. Jene Gewichte, die den Einfluß des technischen Fortschritts messen sollen und als Qualitätsmultiplikatoren i n der Produktionsfunktion allenfalls Berücksichtigung finden könnten, sind also etwas ganz anderes als die bereits i n ihr enthaltenen Gewichte der Produktionsfaktoren. Letztere beantworten die Frage, i n welchem Ausmaß eine Vermehrung der (in ihrer Qualität) gegebenen Produktionsfaktoren zu einer Erhöhung der Produktmenge führt; bei den jetzt zur Diskussion stehenden Gewichten geht es jedoch u m die Frage, i n welchem Ausmaß eine auf den technischen Fortschritt zurückzuführende Qualitätsverbesserung der Inputs eine Vermehrung des Produktionsausstoßes nach sich zieht. Es handelt sich also hierbei nicht um statische Produktionselastizitäten (bzw. Einkommensquoten), sondern u m Größen, die man als partielle Fortschrittselastizitäten 29 bezeichnen könnte und die eine explizite Berücksichtigung des Zeitfaktors erfordern. Nun dürfte es aber äußerst schwierig sein, derartige Fortschrittselastizitäten oder Qualitätsgewichte zu ermitteln. Selbst bei Berechnungen, die sich auf vergangene Zeiträume beziehen, würden sich zahlreiche andere Faktoren, wie unterschiedliche Kapazitätsausnutzungsgrade, veränderliche Skalenerträge, Veränderungen der Produktzusammensetzung, Struktureffekte usw., störend bemerkbar machen; bei i n die Zukunft gerichteten Überlegungen werden diese Schwierigkeiten fast unüberwindlich — und das ist ja letzten Endes auch der Grund, weshalb man i n diesem Zusammenhang zunächst stets zu dem zwar sehr problematischen, aber doch so einfachen M i t t e l der Trendextrapolation greift.

2» Der Ausdruck „Fortschrittselastizität" w i r d i n einem anderen Zusammenhang v o n H I R S C H als Maß f ü r die Verminderung der direkten Arbeitserfordernisse auf G r u n d einer (sehr kleinen) Veränderung des k u m u l a t i v e n Output benutzt (vgl. Z. H I R S C H , F i r m Progress Ratios. Econometrica 2 4 ( 1 9 5 6 ) , S. 1 3 8 ) ; der Begriff hat sich jedoch noch keineswegs so eingebürgert, daß er als t e r m i nus technicus bezeichnet werden könnte; vgl. auch die Ausführungen zur sog. Lernfunktion, unten S. 221 ff.

I I . Autonomer technischer Fortschritt

b ) Technischer

Fortschritt

und

Gleichgewichtswachstum

123 80

Geht man von einer linear-homogenen Produktionsfunktion vom Cobb/Douglas-Typ aus, die den technischen Fortschritt als autonomen exponentiellen Zeittrend enthält, P = extA m

(1.20)

K

1 - m

,

so ergibt sich daraus, wie oben bereits gezeigt wurde: (3.3a)

GP = mGÄ

+ (1 - m) GK + I ,

d. h. das Wachstum des Sozialprodukts ist gleich der Summe aus den (mit ihren Produktionselastizitäten = Einkommensanteilen) gewogenen Wachstumsraten der Faktoreinsatzmengen und der Rate des technischen Fortschritts. (3.3a) läßt sich leicht umformen zu (3.6)

GP = (1 - m) Gk +

M -

m

Nehmen w i r nun an, daß das Angebot an Arbeitskräften (etwa dem exogenen Bevölkerungswachstum entsprechend) m i t der exponentiellen Rate (b) zunimmt: At = A0ebt

,

so läßt sich (3.6) schreiben: (3.6a)

GP = (1 - m) GK +

+

.

Gefragt w i r d nun nach dem konstanten Gleichgewichtswert dieser Wachstumsrate, d. h. nach jenem Gp, das sich bei gegebenem (konstantem) Distributionsparameter (m) bzw. (1 — m) und gegebenen exponentiellen Wachstumsraten des Arbeitsangebots und des technischen Fortschritts ergibt. Hierzu ist es erforderlich, eine weitere Annahme zu machen, nämlich die, daß die Spar(= Investitions-)quote HP = S/P

=

^

langfristig konstant ist (so daß die obigen Beziehungen auch für die jeweiligen nach der Zeit abgeleiteten Größen gelten). Konstante Spar30 Die i n diesem Abschnitt behandelten Zusammenhänge haben heute bereits Lehrbuchcharakter; dies gilt zumindest hinsichtlich der Darstellung u n d Implikationen des neoklassischen langfristigen („Golden-Age"-) Gleichgewichtspfades. Die Publikationen hierzu sind so zahlreich, daß sich detaillierte Literaturhinweise erübrigen. Die folgenden Ausführungen verdanken v i e l der klaren Darstellung bei H. R I E S E , E i n neoklassisches Modell der säkularen Stagnation. ZfgStaatsw 121 (1965), S. 693 ff.

124

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

(Investitions-)quote i n der Zeit bedeutet aber, daß der Kapitalstock m i t der gleichen Rate wächst wie das Sozialprodukt: (3.7)

dK 1 = dP 1 dt K ~ dt P

Gk = G p , was wiederum einen konstanten Kapitalkoeffizienten impliziert. Aus (3.6a) ergibt sich dann unter Beachtung von (3.7): (3.8)

d. 1 zugleich Hickskapitalsparend u n d bei o < 1 zugleich Hicks-arbeitssparend; vgl. auch H. U Z A W A , Neutral Inventions and the Stability . . . , a.a.O., S. 117ff.; A . A M A N O , Biased Technical Progress and a Neoclassical Theory of Economic Growth. QuJE 78 (1964), S. 129 ff. Eine ganz andere Frage ist, ob alle diese Fälle m i t einem stabilen Wachstumsgleichgewicht vereinbar sind. Amano hat (a.a.O.) nachgewiesen, daß dies n u r f ü r jene Harrod-neutralen Fälle güt, welche die beiden Spezialfälle (1) (2)

o = l und neutraler technischer Fortschritt, sowie o < 1 und Hicks-arbeitssparender Fortschritt einschließen.

126

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

definiert. Sie ist u. a. ebenfalls durch Gp = GR und m i t h i n einen konstanten Kapitalkoeffizienten gekennzeichnet. Insoweit kann man GR i n der neoklassischen Gleichung (3.8) als Harrods „befriedigende" Wachstumsrate interpretieren, vorausgesetzt, man vergißt für einen Augenblick alle speziellen Verhaltensannahmen, die Harrod für diese Rate eingeführt hat. Andernfalls genügt es aber auch einfach, von der Modellannahme eines langfristigen konstanten Kapitalkoeffizienten auszugehen, u m GR als tatsächliche, langfristige durchschnittliche ex postWachstumsrate der Produktion zu interpretieren. Unter dieser Voraussetzung zeigt sich, daß i n (3.6a)

die Wachstumsrate des Sozialprodukts als eine m i t den konstanten Einkommensquoten gewogene Summe aus „befriedigender" bzw. tatsächlicher und „natürlicher" Wachstumsrate ä la Harrod erscheint. „Die tatsächliche Wachstumsrate ist also i m neoklassischen Modell ein gewogenes M i t t e l der erstrebten und der natürlichen Wachstumsrate 32 ." Anders jedoch als bei Harrod, bei dem ein Zusammenfallen beider Raten ein zufälliges (und unwahrscheinliches) Ereignis ist, sind sie i m neoklassischen Modell miteinander identisch (siehe Gleichung 3.8); genauer gesagt: bei konstanter Sparquote nähert sich die befriedigende (bzw. tatsächliche) Wachstumsrate der natürlichen immer mehr an, um i m Endzustand des langfristigen Gleichgewichts m i t ihr zusammenzufallen. Für diesen Anpassungsmechanismus sind i m wesentlichen — neben dem sonstigen neoklassischen Prämissengerüst — zwei Bedingungen konstitutiv, nämlich (1) die Existenz autonomer und exponentieller Zeittrends der „natürlichen" Faktoren, Arbeitskräftepotential und technischer Fortschritt, sowie (2) die Existenz einer positiven, langfristig konstanten Spar(Investitions-)quote. Sind diese Bedingungen gegeben, so ist wegen dK K

P

unter Berücksichtigung von (3.8) (3.9)

32 H . RIESE,

E i n neoklassisches Modell . . . , a.a.O., S. 6 9 4 f.

.

e

echnischer Fortschritt

Da der Klammerausdruck auf der rechten Seite von (3.9) nach Bedingung (1) stets konstant ist, führt jede einmalig auftretende (z.B.) Erhöhung der Sparquote (s) zu einer entsprechenden Erhöhung des Kapitalkoeffizienten (K/P); die plötzliche Steigerung von (s) schlägt sozusagen voll auf die Größe (K) durch, ohne unmittelbar (P) zu erhöhen. Erst i m weiteren Verlauf des Anpassungsprozesses bewirkt der vergrößerte Kapitalstock eine entsprechende Produktionssteigerung, die aber wegen der Wirksamkeit des Gesetzes abnehmender Ertragszuwächse ständig kleiner wird. A m Ende aller Anpassungsperioden sind GR und Gp wieder gleich, und das System ist auf jenen Gleichgewichtspfad eingeschwenkt, der durch die „natürlichen" Bedingungen (b + —) vorgezeichnet ist. Die Wachstumsraten des Sozialprodukts, des Kapitalstocks und des in Effizienzeinheiten gemessenen Arbeitspoteratials stimmen alle überein. Es ist dann ein Zustand erreicht, der i m Anschluß an J. Robinson als „Goldenes Zeitalter" (Golden Age) bezeichnet w i r d 8 3 . Dieser Ausdruck impliziert als solcher zunächst noch keine Aussagen über die konkrete Konstellation der ein Goldenes Zeitalter konstituierenden abhängigen und unabhängigen Variablen; m. a. W. es sind unendlich viele und materiell sehr unterschiedliche Zustände denkbar, die alle als „Goldenes Zeitalter" etikettiert werden können. Allgemein soll dieser Begriff lediglich einen Zustand oder einen A b lauf des wirtschaftlichen Geschehens kennzeichnen, bei dem „das System keine inneren Widersprüche" aufweist. Das w i r d immer dann der Fall sein, wenn sich alle abhängigen Variablen an die natürlichen, institutionellen oder sonstwie als „gegeben" definierten Bedingungen vollständig angepaßt haben. So ist z.B. ein stationärer Zustand, der 33 „ W e n n der technische Fortschritt neutral ist, stetig weitergeht u n d den zeitlichen A b l a u f der Produktion nicht ändert, u n d w e n n ferner der Wettbewerbsmechanismus v o l l w i r k s a m ist, die Bevölkerung, w e n n überhaupt, stetig z u n i m m t u n d die A k k u m u l a t i o n i n einem Tempo erfolgt, das für alle v o r handenen Arbeitskräfte einen produktiven Einsatz ermöglicht, dann ist die Profitrate langfristig konstant, u n d das Reallohnniveau steigt m i t der Prod u k t i v i t ä t pro Beschäftigten. I m System gibt es dann keine inneren W i d e r sprüche . . . Die jährliche Gesamtproduktion u n d der (in Waren gemessene) Kapitalstock wachsen dann gemeinsam, wobei die Zuwachsrate gleich ist dem Produkt aus der Zuwachsrate des Arbeitskräftepotentials u n d der Z u wachsrate der P r o d u k t i v i t ä t pro Beschäftigten. W i r können diesen Zustand ,Das Goldene Zeitalter 4 nennen . . . Wenn w i r das Tempo des technischen Fortschritts u n d die Bevölkerungsvermehrung als naturgegeben betrachten, dann können w i r das den gegebenen Bedingungen angemessene Goldene Zeitalter als wirtschaftliche Seligkeit („Bliss") auffassen, da der Konsum i n jenem technisch maximalen Tempo zunimmt, das die Beibehaltung des T e m pos gerade noch zuläßt." — U n d i n einer Fußnote hierzu: „ I n der Ausdrucksweise von Mr. Harrods ,Towards a Dynamic Economics* sind die natürliche, die befriedigende u n d die tatsächliche Wachstumsrate des Volkseinkommens alle gleich." J. ROBINSON, Die A k k u m u l a t i o n des Kapitals, a.a.O., S. 122 f.; i m Original: The Accumulation . . . , a.a.O., S. 99.

128

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

sich bei gegebenem konstanten Arbeitspotential, Abwesenheit von technischem Fortschritt, vollständiger Konkurrenz, konstantem Kapitalstock, konstantem Realeinkommen usw. ständig selbst reproduziert, als Sonderfall eines Goldenen Zeitalters mit der Wachstumsrate N u l l anzusehen 34 . Entsprechend lassen sich andere Konstellationen denken, die den Bedingungen eines Goldenen Zeitalters genügen. Stets handelt es sich dabei um einen gedachten Endzustand, dessen konkrete Gestalt entscheidend von den system-immanenten, i m Rahmen der Analyse aber als exogen „gegeben" hypostasierten Größen abhängt. Für das hier zur Diskussion stehende neoklassische Wachstumsgleichgewicht des Goldenen Zeitalters sind neben den ausdrücklich als gegeben definierten Zeittrends der Arbeitsbevölkerung und des technischen Fortschritts selbstverständlich auch alle sonstigen (expliziten oder stillschweigenden) neoklassischen Modellvoraussetzungen (vollständige Konkurrenz, Abstinenz des Staates usw.) konstitutiv. Die bekannteste Eigenschaft dieses Golden Age-Wachstumspfades ist dann die Unabhängigkeit der Wachstumsrate von der Spar-(Investitions-)quote, die i n der Gleichung (3.8) nicht mehr als Bestimmungsgröße erscheint. Diese Eigenschaft scheint nun einen wesentlichen Unterschied zwischen dem neoklassischen und dem sog. Harrod/DomarModell des wirtschaftlichen Wachstums zu implizieren, ein Unterschied, der angesichts der sonstigen formalen Ähnlichkeiten beider Modelltypen überraschen muß. I m Harrod/Domar-Modell

führt eine Erhöhung der Sparquote ja offenbar zu einer nachhaltigen Steigerung der Wachstumsrate, während der gleiche Vorgang i m neoklassischen Modell die Wachstumsrate nur temporär zu beeinflussen vermag. Zwar steigt dieselbe auch hier zunächst sprunghaft an, sie nähert sich dann aber wieder asymptotisch dem Gleichgewichtspfad des natürlichen Wachstums, der durch die Zuwachsraten der Arbeitsbevölkerung und des technischen Fortschritts bestimmt w i r d und der sich von dem früheren Gleichgewicht durch ein höheres Niveau und eine höhere Kapitalintensität unterscheidet. Während dieses Anpassungsprozesses ist darüber hinaus auch der Kapitalkoeffizient gestiegen, denn infolge der abnehmenden Grenzerträge des Kapitals n i m m t bei einer erhöhten Investitionsquote das Sozialprodukt langsamer zu als der Kapitaleinsatz. A m Ende des Prozesses, wenn sich das System auf dem erhöhten Niveau wieder der natürlichen Rate angepaßt hat, ist der Kapitalkoeffizient selbstverständlich ebenfalls wieder konstant. 34 Vgl. I . M. D.

LITTLE,

Classical Growth. OEP 9 (1957), S. 152, A n m . 2.

.

e

echnischer Fortschritt

Bei der Interpretation dieses Gegensatzes i n den Modellimplikationen ist jedoch Vorsicht geboten; insbesondere darf man i h n nicht als eine Kontroverse über Vorgänge der Wirklichkeit auffassen. Wie schon gesagt, kommen die Golden Age-Eigenschaften des neoklassischen Modells erst dann zum Tragen, wenn die Sparquote genügend lange 35 — genau genommen: unendlich lange — konstant geblieben ist. Jede Veränderung der Sparquote verändert auch hier kurzfristig die Wachstums rate (und bekanntlich erst recht das Niveau des Wachstumspfades). Das Harrod/Domar-Modell seinerseits erhebt von vornherein nur den Anspruch, die Bedingungen des gleichgewichtigen Wachstums zu formulieren 3 6 ; aus i h m können somit vernünftigerweise keinerlei Aussagen darüber hergeleitet werden, was tatsächlich geschieht, wenn z. B. die Sparquote steigt. Die Behauptung, daß i n einem solchen Falle die befriedigende (d. h. die m i t dem Gleichgewicht zu vereinbarende) Wachstumsrate steigt, gilt darüber hinaus nur dann, wenn der Kapitalkoeffizient konstant ist, und diese Konstanz stellt selbst nur eine der Gleichgewichtsbedingungen des Modells dar. Von der Konstanz des Kapitalkoeffizienten als Gleichgewichtsbedingung kann man aber weder — wie es oft geschieht — auf eine ganz bestimmte dem Modell angeblich zugrunde liegende Produktionsfunktion (hier dann: eine Leontief-Funktion) schließen 37 (was i m Rahmen eines Modells, das ausschließlich mit gesamtwirtschaftlichen Aggregaten operiert, ohnehin wenig sinnvoll wäre), noch kann man daraus allein, d. h. ohne weitergehende Annahmen, irgend welche Schlußfolgerungen hinsichtlich des Modellverhaltens außerhalb von Gleichgewichtssituationen ableiten. Den gegensätzlichen Aussagen beider Modelle über die Wirkungen einer Erhöhung der Sparquote kommt also keinerlei empirische Be35 U m die Frage, was i n diesem Zusammenhang unter „genügend lange" zu verstehen ist, gibt es eine gesonderte Diskussion. Vgl. dazu R. SATO, Fiscal Policy i n a Neo-Classical G r o w t h Model: A n Analysis of T i m e Required for E q u i l i b r a t i n g Adjustment. REStud 30 (1963), S. 16 ff.; DERS., The H a r r o d - D o mar Model vs. the Neo-Classical G r o w t h Model. E J 74 (1964), S.380ff.; W. K R E L L E , Investition u n d Wachstum. JbNStat 176 (1964), S. I f f . ; R . R I C H T E R , „Harrod-Wachstum" u n d „Solow-Wachstum", ein Vergleich. ZfgStaatsw 121 (1965), S. 235 ff.; H. K Ö N I G , Zeitliche Anpassungsprozesse i n einem neoklassischen Zwei-Sektor-Modell. ZfgStaatsw 122 (1966), S. 385 ff.; K . SATO, On the Adjustment Time i n Neo-Classical G r o w t h Models. REStud 33 (1966), S. 263 ff.; J. CONLISK, Unemployment i n a Neoclassical G r o w t h Model: The Effect on Speed of Adjustment. E J 76 (1966), S. 550 ff.; J. G. M . H I L H O R S T , I S a Golden Age Attainable? W A 99 (1967 I), S. 11 ff. 36 Siehe dazu vor allem K . ROSE, Der Erkenntniswert der Wachstumsmodelle. JbNStat 168 (1956), S. 321 ff. 37 „ U n t e r keinem (lang- oder kurzfristigen; H. W.) Aspekt hat Harrod j e doch je eine Überlegung angestellt, als bliebe bei einer Erhöhung der I n vestitionsquote der Kapitalkoeffizient konstant u n d die langfristige Wachstumsrate erhöhe sich proportional. Dies scheint uns das am schwersten w i e gende Mißverständnis des Harrod-Modells zu sein." E. H E L M S T Ä D T E R , Harrod u n d die neoklassische . . . , a.a.O., S. 451; vgl. auch A n m . 30, oben S. 84.

9 Walter

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

1

deutung zu, ein Tatbestand, der i n der Diskussion nicht immer m i t der genügenden Deutlichkeit ausgesprochen wird. Die relativ bescheidene Rolle, die der Kapitalbildungsprozeß für das Wachstum des Sozialprodukts spielt, ist eine Eigenschaft des neoklassischen Modells, die uns weiter oben i m Zusammenhang m i t dem Konzept und der Messung des autonomen, unverkörperten Fortschritts bereits i n ähnlicher Form begegnet ist. Auch dort war ja der Anteil, der der Kapitalakkumulation am Wachstum „zugerechnet" werden konnte, vergleichsweise gering. A n Hand des neoklassischen Modellansatzes läßt sich nun zeigen, wie groß exakt die langfristige Gleichgewichtswachstumsrate des Pro-Kopf-Einkommens (der Arbeitsproduktivität) ist, die allein auf Kapitalintensivierung zurückzuführen ist (d.h. auf die i m Wachstumsprozeß ständig und gleichzeitig m i t dem Harrod-neutralen Fortschritt gegenwärtige Substitution von Arbeit durch Kapital). Die grundlegende Wachstumsgleichung G

(3.3)

P

= 1+ m G

Ä

+ (1 - m) G

K

kann man umformen zu (vgl. auch 3.5) GP

-

GA

= GY

= X + (1 -

M) (G K

-

GA)

.

Als Anteil der Pro-Kopf-Wachstumsrate, die der Kapitalintensivierung zuzuschreiben ist (Je), ergibt sich dann: (1 - m) ( G

K

-

X + (L - M) (G K

GA) -

GA)

(1 - m) (G K GP

-

GA)

GA

Der Ausdruck (k) kann nun drei kritische Werte annehmen: (1) Wenn GK = GA (konstante Kapitalintensität), dann k = 0; denn wenn keine Kapitalintensivierung stattfindet, kann ihr auch kein Pro-Kopf-Wachstum zugeschrieben werden. (2) Wenn X = 0 (kein technischer Fortschritt), dann k = 1, d. h. das gesamte Pro-Kopf-Wachstum geht allein auf Kapitalintensivierung zurück. (3) Wenn GK = Gp (konstanter Kapitalkoeffizient), dann k = 1 — m; m. a. W. unter der Golden Age-Voraussetzung einer langfristig konstanten Sparquote und damit eines konstanten Kapitalkoeffizienten ist die auf Kapitalintensivierung zurückzuführende ProKopf-Wachstumsrate des Sozialprodukts gleich der Produktionselastizität (Einkommensquote) des Kapitals 8 8 . 38 Vgl. E . S . PHELPS, The New V i e w of I n v e s t m e n t . . . , a.a.O., L . B. LAVE, Technological Change . . . , a.a.O., S. 80.

S. 550,

Anm.

5;

I I . Autonomer technischer Fortschritt

131

Hier w i r d die vergleichsweise bescheidene Rolle, die die Kapitalakkumulation i m Wachstumsprozeß spielt, also noch einmal deutlich demonstriert. Da aber der Messungsansatz und das neoklassische Gleichgewichtstheorem beide auf dem exakt gleichen Modellansatz aufbauen, ist die Übereinstimmung i n dieser Hinsicht keineswegs überraschend. Sie beruht einfach auf (a) der Zuordnung eines relativ kleinen Gewichts zum Kapitalinput (der als Gewicht fungierende Einkommensanteil des Kapitals beträgt ja nur etwa Vs—V4) und (b) der Isolierung des exponentiellen Fortschrittstrends von den Faktor-Inputs, was bedeutet, daß sich durch den technischen Fortschritt an den Faktorgewichten nichts ändert. Damit ist aber der Ablaufmechanismus i n seiner Tendenz von vornherein i n den Modellannahmen angelegt: Durch die (in einer Cobb/ Douglas-Funktion m i t konstanten returns to scale von Anfang an) sinkenden Faktor-Grenzerträge hängt das Wachstum wesentlich von der Vermehrbarkeit des relativ knappsten Faktors ab, und das ist i n der Regel die Arbeit. Eine über alle Maßen gesteigerte Kapitalakkumulation würde demgemäß das Grenzprodükt des Kapitals gegen N u l l konvergieren lassen und somit ohne Wirkung auf das Produkt bleiben, während gleichzeitig der marginale Kapitalkoeffizient gegen Unendlich tendieren würde. Der technische Fortschritt seinerseits kann, da autonom und unverkörpert, an diesem Mechanismus grundsätzlich nichts ändern; er kann insbesondere die Wirksamkeit des Ertragsgesetzes nicht hinauszögern, sondern nur bewirken, daß dieses Gesetz auf einem Wachstumspfad ins Spiel kommt, der sich gegenüber einem Pfad ohne technischen Fortschritt durch eine größere Steigung (und dann natürlich auch durch ein höheres Niveau) auszeichnet. Der technische Fortschritt bewirkt also nur eine „Aufstockung" der Wachstumsrate, die i m übrigen den gleichen — neoklassischen — Gesetzen unterliegt, die auch ohne ihn zum Tragen kommen. Angesichts dieses Modellansatzes erfährt das Ergebnis der neoklassischen Wachstumstheorie (soweit es für unseren Zusammenhang eine Rolle spielt und hier behandelt wurde) 3 9 , daß letzten Endes jede Volkswirtschaft m i t der Wachstumsrate leben muß, die ihr von der „Natur" vorgegeben ist 4 0 und die i m 8 ® Die darüber hinaus von der neoklassischen Wachstumstheorie aufgeworfenen Fragen (z. B. optimales, sektorales usw. Wachstum) bleiben hier unberücksichtigt, da sie f ü r das engere Problem des technischen Fortschritts von untergeordneter Bedeutung sind; vgl. zu diesen Fragen neuerdings M . NEUMANN, Über einige neuere . . . , a.a.O.; H. J. VOSGERAU, Optimale Gleichgewichtspfade u n d optimale Anpassungspfade des wirtschaftlichen Wachstums. J b N Stat 179 (1966), S. 100 ff. 40 Vgl. G . BOMBACH, V o n der Neoklassik zur modernen Wachstums- u n d Verteilungstheorie. SchwZVStat 100 (1964), S. 413. 9*

12

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Arbeitspotential und i m technischen Wissen eines Volkes ihren Niederschlag findet, eine recht einfache und plausible Erklärung 4 1 . Zugleich mahnen uns natürlich die dem Modell zugrunde liegenden Annahmen zu allergrößter Vorsicht hinsichtlich der empirischen Interpretation dieses Ergebnisses. Insofern ist dasselbe kaum geeignet, unsere Kenntnis über die wachstumsfördernden Kräfte wesentlich zu erweitern. Insbesondere ist für eine theoretische Analyse des technischen Fortschritts so gut wie nichts gewonnen, es sei denn, man sähe einen Gew i n n i n der Tatsache, daß uns hier die sehr eng gezogenen Grenzen unseres Wissens aufgezeigt werden. Die bisherigen Untersuchungen haben jedenfalls gezeigt, daß die Vorstellung eines exponentiell mit der Zeit wachsenden unverkörperten technischen Fortschritts eher geeignet ist, von den Ursachen und dem Zusammenspiel der eigentlichen fortschrittswirksamen Kräfte abzulenken, als diese Zusammenhänge zu klären. Es kann daher nicht überraschen, daß die sehr bald laut gewordene K r i t i k an diesem allzu einfachen Konzept, insbesondere an der i n i h m implizierten Unabhängigkeit des technischen Fortschritts vom Prozeß der Kapitalbildung, zu einer Revision der Modellvoraussetzungen führte. Wie so oft, wenn unrealistische Annahmen über Bord geworfen werden, geriet man jedoch auch hier i n die Gefahr, das Heil zunächst i m gegenteiligen Extrem zu suchen, nämlich i m Konzept eines technischen Fortschritts, der nur und ausschließlich m i t der Bildung neuen Kapitals verbunden ist. 2. Kapitalgebundener („embodied") Fortschritt Rufen w i r uns noch einmal ganz kurz das Konzept des unverkörperten Fortschritts ins Gedächtnis. Ausgangspunkt war eine einfache Zwei-Faktoren-Produktionsfunktion m i t einem autonomen Zeittrend als Sammelausdruck für die Wirkung des technischen Fortschritts. Zunächst ging man dabei von einem Hicks-neutralen Fortschritt aus, eine Annahme, die für die statistische Messung des Fortschrittseffekts und seine Isolierung von den Wirkungen der quantitativen Input-Veränderungen durchaus sinnvoll war. Erst die weitergehende Analyse zeigte, daß i n einem Goldenen Zeitalter, also i n einer Welt des langfristig stabilen Wirtschaftswachstums, der Harrod-neutrale („pure labour-augmenting") Fortschritt das allgemeinere Konzept darstellt. Aber dieser Gesichtspunkt verliert an Bedeutung, wenn man, wie 41

A l s solches ist das Ergebnis auch keineswegs neu; vgl. z.B. H. v. S T A K Grundlagen . . . , a.a.O., S. 40: „Das Ertragsgesetz g i l t . . . n u r bei u n verändertem Stand des technischen u n d organisatorischen Wissens. Jeder Fortschritt auf diesem Gebiet erhöht den Ertrag u n d k a n n deshalb die W i r k u n g des Ertragsgesetzes zunächst verschleiern. Aber auf dem neuen technischen Niveau g i l t wieder das Ertragsgesetz — gleichsam auf einer höheren Ebene". KELBERG,

.

e

echnischer Fortschritt

allgemein üblich, eine Cobb/Douglas-Funktion zugrunde legt. Ferner wurde unterstellt, daß der Zeittrend durch eine Exponentialfunktion ausgedrückt werden kann und daß die Produktionsfunktion homogen 1. Grades ist, also konstante Skalenerträge aufweist, so daß sich als Ausgangspunkt des neoklassischen Systems ergibt: (3.10)

P(t) = eU A(t) m K(t) 1 -

Diese Schreibweise der gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion bedeutet, daß der technische Fortschritt als völlig losgelöst von den beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital angesehen wird. A n gesichts dieser Tatsache ist es dann auch gleichgültig, ob man i h n nun als reine Verfahrensverbesserung betrachtet, die es erlaubt, bei qualitativ konstanten Inputs den Output unabhängig vom mengenmäßigen Faktoreneinsatz zu erhöhen, oder ob man ihn als einen Potenzfaktor interpretiert, der die Effizienz der beiden Inputs gleichmäßig erhöht 4 2 . Entscheidend ist allein seine Wirkung, und die geht dahin, daß der Output jährlich um die Rate (A) steigt, auch dann, wenn ^

und

^

beide N u l l sind 4 3 , d.h. die Produktionsfaktoren sich mengenmäßig nicht verändern. Jede quantitative Veränderung von Arbeit und/oder Kapital beeinflußt das Produkt nur nach Maßgabe der partiellen Produktionselastizitäten, die Wirtschaft w i r d also z.B. durch eine Erhöhung der Investitionsrate allein um keinen Deut produktiver. „This conflicts w i t h the casual O b s e r v a t i o n that many i f not most innovations need to be embodied i n new kinds of durable equipment before they can be made effective" 4 4 . U m dieser „casual O b s e r v a t i o n " gerecht zu werden, w i r d jetzt vorausgesetzt, daß die Durchsetzung technischer Neuerungen stets und ausschließlich der Bildung neuen Kapitals bedarf. Investitionen sind somit das alleinige Vehikel des Fortschritts, und es gibt keinen anderen Weg, die Produktivität der Wirtschaft zu erhöhen. Selbstverständlich heißt das nicht zwangsläufig, daß nur Netto-Investitionen diesen 42 Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß das k e i n Widerspruch zum H a r r o d - F a l l des „pure labour-augmenting" Fortschritts ist, da bei diesem zusätzlich eine ständige Kapitalintensivierung (Substitution) m i t per se sinkenden Grenzerträgen des Kapitals i m Spiel ist. 43 Würden beide Produktionsfaktoren gleichmäßig m i t der Rate (r) zunehmen, so würde das Wachstum des Sozialprodukts also einfach

GP = X + r geschrieben werden können, was selbstverständlich k e i n gleichgewichtiger Wachstumspfad zu sein braucht. 44 R. M. SOLOW, Investment and Technical Progress, a.a.O., S . 91. Vgl. auch B. R. W I L L I A M S , Investment and Technology i n Growth. MScESStud 32 (1964), S. 59 ff., bes. S. 75.

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

1

Effekt haben, zumindest dann nicht, wenn man physischen Verschleiß der Produktionsanlagen i n Rechnung stellt, denn dann ermöglichen auch die aus rein technischen Gründen notwendigen Ersatzinvestitionen eine Produktivitätssteigerung. Allerdings setzen die meisten der i n diese Kategorie fallenden Modelle eine unbegrenzte physische Lebensdauer der Produktionsanlagen voraus, so daß die (kalendermäßig) alten Anlagen nicht aus technischen Gründen, sondern allein aus — noch zu erörternden — Gründen der ökonomischen Obsoleszenz ausscheiden. Das hat die Konsequenz, daß die ohnehin problematische Unterscheidung zwischen Ersatz- und Netto-Investitionen i n diesem Modell hinfällig w i r d und nur die Brutto-Investitionen von Belang sind 4 5 . Bevor die Embodiment-Modelle i m einzelnen dargestellt werden, sind noch einige Bemerkungen allgemeinerer A r t voranzuschicken. Die jetzige Neuorientierung des Modellansatzes ist keineswegs so radikal, wie sie auf den ersten Blick erscheint. Vor allen Dingen w i r d der technische Fortschritt auch jetzt noch als autonom angesehen, d. h. er w i r d nicht auf irgend welche Größen innerhalb des Modells zurückgeführt, sondern kommt als externer Faktor ins Spiel. Es gibt gewissermaßen einen außerhalb des hier betrachteten Erklärungsmechanismus liegenden „Topf", aus dem ein sich ständig verbesserndes technisches Wissen geschöpft werden kann; nur bedarf es eines „Schöpflöffels", eben der Kapitalbildung, u m das steigende technische Wissen zur Anwendung zu bringen. Würde die Kapitalakkumulation einmal für eine gewisse Zeitdauer ganz aussetzen, so müßte auch die Rate des angewandten technischen Fortschritts auf N u l l sinken, wähend der Topf des technischen Wissens sich autonom und unerklärt ständig auffüllt. Somit fällt auch hier der technische Fortschritt letzten Endes „ l i k e manna from heaven", nur daß er nicht mehr auf die Wirtschaft als Ganzes (d.h. auf alle Produktionsfaktoren gleichmäßig) fällt, -sondern nur noch auf die Kapitalgüter des jeweils letzten Konstruktionsdatums. Denn aus der nach wie vor gemachten Annahme eines exponentiellen Zeittrends des technischen Wissens folgt, daß die Kapitalgüter (hier einfach als „Maschinen" bezeichnet) eines jüngeren Baujahres („vintage") denjenigen eines älteren Baujahres überlegen sind und daß demgemäß dem Altersaufbau des Kapitalstocks ein genau entsprechender (umgekehrter) Produktivitätsaufbau zugeordnet ist, da die einmal konstruierten und gebauten Maschinen an dem i n Zukunft „vom Himmel fallenden Produktivitätsregen" nicht mehr weiter partizipieren. 45

„ I t is not so much that net investment is of a different character to replacement investment, but that they represent alternative avenues by which gross investment may be applied to production", W. E. G. SALTER, Product i v i t y and Technical Change, a.a.O., S. 71.

.

e

echnischer Fortschritt

Der Hauptunterschied zum ,,Unembodiment"-Modell und überhaupt zu einem sehr großen Teil der orthodoxen neoklassischen Modelle liegt somit i n der Preisgabe jener Prämisse, die i m Angelsächsischen als „malleability of capital" bezeichnet w i r d und die auf der Vorstellung eines völlig homogenen Kapitalstocks beruht, der wie „ p u t t y " oder „ j e l l y " an Veränderungen aller A r t sofort anpaßbar ist. Der Kapitalstock des Embodiment-Modells besteht hingegen aus einem Kontinuum von Maschinen verschiedener Lebensalter, die — entsprechend dem exponentiellen Trend des technischen Wissens — u m so effizienter sind, je jünger sie sind 4 6 . Demnach scheint es sich zunächst einmal zu verbieten, von einer einfachen Produktionsfunktion m i t dem Kapitalstock als Produktionsfaktor auszugehen; vielmehr liegt es nahe, die aggregierte Prouktionsfunktion i n so viele disaggregierte Einzelfunktionen zu zerlegen, wie es Kapital-vintages gibt. Die Notwendigkeit einer derartigen Disaggregation der einfachen gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion des früheren Unembodiment-Modells hängt aber auch von den Annahmen ab, die man hinsichtlich der Substitutionsbeziehungen zwischen Arbeit und K a p i t a l 4 7 macht. I m folgenden sollen nun einige der Implikationen alternativer Substitutionsannahmen untersucht werden. a) Substitutionalität zwischen Arbeit und (variable Proportionen ex ante und ex

Kapital post)

Die Tatsache, daß technische Verbesserungen sich nur i n den jeweils neuesten Maschinen niederschlagen, die dann, wenn sie erst einmal konstruiert sind, an den weiteren Fortschritten der Produktionstechnik nicht mehr teilhaben, schließt als solche noch keineswegs die orthodoxe neoklassische Annahme variabler Faktorproportionen aus. Diese A n nahme besagt ja, daß sowohl die geplante Kapitalintensität zukünftiger als auch der Arbeitsbesatz bereits existierender Maschinen allein eine Frage unternehmerischer Entscheidungen ist und keine i n der Technik begründete Schwierigkeiten bereitet. Bekanntlich sind solche Entscheidungen hauptsächlich an der (aktuellen und erwarteten) Faktorpreisrelation ausgerichtet; mit relativ steigendem Lohnsatz w i r d auch die Kapitalintensität steigen. Unter Gleichgewichsbedingungen w i r d die Grenzproduktivität der Arbeit dem gesamtwirtschaftlichen 46 Vgl. R. M. S O L O W , Investment . . . , a.a.O., S . 92; E. S . PHELPS, The New V i e w . . . , a.a.O., S. 552. 47 Die möglichen Beziehungen werden (nach Phelps) zuweilen abgekürzt bezeichnet als a) „clay-clay" — f ü r völlige Limitationalität, b) „ p u t t y - c l a y " — f ü r ex ante-Substitutionalität u n d ex post-Limitationalität, c) „ p u t t y - p u t t y " — f ü r ex ante- u n d ex post-Substitutionalität.

1

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Lohnsatz entsprechen und i n allen Verwendungen gleich sein, d. h. die letzte an jeder Maschine eingesetzte Arbeitseinheit w i r d gleich produktiv sein. Das alles sind altbekannte Vorstellungen, die keiner weiteren Erörterung bedürfen, auf die aber gleich noch einmal zurückgegriffen wird. Unter den gegenwärtigen Annahmen sind damit die Gemeinsamkeiten m i t den orthodoxen neoklassischen Überlegungen jedoch noch nicht erschöpft. Zunächst allerdings bewirkt i m jetzigen Embodiment-Modell der technische Fortschritt nur eine Effizienzsteigerung der jeweils neuesten Maschinen, und zwar ist gemäß der A n nahme eines autonomen exponentiellen Fortschrittstrends (A) eine heute (im Zeitpunkt t) gebaute Maschine u m (1 + A) effizienter als eine i n der Vorperiode (t — 1) gebaute Maschine. Das bedeutet nun aber, daß die Maschinen aller sukzessiven Baujahre (vintages) lediglich m i t dem Effizienzindex des exponentiellen Fortschrittstrends gewichtet zu werden brauchen, u m sie „gleichnamig" zu machen und damit für den an sich heterogenen Kapitalstock einen gemeinsamen Nenner zu finden. Wenn man also für (K) als Bezeichnung für den homogenen Kapitalstock i n der alten Produktionsfunktion nunmehr das Symbol (J) als Ausdruck für die Summe der m i t ihrer Effizienz gewichteten Maschinen aller noch i m Produktionsprozeß befindlichen vintages einsetzt, so geht rein formal die (unspezifizierte) Produktionsfunktion (1.2)

P = f(A,K)

über i n (3.11)

P =

F(A,J).

Die Frage ist dann selbstverständlich, was (J) hier i m einzelnen bedeutet und i n welcher Beziehung es zum früheren (K) steht. I n jedem Falle ist (J) eine gewogene Summe aller jener (K's), die heute noch existieren (noch nicht verschrottet sind). Bezeichnen w i r m i t (t) den gegenwärtigen Zeitpunkt und m i t (v) die jeweiligen Baujahre der Maschinen, so ist die „vererbte K a p i t a l s t r u k t u r " 4 8 eine Summe aller (K v) über den Zeitraum (— oo t) 4 9 . Die Anzahl der i n 48 Vgl. I. SVENNILSON, Economic G r o w t h and Technical Progress. A n Essay i n Sequence Analysis; i n : The Residual Factor and Economic Growth. OECDStudy i n the Economics of Education. Paris 1964, S. 105. 49 Ob der Zeitraum bei (— oo) beginnt, hängt davon ab, ob man physischen Verschleiß oder unbegrenzte technische Lebensdauer a n n i m m t ; die Schreibweise i m folgenden Text setzt das letztere voraus. Andernfalls müßte der Zeitraum aller noch existierenden vintages als von (t — m) bis (t) laufend geschrieben werden, wobei (m) das älteste (kurz vor dem Verschleiß stehende) Maschinen-vintage bezeichnet; vgl. auch die Ausführungen i m nächsten Abschnitt („Fixe Faktorproportionen").

.

e

echnischer Fortschritt

(u) produzierten Maschinen (die bei unbegrenzter Lebensdauer heute alle noch existieren) ist (3.12)

K v(t)

=

I(v),

und der gesamte heutige Kapitalstock w i r d repräsentiert durch t

(3.13)

K(t) =

J

I(v)dv.

Hierbei steht K (t) gewissermaßen noch für den Kapitalstock traditionellen Sinne; seine Beziehung zum Quasi-Kapitalstock Emibodiment-Modells ergibt sich durch explizite Berücksichtigung (autonomen) Steigerungsrate des technischen Fortschritts, der i n Maschinen der jeweils jüngsten vintages verkörpert ist, durch (3.14)

J(t)=

2

I(v)(l

+

im des der den

Zf-

V = — CO

J ( t ) w i r d von Solow als „äquivalenter Kapitalstock" bezeichnet 50 . Die unspezifizierte Produktionsfunktion w i r d dann wiedergegeben durch (3.15)

P(t) = f [A(t), J(t)],

i n der der kapitalgebundene Fortschritt deshalb nicht mehr explizit i n Erscheinung t r i t t , weil er i n J (t) bereits enthalten ist. Unterstellt man ferner, daß diese Produktionsfunktion die Bedingungen einer Cobb/Douglas-Welt mit konstanten Skalenerträgen wiedergibt, so ließe sie sich schreiben: (3.16)

P(t) = A(t) m

J(t)i~ m.

Aus alledem geht nun ganz klar hervor, daß der technische Fortschritt i n diesem Modell, d.h. unter den speziellen Annahmen technisch variabler Faktorproportionen, von jener A r t ist, die oben „capital-augmenting" genannt wurde 5 1 ; J (t) ist eine effizienzgewogene K a pitalgröße und entspricht als solche der Bezeichnung [B (t) K ] i n der 50

Vgl. R. M . S O L O W , Technical Progress . . . , a.a.O., S . 7 7 ; siehe auch R. R. Aggregate Production Functions . . . a.a.O., S. 5 8 1 ; M . D . I N T R I L I G A T O R , Embodied Technical Change and Productivity i n the U n i t e d States 1 9 2 9 — 1 9 5 8 . REStat 4 7 ( 1 9 6 5 ) , S. 6 5 . 51 Vgl. F . M . F I S H E R , Embodied Technical Change and the Existence of an Aggregate Capital Stock. REStud 3 2 ( 1 9 6 5 / 6 6 ) , S. 2 6 3 ff. NELSON,

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

18

oben besprochenen Gleichung (2.5) 52 , während A (t) i n (3.15 u. 3.16) für den Ai^beitsbesatz aller heute noch existierenden Maschinen steht:

wobei A

v

(t) der Arbeitsbesatz der Maschinen K

v

(t) ist.

Die aktuelle Produktion ist demnach das Integral der Outputs aller Maschinen-vintages, die mit dem ihnen entsprechenden Besatz an Arbeitskräften bestückt sind: (3.17)

wobei P v (t) = F [A v (t),K

v

(t)]

als eine (disaggregierte) Produktionsfunktion des Baujahres (u) bezeichnet werden kann. Soweit die gewissermaßen auf i h r Gerippe reduzierte Grundstruktur des Embodiment-Modells. Kehren w i r nun zu der eingangs zurückgestellten Frage der A l l o kation der Arbeitskräfte auf die Maschinen der verschiedenen Baujahre zurück. Diese Frage ist jetzt sehr einfach zu beantworten 5 3 . Angesichts der Möglichkeit kontinuierlicher Substitution zwischen Arbeitern und Maschinen besteht i m Rahmen der bis jetzt formulierten Modellannahmen an sich keine technische Notwendigkeit, alte Maschinen jemals auszurangieren. Zwar werden i n jedem „Jahr" i m Ausmaße der gesamtwirtschaftlichen Lohnerhöhung 5 4 Arbeiter von allen existierenden Maschinen abgezogen, so daß die (gestiegene) Grenzproduktivität der Arbeit an allen Maschinen wieder gleich ist —; die freigesetzten Arbeitskräfte stehen dann neben dem neu hinzu5 2 Siehe oben, S. 92. Vgl. auch F. H . H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 843 f. u n d S. K . BHATTACHARYYA, Capital Longevity and Economic Growth. REStud 32 (1965), S. 39 ff. 54 Z w a r ist der F a l l des rein kapitalproduktivität-erhöhenden Fortschritts (s. o. S. 91 ff.) u. a. dadurch gekennzeichnet, daß bei konstanter Arbeitsp r o d u k t i v i t ä t u n d sinkender Kapitalintensität der L o h n konstant ist; aber diese, einer „Momentaufnahme" entsprechenden Charakteristika sagen i m gegenwärtigen wachstumstheoretischen Zusammenhang natürlich nicht v i e l ; hier w i r d vielmehr durch die ständig vorgenommenen Neu-Investitionen die gesamtwirtschaftliche Kapitalintensität zumindest nicht sinken, u n d damit müssen bei steigender K a p i t a l p r o d u k t i v i t ä t auch die durchschnittliche A r beitsproduktivität u n d der Lohnsatz steigen.

.

e

echnischer Fortschritt

kommenden Arbeitspotential zur Besetzung der i n jedem Jahr neu installierten Maschinen zur Verfügung; bei den ältesten Maschinen sinkt daher i m Laufe der Zeit der Arbeitsbesatz auf einen sehr kleinen Wert —, aber bei unbegrenzter Substitution (etwa i m Rahmen einer Cobb/Douglas-Funktion) und unendlicher Teilbarkeit des Faktors A r beit mußten die ältesten Maschinen nur dann ausrangiert werden, wenn sie darüber hinaus einem physischen Verschleiß unterlägen 5 5 . Dieses Ergebnis unterscheidet das gegenwärtige Modell mit durchgängig variablen Faktorproportionen von den übrigen (noch zu erörternden) Embodiment-Modellen, die zumindest ex post-Limitationalität unterstellen und i n denen, wie noch gezeigt wird, die existierenden Maschinen auch bei unbegrenzt angenommener physischer Lebensdauer allein aus Gründen wirtschaftlicher Obsoleszenz sukzessive ausscheiden. I m Augenblick determinieren jedoch noch vorwiegend technische Gegebenheiten den Modellablauf: Die Verschleißrate (sofern eine solche eingeführt wird) bestimmt das Durchschnittsalter des Kapitalstocks und die Fortschrittsrate — über die Wirkung auf den gesamtwirtschaftlichen Lohnsatz — die Arbeitsausstattung der Maschinen. M i t den Einzelheiten dieses Mechanismus brauchen w i r uns nicht näher zu beschäftigen 58 , da es hier nur auf die grundlegenden Eigenschaften des kapitalgebundenen technischen Fortschritts ankommt. Unter den Annahmen variabler Faktorproportionen ist dessen Hauptkennzeichen die Herausbildung eines Kapitalstocks verschiedener Maschinen-vintages, von denen die jüngsten den größten Arbeitsbesatz und die höchste Produktionskapazität haben, während die kurz vor der Verschrottung stehenden Anlagen umgekehrt einen sehr geringen Arbeitsbesatz und eine entsprechend kleine Produktionskapazität aufweisen. V o n Bedeutung ist nun aber ein weiteres — zunächst überraschendes — Ergebnis, die Tatsache nämlich, daß sich die wachstumstheoretischen Implikationen des Embodiment-Modells von denen des früheren Unembodiment-Modells i m Endeffekt kaum unterscheiden; m. a. W. das grundlegende Theorem der neoklassischen Wachstumstheorie, daß die langfristige Wachstumsrate bei gegebenen autonomen Exponential65 I n diesem Falle müßte die Schreibweise der oben verwendeten I n t e grale u n d Summen dahingehend verändert werden, daß (u) v o n t — m bis t l ä u f t ; s. auch A n m . 49 o. S. 136. M Vgl. dazu vor allem R. M . SOLOW, Investment and Technical Progress, a.a.O., DERS., Technical Progress, Capital F o r m a t i o n . . . , a.a.O., DERS., Capital, Labor, and I n c o m e . . . , a.a.O.; DERS., Capital Theory and the R a t e . . . , a.a.O.; E. S. PHELPS, The New V i e w . . . , a.a.O.; DERS., Ch. PHELPS, FactorPrice-Frontier Estimation of a „Vintage" Production Model 1 of the Postwar U. S. Nonfarm Business Sector. REStat 48 (1966), S. 251 ff.; F. M. WESTFIELD, Technical Progress and Returns to Scale. REStat 48 (1966), S. 432 ff.

1

. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

trends der natürlichen Faktoren (technischer Fortschritt und Arbeitspotential) von der Sparrate unabhängig ist, gilt auch hier. Dieses Ergebnis ist deshalb überraschend, w e i l man zunächst vermuten könnte, daß die Kapitalgebundenheit des technischen Fortschritts die Rolle der Kapitalakkumulation und damit die Bedeutung der Sparund Investitionsquote i n einem sehr viel günstigeren Licht erscheinen läßt, als es unter der Annahme eines von den Faktoreinsätzen losgelösten Fortschritts der Fall ist. A u f kurze Sicht gesehen, stimmt das auch; da aber die neoklassische Wachstumstheorie i m Rahmen gleichgewichtsanalytischer Zusammenhänge m i t sehr langfristigen Zeiträumen rechnet (deren praktische Relevanz man allerdings m i t guten Gründen anzweifeln kann), verliert dieser Gesichtspunkt stark an Bedeutung. Es soll i m folgenden versucht werden, den Zusammenhang zwischen den diesbezüglichen Implikationen des früheren und des jetzigen Modells auch ohne den an sich notwendigen komplizierten mathematischen Apparat einleuchtend darzustellen 57 . Der Einfachheit halber soll beiden Modelltypen eine Cobb/Douglas-Funktion (mit den üblichen Annahmen, einschl. eines neutralen technischen Fortschritts) unterstellt werden. Die gesamtwirtschaftlichen Produktionsbedingungen lauten dann: (1)

P(t)i = e^A(t)m K(t) i - ™

für die „Unembodiment-Wirtschaft" und (2)

P(t)2 =

A(t)mj(t)^-m

für die „Embodiment-Wirtschaft". Zunächst einmal leuchtet ein, daß unter sonst gleichen Umständen, d. h. insbes. unter der Annahme gleicher Wachstumsraten der Bruttoinvestitionen, des Arbeits-Inputs und des technischen Wissens P (t)i > P (t)2, und zwar einfach deshalb, weil sich der technische Fortschritt i n (1) auf alle existierenden Kapitalgüter auswirkt, während er i n (2) nur die jeweils neuesten Maschinen verbessert. Allerdings wären unter den gemachten Annahmen die Wachstumsraten der beiden W i r t schaften gleich, und zwar würden sie der Summe der {konstanten) Wachstumsraten der quantitativen Inputs und des technischen Fortschritts entsprechen 58 ; die Wachstumspfade würden sich also lediglich 57 Vgl. den mathematischen Beweis bei D. H A M B E R G , Investment and Economic Growth, a.a.O., S. 8 ff.; ferner T. W. SWAN, G r o w t h Models: of Golden Ages and Production Functions; i n : K . E. B E R R I L (Ed.), Economic Development w i t h Special Reference to East Asia. London 1964, bes. S. 12 ff.; D. L E V H A R I / E . SHESHINSKI, On the Sensitivity of the Level of Output to Savings: Embodiment and- Disembodiment. Q u J E 81 (1967), S. 524 ff. 58 Vgl. R. M. S O L O W , Investment and Technical Progress, a.a.O., S . 97.

.

e

echnischer Fortschritt

i n ihrem Niveau voneinander unterschieden, was aber wiederum bedeuten würde, daß der absolute Unterschied i n den Produktionsniveaus ständig zunimmt. Wie würde aber nun eine plötzliche Erhöhung der Akkumulationsrate des Kapitals wirken? Zweifellos liefert jetzt das Embodiment-Modell ein „günstigeres" Ergebnis 59 , denn eine Erhöhung der aktuellen Investition würde hier den Kapitalstock modernisieren und damit einen höheren Produktivitätseffekt zeitigen als i m Unembodiment-Modell, i n dem die Produktion lediglich nach Maßgabe der Produktionselastizität des Kapitals steigt 60 . Entscheidend ist dabei aber die Tatsache, daß der Modernisierungseffekt nur temporär ist. Unterstellt man i n beiden Modellen eine konstante technische Verschleißrate der Produktionsanlagen, so ist diese Rate unabhängig von der Höhe der Investitionen 6 1 . Damit kann aber eine einmalige Erhöhung der Investitionsquote den Kapitalstock nur für eine begrenzte Zeit modernisieren; irgendwann fällt das Durchschnittsalter der A n lagen wieder auf seinen Gleichgewichtswert zurück, und zwar spätestens dann, wenn der durch die heutige Mehr-Investition vergrößerte Block an Kapitalgütern selbst an das Ende der vintage-Linie gerückt ist und kurz vor dem Verschleiß steht. Dann nämlich ist der A n t e i l eines jeden Maschinenbaujahres am Gesamtkapital i n der Zeit konstant, was gleichbedeutend m i t konstantem Durchschnittsalter ist. Exponentielles Wachstum der das Sozialprodukt bestimmenden Größen — Investitionen, Arbeitspotential und technischer Fortschritt — läßt also den Altersaufbau des Kapitalstocks langfristig unverändert, gleichgültig, ob der technische Fortschritt unverkörpert oder kapitalgebunden ist. „ I t has apparently been overlooked that, i n exponential growth, the age distribution of capital depends upon the rate of growth and the rate of depreciation and upon nothing eise. Since both rates are, i n the long run, independent of the investment ratio, a once-for-all change i n that ratio can have no permanent influence on the age distribution of capital 6 2 ." Nur dann, wenn die Embodiment-Wirtschaft i n der Vergangenheit für genügend lange Zeit m i t einer geringeren als der natür59 Vgl. auch das numerische Beispiel bei R. M. SOLOW, Investment and Economic G r o w t h : Some Comments. ProdMeasRev 19 (1959), S. 66 ff. 60 Die Produktionselastizität des Kapitals ist selbstverständlich auch i n (2) mitbestimmend f ü r die Output-Steigerung; hinzu k o m m t hier aber noch der Modernisierungseffekt. 61 Die absolute Höhe der ausscheidenden Anlagen u n d damit die erforderliche Abschreibungssumme ist selbstverständlich der Investitionssumme proportional. 62 E. S. PHELPS, The New V i e w . . . , a.a.O., S. 5 5 7 ; vgl. auch D. H A M B E R G , Investment and Economic Growth, a.a.O., S. 13 u n d die K r i t i k bei R. C. O. M A T T H E W S , „The New V i e w of Investment": A Comment. QuJE 7 8 (1964), S. 164 ff., der nachgewiesen hat, daß die Unabhängigkeit des Altersaufbaus von der Investitionsrate n u r bei o = 1 gilt. I n den nachfolgend diskutierten Fällen, i n denen die Annahme durchgängiger Substitutionalität aufgehoben w i r d , ist daher jene Unabhängigkeit auch langfristig nicht mehr gegeben.

12

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

liehen Rate (des Fortschritts und der Arbeitsbevölkerung) gewachsen wäre 6 3 , kann das Durchschnittsalter des Kapitalstocks durch verstärkte Akkumulation langfristig vermindert und damit der Stand des angewandten technischen Wissens erhöht werden. Das hieße jedoch, daß man von Ungleichgewichtssituationen ausgeht, bei denen alle Überlegungen über die Eigenschaften des Golden Age-Wachstumspfades ohnehin nicht gelten 64 . Es zeigt sich somit, daß die beiden Modelltypen keine Unterschiede hinsichtlich ihrer langfristigen „steady state"-Charakteristika aufweisen. I n beiden ist die Wachstumsrate des Goldenen Zeitalters unabhängig von der Spar-(Investitions)quote. b) Fixe

Faktorproportionen

(ex ante und ex

post)

Während unter der Annahme völliger (ex ante- und ex post-)Substitutionalität die Frage der optimalen Faktorallokation und das damit eng zusammenhängende Problem des durchschnittlichen Lebensalters der Produktionsanlagen i n erster Linie von technischen Gegebenheiten, nämlich dem physischen Verschleiß, und erst i n zweiter Linie von den „natürlichen" Wachstumsgegebenheiten abhängt, treten diese stärker i n den Vordergrund, wenn man von der Voraussetzung ausgeht, daß die Arbeitsintensität der Maschinen fixiert und damit der unternehmerischen Entscheidung entzogen ist. Es soll jetzt angenommen werden, (1) daß die Faktorproportionen nicht nur an den bereits installierten, sondern auch an den zukünftigen, noch zu planenden Maschinen technisch fixiert sind und (2) daß die technische Lebensdauer der Anlagen unbegrenzt ist. Beide Annahmen sind natürlich höchst unrealistisch, aber sie haben den Vorteil, die Tatbestände, auf die es i m folgenden ankommt, besonders deutlich hervortreten zu lassen 65 . Die übrigen neoklassischen Prämissen, insbesondere Homogenität des Faktors Arbeit und vollständige Konkurrenz, bleiben bestehen. Unter den Voraussetzungen u n d I m p l i k a t i o n e n des neoklassischen M o dells würde das aber bedeuten, daß die Investitionsquote i n der Vergangenheit nicht konstant gewesen ist; denn sonst passen sich die übrigen Größen (an jede konstante Investitionsquote) derart an, daß das System auf seinen Golden Age-Pfad einschwenkt. 64 Vgl. E. P. H O W R E Y , Technical Change, Capital Longevity, and Economic Growth. A E R 55 (1965), Papers . . . , S. 397 ff. es Der der W i r k l i c h k e i t vielleicht noch am ehesten entsprechende F a l l „ p u t t y - c l a y " (ex ante-Substitutionalität u n d ex post-Limitationalität) w i r d i m nächsten Abschnitt behandelt; die Berücksichtigung technischen V e r schleißes würde dagegen die folgenden Ergebnisse nicht wesentlich beeinflussen.

.

e

echnischer Fortschritt

Die Annahme limitationaler Produktionsverhältnisse erlaubt es dann, das gegenwärtige Sozialprodukt allein als Funktion der existierenden Maschinenkapazitäten zu betrachten 66 :

(3.18)

wobei (m) das Lebensalter jener Maschinen bezeichnet, die i m nächsten „Jahr" obsolet werden; es handelt sich hierbei also um die ältesten, heute gerade noch wirtschaftlich nutzbaren Kapitalgüter; die Größe z (v) soll die Produktivität der Maschinen des Baujahres (v) ausdrücken. Der technische Fortschritt äußert sich darin, daß jedes neuere Maschinenbaujahr einem älteren überlegen ist und daher trotz fixer Faktorproportionen die Arbeitsproduktivität i n Abhängigkeit von (u) ständig steigt. Da der Zeitpunkt des Ausscheidens alter Anlagen unter den gegenwärtigen Voraussetzungen nicht von technischen, sondern allein von ökonomischen Tatbeständen abhängig ist, muß zunächst (t — m), das Baujahr der ältesten, noch rentabel arbeitenden Maschine bestimmt werden. Dabei soll die unter unseren Konkurrenzannahmen fast selbstverständliche Bedingung erfüllt sein, daß das gesamte Arbeitsangebot beschäftigt wird. Dann ist

(3.19)

wobei x (v) die — fixierte — Kapitalintensität der einzelnen Maschinenbaujahre bezeichnet. Da A (t), I ( v ) und x ( v ) bekannt sind, kann zunächst (m) und dann auch P (t) i n (3.18) bestimmt werden. Bei vollständiger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt muß ferner der gesamtwirtschaftliche Lohnsatz gleich der Grenzproduktivität der A r beit sein; somit ist die Allokation der Arbeitskräfte dann optimal, wenn diese beiden Größen an allen vintages gleich sind. Leiten w i r i n den obigen Gleichungen die Produktmenge und das Arbeitspotential jeweils nach (m) ab, so erhalten w i r 66 Vgl. zum folgenden auch C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie des technischen Fortschritts. Göttingen 1966, S . 18 ff. u n d R. M . S O L O W / J . T O B I N / C . Chr. v. W E I Z S Ä C K E R / M . Y A A R I (im folgenden STWY), Neoclassical G r o w t h w i t h F i x e d Factor Proportions. REStud 33 (1966), S. 79 ff., bes. S. 84 ff.

1

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum 3 P (t)

=

z ( t - m ) I ( t - m) u n d

O 771

3 A (t) 3m

1 = — (t — m) I (t — m) , x ' 1

woraus nach Anwendung der Kettenregel folgt: 3P(t ) dm

#

dm

3A

_ (t) ~~ =

dP

3A z (t — m) I (t — m) x (t — m) I (t - m)

= z(t — m) x (t — m) = y {t — m) ,

d. h. die gesamtwirtschaftliche Grenzproduktivität der Arbeit ist gleich der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität (i/) an der ältesten für die Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung noch notwendigen Maschine. Somit ist auch der volkswirtschaftliche Lohnsatz, nämlich Z{t), gleich dem Durchschnittsprodukt der „Grenzmaschine"; hier absorbieren die Lohnkosten das gesamte (von dieser Maschine i n Verbindung m i t den an ihr beschäftigten Arbeitskräften hervorgebrachte) Produkt 6 7 . A l l e anderen Maschinen jüngerer Baujahre (u > t — m) beziehen eine Quasirente i n Höhe von q (u) = y (v) — l(t). Dies ist ein durch und durch „klassisches" Ergebnis; seine Verwandtschaft m i t der ricardianischen Rententheorie liegt auf der Hand 6 8 . Die Rolle, die dort die Böden verschiedener Fruchtbarkeit spielen, übernehmen hier die Maschinen verschiedener Baujahre, und die Grenzmaschine hier korrespondiert m i t dem rentenlosen Grenzboden dort. Zugleich kann i n diesem Modell aber auch das soziale Grenzprodukt des Kapitals leicht bestimmt werden. A u f Grund der Investition des Jahres (v), nämlich I ( v ) , steigt die Produktion u m z (v). M i t diesem Vorgang ist jedoch zugleich eine Reallokation der Arbeitskräfte verbunden, denn die durch die neue Investition obsolet werdenden Maschinen des Jahres (t — m) geben Arbeitskräfte frei, und zwar i n Höhe von 2 (u)

—Y^T (wobei y (v) die m i t dem Kapital des Lebensalters (t?) verbun-

«7 Diese Zusammenhänge w u r d e n früher bereits v o n W. E. G. S A L T E R , Productivity . . . . , a.a.O., S. 74 f. dargelegt. ES Vgl. C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S . 21. Dieser Rentencharakter der Maschinen ist ein Kennzeichen aller Modelle m i t (zumindest ex post-)fixen Faktorproportionen.

.

e

echnischer Fortschritt

dene — technologisch bestimmte — Arbeitsproduktivität ist). Die Produktion vermindert sich daher um

y(v)

-y (t — m) ,

und der Netto-Produktionszuwachs auf Grund der zusätzlichen Investition I (v) beträgt z (v) q(t)=z(v)--^-y(t-m) = z(v)

_ y (t -

m)

y(v)

q(t) bezeichnet die Quasi-Rente oder das soziale Grenzprodukt des Kapitals des Lebensalters (u). Während nun i m „putty-putty"-Modell des vorigen Abschnittes der technische Fortschritt und i n seinem Gefolge die Erhöhung des gesamtwirtschaftlichen Reallohnsatzes zu einer unmittelbaren Faktorsubstitution führte, indem ständig Arbeiter von allen existierenden Maschinen abgezogen wurden, u m damit die neu gebauten Anlagen zu besetzen, ohne daß dabei — bei Annahme unbegrenzter physischer Lebensdauer — die alten Anlagen jemals zum Ausscheiden gezwungen werden, t r i t t i m jetzigen „clay-clay"-Modell nur ein mittelbarer Substitutionseffekt auf: Da der Arbeitsbesatz der einzelnen Maschinen annahmegemäß unverändert bleibt, w i r d eine Reallokation der Arbeitskräfte allein durch das Obsoletwerden der ältesten Maschinen-vintages herbeigeführt. I n beiden Fällen ist das unmittelbar auslösende Moment der Veränderung die Reallohnsteigerung, aber i m früheren Modell führt diese auf direktem Wege zu einer Erhöhung der Kapitalintensität (sowohl jeder einzelnen Maschine als auch gesamtwirtschaftlich), während sie i m gegenwärtigen Modell zwar die Kapitalintensität unbeeinflußt läßt, dafür aber die ältesten Maschinen zum Ausscheiden zwingt, w e i l deren Quasirenten durch die Lohnerhöhung „aufgefressen" worden sind 6 9 . Unter wachstumstheoretischen Aspekten impliziert das selbstverständlich einen geringeren Zuwachs zum Arbeitspotential gegenüber den durch Neu-Investitionen entstehenden Arbeitserfordernissen, da die an den Grenzmaschinen freigesetzten Arbeitskräfte ebenfalls wieder i n den Produktionsprozeß eingegliedert werden müssen. Würde das Arbeits6® „The history of a particular investment is this: Its average product remains constant. A t the beginning i t earns a positive rent, because i t is superior to earlier vintages. B u t as s t i l l better capital comes into existence, wages rise and the rents on investment decline. F i n a l l y wages are b i d up so h i g h b y the owners of modern equipment that the rent on the investment vanishes. I t is obsolet and ceases to operate". STWY, a.a.O., S. 85. 10 Walter

1

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

stärker steigen, so müßte entweder das Lebensalter der A n lagen unendlich ausgeweitet werden u n d der Reallohn gegen N u l l tendieren, oder — was wahrscheinlicher ist — Arbeitslosigkeit entstehen.

Potential

Aus alledem geht hervor, daß dieser Modellansatz ein gleichgewichtstheoretisches Ergebnis impliziert, das formal m i t demjenigen der Harrodschen und neoklassischen Wachstumstheorie übereinstimmt: bei exponentiellen Wachstumsraten des Arbeitsangebots und des technischen Fortschritts ergibt sich ein Gleichgewichtspfad des Wachstums des Sozialprodukts, der sich aus den Zuwachsraten des physischen A r beitspotentials und der Arbeitsproduktivität zusammensetzt: G

P

=

g

A +

G

y

Genau wie i m neoklassischen Grundmodell m i t unverkörpertem technischen Fortschritt und unbegrenzten Faktorsubstitutionsmöglichkeiten gibt es auch hier unendlich viele gleichgewichtige Wachstumspfade, die bei Existenz exponentieller Wachstumstrends der natürlichen Faktoren (Arbeitspotential und technischer Fortschritt) alle die gleiche Steigung aufweisen, sich jedoch durch ihr Niveau voneinander unterscheiden; und zwar ist auch hier einer hohen Sparquote ein hohes Wachstumsniveau zugeordnet und umgekehrt. Hinzu kommt jetzt allerdings ein weiterer Zusammenhang, der sich i m vorigen „ p u t t y - p u t t y " Modell bereits andeutete, nämlich die Verbindung zwischen dem Lebensalter der Kapitalanlagen und der Sparquote. Eine hohe Sparquote ist jetzt nicht nur mit einem höheren Pfad des gleichgewichtigen Wachstums, sondern auch mit einem niedrigen Durchschnittsalter des Kapitalstocks und schnellerer Obsoleszenz verbunden. I n diesem Sinne könnte man auch i m jetzigen Modell von einer höheren — gesamtwirtschaftlichen — Kapitalintensität sprechen, wenn die Spar-(Investitions-)quote hoch, das Lebensalter des Kapitalstocks niedrig und dementsprechend der Marktzins niedrig ist. Höhere Kapitalintensität bedeutet dann aber, anders als sonst, einfach höhere Investitionsquote und modernerer Kapitalstock und kann insofern als Ausdruck für die auch i n diesem „clay-clay"-Modell gegebene Möglichkeit der mittelbaren — zeitlichen — Substitution von Arbeit durch Kapital gewertet werden 7 0 . Selbstverständlich ist dann umgekehrt eine geringe Sparquote m i t einem niedrigen Wachstumspfad und einem relativ alten und unmodernen Kapitalstock sowie mit hohem Marktzins verbunden 7 1 . Allerdings ist 70 Vgl. C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 18 u n d 23. 71 S T W Y weisen (a.a.O., S. 102) darauf hin, daß die positive Beziehung zwischen Marktzins u n d Lebensalter der Anlagen zunächst sehr „un-österreichisch" anmutet. Der hier betrachtete Zusammenhang hat aber nichts m i t der Umwegproduktion der österreichischen Kapitaltheorie zu tun, i n der ein Sinken des Zinses zu einer Verlängerung der Produktionsumwege führt. I m gegenwärtigen Modell erfordern dagegen eine niedrige Sparquote u n d

I I . Autonomer technischer Fortschritt

1

auch hier jedem Wachstumspfad des Goldenen Zeitalters eine konstante Sparquote und ein konstantes Durchschnittsalter des Kapitalstocks sowie ein konstanter Marktzins zugeordnet; insoweit ergeben sich keinerlei Unterschiede i n den „steady-state"-Charakteristika aller bisher behandelten neoklassischen Modelle. N u r sind die Beziehungen zwischen den Größen jetzt etwas komplizierter; insbesondere kommt dem, einem bestimmten Wachstumspfad zugeordneten konstanten Lebensalter der Maschinen eine zentrale Bedeutung zu, weil diese von der Faktorausstattung und der vorgegebenen Faktorproportion abhängige Größe ihrerseits die mit jenem Wachstumspfa'd zu vereinbarende Brutto-Sparquote bestimmt. Damit ist das ganze System gewissermaßen starrer determiniert, es weist weniger Anpassungsmöglichkeiten und Freiheitsgrade auf als etwa das neoklassische Grundmodell m i t völlig variablen Faktorproportionen. Aber diese Schlußfolgerung kann kaum überraschen; sie leuchtet angesichts der Modellprämissen auch i n t u i t i v ein. Die Frage ist jedoch, ob diese Voraussetzungen als besonders wirklichkeitsnah zu veranschlagen sind. Zweifellos dürfte die Prämisse fixer Faktorproportionen sowohl ex post als auch ex ante den i n der Wirklichkeit vorzufindenden gesamtwirtschaftlichen Produktionsgegebenheiten ebensowenig entsprechen, wie die i m vorigen Abschnitt angenommene unbegrenzte ex ante- und ex postSubstitutionsmöglichkeit zwischen Arbeitern und Maschinen. Es dürfte daher ganz interessant sein, abschließend einen kurzen Blick auf die Implikationen jenes Modells zu werfen, das hinsichtlich seiner Substitutionsannahmen der Realität noch am nächsten kommen dürfte.

c) Ex ante-Substitutionalität

und

ex

post-Limitationalität

Die allgemeinen wachstumstheoretischen Implikationen einer Produktionsfunktion, bei der die Wahl über das zu realisierende Produktionsverfahren und die m i t i h m verbundene Kapitalintensität ex ante, d. h. vor Erstellung der Produktionsanlagen, der freien unternehmerischen Entscheidung zugänglich ist, bei der aber andererseits die bei den einmal existierenden Maschinen und Produktionsanlagen realisierten Faktorproportionen technisch nicht mehr variiert werden können, sind zuerst von L. Johansen 72 diskutiert worden. Die auf dieser A n hoher Zins zwecks Aufrechterhaltung der Vollbeschäftigung die Weiterverwendung älterer Maschinen u n d damit eine verlängerte durchschnittliche Lebensdauer des Anlagenapparates. I m übrigen zeigen die Autoren, daß i n diesem Modell nicht jede beliebige Sparquote u n d nicht jedes beliebige L e bensalter des Kapitalstocks m i t den Bedingungen eines stabilen Golden Age-Wachstumspfades zu vereinbaren ist; näheres siehe bei STWY, a.a.O., S. 87 f. 72 Vgl. L . JOHANSEN, Substitution versus F i x e d Production Coefficients i n the Theory of Economic G r o w t h : A Synthesis. Econometrica 27 (1959), S. 157 ff. 10*

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

18

nähme basierenden Modelle werden daher auch zuweilen als „Johansen-Modelle" und jene produktionstheoretischen Voraussetzungen selbst als „Johansen-Funktion" bezeichnet; sie entsprechen dem Phelpsschen Begriff des „putty-clay"-Modells. Nach allem, was bisher über die „steady-state-", also die langfristigen Gleichgewichtseigenschaften der neoklassischen Modelle gesagt worden ist, kann kaum erwartet werden, daß die Johansen-Annahmen i n dieser Hinsicht zu einer grundlegenden Änderung der Modellimplikationen führen 7 3 . Andererseits können die Golden Age-Eigenschaften schwerlich irgend ein praktisches Interesse beanspruchen. Wichtig ist allein die Beantwortung der Frage, was unter alternativen Annahmen, z.B. bei einer Erhöhung der Sparquote, innerhalb eines begrenzten, überschaubaren Zeitraums geschieht. Es ist nun ganz interessant zu sehen, daß der i m vorigen Abschnitt aufgewiesene und auch i n t u i t i v einleuchtende Zusammenhang zwischen hoher (niedriger) Sparquote, niedrigem (hohem) Lebensalter der Maschinen und niedrigem (hohem) Marktzins unter den gegenwärtigen Johansen-Annahmen möglicherweise umgekehrt wird. A u f den ersten Blick scheint diese Frage ein analytisches Spezialproblem zu behandeln, das bestenfalls i n einer sehr losen Beziehung zum allgemeinen Problem des technischen Fortschritts steht. Dennoch verbirgt sich dahinter ein wichtiger und grundlegender Gedanke. Die — zunächst nur unwesentlich — veränderte Blickrichtung des JohansenAnsatzes 74 gegenüber dem Embodiment-Modell m i t durchgängig fixen Faktorproportionen ergibt sich aus der Tatsache, daß die Effizienz der einzelnen Maschinen nicht nur eine zunehmende Funktion des Baujahres (u), sondern auch des m i t ihnen kooperierenden Arbeitsbesatzes (a = 1/x) ist; dieser ist zwar ebenfalls fixiert, sobald die Maschinen erst einmal gebaut sind, ex ante kann die Arbeitsintensität der zukünftigen Maschinen jedoch beliebig geplant werden. Eine Maschine m i t höherem geplanten Arbeitsbesatz w i r d gegenüber einer Maschine m i t geringerem Arbeitsbesatz eine größere absolute Produktionskapazität aufweisen; 73

Vgl. jedoch

(1964), S. 318

K.

INADA,

Economic G r o w t h and Factor Substitution. 1ER 5

ff.

74 Z u dieser Modellversion vgl. B. F. M A S S E L L , Investment, Innovation, and Growth. Econometrica 3 0 ( 1 9 6 2 ) , S. 2 3 9 ff.; E. S. PHELPS, Substitution, F i x e d Proportions, G r o w t h and Distribution. 1ER 4 ( 1 9 6 3 ) , S. 2 6 5 ff.; C. Chr. v. WEIZSÄCKER, Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 35 ff.; F. H. H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 8 3 8 f f . ; P. C. T H A N H , Production Processes w i t h Heterogeneous Capital. ER 4 2 ( 1 9 6 6 ) , S. 4 3 0 ff.; M . C. K E M P / P . C. T H A N H , On a Class of G r o w t h Models. Econometrica 3 4 ( 1 9 6 6 ) , S. 2 5 7 ff.; R. A T T I Y E H , Estimation of a F i x e d Coefficient Vintage Model of Production. Y E E 7 ( 1 9 6 7 ) , S. 5ff.; E. SHESHINSKI, Balanced G r o w t h and Stability i n the Johansen Vintage Model. REStud 3 4 ( 1 9 6 7 ) .

.

e

echnischer Fortschritt

sie w i r d andererseits aber über eine geringere Arbeitsproduktivität verfügen und mehr an Lohnkosten verschlingen, so daß die geplante zukünftige Arbeitsintensität vor allem eine Funktion der zu erwartenden Lohnentwicklung ist. Während nun i m früheren Modell z. B. ein niedriger Marktzinssatz und dementsprechend ein relativ hoher Lohnsatz auf Grund ihrer Kapitalverbilligungstendenz m i t einem schnelleren Kapitalumschlag einhergingen, weil man dergestalt das „vom H i m mel fallende" Geschenk eines ständig verbesserten technischen Wissens schneller nutzen konnte, macht sich unter den jetzigen Annahmen darüber hinaus eine Gegentendenz bemerkbar: Der relativ hohe (und weiter steigende) Lohnsatz beinhaltet nämlich die Gefahr, daß die Quasirenten der neuen Maschinen schneller „aufgefressen" werden, und diese Gefahr läßt es zweckmäßig erscheinen, die geplante Kapitalintensität zu erhöhen (die geplante Arbeitsintensität neuer Maschinen zu vermindern), womit die Lebensdauer der Anlagen verlängert würde. A u f Grund dieser Überlegungen folgern insbesondere Phelps und v. Weizsäcker, daß ein kapitalgebundener technischer Fortschritt unter den Voraussetzungen einer Johansen-Funktion das paradox anmutende Resultat zeitigt, daß ein relativ niedriger Marktzins, verbunden m i t einer relativ hohen Spar- und Investitionsquote, nicht zu einer Modernisierung, sondern i m Gegenteil zu einer technischen Überalterung des Produktionsapparates führe 7 5 . Phelps spricht i n diesem Zusammenhang von einem „capital-lengthening-Effekt" 7 6 , der neben dem — bekannten — „deepening"-Effekt bei einer Erhöhung der Investitionsquote berücksichtigt werden müsse. Zweifellos ist diese Überlegung, obgleich auf den ersten Blick etwas überraschend, nicht völlig von der Hand zu weisen. I m einfachen neoklassischen Produktionsmodell, etwa i m Rahmen einer Cobb/DouglasFunktion, führt eine relative Erhöhung des Lohnsatzes bekanntlich zu einer genau proportionalen Erhöhung der Kapitalintensität (Senkung der Arbeitsintensität). Die Unternehmer brauchen sich dabei u m eine evtl. weitere, i n der Zukunft liegende Lohnsteigerung i m Augenblick nicht zu kümmern, da angesichts der i n jenem Modell angenommenen „malleability" des Kapitals die Arbeitsintensität aller Maschinen, auch der bereits existierenden, an jede Faktorpreisrelation ohne Verzögerung und ohne zusätzliche Kosten angepaßt werden kann. I m jetzigen 75 Vgl. E. S. P H E L P S , Substitution . . . , a.a.O., S. 265 u n d C. Chr. v. W E I Z Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 39. A u f den ersten Blick sieht die gegenläufige Beziehung zwischen Marktzins u n d Lebensdauer des K a pitals wieder „österreichisch" aus. Aber eine solche Interpretation wäre absolut abwegig, w e i l das längerlebige K a p i t a l hier nicht produktiver ist als das kurzlebige, sondern n u r weniger anfällig gegen den Obsoleszenzbazillus. 76 Vgl. E. S. P H E L P S , Substitution . . . , a.a.O., S. 265 u. 282. SÄCKER,

1

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Modell ist jedoch die Arbeitsintensität der bereits existierenden Maschinen fixiert und nur das für die Zukunft geplante Faktoreinsatzverhältnis beliebig wählbar. Wenn nun die Unternehmer einen relativ steigenden Lohnsatz auch i n der Zukunft erwarten (eine angesichts des Fortschrittstrends vernünftige Annahme), so handeln sie durchaus richtig, wenn sie i n der Gegenwart eine Kapitalintensität planen, die höher ist als jene, die bei der aktuellen Lohn/Zins-Relation i m Modell m i t völlig homogenem Kapitalstock verwirklicht würde. Die Unternehmer nehmen bei ihrer Investitionsplanung gewissermaßen einen Teil der zukünftigen Lohnerhöhung bereits vorweg 7 7 m i t der Absicht, den Zeitpunkt der Obsoleszenz ihres Kapitals hinauszuschieben. Es kann nicht bestritten werden, daß die unmittelbare Folge dieser Maßnahme eine Verlängerung des durchschnittlichen Lebensalters der Produktionsanlagen ist, wobei es lediglich problematisch erscheint, ob man diesen Vorgang zutreffend m i t „technischer Überalterung" bezeichnen kann. Als weitere Folge ergibt sich aber nun, daß auf Grund der überproportional gestiegenen Kapitalintensität auch die durchschnittliche Arbeitsproduktivität stärker steigt, als es der aktuellen Lohnsteigerungsrate entspricht, und dies wiederum würde ein Sinken der Lohnquote implizieren 7 8 . Die Frage ist, ob dieses Ergebnis sehr realitätsnah ist, und die sich daran anschließende Überlegung muß lauten, ob die Phelps-v. Weizsäckersche Schlußfolgerung über die Wirkung des „lengthening"-Effekts Allgemeingültigkeit beanspruchen kann. Zweifellos ist es ein Verdienst der Autoren, darauf hingewiesen zu haben, daß die Beziehungen zwischen Spar- (Investitions-)quote und Lebensalter des Kapitalstocks von den Faktorsubstitutionsmöglichkeiten abhängen; je starrer die technischen Produktionsbedingungen sind (genauer: je weniger Möglichkeiten es gibt, die Kapitalintensität zukünftiger Produktionsanlagen beliebig zu planen), desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß eine hohe Sparquote zu einem insgesamt modernen Kapitalstock führt 7 9 . Der Umkehrschluß, nämlich daß beim Vorliegen unbegrenzter ex ante-Substitution das gegenteilige Ergebnis zu erwarten sei, scheint zunächst unausweichlich zu sein; man muß sich allerdings vergegenwärtigen, daß dieses Ergebnis nicht zuletzt wegen der A n nahme vollständiger Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt zustande77 v g l . auch die weiter unten behandelten Fälle des faktorpreis-induzierten technischen Fortschritts, S. 178 ff. 78 So auch C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 41; E. S. P H E L P S , („Substitution . . .", a.a.O., S. 266) k o m m t hier zu einem abweichenden Ergebnis, doch scheint m i r die v. Weizsäckersche A r g u m e n t a t i o n i n diesem Punkte richtiger zu sein. . # 7» „ . . . the higher s (die Sparquote; H. W.) the more investment there is i n each period, so more labour must be released to m a n the new machines, and the vintage being scrapped must therefore be larger, and hence more recent i n date". F. H . H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 842.

.

e

echnischer Fortschritt

kommt, was u. a. bedeutet, daß die Arbeiter ein Nachhinken der Löhne gegenüber der Entwicklung der durchschnittlichen Arbeitsproduktivität hinnehmen müssen. Es wäre jedoch unfair, den Modellen plötzlich die mangelnde Realitätsbezogenheit jener Annahmen anzulasten, die w i r bisher uneingeschränkt akzeptiert haben. Das schließt aber nicht aus, vor einer empirischen Interpretation der Modellergebnisse ganz allgemein zu warnen. d) Beurteilung

der Modelle

des kapitalgebundenen

Fortschritts

Wenn nun versucht wird, eine Bestandsaufnahme der praktisch verwertbaren Erkenntnisse zu geben, die die Modelle des kapitalgebundenen Fortschritts vermittelt haben, so w i r d dabei mehr auf jene Tatbestände zu achten sein, die sozusagen zwischen den Zeilen stehen, denn die explizit herausgearbeiteten Modellergebnisse als solche (die hier aber nur z. T. vorgeführt wurden) sind kaum geeignet, unser Wissen über die Natur und die Wirkung des technischen Fortschritts (geschweige denn seine Ursachen) wesentlich zu erweitern. Dieser sehr bedauerliche Umstand ist hauptsächlich i n der Grundstruktur der neoklassischen Wachstumstheorie begründet, konkreter: i n der A r t ihrer Fragestellung. I m Mittelpunkt dieses Theorietyps stehen die langfristigen Gleichgewichtspfade des wirtschaftlichen Wachstums, oder anders ausgedrückt: die Entwicklung einer Volkswirtschaft i m Goldenen Zeitalter. I n diesem Zusammenhang kann als Ergebnis der Diskussion festgehalten werden, daß die Golden Age-Eigenschaf ten einer EmbodimentWirtschaft sich i n keinem wesentlichen Punkte von denjenigen einer Unembodiment-Wirtschaft unterscheiden, was insbesondere auch für die Unabhängigkeit der langfristigen Wachstumsrate von der Investitionsquote gilt. Wie schon gesagt, ist dieses Resultat auf den ersten Blick überraschend, weil man annehmen sollte, daß das EmbodimentKonzept die Bedeutung der Kapitalbildung für das Wachstum sehr viel stärker zum Ausdruck bringt als die ältere Unembodiment-Version des neoklassischen Modells. Bei näherem Hinsehen w i r d jedoch deutlich, daß das Ergebnis gar nicht anders lauten kann. Auch jetzt ist der Fortschritt des technischen Wissens ja begrenzt, und zwar auf die extern vorgegebene Rate (A). Das bedeutet, daß eine höhere Investitionsquote zwar einen quantitativ größeren Kapitalumschlag i m Gefolge hat, daß durch diesen vergrößerten Kapitalumschlag aber niemals mehr an neuem technischen Wissen i n die Wirtschaft eingeschleust werden kann, als zu jedem gegebenen Zeitpunkt zur Verfügung steht. Sieht man von dem ohnehin etwas problematischen „lengthening effect" des Johansen-Modells einmal ab, so zeitigt eine Erhöhung der Investitionsquote einen Modernisierungseffekt, der selbstverständlich so lange weiter steigt, wie sich die Investitionsquote ihrerseits weiter

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

erhöht. Aber irgendwann muß die Steigerung der Investitionsquote ein Ende nehmen (im Extremfall bei einem Investitionsanteil von 100 °/o und einer dementsprechenden Konsumquote von Null). Ist die Investitionsquote aber erst einmal konstant — und nur unter dieser Bedingung gelten ja überhaupt die Aussagen über die langfristigen „steady state"-Eigenschaften des Modells —, so bleiben auch das Durchschnittsalter des Kapitalstocks und damit der Modernisierungseffekt konstant. Die Modellwirtschaft bewegt sich dann entlang ihres Golden Age-Pfades, der (genauer: dessen Steigung) allein von den autonomen Wachstumsraten der natürlichen Faktoren bestimmt w i r d und der folglich — genau wie i m Unembodiment-Modell — unabhängig von der Investitionsquote ist. Was nun den technischen Fortschritt selbst angeht, so w i r d i h m der Ansatz des Embodiment-Modells zweifellos besser gerecht als jener des Unembodiment-Modells, wenngleich die Annahme eines ausschließlich kapitalgebundenen Fortschritts ebenso einseitig und wirklichkeitsfremd sein dürfte wie die frühere Annahme des von der Kapitalbildung gänzlich unabhängigen Fortschritts. Versuche, beide Konzepte zu kombinieren 8 0 , haben jedoch gezeigt, daß damit keine bedeutsame Änderung der Ergebnisse einhergeht. Ferner ergab sich, daß die bloße Ersetzung der Annahme „unverkörperter Fortschritt" durch die Voraussetzung „kapitalgebundener Fortschritt" letzten Endes unergiebig ist, wenn zugleich die Prämisse eines exogenen und unerklärten exponentiellen Fortschrittstrends bestehen bleibt. Alles, was erklärungsbedürftig ist, bleibt dann entweder weiterhin ausgeklammert (nämlich die Ursachen des technischen Fortschritts) oder w i r d i n den Annahmen vorweggenommen (nämlich die Frage, wie der technische Fortschritt i n die Wirtschaft „eingeschleust" wird). Der Fortschritt führt i m Embodiment-Modell also ebenso das Dasein eines Anhängsels wie i m früheren Unembodiment-Modell; nur ist er jetzt nicht mehr ein an die übliche Produktionsfunktion angehängtes Restglied, sondern eine durch Sachkapitalbildung virulent werdende Größe, die auf eine sehr mechanistisch konzipierte und unerklärte Weise die Produktivität der Wirtschaft erhöht. Insofern haben die Modelle des kapitalgebundenen Fortschritts neben einigen analytischen Verfeinerungen lediglich bestimmte zusätzliche Aussagen darüber vermittelt, wie unter alternativen Annahmen über die produktionstechnischen Gegebenheiten die Beziehungen zwischen dem Altersaufbau des Kapitalstocks und den gesamtwirtschaftlichen Größen Investitionsquote, Zins und Lohnsatz beschaffen sind. Diese Zusammenhänge sind jedoch i m höchsten Grade abstrakt, und i n keinem Falle kann ihnen etwa der Rang empirischer Gesetzmäßigkeiten zugestanden SO

v g l . z. B. E. S.

PHELPS,

The New V i e w . . . , a.a.O.

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echnischer Fortschritt

werden. W i r dürfen uns nämlich nicht dazu verleiten lassen, allein aus der Tatsache, daß das Konzept des kapitalgebundenen Fortschritts „realitätsnäher" als dasjenige des unverkörperten Fortschritts ist, auf einen größeren Informationsgehalt der auf jener Annahme basierenden Modelle zu schließen. Sicherlich stellen diese eine notwendige Erweiterung gegenüber den allzu einfachen Ausgangsüberlegungen dar, was sich allein schon daran zeigt, daß ganz klar geworden ist, daß eine Theorie des technischen Fortschritts nicht ohne eine darin integrierte Theorie der Kapitalstruktur auskommt. N u r sind die Beziehungen zwischen technischem Fortschritt und Sachkapitalbildung i n den bisherigen Modellen noch zu einfach und zu mechanistisch gesehen worden; diese markieren daher eher einen vielversprechenden Ausgangspunkt der Diskussion als ein Stadium, i n dem schon m i t verwertbaren Ergebnissen gerechnet werden könnte. Was bleibt dann aber, nachdem die Woge der Modelldiskussion an den Gestaden nüchterner Überlegungen verebbt ist? Nun, sicherlich keine Erkenntnisse, die als „neu" i n dem Sinne zu betrachten wären, daß sie vorher noch nicht bekannt gewesen sind, wohl aber Zusammenhänge, deren systematischer Standort i n einer zu konzipierenden Theorie des technischen Fortschritts sich jetzt klarer abzuzeichnen beginnt. Insbesondere muß nach der Analyse der Embodiment-Modelle die frühere, etwas naive Vorstellung revidiert werden, daß der technische Fortschritt ein Geschenk des Himmels sei, das wie „Manna" auf „die Wirtschaft" als Ganzes fällt und insofern von allen Wirtschaftssubjekten nur als ungetrübter Vorteil empfunden werden könne. Diese optimistische Schau ist, wenn auch nicht schlechthin falsch, so doch viel zu undifferenziert und einseitig. Sicherlich stehen die Segnungen des technischen Fortschritts auch dann völlig außer Zweifel, wenn man berücksichtigt, daß seine Hervorbringung an sich schon Opfer und Kosten verursacht. Daß er darüber hinaus aber auch janusköpfig ist, w i r d zunächst auf der einzelwirtschaftlichen Ebene deutlich. Zwar bringt er auch hier Vorteile für jene Unternehmer, die sich seiner bedienen bzw. ihn selbst vorantreiben, aber i n der Regel Nachteile für alle anderen Unternehmer 8 1 , deren Kapital dadurch entwertet w i r d ; und zwar treten diese Nachteile um so stärker und rascher ein, je um81

Die erstmals i n Ricardos berühmten 31. K a p i t e l („On Machinery") i n der I I I . Aufl. seiner „Principles" ausgesprochenen pessimistischen Schlußfolgerungen hinsichtlich der Lage der Arbeiter treten i m gegenwärtigen Zusammenhang zurück, da alle Schwierigkeiten bei der durch technischen F o r t schritt hervorgerufenen Umsetzung von Arbeitskräften i n der neueren Theorie i n der Regel ausgeklammert werden. Die Freisetzungsdiskussion ist — nach ihrer Hochblüte i n den 20er u n d 30 Jahren dieses Jh. — i n neuerer Zeit erst wieder i m Zusammenhang m i t den speziellen Aspekten der A u t o m a t i o n stärker i n den Vordergrund getreten; vgl. dazu H. W A L T E R , Automation . . . , a.a.O., S. 245 ff.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

fangreicher und schneller sich der technische Fortschritt insgesamt gesehen durchsetzt. Sicherlich wäre es völlig verfehlt, diese gegensätzlichen Wirkungen auf die Aussage zu reduzieren, daß den gesamtwirtschaftlichen Vorteilen einzelwirtschaftliche Nachteile gegenüberstehen, denn die beiden Ebenen sind miteinander verschachtelt: Die einzelwirtschaftlichen Vorteile sind zugleich gesamtwirtschaftlich relevant, und den „social benefits" stehen „social costs" gegenüber 82 . Beide Wirkungskomplexe haben lediglich auf der mikroökonomischen Ebene ihren Ausgangspunkt. Das sind nun i n der Tat keine grundlegend neuen Erkenntnisse — i m Gegenteil, sie spielen (wenn auch i n einem etwas anderen Gesamtzusammenhang) eine große Rolle sowohl i n der Marxschen als vor allem auch i n der Schumpeterschen Theorie; i n neuerer Zeit hat u. a. J. Robinson ihre Bedeutung hervorgehoben 88 . Es ist sicherlich kein Zufall, wenn die genannten Autoren i m Hinblick auf die Frage nach der Entwicklung und dem Funktionieren der kapitalistischen Wirtschaft nicht gerade einem uneingeschränkten Optimismus huldigen (was bezüglich des Marxschen Standpunktes eine äußerst euphemistische Formulierung ist). I m Gesamtbild der Diskussion u m die volkswirtschaftlichen Wirkungen des technischen Fortschritts sind jedoch die Aspekte der Kapitalentwertung und Obsoleszenz bisher nicht i n dem Ausmaß zur Geltung gekommen, der ihrer Bedeutung entspricht. Die Modelle des kapitalgebundenen Fortschritts (zusammen m i t einigen später noch zu behandelnden Weiterentwicklungen) haben hier eine verdienstvolle Umorientierung eingeleitet. I n der traditionellen Theorie wurde die Möglichkeit, daß die zukünftigen Erträge einer Investition u. U. nicht ausreichen, u m die 82 Vgl. auch H. R U D I N , Kapitalentwertung u n d Kapitalverluste als Folge technischer Fortschritte u n d wirtschaftlicher Integration. W i n t e r t h u r 1958, S . 121 f.; W. M I C H A L S K I , Technischer Fortschritt u n d Wirtschaftsordnung. Z u r Problematik volkswirtschaftlicher Verluste als Folge der Einführung kostensparender technischer Fortschritte durch private Unternehmer. H J W G p o l 7 (1962), S. 151 ff. 83 „ W e n n sich Neuerungen sehr rasch verbreiten, ziehen die fortschrittlichen Unternehmer aus ihrer Fortschrittlichkeit n u r geringen Vorteil, denn der Mehrgewinn infolge des Kostenvorteils w i r d durch die Nachahmer rasch beseitigt. E i n Unternehmer m i t einem neuen Konzept, das große Investitionen voraussetzt, ist vor ein Dilemma gestellt. E r w i r d die Neuerung n u r dann einführen, w e n n er sicher sein kann, aus i h r genügend Quasi-Rente zur Amortisation der Investition zuzüglich zumindest der gegebenen Profitrate zu ziehen. Wenn andere Unternehmer bald noch bessere Neuerungen einführen, w i r d der Zeitraum, i n dem der Betrieb einen hohen Ertrag abwirft, ziemlich kurz u n d die Quasi-Rente ungenügend sein. Wenn er aber die Neuer u n g nicht einführt u n d seine K o n k u r r e n t e n eine gleichwertige Verbesserung durchführen, w i r d er eine Preissenkung mitmachen müssen, ohne den V o r t e i l verringerter Kosten zu genießen. A m liebsten wäre ihm, daß niemand eine Neuerung einführt, aber w e n n es schon dazu kommt, dann w i l l er der Neuerer sein." J . ROBINSON, Die A k k u m u l a t i o n des Kapitals, a.a.O., S . 1 0 8 f.

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Amortisationskosten einschließlich eines ausreichenden Gewinns wieder hereinzubringen, fast stets auf das Problem der Ungewißheit reduziert. Man könnte nun argumentieren, daß sich an dieser Sicht der Dinge durch die Analyse der Wirkungen des kapitalgebundenen Fortschritts nichts Wesentliches ändert, weil ja die zukünftige technische Entwicklung und das Ausmaß und die Schnelligkeit der gesamtwirtschaftlichen Anpassung an diese Entwicklung ebenfalls der Kenntnis des einzelnen Unternehmers entzogen und daher dem Gesamtkomplex der Ungewißheit zuzurechnen sind. Man könnte dann weiter folgern, daß unter der Voraussetzung, daß jedem einzelnen Investor alle diese zukünftigen Dinge bekannt sind, Fehlinvestitionen (im obigen Sinne) ausgeschlossen sein müßten, w e i l jeder von ihnen nur dann (und nur soviel) investieren würde, wenn (und wie) der Strom der Quasirenten die Investitionskosten einschließlich des (wie auch immer als notwendig angesehenen) Gewinns deckt. Eine solche Argumentation würde allerdings die Prämisse „Abwesenheit von Ungewißheit" i n einer A r t und Weise erweitern, die zum bekannten MorgensternParadox bei „vollkommener Voraussicht" führt, denn die vollkommene gegenseitige Kenntnis der zukünftigen Reaktionen aller Marktteilnehmer führt notwendig zur Selbstaufhebung jeder individuellen Aktion. Das Phänomen der wirtschaftlichen Obsoleszenz bei kapitalgebundenem Fortschritt ist demgegenüber ein Vorgang, der als solcher noch nichts mit Ungewißheit zu tun hat; die Unternehmer wissen sehr gut, daß ihre heutigen Investitionen i m zukünftigen Wachstumsprozeß entwertet werden. Der springende Punkt ist aber, daß sie sich diesem Entwertungsprozeß auch dann nicht entziehen können, wenn sie i h n voraussehen. Die neoklassischen Modelle weichen diesem Problem mehr oder weniger aus, indem sie ihr Augenmerk auf die Entwicklung im langfristigen Gleichgewicht des Goldenen Zeitalters richten. Hier sorgt ein ständiger Strom von neutralen Neuerungen dafür, daß der Zins und die Profitrate konstant bleiben und der gesamtwirtschaftliche Lohnsatz genau i m Ausmaß der Arbeitsproduktivität steigt. Änderungen der Sparquote führen dann zu Anpassungen der Kapitalstruktur (Altersaufbau) und u.U. zu temporären Kapitalverlusten (bzw. umgekehrt zu „unerwarteten" Erhöhungen der Quasirente). Man mag diese kurzfristigen Erscheinungen auf Ungewißheit zurückführen oder nicht, der Prozeß der Kapitalentwertung selbst ist davon unabhängig einfach als die Kehrseite der den technischen Fortschritt inkorporierenden Kapitalakkumulation zu betrachten. Und i n einer Welt, i n der der technische Fortschritt mit einiger Gewißheit weder neutral ist noch den bequemen Bahnen eines exponentiellen Zeittrends folgt, w i r d w i r t schaftliche Obsoleszenz zu einem Faktum, dessen Bedeutung kaum überschätzt werden kann.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Wenn dieses Faktum i n der ökonomischen Theorie bisher eine vergleichsweise untergeordnete Rolle spielte, dann liegt das vielleicht weniger daran, daß man es übersehen hätte, sondern eher an dem Umstand, daß es offenbar Mechanismen gibt, die die Aufrechterhaltung des für das Wirtschaftswachstum notwendigen ständigen Investitionsstromes trotz der damit verbundenen einzelwirtschaftlichen Entwertungstendenzen bewerkstelligen. Vielleicht haben w i r uns zu sehr daran gewöhnt, diese Mechanismen als selbstverständlich und i n t u i t i v einleuchtend i n Rechnung zu ¡stellen, u m ihnen viel Aufmerksamkeit i n der theoretischen Analyse zu widmen; das ändert jedoch nichts daran, daß sie erklärungsbedürftig sind 8 4 .

3. Ausbildungsgebundener Fortschritt a) Das Konzept

des „Human

Capital"

I m Rahmen der üblichen Zwei-Faktorenwelt sprechen nicht allein formale Symmetrieüberlegungen dagegen, nur den einen dieser beiden Inputs, nämlich das Sachkapital, als Vehikel des technischen Fortschritts zu betrachten. Zwar dürfte es sehr viel schwieriger sein, unmittelbare und eindeutige Beweise für die Hypothese zu finden, daß die Durchsetzung technischer Fortschritte auch von dem Ausmaß der Aufwendungen für die Verbesserung der menschlichen Arbeitskraft abhängt, als dies i m vergleichbaren Fall der Investitionen i n Sachkapital möglich ist, aber an der Gültigkeit dieses Tatbestandes dürfte dennoch grundsätzlich nicht zu zweifeln sein. Es liegt dann auch nahe, den Kapitalbegriff selbst zu erweitern und analog zum Sachkapital (Kapital i m üblichen Sinne) von „menschlichem Kapital" (human capital) und von „investments i n human capital" zu sprechen 85 . Das ist sicherlich kein schöner Ausdruck, und er w i r d keineswegs attraktiver, wenn man ihn ins Deutsche übersetzt. Jedoch kann i n diesem mehr ästhetischen Gesichtspunkt wahrscheinlich kein ausreichender Grund für die Tatsache gesehen werden, daß gegen das Konzept des 84 Die kürzlich veröffentlichte Habilitationsschrift von W. N O L L („Volkswirtschaftliche A u s w i r k u n g e n eines kostensparenden technischen Fortschritts. E i n Beitrag zur Theorie der Wirtschaftspolitik". B e r l i n 1 9 6 7 ) , die sich v o r wiegend m i t dem Problem der durch technischen Fortschritt hervorgerufenen Kapitalentwertung u n d m i t dem „richtigen" Zeitpunkt der Einführung k o stensparender Neuerungen auseinandersetzt, ist dem Verf. erst nach Fertigstellung dieser A r b e i t bekannt geworden u n d konnte daher leider nicht mehr berücksichtigt werden. 85 „ . . . activités that influence future real income through the imbedding of resources i n people . . . (are) called investing i n h u m a n capital." G. S. B E C K E R , Investment i n H u m a n Capital: A Theoretical Analysis. J P E 7 0 ( 1 9 6 2 ) , Suppl., S. 9.

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echnischer Fortschritt

human capital bei vielen Nationalökonomen eine gewisse Animosität besteht (oder zumindest bestand), obgleich dieses i n der ökonomischen Literatur eine sehr lange Geschichte 86 hat. Es w i r d heute vor allem dem überragenden Einfluß von A. Marshall 8 7 zugeschrieben, wenn die meisten Ökonomen i n der ersten Hälfte des 20. Jh. den Kapitalbegriff auf sachliche Produktionsmittel beschränkten 88 . I n der Tat lassen sich die Bedenken gegen die oben angedeutete Ausweitung des Kapitalkonzepts auch dann nicht ohne weiteres von der Hand weisen, wenn man i m übrigen den zuweilen anklingenden meta-ökonomischen Einwänden nicht folgt, die darauf hinauslaufen, daß sich i n der A n wendung des Kapitalbegriffs auf den Menschen eine seine Würde degradierende und daher moralisch verwerfliche Geisteshaltung dokumentiere; dieser Vorwurf geht selbstverständlich am K e r n des Problems vorbei, denn das Human-Capital-Konzept impliziert keineswegs, daß der Mensch m i t seelenlosen Maschinen gleichgesetzt wird89. Einem anderen möglichen Einwand kann dagegen nicht so leicht widersprochen werden, dem Hinweis nämlich, daß m i t dem human capital möglicherweise nicht nur eine bloße (quantitative) Ausweitung des bisherigen Kapitalbegriffes einhergeht, sondern ein ganz neuer Begriffsinhalt eingeführt wird. Denn unter dem Begriff „ K a p i t a l " w i r d jetzt subsumiert „ . . . anything that yields a stream of income over time . . . From this point of view . . . all categories of income describe yields on various forms of capital, and can be expressed as rates of interest or return on the corresponding items of capital. Alternatively, all forms of income-yielding assets can be given an equivalent capital value by capitalising the income they yield at an appropriate rate of interest" 9 0 . Es w i r d dann recht schwierig, Einkommensarten eindeutig zu identifizieren, die sich nicht von 86

Vgl. die diesbezüglichen Ausführungen u n d Literaturangaben bei H. G. Investment i n H u m a n Capital: Comment. A E R 51 (1961), der das Konzept bis auf Sir W i l l i a m Petty zurückführt; vgl. auch H. BERG, ö k o n o mische Aspekte einer Planung i m Bildungswesen. JbSW 16 (1965), S. 202; T. W. S C H U L T Z , Capital Formation b y Education. JPE 68 (1960), S . 572. 87 Vgl. A . M A R S H A L L , Principles of Economics, ed. London 1946, S. 71 f., der sich vor allem gegen die sehr weite Begriffsfassung bei I. F I S H E R („The Nature of Capital and Income". New Y o r k 1906, S. 65) wendet. 88 Als eine der wenigen Ausnahmen w i r d immer wieder zitiert J. R . W A L S H , Capital Concept A p p l i e d to Man. QuJE 49 (1935), S. 255 if. 89 Vgl. T. W. S C H U L T Z , Investment i n H u m a n Capital. A E R 51 (1961), S. 3. Konsequenterweise müßte m a n dann die gleichen Einwände gegen die A n wendung des Produktionsfaktoren-Begriffs auf den Menschen erheben. Das Kapitalkonzept w i l l j a n u r verdeutlichen, daß der Mensch i n seiner hier allein interessierenden Eigenschaft als Teilnehmer am volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß eine dem Sachkapital analoge Stellung einnimmt. 90 H. G. JOHNSON, Comment on M r . John Vaizey's Paper, i n : The Residual Factor and Economic Growth, a.a.O., S. 221. SHAFFER,

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

„ K a p i t a l " herleiten; i n jedem Falle ist damit der ganze Block der Löhne und Gehälter plötzlich zu Kapitaleinkommen geworden, und das bisherige vereinfachte Zwei-Klassenmodell (mit Lohn und Besitzeinkommen als Verteilungskategorien) schrumpft zum Ein-Klassenmodell. Eine weitere unabweisbare Folgerung wäre die, das gesamte Wachstum des Sozialprodukts auf „Kapitalbildung" zurückzuführen. I n jedem Falle würde ein Teil des Begriffsapparates der traditionellen ökonomischen Theorie einen anderen Inhalt bekommen. N u n werden durch neue Begriffe (oder neue Begriffsinhalte) noch keine neuen Probleme geschaffen; i m Gegenteil, oft werden neue Probleme mit Hilfe alter unzulänglicher Begriffe zu lösen versucht, und w i r müssen uns i n der Tat fragen, ob die alte, aus der „klassischen" Zeit überkommene Einteilung von Produktionsfaktoren und Einkommenskategorien für die Behandlung der heutigen Probleme überhaupt noch geeignet ist. Die Vorstellung vom Kapital als jeder A r t von „incomeyielding asset" und von der Kapitalbildung als dem einzigen oder zumindest dem wichtigsten Motor des Wirtschaftswachstums scheint jedenfalls so unvernünftig nicht zu sein, daß man sich nicht m i t ihr vertraut machen könnte, ohne damit z. B. den Begriff des Arbeitseinkommens schon als überflüssig zu betrachten. Sicherlich ergeben sich damit neue und andersartige Schwierigkeiten der begrifflichen Abgrenzung; vor allem bezüglich unseres gegenwärtigen Problems w i r d man kaum erwarten dürfen, daß der Begriff des human capital und der i h m zugeordnete Investitionsbegriff, sowie die daraus abgeleiteten Beziehungen zwischen Aufwendungen und Erträgen, gleichermaßen exakt zu eruieren sind, wie dies beim Komplex des Sachkapitals (wenigstens unter den üblichen vereinfachenden Annahmen) möglich ist. Denn was i n diesem Zusammenhang als menschliches Kapital angesehen werden muß, ist ja nicht der Mensch selbst, sondern das akkumulierte Wissen und Können, die technischen und geistigen Fähigkeiten also, die sich das Individuum durch Erziehung, Ausbildung, Studium, berufliche Erfahrung usw. erworben hat und von denen angenommen werden kann, daß es sie (zumindest teilweise) i m volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß sinnvoll anwendet. Hier deutet sich an, was die beiden Kapitalkonzepte gemeinsam haben und w o r i n sie sich unterscheiden: Beiden Konzepten ist gemeinsam, daß ihnen sowohl die Dimension einer Bestandsgröße als auch diejenige einer S>tromgröße eigen ist; beim Sachkapital ist die Bestandsgröße der Kapitalstock als Gesamtheit aller heute existierenden produzierten sachlichen Produktionsmittel, und die Stromgröße sind die i n einer Periode als Input abgegebenen Leistungseinheiten dieses Kapitalstocks; beim human capital ist die Bestandsgröße die Gesamtheit aller Ausgaben für Ausbildung, der sich das gegenwärtige Potential an Arbeitskräften bis-

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echnischer Fortschritt

her unterzogen hat 9 1 , und die Stromgröße ist der Wert der i n einer Periode abgegebenen Leistungen, die auf jener Ausbildung beruhen 9 2 . Beide Konzepte unterscheiden sich insoweit, als die Bestandsgröße des Sachkapitals sich aus konkreten physischen Gütern zusammensetzt 93 , die zwar sehr heterogen sind und deren Aggregation und Messung (besonders i m zeitlichen Vergleich) daher auf große praktische Schwierigkeiten stößt, die aber prinzipiell eindeutig identifizierbar sind, während der „stock" an human capital eine schon begrifflich sehr viel kompliziertere Größe ist 9 4 , die zwar m i t den einzelnen Individuen eine untrennbare Einheit bildet, aber keineswegs m i t der „Bestandsgröße Mensch" identifiziert werden darf. Wenn aber schon der Begriff des human capital nicht ganz einfach zu fassen ist, so leuchtet ein, daß seine konkrete Identifikation und Messung auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen muß. Sicherlich ist ein gewisser Block von Ausbildungsinvestitionen eindeutig als solcher zu identifizieren (was noch nicht ohne weiteres besagt, daß er auch leicht gemessen werden kann). Auch hier liegt aber die Schwierigkeit, wie so oft, i n den Grenzfällen, und deren Bandbreite ist i m vorliegenden Falle offensichtlich besonders groß. Viele Ausgaben für Ausbildung sind kaum von Konsumakten zu trennen, weil sie unmittelbare Bedürfnisse befriedigen und ohne den ausdrücklichen Zweck vorgenommen werden, einen monetären Ertrag zu erzielen; andere Ausbildungsinvestitionen haben zumindest keinen sichtbaren Produktionseffekt, und i n vielen Fällen fehlt die Möglichkeit einer eindeutigen Zurechenbarkeit von spezifischen Erträgen zu spezifischen Ausgaben 95 . Alle diese Schwierigkeiten sind in der Literatur ausführlich diskutiert worden, wie ja überhaupt die Bildungsökonomik zu jenen Gebieten gehört, die i n den letzten Jahren eine fast explosionsartige Ent91 „ I n most of the discussion ,human capital' is defined as one or another variant of education »embodied' i n the labor force." M. J. B O W M A N , H u m a n Capital: Concepts and Measures; i n : Money, Growth, and Methodology. Festskrift for John Akerman. L u n d 1961, S. 147; m i t geringfügigen Veränderungen wiederabgedr. i n S. M U S H K I N (Ed.), Economics of Higher Education. Washington 1962, S. 69. 02 M. J. B O W M A N („Schultz, Denison, and the Contribution of „Eds" to N a tional Income G r o w t h " . JPE 72 (1964), S. 450 ff.) bezeichnet (a.a.O., S. 450 f.) die Stromgröße als „Eds" u n d hebt sie ausdrücklich v o m h u m a n capital„stock" ab, u m damit den — oft vernachlässigten — Unterschied deutlicher zu machen. 93 Diese Charakterisierung entspricht selbstverständlich nicht exakt dem betriebswirtschaftlichen Kapitalkonzept. Obgleich die Diskussion u m den K a pitalbegriff zu den offenbar niemals endenden Streitobjekten der Wirtschaftswissenschaft gehört, k a n n darauf hier nicht näher eingegangen werden. 9 * Vgl. hierzu auch R. S. ECKAUS, Education i n Economic Growth, i n : Economics of Higher Education, a.a.O., bes. S. 103 ff. 9 5 Vgl. H. G. SHAFFER, Investment i n H u m a n Capital, a.a.O., S. 1026 f.; M . B L A U G , The Rate of Return on Investment i n Education i n Great Britain. MScESStud 33 (1965), S. 205 ff.

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

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Wicklung genommen haben 96 . Da es schon aus Raumgründen unmöglich ist, alle dort auftauchenden Gesichtspunkte auch nur summarisch zu berücksichtigen, wollen w i r uns hier auf einige wenige Ausschnitte beschränken, soweit sie i n den systematischen Rahmen unserer übrigen Überlegungen hineinpassen. b) Einige

Probleme

Ausbildungsinvestitionen

einer

formal-theoretischen

und

der Messung

Behandlung ihres

von

Wachstumseffekts

U m das Konzept des ausbildungsgebundenen Fortschritts besser einordnen zu können, ist es vielleicht ganz nützlich, noch einmal einige der bisherigen Stationen unserer Überlegungen zu rekapitulieren: Ausgangspunkt der neoklassischen Wachstumstheorie war eine Cobb/Douglas-Funktion mit neutralem technischen Fortschritt und konstanten Skalenerträgen: (3.10)

P (t) = e^ A (t)n K (t)i - ™ .

Daraus konnte i n der Schreibweise von Wachstumsraten die Form entwickelt werden: (3.3a)

GP = A + m GA + (1 - m) GK

.

(3.3a) besagt, daß das Wachstum des Sozialprodukts von den physischen Wachstumsraten der beiden Produktionsfaktoren, und zwar nach Maßgabe der jeweiligen partiellen Produktionselastizitäten (Einkommensquoten), sowie von der autonomen Rate des neutralen technischen Fortschritts, der hier noch als unverkörpert angenommen wird, abhängt. Die .sich daran anschließende Überlegung war, den neutralen technischen Fortschritt als kapitalgebunden zu betrachten, ohne jedoch dadurch seine Charakteristika als autonomen Exponentialtrend zu verändern; die Produktionsfunktion lautet dann: (3.16)

P(t) = A ( t ) ™ J ( t ) i - ™ ,

96 Neben der bereits zitierten L i t e r a t u r vgl. vor allem T. W. S C H U L T Z , Education and Economic G r o w t h ; i n : Social Forces Influencing American E d u cation. Chicago 1 9 6 1 ; DERS., Reflections on Investment i n Man. JPE 7 0 ( 1 9 6 2 ) , Suppl. S. I f f . ; H. CORREA, The Economics of H u m a n Resources. Amsterdam 1 9 6 2 ; A. M . R I V L I N , Research i n the Economics of Higher Education; Progress and Problems; i n : Economics of Higher Education, a.a.O., S. 3 5 7 f f.; J. V A I Z E Y , The Economics of Education. London 1 9 6 2 ; G. S. B E C K E R , H u m a n Capital. A Theoretical and Empirical Analysis, W i t h Special Reference to Education. Princeton 1964; H. BERG, ökonomische Grundlagen der Bildungsplanung. B e r l i n 1965; W. KRUG, Quantitative Beziehungen zwischen materiellem u n d immateriellem Kapital. JbNStat 1 8 0 ( 1 9 6 7 ) , S. 3 6 ff.

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echnischer Fortschritt

was sich — analog wie oben — i n Form einer Wachstumsgleichung schreiben läßt: (3.16a)

GP = m GÄ + {1 — m) Gj .

Dieser Schreibweise liegt die Vorstellung eines „äquivalenten Kapitalstocks" (J) zugrunde, i n dem alle heute noch existierenden „Maschinen" verschiedener Baujahre, m i t einem entsprechenden Qualitätsindex versehen, zusammengefaßt sind. Der technische Fortschritt äußert sich darin, daß neuere Maschinen — nach Maßgabe des exponentiellen Wachstumstrends des technischen Wissens — den jeweils älteren überlegen sind. Insofern ist der technische Fortschritt „embodied" und erscheint nicht mehr explizit i n der Produktionsfunktion bzw. Wachstumsformel. Die Grundstruktur dieses Modells w i r d durch alternative Annahmen hinsichtlich unterschiedlicher Substitutionsverhältnisse zwischen Arbeit und Kapital nicht wesentlich beeinflußt. Der Begriff des ausbildungsgebundenen Fortschritts legt es — unbeschadet aller noch zu erörternden Fragen, was i m einzelnen darunter zu verstehen ist — nahe, genau analog vorzugehen und als Produktionsfunktion zu schreiben: (3.20)

P (t) = [A (t) y (t)]

m

K (t)l

,

bzw. wenn sowohl ausbildungs- als auch kapitalgebundener Fortschritt gleichzeitig unterstellt wird, (3.21)

P (t) = [A (t) y (t)]m J (t)l - m .

Hierin wäre y (t) als eine die Qualität des physischen Arbeitseinsatzes infolge besserer Ausbildung positiv beeinflussende Größe zu interpretieren. Man könnte dann der Kürze halber eine neue Bezeichnung — etwa M ( t ) — als qualitätsgewogenen Arbeitseinsatz (analog zur entsprechenden Kapitalgröße J (t)) einführen und schreiben: (3.21a)

P ( t ) = M (t)n J (t)i - ™ ,

was nach den bekannten Umformungen zu der Wachstumsgleichung (3.21b)

Gp = mGM

+ (1 - m) G 7

führt. Damit wäre dann — i n einem rein formalen Sinne — der Ansatz eines Modells des ausbildungsgebundenen (mit oder ohne Einschluß eines gleichzeitig kapitalgebundenen) technischen Fortschritts formuliert, der besagen würde, daß durch Ausbildungsinvestitionen die 11 Walter

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Qualität des Arbeitseinsatzes i n analoger Weise erhöht w i r d wie die Qualität des Kapitaleinsatzes durch Sachinvestitionen i m früheren Embodiment-Modell. Es bedarf aber keiner ausgedehnten Erörterung, u m klar zu machen, daß dabei lediglich m i t einigen Symbolen gespielt worden ist und ökonomische Aussagen nur insoweit ins B i l d gekommen sind, als stillschweigend eine Reihe von impliziten Annahmen über die Natur dessen, was hier „ausbildungsgebundener technischer Fortschritt" genannt wird, unterstellt worden ist. Insbesondere ist eine Rate der Qualitätssteigerung der Arbeit eingeführt worden, über deren Bestimmungsgründe bis jetzt keine näheren Informationen vorliegen außer der allgemeinen Aussage, daß ihre Durchsetzung „irgendwie" vom Ausmaß der vorgenommenen Ausbildungsinvestitionen abhängt. Ein dem Modell des kapitalgebundenen Fortschritts völlig analoges Konzept würde zunächst einmal implizieren, daß die heutige Ausbildung der gestrigen überlegen ist, eine an sich keineswegs unvernünftige Vorstellung; problematisch w i r d sie erst, wenn man — wiederum analog — annimmt, daß die Ausbildungsinvestitionen genau nach Maßgabe eines extern gegebenen Fortschrittstrends des technischen Wissens die Qualität jener Arbeitskräfte erhöhen, die sich ausbilden lassen (und die jetzt oder später am volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß teilnehmen 97 ), so daß der gleiche reale Investitionsbetrag heute eine u m (1 + X) höhere Effizienz der Arbeit gewährleistet als i n der Vorperiode und somit die Ausbildungsinvestitionen den jeweils neuesten Stand des technischen Wissens inkorporieren. Das wäre nun i n der Tat eine recht gekünstelte und unrealistische Ausgangsposition. I m Modell des kapitalgebundenen Fortschritts konnte sie — zumindest als heuristisches Prinzip — noch akzeptiert werden, denn i n einer Modellwelt m i t einem einheitlichen volkswirtschaftlichen Lohn- und Zinssatz, i n der die Gewinnaussichten der Unternehmer i n erster Linie von der Effizienz des Kapitalapparates abhängen, kann an der prinzipiellen Richtigkeit der Annahme, daß i m Zuge von Neu-Investitionen die modernsten und besten Produktionsmittel installiert werden, kaum gezweifelt werden. Eine andere Frage ist, ob man das ständig verbesserte technische Wissen einfach autonom vom Himmel fallen lassen kann, aber diese Frage berührt nicht unmittelbar den Embodiment-Mechanismus des „Einschleusens" des technischen Fortschritts; sie kann insofern ebenfalls — bei einem ersten Herantasten an die Probleme — ausgeklammert (wenn auch nicht ad calendas graecas aufgeschoben) werden. Eine Theorie, die sich m i t den 97 Dies ist eine zusätzliche Bedingung, die ihrerseits eine Trennung von „ p r o d u k t i v e r " u n d „ u n p r o d u k t i v e r " Ausbildung impliziert, bzw. eine V e r nachlässigimg der letzteren, die dem K o n s u m zugerechnet werden muß.

I I . Autonomer technischer Fortschritt

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ökonomischen Konsequenzen der menschlichen Ausbildung befaßt und dabei von den Voraussetzungen ausgeht, daß — ein extern vorgegebener und von der Ausbildung selbst unabhängiger Zeittrend der Entwicklung des technischen Wissens existiert und — die Effizienz der Ausbildungsinvestitionen eine steigende Funktion allein des Kalenderdatums ist, w i r d jedoch kaum den Anspruch erheben können, relevante Wirkungszusammenhänge zu verdeutlichen. Denn 1. hängt der Fortschritt des technischen Wissens selbst mindestens ebenso von der Höhe und der Qualität der i n einer Volkswirtschaft insgesamt vorgenommenen „education" ab wie umgekehrt diese vom Stand des technischen Wissens 98 , und 2. kann keine strenge Analogie zwischen der Erhöhung der Produktivkraft des Menschen via Ausbildungsinvestitionen und der Inkorporation des technischen Wissens via Investitionen i m Sachkapital und damit auch kein dem „vintage-approach" i n allen Belangen analoges Denkmodell für das human capital konstruiert werden. Das hat seinen Grund vor allem i n der Tatsache, daß Sachkapital aus toter Materie besteht, die zu jedem gegebenen Zeitpunkt nach den Erkenntnissen des jeweils neuesten Standes der Technik zusammengefügt und i n modernste Maschinen und Produktionsanlagen transformiert werden kann, während jeder Mensch zunächst einmal von einem Wissensstand von N u l l ausgeht und erst durch einen langwierigen „education-Prozeß" nach und nach einen höheren Ausbildungsstand erreicht, der darüber hinaus neben den erworbenen auch von den angeborenen Fähigkeiten abhängt. Während also die neuesten Produktionsanlagen auch überwiegend das neueste technische Wissen inkorporieren, t r i f f t dies nur für einen relativ kleinen T e i l der Ausbildungsinvestitionen zu. Zumindest der »8 Dies güt insbesondere f ü r jenen T e i l der Investition i n h u m a n capital, der der Forschung gewidmet ist (d. s. die sog. R - and D-expenditures; Research u n d Development-Ausgaben). I n dem Maße, i n dem der Fortschritt der Technik seinerseits eine F u n k t i o n des Ausbildungsstandes eines Volkes ist, können die hier behandelten Zusammenhänge natürlich nicht mehr allein unter die Kategorie des autonomen technischen Fortschritts subsumiert w e r den. Wenn dies dennoch geschieht, dann n u r deshalb, w e i l jene — umgekehrte — Richtung des Funktionalzusammenhanges bisher k a u m untersucht worden ist u n d die bildungsökonomische Fragestellung fast ausschließlich einer E i n bahnstraße gleicht, i n deren Verlauf die P r o d u k t i v i t ä t s w i r k u n g e n der (gestiegenen) Ausbildung zur Debatte stehen. Übrigens güt die gleiche U m k e h r beziehung, d. h. die Abhängigkeit des technischen Fortschritts von dem A u s maß der bisher vorgenommenen Investitionen, auch bezüglich des Sachkapitals; vgl. dazu die weiter unten behandelten Fälle des investitions-induzierten Fortschritts, S. 203 ff. dieser Arbeit. Ii*

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

„Einschleusungsmechanismus" des technischen Fortschritts müßte somit i n einem Modell des ausbildungsgebundenen Fortschritts anders konzipiert werden als i m früheren Embodiment-Modell. Aber auch i n anderer Beziehung ist die Analogie gestört. Der Unternehmer, der i n Sachkapital investiert, geht dabei von Kosten- und Ertragsüberlegungen aus, die bei ausreichender Kenntnis der gegenwärtigen und zukünftigen Marktdaten zu ziemlich eindeutigen Ergebnissen führen. Dem Individuum, das seine eigene Ausbildung plant und zu diesem Zweck Investitionen vornimmt, w i r d man grundsätzlich gleichartige Überlegungen unterstellen dürfen. Tatsächlich beschäftigt sich ja ein sehr großer Teil der Literatur über Bildungsökonomik gerade mit diesem Aspekt des Kosten-/Ertragsvergleichs von Ausbildungsinvestitionen. Rein formale Gesichtspunkte mögen es dann nahelegen, die i n der ökonomischen Theorie bewährten Konzepte der Investitionsplanung und des rationalen Verhaltens schlechthin auch auf diesen Fall anzuwenden. Man würde dann also davon ausgehen, daß das gewinnmaximierende Individuum so handelt, daß der Gegenwartswert der auf die Ausbildung zurückzuführenden Mehrerträge gleich den Investitionsausgaben ist bzw. daß i m Rahmen einer allgemeinen Gleichgewichtslösung der Grenzertrag einer zusätzlichen für Ausbildung ausgegebenen Geldeinheit genau den Grenzerträgen alternativer Verwendungsmöglichkeiten dieser Geldeinheit (jeweils unter Berücksichtigung der Zeitdauer und des Risikos) entspricht. Die A t t r a k tivität dieses für Ökonomen so vertrauten Gedankenganges sollte jedoch nicht den Blick für die Problematik eines solchen Vorgehens trüben. Auch wenn man das Argument auf seine allein zulässige Interpretation als normative Leitlinie des rationalen Handelns beschränkt, muß dabei beachtet werden, daß hier ein schlechterdings nicht zu realisierendes Verhalten gefordert w i r d " . U m i n diesem Punkte der naheliegenden Gefahr eines Mißverständnisses zu entgehen, sei noch einmal wiederholt: der Annahme, daß auch das „bildungsplanende" Individuum i n bezug auf seine i m volkswirtschaftlichen Produktionsprozeß verwertbare Ausbildung rational handelt, kann grundsätzlich nicht widersprochen werden; dem steht keineswegs entgegen, daß es dabei auch von seinen Neigungen und der mehr oder weniger zutreffenden Einschätzung seiner eigenen Talente und Fähigkeiten geleitet wird. Soweit „rationales Handeln" i n diesem Zusammenhang bedeutet, 99 „ A n y attempt to show that rational individuals tend to undertake e x penditure on education u p to the point where the marginal productivity of the h u m a n capital produced b y the processes of education equals the rate of interest — a point at w h i c h the marginal expenditure on education yields a r e t u r n equal to the r e t u r n on marginal expenditure for any other factor of production — w o u l d be a mockery of economic theory." H. G. S C H A F F E R , Investment i n H u m a n Capital, a.a.O., S. 1028.

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daß das Individuum sich einer Ausbildung unterzieht (unterziehen soll), um dadurch i n den Genuß eines möglichst hohen zukünftigen Gesamteinkommens zu gelangen, kann dies als eine den bekannten Gedankengängen der allgemeinen Investitionstheorie analoge Argumentation ebenfalls akzeptiert werden. Die eigentliche Problematik liegt jedoch i m sachlichen Inhalt jener Anweisungen, die ein dergestalt rationales Handeln i m einzelnen konstituieren — und hier hat die Analogie zur traditionellen Investitionstheorie ganz offenbar ihre Grenzen. Dies w i r d schon allein dadurch verdeutlicht, daß sich Ausbildungsinvestitionen i n der Regel über sehr viel längere Zeiträume erstrecken und daher — anders als i n der Kapitaltheorie i. e. S. — von einer als bekannt vorauszusetzenden Investitionsperiode hier nicht gesprochen werden kann 1 0 0 . Vielmehr ist diese Investitionsperiode, so wie die Investitionsentscheidung selbst, von zahlreichen geistigen, soziologischen und sonstigen nicht direkt quantifizierbaren Faktoren abhängig. Das gleiche gilt grundsätzlich auch für die Ertragsseite der Rechnung; während Sachinvestitionen „ n u r " mit dem Risiko einer Veränderung der zukünftigen technischen und Marktdaten behaftet und — jedenfalls bis zu einem gewissen Grade — von der Person des Investors unabhängig sind, sobald sie einmal „stehen", ist das human capital untrennbar mit dem Schicksal seines Trägers, des Individuums, verknüpft und ist insoweit neben den Marktrisiken auch den unwägbaren Unsicherheiten ausgesetzt, die mit der Existenz des Menschen verbunden sind. Das alles sind, wie gesagt, keine Argumente, die die Prämisse des rationalen Handelns und den Wert von Aufwand/Ertrag-Vergleichen i m Bereich der Ausbildungsinvestitionen pauschal i n Frage stellen, sondern nur Überlegungen, die vor einer allzu eilfertigen per analogiam-Anwendung etablierter Denkschemata warnen möchten. Es ist also durchaus sinnvoll zu fragen, was beispielsweise eine bestimmte Facharbeiterausbildung durchschnittlich kostet und wie hoch der Gegenwartswert eines Facharbeitereinkommens (bei normaler Lebenserwartung, normaler Entwicklung der Stundenverdienste, der Arbeitszeit usw.) ist. Man w i r d bei vergleichenden Berechnungen dann wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen (das alle derartigen Untersuchungen bisher untermauert haben), daß sich ein Mehr an Ausbildung i m allgemeinen „auszahlt". Und da ein gegenüber dem Aufwand überproportional steigendes individuelles Einkommen — mangels besser geeigneter Kriterien — als Indiz für eine erhöhte volkswirtschaftliche Produktivität zu gelten hat, kann (und muß) weiter gefolgert werden, daß Ausbildungsinvestitionen gesamtwirtschaftliche Vorteile implizieren und daher eine Wirtschaftspolitik, die derartige Investitionen be100

Vgl. G. S.

BECKER,

Investment i n H u m a n Capital . . . , a.a.O., S. 30.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

günstigt, als eine mit den Zielen des Wachstums und der Produktivitätssteigerung konforme Politik anzusehen ist. Ob man über diese allgemeinen — fast trivialen — Aussagen hinaus zu detaillierteren und quantitativ genaueren Ergebnissen vorzustoßen vermag, hängt davon ab, ob und inwieweit man bereit ist, die i n der Wirklichkeit gegebenen Unsicherheiten durch entsprechende Annahmen auszuschalten, wobei selbstverständlich die Gefahr besteht, daß der materielle Aussagegehalt des Kalküls um so fragwürdiger w i r d , je mehr man i h m einen formal-exakten Anstrich zu geben versucht. Angesichts dieser Überlegungen ist es nicht verwunderlich, wenn „ die bildungsökonomische Literatur eine gewisse analytische Schärfe vermissen läßt . . . " 1 0 1 und sich stattdessen größtenteils darauf beschränkt, die Bedeutung der Ausbildungsinvestitionen für das Wachstum von Produktion und Produktivität i n einem allgemeiner gehaltenen Rahmen zu diskutieren. I n diesem Zusammenhang verdient eine Untersuchung erwähnt zu werden, die E. F. Denison 1 0 2 angestellt hat und i n der der Versuch unternommen worden ist, die Frage nach den Wirkungen des Faktors „education" auf die Wachstumsrate des Sozialprodukts zu beantworten, genauer: den „ A n t e i l " dieses Faktors am Wachstum zu berechnen. Diese Untersuchung verdient vor allem auch deswegen unsere Aufmerksamkeit, weil sie eine konsequente Weiterführung der seinerzeit von Solow und anderen Autoren entwickelten Ansätze zur Messung der Wachstumswirkungen des technischen Fortschritts darstellt; insofern können unsere dort abgebrochenen Überlegungen 1 0 8 jetzt wieder aufgegriffen und weiter verfolgt werden. Denison setzt dort an, wo das einfache, auf der Vorstellung zweier homogener Produktionsfaktoren sowie eines unverkörperten Fortschritts basierende Messungskonzept Solows endet, nämlich bei der Frage, welche Faktoren i n welchem Ausmaß den A n t e i l der Restgröße „technischer Fortschritt" am Wachstum bestimmen. Bei der kritischen Würdigung jenes Konzepts wurde bereits erläutert, daß sich als Ausweg aus dem Dilemma der „Residualmethode" die Möglichkeit anbietet, die homogenen Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital i n Teilgrößen unterschiedlicher Effizienz aufzuspalten, wobei dann selbstver101 C. Chr. v . W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 73. 102 v g l . e . F. D E N I S O N , T h e Sources of Economic G r o w t h i n t h e U n i t e d States a n d t h e A l t e r n a t i v e s before Us. C o m m i t t e e for Economic Development — Suppl. Paper No. 13. N e w Y o r k 1962; DERS., Education, Economic G r o w t h , a n d Gaps i n I n f o r m a t i o n . J P E 7 0 ( 1 9 6 2 ) , Suppl. S. 1 2 4 ff.; DERS., T h e Causes of Economic G r o w t h ; i n : P. M . G U T M A N N (Ed.), Economic G r o w t h , A n A m e r i can Problem. Englewood Cliffs 1964, S. 8 4 f f . ; DERS., M e a s u r i n g t h e C o n t r i b u t i o n of E d u c a t i o n (and t h e Residual) to Economic G r o w t h ; i n : T h e Residual Factor a n d Economic G r o w t h , a.a.O., S. 13 ff. ios Siehe oben, S. 121 ff.

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ständlich die Bestimmungsgründe dieser Effizienzunterschiede und i h r quantitativer Wachstumseffekt zum Problem werden. Das unmittelbare Resultat dieser Überlegungen war die Entwicklung des Konzepts des kapitalgebundenen Fortschritts, m i t dessen Hilfe das Problem der Aufsplitterung — zunächst allerdings nur für den Faktor Kapital — gelöst werden konnte. Diese Lösung stellte sich jedoch als viel zu formal und mechanistisch heraus, weil die „Heterogenisierung" des Kapitalstocks vornehmlich auf der Wirkungsweise eines autonomen und exponentiellen Zeittrends des technischen Wissens beruhte und man sich somit bei der Erklärung der Bestimmungsgründe der Effizienzunterschiede und ihres Wachstumseffekts i m Kreise drehte. Die Überlegenheit der Embodiment-Modelle über diejenigen des unverkörperten Fortschritts lag i m wesentlichen darin begründet, die fast zur Bedeutungslosigkeit abgesunkene Rolle der Kapitalbildung durch den Nachweis ersetzt zu haben, daß neue Investitionen i m Sachkapital und der Altersaufbau des Kapitalstocks für das Produktivitätswachst u m eine wichtige Rolle spielen. Der Faktor Arbeit dagegen wurde nach wie vor als homogen und nur mengenmäßig veränderlich angesehen. Seine zunehmende Produktivität war nicht etwa Ausdruck einer i n i h m selbst begründeten Qualitätssteigerung, sondern ergab sich als W i r k u n g der den technischen Fortschritt inkorporierenden Kapitalbildung 1 0 4 . Denison stellt nun den bisher vernachlässigten qualitativen Aspekt des Faktors Arbeit i n den Mittelpunkt seiner Untersuchung, ohne jedoch ein dem formal-theoretischen Ansatz des Embodiment-Modells analoges Konzept zu entwickeln. Er hält jenen Ansatz nicht zuletzt wegen seiner allzu mechanistischen Ausgangsposition für verfehlt 1 0 5 , ein Einwand, der angesichts der (oben angedeuteten) Schwierigkeiten bei der begrifflichen Eingrenzung und statistischen Messung von Ausbildungsinvestitionen und ihnen zugeordneten Produktivitätseffekten sicherlich i n noch verstärktem Maße gegen ein analog konzipiertes Modell des ausbildungsgebundenen Fortschritts vorgebracht werden könnte. Sein Anliegen ist einfach das der Messung des Anteils des Faktors „education" (und anderer unter die globalen Begriffe Arbeit 104 Es muß beachtet werden, daß dieser Vorgang nicht exakt m i t der ü b lichen — u n d unbestrittenen — Deutung des Quotienten der Arbeitsproduktiv i t ä t als einer rein statistischen Verhältniszahl ohne jeglichen kausalen A u s sagegehalt korrespondiert, obgleich er i h r sehr ähnlich ist. Der oben dargestellte Zusamenhang impliziert nämlich gerade einen ganz bestimmten K a u salnexus, der ausgehend v o m Fortschrittstrend als der causa efficiens über die K a p i t a l b i l d u n g als Vehikel zur Arbeitsproduktivitätssteigerung als W i r k u n g f ü h r t ; diese w i r d also eindeutig auf den kapitalgebundenen Fortschritt als der einzigen Ursache zurückgeführt. LOS V G L . E. F. D E N I S O N , The Unimportance of the Embodied Question. A E R 5 4 ( 1 9 6 4 ) , S. 9 0 ff.; D E R S . , Capital Theory and the Rate of Return. A Review A r ticle. A E R 5 4 ( 1 9 6 4 ) , S. 7 2 1 ff.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

und K a p i t a l zu subsumierenden Teilgrößen, einschließlich der Strukt u r - und Skaleneffekte) am Wachstum. Ohne das sehr detaillierte und teilweise auch komplizierte Rechenverfahren Denisons i m einzelnen darzustellen, können die Hauptlinien seines Vorgehens — i m Hinblick auf den Faktor „Ausbildung" — etwa wie folgt zusammengefaßt werden: Es werden für verschiedene Zeitpunkte Klassen von männlichen Arbeitskräften (über 25 Jahre) gebildet, die nach der Anzahl der v o l l endeten Schulausbildungsjähre geordnet sind 1 0 6 . Der offiziellen Statistik werden dann die m i t unterschiedlicher Schulausbildung verbundenen typischen Einkommensunterschiede bei gleichaltrigen Arbeitskräften entnommen. Während indessen i n anderen Untersuchungen über Kosten und Erträge von Ausbildungsinvestitionen meist davon ausgegangen wird, daß die Einkommensdifferenzen gleichaltriger Arbeitskräfte ausschließlich auf den Faktor „education" zurückzuführen sind, f ü h r t Denison eine zusätzliche Modifikation ein, die Annahme nämlich, daß nur 60 °/o der tatsächlichen Einkommensdifferenzen auf die unterschiedliche Ausbildungsdauer und die restlichen 40°/G auf andere Faktoren (natürliche Fähigkeiten, Ausdauer usw.), welche zwar m i t der Ausbildungszeit verbunden, aber nicht i h r eigentliches Ergebnis sind, zurückgeführt werden können. Diese Annahme ist natürlich w i l l k ü r l i c h und kann als einzige Rechtfertigung die Tatsache ins Feld führen, daß jede andere A u f t e i l u n g der Einkommensunterschiede genau so w i l l k ü r l i c h i s t 1 0 7 . Aus diesen drei Bausteinen, nämlich (1) der Veränderung (Erhöhung) der durchschnittlichen Ausbildungszeit, (2) der Einkommensdifferenzierung, die m i t unterschiedlicher Ausbildungszeit verbunden ist, und (3) der „60 °/o-Hypothese" 100 Die Einflüsse der veränderten Geschlechtsproportionen und der gestiegenen Ausnutzung des weiblichen Arbeitskräftepotentials werden gesondert berechnet. Mangels ausreichender Information über den A n t e i l anderer Ausbildungsformen (z. B. „on-the-job-training") w i r d von Denison n u r die Schulausbildung i. e. S. (Grund-, höhere Schule u n d College) berücksichtigt. Die Schuljahre werden entsprechend den sich i n der Zeit ändernden Schultagen pro Jahr gewichtet. Unberücksichtigt bleiben evtl. Änderungen i n der Qualität der Ausbildung selbst und strukturelle Verschiebungen innerhalb der einzelnen Ausbildungszweige. 107 I m übrigen lassen sich alternative Annahmen über die Größe des „reinen" Ausbildungsanteils leicht berücksichtigen; man muß dazu lediglich das Denisonsche Endergebnis, nämlich den A n t e i l der Ausbildung am Wachstum, m i t dem Quotienten x/60 multiplizieren, wobei x jene i n Prozent ausgedrückte alternative Größe ist.

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konstruiert Denison einen Index, der die Wirkung der gestiegenen Ausbildung auf die „Qualität" der durchschnittlichen Arbeitskraft mißt. Er kommt dabei zu dem Ergebnis, daß i n den USA während des Zeitraumes 1929—1957108 die durchschnittliche Arbeitsqualität auf Grund vermehrter Schulausbildung um jährlich 0,93 %> zugenommen hat. Damit ist der wichtigste Schritt zur Messung des Ausbildungsbeitrages bereits getan. Hat man nämlich erst einmal ein Maß für die Erfassung der qualitativen Komponenten eines Faktors gewonnen, so kann der Beitrag dieser Komponenten zur Produktion i n genau der gleichen Weise berechnet werden, wie der Anteil der — von vornherein meßbaren — quantitativen Faktorkomponenten; m. a. W. eine Verbesserung der Faktorqualität u m x %> erhöht das Produkt i m gleichen Ausmaß wie eine um x°/o gestiegene Faktormenge. Bekanntlich verändert eine Inputvariation die Produktmenge nach Maßgabe der Produktionselastizität des betreffenden Faktors. Da auch Denison, der üblichen neoklassischen Vorgehensweise folgend, die relativen Einkommensanteile als Faktorgewichte benutzt, braucht er nur die qualitative Vermehrung des Faktors Arbeit (0,93 °/o) m i t der Lohnquote zu multiplizieren (diese betrug i n den USA i n dem betrachteten Zeitraum i m Durchschnitt 0,73), u m einen jährlichen durchschnittlichen Produktionszuwachs von ca. 0,67 °/o zu erhalten, welcher der qualitativen Steigerung des Arbeitsinputs auf Grund vermehrter Ausbildung zuzuschreiben ist. Daneben berechnet Denison die Wachstumsanteile, die sich auf Grund der Veränderung verschiedener anderer Einflußfaktoren ergeben und die — der besseren Übersichtlichkeit halber etwas anders geordnet — i n Tabelle 3 zusammengefaßt worden sind 1 0 9 . Setzt man die jährliche durchschnittliche Wachstumsrate von 2,93 °/o gleich 100, so ergeben sich folgende {gerundete) Anteile der Haupteinflußgrößen an dieser Wachstumsrate 110 : A n t e i l 1. 2. 3. 4. 5.

der der des der der

gestiegenen Beschäftigung besseren Ausbildung gestiegenen Kapitaleinsatzes Marktausweitung (economies of scale) Zunahme des „Wissens"

34 %> 23 °/o 15% 9% 20%

ios Gleichartige Schätzungen werden f ü r die Zeiträume 1909—29 u n d 1960—80 vorgenommen; diese sollen hier aber unberücksichtigt bleiben. 109 Vgl. E. F. DENISON, Measuring the Contribution . . . , a.a.O., S. 15, Tab. 1; DERS., Education, Economic Growth, and Gaps . . . , a.a.O., S. 125, Tab. 1. HO Die Tatsache, daß die Summe dieser Anteile 101 % beträgt, ist auf mehrere Gründe (nicht allein auf A u f - u n d Abrundungsfehler) zurückzuführen, auf die hier aber nicht eingegangen zu werden braucht.

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. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum Tabelle 3

Die Quellen des Produktionswachstums in den USA (1929—57) jährliche Prozentzahlen (nach Denison) Die jährliche durchschnittl. tumsrate von ist „zurückzuführen" auf:

Wachs2,93

2,00

I . Wachstum der Faktoren insgesamt davon 1. „Globaler" Arbeitseinsatz

1,57

davon a) b) c) d)

Beschäftigungszunahme 1,00 Arbeitszeitverkürzung . . — 0,53 Ausbildung 0,67 Qualitativer Nettoeffekt der Zunahme d. Frauenarbeit 0,10 e) Qualitätseffekt der A r beitszeitverkürzung 0,33

2. Kapitaleinsatz

quantitative Komponente

qualitative Komponente

0,43

I I . Totale Produktivitätssteigerung (output per u n i t of input)

0,93

davon 1. Skaleneffekte 2. Nettoeffekte sonstiger E i n flüsse 3. „Fortschritt des Wissens" (Residuum)

0,27

0,08 0,58

Diese Ergebnisse verdeutlichen zunächst folgendes: Hinter dem für das Wachstum des Sozialprodukts quantitativ bedeutendsten Faktor, der Zunahme der Beschäftigung, rangiert die Ausbildung — allerdings m i t deutlichem Abstand — an zweiter Stelle. Hierbei muß jedoch berücksichtigt werden, daß einerseits der Anteil der Beschäftigung zu hoch ausgewiesen wird, da die Arbeitszeitverkürzung einen (qualitätsbereinigten) negativen Beitrag von ca. 7 °/o „geleistet" hat und andererseits der education-Beitrag deshalb unterschätzt wird, weil zumindest ein Teil des als Residuum ermittelten Einflusses der Zunahme des Wissens („advance i n knowlegde") darauf zurückzuführen ist, daß die Menge an Ausbildung insgesamt gestiegen

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echnischer Fortschritt

ist 1 1 1 . Unabhängig davon ist jedoch der Einfluß des gestiegenen Kapitaleinsatzes verhältnismäßig gering. Es ergibt sich somit eine gewisse, wenn auch nur tendenzielle Übereinstimmung der Denison-Berechnungen m i t den früheren Ergebnissen von Solow, Massell u. a., die auf der Grundlage einer einfachen Produktionsfunktion mit unverkörpertem technischen Fortschritt gewonnen worden sind. Der ins Auge fallende Unterschied besteht lediglich darin, daß Denison das Residuum, das bei i h m als „advance of knowledge" figuriert, quantitativ stark reduziert hat, wobei natürlich die Vermutung naheliegt, daß die beiden Restgrößen bei Denison und Solow etwas völlig Verschiedenes aussagen. Aber unabhängig von dieser gleich noch zu erörternden Frage bleibt als gemeinsames Ergebnis beider Messungsversuche die Tatsache bestehen, daß die Rolle der Kapitalbildung für das Produktionswachstum als gering veranschlagt wird. Heißt das nun, daß die Bedeutung der Kapitalakkumulation trotz der gegenteiligen Ergebnisse der Embodiment-Modelle und i m Widerspruch m i t allen i n t u i t i ven und plausiblen a priori-Überlegungen doch überschätzt worden ist? Eine solche — oft expressis verbis gezogene — Schlußfolgerung ist jedoch schon i n terminologischer Hinsicht problematisch, denn der Rückschluß von einem errechneten Anteil (hier von 15 °/o) der Kapitalbildung an den Wachstumsdeterminanten auf die Bedeutung dieses Faktors für das Wachstum ist sprachlich irreführend. Allerdings ist diese begriffliche Unexaktheit sehr verbreitet, und man kann auch ziemlich genau sagen, wie sie zustande kommt: Zweifellos ist das, was man letzten Endes herauszufinden versucht, die Bedeutung eines Faktors (z.B. für das Wachstum); diese ist jedoch als qualitatives Phänomen prinzipiell nicht meßbar (was ist z.B. „bedeutender", ein Rechtsanwalt oder ein Arzt, eine Maschine oder X q m Bodenfläche?). Demzufolge muß man zu quantifizierbaren Hilfsgrößen Zuflucht nehmen; i m Rahmen ökonomischer Zusammenhänge fungieren meist Preisgrößen oder -relationen (im weitesten Sinne) als solche „Bedeutungsindikatoren", wobei sich i n aller Regel jeder der Problematik dieses Vorgehens bewußt ist. Zuweilen jedoch erliegen w i r der Gefahr, diese Problematik etwas aus den Augen zu verlieren, besonders dann, wenn sich die jeweils gewählte Gewichtungspraktik zusammen mit 111 Obgleich der Stand des Wissens u n d die Ausbreitung des Wissens via Ausbildung eng miteinander verbunden sind, legt Denison dennoch großen Wert auf ihre begriffliche u n d methodische Trennung. Der Einfluß des gestiegenen Wissens läßt sich nicht unmittelbar berechnen, w e i l dessen volkswirtschaftlichen W i r k u n g e n sich so gut w i e überhaupt nicht bei jenen I n d i viduen niederschlagen, die jenen „state of the arts" verändern. „Measurement of the contribution of education to g r o w t h b y the use of income d i f ferentials for individuals therefore cannot, to any significant extent, include the contribution of additional education to g r o w t h through the advance of knowledge." E. F. DENISON, Measuring the Contribution . . . , a.a.O., S. 53.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

einer ganzen Reihe sonstiger problematischer Annahmen und Voraussetzungen sozusagen m i t i n die Analyse „einschmuggelt" und bei der Interpretation der Ergebnisse dann leicht vergessen wird. Während nun bei dem früheren Solowschen Messungsansatz die Gewichtungs^ praktik ganz offen zutage lag 1 1 2 , t r i t t sie bei dem jetzigen Denisonschen Ansatz hinter der (in der obigen Zusammenfassung nur unvollkommen angedeuteten) Fülle sonstiger Vereinfachungen etwas zurück. Es kann jedoch keinem Zweifel unterliegen, daß beiden Messungsversuchen das prinzipiell gleiche gedankliche Konzept zugrunde liegt, nämlich eine makroökonomische Produktionsfunktion vom Cobb/ Douglas-Typ, bei der die statistischen Einkommensquoten als Gewichte der Faktorinputs fungieren. Das bedeutet, daß angesichts einer Lohnquote von etwa zwei Drittel bis drei Viertel (bei Solow ca. 0,65 113 , bei Denison 0,73) dem Arbeits-Input ein Gewicht zugeordnet wird, das etwa 2 bis 3 mal so hoch ist wie dasjenige aller anderer Faktoren zusammen (im einfachen 2-Faktorenfall wie dasjenige des Kapitals). Da nun Denison nicht einfach, wie Solow, einen homogenen Arbeitsinput voraussetzt, sondern die durch Ausbildung hervorgerufene Qualitätssteigerung rechnerisch wie einen quantitativen Zuwachs behandelt, was u. a. bedeutet, daß diese ebenfalls das Gewicht 0,73 erhält, muß der Anteil des globalen (quantitativen und qualitativen) Arbeitsinputs gegenüber den anderen Einflußgrößen (von denen das Kapital jetzt sogar nur eine unter mehreren ist) noch stärker durchschlagen 114 . Die sich bei der Messung ergebenden Bedeutungsrelationen der beiden GlobaHnputs, Arbeit und Kapital, sind daher zunächst und i n erster Linie Ausdruck ihrer vorgegebenen Gewichte; i n dieser Hinsicht besteht zwischen den früheren Solow- und den jetzigen Denison-Berech-

112 Der Solowsche Messungsansatz w a r von vornherein sehr v i e l u n k o m plizierter u n d konnte — nicht zuletzt deshalb — i n einfacher mathematischer F o r m explizit gemacht werden: GP = l + mGA

+ (1 - m) GK

(vgl. oben S. 115). H i e r ist deutlich zu sehen, daß die beiden Faktoren A r b e i t u n d K a p i t a l (genauer: deren Wachstumsraten) m i t ihren jeweiligen E i n k o m mensquoten gewichtet werden. na Solow legt seinen Berechnungen die tatsächlichen Jahreszahlen des K a pitalanteils von 1909—49 zugrunde; die Ziffer von 0,35 (0,65 f ü r die L o h n quote) ist daher n u r als angenäherter Durchschnittswert anzusehen; vgl. R. M . SOLOW, Technical Change and the Aggregate Production Function, a.a.O., S. 315, Tab. 1. 114 H i n z u k o m m t noch — worauf Denison i n seiner A n t w o r t auf die Diskussionsbeiträge zu seiner OECD-Veröffentlichung („Measuring the Contribution . . . ", a.a.O., S. 77 f.) selbst hinweist —, daß den Berechnungen ein Netto-Kapitalkonzept zugrunde liegt, während die Ausbildungsinvestitionen m i t ihrer Bruttogröße angesetzt sind. Schon deshalb muß — ceteris paribus — deren Beitrag zum Wachstum größer sein als derjenige der Sachkapitalbildung.

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nungen also nicht der geringste Unterschied 115 , und insoweit sind beide auch den gleichen methodischen Einwänden ausgesetzt — vor allem jenem Einwand, der besagt, daß hier jeweils ein ökonomisches Wunderland „vermessen" wird, das sich ständig i m Konkurrenzgleichgewicht m i t optimaler Ausnutzung aller Ressourcen und exakter Grenzproduktivitätsentlohnung befindet 116 . Wenn somit die geringe „Bedeutung" der Kapitalbildung i n beiden Berechnungen auch i n erster Linie auf den methodisch gleichartigen Gewichtungsansatz zurückzuführen ist, so kommt doch bei Denison noch etwas hinzu, was oben bereits kurz angedeutet wurde, die Tatsache nämlich, daß das an sich schon geringe Gewicht des Faktors Kapital nochmals — relativ zur Arbeit — vermindert wird, weil keine wie auch immer geartete Qualitätssteigerung des Kapitals berücksichtigt wird, sondern nur dessen physischer Mehreinsatz. Angesichts der sonstigen Tendenzen des Denisonschen Messungsversuches, die qualitativen Komponenten der wachstumsfördernden Kräfte i n den Griff zu bekommen, kann eine solche Behandlung des Kapitalinputs leicht zu Mißverständnissen führen, weil sie nämlich i m Grunde nicht i n diese Messungskonzeption hineinpaßt. Selbstverständlich ist zuzugeben, daß eine Zerlegung des Kapitaleinsatzes i n seine quantitativen und qualitativen Komponenten schon von der Konzeption her enorme Schwierigkeiten bereitet und selbst dann, wenn man einen sehr einfachen mechanistischen Ansatz etwa ä la Embodiment-Modell zugrunde legt, statistisch äußerst schwierig zu handhaben sein dürfte. Ebenso steht es völlig außer Frage, daß es Denisons gutes Recht war, sich bei dem Versuch der Erfassung qualitativer Einflüsse zunächst einmal auf den Faktor Arbeit zu beschränken — aber darum geht es auch gar nicht. Entscheidend ist vielmehr, daß er i m Rahmen einer i m übrigen sehr detaillierten Messung vom „ A n t e i l des vermehrten Kapitaleinsatzes am Wachstum des realen Volkseinkommens" spricht und daher zumindest bei dem eiligen Leser den Eindruck provoziert, dieser „ A n teil" sei (mit 15 °/o), wenn auch nicht bedeutungslos, so doch sehr ge-

I m Ergebnis ist der A n t e i l des Arbeitseinsatzes am Produktionswachst u m bei Solow zwar nicht (jedenfalls nicht erheblich) höher als der des K a pitaleinsatzes; dies ist aber selbstverständlich n u r Ausdruck der Tatsache, daß der °/ouale Zuwachs zum Arbeitspotential i n den U S A (wie i n allen entwickelten Volkswirtschaften) erheblich geringer ist als der «Vouale K a p i t a l z u wachs. na Die Tatsache, daß diese Voraussetzung (mehr oder weniger) der ganzen neoklassischen Theorie zugrunde liegt, k a n n k a u m als Rechtfertigung dienen, denn es ist ein Unterschied, ob bestimmte Annahmen gemacht werden, u m ein theoretisches Modell zu entwickeln, das bestenfalls als t e r t i u m comparationis m i t der W i r k l i c h k e i t konfrontiert werden kann, oder ob die gleichen Annahmen der statistischen Erfassung u n d Interpretation tatsächlich existierender Volkswirtschaften zugrunde liegen.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

ring. Dieser Eindruck muß sich noch verstärken, wenn man gleichzeitig erfährt, daß der Einfluß des „reinen" Fortschrittseffekts („advance of knowledge") m i t 20 % veranschlagt wird, ein gegenüber allen früheren Messungen (in denen der Fortschrittseffekt grob gerechnet zwischen 50 und 70 ü /o schwankte) vergleichsweise geringer Betrag. Nichts liegt näher (immer für den eiligen Leser) als zu folgern, alle „sources of economic growth" seien — zumindest i n ihrer relativen Bedeutung — ungefähr zutreffend wiedergegeben worden. Läßt man die möglichen rechnerischen Fehlerquellen einmal beiseite, so mag diese Schlußfolgerung vielleicht sogar stimmen, aber dann muß man die einzelnen „sources" äußerst exakt definieren und interpretieren, um jene Mißverständnisse zu vermeiden, die sich aus dem bloßen Nebeneinander der fünf Haupteinflußgrößen „Employment", „Education", „Capital Input", „Economies of scale" und „Advance of knowledge" auf den ersten Blick leicht ergeben können. I n dieser Hinsicht ist das Messungsergebnis von Solow klarer und viel weniger problematisch 117 . Dort stand von vornherein fest, daß der gesamte Faktoreinsatz lediglich i n seiner quantitativen Dimension i n die Rechnung einging und alle qualitativen Einflußgrößen sich somit i n der Restgröße auswirkten. Man mag darüber streiten, ob es zweckmäßig ist, dieses Residuum dann m i t „Einfluß des technischen Fortschritts" zu bezeichnen. Wenn auch seine Etikettierung als „Maß unseres Unwissens" sachlich zutreffender sein dürfte, so sollte uns diese attraktive Formulierung doch nicht von zwei wichtigen Tatbeständen ablenken; es erhebt sich nämlich die Frage, (1) ob nicht schon der Begriff des technischen Fortschritts seit jeher höchst unklar und verschwommen war und eher als Begriffshülse oder bestenfalls als Versuch einer positiven Umschreibung für sehr viele Dinge diente, über die die Nationalökonomen i m Grunde nichts wissen. Wie aber kann man erwarten, bei der statistischen Messung eines Phänomens, das bisher weder begrifflich fixiert, noch gedanklich ausreichend reflektiert wurde, mehr herauszubekommen als „a measure of our ignorance"? — und (2) ist es letzten Endes nicht doch legitim, das Solowsche Residuum, jenen Produktionsüberschuß, der nicht auf vermehrten quantitativen Faktoreinsatz zurückgeführt werden kann, dem globalen Faktor „Fortschritt" zuzuschreiben, denn woher soll der Produktionsüberschuß sonst hergeleitet werden, wenn nicht aus technischen und organisatorischen Verbesserungen? ii7 w i e oben gezeigt (vgl. S. 118), schließt das nicht aus, daß auch die SolowErgebnisse zunächst mißverständlich ausgelegt wurden.

.

e

echnischer Fortschritt

Unter diesen Gesichtspunkten erscheint der Solowsche Messungsansatz i n einem günstigeren Licht, als ursprünglich vermutet werden konnte, und es fragt sich jetzt, ob er über den nicht zu unterschätzenden Vorteil der Einfachheit hinaus vielleicht auch sachlich besser ist und zu materiell einwandfreieren Ergebnissen führt als beispielsweise das Denison-Konzept 118 . Einiges spricht dafür, daß bei der Quantifizierung des Einflusses qualitativer Wachstumskomponenten die Devise gilt „alles oder nichts" und daß durch Zwischenlösungen mehr neue Probleme aufgeworfen als alte gelöst werden. Das bedeutet konkret: entweder man beschränkt sich, wie Solow, auf die Messung allein des quantitativen Faktoreinsatzes (wobei die Gewichtungspraktik selbstverständlich schon problematisch genug ist) und ermittelt alle qualitativen Wirkungen als Rest — wie immer man diesen Rest dann auch nennen mag —, oder man versucht, die Qualitätsdeterminanten aller Faktoren gleichzeitig (und nicht unabhängig voneinander) zu bestimmen und sie i n quantifizierbare Größen zu transformieren, wobei dann die Wachstumsrate mehr oder weniger v o l l „ausgeschöpft" wird. Dieser letzte Weg scheitert i n der Regel nicht allein an dem Mangel an Informationsmaterial und an plausiblen Hypothesen, sondern er türmt darüber hinaus methodisch-statistische Probleme vor uns auf, die — jedenfalls bis heute — schlechterdings unüberwindlich sind. Die Z w i schenlösung, etwa i n der Weise, wie sie Denison versucht hat, ist zwar prinzipiell realisierbar, jedoch liegt der Verdacht nahe, daß hier einige der methodischen Schwierigkeiten des oben angedeuteten zweiten Weges nicht ausgeschaltet, sondern nur verdeckt werden. Solange man sich nämlich i m wesentlichen auf eine Hauptqualitätsdeterminante (bei Denison den Faktor „education") beschränkt, besteht kaum Gefahr, daß dieser eine Faktor die Wachstumsrate über Gebühr „beansprucht". Würde man dagegen mehrere qualitative Einflußgrößen gleichzeitig und unabhängig voneinander zu quantifizieren versuchen, so würde man mit größter Wahrscheinlichkeit sehr schnell an jenen Punkt kommen, an dem diese Faktoren die aktuelle Wachstumsrate v o l l ausschöpfen oder sogar „überbeanspruchen" 119 . Das Problem der M u l t i kollinearität w i r d durch Teilberechnungen, wie diejenigen Denisons nur scheinbar überwunden. Wenn dem aber so ist, dann muß den Ergebnissen — über jene methodischen Einwände hinaus, die den Denison- und den Solow-Ansatz gleichermaßen treffen — mit allergrößter Vorsicht begegnet werden. 118 Vgl. auch die Ergebnisse v o n E. BERGLAS, Investment and Technological Change. JPE 73 (1965), S. 173 ff. Selbst Denison berücksichtigt j a n u r die reine Schulausbildung. Daneben gibt es aber zweifellos noch eine Reihe anderer positiver Ausbildungseffekte, die den Wachstumsanteil der „Gesamt-education" erhöhen würden, falls man sie zu berechnen versuchte.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

I I I . Induzierter technischer Fortschritt Den bisherigen Erörterungen hat ausschließlich das Konzept eines autonomen Fortschritts zugrunde gelegen. „Autonom" bedeutete i n diesem Zusammenhang, daß die Existenz des technischen Fortschritts selbst nicht durch irgend welche Größen innerhalb des jeweiligen Modells bestimmt, sondern als „gegeben" vorausgesetzt wurde. Zwar war z. B. i n den Embodiment-Modellen die i n einer bestimmten Zeiteinheit i n das System eingeschleuste „Menge" an technischem Fortschritt (was immer man sich darunter auch vorstellen mag) von anderen modell-endogenen Größen, nämlich den Investitionen, abhängig; aber damit wurde die Frage, welche Bestimmungsgründe seinem Auftreten selbst unterliegen, noch i n keiner Weise tangiert. Diese Prädominanz des Konzepts eines autonomen und damit letzten Endes unerklärten Fortschritts spiegelt aber nur sein Gewicht wider, dem man auch i n der Literatur begegnet, i n der aber die Analyse seiner Bestimmungsgründe bisher kaum über einige wenige Ansätze hinausgekommen ist. Aber nur der oberflächliche Betrachter w i r d diesen Mangel auf einen — vermeintlichen — Hang der Theoretiker zu w i r k lichkeitsfremden Abstraktionen zurückführen wollen. Tatsache ist vielmehr, daß w i r über die Wirkungsweise der den technischen Fortschritt tatsächlich bestimmenden Kräfte empirisch so gut wie nichts wissen. Alles, was auf diesem Gebiete gesagt werden kann, bewegt sich i m Bereich von Spekulationen und bestenfalls von plausiblen Vermutungen, ein Umstand, der möglicherweise erkläi^;, warum der überwiegende Teil der Theoretiker sich vor dem Betreten dieses schwankenden und unsicheren Bodens scheut. Auch die i m folgenden Abschnitt diskutierten wichtigsten Beiträge zum Konzept des induzierten technischen Fortschritts sind größtenteils spekulativ und nur mit erheblichen Einschränkungen, wenn überhaupt, als testbare Hypothesen anzusehen. Dennoch ist es sinnvoll, sich mit einigen denkbaren Einflußgrößen zu beschäftigen, auch dann, wenn damit zunächst nur mögliche Wirkungszusammenhänge aufgezeigt werden, denn i n vielen Fällen, i n denen bestimmte Denkansätze nicht unmittelbar überprüfbar sind, können doch deren Implikationen m i t den Tatsachen konfrontiert und damit einer, wenn auch nur mittelbaren, Beurteilung unterzogen werden. Die Frage, durch was technischer Fortschritt induziert wird, ist schon i m Ansatz mehrdeutig; man kann darunter zumindest zweierlei verstehen, nämlich (1) die Frage nach den Kräften, die technischen Fortschritt überhaupt bewirken, also nach den Ursachen seiner Existenz und seiner A n wendung schlechthin — und

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

177

(2) die Frage nach den Bestimmungsgründen der konkreten Fortschrittsrichtimg, d. h. nach den speziellen Einflußgrößen, die für eine ganz bestimmte — faktorsparende — Wirkung i n der einen oder anderen Richtung verantwortlich gemacht werden können; es ist dies die Frage nach dem sog. „Bias" des technischen Fortschritts. Beide Fragen sind grundverschieden; die erste versucht, unmittelbar zum K e r n einer Theorie des technischen Fortschritts vorzudringen. Es darf jedoch als ziemlich sicher angenommen werden, daß die ökonomische Theorie kaum i n der Lage sein wird, jemals die volle A n t w o r t auf diese Frage zu geben, denn was die Menschen i m einzelnen veranlaßt, sich technische Neuerungen auszudenken und die Dinge heute „besser" und vollkommener machen zu wollen als gestern, ist eine Frage, die weit über jene Aspekte hinausgeht, m i t denen w i r es i n der Nationalökonomie zu t u n haben. Leider stehen aber bisher selbst die Teilantworten, die man prinzipiell von der ökonomischen Theorie erwarten darf, noch weitgehend aus. Die zweite Frage ist demgegenüber weniger anspruchsvoll; sie bewegt sich zudem i m Rahmen vertrauter Denkkategorien, denn das Problem, welche Gründe für die spezielle Fortschrittsnchtwigr maßgebend sind, ist eindeutig ökonomischer Natur. I n gewisser Weise w i r d hier ja die Existenz des Fortschritts noch immer vorausgesetzt; es w i r d lediglich untersucht, warum er den und den „ D r a l l " (Bias) bekommt. Es ist daher mehr eine Sache des persönlichen Geschmacks, ob man diese A r t des Fortschritts nun autonom oder induziert nennt. Stellt man dabei allein auf das K r i t e r i u m ab, ob und inwieweit die Frage nach den Ursachen der Fortschrittsexistenz gestellt wird, so wären die i m folgenden zunächst behandelten Theorien des faktorpreis- und des faktoreinkommen-induzierten Fortschritts zweifellos nach wie vor der autonomen Kategorie zuzuordnen. Da jedoch beide Konfigurationen i n der Literatur ausdrücklich der Klasse des induzierten Fortschritts zugerechnet werden, wollen w i r hier dieser Benennung folgen. Bei den anschließend diskutierten Problemen der technical progressund der Lernfunktion handelt es sich dagegen zweifelsfrei u m Modelle des (investitions-)induzierten Fortschritts. Hier spielt die Fortschrittsrichtung keine Rolle mehr, sondern nur noch die Frage, wovon die Existenz des Fortschritts schlechthin (ökonomisch) abhängt. Das Begriffspaar „embodied — unembodied" t r i t t i n den folgenden Überlegungen vergleichsweise zurück. Der investitions-induzierte Fortschritt ist naturgemäß zugleich embodied und der faktorpreis-induzierte Fortschritt fast zwangsläufig stets mit Kapitalbildung verbunden. Das gleiche kann man beim einkommen-induzierten Fortschritt vermuten, wenngleich hier die Frage des Fortschrittsvehikels wirklich belanglos ist. 12 Walter

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

1. Einflußgrößen der Fortschrittsrichtung a) Faktorpreis-induzierter

Fortschritt

aa) Lohnkosten-induzierter Fortschritt Dem Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts liegt zunächst lediglich die Vorstellung zugrunde, daß bestimmte Veränderungen im Verhältnis der relativen Kosten 1 2 0 (Lohnsatz und Kapitalkostensatz) entsprechende Substitutionsvorgänge veranlassen und daß diese Substitutionsvorgänge ihrerseits die Anwendung von technisch und w i r t schaftlich besseren Produktionsverfahren (bzw. die Produktion neuer und besserer Güter) ermöglichen und herbeiführen. Da nun zumindest i n allen entwickelten Volkswirtschaften eine systematische Verschiebung der Faktorpreisrelation nur i n einer Richtung, nämlich als relative (und selbstverständlich auch absolute) Erhöhung des Lohnsatzes festzustellen ist, werden die tatsächlichen Möglichkeiten des so verstandenen faktorpreis-induzierten Fortschritts von vornherein auf diesen asymmetrischen Fall des durch relative Lohnerhöhungen ( = relative Kapitalkostensenkungen) herbeigeführten Fortschritts eingeengt. Tatsächlich ist die andere gedankliche Alternative, also der Fall eines durch relative Lohnsenkungen ( = relative Kapitalkostensteigerungen) induzierten Fortschritts, auch unabhängig von unserer Erfahrung über die tatsächliche Faktorpreisentwicklung, irrelevant 1 2 1 . Denn gesetzt den Fall, es würden autonome relative Lohnsenkungen stattfinden, so müßte die dadurch herbeigeführte arbeitsintensivere Produktionsweise die Einführung technisch und wirtschaftlich überlegener Verfahren ermöglichen. Das ist aber kaum vorstellbar. Zwar würde eine Volkswirtschaft, i n der — z. B. der gesamtwirtschaftliche Lohnsatz aufc irgend welchen Gründen langfristig sinkt, oder die — etwa auf Grund einer Naturkatastrophe eine weitgehende Zerstörung ihres Kapitalapparates — ohne einen entsprechenden Verlust ihres Arbeitskräftereservoirs — erfahren hätte, oder die — aus sonstigen Gründen eine plötzliche, außergewöhnliche Zunahme ihres Arbeitspotentials absorbieren müßte, sicherlich arbeitsintensivere Produktionsmethoden anwenden. Aber damit dürfte wohl kaum die Einführung neuer und „fortschrittlicher" technischer Verfahren verbunden sein. Der technische Fortschritt hat ja, ganz gleich von welchen Bestimmungsgründen er selbst 120 U m Verwicklungen auszuschalten, die sich aus unterschiedlichen Bewegungen der realen u n d nominellen Größen ergeben, w i r d i n der Regel — so auch hier — der Einfachheit halber ein konstantes Niveau der Güterpreise unterstellt. 121 Vgl. auch N. ROSENBERG, Capital Goods, Technology, and Economic Growth. OEP 15 (1963), S. 218.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

179

i m einzelnen abhängt, das zu einem gegebenen Zeitpunkt existierende Spektrum angewandter Produktionstechniken und die ihnen entsprechenden Faktorproportionen m i t hervorgebracht. Die Rückkehr zu arbeitsintensiveren Verfahren ist technisch zwar jederzeit möglich; sie kann unter bestimmten Bedingungen, deren Eintreten allerdings meist „außerökonomische" Ursachen (Kriege, Katastrophen, politische U m wälzungen usw.) haben dürfte, sogar sinnvoll sein. Es würde sich dann aber stets um eine RücJc-Kehr zu früher bereits bekannten Methoden und nicht um einen Fort-Schritt handeln, w e i l ein technischer und ökonomischer Fortschritt, der die Verwendung von Kapital i n zunehmendem Maße überflüssig macht, weder historisch bekannt noch überhaupt denkbar ist. Diese mehr oder weniger als Gemeinplatz anzusehenden Überlegungen scheinen somit eine Beschränkung auf den asymmetrischen Fall des durch relative Lohnerhöhungen induzierten Fortschritts zu rechtfertigen. Sein prominentester Vertreter ist zweifellos J. R. Hicks 1 2 2 , der ausdrücklich zwei Fortschrittsarten unterscheidet, nämlich „ . . . those inventions which are the result of a change i n the relative prices of the factors; let us call these 'induced inventions'. The rest we may call 'autonomous inventions' " 1 2 3 . Wie man sieht, handelt es sich hierbei zunächst lediglich u m eine begriffliche Festlegung — um nicht mehr. Insoweit bedeutet der terminus „autonom" auch nicht, daß solche Erfindungen als indeterminiert zu gelten haben, sondern nur, daß sie anderen Bestimmungsgründen als relativen Faktorpreisverschiebungen unterliegen. Die induzierten Erfindungen sind nach Hicks dagegen eindeutig i n die arbeitssparende Kategorie einzuordnen, denn „a change i n the relative prices of the factors of production is itself a spur to invention, and to invention of a particular k i n d — directed to economising the use of a factor which has become relatively expensive" 1 2 4 — und da i m historischen Entwicklungsprozeß {zumindest der kapitalistischen Wirtschaften des letzten Jahrhunderts) allein die Arbeit jener Faktor ist, „ . . . which has become relatively expensive" . . . „we shall expect, i n practice, all or nearly all induced inventions to be laboursaving" 1 2 6 . Diese Schlußfolgerung beinhaltet nun offensichtlich mehr als nur eine begriffliche Festlegung; denn jetzt w i r d die Sachaussage getroffen: soweit die Einführung technischer Fortschritte nicht autonom erfolgt, d . h . von anderen Bestimmungsgründen abhängig ist, beruht sie darauf, daß der Faktor Arbeit relativ „teurer" geworden ist. Es erhebt sich dann die Frage, wie man diese Aussage interpretieren soll. Die Vgl. j . R . H I C K S , The Theory of Wages, a.a.O., 123 J. R . H I C K S , a.a.O., S. 125. 124 j . R . H I C K S , a.a.O., S. 124. J. R. H I C K S , a.a.O., S. 125. 12*

S.

121 ff., bes.

S.

124 ff.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Unternehmer kombinieren die Faktoren doch dergestalt, daß die Grenzausgaben f ü r den Kauf v o n produktiven Diensten i n allen Verwendungen den gleichen Produktionseifekt zeitigen; sofern die Minimalkostenkombination verwirklicht ist, sind die marginalen Einsatzmengen der Faktoren somit alle gleich „teuer" oder „ b i l l i g " 1 2 6 ; m. a. W. diese Begriffe sind i m Rahmen eines ökonomischen Sprachsystems, dessen Bezugspunkt ein eindeutig definiertes Gleichgewicht ist, auf diesen Gleichgewichtszustand h i n relativiert. Die Aussage, daß ein Faktor relativ teuer ist, kann dann nur bedeuten, daß er i n einer Kombination festgehalten wird, die angesichts des herrschenden Faktorpreisverhältnisses noch nicht oder nicht mehr optimal ist. Es fragt sich aber, ob Hicks diesen Zustand i m Sinn hat, wenn er von dem Bestreben „ . . . directed to economising the use of a factor which has become relatively expensive" spricht. Wie dem auch sei, i m Rahmen der üblichen neoklassischen Annahmen kann ein solches Bestreben grundsätzlich jederzeit realisiert werden, einfach indem der Unternehmer durch Faktorsubstitution, also durch eine Bewegung entlang der gegebenen Produktionsfunktion, eine neue Minimalkostenkombination verwirklicht; dies hat aber noch gar nichts m i t technischem Fortschritt zu tun. Angesichts der (etwa bei einer zugrunde gelegten Cobb/Douglas-Funktion) unbegrenzten Substitutionsmöglichkeiten besteht auch kein A n laß, allein

wegen

der Faktorpreisverschiebung

(hier:

der relativen

Lohnkostensteigerung) nach arbeitssparenden Neuerungen zu suchen. Selbstverständlich steht das Streben der Unternehmer nach allgemeiner Kostensenkung völlig außer Frage — aber das ist ein ganz anderes Problem. Wenn das Konzept des lohnkosten-induzierten Fortschritts einen Sinn haben soll, dann müssen w i r uns ganz offensichtlich von dem formalen Gerüst der statischen neoklassischen Produktionstheorie lösen und annehmen, daß Kapitalintensivierung (Substitution) sozusagen zwangsläufig m i t der Einführung neuer, besserer Produktionsverfahren einhergeht. Eine relative Lohnerhöhung führt dann zur Substitution, und diese ist m i t technischem Fortschritt verbunden, ein Gedankengang, der wohl ziemlich genau das ausdrückt, was auch Hicks letzten Endes i m Auge hatte. Leider tauchen m i t dieser Blickwendung neue Probleme auf. Substitution und technischer Fortschritt vollziehen sich jetzt uno actu, d. h. sie sind nicht mehr zu trennen, denn w i e w i l l man exakt bestimmen können, inwieweit die relative Lohnkostensteigerung eine „reine" Substitution (Bewegung auf der gegebenen Produktionsfunktion) u n d inwieweit sie einen technischen Fortschritt (Verschiebung der Produktionsfunktion, oder besser: Schaffung einer neuen Produk126 VGL. H. P E T E R , „Grenz"-Gesetze i n der Nationalökonomie. K y k l o s 5 (1951/52), S . 178 f.; P . A . SAMUELSON, A Theory of Induced Innovation Along Kennedy-Weizsäcker Lines. REStat 47 (1965), S. 349.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

1

127

tionsfunktion) herbeigeführt hat ? Wenn aber beide Effekte nicht mehr zu trennen sind, dann kann auch keine Aussage über den faktorsparenden Charakter des technischen Fortschritts gemacht werden, denn wie w i l l man entscheiden, wieviel Arbeitsersparnis der Kapitalintensivierung (Substitution) und wieviel dem technischen Fortschritt zuzuschreiben ist? Daraus folgt nun weiter, daß .sich die Aussage: „Relative Lohnkostensteigerungen induzieren relativ arbeitssparenden technischen Fortschritt" nicht beweisen läßt. Zwar spricht die Unmöglichkeit eines exakten Beweises noch nicht unbedingt gegen die Plausibilität eines Arguments, u n d i n der Tat erfreut sich der obige Satz auch bei Nationalökonomen großer Beliebtheit, nicht zuletzt w e i l er i n t u i t i v einleuchtend ist. Seine Plausibilität gewinnt er jedoch erst durch seine sprachliche und analytische Unschärfe. Die allgemeine Aussage, daß der technische Fortschritt Arbeit einspart, bedeutet doch keineswegs, daß er notwendig mehr an Arbeit einspart, als an anderen Faktoren. Der Hinweis auf die Entwicklung der partiellen Faktorproduktivitäten beweist i n diesem Zusammenhang nichts, w e i l die Größen, die i m Nenner dieser Quotienten stehen, völlig unvergleichbar sind. Ein konstanter Kapitalkoeffizient beispielsweise besagt nur, daß der zu (gegebenen) Marktpreisen bewertete Kapitaleinsatz pro Produktionseinheit konstant geblieben ist; er besagt nichts über die W i r k i m g des technischen Fortschritts auf die physische Produktivität des Kapitals, w e i l Kapital sich nicht physisch messen läßt, zumindest dann nicht, wenn es seine Gestalt i m Zeitablauf verändert. Beim Faktor Arbeit bestehen zwar prinzipiell ähnliche Probleme, aber die praktischen Schwierigkeiten der Messung sind hier bei weitem nicht so schwerwiegend. I n jedem Falle sind w i r daran gewöhnt, die W i r k u n gen des technischen Fortschritts auf den Faktor Arbeit zu beziehen „ . . . and then we fall for the pun, or play on words, which infers a labor-saving invention whenever there is an invention!" 1 2 8 . Zwischen den beiden Aussagen, daß der technische Fortschritt (1) absolut arbeitssparend und (2) relativ arbeitssparend ist, besteht som i t ein ganz erheblicher Unterschied. Die Aussage (1) ist Teil der Begriffsmerkmale des technischen Fortschritts; sie bedarf insofern keines „Beweises". (2) dagegen ist eine Aussage, die nur i m Rahmen eines ungenauen Sprachsystems, innerhalb dessen „Kapital" als physisch meßbar und vergleichbar angenommen wird, Sinn hat, die aber streng genommen weder beweisbar noch überhaupt plausibel ist, sobald man den Begriff des technischen Fortschritts — gedanklich — von seiner Substitutionskomponente zu lösen versucht. N u n ist eine derartige 12 7 Bekantlich ist eine analytische Trennung beider Effekte n u r möglich, w e n n m a n zu dem Kunstgriff eines Hicks-neutralen Fortschritts Zuflucht n i m m t — aber gerade dieser F a l l steht hier j a nicht zur Diskussion. 128 p . A. SAMUELSON, A Theory of Induced Innovation . . . , a.a.O., S. 355.

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3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Trennung von Fortschritts- und Substitutionskomponente aber selbst keine besonders plausible Operation. W i r wissen, daß beide i n der Wirklichkeit (und meist sogar i n der formal-theoretischen Analyse) untrennbar sind. Darüber hinaus ist bekannt, daß w i r die Definitionsund Messungsschwierigkeiten, den Faktor Kapital betreffend, einfach ignorieren müssen, wenn w i r uns nicht von vornherein der Möglichkeit begeben wollen, technischen Fortschritt überhaupt zu analysieren. Aber selbst wenn man dergestalt den Zwang zu radikalen Schlußfolgerungen abschwächt, w i r d man das Hickssche Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts kaum akzeptieren können, es sei denn, man stütze sich auf die dynamisierte Fellner-Version dieses Konzepts. Fellner 1 3 0 argumentiert, daß die Unternehmer angesichts eines eindeutig aufsteigenden Trends der Kapitalintensität (in den üblichen Maßgrößen) und der Lohn/Zins-Relation durchaus vernünftig handeln, wenn sie unter mehreren zur Verfügung stehenden Verfahren dasjenige wählen, welches den geringsten Arbeitseinsatz pro Produktionseinheit erfordert. Hier klingen Überlegungen an, die bereits i m Rahmen der Diskussion über den kapitalgebundenen Fortschritt erörtert wurden: Wenn einerseits die Löhne relativ ständig steigen und andererseits Neuinvestitionen das jeweils neueste (verbesserte) technische Wissen inkorporieren, kann es ¡sinnvoll sein, den infolge der Lohnsteigerung zu erwartenden „Rentenschwund" durch eine höhere geplante Kapitalintensität (wenn auch nur für eine gewisse Zeitspanne) hinauszuzögern. Die Frage ist natürlich, ob i m Rahmen der individuellen InvestitionsBudgets derartige technische Wahlmöglichkeiten existieren. Immerhin ist das Argument i n dieser Form prinzipiell haltbar. bb) Eine Alternative: Kapitalkosten-induzierter Fortschritt Wie gezeigt, beruhte das Hicks/Fellner-Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts ausschließlich auf relativen Kostenverschiebungen und war damit von vornherein auf die relativ arbeitssparende Richtung des Fortschritts-Bias abgestellt. A l l e i n schon auf Grund dieser optischen Asymmetrie konnte die K r i t i k nicht ausbleiben, die darauf hinwies, daß kein Grund zu der Annahme bestünde, die Unternehmer wären ausschließlich oder auch nur vorwiegend an Einsparungen lediglich einer Kostenart, nämlich der Arbeitskosten, interessiert; man müsse vielmehr annehmen, daß ihr Augenmerk auf Einsparungen 129 V G L . W . F E L L N E R , T W O Propositions i n the Theory of Induced Innovat i o n ^ E J 7 1 ( 1 9 6 1 ) , S. 3 0 5 ff.; D E R S . , Does the Market Direct the Relative Factor-saving Effects of Technological Progress? i n : The Rate and Direction of I n v e n t i v e A c t i v i t y . Princeton 1 9 6 2 , S. 1 7 1 ff.; siehe ferner W. F E L L N E R , Quant i t a t i v e Sufflciency of Innovations and Proper Distribution of Their Factorsaving Effects. Ecappl. 9 ( 1 9 5 6 ) , S. 2 8 3 ff.; D E R S . , Appraisal of the Laboursaving and Capital-saving Character of Innovations; i n : The Theory of Capital (F. A . L U T Z / D . C. H A G U E , Eds.), a.a.O., S. 5 8 ff.

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schlechthin gerichtet sei, unabhängig davon, bei welchem Kostenfaktor diese sich besonders auswirken 1 8 0 . Wenn dem aber so ist, dann haben Bemühungen, kapitalsparende Verbesserungen einzuführen, grundsätzlich die gleiche Bedeutung, wie die auf Arbeitsersparnis gerichteten Neuerungen. Selbstverständlich handelt es sich jetzt nicht mehr u m relative, sondern i n erster Linie um absolute Kostenänderungen. Eine Erhöhung der Kapitalkosten 1 3 1 kann dann aber durchaus eine Fortschrittsverzerrung induzieren, die auf (absolute) Einsparungen dieses teurer gewordenen Faktors gerichtet ist. I m Unterschied zum ursprünglichen Hicksschen Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts w i r d jetzt allerdings kein Substitutionsmechanismus dergestalt wirksam, daß etwa der Faktor Kapital durch den Faktor Arbeit ersetzt würde (Inter-Faktorsubstitution), sondern der teuer gewordene Faktor Kapital w i r d zunächst durch besseres, effizienteres Kapital ersetzt (IntraFaktorsubstitution) m i t der Wirkung einer Realkostenminderung. Zusätzlich kann bei diesem Vorgang ohne weiteres der Fall eintreten, daß das neue, bessere Kapital zugleich weniger Bedienungskräfte erfordert, so daß sich i m Endeffekt als Nettoergebnis ein relativ arbeitssparender Fortschritt zeigt. Wie dem auch sei, i m Augenblick interessiert nur der mögliche Primäreffekt des technischen Fortschritts, nämlich die Realkostenminderung beim Faktor Kapital. Es kann als ziemlich sicher angenommen werden, daß sich diese Wirkung nicht nur als eine mehr oder weniger zufällige Begleiterscheinung der eigentlich auf Arbeitsersparnis gerichteten Einführimg technischer Neuerungen ergibt, sondern daß sie ein unabhängiges und selbständiges Stimulans der Anwendung verbesserter Produktionstechniken ist, wobei der A n stoß i n einer absoluten Erhöhung der Kapitalkosten gesehen werden kann. Das Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts muß somit u m diesen Fall erweitert werden, und eine darauf abgestellte Systematik ergäbe dann etwa das auf der folgenden Seite dargestellte Bild. Tab. 4 ist nicht als eine bloß katalogisierende Aufstellung denkbarer Wirkungszusammenhänge zu interpretieren; vielmehr können aus i h r Vgl. vor allem W. E. G. SALTER, Productivity and Technical Change, a.a.O., S. 43 f.: „The entrepreneur is interested i n reducing costs i n total, not particular costs such as labour costs or capital costs. When labour costs rise any advance that reduces total cost is welcome, and whether this is achieved by saving labour or capital is irrelevant. There is no reason to assume that attention should be concentrated on labour-saving techniques . . . " . Vgl. auch W. F E L L N E R , Does the M a r k e t . . . , a.a.O., S . 177 f. i» 1 Selbstverständlich tauchen hier schon wieder die bekannten Messungsprobleme auf, denn w i e soll exakt festgestellt werden, w a n n u n d u m w i e v i e l die Kosten einer „ E i n h e i t " K a p i t a l gestiegen sind, w e n n das K a p i t a l ständig seine Gestalt verändert? Obgleich es keine befriedigende Methode gibt, V e r änderungen der Kapitalkosten zu messen, k a n n an der Tatsache, daß sie — ceteris paribus, vor allem dann, w e n n man technischen Fortschritt zunächst einmal ausschaltet — ständig steigen, kein Zweifel bestehen; sie steigen allein schon wegen der i n ihnen enthaltenen steigenden Arbeitskosten.

1

Fall B:

1 3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

a) Diese Annahme Ist willkürlich; sie dient lediglich dem Zweck einer analytischen Trennung der Primär- und Sekundärwirkungen und impliziert, daß die mit dem technischen Fortschritt verbundene Realkostensenkung die ursprüngliche (autonome) Preissteigerung des betreffenden Faktors gerade ausgleicht.

i • 1 i • 1 a) Arbeitsintensivierung , b) Kapitalintensivierung , a) Qualitätssteigerung der b) Qualitätssteigerung des wenn Kapital teurer wenn Arbeit teurer (KaArbeit, wenn Arbeit Kapitals, wenn Kapital (Arbeit relativ billiger) pital relativ billiger) teurer (Kapital relativ teurer (Arbeit relativ wird; a-typischer Fall wird; „Ricardo-Effekt" billiger) wird; im jetzibilliger) wird; typischer der Inter-Faktorsubsti- als Regelfall gen Zusamenhang a-tyFall der Intra-Faktortution; führt — sofern er pischer Fall der Intrasubstitution stattfindet — nicht zu Sefcundar-Effekt: Tech Faktorsubstitution, da er technischem Fortschritt nischer Fortschritt, d.h. Sefcundär-Effekt: Intermeist unabhängig von Änderung der ProdukVeränderung der Faktorsubstitution (Kationsfunktion; die KapiKosten stattfindet, also pitalintensivierung), da talintensivierung ermögnicht in erster Linie fakneues und effizienteres licht die Anwendung torpreis-induziert ist Kapital in der Regel wetechnischer Neuerungen; niger Arbeitskräfte zu es liegt also eine Art ka seiner Bedienung erforpitalgebundenen Fortdert schritts vor; das implieziert aber: Intra-Faktor substitution, bisheriges Kapital wird durch besseres ersetzt

Primäreffekt: Technischer Fortschritt, d.h. Änderung der Faktorqualitäten bei (zunächst*) gegebenen Faktorproportionen

Der teurer gewordene Faktor wird verbessert

Primäreffekt: Inter-Faktor substitution, d.h. Änderung der Faktorproportionen bei (zunächst) gegebenen Faktorqualitäten

Der teurer gewordene Faktor wird ersetzt

i Fall A:

Faktorpreisänderung führt zu

Tabelle 4: Systematik der Fälle des faktorpreis-induzierten technischen Fortschritts 18

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

1

auch einige grundlegende Einsichten über die wechselseitige Abhängigkeit von Veränderungen der Faktorpreise, der Faktorproportionen und des technischen Fortschritts entnommen werden. Fassen w i r aber zunächst einmal die äußeren Merkmale der Tab. 4 zusammen: (1) Der Wirkungsablauf der beiden Fälle A und B ist entgegengerichtet. Ausgehend von der (autonomen) Veränderung der Faktorpreise führt er i m Fall A über eine Substitution i m üblichen Sinn (hier „Inter-Faktorsubstitution" genannt) zum technischen Fortschritt und i m Fall B über technischen Fortschritt zur Substitution. (2) Hierbei müssen zwei der vier grundsätzlich denkbaren Primärwirkungen {und zwar jeweils Unterfall (a)) als a-typisch gelten, aber nicht etwa deshalb, weil sie als Einzelfälle irrelevant wären, sondern weil sie außerhalb des hier betrachteten Zusammenhangs (faktorpreis-induzierter technischer Fortschritt) stehen; dabei ist auszuschließen — Fall A{a), weil er keinen Fortschritt

bewirkt und

— Fall B (a), w e i l er nicht faktorpreis-induziert

ist 1 8 2 .

(3) Die beiden typischen Fälle (jeweils Unterfall (b)) sind nahezu exakte Spiegelbilder. Das bedeutet u. a., daß der Wirkungsablauf von jeweils entgegengesetzten Konstellationen ausgeht; und zwar beschreibt Fall A (b) einen Ablauf, der bei einer Steigerung der A r beitskosten und Fall B(b) einen solchen, der bei einer Steigerung der Kapitalkosten ansetzt. Beschränkt man sich bei der Betrachtung des hier zur Diskussion stehenden Wirkungszusammenhangs allein auf die (autonome) Veränderung der Faktorpreise als der causa efficiens, so w i r d man zu dem Resultat gedrängt, daß unter den beiden typischen Fällen — A (b) und B (b) — der Fall A (b) sozusagen der „typischere" ist. Denn wie immer man auch die Möglichkeit beurteilen mag, die Veränderung der Kapitalkosten und ihr genaues Ausmaß zu identifizieren, so kann an der Tendenz eines absolut stärkeren Steigens der Arbeitskosten (und damit eines relativen Sinkens der Kapitalkosten) i m gesamtwirtschaftlichen Wachstumsprozeß entwickelter Volkswirtschaften nicht gezweifelt werden. Ähnliche Überlegungen haben ja — wie oben gezeigt — ganz offenbar Hicks dazu veranlaßt, den verzerrten technischen Fortschritt als fast ausschließlich lohnkosten-induziert zu sehen. !32 Diese etwas vereinfachende Aussage gilt selbstverständlich n u r cum grano salis. Es ist z. B. durchaus denkbar, daß ein ständiger Lohndruck zum Anlaß genommen w i r d , nach M i t t e l n u n d Wegen zu suchen, u m den Faktor A r b e i t als solchen (ohne zusätzlichen Kapitaleinsatz) zu „ökonomisieren". A b e r dieser F a l l muß w o h l als a-typisch gelten, wenngleich er langfristig eine gewisse Bedeutung haben mag.

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

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Zunächst muß jedoch betont werden, daß w i r eine systematische Verschiebung i m Verhältnis der Faktorpreise nicht einfach als autonom gegeben voraussetzen dürfen, wenn w i r den faktorpreis-induzierten Fortschritt erklären wollen. Warum sollten auch die Löhne relativ zu den Kapitalkostensätzen ständig steigen? Der Hinweis darauf, daß der Faktor Arbeit nur sehr beschränkt, der Faktor Kapital dagegen prinzipiell beliebig vermehrbar sei, h i l f t nicht viel weiter; denn warum, so muß dann gefragt werden, w i r d ständig über das natürliche Wachstum des Arbeitspotentials hinaus Kapital akkumuliert? Natürlich lautet die A n t w o r t : w e i l neues Kapital effizienter ist. Unglücklicherweise drehen w i r uns damit i m Kreise, denn die relative Lohnsteigerung w i r d hier aus der stärkeren Kapitalakkumulation und diese aus der Existenz des technischen Fortschritts hergeleitet — eine petitio principii, denn der technische Fortschritt war ja (als faktorpreis-induziert) zu erklären und darf insofern nicht vorausgesetzt werden. Es müßte daher gezeigt werden, daß ein gedankliches Modell des faktorpreis-induzierten Fortschritts auch dann zu plausiblen und konsistenten Ergebnissen führt und m i t den tatsächlichen Erscheinungsformen der relevanten Größen i n der wirtschaftlichen Wirklichkeit übereinstimmt, wenn man als Ausgangspunkt der Analyse eine Zufallsstreuung der Faktorpreisveränderungen annimmt, d. h. wenn man voraussetzt, daß Kapitalkostensteigerungen (relative Arbeitskostensenkungen) und Arbeitskostensteigerungen (relative Kapitalkostensenkungen) gleichermaßen (und mit gleicher Stärke) auftreten können. Die Tab. 4 zeigt nun, daß i m Falle von (1) Kapitalkostensteigerungen

(relativen Lohnsenkungen)

a) eine Arbeitsintensivierung (Inter-Faktorsubstitution) oder b) eine Qualitätsverbesserung des Kapitals (Intra-Faktorsubstitution via Neu-Investitionen) und i m Falle von (2) Arbeitskostensteigerungen

(relativen Kapitalkostensenkungen)

a) eine Qualitätsverbesserung der Arbeit (Intra-Faktorsubstitution, z. B. via Ausbildungsinvestitionen) oder b) eine Kapitalintensivierung (Inter-Faktorsubstitution) induziert wird. N u n spricht einiges dafür, daß i m Falle (1), d. h. bei Kapitalkostensteigerungen auch dann, wenn zunächst eine arbeitsintensivere Produktionsweise gewählt wurde, sich längerfristig ein starker Anreiz zur Einführung absolut kapitalsparender Neuerungen ergibt und daß

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

ferner i m Falle (2), also bei Arbeitskostensteigerungen, sich mehr oder weniger schnell kapitalintensivere Produktionsmethoden durchsetzen werden, während die Qualitätsverbesserung der Arbeit ein langfristiger und sicherlich langsamer Prozeß ist 1 3 8 . Berücksichtigt man darüber hinaus die jeweiligen Sekundärwirkungen, nämlich daß a) die absolut kapitalsparenden Neuerungen auch stets absolut weniger Arbeitskräfte binden (beides bezogen auf die Produktmenge) und daß b) eine Kapitalintensivierung längerfristig stets zur Verwendung besserer Kapitalgüter führt, so sieht man, daß — ganz gleich, von welcher Veränderung der Faktorpreise man ausgeht — der technische Fortschritt letzten Endes von einer sich gegenseitig stimulierenden Inter- und Intra-Faktorsubstitution beim Faktor Kapital getragen wird. Wenngleich i n der wirtschaftlichen Wirklichkeit alle gänge miteinander verwoben und schwerlich voneinander sind, spricht doch nichts dagegen, sie gedanklich i n ihre aufzulösen. Ein solches idealisierte Ablaufschema hätte folgende Gestalt:

diese Vorzu isolieren Bestandteile dann etwa

(1) A m Anfang steht das unternehmerische Bestreben nach (Stück-) Kostensenkung ganz allgemein; neben rein organisatorischen Rationalisierungsmaßnahmen (soweit diese bisher noch nicht ausgeschöpft waren) führt das zum (2)

Einsatz besserer (evtl. auch komplexerer) Maschinen: Intra-Faktorsubstitution beim Kapital. Die neuen Maschinen werden i n aller Regel

(3) weniger Arbeitskräfte pro Produkteinheit erfordern: Inter-Faktorsubstitution (Arbeit durch Kapital). M i t dieser quantitativen Reduzierung der Arbeitserfordernisse geht jedoch einher (4) eine qualitative Änderung (nicht i n jedem Einzelfalle, aber langfristig und i m Durchschnitt doch eine qualitative Aufwertung) der Arbeitserfordernisse, also eine Intra-Faktorsubstitution beim Arbeits-Input.

Dieser Prozeß zeigt, „ . . . that technical ¿hange involves both a substitution of capital for capital, and a substitution of labour for labour" 1 8 4 ; er zeigt aber auch, daß der Wirkungsablauf, durch den sich iss v g l . auch die Diskussion über den ausbildungsgebundenen Fortschritt, oben S. 164 f. I « 4 A . B R O W N / C . L E I C E S T E R / G . P Y A T T , Comment on Mr. Vaizey's Paper; i n : The Residual Factor and Economic Growth, a.a.O., S. 258.

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

technischer Fortschritt und seine faktorsparende Richtung manifestieren, i m Grunde unabhängig von der konkreten Veränderung der Faktorpreise ist 1 3 5 . cc) Faktorpreis-induzierter Fortschritt oder fortschritts-induzierte Faktorpreise? Die zuletzt angedeutete Schlußfolgerung legt es nahe, dem Konzept des faktorpreis-induzierten Fortschritts m i t einiger Skepsis zu begegnen. I n der Tat läßt sich zeigen, wo seine Schwächen liegen und daß man den Zusammenhang zwischen technischem Fortschritt und Faktorpreisen genau so gut i n umgekehrter Weise sehen kann. Dazu dürfte es zweckmäßig sein, sich noch einmal den wesentlichen Inhalt des Konzepts des faktorpreis-induzierten Fortschritts vor Augen zu führen. Es w i r d behauptet, daß Faktorpreissteigerungen zu Neuerungen führen, die darauf gerichtet sind, den betreffenden Faktor — bis zu einem gewissen Grade — einzusparen, sei es, daß man i h n ersetzt, oder sei es, daß man i h n verbessert, d. h. die Realkosten seines Einsatzes senkt. Es handelt sich also darum, dem Fortschritt eine eindeutige Richtung zu geben (arbeits- oder kapitalsparend), die ihrerseits auf Grund der Konstellation ökonomischer Daten (Faktorpreise oder Knappheitsverhältnisse) bestimmt wird. Die Schwäche dieses Konzepts besteht nun darin, daß stillschweigend vorausgesetzt wird, man könne die ökonomisch bestimmte Frage der Fortschrittsrichtung von dem technologischen Tatbestand der Existenz des Fortschritts und seines sozusagen naturgesetzlichen Rahmens, innerhalb dessen er sich vollzieht, trennen. Eine solche Trennung mag zwar analytisch möglich sein, die Frage ist aber, ob sie auch zweckmäßig ist und ob die A n t worten, die aus einer derart isolierten Fragestellung resultieren, sinnvolle Wirkungszusammenhänge verdeutlichen. Das Beiwort „technisch" hat i n Verbindung m i t dem Fortschrittsbegriff doch vor allem den Sinn, die Tatsache zu umreißen, daß es sich bei den „Neuerungen" (als abgekürzten Sammelbegriff für diese Erscheinung) u m angewandte Naturwissenschaft i m Dienste der Entwicklung neuer Güter und neuer Einrichtungen zur Hervorbringung von Gütern handelt. So sehr auch 135 Diese hier mehr auf deduktivem Wege abgeleitete Schlußfolgerung scheint auch den empirischen Fakten zumindest nicht zu widersprechen. Bei den großen Erfindungen, die die Mechanisierung des 19. Jh. vorangetrieben haben, ist jedenfalls ein direkter Einfluß der aktuellen Faktorpreisrelation nicht erkennbar. Auch hat es i m m e r wieder Perioden gegeben, i n denen eher eine inverse Beziehung (z. B. Mechanisierungswelle bei relativ niedrigen A r beitskosten oder Rückgang der Investitionstätigkeit u n d der technischen Neuerungen bei starkem Lohnkostendruck) zu beobachten w a r ; vgl. auch E. S C H I F F , Factor Substitution and the Composition of I n p u t ; i n : Output, I n p u t and Prod u c t i v i t y Measurement. NBER-Studies i n Income and Wealth, 25. Princeton, S. 451 ff., bes. S. 462 f.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

189

der Prozeß der Entstehung und Anwendung technischer Neuerungen ökonomisch motiviert sein mag, die A r t und Weise, i n der sich dieser Prozeß vollzieht, läuft nichtsdestoweniger zunächst einmal nach naturwissenschaftlichen Grundregeln ab. Das heißt konkret: Funktionen und Verrichtungen, die bisher dem Menschen oblagen, werden i n zunehmendem Maße technischen Einrichtungen übertragen. Der ökonomischen Sprachregelung folgend, können w i r diese Vorgänge m i t Begriffen wie Mechanisierung, Kapitalintensivierung, Substitution usw. umschreiben, aber die Verwendung dieser Begriffe darf uns nicht zu der Annahme verleiten, daß es auf ökonomische Einftußgrößen zurückzuführen sei, wenn Neuerungen fast ausschließlich qua Mechanisierung und Kapitalintensivierung realisiert werden. I n einer Sklavenwirtschaft, i n der Arbeitskräfte i n unbegrenztem Umfange kostenlos zur Verfügung stehen, mag der ökonomische Anreiz, technische Neuerungen einzuführen, weitgehend fehlen. Sollte hier aus irgend einem Grunde aber dennoch ein Fortschritt realisiert werden, so w i r d er technisch i n irgend einer Form von „Mechanisierung" vonstatten gehen. I m Grunde handelt es sich hierbei nur um eine andere Formulierung der Tatsache, daß technischer Fortschritt i n erster Linie kapitalgebunden ist, und zwar zunächst einfach kraft seiner technologisch vorgegebenen Charakteristika und nicht deshalb, weil z. B. der gesamtwirtschaftliche Lohnsatz relativ zum Kapitalkostensatz dauernd steigt. Das, was w i r weiter oben mit ausbildungsgebundenem Fortschritt bezeichnet haben, mag demgegenüber kaum weniger bedeutend sein, aber dieser ständige Prozeß der Qualitätssteigerung des Faktors Arbeit ist doch vor allem ein adaptiver Vorgang, eine Anpassung des Menschen an die gegebenen Veränderungen der technischen U m welt und insofern noch weniger „faktorpreis-gesteuert" als der kapitalgebundene Fortschritt. Aus alledem geht hervor, daß die Bestrebungen zur ökonomisierung (Ersetzung bzw. Verbesserung) speziell des teurer gewordenen Faktors — „ . . . directed to economising the use of a factor which has become relatively expensive" 1 8 6 — sekundär sind und sich nur i m Rahmen der technologisch vorgegebenen Naturgesetzlichkeiten vollziehen können. Diese Naturgesetzlichkeiten schreiben vor, daß technischer Fortschritt vor allem — qua Einsatz neuen und besseren Kapitals und — durch eine qualitative Anpassung der menschlichen Arbeitskraft an die Veränderungen der technischen Umwelt realisiert wird. Die erste „Vorschrift" bezeichnet — bei gegebenem Erfindungsgeist der kreativen „inventors" — ein verhältnismäßig J . R . HICKS,

The Theory of Wages, a.a.O.,

S. 124;

siehe auch oben

S . 179.

190

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

kurzfristiges Erfordernis, denn zur Bildung neuen Kapitals bedarf es lediglich eines „Umarrangierens" gegebenen Materials, während die zweite „Vorschrift" einen auf die physische und geistige Entwicklung des Menschen gewissermaßen aufgepfropften und an ihn gebundenen Lernprozeß erfordert, der nur allmählich und prinzipiell langfristig vonstatten geht; m. a. W. die spezifische Effizienz des Kapitals, d. h. die dem Kapital eigene Fähigkeit, eine ständige Produktivitätszunahme zu bewirken, ist unmittelbar und grundsätzlich kurzfristiger zu erhöhen als die spezifische Effizienz der menschlichen Arbeitskraft, die unmittelbar nur geringfügig und langsam zu steigern ist und die vor allem mittelbar durch die Effizienzsteigerung des m i t dem Menschen kooperierenden Kapitals zunimmt. Diese — an sich selbstverständlichen und längst bekannten — Zusammenhänge führen uns zu einer weiteren Überlegung: Die Wachstumsgeschichte und die allgemeine Produktivitätsanalyse lehren uns, daß es i n der Entwicklung einer Volkswirtschaft produktivitätsstarke (und i m allgemeinen schnell wachsende) Bereiche (Firmen, Branchen, Sektoren) einerseits und produktivitätsschwache (und i m allgemeinen langsam wachsende oder sogar stagnierende oder schrumpfende) Bereiche andererseits gibt. Ohne auf die vielfältigen Probleme dieses Strukturphänomens näher einzugehen, kann — etwas vereinfachend und verallgemeinernd — gesagt werden, daß die produktivitätsstarken Bereiche ihre Realkostensenkungen teilweise i n Preissenkungen, teilweise i n nominellen Faktoreinkommenssteigerungen weitergeben, während die produktivitätsschwachen Bereiche wegen der volkswirtschaftlichen Kosteninterdependenz zwar an den nominellen Faktoreinkommenssteigerungen teilnehmen, angesichts der nicht vorhandenen Realkostensenkungen aber notwendigerweise jene Einkommenssteigerungen auf die Preise ihrer Produkte überwälzen (bzw. je nach Nachfragesituation Produktionsfaktoren freisetzen) müssen. Vereinfacht man diesen Zusammenhang noch weiter, so kann man sagen, daß bei einem gesamtwirtschaftlich gleichmäßig steigenden Nominallohnsatz die Produktpreise der produktivitätsstarken Bereiche sinken (konstant bleiben oder jedenfalls nur schwach steigen) und diejenigen der produktivitätsschwachen Bereiche mehr oder weniger stark steigen. Diese Zusammenhänge lassen sich nun analog auf unser gegenwärtiges Problem übertragen. Es wurde oben zu zeigen versucht, daß der technische Fortschritt die spezifische Effizienz des Kapitals unmittelbar (und verhältnismäßig kurzfristig) erhöht, während die spezifische Effizienzsteigerung der Arbeit demgegenüber zurückbleibt; anders ausgedrückt: die auf das Produkt bezogenen Realkosten des Kapitaleinsatzes sinken und die des Arbeitseinsatzes steigen, und dies wohige-

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

191

merkt allein auf Grund der technologischen oder naturgesetzlichen Eigenarten, i n deren Rahmen sich technischer Fortschritt vollzieht und nicht etwa auf Grund ökonomischer Einflußfaktoren. W i r können also gewissermaßen den Faktor Kapital als per se produktivitätsstarken und den Faktor Arbeit als per se produktivitätsschwachen „Bereich" bezeichnen. Konsequenterweise muß dann gefolgert werden, daß — ceteris paribus — der nominelle Preis des Kapitals sinken (konstant bleiben oder jedenfalls nur schwach steigen), derjenige der Arbeit aber demgegenüber mehr oder weniger stark steigen muß — eine Folgerung, die durchaus i m Einklang m i t den Tatsachen steht. Damit haben w i r uns nun allerdings i n eine Position manövriert, die genau am anderen Ende jenes Ansatzes liegt, von dem w i r u r sprünglich ausgegangen sind. Denn der technische Fortschritt w i r d jetzt nicht mehr als lohnkosten-induziert betrachtet, sondern die ständige relative Steigerung des Nominallohnes (gegenüber dem nominellen Kapitalkostensatz) w i r d als direkte Folge des technischen Fortschritts hypostasiert, der dann selbst wieder irgendwie „vom Himmel fallen" muß. Das Dilemma dieser Position kann also i n der Tatsache gesehen werden, daß das eingangs gesteckte Ziel, nämlich einen möglichen Bestimmungsgrund für das Auftreten, zumindest aber für die Richtung des technischen Fortschritts zu entdecken, nicht nur nicht erreicht wurde, sondern daß w i r i n einer Kreisbahn zu unserem Ausgangspunkt, der Wirkungsanalyse des autonomen Fortschritts, zurückgekehrt sind. Immerhin ist diese Rückkehr jetzt nicht das Resultat mehr oder weniger willkürlicher Annahmen, sondern sie erfolgte auf Grund von einigermaßen plausiblen Überlegungen. N u n kann es sich selbstverständlich nicht darum handeln, das Konzept des faktorpreis- (oder spezieller: des lohnkosten-)induzierten Fortschritts einfach über Bord zu werfen. Zumindest auf mikroökonomischer Ebene hat diese Theorie nach wie vor ihren Sinn. Schließlich w i r d jeder Unternehmer i n einer entwickelten Industriewirtschaft ohne weiteres einen aufsteigenden Lohntrend i n sein K a l k ü l einsetzen dürfen. Er mag sich über dessen Ursachen nun Gedanken machen oder nicht, i n jedem Falle werden seine Investitions- und Neuerungsentscheidungen von der Existenz dieses Trends beeinflußt werden. Die vorangehende Diskussion hat aber die eigenartige Zirkularität der Beziehungen zwischen den betrachteten Größen offenbart und kann insoweit dazu beitragen, sich gegenüber verallgemeinernden oder einseitigen Deutungen über die fortschrittssteuernden Kräfte skeptisch zu verhalten. Auch i m Vorhergehenden sind wir, ausgehend von der Frage, wodurch die Einführung technischer Fortschritte möglicherweise verursacht — oder zumindest stimuliert — wird, wiederum sehr schnell auf den Fragenkomplex abgedrängt worden, wie technischer

192

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Fortschritt wirkt; wie gezeigt, w i r k t er primär auf eine Steigerung der spezifischen Effizienz des Kapitals und damit auf eine relative Senkimg des Kapitalkostensatzes (relative Steigerung des Lohnsatzes) hin. Es ist durchaus möglich, daß von dieser vom technischen Fortschritt selbst ausgelösten W i r k u n g wiederum ein Rückkoppelungseffekt i n Gang gesetzt wird, der darauf hinzielt, den zukünftigen technischen Neuerungen eine ganz bestimmte faktor- (in der Regel arbeitssparende Richtung zu geben. Wenn eine solche zirkuläre Beziehung vorliegt, ist es jedoch müßig, nach Ursache und Wirkung oder nach Primär- und Sekundärwirkung zu fragen. Man muß sich dann auf eine möglichst exakte Beschreibung des Wirkungskreislaufs beschränken. Die Gefahr dabei ist, daß man sich z. B. durch die Scheuklappen von oeteris paribus-Klauseln den Blick auf jene Kräfte verschließt, die von außerhalb des betrachteten Kreislaufs auf die endogenen Größen einwirken.

b) Faktoreinkommen-induzierter

Fortschritt

Die Diskussion innerhalb des vorigen Abschnittes hat ergeben, daß der Blas des Fortschritts, d . h . die Richtung seines faktorsparenden Effekts, nicht so ohne weiteres aus der Entwicklung der Faktor preise hergeleitet werden kann; ebenso gut könnte man nämlich umgekehrt argumentieren, daß die Entwicklung der Faktorpreise eine Folge der technischen Gegebenheiten des Fortschritts sei, wenngleich diese Folgerung ebenfalls den Vorwurf einer gewissen Einseitigkeit gegen sich gelten lassen muß. Wahrscheinlich besteht eher ein Wechselspiel zwischen den rein technisch bestimmten Wirkungen von Neuerungen und der Entwicklung der ökonomischen Größen, insbesondere der Faktorpreise. Die Hauptschwierigkeit, von den Preisen der Produktionsfaktoren auf die faktorsparende Richtung des technischen Fortschritts zu schließen, lag ja vor allem i n der Unmöglichkeit begründet, i m Rahmen einer ökonomischen Gleichgewichtsanalyse von „hohen" oder „niedrigen" Preisen, bzw. von „teuren" oder „billigen" Produktionsmitteln sprechen zu können. I m Gleichgewicht der Minimalkostenkombination sind vielmehr die marginalen Einsatzmengen aller Faktoren gleich „teuer" oder „billig", und es besteht insoweit nicht der geringste Anlaß, Einsparungsbestrebungen nur oder vornehmlich auf einen ganz speziellen Faktor (z. B. Arbeit) zu richten. Wenn überhaupt, dann können solche Bestrebungen nur aus der Existenz eines Trends der Faktorpreisrelation und der Erwartung der Unternehmer hergeleitet werden, daß dieser Trend (konkret: die ständige relative Lohnsatzsteigerung) auch i n der Zukunft existiert; und dies gilt auch nur dann, wenn die gegebenen technischen Alternativen eine dergestalt ökonomisch bestimmte Wahl zulassen, d. h. wenn sich ein gege-

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

193

benes Produktionsziel i n der Zukunft m i t technischen Verfahren verwirklichen läßt, die sowohl (1) eine relative Ersparnis des teurer gewordenen Faktors ermöglichen, als auch (2) bei der erwarteten zukünftigen Faktorpreisrelation Gleichgewicht gewährleisten.

ein neues

Der Nachteil einer solchen Argumentation ist ihr beschränkter Erklärungswert. Vom einzelnen Unternehmer aus betrachtet mag es zwar durchaus legitim sein, von einem ständig aufsteigenden Trend der Lohn/Zins-Relation auszugehen, aber solange die Rolle, die der technische Fortschritt selbst bei dieser ständigen Faktorpreisverschiebung spielt, nicht eindeutig geklärt ist, mutet jene Annahme i m Rahmen einer gesamwirtschaftlichen Analyse eher wie ein deus ex machina an. A u f der anderen Seite ist es nun aber keineswegs zwangsläufig, das „Lohnkostenargument" allein auf die Höhe oder die mutmaßliche Entwicklung des Lohnsatzes (relativ zum Zinssatz) zu stützen. Selbst wenn man der Höhe der relativen Kostensätze keinen (oder jedenfalls nur einen geringen) Einfluß auf die Entwicklung neuer technischer Verfahren einzuräumen gewillt ist, könnte man dennoch aus dem Anteil, den die beiden Kostengrößen an den Gesamtkosten haben, auf einen Anreiz zum faktorsparenden Fortschritts-Bias i n einer ganz bestimmten Richtung schließen 137 . Es ließe sich etwa folgendermaßen argumentieren: Solange z. B. der Lohnkostenanteil an der Produktion höher liegt als derjenige jedes anderen Kostenfaktors (als derjenige des Kapitals i m Zwei-Faktorenmodell), lohnt es sich, das Augenmerk besonders auf Einsparungen des Faktors Arbeit zu richten, denn eine durch technischen Fortschritt ermöglichte Kostenminderung von z. B. 10 o/o schlägt natürlich absolut stärker zu Buch, wenn sie bei einem Faktor gelingt, der — sagen w i r — 70 °/o der Gesamtkos'ten beansprucht, als bei dem Rest von 30 °/o. Angesichts des äußerst unterschiedlichen Lohnkostenanteils einzelner Bereiche (Industrien, Firmen, Prozesse) werden die Ersparnisanreize zwar individuell sehr verschieden (und mit sehr unterschiedlichem Erfolg zu realisieren) sein, aber i m gesamtwirtschaftlichen Durchschnitt w i r d man aus dem obigen Argument ohne weiteres einen tendenziell arbeitssparenden Bias herleiten können, denn an dem tatsächlichen Ubergewicht der Lohnkosten an den volkswirtschaftlichen Gesamtkosten kann kein Zweifel bestehen 138 . 137 v g l . G. F. B L O O M , A Note on Hicks' Theory of Invention. A E R 36 (1946), S. 86. las Die folgenden Erörterungen rekurrieren zwar auf die makroökonomi-

13 Walter

194

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Von diesem gedanklichen Ansatz aus haben zunächst Kennedy und v. Weizsäcker 189 und nach ihnen einige andere Autoren 1 4 0 sich m i t den Implikationen eines dergestalt induzierten Fortschritts-Bias auseinandergesetzt. Die Ergebnisse dieser Überlegungen sind recht uneinheitlich, z.T. sogar widersprüchlich. Wie bei fast allen i n diesem Zusammenhang erörterten Problemen ist deren Behandlung i m höchsten Grade spekulativ, und es scheinen i m ganzen gesehen mehr neue Fragen aufgeworfen als alte beantwortet zu werden 1 4 1 . I m folgenden sollen daher nur die Grundidee des Kennedy-v. Weizsäcker-Ansatzes und einige der besonders von Samuelson herausgearbeiteten Probleme kurz behandelt werden. Ausgangspunkt ist eine dynamische linear-homogene Produktionsfunktion i n der „factor-augmenting"-Form: (3.22)

P(t) = F [A (t) y(t)

f

K (t) z (t)] ,

i n der P (t), A (t) und K (t) die Zeitreihen der mengenmäßigen Variablen bezeichnen und die Zeitreihen von y und z den i n jeder Periode auftretenden faktorproduktivität-steigernden Effekt des technischen Fortschritts wiedergeben, der sich bei der Arbeit bzw. beim Kapital niederschlägt. Die sich als Funktion der Zeit verändernden prozentualen „Faktorverbesserungsraten" sind dann 1 4 2 :

y dt

y

z dt

z

Hier w i r d wiederum deutlich, daß die Frage der Existenz des Fortschritts nicht weiter behandelt wird, sondern daß es nur u m seine faktorsparende (genauer: seine faktorproduktivität-steigernde) W i r k u n g 1 4 8 — und i m weiteren Verlauf der Analyse u m die Bestimmungsgründe dieser Fortschrittsrichtung — geht. sehen Einkommensquoten (Lohn- u n d Profitquote), aber diese können ohne weiteres m i t den Kostenanteilen gleichgesetzt werden. 139 Vgl. c. K E N N E D Y , Induced Bias i n Innovation and the Theory of Distribution. EJ 74 (1964), S . 541 ff. u n d P. A . SAMUELSON, A Theory of Induced Innovat i o n . . . , a.a.O., S. 343, A n m . 140 v g l . P. A . SAMUELSON, A Theory of Induced Innovation . . . , a.a.O., S. 343 ff.; E. M. D R A N Ö A Ü S / E . S. PHELPS, A Model of Induced Invention, G r o w t h and Distribution. E J 76 (1966), S. 823 ff.; C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Tentative Notes on a T w o Sector Model w i t h Induced Technical Progress. REStud33 (1966), S. 245 if. 141 Vgl. auch W . F E L L N E R , Profit Maximization, U t i l i t y Maximization, and the Rate and Direction of Innovation. A E R 56 (1966), Papers . . . , S. 24 ff., bes. S. 31 f. " 2 Vgl. auch oben S. 103. 143 Hier verwischen sich die K o n t u r e n zwischen „Bias-Effekt" u n d „ A u g menting-Effekt" des technischen Fortschritts. Da es jetzt jedoch nicht mehr

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

195

Als neuartiges Instrument w i r d nun eine sog. Fortschrittsmöglichkeitsfunktion („innovation possibility function") eingeführt, die der Annahme Ausdruck geben soll, daß die Unternehmer die Richtung des faktorproduktivität-steigernden Fortschritts grundsätzlich — i m Rahmen der technologischen Möglichkeiten — bestimmen können. Dabei ist es durchaus vernünftig anzunehmen, daß diese Funktion die Form (3.23)

=

mit

(3.23a)

f

(„) < 0 u n d

(3.23b)

f

(n) < 0

annimmt, d. h. die Gestalt einer Transformationskurve hat, was i n diesem Falle besagt, daß arbeits- und kapitalproduktivität-steigernde Fortschritte i n einem kompetitiven Verhältnis dergestalt zueinander stehen, daß die Durchführung zusätzlicher arbeitsproduktivität-steigernder Fortschritte m i t einem ständig wachsenden Verzicht auf die Durchführung kapitalproduktivität-steigernder Fortschritte erkauft werden muß und umgekehrt. Der Anstieg der Kurve i n jedem Punkte drückt somit die dort herrschenden marginalen Opportunitätskosten einer Steigerung der Arbeitsproduktivität, ausgedrückt i n aufgegebe-

u m die Frage zweckmäßiger Einteilungskriterien geht, ist dieses begriffliche Problem hier auch ohne große Bedeutung. I m Zusammenhang m i t der Klassifikationssystematik w u r d e j a schon festgestellt, daß beide Effekte letzten E n des auf relative Faktorersparnis hinauslaufen; siehe oben, S. 60. 1

196

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

ner Kapitalproduktivität (jeweils i m zeitlichen Ablauf) — und umgekehrt — aus. Zeichnerisch stellt sich diese Funktion dann wie i n Fig. 24 dar 1 4 4 . Auch ohne die geringste Kenntnis über den weiteren Gang der Argumentation w i r d jeder, der m i t den Instrumenten der ökonomischen Theorie vertraut ist, schon an dieser Stelle m i t Recht vermuten dürfen, daß die Ergebnisse der folgenden Analyse von der exakten Gestalt dieser Funktion mitbestimmt werden und daß z. B. die Existenz eines Maximierungsproblems von ihrer Stetigkeit und Konkavität abhängt. Es dürfte nun äußerst schwierig sein, bestimmten Gründen für diese oder jene Gestalt a priori den Vorzug zu geben, so wie es ziemlich aussichtslos ist, die Funktion empirisch zu überprüfen. Man w i r d also weder irgend etwas Genaues über die Lage der Achsenschnittpunkte noch über den Grad der K r ü m m u n g aussagen können. Faute de mieux w i r d man daher den weiteren Erörterungen zunächst einmal die „equal ignorance assumption" 1 4 5 , d. h. die Annahme einer symmetrischen (konkaven) Transformationsfunktion P = f (n)


0; (b) beim „pure labour-augmenting" 7i > 0 (¡u = 0) und (c) beim fJL >

„pure

0

(TI

capital-augmenting"

des

Hicks-neutralen

Harrod-neutralen

Fortschritt:

Solow-neutralen

Fortschritt:

= 0).

Bekanntlich sind diese drei Fälle dann äquivalent, wenn eine Cobb/ Douglas-Funktion mit o = 1 zugrunde gelegt wird. I n einem solchen Falle haben weder die Faktorpreise noch die Faktorproportionen noch die Steigerungsraten der Faktorproduktivität einen Einfluß auf die relative Einkommensverteilung, die unabhängig von den Bewegungen dieser Größen konstant ist und allein durch die partiellen (konstanten) Produktionselastizitäten bestimmt wird. Infolgedessen kann der technische Fortschritt i n einer Cobb/Douglas-Welt niemals i n dem Sinne „einkommen-induziert" sein, daß z. B. eine Erhöhung der Einkommensquote des Faktors (i) einen Fortschrittsmechanismus induziert, der auf relative Einsparung dieses Faktors gerichtet ist, einfach deshalb nicht, weil es hier keine Veränderung der Einkommensquoten gibt. Allerdings könnte er einkommen-induziert i n dem Sinne sein, daß der Faktor m i t dem höheren Einkommensanteil (also der Faktor Arbeit) ständig „augmentiert" und somit entweder von Anfang an oder asymptotisch ein Zustand des „pure labour-augmenting "-Fortschritts realisiert wird. Das wäre jedoch alles andere als eine Theorie des faktoreinkommen-induzierten Fortschritts, denn i n einer Cobb/ Douglas-Welt ist es nicht möglich, die Faktorverbesserungsraten eindeutig dem einen oder anderen Faktor zuzuordnen 1 4 7 ; m. a. W. die drei „Augmenting-Formen" der Cobb/Douglas-Funktion (1)

P = B (t) F (A, K )

Hicks

(2)

P = F [B (t) A , K ]

Harrod

(3)

P = F [A, B (t) K]

Solow

146 Siehe auch oben S. 103. 147 Vgl. oben S. 102.

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

198

sind v ö l l i g äquivalent. Infolgedessen kann die obige Aussage, daß eine Lohnquote > 0,5 zu einem reinen arbeitsproduktivität-steigernden Fortschritt führt, i m Rahmen einer Cobb/Douglas-Funktion ohne weiteres i n die Aussage transformiert werden, daß die höhere Lohnquote etwa zu einem rein kapitalproduktivität-steigernden Fortschritts ä la Solow plus einer reinen Faktorsubstitution von A r b e i t durch K a p i t a l führt. Die beiden Gleichgewichtspunkte unterscheiden sich ja lediglich durch ihre Lage auf der neuen (durch den Fortschritt zum Ursprung h i n verschobenen) Isoquante. Das alles besagt aber nur, daß i n einer Welt, die durch Produktionsbedingungen ä la Cobb-Douglas m i t o = 1 gekennzeichnet ist, kein Platz für eine Theorie des einkommen-induzierten Fortschritts sein kann. Der hier zu behandelnde gedankliche Ansatz legt daher auch von vornherein eine CES-Welt m i t 0 < o < 1 zugrunde. Seit der Einführung des Konzepts der Substitutionselastizität i n die Nationalökonomie durch Hicks und J. Robinson wissen w i r nun aber, daß bei o < 1 die Einkommensquote eines Faktors sinkt, wenn sein mengenmäßiger Einsatz relativ zur Einsatzmenge des anderen Faktors erhöht w i r d 1 4 8 . Eine Steigerung der Kapitalintensität läßt bei o < 1 also ceteris paribus die Lohnquote steigen. Jeder theoretische Ansatz, dessen Datenkranz oder Annahmenkatalog (1) steigende Kapitalintensität und

(2)

o

0, g" < 0 ,

; I = Brutto-Investition.

Dies ist die neuere Version 1 7 1 der Kaidorschen technical progress function, i n der auf der linken Seite die prozentuale Veränderungsrate 170 V g l .

171

N.

KALDOR/J. A .

MIRRLEES, a . a . O . , S . 174.

I n den früheren Kaldor-Modellen w u r d e eine Beziehung zwischen den Wachstumsraten der Kapitalintensität u n d der Arbeitsproduktivität (beide als gesamtwirtschaftliche Durchschnittsgrößen) postuliert. Die jetzige Version ak-

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

209

der Arbeitsproduktivität an den Maschinen des Baujahres (v) und auf der rechten Seite die prozentuale Veränderungsrate der pro Arbeiter neu installierten Maschinen dieses Baujahres (v) steht. Die Nebenbedingungen besagen, daß die Funktion a) einen positiven Ordinatenwert bei g (0) hat, d. h. daß eine positive Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität auch dann existiert, wenn die Brutto-Investitionen pro Arbeiter nicht steigen; b) monoton ansteigt; c) m i t abnehmender Rate steigt. Demgemäß hat die Funktion (TT) folgende Gestalt:

Fig. 27

Ferner w i r d angenommen, daß der Arbeitsbesatz der einmal installierten Maschinen fixiert ist (ex post-Limitationalität) und alte Anlagen in erster Linie aus wirtschaftlichen Obsoleszenzgründen ausscheiden 1 7 2 , wobei die Obsoleszenzrate von den Unternehmern vorausgesehen wird. Das Arbeitskräftepotential wächst autonom und w i r d — annahmegemäß — voll beschäftigt. Insoweit unterscheiden sich die grundlegenden Prämissen des Modells also kaum von denjenigen der zentuiert die Tatsache, daß es v o r allem die neuesten Investitionen sind, die den technischen Fortschritt sowohl inkorporieren als auch vorantreiben. 172 Der mögliche — und v o n Kaldor i n seinem Modell auch i n Rechnung gestellte — Verschleiß aus technischen oder sonstigen Gründen (Katastrophen) ist für die hier allein interessierende Grundidee des Modells nicht bedeutsam und w i r d daher vernachlässigt. 14 Walter

210

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

neoklassischen Embodiment-Modelle; das Kontinuum von vintageProduktionsfunktionen w i r d lediglich durch die technical progress function mit induziertem Fortschritt ersetzt. Allerdings bedeutet die Ablehnung des Konzepts der Produktionsfunktion durch Kaldor, daß auch die „produktionstheoretische" Herleitung der Faktorpreise von i h m zurückgewiesen wird, denn wenn isich keine Produktionsfunktion identifizieren läßt, verliert auch der Grenzproduktivitätsmechanismus seine Aussagefähigkeit 173 . Damit taucht selbstverständlich das Problem auf, durch welche Größen die rechte Seite der technical progress function, g (•), also die i n jeder Periode vorgenommenen Brutto-Investitionen pro Arbeiter, determiniert werden. Wenngleich diese Frage der Investitionsfunktion für das Verständnis des Zusammenwirkens aller i m Kaldor/MirrleesModell betrachteten Größen von zentraler Bedeutung ist 1 7 4 , spielt sie für das hier allein interessierende Problem der Induzierbarkeit des technischen Fortschritts und für die Frage der Beziehungen zwischen dem Kaldor-Modell und den anderen, bis jetzt behandelten Denkansätzen keine entscheidende Rolle; die technical progress function und die Kaidorsche Investitionsfunktion können insoweit unabhängig voneinander analysiert werden. Fragen w i r also, was den Kaldor-Ansatz von den bisherigen Versuchen zur theoretischen Behandlung des technischen Fortschritts unterscheidet. Zunächst fällt auf, daß i n rein formaler Hinsicht zwischen der technical progress function und dem, was w i r oben „Produktivitätsfunktion" genannt haben 1 7 5 , kein fundamentaler Unterschied zu bestehen scheint. Dort wurde eine Beziehung hergestellt zwischen Kapitalintensität und Arbeitsproduktivität: (2.3.)

y = F(x)

.

I n der älteren Version des Kaldor-Modells 1 7 6 wurden lediglich die zeitlichen Veränderungsraten dieser Größen zueinander i n Beziehung gesetzt, während i n der neueren („New Model"-)Fassung die Veränderungsrate der Arbeitsproduktivität an den jüngsten Maschinen 173 Gegenüber dieser Schlußfolgerung ist allerdings eine gewisse Reserve angebracht, denn das Nicht-Vorhandensein einer Produktionsfunktion schließt noch nicht notwendig einen neoklassischen Verteilungsmechanismus aus. Vgl. auch die neoklassische Interpretation des Kaldor-Modells bei C. Chr. v. W E I Z SÄCKER, Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 46 ff. 174 Vgl. dazu K . O P P E N L Ä N D E R , Die moderne . . . , a . a . O . ™ Vgl. z. B. die Figuren 15, 17, 18, 20 u n d 22 i m obigen Text. Vgl. N. K A L D O R , A Model . . . , a.a.O., S. 569 f.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

211

als Funktion der Wachstumsrate der neuen Investitionen pro Arbeiter betrachtet wird: (3.27)

Läßt man die Kontroverse über die Möglichkeiten und die Eindeutigkeit des Kapitalbegriffes und der Kapitalmessung einmal außer Betracht, nimmt man also an, man könne schreiben i = x , dann unterscheiden sich die beiden Beziehungen rein äußerlich eigentlich nur durch ihre verschiedenen Zeitdimensionen. Selbstverständlich unterscheiden sie sich darüber hinaus i n ihren zugrunde liegenden A n nahmen. (2.3) ist nur herleitbar aus einer linear-homogenen Produktionsfunktion P = f (A, K), von der angenommen wird, daß sie sich durch technischen Fortschritt fortlaufend verschiebe. Insofern mußten i n den grafischen Darstellungen, die diesen Zusammenhang verdeutlichen sollten, wenigstens zwei Produktionsfunktionen, Ft und Ft +1, gezeichnet werden. Die Beziehung (3.27) dagegen w i r d nicht aus einer Produktionsfunktion hergeleitet; sie enthält die Effekte der Kapitalintensivierung und des technischen Fortschritts als untrennbare Einheit und impliziert i n der Form, wie sie i n Fig. 27 gekennzeichnet ist, a) daß eine gewisse Rate der Arbeitsproduktivitätssteigerung autonom, d. h. investitionsunabhängig, existiert und b) daß der Zusammenhang zwischen Investitions- und Produktivitätssteigerung gewissen „Ertragsgesetzen" gehorcht. Allerdings dürfen diese Ertragsgesetzlichkeiten — zunächst jedenfalls — nicht i n der üblichen (neoklassischen) Weise als abnehmende Grenzproduktivität des Kapitals (oder der Investition) interpretiert werden 1 7 7 . Bei der degressiv ansteigenden technical progress function handelt es sich vielmehr um abnehmende Erträge des „Lernens", also der Möglichkeiten, neue Ideen i m Zuge der Kapitalbildung i n produktivitätssteigernde Aktivitäten umzusetzen. I m Ergebnis laufen allerdings beide Tatbestände so ziemlich auf das Gleiche hinaus. Das evtl. Auftreten abnehmender Grenzerträge des Kapitals i m gesamtwirtschaftlichen Wachstumsprozeß der Neoklassik bedeutet, daß der technische Fortschritt nicht ausgereicht hat, um die W i r k u n g der (reinen) Kapitalakkumulation auszugleichen. Diese Vorstellung lehnt Kaldor aus den mehrfach angedeuteten Gründen ab. Seine abnehmenden Grenzerträge des „Lernens" bedeuten dagegen, daß die Möglichkeiten der Absorption technischer Neuerungen durch steigende Kapi177 v g l . F. H . H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 847 f. u n d C. Chr. v. Bemerkungen zu einem „Symposium" . . . , a.a.O., S. 447.

SÄCKER,

1

WEIZ-

212

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

talakkumulation sinken. Vom gedanklichen Konzept her ist das zweifellos etwas anderes als die neoklassischen Ertragsgesetzlichkeiten. Man w i r d aber darüber istreiten können, ob hier ein grundlegender sachlicher Unterschied vorliegt. I m Grunde spaltet Kaldor nur die globale und unerklärte Residualgröße der Neoklassik gedanklich auf. Bei i h m vollzieht sich technischer Fortschritt sozusagen auf zwei Ebenen: 1. gibt es — wie i n den früheren neoklassischen Modellen auch — eine externe, von den modell-endogenen Größen unabhängige Wachstumsrate des technischen Wissens, die durch neue Investitionen in das System eingeschleust und damit zu angewandtem technischen Fortschritt wird, und 2. ermöglichen die Investitionen als solche nicht nur die Anwendung des extern vorgegebenen Wissens, sondern beeinflussen auch dessen Entwicklung und bessere Ausnutzung über einen damit verbundenen Lernprozeß, wobei dieser Prozeß allerdings nicht proportional zur Investition pro Arbeiter beliebig ausgedehnt werden kann, sondern abnehmenden Ertragszuwächsen unterliegt. Der technische Fortschritt des Kaldor-Modells ist also ein Konglomerat verschiedenster, aber untrennbar miteinander verbundener Erscheinungsformen, die uns früher schon begegnet sind: Er ist teilweise autonom, teilweise induziert, w i r d teilweise durch neues Kapital eingeschleust (insofern capital-embodied), und teilweise impliziert er Lernprozesse und enthält damit gewisse ausbildungsgebundene Aspekte i m weitesten Sinne. (Da er auch bei konstanter Kapitalintensität nicht völlig verschwindet, kann selbst seine unverkörperte Erscheinungsform nicht von vornherein ausgeschlossen werden — eine Schlußfolgerung, die allerdings auf eine nicht unbedenkliche Interpretation der Kaidorschen Gedankengänge hinausliefe.) Insgesamt gesehen hängt aber der jeweilige Stand der i n einer Volkswirtschaft angev wandten

Technologie n o t w e n d i g e r w e i s e v o n der Höhe

u n d der

Gleich-

mäßigkeit ab, mit der diese Volkswirtschaft bisher Kapital akkumuliert hat; von der Gleichmäßigkeit der Investitionsrate deshalb, weil eine stark schwankende Kapitalbildungsrate (pro Arbeiter) das technische Wissen unteroptimal ausschöpft, da sie diesem Zweck einmal „zu viel" und das andere M a l „zu wenig" Ressourcen widmet 1 7 8 . Neben der formalen Ähnlichkeit zwischen dem neoklassischen (2.3) und dem Kaldor-Ansatz (3.27) besteht also auch eine nicht zu übersehende Konformität der Modellimplikationen. Sicherlich sind diese bei Kaldor komplexer, besonders was den Begriff und den Bedeutungsgehalt des technischen Fortschritts selbst betrifft. Darüber hinaus 178 V G L . F , H . H A H N / R . C . O . M A T T H E W S , a . a . O . , S . 8 4 7 f .

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

213

dürfen die Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Anwendbarkeit und Eignung der Instrumente, die für die Erklärung der jeweiligen Zusammenhänge benutzt werden können, sicherlich nicht m i t dem Hinweis auf die sonstigen sachlichen Übereinstimmungen einfach vom Tisch gewischt werden. Nichtsdestoweniger entsteht der Eindruck, daß jene instrumentalen Unterschiede von Kaldor selbst vielleicht doch etwas überbewertet werden und daß eine Verbindung beider Modellansätze auch i n instrumentaler Hinsicht nicht völlig auszuschließen ist. Es ist dies die bekannte Frage, ob die technical progress function i n eine Produktionsfunktion überführt werden kann oder nicht. O t t 1 7 9 und noch ausführlicher Black 1 8 0 haben gezeigt, daß dies i n der Tat möglich ist, wenn eine lineare technical progress function angenommen wird, die dann etwa i n der einfachen Form (mit konstantem Arbeitseinsatz) (3.28)

geschrieben werden kann, i n der (a) den Schnittpunkt der Funktion mit der positiven Ordinate und (n) die Steigung der Funktion bezeichnen. (3.28) kann ohne weiteres i n eine Produktionsfunktion, und zwar in eine solche vom Cobb/Douglas-Typ, integriert werden 1 8 1 . Da Kaldor bei seinen algebraischen Ableitungen zuweilen mit einer linearen Form der technical progress function arbeitet, könnte man also folgern, daß die vermeintlichen Unterschiede zwischen i h m und den Neoklassikern eher auf Mißverständnissen beruhen und sachlich gar nicht gegeben sind. Damit würde man Kaldor jedoch unrecht tun; er hat nie einen Zweifel daran gelassen, daß die lineare Form, soweit er sie verwendet, nur der rechnerischen Vereinfachung dient, daß der „wirkliche" Verlauf dagegen konkav anzusehen ist. Bei einem solchen Verlauf muß aber, wie Black eindeutig nachgewiesen hat, der Versuch einer Überführung der technical progress function in eine Produktionsfunktion scheitern. Eine nicht-lineare technical progress function bedeutet ja ökonomisch, daß die Veränderung der Produktionselastizität des Kapi179 v g l . A. E. OTT, Produktionsfunktion, technischer Fortschritt . . . , a.a.O., S. 200 ff. 180 v g l . J. BLACK, The Technical Progress Function and the Production Function. Economica 2 9 ( 1 9 6 2 ) , S. 1 6 6 f. 181 E i n Unterschied ergibt sich allerdings dadurch, daß die Integrationskonstante bei diesem Vorgehen nicht bestimmt werden k a n n u n d daher durch die Anfangsbedingungen festzulegen ist, während die Cobb/Douglas-Funktion unabhängig von den Anfangsbedingungen ist. Vgl. auch N. K A L D O R , Capital Accumulation . . . , a . a . O . , S. 2 1 5 ; K . OPPENLÄNDER, Die moderne . . . , a . a . O . , S. 2 2 5 ; F. H . H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 8 4 8 ; C. Chr. v. WEIZSÄCKER, Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 48 f. Dieses Problem ist keineswegs n u r f ü r die mathematische S t r u k t u r des Modells von Interesse, sondern es i m p l i ziert, wie später noch zu zeigen sein w i r d , sehr bedeutsame ökonomische Tatbestände.

214

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

tals 0, 1 > n > 0 ,

sinkt der pro Output-Einheit erforderliche Arbeitseinsatz (steigt die Arbeitsproduktivität) jeweils an den zukünftigen Seriennummern. Technischer Fortschritt — zutreffender müßte man jetzt von technologischem Fortschritt sprechen — vollzieht sich ausschließlich über einen Lernvorgang. Die Investitionen als Voraussetzung des Lernprozesses schöpfen nicht ein irgendwie vorgegebenes Reservoir an technischem Wissen aus, sondern sie bestimmen ihrerseits die Rate des technischen Wissens, die allerdings — genau wie bei Kaldor — gewissen „Ertragsgesetzen" gehorcht (wegen n < 1), d. h. eine ständige Steigerung der Investitionen würde bei konstantem Arbeitspotential zu einem allmählichen Versiegen jener Vorteile führen, die man vielleicht m i t „economies of learning" bezeichnen könnte. Hier liegt der entscheidende Unterschied zu den früheren Embodiment-Modellen m i t einem autonomen Trend des technischen Wissens. Jene Modelle waren sozusagen „geschichtslos", denn sie abstrahierten völlig von dem unterschiedlichen Entwicklungsstand verschiedener Volkswirtschaften, für den es dort unter der (allerdings nicht ganz zutreffenden) Voraussetzung, daß das technische Wissen Allgemeingut ist, keine rechte Erklärung gibt 1 9 9 . Die tatsächliche Adaption des jeweils neuesten Standes der Technik war i n jenem Modelltyp allein vom Ausmaß der Installierung des gegenwärtigen Maschinentyps abhängig. Sieht man für einen Augenblick einmal von dem Problem der verfügbaren Spar- und Finanzierungsmittel ab, so würde die ältere Embodiment-Version des technischen Fortschritts sogar das paradoxe Ergebnis implizieren, daß eine Volkswirtschaft u. U. u m so schlechter dasteht, je größer und differenzierter ihr Kapitalstock ist; denn ein anderes und i n dieser Beziehung völlig unterentwickeltes Land könnte ja durch einen gewaltigen Investitionsstoß jene hochentwickelte Wirtschaft leicht überspurten, indem es i n mehr oder weniger kurzer Zeit einen sehr viel moderneren und effizienteren Kapitalstock aufbaut 2 0 0 . iflo Genauer gesagt sind Erklärungen hierfür n u r unter ausdrücklichem Bezug auf geschichtliche Tatsachen möglich. 200 Die offensichtliche Absurdität dieses Gedankenganges darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß er — unter etwas anderen Voraussetzungen — auch ein Körnchen Wahrheit enthält. Eine Volkswirtschaft m i t einem hohen Stand ihres „technical dynamism" (im Kaidorschen Sinne) kann, wie das Beispiel der B R D lehrt, aus einer weitgehenden Zerstörung ihres Kapitalapparates (z. B. infolge Kriegseinwirkung) durchaus auch Vorteile ziehen, wenn es i h r gelingt, die zerstörten Kapazitäten relativ schnell durch neue und moderne Anlagen zu ersetzen. Natürlich korrespondiert dieser F a l l nicht m i t der oben angedeuteten I m p l i k a t i o n des Embodiment-Modells m i t autonomem Fortschritt, sondern v i e l mehr m i t der Arrowschen Lernhypothese, w e i l das „Wiederaufholen" einer (durch Krieg) unterbrochenen Entwicklung eben gerade ein hohes Maß an früher angesammeltem technischen Wissen voraussetzt. Vgl. hierzu

224

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Nach der „learning by doing"-Hypothese wäre das jedoch — ganz abgesehen von den Problemen der Finanzierung usw. — unmöglich; hier muß jede Volkswirtschaft sich sozusagen via Investitionen erst ihren eigenen technologischen Wissensstand schaffen. Investitionen haben insoweit i n diesem Modelltyp ganz allgemein den Charakter von Forschungsausgaben. Darin liegt nun zweifellos eine etwas einseitige Konzeption, wie dem Arrow-Modell ja überhaupt ein gewisser Rückfall in jene mechanistische Betrachtungsweise vorzuwerfen ist, die fast die ganze neoklassische Theorie kennzeichnet. Aber das kann andererseits nur ein vorläufiger Einwand sein, denn prinzipiell ist es durchaus möglich, das Arrowsche Lernkonzept m i t Komponenten des autonomen (d. h. in diesem Zusammenhang: des investitionsunabhängigen) technischen Fortschritts zu kombinieren. Insoweit besteht also die Hoffnung, daß sich aus den vorliegenden Bruchstücken und Bausteinen eines Tages eine geschlossene Theorie des technischen Fortschritts ergibt. Schon i m vorigen Abschnitt wurde bei der Diskussion des Kaldor-Modells darauf hingewiesen, daß eine solche Theorie die Tatsache zu berücksichtigen hat, daß die bisherige wirtschaftliche A k t i vität eines Volkes eine der Quellen seiner technologischen und w i r t schaftlichen Erfahrung ist und daß der Stand des Wissens und des angewandten technischen Fortschritts insoweit einen historischen Lernprozeß voraussetzt. Nur dürfen w i r uns mit dieser Einsicht allein nicht begnügen, und noch weniger sollten w i r bei einer quasi-mechanistischen Deutung dieses Zusammenhangs, etwa i n der speziellen Version des ausschließlich investitions-induzierten technischen Fortschritts, stehen bleiben. Aber noch in einer weiteren Beziehung ergibt sich an dieser Stelle ein Anknüpfungspunkt an frühere Überlegungen. I m Anschluß an die Embodiment-Modelle wurde gezeigt 201 , daß sich bei der Beurteilung der Fortschrittswirkungen neben den offensichtlichen Vorteilen auch gewisse negative Effekte ergeben. Die Kehrseite der sowohl einzel- als auch gesamtwirtschaftlichen Produktivitätswirkungen ist die vorzeitige (d. h. die oftmals vor dem physischen Verschleiß liegende) wirtschaftliche Obsoleszenz des bestehenden Kapitalapparates, jener Vorgang also, den Schumpeter mit dem Begriff der schöpferischen Zerstörung einzufangen versuchte. I n den Embodiment-Modellen erwuchsen aus diesem Doppelgesicht des technischen Fortschritts deshalb noch keine grundlegend veränderten Konsequenzen, weil auch hier die vorgegebenen „natürlichen Bedingungen" letzten Endes den langfristigen Ablauf bestimmten. Wenn das optimale Lebensalter der Produktionsund zu der obigen These des „disadvantage of an early start" F. H . R. C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 850 und die dortigen Literaturhinweise. 2oi Siehe oben S. 153 ff.

HAHN/

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

225

anlagen realisiert war, bestimmte die Rate des technischen Wissens (zusammen m i t dem Bevölkerungswachstum) die Brutto-Investitionen und diese über die Wachstumsrate der Arbeitsproduktivität die Obsoleszenzrate. Die wirtschaftliche Entwertung der Maschinen war somit ein genau vorhersehbares Ereignis und insoweit — jedenfalls auf dem langfristigen Gleichgewichtspfad — kein Problem. Es entstand daher auch keine echte Diskrepanz zwischen den einzel- und gesamtwirtschaftlichen Wirkungen des Fortschritts bzw. der Investitionstätigkeit; das vorzeitige Obsoletwerden der Produktionsanlagen war gewissermaßen der Preis, den die Gesellschaft für die Anwendung des technischen Wissens zu zahlen hatte. Dieses B i l d ändert sich jedoch grundlegend, wenn man den technischen Fortschritt nicht mehr als autonome Größe, sondern als abhängig von den modell-endogenen Variablen betrachtet. Die wirtschaftliche Obsoleszenz des bestehenden Kapitalapparates kann dann nicht mehr einfach als eine Funktion der Z e i t 2 0 2 angesehen werden, sondern sie ist von den Veränderungen der endogenen Variablen selbst, i m Lernmodell also von dem Ausmaß der Investitionstätigkeit, abhängig. Die „learning by doing"-Hypothese besagt ja, daß jede neue (Brutto-)Investitionseinheit (a) die Produktionskapazität erhöht und zusätzlich (b) die zukünftige Produktivität anwachsen läßt, da sie neues technologisches Wissen hervorbringt. Die Wirkung (a) ist m i t der neu installierten Ausrüstung unmittelbar verbunden, und sie geht daher auch m i t dieser wieder unter, aber die Wirkung (b) ist eine vom physischen Kapitalgut losgelöste Erscheinung, durch die das zukünftige Sozialprodukt auf die Dauer erhöht w i r d ; man könnte auch sagen, daß (a) die unmittelbare Wirkung der Sachkapitalbildung und (b) diejenige der Bildung immateriellen Kapitals verdeutlicht 2 0 8 , wobei (b) aber mittelbar ebenfalls auf die Sachkapitalbildung zurückgeführt wird. Zusammengenommen wirken sich die beiden Erscheinungen wie zunehmende Skalenerträge aus: Die Produktmenge wächst überproportional i m Verhältnis zum Faktoreinsatz 204 , und diese Analogie zu steigenden returns to scale deutet be202 I m früheren Embodiment-Modell ist sie das auch n u r i m Goldenen Z e i t alter. Wie mehrfach betont, schwankt außerhalb des Golden Age-Pfades das Anlagealter m i t der Investitionsrate. Aber auch dann ist der Obsoleszenzmechanismus ein anderer als i m Lernmodell. 203 Vgl. c. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Bemerkungen zu einem „Symposium" . . . , a.a.O., S. 446. 204 Wegen n < 1 gilt dies auf die Dauer natürlich n u r bei positiver Wachstumsrate des Arbeitskräftepotentials. A u f der anderen Seite impliziert die Analogie zum F a l l steigender Skalenerträge, daß i n diesem Modell die ProKopf-Produktion langfristig u n d auf die Dauer u m so schneller wächst, j e

15 Walter

226

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

reits die entscheidende Implikation an. Bekanntlich w i r d bei zunehmendem Skalenertrag und Faktorentlohnung nach der Grenzproduktivität das Gesamtprodukt überbeansprucht, bzw. — was das gleiche besagt — die Produktionsfaktoren erhalten zusammen weniger, als das soziale Grenzprodukt ausmacht. Etwas ähnliches geschieht auch i m Lernmodell. Hier führt jeder Investor eine nachhaltige Steigerung der zukünftigen Produktivität herbei; er produziert gewissermaßen externe Ersparnisse, die er selbst aber nicht internalisieren kann, da die privatwirtschaftlichen Quasirenten seiner eigenen Kapitalausrüstung durch die folgenden (produktiveren) Investitionen seiner Konkurrenten ständig sinken (bzw. durch steigende Löhne aufgezehrt werden). Produktionstheoretisch ausgedrückt heißt das, daß die private Ertragsrate der Investition hinter der sozialen Ertragsrate zurückbleibt 2 0 5 und daß folglich unter der Voraussetzung, daß die Investitionen an der privaten Ertragsrate ausgerichtet werden, eine systematische Tendenz zur Unterinvestition herrscht. Abgesehen von dieser letzteren, pessimistischen Interpretation (die aber noch etwas näher unter die Lupe zu nehmen sein wird), w i r k t hier also ein Mechanismus, den eine von der List der Vernunft gelenkte „invisible hand" nicht w i r kungsvoller hätte i n Szene setzen können: Der einzelne Investor erstellt neue, den letzten Stand des technischen Wissens inkorporierende Anlagen, sei es, um einen höheren Profit zu erzielen, sei es, um einfach m i t seinen Konkurrenten „mitzuziehen", und er vermehrt und verbessert dadurch das technische Wissen; zugleich hat er damit aber schon den ersten Schritt zur Aufzehrung seines eigenen Profits getan, denn von dem von ihm selbst (mit-)geschaffenen höheren Wissensstand aus können jetzt andere Investoren daran gehen, noch bessere Kapitalanlagen zu erstellen, die ihrerseits das technologische Niveau abermals erhöhen. Der erste Investor gerät dabei mit der Zeit ins Hintertreffen; seine Profite sinken, und er muß, w i l l er nicht vom M a r k t verdrängt werden, neue Investitionen tätigen, was ihm um so leichter fällt, als er nunmehr selbst von den Investitionen seiner Konkurrenten profitiert — ein Mechanismus von geradezu „klassischer" (im dogmengeschichtlichen Wortsinne) Harmonie, und i n der Tat i m Grunde nur eine

höher die Rate des Bevölkerungswachstums ist, vorausgesetzt, die K a p i t a l b i l dungsrate hält m i t der Bevölkerungsrate Schritt. Es wäre vielleicht nicht u n interessant, das Modell i n dieser Richtung auf seine Verwendbarkeit zur E r k l ä r u n g unterschiedlicher Entwicklungsniveaus u n d -raten verschiedener Volkswirtschaften weiter auszuleuchten. 205 Vgl. R . M. S O L O W , Capital Theory and the Rate of Return, a.a.O., S. 6 7 f.; F. H . H A H N / R . C. O. M A T T H E W S , a.a.O., S. 8 4 9 ; C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Bemerkungen zu einem „Symposium" . . . , a.a.O., S. 446; DERS., Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 6 6 ff.; D. L E V H A R I , Further Implications of Learning by Doing. REStud 3 3 ( 1 9 6 6 ) , S. 3 1 ff.; DERS., Extensions of A r r o w s „Learning by Doing". REStud 3 3 ( 1 9 6 6 ) , S. 1 1 7 ff., bes. S. 1 2 3 f.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

227

moderne und modifizierte Version der alten Smithschen Vorstellung von der sich selbst tragenden Wohlstandsspirale 206 . Die Tätigkeit der Investoren i m Lernmodell ist somit i n gewisser Weise m i t der Tätigkeit der — am wirtschaftlichen Ertrag orientierten 2 0 7 — Erfinder zu vergleichen; beide erhöhen das technologische Niveau einer Volkswirtschaft, und beide sind nicht i n der Lage, den sozialen Nutzen, den die Gesellschaft als Ganzes aus ihrer A k t i v i t ä t zieht, i n voller Höhe in ihre eigenen Taschen fließen zu lassen — es sei denn, sie könnten die privatwirtschaftliche Auswertung ihrer Tätigkeit auf die Dauer monopolisieren, was aber als ziemlich unwahrscheinlich betrachtet werden muß 2 0 8 . Beide Personengruppen, die Arrowschen Investoren und die Erfinder, geben somit ein Mehr an Wissen und Erfahrung an die Gemeinschaft ab, das ihre Nachfolger dann sozusagen kostenlos übernehmen können. Insoweit könnte man hier also von einer — natürlich völlig wertneutral zu interpretierenden — „Ausbeutung" der Investoren (und Erfinder) speziell durch deren Nachfolger und allgemein durch die Gesellschaft als Ganzes sprechen. Denn nur dadurch, daß der gesellschaftliche Wert der neuen Investitionen (und Erfindungen) über ihrem privatwirtschaftlichem Wert liegt, werden alle Mitglieder einer Volkswirtschaft i n die Lage versetzt, ein ständig steigendes Realeinkommen pro Kopf zu erzielen. Würde dagegen der soziale Ertrag der Investitionen den Investoren i n voller Höhe zugute kommen, so müßte deren Einkommensanteil (funktionell: der Kapitalanteil am Volkseinkommen) ständig steigen und schließlich das gesamte Produkt beanspruchen. Selbstverständlich beschreibt ein solcher Ablauf ein viel zu mechanistisches und idealisiertes B i l d von den Kräften, die technischen Fortschritt, Kapitalbildung und Wachstum bewirken und vorantreiben. Ganz abgesehen davon, daß — wie oben schon angedeutet — der technische Fortschritt nicht ausschließlich investitions-induziert ist, wissen w i r auch, daß die Beteiligten (Unternehmer, Investoren, Verbände, Staat usw., die ohnehin i n dem Modell z.T. gar nicht auftreten) sich keineswegs immer an die Spielregeln jenes Ablaufs halten; Neue206

Überhaupt wäre es eine recht reizvolle Aufgabe, zu untersuchen, i n w i e w e i t die moderne Wachstumstheorie über den U m w e g sehr spezieller und formalisierter Modelle i n ihren wesentlichen sachlichen Aussagen immer mehr zu den „Quellen" (insbesondere zu A d a m Smith) zurückkehrt. Siehe auch oben, S. 112, A n m . 5; vgl. auch A . LOWE, The Classical Theory of Economic Growth. SocRes 2 1 ( 1 9 5 4 ) S. 1 2 7 ff., bes. S. 1 3 7 f.; I A D E L M A N , Theories of Economic G r o w t h and Development. Stanford 1961, bes. S. 33. 207 Durch diese Qualifikation soll der „Erfinder aus Leidenschaft", der v ö l l i g unabhängig von Einkommensgesichtspunkten t ä t i g ist, aus der gegenwärtigen Argumentation ausgeklammert werden. 208 w i e sich gleich noch zeigen w i r d , ist jedoch selbst dann, w e n n die Monopolisierung vollständig gelingt, eine dauerhafte Realisierung der Fortschrittsrenten nicht möglich. 15»

228

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

rungen sind oft, wenigstens für eine gewisse Zeit, monopolisierbar 2 0 9 ; die Maschinenrenten richten sich nur i m Modell nach der physischen Grenzproduktivität des Kapitals; das Angebot an investierbaren Fonds ist alles andere als vollkommen elastisch; die ständige Aufblähung der nominellen Größen i n Verbindung m i t monopolistischen Einflüssen auf dem Gütermarkt tut ein übriges, um den Druck auf die Profite zumindest abzumildern. Diese — und zahlreiche andere mögliche — Modifikationen berühren aber nur graduell die grundlegende W i r kungsweise des Modellablaufs und die zentrale Aussage, daß i n dem Maße, wie die Schaffung neuen technischen Wissens (und seine Anwendung) durch die Wachstumsdeterminanten selbst (insbesondere die I n vestitionen) induziert wird, sich stets externe Ersparnisse ergeben, die in einer Marktwirtschaft niemals völlig und auf die Dauer zu internalisieren sind und die daher unweigerlich zu einer Diskrepanz zwischen sozialen und privatwirtschaftlichen Grenzerträgen (zugunsten der ersteren) führen. Diese Implikation einer Theorie des induzierten Fortschritts, daß nämlich die Gesellschaft als Ganzes größere Vorteile aus der Investitionstätigkeit der Unternehmer zieht als diese selbst, bringt uns nun i n eine schwierige Situation 2 1 0 . Allgemeine Aussagen über die Ursachen und Wirkungen von Investitionen sind ja i m Grunde nur herleitbar aus Theorien über das Investitionsverhalten der Unternehmer. I n einer prinzipiell auf dem Gewinnmotiv basierenden marktwirtschaftlichen Ordnung ist konsistentes Investitionsverhalten i n gewisser Weise prädeterminiert; es muß am privatwirtschaftlichen Gewinn ausgerichtet sein 2 1 1 . Eine den technischen Fortschritt integrierende Wachstumstheorie ist dagegen zunächst einmal auf die Darlegung der makroökonomischen Zusammenhänge abgestellt und damit u. a. an der Erklärung der gesamtwirtschaftlichen Investitionswirkungen interessiert. Wenn sich nun aber herausstellt, daß die gesamtwirtschaftlichen Investitionseffekte — konsequent zu Ende gedacht — eigentlich zu einer Paralysierung der individuellen unternehmerischen Investitionsentscheidungen führen müßten, sobald der technische Fortschritt (zumindest teilweise) induziert ist, w i r d das Dilemma offenbar: Entweder 2oe Hier taucht wieder die alte Frage auf, ob nicht sogar ein gewisses Maß von „ a b i l i t y to monopolize" (Patente usw.) eine notwendige Vorbedingung für das Funktionieren des Mechanismus ist; vgl. hierzu z. B . P. H E N N I P M A N , Monopoly: Impediment or Stimulus to Economic Progress? i n : E. H. C H A M B E R L I N (Ed.), Monopoly and Competition and Their Regulation. London 1954, S. 421 ff. 210 Vgl. auch C. Chr. v. W E I Z S Ä C K E R , Z u r ökonomischen Theorie . . . , a.a.O., S. 94 f. 211 Das bedeutet keineswegs, daß die Unternehmer zu jeder Zeit und i n jeder Situation ein Maximum an G e w i n n erstreben. M a n kann das Gewinnmotiv als konstituierendes Prinzip einer auf freien Entscheidungen basierenden Marktwirtschaft nicht m i t dem Hinweis auf die tatsächliche Existenz anderer Verhaltensweisen als der Gewinnmaximierung ad absurdum führen.

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

229

muß der einzelwirtschaftliche Ansatz der Theorie aufgegeben und ihr Ergebnis revidiert werden, oder man ist gezwungen, sich auf die Aussage zurückzuziehen, daß bei einer derartigen Konstellation eine systematische Tendenz zur suboptimalen Investition herrscht, die man dann eben als „gegeben" hinnehmen muß. Es kann nicht Aufgabe dieser Arbeit sein, die Möglichkeiten einer Revision der mikroökonomischen Investitionstheorie zu diskutieren, und deshalb soll dieses Problem hier ganz ausgeklammert bleiben. Die These von der Suboptimalität der Investitionen i n einer M a r k t w i r t schaft m i t induziertem Fortschritt verdient dagegen einige kurze k r i t i sche Anmerkungen. Der Verdacht liegt nahe, daß es sich hierbei lediglich u m Mißverständnisse der bestehenden Sprachregelung und daher um ein Scheinproblem handelt. Man muß nämlich fragen, ob die Situation, auf die das Argument anspielt, deshalb „suboptimal" genannt wird, weil (a) die privatwirtschaftlichen Erträge hinter den sozialen Erträgen zurückbleiben und deshalb die Investoren i n einer unteroptimalen Lage sind, oder deshalb, weil (b) die Unternehmer, gemessen an den zukünftigen gesamtwirtschaftlichen Produktionsmöglichkeiten, „zu wenig" investieren und daher die Gesellschaft als Ganzes nicht optimal mit neuem Kapital versorgt wird. Beide Fragen erfordern zuächst eine Festlegung derjenigen Situation, die man — unter dem betreffenden Aspekt — jeweils als „optimal" bezeichnen kann. Was den Aspekt (a) betrifft, so müßte man bei genauer Würdigung der Implikationen des Lernmodells und bei Zugrundelegung des neoklassischen Grenzproduktivitätsmechanismus jene Situation als optimal bezeichnen, in der eine einmal getätigte Investition einen ewigen Strom von privatwirtschaftlichen Quasirenten nach sich zieht 2 1 2 . Denn wenn, wie die Lernhypothese ja behauptet, das technologische Niveau und die gesamtwirtschaftliche Produktivität durch eine Investition für alle Ewigkeit angehoben wird, ist es nur konsequent (und nach dem Grenzproduktivitätsprinzip auch „billig"), wenn dem Investor ein ewiger Rentenstrom zufließt, und zwar auch dann noch, wenn das physische Kapital längst wieder untergegangen ist. Das ist natürlich absurd, und wie leicht zu sehen ist, resultiert die Absurdität dieser Überlegung einfach aus der gedanklichen Übernahme des Grenzproduktivitätsprinzips i n seiner mikroökonomischen Version in eine Welt externer (quasi „makroökonomischer") Ersparnisse. I n einer solchen Welt verliert jedoch der mikroökonomische 212 V G L .

auch D.

LEVIIARI,

Extensions . . . , a.a.O., S. 124.

230

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

Begriff der Grenzproduktivität als tertium comparationis einer als optimal zu definierenden Situation seine exakte Aussagekraft; hier müssen also andere Kriterien für das „Optimum" entwickelt werden — ein Problem, das uns, wie gesagt, nicht weiter beschäftigen soll. Was den obigen Aspekt (b) betrifft, so zeigt eine einfache Überlegung, daß auch für diesen Komplex (zunächst) keine „optimale" Situation definiert und damit auch kein K r i t e r i u m für das Vorliegen einer suboptimalen Konstellation abgeleitet werden kann. Wenn wachsende Skalenerträge herrschen, w i r d immer „zu wenig" investiert, gemessen an den Möglichkeiten der zukünftigen potentiellen Produktion. Zu Ende gedacht, dürfte eine „increasing returns-Wirtschaft" nur Inputs produzieren, d. h. sie müßte ihr Konsumniveau — und zwar auf die Dauer — auf N u l l reduzieren, um die ständig überproportional wachsenden Skalenerträge zu „realisieren"; die Wachstumsrate selbst würde dann exponentiell wachsen. Immerhin wäre dieses — zunächst ebenfalls absurde — Ergebnis durch geeignete Annahmen über die A r t abnehmender Ertragszuwächse des Lernens i n Verbindung m i t bestimmten Begrenzungen der Wachstumsrate des Arbeitspotentials sowie der Berücksichtigung von Zeitpräferenzfunktionen grundsätzlich in Aussagen transformierbar, die die Bestimmung eines Optimums theoretisch zulassen würden. Aber diese — analytisch äußerst schwierige und empirisch ohnehin wohl kaum gehaltvolle — Operation müßte zuerst einmal vollzogen werden, um die Frage klären zu können, ob und wann die Investitionen in diesem Sinne (gesamtwirtschaftlich) suboptimal sind. Aus alledem folgt, daß von einer systematischen Tendenz zur Suboptimalität der Investitionen bei induziertem technischen Fortschritt i n einem eindeutigen Sinne nicht gesprochen werden kann, sondern daß es zunächst einmal der Entwicklung geeigneter Kriterien bedarf, um den Zustand der Optimalität für diesen Fall neu zu formulieren. Darüber hinaus fragt sich aber, ob die auf den ersten Blick unabweisbare These von dem Zurückbleiben der privaten hinter den sozialen Ertragsraten i m Lernmodell nicht selbst auf einer optischen Illusion beruht. Dem Sinken der privaten Quasirenten infolge der durch technischen Fortschritt hervorgerufenen Obsoleszenz i n den EmbodimentModellen i m allgemeinen und i m Arrowschen Lernmodell i m besonderen läuft nämlich auch ein äquivalenter gesamtwirtschaftlicher Vorgang parallel. Zwar ist bei A r r o w die gestrige Investitionstätigkeit eine conditio sine qua non für die höhere Produktivität der heutigen Investitionen, aber wenn heute investiert wird, t r i t t nicht nur eine privatwirtschaftliche, sondern zugleich auch eine soziale Entwertung der gestrigen Investitionen ein, denn diese sind angesichts des höheren technologischen Standes der neuen Investitionen für die Volkswirt-

I I I . Induzierter technischer Fortschritt

231

schaft von heute eben nicht mehr gleich wertvoll, wie sie es gestern noch waren. Genauso, wie die physische Existenz eines jeden Menschen undenkbar wäre ohne die physische Existenz seiner Vorfahren, sind auch die vergangenen Investitionen unabdingbare Bausteine jenes Gebäudes, das man als „technologisches Gehäuse" einer Volkswirtschaft bezeichnen könnte, wobei die Anzahl der bisher verwendeten Bausteine die Höhe jenes Gebäudes bestimmt. Aber i n dem gleichen Sinne, i n dem die Existenz unserer Vorfahren für die Erstellung des heutigen Sozialprodukts ohne unmittelbare Bedeutung ist (außer eben jener Bedeutung, die sich aus der Tatsache herleitet, daß es ohne ihre Existenz heute keine Bevölkerung gäbe, die ein Sozialprodukt erstellen könnte), sind auch die früheren Investitionen für die aktuelle Produktion bedeutungslos; sie stellen zwar nicht wegzudenkende Bausteine des heutigen Standes der Technologie dar, aber gerade wegen des höheren aktuellen Technologie-Niveaus sind sie heute nicht nur privatwirtschaftlich, sondern auch sozialwirtschaftlich obsolet. Es würde sich also nicht nur aus privatwirtschaftlichen Gründen nicht lohnen, heute z. B. eine Dampfmaschine zu bauen, die den technischen Wissensstand des frühen 19. Jh. repräsentiert, denn damit würde man zugleich einer unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten unvernünftigen Verschwendung von gegenwärtigen Ressourcen Vorschub leisten, mit denen man heute sehr viel effizientere Maschinen bauen könnte. Unter diesem Aspekt gewinnt die zunächst etwas beunruhigende Tatsache, daß nämlich die Unternehmer (Investoren) i n einer M a r k t w i r t schaft zwar eine wichtige soziale Funktion erfüllen, aber sozusagen ständig u m die Früchte ihres Tuns „betrogen" werden, ein ganz anderes Gesicht. Die durch die Vornahme von Investitionen herbeigeführte Steigerung der Ertragsraten kann nämlich sowohl einzel- als auch gesamtwirtschaftlich als temporärer Vorgang interpretiert werden, denn unter beiden Gesichtspunkten t r i t t durch die nachfolgenden I n vestitionen eine Entwertung des existierenden Kapitalapparates ein. Das Entscheidende bei diesem Vorgang ist jedoch, daß er sich auf einem

ständig

steigenden

Niveau

der

Technologie

abspielt,

ein

Um-

stand, der sowohl die privatwirtschaftlichen Anreize zur weiteren Vornahme von Investitionen stets neu anfacht als auch die Gesellschaft als Ganzes kontinuierlich besser stellt. Damit zeigt sich, daß das Arrow-Modell als stilisiertes Gerüst einer den technischen Fortschritt inkorporierenden Wachstumstheorie zugleich i n der Lage ist, die Effizienz des marktwirtschaftlichen Systems aufzuzeigen und daß die wegen des augenscheinlichen Auseinanderfallens einzel- und gesamtwirtschaftlicher Effekte sich prima facie aufdrängende Skepsis ganz und gar unangebracht ist. Evtl. Bedenken sollten sich also weniger gegen die Implikationen externer Ersparnisse

232

3. Teil: Technischer Fortschritt und Wachstum

richten, als vielmehr gegen die i n jeder Marktwirtschaft auftretenden Versuche zur mehr oder weniger dauerhaften monopolistischen Internalisierung dieser Ersparnisse. Allerdings verliert i m Lichte der vorangegangenen Diskussion auch dieses Poblem einiges von seiner Bedeutung, wenn man davon ausgeht, daß die Lernhypothese — cum grano salis — stimmt. Denn dann nutzt es dem einzelnen Investor wenig, wenn er den durch seine Investitionen geschaffenen höheren technologischen Wissensstand monopolisiert; er müßte schon die Investitionen selbst monopolisieren, u m zu verhindern, daß seine Konkurrenten i h n einfach überholen. Unter diesem Aspekt könnte man die Schlußfolgerung ziehen, daß dem „dynamism" einer Marktwirtschaft weniger Gefahr durch eine (versuchte) Geheimhaltung des technischen Wissens, als vielmehr durch eine zu geringe Streuung der Investitionen droht. Das alles gilt selbstverständlich nur dann, wenn man die Lernhypothese akzeptiert, d. h. den technischen Fortschritt als investitionsinduziert betrachtet. Wie schon mehrfach betont, ist er das sicherlich nur teilweise, und die entscheidende Frage lautet dann, von welcher Verteilung zwischen autonomen und investitions-induzierten Fortschritten (um nur diese beiden Kategorien ins Auge zu fassen, die selbstverständlich noch weiter aufzugliedern wären) man i n der W i r k lichkeit ausgehen kann. Das ist jedoch eine empirische Frage, von deren Beantwortung das Gewicht und die Relevanz der vorstehend behandelten Modelle abhängt. Insoweit kann nicht oft genug betont werden, daß jene Denkansätze rein spekulativ sind, weil sie fast ausnahmslos empirische Fakten durch Modellprämissen ersetzen, von denen keineswegs immer behauptet werden kann, daß es sich bei ihnen u m präsumptive Annahmen handelt. Das auf diesem Gebiet (und nicht nur auf diesem) vorherrschende Verfahren gleicht daher noch zu sehr einem „Herumprobieren" m i t Modellbausteinen auf einem empirisch noch nicht ausreichend sondierten Baugrund. A u f der anderen Seite wäre es eine völlige Verkennung des i n den letzten Jähren erzielten Fortschritts der Erkenntnis, wenn man i n den hier vorgeführten Beiträgen lediglich ein steriles, wahlloses und ohne Beziehung zur Wirklichkeit stehendes Herum jonglieren m i t Begriffen und Instrumenten sähe. Die Diskussion hat sich durchaus gradlinig und konsequent entwickelt; vielleicht hat sie mehr Fragen aufgeworfen als gelöst, aber immerhin konnte sie zeigen, welche Fragen bedeutsam und welche peripher sind, und damit dürfte sie nicht zuletzt der weiteren theoretischen und empirischen Forschung die Richtung angegeben haben.

Vierter

Teil

Zum Begriff des technischen Fortschritts I. Die Vieldeutigkeit des Fortschrittsbegriffes Es ist deutlich geworden, daß die vorliegende Arbeit i n erster Linie als eine begriffliche Studie aufzufassen ist, i n der versucht wurde, die bei der modelltheoretischen Behandlung des technischen Fortschritts auftauchenden Begriffe und Instrumente darzustellen und zu erklären. Erstaunlicherweise ist derjenige Begriff, von dem die ganze Zeit gesprochen wurde, nämlich der technische Fortschritt selbst, bisher nicht eindeutig und endgültig definiert worden; es wurde vielmehr m i t Umschreibungen gearbeitet, die in dem jeweils betrachteten Zusammenhang ad hoc gebildet und dort als mehr oder weniger zweckmäßig und ausreichend angesehen werden durften. A u f Grund der Tatsache, daß die Erörterungen sich fast ausschließlich auf dem Boden und i m Rahmen der sog. neoklassischen Theorie abspielten, einer Theorie also, die man als rein angebotsorientiert bezeichnen kann und i n der nicht zuletzt deshalb der Begriff und das Instrument der Produktionsfunktion i m Mittelpunkt stand 2 1 8 , wurde technischer Fortschritt zunächst als eine Verschiebung der Produktionsfunktion, verbunden m i t bestimmten positiven Produktivitätswirkungen, begriffen. Dies ist eine von dem instrumentalen Charakter des zugrunde liegenden Begriffssystems her diktierte Umschreibung und insofern, wenn man so w i l l , lediglich als Ersetzung eines (abstrakten) Begriffes durch einen anderen (mindestens ebenso abstrakten) Begriff anzusehen. Worauf es dabei i n erster Linie ankam, war die Darstellung der einzelnen Produktivitätswirkungen, die an Hand der Linksverschiebung einer Einheitsisoquante (genauer: der Erhöhung des Ertragsgebirges) gut sichtbar gemacht werden konnten. Insoweit reichte jene vorläufige Kennzeichnung des technischen Fortschritts für eine Klassifikation seiner verschiedenen möglichen 21 3 Die i n dieser Arbeit behandelten Nicht-Neoklassiker, nämlich Harrod und vor allem Kaldor, haben selbst Theorien entwickelt, die — soweit sie für unseren Zusammenhang von Bedeutung waren — ebenfalls als rein angebotsorientiert bezeichnet werden müssen. Allerdings ist die Verwendung einer Produktionsfunktion bei Harrod nicht ganz zweifelsfrei, u n d Kaldor stellte sich als Protagonist jener Auffassung heraus, die eine Verwendung dieses Konzepts i m Rahmen einer den technischen Fortschritt inkorporierenden Wachstumstheorie f ü r unzulässig hält.

234

4. Teil: Zum Begriff des technischen Fortschritts

Wirkungen zunächst einmal aus; w i r konnten von typischen oder denkbaren Konfigurationen des technischen Fortschritts ausgehen und die damit verbundene Veränderung verschiedener Produktivitätsquotienten festlegen. Es braucht nicht nochmals betont zu werden, daß es sich dabei lediglich u m ein begriffliches Spiel, um die Konstruktion von Klassifikationskästchen und insoweit um „empty boxes" handelte. Ebenso liegt es auf der Hand, daß w i r uns mit dieser Vorgehensweise ständig am Rande einer Tautologie bewegt haben und i n der Gefahr schwebten, den Begriff des technischen Fortschritts durch sich selbst zu „erklären". Denn die Verschiebung der Produktionsfunktion ist ja selbst nur die instrumentale Verdeutlichung seiner (oder mehrerer seiner) Wirkung(en) und erklärt als solche noch gar nichts. Sie ist deshalb auch keine eigentliche Definition, es sei denn, man gäbe sich damit zufrieden, den Katalog möglicher Wirkungen, die man einem bestimmten Phänomen zuschreiben kann, als ausreichende Definition dieses Phänomens zu akzeptieren. Das mag in manchen Fällen sogar legitim und die einzige Möglichkeit einer eindeutigen Begriffsumschreibung sein; beim technischen Fortschritt wäre es aber aus mehreren Gründen unzweckmäßig: Damit würde man technischen Fortschritt zunächst einfach als Synon y m für den Begriff der globalen Produktivitätssteigerung verwenden, also als eine Umschreibung dafür, daß sich der Produktionsausstoß überproportional zum Einsatz der Produktionsfaktoren erhöht. I n der Tat ist eine solche Gleichsetzung der beiden Begriffe nicht selten erfolgt (und wie w i r gleich noch sehen werden, i n manchen Fällen unvermeidlich). Die Messung des autonomen, unverkörperten (neutralen) technischen Fortschritts auf der Grundlage einer gesamtwirtschaftlichen Produktionsfunktion ä la Solow (1957) implizierte i m Grunde nichts anderes. Ob man jene Größe, die sich dabei als Überschuß über den rechnerischen Wachstumsbeitrag der qualitativ konstanten Inputs ergab, nun „Residuum", „technischer Fortschritt", „Globalproduktivität" oder „Maß unseres Unwissens" nennt, ist mehr oder weniger Geschmackssache; gemeint ist stets das gleiche. Immerhin deutet der letztere Ausdruck darauf hin, wie wenig mit einer solchen Prozedur wirklich erklärt w i r d 2 1 4 . Beschränkt man sich daher bei der Definition und Analyse des technischen Fortschritts auf die Darstellung jener Veränderungen, die i m Verhältnis der beiden Inputs und des Produktionsausstoßes eintreten — wie es ja geschieht, wenn man ihn als Ver214 „The fact that standard economics had no theory of technical change explains . . . w h y w h e n we got around to measure it, we had to measure i t as the ,residual'. Because i t was an empty box, we proceeded to define it as everything that cannot be explained by standard theory." Z. G R I L I C H E S , Comment (zu: „Technological Change: Stimuli, Constraints, Returns"), A E R 55 (1965), Papers . . , S. 344 (Hervorheb. von mir).

I. Die Vieldeutigkeit des Fortschrittsbegriffes

235

Schiebung der Produktionsfunktion begreift —, so betreibt man damit lediglich eine produktionstheoretische „Instrumentalisierung" der üblichen Produktivitätsmessung. Aus einem weiteren Grunde ist eine begriffliche Orientierung des technischen Fortschritts an seinen Wirkungen m i t Hilfe des Produktionsfunktionskonzepts unzweckmäßig, bestenfalls nur als ein erster Schritt geeignet. W i r hatten gesehen, daß Aussagen über Produktionsfunktionen nur möglich sind, wenn die Variablen eindeutig definiert sind und sich allein mengenmäßig verändern. Darüber hinaus kann die durch technischen Fortschritt hervorgerufene Verschiebung der Einheitsisoquante nur dann als Ausdruck der Verschiebung der ganzen F u n k t i o n gedeutet werden, wenn diese linear-homogen ist. Das bedeutet nun aber, daß sich an den betrachteten Größen i n dieser Wunderwelt durch den technischen Fortschritt i m Grunde überhaupt nichts ändert, außer daß eine geheimnivolle K r a f t „Manna" regnen läßt und dadurch alle Variablen aufgewertet werden. Wenn man versuchen wollte, diese der Wirklichkeit völlig entfremdete Abstraktion etwas konkreter zu fassen, so könnte man das „Manna", also den hier gemeinten technischen Fortschritt, als reine Verfahrensverbesserung 215 bezeichnen, die man sich allerdings dann von jenen verborgenen Himmelskräften b e w i r k t vorstellen muß und die daher nicht etwa auf verbesserten Produktionsmitteleinsatz zurückgeführt werden darf. Tatsächlich ist diese I m p l i k a t i o n ebenfalls i n den meisten aggregativen Modellen enthalten, ein Tatbestand, der einigermaßen erklärt, w a r u m der Begriff des technischen Fortschritts i n der reinen Theorie fast ausschließlich auf den Tatbestand der Anwendung neuer Produktionsverfahren eingeengt ist. Wenn A r b e i t und K a p i t a l als homogene Produktionsfaktoren betrachtet werden und das Produkt als homogenes Gut fungiert, das sowohl als Konsum- wie auch als Kapitalgut verwendet werden kann, so muß sich technischer Fortschritt i n dieser Modellwelt notwendigerweise i n der ständig verbesserten Verfahrensart äußern, i n der die (gegebenen) Faktoren das (gegebene) Produkt herstellen, wobei die Kenntnis der besseren Methoden vom H i m m e l fällt. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie die Existenz der Werkzeuge und Instrumente zuweilen die Richtung des Denkens bestimmt, statt umgekehrt. Die Tatsache, daß m i t Hilfe des Konzepts der Produktionsfunktion sehr gut die Produktivitätswirkungen des technischen Fortschritts aufgezeigt werden können, hat dazu geführt, daß die theoretische Analyse des Fortschritts bis heute fast ausschließlich eine solche eben jener Produktivitätswirkungen war und daß damit zugleich eine Reduktion des Fortschrittsbegriffs auf diese seine Produktivitätswir2T5

Vgl.

J . ROBINSON,

The Accumulation . . . , a.a.O.,

S. 65

f.

236

4. Teil: Zum Begriff des technischen Fortschritts

kungen einhergegangen ist. Selbstverständlich w i l l keiner der Autoren, die sich auf den so reduzierten Begriff stützen, zum Ausdruck bringen, daß damit das ganze Spektrum seiner möglichen Erscheinungsformen eingefangen sei — i m Gegenteil, sehr oft w i r d ausdrücklich darauf hingewiesen, daß technischer Fortschritt neben reinen Verfahrensverbesserungen noch eine Reihe anderer Formen annimmt, von denen dann aber „der Einfachheit halber" in der jeweiligen Analyse abgesehen wird. I n der modernen neoklassischen Wachstumstheorie, die den technischen Fortschritt als zusätzliches Argument der Produktionsfunktion begreift (oft unzulässig als „dritter Faktor" bezeichnet), ändert sich an dieser Sicht recht wenig. Der Fortschritt ist hier „factor-augmenting", d. h. er erhöht die Produktivität einer der beiden Produktionsfaktoren, meist diejenige der Arbeit. Sofern eine Cobb/Douglas-Funktion zugrunde liegt, sind alle denkbaren „Augmenting-Fälle" miteinander kompatibel; bei CES-Funktionen mit o < 1 muß der Fortschritt Harrodneutral (er ist dann zugleich Hicks-arbeitssparend) sein, um den Bedingungen eines stabilen Wachstumsgleichgewichts zu genügen. Hierin drückt sich u. a. die Tatsache aus, daß technischer Fortschritt und Kapitalakkumulation Hand i n Hand gehen und die exogene, nicht näher erklärte Verfahrensverbesserung des unverkörperten Fortschritts nunmehr mit dem Einsatz ständig verbesserter Kapitalgüter gedanklich verbunden wird. Der Begriff des technischen Fortschritts erweitert sich jetzt also (implizit) um den Tatbestand der Herstellung neuer, verbesserter Produktionsmittel. Damit geht nun folgende begriffliche Differenzierung einher: Es erscheint zweckmäßig, zwischen Veränderungen der Technologie und solchen des angewandten technischen Wissens zu unterscheiden. Erstere bezeichnen Vorgänge wie die Entwicklung des allgemeinen Wissens, Erfindungen neuer Verfahren, neuer Produktionsmethoden und Produktionsmittel, aber auch die Hervorbringung neuer Möglichkeiten, existierende Bedürfnisse besser zu befriedigen bzw. ganz neue Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung zu erschließen. A l l e diese technologischen Neuerungen fallen i m Modell nach wie vor vom H i m mel, und insoweit eilt ihre hier vorgenommene differenzierte Aufzählung der begrifflichen Entwicklung in der Theorie voraus. Dort geht es mehr um den Tatbestand, daß das jeweilige technologische Wissen (was immer i m einzelnen darunter zu verstehen sein mag) virulent und i n den Produktionsapparat der Volkswirtschaft eingeschleust wird, und zwar durch die Konstruktion neuer Kapitalgüter, die die (gegebenen) technologischen Veränderungen materiell inkorporieren. Beide Vorgänge korrespondieren mit dem Begriffspaar „invention — innovation"; sie werden zuweilen auch (nicht ganz glücklich) auf die Bezeichnungen

I. Die Vieldeutigkeit des Fortschrittsbegriffes

237

„technologischer" und „technischer" Fortschritt zurückgeführt, wobei man m i t dem ersteren Begriff die Vorstellung der Weiterentwicklung gedanklicher und geistiger Konzepte und mit dem zweiten Begriff den Tatbestand der produktionstechnischen Anwendung jener Konzepte verbindet. Aber abgesehen von der Hervorhebung dieser Tatsache, daß nämlich Fortschritt i m weitesten Sinne sowohl als ein geistiger wie auch als ein technisch-stofflicher Vorgang aufgefaßt werden muß, ist für die inhaltliche „Auffüllung" des Begriffs zunächst noch nicht viel gewonnen, außer daß technischer Fortschritt jetzt neben reinen Verfahrensverbesserungen auch mit dem Vorgang der gedanklichen Konzeption und tatsächlichen Konstruktion verbesserter Produktionsmittel verbunden w i r d 2 1 6 . Interessanterweise geht diese Unterscheidung in jenen Denkansätzen, die als vorläufiger Höhepunkt der aggregativen Analyse des technischen Fortschritts anzusehen sind, nämlich den Modellen des investitionsinduzierten Fortschritts, wieder unter, bzw. sie w i r d irrelevant, weil technischer Fortschritt dort als untrennbare Einheit von Erweiterungen des technischen Wissens und Verbesserungen der angewandten Produktionstechnik hypostasiert wird. Diese Zusammenfassung oder Gleichsetzung ist für den sachlichen Inhalt des Begriffes „technischer Fortschritt" auch unschädlich, denn sowohl die Erfindung als auch die A n wendung von Neuerungen i m weistesten Sinne (Neuerungen hier also als Oberbegriff für inventions und innovations verstanden) beziehen sich ja auf die gleichen Dinge (Produkte, Produktionsmittel, -verfahren usw.). Jene Unterscheidung betrifft also nur die Frage, wer sich die Neuerungen ausdenkt und wer sie i n die Tat umsetzt; die Neuerungen selbst sind aber beide Male die gleichen. Für eine detaillierte Beantwortung der Frage, wie sich technischer Fortschritt tatsächlich durchsetzt — angefangen von der ersten gedanklichen Konzeption einer Neuerung bis zu ihrer Anwendung und Ausbreitung i m gesamtwirtschaftlichen Produktionsprozeß — sind diese Unterschiede natürlich von erheblicher Bedeutung, aber eine aggregative Wachstumstheorie kann auf solche Details kaum Rücksicht nehmen. I m m e r h i n erlaubt diese Vorstellung eine gewisse — i n der vorliegenden Arbeit nicht weiter verfolgte — Differenzierung und Disaggregation: Die „ V e r fahrenstechnologie" des nachgelagerten Bereichs (z. B. Konsumgüterindustrie) k a n n jetzt nämlich als abhängig von der „Produkttechnologie" des vorgelagerten Bereichs (z. B. Kapitalgüterindustrie) betrachtet werden — oder umgekehrt, je nachdem, von welchem Bereich die I n i t i a t i v e zur technologischen Neuerung ausgeht. Damit w i r d es möglich, das aggregative Modell w i r k l i c h keitsnäher als Mehrsektoren-Modell zu konzipieren und zugleich die — i n der neoklassischen Theorie sträflich vernachlässigten — nachfragesteuernden K r ä f t e (und deren Einfluß auf die Durchsetzung technischer Neuerungen) m i t zu berücksichtigen. Z u r Frage der Unterscheidung zwischen Produkt- und Produktionstechnologie u n d ganz allgemein zur Bedeutung der Nachfrage f ü r die Analyse des technischen Fortschritts vgl. die ausgezeichnete Arbeit von J. SCHMOOKLER, Invention and Economic Growth. Cambridge (Mass.) 1966.

4. Teil: Zum Begriff des technischen Fortschritts

238

Das Problem ist dann aber, ob technischer Fortschritt überhaupt i n einer Weise begrifflich zu umschreiben ist, die eine Vorstellung seiner wesentlichen Merkmale vermittelt 2 1 7 . Es ist ja kein Zufall, daß i m Verlaufe dieser Arbeit und i m jetzigen abschließenden Resümee eine ganze Reihe von Umschreibungen aufgetaucht ist, die alle mehr oder weniger das gleiche besagen oder jedenfalls eng verwandt miteinander sind: Erfindungen, technologischer Wandel, Innovationen, Neuerungen, Verschiebung der Produktionsfunktion, Produktivitätssteigerung, Rate der „factor-augmentation", Residuum, Manna, Maß unseres UnWissens usw. Diesen z. T. vieldeutigen Umschreibungen stehen dann inhaltlich recht konkrete Bezeichnungen gegenüber, wie z.B. Schaffung neuer Güter und verbesserter Produktionsmittel, Entwicklung neuer Produktionsverfahren usw., und alle diese — teils abstrakten und teils anschaulichen — Bezeichnungen stecken in einem Kästchen m i t der Aufschrift: „Der technische Fortschritt." Angesichts dieser Auswahl ist die Frage wohl nicht unberechtigt: was, i n aller Welt, beinhaltet denn nun der Begriff „technischer Fortschritt" wirklich?

I I . Der Fortschrittsbegriff in Abhängigkeit vom Zweck der Analyse Nach allem, was bisher dazu gesagt worden ist, kann es keinem Zweifel unterliegen, daß die Beantwortung dieser Frage nach dem Zweck der jeweils zugrunde liegenden Analyse differenziert werden muß, und das bedeutet keineswegs, daß man einer eindeutigen Beantwortung der Frage ausweicht, sondern i m Gegenteil, daß man versucht, sie so eindeutig wie möglich zu beantworten. Je nach der Problemstellung ergibt sich dabei folgendes: 1. Wenn w i r das Phänomen „technischer Fortschritt" i m Rahmen einer Wachstumsanalyse messen wollen, so gibt es gar keine andere Möglichkeit, als i h n i m Sinne von „Steigerung der Globalproduktivität" zu verstehen 218 . Alle anderen Maßgrößen, z. B. Anzahl der Erfindungen oder der neuen Güter, sind deshalb wenig geeignet, weil sie sich weder statistisch einwandfrei erfassen lassen noch i n ihrer Bedeutung an217 V G L .

auch

M . H A L L / C . WINSTEN,

The Ambiguous Notion of Efficiency. EJ

69

(1959), S. 71 ff. 218 Vgl. auch R. M. S O L O W , Capital Theory and the Rate . . . , a.a.O., S . 3 7 . I m jetzigen mehr auf das Grundsätzliche gerichteten Zusammenhang k a n n weder die Frage diskutiert werden, inwieweit partielle Faktorproduktivitäten signifikant sind, noch inwieweit sich andere Produktivitätseinflüsse (z. B. Schwankungen des Ausnutzungsgrades) ausschalten lassen. Ebenso k a n n uns jetzt das Problem einer Aufspaltung des Residuums — etwa ä la Denison — nicht interessieren; das alles sind Einzelfragen der Messungsmethode; hier geht es aber allein u m den Begriff des technischen Fortschritts.

I I . Fortschrittsbegriff und Zweck der Analyse

239

nähernd genau zu quantifizieren sind 2 1 9 . Selbstverständlich ist die A n zahl der i n einer Periode patentierten (denn nur diese lassen sich ohneh i n feststellen) Erfindungen ein Indiz für die Intensität der „inventive activity" einer Volkswirtschaft und insofern eine wichtige (vielleicht sogar die wichtigste) Hilfsgröße für die Beurteilung ihrer Fortschrittlichkeit (ihres „dynamism"); aber das ist eine andere Fragestellung. Der Einfluß des technischen Fortschritts auf das Wachstum des Sozialprodukts ist jedenfalls nicht unmittelbar von der Anzahl der Erfindungen abhängig; anders ausgedrückt: der begriffliche Inhalt des Phänomens „technischer Fortschritt" läßt sich nicht unmittelbar, sondern nur durch seine (Produktivitäts-)Wirkungen messen. 2. Wenn w i r technischen Fortschritt von seinem begrifflichen Inhalt her identifizieren wollen, und zwar dort, wo er ökonomisch relevant wird, dann müssen w i r die einzelne Unternehmung ins Auge fassen, i n der eine Neuerung i n F o r m entweder des Einsatzes eines neuen Produktionsmittels oder der Produktion eines neuen Gutes oder der A n wendung eines neuen Produktionsprozesses tatsächlich durchgeführt w i r d 2 2 0 ; das A d j e k t i v „neu" bedeutet hier jeweils „ v o n den bisherigen Produktionsmitteln bzw. Produkten bzw. Prozessen verschieden", und zwar unabhängig davon, ob diese Neuerungen woanders schon angewendet werden oder nicht. Dies ist der sachliche Inhalt dessen, was man allgemein unter „Verschiebung der (einzelwirtschaftlichen) Produktionsfunktion" versteht und was i n methodisch höchst zweifelhafter Weise zeichnerisch als Linksverschiebung der Einheitsisoquante dargestellt wird. Das ist methodisch deshalb bedenklich, w e i l es sich bei diesem Vorgang ja streng genommen nicht u m die Verschiebung einer gegebenen Produktionsfunktion handelt, sondern u m die Schaffung einer ganz neuen Produktionsfunktion, die i n dem gegebenen Koordinatensystem m i t homogenen Input-Achsen zeichnerisch gar nicht darstellbar ist (es sei denn, man operiert ausschließlich m i t Wertgrößen, wobei man aber wieder bei der Messung und den damit verbundenen Indexproblemen angelangt ist). Aus diesem Grunde ist auch eine Aggregation der einzelnen auf der Unternehmensebene virulent gewordenen Neuerungen i n eindeutiger Weise nicht möglich. Technischer Fortschritt ist i m begrifflich klar und eindeutig zu identifizierenden Sinne also ein essentiell einzelwirtschaftliches Phänomen. 3. Die Beantwortung der Frage schließlich, ob und wie der Begriff des technischen Fortschritts gesamtwirtschaftlich interpretiert werden kann, ergibt sich jetzt zwangsläufig aus dem Vorhergehenden. Selbst219 Vgl. j . N I E H A N S , Das ökonomische Problem des technischen Fortschritts. SchwZVStat 90 (1954), S. 151; H. K R I E G H O F F , Technischer Fortschritt und Produktivitätssteigerung. Berlin 1958, S. 25 f. 220 Vgl. J. SCHMOOKLER, Invention and Economic Growth, a.a.O., S . 2.

240

4. Teil: Zum Begriff des technischen Fortschritts

verständlich könnte man auch hier von „Neuerungen" i m Sinne des oben unter Punkt (2) Gesagten sprechen, sei es als Summe aller einzelwirtschaftlichen Fortschritte mit einem Kontlnuum ständig neu etablierter Produktionsfunktionen (eine Vorstellung, m i t der man allerdings nicht allzu viel anfangen kann), oder sei es als Identifizierung der Volkswirtschaft m i t einer einzigen Unternehmung. I n jedem Falle muß man also zu mehr oder weniger abstrakten Hilfskonstruktionen Zuflucht nehmen, und das erklärt gewissermaßen nachträglich, warum der Begriff des technischen Fortschritts i n der MakroÖkonomik sehr oft so wenig anschaulich und konkret gefaßt ist. I m übrigen läßt sich natürlich der praktische Wert einer reinen Begriffsdiskussion fast immer anzweifeln. Andererseits hätte sich aber durch eine exaktere Begriffsfassung z. B. der alte Streit, ob man Verschiebungen einer Produktionsfunktion von Bewegungen auf derselben trennen könne, von vornherein vermeiden lassen. Demgegenüber treten dann aber so wichtige Unterscheidungen, wie die zwischen einer Innovation, als der ersten individuellen Anwendung einer Neuerung (in einer Volkswirtschaft oder Branche) und der Imitation, als der Nachahmung jener Neuerung, nicht zuletzt auf Grund des etwas verwaschenen und abstrakten Begriffs des globalen technischen Fortschritts zurück. Vielleicht w i r d man i n dieser Aufstellung den Begriff des technologischen Fortschritts (als Erweiterung des produktionstechnisch anwendbaren Wissens) vermissen. Aber soweit die Entwicklung der Technologie nicht selbst Folge der Anwendung technischer Neuerungen ist, hat sie i n dem hier behandelten Zusammenhang auch kaum Platz. Der weitaus größte Teil der gegenwärtigen Wachstumstheorie berücksichtigt zwar den Einfluß und die Bedeutung des technischen Fortschritts für das Wachstum sehr eingehend, aber sie ist — bis jetzt — noch keine Theorie des technischen Fortschritts. I n einer solchen Theorie müßte i n der Tat die Frage, wie und weshalb sich das technische Wissen weiter entwickelt, an die Spitze aller Erörterungen gesetzt werden. Aber solange die Determinanten des Wachstums des Sozialprodukts i m Vordergrund der Fragestellung stehen, ist das technische Wissen entweder ein Datum, oder selbst Funktion der Wachstumsgrößen; es hat jedenfalls keinen unmittelbaren Einfluß auf diese, und seine mittelbaren Wirkungen lassen sich entweder überhaupt nicht messen oder jedenfalls nur i n einer höchst fragwürdigen mechanistischen Weise mit den quantifizierbaren Größen verknüpfen.

Abkürzungsverzeichnis The American Economic Review

AER CanJE Ecappl

The Canadian Journal of Economics and Political Science Économie appliquée

Eclntern

Economia Internazionale

EJ

The Economic Journal

ER EStudQ

Economic Record

HdSW HJE

The Economic Studies Quarterly Handwörterbuch der Sozialwissenschaften Hitotsubashi Journal of Economics

1ER IndEJ

Hamburger Jahrbuch f ü r Wirtschafts- u n d Gesellschaftspolitik International Economic Review The I n d i a n Economic Journal

IndER JB

The I n d i a n Economic Review Journal of Business

JbNStat JEH

Jahrbücher f ü r Nationalökonomie u n d Statistik Jahrbuch f ü r Sozialwissenschaft Journal of Economic History

JFE

Journal of F a r m Economics

JIndE JPE Konjpol

The Journal of I n d u s t r i a l Economics Journal of Political Economy K o nj u n k t u r p o l i t i k

Metroec

Metroeconomica The Manchester School of Economic and Social Studies

HJWGpol

JbSozW

MScESStud

N B E R - S t u d I W National Bureau of Economic Research - Studies i n Incoi and Wealth NWB Neue Wissenschaftliche Bibliothek OEP Oxford Economic Papers OStatBull ProdMeasRev QuJE REStat REStud

Oxford University Institute of Statistics B u l l e t i n Productivity Measurement Review The Quarterly Journal of Economics The Review of Economics and Statistics

RevEcPol

The Review of Economic Studies Revue d'Économie Politique

ScAm

The Scientific American

SchmJb

Schmollers Jahrbuch für Gesetzgebung, V e r w a l t u n g u n d Volkswirtschaft

16 W a l t e r

242 ScJPE

Abkürzungsverzeichnis Scottish Journal of Political Economy

SchrVSocpol

Schriften des Vereins f ü r Socialpolitik

SchwZVStat

Schweizerische Zeitschrift f ü r Volkswirtschaft u n d Statistik

SocRes SouthEJ

Social Research

VSchr

Volkswirtschaftliche Schriften

WA

Weltwirtschaftliches A r c h i v

WEJ

The Western Economic Journal

The Southern Economic Journal

WuR

Wirtschaft u n d Recht

YEE

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